Skip to main content

Full text of "Zeitschrift für Urologie 1.1907"

See other formats










w 
"J T WI 
dell è 


LIBRARY 


MEDICAL SCHOOL 











-a 


` > v. š 
294 
AN | 






ZEITSCHRIFT 


FÜR 


UROLOGIE 


IFORTSETZUNG DE3 CENTRALBLATTES FÜR DIE KRANKHEITEN DER HARN- UND 
SEXUALORGANE UND DER MONATSBERICHTE FÜR UROLOGIE) 


UNTER MITWIRKUNG ZAHLREICHER FACHGENOSSEN 


REDIGIERT UND HERAUSGEGEBEN VON 


L.CASPER A. v. FRISCH H. LOHNSTEIN 
(BERLIN) (WIEN) (BERLIN) 
F.M.OBERLÄNDER C. POSNER O. ZUCKERKANDL 
(DRESDEN) (BERLIN) (WIEN) 


URGAN DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR UROLOGIE 


BAND I 


BERLIN LEIPZIG 
OSCAR COBLENTZ GEORG THIEME 





AUSLIEFERUNG: GEURG THIEME, LEIPZIG, RABENSTEINPLATZ 2 


ASLSIGENANNAHME: OSCAR COBLENTIZ, BERLIN W. 30, MAASSENSI RASSE I3 


eetet 


teea o 


e ke 
° E © 
` . ` 
° ° >» 
e a è a “ 
. - 
.... » . 
„. e 4 9 We 
e ` 
oo "NR e 
` ` > ü 
e.v- ° 
e 
` ` ,. Š 
s - ` ` ` 7 
` - - ` SS 


Druck von C. Grumbach in Leipzig. 


Zur Einführung. 


Die Unterzeichneten übergeben heute ihren Lesern das erste 
Hett der „Zeitschrift für Urologie*. — Dieselbe ist aus der 
Vereinigung des „Zentralblattes für die Krankheiten der Harn- und 
Sexnalorgane® und der „Monatsberichte für Urologie“ entstanden. 

Die wissenschaftlichen und praktischen Ziele, welche beide 
Journale getrennt seit ihrem Bestehen zu erreichen bemüht waren, 
werden auch für die neue „Zeitschrift für Urologie“ mafsgebend 
sin. Die Schriftleitung und ihre bewährten Mitarbeiter werden 
las Erstrebte um so sicherer erreichen können, als sie mit verein- 
ten Kräften an das Werk herantreten. Noch mehr Zuversicht gibt 
ihnen die ungeteilt freudige Aufnahme, welche bei allen Kollegen 
die Vereinigung der beiden Zeitschriften gefunden hat. 

Das jahrzehntelange Bestehen und die stetig fortschreitende ge- 
deihliche Entwicklung der beiden getrennt arbeitenden Journale 
beweist neben der rapiden Entwicklung der Urologie die Notwendig- 
keit eines urologischen Fachorgans. 

In der voreystoskopischen Zeit bis in die 80er Jahre des vorigen 
Jahrhunderts war die Urologie ein Gebiet von eng begrenztem Um- 
fug: Dittel in Wien, Sir Henry Thompson in London, 
(ruyon in Paris, Nitze in Berlin führten eine wesentliche Er- 
weiterung herbei; die ersteren durch ihre bewunderungswürdige 
klinische Beobachtungsgabe und die Erfolge ihrer operativen Kunst, 
der letztere durch die epochemachende Erfindung der Cystoskopie. 

Dank den genannten Forschern wurde das Gebiet der Pro- 
stata- und Blasenerkrankungen in diagnostischer Hinsicht neu- 
bearbeitet und glänzende Erfolge schlossen sich der vertieften Er- 
kenntnis der krankhaften Vorgänge an. 

Im letzten Dezennium hat sich die Urologie durch Schaffung 
und Ausbildung des Ureterenkatheterismus die Pathologie 
und Therapie der Nierenkrankheiten erobert, und zwar fallen 
in ihren Bereich die chirurgischen ebenso wie die nicht chirur- 
zischen Affektionen. 

Fügen wir noch hinzu, dafs die Lehre von den Stoffwechsel- 
krankheiten durch Verwertung der von der Urologie ausgebildeten 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 1 


9 Zur Einführung. 


Untersuchungsmethoden beträchtlich gefördert worden ist, dafs die 
Gynäkologen sich erfolgreich des urologischen Rüstzeuges sowohl 
für die Diagnostik als auch für die Therapie bedienen, so dürfte 
gekennzeichnet sein, wie umfassend das Gebiet ist, das der Urologie 
zufällt. 

Und gleichzeitig erhellt, dafs für den weiteren Ausbau unseres 
Gebietes auch in Zukunft die Chirurgie wie die innere Klink, die 
Lehre von den Geschlechtskrankheiten, die pathologische Anatomie 
wie die Bakteriologie und Serumforschung wertvolles Material liefern 
werden, und dass die Urologie, unbeschadet ihrer Abgrenzung, mit 
allen genannten Disziplieen in steter Fühlung erhalten werden muls. 

Die neue Zeitschrift soll diese Urologie im weitesten 
Sinne des Wortes pflegen, sie soll die neuen Errungen- 
schaften und Entdeckungen zur Kenntnis bringen und die 
klinische und kasuistische Beobachtung vermitteln. Sie 
wird das zum Teil durch Originalien, zum Teil durch Bericht- 
erstattung aus der gesamten übrigen medizinischen Lite- 
ratur, soweit diese mitteilenswert ist, zu erreichen suchen. Die 
Berichterstattung wird kritisch verfahren; deshalb werden die 
Referenten aus der Reihe bewährter und erfahrener Fachgenossen 
gewählt werden. 

Am Ende des Jahres erscheint eine Bibliographie, in 
welcher eine tunlichst vollständige Zusammenstellung aus der ge- 
samten urologischen Literatur des In- und Auslandes gegeben wird. 

Das ist in grossen Zügen der Zweck und das Ziel, das sich 
die neue Zeitschrift gesteckt hat. Die Unterzeichneten geben sich 
der Hoffnung und dem Wunsche hin, dafs ihre Bestrebungen die 
wirksame Unterstützung der Herren Kollegen finden möchten. 

Wir möchten endlich noch der Gründung der deutschen 
urologischen Gesellschaft gedenken, welche im September 
d. J. bei Gelegenheit der Naturforscherversammlung stattfand. 
Sie ist aus denselben Anregungen entstanden, welche die Heraus- 
geber zur Fusion der beiden Journale veranlassten. 

In der Gründungssitzung wurde die Zeitschrift für Urologie 
zum Organ der deutschen Gesellschaft für Urologie erwählt. Sie 
wird die Ankündigungen der Gesellschaftstagungen und die Sitzungs- 
berichte im Auszuge bringen, die Originalien selbst sollen in einem 
besonderen Bande veröffentlicht werden. 

Casper, von Frisch, Lohnstein, 
Oberländer, Posner, Zuckerkandl. 


Über Cystitis glandularis und den Drüsen- 
krebs der Harnblase. 


Von 


Doz. Dr. 0. Stoerk, 


Assistent am Wiener patholog-anatomischen Institute, 
und 
Prof. Dr. 0. Zuckerkandl, 
Abteilungsvorstand des Rothschildspitales in Wien. 
Mit 18 Textabbildungen. 


I. 


Die Frage nach der Natur und der Herkunft des Schleimes 
oder der schleimähnlichen Substanz im Harn erfordert durchaus 
noch weitere Untersuchungen. Die physiologische Chemie scheint 
echten Schleim als reguläres Harnelement nicht ohne weiteres anzu- 
erkennen. So ist bei Huppert!) die Rede von einem „Mucoid“. 
Hammersten spricht sich darüber in seinem Lehrbuch der physio- 
logischen Chemie (1899) folgendermaflsen aus: „Dals es Fälle gibt, 
wo wahres Mucin in dem Harne auftreten kann, ist kaum zu be- 
zweifeln; in den meisten Fällen hat man wohl aber Mucin und so- 
genanntes Nukleoalbumin verwechselt.“ Die Erklärung für solche 
vereinzelte Fälle mit wahrem Mucin in nicht cystitischem Harn 
werden wir im späteren zu geben versuchen. Es seien hier nur 
einige kurze Bemerkungen über das Vorkommen von Schleim als 
Hambestandteil unter pathologischen Umständen gestattet. 

Im eitrigen Harne ist das Vorkommen schleimähnlicher Massen 
ein aulserordentlich häufiges, sei es, dafs die viscide Masse schon in der 
Blase sich bildet oder erst, wenn der Harn einige Zeit aufserhalb 
des Körpers verweilt. Gewöhnlich handelt es sich um die bekannte 
zälıflüssige Veränderung, die der Eiter unter Einwirkung der am. 
moniakalischen Zersetzung eingeht. Diese viscide Substanz hat nur 
die äufsere Beschaffenheit mit dem Schleim gemeinsam. Weder 
chemisch noch tinktoriell läfst sich dabei eine Verwandtschaft mit 
:chleimiger Substanz feststellen. Eine solche Veränderung des Harnes 





1) Analyse des Harns (Neubauer & Vogel) analytischer Teil. 10. Aufl. 
1598), S. 450, 451, 561. 


Ia 


4 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


treffen wir nur bei ammoniakalischer Cystitis, stets in Verbindung 
mit einer Harnstagnation. 

Wir finden weiters in sehr spärlichen Fällen eitriger Cystitiden 
im frisch gelassenen sauren Harne zu Klumpen geballte schleimige 
Massen in grölfserer Menge. Die sauere Beschaffenheit des Harnes, 
die fehlende Harnstagnation lassen der Vermutung Raum, dafs es 
sich um etwas anderes, als um die erwähnte viszide Veränderung alka- 
lischen Eiters handelt. Mikroskopisch erscheinen die Eiterkörperchen 
nicht verquollen und es mangeln die typischen Kristallformen ammo- 
niakalischer Zersetzung. Die strukturlosen Massen dürften, wie die 
folgenden Erörterungen zeigen, wahrer Schleim, das Produkt einer 
unter gewissen Umständen zu beobachtenden echten Schleimsekretion 
der Harnblasenschleimhaut auf pathologischer Basis sein. 


Von histologischer Seite hat es an Bemühungen nicht gefehlt, 
der Frage am normalen Blasenepithel näher zu treten. Ermutigend 
wirkten hier die Untersuchungen von J. H. List „über einzellige 
Drüsen (Becherzellen) im Blasenepithel der Amphibien“.!) Er fand 
geschlossene Becherzellen in der mittleren Schicht des Epithels; 
„erst wenn sie an die Oberfläche gerückt sind, erhalten sie ein 
zwischen den Epithelzellen zu liegen kommenrdes Stoma“. Und 
zwar kommen diese Stomata zwischen den Zellen stets tiefer als die 
sich vorwölbenden Epithelzellen zu liegen. 


Es gelang aber nicht, Analoges beim Menschen nachzuweisen. 
Auch die von uns diesbezüglich neuerlich untersuchten normalen 
menschlichen Harnblasen liefsen nichts mit dem Befunde Lists Über- 
einstimmendes erkennen. 


Zu einer wesentlich abweichenden Vorstellung bezüglich der 
Schleimsekretion des normalen Harnblasenepithels gelangte Dogiel.?) 
Er beschrieb in anschaulicher Weise die einzellige Lage grofser 
flacher Epithelien, welche die oberste Schicht des Harnblasenepithels 
bilden und beim Menschen nur an Schnitten von sehr frisch kon- 
servierten Harnblasen zu sehen sind. Jede einzelne dieser Zellen 
bedeckt eine grolse Zahl von Kuppen der darunterliegenden hohen 
schmalen Blasenepithelien der gewöhnlichen Art und zeigt darum 
an ihrer Basalfläche eine entsprechende Anzahl konkaver Zellen. 
Im Schnittbild lassen diese grolsen flachen Zellen zwei Anteile unter- 
scheiden: einen schmalen homogenen oberflächlichen und einen etwa 


1) Archiv f. mikroskop. Anatomie, 29. Bd. (1887), S. 147. 
2) Archiv f. mikrosk. Anatomie, 35. Bd. (1890), S. 389. 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 5 


doppelt so breiten basalen mit körnigem Protoplasma, welcher die 
meist in der Vielzahl vorhandenen und zentral gruppierten Kerne 
führt. Aus diesen Zellen sah Dogiel keulenförmg klumpige Ge- 
bilde hervorragen, bisweilen auch mehrere an einer Zelle, welche 
Formationen ihn an den Vorgang beim Austreten der Schleim- 
tropfen aus Becherzellen erinnerten. Die gleiche Beobachtung will 
auch Lendorf!) gemacht haben und schliefst sich der Deutung 
Dogiels an. 


Auch wir konnten gelegentlich ähnliche Konfigurationen am 
Blasen- „Deckepithel* konstatieren, möchten uns aber in ihrer 
Deutung eine gewisse Reserve auferlegen. Es erscheint uns nicht 
ausgeschlossen, dafs es sich dabei um Artefakte handelt, deren Zu- 
standekommen mit dem Koagulationsvorgang des Fixationsprozesses 
in Beziehung zu bringen wäre. Die mikrochemischen Reaktionen 
mit den verschiedenen, elektiv (resp. metachromatisch) schleimfärben- 
den Farbstoffen ergaben auch hier stets negative Resultate. 


Es wäre a priori die sekretorische Fähigkeit dieser oberfläcb- 
lichen Zelllage etwas sehr Bemerkenswertes. Denn sie stehen dies- 
bezüglich zweifellos unter ungünstigeren Verhältnissen, als die von 
ihnen bedeckten Epithelien, weil ihre Ernährungsverhältnisse im 
Vergleich zu den tieferen Epithellagen kärglichere sein müssen, 
da das Blasenepithel in seiner Ernährung auf die aufsteigende 
Diffusionsströmung aus den Gefälsen des subepithelialen Gewebes an- 
gewiesen ist. Auf Grund dieses letzteren Umstandes dürfte sich viel- 
leicht auch ein Zweifel darüber ergeben, ob die Mehrkernigkeit 
dieser Deckzellen wirklich der Ausdruck cines Proliferationsvorganges 
sel, vielleicht wäre eher die Deutung eines Zerfallsvorganges am 
Platze. Ziehen wir andere mehrschichtige Epithelien zum Vergleiche 
heran, beispielsweise die Epidermis, so finden wir, dafs sich die 
wesentlichsten Zellvorgänge, nämlich Vermehrung (Kern- und Zell- 
teilung) und Protoplasmachemismus (Pigmentbildung) in den unter- 
sten, also den der Nährquelle, den Papillarkörpergefäfsen, benach- 
barten Zelllagen abspielen. Fs will uns demgemäfs nicht recht 
wahrscheinlich erscheinen, dafs es sich bei den ähnlichen Ernährungs- 
verhältnissen am Blasenepithel entgegengesetzt verhalten sollte: 


Zellvermehrung und -chemismus (Sekretion) gerade in der obersten 
Lage. 





— 


') Axel Lendorf, „Beiträge zur Histologie der Harnblasenschleimhaut“, 
anat. Hefte, Merkel & Bonnet, Bd. 17 (1901), S. 55. 


6 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


Wäre der Erweis für die Annahme, dafs die Mehrkernigkeit 
der in Rede stehenden flachen Zellen nicht der Ausdruck eines Ver- 
mehrungsvorganges sei, erbracht, so ergäbe sich dann freilich die 
Frage, woraus diese in einfacher Lage angeordneten eigentümlichen 
Zellen entstehen, wenn nicht aus ihresgleichen. Es bliebe doch 
kaum etwas anderes übrig, als anzunehmen, dafs sie nur als Modi- 
fikation der Formen der nächsttieferen Lage anzusehen seien, etwa 
im Sinne der Anpassung an die Druckverhältnisse, wie ja auch bei 
gefüllter Blase die übrigen Blasenepithelien sich den Druck- und 
Zugverhältnissen gemäls umformen. Sie hätten aber dann im Gegen- 
satz zu den andern, und vielleicht eben geschädigt durch die be- 
sprochene physiologische Unterernährung, die Fähigkeit verloren, 
in ihre Ausgangsform zurückzukehren, einigermalsen vergleichbar 
den absterbenden Elementen der oberflächlichen Epidermislagen in 
deren Umwandlung in schuppenartige Gebilde. Tatsächlich finden 
sich gelegentlich auch (in Vertikalschnitten der Wand nichtdilatier- 
ter Haroblasen) Stellen, an welchen allmähliche Übergänge der 
Epithelformen: von den schmalen, vertikal gestellten, tiefen zu den 
dünnen, flachen, horizontal gelagerten, oberflächlichen zu sehen sind. 

Niemals finden sich in diesen Deckzellen, welche offenbar in 
stärkerem Ausmafse durch Abstofsung konsumiert werden, als die 
Zellen der tieferen Epithellagen, Mitosen, auch nicht beispielsweise 
bei der enormen Oberflächenvermehrung rasch wachsender Papillome. 
Sie fehlen in jüngeren Stadien der embryonalen Harnblase zu einer 
Zeit, wo schon deutliche Mehrschichtigkeit des Harnblasenepithels 
zu sehen ist. 

Es wird sich im weiteren noch die Notwendigkeit ergeben, auf 
die „Deckzellen“ zurückzukommen. 

Dafs im Epithel der Harnblase sekretorische Vorgänge ablaufen, 
wäre nach Analogie aller übrigen Schleimhäute zu gewärtigen. Es 
soll im folgenden ausführlich von drüsigen Gebilden der Harnblasen- 
schleimhaut die Rede sein. Vorläufig wollen wir dieselben noch 
als im allgemeinen nicht existierend oder wenigstens als belanglos 
für die physiologische Sekretion betrachten und müssen nach dem 
bisher besprochenen nun auch noch die tieferen Epithellagen hin- 
sichtlich eventueller Sekretionsvorgänge ins Auge fassen. 

Der Versuch, einen Sekretionsvorgang oder ein Sekretions- 
produkt im Epithelbereich normaler, möglichst frisch konservierter 
Harnblasenstücke (z. T. den Organen eines Hingerichteten, z. T. 
operativ gewonnenem Material entstammend, mehrfach auch durch 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 7 


Einführung von Fixationsflüssigkeiten per Katheter unmittelbar post 
mortem konserviert) durch Schleimfärbemittel zur Darstellung zu 
bringen, ergab uns ausnahmslos ein negatives Resultat. 

Daraus liefse sich zunächst nur der Schlufs ziehen, dafs ein 
solches Sekretionsprodukt, wenn vorhanden, nicht die Mucinreak- 
tionen gibt, ein Umstand, welcher mit der früher angeführten An- 
sicht der physiologischen Chemie harmonieren würde — voraus- 
gesetzt, dals unsere mikroskopischen Kriterien des Mucins tatsäch- 
lich etwas im chemischen Sinne Einheitliches sicherstellen (was, 
nebenbei gesagt, noch genauer Feststellungen bedürfen wird; es gibt 
beispielsweise schleimige Sekretionsprodukte pathologischer Herkunft, 
welche nicht alle mikrochemischen Schleimreaktionen geben — un- 
beschadet der in Anwendung gebrachten Fixationsflüssigkeiten). 

In der Tat zeigen sich gelegentlich Bilder, welche vielleicht 
als Ausdruck eines Sekretionsvorganges gedeutet werden könnten. 
Inmitten des Epithels finden sich vereinzelt auffällige, geblähte 
Zellen von mehr rundlich polygonaler Form, deren Protoplasma- 
bereich wie leer erscheint, d. h., mit den verschiedenartigsten 
Farbstoffen gefärbt, nur eine Konturfärbung aufweist. Solche Bilder 
finden sich auch schon in der embryonalen Harnblase; sie erscheinen 
besonders deutlich bei Osmiumfixation. Keineswegs handelt es sich 
dabei um irgend welche Phase des mitotischen Vorganges, der Kern 
der betreffenden Zelle unterscheidet sich nicht von den Kernen der 
Nachbarzellen. Es liegt auch kein Grund vor, in diesen Bildern 
etwa den Ausdruck degenerativer Vorgänge zu sehen, einerseits 
wegen der durchwegs gegen die Norm unveränderten Kernbeschaffen- 
heit und -färbbarkeit, andererseits schon auf Grund der Überlegung, 
dafs es doch höchst unwahrscheinlich wäre, in gesunder Schleimhaut 
mitten in einer grolsen Schar normal beschaffener Zellen gerade nur 
eine einzige geschädigte anzutreffen. 

Wir möchten also für diese unter physiologischen Umständen 
recht spärlich anzutreffenden Zellen die Möglichkeit ins Auge fassen, 
dafs es sich dabei um in Sekretion begriffene Epithelien handle, 
und stellen uns .vor, dafs das Sekretionsprodukt seinen Weg zum 
Blasenlumen durch die Interzellularräume nimmt, ein Weg, welcher 
durch die Wanderung kernhaltiger Blutelemente in der bekannten 
Weise?) unter pathologischen Umständen zur Genüge gekennzeichnet 
wird. 

1) Vgl. Zuckerkandl, „Die Erkrankungen der Harnblase“ in „Handbuch 
dr Urologie“ (Wien 1904), S. 607, Fig. 31. 


8 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


Unverhältnismäfsig zahlreicher sind diese geblähten Zellen 
(häufig auch mit exzentrisch gelagertem Kern) inmitten des Epithels 
entzündlich veränderter Harnblasen zu sehen. Daneben finden sich 
auch, zwischen den Epithelien eingezwängt, rundliche, scheinbar 
leere Räume, also solche mit unfärbbarem Inhalt. Es liegt nahe, 
in letzteren Gebilden ein Sekretionsprodukt zu sehen, welches viel- 
leicht infolge zu reichlicher oder zu rascher Bildung nicht Gelegen- 
heit gefunden hatte, seinen Weg zur Oberfläche zu nehmen. Weder 
diese tropfenartigen Formationen noch die geblähten Zellen des 
Epithels geben die Schleimreaktionen. 

Positive Schleimreaktionen fanden wir nur in einer speziellen 
Form der entzündlichen Harnblasenschleimhautveränderungen, näm- 
lich bei Fällen der sogenannten Cystistis cystica. 

Die Cystitis cystica ist nicht eigentlich eine besondere Form 
der Cystitis, sondern vielmehr nur eine proliferative Veränderung 
des Epithels, welche sich, wie es scheint, im Verlaufe jeder längere 
Zeit bestehenden Cystitis entwickeln kann, und deren Formationen 
nach Abheilung des entzündlichen Prozesses sich nicht rückbilden, 
sondern verbleiben. 

Dieser Prozefs hat eine so ansehnliche Zahl von Beschreibern 
gefunden — auch wir haben seinerzeit Beiträge zur Cystitis cystica- 
Frage veröffentlicht —, dafs deskriptiv nicht viel wesentlich Neues 
über ihn zu sagen sein dürfte!) Sein Vorkommen erstreckt sich 
über Nierenbecken, Ureter und Blase, sein häufigster Sitz ist weit- 
aus die Blasenschleimhaut, insbesondere die Trigonumgegend samt 
Umgebung, seltener ist das ganze Blaseninnere von der Veränderung 
betroffen. Die innige Beziehung des Prozesses zum entzündlichen 
Ausgangsproze[s wird schon dadurch gekennzeichnet, dals gelegent- 
lich nur einzelne Abschnitte in scharfer Begrenzung beiderlei 
Veränderungen aufweisen, beispielsweise einseitige Cystchen- 
bildung des Nierenbeckens bei Lithiasis daselbst, oder einseitige 
Cystchenbildung in Nierenbecken und Ureter, nach abwärts mit einer 
strikturierenden Ureternarbe (etwa dem ehemaligen Sitz einer Kon- 
krementeinkeilung entsprechend) scharf absetzend. Die Cystchen 
sind von eben wahrnehmbarer bis etwa Kaviarkorngrölse, gröfsere 
Bildungen erweisen sich mikroskopisch meist als Komplexe mehrerer 


ı) Zusammenfassende Literaturangaben in der jüngsten Publikation auf 
diesem Gebiet von Herxheimer: „Über Cystenbildungen der Niere und ab- 
führenden Harnwege“. Virchows Arch. Bd. 185, 1906, 8. 52; und insbeson- 

dere auch bei Lehndorf.]. c. 


— < ` — — .. —- — pn e 
- 








Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 9 


Einzelcystchen. Sie enthalten eine klare Flüssigkeit, welche im 
Laute der Zeit zu einer meist gelblich gefärbten, kolloidähnlichen 
Masse eindicken kann, und liegen zunächst in und unter dem Niveau 
der Schleimhautoberfläche, können auch halbkugelig vorragen, wenn 
sie anwachsen, ja sogar unter Bildung eines Stieles aus der Ober- 
fläche polypös hervortreten, ein Verhalten, welches insbesondere bei 
Cystenkonglomeraten zu beobachten ist. 


Der höchst auffällige makroskopische Befund dieser Schleim- 
hautveränderung mufste denselben schon seit langer Zeit auf dem 
Seziertisch bemerkenswert erscheinen lassen, so findet sie denn 
auch ihre erste genauere Beschreibung bei Rokitansky'). Klebs’) 
bespricht sie als „Herpes vesicae urinariae“. 


Ihre erste mikroskopische Beschreibung finden wir bei Litten.*) 
in einem Fall von „Ureteritis chron. cystica polyposa“. Die Ent- 
stehung der Cystchen führt er auf präexistierende Drüsen oder auf 
Krypten zurück, über welchen sich die Schleimhaut geschlossen hat. 


Einen neuen Gesichtspunkt im Verständnis ihrer Bildung brachte 
v. Limbeck*), indem er neben dem von Litten geschilderten Ent- 
stehungsmodus einen andern beschrieb, welcher etwas durchaus von 
ersteren Verschiedenes und Eigenartiges darstellt. Er fand nämlich 
„eine zapfenförmige Sprossung der untersten Zelllage in die tieferen 
bindegewebigen Lagen der Blasenwand“. Die kolbenartigen Gebilde 
ragten entweder in Form eines ziemlich breiten Kegels in die Tiefe 
vor, oder, was häufiger war, sie zeigten sich als mehr oder weniger 
breite, birnartige Sprossen mit einem dünnen Stiel und ziemlich 
aufgetriebener Basis.“ An solchen Bildungen liefs sich dann zen- 
trale Verflüssigung beobachten, welche zur Umwandlung derselben 
in Cysten führte. Er zieht zum Vergleich den Entwicklungsvorgang 
der fötalen Mamma (mit sekundärer Lumenbildung inmitten der 
primär soliden, epithelialen Anlage) heran. Die Tiefensprossung des 
Epithels fand er nicht nur an der Harnblase, sondern auch an der 
Schleimhaut des Ureters. Schliefslich gibt er noch die Möglichkeit 
der Cystenbildung aus Drüsen zu, wenn cr auch letztere mit Sicher- 
heit niemals konstatieren konnte. 


') Lehrb. d. spez. path. Anat., Bd. III, S. 354. 

2) Handb. d. path. Anat., 3. Lieferung, S. 698. 

3) Virchows Archiv, Bd. 66, S. 139. 

*) „Zur Kenntnis der Epithelcysten der Harnblase und der Ureteren.“ 
Zeitschr. f. Heilk, Bd. VIII, 1887, S. 55. 





10 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


Die hier in Kürze wiedergegebene Schilderung v. Limbecks 
(seine zugehörige Abbildung der Zapfenformation [Fig. VII] ist 
leider so mangelhaft, das sie eher eine Epithelmetaplasie darstellen 
könnte!) brachte im Wesentlichen schon alles, was von den nach- 
folgenden Beschreibern der Epithelsprossenbildung und der Pyelitis, 
Ureteritis und Cystitis cystica in extenso ausgeführt wurde. 


P. 


— 
st, 
E. 
F 
5 


bOO 


a e. 
" e 
KÉ 
u ER ei 
O Ai 
s 





Die zapfenförmigen Epithelsprossungen Limbecks wurden 
sechs Jahre später durch v. Brunn!), ohne Kenntnis der Limbeck- 
schen Veröffentlichung, neuerlich beschrieben und figurieren seither 
in der Literatur als Brunnsche Epithelnester, -ballen oder -zapfen. 

Diese Nester liegen entweder noch ganz oder grofsenteils in 
der Epithelbreite oder sie liegen dessen Basis an, durch eine breitere 
oder dünnere halsartige Epithelbrücke mit dem Oberflächenepithel 
in Zusammenhang stehend (s. die halb schematische Figur 1 a, b, c 
nach Liendorf). Scheinbare Abschnürungen tiefenwärts klären 


1) Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 41, S. 294. 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 11 


sich bei Verfolgung der Gebilde an Serienschnitten oft als Trng- 
bilder auf 

Es ergibt sich bezüglich der Entstehung der Limbeck-Brunn- 

schen Epithelnester zunächst die Frage, ob dieselben als patholo- 
gische Bildungen aufzufassen seien. Die besondere Häufigkeit ihres 
Vorhandenseins in Fällen entzündlicher Schleimhautveränderung, ins- 
besondere eine gewisse Proportionalität der Intensität und Dauer 
des entzündlichen Prozesses einerseits, der Zahl und Gröfse der 
Bildungen andererseits, legt von vornherein die Bejahung dieser 
Frage überaus nahe. 
Der Befund solcher Bildungen ohne gleichzeitig sichtbare entzündliche 
Veränderungen läfst sich im späteren Leben ungezwungen in dem Sinne er- 
klären, dals ein vorangegangener entzündlicher Prozels abgesehen von diesen 
epithelialen Formationen keinerlei Residuen hinterlassen hat; es erscheint 
nämlich nicht wahrscheinlich, dafs überhaupt unter irgend welchen Umständen 
eine Rückbildung der Formationen möglich wäre; beiläufig bemerkt, verdient 
dieser Umstand vielleicht bei der Genese der morphologisch einfachsten Form 
des Harnblasenkarzinoms Berücksichtigung, nämlich der Form ohne papilläres 
Vorstadium, gekennzeichnet durch die Bildung von zunächst in die Submukosa 
eiidringenden ramifizierten soliden Krebszapfen, welche aus dichtgedrängten 
zündrischen Zellen mit einer charakteristisch regulären äuslersten Basalschicht 
bestehen — also mit einem Aufbau ihrer einzelnen Epithelverbände, welcher 
dem der Zapfen und Sprossen durchaus korrespondiert. 

Auch die statistisch zunehmende Häufigkeit ihres Vorkommens 
in den späteren Lebensabschnitten, ihre vergleichweise grolse Selten- 
heit im kindlichen Alter (vgl. hiezu u. a. auch die neuerlichen dies- 
bezüglichen Befunde Herxheimers |]. c.) stehen in Einklang mit 
rer Deutung im pathologischen Sinne. Wenn sie sich auch — in 
‘pärlicem Ausmafs und mit besonderer Lokalisation — gelegent- 
lich schon beim Kind und auch beim Neugeborenen nachweisen 
liesen, so erscheint damit ihr physiologischer Charakter noch nicht 
unbedingt erwiesen; es wäre in solchen Fällen gemäfs der Erfahrung 
Yon andern Parenchymen und Schleimhäuten des Neugeborenen die 
Vorstellung von Läsionen während der Fötalzeit, wenn auch die 
betreffende Noxe im Einzelfall nicht eruierbar sein sollte, gerade für 
das intrauterin schon lebhaft funktionierende uropoätische System 
nicht ohne weiters von der Hand zu weisen. 
= Dafs Lendorf (l. c.) an 9 Kinderblasen aus dem ersten Lebens- 
Ire de Bildungen, resp. ihre Frühformen konstant im untersten 
Trigonumabschnitt in der Gegend um das ÖOrificium int. ure- 
thrae fand (erst beim Erwachsenen „meistens bis ganz in den Fun- 
dus hinauf und an den Seiten und nach vorne wenigstens 2—3 cm 


12 O. Stoerk und O, Zuckerkandl. 


nach oben“), scheint uns nur zu beweisen, dafs der Übergang vom 
Physiologischen zum Pathologischen in der Herkunft dieser Bildungen 
vielleicht ein allmählicher ist; zur Erklärung der speziellen Lokali- 
sation im alleruntersten Abschnitt der Kinderblase wäre vielleicht 
das „physiologische Trauma“ des Sphinkterschlusses heranzuziehen. 

Es ist aber doch vielleicħt nicht so wesentlich, auf diese Detail- 
fragen weiter einzugehen. Denn eines steht fest: die Bildungen 
zeigen sich unter pathologischen Umständen chronisch entzündlicher 
Art in einer Zahl, wie sie niemals an ungeschädigten Blasen zu 
finden sind, und insbesondere gelegentlich auch an Stellen, "welche 
am physiologischen Kontrollobjekt bisher ausnahmslos frei befunden 
wurden; es läfst sich geradezu konstatieren, dafs jede Stelle im 
Epithel des harnleitenden Systems die Fähigkeit birgt, unter 
dem entsprechenden Gewebstrauma die in Rede stehenden Bildungen 
zu produzieren. 

In überzeugender Weise scheint uns eine Bestätigung dieser 
am menschlichen Materiale gewonnenen Anschauung durch eine neuere 
experimentelle Arbeit erbracht zu sein. 


R. Giani!) führte (mittels Cystotomia suprapubica) mit Tbc-bazillen be- 
ladene Celloidinröhrchen in die Kaninchenharnblase eın. Vernähung mit Lembert- 
nähten, glatte Heilung. Die Röhrchen wurden allmählich inkrustiert und zu 
Konkrementen umgewandelt: chronische Irritation der Blase ohne Eiterung. 
Charakteristische Veränderungen schon nach 15 Tagen, nicht nur entsprechend 
der linearen Narbe, sondern auch im Bereiche des ventralen Schleimhaut- 
anteiles, entsprechend der Stelle des Aufliegens der Röhre: bald bier, bald da 
„in den tiefgelegenen Schichten des Blasenschleimhautrandes Epithelzellen- 
anhäufungen“; diese „gehen durch Sonderung alsbald in ebensoviele kleine Epithel- 
knospen über, die kaum über die Ansatzlinie der Schleimhautbekleidung hinaus- 
gehen und welche, allmählich wachsend, naclı der Unterschleimhaut hindrängen, 
sich in dieselbe einsenken und sich dort blasenförmig erweitern.“ Im weiteren 
gehe dann der Zusammenhang dieser Bildungen in der Submukosa mit dem 
Oberflächenepithel verloren. 


Wir können demnach, wenn auch nicht im Ninne einer Er- 
klärung, sondern nur in dem einer Konstatierung, der Formulierung 
Herxheimers (l. c.) zustimmen: 

„Das Epithel der abführenden Harnwege ist an man- 
chen Stellen besonders wucherungsfähig und bildet nach 
minimalsten Schädigungen die Brunuschen Zellnester“; wir 
würden nur statt „an manchen“ sagen: an allen. 


1) „Experimenteller Beitrag zur Entstehung der Cystitis cystica.“ Zieglers 
Zentralbl. f. allg. Path. Bd. 17, 1906, S. 180 (vorläufige Mitteilung). 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 13 


Die Formationen können nun entweder in ursprünglichen Formen 
und Dimensionen zeitlebens persistieren oder aber noch eine weitere 
Entwicklungs- und Differenzierungsstufe erreicht haben. Dauer 
und Intensität der ursächlichen entzündlichen Veränderung sind dabei 
wohl von ausschlaggebender Bedeutung. Und zwar darf man sich 
vielleicht vorstellen, dafs den gesteigerten Nutritionsverhältnissen 
hiebei eine malsgebende Rolle zufällt: nicht nur im Sinn der ent- 
zündlichen Hyperämie, sondern insbesondere mit Hinblick auf die 
Gefäfsneubildung, welche ja gerade in der Submukosa der harn- 
ableitenden Wege dem chronisch-entzündlichen Prozesse ein charak- 
teristisches Gepräge verleiht. 

Die Entwicklung der Formationen besteht hauptsächlich in’ einer 
durch Zellvermehrung bedingten Vergrölserung zu bisweilen ganz 
beträchtlichen Dimensionen in Form plumper Kugeln und Zapfen. 
Unter der Differenzierung meinen wir aber den höchst eigentümlichen 
Vorgang der Lumenbildung. 

In der Schilderung des Verlaufes dieses Vorganges wurde von 
fast allen früheren Beschreibern ein Zerfallsprozels im Innern der 
Kugeln und Zapfen, beginnend mit einer Auflockerung des Verbandes 
der zentralen Zellen, als Initialstadium angenommen. (Wir konnten in 
unseren seinerzeitigen Mitteilungen!) dieser Anschauung nicht bei- 
pflichten). Die allmähliche Verflüssigung der Zellen der zentralen 
Abschnitte sollte zur Lumen-, resp. Hohlraumbildung führen. Wir 
glauben, belehrt durch die Befunde an ganz frischem Material, diese 
Anschauung richtigstellen zu müssen. 

Es zeigt sich nämlich, dafs die erwähnten Auflockerungsbilder 
gerade an Präparaten von unfrischem Material besonders reichlich 
zu sehen sind. Betrachtet man nun die Epithelnester an Serien- 
schnitten bis zu ihrem Zusammenhang mit der Oberfläche, so gelingt 
es des öfteren nachzuweisen, dafs die Lockerung des Zellverbandes 
sich weiter bis an das durch postmortale Mazeration geschädigte 
oder zerstörte Epithel der Oberfläche verfolgen läfst. Dadurch wird 
die Vermutung recht wahrscheinlich gemacht, dafs die zentrale Auf- 
lockerung der Zellnester als in die Tiefe sich fortsetzender Maze- 
rationsvorgang zu deuten sei. (Schwierig wäre die Deutung für solche 
Bilder in Epithelballen, bezüglich welcher sich in Serienschnitten 


1) Stoerk, Beiträge zur Pathologie der Schleimhaut der harnleitenden 
Wege. Zieglers Beiträge z. path. Anat. u. allg. Path. Bd. 26, 1899, S. 367. 

Zuckerkandl, Über die sog. Cystitis cystica und über einen Fall von 
cystischem Papillom der Harnblase. Monatsber. f. Urologie, Bd.VIl, H.9, 1902. 


14 (). Stoerk und O. Zuckerkandl. 


mit Sicherheit erweisen liefse, dafs ihr Zusammenhang mit dem 
Öberflächenepithel aufgehört hat.) 

Wenn wir auch nicht absolut beweisen können, dafs Höhlen- 
bildung in den soliden Epithelkugeln und -zapfen niemals durch 
regressive Veränderungen in den zentralen Anteilen zustande kommt, 
möchten wir doch als der Häufigkeit nach einzig wesentlich in 
Betracht kommenden Bildungsmodus jenen bezeichnen, welcher sich 
durch das in Erscheinungtreten eines Sekretionsvorganges kenn- 
zeichnet.!) | 

Der Prozefs läfst oft im engsten Raume Bilder der verschie- 
densten Stadien der Ausbildung nebeneinander erkennen, und wir 
glauben aus diesem Nebeneinander folgendes Nacheinander schlie[sen 
zu dürfen: 

Zunächst findet sich zwischen den Epithelien der Limbeck- 
Brunnschen Nester, wie zufällig eingestreut, ein rundes Tröpfchen, 
ohne erkennbare Beziehung zu den benachbarten in ihrer Anord- 
nung noch unbeeinflufsten zylindrischen Zellen. Die Stellung des 
Tröpfchens mufs durchaus keine zentrale im betrefienden Zapfen 
sein, häufig liegt es ungefähr halbwegs zwischen Zentrum und Basal- 
membran. 

Sehr bald, nämlich bei noch nicht wesentlicher Vergrölserung 
des Tröpfchens, nehmen die umgebenden Zellen eine gegen dasselbe 
konvergierende Radiärstellung ein, und zwar zuerst nur in einer 
nächsten Lage, dann auch konzentrisch in einer zweit- und dritt- 
nächsten Lage. 

Unter deutlicher Vergröfserung des Tröpfchens wird nun ein 
besonders auffallendes Phänomen sichtbar — die innerste Lage 
nimmt exquisit den Charakter eines sezernierenden Epi- 
thels an, durch folgende Merkmale gekennzeichnet: die Kerne 
rücken sämtlich in Basalstellung, der „lumenwärts* gekehrte, i. e. 
dem Tropfen zugelagerte Protoplasmaanteil erscheint auffallend hell, 
wie sukkulent, und enthält oft in ziemlich gleichmälsiger Verteilung 
feine glänzende Granula, welche sich mit Eisenhämatoxylin grau bis 
schwarz färben. (Dieses Detail ist nur an Schnitten von gut kon- 


ı) Auf Grund des in den letzten Jahren beobachteten Materials müssen 
wir auch jener Möglichkeit, welche der eine von uns (Stoerk l. c.) seinerzeit 
als wesentlich für das Zustandekommen der cystischen Bildungen bezeichnet 
hat, nämlich der Verklebung von Schleimhautfalten, einen Häufigkeitswert ab- 
sprechen, 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase, 15 


servierten Objekten sichtbar.) Die Oberflächen dieser Zellen gegen 
das junge Lumen hin bilden im Schnittbild eine scharfe, kontinuier- 
liche Linie. 


Das Lumen erweitert und verlängert sich spaltförmig, zentrisch 
oder exzentrisch im Epithelverband gelagert, und es kann so schliels- 
lich zur Kommunikation mit dem Blasenlumen kommen. Anschliefsend 
an die Zunahme des Lumens scheint eine Verminderung der Zahl 
der Epithelreihen zwischen Lumen und Membrana propria des Lumen- 
hältig gewordenen Zapfens einzutreten, so dafs die Drüsenähnlich- 
keit des ganzen Gebildes eine immer grölsere wird, insbesondere 
daun auch, was häufig der Fall ist, wenn es zur Ramifikation solcher 
Bildungen kommt; es resultiert auf diese Weise schliefslich das Bild 
einer einfachen oder verzweigten tubulären Drüse mit zwei- bis drei- 
reihigem Epithel, deren Lumen von einem hellen Protoplasmasaum 
eingefafst wird. 


Während die geschilderten Vorgänge vorwiegend unter dem 
Schleimhautniveau ablaufen, lälst sich ganz Übereinstimmendes auch 
inmitten des Schleimhautepithels beobachten: Auftreten von Tropfen, 
Radiärstellung der umgebenden Epithelien, Aufhellung und Ver. 
gröfserung der an die Tropfen angrenzenden Protoplasmaabschnitte 
unter Basalstellung der zugehörigen Kerne (vgl. Fig. 2) — so dafs 
in täuschender Weise Bilder entstehen, welche sich nach Analogie 
anderer Schleimhäute als „intraepitheliale Drüsenformationen“ be- 
zeichnen beisen, Es ist nach den Bildern von Zwischenstadien 
recht wahrscheinlich, dafs dieselben bei weiterer Entwicklung all- 
mählich, unter schärferer Absetzung der das Lumen umgebenden 
Epithelzellen gegen die benachbarten, zu selbständigen Gebilden 
werden, in die Submukosa herunterwachsen und sich somit zu ana- 
logen Formationen ausbilden können, wie sie im Vorhergehenden ge- 
schildert wurden. 


Schon v. Limbeck hat in trefiender Weise den embryonalen 
Entwicklungsvorgang eines drüsigen Organes, im Sinne der primär 
soliden epithelialen Anlage und der sekundären zentralen Lumen- 
bildung zum Vergleiche herangezogen. Wir wissen heute, dafs dieser 
fötale Bildungsmodus für die drüsigen Gebilde fast allgemeine Gül- 
tigkeit hat. Es ist darum vielleicht nicht zu gewagt, den hier be- 
schriebenen Bildungsvorgang im harnableitenden System als eine 
postuterine Drüsenbildung nach fötalem Typus, ausgelöst 
durch pathologische Umstände, zu bezeichnen, also gewisser- 


16 O. Stoerk und O. Zuckerkand]. 


malsen als den Ausdruck einer latenten Fähigkeit dieser Schleim- 


häute zur Drüsenbildung.'!) 


Es läge natürlich nahe, nach einer embryologischen Begründung 


dieser „latenten Fähigkeit“ zu suchen. 


Es scheint uns aber ein 


diesbezüglicher Erklärungsversuch schon an dem Umstande zu schei- 
tern, dafs das in Rede stehende Bildungsphänomen der Schleimhaut 
des gesamten harnableitenden Systems: Nierenbecken, Ureter und 
Blase zukommt, dessen Teile zwar nicht nur funktionelle, sondern 


| ef, 
28,05 e 
š | 


gës f > Es g d 


| 


str 
Fig. 2. 


Rezente intraepitheliale Lumenbildung im 


Epithel einer Papillomzotte. 


str Zottenstroma mit Gefäss. 


@ ed 
9 S, "` A @ 4% ` Een 
LG Q @ AER GA ` ef Q ; a, ®, 
@ 


é gd elt"? CH: ` `, @ Ge © 
E Ën Se? Ree ab 
RE Be ed fs > 2.006050 


auch weitgehende anatomische 
und histologische Übereinstim- 
mung aufweisen, entwicklungs- 
geschichtlich aber z. T. einer Ge- 
meinsamkeitentbehren (nämlich 
Harnblase einerseits, Ureter, 
Nierenbecken andererseits). Ja 
schon der Umstand, dafs sich 
das in Rede stehende Phä- 
nomen an der gesamten Innen- 
fläche der Harnblase finden 
kann, stellt uns vor die näm- 
liche Schwierigkeit. Denn die 
modernen, vorwiegend auf 
Keibels Untersuchungenbasie- 
render, entwicklungsgeschicht- 
lichen Feststellungen über die 
fötale Blase haben den Nach- 
weis von deren Aufbau aus 
ganz disparaten Elementen er- 
bracht. 


So sagt Felix (in Hertwigs Handbuch der Entwicklungslehre, 25. und 
26. Lieferung, S. 437) hierüber: „Die Harnblase der Säugetiere ist in ihrem 
überwiegenden Teile entodermalen Ursprungs, und zwar entsteht sie durch eine 
Aufteilung der Kloake in ein ventrales und ein dorsales Rohr, diesen Teil der 





1) Eine durchaus abweichende Vorstellung über die Genese der drüsen- 
artigen Bildungen deutet J. Schaffer („Die oberen kardialen Ösophagusdrüsen 
und ihre Entstehung. Nebst Bemerkungen über Epithelmetaplasie.“ Virch. 
Arch. Bd. 177, S.181, speziell S. 201, gelegentlich des Studiums der Epithelver- 
hältnisse am Ureter eines neugeborenen Fohlen) an. Der Fassung des bezüg- 
lichen Passus gemäfs ist derselbe wohl als vorläufige Mitteilung anzusehen und 
die ausführliche Darstellung und Interpretation der höchst bemerkenswerten Be- 
funde von Seiten des geschätzten Autors abzuwarten, 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 17 


Harnblase können wir als ventrale kloakogene Blase bezeichnen; ein kleinerer 
Teil der Blase entsteht durch Aufnahme des untersten Abschnittes der beiden 
primären Harnleiter in die Blasenwand. das wäre nach unserer Nomenklatur der 
mesodermale Anteil; ob auch Teile der Allantois sich am Aufbau der Blase be- 


teiligen, ist ungewils; wenn sie es tun, so bilden sie wahrscheinlich nur den 
Scheitel der Blase.“ 


Es erscheint bemerkenswert, dafs die in Kürze besprochenen 
Vorgänge einerseits der Lumenbildung und der anschliefsenden Ver- 





str. Fig. 3. 
Mehrfache intraepitheliale Lumenbildung im Zottenepithel eines Harnblasen- 
papilloms nahe der Zottenoberfläche. 


str Zottenstroma. 


änderungen im umgebenden Epithel, andererseits die intra- und sub- 
epitheliale Zellnesterbildung mit ihren eventuellen weiteren Ent- 
wicklungsstadien: Lumenbildung und Umwandlung zu drüsenähn- 
lichen Formationen, sich nicht nur an den (häufig noch nachweislich 
chronisch entzündlich veränderten) Schleimhäuten der harnableiten- 
den Wege abspielen, sondern in durchaus gleichartiger Ausbildung 
auch in der epithelialen Überkleidung von Papillomen (s. Fig. 2) 
zu sehen sind.) Insbesondere die intraepitheliale Lumenbildung, 





') Vgl. hiezu Zuckerkandl „Über die sog. Cystitis cystica usw.“ l. c. 
Zeitschrift für Urologie. 1907. 2 


18 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


oft in Form in grofser Zahl nebeneinanderstehender, kleinster cystchen- 
ähnlicher Lücken der Epithelmasse, bilden keinen so seltenen Be- 
fund in lebhaft wachsenden Papillomen (s. Fig. 3). 

Gerade bei den letzterwähnten Formationen sieht man häufig 
eine Veränderung der lumenumsäumenden Epithelien, welche aber 
auch, und zwar in ebenso grolser Häufigkeit für die Formationen 
an nicht papillomatöser Schleimhaut Geltung hat: die lumenum- 
säumenden Epithelien zeigen nicht mehr den ursprünglichen Typus 
mit hohem Protoplasma und basalständigem Kern, sondern im Gegen- 
teil ein ganz abgeplattetes Epithel (vgl. Fig. 3), dessen reduzierte 
Protoplasmahöhe schliefslich mit dem vertikalen Kerndurchmesser 
identisch ist. Nicht selten wird ein solches Lumen von einem kolloid- 
ähnlichen eingedickten Sekretionsprodukt erfüllt. Die Erklärung dieser 
Bilder liegt vielleicht in einem Sistieren des Sekretionsvorganges, etwa 
verursacht durch Überschreiten einer zur Sekretion erforderlichen 
Ernährungsminimumsgrenze, eine Vorstellung, welche sich gerade 
bei den Papillomen recht gut mit dem unaufhörlichen Übereinander- 
schichten neuer Epithelreihen, also fortwährender Entfernung der 
oberen, älteren von den ernährenden subepithelialen (fefäfsen in Ein- 
klang bringen liefse. | 

Was die Natur des in all diesen besprochenen Formationen 
auftretenden Sekretes anbelangt, so ist dasselbe nicht zu allen Zeiten 
und auch nicht in allen Formationen desselben Falles einheitlicher 
Art. Abgesehen von den Eindickungsvorgängen, welche schliefslich zur 
Bildung konsistenter runder Körperchen (eventuell auch mit Vakuolen- 
bildung, Pigmentierung, konzentrischer Schichtung oder Verkalkung 
in diesen) führen können, und welche das färberische Verhalten in 
der bekannten Weise beeinflussen, zeigt auch das Sekret jüngerer 
Stadien wesentliche tinktorielle Verschiedenheiten. 

Auffällige Unterschiede ergeben sich dabei auch. bezüglich des 
Mucingehaltes, soweit sich derselbe mittelst der spezifischen Schleim- 
färbemethoden erkennen läfst. Die Inkonstanz des positiven Mucin- 
befundes, welche manche Autoren geradezu zu Zweifeln an der 
Möglichkeit schleimiger Sekretion in den in Rede stehenden Bildungen 
veranlalste, hat vermutlich verschiedene Ursachen. Sicher fehlt das 
Mucin den ersten Stadien, also insbesondere dem Stadium des ersten 
Auftretens der intraepithelialen Tropfen und dem nächsten mit der 
Radiärstellung der umgebenden Epithelien. Sicher fehlt es auch 
den späteren Stadien jener Periode, in welcher es schon zur Sekret- 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 19 


eindickung kommt. In der Zwischenperiode läfst sich aber die 
positive Schleimreaktion im Sekret in zweifelloser Weise 
konstatieren, und ebenso auch die Herkunft des Schleimes durch 
die Anwesenheit typischer, wenn auch bisweilen nur vereinzelter 
Becherzellen in der Epithellage ringsum das Lumen gelegentlich 
sicherstellen. Die Vorstellung einer Beziehung der früher erwähnten 
feinen, lichtbrechenden, mit Eisenhämatoxylin färbbaren Granula im 
lumenumsäumenden hellen Protoplasmaanteil zum Sekretionsprodukt 
drängt sich nach Analogie der Sekretionsvorgänge in andere Drüsen- 
zellen (beispielsweise jener in den Speicheldrüsen) unwillkürlich auf. 
Wir möchten also glauben, dafs im allgemeinen von einem gewissen 
Stadium der „Differenzierung“ zu drüsenartigen Bildungen an echte 
Schleimproduktion auftritt, welche aber unter Umständen wieder 
erloschen sein kann. Als einer der wichtigsten, weil häufigsten und 
leichtest erkennbaren, unter diesen Umständen ist (wohl neben 
anderen bisher unbekannten) die Behinderung des Abflusses an die 
freie Oberfläche, i. e. ins Blasenlumen, anzuführen: es mag dabei 
von vornherein die im früheren besprochene Erweiterung oder Ver- 
längerung des Lumens nicht die Oberfläche erreicht haben, oder 
wäre auch sekundärer Verschluls durch Epithelverklebung im Hals- 
teil vorstellbar. Der Effekt ist per analogiam drüsiger Gebilde an 
anderem Orte unter gleichen Umständen, beispielsweise von Schleim- 
drüsen der respiratorischen Schleimhaut, zunächst Dehnung des 
lumenumgrenzenden Epithels (also die eigentliche „Cysten bildung“) 
mit Kompression der inneren Epithelschichten, dann, wohl von einer 
gewissen Höhe des Innendruckes abhängig, allmähliches Versiegen 
der Sekretion mit Eindickung des Sekretes und Schwund der Mucin- 
reaktion. 

Es erscheint nach dem Ausgeführten begreiflich, dafs die Mucin- 
reaktion des Sekretes so häufig vermilst wird, insbesondere bei 
Fällen mit ausgeprägter „Cystenbildung“, also im Spätstadium. Ihr 
positiver Ausfall ist in jenen Fällen zu gewärtigen, in welchen ins- 
besondere auch bei noch bestehendem entzündlichen Prozesse jüngere 
Formationen — als solche an der Zellhöhe des Jumenumgebenden 
Epithels, vielleicht auch noch an dem auffallenden Chromatinreich- 
tum der Epithelkerne der ganzen epithelialen Formation erkennbar — 
vorliegen. 

Läfst sich in einem Falle, in welchem der Harn eine Bei- 
mengung von Elementen mit auffallend viszider Beschaffenheit zeigt — 
Täuschungen sind vor Anstellung der chemischen Untersuchung mög- 


2% 


920 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


lich durch das gelegentliche Vorhandensein von Eiweifskörpern, 
welche im Harn spontan zu einem äufserst feinfädigen Netzwerk 
(mit eingeschlossenen zellulären Elementen) gerinnen und dadurch 
auch eine Art fadenziehender Beschaffenheit annehmen — chemisch 
der Nachweis von Mucin erbringen, so wird vermutlich das soeben 
skizzierte Bild der Schleimhautbeschaffenheit im mikroskopischen 
Bilde der Blasenwand, wenn ein solches im betreffenden Falle zu 
erlangen ist, zu gewärtigen sein. Wir sind leider nicht im Besitze 
eines unter solchen Vorbedingungen gewonnenen Objektes. 

Die ungemein häufige Kombination des Vorkommens von Lumen- 
bildung und von Epithelsprossenformation legt die Frage nahe, ob 
beide nur als gleichzeitige und nebeneinander bestehende Folgen des 
länger andauernden entzündlichen Prozesses anzusehen seien oder ob 
zwischen ihnen ein engerer Kausalnexus bestehe. Es liefse sich 
diesbezüglich anführen, dafs die beiden Prozesse ganz unabhängig 
voneinander vorkommen können, beispielsweise einerseits ausschliels- 
lich solide Zapfenbildung in manchen Fällen von Cystitis und andrer- 
seits reichliche intraepitheliale Lumenbildung in manchen Papillomen 
ohne eine Andeutung der Tendenz, Zellnester zu bilden — beides 
unter Umständen des entsprechend langen Bestehens des betreffenden 
Prozesses, so dafs sich nicht der Einwand ergeben würde, es wäre 
noch nicht Gelegenheit zur Ausbildung des Fehlenden gewesen. Der 
häufige Befund der Lumenbildung inmitten der Epithelnester, welche 
zu deren Umwandlung in drüsenartige Bildungen führen kann, 
scheint uns kein zwingendes Gegenargument zu sein. Vielmehr 
möchten wir glauben, dafs gerade bei den Epithelnestern, welche in 
das gefälsreiche subepitheliale Bindegewebe hinabreichen, entsprechend 
dieser engeren Beziehung zum Gefälsapparat sich auch im Sinne 
des früher (S. 11) Besprochenen jene günstigeren Ernährungsver- 
hältnisse einstellen können, welche den Sekretionsvorgang und somit 
die Lumenbildung auslösen. 

Eine Stütze letzterer Supposition, nämlich der vermutlichen 
Beziehung zwischen Vaskularisation und Sekretionsvorgang bietet 
vielleicht ein bemerkenswerter Befund am Epithel gewisser chro- 
nischer Oystitisformen, welches Epithel infolge aufserordentlich reich- 
licher Gefälsneubildung von Seiten der Submukosa tatsächlich unter 
ungewöhnlich günstigen Nutritionsverhältnissen zu stehen scheint. 
Wir haben dabei insbesondere den morphologisch so auffälligen 
Typus im Auge, für welchen der eine von uns seinerzeit die Benen- 
nung „Cystitis papillaris“ vorgeschlagen hat. 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 21 


Es ist das ein Typus, vielleicht auch nur ein Stadium, der „produktiven 
Cystitis“ (Orth), bei welchem „das noch ziemlich kernreiche Bindegewebe des 
Stratum proprium sich nicht wieder zu horizontalen Lagen ordnet, sondern mit 
ziemlich unregelmäfsigem Faserverlauf und reichlich gefälsführend gegen 
die Oberfläche aufsteigt und das Bestehenbleiben der im früheren Stadium ent- 
standenen, besonders im Blasenfundus dicht gedrängten, spitzen und stumpfen 
Höckerbildungen der Blaseninnenfläche bewirkt — ein Relief, welches schon 
makroskopisch durch die sammtartige bis feinwarzige Unglätte der Schleimhaut- 
oberfläche kenntlich ist... . .“ 3) 


Der enorme Vaskularisationsreichtum springt bei diesen Formen 
geradezu in die Augen. In ganzen Garben sieht man die meist 


REIT 


dak en 


ZEN 

` 
(ei ` 
Lët 


ai 
we 
bé 
` At 
NIE 
sure Dal 
rt 
> 


° , sé 
. ie ei 4 gy o a e.s Toe 9 4 
> e Bta Ai ` e. Lu A, asp tg Do Te 


a 





prall gefüllten Gefälse in den erwähnten Erhebungen gegen die Basis 
des Epithels aufsteigen. Letzteres zeigt sich dabei gegen postmor- 
tale Veränderungen auffallend resistent und in seiner obersten Zell- 
lage bietet sich in manchen dieser Fälle ein ungewohntes Bild 
(s. Fig. 4): 

An Stelle der eingangs besprochenen platten „Deckzellen“ fin- 
den sich, an das Blasenlumen angrenzend, cylindrische Zellen mit 
basalständigem Kern nnd reichlichem, hellen, wie sukkulenten Proto- 
plasma, in welchem bei Anwendung stärkerer Vergrölserung feine, 





D Stocrk, Le, S. 489. 


22 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


schwach lichtbrechende Körnchen zu sehen sind (s. Fig. 5) (diese 
Epithelien der obersten Reihe sind bisweilen auf den ersten Blick 
nicht unähnlich den Pannethschen Zellen des Intestinaltrakts). Die 
Körnchen färben sich mit Eisenhämatoxylin teils grau, teils schwarz. 
Die gemeinsame obere Begrenzung dieser oberflächlichen Epithel- 
reihe ist eine auffallend scharf lineare. Kurz, die morphologische 
Übereinstimmung dieser Zellen mit den im früheren besprochenen um- 
geformten lJumenumsäumenden Epithelien der Tiefe ist eine voll- 
ständige. Auch das Bild becherzellenartiger Zellformen ist gelegent- 
lich dabei zu sehen. 


Bei der Besprechung der „Deckzellen* haben wir uns bemüht, 
einen ursächlichen Zusammenhang ihrer morphologischen Eigentüm- 





Fig. 5. 
Stärkere Vergrösserung einer Oberflächenstelle aus Figur 4, 


lichkeit mit den für sie unter physiologischen Umständen ungünstigen 
Ernährungsverhältnissen wahrscheinlich zu machen. Bei den abnorm 
günstigen Ernährungsverhältnissen des Harnblasenepithels bei der 
„Cystitis papillaris* wird uns das konträre Verhalten der obersten 
Epithelschichte dieser Fälle nicht ganz unverständlich erscheinen. 
Es würde sich freilich noch die Frage ergeben. warum das geschil- 
derte Verhalten der obersten Epithelreihe, welches wir aus morpho- 
logischen Gründen im Sinne eines sekretorischen Vorganges deuten 
möchten, sich nicht auch an den tieferen Epithellagen einstellt. Ihre 
Beantwortung müssen wir schuldig bleiben; bei der Bevorzugung der 
obersten Lage mögen vielleicht eben auf diese Oberflächenstellung 
bezügliche Momente physikalischer oder chemischer Natur eine Rolle 
spielen, bezüglich welcher sich aber wohl nur mehrweniger subjek- 
tive Vermutungen äulfsern lielsen. 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 23 


11. 

Wir haben uns im Bisherigen bemüht, in Kürze über das der- 
zeit Bekannte des Wesens der Epithelnester, der Lumenbildung und 
der Cystitis, Ureteritis und Pyelitis cystica zu referieren, sowie auch in 
Einzelheiten auf Grund unserer in den letzten Jahren gewonnenen 
neuerlichen Ergebnisse die Befunde früherer Mitteilungen (unserer 
eigenen natürlich inbegriffen) zu ergänzen, resp. zum Teil richtig zu 
stellen. Wir gelangten dabei zu der Annahme, dafs dem Epithel der 
ableitenden Harnwege die latente und durch entzündliche Reize 
längerer Dauer auslösbare Fähigkeit der Bildung drüsenartiger For- 
mationen im postuterinen Lebensabschnitte innewohnt. 

Wir haben bisher die Bezeichnung „Drüsen“ oder „drüsenartige 
Formationen“ gebraucht, ohne auf die Berechtigung dieser Bezeich- 
nung näher einzugehen. Tatsächlich wäre sie beispielsweise im Stadium 
der Lumenbildung in einem Epithelnest vielleicht noch anfechtbar. 
Wenn es aber damn in weiterer Differenzierung, wie in so vielen 
Fällen, zu Bildung gleichmäfsig weiter, oft auch verzweigter Schläuche 
mit sekrethaltigem Lumen und der so besonders auffälligen hellen 
Protoplasmabeschaffenheit der Epithelreihe um dieses Lumen ge- 
kommen ist, wird sich die Bezeichnung „Drüse‘“ dem Beschauer un- 
willkürlich aufdrängen, Ungewohnt mag dabei die Zwei- oder Drei- 
reihigkeit des Wandepithels dieser „Drüsen“ erscheinen. In durch- 
aus nicht seltenen Fällen findet sich aber dann auch hier und da 
ein vereinzelter Schlauch unter den übrigen (mit mehrreihigem Wand- 
epitheli, dessen Wand aus einer einzigen Epithelreihe besteht, 
deren Epithel durch basale Kernstellung und helle Protoplasma- 
beschaffenheit durchaus demjenigen entspricht, was bei den übrigen 
mit mehrreihigem Wandepithel als innerste Lage erscheint. Solche 
Schläuche unterscheiden sich dann in keiner Hinsicht von drüsigen 
Schläuchen, beispielsweise des Intestinaltraktes, und haben vollen 
Anspruch auf die Bezeichnung „Drüse“. 

Es zeigt sich nun, dafs in manchen Fällen chronischer Ent- 
zündung, insbesondere der Harnblase, diese echten Drüsenschläuche 
besonders zahlreich erscheinen, und zwar entweder kombiniert mit 
Formationen der Cystitis cystica oder auch selbständig, resp. aus- 
schließlich. Sie treten im ersteren Fall meist gruppenweise und 
mit mehr unregelmälsiger Verlaufsrichtung auf, im letzteren in ziem- 
Ich gleichmäfsiger Anordnung in bezug auf Verlauf und Abstand 
voneinander, so dafs in letzterem Falle einzelne Gesichtsfelder gerade- 
zu das Bild etwa einer Dickdarmschleimhant vortäuschen können. 


24 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


Die Schläuche münden mit einreihigem Wandepithel frei an die 
Oberfläche, so dafs daselbst ein scharfes Nebeneinander von ein- 
reihigem Zylinderepithel und geschichteten Blasenepithel ent- 
steht, wenn nicht auch schon das Oberflächenepithel der betreffen- 
den Stelle sich zu einem einreihigen cylindrischen umgewandelt hat. 
Besonders charakteristisch ist der Umstand, dafs in diesen einfach 
oder verzweigt tubulären Drüsen, wenn sie ein gewisses Mafs der 
Entwicklung erreicht haben, in grofser Zahl Becherzellen erscheinen, 
ja bisweilen Becherzelle an Becherzelle gereiht das Lumen umgeben. 
Es sind typische Becherzellen mit positiver Schleimreaktion, ebenso 
wie auch das lumenfüllende, resp. häufig auch ein wenig dilatierende 
Sekret stets die positive Schleimreaktion gibt. 

Das mikroskopische Bild dieser Formationen ist so charakte- 
ristisch und auffällig, das sie uns Anspruch auf eine selbständige 
Bezeichnung zu haben scheinen. Wir würden die Benennung „Cystitis 
glandularis“ vorschlagen. 

Unsere Befunde scheinen uns darauf hinzudeuten, dafs ihre Ent- 
stehung auf besonders heftige entzündliche Prozesse, insbesondere 
auf solche ulzerierender und nekrotisierender Art, zurückzuführen ist. 
Es seien im folgenden Beispiele dieser Art angeführt. 


Cystitis glandularis bei Lithiasis. 


J. M., 68 Jahre alter Mann, mit dem Befunde „Blasenstein“ am 10. De- 
zember 1903 in die chirurgische Abteilung der Rothschild-Stiftung aufgenommen. 
Aus dem somatischen Befunde ist za erwähnen, dafs eine ausgesprochene 
Arteriosklerose nachweisbar war. Die Prostata beträchtlich vergröfsert, Die 
Blase, hypertrophiert, mit starken trabekulären Muskelwülsten, beherbergt einen 
über walnufsgrolsen harten Stein von rundlicher Form. Operation am 15. De- 
zember 1903, unter Schleich’scher Infiltrationsanästhesie (Prof. Zuckerkanc]); 
suprapubischer Blasenschnitt und Entfernung des Steines. Zur Erleichterung 
der Blasendrainage wird bei dem fettleibigen Manne die Schleimhaut der Blase 
durch einige Seidennähte an die Haut fixiert. Es erfolgte, was nicht beabsich- 
tigt worden war, eine rasche primäre Vereinigung von Blase und Haut, so dals 
zum Verschlusse der gebildeten Blasenfistel (am 26. Januar) die blutige Lösung 
der Schleimhaut und Naht der Blase vorgenommen werden mufste. Die ever- 
tierte Blasenschleimhaut war stark gerötet, verdickt und stets von dickem 
Schleim bedeckt. Es war aufgefallen, dafs an der anfänglich glatten Schleim- 
haut der Blase in der letzten Zeit kleine hirsekorngrofse Bläschen aufgeschossen 
waren, die makroskopisch den Effloreszenzen bei Cystitis cystica glichen. 

Zum Zwecke der Untersuchung wurden die bei Anfrischung der Blase 
exzidierten Schleimhautstückchen fixiert, gehärtet und mikroskopisch untersucht. 


Es ergaben sich an diesen Schleimhautstückchen die im folgen- 
den zu beschreibenden Veränderungen, welchen vielleicht ein be- 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 95 


sonderes Interesse dadurch zukommt, dafs sich die Zeit ihrer Ent- 
stehung begrenzen lälst. Sie waren bei der vor 42 Tagen vorge- 
nommenen Fixation der Blasenschleimhaut an die äufsere Haut 
noch nicht vorhanden gewesen, und ihre Entstehung ist demnach 
zweifellos auf den Reiz der durch die Vernähung bedingten Um- 
stände zurückzuführen. Schon die Lokalisation an einer Stelle, 
welche den typischen Stellen der intensivsten Schädigung der Blasen- 
schleimhaut durch Konkremente gerade gegenüber liegt, läfst einen 
direkten ursächlichen Zusammenhang zwischen der Entstehung der 
Veränderungen und der früher bestandenen Lithiasis ausschlielsen. 

Die Submukosa zeigt allenthalben die Veränderungen einer 
mälsig lange bestehenden Entzündung. Das Zwischengewebe reich- 
lich ödematös durchtränkt, überreich durchzogen von zarten Ge- 
füälschen, welche ihr junges Bestehen, resp. ihr im Wachstum Be- 
griffensein durch die charakteristischen grolsen, ins Lumen vor- 
springenden Endothelkerne kundgeben. Allenthalbeu zart sich 
färbende, protoplasmareichere Zwischengewebselemente mit ovalem 
Kern und deutlichen Zellausläufern — typische Fibroblasten. Da- 
neben teils ungleichmälsig verstreut, teils zu dichteren Komplexen 
gruppiert infiltrierende einkernige Rundzellen von Iymphoidem Typus. 
Vereinzelt in nächster Umgebung mancher Gefäfschen auch poly- 
nukleäre Rundzellen. 

Einen recht auffallenden Befund bietet die Beschaffenheit des 
OÖberflächenepithels. Nur an einzelnen Zellen ist es das für die 
Harnblasenschleimhaut typische. Überwiegend erscheint es unter 
dem Bilde eines in seinen obersten Lagen oft reichlich horn- 
bildenden Plattenepithels. Bei unbeeinflufster Betrachtung der Ob- 
jekte wäre seine Herkunft als durch Metaplasie des Harnblasen- 
epithels entstanden ohne weiteres anzunehmen, denn die Überein- 
stimmung mit den so häufig in der Blase zu beobachtenden Bildern 
der Metaplasie (Xerose) ist eine vollkommene. Jedoch ist bei Be- 
rücksichtigung des Umstandes, dafs die untersuchten Mukosa- 
stückchen gerade dem Rande jener Blasenschleimhautpartie ent- 
nommen worden waren, welche (nach der Nahtfixation) mit der 
äufseren Haut verwachsen waren, die Möglichkeit nicht von der 
Hand zu weisen, dafs es sich hier um eine von der Bauchhaut her 
vordringende Epidermisierung handle. Wenn auch an keiner Stelle 
für die Epidermis charakteristische Elemente (Papillarkörperformation, 
Schweilsdrüsen-, Haar- oder Talgdrüsenbildung) aufzufinden waren 
und auch Mitosen im Plattenepithelbereich vollständig vermilst 


96 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 





Fig. 6. 
a langgestreckte, b kurze, plumpe, lumenhältige Bildungen der Cystitis cystica; c Schläuche der 
Cystitis glandularis; d zugehörige Ausmündung an die Oberfläche. 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 97 


wurden, so möchten wir doch — auch mit Berücksichtigung der 
noch im weiteren anzuführenden Einzelheiten — keine diesbezüg- 
liche Entscheidung wagen. 

Das Plattenepithel ist vielfach ein sehr hochschichtiges mit breiter 
Stachel- und Riffzellenschichte. Die Oberfläche wird stellenweise auch 
nur von ein- oder zweireihigen Lagen ganz flacher Zellen mit platten 
Kernen gebildet, meist aber, wie erwähnt, durch eine Hornschüppchen- 
lage von ganz beträchtlicher Dicke. Unter letzterer finden sich dann 
auch stets 3—4 Reihen reichlich » keratohyalinführender Zellen. 


Die Verhornungsvorgänge spielen sich ausschlielslich an der Schleim- 
hautoberffläcke ab und 


fehlen den eigentümlich 
und mannigfaltig gestalte- 
ten, bisweilen in beträcht- 
liche Tiefe absteigenden, 
oft ausschliefslich aus 
Stachel- nnd Riffzellen mit 
peripherer Basalschicht be- 
stehenden, bald schmalen, 
bald plumperen Platten- 
epithelfortsätzen ins Stro- 
ma, welche in allen Ab- 
schnitten der untersuch- 
ten Schleimhautstellen zu 









EEE 2 EN | 
s AR i ` 
A < RR 


RT © 
Ba OT A 
Re 
"Does > 


sehen sind. Die Art ihrer = 

Entstehung wird ins be- ns a ont na at ars 
E o a Reste des ursprünglichen zylindrischen Epithels; 

sondere bei Durchsicht 


b durchwandernder, 
von Sehnittreihen klar; e durchgewanderter polynuclearer Leukocyt. 


sie beruht auf dem Ein- 

wachsen des Plattenepitbels in präformierte taschen- und schlauch- 
fürmige Räume — teils Faltungen der Blasenschleimhaut, teils 
den im weiteren zu besprechenden Formationen der Cystitis 
cystica entsprechend. Der Vorgang läfst sich in allen Stadien be- 
obachten: Einwachsen an der einen Wand eines solehen Recessus, 
so dals sein Lumen auf einer Seite von Plattenepithel, auf der 
anderen von geschichtetem zylindrischen begrenzt wird (s. Fig. 6, 
links zwischen b und d), oder aber, häufiger, verschliefsende Über- 
wachsung der Mündung des Recessus durch das Plattenepithel; 
Eindringen desselben in den Halsteil des Recessus mit Vorsichher- 
drängen des ursprünglich auskleidenden zylindrischen Epithels; 


28 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


vollständige Erfüllung des Recessus mit Plattenepithel, aber noch 
mit Aussparung eines Lumens meist im untersten Abschnitt, welches 
Lumen eventuell noch eine Auskleidung mit einreihigem Cylinder- 
epithel aufweisen kann (s. Fig. 7, Querschnitt einer derartigen 
Stelle); schlielslich Umwandlung des Recessus in einen soliden 
Plattenepithelstrang oder -balken. Der Vorgang weist die grölste 
Ähnlichkeit mit analogen Prozessen anderer Schleimhäute auf, 
z. B. mit dem Einwachsen von Plattenepithel in die Schleimdrüsen- 
ausführungsgänge etwa der Regio interarytenoidea bei manchen 
chronischen Jiaryngitiden (Pachydermia laryngis), oder insbesondere 
mit den histologischen Bildern 
der Ausheilung der Erosion 
der Portiovaginalisuteridurch 
Einwachsen des Portioepithels 
in die gewucherten resp. neu- 
gebildetenSchleimdrüsen vom 
cervikalen Typus. 

In der Besprechung der 
Bildungen der Cystitis cystica 
können wir uns mit Rück- 
sicht auf das eingangs im 
allgemeinen über die Bilder 
dieser Art der Epithelproli- 
feration Gesagte kurz fassen. 
Es sind hier, wie es scheint, 
fast ausnahmslos schon lumen- 
haltige Formationen zu sehen, 
und zwar meist entweder lang- 
gestreckt in die Tiefe ziehende 
mit spaltförmigem Lumen (s. Fig. 6 a), oder plumpe kurze mit 
weiter, mehr rundlicher Lichtung (Fig. 6 b). 

Zwischen diesen Bildungen finden sich an mehreren Stellen Gruppen 
von exquisit drüsenartigen Formationen, welche durch die ganze 
Art ihrer Anordnung und durch die helle Beschaffenheit ihres ein- 
reihigen zylindrischen Epithels sofort auffallen. Jede einzelne 
Gruppe wäre einem verzweigt tubulären Adenom vergleichbar, und 
ihr Aufbau bietet geradezu das Abbild des Drüsenschlauchver- 
haltens mancher Dickdarmpolypen. Sie geben durch reichliche 
Verästelung und insbesondere durch grofsen Mitosenreichtum in 
allen Abschnitten junges und lebhaftes Wachstum kund und ent- 





Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 99 


halten in aufserordentlich dichter Anordnung Becherzellen (s. Fig. 8, 
Reproduktion des Querschnitts bei c in Fig. 6 in stärkerer Vergr.) 
mit positiver Mucinreaktion. In unveränderter Beschaffenheit 
münden sie an der freien Oberfläche unvermittelt entweder in das 
geschichtete Zylinder- oder das Plattenepithel aus, gelegentlich auch 
zufällig gerade an der Grenze beider (Fig. 6, d). Diese gruppen- 
weise auftretenden drüsigen Formationen sind inmitten von Bildungen 
der Cystitis cystica zu sehen. 


Stalaktitgeschwür der Harnblase mit Cystitis glandularis, 


Frau K. L., 36 Jahre alt, hat vor 5 Jahren eine schwere Entbindung 
durchgemacht; da der Kopf nach 5 stündiger Wehentätigkeit nicht austreten 
konnte, wurde die Geburt mit der Zange beendet. Es trat Harnverhaltung auf 
und der Katheter wurde nach 24 stündiger Dauer der Retention eingeführt; im 
unmittelbaren Anschlusse daran cystitische Beschwerden der heftigsten Art. 
Schon nach zweiwöchentlicher Dauer der Cystitis ging ein unregelmälsig ge- 
formtes Phosphatkonkrement mit dem Harne ab. Seither wiederholt sich die 
Ausstolsung von Konkrementen in Intervallen von zwei, vier bis sechs Wochen, 
stet3 unter den heftigsten örtlichen Schmerzen. Die abgegangenen Steine sind 
kirschkern- bis haselnufsgrofs und repräsentieren gesammelt eine ansehnliche 
Menge. 

Die Beschwerden sind während der 5 jährigen Dauer des Leidens stets 
gle ch intensiv geblieben, sie sind am höchsten während der Ausstolsung eines 
Steines, um nach dieser Zeit an Intensität nachzulassen. Es handelt sich vor- 
wiegend um eine Steigerung der Harnfrequenz, um einen intensiveren Harn- 
drang und um heftige, namentlich terminale Schmerzen bei der Miktion. Be- 
wegung oder Ruhe sind ohne Einflufs. Der Harn ist bald klar, bald eitrig-blutig 
getrūbt. 

Im Sedimente neben Eiter und Blut Bakterien und Tripelphosphate. 

Das Cystoskop zeigt eine scharf begrenzte Erkrankung der Blase rechts am 
Trigonum; die sonstige Schleimhaut ganz normal. In der rechten Hälfte des 
Trigonum nahe der Harnleitermündung ist ein blendend weilses, oberflächlich 
rauhes, kugeliges Konkrement sichtbar, welches der Schleimhaut mit breiter 
Basis aufsitzt und mit der letzteren verwachsen scheint. Die benachbarte Schleim- 
haut ist stark gerötet, aufgelockert, wie ödematös. 

Es stofsen sich in der nächsten Zeit grölsere krümelige, aus phosphor- 
saurem Kalk bestehende Steinmassen ab. Eine wiederholte Untersuchung zeigte 
insoferne ein verändertes Bild, als an Stelle des prominierenden Konkrementes 
eine flache, von entzündlicher, blutender Schleimhaut umgebene Inkrustation 
sichtbar war. 

Die Beschwerden halten trotz entsprechender örtlicher Behandlung in 
wechselnder Intensität an. Erst ein Jahr, nachdem der Befund erhoben und 
der Patientin die Operation empfohlen worden war, entschliefst sich die Kranke 
wegen zunehmender Schmerzen zu dieser. 

Im April 1904 Sectio alta in Schleichs Inhalationsnarkose (Prof. Zucker- 
kandl). Beckenhochlagerung, suprasymphysärer Längsschnitt. Nach Eröffnung 


30 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


der Blase sieht man das festgewachsene Konkrement von Kirschengröfse, 
der Schleimhaut innig aufsitzend; es wird breit im Gesunden ovalär umschnitten 
und mit der Schleimhautbasis weit im Gesunden exzidiert. Die Basis ist fibrös- 
derb, unter dem Messer knirschend. Der gesetzte Defekt wird durch Catgut- 
knopfnähte geschlossen. Partielle Blasennaht; Heberdrainage. 

Normaler Wundverlauf, Heilung 4 Wochen post op. abgeschlossen. 

Der Harn ist nun blutfrei, gelb, nur ganz wenig 

ER trübe. Die Miktion in normalen Pausen schmerzlos. 

Das Resultat war, wie wiederholte Untersuchungen 

zeigten, ein dauerndes. Bei einer ein Jahr post op. 

vorgenommenen cystoskopischen Untersuchung erwies 
sich die Blase als normal. 

Das exzidierte Gewebsstück erwies sich als eine 
fibrös verdickte Schleimhautpartie von etwa Kronen- 
stückgröfse, in deren Mitte ein unregelmälsig begrenzter 
krümeliger flacher Phosphatstein aufsals. Der Stein (s. Fig. 9, nat. Grölse) 
steht mit seiner Unterlage in so innigem, wie verfilztem Zusammenhang, dafs 
er von ihr stumpf nicht abhebbar ist. 









Es handelt sich in diesem Falle um eine typische Erkrankungs- 
form der weiblichen Blase, um eine sogenanntes „Stalaktitgeschwür“, 
eine Erkrankungsform, welche von urologischer und gynäkologischer 
Seite (Fenwik, Latzko) schon mehrfach beobachtet wurde. Die 
Erkrankung habe ich (Z.) bisher nur bei weiblichen Individuen, 
häufiger bei jugendlichen als bei älteren, gesehen. Stets ist das 
umschriebene inkrustierte Geschwür aus einer diffusen Cystitis 
hervorgegangen. Die Ätiologie ist völlig unklar, es ist nicht be- 
kannt, warum gewisse Geschwüre inkrustieren, andere nicht; nie- 
mals sah ich auf einem tuberkulösen Geschwür Inkrustation; das 
solitäre Stalaktitgeschwür scheint nur der weiblichen Blase eigen 
zu sein. Die Fälle meiner Beobachtung betrafen stets puerperäle 
Formen von Cystitis. 


Im Symptomenbilde prävalieren die Blasenschmerzen und die 
Ausstolsungen phosphatischer Krümel, eine Erscheinung, die stets 
von einer Remission der Beschwerden gefolgt ist. Der Verlauf ist 
chronisch, spontane Heilungen scheinen nicht vorzukommen. Die 
Spülbehandlung der Blase ist ohne Erfolg, ebenso die Curettage 
der Blase per urethram; immer wieder regenerieren sich die 
Phosphate. Eine Abschabung ist auch an der offenen Blase in 
ausgiebigem Mafse nicht möglich, der Belag haftet zu innig 
am Geschwürsgrund. Einzig radikal erscheint die Exstirpation 
des Geschwüres mit nachfolgender Naht des gesetzten Defektes. 


Es wurden Schnitte von einer Gewebsscheibe angefertigt, 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 31 


welche ungefähr meridional der Mitte der exstirpierten Bildung 
entnommen worden waren. 

Bei Lupenvergröfserung gesehen findet sich inmitten des 
Schnittes, rechts und links scharf vom Niveau der umgebenden 
Schleimhaut sich erhebend, eine infolge ihrer dunklen Färbung sehr 
distinkte Bildung, welche kuchenartig der Blaseninnenfläche aufzu- 
liegen scheint und an ihrer horizontal sich erstreckenden Oberfläche 
ein eigentümliches, wie zausiges Relief darbietet. 

Bei mikroskopischer Betrachtung weisen die umgrenzenden 
Schleimhautpartien zu beiden Seitgn der Bildung ein sehr ditte- 
rentes Aussehen auf. 

Auf der einen Seite findet sich ein Harnblasenepithel vom“ 
physiologischen Typus. Der Zwischengewebsbereich zwischen Epithel 
und Muskulatur durch ödematöse Auflockerung des Bindegewebes 
wesentlich verbreitert, in der für die chronisch entzündlichen 
Prozesse charakteristischen Weise überreich mit vorwiegend auf- 
steigenden (neugebildeten) Gefäfschen vaskularisiert. Das ziemlich 
kernreiche Bindegewebe führt ganz locker eingestreute, meist 
mono-, selten polynukleare Rundzellen, welche erst knapp in der 
Nachbarschaft der die Schnittmitte einnehmenden Bildung zu 
dichten Infiltraten zusammenrücken. 

Das Schleimhautbild der anderen Seite ist ein höchst ab- 
weichendes und erinnert auf den ersten Blick in täuschender Weise an 
eine Dickdarmschleimhaut: nicht nur durch die drüsigen Formationen 
der Schleimhaut, sondern auch dadurch, dals, ganz ähnlich dem Ver- 
halten einer Muscularis mucosae, die obersten Lagen der Blasenmus- 
kularis knapp unter den basalen Drüsenenden horizontal hinziehen. 

Diese Schleimhautbeschaffenheit läfst sich eine breite Strecke 
peripheriewärts verfolgen; dann folgt eine schmale Randpartie, in 
deren Bereich die Drüsenschläuche ihre reguläre Vertikalstellung 
gegen eine mehr und mehr lateralwärts schiefe vertauschen, so dals 
die äufsersten Schläuche fast horizontal stehen und, mit fast 
parallelem Verlauf zu dem unvermittelt die Oberflächenbekleidung 
übernelhmenden physiologischen Harnblasenepithel, knapp unterhalb 
desselben sich erstrecken. 

Die drüsige Schleimhautpartie zeigt ein sehr wohl konserviertes, 
einreihiges, zylindrischesOberflächenepithel, den ganz kurzen Zwischen- 
stücken zwischen den ziemlich dicht, in gleichmäfsiger Entfernung 
voneinander stehenden Drüsenausmündungen an die Oberfläche 
entsprechend. Dieses Epithel ist seiner Form nach identisch mit 


39 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


dem die Drüsenschläuche auskleidenden: hellprotoplasmatisch mit 
basalständigem Kern. 

Überaus zahlreich, insbesondere in den Drüsenschläuchen, ist 
das Auftreten von Becherzellen. Dementsprechend sämtliche Drüsen- 
lumina ein wenig klaffend, sekretführend. Sowohl das Sekret wie 
die intraprotoplasmatischen Tropfen der Becherzellen geben die 
charakteristischen Mucinreaktionen. Die vertikal absteigenden 
Drüsenschläuche zeigen nicht selten ungefähr in der Mitte ihrer 
Erstreckung Gabelung. Sie liegen nirgends dicht aneinander, 
werden vielmehr gleichmälsig durch ein in seiner zarten Faserung 
vorwiegend vertikal sich erstreckendes, reichlich Rundzellen von 
vorwiegend mononukleärem Typus führendes Zwischengewebe von- 
einander getrennt. 

An der Stelle, wo die drüsige Schleimhaut an die sogleich zu 
beschreibende zentrale Formation angrenzt,. werden die Drüsen- 
schläuche plötzlich immer kürzer, dann hören sie auf, und das ein- 
reihige Zylinderepithel der Oberfläche erstreckt sich eine kurze 
Strecke drüsenlos bis an den ein wenig überhängenden Rand der 
über das Schleimhautniveau sich erhebenden Formation — ganz 
nach Art des Verhaltens von Dickdarmschleimhaut am Rand 
einer Ulzeration bei bestehender oder beginnender Überhäutungs- 
tendenz. 

Die (bei Lupenbetrachtung als kuchenartig aufgelagerte Bildung 
beschriebene) zentrale Formation scheint hauptsächlich mit der 
Schleimhaut selbst in genetischer Beziehung zu stehen. Denn es 
zieht einerseits die Muskularis unter ihr in fast unveränderter Ver- 
laufsrichtung durch, anderseits ist an ihrer Basis noch eine breite 
Lage Zwischengewebe zu sehen. Dasselbe erscheint in seinem 
unteren Abschnitt grolsenteils und dicht mit kleinen einkernigen 
Rundzellen von Iymphatischem Habitus entzündlich infiltriert, mit 
horizontalem Faserverlauf in den der Muskularis benachbarten 
Schichten, mit vertikaler Faserrichtung in dem an die eigentliche 
Formation angrenzenden Anteil, in welchem die infiltrierenden 
Rundzellen ausgedehnten Kernzerfall aufweisen. Es entsteht so 
eine Art bindegewebigen, das Schleimhautniveau überragenden 
Sockels, auf welchem erst die eigentliche Masse der Formation ruht. 

Letztere erscheint als eine fast in toto nekrotische Masse mit 
reichlicher Kalkeinlagerung. Ihre allerunterste Schicht läfst noch 
eine Andeutung von Faserung als Fortsetzung der Struktur der 
erwähnten vertikal aufsteigenden Bindegewebszüge erkennen. 


— "SEET e 
—K———— — - 


— — me — nn 


— v m wm: pen om EZE 


<- 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 33 


Ihrer Hauptmasse nach erscheint sie in ihren kalkfreien Anteilen fast 
strukturlos, (bei Hämalaunfärbung) fleckweise abwechselnd bläulich- 
violett gefärbt oder fast farblos, die bläulichviolett gefärbten Flecke mehr 


; N 
Cé a RN g 

$ D E: AR 
d 

Ka 

"ue 


E 


e ` 
N 
Ze + 
2 Y 
AS 
A 
d N 3 
KETS c < 
d ZC ik K A < 
+ E be $ > 
P 
N. +š ` 
y na 2 





streifig und ein wenig gekörnt, die farblosen fast ganz homogen; sie er- 
innert so an die mikroskopischen Bilder mancher endokarditischer 
Effloreszenzen, welche aus nekrotisierenden Massen von Fibrin und 
Bakterienhaufen bestehen. Tatsächlich erweisen sich die in der 
Zeitschrift für Urologie. 1907. 3 


34 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


Hämalaunfärbung bläulichviolett erscheinenden Flecke bei An- 
wendung der Gramschen Färbung und Betrachtung mit Immersion 
als Anhäufungen Gram-positiver Kokken in ungeheuren Mengen, und 
es wird so die Ähnlichkeit der Formation mit gewissen endokardi- 
tischen Auflagerungen eine aufserordentliche. 

Die oberflächlichen Anteile, welche im Schnittbild einen ganz un- 
regelmälsig zackigen, wie zerklüfteten Kontour besitzen, enthalten in 
grolser Menge Kalkeinlagerungen. entweder in Form stellenweise 
ziemlich zahlreich auftretender, ein wenig lichtbrechender, schart 
konturierter Schollen, oder mehr in Form von rotviolett gefärbten 
Kalkstaubhaufen oder daraus sich zusammenballender Klumpen. 
Die ein wenig lichtbrechenden Schollen nehmen mehrfach auch 
deutlich kristallinisches Aussehen an, in Form von zu kleinen oder 
grölseren Bündeln vereinigten, eng aneinanderliegenden prismatischen 
Säulchen (s. Fig. 10, Kr.). 

Der mikroskopische Befund scheint uns auch eine Erklärungs- 
möglichkeit für das Zustandekommen der beobachteten und ana- 
mnestisch erhobenen, häufig wiederholten Konkrementabgängezubieten. 
Wir dürfen uns wohl vorstellen, dafs das organische Substrat dieser 
Konkremente in abgestorbenen Bakterienmassen zu suchen sei und 
dafs der Ablauf des Prozesses darin bestanden habe, dafs die Kokken- 
kolonien unausgesetzt anwachsend und blasenlumenwärts wieder ab- 
sterbend in letzterem Anteil immer wieder neuerliches Substrat zur 
Kalkablagerung geliefert hätten. 


Cystitis glandularis in Xerose. 


J. L., 34 jähriger Patient der Rothschild-Stiftung, seit 6 Jahren an Sywp- 
tomen von Cystitis leidend. Diese steigerten sich im Laufe der Erkrankung 
und haben in letzter Zeit eine aufserordentliche Höhe erreicht, die Schmerzen 
während der in kurzen Intervallen erfolgenden Harnentleerungen sind äulserst 
vehement. 

Der Harn ist sauer, stark getrübt, schmutzig braunrot gefärbt; er lälst ein 
dichtes zühflüssiges Sediment fallen. Eiweils ist zirka 1°. im Harne enthalten. 
Im Sedimente Eiter und Blutkörperchen. Keine Tuberkelbazillen. Die Kapazi- 
tät der Blase ist klein. Die Schleimhaut blutet beim Versuche der Spülung. Die 
cystoskopische Untersuchung, die nur in tiefer Narkose ausführbar war, ergab: 
Schleimhaut der Blase zum gröfsten Teile weils, ganz glatt; stellenweise blutende 
Ulzera sichtbar. Schon vor der Cystoskopie war die Diagnose auf einen chro- 
nisch entzündlichen Prozels mit Geschwürsbildung zu stellen. Die Cystoskopie 
Jiefs Tuberkulose mit Sicherheit ausschlielsen, das Bild entsprach dem der aus- 
gebreiteten Xerose. 

Bei der zum Zwecke der Etablierung einer Fistel ausgeführten suprapu- 
bischen Cystotomie (Prof. Zuckerkandl) fand sich die Schleimhaut der Blase 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 35 


zum grölsten Teile blassgrau, glatt, trocken, innerhalb dieser Fläche verschiedene 
blatende seichte Ulcera. Ausschabung der Geschwüre und Ätzung der Wunden 
mit Jodtinktur. Partielle Blasennaht, Drainage. Die Blasenfistel ist innerhalb 
4 Wochen formiert und wird der Kranke mit einem Apparate zur Fixierung 
des suprapubisch eingelegten Kautschukrohres mit einem Harnrezipienten ent- 
lassen. 

Ein kleines Geschwür der Blase war zum Zwecke histologischer Unter- 
suchung exzidiert worden. 


Bei Betrachtung von histologischen Schnitten, welche mitten durch 
die exzidierte Stelle angelegt wurden, zeigt das Bild in Lupen- 
vergrölserung eine eigentümliche Öberflächenkonfiguration, welche 
erkennen läfst, wodurch bei makroskopischer Betrachtung der Ein- 
druck einer Uleusbildung hervorgerufen worden war. Es fällt näm- 
lich die Blaseninnenfläche am „Ulcusrande* steil und stufenartig 
zur „Ulcusbasis* ab, und schon bei dieser Vergrölserung gibt sich eine 
höchst auffällige Differenz in der Form der Überkleidung einerseits 
der Blaseninnenfläche und des „Ulcusrandes“, anderseits derjenigen 
im Bereich der „Ulcusbasis*, kund. Während die beiden ersteren 
eine gleichmälsige Oberflächenbeschaffenheit zeigen, läfst sich im 
Bereiche des „Geschwürsgrundes“, mit scharfem Absetzen vom Ende 
der Randstufe, eine Reihe von schlauch- oder cystchenartigen Bil- 
dungen erkennen. 

Bei mikroskopischer Betrachtung erweist sich die Auskleidung 
des Blaseninnern ebenso wie die Überkleidung der erwähnten Stufe 
als metaplastisches Epithel, nämlich als eine Umwandlung des Harn- 
blasenepithels in verhornendes Plattenepithel von exquisiter Aus- 
bildung; das Epithel am Boden der ulcusähnlichen Depression ist 
ein einreihiges Zylinderepithel, von welchem zahlreiche Drüsen- 
schläuche mit übereinstimmender Epithelauskleidung submukosawärts 
abgehen. 

Die Submukosa zeigt unterhalb der besprochenen umschriebenen 
Obertlächendepression das nämliche Bild wie ringsum und keinerlei 
irgendwie erkennbares Absetzen, etwa der Begrenzung der Depression 
entsprechend. Ihre beträchtliche Breite ist zum Teil auf die Zu- 
nahme, besonders aber auf die ödematöse Auflockerung des Zwischen- 
gewebes zurückzuführen. Die Vaskularisation ist eine überaus reich- 
liche mit Vergröfserung der Zahl der Gefälschen gegen die Ober- 
tläche unter Abnahme ihres Kalibers und vorwiegend vertikaler 
Verlaufsrichtung. 

Das Zwischengewebe enthält in einer gegen die Oberfläche hin 
zunehmenden Reichlichkeit infiltrierende Rundzellen vom Iymphoiden 

3 


36 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


Habitus, welche entlang dem Öberflächenepithel ein zusammen- 
hängendes dichteres Infiltrat bilden. Hie und da treten diese Rund- 
zellen, und zwar meist oberflächlich, vereinzelt auch in der Tiefe, 
zu rundlicher, umgrenzter, follikelähnlicher Gruppierung zusammen. 

Im besprochenen Bereiche der Metaplasie zeigt das zu Platten- 
epithel umgewandelte Oberflächenepithel eine aufserordentliche 
Ähnlichkeit mit einer hyperkeratotischen Epidermis. Es liegt einem 
in seiner Konfiguration papillarkörperähnlichen Stroma mittelst eines 
in Kernfärbung und Zellform wohlausgebildeten Stratum basale auf, 
an welches sich 7—8 Zellagen des Stratum germinativum mit deut- 
licher Stachelzellformation anschliefsen. Das darauf folgende, bis 
zu 6 Zellagen breite Stratum granulosum führt reichlich Kerato- 
hyalinkörner. Nach oben schlielst dann ein Stratum lucidum und 
eine breite Stratum corneum Schichte ab. 

Am Rande der Depression zieht das Plattenepithel ziemlich steil 
abwärts (s. Fig. 11 links am Rande, resp. unten) und wird dann, 
im Sinne des ausgeführten um eine Stufe tiefer, vom einreihigen 
zylindrischen Epithel unvermittelt abgelöst. Der von letzterer Epi- 
thelart überkleidete Abschnitt erinnert beispielsweise an die Bilder 
der Schleimhaut im Bereiche von Darmabschnitten, in welchen es 
nach einem länger dauernden destruktiven Ulzerationsproze[s (Dysen- 
terie, Tbe. ulcerosa) zur Ausheilung mit regenerativer Neubildung 
der Mukosa gekommen ist: in analoger Weise stehen hier die Drüsen- 
schläuche etwas lockerer, ihre Länge ist keine ganz einheitliche, 
hie und da weisen sie eine Tendenz zu kurzer, plumper Ramifikation 
auf; sie führen in aufserordentlicher Reichlichkeit Becherzellen 
— spärlicher sind solche im Öberflächenepithel zu sehen —, und 
manche von ihnen sind durch angesammeltes schleimiges Sekret sack- 
artig erweitert. Das schleimige Sekret gibt, im Leib der Becher- 
zellen wie im Drüsenlumen, die spezifischen Reaktionen. Die 
Ähnlichkeit mit Dickdarmschleimhaut wird noch dadurch gesteigert, 
dafs zwischen den Schläuchen ein Iymphocytenreiches retikuläres 
Bindegewebe als Stroma figuriert. 

Es ist nicht möglich, aus dem Objekt den Modus des Zustande- 
kommens der beschriebenen Bildung mit Sicherheit zu erschliefsen. 
Wir sind diesbezüglich, natürlich nur im Sinne eines Erklärungs- 
versuches, zu folgender Vorstellung gekommen: eine chronische 
Cystitis schwerer Form hat hier zur Metaplasie des gesamten Harn- 
blasenepithels zu Plattenepithel geführt. Der chronische Verlauf 
hatte in mehrfacher Geschwürsbildung seine Ursache; einzelne dieser 


37 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 


, 


RN RE Le Nat LE nnd 
El SONA A Qn 


ll, 
NER 


LL 


d 
EE Et 


Së d Ze 4 
' r bail GER eet) lf 
er St 1 Ké Oo ae D pn 


RT" 


nn 
es 


` 


SN 
` 





Fig. 11. 


38 O. Stoerk und O. Zuckerkand), 


Geschwüre (mit entsprechender grubiger Vertiefung der Blaseninnen- 
fläche) persistierten auch noch über die Periode des metaplastischen 
Epithelwechsels hinaus. Im Bereiche dieser Ulzerationen waren 
aber doch, vielleicht von Bildungen nach Art der Cystitis cystica 
stammend, tief hinabgewucherte epitheliale Elemente der ober- 
flächlichen Zerstörung entronnen ; mit dem Nachlassen der Intensität 
des cystitischen Prozesses stellte sich von diesen Resten aus ein 
regeneratives Wachstum mit Epithelisierung der Ulcera ein, welche 
sich unter dem Bilde der Cystitis glandularis vollzog. 


Es wäre nicht ausgeschlossen, dafs das Bild der Cystitis glandu- 
laris sich in Fällen ulzeröser Cystitis der Erkennung dadurch ent- 
ziehen kann, dals der schwere entzündliche Prozefs, welcher ursprüng- 
lich zur Bildung der Cystitis glandularis Anlafs gegeben hatte, in 
einem späteren Stadium, bei ausgedehnter, in die Tiefe und der 
Fläche nach fortschreitender ulzeröser Destruktion der Blaseninnen- 
fläche, die gesamten epithelialen Elemente oder einen grofsen Teil 
derselben vernichtet. 

Für die Annahme dieser Möglichkeit spricht folgender Befund. 
In einem Falie von nekrosierend ulzeröser Cystitis, hervorgerufen durch 
Lithiasisder Harnblase(Phosphatstein) wurden aus den mittleren Partien 
des Ulzerationsbereiches Anteile zur mikroskopischen Untersuchung 
entnommen. Letztere ergab folgenden bemerkenswerten Befund: 

Die Schleimhaut und der ihr angrenzende Submukosaabschnitt 
war im ganzen Schnittbereich, wie es zunächst schien, restlos zu 
(Grunde gegangen. An ihrer Statt findet sich eine ziemlich breite, 
die Oberfläche bildende, nekrotische Zone, welche sich abwärts zu 
mit plötzlichem Absetzen scharf begrenzt; dieses plötzliche Absetzen 
gibt sich beispielsweise besonders prägnant an grölseren Gefälsen 
kund, welche aus der Submukosa aufsteigend eine Strecke weit in 
den Nekrosenbereich sich verfolgen lassen: der erwähnten Grenzlinie 
entsprechend weisen sie in unmittelbarem Nebeneinander unten un- 
veränderte, gleich danach nekrotische Wandbeschaffenheit auf. 

Der an den Nekrosenbereich von unten her angrenzende Sub- 
mukosaabschnitt erscheint in nächster Nachbarschaft noch dicht in- 
filtriert mit zelligen Elementen, welche unter dem Bilde des Kern- 
zerfalles zu Grunde gehen. Weiter abwärts weist die Submukosa 
ein ödematös durchtränktes Bindegewebe auf, welches mehr minder 
zahlreich protoplasmareichere infiltrierende Rundzellen einschlielst; 
gelegentlich gruppieren sich letztere auch zu mehr umschriebenen 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase, 39 


Intiltraten. Solche Infiltrate finden sich vielfach auch im Muskularis- 
bereiche. 

In dem nekrotischen, der Submukosa angehörigen Gewebsab- 
schnitt ist stellenweise beträchtliche Gefälsvermehrung zu sehen, die 
Hauptmenge neugebildeter Gefälschen findet sich aber und zwar in 
allenthalben ziemlich gleichmäfsig reichlicher Proliferation in der 
nekrotischen Zone, vertikal gegen die Oberfläche aufsteigend. 

Der die Blaseninnenfläche einnehmende Nekrosenbereich läfst 
deutlich zwei ungefähr gleich breite Zonen unterscheiden: einen ober- 
tächlichen Inkrustationsbereich und die darunter liegende kalksalz- 
freie Schichte, letztere gekennzeichnet durch die im früheren er- 
wähnten in Nekrose befindlichen reichlichen neugebildeten Gefäfs- 
chen. Dieselben sind durch Form und Inhalt leicht kenntlich; 
letzteren bildet eine intensiv mit Eosin färbbare, so ziemlich struk- 
tnrlose Masse, welche nur an den Rändern noch gelegentlich als 
solche erkennbare rote Blutkörperchen aufweist und die (der ur- 
sprünglich vorhandenen prallen Blutfüllung entsprechend) relativ 
weiten Lumina vollkommen erfüllt. Das nekrotische Gewebe zwischen 
den veränderten Gefälsen erscheint fast strukturlos, färbt sich mit 
Himalaun diffus und zart blafsviolett und enthält reichlich Kern- 
detritus ia Form selten etwas gröberer, meist ganz feiner, dunkel 
gefärbter Körnchen. 

Die Ablagerung anorganischer Substanz in die oberflächliche 
Schielte erfolgt in Form eines Systems dunkelviolett sich färbender 
Balken und Streifen in eigentümlicher Anordnung. Bei genauer 
Betrachtung zeigt es sich, dafs die Mehrzahl von diesen 
Kalkablagerungen, welche im Schnittbild als in auffallend gerad- 

liniger, vorwiegend vertikaler Erstreckung verlaufende, etwas plumpere 
Balken erscheinen, den Längsdurchschnitten der Wände mehr weniger 
läugsgetroffener Gefälse entspricht. 

Die an zahlreichen Stellen sich ergebenden Quer- und Schräg- 
schnitte, welche mehrfach auch noch intensiv eosinfärbbare Massen 
nach Art der früher im Lumen der Gefäfse der kalkfreien Nekrosen- 
zone beschriebenen enthalten, gestatten ein sicheres Erkennen der 
Gefülsnatur. Sie reichen allenthalben an die freie Oberfläche heran 
und legen so die Vermutung nahe, dals es hier erst nach vollstän- 
ligem Zugrundegehen des Oberflächenepithels zu nekrotisierend- 
inkrustierender Veränderung der tieferen Schichten gekommen ist. 
Das zwischen diesen inkrustierten nekrotischen Gefäfsen insbesondere 
entlang der Oberfläche sich ausbreitende violett gefürbte Netzwerk 


40 O. Stocrk und O. Zuckerkandl. 


dürfte mit aller Wahrscheinlichkeit dem Verkalkungsbild ihrer 
Anastomosen und kapillaren Endverzweigung entsprechen. Nur 
stellenweise ist auch im nekrotischen Zwischengewebe selbst Kalk- 
ablagerung in Form irregulärer, spezifisch gefärbter kleiner oder 
etwas grölserer Klümpchen zu sehen. 

An einer Stelle der nicht nekrotischen Schichte der Submukosa 
findet sich nun ein unerwarteter Rest epithelialer Elemente 
























ed ei 
Ste ba 


E 


re s Su 1 
A . Em ry: SA ` 
d D P e "e ç ` ZZ 
E o fyts A ap Gun) f k 
“ç AE Vi E RS 
A or? Ain Ce ef Kei $S. e. 


fei e a ode e 
x ee ý 
€ - E: 
M f Ser A, 
ae Case SÄI 
"Bei Sr d. 


Fig. 12. 


in Form von einigen eine Strecke weit abwärts sich erstrecken- 
den, deutlich einer gemeinsamen Gruppe angehörigen Drüsen- 
schläuchen. Sie sind mit einreihigem zylindrischen Epithel 
ausgekleidet, welches in charakteristischer Weise gleichmälsige Basal- 
stellung der Kerne und gelegentlich auch deutliche Becherzellen- 
bildung (s. Fig. 12 im letzten Tubulus links) aufweist. Das Schlauch- 
lumen, durch erfüllendes schleimiges Sekret erweitert, insbesondere 
abwärts zu ein wenig bauchig aufgetrieben. Vereinzelt läfst sich 


Über Cystitis glandularis and den Drüsenkrebs der Harnblase. 41 


noch eine Verzweigung der Tubuli erkennen (in Fig. 12 an den 
beiden Schlauchstücken rechts). Die Verlängerung der unveränder- 
ten Drüsenschlauchabschnitte des nicht nekrotischen Submukosa- 
abschnittes gegen die Oberfläche hin ist deutlich noch an der auch 
im nekrotischen Bereich noch sichtbaren Fortsetzung des sekret- 
führenden Lumens bis an die Oberfläche zu verfolgen. 

Der auffällige Befund läfst wohl kaum eine andere Deutung zu 
ıls die, dafs in einer früheren Periode des entzündlich ulzerösen 
Prozesses, welcher im Sinne eines Dekubitus der Harnblasenschleim- 
haut unter dem Phosphatkonkrement mit sekundärer Invasion von 
Entzündungserregern entstanden zu sein scheint, die Bildung einer 
Cystitis glandularis ausgelöst wurde, deren Formationen aber später 
wieder dem sich ausbreitenden Destruktionsprozels der nekrosieren- 
den Ulzeration anheimgefallen sind; nur an der beschriebenen Stelle, 
in deren Bereiche es zu einem ungewöhnlich tiefen Herunter- 
wachsen der Schläuche der Cystitis glandularis in die Submukosa 
und zwar in eine Tiefe gekommen war, bis zu welcher die nekro- 
sierende Veränderung sich noch nicht geltend gemacht hatte, waren 
die tiefsten Abschnitte dieser Gruppe von Drüsenschläuchen erhalten 
geblieben. . 

(Sehlufs folet Heft II.) 


(Aus der Unirersititsfrauenklinik der Charite in Berlin.) 
(Direktor: (seh. Med.-Rat Prof. Bumm.) 


Über die Verwendung des Nitzeschen Cysto- 
skopes in der luftgefüllten Blase der Frau. 
Von 
Prof. Dr. Stoeckel. 

Mit Tafel I (Dreifarbendruck). 


Alle Versuche, Konkurrenzmethoden der Nitzeschen Cystoskopie 
zu erfinden und zur Anerkennung zu bringen, sind, soweit ich es 
übersehe, fehlgeschlagen. Die cystoskopische Technik dürfte ebenso 
wie die Anordnung und die Konstruktion des Instrumentariums im 
Prinzip von Nitze ein für allemal festgelegt sein. Mit dieser 
Überzeugung steht indessen das Bestreben, das Untersuchungsverfahren 
in diesem oder jenem Punkte noch zu verbessern und für bestimmte 
Fälle zu modifizieren, in keinem Widerspruch. Es wäre ein Mangel 
an Objektivität, wollte man die Verbesserungsmöglichkeit der Cysto- 
skopie bestreiten und das Bedürfnis, ihre Leistungsfühigkeit noch zu 
erhöhen, absolut leugnen. Es gibt bekauntlich Fälle, in denen sie 
nicht gelingt, andere, in denen sie nur unvollkommen durchführ- 
bar ist. Wer auf Mittel und Wege sinnt, die Zahl dieser „unge- 
eigneten“ Fälle immer mehr zu reduzieren, arbeitet nicht gegen 
Nitze, sondern in seinem Sinne. 

Solche Erwägungen bestimmten mich, ein Untersuchungsverfahren 
planmäfsig zu prüfen, das mir theoretisch plausibel erschien und 
das die Ableuchtung auch solcher Blasen ermöglichen sollte, 
die keine Flüssigkeit halten können. — In der gynüäkologischen 
Praxis sind es besonders die grolsen Blasenscheidenfisteln, die 
der Cystoskopie erhebliche Schwierigkeiten entgegensetzen. Die Füll- 
flüssigkeit läuft durch die Fistel ab, die Blase kann nicht entfaltet 
und deshalb auch nicht untersucht werden. Allerdings gelingt es 
zuweilen ganz gut, die Fisteln durch Scheidentamponade oder 
durch Einlegen und Aufblasen eines Scheidenkolpeurynters für 
kurze Zeit so zu dichten, dafs eine vorübergehende Inspektion des 
Blaseninnern erzwungen werden kann. Indessen sickert die Füll- 
flüssigkeit doch relativ schnell durch die tamponierende Gaze hin- 
durch oder am aufgeblähten Kolpeurynter vorbei; manchmal sogar 
so schnell, dals auch der flinke Untersucher nicht schnell genug 


` 


Über die Verwendung des Nitzeschen Cystoskopes usw, 43 


mit dm Cystoskop in die Blase hineinkommt. Bei sehr grolsen 
Fisten kann jeder derartige Versuch von vornherein fehlschlagen. 
Dabei ist die Cystoskopie bei Fisteln durchaus nicht so unwichtig, wie 
vielfach angenommen wird. Die Orientierung, wie die Ureteren zur Fistel 
liegen, ob die Blase, abgesehen von der Fistel, gesund ist, ob neben 
der Blasenfistel noch eine Ureterfistel vorhanden ist, und anderes mehr 
kann für die einzuschlagende Therapie durchaus bestimmend sein. 

Neben den Fisteln ist dieInsuffizienz des Blasensphinkters 
eine Komplikation, die die Durchführbarkeit der Uystoskopie in Frage 
stelt. Man bekämpft sie gewöhnlich so, dafs man das Orificium 
urethrae externum nach Einführung des Cystoskops mit den Fingern 
komprimiert — eine Manipulation, die für den Untersucher nicht 
schr bequem, für die Untersuchte manchmal schmerzhaft ist. In 
zweiter Linie sind die Fälle in Erwägung zu ziehen, wo die Blase 
jede Anfüllung ablehnt, wie bei Tuberkulose, oder wo die Blasen- 
tlüssirkeit schon nach sehr kurzer Zeit durch Blut oder Eiter bis 
zur Undurchsichtigkeit wieder verunreinigt gefunden wird. Ich 
versuchte — zunächst bei grolsen Blasenfisteln — die Wasserfüllung 
durch Luftfüllung zu ersetzen und kombinierte zu diesem Zwecke 
die Pawlik-Kellysche mit der Nitzeschen Methode, d. h. ich 
brachte die Patientin, deren Scheide mit Gaze fest tamponiert war, 
in Aniebrustlage, liefs in die Blase Luft einströmen und führte so- 
dann in die luftentfaltete Blase ein Nitzesches Cystoskop ein, da- 
bei zeigte sich, dafs die Luft sich trotz grolser Fistelöffnungen sehr 
aut und sehr lange in der Blase hielt. 

Nachdem die ersten Versuche sehr befriedigend ausgefallen waren, 
habe ich das Verfahren öfters angewendet und es für einzelne Fälle 
shr brauchbar gefunden. 

Der Gang der Untersuchung gestaltet sich folgendermafsen: 
Die Blase wird zunächst in gewöhnlicher Steifsrückenlage mit dem 
Katheter völlig entleert. Dann wird die Patientin in Kniebrustlage 
gebracht, wodurch ja die Blase gleichsam auf den Kopf gestellt 
wird, so dafs das Orificium urethrae der höchste, der Blasenvertex 
der tiefstgelegene Punkt ist. Darauf wird ein urethroskopischer 
ubusin die Blase eingeschoben. Nach Herausnahme des Obturators 
und Zurückziehen der Tubusspitze bis zum Blasensphinkter fährt die 
Luft spontan mit schlürfendem Geräusch in die Blase hinein. Das 
eingeführte Cystoskop findet im Blaseninnern genau dieselbe Bewe- 
Kungsfreiheit wie in der wassergefüllten Blase, das cystoskopische 
Bild ist ebenso klar und scharf und wird nur wenig durch stärkere 


44 Stoeckel. 


Lichtreflexe beeinträchtigt. Trotzdem ist die Orientierung entschieden 
schwerer, allein schon deshalb, weil natürlich das ganze Bild um- 
gekehrt ist und infolgedessen die Uretermündungen oben und nicht, 
wie gewöhnlich, unten liegen. Zudem wird das Trigonum bei der 
Luftfüllung mehr in die Breite gedehnt, wodurch die Ureterostien 
etwas seitlich disloziert erscheinen. 

Es gelingt natürlich auch in Rückenlage, die Blase durch Luft 
zu entfalten. Man pumpt die Luft mit einer Spritze einfach hinein. 
Das Resultat der Untersuchung wird bei diesem Vorgehen aber 
erheblich beeinträchtigt, weil der aus den Üreteren abflielsende 
Harn sich auf dem Blasenboden ansammelt. Es entsteht dort 
ein Gemisch von Urin und Luftblasen, das die Inspektion des Tri- 
gonums sehr erschwert, oft unmöglich macht. Bei der Kniehrust- 
lage dagegen sammelt sich der Harn in dem tiefgelegenen Blasen- 
vertex und stört die Ableuchtung des hochliegenden Trigonums 
nicht. Denselben Effekt wie die Kniebrustlage würde natürlich 
eine Beckenhochlagerung haben, die durchaus nicht forciert zu 
werden braucht, ebenso auch die Seitenlage mit erhöhtem Steils. 
Beide Positionen sind aber für den Untersucher unbequemer. 

Die Koniebrustlage ist dagegen für die Patientin unangenehmer 
und erheblich unbequemer als die Rückenlage; sie wird von den 


meisten Frauen auch als viel indezenter empfunden. 
Bei mangelnder Achtsamkeit des Untersuchers können in der 


luftgefüllten Blase auch leichter Schädigungen der Blasenwand vor- 
kommen. Die Lampe des Cystoskopes erhitzt sich schneller und 
stärker bei Luft- als bei Wasserfüllung; Luft erwärmt sich rascher 
als Wasser, und bei der Luftfüllung kommt die Wärmestrahlung 
der Cystoskoplampe zur Geltung. Eine Berührung der Blasenwand 
mit der Cystoskoplampe würde also sehr schmerzhaft empfunden 
werden und eine intensive Verbrennung hinterlassen. Nach Ab- 
stellung des Lichtes vergeht längere Zeit, bis die Lampe sich ab- 
gekühlt hat. Man mufs also 11/,—2 Minuten warten, ehe man 
das Cystoskop aus der Blase entfernt, oder man muls — bei Be- 
nutzung eines Ureter- oder Irrigationscystoskopes — nach Beendigung 
der Untersuchung etwas Borlösung als Kühlflüssigkeit für die Lampe 
in die Blase bringen. 

Die Schwierigkeit der Technik, wie der Orientierung läfst die 
Methode nur für den geeignet erscheinen, der cystoskopieren und 
demzufolge die Garantie dafür übernehmen kann, dafs er keinen 
Schaden anrichtet. Es braucht weiterhin kaum nochmals hervor- 


Über die Verwendung des Nitzeschen Cystoskopes usw. 45 


schoben zu werden, dafs die Luftfüllung nur als eine Aushilfe für 
solche Fälle empfohlen werden soll, die auf andere Weise nicht 
gut oder gar nicht zu untersuchen sind. Was mich bestimmt hat, 
die neue Methode wiederholt in Kursen und auch in der gynäkolo- 
gischen Gesellschaft in Berlin zu demonstrieren, das ist, abgesehen 
von ihrer Verwendbarkeit in pathologischen Fällen von Blasenin- 
kontinenz, die Möglichkeit, das physiologische Phänomen der Ureter- 
aktion in ganz frappanter Deutlichkeit einem beliebig grolsen 
Auditorium vorführen zu können. 


Es ist ohne weiteres einleuchtend, dafs der durch die Luft 
gespritzte Ureterstrahl sehr viel besser zu beobachten sein wird, 
als der Flüssigkeitsstrudel, den der Ureterurin in der wassergefüllten 
Blase erzeugt. Der Unterschied ist etwa ebenso grols wie beim 
Ausspritzen einer gefüllten Spritze unter Wasser und durch Luft. Im 
ersten Fall sieht man nur eine Strudelbewegung im Wasser, im 
zweiten dagegen den Flüssigkeitsstrahl selbst. 


Bei der Cystoskopie mit Wasserfüllung ist die Ureteraktion für 
jeden Geübten in der Regel ja auch ohne weiteres gut und genau er- 
kennbar. Es gehört dazu allerdings die Fähigkeit, die richtige Cysto- 
skopstellung für diese Beobachtung herauszufinden und festzuhalten. 
Ich brauche mich über die Notwendigkeit dieser Vorschrift gerade an 
divser Stelle wohl nicht weiter zu verbreiten. Der Ungeübte hat jeden- 
falls Schwierigkeiten zu überwinden, bis er diese „Beobachtungsposi- 
tion“ selbständig zu finden lernt. Und selbst wenn bei guter Einstellung 
der Ureterstrudel einem gröfseren Kreise von nicht cystoskopisch 
ausgebildeten Ärzten gezeigt werden soll, gibt es immer eine ganze 
Anzahl, die nur „ungefähr“ oder „nicht ganz genau“ sehen, schliefs- 
lich auch solche, die skeptisch bleiben. Immer aber bedarf eine 
solche Demonstration eines ausführlichen Kommentars. Das ist bei 
der Cystoskopie mit Luftfüllung in Kniebrustlage ganz anders. 


Hier braucht der Demonstrierende bei geeigneten Fällen nur 
deu Ureter einzustellen und kann sich jeder erläuternden Bemerkung 
enthalten, Auch der Ungeübteste sieht mit geradezu überraschender 
Klarheit den Harnstrahl in kurzen Intervallen aus dem Ureter 
berausschiefsen und quittiert diese Erkenntnis gewöhnlich mit un- 
Wllkürlichen Ausrufen überraschten Erstaunens. 


Geeignet sind besonders diejenigen Fälle, wo durch Senkung 


der vorderen Vaginalwand eine Cystocele sich mehr weniger stark 
entwickelt hat. 


46 Stoeckel, Über die Verwendung des Nitzeschen Cystoskopes usw. 


In Tafel I habe ich einen derartigen Fall wiedergegeben. 
Bringt man in einer Cystocele die Cystoskoplampe zum Glühen, so 
wird der herabgetretene Cystocelensack von innen so durchleuchtet, dafs 
er, von aufsen betrachtet, wie einroter Lampion zwischen den Labien 
aufglüht. Man kann dabei, besonders im dunklen Zimmer, sehr gut, 
ohne ins Cystoskop zu blicken, sehen, wie tief die Cystocele ist. 
Wird ein solcher Fall in Kniebrustlage gebracht und die Blase 
mit Luft gefüllt, so wird die Cystocele nicht nur ausgeglichen, 
sondern sogar in umgekehrter Richtung etwas in das Blasenlumen 
hinein angesogen. Insbesondere die beiden Ureterwülste springen 
oft als prominierende Hügel ins Gesichtsfeld vor. Der Urinstrahl 
des Ureters geht infolgedessen nicht längs der Blasenwand, sondern 
er muls seinen Weg, falls er kräftig ausgespritzt wird, von dem 
prominenten Hügel quer durch den Luftraum nehmen, wie ein 
Wasserfall, der von einem Felsvorsprung herabstürzt. Auf der 
Tafel II ist die schwierige Aufgabe, dieses Stadium im Bilde fest- 
zuhalten, ziemlich gut gelungen. Das Prisma ist dem Ureterhügel 
so stark genähert, dafs er ebenso wie der Ureterstrahl in etwa 
doppelter Vergrölserung erscheint. 

In den weniger geeigneten Fällen, wo das hügelförmige Pro- 
minieren der Uretermündungen nicht vorhanden ist, wo also der 
Ureterharn nicht quer durch den Blasenraum, sondern tangential 
längs der Blasenwand hervorschiefst, ist der Eindruck kein so 
plastischer und frappanter, doch ist das Erkennen der Ureteraktion 
und des Ureterstrahls auch hier aufserordentlich leicht. 

Einen Fall von Nierenblutung oder Niereneiterung habe ich 
mit Luftfüllung noch nicht cystoskopiert und werde es auch in Zu- 
kunft nur dann tun, wenn die klassische Methode nicht genügend 
klare Ergebnisse geben sollte. Ich bin aber überzeugt, dafs Qualitäts- 
veränderungen des Ureterharns, insbesondere Blut- und Eiterbeimen- 
gungen, bei Luftfüllung ausgezeichnet erkennbar sein werden. Und 
gerade zur Entscheidung der Frage, ob eine Cystitis durch einseitige 
oder doppelseitige Pyelitis kompliziert ist, werde ich in den Fällen, 
in denen ich die Ausführung des Ureterkatheterismus zur Klärung 
der Sachlage umgehen möchte, bestimmt die Luftfüllung anwenden. 

Ebenso dürfte vielleicht zu therapeutischen Zwecken die Cysto- 
skopie mit Luftfüllung dann vorteilhaft sein, wenn Installationen mit 
stärkeren Lösungen von Ätzmitteln an einer bestimmten Stelle der 
Blasenwand unter eystoskopischer Kontrolle appliziert werden sollen. 


Die Barberiosche Reaktion auf Sperma. 


Von 


Prof. Dr. ©. Posner. 


In dem Bestreben, makro- oder mikrochemische Reaktionen 
aufzufinden, welche die Anwesenheit von Sperma in Flüssig- 
keiten oder Flecken auch beim Versagen der mikroskopischen 
Prüfung bestimmt anzeigen, wird namentlich von gerichtsärztlicher 
Seite immer wieder nach brauchbaren Methoden geforscht. Die 
Mikrochemie des Samens hat bisher nur wenig verwertbares Material 
geliefert, wenn auch die von mir aufgefundene Biuretreaktion — 
durch welchen Körper der Albumosenreihe sie auch bedingt sein 
mıg — gelegentlich Anhaltspunkte für die Diagnose geben dürfte. 
Die mikrochemischen Methoden zielen dahin, kristallinische 
Substanzen darzustellen; soll ein solches Verfahren praktisch ver- 
werthar sein, so mufs einmal die Reaktion die höchste Empfindlich- 
keit zeigen, dann aber — die Hauptsache — ausschlielslich durch be- 
stimmte Bestandteile des menschlichen Samens hervorgerufen werden. 

Das spontane Ausfallen von Kristallen aus der Samenflüssig- 
keit beim Eintrocknen hat bekanntlich eine grofse Zahl von Unter- 
suchern beschäftigt. Seit Fürbringer nachgewiesen hat, dafs es 
sich hier um das phosphorsaure Salz der Schreinerschen Base han- 
delt. herrscht in diesem Punkte wohl Übereinstimmung; die anfangs 
allgemein angenommene Identität dieser Spermakristalle mit den 
Charcot-Leydenschen Kristallen ist namentlich durch B. Lewy 
u a widerlegt oder mindestens sehr unwahrscheinlich gemacht 
worden; mit dem Pöhlschen „Spermin“ sind sie indes offenbar 
identisch, Der Same hat nun die Eigentümlichkeit, dafs auch Zusatz 
anderer Substanzen sehr leicht das Ausfallen von Kristallen bewirkt. 

| Die bekannte Florencesche Reaktion besteht darin, dafs sich 
‚ine kristallinische Jodverbindung mit einem der im Sperma ent- 
"rien Körper bildet. Ich will hier auf die viel erürterte Frage, 
“eher Körper dies sei, nicht näher eingehen, sondern nur daran 


48 C. Posner. 


erinnern, dafs es sich hier, wie ich wohl zuerst ausgesprochen habe 
und wie namentlich durch Vertun bestätigt wurde, um eine Grup- 
penreaktion handelt. Es ist durch Richter, Gumprecht u.a. 
sicher erwiesen, dals verschiedenartige Basen, wie namentlich das 
Cholin, sie liefern, es scheint mir aber nicht minder festzustehen, 
dafs sie auch dem Spermin ‘oder der Schreinerschen Base zu- 
kommt. Die praktische Verwertbarkeit der Reaktion läfst sich wohl 
folgendermalsen zusammenfassen: wo menschliches Sperma — auch 
Azoosperma oder Prostatasaft — vorhanden ist, mufs sie eintreten; 
ihre Empfindlichkeit ist sehr erheblich; absolut charakteristisch 
aber ist sie weder für menschlichen Samen, noch für Samen über- 
haupt. Sie kann daher als Vorprobe Verwendung finden — wobei 
ihr negativer Ausfall als Ausschlulsmoment entschieden Beachtung 
verdient. 

Man muls sich diese Sätze vor Augen halten, wenn man sich 
ein Urteil über die neuerlich angegebene Reaktion Barberios bilden 
will, bei welcher ebenfalls die Darstellung einer kristallinischen Ver- 
bindung, und zwar durch Einwirkung von Pikrinsäure auf Sperma 
bezweckt wird.!) Von der Tatsache, dafs Zusatz einer Pikrinsäure- 
lösung — man kann sich alkoholischer sowie wälsriger Lösungen 
und auch des bekannten Esbachschen Reagens bedienen — sehr bald 
zum Ausfallen nadelförmiger, oft gekreuzter oder in Zwillings- 
form auftretender, gelblicher Kristalle führt, welche Barberio 
aufgefunden hat und welche zunächst durch Cevidalli?) und durch 
Levinson?) (in Blumenthals Laboratorium in Moskau) bestätigt 
wurde, kann man sich leicht und einfach überzeugen. Es genügt, 
bei mitteistarker Vergrölserung, einen Tropfen Pikrinlösung vom 
Rande des Deckglases her zum Untersuchungsmaterial zuflielsen zu 
lassen, um an der Berührungsstelle zunächst einen körnigen Nieder- 
schlag, alsbald aber die geschilderten Kristalle zu erblicken. Die 
Frage lautet auch hier: Welcher Bestandteil des Spermas 
liefert die Reaktion? und weiter: Ist sie für menschliches Sperma 
charakteristisch? 

Die erstere Frage ist bereits durch Levinson in Angriff ge- 
nommen und in den Hauptpunkten durchaus zutreffend beantwortet 


1) M. Barberio, Rend. delle Reale Accad. delle scienze fisiche e mat. 
die Napoli, 1905 IV. (eit. nach Cevidalli). 

2) Cevidalli, Über eine neue mikroskopische Reaktion des Spermas. 
Vierteljahrsschr. f. ger. Med. 1906. 

3) Levinson, Barberios Reaktion auf Sperma. Berl. klin. Woch. 1906. 41. 


Die Barberiosche Reaktion auf Sperma. 49 


worden. Er fand, dafs nicht blofs spermatozoenhaltiges Material, 
sondern auch Azoosperma, und weiter (allerdings nur in wenigen 
Versuchen) dafs auch Prostatasekret die Reaktion liefert. Ich 
kann diese Angaben vollauf bestätigen; insbesondere habe ich an 
Prostatasekret, welches absolut spermatozoenfrei war, in einer ziem- 
lich grolsen Zahl von Untersuchungen an etwa 20 verschiedenen Fällen 
die Kristalle stets finden können, am besten, je reiner (leuko- 
cytenfreier) das Sekret war. Daraus geht bereits hervor, dafs auch 
diese Reaktion — genau wie die von Florence — von dem eigent- 
lichen, charakteristischen Samenbestandteil, den Spermien, unalı- 
hängig und vielmehr an die von den Drüsen gelieferten Sekrete 
gebunden ist. 

Drei weitere Erfahrungen gestatten mir, diesen Satz noch 
bündiger zu präzisieren. Ich hatte Gelegenheit, einem Patienten 
eine Spermatocele zu punktieren und den Inhalt ganz frisch zu 
untersuchen. Die Flüssigkeit enthielt massenhaft Spermatozoen 
(übrigens, wie ich betonen mufs, in diesem Fall unbewegliche), 
ergab aber keine Spur einer Reaktion. Ebenso verhielten sich die 
kleinen Flüssigkeitsmengen, welche ich in zwei Fällen mittelst der von 
mir und J. Cohn eingeführten „diagnostischen Hodenpunktion“ 
behufs Untersuchung bei Sterilität infolge gonorrhoischer Epididy- 
mitis entnahm. Beide Male waren Samenfäden nachweisbar, die 
Reaktion trat aber nicht ein. Und endlich habe ich an wohler- 
haltener Hodensubstanz, die ich ganz frisch nach der von mir 
vorgenommenen Kastration (wegen Tumors im Nebenhoden) unter- 
suchte, weder die Reaktion von Barberio, noch auch jene von 
Florence erhalten. 

Schwieriger ist die Beantwortung der Frage, an welchen 
chemischen Bestandteil die Reaktion gebunden ist. Ich möchte 
hier zunächst, in Übereinstimmung mit allen oben genannten Autoren, 
bemerken, dafs ich sie an anderen Säften oder Sekreten — gonor- 
rhoischem Eiter, Vaginalschleim, Harnsedimenten, Blut usw. — nie er- 
halten habe; sie hat also mit den Eiweilskörpern kaum etwas zu 
tun. Selbstverständlich mufs man sich hüten, die bei Anwesenheit 
etwa von Kali- oder Natronsalzen sofort auftretenden, schönen 
Pikratkristalle mit den hier in Rede stehenden zu verwechseln, — 
eine Fehlerquelle, die man bei diesem Reagens nicht zu gering 
anschlagen darf. Wichtig aber erscheint mir, dals — gerade wie bei 
der Florenceschen Probe — Poehlsches Spermin die Kristalle 
in ausgezeichneter Weise liefert. Setzt man im Zentrifugenglas zu 


Zeitschrift für Urologie, 1907. 4 


50 C. Posner, Barberiosche Reaktion auf Sperma. 


dem in Ampullen käuflichen Spermin so viel Esbachsches Reagens. 
bis das Maximum der Trübung erreicht ist, und zentrifugiert dann, 
so erhält man als Sediment einen Brei vortrefflich ausgebildeter, 
ganz charakteristischer Kristalle; wer die Reaktion kennen lernen 
will, wird sich gerade auf diese Weise am leichtesten reines Material, 
gewilsermalsen als Testobjekt, verschaffen. 

Mit dieser Feststellung ist die zweite Frage, ob die Reaktion 
für menschliches Sperma charakteristisch sei, bereits in negativen 
Sinne entschieden, wenn auch die bisherigen Untersucher an tie- 
rischem Sperma direkt die Reaktion nie erhielten; denn Poehl- 
sches Spermin wird aus den Genitalorganen der Stiere gewonnen. 
Man möchte danach auch geneigt sein, eine Identität der re- 
aktionsgebenden Körper anzunehmen, also die Barberioschen 
Kristalle als eine Pikrinverbindung der Schreinerschen Base an- 
zusprechen. Es scheint hiergegen eine Beobachtung von Cevidalli 
zu sprechen, welcher nach Ausfällung der Kristalle mit dem Jod- 
reagens noch solche mit Pikriusäure hervorrufen konnte. Bei letzterer 
Beobachtung sind Täuschungen wohl nicht leicht auszuschliefsen — 
namentlich ist zu beachten, dafs Florencesches Reagens und Pikrin- 
säure selbst einen kristallinischen Niederschlag (Kaliumpikrat?) 
liefern. Immerhin möchte ich diese Frage noch offen lassen und 
halte namentlich eine Nachprüfung der Ansicht Cevidallis, dafs das 
Protamin der reagierende Körper sei noch für geboten — ebenso 
auch Untersuchungen an anderweiten Basen, speziell an solchen, 
welche die Florencesche Reaktion ergeben. 

Ein praktischer Vergleich der beiden Reaktionen scheint mir 
aber zu lehren, dafs man sie als ungefähr gleichwertig anzusehen 
hat, — was für die eine gilt, gilt auch für die andere; ein Speci- 
ficum für menschliches Sperma ist auch die Barberiosche Reaktion 
nicht, und ich glaube sogar — womit auch die Tabellen Levinsons 
übereinstimmen —, dals die Reaktion von Florence ilır an Feinheit 
und Empfindlichkeit eher etwas überlegen ist. 

Inwieweit sie für die forensische Medizin brauchbar ist, ergibt 
sich daraus von selbst; für den praktischen Urologen kann sie sich 
gelegentlich wertvoll erweisen, wenn es gilt, rasch prostatisches Sekret 
zu identifizieren. Da die Pikrinsäure dabei alle anderen Formelemente 
nicht blofs unbeschädigt lälst, sondern sogar schärfer hervorhebt, 
möchte ich die Behandlung zweifelhafter Präparate mit diesem Reagens 
empfehlen; die sofort aufschiefsenden, oft aufserordentlich deutlich 
reichlicher kleinen Kristalle werden die Diagnose vielfach erleichtern. 


Die Behandlung der Prostatahypertrophie 
mit: Röntgenstrahlen. 


Von 


Dr. Felix Schlagintweit, 


München — Bad Brückenau. 


Die grolsen Hofinungen, die sich nach der Wiener Veröffent- 
chung (Münchner med. Wochenschrift 1905, Nr. 29) an diese 
Behandlung knüpften und die ich selbst, wie einer Reihe von Kollegen 
zu Anfang dieses Jahres in einem Zirkulare mitgeteilt wurde, nach 
mehreren erfreulichen Erfahrungen hegte, haben sich bei Prüfung 
der Methode an einem gröfseren Materiale und bei monatelanger 
Beobachtung nicht erfüllt. Ich habe nun 53 Prostatiker bestrahlt, 
stütze mich in meiner folgenden Beurteilung aber nur auf 30 Fälle, 
bei denen die Bestrahlung, nicht unter 6 mal und nicht über 10 
mal, unter genauer Kontrolle vorgenommen werden konnte. Bei 
den übrigen 23 wurde die Behandlung, meist weil nach 3 Sitzungen 
rar keine Reaktion erfolgte, aufgegeben. 

Technik: Horizontale Seitenlage am Rande eines 
Untersuchungstisches. Starke Einfettung des Analringes 
innen und aulsen mit Vaseline, was sehr wichtig ist, weil 
sich nur so die stärkeren Tuben meines Spekulums von 25 
mm Aufsendurchmesser schmerzlos einführen lassen. Ge- 
naue Betastung der Prostatafigur mit dem Zeigefinger. 
Einführung des metallenen schief abgeschrägten Spekulums 
von 5-10 cm Länge mit dickem Obturator. Hebelt man, 
während der Obturator noch steckt, gegen die Drüse, so erkennt 
man bei einiger Übung genau die Buckel wieder, die man vorher 
mt dem Zeigefinger fühlte. An der gewünschten Stelle zieht man 
den Obturator heraus, und die Prostata liegt dem ovalen Abschnitt 

At 


52 Felix Schlagintweit. 


des Spekulums an!). Der Assistent schiebt nun das Stativ mit der 
durch eine Bleiglaskappe verdeckten Röhre so heran, dals das Ende 
des Spekulums in die Öffnung des Bleiglastrichters palst und so 
das Spekulum ohne weiteres fixiert. Die Achse des Spekulums wird 
nun auf die Antikathode gerichtet, welche bei unserer Anordnung 
unter Verwendung gewöhnlicher Gundlachröhren ca 17—20 cm von 
der Prostata entfernt ist. 

Härtegrad ca. 7 des Wehneltschen Kryptoradiometers, am besten 
eine mehr harte als weiche Röhre. Unser Induktorium hat 60 cm 
Schlagweite. Wehneltunterbrecher. Dauer der ersten Sitzung 
5 Min., der zweiten 7 Min., der folgenden je 8—10 Min., ausnahms- 
weise 15 Min. 

Die 30 Bestrahlten gruppieren sich zu fast gleichen Teilen in 
die 3 bekannten Stadien der Erkrankung. Alter: 50 — 84 Jahre. 
Bei keinem der Bestrahlten das geringste Zeichen einer Röntgen- 
verbrennung oder auch nur Reizung des Darmes. Bei allen, mit 
Ausnahme von dreien mit sehr grolser harter Drüse, charakteri- 
stische Zunahme oder Auftreten eines deutlichen Harn- 
dranges 12—24 Stunden nach der Bestrahlung. Der Reaktions- 
drang nie über 1—2 Tage anhaltend und mit den weiteren Bestrah- 
lungen, die immer nach Ablauf dieser Reaktion wieder beginnen, 
jedesmal weniger stark auftretend. Kein Einflufs auf den Charakter 
des Harns, auch nicht auf die cystitischen Beschwerden. Dagegen 
ist bei Kranken ohne Cystitis ohne Resturin, nur mit sog. 
Prostatismus, oder solchen mit klarem und wechselndem 
Resturin, also solchen im 1. und 2. Stadium, sehr oft eine Ab- 
nahme und ein Verschwinden der eigentlichen Prostatabeschwer- 
den, wie wir sie auch bei Prostatitis kennen, sehr häufig. Diese 


) Anmerkung: Das von mir bei Reiniger, Gebbert ünd Schall, 
Erlangen konstruierte Spekulum ist mit Blähvorrichtung und elektri- 
scher Beleuchtung versehen und ein Universalinstrument zur direkten 
Besichtigung und Behandlung des Mastdarms. Verschließt man das 
Instrument an Stelle des gewöhnlich gebrauchten Glasfensters mit einer dicken 
Gummimembran, so kann man durch diese ein gewöhnliches Cystoskop stecken 
und den luftgeblähten Darm bis zum S Romanum mit derselben Genauigkeit auf 
die kleinsten Veränderungen absuchen, wie eine luftgefüllte Blase. Dies nur 
nebenbei, für die Einstellung der Prostata genügt der bloße Tubus meines Instru- 
ments. Der Geübte hat auch nicht nötig, vorher mit dem tastenden Zeigefinger, 
an dem Farbstoffe befestigt sind, die gefühlte Stelle der Prostata anzufürben, 
um sie nachher im Spekulum wiederzuerkennen, da man eben mit dem Spe- 
kulum deutlich genug fühlt, um richtig einzustellen. 


Die Behandlung der Prostatahypertrophie mit Röntgenstrahlen. 53 


Besserung kann Tage und Monate anhalten, ist aber nicht 
von Dauer. Die Hälfte der bestrahlten Drüsen ändert sich nach 
Form und Konsistenz für den tastenden Finger, aber nie dauernd 
und nicht parallel den kurz vorher geschilderten häufigen vorüber- 
gehenden Besserungen des lokalen Befindens.. Auch leichtere Ein- 
führbarkeit des Katheters konstatierten wir öfters nach der Bestrah- 
lung. Auf diese Beobachtung hin haben wir auch bei jugend- 
lichen Personen mit Prostatitis Bestrahlungen vorgenommen 
mit meist plötzlichem völligen Verschwinden der so typi- 
schen Beschwerden. Sollten sich diese Besserungen bei Prostatitis 
nicht als suggestive Wirkungen auf die oft sehr schweren begleitenden 
Sexualneurasthenien erweisen und Bestand haben, so wären die 
Röntgenstrahleu wenigstens bei der Prostatitis brauchbar, aber mit 
Vorsicht, da die potenzschädigende Wirkung der Strahlen notorisch 
ist. Allgemein psychische Erregungen nach der Bestrahlung, insbe- 
sondere mit sexuellem Charakter, wie sie ] c. Moskowicz und 
Stegmann beschreiben, erhielten wir nur 1—2 mal auf Befragen 
angegeben. — Nun zum Wichtigsten: nach meiner Anschauung ist ein 
Prostatiker (von der Beseitigung aller anderen Beschwerden abgesehen) 
nur dann geheilt, wenn er dauernd keinen oder nur minimalen, 
bis etwa 20 ccm, Resturin mehr hat. Gerade hierin läfst 
uns aber das Röntgen am meisten im Stiche. Ich betone 
ausdrücklich, dafs plötzliche ganz rapide Verminderungen des Rest- 
urins nach dem Bestrahlen oft bei unseren Patienten vorkamen, 
manchmal Wochen anhielten, nach einigen Monaten aber immer 
wieder der früheren Füllung der Blase wichen. 

So weit meine Beobachtungen. Wir wenden die Röntgenbe- 
strahlung namentlich bei den Prostatikern mit lokalen Beschwerden 
und klarem Urin immer noch an, da sie oft die Empfindlichkeit der 
prostatischen Harnröhre und Umgegend wenigstens zeitweise herab- 
setzt und auch oft das Gefühl leichterer Miktion erzeugt. Hat 
Patient nach 3 Probesitzungen aber keinen „Reaktionsdrang“, so 
bestrahlen wir nicht weiter. Die starke Einwirkung der 
Strahlen auf die Prostata ist, wenn auch bislang scheinbar 
regellosund unbeständig, zweifelsohne oftsicher vorhanden, 
genügt aber nicht zur dauernden Beseitigung des Resturins, 
was mir als das Endziel aller Prostatikertherapie erscheint. 


Literaturbericht. 


I. Allgemeines über Physiologie und Pathologie des 
Urogenital - Apparates. 


Über die Verschwiegenheitspflicht des Arztes, über Melde- 
pflicht bezw. Melderecht, und über die Ermittelung der An- 
steckungsquelle bei ansteckenden Geschlechtskrankheiten. Von 
Möller. (Zeitschr. f. Bek. d. Geschlechtskrankh. Bd. 5. Nr. 7 u. 8.) 

Verf. steht auf dem Standpunkte, dafs eine absolute Verschwiegen- 
heitsverpflichtung, wie sie das deutsche Strafgesetzbuch durch den § 300 
eingeführt hat, als ein grolses Hindernis für die Bekämpfung der (e: 
schlechtskrankheiten anzusehen ist, und hebt im (iegensatz dazu die ver- 
nünftige Formulierung dieser Materie im schwedischen Strafgesetzbuch 
hervor, die den Arzt nicht sklavisch bindet, sondern es ıhm überlälst, mn 
Fällen, wo das (iemeinwohl in erheblichster Weise tangiert wird. sich 
von der Verschwiegenheitspflicht zu dispensieren. In Christiania ist 
man sogar noch weiter gegangen, indem dort nach Aufhebung der 
Reglementierung bereits seit 18 Jahren das von Neisser für Deutsch- 
land gewünschte System der nichtnominativen Meldepilicht für statistische 
Zwecke und des nominativen Melderechts zu hygienischem Zwecke ein- 
geführt ist und zur Zufriedenheit des Publikums und der Ärzte funk- 
tioniert. Auch Dänemark hat in einem im Herbst 1904 dem Reichstage 
unterbreiteten und ım März 1906 angenommenen Gesetze aulser einer 
allgemeinen nichtnominativen Anmeldung eine begrenzte nominative 
Meldepflicht dann vorgesehen, wenn der Patient den ihm erteilten ärzt- 
lichen Anordnungen nicht gewissenhaft nachkommt. 

Ein anderer Weg zur Eindämmung der Gieschlechtskrankheiten bietet 
sich in der Erforschung der Ansteekungsquelle. Wenn auch nach den 
sorgsamen und mühevollen Feststellungen des Verf. in einem nur ge- 
ringen Prozentsatz die Ansteckungsquelle mit Sicherheit eruiert werden 
konnte, so ist der Nutzen, der durch Ausschaltung eines solchen An- 
steckungsherdes resultiert, in der Praxis unter Umständen unberechen- 
bar, und es ist wünschenswert, dafs die Arzte aulser auf Diagnose und 
Therapie auch auf diesen Gesichtspunkt gebührende Rücksicht nehmen. 
Soll diese Mafsregel jedoch von Erfolg gekrönt sein, dann muls auch 
dem Arzt das Melderecht in vollstem Umfange zugestanden werden. 

F. Fuchs-Breslau. 


Zur Frage der Inskription unter sittenpolizeiliche Aufsicht 
mit besonderer Berücksichtigung der Dortmunder Verhältnisse. 
Von Fabry. (Zeitschrift f. Bek. d. Geschlechtskrankh. Bd. 5. Nr. 9.) 

Verf. steht auf dem Standpunkt. dals eine wirksame Bekämpfung 
der Geschlechtskrankheiten in der Rerlementierung der Prostituierten 


Allgemeines über Physiologie u. Pathologie des Urogenital-Apparates. 55 


eine Hauptstütze finde, und beweist, dafs, wie die Aufsicht in Dortmund 
gehandhabt wird, dieser die von den Abolitionisten vorgeworfenen ent- 
würdigenden Härten nicht anhaften. Allerdings haben sich in Dortmund 
die Fürsorgevereine mit den Organen der Nittenpolizei zu einem ge- 
meinsamen Wirken vereinigt, insofern als keine Frauensperson eher unter 
Aufsicht gestellt wird, als bis die Bemühungen des Fürsorgevereins, sie 
einem sittlichen Lebenswandel zuzuführen, erfolglos geblieben sind. 
Anderseits haben es die Fürsorgevereine in einer ganzen Reihe von Fällen 
durchzusetzen verstanden, dals selbst eingeschriebene Prostituierte dauernd 
aus der Kontrolle entlassen wurden. | 
Die in der Tat mustergültigen Dortmunder Verhältnisse dürften 
auch für Grofsstädte wie München, Hamburg und Berlin, in denen doch 
sicherlich eine grölsere Zahl von tatkräftigen Frauen vorhanden ist, die 
für das Elend der Ärmsten ihrer Geschlechtsgenossinnen ein mitfühlendes 
Herz sich bewahrt haben, erreichbar sein. F. Fuchs-Breslau. 


Experimentelle Erhöhung der molekularen Konzentration des 
Blutes. Von G. Ekehorn. (Archiv f. klin. Chir., 79. Bd. 3. Heft ) 

Vor dem Eintreten einer Niereninsuffizienz gibt es einen Zeitpunkt, 
wo die Funktion der Nieren zwar nicht mangelhaft im Sinne der Insufli- 
zienz, gleichwohl aber nicht gröfser gewesen ist, als dafs sie gänzlich 
oder nahezu gänzlich in Anspruch genommen werden mufste, um die 
molekulare Konzentration des Blutes unten auf dem normalen Höhepunkt, 
zu halten. Wenn bei einem solchen labilen Zustande der Nieren an 
dieselben erhöhte Ansprüche gestellt würden, so würden sie nicht das 
Vermögen haben, diesen zu genügen; die molekulare Konzentration des 
Blutes mufs steigen. 

E. bediente sich während einiger Tage bei verschiedenen Patienten 
der Trockendiät, die bekanntlich eine erhöhte Energie der 
Nieren verlangt. Die Patienten erhielten während 2—3 Tagen eine 
Flüssigkeitszufuhr von nur 600 ccm, während sie im übrigen soweit 
wie möglich gewöhnliche Nahrung zu sich nahmen. 

Ein solcher Versuch an einem Gesunden angestellt ergibt, dafs 
ö zu Ende der Versuchszeit dieselbe Gröfse wie zu Anfang des 
Versuches besitzt, d. h. normal ist. Das spezifische Gewicht des Urins 
und £ springen dagegen während der Zeit in die Höhe. Die Urinmenge 
wird geringer, der Gehalt an festen Bestandteilen steigt aber. Hierdurch 
wird d auf seinem normalen Wert gehalten. 

(Ganz dasselbe Resultat erhält man in solchen Fällen von Nieren- 
leiden, wo das Funktionsvermögen der Niere nicht im wesentlichen 
(rade vermindert worden ist, im Gegensatz zu jenen Fällen, bei denen 
während der Trockendiät ô von dem normalen Wert auf 0,61—0.63 
gestiegen ist. 

E. gibt die Krankengeschichte seiner Patienten, an denen er ex- 
perimentell versucht hat, ö zu erhöhen, wieder. 

Allen jenen Fällen, in denen durch Trockendiät ð leicht erhöht 
werden konnte, waren folgende Eigenschaften gemeinsam: Die Urinmenge 
war vermehrt und das spez. Gewicht des Urins vernfindert. Während 


56 Allgemeines über Physiologie u. Pathologie des Urugenital-Apparates. 


der Trockendiät wurde natürlich die Urinmenge geringer, in einigen 
Fällen recht bedeutend, aber das spez. Gewicht steigt nicht in dem- 
selben Grade. Das spez. Gewicht des Urins steigt nur unbedeutend; die 
Nieren haben nicht das Vermögen, einen konzentrierten Urin abzu- 
sondern. 

Bei einer völlig funktionstüchtigon Niere steigt dagegen das spez. 
Gewicht des Urins in demselben Malse, wie die Urinmenge abnimmt. 


S. Jacoby- Berlin. 


Störungen im Bereiche des Harnapparates bei Hysterie. Von 
A. Hock, Prag. (Deutsche med. Wocchenschr. 1906, Nr. 27, Vereinsbeil.) 

Im Verein deutscher Ärzte in Prag bespricht Hock die Störungen 
im Bereich des Harnapparates bei Hysterischen. Die Nierenkolik hält 
er für erwiesen, während die hysterische Nierenblutung noch nicht ein- 
wandsfrei bewiesen ist. Die Hysterie kann Nierenstein und Wander- 
niere vortäuschen, es kann aber eine echte Nierentuberkulose mit Hysterie 
verwechselt werden. Bei hysterischer Blasenlähmung kann im Zweifels- 
falle das Kystoskop Aufschlufs geben, Balkenblase läfst sie ausschlielsen. 
Hysterische Inkontinenz kommt vor, charakteristisch ist das Abgehen 
eröfserer Mengen Urins mehrmals des Tages sowie während des Schlafes 
bei fehlendem Harndrang. Ludwig Manasse-Berlin. 


Röntgenographie der Steine des Harnapparates. Von Levi- 
sohn-Heidelberg. (Deutsch. med. Wochenschr. 1906, Nr. 39 Vereinsb.) 

In dem naturhistorisch-medizinischen Verein in Heidelberg (Sitzung 
am 22. Mai 1906) bespricht L. die grolsen Vorzüge der Röntgenographie 
für die Diagnose der Steine in den Harnwegen, die seit Einführung der 
Albers-Schönbergschen Kompressionsblende einen hohen Grad von Sicher- 
heit erlangt hat. Er gibt einzelne technische Erläuterungen und demon- 
striert eine Reihe von Bildern und den zugrunde liegenden Objekten. Zu 
Irrtümern Veranlassung geben können Phlebolithen in den Beckenvenen 
und Enterolithen in den Eingeweiden, dagegen nicht Gallensteine. Ver- 
kalkte Eiderherde und pathologische Veränderungen in den Nieren geben 
unregelmälsige, ungleich dichte Schatten. Ludwig Manasse-Berlin. 


Über Alypin in der urologischen Praxis. Von Dr. H. Lohn- 
stein, Berlin. (Deutsche med. Wochenschr. 1906, Nr. 13.) 

Die Vorzüge, die das Alypin gegenüber dem bisher meist ange- 
wandten Kokain als Anästheticum besitzt, haben Lohnstein veranlafst, 
es in ausgiebigem Mafse in der urologischen Praxis zu versuchen, die 
Resultate teilt er in der oben vorliegenden Arbeit mit. Die anästhe- 
sierende Wirkung tritt etwas später, als beim Kokain, gewöhnlich erst 
in vier bis fünf Minuten ein. Da es mit dem häufig gleichzeitig angewandten 
Argentum nitricum einen Niederschlag erzeugt, so veranlafste Lohnstein 
die Herstellung eines salpetersauren Alypins. Mit diesem Alypinum nitri- 
cum gelang die Anästhesierung der Urethra anterior prompt bei der 
Endoskopie, bei ‚Janetschen Irrigationen behufs Erschlaffung des com- 
pressor urethrae, bei Instillationen usw., nicht minder wirksam erwies 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 57 


es sich zur Infiltrationsanästhesie bei Phimosenoperationen, Inzision des 
Orificium externum. Der grofse Vorzug des Alypins gegenüber dem Kokain 
ist seine geringere Giftigkeit, seine Sterilisierbarkeit, seine gröfsere Wohl- 
feılheit; es ruft aufserdem keine Ischämie hervor. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


ll. Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Eine Methode, den Eiweissgehalt eines Harns mit hinreichen- 
der Genauigkeit für klinische Zwecke in einer Stunde zu be- 
stimmen. Von G. Buchner, Chemiker. (Münchner med. Wochenschr. 
1906, Nr. 24.) 

Die Eiweifsbestimmungen mittels des „Albuminimeter nach G.Buchner- 
München“ gründet sich auf die Beobachtung, dafs „wenn man filtrierten, 
eiweilshaltigen Harn zum Kochen erhitzt, sodann einige Tropfen Salpeter- 
säure und die nötige Menge gesättigte Kochsalzlösung zusetzt, sich das 
koagulierte Einweils in einer Stunde dicht und gleichmälsig absetzt“. 
(rewichtsanalytische Kontrolle ergab gröfsere Genauigkeit als die Es- 
bLachsche Bestimmung. Brauser- München. 


Über die Eiweilskörper des eiweilshaltigen Harns. VonO.Grols. 
(Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 86, H. 6.) 

Verfasser hat Nephritisurine auf den Gehalt an Albumin und Globulin, 
ferner auf den Gehalt an Eu- und Pseudoglobulin untersucht. Der 
Eiweifsquotient schwankte aufserordentlich und stand in keiner Beziehung 
zur Eiweilsmenge. Die von anderer Seite gemachte Angabe, dafs mit 
der fortschreitenden Besserung die Golobulinquote sinke, konnte Verfasser 
nicht bestätigen. In einem Falle von Amyloidniere fand er überwiegend 
Globulin, in einem zweiten Falle war der Befund negativ. Auch bei der 
orthöostastischen Albuminurie, bei der gar kein Globulin ausgeschieden 
werden soll, konnte einige Male Überwiegen des Globulins festgestellt 
werden. Das Verbältnis des Euglobulin zum Pseudoglobulin gibt über 
den anatomischen Prozels gleichfalls keinen näheren Aufschluls. Der 
Prüfung des Eiweifsquotienten kommt demnach nur eine geringe dia- 
gnostische und prognostische Bedeutung zu. F. Fuchs- Breslau. 


Prostatic albumin and albumose. Von E. G. Ballenger. (Amer. 
Journ. of Urology 1905. No. 13.) 

Die Gegenwart von Eiweils und Albumosen in dem nach Massage 
der Prostata entleerten Urin ist ebenso charakteristisch für das Bestelien 
einer Prostatitis oder eines in die Urethra mündenden Abszesses, als 
renales Albumen für Nierenerkrankungen. Bei 25 Patienten mit Pro- 
statitis und gesunden Nieren fiel die Reaktion positiv aus, während bei 
15 Patienten mit gesunder Prostata und Samenblasen das Resultat ein 
negatives war. Da es sich zum grolsen Teile um Albumosen handelt. 
genügt die Kochprobe nicht. Ein gutes Reagens ist die Bostresche 
Modifikation der Robertschen Lösung (1 Acid. nitrie.zu 10 Magnes. sulph.). 

von Hofmann-Wien. 


58 Harn- und Stoffwechsel, — Diabetes. 


Zuckerbestimmung im Harn mittels einer Modifikation der 
Trommerschen Probe Von Simrock, Frankfurt a. M. (Münch, med. 
Wochenschr. 1906, Nr. 18.) 

Empfehlung der (haltbaren) Heinschen Lösung: Cupr. sulf. 2,0, 
Ag. dest. Glyzerin ää 15,0, 5°/, Kalilauge 150,0. Die Lösung wird 
gekocht unter Zusatz von 10—15 Tropfen Harn. Rote bis rotbraune 
Färbung bei positivem Ausfall (von 0,05°/, an). Harnsäure und Krea- 
tinin in gröfseren Mengen, Glykonsäure, Karbolsäure, Terpentin, Chloro- 
form, Aspirin stören die Reaktion, aber in geringerem Grade als bei 
Trommer, Fehling, Nylander. Dagegen bleiben Senna, Jod, Natr. salicyl., 
Antipyrin, Phenacetin, Eiweils und (zallenfarbstoff! ganz ohne Eintlufs. 

Brauser- München. 


Diabetes insipidus post trauma. Von F. Thalwitzer. (Monats- 
schrift für Unfallhlk. u. Invalidenwesen 1904, Nr. 11.) 

Ein bisher gesunder Rekrut blieb beim Turnen am Querbaum 
länger als erforderlich mit dem Bauche auf der Stange und liefs Kopf 
und Beine tiefer hängen. Ein bald darauf eintretendes Unwohlsein mit 
Erbrechen galligen Schleims liefs wieder nach. Am nächsten Morgen 
machte der Patient einen so schwerkranken Eindruck, dafs seine Auf- 
nahme ins Lazarett erfolgen mufste bei 40,4° und 116 Pulsen. Aufser 
geringer Druckempfindlichkeit in der Nabelgegend wurde sonst nichts 
Besonderes gefunden. Am fünften Tage konnte er als geheilt entlassen 
werden. In der nächsten Zeit fiel ihm sein heftiger Durst und häufiges 
Urinieren auf, was er auch im Jiazarett schon beobachtet haben wollte, 
aber nur für Arzneiwirkung gehalten habe. Wegen dieser Erscheinungen 
und auffallender Abmagerung ging er wieder ins Lazarett, woselbst eın 
Diabetes insipidus festgestellt wurde. Die Urinmenge betrug 11 l, immer 
frei von Eiweils und Zucker, inosithaltig, ging während einer drei- 
wöchigen Behandlung auf 6 | herunter, der Puls stieg von 57 auf 70. 
Die Behandlung bestand hauptsächlich in zweckmäfsiger Ernährung bei 
ruhigem Verhalten. Er wurde als Ganzinvalide entlassen und konnte 
später leichte Arbeiten verrichten. Das Leiden ist ohne Zweifel auf 
ein Trauma bei der Turnübung zurückzuführen, und zwar handelt es 
sich wahrscheinlich um eine Zirkulationsstörung innerhalb des Cerebrum 
durch eine Kompression der Bauchaorta. Hentschel-Dresden. 


Zur Frage der Glykosurie bei Quecksilberkuren. Von O.Mendel- 
sohn-Berlin. (Deutsch. med- Wochenschr. 1906, Nr. 35.) 

Auf der Jadassohnschen Klinik ın Bern ist einmal ım Anschluls an 
eine (uecksilberkur bei Syphilis Zucker im Harn beobachtet worden, 
(Fauconet) der möglicherweise auf eine Idiosynkrasie des Patienten 
gegen das verwendete, sehr intensiv wirkende nukleinsaure Quecksilber 
zurückzuführen war. Eine Nachprüfung, die Mendelsohn in einer 
erölseren Reihe von Wuccksilberkuren verschiedenster Art auf der Station 
für Haut- und Geschlechtskrankheiten ım städtischen Obdach in Berlin 
(Wechselmann) vorgenommen hat, ergab, dals niemals eine Zucker- 
ausscheidung auftrat. Verf. prüfte auch noch die Angabe eines andern 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 59 


Autors, der in 3.3 Ta der Fälle bei Syphilis vorübergehend Glykosurie 
entdeckt haben will (Manchot); bei seinem Material, das allerdings 
wesentlich im Sekundärstadium sich befand, konnte er niemals Glykosurie 
nachweisen. Ludwig Manasse- Berlin. 


Über Lävulosurie und den Nachweis der Lävulose im Harn. 
Von A. Jolles. (Wiener med. Presse 1906, Nr. 45.) 

J. war wiederholt in der Lage, in diabetischen Haren gleichzeitig 
Dextrose und Lävulose zu konstatieren. Aulserdem war zweimal nur 
Lävulose im Harn vorhanden. Zum Nachweis der Lävulose bedient man 
ich am zweckmäfsigsten der Seliwanoffschen Reaktion, indem man 10 ccm 
Harn mit einer Messerspitze Resorzin und etwa 3 cem 10°), Salzsäure 
zum Kochen erhitzt. Eine beim Kochen sofort auftretende Rotfärbung 
went auf Lävulose hin. Zur quantitativen Bestimmung der Lävulose 
im Urin hat sich am besten die Methode von Ost bewährt: 100 ccm 
einer Kupferkaliumkarbonatlösung werden mit 50 ccm Zuckerlösung 10 
Minuten gekocht, rasch abgekühlt, filtriert, der Niederschlag gewaschen, 
getrocknet, zum Glühen erhitzt und im H-Strome reduziert. 

von Hofmann-Wien. 


Eine Ringprobe auf Azeton. Von F. Lange, Wiesbaden. (Münch. 
med. Wochenschr. 1906, Nr. 36.) 

Der Harn wird mit Eisessig versetzt etwa im Verhältnis von 
"5—1.0 : 15,0; nach Zusatz einiger Tropfen Natriumnitroprussid- 
lung läfst man einige Kubikzentimeter Ammoniak vorsichtig zuflielsen. 
Bei Anwesenheit von Azeton erscheint an der Berührungsstelle ein 
intensiv violetter Ring. Die Probe ist eindeutig: Ilan Proz. Azeton ist 
noch sicher nachzuweisen. Brauser-München. 


Zum Nachweis der Azetessigsäure im Harn. Von L. Linde- 
mann, München. (Münch. med. Wochenschr. 1906, Nr. 21.) 

Die Einwendungen von Ruhemann, Bondi und Schwarz gegen 
lie von L. modifizierte Rieglersche Reaktion sind nicht stichhaltig. 
Salızyl-äure, Aspirin und Antipyrin in den gebräuchlichen Dosen geben 
die Reaktion nicht. Bei stark konzentrierten Harnen mit sehr hohem 
Harnsäuregehalt und reichlichem Ziegelmehl kann die Probe unsicher 
werden. Man schützt sich dagegen durch Verwendung von nur 5 ccm 
Harn (bei 5 Tropfen Lugol) und dadurch, dafs man nicht zu stark durch- 
-chüttelt, Brauser-München. 


Über die Bestimmung des Glyzerins im Harn. Von A. Herr- 
mann. (Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol. Bd. 5, H. 9.) 

Nach einer von Fanto und Zeisel angegebenen Methode läfst sich 
das (ilyzerin im Harn unter der Einwirkung kochender wässeriger Jod- 
wasserstofisäure in flüchtiges Jodalkyl umwandeln, dessen Dampf in alko- 
hulische Silberlösung eintritt. Nachdem es sich mit dieser zur gleichen 
Menge Judsilber umgesetzt hat, kann letzteres gewogen werden. Die 
tityeteilten Belaganalysen zeigen befriedigende Resultate. 

Hentschel- Dresden. 


60 Haru- und Stofífwechsel. — Diabetes. 


Oxaluria as a cause of prostatic and urethral disturbance. 
Von G. K. Swinburne. (Amer. Journ. of Urology 1906. No. 13.) 

Sw. hat im Laufe der letzten zwei Jahre eine gröfsere Anzahl von 
Patienten beobachtet, bei denen Oxalurie entweder die einzige Ursache 
für Störungen von seiten der Prostata und Urethra abgab, oder wenigstens 
die Ursache für die Fortdauer des Grundleidens darstellte. Die Sym- 
ptome bestehen in häufigen Pollutionen, Abnahme der Potenz, abnormen 
Sensationen, leichtem Ausflufs usw. und schwinden rasch bei passender 
Behandlung, falls es gelingt, die Oxalurie zu beseitigen. 

von Hofmann-Wien. 


Mitteilung über Urobilinurie im Kindesalter. Von G. Tugend- 
reich. (Arch. f. Kinderhlk. Bd. 38, H. 3—4.) 

Mit Ausnahme eines Falles ergaben die Scharlachfälle in über 90°;, 
der angestellten Proben eine meist starke, die Diphtheriefälle nur in 
7 °/, eine schwache Urobilinurie. Albumen war nur in Spuren vorhan- 
den. Diese Resultate sind so auffallend, dafs man sie als diagnostisch 
verwertbar anschen kann. Hentschel. Dresden, 


Paroxysmal haemoglobinuria. Von Eason. (Journ. of pathology 
1906. März.) 

Verfasser ist es gelungen, ein antitoxisches Serum gegen die Hämo- 
globinurie dadurch herzustellen, dafs er Meerschweinchen mit dem Serum 
hämoglobinurischer Personen impfte. Der Reagenzglasversuch fiel positiv 
aus; an Menschen sind Heilversuche noch nicht angestellt worden. 

F. Fuchs-Breslau. 


Sur l’elimination et la rétention de l’ur6de dans l'organisme 
malade. Von Paisseau. (Inaug.-Diss. Paris, G. Steinheil. 1906.) ` 

Die Ursache der Harnstoffretention hat ihren Sitz in den Nieren. 
Als Mafs der Zurückhaltung dient der Vergleich des Harnstoffgehaltes 
des Blutes mit dem des Urins: von gleichzeitig eingespritztem Kochsalz 
und Harnstoff wird ersteres rascher ausgeschieden als letzteres. Durch 
sekundäre Kochsalzanhäufung führt die Harnstoffretention zu Ödemen. 

Verfasser empfiehlt zur Behandlung der Nephritis die stickstof- und 
salzarme Diät, obwohl er in einzelnen Fällen bei eiweilsreicher Kost 
und selbst bei Darreichung von Harnstoff eine gesteigerte Ausfuhr von 
zurückgehaltenem Harnstoff und Kochsalz beobachtete. F. Fuchs-Breslau. 


Über Gipskristalle im menschlichen Harn. Von St. Lapinski. 
(Wiener klin. Wochenschr. 1906. Nr. 45.) 

Bei dem lljährigen, wegen Tumor cerebri in Behandlung stehenden 
Patienten stellte sich eines Tages Trübung des Urins ein, welche, wie 
die nähere Untersuchung ergab, durch Gipskristalle bedingt war. Das 
Gipssediment kommt wahrscheinlich durch verminderte Ausscheidung 
der Alkalibasen und nicht durch einen abnorm hohen Schwefelsäure- 
gehalt zustande. Eine gröfsere klinische Bedeutung kann dem Befunde 
von Gipskristallen im menschlichen Urin bis jetzt nicht beigemessen 
werden. von Hofmann-Wien. 


Gonorrhoe und Komplikationen. 61 


Die Herstellung von Dauerpräparaten aus Harnsedimenten. 
Von Elise Wolf. (Deutsche med. Wochenschr. 1906, Nr. 24.) 

Die Verf. hält die Herstellung von Dauerprüparaten aus Harnse- 
dimenten mittels Zentrifugierens und Dekantierens (Gumprecht) für 
nicht sehr geeignet, weil sie zu mühsam und zeitraubend ist und beim 
Zentrifugieren das Material leicht geschädigt wird. Nach ihrer eigenen 
Methode wird das durch Absetzenlassen gewonnene Sediment mit 10°, 
Formol und nachher mit 90 °/, Alkohol oder mit letzterem allein fixiert. 
Willman rote Blutzellen mit fixieren, so verwendet man Alkohol allein. Die 
weitere Behandlung des fixierten Präparates, die Färbung und Konservierung 
unterscheidet sich nicht wesentlich von der histologischer Präparate, doch 
it die Beobachtung einzelner technischer Kunstgriffe notwendig, die 
man am besten in der Originalarbeit nachliest; sehr wichtig ist, dafs das 
Präparat während der ganzen Behandlung nicht einen Augenblick ganz 
trocken wird. weil es sonst. schlechte, unklare Bilder gibt, die Zellkon- 
turen verwischt und etwaige Zylinder destruiert werden. 


Ludwig Manasse-Berlin. 


Die Nebenwirkungen der Balsamica. Erwiderung auf den An- 
mi von Dr. Boss. Von Vieth und Ehrmann. (Allg. med. Zentral- 
Leitung, 1906, Nr. 29.) 

Es ist aufser Zweifel, dafs bei der Therapie der Gonorrhoe die 
Bal-amıca sehr wertvolle Dienste leisten, und daher nicht verwunderlich, 
dab die chemische Industrie bemüht ist, immer neue balsamische Heil- 
mittel herzustellen. Diese Vielgeschäftigkeit bietet dem Praktiker in- 
sofern grofse Vorteile, als er dadurch in den Stand gesetzt ist, dem 
Bedürfnis gerade dieser Patienten nach Abwechslung in der Verordnung 
von Arzneimitteln Rechnung zu tragen. Dafls das eine Balsamicum das 
andere an Wirksamkeit übertrifft, wie die einzelnen Autoren regelmälsig 
erklären, kann füglich nicht behauptet werden, und deshalb wäre es 
wünschenswert, wenn diesbezügliche Polemiken, die nur peinlich wirken 
können, unterblieben. F. Fuchs-Breslau. 


Ill. Gonorrhoe und Komplikationen. 


Sind die bei der akuten Gonorrhoe des Mannes üblichen 
Injektionen eine rationelle Behandlungsweise? Von Dr. Canon, 
Berlin. (Deutsche med. Wochenschr. 1906, Nr. 22.) 

Der Verf. erklärt sich gegen die übliche Injektionstherapie bei der 
akuten Gonorrhoe. Die Beobachtung der letzten Jahre hat gezeigt, dat 
bei der akuten Gonorrhoe der vorderen Harnröhre allein schon sich öfter 
Komplikationen an den Herzklappen und Gelenken einstellen, die nur 
auf dem Wege der Blutbahn zustande kommen können. Begünstigend 
E den Übertritt der Gonokokken ins Blut wirken Fortschreiten der Ent- 
zindung der Prozesses auf die hintere Harnröhre und Reizung und 
Atzungen der erkrankten Schleimhaut. Die üblichen Einspritzungen 
hätten allenfalls in den allerersten Tagen der Erkrankung einen Sinn, 
spterhin träfen sie die in die Tiefe eedrungenen Gonokokken doch nicht 


62 Gonorrhoe und Komplikationen. 


und machten nur unnötig Reizung mit den erwähnten Gefahren; zudem 
bestände die Möglichkeit, dafs aucl andere Infektionskeime durch da: 
Spritzen in die Harnröhre kämen. Milde Adstringentien beim Chronisch- 
werden des Prozesses verwirft der Verf. nicht, am meisten verspricht er 
sich von der Selbstheilung, von einer Diurese (hat andere Gefahren. 
Ref.), allenfalls von innerer Medikation wie (sonosan. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


Beitrag zur Diagnose und Therapie der Gonorrhoe der Harn- 
wege des Weibes. Von Knorr. (Ges. f. Geburtsh. u. Gynäkol. zu ‚Berlin. 
(Berliner klin. Wochenschr. 06, Nr. 37.) 

Die rein gonorrhoische Cystitis corporis ist nach den Erfahrungen 
K.s sehr selten, die Cystitis colli oder Urethrocystitis häufiger; ein As- 
zendieren des gonorrhoischen Prozesses in den Ureter und des Nieren- 
beckens findet selten statt. Bei der Cystitis corporis sieht man im 
cystoskopischen Bilde eine inselförmige Zerstreuung der Entzündungs- 
zentren, die Schleimhaut sieht gefleckt aus und erinnert an eine Purpura 
oder Petechien. Bei postgonorrhoischen Pyelonephritiden handelt es 
sich fast immer um sekundäre Infektionen; in den wenigen Fällen, in 
denen man im Nierengewebe nur (Gonokokken fand, können dieselben 
wohl auf metastatischem oder dem Lymphwege nach oben gelangt sein. 
Auf gonorrhoischer Basis kann sich tuberkulöse Infektion entwickeln. 
Therapeutisch sind die Silbersalze als Injektion oder Spülungen indiziert: 
die Pyelitis acuta ist medikamentös zu behandeln, bei chronischem Ver- 
lauf empfiehlt sich der Ureterenkatheterismus mit Argentum nitricum-Ein- 
spritzungen in das Nierenbecken. Paul Cohn-Berlin. 


Über ein einfaches Hilfsmittel in der Gonorrhoebehandlung. 
Von Oscar Baber-Jägerndorf. (Die Therap. d. Gegenw. 1906. Oktober.) 

Der günstige Einflufs, den die Wärme auf akut entzündliche Zu- 
stände ausübt, hat den Verf. veranlalst. bei der Gonorrhoe neben den 
Injektionen drei bis viermal täglich heilse Penisbäder zu versuchen. Er 
fordert zu Nachuntersuchungen auf. Ludwig Manasse-Berlin. 


Die Aspirationsbehandlung der chronischen Blennorrhoe. Von 
Strebel. (Dermatologische Zeitschrift 1906, H. 6.) 

Verfasser versucht mittels negativen Druckes durch Apiration 
das in der Tiefe der Drüsen befindliche Sekret zu entfernen. Er führt 
einen vielfach gelochten Katheter mit geschlossenem Ende in die Urethra 
ein und saugt mit einer grofsen Saugspritze Luft an. Durch den starken 
negativen Druck wölbt sich die Schleimhaut in die Fenster hinein, und 
die Sokretmassen werden in das Rohr hineingesogen. Die durch dieses 
Verfahren entstehende Hyperämie der Schleimhaut beschleunigt den 
Heilungsprozefs. Kommt es bei allzuweit getriebener Vakumnwirkung 
zu Zerreilsungen der Gewebe, so ist die danach eintretende Reaktion 
besonders geeignet, eine Aufsaugung der Infiltrate herbeizuführen. Um 
die Aufsaugung der Sekrete zu erleichtern, empfiehlt es sich, vor der 
Aspiration die Infiltrationen mit einer feinen Nadel zu sticheln. 

F. Fuchs-Breslau. 


Gonorrhoe und Komplikationen. 6. 


Die externe Behandlung der Gonorrhoe mit Arhovin. Von 
Dr. Ganz. 


Nach den Erfahrungen, die Verf. bei sieben männlichen und einigen 
weiblichen Patienten mit der äufserlichen Anwendung des Arhovins ge- 
macht hat, glaubt er dieselbe sehr empfehlen zu können. Bei Urethritis 
acuta anterior wurde das Medikament in 1—5°;, Konzentration mit Ol. 
oliv. dreimal täglich mittelst einer Tripperspritze injiziert, bis alle Er- 
scheinnngen verschwunden waren; einmal wurde mit Arhovinstäbchen 
ebenfalls in 4 Wochen Heilung erzielt. Die Urethritis acuta posterior 
wurde ebenfalls mit Injektionen in 3—5°/, Konzentration oder mit 
Spülungen nach Janet behandelt. Zwei Fälle von chronischer Gonorrhoe, 
die anderen Medikamenten getrotzt hatten, wurden mit Spülungen von 
5", Arhovinöl in 3 und 4 Wochen geheilt. Die weibliche Urethral- 
gonorrhoe wurde mit Injektionen oder Stäbchen, der Vaginalkatarrh mit 
‘pülungen von 5°, Arhovinöl, zugleich mit Einführen von Globuli Ar- 
hovini zweimal täglich behandelt und geheilt. In einem Falle von Bar- 
tholinitis wurde die Abszedierung durch Pinselung mit 5°/, Arhovinöl 
verhindert, ein Fall von Mastdarmblennorrhoe durch Arhovinglobuli ge- 
halt. Auch mit der internen Anwendung des Arhovin in Fällen, in 
denen die äufsere Applikation nicht angängig war, hat Verf. sehr gute 
Erfahrungen gemacht. Paul Cohn-Berlin. 


Über Gonosan und Gonorrhoetherapie. Von Dr. Schindler 
und Dr. Siebert, Breslau. (Deutsche med. Wochenschr. 1906, Nr. 27.) 


Gegenüber den übertriebenen Lobeserhebungen, die in letzter Zeit 
der Tripperbehandlung mit Gonosan zuteil geworden sind, betonen die beiden 
Verfasser, dafs das Gonosan auf die Gonokokken selber nicht den gering- 
sten Einflufs ausübt und kaum mehr als einen rein symptomatischen 
Wert besitzt. Eingehende Untersuchungen mit Gonosan an Gonokokken- 
kulturen und frischen Gonorrhöen haben gezeigt, dafs ihm keinerlei 
Wirkung auf die Abtötung der Gonokokken zukommt. Sie heben noch 
einmal mit aller Schärfe die Wichtigkeit einer frühzeitigen Lokaltherapie 
Mit geeimeten gonokokkentötenden Mitteln hervor. Das Protargol, wenn 
richtig im Sinne Neissers angewandt, ist immer noch das beste und 
sicherste Mittel gegen Gonorrhoe. „Es beseitigt nicht nur Schmerz. 
Austlufs und Entzündungserscheinungen, sondern auch die Gonokokken, 


1 . ° . . 
das gonorrhoische Virus. Ludwig Manasse-Berlin. „, 


Versuche mit dem neuen Antigonorrhoicum „Santyl“. Von 
Dr. Sklarek-Hannover. (Deutsch. med. Wochenschr. 1906, Nr. 36.) 


Mit Ausnahme eines Falles, in dem die übliche Dosis des Mittels 
wegen starker Empfindlichkeit des Magens herabgesetzt werden mufste. 
hat Sklarek bei ausgesprochener Urethritis posterior und Cystitis stets 
nur günstige Erfolge mit dem „Santyl*-Knoll gesehen. Er empfiehlt es 
besonders wegen seiner Geschmacks- und Geruchlosigkeit und wegen des 
Fehlens der Nebenwirkungen. Ludwig Manasse-Berlin. 


64 Gonorrhoe und Komplikationen. 


La septicö6mie gonococcique prouv6e par la constatation du 
gonocoque dans le sang circulant. Von Faure-Beaulieu. (These 
de Paris. G. Steinheil, 1906.) 

Verf. schildert den klinischen Verlauf der Allgemeininfektion mit 
(sonokokken. Wenn auch in der Regel die Allgemeininfektion von einer 
lokalen Erkrankung ausgeht, so sind doch Fälle beobachtet worden, bei 
denen sich nichts anderes als Gonokokken im Blute vorfand. Am häu- 
figsten befallen werden die Gelenke, fast ebenso oft stellt sich eine En- 
dokarditis ein, ferner kommen Pneumonien, Nephritiden, Meningitiden, 
subkutane Abszesse, Herpes und Erythem zur Beobachtung. Die En- 
dokarditis gibt keine günstige Prognose, die übrigen Erkrankungen hin- 
gegen gehen fast ausnahmslos in Heilung über. 

Die Diagnose wird gesichert durch den kulturellen Nachweis der. 
Gonokokken ım Blute. Dieser gelingt am besten auf Bouillonascites, 
doch mufs man mindestens 10 bis 20 cem Blut entnehmen. 

24 aus der Literatur zusammengestellte Krankengeschichten sind 
zum Schlusse angefügt. F. Fuchs-Breslau. 


Zur Cytologie des gonorrhoischen Eiters. Von Hans L. Posner. 
(Berl. klin. Wochenschr. 06, Nr. 43.) 

Die Untersuchungen des Verf. liefern einen Beitrag zu der Frage. 
ob man aus dem Vorwiegen einer oder der anderen Zellart im gonorrhoischen 
Eiter oder aus dem Vorkommen bestimmter Degenerationen an den Zellen 
bündige Schlüsse auf das Stadium des Eiterungsprozesses, bezw. auf die 
Spezifität desselben ableiten könne. Zur Färbung verwandte P. die 
May-Grünwaldsche alkoholische Methylenblau-Eosinlösung oder die Azur- 
Eosinlösung; Aufstrichpräparate werden lufttrocken !/a—!/, Minute, ohne 
durch die Flamme gezogen zu sein, gefärbt und dann kurz mit destil- 
liertem Wasser abgespült, die Kerne färben sich intensiv blau, während 
die Granula eine violette Farbe annehmen. Die Schlüsse, die der Verf. 
aus seinen Untersuchungen ziehen zu dürfen glaubt, sind im Wesentlichen 
folgende: Vakuolenbildung, als Ausdruck stattgehabter Phagocytose, findet. 
man in polynukleären und mononukleären Leukocyten, und zwar ın allen 
Stadien der bestehenden Erkrankung; in eosinophilen Zellen scheint sie 
nicht vorzukommen; diagnostische Schlüsse auf das Alter des Prozesses 
läfst sie nicht zu; für (ronokokken ist sie nicht allein spezifisch. Mono- 
nukleäre basophile Leukocyten finden sich zwar in jedem Stadium der 
(sonorrhoe, besonders zahlreich aber in den ersten Tagen der Erkrankung 
und in sehr chronischen Fällen. Bei nicht gonorrhoischer Urethritis 
kommen sie ungefähr in demselben Verhältnis vor, wie bei gonorrhoischer. 
Was die eosinophilen Zellen anbetrifft, so finden sie sich in jedem Stadium 
der Gonorrhoe vereinzelt, am meisten jedoch in der vierten und fünften 
Krankheitswoche; reichliche Eosinophilie spricht anscheinend für Gonorrhoe. 
Die sogen. Kugelkernzellen, die sich bekanntlich durch eine eigentümlich 
kugelige, auf degenerativem Wege entstandene Form der Kerne auszeichnen, 
sah Verf. unter 227 Präparaten 57 mal, und zwar am häufigsten in den 
Fällen, die bereits jahrelang bestanden. Ihr Auftreten im urethralen Eiter 
spricht dafür, dafs entweder nie eine gonorrhoische Infektion bestanden 


Penis und Harnröhre. 65 


hat oder dafs nicht mehr der Gonococcus allein, sondern eine Misch- 
infektion, bezw. Toxine derselben der Grund der Eiterung sind, ein 
Moment, das für die Therapie von Bedeutung sein kann. 


Paul Cohn-Berlin. 


Über spezifische Immunkörper gegen Gonokokken. Von 
C. Bruck-Breslau. (Deutsch. med. Wochenschr. 1906, Nr. 34.) 

In Übereinstimmung mit Müller und Oppenheim konnte Verf. 
m D Fällen von gonorrhoischen Adnexerkrankungen zweimal spezifische 
Iumunkörper nachweisen, während im Blut der Nachweis kreisender 
(sunokokkensubstanz nicht möglich war. In Fällen nicht komplizierter 
Gonorrhoe tritt eine Immunitätsreaktion seitens des Organismus nicht 
auf, es bedarf erst andauernder schwerer Allgemeininfektion. 

Die Antikörper, die sich in den erwähnten Krankheitsfüllen ebenso 
wie in den Harn gonokokkenimniunisierter Tiere fanden, sind Ambocep- 
toren. 

In einem Nachtrag zu der. Arbeit berichtet Bruck über einen 
neuen Fall, bei dem das Serum gleichfalls spezifische Antikörper enthielt. 
Der Patient hatte mehrfach Gonorrhoe, kompliziert durch Iridocyclitis 
und Epididymitis, durchgemacht. Ludwig Manasse- Berlin. 


IV. Penis und Harnröhre. 


Angeborenes Harnröhrendivertikel. Von Dr. H. Thiemann, 
Aus der chirurg. Klinik in Jena. (Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie 1906, 82. 
Bd. 1.3. Heft.) 

Der 6 jährige Knabe litt seit dem dritten Lebensjahre an Harn- 
Iechwerden. Das Glied schwoll beim Urinieren an, der Junge konnte 
nur tropfenweise und unter Schmerzen Harn lassen und litt an Nach- 
träufeln. Diese Beschwerden verschlimmerten sich langsam. — Für sein 
Alter war der Knabe sehr klein und zart, der sonst nichts Abnormes 
hot. Der Penis war von der Gröfßse und Form einer Birne. Das 
Divertikel erstreckte sich von der Glans bis zur Peniswurzel. — Der 
exstirpierte Sack stellt eine apfelgrofse, mit Schleimhaut ausgekleidete 
Cyste dar, die den Eindruck einer Harnblase macht. Der Sack ist mit 
geschichtetem Plattenepithel ausgekleidet, das dem der Fossa navicul. 
entspricht. Der Verlauf der Heilung war ein vollkommen reaktionsloser. 


S. Jacob y- Berlin. 


Ein Beitrag zur Kenntnis der Harnröhrensteine. Von Dr. J. 
Finsterer, II. chirurg. Universitätsklinik in Wien, (Deutsche Zeitschr. f, 
Chir, 1906, 81. Bd. 2.—4. Heft.) 

Der Begriff Harnröhrenstein wird von den Autoren verschieden weit 
efast, In der Mehrzahl der Fälle haben wir es mit Nieren- und 
Blisensteinen zu tun, die bei vorübergehender Erschlaffung des Sphincter 
“escae das Orificium urethrae passieren, in der Harnröhre stecken bleiben 
und sich hier allmählich unter gleichzeitiger Dilatation der Urethra ver- 

Zeitschrift far Urologie. 1907. 5 


64 Gonorrhoe und Komplikationen. 


La septicömie gonococcique prouvée par la constatation du 
gonoooque dans le sang circulant. Von Faure-Beaulieu. (Thèse 
de Paris. G. Steinheil, 1906.) 

Verf. schildert den klinischen Verlauf der Allgemeininfektion mit 
(sonokokken. Wenn auch in der Regel die Allgemeininfektion von einer 
lokalen Erkrankung ausgeht, so sind doch Fälle beobachtet worden, bei 
denen sich nichts anderes als Gonokokken im Blute vorfand. Am hän- 
firsten befallen werden die Gelenke, fast ebenso oft stellt sich eine En- 
dokarditis ein, ferner kommen Pneumonien, Nephritiden, Meningitiden, 
subkutane Abszesse, Herpes und Erythem zur Beobachtung. Die En- 
dokarditis gibt keine günstige Prognose, die übrigen Erkrankungen hin- 
gegen gehen fast ausnahmslos in Heilung über. 

Die Diagnose wird gesichert durch den kulturellen Nachweis der. 
Gonokokken im Blute. Dieser gelingt am besten auf Bouillonascites, 
doch mufs man mindestens 10 bis 20 cem Blut entnehmen. 

24 aus der Literatur zusammengestellte Krankengeschichten sind 
zum Schlusse angefügt. F. Fuchs-Breslau. 


Zur Cytologie des gonorrhoischen Eiters. Von Hans L. Posner. 
(Berl. klin. Wochenschr. 06, Nr. +43.) 

Die Untersuchungen des Verf. liefern einen Beitrag zu der Frage. 
ob man aus dem Vorwiegen einer oder der anderen Zellart im gonorrhoischen 
Eiter oder aus dem Vorkommen bestimmter Degenerationen an den Zellen 
bündige Schlüsse auf das Stadium des Eiterungsprozesses. bezw. auf die 
Spezifität desselben ableiten könne. Zur Färbung verwandte P. die 
May-Grünwaldsche alkoholische Methylenblau-Eosinlösung oder die Azur- 
Eosinlösung; Aufstrichpräparate werden lufttrocken 1/y—!/, Minute, ohne 
durch die Flamme gezogen zu sein, gefärbt und dann kurz mit destil- 
liertem Wasser abgespült, die Kerne färben sich intensiv blau, während 
die Granula eine violette Farbe annehmen. Die Schlüsse, die der Verf. 
aus seinen Untersuchungen zielen zu dürfen glaubt, sind im Wesentlichen 
folgende: Vakuolenbildung. als Ausdruck stattgehabter Phagoevtose, findet 
man in polynukleären und mononukleären Leukocyten, und zwar in allen 
Stadien der bestehenden Erkrankung; in eosinophilen Zellen scheint sie 
nicht vorzukommen; diagnostische Schlüsse auf das Alter des Prozesses 
lälst sie nicht zu; für (onokokken ist sie nicht allein spezifisch. Mono- 
nukleäre basophile Leukoeyten finden sich zwar in jedem Stadium der 
Gonorrhoe, besonders zahlreich aber in den ersten Tagen der Erkrankung 
und in sehr chronischen Füllen. Bei nicht gonorrhoischer Urethritis 
kommen sie ungefähr in demselben Verhältnis vor, wie bei gonorrhoischer. 
Was die eosinophilen Zellen anbetrifit, so finden sie sich in jedem Stadium 
der Gonorrhoe vereinzelt, am meisten jedoch in der vierten und fünften 
Krankheitswoche; reichliche Eosinophilie spricht anscheinend für Gonorrhoe. 
Die sogen. Kugelkernzellen, die sich bekanntlich durch eine eirentümlich 
kugelige, auf degenerativem Wege entstandene Form der Kerne auszeichnen, 
sah Verf. unter 227 Präparaten 57 mal, und zwar am häufigsten in den 
Filllen, die bereits jahrelang bestanden. Ihr Auftreten im urethralen Eiter 
spricht dafür, dals entweder nie eine gonorrhoische Infektion bestanden 


Penis und Harnröhre., 65 


hat oder dals nicht mehr der Gonococcus allein, sondern eine Misch- 
infektion, bezw. Toxine derselben der Grund der Eiterung sind, ein 
Moment, das für die Therapie von Bedeutung sein kann. 


Paul Cohn-Berlin. 


Über spezifische Immunkörper gegen Gonokokken. Von 
C. Bruck-Breslau. (Deutsch. med. Wochenschr. 1906, Nr. 34.) 

In Übereinstimmung mit Müller und Oppenheim konnte Verf. 
in 6 Fällen von gonorrhoischen Adnexerkrankungen zweimal spezifische 
Immunkörper nachweisen, während im Blut der Nachweis kreisender 
(sonokokkensubstanz nicht möglich war. In Fällen nicht komplizierter 
Gonorrhoe tritt eine Immunitätsreaktion seitens des Organismus nicht 
auf. es bedarf erst andauernder schwerer Allgemeininfektion. 

Die Antikörper, die sich in den erwähnten Krankheitsfällen ebenso 
wie in den Harn gonokokkenimmunisierter Tiere fanden, sind Ambocep- 
toren. 

In einem Nachtrag zu der. Arbeit berichtet Bruck über einen 
neuen Fall, bei dem das Serum gleichfalls spezifische Antikörper enthielt. 
Der Patient hatte mehrfach Gonorrhoe, kompliziert durch Iridoeyelitis 
und Epididymitis, durchgemacht. Ludwig Manasse-Berlin. 


IV. Penis und Harnröhre. 


Angeborenes Harnröhrendivertikel. Von Dr. H. Thiemann, 
Aus der chirurg. Klinik in Jena. (Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie 1906, 82. 
Bd. 1.—3. Heft.) 

Der 6 jährige Knabe litt seit dem dritten Lebensjahre an Harn- 
hbeschwerden. Das Glied schwoll beim Urinieren an, der Junge konnte 
nur tropfenweise und unter Schmerzen Harn lassen und litt an Nach- 
träufeln. Diese Beschwerden verschlimmerten sich langsam. — Für sein 
Alter war der Knabe sehr klein und zart, der sonst nichts Abnormes 
bot. Der Penis war von der Grölse und Form einer Birne Das 
Divertikel erstreckte sich von der Glans bis zur Peniswurzel. — Der 
exstirpierte Sack stellt eine apfelgrolse, mit Schleimhaut ausgekleidete 
Cyste dar, die den Eindruck einer Harnblase macht. Der Sack ist mit 
geschichtetem Plattenepithel ausgekleidet, das dem der Fossa navicul. 
entspricht. Der Verlauf der Heilung war ein vollkommen reaktionsloser. 


S. Jacoby- Berlin. 


Ein Beitrag zur Kenntnis der Harnröhrensteine. Von Dr. J. 
Finsterer. II. chirurg. Universitätsklinik in Wien, (Deutsche Zeitschr. f, 
Chir. 1906, 81. Bd. 2.—4. Heft.) 


Der Begriff Harnröhrenstein wird von den Autoren verschieden weit 
vefalst. In der Mehrzahl der Fälle haben wir es mit Nieren- und 
Blasensteinen zu tun, die bei vorübergehender Erschlaffung des Sphincter 
vesicae das Orificium urethrae passieren, in der Harnröhre stecken bleiben 
und sieh hier allmählich unter gleichzeitiger Dilatation der Urethra ver- 


Zeitschrift für Urologie. 1907. e 


66 Penis und Harnröhre. 


grölsern oder die in taschenförmige Ausbuchtungen gelangen. in denen sie 
sich vergröfsern. Die primäre Steinbildung in der Urethra kommt vor, 
wenn sie auch selten ist. F. schildert interessante Fülle aus der Literatur 
und seiner Klinik und kommt zusammenfassend zu folrenden Schlüssen: 
Bezüglich des Alters muls man die Fälle von eigentlichen Urethral- 
und Divertikelsteinen von jenen streng trennen, wo es nur zu einem 
vorübergehenden Verweilen des Konkrements gekommen ist. Für die 
männlichen Urethralsteine fand Kaufmann 23,6°, im Alter von 
1—10 Jahren, 13,4°, zwischen 11—20 Jahren, 16,1%, zwischen 
20—30 Jahren, von da ab konstant abnehmend. Im Gegensatz hierzu 
ergibt eine Zusammenstellung der neuesten Zeit, dals das Alter zwischen 
40 —50 Jahren am meisten beteiligt ist. 

Was die Symptome anlangt, so sind diese natürlich verschieden 
nach der Art der Steine. Spontan die Harnröhre passierende Steine 
verursachen augenblickliche heftige Schmerzen, können sich einkeilen 
und zur Harnverhaltung führen. Im übrigen werden die den Blasen- 
steinen zukommenden Beschwerden (Uvstitis) beobachtet. Nur kurze 
Zeit in.der Urethra verweilende Steine führen je nach Gröfse und 
Lage entweder zu den stürmischen Erscheinungen der akuten Harn- 
verhaltung, besonders bei Kindern, oder sie verursachen schmerzhafte 
Dysurie mit eventuellem Nachträufeln; selten ıst eine Herabminderung 
des Harnstrahls ohne sonstige Beschwerden zu verzeichnen. 

Die durch Uretliralsteine im engeren Sinne und Divertikelsteine 
hervorgerufenen Symptome sind oft sehr gering, bestehen entweder nur 
in einem Schmerzgefühl beim Urinieren oder es gesellt sich Dysurie 
mit Harnträufeln dazu, das bis zur Inkontinenz sich steigern kann. Oft 
aber kommt es zu einer von aufsen deutlich palpablen derben Geschwulst- 
bildung verschiedener (röfse. Nicht selten entwickelt sich dabei eine 
entzündliche Infiltration der Umgebung, Phlegmone und Fistelbildung, 
durch die dann der Stein spontan abgehen kann. 

Beim weiblichen Geschlechte sind die Erscheinungen mehr ein- 
förmig; Harnverhaltung wird nur selten beobachtet, dagegen ist Dysurie 
mit Harndrang häufig angegeben, die sich bis zur Inkontinenz steigern 
kann. 

Die Diagnose der Urethralsteine wird einerseits durch die Anamnese 
(bei Kindern mit Harnverhaltung, wenn ein Trauma nicht vorliegt), an- 
derseits durch den objektiven Befund bei der Sondenuntersuchung ge- 
sichert. Besteht gleichzeitig eine bedeutende Striktur, so kann der 
Stein oft erst nach Beseitigung der Striktur als Nebenbefund sich 
ergeben. 

Bei Divertikelsteinen kann der Nachweis mit der Steinsonde erst 
bei genauester Untersuchung in jenen Fällen erbracht werden, wo die 
Kommunikationsöffnung mit dem Urethrallumen sehr klein ist; er wird 
unmöglich, wenn es zum vollständigen Abschlufs des „Divertikels ge- 
kommen ist. Dafs bei Frauen der in der vorderen Vagınalwand be- 
findliche Tumor bei besonders rascher Vergröfserung, bestehender Kachexie 
mit einem Neoplasma verwechselt werden kann, zeigen die Beobachtungen 
von Nicola und Hottinger. 


a ne an Bee z = s se ys] 


nn e eme 


b iene = — EEN 


Penis und Harnröhre. Or 


Die Prognose ist im allgemeinen günstig, ein letaler Ausgang 
selb-t bei bestehender Phlegmone des Beckenbodens selten. 

Die Therapie richtet sich vor allem nach der (Grölse und Lazo 
des Steines. Bei den kleinen eingekeilten Steinen der Fossa navi- 
cularis führt die Extraktion mit oder ohne Inzision des Orificium 
urethrae ext. zum Ziele; liegen sie in der Pars pendula, so kommt 
in Betracht die Extraktion mit einer- Zange oder Curette, und als 
ultimum refugium die Urethrotomia ext. 

Der Versuch, den die Harnverhaltung verursachenden Stein in die 
Blase zurückzuschieben, kann von Erfolg begleitet sein, insofern dann 
der Stein in einem günstigeren Durchmesser spontan abgeht oder die 
Möglichkeit der Lithothripsie gegeben ist. 

Bei den grofsen Harnröhren- und Divertikelsteinen des Mannes 
kommt vorzüglich die Urethrotomia ext. in Betracht, die bei den grofsen 
Divertikelsteinen zu einer einfachen Inzision auf den Sack wird. 

Bei den weiblichen Urethralsteinen ist selbst bei ansehnlicher 
Grölse mit Rücksicht auf die Dehnbarkeit der Harnröhre an eine Fx- 
traktion durch die Urethra zu denken. 

Am Schlusse der Arbeit folgen genaue Angaben über die Gröfse, 
das Gewicht und die chemische Zusammensetzung der Urethralsteine. 


S. Jacoby-Berlin. 


Ein Beitrag zur Pathologie des Karzinoms der weiblichen 
Urethra. Von Dr. W. Knoll. Aus dem städt. Krankenhaus zu Konstanz. 
(Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie, 80. Bd. 5.—6. Heft.) 

K. hatte Gelegenheit, bei einer 68jährigen Frau ein Urethral- 
karzinom zu beobachten, das er entsprechend seiner relativen Seltenheit 
sowohl in klinischer als auch in anatomischer Hinsicht ausführlich be- 
schreibt, Im Mai 1904 hatte Patientin, ohne eine Ursache angeben zu 
können, plötzlich eine heftige Blutung aus den Genitalien, die zwei 
Tage dauerte. Während vorher nicht die geringsten Beschwerden be- 
standen, traten von der ersten Blutung an brennende Schmerzen beim 
Urinieren ein. Mit Unterbrechungen wiederholten sich diese Blutungen, 
bis im Oktober 1904 ein walnulsgrofser, tiefroter Tumor mit zottiger 
Oberfläche in der Schamspalte beim Abziehen der kleinen Labien vom 
Arzte konstatiert wurde. Der Tumor lag etwa 2 cm unterhalb der 
Klitoris. Die Vaginalschleimhaut ist über demselben verschiebbar; die 
Urethralschleimhaut dagegen erscheint im Bereiche des Tumors mit 
diesem fest verwachsen. — Die Operation (26. November 04) liefs sich 
ohne Schwierigkeit in Skopolacain - Morphium - Äthernarkose ausführen. 
Ein den Tumor nach hinten unten angreifender Bogenschnitt trennte die 
bedeekende Vaginalschieimhaut. Der Tumor wurde dann von allen Seiten 
im (Sesunden umschnitten; zuletzt hing die Geschwulst nur noch an der 
Urethra, welche 2 cm hinter dem Orificium ext. quer durchschnitten 
wurde. Zuletzt wurde die Urethralschleimhaut zirkulär mit der Vaginal- 
schleimbaut vernäht. Im Dez. 04 wurde Pat. als geheilt entlassen. 
Ende Juni 05 lag kein Zeichen von Rezidiv vor. — Der histologische 
Befund ergab mit Sicherheit. dals es sich am ein Drüsenkarzinom han- 

5* 


68 Penis und Harnrölıre. 


delt, das von den Urethraldrüsen ım Bereiche des vorderen Abschnittes 
der Urethra ausgegangen war. Am Schlusse seiner Arbeit geht Autor 
auf die 32 in der Literatur bekannten Fälle primären Karzinoms der 
weiblichen Harnröhre ein. J. Jacoby-Berlin. 


Cancer de l’urethre chez la femme. Von Auvray. (Bull. de la 
soc. anat. de Paris 1905, p. 841.) 

Die Geschwulst, die von der 5Ojährigen Frau vor 4 Monaten be- 
merkt wurde, erstreckte sich vom Rande des Orificıum urethrae auf die 
Vaginalwand in einer Au-dehnung von etwa 1!/,cm, während der Kanal 
selbst frei war. Die Urethra wurde von der vordern Wand losgelöst, 
hierauf die Urethra jenseits des Tumors durchtrennt und die Geschwulst 
exzidiert. Die Vereinigung der Vaginalschleimhaut mit der Urethral- 
schleimhaut gelang nur schwierig, infolge starker Blutung und Retrak- 
tion der Harnröhrenschleimhaut. Auch die Nachbehandlung war wegen 
Reifsens der Nähte, verbunden mit Hämorrhagien, sehr schwierig. Trotz- 
dem erfolgte lokale Heilung. Mittlerweile scheint es aber zu Innern 
Metastasen gekommen zu sein. Die histologische Untersuchung ergab 
ein Plattenepithelkarzinom. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Zur Kenntnis der Topographie des Plattenepithels der männ- 
lichen Urethra im normalen und pathologischen Zustande. Von 
Cederkreutz. (Arch. f. Dermatol. u. Syphilis. 79. Bd. H. 1.) 

Verf. hat den Versuch gemacht, mit Hilfe einer von Zilliacus 
angegebenen Epitheldifferenzierungsmethode die bisher strittige Frage 
der Verteilung der verschiedenen Epithelarten in der normalen und 
pathologisch veränderten Urethra des Mannes einer Entscheidung näher 
zu bringen. 

Vom embryologischen Standpunkte betrachtet ist die Harnblase und 
Urethra posterior endodermalen Ursprungs, während die vordere Harn- 
röhre durch eine Einstülpung des Ektoderms gebildet wird. Die ekto- 
dermalen Zellen werden allmählich zu Zylinderepithel umgewandelt. Es 
ist daher leicht erklärlich, dafs embryonale Plattenepithelinseln in der 
Pars anterior fortbestehen können. Diese Inseln haben nach des Verf. 
Untersuchungen in der Hauptsache ihren Sitz ım hintersten Teile der 
Pars cavernosa und ın der Pars bulbosa, also an Stellen, die erfahrungs- 
gemäfs am meisten der Strikturbildung ausgesetzt sind. Die infolge von 
Gonorrhoe entstandenen Epithelmetaplasien entstehen gleichfalls aus den 
embryonalen Plattenepithelinseln. Nichtinfektiöse Urethritiden verdanken 
ihre Entstehung teilweise angeborenen Epithelanomalien der Harnröhre. 


F. Fuchs- Breslau. 


Beitrag zur Technik der Urethroskopie. Von P. Meissner. (Die 
med. Woche 1904, Nr. 43.) 

Um ein deutlicheres urethroskopisches Bild fürs Auge zu machen, 
injizierte Meisner eine Kollmannsche Kokainspritze mit einer „Herni- 
sine“(Adrenalin)-Lösung von 1:10000 in die Urethra, in welcher sie 
3 Minuten blieb. 


Penis und Harnröhre. 69 


Das uretliroskopische Bild ergab, dafs die ganze Schleimhaut blafs 
geworden war, während die entzündeten Follikel sich als deutlich rote 
Punkte markierten. Wenn sich auch die nicht entzündeten Follikel 
als rerötete Stellen markierten, so waren sie gegenüber den entzündeten 
bedeutend blasser. 

Durch die Nebennierenextraklösung wird die Schleimhaut ober- 
lächlich blutleer gemacht, während die Blutfülle der in die Tiefe 
chenden Follikel nicht beeinflufst wird. 

Auf diese Weise schaft man sich eine deutliche Differenzierung 
des urethroskopischen Bildes, welches sowohl die Diagnose erleichtert. 
als auch die therapeutischen Eingriffe sicher gestaltet. 


Federer-Teplitz. 


Ein kleiner Kunstgriff zur leichteren Passierung des M. 
sphincter externus urethrae. Von Löblowitz. (Monatshefte f. prakt. 
Dermat. Bd. 43, Nr. 8.) 


Verfasser empfiehlt, bei Sphinkterspasmus den Patienten aufzufordern, 
zu urinieren, bezw. sich so zu stellen, als ob er Wasser lassen wollte, 
und glaubt damit einen neuen, bisher unbekannten Kunstgriff empfohlen 
zu haben. Jedem Urologen dürfte diese Erscheinung schon längst bekannt 
gewesen sein und in der Praxis sich als nützlich erwiesen haben. Es 
kann aber ebenso oft auch vorkommen, dafs selbst dieser will- 
kürlichen Entspannung der widerspenstige Muskel nicht gehorchen will 
und dafs alsdann nur ruhiges, unter Umständen sogar längeres Abwarten 
zum Ziele führt. F. Fuchs- Breslau. 


Über Fremdkörper in Harnröhre und Blase. Von Dr. M. Wein- 
rich, Berlin. (Deutsche med. Wochenschr. 1906, Nr. 29.) 

Aus der reichen Erfahrung, die Weinrich als Assistent Nitze:= 
über Fremdkörper in der Harnröhre und Blase sammeln konnte, stellt 
er alles Wissenswerte im vorliegenden Aufsatze zusammen; nur einzelne 
Punkte seien daraus hervorgehoben. Bei der Diagnose der Harnröhren- 
frendkörper gibt häufig schon die Inspektion, besser noch die Palpation 
Aufschlufs, bei letzterer suche man aber immer den Fremdkörper von 
hinten zu fixieren, um ihn nicht noch tiefer hineinzutreiben. In zweifel- 
haften Fällen leistet das Urethroskop die besten Dienste. Im Urethroskop 
gelingt zuweilen gleich die Entfernung des Fremdkörpers mit einer 
geeigneten Urethralzange. Ist die Entfernung per vias urethrales nur 
mit größerer Verletzung der Harnröhre möglich, so mache man lieber 
die Urethretomia externa. 

Urethralsteine entstammen meist höher gelegenen Partien des Harn- 
traktus, in seltenen Fällen bilden sie sich um Fremdkörper, Prostata- 
‘teine hinter Strikturen und um Blutgerinnsel in der Harnröhre selber; 
Ihre Unterscheidung ist aus ihrer chemischen Zusammensetzung zu er- 
s-hlielsen; autochthone Steinbildung in der Harnröhre ist mit Recht schr 
zu bezweifeln. 


Bei den Fremdkörpern der Harnblase, deren Symptomatologie sich ` 


Vu Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


im wesentlichen mit den bekannten Steinsymptomen deekt, kommt für 
die Diagnose neben Palpation. Sonde und der Uystoskopte neuerdings 
auch die Röntgenologie in Frage. Die zuletzt genannte Untersuchungs- 
methode spielt besonders bei Strikturen und Prostatavergiöfserungen eine 
Rolle. Man muls aber wissen. dals Wachskerzen, Bleistifte. abgesehen 
von ihren Metallteilen, französische Katheter kaum oder schwer nach- 
weisbar, dagegen Glas, englische Katheter, Metallkatheter, Blei- 
bougies und metallische Fremdkörper im Röntgenbilde sicher nachzu- 
weisen sind (Hirsch). Die Entfernung der Fremdkörper aus der Harn- 
blase, soweit nicht ıhre Kleinheit und Form die Möglichkeit einer 
Austreibung durch den Harnstrahl zulälst. gelingt mei-t mit dem Litliw- 
triptor oder Ramasseur. Der Plicateur von Leroy d’Etiolles und der 
Redresseur von Collin kommen wohl kaum noch in Anwendung. Gilin- 
zende Erfolge kann man in geeigneten Fällen mit dem Operations- 
eystoskop haben.  Zuweilen ist eine Operation nicht zu umgehen, als 
Methode der Wahl kommt nur die Sectio alta oder die perineale Er- 
öffnung der Blase mit Ablösung des Mastdarms nach O. Zuckerkandl 
in Betracht. Ludwig Manasse- Berlin. 


Epithelioma of penis. Von F. Cabot. (Harvard Med. Soc. of 
New York City, Jan. 28. 1905. April 29. 1905.) 

Der Patient hatte vor 7 Monaten ein kleines (ieschwulstehen am 
Penis bemerkt, welches rasch an Gröfse zunahm. Es stellte sich Kachexie 
ein. und der Patient verlor 20 Kilogramm seines Körpergewichtes. Nach 
der Amputation des Penis erholte sich der Kranke rasch. 

von Hofmann-Wien. 


V. Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


The treatment of undescended testicle. Von L. Fraser. (Brit. 
ined. Journ. 27. Okt. 1906.) 

F. legt den Hoden im Leistenkanale in der üblichen Weise blofs 
und fixiert sodann den Hoden in einer Tasche, welche dureh Spaltung 
der Skrotalfascie gewonnen wird. F. hat dieses Operationsverfahren in 
‘ Fällen mit dem besten Erfolge ausgeführt. von Hofmann-Wien. 


A. case of undesscended testis. Von F.J. A. Torek. (New York 
Acad. of Med., Oct. 18. 1905. Med. News, Dec. 80. 1905.) 

T. fixierte den Hoden in der Weise, dafs er eine Sehnittwunde im 
Skrotum und eine entsprechende im Oberschenkel anlegte und hierauf 
die Albuginea an die Fascia lata anniihte. In dieser fixierten Stellung 
soll der Hoden durch 5—6 Monate verbleiben. Die beträchtlichen Be- 
schwerden des Patienten verschwanden sofort nach der Operation. 

von Hofmann-Wien. 


A case of necrosis of the testicle. Von Law. (Brit. med. Journ. 
1906. Mai 26.) 


Ohne dafs Trauma oder Infektion vorausgegangen war, entwickelte 


Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 71 


sich bei einem kräftigen 17jährigen Manne eine Nekrose des rechten 
Testikels. Eine unvollständige Entwicklung des Mesorchiums hat zu 
einer akuten Torsion des Hodens Veranlassung gegeben, welche die 
Gangrän desselben zur Folge hatte. F. Fuchs-Breslau. 


Über die postblennorrhoische Wegsamkeit des Ductus epidi- 
dymidis. Von G. Nobl. (Wiener Med. Wochenschrift, Nr. 38 bis 40, 1906.) 

Verf. stellte sich die Aufgabe, die Behauptung Baermanns, dafs 
fast jede genorrhoische Epididymitis durch Zerstörung des Vas epididy- 
mitis zur Sterilität der betreffenden Seite führe, einer Nachprüfung 
zu unterziehen. Als leicht anzuwendende und untrügliche Methode diente 
ihm die digitale Expression des Inhalts der Samenblasen. Da jedoch 
der Spermatozoennachweis in den Vesiculae seminales auch noch nach 
mehreren Wochen gelingt, wenn die abführenden Samenwege. vollkom- 
men verschlossen sind, so mulste ein monate- oder jahrelanges Intervall 
zwischen der abgelaufenen Epididymitis und der Samenblasenexpression 
bestehen. Hierbei stellte sich nun der überraschende Befund ein, dafs 
in der Mehrzahl der Fälle die Epididymitis kein Hindernis für den 
Nachweis lebender Spermatozoen bildete. Die bisher gültige, absolut 
infauste Prognose der doppelseitigen Fpididymitis kann daher nicht 
mehr aufrecht erhalten werden. F. Fuchs- Breslau. 


The immediate and remote results of the high operation for 
varicocele. Von E. M. Corner und C. A. R. Nitch. (Brit. Med. Journ., 
Jan, 27. 1906.) 

Die Autoren berichten über 100 Fälle, bei denen sie die Resektion 
des Plexus pampiniformis wegen Varikocele ausgeführt haben. In 200, 
trat Besserung ein, in 26 zeigte sich keine Veränderung. 4 Kranke 
xıben an. nach der Operation mehr Beschwerden zu haben. Als Kompli- 
kationen des Eingriffs wurden Blutungen, Orchitis, Ödeme, Hydrocele 
ind Eiterung beobachtet. von Hofmann-Wien. 


Preliminary report on epididymotomy in the treatment of 
blennorrhagic epididymitis. Von L. Bazet. (California State Journ. of 
Med, April 1906.) 

B. empfiehlt bei Epididymitis die Inzision des Nebenhodens. Er 
hit diese Operation mit gutem Erfolge 65 mal ausgeführt und niemals 
Holenatrophie oder Nekrose oder Hernien danach beobachtet. 

Reynolds bestätigt die günstigen Erfahrungen B.s. 

von Hofmann-Wien. 


Barberios Reaktion auf Sperma. Von Dr. med. J. B. Levinson. 
(Berl, klin, Wochenschr. 06, Nr. 41.) 

Die von Barberio empfohlene mikrochemische Reaktion auf Sperma 
besteht darin, dafs dem Sperma oder seiner konzentrierten wässrigen 
“ung Pikrinsäure zugesetzt wird, es fallen dann nadelförmige Kristalle 
Yon gelblicher Farbe und rhombischer Form aus. Die konzentrierte 


12 Prostata, 


Spermalösung stellt man in der Weise her, dafs ein Tropfen des witzer 
rigen Auszuges aus dem verdächtigen Fleck auf einen Objektträger ge- 
bracht und fast bis zum völligen Eintrocknen vorsichtig erhitzt wird; 
sodann wird von neuem ein Tropfen des Untersuchungsmaterials anf- 
getragen und erhitzt usw. Als Reagens kann eine gesättigte wässrıge 
oder alkoholische Lösung von Pikrinsäure oder das Esbachsche Reagens 
dienen. Die bisher vorgenommenen Nachuntersuchungen sprechen dafür, 
dafs die Reaktion für menschliches Sperma spezifisch ist, in (Gegensatz 
zu der bisher vielfach angewandten Florenceschen Probe: Sperma von 
Hund, Pferd und Schwein, von Kaninchen, Meerschweinchen und weifser 
Maus reagiert nicht nach Barberio; ebenso hatten Versuche mit ver- 
schiedenen Se- und Exkreten des menschlichen Organismus, chylösen und 
pleuritischen Exsudaten, Aszites- und Hydrocelentlüssiskeit ein negatives 
Ergebnis. Barberio meint., dafs die Reaktion auf dem (Gehalt des 
menschlichen Sperma an Protamin beruhe. Jahrelang aufbewahrtes 
Sperma gibt noch ein positives Resultat, wenn es durch Zusatz von 
Formalin oder Chloroform vor Fäulnis geschützt ıst, ebenso fiel nach den 
Angaben von Barberio und Cevidalli bei Spermatlecken von 3— 4 jährı- 
gem Alter die Reaktion noch positiv aus. Bei den Nachprüfungen des 
Verf. ergab sich, dafs bei spermatozoenhaltigem Sperma stets ein posi- 
tives Resultat eintrat, aber auch in einigen Fällen von Azoospermie fiel 
die Probe positiv, in anderen dagegen negativ aus. Der Umstand, dals 
auch bei Azoospermie die Reaktion positiv ausfallen kann. spricht dafür. 
dafs die in’ Betracht kommende Substanz von der Prostata oder den 
Samenblasen oder beiden zusammen geliefert wird. Die Reaktion dürfte 
für gerichtliche Zwecke von erheblicher Wichtigkeit sein, 
Paul Cohn-Berlin. 


Vi. Prostata. 


Zur Behandlung der Prostatahypertrophie Von Rörig Il, 
Wildungen. (Münch. med. Wochenschr. 1906, Nr. 23.) 

Verf. empfiehlt aufs wärmste die in letzter Zeit etwas in Milskredit 
gekommene Bottinische Operation, welche unter allen Umständen. 
eventuell mehrere Male auszuführen ist, ehe bei endgültig negativrem Er- 
folg die gefahrvolle und in ihren Folgezuständen oft recht mifsliche Pro- 
statektomie in Frage kommt. Milserfulge sind fast stets auf Mangel an 
Übung und Technik zurückzuführen. 

R. hat unter 203 Fällen nur einen Todesfall und erzielte bei kom- 
pletter Harnverhaltung 92°/, Heilungen, bei chronisch relativer Retention 
62°, Heilungen, 34°/, Besserungen. Die geringsten Erfolge erzielte er 
bei leichter Hypertrophie. Rezidive hat er in keinem Falle erlebt. Er 
operiert am stehenden Pat. nach Einblasung von Luft, die nach Ein- 
führung des Instruments vor der Diszision wieder abgelassen wird. Nar- 
kose wird widerraten, Verweilkatheter nur bei starker Kongestion ein- 
gelegt. Brauser-München. 


Prostata. 13 


Ursachen und Behandlungsmethoden schwerer Blutungen 
der Prostatiker. Von Dr. Berthold Goldberg. (Die Ther. der 
Gegenwart 1906, Mai.) 

Die Blutungen der Prostatiker lassen sich nach ihrer Entstehungs- 
art in vier verschiedene Gruppen ordnen. Die häufigste Ursache der 
Blutungen sind Katheterverletzungen der Harnröhre; sie sind erkennbar 
daran, dafs beim Katlıeterismus Blut vor und nach dem Abtliefsen des Urins 
sich aus dem Katheter entleert. Der zweiten Gruppe gehören an die 
Blutungen „e vacuo“. Sie kommen zu stande dadurch, dafs bei Harn- 
retention eine plötzliche Entleerung der überdehnten Blase stattfindet, 
bei der starken Druckverminderung tritt die Blutung wie bei einem 
Schröpfkopf ein. 

Zur dritten Gruppe rechnet der Verf. die Blutungen von Prosta- 
tikern, die streng genommen nicht durch das Grundleiden bedingt sind, 
sehr oft indes die Begleiterscheinungen der Prostatahypertrophie bilden; 
ex sind die chronische Cystitis und die Steinbildung. Die vierte und 
letzte Gruppe umfafst die Fälle, in denen es spontan zu Blutungen aus 
der vergrölserten Prostata kommt. Die Anschauungen der meisten 
Autoren gehen hier weit auseinander: während v. Frisch u. a. Spontan- 
blutungen für sehr häufig halten, ist Guyon entgegengesetzter Ansicht 
und sieht in ihnen ein Zeichen maligner Neubildung. Die Beobachtungen 
Goldbergs an seinem Material zeigen, dafs in 2°/, der Fälle Blutungen 
entweder als leichte prämonitorische oder als schwere intermittierende 
vorkommen. Die Blutungen beweisen nicht das Vorhandensein eines 
Tumors, erwecken aber den starken Verdacht, denn bei Sarkomen und 
Karzinomen tritt in 20 bis 30°/, der Fälle Blutung auf. 

Zum Schlufs bespricht G. die Behandlung. Von inneren Mitteln 
hat er wenig Erfolge gesehen; wichtig ist es in jedem Fall, die Ursache 
der Blutung zu ergründen und danach sein Verhalten einzurichten; neben 
der Entleerung und Desinfektion der Blase wird es nur im allerseltensten 
Falle dann notwendig, die Blase zur Stillung der Blutung zu eröffnen, 
daregen wird öfter die Prostatektomie in Frage kommen. 


Ludwig Manasse-Berlin. 


Über drei Fälle von Prostatahypertrophie, die nach der Freyer- 
schen Methode von Prof. Hildebrandt operiert worden sind, berichtete 
Neuhaus in der „Ges. d. Chariteärzte zu Berlin“ am 12. Juni 06. (Berl. 
klin. Wochenschr. 06, Nr. 37.) 

Der eine Patient ist vor 5/, Jahren in Allgemeinnarkose, die beiden 
anderen vor zirka 14 Tagen mit Rückenmarksanästhesie operiert worden, 
was gut und ohne Schmerzäufserung ertragen wurde. Nach Eröffnung 
der Blase durch die Sectio alta wurde rechts und links vom Orifie. 
urethrae internum ein Schnitt durch die Schleimhaut gemacht, wonach 
sich die Prostata mit einem stumpfen Instrument bequem enukleieren liefs. 
Die Venenplexus lassen sich dabei, wenn man sich an das Organ selbst 
hält, gut vermeiden. Grölsere Defekte in der Urethra werden übernäht, 
nach Einlegung eines Verweilkatheters, der 8—14 Tage liegen bleibt, 
wird die Blasenwunde durch Etagennaht geschlossen. Das Heilverfahren 


74 Blase. 


dauert im ganzen etwa 5 Wochen. Hildebrandt bevorzugt die Freyer- 
-che Methode vor der perinealen, er hat bisher 5 Fälle nach derselben 
operiert, von denen keiner gestorben ist; Freyer selbst hatte unter seinen 
letzten 103 Fällen nur 6°, Mortalität. Der eine der hier vorgestellten 
Patienten, der vor DI, Jahren operiert worden ist und vorher schwere 
dysurische Erscheinungen hatte, befindet sich jetzt sehr wohl und ist 
vollkommen arbeitsfähig. Paul Cohn-Berlin. 


Discussion on enlargement of the prostate and its treatment. 
Von G. A. Bingham, C. B. Shuttleworth und J. L. Thomas. (Brit. 
med. Journ. Nov. 10. 1906 ) 

I. Nach einigen Bemerkungen betreffs der normalen und der ver- 
gleichenden Anatomie der Vorsteherdrüse schildert Bingham die ver- 
sehiedenen Formen der Pıostatahypertrophie. In prognostischer Hinsicht, 
speziell was eine operative Behandlung betrifft, unterscheidet er drei Formen: 
1. Rein lokale Symptome, ohne Cystitis und Pyelitis. Solche Fälle erscheinen 
für die Operation geeignet. 2. Vorgeschrittene Fälle, mit starker Arterio- 
sklerose, Cystitis oder Pyelitis. Hier erscheint unter Umständen die 
Bottinische Operation angezeigt. 3. Fälle, die zwischen den Extremen 
l und 2 gelegen sind. Bei gutem Allgemeinbefinden ist hier die 
Operation empfehlenswert. Was die Wahl der Operationsmethode betrifft, 
so hält B. bei stark ausgesprochenem Mittellappen das suprapubische, 
sonst das perineale Verfahren für angezeigt. 

II. Thomas kommt bezüglich der Enukleation der Prostata zu folgen- 
den Schlüssen: 

l. Bezüglich der Mortalität ist zwischen suprapubischer und perinealer 
Route kein Unterschied. 

2. Bei beiden Operationsmethoden zeigen sich mitunter unangenehme 
Folgen (Strikturen, Fisteln, Störungen der Potenz). Die Zahl der totalen 
Heilungen ist bei der supropubischen Methode eine grölsere. 

3. Bei schwer septischen Fällen sollte die Enukleation der Prostata 
zweizeitig vorgenommen werden. 

4. Die suprapubische Route erscheint geeigneter bei Tumoren des 
Mittellappens, zur Entfernung von Steinen und zur Kontrolle von Blu- 
tungen. 

5. Die suprapubische Route ist ungeeignet für Chirurgen mit kurzen 
Fingern und weichen, dünnen Nägeln. 

6. Der Nachweis, dafs die ganze Prostata entfernt wurde, ist schwer 
zu führen. 

7. Es ist unmöglich, die Prostata in einem Rucke obne die prosta- 
tische Urethra zu entfernen. von Hofmann-Wien. 


VII. Blase. 


The Roentgen ray treatment of malignant disease of the 
bladder through a suprapubic incision. Report of a case. Von 
A. L. Gray. (Amer. journ. of Surgery. Oct. 1906.) 


Bei einem 6/jährigen Patienten, welcher seit 5 Jahren an Cystitis 


Blase. 75 


und Hämaturie litt, fand sich bei der Sectio alta ein kindsfaustgrolser, 
mit einem dicken Stiele aufsitzender Tumor am Blasenboden. Der 
Tumor wurde an der Ansatzstelle des Stieles abgetragen und die Blase 
tamponiert. Eine Woche später begann man den zurückzebliebenen 
Stumpf von der Blasenwunde aus mittelst Röntgenstrahlen zu behandeln, 
und zwar wurde jeden zweiten Tag eine Sitzung von zehn Minuten vor- 
senommen. Nach 21 Sitzungen war der Tumor mit Hinterlassung einer 
zarten linearen Narbe vollständig verschwunden. Die mikroskopische 
Untersuchung des Tumors ergab die Diagnose: Karzinom. 
von Hofmann-Wien. 


Über die Resultate der chirurgischen Behandlung der Blasen- 
tumoren. Von Dr. Treplin, Hamburg-Eppendorf. (Deutsche med. Wochen- 
schrift 1906, Nr. 19.) 

Eine Zusammenstellung von 45 von Kümmel in den letzten 20 Jahren 
"perierten Patienten mit Blasengeschwülsten ergibt folgendes. Von den 
an beninen Geschwülsten Öperierten wurden alle bis auf einen alten 
Herm, der kurz nach der Operation an Herzschwäche starb, durch Sectio 
alta mit nachfolgender Naht des umschnittenen Schleimhautteils und der 
Blasenwand geheilt; alle bis auf zwei blieben rezidivfrei. 

Von 30 Patienten, die wegen Karzinoms der Blase operiert wurden, 
sınd sechs mehrere Jahre geheilt geblieben, zweimal sogar 16, einmal 
15 Jahre, einmal 8 und 6}; Jahre. Die anderen gingen entweder kurz 
nach der Operation zu Grunde oder nach höchstens 6 Monaten. Die 
Statistik dieser zweiten Gruppe kann aber in Zukunft durch frühzeitige 
‘sstoskopische Diagnose sicher noch wesentlich gebessert werden. 

Ludwig Manasse- Berlin. 


Über die Methode der Behandlung von Blasenwunden nach 
hohem Steinschnitte. Von Baratynski-St. Petersburg. (Deutsch. 
med. Wochenschr. 1906. Nr. 39.) 

An der Hand von 35 eignen Beobachtungen und auf dem Studium 
der einschlägigen Literatur fufsend, kommt Verf. in Übereinstimmung mit 
den zur Zeit geltenden Anschauungen zu folgenden Schlüssen: 

l. Die Anlage einer totalen Blasennaht nach hohem Steinschnitt ist 
durchaus notwendig boi Kranken mit normalem Harne und unveränderter 
Blasenschleimhaut. 

2. Die Anlage einer totalen Blasennaht ist zweckentsprechend, wenn 
lie Beschaffenheit des Harnes nicht unter mittel, der Harn neutral oder 
schwach alkalisch ist, und bei unbedeutenden Cystitiden unter der Be- 
dingung, dafs letztere einer erfolgreichen Behandlung unterzogen werden. 

3. Die offene Behandlung der Wunde nach der Sectio alta ist un- 

umganglich bei ausgeprägten Cystitiden und alkalischem Harne. 
Ludwig Manasse- Berlin. 


. Cystotomy in the female. Von E. Garceau. (Amer. Journ. of 
Urology, 1906. No. 12.) 


| Operative Behandlung erscheint bei folgenden Formen von Blasen- 
'eschwerden angezeigt: 


16 Blase. 


l. Fälle, welche auf nervöser Grundlage beruhen (Hysterie, Neu- 
rosen, Hyperämie der Blase infolge von Anschoppungen im Becken). 
Die Cystotomie soll in solchen Fällen nur dann unternommen werden, 
wenn alle übrigen Mafsnahmen erfolglos geblieben sind. 

2. Tuberkulose der Blase. Die Operation bringt in der Regel be- 
deutende Erleichterung. 

3. Chronische Cystitis ohne Infektion der oberen Harnweze. Die 
Cystotomie ist dann vorzunehmen, wenn dıe Gefahr des Befallenwerdens 
der oberen Harnwege eintritt. Besonders geeignet für eine derartige 
Behandlung erscheinen Fälle von gonorrhoischer Cystitis, während man 
bei anderen, besonders den durch Cohbazillen verursachten Uystitiden, 
länger zuwarten kann. 

4. Fälle von Cystitis nicht tuberkulöser Natur mit Infektion der 
oberen Harnwege. Die ('vstotomie erscheint besonders bei Patientinnen 
angezeigt, welche sich nieht einer schweren Nierenoperation unterwerfen 
wollen. Hier bringt die CUystotomie oft grolse Erleichterung. 

G. bespricht hierauf die Technik der vaginalen Uystotomie und 
ihre Folgen. von Hofmann-Wien. 


Malakoplakie der Blase. Von Zangemeister-Königsberg i. Pr. 
Eine Patientin mit der im Titel bezeichneten Atfektion demonstrierte Z. in 
Ost- und Westpreufsischen Gesellschaft für Gynäkologie (Deutsch. med. 
Wochenschr. 1906, Nr. 42 Vereinsb.) 

Im eystoskopi-chen Bilde sah man die Blasen-chleimhaut von zahl- 
reichen gelblichweilsen plateauartig erhabenen runden oder ovalen Herden 
besetzt, von denen einzelne zu wrölseren Plaques zusammengetlossen 
waren. Die subjektiven Beschwerden waren nur gering. 

Ludwig Manasse- Berlin. 


Über einen Fall von Cystitis crouposa berichtet Wulff im Ärztl. 
Verein in Hamburg (Deutsch. med. Wochenschr. 1906, Nr. 43 Vereins.) 

Bei dem Patienten war früher bereits wegen starker Pyurie Sectio 
alta erfolglos gemacht worden. Der Verdacht, dafs es sich um eine 
tuberkulöse Nierenaffektion handelte, bestätigte sich nicht. Wegen links- 
seitiger Pyelonephritis Nephrektomie; einige Zeit darauf erneuto Dysurie 
und Hämaturie, als deren Ursache ein eroupöses Gesehwür der Blase auf- 
gedeckt wurde. Ludwig Manasse- Berlin. 


Über die extraperitoneale Blasenhernie. Von R. Lücke. (Dt. 
Zeitschr. f. Chir., Bd. LXNXNN.) 


L. berichtet ausführlich über eine extraperitoneale Schenkel-Blasen- 


hernie, die wegen ihrer Seltenheit — dies ist der 5. Fall — von be- 
sonderem Interesse ist. Müller- Dresden. 


Über Perforation bei Ausschabung der Harnblase. Von Dr. 
Arthur Straufs, Barmen. (Deutsche med. Wochenschr. 1906, Nr. 26.) 

Schneller als man es erwarten durfte, ist ein Unglücksfall bei der 
Ausschabung einer Blase mit dem Katheterlöffel erfolgt. In Nr. 15 der 


Blase 17 
Deutsch. med. Wochenschr. 1906 berichtet Stern über einen Todesfall 
bei einer Frau infolge Perforation der Blase (17. Referat in diesem 
Zentralbl.). In dem vorliegenden Aufsatz verteidigt Straufs noch ein- 
mal das von ihm angegebene Instrument, das nur für die männliche Blase 
bestimmt war. Stern hat es aber bei der weiblichen Blase benutzt, 
hat die unumgänglich notwendige tiefe Narkose anscheinend nicht ein- 
geleitet und hat das Instrument bei einem Falle von Blasenpapillom an- 
gewandt, wāhrend es nur für chronische Cystitiden sui generis bestimmt 
ist. Wenn man die Einwände von Straufs auch gelten lassen will, die 
Bedenken, die ich seinerzeit bei meinem ersten Referat über diesen 
Gegenstand geäufsert habe, bleiben bestehen, das Arbeiten im Dunkeln 
mit einem scharfe Wunden setzenden Instrument in einem Hohlorgan, 
dessen Wände durch den Krankheitsprozels häufig sehr verändert sind. 
Ludwig Manasse-Berlin. 


Einen Fremdkörper der Harnblase demonstrierte Unterberger 
in Verein für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg i. Pr. in der 
Sitzung vom 19. März 1906, (Deutsche med. Wochenschr. 1906, Nr. 30.) 

Bei einer 37jährigen Nullipara war 6 Wochen zuvor wegen Harn- 
verhaltung vom Arzt Katheterismus angeordnet worden. Eine alte Frau, 
die den Katheterismus ausführte, bediente sich hierzu einer Hornnadel, 
die ihr plötzlich entglitt und in der Blase verschwand. Nach Er- 
weiterung der Harnröhre wurde die 7 cm lange Nadel, deren eine Seite 
fast l] cm dick abgerundet, mit einer Kornzange entfernt. Die Extrak- 
tion machte einige Schwierigkeiten, da die Spitze der Nadel sich ein- 
gebohrt hatte und die Nadel bei den Versuchen, sie gerade zu richten, 
die Neigung hatte, die ursprüngliche Lage wieder einzunehmen. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


Beitrag zur Frage der raschen Steinbildung in der Harn- 
blase. Von Prof. J. Siematzki. (Russki Wratsch No. 20.) 

Ein Arzt katheterisierte einen Patienten wegen Harnretention und 
benutzte einen alten brüchigen Katheter, von dem ein Stück in der 
Blase zurückblieb. Nach zwei Monaten begannen kleine Steinchen 
'Harıgries) abzugehen unter sich steigernden Schmerzen, die die Sectio 
alta erforderlich machten. Es fanden sich sieben Steine, die in ihrem 
Zentruu Katheterstückchen enthielten. Diese mächtige Steinbildung ist 
hier in der kurzen Zeit von elf Monaten vor sich gegangen. 


Hentschel, Dresden. 


Über urologische Diagnostik im Kindesalter, mit besonderer 
Berücksichtigung der oystoskopischen Untersuchungsmethoden. 
Yon E. Portner. (Arch, f. Kinderhik. Bd. 38, H. 5 u. 6.) 

Die Untersuchung von Kindern soll mit den einfachen Methoden 
beginnen; instrumentelle Eingriffo zu diagnostischen Zwecken sollen bis 
zuletzt aufgespart werden. Von Symptomen kehren in der Regel immer 
“rei (mippen wieder: Schmerzen im Unterleib, Störungen der Harnent- 

Ieerung und Beimengung von Blut und Eiter zum Urin. Am wichtigsten 


78 Nieren und Harnleiter. 


sind Urinuntersuchung und Palpation der Nieren, Blase und Ureteren, 
ferner kommen in Betracht die Rektaluntersuchung, die Steinsonde und 
die Röntgenaufnahme. Für die Cystoskopie und den Ureterenkatheterismus 
gelten bei Kindern dieselben Indikationen wie bei Erwachsenen. Nur 
ist bei Knaben eine Cystoskopie erst vom achten ‚Jahre, ein Ureteren- 
katheterismus nur ausnahmsweise und erst etwa vom fünfzehnten Jahre 
an möglich. Das Fehlen von Verzerrungen durch Erkrankungen der 
Prostata oder des Uterus und seiner Adnexe ist ein Vorzug der kind- 
lichen Blase, die Ureteren sind daher meist leicht zu finden. Hieran 
schliefst Verf. noch Ausführungen über den Ureterenkatheterismus und 
die funktionelle Nierendiagnostik. Hentschel- Dresden. 


Zur Symptomatologie und Therapie der Enuresis nocturna. 
Von B. Goldberg. (Deutsche Medizinalztg. 1905, Nr. 49.) 

Verf. verfügt über 23 Fälle von Enuresis nocturna. Das Leiden 
bestand bei fast allen seit frühester Kindheit. Im Gegensatz zu Rey, 
der die Enuresis nicht für eine Neuropathie, sondern für eine lokale 
Organerkrankung hält, ist G. der Ansicht, dafs sie durch einen zu ge- 
ringen Tonus des Sphincter vesicae internus entsteht. Im allgemeinen 
hört das Übel in den zwanziger Jahren auf. Von 14 unter den 23 Fällen 
ist der Erfolg bekannt. Von diesen wurden 12 geheilt, 2 nicht geheilt. 
3 Pat. wurden ohne besondere Behandlung gesund, 4 Pat. wurden durch 
Höherstellung des Bettfufsendes unter gleichzeitiger Verabreichung von Extr. 
Rhus aromat. zweimal täglich 10—15 Tropfen geheilt. Die Beckenhoch- 
lagerung vermindert den Druck des Harns auf den Schlielsmuskel. In einem 
Falle genügte Abendbröt ohne Getränke. Durch Faradisation wurden drei 
und durch die von Cathelin eingeführte Behandlung mit epiduralen 
Injektionen ein Fall geheilt. Letztere Methode wird von allen Autoren 
gelobt wegen ihrer Gefahrlosigkeit und guten Wirkung. Auf Grund 
seiner Erfahrungen empfiehlt Verf. mit den mechanisch- medikamentösen 
Malsnabmen zu beginnen, bei Kranken über 16 Jahre aber sofort die 
Sakralinjektionen anzuwenden. Hentschel- Dresden. 


VIII. Nieren und Harnleiter. 


Die Tätigkeit der Niere. Von Prof. Magnus. (Münch. med. 
Wochenschr. 1906, Nr. 28 u. 29.) 

Verf. gibt, hauptsächlich auf Grund neuerer Arbeiten, ein ausführliches, 
kritisches Referat über den Stand verschiedener Fragen der Nierenphysio- 
logie. Es werden vor allem behandelt: die Bestimmung der von der 
Niere geleisteten Gesamtarbeit, die Beziehungen zwischen Harnabsonde- 
rung und Zirkulation, einzelno Formen der Diurese (Salz-, Koffeindiurese) 
und endlich eingehend der alte Streit zwischen Sekretions- und Filtra- 
tionstheorie, wobei Verf. zu dem Schlusse kommt, dafs sich der ganze 
Komplex der Erscheinungen, wie sie sich den Forschungen heute dar- 
stellen, nur auf Grund der Sekretionstheorie verstehen lasse. Zum 
Schlufs werden noch kurz die Absonderungsverhältnisse bei einigen patho- 
logischen Zuständen (Diabetes insipidus, Nephritis) besprochen. 

Brauser-München. 


Nieren und Harnleiter. 79 


Über eine Niere mit inkompletter Verdoppelung des Ureters 
und Nierenbeckens berichtet Wulff im ärztl. Verein in Hamburg (Deutsch. 
med. Wochenschr. 1906, Nr. 43, Vereinsb.) 


Wegen linksseitiger Steinniere wurde der Ureterenkatheterismus zu 
diagnostischen Zwecken in den linken Ureter eingeschoben, dabei ent- 
leerte sich zunächst dicker Eiter, beim weiteren Vorschieben aber klarer 
Urn. Bei der Operation zeigte sich, dals der Ureter gabelig geteilt war, 
der eine Ast zu einem völlig intakten Nierenteil, der andere zu einem 
vereiterten Nierenabschnitt führte. ` Ludwig Manasse-Berlin. 


Über die Behandlung der Nierentuberkulose. Von Dr. O. 
Zuckerkandl. (Deutsche med. Wochenschr. 1906, Nr. 28.) 


In einem klinischen Vortrage setzt O. Zuckerkandl seine Anschau- 

ungen über das Wesen der Nierentuberkulose auseinander und bespricht 
eingehend die einzuschlagende Behandlung. Wenn die Ansichten sich 
im wesentlichen auch mit denen der meisten Nierenchirurgen decken, so 
enthalten sie doch manches Bemerkenswerte und bedürfen um so mehr 
der Beachtung, als sie einem reichen kritisch verwerteten Beobachtungs- 
material entstammen. Als feststehend sieht Zuckerkandl es an, dafs die 
Nierentuberkulose im Beginn meist einseitig auftritt und lange Zeit auf 
die eine Seite beschränkt bleibt, ferner dafs die Infektion meist jugendliche, 
herelitär nicht belastete Personen befällt und dafs sie auf dem Wege 
der Blutbahn erfolgt. Wir wissen noch nicht, ob die Niere primär 
tuberkulös erkranken kann, oder ob von einem anderen tuberkulösen 
Herd, einer tuberkulösen Drüse etwa, die Infektion ihren Ausgang 
nimmt. Prophylaktisch können wir gegen die Nierentuberkulose nichts 
ausrichten, um so weniger, als auch der vielfach vermutete Zusammenhang 
zwischen chronischer Gonorrhoe und Tuberkulose der Harnwege nicht zu 
Recht besteht; dagegen muls der Harn eines an Tuberkulose der Niere 
Erkrankten mit derselben Sorgfalt beseitigt werden, wie das Sputum eines 
Lungenkranken. Da es wirkliche spontane Ausheilungen nicht gibt, son- 
dern höchstens Stillstände, so ist der einzig richtige Weg der einzu- 
schlagenden Behandlung die frühzeitige Exstirpation, doch braucht man 
mht so weit zu gehen, in der Ausscheidung von Tuberkelbazillen mit 
dem Harn schon die Indikation zur Operation zu sehen, sondern es mut 
bereits eine nachweisbare Eiterung der einen Niere vorhanden sein. 
Achen der genauen klinischen Beobachtung mufs das ganze Rüstzeug, 
das uns die Chemie, das Mikroskop, die Bakteriologie, der Tierversuch 
in Verbindung mit dem Ureterencystoskop liefert, herangezogen werden, 
um un über die Funktion der zweiten Niere einen sicheren oder nahezu 
"eren Aufschlufs zu geben. Z. empfiehlt, neben der Niere prinzipiell 
in jedem Falle den Ureter mit zu entfernen. Erst seitdem er dies tut, 
a er primäre Heilungen, während früher jahrelange Fistelbildungen zur 
ezel gehörten. Die Blasenstörungen klingen gewöhnlich einige Zeit 
nach der Operation ganz ab, in einzelnen Fällen ist eine örtliche Be- 
handlung noch nachträglich notwendig. Ludwig Manasse-Berlin. 


S0 Nieren und Harnleiter. 


Guajakol zurBehandlung der Nierentuberkulose. Von Schüller. 
(Mitteil. a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. Bd. 15. H. 1. u. 2.) 

Verf. hat günstige Erfolge mit der Guajakolbehandlung erzielt 
l. am Beginn der Nieren- und Blasentuberkulose, 2. zum Schutze der 
zweiten Niere nach Exstirpation des tuberkulösen Schwesterorgans, 3. zur 
Beschleunigung der Heilung von Nieren, bei denen tuberkulöse Herde 
entfernt worden waren. 

Man verabfolgt (uajakol. puriss. (Pictet! 12—20 (!) Tropfen in 
130,0— 200,0 abgekochten Wassers in Einzelportionen für den Tag ver- 
teilt und lälst das Medikament monatelang fortygebrauchen. 

F. Fuchs-Breslau. 


Exstirpation einer bösartigen Nierengeschwulst (Embryonales 
Adenosarkom). Von Dr. F. Cuno und Dr. Trappe. (Deutsch. med. 
Wochenschr. 1906, Nr. 3.) 


In Dr. Christs Kinderhospital in Frankfurt a. M. wurde Anfangs 
März 1905 ein 3jähriger Junge mit einem, die ganze linke Bauchhälfte 
ausfüllenden Tumor aufgenommen. Es wurde ein Nierentumor angenom- 
men, obwohl charakteristische Anzeichen dafür fehlten, im Urin fand sich 
während der länger dauernden Beobachtung nur einmal eine schnell 
vorübergehende blutige Beimischung. Auf transperitonealem Wege wurde 
der Tumor leicht entfernt, die Rekonvaleszenz verlief glatt und ein halb 
Jahr später war ein Rezidiv noch nicht nachzuweisen. Der Tumor. der 
die Niere verdrängt hatte, ohne sie zu durchwachsen, erwies sich mikro- 
skopisch als ein embryonales Adenosarkoım im Sinne Birch-Hirschfelds, 
er setzte sich der Hauptsache nach aus embryonalem Bindegewebe, un- 
stetigem wuchernden Drüsengewebe, und einem undifferenzierten Keim- 
lager grofser embryonaler Zellen zusammen. Ludwig Manasse-Berlin. 


Über Nierengeschwülste. Von Krönlein. (Korrespondenzbl. f. 
Schweizer Ärzte 1905, Nr. 13.) 

Die Entwicklung einer Nierenneubildung macht sich schon früh 
bevor ein Tumor durch Palpation nachweisbar ist, durch gewisse Sym- 
ptome bemerklich. Das wichtigste Zeichen ist die Hämaturie. In 
zweiter Reihe sind zu nennen: Erbrechen, Ohnmacht, von starken, wohl 
urämischen Kopfschmerzen gefolgt, Kachexie, heftige Lendenschmerzen. 
Die Cystoskopie bringt den Nachweis, dain die Blutung nicht aus der 
Blase stammt, sondern aus den Ureterenöffnungen. Wie bei der Nieren- 
tuberkulose ist auch bei den Nierentumoren die einzige in Betracht 
kommende Operation die Nephrektomie. Nach dem Material des Verfs. 
beträgt die unmittelbare Operationsmortalität 5°”,. Was die Fern- 
resultate bei dieser Operation betriflt, so hatte Verf. bei 19 Operierten 
fünf Dauerheilungen, elf starben an Rezidiven ihres Karzinoms oder 
Hypernephroms. Hentschel- Dresden. 


Über lokale Eosinophilie der Niere. Von Prof. G. Sultan, 
Rixdorf-Berlin. (Deutsche Zeitschrift f. Chir. 1906, 82. Bd. 1.—3. Heft.) 


An der Hand eines genau beobachteten Falles, der durch Nephrek- 
tomie geheilt wurde, kommt Autor zu folgenden Schlulsfolgerungen: 


Nieren und Harnleiter. 8l 


l. Es gibt eine Form der interstitiellen Nephritis, welche auf eine 
Niere beschränkt bleibt, kolikartige Schmerzanfälle hervorruft und deren 
Intiltrationszellen fast ausschliefslich aus massenhaft angehäuften eosino- 
philen Zellen bestehen. 

2. Durch den mikroskopischen Nachweis der von der erkrankten 
Niere mit dem Harn entleerten eosinophilen Zellen und der aus solchen 
Zellen zusammengesetzten Gewebsfetzen wird man in Zukunft diese 
Form der Nephritis diagnostizieren können. 

3. Das Leiden ist durch Exstirpation der erkrankten Niere heilbar 
doch würde bei sicher gestellter Diagnose zunächst die Vornahme einer 
Nephrotomie zu empfehlen sein. i 

$4. Die sehr zahlreichen Beobachtungen von Bluteosinophilie bei 
den verschiedenartigsten Krankheiten und die bislang vorliegenden Er- 
fahrıngen über (Gewebseosinophilie lassen zurzeit die Bedingungen 
noch nicht erkennen, unter denen es im speziellen Falle zur Vermehrung 
der eosinophilen Zellen kommen muls. 

ð Wenngleich einiges dafür spricht, dafs bei lokalen Eosinophilien 
die charakteristischen Zellen an Ort und Stelle entstehen, und obgleich 
‘peziell die lokale Entwicklung der Eosinophilen aus Lymphocyten ana- 
log ihrer embryonalen Bildung nicht unwahrscheinlich ist, so reichen 
doch nach unseren bisherigen Kenntnissen die Gründe für und wider nicht 
hin, um zurzeit über diese Frage eine sichere Entscheidung fällen zu 
können. S. Jacoby - Berlin. 


Hydronephrose und Ureterenplastik. Von Poppert-Giefsen. 
(Deutsch. med. Wochenschr. 1906, Nr. 38.) 

In der medizinischen Gesellschaft in Giefsen stellte Poppert einen 
l6 jährigen Patienten vor, der seit 1!/, Jahren an Nierenkoliken der 
rechten “eite, die in dreiwöchentlichen Intervallen auftraten, litt. Beim Ure- 
terenkatheterismus zeigte sich, dafs der rechte Ureter gar nicht funktio- 
nierte, aus dem linken normaler Urin sich entleerte. Bei der Freilegung 
der rechten Niere, die ebenso wie das Nierenbecken vergröfsert waren, 
and man dicht am Abgang des Ureters vom Nierenbecken eine 1cm 
lange Striktur. Die Striktur wurde der Länge nach gespalten und der 
Quere nach wieder genäht. Nach einer schnell vorübergehenden Anurie 
trat Heilung ein und eine Kontrolluntersuchung nach einiger Zeit ergab, 
dafs jetzt auch die rechte Niere normal funktionierte. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


= Un cas d’uronsphrose dite intermittante. Von Grégoire. 
\Anna!. des mal. des org. gen.-urin. 1906, Vol. I, No. 6.) 
Ein Fall von intermittierender Hydronephrose kam zur Operation; 
- Ze)gte sich am oberen Ureterenende kurz unter dem Nierenbecken 
Ge starke Verengerung, die Niere war stark dilatiert. Irgendwelche 
ae des Ureters mit der Umgebung oder Verdickung der 
a ebenso irgendwelcher Anhalt für eine Abknickung oder 
"Wiesen fehlte, so dafs eine kongenitale Verengerung angenommen 
Zeitschrift für Urologie. 1907, 6 


es 


82 Nieren und Harnleiter. 


werden mulste. Für das intermittierende Zustandekommen der Hydro- 
nephrose nimmt Verf. eine Torsion der vergröfserten Niere um die 
Ureterachse an. Experimentell konnte an der exstirpierten Niere nach- 
gewiesen werden, dafs bei sehr starker Füllung die Torsion ausgeglichen 
wurde und der vorher aus dem Ureter nur tropfende Urin dann im 
Strahle sich entleerte. Schlodtmann- Berlin. 


Pyonephrosis sinistra. Von Krotoszyner. (New-Yorker med. 
Monatsschr. Bd. 16, Nr. 11.) 

Ein 25 jähriger Mann hatte vor zehn Jahren Lues akquiriert. Im 
zweiten Jahre der Erkrankung stellten sich Blasenbeschwerden ein mit 
zeitweiliger Unmöglichkeit, spontan zu urinieren, weshalb der Patient 
auf den Katheter angewiesen war. Die Untersuchung ergab eine schwere 
chronische Cystitis und eine vorgeschrittene Tabes. Eine antiluetische 
Behandlung besserte die schwersten tabischen Symptome. Der Urin 
konnte fast spontan entleert werden, blieb jedoch trüb und ammoniakalisch. 
Gelegentlich einer Dysenterie verschlimmerten sich auch die Blasen- 
beschwerden wieder, aufserdem konnte jetzt durch Palpation in der 
linken Seite ein schwappender Tumor und zwar ein der linken Niere 
angehörender Abszels festgestellt werden, der sich im weiteren Ver- 
lauf durch den Ureterenkatheter verschiedene Male vollständig entleeren 
liefs. Da aber keine wesentliche Besserung der Blasenbeschwerden er- 
zielt wurde, und zudem die Kryoskopie die völlige Funktionsunfähigkeit 
der linken Niere ergab, so wurde die Nephrektomie vorgenommen. Das 
ganze Nierenparenchym war durch einen grolsen Abszels zerstört. Im 
Nierenbecken befanden sich mehrere kleine Steine. Der Patient ist 
jetzt völlig geheilt. Hentschel-Dresden. 


Treatment of colic. Von Woods. (Brit. med. journ. 1906. Juni 2.) 

Verf. hat bei Nierensteinkoliken in Chloroformnarkose dadurch Ab- 
gang von Konkrementen hervorgerufen, dals er unter sanftem Druck 
mit beiden Händen rollende Bewegungen über der erkrankten Niere 
ausfübrte. Die Schmerzen hörten bald darauf auf, und nach 24% bis 
48 Stunden gingen die Steine ab. Die rollenden Bewegungen sollen 
ein Zurückweichen des Steines verhindern, und durch die Narkose wird 
ein entgegenwirkender Ureterspasmus aufgehoben. Bei glatten und nicht 
zu grolsen Steinen wäre ein Erfolg dieser Methode wohl denkbar. 


F. Fuchs-Breslau. 


Geheilter Fall von Anurie. Von Moschkowitz. (New-Yorker 
med. Monatsschr. Bd. 16, H. 9.) 

Bei der Operation eines 48 jährigen Patienten, der wegen plötzlicher 
Harnverhaltung aufgenommen wurde, fand man beiderseits eine Ver- 
stopfung der Ureteren, in der linken Seite sals das Hindernis etwas 
tiefer als rechts. Oberhalb der Linea arcuata steckte im rechten Ureter 
ein Konkrement von der Gröfse eines Dattelkernes, das nach Inzision 
des Ureters entfernt wurde. Schon am nächsten Tage entleerte der 


Nieren und Harnleiter., S83 


Patient 130 ccm Harn auf natürlichem Wege. Vierzehn Tage später 
wurde die zweite Operation ausgeführt. Das Konkrement war kleiner 
und mufste erst heraufmassiert werden. Die zwei Nierenwunden schlossen 
sich rasch und der Patient konnte nach 2\/, Monaten geheilt entlassen 
werden. Hentschel-Dresden. 


Floating kidney; its significance and treatment, with special 
reference to a method of performing nephropexy. Von H. D. Beyea. 
(Univ. of Penna Med. Bull. Oct. 1906.) 

B. ist der Ansicht, dafs die leichtesten Formen der Wanderniere 
überhaupt keine Behandlung brauchen und dafs in dieser Hinsicht viel 
gefehlt wird. Bei mittelschweren Fällen richtet sich die Behandlung 
nach den sozialen Verhältnissen, bei schweren Formen erscheint die 
Operation angezeigt. Man darf nicht vergessen, dafs in vielen Fällen 
sich auch Lageveränderungen anderer Organe finden. B. fixiert die 
Niere bei der Nephropexie nicht durch Naht, sondern durch je einen 
um den oberen und unteren Pol der Niere durch die perirenale Fascie 
gelegten Gummischlauch. Hierauf wird die Muskel- und Hautwunde ver- 
näht, bis auf die Stellen, wo die Enden des Gummischlauches hervor- 
ragen und letztere verknüpfen. Die Gummischläuche werden nach Ablauf 
von drei Wochen entfernt. Die Operation ist sehr schonend, da weder 
das Parenchym noch die fibröse Kapsel der Niere verletzt wird. 

von Hofmann- Wien. 


Rupture of both kidneys with intraperitoneal hemorrhage; 
removal of all of left kidney and part of right kidney; recovery. 
Von A. L. Franklin. (Amer. journ. of Surgery, Oct. 1906.) 

Die 16jährige Patientin war aus dem Wagen gestürzt. Sie hatte 
unmittelbar nachher die Empfindung, dafs etwas innerlich gerissen sei, 
konnte aber etwa 5 Minuten nach Hause gehen, trotzdem sie Schmerzen 
hatte. Letztere nahmen rasch an Intensität zu, und es trat Erbrechen 
und Hämaturie ein. In der rechten Nierengegend entwickelte sich eine 
Dämpfung. Da die Patientin immer mehr kollabierte, wurda 18 Stunden 
nach der Verletzung die Laparotomie vorgenommen. Es zeigte sich die 
linke Niere in Stücke gerissen, in der rechten Niere fanden sich drei 
transversale Risse. F. entfernte die linke und einen Teil der rochten Niere, 
so dafs von letzterer nur etwa zwei Fünftel zurückblieben. Heilung. 
b Monate später war die Patientin noch gesund und entleerte normale 
Urinmengen. von Hofmann-Wien. 


Dell intervento chirurgico nelle nefrite. Von A. Rovighi. 
(Clinica medica 1905.) 

Nachdem Harrison 1896 infolge eines diagnostischen Irrtums — 
statt einer diagnostizierten Nephrolithiasis fand er eine Nephritis — die 
erste Dekapsulation bei Nephritis ausgeführt hatte mit dem unerwarteten Er- 
folge, dafs der Patient gesund wurde, gewann dieses Verfahren eine grofse Zahl 
Chirurgen als Anhänger. Zur Klarstellung der Bedenken, die besonders 

6* 


84 Nieren und Haroleiter. 


von deutschen Autoren dagegen erhoben wurden, hat Verf. an Kaninchen 
Versuche angestellt, ob Einschnitte in die Nierenkapsel oder die völlige 
Entkapselung der Niere die Möglichkeit gewähren, auf eine nephritische 
Niere in irgendeiner Weise einzuwirken. Bei den Versuchstieren war 
durch Injektion von Kanthariden oder Diphtherietoxin eine Nephritis 
erzeugt worden. Der chirurgische Eingriff führte in allen diesen Fällen 
zu einer günstigen Beeinflussung des Prozesses. R. und andere Autoren 
sehen die Ursache in der Aufhebung der abnormen Gewebsspannung, 
der verbesserten Zirkulation und der Bildung neuer Gefäfse. R. will 
daher alle Patienten, deren Nephritis der inneren Therapie gegenüber 
hartnäckig bleibt und einen tödlichen Ausgang wahrscheinlich macht, 
dem Chirurgen überweisen. Hentschel. Dresden. 


Zur Frage der chirurgischen Behandlung der chronischen 
Nephritis. Von Gelpke. (Korrespondenzbl. f. Schweizer Ärzte, Bd. 34, 
Nr. 15.) 

Gelegentlich einer Operation nach Talma bei einem Falle von 
Lebercirrhose war Verf., ganz unabhängig von Edebohls, auf den Ge- 
danken gekommen, das operative Verfahren auch bei der chronischen 
Nephritis zu versuchen. Während jedoch Edebohls die enthäutete 
Niere wieder in die Fettkapsel versenkt, will G. nach Entfernung der 
Kapsel der kranken Niere neue Gefälse im Bereiche der ganzen Ober- 
fläche zuführen. Da die Fettkapsel wegen ihres Gefäfsmangels dazu 
ungeeignet ist, soll die Niere an die Rückenmuskulatur oder an das Perito- 
neum angeheftet werden. Auf diese Weise liefse sich ein durchgehender Zirku- 
lationsweg schaffen, der die schon in normalem Zustande ungünstigen 
Verhältnisse bezüglich der Blutzufuhr bessern würde. Bei einem 60 j. 
Manne mit lange bestehenden Schmerzen in der Gegend der rechten 
Niere bewirkte die Operation sofortiges Aufhören der Schmerzen. Die 
an sechs Hunden ausgeführten Versuche des Verfs. ergaben folgendes: 

Die von der Kapsel befreite Niere wurde mit Netz überzogen und 
nach 60 Tagen exstirpiertt. Das Netz war mit der Nierenoberfläche 
überall locker verklebt und gefäfsreich. Über die Zukunft der chirur- 
gischen Behandlung der Nephritis läfst sich heute nichts Sicheres sagen. 
Aber für gewisse Fälle von Schrumpfniere und vor allem von Stauungs- 
niere mit Oligurie bei Herzfehlern liegen schon heute eine Reihe gün- 
stiger Erfolge vor. Hentschel-Dresden. 


Fall von Nephrektomie wegen septischer Nephritis. Von 
Krotoszyner. (New-Yorker med. Monatsschr. Bd. 16, Nr. 11.) 

Ein 50jähriger Mann erkrankte mit typischen Anfällen von Li- 
thiasis, wobei stecknadelkopf- bis bohnengrofse Konkremente abgingen 
Am nächsten Tage traten Symptome allgemeiner Sepsis hinzu. Cysto- 
skopisch bot sich das Bild einer chronischen Cystitis, aus dem linken 
Ureter spritzte klarer Urin, aus dem rechten, dessen Ränder verdickt 
und hochrot gefärbt waren, sickerte rötlichtrübe Flüssigkeit heraus. Die 
Kryoskopie des Urins dieser Seite ergab — 0,37. Die Nephrotomie 
lies zahlreiche grölsere und kleinere Abszesse schen, weshalb sofort die 


Nieren und Harnleiter. Hä 


Nephrektomie angeschlossen wurde. Trotz eines schweren Kollapses am 
Tage der Operation erholte sich der Patient und konnte nach vierzehn 
Tagen das Bett verlassen. In den nächsten Wochen traten mehrfach 
Schüttelfröste mit hohem Fieber auf. Die Urinmenge wurde jedoch 
normal, der Eitergehalt des Urins ging zurück und der kryoskopische 
Wert betrug zuletzt — 1,04. Hentschel-Dresden. 


Über gewöhnliche Nierenblutungen. Von Prof. Casper-Berlin. 
Vortr., geh. auf der Naturforscherversammlung in Stuttgart. (Berl. klin. 
Wochenschr. 06, Nr. 39.) 

An der Hand von vier sehr instruktiven Krankengeschichten be- 
spricht C. die Pathologie der sogen. essentiellen Nierenblutungen, die 
nach Ansicht einer Reihe von Autoren ohne nachweisbare anatomische 
Ursache eintreten können, während Rovsing, Albarran, Israel be- 
haupten, dafs ihnen immer nephritische Prozesse, wenn auch manchmal 
ganz zirkumskripter Natur zugrunde liegen. In zwei der von C. be- 
schiebenen Fälle ergab die mikroskopische Untersuchung der befallenen 
Niere chronische diffuse, parenchymatöse Nephritis, während aulser der 
Blutung keinerlei klinische Symptome, insbesondere keine Eiweils- und 
Zylinderausscheidung, keine Ödeme und keine Zirkulationsstörungen vor- 
handen waren. Die beiden anderen Fälle unterschieden sich insofern 
von den ersten, als die Blutungen heftiger waren, während die mikrosko- 
pische Untersuchung nur ganz geringe zirkumskripte Veränderungen nicht 
nephritischer Natur ergab. — Nach Ansicht hervorragender Kenner, 
wie Senator, Weigert, Ponfick, ist der nephritische Prozels immer 
doppelseitig und Verf. konnte in mehr als 100 Fällen von Nephritis, in 
denen der Harn der beiden Nieren getrennt aufgefangen wurde, beider- 
seits Eiweils feststellen; ferner gehört zum Begriff der Nephritis das 
diffuse Befallensein des Organs, abgesehen von den herdförmigen Er- 
krankungen arteriosklerotischer oder pyelogener oder metastatischer Natur: 
deshalb ist eine Reihe von Blutungsfällen, die man in der Literatur findet 
und in welcher nur minimale zirkumskripte Veränderungen in einer Niere 
gefunden wurden, nicht als Nephritis zu bezeichnen, ebensowenig als die 
beiden letzten Fälle des Verf., in denen sich, in dem einen Ödem, herd- 
weise Epithelnekrose, stellenweise Blut in den Kanälchen, um einige 
Glomeruli ganz frische Infiltrationen, in dem andern an zwei Stellen der 
Rindensubstanz geringfügige Bindegewebsentwicklung älteren Datums fand. 
Verf. hält es für ausgeschlossen, dafs die starken Blutungen auf diese 
geringfügigen Veränderungen zurückzuführen seien, von denen die frischen, 
jedenfalls durch Manipulationen bei der Operation entstanden sind, die 
älteren wohl bei jedem älteren Individuum vorkommen dürften; andern- 
falls hätte das Blut vorwiegend in der Umgebung dieser kleinen Herde 
gefunden werden müssen, was aber nicht der Fall war. Eine materielle 
Grundlage für diese Blutungen ist also nicht zu eruieren und man mut, 
sich mit der Bezeichnung „essentielle Nierenblutungen“ begnügen. Eine 
sichere Diagnose wird nicht immer möglich sein, da sich andere Ursachen 
für die Blutung, insbesondere kleine Tumoren, nicht in allen Fällen 
nachweisen lassen; deshalb rät Verf., wenn nicht die Schwere der Blutung 


86 Nieren und Harnleiter. 


eine Indicatio vitalis für die Operation darstellt, nur dann mit der Opera- 
tion zu warten, wenn das Vorliegen eines malignen Tumors mit Sicher- 
heit auszuschliefsen ist. Paul Cohn- Berlin. 


Über Blutdruck und Herzhypertrophie bei Nephritikern. 
Von Dr. Adam Loeb, Med. Klinik-Strafsburg. (Deutsches Archiv f. klin. 
Med. Bd. 85, 3./4. H.) 

Eingehende Beobachtungen haben Verf. za der Annahme geführt, 
dafs die arterielle Druckerhöhung (und damit die Herzhypertrophie) der 
Nierenkranken in Beziehung zu Veränderungen der Glomeruli steht; 
denn zweifellos steht bei den akuten Nephritiden mit arterieller Druck- 
erhöhung die Erkrankung der Glomeruli, bei den anderen die Ver- 
änderung der Epithelien an den gewundenen Kanälchen im Vordergrund. 
Bei den letzteren, den einfachen parenchymatösen chronischen Nephritiden, 
pflegt die arterielle Druckerhöhung auszubleiben oder gering zu sein. 
Die Drucksteigerung bei der Schrumpfniere mufs nicht mehr, wie früher, 
als direkte Folgeerscheinung des nephritischen Prozesses aufgefalst wer- 
den, sondern vielmehr nach Biers Ausführungen als Reaktionserscheinung 
des Organismus im Sinne einer Bekämpfung der die Krankheit verur- 
sachenden Schädlichkeit. Nach allen Theorien der Harnabsonderung 
nämlich findet ın den Glomeruli eine Filtration durch besondere Mem- 
branen statt. Wenn aber diese wie bei der Schrumpfniere in bezug auf 
ihre Fläche verkleinert sind, so kann der gesteigerte Druck die Durch- 
strömung der von dem krankhaften Prozefs verschonten Glomeruli so 
gestalten, dafs ihre erhöhte Tätigkeit das ersetzen kann, was durch die 
Verkleinerung der Fläche verloren ist. Es ist nun möglich, dafs die 
regulatorische Erhöhung des vasomotorischen Tonus von den Glomeruli 
aus entweder auf mechanischem Wege, also reflektorisch, oder auf 
chemischem ausgelöst wird. In dem letzteren Falle läge die Erklärung 
der nephritischen Blutdrucksteigerung in der Wirkung von Stoffen, welche 
durch den gesunden Glomerulus ausgeschieden werden, den erkrankten 
aber nicht in ausreichendem Mafse verlassen können. Wahrscheinlich 
gehört zu den letzteren vor allem das Wasser. Verf. hatte wenigstens 
den Eindruck, dafs reichlichere Flüssigkeitsaufnahme den Blutdruck 
steigert. Bezüglich des Kochsalzes, das ja bekanntlich von Nephritikern 
retiniert wird, ist deshalb nichts Sicheres auszusagen, weil gerade die 
Kranken. die zur Chlorretention neigen, nämlich die mit einfach chro- 
nischer Nephritis vielfach keine Drucksteigerung zeigen. 

Zuelzer-Berlin. 


Zur physikalischen Therapie der chronischen Nierenerkran- 
kungen. Von Dr. Max Herz in Meran. (Deutsch. med. Wochenschr. 1906, 
Nr. 45.) 

Die Aufgaben der Thermotherapie bei den Erkrankungen der Niere 
bestehen in folgenden: 1. Systematisch betriebene Hautpflege; 2. Einwir- 
kung von trockner warmer Luft; 3. Schwitzprozeduren; 4. Mafsnahmen zur 
Erzielung einer Wasserretention im Körper; 5. Mafsnahmen zur Anregung 
des Herzens. Allen diesen Indikationen glaubt der Verf. am besten mit 


Nieren und Harnleiter. 87 


dem Licht-Luftstrombade in entsprechender Dosierung genügen zu können. 
Einzelheiten müssen im Original nachgelesen werden. 
Ludwig Manasse-Berlin. 


Weitere Untersuchungen über den experimentellen nephri- 
tischen Hydrops. Von P. F. Richter. (Charit6-Annalen, Jahrg. 30, 
S. 123.) x 

Bei den Nephritikern mit Neigung zu Ödemen mufs nicht allein 
die Kochsalzzufuhr, sondern auch die Menge der zuzuführenden Flüssigkeit 
genau geregelt werden. Im Tierexperiment zeigte sich der Schaden, 
der durch gröflsere Wassergaben hervorgerufen wurde, bedeutender als 
der durch gesteigerte Kochsalzzufuhr hervorgerufene. 

F. Fuchs-Breslau. 


Chronie catarrhal nephritis. Von J. N. Danforth. (Amer. Journ. 
of Urology 1906. No. 13.) 

Unter chronischer katarrhalischer Nephritis versteht D. eine katar- 
rhalische Entzündung, die ihren Hauptsitz in den Tubulis hat. Die 
Niere ist in solchen Fällen vergrölsert, hyperämisch, die Epithelien im 
Zustande trüber Schwellung. Im Urin finden sich auffallend grofse 
Mengen von glasigem Schleim, meist auch Spuren von Eiweils, sowie 
zahlreiche Epithelzellen aus den Nierenkanälen und dem Nierenbecken, 
Zylindroide, Leukocyten und Kristalle von Uraten, Oxalaten oder 
Phosphaten. Die katarrhalische Nephritis hat keine charakteristischen 
subjektiven Symptome. Ihre Entstehung verdankt diese Erkrankung 
hauptsächlich toxischen oder septischen Ursachen. Die Behandlung be- 
steht hauptsächlich in diätetischen Mafsnahmen, verbunden mit Dar- 
reichung von Lithion- oder Salizylpräparaten, Stomaghicis und inneren 
Antiseptis, wie Urotropicin, Borsäure usw. von Hofmann- Wien. 


Über Nierenentzündung im Säuglingsalter als Komplikation 
von Darmerkrankungen. Von J. Pick. (Archiv f. Kinderhlk. 1905. 
Bd. 40, H. 4—6.) 

Verf. teilt seine Beobachtungen mit, die er in der Literatur und 
an einem grolsen Material an Kinderkrankheiten über die Nephritis bei 
den Darmerkrankungen der Säuglinge gemacht hat. Der Arbeit liegen 
36 Fälle zugrunde, und zwar zwei Fälle von Dyspepsie, zwei von akutem, 
vier von subakutem, vier von chronischem Darmkatarrh und 23 Fälle 
von Cholera infantum. Der Harnbefund war wechselnd. Die mannig- 
faltigsten Formen zeigte das Urinsediment bei der Cholera infantum. 
Von den 23 Patienten wurden nur zwei gesund, 14 Kinder starben, 
’ wurden vorzeitig der Beobachtung entzogen. Ätiologisch kommt für 
die Mehrzahl der Autoren für diese Nierenentzündungen nur die Darm- 
erkrankung in Betracht. Hentschel-Dresden. 


The albuminuria of pregnancy. Von J. Spurway. (Brit. Med. 
Journ., Dec. 16. 1905.) 
Bei einer 21 jährigen Primipara stellte sich im letzten Schwanger- 


88 Nieren und Harnleiter. 


schaftsmonate Albuminurie, Strabismus und bedeutende Abnahme des 
Sehvermögens ein. Da Diuretika und Diät den Zustand nicht besserten, 
nahm S. die künstliche Frühgeburt vor, worauf die krankhaften Erschei- 
nungen rasch schwanden. von Hofmann-Wien. 


Zur Differentialdiagnostik zwischen Nierenerkrankungen und 
Perityphlitis. Von Dr. Arthur Schlesinger-Berlin. (Deutsch. med. 
Wochenschr. 1906, Nr. 44.) 

Bis in dio letzte Zeit hinein hatte man angenommen, dafs in zweifel- 
haften Fällen von Nierenerkrankungen und Perityphlitis die Beimischung 
von roten Blutkörperchen oder deren (ausgelaugte) Schatten im Urin 
für eine Nierenerkrankung, insbesondere für Nierensteine sprechen. Eine 
Reihe von Beobachtungen aus dem Israelschen Krankenmaterial zeigt 
aber, dafs dem nicht immer so ist. Es sind Fälle von ausgesprochener 
Perityphlitis zu Beobachtung gekommen, bei denen Blutkörperchen im 
Urin sich fanden, ohne dafs die Nieren affıziert waren. Umgekehrt war 
in einzelnen Fällen das Bild der Perityphlitis vorgetäuscht, im Urin 
zeigten sich keine Blutkörperchen oder deren Schatten, und doch fand 
sich unerwartet eine Nieren(stein)affektion, einmal insbesondere handelte 
es sich auch um einen eingeklemmten Ureterstein. 

Als Richtschnurr für die Differentialdiagnose müssen in Zukunft 
folgende Punkte gelten: 

1. Bei chronischer Perityphlitis kann man nicht allzu selten das 
Auftreten von roten Blutkörperchen (frischen und ausgelaugten) im Urin 
beobachten. 

2. Wichtig für die Diagnose gegenüber den Erkrankungen der Nieren 
und der Ureteren, wenn auch nicht absolut mafsgebend sind Ausstrah- 
lungen der Schmerzen in Hüfte, Oberschenkel, besonders in den Hoden. 

3. Es gibt auch nephritische Zustände, bei denen Erscheinungen von 
seiten des Darmes im Vordergrunde des Krankheitsbildes stehen. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


Urämie und enterogene Autointoxikation und deren Be- 
ziehungen zu einander. Von J. Schattenstein. (Monatsberichte für 
Urologie 1905, Bd, X, H. 11.) 

Verf. bespricht die Frage der Entstehung der Urämie und der 
enterogenen Autointoxikation und kommt zu der Ansicht, dafs der Ent- 
stehungsprozels der urämischen Symptome durch alle bisherigen Unter- 
suchungen nur teilweise geklärt ist. Noch weniger ist die Frage der 
enterogenen Autointoxikationen erforscht. Von den zwei in extenso wie- 
dergegebenen Krankengeschichten betrifft die erste einen Fall von 
Nephritis mit akuter Urämie bei einem 47 jährigen Patienten. Be- 
merkenswert ist, dafs die Harnmenge vor Beginn des urämischen An- 
falles von 1400 bis 2200 ccm gestiegen war. Nach allgemeiner Ansicht 
ist die Urämie aber eine Autointoxikation infolge von ungenügender 
Harnabsonderung. Bei dem vorliegenden seltenen Befunde muls man 
daher annehmen, dafs die kranke Niere in manchen Fällen die flüssigen 
Bestandteile leicht durchläfst, die festen und toxischen aber zurückbehält. 


Nieren und Harnleiter. 89 


Von vorzüglicher therapeutischer Wirkung war ein mehrmaliger Ader- 
las. Ein anderer Fall betrifft ein 18 3ährıges Dienstmädchen, das naclı 
einer sehr reichlichen, aus Gemüse und Fleisch bestehenden Abendmahl- 
zeit morgens in bewulstlosem Zustande aufgefunden wurde. Dieser koma- 
tö Zustand dauerte vier Tage und konnte nach Ausschluls aller an- 
deren möglichen Ursachen nur auf eine enterogene Autointoxikation 
zurückgeführt werden. Daher waren hier häufige Magenausspülungen 
angezeigt zur Entfernung der Entwicklungsstelle der Toxine aus dem Ver- 
dauungstraktus. In beiden Fällen trat Heilung ein. Hentschel-Dresden. 


Gravi lesioni del pancreas in caso di nefrite acuta. Von 
2. Capazzo. (Gaz. med. Italiana 1905, No. 10.) 

Ein vierjähriges Kind erkrankt im Anschluls an eine Angina an 
akuter Nephritis. Die Heilung verzögerte sich, innerhalb von vier 
Wochen nahm das Körpergewicht um 6 kg ab und eine Bronchopneu- 
monie führte unter schweren kachektischen Erscheinungen schnell zum 
Tode. In den letzten Tagen bestanden hochgradige Azetonurie und 
Diazeturie neben Albuminurie mit Zylindern, sowie Diarrhöen mit Aus- 
scheidung vorwiegend neutraler Fette. Die Autopsie und mikroskopische 
Untersuchung ergaben: geringe Vergrölserung und fettige Degeneration 
der Leber, Pankreas klein, zeigt ausgedehnte Entzündung und leichte 
Sklerose, Niere im Mittelstadium zwischen grofser weilser und grolser 
bunter Niere. Die Ursache dieser Pankreaserkrankung bleibt unklar. 

Hentschel- Dresden. 


Ein Fall von artifizieller, akuter Nephritis nach Gebrauch 
von Perubalsam. Von Ad. Richarz, Barmen. (Münch. med. Wochen- 
schrift 1006, Nr. 19.) 

l6jähriges Mädchen, Scabieskur mit 10° ,iger Perubalsamsalbe 
(Dosis nicht sicher feststellbar, wahrscheinlich im ganzen 3 Einreibungen, 
aber an einem Tage). 2 Wochen später Tod in Urämie bei kompletter 
Anurie Sektion: akute hämorrhagische Nephritis. Daher Vorsicht 
bim Gebrauch von P.! Brauser- München. 


Ist durch Alkaligaben eine Verhütung der Salizyl-Nieren- 
reizung möglich ? Von Dr. S. Moeller. (Die Therap. d. Gegenwart 
16 April.) 

In den letzten Jahren ist von verschiedenen Seiten auf die Nieren- 
reizung bei der Salizyltherapie hingewiesen worden, naturgemäls war man 
bestrebt. diese Reizung nach Möglichkeit auszuschalten. Neuerdings hat 
Frey (Münch. med. Wochenschr. 1905) mitgeteilt, dals diese Nieren- 
reizung vermieden werden kann, wenn man den Urin gleichzeitig alka- 
lich macht. Von Moeller sardo im Altonaer Städtischen Kranken- 
haus (Prof, Umber) Nachuntersuchungen angestellt, die aber keinen 
einwandfreien Schlufs zulassen. Die Prüfung erstreckte sich auf 15 Fälle, 
einzelne Patienten hatten die Zeichen der Nierenreizung bereits vor 

“xinn irgend einer Medikation, andere bekamen sie erst während des 

Salizyl- res ‘p. Aspiringebrauches.. Durch Verabfolgung von Natron bicar- 


90 Nieren und Harnleiter. 


bonicum ın anfangs stärkeren, später geringeren Dosen wurde der Urin 
alkalisch gemacht. Gelegentlich schwand die Nierenreizung, andere Male 
blieb sie völlig aus, in anderen Fällen wiederum trat sie nach einer 
vorübergehenden Pause wieder auf. Ganz ähnliche Schwankungen zeigten 
die Nachprüfungen bei Nephritikern anderer Herkunft, denen gleichfalls 
Natr. bicarb. gegeben wurde. Ludwig Manasse-Berlin. 


Über die Bedeutung der Phloridzinmethode. Von Dr. G. Kap- 
sammer, Wien. (Archiv f. klin. Chirurgie 1906, 79. Bd. 3. Heft.) 

K. bespricht seine auf dem Chirurgenkongrels, April 1905, Berlin, 
schon diskutierte Modifikation der Phloridzinmethode, die darin besteht, 
unter Berücksichtigung der Zeit des Zuckerauftretens sichere 
Anhaltspunkte über die Qualität der Nieren zu gewinnen. Weist der 
Gesamtharn in der Zeit von 10 bis 15 Minuten nach der Injektion von 
0,01 Phloridzin Zucker auf, so bedeutet dies Funktionsfähigkeit minde- 
stens einer Niere; erscheint der Zucker erst 30 Minuten nach der 
Injektion im Gesamtharn, so bedeutet dies eine wesentliche Funk- 
tionsstörung beider Nieren, und finden wir 45 Minuten nach der 
Injektion noch keinen Zucker, so bedeutet dies eine derartig schwere 
Funktionsstörung beider Nieren, dafs eine erfolgreiche Nephrektonie 
ausgeschlossen erscheint. Innerhalb der genannten Grenzen glaubt Verf., 
indem er aller fünf Minuten die Eprouvetten wechselt, noch graduelle 
Unterschiede in der Funktionsstörung feststellen zu können, welche mit 
dem Grade der anatomischen Läsion parallel gehen sollen. 

Ausgeschlossen, nach der modifizierten Phloridzinmethode beurteilt 
zu werden, sind die Fälle von parenchymatöser Nephritis, bei denen 
normales Auftreten des Phloridzinzuckers nicht gleichbedeutend mit 
völliger Intaktheit der Niere sein soll. | 

Eine Möglichkeit, zu Trugschlüssen zu kommen, liegt darin, dafs 
eine Farbstoffprobe in unmittelbarem Anschluls an die Phloridzinmethode 
ausgeführt wird. Der Phloridzinzucker reduziert nämlich den blauen 
Farbstoff; dieser wird erst dann im Harne sichtbar, wenn er bereits 
in so grolsen Mengen zur Ausscheidung gelangt ist, dafs seine voll- 
kommene Reduktion durch den Zucker nicht mehr möglich ist, also 
wesentlich verspätet. 

Ferner muls berücksichtigt werden, dafs bei zu kurzen Intervallen 
wiederholte Phloridzinproben einander beeinflussen können und dafs auch 
manche Medikamente, wie Antipyrin, Natrium salicyl., die Phloridzin- 
zuckerbildung zu beeinträchtigen im stande sind. Sieben kurze Kranken- 
geschichten sind der Arbeit beigefügt. S. Jacoby-Berlin. 


Über Funktionsprüfungen der nach der Nephrektomie restie- 
renden Niere. Von R. Lichtenstern. (Wiener klin. Wochenschrift 
1906. Nr. 44.) 

L. hat bei einer Anzahl von nephrektomierten Patienten mit tadel- 
loser Funktion der restierenden Niere die zeitliche Zuckerausscheidung 
nach Phloridzininjektion geprüft. Es zeigte sich, dafs derartige Organe, 
welche die Funktion für den Gesamtorganismus in einwandfreier Weise 


Nieren und Harnleiter. 91 


übernommen haben, Atypien in der zeitlichen Zuckerausscheidung- zeigen 
können, wie dies L. auch beim gesunden Menschen beobachtet hat. 
L. hält daher seine in einer früheren Arbeit aufgestellte Behauptung, 
dafs das zeitliche Auftreten des Phloridzindiabetes kein sicheres Reagens 
für Nierenarbeit ist, aufrecht. von Hofmann- Wien. 


Zur Frage der Phloridzinprobe. Von G. Kapsammer. (Wiener 
klin. Wochenschr. 1906. No. 47.) 

K. sucht in dieser Mitteilung einige in einem Artikel Lichtensterns 
in der Wiener klin. Wochenschr. Nr. 14 veröffentlichte Ausführungen 
zu widerlegen und hält seine Behauptungen bezüglich der klinischen 
Verwendbarkeit der Phloridzinmethode aufrecht. 

von Hofmann- Wien. 


Sulla genesi dei cilindri urinarii. Von Amato. (Rivista critica di 
clin. med. 1906.) 

Verf. hat bei Kaninchen artifizielle Nephritis erzeugt, um die Ent- 
stehung der Harnzylinder zu beobachten. Die homogenen Zylinder sind 
durch Umwandlung aus den faserigen Fibrinzylindern entstanden, die 
wiederum ihre Entstehung dem Sekret der Epithelzellen der Harn- 
kanälchen verdanken. Dieses Sekret zeigt sich zuerst in Form kleiner 
Tropfen innerhalb der Zellen der Tubuli contorti und der absteigenden 
Zweige der Henleschen Schleifen; in den Tubuli recti hat es sich be- 
reits zu homogenen Zylindern umgewandelt. Die granulierten Zylinder 
stellen eine frühere Entwicklungsstufe der hyalinen Zylinder dar. 

F. Fuchs- Breslau. 


The treatment of eclampsia. Von D.J. Evans. (Brit. med. Journ, 
3. Nov. 1906.) 

E. unterscheidet einen hepatischen und einen renalen Typus der 
Eklampsie. In schweren Fällen der ersten Form ist Unterbrechung der 
Schwangerschaft angezeigt. Sonst empfiehlt E. Bettruhe, Kalomel und 
salinische Abführmittel, Milchdiät, reichliche Zufuhr alkalischer Säuerlinge, 
eventuell heifse Packungen. Bei der renalen Form haben auch in 
schwereren Fällen Abführmittel, Milchdiät und heilse Packungen Aussicht 
auf Erfolg. In allen Fällen erscheinen Sedative, wie Chloralhydrat und 
Brompräparate, angezeigt. von Hofmann-Wien. 


Ureteral lavage. VonW.Ayres. (Amer. Journ. of Urology 1906. No.12.) 

Waschungen des Ureters sind angezeigt bei Ureteritis infolge von 
Strikturen, bei idiopathischer Ureteritis und bei Ureteritis mit Pyelitis. 
Man soll erst dann die Ureterspülungen beginnen, wenn eine interne Be- 
handlung keinen Erfolg gezeigt hat. Akute Entzündungen des Ureters 
bilden eine Kontraindikation gegen die Einführung des Ureterenkatheters. 
Als Spülflüssigkeit dienen Silbersalze. von Hofmann-Wien. 


The symptomatology of ureteral diseases. Von D. H. Stewart. 
(Amer. Journ. of Urology 1906. No. 12.) 


St. hebt hervor, dafs die Harnleiter gegen selbständige Er- 


99 Nieren und Harnleiter. 


krankungen nahezu immun sind und dafs daher Ureteritis stets eine 
‘ Komplikation irgend einer anderen Störung ist. Ein Hauptsymptom der 
Ureteritis bilden ausstrahlende Schmerzen. Häufig findet sich Druck- 
empfindlichkeit entlang des Ureters. Schwer kann die Entscheidung 
werden, ob es sich um Appendicitis oder rechtsseitige Ureteritis handelt. 
von Hofmann- Wien. 


Surgery of the ureter. Von E. Fuller. (Amer. Journ. of Urology 
1906. No. 12.) 

Die Chirurgie der Ureteren ist erst seit Einführung der Cysto- 
skopie und des Ureterenkatheterismus, sowie der Skiaskopie zu gröfserer 
Bedeutung gelangt. F. schildert nun in kurzen Zügen die Erkrankungen 
der Ureteren und deren Behandlung. Er betont unter anderem die 
Toleranz, welche die Harnleiter gegenüber dem Katheterismus zeigen. 

von Hofmann-Wien. 


Primary carcinoma of the ureters. Von K. Vorpahl. (Amer. 
Journ. of Urology 1906. No. 13.) 

Bei der 60jährigen Patientin, welche schon seit längerer Zeit an 
Schmerzen im Unterleib gelitten hatte, war vor einem Monat vor der 
Aufnahme ein Tumor in der rechten Seite aufgetreten. Auch war da- 
mals vom behandelnden Arzte rechtsseitige Nephroptose konstatiert 
worden. Bei der Aufnahme fand man einen kindskopfgrofsen Tumor 
von unregelmäfsiger Oberfläche in der rechten Seite des Abdomen«. 
Der Urin enthielt Eiweils, Zylinder, rote und weifse Blutkörperchen. 
Bei der Cystoskopie zeigte sich das linke Ureterostium normal, das 
rechte war nicht sichtbar. An seiner Stelle fand sich eine kirsch- 
grofse Geschwulst, offenbar die ödematöse und prolabierte Ureterschleim- 
haut. 6 Tage nach der Aufnahme wurde die Operation vorgenommen. 
Es fand sich ein hydronephrotischer Sack, welcher 1!/, Liter einer 
schwarzbraunen Flüssigkeit enthielt. Der rechte Ureter war stark er- 
weitert und zeigte an seinem unteren Ende eine harte neoplastische 
Verdickung. Nephrektomie und Ureterektomie. Tod nach 8 Stunden. 
Bei der Sektion fand man Metastasen in der Leber und der rechten 
Lunge, Infiltration der Retroperitonealdrüssen. von Hofmann-Wien. 


Radiographie und Katheterismus der Ureteren als diagnosti- 
sches Hilfsmittel bei verschiedenen Erkrankungen der Nieren 
und der Harnwege. Von A. Damski. (Wratschebn. Gaz. 1905, Nr. 27.) 

Verf. bespricht den gegenwärtigen Stand dieser Methoden und führt 
dann zwei Fälle aus eigener Praxis an. Ein 24 jähriger Patient hatte 
im linken Abdomen eine harte, glatte, sehr bewegliche Geschwulst, die 
einen Ren mobilis vermuten liefs. Zur Sicherstellung der Diagnose 
katheterisierte Verf. den linken Ureter und radiographierte dann unter 
Fixierung der (eschwulst im linken Hypochondrium diese Seite. Das 
Bild zeigte, dafs der Katheter bis an die zwölfte Rippe, die normale 
Stelle der Niere, gelangt war, dafs somit die Geschwulst mit der Niere 
nichts zu tun hatte. Wie die Operation ergab, handelte es sich um 


Technisches. 93 


eine, auf sehr langem Stiele sitzende Ovarialcyste. Eine andere Patientin 
hatte nach Entfernung eines grolsen Uterusfipromyoms eine uretero-vaginale 
Fistel zurückbehalten, doch war es nicht möglich festzustellen, welcher 
Ureter verletzt war. Nur durch gleichzeitige Sondierung der Ureteren 
und der Vaginalfistel mit folgender Radiographie wurde es klar, dafs 
der rechte Ureter quer durchschnitten war. Hentschel-Dresden. 


Renal neoplasms originating from aberrant suprarenal tissue 
germs. Von F. Peuckert. (Amer. Journ. of Urology, Nov. u. Dec. 1905.) 

P. bespricht die Pathologie und Therapie der aus abgeirrten Neben- 
nierenkeimen entstandenen Nierentumoren und berichtet über drei selbst- 
beobachtete Fälle. Bei allen wurde die Nephrektomie mit gutem Er- 
Wës vorgenommen. Zwei dieser Patienten befanden sich zwei Jahre 
nach der Operation vollständig wohl, bei der dritten trat sechs Monate 
nich der Operation Rezidiv und Metastasenbildung ein, welche zum Tode 
führte, von Hofmann-Wien. 


Operativ geheiltes Nebennierencystom. Von Hofrat Schilling- 
Nürnberg, (Münch. med. Woch. 1906, Nr. 6.) 

Bei einem 22 jährigen, gut genährten Mann findet sich eine manns- 
kopfgrofse, respiratorisch nicht verschiebliche Geschwulst im rechten 
Hrpochondrium, wahrscheinlich in den letzten 11/, Jahren entstanden. 
Kein Fieber, der Harn frei von pathologischen Bestandteilen. Fünf 
Wochen nach der ersten Beobachtung Rötung der Haut und Fluktuation; 
Inzision, Entleerung von dünnem Eiter und Gewebsfetzen. Aus letzteren 
wird im pathologischen Institut Erlangen die Diagnose Endotheliom 
resp. Peritheliom der Nebenniere gestellt (an anderer Stelle spricht Verf. 
übrigens von „Nebennierentumor* oder Endotheliom). Nach Entfernung 
grülserer Mengen dieser weichen Gewebsfetzen wird die Höhle tampo- 
tiert, verkleinert sich allmählich, und vier Monate nach der Inzision ist 
alles verheilt, der Tumor verschwunden. Ein Jahr nach der ersten Be- 
vbachtung ist Pat. völlig krankheitsfrei. — Verf. bespricht hierauf die 
Lehre von den Erkrankungen der Nebenniere und bringt die Ansichten 
verschiedener Autoren auf diesem Gebiet; er glaubt, dafs es sich bei 
siner Beobachtung um ein einkammeriges Cystom der Nebenniere han- 
delte und bezeichnet sie als den einzigen bisher bekannt gewordenen 
und zugleich operativ geheilten Fall. 

Dem Ref. erscheint nach allem die klinische Stellung des Falles 
Dicht genügend gesichert. Brauser-München. 


IX. Technisches. 


Die Orthooystoskopie. Von Dr. J. Weinberg, Dortmund. (Münch. 
med. Wochenschr. 1906, Nr. 31.) 
Bei dem von W. konstruierten „Orthocystoskop“ wird durch einen 
= okularen Ende angebrachten Planspiegel das umgekehrte cystoskopische 
sild nochmals umgekehrt, so dafs es jetzt dem Auge des Beschauers 


94 Technisches. 


wieder aufrecht erscheint. Der Schautrichter steht senkrecht zur Achse 
des Instruments, das Hineinsehen geschieht daher nicht in der Richtung 
letztgenannter Achse, sondern der Blick des Untersuchers ist von oben 
nach unten gerichtet. Das Gebiet der Orthocystoskopie ist deshalb auf 
den Blasenboden und die seitlichen Bezirke beschränkt, was jedoch ihren 
Wert nur wenig beeinträchtigt, da sie hauptsächlich den Ureterenkathe- 
terismus wesentlich erleichtern soll. Auch für endovesikale Operationen 
ist das neue Instrument nach den Angaben des Verf. sehr brauchbar, 
da es die einzelnen Partien des Blaseninnern in ihrer wirklichen gegen- 
seitigen Lage wiedergibt. 

Die Vorrichtung wird von der Firma Reiniger, Gebbert & Schall 
angefertigt und auch auf gewöhnliche Cystoskope aufmontiert. 

Brauser- München. 


Cystoscop nach Maisonneuveschem Prinzip. Von Dr. Otto 
Ringleb, Berlin. (Deutsche med. Wochenschr. 1906, Nr. 8.) 

Für Fälle, wo bei Einführungen von Sonden und Kathetern in die 
Blase leicht Blutung eintritt (Strikturen, Prostatahypertrophie usw.), 
hat Ringleb für die Kystoskopie ein Instrument konstruiert, bei dem 
das Maisonneuvesche Prinzip der Strikturbehandlung Verwendung gefunden 
hat. Er benutzt einen cystoskopischen Katheter, der mit einem soliden 
Mandrin armiert ist. Am Blasenteil des Schnabels befindet sich ein 
Schraubgewinde zur Aufnahme einer Striktursonde. Sobald unter Füh- 
rung der Sonde das Instrument ın die Blase gelangt ist, wird der Man- 
drin herausgezogen, und durch den zurückgebliebenen Katheter ein ihn 
verschliefsendes Cystoskop mit beweglicher Lampe (ähnlich der Koll- 
mannschen) eingeschoben. Ein automatisch wirkendes Klappenventil 
verhindert während des Mandrinwechsels das Ausfliefsen des Blasen- 
inhaltes. — Posner hat in etwas anderer Weise den gleichen Zweck 
erreicht, indem er Cystoskoplampen mit anschraubbarer filiformer Sonde 
konstruieren liefs. Die aufgerollte Sonde soll die Beobachtung des 
Blaseninnern nicht stören. Die Einwände, die Ringleb gegen dieses 
Instrument in Nr. 8 der Deutsch. med. Wochenschr. erhebt, erscheinen 
mir nicht stichhaltig. Ludwig Manasse-Berlin. 


Der extravesikale Urinseparator nach Heusner. Von F. Tromp, 
Barmen. (Münch. med. Wochenschr. 1906, Nr. 36.) 

Der Apparat verschliefst die Ureteren durch Druck von aulsen 
mittels zweier Pelotten, die entsprechend der Kreuzungsstelle zwischen 
Ureteren und Psoas auf die Bauchwand aufgesetzt werden. Die Blase 
wird gespült, der Katheter liegen gelassen, dann zunächst beide Hamn- 
leiter zugedrückt. Nach einiger Zeit wird die eine Pelotte gelüftet, 
worauf der mittlerweile angesammelte Urin der entsprechenden Niere in 
die Blase und durch den Katheter abfliefst. Nach nochmaligem beider- 
seitigen Verschluls wird auf analoge Weise der Harn der anderen Seite 
gewonnen. Die Methode ist auch bei dicken Bauchdecken ausführbar, 
zuverlässig und nicht sehr schmerzhaft. Kryoskopie, Phloridzinprobe usw. 
finden sinngemälse Anwendung. 


Kritik. 95 


Die Vorzüge des Verfahrens bestehen in seiner Einfachheit, der 
Verwendbarkeit bei Kindern und Strikturkranken, im Fehlen der Infek- 
tionsgefahr; ein Nachteil in der Möglichkeit der Beimischung von Blasen- 
produkten. Vier mitgeteilte Fälle illustrieren die Brauchbarkeit der 
Methode, von der Verf. hofft, dafs sie sich neben dem Ureterenkathe- 
terismus einen Platz sichern wird. Brauser-München. 


Das Chromosaccharimeter, ein neuer Apparat zur quantita- 
tiren Zuokerbestimmung. Von Bendix u. Schittenhelm. (Münch. 
med. Wochenschr, 1906, Nr. 27.) 

Das Prinzip des Apparates beruht auf der kolorimetrischen Ver- 
wertung der Moorschen Zuckerprobe. Das Vergleichsröhrchen zeigt 
die Braunfärbung bei 1°/, Zucker; durch Verdünnen in graduiertem 
Glas werden die höheren Grade bestimmt. Die Fehlergrenzen über- 
steigen nie 0,3 ° „; Entfernung des Eiweilses und der Harnfarbstoffe ist 
unnötig, Brauser-München. 


X. Kritik. 


Die Therapie der Haut- und Geschlechtskrankheiten für prak- 
tische Ärzte. Von Dr. K. Ledermann. Dritte’ durchgesehene und er- 
weiterte Auflage. Verlag von Oscar Coblentz. 1907. 

Das bekannte Vademekum Ledermanns liegt uns in dritter Auflage 
vor. Wie bei den vorhergehenden Auflagen, ist die Übersichtlichkeit 
m der Anordnung des Stoffes, die prägnante und klare Ausdrucksweise 
des Verfassers zu loben. Es ist ein Buch, wie wenige geeignet, den 
Praktiker in ein dankbares Gebiet der Medizin einzuführen. Die Dar- 
stellung erhebt sich über das Niveau der Bücher, die von rein spezia- 
hstischen Standpunkte aus geschrieben sind. 

Sehr treffend sagt der Autor: „Das nicht seltene Zusammentreffen 

von Erkrankungen der Haut mit denen innerer Organe und des Nerven- 
"eme verlangt in jedem Falle von dem Therapeuten die sorgfältigste 
Beachtung und Beurteilung des Gesamtorganismus.“ 
Der allgemeine Teil behandelt die Hygiene der Haut, die mecha- 
nı-chen Behandlungsmethoden (Massage, Thermokauter, Heifsluftbehand- 
lung, Lichtbehandlung, Stauungshyperämie usw.), die interne und externe 
Behandlung. Die Darstellung von Puder, Pasten, Salben, Leimen, Seifen 
it kurz und verständlich. 

Der spezielle Teil bespricht zunächst die Arzneimittel, wobei die 
modernen bewährten Stoffe genügend berücksichtigt sind, er gibt kurze 
Vorschriften für die Behandlung der wichtigsten Hautkrankheiten, um 
mit der Therapie des Ulcus molle, der Syphilis und der Gonorrhoe zu 
enden. Dem letzteren Kapitel dürfte eine Befolgung der von den Uro- 
logen gelchrten Grundsätze sehr zugute kommen; hier ist Ledermann 
zu dermatologisch geblieben, es fehlt die nötige scharfe Kritik, so z. B. 


bei Besprechung der Abortirvmethoden, der balsamischen Mittel und der 
inneren Antiseptica, — 


96 Kritik. 


Dafs bei den Bildern im Text, z. B. bei den Suspensorien, die sie 
verkaufende Firma beigedruckt ist, erscheint überflüssig. Abgesehen 
aber von diesen kleinen Ausstellungen ist L.s Buch praktisch und durch- 
aus empfehlenswert. Casper. 


Endoscopie de lurèthre et de la vessie. Par Le Dr. Georges 
Luys. Préface par le Dr. Henri Hartmann. Paris, Masson et Cie., 1905. 

Die endoskopischen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden haben 
sich bei der älteren urologischen Schule in Frankreich, wo doch die 
Urologie als Spezialwissenschaft sich von jeher einer besonderen Pflege 
erfreute, lange Zeit nicht die ihr unbestritten zukommende Bedeutung 
erringen können. Die jüngere Schule nimmt in dieser Hinsicht eine 
andere Stellung ein. Beweis dessen das vorliegende Buch, dessen Yer- 
fasser, wenn er sich auch in den Grundzügen an die vorhandenen Werke 
anlehnt, docb in wesentlichen Punkten eigene Wege geht; ob bessere, 
das zu entscheiden, wird einer sehr eingehenden Nachprüfung bedürfen. 

L. benutzt zur Urethroskopie das Valentinesche Urethroskop, das 
er in mehrfacher Hinsicht modifiziert hat: eine bewegliche Lupe, deren 
Brennpunkt genau der Länge des angewendeten Tubus entspricht, ver- 
gröfsert die zu besichtigenden Einzelheiten in der Urethra; ferner ist 
der Zwischenraum zwischen Lampe und Mletallfassung mit einer iso- 
lierenden Masse ausgefüllt, so dafs keine Flüssigkeit eindringen kann; 
die Lampen sind von verschiedener Länge, die der Länge des Tubus 
entsprechen. Die Cystoskopie führt L. nur mittelst des urethroskopischen 
Tubus’ aus, nachdem die Blase mit Luft gefüllt ist, und zwar sowohl 
beim Weibe, wie beim Manne; der beständig sezernierte und abflielsende 
Urin wird mittelst einer einfachen Saugvorrichtung abgesogen. Lokale 
endovesikale Manipulationen nimmt Verf. ebenfalls im urethroskopischen 
Tubus vor, ebenso den Ureterenkatheterismus, den er übrigens nur be- 
hufs Feststellung etwaiger abnormer Zustände der Ureteren gelten lälst, 
während er sich für die Nierendiagnostik einzig des von ihm ange- 
gebenen Separators bedient. Eine Anzahl farbiger Bilder der Urethra 
sind, wenn auch teilweise etwas schematisch, doch recht instruktiv, ebenso 
mikroskopische Abbildungen, die er von Motz übernommen hat. — 
Für uns, die wir für die Urethroskopie das klassische Werk von Ober- 
länder-Kollmann, für die Cystoskopie das Nitzesche und Casper- 
sche Lehrbuch haben, dürfte das vorliegende Buch wohl nur soweit in 
Frage kommen, als es sich um die Nachprüfung der Abweichungen 
handeit, in Frankreich wird es sich sicherlich zahlreiche Freunde er 


werben. Paul Cohn-Berlin. 


Druck von C. Grumbach in Leipzig. 


dus der chirurgischen Privatklinik des verstorbenen Prof. Emil 
Burckhardt ın Basel. 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen 
der Harnorgane. 


(Bericht über 211 bakteriologisch untersuchte Fälle.) 


Von 
Dr. F. Suter. 


Privatdozent für Urologie. 


Die im folgenden mitgeteilten Untersuchungen über die Ätiologie 
der Cystitis sind das Resultat von Untersuchungen, die in den letzten 
+ Jahren in der Privatklinik des verstorbenen Herrn Prof. Emil 
Burckhardt in Basel von mir gesammelt wurden. Sie wurden 
veranlalst einesteils durch das praktische Bedürfnis einer möglichst 
renauen Untersuchung der zur Behandlung kommenden Kranken, 
andernteils durch die Absicht, das reiche Material wissenschaftlich zu 
verwerten, in der Hoffnung, eine Reihe von Fragen, die in bezug 
auf die Ätiologie der Cystitis immer noch offen oder umstritten 
‘ind, einer genauen Beantwortung näher zu bringen. — 

Bei jeder infektiösen Erkrankung der Harnwege soll die bak- 
\eriologische Untersuchung des Urins das erste sein, da durch die- 
selbe die Ätiologie des Leidens in einer Weise sichergestellt wird, 
wie das durch keine andere zur Verfügung stehende Untersuchungs- 
methode geschehen kann. Ich habe deshalb auch die meisten 
sich vorstellenden Fälle untersucht; ausgenommen blieben hier 
vatürlich die gonorrhoischen Affektionen der Urethra. Mein Material 
gibt aber dennoch kein ganz wahres Bild über das Verhältnis der 
versclaiedenen Arten von infektiösen Erkrankungen der Harnorgane, 
da die instrumentell infizierten Fälle den endogen infizierten gegen- 
über zu kurz gekommen sind, da die letzteren ganz besonders die 
bakteriologische Diagnose schon aus diagnostischen Gründen ver- 
langen, während die instrumentell infizierten Fälle nicht so intensiv 
zur hakteriologischen Untersuchung auffordern. 

f Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus bietet die Reihe der 
Untersuchungen ein Interesse, weil seit der Publikation Rovsings 


1 N, vu j i š | 
ticht mehr über eine gleichgrofse Zahl von Fällen berichtet worden 
Zeitschrift für Urologie. 1907. ' 


98 F. Suter. 


ist, bei denen nicht nur die bakteriologische, sondern auch die 
klinische und speziell die cystoskopische Untersuchung fast durchweg 
gemacht worden ist. Die bakteriologische Diagnose ist allerdings 
nicht in alle Details genau gemacht worden, d. h. es wurde nicht 
danach gestrebt, die Stellung der einzelnen isolierten Bakterien- 
arten im System genau festzulegen, da das zum Teil schon geschehen 
ist und für die Frage der Ätiologie der Cystitis wenig Förderung 
bringt, sondern es wurde vor allem das Verbalten der Bakterien 
dem Harnstoff gegenüber studiert, um in dem bekannten Streit 
Rovsings gegen die französische Schule Stellung zu nehmen, und 
danach gestrebt, bei länger beobachteten Fällen das Verhalten von 
verschiedenen Bakterienarten, die nebeneinander oder nacheinander 
in die Harnwege gelangten, einander gegenüber zu erfahren. Denn 
in all diesen Fragen kann das Tierexperiment nur in sehr einge- 
schränktem und unvollkommenen Malse die klinische Beobachtung 
am kranken Menschen ersetzen. 

Die Mitteilung des kasuistischen Materials mufste natürlich, 
damit der Umfang desselben nicht zu grofs würde, möglichst be- 
schränkt werden. Es war nicht daran zu denken, sollte die Arbeit 
eine gewisse Übersichtlichkeit behalten, die Krankengeschichten 
ausführlich zu geben. So interessant viele derselben sind, da es 
sich um operative Fälle handelt, so konnte doch nur das aus .den- 
selben gegeben werden, was für die Beurteilung des Falles nötig 
war, sollte er als infektiöse Erkrankung der Harnwege abgehandelt 
werden. Die Tabellen enthalten also kurz eine Anamnese jedes 
Falles, dann einen eystoskopischen Blasenbefund, die Augaben über 
Kapazität der Harnblase und über Residualharn, wenn ein solcher da 
war, über Veränderungen der Harnröhre oder der Prostata, soweit 
sie in Betracht kamen. Weiterhin wurde der makroskopische und 
mikroskopische Urinbefund gegeben, die Reaktion des Urins, sein 
Eiweifsgehalt. Es folgt dann: in einer besonderen Rubrik der 
Befund des mit dem frischen Urin dargestellten Bakterienpräparates 
und endlich der kulturelle Befund. Ich bin mit Rovsing darin 
einig, dafs zur Beurteilung des Bakterienbefundes im Urin das ge- 
färbte Präparat des frischen Urins ungemein wichtig ist. Es gibt 
über eine ganze Reihe von Fragen sofort Aufschluls, da aus dem- 
selben zu erschen ist, ob überhaupt Bakterien vorhanden sind oder 
nicht, welcher Art diese Bakterien sind, ob sie reichlich oder 
spärlich da sind, und ob eine oder mehrere Arten in Frage 
kommen. Ich habe deshalb auch in allen Fällen die Präparate des 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 99 


frischen Harns nach gewöhnlicher Methode und nach Gram gefärbt 
untersucht. | 

Die Untersuchung gestaltete sich im einzelnen Falle folgender- 
malsen: Der Kranke, der untersucht werden sollte, wurde aufge- 
fordert, zu urinieren; es wurden so etwa 50 cm? Urin entleert, dann 
wurde der Meatus urethrae mit Sublimat desinfiziert, und ein im 
Dampf sterilisierter, mit sterilem Olivenöl befetteter Katheter ein- 
geführt. Von dem aus dem Katheter ausfliefsenden Urin wurde 
erst die letzte Portion in sterilem Glase aufgefangen und zur Unter- 
suchung benutzt. Es wurde sofort die Reaktion des Urins bestimmt, 
die Deckglaspräparate angefertigt und die Abimpfung auf Agar, 
Pouillon, Gelatine und sterilen sauren Urin vorgenommen. 

Die Entnahme des Urins scheint nicht ganz einwandfrei, wenn 
man der bekannten Bakterienflora der Harnröhre gedenkt. Auch 
durch den Urinstrahl wird die Urethra nicht keimfrei; ich habe 
selbst darüber Versuche angestellt und gefunden, dafs der Urin. aus 
gesunder Blase, wenn er in verschiedenen Proben gesammelt wird, 
auch in den letzten Proben noch Bakterien enthält. Es wird nun 
allerdings in den Fällen infizierter Blase die Harnröhre beständig 
mit den Bakterien des Urins überschwemmt, aber ob diese die 
andern Bakterien vertreiben, ist unbekannt. 

Von der praktischen Verwertbarkeit meiner Methode konnte ich 
mich aber durch verschiedene Proben überzeugen. In erster Linie 
sprechen dafür die Fälle von Tuberkulose der Harnwege. In allen 
diesen Fällen wurde der Urin kulturell steril gefunden, wenn nicht, 
was unter 78 Fällen 8mal vorkam, auch im Deckglaspräparat des 
frischen Urins andere Mikroben neben den auf meinen Nährböden 
vicht wachsenden Tuberkelbazillen, gefunden wurden. In zweiter 
Linie zeugen in gleichem Sinne die Fälle von Gonorrhoe und von 
Hämaturie in Tabelle 6. Auch hier der kulturell sterile Harn, wenn 
nicht der frisch gelöste Harn andere als die auf den gewöhnliehen 
Nährböden nicht wachsenden Gonokokken enthielt. — Ich babe 
noch eine gröfsere Zahl von weiteren Untersuchungen mit normalem 
Harne gemacht, speziell in Fällen, wo der Anamnese nach die 
bakteriologische Untersuchung nötig schien, dann aber normalen 
Harn ergab, und ohne Ausnahme das gleiche Resultat erhalten. 

Wenn man die Kontrolle, die durch diese grofse Anzahl von 
Fällen an der Methode der Urinentnahme geübt wird und sehr 
günstig ausfällt, in Betracht zieht und bedenkt, dafs die Unter- 
suchungen nicht in .der Absicht vargenommen wyurden, um zu ent- 


= 
I 


w a 


100 RF Suter. 


scheiden, ob überhaupt Bakterien im Urin vorhanden sind oder 
nicht, sondern in der Absicht, die im Urin bei infektiösen Er- 
krankungen der Harnorgane meist massenhaft vorhandenen und 
schon durch das gewöhnliche Bakterienpräparat nachweisbaren 
Keime zur kulturellen Untersuchung zu gewinnen, so wird man 
meiner Methode genügende Sicherheit einräumen müssen. 


Wenn man die Literatur über die Ätiologie der Cystitis, resp. 
der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane durchgeht, so ist 
man überrascht und gefesselt durch die Verschiedenheit der Befunde, 
die erhoben, und der Ansichten, die in dieser Materie geäufsert und 
mit viel Eifer verfochten werden. Die Differenzen können aber nur 
zufällige sein, bedingt auf der einen Seite durch nicht genügend 
exakte und nicht ganz einwandfreie klinische und bakteriologische 
Beobachtungen, auf der andern Seite durch die Verwertung solcher 
anfechtbaren Befunde und zu weit gehende Schlufsfolgerungen aus 
einem zu kleinen Beobachtungsmateriale, in welchem eben lange 
nicht alle Möglichkeiten der vielgestaltigen Infektion der Harnwege 
zur Äufserung kommen. Den Beweis für diese Auffassung liefert 
am besten das Studium der Kontroverse zwischen Rovsing und 
der französischen Schule. Auf die Literatur dieses Gegenstandes 
hier im Detail einzugehen, würde die Sache nicht fördern; ich 
möchte vorerst in Kürze mein kasuistisches Material und die Folge- 
rungen, die sich aus demselben ergeben, mitteilen, um dann nach- 
her nur ganz kurz auf die Literatur, die wiederholt sehr gute 
Bearbeitung gefunden hat??, einzutreten. 


A. Fälle endogener Infektion der Harnwege. 
(Tuberkulose, Colibakterien.) 


Die beiden ersten im folgenden mitzuteilenden Tabellen enthalten 
Fälle, bei denen die Infektion nicht von aulsen auf dem banalen 
Wege der Harnröhre zustande kam, sondern bei denen die Invasion 
der Bakterien in die Harnorgane auf dem Blut- oder Lymphwege 
geschah. Die Tabelle 1 enthält Fälle von Tuberkulose, die Taballe 2 
Fälle von endogener Coliinfektion. Ein vereinzelter Fall von 
endogener Streptokokken-Infektion der Harnwege findet sich in 
Tabelle Nr. 6. Da er unter meinen Beobachtungen einzig in seiner 
Art ist, habe ich ihn dort mit einigen anderen, anderswo nicht 
zu rubrizierenden Fällen untergebracht. 

(Tabelle 1 siehe Seite 5.) 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 101 


1. 78 Fälle von Tuberkulose der Harnorgane. 


Die erste Tabelle enthält eine Zusammenstellung von 78 Fällen 
von Tuberkulose der Harnwege, 40 Fälle bei Männern, 38 bei 
Frauen, die zum grölsern Teile klinisch genau untersucht worden ` 
sind, und bei denen der krankhafte Prozels durch diese Untersuchung 
genau lokalisiert werden konnte. Die Anzahl der Fälle ist im Ver- 
hältuis zu den übrigen eine besonders grolse, weil, wie oben schon 
angedeutet wurde, die endogen infizierten Fälle ganz besonders 
zur bakteriologischen Untersuchung auffordern, da diese hier, wie 
aus den Resultaten dieser Untersuchung hervorgeht, ganz speziell 
lür die Diagnosestellung grolsen Wert besitzt. 

Was die Lokalisation des tuberkulösen Prozeses in diesen 
Fillen anbetrifft, so fand sich 12 mal nur die Niere erkrankt; die 
Blase wies in diesen Fällen ganz normale Verhältnisse auf, oder 
hot nur so geringe Veränderungen (einzelne Gefälssterne, Rötung 
der Ureterenmündungen) dar, dafs von einer Erkrankung der Blase 
nicht gesprochen werden konnte. In 51 Fällen mufste der krank- 
halte Prozefs in die Niere und in die Blase lokalisiert werden; in 
l5 Fällen konnte die Lokalisation des Prozeses nicht über die 
Blase hinaus gemacht werden, sei cs dafs die Nieren intakt waren, 
ei es dafs die Kranken sich der eingehenden Untersuchung nicht 
unterzogen, oder dals sich nicht zu überwindende technische Schwierig- 
keiten in den Weg stellten. 34 Fälle kamen zur Operation 

In allen Fällen wurde der steril entnommene Urin auf Agar, 
Bouillon, Gelatine und oft auch auf sterilen, sauren Urin abgeimpft; 
es wurden frische Präparate mit Methylviolett gefärbt, um nach 
der Anwesenheit von Bakterien zu fahnden, und endlich in gewohnter 
Weise nach Tuberkelbazillen gesucht. — In 62 von den 78 Fällen 
wurden Tuberkelbazillen gefunden, in 16 Fällen keine. 


Die kulturelle Untersuchung auf den angegebenen Nährböden 
latte folgendes Ergebnis: Von den 78 Fällen hatten 70 einen Urin, 
der sich nach dem angegebenen Verfahren als steril erwies; in 
S Fällen wuchsen auf den Nährböden Bakterien, es war also neben 
der Tuberkulose noch cine andere, banale Infektion vorhanden. 


Divse Fälle ergaben folgendes: 
Ge Fall. Bei der ersten Untersuchung ciner seit 10 Jahren blasenleidenden 
= von ¿O Jahren fand sich im Urin neben dem Tuberkelbacillus der Bacillus 


urean | l 
ireas liquefaciens, - 


CH Nach Angabe der Patientin war früher noch nie instrumen- 
ti 


De D . e . . . . . . 
Se SEH worden; ob das richtig ist, bleibt dahingestellt. Die Patientin 
. lu š > . d I ; ` 

e danu von ihrem Arzte längere Zeit lokal behandelt, und bei einer späteren 


| 13301) 874291 
dƏpuəgu[M uras] axadoaydəN 0061 EN | 
əujpozut “ordoysojss;) | wuy 'yopuvyəq Peyo: 























uəajfirzeqrəyaəqn l, sag andg “apy (3491 N 9üuo]9A) `00e yeyızudey pra uaayef EF gras) tla 
"ags angy ‘onge ‘yqa gyorəp| 9sopayaaaqnzuadsın | :I061 I’ *puaptio[uəse[(q Lg yaS| A 9 Ire 
| men 
[11938 anypny -uma[ydg Jap Zungoy | syu otwogyaaydon | 
— '1y9w 9utOy IOyydru uəəyydy 9urəy ətur | 9519239D :Əldoysojsio | 0061 pady “Əpuweuəq . 
-uopizegfoyssqnz, wor | ny 9%,” uownqly | -oyyaayday ‘yuvaya "Gët yeyızedey [eyof [3IA “puəptə[uəs f 9I 
-413I UOBJId 49p 4oA — anes ‘Squa gsQ[üuy49qn] 9491X ƏsuUI[| :0061 `[IX `Z -2Iq 6681 Zugguy yog ¿£ “% `F 
Bunqə3 
' *urna9qə1r] UIJYƏƏA Zon 
‚2umgoy n Suq[[əmauoçs | 
uər[əuy ‘pugs uag 'T I9P uəs | 
-rdg aydıpınds ‘saq qət i -ow íy :ərdoyso]4s$0 mor a 
uəjpzeq yaqn], — '‘'munqy mdg -oJy9ıydau yazasny , oog yzedey ao aa [el 
š: "ags anyny “ones *jqn4)93 3uƏ19[ | JYULIYIƏ ƏLAN tee) :0061 'IIX 8 -13A uəpuo o jang g e 
3 | uəyoə[4 uəojorqtursje[q | Maztäisg? ups JJO 
. uə[[tzeq[əy34əqn I, luəuruə8re ur neu 1 paəmuosətq[ ayasıyıysäd 
Ps Əuuo “[ti9]s uəBunuouns odao Y KRANK :ərdoysozsío | ans (a2aälo/t Aan 
Aan UË (og UD) 20191 9904 aydıpıgdg "001-9: uf ‘syu ərwozyəsyd 
qəp ərmozyəaydəy Aap| "odepıeyry sautayy yıgızedeyuoseig -ƏN 0061 `AI 96 DD 2 te 
uəowu 'uəl[tzeq[9%A4əqunJ,| “uəumq[rV °!/, :eqjos| orwoyyeayden syurg |:I061 A LIT 'IO6L III EI | -ueuəq [Iusol IƏ1A "Dap SE 
stmogyaaydaen AP 104 |-10p ag punjzaqutif] | 'punsed aa 941091 | "[06L°L’6 0001 IX FI | tə[uoseq gegt ms Š | "e 
Suni 
1[O9 uln114919%ç[ *u91X10 -ossəg əuroy 'Sunjpury | 
-ojpdıqy HAyısod wein) yodap.Ioyı | -9g] spe of adısprungonde| 
*`uə[[tzeq[9x4ə9qnjJ, Satigg Jonge ‘oqu — | uao ƏM "IIX 056 — IX IT WoA "pi 
uəuon 
SUII] | -u192[(] “meuunə[uoS | Sun[puzuəq ƏluNo[ "pr oe 
apnbut ogaumn snor | yodopaayır J9p Sungoy asnyIg 007 | PULay ‘uszlsmy>g "puop HTE 
-uspjizwgqfay1oqu], | SINYABIS "ydsı[ey[e'oqn.} — yıyızedey :0061 X 65 | -puəsejq `f OI ag | $ `“ 'I 
S any[ny i9p siuqəñiq pun | | yuoa[qos8ən | 
rd punjog Aéu2gtUHoiotLia1gugt punysquuf] punjaquaasıN pun,equssuigl əsəuuuvuy Game 


*9šəxsujiu][ IIP pun IIIN IIP OSOPUYIIQNI UOA AIYA L `T APPL 





103 


Zur Atiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


uə[[tzeq[əsA4əqn, I, 
"14938 ny0y | 
uəpioxa uəpunj 

-98 Jaynıy uaIea UL 
-[Izeq[eyIaqn], "32398192 
poljsuieH uəp %z|rurqos 

wesdug] HulyB[ar) 
ərp səp 'snooooo|£Kqds)ç 
uong yq angy 


‘gA Tangs Toon 


'00/ š, SJI9 U 
diong 


‘184s oda ‘Iqra 


roata lei 

[11098 anyjay “aaydıedıgy 
*uəjdoz 

ur uəol[tzeq[əAJəqu I, 

sprang lf, ang 

tuərnəugyrdəucyxooquə: 


uəlltzeq[ə3iəqn T, -9IN "Zog Laut enges 
"as anypny yodepısyıy ‘sqnıy 
u9z3ə] 
-1911F 9qi9G[ ‘SJM 
uəjpzeqyaəqn], leit ` 20dapoug 
‘(11978 anyny sayaejs ‘sanes Toon 
usJkdoxuar] 
uəlltzeqI9xXiəqni, sjroȚs ry uy “ones 
[11638 anyıny “uəƏQoA[Q AA 974011 
9soaydau ovn 
-oKquouos) suərouj 
-gsO[uos923 -anbır 
“APINA l MRL 
| [11938 usypaadaoyinig 
uwy INA | VPH "sprang Wr 
-tƏSutT l -uolfızuq "Aa yop LN 
-[dyJoqn]L! "Janne "ei 


uəumqiy %/°/ "ng 


agot INA 


ysıldgmun ətdoysoy3s£o 
‘09 zede y 


¿uƏJƏIN 'IO6TIA OIT TO6T TI 6 


uor[8qmun ətdoxsols£o 
‘08—o1 zede 





| 
| 19J91[] Yu] Aart 
| 


--Jnfg 8304 org "au 
-YOQA a ‘oqa JydTof  -UTSyOBayRa 9lsın oymıT 


e UMN | -1061 LA `9 
| ug 
: usqnı} Iq13 “guaLıazın 
204 
SngIp eIISUaseIgT əwsuI[ 
ərp rı uostdoysolsÁo 
yueıy Oo | "091 gmizedey 
| :IO6I A Sé 


| ardoysogsig auray 

yJeyzıauyds pun 
JIISJQIJIIA IIITN 974944 | :TOGI `A ‘03 

` 8384801] ayasıyd 


*utg %8SO[ | oayuedig "og uawqu 


‚nolsqngsyruukprpidy -enpisey 'gLImizuedey 


¿u9491N :1061 'AI e 
"1061 
"A '0g orwogsaayuden wou əsejg 
"SEIN '006 Imızedey 


"T 139P 0somna39qu, 1061 "III OG 


yuvay 
DADIN ONUTT 'JIOLPIZUN | 
l osl Lg Wu ‘fososyd | 
Laut OSJO yD | 


| uəsu[əgq pu uara 
| 


esnyIp :əpdoysozs i) 
"OO ywızuduy 
:1061 'L1'Z 


S 
9uPparyosıaa 'Bunjo3) | 


| 9qluqor ILA 
-Uuəst[q 


Zunjpusyagf 


afeyof [3TA ayag "puap 


-təluəsw[q 'p */( Mas 


Zung 
-puwuəg aiegot TA 
squəunuoyur s4428 N 
"yueiyuasefq "CB NOS, 





suni | 
-pugyag] afuorf 'puəp 
-tə[uəss[q "C "Ir "as 


asonyIsqnyuasun] 


| 008 yerızedeyuaseig Lrrzuag °'Muwaquəss[q, 


uəjguo]x uəjtum 3I9S 





Zunpugeuag afeyor] 
-UOHNNIM 934u39uuəA 


41878 0061 49JuJAN 3t9S 


ID 


ii 

ylopuwut |: 
*puoptoal K 
TAU! g JPN ` 


. 


ka 


U» 


wi Di 
"4 











t= 


F. Suter. 


104 


3208102 yot JOYSUAE]] 
qz|əuiuƏs 3yuotu qu[əoD `P 
‘8n99090JÄydRIg A108] 19 


0042 40110 *uəmnq[(v 


00/ | ‘aoyıy anes ‘aq 
uun (aIwogoayden np 
ydeu) 1001 XI 96 uy 
*uə[[t2eq[əoxiəqn I, Kéi 


-43104 33S Anima 
uə[[tzuq 
-IƏN4ə9qn 1, Əə Aaydg 


‘ags anyıny 


"uajfIzggfoy.ıoqn Laurmy 
“ınypnyy ojlısjs mU 
uəquñiə sunys Aan 


ONWAONY 1p sjeu y sne | 


£OGI "Tor ‘ZOGI "I "FG 

Sunyonsasguf) 9ə4əyudçs 
'uaj(tzeqr yaqn], 
"[L199JS anyıny 


uəumq 
IN Dëll: Š 
-qu uti) :pO61 enn 
*uə[[Izuq[ə9y4əqny, you 
-u91ƏM mag myy 


uajfIzeqjayıoqn J, 
[11998 anim H 


*uə[ltzeq[əsx4əqn J, 
‘Has angy 


anyıny ı0p sıugsdsy pun 
punjegf ı3y9s1Fofor1ejyugg 


| -1931H 89.1898 





"ep moos | 





‘IINE 
spa mdg 


1U9S [061 "IA Fe UI 


uərnəuydəuəwoəquə1ərN 
"Yojg] yarjımds ‘Yodopıay 


IN sayanıs qnd ur 


"ı9nBs UOIINROY 
sprang 9/o"/e 
"uataumdu pun mjg 
uomnands “jodəpiI91lq 
soyıujs og uun 


0/8 uəunq y 
19417] snu gzodəq 


ı SIYDIP “Iones 'Vqn.ıy Ay9s 


uəumq[V loi: 
tuə|[ə9zuəsoə9quəl1orN 


dsdıgyynigg 9701 py 
‘sanes Toun F1919] 


ndg out sjos 


"oda səyə səurəjy | orwogzyəryda y 
“sqnıy 4919| | uƏ7yƏƏ "D Əsojpmyaəqu], 


tuiənus 


punjəquru mn 


x punjəquəiərN 


SUu9399quƏ1IƏ9IN 


'qobəp |səp 2unup0out “ətuio) 
təqni) -oiudəx 


əBitəss1uo9i 
1061 ’XI FI 
stwäpıpıdy ‘i aap 
pun wjujsoiq 4əp Əso| 


-nYAOqn]T, 'Jusjop pun 
119sJQ1B9A ƏIƏIN 91u99. 


91M0} 
-yaaydaen Hd1yrossyunp 


1061 "XII "ut 
uoqnıy 4q18 əsər N aoyur 


819331) uəjuoƏ9i səp 
pun 9491N 1 49gp zuə[o(T 


qR} 4S1 
ƏIƏIN u9)uo94 1Əp UUN 


IO6L'ITA 6 Us 
GËEIEN 


yaz pudus 
-19)94/] ƏJyƏvy Mey 
DI ap Dunggy 
osnyIp yəsıdoysozsíJ 
‘0, yeyzedey 
"1061 TA TG 


yot 
-BQur quori 91doysols£o 
"DuLI88 Auag Yeyızuduy 


:IO06[I XI G 


Sunqə3 
-UL f) 19}04 Ut 13991) 1Əp 
-U9YEIN n əud9j)ss|ujən) 
syutp ‘pewaou oylasuas 
-jg 9}ļ49ə1 :yosıdoys 
-0}38s50 ‘OQI WNZzedey 
1061 'IIIA `96 


yaızgwun aıdoysogsäd) 
‘09 ymızeduy 
1061 'IIIA `€ 
Əu.ə]s 
-Jg ` "oatlosoisa"? 
'og1 yeyızeduy 
1061 'IIA 3 
AIOLIOZIN s4i9194/] 
'ı səp SunqəjBmur] əp 
1nu “gurrou Əsu[ç[ ƏI(T 
‘005 yeyızeduy 
"Tool IA "Oé 


punjəquəsu;rr 


uəoBunnr | 
odyney  *puəpiəjuəs | 


-u[q Hauf "5 ap 


*puəpiəo[uəsu[q 
A9mUDs / 81 VƏS 


uəpaəsavuosaəquəosu [í | 
19p ƏMR yngu 
uorwsdo 439p YLEN, 
'uəSunynjg adyarg 
"U9PIOMUYISIqSUONJ 


"IN 


uleH van. | 
"U9PIVAUYISIAqSUOT} 
AN ULUN: F 3198. 


-jaddocqg 
-9(qsSuonyi]N `f *“/ YS 





51719830 


uoa wozdwsg suy 
navy doquıy °P I IS 


əsənuvuy 





| 











uaayef ç ag | & 3S 


z 
x De 


BSo]ny.1aq | 
-ng syru pipidas | 


*uəp4iəauos 


ei, 


Ai "H 


DG 


& 'd 


| I1y99 [080 H 
WWII V IMEN 


| 


Hl 


OI 


SI 


P 


SI 


f 





105 


Zur Atiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


uə[ltzeq[əy4əqn, 
'lti9)]s anyjay 


(uəpouuəqəN `s) uəp 
-unjə3 uə[rzsq[91X4əqn [, 
91197 "114939 AMMY 


uajjtzugqjagsagn], 
"Tag Ann 


(uoaponta? ua 


-zegfayaaqnı], Jaynay) 
[11938 anyıny 


*uə|ltz2uq[əxaəqn, 
[14938 mym y 


uay[tzugqjaysoq 
pl 2jewmyos ug 
goungtat 92931492 uU. 
-Buv OUT 39p 'gnəoooool 
-£ydıng aaseı. Mm INNY 


(Zuna 
-JKW L| "stitt triax, A) 
`|ollt20dql| 9 3odet J, 
"Dinis anny 


| 
Diet [ uəmmnqIV `uə[| 


-aygidyg [ala ayas Dun 
Jay “yodəG[ sadutı 
A2 '19n88 'əqn4) Jydta| 


or joy 
‘3oda(f s3Htıyıd 
UI94 sə1səJ 'iəntus *oqn4) 


uət[əuttdír 
pun səy sng :4odəGq 
sjptaaıg ist "mon 
-nəu qug Bgy unuq 


BJM läit e 
"20odapia11g sadu1ı1ad 
Jonge "ong? gyon 


glroamg ia L 
"putá “yodapasyıy 
Aongg “*jqn493 pora] 


uəyyoyordıg PA1yısod 


wma) 'sjteatg andg 
'uərjəuytdrr godapaayıy 
‘ıonus toqua} Iydıoı 


(nt éi 
WI 

(fett tut) v 
WÄIANDA MREDÄI N 


JONN ad 039 


tas] 
petoj 


| 
| 


| puns 
| -33 3191 9349941 ‘IIIN 
uəyut səp əƏsopnysəqn], 


punsə3j3 3191 9yu1f 


‘“3soayduuoäJ `Ü r #Juoəi 


sıyuydəy syur ('I] X `f 


wu UOISIZU]) 


uaj; uoq 
0141 )Qq!23 ƏJərN 90442Ə1 


' ' 
uvreda’ 


2: (CuƏdca3, s 


*əsoiud 
-uos q Ə9sJO043 BsVuo9i 


t 


| 


snuou4r(] UJO Mery 
-uyg Jap Junu 
əsnyıp yosıdoyso}sig 
Oé yeytzudey 
-S061 DI 
sjom Suyu 
UIDUNPUBAUIJLIG neu 
-wta[ydS Jap Zumoy 
əsnyıq 001 Jeyızedey 
-c061 II MI 
Zunp 
-UŅ W433 UƏYU[ Jop 
Bunyuvayay ‘osejg Aan 
Zunggy 93ıy99g :31doys 
-03840 008 Yiızedey 
1061 I Fé 


pue A U319P10A 
lp yaıuassa Sum 
0 oan yasıdoys 
-03840 ‘OZI zede y 
1061 'IIX I 


yaeymmajydg J9p 

Zumgpy 3sıy9ag :ardoys 
-04380 ‘oo przede y 

-1061 IX Op 

ERR 9104 
Tu2gom Lua0n “uəpuna 
-Ipumıa A dyosı[uydıryuy 
əsnu!ip 9vuo1Ə[ :ərdoss 
-0384 008 ymnda y 

:1061 IX 61 


Jo. snpiim.] 


ewogao q tup nonduseonoyo 


-ponu AM veielttstrutt 11 
gZ mit eil w 
IO0GE IN mi 


— — E—KsQ .D.UUƏ s v< 


mg "9sstnjanp 
-3g Ə9ljeuZaouluos Əni 
-NVU UIPWUOW Z3 JHS) 


Syrəspraq su | 
-pipid osomnyasan], 
“UoI Əyeyz wos 
sayney IILE či JOS 


uəsunmg 
9939 'uəopaowsuoƏsəq 
-SNOIN duef [ ds 
uəpiəsvuos | 
-əquəsejg Pua 
Aou1taeg 834091 9soayd | 
-a3uoNg dəutə uotstZu[ , 


1061 IX `g 'üəpaəsxuos 
-3H 9u9s110SXO2 OY.ın)s 





0061 YWWOS ƏS 

Wong | 
IMY9ULIOA N491S 'PUƏP | 
-t[uəsu[q E EAE PPN 


1 
I 


Junppungagg Afuo] 971 | 
-nuy UBH Joqnay pun 


WOUOTZYIAT Ə)]jknotudoa 
214 usle E JS | 


Fungppinzgosf 
apeyop noy icht")! 


'yOUA oNV | oyr’ I 


J (nn TESOFDAM TORE SU U 
I spipekg neun 2A 


re 
“PS 


`f 09 


P 1d 


T le 


[316 


"f: Zb 
E a 


. r e 


2° M 


On 


eT 
- 


O 


ol 


SOMH leie "MIA 
t(əytr[ sneg godo q EIYI8IS 
‘maimau Ta0opnn ua 


uopunjos 
(DIEU EE EELER 
[11995 may 





uarpaygıde 
-UAYDSqU3A9IN Lat 
suu Buri93 qodərq ‘a9nas 
anıyod uornagds uu 


uəpunjə3 
uəl[tzeq[əxdəqn L+ OUY ` 
‘111038 Inn X 


uəpioA uəpunjəo3 yig pun 49117 





aaynıy 1998 usa 918 | :yosıdoysoayım "00/0% 
tuə[uəJjuər[Itzeq[9x19qn 1, | —š*/,[ uəwmnqIV Lange 
‘194s myy Zuyngg ‘oqu ur 
š 
5 
u 
fx sprang lei, 
*uər[əulrdəuə3 
uər(rzeq[9xioquI, əurə3 | -3g[d pun 1941 sns od 
[11998 anyny -9q ‘ngs 'əqn4) uLií] 
uəpunjgə3 uənəuyrdəuəyns[d "ads 
uə[[Izeq[əx:9qn I oun y | ‘mig ‘og sne Jodaq 
"a048 mmm ‘1aNngs Iq UUN 
mg pun 1Y 
: yostdoxsolytW 
oT SMIT 
uəjpızeqjo yaqn], 'vaznou Yuajou ing 
ve "11998 myny -UBS tiənws təqnd OU 
gel 


nyny dəp stuqə3u pun 


punjəgq ıoqos3ojLıa3Nug punyaqayın 


x 
| 
| 


qi9tiəz[u 
 snpunq “nuuuro[uoS 
9799990904 yoasıdoys 
-033D ‘O9 zede y 
‘COGIT TA- 86 


Uuə[[91S 9j5ə[əq qIə5 
| 
| 





UOAOIN 
(2) A5pıaq əso[nydədqn], 


puas 
-23 9191 yur ‘(əruog 
-yaaıydan) O40t1N ua} 
-U99: A9P HBOMYAsqn]J, 


əulə9zutə ussowÄydoy 

təuiəlssjujən) :uostdoys 

-03840 `00F yeyızedey 
6061 'TA OI 


Hau 

9210 punwm9zəI) 493 

09291 'InBywmmfydg 19p 

oyda]L J 9701 yosıdoys 

-043540 095 yeyızedey 
* 6061 IA `€ 


9I9IN 9punsə3 əyxut[ 


‘(grımopjsıydan) 
9I9IN 974994 yuv 


Buinauos 
-93 snpung ‘mey 
-wIa[ydsUgsB[g Jap dung 


punsəo3 o401N op 
‘Yugıy IIIN JYI 


-043840 "001 Jeyızedey | 
:BO61 AI qI | 
| 


ussdunpuwauggtag 
Jop ə3u[əg 9q[93 Jura 
‘neywisfypg oäraan ` 
-301 yostdoysoJsÄg | 
"06T 'AI 6 | 


punsə3 əsəıN əƏşu 
‘JAJ AWIN 344994 


(o91doysojs<o) snpunJ 
me U9UOLBIAOL[]) ` Son 
-QH Bpap Ə193194q 
-o5sny '008 yeyızedey | 
HI `8 


punsa3 Ə:IƏIXN 91luo9. 
‘yuvay ƏJI9IN OYU 





ennsig UOA BAIPIZOY 
‚adyngy “uadunpueyog 


onun 4əp əsof 
-nyaoqng, "NUBAyUOSB[A 
pun -uəod9lu *fre JS 


Zung | 
-pueyəg Əy PPTA 
"asstupnpag] PUY9ULIHA 
‘uleH Jsqn.ı ‘puadadue. 
-OIN ‘I I9p UT ZIIWMUOg . 

106T 1990710 HƏS 


ule]] daqnaıy 'uəuon 
I odyaey "Cl ag 











uong W 
ayeyzaawyos əyə |; 


-190A uäiugt gZ ae 


-uase[gg 9dynepJ "ar | 
-0}191ydau 3 9sofny.ıaq ' 
-0JU9I9IN UIIA BGBI, 





3413113788 SIJUDIL 
osopmyaaqng, uəZəm 
T Z HOA yepe. 
-uosejg Aoitgpugu 





‘COGI 


panjequelseıN punjəquəsws[q 


| 
QM ƏsngiIp yosıdoys | 


-q soloj `p g NOS 


Ig 





(WEE 

P H |'O€ 
(Nr 
ZA "Ge 
`P IF 

& “D Sa 
Le | 

& II G 
"Pig 
ex | 





Ə9səuursu y | 


1tagtg2ean 
CHAT xÇ 





Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


107 


uəppzeq yoqma], 
"4338 anyıny 


yuray 
-193  sQmy1aqn} - Sisty 
uogtdiu ƏƏƏN `uəp 


-unJa3 4ydıru uə[[Izuq[93 


-134n], “Ta9js amyny 
uap zeqa yaqn], 


[3s nM 


1[09 wnLIEYEH :anyny 
Kl Deeg Te KK AAA 


uə[[tzuq[əxX4əqn, əutə3 
[1698 angy 
uadumı 
-3pUBI9 A UASQINYISANI 
uaypsıdky ypu ƏN 
'uəpuunjə3 yuo9tu uə[[izuq 
-1I9M49qu I, "[14938 anyıny 
QIoud4əpəra 
ywi[tnsəaq[ uəq[əstuəp qru 
sungdnsaajuf) “IX "oi 
pun X "LS wy) 'uoəp 
-unjof uo[tzucq[9 M4Əqu. |, 
90163 ajs ani M 


gjar M/F, "ua 
und əSıpurds əou[əz 
SIEWRIuG WEI OWES 
ona J4 


spam 
1 andg “og :yosıd 
-ONSOININ `puəzləs 
SISAN. Sur 


qnas 


Haam 
-dg ‘mjg “yg :40d 


oO eitaamg Il, “0 wqu)soiq 


(Jımoyyaaydan) 


uUi} 1MU84349 ISIN ADOI ` 


(att 


"Aonge -0)N91udəN) IIIN U3} ! 
aydta] UL) -4991 A9p 9somy.IoqnL 


Zıppouy pun Yıey 
'ymmrsoqum 


-Nq 4ydıay “aqnıy OUT . Oä4/9t1N AJ9p uəj[gu49 A 


3q8Ig eAryedau mein | 


əra Suooygıdg aydı 


i -ds ‘aap 
00; 


| 


"*SJIƏA TI | 


t S LI: 
¿o [ 'iəngs "a0nnm uu] | 


e AT 
`u9]9Z od 
-puids *[ıeds ‘iayy :90d 
-ə([ “tiənus 'əqn04 ULI) 


yodəGq[ sə3iuayro 
mag “sos rq ° 
songs təqnd ayas unn 


sjos pog A qodod ` 
SoNg Culto goas ! 
"At COQUI UI) | 


ərmtolyN91udə V 
uəwut[ 4əp əsomyaəqn], 


| 
| 
| 





`919IN 


ursy ueq} 


101? 10391 aəoxur[ 


(ormozyoaydə N) soj 
-nyīoqn} 9094ə9IN 9juo94 





uage 


: -JAOWYH 1103 14 SNIP 
SIND SJB SUOS 
-Rig 99111 ərp yJosıdoys 


OJS 005 Pyerızedey 
-&061 116 
uəBñunpunuruə:9)ə4n) 
A[BULIOU “*ƏəU49]ssJuJ 
-91) JSUOS !*x9)i9A Ul 
UƏM3Ə3[.I :u9sIdoysolsx.) 
6061 "AT gt 
uəsour 
—Au20nt "uaun/1g Seng 
9q[38 Yneywrafyoas Jon 
Sunggy esnyıp :ordoys 
-0}Ss30 "008 yıyızwdey 
"8061 'IIX '9I 


yaıdpwun ardoys 
-048%) ‘0G yeıızeduy 
-E06I LE 


INEYWTILYIS 9419390[93 
pun əjor sujgip yəsıd 
-ONsojsXO 095 "me 
-wdey '0c uawyjenpısay] 
-E061 XI 91 
PPR *3is[nAx 
Fıspgunfodasun ‘90.1 99198 
-uəsejg 3440941 yəsrdoys 
-03S40 '00F Ieyızeduy 
5061 'IDA Lë 


ypısomun B1dOYSOJSA/) 
"OST gwizedey 
009 uaeyjenpisoM 
orygdonapdaymwgsoadg 
FOGT XL HI 


sun] 
-uuqəgqə[leNo[əsnunu]| 
URH Jaqua 'əssiujinp 
-OQ ƏPLYZIJMNJƏS 901) 
NEN UEP jip IOS 


ur) Ioqnıy 'zıawmuns 
SUON `f Gr OS 


219Wy9S ‘Sungnigf 
tuan dəqna) “ssrujanp 
-9çq] ƏjauəmuoA f T JPS. 


Sumjpueryagl 


Ə|ë3NO[ Ə[ƏtA "Dumnig ` 


‘UƏZIIWYIQ UYUOTIYIY 
əsuneu uəouooAA 9 S 

uona | 
-sdo me syruripiprdg 
əsq[0u34əqn 7, “Sunpury 


-ag WYO, PIA "dung, 


-[3A4osuapof] ` ops 
-Jaņpəg oyJeyzıounyos: 
eyıyamaaa PT ag 
| 
I 


l 
I 
! 


ISSTUJINPIT HJU1UIUTIIA | 


tud4uH 49Qqn49 ` je JO ' 

Kra 
I 
| 
| 


yiu yuong 2 


NIH IOMON Pe MoS i 


£ 


| 


| 
| 


II 
Il 
WW 


| 





| 
| 
I 
| 
| 
| 
| 
Í 
| 
i 
i 
i 
| 


| 


E "AM ES 

| 
en 
T se Joe 
tr ut 


Ps Op 


(erg ! 
PN, 


`P TF 


&é `“ ER 


PEL 
E'u le 


- 
. 

e 

. 


"HALISCN 
uəl[9% Əə3úuəpuids 8J10849PI94 U9poH 
pun sapr godoq ‘sanes | sap asojnyasqny, uadom 


| 

| 

i 

| 

Haat Ualltzgd | 
Yanı733 yoro uun |'uəpənqosyuəun u9əjdər N| 
I 

l 


-[9XJ94qN], "days anyıny 


Janus 
uonyey opg mu 
yostdoysoJyru ‘sjom ty 
ndg ‘zodəq səBuu 
-93 uanna? maat gu" 


ag 


uapunya3 %uotu uə[[tzuq a 3 ə 
1014 ƏJƏIN 91lu994 Ərp 








anyay ıop spagedıy pun punyaquun | 


punjeq 4əqoSguBolot191N%t4[ 


-[9M4əqn _[. '[ti9]sinym y 
8JIƏAT lat | 
| "uetteurdg ung ` x 
uə|luzuq 2109 Lag eng 10odA0t sony 
-[OY-AOqn], "[Aags anypay ı "Jonge o0um OI) `" qN} IIN 9180294 
| Dia äi: SJ 
. | “ənos uotuteanu 
Š | mig jo ` "ueouaigag 
E uajfez uadıpapurds en | | 
= uajjızeq ərp 'U[9309Q48  [ƏtA mum | 
u -[aydsqny, aos angy | 9401338 gyo, uun x uaparypsjnoun 
| 
%/ sl, `qIV | | 
"uajjaz adıpapurds aydıy 844934 
uəjpzeq -38gds ‘Buya Zuamıpag | armorygaayday sony 
-ləq4əqni, Tu9jsinjiny | “iənwus ‘aquag OH) -19QN} ƏIIIN 9Əju994 | 
| 
| 
yuvsa SOINYIOA | 
-n} yosıd&y aıaın uap | 9/ 3/ uswng[y amou (31103 
-unya3 Jyoıu uogptzuggay | uonwysə% ‘Jodapısı |-yaaydan) sn U 
©  -A9qnL 143798 IMYMY | -Iq 89X189 *aqnıy uti) '-u994 Jap oso[n*4əqn J, Ä 
= ee a 2 EE | 
— = ee zn en en x 


| 
ZunyDoL] | 


9704 Zuu yosıdoys 





I 
| 
l 
Əsstujanp | 


-03840 09T RMZUduy | -agf oayamıaa “uang | 


:3061 '1IX `9 


1230183 Zynay 
uəjgunpuwgwuəj9çS pun 
supunq `o, "gedu 


8061 'I1IA Ge | 


meyus 
Jop Zunggyy adıydoy 
əosngip yosıduys 
-038409 "O91 zede y 
‘£061 `IHIA `€ 


CC 
Gauia1saigian 


ue gigtg uənauduəsu[ç[ 


uəJəqo ƏIp ‘JOI snyIp 


'snpun J49p Isı yosıdoys 


0754) "CL Imizedey 
:£g061 "AI 66 
wou 
Syutf (uatpnuBıd syıdo. 
wnuosts], "B1N29g704 


. ƏJrəsuəsvjy 374994 yasıd 


-OYSOFBSI 'OE I Jelizeduy 
COOL "AT ZI 
UIUI YIN 

pa WII) 999S Əyu 

atıazın Sunpunuu 

-19194[]) ')04 SujpiIp 9jtos 


-SO6[ AI LI 


punzaquaswgii 


| 





490104) uəjuuo]N E jong 


uud 49 
-na} aadrynq ‘osstujinp | 
-9çI 91409 üLI9A f RJS 


| 
| 
| 
| 








| 

‚Zunjpury | 

-dQ VAO] [ƏN Lass 
-Janpagf ə3unuu Juan 
tpuoptəluəose[q `f e ug 


uəsumn nç “əsstujinpər] 
ojiya mA UIBH IIUJ 
UJAUVL UAJ9IA MƏS 





l 
LLAGH A9qynıy təsstujiunp 
-OQ OYI WIA ZJIWYJQ || 


UIVUOW FP— E IOS 
| 
| 








Bun[puvuə+$I 


; -u9sB[g] 944991 uosidoxs | ə[e3o[ [ƏtA tuəziəunt|5ç 
-03}3sí9 065 Jepzuedey | 'osstujanpagg oyıyauı 
49A GO6[ 491010 J19S | P 


4 





9ogəutmvcuy 


FF 


` ' 08 
PU 


rer 


Zu 


e pg 


C 


` G£ 
PN 
8 
| 
| 


Col 


& ws |'or 


fol 
WS I HE 


| ONEIDIOURITED 
dap y WEN 


! 
SR 





109 


ocie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


! 


Zur Ätio 


uəlrtzeq 
dE Cl oh det ZE E INMY 


uəlrzeq 
-[IYIIANT, `[t49)saniIn y 


uəlttzeq 


sprang 91097, 
‚zuge un 2odag JƏNVS | 
quad 4ydıag ur 


uotəuntdri oyyeyd 
jot !3odəq "les 
`qIV 3odəq sI 
‘1anBs ‘Iqu yor OUT 


sjtaaıg 9/0 1 
"Zut u godoq 


-I9M4əqn, [11398 anyıny] ‘1anes ‘aqnıy ayas Un 


SQMI} ISIM 

aoydsıd&y ur 3191 N 074934 
ərp 487 aısdony Arp tag 
uapumj33 yydıu uəlrtzeq 
-I9t49qu,, "Ts anyay 


SSMN 
-[IXIAqN], "11538 anyny 


Holl2U0a 
-[IY13qNJ, "[14998 anyıny 


uoppizuagoyasqt], 


QUrO3M taos anyin Sf 


uopuny 
- 1 toppede QNI, 
oto yi opa ADIDAS 


sjraag la 7: "uatau 
dn oydaowájod ‘mig 
“sapumkz ‘sayy :10dəGq 
‘IONB8 IQUIJ JYDLIAJ UUN 


"of SAH 
“warpaygidy 
gorgswds sap :9odacy 
‘IINVS IANI PPTI UUN 


8JI9 ATI 
mdg ‘Suyo uaa zod] 
tiongs *əqn4) Uli() 


sjom y ndg aanus uor 
-yuo ‘uanoyndy ouiay 
„nig uwy ‘odapaayıyy 


səy GAUN UU) 


IDLH poun 
"ien? 
INUN 


AT 


< u. v: 
sptoaizg | 


o” N‘ 
toqua tita] 


| 
| 
E 
| 


syy934 
Tmoyyaayday "Temiou 


aIa1N Ou 'ƏJ9IN UJ 
-4994 Jəp Ə9so[nyJaəqnm ], 


a 
-J91ydan 


91U1O} 
‘pwa gst 


IJIN 93yYIIA IP IIIN 
uəşuıj səp Hsopnyadan, 


yurmnsəqun 3qtə[q 


uonyun]J 


ıasjgıa 


-JI3A UJIITN FPQ 


om on 


-oaydan 


9191 ogumt 


syuərzu]nsut 
*osoiud 


-guo£dq ƏsJo43 suoəi 


[mori 


OJƏIN 344934 


‘yuvay 33N OYU 


uəpətuosquəun 


Jr aars 


And tut? 


Ua4a1N 


oJəıN OUH 


oof N opp nd 


pewon njfosqr 
ost 
7061 X Cl 
Hey Zunpunw 
-13331[] OUI 3U1398 
-SIBJON) HUjaZzu1a Jne sıq 
aeg Hfewmıou:yasıdays 
-07s49) 009 yeiızedey 
-T061 "A OI 
neywiopydsuaserg] 
J3p Dunggy Ysnyıp 
ƏS "oO muzedey |€ 
'tO6I AT Se 


nryumajyds 
-uəsw[q Jop Sunggy 
əsngI([ ‘OL Yayızedey 
‘FOGI "II Ge 
əri9)seJujor) uəqo 
‘supun səp Zumgy 
asnytq] '0CT IByızUdey 
7061 "III 8 
ynny 
-w13 [42S °p B3uniəyoor] 
pun Zunggy əsngrtp 
yastdoysogsig ont 191 
-sduy ‘06 uaRByfenpısayy 
FOI III g 
9u.1938 S 
.ginjar) oda :ordosls 
Act ocg ymizudve M 
:F061 H OI 


guy OH DA 
31: or. Hnum. IS 
Jop Fumo onivo 
ovujo Vor DUT, 
200 "XI ` 


-UƏ4OIN SMUT[ 


INSULIN TER eg) 
. odit f° 


zpppueyaq [vso 


n yanv yaey | 


-uƏsu|$q Ə9s£[eueutir) 


°*OOF Imızedey | ydanp:uaspyomnup) pun| 
yamjdoy FOßL "IA IS) 


Zungppuryagy ofeyor 
əpusəngpřuvr ‘ayə 
-49A wney zuənbəaj 
-SUONNIN ‘Burqa 


pata ‘uay aqy (yyuny 
-də pər y yor) C31 HS 


Zunppuryagg 
oT 
-UISVIA 0418S fË vos] 


9sstujinp 


op oieuzugmune "at | 


| 


-ngy iuəs 'uuayuəse[q 
pun -uaau 'p Z PS 


Dunjpuvyəg IVYO] ƏTA 
‘UIUOYAIW Mayawmaya 
ayjeyzıamyds °P] 4198 


JIALIISTY 
syrəsaapiog uəunuoyw 
-ut SIUO0U ‘unu 49001 
tuəpiəmuoOsəqsuot138!]@N 

uəijiuwíf uə|ərA 3198S 
BERIUJINPIET 2I1y9W.19A 


"uoW © 3198 ‘umj doq 
-nay pa IS "7.19 m 195 
LCR S 


OSSEHLIDDOFL 


ola 11 tus Iio i 


*uəƏpiəmsuosəq 








rer 


Ze 


[92 
EN 


"POS 
$ yU 


Tor 
£ H 


T 8F 


P AN 


‘09 


DP 


HE 


or 


een Er ` — r — ` - —ÁyYlÑ l í s_ 


| mai TI "qI V | gnuywiapyas [ uəziomau53çs ng “tuas]] ` 


uorpaipidousg>oquaasın 391994904 yosıdoys asqnay "ëosgtut/ppa0 ¢ | 
uojjzeq ‚ofara'ynggp py gododd) punsod əsəri əyu |-045%,) 003 Jyızudey oyayaunıaa FO6L'X 3tS | II 
-OYIN [4038 Ann“ - seJsoJ ones Laun utdi) | ‘UBIA IIIN 91lu9%94 :cO81 TI et C MuuiuəBun[ `P 1 3Y90S |1 Py Vee 


*uoB3u[əç] 1101 | 
snpung ‘UIII UJO4 
1101 UIDUNPULAUSNIG 








DA Blut "01 syur 9Imogydaydan | pun xajıaA yasıdoys Zunjpueyag aryoJ az 
uə[[ltzuq q3odəq sə8uat9 utaa ‘soy pewon Ə4ƏIN Əu994 !|-ojsí4 OeL yegizeduy lota uri aəqni niqa9uytəs | Io 
Jənes uo yneyummfyog 
-18oy JMA o) ayəsyowsyəvə Hərdoys zuauuogup "Pf 6 MISI o 
uafjlzeq ng 931 ods (I ° yası] aayın -03340 09 yeyızedey - ‘uuo adymey pun [86 
-[Pyaaqn, "111948 anypny| L-oumSurs ‘aqua uu ano usasın apıaq :FO6I ‘IIX GI 'ounwarg `P p IWS & g le 
| [ew.iou uərə)ə4in mig pt4 | 
sjom mdg’ JONnes ‘od 91u994 Əttr0JN94udəsN | pun əsejg onnu use, FI PS uep 
‘(ags anypny -q SƏD} UIJ SINUL | punso OÄI91N Əyu ƏBIƏSSIJYDII Yang 1 J90n41 uəjguoj]r Z PƏS [76 








-[Pydaqu], [Js anyjny | -aBj8 ‘ones qn urin) , 'sSOInYısan) 9A19ıN :F061 'IIX ‘EZ JAIJ SAU EOGI x P A | '89 





ë *uəlltzuq[əyxaəqni, - 3 qnıga3 yora uN | ‘yueay ƏIƏIN AIA :FOGI ‘IIX "oi uonyipy aapeunoun wg | 5 m |'99 
š snooooo[ÉudeyçSuəasrmisod SOio21p Dun yıaaı | 
n uvm u9pu9z39s49z Mon 19)94/] Aaf many yjopusyaq eyo f 
F. umpuap‘ uəpuəz[əuuos -UII9[U9S A9P ƏywƏə9[4 SYwÄasuy UIBH IIUI: 
sugejan) OIP tUƏSJI9 A DI A "OI s}ļ499ə1 ərwozyəsydoy |əzoa yərayds uəostdoys 'əssrujinpərt 9J4UƏU4ƏA | THE 
-nga uəutə 10 "Am odəadq s3F1ayıa ewou 3AN PU9941 | -078%) Oct yeyzedey "PL NOS 'puaprajuasung, E 
-MY UIL P qn], | ur Janes Iqua un ‘Yugay 3IƏIN yU :F061 "IX 61 x 7197 Aəd4əpuu[ ogs | £ `M "Co 
“ooe yunzedey ` 
"vu sg Aua euaai | 
Dill `qIV s}yd91 210 0119/4009 N qneumrə[uəsuəseq | ud) 3ə5mn[eu i: sağ 
uəl[tzuq ‘Sgr utas zodəçqg səy |' vwu əsə am lAop Suny9aLT ouiuig ` Aa tuəpiaosuosəq 22 
-[9M49qU I, [11998 anyypnyy | -aeys ‘ones “aqunay uraf) | 'yuway OJIN 91Vuo94 :F061 "IX II Ek suyo cr PS! £ 'O |'rg 
| 9sonyısqny 
snpun q -uəpouuəqəN əsmniras 
wur Svg “asejgl ap -[sddop :osstujanpagf 
DI, DI Staudt Sungoyy 3engIp yasıdoys əJjveuziəmuos 9jiuəom et 
uəpunjgəs 10310 uajjızeq “odacy sadtıyıa utai | Fıyyoepa9A Baal al -ozs 00€ Myzedey -oa uosyef uagəasyow ' f 
> PIN, [əs MNA ‘ones Sqn Jyo u ‘yuvay IN 910994 | :t06I IX I OS ’SHHTäpuodg ymd | 2 N |'gq 
= - - Sn L L -A mn AZ dE EE ge ç Fer Be x u SE, T eg rn = 
immy wp eprqosag pun | punjəquəiərN | punJaquasuigf agərureuv S noaryosan | 


| LJL V VUEN 


| | 


punjag adyosıdojolasIyug panypaqula]) | 


———— nn nn LU mm nl m EL LI nn. 





Zur Atiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


111 


uəa]ltzeq|əM4əqn I, 
Hogs ngA 


ual[tzuq[ə9y4əqn 1, 
[11938 anqa y 


uəppzeqpyiaqn], 
"114978 anyo 


OCH ÉE DEA 
"Is A011nM 


109 wnuagorg :nymy 


uoppzeqyaqn], 


Hatumnta? 11201 noppa | 


"To NIJƏqAN F, OP} anyıny 


Toppy 
tetom 


| 


ITAN Ann A l Uol 


SOMI laf 'uənəu 
-uləuə9yxoəquə:ətN 3n[$[ 
soy :40odəq ‘yəsi 
eye ‘9quag gyorg uA 


glaad lei), 
"uattautdat pun spg 
sne godoq sadlsjeu 


"Jane IANIJ UUN 


%/,] SOs ‘Braga 
utad :3odəq s9N41718S 
jonge Toon Aug uun 


DO "org 
‘goda sas1ıyıa 


usa ‘ganes aqu unun 


uəmdg ut sjpas 


-17 Sams SAJRUTIOSBENL 
ad oda sodıyfom 
aongs‘gandıy 10219 ULT 


Jong UOT 
ot "ie i ary ‘uan, 
Old pun dol J3od 


-acC ‘VARNI drop U): 


nr" ai 


. . "AV 
nodod sortane 
ons aaa 14 1 


Ge ƏLƏL 0109441 


uley usq 
"001 1017 əsər 21 


unn UIF 
uəq93 uəIN Opta0 


syur ətrwogyəsydo N 
"punsad ƏƏIIIN ƏƏ 
JUBI IIIN AUU 


syu ərmwozyəsydə N 
[jewlou 9asIy 874231 
"yuway 9JSIN AUU 


eu 
| ormogyaıydany ‘ewou 
9I9IN exutf ‘ulepy usq 
041 101 ƏƏƏN IPOD 


ƏNUI[ 91p 8[B AONDRAUDS 


[[puoryunzgsıpun Jolı] 
ərp 


syu uyog yono N l 
int bw enee 
All bw vr 1111) 


"un 2 
synu 


I 


qewaou 
sall suos 
-91) VUj9ZUl9 yəsıdoys 


-0)sä;) 00€ IJeyIzedey 
`COGl `Al `€ 
uasrjag 


110 snpum T wmr ‘iyoy 


-701 [jelogqn ydsıdoys 
-03840 OL yeyızedey 
‘COGI "III SI 


uəuonu49z[r] 915ələq 
snpunqur'[[g#4əqn Sung 
-QH oyp yosıdoys 
og oo yeyızedey 
061 III gé 


uasrjag um yəsi 
-gyae snpunT ‘x99 
-19 A W1 BI9Z[[] yasıdoys 
-03840 ‘OGI Jenzeduy 
:CO61 "III '9 


uəsom£uoor 
674994 ‘(BUOU PUBAMAUDAS 
-Big oyu 9983 704 
X9)49A 39p 3st yəsıdoys 
-038sí0Q 'eL] yeyızedey 

CO61 "III '9 


UIUILIISSITF 
qur yneyumapyos 
ossu[q <yostdoys 
-03sä,) 09 yuyızuduy 
opgi Ir "Fl | 
wait PIP SÉ | 


ayoul apos 0104 ara 
-o sn Al: stossen, ) 


orng P ‘oo avanne s | 
COGI "UI “< l 


»n 


YUAOISSIUF ! 
TATY 2000 gou Aan 


Ziom ung Got doe ag 


fewiou uon 


u ZI3MUNIS IJ[oyaapaıa 


pun unun Iaqua Fr gMaS x 


uie|T4əqn4j 'uopiosuos 
-IqSUOIINIAL uəluuo]sy 9 
pəs "otae u9əJuoə:I Aan 
ut Z4ə9uIuoS `P ag 


Bun[puvuəgq Ə[üyol 
[ƏTA 'uəuonyit]N 95unuu 


ugy asanıy 
tuəpi9suosəqsuomnyr]N 
uəjguo]XN GE VƏS 


x 
| 
x 


Sunjpueyaquoseig 
ayo ouy UIH 19q 
N43 C 6 YS 'əsstujimp 
081 OJIYIWAA 'f p NIS 
‘SNIUOX) puesnpaəp u 


uəuuə.:q ` 
d 
-Jossu M eZ IOS "eiO9/ ` 


yıfoyusaeın IZ ` 
8 nos 


nz jez HOA 'Í 
f 
li 
i 
tau aoqnap fonol) 
"IDN OZA ON 
ynv muo D PS 


Tor 
PN 


UO 


rer 


‘99 


EU 


Eu 


(ni 


uəo[ltzuq[əoyaioqn l, 
"[119)8 anyj[n M 


uəyyoyouorn 
uəa[ltzuq[əoMa4oqu, 


"[14978 anyıny 


uolltzuq[əMioqn 


ti 


[11938 anııny 


= 
= 
= 
N 
fxs 
uajpIzugfay.Ipqnt, 
"IUai1g anyjny 
uə[ltzeq[əw34əqn], 
[14038 an} 3 
GIG IO E th 
eg [11338 4N} NY 
— en 
= De ea 


Immy 39p sinqgadıy Gun 
punjəq dəs BOIAR 


:sjnysny 


D S ` | 
KIAIA oda pdo BY | 
-4u18 “onus 'oqU4) Ul4:) | 


0’ 1’ ° 
oi OI 
BIƏ (IA Jans 


Janıyad Jyt uti) 


wE soarg "oda ` 
BODIMIG-DTAJ13 BIYA | 
eads taqa} gyorg u) 


fo t/i RIESE MIs 
DIUƏM Y 30d], 
‘JONVS'IQNIJJYDTƏ] UII) 


Drum | 
(ai "odat "ll at 
Jäng "ant UHT) 


Sunynap 
`V iga uay 


ady my yg Hod mwaou 3AN 4423 


-Ə([ 'iənwus 'əoqn4) ur) | 


NOBALD8 [puonyunz 
ƏwIN vyu "osoayd 
-UOA 9sJ0423 Fjuo94 


874991 ətul01Mo94udəw 
[BUNIOU Ə131VN au 
‘YURIY IJN IPP 


syu ərurozyasydan 
[ewon Ə191K 91uo9. 
‘yuvay ƏN OYUN 


v 
> 


sying əruogzyəsydə N 


A 


"Dupnsa? A441N 9195394 
‘yuvay ƏJIIN ƏN 


SHEET Hrmoyyaıydan 
"[eaLlou IIN OAN 
‘yunay 94əƏIN 919934 


syu 210 O1 A4 AN 


‘YURIY ƏJƏIN IUU 


punJəqti91əÀrx 


asg dop Pd 
9104 oupozutə yosidoys 
Opa Ca] yeyızedey 


‘COGI JA E 


Qytəs 
-UƏSUJ L op 94934 
3704 aduıa yasıdoys 
OK) OOR Fenzedey 
Cl III El 


999] J 901 BuT 


| °9ltəstləsu[$[ IYU Jan 


UDSNZIIAARN Uostloss 
OK) Oel yiyızedey 
Gol "IX 9 


009 muzede y 
‘muou yosid 


-OMS0OJSX9 OUIIJSSJVJIN 
goud me siq oui 
-CO6L "AL ZI 


HONMAAZL) OUT 1933417) 
4 wap uəaqon ‘Syy 
-404 yauys yosıdoysojsan 
deit! ` "OCT yerızeduy 
:COGI "AL FI 


UIRA UəƏsSJIO A 
[9!a tur JPD 2104 
snip ost[g] ap yosıdoys 
078%) "OG yenzedey 
COGI Al 


punjequaseig 


JUOUNMONUT a7 
49773727] ut 'təƏpi9muosoq 
-UOBT[EL ONIEIS FE NOS 


urn 
Jsanıpunsjuygsny ph | 
VOS’JIOLIISEY DUITOSptog] ` 





| 

pon pq SA | 
Su SƏP UROA 

UD dai) GRSAUIEHIUE 

401 9HuaUu4äA "D FIN 


an.) 1197 PU ag 
(ÉRNIGE UK OG OELEEA 
-Syu Dyn f € pS 








GË 
ə9yjuuziomuoəs 


HS, 


Dp 
yayppunıoa "P Zi 


ISstri].mp 
-ag ayyom Fury. 
‚gun UAPA DIPS | 








əsoumeuy 





`f 9r 


`f t€ 
d "wv 


(cé 


En 


T He 


Š "H 


£ `AN 


ODIL DEL AA) 
Ay IUEN 


uh 


6) 


HI 





113 


Zur Atiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


uoppzegqppyIagqny, 
[us anymy 


uəlltzeq[əxiə9qn L 
*[t493s inn M 


uaj[tzugjoyisqn], 
[1178 anyıny 


uə[ttzuq[əsx4əqnj, 
[98 anyıny 


uaytzugqjoyuagn], 
os anny 


Verzug ac], 
TEE ant M 


%' 1 `q[V 
‚ "aones *uər[əuy1tdrgr syor | 
-agds *jodəG[ səun°toə 
U194 1681 'sƏ3AiUJS : UUN) 


8]u994 HLmogyaaydan 
"[LWIOU 9J9IN out 
‘yuvay ƏJIIN NUDIA 





uonəyydy jot 


2odat "914, oe 
ones Iqa uN 


19711 
uə9q33 uə:ərtN 9ptəq 


andg :sJIƏATG 
'uət[əuytdrr | 
‘iog eng qodəG[ Sou 
-1Ə[M aqa} 44010] UUN | 


syuıp eImogyaAyudan 
‘(BUOU 9JIIN 944291 
‘ULVIY OIOIN OUH 


av 
‘mig “any “Mag)s god | 


-Ə([ 'jənus ‘Squa udp) ¿UƏ4ƏTA 


w/a g Ramm ‘uopo 
-ads ‘mjg “ag god 
«(| ones ‘qna UA) 


¿yuvay uaaaıy Əpləq 


l 

1 
| Mn Pia "QV | KIYOO Oruro N | 
apo uroa godecgy OWO vaN M)! 
ES SEA gyyogep up y puo vern SHOSE ` 


BPO | 
snyIp Əsv[$[ yosıdoys f 
-0}8$40 `Q I geyızvdey ISSTUFINPIFT 91a mIVA 


COGI IX Ge yuwayuostpq "ff os ` 
oörfegg ‘Bapo 
snytp əsejg yosıdoys 
-03sA) 008 Yeyızrdiey 
-c0O61 IX EI 


dsstujJInpagl 
9JI1y9WmAaA "OM aaqnıl, 


:NUBIY USWUON E OS 


SP | 

204 ƏjYtəsuəse|g 9424 
ərp yaıuasam yosıdoys uj aqna ‘oss 

-035X/) "001 yayızedey | -Jnpag vyeyzaawya: |, 

OO "JA `%6 ooynny 'f gZ VƏS | 


ong "Zum | AUT | 
-Q4 əßıyoəp yosıdoys | Aaaqnıy ‘osstuyanpag | 
-075%) "001 Yeyızedey | Syeyzıow ds ‘əyə 
COGI UI oe Haa FOGLE PIXO IS. 





yorsomun I | 
anyy1ınyg uadom ordoys usv 
ke KO yuyızeduy Ä avqanıy ‘ossu jan pog l , 
a Së : "ITA T ƏJAyP uA "U žal mus 

COGI . i 


Jumo ; 
15 `o | 
afiye to" ' | | 
"sound we gosteloye.  Zungpimugogp DTENOL ;, 


RR of yyyızudung any Aona} OTTELE 
"oul "IA "OI IE ae "Uc Ian j 


[86 


& 4 


ra 
ZA "3 


UU 


`M 


Us 


5 
La 





Zeitschrift für Urologie. 1907. 


114 F. Suter. 


bakteriologischen Prüfung des Urins fanden sich neben Tuberkelbazillen das 
Bacterium coli und ein Gram-positiver Diplococcus. Die zwei letztern Bakterien- 
arten, die wohl sicher mit Instrumenten in die Blase gekommen waren, hatten 
den Bacillus liquefaciens verdrängt. Ich möchte den Fall nicht ohne weiteres 
zu den endogen mit dem letztern Bacillus infizierten rechnen, weil die Mög- 
lichkeit eines instramentellen Eingriffs bei einem 10 Jahre lang bestehenden 
Blasenkatarrh doch sehr nahe liegt und die Angaben der Kranken nicht über 
allen Zweifel erhaben waren. 


Fall 6. Die 35jährige Patientin war früher von verschiedenen Ärzten mit 
Blasenspülungen behandelt worden. Im Januar 1901 fand sich der der Blase 
entnommene Urin steril. Es wurde dann eine grofse linksseitige Pyonephrose 
inzidiert, und aus deren Eiter wuchs der Bacillus liquefaciens ureae. Diese Tat- 
sache ist wohl so zu erklären, dafs aus Anlals von früheren Blasenbehandlungen 
der genannte Bacillus in die Blase und in die Niere gelangte. Durch spätere 
lokale Behandlung wurde das Bacterium aus der Blase beseitigt, blieb aber in 
der Niere, die durch Obliteration des Ureters sich abschlols und sich zu einer 
Pyonephrose entwickolte. Es handelt sich in diesem Falle also sehr wahrschein- 
lich um eine von aufsen kommende Infektion der Niere. 


Fall 11. Der Urin des 27jährigen Patienten mit Schrumpfblase und nächt- 
licher Inkontinenz, der sehr viel instrumentell behandelt worden war, enthielt 
einen grauen Gram-positiven Staphylococcus, der jedenfalls mit Instrumenten 
in die Blase gebracht worden war. 


Fall 18. Die 22jährige Patientin hatte ursprünglich sterilen Urin mit 
Tuberkelbazillen. Es wurde bei ihr die Nephrotomie gemacht und das Nieren- 
becken eröffnet. In der Folge fand sich im Urin ein Gram-positiver grau- 
weilser Staphylococcus, der Harnstoff nicht zerlegte, die Gelatine nicht ver- 
flüssigte. Dieser Coccus war jedenfalls instrumentell in die Harnwege gebracht 
worden, entweder bei der Nephrotomie ins Nierenbecken oder durch die lokale 
Behandlung in die Blase. 

Fall 20. Der 47jährige Patient war sehr viel von verschiedenen Ärzten 
instrumentell behandelt worden; bei der kulturellen Untersuchung des Urins 
fand sich ein weifser Staphylococcus, der den Urin langsam zersetzte, die Gela- 
tine langsam zum Schmelzen brachte. 

Fall 35. Der 54jährnge Mann war frūher lange Zeit instrumentell be- 
handelt worden. Im Urin fanden sich bei der Untersuchung neben Tuberkel- 
bazillen Colibakterien. Die Wahrscheinlichkeit instrumenteller Infektion ist in 
diesem Falle eine sehr grofse. 

Fall 55. Die 26jährige Patientin war auswärts wiederholt cystoskopisch 
untersucht worden. Bei der bakteriologischen Prüfung des Urins fand sich 
neben dem Tuberkelbacillus ein harnstoffzersetzender, Gelatine schmelzender, 
grauweilser Staphylococcus, der wohl mit Instrumenten in die Blase gebracht 
worden war. 

Fall 62. Der Urin des 43jührigen Mannes, der noch nie instrumentell behan- 
delt oder untersucht worden war, enthielt neben Tuberkelbazillen Colibakterien. 
Da die Angaben des Mannes in jeder Beziehung Zutrauen verdienten, ist die 
endogene Infektion der primär tuberkulösen Niere mit Colibakterien sehr 
wahrscheinlich. 


Zur Atiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 115 


Von diesen 9 Tuberkulosefällen, deren Urin neben Tuberkel- 
bazilln andere Bakterien enthielt, sind 7 bestimmt instrumentell in- 
izet worden. In 1 Falle (Nr. 1) ist die instrumentelle Infektion 
wahrscheinlich; in 1 Falle (Nr. 62) ist die endogene Infektion das 
Wabrscheinliche. Auffällig ist, dafs nicht mehr von den Tuber- 
kuloefällen sekundär bei der Behandlung infiziert worden sind, 
da ehr viele der Fälle meiner Tabelle vor der bakteriologischen 
Utesuchung häufig lokal behandelt wurden. Es scheint die tuber- 
kulös erkrankte Blase wenig Disposition für das Haften instrumentell 
iu sie hineingebrachter Keime zu besitzen. — 

Es ergibt sich also aus der obigen Zusammenstellung, dafs 
der [in in der grofsen Mehrzahl der Fälle von Tuberkulose der 
Hamorgane neben den Tuberkelbazillen keine anderen Bakterien 
enthält, also auf gewöhnlichen Nährböden steril ist, oder mit andern 
Worten, dafs die Sterilität eines eiterhaltigen Urins mit grolser Wahr- 
sienichkeit für Tuberkulose spricht. Unter unsern 78 Fällen er- 
wiesen sich 69 bei der Untersuchung auf gewöhnlichen Nährböden 
de steril; 8 Fälle sind sekundär infiziert worden durch instrumentelle 
Belandlung, und nur 1 Fall ist endogen mit andern Bakterien in- 
fziett worden. 

Die praktische Bedeutung dieser Tatsache ist ohne weiteres 
klar: sie ergibt sich auch aus einer Anzahl von Fällen der obigen 
Tabelle, bei denen wohl Sterilität des Urins, nicht aber die Anwesen- 
heit von Tuberkelbazillen nachgewiesen werden konnte. Bei einer 
ganzen Anzahl von Fällen wurde auf den Befund des eiterhaltigen, 
sterilen Urins hin, der aus einer Niere stammte, nephrektomiert 
und in allen Fällen das Vorhandensein der Nierentuberkulose durch 
die Operation festgestellt. Diese Art der Diagnosestellung hat 
nichts Auffälliges; wir diaguostizieren die Lungentuberkulose aus 
dem Befunde einer lokalisierten Affektion der Lungenspitze, wenn 
wir auch keine Tuberkelbazillen im Auswurf finden, oder eine 
Knirgelenktuberkulose aus dem für diese Affektion typischen Ge- 
lenkbefund, ohne den Nachweis der Bakterien zu erbringen. Für 
die Niere ist ein diagnostischer Irrtum eigentlich ausgeschlossen, 
wenn wir klinisch feststellen können, dafs eiterhaltiger Urin, der 
auf unsern gewöhnlichen Nährböden steril ist und auch in den 
Bakterienpräparaten keine Mikroben enthält, aus diesem Organe 
kommt: denn es gibt keine Affektion, die den gleichen Befund er- 
erben könnte, Für die Blase steht die Sache anders; hier ist die 
Verwechslung mit der gonorrhoischen Cystitis möglich, wenn wir 

g* 


116 F. Suter. 


nur den Urinbefund in Betracht ziehen. Diese letztere Blasenaffektion 
zeichnet sich ebenfalls durch einen auf gewöhnlichen Nährböden 
sterilen Urin aus (siehe Tabelle 6), in welchem der Nachweis der 
Gonokokken oft recht schwierig ist. 


Ich möchte noch auf die schon erwähnten 16 Fälle mit sterilem 
eiterhaltigen Urin ohne Tuberkelbazillenbefund eingehen. 5 Fälle 
wurden nephrektomiert und es fand sich jedesmal eine typisch tuber- 
kulös erkrankte Niere: Fall 27, 30, 33, 37, 39. In 1 Falle ergab 
die Autopsie die Tuberkulose der Niere: Fall 49. In 2 Fällen ergab 
die Kastration Hodentuberkulose: Fall 24 und 34. In 1 Falle be- 
stand die Nierentuberkulose mit Lungentuberkulose zusammen: Fall31. 
Im Fall 53 war ein Pottscher Buckel und doppelseitige Epididymitis 
vorhanden; in 6 Fällen endlich kann kein weiterer Wahrscheinlich- 
keitsbeweis für die Diagnose Tuberkulose erbracht werden, da der 
cystoskopische Blasenbefund nichts absolut Typisches bietet; nichts- 
destoweniger ist auch hier an der Diagnose nicht zu zweifeln. 


Von den in der Tabelle 1 mitgeteilten Fällen sind in einer 
früheren Arbeit” schon 17 von mir publiziert worden. Ich habe 
schon damals auf die Bedeutung der kulturellen Urinuntersuchung 
bei den eitrigen Affektionen der Harnorgane hingewiesen und an Hand 
eines viel kleineren Materials die gleichen Ansichten geäufsert, wie 
sie sich aus dem viel grölseren oben mitgeteilten ergeben. Diese 
Ansichten stehen nun zum Teil in gutem Einklang mit den Erfah- 
rungen anderer Autoren, von denjenigen anderer weichen sie be- 
deutend ab. So betont schon Rovsing! 1890 die Sterilität und 
Azidität des eiterhaltigen Urins bei Tuberkulose der Harnwege, und 
Melchior” (1895) kommt zum gleichen Resultat. Im Jahre 1898 
bestätigt Rovsing? seine obige Ansicht an Hand von neuen Beo- 
bachtungen. Auch Casper? steht auf dem gleichen Standpunkte 
und schreibt in seinem Lehrbuche der Urologie (Seite 182): Tuberku- 
lose- Harn, in welchem keine Tuberkelbazillen zugegen sind, zeichnet 
sich nun dadurch aus, dafs nicht immer, aber sehr oft auch keine 
andern Arten von Kleinlebewesen gefunden werden. Es ist hier 
genau wie bei den Pleuraergüssen: Sind keine Tuberkelbazillen 
und keine andern Mikroorganismen zugegen, so handelt es sich 
um Tuberkulose. 


Im Gegensatz zu diesen Autoren äufsert sich nun schon Halle? 
in einer Anmerkung zur französischen Übersetzung der Pulbi- 
kation Melchiors (Seite 176), indem er ausdrücklich betont, dafs 


Zur Ätio!ogie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 117 


die Tuberkulose des Harnapparates zur Sekundärinfektion mit Coli- 
hakterien in hohem Mafse prädisponiere. Albarran? geht noch 
weiter: er sieht in der Sekundärinfektion das Gewöhnliche und hält 
en längeres Bestehen der reinen Tuberkulose fast für unmöglich. 
Endieh schreibt Pousson® im Jahre 1905, dafs die aszendierende 
Urogenitaltuberkulose fast immer eine offene mit sekundärer Infektion 
ei, ind die primär hämatogene oft sekundär infiziert werde. Wir 
misen etwas näher auf die interessante Arbeit Poussons eintreten, 


ım zu erfahren, auf welche Tatsachen diese Anschauungen sich 
ünden. 


Pousson gibt keinerlei bakteriologisch-kulturelle Befunde, 
soıkrn schreibt als bekannte Tatsache, (Seite 816 u. ff.), dafs sich 
in der tuberkulös erkrankten Niere dem Tuberkelbacillus früher 
«kr später gewöhnliche Eiterbazillen beigesellen, die entweder 
durch die Blutbahn hergebracht werden, oder von den untern Harn- 
wen heraufsteigen. Sie beschleunigen den Destruktionsprozess und 
own die tuberkulösen Herde. Pousson hat sogar für diesen 
sand des zerstörenden Zusammenarbeitens von Tuberkelbazillen 
ud Eitermikroben in der Niere eine besondere Bezeichnung: 
Prelonephritis tuberculosa. 


Für die sog. aszendierende Form der Tuberkulose der Harn- 
orzane nimmt Pousson die sekundäre Infektion als das Gewöhnliche 
an: da er unter seinen 32 Fällen von Nierentuberkulose 20 Fälle 
hämatogenen und 12 Fälle ureterogenen (aszendierenden) Ursprungs 
interscheidet, so mufs die sekundäre Infektion sehr häufig sein. 
Aber wie wird diese sekundäre Infektion erwiesen? Durch die 
Untersuchung des wohl in gewöhnlichen Gefäfsen gesammelten 
Crins; dem über die Art der Urinentnahme oder über kulturelle 
Untersuchungen wird nicht ein Wort gesagt, sondern nur aus Anlals 
der Trinanalysen erwähnt, dafs sich im Depot neben Tuberkel- 
bazillen mancherlei andere Bakterien fänden. 


Wenn wir also auf die eine Seite Rovsings, Melchiors 
und meine Untersuchungen, auf die andere Seite die Hallcs, 
Albarrans und Poussons stellen und auf der einen Seite die 
bakterivlogisch - kulturellen Urinanalysen, auf der andern die ge- 
wöhnliche mikroskopische Urinuntersuchung finden, so ist wohl 
nicht daran zu zweifeln, dafs für die Tuberkulose der Harn- 
were ein Charakteristikum besteht: nämlich der eiter- 
haltige, auf gewöhnlichen Nährböden sterile Harn. 


uəqo ƏM u9qO ora 
uədət[ 
-Os 0010 uəqqus[d JML 
Jjəq% uots uəssg[ uoq[əs 
-9ID ‘UONYNOY Ə9AUIsOd 
weg) Əu[əzurə uolg uoyYoy 
uəpuu Ange Jap | u9AlNısod ww oun y 
uJ — ‘H09 wnuayprg | qms HAlyedou mein) 
PU92398192 u1ıf] u9)əxX uəz 


‘puszjeuyss əuyep | -MAUT yong ‘uəyyoyord 
‘uəyyoyordiq onsin 'g -1q eansod mein 'g 


K 
3 
D HOI 
I 1[09 wnLUIopeg `I əaegəu welg) °[ 
Fa 
uəqo ƏIA uəqo Əm 
ounu | 

-W09 (Oo mnuomeg sqnıs oAtgäau wrp 
L a anrea Ë Tu nn 
= 1Ywiwgdqgiduori9yN%:[ 


inj üqqər9139g | 





uaqo əm 


`u9149)M84[ uəuot[ 
-5Səm9q Əla pun Va 
-OYn9’T uaydıjıgds sn® 
yodaq sadıy[oA saulo(y] 
‘arag uoa Zum 
-nəpuy one ‘gana 
-98 10191 "Aapneg On 
mdg orga uəumqI[V 
"Geugo1ged uəuor[3əxa9q 
uəuoruotnQa4 pun 4911 


sng jodəG[ ut 32998 

sanıy33 quon9[( Ou 
yose 

-18 unn +0061 X os 
Jongs 

uun :0061 X Z8 
yəstey 

-18 uun :006I X OI 

U91191 


-yeg uəyonJomoq pun 
uaykdoynorT ueydııgds 
sneu godoq sadıylo A 
Klek? uy “iənss 


tuti r) I04q01398 mmm" 


U9LIONHBEL 
əuor3əxəq yeyquəsssu 
Jagd, :3odəG[ “sJI9A II 
jol odapıayıy soydıp 
tiəngs any 1u98 Uli 





punjəquun 


| E 


punog 

:g061 yendny, 
3339193 Stoen 

biaia: Jyneuutə[uos 


-uosejg] :E8061 IX Ip 


HISN[IIAZUBIS 
ans əuotqong49qo 
pun uəsomíuooq ə3tu 
-U[ `49390[93 'N 39)Q1 
-33 sngıp 3nguuutə[uos 
"Happi :TOGI 'JA T 


uəso[əqurərqos 
[əta pu “q93q193 3iqo99U 
4.1878 OOptdoggoug 
-£o əselqg :0061 X ot 


uəqo 
Im yosımgıodiy you 
Jam mt peu ta Op 


-uəsu[q ƏI[:OGI AT 9 
IIF PP 10 
1939.1/] 934991 1901 "Gau 
-191ssjujJər) uəuor[uor9: 
yu Ingywmımofyosuoseig 


069 Yayızedeyuaserg 
"pusdaduslaiN quəluo9: 


E EE 6061 `A D 





uagat o? 
02811 OJIN gau! 
Jəp 21E1UHOHGIOT ou. 
-otYyunJ outg pira 84 | 


əsu[q Jop Zuntpueu 
-IQ Ə[83O[ 93[0Ud4ə9DƏI AN 


mei ə3nJəq 
opa1p ` ug sjuuosuv, 
GK IER usdunyons | 
-13u() eyəsıdoyo}s 
äyney qəs upaa 
sy Aatd/g0grg Zung 
139% Tyagsaq drpsaddun 
-98 AJommt Jop ‘yaey 
-Byuaseigl 19pu9394] 





P 


-jng ugjuods 6681 ƏS 65 YPS 


9soaydauokg JUL | 
Zunyedg ‘aımoyoıydan 


| 


U9PAI9MUOS 


-aquieH 1061 
uoy 
95119ss1q994 1191 148 


FIS II 








punjsquaseig 


DRITIMLUNY 


‘09 WInLI9JDBg fm aseig I9p pun uəWəəquər9o|NX IIP UOU IINISOPUWI UOA AIRA CE 


fe 
H 


11939 053891) 
ayl V 


„wen 





° 


Oo 





PRL 


119 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


1[09 umLIOJOBg 


1[09 wnLIOPBg 


1[09 wnLIepeg 


1[09 wnLIOJORg 


uoo wunLap}ougf 


Əqgıg əAmnuBpou uui) 


9qw)S əayefəu wrin 


Sunjpugsyag 
apeyoT yaanp Zuntan 


gogo AAledou mein) 


omg HAyedau wein 


Dug oANUDDL ATI) 


| Dëtegegt 
geg ` uattaut 
-1d ‘aayıy yasıdoyso.Ay 
-IW Zunagjy Əuuo 
jodə T sadıyjfom ur 
wpg ‘sosy mdg 
“aones‘sqn.ıy Jydıajurıf) 
| 


uonozyeg Oo Zou 90 
uə[ə9tA pun uəjKooyxnər 
UƏu[9ZUIƏ sne oO M 
əutə 72798 ‘ones qn 
-ə qərə; zue uun 


Staat "A Zunynapuy 
-usLIajyegg 9uor[8əxəq 
yeyuasseuu ‘IIH yI 
-igds :q3odəGq 'Yydıa ydıs 
Merz Bag A gata 32798 
tiənus'əqnajuorə[uri/] 


U91498 Əəuor[5əxəq 
-uN '4y99s9q uaopuıkz 
n uerreygudyy “uadıoy 
-npg U9J01‘u9JÄHoNna’T 
uoydıyıpgds‘ [Heel quəu 
-ztID9Q Snu sup ‘godaq 
SƏSIYJOM UTA 32798 ‘JANJ 
-98 4219p ‘1ənes uN) 


SJON 
| mdg "ustiogyegg uaydıy 
| -Bomoq yvyuossum `n 








aopa wməyorayds ann 
mopy anus 
Yanayad yoro UMS 





uə[guriou 9juo94 
up uəqnn o 
Ə4Əl1N Ə3utr[ 1910493 sn 
tp 93rosuəose[g oxur 
ussowÄyaag Əsrə 
:yəsıdoyo}sí9 ` oer 
yeyızedey : 8061 `II `96 


J19Y90[83 [oyuayos 
-WNUOSLIT, B}y99ı1 Aan 
ussoufyooy snpunJ 
wr u9stdoysojsKo "OC 
yepzeBdey oopt To 


ynequrə[uosuəsuc í 
4əp Bumn10% 91uo1ə[ gen} 
-Jip yosıdoysogsÄg ‘009 
yegizedey engt IA FI 


Di UA[BULIoU 994994 
ərp ‘uonogyeg ep? 
Sitaamt 100 oN 
əwut Ərq `ueuuctə[uos 
-uəsejqg ap Zumgay pn 
Jt!p 9juotə'I "OOP 79417 
-edey juə[op ƏN 
syur] :906I IUA 


uəu49)ss|wjər) ru 
sjurq uəñunpuuxsuəltəs 
Qoa sngip snpun,f 'nx®} 
-19A war [jotzods quavwu 
-unoJyog '049 əsu[$q Ip 
ynrauduyg "TOGE "III not 


a 


uəpa9suoəs | 
-əquəsejg ony „pun | 
ZIOWUYISUAOIN Autos 
eut puəzjəsurtə nye Š 
8061 dAwenuvp 


UIZIIWUOSSUOTINLN 

ur) Asqanıy ‘IIAN 

uə9)u99: 1Əp ur uəouoo93s 

F06I IX "el wy 
‘Yydwemadydınp sn.layy] 
uoyeylsqey uauta "ed ? 
ey FOBT Teqwason wm] rv 


ziəuruosuə4ərN pun aoq 
att 100 YLIBFeYUOSEIF] z 
1938 QOGT'A 6 Wy | `[p H 


ƏI9IN Daun 
J9p UI ziewyssg up 
-uəqiə[q "D Zug ud 
-nJoy gru ‘Iur | Š 
odynry goet mdy w] | 

d 


puəBəBuƏə4dərN `í 19p | 
ur zamog — ‘yey | 
-eyuəsejg nz Zunätan 
n uwy Iqua} owu | 
qərq urrtqadəjuds 
"Maman? Spa) ut n| 
}191W030380 FEST TIT P) 

wy '‘Sunjppuvyəg AV || 
OI Zungn ua) wap || 
-ua yoooq pua dam | 

wyuəsujg u ` allt 
-IOJy uw ajnpyosuy ur 


up orfayormyuo TERI | 


==] 





Sugguy “89 `L4 


D HL 





9 





— 


1]09 wunLIOJOUgL S uoluzugq oayudəu wg!) 


090 wnuoprg 39Qqu)S sanyegəu wry 


Sptoaatzg ndg uono yeg | 
uopo 5am oq N UD : 
-oynor} uəyorpayde poi 


32MH[OAY uw "jonge 
‘puasarzsajedo uw) ` 

uU9L19J RE] | 
uəuonBsomaəq 'n 3914 / 
sng 30do(f Sutor! 
BIOMI "ia! "Age ` 
qF gy1) Uf) 


Ua0ig Uau2u 





| aanta sne mu ‘zodəq 


oo WNUIPEŞ] Əqwu)& 9Ayedou mwN 








= 
E 
2 
o 
I t|o52 uinti9129g , 9qu)S əxans3əu wrin 
= 
100 wnuaprg oo1g əayesəu wrin 
o 109 wnuapeg  auge ago wu) 
EE EE 
E EE e  —[. 


HOI KGCHCTEVIS) 1g/1gdeidoatuigiggeut 


sodıyjoa sprang indo 
*1əngs'əqni) uolo[ uti ) 





| 
| 
| sea mdg 
"uang `n U0JSD0Y 
' -NƏ SNB Ə3N[OAN ƏN 
ones aqy uN 


-Zomaq yoıyaıaı pun) 
| 


00! l, uəmnq|[V uaa} 
-y8 @uƏ91[8oxsəq ou 
-uassgur ualfsygidyg `n 
Jayy eng oda səuIə[y 
"Jager ant 1u2tat DU) 


varıs 
əuotBəxəg 'uənəz 
uəudiom4 od pn Aa 
sng godəq sadıyjfoa 
‘;,/, uawngjy ‘lanvs 
‘quago? gyo uug 


puujaquun 


Fees u nn E ` Vs u nn SÉ d e 


vss updo A prä | 
-Jou yost o Noge LO OOT 

yuygızuduyuasujgf fyon 
-puydwa suaxq9 IIIN 


out 22061 "III '6l 





use uəqnia)3q15 9491 v 
ƏNurr[ ewou yosıd | 
-OYSOJSAI 9SBIT OOF, 
witzudey 21061 "A Oe 
uagpf usqnıy 3qı3 
13391:] JaJy9ay ‘Mey 
-WIS[UOSUISRIE] OJBLIOU 
yosıdoysoJsig '00F mm 
-ızudeyy “quə[op 949IK 
HYJA TOGT II "II 


jewiou oayuıf 
təlt91pus1sərT ayosin 
-ofoyyed 1017 Əə:ərN 
37y99 4 'Əseg puou 
yosıdoysogsÄd “00FP 
yepzudey :FO06I X PZ 


I9P UOA UAWWON 9]19} 
-puwvjsəg w9əuost3do[ou3 
d at `9ui9lssjujərn) 
adıur me siq pwu 


-JOU 3sB[f :1061 X "II 


jewaou 97991 
"oa1ta1pug1gAgt og 
-ojouged 21017 auaıNn 
eyur] “ncumto[uəsS 
Jjəp ƏwuJƏ9]ss|mjər) ət 
-13 uS5stdoxsoljsKo ‘OCH 
yuyizudey :C061 I e 


MOHOL} 


-MIJN ƏəüuuniosSw Sa 
-YOA “puəBonuə49rÉN | 
"TI Aop UT UUZIHWUAS | 


921 Joy AU I ag ii 
sjos q Byss] 


` 


pun sgnsíg əsnjəy 
puəsjəyəsue uwiep 
‘SNUISIJOJIYJBY Yang | 


| 
i| 
| 
uay asnuq 
a9qnıy {yaasjeyuaserg ' 
A omwojdwisg 'ziəmuos 

-Zna UJIO M E JS 


on 919 My08 0061 "II "I 





| 
31913 | 


FOGI 1enuvf w] ‘Bjoa x 
əƏuuoO ƏruolojsXoə[ouo | 
[gur ç `g9)Ju9ə9: uəyt[oy ` 
-UBIHIN UƏ4uep E PIS 


uauoryeq | 
-1398x pun uəuonsstur 
-3Y pu yaueyeyuayoagq 
-UƏJIAIN  JƏSIJƏSSYUI ; 
0061 ayefynag ‘yaa 
-84uəsejg “J9lJwuudəqəli ` 
puy sadtıynlp Ir. 
| 
"W 
-YI IIYAMA UIH 
woaqnyy "zıamuydsud. | 
-IIN qr U Iyuway | 
-19 myr əsyef [ OA 





punjsqueseigr 


I 


əsəuunuy 





“Mm 


"Te `D 


T o 


61 a 


een 


yyy 
“191[V our V 





HI 





121 


1[09 UMLIYJOVEL | 


1090 wnuaprg 


syysío "pn xə[dnp sut 
- AA 3)qi649 ərdomy 


109 Ointiu2ugt 


1[09 nat 





Zur Atiologie Jer infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


HoD WINLID [PT] | 


yo. REDE Borg 


x 
9qU]S ƏA1859Uu WM), 


9ATIS AAIDGZ0U DAT 


GE ‘ugaz UID 


9Qqu)Q ƏADu3Əu WNI) 


9qw]S 9xnusou mwN) 


Wb x 
yujosqe OUT A9op para 
9twoy3aydandop YN: 


dl OAI WEIT) 


| 


ON AT aarp | 


UALIOJYUET | 
ypeytossuw (total 
"Haut HOPA Hoz, 
-wagy ypo apds egzodo ` 
SIDIY[O AA SJOA UOY 
stənusqu4)jo5luoro[ut4;) 


l 
| 
I 


UIAJ uəuqongəsaq, 
uoguuuəssem U Aa | 
sne godə(q ‘sjos i 


mdg Jangs "o0nm vun 


soa 


-5omaq yjeyuəssew 
pun səy sng gzodoq 
yw G(onus “qn ur 





sjaarg mdg 


wBgrIS UIPA 
-un juta godaq s051 | 
uraa u 932798 “aənus! 
ana) JOI, UN) 


"TOLIIINREL onom | 
-squm "301 "UA1A20ON 
DATT ayptpmdg anus | 
“sidr ao uyy uu 1 





-aq ojota pun (uone 
-rlsg outo sua Xo MD. | 
yesin 
= Vonal nu? 
MG |1o tif 
apegat 
ut.) 


tl) Int 
-ey uito 
Setgosptiuni.sgf 

ardlla yanapa 
TU AU: teil 


up 


MIO ul In ALTHJI FIR. | 
| 
l 
I 


| - 0]s £O 


d 


ordoysoysKy) 
HAN — "HAD JAIN 
our TOL "II Ge 


oıdoys 
outy  '}uə] 
-Op 1u98 puəsəoBnuoaərv 


9994 ‘LOGI "II FE 


2.191898 | 
-àI u9lsQ4j[ə9j)nuosS PU 
"yuq əsepnoç uəoiəp me 
'suq[u$[ sop INJU 
ƏDU IIS COGI I'T 





-TO6I AT 


"E061 TIX 'L 


MI IS 49194:1 
IJYDIL JIP ƏSSTUJ[VI A | 
Ə|vuriou uoSsrtdosxssojsx;) 
"VAT ` ott P | 
WOUTZARM EOGI JII Z 


opto? 
Uo PSYO [O3 
wd p HPUH DIN 
OT UI DD 301 u" v”d))cÀ:r3" IÉINN] tell 
tr do)un) Niet) ojos 
-Uto null Alt ti 
aje A.) cool 


-puwysotl | 
! 


l 
gend ` 


"A II 


20146 opges, 


4] Op OA SuN 


-Mopmreched v 
FAN, 


HAJN qN L "ZzZuounmoy ` 
-UT 9Ə)uƏrər[ Osstupanp 
STONE WASAPUOINDHLI 
-pqn pun Ə9qU04) u) 
"PUSDOSHOIIOIN YUI p t: 


219WU9S 219Z 'DUR] Pos 


RL 
od Ae 
-UISEIEL fUOZIIUTƏS 
-UAJƏIN  ƏHIJTISSJYIƏI ` 
Aa WIPIABIN dəp 
Luo ° uq suu; 
sop Nq ` dot ` 
‘aser op UT SASSIZ8 
"qy səp UONBAOJIOT. 
"Sud Aua 'P € 4doA ! 
arug uoa əwozd 
-WSQ SOS UOA 
amumdmig ` "oisoutai 


-40 1061 Nas ‘Soyou 
- on uaayep pZ UOA!’ 





'uopÀioaon aqnag || 
pəz əmə pəs unq | 
Jop Jsı 9moydwäg auyg |, 


70 AT CL we ormon | 
-yPaydan Zungodewmay ı 
‘OSSTUJINPIET oyayauı 
-19A "ouni ` ail | . 
-nq 1061 3əqonMO POS 29 


Ka | 


OO DEN I 


DANTU AND 


`otatijueu]| olto} 
Hov nolo 


POSION p omy © 


ne. 


~ ' 


nous 


Rn 





I 


el 


Aunnapuy :sj10A1J 
omg out 990 afalA 
“uarrgypdaq]'us}Jdooynar] 
vgmug "Zton godoq 
| 'iəngstəqn Ju919[ DU) 


u09 wnuaperg qg əayefəu MLIN 


‘pt ‘pt uəqo ət4 uum 


u9q0 ƏIA uəqo ə uəqo ə UN) 


| U91191194 

: Əqot[899<aəq 3Jsuuəs 

-sew ‘səy aoydıpıgds 
.'spoary andg ‘aones 

9qw& FAryedou wein E ua? yyə unn 





1[09 mMNLIIJOTE 

















š ' SjIƏarq uoa Bunqnəpu v 
5 uauaysg uəuor(Bəxəq 
Se 'yyeyuessew pun 911 
Fr Zou SNB IJJOM JUW 
oo wnuaprg uge SAedau mein qz498 ‘Janes təqn4 uli[) 
cO6I III RW Zuntpueuagt | "SJ ATO SAT 
[14938 `3Bo[ori91qgq uri) Ə[eso[ u9inp Zunman | arg semg “uət[oulrdrr 
sydıLgds "uaLIaIyeg 
uəuot[89a9q əra pun 
Jayı sne Sryjos godoq 
100 umtopeg ə9qe1S əxne5əu uwi |'iəngstəqni)iuol9[ uti) 
Bun[pusuəq UƏT191388 uəUo![ 
980] yaınp Zum | -Somsqun 'n uəzávoy 
-nər] su@ ƏYX[OAN 9urafy 
UuƏr193 ‘rangs “sJI9A U 9uuo 
N 1[09 WINLIIJOREL -yeg SANedau wein | tpuəiətzsəjedo uun 
3 m — ——— s = = E — ——  -- e 
anynyuorıaIyuegg yeavdgıdusat1aygesg punjoquim] 


*ƏA91N UJI Op ` 
ur ZzI0myag allge — 
*1əjyuoo[uos p[8q ‘qəs 


soq preg — "Mute ` 


*UuƏu.49385JTJ 
00 yua meyus 
eıp ‘zoa snpung 
1əp yosıdoys04840 *OG9 | -siq əyossı əəsjny i 
yeptzedeyy :2061’A 'P3|ouyo uayef 8 PS 


(2061 | 
| 
| 





"IX SU 009 e1ızedey | Zuniassagg A0N EI 
uəqo əm punjog | 
aayosıdoysogig 098 Zun1omunpyosıa A | 
geyızedey :Z061 'x ‘or |TPPO ZOGI IPH 
301Y90y XII A 
Top *uəui9əjssjujən) 1101 
sjejq Ə9ss[q e3tuqn ərp 
*101990y Suvdsneuaserg] | Zusig [9TA pfeq ‘uayıaz 
Jop pun snpunJ Jop əmu peq ‘pun.e) 
sı yosrdoysogskg) '098 | uIas7ng əuyo puəp 


uauoyyim edyary mn 














yeyzedey] :0061 'III’3z | -!Tuasepgq Sue, VƏS 

119Tuojjeweuwn | 
snpun,y ı9p '3ryoəpio: ! 
B3ijgur — 3neumurəo[u9S | '`Zjəuruo°ÇS IƏ9tA uəjeu | 
| uostdoyssojs/4O '0Oqh |-oW 9 39S 'Buviq 33. 


yeyızedeyy :C061 "III '38 


191uojpwew smpun,T 


-AYJULI9A UHIYBL G 119S 





‚mt ‘3990189 ‘4193901 

-93 Bisjüum neywmialyds usu | 

-uəsejg op sı yasıd | HYıyamıaA `puəpu ! 

-0X80}8í0 ’09E Yayızed | -uaseigl eydesı[] a1asınv | È 

-eyuasgjg] :Z06T 'I '8Z|əuyo uaayep Ol ua "Le H 
jewIou ıequıayds | 

u9JOIN SpIagg “9uaəjs 9iuQiuisH dəp (ouni 

-sjujər) 'n 94299[4 JOI! -VY ("yaıwyeyuaseigj ua. | 

' 9təsuəswu|çq[ uəsut[ 49p | -ugp og oa uoyog) — 

' Junu yostdoysogsÄy '0c« | "yırwyeyuoseig] aydesıf & 


geyzedey :£8061 °A +I 


punjaquaseiy 89 LumUuy 


ó 


GI 


Sp 


+9 d 


| Iy39[ 0892) 
KIJIV OMEN 











. 
N 
+ 


fo 


O 


əƏ4,əsjum əuqo "DG uänu OEO OZ 
i | 5 





Zur Atiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


123 


IZ -opemaadys “sIUujsoiq 
ñuujnəpuusjtəs -0oAOAd 91sQ41J[91)ui [5 S 'stuiKpipidir 3[ou 
U uərtiəjNuq Əxu uonweuəumdsur Ə[wM | -3əpəra tuonuynqduroM | 


-uñəu WEIN Əljuuuəs 


-SBUL *U9JADONNITT əuor[ | 'ərdoxsolas£Q 9uuo uəssx[ | -<ag9uxə Sunuu “uu 
-gdo 'uəayjy nz 1əqR | -guvu uəsiíiñolotiəj | igqud Aaylag Aua 


suru dəuriəq | 
pun snriudəuo[əxqT 
:C061 "Sa, 'S19148A9 











-O[ Əpuəzt4 opal wp |s[V 'syysig apuaiag 














-18p qois əuyo PAPOM | -ALA :CO6I TI 9 FO6I | doo NEES 
autapy əurə 32708 “ones | -X 'q SOG IT'FZ TOsI | Hm uoyəyy "H P 
H09 umnmuaprg game? aAedau mur |9qn3qə3 maat uti | HX `F “I061I "XI ‘gal -19q904 1061 Tady “I '6P H Ge 
wayo uoa 81}138}S | 
(eyejsoig Jop Zung 8JI9 AT HOA snpunq 319490] | - 01T "BWwyrugrsjunın 
-pueqəg yoanp Zunjtayj) U0A Jungnapuy 'usqryg |-83 pun 4999133 ost Lan pun aəqəƏ 9197 
uəjjeuuəsssur N JY | eydıeyey aus uosıd | 1992390] uf "osstuzaupagj 
sne godəq sodıyyo A |-ogsogsío əsu[g OGF | əyuuəmuəaa uəotuupa aos ZP | 
00 wunuayrg aug1g oaeZəu mein | ones ‘oqu uu |yugedesm `q061 I gë |'uəoouiiouon ədəiuojv | Er A Ki 
SJIAATT UoAZunynapuy 
"Datia1geet Uau2t omaq | 
yeyuəsssw n uaadıoy Jəpəata 34U93 | 
-Jnjg] U9g01'ua9XJoynar] | Zıyooggossuspoquasgjg | arunyeugg Sjop | 
uəuor[3uds sung HxjoM |sop yneymispyag op) auuog omoioiei sjeu l u 
əurəjy  3z7ə8 ‘quaş | yst yosıdoxsoysÄg 004 | -sq atıngeweg adıyoru d 
II0O9 urniiəjo5ug oo əanudəu uma |-93 3Q9D[ “ənus utir) | qmtzedə3 :oO061I A 65T |-mey uae a AoAl o `a LE 
yuajop . 
yydıu uar ewou 
SJIƏ ALT 97991 yyey Zunpunw | | 
ands “U91490 UOA | -109941[] 'r] "'yngywıefyos Aa7y9a[yds preq | x 
uəjnuH ‘n 'uəzíooynəo | -uəsejy op Zunggyy | ‘1ossoq preg Ee | + | 
N a sne godəaq wäiten (avis ment ‘OGZ | -Naseg eu. ar or 
` VU 908 Əxnupəu wey iənus“əqna 3uOtə[ ut. r) ywyızudeyy :ZOBI "X LI unuods CA LIN # 1198 e ! 
USAWS umf) qpa Ir | f 
een at pun a P. 
Bes er | ordonos) EE !: P oo 





100 umIasyougf I opg @AnufƏu Lt) “anus ABID uta, | oro M :OGI "III ‘g | oaonjny ich Fol Jos j Ip "ul 


(ua UNLONI 


109 wnuaypeg 





e (o ulnti9J59q 

= 

3 

un 

E 
1[09 tunti9]ont 
1[09 wnLIOJORg] 

+ 1[00 wULIOSJDTEL 

N 

E ee = 


AD1ID ND 21 Net 


UK SATEDOU (Ir) 


oun? əaegəu win 


9qw)S anes wey 
(Sunjpuryəg 


| 
uasungndsuasejef x 
| 


aeyor yoanp Sungtap]): 
ə9qw)S əsxnunəou wein) 


əñrutə yəmp Zun 


ə9qúu)& Əxnusəu uD 


IQIS PALBU WRN 


x 
x 


yeiudgiduori911ut[ | 


GQq95146) 388 
vyoo 4 JJe yus 
-suu 10) NIT outan 
"Staad Uy ones 
‘puagorzsojedo UL) 


uotoyeg 
PLIMNI jJuquas 
-BUUL (U2JADOMNIFT 93]0% 
M00498 yosıdoysoasıpy 
‘SJs Əuuo “aənvs 
tpuo4ərzsə[udo ura 


KILIATST UM 
USLIAINLET əƏəuər[pəsəq 
YYyBYUOSSBUL U9JAI0ON 
-narJ 37syorpagds *yosıd 
-OMsOIMIJN "aanne ‘god 
-2(] 9uuo 'puouoəudəqn 
*puədərzgsə[edo ur) 


uage n mjg QNA 
Sn® 9yJoA\ Ayes JUNI 
)Z)9s 'ionus ‘INI Ou 


9quiS əuor5əsəqun 

yyy |`u9r14918%6ç 
jeyudsswan pun uəzíəð 
-OYUIT] uaydıpagds sne 
Ə3M[OAA 91uƏ19[ IU1əƏ 32738 
*iənus VANAIFUPTO[ULI.) 


IRIN IP Band Yey 
ag ‘uozáooasyzlay 
pun uəzívoynərp əu[əz 
014 "dat SOsıyTo AA 
LINL ANIJ JYO UN) 





punjoquız;] 








punnqəəns49əju.) Ə]uyo[ 


mag "wi IK 


OMI ƏDƏ XaplaA 


OSAN) 91409 
u yosıdoysojskg 00, 


yeytzudey :0061°IX pe 


U \ 913199 Sun 
-uny wı 304 "Ou Seng 
-uosejg yosıdoxsojsig 
"009 yeyızedey ‘0G uaey 
| -[ERPISOY — sinelso1q 
y9aswmoaugd  “arpedsod 
-AH anyylajs[Baygoa;) 
PADLY 001 II €I 





31doysogskn) autgg 


-ızedey "co II oi 


uəsom 
-A oD Iur y OUO anu 
'wuniou  uəuruəjsIu 
wr meyuajyasuosejg 
OD. MB SE E 
Izeg ent II `€ 


3ıdoysoJs 
-AQ OUY "008 101 
-edey :uagyjenpisayy 
uoy /Əunusoaq wud 
-ozod s I !:Z061 TI 96 





punjaquaseig 


| 
| 





uəpromyosogf outəy 


(aal ` Hung oon. 
-19A WUonpuujie “uu, 
 Jom4) opt: Zi, un ` 
l 

Il 

| 

'UƏpIIM YOS | 

90 əuwy pusyuns 
un) op 6881 PƏS 
| 

| 





pusydarapsqan UU) ` 
'ƏruQiudaw]j[ uadaəjurtu 
JOp ut Stat uəiusí 

IŞ Poou N NIA 


2193WUIS ‘UIUI 


'əDıynyy ‘yezeyuaəsejg 
"Quaeyjenpisoqy OOL I} 


J9pU3ZJIJNB Jl 


aaun uaänt, E Jos 
| 

aset | 

-Janppg əsynyy ayag 





—  UAIBJUMUOSEIE] 19} 
-nMVU 'ptəljomnjnu A9G9LT 


Jain “uənu], OI JPS 


sıypıwapıpıd,y 
‘uun Asqnay ‘uauon 
-YA ƏyYIWIA 91% 
-ZI9ULYIS PUNIA UJƏSJNV | 
IYO UƏPUO—W EOS | 


gsərrurenay 


ee i 


$ 


'g 'O ep 
ó$ 
SEI re 
di 
F D | €€ 
J 
'£9 A | ce 
di 
"09 UPS | TE 
2 
CH IO 
sy9aıyarar) | 








Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 125 


2.35 Fälle von endogener Infektion der Harnwege mit 
Colibakterien. 

Die Tabelle 2 enthält 35 Fälle von Ooliinfektion der Harn- 
wg, bei denen die Infektion nicht von aufsen, sondern aus dem 
Inern des Körpers stammt, Fälle endogener Infektion. Dieser 
Inektionsmodus ist allerdings nicht für alle Fälle ganz einwandfrei; 
in einzelnen Fällen ist die Möglichkeit, dafs das Eindringen der 
Cilibakterien auf dem urethralen Wege vor sich gegangen sei, nicht 
aszuschliefsen. Hierher gehört der Fall 12; den Angaben der 
Tabelle nach handelt es sich um eine Katheterinfektion unter der 
(wburt; dieser Mechanismus der Infektion ist aber nicht absolut 
sichergestellt, da die Kranke schon vor der Geburt trübes Wasser 
elabt haben soll und nur die Verschlimmerung durch die Geburt 
«ten lassen will. In Fall 19 bestand bei der 45 jährigen Frau 
‚ne linksseitige Pyelitis; der Zeitpunkt des Auftretens derselben war 
"ct zu eruieren; es bestand bei der Frau eine leichte Inkontinenz. 
Sie hatte 7 mal geboren, so dafs die Möglichkeit der Infektion von 
alsen nicht von der Hand zu weisen ist. Das gleiche gilt für 
Fall 20 mit einem Karunkel der Harnröhre und isolierter Erkrankung 
ir Blase. In Fall 28 ist der Ausgangspunkt der Erkrankung die 
Prostata; ob die Infektion der Prostata eine instrumentelle auf 
ıntlıralem Wege oder eine endogene war, blieb unbestimmbar, da 
der Pat. früher vielfach lokal behandelt worden war. In Fall 18 
gelangten die Colibakterien aus einem in die Blase perforierten 
peritsphlitischen Abszess in die Harnwege. 

In den meisten Fällen ist der Moment der Infektion der Harn- 
wege mit Colibakterien ein genau fixierter; die Pat. erkrankten unter 
Fieber, Schmerzen in einer Niere und regelmälsig mit Miktions- 
beschwerden und beobachten einer Trübung des Urins. In ein- 
zeinen Fällen markiert eine Hämaturie den Anfang des Leidens 
(Fall 14, Fall 27), die gelegentlich sehr heftig sein kann, wie ich 
in letzter Zeit bei einer 73jährigen Frau mit linksseitiger Pyelo- 
nephritis und mit Cystitis, die unter hohem Fieber, Hämaturie 
und starken Blasenbeschwerden erkrankte, zu beobachten Gelegen- 
heit hatte, Der Urin enthielt Blut, Eiter, massenhaft Stäbe, und 

E w Eiweifs und war sauer. Die Hämaturie sistierte, die Pyurie 
mit saurem Harn und das Fieber blieben bestehen, und cystoskopisch 
komte eine katarrhalische Erkrankung der Blase, wesentlich der 


linken Seite, und eine Trübung des linksseitigen Nierenurins fest- 


126 F. Suter. 


Aber nicht in allen Fällen setzt die Infektion so akut und 
heftig ein, manchmal beginnt fast unmerklich eine Vermehrung der 
Bedürfnisse, oder es setzen Nierenschmerzen ein; in etwa 11 Fällen 
der Tabelle war der Anfang der Krankheit ein schleichender, in 
den andern Fällen mehr ein akuter. 

Was nun die Lokalisation der Erkrankung anbetrifft, so wurde 
10 mal die Niere und nur diese krank gefunden (Fall 9, 10, 11, 
12, 13, 14, 15, 16, 19, 34). In 8 von diesen Fällen wurde die 
Blase cystoskopisch normal, oder nur kaum verändert (wenige Ge- 
fäfssterne) gefunden. In 2 Fällen wurde nicht cystoskopiert, aber 
die Affektion in die Niere lokalisiert, weil eben jegliche Blasen- 
symptome fehlten. In Fall 16 handelte es sich um einen 5 jährigen 
Knaben, der nicht cystoskopiert werden konnte. Derselbe hatte eine 
ziemlich beträchtliche Pyurie, aber keinerlei Blasensymptome; das 
Leiden war bei ihm zufällig durch den Befund des trüben Harns 
entdeckt worden. In Fall 19 wurde aus äulseren Gründen cysto- 
skopisch nicht untersucht; es bestand Schmerzhaftigkeit und Druck- 
empfindlichkeit der linken Niere; Blasensymptome fehlten völlig. 

Was den Urinbefund bei diesen Fällen anbetrifft, so weist 
keiner etwas Typisches auf. Es fand sich in 9 Fällen Eiter, in 
1 Falle (14) nur Blut. In Fall 9 auch sog. Nierenbeckenepithelien. 
In Fall 15 mit Karzinom der infizierten Niere Blut und spärliche 
Leukocyten. In Fall 34 waren die Leukocyten sehr spärlich, der 
Fall steht der Bakteriurie sehr nahe. Eiweils war in allen Fällen 
sehr spärlich vorhanden, das Maximum betrug in Fall 9 '/, "/oo- 

Die Symptome waren sehr verschieden: in 4 Fällen Koliken 
oder Nierenschmerz (Fall 9, 10, 13, 19). In Fall 11 bestand 
Kreuzschmerz; in Fall 11 und 14 war die Hämaturie ein hervor- 
stechendes Symptom, im letzteren Falle waren Miktionsbeschwerden 
vorhanden. Im Falle 16 und 39 verlief die Affektion ohne sub- 
jektire Symptome, im letzteren Falle hatte der üble Geruch des 
Urins die Patientin auf ihr Leiden aufmerksam gemacht. 

In 6 Fällen betraf die Lokalisation der Infektion nur die Blases 
(Fall 20, 21, 22, 23, 31, 32), oder es war wenigstens die Lokali- 
sation nur in diese sehr wahrscheinlich. Im Falle 20 und 21 zeigte 
die Blase eystoskopisch ziemlich starke Veränderungen; durch die 
lokale Behandlung wurde die Affektion geheilt. Der Fall 22 wurde 
nur l mal untersucht und nicht weiter beobachtet. Im Falle 23 
war die Affektion sehr alt, nie waren Symptome von seiten der 
Niere vorhanden gewesen, der Blasenkatarrh kam wiederholt 


Zur Atiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 12 


kee 


scheinbar zur Heilung und rezidivierte immer. Zwei sehr ähnliche 
File sind Nr. 31 und 32. In beiden handelt es sich um ältere 
Mimer, die beide akut an fieberhaftem Blasenkatarrh erkrankten 
und beide durch lokale Behandlung rasch geheilt wurden. Der 
eine Fall wurde nicht cystoskopiert, im andern fanden sich Ekchy- 
mosen der Blasenschleimhaut. Die andern 4 Fälle boten cysto- 
skopisch ausgesprochene katarrhalische Veränderungen der Blasen- 
schrimhaut: lokalisierte, fleckige Rötung und Lockerung. 

In 5 weiteren Fällen konnte die Lokalisation sicher in die 
Blase gemacht werden, hingegen war die Affektion eines Nieren- 
beckens nicht sicher auszuschliefsen (Fall 5, 24, 26, 27, 33). In 
Fall 5 waren anfänglich Niereuschmerzen vorhanden; cystoskopisch 
fand sich die Schleimhaut der Blase diffus leicht gerötet; durch die 
lokale Behandlung wurde die Affektion beseitigt. In Fall 24 waren 
ebenfalls Nierenschmerzen da, cystoskopisch war der Fundus rot, 
die übrige Schleimhaut hatte Gefälssterne; Heilung wurde nicht er- 
zelt, In Fall 26 bestanden die Symptome des Blasenkatarrhs; die 
(istoskopie zeigte eine diffuse mälsige Rötung der Schleimhaut und 
eine klaffende, auf das Nierenbecken hinweisende linke Uretermündung. 
Ih Fall 27 wies die initiale Hämaturie, für die eine Probecystotomie 
kein Substrat auffand, auf das Nierenbecken hin; cystoskopisch war 
der Blasenboden rotfleckig. Der Fall 33 endlich streift wieder an die 
Bikteriurie ; cystoskopisch fand sich aber.Rötung des Blasenausganges. 

In 9 Fällen fand sich die Niere und die Blase affıziert (Fall 1, 
3,4, 6, 7, 8, 17, 18). Für das Affiziertsein der Blase war in 
Fall 1, 2, 3, 4, 6, 7, 8 der cystoskopische Befund mafsgebend, in 
Fall 17 wurde die Autopsie gemacht und Veränderungen der Blasen- 
schlemhaut konstatiert, in Fall 18 waren zur Lokalisationsbestim- 
mung die Blasensypmtome ausschlaggebend. Auf die Niere wies in 
Fall1 eine Pyonephrose, in Fall 2 die funktionelle Minderwertigkeit 
der einen Niere. Im Fall 3, 4, 6,.7, 8, 17 und 18 Nierenschmerz, 
in Fall 17 dazu noch der autoptische Befund. 

In 1 Falle (Nr. 28) bestand eine Prostatitis und daneben cysto- 
skopisch eine stark veränderte Blasenschleimhaut; die Affektion wies 
Remissionen auf, indem der Urin zeitweise klar, zeitweise trübe war; 
eine Behandlung der Prostata brachte Heilung. Die Prostatitis 
scheint demnach die primäre Affektion gewesen zu sein. 

In 1 weiteren Falle war nicht nur die Prostata, sondern auch 
beide Nebenboden, die Samenblasen, die Blase und das linke 
Nivrenbecken affiziert. Hier trat keine Heilung ein. 


128 F. Suter. 


In 3 Fällen endlich (25, 30, 35) war die Lokalisation nicht sicher 
festzustellen. Iu allen Fällen fehlt die Cystoskopie, und aus den Sym- 
ptomen liefs sich mit Sicherheit eine Lokalisation nicht machen. In Fall 
35 handelt es sich um Bakteriurie, da Leukocyten im Urin fehlten. 

Was den Urinbefund anbetrifft, so habe ich bei den Fällen von 
reiner Lokalisation ins Nierenbecken denselben schon besprochen. 
Solange nur das Becken erkrankt ist, ist der Eiweifsgehalt des 
Urins ein sehr geringer; nur wenn die Niere in Mitleidenschaft ge- 
zogen wird, ist der Eiweilsgehalt des Harns ein höherer. So ent- 
hielt z. B. im Fall 29, den ich vom Jahre 1901 bis heute beobachtet 
habe, der Urin gewöhnlich nur Spuren von Eiweils. Als im Son- 
mer 1901 eine linksseitige Pyelonephritis zu der bestehenden Pro- 
statitis und Cystitis hinzukam, enthielt der Urin jedesmal, wenn die 
Temperatur bei einer neuen Attacke in die Höhe ging, 1°/,, Albu- 
men; sobald das Fieber verschwunden war, ging der Eiweilsgehalt 
des Urins wieder auf ein Minimum herunter. Ich nehme an, dals 
die Fieberanfälle der Ausdruck waren von lokalisierten Infektionen 
des Nierenparenchyms, kleinen nephritischen Herden, welche die 
Eiweifsausscheidung provozierten. 

In einem andern Falle, den ich nicht in die Tabelle aufge- 
nommen habe, weil ich denselben erst nach Abschlufs derselben in 
Behandlung bekam, und den ich vom ersten Tage an beobachten 
und am 2. Krankheitstage cystoskopisch untersuchen konnte, begann 
die Affektion mit starker Eiweilsausscheidung, bis zu 3°/,,, und Häma- 
terie (der Fall ist weiter oben schon auf Seite 29 erwähnt). Die 
Eiweilsausscheidung blieb nach Aufhören der Hämaturie mehrere 
Tage über 1°,,,, war aber nach 14 Tagen, als das Fieber ver- 
schwunden war, nur eine ganz minime. Der übrige Urinbefund 
war mit viel und mit wenig Eiweilsgehalt derselbe Der Urin 
war sauer, setzte ein ziemlich starkes Depot ab, das aus Eiter in 
reicher Menge und aus Bakterien bestand. Zylinder habe ich in 
einer grolsen Reihe von Urinuntersuchungen nie finden können. 

In allen andern Fällen hat die Urinuntersuchung — aufser in 
Fall 4, wo der Zylindergehalt des Urins auf einen parenchymatösen 
Prozefs in der Niere schliefsen lieis — eigentlich nichts Typisches 
für die Lokalisation der Krankheit ergeben. In allen Fällen war 
der Urin sauer, nur in Fall 2 alkalisch. In diesem Falle bestanden 
aber Sonderheiten, auf die wir eingehen müssen; die bakteriolo- 
gische Untersuchung ergab hier Mischinfektion mit einem den Harn- 
stoft zersetzenden Diplococeus; der Fall gehört eigentlich nicht 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane, 129 


hierher, ich habe ihn aber doch aufgenommen, weil es sich in die- 
sm Falle um eine endogen entstandene Infektion des linken Nieren- 
beckens mit Colibakterien handelt und um eine instrumentelle In- 
fektion der Blase mit jenem Diplococcus. Ich habe leider den Fall 
erst nach wiederholter instrumenteller Behandlung und im Anschlufs 
a eine Cystitis, die infolge einer Cystoskopie aufgetreten war, 
untersuchen können und bin deshalb mit meiner Untersucheng schon 
in die Periode der Mischinfektion gefallen. Aber der Anamnese 
nach und nach den früher vorgenommenen Urinuntersuchungen, die 
inner saure Reaktion ergeben hatten, kann kein Zweifel an der Art 
der ursprünglichen Krankheit gehegt werden. Späterhin war der 
Urin auch immer sauer, als die sekundär in die Harnwege gelangten 
Diplokokken ihre Virulenz eingebüfst hatten und nur noch sehr 
spärlich vorhanden waren, so dafs sie nicht mehr im Bakterienprä- 
parat aus dem Urin, sondern nur in der Kultur nachweisbar waren. 
Die Trübung des Urins war eine wechselnde, in erster Linie 
von der Menge des Eiters, in zweiter Linie von der Menge der vor- 
handenen Bakterien abhängig. Eiter fehlte nur in 2 Fällen. In Fall 
lt fand sich nur Blut, das aus dem rechten Nierenbecken stammte, 
und in Fall 35 waren nur Bakterien vorhanden; in diesem Falle han- 
delte es sich um eine typische Bakteriurie. — In den andern Fällen 
war der Eiterbefund im Urin sehr wechselnd; in mehreren Fällen fanden 
sich in Urin nur vereinzelte Leukocyten, und die Fälle streifen nahe 
an die typische Bakteriurie: hierher gehören die Fälle 3, 33 und 34, 
speziell die beiden letzteren, da hier der Urin kein Depot absetzte. 
Auch der Bakteriengehalt war ein wechselnder; während in 
einzelnen Fällen der frische Urin von Bakterien wimmelte, war in 
anderen Fällen die Zahl der Bakterien eine geringere; auch die Be- 
weglichkeit war bald vorhanden, bald nicht. In allen Fällen färbten 
sich die Bakterien nach der Gramschen Methode nicht; kulturell 
wurde immer auf Gelatine, Agar, Bouillon, Milch und sterilem 
Urin untersucht. Alle isolierten Arten brachten die Gelatine nicht 
zum Schmelzen, zerlegten den Harnstoff nicht, koagulierten aber 
Milch, gehören also in die Gruppe der Colibakterien. — Ich lasse 
kurz noch eine Übersicht der in diesem Abschnitte behandelten Fälle 
von endogener Coliinfektion der Harnwege nach ihrer Lokalisation 
Wm, soweit diese durch die klinische Untersuchung möglich war: 
\Omal war nur das Nierenbecken infiziert (in 8 Fällen wurde 

die Blase ceystoskopisch normal gefunden, in 2 Fällen die Cystoskopie 


Dicht gemacht; es fehlen aber Symptome, die auf die Blase weisen). 
Zeitschrift für Urologie. 1907. S 


130 F. Suter. 


6 mal war nur die Blase infiziert; in 5 Fällen ist der cysto- 
skopische Befund erhoben worden; in 1 Falle wurde nicht cysto- 
skopiert, die lokale Behandlung der Blase brachte die Affektion aber 
zur Ausheilung. 

5 mal war die Blase sichererkrankt, die Affektion des Nierenbeckens 
war wahrscheinlich; alle 5 Fälle wurden cystoskopisch untersucht. 

9 mal war die Blase und das Nierenbecken erkrankt. 

l mal bestand Cystitis und Prostatitis. (Cystoskopie.) 

1 mal bestand Prostatitis, Affektion der Samenblasen, der Neben- 
hoden, des Nierenbeckens, der Niere und wohl auch der Blase. (Keine 
Cystoskopie.) 

3 mal war die Lokalisation nicht möglich; in 1 Falle handelte 
es sich um Bakteriurie; bei diesen und den 2 andern mangelt die 
cystoskopische Untersuchung. 

Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, dafs die endogene 
Infektion der Harnorgane mit Colibakterien sich am häufigsten ins 
Nierenbecken lokalisiert, dabei aber oft auch die Blase in Mit- 
leidenschaft zieht, indem die Pyelitis mit einer Cystitis kompliziert 
ist. In selteneren Fällen wird nur die Blase infiziert, in einzelnen 
Fällen dehnt sich die Infektion auch beim Manne auf die Geschlechts- 
drüsen aus. — Von den 35 Fällen, die ich beobachten konnte, be- 
trafen 20 das weibliche und 15 das männliche Geschlecht. Dieses 
Verhältnis ist typisch für diese Art von Infektion und kommt dem 
bei Tuberkulose nahe, während bei der instrumentellen Infektion 
das männliche Geschlecht weitaus die überwiegende Mehrzahl von 
Patienten stellt. Im Zusammenhang damit sei noch ein anderer 
Punkt betont, der bei der Durchsicht der Tabelle 1, 2, 3 auffällt. Wäh- 
rend bei den instrumentellen Infektionen eine Praedisposition der Harn- 
wege (Residualharn, Striktur, Tumor, Calculus usw.) fast stets vor- 
handen ist, fehlt diese bei der endogenen Coliinfektion wie bei der 
Tuberkulose und ist eigentlich nur zufällig vorhanden. 

Klinisch haben die tuberkulöse- und die Koli-Infektion der 
Harnwege viel Gemeinsames, und nicht nur die Anamnese, sondern 
oft auch die cystoskopische Untersuchung lälst hier für die Stellung 
der Difterentialdiagnose im Stich. Hier entscheidet dann die bakterio- 
logische Kultur, und diese bringt in fast allen Fällen rascher und 
leichter als das Suchen nach Tuberkelbazillen, das natürlich nie zu 
unterlassen ist, die differentielle Diagnose. 


Fortsetzung folgt Heft III. 


Ein neues Uretereystoskop. 


Von 


Sanitätsrat Dr. H. Wossidlo, Berlin. 
Mit einer Textabbildung. 


Bei dem Katheterismus der Ureteren habe ich es stets unan- 
gnhm empfunden, dafs es so schwierig ist, das Cystoskop zu ent- 
rnen und doch die Katheter in situ zu lassen. Meine diesbezüg- 
lichen Klagen und der Wunsch, ein Instrument zu besitzen, bei 
dem man das Cystoskop entfernen könne ohne fürchten zu müssen, 
die einmal eingeführten Katheter zu verrücken, gaben Herrn C. G. 
Heynemann in Leipzig die Anregung, das unten beschriebene 
Instrument zu konstruieren. 

Es besteht aus einer Hülse R, die mit einem Arretierungshebel 
tir die Katheter B versehen ist. In diese Hülse wird der Bewe- 
gungsmechanismus so hineingeschoben, dafs der Albarransche 
Hebel in die entsprechende Öffnung vorn in der Nähe des Schnabels 
zu liegen kommt. Ehe man beide Teile ganz zusammenschiebt 
wird der Arretierungshebel B in die entsprechende Lagerung ge- 
bracht und, nachdem die Hülse ganz aufgesetzt ist, die Mutter- 
schraube T fest angezogen. Jetzt wird der Schieberverschluls ge- 
"net und das Cystoskop eingeschoben. Zuletzt schiebt man die 
beiden elastischen Katheter soweit in die entsprechenden Kanäle, 
dafs ihre Spitzen gerade an dem Albarranschen Hebel sichtbar 
iind. Wje bei dem Freudenbergschen Uretereystoskope befinden 
"ch also Lampe und Prisma des Cystoskopes, sowie die beiden 
Katheter an der unteren Seite des Instrumentes. Der Katheteris- 
mus der Ureteren ist bei dieser Stellung der Katlıeter leicht und 
das Einführen beider Katheter bequem, da ein Verschlingen der 
Katheter vermieden wird. 

Sind beide Katheter in die Ureteren eingeführt, so wird zu- 
vächst das Cystoskop herausgezogen und dabei gleichzeitig der 
Blaseninhalt entleert. Dann lüftet man die Mutterschraube T, 
Zicht den Bewegungsmechanismus etwa H. cm zurück, drückt nun 
auf den Hebel B und zieht bei fortdauerndem Hebeldruck den 
Bewegungsmechanismus vollends heraus, bis die elastischen Katlıeter 

O* 


132 H. Wossidlo, 


vollständig frei sind. Die durch den Arretierungshebel fixierten 
Katheter verrücken sich während dieser Manipulationen nicht. 
Jetzt hebt man den Hebel aus seinem Lager, streift ihn über die 





Katheter und kann darauf die äussere Hülse ebenfalls leicht ent- 


fernen, während die Katheter in situ bleiben. 
Das Instrument ist, wie alle Heynemannschen Cystoskope, 


in toto (inklusive der Optik) auskochbar. 


Über Cystitis glandularis und den Drüsen- 
krebs der Harnblase. 


Von 
Doz. Dr. 0. Stoerk, 
Assistent am Wiener patholog-anatomischen Institute, 
und 
Prof. Dr. 0. Zuckerkandl, 
Abteilungsvorstand des Rothschildspitales in Wien. 
Mit 18 Textabbildungen. 


Fortsetzung aus Heft I. 


Abschlie[send wäre bezüglich der Cystitis glandularis vielleicht 
noeh eines zur Sprache zu bringen. Es könnte die Möglichkeit 
zur Diskussion gestellt werden, ob nicht vielleicht die drüsige 
Schleimhautbeschaffenheit an umschriebener Stelle das Primäre, der 
Ülerationsprozels das Sekundäre sein könnte, im Sinne der Auf- 
fässung der umschriebenen fremdartigen Schleimhautstellen als locus 
minoris resistentiae. Es liefse sich vielleicht gar die Hypothese 
konstruieren, dafs das Sekret dieser Drüsen gelegentlich auch den 
Anlals zur Konkrementbildung geben könnte. Solchen Einwänden 
“ezenüber wäre anzuführen, dals die Drüsenschläuche immer das 
Bild Jungen Wachstums geben, und zwar sowohl durch Form und 
inktorielles Verhalten der Epithelien, wie insbesondere auch durch 
lie häufig in grofser Zahl vorhandenen Bilder von Mitosen. Hin- 
"gen läfst das anatomisch-histologische Bild der ulzerösen Cystitis, 
lassen die Dimensionen der Konkremente und auch die klinisch- 
'tamnestischen Daten über das vergleichsweise beträchtliche Alter 
ler Cystitis ulcerosa kaum einen Zweifel. Es erschiene demnach 
em eventueller Einwurf im angedeuteten Sinne nicht berechtigt. 


134 O. Stoerk und O Zuckerkandl. 


II. 


Wir haben im vorangehenden gezeigt, dafs es einerseits bei 
der Cystitis cystica zur Bildung drüsenartiger, schleimproduzierender 
Formationen kommt, dafs es aber auch anderseits, sei es in 
weiterer Differenzierungsvervollkommnung, sei es ohne erkennbares 
Vorstadium und mit den Kriterien einer durchweg jungen Bildung, 
also gewissermalsen auf einen Schlag, zur reichlichen Entwicklung 
von Drüsenschläuchen in der Harnblasenschleimhaut, etwa nach 
dem Typus derjenigen der Dickdarmschleimhaut kommen kann. 
Nachdem keinerlei Momente darauf hinweisen, dafs diese ins Harn- 
blasenlumen ausmündenden neoformen Drüsenkomplexe einer Rück- 
bildung fähig wären, vielmehr ihr Reichtum an Mitosen, ihre 
reichliche Schleimsekretion auf eine lebhafte Daseinsbetätigung hin- 
weisen, liegt es nahe, die Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen, 
welche sich für dieselben im weiteren noch ergeben könnten. 

Was zunächst den eventuellen Einfluls eines Verschwindens 
des entzündlichen Prozesses und einer teilweisen Rückbildung der 
seinerzeit neugebildeten und mit auch die in Rede stehenden 
Bildungen ernährenden Gefälse auf diese Bildungen anbelangt, so 
können wir darüber leider mangels solcher Untersuchungsobjekte 
in unserem Materiale nichts aussagen.‘ Wenn wir analoge Ver- 
hältnisse bei der Cystitis cystica zum Vergleich heranziehen dürfen, 
so stände zu erwarten, dafs auch die Formationen der Cystitis 
glandularis, wenigstens zum Teile, lebenslänglich persistieren, nicht 
etwa in toto atrophischem Schwund erliegen. 

Die Richtigkeit der Annahme einer solchen Persistenz voraus- 
gesetzt, dürfen wir dann für eine solche glanduläre Harnblasen- 
schleimhautpartie gelegentlich weitere pathologische Veränderungen 
erwarten, und zwar etwa ähnlicher Art, wie sie in der vergleich- 
baren Dickdarmschleimhaut vorkommen können. Insbesondere wird 
dabei auch die Möglichkeit neoplastischen Wachstums ins Auge zu 
fassen sein. 

Wir wären demgemäfs nicht überrascht, wenn über Bildungen 
glandulärer Polypen nach Art der vereinzelt oder multipel im Dick- 
darm vorkommenden berichtet würde. Wir selbst verfügen über 
keinen derartigen Fall. Doch liegen schon aus früherer Zeit Be- 
richte über Adenome der Harnblase vor. 

Siehe H. Wittzack: „Ein primäres Adenom der Harnblase beim Manne“, 


Zentralbl. f£ d. Kr. d. Harn- und Sexualorgane, Bd. 5. 1894, S. 458: kirschen- 
grolser, leicht ausschälbarer Tumor „an der Grenze des Fundus und der hinteren 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 135 


Blasenwand — jenseits der rechten Uretermündung“; derselbe „sitzt der Mukosa 
auf, ungefähr wie eine Eichel ihrem Näpfchen.“ Weigert untersuchte denselben 
und konstatierte weitgehende Ähnlichkeit mit einem Prostataadenom. Witt- 
zack zitiert auch ein schleimbildendes, z. T. papilläres Adenom der vorderen 
Blasenwand, von Kaltenbach in Langenbecks Archiv, Bd. XXX beschrieben, 
ferner ein dreifaches Adenom (oder Adenokarzinom) oberbalb des Trigonum 
Alexander, Journ. of cutan. and gen.-ur. dis. 1891, p. 86) und cin walnuls- 
grofses gestieltes Adenom nahe am Blasenhals, links vom Trigonum, beschrieben 
von Albarran (Les tumeurs de la vessie 1892, S. 79 und 80). 


Aus eigener Erfahrung können wir aber über Fälle von 
primären Adenokarzinomen der Harnblase berichten, welche 
entweder unter dem Bilde des typischen Drüsenschlauchkrebses 
oder unter dem des Schleimkrebses sich präsentierten. 

Diese Adenokarzinome zeigen in Form und Gruppierung ihrer 
epithelialen Elemente, dem Verhalten ihres Zwischengewebes und 
insbesondere auch in der Art und Weise ihres Eindringens in die 
Nachbargewebe, zunächst in die Muskularis, die allen Adenokarzi- 
nmen gemeinsamen Merkmale. Als Besonderheit wäre nur der 
Umstand zu erwähnen, dafs in keinem der Fälle Metastasierung 
auf dem Blutwege zu konstatieren war; doch waren für diesen Um- 
stand vielleicht mehr zufällige Momente, insbesondere etwa das- 
jenige mafsgebend, dafs vielleicht noch zu relativ günstiger Zeit 
operiert wurde. 

Die Adenokarzinome zeigten in bezug auf den Karzinomtypus 
in allen Abschnitten gleichartige Beschaffenheit. Dieser Umstand 
ist deshalb zu betonen, weil gelegentlich in den gewöhnlichen 
Formen der Harnblasenkarzinome Stellen vorkommen, welche in 
täuschender Weise drüsenschlauchartige Konfiguration aufweisen. 
Dabei mag es sich um eine Zufallsbildung handeln, deren Zustande- 
kommen sich damit erklären liefse, dafs das Karzinom, in er- 
weiterten Lymphspalten fortwachsend, deren Innenfläche an solchen 
Stellen zunächst nur in einfacher Zellenlage überkleidet, derart, 
dals also das scheinbare Drüsenschlauchlumen tatsächlich einem 
Limphspaltenlumen entspricht. Die Möglichkeit eines gelegentlichen 
Nebeneinanders zweier verschiedener Karzinomformen in ein und 
demselben Harnblasenkrebs, dafs nämlich neben einem vom ge- 
schiehteten Epithel ausgehenden Karzinom noch stellenweise For- 
mationen eines Drüsenkrebses zur Ausbildung gelangen könnten, 
scheint allerdings schon a priori mit Hinblick darauf theoretisch 
nicht gänzlich ausgeschlossen, dafs die Kombination von Harn- 

blasenpapillom und Cystitis cystica durchaus_nicht als Rarität an- 


136 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


zusehen ist, — also eine Entstehungsmöglichkeit vergleichbar der 
Histogenese jener Art von Doppelkarzinomen, welche, allerdings 
höchst selten, an Stellen des Zusammentreffens zweier differenter 
Epithelarten (Portio, Anus) mit gegenseitiger Durchwachsung auf- 
treten können. Eine Form, welche in minder kontrastierender 
Weise als Doppelkarzinom der Blase angeführt werden könnte, 
existiert ja tatsächlich als ein durchaus nicht seltener Typus, das 
Karzinom des geschichteten zylindrischen Epithels kombiniert mit 
einem verhornenden Plattenepithelkarzinom, wobei bisweilen ja 


I a qe 
AN Ua 





Fig. 13. 


auch noch nicht krebsig umgewandelte Oberflächenanteile mit zum 
Teil unverändertem, geschichteten, zum Teil in verhornendes 
Plattenepithel metaplasierten Epithel den Entstehungsmodus erkennen 
lassen. 

Fig. 13 zeigt ein solches „Doppelkarzinom“* (bei welchem auch 
noch eine solche zweifache Epithelbeschaffenheit an manchen nicht 
krebsigen Oberflächenpartien zu sehen war): rechts Anteile vom 
Typus des verhornenden Plattenepithelkarzinoms, in der Mitte oben 
Zapfen mit zylindrischem geschichtetem Epithel. Als vereinzelter, 
wie zufälliger Befund zeigte sich nun in diesem Falle in ganz um- 
schriebener Erstreckung eine Gruppe von lumenhaltigen Formationen, 


u mee 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der ITarıblase. 137 


welche in der früher besprochenen Weise (etwa im Sinne der 
Linplispaltenauskleidung) in überraschender Ahnlichkeit Drüsen- 
bilder vortäuschten (in Fig. 13 links). 


Seinerzeit schon hat der eine von uns!) über einen Fall von 
primirem Schleimkrebs der Trigonumgegend in der Blase 
eines 4ljährigen Mannes als zufälligen Sektionsbefund (Todes- 
ursache: Delirium alcoholicum mit Haemorrhagia cerebri) berichtet, 
desen Ausgang von den drüsigen Formationen einer über 
dir gesamte Blaseninnenfläche sich erstreckenden älteren Cystitis 
cystica aus den histologischen Bildern recht einwandsfrei hervor- 
zugehen schien.?) 





Adeuokarzinom des Blasenscheitels. 

4) jährige Frau, vor 6 Jahren Harnröhrenentzündung, seit 5 Monaten Brennen 
Leim Harolassen und Schmerzen in der Unterbauchgegend. In der Blasengegend 
st ein weicher, kindsfaustgrofser ‘Tumor tastbar. Im Harnsediment rote und 
wilse Blutzellen, Blasenepithelien, keine renalen Elemente. Cystoskopischer 
B.fand: am Blasenscheitel breitbasig aufsitzender, hühnereigrofser, nicht exul- 
zerierter, bei Berührung leicht blutender "Tumor; Ureteren frei. 

Bei der mittelst Sectio alta ausgeführten Operation werden etwa zwei 
D:ittel der Blase reseziert. Heilung. Bei der zirka 1 Jahr post operationem 
\ırgenommenen Untersuchung erweist sich Patientin als rezidivfiei.?) 


Durch den Umstand, dafs ziemlich weit im Gesunden operiert 
wurde, ist es möglich, entsprechende Bilder der nicht karzino- 
natisen Schleimhaut zu gewinnen. Dieselbe zeigt chronisch ent- 
zündliche Veränderungen, deren histologische Kennzeichen mit aus- 
edehnter Erstreckung in die Tiefe der Muskularis in Form von 
Itltraten und Bindegewebsvermehrung zwischen den Bündeln glatter 
Muskulatur sich geltend machen. Die Submukosa mächtig ver- 
breitert, stark ödematös durchtränkt, lockere Infiltraten mononu- 
kleärer, protoplasmareicher Rundzellen enthaltend, von zahlreichen 
Jungen Gefälsen vorwiegend in aufsteigender Richtung durchsetzt. 
Letztere nehmen gegen das Oberflächenepithel hin an Dicke ein 
wenig ab, an Zahl bedeutend zu, derart, dafs stellenweise die 


L Stoerk, lL e, S. 425. 

` Über Schleimkrebse der Harnblase im allgemeinen vgl. L. Rauenbusch 
-Cher Gallertkrebs der Harnblase“, Virch. Arch., Bd. 182, S. 132. 

| " Dr, O. Bürger, erster Assistent der Klinik Hofrat Schautas über- 
prachte seinerzeit das durch Operation gewonnene Objekt dem Wiener pathol.- 
anat. Institute zur Untersuchung. Er demonstrierte die Patientin in der Wiener 
rräkolog. Gesellschaft (s. Zentralblatt f. Gyn. 1905, Nr. 22, Diskussion) und 
“rd den Fall noch ausführlich publizieren. Die in Kürze angeführten klinischen 
Daten verdanken wir seiner freundlichen Mitteilung. 


138 O. Stoerk und OÖ. Zuckerkandl. 


subepithelialen Abschnitte dieselben, fast angiomähnlich, Lumen an 
Lumen gedrängt, zeigen. 


A d 
ne u 
x d A 
Lt 
€ 
> > 
8) iR 
er 
e “7 
.. ' re 
J ` 
A ` 


TER | 
vg Geh, feet ey; 
Zë AN E Ge a 

Yapa De 

Be Mt: Ze 


A 





Fig. 14. 


Gerade Submukosastellen der letzteren Art entsprechend finden 
sich dann bemerkenswerte Stellen des Oberflächenepithels: es er- 
scheint nämlich daselbst streckenweise das reguläre Blasenepithel 
ersetzt durch ein einreihiges Zylinderepithel mit basalständigem 
Kern, hellem reichlichen Protoplasma und scharfer Begrenzung 


Über Oystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 139 


lumenwärts in ungebrochener Linie — also ganz in der Weise, 
wie das als gelegentlicher Befund bei chronischen Cystitiden, ins- 
besondere vom Typus der „Cystitis papillaris“ im früheren (S. 18) 
besprochen wurde. 

An vielen Stellen bildet die Oberfläche Einsenkungen nach 
Art von Krypten oder tubulären (Fig. 14b) oder verzweigt tubu- 
lären Drüsen; es ist aber kaum immer möglich, zu entscheiden, 
ob dieselben wirklich alle solchen Formationen und deren mehrfach 
sichtbaren runden Querschnittsbildern entsprechen, oder ob nicht 





Fig. 15. 


auch ein Teil davon, insbesondere die breit blasenlumenwärts sich 
öffnenden, mit Tälern zwischen je zwei Erhebungen der Blasen- 
innenfläche identisch is. Wie dem auch sei — gerade in diesen 
Einsenkungen und drüsigen Formationen tritt das erwähnte abnorme 
Epithel besonders charakteristisch ausgeprägt auf (s. Fig. 14a). 

In dieser Beschaffenheit läfst sich Mukosa und Submukosa bis 
knapp an das karzinomatöse Gebiet heran verfolgen, resp. es werden 
die beiden, in dieser Beschaffenheit, von dem (in den Lymphspalten, 
parallel zur Oberfläche sich ausbreitenden) Karzinom durchwachsen 
und substituiert; das Karzinom dringt auch beträchtlich weit in die 
Tiefe mit Durchsetzung und Zerstörung der Muskularis. Im Kar- 





140 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 


zinombereich ausgedehnte entzündliche Infiltration, aber im Gegen- 
satz zu der früher erwähnten Infiltration des krebsfreien Submu- 
kosaanteiles eine solche mit kleinen, sehr protoplasmaarmen Rund- 
zellen mit sehr chromatinreichem Kern. Die Oberfläche des Kar- 
zinoms zeigt keinerlei wesentliche regressive Metamorphosen. Die 
epithelialen Karzinomanteile (s. Fig. 15) zeigen meist das Bild 
kompliziert verästelter und gewundener Schläuche mit engem Lumen, 
oft aber auch beträchtliche Erweiterung des Lumen durch lebhafte 
Schleimproduktion; an Stellen letzterer Art finden sich dann auch 
hio und da und in wechselnder Reichlichkeit typisch ausgebildete 
Becherzellen. Das Sekret gibt in solchen erweiterten Schläuchen 
die charakteristischen Schleimreaktionen. 


Schleimkrebs der Harnblase. 


D. W., 44 Jahre alter Mann, am 8. November 1905 auf die chirurgische 
Abteilung des Rothschild-Spitales aufgenommen, leidet seit 3 Monaten an Harn- 
beschwerden. Die Harnfrequenz war namentlich des Nachts gesteigert und am 
Schlusse der Harnentleerung waren Schmerzen in der Glans penis und über 
der Symphyse vorhanden. Kurze Zeit nach Beginn der Beschwerden Hümaturie 
von kurzer Dauer, eine Erscheinung, die sich seither in Intervallen wiederholt. 
Das Allgemeinbefinden erscheint nicht gestört. 

Status praesens: Blafs, doch gut genährt. Temp. 86,7°, Puls 82. Arterien 
etwas rigide, Spannung nicht über der Norm. Die Brustorgane zeigen bei 
Untersuchung keine Abnormität; Abdomen im Niveau des Thorax, Nieren nicht 
palpabel, oberhalb der Symphyse eine undeutliche Resistenz, die bei kombinierter 
Rektaluntersuchung als der Blase angehörig erkennbar ist. Die Prostata nicht 
vergrölsert. Haromenge normal. Der Harn ist trübe, blutig-rot. Spezifisches 
Gewicht 1019. Reaktion sauer. Eiweils positiv, zirka 0,1%. Das Sediment 
reichlich, braunrot, der darüberstehende Harn klar, dunkelgelb. 

Mikroskopisch: massenhafte, in ihrer Form gut erhaltene, zum Teil aus- 
gelaugte rote Blutkörperchen, entsprechende Menge von Leukocyten. Sehr zahl- 
reich unregelmäfsig geformte Epithelien. Cystoskopisch: Blasenkapazität zirka 
150 ccm, das Spülwasser wird rasch klar. Am Scheitel der Blase ein von einem 
derben, gewulsteten Rande umgebener Substanzverlust von beträchtlicher Aus- 
dehnung. Der Rand muls stark prominieren, da er einen dunklen breiten 
Schlagschatten wirft; die angrenzende Schleimhaut gerötet, gewulstet, ihre Gefüls- 
zeichnung verwischt. Das Trigonum, die Ureterenmündungen normal; an der 
PBlasenmündung keine Abnormität. 

Diagnose: Ulzeriertes Karzinom des Blasenscheitels. 

12. Dezember. Operation in Äthertropfnarkose (Prof. Zuckerkandl). Bei 
Füllung der Blase in Beckenhochlagerung hebt sich das Organ über die Symphyse 
empor, dieser Blasenanteil ist derb, höckerig-uncben. Nach Durchtrennung der 
Bauchdecke oberhalb der Symphyse zeigt es sich, dafs die erwähnte Resistenz 
dem Blasenscheitel angehört. Das Peritoneum wird stumpf vom Blasenscheitel 
im ganzen Bereiche des Tumors abgehoben und nun die Blase an ihrer Vorder- 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 141 


wand longitudinal eingeschnitten. Man übersieht die ulzerierte Fläche des 
Tumors, die einer Fläche von Guldenstückgröfse entspricht. Die Schleimhaut 
wird fingerbreit nach aulsen vom Geschwulstrande eingeschnitten, der Schnitt 
durch die ganze Dicke der vom Peritoneum befreiten Blasenwand geführt, und 
so der ganze Blasenscheitel abgekappt. Catgutnähte des Blasendefektes bis auf 
eine Lücke der vordereu Wand zur Einführung des Heberrohres. Fixation der 
Blase an die Bauchdecken. Gazestreifen in den prävesikalen Raum. 

Normaler Wundverlauf: Am 20. Dezember wird die Blasendrainage ent- 
fernt und ein Katheter eingelegt; am 25. Dezember kann der Katheter weg- 
gelassen werden. Der Kranke uriniert spontan. Kein Residualharn. Harn fast 
klar, sauer, auch mikroskopisch keine roten Blutkörperchen, spärlich Leukocyten. 
Am vierzehnten Tage: Harnentleerung zwei bis dreistünlig, ohne Schmerz, 
Operationswunde linear geheilt; entlassen. 





Fig 16. 
Exstirpiertter Schleimkrebs der Harnblase in nat. Gr.; der rundliche Tumor 
Ben und nach beiden Seiten aufgeklappt. Der untere Abschnitt entspricht 
dem dem Blasenlumen zugewendeten Anteil. 


Makroskopischer Befund des durch die Operation ge- 
wonnenen Objektes: Die gesamte exstirpierte Masse repräsen- 
tiert eine kindsfaustgrolse rundliche Bildung, an welcher zwei 
diferente Oberflächenabschnitte zu unterscheiden sind: 1. ein bedeutend 
kleinerer, zirka 4 cm im Durchmesser haltender, offenbar dem im 
Harnblasenlumen zutage liegenden Tumorabschnitte entsprechend, 
und 2. die übrige Tumoroberfläche, stellenweise noch mit Fettläppchen 


bedeckt, etwa der Oberfläche eines mehrkämmerigen Cystoms 
gleichend. 


142 O. Stoerk und OÖ, Zuckerkandl. 


Der erstere Abschnitt trägt ringsum noch die zu einem flachen 
Walle sich erhebende, das Neoplasma rings umgebende, stark inji- 
zierte Blasenschleimhaut. Der im Blasenlumen blofsliegende und zum 
Teil in Ulzeration befindliche Tumorabschnitt zeigt im Vergleich zur 
umgrenzenden Mukosa bedeutend blässere Färbung mit vereinzelten 
kleineren Hämorrhagien und einer wie feinwarzigen Oberflächen- 
beschaffenheit. 

Die äulsere, vom Blasenlumen abgewendete Oberfläche des 
Tumors, welche wegen ihrer ungleichmäfsigen Felderung (wobei 
jedes einzelne Feld einem Kugelabschnitt mit Schwankung der 
Krümmungsradien von etwa 5—10 mm entspricht) mit der Ober- 
fläche eines mehrkämmerigen Cystoms verglichen wurde, erscheint, 
abgesehen von den erwähnten aufliegenden Resten subserösen Fett- 
gewebes, fast spiegelnd; sie entspricht den am weitesten peripher- 
wärts vorgeschobenen Tumoranteilen, und zwar denjenigen, mittelst 
welcher sich das Neoplasma nach Durchsetzung der Blasenwand bis 
an das Peritoneum heran vorgewölbt hatte. Auf der handteller- 
grofsen Schnittfläche ergibt sich das Bild sehr zahlreicher, fast 
kugeliger, cystischer Räume, von eben erkennbarer bis zu Kirschen- 
grülse, durch weifsliche fibröse, ganz schmale Septa voneinander 
getrennt; und zwar liegen dem mukösen Tumoranteile zunächst 
(also im ursprünglichen Submukosabereiche) die kleinsten zystischen 
Formationen, die gröfsten (kirschengrofsen) subserös; ihr Inhalt 
wird gebildet durch eine schleimig gallertige, blafsgelbliche Masse, 
welche insbesondere die gröfseren Formationen prall erfüllt und 
demgemäfls kugelig auftreibt. Von Resten der durchwachsenen 
und substituierten muskulären Blasenwand, welche offenbar in den 
erwähnten Septen zu suchen wären, ist makroskopisch nichts mehr 
erkennbar. 

Nach dem makroskopischen Bilde der Schnittfläche gleicht der 
Tumor durchaus gewissen Formen des Schleim- oder Gallertkrebses, 
wie sie beispielweise im Ovarium vorkommen. 

Histologischer Befund: Die Schleimhautpartien, welche 
noch nicht in den Krebsbereich einbezogen sind, zeigen gleichmälsig 
die Veränderungen chronischer Entzündung, insbesondere mit reich- 
licher Gefälsneubildung in der durch Bindegewebsvermehrung ver- 
breiterten Submukosa. Die neugebildeten Gefälse steigen unter 
vielfacher Ramifikation gegen die Oberfläche auf und treten in ihren 
Endverzweigungen in diehten Büscheln an die Epitbelbasis heran. 
Die Submukosa führt relativ reichlich kurzspindelige Kerne, jungen 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 143 


Bindegewebszellen angehörend. An vielen Stellen, zum Teile in den 
tieferen Schichten, und zwar hier meist perivaskulär, insbesondere 
aber entlang der Oberfläche, in deutlicher räumlicher Beziehung zu 
den dicht gedrängten subepithelialen Gefälschen, Infiltrate mit kleinen, 
Iymphatischen Elementen ähnlichen Rundzellen. 

Allenthalben am Oberflächenepithel in grolser Zahl Limbeck- 
Brunnsche Nester, teils solid, teils mit Lumenbildung in der 
seinerzeit besprochenen Weise: das spaltförmige, scharf linear kon- 
turierte Lumen von protoplasmareicheren Zylinderzellen mit basal- 
ständigem Kern umgeben. 

Je näher gegen den Karzinombereich, desto reichlicher treten 
die lunenhaltigen Nester, resp. ihre drüsenähnlichen weiteren Ent- 
wicklungsstadien auf, und der den Karzinomrand überkleidende noch 
erlaaltene und nicht krebsige Epithelabschnitt zeigt streckenweise 
exquisit jene im früheren besprochene Beschaffenheit, bei welcher 
an Stelle der platten „Deckzellen“ helle zylindrische Zellen 
mit basalständigem Kern die oberflächlichste Epithellage bilden 
(s. Fig. 17,a). 

Das Karzinom selbst zeigt vereinzelt noch Formation ziemlich 
regulärer Schläuche, auch solche mit zahlreichen Becherzellen und 
schleimhaltigen Massen im dilatierten Lumen (Fig. 17,b), vorwiegend 
über das ausgeprägte Bild des Schleimkrebses in allen Stadien der 
atypischen Hypersekretion. Es finden sich Krebsalveolen, die bei 
streckenweise noch erhaltenem Wandepithel im schleimig-flüssigen 
Inhalt schwimmende zahlreiche verschleimende Epithelien enthalten, 
andere sind teils ausschliefslich mit solchen dichtgedrängten Zellen 
erfüllt, andere wieder enthalten überhanpt keine zellulären Elemente 
mehr, sondern es umgrenzt die bindegewebige Alveolareinfassung 
einen unregelmälsig rundlichen, ausschlielslich mit Schleim erfüllten 
Hohlraum (Fig. 17,c). Die ganz atypische Form der exzessiv schleim- 
produzierenden, in krebsigem Wachstum entstandenen und aus ihrem 
wandständigen Verband geratenen Epithelien läfst hauptsächlich 
folgende vom Becherzellentypus abweichende Varianten erkennen: 
l. Der Schleimtropfen wird nahe der Zellmitte gebildet, drängt den 
Kern seitlich ab und nötigt die Zelle, Kugelform anzunehmen (runde 
Zellen mit zentraler schleimführender Vakuole); — im weiteren 
Anwachsen des Schleimtropfens wird das Protoplasma zu einer 
dünnen Kugelschale gedehnt (Siegelringform); 2. Zugrundegehen des 
Kerne, Umwandlung der Zelle in eine Schleimkugel; 3. Zerfliefsen 
der letzteren Bildung, Vereinigung mit den umgebenden schleimigen 


144 O. Stoerk und O. Zuckerkandl. 
B 


Massen (gleicher Herkunft, oder der ursprünglichen Sekretion wand- 
ständiger Becherzellen entstammend). 

Entlang der Oberfläche nimmt das Bild insofern eine ziemlich 
einheitliche Form an, als hier das Verschwinden der drüsenähnlichen 
Epithelverbände weitaus vorwiegt; dazu kommt aber noch ein speziell 





Fig. 17. 


diesem Abschnitt angehöriges Detail: die Anwesenheit der präexi- 
stierenden reichlichen Gefäfschen, wie sie in den krebsfreien Nach- 
barabschnitten im vorhergehenden beschrieben wurden. Diese 
präexistenten Gefäfschen werden infolge der Invasion der After: 
masse zu einem unregelmässigen, relativ weiten Maschenwerk aus- 
einandergedrängt, wobei sie durch die strotzende Erfüllung ihrer 
Zwischenräume mit den schleimigen Massen komprimiert werden (im 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 145 


(serensatz zu ihrer fast maximalen Blutfüllung in den umgebenden, 
krebsfreien Abschnitten; vgl. hierzu auch den bezüglichen makro- 
skopischen Befund). Die durch das vaskuläre Maschenwerk um- 
schlossenen Räume enthalten schleimführende Flüssigkeit, in welcher 
tells die früher erwähnten runden Zellformen mit zentraler Schleim- 
vakuole und die Siegelringformen, teils auch noch kleine Zellverbände, 
aus 2—5 Zellen bestehend, die noch wenig von Verschleimung auf- 
weisen, suspendiert schwimmen (Fig. 17;,d). 

In der Tiefe, in die Muskularis eindringend, finden sich vor- 
vwiegend sehr weite schleimerfüllte Karzinomschläuche, deren epithe- 
ale Wandbekleidung meist noch ringsum erhalten ist. | 


Es ist im vorliegenden Falle nicht unbedingt möglich, aus dem 
Nebeneinander der Bilder ihre zeitliche Folge zu erschliefsen. Die 
beschriebenen Submukosaveränderungen: Bindegewebsvermehrung, 
(efälsneubildung, dürften ihrem mikroskopischen Bilde nach als 
die ältesten der vorliegenden Veränderungen zu bezeichnen sein. 
Zweifelbaft ist der Zeitpunkt der Entstehung der epithelialen 
Formationen, der Nester, insbesondere der in nächster Nähe zum 
Karzinom vorfindlichen lumenhaltigen, sowie auch der Entstehung 
der in der Nachbarschaft des Karzinomrandcs sichtbaren bespro- 
chenen Umformung der obersten Lage des Schleimhautepithels — 
nämlich zweifelhaft in bezug auf die zeitliche und damit auch 
erentuell histogenetische Stellung zur Karzinomentstehung. Es sind 
beide Möglichkeiten gegeben: entweder entstand der Drüsenkrebs 
auf dem Boden einer Cystitis cystica (resp. glandularis), deren noch 
nicht zur Karzinombildung aufgebrauchte Reste in ursprünglicher 
Beschaffenheit noch rings um das Karzinom zu sehen sind, — oder 
aber es sind die Bildungen am nicht krebsigen Epithel der Karzi- 
homnachbarschaft nur als eine Reaktion des angrenzenden Schleim- 
hautepithels auf das Vordringen des Karzinoms anzusehen. 

Liefse sich selbst die Richtigkeit der letzteren Interpretation 
erweisen, so wäre vielleicht doch der Befund am nicht krebsigen 
Epithel für die Karzinomgenese dieses Falles nicht ohne Belang. 
Er würde demonstrieren, dafs hier im Epithel tatsächlich eine be- 
‘andere Tendenz zur Bildung drüsenähnlicher Gebilde besteht, und 
“Würde es nur um so wahrscheinlicher machen, dass die im Vergleich 
zum Karzinom präexistierende Cystitis chronica an jener Stelle, 

Welche später zum Karzinomausgangspunkt werden sollte, ursprünglich 


die Bildung drüsenartiger Formationen ausgelöst hatte. 
keitschrift für Urologie. 1907. 10 


146 O. Stoerk uud O. Zuckerkaudl. 


Anhangsweise sei noch ein Fall von Adenocarcinoma vesicae 
urinariae mitgeteilt, welcher sich vielleicht nicht ohne weiteres dem 
bisher beschriebenen Typus anreiht. Es handelt sich um einen 
Fall von 


Adenokarzinom der ekstrophischen Blase. 

Das Objekt stammt von einer 54 jährigen Frau mit Ekstrophia vesicae, 
welche seit ihrem vierzehnten Lebensjahre einen Harnrezipienten trägt. Im 
Mai 1903 bemerkte Patientin zum ersten Male in der freiliegenden Blasen- 
schleimhaut eine Geschwulst mit langsamem Wachstum. Wegen rapideren 
Wachstum derselben suchte sie im Januar 1905 Spitalshilfe im Wiener k. k. all- 
gemeinen Krankenhause auf. Hofrat von Eiselsberg nahm die Exstirpation 
der Blasenschleimhaut in toto mitsamt dem blumenkohlartigen Gewächs, welches 
sich über deren grölsten Teil erstreckte, vor. (Bezüglich ausführlicher Einzel- 
heiten vide: Sitzungsbericht der k. k. Gesellschaft der Ärzte in Wien, Wiener 
klinische Wochenschrift 1906, S. 548, Demonstration Hofr. v. Eiselsberg.) 


Für die mikroskopische Untersuchung wurde, zur Schonung des 
(musealer Aufstellung bestimmten) Objektes, nur eine Partie vom 
Rande des Neubildungsbereiches entnommen. Es zeigt sich in den 
daraus hergestellten Schnitten das Oberflächenepithel in gleichmälsiger 
Weise in verhornendes Plattenepithel umgewandelt. Das reichlich 
mit kleinen Rundzellen infiltrierte submuköse Gewebe erscheint, 
ebenso wie die angrenzenden Muskularisabschnitte, ziemlich dicht 
durchsetzt von krebsigen Schläuchen, welche mit ein- oder mehr- 
reihigem Zylinderepithel ausgekleidet sind, vielfach recht unregel- 
mälsige Formen aufweisen und an einzelnen Stellen mälsige Sekretion 
mit entsprechender Erweiterung der Schlauchlumina aufweisen. Eine 
Ausmündung dieser Schläuche an die freie Oberfläche ist nur ganz 
gelegentlich zu sehen (s. Fig. 18, A), so dafs die Annahme nahe ge- 
legt wird, dafs es sich bei diesen höchst vereinzelt sichtbaren, schein- 
baren Ausmündungen tatsächlich vielleicht um einen sekundären 
Durchbruch eines oberflächenwärts wachsenden Schlauches der be- 
treffenden Stelle gehandelt haben könnte. Insbesondere auch im 
Zusammenhalt mit dem Umstande, dafs das krebsige Drüsenschlauch- 
wachstum sich im Bereiche einer ekstrophischen Blase abspielt, 
läfst sich hier an eine engere Beziehung der Mifsbildung der Blase 
zu demjenigen Gewebe denken, von welchem das krebsige Wachstum 
seinen Ausgang genommen hatte. 

Was diese supponierte Beziehung anbelangt, so sei zunächst 
im allgemeinen an die typischen kongenitalen Mifsbildungen er- 
innert, bei welchen Harnblase und Darm gemeinsam betroffen werden. 
Es kommen dabei wesentlich nur zwei Arten von Mifsbildungen in 


Über Cystitis glandularis und den Drüsenkrebs der Harnblase. 147 


Betracht. Erstens jene, welche auf einen mangelhaften Verschluls 
der Bauchhöhle in früher Fötalperiode zurückzuführen sind. Der 
häufigste Fall dieser Fissura abdominalis ist ja eben die Fissura 
s. Ekstrophia s. Inversio vesicae urinariae selbst. Die Kombination 
der letzteren mit der Spaltung des Darmes (es wird dabei meist 
Coecum oder Colon ascendens betroffen) ergibt die Fissura abdomi- 
nalis intestinalis s. vesico- intestinalis. Als eine zweite Art der 
Mifsbildung, bei welcher gleichfalls eine innigere Beziehung zwischen 


EB sog 


( K 3 d 


Lo ër 
e SCH geb 
(Ae SZ Aw ` 
AN D 


ane 





Fig. 18. 


Darmrohr und Blase in pathologische Erscheinung tritt und welche 
auch nicht selten mit der ersteren sich kombiniert, wäre die Atresia 
ani vesicalis zu nennen. 

Im vorliegenden Fall wäre, schon der vorhandenen Blasenspalte 
gemäfs, an die Möglichkeit einer Beziehung zu solchen Mifsbildungs- 
formen zu denken. Tatsächlich bestand zwar in dem in Rede 
stehenden Falle weder eine Fissura intestinalis, noch überhaupt, wie 
sich aus dem Operationsbefund ergibt, auch nur etwa eine Fixation 
einer Darmpartie an die hintere Blasenwand. Doch wäre es vor- 
stellbar, dafs noch in früher Fötalperiode eine bestehende, vielleicht 

10* 


148 O. Stoerk und OÖ. Zuckerkandl. 


nur ganz eng umschriebene Kommunikation zwischen Darm und 
ekstrophischer Blase nachträglich zum Verschluls gekommen war — 
mit Hinterlassung von Darmepithel an oder in der Blasenwand, 
über welchem sich dann auch die hintere Blasenwand geschlossen 
haben müfste. Der chronische Reizzustand der Harnblasenschleim- 
haut, als dessen Ausdruck die erwähnte Epitbelmetaplasie ange- 
sprochen werden darf, mag dann vielleicht schliefslich den A nstofs 
zu krebsigem Wachstum der epithelialen Darmelemente an resp. in der 


Blasenwand — nach dem Erstreckungsbereiche im nunmehr Vor- 
liegenden zu schliessen, vermutlich in der Submukosa — gegeben 
haben. 


Ein Paradigma für solches neoplasmatisches Wachstum in früher 
Fötalperiode abgesprengter Anteile des Darmrohres bieten die adeno- 
matösen und gelegentlich dann auch karzinomatösen, als Entero- 
kystome bezeichneten Bildungen, welche am häufigsten im Nabel- 
bereich angetroffen werden. 

Der angeführte Erklärungsversuch?!) für die Histogenese des 
Karzinoms im vorliegenden Falle von Drüsenkrebs in ekstrophischer 
Blase, welcher ein Unikum darstellen dürfte, erscheint uns noch 
eher möglich, als die Herleitung von einer Cystitis glandularis — 
eben wegen des beträchtlich abweichenden Befundes gegenüber 
den anderen bisher von uns untersuchten Fällen der letzteren Art, 
insbesondere auch wegen des fast vollständigen Abschlusses des 
Oberflächenepithels über den drüsigen Formationen, 


1) Im gleichen Sinne hat der eine von uns (Stoerk) seinerzeit den Fall 
Herrn Dr. Clairmont, 1. Assistenten der Klinik v. Eiselsberg, gegenüber 
schriftlich begutachtet. 


Literaturbericht. 


I. Allgemeines über Physiologie und Pathologie des 
Urogenital-Apparates, 


Untersuchung über innere Antisepsis durch Hetralin, ein 
neues Hexamethylentetraminderivat. Von W. Fries. (Inaugural- 
Dissertation — Giefsen, Hamburg 1906.) 

Hetralin stellt bekanntlich eine Kombination von Resorein und 
Hexamethylentetramin (Urotropin) dar. Bei der Tierpassage konnte je- 
doch Resorein weder im Harn, noch im Blut oder Kot nachgewiesen 
werden. Im Harn jedoch war aus der Zunahme der Atherschwefelsäuren 
auf das Vorhandensein von Dioxybenzol in Form von resoreinschwefel- 
saurem Kalium zu schliefsen. Infolge des Resorcinkomponenten im 
Hetralin wird die Azidität des Harns erhöht, wodurch weiter eine 
leichtere Formaldehydspaltung im alkalischen Harn ermöglicht wird. 
Formaldehyd wird in Hetralinlösungen sehr leicht und energisch bei 
Temperaturen über 0° abgespalten. Diese Abspaltung wird vermehrt durch 
Erhöhung der Temperatur, durch Mineralsäure, Harnsäure und harnsaure 
“alze, während sie in alkalischen Substraten eine geringe und träge 
it. Bei internem Hetralingebrauch ist Formaldehyd am deutlichsten im 

arn nachweisbar. Er tritt schon nach 10 Minuten auf und verschwindet 
bei Dosen von 0,01— 0,03 pro kg erst nach 24—72 Stunden. Die stärkste 
Formaldehydausscheidung erfolgt 2—6 Stunden nach der Darreichung 
dex Hetralins. Auch im Kot, im Blut, in der Milch, in Ascitesflüssigkeit, 
Wie in allen Organen ist Formaldehyd nach innerm Hetralingebrauch 
"achweishbar. Der desinfektorische Wert des Hetralins hat sich schon 
pia Versuchen in vitro als bedeutend erwiesen. In sauron Nähr- 
ge lst er grölser als In alkalischen wegen der stärkeren Formaldehyd- 
5 = tung. Doch ist die Desinfektionskraft auch in alkalischen Lösungen 
fen render als mit gewöhnlichem Urotropin. Ferner wird bei Zimmer- 
u auf alkalischen, neutralen und sauren Nährböden beinahe 
era >e antiseptische Wirkung durch Hetralin erzielt wie bei Brut- 
EE n htemperatur. Die antiseptische Wirkung im Harn nach inter- 
ns Hetralingebrauch tritt schon bei kleinen Tagesgaben (1—2 g) 
iche Die Minimaldosis gegenüber Bacill. pyocyaneus beträgt im alka- 
ewi z Harn 0,03 pro kg und im sauren Harn 0,01 g pro kg Körper- 
lie,  Dieselben Dosen schützen auch den Ham, wenn er der 
Zur. "tektion ausgesetzt wird, 2—6 Stunden vor der ammoniakalischen 
om St zong. Innerhalb therapeutischer (Grenzen wird das Medikament 
Fälle Tierkörper ohne besondere Reaktion ertragen, nur in manchen 
Dee Yn tritt in der ersten Stunde eine leichte Temperaturerhöhung auf. 
Se Dosen verursachen erhöhte Puls- und Atemfrequenz, grölsere 


150 Allgemeines über Physiologie und Pathologie des Urogenital-A pparates. 


Polyurie und Diarrhoe, Hämaturie, Albuminurie. 0,5 g pro kg Körper- 
gewicht wirkt beim Hunde tödlich unter den Erscheinungen einer Phenol- 
oder Resorcinvergiftung. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Über die therapeutische Verwendung des neuen Lokal- 
anästheticum „Novokain“ in der urologischen Praxis. Sammel- 
referat. (Monatsb. f. Urologie 1906, Bd. XI, Heft 6.) 

Unter den Lokalanästhetica der letzten Zeit hat besonders das von 
Einhorn eingeführte Novokain vielseitige Anerkennung gefunden. 
Toxische Nebenwirkungen, selbst bei Dosen von 0,25, ebenso wie ört- 
liche Reizerscheinungen fehlten. Die Anwendung ist bequemer als die 
des Kokains, denn Novokainlösungen sind haltbarer und durch Kochen 
sterilisierbar. Am geeignetsten ist eine zweiprozentige Lösung, zu der 
zwei Tropfen einer Suprareninlösung von 1: 1000 zugesetzt werden. Die 
von zahlreichen Autoren angeführten Verwendungsarten beweisen zur 
Genüge seine Brauchbarkeit. Hentschel-Dresden. 


Novokain in der Urologie. Von Freemann. (Dermatolog. Zentral- 
blatt 1906, No. 8.) 

Verf. hat das Novokain bei 45 Fällen von akuter Gonorrhoe mit 
gutem Erfolge angewendet. Die Fälle betrafen Patienten, bei denen die 
Injektionen mit starken Schmerzen verbunden waren, oder bei denen 
eine starke, schmerzhafte Kompression des Schliefsmuskels das Eindringen 
von Flüssigkeit in die Blase erschwerte. F. spritzte eine 30/ ige Lösung 
des Novokainnitrates und zwar gelöst in Albargin 1: 1000 in die Urethra 
und nahm nach 10 Minuten die eigentliche Behandlung der Harmrölıre 
und Blase, Janetsche Spülungen, vor. Da Novokain völlig reizlos, nur 
1, so giftig wie Kocain ist, da es sich mit Albargin mischen läfst, ist 
es jedenfalls dem Kokain vorzuziehen. Dreyel-Leipziv. 


Schutzmittel gegen Geschlechtskrankheiten. Von O. Grosse, 
München. (Münch. med. Wochenschr. Nr. 45, 1906, Nachtrag zu Nr. 21, 1905.) 

G. bringt nachträglich die Resultate der bakteriologischen Prüfung 
seines Prophylaktikums „Selbstschutz“ (Hauptbestandteil: Hg. oxycyanat.). 
Die Untersuchungen, die durch Zusatz des Mittels einerseits zur ent- 
wickelten Plattenkultur, anderseits zur Aufschwemmung nach Schäffer 
angestellt wurden, ergaben sichere, sofortige Vernichtung der Gonokokken 
durch das Prophylaktikum sowohl bei der gegebenen Zusammensetzung 
als bei halber Konzentration. 

Auch praktische Erfahrungen haben dem Verf. mittlerweile die gute 
Wirkung des Mittels bestätigt. Brauser- München. 


On the X-ray shadows of cystic and xanthein oxyde calculi. 
Von H. Morris. (Lancet 1906, Juli 21. Ref. Z, f. Chir. Nr. 38, 1906.) 

M. tritt der Ansicht, dafs Xanthein- und Uystinsteine keine Schatten 
geben, entschieden entgegen und führt als Beweis 8 von ihm röntgo- 
graphierte und in der Arbeit reproduzierte Steinbilder auf. Der Schatten 
dieser Steinarten ist entschieden stärker als der der Harnsäuresteine 
und beruht auf ihrem Schwefelgehalt. Müller- Presden. 


Allgemeines über Physiologie und Pathologie des Urogenital-Apparates. 151 


Zwei Fälle von Pseudohermaphrodismus. Von Dr. B. Pericic, 
Primärarzt des Landeskrankenhauses zu Zara, (Wiener med. Presse 1906, 
Nr. 48.) 
Obwohl die zwei Fälle als verkrüppelte Männer angesehen werden 
müssen, kann man sie, wie Verf. glaubt, ohne Widerspruch unter dic 
leichteren Formen des Hermaphrodismus masculinus einreihen. 

l. Fall. Lucija K., 43 Jahre alt, ledig, Bäuerin (!). Das als Weib 
sich vorstellende Individuum sucht das Krankenhaus auf wegen eines 
exulzerierten Sarkoms der Wange. Während der Behandlung rief der 
männliche Habitus (Bartwuchs, Stimme usw.) Zweifel über das Geschlecht 
der Person hervor. Die Besichtigung der Genitalgegend ergibt bei zwang- 
loser Lage folgenden Befund: Ein etwa 5 cm langer Penis mit Eichel, 
Sulcus coronarıus und Präputium; in der linken Skrotalhälfte ein wohl- 
gebildeter Hoden mit deutlichem Samenstrang; rechte Skrotalhälfte leer, 
platt; in der rechten Inguinalgegend eine beinahe hühnereigrolse, runde, 

glatte, wenig bewegliche, elastische, schmerzlose Geschwulst (cystisch de- 
generierter Hoden?). Wenn man die Eichel emporhebt, sieht man den 
Penis an der unteren Seite angewachsen, von der Eichel erstreckt sich 
nach unten ein flaches, mit schleimhautartiger, glatter, weifser Haut über- 
z0genes Dreieck, in dessen unterem Winkel sich ein trichterförmiges, 
kaum für einen gewöhnlichen Katheter durchgängiges Loch findet, durch 
weiches der Harn entleert wird; oberhalb dieses findet sich ein anderes, 
Winziges Loch, das anscheinend auch mit der Harnröhre zusammenhängt. 
Die Untersuchung per anum ergibt bezüglich innerer weiblicher Genitalien 
Dien negativen Befund. Menses waren nie vorhanden. 

. 2. Fall. Amalie B., 17. Jahre alt, ledig, Arbeitertochter (5. Die 
htersuchung des als Weib sich vorstellenden Individuums ergibt fol- 
gendes: 140 cm hohes, blasses Individuum mit Bart, langem schwarzem 
Haupthaar, hervortretendem Kehlkopf, rauher, männlicher Stimme, männ- 
ichen Brüsten, behaarten Unterarmen und Unterschenkeln. 
Genitalbefund: Bei zwangloser Lage sieht man einen 6 cm langen 
(mit Eichel, Sulcus coronarius und Präputium), der über dem leeren 
o "otum herabhängt. Die Behaarung des Mons Veneris erstreckt sich 
os dem Nabel. Wenn man den Penis an der Eichel emporhebt, sieht 
Eich denselben mit dem Skrotum verwachsen, Hypospadie, und von der 
A el bis zur Mitte der etwas vertieften Raphe ein mit schleimhaut- 
EE weilsglänzender Haut versehenes flaches spitzes Dreieck. Keine 
Be von Hoden, weder im Skrotum, noch in den Leistenkanälen. Durch 
heim tion vom Mastdarm aus findet man an den horizontalen Scham- 
oa ‚sten je eine bohnengrofse, verschiebliche Geschwulst (atrophische 

den?) Das Ejakulat enthielt keine Spermatozoen. Kr. 


Penis 


II, Harn und Stoffwechsel. — Diabetes. 


u Ein Versuch, die Bestimmung des elektrischen Leitungs- 
G Aderstandes des Urins für klinische Zwecke zu benutzen. Von 
` K olischer und L. E.Schmidt. (Monatsb. f. Urologie 1906 Bd. XI, Heft 7.) 


Um eine verläfsliche Methode zur Abschätzung der funktionellen 


152 Harn und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Nierenkapazität zu finden, haben die Verf. an zehn gesunden Individuen 
Untersuchungen über die elektrische Leitung-fähirkeit des Urins vor- 
genommen und folzendes beobachtet: Der zur selben Zeit aus beiden 
Nieren sretrennt aufgefangene Urin bei gesunden Menschen zeigt keine 
absolute Übereinstimmung seiner elektrischen Leitungsfähigkeit. Indigo- 
karmin, durch die Nieren hindurchgetrieben, hat einen entschiedenen 
Eintlufs auf die Leitungsfähiskeit des nachher gewonnenen Urins. Der 
Leitungswiderstand des Urins ist immer erhöht, wenn die Färbung ım 
Urin erscheint. Die Herabsetzung der Leitungsfühigkeit ist nach der 
Färbung die gleiche in beiden Harnen, auch wenn vor der Applikation 
des Farbstoffes ein Unterschied bestand. Diese Herabsetzung verschwindet 
nach und nach wieder. Urine von erkrankten Nieren zeigten nach Ein- 
verleibung von Indigokarmin immer einen Abfall des Leitungswider- 
standes,. mochten allgemeine Krankheitserscheinungen bestehen oder nicht. 
Die Verf. gedenken in einer späteren Arbeit ausführlicher auf die 
Methode und die Ergebnisse ihrer Untersuchungen einzugehen. 
Hentschel- Dresden. 


Über die Veränderung der Leitfähigkeit des Harnes bei An- 
wesenheit von Eiweifs. Von Dr. A. Wassmuth. (Archiv für klinische 
Medizin Nr. 88, Heft 1—3.) 

Die Ergebnisse dieser Untersuchung drücken sich in folgenden 
Sätzen aus: 

I. Der normale Harn erleidet durch sein Kochen nur eine geringe 
— etwa 0,2", betragende Vermehrung seiner Leitfähigkeit: letztere 
wird durch eine sich anschlielsende Filtration nicht verändert. 

Tl. Hühnereiweils im normalen Harn gelöst setzt seine Leitfähigkeit 
um den gleichen Betrag herab, wie wenn dasselbe Eiweils durch 
Kochen (ohne Filtration) in Suspension erhalten wird. 

III. Die prozentuelle Änderung p der Leitfähigkeit des ungekochten 
und gekochten, Eiweils enthaltenden (pathologischen) Harns steht inner- 





halb gewisser Grenzen im konstanten Verhältnis zu der zugehörigen, in 


100 ecem Harn enthaltenen Menge q an Eiweils. 





IV. Einer Anderung der Leitfähigkeit um p=?2, 463" , entspricht 
g U l o 
im Mittel eine Eiweilsmenge von q=1",; auf diese Erfahrung lälst 


sich eine Methode gründen zur Bestimmung des Eiweilseehalts im Harne. 
V. Wird eiweifshaltiger Harn auf die Hälfte verdünnt, so sinkt 
merkwürdigerweise sowohl die prozentuelle Anderung p als auch die 
Eiweilsmenge auf den halben Wert, so dafs das Verhältnis beider doch 
dasselbe bleibt. Hierin liegt die Begründung der in IV erwähnten 
Methode. Zuelzer- Berlin. 


Improved Method of ring tests in uranalysis. Von V. C. 
Pedersen (New York Medical Journal 1906, p. 388.) 

Eine etwas 15 em lange und fast l cm breite. mit Gummiball ver- 
schene Pipette wird voll Urin gesogen. Durch Druck des Balls wird 
die Hälfte des Urins entfernt und z. B. durch Ansauren durch Salpeter- 
säure ersetzt. Sollte der an der Berührungsstelle auftretende Ring nicht 


Harn und Stoffwechsel. — Diabetes. 153 


deutlich sein, so läfst man ihn durch Drücken des Balles in das untere, 
verengerte Stück der Pipette treten. Hier nimmt er, in der Breite be- 
schränkt, an Dicke zu und wird so besser sichtbar. 


N. Meyer-Wildungen. 


Albuminuria: Recognition of the Albumin — Bodies in Urine. 
Von Hastings. (Medical Record, 7. VII. 1906.) 

Eine genaue physiologisch-chemische Abhandlung über die ver- 
schiedenen im Urin vorkommenden Eiweifsarten, wie Serumalbumin, 
Nukleoalbumin, Serumglobulin, Bence-Jones Albumose. Das Serumalbumin 
wird am sichersten ‚nachgewiesen durch Kochen mit gesättigter Koch- 
sulzlösung nach Zusatz von 50°/, Essigsäure. Karo-Berlin! 


Resume of recent work in clinical pathology of the urine. 
Von T. W. Hastings. (New York Medical Journal 1906, p. 490.) 

H. bespricht kritisch die Fortschritte der letzten 5 Jahre in der 
Urinuntersuchung. Er bespricht die Methoden, die die N-Bestandteile, 
die Aminosäuren, die gesamt-organischen und die Gesamt-Mineralsäuren 
die alkalischen Sulphate, den neutralen Schwefel betreften; ferner Zucker, 
Albuminkörper, Fermente, Cholin und neue Proben für Urobilin, Blut, 
Azeton, Indikan. Die Arbeit ist zu eingehenderem Referat ungeeignet. 


N. Meyer-Wildungen. 


Über das Verhältnis der Acidimetrie des Harnes nach Moritz 
zu dem Verfahren von Freund-Lieblein. Von Walter Völker. 
Archiv für klinische Medizin, Nr. 88.) 

Die Ergebnisse falst Verfasser zusammen: 

,. Eine Trennung von primärem und sekundärem Phosphat durch 
Chorbaryumzusatz ist im Harn nicht möglich. Es wird unter den Be- 
zungen des Harns vielmehr auch von primärem Phosphat ein erheb- 
er Teil durch Chlorbaryum gefällt, wozu teils das Auftreten des 
. Minsulfataiederschlages, teils aber auch die Gegenwart von Salzen 
"Dicher Säuren beitragen. Die Freund-Liebleinsche Bestimmung 
Hai H arnazidität gibt infolgedessen völlig unzuverlässige, fast immer 
= e Resultate. Zuelzer-Berlin. 


d er 


Ned; Drugs in diabetic glycosuria. Von A. C. Croftau. (New York 
Sal Journal 1906, p. 636.) 
i ort rät, bei der Beurteilung der Wirkung eines Medikaments bei 
de besonders in leichten Fällen sv sehr ausgesprochene Sug- 
ër nswirkung in Rechnung zu setzen. Opium und seine Alkaloide SS 
Wix n grofsen Dosen zu geben, jedoch und wohl nur durch die sedative 
T helfen — beseitigen oft den letzten Zuckerrest, der trotz 
lie ter Diät zurückblieb. Salizylsäure und ihre Präparate scheinen 
| Oleranzgrenze für Kohlehydrate zu erhöhen. Sie sind in grofsen 
N zu geben, jedoch bei gastrischen und renalen Störungen kontrain- 
vt, In ähnlicher Weise, doch viel unzuverlässiger wirkt Jambul. 


154 Harn und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Trotzdem ist eine wässrige Mazeration am besten, versuchsweise in jedem 
Fall angezeigt. Von den Alkalien ist der Gebrauch von 2 bis 3 mal 
täglich 15 bis 30 Gran Natr. bicarb. oder Calc. carbonic zu empfehlen. 
Sie wirke als Gegenmittel gegen die Acidosis und als Stimulans für die in- 
trazelluläre Oxydation. Wo Diabetes durch Arteriosclerosis und Syphilis 
kompliziert ist, erscheint Jodkali angezeigt und ist dem Quecksilber vor- 
zuziehen. Die von anderer Seite empfohlenen Darmantiseptica haben sich 
dem Verfasser nicht bewährt. Auch die Organotherapie hat bis jetzt 
im Stich gelassen, doch sind die Versuche nicht aufzugeben, weil wahr- 
scheinlich der Fehler nur in der Methode liegt. Frühere günstige An- 
gaben haben sich bei weiterer Prüfung als falsch erwiesen. 
N. Meyer-Wildungen. 


The rational treatment of diabetes mellitus. Von T. S. Hart. 
(New. York Medical Journal 1906, p. 533.) 

Der Verf. betont die Wichtigkeit, in jedem Fall von Diabetes auch 
die verminderte Oxydation für Fette zu prüfen und zu beachten. Seine 
detailliert angegebene Methode der Toleranzbestimmung unterscheidet sich 
nicht von den üblichen. Er unterscheidet 3 verschieden schwere For- 
men mit Übergängen: 1. Milde Fälle, die keinen Zucker und keine 
Azetonkörper (Azeton, Acid. diacetic., Acıd. oxybutyric. als Zeichen ge- 
störten Fettstoffwechsels) nach Kohlehydrateinschränkung haben. 2. Mittel- 
schwere Fälle, die Kohlehydrate gar nicht oder nur sehr wenig, Fette in 
beschränktem Mafse ausnutzen, d. h. Azeton und Acid. diacetic. haben. 
3. Schwere Fälle, die Kohlehydrate gar nicht, Fett nur wenig ausnutzen 
und im Urin auch Oxybuttersäure zeigen. Bei Kohlehydraten ist Wechsel 
anzuraten, weil die Toleranz für die einzelnen Nahrungsmittel verschieden 
zu sein pflegt. Gelingt es bei Patienten mit Azeton, die Toleranz für 
Kohlehydrate zu steigern, dann pflegt auch das Azeton zu schwinden; das 
letztere zeigt also den Erfolg einer Kur gut an, ebenso wie die Be- 
obachtung der Schwankung des Körpergewichtes. Die Fälle der dritten 
Gruppe beanspruchen für jedes einzelne Nahrungsmittel eine gesonderte 
Prüfung. Im allgemeinen sind Perioden von Diät folgender Zusammensetzung 
angezeigt: 1. Fette und Proteide mit Bevorzugung solcher Fette, die arm 
an niederen Fettsäuren sind. 2. Gemischte Diät, wobei die Kohlehydrate 
in der Menge und nur auf eine Art beschränkt sind. Proteide und 
Fette von Eiern und Pflanzen. Bei exzessiver Produktion organischer 
Säuren ist Natr. bicarb. angezeigt. Sehr wichtig für die Auswahl der 
Diät ist die Berechnung der Energiemenge, die in Kalorien zugeführt 
werden und für jeden Fall gemäfs seiner Ausnutzungskraft berechnet werden 
muls. Medikamente sind besonders für solche Fälle angezeigt. wo 
die Glykosurie durch Diät allein nicht schwindet. Jambul, Opium und 
seine Derivate und die Salizylpräparate sollen kurze Zeit und nur bei 
beobachteter Heilwirkung gegeben werden. Körperübung, Bäder, Massage, 
Sorge für geeignete Kleidung, die gemütliche Verfassung, das geistige 
Leben, das sind alles Punkte, die die aufmerksame Kontrolle des Arztes 
bei jeder Diabetesbehandlung erfordern. N. Meyer-Wildungen. 


Gonorrhoe und Komplikationen. 155 


Der Alkohol in der Ernährung der Zuckerkranken, experi- 
mentelle Untersuchungen. Von H. Benedict und B. Török. (Zeit- 
schrift für klinische Medizin, Band 60, Heft 3—4.) 

Die Verfasser haben in exakten Stoffwechseluntersuchungen nachgewiesen, 
dals der Alkohol beim Diabetiker die Produktion des Azetons bedeutend 
zu erniedrigen, die Zuckerausscheidung zu verringern und den Eiweils- 
bestand besser zu schonen imstande ist als die Fette. Es ist deshalb 
dem Alkohol, der bekanntlich schon seit langem in der Ernährung des 
schweren Diabetikers einen bedeutenden Platz einnimmt, eine gesicherte 
Stellung in der Diabetestherapie anzuweisen. Die Gröfsen der Alkohol- 
gaben im einzelnen Falle lassen sich nicht ganz allgemein angeben, doch 
kann man 80 g Alkohol, die in 1 Liter Rheinwein enthalten sind, bei 


schwierigen Entziehungskuren wochen- und monatelang reichen. 
Zuelzer-Berlin. 


lll. Gonorrhoe und Komplikationen. 


Zur Statistik des Trippers beim Manne und seiner Folgen für 
die Ehefrauen. Von Prof. Erb-Heidelberg. (Münch. med. Wochenschr. 
Nr. 48, 1906.) 

Die hauptsächlich durch den Verein zur Bekämpfung der Geschlechts- 
krankheiten neuerdings hervorgerufene Diskussion über die Häufigkeit des 
Trippers und dessen Folgen für Ehefrau und Nachkommenschaft enthält 
nach Ansicht Erbs viel Übertriebenes und positiv Unrichtiges. Nament- 
lich die Methode Blaschkos, der auf Grund einer Eintagsstatistik über 
10000 erwachsene Männer nach Vornahme verschiedener rechnerischer 

anipulationen zu „erschreckenden Zahlen“ kommt, ist ganz unbrauchbar. 

Erb hat nun rein retrospektiv — lediglich auf Grund der Anamnese 
— festzustellen versucht, wie viele von 2000 Männern über 25 Jahre 

‚einer Privatklientel (zum gröfsten Teil den höheren Ständen angehörend) 
Tripper (und Syphilis) gehabt haben. Es ergaben sich nur 48,5 °/, Go: 
"Toiker, Darunter befinden sich noch viele ganz leichte Tripper und, 
Bei E. &laubt, auch eine Anzahl nichtgonorrhoischer Schleimhautkatarrhe. 
a eranziehung nur der über 40jährigen ergab sich dasselbe Prozent- 
fie ältnis 45 °/, aller Männer waren überhaupt nie geschlechtlich in- 
rt geewesen. 
ae ur Feststellung der Folgen der männlichen Gonorrhoe für die Ehe- 
Doan ge hat E. 400 früher tripperkranke Männer eingehend über etwaige 
sich a und Adnexerkrankungen bei ihren Frauen befragt; er berück- 
Das &t hierbei nur die schwereren entzündlichen und eitrigen Formen. 
Resultat war folgendes: 
Frauen gesund, d. h. unterleibsgesund oder mit gleichgültigen, 
&onorrhoischen Erkrankungen (Myomen, Flexionen) 375 = 93,75": ,. 
1. Frauen erkrankt, d. bh unterleibsleidend: 
a) sicher oder sehr wahrscheinlich gonorrhoisch 17 = 4,25 °\,; 
rr} ) nicht sicher oder nicht zu erkennen (wahrscheinlich nicht go- 
YOisch) 8 = 2 %/.. 
ezüglich der Kinderzahl ergaben sich unter 370 Ehen früher go- 


nicht 


156 Gonorrhoe und Komplikationen. 


norrhoischer Männer, in welchen die Frauen anscheinend gesund blieben, 
68°. , mit 2 und mehr, darunter 25 ”/, mit 4 und mehr Kindern. Von 
74 Einkinderehen waren 30 mit Bestimmtheit auf andere Gründe zurück- 
zuführen, 44 Ehen waren kinderlos. Unter 25 erkrankten Frauen hatten 
10 eines, 3 mehrere Kinder, 11 waren kinderlos. 

Die Zeit zwischen Tripper des Mannes und Heirat schwankte 
zwischen ] und 22 Jahren und war ohne nachweisbaren Einflufs auf die 
Gefährdung der Frauen. 

Aus seinen Feststellungen schlielst E., dafs „der Tripper auch nicht 
entfernt die grofse, die Gesundheit der Ehefrauen, das Glück der Ehen 
und die Volksvermehrung aufs schwerste beeinträchtigende Bedeutung 
hat, die man ihm von manchen Seiten zuschreibt und zu agitatorischen 
Zwecken proklamiert“. 

[Auch Ref. ist der Ansicht, dafs in letzterer Beziehung häufig des 
Guten zu viel geschieht und es, wie E. sagt, nicht nötig ist, durch die 
Angst vor den schrecklichen Folgen einer Tripperinfektion jedem Be- 
troffenen das ganze Lebensglück zu verbittern. Immerhin aber möchte 
Ref. davor warnen, derartigen, rein auf Anamnese aufgebauten, das alte 
„omnis venericus mendax“ gar nicht berücksichtigenden Statistiken allzu- 
grofsen Wert beizumessen, wenn auch aus begreiflichen Gründen ein 
anderer, objektiverer Weg schwer zu finden sein wird.] 

Brauser- München. 


Zur Beurteilung der Erbschen Statistik des Trippers beim 
Manne und seiner Folgen für die Ehefrauen. Von Kopp-München. 
(Münch. med. Wochenschr. 1906, Nr. 51.) 

Zur Statistik der Gonorrhoe. Von Kossmann-Berlin. (Münch. 
med. Wochenschr. 1906, Nr. 51.) 

Die Erbsche Tripperstatistik (Referat siehe S. 155) hat begreiflicher- 
weise und, wie ibr Verfasser selbst erwartete, rasch Entgegnung gefunden. 

Kopp nimmt zunächst die Blaschkosche Berechnung in Schutz, die 
neben unzweifelhaften Mängeln doch auch Vorzüge (tatsächliche Fest- 
stellungen) gegenüber der Erbschen rein auf die oft trügerische Ana- 
mnese gegründeten habe. Dafs 4,250; der mit früher gonorrhoischen 
Männern verheirateten Frauen schwere Tripperfolgen aufweisen, hält K. 
im Gegensatz zu E. für recht betrübend und wendet sich mit Recht 
gegen die willkürliche Trennung „leichter“ und „schwerer“ Erkrankung, 
sowie die völlige Aufserachtlassung ersterer. Der von E. in seinen 
Schlufssätzen auseedrückte Optimismus über die Bedeutung der gonor- 
rhoischen Infektion ist nicht berechtigt, selbst wenn E.s Statistik nicht 
so angreifbar wäre, als sie tatsächlich ist. 

Kossmann betont die absolute Unzuverlässiekeit jeder derartigen 
Statistik und weist dann speziell vom gynäkologischen Standpunkt darauf 
hin. dals erstens eine grolse Anzahl gonorrhoischer Infektionen wegen 
geringfügiger subjektiver Beschwerden von den Frauen nicht beachtet 
oder späterhin vergessen werden, und dals zweitens verschiedene Er- 
krankungen, besonders nach der Verheiratung auftretende „Nervosität“, 
chronische Stuhlverstopfung usw., Folgen peritoneuler Verwachsungen sind 


Gonorrhoe und Komplikationen. 157 


twie K. sich durch Operationsresultate überzeugte), von denen sicher eine 
erolse Zahl gonorrhoischen Ursprungs ist. Alle diese Fälle kommen 
in der Erbschen Statistik nicht zum Ausdruck. Brauser- München. 


Ein Fall von Entzündung des Ring - Gielsbeckengelenkes 
gonorrhoischen Ursprungs. Von J. Moskovitz. (Nach d. Ungar. 
ınediz. Presse 1906, Nr. 29.) 

Eine 26 jährige, seit 14 Monaten verheiratete Frau litt seit 2 Monaten 
an Schmerzen im Halse und an Heiserkeit. Die Kehlkopfspiegelunter- 
suchung ergab eine entzündliche Infiltration der Epiglottis, besonders auf 
der rechten Seite. Die Infiltration setzte sich nach abwärts bis zum 
rechten Giefsbeckenknorpel fort, das rechte Stimmband war an der In- 
sertion am Giefsbeckenknorpel injiziert, das Epithel gelockert. Der linke 
Gielsbeckenknorpel war normal, nur seine Mukosa injiziert. Die Ana- 
mnese ergab, dafs die Patientin gonorrhoisch infiziert worden war und 
dal: sie wegen einer Gonitis gon. mehrere Wochen bettlägerig war, so 
das bei dem Fehlen jeder andern Ätiologie auch die Kehlkonfäffektiön 

als gonorrhoischen Ursprunges zu betrachten ist. Unter lokaler Behandlung 
mit einer 10°/,igen Novokainsuprareninlösung besserte sich die Ent- 
zündung, doch treten noch zeitweise Schmerzen auf. 


R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Über Santyl, ein reizloses internes Antigonorrhoioum, Von 
H. Bottstein. (Med. Klinik 1906, No. 11.) 

B. hat das Santyl, ein Präparat, in welchem das Santelöl chemisch 
an Salizysäure gebunden ist, bei 60 Fällen von akuter Gonorrhoe mit 
Sutem Erfolge angewendet. Das Präparat passiert den Magen fast un- 
verändert und wird erst im Darm gespalten und resorbiert. 

Dreysel- Leipzig. 


Kasuistische Beiträge zur Arhovin-Behandlung gonorrho- 
‚cher Affektionen. Von Dr. N. Zorn, prakt. Arzt in Brünn. (Fortschritte 
der Mediz. 1906, Nr. 34.) 

D Arhovin ist ein Additionsprodukt des Dyphenylamins und der esteri- 
erten Thymolbenzvesäure. Es ist eine Flüssigkeit von aromatischem 
u uch, schwach brennendem Geschmack, fast unlöslich in Wasser, leicht 
lich in Alkohol, Äther und Chloroform. Wegen des besrinenden Ge- 
ph: „acks ıst die Darreiching eise nur in Gelatinekapseln möglich. Die 
Fınakodynamische und therapeutische Wirksamkeit des Arhovin wurde 


erg ; š - : 
Be = in exakter Weise von Dr. Burchard und Dr. Schlockow in 
É ; ; 
"In eruiert, deren Untersuchungen folzendes zu entnehmen ist: Ar- 


Vin wird schon nach etwa 15 Minuten vom Magen aus resorbiert und 
usa im Urin in gänzlich veränderter Form ausgeschieden; eine 1", 
Ar Sn chloridlösung färbt denselben dunkelgrün. Der nach Einnahme von 
OVin ausgeschiedene Harn erwies sich als aufserordentlich bacterizid. 
di "SC antibakterielle Wirkung kann sich erst im Organismus bilden, da 
Nnveränderte Präparat, im Wasser unlöslich, kaum als direktes Des- 
“rens gelten kann. Von eminenter ther: apeutise ‘her Wichtigkeit ist 
“erhalten des Arhovin, die Azidität des Urins zu erhöhen oder den 


158 Gonorrhoe und Komplikationen, 


früher alkalischen Harn bald sauer zu gestalten, so dafs ein mit ÄArhovin 
resp. dessen Umwandlungsprodukten beladener Urin nicht in ammonia- 
kalische Gärung übergeht und in Fällen, in denen bereits die ammonia- 
kalische Gärung in der Blase eintritt, nach Einnahme von Arhovin der 
Harn wieder in kürzester Zeit saure Reaktion zeigt. Im Zusammen- 
hange mit der desinfizierenden Eigenschaft des Arhovin vermag auch 
noch der saure Urin die Schleimhäute der Blase und der Harnwege zu 
sterilisieren, insofern die Bakterien durch Entziehung des günstigen Nälhr- 
bestandes in ihrer Weiterentwicklung gehemmt werden. 

Als eine weitere Eigenschaft des Arhovin muls noch dessen Un- 
giftigkeit hervorgehoben werden; es kann durch lange Zeit ohne die 
geringste Beeinträchtigung des Organismus genommen werden. 

Über den Wert des Arhovin liegen zahlreiche Berichte vor, die 
übereinstimmend günstig lauten. Auch Z.s Urteil ist voll des Lobes 
über dieses Präparat. Er bekennt frei, dafs ihm das Arhovin wertvolle 
Dienste geleistet hat, und zählt es mit zu den besten Antigonorrhoicis. 
Als Anticystiticum nimmt es nach Verf. heute die erste Stelle ein. Kr. 


Bemerkungen zur Eosinophilie des gonorrhoischen Eiters. Von 
C. Gutmann. (Monatsb. f. Urologie 1906, Bd. XI, Heft 6.) 

Gibt es eine lokale Gewebs-Eosinophilie oder stammen die eosino- 
philen Zellen, wie Ehrlich meint, aus dem Blute oder Knochenmark’? 
Herkunft und Bedeutung der eosinophilen Zellen im gonorrhischen Eiter 
sind noch sehr unklar. Bei 53 männlichen Gonorrhöen fand Verf. die 
Beobachtung Posners bestätigt, dals im Anfange der Gonorrhoe sieh 
gar keine oder nur vereinzelte eosinophile Zellen nachweisen lassen. 
Ferner konnten unter acht Fällen mit periurethraler Infiltration fünfmal 
reichliche eosinophile Zellen nachgewiesen werden. In einem dieser 
Fälle bestand aufser einer Gonorrhoea anterior ein nach aufsen durch- 
gebrochener Abszess, der die Zellen in weit grölserer Menge enthielt. 
In drei Fällen von eitriger Prostatitis enthielt das Prostatasekret enorm 
viele eosinophile Zellen, deren Zahl im Verlauf von ca. 14 Tagen ab- 
nahm. Das Erscheinen solcher Zellen hat mit der Prostata nichts zu 
tun, es deutet aber doch auf unbekannte Vorgänge hin, die sich infolge 
der Anwesenheit von (Gonokokken im Gewebo abspielen. Auch bei der 
weiblichen Urethralgonorrhoe und Bartholinitis wurden diese Zellen in 
verschiedener Menge angetroffen, ohne dals man daraus irgendwelche 
Schlüsse ziehen könnte. Dieses Vorkommen beweist höchstens, dafs die 
männliche Prostata an sich nichts mit der Entwicklung und dem Er- 
scheinen grolser Mengen eosinophiler Zellen zu tun haben kann. Auch 
die histologische Untersuchung von drei exstirpierten Bartholinischen 
Drüsen brachte keine Aufschlüsse. Es konnten weder Mitosen, noch 
auf der Durchwanderung durch die Gefälswand begriffene Zellen ent- 
deckt werden. Hentschel-Dresden. 

Zur Histologie des gonorrhoischen Eiters. (Bemerkungen zu 
dem Aufsatz Gutmanns in Nr. 6 dieses Jahrganges.) Von H. Lohn- 
stein. (Monatsb. f. Urologie 1906, Bd. XI, Heft 7.) 


Den Beobachtungen Gutmanns, dafs er am Anfange der Gonorrhoe 


Penis und Harnröhre. 159 


gır keine oder nur vereinzelte eosinophile Zellen habe nachweisen können, 
stellt L. 85 Einzelbeobachtungen gonorrhoischen Eiters aus der ersten 
Krankheitswoche entgegen, in denen 33mal eosinophile Zellen, darunter 
relativ viele einkernige, gefunden wurden. Aus letzterem Befunde glaubt 
der Verf. schliefsen zu dürfen, dafs die eosinophilen Zellen jedenfalls 
zum grölsten Teile in dem Gewebe der Harnröhre entstehen. Für diese 
Annahme spricht die Tatsache, dafs einkernige eosinophile Zellen im 
normalen Blute fast gar nicht vorkommen. Auch fielen hier Blutunter- 
suchungen auf eosinophile Zellen bei Gonorrhoikern negativ aus. Andere 
Autoren nehmen ebenfalls eine lokale Entstehung an. Besonders spricht 
ein von Sultan veröffentlichter Fall sehr zu gunsten des lokalen Ur- 
sprunges der Eosinophilie. 

Was die Mastzellen betrifft, so sind sie zwar seltener im gonor- 
rhoischen Eiter, als die eosinophilen Zellen, jedoch häufiger und in mehr 
Fällen vorhanden, als es nach den Befunden von Joseph und Polano 
den Anschein hat. Hentschel- Dresden. 


IV. Penis und Harnröhre. 


Urethral diverticula and cul-de-sacs. Von N. E. Aronstamm. 
'New York Medical Journal 1906, p. 746.) 

A. unterscheidet 1. Diverticula, kurze, enge, lineare und kompressible 
Taschen, die sich zum Urethralkanal hin öffnen, !/, bis !/, Zoll lang 
ind, das Kaliber einer Stricknadel haben und nicht dilatierbar sind, und 
- die eigentlichen cul-de-sac’s. Dies sind längere und weitere Taschen, 
die breit oder allmählich in der Harnröhrenschleimhaut endigen und selten 
mehr als 1 Zoll lang sind. Beide Arten sind kongenitalen Ursprunges, 
legen meist bis 2 Zoll hinter dem Orific. ext. und im Gegensatz zu 
‘Weiterten Lakunen meist am Boden der Urethra. Nach des Verfassers 

Ansicht handelt es sich um ein Ausbleiben des völligen Zusammen- 
"Musee der Genitalspalte, also um Entwicklungsanomalien. Sie können ` 
Ee Fälle von Urethritis vortäuschen und Anlafs zu hartnäckigen Ure- 
"alausflufs geben. Schmerzhafte Miktion, Tenesmus und bei Gonokok- 
‚Dinfektion Grundlagen für Strikturen sind durch sie gegeben. Der 
u Strahl ist unregelmälsig, gespalten, dünn, zerstreut und erfordert An- 
Die ung. Die Diagnose ist mit Urethroskop oder Sonde zu stellen. 

| Tšehandlung besteht in einfacher Spaltung, in seltenen Fällen in Ex- 


2x1 . d s: $ 
On, mit ansteigender Sondenbehandlung. N. Mever-Wilduneen. 
B g \ g 


lan -A case of periurethral abscess with the formation of calculi. 
Bate. (Brit. med. journ. 1906, Juli, 21. Ref. Z. f. Chir. 1906, Nr. 35.) 
An der unteren Fläche der Penis hatte sich nach Schlufs einer 
l langsam ein Abszefs gebildet, nach dessen Eröffnung sich vier- 
fazettierte Oxalatsteine fanden. Die Urethra stand mit dem Abszefs 
®nds in Verbindung, auch bestand keine Striktur. 
Müller-Dresden. 


ehn 
tii 


160 Penis und Harnröhre. 


A serie of cases in which collections of stones formed in 
the prostatic urethra. Von Morton. (Brit. med. journ. 1906, August. 
Ref. Z. f. Chir. 1906, Nr. 42.) 

M. teilt die genauen Krankengeschichten von drei Fällen von Harn- 
röhrensteinen in der Pars prostatica mit. Sie fanden sich in dem in- 
folge einer Striktur stets stark dilatierten Prostatateil der Urethra. M. 
sieht die Erweiterung als das Primäre, die Steinbildung als das Sekun- 
däre an. In allen drei Fällen war es zu Atrophie der Prostata ge- 
kommen. Diese Harnröhrensteine scheinen selten den Harnabfluls völlig 
zu verhindern und sind durch Sonden schwer nachweisbar. Prophy- 
laktisch wird eine zielbewufste Strikturbehandlung empfohlen. 


Müller- Dresden. 


Eine eigentümliche Ursache einer septischen Allgemein- 
erkrankung. Von Arthur Proskauer. (Medizin. Klinik 1906, Nr. +46, 
S. 1197.) 

P. berichtet über die Krankheit und den Tod eines 38jährigen 
Mannes, welcher unter den Erscheinungen hohen Fiebers, Schüttelfrostes. 
Endokarditis, zeitweiliger Hämaturie an Sepsis zugrunde ging; klinisch 
war eine Ursache für die Sepsis nicht zu finden. Bei der Sektion fand 
sich in der Harnröhre ein sogenannter Hufnagel, der zur Hälfte im das 
Prostatagewebe eingerammt war und dort sekundär Eiterung und Ab- 
szesse hervorgerufen hatte. Ein Katheterismus mit weichem Instrument 
war bei dem Patienten ohne Anstand gelungen. Es ist dies einer der 
seltenen Fälle, wo die Eingangspforte für die die Sepsis hervorrufenden 
Mikroorganismen im Harnapparat mit Exaktheit nachgewiesen werden 
konnte. Der Fremdkörper war wahrscheinlich zu masturbatorischen 
Zwecken eingeführt worden. Mankiewicz-Berlin. 


Plastische Induration des Penis und Dupuytrensche Kon- 
traktur. Von Dr. H. Neumark-Berlin. (Berl. klin. Wochenschr. 1906, 
Nr. 46.) 

Der Fall, den Verf. beschreibt, betrifft einen 39jährigen Patienten, 
der vor mehreren Jahren Podagraanfälle gehabt und seit vier Jahren 
eine Dupuytrensche Kontraktur des vierten Fingers der linken Hand 
hat; eine Geschlechtskrankheit oder eine Verletzung hat nicht vorgelegen. 
Am kontrabierten Finger fühlt man unter der unveränderten Haut einen 
Narbenstrang und einen zirkumskripten Knoten; vollständige Extension 
gelingt auch passiv nicht. Die Aflektion am Penis hat sich vor 2!/s 
‚Jahren entwickelt, man fühlt vom Dorsum aus einen 6 cm langen, 1 cm 
breiten, fast drehrunden Strang, der nach hinten bis zur Peniswurzel. 
nach vorn nicht ganz bis zur Glans reicht; er liegt in der Mittellinie, 
ein Zusammenhang mit der Harnröhre oder den Corpora cavernosa ist 
nicht nachzuweisen, Sehmerzhaftigkeit besteht nicht. Bei der Erektion 
ist das Glied nach oben gebogen, doch besteht potentia coëundi; 
Störungen der Harnentleerung sind nicht vorhanden, der Urin ist frei 
von Eiweils und Zucker. Bemerkenswert an dem Falle ist die Konm- 
bination von plastischer Induration des Penis mit Dupuytrenscher Kon- 


Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 161 


traktur und Grichtanfällen, während andere ätiologische Momente fehlen. 
Therapeutische Versuche mit Jodvasogen, grauer Salbe, Einreibung von 
Thiosinamin-Kampferlösung, Injektion von Fibrolysin haben keinen Erfolg 
gehabt. Paul Cohn- Berlin. 


V. Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


Über Stauungsbehandlung der Epididymitis gonorrhoica. Von 
W. König. (Med. Klinik 1906, Nr. 24.) 

Verf. hat 12 Fälle von gonorrhoischer Epididymitis mit Bierscher 
Ntauung behandelt und dabei ein rasches Verschwinden der Schmerz- 
haftigkeit erzielt. Der abschnürende Schlauch wurde für 20—30 St. 
angelegt, dann für 5—20 St. abgenommen und nach Schwinden des 
dems nochmals angelegt. Nach Schwinden der akuten Erscheinungen 


wirkt die aktive Hyperämie — Heifsluft, warme Umschläge — besser 
als die passive. Verf. meint, dafs bei dieser Behandlung eine restitutio 
nd integrum möglich ist. Dreysel-Leipzig. 


Modifications testiculaires sous des influences diverses. — 
Erpériences relatives & la physiologie des sereuses. Von Charrin, 
Moussu und Le Play. (Bull. de la soc. anatom. de Paris 1906, p. 394.) 

Einem Widder wurde an dem einen Hoden das parietale Blatt der 
Tunica vagin. reseziert und der andere Hoden unvollständig zerquetscht. 
Die Untersuchung des ersten Hodens, dem die Tunica vagin. entfernt 
worden war, ergab nach 8 Monaten folgenden Befund: Das Organ war 
lein, hart und wog nur 25 g, während der gequetschte Hoden 65 g 
wog und der normale Hoden eines Kontrolltieres 90 g schwer war. Die 
histologische Untersuchung ergab: Atrophie der Vasa seminipara, be- 
trächtliche Hypertrophie des interstitiellen Bindegewebes und fettige 
‘generation der Zellen der Kanälchen. Die Kanälchen waren 3—4 mal 
liner als in der Norm, ihre Wandung verdickt und die Zellen fettig 
wn Trier, so dafs man Einzelheiten nicht unterscheiden konnte. Dagegen 
ir as Bindegewebe um die Kanälchen hypertrophiert, und zwar um 
> das 8fache der Norm. In demselben fanden sich zahlreiche inter- 
in. Zellen mit stark lichtbrechendem Kern. Auch die Albuginea 
aq  trächtlich verdickt, ebenso war das andere Blatt verdickt und be- 
ie; Aus sehr dichtem Bindegewebe. Viel geringere Veränderungen zeigte 
fett; &equetschte Hoden, der neben gesunden Partien nur Atrophie und 
Se Degeneration einzelner Kanälchen aufwies. 


R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


„Noyau tuberculeux isol6 de la töte de l’öpididyme. Von 
Sne, (Bull. de la soc. anatom. de Paris 1906, p. 479.) 
8 Ein Jüngling von 18 Jahren bemerkte, dafs sein rechter Hoden seit 
Arzen stärker geschwollen war. Die genaue Untersuchung, die sich 
H: ` aufs Rektum erstrekte, ergab, dafs in der rechten Skrotalhälfte ein 
Qer Flüssigkeitserguls bestand. ferner einen Knoten im Kopfe der 
en Epididymis, im übrigen aber vollständig gesunde Organe. Die 
Zeitschrift für Urologie. 1907. 11 


Le e 


162 Hoden und seine Hüllen. Samenleiter und Samenblasen. 


Tunica vaginalis wurde inzidiert, wobei etwa 25 ccm einer serösen 
Flüssigkeit entleert wurden, darauf der haselnufsgrofse Knoten mitsamt 
der Epididymis und eimem Teil des Samenstranges entfernt. Der übrige 
Teil des Hodens war anscheinend gesund, ebenso wie der grölste Teil 
des Exzidierten.e Die mikroskopische Untersuchung des Knotens ergab, 
dafs er aus einer grolsen Zaht von typischen tuberkulösen Follikeln, um- 
geben von Bindegewebe, bestand und dafs diese Follikel perikanalikulär 
lagen mit Beteiligung der äufsern Schicht der Nebenhodenkanälchen, 
während die Mukosa derselben anscheinend gesund war. Dieser Befund 
spricht dafür, dals die Infektion auf hämatogenem Wege erfolgt ist. 

R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Einen Fall von Torsion des Leistenhodens demonstrierte E. U, 
Schwarz in der Wiener Gesellsch. d. Ärzte d. 14. Dez. 1906. (Wiener klin. 
Wochenschr. Nr. 51. 1906.) 

Es handelte sich um einen jungen Mann, welcher mit der Diagnose 
Hernia inguinalis dextra incarcerata auf Hocheneggs Klinik aufgenommen 
worden war. In der rechtsseitigen Skrotalhälfte war kein Hoden nachweisbar. 
Es wurde die Diagnose Torsion des Leistenhodens gestellt und zur Ope- 
ration geschritten. Man fand den Hoden zweimal scharf gedreht, ein- 
mal unmittelbar am Abgange des Samenstrangs, ein zweites Mal an- 
schliefsend daran. Exstirpation des Hodens, Radikaloperation nach Bas- 
sini. Rasche Heilung. von Hofmann-Wien. 


A method of anastomosis of the vasa deferentia. Von Lyd- 
ston. (Ann. of surg. 1906, Juli. Ref. Z. f. Chir. 1906, Nr. 41.) 
Beschreibung einer von L. angewandten Methode von Anastomosen- 
bildung bei Verletzung oder Resektion des Vas deferens. 
Müller- Dresden. 


Volumineux fibrosarcome du cordon spermatique. Von Sa- 
variaud. (Bull. de la soc. anatom. de Paris 1906, p. 478.) 

Die Geschwulst hatte sich bei dem 62 jährigen Manne in einem 
Zeitraume von etwa 15 Monaten entwickelt und die Gröfse einer Faust 
erreicht. Sie war ohne Zusammenhang mit dem Hoden, der durch eine 
geringgradige Hydrocele verdeckt war. Die mikroskopische Untersuchung 
des exzidierten Tumors ergab, dals es sich um ein Fibrosarkom 


handelte. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


De la vaso-vesiculectomie dans les cas de tuberculose 
gönitale. Von R. Baudet und L. Kendirdjy. (Revue de Chir. Nr. TO, 
Il und 12, 1906.) 

Die Vesikulektomie und die Vasektomie haben bei der Genitaltuber- 
kulose ihre bestimmten Indikationen. Sie sind angezeigt, wenn durch 
die tuberkulöse Vesikulitis eine Urinfistel erzeugt und unterhalten wird; 
wenn es zu Strikturierung des Rektums kommt; wenn die Urin- 
beschwerden nicht von der Cystitis, sondern von der Vesikulitis her- 
rühren; wenn bei den Kranken, trotz medizinischer Behandlung oder 


Prostata. 163 


vorhergangener Kastration, die Samenblasen sich vergröfsern; wenn aus- 
gesprochene, klinisch nachweisbare Symptome in der ganzen Ausdehnung 
des Vas deferens bestehen. Ferner erscheint die Vesikulektomie bei 
starker Vergröfserung einer oder beider Samenblasen angezeigt. 

von Hofmann-Wien. 


Hydrocöle de la tunique vaginale avec petits calculs. Von 
Peraire. (Bull. de la soc. anat. de Paris 1900, p. 820.) 

Es handelte sich um eine seit 7 Wochen bestehende linksseitige 
Hydrocele bei einem 58jährigen Gichtiker. Nach Eröffnung der Tunica 
vagin. sah man etwa 10 traubenkerngrolse Steinchen, ein Teil weich, 
Synovialzotten gleichend, der andere hart, aus Kalksalzen bestehend. 

R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Beiträge zur Therapie der sexuellen Impotenz. Von 
A, Schweitzer. (Nach d. Ung. med. Presse 1906, Nr. 30.) 

Verf. hat 14 Fälle von funktioneller Impotenz mit „Muiracithin“ 
in Form der im Handel vorkommenden Pillen behandelt. In 13 Fällen 
erzielte er ausgezeichneten Erfolg, und nur in einem Falle, der sich 
später als Tabes herausstellte, versagte es. Es wurden 2—6 Pillen 
täglich gegeben. Die Wirkung trat gewöhnlich nach 8—14 Tagen ein. 

R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Vi. Prostata. 


Prostatectomy for prostatic hypertrophy, with special refe- 
rence to the work done by american surgeons. Von R. Guiteras, 
(New York Medical Journal 1906, p. 573.) 

.. @. gibt zunächst einen kurzen geschichtlichen Abrifs der Ent- 
wicklung der Prostatektomie in Amerika; dann schildert er, wie er früher 
zufrieden mit der rektovesikalen Operation war, weil er sie nur für aus- 
rählte Fälle reservierte, andere bottinisierte.e Seitdem er weniger 
L Bottini operierte und mehr Prostatektomien ausführte, wuchs seine 

j alität, Er begann daher die Prostatectomia inferior auszuüben, fand 
ge aber nicht für alle Fälle geeignet. Er bildete daher ein Verfahren 
D a das ihm vorzügliche Resultate gibt und das er, durch gute Illustra- 
= en unterstützt, wie folgt schildert: Flache Lage des Patienten, Kol- 
bir, nter ins Rektum, Füllung der Blase mit Borsäure, hohe Trendelen- 
von aagerung, Füllung des Rektalballons, etwa 12 cm lange Inzision 
in der Symphyse aufwärts durch Haut, Fascie und Muskel, Abstreifen 
chi eritoneums, weite Eröffnung der Blase bis zur peritonealen Um- 
Blag S falte, wo eine Kugelzange eingesetzt wird, Auseinanderziehen der 
e Suwunde an 4 Ecken, Entfernung des rectalen Kolpeurynters. Er- 
> der Prostata mit einer Kugelzange, deren einer Löffel in die Urethra 
e deren anderer die hintere Prostatafläche falst, Aufwärtsdrängen 
R Prostata durch zwei Finger der behandschuhten linken Hand vom 
an um aus, Einlegen von Gaze in den oberen Teil der Blase zum Ab- 
Sen des abfliefsenden Blutes. Vertikale Inkisionen über jedem Lappen 
11* 


164 Prostata. 


oder transversale zwischen Orif. int. und Basis der hinteren Fläche. 
Senkung des Patienten in halber Trendelenburglage. Eindringen des 
rechten Zeigefingers durch die Öffnungen und Ausschälen der Lappen, 
eventuell mit Hilfe gebogener Scheren, Herausheben einzelner festhaften- 
der Stücke mit des Autors Prostatazange. Einlegen eines weiten Ka- 
theters durch die Uretha ın die Blase und eines weichen weiten Drains 
durch die suprapubische Inzision bis zur Berührung beider Rohre. Schluls 
der Blase und Fascie mit Catgut, Einlegen eines Gazestreifens neben das 
Drainrohr. Drainage der Blase durch dies suprapubische Drainrohr 
mittels Syphonvorrichtung. Auswaschen der Blase von oben oder unten 
mindestens dreimal täglich. Entfernung des suprapubischen Drains, wenn 
der Urin blutfrei ist. Nach wenigen Tagen Ersatz des breiten Katheters 
durch einen schmäleren, der bis zum Schlufs der Blasenwunde à de- 
meure bleibt. Tägliche Blasenspülung mit Acid. boric. und Argent. 
nitric. Verschlufs des Blasenkatheters nach Heilung der suprapubischen 
Wunde durch Stopfen für je zwei Stunden. Nach 4 Tagen reguläre Diät. 
Nach 2 Wochen Aufstehen, nach 3 Wochen Entlassung. 

G. hat durch dieses Vorgehen die besten funktionellen Resultate er- 
halten. Mortalitätsangaben fehlen. N. Meyer-Wildungen. 


A further serie of enucleations of the prostate Von W. 
Thomson. (Brit. med. journ. 1906, 14. Juli. Ref. Z. f. Chir. 1906, Nr. 38.) 

Th. gibt einen ausführlichen Bericht über seine 18 letzten Prostata- 
enukleationen, von denen 4 gestorben sind. Er empfiehlt den suprasym- 
physären Weg und gibt verschiedene Einzelheiten für Operation und 
Nachbehandlung an. Müller- Dresden. 


The present position of prostatic surgery. Von Nicoll. (Brit. 
med. journ. 1906, August 11. Ref. Z. f. Chir. 1906, Nr. 42.) 

N. empfiehlt zur Entfernung der Prostata sein kombiniertes, sub- 
mucöses Vorgehen, mit dem es in 70°/, möglich ist, die Drüse ohne 
Verletzung der Blasen- und Harnröhrenschleimhaut zu exstirpieren. Er 
eröffnet zunächst mittels hohen Blasenschnitts die Blase und orientiert 
sich durch bimanuelle Palpation von Blase und Mastdarm über die 
näheren Verhältnisse der Drüse. Dann legt er in Steinschnittlage durch 
einen umgekehrt Y-förmigen Schnitt die Prostata frei und schält sie 
vom Damm her unter Kontrolle eines in die Harnröhre eingelegten 
Metallkatheters und des in die Blase eingeführten Fingers, wenn an- 
gängig, stumpf heraus. — In betreff der sogenannten Freyerschen Methode 
tritt N. energisch für die Priorität McGills ein. Müller-Dresden. 


Treatment of Prostatic Enlargement. Von Pedersen. (Medical 
Record, 24. XI. 1906.) 

P. nimmt in der Behandlung der Prostatiker einen konservativen 
Standpunkt ein; wenn irgend möglich, soll man mit dem Katlıeterismus 
auskommen; nur ganz bestimmte Umstände machen eine Operation not- 
wendig; ob Bottini, suprapubische oder perineale Prostatektomie, hängt 


Prostata. 165 


von dem speziellen Falle ab; jede dieser Operationen hat eine Berech- 
tigung; es ist Sache des Arztes, im gegebenen Falle die geeignetxte 
Operation auszusuchen. Karo-Berlin. 


Emiprostatectomia nei casi di ipertrofia prostatica. Von 
Calabrese. (Morgagni 1906, No. 29. Ref. Z. f. Chir. 1906, Nr. 38.) 

Ruggi, über dessen Erfahrungen und Ansichten C. berichtet, führt 
den Hautschnitt 2 cm vor der Analöffnung und schont die zur Erektion 
dienende Muskulatur. Er entfernt nur einen Teil der Drüse, und zwar 
gewöhnlich den äufseren und hinteren Teil des linken Lappens.. Den 
Nerven der Prostata soll R. eine grofse Bedeutung für das Zustande- 
kommen der Erektion zuschreiben. Müller- Dresden. 


Prostatectomy in Diabetes. Von Wiener. (Medical Record 
15. XII. 1906.) 

W. setzt auseinander, dafs die Indikationen zur Prostatektomie sich 
immer mehr erweitern; seiner Erfahrung gemäls bildet auch der Dia- 
betes keine Kontraindikation; er verfügt über drei günstig verlaufene 
Fille. Es empfiehlt sich, die Prostatektomie in zwei Zeiten auszuführen ; 
zunächst wird unter lokaler Anästhesie die Sectio alta gemacht, einige 
Tage später in leichter Lachgasnarkose die Freyersche Prostatektomie; 
je kürzer die Narkose, (desto geringer die Gefahr eines Coma oder einer 
Sepsis. ` Karo- Berlin. 


Hypertrophie de la prostate et Calcul vésical. Von P.Delbet. 

(Bull. de la soc. anatom. de Paris 1906, p. 445.) 
Der jetzt 69jährige Mann litt in seinem 15. Lebensjahre an Pott- 
scher Krankheit, die nach 3 Jahren mit Gibbus ausheilte. Im 26. 
uebensjahre litt er 5 Monate lang an Nierenkoliken mit Entleerung von 
Steinen. Sein jetziges Leiden begann vor 6 Jahren mit unangenehmen 
„chmerzen im hinteren Teil der Harmröhre während und nach der Miktion. 
"E A ‚Jahren hatte er wiederholte Anfälle von vollständiger Harn- 
'erhaltung. Seit 1 Monat bestehen sehr grofse Harnbeschwerden mit 
“rizem und häufig blutigem Urin. Der Katheterismus war sehr schwer 
Be förderte etwa 300 g Residualurin zutage. Aufserdem besteht leichtes 
i eber, Ferner ergab die Untersuchung das Vorhandensein eines Steines, 
ge einer Prostatahypertrophie. Es wurde Jie perincale Prostatektomie 
Ta der Methode von Delbet gemacht, und zwar mit dem sogenannten 
ibe S Zoidalschnitt. Es wurde der Hautlappen nach unten und rückwärts 
” den Anus zurückgeschlagen, hierauf der Bulbus und der sogenannte 
dulus centralis fibrosus perinaei, womit Delbet eine schmale Lamelle, 
es Von rechte nach links abgeplattet und dreieckig an der Basis ist, 
| €1€hnet. Ihre Basis entspricht der Raphe anobulbosa und bulbosa, 
a Scheitel der Aponeurosis prostato-perinealis, welche an ihr inserieren 
Ds. wie die longitudinalen vorderen Muskelfasern des Rektunis, die 
h ` als Musc. recto-urethral. bezeichnet hat. Aulserdem steht sie vorn 
Es  erhundung mit der Urethra membran. und mit der untern Partie der 
Sthra prostat, während sie hinten mit demn Rektum in Verbindung 


No 
die 


166 Prostata. 


steht. Dieser Knoten wurde durchtrennt, hierauf die Prostata in drei 
Stücken entfernt, die Urethra membran. und der untere Teil der Urethra 
prostatica inzidiert, der Blasenhals mittelst Dolbeauschen Dilatators 
dilatiert und aus der Blase zwei Steine, einer von 3 cm Durchmesser, 
der andere von der Gröfse einer kleinen Spielkugel, bestehend aus 
Calcium carbon. und Tripelphosphat, entfernt. Es wurde die Blase zu- 
nächst drainiert, nachdem die beiden Hälften des Nodul. fibros. centr. 
perinaei durch einige Nähte vereinigt worden waren und auch der Haupt- 
lappen teilweise genäht worden war. Nach 4 Wochen wurde der Patient 
als geheilt entlassen. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


A Case of Suprapubic Lithotomy with Enucleation of the 
Prostate in an Aged Patient. Recovery. VonLittlewood. (British 
Medical Journal, 17. XI. 1906.) 

Der mitgeteilte Fall von Blasenstein betrifft einen 90 jährigen Pro- 
statiker, der Sectio alta und suprapubische Prostatektomie nach Freyer, 
d. h. mit partieller Entfernung der Urethra anstandslos überstand: der 
Wundverlauf war ungestört; durch feste Tamponade der Prostatahöhle 
und Blase mit Jodoformgaze wurde eine Blutung verhindert. Patient 
lebte noch in tadelloser Gesundheit zwei Jahre. Verfasser teilt mit, 
dafs er auch drei andere Greise im Alter von 77, 79 bez. 80 Jahren 
mit Erfolg der Prostatektomie unterworfen hat. Karo-Berlin. 


Dlustrative Cases of Prostatio Carcinoma. Von Bentley 
Squier. (Medical Record, 20. X. 1906.) 

Kurze Übersicht über die Pathogenese der Prostatakarzinome; das 
Karzinom wir din etwa 10°/, der Fälle für einfache Prostatahypertrophie 
gehalten, erst die mikroskopische Untersuchung bringt Aufklärung. Von 
den mitgeteilten fünf Krankengeschichten interessieren die am meisten, 
bei denen eine profuse Hämaturie das erste Symptom der Krankheit 
bildete. Die Prognose der operierten Fälle ist sehr schlecht, daher 
dürfte in vorgeschrittenen Fällen die Radikaloperation, wie sie Young 
angegeben hat, als zu gefährlich durch die einfache suprapubische Cysto- 
stomie zu ersetzen sein; auf diese Weise werden die Beschwerden ge- 
lindert. Röntgenbehandlung hat keinerlei Einflufs auf den Verlauf der 
Krankheit. Karo- Berlin. 


Ein Fall von Prostatastein und Aspermatismus. Von Tivadar 
Balassa. (Pester med. chirurg. Presse 1906, No. 11.) 

Es handelt sich um einen 30jährigen Kranken, der vor 8 Jahren 
eine abszedierende Epididymitis, aber niemals eine Gonorrhoe durch- 
gemacht hatte. Der Patient entleerte unter schmerzhafter Strangurie 
weilsen Sand und zerbröckelte Konkremente. Die Harnröhrenschleim- 
haut war hyperämisch., In dem vergröfserten und schmerzhaften rechten 
Prostatalappen wurde mittels der Sonde ein Stein festgestellt. Nach 
Entfernung desselben durch Massage schwanden die Beschwerden sofort, 
es stellte sich aber bald darauf vollständige Azoospermie ein. Die Ur- 


Blase. 157 


schen für die letztere glaubt Verfasser in der Prostataerkrankung, der 
früheren Epididymitis, früheren Onanie und in der hochgradigen Neu- 
ratbenie suchen zu müssen. Dreysel-Leipzig. 


Albuminuria prostatica. Von E. G. Ballenger. (New York me- 
dical Journal 1906. 4 1421.), I 

B. hat wiederholt bemerkt, dafs der Harn nach Massage der Pro- 
stata, selbst in leichtester Form, beständig Eiweils enthielt. Er glaubt 
dies auf pathologische Sekretionsprodukte der Prostata und zwar solche 
eiweilsartiger Zusammensetzung zurückführen zu können; dieselben werden 
durch die Manipulationen bei der Massage in die Blase gedrückt. Sind 
dieselben sehr reichlich, so können sie auch bis zum Meatus externus 
urethrae vorkommen. Der Kranke kann eine solche provozierte Pro- 
statorrhoe als eine wahre Samenentleerung auffassen. Der solche Pro- 
stataprodukte enthaltende Harn kann klar oder leicht trübe und von 
visköser Beschaffenheit sein; manchmal sieht er milchig aus und gibt 
die üblichen Eiweilsproben positiv: Serumglobulin, Nukleoalbumin, Schleim, 
Epithelzellen, Leukozyten, verschiedene Mikroorganismen, Phosphate in 
Menge, hin und wieder Spermatazoen, ja auch hyaline Zylinder, ähnlich, 
aber grölser als die renalen Ursprungs, können in ihm enthalten sein. 
Um den wahren Ursprung der Albuminurie zu erkennen, mus man etwa 
eine halbe Stunde nach der Prostatamassage den Urin untersuchen; ist 
aber keine Prostatamassage, kein langdauerndes Stehen des Kranken 
und sind keine besonderen körperlichen Anstrengungen des Patienten vor- 
hergegangen (in diesen Fällen beobachtet man nämlich gleichfalls Albumi- 
nurie prostatischen Ursprungs), so mufs man auf eine andere Ursache 
schliefsen. Dabei darf man aber nicht vergessen, zu denken an die 
Intermittenz der prostatischen Sekretion, insbesondere wenn ein Ent- 
zündungsproze[s in der Drüse noch nicht lange abgelaufen ist; man muls 
deshalb in einigen Tagen noch einmal untersuchen, um Verwechslungen 
mit der orthotischen und mit der intermittierenden zyklischen Albumi- 
nurie zu vermeiden. Mankiewicz-Berlin. 


VII. Blase. 


On the vesical sphincter and the mechanism of the closure 
of the bladder. Von Leedham-Green. (Brit. med. journ. August 11. Ref. 
2. f, Chir. 1906, Nr. 41.) 

Verf. hat die Schattenbilder von mit Wismut gefüllten Blasen in 
jedem Füllungszustande studiert und nie eine Birmenform oder einen 
Hals der Harnblase beobachten können. Immer setzte sich die ovale 
Blase scharf gegen die Harnröhre ab. Er spricht sich deshalb gegen 
die Fingersche Theorie des Blasenverschlusses aus und betont, dafs der 
Sphincter internus die Hauptarbeit beim Blasenschlufs leitet. 

Müller- Dresden. 


; Zur Kasuistik der Verletzung der Harnblase Von Fedoroff. 
Monatsb. f. Urologie 1906, Bd. XI, Heft 7.) 


Ein Offizier hatte während des russisch-japanischen Feldzuges eine 


168 Blase. 


Verletzung in der linken Unterleibshälfte durch eine Schrapnellkugel er- 
litten, worauf einmal blutiger Harn entleert worden war. Bald nach 
seiner Wiederherstellung bemerkte er, dafs zuweilen Harnverhaltung und 
_ Unterbrechung des Harnstrahles eintrat. Die Cystoskopie stellte die 
Anwesenheit eines Fremdkörpers in der Harnblase fest, der bei ver- 
änderter Beckenlage herumrollte. Durch Sectio alta wurde eine Schrapnell- 
kugel entfernt. Es handelte sich hier also um eine sehr leicht und 
günstig abgelaufene extraperitoneale Harnblasenverletzung. 
Hentschel. Dresden. 


Kasuistischer Beitrag zur intraperitonealen Pfählungsver- 
letzung der Blase. Von Thelemann. (D. militärärztl. Zeitschr. 1906, Mai. 
Ref. 2. f. Chir. 1906, Nr. 389.) 

Ein 9jähriger Knabe, der am Tage vorher mit dem Gesäls auf 
einen spitzen Stein gefallen war, entleerte seit dem Fall keinen Urin 
mehr, der Leib war hart gespannt, es bestand leichte Temperatursteigerung. 
Die Untersuchung wies eine Öffnung der vorderen Rektumwand nach. 
Nach Einführung einer Kornzange in diese Öffnung entleerte sich 
Urin, und es verschwand eine links von der Blase gelegene Dämpfung. 
T. machte die Sectio alta, nähte den an der hinteren Blasenwand sitzenden 
Rils von innen mittels Schichtnaht und ebenso die Operationsöffnung der 
Blase. Dia hintere Naht wurde vom Rektum aus tamponiert. Glatte 
Heilung. Müller- Dresden. 


Kasuistischer Beitrag zur Blasenverletzung bei der Hebo- 
tomie. Von Dr. H. B. Semmelink-Haag. (Zentralbl. für Gynäkologie 
Nr. 48, 1906.) 

S. berichtet über eine Blasenverletzung bei der Hebotomie, die da- 
durch zustande kam, dafs beim Herumführen der Hohlsondennadel um 
die Symphyse die Blase angestochen wurde. Diese Verletzung hat keine 
weiteren Folgen gehabt. Warschauer-Berlin. 


Über die Steinkrankheit der Harnwege, speziell der Blase, 
u. deren Behandlung nach in Schlesien gesammelten Erfahrungen. 
Von F. Löwenhardt. (Allgem. med. Zentralztg. 1905, Nr. 50.) 
| Der Arbeit liegen 94 Fälle von Steinkrankheit der Harnwege zu- 
grunde, darunter 30 Fälle mit anscheinend primären Blasensteinen und 
20 mit sekundärer Fremdkörperlithiasis. Die primäre Lithiasis der Blase 
betrifft ausschliefslich Männer. Die Ursache hierfür ist die Anatomie der 
Harnorgane und deren Altersveränderungen, besonders der Residualharn. 
Jedoch sind Einflüsse irgendwelcher Art auf die Entstehung der Stein- 
krankheit in Schlesien nicht nachzuweisen, auch keine besondere Häufig- 
keit des Leidens. Die Lithotripsie ist die beste Behandlungsmethode. 
Hentschel-Dresden. 


Calculs vesicaux. Taille hypogastrique Von V. Riche. (Bull. 
de la soc. anatom. de Paris 1906, p. 338.) 


Bei dem jetzt 28jähr Pat. war vor etwa 7 Jahren während seiner 


Blase. 169 


Militärzeit Hämaturie entstanden, die aber wieder vorüberging. Vor 
‘ Monaten hatte er dann eine rechtsseitige Nierenkolik. Seit 5 
Monaten litt er an Strangurie und Pyurie. Die wiederholt ver- 
suchte instrumentelle Untersuchung der Blase war wegen hochgradiger 
Schmerzhaftigkeit und geringer Kapazität des Organes unmöglich. Mit- 
telst Radiographie wurde ein hühnereigrofser Stein entdeckt. Bei der 
Sectio alta wurden indes drei nulsgrofse Steine leicht abgeplattet und 
mit den korrespondierenden Facetten aufeinanderpassend gefunden. Die 
Blase war klein und ihre Wandung verdickt. Der Patient starb 7 Tage 
nach der Operation infolge einer gleichzeitig bestehenden Nephrolithiasis. 
R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


V. Hansemanns Malakoplakia vesicae urinariae und ihre 
Beziehungen zur plaqueförmigen Tuberkulose der Harnblase. 
Von R. Kimla. (Virch. Arch. Bd. CLXXXIV. Ref. Z. f. Chir. 1906, Nr. 41.) 

K. vertritt gegenüber den meisten anderen Autoren die Ansicht, 
dals die Malakoplakie in gewissen Fällen auf Tuberkulose zurückzuführen 
ist. Da es makroskopisch nicht möglich ist, die Malakoplakie von der 
plaqueförmigen Tuberkulose der Harnblase zu unterscheiden, hält er es 
zur Lösung der Frage für notwendig, jeden derartigen Fall genau bak- 
teriologisch zu durchforschen. Müller-Dresden. 


Über eine seltene Mifsbildung am Urogenitalapparat. Von 
A. Weinstein. Virch. Arch. Bd. CLXXXV. (Ref. Z. f. Chir. 1906, 
Nr. 42.) 

Bei einem 3jährigen Kinde wurde durch eine in der Blasenwand 
gelegene pralle Cyste, die das Aussehen einer nach der Blase zu gee 
richteten Ausstülpung der Schleimhaut des prostatischen Teils der Harn- 
röhre hatte, sowohl diese, wie auch die Ureteren komprimiert. Die 
Sektion des an doppelseitiger Hydronephrose eingegangenen Kindes wies 
aufserlem noch eine Doppelanlage des rechten Ureters auf, von der der 
eine blind im Nierenbecken endete. Im Original erläutern fünf Ab- 
bildungen diese Mifsbildung. Moller - Dresden, 


Die Behandlung der Cystitis mit Alkohol. Von Dr. Joseph 
S«llei-Budapest. (Berl. klin. Wochenschr. 1906, Nr. 45.) 

Nach den Erfahrungen des Verf. ist der Alkohol ein gutes Mittel, 
um die ammoniakale Zersetzung des Urins zu verhindern und so zur 
Heilung der Cystitis beizutragen. Zu Blasenspülungen eignen sich 
92-15"; Lösungen, die aus absolutem, aber auch aus 70- oder 80 proz. 
Alkohol hergestellt werden können; man beginnt am besten mit schwächeren 
Lösungen und steigt allmählich in der Konzentration; die Spülungen 
können je nach Bedarf täglich oder jeden zweiten oder dritten Tag ge- 
macht werden. Besonders guten Erfolg hatte Verf. bei den Cystitiden 
infolge von Prostatahypertrophie; bemerkenswert war neben der anti- 
‚eptischen Wirkung des Alkohols auch die adstringierende: die Reizung 
war gewöhnlich nicht stärker, als bei Anwendung des Argentum nitricum. 
Natürlich muffs bei jedem Fall individualisiert und die Spülung eventuell 


170 Nieren und Harnleiter. 


mit anderen Mafsnahmen kombiniert werden. Auch bei der gonorrhoi- 
schen Cystitis wurden mit dem Mittel gute Resultate erzielt. 
Paul Cohn-Berlin. 


L’elmitolo nelle oistiti chroniche. Von Danio (Gazz. med. 
veronese 1906, No. 1.) 

Verf. berichtet eingehend über 10 Fälle von chronischer Cystitis, bei 
denen andere Medikamente, auch Urotropin, erfolglos geblieben waren, 
und die sich unter Helmitolanwendung rasch besserten. Wie Unter- 
suchungen mit dem Jorissschen Reagenz bewiesen, erschien bei Helmitol- 
gebrauch Formaldehyd im Harn früher und war auch länger nachweisbar 
als bei der Urotropinmedikation.e Das Helmitol wurde in allen Fällen 
sehr gut vertragen. Dreysel-Leipzig. 


Un caso de pielo-cistitis trattato per helmitol. Von Romo. 
(Clinica moderna 1906, No. 47.) 

Der Fall ist interessant durch die auffallend günstige Wirkung des 
Helmitol. Alle innerlichen Mittel, ferner Blasenspülungen, Bäder waren 
bei dem Kranken, der an 17 tägiger absoluter Harnverhaltung litt, er- 
folglos gewesen. Nach Helmitolgebrauch konnte der Kranke bereits nach 
2—3 Tagen spontan Urin entleeren; bald wurde der Blut und Eiter 
enthaltende Urin normal, der Tenesmus liefs nach, es trat völlige Ge- 
nesung ein. Dreysel- Leipzig. 


VIII. Nieren und Harnleiter. 


. Über die blutdrucksteigernde Substanz der Niere. Von Julius 
Schmid. (Med. Klinik 1906, Nr. 37, S. 976.) 


Durch die Extraktion der fein zerriebenen Kaninchenniere mit 
kaltem Wasser lälst sich ein Saft gewinnen, der schon in geringer Menge 
in die Vene des Kaninchens injiziert den Blutdruck mehr oder weniger 
erheblich (etwa 30°/,) in die Höhe treibt und bis zu 20 Minuten Dauer 
wirkt. Gröfsere Mengen Extrakt geben keine stärkere Wirkung, weitere 
Injektionen sind in der Wirkung geringer oder erfolglos. Nach Tiger- 
stedt und Bergmann kommt auch dem Nierenvenenblut diese Wirkung 
zu. Danach handelt es sich um eine in der gesunden Niere vorhandene 
Substanz, die auch in die Blutzirkulation übergeht und vermutlich für 
die Regelung des Blutdrucks von Bedeutung ist. Schmid hat die Ver- 
suche mit dem gleichen Ergebnis wiederholt, er hat aber dann auch 
Versuche mit Extrakt von Nieren gemacht, denen 1. die Arterie einige 
Tage vorher unterbunden, 2. die Vene einige Tage vorher unterbunden 
worden, war 3. die durch ein bis zwei Tage vorher dem Tiere subkutan 
injizierte Kal. dichrom.-Lösung eine Entzündung mit spärlichem, eiweils- 
reichen Harn akquiriert hatten. Die Injektion der Extrakte der Niere, 
deren Gefälse einige Zeit vorher unterbunden worden waren, blieb völlig 
ergebnislos. Der Extrakt der Chromniere wirkte prompt blutdruck- 
steigernd, aber nicht stärker als das Extrakt der normalen Niere. Dies 
Ergebnis steht im Widerspruch zu den Ergebnissen Forlaninis und 


Nieren und Harnleiter. 171 


Riva-Roccis, welche bei Nierenentzündung sowohl im menschlichen 
Blut als im Nierenextrakt von Nephritikern blutdruckerhöhende Stoffe 
nachgewiesen haben wollen. Freilich ist nicht sicher, ob Chromniere 
und Nephritis beim Menschen auf eine Stufe zu stellensind. 
Mankiewicz- Berlin. 


Sul meccanismo di azione delle substance diuretiche Von 
G. Matteucci. (Lo sperimentale 1906. III.) 

Weder die Ludwigsche Theorie von der mechanischen Beeinflussung 
der Harnfiltration durch den Blutdruck, noch die Bowmannsche Auf- 
fassung der Harnabsonderung durch die Zellen der Harnkanälchen, noch 
die Sobieranskische Zusammenfassung: filtrierende Funktion der Bow- 
mannschen Kapsel in Abhängigkeit von Blutdruck und osmotischem 
Koeffizienten, noch auch die Vermutungen neuerer Autoren von der be- 
sonderen Wirksamkeit der Nerven auf die Funktion der Nieren haben 
bisher Klarheit über den Mechanismus der Harnabsonderung und die 
Wirkung der Diuretica gebracht. Neuerdings haben Vinci und andere 
Forscher untersucht, bis zu welchem Punkte und in welcher Weise die 
Harnsekretion vom Nervensystem abhängt, durch Feststellung des Ein- 
Husses einiger Diuretica (Glukose, Laktose) auf die Harnsekretion unter 
Berücksichtigung ihrer Wirkung auf das zentrale Nervensystem. Jetzt 
hat Matteucci diese Frage aufgenommen, um einigen Einwürfen gegen 
die Wirkung des zentralen Nervensystems auf die Harnsekretion zu be- 
gegnen; am Rückenmark zwischen dem dritten und yierten Brustwirbel 
sollte sich nach den Autoren ein wahres Zentrum von Niereninnervation 
befinden. M. machte deshalb bei Hunden die Rhachiotomie, durchschnitt 
das Rückenmark in verschiedener Höhe und legte nach der Laparotomie 
Katheter in die Ureteren; natürlich stand der Blutdruck immer unter 
Beobachtung. Das Ergebnis dieser Experimente war, dafs die Harn- 
sekretion aufhört, wo auch immer das Rückenmark durchtrennt ist, 
während der Blutdruck gleichzeitig sinkt. In einer zweiten Serie von 
Experimenten prüfte M. die Vincische Hypothese, dafs auf das hypo- 
thetische Nervennierenzentrum Diuretica (Glukose, Laktose) auf dem 
Reflexwege wirken. Die exakten Zahlreihen und genau kontrollierten 
Versuche M.s ergaben ein völlig negatives Resultat, so dafs M. das Vor- 
handensein dieses Zentrums und natürlich auch der reflektorischen Wir- 
kung von Diureticis auf dasselbe leugnet. Dagegen hält M. an dem 
sicheren und konstanten Einfluls des Blutdrucks auf die Harnsekretion 
fest, ohne aber eine sekretorische Funktion des Nierenepithels bestreiten 
“u wollen. Die Diuretica wirken deshalb vorzugsweise durch ihren 
Einflufs auf das Herz und den Blutdruck, indirekt deshalb durch diesen 
auf die Zusammensetzung des Harns, dessen vermehrte Menge im all- 
$tıneinen mit relativ spärlichen festen Stoffen ausgeschieden wird. 

Mankiewicz- Berlin. 


l The kidney of pregnancy with the report of one case. Von 
). W. Prentiss. (New York Medical Journal 1906, p. 546.) 


Im Anschlufs an den Bericht eines nicht ungewöhnlichen Falles 


172 Nieren und Harinleiter. 


von Schwangerschaftsnephritis tritt P. für die Anwendung des Sphyg- 
momanometers in der Schwangerschaft ein. Es glaubt, dafs man mittels 
Blutdruckmessung den Zeitpunkt bestimmen kann, an dem aus der 
Schwangerschaftsniere sich eine Nephritis entwickelt. Nur wo be- 
trächtliche Albuminmengen und andere Zeichen einer Niereninsuftlizienz 
anzeigten, dafs aus der passiven Kongestion, die die Schwangerschaftsniere 
charakterisiert, eine Nephritis sich entwickelte, war der Blutdruck erhöht. 
Er war normal oder nur in sehr geringem Malse erhöht, wo der Urin nor- 
mal war oder nur Spuren von Albumin und wenig hyaline Zylinder enthielt. 
N. Meyer-Wildungen. 


Über Pyelitis als Schwangerschaftskomplikation. Von W. F. 
Orlowski. (Monatsb. f. Urologie 1906, Bd. XI, Heft 6.) 

O. berichtet über drei Fälle von akuter Pyelitis bei Schwangeren, 
die früher niemals an Pyelitis gelitten hatten. Die Schwangerschaft 
wurde in keinem dieser Fälle unterbrochen, die Frucht blieb am Leben. 
Begünstigt wird die Entstehung einer Pyelitis durch den Druck des 
graviden Uterus auf die Ureteren, namentlich auf den rechten, eine häufige 
Erscheinung in der Schwangerschaft. Ohne dieses Moment der Kom- 
pression des Ureterlumens sind die Bakterien der nicht spezifischen, d. h. 
nicht ‘gonorrhoischen und nicht tuberkulösen Affektionen der Harnorgane 
nicht imstande, eine Pyelitis hervorzurufen. Die Erkrankung befällt 
häufig Frauen, die mehrmals geboren haben, und gewöhnlich in der 
zweiten Hälfte der Schwangerschaft. Der Verlauf in dieser Zeit unter- 
scheidet sich nicht wesentlich von dem klinischen Bilde der Pyelitis 
überhaupt. Die Prognose bei Schwangeren ist günstig, wenn keine 
Affektion des Nierengewebes hinzutritt.e. Bezüglich der Behandlung 
gehen die Ansichten auseinander. Verf. schliefst sich der konservativen 
Richtung an. 

Der Arbeit ist ein «7 Nummern umfassendes Literaturverzeichnis 
beigefügt. Hentschel-Dresden. 


The diagnosis of renal and ureteral calculi. Von J. W.Bovce. 
A mer. Journ. of the Med. Scienc. Nov. 1906.) 

Wenn auch die Radiographie uns bei der Erkenntnis von Nieren- 
und Uretersteinen grofse Dienste leistet, so können wir doch die anderen 
Untersuchungsmethoden nicht entbehren. Ebenso müssen bei der Diffe- 
rentialdiagnose die klinischen Symptome genau berücksichtigt werden. 
Die wichtigsten derselben sind Schmerzen, Hämaturie, Veränderungen 
des Urins und vermehrte Harnfrequenz. Differentialdiagnostisch komnıit 
eine Menge von Erkrankungen in Betracht, insbesondere Nierentuberku- 
lose, Hydro- und Pyonephrose, Nierentumoren und akute Nephritis. 

von Hofmann-Wien. 


Reflex Symptoms and referred Pains caused by Stone in the 
Kidney. Von Stella Stevens Bradford. (Medical Rewrd. 21. VII. 
1906.) 


Mitteilung einer sehr komplizierten Krankengeschichte, in der aller - 


Nieren und Harnleiter. 173 


lei nervöse Beschwerden eine Rolle spielen; es handelt sich um eine 
32 jährige Frau, bei der man objektiv neben der Nervenschwäche eine 
Retroflexio uteri, Pyurie, Wanderniere rechts mit Nierenstein und Blinddarm- 
reizung konstatierte; es wurde die Laparotomie behufs Entfernung des 
Appendix ausgeführt, sowie die rechte Niere freigelegt; man fand in 
der zu einem Sack umgestalteten Niere einen grolsen Stein; die Niere 
war mit dem Pankreas verwachsen, dieses wurde bei der Nierenexstirpation 
verletzt. und Patientin starb wenige Tage später an dem Shok (? Ref.). Verf. 
nimmt an, dafs die nervösen Reizerscheinungen durch den Nierenstein 
bedingt waren. Karo-Berlin. 


Bimanuelle Massage der Nieren gegen Nierenkolik. Von 
C. Woods. (Sem. mèd. 1906, Nr. 28.) 

Bei einem 33 jährigen Manne mit rechtsseitiger Nierenkolik nahm 
W. die Massage der Niere vor, in der Absicht, das Fortschreiten des 
Steines in den Harnwegen zu erleichtern. In tiefer Narkose legte W. seine 
Hände so an, als wollte er das Ballotement der Niere hervorrufen, und 
massierte die Niere auf diese Weise. Nach 24 Stunden entleerte der 
Kranke den Stein und war genesen. Zwei Monate später bekam der- 
slbe Patient eine linksseitige Nierenkolik, und auch dieses Mal gelang 
das Verfahren; nach fünf Stunden war der Stein entleert, nach 48 Stun- 
den die Kopfschmerzen verschwunden. Mankiewicz-Berlin. 


The diagnosis and treatment of renal colic. Von H. Upcott. 
(The Practitioner. Dez. 1906.) 

Bei der Diagnose einer Nierenkolik kommen folgende Punkte in 
betracht: 

l. Art des Schmerzes. Gegenüber Appendicitis sind die 
Schmerzen viel intensiver, auch ist ihr Sitz gewöhnlich etwas höher. 
Bei Uretersteinen oder Ureteritis sitzen die Schmerzen tiefer unten, 
duch be-teht gewöhnlich ausgesprochener Blasentenesmus. 

2. Temperatur. Bei Nierenkoliken fehlt gewöhnlich Fieber. 
während dasselbe bei Appendicitis regelmälsig, wenn auch vorübergehend. 
vorhanden ist. 

3. Kann man eine Schwellung oder Resistenz. in der Fossa iliaca 
nachweisen, so spricht dies für Appendicitis. 

4. Blut. Wenn die Blutuntersuchung eine Zunahme der poly- 
morphonukleären Neutrophilen ergibt, so ist die Kolik wahrscheinlich 
nicht renalen Ursprungs. 

ð. Urin. Hämaturie findet sich häufig nach Nierenkoliken. 

von Hofmann-Wien. 


Rein unique. Von P. Hallopeau. (Bull. de la soc. anatom. 
de Paris 1906, p. 408.) 
Die Niere entstammte einem 50jährigen Manne. Sie safs auf der 
linken Seite an normaler Stelle und war nur wenig vergrölsert. In der 
li e ` YT .. Y 
Blase waren zwei Ureterenmündungen. Der rechte Ureter gestattete nur 


174 Nieren und Harnleiter. 


einem sehr dünnen Katheter, etwa 5—6 cm weit vorzudringen, er war im 
ganzen nur 13 cm lang und endete im Peritoneum. In der rechten 
Nierengegend war keine Spur einer Niere wahrnehmbar; dagegen war 
die Nebenniere an normaler Stelle und von anscheinend normaler Be- 


schaffenheit. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Cystombildung im Bereich eines Renoulus. Von E. Jaegy. 
(Virch. Arch. Bd. CLXXXV. Ref. Z. f. Chir. 1906, Nr. 42) 

Die Cystenbildung ging im mitgeteilten Fall von einem Renculus 
der stark embryonal gelappten Niere aus. Wegen der Gröfse der Ge: 
schwulstbildung mufste die ganze Niere entfernt werden. 

M üller- Dresden. 


Contributo allo studio dei tumori ghiandolari del rene. Von 
Gallina. (Policl. 1906, ser. chir. Nr. 7.) 

Beschreibung dreier Nierentumoren, die, wie Verf. nach Albarran 
festzustellen sucht, ihren Ausgang vom Epithel der Harnkanälchen ge- 
nommen haben. Müller-Dresden. 


Gros rein tuberculeux. Von F. Cathelin. (Bull. de la soc. 
anatom. de Paris 1906, p. 211.) 

Die Kranke, eine 34jährige Haushälterin, litt seit 1 Jahr an 
Cystitis mit Eiter im Urin und Schmerzen beim Urinieren, an Appetit- 
losigkeit und beobachtete eine Abnahme des Körpergewichtes.. Mehr- 
mals traten Nierenkoliken mit Temperatursteigerung auf. Die Palpation 
ergab einen rechtsseitigen Nierentumor. Der Urin enthielt 10,08 g 
Harnstoff, 11,70 g Chloride, ferner viel Eiter, Epithelzellen und aufser 
zahlreichen Bakterien noch Tuberkelbazillen. Die Untersuchung mittelst 
Harnscheiders erwies links normalen Urin, während rechts überhaupt kein 
Urin kam. Die rechte Niere wurde exstirpiert. Sie war ums Doppelte 
gegenüber der Norm vergrölsert, gelappt. Die ganze untere Hälfte war 
in eine enorme Kaverne, mit verkästem Gewebe ausgefüllt, verwandelt. 
Die Patientin genas vollständig. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Tuberculose rénale à forme fibreuse, sans cas6eification. Von 
P. Lecène. (Bull. de la soc. anatom. de Paris 1906, p. 436.) 

Die Niere stammte von einer 22 jährigen, vor kurzem nieder- 
gekommenen Frau, bei der aufser einer serofibrinösen Pleuritis keine 
sonstigen Symptome von Tuberkulose beobachtet worden waren. Das 
Organ ist nicht vergrölsert. Am obern Pol findet man einen braun- 
gelblichen warzenförmigen Vorsprung, aulserdem auf der Nierenoberfläche 
kleine tuberkulöse Granulationen. Ein Durchschnitt ergibt, dafs der 
obere Pol der Niere in einer Ausdehnung von 3—4 gem in ein fibröses 
Gewebe umgewandelt ist. Die miskroskopische Untersuchung dieses 
Stückes zeigt ein sehr dichtes Bindegewebe, ohne Spur normalen Nieren- 
gewebes. Nur an einzelnen Stellen sieht man tubuli bekleidet mit 
hohem Zylinderepithel, wahrscheinlich Reste der Bellinischen Kanäle. 


Nieren und Harhnleiter. 175 


Mitten im Bindegewebe sieht man typische Tuberkel mit Riesenzellen. 
In dem übrigen Teil des Nierengewebes gewahrt man die Erscheinungen 
einer sehr ausgesprochenen Entzündung. Die Glomeruli zeigen ale 
Übergänge bis zur Umwandlung in Bindegewebe. Auch die Tubu 
contorti sind sebr stark verändert. Über das ganze Nierengewebe hin 
erstreckt sich die Sklerose, und die spärlichen Tuberkel bestehen lediglich 
au: Epitheloid- und Riesenzellen. Nirgends, auch nicht mikroskopisch, 
deht man eine Verkäsung. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Considerazioni cliniche sopra 80 casi di nefropessi. Von 
P. Fiori. (Policl. Ser. chir. 1906, Nr. 7. Ref. Z. f. Chir. 1906, Nr. 41.) 

F. hat von 100 Wandernieren 30 operiert. Er bespricht ausführ- 
lich die versehiedenen Erscheinungen dieser Erkrankung und ihre Differ- 
entialdiagnose.e Die Operation ist strikte indiziert bei Albuminurie, 
Hämaturie, Uronephrose, Strangulationsanfällen der Niere, ferner bei 
nerrösen Darm- und Leberbeschwerden, falls deren Ursache die Nieren- 
verlagerung ist. Relativ angezeigt ist die operative Befestigung bei 
Versagen der Bindenbehandlung, kontraindiziert ist sie bei allgemeiner 
Splanchnoptose und Beschwerden von seiten der Genitalien, da diese in 
ler Regel mit der Nierendislokation nicht zusammenhängen. 

Müller-Dresden. 


Über Cystenbildungen der Niere und der abführenden Harn- 
wege. Von G. Herxheimer. (Virch. Arch. Bd. CLXXXV. Ref. Z. f. 
Chir. 1906, Nr. 42.) 

Verf. hat zwei Cystennieren genau mikroskopisch untersucht und 
lt. ihre ausführliche Beschreibung. Bezüglich der Pathogenese reiht 
er sie in die von Albrecht unter dem Namen Hämatome zusammen- 
gefalste Gruppe von Bildungen, die auf embryologische Hemmung zurück- 
zuführen sind, dabei aber den Tumoren sehr nahe stehen. Die meisten 
\ierencysten führt er gleichfalls auf Hemmungsvorgänge zurück. 

Ferner gibt H. die genaue Beschreibung von zwei Fällen von 
Ureteritis cystica und einen Fall von Cystitis cystica, deren Zustande- 
kommen er aus dem zentralen Zerfall der Brunnschen Zellnester erklärt. 


Müller- Dresden. 


A method of permanent drainage of bot kidneys through the 
loin in connection witb bilateral nephrotomy. Von Watson. 
(Ann. of, surg. 1906, No. 3, Ref. Z, f. Chir. 1906, Nr. 38.) 

Verf. gibt an der Hand mehrerer Photographien die Beschreibung 
eines Mannes, der mit doppelseitiger Nephrotomie 11 Jahre gelebt hat. 
Der abgesonderte Urin wurde auf jeder Seite durch einen besonders 
kunstruierten Flaschenapparat aufgefangen. Müller-Dresden. 


| Beiträge zur funktionellen Nierendiagnostik. Von Dr. Hermann 
Friedrich Grünwald. Aus der II. medizinischen Klinik Wien. (Archiv 
für klinische Medizin Nr, 88, Heft 1—3.) 


Nachdem Koranyi den Begriff der Niereninsuffizienz, resp. -suffi- 


176 Nieren und Harnleiter. 


zienz in den Vordergrund der klinischen Betrachtungsweise gestellt und 
Ponfick den Vorschlag gemacht hat, die alte Einteilung der chronischen 
Nephritiden und parenchymatösen und interstitiellen Formen ganz fallen 
zu lassen, war es eine Jdankenswerte Aufgabe, zu versuchen, ob in der 
Funktion beider ein durchgreifender Unterschied besteht. G. hat des- 
wegen Fälle im Stadium der Kompensation, d. h. der Nierensuffizienz 
mit bezug auf folgende Funktionen geprüft: Verhalten gegen Wasser, 
gegen Salzlösungen und gegen Diuretica. Bei den Wasserversuchen 
wurden Versuche im Liegen und im Umhergehen, bei den Salz- und 
Diureticaproben nur im Liegen angestellt. Zugleich wurden Kontroll- 
versuche an Gesunden vorgenommen. Es zeigte sich im allgemeinen, dafs 
die parenchymatös erkrankten Nieren viel leichter auf Reiz reagierten als 
die Schrumpfnieren. Bei letzteren sind an und für sich grofse Urinmengen 
kaum, das spezifische Gewicht wohl gar nicht zu beeinflussen, während 
bei der parenchymatösen Nephritis doch wenigstens das Bestreben besteht, 
in ähnlicher Weise wie die gesurden Nieren zu reagieren. 
Zuelzer- Berlin. 


Über Nierenfunktion. Klinische Untersuchungen über Nieren- 
funktion bei Arteriosklerose und chronischer Nephritis. Von H. Schur 
und E. Zaok. (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 48, 1906.) 


Die Verf. prüften bei einer Anzahl von Patienten das Wasseraus- 
scheidungsvermögen der Nieren, indem sie der Versuchsperson nach mehr- 
stündiger Karenz eine bestimmte Flüssigkeitsmenge zuführten, den Harn 
stundenweise entleeren liefsen und den Einflufs der Wasserzufuhr in 
erster Linie auf die Harnmenge und sodann auch auf den Stickstoff-, 
Chlornatrium- und Phosphorsäuregehalt untersuchten. Neben diesen Unter- 
suchungen wurde auch die Reaktionsfähigkeit der Niere gegenüber Diuretin 
zur Prüfung ihrer Suffizienz verwendet. 

Die Ergebnisse dieser Versuche waren folgende: 

l. Kranke Nieren sind in ihrem Wasserausscheidungsvermögen und 
in ihrer Verdünnungsfähigkeit insofern geschädigt, als sie entsprechenden 
Anforderungen nicht exakt Folge leisten. 

2. Zur Funktionsprüfung der Niere genügt die Kontrolle der Wasser- 
ausscheidung im Harn nach Zufuhr von Wasser, respektive Diuretin. 

3. Bei Arteriosklerose mit hohem Blutdruck ist in den meisten 
Fällen, ebenso wie bei Nephritis, auf diese Weise Niereninsuffizienz nach- 
zuweisen. von Hofmann-Wien. 


Zur Frage der Phloridzinprobe. Von R. Lichtenstern. (Wiener 
klin. Wochenschr. Nr. 49, 1906). 

L. wendet sich gegen einige Ausführungen Kapsammers in Nr. 47 
der Wiener klin. Wochenschrift und hält seinen ablehnenden, mehrfach 
in früheren Arbeiten -betonten Standpunkt bezüglich des Wertes des 
Phloridzindiabetes als Prüfmittel für die Arbeitsleistung der Niere auf- 
recht. | von Hofmann-Wien. 


Nieren und Harnleiter. 177 


Experimentelle Beiträge zur Pathogenese der Nierenwasser- 
sucht. Von Dr. Blank-Potsdam. Aus dem Laboratorium des medi- 
inisch-poliklinischen Instituts der Universität Berlin. (Zeitschrift für 
klinische Medizin Nr. 60, Heft 5—6.) | 

Aus den Versuchen des Verf. geht im Verein mit denen von 
F. Müller und Heineke so viel hervor, dafs nach Uraninjektion und 
nıch Nephrektomie im Serum Stoffe enthalten sein können — allerdings 
nicht immer enthalten sind —, welche hydropserzeugend wirken. Walır- 
scheinlich handelt es sich um Iymphagog wirkende Stoffe, ähnlich denen, 
de Kast und Starling im Blutserum ödematöser Nierenkranker nach- 
wiesen. Auch hier war zwischen den einzelnen Formen der Nephritis 
em Unterschied, indem im Serum Kranker mit Granularatrophie diese 
Substanzen fehlten. | Zuelzer-Berlin. 


Experimentelle Beiträge zur Frage der Nierenwassersucht. 
Von Dr. med. Georgopulos. (Aus dem Laboratorium des medizinisch- 
poliklinischen Instituts der Universität Berlin. Zeitschrift für klinische 
Medizin, Bd. 60, Heft 5—6.) 

Verf. kommt in der sehr umfangreichen, die gesamte Literatur be- 
rücksichtigenden Arbeit zu folgenden Schlüssen: zwischen der Menge der 
durch die Nieren ausgeschiedenen Chloride und der des Wassers besteht 
kein konstanter Parallelismus. Im Verlaufe der Kantharidin- und Uran- 
nephritis wird mehr Wasser als Kochsalz zurückgehalten, was zu einer 
Herabsetzung des Chlorgehaltes des Blutes führt. Hieraus folgt, dal: 
man die Wasserzurückhaltung nicht von der Retention der Chloride ab- 
hängig machen darf. Diese beruht vielmehr auf einer primären Störung 
der wassersezernierenden Fähigkeit der Nieren. 

Ein Übergang von Chloriden in die Gewebe, welche ausser der 
Wasserzurückhaltung zur Herabsetzung der Chlorkonzentration des Blut- 
Serums beiträgt, läfst sich weder bei der ohne Hydrops, noch bei der 
mit einem solchen einhergehenden Nephritis nachweisen. Bei der ersten 
erfährt der Chlorgehalt der Organe keine Erhöhung, sogar eine Ver- 
minderung, bei der zweiten tritt zwar eine Zunahme der in den Organen 
enthaltenen Chlorsalze ein welche aber von der in die Gewebsspalten 
transsudierten chlorreichen Flüssigkeit herrührt. Diese, wie die in den 
serösen Höhlen angesammelte Flüssigkeit enthält nahezu dieselbe Menge 
von Chloriden, wie das Blutserum, von dem sie stammt. Durch die 
Transsudation wird also dem Blute die gleiche Menge von Wasser und 
Chloriden entzogen, was natürlich den prozentualen Chlorgehalt des Blutes 
nicht beeinträchtigt. 

Bei der Transsudation verlassen Wasser und Choride die Blutbahn 
gleichzeitig und nicht zuerst letztere. 

. G. glaubt diese experimentellen Befunde auch auf die menschliche 
Nephritis übertragen zu dürfen. Zuelzer. 
Über die Hämolyse bei Nephritis. Von Dr. Eugene J. Leopold, 
dem Laboratorium des medizinisch -poliklinischen Instituts der Uni- 
versität Berlin, (Zeitschrift für klinische Medizin Nr. 60, Heft 5—6.) 

Die Resultate des Verf. sind kurz zusammenitefafst fol: 


gende: 


Aus 


g 
Zeitschrift far Urologie. 1907. 2 


178 Nieren und Harnleiter. 


1. Der Urin der chronischen Nephritiker wie der von Nierengesunden 
erzeugt Hämolyse, doch hat der Urin der letzteren die stärkere hämo- 
Iytische Wirkung. 

2. Der Urin der künstlichen, durch Uran bezw. Kantharidin erzeugten 
akuten Nephritis erzeugt starke Hämolyse, während der normale Ka- 
ninchenharn unter ganz gleicher Versuchsbedingung nur schwach hämo- 
lytisch wirkt. 

3. Die Ascitesflüssigkeit besitzt auch hämolytische Wirkung. 

Zuelzer- Berlin. 


Zur Ausscheidung gerinnungsalterierender pathologischer 
Eiweisskörper im Harn bei Nephritis. Von Johannes Brodzki. 
(Aus dem Laboratorium des medizinisch-poliklinischen Instituts der Uni- 
versität Berlin. Zeitschrift für klinische Medizin Bd. 60, Heft 5—6.) 

B. hat im ganzen 24 Urine geprüft von Nierenkranken. Er fand, 
dafs die isolierten Eiweilskörper bei allen echten Nephritiden, sei es bei 
den akuten, sci es chronischen, eine gerinnungsbeschleunigende Tendenz 
aufwiesen. — Zur Isolierung der Eiweifskörper wurden dieselben zunächst 
in sauerer Lösung mit Kochsalz ausgesalzt, der zurückgebliebene Urin 
wurde noch einmal mit Ammoniumsulfat ausgefällt. Die eigentlichen 
Eiweifskörper, die in der Kochsalzfraktion enthalten waren, zeigten stets 
die gerinnungsfördernde Tendenz, während in der Ammonsulfatfraktion 
ein verschiedenes Verhalten, teils Hemmung, teils Förderung, teils neu- 
trales Verhalten gefunden wurde. Es handelte sich hierbei um die 
weiter abgebauten eiweilsartigen Stoffe. Zuelzer- Berlin. 


Untersuchungen über den Wassergehalt des Blutserums bei 
Herz- und Nieren-Wassersucht. Ein Beitrag zur Frage der Entstehung 
des Hydrops. Von Prof. H. Straufs. (Aus der ehemaligen 3. medizinischen 
Klinik, Berlin. Zeitschrift für klinische Medizin, Bd. 60, Heft 5—6.) 

Strauls kommt zu dem Resultate, dafs der Unterschied zwischen 
nephrogenen und kardiogenen Hydropsien darin zu suchen ist, dafs sich 
bei den nephrogenen Retentionsvorgängen die Zurückhaltung von Wasser 
mit einer bereits vorher erfolgten, durch primäre Kochsalzretention be- 
dingten Wasserretention verbindet. Er nennt die letztere im Gegensatz 
zur direkt nephrogenen Wasserretention eine antipyknotische (verdichtungs- 
hindernde). Bei der kardialen Insuffizienz stellt die Wasserretention 
zunächst die primäre Folge der Kompensationsstörung dar. Er kommt 
zu diesem Schlufs durch eine zusammenfassende Betrachtung zahlreicher. 
an verschiedenen Fällen gemachter Beobachtungen. Zuelzer-Berlin. 


Urinary excretion in Bright's disease. Von F. A. Bainbridge. 
(The Practitioner. Dez. 1906.) 

Während im normalen Urin Amidosäuren nur in Spuren nachweis- 
bar sind, findet man sie bei Morbus Brightii in erheblicher Menge. 
Sie sind Produkte der Eiweilszersetzung, und ihr Vorkommen im Urin 
weist auf Stoffwechselstörungen hin. Ferner zeigt sich öfters eine Zu- 


Nieren und Harnleiter. 179 


nahme der Ammoniak- und eine Abnahme der Harnstoflausscheidung. 
Ebenso findet man im Blute und den Geweben von Nephritikern, be- 
sonders bei Fällen von Urämie, einen Überschufs von stickstoffhaltigen 
Körpern. Die Alkalinität des Blutes ist bei Urämie öfters vermindert. 
von Hofmann-Wien. 


Die Diagnose der orthotischen Albuminurie, mit Bemer- 
kungen zur allgemeinen Diagnostik der Nierenkrankheiten. Von 
Gustav Korach. (Medizin. Klinik 1906, Nr. 47, S. 1226.) 

Zur Beurteilung des Wesens der orthotischen Albuminurie liefern 
folsende ätiologische Momente das Material: 1. das häufiger beobachtete 
familiäre Auftreten, 2. der Umstand, dafs meist Änämische, Tuberkulöse 
und psychoneurotisch Belastete befallen werden, 3. die Verkleinerung 
des Harnbereitungsorgans, z. B. durch Exstirpation einer Niere. Hieraus 
ergibt sich: Die orthotische Albuminurie wird zumeist beobachtet bei 
minderwertigen Konstitutionen bezw. bei angeborener oder erworbener 
Minderwertigkeit der Nieren. Die pathologisch - anatomische Definition 
dieser Minderwertigkeit: relativ undichtes Nierenfilter, konstitutionelle 
Nierenschwäche usw. ist noch nicht zu geben. Die Diagnose der ortho- 
t-chen Albuminurie und die Ausschliefsung jeder entzündlichen Nieren: 
affektion besteht zu Recht, solange während der Ruhelage des Körpers 
auch nicht Spuren von Eiweifls und keinerlei morphotische Bestandteile 
salırondert werden, und auch sonst keine auf eine Nierenerkrankung 
hinweisende Erscheinungen (Zirkulationsapparat, Retina) vorhanden sind. 

Mankiewicz-Berlin. 


Traitement des pyelites par les lavages du bassinet. Von 
Andre. (Prov. méd. 1906, No. 29. Ref. Z. f. Chir. 1906, Nr. 38.) 

Verf. empfiehlt die Spülung des Nierenbeckens nach Bozeman bei 
«zendierender gonorrhoischer und colibacillärer Pyelitis. In 6 Fällen 
hat er recht ermutigende Resultate gesehen. Ausgeschlossen von der 
Behandlung sollen die ganz leichten und die ganz schweren mit Pyo- 
nephrose kombinierten Fälle bleiben. Müller- Dresden. 


Hydronéphrose intermittente partielle. Von Bazy. (Bull. et mèm. 
de la soc. de chir. de Paris T. XXXII. Ref. Z. f. Chir. 1906, Nr. 42.) 

Bei der Operation einer mannskopfgrofsen cystischen Geschwulst 
der linken Niere fand B. den oberen Teil der Niere gesund und die 
(re.chwulst nur von der unteren Nierenhälfte ausgehend. In das Nieren- 
becken des gesunden Nierenteils, das nach unten übrigens ganz ab- 
geschlossen schien, mündete ein normaler Harnleiter, zu der erkrankten 
Partie führte ein derber Bindegewebsstrang. B. nimmt hieraus eine 
Verschnielzung der doppelt angelegten Niere an. Bezüglich der funktio- 
nellen Nierenprüfung warnt er, den Wert der chemischen Untersuchung 
hoch anzuschlagen, sie hat ihm wenig zuverlässige Resultate geliefert. 
Bessere sah er bei der Methylenprobe und der Kryoskopie. 

Müller- Dresden. 


12* 


180 Technisches und Kritiken. 


Hydronephrocystanastomose bei Hydronephrose einer Soli- 
tärniere. Von H. Schlosser (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 50. 1906.) 

Bei der 30jährigen Patientin, welche vor zehn Jahren mit der rechten 
Flanke gegen eine Stuhllehne gefallen war, bestanden seither Schmerzen 
in der rechten Bauchseite, verbunden mit auffallendem Wechsel der täg- 
lichen Urinmengen. Seit vier Jahren bemerkte die Kranke eine 
Schwellung in der rechten Bauchseite. Daselbst fand sich ein vom 
Rippenbogen bis zur Symphyse reichender, fluktuierender Tumor, Ure- 
teronkatheterismus nicht ausführbar. Transperitoneale Blofslegung und In- 
zision der Geschwulst. Es handelte sich um einen kein oder nur 
sehr wenig Nierenparenchym enthaltenden Hydronephrosensack. Die 
Einmündungsstelle des Ureters in das Nierenbecken zeigt sich stark 
strikturiert. Spaltung und Plastik der Striktur, Anlegung einer Nieren- 
fistel in der vorderen Bauchwand. Durch eine zweite (Operation wurde 
dann etwa sechs Monate später eine Anastomose des Hydronephrosen- 
sackes mit der Blase hergestellt. Schon vorher war es durch den Ure- 
terenkatheterismus wahrscheinlich gemacht worden, dafs es sich um eine 
Solitärniere handle, ein Befund, der durch die Operation bestätigt wurde. 
Heilung. von Hofmann-Wien. 


IX. Technisches. 


New instrument, an improved Urethrotome. Von M. E. Wash- 
burn. (Cincinnati Lancet clinic. 1906, Jan.) 

Verf. hat bei Urethralstrikturen mit einem von ihm angegebenen 
Instrumente, dessen Abbildung der Arbeit beigegeben ist, sehr gute 
Erfolge erzielt. Das Instrument besteht aus einer filiformen Bougie, die 
durch die Striktur bis in die Blase eingeführt wird. Ein besonders 
konstruiertes Messer wird dann an der entsprechenden Stelle des In- 
strumentes befestigt und die Striktur dilatiert. Eine Reizung der Schleim- 
haut beim Herausnehmen findet nicht statt. Dreysel-Leipzig. 


The Diagnostic Value of the Cystoscope and Ureteral Cathe- 
ter. Von Cannaday. (Medical Record, 24. XI. 1906.) 

Die Arbeit beschäftigt sich mit den elementarsten Dingen, die 
jedem Cystoskopiker in Fleisch und Blut übergegangen sind; noch ein- 
mal wird erörtert, ob der Ureterkatheter durch die verschiedensten Se- 
gregatoren ersetzt werden kann, um schliefslich zu dem Fazit zu kommen, 
dafs das Cystoskop ein genaues, wissenschaftlich begründetes und relativ 
neues Instrument darstellt!! Karo- Berlin. 


X. Kritiken. 


Handbuch der Urologie Herausgegeben von A wv Frisch und 
©. Zuckerkandl. Wien, Hölder, 3 Bände 87.50 Mark. 

„Das grofs angelegte Werk, von dem bis jetzt die ersten vier 
Lieferungen zur Ausgabe gelangt sind, legt ein beredtes Zeugnis für die 
gewaltiven Fortschritte ab, welche die Wissenschaft auf dem Gebiete 


Kritiken. 181 


der Urologie in den letzten zwei Jahrzehnten gemacht hat. Wenn das 
Werk vollständig erschienen sein wird, werden die Vertreter des Spezial- 
fiches der Urologie mit (senugtuung auf dasselbe hinweisen können; es 
wird für jetzt und für später als ein schöner Denkstein ihrer Strebsam- 
keit und ihres Fleifses dastehen ... Die Ausstattung des Werkes, 
namentlich sofern die zahlreichen instruktiven Abbildungen in Betracht 
kommen, ist eine vorzügliche.“ 

Es gereicht mir zur Freude, dafs ich das obige Urteil, das ich nach 
Erscheinen der ersten Hefte in den Monatsberichten für Urologie ab- 
gab. heute, nachdem das Werk vollständig vorliegt, aufrechterhalten 
kann. Die Herausgeber haben gehalten, was sie versprochen haben. Das 
Werk bringt tatsächlich die Summe der Forschungsergebnisse der Urologie 
in wissenschaftlicher und erschöpfender Darstellung. Der Inhalt ist 
folgender: 

Band I: Anatomische Einleitung: Hofrat Professor E. Zucker- 
kandl. Physiologie der Harnabsonderung: Privatdozent Dr. H. Koeppe. 
Physiologie der männlichen Geschlechtsfunktionen: Hofrat Professor Dr. 
S. Exner. Chemische Untersuchung des Harnes: Professor Dr. J. Mauthner. 
Die Bakterien der gesunden und kranken Harnwege: Privatdozent Dr. 
R. Kraus. Die Asepsis in der Urologie: Privatdozent Dr. O. Zucker- 
kandl. Klinische Untersuchungsmethoden: Professor Dr. A. v. Frisch. 
Allgemeine Symptomenlehre: Professor Dr. O. Zuckerkandl. 

Band II: Die Verletzungen und chirurgischen Erkrankungen der 
Nieren und Harnleiter: Privatdozent Dr. P. Wagner. Medizinische 
Klinik der Krankheiten der Niere und des Nierenbeckens: Professor 
Dr. S. Mannaberg. Die Erkrankungen der Harnblase: Privatdozent 
Dr. 0. Zuckerkandl. Die nervösen Erkrankungen der Harnröhre und 
der Blase: Prof. Dr. L. v. Frankl-Hochwart. 

Band III: Die Verletzungen und chirurgischen Erkrankungen der 
Harnröhre: Professor Dr. E. Burckhardt. Die venerischen Erkrankungen 
der Harnröhre: Professor Dr. M.v. Zeifsl. Die Erkrankungen des Penis. 
des Hodens und der Hüllen des Hodens: Prof. Dr. A. v. Winiwarter. 
Die Krankheiten der Prostata: Professor Dr. A.v. Frisch. Die Störungen 
der Geschlechtsfunktionen des Mannes: Professor Dr. E. Finger. Sach- 
register, 

Es ist begreiflich, dals nicht alle Teile gleichwertig sind. Die 
Krone des Werkes sind die von Frisch bearbeiteten: Die klinischen 
Untersuchungsmethoden und die Krankheiten der Prostata. Seine streng 
sachliche, vorurteilslose, kritische, von Übertemperament freie Darstellungs- 
abe gibt sich vornehmlich in dem viel umstrittenen Kapitel der Be- 
handlung«methoden der Prostata-Hypertrophie kund, historische Treue 
und mutire Wahrheitsliebe zeichnet die Beschreibung von der Erfindung 
des Ureter-Cystoskopes aus, die umfassende Vermerkung der gesamten 
m- und au-ländischen Literatur beweisen die Gründlichkeit, mit der 
Frisch arbeitet. 

Sicht in gleicher Weise ist die Arbeit Wagners zu rühmen, man 
merkt seiner Schreibweise an, dafs manches theoretisch zurechtgelegt ist: 
man möchte mehr herausfühlen, dafs wirklich der klinische Standpunkt 


182 Kritiken. 


der leitende gewesen ist: anderseits ist seine methodische Darstellung 
recht orientierend. 

Mannnabergs Kapitel stehen auf dem Niveau derer von Wagner, 
während Zuckerkandl sich wiederum Frisch nähert. Seine Feder 
verrät auf jeder Zeile den erfahrenen Praktiker. 

Die Bibliographie ist musterhaft, gut ausgeführte instruktive Text- 
abbildungen und gute farbige Tafeln erhöhen den Wert des Werkes, 


das ich nimmer missen möchte. Casper. 


Operative Gynäkologie. Von A. Döderlein u. B. Krönig. Mit 
182 teils farbigen Abbildungen und einer Tafel. 612 S. Verlag von 
Georg Thieme. Leipzig 1905. 

Die Verff. haben in dem soeben in 1. Aufl. erschienenen, ihrem 
Lehrer Paul Zweifel gewidmeten Buche ein Werk geschaffen, das 
in geradezu klassischer Form den Bedürfnissen des praktisch tätigen 
Gynäkologen entgegenkommt. Es will nicht gerade etwas Neues und 
keine vollständige Darstellung aller gynäkologischen Krankheiten brin- 
gen, sondern beschränkt sich seinem Titel gemäfs auf diejenigen Er- 
krankungen, die unter gegebenen Verhältnissen zu operativem Vor- 
gehen Veranlassung geben. In ausgezeichneter, klarer Weise werden 
die Indikationen, die technische Ausführung und die Erfolge der Ope- 
rationen behandelt. Geradezu hervorragend sind auch die der Arbeit 
beigegebenen, nach Skizzen während der Operation von A. Kirchner 
gezeichneten Abbildungen, die speziell in der Wiedergabe der einzelnen 
Operationsakte an Schönheit der künstlerischen Ausführung und Klar- 
heit der wichtigen operativen Einzelheiten mustergültig sind. Das in 
Grofs-Lexikonformat gehaltene Buch ist von der Verlagshandlung auch 
im übrigen, was Druck und buchmäfsige Ausstattung betrifft, in exquisit 
vornehmer Form gehalten. Ein allgemeiner Teil, von Krönig verfalst, 
leitet das Buch ein. Er enthält neben allgemein chirurgischen im be- 
sonderen allgemeine, die operative Gynäkologie betreffende Fragen. So 
sind ausführlich die zahlreichen Komplikationen der Laparotomie, Pneu- 
monie, Ileus, Peritonitis usw. mit besonderer Berücksichtigung der 
Prophylaxe behandelt. Recht hübsch sind auch die Kapitel über die 
Nachbehandlung der Laparotomierten und über den Einflufs der Ent- 
fernung der weiblichen Genitalien auf den Organismus und im beson- 
deren auf das Nervensystem der Frau. In die Bearbeitung des spe- 
ziellen Teils haben sich beide Verff. geteilt, ein K. oder D. hinter der 
betreffenden Kapitelangabe im Register bezeichnet die jeweilige Autor- 
schaft. Döderlein hat die Prolapse, die Uterusgeschwülste, Ovarioto- 
mien, Blasengenitalfisteln und die Behandlung der alten Dammrisse 
bearbeitet. Die übrigen Abhandlungen entstammen der Feder Krönigs. 

Müller-Dresden. 


Erkrankungen der tieferen Harnwege, physische Impotenz und 
Ehe. Von C. Posner. (Aus „Krankheiten und Ehe“. Von H., Senator 
u. S. Kaminer. J. F. Lehmann. München 1904.) 

In dem jedem Arzt zum Studium sehr zu empfehlenden Handbuche, 


Kritiken. 183 


um dessen Herausgabe sich Senator und Kaminer verdient gemacht 
haben, hat P. in eingehender und verständlicher Form die Be- 
ziehungen zwischen physischer Impotenz infolge Erkrankungen der 
tieferen Harnwege und Ehegemeinschaft bearbeitet. Er geht der Reihe 
nach die einzelnen Anomalien und Erkrankungen des Urogenitaltrakts 
— Niere und Ureter ausgeschlossen — durch und untersucht kritisch, 
unter welchen Umständen eine Ehe eingegangen werden kann und 
unter welchen das Schliefsen der Ehe zu verbieten ist. Die in über- 
wiegendem Mafse die Erkrankungen der männlichen Organe berück- 
sichtigenden, sehr interessanten Details mögen im Original nachgelesen 
werden. Müller-Dresden. 


Exploration des fonctions rönales. Fitude medico-chirurgicale 
Par J. Albarran. Avec figures et graphiques en couleurs. Pages 604 
Paris, Masson & Cie. 1905. 

A. hat in vorliegendem, umfangreichem Buch ein Werk geschaffen, 
das jeder, der sich mit der Frage der funktionellen Nierendiagnostik 
beschäftigt, mit grolsem Interesse lesen wird. Mit seltener Ausführ- 
lichkeit behandelt er klar und kritisch alle hierbei in Frage kommen- 
den Untersuchungen und Methoden. Zu statten kommt ihm seine eigene 
Arolse Erfahrung, die er an einem reichen Material hat sammeln können 
und die ihm erlaubt, über den Wert oder Unwert fast jeder Methode 
Zach eigenen Untersuchungen zu urteilen. Neben den zahlreichen klini- 
Schen Feststellungen, die sich der Hauptsache nach auf die sogenannten 
chirurgischen Nierenerkrankungen beziehen, finden sich auch häufige 
interessante neue Beobachtungen zur normalen Nierenphysiologie. 

In zwei Hauptteile gliedert sich die Arbeit. Im ersten werden in 
l4 Kapiteln die Untersuchungsmethoden und Resultate der Funktions- 
bestimmung bei ungetrenntem Nierensekret besprochen. Keine der zahl- 
reichen Methoden bietet bei dieser Art der Funktionsprüfung auch nur 
annähernd sichere Resultate für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit 
der Nieren. 

Im zweiten Teil behandelt A. die funktionelle Nierendiagnostik unter 
Zugrundelegen der gesonderten Untersuchung des Harns jeder Niere 
und geht zunächst des genaueren auf die verschiedensten Methoden der 
Harntrennung ein, die er eingehend unter Beifügung zahlreicher Ab- 
bildungen des Instrumentariums usw. beschreibt. Von den Separatoren 
hält er den von Lambotte-Cathelin für den besten; im übrigen zieht 
er der gröfseren Exaktheit wegen, wo irgend ausführbar, den Ureteren- 
katheterismus jeder anderen Methode vor. Er beginnt seine Beobach- 
tungen stets eine Viertelstunde nach Einlegen der Instrumente und 
dehnt sie, wenn angängig, auf mindestens 2 Stunden aus, da die 
Resultate mit der Länge der Beobachtung an Zuverlässigkeit zunehmen. 
Doch ist dabei zu berücksichtigen, dafs selbst nach 24stündiger Be- 
obachtung schwere Irrtümer vorkommen können. Denn die Arbeits- 
leistung der Nieren wechselt von Augenblick zu Augenblick, und bei 
kurzer Beobachtung kann man sogar zu dem Glauben kommen, dafs 
lie kranke Niere die bessere ist. Dieser Irrtum kann vorkommen bei 


184 Kritiken. 


der Gefrierpunktsbestimmung, der molekularen Konzentration, der che- 
mischen, der Farbprobe und der Phloridzinprobe. Letztere, bei der er 
2 Zentigramm injiziert, hält er für nicht leistungsfähiger als die che- 
mische Analyse und die Bestimmung der molekularen Konzentration. 

Die vielen, bei den gebräuchlichen Untersuchungsmethoden vom 
Verf. konstatierten Mängel und Unsicherheiten, man mag dabei nach 
welcher immer angegebenen Modifikation verfahren, haben ihn dazu 
geführt, vermittelst der sogenannten experimentellen Polyurie unter 
je halbstündiger Bestimmung der Flüssigkeitsmenge, der molekularen 
Konzentration, des Harnstoff- und Kochsalzgehalts die Resultate der 
funktionellen Diagnostik zu verbessern. Seine Methode gründet er darauf, 
dafs sich die gesunde Niere wie jedes andere gesunde Organ erhöhter 
Inanspruchnahme anzupassen vermag, während das kranke Organ diese 
Akkomodationsfähigkeit je nach der Schwere mehr oder weniger ein- 
büfst. Er läfst zu diesem Zwecke während der Untersuchung seine 
Patienten eine bestimmte Flüssigkeitsmenge zu sich nehmen und be- 
nutzt die dadurch veränderten Sekretionsverhältnisse zur Bestimmung 
der Nierenleistung. Zahlreiche Untersuchungen und graphische Kurven 
hat er unter Berücksichtigung der verschiedensten chirurgischen Nieren- 
erkrankungen und genauer Beschreibung des Vorgehens als Beweis 
für die Leistungsfähigkeit seiner Methode in der Arbeit niedergelegt. 
Sein Resume über den Wert der funktionellen Nierenprüfung fafst er 
dahin zusammen, dafs sie für sich allein zwar alle klinischen Fragen 
nicht lösen kann, dafs sie aber in hohem Grade zu deren Lösung bei- 
trägt und dafs sie im Verein mit den anderen klinischen Hilfs- 
mitteln der Diagnose und Indikationsstellung eine viel höhere 
Sicherheit verleiht. An Niereninsuffizienz darf kein Nephrektomierter 
mehr sterben. 

Was dem Buche noch einen besonderen Wert verleiht, ist das 
allenthalben sichtbare Streben nach möglichst objektiver Stellungnahme 
zu den einzelnen Fragen und Methoden; und wenn Verf. den verschie- 
denen, von anderer Seite oft etwas sehr optimistisch als durchaus zu- 
verläfsig gepriesenen Methoden den Nimbus der Unfehlbarkeit raubt, 
so dient er dadurch nur einer guten Sache, indem er zeigt, dafs auch 
die funktionellen Nierenuntersuchungen nur begrenzt leistungsfähig sind 
und dafs man von ihnen nicht alles verlangen kann, dafs sie aber 
andrerseits eine wesentliche Bereicherung und Verfeinerung unserer 
diagnostischen Hilfsmittel darstellen und dafs ihre absprechende Be- 
urteilung ebenso ungerechtfertigt ist, wie ihr Loben über den grünen 
Klee. Müller- Dresden. 


Druck von C. Grumbach in Leipzig. 


Ars der dermatolog. Universitätsklinik Bern (Prof. Jadassohn). 





Experimentelle Untersuchungen über die 
Wirkung von Silbernitrat- und Protargol- 
lösungen auf lebende Schleimhäute. 


Von | 
Dr. H. Wildbolz, Dozent für Chirurgie, Bern. 


In der Behandlung der Schleimhautgonorrhoe sind in den 
letzten Jahren dem früher viel gebrauchten Silbernitrat verschiedene 
organische Silberverbindungen vorgezogen worden, welchen der 
grofse Vorteil einer intensiveren Tiefenwirkung nachgerühmt wurde. 
Nicht nur die Gonokokken in den obersten Epithelschichten sollten 
durch die Einwirkung dieser Antiseptika abgetötet werden, sondern 
auch die Gonokokken in den basalen Schichten des Epithels, ja es 
sollten sogar die in das subepitheliale Gewebe eingedrungenen noch 
von der antiseptischen Wirkung der organischen Silberlösungen er- 
reich tt werden. Die Annahme einer solchen Tiefenwirkung, von der 
seit Schäffers! Publikation über das Argentamin in den Empfeh- 
lungen der organischen Silberverbindungen viel die Rede ist, stützte 
sich fast rein theoretisch auf die geringe Ätzwirkung dieser Silber- 
lösungen auf das Eiweils; experimentell wurde sie (bei Argentamin 
und Argonin) systematisch nur an toten Gewebestücken zu prüfen 
versucht und zwar scheinbar mit Erfolg. Über die Wirkung der 
organischen Silberverbindungen auf das lebende Gewebe fehlten 
bis vor kurzem irgendwelche Versuche (aulser einer einzigen Beob- 
achtung von Schäffer), und auch der Einflufs des schon seit so 
vielen Jabren verwendeten Silbernitrates auf das lebende Gewebe 
war wenig studiert worden. Einzig Finger? berichtete kurz, dafs 
10°, Arg.nitr.-Lösung stark in die Tiefe der Urethralwand von 
Hunden eindringe, 5°/, Lösung wesentlich weniger tief, und dafs 
"Tun Lösungen schliefslich nur eine sehr oberflächliche Wirkung 
auf das Gewebe entfalten. Der Mangel an diesbezüglichen Unter- 
suchungen machte sich offenbar vielfach fühlbar; denn in den letzten 
Jahren erschienen nun plötzlich fast gleichzeitig eine Reihe experi- 
menteller Arbeiten, die sich mit dieser Frage beschäftigen. 

Feitschrift für Urologie. 1907. 13 


186 H. Wildbolz. 


Casper” vorerst widerlegte durch Tierversuche die häufig ver- 
tretene Ansicht, dafs längere Zeit hindurch wiederholte Injektionen 
von 1—2°;, Argent. nitr.-Lösungen in der Schleimhaut der Uretlira 
Narben resp. Strikturen erzeugen. Es liefs sich durch seine Prii- 
parate beweisen, dafs derartige Injektionen wohl eine vorübergehende 
Entzündung erzeugen, aber keine dauernde Infiltration hinterlassen, 
sondern lediglich eine Ablagerung von reduziertem Silber oder einer 
unbekannten Silberverbindung im Gewebe ohne bleibende Verände- 
rungen in demselben, weder in seinen oberflächlichen epithelialen, 
noch in den tieferen Schichten. Durch einige wenige Experimente 
suchte Casper auch die momentane Wirkung der Silbernitratlösung 
auf das Gewebe zu studieren. Nach Injektion einer 2°/, Lösung 
in die Tierurethra sah er nach 2 Stunden den ganzen Epithelsaum 
der Harnröhre in eine braunschwarze Masse verwandelt, in der 
keine Zellkonkturen mehr erkennbar waren und die sich scharf vom 
subepithelialen Gewebe absetzten. 2 Tage nach der Injektion war 
das Epithel vollständig bis auf die Basis abgestolsen; am 4. Tage 
machten sich bereits die ersten Zeichen der Epithelregeneration be- 
merkbar und am 8. Tage fand Casper dasselbe wieder ad integrum 
restituiert. Von der in den ersten Tagen nachweisbaren intensiven 
kleinzelligen Infiltration im subepithelialen Gewebe waren naclı 
8 Tagen nur noch an einzelnen Stellen Andeutungen vorhanden. 
Aus diesen Ergebnissen zog Casper den Schluls, dafs starke Silber- 
nitratlösungen die Oberfläche der Schleimhäute verschorft, aber zu- 
gleich auch eine ausgesprochene Tiefenwirkung entfaltet, indem sie 
zu vorübergehender örtlicher Leukocytose in den tieferen Schichten 
der Mukosa und im submukösen Gewebe führt. 

Ähnliche Versuche, wie diese letzterwähnten von Casper, 
machte v. Ammon * an der Konjuktiva von Kaninchen mit 2" , 
Argent. nitricum-Lösung. 5 Minuten, nachdem ein Tropfen dieser 
Lösung in das Auge gebracht worden war, wurden die Versuchs- 
tiere getötet, in den Konjunktiven die Silbersalze durch Schwefel- 
wasserstoff oder Sonnenlicht gefällt. Bei der mikroskopischen Unter- 
suchung der in Serien geschnittenen Konjunktiven fiel vv Ammon 
die sehr ungleiche Wirkung des Silbernitrats auf das Epithel 
auf. Während das letztere an einzelnen Stellen bis an die Basis 
so intensiv schwarz gefärbt war, dafs die Zellkonturen nur 
schwer sichtbar waren, fehlten an andern Stellen des Epithels 
die Silberniederschläge vollkommen. Auch bei Pinselung der 
Konjunktiven umgeklappter Lider mit 2°/, Silbernitratlösung 


Über die Wirkung von Silbernitrat- und Protargollösungen usw. 187 


war diese Ungleichheit in der Einwirkung der Lösung zu kon- 
statıeren. 

Wurde ein Kaninchenauge ungefähr 2 Minuten lang mit ciner 
5" , Protargollösung ausgespült, das Protargol gleich darauf nach 
Tötung des Tieres mit Schwefelwasserstoff gefällt, so fand sich das 
Epithel der Lidbindehaut von einer braunen Schicht überzogen, und 
die obersten zwei Epithelzellschichten mit nach der Tiefe allmählich 
abnehmender Intensität braun gefärbt. Wurde der Versuch mit 
10° , Protargollösung wiederholt, so war wohl eine Zunahme in der 
Intensität der Braunfärbung der obersten Schichten des Epithels zu 
erkennen, nicht aber eine stärkere Tiefenwirkung. Auch bei künst- 
lich in pathologischen Zustand versetzten Augen war kein tieferes 
Eindringen des Protargols in das Gewebe zu erkennen, weder bei so- 
fort nach der Protargolspülung noch bei den *;, Stunden später unter- 
suchten Augen. 

Calderone? prüfte auf der Urethralschleimhaut von Hunden 
die Wirkung mehrerer Antiseptika, von denen hier nur Argentum 
mtr. und Protargol erwähnt sein mögen. Nach 5 Minuten langer 
Einwirkung einer !," , 1°, und 2°,, Silbernitratlösung fand Cal- 
derone das 15 Minuten bis 1 Stunde nach der Injektion unter- 
suchte Schleimhautepithel bis an die Basis geschwärzt und im sub- 
epithelialen Gewebe wechselnd starke kleinzellige Infiltration, bei 
den schwachen Lösungen durchschnittlich intensiver als bei den kon- 
zentrierteren. Silberniederschläge waren im subepithelialen Gewebe 
nur nach einer Injektion von 2°, Silbernitratlösung zu schen. 
20—24 Stunden nach der Injektion war das Epithel immer ganz 
oder fast ganz abgestolsen, auch nach Einwirkung von blofs !,", 
Arg.nitr.-Lösung. Die Stärke der Infiltration und die Menge der 
Silberniederschläge war in diesen Präparaten ebenfalls sehr wechselnd. 
Bei zwei in äbnlicher Weise mit 2°, Protargollösung vorgenommenen 
Versuchen war die Epitheldesquamation viel schwächer als nach 
den Silbernitratinjektionen und die Infiltration im subepithelialen 
Gewebe äufserst gering. 

In einer zweiten Versuchsreihe untersuchte Calderone“ cine 
Hundeurethra 24 Stunden nach Injektion von 2cm? einer 1", 
Silbernitratlösung, die 5 Minuten lang in der Harnröhre gehalten 
wurde Das Epithel war vollkommen abgestolsen, die Zellkerne 
waren bis tief in das subepitheliale Gewebe hinein deformiert oder 
zerstört, und im Corpus cavern. fanden sich einzelne Infiltrationsherde, 
sowie eine Gruppe reduzierter Silberkörnchen. Nach einem Parallel- 

La 


188 H. Wildbolz. 


versuche mit 1°/, Protargollösung war das Urethralepithel nur in 
den obersten Schichten etwas desquamiert, sein Protoplasma braun- 
körnig; im subepithelialen Gewebe fanden sich aufser einzelnen 
Silberniederschlägen keine Veränderungen. | 

An dieser Stelle mag auch noch erwähnt werden, dafs Aisin- 
mann’ weder nach viermaliger, noch nach einmaliger Injektion 
einer 1°/, Protargollösung in die Kaninchenurethra in dem durch 
24 stündigen Dauerkatheterismus geschädigten Epitbel Silbernieder- 
schläge nachweisen konnte. Über die sonstige Wirkung des Protargols 
auf die Schleimhäute macht er keine Angaben. 

Sehr eingehend hat sich in letzter Zeit mit dem Studium der 
Wirkung von Silberpräparaten auf die Schleimhäute Lohnstein’ 
beschäftigt. Er durchspülte nach Einführung eines Katheters in die 
Blase retrograd die Harnröhre von Kaninchenböcken in zahlreichen, 
5 Minuten langen Sitzungen (die Zahl derselben wird von ihm 
nicht angegeben) während 4—8 Wochen mit TI. Liter von ver- 
schiedenen Silberlösungen (Arg. nitr., Arg. eosolicum, Protargol, Al- 
bargin, Ichthargan). Leider wandte er alle diese Lösungen ohne 
Berücksichtigung ihres Silbergehaltes in der gleichen Konzentration 
von 1:500 an, so dafs eine direkte Vergleichung der Versuchs- 
resultate zur Beurteilung der Wirkungsweise dieser Silberverbin- 
dungen auf die Harnröhrenschleimhaut nicht zulässig ist. 

Fast sämtliche Silberpräparate hatten nach längerer resp. oft 
wiederholter Einwirkung auf die Harnröhrenschleimhaut eine Epithel- 
verbreiterung zur Folge, gleichzeitig mit Metaplasie der obersten 
Zellschichten in Pflasterepithel. Nur das Protargol machte eine 
Ausnahme, indem nach dessen Anwendung weder die pars anterior, 
noch die posterior der Urethra eine erhebliche Epithelwucherung 
zeigte; dagegen waren nach Anwendung dieses Präparates Rund- 
zelleninfiltrate innerhalb des Epithels zu finden, welche bei den 
andern Präparaten fehlten. Silberniederschläge innerhalb oder auf 
der Epithelialschicht wurden reichlich nur bei Argent. nitricum, so- 
wie bei Ichthargan aufgefunden. Bei sämtlichen übrigen Präparaten 
wurden Niederschläge entweder gar nicht, oder, wie z. B. bei Pro- 
targol, nur in ganz vereinzelten Klümpchen und Plättchen konstatiert. 
Die Struktur der Submucosa wurde in fast sämtlichen Fällen intakt 
gefunden, nur nach der Anwendung von Protargol wurde eine reich- 
liche, kleinzellige Infiltration beobachtet. Silberniederschläge waren 
nach Silbernitratspülungen im Bindegewebe reichlich vorhanden, 
mehr oder weniger zahlreich auch nach Argentum eosolicum, Ich- 


Über die Wirkung von Silbernitrat- und Protargollösungen usw. 189 


tıargan und Albargin. Nach Anwendung von Protargol aber fanden 
sich solche in der Regel gar nicht oder in wenigen Präparaten nur 
sanz vereinzelt. 


Unter Berücksichtigung der Zahl der Silberniederschläge als 
Malstab für die Intensität der Tiefenwirkung der Silberlösungen 
gelangte Lohnstein hei einem Vergleiche zwischen Argent. nitricum 
und Protargol zu dem Schlusse, dafs das erstere eine viel stärkere 
Tiefenwirkung entfaltet als das Protargol, welches zudem das Gewebe 
viel stärker schädigt, wie Lohnstein aus den zahlreichen Infiltraten 
im Epithel und im subepithelialen Gewebe folgerte. Dafür besitzt 
das Protargol nach seiner Meinung den, wie mir scheint, fraglichen 
Vorzug, zu keiner Epithelverbreiterung zu führen, wie sie nach 
Argent. nitricum-Spülungen zu beobachten war und die der Elimi- 
nation von Bakterien aus dem Gewebe in hohem Mafse hinderlich 
sein muls. 


Bevor die Mehrzahl dieser kurz rekapitulierten und, soweit sie 
zu vergleichen sind, miteinander keineswegs übereinstimmenden 
Versichsergebnisse bekannt gegeben worden waren, begann ich vor 
enigen Jahren zum vergleichenden Studium der Wirkung auf die 
Schleimhäute von Argentum nitricum einerseits, dem Protargol, als 
der gebräuchlichsten der organischen Silberverbindungen, anderseits, 
eme längere Versuchsreihe, über die ich nach ihrem (leider verzöger- 
ten) Abschlufs kurz referieren will. 


Zur Prüfung der Wirkung von Silbernitrat- und Protargollösungen 
auf der lebenden Schleimhaut benutzte ich die Konjunktiva und 
die Urethra männlicher Kaninchen. Bei den Konjunktivalversuchen 
liefs ich in je 2 genau gleich durchgeführten Versuchsreihen eine 
Wässerige Lösung von Argentum nitricum in Konzentrationen von 
l: 1000, 5: 1000 und 1:100 eine Viertelstunde lang auf die Kon- 
junktiven beider Augen des Versuchstieres einwirken, in 2 anderen 
Versuchsreihen eine wässerige Protargollösung in Konzentrationen von 
1:100, 3:100 und 8:100. Nach !/, Stunde, während der ich 
von den betreffenden Lösungen wiederholt in den Konjunktivalsack 
nachtropfte, spülte ich denselben reichlich mit physiologischer Koch- 
slzlösung aus und exzidierte ein kleines Konjunktivalstückchen aus 
dem unteren Augenlide. Auch am 1.—4. Tage nach dem Versuche 
schnitt ich regelmäfsig ein kleines Bindehautstückchen aus dem 
unteren Augenlide aus und zwar die ersten zwei Tage aus dem einen, 
die andern 2 Tage aus dem andern Auge. Ich untersuchte nur die 


190 H. Wildbolz. 


Bindehaut des unteren Augenlides, weil nur dort eine gleichmäfsige 
Verteilung der Lösungen erzielt werden konnte. 

Die exzidierten Konjunktivalstückchen wurden zur Hälfte in 
Alkohol. absol. fixiert, zur andern Hälfte in Eisessig-Sublimat, daun 
nach den üblichen Vorbereitungen in Paraffin eingebettet, geschnitten, 
mit Gilyzerineiweilslösung auf Objektträger geklebt und auf diesen 
mehrere Minuten hindurch dem konzentrierten Lichte einer Finsen- 
lampe ausgesetzt, um durch dieses eine möglichst intensive Reduk- 
tion der im Gewebe vorhandenen Silberverbindungen zu erzielen. 
In ähnlicher Weise ordnete ich die Parallelversuche an der Urethral- 
schleimhaut an. Ich injizierte durch eine nur wenig tief in die 
Urethra des narkotisierten Kaninchens eingeführte Knopfkanüle unter 
Verschlufs des Orificiums ext. eine 1°;, oder ene La Silber: 
‚nitratlösung bis zur prallen Füllung der Harnröhre Nach ';, 
Stunde liefs ich die Flüssigkeit abflielfsen und spülte die Urethra 
mit physiologischer Kochsalzlösung aus. Die einen Tiere tötete ich 
gleich nach Abschlufs dieses Versuches, andere erst 1 oder 2 Tage 
nach demselben. In gleicher Weise injizierte ich 1°, und 3", 
frisch zubereitete wässerige Protargollösungen ın die Harnröhre von 
männlichen Kaninchen, untersuchte dann aber die Tiere immer so- 
fort nach Abschlufs des Versuches. Gleichwie bei den Kon- 
junktivalversuchen führte ich die Versuchsreihe zweimal in genau 
paralleler Weise durch. Da beide Reihen jeweilen ziemlich iden- 
tische Resultate ergaben, kann über sie gemeinsam referiert werden. 


I. Argentum nitricum. 

Konjunktivalversuche. 

a) 1°/,, Lösung. Befund an der Konjunktiva. 

l. Sofort nach Einwirkung der Lösung: Das Epithel zeigt Jeichte Auf- 
lockerung und Desquamation; auf ihm und auch zwischen seinen Zellen spär- 
liche Silberniederschläge. Geringe Leukocytendurchwanderung. Subepitheliales 
Gewebe normal. 

2. Nach 1 Tag: Etwas stärkere Abstolsung des Epithels; spärliche Silber- 
niederschläge zwischen den Epithelzellen. Mäfsige Leukocytendurchwanderung. 
Im subepithelialen Gewebe keine Silberniederschläge; stellenweise ausgesprochene 
Infiltration, viele degenerierte Zellkerne. 

3. Nach 2 Tagen: Abstofsung des Epithels noch stärker, Leukocyten- 
durchwanderung intensiver. Staubförmige Silberniederschläge bis an die Basis 
des Epithels in ziemlich spärlicher Zahl. Die Epithelzellen sind vielerorts un- 
rerelmäfsig gelagert und zeigen an einzelnen Stellen Mitosen. Infiltration im 
subepithelialen Gewebe hat zugenommen; viele Kerndegenerationsfiguren. 

4. Nach 3 Tagen: Epithel nur noch an einzelnen Stellen unregelmäfsig 
angeordnet, im ganzen wieder regelmälsig. Die peripheren Zellschichten stellen- 


Über die Wirkung von Silbernitrat- und Protargollösungen usw. 191 


weise in Plattenepithel umgewandelt. Leukocytendurchwanderung nur noch 
gering. Im Epithel keine Silberniederschläge, dagegen spärliche im subepithelialen 
Gewebe, das noch wechselnd starke Infiltration zeigt. 

5. Nach4 Tagen: Epithel meistenteils regelmäfsig, inden peripheren Schichten 
teilweise platt. Nur an wenigen Stellen ist es noch gelockert, unregelmälsig, 
vun Leukocyten durchwandert; dort ist auch noch subepitheliale Infiltration, die 
sonst fast völlig zurückgegangen ist. Keine Silberniederschläge. 

b) 2" o Lösung. Befund an der Konjunktiva. 

l. Sofort nach Einwirkung der Lösung: Epithel in der peripheren Hälfte 
schwarz gefärbt, Kerne nicht erkenntlich. In der basalen Hälfte Kerne gefärbt, 
Si:berniederschläre in Staub- und Schollenform ziemlich zahlreich. Leukocyten- 
enwanderang. Mäfsige Infiltration im subepithelialen Gewebe. 

2. Nach 1 Tag: Die peripheren Epithelschichten sind zum Teil ganz ab- 
gestolsen, zum Teil haften sie als schlecht gefärbte, kernlose Schollen noch den 
basan Schichten an. In den letztern zahlreiche Silberniederschiäge. Starke 
Leukoestendurchwanderung. Im subepithelialen Gewebe starke Infiltration und 
stellenweise ganz vereinzelte Silberniederschläge. Kerndegenerationsformen. 

3. Nach 2 Tagen: Epithel nur in den basalen Schichten erhalten, stark 
von Leukocyten durchwandert; die oberen Schichten abgestolsen. Spärliche 
Silberniederschläge. Ungleichmälsige Infiltration im subepithelialen Gewebe, 
tald stark, bald sehr gering. 

4. Nach 3 Tagen: Epithel wieder verbreitert, in den peripheren Schichten 
“&leoweise platt; stark von Leukocyten durchwandert. Silberniederschläge nur 
im sabepithelialen Gewebe, sehr spärlich, in Staubform. Subepitheliale Infil- 
ration in wechselnder Intensität. 

A. Nach 4 Tagen: Epithel überall wieder mehrschichtig, teils kubisch, 
teils platt. Leukocytendurchwanderung geringer. Vereinzelte Silberniederschläge 
im Epithel und im stets noch infiltrierten subepithelialen Gewebe. 

c) 1°,, Lösung. Befund an der Konjunktiva. 

l.Sofort nach Einwirkung der Lösung: Epithel teilweise nur in der 
peripheren Hälfte, teilweise bis an die Basis geschwärzt. In den ersteren Partien 
zilreiche körnige Silberniederschläge in den basalen Zellsohichten, Kerne gut 
g-lurbt. Leukocyteneinwanderung. Im subepithelialen Gewebe beginnende In- 
nitration, keine Silberniederschläge. 

2. Nach 1 Tag: Ausgedehnte Abstofsung der peripheren Epithelschichten, 
an einzelnen Stellen haften sie noch als schwarzer Saum den basalen Zellen an. 
Aui und zwischen den basalen Epithelzellen wechselnd zahlreiche körnige und 
kiampige Silberniederschläge. Starke Leukocytendurchwanderung. Ziemlich 
sarxe Infiltration des subepithelialen Gewebes, in welchem nur in einem ein- 
uzen Präparate mehrere körnige Silberniederschläge zu sehen sind. 

3 Nach 2 Tagen: Epithel an den meisten Stellen bis auf einen 1—2- 
mihigen basalen Saum abgestofsen; an anderen Stellen haften die diffus schwarz 
<efarbten peripheren Zellschichten dem Basalsaum noch an. In einem Präpa- 
"te sind die Zellgrenzen der einzelnen Epithelzellen sehr intensiv schwarz ge- 
färbt, so dafa ein schwarzes Gitterwerk gebildet wird, in dessen Maschen die 
Epithelzellen mit noch deutlich erkennbaren Kernen liegen. An einzelnen 
ist diese Schwarzfärbung stärker an der Basis als an der Peripherie des 

-pithels. Auch klumpige Silberniederschläge sind mehrfach an der Basis des 


192 3 H. Wildbolz. 


Epithels zahlreicher als an der Peripherie. Überall starke Leukocyteneinwan- 
derung. Im subepithelialen Gewebe nur an ganz vereinzelten Stellen kleine 
Silberniederschläge. Infiltration in wechselnder Stärke, durchschnittlich ziemlich 
intensiv. 

4. Nach 3 Tagen: Epithel bald nur 1—2reihig, bald mehrreihig und an 
der Peripherie platt. Silberniederschläge nur noch spärlich. Reichliche Leuko- 
cytendurchwanderung. Stellenweise sehr starke subepitbeliale Infiltration; Kern- 
degenerationsformen. 

5. Nach 4 Tagen: Epithel überall wieder mehrschichtig, ziemlich regel- 
mälsig, teils zylindrisch, teils platt. Starke Leukocytendurchwanderung. Äulserat 
spärliche Silberniederschläge. Im subepithelialen Gewebe keine Niederschläge. 
Infiltration an einzelnen Stellen stark, anderswo sehr gering. 


d) 5°/, Lösung. Befund an der Konjunktiva. 

1. 24 Stunden nach Einwirkung der Lösung: Der ganze Epithelsaum ist 
nekrotisch, tiefschwarz gefärbt. Das stark infiltrierte subepitheliale Gewebe ist 
bis in erhebliche Tiefe braun verfärbt. 

2. Nach 5 Tagen: Das Epithel ist regeneriert, zum Teil als unregel- . 
mälsiges Zylinderepithel, zum Teil als Plattenepithel. An einzelnen Stellen sind 
im Epithel klumpige Silberniederschläge. Leukocytendurchwanderung nicht sehr 
reichlich. Die Infiltration im sabepithelialen Gewebe ist stellenweise noch ziem- 
lich stark, andernorts nur gering. 

8. Nach 12 Tagen: Das überall mehrschichtige Epithel ist stellenweise 
immer noch unregelmälsig, teils zylindrisch, teils platt; es ist von Leukocyten 
in geringer Zahl durchwandert. In dem subepithelialen, immer noch infiltrierten 
Gewebe sind spärliche staubförmige Silberniederschläge nachweisbar. 


e) 10°/, Lösung. Befund an der Konjunktiva. 

1. 24 Stunden nach Einwirkung der Lösung: Bis tief in das subepitheliale 
Gewebe reichende Nekrose der Bindehaut; in den peripheren Teilen ist das 
nekrotische Gewebe tiefschwarz, in der Tiefe braun gefärbt. Es ist nach unten 
durch einen dicht infiltrierten Gewebssaum begrenzt. 

2. Nach 5 Tagen: Ein grofser Teil des nekrotischen Gewebes (Epithel 
und subepitheliales Gewebe) ist abgestolsen; an der Basis der Nekrose Granu- 
lationsgewebe, in welchem einzelne Silberniederschläge zu sehen sind. 

3. Nach 12 Tagen: An einzelnen Stellen beginnende Regeneration des 
Epithels, dessen Zellen noch sehr unregelmälsig in Form und Lagerung sind. 
In dem stets noch sehr stark infiltrierten subepithelialen Gewebe finden sich 
nach der Tiefe zu abnehmende Silberniederschläge. 


Urethralversuche. 


a) 1°/% Silbernitratlösung. Befund an der Schleimhaut. 

1. Sogleich nach der Injektion: Das Epithel zeigt Desquamation, ist 
aber überall immerhin noch mehrschichtig erhalten. Mäfsig starke Durchwan- 
derung von Leukocyten. Sowohl im Epithelsaum wie im bereits etwas infil- 
trierten subepithelialen Gewebe sind stellenweise staubförmige oder klein- 
klumpige Silberniederschläge; auch in mehreren Drüsenschläuchen sind solche 
zahlreich vorhanden. 

2. 2 Tage nach der Injektion: Epithel vielerorts bis auf die basale Zell- 
reihe abgestolsen, an anderen Stellen mehrschichtig. Ziemlich zahlreiche körnige 


Über die Wirkung von Silbernitrat- und Protargollösungen usw. 193 


Silberniederschläge in und auf demselben. In der Submukosa ausgesprochene 
Intiltration, keine Silberniederschläge. 

b) 1°/, Lösung. Befund an der Schleimhaut. 

l. Sofort nach der Injektion: Epithel bis an die Basis stark geschwärzt; 
stellenweise desquamiert. Zellkerne sind nur an einzelnen Stellen noch erkenn- 
bar. Im Iymphocytenreichen subepithelialen Gewebe sind keine Silbernieder- 
schäge zu sehen, aber eine ungleich tief reichende leichte, diffuse Braun- 
färbung. 

2.1 Tag nach der Injektion: Das Epithel bis an die Basis abgestolsen; 
das subepitheliale Gewebe in wechselnder Tiefe infiltriert. Silberniederschläge 
sind nor in einzelnen Präparaten als feine Körnchen im subepithelialen Gewebe 
sichtbar. i 

3. 2 Tage nach der Injektion: Epithel in grofser Ausdehnung bis an die 
Basis abgestofsen; nur an einzelnen Stellen sind 1—2 Epithelzellreihen zu sehen. 
Das subepitheliale Gewebe ist sehr stark infiltriert und zeigt einzelne klumpige 
Silberniederschläge. 

II. Protargol. 

Konjunktivalversuche. 

a) 1°, Lösung. Befund an der Konjunktiva. 

l. Sofort nach Einwirkung der Lösung: Die peripherste Schicht des 
Epithels hat ihre Kernfürbbarkeit eingebüfst und ist an einzelnen Stellen ab- 
čestofsen, Epithel sonst gut erhalten, von spärlichen Leukocyten durchwandert. 
Auf und im Epithelsaum sind ziemlich spärliche braunschwarze, klumpige Nieder- 

Schläge zu sehen. In dem nur wenig infiltrierten subepithelialen Gewebe sind 
etwas reichlichere feinkörnige, braunschwarze Niederschläge zu sehen, besonders 
gehäuft in mit Endothel ausgekleideten Kapillarlumina. (Nur bei einem Tiere.) 

2. Nach 1 Tag: Epithel überall in mehrfachen Zellschichten erhalten, 
aber etwas gelockert, stellenweise braun verfärbt, mit sehr spärlichen Silber- 
biederschlägen. Sehr geringe Leukocytendurchwanderung. Im subepithelialen 
Gewebe nar wenige Silberniederschläge; nur vereinzelte Kapillaren enthalten 
solche. Sehr geringe subepitheliale Infiltration; prall gefüllte Kapillaren. Kern- 
degenerationsformen im subepithelialen Gewebe. 

3. Nach 2 Tagen: Epithel gut erhalten, mit spärlichen Silbernieder- 
schläsen in den obersten Schichten, von mälsig zahlreichen Leukocyten durch- 
setzt, Subepitheliale Infiltration gering; viele Kerndegenerationsformen. 

4. Nach 3 Tagen: In den periphersten Schichten des gut erhaltenen 
Epithels sehr spärliche Silberniederschläge. Geringe Leukocytendurchwanderung. 
Spärliche Infiltration im subepithelialen Gewebe. Kerndegenerationsformen. 

5. Nach 4 Tagen: Im völlig normal aussehenden Epithel keine Silber- 
niederschläge, fast keine Leukocytendurchwanderung. Im subepithelialen Ge- 
Ss im ganzen geringe, ungleiche Infiltration. Nur wenige Kerndegenerations- 
ormen, 

b) 3°,, Lösung. Befund an der Konjunktiva. 

l. Sofort nach Einwirkung der Lösung: Epithel überall etwas gelockert, 
aber nor an einzelnen Stellen bis an die Basalschicht abgestolsen; ziemlich 
"pärliche braunschwarze Niederschläge im Epithel bis an die Basis. Geringe 
Leakocytendurchwanderung. Im subepithelialen Gewebe nur an wenigen Stellen 
beginnende Infiltration, Nirgends Silberniederschläge. 


194 H. Wildbolz. 


2. Nach 1 Tag: Etwas stärker ausgesprochene Epithelabstolsung als tags 
zuvor. Die Zahl der Silberniederschläge geringer. Im subepithelialen Gewebe 
spärliche Infiltration an wenigen Stellen. Kerndegenerationsfiguren; keine 
Niederschläge. 

3. Nach 2 Tagen: Epithel scheint normal, abgesehen von teilweiser Auf- 
lockerung. Sehr spärliche Protargolniederschläge. Geringe Leukoncytendurch- 
wanderung. Im subepithelialen Gewebe keine Niederschläge, geringe Infiltration, 
Kerndegenerationsformen. 

4. Nach 8 Tagen: Epithel regelmäfsiz, von wenigen Leukocyten durch- 
wandert, mit spärlichen Silberniederschlägen. Im subepithelialen Gewebe fast 
keine Infiltration, keine Niederschläge. 

5. Nach 4 Tagen: Epithel normal, ohne Niederschläge. Subepitheliales 
Gewebe ohne Veränderungen. 

c) 8°/, Lösung. Befund an der Bindehaut. 

1. Sofort nach der Einwirkung der Lösung: Epithel in wechselnder Aus- 
dehnung, teils bis an die Basis ubgestolsen; in den Falten der Bindehaut voll- 
ständig erhalten. Geringe Leukocytendurchwanderung. Zahlreiche klumpige 
Niederschläge auf und im Epithel. Im subepithelialen Gewebe keine Nieder- 
schläge, geringe Infiltration. 

2. Nach 1 Tag: Abstolsung des Epithels ausgedehnter. Protargolnieder- 
schläge teils in kleinen Klumpen, teils als kontinuierlicher schwarzer Saum an 
der Basis des Epithels. Spärliche Leukocytendurchwanderung. Im subepithe- 
lialen Gewebe etwas stärkere Infiltration als tags zuvor. Kerndegenerations- 
formen. 

3. Nach 2 Tagen: Epithel vielerorts nur in der Basalschicht erhalten, 
sonst in mehreren Reihen. Spärliche Protargolniederschläge. Geringe Leukocyten- 
durchwanderung. Im subepithelialen Gewebe Infiltration mittleren Grades. Kern- 
degenerationsformen, 

4. Nach 3 Tagen: Epithelsaum in einzelnen Präparaten noch schmal, in 
andern mehrschichtig und ziemlich regelmälsig. Keine Niederschläge. Spärliche 
Leukocytendurchwanderung, wo das Epithel mehrschichtig, stärkere an den 
Stellen, wo der Epithelsaum nur 1—2reihig. Ebenso wechselt die Intensität 
der subepithelialen Infiltration je nach dem Zustand des Epithels. 

A. Nach 4 Tagen: Epithel überall mehrschichtig, teilweise noch etwas 
unregelmälsig angeordnet; zahlreiche Mitosen. Geringe Leukocytendurchwande- 
rung. Keine Niederschläge. Fast keine subepitheliale Infiltration. 

Urethralversuche. 

1°/, Protargollösung. Befund an der Urethralschleimhaut. 

1. Sofort nach der Injektion: Epithel sehr schön erhalten, mit geringer 
Desquamation, sehr spärlicher Leukocytendurchwanderung. An vereinzelten 
Stellen sind schwarze, dicht gehäufte, staubförmige Niederschläge auf und im 
Epithel bis an seine Basis. Im subepithelialen Gewebe weder Niederschläge 
noch Infiltration. Fast keine Degenerationsformen der Kerne. 

3°, Protargollösung. Befund an der Urethralschleimhaut. 

L Sofort nach der Injektion: Epithel in seinen obersten Schichten auf- 
gelockert, etwas stärker desquamiert als bei dem vorhergehenden Versuch mit 
1°', Lösung. Im Lumen der Harnröhre sieht man einzelne mit Protargol im- 
prägnierte Ballen von Schleim und Epithelzellen. Geringe Leukocytendurch- 


Über die Wirkung von Silbernitrat- und Protargollösungen usw. 195 


wanderang durch das Epithel. Im Epithel sind bis an die Basis spärliche, 
kleinkörnige, in Gruppen stehende Protargolniederschläge zu sehen, an ganz ver- 
einzelten Stellen auch unmittelbar unter dem Epithel in der Submukosa. Mehrere 
Drüsensänge zeigen in ihrem Epithel und Lumen ziemlich zahlreiche Silber- 
tederschläge. Subepitheliales Gewebe ohne Infiltration; wenig Kerndegenerations- 
formen. 


Zusammenfassung. Nach !/,stündiger Einwirkung von Silber- 
tratlösungen auf die Konjunktivalschleimhaut findet eine mit der 
Konzentration der Lösung zunehmende Desquamation resp. Nekrose 
des Epithels statt, der rasche Regeneration folgt mit teilweiser 
Metaplasie in Plattenepithel. Das Epithel ist ziemlich reichlich 
von Leukocyten durchwandert. Silberniederschläge, teils in Staub-. 

‚teils in Schollenform oder als kontinuierlicher schwarzer Saum, sind 

im Epithel immer zu sehen und zwar bis an dessen Basis; ihre 
Menge wächst mit der Konzentration der Lösungen. Im sub- 
epithelialen Gewebe sind nur sehr spärliche Silberniederschläge zu 
“hen und zwar wiederholt erst 2—3 Tage nach Einwirkung der 
Silberlösung, so dafs der Gedanke nahe liegt, sie möchten wohl 
tachträglich aus dem Epithel in das Bindegewebe verschleppt 
Worden sein. Die Infiltration im subepithelialen Gewebe ist von 
wechselnder Intensität, nimmt aber im allgemeinen mit der Kon- 
utration der Lösung zu. 

Auch auf der Urethralschleimhaut bedingt die Injektion von 
Silbernitratlösungen eine mit der Konzentration der Lösung zu- 
ihmende Abstofsung des Epithels. Silberniederschläge sind in 
ziemlich reichlicher Menge bis an die Basis des Epithels nachzu- 
weisen und in einigen Präparaten in spärlicher Zahl auch im sub- 
enitlelialen Gewebe sogleich nach der Injektion von 1°/,, Silber- 
nitratläsung. Auch in der Urethra ist die Infiltration des 
supithelialen Gewebes stärker nach den konzentrierten als nach 
dn schwachen Lösungen. 

Nach einmaliger Einwirkung von Protargollösungen ist das 
Epithel der Konjunktivalschleimhaut im ganzen erheblich weniger 
schuet als nach den Silbernitratinjektionen. Eine ausgedehnte 
irfergehende Abstofsung des Epithels ist nur nach Applikation 
von BI, Protargollösungen zu beobachten. Die Leukocvten- 
nrchwanderung ist immer gering: Umwandlung in Plattenepithel 
taad sich nie. Silberniederschläge sind im Epithel ziemlich spärlich, 
Jedenfalls in viel geringerer Menge als bei den Silbernitratversuchen. 
Im subepithelialen Gewebe waren solche nur nach Gebrauch von 
17, Protargollösung nachweisbar. Die Infiltration im subepitlielialen 


196 H. Wildbolz. 


Gewebe ist in den verschiedenen Präparaten in ihrer Intensität 
wechselnd, immerhin durchschnittlich weit geringer als nach der 
Anwendung von Argent. nitricum. An der Urethralschleimhaut 
bewirkten die Protargollösungen noch geringere Veränderungen als 
an der Konjunktiva. Die Epitheldesquamation ist nur schwach, 
die Leukocytendurchwanderung sehr gering. Das subepitheliale 
Gewebe ist ohne Infiltration. Silberniederschläge sind bis an die 
Basis des Epithels und in einigen Präparaten sogleich nach der 
Injektion auch unmittelbar unter dem Epithel im subepithelialen 
Gewebe zu sehen; gleiche Niederschläge sind auch im Epithel 
mehrerer Drüsengänge nachzuweisen. Meine Versuchsergebnisse 
mit Arg. nitricum stimmen im allgemeinen, soweit bei der Ver- 
schiedenheit der Versuchsanordnungen ein Vergleich zulässig ist, 
mit den Befunden von Casper, v. Ammon und Lohnstein überein 
und differieren von denen Calderone’s nur in dem einen wesent- 
lichen Punkte, dafs in meinen Präparaten die Intensität der In- 
filtration in dem subepithelialen Gewebe mit der Konzentration 
der angewandten Silbernitratlösung zunimmt, und nicht, wie bei 
Calderone, bei den schwachen Lösungen durchschnittlich stärker 
ist als bei den starken. 

Die von mir mit Protargollösungen erhaltenen Resultate lassen 
sich mit denen von v. Ammon, Calderone und Aisinmann in 
Einklang bringen, stehen aber mit den Beobachtungen von Lohn- 
stein teilweise in Widerspruch. Lohnstein fand bei lange 
dauernder Anwendung von Protargol ein Ausbleiben der nach 
wiederholter Silbernitrateinwirkung stets beobachteten Epithel- 
wucherung, dafür aber so intensive Rundzelleninfiltrate im Epithel 
und im subepithelialen Gewebe, wie bei keiner anderen Silber- 
verbindung, und wie sie nach den von mir nach einmaliger Ein- 
wirkung der Protargollösung beobachteten geringen Reaktions- 
erscheinungen nicht zu erwarten wären. Aufserdem fand Lohn- 
stein im Gegensatz zu mir in seinen Protargolversuchen in der 
Pars ant. nie Silberniederschläge. 

Über den Grad der Tiefenwirkung von Silbernitrat- und Pro- 
targollösungen im lebenden Gewebe geben meine Präparate ebenso 
unsichere Auskunft, wie die der oben erwähnten Autoren. Wohl 
lassen sie annehmen, dafs beide Silberverbindungen rasch bis an die 
Basis des Epithels eindringen, ob sie aber über diese hinaus bis in 
die Submukosa hinein in Lösung vordringen, das ist nicht zu er- 
kennen. Ich fand allerdings nach Anwendung beider Silberverbin- 


Cber die Wirkung von Silbernitrat- und Protargollösungen usw. 197 


dungen kürzere oder längere Zeit nach ihrer Einwirkung, einige Male 
unmittelbar nach derselben, Silberniederschläge im subepithelialen 
Gewebe; ob diese aber dort im Gewebe entstanden sind oder ob sie 
vom Epithel her als solche dorthin verschleppt wurden, das muls ich 
fraglich lassen. Eine gewisse antiseptische Wirkung werden übrigens 
diese Silberniederschläge, analog den Gold- und Silberplättchen in Agar-, 
nührböden, jedenfalls auch dann entfalten, wenn sie nur sekundär dort- 
hin gelangt sind. Ihre Lage und ihre Menge mag deshalb (Lohn- 
stein) einen gewissen Malsstab für die Intensität der antiseptischen 
Tiefenwirkung der angewandten Silberlösungen geben; dies ange- 
nommen, mülste nach meinen Präparaten dem Arg. nitricum eine 
intensivere Tiefenwirkung zugeschrieben werden als dem Protargol, 
das nur wenige Niederschläge hinterliefs. Auch wer in der An- 
häufung der Leukocyten in subepithelialen Gewebe ein die Infektion 
erfolgreich bekämpfendes Moment sieht, müfste nach meinen Prä- 
praten dem Arg. nitricum vor dem Protargol als Schleimhaut- 
antiseptikum den Vorzug geben. Ich persönlich möchte mich aber 
nach meinen Versuchsergebnissen über die antiseptische Wirksamkeit 
der beiden Präparate nicht aussprechen; ich kann mich nur dahin 
äulsern, dafs, wie die klinischen Erfahrungen erwarten liefsen, das 
Protargol viel geringere, histologisch nachweisbare Reizerscheinungen 
af der Schleimhaut erzeugt als das Silbernitrat in entsprechenden 
Konzentrationen, dafs aber für eine besondere Tiefenwirkung des 
Protargols im lebenden Gewebe histologisch keine Beweise erbracht 
werden konnten. 

Einen Vorteil des Protargols sieht Lohnstein in dem Aus- 
bleiben der nach der Einwirkung von Arg. nitric. nie fehlenden 
Verbreiterung und Metaplasie des Schleimhautepithels, durch welche 
dir Elimination der Kokken aus dem Bindegewebe gehemmt wird. 
Dieser Anschauung gegenüber bleibt aber zu bedenken, dafs unter 
dem dichten, metaplasierten Epithel die Gonokokken im Bindegewebe 
rascher zugrunde gehen als unter einem schmalen, lockeren Epithel- 
“um, und dafs andrerseits das metaplasierte Epithel auch besser 
ren eine Neueinwanderung von Kokken vom Urethrallumen her 
schützt, 

Zur richtigen Beurteilung der Wirksamkeit der von uns in die 

nröhre injizierten Antigonorrhoika ist es nicht nur notwendig, 
m wisen, wje stark bakterizid die betreffenden Lösungen für die 
(mokokken sind, wie tief sie in das Epithel resp. durch das 
Epithel in das es eindringen, sondern wir müssen uns auch 


198 H. Wildbolz. 


darüber Rechenschaft geben können, ob sie in die verschiedenen 
Schlupfwinkel der Gonokokken, vor allem in die engen Aus- 
führungsgänge der Urethraldrüsen einzudringen vermögen oder nicht. 

Über diesen letzteren Punkt bestehen, soviel ich ersehen konnte, in 
der Literatur nur wenige positive Angaben. Calderone erwähnt 
den Befund von Silberniederschlägen auf und im Epithel Morgagni- 
scher Lakunen nach Injektion von Silberlösungen in die Urethra 
von Hunden. Jadassohn” bemerkte in seiner Argoninarbeit nur 
ganz kurz, dafs nach von ihm angestellten Versuchen die Möglich- 
keit bestehe, mit Injektionsflüssigkeiten in die Morgagnischen 
Taschen und vielleicht auch iu die Ausführungsgänge eines Teils der 
Littreschen Drüsen zu gelangen. Nach mündlichen Mitteilungen 
Prof. Jadassohns handelte es sich bei diesen Versuchen um In- 
jektionen von Gelatine in die Harnröhre männlicher Leichen, wobeı 
sich wiederholt ein Eindringen der Injektionsmasse in Urethraldrüsen 
konstatieren liefs. Fast allgemein scheint aber angenommen zu 
werden, dass die in die Harnröhre injizierten Antiseptika nicht in 
die eigentlichen Urethraldrüsen einzudringen vermögen. So vertritt 
Finger!" in seinem Lehrbuche wie auch in einem kürzlich er- 
schienenen Aufsatze über die Abortivbehandlung der Gonorrhoe die 
Ansicht, dals die Gonokokken in den Taschen und Drüsen der 
Urethralschleimhaut durch die injizierten Antiseptika nicht erreicht 
werden, und Porosz!!) hält es geradezu für eine physikalische 
Unmöglichkeit, dats ein lokal in der Harnröhre angewandtes Me- 
(dikament in die Mündungen der Urethralwanddrüsen oder in die 
Röhrchen der Prostata, des Vas deferens oder in die Samenblasen 
gelangen könne. Dieser Anschauung widersprechen glücklicherweise 
mehrere meiner Präparate. Ich fand in einer ganzen Reihe von 
(Juerscehnitten durch die Urethra von Kaninchen sowohl nach Silber- 
nitrat-, als nach Protargolinjektionen mehrere längsgetroffene und 
einzelne quergeschnittene Urethraldrüsengänge bis in die Endläppchen 
der Drüse,. welche in ihrem Bau der Littreschen Drüse der 
menschlichen Urethra ungefähr entsprach, mit schwarzen Silber- 
niederschlägen ausgefüllt, ihr Epithel von solchen geschwärzt. 
Dieser Befund von Silberdepositen in Urethraldrüsengängen ist ein 
sicherer Beweis dafür, dals eine in die Harnröhre der Kaninchen 
injizierte Flüssigkeit auch in die engen Urethralwanddrüsen einzu- 
(dringen vermag. Da die anatomischen Verhältnisse der menschlichen 
Urethra nicht wesentlich von denen bei Kaninchen abweichen, darf 
man einen ähnlichen Erfolg der Urethralinjektionen auch beim 


Cber die Wirkung von Silbernitrat- und Protargollösungen usw. 199 


Menschen erwarten, wenigstens beim gesunden; ob aber in der 
entzündeten Urethra die Drüsengänge sich auch injizieren lassen, 
oder ob die in ihrem Lumen liegenden Eiterkörperchen und abge- 
stolsenen Epithelien den Lösungen den Eintritt in den Drüsengang 
vorwehren, bleibt immerhin fraglich. 

Die ebenso wichtige Frage, ob bei der üblichen Instillations- 
therapie der Urethritis post. und der Prostatitis die Antiseptika in 
die Ausfülrungsgänge der Prostata eindringen oder nicht, suchte 
ich durch Versuche an menschlichen Leichen zu lösen. Ich in- 
jizierte in die Urethra post. von 3 männlichen Leichen kurz vor 
ler Sektion 5 cm? einer 1°, Silbernitratlösung. Zirka 2 Stunden 
siter wurde die Prostata in toto mit der Urethra in Spiritus ge- 
legt und nach den üblichen Vorbereitungen in Celloidin gebettet 
und geschnitten. Die Schnitte wurden mehrere Minuten lang dem 
konzentrierten Lichte einer Finsenbogenlampe ausgesetzt, dann mit 
Karmalaun gefärbt. Bei der mikroskopischen Untersuchung der 
Schnitte fand sich das Epithel der Urethra post. in ganzer Aus- 
delnung bis an die Basis schwarz gefärbt und an einer Prostata 
ach das Epithel des ganzen, längsgetroffenen Sinus prostaticus, 
welcher hier ca. 8—9 mm tief war. In den Ausführungsgängen der 
Prostata dagegen konnten in den zahlreichen, daraufhin untersuchten 
Schnitten nirgends Silberniederschläge nachgewiesen werden, auch 
nicht in den unmittelbar an die Urethra angrenzenden Partien der- 
selben. Diese negativen Befunde an der Leiche sind natürlich 
keineswegs beweisend genug zur Verneinung der aufgeworfenen 
Frage; immerhin lassen sie es als unwahrscheinlich erscheinen, 
dals eine in die Urethra post. injizierte Flüssigkeit, die ja bei der 
üblichen Instillationstherapie nie unter hohen Druck gebracht wird, 
wie bei der Injektion in die Urethra anterior, tief in die Prostata- 
ausführungsgänge einzudringen vermag. Im Einklang damit stehen 
die Erfahrungen Herrings!?, dem an der Leiche nur dann die In- 
Jh der Prostatadrüsengänge gelang, wenn sie unter hohem 
Drucke vorgenommen wurde. ?) 


Zum Schlusse sei es mir gestattet, Herrn Prof. Jadassohn 
men besten Dank auszusprechen für seine freundliche Unter- 
= . I I 
“tung bei der Ausführung der vorliegenden Arbeit. 
iin Arm, bei der Korrektur. Auch nach den Versuchen von Stenczel (Wien. 

- Wochenschr, 1906, pag. 537) dringt eine in die Urethra post von Leichen 


Dizierte Farha e e e S e 
` : Farblösung weder in das Parenchym noch in die Ausführungsgänge 
t Prostata ein, 
8 


200 H. Wildbolz. 


Literatur. 


1. Schäffer, Über die Bedeutung der Silbersalze für die Therapie der 
Gonorrhoe. Münch. med. Wochenschr. 1895. 

2. Finger, Verhandlungen des 2. internationalen Dermatologenkongresses. 

3. Casper, Experimentelle Beiträge zur Wirkung des Argentum nitricum 
in der Harnröhre und Harnblase. Monatsber. f. Urologie Bd. III, Nr. 12, 1898 

4. Ammon, v., Zur Diagnose und Therapie der Augeneiterung der Nen- 
geborenen. Münch. med. Wochenschr. 1900, S. 12. 

5. Calderone, Contributo allo studio della Blenorragia acuta anteriore. 
Giornale italiano delle malattie veneree e della pelle. Vol. 43, 1902. Fasc. II. 

6. Derselbe, Meccanismo d’azione dei sali d'argento sulla mucosa uretrale 
dei cani. Giornale italiano delle malattie veneree e della pelle. Vol. 61, 1905. 
Fascic. I. 

7. Aisinmann, Über das Ichthargan. Deutsche Ärzte-Zeitung, Mai 1903. 

8. Lohnstein, Experimentelle Untersuchungen über die Wirkung einiger 
Silberpräparate auf die Harnröhre des Kaninchens. Monatsberichte f. Urologie, 
Bd. 9, 1904. 

9. Jadassohn, Über die Behandlung der Gonorrhoe mit Argentum-Kasein 
(Argonin). Arch. f. Dermatol. u. Syph. 1895. 

10. Finger, Die Blennorrhoe der Sexualorgane und ihre Komplika- 
tionen. 1901. 

Derselbe, Die Prophylaxe u. Abortivbehandlung d. Gonorrhoe. Deutsche 
med. Wochenschr. Nr. 7, 1905. 

11. Porosz, Die Bebandlung des Trippers. Monatsh. f. prakt. Dermatol. 
Bd. 38, 1905. 

12. Herring, The cause of enlarged prostate together with a note on the 
prostatic glands. Brit. med. Journal Vol. II, 1904. 


Zur Cytologie des Prostatasekrets, 
mit besonderer Berücksichtigung der 
Phagokaryose. 


Von 
Dr. Joseph Sellei, Budapest. 


Vorstand der urologischen Abteilung an der Charite Poliklinik. 


Bevor ich über die cytologischen Elemente des Sekrets der 
kranken Prostata berichte, mufs ich die Resultate meiner früheren 
mit Dr. L. Detre!) ausgeführten Untersuchungen kurz zusammen- 
fassen, welche sich mit der Wirkung des Lecithins bezw. der 
Lecithinemulsion auf die Leukocyten bezogen, und welche zeigten, 
dafs bei der Lecithinphagocytose nicht nur das Proto- 
plasma der Leukocyten die Lecithinkörnchen aufnehmen, 
son dern dafs dies auch der Zellkern imstande ist, welche 
Funktion des Zellkerns bisher ganz unbekannt war und 
wahrscheinlich mit der Affinität des Zellkernes zum Leci- 
thin im Zusammenhange steht. Der Zellkern der Leuko- 
csten wird mit Lecithin vollgepfropft, doch ist diese 
Lecithinaufnahme des Kernes, wie wir dies experimentell 
festgestellt hatten, eine aktive Funktion des Kernes. Diese 
Funktion benannten wir Phagokaryose. 

Nachdem nun das Prostatasekret ebenfalls Lecithin enthält, 
untersuchten wir einige Fälle von Prostatitis auf Lecithinphago- 
Close bezw. phagokaryose, und obzwar diese Untersuchungen von 
positivem Erfolge begleitet waren, ergab sich doch die Notwendig- 
keit, diese Untersuchungen auf ein gröfseres Krankenmaterial aus- 
zudehnen. Bevor ich meine diesbezüglichen Untersuchungen hier 
kurz zusammenfasse, möchte ich noch die interessanten Beobachtungen 
von Posner und Rapoport?) erwähnen. Diese Autoren wiesen 


— —— — e 


!) Berliner klinische Wochenschrift 1905, Nr. 30. 
2) Deutsche med. Wochenschrift 1905, Nr. 13: Prostatasckret und Pro- 
statitis. Ein Beitrag zur Entzündungsfrage. 
Zeitschrift für Urologie. 1907. 14 


A z BE u en TE EEE > a Ze o, E eis 
e vu gen E. — _. — Lest eegen er er = 
a = + i $ š 
. I e 
i ` š 3 S Ç 
` ` x 5 à 
.* l S F 
A H 
D a . . e # ' 
` 
- A - š l ab 
` 
. D Y ` 
2 š ` ; 
ı A 
Se . I 


202 Josef Sellei. 


nach, dafs das Prostatalecithin tatsächlich als Resultat der aktiven 
Funktion der Prostatadrüse angesehen werden kann, und weiter, 
dafs, wenn es in der Prostata zur Sekretstauung kommt, Leukocyten 
einwandern und das Lecithin aufnehmen. Durch eine solche Sekret- 
stauung kann also eine Prostatitis entstehen, ohne dafs eine Infektion 
vorausgegangen wäre. 


Der Nachweis, d. h. die Färbung von intranuklearem Leci- 
thin, ist mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Es scheint, dais das 
intranukleare Lecithin schon teilweise eine chemische Veränderung 
erleidet, denn mit den gewöhnlichen Fettfarbstoffen ist es nur schwer 
nachzuweisen, und so kommt es, dafs wir grolse, mit Lecithinkörn- 
chen eigentlich vollgepfropfte Leukocyten und speziell mit Lecithin 
vollgepfropfte Kerne sehen, die sich aber als siebartig durch- 
löchert repräsentieren; diese Löcherchen sind aber nichts anderes 
als ungefärbt gebliebene Lecithinkörnchen. Wir können diese sieb- 
artige Durchlöcherung des Kernes — die Phagokaryose — 
besonders schön auch bei der gewöhnlichen Methylenblaufärbung sehen 
und durch das Ausbleiben der Färbung der Kern-Lecithininklusionen 
durch die im Kern auftretenden Löcherchen die Phagokaryose 
konstatieren. Die freiliegenden Lecithinkörnchen sowie die im 
Protoplasma der Leukocyten aufgenommenen Lecithinkörnchen lassen 
sich mittelst Methylenblaus meistens gut genug färben. Für die 
Darstellung der Kermn-Lecithininklusionen, also der Phagokaryose 
sind die gewöhnlichen Fettfarbstoffe (Scarlatrot, Sudan) anzuwenden. 
Das dünn aufgestrichene Präparat wird Formaldehyddämpfen aus- 
gesetzt, dann mit Sudan III oder Scharlachrot längere Zeit hindurch 
gefärbt, mit schwachen Alkohol tüchtig abgewaschen und, wenn wir 
keine Kontrastfärbung wünschen, mit Ölimmersion besichtigt. Als 
Konutrastfärbung können wir nach dem Alkohol Methylenblau anwen- 
den, nur wird es gut sein, sich erst eine alkoholische Methylenblau- 
lösung herzustellen, indem wir zu einer kleinen Menge Alkohol etwas 
Methylenblau tröpfeln; nach dieser Färbung wird das Präparat 
wieder mit schwachem Alkohol abgespült, getrocknet und mit Gly- 
Zenn versehen und mit Deckglas bedeckt. Das Präparat mu[s mit 
grölster Sorgfalt bereitet werden, denn nur so lassen sich die 
von der Färbung stammenden Niederschläge vermeiden. 


Das Protoplasma und der Kern sind blau, die im Protoplasma 
und Kern eingeschlossenen Lecithinkörnchen sind rot gefärbt. Die 
um die Leukocyten herum freiliegenden Lecithinkörnchen nehmen 


Zur Cytologie des Prostatasekrets usw. 203 


ebenfalls die rote Farbe an, doch kann man viele solcher Körn- 
chen finden, die sich blau färbten. 

Statt Formaldehyd können wir auch Osmiumsäure als Fixie- 
rungsmittel anwenden, sowie auch Osmiumsäure als direktes Färbe- 
mittel der Lecithininklusionen benützt werden kann. (Dies letztere 


Vorgehen dient übrigens auch als Differenzierung der Lecithinkörnchen 
von Vacuolen.) 


Ich referiere hier über 40 verschiedene Fälle von Prostatitiden 
($ Tabelle. Bei diesen Untersuchungen kamen in Betracht: 
1. Die Lecithinkörnchen. 
2. Die poly- und mononuklearen Jeukocyten. 
3. Die Lecithinphagocytose. 
4. Die Phagokaryose. 
Meine Resultate will ich in folgendem kurz zusammenfassen. 


Ad 1. Die Quantität der freien Lecithinkörnchen ist 
bei den chronischen Prostatitiden unabhängig von der 
klinischen Form der Prostatitis. 


Bei kleiner Prostata können Lecithinkörnchen in sehr 
grolser Anzabl vorgefunden werden, und umgekehrt finden 


sich manchmal bei sehr grofser Prostata nur wenig Leci- 
thınkörnchen. 


Je akuter die Prostatitis ist, d. h, je mehr Eiterzellen 
vorkommen, desto weniger freie Lecithinkörnchen. Es 
sind jedoch auch bei ganz akuter Prostatitis freie Leci- 
thinkörnchen nachweisbar. 


Ad2. Bezüglich der polynuklearen und mononuklearen 
Leukocyten lälst sich bei den verschiedenen Prostatitiden 
kein bestimmter Typus aufstellen. Es ist selbstverständ- 
lich, dafs in den ganz akuten Fällen die polynuklearen 
Leukocyten überwiegend vorkommen, jedoch bei den 
chronischen Prostatitiden kommen nebst polynuklearen 
Leukoeyten in gleicher Menge mononukleare vor, oder 
aber die mononuklearen Leukocyten sind trotz der 
Chronizität den polynuklearen gegenüber vermindert. 

Ad 3. Eine besondere Lecithinkörnchen-Aufnahme 
durch Leukocyten wird meistens bei grolser, weicher Pro- 
stata gefunden. Je mehr cytologische Elemente bei einer 
solchen Prostata vorkommen, desto mehrist die Lecithin- 
Phagocytose ausgebildet. 

14* 


Josef Sellei. 














204 
E 
Sr 
BE 
Iiag. | 
2 14. 
3 8M 
s 2 J. 
| 
el 8M. 
dag 
el 1J. 
9l 1J. 
10.19. 
ner 
e aM. 
= 1J. 
14 | 9 M. 
15 1J 
16 T 
17: 8J. 
18, 2J. 
| 
19 oM 
2021. 
2] | 6M 





Grölse und | Menge der 
Konsistenz : freien Leci- 


der 
Prostata 


°&Q 
normal. 
uneben 


normal 


hart, 
höckrig 
grols, 
hart 


etwasver- 
grölsert, 
höckrig 


grols, 
weich 


klein, 
höckrig 


grols 


klein, 
weich 


normal, 
weich 


i körnchen | 


thin- 


wenig 

wenig 
sehr 

wenig 


viel 


viel 


wenig 
viel 
sehr 

wenig 


wenig 


kaum 


sehr grofs,! sehr viel 


höckrig 


etwas 
grölser, 
weich 


klein, 
weich 


gros, 
weich 


grofs, 
weich 


grofs 


grofs 


grofs, 
weich 
grofls, 
höckrig 
eros, 
höckrig 


klein 


wenig 
viel 


sehr viel 





Mono- und 


! polynukleare 


Leukocyten 


wenig 


wenig 


sehr vielpoly 
wenig mono 


viel poly, 
viel mono 


viel poly, 
viel mono 


wenig poly 
und mono 


vielpoly,schr 
wenig mono 


wenig mono, 
poly kaum 


wenig mono 
kaum 


viel mono, 
poly kaum 


viel poly, 
wenig mono 


keine 


viel poly, 
wenig mono 


wenige Mono, 
poly kaum 


wenig 


viel mono, 
poly kaum 


viel mono, 
poly kaum 


wenig mono, 


viel mono 


viel poly, 
mono kaum 


| 
| 


Lecithin- 
phagocytose 


keine 


keine 


stark 
stark 


wenig 


keine 
stark 
wenig 


keine 


stark 


wenig 


stark 
stark 


wenig 


wenig 

stark 
wenig 
wenig 


wenig 








Phago- 
karyose 


keine 


keine 


keine 


vor- 


handen 


keine 


keine 
keine 
vor- 


handen 


keine 


vor- 


handen 


keine 


vor- 


: handen 





vor- 
handen 


keina 
vor- 
handen 


vor- 
handen 


Anmerkung 





viel Prostata 
detritus 


Prostata- 
hypertrophie 


Prostator- 
rhoe 


Prostata 
detritus 


ı Prostator- 
| rhoe 

| 

| 


Prostator- 
rhoe 


frische Prost.- 
Exacer- 
bation 


Zur Cytologie des Prostatasekrets usw. 205 





























weich 


' $š | Gröfse und | Menge a 
s N | Sunistenz Ä freien Leci- ob kiss Leeithin- Phago- Seege 
2 H | SE | nes Leukocyten a kee 
2 4M. | grob, | wenig | wenig mono | wenig keine 
| weich 
| 
23 2J. | grols, viel viel poly, kaum vor- 
| ı höckrig wenig mono handen 
4 3J. | grols, wenig viel poly, kaum keine 
| weich wenig mono 
2 3M. | grofls, viel wenig mono, | wenig keine 
weich poly kaum 
11,9.) etwas wenig | sehr wenig | kaum keine 
grölser, mono und 
weich | poly 
 1J.  grofs, |sehr viel wenig wenig keine 
; höckrig 
25 'i,J.| normal, | wenig | sobr wenig | kaum keine 
' weich | 
w 2J. | gros viel viel poly, stark vor- |Prostatorrhoe 
| mono kaum handen |u. Prostatitis 
9 5M. grofs, ‘sehr viel | viel poly, wenig keine 
| weich | mono kaum 
3l Il. grofs, kaum sehr viel stark vor- |viel Detritus 
hart | poly, mono handen 
| kaum 
32. 1J. normal, | sehr viel | sehr viel mo-| stark vor- 
weich no, polykaum handen 
3 5M. x hart, | sehr viel poly stark keine 
 höckrig . wenig 
X4 1J — grofs, viñ |vielpolyund| stark keine 
| hart mono 
D DJ grofs, viel |vielpolyund| wenig keine 
| | höckrig ı mono 
36 2J. | gro ` kaum |sehrvielpoly,| keine keine Prostata- 
| | viel Detritus hypertrophie 
| Ä (IT. St.) 
3 2J. | klein | viel viel mono, stark keine 
| poly kaum 
8 1,J.| grofs | sehr | wenig mono | wenig vor- Prostata- 
| wenig handen | hypertrophie 
8 1 klein, | wenig | wenigmono, | keine keine 
| weich | keine poly 
A IJ normal, | kaum kaum — — Prostatorrhoe 
| 
| 
| 


206 Josef Sellei. 


Die mono- sowie polynuklearen Leukocyten können Lecithin- 
körnchen aufnehmen. (Aufser der Lecithinphagocytose kommt bei 
akuter und schwerer Prostatitis oft eine starke Zellenphagocytose 
vor, wodurch im jeweiligen Sekret nur spärliche cytologische 
Elemente sichtbar sind, sondern viel teilweise schon zerstörte Zellen, 
Detritus.) 

Ad 4. Nachdem die Phagokaryose mit der Phago- 
cytose zusammenhängt, so ist die Phagokaryose ebenfalls 
meistens bei dem von vergröfserten und weichen Pro- 
staten stammenden Sekret zu finden. 

Unter 40 verschiedenen Prostatitiden konnte ich sie 
14 mal finden. 


Aus der chirurgischen Privatklinik des verstorbenen Prof. Emil 
Burckhardt in Basel. 





Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen 
der Harnorgane. 


(Bericht über 211 bakteriologisch untersuchte Fälle.) 


Von 
Dr. F. Suter. 


Privatdozent für Urologie. 
Fortsetzung aus Heft II. 


B. Fälle instramenteller Infektion der Harnwege. 


Die vorgehenden Beobachtungen Tabelle 1 und Tabelle 2 be- 
trafen die endogen entstandenen Infektionen der Harnwege mit Tuber- 
kelbazillen und mit Colibakterien. Die folgenden Tabellen enthalten 
die instrumentell infizierten Fälle; hier handelt es sich vor allem 
um Cystitis, und nur in seltenen Fällen um eine sekundär von 
der Cystitis aus entstandene Pyelitis. Ich habe die Fälle nach 
folgenden Gesichtspunkten geordnet: 

Tabelle 3. Fälle reiner instrumenteller Coli-Cystitis. 

Tabelle 4. Fälle von Cystitis mit verschiedenen Bakterien- 
arten, aber ohne Colibakterien. 

Tabelle 5. Fälle von Mischinfektion: Colibakterien und andere 
Bakterien. 

Tabelle 6. Verschiedenes (Gonorrhoe, Hämaturie usw.). 

(Tabelle 3 siche Seite 208.) 


3. 23 Fälle von instrumenteller Infektion der Blase 

mit Bacterium coli. 

Die Tabelle 3 enthält 20 Fälle, bei denen auf instrumentellem 
Wege eine Infektion der Blase mit Bacterium coli zustande kam. 
Klinisch unterscheiden sich die Fälle nicht von denen mit anders- 
artiger oder mit gemischter Infektion. 

Der Modus der Infektion war in 7 Fällen regelrechter Ka- 
theterismus, in den andern Fällen ein- oder mehrmaliger instru- 
menteller therapeutischer Eingriff. Die lokale Prädisposition für 
das Haften der Infektion war in 9 Fällen das Vorhandensein von 


F. Suter. 


208 


1[09 
WNLIOJOTE 


1100 
wnLIopeg 


1709 
wInLIOJOTE 


IG 
mpnuoi2get 
:anyjay 


1709 
wntLIo}org 
:anypay 


1709 
UInI4919Uç| 
:anynyy 





mim auəra913 e 


Log oun 
TO6L "A oi 
Sunjpusyogg 
oreo yəanp 
Sunog 
qms var 
-wdou mein 


Coop 3qtə[q 
punjət) 
ang oun 
gon weIn 


(F06T ‘oqıes 
-19p 19%%ds 
punjag) 
901 941} 
-edou WEIN 


(Zunjpusy 
-og auto? 
'əqu1S əxn 
-uñəou (gin 


('Imdsuəse[g 
qəp suun 
səp una 
IN) vos 
0018 DAL} 
-ejou WEIN 


(Jəeq əqIəs:əp 
06T f wI 
*Bñuniaəssər 
out) og 
-zıny 9AU 
-ou WIN 


yeıvdyıd 
-uəl4913U4 


Uatigi9ggt out aa [ƏIA 
"oako0ognart oua1Hgde "oda 
pe jonge ‘OQUIJ FOTOJ UUN 


nd 
andg ‘vquig eydıldomoq 9[ƏtA 
‘uəzíooynərg sne oyo M ouy 
}z}08 ‘Iəngs ‘puəaərzsojedo unf) 


Əqgıg pera ‘uəzívoy 
-nərr[ qodərT səBr[oA səluoI9[ 
‘ones ‘qqa nde uun 


uk) 
-oxner] yorpıgds ‘mjg "og 
əuor[8əmA9q 9lJeuuosseu ‘yosıy 
-BULIOWRU ‘OQUI JOLO UIN 


uqg pra pun u9zÁəð 
-ouar uəqərgds sne oyo M 
outg 42798 *qn.193 Jydıoy urıy) 


"vil gint 
*uəoquiS ueyran 
-9q uəjwuquosseu:r pun Aal 
sne jodəG[ sOdıyJom 89Y.1898 
‘sanes ‘Jqnıj33 qərə uun 


punzequfan] 


(ordoysoYsÄg ouy) 
‘00F Jerızudeyy 09] uaeyjenp 
-soy ‘wweq we sJ9ZqV 19] 
-gayod ‘owaıyyoın snqmg 
sop IS TOBIT "AI 86 


(o1ıdoy 
-0389 ouloy) :TO6L IIA `SI 


HULPISSTRJOH) yosıdoysolsky) 
‘ogg yeızedey :T061 'IIA '38 


07T uisgjenp 
eau ejejsoıg Jop oıydoay 
-ıadiy 'waowurıqmaur saed 
A9p anyyıyg !sjngsnwe[wiul9i/) 
19811419 109 "1061 "A "Op 


'suqIm 
: 1061 `HA `08 


(ə1doysoljsKo outag) 
wr JD3111S 


ordossoljsKo uwy 
— `'9wuyu)so,q wıydomıodif 
‘093 UOA ulwgjenptsoy 'snq[n $ 
sop AUS ‘TOGT LA SI 


əssjg 119p punyogl 


*T[09 urnii9Jouq UL əsu[q IIP UOT)YOJUF A9fjoyuawmaysur UOA ATRA EZ 








Zunjpurqəg 9119 
-uouiagsur “gutiír]) sə9p 3uniəo9[ 
-Jug ap poSo qog qer T 
ag "BOyLIOUOHN "P OS I0A 


IIJIYPAPP MIIA 91M0} 
04094 Tome we sJəzq Vv 
dopagppanuıad 061 Inf uj 


SY.LIBIBY 
-uəsu|g u91uor9[ ə9uro)ydurKç up 
pun 9ıy ‘usw doqnın 419] 
aoyyog ` otzgdotouut 6681 


yyosu 

Zou Zuntpuguag orggot 
[əra ərp *anyyung puasjaryos 
-uw Tooniioponpn 'f G€ JOA 


əossuujimp 
-9g oywa az A9p puI 
-UBM MOIPUOS A019L1SIAu) 


-01 uodom [06T TEN VƏS | 


usiusf Op %98 
Zuntpuguag Ojjpyuommazsar 
9dıpugjsoq 45%} pun auyyımg 


‘uosyef og Joa VOULIOUON 





əsəuumwuwyv 


P 

97 woen 
> 

o9 a | 
2 

Fg Jd Äi 
2 

99 "r |`8 


a 


DP H 


1yqoə[u2osə5 
‘134 y omg 





€ 9[ISqw L, 





209 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


1199 LHD SAT) 
wnuəyerg (eau moin 
[11938 
sanyıny — 
(yosrd%y 
3njosge) 
1109 
page | oqvuS Bar} 
:ınyjny -söou WLI 
109 
wnuoptUg | əqw1& oun 
:auyıny -u3dəu mein 
109 HO 2a 
unisppeg |-udou wein 
109 qarIg 9A 
wnLIeJoRg | -udou wsp 
(amuomr[s 
1yoM afeysup 
zuəzsə jey 


orp ‘punjoq 
00 otag 
132998.192 Jyoru 
para uun) 
108 
wnIgIejoug 


vyamg PAD 
-uJou Wur) 


loug mdg "aqmıg ou 
-50M0q ougutagegm ‘uoy? 
109 ‘aegıy :yosıdogsoigtm 
'i9neç "dunagjyy ouyo 9íX[O AA, 
əurə 12198 '3qn1193 3uo9t9 uriq 


at oun 


Oati01pgt ue 
—Oogpeut Lag 2odart ‘SJM 
-IT mdgo ‘gongs uorgeoy 
'qodə r səjBuuə3j3 ug Juna 


-BIA əuqo 32308 ‘oqpıy ulı 


uoqwis 
uəuonSgəxoqun !uasdıgy 
-Injg uəljoi Tuail20ognart sne 
ogo M ƏurəD[ :%/ "| aam 
“Səngg “*qqUuioB got On 


BARIS IJeyuossuam Lag 
Zıuom zodoq wy Jonge rue? 


-squzowugy ‘vqyn yora, unq 


Goio0ogport uaydıy 
-agds ‘uoqmg uoyogomoq 
sne yorpuosom EYTOM ouig 
1z)9s ‘Jongs 'oqnıy yoro oun 


UNLIOIHRT Oydıldam 
-0q YJuyuossem "ooikounart 
oute ‘ajoa uoy ‘odo 
Up 12)9R ‘yosiy yOouAaıloy 
3qyayod Hiyopu unun 


ogg esjıam ydıyınds 

‘1949093 sea ‘dısjuur 
-[77391un Inwywmajgdsuaseig 
007 3mzedey :3061 "AT E 


9u:9)8s]9jəp @u[əzutə 

"Sigi osəu[q Jop qusutarə[q9ç 
:G06I `I 16 
usdunıode] 

-my osjrom snpung wr ‘asejg 

Jop Zunggy edıyaayg yəsıd 

-045098sÄ9) 'OGg useypenpisoy 

‘orydoryasdäygyejsoıT 944g41çS 

1061 'IIX '85 


19)Q493 suA3qə pun 7192990[93 
yuuqurəljuo9S yosıdoysogskg 
'ogg Imzedey :8061 `X `8 


(orıdoygsoskg ouy) 
"Gotnta1au 9[g]o y *Be4s0oIJ 
osjoa3 ayag :TO6T "AI gt 


uongofu dout tur 
yagyumojyag yasıdoysogsigy 

‘089 ulsyjenpisoy "og 
-01d 98J013 aq9S :0061 `X `É 


oudnqg8]vujopn Qwəornindg 
Twist wuoutrotra7f[u ut nuq 
-turalqƏsujosuq[ :IOGI `I LS 


aougey 
-[TTOMAIHA MOIZIBII puem | 
-uose[g JINIS U9 WOuUIZILY 
usdom uonedansxosnaag N) | ` 
A9u19 sjujuV eng unuəlvq 





39p Ə9piüA Oaun0M G JA) Log zt 
osu[q[ Jop Zunjpusyag 
ung q1} 
Zunjpusyog IIVO] JIag UIP | P 
s9 °H |T 


Ans LONS) 


əsstuj1inDƏ9g[ 911GuƏ9UII9A a 





asqnı? əyyəs Toongiodo 
oyəamz ZOG "ugtp ‘uadunynig a 
J9P2IM Qu KGBI UoA aodo | d 
swojjdedussupg uoJom zeegt 


yAIBJeyuoseIgT | 
uoa omoJdmig ep pun ou 
‘uedungugg POZ az nəz WoA 
*uəqə[149]əu18 X[ Usayel g PMS 








Jaqua} ‘suwene y ‘osstu, 
-jappog guugam/49A "P "le ag 


us} J9qN13 | 
aoypog 'sJozsqV uepuəyə | 
am ig woa uojwounlod: 
yoanp oonaiant uəñəm Suni, 
-pungpqaogoyguyy MO 0403un]. 
00657 “zaqydog pun sonny w], 





gete1gegt oa 





2970193 
sngip snpung 9p 
-sjujər) uəpəra pa uə3unp 
-uuAU9119S orp yosrdoysozsío 
'00F yanzede 4 :FOGI "II `9I 


t ü9üu1918 


jsmIou Inuymimojyag orp 
yosıdogsoysAg “fOG6I "II Sr 


J19400[93 “aIZz 
“far gyarr qngquro[q3S orp 
yosıdoysoy«kN ‘009 Jerızedeyy 
‘OP ulsyjenpisay ‘0B7878041J 
‘E061 X SI 


əgu:9l1s8gjujop “o3w9[əq 
SAAR EIERE 
006 zed 
99 "oë uiguIenptsen ‘snqpug 
səp ANINLIg 'mnəutq4 wue 
I91SU164u94/() 8061 “III ot 


418ələq grom 
"Mao 


yneyatayog 
Jə9p Zunon 9sugrp 9Vü9:9[ 
'dijodusygoZ wqostdoyxsoljs£o 


Ho? -3319q pota ‘u0Jkdoyuor] Bug 
mnuoiogg | 9q%9)S oan |3odoq sə3uuop mälefl og 
sanyıny -sdou wein) | sones ‘qpa goot uun 
Aopgg Ootggot 
"uozo ynor] 97]9zu10 
anyınyıoy u9L19739q |-10A fqe ojom 234019; OUL 
oyosrdA], QUI M 2708 "Zungnig mdg oun 
ULI} 
1[09 -yeg 9qorBəxaəoq Yeyuassuuu 
uintu9eg | oqmg əan |*usykdoynar Juos :yodaq 
tiny |-83ou wwag) |sodıyjom “ones ‘oqnıy ou | BiydomuediH 
g 
E 
u (o1yo11g3 
= -1940nZ 
ut Zunpgtq oyong uy ‘oh imam 1 uaepdogeosko 
ED giel sqgqyuə əqu)S Yeyuasswuu 
— '1[09 0q91S oan |pun sog Btuom sep ‘godoq 
wnnozosg eau oun) eotigg ‘Janes ‘oqu uun 
Oaua) 
-Neg] [oA pun ueJKdoNnerT sus 
vqyIg aA | 3unrg[y[ əuuo odoq sə3uu93, eqswuaımojoyskg 
uəqo əm |-u3əu urapi|'iəngs !'3qunə3 quo909[ uum |%+q9i9[30oqurə[u98U98% ç :°A "1 
1709 oqmg pora Tooio0og 
mnuaiogg | oqgıg oun | -nory ‘'uoronydy ‘mjg :40doq 
D zmay -vou werp | ‘sonses ‘4qu1403 yorungaq unun |'o0g zede y :206I AT SI 
we. ern a 
N 





quaudyıd 


SEELEN punzoquu n 


anzınyuopzergeg 





osejg ı0p punyeg 


UIU! Iowa 4Q2919'7 
"Zanpupgz}usuersın pun 
yılwjeguosejgg oäto/d A0op UJ 
"SNWSIIIJIUNEY Zus) OZE, T 
pun uonq94 uəq[əsi9p puoi 
-yga “'əluouinoudq :€06I tun [p 


On) Digg "eg pieq uu) 
"app ta 00810 UIBU[BNPIBOY | 
‘ʻuonvaado -uyog | 


-£061 ’X PS 


uIsH 19qn1} 19yJ19s “yaauyey 
-uəss[g Zuntpuguag oitoigam 
-NIJBUl UB Fjnfgasuy mt 'uəp 


-IHMTIBIASUOYNIM C 9 OS 
| 


1919u18 N Ä 
uəp ydanp qong J[Oyıopoım 
pun uong Top əpuq we. 
unt Öyngg — "Zunjpuegog | 
opuyor odyagır !sıyrysäd) ‘sjaze | 
-QY 10]89u110d “rn)3141S o3[oq | 
sje ‘ooysrouon "P 6g JAOA ` 








(enxəp spruápipidg | 
:g061 Tunf) Ä 

osejg 19p Zunjtayagmıag ‘saou | 
-DL Sp ZSunuloyyug "AT Lt. 


osstujanp | 
-ə9g[ 9o3ruounoA junqong:9lur) \ 
uəouostdoygosXo Aaptg oätodl 
sje uəğer, g yos Toungugenp 
PoyIaporm ZOGI Zenit App 


| 





1 
I 


mm eee n — nn nn. 


| 





t10 Ny OWEN 


> 

f€ `S OI 
p 

Gq 'H |` qI 
L 

69 d |FI 
> 

(OW II 

1yuoərqosəp | 








211 


Zur Atiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


199 
urniə1org 
:anyıny 


1109 
UuInt4915uç 
:ıanyjay 


1199 
WNLIIJOUEL 
:anyıny 


199 
mntLia12gg 
GHG) 


199 
wunuopeg 
nyny 


102 
wnang 
IMN 


1109 
urnii9)ourr 
zanm yY 


usdunnds 
-uose[g Ydınp 


dung 


ans 041 
-wösu WEIN 


9q0)S 941) 
-udjəu wein) 


vquIg 941} 
-mdou wuy 


oquiS oan 
-vou WEIN 


vquIs 0419 
-sdyu WEIN 


oqmg oan 


uswngjy mdg "uo 
-yug Oo Zoua 20 YJuylasseu 
pun sap sns 4qodəG sə3iq[o A 
Jonge “qqnij93 gyo uun 


"leif ga "wou 
-BINIAQ UALISINE `uəu91lNeq 
pun 39y sne u[omniy pun 
uouagzyeg ‘soy sus jodoG[ 

‘gongs ‘OqUI, y1) UUN 


U91491 84 
[tA pun Jo wugouonarweds 
Sng ONJO OUI 4Z)]9s “iongs 
Yanıp3 ya zue? unn 


UIARIS uey Jomoq 
yJuyuassum pun sə WYO 
Apde ong ‘qe ƏJomM 401| 
72708 ‘Jongs Oqa} 44010) UUN 


udt} 

-yeg Ə9uoudəxsaəq Toattoutdmgt 

mg INA ‘SM %)o'Js 
sionus ‘squ unn 


iaa O/o íuolamq 
-yug uəoq53t[3dəmAəq pun Ao11d 


-uvu mgar | sng godog ‘sanus ‘oqa uun 


oO DAN 
GOULARD 


-uou 


U9(49)Mwuç 9üu9r1235AƏ9q 


OU Agau 03 Tua1A20Oport out 


Anlag "ou OyO QUI 4Zl98 


"puvadızsopedo utaj) 


UOUL9FSSJBJIN) 

UƏ|ƏTA JIUL XOJI Dpun uəol9os 
snequtə[qoS sazo ool 
1930.41 1m snpun J :91doyso}sAg 
‘00, Ienzeduy :0061 `X BI 


93n[oq 
OSJIOM XƏJIA WI ‘Zyrvzwgs 
'419490[03 *701 enyıp meq 
-wief og orp wdsıdoysogsig 
‘00€ Yuyızeduyusseig eng 
mg we 09118 :0061 ’A FI 


gu:olssjujən) EUTIN Əuəts 
yosıdogfozsío "009 I811evdey 
‘00T aleyjenpisoy ‘199]91319A 
Spam ugegsoag :FOGL "III "SI 


Deum tg Jop 
Zunou 936juur əsngip uosid 
-O450)sÄ) '00/ uiuu[gnpDIs2]N 
'0]u)SOId 9)19s)QiBI9A gi 

:9061 `HH `8I 


ou q @puəjBuridsiroA 
‘sonb pusmaosejg uəiropioA 
Jop uy `uəouaolssjgjop pua 
osujg 33979103 Zıoəg yəsıd 
-0718078Ä) 003Z Ulsyjenpısay 
"Qu6T ‘IIA ot 


ərdoysozsío outy 
‘09T 3mızedey ‘Buuo3 
Auag UIBU[BOPISOYT “%l1v1s014 
oyasıydoyasdÄf :1061 `I '8 


yauyumoydg Jop Jung} 
9)uƏtə[ I[9u4oqn :uosidoysoegXo 
'3 (1) OO081 uduqlunpisayr !enq 
OA WE aMSN FOGE HU `S 


YIIBJLXUISEIZ Sunjpuwysq 
-an3 JING ug Sjnjosuy wy, 
— "myg 'Junjpusyəg 
Ə[uyO[ [9lA “uəoudiouop) Ə[əƏtAÀ 


(surtə<q | 
ə3uross1uSoi əjJeu:9q9U FOGI) 
*9Əsstujinpəotq GYO | 
-19A ‘uun Aan *Dunfpuug ! 
00 OTyNoLf Psyney Fanyyıng | 
"uDoyLlouor) o1OuI0DA1M | 





(¿snusrii939u16M) 
YLIBJENUSSRIET Ppun uop 


-LIAUDSIAEUOHNIM ‘L OL HOS 








U44003 Ä 
-uosgjgg ‘snusa “uop | 


gie Klak WE DV) 


491138} [vua ç 3isjum|ə3ə: ¿un | 

-uarned Orp ydıs OBEN | 

ayer /1 ag "oigtaegg Sungu 
‘yarsyeyuoseigg 668T IPS | 


uwJuods Aopata 
393 von oq ‘aqong 
ao tur 8994 sut[əÁq 
aads “'g81u994 surmZpipidq] 
pun ud49)uyuəsu[qg uəuco A É 
3198 (sn ueLlsgjeljIe y-ıayyıas ‘uoıy 
0019 oynyu uaydo A P IA 


uopiox 
JIONEMAI dua /081 pun 
OJJ UefunagIssuonyızy nz! 
ap any (4) @ussoqəñuyi 


Hp H "e 


di 





£ — - 
nn — ia gg TEE 
£ "€ 
` 

a ` 

7 H 

1 - ` 
- 
R - 
` ` 


212 F. Suter. 


e 


Residualharn, in 5 Fällen eine Striktur, in 5 Fällen Striktur und 
Residualharn, in 1 Falle ein Tumor, in 2 Fällen das Trauma einer 
Blasenoperation, in Fall 4 war keine Pärdisposition nachzuweisen. 
In verschiedenen Fällen war die Prädisposition nur eine vorüber- 
gehende, indem sie durch die Behandlung beseitigt werden konnte; 
nichtsdestoweniger blieb die Infektion bestehen und wurde mit der 
Prädisposition nicht beseitigt. 

Das Vorhandensein des Blasenkatarrhs wurde einerseits durch 
die klinischen Symptome, anderseits durch das Vorhandensein eines 
trüben, eiter- und bakterienhaltigen Urins erwiesen und endlich in 
17 von den 23 Fällen durch die cystoskopische Diagnose erhärtet. 
In 6 Fällen wurde nicht cystoskopiert, sei es dals die Kranken nur 
einmal untersucht wurden, und die Üystoskopie unmöglich war, sei 
es, dafs äufsere Umstände sie nicht erlaubten. 

In den 17 cystoskopisch untersuchten Fällen fanden sich fol- 
gende Veränderungen der Blasenschleimhaut: 6 mal waren nur Ge- 
fälssterne, also eine leichte Injektion der Schleimhaut vorhanden; 
in 5 Fällen war die Injektion stärker, es machte sich im cysto- 
skopischen Bilde eine leichte Rötung bemerkbar dadurch, dafs die 
injizierten Gefälse dichter gedrängt waren. In 3 Fällen bestand 
fleckige Rötung, in 1 Falle diffuse mälsige Rötung und in 2 Fällen 
eine diffuse Rötung und Lockerung der Schleimhaut. 

Der mikroskopische Urinbefund in diesen Fällen war insofern 
charakteristisch, als im Verhältnis zur Trübung im allgemeinen 
wenig Eiter sich fand, und dafs ein wesentlicher Teil der Trübung 
durch die massenhaft vorhandenen Bakterien bedingt war. In 6 Fällen 
war der Urin nur ganz leicht getrübt, in 10 Fällen war der Urin 
leicht trübe, in 6 Fällen war der Urin trübe, enthielt aber auch hier 
in Fall 14 und 15 nur wenig Eiter. In Fall 7 war der Urin 
milchig, enthielt aber nur Bakterien und keine Leukocyten; der 
Fall gehört also in das (zebiet der Bakteriurie. In 4 Fällen fand 
sich Blut im Urin, allerdings in Fall 13, weil ein Zottenpolyp der 
Blase vorhanden war. 

In Fall 18 schlofs sich an die Cystitis eine Pyelitis dextra an. 
Es handelte sich um einen Patienten mit totaler Retention, der 
regelmälsig katheterisiert wurde und bei dem sich eine Entzündung 
der Glans penis einstellte, von der aus dann die Bakterien in 
die Blase gebracht wurden. Es bestanden anfänglich starke cysti- 
tische Beschwerden, dann kam eine Epididymitis, die nicht ab- 
szedierte, und an diese schlols sich eine Pyelitis an. Der Fall ist 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 213 


nicht cystoskopiert worden, aber dafs ursprünglich nur eine (Uess 
mit ziemlich starker Eiterabsonderung bestand, ist ungemein wahr- 
scheinlich, da sich das Eintreten der Pyelitis sehr scharf markierte. 
Auch in Fall 22 schlofs sich an eine Coli-Oystitis eine Coli-Pyelitis 
aber erst 3 Jahre nach dem Datum der bakteriologischen Unter- 
suchung. | 

Jedenfalls geht aus der Zusammenstellung dieser Fälle hervor, 
dafs es eine durch Colibakterien provozierte und durch dieselben 
unterhaltene Cystitis gibt. Anders sind die Fälle nicht auffalsbar. 
Es ergibt sich ferner, dafs die Colibakterien der Behandlung grolsen 
Widerstand entgegensetzen, denn geheilt wurden nur 3 von den 
23 Fällen. Ob ursprünglich mit den Colibakterien andere Bak- 
terien bei der Entstehung der Cystitis tätig waren, läfst sich natür- 
lich aus den Fällen nicht entscheiden; jedenfalls traf das im Falle 
18 nicht zu, der von Anfang an klinisch beobachtet wurde und bei dem 
der Urin nie alkalisch war. Wenn also auch der Einwand, die 
Cystitis sei ursprünglich durch andere Bakterien provoziert worden, 
für viele der Fälle nicht zurückzuweisen ist, so besteht doch jeden- 
falls die Tatsache zu Recht, dafs viele Fälle von Cystitis durch die 
Anwesenheit von Colibakterien unterhalten werden. 


(Tabelle 4 siehe Seite 214.) 


4. 38 Fälle von instrumenteller Infektion der Blase mit 
Kokken und Proteus Hauser. (Keine Colibakterien.) 


Die Tabelle 4 enthält Fälle von Cystitis, bei denen die In- 
fektion durch Instrumente zustande gekommen war, und bei denen 
Colibakterien nicht gefunden wurden. Eine Ausnahme bildet der 
Fall 35, ein Fall von Blasenpapillom, der cystotomiert wurde und 
bei dem sich in der Folgezeit eine ganze Reihe verschiedener 
Infektionserreger in der Blase fanden; hier fanden sich bei einer 
Untersuchung Colibakterien, die aber nur vorübergehend in der 
Blase sich aufhielten, da bei einer nächsten Untersuchung sich die- 
selben nicht mehr fanden. 

Eine besondere Stellung nimmt auch der Fall 18 ein; aus der Ana- 
mnese war bei dem 64 jährigen Manne eine instrumentelle Infektion 
nicht zu eruieren. Hingegen ist dieselbe bei dem 64 jährigen Prosta- 
tiker doch sehr wahrscheinlich, da der Infektionserreger ein typischer 
Harnröhrenbewohner ist, und der alte Mann vielleicht einen ge- 
legentlichen Katheterismus vergessen hat oder nicht angeben wollte. 
Das gleiche gilt für Fall 21, bei dem die Ätiologie ohne Annahme 


F. Suter. 


214 


ydıssnp)l0A yoru 
ouea "32308192 
DAIN UH 'anyıny-uoy 
-NoxojÄyuduIg əsJjəA 
puəjissng 
-19A quotu ə9unsg[9D 
"PU92708192 WUB 
-Bue uun HGK GIEL 
-Jogofiydmg esJDA 


92708192 yoru uun 
ydıssug 

-J9A poru saepe 

anypay eydıqjadnuıd 


72)9819Z Jydıu unn) 
ydıseny 
-49A Joru ounen 
“ınyjay ensag 


72398192 Jydıu utu 
ydıssng 
-19A Jy9IU Huren) 
myu oyr 
-qI93 andg sıq osjəm 


72708192 Jydıu uun 


1ätegnp 
-19A yoru ouns[9D 


Inymy up úu911391374 





uayroxol 
-£yde)g saısod mein 


usqo 
-ouop uoəjuəugluU[sIu) 
-91f] Up uUJ `uəjngH 
uəutə[ ur uə[təanz 
‘tuago y H9Aısod wein 


UINNONOL 
-£udsyg oAayısod wein 


UIYNNONOL 
-Audeo oayisod wrin 


UHANONOL 
-yduys sanyısod wein 


IW]Q[[92 
-Opuə9 J13 L `z 'uəX3010[ 


uoygoyojíyde;g ƏSA | -ydes oasod wean 


uun wp gegen 


uos y 
[INIO PÄINQ TOIA 


911038 


-KIRJON) O[OTA 3970498 


| 
l 
| 


| 


UƏLLLUJINPIŞ i 


pun uazooynor uoyot , yoro enyip awya qos | uao wa pw min 


-1ds sneg odoq uw 
72798 (YISLENTB YIBVM YIS 
tpuoaətzsə[udo urin 


Bunytə uwı Jod 
-3q ‘Yoses yosvnyos 
‘qg gyors uu0 


Fe Si SJIDA 
-IT ')odəGT[ səy 
ua sanee ‘squ uun 


 Ddag ou 
sutan) Sop Zup/01g Zun 
-pusuoq opyo, yomg 
spray Dia "le 
“odapısyıqy go/1g 
Jonge ‘quay Iyəs unf) 


sjoĪmig mdg 
Yodapıonmgy səurə[y 
‘IIUVS OQIZ JYOTI UUAN 


'RJIO M 
-qy andg ‘usyıy “ones 


‘quad 4qotə[ urrn 


pungjəqutin 


-uosejg op yosıdoys 
ott "oc, Yarızedey 
-uose[g :TO6L’A "IE 


Zunjpueyog 
opyo, yənp Jung 
— '9ıdoysorrkg 
9U19 3 :1O6I II CI 


usdungadr] jneunmafyag 
yru FI9Y90[92 Brags 
‘401 snyip IJneywmımofyps 
-uost ‘COGI AL 


ərdoys0}8í0 
9 M OGI myzed 
-Uy ‘0OcI Ulsyjenpısoy 
"SIgIS0Ä/ 99195] 01J 
9A YIVIS :GO6I IA `€ 


IITUOT[SUTBUL ‘401 Jy9ı9] 
snjJIp əssjg Jop mey 
-w49 OOIT zede y 
009 `P!sə% : 6061 A `8G 


sneuuro[uos 
-uəsejqg qəp Juny 
91qƏi9[ “roumlu]ulsol d 
198J043 :1061 X "Ge 





orloyso3sky 


| 
| 
| 


-usved u1 AOTTq USIUR 


BIZNBAZ JOA OOYJIOUOL) | 


Əutə uw sjnjyosuy wyj ' 


əsstujanpəg uyu | 


-IƏA "OUT Joqnıy Dun] | 


-pugyog offagusmmnuıysut. 
uv sjnjyosuy wt ‘Boyd! 
-10u00 U30 M ZI VOS ` 
əsstujinpəítT | 
9J1y9W.I9A ur] LIQNI 
uDU, 8 MOS yonsa} 
-un qəsidowso1s£o ojeg 
ədiurq "ussunynjg pun 
UƏMIOMUƏI9IN ƏD5GIoS 
9129 UDAyePp IQ | 


L 


(snau 
-SI9JIJL Y UOA 99707 
sje Junqni:) “'uədrquí 
S Yg uoəpiomauosəq 
-suoljdTpy'a uaequoqn.ıy 
UONU9J3Y dOJjonaedyıun 








geejsoad vıydonyiodig pz) L 


Zunjpury 
-DqIsJageyy edynur 
wıeypenpısay ‘oser | 

Jop UOLYEYEJLCT 98J018 
‘snpidisur soyoqeil] 


aey yaıpzunadsım | 


Uu ‘IIPYPYPIMIIA | 


(1919083 HOJI pƏM 


"Gigumpptsaut A9SJ018 





| 


 SigisO/dAap Oouträimgu "read 








O 
w 
`f QF ”T | "0 
> 
tree QI C 
| 
| 
š | 
PELS t 
E 
| ë 
P 
CO AA 
P 
a 





EL GEI ECTS) | 


ORAUUBUV 


| 


tiay Vy 
‘uuy 


‘(u9uorJN>zFuf-J[oy outogl Oserg IIP úopyəjur[ Iə[[09Juəoumi)sur uo), AIRA gp `F Əlləquy 


I 


10 


21 


der infektiósen Erkrankungen der Harnorgane. 


1@ 


Zur Ätiolog 


puəz[omqos 

wesdusf ours[oD 
*puəzləs:9z ugsBus[ 
uun “miu oigai 
-sdsusr osjti9Ang13 


puodısspny 
-49A mesus, vuns p 
*püu9z)9si9Z wesurj 
uun ‘nmg 94034 
-wdsuu1} osjriomneaI3 


pnodıseny 
-ı94 wesdur[ əouuu[ər 
*puəoz)əosi9z wIBsduR] 
ung any oyuoı 
-udsu%:) Əsjtoxn9123 


PU9ZI95192 Yydıu 
goWueH "puodiseng 
-J9A wusdus[ oungtap 
nyny eyoırqpodauıd 


puəzios:əz qqotu uti) 
puos 
-493A wWgsJue; QuUS[9D 
*(uegrogokydegg) 
anypny Ə9qortsjtoxq[93 


puodısepg 
-I9A wsedugf oulufop 
"PNOZIOS10Z yoru uun 
nyu y VëIta DA 


Oaaaoaogdeg at 


sprang Dia" 
‘“aaıryyyıdg uazıu 
-1978j013 uoydıLıeds 
yu Jodepasjıny sadulı 
-33 uto 32798 'Jqnıya3 


-1sod mEId 97[92uU1919A | 349101 zuu3 ‘Jones urn) 


uoyyoyouon əury urey 
-uəsejg wur “USYNONOL 
-£ydeyg oaısod uwIp 


UHNFONOL 
-£ydeyg eaıyısod mein 


Zunjpusyog ofey 
-O[ YDANp su44918 93 Sop 
Bun3íiytəsəq 'uəoxsomxol 
-Kqd8)S eayısod weg 


purs J9up1093us us 
79% uszıny pun uojuegy 
ut qong op "Gogo 
0101 9Ayısod wein 


3103009 ıwinjjoz 
-əpnə [10 L WNZ "uoyyoy 
-ojdiq} oanisod wuıg 


sjom Indo ‘gones 
qodəGq sə3unrə U19 Ut 
72798 'Vqu.ı? 4yr UUN 


Zug 
ura qodəq '%/j"*/, 
sjrosrg ‘Iapu Lo ouy 
‘qosyegje yovmyos 
4quqo3 sngip unn 


auds 
Bu19 FJIAMIT Liopngeg 
uorJg8ay *usykdoaykaq 
usydııgds `n 19419 SNV 
qodəG goot Oo 32708 
‘quaya3 qoro unn 


gamn0g1g Die 7, 
odapısyıy 809897 Ul 
72708 ‘ıonus Toon On 


Zuujpusyog 
o[umo[ qormnp syaw} 
-uy səp Zunänteopart 

8JIO A 16 
Di, BI ‘Huno utoa yod 
-(J "Ange "opt urn) 


— Ee 


(ie kel el KK AOPp 
uongolursejon) yora 
ydsıdoyso4skd ‘00E urey 
-[snpisayy ‘wJeJso1g Jap 
woulziey :]061 X `91I 

ordonsogskg 
9uray eaygaumeh 
Jop us Veto 
-ojdıqg OaAttsod gin 


i 


-13}u[] euostdoysolsXo 
pun uəusti919q12 M | 
əƏjY[OQ4əpərtAA “uəp | 
-19m yosəqsuonyig oy di, 
-Joq ayos Auer", mae “P e9 "et 
smy | 
-SOY SENJI 'OBHLUJINPAG | 
jaowaaa (ug r19qn41 
1yu91s9q sq "Yfapueyaq 


uəgdunqons 
| 
d 
| 





yua uəsyjojouop any | snns(o pun anug P 
20 oi Sot It er | uədəwg06[agnuepr S CEO I 
usdunıodermeunefyog | 
yua gayoo 79994 Zunjpuvyəg opyo, : 
-03 sapıp yneqwwjyos | J9yJIOgS 'uəriuegjaəo nz 
-Uosg `0ç9 "zeduy | 310 1gt SNEIN ' 
‘IIQQAUIVH 149p auygımg | uoA 93joyg ur go Funıfy > 
OAL H ‘BOGT IIX 91| zoquıy ayep ?/ıı pas | Pf €g V | Ol 
uəiəmvu1suox 
nz Inseymimejgdg Iəp 
Zun0on əjuot9m9[ əsngip 
pun Joyon SOTA | Matgtinagg aen ` 
yosıdoxsogsAÄg) 008 |əj3úurq uIeufenptsoy | 
ygjızudey ‘ogr uoa umyj a uəpriomaqosəquəssq d 
-[sapissy :Z061 A "26 | N9ZIO10Sug] Jresuoyag| "fee 410 
ynequrə[uqo°suəswu[$qç A0p ` oO OUT 0p pam 
Zunggy aen oor Zontmpueuort 9[g3O[ 
1gtzedee ‘09 uasujenp | Bjo ut ‘paas fein? 
-I9ƏN 'suvpoquesgjg | -[ax “3no[q uun :F061 
səp uWOuIZI93[ 494349UsS | 'T',Z "uedungnıg uoyeu 
-NIYUT pun səjíər:əz[n | -oOW F 119s 'əsstujinpog 2 
sosnyiqt :F06L 'II'9S | Yıyouıaaayup?/;TNtog || "C89 'y | '8 
uosoutKuoom 
our] mrqu og Ip 
Soniegoort Dun ZJunggy | umep Jsquıy Zon | 
o3risjuur əgnjgip yodsıd | -pusyog Aofjeguoum.ns! 
ed "OO WITZ -UT 3199 pun @ssgstujiInp 
-sduy ‘gO uaugjurpis | -og oyyownoa Odyuf | 
-93[ `Əənqujsoid gtidon 3198 *gjoosq%suəopojr P 


-aedÄd :£O8T I 08 


OIR p JOA pun Q 40A i 'f' gq ` í“ 


PUo2308 
-409z posue ‘puodis 
-SNY-AOA wıwesduwj our 
-Ep D "UOyyNoyofkyduIsg 
uoA 20178 oyuaaud 
-sus1} onuıd gä jne 


pu9z)9əs:9z urus 
-Bue oun “puodtssng 
-19A wesöue; ounen 

‘mymy osoan 


uəojjeqosuə3rrr uəqorər3 
uəp yu uaınyıny 
ayoq? ong usıny 





Zunjpuwq4or 
ajeyo y>anp Byar 
-euy sop B3Bunðyəso f 

sjom 8 
uoa ndg “odad 
sər urar “səñuui93 


Kee he 
‘IONVS ‘OqAUIY JOTO ULIN) 


-oldiq eansod wip 





SLOMITI” UOA 
mdg ‘godəq soft 
urad Teaäoua? "onge 


uəyyoyo[|Kude]S un | 3qna93 qoro oun 








Int Gong? ap Gogau usgo 9m uəqo ƏM 
Sunprtq 
v -U9999y7] UoA dungnapuy u92119 y [939944 
š mu uəmnyuy uəp u uəj3rsjgur[ə3əiun OITA 'YISVAIV UING 
N Hop gä angu y 0U | Ur “qaəjneH ur uəjyoy | wq ‘ones 95903 
r -udsuud) osjomner3 |orq gogo ou I99Q4g | ü9stzj “əqnay3uorə[ ut) 
uoyyoyoriydeyg 
uəjjgquəssgur “uə[u]s Veiga 
-LIM[9M299p3IeS “Lsyıry | -[e yəvayos ‘ufoyogag 
uəqo0 ƏIA woydıpIpds sne [oyOgag] | tur qp poro, uN 
puə3rssng 
-I9A wesdur] outoan Gogo? 
"pu9230s192 wesduwf | -ofÄydeIgoArısod urıd {əy eng zodoq 
UMN ymy ənero |əjequəsseur qodəGr urp | “ənustəqni)quor[uurq 
puodtssngaoA wesdug] 
əgunujərn) “puəz)əsiəz ute pun ynig pun səy sng 
wesdug] ui) ‘myy |‘g nz qone tuəsMOyo[ | 1ü913səq 3odərg 'uosrlus[u 
cO əjuoaudsuudq asian |-ZXude)g əanisod urupD 
— 
ga. ee == 


anyıny uf uorLegyugl 





Du wf uopIogyug punyoquguf] 


en 


4194900193 ‘JOI snyIp 
ynuqurəo[uSsuəsu[g ‘06 
uauq[unpisoq ` "oda? 
-ıadÄywyejsorT opuau 
-ug :0061 'IX `86 
Ing tat 

qəp Zumgyy osıngıp 
o7yd1reL wosıdoysogsky) 
‘008 'dey ‘0gT uaeygenp 
-ISOY 'oByeJsoad wıydo.y 
-0d£Hy "root `HI ` 


9A[98.I9P 
punjəq :p06I TI G 


001 yerızudey 
-ABASIOMUIBU HBOISDA 


sn[no eO :FO6T II ei 


uəpa9Au9s9oq 
-uosejg əy 49pərA 
uəqo OM 'SO6GT'AI'’LI 


-[enpisay :0061 "IX EZ 
7049198 

SnyIp Ineywmiopyag out 

OoGt yenzedeyuaseig 

'9s@[Qu4eH op sqoay 


pwayos "Toon SBI I -U0Z :Z061 X 06 


tGundəBeuqv `r i pag 


yAleeyuasegg 190% 
‘gfapueqaq yoz 9495uw[ | 
jjayuownapsur gwun > 


vrjuəunuoou] uə3əAA | `f Qh A | 91 


uəU1811919U018 N 
ə3unuu “'Im0S Iou 
Hong HIZ 1942791 
ur “uopiəsxuosəqsuon 
“HIW UƏIYL P UAHA 10S 

uəpiəAuos 
90 qəp Zundtosog 
‘sunn səp Zungg | 
uoaep əSjog ur forsdug 
out FOGI 1enäne mI 
| 


| 


UPPIOAIS AONYIBIS | 
puts uopIomyosog 


EST It 





*t9qup Jones | 
paia uun aq 'sromol 
uəpzəmyosəg op 454 
-təsəq Sunjpuryəg Aq 

*uəsstujıy pog uəyey 
-z498 U9Syury yr 
yarwjeyusse[g Yoyıop 
-9IM AayuyIos ‘uomwaado 
-ursIS 6681 "oC wI 





2 
THE 





*I 


3B3un[puvu 
at otggort ` ong 
-VH upo e— p oe) 2 
COLD |I 











ərdoysogzs ío 








| 3qəə[qoəsə0 | 
"Aal 
‘IUWEN 


ssauumuy 








217 


Zur Atiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


-Zugf uug ‘puodıseng 
-190A Oger ouen 
‘mmy 9qot[q[g8nsi3 


pu9z19si9z ures3uswl 

Jolsuis]H ‘puadıseng 
-I9A wesdusf ouNeBjog 

‘nyug 9qləe38ns:3 


pu9z}98192 wusdug] 
gojsuıey “pu9z[ouiqos 

urgs3us[ oums[9D 
smyg Ə@uorlqə3n%i43 


pu9z)9s:9z urus 
-Buws[ uis] “puəz1əurqos 

wesduej oue 
“mj ouot[q[əBnvsi3 


puoz]9819z 
yoysumseg ‘puozpowmqos 

mus3us[ oumns[opD 
ınypay eqo°r[q[e3us:3 


oqrossep 


pU02798192 uruadun] 
uni) 'pusdtsspgsor wen 


-Juuj eunuesjepn ‘smm 
uasntdeuua) oyoq 


PU92J98192 WBS 


(en 
ISO Jop 3un[pusq 
-2g unn Sonmont) 
uao 
-ojdiq oyeyuosse u 
(ua3ungndg 
tap omp Zonen) 


E ORo 
-o[Kqde3çS oamsod 


WI8IE) 94[OZULEIHA ZUBE) 


(Banpo ouy) 


UIYNOYOL 


-Aydeyg H9Ayyısod wuy 


(uedunggdg pun 


sıadıgYpweıyjsap Zunu 
-49u qovu Zunpop) 


— uəsx3osol 


-Aydeyg eayyısod wein 


(usdung 
-pdg ydınp Sonnen) 


— 'uəq3040[ 


-CKudu1S oansod wip 


oq[98suD 


UONNONOL 


-Zydmg oAnreod (uru r) 


%/o*/; gamng 
-1V ‘Sugpo uroa zodoq 
‘qg ‘qose oun 


19 reng Hr 
“aones Squa unn 


ao ‘sea 9/08, 
"gosmexje ‘oquı} ui 


, 934303 
-orydejg pun om 
snu jodəG[ souro[X u1e 
72708 'sIHMIT Huyo ‘yası] 
-oN[8 youayds ‘Jq 
-93 qərə; zueð3 oun 


yosı[uy[e yOBAyos 
‘odoq 89311410 UtOJ ‘sou 
-1014 ‘aqua 0101 Ou 


AB[NINjoSqR urıf) 107nds 
‘1onvs ‘oqu udg unn 


SJIOM TO 
uoa Zunynepuy ee 


aora Yodopaoyıyy sodurı 
-0 ‘aonne ‘oqu unin, 


U9UIIISEJ QJIN tür 9191 
-93 snpung wr osejg 
— ‘suəddery uəyur səp 
sıy1yej80I7 :GO6L US 


usdunJederjne 
-MIOTUOS ‘J1I3N90]33 ‘zoa 
sngtp Insgmiejyog oIp 
yosrdoyso3sig ’009 19) 
-tzedey :[061 "III or 
meyus 
Jop Zungy ‘(wou 
-IZI8y]) sepunıduoserg 
səp J0WN], 1331s 
-wqylaıq ut wyosıdoys 
-043340 :8061 'IIIA '88 


HUIOFSEJRJOL) 
73192 Jneywmiojyag op 
‘uayos nz 1adıgypweıy 

I1əsjoiBguəuuoq ul9 
snpung wr gst yosıdoys 
-048340 :Q061 'III IS 


otdogeogkc 
oa "OO O/guIentpieot 
‘8788017 91l498JQIBIQA 
Zeien :Z061 IA “8T 


19U9J[08 
uon : 1061 "III ‘9g 


— ordoysosío ouy 
‘ʻuouonyi oyornpupy» 
oëungnp :1061 JII II 


t 


| 
-9q uaygeuom Juan ` 
7798 səp ‘qare gustig 
puusnuwe)oaiq Suads 
-uosejg Jour ojog siy 
'Bun[(H8 'uə9oqzutouo O 
suoparyds19A AOUNIT | -p cë H | 28 
unmg | 
‘UIBH a9qnıy ‘ossıujmp. 
-og JIy9WI9A U9UDO A 
J9IA ƏY BoU uon | 
SEI əl[əyuəmnistur 
19Po əouoƏstiguə9A opat "IE 


LIGA 





uəšunuonsiə1u N) 
əqostdoñsolsKo əv|oq 
-19paIA\ `uəuonor]N 

9o)juuziəuiqos '3uninig 
"mp von Jp UON P 
Zuataung Cut RƏS: L 69'a |703 
uapuey 
-I0A Zusig 3911q9ur | 
-I9A 381 I9UJIOS !saLdnog | 
-zumyog Jr əoouddou 
-00 dƏ9u9stuoiqo° pun 
SDDÉISOA IT I9u(Ostoqirou 
08 uəoños (a 197230] 
ur gdIs oilapuguag nda 


(0) ung 

-pusqog Əpyo, UYN 
‘UIGH IORI ‘OSSTUJIYP 
-ag qoma ‘qag 
-uWuəsu[q Sunygyg 
odjojar TOBIT "AON ep 
1019q3U3[I9AV19 A 93% I, € 
uusp'runqjogq yoru uon 
-w10dO oe J, uəoqotol3 
vg "Tag (ginn Dn 
way unn p %9! 106I 
° L Wy uapa myosoq 2 

-BUONA 910902 tS Cr 90 fl 








2 
Lee'yL | 6l 


> 
Trap gi 


Ai 


1907. 


Zeitschrift für Urologie. 


F. Suter. 


218 


uoyadus Iydıu urın pun 
outpgiap jne ‘uosyona 


monine pun audy Jus | -us 
erp uayyoyogdang ‘g usanyıny əu[əzutə anu | uaıpoygıdg) omg "od otn10ut DugaaggIgt Zuntpuguag | 

— PU92708192 30 | u9q9]pA. sng “'uəñunj|-oGq "yanlegguıuomumy |EIp snJjjiD :uonudodoO)|9l|uqol[ Io. !zuawyag | 
-Jy umn ‘puozyosaaz | -dwıyqy 0Yfoyaspaıy | moNaujs 'unzj9 7 uoyasıy "yoırdgmun ordos ‘uadungngg ‘ueg 


yosga ous !endIng 
gsnooooo[Áqds1S ° 


72798192 uLIf] 
‘ydıssnyIdA ouryelor) 
tum y 93úiguojdon 


Atout GuQ91l191Xuf[ 
uoa yuiudu4q4 sup ui9p 
-2301} (usanJjny 9q0198 
uong) uoyaZuu 


ud y ur 'n uəjngH ul 
u923303[ 9A40Isod uigiD 


(Zunjtay ouy) 


uo47o7 


uouogejeniNu] 
ym uoz4i94 9u35snoiqəu 


-OIM9u 1101 yosı m ]]% 
Zuursjyos ‘aquy oun 


“og n mg :30d0q 
‘00/08 SOMIY “U98183 
-[8 ‘Yodogg madımıajyos 


(H1W107038Äd) 
uroutZiuy[ Sopuo: 


-0}sí0 '0G 9s9[g Jop 
mme? "OLAI" 


Zap 
-30.1 988[g ərp "usdgjog 
ujosJpA “uəyoDp pa 
UYUOISIZUT-TULNIOE] out 
‘005 eyzuduy ‘08 uluy 


san 'dsstuJinpag 


adyngu 0061 dog gras | LEI `g |'¿Lë 


BNTISL.IOF 
-oqs y Aaadyngq ‘uon 
-vaədO-tumpog POGI 
To mv |uəouonTtis 
ə)jjuuziəgmuos uojvu 
-OJN 6 3t9S 'əjIUoUuLI9A 





— 


-u8} oyez audy jnu | -ojdəngs eAnısod muip | j*tmu Yanıyad jydray urıg] | -[enpisoy :fF06I I 08|uəduve uədiuəw PƏR || `f ZL NK | 96 
ynutuurə[u5S 1p 
1199 Bungy yə, RNP 

-192 qotu uun ‘Bung Jənugs uolyyBay ‘Zura | OsıdoysoysÄj'Byu3soag | 12340440Y uap gyonraq | 

-tsenpo PUYO o@qiI9s Zunupıo ur qodəG[ ‘sjeenim | oytasjpgudie "Zum |yeg ogerutunpadt of 

-sëpD ounspg ‘ınymy | -uy-ordıq ur (Anısod |, “Yodepısyıy ur | Yıpopuy we ‘ge, uauy | -nay ‘zuouluoyufoypdif.: 
oän/90aidoing ougz loin) UHNYOXOFÄANg | 42708 ‘IQUI JYI ULIN | -[Rnpısoy :FO6L IX 61 | quowu uəduep E Jas Së 

uadunnig 

(3un[pusuəq (uəuomn 1197 197270] ur ‘yarmyay 

-uoss[gq qorup 3unliəH) -BjsnIyuJ) uəjuniə3w[ | -uəsu[q iƏpuə:əotAIpto9i, 

puəz)əsi:əz Mgs Joh AY -qY əsjrəm snpung wi |3yngy əoud:ouor) uoy! 

-Buws[ uun 'puadtseng 3Bunupiougu9119 M ‘mig pun op sne qod | ‘meywjyosuasejg Jap | -[pusgagq I9juəunniujs;. 

-490A mesduuf ounen | aozm 'n -ordig ur |-9q ‘yosyvgie yovayos | Sunjoy osnyıq O08 I| -ur yoz Suer Iouo | 
nung oyorqjoäneıd | uayoyy oapsod wsipg | ‘oqu 1uo1et oun |-Izedey :qoO6I IIA "Fa | 910g sie uaayef L 14 t3 

LGuntap ouy) 
(anısod mig Zunjpuey 

pu9zj08192 wesdusf | werg) oaugg uəzany | pun Zog 1odart “sJI9A gualaın oda -ag əmyor pra uoun} | 

Dosen ‘puodıssng | zuw3 ur qong ‘uayyog | -ıqy %/ */ € "yd9sıpeayje | por nuqurt[uoS 9304 | -npg ‘uvg Iaqua ‘ssu | 

-19A wBsZuL] ouru|əD | -oldiG ayvuossejy ‘uaj | U9yoIg wosəJug; yovu| supıp yəsıdoysozsáíg |-jnpəg yowa aquf 
“mmy əuorqrə3nei2 ‘10NBS ISQOF ysty ULIN) | 'Q2 'zedey :GOGL'IA'PI |-suoqoq '81 wap POS | L 8E N | EZ 


-[zuqfax.squ], ouy 




















k: IDI s3) 
osouuvuy i “IMV 


| SUUN 


mynny uf usuoYNeg | un) wg usııoI3yegl punjsquuun o1ıdoxaojsKn 











219 


Zur Atiologie der infektiösen Erkrankungen ner Harnorgane. 


pu32)9819Z Algu9) 
-ut o9ut]s[əp pun ut:n 
‘snqfe snooooo[Zudw1s 


pu32}08192 wesdug] 
ouns[9p Dun OUT ‘sno 
-sosogÄydeis “Tlqtep 'ë 
uəygoyxoldəns'qoərp I 
72}0819Z Jydra gpojjsutií() 
‘ssn pIa 4qIra OUJ N 
‘z)88u9pog 'psjuojjuoq 
‘Inm y 0zuoasedsusay 
odımıgpyyuad gäe Ing 


12 tos 

gutngtap op 9zl9sSiI9Z 
Zug oun op qəp 
tgnooooo[Kqdey1S ioq[ə3 


u9z[owy9893 Yydıu oun 
-T[or) ‘72708122 AISUNUI 
ur) ‘a0yınguBdy 99182 


puəz)jəs:oz geiert 
utf) 'n oureg ‘snoooo 
-ojÄyduys 19019 nein E 
puozJ9s19z Jydıu un 
uəp u ounquəp 9rp ‘end 
00201 ud eg JƏSJIDM °| 


72708102 yoru UUN up 
"a oumns[əp ƏIp Ip ‘SNO 
-OCIOJÁdUIg A08J10M °7, 
gnooooo1d9.1s aadıqo “I 


pugzissuu43əa J3yaıu oun 
-w[og) 'pPUPZYORLIIZ os 
-uN PUN ORAaA (nii) 
-nuu p â 4300r waso u! 
awit y jnn uvg yoge s) 


Zunjrog ‘orwogougt] 


uə3yX0o30[ 
-Aydeys eanısod mulN 


u9xX3101 
-o[Kqda)S pan Gogo 
-0}da.n)g VANısod weug 


aura 
uedug] ut Oaygoi 
-o}dəng oansod wrp ' 


uəxX4owoldənç 
oura y 'uo1yoyo[Kude1s 
oa1}tsod wsap oyorgds 


u9119 Y 
uəgduv[ ut uoyX303X 
-014ó.nS 9Att80d urvip 


(3uni 
-Əssog opuo)jnopoq) 


uəyyozoríydeg 


ospreod weap oyoijayds | ‘sones ‘qovmyos utir | ourgsBuu[ :IO06I II GO 


U91301 
-oJÄyde)g pun uəyyoy 
-0)dosyg oANısod wesg) 


uopo ur 
usyyo y vautsod LIA" 


Zunynapuy uewng|y 


"Zune 'yosrpegje Nase | -0AJUOy oeitauw Ootd 


'3diunro[qos ‘oqa uun 


sjom ig 9/,z "yodep 
Jain BOHO1ID 'soqu.ı 
qdsıpexjeydenuyds ung 


wett 
sne jodəGq soj3uri93 
‘sones ‘qpa uun 


yodapısyıy sadurıad 


Jonge "A00.0102tat Ou 


usy peg 
Dun Ao11g sng zodoq 


'RJI9 Al andg tuosI[84I8 | -1s9% ‘9B9BJs01 7 wıydo.y 


“qnıj93 43qot9[ oun 


4odop4911% 
sĝıyjom goäuua? 


ysı[TyBruomwwe Yydıu 
“yasıuy[e yaumyds 
qquad yor un 


opp pP ov pang 

sodepaoyıy woju 
-IO Ou soNurog) “ona 
-oyunun y Joy da 

onen Al) ili 
UU BKLAARTUNWMRMA usa] 





| 
| 


Se” e WET ee CT Ge O E ` 7 ee T OW ar es 


megu os 
| 1əp 3unuiəyoor[ puu Zunjpusyog 01197 
Zungy venyıp ‘ouau | -uəwnagzsur ‘osstujanpog 
HUUHEWIYA 188 ‘uəu P 
-0X80}8£0 :GO6I'I'G |-uoaqiosse M 'P 8 YS `P GF `H |'IE 
- ° 
punjog Zuujpusy = 
Əq[ƏsSIƏP "Tool ATI a iD 
ynugqmiefgdg Jop Juna Zunjpuey 
| -əqoory `n Zunggy nuq Ch "otdoagougic 
-WISTUIS qop Əsoum | tAIDIZ93T ¿681 — aselq A 
Ode opp yasıd| -umwg 190p woyıdeg d 
-038018XO :IO6I I 98 | uə3əmərlmolos4O g68I| `P I9 (og 
uopa9xAT09869çT 
usanyyolqus 4əp Juni 
əq[əog1ə9p | -ISS IT — 104I LLM 
punjog :1061 Ag |-ı0A ‘uadunndsusseig 
uəuonWt]q 93rt9rauos 
008 uauu|gnp ‘odyagy ıy9s‘yjapusyoq 
jex0] usIgaopj g ag di 
"od :T061 °AT'ZI | pasptoueserq ‘Lg megl roi NI e 
'II 6 que oja 
punjog : 1061 'IL’08 x 
SBuniəssərT urdo1Joaf] 
Zunjpusgogg 0184077 
| 
10du1ı0d | IOE PAO A | 
ScuroayduiKS :1061 "II F | S a | 
cp UOUONYNIIN ung ` 
i yrur NIITINÄL) OION '! 
I POB UVC IG ANNL) 
OOR uawypenproyg Syys INJO O00601 dúnfania i 
as: vrqdonaecddp “sN PAETAI Es i EWR E 
TOSI CE Ce oynpq uoayvp pog © CIS WN pg 


SÉ E e TEE E a E ONE OE A ET AN 


F. Suter. 


puos 
-purygos 34ọỌ1u @uryu[°#) 
‘pU92798.192 ypoıra ud) 
dE E GE e GC EK Deeg 


gnuəImnu snoooool[KudulSs 
[11978 anyıny 


PU9298192 uley 
pun 9unejox) Alsuayur 
gsu9oing snooooo[Kudglgç 


uəqər[q93 [ra99e auyjny 


pu92j9819Zz mesuri 
OUT ‘puozjowyos was 
-Bus[ ə9urs[əp 'snooooo[ 
-Aydeys 10sjıomnuus 'z 
gogo oa 


(PU92998192 opgin 
pun uuj)) sua.ıme 809909 
-ofÄydejs aoyosıdky 


PU9208192 AIBUOF 
-ur ounen pun unun 
‘snqje sn99000[AydeIg 








anyıny u, UINSA uun ug uI oyeg 


uəðyyo yol 
—Cudeg 9Aanyısod wUID 


UOYNONOL 
-Aydeyg aaryısod wen 


Goggogot 
-£ydujg eanysod men 


uopioA93 AHU9JJOS 


[pta uogNoy orp pute 
ana ‘punjog 9q[as1al] 


uəpuu uəsso[qosə3utə 

uo4doxnor] ur 09—01 

uoA uəjnsH ut Q918 @Ip 

tu9XO3M ƏAT11SsOd Ul9iD) 
asdı 

-oyjrf ydanp ung 


u93X3O30[ 





guo mpa» 
-usJKovoguer] s>durıd 
‘ıonus ‘181 3868] UNA) 


yose 
-18 ‘aooyydg egora 
ng ıs9ıq ‘ogquıy urin 
Jang 
Ae Gigu/iaiau1gg 


{ones Yodapusyıyy 
sjpream lag ana 
-93 3919] ULINIOIOUIBY 


aones ‘1odıgy 
-134 @u[əzu “qun 
-93 ındg uLInIojaugey] 


punjəq Əqrəsıəp 48u08 
“vanı) I9dIUHM UUN) 


ones UONNBIY 'SJIƏA 


-W[ %/, 1 odepısyı 
səy4848 ‘oqq Ayos OUT 


SIISISu3 
-I9499p31w8 'in[gq “911 
jorA '3rurtə[u98 ‘qosey 


-18 21898 ‘oqu oun 


punjyequug 


vu qurto[qoS 
19p Zumggy ƏsngiI(T 
-usdAjodusygoz otdn 
-jnwm yostdoxs0J84d ‘009 


mguzgdeg soot 05 


tf 
usequsjuodg 'II 08 


9qn4 Ayas 
uti) -usgquods "e 


Buyo o00o1/ "T Aan 
ut ut) :JO61 US 
yneywijydg 'p Zunggy 
əsngIp ‘OYI Jne zedeg 
sand 3qtə[q utan “uəp 


-10AA (9594 °p ñuni9ssoq | 


owesduwr] "Soet "TEE 
"1061 'IX ‘Zg "u "X '98 
ynuuutə[q9S *p Zunggy 
əsngip “əquəeuniyuoy g 
yosıdoxsojskd “moo 0@ 
zedeyussupg "og rom 
Inn :TO6L X SI 
mey 
-WTOJYOS op Junaoyoor 
pun Zunggy 9sngip 
(u9osidoysols(o) 'oworsoa 
su[nO[8O :]O6I TA `€ 


erdoyRo4sk:) 


Aa 
i "uvJown], 


:ZO61 III '6 | əturojojsKO :Z06I lI 


kb hh, AAA TT E TC TL 


von 


popuvy 
-oq Teor per4 ‘uoĝung 
-nig əpuJəngepur 0061 
ag "ep pat oun 


-n[quəsu[q PEST "opgi `f OF ` 


87878017] pun 
osejg uoa Jjun[pusqog | 


oqu} aqəs uu) 
"I9q917 89yoy ‘LyauLıIaA 
wng uonyım ‘sjnygsny 
929 omg "De 
`BIpusuət sor] Sne 
-01g 91Jeu49q9U “adımıa | 
gjuyg 9ut9 uoxsp 93[o.T 

gg “uogmo3Suoanp 





əourrouop ouroqeq-1eq | 


(ung aumy) 
Zunjpuey 


-oquəsejg ‘otsdıyougir] 


uI4eH J9qn.ıy ‘uguonyTpy 


odynyy Ayas *ziəomuos ' 
1041138 'Jfepueyagq eyo] 

Iyyugg uoden "pit 
108 “9ouirouonp A9up14 ren 


Bunjpusyog eyo | 


"AUOSIE HAlsusJur 190 
u93249] Jəp ur ‘puoapıoy. 
-u9ss[Qq J9quouoo AA ug ' 


E Me E, A 
"Däunu ioun | 


hr 
"l 


2 





PLS: 
| | 
Ä | 


) 


D 


ó 








sjpnposuy mr "pP gZ iog 


ə9səouueuy 


K 





l 3qəəruosəp 


meN 





`P eo uos 


EG 


%1 
ca 





22 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


PU9Z}98192 
4qəru ugg ‘puoĝisspy 
-I3A wesduBf ounetan 


x 
| 


usjnug ut 


‘snd9090gÄgdeIg JHnuıd | UINNOY 9ANısod wLIH 


PU92193.19Z 
yydıu use 'puəzr(ouiqos 
wwsdue[ ounen 
'gnooooo[Kudg)S iən%i3 


snoinu snooooo[£qdvu1s 


puəz)əos 
-19z ur9ss38us[ | zeg 
nun °p “puəz Jj -qI93 ` 
-[ouuyos 'sBus[ ) Zog1tau 
ounen orp | -nsib r 


*ooooo[Kqds1sS 


[12098 augn y 


° 


1əsnu]H[ 8snə9)oid `Š 


SNIJUV 


' 
\ 


ueyyayojdıq 
uszıny ul pun JI9MZ DZ 


mig 
Saa 110 py suu 
oda səurjy ‘ames 
3qnı303 yyoq uun 


BILAN let 
ynjg pun aapt Jod 


‘uəyyo y 3Aıyısod wein | -oq Liongg ‘Squa oun 


Ve gogot 


1911 
puu mjg sug zodoq 


Aude oaod wep uapugatg ‘oqa uN 


uəy yoo 


uəo)Koonnərr 
o9[9ZU1913A *yosı[ar a 


-Aydejg oAıyısod weug) | ‘uezsopudo uəqə uum 


jujjnsayy 9qjossep "IT 

'6I we Zunjogsepaı A 

ə9qw1S oanvfou wesp 
"Oaggogot 


epaaoo0otudeg "I | -Aydeyg vAalysod gun 


uppquIg sopuodıs 
-SUJIOA ous op 
'HOPU92I38.19% OH uop 
“oysudomog yuyaaı 'Z 


UOXNNOM UOANıRod 
wua) auto avaqany 


HOO Wn '`[ | wInIg) yduu Jydıu oqmgı 


u18H 491613 


gjIƏA T %/o"/s 
‘uaes uy 
-I9399p34u98 ‘uod 
nig ‘iang sne god 
-oqq £ yose yte ‘qosr Jeya 
-IOWI uN 


uozíovoynory oqoyayds 
‘uonazyeg oyoıldom 

-Oq 4Jvyuosgsu u 'puatorz 
-nojudo ‘sonus udp] 


FLUoryIpg 9Iıy9mıoA 
-19A ydou uolyeasdg 
0P jop :E8061 X PS 
901 enyIp 
yaerymimpyag “uəd/([od 
-U9990Z 9191491 (opd 
-ONsO]SKO 063 OAgu 
-[enpisog :€06I X's 
yuwuurə[u°ÇS Jop 
Zumgy əsngip Tomat 
-ıdeg opdızyau yəsıd 
-oysojsÄ) :006[ X `9[ 
1s[nAuosə3uə11oz 
oaj 9U 37718 Əqaıvu 
-Ə1WO0}0}8Á0 1P ATAS 
uy `'uəua91ss]gj9D 
pu sjerq jneuquəluos 
-uəsejg op et yosıd 
“0450784 :E06L'X '68 


gnet 
HI II 8 “IHI'98 
7939133 3yo1o] 
snyIp meyus 
‘“JqIBUITWOFOIBÄQ 
ut (uəpwjuoptəS ejəns 
-nIYUI) ojuəounuiyuo y 
əsjrom yosıdoysogssg 
‘008 zede y : 8061 °] `ZG 


9ü.1918 
giuiup qunúuquro[qos 
aopo yyol yond 


ı Ooysoysk,) :3001 "IA 8 


Zungag emgmud | 
pun 91woJoJsÄg €061 
"X EI we pun Alprooy | 
zj "MELIMOJogsKd ` 2 
swojjideg uoĝom cO01' `f 8F `3 

Zunjpusy s 
og aqo; ‘usung ` 
‘asstujIn pog OMYIUWIIA ` 
a9perım uaayep 3/, yos., 
‘orsdıyoqgip 0681 





Hp 








SNUS | 
00169 'uəouonu9l9Y : 2 | 


'asduuynıg ayep?/,yros `f 09 AN | oe 








aqna} I9DƏLA | 
S061 de emm pata | 
unn oeg uoäug . 
-UB IHP !uəpiə9Aqosəq | 
I9DƏLA 31929310 7 Iop UJ | 
| 


uapxjuopiag uHN1OTIS 
-naur Jap unuia 





un 19q98 
-(3eqaaowpy ‘aaqa 
“uapI9aysdssg Ayam 
Aobpaot A :806T 'I ZG 


upm IR 
-og ouly [S Jun 
sjntyog oðjog Jop uj! 
MN [EA l I 


222 F. Suter. 


einer gelegentlichen, vom Pat. nicht eingestandenen instrumentellen 
Infektion sehr dunkel wäre, da auch hier der Infektionserreger ein 
Coccus der Harnröhre ist. Ich glaube also der Wahrheit näher zu 
kommen, wenn ich bei diesen 2 Fällen eine nicht eingestandene 
instrumentelle Manipulation zur Erklärung der Infektion annehme, 
als wenn ich mich eines andern, komplizierten Erklärungsmodus be- 
diene. Jedenfalls stammen in beiden Fällen dieKokken aus der Urethra. 

Die spezielle Disposition für die Infektion war bedingt in 11 Fällen 
durch das Vorhandensein eines Tumors, in 13 Fällen durch ein Resi- 
dualharn, in 3 Fällen durch ein Konkrement der Blase, in 8 Fällen 
durch Gonorrhoe mit ihren Komplikationen, wie Prostatitis und Strik- 
tur; in 2 Fällen war die Disposition eine fragliche: in Fall 21, der 
schon für die Erklärung der Ätiologie Schwierigkeiten bot und für 
den ich ein instrumentelles Trauma vermute, und in Fall 23, in dem 
die Infektion sich vielleicht auf der Basis einer Nephritis oder einer 
Tuberkulose entwickelt hat, in dem aber die genaue Untersuchung 
der Nieren nicht ausgeführt werden konnte. In Fall 4 endlich 
(67 jahrige Patientin) waren Nierenkoliken vorausgegangen, es hatten 
sich gelegentlich Konkremente in der Blase gefunden, es war dann 
cystoskopiert worden, und die Infektion hatte sich wohl auf Lä- 
sionen, die durch die Konkremente gesetzt worden waren, ent- 
wickelt. Jedenfalls geht aus dieser Zusammenstellung hervor, wie 
wichtig für das Haften der Infektion die lokale Disposition ist. Es 
geht auch daraus hervor, wieviel häufiger dieselbe bei Männern als 
bei Frauen vorhanden ist, da unter den 38 Patienten nur 2 weib- 
liche Wesen figurieren, von denen das eine durch Blasenstein, das 
andere eben durch Nierenkonkremente und deren Passage durch die 
Blase disponiert war. 

Die Diagnose Cystitis war in allen Fällen durch die Anamnese 
und den Befund des trüben, eiterhaltigen Urins sehr wahrscheinlich; 
in 27 Fällen wurde die cystoskopische Untersuchung gemacht, in 
11 Fällen wurde nicht cystoskopiert. Bei der Cystoskopie fanden sich 
in 10 Fällen mäfsige Veränderungen der Blasenschleimhaut, wie Gefäls- 
sterne, fleckige und leicht diffuse Rötung, in 17 Fällen waren die 
Veränderungen ausgesprochener: es fanden sich diffuse Rötung bis 
starke Rötung und samtartige Lockerung der Schleimhaut. 

Der spontan gelöste Urin war in 21 Fällen bei der Entnahme 
sauer, in 16 Füllen alkalisch, in 1 Falle wechselte die Reaktion 
bei dem gleichen bakteriologischen Befunde zwischen sauer und 
alkalisch bei verschiedenen Untersuchungen. 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane, 223 


Was nun die Infektionserreger anbetrifft, so interessiert uns vor 
allem — wir erinnern an den Streit zwischen Rovsing und der 
französischen Schule — das Verhalten derselben gegenüber Urin, 
d. h. die Frage, ob die betreffenden Mikroorganismen den Harn zersetzen 
oder nicht. Ich habe die gefundenen Bakterien nach dieser Eigen- 
schaft geordnet und auch noch zur genaueren Unterscheidung den 
Einflufs auf die Gelatine — Verflüssigung oder Nichtverflüssigung — 
beigefügt. 

Es fanden sich: 

4 mal Kokken, die weder Gelatine verflüssigten, noch Harn- 
stoff zersetzten; 

5mal Kokken, die Gelatine verflüssigten, Harnstoff nicht zer- 
setzten; 

2mal Kokken, die Gelatine nicht verflüssigten, Harnstoff zer- 
setzten; 

23 mal Kokken, die Harnstoff und Gelatine zersetzten; 

2 mal Streptokokken, die Gelatine nicht verflüssigten, Harnstoff 
nicht zersetzten; 

lmalStreptokokken, die Gelatineverflüssigten, Harnstoffzersetzten; 

2 mal Streptokokken, die Gelatine nicht verflüssigten, Harnstoff 
zersetzten. 

Es fanden sich in den 38 Fällen 39 Einzelinfektionen, indem 
in einem Falle (Nr. 29) bei der ersten Untersuchung ein Strepto- ` 
coccus, bei der zweiten ein gelber Staphylococcus allein gefunden 
wurde. Des weitern fanden sich unter den gleichen 38 Fällen 
9 Befunde von Mischinfektion, sei es, dafs aus einer Monoinfektion 
eine Mischinfektion wurde, sei es, dafs die Art der Infektionserreger 
überhaupt total wechselte, wie in Fall 35, wo zuerst ein gelber 
Staphylococcus, später ein weifser Staphylococcus, später Bacterium 
coli und Proteus Hauser, später Staphylococcus aureus und Proteus 
Hauser, und endlich weifse und gelbe Staphylokokken gefunden 
wurden. 

Die 9 Mischinfektionen sind die folgenden: 

Fall 14: gelbe und weifse Kokken, Gelatine schmelzend, 
Harnstoff zersetzend. 

Fall 27: Streptokokken und Staphylokokken, Gelatine schmel- 
zend, Harustoff zersetzend. 

Fall 28: 1. Streptokokken, Harnstoff zersetzend, Gelatine nicht 


schmelzend, und Kokken, Harnstoff nicht zersetzend, Gelatine nicht 
schmelzend. 


7 _ 
See 2 uz = 


en EEE — M = 
Pie: ü 
u SÉ - ` $ a e 
D e 
a 


Im a eaaa EE s: 


224 F. Suter. 


2. Kokken, Harnstoff nicht zersetzend, Gelatine nicht schmelzend, 
und Kokken, Harnstoff zersetzend, Gelatine schmelzend. 

Fall 30: Staphylokokken, Gelatine nicht schmelzend, Harnstoff 
nicht zersetzend ; Kokken, Harnstoff zersetzend, Gelatine verflüssigend. 

Fall 33: gelbe und graue Kokken, beide Harnstoff zersetzend, 
Gelatine schmelzend. 

Fall 35: 1. Stäbe (Coli) und Stäbe (Proteus Hauser), 

2. Kokken, Gelatine schmelzend, Harnstoff zersetzend, Stäbe 
(Proteus Hauser), 

3. weilse und gelbe Kokken, die Gelatine schmelzend, den 
Harnstoff zersetzend. 

Aus den zwei Zusammenstellungen, die 48 bakteriologische 
Urinanalysen umfassen, geht hervor, dals im allgemeinen harnstoff- 
zersetzende Kokken gefunden wurden, dafs aber auch gelegentlich 
Kokken, die diese Eigenschaft nicht besitzen, Cystitis provozieren 
können. 

In folgenden 11 Fällen ist das der Fall: 

Fall 1: Infektion durch Verweilkatheter; die Cystoskopie ergibt 
leichte Rötung der Blasenschleimhaut. 

Fall 2: Infektion durch Katheter. COystoskopisch findet sich 
diffuse leichte Rötung und Mamelonnierung der Blasenschleimhaut. 

Fall 3: Katheterinfektion; keine Cystoskopie. 

Fall 4: Instrumentelle Infektion. Cystoskopisch diffuse Rötung 
und Lockerung der Schleimhaut, viel Schleimauflagerungen. 

Fall 7: Katheterinfektion. Cystoskopisch diffuse mälsige Rötung 
und Lockerung der Schleimhaut mit Ekchymosen. 

Fall 8: Instrumentelle Infektion. Cystoskopisch diffuse Rötung 
der Blasenschleimhaut. 

Fall 25: Katheterinfektion (Streptokokken). Oystoskopisch diffuse 
leichte Rötung der Schleimhaut. 

Fall 30: Katheterinfektion (Streptokokken). Cystoskopisch 
Rötung und Lockerung der Blasenschleimhaut. 

Fall 35: Zweite Untersuchung, keine Cystoskopie. 

Fall 37: Katheterinfektion, Cystoskopisch ist die Blasen- 
schleimhaut diffus rot. 

Fall 48: Instrumentelle Infektion. Cystoskopisch leichte Rötung 
der Schleimhaut. 

In den 11 Fällen konnte 9 mal cystoskopisch die Anwesenheit 
von katharrhalischen Veränderungen in der Blase konstatiert werden. 
Die Tatsache, dals Bakterien, die den Harnstoff nicht zersetzen, 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 225 


Cystitis hervorrufen können, ist in diesen Fällen also sichergestellt. 
Ich zweifle nicht daran, dafs auch in den 2 nicht cystoskopierten 
Fällen, in denen die Cystoskopie lmal wegen grolser subjektiver 
Beschwerden, l mal wegen suprapulischer Fistel nicht gemacht 
wurde, katarrhalische Veränderungen wären gefunden worden; denn 
spez. in Fall 3 waren die cystitischen Beschwerden sehr ausge- 
sprochen. Auch in bezug auf diese letztern ist ein Unterschied 
zwischen den Fällen mit Infektionserregern, die den Harnstoff zer- 
setzen, und solchen, die ihn nicht zersetzen, nicht mit Sicherheit 
vorhanden; bei beiden Arten von Infektion können die Beschwerden 
gols oder gering sein, je nachdem eben durch die Disposition 
tein, Prostatahypertrophie) die Beschwerden akzentuiert oder 
nicht akzentuiert werden (vorübergegangenes Trauma, mäfsige Striktur, 
Prostatitis chronica). 

Wir ersehen weiter aus der Tabelle, dafs in einer grofsen Zahl 
von Cystitisfällen, die durch harnstoffzersetzende Bakterien hervor- 
grruten waren, der frischgelassene Urin gar nicht alkalisch, sondern 
sauer war; 39 mal fanden sich harnstofizersetzende Bakterien, 23 mal 
war der Urin alkalisch, 16 mal war der Urin sauer, in einzelnen 
Fällen war beim gleichen bakteriologischen Befunde der Urin bald 
alkalisch, bald sauer. Die Erklärung dieser Tatsache bietet keinerlei 
Schwierigkeiten, wenn man bedenkt, dafs 1. der Nierenurin bald 
stark sauer, bald wenig sauer, ja neutral oder alkalisch in die Blase 
kommt und schon durch seine ursprüngliche Reaktion den Bakterien 
einen guten oder schlechten Nährboden liefert; denn die Azidität des 
Urins bildet für die Eutwicklung der Bakterien je nach der Stärke 
ein gröfseres oder kleineres Hemmnis, wie aus den Untersuchungen 
Rustoskis” hervorgeht; 2. kommt in Frage die Dauer des Ver- 
bleibens des Urins in der Blase; je rascher sich die Entleerungen 
folgen, um so weniger lange bleibt der Urin der Einwirkung der 
Bakterien ausgesetzt; 3. ob Residualharn vorhanden ist oder nicht; 
wenn in der Blase Urin stagniert, der von Bakterien wimmelt, so 
wird der frisch in die Blase flielsende Urin rasch zersetzt; 4. spielt 
eine wichtige Rolle die Menge der Bakterien; liegt ein Fremdkörper 
in der Blase, oder ein Tumor, an dessen Oberfläche die Bakterien 
haften, so sind dieselben in ungehenrer Menge da und so rasch 
imstande, den Urin zu zersetzen; 5. kommt endlich die Virulenz der 
Bakterien in Frage. Es wirken natürlich virulente gelbe Staphylo- 
kokken, die auch in vitro heftig harnstoffzersetzend sich erweisen, viel 
kräftiger als Kokken, die den Harnstoff nur langsam zersetzen. Für 


226 F. Suter. 


alle diese verschiedenen Möglichkeiten finden sich Beispiele in der 
Tabelle: In Fall 33 findet sich bei gelben Staphylokokken und 
Blasenstein der Urin sauer; die Miktionen waren sehr häufig, die 
Blasenkapazität sehr gering (30 ccm). In Fall 35 mit einer Kapazität 
von 600 ccm und Blasenpapillom ist beim gleichen bakteriologischen 
Befunde der Urin alkalisch. In Fall 27 ist trotz geringer Kapazität 
(50 ccm) der Urin alkalisch und ammoniakalisch, weil eben, wie die 
Cystotomie ergab, ein diffus die Blasenwand infiltrierendes, zer- 
fallendes Karzinom vorhanden war, auf dessen Oberfläche die Bak- 
terien ganz besonders festen Fuls gefalst haben. | 

Auch Fall 35 ist ein Paradigma dafür, wie sehr die lokale 
Disposition für das Haften und die Entwicklung der Mikroorganismen 
eine Hauptsache ist. Zuerst war ein Blasentumor vorhanden mit 
alkalischem Urin, aus dem gelbe Staphylokokken wuchsen. Der 
Tumor wurde durch Cystotomie entfernt, der Urin fand sich dann 
sauer und enthielt einen den Harnstoff nicht zersetzenden Staphylo- 
coccus. Später entwickelten sich um Seidennähte der Blasenwand 
Konkremente, und bakteriologisch war ein gelber Staphylococcus 
und der Proteus Hauser nachzuweisen, und der Urin intensiv alka- 
lisch. Nach Entfernung der Konkremente wurde der Urin steril, 
um mit dem Auftreten eines Papillomrezidivs wieder alkalisch und 
staphylokokkenhaltig zu werden. Ähnliche Verhältnisse zeigt auch 
der Fall 14. 

Ein Beispiel, wie widerstandsfähig eine gesunde Blase gegen- 
über der Infektion ist, stellt Fall 34 dar. Hier bestand eine akute 
eitrige Prostatitis, deren Eiter den Staphylococcus aureus enthielt. 
Der Katheterurin war sauer, enthielt reichlich Eiweifs, Eiter, gelbe 
Staphylokokken. Nichtsdestoweniger waren die cystitischen Be- 
schwerden und wohl auch die Cystitis gering; denn letztere lief 
rasch ab, weil eben die Staphylokokken keine Prädispositionen fanden. 

Die therapeutischen Aussichten bei der Kokkeninfektion der 
Blase sind gute, sobald nicht ein unheilbares Grundübel besteht, wie 
ein Karzinom. Von den 38 Fällen wurden 18 durch die lokale 
Behandlung geheilt, d.h. der Urin wurde klar. In 10 Fällen be- 
stand ein Tumor, der die Heilung verhinderte, oder. dessen Beseitigung 
zu weiterer Infektion führte, 10 Fälle kamen nur zur Beobachtung 
und nicht zur Behandlung oder entzogen sich der Behandlung 
ungeheilt. 

Wenn wir resumieren, so ergibt sich aus dem Studium dieser 
38 Fälle, dals zum Entstehen einer Kokkencystitis im allgemeinen 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 227 


eine Prädisposition in der Blase vorhanden sein muls. Es können 
sowohl Kokken, die den Harnstoff zersetzen, als solche, die ihn 
nicht zersetzen, eine cystoskopisch festzustellende Cystitis provozieren. 
Die Symptome können bei beiderlei Mikroben schwerer oder leichter 
sein; symptomatisch zeigen die Fälle keine Differenz. Auch bei 
dem durch harnstoflzersetzende Kokken provozierten Blasenkatarrh 
kann der Urin sauer sein. Die Beseitigung des Katarrhs durch die 
Behandlung gelingt meist (im Gegensatz zur Infektion mit Bacterium 
coli), wenn nicht ein nicht zu beseitigendes Grundübel vorhanden 
ist (Karzinom). 
(Tabelle ö siehe Seite 228.) 


ó. 22 Fälle von instrumenteller Infektion der Blase mit 
Kokken und Colibakterien. 


Die Tabelle 5 enthält eine weitere Reihe vou instrumentell in- 
fizierten Oystitisfällen, bei denen die bakteriologische Untersuchung 
die Anwesenheit von Colibakterien und andern Bakterien ergab. In 
allen diesen Fällen ist die Infektion auf lange dauernde instrumen- 
telle Behandlung oder einen operativen Eingriff an der Blase zu- 
rückzuführen. Die Disposition zum Haften der Infektion war in 
13 Fällen Prostatahypertrophie mit ihren Folgezuständen, in 3 Fällen 
handelte es sich um Harnröhrenstriktur mit partieller Urinretention, 
in 3 Fällen um Blasentumor, in 2 Fällen um Blasenstein und in 
l Falle um Cystotomie und dadurch bedingte Infektion. Von den 
13 Fällen der Prostatahypertrophie waren 10 nach Bottini operiert 
worden und erforderten nach der Operation instrumentelle Be- 
handlung. Es ist klar, dals die Brandwunde der Prostata ganz 
besonders leicht infiziert wird, und dafs ganz speziell bei diesen 
Fällen eine primäre und sekundäre Infektion leicht haften konnte. 

Die Diagnose Cystitis war in allen diesen Fällen durch den 
Befund des Eitergehaltes im Urin, die Symptome und in 13 Fällen 
durch die Cystoskopie sichergestellt. Einzelne Fälle sind zur Zeit 
der gemischten Infektion cystoskopisch nicht untersucht, andere 
überhaupt nicht. In 4 Fällen waren cystoskopisch leichte Ver- 


änderungen (Gefälssterne, fleckige Rötung), in 1 Falle leichte diffuse . 


Rötung, in 8 Fällen starke Rötung und Lockerung der Schleim- 
haut festzustellen. 


| Was nun die bakteriologischen Befunde anbetrifft, so ergibt 
‘ich aus der Tabelle folgendes: 


In einer ersten Gruppe handelt es sich um Fälle, die im ein- 


ENEE EE 


F. Suter. 


228 


009 ynızeduy ‘(wourz | | | 
| 
| 


























JuUNy)daowmınT, ud snpum,T und) 
(u Ja9yoojes'yoasıymp | aaqa !Funpueyag | 
nByumajydgaıpystyastd! HJ >Juswnagsur ugyruogy. | 
godapaayıy 89% -OYSBOJSÄN 'OLZ UIUYJUNP ; g I8 ‘UOYYI yow | 
uəyyoyo] Aug “QOSHUM[IS “puəuo -rsət['əwiqloanuanio14S -oAu94uuf s: EE P 
snəsnu gsnoooooXudu)s | -Vudu)jS oayrsod wgn i -onjaoqu ‘oqa u) ZOBI "AT "Ge | -J0uor) pusäng aop uj > mg £ 
Jayawmada gatofq | | 
Eé: uonyımy (asoaydau 
9301 9S1ura yosıdoys | -0AT 3sQ[nYAsqny ‘3uas' 
ur -03540 "00L pzvedey  -sojyosasqe) syu otu | 
I[095 uinti9jouçq[ :anyıny uago ala | Jones tuəqo om uun i :e061 "IH -0794ydan uudəvuds ' 
U01493 i | 
-yeg oydılsaaaq ayjuy uajja3sumwacg ydanp ` i 
uəyyo y -uossgur ‘Jayıy yaılımds ı [e4syuraf) "opunaagnup | | 
uəaısod wrin auto sjes Jndg ‘onts i Jop BSuujtH Louis | 
1100 mupagovg Ingy | ‘vqgiy HAlyenau wrp Yanıyo3 gyorg un ZOSI "AI | -038859 2061 "UI ES ` 
(ge uer) Duag1am ug f | | 
gaumgior op *puəozjəs | | 
-19Z 3uotu uu) uəp Uu9 3013 ' uəq0s uəuonnəsoq | | | 
‘sn990907[dıq] aaaryısod | -oldiq aAyısod wein ypeyuassew pun miy uoyroy 9uuo *ussrp. 
Weir) Jagltauwnuin ' | DJ{9ZUTDA9A jeyuossew 'r9)Uq suu qodər[sƏəuto[N inogga Aq pun ardoys 
(oo gnuagd '[ | IQS GALIU WLIO JONES "20011 FYOL UL) | uəqo 9tA :ZO061 JII CS OSCH IMOYIƏPƏEL | 
| Jeqpuyme yoru 49} | 
| -I1/] IHM] 'DTQABU ONOS | 91ƏIN uyu 
-Usep oyup ‘YO JIP Ur ZI9wy9g "degt | 
ı U8JADONNOTT 93102 94041 əu|əZitə yostdoys , -JINp>gL oyeyzuomype | 
| -U19494 sjat 99%, l | -ojsXo t001 wypzedrey oniunnu *puəpi . Ó 
11938 Ann = up] gnjosqu svj UUN 6068 "III TI "Haut uaiunf gas BI YS |Z 
| 88801 | 
Pu9298 | mie El sJ ATV əouosuqdo.3iə9d i] "Mey "AED 193947 \ 
-192Z Jydıu ulıf]) ‘puəz | "oO SYJeyuassem | -UNATUPSAHPFUNIHYDOrT | -Ty[iomıdaa !dunfpueu | | 
-pwys Jydıu əutsər) uoyyoy | “aogırp :yodaq uni | pun Sumoy asnyyıp əy |-ag] O[eNO[ “'snulstdəl | | 
‘snopovojdiq angs |-opdıq BeAarısod wein) -goy out "oda saM ! -aujs ‘HOP Uleyfenpisay] | 91 'usgroyDLlatmyos 2 
D'A oumg oamu2ou mun Am ‘Jones oun ung] | "COGIT "TA cl Sun 88I MOS "nu" 
anyıny-ustloygeg ysıudgıduatioyyugl punyaquraj] | punjaquasuig əsəuuisuy we 
| 








*`u9l19]Nuq uiəpug pun [09 WMLI9JIEH FW OSB i9D uopíüTəJul 39[[9j)uəuiniI)SUuI u0A OIIR4 ES S OPEL 


D 20 


gel get 


Zur Atiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


Uotigo1gd "Oailgig 
-UINI9M99D349S ‘19117 
sng 3jodaq “uəumq[V 
ands 'yasıfeyfe yDrayos 

‘aqua gyorg UUN 


süuo5oo 
A9PU9ZI95192 Dog 

-urH “dəpuə3issngU4os 

aure sdJƏ9uo1[q[9s5 °“ 
1[09 wmtIejoeg "I 


uayyoyofiyd 
914 əaısod wein ` 
gqrIg oayedau men ` 


a 


puəz}əsıəz messur] 





uun) pun əumns[əp 'sno uayyoy4 g9odap.IaNY 
-vooofÄydgyg 3q Z eAasod wein ‘Z SOYIEBIS yoıpwaız "90011 
100 wnuapeg 'I oO əa yeou wsi '` | yormaz ‘aanes unf) 
pu9z49sıaz wesdugf 
uun “puəziəmuos wes Sjoa 
-Buws[ 9unə[əp ƏIp “sno ınds ‘uerıayyegg YL 
-DovoJÄydeIg ISPA g -uəsseu ‘uəsroyy dy pun 
əunu — ` | qəyrq sne qodəGq sax1e}s 
-uto9 T[05 urntiə9joeg '| | oqug ayeu wen "1 3qn49ə54uorñn[ənusutin 
1[09 umriə1osg "E | əqu)S 9uor[8əxa9q HTaTA 
pu9z9s ISB ÉEIEE GEI Ieg 
-192 mun uəp Tpuazloggegaamngäan mein g |p :yodaq ‘SJA 
-pmuosəuns[əp 91p 'sno uəyyoyojíyd mdgo ‘yəseyje ‘puəyo 


q] -omjaqn “aqua uun 


SOS SOT 
2990 9jeuuəssem 
sprang Dia "hi "uo 
"ua d uəuosnoiyəu 
'g | pra gu 3odəGT s9yi%91s 
utə 32498 'puayderipan 


-Do9ofäyderg ıoqjad I |-8Ig oaod wein 


ə9q0)S 9A093ə9G WUBIN) 


09 wnuaprg :ë 
uəyyoyojáyųd 


snə:1ng 


sno9090JÄydaIg "I -3IS 9Aryısod wein "Il Iwagnəu ‘squa UUN 
U91199 Jjeyuossuun 
1[09 umtiopeg 5 |vqmgoamgedaumeugf) g) “'əlI09staq(əñA9o9əpš8rvçs 


“aayıqysasgodagq ‘yose y 
"ig ‘oqu yop uta[] 


U01l4913%964[ 
oyofomľnoq 3ypuquossenu 
ragívoynorg uoyoryds» 
NW IO AA IZIUR ONUR 

qao pole ular] 


uəyyoyoríyd 
-qg eangod wur 


Ef? 
ND9090JÄydUIS "t 


oqmg armou 
wear) "E (anteotatiud 
and Ain wuar) 7 | 


Uoo UNM "5 
ynonu HAAT 
HAT Äis ") 


qaarzılur puəpməpəqun | 
yneymmpfyg ‘ordon 
-19dayeyrjsolg 9M481S 


‘0Cgasergg 19pyeyızeduy : 


1061 "IA "Oe 


1061 "JA Cé 
gas mıo[yog Jap 
uoyyaluf adu1Lısd yasıd 
-OŅs0}38í 0 009 912 
-dey "uonna1aut om 
-0 eyejsosg ayasıyd 


:1061 `A Gë 
oıyd 
-o1313dÄyejugsoIig “uəu 
-19788]RPIN) yıuz [jwsayn 
OO KAIKIKRKRKC OIF 
'H SƏH :0061 "IX II 
Uu9ZUƏZsəINM 
-XY 9SQ]JTA PUBAIIPIOA 
A3p ue Zneymiafydg A9p 
Bungy ospnu1p yəsıd 
-0Ņ80}8s50 ‘099 zed 
-u M '008 uacu[uenprisəl[ 
:0061I `IX `0€ 


| 
-01j19dAyu Ə4dawns i 


orųydoag 
-sadÄyeyegsoIg ‘MVY 
-wıa[yos Aan ZUNYY 
osngip yosıdoysogsío 
Huno uaRyjunpısay 
TOGE TA Ol 


uoqo opm 7061 "A TFI 





| 
uəqəaz ywy pun uon: 
-U9J9Y uəiuuí CI eS 


-PULA Faajauey[ıaa | 
-1 A ‘uoe dueg ` 


| 


99 A |`8 





SNUISLIYY 
-9yey Uaayep OL POQ 
9SSTUJ.IMp 
-3g Yıayawıaa ‘uH 
19M1} 4əujtos ‘snua 
-SLIYJOL RAY pun uor)uə] 
-94[ 9100 NU a S69 M 19 

əsstuzJnpəg ayaıaa| 

pun uu) Jaqua} Sun 
-puwyag uəl[əj)uəmnaus 
-ur Jop 935[ojur uəiq%í'] 
g pəs *uadungnig op 
pun aətq uəiusí g Ian 


| 


133y99]y98 pieq 'aassaq | 
peq siso aayos pun | 
uoyel2dg-Tulgogy uuep | 
Span myjtayas dunpumg | 
90 ysanp op "un | 
WOUNOSTTBATR JIULBSTIIISÄN | 
aJI M YPS HEGI qUI ` 





| | 











TE d 


erdonorf)  _ 
(lon [too A "nun 
-pdg yur #úujpuwvdqot i 


| 
| 
| 


G= COS SE WE < 


3181AIp 

-1231 PIZ NZ PIZ UOA 
JIpPOIIM 1ƏqQV OTP SNYBLO 
ı9p Zunjtayeny ‘ouou 
Ha Jop Zunjtaysny 


yasızılur 
yuorə[ quguurə[uos 
'0gë uawu[ənptsəq 
‘6061 "IA `8I 


sjong ndg outo Imy 
+ue '‘zodəpuozíooynər 
soula]y UIO 32308 ‘Janıy 


UOYNONOL 
-93 3yd10] ‘aonue urıy) 


uogo əra anyıny -Audujs əanisod wrin 
*}Z}0819Z WBS 
-Buv uun uəp Buuq 
uəz|əuruoç ummnz us 
-Zug oue rp Jop 
‘sn99090JÄydeIg AogjIam 


1931 sns jodəG ‘pe 
-nəu 'əqna) Jydraf utaf] 
1061 Ip 


HO OI 
guy yaıpdunıdsım Aan 


Jans sne oda ‘Te 
apıInA 419Z93[o,I 19p u[ | 


-nəu qR} JyP UUN 


UINNONOL 
-Ayduyg eanısod weg 


112}91 WINAB/) SEP ouow | 
-BIYA IO6I awniqəq 
81313854Q Aen 
Zunfiegy pn suseyjenpis 
-3HY SEP Uapurmyosua A 


00T ulsyjenpis 
91 ‘szezsozq Bydsıyd 


-oluediy 'əsstujanp | 6681 uonci9do-runiog 
wrodugyynig -g Syıyaunıaa “odynpy | Aura yoeu sryıysäd) 2 
v [11598 anyıny — uəu[əzutə lm uti] | :IO61I UU oe pun °g[ |Y(oudi9pəltA 968[ %9S | oU VOF 
E GOg1e oAtgZou vauıs ougu 
ei 109 ntugo12gpgt `@ DI ueggogotiudee ` -uassem Ao1mt uəqəu ygqaneıqgad 13493478Y 
usgo ətA. `ë pun '[ |uəantsod men gogo jong? Langg un "UI "Lë -19AI9A IOP Pat sy 
PU92998.192 | 
yydıu uni) ‘puszjgmuyds 
yoru əgutg[9p “'sno5oo2o[ 
Aude A981touw 064? 'Z 
PU92I98192 gos [eıyneu uonye 


-utir) 'puəziəuuos ugs 
-Buw%[ 9uúns[9p “snoooo 
-orÄydugg daəuortq[ə3 ` 


uəmaojo[driG[ ong 


‘uay Joyo 
-Aydeyg oanpod wsp 


-04 "qy lat nod 
9pio11g saduLıad 32798 


‘sanıy 34919[ "III Lë 


snu 
-stago yy "oongiado 
-tuhog 8061 "III Ol 


OI lg Lem 




















un) “OPI wmnpıssy | uəziəmuoçs Hayep ?/, | 
98487801d wıydonjıediy | yas ‘usuoyip 3914uətu 22 
° =” == Je] UL) -6061 "II '6I 18 Doug OT 19S | TH |6 
A Eae SCHEER, I I III ` = = on SE EE 
| 14031089) 
anyıny-usjuojyegr Jsısdyıduagıo ug punzjsquup Punjyoquesug əsouusuv “aly PWEN 





aa O apaq 








31 


2 


Zur Ätiologie der infektiosen Erkrankungen der Harnorgane. 


[11998 anyıny 


enaıme sauadoäd 
SNP090JÄydeIg :anyyny 


uoyyoy ouy ‘sunm 
-W00 100 umniagprg 


72798192 Jyoıu 
uun Bıssngıoa yydıu 
aurjejeg) !anyıny snur 


[11998 anyıny 


I[09 urn119J9%í[ 


sn9oin9 snooooo[£ude1s 
usgo ƏIA 
yoo wunnuogoung °É 


nDO 
-ofäydmyg dozfíiqo °` 


U93301310[ 


u9y(oo3 
-nər] əuot[awds “sJIƏ ATI 
ands ‘Sunquy, ‘a Bung 
-nəpuy yu ‘songs uN 


loh geag sopa 
sng zodəq Wəy18}S Jt 


-Ludeg əayısod wssn | ydsıpexje ‘aqua UUN 


BIO 
ydıs 20491 09410 uosu 
qug HAludau WEIN) 


uəyyoyojdiq 3414 
-wod wein) oypdıjıydsa 


əqyıg Əəanudəu uwi 


uəxX3oyo 
-Äydegg eAlyısod wuın) 


uəqo 91m 


uoLı1og 
-yugj sayudou gin "E 
anod umin 
uoyyoyoläydus "I 


uənazyeg eupıdomoag 

‘mdg 'qry Yodapısııq 

səyıg4s yərjmərz ‘Janes 
"ons? 34019) UNA 


yodaqg sodııya ‘sowo]y 
tuəumqIV ınds ‘ones 
9qnaj93 10091 OI 


Isg Ou 
+49359q 

u9guIs yeyuassem pun 

(yaryands) asyıy ne otp 

‘OYTO M OUTA auto 32395 

onge Loop mdg uun 


u3z}9} 

-J931 9puəsər[uəurtuss 
-nz əqoap `q[V Dia "lu 
‘nigr pun səp sns 
oda 'ypsreyowugy 
‘rones ‘aqyı.ly 4uəs uti[] 


saom mdg 
“uoraoyyngp oun? 
-anur pun Jogy sny god 
-2(] ‘Oq ‘SONUR 0l4[] 


yneymmayds 
Jop Zungy 9309] 
:yosıdossogsSg “XI LI 


0OQI udvulenpiIs9oq 
2310189 snpgip Y188 
quguurə[qosuəse[g OIP 
uƏstdoywsoqsáo :81e1so.1q 
9119SJQiBI9A 1491S 
:IO6I `XI `9 


ueyjuods 
uonyIA "IA "ZI 


JD US 
ə3uə Auag 'u[91sU 
-tüƏurr9q pun -[Goios 
: 1061 "A Lë 
əssruj[wu49 À 
əlwmdaou [061 XI `91 


uəpzəmyosəg IAN 
-yəfqns əuyo "IA "Gë 


yneymrjyosuost g 
əə 00/93 pun 97990. 
-98 snyIp ‘OBIIIA SNI 
-novo :yosrdoysozsío 

:1061 IA "ol 
uoqo om 

070103 yaıpmarz 


unyıp gnuymia]lyos os: 
uawu[unpisoq :X OB 


 AJ9A °P uəiəruəu eg 


‘9940 usdunnds ` 
mm "III mn St, 
əsu[q Iep SZuntpuguagd ` 
| <. 

U11938 3 | 
-uəsejg pun Zunjpuey 
-3g affayuamnagsur PT) 
J19S!ISSLLTJINPIT Sy 2 
2 40S et 

əpuosiən%(T x 
sapsaurlad am Bun, 
-puseyoqydsN “gujd:9əl)xə | 
wurmolo1u)9:/] VA `Q 


uləjssgut:im pun 

əssəzsqu[gə9uriəq `P *// 

mag 'əuroydm¿sim14143ç ` 

"Toi yos “əouddouop ' Z 

`f 96 pun 0g 10A | Ley | 0 
| 





l 


Zunjpusy 


-oQ Opyo, *“myiyutaL 





əsvjg 19p 3unr[puwqu 
og ə[eWol 'ətsdrqouyr] 
:1061 "IA Oé 


Bun[pusuəq ə[[9? 
-UHWINIJSUT ug Seng 
-UY WI ui19983XU9SU[í[ 
'W Z yas ‘uspIemydsag 

-uəsu[q `í L NOS 


2061 JeqmeaoN 


2 


‘os I |, 


-194 “uomstədo-tun 


-4041 POGI 10Qq04O WI | 


Uu wnLIOJORFfT °` 


uəqo oqwyS 9Are3ən umar) | yodopasyıyy soyıns 











usqo 91a yayzeduy 


Əsu[ç[ ep Zumjpuuy 
‘uaqo əm punog 


-9g] oyeds “redıiyouyırg 








əm FNOV0D0JÄydIg *] | uao y aywod weap “qənusəqna) Ayos ui] | aoyosıdoysogsÄg "TA '91 :1061 "IA "8 | 
091 yeyzedey 
Daag 'guuuqurə[uostiəsu ç Zunt 
-19Z urusñuwe[ uta) uəp 4əp ñumniəyoor[ pun  -puwuəgq Ə9[[ə9quəumaqsut 
‘puəzjowmyəs wessueLj Sitaa d Dia TI, Zunggy asnyıp *OBoIsaA | AJ oe 0061 `IIX 
9une[ar) oU 'snoooo usayyoy Əyə ‘Jodapıasyıry sSOY.AıBIS utə | snpnoje/) yosıdoysogsAj) | j3jrəs !əurəljsuəsu[ç P 
-ofäydeyg aaydıyqjad -ıgds oAnısod wwar) 92998 “ones ‘Vqnıy uun :IO6I "IA 9 ' P doOA pun g dOA| 29 `uoçS |°qI 
Slam Dia", 
uoayyoy *`uəqw1S uəuor[ñəxaəq `n 
uəanısod wrin ouy | 1oyı] snw 40dal[sayy21a] sung 
109 wnuapeg ‘qgyg aeu wegry |'aones aqua gy UH AI 0 -Dugua LAO 219719 M 
omg [ara ‘Suya uw 1939U1EMNIIƏAAIƏ A III FI 
oda "let STAY we uonua9dO-tun)ot] 
1[09 uluri9)owvrsq ` Jqrıg aAyedau wear) 'Z | ‘ones ‘Yodal] səsərp ‘sy11eyeyuosefg] sap ‘ang 
usqo oa `I SNI90N)A9ALJLSOod wear) uto 32798 'oqnıy urin it g 'NI43S dəp Zunjpusyag] 
u 
š o°1 yeyızeduy 
N pu9z)əsiəz urus *ujujsoiq 413p oud Jləpuvuəq 
. -uep uun “puəšisng u9ayyoy sjroarg 9/1 -0119diy ‘snqmg səp | [eyof yo ayasg "owoyd di 
Pt oA me uer əunuərn | -o[KudejS ə4deqqawg ‘odəpsəyy səyaegs |anyyug Ə8uə ƏəqaəGq[| -urKsinjyr3S Aoutag "1 nn 
ap mn osjıaanvıd | wein yoru oydıpıyds ‘yosiy "oun Ou :5061 TI ‘8g “POE 10A U990YLIOUON 
TI 
U91491 
ag uəqor5əxsəq ey | 
-uəssew 'n u3zívoynər | 
SA) uəu[əzutə yu Əy[o AA | uəud9lss]ujən)3rtur sse[q 
äm yqz wein yoreu| 3zjəs !sjrəavrq andçs jnuuunə[u9S ‘Q uey uəpuyəg 
1[09 wnLIOYDRBgE "ou Aryedau mein) “aones/yqnagadgydrojurıf)| -[enpisaoyy :Z061 "IT CI |som3 ayas tjo | 
1[09 umnaPeg 'Z | 
"PU9Z498.192 1937944781 
yydru urıf) ‘puozjswuyps | 9qBIg 9Aayedou wern 'g Ao1td sne zodəq -[TOMI9A POZ 9199 | 
uo aupgtar “snoooo uatootiudmg ` ` eitaard Die ‘Jones gt Aouogu "mont 
N -o[Kude)jS aoneıd "I oattsod oan 'I ‘Yan.ı3933 yyə, Du reg yoeu voeaedg :"XL'LI | | 
es — - — — —— cx — T = = — — —— —— —— — 
inn M -uəri913 er yeıudgıdusrıoygugl punyoquga/] punjoquesug Ve, lea: N 








PU92998.192 
OUT uəp “puəz[əuqos 
au1ejarn) 9rp 'snoooo 
-ofäydeyg aeneın "5 
1709 mntLIepeg `I 


233 


‘100 umuaypoerg 


Dain 
-my4 uəp ut Oatuat (ua 
-yoy uəasod wern ərp 
‘joo unuaprg anyıny 


puəz)əsi9z 3juort uun 


uəp pun əunv[əp op 
‘sn99090JÄydeIg iIənwdi25 


anyınd 
-utə% ut t[o2 munt1919%íT 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


PU92I98192 wUSFUR] uLI/] 
uəp '“puəz|əmuos auner | 
-019 1p “snooooo[Kuduqis | 
Joy M E 1709 
wnang "| :anyıny 





1038 anginy 


—F ku 


ss fast ls: 


nn a nn on 


(uəuuojo[diçT 
yone) uəyyoyoríydeg 
gAnmod mung: 
squys aayedou wein) ’T. 


| 
| 
ə9qmçs əane3əu > 
| 
| 


uoyyoyojdıq wein 


Əqgıg aALyedau mean) '] 


U9YMONOL 
-Aydeyg 9Ayyısod wein 


1 But 
ydıs Jqıyy urea) you 
“mg Payedou wein 


eat 
ydıs qiw mean) yowu 
ums əxnuBəu ur 


9J[9zZurə4əA zuu2 ‘g 
| 


sans uot[u9194 
“arg “py sne oda 
‘INLE Yı8js ‘Vqn.ıy uti) 


HSH -uyo 
-Bə9q 3Jyeuuəssgur pun 
911 sne odad ‘qu 
-9f Yydıu ‘iones UN 


Uuəti9]Neg[ 9uor1[8əA 
-9q ƏJyeyuəsseu ‘mjg 
‘sayy :l1odəçq[ `sJI9A LIW 
"lef 'iənns*əqnd utir] 


staat %/*/ç 


| ‘mg n sagr sne zoda q 


'1iənus“əqna) 3uorə[ utimn) 


uəlKooyxmnərr uəuor[ 

-ıgds yrur u9LIEINBg 
uayoTTSomndg snBayJo MA 
9ula]y Hure 92498 ‘1onus 

‘angg mdg uun 


uaua} 

-yeg ypo moq ILY 
aset 'sjiomi laf, 
Langg Yodap4ayıy 
səyorp 'əqn4 uta) 


Dalias ƏsJO47Z yoıpınds 
‘Apnigq ‘rones OLAI) 


00T UABy[enpIsoy 
:6061 "TI `08 
əu:91s 
-sjujəp yosıdoysogsAg 
093 ueyrenpisoy 
*əwjeqsoid gıydoayıadäH 
:8061 [8 | 
7970193 4ydTo]snpIp mey 
-wa[yag aıp :yosıdoys 
ois 008 eyzedey 
‘08 ulsypgopısoey "uo 
-pums uoYNIW TII ‘88 


119490[33 sea 
“sje[q %snueuurə[uos 
yəsıdoysozsío 
"yosıydoayıadäy emm 
BO ‘003 uleyjenpisoy 
:7061 "II Ge 


9U19ISSJPF 
-9 'sse[q JawyunoTyos 
-uəsejg yosıdoysogsky) 
:6061 ATI PI 


IA ge 


snuuurə[uoS 
A4ə[uuriou 4suos Iəq 

Jowmnyjuosujgp JƏərwn[[Irtd 
-ud ur 
: TOSI IIA "Gë 


yosidoyso <0 | oFıyyoy eaoıyowı 


syra 
-Áptptdir ə8mnrəsssur 
'ñun[pueuəq4919u3e M 
əBusjuur[ə5ə: Jayydeu 
'uonsa9dO-runaot 
:806I 'I '08 


snwstiaugey `f ®/ı as 
«u9pI9AUIS9gsuolyyTIN 
əpuəuruəunz 'f e NÆ 


SNWSLISFIUNEY 19FYNVYY 

Iyəs  ‘10JIYJPYTI MII Å 

"tuggog yogu uoesdo 
‘POGI 'III `8 


SBun[puvuəs[ 9[[91 
-uəumagsu `uə:ug f uəi 
-9Iy9M FIOS uəuonyt]X 

HIIHWIHA ‘UUO 

-UHI9IN 9494uə9]N 


Bun[[93819H ƏSU[QA 


unge mud 

t3939UJ83[I9ANIƏ A 
tyuwuuəoswer$[ 943wmurraid 
“Ərurol1oasKO IITA Ol 


uəBñumnqgsa[quəswn[£s[ 
"P 


197230] Aop Əəjnwrr ur 


| 


š] 


= 
2 
90 d 
HI 
p 
°99 4O | ZI 
š 
Ë 
= 
š 
š 
= 
2 
š 
2 
GK) om 





ne —— — — ——V 


— n = 


F. Suter. 


234 





əqw3S 'Todepıegi 
ajrat mdg ‘Jonge 
vquyg amou “anıyad yysıay un 


uo mwnLIOPUg welf) 


uəyyoyozdəsg BULoy | 
too umntri9159ç[ "oe oaod wsip uəqo Əm UUN 
Puozyos1az yydıu. ulıf) 
'pu9zjəsi9z yoru oun 
-wjag) 'IN90099Ydayg °Z 


1[00 umpu '[ 


USYYOYoYdays 
oaod wsp g 


9aRIS Hayyedou meug) 'I 


ausge Yeyuasseuu 
uerpaygidgg ‘soy ane 
yodaq ‘sonss'oqn.ıy utıj) 


u9t191 
-ġ8g yeyuəssew pumn 
Japy sne oda 89% 
-18938 'iən9gs '9qU4) utií) 


| 


1[09 wnLIOJDBgE |oqms gAngZau WEIL) 


Dau 
399 Yeyuasssu pun 
Aa woeyorıgds eng 
oda səm 903 


(utaa) -93 gyorəp ‘sones uun 


1[09 wnuapeg |9qgıs eAyuZau wrin 


uəzívoynəry Tuotougeg 
aydıldamag YByuasseuu 
oan ‘yose UNN 


yoo wnuaoLg "2 
uəqo əma 'I 


g9quIS oayeJou mwn 
pun əaysod wsp 


orres Ary 
-[y99pZ1eg ‘aus 
oueutogsgut Lag 
Zıuom Ateoa ‘yos 


pu9z}ə8192 Ateuo}UT ULIN) | (ə9q91S game en DRAI 
‘“puadissyg19A yoseı |ou ‘uoo ouy) 
gupgIap opp ‘wnupeLeg | 9q%IS 9Ayısod weg) Tt 


anm- ugg 1gigdeidogtto1geg 


punjsqujaf) 


Bye X188 ‘OqRI} UUN | 


ae3ujsoad srydonyıed£}] 
‘001 uawgu[o1plsə4I 
:0061 ‘IX `LI 


:F061 'II 26 


990193 sngıp 
nBymıa[yosuase[g 
ərp yosıdoysogskg 

7061 "II El 


119400[93 pun 3939193 
Zıyoəg yosıdoysogskd 
4nusgquuə[uosuəss[(g 
Of uleyjenpissoq 
‘aeyeysoad eıydonyıadäH 
:E061 IIIA `A 


119390[ 

-98 pun 3999193 sngıp 
Zem quuqurə[uoS 
ərp yasıdoysogsAg 
:pO6I `I Je 


3090193 sujgIp mey 
-ur19[uoS '9qugun9iyuo N 
əiə9:uəur qostdoysojsÁo 


"POOL IX Lt 


02 useyenpisay 
:£061 "11 Sp 





punjoquaseig 


Zunjpuwm>tl s 
ajjeguowınaysur 'yaısyey | 
—0ape1gt VIZ 1932791 | 
ur ‘uadun.ggssuoryyi ı 
aa aaaaduy] NOS | 


u93[98 
Zunppusyag oioort 


[yom 
anyolqng “uəgun[nds 
-19888 MPIZ NZ PIZ UOA 


Zunjpusyag edısjew 
-[9391 əl[93uəoumasur 
əpuəssət[uosus% UB.IBP 
“uoysısdg-1umog 
E061 'A `86 "`uonuəju41 
ame €06[I pun 1061 


Jongs rojos uusp 
pima uun Jop !ərsdrn 
"HUH TL qomp ogum 
-HIYUOY A9p dunulayug 


35q[98 
BƏis]gut[93əi uƏts l491sli 


-239ygey pun 4[nds "94 


uəp 
-19íXU98S94[ 9uosunsXo 
sAlsuagur ‘Zunfpuey 


seumwuy ö ° 


-Ə Ə[83O[ uryaayro | 
= 


i day y SWEN 
‚I 
WI 





P 
69 M | 06 
P 
t9 L (6I 
| 129149891 





235 


Zur Atiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


00 wnuapsg `g 
*gnəing 
snuooooo[/udg1s "I 


uəqo Ə9IA 


('uəamimat[oO ouy) 
("PU92798192 (opgi uun 
pun ounen) sname sau 
-030ád smnooooo[Kude)s 


1[09 wnLIVJDeEL :aryıny 


PU0240810%2 wesduuj 
UHT 'puodissnp.1oA wmıus 
-Buet geut9wlop) 'enooooo 
-Ludmg Aəqgouq[ləoBnus 


GOe1g 9xte3əou urgip) ° 


Hagootkudeg 
9AUISOd ein '| 


u9q0 ƏIA 


uəx4oílo[ 
-Audsyg oaod wep 


U91191 
-ysg oaneJou wssp 


oqmg uaapadau 
wuse ouo ʻ'uoyyoyol 
-£yduyg oanypod muag) 


(yonıs3ysıuoumy) 
Aa "ng "ode 
‘yosıpuyfe 'yosıdeyssouı 
“P4 440190) og Gu" 


JarI 


"lef ‘yodepısıy say 
-14848 Toon ‘Janes oun 


roata 
mdg Yodepısyıy 
saure 'soyıwjs ‘Oqu 
ayasaonss ud() : IX EZ 


(yoırdomdg) vote 
-Jeg Yeytosssu pun 
977g waydtımds sne 
ode soduyıed enge 
Wonne angg ouro uu) 


Din fir SmI 
sodep4oyr] Hun 
-AWN JONN ONAJ ULIS) 


IERT) 

A9p (Oopgiougäort 
osQ əsngIG TPA 
əguəosiqnde:uúns “əuəgO 

"0001 X "Gë 


Jones peq ‘yosteyre 
p[sq ° 1X ‘18 3198 pujes 
-y99A UONNBOY :JIX'Q 


U9Zz19J19115I 
183885 um "oonm Aas 
‘yosıpexje un] IX "18 


jsaou 
36] JUeymıojydsuaseig 
'00E uIwygjeapisoy 
'98389s01d srydosyiod LH 
-0061 "IX ‘+I 


uogjog uəsjrjom pun 
uəyoəjg uəgoas uəuly 
tuəouləgsutə yu ejurgq 
uorrurors qnwuuutIQ[uos 
op yosıdoxnoysAn 
:006T "IX "Oe 





ton? jagsıy wayasıq 

-ndeıdns 13u13 yra pun 
UƏpIOM 19107043S ÁƏ 
uro[Ids q uəjəx et 


8UUSAO 9lUsu:9oqəU | 


ane IX IS uw ‘Aoizy 
-ut Zug og 93107 
Jp ur emp "gpeed 
"SEES IX BI UV | 





(g4o1puos or) (ue? 
EI IG GILUA ET) 
r 6 1O A *uəpiə9gxAuosə9q 
sponat "Fr teg 
uopi3oxmx93 aep unn op | 
>93 uedungndg ydınp | 
aaa IX I my Bung! 
-pusyogf Əl|[9quəumnda)s i] 
-ut 'uonysaode)-Turyyog] :! 
:0061 "IX "ot ` 


09 MA 


Op "D 


Gë 


IR 


16* 


236 F. Suter. 


maligen Befunde Colibakterien und Kokken aufwiesen, oder bei 
denen zu Kokken Colibakterien kamen, oder sich die Colibakterien 
mit Kokken mischten, und bei denen im Zeitraum der Untersuchung 
diese Doppelinfektion bestehen blieb. Hierher gehört: Fall 1, 4, 5, 
6, 7, 8, 23. — 3, 15, 9 und 10. 

Fall 1: Colibakterien und Kokken (Gelatine nicht verflüssigend, 
Urin nicht zersetzend). 

Fall 4: Colibakterien und Staphylococdus pyogenes aureus. 

Fall 5: desgl. 

Fall 6: Colibakterien und gelblicher Staphylococcus. 

Fall 8: desgl. 

Fall 23: desgl. 


In diesen 6 Fällen wurde in einer einmaligen Untersuchung 
der obige Befund erhoben. 

In 4 Fällen war in einer ersten Untersuchung ein Staphylo- 
coccus nachgewiesen, später kamen Colibakterien dazu. 


Fall 3: Staphylococcus aureus in der ersten Untersuchung, bei 
der zweiten dieser und Bacterium coli. (Infektion durch den Ver- 
weilkatheter.) 


Fall 15: Erste Untersuchung: gelblicher Staphylococcus (die 
Gelatine langsam schmelzend, den Urin langsam zersetzend); zweite 
Untersuchung: der obige und Bacterium coli. (Lithotripsie, Blasen- 
behandlung.) 


Fall 10: Erste Untersuchung: steriler Urin. Zweite Unter- 
suchung: weilser Staphylococcus (Gelatine langsam schmelzend, Urin 
langsam zersetzend, Einwanderung aus einer prävesikalen Phlegmone). 
Dritte Untersuchung: derselbe Befund. Vierte Untersuchung: der- 
selbe Coccus und Colibakterien. (Operation nach Bottini, Verweil- 
katheter.) 


Fall 9: Erste Untersuchung: steriler Urin. Zweite Unter: 
suchung: gelblicher Staphylococcus (Gelatine und Urin langsam zer- 
setzend) und grauer Staphylococcus (Gelatine und Urin nicht zer- 
setzend). Operation nach Bottini. Dritte Untersuchung: obige 
2 Kokken-Arten und Bacterium coli. 

In einer zweiten Reihe von Fällen bestand oder entstand an- 
fänglich eine Mischinfektion von Colibakterien mit andern Bak: 
terien oder Kokken, am Ende aber fanden sich nur Colibakterien, 
die also die andern Bakterien aus der Blase verdrängten. Hierher 
gehören die Fälle 2, 11, 12, 13, 14, 16, 17, 18 und 19. 


Zur Ätiologie der infektiößsen Erkrankungen der Harnorgane. 237 


Fall 2: Ursprünglich steriler Urin. Infektion durch instru- 
mentelle Manipulationen mit Bacterium coli und einem weilsen, 
den Urinstoff nicht zersetzenden, die Gelatine aber langsam schmel- 
zenden Coccus. Nach einer Cystotomie und bei einer Unter- 
suchung 3 Jahre später fanden sich nur Colibakterien. 


Fall 11: Bei der ersten Untersuchung fand sich im Urin einer 
Steinblase der gelbe Staphylococcus. 5 Wochen nach der Litho- 
tripsie war das Bacterium coli vorhanden, späterhin war der Urin 
kulturell steril. 


Fall 12: Erste Untersuchung: grauer Coccus (Gelatine und 
Urin nicht zersetzend), nach Urethrotomia externa und Verweil- 
katheter Bacterium coli. 


Fall 13: Erste Untersuchung: Staphylococcus aureus pyogenes. 
Zweite Untersuchung nach Behandlung der Blase: Kultur steril. 
Dritte Untersuchung (nach Bottini): grauer Coccus (Gelatine und 
Urin nicht zersetzend) und Colibakterien. Vierte Untersuchung: 
Bacterium coli. 

Fall 14: Erste Untersuchung: grauer Coccus (Urin und Gela- 
tine langsam zersetzend). Zweite Untersuchung (nach Bottini- 
Operation und Verweilkatheter): obige Kokken und Bacterium coli. 
Dritte Untersuchung: Bacterium coli. 

Fall 16: Erste Untersuchung: steriler Harn bei Blasenpapillom. 
Zweite Untersuchung (nach Cystotomie): Bacterium coli und grauer 
Staphylococcus (Urin und Gelatine zersetzend). Dritte Untersuchung: 
Bacterium coli. 

Fall 17: Erste Untersuchung: grauer Coccus, die Gelatine und 
den Urin nicht zersetzend. Zweite Untersuchung (nach Bottini- 
Operation und Verweilkatheter): Bacterium coli. 

Fall 18: Erste Untersuchung: Bacterium coli. Zweite Unter- 
suchung (nach Bottini-Operation): Bacterium coli und grauer 
Staphylococcus (Urin und Gelatine zersetzend). Dritte Untersuchung 
(vielfache instrumentelle Behandlung): Stabbakterien (Gelatine und 
Urin zersetzend). Vierte Untersuchung: obige Bakterien und Coli- 
bakterien. Fünfte Untersuchung (nach Lithotripsie): Bacterium coli. 

Fall 19: Erste Untersuchung (nach Bottini-Operation): Bac- 
terium coli. Zweite Untersuchung: Bacterium coli und Streptococcus 
(Urin und Gelatine nicht zersetzend). Dritte Untersuchung: Bac- 
terium coli. 


In einer dritten Reibe von Fällen endlich bestand ursprünglich 


238 F. Suter. 


eine Coliinfektion, es kam eine Kokken-Sekundärinfektion dazu, und 
die Colibakterien verschwanden (Fall 20 und 21). 

Fall 20: Erste Untersuchung: Bacterium coli. Zweite Unter- 
suchung (nach Bottini-Öperation und Behandlung der Blase): 
gelblicher Staphylococcus (Urin und Gelatine langsam zersetzend). 

Fall 21: Erste Untersuchung: Bacterium coli. Zweite Unter- 
suchung (nach instrumenteller Behandlung): Staphylococcus pyo- 
genes aureus. 

Voo diesen 22 Fällen bieten diejenigen der letzten 2 Gruppen 
ein besonderes Interesse, da sie zeigen, wie in einer cystitisch er- 
krankten Blase verschiedene Bakterienarten einander ablösen und 
den Katarrh unterhalten können. 

Die Fälle der ersten Gruppe zeigen, dafs Kokken und Coli- 
bakterien sich relativ häufig nebeneinander finden; in 6 Fällen waren 
beide Bakterienarten bei der ersten bakteriologischen Untersuchung 
vorhanden, in 4 Fällen traf die erste Untersuchung nur Kokken, 
die zweite die Mischinfektion.e In allen diesen Fällen handelte 
es sich klinisch um chronische Cystitiden mit gleichbleibenden 
Symptomen. 

Die Fälle der zweiten Gruppe zeigen, wie Kokken (in Fall 18 
ein Stabbacterium) von den Colibakterien verdrängt werden und wie 
am Ende nur diese zurückbleiben. Im Falle 13 war allerdings die 
Periode der Anwesenheit des Staphylococcus aureus durch eine solche 
mit sterilem Harn von der Coliinfektion getrennt. Der Staphylo- 
coccus wurde durch die Blasenbehandlung beseitigt, durch einen 
späteren Eingriff kam es zur Infektion mit Colibakterien, und diese 
hielten sich in der Blase und unterhielten die cystitischen Be- 
schwerden. In den anderen Fällen war die Mischinfektion vor- 
handen, die Colibakterien blieben, die Kokken resp. Stabbakterien 
des Falles 18 verschwanden wohl, infolge der Behandlung, wie Forc- 
art’ in seiner Arbeit zur Erklärung dieser Vorgänge animmt. Der 
Fall 8 bietet klinisch ein ganz besonderes Interesse, indem er zeigt, 
wie hartnäckig sich die Colibakterien halten, und wie wenig sie 
durch die Therapie beeinflufst werden, während gerade die harn- 
stoffzersetzenden Bakterien an pathologische Veränderungen der Blase 
gebunden sind und mit deren Beseitigung verschwinden. Der betr. 
Kranke, ein Prostatiker mit partieller Retention, hatte durch Kathe- 
terismus sich die Blase mit Colibakterien infiziert. Neben diesen 
siedelten sich dann auf dem Boden Bottinischer Brandschorfe 
unter weiterer lokaler Behandlung Staphylokokken an. Bei einer 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 239 


ui 


weiteren Untersuchung fanden sich dann diese 2 Bakterienarten durch 
das Bacterium liquefaciens verdrängt, die Colibakterien wohl aller- 
ding nur anfänglich oder nur scheinbar, denn bei einer späteren 
Untersuchung waren sie wieder da. Dann wurde durch Litho- 
tripsie die Blase von Konkrementen gereinigt, die sich wohl unter 
dem harnstofizersetzenden Einfluls des Bacterium liquefaciens um 
alte Blutkoageln oder Brandschorfe gebildet hatten, und damit ver- 
schwand das harnstoffzersetzende Bacterium, und die Colibakterien 
blieben Meister. 

Bei 2 Fällen endlich, die eine dritte Gruppe bilden, waren 
ursprünglich Colibakterien vorhanden, wurden aber durch Kokken 
ersetzt. Im Falle 20 scheint die Sache so zu liegen, dals ein 
wenig virulentes Colibacterium durch die lokale Behandlung aus der 
Blase beseitigt wurde und dann eine zweite Infektion mit Kokken 
erfolgte. Die Kokken wurden durch die Behandlung dann auch 
beseitigt. Im Falle 21 wies der erste Untersuchungsbefund auf 
einen Zustand, der der Colibakteriurie sehr nahe stand, hin, indem 
nur seltene Leukocyten in einem von Colibakterien wimmelnden 
Urin zu finden waren. Es erfolgte dann von einer infizierten Meatus- 
plastikwunde aus die Infektion der Blase mit gelben Staphylokokken, 
die eine sehr heftige Cystitis provozierten. Die Colibakterien fehlten 
dann. — M 

Aus der Zusammenstellung ergibt sich, dafs Colibakterien mit 
Kokken sich relativ häufig finden, dafs aber häufiger die Misch- 
infektion zur Monoinfektion wird: die Kokken verschwinden, die 
Colibakterien bleiben. Selten werden die Colibakterien durch 
Kokken verdrängt; es gehört dazu jedenfalls hohe Virulenz der 
Kokken und geringe Virulenz der Colibakterien. 

Wir müssen noch kurz auf einige Punkte eintreten; es ist 
schon bei Besprechung der Tabelle 4 darauf hingewiesen worden, dals 
lange nicht in allen Fällen, in denen sich harnstofizersetzende Bak- 
en in der Harnblase finden, der Urin auch alkalisch reagiert. Auf 
die wahrscheinlichen Gründe bin ich dabei eingetreten. Hier bei 
der Mischiofektion begegnen wir dem gleichen Verhalten der Reak- 
tion des Urins. In 15 Untersuchungen fand sich eine Mischinfektion 
von Colibakterien mit harnstoffzersetzenden Bakterien: fünfmal war 
der der Blase entnommene Urin alkalisch, einmal war er neutral, 

neunmal war er sauer. Wie sich aus der Tabelle ergibt, war der 
Urin in denjenigen Fällen mit Vorzug alkalisch, die einen Coccus, 
ud in einem Falle ein Stabbacterium mit stark ausgesprochenem 


240 slk F. Suter. 


Vermögen, den Harnstoff zu zersetzen, enthielten. In den Fällen 
mit sauerem Urin zersetzte der Coccus den Urin meist sehr langsam. 

Wie'verhalten sich die subjektiven Beschwerden beim Wechsel 
des bakteriologischen "Befundes? 

In Fall 2 entstand die ursprüngliche Infektion Sech Diplo- 
kokken und Colibakterien, später waren nur noch Colibakterien: da; 
die Beschwerden blieben dieselben. 

In Fall 3 wurden die Beschwerden wohl durch die Therapie 
gelindert, während zu den gelben Staphylokokken Colibakterien 
hinzukamen. 

In Fall 7 war der Wechsel der Cystitiserreger nicht dreh eine 
Änderung der Symptome markiert; die Folgen der Bottinischen 
Operation beherrschten die Sitiation. Für Fall 9 gilt das gleiche 
wie für Fall 7. 

Fall 10 zeigt sehr typisch den Unterschied der Symptome bei 
Kokken- und bei Coliinfektion bei einem Prostatiker mit Residual- 
harn. :Derselbe hatte wiederholt schon an instrumenteller Cystitis 
gelitten, die unter Behandlung immer wieder ausgeheilt war. Kul- 
turell war dann ein ÖOystitisanfall mit Staphylokokken untersucht 
worden; unter lokaler Behandlung wurde der Urin wieder klar. 
Von Zeit zu Zeit kamen Rezidive der Cystitis mit leichter Prosta- 
titis, die durch die Behandlung immer beseitigt werden konnten. 
Durch eine Bottinische Operation und ihre Nachbehandlung wurde 
die Blase dann mit‘ Colibakterien infiziert, die nicht mehr zu be- 
seitigen waren und wohl auch das Zurückbleiben der schon früher 
vorhandenen Kokken, welche vorher durch Spülung immer vertrieben 
werden konnten, bedingten. Von dieser Zeit an war der Kranke 
gezwungen, den Katheter zu gebrauchen und regelmälsige Blasen- 
spülungen zu machen, um cystitische Beschwerden zu vermeiden. 

Fall 11 und 12 lassen sich für die Symptomatologie nicht ver- 
‘werten; der Wechsel der Bakterien fiel in Fall 11 mit der Ent- 
fernung eines Blasensteins, in Fall 12: mit der äufseren Urethrotomie 
zusammen.: | 

Fall 13 demonstriert wieder, dafs die gelben Staphylokokken 
trotz Residualharn aus einer Blase zu entfernen sind durch eine 
energische Therapie, während die Colibakterien auch ohne Residual- 
harn bleiben, aber keine Symptome zu machen brauchen. "Fall 14 
verhält sich ganz ähnlich. | 

In Fall 15 bleibt trotz Wechsel der Baktericniora die schwere 
Cystitis in gleicher Intensität bestehen. 


Zur Atiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 241 


Fall 16 und 17 sind in bezug auf die Symptome durch den 
operativen Eingriff beherrscht. 

In Fall 18 ist durch die Infektion der Blase mit einem Proteus 
Hauser-artigen Bakterium der Eintritt einer heftigen Cystitis bedingt, 
deren Symptome nach Entfernen von Blasensteinen und Verschwinden 
dieses Bakteriums aufhören. 

In Fall 19 bestand eine Colicystitis, deren Symptome bald 
stärker, bald schwächer waren und langsam abklangen; durch die 
Bereicherung der Bakterienflora, durch einen Streptococcus wurden 
die Symptome nicht geändert. 

In Fall 20 folgen sich 2 Floren durch eine Periode klaren 
Urins getrennt. 

In Fall 21 wird eine symptomlos bestehende Coliinfektion der 
Blasse durch eine Staphylokokkeninfektion abgelöst, die eine schwere 
Cystitis provoziert. 

Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, dals die Symptome 
bei Coli- und bei Kokkeninfektion die gleichen sein können und 
für de Art der Infektion nicht charakteristisch sind. Pyogene 
Staphylokokken und Proteus Hauser, die sekundär zu einer Coli- 
flora hinzukommen, lassen ihren Eintritt in die Blase allerdings an 
den Symptomen erkennen, die weniger virulenten Kokken aber 
ändern unter gleichen Bedingungen die Symptome nicht nennenswert. 


(Schlufs folgt Heft IV.) 


Über Spüleystoskope. 
Bemerkungen zum Artikel Ringlebs in Nr. 12 des Central- 
blatts 1906. 


Von 


Dr. Felix Schlagintweit, 
München — Bad Brückenau. 


Ringleb hat die Klappe des Langschen Spülcystoskops mit einer besser 
dichtenden Feder verseben, was gewils ein sehr zweckmälsiges Instrument ergibt, 
wenn man sich darauf einübt, was bei allen Oystoskopmodifikationen die Haupt- 
sache ist. Nur die Übung macht den Meister, nicht das Instrument selbst. Ich 
äulsere mich daher über die Modifikation Ringlebs nur insofern, als ich es 
für einen Rückschritt halte, dafs er wieder einen Mandrinwechsel, eine totale 
Herausnahme der Optik, empfiehlt, den wir seit nun 6 Jahren mit unserem 
Spülsystem überwunden hatten. Was nun Ringleb über dieses mein Späl- 
system am gleichen Orte angibt, ist nach meinen Erfahrungen und den Aner- 
kennungen so vieler Kollegen, die damit arbeiten, rein theoretisch und zeigt 
nur, dafs das Instrument nicht richtig benutzt worden ist. 

Ich setze die Vorteile des Instruments im Kreise der Urologen als bekannt 
voraus, verweise auf den Katalog von Reiniger-Gebbert u. Schall (welche 
Firma unser Spülsystem als universell auch an den Cystoskopen anderer Kon- 
strukteure angebracht hat) und gehe gleich zu Ringlebs Einwendungen über. 

1. Es ist nicht richtig, dals wir nur mit dem Irrigator unser Spülsystem 
betreiben können. Man steckt einfach statt des Irrigatorschlauches ein Stück 
Schlauch für die Spritze an, wenn man diese zeitraubende und mühselige 
Art für die bessere hält. Ich selbst habe es fast nie getan und empfehle es auch 
nicht, denn eine Cystoskopie ist keine Blasen-Desinfektionspülung und keine 
Kapazitätsprobe, wozu die Spritze besser ist, sondern man will nur möglichst 
schnell, schmerzlos, beliebig oft und bequem eine Klärung des Blaseninhalts 
erzielen. Unsere 10 cm weiten und 50 cm hohen Irrigatoren, deren schmalen 
Flüssigkeitsspiegel wir steta beobachten können, zeigen bei langsamem Fallen 
und Stillstand des Flüssigkeitsspiegels viel eber die Spannung der Blase an, als 
es Patient fühlt und als es eine noch so fein gehende Spritze am Stempel fühlen 
lassen könnte. Gleich nach der ersten Füllung der Blase weils ich, wieviel sie 
verträgt, und lasse dann immer etwas weniger ein- und ablaufen, so dafs der 
Patient meist gar nicht weils, dafs er gespült wird. Auf 2000 solche Unter- 
suchungen kommen bei uns vielleicht 5&—6, bei denen Kokain instilliert oder 


Über Spülcystoskope. 243 
narkotisiert wurde, was doch sehr für das Schnelle, Schonende und Bequeme 
der Methode spricht. Welche Mühe z. B. ist es, 8—5 Liter Flüssigkeit mit 
einer 150 Grammspritze durch eine stark eiternde Blase zu treiben, gegen unsere 
Technik, bei der man ohne Assistenz ruhig dasitzend nichts zu tun hat, als mit 
einer Hand, den Griff des Instruments haltend, den Wechselhahn durch eine 
Schieberbewegung des Daumens auf- und zuzumachen! 

2. Ringleb tadelt ferner den gleichmälsig starken Flüssigkeitsstrom und 
dieselbe Fallhöhe unserer Irrigatorspülung. Beides ist unrichtig; denn man 
braucht nur den Hahn unseres Instruments verschieden weit zu Öffnen, 
um alle Nuancen des Flüssigkeitsstromes vom Tropfen bis zum heftigen 
Strahle zu erzeugen, und dann braucht man doch nur den Irrigator höher oder 
tiefer zu hängen. Man weils es doch schon meist anamnestisch einigermalsen 
voraus, ob man es mit einer tuberkulösen Schrumpfblase zu tun hat, bei der man 
Irrigator und Blasenscheitel fast in gleiche Höhe stellt, oder mit einer disten- 
dierten oder toleranten Blase, bei der man den Irrigator so hoch wie möglich 
hängen kann. Wird man aber von einer Krampfblase überrascht, so ist, beim 
Irrigator sowohl als bei der Spzitze, Geduld oder — die Narkose nötig, die 
auch nicht immer hilft. Gibt aber die Krampfblase endlich doch nach, so ist 
bis jetzt kein Cystoskop bekannt, welches diesen günstigen, oft nach wenigen 
Sekunden wieder verschwindenden Zustand der Toleranz so rasch und beliebig 
oft nacheinander auszunutzen erlaubt, als das meine. Von einer „schematischen 
Spülung“ ist also keine Rede, wenn das Instrument richtig benutzt wird. 

8. Ringleb tadelt, dafs man mit meinem Instrument „nicht Flüssigkeit 
in die Blase gelangen lassen könne, während solche aus dieser abflielst“. Aber 
auch nach Ringlebs eigener Konstruktionszeichnung geht das nicht, wie es 
überhaupt mit keinem einläufigen Instrumente geht; denn in einem Kanale 
kann nichts gleichzeitig zu- und abflıelsen, wie Ringleb annimmt (S. 666, 
Zeile 3, 4, 5). Da wäre ja sowohl der doppelläufige Katheter als das doppel- 
läufige Irrigationscystoskop Nitzes von vornherein ein unsinniger Überflufs. 
Nein, auch Ringlebs Konstruktion ist nichts anderes als ein in die Blase ge- 
stecktes T-Rohr mit folgenden Eigenschaften: 


Blase Dee == i 
s 
a. Ist Blasenspannung gleich dem Zulaufsdruck bei S, so läuft nichts 
durch R, weder hinein in die Blase noch heraus, sondern alles von S 
kommende läuft zweifellos direkt durch H wieder ab. 

b. Ist Blasenspannung kleiner als Zulaufsdruck S, so füllt sich die Blase, 
es läuft nur durch R hinein. Was aber bei H abläuft, stammt nicht aus 
der Blase, sondern ist Überschufs des Zulaufs. 

c. Ist Blasenspannung gröfser als Zulaufsdruck S, dann läuft Blaseninhalt 
durch H ab, aber nichts von S hinein. 

Eine Spülung kommt also in keiner der 3 möglichen Phasen 
zustande, sondern nur durch das Alternieren von b und c ist eine solche 
möglich. Also auch nur durch Füllen und Entleeren, Spannen und Entspannen 
der Blase, wie es bei einem nicht doppelläufigen Instrumente eben nicht 
anders geht. 


244 Felix Schlagintweit, 


Es tritt also, wenn gespült werden soll, auch bei dem Ringlebschen 
Instrumente Dehnung und Zusammenziehung der Blasenwand ein, gerade 
das, was er bei Blutungen zu vermeiden wünscht, genau so wie bei allen anderen 
Spüleystoskopen. Wir haben längst mit unserem Instrumente einen Trik aus- 
probiert, mit dem wir bei normalen Blutungen noch immer ausgekommen sind. 
Wir lassen an der Grenze der eben noch erträglichen Füllung wechselweise 
4 Sekunden lang ablaufen und wieder einlaufen. Nur bei stark blutenden, bös- 
artigen Tumoren steht auf diese Weise manchmal die Blutung nicht. Daun 
spritzen wir eben Suprareninlösung (5—10 Tropfen auf 50 ccm) ein und warten 
10 Minuten. Hilft auch das nicht, so kann man auf keine Weise genau cysto- 
skopieren und mufs die Sitzung abbrechen. Unter fast 4000 Cystoskopien mit 
meinem Spülsystem ist mir das höchstens 5 mal passiert. 

Dals ich einen Tumor infolge einer Blutung nicht diagnostizieren 
konnte, ist nicht vorgekommen; im Gegenteil erlaubt unser Instrument infolge 
der Schnelligkeit,. mit der sofort nach Einlaufen der Klärflässigkeit wieder 
hineingesehen werden kann, mehr als jedes andere bis jetzt bekannte, 
wenigstens auf I—2 Sekunden etwas deutlich zu sehen, was gerade 
bei Tumoren, oft wenigstens, zur Diagnose genügt. 

4. Man könne während des Hineinschauens nicht Flüssigkeit in die Blase 
lassen. Dies ist unrichtig. Genau wie bei Ringlebs Instrument lälst sich 
Flüssigkeit zwischen Optik und Katheterwand einspritzen. Ich halte dies aber 
— (abgesehen davon, dals ich es bei meinem Instrumente wegen der in 2 Se- 
kunden jeden. Augenblick möglichen beliebigen Variation der Füllung nicht 
brauche) — wenn man die Optik nicht stark verkleinert, für etwas ganz Neben- 
sächliches und namentlich Unzulängliches. Mir ist überhaupt nur eine Möglich- 
keit bekannt, wo während des Hineinsehens Zufluls und zwar im Strahle 
(aber gerade der entsteht nicht beim Austreten von Flüssigkeit zwischen Optik 
und Katheterwand) erwünscht wäre. Nämlich, um einen Tumor durch An- 
spritzen zum Flottieren zu bringen und vielleicht den Stiel übersehen zu 
können. Dies setzt noch obendrein voraus, dafs der Tumor günstig für den 
Strahl liegt, weshalb ich zu diesem Behufe stets lieber ein einläufiges Ureteren- 
cystoskop genommen habe, mit dessen Ureterenkatheter ich den Tumor an- 
spritzen und hin- und herbewegen kann, wie ich will. 

5. Mein Spülsystem sei schwer sterilisierbar. Dies ist ebenfalls unrichtig. 
Unsere Irrigatoren sind jahraus, jahrein mit der zum Spülen verwendeten Lösung 
von Hydrarg. oxycyanat. 1: 6000—1 : 8000 gefüllt und werden nebst den Schläuchen 
nie leer. Das Spülsystem ist mit allem Zubehör durch Abdrehen einer Mutter 
(ohne Schraubenzieher) sofort abnehmbar und kann beliebig oft und lange 
ausgekocht werden. Das Cystoskop ist zu sterilisieren wie alle Cystoskope. 

6. Der Griff der Spülvorrichtung sei zu schwer. Er wiegt nicht „fast ein 
halbes Pfund‘, wie R. ganz unbegreiflicher und ungerechtfertigter Weise angibt, 
sondern sogar mit dem Testglase — 105 Gramm! Ob das zu schwer ist, weils 
ich nicht, klagen habe ich darüber nicht gehört. Ich empfinde den festen 
Griff, der ja zugleich auch den Lichtschlüssel trägt, also die Kontaktzange 
erspart, als einen grofsen Vorteil bei der Direktion des Cystoskops, welches 
sich ganz aufserordentlich leicht drehen läfst, da eben keine Kontaktzange vor- 
handen ist. Übrigens kann man, wenn die Blase gefüllt und die Optik ein- 
geschoben ist, das Spülsystem jeden Augenblick ohne Ruck abnehmen und 


Über Spülcystoskope. | 245 


wieder anstecken, wie es einem beliebt, so dafs man auch mit dem ganz 
leichten Cystoskop allein weiter arbeiten kann. Ich halte es für unnätig 
wenn man nicht etwa zu lange und zu schwere Irrigatorschläuche ver- 
wendet, Dafs der Griff zu lang sei oder sich nicht senken und seitlich bewegen 
lasse, wird niemand empfinden, der, wie wir immer, die Patienten in gynäko- 
logischer Lage untersucht. Also Steils an der Tischkante, Oberschenkel 
rechtwinklig zum Rumpf, Unterschenkel auf horizontalen Beinhaltern. 

Seit 5 Jahren sind in unseren Heilanstaltlen sämtliche einfache, Ureteren- 
und Operationscystoskope mit dieser Spülvorrichtung versehen. Es sind etwa 
15 Stück vorhanden und täglich mehrere davon im Gebrauch. Niemals hat sich 
bei der Spülvorrichtung irgend ein Anstand oder nur eine Reparatur ergeben. 
Wir haben deshalb keinen Grund, das mindeste daran zu ändern, zumal, wie 
oben gezeigt, sämtliche dem Instrument imputierte Mängel nur von einer un- 
richtigen und unvollkommenen Anwendung herrühren. 


Erwiderung zu den Bemerkungen Schlag- 
intweits über meinen Aufsatz in Nr. 12 des 


Centralblattes 1906. 


Von 
Dr. Otto Ringleb. 


Schlagintweit meint im den oben stehenden sechs Punkten meine An- 
sichten über sein Spülsystem als unrichtig bezeichnen zu müssen. Ich werde in 
Kürze darlegen, wie sehr ich von der Ansicht Schlagintweits abweiche. 

Ad 1 und 2. Zunächst hält Schlagintweit sein Instrument auch für das 
Spülen mit der Spritze geeignet: dann ist es im Prinzip das Nitzesche 
Evakuationscystoskop, nur dafs Nitze vorteilhafter und besser einen seit- 
lich am Instrument befindlichen Hahn an Stelle des offenen Schlauchteilansatzes 
benutzte und das Spannschnürchen fortliefs. Ebenso wie Schlagintweit 
konnte Nitze während der Prozedur die Optik frei herausragen lassen, die nur 
etwa 2 cm weit in den cystoskopischen Katheter eingeführt war. Aber Schlag- 
intweit hält das Spülen mit der Spritze für zeitraubend und mühselie. 
Nun, das ist seine Ansicht. Ich lasse es sehr dahingestellt, ob man nicht bei 
eruter Assistenz und gutgehenden Spritzen in viel kürzerer Zeit selbst stark 
eiternde Blasen mit klarem Inhalt zu füllen vermag, als mit dem aus bestirmmter 
Fallhöhe sich ergielsenden Strahl. Der ganze, fast ungebrochene, durch die 
Achse des Instrumentes mit jeder beliebigen Schnelligkeit zu schleudernde Strom 
arbeitet weit intensiver, als es z.B. der Flüssigrkeitsstrom bei der Schlag- 
intweitschen Spülvorrichtung vermag. Auch kommt der Strom ja gar nicht 
in der beabsichtigten Stärke in die Blase, da er zuvor mannigfache Brechungen 
erleitlet und abgeschwächt wird. Schlagintweit meint, man könne alle Nuancen 
des Flüssigkeitsstromes vom Tropfen bis zum heftigen Strahl erzeugen. Das 
stimmt, aber nur bis zu der bei der Schlagintweitschen Vorrichtung errreich- 
baren Stromstärke. So geringe Flüssirkeitsmengen bis zum Tropfen herab kommen 
earnichtinFrage. Nein, der LeistungsfähigkeitderSchlagintweitschen 
Spülvorrichtung sind da Grenzen gezogen, wo eine gröfsere Kraft 
zum Spülen erforderlich ist, als sie die Irrigatorspülung zuläfst. 
(iröfsere Blutgerinnsel z. B. sind nicht zu entfernen, weil sie den Ausflufskanal 
nicht passieren, der auch kleiner ist als der ganze Kanal des eystoskopischen 
Katheters, und þei dieser Art der Spülung Aspiration ausgeschlossen ist. Zur 
Erhöhung der Stromstärke vergröfsert Sehlagintweit die Fallhöhe, hiinget 


Erwiderung zu den Bemerkungen Schlagintweits usw. 247 


m Fall zu Fall den Irrigator hoch und niedrig. Das klingt theoretisch plau- 
sbel, aber für die Praxis liegt gerade hier ein grofser Nachteil gegenüber dem 
Spülen mit der Spritze. Zunächst wird eine Assistenz nötig, da ja klar ist, 
dafs es während der Vorbereitung zur Cystoskopie oftmals nötig ist, grofse und 
sehr grofse Stromstärke anzuwenden, wie sie bei dieser Spülart nicht erreicht 
werlen konnen. Wie anders beim Spülen mit einer Spritze! Jeden Augenblick, 
in Bruchteil einer Sekunde, kann man die Kraft verstärken und vermindern, 
wie es reracle die Situation erfordert. Ich will diesen Gedanken nicht weiter 
fortführen: nach meinen Erfahrungen ist das Spülen mit einer Spritze jedem 
Irmeatorspülen überlegen. Hier feinstes Individualisieren, dort ein schematisch 
hetriebenes Spülen. 
Al3. Die Folgerungen Schlagintweits, soweit sie sich im dritten 
Alssatz auf meine Konstruktionszeichnung beziehen, sind völlig klar und richtig: 
in der Tat ist es unmöglich, mit einem solchen kurzen Spülansatz Flüssigkeit 
in die Blase gelangen zu lassen, während solche aus derselben abflielst. Aber das 
mache ich auch ganz anders. Dazu benutze ich in solchen Fällen natürlich ein 
lanrres Spülrolar, das anfangs bis zum Ventil voll, von hier sich in en Halb- 
rohr alflacht und eingeführt wird bis zur vesikalen Öffnung des Katheters, so 
dafs die eingretriebene Flüssigkeit sich direkt in die Blase ergielst, wie bei 
einem doppelläufigen Katheter. So ist es leicht möglich, bei konstantem Füllungs- 
zustand der Blase zu spülen. In gewissen Fällen ist das sehr von Vorteil. 
Ad 4. Wenn Schlagintweit auch bei seinem Instrument Flüssigkeit 
zwischen Optik und Katheterwand eintreten lassen will, so hat er offenbar 
diesen Umstand bei der Anlage des Instrumentes nicht berücksichtigt. Ich 
habe es natürlich an seinem Instrument probiert und nur mit Mühe einige 
Flüssirkeit hindurchbringen können. Von einem Irrigationsstrome kann man 
da nicht sprechen. Das Instrument Schlagintweits ist rund, die Optik pafst 
zenau hinein. In der von mir angegebenen Weise ist das Katheterrohr oval und 
“nit über der eingeführten runden Optik ein Irrigationsraum belassen. Wenn 
Schlagintweit das für nebensächlich hält, dann ist das seine Ansicht. Nitze 
dareren war scht von der Wichtigkeit dieser Sache überzeugt. Ich mufs es 
hier unterlassen, eingehend darauf zu erwidern. Aber wenn Schlagintweit 
mr eine Möglichkeit für die Zweckmäfsigkeit des Spülens während des 
Hineinsehens anführt, so mufs das wundernehmen, da man sofort eine ganze 
Reihe von Möglichkeiten nennen könnte. Auch finde ich in Punkt 4 und 6 
der Schlarintweitschen Bemerkungen insofern einen Widerspruch, als ein- 
mal die Möglichkeit beansprucht wird, auch bei eingeführter Optik irrigieren 
zı können: auf der andern Seite will Schlagintweit die Spülvorrichtung 
ann schnell und leicht abgenommen wissen, wenn sie die Untersuchung stört. 
Ja. fliefst dann nicht die Flüssigkeit aus der Blase ab? 
Ad 7 ml 6. Ich habe den Einwand erhoben, Schlagintweits Spül- 
\errichtung sei schwer sterilisierbar. Das ist sie in der Tat. Lange Gummi- 
"Manche, Glasbehälter, Spannschnürchen usw. vollkommen zu sterilisieren, ist 
allerdings schwer. Vor allem hätte Schlagintweit ein auskochbares Kabel 
Gs en, dessen Schnüre bei der Untersuchung sehr häufig mit der Spül- 
a " a kommen. Man kann den Spülansatz auskochen, sagt 
a = u empfehlen ist das nicht. Dreimal ist ein Konus am An- 

m ` Durch Auskochen werden diese häufig undicht; auch empfiehlt 


atirehen solle 


248 Otto Ringleb. 


es sich nicht, den cystoskopischen Katheter auszukochen. Die Stromzuführung 
liegt hier in einem besonderen Kanal am unteren Umfang des Rohres. Beim 
Erkalten eindringende Feuchtigkeit führt zu Kurzschlufs.. Wenn ich von dem 
schweren Hebel sprach, der nebenbei ca. !/, Pfund wiegt, so dürfte auch 
Schlagintweit mir recht geben, wenn ich unter diesem Gewicht Katheter- 
ende, Spülansatz, Gummischläuche, Okularende der Optik, Kabel usw. verstehe, 
also den ganzen freien Teil des eingeführten Instrumentes. 

Zum Schlufs resümiere ich mich dahin: 

Das von der Firma Reiniger, Gebbert und Schall durch Brück- 
ners Meisterhand hergestellte Instrument Schlagintweits ist für 
denjenigen, der sich mit dem Irrigatorspülen abfindet, ein vorzüg- 
liches Instrument, dessen Leistungsfähigkeit da zu Ende geht, wo 
eine stärkere Spülart nötig ist, als sie die Irrigatorspülung zuläfst. 
Die Spülung durch den ganzen Kanal des cystoskopischen Kathe- 
ters mit einer Spritze ist fast allen Situationen der Cystoskopie 
gewachsen, sie gestattet nicht nur ausgiebigste Spülung, sondern 
auch eine Evakuation, die bei der Schlagintweitschen Vorrichtung 
nicht möglich ist. Es erfüllt somit Nitzes Evakuationscystoskop 
mit einer sicheren und exakten, automatischen Verschlufsvor- 
richtung die Bedingungen, die an ein gutes Spülcystoskop zu 
stellen sind. 


Literaturberiecht. 


I. Allgemeines über Physiologie und Pathologie des 
Urogenital-Apparates, 


Zur Prophylaxe der Geschlechtskrankheiten in Österreich. 
Von E. Finger. (Zeitschr. f. Bek. d. Geschlechtskrankh. Bd. V, H. 11 u. 12.) 

Da die österreichische Regierung sich in der Frage der erfolgreichen 
Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten im Gegensatz zu anderen Staaten 
bisher allein passiv verhielt, hat sich Verf. veranlafst gesehen, seine 
Stimme zu erheben und Staat und Gesellschaft an ihre Pflichten zu er- 
innern. Seine Reformvorschläge, die, wenn durchgeführt, einen be- 
merkenswerten Fortschritt bedeuten würden, bewegen sich auf folgenden 
Gebieten. 

Verf. unterscheidet eine Prophylaxe der genitalen und extragenitalen 
Infektion. Zur Durchführung der ersteren gehören eine sorgfältige Kon- 
trolle der Prostitution und Vorbeugungsmafsregeln durch Behandlung, 
Belehrung und gesetzliche Bestimmungen. Was die Einzelheiten an- 
‚langt, so leidet die bisher geübte Prophylaxe durch Behandlung. unter 
grolsen Übelständen, die zunächst beseitigt werden mülsten. Es fehlt 
beispielsweise an einer genügenden Zahl von Spitalbetten für den weniger 
berüterten Mittelstand, den Unbemittelten wird der Krankenhausaufent- 
halt verleidet durch das gefängnisartige Aussehen der Abteilungen für 
(teschlechtskranke und durch das Einziehen der Spitalkosten von der 
Heimatsgemeinde, in der auf diese Weise die Krankheit ruchbar wird. 
In den Ambulatorien wird zu wenig Rücksicht auf das Schamgefüll 
der Patienten genommen, auch die Diskretion wird nicht immer ge- 
Nügend gewahrt. | 

Verf. verlangt ferner, dafs dem Krankenhausleiter das Recht ein- 
“räumt werde, Patienten mit ansteckenden Krankheiten gegen ihren 
Willen so lange zurückhalten zu dürfen, bis sie vollkommen geheilt sind, 
nnd dafs leichtsinnige und fahrlässige Kassenpatienten, die durch ihr 
‘erhalten eine unnötige Verlängerung ihrer Krankheit herbeigeführt 
(len, zum Ersatz der ungebührlich hohen Kosten herangezogen oder 
durch Abzüge vom Krankengeld hestraft werden. Verf. verwirft den 
’ehandlungszwang und die ärztliche Anzeigepflicht, deren praktische 
Jurchführung grofse Schwierigkeiten bereiten und die Patienten nur ab- 
halten werden, ärztliche Hilfe rechtzeitig in Anspruch zu nehmen. Hin- 
tegen soll jeder Geschlechtskranke das Recht haben, sich in den öffentlichen 
Ambulatorien unentgeltlich behandeln und die nötigen Medikamente ver- 
Abfolgen zu lassen. Ferner hat der Staat die Verpflichtung, für eine sorg- 
fältige Ausbildung und Fortbildung der Ärzte auf dem Gebiete der 
(teschlechtskrankheiten Sorge zu tragen, der Kurpfuscherei einen Riegel 
vorzuschieben und das öffentliche Annoncieren von Medikamenten gegen 
geschlechtliche Erkrankungen zu verbieten. 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 17 


950 Allgemeines über Physiologie u. Pathologie des Urogenital-Apparates. 


Die Belehrung der Kranken hat so zu erfolgen, dafs allen Arzten 
gedruckte und von der Sanitätsbehörde abgefalste Belehrungsformulare 
kostenfrei zugestellt werden, die sie bei der ersten Konsultation den 
Patienten zu überreichen verpflichtet sind. Die Belehrung der Gesunden 
sei dringend erwünscht mit Eintritt der Geschlechtsreife, die Form ders 
selben sei indessen gleichfalls vom Staate zu überwachen. 

Auch durch gesetzliche Bestimmungen, welche die Ausübung des 
Beischlafs im Zustande der geschlechtlichen Erkrankung unter Strafe 
stellten, könnte eine höchst wirksame Prophylaxe ausgeübt werden. 

Um eine extragenitale Infektion zu verhüten, die am häufigsten 
durch das Säugen erfolgt, mülste auf gesetzlichem Wege dahin gewirkt 
werden, dals zu syphilitischen Kindern keine Ammen genommen werden, 
und dafs syphilitische Frauen sich nicht als Ammen vermieten dürften. 
Den Hebammen, die sich in Ausübung ihres Berufs öfters infizierten 
und aus Unkenntnis die Syphilis auf Wöchnerinnen übertrügen, sollte 
Unterricht in der Erkenntnis der Geschlechtskrankheiten gegeben werden. 
Die Impfung von Arm zu Arm sei unbedingt zu untersagen, und in 
Fabriken, in denen gewisse Werkzeuge von Mund zu Mund gereicht 
werden, mülste jeder Arbeiter sein eigenes Mundstück besitzen. 

F. Fuchs-Breslau. 


Übertragung von Tumoren bei Hunden durch den Geschlechts- 
akt. Von Dr. Anton Sticker. (Berl. klin. Wochenschr. 06, Nr. 49.) i 

Die aus der königl. chirurg. Universitätsklinik Berlin stammenden 
Versuche haben als Ausgangsmaterial eine Geschwulst, die sich spontan 
am Penis eines Hundes entwickelt hatte, und zwar handelte es sich um 
ein Sarkom. Implantationen von Partikeln desselben in die verschie- 
densten Organe und Körperhöhlen anderer Hunde führten überall zur 
Entstehung von echten Sarkomen, die nur in ca. 16°/, der Fälle spontan 
ausheilten, in den andern ein progressives Wachstum zeigten und unter 
Metastasenbildung den Tod der Versuchstiere herbeiführten. Positive 
Resultate wurden auch erzielt, wenn die implantierten Geschwulstpartikel 
aus ulcerierten Tumoren stammten, in Fällen also, in denen mit der 
Möglichkeit gerechnet werden mulste, dafs diese Teilchen durch Ent- 
zündungen und Jauchungen so geschädigt seien, dals sie ihre Wachstums- 
und Wucherungsfähigkeit verloren hätten. Um nun festzustellen, ob 
durch Kontakt spontane Tumoren bei anderen Tieren enststehen können, 
liefs Verf. eine Hündin, die im Introitus vaginae zwei ulcerierte Sarkom- 
knoten hatte, von vier männlichen Hunden decken. Bei einem derselben 
entwickelte sich nach etwa 3!/, Monaten genau an der Stelle, welche 
mit der Geschwulststelle in der Vagina der Hündin korrespondierte, ein 
brombeergrofser Tumor, der allmählich wuchs; gleichzeitig wandelte sich 
die regionäre Lymphdrüse in einen derben, höckerigen Knoten um. Bei 
einem zweiten Hunde entstanden nach der gleichen Latenzzeit am 
Penis eine Anzahl Knötchen, die langsam, aber stetig wuchsen, wäh- 
rend in der regionären Lymphdrüse nichts wahrzunehmen war. Bei 
den anderen beiden Hunden war bis zum Tage der Publikation nichts 
von (feschwulstbildung bemerkbar. Diese Ergebnisse berechtigen zu der 


Allgemeines über Pliysiologie u. Pathologie des Urogenital-Apparates. 251 


Annahme, dafs auch beim Menschen sehr wohl Kontakttumoren ent- 
stehen können, wodurch die in der Literatur beschriebenen diesbezüg- 
lichen Fälle, die bisher vielfach mit grolser Skepsis beurteilt wurden, in 
eine neue Beleuchtung treten würden. Dies würde besonders auch für 
den sogenannten Ehegattenkrebs zutreffen, bei welchem Männer an Krebs 
des Penis erkrankten, nachdem sie mit Frauen, die an Uteruskarzinom 
litten, Umgang gepflegt hatten. Paul Cohn-Berlin. 


Infections by the Bacterium Coli commune with particular 
Reference to the Urinary Tract. Von Mc. Williams. (Medical Record 
7. VO. 1906.) 

Eine sehr lehrreiche Krankengeschichte‘ Ein junger, stets gesund 
gewesener junger Mann wird wegen eines kleinen Ulcus einer Dehnung 
des Sphincter ani unterworfen; im Anschlufs daran Retentio urinae, die 
den Katheterismus erforderlich machte; trotz peinlichster Asepsis ent- 
wickelte sich nach drei Tagen eine derartig stürmische Infektion des 
gesamten Organismus, dafs Patient lange Zeit in Lebensgefahr schwebte. 
Delirien, schwere eitrige Nephritis, hohes Fieber, vollkommene Apathie, 
schwere Ödeme usw. blieben in wechselnder Stärke fast 2!/, Wochen be- 
stehen; nur langsam erholte sich der Patient von der schweren Er- 
krankung, als deren Ursache durch exakte Untersuchungen das Bacterium 
coli commune nachgewiesen wurde. Verf. bespricht eingehend die hin- 
länglich bekannte Biologie und Pathogenese dieses Mikroorganismus. 

Karo-Berlin. 


Über das Borovertin, ein neues Harndesinficiens. Von Man- 
kiewicz. (Berl. klin. Wochenschr, 06, Nr. 49.) | 
Die neueren Harndesinfizientien: Urotropin, Urotropinum salicylicum, 
Helmitol, Hetralin haben uns zwar in der Behandlung der bakteriellen 
Erkrankungen der Harnwege einen grolsen Schritt vorwärts gebracht, 
entsprechen jedoch noch lange nicht den Anforderungen, die an ein 
ideales Harnantiseptikum zu stellen sind. Das Urotropin würde ein 
solches darstellen, wenn es nicht bei manchen Patienten starke Reiz- 
zustände in der Blase hervorriefe, in anderen Fällen wieder versagte, so 
bei Blasenkatarrhen und gleichzeitiger Erkrankung der oberen Harn- 
wege, bei Geschwülsten der Blase, besonders aber bei alkalischer und 
zersetzter Beschaffenheit des Urins, weil das in den Harn meist unzersetzt 
übergehende Hexamethylentetramin sich nur im sauren Medium in das 
wirksame Formaldehyd und Wasser zerlegen kann. M. suchte deshalb 
nach einer geeigneten Komponente, die den Harn sauer macht, und 
glaubt dieselbe in der Borsäure gefunden zu haben; dieselbe kann 
monatelang ohne Schaden gebraucht werden, wie z. B. Virchow bei 
sich selbst konstatierte, und ist bei den in Frage stehenden Dosen, etwa 
2 g pro die, absolut ungiftig. 
Der Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation in Berlin gelang es, 
ein Präparat herzustellen, das Hexamethylentetramin und Borsäure in 
fester Bindung enthält, das sogenannte Borovertin, und zwar als Hexa- 
methylentetraminmonoborat, -deuteroborat, -trıiborat und -tetraborat. M. 
17* 


+ 
252 Allgemeines über Physiologie u. Pathologie des Urogenital-A pparates. 


wandte bisher nur das Triborat an, da es nahezu gleiche Teile der 
Komponenten enthält. Die Anwendung geschieht in Pulverform oder 
als Tabletten à 0,5 in Tagesdosen von 1—4 g, während oder nach den 
Mahlzeiten. Die Ausscheidung beginnt oft schon nach 15 Minuten, das 
I A) Hexamethylentetramin ist im Urin dann durch Hinzufügen von einigen 
W: Tropfen 10 proz. Bromwassers nachzuweisen; bei Anwesenheit des Körpers 
W | entsteht ein orangefarbener Niederschlag, der sich in der Wärme leicht 

löst. Nach Anwendung des Mittels in mehr als hundert Fällen glaubt 

Verf. das Borovertin in bakteriellen Erkrankungen des Harnapparates 

empfehlen zu können, da es mindestens die gleiche Wirkung wie Uro- 
Ch tropin hat, da es ferner vermöge seiner den Harn sauer machenden 
h, Eigenschaft sich besonders für Patienten eignet, die infolge von Prostata- 
E: ' ' hypertrophie und Blasenschwäche oder nach Operationen häufig katheteri- 
| siert werden müssen. Paul Cohn-Berlin. 





Über den klinischen Wert des Cystopurins. Von Dr. O. E. 
Loose, Berlin. (Deutsche med. Wochenschr. 1906, Nr. 2.) 

Bei einer Anzahl von C'ystitisfällen sah Verf. bei innerlicher Ver- 
abreichung von 6 g Cystopurin pro die schnell eine auffallende Besse- 
rung eintreten. Die Fälle waren z. T. schon mit lokalen Mitteln und mit 
andern inneren Harnantisepticis, insbesondere auch mit Urotropin ohne 
sichtbaren Erfolg behandelt worden. Es liegt die Möglichkeit vor, dafs 
aus dem Cystopurin mehr Formaldehyd abgespalten wird als aus Uro- 
tropin — hierfür findet sich kein Anhalt — oder es müssen dem Cystopurin 
andere Eigenschaften innewohnen, die die bisherigen Mittel nicht besitzen. 
Aus Beobachtungen, die der Verf. an Gonorrhoeerkrankungen machte, 
eu? glaubt er den Schlufs ziehen zu können, dafs bei innerer Verabfolgung 
yta von Cystopurin ein Weiterschreiten des gonorrhoischen Prozesses hint- 
K angehalten wird; die Gonokokken werden durch vermehrt einwandernde 

K Kur: Lymphocyten aufgenommen; dasselbe geschieht bei anderen bakteriellen 
E Blasenerkrankungen, und so erklärt sich die auffallende Wirkung des 
Mea i Mittels auch bei diesen Erkrankungen. 
ne. T Die Mitteilungen des Verf. bedürfen noch eingehender Nach- 
DET prüfungen; insbesondere werden wohl seine Anschauungen bezüglich des 
Be NR 4 Einflusses des Mittels auf die Gonorrhoe nicht ohne Widerspruch bleiben. 
oa." 1 Ludwig Manasse-Berlin. 


TERN * Über die Hauptaufgabe der Therapie bei chirurgischen Er- 
2 NAN krankungen der Urogenitalwege. Von N. A. Michailow. (Russki 
A DEA e A Wratsch 1906, No, 29.) 

a O L Die Hauptaufgabe der Therapie bei chirurgischen Erkrankungen 
it ra im. Bereiche des Urogenitalsystems besteht nach Verf. darin, dafs man 
RER. bestrebt sein muls, die Hyperämie zu bekämpfen, etwaige Retentionen 

n SA MESME , von infiziertem Harn zu beseitigen und nicht diesen Harn zu desinfizieren 

2 ST zu suchen. Verf. geht nämlich von dem Standpunkte aus, dals die reich- 

RAR N liche Blutversorgung der Urogenitalwege und die dadurch verursachte 

ne ARTSA., Hyperämie günstige Bedingungen für jede Art entzündlicher Prozesse 

eet? SEA A. schafft. M. Lubowski. 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 253 


Ein neues Symptom der Onanie bei Knaben. Von A. J.Ossen- 
dowski, St. Petersburg. (Wratschebnaja Gazetta 1907, No. 1.) 

Als Arzt der St. Peterburger Ackerbau-Kolonie, in welcher aus- 
schlielslich Strafsenkinder zur Aufnahme gelangen, die durchweg von der 
frühesten Jugend dem Laster der Onanie ergeben sind, hat Verf. Ge- 
legenheit gehabt, ein neues Symptom der Onanie bei Knaben festzu- 
stellen, welches darin besteht, dafs die eine oder beide Brustdrüsen ge- 
schwollen sind, und zwar bisweilen dermafsen, dafs die geschwollenen 
Drüsen die Dimensionen einer weiblichen Brustdrüse erlangen. Verf. 
fand dieses Symptom bei 52 von 220 Zöglingen ım Alter von 12 bis 
15 Jahren, wobei 33mal die Drüsenvergrölserung beiderseitig, 19mal 
einseitig war. Dort, wo die Vergrölserung der Drüsen besonders stark 
ausgesprochen war, konnte man in der Drüsensubstanz einzelne Lobuli 
durchtasten. Die vergrölserten Drüsen waren mehr oder minder konvex, 
normal gefärbt, ohne entzündliche Erscheinungen. Die Konturen des 
Warzenhofes waren etwas verstrichen. Bei der Palpation erschien die 
Drüse weich, gleichsam geschwollen, bei Druck etwas schmerzhaft; sonst 
hatte Verf. nur in einigen Fällen Klagen über leichte Empfindlichkeit. 
der Drüsen vernommen. 

Seit dieser Zeit hat Verf. sämtliche Kinder, die aus irgend einem 
Grunde in seine Sprechstunde kamen, auf dieses Symptom hin unter- 
sucht und seine Annahme jedesmal bestätigt gefunden. Ohne auf die 
Ursache dieser Erscheinung der der Onanie ergebenen Knaben ausführ- 
lich einzugehen, weist Verf. nur darauf hin, dafs im Organismus der 
Frau schon längst ein Zusammenhang zwischen den Brustdrüsen und der 
senitalsphäre wissenschaftlich festgestellt ist. M. Lubowski. 


ii, Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


On the excretion of urine. Von V. E. Henderson. (Brit. Med. 
Journ., Dec. 22. 1906.) 

ln der Literatur findet man verschiedene Experimente bezüglich 
der Nierensekretion, deren Resultate sich widersprechen. Dies beruht 
nach H. darauf, dafs der Urin der Versuchstiere je nach der Nahrung 
emen verschiedenen Salz- und Wassergehalt zeigt, und läfst sich durch 
ıne einheitliche Diät vermeiden. von Hofmann-Wien. 


Statistik der in den Jahren 1890-1904 zur Untersuchung 
gelangten zuckerhaltigen Harne. Von J. Biel. (Bericht aus dem 
Chem. Laboratorium St. Peterburg, Kasanscher Platz 1. Sonderabdruck aus 
den Berichten der Deutschen Pharmaceut. Gesellsch. 1906, Heft 4, S. 118.) 

Unter 44338 untersuchten Harnen von einzelnen Personen, die 
grölstenteils den besser situierten Gesellschaftskreisen von St. Petersburg 
angehörten, fanden sich 17,7°/, zuckerhaltige, und zwar bei Männern 
häufiger als bei Frauen, bei letzteren fanden sich nur 12,22°/, der unter- 
suchten Harne, bei ersteren aber 22,55°/, zuckerhaltig. Hingegen er- 

gibt sich aus den Zusammenstellungen der quantitativen Zuckergehalte, 
dafs die Häufigkeit der Fälle zwar beim männlichen Geschlechte über- 


254 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


wiegt, die Intensität der Fälle dagegen beim weiblichen Geschlechte 
gröfser ist. Sehr auffallend aber ist das Ansteigen der Häufigkeit des 
Diabetes. Während in der 15 jährigen Periode vor 1890 nur 16,8°;, 
der untersuchten Harne zuckerhaltig waren, ist in der 15 jährigen Periode 
nach 1890 das Verhältnis 17,7°/,, ja vom Jahre 1900 an steigen die 
Zahlen stetig von 18,8—21,7 °). Was den Eiweilsgehalt der diabe- 
tischen Harne anlangt, so fand ihn Verf. nicht so häufig wie andere 
Autoren, sondern nur in 24°/, der Fälle (23,5°/, nach v. Noorden); 
und zwar fanden sich in 18,4°/, derselben nur Eiweils; in 5,8°/, aber 
daneben auch noch Nierenelemente. In Fällen, wo bei derselben Person 
der Harn öfters untersucht wurde, zeigte sich sehr deutlich das Ansteigen 
des Eiweilsgehaltes, wenn der Zuckergehalt sank und umgekehrt. Diese 
Art von Albuminurien haben keine klinische Bedeutung, und selbst die 
Ausscheidung reichlicherer Eiweilsmengen, auch wenn daneben Cystitis 
oder Pyelitis auftritt aber ohne Nierenelemente, kann lange und ohne 
direkte Lebensgefahr ertragen werden. Albuminurien aber, die mit Aus- 
scheidung von Nierenelementen einhergehen führen, auch wenn sie an- 
fangs nicht sehr hochgradig sind, fast sicher zum Tode. 
Malfatti-Innsbruck. 


Qualitative Bestimmung des Traubenzuckers im Harn. Nach 
der Methode von Prof. Haines. (Aus dem neuen Städtischen Kranken- 
hause zu Odessa.) Von P. J. Drobinski. (Medcinskoe Obosrenie 1906, 
Band 66, Heft 16.) 

Das von Haines bereits im Jahre 1874 zur Bestimmung von 
Traubenzucker im Harn angegebene Reagens ist eine Modifikation der 
Trommerschen Probe und sehr einfach in seiner Zusammensetzung und 
Anwendungsweise. Seine Zusammensetzung ist folgende: Cupri sulf. 2,0, 
aqug dest., glycerini aa 15,0, sol. kal. caust. 5°/, 150. Das regelrecht herge- 
stellte Reagens ist von dunkelblauer Farbe, vollständig klar, ohne Nieder- 
schlag, kann längere Zeit aufbewahrt werden. Für die Reaktion ist nur eine 
geringfügige Quantität Harn erforderlich. Man gielst in ein Reagenzgläschen 
10—15 Tropfen Harn, setzt zu diesen von dem Reagens so viel hinzu, dafs 
die Farbe der Mischung ebenso azurblau ist, wie das reine Reagens; ge- 
wöhnlich sind 3—4—5 ccm erforderlich. Die Mischung wird gekocht. 
Ist im Harn Zucker in mehr oder minder bedeutender Quantität ent- 
halten (1°/, und darüber), so tritt die Reduktion des Kupfers noch vor 
dem Sieden der Flüssigkeit ein; ist aber der Zucker nur in geringen 
EE enthalten, so tritt die Reduktion erst beim Kochen oder 

‘,—1—2 Minuten nach Beginn des Siedens ein. — Verfasser hat nun 
ca. 150 Portionen Harn, von den verschiedensten Kranken, mittelst des 
Hainesschen Reagens auf Zucker untersucht und ist zu der Über- 
zeugung gelangt, dafs diesem Reagenz tatsächlich eine der ersten Stellen 
unter den verschiedenen Zuckerproben eingeräumt werden muls. Er 
findet es infolgedessen sonderbar, dafs diese ebenso empfindliche, wie ein- 
fache, leichte und zuverlässige Zuckerprobe in Deutschland, namentlich 
aber in Rulsland, so wenig verbreitet ist. 

| M. Lubowsky-Berlin-Wilmersdorf. 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes, 255 


Über zwei neue Methoden der quantitativen Bestimmung 
ds Traubenzuckers. Von Carl Arnold. (Ber. d. deutschen chem, 
Gesellsch., Bd. 39, S. 1227.) 

In bezug auf die jüngst von Glalsmann beschriebenen Methoden 
der Zuckertitrierung mit alkalischen Quecksilberlösungen macht Verf. darauf 
aufmerksam, dals Kreatinin solche Lösungen fast doppelt so stark redu- 
ziert, als Traubenzucker. Alkalisches Jodquecksilberjodkalium wird z. B. 
‚chon in der Kälte so rasch reduziert, dafs ein etwas kreatininreicher 
Harn beim WVersetzen mit diesem fast momentan eine schwarze Fällung 
gbt. Durch Messung dieser Reduktion fand Verf., dafs die Tagesmenge 
an Kreatinin im Durchschnitt 1,8—2,1g beträgt; sie würde also eine Zucker- 
menge von 2,7—3g vortäuschen können. Möglicherweise läfst sich aber 
die Zuckerbestimmung mit Hilfe der genannten Beobachtung genauer 
gestalten, indem man die in der Kälte erfolgende Kreatininreaktion, und 
ent nachträglich in der Wärme die durch den Zucker bewirkte Reduk- 
tion milst. Malfatti-Innsbruck. 


Experimental glycosuria. Von J. J. R. Macleod. (Brit. Med. 
Journ., Dec. 22, 1906.) 

Die Untersuchungsresultate M.s sind folgende: 

l. Bei Hunden, bei denen durch Reizung des zentralen Vagusendes 
Glykosurie hervorgerufen wurde, erzeugen Nikotininjektionen, welche 
stark genug sind, den Vagus zu lähmen, deutliche Herabsetzung des 
/uckergehaltes des Blutes. Diese Abnahme des Zuckers ım Blute tritt 
20—40 Minuten nach der Injektion ein und dauert etwa 2 Stunden. 
| 2. Ein Aderlals, welcher genügt, den Blutdruck auf 50 mm zu er- 
niedrigen, bewirkt eine deutliche Erhöhung des Zuckergehaltes des Blutes. 
3. Reizung der peripheren Enden der Nn. splanchnici erzeugt keine 
Zunahme des Zuckergehaltes des Blutes. von Hofmann-Wien. 


| Fluoreszenz des Harns bei schwerem Diabetes. Von F.Schil- 
ling. (Zentralbl. f. inn. Med. Nr. 14 1905.) | 

Verf. konnte die zuerst von Strzyzowski gemachte Beobachtung, 
las stark zuckerhaltiger Urin bei schwerem Diabetes auf Zusatz von 
Formalin innerhalb 24—36 Stunden bei Stubentemperatur Fluoreszenz 
zeigt, durch seine Nachuntersuchung vollauf bestätigen. Auch bezüg- 
lich der üblen Prognose dieses Phänomens konnte Sch. sich nur zu- 
stimmend verhalten. Um der Ursache der Fluoreszenz beizukommen, 
stellte Sch. folgende Versuche an: 

x Eine 4‘,sige Traubenzuckerlösung, mit Formalin gemischt, zeigte 
keine Fluoreszenz, ebensowenig nach Zusatz von Azeton. Nach Ver- 
Karung emes stark zuckerhaltigen Harns eines Diabetikers trat auf 
Zusatz von Formalin prompt die grünschillernde Farbe auf, obwohl 
Weder Urybuttersäure, noch Azetessigsäure nachzuweisen war. 

Es mu[s sich demnach um Farbstoffe handeln, die infolge ab- 
normen Stoffumsatzes in einer Drüse oder anderen Geweben aus den 
(sewebssäften in den Urin übergehen. F. Fuchs-Breslau. 


+ "ee ne in ED Ar EEE Kr EEE EEE e EEE nn EEE En na Ña 


oe ts ane we e 


D dëi 


sf e af 


256 Gonorrhoe und Komplikationen. 


Ill. Gonorrhoe und Komplikationen. 


Zur Statistik des Trippers beim Manne und seiner Folgen 
für die Ehefrauen. Von Wilh. Erb. (Zeitschrift f. Bek. d. Geschlechts- 
krankh. Bd 5, Nr. 11.) 

Der bekannte Heidelberger Kliniker hat sich die Aufgabe gestellt, 
die bisher unwidersprochen gebliebene Behauptung von der enormen 
Häufigkeit der Gonorrhoe unter der männlichen Bevölkerung und von 
den fatalen Folgen derselben für die Ehefrauen auf ihre Richtigkeit zu 
prüfen. 

Ein imposantes Krankenmaterial von 2000 über 25 Jahre alten 
Männern aus den gebildeten Kreisen stand ihm zur Verfügung, von denen 


weichen Schanker 155 = Ven 

harten Schanker und Syphilis 365 — 18,2°/, 
Tripper 971 —48,5%, 
keinerlei Infektion 900 —45 °, 


hatten. Es zeigte sich demnach, dafs höchstens die Hälfte aller Männer 
der höheren Stände sich vor der Ehe mit Gonorrhoe infiziert hatte. 

Was nun die Folgen des Trippers beim Manne für die Ehefrau 
und deren Fruchtbarkeit anbetrifft, so ergab die Untersuchung von 
400 Einzelfällon folgendes Resultat: Von den. 400 Ehefrauen waren 
unterleibsgesund 375 ==93,75°/,, sicher erkrankt 17 = 4,25°/,, nicht 
sicher, wahrscheinlich nicht gonorrhoisch 8— 2°/,, also überhaupt unter- 
leibsleidend 25 = 6,25°/),. Von den 375 gesunden Frauen lebten 
nur 44 in kinderloser Ehe. Verf. konnte bei seinem Beobachtungs- 
material den von Noeggerath behaupteten deletären Einfluls auf die 
weiblichen Sexualorgane direkt von der Hand weisen. 

Wie Verf. mit Recht betont, mufs diese Statistik, wenn sie volle 
Beweiskraft erlangen will, auf alle möglichen Bevölkerungsschichten aus- 
gedehnt werden; jedenfalls ist durch diese Untersuchung erreicht, dafs das 
Dogma von der Bedeutung der Gonorrhoe für die Gesundheit des weib- 
lichen Geschlechts in bedenklicher Weise erschüttert worden ist. 

F. Fuchs-Breslau. 


Über die Häufigkeit des Trippers in Deutschland. Von 
Blaschko. (Münch. med, Wochenschr. 1907, Nr. 5.) 

Zur Statistik des Trippers beim Manne und seiner Folgen 
für die Ehefrauen. Von Vörner-Leipzig. (Münch. med. Wochenschr. 
1907, Nr. 5.) 

Zwei weitere Polemiken gegen die Erbsche Tripperstatistik (siehe 
Referat in No. 2 dieses Jahrganges). 

B., dessen Berechnungen Erb in erster Linie angegriffen hatte, 
wendet sich zunächst gegen die von letzterem als einzig richtig bezeich- 
nete Methode der „retrospektiven Statistik“, indem er die grolse Unzu- 
verlässigkeit der anamnestischen Angaben über frühere venerische Er- 
krankungen betont. Er bringt hierzu mehrere tabellarische Belege 
(Syphilis — Tabes — Paralysestatistik!), u. a. eine Zusammenstellung von 
Neumann, welche zeigt, dafs der Prozentsatz positiver Anamnesen bei 


Gonorrhoe und Komplikationen. 257 


den höheren Lebensaltern immer geringer wird, während doch eigentlich 
das Gegenteil der Fall sein mülste, was eben wiederum beweist, dafs 
namentlich bei älteren Leuten die Erinnerung an „Jugendsünden* ab- 
sichtlich oder unabsichtlich immer schlechter wird. ) 

Ist somit die anamnestische Methode zur Feststellung absoluter 
Zahlenwerte unbrauchbar, so ist auch Erbs Material ein anderes als 
das B.s. Ersteres stammt fast ganz aus den besitzenden Klassen, aus 
Stadt und Land, vielfach aus dem Ausland und enthält viele notorisch 
selten venerisch erkrankende Personen (Ökonomen, Amerikaner der höheren 
Klassen, Personen höchsten Ranges); B. schöpft seine Zahlen aus der 
Berliner Grolsstadtbevölkerung und hat sie immer nur auf diese, nie auf 
die Allgemeinheit bezogen. Verf. verteidigt hierauf seine eigene Stati- 
stik und seine „Korrekturen“. Dieser Teil der Arbeit ist wegen der 
verschiedenen rechnerischen Manipulationen nicht gut verkürzt wieder- 
zugeben und mufs im Original nachgelesen werden; jedenfalls hält B. 
für das von ihm bearbeitete Material seine Zahlen im ganzen und grofsen 
aufrecht. 

Mehr Berechtigung gesteht er den Ausführungen Erbs in bezug auf 
das weibliche Geschlecht zu; sehr viele männliche Tripper heilen aus, 
so dafs die Ehen gesund bleiben, die Noeggerathschen Zahlen sind längst 
überwunden. Freilich stehen den Erbschen Prozentsätzen bedeutend 
höhere anderer Autoren (27°/, der Schwangeren bei Oppenheimer, 28°;, 
bei Lomer) entgegen, auch sie selbst sind durchaus noch nicht erfreulich. 
— Zum Schlusse weist Verf. darauf hin, dafs Erbs Zahlen jedenfalls als 
Minimalziffern von Wert sind, und dafs unter dieser Einschränkung 
auch seine Methode eine recht brauchbare Ergänzung der Statistik darstellt. 

Vörner gibt eine Reihe „kurzer Krankengeschichten aus den besseren 
Ständen“, welche zeigen, wie Patienten teils aus Leichtsinn und Denk- 
faulheit, teils infolge ihrer festen Überzeugung von der Unmöglichkeit der 
Ansteckung oder auch aus Lügenhaftigkeit dem Arzt falsche Angaben 
machen. Das gilt nicht nur für die eigene Erkrankung der Befragten, 
sondern auch für die ihrer Ehefrauen. — Sodann referiert Verf. über 
33 ihm bekannte „Tripperehen*. 11, bei denen der Mann, obwohl 
früher infiziert gewesen, vor der Ehe kein Sekret und klaren Harn hatte, 
blieben krankheitsfrei, die Wochenbetten — bis zu 5 — waren normal. 
In den übrigen 22 Fällen hatte teils der Mann vor der Ehe Eiterflocken 
oder Morgentropfen, teils wurde Gonorrhoe während der Ehe von einem 
der beiden Teile extramatrimoniell erworben. Bei den sämtlichen Ehe- 
frauen waren entweder gonorrhoische Erkrankungen, zum Teil sehr 
schwerer Natur, nachzuweisen, oder zum mindesten blieben die Ehen 
kinderlos. — Nach all dem hält auch Verf. die Methode und Resultate 
Erbs für unrichtig. | | 

[Ref. möchte hier auf eine eigene Arbeit aus dem Jahre 1899 ver- 
weisen (Archiv f. klin. Medizin, Festschrift für Ziemssen); es wurden 
damals 300 Personen, die nicht wegen geschlechtlicher Erkrankung zu- 
gegangen waren, untersucht; bei 54°/, wurden stark eiterhaltige Fäden 
im Harn nachgewiesen, nur 12°/, hatten frühere Gonorrhoe zugegeben.) 

Brauser- München. 


258 Gonorrhoe und Komplikationen. 


Über Endocarditis gonorrhoica. Von Külbs. (Wiener klin. 
Wochenschr. Nr. 1. 1907.) 

Bei der 20jährigen Patientin stellten sich im Anschlufs an eine 
akute Gonorrhoe‘ unter Fiebererscheinungen Schmerzen und Schwellung 
verschiedener Gelenke ein. Es wiederholten sich heftige Schüttelfröste, 
auch stellte sich Herzklopfen und Druckgefühl auf der Brust ein. Bei 
der Untersuchung des Herzens fand man die Dämpfung normal, auskul- 
tatorisch über sämtlichen Ostien, am deutlichsten über der Aorta ein 
 diastolisches und ein systolisches Geräusch. Die Patientin starb einen 
Monat nach Beginn der Erkrankung. Bei der Sektion fand man eine 
frische Endokarditis der Mitralis und der Aortenklappe. In den Efflores- 
zenzen waren Gonokokken durch Kultur und Färbung nachweisbar. Es 
ist dies der zwölfte bisher beschriebene Fall von gonorrhoischer Endo- 
karditis, bei welchem es gelang, die Gonokokken durch Reinkultur nach- 
zuweisen. von Hofmann-Wien. 


Gonorrheal arthritis in children. Von P. Gibney. (Amer. Journ. 
of Surgery, Nov. 1906.) 

G. macht darauf aufmerksam, dafs gonorrhoische Arthritis bei Kin- 
dern unter vier Jahren nichts allzu Seltenes ist. Durch bakteriologische 
Untersuchung kann die Diagnose leicht gestellt werden. Die Therapie 
besteht in leichten Fällen in Gipsverband, bei schweren Formen in 
Arthrotomie. In neuerer Zeit hat sich auch die Behandlung mit Anti- 
gonokokken(Kaninchen) - Serum bewährt. Ankylosenbildung wird am 
besten durch Massage, eventuell Brisement forc6 in Narkose bekämpft. 
Zu so hochgradigen Ankylosen, dals Gelenkresektionen nötig wären, 
scheint es bei Kindern nicht zu kommen. von Hofmann-Wien. 


Gonorrheal ophthalmia in children. Von C. H. May. (Amer. 
Journ. of Surgery, Nov. 1906.) 

M. kommt zu folgenden Schlüssen: 1. Virulente Formen gonorrho- 
ischer Konjunktivitis sind bei Kindern ungewöhnlich. 2. Die Erkrankung 
kann mit denselben alarmierenden Symptomen auftreten, wie beim Neu- 
geborenen und beim Erwachsenen, doch nimmt sie gewöhnlich einen weit 
milderen Verlauf. 3. Ein milder Typus dieser Erkrankung findet sich 
vermutlich weit häufiger, als die klinische Beobachtung uns glauben läfst. 
Dies kann mit Sicherheit nur durch häufigere mikroskopische Unter- 
suchungen des Sekretes bei allen Konjunktivitiden gewonnen werden. 
4. Da wir in keinem Falle wissen, welche Heftigkeit die Konjunktivitis 
erreichen kann, mufs man alle Personen, welche mit der Kinderpflege 
zu tun haben, auf die Kontagiosität jedes Falles von Vaginitis und die 
Übertragbarkeit des infektiösen Prinzips durch Finger, Waschlappen, 
Schwämme und Bäder aufmerksam machen. von Hofmann-Wien. 


Die Behandlung des Harnröhrentrippers des Mannes und 
Weibes. Von E.v. Zeissl. (Wiener klin. Rundschau. Nr. 49. 1906.) 

In diesem für praktische Ärzte betimmten Vortrage entwickelt v. Z 
die Prinzipien der Tripperbehandlung: Versuch einer Abortivinstillation 


Penis und Harnröhre. 259 


nach Beginn des akuten Stadiums, falls nicht zu grolse Schmerzhaftigkeit 
oderSchwellung des Penis besteht, Janetsche Spülungen oder Einspritzungen 
mit den üblichen Mitteln, innerlich Balsamika.. Was die chronische Go- 
norrhoe betrifft, ist v. Z. bekanntermalsen ein Gegner der modernen Be- 
handlungsmethoden mittelst Endoskops und Dilatatorien. Wie er selbst 
betont, steht er in therapeutischer Hinsicht im wesentlichen auf dem 
Standpunkt der Wiener Schule zu Anfang der 50 er Jahre. 
von Hofmann-Wien. 


Über die Behandlung akuter Arthritiden mit intravenösen 
Kolargolinjektionen. Von Riebold. (Münch. med. Wochenschrift 
Nr. 32 1906.) 

Verf. hat mehrere Fälle von gonorrhoischer Arthritis, die durch die 
illichen Behandlungsmethoden einschliefslich Bierscher Stauung absolut 
unbeeinflufst blieben, durch intravenöse Kollargolinjektionen geheilt und 
nn das Kollargol auf Grund seiner Erfahrung dringend empfehlen zu 

ommen. 

Zur Injektion verwendet man 2 proz. Lösungen, von denen das erste 
Mi 4-8 ccm, die folgenden Male 6— 10 ccm eingespritzt werden. Was 
die Häufigkeit der Injektionen anlangt, so wird diese dann immer wieder- 
holt, wenn das erkrankte Gelenk wieder anschwillt oder die Temperatur 
steigt. Man kommt gewöhnlich mit 3—4 Injektionen aus, doch sind 
zuweilen 5—-6 Injektionen notwendig. F. Fuchs- Breslau. 


IV. Penis und Harnröhre. 


Epithslioma primitif de l’uröthre chez l'homme. Von A. Lave- 
naut. (Bull, de la soc. anat. de Paris 1904, p. 666.) 
| Der ö8jährige Patient hatte vor 31 ‚Jahren einen Tripper, der 
nicht behandelt wurde und vor 15 Jahren vorübergehende Miktionsbe- 
ıchwerden. Vor 4 Monaten wurde er in einem andern Krankenhause 
NEBEN Perinealabszesses operiert, woher eine Perinealfistel rührte, durch 
die Urin abging. Die Urethra war schlielslich nur noch für eine fili- 
forme Bougie passierbar. Bei der Operation der Perinealfistel gelangte 
man mM enen etwa eigrofsen Hohlraum, der von karzinomatösen Massen 
gebildet wurde, die zur vollständigen Zerstörung des Bulbus und der 
l rethra perinealis geführt hatten. Curettage. Der Patient starb 6 Wochen 
er, Die Obduktion ergab an der operierten Stelle eine totale Zer- 
“rung der Urethra in einer Länge von 5cm. Die mikroskopische 
Untersuchung bestätigte die Diagnose Karzinom. 

R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


8 Primärer Krebs der weiblichen Urethra. Von Namba-Tokio. 
"Deutsch. med. Wochenschr. 1904, Nr. 43, Vereinsb.) 

| In der medizinischen Gesellschaft in Tokio (Sitzung vom 6. Mai 1903) 
berichtet Namba über ein Karzinom der Urethra bei einer 57 jährigen 
Frau. An dem Orificium externum war nichts nachzuweisen, in einiger 
Entfernung davon aber fand sich ein ringförmiges Geschwür mit 


260 Penis und Harnröhre. 


papillösem, leicht blutendem Grunde, die Inguinaldrüsen waren geschwollen. 
Bei der Freilegung zeigten sich die Blase und die Scheidenwand mit er- 
griffen, so dafs nicht nur die ganze Urethra, sondern auch ein Teil der 
Blase und Scheide entfernt werden mufste. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


Die Radikalbehandlung des Carcinoma penis. Von Wallace- 
Lee-New York. (New York med. Journ. 1902, 20. Sept.) 

Die Entwicklung des Karzinoms am Gliede geht langsamer vor sich 
als an anderen Körperstellen; die Drüsen erkranken sehr spät. Von 
diesen geht der. Tumor auf die anderen Teile des Geschlechtstraktes über. 

L. hält die totale Amputation für die einzig richtige Methode. 

Federer-Teplitz. 


Rupture of the urethra: a report of cases. Von F. J. Cotton. 
(Amer. Journ. of Urology, Nov. 1906.) | 

1. Der Patient war in einen Schiffsraum gestürzt und mit den 
Füfsen und dann mit dem Gesišíse aufgefallen. Es entleerte sich Blut 
aus dem Orif. ext. Pat. konnte spontan blutigen Urin entleeren, Ka- 
theterismus nicht möglich. Perineale Blofslegung der Harnröhre. Es 
fand sich ein Rifs in der Pars membranacea. Verweilkatheter. Heilung. 

2. Urethralruptur beim Koitus. Verweilkatheter. Heilung. 

3. Der 62 jährige Patient war rittlings auf einen Zaun aufgefallen. 
Es stellten sich Blutung aus der Harnröhre und Unvermögen zu urinieren 
ein. Gleichzeitig zeigte sich ein Blutergufs am Perineum. Perineale 
Blofslegung der Urethra. Letztere fand sich in der Bulbusgegend nahezu 
vollständig durchtrennt. Naht des Risses an der oberen Partie. Zur 
Bildung der unteren Harnröhrenwand mulste ein Lappen gebildet wer- 
den. Drainage vom Perineum aus, Verweilkatheter. Heilung. 

4. Der 40 jährige Patient hatte einen heftigen Schlag auf das Peri- 
neum erhalten. Der Kranke konnte nach der Verletzung zwar urinieren, 
doch war der Harn blutig und seine Menge gering. Da sich die Blase 
immer mehr füllte, wurde die perineale Urethrotomie vorgenommen, 
welche durch Narben infolge eines vorausgegangenen periurethralen Ab- 
szesses sehr erschwert war. Verweilkatheter. Heilung. 

von Hofmann-Wien. 


In die Harnröhre eingeführte Fremdkörper. Von O. Grofse- 
München. (Münch. med. Wochenschr. 1907, Nr. 4.) 

Die mehrfach interessante Krankengeschichte illustriert vor allem 
den Nutzen, den unter Umständen das bei der Lumbalanästhesie 
erhaltene Bewulstsein des Pat. haben kann. Der Betreffende hatte sich 
vor 3 Tagen angeblich einen Bleistift in die Harnröhre gesteckt. Zu 
fühlen war, aulser einer unbestimmten Resistenz am Damm und vom 
Rektum aus, nichts; die Urethra war für die Sonde frei passierbar. 
Nach Eröffnung der Pars bulbosa zeigte sich, dafs der 10 cm lange Stift 
letztere durchbohrt, die Harnröhre verlassen hatte und in die Weichteile 
des kleinen Beckens geschlüpft war. Als dem (lumbalanasthesierten) 


Penis und Harnröhre, 261 


Pat. der extrahierte Fremdkörper gezeigt wurde, gab er plötzlich an, es 
“ müsse noch ein zweiter Stift irgendwo stecken. Durch Cystoskopie 
wurde auch richtig ein kleinerer Bleistift schwimmend im Blaseninhalt 
entdeckt und nach Spaltung der Pars membranacea mit dem Lithotripter 
entfernt. Die Heilung war durch halbseitige Skrotalgangrän, kompliziert, 
die eine Plastik erforderte. Brauser- München. 


Die Wirkung von Fibrolysininjektionen bei Harnröhrenver- 
engerungen. Von Schourp. (Therap. Monatsh., Dec. 1906.) 

Verf. hat in drei Fällen von Harnröhrenstriktur neben der Dila- 
tationsbehandlung Fibrolysininjektionen vorgenommen und war mit dem 
Erfolge sehr zufrieden. Er glaubt daher, dafs das Fibrolysin ein wesent- 
liches Hilfsmittel der dilatierenden Behandlung ist, da es durch Er- 
weichung des die Verengerung umgebenden Narbengewebes die mecha- 
nische Behandlung erleichtert, die Heilung dadurch beschleunigt und 
dem Eintritt von Rezidiven entgegenwirkt. von Hofmann-Wien. 


Über einen Fall von Fistula recto-urethralis. Von Privatdozent 
W. A. Oppel. (Wratschebnaja Gazetta 1906, No. 49.) 

Die Behandlung der Fistel dauerte ca. 10 Monate, wurde aber dafür 
von vollem Erfolge gekrönt. Zunächst wurde ein Perinealschnitt ange- 
legt, worauf beide Schleimhäute einzeln genäht wurden. Es entstand 
eine schwere Eiterung, die Nähte gingen auf, und der Zustand wurde 
schlimmer als vor der Operation, da Kotmassen durch die Harnröhre ab- 
zugehen begonnen hatten. Der Versuch, den Defekt mittelst Transplan- 
tationen nach Thiersch zu schliefsen, blieb gleichfalls ohne Resultat. 
Nun wurde der Mastdarm abpräpariertt und um 45° um seine Achse 
nach der Methode von Gersuny gedreht. Die Darmwunde verheilte 
per primam, und es blieb nur eine Perinealfistel der Harnröhre zurück. 
Um die Urethralfistel zu schliefsen, wartete Verf. zunächst ab, bis sich 
dieselbe mit Hautepithel bedeckte; dann bildete er zwei Lappen, präpa- 
rierte sie ab und wandte sie nach innen. Der Patient hat sich erholt. 

| M. Lubowski. 


Divertikel der Harnröhre? Von Dr. Pereschifkin. (Wratscheb- 
naja Gazetta 1906, No. 49.) ` 

Divertikel der Harnröhre. Von Dr. Girgolaw. (Wratschebnaja 
Gazetta 1906, No. 49) 

Im ersten Falle handelte es sich um ein Kind mit Geschwulst der 
Radix penis, welches der Klinik des Herrn Prof. v. Fedoroff mit 
der Diagnose Harnröhrendivertikel überwiesen wurde. Die sorgfältige 
Untersuchung ergab jedoch, dafs man es hier nicht mit einem Divertikel, 
sondern höchst wahrscheinlich mit einem Fibrom zu tun batte. 

Im zweiten Falle handelte es sich um einen veritablen Fall von 
Harnröhrendivertikel. Das Diverticulum wurde operativ entfernt, wobei 
es sich ergab, dafs dasselbe mit der Harnröhre mittelst einer Öffnung 
von 4 mm Durchmesser kommunizierte. M. Lubowski. 


962 Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


V. Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


Explosive rupture of the testicle from trauma. Von F. J. 
Cotton. (Amer. Journ. of Urology, Nov. 1906.) 

Der 47 jährige Patient war von einem Ball in die Skrotalgegend 
getroffen wołden. Es traten Chokerscheinungen und heftige Schmerzen, 
sowie ein rasch wachsender Tumor, hauptsächlich in der linken Skrotal- 
hälfte, auf. Bei der Inzision fand man einen Rifs in der Tunica vagi- 
nalis. Dieselbe war mit Bilutgerinnseln und Trümmern von Hoden- 
substanz erfüllt. Vom Hoden waren nur wenige an der Albuginea 
hängende Fetzen übrig. Aulserdem blutete es aus mehreren Arterien. 
Blutstillung. Entfernung der Gerinnsel. Naht. Druckverband. Heilung. 

von Hofmann-Wien. 


Syphilis of the testiole Von G. M. Muren. (Amer. Journ. of Uro- 
logy Nov. 1906.) 

M. unterscheidet zwei Formen dieser Erkrankung: 

1. Eine Epididymitis, die gewöhnlich während der Sekundärperiode 
auftritt, manchmal genügend ausgedehnt ist, um die Aufmerksamkeit des 
Patienten auf sich zu lenken, häufig aber nur in Form eines kleinen 
Knotens auftritt und unbemerkt bleibt, stets aber auf antisyphilitische 
Behandlung rasch verschwindet. 

2. Eine als tertiäre Erscheinung auftretende Orchitis oder Epididymo- 
Orchitis. Dieselbe tritt entweder als wahre interstitielle Orchitis oder 
in Form von Gummen auf. von Hofmann-Wien. 


Zur Kastration bei Hodentuberkulose. Von Dr. P. Beck-Wallen- 
stadt. (Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie, 84. Bd., 1/3. Heft ) 

B. legt die im Kantonspital St. Gallen wegen Hodentuberkulose 
operierten Fälle seiner ausführlichen Arbeit zu grunde. Es standen im 
ganzen die Krankengeschichten von 62 Fällen zur Verfügung, darunter 
befanden sich 49 einseitige Kastrationen; 13 Fälle wurden doppel- 
seitig operiert, und zwar 9 wegen Rezidivs nach vorausgegangener Ent- 
fernung des ersten Hodens und 4 bei gleichzeitiger Erkrankung beider 
Hoden. 

In bezug auf ätiologische Momente sind die Angaben nur spärlich; 
in 10 Fällen schlofs sich die Erkrankung unmittelbar an ein Trauma an; 
nur einmal trat die Tuberkulose im Anschlufs an eine offenbar gonorrhoische 
Epididymitis auf. 

Bei den Fällen von einseitiger Erkrankung war mit vorwiegender 
Häufigkeit die rechte Seite ergriffen, und zwar in 32 Fällen gegenüber 
17 linksseitigen Erkrankungen. Dafs bei Kindern die Hodentuberkulose 
im allgemeinen eine seltene Krankheit ist und dafs vorwiegend das 
Ill. und IV. Dezennium ergriffen wird, geht auch aus B.s Material 
hervor. 

In 34 Fällen wurden Erkrankungen auch an andern Teilen der 
(enitalwege konstatiert. In 9 Fällen waren Prostata und Samenblasen 
zusammen erkrankt, in 11 Fällen die Prostata und in 14 Fällen die 


` 


Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 263 


Samenblasen allein. In den übrigen 28 Fällen war, soweit es sich 
klinisch nachweisen liefs, die Erkrankung auf den Hoden allein beschränkt. 


Die Harnwege waren in 12 Fällen erkrankt, Knochen und Gelenke 
sechsmal, Lungen dreimal, Drüsen zweimal. Tuberkulöse Rektovesikal- 
fistel wurde einmal beobachtet, und einmal ein periproktitischer Abszels. 

Im ganzen waren nur 12 Patienten gänzlich frei von Komplika- 
tionen. 

Die Untersuchung des exstirpierten Hodens ergab, dals in 25 Fällen 
auber dm Nebenhoden auch noch der Haupthoden tuberkulös erkrankt 
var: in 27 Fällen war der letztere gesund. In 7 Fällen stellte erst die 


mikroskopische Untersuchung fest, dafs auch der Haupthoden tuber- 
kulös war. 


Im Anschlufs an die Operation ist kein Patient gestorben. 


Nur in 42 Fällen gelang es über das weitere Schicksal der Ope- 
nerten etwas zu erfahren. 


Von 33 einseitig Kastrierten sind ‘8 gestorben, bei 9 Fällen ist 
nach der Operation eine Erkrankung des zweiten Hodens aufgetreten, 
15 sind bis jetzt gesund geblieben. Die Zeitdauer von der Operation 
bis zum Exitus betrug !/, bis 7!/, Jahre, im Durchschnitt 3'/, Jahre. 


Die Erkrankung der andern Seite trat in 6 Fällen schon im ersten 
Jahre nach der Entfernung des einen Hodens auf, einmal erfolgte sie 
I, und je einmal 2'/, und 2'/, Jahre später. 

Von den bis jetzt gesund gebliebenen 15 Operierten beträgt bei 
? Patienten die Zeitdauer seit der Operation erst 2'/, Jahre, bei allen 


übrigen sind seitdem mehr als 3 Jahre, im Maximum 22 Jahre ver- 
tossen. 


. Unter den 9 Fällen von doppelseitiger Kastration, von welchen 
Nachrichten zu erlangen war, sind 6 gestorben; 2 sind bis jetzt, 7 bezw. 
1! , Jahre nach der Operation gesund geblieben. Ein Fall, vor 15 Jahren 
d«ppekeitig kastriert, befand sich längere Zeit vollständig wohl, dann 
aber traten Erscheinungen von Tuberkulose der Harnwege auf. 


Was den Einflufs anbetrifft. den die verschiedenen Komplikationen 
auf die Prognose ausüben, so geht zweifellos aus den Beobachtungen 
hervor, dafs die Kombination mit Tuberkulose der Harnwege eine sehr 
schlechte Prognose gibt, dafs aber die Tuberkulose der Prostata und 
Samenblasen nach der Kastration zur Ausheilung gelangt. 


f Kurz zusammengefalst ergibt das Beobachtungsmaterial nach Kastra- 
ten bei einseitiger Hodentuberkulose in 45°/, der Fälle eine 
dauernde Heilung und in 27°/, ein Rezidiv auf der andern Seite. 


. B. zieht aus seinen Erfahrungen den Schlufs, dafs der Kastration 
bei Hodentuberkulose nicht nur eine symptomatische Bedeutung zukommt, 
sondern dafs durch sie in einer Anzahl von Fällen eine dauernde Heilung 
erzielt wird, und dafs die Aussicht auf Dauerheilung um so grölser ist, 
IT weniger Komplikationen mit tuberkulöser Erkrankung anderer Organe 
vorhanden sind. S. Jacoby-Berlin. 


264 Prostata und Blase. 


VI. Prostata. 


Suprapubic enucleation of the prostate in a patient aged 78: 
recovery. Von C. E. Bell. (Brit. Med. Journ., Dec. 1. 1906.) 

Der Patient litt an kompletter Retention und schwerer Cystitis. 
Nach Heilung der letzteren wurde die Prostata auf suprapubischem 
Wege entfernt. Heilung mit vollständiger Wiederherstellung der Blasen- 
funktion. von Hofmann- Wien. 


VII. Blase. 


Neue Materialien zur Frage der sensiblen Nervenendungen 
in der Harnblase der Säugetiere. Von S. E. Michailow. (Russki 
Wratsch, 1907, Nr. 2.) | : 

Verf. hat die sensiblen Nervenendigungen in der Harnblase einiger 
Säugetiere (Katze und Pferd) untersucht, wobei er die Ehrlichsche 
Färbungsmethode in der Weise modifizierte, dafs die Färbung mit 
Methylenblau in Lockescher Lösung vorgenommen wurde. Bei diesen 
Untersuchungen fand Verf. zum erstenmal folgende Gebilde: Modifizierte 
Vater-Pacinische Körperchen, Körperchen mit scheidenförmigem Nerven- 
apparat, eingekapselte und nicht eingekapselte Nervenknäuelchen und ein 
feines Nervennetz, welches die gesamte Oberfläche der Harnblase be- 
kleidet. Früher kannte man nur knopfförmige Nervenapparate, wobei man 
sie für Endigungen im Epithel der Dendrite der in den Blasenwandungen 
eingelagerten sympathischen Nervenzellen hielt; dem gegenüber glaubt 
Verf. auf Grund seiner Untersuchungen anıfehmen zu müssen, dals diese 
knopfförmigen Gebilde von den Mark-Nervenfasern herrühren. 

M. Lubowski. 


Ein Fall von intraperitonealer Blasenruptur. Von Regierungs- 
arzt Krüger, Togo. (Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 2.) 

Beim Abspringen von einem Boot wurde der 24jährige Patient in 
die Kreuzbeingegend getroffen und platt gegen den feinsandigen Strand 
gedrückt. Es stellten sich alsbald Urinbeschwerden ein und eine Reihe 
von Symptomen deutete auf eine Blasenruptur hin. Am darauffolgenden 
Tage, etwa 18 Stunden nach dem Unfall wurde die Bauchhöhle eröffnet, 
wobei sich etwas geruchloses Gas entleerte.e In der Blase zeigte sich 
ein 4 cm langer Rifs, am Scheitel beginnend und von links vorn nach 
rechts hinten verlaufend, an den sich noch zwei kleinere, die Blasen- 
wand nicht ganz durchtrennende Risse anschlossen. Die Blasenwunden 
wurden per primam geschlossen, in den unteren Wundwinkel wurde ein 
Tampon eingelegt. Die Heilung erfogt reaktionslos, Pat. konnte etwa 
4 Wochen nach der Aufnahme geheilt das Hospital verlassen. Unge- 
wöhnlich ist in dem vorliegenden Falle die Entstehung der Blasenruptur 
bei völligem Intaktbleiben des Beckens und bei dem Mangel jeder sicht- 
baren äufseren Verletzung. 

Schwierig zu erklären ist auch das Auftreten von Gas im Bauch- 
raum bei seiner Eröffnung; es hat allerdings vor der Operation die Ein- 


‚Blase. 265 


führung eines Katheters stattgefuuden, und es ist möglich, dafs dabei 
Luft in die Blase und von hier in die Bauchhöhle gedrungen ist. 
Ludwig Manasse-Berlin. 


Über Cystitis typhosa. Von H. Schaedel. (Mitteil. a. d. Grenz- 
geb. d. Med. u. Chir., Bd. 16, H. 4 u. 5.) 

Die durch den Typhusbacillus hervorgerufene Cystitis gehört zu den 
klinischen Raritäten. Dem im Jahre 1892 von Melchior zuerst be- 
schriebenen Falle hat Hans Curschmann drei Fälle im Jahre 1900 
aus der Leipziger medizinischen Klinik anreihen können. Aus derselben 
-= Klinik stammen zwei vom Verfasser in jüngster Zeit genau beobachtete Fälle. 

In dem ersten Falle wurde die Cystitis am 37. Krankheitstage, 
nachdem Pat. bereits vier Tage fieberfrei war, festgestellt; sie bestand 
12 Tage und verlief günstig. In dem zweiten Falle handelte es sich 
um einen überaus schweren Typhus, der ad exitum kam. Auf der 
Höhe der Erkrankung, im Beginn der vierten Woche, wurde eine 
Cystitis diagnostiziert, die nach dem Sektionsbefund schwere Zerstörungen 
der Blasenschleimhaut herbeigeführt hatte. In beiden Fällen wurde aus 
dem Urin der Bacillus Eberth in Reinkultur gewonnen. 

Verf. macht für die Entstehung der Cystitis die Harnstagnation, 
die bei den meist schwerbesinnlichen Typhuspatienten besteht, verant- 
wortlich. Die dadurch hervorgerufene Schädigung der Schleimhaut 
macht es dem 'T’yphusbacillus möglich, sich anzusiedeln und seine Tätig- 
keit zu entfalten. Würde dieses ätiologische Moment die Hauptrolle 
spielen, dann müfste nach des Ref. Ansicht die Cystitis unendlich häu- 
figer zur Beobachtung kommen, als es doch tatsächlich der Fall ist. Es 
muls also, wie Hans Curschmann mit Recht betont, entschieden noch 
eine besondere Dispositioun des betreffenden Individuums in Betracht 
gezogen werden. 

Die Prognose der typhösen Cystitis ist im allgemeinen günstig, die 
Therapie besteht in der Verordnung der bekannten Harnantiseptika. 

F. Fuchs-Breslau. 


Cystitis caseosa. Von R. Kimla. (Virch. Arch., 186. Bd., S. 96.) 

Verf. beschreibt unter diesem Namen drei Fälle, die er an zwei 
Männern und einer Frau beobachtet hat, die dadurch sich von der be- 
kannten Cystitis tuberculoso-ulcerosa unterscheiden, dals es sich um einen 
reinen, durch Tuberkelbazillus hervorgerufenen entzündlichen Prozels 
handelt, der mit einer totalen Verkäsung ganzer Gebiete der entzündlich 
infiltrierten Schleimhaut endigt. Diesen Fällen von infiltrierender käsiger 
Cystitis müssen solche von plaqueförmiger tuberkulöser Cystitis, die 
makroskopisch kaum von der Hansemannschen Malakoplakia vesicae 
urinariae zu unterscheiden sind, angereiht werden. Die Cystitis caseosa 
difusa charakterisiert sich makroskopisch durch eine kontinuierliche und 
gleichmälsig nach der Breite fortschreitende Verkäsung ganzer Partien 
oder auch der ganzen entzündeten Schleimhaut. In frischen Fällen sind 
nur die obersten Schleimhautschichten verkäst. In vorgeschrittenen Fällen 
pflegen die käsige Zone und die Reste der Mukosa und Submukosa 
deutlich verdickt zu sein und auch die Muskularis ist entsprechend hyper- 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 18 


266 Blase. 


trophisch. Mikroskopisch findet man eine akute entzündliche kleinzellige 
Infiltration, die weit in die Tiefe geht, begleitet von Gruppen epitheloider 
Aellen und nur vereinzelten Riesenzellen. Im Gegensatz zum ulzerösen 
tuberkulösen Blasenkatarrh ist hier die erkrankte Partie über das Niveau 
der übrigen Schleimhaut erhaben und zerfällt nicht in tiefe Geschwürs- 
flächen. Die eventuelle diese Affektion begleitende käsige Infiltration 
des übrigen Urogenitaltraktus bietet gleichfalls denselben entzündlich 
infiltrierenden Charakter mit nachfolgender Verkäsung, ohne eine Spur 
von Tuberkeln, und sogar Riesenzellen sind selten zu sehen. Wahr- 
scheinlich wird diese Form der Entzündung begünstigt durch chronische 
Retention des Tuberkelbazillen enthaltenden Urins. 
R. Kaufmann-Frankfurt a M. 


Pathologisch - anatomische Untersuchung eines Falles von 
Bilharziosis (Ägyptische Hämaturie) in Verbindung mit der Frage 
der Ureteritis et Cystitis cystica. (Aus dem Pathologisch-Anatomischen 
Institut der Moskauer Universität.) Von S. S. Abramow. (Medicinskoe 
Obosrenie 1906, Band 66, Heft 16.) 


Verfasser hat Gelegenheit, Präparate von einem Falle von Bilhar- 
ziosis, welche aus Agypten gebracht wurden, in 10°/,igem Formalin 
fixiert waren und in 80°/,igem Alkohol aufbewahrt wurden, zu unter- 
suchen. Im Mastdarm waren diejenigen Veränderungen vorhanden, welche 
von der Mehrzahl der Autoren bei Bilharziosis beschrieben worden sind 
und in der Bildung von Granulationen und Schleimpolypen bestehen. 
Die Epithelwucherungen drangen nirgends in die Tiefe, so dafs von einer 
Malignität des Prozesses nicht die Rede sein konnte. Die Ursache dieser 
Wucherungen liegt nach der Ansicht der Mehrzahl der Autoren in der 
Vollpfropfung des Gewebes mit den Eiern des Parasiten. In dem vom 
Verfasser untersuchten Falle war diese Eieransammlung eine ganz ge- 
waltige. Von besonderem Interesse waren die vorgefundenen Verände- 
rungen der Harnblase und der Harmleiter, welche sich in einer für die 
Bilharziosis ungewöhnlichen Form, nämlich in Form von Ureteritis und 
Cystitis cystica präsentierten. Aufserdem war in diesem Falle der Ureter 
anscheinend der primäre Erkrankungsherd, während die Mehrzahl der 
Autoren annimmt, dafs der Krankheitsprozels sich auf den Ureter nur 
von der Harnblase aus ausbreitet. — Aufserdem hat Verfasser noch ein 
Präparat aus dem Museum des Pathologisch- Anatomischen Institus der 
Moskauer Universität untersucht. 

Die 32 jährige Patientin starb in der gynäkologischen Klinik der 
Moskauer Universität am 26. Januar 1906. Die zu Lebzeiten gestellte 
Diagnose lautete: salpingoophoritis sinistra. Tuberculosis intestini. Die 
am nächsten Tage ausgeführte Sektion liefs folgende anatomische Diagnose 
aufnehmen: Post salpingoectomiam sin. et resectionem intestini. Salpin- 
gitis productiva dextra. Oophoritis cystica et apoplexia ovarii sinistri. 
Cystitis cystica. Nephritis chronica parenchymatosa. Pyelitis. Perito- 
nitis chronica productiva et acuta stercoralis. Hyperplasia pulpae lienis 
septica. Oedema pulmonum. Syneechiae pleurales bilaterale. Degene- 
ratio parenchymatosa inyocardii.  Erosiones ventriculi hämorrhagicae. — 


Nieren und Harnleiter. 267 


Die makroskopische Besichtigung der Harnblase ergab folgende Ver- 
änderungen: Schleimhaut stark hyperämisch, mit eitrigem Sekret be- 
deckt; auf der Schleimhaut sind kleine, hanfkorngrofse Gebilde zerstreut, 
die mit gelblichem, halbdurchsichtigem Inhalt gefüllt sind. Ein Teil 
dieser Gebilde ist geplatzt und präsentiert sich in Form von kleinen 
(seschwürchen mit geschwollenen Rändern. Die mikroskopische Unter- 
suchung ergab folgendes: Die Schleimhaut ist ihres Epithels beraubt und 
in eitrig-infiltriertes Granulationsgewebe verwandelt. Stellenweise ist das 
Epithel in der Tiefe der Schleimhautfalte erhalten, stellenweise liegt es 
auf der Oberfläche der Granulationen in Form von einzelnen Ansamm- 
lungen, in denen kleine Höhlen vorhanden sind. Bisweilen erreichen 
diese cystenartigen kleinen Gebilde bedeutende Dimensionen und nehmen 
den gröfseren Teil des Gesichtsfeldes ein. Die granulierende Schleimhaut 
ist stark verdickt und stellenweise in Form von kleinen Polypen ge- 
wuchert. Es befinden sich in ihr ebensolche Spalten, wie sie in den 
Fällen von Bilharziosis beschrieben worden sind. In der Tiefe sind sie 
gleichfalls mit Epithel ausgekleidet, desgleichen wurde in ihnen in der 
Nähe der Blasenoberfläche Verklebung der epithellosen Wandungen fest- 
gestellt. Hineinwucherung des auf der Oberfläche der Schleimhaut er- 
halten gebliebenen Epithels in das Stratum propium konnte Verfasser 
nicht beobachten. In der granulierenden Schleimhaut sind bisweilen 
ziemlich bedeutende Ansammlungen von Iymphoiden Elementen vor- 
handen, welche Lymphfollikel bilden (Cystitis follicularis Rokitanski, 
Chiari, Weichselbaum u. a.). 

Die Entstehung der ÜUysten glaubt Verfasser, sofern die Harnblase 
in Betracht kommt, am leichtesten durch ungleichmälsige und sehr starke 
Wucherung des Stratum proprium erklären zu können. Zwischen zwei 
polypösen Wucherungen des letzteren bildete sich eine Falte, in deren 
Tiefe das Eipithel erhalten blieb. Die epithellosen, der Oberfläche der 
Harnblase am nächsten liegenden Teile der Falte verklebten, und auf 
diese Weise entstand eine mit Epithel ausgekleidete, verschlossene Spalte. 
Da die Wucherung aufserordentlich ungleichmäfsig vor sich ging, so ent- 
standen bisweilen sehr wunderliche, mit Seitengängen und Buchten aus- 
gestattete Spalten. Die Spalten dehnten sich allmählich immer mehr und 
mehr aus, und liefsen auf diese Weise Üysten entstehen. Verfasser glaubt 
also, die in seinen Fällen beobachteten Cysten am einfachsten als Reten- 
tionscysten der Drüsenkrypten deuten zu können, die infolge von polypöser 
Wucherung der epithelialen Schicht der Schleimhaut entstanden sind. — 
Was die Cysten der Ureteren betrifft, so glaubt Verfasser auf Grund ein- 
gehender Analyse, dafs die Ureteritis cystica mit embryonalen Epithel- 
rudimenten des Ureters in Zusammenhang gebracht werden müsse. 


M. Lubowsky-Berlin-Wilmersdorf. 


VIII. Nieren und Harnleiter. 
Einfiufs der Anaesthetica auf die Funktion der Niere Von 
A. H. Thompson. (Brit. med. Journal 1906. 2359/2360.) 
Thompson hat langdauernde und genaue Untersuchungen über den 
15* 


268 Nieren und Harnleiter. 


Einflufs der verschiedenen Anaesthetica auf die Funktion der Nieren 
unternommen; er experimentierte mit Chloroform, Äther, Choroform + 
Äther, Alkohol 1. + Chloroform 2. + Äther 3., letzteres ein in Eng- 
land übliches Gemisch. 

Die lo ae ruft im Beginn eine leichte Ver- 
mehrung der Harnsekretion hervor, dann aber wird die Sekretion 
spärlicher, und nicht selten versiegt sie ganz. Nach Beendigung der 
Narkose nehmen die Nieren ihre Arbeit wieder auf, und die Menge des 
Harns erreicht ibre Höhe zirka drei Stunden danach; in dem Moment 
kann drei- bis viermal so viel Harn als normalerweise entleert werden. 
Der Harnstoff ist meist beträchtlich vermindert (bis 18°., des nor- 
malen), er ist immer stärker vermindert. als dem totalen Harnvolumen 
entspräche. Der Harn ist daher diluiert: und man kann sagen, dal» das 
Chloroform nicht nur die Blutzirkulation im Glomerulus beeintlufst, son- 
dern in noch höherem Maalse die Sekretion der stiekstoffhaltigen Stoffe 
ın den Harnkanälchen. Es ist dies eine Unterstützung für die Bau- 
mannsche Theorie der Harnsekretion. Während einer längeren Narkose 
mit beträchtlicher Verminderung des Harnvolumens geht eine erhebliche 
Anzahl Leukocyten in die Harnkanälchen über und wird mit dem 
Harn ausgeschwemmt: wahrscheinlich beruht dies auf der Blutstauung 
im Gebiete der Glomeruluskapillaren. Die Entleerung der Chloride 
ist während und nach der Chloroformnarkose beträchtlich erhöht. Nicht 
selten beobachtet man auch eine leichte. vorübergehende Albumi- 
nurie. Endlich findet man eine geringe Vermehrung der reduzieren- 
den Substanzen; die chemische und physiologische Beschaffenheit 
dieser Substanzen ist noch wenig bekannt. 

Der Eintlufs der Äthernarkose gleicht im allgemeinen dem der 
Chloroformanästhesie, mit der einzigen Ausnahme, dafs beim Äther häu- 
figer absolute Anurie zur Beobachtung kommt. Die stickstofthaltigen 
Substanzen vermindern sich stark, aber im mittleren Verhältnis zum 
Harnvolumen, so dafs der Harn immerhin konzentrierter als beim Chloro- 
form ist. Die Harnmenge folgt besser dem Wechsel des Blutdrucks 
beim Äther als beim Chloroform; nichtsdestoweniger kommt komplette 
Anurie auch bei erhöhtem Blutdruck vor. Beim Äther kommen Leu- 
kocyten in grölserer Menge in den Harn, und die Albuminurie ist 
häufiger als beim Chloroform; im Gegensatz dazu sind die Chloride ver- 
mindert. 

Chloroform und Äther gemischt halten in bezug auf Harn- 
volumen die Mitte zwischen den einzeln verabreichten Anaestheticis: die 
Ausscheidung der Stickstoftfsub-tanzen ist verhältnismälsig weniger ver- 
mindert als die Harnmenge; die Chloride sind leicht vermehrt. Die 
englische Mischung gibt deutlich verminderte Harnmengen, gegen- 
über den anderen ausgeprobten Narkotieis: hingegen ist die spätere 
Polyurie stärker. Die Wirkung auf die Konzentration des Hams ist 
ziemlich veränderlich. und das Verhältnis der Stickstoftsubstanzen ist 
manchmal höher, manchmal niedrieer als in der Norm. Die Chloride 
werden geringer als beim Chloroform. reichlicher als beim Äther aus- 
geschieden. Mankiewicz- Berlin. 


Nieren und Harnleiter. 269 


Station debout et sécrétion urinaire. Von Carles. (Province 
méd. 19 Jahrg., Nr. 35.) 

Bei aufrechter Stellung wird weniger Harn ausgeschieden als bei 
liegender. Ebenso ist beim Diabetiker im Liegen die Zuckerausscheidung 
größer als im Stehen; dasselbe Vernalaus findet sich beim Nephritiker 
bezüglich seiner Albuminurie. F. Fuchs- Breslau. 


The arteriolae reotae of the mammalian kidney. Von G. C. 
Huber. (Brit. Med. Journ., Dec. 15. 1906.) 

Unter Art. rectae versteht man verhältnismäfsig gerade Arteriolen 
und Kapillaren, welche von der Nierenrinde zur Marksubstanz ziehen. 
Aus H.s Untersuchungen geht nun hervor, dafs diese Art. rectae fast 
immer Zweige von Vasa efferentia der Glomeruli sind. Dies führt zur 
Annahme, dafs fast alles Blut, welches die verschiedenen Anteile der 
Harnkanälchen umgibt, die Kapillaren des Glomerulus passiert hat und 
daher in seiner Konzentration verändert ist. 

von Hofmann-Wien. 


The determination of the functional capacity of the kidneys. 
Von Berg. (Ann. of sorg. 1806, Mai.) 

B. vertritt gegenüber Rovsing und Israel den Standpunkt 
Kümmells in betreff der Wertschätzung der Kryoskopie für die funk- 
tionelle Nierendiagnostik. Bei normalem Gefrierpunkt des Blutes führt 
er die Nephrektomie aus, wenn eine Niere gesund, die andere krank ist; 
sind beide Nieren krank, so ektomiert er nicht. Ist der Gefrierpunkt 
sehr niedrig und sind beide Nieren krank, so enthält er sich der Ektomie. 
Ist aber nur eine Niere krank, so entfernt er die erkrankte Niere auch 
bei niedrigem Gefrierpunkt, da die Erkrankung der einen die andere, 
gesunde Niere vorübergehend in ihrer Funktion ungünstig beeinflussen 
kann und dies kein Grund zur Unterlassung der Operation ist. Den 
Wert der Phloridzin- und Methylenprobe schlägt er gering an 

Müller- Dresden. 


Die Arteriosklerose und deren Beziehungen zu den Erkran- 
kungen der Niere. Von A. A. Lustig. (Wiener med. Wochenschr. 
Nr. 49 und 50. 1906.) 

Da die Arteriosklerose in der Ätiologie der Nierenkrankheiten eine 
grolse Rolle spielt, müssen unsere therapeutischen Bestrebungen dahin 
gerichtet sein, das Fortschreiten der ersteren zu bekämpfen. Zu diesem 
Zwecke empfiehlt L. eine rationelle Diät: 1. Einschränkung des Fleisch- 
eiweilsstoffwechsels auf das notwendigste und zulässige Minimalmals. 
2. Verordnung einer alkalireichen und kalkarmen vegetabilischen Diät. 
3. Eliminierung der blutdrucksteigernden und Gewebsalterationen hervor- 
rufenden Genuls- und Reizmittel. Von eigentlichen Milchkuren rät L. ab. 
Von grofser Wichtigkeit ist die Regelung der Darmfunktionen. Wichtig 
sind milde, vorsichtig durchgeführte Trinkkuren, z. B. mit Franzensbader 
Natalienquelle.e Von der medikamentösen 'Therapie sah L. nur sympto- 
matische Erfolge. von Hofmann-Wien. 


270 Kritiken. 


IX. Kritiken. 


Das Sexualleben unserer Zeit in seinen Beziehungen zur 
modernen Kultur. Von Dr. med. Iwan Bloch. Berlin 1907. (Verlag 
von Louis Marcus. Preis 8 Mark.) 

Der durch seine literarischen Arbeiten bereits rühmlichst bekannte 
Autor gibt in dem vorliegenden, stattlichen Werke eine kritische Über- 
sicht über alle die Fragen und Probleme, die mit dem Sexualleben in 
direktem oder indirektem Zusammenhang stehen. Verfasser betont in 
der Vorrede selbst, dafs er das Werk als eine „Enzyklopädie der ge- 
samten Sexualwissenschaft“ aufgefalst wissen möchte, als ein Buch „für 
alle ernsten Männer und Frauen, die sich über die sexuellen Probleme 
orientieren und sich über die Ergebnisse der so verschiedenartigen 
Forschungen auf diesem Gebiet unterrichten wollen“. Nächst einer Ein- 
leitung besteht das über 800 Seiten starke Buch aus 33 verschiedenen 
Kapiteln, jedes derselben, mit einem mehr oder minder glücklich 
gewählten Zitat aus dem Bereich der Naturwissenschaften oder Literatur 
versehen, behandelt eine andere Frage aus dem grolsen Bereich der 
Sexualsphäre. Es würde zu weit führen, auch nur mit wenigen Worten 
jeden dieser Abschnitte besprechen zu wollen; es genüge daher, die Titel 
einiger, besonders prägnanter Abschnitte anzuführen. So beschäftigt sich 
ein Teil des Werkes mit den „Elementarphänomenen der menschlichen 
Liebe“, ein anderer mit den körperlichen Geschlechtsunterschieden, mit 
dem künstlerischen Element in der Liebe, ein anderer mit der Ehe, mit 
der freien Liebe, ein weiterer mit der „Verführung, Genufsleben und 


‚wilde Liebe“, ein anderer Abschnitt wiederum mit der Prostitution, mit 


der Prophylaxe der venerischen Krankheiten. Ein breiter Raum des 
Buches ist den sexuellen Perversitäten gewidmet, desgleichen findet die 
sexuelle Erziehung, das „Sexualleben in der Öffentlichkeit“, selbst die 
Pornographie eine ziemlich ausgiebige Besprechung. Verfasser versteht 
die Materie auch stilistisch meisterhaft zu behandeln: ein lebensfroher 
Optimismus beseelt seine einfache und gerade deshalb so eindrucksvolle 
Diktion, die die Lektüre des ganzen Buches anziehend gestaltet. 
Casper. 


Maladies des organes g6nito - urinaires ‚de l’homme. Von 
Le Fur. (Nouveau traité de Médecine et de Thérapeutique., Fasc. XXII.) 

In dem von Brouardel und Gilbert herausgegebenen Sammel- 
werk, das alle Gebiete der Pathologie umfafst, hat Le Fur, einer der 
jüngsten Schüler Guyons, die Aufgabe übernommen, die Krankheiten 
der männlichen Harn- und Geschlechtsorgane in einer den Bedürfnissen 
des praktischen Arztes entsprechenden Weise zu schildern. 

Es ist nicht zu leugnen, dafs der Verf. das Thema gründlich be- 
herrscht und dafs ihm auch nicht die Kunst abgeht, die einzelnen 
Krankheitsbilder in anschaulicher Weise zu entwickeln. Bei der Be- 
sprechung der Therapie hätte eine gröfsere Ausführlichkeit sicher nicht 
schaden können. Besonderes Interesse verdienen folgende Punkte: Als 
Prostatismus der jungen Leute wird ein Zustand beschrieben, der ohne 


Kritiken. 271 


Prostatabsypertrophie dieselben Erscheinungen wie bei Bestehen derselben 
hervorruft. Wird dieser Zustand nicht rechtzeitig erkannt und behan- 
delt, so führt er allmählich zur ausgesprochenen Hypertrophie der 
Prostata. Nachdrücklichst vertritt Verf. die Ansicht, dafs die chronische 
Prostatitis gleichfalls ein wichtiges Moment für die Entstehung der 
Prostatalaypertropie darstellt. 

Dei den als „nervös“ bezeichneten Beschwerden der Harnorgane 
sol erst mit aller Sicherheit der als Prostatismus bezeichnete Zustand 
ausgeschlossen werden, ehe man das Recht hat, diese Erkrankungen als 
neurasthenische zu bezeichnen. 

In ausführlicher Weise behandelt Verf. das Ulcus simplex der 
Blase, das nichts mit Tuberkulose zu tun hat und das seine Entstehung 
entweder Hämorrhagien oder bakteriellen Entzündungen oder Ernährungs- 
Jongen der Schleimhaut verdankt. 

Die Erkrankungen der Nieren hat Verf. nicht in den Kreis seiner 
Betrachtungen gezogen. Den Schlufs bilden die Krankheiten der Hoden 
und Nebenhoden. F. Fuchs-Breslau. 


Ärztliches Jahrbuch 1907. Achter Jahrgang. Von v. Grolmann. 
Frankfurt a M., Johannes Alt, 1907. | 

Neue Heilmittel und neue Heilmethoden, Von v. Grolmann. 
Frankfurt a. M., Johannes Alt, 1907. 


In eleganter und handlicher Form präsentiert sich das ärztliche 
Jıhrbuch zum achten Male den Kollegen, unter denen es im Hinblick 
auf die Reichhaltigkeit und Gediegenheit des Inhalts und die sach- 
geinälse und übersichtliche Anordnung des Gebotenen sicher zahlreiche 
Freunde erwerben wird. 

Der erste Teil enthält das Verzeichnis der wichtigsten neueren und 
neuesten Heilmittel und Nährpräparate, während im zweiten Teil sich 
die Mitteilungen aus der Literatur des Jahres 1905/1906 in Form von 
Einzel- und Sammelreferaten befinden. Unter letzteren verdienen beson- 
dere Erwähnung die Artikel über Stauungshyperämie, Spinalpunktion 
und Wert der Röntgenstrahlen. Aufserordentlich reichhaltig ist das 
Kapitel über Bäder, Kurorte, Sanatorien und andere Heilanstalten. 

Unter dem Titel „Neue Heilmittel und neue Heilmethoden“ hat 
derselbe Verf. dadurch, dafs er beide Teile des ärztlichen Jahrbuchs zu 
einem Bande vereinigt und die Sammelreferate aus den früheren Jahren 
zugefügt hat, ein Büchlein erscheinen lassen, das gewissermalsen einen 
Extrakt der bereits herausgegebenen sieben ärztlichen Jahrbücher darstellt 
und dessen Anschaffung allen Freunden des ärztlichen Jahrbuches dringend 
empfohlen werden kann. F. Fuchs-Breslau. 


272 Notiz. 


X. Notiz. 


Der Vorstand der deutschen urologischen Gesellschaft versendet folrendes 
Rundschreiben: 


Sehr geehrter Herr Kollege: 


Die deutsche Gesellschaft für Urologie erlaubt sich, Euer Hochwohl- 
geboren zu ihrem unter dem Protektorate Sr. kaiserl. u. königl. Hoheit des 
durchlauchtirsten Herrn Erzherzog Rainer stattfindenden 


Ersten Kongress 


Derselbe wird vom 2.— 15. Oktober 1907 in Wien im Gebäude der 
k. k. Gesellschaft der Arzte tagen. 
Als Hauptthemen werden in Diskussion gezogen: 


I. Diagnostik und Therapie der Nierentumoren. 
Referenten: Küster-Marburg, v. Eiselsberg- Wien. 


II. Diagnostik und Therapie der Nephrolithiasis. 
Referenten: Kümmel-Hamburr, Holzknecht, Kienböck- 
Wien. 


III. Die Albuminurie. 
Referenten: v. Noorden- Wien, Posner- Berlin. 


Anmeldungen von Vorträgen und Demonstrationen haben mit einer kurzen 
Inhaltsanzabe versehen bis spätestens 15. Juli 1907 an die (reschäftsstelle in 
Wien (Dr. Kapsammer, IX. Maria Theresienstrasse 3) stattzufinden. 

Ebendahin sind auch Anmeldungen zur Diskussion über die wenannten 
drei Hauptthemen zu richten. 

Unbeimittelte Kranke, welche zu Demonstrationszwecken nach Wien 
kommen, werden für die Zeit des Kongresses an der Wiener allvremeinen Poli- 
klinik unenteeltlich unterrebracht. 

Während des Kongresses wird eine Ausstellung von Präparaten. Instru- 
menten und urolorischen Gebrauchsrerenständen veranstaltet, für welche die 
Anmeldungen ebenfalls bis spätestens 15. Juli an die Greschäftsstelle in Wien 
zu ertolven haben. 

Nichtmitglieder wollen ihre Teilnahme an dem Kongresse an die Ge- 
schäftsstelle in Wien melden, woselbst auch der Teilnehmerbetraxr von 10 K 
zu erleren ist. 

Alle weiteren Mitteilungen über den Kongress, für welchen auch mehrere 
Festlichkeiten in Aussicht genommen sind, werden nur jenen Nichtmuteliedern 
zugestellt, welehe dies ausdrückliel. verlangen oder den Teilnehmerbetrar bereits 
erlert haben. 

Die Miterlieder der Gesellschaft werden vebeten, den von der konsti- 
tulierenden Versammlung in Ntuttgart festgesetzten Jahresbeitrar von 10 M. an 
die Zahlstelle in Breslan (Dr. F. Löwenhardt, Karlstrasse 1) zu senden. 

In kollewrialer Hochachtung 
die Vorsitzenden: 


Prof. Posner m. p. Prof. v. Frisch m. p. 





Druck von C, Grumbach in Leipzig. 


Aus der patholog.-anat. Anstalt in Basel. 
Vorsteher: Prof. E. Kaufmann. 


e 


Über das primäre Karzinom der männ- 
lichen Urethra. 


Von 
Paul Preiswerk. 
prakt. Arzt aus Basel. 
Mit 4 Textabbildungen. 


Einleitung. 


Das primäre Karzinom der Harnröhre, speziell das der männ- 
lichen, galt in früherer Zeit als eine äufserst seltene Krankheit. 
Es ist daher wohl erklärlich, dafs sich die Hand- und Lehrbücher 
der Chirurgie und der pathologischen Anatomie der betreffenden 
Jahre mit diesem Gegenstand sehr kurz befafsten. Genauere Unter- 
suchungen der einschlägigen Literatur haben indessen ergeben, dafs 
diese Krankheitsform doch nicht gar so selten ist, so dals W asser- 
mann in seiner Spezialarbeit über das „Epithelioma primitif de 
lurethre* vom Jahre 1895 in der Literatur auf 20 Fälle von 
primärem Urethralkarzinom der männlichen Harnröhre stiels, während 
Burckhardt in seinen „Verletzungen und chirurgischen Erkran- 
kungen der Harnröhre“ (Handbuch der Urologie 1904) deren 3+ 
erwähnen konnte, in welcher Zahl 3 selbst beobachtete Fälle figu- 
neren, von denen mir einer in liebenswürdigster Weise vom lang- 
jährigen Assistenten des Herrn Prof. Burckhardt sel., Herrn Privat- 
dozent Dr. Suter, zur Bearbeitung überlassen wurde. 

_ Ein zweiter Fall, der wegen komplizierter Strikturerscheinungeu 
In die chirurgische Abteilung des Bürgerspitals (Vorsteher Herr 
Prof. Enderlen) eingeliefert worden war und in der hiesigen patho- 
lögisch-anatomischen Anstalt zur Obduktion gelangte, wurde mir 
von deren Vorsteher, Herrn Prof. E. Kaufmann, in dankens- 
werter Weise zur Untersuchung überwiesen, so dafs ich nun im Stande 
bin, zu den beobachteten 33 Fällen noch 2 eigene hinzuzufügen. 
Des ferneren gelang es mir, in der Literatur noch 4 ein- 
schlieige Arbeiten zu finden, so dals die mir zur Verfügung 
stehende Kasuistik, ohne die 2 von Burckhardt nur erwähnten, 
nicht bearbeiteten, 39 Fälle beträgt, die ich am Schlusse meiner 


Arbeit tabellarisch zusammengestellt habe. 


Zeitschrift für Urologie. 1907. ` 





274 Paul Preiswerk. 


Kranukengesehiebte I. 

F. D., 63 Jahre alt. 

Anamnese: Im Alter von 20—30 Jahren verschiedene Gonorrhöen, die 
ausheilten. Vor 1ö Jahren bemerkte Patient Abnahme des Strahles und Schwie- 
rigkeit bei der Emission des Urins, die auf Bougieren hin gehoben wurde. Im 
Mai 1904 wurde eine Härte am Damm bemerkt, und zu gleicher Zeit langsam 
sich mehrende Miktionsbeschwerden, speziell Schwierigkeit der Emission. Patient 
liefs sich darauf untersuchen. Es fand sich eine Striktur, die in einigen 
Sitzungen bis Charriere 10 dilatiert wurde. Ende Juni nahm die Schwellung 
dann zu, und es wurde ein perinealer Abszess inzidiert. Daraufhin entwickelte 
sich eine perincale Urinfistel, die einen Teil des Urins durchliefs. Diese wurde 
nun mit Verweilkatheter behandelt, die Striktur dadurch etwas erweitert, die 
Fistel aber nicht geheilt. Es bildete sich dann weiter eine grölsere Schwellung, 
die zum zweiten Male Ende Juli inzidiert wurde. Auf das hin ging aller Urin 
per fistulam ab. 

Status: Aller Urin geht durch eine perineale Fistel. Am Damm, hinter 
dem Skrotum, cine kleinfaustgrofse, harte, mit der Harnröhre in Verbindung 
stehende Geschwulst mit langer Narbe, und in der Narbe mehrere Fisteln, die 
Urin und Eiter entleeren. | 

Im Penis, dicht hinter der Glans, im linken Corpus cavernosum ein hasel- 
nulsgrofser, harter Tumor fühlbar. Inguinaldrüsen nicht verändert. 

Harnröhre: Für dicke Explorationssonde ist 7 cm hinter dem Meatus ein 
leicht überwindbares Hindernis, und 14 cm ab meato ein enges Hindernis, das 
nur mit feinen Sonden unter leichter Blutung zu überwinden ist. Von einer 
der Fisteln am Damm aus gelangt man in einer Tiefe von 7 cm auf die ein- 
geführte Sonde. 

Prostata: Sehr grols, selır dolent. 

18. IX. Miktion zweistündlich. Sonde 17—19. Schmerzhaft. Einführung 
schwierig. Temperaturanstieg auf 37,9. 

19. IX. Sonde 15—19. Vorbereitung zur Operation. 

20. IX. Operation. Urethrotomia. Partielle Exzision des Tumors. Medianer, 
langer Schnitt, Exzision der Fistel. Erst hinten Urethrotomie auf einer dünnen, 
elastischen Leitsonde, da Metallsonde und Sonde 17 nicht einführbar. Es wird 
ein roter, elastischer Katheter in die Blase gelegt. Wie man mit der Spaltung 
der vorderen Infiltration beginnt, zeigt sich hier ein im Inneren zerfallenes 
Karzinom. Bei der Isolation der Urethra zeigt es sich, dafs Uretlira und Bulbus 
karzinomatös diffus verwachsen sind. Es wird durch cinen oberflächlichen 
Schnitt das Karzinom abgetragen und die Schnittfläche verschorft. Reichliche 
Ligaturen der durchschnittenen Gefälse. Tamponade der hintern Wunde. Vorne 
oberflächliche Tamponade. Im Bett: Drainage der Blase. 

21. IX. Patient ohne Schmerzen, aber schlaflos. Verbandwechsel. Verband 
sehr feucht. Wunde reizlos. Urin klar, Blasenspülung. 

22, IX. u. 23. IX. Zweimal täglich Verbandwechsel, da die Wunde stark 
sezerniert. Täglich Spülung der Blase. Verweilkatheter funktioniert sehr gut. 

24. IX. Operation in Athernarkose. In Steinschnittlage wird ein medianer 
Schnitt gemacht in der Raphe von dem Frenulum zur früheren Inzision. Hinter 
der Glans wird die Haut zirkulär durchtrennt und der Penis herausgeschält. 
Die Corpora cavernosa werden unter Abklemmung durchtrennt, ebenso das 


ber das primäre Karzinom der männlichen Urethra. 275 


hintere Ewde des Bulbus. Grofse, klaffende Wunde. Hierauf wird die Harn- 
röhre ber-vorgezogen und in die Haut .eingenäht. Die Wunde fortlaufend ge- 
schlossen unter Einlegen einer Meche an der Stelle, wo früher der Verweil- 
katheter Tag. In der Mitte führt ein Mercierkatheter in die Blase. 

25. IX. Patient ordentlich, aber schwach. Zweimal Verbandwechsel, da 
der Versand hinten in der Umgebung des Katheters feucht ist. 

26. IX. Häufiger Drang zum Urinieren. Es wird deshalb der Verweil- 
katter gewechselt, der ums Augo total inkrustiert ist. Aus der neuen Harn- 
röhre ziemlich viel Eiter. 9 

37. IX. Zweimaliger Verbandwechsel. Wieder Katheter gewechselt. Zwei- 
mal Blasenspulung. | 

28. IX. Abends Klysma. Wechseln des Katheters, Blasenspülung, Ver- 
bandwechisel. Wunde sieht gut aus, Katheter wieder etwas inkrustiert. All- 
gemeinbefinden ordentlich. 

29. IX. Zweimaliger Verbandwechsel. Zweimal Blasenspülung. Wechseln 
des Katlıeters. 

80. IX. Entfernen der Nähte und der Möchen. Es hält alles. Die Narben- 
stellen sauber. Stellenweise haben die Nühte eingeschnitten. Zweimal Verband- 
wechsel und Blasenspülung. 

LA Es wird der Katheter weggelassen. Trockener Verband. Stuhl auf 
Klysma reichlich. 

2.X, Nachts schlechte Miktion. Borspülung. 

AA Nachts wegen Ischiasschmerzen schlecht. Borspülung der Blase. 
Olinjekion. Miktion zweistündlich. Wunde gut. Täglich Klysma. 
4. X. Spülung der Blase mit !/,%/,, Arg. nitr.-Lösung. Schmerzen in der 
linken Hode. : 
9». X, Spülung mt Lia Arg. nitr. Links oben, über der Einschnittstelle 
in der Inguinalgegend einige harte Stellen in der Tiefe der Haut. Nicht deut- 
lich mit dem Samenstrang adhärent. Rechts cin kleiner Knoten in der Tiefe 
des Samenstrangs. Borspülung. Ol. salic. 
6.X. Nachts schlecht. Häufiger Drang. Borspülung. Ol. salic. 
© AX. Nachts häufige Bedürfnisse. Fieber. Der linke Nebenhoden ist hart 
infltriert, 
8. X. Es lassen sich noch einige Nähte aus der zurückgezogenen Harn- 
Töhrenmündung entfernen. Spülung der Blase. Miktion einstündlich. 
9. X. Beide Nebenhoden etwas hart infiltriert. Wunde sauber. 
10. X. Nachts 2—2!/,stündliche Miktionen, ohne Schmerzen. Die ganze 
rechte Renalseite dolent. Pyelitis dextra. Blasenspülung. Ol. salic. 

11. A. Rechte Niere und rechte Bauchscite dolent. | 

12. X. Die Nebenhoden sind noch ctwas dolent. Die Tumoren in der 
Haut links sind noch vorhanden. 

13. X. Urin leicht trüb. 1' Albumen; Eiterdepot. Miktionspausen 
3 Stunden. 


Í 14. X. Rechte Niere nicht mehr dolent. Narbe tadellos. Meatus urethrae 
Sauber, 


15. X.—17. X. Status ideta. : 
Í 18. X. Kastration links. Elliptische Exzision der Haut mit «der Metastase, 
å a I ; r: 1 l 
un Ligatur des Samenstranges in verschiedenen Teilen. Herauspräparieren 
19* 


St ën WÉI a.f. »- PR a 


276 Paul Preiswerk. 


des Hodens, der mit der Haut verwachsen ist. Viele Ligaturen. Fortlaufende 
Naht der Haut. Im Skrotum ein Drain. 

19. X. Dreistündige Miktionspause. Verbandwechsel, da das Drain ziem- 
lich viel Blut gab. 

20. X. Drain weg. 

21. X. Wunde gut. 

24. X. Nähte entfernt. 

26. X. Wunde zeigt oberflächliche Epithelnekrosen. 

31. X. Auf dem Skrotum neben der Narbe immer noch nekrotische Ober- 


- haut. Am Damm üppige Granulationen, die abgetragen werden. In der Narbe 


ein Knopf, aus dem sich dicke, gelbweilse Käsemassen ausdrücken lassen. 
Mikroskopiech bestehen diese aus polymorphen, grofskernigen Tumorzellen. 

2. XI. An der skrotalen Narbe stölst sich die nekrotische Haut ab. 

8. XI. Exzision des Tumors in der Narbe mit 1°/, Kokain-Adrenalin. 
Kollaps! Elliptische Exzision. 6 Knopfnähte. 

4. XI. Vormittags Schüttelfrost. Temperatur 38,6. 

5. XI. An der Warzel des Skrotums über der Symphyse eine harte, 
empfindliche, phlegmonöse Entzündung, ausgehend von der Testcktomienarbe, 
die immer noch nekrotisch belegt ist. Feuchter Verband zweimal täglich. 

6. XI. Einige nekrotische Stellen vereitern, 

7. XI. Nähte entfernt. p. p. Heilung. 

8. XI. Austritt. Allgemeinbefinden ordentlich. Patient sieht viel besser 
aus als beim Eintritt. Es fehlt der Penis und der linke Testikel. Alles gut 
vernarbt, pur an der Testektomienarbe noch über dem Skrotum ein belegter 
nekrotischer Hautschorf, darunter eine Härte. Der rechte Hoden bis auf eine 
Schwiele im Nebenhoden normal. Dagegen eine kleine, derbe Inguinaldrüse. 
Die Wunde anı Damm geheilt. Der Meatus recht gut mit der äufsern Haut 
verwachsen. Links noch keine Granulationsstellen. Miktion leicht, schmerzlos, 
alle 2—8 Stunden. Urin eine Spur opaleszierend. Albumen in Spuren. Ein 
Rezidiv nicht zu fühlen. 

14. XI. In der Zwischenzeit ist das Befinden des Patienten ein gutes. 
Emission des Urins geht leicht vor sich. Nur die Narbe am Skrotum läfst zu 
wünschen übrig. 

25. XI. Der den Patienten in seiner Heimat behandelnde Arzt bemerkt 
„une petite induration suspecte sous la pean du scrotum, & droite“, die er unter 
Kokainanästhesie entfernte. „Il ne s'agit que d'un seul ganglion, isolé, sous la 
peau du scrotum et facilement extrait. Les pinces seulement l'on fait éclater .... 
Je trouve que la région du meat artificiel s'indure fortement, il y a des végé- 
tations suspectes, et enfin, la queue de l'épididyme droit est indurée et assez 
volumincuse“. 

17. XII. Patient vereist nach Paris „pour encore tenter deux choses: le 
Sérum Doyen et la Radiothérapie“. 

16. II. 05. Der Krüfteverfall nimmt rapid zu. 

21. III. Patient geht an Kachexie zugrunde. 


Sitz und makroskopische Beschreibung des Tumors. 


Sieben Zentimeter hinter dem Meatus externus beginnt ein grau- 
rötlicher Tumor, welcher sich, nachdem die Harnröhre in der Me- 


Über das primäre Karzinom der männlichen Urethra. 277 


dianlinie gespalten worden war, als eine von der Urethra nach dem 
Perinäum hin wachsende Geschwulst präsentiert. 

Die nach der Harnröhre gerichtete Oberfläche ist rauh, höcke- 
rg, mit mäfsig tiefen Einkerbungen versehen. Einzelne Partien, 
besonders die gegen die Corpora cavernosa penis hin liegenden, 
snd durch deutliche Furchen in einzelne Läppchen geschieden, 
während diese Trennung in der Gegend der Pars prostatica ganz 
verschwindet. 

Die Gröfse der Neubildung beträgt die eines grofsen Gänseeies. 
In der rechten Hälfte befindet sich eine ungefähr 1 cm tiefe Zer- 
fallshöhle, deren Grund eine etwas unebene, kleinhöckrige Beschaffen- 
heit zeigt. 

Links und rechts erstreckt sich der Tumor längs der Harn- 
führe nach vorne, wo er ungefähr 5 cm vom Meatus externus 





ziemlich zugespitzt endigt. Die Urethra wird auf dieser Strecke 
von der Neubildung rinnenförmig von unten her umfalst. Im 
vorderen Drittel, dicht hinter dem Sulcus coronarius beginnend, 
findet sich im linken Corpus cavernosum penis eine harte, walnuls- 
grolse Stelle, welche als eine Krebsmetastase anzusprechen ist. Die 
Schnittfläche dieses Krebsknotens zeigt eine etwas weniger rauhe 
Beschaffenheit, als sie bei dem primären Tumor anzutreffen war. 
Ein Schnitt durch den primären Herd, parallel zur Längsachse der 

rethra geführt, zeigt eine homogene Beschaffenheit, während ein 
senkrechter, durch die gegen die Pars cavernosa hin auslaufenden 
Zipfel geführter deutlich eine Trennung in zwei Partien erkennen 

(st, in eine der Urethra näher gelegene, schwarzgrün gefärbte, die 
etwas über die Hälfte reicht, und in eine mehr peripher gelegene, 


= Aussehen genau der Oberfläche des zur Urethra parallel ge- 
rten Schnittes entspricht. 


nn EEE er Zu ge gi * 


278 Paul Preiswerk. 


Die Harnröhre, deren Epithel bis kurz vor dem Beginn des 
Tumors keinerlei Veränderungen aufweist, geht hier plötzlich im 
Tumorgewebe unter. Ihr weiterer Verlauf in der Pars prostatica 
ist an dem Präparat nicht zu erkennen. (Siehe Fig. 1.) 


Mikroskopische Untersuchung des Tumors und der 
Metastasen. 


Was den mikroskopischen Befund anbetrifft, so schrieb s. Z. 
Herr Prof. Kaufmann, der die Freundiichkeit hatte, den Tumor 
zu untersuchen, folgendes: „Der Tumor besteht aus mächtigen 
Zapfen, welche durch sclımale Bindegewebszüge voneinander ge- 
trennt sind. Die Zapfen sind solide und bestehen zu äufserst aus 
zylindrischen Zellen, dann folgen viele Zellreihen mit Übergängen 
zu rundlichen Zellen. In der Mitte sind die Zapfen vielfach: in 
Degeneration begriffen“ Meine mikroskopischen Untersuchungen, 
deren Resultate in vollem Einklang mit dem eben erwähnten Be- 
funde stehen, zeigten folgendes: An dem aus der Mitte des Tumors 
gewonnenen, mit Hämatoxylin-Eosin gefärbten Präparate erblickt 
man im mikroskopischen Gesichtsfeld eine streng durchgeführte 
Sonderung der karzinomatösen Neubildung von dem Stützgewebe. 
Das Stroma zeichnet sich durch einen äufserst geringen Gehalt an 
Blutgefäfsen aus und bildet das aus verschieden grofsen Maschen 
zusammengesetzte Netzwerk, in das die Geschwulstmassen ein- 
gewuchert sind. Eine kleinzellige Infiltration ist beinahe überall 
vorherrschend, teilweise in dem Mafse, dafs dadurch die binde- 
gewebige Stützsubstanz auf weite Strecken hin beinahe verdeckt 
wird. Namentlich stark ausgeprägt findet sich dies an den Stellen 
des fortschreitenden Wachstums der Neubildung und ist als reaktive 
Tätigkeit des bindegewebigen Stromas aufzufassen, indem nämlich 
die einwuchernden Krebszapfen als Fremdkörper wirken und so ein 
den entzündlichen Prozessen ähnlicher Vorgang sich abspielt. An 
einzelnen Stellen scheint dieser Reiz so heftig zu sein, dafs die 
wachsenden Geschwulstmassen wie in einer eitrigen Bindegewebs- 
infiltration zu stecken scheinen. 

Die Zellformen, aus denen das Karzinom zusammengesetzt ist, 
sind äulserst vielgestaltig, so zwar, dafs beinahe immer der epithe- 
liale Charakter gewahrt bleibt. Diese Vielgestaltigkeit ist wohl 
hauptsächlich dadurch bedingt, dafs, wie aus den Präparaten hervor- 
geht (siehe Fig. 2), aus Mangel an einer Zwischensubstanz die 
Zellen sich hart aneinanderlegen und durch verschieden rasches 


Über das primäre Karzinom der männlichen Urethra. 279 


Wachstum einen gegenseitigen Druck ausüben, sich abplatten, oder 
von ursprünglichen Typus ganz difierente Gestaltung zeigen, was 
besonders an den Stellen des intensivsten Wachstums, die sich durch 
massenkaafte Kernteilungsfiguren in allen Stadien auszeichnen, deutlich 
der Fall ist. An andern Stellen wiederum liegt die Formände- 
rung im einer Degeneration während des Wachstums begründet. 
Bei der Betrachtung der Krebszapfen erblickt man, wie die- 
selben zu äulserst aus einer Reihe zylindrischer Zellen bestehen, die 
einen, die Epithelmassen deutlich abgrenzenden, kontinuierlichen 


di 
RI 
` 
¿ 3 
2 
r 





Fig. 2. 


Saum darstellen, während nach dem infiltrierten, periurethralen 
Bindegewebe hin die oben beschriebenen polymorphen Zellen von 
epithelialem Charakter vorherrschend sind. Die Krebszapfen selbst 
gen sich als solide, in die Tiefe wuchernde Stränge, die unter 
sich durch brücken- und balkenartige Ausläufer in Verbindung 
stehen, an denen häufig eine konzentrische Schichtung der die Krebs- 
zapfen zusammensetzenden Elemente zu erkennen ist, so dafs zwiebel- 
schalenartige Gebilde entstehen, welche die Neigung zeigen, im Zen- 
trum mehr oder weniger zu verhornen. Die äufsersten Zellen dieser 


Lu — mmm A S see e 


_ GENEE, EE d ES 





280 Paul Preiswerk. 


Hornperlen tragen noch deutlich den Charakter des Epithels, dem 
sie entstammen, während Zellen der inneren Schichten polyedrische 
Gestalt annehmen, einen schlecht gefärbten Kern besitzen und in 
ihrem Protoplasma Keratohyalinkörnchen aufweisen. Zu innerst 
endlich finden sich bei den meisten dieser Krebsperlen nur noch 
kernlose, platte Zellen, die zum grölsten Teil verhornt sind, wie es 
an den nach Mallory gefärbten Präparaten gut erkennbar ist. 
Die mikroskopische Untersuchung der Metastasen im linken 
Corpus cavernosum penis und in der Scrotalhaut zeigt durchweg 





dieselben Zellformen, wie sie der primäre Herd aufwies, d. h. es 
handelt sich um typische Metastasen eines verhornenden Platten- 
epithelkrebses. 

Was den Weg und die Bahnen der Propagation des Tumors 
anbetrifft, so sind diese Verhältnisse am besten an den Elastinprä- 
paraten (s. Fig. 3) zu erkennen. Mit Hilfe dieser Färbmethode ist 
man imstande, mit aller Deutlichkeit zu sehen, wie sich die Krebs- 
zapfen längs der Urethra in den von der Natur vorbereiteten Wegen, 
nämlich in den Lymphspalten und namentlich in den kavernösen 
Räumen des Penis und der Urethra nach vorne hin ausbreiten, in- 
dem vorerst die Bindegewebsbalken mit ihren glatten Muskelfasern 
und elastischen Elementen, sowie die Endothelien intakt bleiben und 


Über das primäre Karzinom der männlichen Urethra. 281 


erst bei einer Degeneration der Tumormassen dem Untergange 
geweiht sind. 


Krankengeschichte II. 

W. B., 61 Jahre alt. 

Eintritt: 27. I. 06. 

Austritt: 6. II. 06. + 

Anamnese: Mit 52 Jahren wieder eine Gonorrhoe. Der Ausflufs dauerte 
ein Vierteljahr lang, darauf ein drei Wochen dauernder Blasenkatarrh. In dieser 
Zt an Hals, Nacken und linkem Vorderarm bösartige Furunkeln und Phleg- 
monen. Nach Aussage des Arztes eine schwere Sepsis. Herzstörungen auch 
vorhanden. Harnröhre weist multiple Strikturen auf. Patient wurde jahrelang 
bougiert, während welcher Zeit er keine Beschwerden hatte. Seit 6 Jahren ein 
Diabetes erkannt. (— 4°/, Zucker.) 

Seit 3 Wochen plötzlich Urinbeschwerden. Patient erkrankte am 4. I. 06. 
mit Schüttelfrost und starken Schmerzen an der Wurzel des Penis. Der Urin 
fofs nur tropfenweise und unter starkem Brennen ab. Vor 8 Tagen wurde 
zım ersten Male und von da an täglich katheterisiert. Da der Katheterismus 
heute nicht gelang, wurde der Patient in das Spital gewiesen. Vor 1!/, Jahren 
Gangrän am linken Fufsrüäcken. Amputation der 2. Zehe. 

Status: Grosser, fettreicher Mann. Gesicht bläulich-cyanotisch. Pupillen 
ragieren nicht auf Lichteinfall, dagegen auf Akkommodation. Zunge gerade vor- 
&streckt, weils belegt. Leber- und Milzdämpfung nicht vergröfsert. Über der 
Ssmphyse findet sich eine halbkreisförmige Zone absoluter Dämpfung bis gegen 
den Nabel reichend. Ihr entspricht eine durch die gespannten Bauchdecken 
Richt schr deutlich zu fühlende Resistenz, entsprechend der ausgedehnten Blase. 
Die Regio pudenda ist mit schmierigem Sckret belegt, ekzematös. Penis: an der 
Unterseite im Sulcus praepautii linsengrolse, weilse Narben. 

Sitz der Erkrankung: Die Peniswurzel ist von einem derben, auf 
Drack schmerzhaften Infiltrat umgeben. Keine Fluktuntion. Man fühlt die 
Harnröhre ala fingerdicken gebogenen Strang unter der Raphe des Perinämus; 
ebenfalls schr druckempfindlich. Von der vorderen Rektalwand fühlt man eine 
derbe Verdickung des periurethralen Gewebes. Der Urin wird spontan nur 
tropfenweise entleert, während die Blase gefüllt ist. Beim Katheterisieren gelingt 
**, mit Charriere IX zu passieren. Man stöfst auf einen Widerstand 2 cm 
hinter dem Orificium externum, ferner auf cin zweites, kurz vor dem Ein- 
dringen in den Blasenhals. Am Anus einige Hämorrhoidalknoten. Urin dunkel, 
träbe, dick, mit rötlich-gelbem Sediment, Spez. Gew. 1028. Trommer positiv. 
= o Zucker. Aceton. Albumen Zo Mikroskopisch: Frische rote Blut- 
körperchen, Leukocyten, geschwänzte und stockzahnförmige Blasenepithelien, 
hyaline und Wachszylinder. 

| Diagnose: Multiple, postgonorrhoische Urethralstrikturen. Fausse ronte, 
N urethritische Infiltrationen. Cystitis. Ischuria paradoxa. Diabetes mellitus. 
e phritis chronica, Degeneratio cordis cum dilatatione. Tabes dorsalis (Poly- 
nearitis diabetica?), 

Se Patient löst spontan Urin. Blase stets gefüllt. Beim Versuch zu 
Metall steren geht eine kleine Knopfbougie leicht in die Blase. Mit dem 
ailkatheter XVI gelangt man nicht in die Blase. Die Spitze verfängt sich 


282 Paul Preiswerk. 


in einer derben Tasche. Der Versuch wird nicht forciert. Es ergeben sich 
folgende Strikturen: I. 1 cm hinter dem Orificium externum; II. an der Wurzel 
des Penis; III. am Übergang in die Blase. Die beiden ersten geben leicht 
nach. Patient uriniert dreimal, jeweilen 300 cm®. Nach der Miktion ist die 
Blase gleichwohl gefüllt, sie ragt handbreit als derbe Resistenz über die Sym- 
physo empor. Urinmenge in 24 Stunden 1020 cm?. | 

29. I. Urin 1800 cm?, stets spontan entleert. Patient sehr apathisch. 
Klagt über Schmerzen am Damm und Skrotum. Die Infiltration hat zu- 
genommen. 

30. I. Temperatur subfebril. Vermehrte Schmerzen. Stärkere Schwellung 
des Dammes und der rechten Skrotalbasis. Auf der Unterfläche eine fünffrank- 
stückgrofse, graublau verlärbte Stelle mit deutlicher Fluktuation. Inzision. Es 
entleert sich erst ein scheulslich stinkondes Gas; das Gewebe ist milsfarben, 
zunderig. Bei tieferem Eingehen fällt dicker, braungelber Eiter vor. Spülung, 
Tamponade, T-Binde. Im Eıter massenhaft Diplokokken, Staphylokukken, dicke 
Stäbchen, die sich nach Gram nicht entfärben. : 

1. II. Urin stets spontan entleert. Blase niemals ganz entleert. Nach der 
Miktion, die jeweilen 250 cm? beträgt, ragt die Harnblase als deutlich palpabler 
Tumor über die Symphyse empor. Täglich einmal Katheterismus mit Blasen- 
spülung. Die Infiltration an der rechten Seite der Harnröhre und an der Basis 
des Skrotums hat zugenommen. Hier ein grölserer, brandiger Herd. Es flielst 
nur wenig aus der Inzisionsöffnung; deshalb wird mit der Schere das brandige 
Stück abgetragen und der gestrige Schnitt vertieft, wodurch wieder reichlich 
Eiter hervorquillt. Urin: spez. Gewicht 1028. Zucker 3°,. Deutlich Act- 
essigsäure, ` f 

8. II. Täglicher Verbandwechsel. Katheterismus. Patient scheint bis- 
weilen etwas benommen. Auffallend wenig Schmerzäufserungen. 

d IL Abends 6!/, Uhr plötzlich totale Benommenheit. Starker Geruch 
nach Aceton, Venaesectio. 1 Lt. NaCl-Lösung. Nach einer halben Stunde 
kehrt das Bewulstsein wieder. Patient läfst unter sich gehen, doch ist die Harn- 
blase stets gefüllt. 

5. II. Gute Granulationen; alle gangränösen Reste abgestolsen. Schwellung 
geschwunden. 

6. II. Exitus letalis. 


Sektionsbericht vom 7. II. 1906. 


Genitalien: Beim Aufschneiden der Urethra findet sich im 
Verlauf derselben durch die Glaus des Penis eine dilatierte Striktur. 
Im obern Teile der Pars pendula eine narbenähnliche Rauhigkeit 
ohne Verengerung. Die ganze Pars nuda ist eingenommen von einem 
zerklüfteten, tumorartigen, grauroten Gewebe. Die Urethra ist hier 
an einer Stelle durchstolsen und kommuniziert mit der Zerfallshöhle. 
Letztere kommuniziert durch eine Fistel mit der oben erwähnten 
inzidierten Abszelshöhle am Damm. Die Gegend des Caput calli- 
naginis ist wieder intakt, frei von Tumor: ebenso die Prostata und 


Über das primäre Karzinom der männlichen Urethra. 283 


die Sazyenblasen (makroskopisch) frei von Veränderungen. Die 
Vasa de ferentia sind in ihrem untersten Teil auf eine Strecke von 
je 6cm verkalkt, starrwandig. Die Blase stark erweitert, zwei- 
faustgro fs, sehr muskulös; Schleimhaut glatt, blals, mäfsig stark 
auszeprägtes Balkenwerk. Trigonum Lieutaudi o. B. Uretheren durch- 
gängie. Oberhalb ihrer Mündung befinden sich in der Blasenwand 
drei divertikulöse Ausbuchtungen, von denen die eine hühnerei-, 
die zweite pflaumen- und die dritte kirschgrols ist. Links neben 
dn Samenblasen sind in fettreichem Gewebe verschiedene, ver- 
erölserte, derbe Drüsen. Eine derselben besteht aus grauweilsem, 
tumorverdächtigem (Gewebe. Mikroskopisch: Der Tumor zeigt auf- 
fllend starke Verhornung, daneben sind solide, polymorphzellige 
Partien vorhanden. In einzelnen Bezirken sind schmale, lange, 
2-3reihige Zellzüge durcheinandergeworfen, so dafs oft skirrhöse 
oder drüsenartige Bilder zustande kommen. 

Anatomische Diagnose: Karzinom der Pars nuda urethrae, 
af einer alten gonorrhoischen Striktur entstanden. Alte Striktur 
in der Fossa navicularis urethrae. Fistel aus dem Karzinom in 
einen perinealen Abszefs. Metastasen in den regionären Lymph- 
irüsen. Lebermetastase? Starke Hypertrophie und Dilatation des 
ganzen Herzens. Arteriosklerose. Bronchitis, Emphysem, Bronchi- 
ektasen, Ödem der Lungen, Pleuritis adhaesiva dextra. Beginnende 
Bronchopneumonie des rechten Unterlappens. Kalkherd in der 
rechten Lunge. Lebereirrhose. Fettdurchwachsung (Cirrhose?) des 
Pankreas. (Diabetes.) Milztumor. Nephritis parenchymatosa. 


Sitz und makroskopische Beschreibung des Tumors. 


An dem in Formol gehärteten Präparat findet sich in der 
aufgeschnittenen Urethra ungefähr 16!/, cm hinter dem Orificium 
externum urethrae ein tief ulzerierter Tumor, der sich über die ganze 
Pars membranacea erstreckt, während die Pars prostatica frei von 
Tumormassen ist. Von den Corpora cavernosa penis ist der Tumor, 
Inder Längsrichtung gemessen, 2 cm entfernt, während der Abstand 
“om Orificium internum urethrae kaum '!, cm beträgt. 

Die Gestalt des Tumors ist die eines Ovales, dessen langer 
Durchmeser 4',, cm und dessen breiter Durchmesser 2°., cm beträgt. 
Die Zerfallshöhle zeigt eine Tiefe von Il, cm (siehe Fig. 4). Die 
Umgebung ist, namentlich gegen die Pars cavernosa hin, derb in- 
gen, Die gegen die Urethra gerichtete Oberfläche ist uneben, 

höckerig, von tiefen Schrunden durchzogen, die namentlich gegen 


284 Paul Preiswerk. 


die Pars prostatica hin deutlich ausgeprägt sind. Diese Zerklüftung 
bewirkt, dals die ganze Oberfläche des Geschwürs in einzelne Lappen 
und Läppchen zerfällt uud ein blumenkohlartiges Aussehen zeigt. 

Die Schleimhaut der Urethra ist an zwei Stellen der Pars 
cavernosa strikturiert. Im Bereiche des Tumors ist sie gegen die 
Pars prostatica hin ohne Veränderungen, während sie nach der 
Pars cavernosa hin, in einer Ausdehnung von ungefähr 1 cm? eine 
unebene, raule Oberfläche aufweist. Der Umfang der Harnröhre, 
der an den intakten Stellen 2 cm beträgt, ist in dem Zerfallsgebiet 
auf wenige Millimeter zusammengeschrumpft; das Lumen liegt nicht 





Fig. 4. 


mehr in der Mittellinie, sondern ist stark nach einer Seite hin ver- 
zogen, so dals die Urethralreste nunmehr 1', em von der Mittellinie 
zu liegen kommen. Die Stelie der untergegangenen Schleimhaut 
ist mit höckerigen Gewebsmassen angefüllt. Die Farbe des Tumors 
ist graurötlich, die Konsistenz weich. Ungefähr 1 em hinter dem 
Beginne des Tumors gelangt die Sonde durch einen nach vorne ge- 
richteten Fistelgang von 3 cm Länge in der Dammgegend zum 
Vorschein. 


Mikroskopische Beschreibung des Tumors. 


Das zur mikroskopischen Untersuchung gelangende Stück 
stammt aus dem vorderen Drittel der Neubildung. Die Schnitte 
wurden so geführt, dals an den zuvorderst gelegenen Präparaten in 


a. An A EEE A 


Über das primäre Karzinom der männlichen Urethra. 285 


querer Richtung eben noch die normale Harnrührenschleimhaut ge- 
rofen iste, während die hintere Begrenzung der exzidierten Partie 
a dem Orte des intensivsten Zerfalls der Neubildung liegt. 

An den distalen Stellen der Geschwulst ist das periurethrale 
Gewebe sehr stark mit Rundzellen infiltriert, während das Maschen- 
werk der Corpora cavernosa penis et urethrae sonst keine Ver- 
änderungen aufweist und die Blutgefäfse von den Geschwulstmassen 
nicht in Mitleidenschaft gezogen sind. Ebenso ist das Harnröhren- 
pithelim dieser Gegend noch nicht verändert, während es, je mehr 
die Schnitte sich dem Tumor nähern, beginnt, einer langsamen 
Degeneration anheimzufallen, indem die Kerne der einzelnen Epi- 
telzellen sich allmählich schlechter tingieren, so dafs schlielslich 
on einem Epithel überhaupt nicht mehr die Rede ist. An Stelle 
des untergegangenen Urethralepithels findet sich das gewucherte 
Tınorgewebe. 

Die Krebszapfen sind sehr deutlich ausgeprägt. Sie dringen 
teils als breite, solide Stränge in die Tiefe, teils bilden sie feinere 
Verästelungen, die mit Ausläufern anderer Krebszapfen Anastomosen 
bilden, so dafs auch hier das deutliche Bild eines aus epithelialen 
Lellen zuammengesetzten Maschenwerkes zustande kommt. 

Die Krebszapfen selbst bestehen durchweg aus epithelialen 
Zellen, die in der Hauptsache sich sehr ähnlich sind. 

Im Bereich der Zerfallshöhle sind die Krebszapfen in dem 
Malse dicht gruppiert, dafs sie unter Auflösung des periurethralen 
Gewebes konfluieren und zu massigen Gebilden anwachsen, so dafs 
an diesen Stellen eine Unterscheidung in Stützgewebe und in Tumor- 
gewebe nicht mehr durchführbar ist. 

Rasches Wachstum scheint diesen Tumor nicht auszuzeichnen; 
Kernteilungsfiguren sind wenigstens nur spärlich anzutreffen. Da- 
sezen zeigt er eine auffallende Tendenz zu verhornen, wie es mit 
aller Deutlichkeit an den beinahe auf jedem Schnitt erscheinenden 
Epithelperlen, welche sich durch regelmälsige, zwiebelschalenartige 


kunzentrische Schichtung mit verhorntem Zentrum auszeichnen, 
hervortritt, 


Historisches. 

Die Literatur über das primäre Urethralkarzinom ist, entsprechend 
dem seltenen Auftreten, eine spärliche. So ist es auch nicht zu 
verwundern, wenn Ziegler in seinem Lehrbuch der speziellen pa- 
thologischen Anatomie vom Jahre 1887 das primäre Karzinom der 


286 Paul Preiswerk. 


Urethra unberücksichtigt läfst, ohne jedoch auf die Erwähuung anderer 
Neubildungen, unter dennn er polypöse und papillöse Wucherungen 
am Orificium externum weiblicher Harnröhren anführt, zu verzichten. 

Ebenso kennt Rokitansky in seinem Lehrbuch der patho- 
logischen Anatomie vom Jahre 1886 kein primäres Urethralkarzinom, 
sondern nur eine sekundäre, krebsige Degeneration ex contiguo vom 
Penis und von der Harnblase her. 

E. Kaufmann sagt in seinem Lehrbuch der speziellen patho- 
logischen Anatomie (III. Aufl.) bei der Besprechung der Geschwülste 
der Harnröhre: Primäre Karzinome (selten) kommen als Platten- 
epithelkrebse (im Anschlufs an Strikturen, an periurethrale und peri- 
neale Fisteln oder an der vorher gesunden Harnröhre), sowie als 
Adenokarzinome vor; letztere können von den Cowperschen Drüsen 
ausgehen. 

Von chirurgischer Seite wurde diese Erkrankung bis in die 
siebziger Jahre hinein aufser acht gelassen, wie aus den derzeitigen 
Lehrbüchern von König, Hueter und Emmert zu ersehen ist. 

Auch in der französischen Literatur herrschte darüber ziem- 
liches Stillschweigen. So erwähnt Demarquay in seinen „Mala- 
dies chirurgicales du penis* vom Jahre 1877 überhaupt das primäre 
Urethralkarzinom nicht, und Boully sagt in seinem „Manuel de pa- 
thologie externe“ Vol. IV, bei der Besprechung der Urethraltumoren: 
„les tumeurs de lurèthre appartiennent d'une manière presque exclu- 
sive au sexe féminin.“ Follin und Duplay (Traité élémentaire de 
pathologie externe, 1888, Vol. VII) sehen das Karzinom der Urethra 
im allgemeinen als ein äufserst seltenes und im gegebenen Falle 
gewöhnlich als ein sekundärcs an. 

Im Jahre 1834 veröffentlichte Thiauditre in dem „Bulletin 
général de thérapeutique“ eine Affektion der Harnröhre eines Mannes, 
die er als primäres Urethralkarzınom ansprach. Ihm folgte Hut- 
chinson im Jahre 1862 mit seiner Abhandlung in den „Transact. 
of Pathol. Soc. of London‘, drei Jahre später Thiersch mit der 
berühmten Arbeit über den Epithelialkrebs.. Von dieser Zeit an 
mehren sich die beobachteten und genauer bearbeiteten Fälle, so 
dals C. Kaufmann in seinen „Verletzungen und Krankheiten der 
männlichen Harnröhre und des Penis“ (Deutsche Chirurgie 1886 
bereits 5 Fälle erwähnen konnte. 

Besonders exakte Spezialarbeiten lieferten Wassermann (Epithe- 
loma primitif de l’urethre) im Jahre 1895 und Carcy in seiner 
These über das „epithelioma primitif de l’urethre pre-membraneux“, 


Über das primäre Karzinom der männlichen Urethra. 987 


welche beide aufser den selbst beobachteten Fällen noch die in der 
Literatur gefundenen zweckmäfsig bearbeiteten. 

Von deutschen Autoren sei noch Bosse genannt, welcher in 
ähnlicher Weise die Zahl der bekannten Fälle um einen selbst beob- 
achteten vergrölserte. Die beiden neuesten Autoren sind Hottinger 
mit seiner Veröffentlichung „Über das primäre Karzinom der Harn- 
rölıre” im Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte, Jahrgang X XVIII, 
unl E. Burckhardt, welcher im Handbuch der Urologie, 1904, in 
seinen „Verletzungen und chirurgischen Erkrankungen der Harn- 
röhre* den Urethralkarzinomen ein grofses Kapitel widmet. Auf 
Grund eines sorgfältigen Quellenstudiums traf er in der Literatur 
auf 31 Fälle, welche die Harnröhre des Mannes betrafen. Es ist 
dies die einzige Arbeit, in welcher mit peinlicher Sorgfalt die ein- 
schlägige Literatur in vollständiger Weise angegeben wird. 


Symptome. 

Die Symptome des primären Harnröhrenkrebses beim Manne 
sind so mannigfaltig und teilweise den Erscheinungen anderer Urethral- 
affektionen so ähnlich, dafs es bis jetzt unmöglich war, ein für initiale 
Zustände gemeinsames und charakteristisches Merkmal festzustellen. 
Des ferneren sind die Symptome verschieden, je nachdem sich der 
Krebs in der gesunden Harnröhrenschleimhaut entwickelt hat, oder 
auf dem Boden cines bereits erkrankten oder wenigstens ver- 
ánderten Urethralepithels entstanden ist, auf welchen Umstand be- 
sonders Burckhardt aufmerksam gemacht hat. 

Diese Differenzierung dürfte jedoch in den meisten Fällen nicht 
durchführbar sein, weshalb auch Carcy und Wassermann, die sich 
mit der Symptomatologie eifrig befafsten, für beide Fälle gemeinsame 
Symptome annahmen, von der Tatsache ausgehend, dafs das primäre 
Urethralkarzinom beim Manne sich in den meisten Fällen in strik- 
turierten Harnröhren entwickelt, und dafs die Frühsymptome des 
auf unveränderter Grundlage entstandenen Krebses mit den Striktur- 
erscheinungen allgemeiner Art zusammoenfallen. 

Je nach dem Zustande der Entwicklung des NKarzinoms sind 
demgemäls die auftretenden Symptome verschieden. Vorerst sind es 
Miktionsbeschwerden, die mit in die Glans ausstrahlenden Schmerzen, 
bald heftiger, bald weniger heftiger Natur, verbunden sind. Zugleich 
mit diesen Erscheinungen steigert sich das Bedürfnis des Urinlassens, 
Das Urinieren selbst nimmt längere Zeit und cine gröfsere Kraft- 
anwendung in Anspruch. Des Harnstrahl hat nicht mehr das frühere 


š Ga i "WIEL 
zz ER 

Cafi ESA 
' rn t t t 











288 Paul Preiswerk. 


Kaliber; er wird dünner. Sein Weg gleicht nicht mehr einer Pa- 
rabel, er fällt steiler ab. Nach Hottinger soll in diesem Zustand 
schon ein Ausflufs aus der Harnröhre vorhanden sein und wird von 
ihm als ein für ein beginnendes Urethralkarzinom charakteristisches 
Zeichen angesehen. 

Im vorgeschrittenen Stadium werden die eben besprochenen 
Symptome deutlicher, namentlich treten die Schmerzen bei der 
Miktion, die sich noch über dieselbe hinaus erstrecken, in den Vorder- 
grund. In diesem Zustand hüten sich die Patienten, allzuhäufig m 
urinieren; ja, es sind Fälle bekannt, wo sie während zehn und mehr 
Stunden hindurch überhaupt keinen Harn liefsen. Nach W asser- 
mann sollen diese Miktionsschmerzen dadurch entstehen, dafs der 
Urin mit den ulzerierten Partien in Berührung komme, was aber 
nach Hottinger nur dann Gültigkeit haben kann, wenn es sich um 
zersetzten Urin und um hochgradig zerfallene Stellen handelt; denn 
in vielen Fällen genügt ja eine einmalige erweiternde Sondierung, 
um die Schmerzen beim Harnlassen zu heben. 

Schliefslich fällt der Harnstrahl senkrecht ab. Seine Gestalt 
ist auch anders geworden, anstatt in einem Strahle uriniert der 
Kranke in einem vielfach zerteilten. Zugleich werden die Striktur- 
erscheinungen immer prägnanter, so dafs es schliefslich zu einer 
Harnretention (wie in unserem Fall II) oder zu einer Inkontinenz 
kommt. 

Wie das Harnlassen, so ist auch die Ejakulation mit oft sehr 
bedeutenden Schmerzen verbunden. 

Ein Ausflufs, der vorerst rein serös ist, später serös-eitrig bis 
rein purulent wird, ist weder für ein initiales, noch für ein vor- 
geschrittenes Stadium charakteristisch. Jedenfalls aber ist es von 
Vorteil, denselben mikroskopisch zu untersuchen, weil hierdurch oft 
wertvolle Aufschlüsse über die Art der Neubildung, z. B. durch den 
Nachweis von Zellhaufen und kleinster Geschwulstbröckchen, er- 
möglicht werden. 

Als charakteristisches Symptom für ein vorgeschrittenes Urethral- 
karzinom dürfen die Blutungen aufgefalst werden, welche nach jedem, 
noch so vorsichtig ausgeführten Sondieren auftreten. 

Die Neubildung, die ursprünglich auf die Urethralschleimhaut 
beschränkt war, greift im weiteren Verlaufe um sich und infiltriert 
das periurethrale Gewebe. Die Urethra selbst wird dadurch in 
ihrem Verlaufe palpabel, und ein Druck auf dieselbe löst oft einen 
heftigen Schmerzanfall aus. 


Über das primäre Karzinom der männlichen Urethra. 989 


Mit dem allmählichen Zerfall des Tumors kommt es, im Verein 
mit der Urininfiltration des periurethralen Gewebes, zu Abzel'sbildung 
und phlegmonösen Zuständen am Skrotum und vor allem am Peri- 
näum (Fall I und II), die dann ihrerseits den Ausgangspunkt für 
die Fisteln bilden, durch die Gewebsfetzen und Eiter, gemischt mit 
Harn und Blut, abfliefsen, während sie bei der Miktion in die 
Funktion der verlegten Harnröhre treten. 


Ätiologie. 

Die Frage nach der Ätiologie des primären Karzinoms der 
männlichen Harnröhre ist noch weit davon entfernt, als gelöst be- 
trachtet zu werden, und wird es auch bleiben, solange die Ursache 
des Karzinoms überhaupt unaufgeklärt ist. 

Von den vielen Theorien, die bei der Forschung nach der 
Krebsätiologie aufgestellt worden sind, mufs eine grolse Anzahl als 
durchaus hypothetisch angesehen werden, während bei andern nur 
prädisponierende Momente zu Recht bestehen. Unter den prädis- 
pouierenden Ursachen ist als jetzt ziemlich allgemein anerkannt 
diejenige anzuführen, wonach chronische Reizzustände für das Zu- 
standekommen eines Karzinoms von ausschlaggebender Bedeutung 
sind. Dafür sprechen besonders einige, den Chirurgen und Patho- 
logen wohlbekannte Bilder, wie die Entstehung des Lippenkrebses 
hei Pfeifenrauchern, des Zungenkrebses bei Individuen mit scharf- 
Kanten Zahnstümpfen, und auch die auf der Basis chronisch ekze- 
matöser Prozesse entstehenden Paraftin- und Schornsteinfegerkrebse 
werden stets in diesem Zusammenhang angeführt. Auch das Gallen- 
blasenkarzinom bei Cholelitbiasis gehört u. a. hierher. In dieser 
Weise wurde auch der fortgesetzte Katheterismus für das primäre 
Urethralkarzinom ursächlich in Betracht gezogen. Das wäre ja schön 
und cut, wenn sich dieser Katheterismus auf Harnröhren mit in- 
taktem Epithel beziehen würde. Nun werden aber nur diejenigen 
Hirnröhren katheterisiert, deren Passage durch eine Striktur, eine 
ouorrhoische oder eine traumatische, verlegt ist, in denen das 
Epithel also irgend eine Läsion schon durchgemacht hat, ein Um- 
stand. auf den besonders von Burckhardt aufmerksam gemacht 
worden ist. Der Katheterismus dürfte also ätiologisch in Wegfall 
kommen, oder es dürfte ihm wenigstens nicht mehr die Bedeutung 
äuzemessen werden, wie es bisher oft der Fall war. Atiologisch 
bei weiten wichtiger erscheint, um mit Hottinger und Wasser- 
mann zu sprechen, der Gesichtspunkt, dafs sich das primäre 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 20 


PTY GU CNE H 


st ER al s: (2 


TEEN TEE E AE 
rë ñ 


m nn. 


- 
- 
a 
a 
~ 
Cai 
i . bag ds 
- š It. ae. EN ER ` 
ee Ce 4 2 ` . 
š 3 ea, 8 ë ` E 5 
We -+ S ` ç FERN 
x ¿ KE e `. ` `. - 
"e än up Oé, Ai. oh, a bk E tamg TP E a er E 
Ga a ' im = RR LE š r. ` $ 
aa a E a TT e 2 S 
RER 2 Zex id . ë s: So S ee ox ET Hof Ka 
I t 6... š ed nu: r. A S sa a w 
= a w M, Ta Pepa m š Ki S E e déi 
gr ref u pen FE Eu u. oP -ET >= 
a e so -. pd 


A 
e 
ee 
Gë ZE 


TS"? 





KA 







ep 

A 

E S 
+ &'. `. S 

`. 

* 

.. 
ZA. 





EE 


en 


KEE EEN EE 


ët" ri 
t e 


A 


& 
. 
a 
.. 
r 


. ei ali f... 


- 
e. 
`x 
>” 
m. 
GE 
= Pe Pe EEE 


Sie a 
š 





ee 


` $ wo 


€ ' j DH 
` d CIA 
pu š KK | 2 
AE Én . "IE 
hh vw AS e 1 LEM 
wn ab: La "A 
d E $ 
d, wm ` be f -i K 
' A. u ` P 
a ` GR: L: 
p e 









290 Paul Preiswerk. 


Urethralkarzinom mit Vorliebe in traumatisch oder gonorrhoisch strik- 
turierten Harnröhren entwickle. In dieser Weise sagt auch Carey: 
„le cancer de l’urethre se developpe le plus souvent chez des sujets 
qui ont en leur canal enflammé ou par des blenorrhagies ou par 
des traumatismes. Cette irritation peut en ĉtre le point de départ.“ 
Wenn auch der Wortlaut nicht genau mit dem Hottingerschen 
übereinstimmt, so ist doch der Sinn der nämliche, indem bei beiden 
cum grano salis eine Veränderung des Harnröhrenepithels ange- 
nommen wird. Jedoch darf diese Auffassung sicherlich nicht als 
für alle Fälle geltend angesprochen werden, trotzdem Oberländer 
behauptet, das primäre Urethralkarzinom entwickle sich immer in 
chronisch entzündeten oder strikturierten Harnröhren, wie an den 
Fällen von Thiaudière, Griffiths, Albarran, Thiersch, Bill- 
roth, Albert, Hottinger, Burckhardt, Montgomery, Salzer- 
Jrünfeld, Schustler und Hutchinson zu ersehen ist, bei denen 
mit Sicherheit weder ein Trauma, noch eine Gonorrhoe voraus- 
gegangen war. 


In einem gewissen Grade scheint aber die Veränderung des 
Epithels auf die Entstehung des Urethralkarzinoms doch von Be- 
deutung zu sein. Dafür sprechen auch analoge Erscheinungen an 
andern Körpergegenden. Ein Magenulcus z. B. kann sehr oft den 
Boden für ein sich entwickelndes Magenkarzinom abgeben. Des 
ferneren besteht in den Erosionen strikturierter Harnröhren eine 
parallele Erscheinung zu den Ulcera cruris und zu der Psoriasis oris, 
aus denen hin und wieder karzinomatöse Neubildungen sich ent- 
wickeln. Ebenso bestätigt auch Posner in der Zeitschrift für 
Krebsforschung 1904, dafs durch chronische Entzündungen der Uro- 
genitalschleimhaut es beinahe konstant zu einer epidermalen Meta- 
plasierung (Pachydermia oder Verhornung) kommt, die er mit dem 
Namen Leukoplasie belegt. 


Die Akten über den Zusammenhang der Leukoplasie oder 
Leukoplakie mit dem Karzinom dürfen jedoch als noch nicht ge- 
schlossen angesehen werden. 


Im Gegensatze zu dem eben Besprochenen klingt die Ansicht, 
dai: die embryonale Anlage des Karzinoms von Bedeutung sei, ge- 
rade hier, wo es sich doch meist um eine metaplastisch veränderte 
Grundlage handelt, nicht sehr plausibel, während an dieser Stelle 
nicht näher ausgeführt werden kann, dafs sie in andern Fällen wohl 
zu Recht bestehen ınag. 


Über das primäre Karzinom der männlichen Urethra. 291 


Diagnose und Differentialdiagnose. 

Bei der Diagnose der initialen Erscheinungen eines primären 
Urethralkarzinoms mufs von vornherein darauf verzichtet werden, 
mit Sicherheit eine solche stellen zu können, besonders wenn man 
in Rücksicht zieht, dafs, im Gegensatz zum Urethralkarzinom des 
Weibes, die Affektion nicht obertlächlich liegt, sondern vom um- 
gehenden periurethralen Gewebe bedeckt ist, folglich dem Auge 
lange Zeit verborgen bleibt. Dies ist der Grund dafür, warum die 
Patienten erst in einem vorgeschrittenen Stadium den Arzt um 
Hilfe angehen. Aber selbst dann bietet die Diagnose oft sehr er- 
hebliche Schwierigkeiten. 

Nach Burckhardt ist es die Urethroskopie allein, welche im- 
stande ist, die Krankheit nicht nur In einem vorgeschrittenen, 
sondern auch in einem anfänglichen Zustand festzustellen, welch 
letztern er folgendermalsen beschreibt: „Bei der endoskopischen 
Untersuchung sieht man an Stelle der im weilsen Strikturgewebe 
klaftenden Zentralfigur eine prominente, gewöhnlich auf einmal ins 
Gesichtsfeld einschlüpfende Gewebsmasse, die sich durch ihre Farbe 
und unebene, höckerige Oberfläche deutlich von der übrigen Urethral- 
schleimhaut abhebt. Die Farbe des eingestellten Tumors variiert von 
hochrot bis gelblichweifs. Seine Oberfläche ist ungleichmälsig ge- 
{urcht, zuweilen himbeerähnlich granuliert, und weist dementsprechend 
unegale, fleckige Lichtreflexe auf. Sind Ulzerationen vorhanden, so 
kennzeichnen sich diese durch ihre speckige gelbe Farbe, sowie 
durch ihr rauhes, zerklüftetes Aussehen.“ 

So gut abgegrenzt dieses endoskopische Bild eines Urethral- 
karzinoms auch sein mag, so schützt die Endoskopie doch nicht vor 
Irrtümern, weshalb auch Burckhardt zur Sicherstellung der Dia- 
enose empfiehlt, auf endoskopischem Wege ein Stück des Tumors 
zu exzidieren und unter dem Mikroskop zu untersuchen. 

In dem Falle von Salzer-Grünfeld wurde nur eine endosko- 
pische Untersuchung angestellt, über die mikroskopische Natur der 
Neubildung aber kein Aufschlufs gegeben, weshalb dieser Fall nicht 
als malsgebend für die endoskopische Diagnose des Urethralkarzi- 
noms angesehen werden darf, im Gegensatz zu dem von Oberländer- 
Rupprecht veröffentlichten, bei dem die Endoskopie die Ver- 
mutung der Diagnose eines Karzinoms wahrscheinlich machte und 
die angeschlossene mikroskopische Untersuchung der auf endo- 
aoi Wege herausgeschwemmten Gewebspartikelchen dieselbe 
)estàtigte. 


2 0* 


292 Paul Preiswerk. 


Aus dem Gesagten ersehen wir also, dals die Endoskopie allein 
nicht imstande ist, ein unbestreitbares Resultat zu liefern, dafs sie 
aber dazu berufen ist, im Verein mit der histologischen Unter- 
suchung Hervorragendes zu leisten, indem auf diese Weise das 
Urethralkarzinom schon in initialen Stadien erkannt werden kann. 
Eine solche Frühdiagnose ergibt sich übrigens zum Teil aus der 
Anamnese, so zwar, dafs in denjenigen Fällen, bei denen erst 
Strikturerscheinungen aufgetreten sind und namentlich weder eine 
vorausgegangene Gonorrhoe noch ein Trauma verantwortlich ge- 
macht werden kann, das Augenmerk auf ein Urethralkarzinom ge- 
lenkt werden mufs. 

Wertvolle Aufschlüsse liefert die Palpation, die aber erst dann 
von Erfolg begleitet ist, wenn die Neubildung auf das periurethrale 
Gewebe übergegriffen hat, und es sich also um ein vorgeschrittenes 
Stadium handelt. Die Harnröhre wird dann in ihrem Verlaufe 
palpabel, als dicker Strang fühlbar, soweit wenigstens die Affektion 
sich erstreckt, wie es bei dem Patienten Billroths der Fall war, 
bei dem die Neubildung als eine in der Harnröhre stecken gebliebene 
Katheterspitze imponierte. 

Eine charakteristische Erscheinung bilden die bei der Palpation 
auftretenden, oft sehr erheblichen Schmerzen, sowie die Blutungen, 
die bei jedem noch so vorsichtig ausgeführten Sondieren entstehen. 

Beim Zusammenfassen all dieser Merkmale ist es einleuchtend. 
dals die Diagnose auf ein Urethralkarzinom keineswegs so leicht 
zu stellen ist, da eine ganze Anzahl der Symptome mit denen 
anderer Harnröhrenaffektionen zusammenfällt.e Differenzialdiagno- 
stisch fällt am ehesten eine einfache, postgonorrhoische oder trauma- 
tische Striktur in die Wagschale, und zwar gilt das sowohl für ini- 
tiale Zustände, bei denen nur Miktionsbeschwerden im Vordergrund 
stehen, als auch für vollentwickelte, die mit Verhalten des «Urins, 
Harninfiltration des periurethralen Gewebes, Schwellung am Damm 
und Scrotum, gefolgt von Urinfisteln, die aufser dem Urin korpus- 
kuläre Elemente, Gewebsfetzen und Eiter führen, einhergehen. Sind 
Gewebsfetzen und stinkender, jauchiger Eiter das Vorherrschende, 
so ist der Verdacht auf eine karzinomatöse Neubildung sehr be- 
rechtigt, während die übrigen Erscheinungen nichts in dem Mafse 
für das Urethralkarzinom Charakteristisches besitzen. 

Der aus den Fistelöffnungen ausdrückbare Brei sollte unter 
allen Umständen mikroskopisch untersucht werden, weil man dadurch 
in den Stand gesetzt wird, dem histologischen Aufbau der Neu- 


Über das primäre Karzinom der männlichen Urethra. 293 


bildung näher zu treten. Finden sich darin neben Epithelien und 
Eiterkörperchen massenhafte epitheliale Zellen, so entspricht die 
Diagnose dem wahren Sachverhalt. 

Von audern, in der Harnröhre selbst oder in deren Umgebung 
entstandenen Neubildungen verdienen noch verschiedene angeführt 
zu werden. So wären einmal die polypösen Neubildungen der Harn- 
röhrenschleimhaut hinter Strikturen zu nennen, die wohl eine bös- 
artige Neubildung vortäuschen können, deren Ausbreitungsgebiet 
sch aber in die Urethra hinein und nicht in das periurethrale Ge- 
webe erstreckt. Zudem erlaubt die Konsistenz und vor allem 
die histologische Beschaffenheit des Tumors, ihn wohl von einem 
Karzinom zu trennen, wie aus einem Breslauer Präparat aus der 
Sammlung des Herrn Prof. E. Kaufmann, das er mir in freund- 
licher Weise zum Vergleich überlassen hat, mit aller Deutlichkeit 
hervorgeht, während Hämangiome, Angiosarkome und Endotheliome 
bei der Seltenheit ihres Vorkommens beinahe auszuschlielsen sind. 
Dasselbe gilt wohl von tuberkulösen Prozessen. 

Weder mit Hilfe der Endoskopie, noch mit irgend einer andern 
"ir vitam angestellten Untersuchungsmethode ist die Möglichkeit 
gegeben, ein Karzinom der Urethra und ein Sarkom auseinander- 
zuhalten. Einen Fall dieser Art veröffentlichte Billroth, wo er 
die Differentialdiagnose zwischen Sarkom und Karzinom offen lälst 
und der ewig unaufgeklärt bleiben wird, da Billroth selbst bei 
der Obduktion nicht zugegen war und später von dem Präparate 
keine Schnitte angefertigt worden waren. 

Wenn man nun die Frage des primären Urspungs in Rücksicht 
zieht, so müssen sorgfältig alle jene Fälle ausgeschlossen werden, 
bei denen der primäre Herd nicht in der Urethralschleimhaut, 
‘ndern in einem benachbarten Organe zu suchen ist. Hierher 
wären zu zählen die primären Karzinome und Sarkome der Pro- 
‘tata, der Samenbläschen, der Cowperschen Drüsen, der Blase und 
des Penis, wie es E. Kaufmann in seinem anatomisch-pathologi- 
schen Beitrag zu den „Verletzungen und Krankheiten der Prostata“ 
von Socin und Burckhardt in erschöpfender Weise ausgeführt 
hat. Bei den Sarkomen und malignen Rhabdomyomen der Prostata 
weist der genannte Verfasser darauf hin, dafs die Urethra in irgend 
einer Weise in Mitleidenschaft gezogen sei; besonders gilt das für die 
Pars prostatica. Entweder wird die Urethra einseitig nach rechts 
oder nach links verschoben oder geknickt, oder sie wird allseitig 
eingehüllt, eingeengt oder verzerrt, mitunter auch stellenweise etwas 


swerk. 


"ul 


Paul Pı 








BEOWLIIAUI -[otpitdo "uh g ovu -Omey fsiuod JOWN [, 0SH} | -UVOQ ADUIS SUVE) Op IJH ped Jo Su, ` 


(mu | | | | | (Uu HA JI) 
i -OJN 9 ovu | USA | | f | ID upsi | uy 'Z geng 
UBOLIWARD ` a OINOUIDUVM Jop SOUL] | Hu: 2413 ovja puu Bun PAQ | Uosto, 
i KE . | d . I e 
Su, | DION 3] ur d | ZJunyedg uuu, A egal] | väniäHig C Adə9osoqsuonAt KE | -Au19z)) ' L 
| 
| uow], | a WNJOAIS'R Let. | AT IOA ur 
WONMZAUN: uəgtuto Siou1nt OIIOIUI8U ` "A48 dojrdg | 'sauosəoqiniqtus 'TII `C88I ou 
See -[pipgulo ; yoru orury səp ADD aqoa j eagan "Uu sne -IMAA Pp IYOT 
saq Hait | -ndog ur Ä UOISTZXTL ascua | WOUZABY  "PUSIMNLOS  Ssjnysnyanaäuıpıp CQ ` EAR? 9 
| 
| wef f pvu WIOUUZIM  SdJuQ01U04u ach onud y x L9—O9RT HONZ 
BSOLIDARI VIXDUM Jun lop uonyoly “uəopaomauosoq , yrurpyy Dante) 
SIT ouy uv A ouy š WOIE IER -SUO HE | yoana e 
i i i 
wIvBurIq sepet uoyeu um stuoq sap pun ` C AN "Issl 
-WU SIE alt | -0g p yoru | yspnarıpason) ‚ L0WUNT, 4910} | -ƏBUL q muu sumjyaəs:'poun| AIS OU WM 
"NVESOI.IIA | Jopueu OUNI NM Jop -BWOLTZIRM  JS[NAYISOT) ı -TPAYOS openu 'pow JUAN 
"EA SIE | oyo i Uu A SunujjQa, 2 supeo ƏpuodolniMni i -oqan fBuanuy CU | Ə Is nyIS F 
(at | 19199]7U9 
'puouadod ` | seaygsan urn Dun yy cos! 
JDA Uu  raitnrtsotl `" Int uəts uouep NLH Jp yn 
wourzuny UDO AA | 21104 Sit PP RDu "Ulaistd a[gou . -U9 WBU sq o 
PDuujsoad -poydo @ (Au doy owr | (un) -UIeH Jop pun əsjequos ` Hal "HAHA WU AR “Vello dr del] 
sat | -uoyjel,p | oruysq ue | WMOAUHISIZU "211 , oui -vg wuh agin O9 DSAOLlıL L | = 
| | | uo! | wnı 10981} c9— 1981 | 
| ' yaonmjsuoy | -onejnuua)  Dlund Wan HH yed | "IIIX IOA i 
| wourzauy | pou ugen | "D uonesu | aogun Joy | əpouyyur əuw © uopuorf 'ooç | 





aop Ziy ANU 


94 


2 


| | | 
SI, | -uJj])tUld -SUNfIOFL lo 6 -BWOHZINN | -tuRpyDeyd | '[oAVGQ35sSƏ 5stuo4 r | *uosutuoyuji C 
| List JOBSON E N! | : p'unay ud) }]10995 'n uunp un I#€8[ HA `L "mb 
90u uayt’ pun x -D1 Jop ur) [q641S “tuənunu -npiA | unodvastL Op 
VSOMIDANO ¢ qovu DUNPNOƏN © Wwoutzaey | Jommnf A9sO] Re -pug : [eaaund uyog 
sq auy punto |40p uois Ç. 414) -woutziug | ‘uonu: rl soaunl "Vayıpnvıy L sy 
| | | | | | 
Bunpgtanan | "yansaoıı 1 f Sa _ , | 
Auvärny ordrası L | SIZOJOHY | əsouzviq muy ; əosouðeiq UN swoydwag , JAIN [918 pun omy 





> 


29 


rethra. 


` 
z 


innlichen I 


. 
<Ç 


ler m 


ırzınom (C 


äre K: 


s primäre 


Über da 


vooru 
-wiquiotu 
Sum, 


BSOUIDAUD 
BAUT 


gogo 
SÄI d 'n 
WIRUTIA 

-WOW sau] 


voogu 
-vaquou 


sted 


21 Dis O4l 
Sa EH 
ESOUJJAVY 


S.V 


6 


BVAIDRU 
MJU A1) 
NI 


OIIDE 
-pad nn] 
° ooru 
-Uqo 

satu 


sqa 
-joyyido 
ATI T 


WOUTZIUM 
-pida 


-Upel 


Vuro 


weoulzaın} 
Luut 
WEI 


woutzamy 
eidg 


ı ploayuny 


' 





| 


r, Uo} 


-Vuo uon 


-1U19 yovni 


(Ui 


“a 


uouo 


UIDTUOM 
you L 


uoyBu 


OINOUDUM 


ug A 


uəayuuo]v 


Ç qovu JL 


' 
D 


AIpIZOŅĄ Uovu 


-W p osu 


-OW g qoru 


Ol yowu +Í 


uay] f 


youu ir 


uotstzt] 


Ä stund 
| oyeyndury 


OD“ 


"111 
| 9 wuudolxo 





BULO)NO 
%9 RUNI 
Uuru101041|)?4 Q 


WUOTSTZUT 


og It! 
CROJ ULNO} 
M01) 


post] 

© dap pun 

KOSNOZE V Sop 
Huniud s 








DOLL 


vum vI, 


OOA 


PIMOJOANJD.LL) -1910r) 


ot. 
"000 


vol. 
-101!'10 5) 


OI 
-10U0F) 


RI UI 
NORM 
UNION 9 
jton oft 
-10u0r) 


IUJQA 


AHH top 


WOUTZAUN 


MOUTZATM 
Tun) 


WOUTZIRM 
-8404 ) 


WOUTZAUN 
-[U410)Ə4[) 


Ul0O0011⁄4U3M 


JJI 


moody 


KA Lal 
-WAJU 


uutoroGqvud;1 


WOZY 
-puao 





paru watt  -uauj 


| 


AH U 
BANJOLIN 


Guupiq 


-ojs tutu 


omAULMD 
VINYL 


WOUZAINY 
DT) 


owon 
LINJDLIIN 


U06101. 


AJ iso 


Quan 
vn 


arama.ın 
ID LAUN 


vuoan 
BINPLIN 


HUNP OSE] 


Aatltnu 


(RT OLK 


| 








| 
| 


uzam yog sum 

Hal "D ung 

PAYD EJERS 
"D owwuqy 


BE | 
"SO null DT 
SOWmWmul] 'p vuou 
ALT "Lag 
-49 UJAL) 


U0O1)U9154014[) 
mama 
lop snu punnit] 


uloj8Rpuad4u][ ` 
uyarımı i 
-IOt[284340131418 
| 

| 

| 

| 


DIE aec] 
Uu Uu HLH) 
HAPAA YDS 


SUORIN 


UONM.ITITOTULIL) 
(4340131418 


u]o]jsuUuu "0 
uou ` 
"AV O890q4n3141S || 


RID DU LI 
Funo g 
UM 7 

"ginn 

PIONUDBIGULEL 


p 


19 


HI 


6“ 


09 


09 


ge 


IT 0A 
IS COSI 
"st "DOMAT 


AI ui 
(NA DAN JN 
FRS PRUO D0 A 
"PPUr AOUOT AA 


Ek 


TA TATEN TI 
vje 2iairt n 
-Ina YOSIN | 
piejtual) 
-AIZEN el 


Cuul pidu 
ayom lo uo 
UO11WUl40O]SU d [, 
PARINE) 
o toÄnn "EI 


Al IUIA "ut 

ULLI UI LO 

pear p eeuu y 
PARIN!) 


Jj9 uona) "II 


IngI »arepuu 
-opqo pozur) 
"au, | 


(vgl äu 
WD vun) 


| 

| 
qoouod | 6 

| 

| 

| 

| 


"JA emanan) 


uyy A0 2410) 
ornu AA 


-A UAtI9Z,) = 


vr 
































| |! 

KEN | | | uo40n141438S | | 
wtəOuuurq WK KL Ə ` "st1JsÄg , | | 
-urƏursaudq| -uəqayu[q "ywıodo uoic] f | d | "UI d | nn | 
n EGUIA ee 3sod uaäigt, "pn "ut git. Joy əwu4to94n SEN | | li , E SS Kaze 
-Rd Kwa | -deayyatu 55 PNU Se -0.11794 7) -dOuor) ewou | wvinpug | ug ssozsq v g Gr " "UURHLA9eRu AA | ZE 

| ! i | | 
mon ' | | Wroga stuəq `n tuni | C68I 9447 | 
voouu | -ayyıda | uoe} | | -10uoSjsod [--o15S ug onen -Qan] op uud | 
-BsIqwau | -19pur íz -Lq pn gur! oya 9waiulon | osaygoun |-[yururıp) uaounu sworaypdy | 
SIU m tentia] 4 uttt0]01U194/] -iouop Sonn) | mani -TAYIBAOUNYLNS || 19 uuwwlosse m | TE 
| d aen än e 
Əuouu | wouızuuy | | I93sUuuin | `e68I Jeuınop 
-uiquiour — -ue[[9Z 9ou4 woutzuu arayyaan ‘angu d 'DƏui I0 -MƏN 
SIBT -19pu1Jjäz d ouy | -40u00 -Iwiujə4n uIn19141S ue s8J9Zsq V | 09 'qoqs o 07 
| ' 
Zunusoy | | 
-41094 pu | uin10.19 ç l 
| MOULZIBY | J21 FUON ƏIUQI wr ujas dh 
SZ ` VGë0I/AAp4 ` -J9u1tda | uəiwuoj]N O| S1830} Hoyı -uag p | woyəyydy | "uopaaaydsdq ' STIRBT op osy], 
Š sted 09101 yvu Sunnap onvməsvwg | -10u09 wouNzıey sajeaygoau SUA | Z9 Loa pi 
> | [ 
2 3unud:ou 
d ' -J04 1101 uəziəuiuo& 
l e ‘ » 
= ‚ wougzaug eusguods | PEI N “681 
8  USOU4ƏAUO -[ayyıda Jef ] SI]u)01 JIYUVYIQ ‘stua q EIDEN ‘ıdoy sap 'zen) | 
a sed -ueg | pru $ ounu[rnoseurq ` Joy | morsypdg | woraugedeg wr upps EF 'uURJIBqIY ‘BI 
! ansogew | wns yjeyzıawyos | 6t "Dë una) | 
| -Out9499 Sta DIR 00 ) OIYQIUILVH pun iəxsq98 “any "TI AUDE | 
usouiəxeo Əiwg[|rdsed sop */, uoA oaujpided OH uslu nN ‘USIA sydaquoduer] 
seq Soe" d uonemdu y d wWOJsÄg WOUIZIBY “9soutuduisq ` 29 `upnír Ji 
i l , l 
| "[aaduloy | uatu N) | 2681 
ouyo | | | wq uəz || "AL 3SiolunxəQ `n 
vəpeu | WOUTZIBY l vaN | -I9WUYOS "0441 -UABP] 'F IQI , 
-uiqurour -JougIde | IƏJ3JAIp1Z91 RI Oy WOUIZIRY wouze | -ussejg 'uəBunu 'a9opuw[ioqO | 
si  -uopejq | oyes tit U01139S9 | -10uoN -1814331 -RIJN | -TOQgOSI9AInyILIIS Z, -jyssaddny Lut 
` 7 X a E E ee Tee EE EE an TR Se | m mens i Se, Eege š | || een m a DEE} 
7 ° 
To Be en | Buudeny gtdeiout ətñolony 1 agoufeig guy" osonäerg org amoydwäg | 491[ V aoıny 
D 
e EE EE EE EE EES 
WEE a a a a e Oa EE 
= ; d Ñ a Gen wi ET S i ` eh 2 ` 
i ZS S Er Di 2 I e ` d Se: £ i ; E i e ` ze Si Gë I . ,. Y: S i 
S F. > > . | u S wos- ee g " x D l 3 | 5 3. -7+ 7 - 5 
GE Š š 4 l ` 





a 


Über das primäre Karzinom der männlichen Urethra. 


| 


BSOULIATI -[erfogyt 


SIR 


TDVUVIC 
-WIW SIR] 
"N BSOLLIOA 
-89 sied 


uonwasoid | 
saq "n | 
PIIRUWL | 
ACIU ENLA 


gan | 
-TIqwam | 
sau] 


BEOLIOARI 
saed 





BIITURIA | 
-WU SIU J| 
"pn %sOUuƏA, 
-RI SINI | 





` 
sau [ 


WOBUN.IA 
-WOU SIR: 
"N USOULIOA 





SOA 


-uə)luld 


sqaay 
-əqidə 
-uoe d 


sqa.ıy 
-pyyda 
UO 

sqaay 
-[ay3rda 
-uada 


 woulZıR} 


Lag 
-upela 


sqaıy 
-[9t yt do 


-U911u[d 


RAIN 
-jotyyreld 


-U9JULA 


Hattau1tda 


-NMI 
ozu 


-RI BIRA | IAA POLN 


VROLIDAND | 
sam | 


quoa 


Tatta 
1 IL 


da 


'waado sod 
uao € - 


| 


i 


| 


TAT yvu í 


YL Zuol[oz 


Juno 


dru 
gẹ qovu + 


supH 


DIXI MY 


uu + 


mwıado sod 
RL PI A 


uouo N 


(Ə91000]N 
CG tout ++ 


sıuad 
ı oneyaduy 


3U13)XO 
Go) 
-014701 


RUINA 
LIWO} 
-01u19. q 


ONYPINDISLUIMT 


HOISIZUJ 
OROUTIA.] 


uolstzu] 


UOTINOROM 
SMILE 


zm NOISTZUJ 


| 


| 


’ 


x 
x 


| 
| 
l 


¿ vuant J, 


NUNGLL, 
'n ooud 
-1ouon) 


3104 


IOouoE 


aoa 
-1ouor) 


r. 


A 


lf 


| 
| 


| 


WOUTZABN 
IAU 


WOUTZIUY 
-1814731 


rayja.ın 
vUe 


oraIygəan 
wwounıe) 


oryan 
?mWMOUTIATT) 


woutzıuy 


-[aypın 


WOUTZARY 
-RIIA 


avtom 
PUUA 


aJa 
VONIDIEN) 








SsunpftqneN 


auto “s]ngsn yv 


Qpuəadornyuur “uanuəaqaossu 


"Zungofgl | 
| 


VUOHLINTUL | UONMMTFULULL/] | 


wno əLjpean 
mpu 


ANINLIS 
3yastoqya 
-10U00)sod 


tuoi[ə9u1tdq 


ovdan 
TINJA 


ovayzəm 
VINJI 


| 


! 


uozeauag | 
ua əsim 


IGREIT 


-uay wnq | 


| 
1 


INOR | 


und IRdyJ.IN 
BAINJOLIIS 


| 


Zun1n1g MIMIS 
-J39 UUA 
E ERT 
‘UIZIIWYIQ 
‘SuveIpumy 





| 
| 
| 


BIPIN TP 
sne aasunug 


9ssəozsq V 
ə9[səuriə q 
‘uong gp | 
wq UƏZIIWYDQ | 


Pp'PIY 
'p `w Zunu]jo 
-I9JSUT “səudue]I 
sap uonuələ1l 


U01981} 
-[juf ofeaunıd! 
'u9paəsuosəoq 
"SUOMI N 


vonrayyygur || 
-umn "uodunu | 
-TIYASIIINIJAYLNS 








ce 


“ 


Ka 
1O 


oL 


abfta 


LC 


| 2681 91Z1V ANOS 


182u10H 18 


1681 TOM, Pp 
Junlj 'Ə0SsV | 
ZUUUBABU) | 
n pneuig 


Lon 
IN "P Ins 
"md pAo0n 
'ossoq 


x 98 `oN `G68[ 


"08 


Ge 


doqy °p ‘zeg 
*nu9o19A9109 


"MA I 
GBT SHEJ 
rum ‘909 Mg 
‘oyuwand] 


. IX 
'68.8881 uopuor' 
‘905 'UJBT SUBI, 

SUYUJUID 

-Aıydwndg os 


x ady 'c681 
| 'sıp "unm-uogpur 
| "md Jo 'umop 


He 


- 


Jong "cs 
"A I 
uvwlasse AA LPZ 
Wal "I 
“uuwuriƏ@ƏssnAA ! `£z 


nun ypavyyodnug uea R uep HUH A r SDUD [PUOH 
pana osou : € sa: ALAN OI AA IA yos gvuue DN uas UUB FO A l. A 
18s š š Ç Z tur Aan (ig Ə9cWnp uols sup OB ru WIRE KA : t t | ! A 
GES e Ee usagwumid souto pB UPP Juy N2oyyuys UOA D oe 
-UIE uVAIDIOA AUS ` £ t f Bor k X I ; A 
ern ER juu “uuswwjnuy JOot[ u449JH Orp UIIA waulryul UOA YT opitua Medly Jan SIDDIORON HOUN u11uo u x 
Í. | Bunja} 
| 
| 


ar Jun ttojoyt[o te oo G 


























| 
' UIOU1Z1U3 | | UIBSBLIIEBB A\ IDN [UQSI9 4 
USOU49A09 ` Iëtida | = SIUI San ovan ; Bayon W UIPIIMYIS | 'oougq[oG | 
AEA 00104  ZunIan uonujndury š uuloul04g0 | uuiOuI0IuO -gy 9u I 6b ` -Z10qsIYy Og 
! | | | | 
Seqay | U9U011U41|U | '. 
uəoouuwuiq ' -IƏuyulə | -UJ Əs) [əziuAStuəq | 
-UlQuI Si8q| -u9)%"[ | -N19 q `uəin)liəp ut uəzug9u1u5 ç 
"D usSOUIƏA| Təpuoəu Pury yoru Joya əou4ujon -YINS 9498 *`uəpiomuosəq ' 
004 SIR] | -AUdaA ° Əp5p L 01 + uou -10uU0Nn) TWOU -to1ouodjsod -ULIN PIZI `, 19 | stossuUJdo N BE 
SOL | | JunjpAyag ə|gəu | 
vod9euvag | -poiniido ` | uone.nsuy OT Teen | 
-WW SIB q) -uopejd  Soiggu1d  (¿wuioutoimo)| “uəaunutəuos | | | 
K "n vsoulsa) Jəpuəu agado 380d 'guuəd adwy Joy ƏBAN | vyjdu -I9INJALIS 2110 | | 
Fa -Bd sIn | -todaəx Əjuuo]jv 9 + *üOI81ZU] -1OuOr) U lIOUIO94U:) | TININ |“ AAuO0SoqsuonyUN on ° “9ssujio À dr 
CA . e | . . . . ` 
° SOOIN | | gugu sJ9zsq V d €06I | 
2 vsoquq | -pyudəò — uoəjuuo]jv viuo} uf WOUTZIUN 9SO11915 Jejssuuag | ostuyatod II ! 
= SIT -uag | G yowu + , -oiuj942) | -douor) -|U4t|194 (]) Bp *uolluə1ə9J4uti[) | gQ orqgqog "00 
| I 
= u usury ony agy | | 
` sS(|9.1 N Hogg ` | "MUISIAQSUOLINIIN , COD sutuq 
USCuloAud | -[94Ytdy Dua H stuod yua uon! vBuygeim | uoutzavy | '9sowIyT `8luod i eur os ‘mg 
S I : H zm š 
eed -uUƏ pU oäunuuuA ` onsjndwy |-eqanysejg; vwourarg | -[U4G]94/) San EE r9 'ugaXoqnos eg 
uoouuvaq | | | | 1939y- "0 | Ä 
-WIW SIL {| SON | ART | | | uorysajpyururaf) | LA ooon | 
"D USOUJI9A| -[ougtdo | Zunftof] uə2uui49 ` "D Ou wouzıvy | vwaggpan O 'əlso43j191nuəos | J 'i9qsjuuoj]x ` 
-uO Siuj | -uəo))u[d | AOYURLIOA | A9P UOISIZXTT | -A0UON) -[RI} N ° VINIR ‘paa myosoquIvH 6GP 'JIuQ M tE 
; t ; | 
sq ` si|uə9u | vung, | wog | Ä FI AN 
3SOUAATI | -[oyjLda | uone p, Ha Bruo} "D aoui ` Əwadu)joadn ?:SOT Jop | 9l1uQ1u4uH Jop 3 ‘T061 ‘pow UOS] | 
SIGI HALIL | FI peu + -OPAN -J00 N : TWOUDARN ut Aount, , suu uəgunnnj r OI "AAA ‘ge 
| 
sqa | | | ujəojsuuun | “Bio[unxəç 'n 
Ce > š . N. 4 | e . n r 
BSOUIVARDI | -[otpitdo wuon | stuod ugin `" Əwrpnərnm LIAAAU2RÄA UA | -UHP qanu 
N SIE] used! r yru .. | onujudury | È , VUIOUI01480O | WUIOUIOIE D -oəlula | Sjujjsuw ge | MƏZuIJJOH Se 
JD a I i Ze Se he EE 
N er u : | ` a ME e T 72 = 273 nn ee Te m yaa ae 
Bunpfiqnan | 'y9nsıoyuj) ° | A, ; ° | z 
143P ZIS ANN HBuunsu vy @rd[udot.L, əojony | vsouerqg euy Isouer UUM guioydurxs | 1341 V [331], pun Jomy 
eg bet S d E ee EE Dee ger i Ge = A EEN dë hee Ros aaa aal = SE a I Nazi | eat RE Ek ei int | ee Per, s e AE, ge 
KR GE SID nn — p... a se ON 2y _ re ee A —3 wm Sr a ` 5 ` f S 
ee t i I ` — i = I r, 1 "o E ` a š 2 
ae ae - = oC Ë . š s & s u ` 3 .. e 
t K D G i S ` 2 i + i 7 ` - F En i S ü . Ka - = KR 7 
i | | . este NE u 
* = e: A ` ” KE Lag Ze Ss SÉ =. = y i a ` e: EE ML 
- gns : T ; rer Se EE SI O n 5. 
. j e. . . e SE e | , bk: wa ee ee : ae SE wette 
` ` > e AE, š S . “ - ` = n - Sch Le Er = = `” x < SC La" E ER E ër e * °? ve 
7 ES a” ` er ` - ' =a S s i 7 Ei 7 : = fe e ow - es ` n = "dë Eé S 2 i Ze Ke 





Uber das primäre Karzinom der männlichen Urethra., 299 


auszebuchtet, oder drittens, es ragen knopfartige, polvpöse Geschwulst- 
massen in das Lumen der Harnröhre. In allen diesen Fällen sind 
fast regelmälsig Stenoseerscheinungen die Folge. Aber auch weiter 
nach abwärts. im Gebiet der Pars membranacea, sowie im Anfangs- 
teil des Corpus cavernosum urethrae, kann die Harnröhre von Ge- 
schwulstmassen umwachsen und eingeengt werden. In einem Fali 
von Barth brachen von den Seitenlappen Sarkomknollen nach vorn 
in die Harnröhre durch und erstreckten sich zwischen den weit 
auseinandergeschobenen Wänden derselben bis in die Pars bulbosa. 
Ebenso können die Geschwulstmassen kontinuierlich nach unten 
dringen und den Damm vorwölben, wie es bei den Patienten von 
(sraetzer, Bree und Langstaff der Fall war, so da’s hier Bilder 
entstanden, welche unseren Fällen durchaus ähnelten. 

Die Karzinome der Prostata gehen viel seltener auf die Harn- 
röhre über, und zwar erklärt sich dies aus dem Fehlen einer Kom- 
nunikation des Lymphnetzes der Prostata mit dem der Urethra. 
In den meisten Fällen ist nur der Eingang der Harnröhre in die 
blaxe und die Pars prostatica betroffen. Im allgemeinen ist die 
Verengerung des Harnıöhrenlumens keine sehr erhebliche, und der 
von Buchal beschriebene Fall, wo es zu einem kompleten Ver- 
schlufs der Harnröhre kan, steht isoliert da. 

Die oben erwähnten Karzinome der Cowperschen Drüsen 
kummen nur dann in Betracht, wenn sie eine ziemliche Grölse er: 
reicht haben; hierbei ist aber nach den Angaben von Wassermann 
eine Sondierung der Harnröhre fast immer möglich. 

Spezifische Geschwüre (Schanker) sollen hie und da auch zu 
Verwechslungen führen können, sind jedoch nach mehrfachen Unter- 
suchungen und ex juvantibus (Burckhardt) nach ihrer richtigen 
Natur zu erkennen. 

Das Alter der Patienten steht auch in einem gewissen Zu- 
sammenhang mit dem Auftreten des Karzinoms, indem bei der über- 
wierenden Mehrzahl das „Krebsalter“ erreicht war, und die Fälle 
von Hutchinson und Bosse, in denen es sich um jugendliche 
Individuen handelt, stehen vereinzelt da. 

Lin hübsches Bild des primären Urethralkarzinoms hat C. Kauf- 
mann gegeben. Er sagt: Der primäre Harnröhrenkrebs entwickelt 
sich bei älteren Individuen unter den üblichen Strikturerscheinungen, 
zerstört die Harnröhre und infiltriert die Nachbarschaft. Durch 
die Zerfallsprodukte der Neubildung entsteht in späterer Zeit unter 
dem Bilde eines gewöhnlichen Abszesses oder einer Phlegmone 


300 - Paul Preiswerk. 


eine Perinealschwellung, nach deren Eröftlnung die detritischen 
Massen mit Urin vermischt entleert werden. 


Schlufswort. 

Zum Schlusse möchte ich nicht ermangeln, allen denjenigen, 
die zur Ermöglichung dieser Arbeit beigetragen haben, meinen 
herzlichsten Dank auszusprechen, so Herrn Prof. Enderlen und 
Herrn Privatdozent Dr. Suter für die freundliche Überlassung der 
Krankengeschichten, sowie vor allem meinem verchrten Lehrer, 
Herrn Prof. E. Kaufmann, für die Zuweisung der Arbeit, für 
das rege Interesse und für die tatkräftige Hilfe während der Ab- 
fassung derselben. 


Literaturverzeichnis. 


1. Albarran, Epithélioma primitif de l'urethre. Ann. d. malad. d. org. 
gen.-urin. 1395. 

2. Albert, Lehrbuch der Chirurgie und Operationslehre 1895. IV. 

3. Bazy & Chevereau, Un cas d“pith, primit, de l'urèthre. Gaz. d. 
höpit 1995. Juli. 

4. Beck, A case of primary squamous carcinoma of the bulbous portion 
of the urethra. Intern. clinic. 1892. Serie II, Vol. II. 

5. Binaud & Chavannaz, Sur une forme singuliere de cancer de l'urethre. 
Ass. france. d’urol. Paris 1897. 

6. Bobbio, Sopra un caso di epitelioma dell’ uretra maschile. Il Polielin., 
fasc. 8, 1903. 

7. Bosse, Über das primäre Karzinom der Urethra. Inaugural-Dissert., 
Göttingen 1997. 

8. Buday, Beitrag zur Kenntnis der Penisgeschwülste. Langenbecks 
Archiv, Bd. 49. 

9. Burckhardt, Die Verletzung u. chirurg. Erkrankung der Harnröhre. 
Handbuch f. Urologie 1904. 

10. Cabot, Case of cancer of the urethra. New-York medic. journal 1895. 
August. 

ll. Carey, De l'épith. primit. de lurethre premembraneux. These d. 
Paris 1595. 

12. Chevereau, Un cas d’epith. primit. de l'urethre. Gaz. d. höp. 189, 
No. 26. 

13. Coliners, Cber Sarkome u. Endotheliome d. Penis. Beitr. z. path. 
Anat. u. allgem. Path. 1903, Bd. 34. 

14. Delbanco, Prim. Urethr. karzinom. Sitzungsber. d. 74. Versammlung 
deutscher Naturf. u. Ärzte 1902. 

15. Durante, Epithél. de la verge généralisé. Bull. soc. anat. Paris 1903, 
mars ?4. 


Über das primäre Karzinom der männlichen Urethra. 301 


16. Englisch. Das Peniskarzinom. Wiener mediz. Wochenschrift 1902, 
Nr. 41 u. ff. 1903. 

17. Fuller, A case of cancer of the urethra. Journ. of cut. and gen.- 
urin. dis. 1895. 

18. Gayet, Cancer de l'urèthre. Lyon med. 1901, No. 14. 

19. Griffiths, Epithel. of the mal urcthra. Trans. path. soe. London 
18695 59. XL. 

20. Grünfeld, Endoskopie der Harnröhre u. der Blase. Deutsche Chirurg. 
von Billroth u. Lücke. Liefg. 51. 

21. Guiard, Transf. en épith. ù marche rapide. Ann. d. mad. d. org. gen.- 
urin. 1883. VIII. IX. 

22, Hottinger. Über d. prinf. Karzinom d. Harnröhre. Korresp. f. schw. 
Arzte 1897, Nr. 17:18. 

23. Derselbe, Über einen Fall v. prim. Urethralkarzinom. Zentralbl. f. 
d. Kranklı, d. Harn u. Sexualorg. Bd. 11. 

24. Hutchinson, Epithel. cancer of the muc. membr. of the uretlıra. 
Trans. path. soc. London, 1861/62. 

25. Kapsammer, Lymphosarcoma bulbi urethrae. Wiener klin. Wochen- 
schrift 1903, Nr. 10. 

>26. Kaufmann. C., Verl. u. Krankb. d. männl. Harnröhre u. d. Penis. 
Deutsche Chirurgie 50a. 1886. 

27. Kaufmann, E. Lehrb. der spez. path. Anat. Aufl. III, 1904. 

28. Derselbe, Path. Anat. d. malign. Neubildungen der Prostata. 1902. 

29. König, Kankroidd.Balb.u.d. Pars nuda urethrae. Monatsber. f. Urol. VI. 

30. Lipman-Wulf, Über Harnröhrenfistel und -krebs. Berliner klin. 
Wochenschrift 1903, Nr. 3. 

3l. Oberländer, Beitr. z. Lehre v. prim. Carc. urethrae. Zentralbl. f. d. 
Krankh. d. Harn- und Sexualorg. Bd. 4. 

32. Derselbe, Weitere Beitr. z. Carce. urethrae. Zentralbl. f. d. Krankh. 
d. Harn- und Sexualorg. Bd. 11. 

33. Poncet, Cancer profond de la verge. Gaz. hebdomad. 1881. 

34. Posner, Der Urogenitalkrebs in seiner Bedeutung f. d. Krebsproblem. 
Zvitschr. f. Krebsforschg. 1903, H. 1. 

35. Rupprecht, Die Heilbarkeit d. frühzeitig erk. Harnröhrenkrebses b. 
Manne. Zentralbl. f. Chirurgie 1894, Nr. 46. 

36. Derselbe, Die Heilbarkeit d. frühzeitig erk. Harnröhrenkrebses b. 
Manne. Ein Nachtrag. Zentralbl. f. Chirurgie 1900, Nr. 31. 

5%. Schustler, Über einen Fall von Epithelialkarzinom. Wiener mediz. 
Wochenschr. 1881, Nr. 5. 

38. Soubeyran, Epithélioma prim. de la portion pen. de l'urèthre. Bull. 
sue. anat. Paris 1902. 

39. Thiaudière, Bulletin général de Thérapeutique. T. VII. 1834. 

40. Thiersch, Der Epithelialkrebs, namentl. d. Haut. 1865. 

41. Trzebicki, Ein Fall von prim. Krebs d. männl. Harnröhre. Wiener 
mëd. Wochenschr, 1884. 

42. Wassermann, Epithélioma primitif de l'urèthre. Paris 1895. 


43. Witzenhausen, Das primäre Karzinom d. Urethra. Beiträge z. klin. 
Chirurgie. VII. 


Urethroskopische Beiträge zur Diagnose, 
Therapie und Prognose des Trippers und 


seiner Folgen. 


Von 
Dr. Paul Asch, 


Privatdozent der Universität Stralsburg "ik, 
Mit 3 Textabbildungen. 


Leider sind wiederum auf der diesjährigen Tagung der franzö- 
sischen urologischen Gesellschaft Stimmen laut geworden, welche 
die diagnostische und vor allem die therapeutische Bedeutung der 
Urethroskopie in Frage stellen. Auch in der Literatur der letzten 
‚Jahre findet man immer wieder Mitteilungen, welche dieser moder- 
nen, von Oberländer eingeführten, von Valentine, Kollmann 
u. a. weiter ausgebildeten Untersuchungs- und Behandlungsmethole 
jeglichen Wert absprechen. Berichte über günstige Erfolge und 
Fortschritte auf dem Gebiet der Urethroskopie gehören zu den 
Seltenheiten. Dies ist um so bedauerlicher, als dadurch der An- 
schein erweckt wird, als ob in der Tat diese Methode der Unter- 
suchung und Behandlung kranker Harnröhren keine nennenswerten 
Dienste leiste. Dadurch wird aber der Anfänger davon abgehalten, 
sich intensiver mit der Urethroskopie zu beschäftigen — und wie 
jeder, der sie nur wenig ausübt, wird auch er sie bald beiseite 
lassen. Das aber kann nicht genug betont werden, dafs die Urethro- 
skopie nur denjenigen zufriedenstellen wird, der sie nach langer 
Übung voll beherrscht, der sie tagtäglich ausübt und so alle urethro- 
skopischen Bilder zu erkennen und zu deuten versteht. 

Das Instrumentarium ist ja in der neueren Zeit äulserst ein- 
fach und praktisch geworden. :Einen grofsen Fortschritt stellte in 
dieser Hinsicht das Valentine-Kollmannsche Urethroskop dar. Das- 
selbe gestattet, die Harnröhrenschleimhaut mit einem kaum Wärme 
ausstrahlenden elektrischen Lämpchen direkt zu beleuchten. Doch 
hafteten auch diesem Instrumente noch einige Mängel an, vor allem 
derjenige, dafs das Ersetzen verbrauchter Lampen durch neue 
äulserst schwierig und zeitraubend war. Es ist mir häufig vorge- 
kommen, eine begonnene Untersuchung unterbrechen zu müssen, da 
es unmöglich war, den in der Metallhülse festgeklemmten sehr 
schwach gebauten Lampenträger zu entfernen und zu ersetzen; auch 


[rethroskopische Beiträge zur Diagnose. 303 


war es oft schwierig. neue Lampen infolge Rauhigkeiten im Innern 
der Metallhülse einzuführen. Ich mulste wiederholt zwecks Ent- 
fernung unbrauchbarer Lampendrähte das Instrument zur Fabrik 
schicken. Mitunter verursachte auch das Eindringen von Flüssig- 
keit zwischen elektrische Lampe und die sie beherbergende Metall- 
hülse einen Kurzschlufs, der zum Erlöschen der Lampe führte. 
Allen diesen Nachteilen wurde durch das Urethroskop von Luys') 
abgeholfen. Dieses Urethroskop, das ich seit über einem Jahre 
in täglichem Gebrauche habe, hat sich vollauf bewährt. Das 
Prinzip dieses Urethroskopes ist dasselbe wie bei dem Kollmann- 
Valentineschen. Die kleine elektrische Lampe bildet mit ihrem 
vernickelten Schafte ein festes Ganze, wodurch das lästige Hinein- 
schieben in eine enge Hülse erspart wird. Lampe + Lampen- 
träger — Hülse, die also nicht auseinandergenommen werden können, 
werden in eine am Griff des Instrumentes befindliche Vertiefung 
eingelassen und dort festgeschraubt, was beides sehr leicht zu be- 
werkstelligen ist. Ist eine Lampe unbrauchbar geworden, so wird 
sie mitsamt ihrem Schafte und ihrer Hülse ersetzt, was sehr schnell 
geschehen kann und keinerlei Schwierigkeiten bietet. Die feste 
Aneinanderfügung von Lampe und Hülse haben es ermöglicht, den 
Raum zwischen beiden mit einer isolierenden Masse auszufüllen, 
wodurch ein Kurzschluls durch eindringende Flüssigkeit ausge- 
schlossen ist. Dem Luysschen Apparat ist aulserdlem eine Ver- 
srölserungslinse beigegeben, welche am Handgriff beweglich befestigt 
wird. Die Tuben sowohl wie die Lampenträger sind in zwei Längen | 
vorhanden (7 und 13cm). Das kurze Urethroskop, das nicht ganz 
bis zur Pars bulbosa urethrae reicht, gestattet dank der stärkeren 
Vergrölserungslinse, eine genauere Besichtigung der vorderen Harn- 
röhre. Die Obturatoren sind zum Unterschiede von den Kollmann- 
Valentineschen in ihrer ganzen Länge massiv aus vernickeltem Metall 
gearbeitet. Dadurch gewinnt einerseits das ganze Instrument an 
Gewicht und ist daher leichter einzuführen, anderseits gleitet ein 
voller Obturator entschieden besser in dem Tubus und ist in einem 
Zuge. ohne stecken zu bleiben und ohne dem Patienten Schmerzen zu 
verursachen, herauszuziehen. Der elektrische Strom wird mittels Metall- 
schiebers geschlossen und geöffnet. Die Bilder, die man mit dem 
Luysschen Apparat zu schen bekommt, sind überaus klar und deutlich. 

Ich möchte nun einige interessante Beobachtungen, die ich bei 
meinen urethroskopischen Untersuchungen zu machen Gelegenheit 


— 


H Luys Georges, Endoscopie de FYurèthre et de la vessie. Paris 1905. 


304 Paul Asch. 


hatte, genauer besprechen. Erwähnen will ich, dals es mit dem im 
Uretliroskope vorgenommenen galvanokaustischen Eingriff leicht ge- 
lingt. chronisch vereiterte Littresche Drüsen und Morgagnische 
Lakunen zur Heilung zu bringen. Bei weicher Infiltration der 
Harnröhre findet man sehr oft, dafs die Schleimhaut in gewal- 
tigen, dunkelrot gefärbten Wüülsten in das Lumen des Urethro- 
skopes sieh hineindrängt. Auf mehrmaliges Betupfen mit Argentum 
nitricum 2—5" , gehen diese Gebilde vollkommen zurück. 

In einem Falle von seit Jahren bestehendem chronischen 
Tripper mit in langen Zeitintervallen auftretendem gonvkokkenhal- 
tigen Ausflusse fand ich in der Gegend der Harnröhre, die dem 
Eintritt des Penis in den Hodensack, dem weiter unten zu be- 
sprechenden Angulus penoserotalis entspricht, eine weifse diphtlierie- 
ähnliche Membran, welche eine Obertläche von ca. 2 qem bedeckte. 
Ich entfernte dieselbe mit der Curette und betupfte die darunter 
zum Vorschein kommende blutende Schleimhaut mit sodtinktur. 
Eine 14 Tage nachher vorgenommene Urethroskopie zeigte die be- 
treffende Stelle vollkommen normal. Die Überimpfung von Mem- 
branteilen auf gewöhnlichen Agar sowie auf Bouillon blieb erfolglos, 
während eine UÜberimpfung auf Menschenblutserumagar zahlreiche 
Kolonien von durch Form und tinktorielles Verhalten charakteri- 
sierten Gonokokken ergab. Es dürfte hiermit der Beweis erbracht 
sein, dals die Gonokokken unter bestimmten günstigen Verhältnissen 
imstande sind, den Anstols zu einer Membranbildung zu geben. 
Dies ist diagnostisch und therapeutisch von grofser Bedeutung. Er- 


kennen lassen sich solehe Membranen — solange sie nicht abge- 
stofsen werden -— doch sicher nur durch das Urethroskop, und 


auch nur die direkte uretliroskopische Behandlung wird wohl in 
einem solchen Falle Heilung versprechen. 

Bei einem andern Patienten nahm ich nach zweimonatlicher 
ertolgloser Behandlung der Gonorrhoe mit kleinen Einspritzungen 
sowohl wie mit von mir selbst ausgeführten Janetschen Spülungen 
eine Urethroskopie vor. Ich fand ca. 2 em hinter dem Orificium 
urethrae externum das ganze Harnröhrenlumen mit eng aneinander- 
liegenden weichen sehmutziggrau aussehenden Polypen ausgefüllt. 
leh entfernte diese in zwei Sitzungen vermittels des Galvanokauters, 
worauf der Ausfluls versiegte.  Urethroskopisch habe ich zwei 
Monate nachher eine ganz gesunde Harnröhre festgestellt. 

Bei einem mit chronischem gonokokkenhaltigen Urethralaustlusse 
ausgestatteten Bräutigam OX, der schon allerhand Spülungen und 


Urethroskopische Beiträze zur Diarnose. 305 


Dilatationen der Harnröhre aber ohne jeglichen Erfolg hatte vor- 
nehmen lassen, ergab die 3 Wochen vor der Hochzeit vorgenon- 
mene urethroskopische Untersuchung einen ganz eigenartigen Be- 
fund: Die Wandungen der hintern Harnröhre sind vollkommen 
zerklüftet und bestehen nur noch aus einer Reihe kleinerer und 
grülserer Kavernen, die durch dünne Septen voneinander getrennt 
sind, und deren Inneres mit schmutzigerauem Belag bedeckt ist; 
einzelne Höhlen enthalten Eiter. Die Überimptung desselben sowie 
die eines Membranstückchens ergab Reinkulturen von Gonokokken, 
mit Ausschluls jeglicher anderen Bakterien. Die Gonokokken ver- 
mögen also ebenso wie Tuberkelbazillen für sich allein ohne sekun- 
diire Infektion Kavernen zu erzeugen. Es ist dies wohl mit ein 
Faktor, der den ersten Anlals zu der bei älteren Männern oft kon- 
statierbaren Verlängerung, Zerklüftung und Unregelmälsigkeit der 
Pars prostatica der Harnröhre gibt. Auch ist vielleicht auf die 
Wirkung der Gonokokken manche Unregelmälsiekeit und Vertiefung 
in der Harnblasenwanderung, die im eystoskopischen Bilde als 
dunkle Stelle erscheint, zurückzuführen. In dem obigen Falle ging 
auf Auskratzen mit dem scharfen Löffel und Betupfen mit Jod- 
tinktur die Läsion der hinteren Harnröhre nach zweimaligem Ein- 
griff vollkommen zurück, nachdem ich noch einen Abszels der 
Pars bulbosa eröffnet hatte, kleine Entzündungsherde der Pars caver- 
nosa mit Argentum nitricum behandelt und durch täglich vorgenom- 
mene Spülungen der ganzen Harnröhre nach Janet für regelmäfsige 
Desinfektion der Urethra gesorgt hatte. 

Bei einem andern Patienten, der seit über 1 Jahre an gono- 
kokkenhaltigem Ausflufs litt, fand ich einen ganz ähnlichen Befund 
in der vorderen Harnröhre. Unmittelbar hinter der Fossa navicu- 
larıs waren die Harnröhrenwandungen derart zerstört, dals nirgends 
mehr normale Schleimhaut zu sehen war. Die Harnröhrenwandungen 
bestanden aus unregelmälsig begrenzten, mit Eiter angefüllten, 
schmutziggrauen Kavernen. Direkt an diese Stelle schlofs sich nach 
hinten zu eine enge Striktur an, die eben noch eine Knopfsonde 
Nr. 13 durchliefs. Ich reinigte zuerst den ausgehöhlten Teil der 
vordern Harnröhre vermittels Ausschabens mit der Curette und 
Betupfens der wunden Stellen mit Jodtinktur, was in zwei Sitzungen 
‚um Ziele führte. Hierauf habe ich die Striktur nach der von 
mir vor zwei Jahren veröffentlichten Methode!) durch Auskratzen 


1, Asch, Paul, Eine neue Strikturbehandlung. Zentralblatt für die Krank- 
heiten der Harn- und Sexualorgrane, 1905, Bd. XVI, Heft 7. 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 21 





306 Paul Asch. 


mit dem scharfen Löffel in drei Sitzungen so beeinflulst, dafs ein 
Urethroskoptubus Nr. 20 und nach weiteren drei Sitzungen ein solcher 
Nr. 24 durchging. Beim Durchführen des Tubus über die Striktur 
hinweg ergab sich, dafs unmittelbar dahinter ein grofser Abszels 
in der untern Harnröhrenwand sich entwickelt hatte. Nach Eröf- 
nung desselben durch einen urethroskopischen Eingriff brachte ich 
vermittels einiger Janetschen Spülungen mit Hydrargyrum oxycya- 
natum die ganze komplizierte Erkrankung zum Heilen. Es haben 
sich später nie mehr Gonokokken nachweisen lassen. Diese hatte 
ich z. T. mikroskopisch oder auch durch Züchtung sowohl in dem 
Belag der Kavernen als in dem Eiter des eröffneten Abszesses ge- 
funden. Ich habe dem betreffenden Patienten den Ehekonsens er- 
teilt und habe erfahren, dafs seine Frau nie irgend welche Zeichen 
gonorrhoischer Erkrankung bot und auch seitdem ein fieberloses 
Wochenbett durchgemacht hat. Das Kind kam ausgetragen zur 
Welt und zeigte keine Ophthalmia neonatorum. Abgesehen von dem 
aulsergewöhnlichen urethroskopischen Bildes dieses Falles möchte 
ich noch besonders auf die schnelle Besserung der Striktur durch 
die Methode der Auskratzung mit dem scharfen Löffel verweisen. 

Interessieren dürfte auch der urethroskopische Befund eines 
Kranken, bei dem ich nach einer von anderer Seite ausgeführten 
Urethrotomia externa die Urethrotomia interna vorgenommen hatte. 
Im Anschlufs an die Urethrotomia externa war das Dilatieren der 
Harnröhre mit Metallbougies auf Schwierigkeiten gestolsen, so dafs 
der Patient es bald ganz unterliefs Sonden einführen zu lassen. Die 
natürliche Folge war, dafs bereits nach 1 Jahre starke Urinbeschwer- 
den auftreten; es dauerte einige Minuten, bis ein dünner, unregel- 
mälsiger Harnstrahl zum Vorschein kam, der jedoch nach einigen 
Sekunden wieder ausblieb, so dafs eine genügende Entleerung der 
Blase ausgeschlossen war. Der Urin war übelriechend, trübe, ent- 
hielt viele Leukocyten und rote Blutkörperchen. Der Kranke selbst 
sah leidend und heruntergekommen aus. Nur mit Mühe gelang es 
mir eine Bougie filiforme Nr. 5 durchzuführen. Da der Patient 
von einer Operation nichts wissen wollte und ich damals auch die 
urethroskopische Behandlung von Strikturen noch nicht übte, ver- 
suchte ich durch tagelanges Liegenlassen filiformer Bougies die 
Striktur zu erweichen. Ich brachte es so nach zwei Monaten auf 
Nr. 12, weiter ging es jedoch nicht. Da der Urinstrahl ziemlich 
stark geworden war, auch der Harn sich aufgehellt hatte, kehrte 
der Kranke in seine Heimat zurück. Die Besserung bielt nicht 


Urethroskopische Beiträge zur Diagnose. 307 


ganz ein Jahr an. Da stellte sich mir der Patient mit einer seit 
zwei Tagen bestehenden Urinretention vor. Eine Bougie filiforme 
\r. 5 vermochte ich nur nach vielen Versuchen einzuführen. Nach- 
dem dies eine Stunde gelegen hatte, konnte der Patient drei Liter 
eines dunkeln, übelriechenden, stark getrübten Urins entleeren. Der- 
selbe enthielt massenhaft Eiter und Blut. Am andern Tage nahm 
ich die Urethrotomia interna vor, welche fieberlos die Heilung 
brachte. In der Folge führte ich gewöhnliche Metallsonden und 
Beniquebougies bis Nr. 26 ohne jegliche Schwierigkeit ein. Eine 
drei Monate nach der Operation stattgehabte Urethroskopie ergab 
am Eingang der Pars membranacea folgendes Bild, das an den bei- 
gefügten einfach gehaltenen Skizzen erläutert sein soll. Im obern 
Teil des urethroskopischen Bildes (siehe Figur 1) stellt ein dunkel 


weiches 
rotes 
Gewebe 


Lumen d. 
Harnröhre 


weiches 
rotes 


(rewebe Lumen 


weiches 
rotes 
Gewebe 


Infiltrat 





Fig. 1. 


erscheinendes scharf abgegrenztes Dreieck das Lumen der Urethra 
dar. Diese durch gerade Linien abgeschnittene Öffnung ist der 
Urethrotomia interna zuzuschreiben und wird durch den Zug des 
gleich zu benennenden Narbengewebes der untern Harnröhrenwand 
klaffend gehalten. Die Ränder sind weich und rot gefärbt. Sie 
gehen aber in der untern Hälfte des eingestellten Harnröhrendurch- 
schnittes in weilses hartes Narbengewebe über. Dieses Infiltrat, 
das trotz der Urethrotomia externa so reichlich gewuchert war, habe 
ich in einer Sitzung mit dem scharfen Löffel tüchtig abgeschabt und 
darauf mit Jodtinktur betupft. Der Patient hatte darauf 3 Tage 
lang heftige Schmerzen beim Urinlassen; auch ging der Harn nur 
unter starkem Pressen des Kranken ab. Nach 8 Tagen aber war der 
„Tinstrahl besser als je zuvor und ist auch seitdem so geblieben, wie 
ich dies ein Jahr nach dieser Untersuchung feststellen konnte. Der Urin 
Ist hell und geht leicht ab. Die urethroskopische Untersuchung zeigt 
rs folgendes Bild (siehe Figur 2): das Lumen der Harnröhre 
= , x. membranacea stellt eine unregelmälsige an allen Seiten 

chem roten, Faltung zeigenden, Gewebe umgebene Offnung 


dar. Di š 2 ë E Du 
Die Harnröhre lälst eine Böniquebougie Nr. 28 durch. Aus 
21* 


308 Paul Asch. 


diesem Falle ersieht man, dafs in den freilich seltenen Fällen, in 
denen die Urethrotomia externa im Stiche läfst, oft eine Urethro- 
tomia interna und nachfolgende urethroskopische Behandlung zum 
Ziele führen kann, ohne dafs man zu dem schweren und ein langes 
Krankenlager erheischenden Eingriff der Urethrektomie seine Zuflucht 
nehmen müfste. Stets wird es sich empfehlen, nach jeder Urethrotomie, 
sei es interna oder externa, einen urethroskopischen Befund aufzu- 
nehmen und etwa vorhandene Narbenwucherungen mit scharfem Löffel 
und vermittels Jodtinkturbetupfung zu beseitigen. So wird m. E. mancher 
Rückfall bei Strikturen der Harnröhre verhindert werden können. 
Nun noch zwei allgemeine Beobachtungen und Betrachtungen! 
Wenn man viele Fälle von subakuten und chroniscnen Harnröhren- 
leiden urethroskopiert, so 
PERRA wird einem die Häufigkeit 
scrotalis auffallen, mit der eine ganz 
bestimmte Stelle der Urethra 

SE, anterior Läsionen zeigt. Es 
talis ist dies der Teil der untern 
Wand der Harnröhre, der 

dem Eintritt des Penis in den 
Hodensack entspricht, der Angu- 
lus ' penoscrotalis, wie ich die 
Stelle benennen möchte, um recht 
zum Ausdruck zu bringen, dals 
hier die Harnröhre ihre Richtung 
ändert, mit sich selbst einen Winkel 
bildet, wie aus der beigegebenen 
Fig. 3. Fig. 3 ersichtlich. Hier findet man 

überaus häufig Entzündungen und 

Vereiterungen der Littreschen Drüsen, kleinere und gröfsere Abszesse, 
weiche und harte Infiltrate und endlich die nachher noch zu be- 
sprechenden samtartig aussehenden fein granulierten Entzündungs- 
herde. Diese Stelle wird man daher bei allen subakuten und 
chronischen Harnröhrenleiden einer peinlichen urethroskopischen 
Untersuchung unterwerfen. Man wird aber aucb aus der Tatsache 
dieser häufigen Lokalisation der Entzündung sowie aus der Er- 
klärung der Entstehung derselben einige Folgerungen für die Be- 
handlung des akuten Trippers ziehen wollen. Es ist klar, dafs im 
Angulus penoscrotalis die Eiteransammlung am stärksten ist, da 
der Eiter wahrscheinlich nur nach Ansammlung einer sehr grofsen 







Pars perineo- 
bulbosa 


Portio cavernosa 
(portion 
pénienne der 
Franzosen) 


Urethroskopische Beiträge zur Diagnose. 309 


Eitermasse um den Angulus herum nach aufsen gelangen kann. So 
ist es auch zu verstehen, dafs sehr oft von selbst kein Ausfluls an 
der Harnröhrenöffnung scheint; sobald aber der Penis etwas über 
die Horizontale gehoben — wodurch der Angulus penoscrotalis aus- 
geglichen wird —, kommt Eiter an der äulseren Harnröhrenöffnung 
zum Vorschein. Auf der Schleimhaut der dem Angulus penoscro- 
talis entsprechenden untern Harnröhrenwand ruht also dieselbe 
Eitermenge am längsten und hat daher Gelegenheit genug, in die 
Tiefe derselben einzudringen und so den Grund zu einer chronischen 
Läsion zu legen. Dies wird um so leichter gelingen, als auch die 
Blutversorgung und Ernährung dieser Stelle eine ungenügende sein 
dürfte und zwar infolge eben dieser Knickung der Harnröhre einer- 
seits. des zu festen Änliegens des Suspensoriums anderseits. An 
den meisten Suspensorien ist nämlich der Ring, durch den das 
Glied hindurchgesteckt werden soll, zu klein, und drückt dann der 
scharf ausgearbeitete Rand desselben beständig auf die oben ge- 
nannte Stelle. Man wird also gut tun, bei Behandlung des akuten 
Trippers darauf zu achten, dals der Penis in keiner Weise durch 
den zu sehr anliegenden Suspensoriumring eingeengt wird und man 
wird ferner erstreben müssen, dem Penis eine solche Lage zu geben. 
dafs der Angulus penoscrotalis ausgeglichen wird. Am besten wird 
dies beim Legen des Penis nach oben, gegen die Bauchwand zu, 
erreicht. Diese Lage verhindert die Ansammlung des Eiters am 
Angulus penoscrotalis — da derselbe aufgehoben ist. Auch sammelt 
sich dann der Eiter nicht so häufig, wie es sonst wohl geschieht, 
hinter dieser Stelle, also in der Pars perineobulbosa, in der be- 
kanntermalsen der chronische Tripper sich ebenfalls leicht festsetzt. 
Durch die Fixierung des Penis nach oben erreicht man gleichzeitig 
dessen Ruhigstellung, was für die Heilung des gonorrhoischen 
Prozesses auch nicht belanglos ist. Sollte man bei dieser Lagerung 
des Penis die theoretisch mögliche Einwirkung der Schwerkraft auf 
den in der Harnröhre abgesonderten Eiter befürchten, wodurch 
dessen Auslaufen verhindert werden könnte, so wolle man wenig- 
stens das Glied in seitlich diagonaler, der Inguinalgegend entsprechen- 
der Lage, ruhigstellen, wie dies bereits Bernstein!) empfohlen 
hat. Ich kann jedoch versichern, dafs der Abfluls des Eiters bei 
hinaufgeschlagener Lagerung des Gliedes ein durchaus genügender 
ist, und dafs ich dabei — sofern die Patienten sich auch sonst 


t) Bernstein, Ein Universalsuspensoritm. Münchener med. Wochenschr. 


1404, Nr. 49, S. 2184. 


310 Paul Asch. 


vorschriftsmälsig verhielten — nur sehr selten eine Infektion der 
hintern Harnröhre beobachtet habe. Praktisch ermöglicht wird die 
senkrechte oder diagonale Lagerung des Gliedes durch jedes Sus- 
pensorium, an dem vorn ein Gliedhalter angebracht ist, wie z. B. 
das Teufelsche Suspensorium, am besten durch das Bernsteinsche. 
Bei demselben „ist auf die Penisöffnung eines gewöhnlichen Sus- 
pensoriums ein handschuhförmiger, seitlich der Länge nach ge- 
schlitzter Aufsatz, Gliedhalter genannt, aufgenäht. Am blinden Ende 
des Gliedhalters befindet sich eine Öse, vermittels deren er fixiert 
wird. Für die Fixierung nach unten dient ein auf der Mittellinie 
des Suspensoriums aufgenähter Knopf, für die Fixierung in der seit- 
lich horizontalen und diagonalen Lagerung dienen zwei auf dem 
Beckenband rechts aufgenähte Knöpfe, für die Fixierung in der 
Senkrechten nach oben ein in der Mitte eines schmalen Bandes 
aufgenähter Knopf; dieses Band verbindet wie eine Sehne den 
Bogen, den der Beckengurt des Suspensoriums vorne bildet.“ 

Ich möchte zum Schlusse noch eine Frage erörtern, mit deren 
Aufklärung ich mich im Laufe der letzten Jahre eingehender be- 
schäftigt habe: Ist es möglich, auf Grund des urethroskopischen 
Befundes bei einem Manne, der früher Gonorrhoe gehabt hat und 
nun, sei es nur noch gonokokkenfreien Ausfluls zeigt, oder gar 
keine Erscheinungen eines Urethralleidens bietet, die Frage der 
Infektiosität zu erledigen, eventuell den Ehekonsens zu erteilen? 
Wie bekannt, nimmt Neifser zur Erteilung des Ehekonsenses folgen- 
den Standpunkt ein: Ergibt die öfter im Laufe mehrerer Monate 
wiederholte Untersuchung des Urethral- und Prostatasekretes auch 
nach Reizung der Harnröhre durch provokatorische Injektion oder 
durch Dilatation stets einen negativen Gonokokkenbefund, so ist 
das Leiden als nichtinfektiös anzusehen. Dagegen machen Ober- 
länder, Kollmann, Wossidlo!) darauf aufmerksam, dafs die 
bakteriologische Untersuchung nicht genüge, dals man bei Vorhanden- 
sein von Zeichen chronisch-eitriger Entzündung auch die Urethro- 
skopie heranziehen müsse. Solange das Sekret oder die Filamente 
noch reichliche Leukocyten enthalten und solange urethroskopische 
Infiltrate und Drüsenerkrankungen nachweisbar, sei der Ehekousens 
zu verweigern. Zu berücksichtigen seien ferner paraurethrale Gänge, 
Prostata und Samenblasen. Nach Finger sowie Kopp nur dann 
den Ehekonsens zu erteilen, wenn der Urin keine Fäden mehr ent- 
hält, oder diese nur ganz vereinzelte Leukocyten zeigen, halte ich 
5 Wossidlo, Die Gonorrhoe des Mannes. Berlin 1903. 


Urethroskopische Beiträze zur Diagnose. 311 


für zu streng, da wir dann einer ganzen grofsen Reihe von Männern 
das Heiraten verbieten mülsten, die — wie es sich zeigt — nie 
ihre Frau infizieren. Ich glaube nun gefunden zu haben, dals eine 
ganz bestimmte und weiter unten zu beschreibende Veränderung 
der Harnröhrenschleimhaut die Anwesenheit von Gonokokken verrät. 
Selbstredend wird immer der Nachweis von entzündeten Littreschen 
Drüsen oder Morgagnischen Lakunen, von Abszessen, weichen und 
harten Infiltraten eine nochmalige methodische Behandlung erfor- 
dern. Diese Veränderungen müssen jederzeit schwere Bedenken 
gegen die Erteilung des Ehekonsenses geben. Man glaube ja nicht, 
dafs solche nur bei starkem chronischen Harnröhrenaustlufs oder 
Ausscheidung zahlreicher dicker Fäden vorhanden seien. Ich habe 
dieselben urethroskopisch in Fällen gesehen, die nur geringe oder 
auch gar keine klinischen Symptome boten. Ich erinnere mich 
insbesondere eines Bräutigams, dessen Urin vollkommen klar war 
und bei dem die urethroskopische Untersuchung am Angulus 
penoscrotalis einen grolsen submukösen Abszefs entdecken liefs: aus 
dem darin zurückgehaltenen Eiter konnte ich mit Leichtigkeit 
(sonokokken züchten. Gleich Oberländer und seinen Schülern halte 
ich daher stets neben der peinlichsten mikroskopischen Aufsuchung 
und Züchtung von Gonokokken eine genaueste urethroskopische 
Untersuchung für erforderlich. Aufser den oben besprochenen 
schweren Läsionen wird man dann sehr oft — und hierauf möchte 
ich besonders aufmerksam machen — lokalisierte himbeerfar- 
hige Rötungen mit samtartigem, zuweilen fein granulier- 
tem Aussehen feststellen. Wie der weitere klinische Verlauf der 
betreffenden Fälle sowohl als auch der bei ungefähr 50° „ der Kranken 
mir gelungene Gonokokkennachweis durch Züchtungsverfahren (aut 
Menschenblutserumagar) bewiesen, scheinen diese Läsionen für 
dieAnwesenheit von Gonokokken charakteristisch zu sein. 
Was die Therapie derselben betrifft, so wird eine Ausschabung mit 
dem scharfen Löffel in der Regel die Heilung herbeiführen. Ich will 
hinzufügen, dafs diese Veränderungen nicht selten die einzigen Läsionen 
sind, welche die Harnröhre darbietet, und dals dieselben keinerlei Sym- 
ptome hervorzurufen brauchen. Wenn ich dazu bemerke, dafs die se Ver- 
änderungen vorhanden sein können, ohne dafs der kulturelle Nachweis 
von Gonokokken zu gelingen braucht, auch wenn ein späteres Rezidiv 
lie Anwesenheit von Gonokokken verrät, so wird man die hervorragende 
Bedeutung dieser Entzündungsherde und zugleich die der Urethroskopie 
überhaupt in der Frage der Erteilung des Fhekonsenses erkennen. 


Über Hämospermie: ein Fall von Lues 
haemorrhagiea der Samenblasen. 


Von 


Dr. Paul Cohn in Berlin. 
Mit 2 Textabbildungen. 


Wenn man die ziemlich spärliche Literatur über Hämospermie 
kritisch durchmustert, so kommt man bald zu der Überzeugung, 
dals über die Pathogenese dieses Leidens, und zwar sowohl be- 
züglich der Ätiologie wie der Frage, was unter Hämospermie zu 
verstehen ist, wenig Übereinstimmung herrscht, insbesondere wird 
in den meisten Lehrbüchern, mit kurzen, die Sache wenig erschöpfen- 
den Ausführungen über die Affektion hinweggegangen. Vielleicht 
liegt dies z. T. daran, dafs es sich vielfach um ein schnell vorüber- 
gcehendes Ereignis, das kaum ein therapeutisches Eingreifen nötig 
macht, in andern Fällen nur um ein Symptom handelt, welches 
gegenüber dem Grundleiden an Wichtigkeit völlig in den Hinter- 
grund tritt. Dals die Affektion aber auch das einzige, bezw. einzig 
manifeste Symptom einer schweren Krankheit sein und dem- 
entsprechend eine gröfsere Bedeutung für den Organismus haben 
kann, lehrt die folgende Krankengeschichte, die kurz mitgeteilt sein 
mag. Der 35 jährige Patient beklagt sich, dafs er in der ver- 
gangenen Nacht, nachdem er neun Monate geschlechtlich abstinent 
gelebt hatte, eine Pollution gehabt und am Morgen seine Wäsche 
voller Blutflecken gefunden habe. Anamnestisch ist zu vermerken, 
dals bis auf die gleich zu erwähnenden Erkrankungen der Patient 
immer durchaus gesund gewesen, auch nach keiner Richtung hin 
hereditär belastet ist. Vor 10 Jahren hat er eine Gonorrhoe durch- 
gemacht, die ohne Komplikationen in der üblichen Zeit ablief, auch 
später sich nie wieder durch irgendwelche Symptome bemerkbar 
machte. Vor 2, Jahren akquirierte er Lues, wegen der er in 
meine Behandlung trat. Wenn der Verlauf derselben auch nicht 
eigentlich als malign bezeichnet werden kann, so waren doch die 


w Aë E, eege 


Über Hämospermie. 313 


Rezidive aulsergewöhnlich häufig, heilten aber immer prompt auf 
Hg-Kuren ab. Jetzt war er etwa ein Jahr lang rezidivfrei gewesen. 
Die Untersuchung ergab keinen objektiven Befund, der ätiologisch 
tür die Hämospermie hätte in Betracht kommen können: Der vom Rek- 
tum her palpierende Finger fand an der Prostata und den Samenblasen 
nichts Abnormes, das exprimierte Sekret enthielt neben normalen 
Prostataclementen und lebenden Spermatozoen nur spärliche Reste 
les aunsgetretenen Blutes, insbesondere keine entzündlichen Elemente, 
die Untersuchung von Hoden, Nebenhoden und Samenstrang ergab 
keinerlei pathologischen Befund, die Harnröhre zeigte normales 
Kaliber und auch sonst keinerlei Abnormität, kurz, es fand sich 
nichts, worauf die Entstehung der Hämospermie zurückzuführen 
war. Unter exspektativer Therapie wiederholte sich die blutige 
Fjakulation noch zweimal in Stägigen Zwischenräumen, ohne dafs 
die wiederholte Untersuchung ein anderes Resultat ergeben hätte, 
als das erste Mal. Da aber dem pathologischen Ereignis unter 
diesen Umständen ein anatomisches Substrat zugrunde liegen mulste, 
und hierbei angesichts des negativen sonstigen Befundes nur die 
vor 2', Jahren akquirierte Lues in Betracht kommen konnte, so 
wurde der Patient einer Injektionskur unterzogen, mit dem Ergebnis, 
dals die Hämospermie sich nun nicht mehr wiederholte und auch 
sonst der Patient bis heute, 1 Jahr nach dem Geschilderten, ge- 
heilt blieb. 

In der Literatur findet sich eine Anzahl von Fällen, in denen 
es sich zwar insofern um eine Hämospermie handelt, als das Eja- 
kulat zweifellos mit Blut vermischt war, bei denen aber zum min- 
desten der Beweis dafür fehlt, dafs es sich um eine wirkliche Hämo- 
Spermie, d.h. um eine Blutung in den samenbereitenden Organen 
handelt. Für die Besprechung der Pathologie dieser Affektion 
dürfte es sich empfehlen, zwischen einer wahren und einer falschen 
Hümespermie zu unterscheiden, wie es schon Feleki!) getan hat: 
doch scheint mir Felekis Definition nicht erschöpfend zu sein. 
“un er eine wahre H. bei Blutungen in den Samenblasen, eine 
falsche bei solehen in der Urethra als vorliegend erachtet. Ich 
mochte es für zweckmäfsiger halten, von einer wahren Hämospermie 
ZU sprechen, wenn die Blutung in den samenbereitenden Organen, 
also den Hoden, den Samenblasen und ev. der Prostata, von einer 


— 


l un 
un Seltener Fall von Hämospermie. Orvosi Hetilap 1900, Nr. 12, 
entralblatt f. Krankh. d. Harn- u. Sexualorg. 1901, S. 506. 


refer. 


314 Paul Cohn. 


falschen, wenn eine solche in den samenabführenden Organen, resp. 
Kanälen, also den Nebenhoden, den Vasa deferentia, den Ductus 
ejaculatorii und der Harnröhre stattgefunden hat. Allerdings kann 
die Frage, ob es bei Blutungen in den Hoden, Nebenhoden und 
den Vasa deferentia zu einer Hämospermie, einer blutigen Ejaku- 
lation kommen kann, zunächst nur theoretisch erörtert und geklärt 
werden, da sich in der Literatur konkrete Beispiele dafür nicht 
finden. Keersmaecker!) gibt in seiner Arbeit über Hämospermie 
die Möglichkeit zu, dafs bei einer Blutung in den Hoden Blut in 
die Samenblasen gelangen und Hämospermie eintreten kann, und 
in der Tat ist diese Möglichkeit nicht zu bestreiten, solange wir 
als treibende Kräfte, vermöge derer die Spermatozoen und also 
auch andere Substanzen in die Samenblasen gelangen, die vis a 
tergo oder peristaltische Bewegungen der Ausführungsgänge oder 
beides kombiniert annehmen und solange die Ansicht zu Recht be- 
steht, dafs die Spermatozoen in den Hodenkanälchen leblos, einer 
Eigenbewegung nicht fähig sind und erst durch Hinzutreten des 
Samenblasen- bezw. Prostatasekretes bewegungsfähig werden. 

Nun ist allerdings diese Ansicht neuerlich etwas in Frage ge- 
stellt worden: Posner?) nahm in einer Reihe von Fällen von ab- 
gelaufener Epididymitis und konsekutiver Verlegung der Samen- 
ausführungsgänge, um festzustellen, wie weit noch funktionsfäbiges 
Sekretionsgewebe vorhanden wäre, Hodenpunktionen vor und fand, 
allerdings nur in einem Falle, lebende Spermatozoen. Auch Sellei”), 
der in dem von ihm beobachteten Falle von Spermatocele die Sper- 
matozoen zwar unbeweglich vorfand, konstatiert doch, dafs andere 
Autoren in Spermatocelen bewegliche Samenfäden nachweisen 
konnten und dafs direkt aus den Nebenhoden von Tieren entnommene 
Spermatozoen als beweglich befunden wurden. — Wenn aus diesen 
Angaben zu schliefsen wäre, dafs bei dem Transport der Samen- 
fäden in die Samenblasen keine anderen Kräfte, als die Eigen- 
bewegung der ersteren tätig sind, so mülste es zum mindesten sehr 
zweifelhaft erscheinen, dafs Blut aus den unteren Samenwegen in 
die Samenblasen gelangen und zu einer Hämospermie führen kann: 


) Keersmaecker: Hümospermie. Zentralblatt für d. Krankh. d. Harn- 
u. Sexualorg. 1899, Heft 3. Ä 

?) Posner: Diagnostische Hodenpunktion. (Berl. klin. Wochenschr. 
1905, Nr. 35.) 

®) Sellei: Über Spermatokele. (Zentralblatt f. d. Krankh. der Harn- u. 
Sexualorg. 1906, Heft 4.) 


Über Hämospermie. 315 


denn die geringen Blutmengen, die die Spermatozoen bei ihrer 
Wanderung event. mitschleppen könnten, würden makroskopisch 
kaum wahrnehmbar sein. Immerhin sind die bisherigen Befunde doch 
nicht ausreichend, um eine bestimmte Stellungnahme nach dieser 
Richtung hin zu rechtfertigen, und wir werden die bisher geltenden 
ursächlichen Momente für die Beförderung des Samens und anderer 
Substanzen in die Samenblasen gelten lassen und annehmen müssen, 
dafs bei Blutergüssen in Hoden, Nebenhoden und Vasa deferentia 
blutige Ejakulationen erfolgen können. — 

Wie steht es denn nun mit der Lokalisation der Blutung, der 
Feststellung der blutenden Stelle innerhalb der samenbereitenden, 
resp. -ausführenden Organe? In der Literatur wird diese Frage 
nur in einzelnen der in Betracht kommenden Arbeiten erörtert, 
meist wird sie überhaupt nicht berührt und schlechtweg nur von 
Hämospermie gesprochen, anderseits halten die Angaben über eine 
bestimmte Lokalisation vielfach einer sachlichen Kritik nicht stand. 
So bespricht Hugues!) in seiner ausführlichen Arbeit die Frage 
der Lokalisation überhaupt nicht und scheint stillschweigend bei 
der Hämospermie immer die Samenblasen als locus affectionis anzu- 
nehmen. Ahnlich ist es bei Lydston?), bei Jadassohn im Hand- 
buch von Ebstein-Schwalbe; auch Casper geht in seinem Lehr- 
buch der Harnkrankheiten nicht näher auf diese Frage ein. 
Fürbringer, im Handbuch von Nothnagel, beschränkt sich auf 
die Bemerkung, dafs Erosionen bezw. Hämorrhagien an jeder Stelle 
der Samenbahn bis zu ihrer Einmündung in die Urethra zu Hämo- 
spermie führen können. 

Lichowetzer”) nimmt ausdrücklich die Samenblasen als ein- 
zige Lokalisation der Blutung bei Hämospermie in Anspruch, indem 
er erklärt: „Die anatomische Ursache des blutigen Spermas_ ist 
lediglich in einer arteriellen Fluxion der Samenblasen zu suchen.” 
Eine Reihe von anderen Autoren steht auf einem ganz abweichen- 
den, teilweise gerade entgegengesetzten Standpunkt. Goldberg‘) 
glaubt. „dafs bei Hämospermie das Blut häufige aus der Prostata 
stammt*, und führt zur Illustration dieser Ansicht eine Reihe von 


', Hamospermie. Von Hugues. (Gaz. hebdomad. 1804. März.) 

H Lydston: Hemorrhagic emissions. (Journal of cutan. and genito- 
urin, dis, 1594, S. 66.) 

3 Lichowetzer, Hämospermie. Jnaugural-Dissertation. Berlin 189%. 


H Goldberg, Über blutices Prostatasekret. Dermatol. Zentralblatt 1903, 
S. 5; 


316 Paul Cohn. 


Krankengeschichten an, ohne sich weiter über die Samenblasen 
auszulassen. Zuckerkandl!) urteilt: „Hämospermie ist in der 
grölsten Mehrzahl nicht durch Spermatocystitis, sondern durch chro- 
nische Prostatitis und Urethritis veranlafst.* v. Frisch’) meint, 
dafs das Blut bei der Hämospermie in vielen Fällen aus oberfläch- 
lich gelegenen erweiterten Gefälsen der hyperämischen Schleimhaut 
der Pars prostatica urethrae herrührt, die durch die beim Koitus 
oder einer Pollution stattfindende Kongestion leicht Rupturen er- 
leiden können. Nach Finger?) kann Hämospermie sowohl bei 
Spermatocystitis, wie Prostatitis chronica entstehen. 

Den einseitigsten Standpunkt nimmt Keersmaecker in seiner 
oben zitierten Arbeit ein, ein Standpunkt, dessen Begründung nicht 
sehr überzeugend wirkt. Wenn er auch die theoretische Möglich- 
keit zugibt, dafs das Blut bei der Hämospermie aus irgend einem 
Teile der männlichen Sexualorgane stammen kann, so behauptet er 
doch, dafs weder er noch seine Freunde je eine Blutung aus den 
Samenblasen, selbst bei akuter Spermatocystitis, gesehen haben, und 
ist der Überzeugung, dafs das Blut in den allermeisten Fällen aus 
der Prostata stammt, wofür er eine Reihe von Krankengeschichten 
anführt. Wenn K. meint, eine Massage der Samenblasen sei nicht 
schwierig, nach seiner Ansicht sogar leichter, als eine regelrechte 
Massage der Prostata, da diese sehr viel Übung erfordere, so muls 
das entschieden bestritten und viel eher das Gegenteil für zutreffend 
erachtet werden. Eine Massage der Prostata gelingt bei einiger 
Übung wohl immer, wenn auch das Expressionssekret nicht stets 
am Orificium externum urethrae erscheint, sondern manchmal erst 
mit dem Urin entleert wird. Dagegen gelingt eine Abtastung und 
Expression der Samenblasen durchaus nicht in allen Fällen, selbst 
mit dem Massageinstrument nicht immer; insbesondere trifft dies 
für eine isolierte Massage der Samenblasen zu; man ist dann nie- 
mals sicher, ob dem exprimierten Sekret desselben nicht Prostata- 
sekret beigemischt ist, selbst wenn man die Prostata vorher nach 
Möglichkeit ausmassiert hat. Umfangreiche experimentelle Unter- 
suchungen au normalen Dıiüsen sowie an Patienten mit entzünd- 
lichen Prozessen der Prostata und Samenblasen haben mir gezeigt, 
dafs, wenn man das Prostatasekret als normal festgestellt hat, der 
Befund des Samenblasensekrets beweisend für den Zustand der 


!) Zuckerkandl, Handbuch der Urologie I, S. 750. 
®) v. Frisch, Handbuch der Urologie III, S. 680. 
3) Finger, Handbuch der Urologie III, S. 998. 


Über Hämospermie. 317 


Samenblasen ist. Wenn die Prostata erkrankt ist, so ist über den 
Zustand der Samenblasen nur dann etwas Sicheres festzustellen, 
wenn es gelingt, isoliertes Samenblasensekret zu erhalten, was nicht 
immer möglich ist. Wenn man also nach einer Massage der Prostata 
in dem Sekret derselben Eiter, Blut oder dergl. findet, wenn man dann 
die Samenblasen massiert und in der Expressionstlüssigkeit neben 
Samenbestandteilen Eiter- oder Blutkörperchen findet, so ist häufig 
nicht mit Bestimmtheit zu sagen, ob diese letzteren aus den Samen- 
blasen oder aus der Prostata stammen; denn selbst nach einer 
gründlichen Auspressung der letzteren ist es doch leicht möglich, 
dals bei einer Massage der Samenblasen gleichzeitig etwas Sekret 
aus der Prostata sich hinzumischt. Diese Tatsachen mögen zur Be- 
leuchtung der Krankengeschichten und Schlufsfolgerungen Keers- 
maeckers dienen, in denen der Leser immer mit der Bemerkung 
abgefunden wird: „Die Samenblasen waren gesund“, ohne dals 
nähere Angaben gemacht werden, auf welchem Wege der Verfasser 
zu dieser Überzeugung gelangt ist. 

Dafs aber — rein theoretisch betrachtet — bei der Hämo- 
spermie die Samenblasen sehr wohl und eigentlich eher, als eine 
andere Stelle der samenbereitenden und -ausführenden Organe der 
Sitz der Blutung sein können, das lehrt eine Betrachtung der ana- 
tomischen Beschaffenheit dieses Organs, bezw. der feineren Anord- 
nung der Blutgefälse. Ich habe, da sich in den Lehrbüchern Ge- 
naueres darüber nicht findet und auch sonst die diesbezügliche 
Literatur sehr spärlich ist, anatomische Untersuchungen über diesen 
Punkt angestellt*) und gebe hier zwei Zeichnungen nach einem 
mikroskopischen Präparat, das einen Querschnitt durch eine Samen- 
blase darstellt und das die typischen Verhältnisse illustriert. Dabei 
fallen besonders drei Punkte auf: erstens die reichliche Blutver- 
sorgung des Organs; zweitens die Beschaffenheit des Epithels: 
dasselbe kleidet wohl immer in nur einer Schicht die Hohlräume 
aus, finden sich zwei Schichten, so handelt es sich allem Anschein 
nach um Schrägschnitte; drittens die oberflächliche Lage der Kapil- 
laren, die vielfach nur von der einen Epithelschicht bedeckt sind. 
An keiner andern Stelle des Genitaltraktus findet sich eine derartige 
obertlächliche Anordnung der Blutgefälse und es ist klar, dafs die 


*, Die Untersuchungen wurden im Patholorischen Tnstitut des Urban- 
Krankenhauses, Leiter Prof. Dr. Benda, dem ich für sein freundliches Interesse 
hier verbindlichst danke, vorgenommen. 

Die Zeichnungen sind von Frl. Paula Günther angefertigt. 


318 Paul Cohn. 


pathologischen Prozesse, die in den Genitalorganen zu einer Blutung 
und konsekutiven Hämospermie führen, ceteris paribus dies um so eher 
tun werden, je oberflächlicher die Blutgefälse liegen. — Wenn also 
auch nicht geleugnet werden soll, dafs bei einer Hämospermie das 
Blut aus der Prostata stammen kann, so ergibt sich doch aus den 
vorstehenden Ausführungen, dafs dies nicht immer und auch nicht 
einmal in den meisten Fällen, wie von verschiedenen Autoren be- 
hauptet wird, der Fall zu sein braucht, dals vermöge ihrer anato- 
mischen Beschaffenheit sehr wohl auch die Samenblasen der locus 
affectionis sein können und dafs im übrigen die oben (l. c.) an- 





geführte Ansicht Fürbringers zu Recht bestehen dürfte, dafs 
Hämorrhagien an jeder Stelle der Samenbahn bis zu ihrer Einmün- 
dung in die Urethra, sowie in dieser selbst zur Hämospermie führen 
können. 

Was die Ätiologie derselben anbetrifft, so wird man zweckmäfsig 
vier Gruppen unterscheiden: 

1. Traumen. 

2. Hyperämien, und zwar 

a) Stauungs-, bezw. Kongestionshyperämien, Zustände, 
wie sie sich bei starker geschlechtlicher Erregung infolge Mastur- 


Über Hämospermie. 319 


bation oder wiederholter Kohabitation, auch wohl bei langer Ent- 
haltsamkeit, bei Strikturen der Harnröhre und bei Prostatahyper- 
trophie, bei hämorrhoidaler Fluxion finden; 

b) entzündliche Hyperämien, hieher gehören die Blutungen 
bei akuter und chronischer Spermatocystitis gonorrhoica, bei Prosta- 
titis und Urethritis posterior. 


3. Geschwürige Prozesse; in der Literatur findet sich zwar 
keine diesbezügliche Mitteilung, doch kann es wohl keinem Zweifel 
unterliegen, dafs bei der Häufigkeit der Tuberkulose der Genital- 
organe eine Hämospermie infolge tuberkulöser Ulzeration in der 
Schleimhaut der Samenblase eintreten kann. Auch ein zerfallenes 
Karzinom könnte die Ursache einer solchen werden. 


4.Gefälserkrankungen; hierher gehört die Hämospermie bei 
Arteriosklerose, die nicht ganz selten zu sein scheint. Gueillot?) 
tand bei seinen Untersuchungen achtmal bei älteren Leuten rote 
Blutkörperchen im Sperma und nahm mangels einer andern Atiologie 
an, dafs die Arteriosklerose die Ursache war; auf dem gleichen 
Standpunkt steht auch Fürbringer in Nothnagels Handbuch. 

Ferner scheint der Skorbut als ätiologisches Moment für die 
Hämospermie gelegentlich in betracht kommen zu können, wenig- 
stens beschreibt Kroner?) einen Fall, in welchem der Patient 
dauernd blutiges Sperma entleerte, ohne dafs die Untersuchung eine 
Ursache ergeben hätte; nach etwa 1 Jahre brach bei dem Manne 
Skorbut aus. Hiezu würde sich als weiterer ätiologischer Faktor 
die Lues gesellen. In der Literatur findet sich bis in die neuere 
Zeit kein Fall von Syphilis der Samenblasen beschrieben und Zeifsl?) 
bemerkt ausdrücklich: „Syphilitische Erkrankungen der Samenblasen 
und Prostata sind bisher nicht beobachtet.* Das ist allerdings 
nicht, bezw. nicht mehr ganz richtig: über einen von Duhot be- 
schriebenen Fall von Lues der Prostata und Samenblasen findet 
sich ein Referat im Zentralbl. f. d. Krankh. d. Harn- und Sexual- 
organe 1902, S. 547, ebenso in den Monatsber. f. Urologie Bd. XI, 
9. Heft ein solches über einen von Drobne beobachteten Fall von 
Gumma des linken Prostatalappens. Es ist ja auch nicht einzusehen, 
weshalb die Lues sich nicht gelegentlich an den Geschlechtsorganen, 


— e . 





!, (suneillot: Des vesieules scminales. These de Parıs 1882. 

?), Kroner, Berliner klin. Wochenschr. 1898, Nr. 13. 

3) Zeissl, Die luetischen Erkrankungen des Urogenitalapparates usw. 
Wiener med. Woch. 1906, Nr. 2. 


320 Paul Cohn. 


speziell den Samenblasen lokalisieren und namentlich bei ihrer be- 
kannten Neigung, Gefälserkrankungen hervorzurufen, auch an den 
Blutgefäfsen der Samenblasen Läsionen erzeugen soll. Nicht immer 
brauchen ja diese so hochgradig zu sein, dafs sie durch Blutungen 
in die Erscheinung treten, häufig genug mögen sie infolge einer 
rechtzeitig eingeleiteten Kur in Heilung übergehen, bevor es zu 
manifesten Störungen im Organismus kommt. Dafs es sich in 
unserm Falle um eine spezifische Erkrankung der feineren Gefälse 
der Samenblasen handelt, ist wohl, wenn auch nicht anatomisch be- 
wiesen, so doch unzweifelhaft anzunehmen. Nach der ersten Blutung 
konnte man vielleicht die lange Enthaltsamkeit und eine daraus 
resultierende Kongestion der Samenblasenschleimhaut als ätiologi- 
sches Moment beschuldigen; da sich die Attacken aber in verhältnis- 
mälsig kurzen Zwischenräumen noch zweimal wiederholten, so muts 
diese Ätiologie notwendigerweise ausscheiden. Von irgend einer 
andern Ursache war aber absolut nichts zu eruieren, und da nach 
Einleitung einer spezifischen Kur die Blutungen, die vorher dreimal 
in etwa gleichen Zwischenräumen sich wiederholt hatten, nicht melır 
wiederkehrten und der Patient in jahrelanger Beobachtung voll- 
kommen gesund blieb, so ist die Annahme wohl berechtigt, dafs 
die Blutung durch eine luetische Erkrankung der Schleimhautkapil- 
laren der Samenblasen bedingt war. Es handelt sich also um einen 
Fall von Lues haemorrhagica, eine Erkrankung, die zwar noch nicht 
an den Samenblasen, wohl aber an andern Körperstellen lokalisiert 
mehrfach beobachtet und beschrieben worden ist, früher fast nur 
bei Neugeborenen mit Lues hereditaria, z. B. als Purpura syphili- 
tica von Behrendt, später aber auch vielfach bei Erwachsenen. 
Ohne auf die gesamte diesbezügliche Literatur hier näher einzu- 
schen, sei nur auf einige Arbeiten hingewiesen. So beschreibt 
Thimm!) einen Fall, in welchem bei einem etwas kachektischen 
Individuum ein hämorrhagisches Exanthem bestehend aus mit Blut 
gefüllten Blasen am Truncus, zugleich mit luetischen Papeln und 
andern spezifischen Stigmata sich fand; auf Hg-Behandlung erfolgte 
glatte Abheilung aller Erscheinungen, so dafs Th. eine luetische 
Aftektion der Hautkapillaren annehmen zu dürfen glaubt. Bälz’) 
beschreibt drei Fälle von Lues bei Erwachsenen, in welchen das 

', Thimm, Kigenartige häinorrharische Syphilis der Haut. Deutsche mel. 
Wochenschr. 1903, Nr. 14. 

2) Bilz, Über hämeorrharische Syphilis. Archiv ££ Heilkunde, Bd. XVI. 
N. 179. 


— m... 


Über Hämospermie. 321 


Exanthem hämorrhagischen Charakter hatte; in dem einen ergab 
die Sektion kapillare Hämorrhagien in Gehirn, Lunge und Milz. 
Vörner"), der ebenfalls mehrere Fälle von hämorrhagischer Syphilis 
beobachtet hat, bemerkt, dafs nie eine primäre Roseola hämorrha- 
sischer Natur vorkommt, sondern dafs es sich immer um Erschei- 
nungen der Rezidivperiode handele Auch Schleimhautblutungen 
auf luetischer Basis sind aufser von Bälz (l. c.) noch mehrfach be- 
schrieben worden, so von Vörner (l. c.) als Petechien der Gaumen- 
schleimhaut, von Hartmann und Pignot. 

Erwähnt sei noch eine Anzahl von Fällen aus der Literatur, 
in welehen Blutungen aus den weiblichen Genitalien von den be- 
treffenden Autoren auf Lues secundaria zurückgeführt werden, 
wenigstens sistierten die Hämorrhagien nach Einleitung einer spezi- 
tischen Therapie, während die andern Behandlungsmethoden ver- 
sagten; Dreyer?) ist der Ansicht, dafs die Lues zu den wichtigsten 
Ursachen der Blutungen aus den weiblichen Genitalien gehört. 

Die Prognose der Hämospermie als solcher, abgesehen vom 
Grundleiden, ist wohl immer eine günstige, wenigstens ist kein Fall 
bekannt, in welchem es zu gefahrdrohenden Zuständen oder zu einem 
ernsten Ausgange infolge der Blutung gekommen wäre. Es ist ein- 
leuchtend, dafs selbst bei einer erheblicheren Läsion der Gefälse der 
Samenblasen, die in denselben sich ansammelnde Blutmasse bald 
durch Kompression die Blutung zum Stehen bringen wird. 

Dementsprechend kann eine eigentliche Therapie im allgemeinen 
nur insoweit in Frage kommen, als sie mit der des Grundleidens 
zusammenfällt. Immerhin wird in jedem Falle von Hämospermie 
für Ausschaltung aller sexuellen Reize, somit derjenigen sonstigen 
Momente, die zu einer Kongestion der Sexualorgane führen können, 
für Regelung des Stuhles, der Harnentleerung und der Diät, sowie 
für ein hygienisches Verhalten im allgemeinen zu sorgen sein. 


— 


e ', Vörner, Syphilis und Hämorrhagie. Archiv f. Dermat. usw. Band 76, 
eft 1. 


| ?) Dreyer, Blutungen aus den weibl. Genit. bei Syphilis. Dermatol. 
Zeitschr, 1906, Heft 7. 


Zeitschrift für Urologie. 1907 


tŠ 
t 


Plaqueförmige, tuberkulöse Cystitis unter 
dem Bilde der Malakoplakia vesicae. 


Von 
Dr. Hans Wildbolz, 


Privatdozent für Chirurgie, Bern. 
Mit 1 Textabbildung. 


Am 18. November 1905 kam im patholog.-anatomischen Institut 
der hiesigen Universität 18 Stunden post mortem die Leiche eines 
27 jährigen Mannes zur Sektion, welche neben einem Solitärtuberkel 
im Gehirn, einer Spondylitis tuberc. lumbalis ausgedehnte chronische 
Tuberkulose beider Lungen, des Darms, der linken Niere und ihres 
Nierenbeckens, des linken Ureters, der Prostata, des rechten Hodens 
und Nebenhodens und der rechten Samenblase zeigte. Besonders 
erwähnenswerte Veränderungen fanden sich in der Harnblase, worüber 
im Sektionsprotokoll folgendes verzeichnet steht: ° 


Auf der Schleimhaut der gut kontrahierten Harnblase, namentlich an 
deren Vorderwand, sieht man eine Anzalıl beetartiger, wenig erhabener, rund- 
licher oder ovaler Herde, von denen die gröfsten ungefähr 1 cm Durchmesser 
haben, die kleinsten etwa 1 mm. Meist erheben sich diese Herde kaum über 
das Niveau der Schleimhaut. Sie sind von gelblicher Farbe und zeigen sehr 
oft an der Peripherie eine !/,—!/,mm breite, gelblichweilse scharfe Zone, um 
die dann fast durchwegs ein schmaler, rot injizierter Hof liegt. In den gröfseren 
Herden ist das Zentriun ganz wenig dellenartir eingesunken, ohne dafs eine 
eirrentliche Ulzeration makroskopisch erkennbar wäre. Die kleinen 
Herde zeigen teils gleiches Aussehen, teils lassen sie im Zentrum ein kleines, 
scharfrandisres Uleus erkennen. Die Herde stehen teils isoliert, teils in Gruppen, 
teils endlich konflwieren sie und zwar meistens so, dafs ein kleinerer Herd mit 
einem eröfseren in Verbindung tritt. Im Blasenhals findet man neben diesen 
Herden eine ganze Anzahl feinster, submiliarer, grauer Knötchen (die auf der 
Zeichnung nieht zur Geltung kommen; siehe Fig.). 


Da diese makroskopisch erkennbaren Veränderungen der Blase 
genau mit dem von Hansemann als Malakoplakie der Blase be- 
zeichneten Krankheitsbild übereinstimmten, wurde das Blasenpräparat 


Plaqueförmige, tuberkulöse Cystitis. 323 


in Kayserling konserviert!) und von mir mit gütiger Erlaubnis des 
Herrn Professor Langhans histologisch untersucht. Es sei mir 
gestattet, Herrn Professor Langhans auch an dieser Stelle für 
sein freundliches Entgegenkommen bestens zu danken. 

Die mikroskopische Untersuchung zeigte sowohl in den grofsen, 
wie in den kleinen plaqueförmigen Herden der Blase die gleichen 
Bilder: 


Im Bereiche dieser Herde sieht man fast nirgends eine epitheliale Be- 
kleidung; wo eine solche vorhanden ist, findet sie sich nur in der Tiefe von 
Schleimhauteinsenkungen. Die Herde selbst, die, ganz dem makroskopischen 
Verhalten entsprechend, sich kaum über das Niveau der übrigen Schleimhaut 





erheben, bestehen aus einem ziemlich gefälsarmen Granulationsgewebe, (as 
1/,—!/,, seltener 1,00 mm, in die Tiefe reicht. Schon bei Lupenvergröfserung 
erkennt man in diesem Granulationsgewebe Andeutung kleiner Knötchen. Das 
Granulationsgewebe selbst besteht vorzugsweise aus Lymphocyten und am 
nächsten in der Zahl aus meist kleinen, teils rundlich, teils unregelmäfsig se- 
formten Zellen mit rundlichen oder ovalen, bläschenförmigen, mälsig chromatin- 
reichen Kernen. An einzelnen Stellen sieht man deutliche, gefälslose Tuberkel 
mit peripherem Lymphocytensaum, zentral gelegenen, epitheloiden Zellen und 
spärlichen Langhansschen Riesenzellen und hie und «da kleinen Nekrosen 


1) Demonstriert am IX. Kongrefs («er deutschen «dermatologischen Gesell- 


schaft. Bern 1906. 
29% 


324 Hans Wildbolz. 


Grofse Zellen, wie sie bei den typischen Fällen von Malakoplakie beschrieben 
wurden, mit verschiedenartigen Einschlüssen, extra- und intrazelluläre Pigment- 
anhäufungen sind in keinem Präparate nachweisbar. In dem Granulations- 
gewebe finden sich aber in einzelnen Herden ziemlich reichlich, in andern spär- 
licher Tuberkelbazillen und weiterhin in mäfsig zahlreichen Gruppen meist 
extrazelluläre, nur selten intrazelluläre Stäbchen vom Charakter der Coli- 
bakterien. 

In den den Plaques benachbarten Teilen der Blase erkennt man vielfach 
noch gut erhaltenes Übergangsepithel: «dann teils diffus zerstreute Lympho- 
eyten und endlich kleine Herdchen von Lymphocyten und epitheloiden Zellen. 


Gleich nach Entnahme der Blase aus der Leiche wurde nach 
reichlicher Abspülung ihrer Schleimhaut mit sterilem Wasser von 
der Oberfläche und auch aus der Tiefe von einigen der plaqueför- 
migen Herde auf Agar abgeimpft, kleine Stücke zweier Plaques 
auf Meerschweinchen verimpft. Auf dem Agar wuchsen fast in 
Reinkultur Gram-negative Stäbchen, welche sich bei genauer bakte- 
riologischer Untersuchung als der Coligruppe angehörig erwiesen- 
Sie waren in hängenden Tropfen unbeweglich, bildeten auf Agar 
grauweilse, saftig glänzende Beläge, bewirkten in Bouillon allgemeine 
Trübung. Gelatine wurde durch sie nicht verflüssigt, auf Kartoffeln 
bildeten sie bräunliche saftige Rasen, in zuckerhaltigen Nährböden 
erzeugten sie starke Gasbildung; Milch wurde zur Gerinnung ge- 
bracht. Sie gaben in Bouillonkultur sehr deutliche Indolreaktion. 

Die beiden mit Gewebestücken geimpften Meerschweinchen 
starben an Tuberkulose. 

Bei makroskopischer Betrachtung unseres Blasenpräparates 
schien die Diagnose Malakoplakie gerechtfertigt. Neben einzelnen 
miliaren, zweifelsohne tuberkulösen Knötchen am Blasenhals lagen 
in der Blasenschleimhaut zahlreiche, beetartige, gelbliche Herde 
mit injiziertem scharfem Rand, wie sie bei den charakteristischen 
Fällen von Malakoplakie beschrieben worden sind. Wider Erwarten 
erwies aber die histologische Untersuchung, dafs alle diese Plaques 
tuberkulöser Natur waren. Es fanden sich in ihnen typische Tuberkel 
und auch ziemlich zahlreiche Tuberkelbazillen. Wohl lagen neben 
letztern im Gewebe auch Gruppen von Colibazillen, denen ja even- 
tuell eine Rolle in der Bildung der Plaques zugeschrieben werden 
könnte; aber der tuberkulöse Charakter der Herde stand doch so 
im Vordergrund des histologischen Bildes, dafs die Plaques als 
tuberkulöse bezeichnet werden mufsten. 

Da in den Plaques die für die Malakoplakie als typisch gel- 
tenden grofsen Zellen mit „Einschlüssen“ fehlten, dürfen wir unser 


Plaqueförmige, tuberkulöse Cystitis. 325 


Präparat keinesfalls den Fällen von Malakoplakie beizählen, wie sie 
von v. Hansemann!, Michaelis und Gutmann?, Landsteiner 
und Stoerk?, Gierke*, Minelli® u. a. beschrieben wurden. Es 
handelt sich bei demselben vielmehr um eine plaqueförmige Tuber- 
kulose der Harnblase, wie sie zuerst von Kimla°® beobachtet worden 
ist. Besonders der eine von Kimla mitgeteilte Fall ist dem unsrigen 
ziemlich analog, Auch da fand sich bei der Sektion eine Blase, 
welche nach ihrem makroskopischen Aussehen an Malakoplakie 
denken liefs, deren Plaques aber, wie die histologische Untersuchung 
ergab, aus überwiegend kleinzelligem Granulationsgewebe mit Ein- 
schlufs von epitheloiden Zellen, aber ohne die typischen, grolsen 
Malakoplakiezellen bestand, in welchen ganze Häufchen typischer 
Tuberkelbazillen lagen. Kimla beobachtete daneben einen Fall 
von plaqueförmiger Tuberkulose der Harnblase, wo er in den Tuber- 
kelbazillen haltenden Plaques die charakteristischen grolsen Zellen 
der Malakoplakie mit Einschlüssen fand, allerdings an Zahl weit 
übertroffen durch extrazelluläre homogene und konzentrisch geschich- 
tete, hyaline Körperchen verschiedener Gröflse, welche durch eine 
faserige, grobe Masse verbunden waren, die weder Fibrin, noch 
Bindegewebssubstanz, noch Schleim war. Dieser in der Literatur 
ohne Parallele stehende Befund liefs sich nach Kimla nicht wohl 
anders deuten als durch die Annahme einer sehr weit vorgeschrittenen 
Phase der Malakoplakie mit hochgradigem Zellzerfall und schlei- 
miger Degeneration der fibrillären Grundsubstanz — einer „Mala- 
koplakie“, die aber wohl zweifelsohne hervorgerufen war durch den 
Kochschen Bazillus. Diese auffällige Beobachtung bewog Kimla 
zu verlangen, dafs jeder neue Fall von Malakoplakie auf das sorg- 
fältigste bakteriologisch untersucht werde, um zu bestimmen, ob 
nicht die Malakoplakie irgendwie zur Tuberkulose in Beziehung 
stehe. 

Wie berechtigt diese Forderung Kimlas ist, lehrt neuerdings 
der von mir mitgeteilte Fall, bei welchem sich eine makroskopisch 
scbeinbar typische Malakoplakie als Tuberkulose der Harnblase ent- 
puppte. Das häufige Zusammentreffen der als Malakoplakie be- 
zeichneten krankhaften Veränderungen in der Harnblase mit Tuber- 
kulose des Urogenitalsystems ist an sich ja schon auffällig. Da 
aufserdem einerseits die histologischen Befunde bei „typischer“ 
Malakoplakie so wenig charakteristisch sein können, dafs z. B. Minelli 
wegen der grofsen Ähnlichkeit zwischen den sogenannten epitheloiden 
Zellen im Blasentuberkel und den „grofsen Zellen“ der Malako- 


326 Hans Wildbolz. 


plakie bei schwacher Vergrölserung histologisch kaum die Differen- 
tialdiagnose zwischen Blasentuberkel und Malakoplakie stellen konnte, 
andrerseits auch in mikroskopisch scheinbar typischen Malakoplakie- 
herden Tuberkelbazillen gefunden wurden.(siehe Kimla l. c.) ist es 
sicherlich erlaubt, die Frage aufzuwerfen, ob nicht viele Fälle der 
sogenannten Malakoplakie mit Tuberkulose in einem ursprünglichen 
Zusammenhang stehen. Eine eingehende Untersuchung aller neu 
beobachteten Fälle von Malakoplakie muls darüber wohl bald Auf- 
schlufs geben. 

In den Plaques meines Präparates fanden sich, wie erwähnt, 
neben den Tuberkelbazillen in Gruppen gelegene Gram-negative 
Bakterien, die sich kulturell als Bacterium coli erwiesen. Auch 
Landsteiner und Stoerk, Minelli, Gierke beobachteten in 
malakoplakischen Herden Gram-negative Stäbchen, die sie als Bact. 
coli glaubten bezeichnen zu dürfen. Dieser relativ häufige Befund 
von Onlibazillen in den Plaques möchte eine ätiologische Bedeutung 
der Bakterien an der Plaquesbildung vermuten lassen. Aber es ist 
doch nicht zu vergessen, dafs in der erkrankten Harnblase Bact. 
coli ein häufiger Gast ist. Es wäre deshalb auch ein fast regel- 
mäflsiges, sekundäres Einwandern des Bact. coli in die durch Tuber- 
kulose oder ein sonstiges ursächliches Moment erzeugten Plaques in 
der Blasenschleimhaut nichts Auffälliges. 


Literatur. 


1. v. Hansemann, Über Malakoplakie der Harnblase. Virch. Arch. 
Bd. 173, 1903. N l 

2. Michaelis u. Gutmann. Uber Einschlüsse in Blasentmnoren. Zeit- 
schr. f. klin. Med. Bd. 47, 1902. 

3. Landsteiner u. Stoerk, Über cine eigenartige Form chronischer 
Cystitis (v. Hansemanns Malakoplakie). Beitr. z. path. Anatomie, Bd. 36. 

4. Gierke, Über Malakoplakie der Harnblase. Münch. med. Wochen- 
schrift 1905. . 

5. Minelli, Über die Malakoplakie der Harnblase. Virch. Arch. Bd. 184. 

6. Kimla, v. Hansemauns Malakoplakia vesicae urinariae und ihre Be- 
ziehungzen zur plaqneförmiren Tuberkulose der Harnblase. Virch. Arch. 
Bd. 184. 

Weitere Mitteilungen über Malakoplakie erschienen von: 

Fränkel, Über Malakoplakie der Blase. Münch. med. Wochenschr. 1903, 
S. 2162. 

Güterbock, Ein Beitrag zur Malakoplakie der Harnblase. Dissertation. 
Leipzie 1905. 

Hart, Über die Malakoplakie der Harnblase. Zeitschrift f. Krebsforschung 
IV, 8. 380. (Mir nicht zueäinelich.) 

Zangemeister, Über Malakoplakie der Harnblase. Zentralbl. f. d. 
rk, der Harn- u. Sexualoreane, Heft 9, Bd. XVII, 1806. 


dus der chirurgischen Privatklinik des verstorbenen Prof. Emil 
Burckhardt in Basel. 
—— Së 


— 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen 


der Harnorgane. 
(Bericht über 211 bakteriologisch untersuchte Fälle.) 


Von 
Dr. F. Suter. 


Privatdozent für Urologie. 


Fortsetzung aus Heft III. 


6. Verschiedenes (1 Fall von Streptokokken-Pyonephrose, 
Fälle von Gonorrhoe und Hämaturie). 


Die Tabelle 6 enthält eine Zusammenstellung von heterogenen 
Fällen. 


Im 1. Falle handelt es sich um eine nach Scharlach entstandene 
Prsonephrose mit Cystitis, deren Erreger ein die Gelatine und den 
Harnstoff nicht zersetzender Streptococcus war. 


Es folgen dann 8 Fälle von gonorrhoischer Cystitis, oder solche 
Fälle, in denen diese Ätiologie sehr wahrscheinlich war. In 
' Fällen schlofe sich die Blasenaffektion an eine Urethritis mit Aus- 
uf an, in einem Falle wurde die Gonorrhoe negiert, scheint aber 
lem Befunde nach doch sehr wahrscheinlich. In allen Fällen ent- 
hielt der Katheterurin Eiter und erwies sich kulturell steril, in 
tł Fällen wurden entweder im Katheterurin oder in den Filamenten 
des Urins Gonokokken gefunden. In den Fällen, in denen eine Be- 
handlung eingeleitet und durchgeführt werden konnte, trat Heilung 
der Cystitis ein; ein Fall wurde nicht behandelt. In 4 Fällen 
wurde die Cystoskopie gemacht, und in allen Fällen fand sich eine 
mehr oder weniger stark ausgesprochene Rötung und Lockerung 
der Schleimhaut, die in den untern Teilen der Blase viel aus- 
kesprochener war als in den obern Teilen. Für die 4 Fälle, in 
denen keine Gonokokken gefunden wurden, ist die Diagnose „gonor- 


F. Suter. 


328 


SCH 


(Zungt>JjJ) sjejqąq Zouan 'uəsom 
-Ayddg snpun,J wt 

'qa9tzt[fur quəot[ sngrip 

usdunpusmuapıag pun 

snpun, :ərdoyssols£o 


Zunjpunyagg out | | 
-O[ yDanp syAlBuy səp | 
Juny uadungnigg | | 
pun Zug ou ue ` | 


yAeuyuasepg Jodıyay í | 


























0/98 sjom ‘Janus :0061 'IX o uadeL py yas “yros | 
uapuny uonyeay Yodapıayız aıdoysogsk) əutyX[ |-tasoq uauoryyafuy E 2 
[11338 anyıny -93 u9l49149% ƏUut93 | səywWoIp təqmn4) ayas UUN :006I `X 61 sjnysay euow Į 30A IF T F 
Guntan) uauuay.ıa | 
‚NZ BUIAFSEIRJOF) Xay19 A | | 
| ur '3iuaujuuos pun qo: juogur ZJU[d uJ446l8X | | 
(ago yoıpras pun uajun Iney | -usseIg au pun | | 
-ouop Yeyuassuwı tat orp yostdoxs | JPpurmaydsıaA SumIpuvu | 
uonioduutir) '[ Aop Dia lr uəumqIV -03840 '00F ymızedey | -og oitatamn/1g0t In. . 
9juoum[tq m) ago Zuta ura zodəg |-uəsn[I$[ 'ejngsny uray | ap Iëigmuze ypu sjny | P 
114998 anyıny 'uəqo əra | -ouop) eyjezurslaa  |'zənvs ‘qna JYO Bu! POOL DI | -sny rO6I JI II HS “€ O £ 
. | 
(Zungto}) | osstujanp , 
‘(aıdoys -aQ OUUSLI9A SEMJA | 
00/0 */1 SJOA  oein 9ut9M) 20n4192) "A0otugis0od gngkO0/1un | | 
OUp/4o19u1g "Zus ulol | 349131 JI uNg ‘upyogaq | -31N pun sygegzsoIq p | 
1141938 an}myuojpmog wm pun uojuoweirg |Jodecg ones ‘aqnaz: -agr PU 90041 J urin | Meızıddmwoy "puopıoj x vi 
‘oup ‘avy uəop ut uəXWAoyxouop yora; unII yY | :CO6T `A "LI 9oudrouopD ug fans OZ g 
| [vwaou 9IIN Xu] 
| *O1M929]001I Ə3jləsuəsu|[g (9ssəzsquuə:ərN 
94094 9Ip yosrdoys | ap Dungeds) 
| -098:9 "ost yayızedey | usYy99A1A9p ur zıawy>s | 
32798192 Jydıu Ou (9319 M Dia T SJıaaıy -uəsvjg “'(9ssəzsqV |pun IQA W E MPS 
%3rssngi9A juotu oungi ` əzıny) 'Ayısod wrin 3y pun mjg opdıyynm) JommyuaaaıNn | UIH qR ‘osstujinp 
-20 "Jä me mny -Zunupiouy- -ordıc[ :yodaq seyıejg "Jones 498J015 sI4091 ‘PUII | -IQ SJAyamIaA Jayylas 5 
sdıyauuagdosgnng “our ut PETERS una Toon SH "rO0t x te "uopuguag "PE An. "GIN I 
DH GË EN 1eigdegidugtug1ggg punjəqapn ogg1g A4p əpunjətr əsəuursuvy a 





‘133V PWEN 











(IOWNL) OJ.INJamwRgH UOA OJIKI 9 
“BIJOWLIOUOSSTJJJSÄ) UOA AIR 8 tSsəzsquuƏIQ N-U9A3M03N0109414)S UOA [IB I) 'SIUIPIYƏSIIA 9 vIToqeL 


329 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 


[19345 anypny 


Tag anyıny 


[1.4938 Inn“ 


[11938 anyıny 


[1.1538 anyyny 


[1078 MNN 


[4936 auyıny 


u9JsdoxnarT 94[3Zu10 gworpdeg | 











OC "AA 


Io "(än 


-1ƏA “*uətƏəntrdi ‘mig | adyo uəsudoysols£o uəsunju[quəseiq | 
ee ygodaq wı ‘Syngq un :I061 XI 23 ` Iatoudapata JOGI IPS! 
(staoyy3aydaN) | 
"SUINDIAqUAIOIN 
Jones səp uərseyyəa uga], 
uorzyeayy 'uərəyydə 'ƏSSIUJ[VYII A 
Dap "pn jn[g godagqy | aunou yəsıdoysozs£;) ƏLINJVUI | 
= ‚yostäweyJlomumy vu" 1061 'IIIA "13 VH uaayep FT POS 
(ñun[pusuətI Vogt 
afeyof ydanp Zunfteg) iə yoo pun Aan apuy we mjg 
30.1 snyip neywiofyag | 'asstajiy pay Əyə 
sjan ando : qəsıdoyso4sí 0 -19A ULLI] IIQNIJ UOJLU . 
‘odop.ıayıy ‘008 yeyzedeyuoseIg | -OW 8 JS "uapungs | 
UOLIIINRg UY SUTI TINT S IQRA UL] :6061 'IIA Ge -əpnz JjuƏ9tu 9OYLIOUON , 
(Sunjpusyagg autoy) et Vase | 
uu snpunq mt om me Burap i 
'anguməuosuəse[q 3ə9p | -uieH pun utin aqna” 
sjaa 00/87, SunddyDorf pun ZunJgy | ea} anjelT “puwaxuos 
*uər[əouyrdiq uəuor[auds | asnyıp yosıdoysoysig -19A uodunzytids | 
uəpunş pua oda səyə 323790Ss! ‘OGI yeyizedeyuasejgg | -urg 4dəyun aəp ‘sjng | 
-33 uəyyoyouop Əuty | 3qn0493 Ziyo unn :I061 "XI Oe -saV urə ‘f/i uo oA 
(SunlH) | 
(u9yyoyouon | STNIYBISOIT "UAUOLYNLN | 
yeyuasssım uondod `I span mdg aqnıy 44919] IJ ayjueyzugmyds əyyəu 
19P UsJuBwell] uəp ‘godog səsə uraa ‘aqnay ayəs [ uta) | -A9A uəñuT,uəBrutə 338 
ur) uəyyoyouo:) əutəN | o9nustəuna)iuotə[ uta: | : COGI `JI CS sjngsny uo E uge 
| 
(Zunft>H) unn? maat Jp ‘ua i; 9sstujanp 
(UIYXOY Zunynapuy-sjoamg —_ -uəounrq uə5uj mu | -3f IJIYIWJII A *81717SLƏ 
-ouo uəzuəI mej '`)odəpia9lyu səutərtiənus jqn493 yora T unn | -041[)934/) “sl3tUujsolq 
uəp ur) HaHO1get ouro | 3qnapəs yijpıay uray] :1061 "I SI i UO E NIS soyo N 
(ñunlt9]]) sjom mdg 3901393 yydıay I On 


yodaqgsadtigd uraa sa? qna yord I UNN syysíoosygzoasn pun 
-uo Uo 37498 ‘onun | 'OSSIUJARpI g JIU A | STILIWISOLT JU VOy.LIOU 


UOYNOYOUON oypıpındg | Yq yota UL) : [OGL 1X “SI | -09 əpuasənep oiuuODN 


ze U 


























x x | 
pux uəyu Jəp uw | 
pun snpun J mt omojjıd | | 
| uz oydıomspod |-eg egdryinw yosıdoys | 
‘mjg :40dəq 'Synyq login 003 Iyızedey uəgunymıquəseg Š 
[11938 anyıny — yydıay eapməu unun :1061I `A 'O0€ royapaıa 'p T HS er a [el 
Ç | 
E _U9YOZIS[NMUYISIL) 9u19z i 
s -wa ‘uəəyydy uəyd | | 
di -10m&jod yeyuəssvu əmolltdsq | Syney ayas az 
(tur tuəlKooynə7 Buyo | apdıyzynm yəsıdoysozsío | 189270] ut "otungeugnt ` Vi 
111935 anna u 'Sımgq yars ‘Jones UN) -1061 IX IS aydıyguasapod gggi ag 99I [FI 
(wous y) | 
own], J0d1sgqyraiq 
puazyızine oylasuaseig] 
‘4931 a9p Auymıalyas 
9jeuLıou yostdoysoJsid) ussunnquese[g | Š 
[11998 anypay = ones ‘Synq ua uun :€061 "11 `9I əyaezs usyoy g MS | 29 S fer 
uənəyydy ue pewou mey | 
-uəssumr ‘uəzíooynə' | -wrəjyog ‘dAfoduayyoz | 
əuləzutə ‘mig Y0daq | aaıgyı[os yostdoysojsig uun aadıyngq ! 2 
D 111338 angy == wr ‘sonus ‘Simiq "HD : 1061 'I Op Zpugisag "ri mae mt 
2 SE m a SS T= I Be Ge Ee EE E 
Inymyu aye g swiwdgaIduərri9l1XsrI punjoquun əsejg A9p opuniag x osəuursuy Iren | 


il! | 








Zar Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 331 


rhoische Cystitis“ selbstverständlich nur sehr wahrscheinlich, da eben 
eine Gonorrhoe dem Blasenkatarrh vorausgegangen war, und da 
weder mikroskopisch in den frischen Präparaten des Urins noch 
auf den gewöhnlichen Nährböden Bakterien nachgewiesen werden 
konnten. 

Die Tabelle enthält weiter 6 Fälle von Hämaturie, bei denen 
die bakteriologische Untersuchung ein negatives Ergebnis hatte, sich 
der Urin also steril fand. Die Hämaturie stammte einmal von kleinen 
Angiomen des Nierenbeckens, viermal aus Zottenpolypen, einmal aus 
einem Karzinom der Blase. Die bakteriologischen Untersuchungen 
waren in diesen Fällen hauptsächlich in der Absicht gemacht 
worden, zu prüfen, ob in Fällen länger dauernder Blutung in den 
Harnwegen auch Bakterien in dieselben eindringen, wie dies nach 
den Auffassungen der französischen Gelehrten der Fall sein sollte. 
Diesen Fällen nach scheint das aber nicht die Regel zu sein, son- 
dern die Ausnahme, denn diesen 6 negativen Fällen gegenüber findet 
sich nur einer positiv der in der Tabelle der endogenen Üoliinfek- 
tionen als Nummer 15 angeführt ist. 


Die im Vorhergehenden mitgeteilten Untersuchungen betrafen 
folgende Fälle: 

‘8 Fälle von Tuberkulose der Harnorgane. 

35 Fälle von endogener Infektion der Harnwege mit Coli- 
bakterien. 

23 Fälle von Infektion der Blase mit Colibakterien. 

38 Fälle von Infektion der Blase mit andern Bakterien (Kokken, 
Proteus). 

22 Fälle von Mischinfektion der Blase mit Colibakterien und 
andern Bakterien. 

15 Fälle von verschiedenem. 

Die eingehende Besprechung dieser Fälle ergab, dafs dieTuber- 
kulose der Harnwege als Charakteristikum einen auf ge- 
wöhnlichen Nährböden sterilen Harn aufweist. Selten — 
unter den 78 Fällen achtmal — kommt eine sekundäre, banale 
Infektion vor, die in der Regel durch Instrumente verur- 
sacht wird. Die hämatogene, sekundäre Infektion der 
Urogenitaltuberkulose ist selten. (Unter 78 Fällen einmal 
beobachtet.) Es wurde darauf hingewiesen, dafs diese Beobachtungen 
den Ansichten entsprechen, die von Rovsing und anderen geäulsert 
werden, während die französischen Forscher im Gegenteil die sekun- 








332 F. Suter. 


däre Infektion der Nieren-Blasentuberkulose für das gewöhnliche 
halten. Bei den Tuberkulosefällen ist der Urin in der Regel sauer; 
ein Charakteristikum ist die Azidität des Urins für diese Fälle aber 
nicht, da auch die Coli- und viele Kokkeninfektionen der Harnwege 
(selbst mit harnstoffzersetzenden Kokken) einen sauren Urin aufweisen, 

Die endogene Infektion der Harnwege mit Bacterium 
coli betrifft in den meisten Fällen die Niere resp. das 
Nierenbecken. Unter den 35 Fällen war zehnmal nur das Nieren- 
becken infiziert; in 14 Fällen das Nierenbecken und die Blase, in 
einem Falle Prostata, Blase und Nierenbecken, in 6 Fällen nur die 
Blase, in einem Falle Prostata und Blase. In einem Falle handelt es 
sich um Bakteriurie, wohl renalen Ursprungs, in 2 Fällen konnte die 
Affektion nicht genauer lokalisiert werden. In allen Fällen war der 
Urin sauer, enthielt Bakterien der Coligruppe, die den Harnstoff 
nicht zersetzten, die Gelatine nicht zum Schmelzen brachten, die 
Milch koagulierten, Eiweils in wechselnder Quantität und Eiter- 
körperchen. Nur in dem Falle von Bakteriurie enthielt der Urin keine 
Eiterkörperchen, sondern nur Bakterien. 

Die endogene Infektion der Harnwege mit Colibakterien 
betrifft ähnlich wie die Tuberkulose Individuen männlichen 
und weiblichen Geschlechts in ungefähr gleicher Zahl und 
ist nicht wie die Infektion mit Kokken an eine Prädis- 
position der Harnwege gebunden. 

Die exogene Infektion der Harnwege, im speziellen der Harn- 
blase, betrifft (in meinem Material) fast nur Männer, weil bei diesen 
der komplizierte Bau der peripheren Harnwege häufig Veranlassung 
zur Entwicklung von pathologischen Zuständen und damit zu instru- 
mentellen Eingriffen gibt. Die mit dem Instrument in die Blase 
gebrachten Keime haften im allgemeinen nur dann, wenn patho- 
logische Verhältnisse vorliegen (Striktur, Prostatahypertrophie mit 
ihren Folgezuständen,. wie Residualharn, Tumoren, Fremdkörper, 
traumatische Veränderungen der Blasenschleimhaut). 

In 23 Fällen fand sich eine Cystitis, die durch Colibakterien 
veranlafst oder unterhalten war. Der Urin dieser Fälle enthielt im 
Verhältnis zur Trübung relativ wenig Eiter; die Trübung war wesent- 
lich durch Bakterien bedingt. In einem Falle fehlte der Eiter; die 
durch den Verweilkatheter veranlalste Colicystitis war in eine Coli- 
bakteriurie übergegangen. Der Urin dieser Fälle war sauer; die 
Therapie hatte der Trübung des Urins gegenüber wenig Erfolg auf- 
zuweisen. In einzelnen Fällen schlofs sich an die Colicystitis eine 
Colipyelitis an. 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 333 


In 38 Fällen war die Cystitis durch Kokken oder Proteus 
Hauser provoziert. Es wurden an diesen Fällen 48 verschiedene 
bakteriologische Befunde erhoben und gefunden : 39 Monoinfektionen, 
9 Mischinfektionen und dabei isoliert 47mal Kokken, in Staphylo- 
oder Diploform, 7 mal Streptokokken, 2mal Proteus Hauser, lmal 
Bacterium coli. Von den Kokken waren imstande, den Harnstoff 
zu zersetzen, 35, es zersetzten ihn nicht 12. Von den Streptokokken 
hatten 5 diese Eigenschaft, 2 hatten sie nicht. 


Unter den 48 Fällen mit Kokken und Proteus fanden sich elfmal 
Cystitiden, die durch Kokken provoziert waren, die nicht imstande 
waren, den Harnstoff zu zersetzen, aber doch imstande, einen cysto- 
skopisch festzustellenden Blasenkatarrh zu provozieren. In 37 Fällen 
fanden sich harnstoffzersetzende Bakterien. Nichtdestoweniger war 
in diesen Fällen der Urin nicht immer alkalisch. Da einzelne Be- 
funde doppelt erhoben wurden, verfügen wir über 39 Fälle von 
Untersuchungen mit harnstoffzersetzenden Bakterien: dabei fand sich 
der Urin 16mal sauer, 23mal alkalisch. Die therapeutischen Er- 
folge sind in diesen Fällen gute, falls nicht ein unheilbares Grund- 
übel (Karzinom) vorliegt. 


In einer weiteren Tabelle wurden 22 Fälle zusammengestellt, 
die alle länger instrumentell behandelt, zum Teil operiert wurden 
und bei denen es zu einer Mischinfektion mit Kokken und Coli- 
bakterien kam. Aus der Zusammenstellung ergibt sich, dafs bei 
langdauernder Instrumentation meist Colibakterien in die Blase ge- 
langen und dann, wenn sie einmal dort sind und eine Prädisposi- 
tion vorliegt, selten mehr aus der Blase verschwinden. Sind zu- 
gleich Kokken vorhanden, so verschwinden dieselben oft, d. h. sie 
werden durch die Behandlung beseitigt, speziell dann, wenn spezielle 
Prädispositionen, wie Fremdkörper, entfernt werden oder Brand- 
wunden von Bottinischer Operation ausheilen. In ganz seltenen 
Fällen werden Colibakterien durch Staphylokokken überwachsen. — 
Bei der Mischinfektion mit Colibakterien und harnstoffzersetzenden 
Kokken zeigt der Urin eine wechselnde Reaktion und ist noch 
seltener alkalisch, als wenn harnstoffzersetzende Kokken allein vor- 
handen sind. Von 15 Fällen hatten 9 einen sauren, 1 einen neu- 
tralen, 5 einen alkalischen Urin. Der Wechsel des bakteriologischen 
Befundes bei diesen Fällen von Mischinfektion kennzeichnet sich 
nur dann in den Symptomen, wenn zu wenig virulenten Bakterien 
stark virulente hinzukommen. 


334 F. Suter. 


Die letzte Tabelle enthält acht Fälle von gonorrhoischer Uy- 
stitis, deren Urin sich auf den gewöhnlichen Nährböden als steril 
erwies, einen Fali von Streptokokken-Pyonephrose und -Cystitis und 
sechs Fälle von Hämaturie, die einen sterilen Urin hatten, obschon 
nach den Hypothesen der französischen Forscher in solchen Fällen 
regelmäfsig eine endogene Infektion der Harnwege hätte zustande 
kommen sollen. 

Nach dieser Zusammenfassung meiner klinischen Beobachtungen 
möchte ich dieselben und die Schlüsse, die in bezug auf die Ätio- 
logie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane sich aus den- 
selben ergeben, mit der grolsen und reichhaltigen Literatur über 
diesen Gegenstand vergleichen. Es kann allerdings nicht meine Ab- 
sicht sein, diese Literatur eingehend zu besprechen; meine Be- 
obachtungen bringen für die systematische Bakteriologie der Cystitis 
nichts Neues, sondern sind wesentlich der Frage der Pathogenese der 
Cystitis gewidmet. Es sei deshalb in Kürze nur das Historische 
dieser Frage skizziert. 

Rovsing?! hat in seiner ersten, grolsen Publikation (1890) das 
Geschichtliche über die Auffassung der Pathogenese der Cystitis in 
eingehender und übersichtlicher Weise zusammengefalst. Er teilt 
in seiner Arbeit 30 bakteriologisch exakt verarbeitete eigene Fälle 
von Blasenkatarrh mit und hat damit für die uns beschäftigende 
Frage die erste breite wissenschaftliche Basis geschaffen. Er kommt 
durch seine Untersuchungen zum Ergebnis, dafs die harnstoffzer- 
setzenden Bakterien die wichtigsten Cystitiserreger sind. Zu gleicher 
Zeit erschienen die Arbeiten Clados, Albarrans, Hallesund anderer 
französischer Forscher (9—18), die zu ganz anderen Resultaten 
kamen. Sie fanden als wichtigsten Cystitiserreger ein Stabbacterium, 
das sich späterhin mit dem Bacterium coli als identisch erwies. 
Weitere Untersuchungen entdeckten dann im cystitischen Urin neue 
Bakterien, oder erhoben Befunde, die sich bald mehr mit denen 
Rovsings, bald mehr mit denen der französischen Schule deckten 
(19—31); die Verschiedenheit der Auffassung, die mit den ersten 
bahnbrechenden Arbeiten entstanden war, verschwand nicht. und 
die Kontroverse über die Bedeutung der verschiedenen Bakterien für 
die Ätiologie der Cystitis spann sich weiter. 

Wir fixieren den Standpunkt der beiden Parteien am besten 
wenn wir die zwei namhaftesten Vertreter Rovsing und Melchior 
sprechen lassen, dio beide in Vorträgen vor der British medical 
Association zu Edinburgh im Jahre 1898 ihre Ansicht formulierten. 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 335 


Rovsing®? teilt sämtliche Bakterien, die das Gebiet der 
Harnorgane beherrschen, in 2 Gruppen: 1. in solche, die den Harn- 
stoff zersetzen (Staphylococcus pyogenes aureus und albus, Proteus 
Hauser, verschiedene Diplokokken und Stabbakterien), die sowohl 
pyogen, wie auch nicht pyogen sein können, und 2. in solche, die 
unter dem Namen Bacterium coli bekannt sind und den Harnstoff 
nicht zersetzen können. Der Weg der Infektion ist für die ersteren 
meist die Harnröhre, fürdie letzteren, die aus dem Darm stammen, meist 
der Blut- oder Lymphweg. Die letzteren sind viel weniger pathogen 
als die ersteren. 

Beide Arten von Bakterien können sowohl pyogen als nicht 
pyogen sein. Das Bacterium coli verursacht, wenn es nicht pyogen 
ist, die Bakteriurie, bei welcher der Urin aufser dem Bakterien- 
gehalt nichts Abnormes aufweist und die Schleimhaut der Harnblase 
cystoskopisch normal gefunden wird. Die harnstoffzersetzenden 
nicht pyogenen Bakterien verursachen die Cystitis catarrhalis (Rov- 
sing, Literatur Nr. 1, S. 102), die sich durch alkalischen Urin 
auszeichnet, dessen Depot wesentlich aus Tripelphosphatkristallen, 
Bakterien und Epithelien besteht und nur wenige rote und weifse Blut- 
körperchen enthält. Cystoskopisch findet man die Schleimhaut ge- 
Tötet und geschwollen, und es bestehen Cystitiserscheinungen. 

Für die suppurative Entzündung kommt jeder pyogene Mikro- 
organismus in Betracht, wenn er direkt in die Schleimhaut entweder 
durch eine Kontinuitätstrennung inokuliert, oder mit dem Blutstrom 
gebracht wird. Ganz anders verhält sich die Sache, wenn wir von 
der Fähigkeit des betreffenden Mikroorganismus sprechen, die intakte 
Schleimhaut durch den Harn anzugreifen, und dieser Punkt ist es, 
der die Scheidewand bildet zwischen der Coligruppe und den ge- 
wöhnlichen eiterbildenden Bakterien. Das Bacterium coli ist, 
trotzdem es entschieden pyogen ist, nicht imstande, die intakte 
Blasenschleimhaut anzugreifen, während die pyogenen, harnstoffzer- 
setzenden Bakterien auch bei intakter Blasenschleimhaut eine suppura- 
tive Entzündung herbeiführen können, sofern es ihnen gelingt, den Harn 
alkalisch zu machen. 

Dieses Verhältnis illustrieren nach Rovsing am besten die 
Fälle von Pyelitis, denn bei, denselben ist die Blase gesund, wenn 
die Pyelitis durch Colibakterien verursacht ist, krank, wenn harn- 
stoffzersetzende Bakterien die Ursache der Nierenbeckenentzündung 
sind. Das Bacterium coli ist also nicht imstande, die intakte 
Blasenschleimhaut anzugreifen, und auch für Colipyelitis müssen nach 


336 | F. Sater. 


Rovsing in den allermeisten Fällen pathologische Zustände an- 
genommen werden, und zwar meist Nierensteine oder Beweglichkeit 
der Niere. Für die Niere selbst besitzt das pyogene Bacterium 
coli den pyogenen harnstoffzersetzenden Bakterien gegenüber nur 
geringe Pathogenität. 

Diese Ansichten Rovsings basieren auf folgendem Unter- 
suchungsmaterial (aus Rovsing, Literatur 3): 

22 Fälle von Bakteriurie, alle mit Bacterium Coli. (Dazu 
kommen 11 Fälle, von denen 8 Folgezustand von Pyelitis sind.) 

21 Fälle von Pyelitis ohne Cystitis, alle mit Bacterium 
coli (kompliziert zweimal mit Staphylokokken, einmal mit Strepto- 
kokken). 

14 Fälle von Pyelo-Cystitis, 11 Fälle mit alkalischem Urin, 
3 Fälle mit saurem Urin (einmal Bac. Typhi, zweimal Tuber- 
kulose). | 

69 Fälle von Cystitis, 6 Fälle katarrhalischer Cystitis (mit 
harnstoffzersetzenden Bakterien), 63 Fälle suppurativer Cystitis. 
(In 13 Fällen Bacterium coli und harnstofizersetzende Bakterien. 
In 37 Fällen nur harnstoffzersetzende Bakterien.) 

Total 126 Fälle, 13 Fälle mit saurem Harn: dreimal Tuberkel- 
bazillen (einmal unter Colibakterien), viermal Gonokokken, drei- 
mal Bacterium coli, zweimal Streptokokken, einmal Diplococcus 
aureus. 

In der spätern Mitteilung Rovsings®? sind es 29 Fälle von 
Coli-Pyelitis mit normaler Blase, 11 Fälle von Pyelo-Cystitis mit 
alkalischem Urin. 

120 Fälle von Cystitis, wovon 94 Fälle harnstoffzersetzende 
Bakterien aufwiesen (80mal allein und 19mal in Begleitung von 
Bacterium coli). In 7 Fällen fand sich Bacterium coli allein, in 
1+ Fällen zusammen mit andern Bakterien. 

Melchior” kommt in seinem Vortrage zu folgenden Schlüssen: 

1. Das Bacterium coli ist die häufigste Ursache der Bakteri- 
urie bei saurem Urin. 

2. Aulser durch Bacterium coli kann Bakteriurie auch z. B. 
durch harnstoffzersetzende Bakterien hervorgerufen werden. 

3. Die Bakteriurie kann renalen oder vesikalen Ursprungs sein; 
in den letzeren Fällen spielt die Prostata bisweilen eine wichtige 
Rolle als Infektionsherd. 

4. Das Bacterium coli ist die häufigste Bakterienform, welche 
bei Cystitis, Pyelitis suppurativa und Pyelo-Nephritis gefunden wird. 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 337 


5. In einer grolsen Anzahl von Fällen geht die Cystitis mit 
saurem Urin einher. 

6. Selbst harnstoffzersetzende Bakterien können Cystitis mit 
saurem Urin hervorrufen. 

7. Bei Frauen werden nicht selten spontane, durch urethrale 
Autoinfektion entstandene Colicystitiden beobachtet. 

8. Das Bacterium coli kann bei Cystitis durch andere, harn- 
stoffzersetzende Bakterien verdrängt werden. 

9. Das Bacterium coli vermag augenscheinlich spontane Cysti- 
tiden und Pyelitiden durch hämatogene Infektion von seiten des 
Darmkanals herbeizuführen. 

10. Durch Bacterium coli herbeigeführte Pyelitis wird nicht 
selten von sekundärer Cystitis begleitet. 

11. Harnstofizersetzende Bakterien können bisweilen Pyelone- 
phritis ohne jede Komplikation mit Cystitis und zwar mit saurem 
Urin verursachen. 

Diese Schlüsse Melchiors basieren auf folgenden Beobach- 
tungen. | 

1. 4 Fälle von Bakteriurie (3mal mit Bacterium coli, 1 mal 
mit Diplococcus liquefaciens und mit saurem Urin). 

2. 30 Fälle von Cystitis und 7 Fälle von Cysto-Pyelo-Ne- 
phritis. Bei den 30 Cystitisfällen fand sich 16 mal das Bacterium 
coli, 10 mal der Diplococcus ureae liquefaciens, 6 mal Proteus 
Hauser, 3 mal Staphylococcus pyogenes aureus. In den 7 Fällen 
von Cysto-Pyelo-Nephritis wurde 2 mal Bacterium coli, 5 mal ein 
harnstoffzersetzendes Bacterium gefunden. 

Von diesen Fällen waren 32 instrumentell infiziert worden, 
5 mal war die Infektion endogen entstanden. 16 von den 37 Fällen 
hatten ammoniakalischen, 21 sauren Harn. Von diesen letzteren 
wiesen 15 Bacterium coli, 1 Gonokokken, 5 harnstoffzersetzende 
Bakterien auf. | 

3. 11 Fälle, in denen die Niere primär infiziert war. In diesen 
wurden gefunden: 4 mal Tuberkelbazillen, 4 mal Colibakterien, 3 mal 
harnstoffzersetzende Bakterien. 

Ich habe hier die Ansichten Rovsings und Melchiors aus- 
führlich wiedergegeben. Es schien mir wichtig, das zu tun, da 
mein Beobachtungsmaterial mir erlaubt, in den offenen Fragen Stel- 
lung zu nehmen. 

Seit 1898 liegen noch folgende Untersuchungen über die uns 
interessierende Frage vor. 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 28 


338 F. Suter. 


Tanago° kommt auf Grund einer Untersuchungsreihe, die 
23 Fälle umfafst, zu folgendem Schlufs: Sämmtliche pyogenen 
Bakterien können Cystitis hervorrufen, wenn die Harnblase sich in 
einem gewissen Zustande von Kongestion, von Traumatismus oder 
anderer Verhältnisse, welche die Implantation begünstigen können, 
befindet. Das Bacterium coli ist häufig die Ursache von Cystitis, 
aber dis Mikrobien, welche Harnstoff zersetzen, rufen allein oder 
in Gemeinschaft mit Bacterium coli Cystitis noch häufiger hervor. 

Unter seinen 23 Fällen fand Tanago 5 mit alkalischem Urin, 
16 mit saurem und 2 mit einem Urin, der eine wechselnde Reaktion 
zeigte. In den Fällen mit saurem Urin fanden sich 8 mal harn- 
stoffzersetzende und 8 mal harnstoffnichtzersetzende Bakterien. 
Nur 3 mal fand er das Bacterium coli im sauren Urin, 7 mal fand 
er es in Gemeinschaft mit harnstoffzersetzenden Bakterien zusam- 
men. | 

Das grolse Material von Faltin?”, der 86 Fälle bakteriologisch 
untersucht hat, können wir für unsern Zweck leider nicht so ver- 
werten, wie es wünschbar wäre, da seine Mitteilungen, soweit sie mir 
zugänglich sind, nur Bericht über die gefundenen Bakterienfloren 
geben und die klinischen Befunde uns vorenthalten. Er fand: bei 
44 Patienten Streptokokken, in 37 Fällen Staphylokokken, in 40 Coli- 
bakterien, in 4 Fällen noch nicht beschriebene, nicht verflüssigende, 
Gram-negative Stäbe, 23 mal Gram-negative, die Gelatine verflüs- 
sigende Stäbe, 9 mal Proteus Hauser 10 mal Gram-positive Stäbe 
und 15 mal Tuberkulose. — Auch die zweite Publikation Faltins” 
welche im speziellen die Variation der Floren in den 86 Fällen 
bearbeitet, teilt fast nur bakteriologische Befunde mit und berück- 
sichtigt zu wenig die klinischen Verhältnisse der untersuchten Fälle. 
Wir werden auf diese wichtige Arbeit noch weiter unten zurückzu- 
kommen haben. 

Von weiteren Arbeiten, die über ein grölseres Material von 
Cystitisfällen berichten, scien erwähnt die Untersuchungen von 
Baisch””, der 40 Fälle von Cystitis, die nach gynäkologischen Oper- 
ationen aufgetreten waren, untersucht nat. Er fand 6 mal Strepto- 
kokken, 34 mal Staphylokokken und 10 mal neben Staphylo- und 
Streptokokken Bacterium coli. 

Niemals fand sich, wenn vor der Operation keine Cystitis be- 


‘ standen hatte und im Sediment Leukocyten in gröfserer Zahl vor- 


handen waren, das Bacterium coli allein vor. Hatte schon vor der 
Operation eine Colievstitis bestanden, so wurde der Urin nachher 


Zur Atioiogie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 339 


trüber, und die Zahl der Colibakterien nahm gewaltig zu. Wird 
eine postoperative Cystitis lokal behandelt und von Zeit zu Zeit 
bakteriologisch kontrolliert, so kommen fast regelmäfsig nach ca. 
l+ Tagen zu den Kokken Colibakterien, und nach 3—4 Wochen 
enthält dann der noch eitrige Urin diese Bakterien in Reinkultur. 
Nach Baisch stellt also die Coliinfektion eine sekundäre Invasion 
dar, die nach seinen Erfahrungen therapeutisch sehr gut zu beein- 
flussen ist, während das für die Kokken nicht gilt. Die Infektion 
geht von der Harnröhre aus, die bei bettlägerigen, operierten Frauen 
immer Stapbylokokken und Colibakterien enthält. 


Brown*® hat mehr als 100 Fälle von akuter Cystitis bei Frauen 
bakteriologisch untersucht und in 60°, der Fälle das Bacterium 
coli, aufserdem noch Staphylokokken, das Bacterium Pyogenes, Pro- 
teus und Typhusbazillen gefunden. Bei chronischer, nicht tuberku- 
löser Cystitis fanden sich 11 mal Colibakterien, 5 mal Streptokokken, 
4 mal steriler Urin. Bei akuter Pyelitis fand sich 1 mal Bacte- 
rium coli, 1 mal Proteus Hauser; jedesmal war die Infektion von 
der Blase aufgestiegen. Bei chronischer Pyelonephritis wurde in 50°/, 
Bacterium coli, aufserdem Staphylokokken und Proteus gefunden. 
Die tuberkulösen Pyelonephritiden waren ohne Mischinfektion. 


Räskai*! endlich hat 61 Fälle reiner unkomplizierter Cystitis 
bakteriologisch untersucht, berichtet aber nur über einen Teil der- 
selben eingehender. In der Mehrzahl der Fälle (36 mal) war der 
Urin sauer, in 21 Fällen war er alkaliseh, in 4 Fällen neutral. 
Dieses Verhalten hängt mit dem Dominieren der Colicystitis zusammen. 


Aus der Zusammenstellung dieser grölseren Arbeiten seit den 
Mitteilungen Rovsings und Melchiors ergibt sich, dafs die 
Thesen, die Melchior aufgestellt hat, im allgemeinen Bestätigung 
finden, obschon man nicht vergessen darf, dafs alle diese Unter- 
suchungsreihen, weil sie eben doch nur kleine Zahlen berücksichtigen, 
un] weil allen unvermeidbare Mängel anhaften, die von der Art 
und der Auswahl der untersuchten Fülle abhängen, sobald aus den- 
selben statistische Schlüsse gezogen werden sollen, mit grolser Vor- 
sicht zu verwerten sind. Aber nichtsdestoweniger spielt in allen 
diesen Mitteilungen das Bacterium coli eine so hervorragende Rolle, 
da's wir mit Melchior demselben für die Ätiologie der Cystitis 
eine bedeutsame Rolle beimessen müssen. Über die Bedeutung der 
harnstoflzersetzenden Kokken und Bakterien herrscht ja Einigkeit, 
bis auf die Frage, ob die Fähigkeit, Harnstoff zu zersetzen, für die 


23* 


arem 

vir Ki : Ge 

(Drama: ` Bän iR 

Ee 3 
WAR t : 








Ë= 
. 
; $ 
Wé hon ue 3k 35 
š 
vr - Ke 
š > a 
"rn den anan 
` A zm e an te a Lë, zu 
en enge _ 


I 
— - — —- — - -- 


ET. 
Se eer Ge 


Sei S KI 


_ 
A 
Š GE Q D 
da = “y e we - ZK D 
E er A sa D w ; 
dai Sege eer Ee A a ee 


` 
S r . 
q $ en 
in U 
4 `" a 
a D 
’ y ieh 
ë , ` 1,7% 
Ge 
i ei 
a 
t: E t 
4 t 
H 2: 
i ' SCH 'H 
i’ e í. A Š 
2 ` . 4. 4 h 
In ' ` 
& ai i ' t 
. d ` rr: 
s K... ` - ze 
’ ` > $ 
, d ` e LE v I 
s Fé: k 
e = N + he xb, t t 
ei vn Ë $ + Un 
NEE ER ` 
vor D u ° . 
5 go Jar t 
Gë + r’ 
v, , " a vU, ‘ * t * 
TT Wu Zi E aaa e : 
deg EE Po ja SE t j 
sbb GC . ; ) 
Ge TE 
eau‘ V # 3 
een d, 
ef We ee S 
1 e Ee Ee 
vw. Se s ` 
+ . . Kë Za 
dë `. A g VI ` 
x ` ` Ë Za + 
FR. "on Be an" - E 
w CS ... + 
E? . w . 
nr, "en. ei: 
t- gr 2 ; \ 
EN EE + z: 
` wf az š 
+ : 4 . 
5 OG u `á `. 
y E ER = 3 
KR 2 i 
` a = 
x x 2 ` "e 
Ew, $ 





340 F. Suter. 


Entstehung einer Cystitis von Bedeutung ist oder nicht. Auch hier 
steht auf der einen Seite Rovsing, für den diese Fähigkeit dem 
Bacterium die Pathogenität für die Blase verleiht und auf der andern 
Seite die Mehrzahl der andern Autoren, für welche die Eigenschaft, 
den Harnstoff zu zersetzen, etwas Nebensächliches darstellt und 
die pyogenen Eigenschaften eines Mikroorganismus für die Provo- 
kation des Blasenkatarrhs ausschlaggebend sind. 


Was nun im speziellen die Bedeutung des Bacterium coli 
anbetrifft, so haben schon die ersten französischen Untersucher seine 
Bedeutung erkannt und vielleicht überschätzt und dadurch Rovsings 
scharfe Kritik (literatur 3, S. 305 u. fi.) wachgerufen, die sich 
einerseits gegen die Methodik der Untersuchung wendet und ander- 
seits darauf hinweist, dafs ohne COystoskopie die Differentialdiagnose 
zwischen Cystitis und Pyelitis nicht zu stellen ist, und deshalb an- 
nimmt, dafs unter der Diagnose Cystitis viele Pyelitisfälle verwertet 
worden sind. Mit diesen Vorwürfen trifft er die Arbeiten Albar- 
rans und Hallös (11), Reymonds, Renaults (43), Melchiors 
(2,30), Reblaubs (22), Posner und Lewins (44), Morelles (20), 
Denys’ (28) und Trumpps (31). Rovsing räumt deshalb dem 
Bacterium coli nur die Fähigkeit ein, vom Blut aus Cystitis und 
Pyelitis zu provozieren, während er annimmt, dals vom Harn aus 
dieses Bacterium in der Regel die Niere oder die Blasenschleimhaut 
nicht angreifen kann, auch dann nicht, wenn dieselben verletzt oder 
den Wirkungen einer Retention ausgesetzt sind (Literatur 3, S. 326). 


Diesen Schlüssen Rovsings entsprechen nun die Erfahrungen, 
die Barlow an 5 Fällen von Cystitis gemacht hat, nicht. Barlow 
hat allerdings die fünf Fälle, bei denen er eine durch Colibakterien 
provozierte Cystitis annimmt, nicht cystoskopisch untersucht. Er 
konnte aber mit den von diesen Fällen gezüchteten Bakterien bei 
Kaninchen eine mikroskopisch festzustellende Entzündung der Blasen- 
schleimhaut hervorrufen, und zwar ohne die Blase durch Ligatur der 
Urethra für die Infektion empfänglich zu machen (S. 383). Rov- 
sing (loc. cit. p. 322) zitiert die Versuche Barlows, geht aber 
auf eine genauere Würdigung derselben nicht ein. 


Wie verhalten sich nun meine oben mitgeteilten Beobachtungen 
zu diesen Angaben? Wenn wir zuerst die endogenen Coliinfektionen 
berücksichtigen, so konnten wir konstatieren, dals in 14 Fällen von 
Colipyelitis 12 mal, wie sich durch das Cystoskop feststellen liefs, 
auch die Blase Veränderungen mälsigen Grades aufwies. Es ergibt 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 341 


sich also daraus, dass die mit dem Urinstrom von der Niere 
her die Blase passierenden Covlibakterien die Blasen- 
schleimhaut entzündlich verändern können. In 10 Fällen 
von Pyelitis war ja allerdings die Blase normal, aber in 14 Fällen 
war die Blase affıziert. Das stimmt zu den Barlowschen Ver- 
suchen, denn die Blase war in diesen Fällen ohne Prädisposition. 
Wenn Rovsing keine derartigen Fälle beobachtet hat, so ist das 
ein Spiel des Zufalls. 


Wenn der eine Experimentator mit Colibakterien beim Tier- 
experiment eine Cystitis hervorrufen kann und der andere nicht, und 
wenn der eine Beobachter die Pyelitis mit Cystitis kompliziert findet, 
der andere nicht, so liegt darin kein Widerspruch, sondern es ergibt 
sich daraus, dafs die Colibakterien je nach ihrer Virulenz bald 
Cystitis provozieren können, bald nicht. Barlow (loc. cit. p. 388) 
erklärt so den positiven Ausfall seiner Tierexperimente; wie ich 
glaube, mit Recht. 


Dafs die Blase auch allein auf endogenem Wege affıziert 
werden kann, scheinen sechs meiner Fälle zu beweisen und ein Fall, 
den ich während der Bearbeitung meines Materials zu beobachten 
Gelegenheit habe. 


Der 55jährige Herr war am 15. Dezember 1905 an einer 
fieberhaften Darmaffektion erkrankt mit leichtem Ikterus. Am achten 
Tage der Erkrankung stellten sich die Symptome eines Blasenkatarrhs 
ein. Als ich den Patienten am 16. Februar 1906 untersuchte, litt 
derselbe an 2stündlichen schmerzhaften Miktionen. Der Urin war 
trübe, sauer, setzte ein stark eiterhaltiges Depot und enthielt in 
Reinkultur Colibakterien. Die Blasenkapazität war 200 ccm; die 
Cystoskopie ergab eine diffus gleichmälsige intensive Rötung und 
Lockerung der Schleimhaut. Im Blasenfundus lagen sehr viele 
weilse Schleimfetzen. Als eine lokale Behandlung der Blase mit 
Borwasserspülungen und Höllensteininstillationen eingeleitet wurde, 
trat am 21. Februar unter wiederholten Schüttelfrösten mit Tem- 
peratursteigerungen bis 40,5° und Druckzchmerz der linken Nieren- 
gegend eine Pyelonephritis auf. Der Urin blieb dabei sauer, enthielt 
nur Colibakterien, aber 1°/,, Eiweils, während er vorher Eiweils 
nur in der Menge von ca. TI, Hu enthalten hatte. 

Was nun die urethralen Infektionen der Blase mit Colibakterien 
anbetrifft, so geht unzweifelhaft aus meinem Material her- 
vor, dafs eine durch Colibakterien unterhaltene, eysto- 





lr 


H ZUM i “ . 

I OR WU s? 
Wë AES Ae je ` 
RK. "Tiir t 





; l 
j u z 
H £ 
+: 
a La vi 
met, 
3 
- + 
s ! 
sf e K 
ef i t 
+ - ) 
SEA E ; 
Ba, F, / 
an | 
+ r š 
4 ` 
. S 
' e = e 
D 
' ` e i 
. Së z 
> ta 4 
e "9 
3 . l 
ns tota 
3 vi, ei 
de Dë 
5 Ze 
S UE 
2 s . 
; “ ‘i ER 
R- I “` Ir, t 
SR Ee T : 
4 £ a ger 8 
e I Së ir. : 
` K- I i Se i 
k me. I "4 a 
` I SE : S 
. oo d. ; 
k + € 8 I ; 
i E rog = I 
"dn, cal i % 
t SS -[a > ) 1: 
` : e, ! 
“ i H ` < ' 
eog > gë w 
e D 5 E? 
A SEN, > I 
Zb: T 
Ss EE ee 
e) + . 
ee s. SI | d 
` i x I 
he 3 I pit 
, ` D e > 
3 ` ` . - “x 
t à vn, a ; GES 
3 zb “ . "1 . 
. at: ' 
` d" $ 

In $ I 
a Br 
r .. 

P SÉ 
š ,... 

t + -d x e 
£ E Be 
UE e E J 

6 iia Së I e 
4 ` d ` ` 3: + A 

.“ Z . + 
se SN .. 

v yo í ee! t > t 

ih“ "e e 5 = 

z d WË vvh E bp f cr. tr 

” . f: LC vr 

x Eat e d RR D 
a i s 4 M e - x 

DAN. 3 BE => l a 

w i AI pao ge e a 

'.# . > ee e: š 
x g b oir i A 

. Al z Í SH 
Il + "Aix" a 5 
tet ah A vr Set š 

FLA q > i 
ba aa t ' 
mi g SE | 

R ve 1” b- t. ` 
vd S: ° Wr. x a.. 

. . . `. 

t. vi SN € ° í 
Sa ENEE 
' H ` ER 
e A t. RS 
AY u y, R + 
% ` I 8 5 
KE EEN T 1 Pä 
Aen A E z ` 
4 e ` .., i 
ai. 3 .. K ` $ 
Te s 

le ee 
k Er f, “oa Ren u 

GEES 2 un a 

wm . ` 
t Ga EE 
: IA - . 
. y: ` , D. 
D D : - 
. 1 .. GN, "A 
` ) a 
: l ® Gë À. "ZA 
Se D bh ere a E 
d E ` ie š 
. dé Ze KE 
j > 
NM ru A x 
Met SH t “6 
4i va ° E 
En í 1 A Ge x 
EE EE 
Är, n Z E 
SÉ V E er: 1% dt ` 
a E + t Teges 
= | L 8 -4 
° ` éi SE: nx 
[ oo t pb u 
a u ' ve ZZ r. las aa 
4 L nb a E DEA 
I: u» "eo. ç ` 
. ai Si o war (NN 
RN nr 1. ` 
Woei u 
E ud. ba: 
` O v Si ° " 
ra ' 2 à Ai D 
s i I, 
= Fee: 
x + 
` E 





342 F. Suter. 


skopisch nachweisbare Cystitis nicht allzuselten vorkommt. 
Die Frage, ob nicht zuerst Kokken in der Blase waren und die 
Pyelitis provozierten, um dann durch Colibakterien verdrängt zu 
werden, wie das Baisch°® für viele seiner Fälle feststellen konnte, 
ist allerdings für viele meiner Fälle unbeantwortet; sicher ist nur, 
dafs katarrhalische Veränderungen der Blase und Colibakterien im 
Urin zusammen oft vorkommen. Die Gröfse des Eitergehaltes des 
Urins, der bei der Mehrzahl der Fälle von Colicystitis ein ziemlich 
geringer war, ist nicht von Belang für die Frage, ob überhaupt 
Cystitis vorhanden war oder nicht, sondern lälst nur auf den Grad 
derselben schliefen. 


Meinen Beobachtungen nach muís ich mich also Melchior 
anschliefsen und dem Bacterium coli die Fähigkeit, einen Blasen- 
katarrh zu provozieren und zu unterhalten, zusprechen. 


Es vertritt ja neuerdings auch Baisch die Ansichten Rovsings. 
Baisch arbeitet aber mit einem sehr einheitlichen Material von 
postoperativ durch Katheterismus infizierten Blasen bei Frauen und 
teilt keine cystoskopischen Befunde mit. Er kommt auch zum Re- 
sultat, dafs die Colibakterien durch die Behandlung sehr leicht aus 
der Blase zu beseitigen seien, was mit den Erfahrungen, die sich 
aus meinen Fällen ergeben, nicht übereiustimmt und auch nicht 
mit der allgemeinen Erfahrung. 


Es geht aus allen diesen zum Teil sich widersprechenden Be- 
obachtungen hervor, dafs die Virulenz des Bacterium coli eine sehr 
verschiedene sein kann. Das zeigt sich nicht nur, wenn wir einen 
Fall mit dem andern vergleichen, indem das Bacterium coli das eine 
Mal eine schwere Pyelitis oder Cystitis, im andern Falle eine Bak- 
teriurie provoziert, sondern auch im Verlaufe des gleichen Falles. 
Ich führe als Beispiel den früher schon erwähnten Fall einer 73 jäh- 
rigen Frau an (der Fall ist nicht in die Tabelle aufgenommen, da 
er nach Abschlufs derselben zur Beobachtung kam), die am 12. Ja- 
nuar 1906 akut unter hohem Fieber an einer hämorrhagischen Nephro- 
Pyelo-Cystitis erkrankte. Der Urin enthielt anfänglich viel Eiter, 
viel Eiweifs und Colibakterien; vom 11. Februar ab enthielt der 
Urin bei wiederholten Untersuchungen nur Bakterien. Man darf 
also jedenfalls aus einer beschränkten Anzahl von Fällen nicht ver- 
allgemeinern, sondern mufs immer bedenken, dafs ein einzelner 
Beobachter lange nicht alle möglichen Variationen in der Virulenz 
zu Gesichte bekommen wird. 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 343 


Reine Colibakteriurien, bei denen der Urin keine Eiterkörper ent- 
hält, habe ich nicht viele beobachtet. Ein Fall ist hier angeführt; 
ein anderer Fall in Tabelle 2 Nr. 35, ein dritter in Tabelle 3 Nr. 7. 
Eine ganze Reihe weiterer Fälle steht der Bakteriurie sehr nahe, 
enthielt aber Leukocyten und wies cystoskopisch Veränderungen der 
Blasenschleimhaut auf. 


Wir gehen nun zur Frage der Reaktion des Urins über. 


Bei Tuberkulose, bei Coliinfektion, bei Gonorrhoe und bei der 
Cystitis durch Kokken, die den Harnstoff nicht zersetzen können, 
reagiert der Urin sauer. Eine Ausnahme macht unter meinen Fällen 
der Fall 45 der Tabelle 1: ein Fall reiner Tuberkulose ohne 
sekundäre Infektion mit alkalischem Urin. Ich habe den Fall nur 
einmal gesehen und kann deshalb nicht entscheiden, ob der Befund 
ein konstanter oder vorübergehender war. Ich nehme das letztere 
an und vermute, es habe sich um alimentäre Beeinflussung der 
Urinreaktion gehandelt, wie wir das bei Gesunden auch gelegentlich 
sehen. 


Spezielles Interesse hat die Reaktion des Urins in den Fällen, 
bei denen die Infektion der Blase durch harnstofizersetzende Bak- 
terien bedingt ist. 


Von den Kokken-Cystitiden sind 11 durch Harnstoff nicht zer- 
setzende Bakterien bedingt. 


In 39 Beobachtungen fanden sich harnstoffzersetzende Bakterien. 
Der Urin reagierte sauer 16, alkalisch 23 mal. In 15 Fällen von 
Mischinfektion fand sich ein harnstoffzersetzender Mikroorganismus. 
Der Urin reagierte 9 mal sauer, 1 mal neutral, 5mal alkalisch. 


Also war der Urin in 54 Fällen mit harnstoffzersetzenden Bak- 
terien 25 ma! sauer, einmal neutral, 28 mal alkalisch. 


Ráskai (loc. cit. p. 23) hat aus der Literatur eine Zusammen- 
stellung von Cystitisfällen gemacht und dieselben nach der Reaktion 
geordnet. 


Er verfügt über 377 Fälle, von denen 216 saure, 137 alka- 
lische und 24 unbestimmbare Reaktion aufwiesen. Die Fälle sind 
aber nicht nach dem bakteriologischen Befund geordnet und dem- 
nach ein Gemisch von Cystitiden mit Harnstoff nicht zersetzenden 
Bakterien und harustoffzersetzenden. Wenn ieh meine Fälle so zu- 
sammenstelle und die Tuberkulosefälle dazu nehme und ebenso die 
Colipyelitiden (derartige Fülle finden sieh auch unter Räskais 


344 F. Suter. 


Material), so habe ich sauer alkalisch neutral 
78 Tuberkulosefälle 77 1 

35 Coliinfektion (endogen)-Fälle 35 

23 Coliinfektion (exogen)-Fälle 23 

50 Kokken-Üystitiden (Beobach- 


tungen) 27 23 
22 Mischinfektionen 16 5 al 
9 Verschiedenes (achtmal Gonor- 
rhoe) 9 an 
217 Beobachtungen bei 205 Fällen. 
Urin: 187 mal 29 mal lmal 


Alle diese Zusammenstellungen haben keinen statistischen Wert. 
Sie zeigen nur, dals bei den infektiösen Erkrankungen der Harnorgane 
der Urin sehr oft sauer ist. Wenn wir speziell die Cystitis berück- 
sichtigen, so kommen wir mit Melchior zum Schlufs, dafs alka- 
lische Reaktion des Urins für die Cystitis nicht ein Erfordernis ist, 
sondern dafs Cystitis mit saurem Urin entstehen und ein- 
hergehen kann, und zwar unabhängig davon, ob die Cy- 
stitiserreger den Harnstoff zersetzen oder nicht. — 

Ich komme nun zu einem weitern Punkt, der in den Mit- 
teilungen Rovsings eine Rolle spielt: zur Cystitis catarrhalis, die 
durch harnstoffzersetzende, nicht pyogene Bakterien provoziert wird. 
In meinem kasuistischen Material findet sich ein typischer Fall 
nicht. Fall 14 der Tabelle 4 nähert sich am meisten dem von 
Rovsing aufgestellten Typus. Der Urin war bei dem 74jährigen 
Patienten, der einen Blasenstein hatte, eine Spur getrübt, sauer bis 
schwach alkalisch und enthielt viele graugelbe Bröckel, die 
aus spärlichen Eiterkörperchen, Sargdeckelkristallen und massen- 
haft Gram-positiven Staphylokkoken bestanden. Auch Fall 6 der 
gleichen Tabelle zeigt einen ähnlichen Urinbefund. Hier ist auch 
die cystoskopische Untersuchung gemacht worden, die eine leichte 
diffuse Rötung der Blasenschleimhaut mit vielen Gefälssternen ergab. 
Bei Fall 14 wurde nicht cystoskopiert. 

Wenn man aber die ganze Reihe von Fällen in Tabelle 4 durch- 
geht, so kann man eigentlich einen durchgreifenden Unterschied 
zwischen diesen Fällen und den andern nicht feststellen. Fn bezug 
auf die Symptome sind nur quantitative Differenzen vorhanden, und 
für den Urinbefund gilt dasselbe. 

Auch für den Fall, dafs unter meinen Beobachtungen sich 
einzelne Fälle vom Typus der Rovsingschen Cystitis catarrhalis 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane, 345 


gefunden hätten, könnte ich mich nicht entschliefsen, für dieselben 
eine besondere Spezies von Cystitis aufzustellen, da sich diese Fälle 
ganz natürlich den übrigen anreihen und sich zwischen der typischen 
Cystitis mit reichlich Eiter im Urin und der besprochenen Form 
mit einzelnen Eiterkörperchen eigentlich alle Übergänge finden; ganz 
gleich wie zwischen der Colipyelitis resp. Colicystitis und der Coli- 
bakteriurie. ` 


Auf die umfängliche Literatur über die Cystitis catarrhalis und 
speziell die Bakteriurie (45—66) hier einzutreten, hat keinen Wert; 
ich erinnere nur daran, dafs in gleicher Weise, wie eine Coli- 
bakteriurie und eine Colicystitis vorkommen, auch eine Typhus- 
bakteriurie und eine Typhuscystitis beschrieben sind. Über Typhus- 
bakteriurie liegen viele Beobachtungen vor (67—74). — 


Ich möchte nun noch auf den Florenwechsel bei Cystitis ein- 
treten und komme vorerst auf die früher schon erwähnte Arbeit 
von Faltin’? zurück. Schon vor Faltin hatten sich verschiedene 
Autoren mit der Frage des Wechsels des bakteriologischen Be- 
fundes bei länger dauernden und längere Zeit behandelten Cystitis- 
fällen beschäftigt. So Maxwell und Clarke% und Rovsing, und 
es war daraus der Streit über die antagonistische Stellung des Bac- 
terium coli den andern Bakterien gegenüber entstanden, der eine 
Reihe von experimentellen Arbeiten wachrief, die sich in vitro mit 
diesem Antagonismus beschäftigen (34, 35, 76, 77, 78, 79, 80, 81). 
Die verschiedenen Beobachter sind zu keinem einheitlichen Resultat 
gelangt, und man hat ihren Untersuchungen gegenüber den Eindruck, 
dafs sie für die Erklärung der Vorgänge, die wir bei der Cystitis 
beobachten, nicht viel Licht bringen, da am lebenden Menschen die 
Verhältnisse doch ganz anders liegen. 


Durch seine eingehenden Beobachtungen, deren Resultat ziem- 
lich mit dem übereinstimmt, was Maxwell und Clarke und was 
Rovsing fanden, kommt Faltin zum Schlufs, dafs der Floren- 
wechsel bei der Cystitis etwas Gewöhnliches ist, und dals, wenn 
auch alle möglichen Variationen vorkommen können und vorkommen, 
doch gewisse Typen von Kombinationen vorherrschen. Selten er- 
halten sich Monoinfektionen, meist verwandeln sie sich in Poly- 
Infektionen. Die reinen Kokkenfloren bleiben selten bestehen; sie 
verändern sich meist in Gram-negative Stäbchenfloren oder in eine 
Kombination der letztern mit Kokken, spez. Streptokokken. Dem- 
nach sind frische Infektionen häufig Monokokkeninfektionen; alte, 


346 F. Suter, 





lange behandelte Oystitisfälle gemischte Polyinfektionen mit Coli- 





e | bakterien und Kokken. Die Colibakterien findet man deshalb haupt- 
ri sächlich in alten Fällen, bei welchen sie durch die Urethra mit 
a Instrumenten in die Blase gelangen. Die Colibakterien haben eine 

er ' geringe Tendenz, die andern Bakterien aus der Blase zu verdrängen; 

' ve A Eé nur bestimmten Staphylokokken gegenüber scheint ein gewisser 

ez Antagonismus zu bestehen. Faltin hat diese Erfahrungen an 
se 86 Fällen gesammelt, die er zum Teil sehr häufig und gründlich 

I SS = untersucht hat. Zu ähnlichen Ergebnissen sind, wie wir weiter oben 
` E schon erwähnten, auch Baisch®® und Brown’ gekommen, und 
e die Befunde Bosselinis°? stimmen ebenfalls damit überein. 

D Ge? Auch meine Beobachtungen der Taballe 5 ergeben ein Resultat, 
en Sé S Gg das mit dem obigen übereinstimmt. In Fällen, die lange in- 

a ake strumentell behandelt werden, ganz besonders wenn regelmäfsig 
t Be SC? katheterisiert wird, oder wenn ein Verweilkatheter oder ein perine- 

EE | i ales Drain längere Zeit in der Blase liegt, findet sich fast regel- 
A ee mälsig das Bacterium coli, häufiger in Mischinfektion mit Kokken, 

| n seltener in Monoinfektion. Bisweilen wird die Mischinfektion unter 

s Es dem Einflufs der Behandlung, welche die Kokken beeinflulst, die 

Wine Bakterien nicht, zur Monoinfektion. 

d Ss me % Baisch (loc. cit.) hat durch bakteriologische Untersuchungen 
EE Ge nachgewiesen, dafs wenigstens bei Frauen das Colibacterium, das in 
DE ee der gesunden Urethra relativ selten ist, sich in der Urethra und 
EN: SH deren Umgebung bei bettlägerigen, operierten Frauen ganz konstant 
a E findet, und damit den Modus der Infektion aufgeklärt. Für männ- 

Ze E a. H liche Kranke sind diese Untersuchungen noch nicht gemacht worden. 
Lë EE Voraussichtlich würden sie dasselbe Resultat ergeben, da ja der In- 
er a fektionsmodus der gleiche sein muls. 

TA, E ` Wenn wir nun kurz auch für die andern Fälle auf den Weg 
ch A e £ der Infektion eintreten, so habe ich von vornherein in meinem 

ier, Ee > Material die endogen entstandenen Fälle von den exogen entstan- 
5 5 Í denen getrennt. Bei den letztern finden sich die Infektionserreger 

Be a: n in der Urethra oder werden durch die Hände oder aus der Um- 
e ` gebung in dieselbe und mit Instrumenten in die Harnblase gebracht. 
e a P Goldberg® hat sich in letzter Zeit eingehend mit diesen Fragen 

A A K a" a beschäftigt und hauptsächlich auch studiert, wie diese Infektionen 

a. Fi E zu vermeiden wären. 

E CN tH Die endogenen Infektionen bieten für die Erklärung viel mehr 

ee 2 Schwierigkeiten. Die direkte Infektion der Blase vom Rektum 

S SE SE aus ist jedenfalls eine Ausnahme und verlangt grobe Läsionen beider 

"a 

a ee a Br 

oo 

Pjer N 
wä ul 





Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 347 


Organe. Damit stimmen auch die Untersuchungen von Faltin“! 
der im Gegensatz zu Wreden®, der nur das Rektum verletzte, 
um Cystitis zu provozieren, das Rektum und die Blase schädigen 
mufste. 

Ich selbst habe bei allen Fällen von Bottinischer Operation, 
die ich zu beobachten Gelegenheit hatte, immer an die Möglichkeit 
gedacht, dafs die geschädigte Prostata direkt vom Darm aus infi- 
ziert werden könnte, aber nie etwas derartiges gesehen. In Fällen, 
in denen nach der Bottinioperation kein Katheter gebraucht wurde, 
habe ich nie einen Blasenkatarrh entstehen sehen. 

Posner und Lewin machten ähnliche Experimente mit Darm- 
verschlufs und folgerten aus denselben, dafs der Weg der Bakterien 
aus dem Darm durch Blut und Nieren in die Harnwege gehe. 
Marcus®f, van Calcar°‘ schlossen aus ähnlich ausgeführten Experi- 
menten, dafs die Bakterien den direkten Weg in die Harnwege 
nähmen. Faltin? kommt dann durch spätere Untersuchungen zum 
Resultat, dafs das Eindringen der Bakterien aus dem unterbundenen 
Darm ins Blut und auch in die Nieren ein agonaler Vorgang sei 
entgegen Posner und Cohn”. 

Wenn wir nun unsere klinischen Beobachtungen von endogener 
Infektion der Harnorgane mit Bacterium coli nach Aufschluls in 
dieser Frage durchsehen, so erhalten wir denselben nicht. Läsionen 
des Darms sind wenigstens in meinen Krankengeschichten nicht 
notiert, und chronische Obstipation spielte ebensowenig eine Haupt- 
rolle. Dafs dieselbe gelegentlich auch vorkommt, ist selbstverständ- 
lich. Aber im allgemeinen kommt die Coliinfektion der Harnwege 
bei voller Gesundheit, seltener während einer fieberhaften Erkrankung 
vor. Die letztere wird vom Arzte meist zuerst als Influenza ge- 
deutet, entspricht aber wohl entweder dem Eindringen der Bakterien 
in die Darmwand und dem Übertreten ins Blut, oder der Ablagerung 
derselben in den Nieren. 

Die Affektion trifft Männer und Frauen in ungefähr gleicher 
Zahl und eine Prädisposition der Harnwege ist nach meinen Fällen 
gewöhnlich nicht vorhanden, entgegen der Annahme Rovsings 
(loc. cit. 32, pg. 513), der glaubt, dafs in den meisten Fällen ein 
Stein im Nierenbecken, oder eine Wanderniere den Grund für das 
Haften der Infektion abgebe. 

Ich habe zum Schlusse noch die Erfahrungen, die sich in bezug 
auf Prognose und Therapie aus meinen Fällen ergeben, kurz zu- 
sammenzufassen. Aus den Tabellen über Kokkencystitiden und 


348 F. Suter. 


Colicystitiden haben wir ersehen, dafs die erstern für die Therapie 
eine gute Prognose bieten, wenn die Prädisposition der Blase, 
wenigstens wenn ein Fremdkörper, Stein oder Tumor dieselbe be- 
dingt, entfernt wird. Auch bei Prostatikern gelingt es häufig durch 
passende Behandlung den Katarrh der Blase und die Bakterien zu 
beseitigen. Nicht so bei den Coliinfektionen. Hier kann der Katarrh 
selten, die Bakterien fast nie beseitigt werden. Auch bei der 
endogenen Infektion mit Colibakterien gelingt es selten, den Katarrh 
zu beseitigen. 

Einen tödlich verlaufenden Fall von Infektion mit Colibakterien 
habe ich nicht gesehen, wohl aber schwere Pyelo-Nephritiden. 

In einem Fall (Tabelle 2, Nr. 29), der als Prostatitis begann 
und sich später mit Pyelo-Nephritis komplizierte, war die letztere 
Affektion durch wochenlang sich wiederholende Schüttelfröste ge- 
kennzeichnet, die sich späterhin während langer Zeit wiederholten. 
Das sind aber die Ausnahmen; die Colipyelitiden verlaufen gewöhn- 
lich mit hohem, aber nicht beunruhigendem Fieber, die Colicysti- 
tiden meist ohne ein solches. Gewöhnlich nehmen nach der In- 
fektion die Symptome rasch ab und können sich soweit verlieren, 
dafs nur noch die Trübung und oft der üble Geruch des Urins an 
das Vorhandensein der Infektion mahnt; aber jede Störung in den 
Harnwegen kann die Infektion wieder wachrufen: eine Gravidität, 
welche die Ureteren komprimiert (Tabelle 2, Fall 18), oder Stauung 
im Nierenbecken durch Senkung einer beweglichen Niere. 

Speziell die Stauung scheint hier wirksam zu sein, denn nach 
Rovsing bieten die Colibakterien keine Gefahr für operative Ein- 
griffe an der Niere, und nach einigen Erfahrungen, die ich zu machen 
Gelegenheit hatte und die in Übereinstimmung mit den Beobach- 
tungen Kukulas®® stehen, bilden bei Cystotomie Colibakterien keine 
Gegenindikation gegen die primäre Blasennaht. Ei 

Viel ernster ist die Prognose für die pyogenen Staphylokokken 
und Streptokokken, die ja aus dem Urin leicht zu vertreiben sind, 
aber auch schwere Affektionen verursachen können, wenn sie in die 
Niere oder in andere Gewebe hineingelangen. Ich habe mehrere 
Fälle von Staphylokokken- und einen Fall von ‚Streptokokken-Pyelo- 
nephritiden tödlich enden sehen. Rovsing warnt vor der Nephro. 
tomie bei Kokken-Pyelitis, und Kukula (loc. cit.) und ich?! haben 
darauf aufmerksam gemacht, dafs bei Kokken-Cystitis mit pyogenen 
Kokken die Blasennaht nicht voll gemacht, sondern die Blase 
drainiert werden soll. — 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 349 


Zum Schlusse möchte ich den Inhalt meiner Erfahrungen kurz 
rekapitulieren: 

1. Die tuberkulösen Affektionen der Harnwege zeichnen sich 
durch einen auf gewöhnlichen Nährböden sterilen Urin aus; sekun- 
däre Infektionen mit banalen Harnbakterien sind fast immer die 
Folge instrumenteller Infektion und relativ selten. 

2. Das Bacterium coli kann auf hämatogenem Wege und durch 
die Harnröhre in die Harnorgane gelangen. Der hämatogene Weg 
führt gewöhnlich zur Infektion der Nierenbecken, seltener zur In- 
fektion der Blase. Der urethrale Weg führt zur Infektion der Blase 
und von da aufsteigend zur Infektion der Nierenbecken. Je nach 
seiner Virulenz provoziert das Bacterium coli bald Bakteriurie, bald 
Eiterung von den leichtesten bis zu schweren Graden. 

3. Das Bacterium coli ist der in den Harnwegen am häufigsten 
vorkommende Mikroorganismus. 

4. Die Cystitis wird in den akuten Formen meist durch Kokken, 
in den chronischen meist durch Colibakterien, die mit Kokken oft 
vergesellschaftet sind, bedingt. Cystitis kano provoziert werden 
durch Kokken, die den Harnstoff nicht zersetzen; häufiger wird sie 
durch harnstoffzersetzende Kokken veranlafst. Bei der Infektion 
mit harnstoffzersetzenden Mikroben ist der Urin bald sauer, bald 
alkalisch. Die Kokken haben viel weniger Tendenz, aus der Blase 
in die oberen Harnwege vorzudringen, als die beweglichen Coli- 
bakterien; hingegen bedeutet ihr Eindringen für die Niere und den 
Organismus eine grofse Gefahr. 

5. Die Therapie beseitigt die Colibakterien nur schwer aus den 
Harnwegen, auch wenn sie nur in die Blase gelangt sind, während 
die Kokkencystitiden meist viel leichter zu heilen sind. 


Es ist mir ein Bedürfnis, an dieser Stelle meines hochverehrten 
Lehrers und Chefs, des verstorbenen Herrn Professors Emil Burck- 
hardt in Hochachtung und Dankbarkeit zu gedenken, in Erinnerung 
an das lebhafte Interesse, das er jederzeit für meine Untersuchungen 
bekundet hat. 


Literatur. 


1. Rovsing, Die Blasenentzündungen, ihre Ätiologie, Pathogenese und Be- 
handlung. Berlin 1890. 

2. Melchior, Cystite et infection urinaire. Edition française par Hallé. 
Paris 1895. 


350 F. Suter. 


3. Rovsing, Th., Klinische und experimentelle Untersuchungen über die 
infektiösen Krankheiten der Harnorgane. Berlin 1898. 

4. Casper, L., Lehrbuch der Urologie. 1903. 

5. Albarran, Les infections sccondairee dans la tuberculose urinaire. 
Annales des maladies der org. gén.-urin. Bd. XV. 1897. 

6. Pousson, Contribution à l'étude de la tuberculose renale et de son 
traitement chirurgical. Annal. des mal. des org. gen.-urin. 1905. No 11. 12. 
13. 14. 

7. Suter, F., Über Sekundärinfektion bei der Tuberkulose der Harnorrane. 
Zentralblatt f. d. Krankheiten der Harn- und Sexualorgane. Bd. XII. 1901. 

8. Rostoski, Otto, Über den bakteriziden Einfluls der Azidität des Harns 
auf die Cystitiserreger. Deutsche med. Wochenschrift 1898. Nr. 15. u. 16. 

9. Clado, Etude sur une bactérie septique de la vessie. Thèse de Paris 1887. 

10. Clado, Bull. de la soc. anat. de Paris 1887. ° 

11. Albarran ct Hallé, Note sur une bactérie pyogène ct sur son ròle 
dans l'infection urinaire. Acad. de méd. Séance du 21 VIII 1888. Semaine med. 
1888. p. 333. 

12. Albarran, Etude sur le rein des urinaires. Paris 1889. 

13. Hallé, Recherches bacterivlogiques sur un cas de fiövre urineuse. Bullet. 
de la soc. anat. 20 Oct. 1887. 

14. Gennes (dc) et Hartmann, Bull. de la Soc. anat., de Paris 1&88. 

15. Doyen, Bullet, de l’Acad. de med. 1886. 

16. Doyen, La néphrite bactérienne ascendante. Journal des connaissances 
médicales. 1888. p. 2060. 

17. Doyen, Les bactéries de l'urine. Communication faite ù l!’ Acad. de Med. 
2 Avril 1889. 

18. Tuffier et Albarran, Note sur les microorgan. des abscès urineux 
peri-urethraux. Ann. des mal. des org. gen.-urin. 1890. p. 533. 

19. Krogius, Note sur un bacille pathogène trouvé dans les urines patho- 
logiques. Compt rendus hebdom. de la Soc. de Biologie. No. 27. 1890. 

20. Morelle, Etude bactériologique sur les cystites. Extrait de la Revue 
„La Cellule“. VII, 1891, u. Etude bacteriologique. sur les cystites. 1894. 

21. Achard et Renault, Şoc. de biologie de Paris 22 XII 1891. Sem. 
méd. Déc 1891. 

22, Reblaub, Th., Bull. de la Soc. de Biol. 29 XII 1891. 

Derselbe, Des Cystites non tuberculeuses chez la femme (Etiologie 
et pathogenie). Paris (Alcan) 1892. 

293. Hans Lalter, Cystite bactérienne primitive. Ann. des mal. des org. 
gén.-urin. 1891. p. 264. 

24. Schnitzler, Zur Ätiologie der akuten Cystisis. Ztrbltt. f. Bakteriologie 
1890. Bd. VIIL Nr. 25. 

25. Derselbe, Zur Ätiologie der Cystitis Wien 1892 (Braumüller). 

36. Krogius, A., Recherches bacteriologieues sur l’infection urinaire. 
Helsingfors 1892. 

27. Guinon, Infection urinaire par le Colibacille ete Semaine méd. 1892. 
p. 508. 

28. Denys, Etudes sur les infections urinaires. Bull. de Acad. royale de 
méd. de Belgique 1892. T. VI. p. 114, 


Zur Atiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 351 


29. Barlow, Archiv für Dermatologie u. Syphilis 1893. Bd. 25. p. 355. 
Beiträge zur Ätiologie, Prophylaxe u. Therapie der Cystitis. 

30. Melchior, M., Cystite et infection urinaire. Edition francaise par N. 
Halle. Paris. Steinheil. 1895. 

Derselbe, Cystitis u. Urininfektion. Berlin, Kargar, 1897. 

3l. Trumpp, Jabrbuch für Kinderheilkunde. Bd. XLIV. 1897. p. 268. Über 
Colicystitis im Kindesalter. 

32. Rovsing, Th., Über die Ätiologie, Pathogenese u. Behandlung der 
septischen Infektionen der Harnwege. Monatsberichte der Krankheiten des Harn- 
u. Sexualapparates. Bd. III. p, 505. 1898. 

33. Melchior, M., Bericht über 52 bakteriologisch untersuchte Fälle von 
infektiöser Erkrankung des Harntraktus. Monatsber. über die Gesamtleist. a. 
d. Gebiete d. Krankheiten des Haro- u. Sexualapparates 1898. Band III. 7. 

34. Melchior, Die Bedeutung des Bacterium coli für die Pathologie der 
Harnwege. Zenttalblatt für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane 1897. 

35. Melchior, M., A propos des études cliniques et expérimentales sur les 
affections des voies urinaires de Rovsing. Ann. des mal. gén.-urin. 1898. 
Heft 4. 

36. Tanago, M. Gonzalez, Beitrag zum Studium der Harninfektion und 
insbesondere zur Ätiologie u. zur Behandlung der Cystitis. Monatsber. f. Urologie 
1900. Bd. V. pg. 203. pg. 257. 

37. Faltin, R., Kurzer Bericht über 86 bakteriologisch untersuchte Fälle 
von Infektion der Harnwcege mit besonderer Berücksichtigung der Streptokokken 
u. ciniger in pathologischem Harn früher nicht gefundener Bakterien. Zentral- 
blatt f. d. Krankh. d. Harn- u. Sexualorg. Bd. XIII. 1902. p. 130. 

38. Faltin, R., Recherches ‚bacteriologiques sur l’infection vesicale spéci- 
alement au point de vuo de la variabilité de la flore bactérienne. Ann. des mal. 
des org. gén.-urin. 1902. p. 176. 298. 

39. Baisch, Bakteriologische u. experimentelle Untersuchungen über Cysti- 
tis nach gynäkologischer Operation. Beitrag z. Geburtshilfe u. Gynäkologie. 
Bd. VIII. Heft 2. 1904. p. 297. | 

40. Brown, T., The bacteriology of Cystitis, pyelitis and pyelonephritis 
in women with a consideration of the accessory etiological factors in these 
conditions and of the various chemical' and microscopical questions involved. 
Johns Hopkins hospital Seports 1901. X. 1. u. 2. Ref. in Zentralblatt f. d. Krankh. 
d. Harn- u. Sex. org. 1905. p. 473, 

41. Ráskai, D., Monatsberichte für Urologie 1905. Bd. X. Heft 1. Unter- 
suchungen über die Ätiologie der Cystitis. 

42. Reymond, Ann. des mal. des org. gén.-urin. 1893. 

43. Renault, Thèse de Paris 1892. 

44. Posner u. Lewin, Untersuchungen über die Infektion der Harnwege. 
Zentralblatt f. d. Krankh. d. Harn- u. Sexualorgane, Bd. VII. 1896. 

45. Barlow, R., Über Bakteriurie. Arch. für klin. Med. Bå. 59. p. 345. 
1898. und Archiv für Dermatologie u. Syphitis Bd. XXV. 1893. p. 392. 
393. 638. E 

46. Melchior, Cystite et infection urinaire. Paris 1895. p. 341. 346. 

47. Krogius, Quelques remarques sur la bacteriurie. Ann. des maladies des 
org. genito-urinaires 1898. No. X11. 


359 F. Sater. 


48. Rovsing, Th., Erwiderung auf die Bemerkungen von Dr. Krogius 
über die Bakteriurie. Zentralblatt f. d. Krankh. d. Harn- und Sexualorg. 1899. 
p. 418. 

49. Escat, Bacteriurie alcaline. Pseudophosphaturie; pseudopyurie. Assol. 
france, d’urologie 1899. 

60. S6e, Marcel, Un cas de Bacteriurie. Ann. des mal. des org.-gen. urin. 
1899. No. 8. 

5l. Warburg, F., Bakteriurie. Münch. med. Wochenschr, 1899. Nr. 29. 

52. Imbert et Guyon, Note sur un cas de Bacteriurie. Ann. des mal 
des org. gen.-urin. 1899.: 

58. Predöhl, A., Über Bakteriurie. Münch. med. Wochenschr. 1899. 
Nr. 45. e 

54. Gassmann, Note sur un cas de bactériurie avoc quelques remarques 
sur le diagnostie des prostatites. Ann. des mal. des org. géu.-urin. 1900. 

55. Poscharyski, J., Zur Frage der Bakteriurie bei Kindern. Arch. f. 
Kinderheilkunde. Bd. 32. 

56. Ráskai, D., Ein Fall von Bakteriurie. Orvosi 'Hetilap. Nr. 25. 1900. 

57. Reach, Bakteriurie. Pester med.-chir. Presse. 1900. Nr. 41. 

58. Buttermilch, Beiträge zur Ätiologie, Diagnose u. Therapie der Bak- 
teriurie. Wien. klin. Rundschau 1901. Nr. 22. 

59. Rosqvist, Zwei Fälle von Bakteriurie. Finska Lükares älls Kapets 
Handlinger. Bd. 43, p. 38. Ref. i. Zentralblatt f. Chir. 1902, S. 1007. 

60. Janet, Enterite et Bacteriurie. Ann. des mal. des org.-urin. 1903, 
Nr. 8. 

61. Mellin, Beitrag zur Kenntnis der Bakteriurie bei Kindern. Jahrbuch 
für Kinderheilkunde. Bd. 8. Heft 1. 1903. 

62. Ráskai, D., A Bacteriuria. Orvosi hetilap. XVII. 149. 1908. 

63. Satterlee, G. R, A case of bacteriuria resembling Weil’s discase. 
Proceed. of the New York pathol. Soc. April 1903. 

64. Ferraunini, L., Sulla bakteriuria. Rif. med. Rom. 1903. IX. 625. 

65. Keyes, E. L., Bacteriuri.. New York Med. Journ. Aug. 27. 1904. 

66. Kornfeld, F., Zur Ätiologie und Klinik der Bakteriurie. Wiener 
med. Presse. Mr. 21—23. 1904. 

67. Neufeld, F., Bakteriurie bei Typhus und ihre praktische Bedeutung. 
Deutsche med. Wochenschrift 1900. Nr. 51. 

68. Petruschki, Über Massenausscheidung von Typhusbazillen durch den 
Urin von Typhusrekonvaleszenten usw. Zentralbl. f. Bakt. u. Parasitenkde. 
1900. Bd. 23. Heft 14. 

69. Schichhold, Über das Vorkommen von Typhusbazillen im Harn. 
Arch f. klin. Medizin Bd. 64. 

70. Appel, J, Ein Fall von Bacteriurie durch einen typhusähnlichen 
Bacillus bedingt. Zeitschrift f. Hygiene und Infektionskrankh. Bd. 38. 

71. Büsing, Ein Fall von langdauernder Ausscheidung von 'Typhusbaazillen 
mit dem Urin. Deutsche med. Wochenschr. 1902. Nr. 25. 

72. Levi, L., et Lannierre, A., Un cas de cystite & bacille d’Eberth. 
Soc. med. des höp. Dec. 1901. Ref. in Presse med. 1901. No. 101. 

73. Schüder, Zur Ausscheidung der Typhusbazillen durch den Harn. 
Deutsche med. Wochenschrift 1901. Nr. 44. 


Zur Ätiologie der infektiösen Erkrankungen der Harnorgane. 353 

74. Vincent, H., Presence du bacille d’Eberth dans l’urine des typhoidiques 
guéris. Soc. de biol. 14. März 1903. 

75. Maxwell und Clarke, The relation of bacillus coli communis to 
other organisme in the urine. Brit med. Journ. 1899. Nov. 29. 

76. Bloch, C. F, EI ludlaeg in Sporgsmaalet om „Bacterium colis Anta- 
gonisme mod de ovrige Urinbakterier“. Hospitalstidende 42. Aargang Nr. 34. 
1899. 

77. Krogius und Walgren, Note sur l'antagonisme entre les bacterium 
coli et les autres bactéries urinaires. Ann. des mal. org.-gén. urin. No. 8. 1899. 

78. Forcart, M. K., Ein Beitrag zur Frage des Antagonismus zwischen 
Bacterium coli und den harnstoffzersetzenden Bakterien. Zentralbl. f. d. 
Krankh. d. Harn- u. Sexualorg. 1903. 

79. Albarran und Hallé, Notes cliniques et expérimentales sur les affec- 
tions infectieuses des voíes urinaires. Ann. des mal. des org.-gén. urin. 1898. 
Heft 4. 

80. Rovsing, Om bacterium colis og de ammoniogene mikrobers fors- 
kellige betydning for de infectiose urinvejslidelsers opstaaen. Hospitalstidende. 
1899. p. 92. 

81. Rovsing, Bacterium colis autagonisme mod visse andre urinbakterier. 
Hospitalstidende 1899. p. 712. 1072. 

82. Bosselini, Il Bacterium coli nella cistite dell uomo. Giorn. ital. 
delle malatt. vener. e della pelle. XXXIV. p. 489. 1902. 

83. Goldberg, B., Die Verhütung der Harninfektion. Wiesbaden. Bergmann, 
1903. 

84. Faltin, R., Experimentelle Untersuchungen über die Infektion der 
Harnblase. Zentralbl. f. d. Krankh. d. Harn- u. Sexualorg. 1901. Bd. 12. pg. 401. 

85. Wreden, R., Contribution àa l'étiologie de la cystite. Arch. des sciences 
biologiques a St. Petersbourg. Tome II. Nr. 5. 1893. 

86. Marcus, Über die Resorption von Bakterien aus dem Darme. Zeitschr. 
für Heilkunde Bd. XX. 

87. Calcar, van, L’etiologie de la cystite infectieuse. Ann, des mal.‘des org. 
gen.-urin. 1899, 

88. Faltin, R., Weitere experimentelle Untersuchungen über die Infektion 
der Harnblase vom Darme aus. Zentralbl. f. d. Krankh. d. Harn- u. Sexualorg. 
Bd. 12. 1901. p. 465. 

89. Posner u. Cohn, Über die Durchgängigkeit der Darmwand für Bak- 
terien. Berliner klin, Wochenschr. 1900. Nr. 26. 

90. Kukula, Die Blasennaht beim hohen Steinschnitt auf Grund bakterio- 
logischer Untersuchungen des Harns. Arch. f. klin. Chir. Bd. 64. Heft 1901. 

91. Suter, Beitrag zur Pathologie u. Therapie der Zottenpolypen der 
Harnblase. Zentralbl. f. d. Krankh. d. Harn- u. Sexualorg. Bd. 13. p. 185. 
1902. 

92. Eingehende Bearbeitung der Literatur über die Ätiologie der Cystitis 
siehe bei Rovsing 1 u. 8, Melchior 2., Barlow 29, 45 und 

Hofmann, K. v., Die Ätiologie der Cystitis. Sammelbericht über die 
Literatur vom Jahre 1900 an. Zentralbl. für die Grenzgebiete cer Medizin und 
Chirurgie. Bd. VII. 1904. Nr. 20. 


Zeitechrift für Urologie. 1907. 24 


Literaturbericht. 


I. Harn und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Eine Vereinfachung der Hellerschen Ringprobe. Von Dr. F. 
Sachs, Charlottenburg. Und eine Notiz darüber. Von Prof. Dr. Sena- 
tor. (Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nı. 2 und 4.) 

Sachs schlägt vor, an Stelle der Unter- resp. Überschichtung bei der 
Hellerschen Ringeiweilsprobe auf einen ÖObjektträger, der über einem 
dunklen Grunde liegt, einen Tropfen Salpetersäure und nahebei einen 
Tropfen des zu untersuchenden Harns zu bringen, bei Anwesenheit von 
Eiweifs bildet sich an der Berührungsgrenze beider Flüssigkeiten ein 
dichtweilser; grauer bezw. gräulichblauer Schleier. In Nr, A der Deutschen 
medizinischen Wochenschrift weist Senator darauf hin, dafs der Vor- 
schlag von Sachs wohl eine Vereinfachung, aber keine Verbesserung dar- 
stellt, die Möglichkeit, die entstehende Trübung für Eiweifs zu halten, 
während sie in Wirklichkeit nur dem starken Harnsäuregehalt ihre Ent- 
stehung verdankt, sei bei der Sachsschen Modifikation grölser als bei der 
Hellerschen Ringprobe. Ludwig Manasse-Berlin. 


The recognition of myelopathie albumose in the urine. Von 
T. R. Bradshaw. (Brit. Med. Journ., Nov. 24. 1906.) 

B. empfiehlt zum Nachweis von Albumosen im Urin folgende Me- 
thoden als besonders verlälslich.. 1. Die Erwärmungsprobe: Die Albu- 
mosen koagulieren schon bei einer Temperatur von etwa 58°, Albumin 
erst bei etwa 70°. 2. Die Kochprobe: Der bei einer Temperatur von 
58° gebildete Niederschlag löst sich beim Kochen. 3. Reaktion mit 
Salzsäure: Durch Salzsäurezusatz wird ein dichter Niederschlag erzeugt, 
der nur in einem grofsen Überschusse dieser Säure löslich ist. 4. Die 
Salpetersäureprobe: Albumosen werden in der Kälte durch Salpetersäure 
gefällt; beim Kochen löst sich aber dieser Niederschlag. 5. Ferrocy- 
ankaliumreaktion: Albumosen werden im Albumen durch Ferrocyankalium 
und Essigsäure gefällt, doch geht der Prozefs viel langsamer und nur 
bei reichlichem Essigsäurezusatz vor sich. von Hofmann-Wien. 


Weitere Untersuchungen über alimentäre Galaktosurie. Von 
R. Bauer. (Wiener med. Wochenschr. Nr. 52. 1906.) 

Die Ergebnisse der Versuche B. s sind folgende: 

l. Patienten, die an Cirrhose der Leber leiden, scheiden nach Genuls 
von 20,0 g Galaktose zirka 1,0 g, auf 40,0 g Galaktose zirka 4,0 g und 
mehr Galaktose aus. (Gesunde Menschen und Patienten mit verschiedenen 
Krankheiten scheiden auf Zufuhr von 20,0 g Galaktose keinen oder nur 
sehr wenig Zucker aus. 

2. Bei Verabreichung von 100,0 g Galaktose wurde bei allen dar- 
auf untersuchten Menschen eine beträchtliche Galaktosurie beobachtet, am 
stärksten wieder beim Cirrhotiker. 


Haın und Stoffwechsel. — Diabetes. 355 


3. Die leichten Diabetiker verhalten sich zur Galaktose ungefähr 
wie ein gesunder Mensch. Der schwere Diabetiker zeigt nach Zufuhr 
von 40,0 g Galaktose eine Erhöhung seiner Dextrosurie, nach Genufs 
von 100,0 g eine gemischte Glykosurie, d. h. Steigerung der Dextrosurie 
neben beträchtlicher Galaktosurie. 

4. Gibt man einem gesunden Menschen statt 40,0 g Galaktose ein 
(remenge von 40,0 g Galaktose und 40,0 g Dextrose, so ändert er seine 
Zuckerausscheidung nicht. Er scheidet nach wie vor nur wenig Galak- 
tose aus. Der Diabetiker aber zeigt jetzt eine reine Dextrosurie, gerade 
so, als ob man ihm 80,0 g Dextrose oder Milchzucker verabreicht hätte. 

ö. Der Nachweis der Galaktose im Harn läfst sich einfach und 
sicher durch Eindampfen des mit Salpetersäure versetzten Harns führen. 
Die dabei gewonnene Schleimsäure ist ein sicherer Beweis für die An- 
wesenheit von Galaktose. von Hofmann-Wien. 


Untersuchungen über Acidose. I. Die Acidose beim Phlorid- 
zindiabetes des Hundes. Von Dr. Julius Baer. (Arch. f. exper. Pathol. 
u. Therap., Bd. 51, S. £71.) 

Im Gegensatz zum Menschen zeigt der Hund keine alimentäre 
Acıdose. d. h. Ausscheidung von Acetonkörpern, beim diabetischen Hunde 
aber kann eine solche unter verschiedenen Umständen eintreten. Verf. 
findet, dafs beim Phloridzindiabetes keine Aeidose auftritt, solange das 
Versuchstier sich im Stickstoffgleichgewicht befindet, trıtt aber Stickstoff- 
verlust ein, so treten auch Acetonkörper auf, selbst wenn das Tier ge- 
füttert wird oder noch über genügende Fett- und Eiweilsreste verfügt. 
Im Hunger verschwindet die Acidose, sobald kein Zucker mehr im Harne 
ausgeschieden beziehungsweise aus Körpereiweils gebildet wird. Zucker ver- 
hindert. in nicht zu grolser Menge eingeführt, die Acidose nicht, wohl aber 
den Fiweilsverlust (sekundäre Verbrennung gebildeter Acetonkörper). Es 
scheint. dals Eiweilsgruppen, die bei der Zuckerbildung aus Körpereiweils 
leicht zerfallen, aber auch schnell wieder restituiert werden, eine spezi- 
fische Bedeutung für die Verhinderung der Acıdose haben, entweder 
indem sie die Entstehung der Acetonkörper verhindern oder vielleicht 
nur deren Verbrennung begünstigen. Malfatti-Innsbruck. 


Über die Zuverlässigkeit der Zuckerproben von Hammarsten- 
Nylander und Worm-Müller. Von Eduard Pflüger. (Archiv f. die 
gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere, Bd. 116, H. 3 u. 4, 1907.) 

Bei Verfassers Untersuchungen über Diabetes wurde es notwen- 
die. die von O. Minkowski anfgestellte Behauptung zu prüfen, dafs 
vorübergehende (zslykosurien nach allen möglichen länger dauernden 
chirurgischen Operationen beobachtet werden. Da die Schlufsfolgerungen 
aus dieser Annahme von grofser Bedeutung für die Erklärung des Dia- 
betes erscheinen, hielt Verf. es für geboten, eine umfassende experimen- 
telle Prüfung auszuführen. Es kamen 144 Fälle aus den chirurgischen 
und gynäkologischen Kliniken in Bonn zur Beobachtung. Das Ergebnis 
der ganzen Untersuchung bestand darin, dafs der chirurgische Eingriff 
an sich trotz Anwendung der Narkose keine (ilvkosurie erzeugt. 

24% 


356 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Indem Verf. sich die Frage vorlegte, wie es komme, dafs so viele 
Forscher durch diese Angabe getäuscht worden sind, mulste er zunächst 
die von ihm festgestellte Tatsache in Betracht ziehen, dafs allerdings 
nach chirurgischen Eingriffen der Harn öfter viel gröfsere Mengen redu- 
zıerender Substanzen enthält, als sie beim Gesunden vorkommen. Es 
handelt sich aber nicht um Zucker. Solche Harne geben oft genug die 
Trommersche Probe mit Ausscheidung so grolser Mengen gelben. Kupfer- 
oxyduls, dafs die Flüssigkeit ganz undurchsichtig wird und allmählich 
einen gelbrötlichen Satz abscheidet. 

Indem Verf. demgemäfs zu einer kritischen Bearbeitung der ge- 
bräuchlichen Zuckerproben überging, prüfte er besonders die Reaktionen 
von Nylander-Hammarsten und von Worm-Müller. Beide Proben 
werden besonders zum Nachweise kleiner Zuckermengen gerühmt. Verf. 
gelangte zu dem Ergebnis, dafs die Reaktion von Nylander-Ham- 
marsten vollkommen unbrauchbar sei und an Zuverlässigkeit durch die 
Probe von Worm-Müller bei weitem übertroffen werde Im Gegensatz 
hiezu hatte Hammarsten früher das ausgezeichnete Verfahren von 
Worm-Müller für die ärztliche Diagnose verworfen. seine Methode 
aber — die sogen. Nylander-Hammarstensche — auf das Wärmste 
empfohlen. 

Verfassers Ausführungen haben nun Olof Hammarsten zu einer 
Entgegnung veranlalst, in der er die Ärzte vor Pflügers Methoden 
warnt. Die vorliegende Arbeit Pflügers ist die Entgegnung auf Ham- 
marstens Angriff. Pflüger hält darin sein früheres Urteil über die 
Hammarstensche Probe aufrecht und widerlegt die Beschuldigung 
Hammarstens, dafs er nicht nach Vorschrift verfahren sei. Den 
Schlufs bildet die Verteidigung der Probe von Worm-Müller. Kr. 


Vergleichende Untersuchungen über den Wert der Almen- 
schen Wismutprobe und der Worm-Müllerschen Kupferprobe 
bei der Untersuchung des Harns aufZucker. VonOlof Hammarsten. 
(Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 50, S. 36.) 

Der ablehnenden Kritik Pflügers entgegen verteidigt Verf. die 
Wismutprobe gegenüber der Worm-Müllerschen Kupferprobe (Mischen 
des erwärmten Harns mit der ebenfalls erwärmten Mischung von Lauge, 
Kupfervitriol und Seignettesalz). Diese ist nur brauchbar, wenn sie nach 
der ursprünglichen Vorschrift bei demselben Harne mit wechselnden 
Kupfermengen mehrfach wiederholt wird; sonst können Zuckerwerte bis 
zu 1,2°/, dem Nachweis entgehen. Bei Anstellung der Wismutprobe 
erhitzt Verf. je 1 cm? des Nylanderschen Reagens mit ca. 10 cm? 
Harn durch 2—5 Minuten auf freier Flamme. Dabei. zeigen sich 
Zuckergehalte von 0,1—0,05°/, mit Sicherheit an; wird das Erhitzen 
der Probe durch längeres Einstellen in ein siedendes Wasserbad bewirkt, 
so wird die Reaktion zu empfindlich und zeigt Zuckergehalte unter 
0,05°/, an, die den Arzt, als in die Breite der normalen Zuckeraus- 
scheidung fallend, nicht mehr interessieren. Die Behauptung Bech- 
holds, dafs quecksilberhaltige Harne die Wismutreaktion trotz An- 
wesenheit von Zucker nicht geben, ist, wie schon Zeidlitz nachwies, 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 357 


nicht richtig. In anderen seltenen Fällen, z. B. in einem Falle, als mit 
Hefe vergorener Harn nachträglich mit 0,1°;, Zucker versetzt wurde, 
versagt die Wismutprobe allerdings aus unbekannten Gründen. Dio 
Wismutprobe hat die Schwächen aller Reduktionsproben, aber nach der 
negativen Seite hin, d. h. áls Beweis für die Abwesenheit von Zucker, 
überragt sie die Worm-Müllersche Reaktion an Zuverlässigkeit. 


Malfattı-Innsbruck. 


Über eine Heptose im menschlichen Urin. Von Dr. F. Rosen- 
berger. (Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 49, S. 202.) 

Aus dem Harn einer Patientin mit interessanter Krankengeschichte 
(vgl. Deutsches Archiv f. klin. Medizin) konnte Verf. durch Extrahieren 
des Trockenrückstandes mit Alkohol und Fällen mit Äther oder besser 
methylalkoholischer Barytlösung eine Substanz kohlehydratartiger Natur 
erhalten, die optisch inaktiv war, ein bei 195° schmelzendes Osazon 
. lieferte, Kupfer stark reduzierte, ohne es vorher zu lösen, und keine 
Gärfähigkeit zeigte. Nach den Analysen mufste dieser Zucker als eine 
Heptose angesprochen werden, obwohl bisher die Zucker mit sieben 
Kohlenstoffatomen nur im Pflanzenreiche (Volemit und Perreit) bekannt 
waren. Immerhin hat OÖ. Simon (Archiv f. exper. Path. u. Pharm. 49, 
S. 457) aus den Eiweifskörpern der Schweineleber ein ähnliches Kolıle- 
hydrat erhalten können, und der von Leo als Laiose beschriebene sel. 
tene Zucker im Harne scheint mit der neugefundenen Zuckerart identisch 
zu sein. Es war auffallend, dafs auch die neue Heptose manchmal links- 
drehend war, so dals man annehmen muls, dafs bald die linksdrehende, 
bald die racemische Form der Heptose ausgeschieden wurde. Im Harne 
selbst machte sich die Heptose auffällig durch starke Reduktionskräaft 
ohne grleichzeitiges Kupferlösungsvermögen, Mangel der Gärungsfähigkeit 
und der Rechtsdrehung. Das Phenylheptosazon entsteht sehr schwer, 
nur nach langem (45 Minuten) Erhitzen tritt Ausscheidung auf. 

Malfatti-Innsbruck. 


Glykosurie nach Kropfschwund. \on Boldt, Berlin. (Deutsche 
med. Wochenschr. 1907, Nr. 2.) 

- Bei einem 66 Jahre alten Herrn, der von Jugend auf eine ziemlich 
umfangreiche Struma hatte, trat nach Verabreichung von Jodkali aus 
anderen Gründen ein fast völliger Schwund der Struma ein, gleichzeitig 
zeigten sich aber Anzeichen von Diabetes mit einem anfänglichen Zucker- 
gchalt von 1,2°/,. Auf eine entsprechende Diät hin ging der Zucker- 
gchalt auf 0,1°/, zurück, in dieser Höhe blieb er aber auch in der 
Zukunft bestehen. Verf. ist geneigt, das Auftreten des Zuckers auf den 
Schwund der Schilddrüse zurückzuführen, analog den Tierversuchen, die 
Falkenberg, ein Schüler von Külz, an Hunden angestellt hat, und 
analog einer Beobachtung, die Rahel Hirsch aus der II. Medizi- 
nischen Klinik in Berlin mitgeteilt hat. Hier konnte sogar durch Ver- 
abreichung von Schilddrüsentabletten bei einem Patienten, der nach Schild- 
drüsenentfernung an Glykosurie litt. ein Nachlafs der Zuckerausscheidung 
herbeigeführt werden. Ludwig Manasse- Berlin. 


338 Gonorrhoe und Komplikationen. 


il. Gonorrhoe und Komplikationen. 


Die Wirkungsweise der modernen Gonorrhoetherapie. Von 
Zieler-Breslau. (Münch. med. Wochenschr. 1907, Nr. 7.) 

Der klinische Vortrag, den Z. als derzeitiger stellvertretender Leiter 
der Neifserschen Klinik gehalten hat. gibt zunächst einen Überblick 
über die Art und Weise des Eindringens der Gonokokken und die hier- 
durch veranlafsten anatomischen Veränderungen, wie sie sieh nach den 
zahlreichen Untersuchungen von Bumm., Finger, Jadassohn u. a. 
darstellen. In der Therapie hält die Neilsersche Schule an der lokalen, 
antiseptischen Behandlung fest. Die theoretische Begründung ihrer be- 
währten Wirksamkeit hat jedoch einige Abänderungen erfahren. Nach 
wie vor ist der erste (erundsatz, alle erreichbaren Gronokokken anti- 
septisch zu vernichten und das Gewebe immer wieder derart zu beein- 
fussen, dafs es einen schlechten Nährboden für die Infektionserreger 
dar<tellt. Dagegen hat die früher eifrig erörterte Frage nach der Tiefen- 
wirkung «der verschiedenen Mittel an Bedeutung verloren, einmal da 
diese trotz vielfacher Forschungen noch sehr wenig aufgeklärt ist. dann 
aber vor allem weil es nach den heutigen Anschauungen über die Be- 
deutung von Hyperämie und Entzündung das wichtigste ist, dafs 
die verwendeten Mittel diese „Schutzmittel des Organismus“ nieht be- 
schränken. sondern befördern. Diesen Anforderungen entsprechen am 
besten die reinen, nicht adstringierenden Antiseptica, wie Protargol, 
Argonin; durch sie wird das Gewebe nicht geschädigt, die Entzündung 
unterhalten und die von den Leukveyten an die Oberfläche geförderten 
(Gonokokken werden abwetötet. Erst im späteren Verlauf des Tuppers 
kommen dann adstringierende Antiseptieca (Argent. nitric.) und endlich 
reine Adstringentia in Betracht. Brauser- München. 


Zur Verhütung der Gonorrhoe. Von Dr. Ludwig Spitzer-Wien. 
‘Allgem. Wiener med. Ztg. 1907, Nr. 2.) 

Bei dem heutigen Stande der Erkenntnis begeht nach Verf. Über- 
zeugung der Arzt, der seinen Kranken die prophylaktische Instillation 
post coitum nicht dringend betiehlt, einen Fehler. Der Gonokokkus hält 
sieh in den ersten Stunden nach dem Beischlaf bestimmt in der Fossa 
navienlarıs auf und ist hier einer Beeinflussung gut zugänglich. Es ge- 
nügt demnach, wenn äulsere Verhältnisse eine sofortige Einträufelung un- 
möglich machen, in den ersten Stunden (zirka 3 Stunden) post coitum 
das Argent. nitrieum, das Protargol, resp. Albargin einzutröpfeln. Der 
Patient ist anzuweisen. nach dem Verkehr das Glied äufserlich gründlich 
zu reinigen, dann zu urinieren und möglich bald, spätestens drei Stunden 
nach dem Beischlaf, in die klaftend gehaltene Harnröhrenmündung l bis 
2 Tropfen der gonokokkentötenden Lösung einzutröpfeln und die Öffnung 
zirka 19 Sekunden klaffend zu halten, so dafs die Wandungen der Fossa 
navicularis tatsächlich mit der Flüssigkeit in Kontakt stehen. 

Kine solche Art der Anwendung bietet eine ausgezeichnete Aus- 
sicht, die Infektion zu verhüten. Diese Behauptung des Verfassers 


Gonorrhoe und Komplikationen.’ 359 


gründet sich auf eine mehrjährige Beobachtung bei einem reichen Kranken- 
material, dessera Kontrolle ihm ermöglicht ist. s 

Tatsache ist nach Verf., dafs bei Personen, die die Einträufelung 
von 20°, Protargol durchführen, die Gonorrhoe ausbleibt und er hat in 
unzähligen Fällen beobachtet, dafs die Infektion eintrat, wenn auch nur 
ein einziges Mal aus diesem oder jenem Grunde die Einträufelung unterblieb. 

Freilich kommt es oft genug vor, dafs Männer aus Indolenz trotz 
aller Belehrung nichts anwenden. Vielfach aber kommt die Ablehnung 
nach S. daher, dafs die bisher konstruierten Modelle Unbequemlichkeiten 
an sich haben. Sie sind entweder grols und daher nicht leicht in der 
Tasche unterz u bringen oder sie sind so auffallend in ihrer äufseren Form. 
das de Patienten sie deshalb nicht bei sich tragen wollen. Es war 
daher eine notwendige Forderung, dem Apparat eine solche Form zu 
yeben, das er einem alltäglichen Gebrauchsgegenstande ähnlich wurde. 
Die erreichte Verf., indem er ihm die äufsere Form eines Crayons gab. 
den man an der Uhrkette oder Schlüsselkette tragen kann. 

Verf. gibt eine Abbildung des 'Tropfers, der bei B. Rothziegl, 
Rudllkapothe Re, Wien, erhältlich ist. Kr. 


Ein Fall von paraurethraler Gonorrhoe. Beitrag zur Histologie 
der chronischen Gonorrhoe, Von Dr. P. Cohn, Bern. (Deutsche med. 
Wochenschr. 1907, Nr. 1.) 

Der Fall von paraurethraler Gonorrhoe, der in dem vorliegenden 
Awaz mitgeteilt wird, erregt weniger Interesse wegen des klinischen 
Verlaufes als wegen des histologischen Befundes an dem von Jadas- 
‘ohn exzidierten Knoten. Der in der Mitte verlaufende Gang war mit 
ut gebildetem hohem Zıylinderepithel bekleidet, an einzelnen Stellen 
waren aber in diesem Zylinderepithel eingesprengt Herde von geschich- 
tetem Pllasterepithel, an diesen Herden waren Eiterkörperchen reichlicher 
eingelagert, als in dem Ziıylinderepithel. Gonokokken fanden sich nur 
an den Stellen, die mit Pflasterepithel ausgekleidet waren, und in den 
biterkörperchen, die zwischen dem Epithel oder frei im Lumen lagen, 
dagegen nirgends auf dem Zylinderepithel. Die Beobachtung deckt sich 
vollkommen mit dem Befunde, den Bumm schon vor längerer Zeit an 
der gonorrhoisch erkrankten Uterusschleimhaut hat erheben können, und 
de bhat deshalb ein allgemeineres Interesse. Man mufs annehmen, dals 
durch die Imvasion des Gonococcus in ein mit Zylinderepithel aus- 
gekleidetes Organ eine Metaplasie in geschichtetes Pflasterepithel zustande 
kommt, dafs dieses im weiteren Verlaufe sich in Zylinderepithel zurück- 
verwandelt, und dafs dabei nur einzelne Stellen metaplasiert bleiben, auf 
denen die Gonokokken weiter gedeihen können. Zylinderepithel ist be- 
kanntlich gegen Gonokokken an sich nicht immun, meist aber scheint 
tür das in Zıylinderepithel zurückverwandelte metaplasierte Epithel eine 

derartige Immunität, für eine gewisse Zeit wenigstens, zu bestehen. Nach 
den Beobachtungen Jadassohns ist diese Zellimmunität nur den eignen 
(ionokokken gegenüber vorhanden, da eine Superinfektion einer chronisch 
zonorrhoisch erkrankten Schleimhaut nur mit fremden, nicht mit eignen 
(tonokokken gelingt. Ludwig Manasse- Berlin. 


360 ‘Gonorrhoe und Komplikationen. 


Die Verhütung der Epididymitis bei der Behandlung der 
Gongrrhoe im akuten und subakuten Stadium. Von J. Neuberger. 
(Dermat. Zeitschr. Nr. 1 1907.) 

N. kommt zum Resultate, dafs maximale Ausdehnung der Urethra 
und prolongierte Injektionen im akuten und subakuten Stadium die 
Heilung der Gonorrhoo nicht beschleunigen und die Komplikationen. 
insbesondere die Epididymitis vermehren, dafs aber durch Injektionen 
geringer Mengen von Desinfizientien, besonders von Protargol, und 
durch kurze Einwirkungsdauer der letzteren auf die Harnröhrenschleim- 
haut die Komplikationen vermindert und die Heilung der Gonorrhoe in 
keiner Weise verzögert wird. von Hofmann-Wien. 


Zur Therapie der Gonorrhoe beim Weibe. Von Dr. Otfried 
O. Fellner, Frauenarzt in Wien. (Wiener med. Presse. Nr. 4, 1907.) 

Während man der Behandlung der Adnexerkrankungen und des 
Uterus von Seite der Gynäkologen die grölste Aufmerksamkeit schenkt, 
wird die Diagnose und Behandlung der gonorrhoischen Cystitis und ins- 
besondere der Urethritis sehr stiefmütterlich bedacht. Und doch mulfs 
man, sagt Verf., grade der Erkrankung der Urethra die gröfste Aufmerk- 
samkeit schenken, will man wirklich eine definitive Heilung der Gonorrhoe 
erzielen. Nicht allein bei der Gonorrhoe, sondern überhaupt bei dem 
Krankheitsbilde, das man allgemein Fluor albus nennt, spielt die chro- 
nische Urethritis eine sehr grofse Rolle, indem die nichtbehandelte 
Urethra sehr häufig den Schlupfwinkel für die Bakterien abgibt, aus 
welchem stets neue Infektionen, sogenannte Rezidiven, hervorgehen, ein 
so häufiges Vorkommnis, dafs es sehr viele Arzte gibt, welche den Fluor 
für direkt unheilbar halten. Es ist aber nach Verf. jeder Fluor fast 
nach jeder Methode heilbar, wenn man nur der Urethra samt ihren 
Gängen und, was am meisten übersehen wird, dem Mastdarm seine Auf- 
merksamkeit zuwendet. 

Dafs die Urethra eine grolse Redeutung haben mufs, ergibt schon 
die theoretische Erwägung. Denn die Urethra erkrankt bei der Gonor- 
rhoe in der Mehrzahl der Fälle, nach Fabry, Welander, Brünschke, 
Lutschny in 89—90°/,, ebenso auch nach Verf. Untersuchungen. Diese 
Urethritis wird zumeist nicht behandelt, denn sie macht nur geringe oder 
gar keine Beschwerden, und die Patientin sucht den Gynäkologen ge- 
wöhnlich erst auf, wenn Adnexerkrankungen vorliegen, oder wenn sie 
von ihrem Fluor stark geplagt wird. Zu der Zeit fehlen alle subjek- 
tiven Erscheinungen der Urethritis, es wird daher der Urethra keine 
Aufmerksamkeit geschenkt, und man nimmt die Urethritis aus obigen 
Gründen als geheilt oder nie dageweson an, insbesondere auch deshalb, 
weil wir keine geeignete Methode haben, um die chronische Urethritis 
zu diagnostizieren. Ferner kann bei der grofsen Nähe der mit mannig- 
fachen Mikroorganismen behafteten Vulva und Vagina einerseits und der 
Urethra andrerseits schon von vornherein eine Keimfreiheit der Uretbra 
nicht erwartet werden. Tatsächlich fand von Gavronsky bei gesunden 
Frauen in 24°, der Fälle in der Harnröhre Mikroorganismen und Pilz. 
wenn er die Urethralmündung desinfizierte, in 40° ,. wenn er sie nicht 


Blase. 361 


desinfizierte, in 56°, der Fälle Mikroorganismen, in 36°, Streptokokken. 
Noch gröfser muls natürlich die Keimzahl sein, wenn es sich um einen 
richtigen Fluor handelt, so dafs F. der Ansicht ist, dafs bei jedem 
stärkeren Fluor die Urethra mitbeteiligt sein muls. 

Verf. erörtert eingehend, wie man zu einer richtigen Diagnose der 
chronischen Urethritis gelangt und bespricht zum Schlusse die Behand- 
lungsmethode, die sich ihm bei der Urethritis recht gut bewährt hat. 

Kr. 


Über extraperitoneale Schufsverletzungen der Harnblase. Von 
M. Margolin. (Russki Wratsch 1906, No. 48.) 

Verfasser berichtet über 4 Fälle von Schufsverletzung der Harnblase, 
die er während des Östasiatischen Krieges zu beobachten Gelegenheit 
hatte. In dem einen Falle handelte es sich um eine intraperitoneale 
Verletzung der Harnblase .mit Zertrümmerung des Kreuzbeines und ge- 
waltiger Verletzung der Gedärme: hier trat der Tod unmittelbar nach 
der Laparotomie ein, die die Hoffnungslosigkeit des Falles ergab. In 
den übrigen 3 Fällen handelte es sich um extraperitoneale Verletzungen 
der Blase: von diesen Patienten befinden sich zwei augenblicklich auf 
dem Wege zur Besserung, der dritte starb. Von klinischem Interesse 
sind natürlich nur die Fälle von extraperitonealer Verletzung, die Ver- 
faser auch ausführlich beschreibt. 

In dem 1. Falle handelte es sich um einen durch eine Schrapnell- 
kuzel verletzten Kapitän, der ın das Feldlazarett am 3. Tage nach der 
erlittenen Verletzung eingeliefert wurde. Die Besichtigung ergab zwei 
penetrierende Verletzungen des Abdomens, wobei sich zwei Öffnungen in 
der Glutealgegend und zwei in der Bauchwand zwischen Nabel und 
Nymphyse befanden. In einer der vorderen Öffnungen wurde ein Drain- 
robr eingeführt, durch welches Harn flofs. Temperatur etwas über 37. 
(resichtsfarbe erdfahl. Harnentleerung erschwert. Verfasser eröffnete weit 
die Abdominal-Wundöffnungen und fand, dafs die Gewebe bis dicht zur 
Harnblase phlegmonös infiltriert waren und septischen Geruch verbreiteten. 
Einführung eines Drainrohres und Tamponade. Katheter à demeure. Bei 
(Gelegenheit eines späteren Verbandwechsels wurde die Wunde wegen 
erfolgter weiterer Ausbreitung der Phlegmone noch mehr erweitert, aber 
trotzdem trat ein Stillstand des septischen Prozesses nicht ein, und der 
Patient starb am 7. Tage nach der Einlieferung in das Lazarett. Eine 
Sektion fand nicht statt. — In dem zweiten Falle handelte es sich um 
eine gleichartige Verletzung, nur wurde der Patient einen Tag früher in 
das Lazarett eingeliefert. Ungefäbr in der Mitte zwischen Nabel und 
Symphyse sah man auf der vorderen Bauchwand, etwas links von der 
Mittellinie, eine Wunde, aus deren Öffnung Harn tofs. Eine Ausgangs- 
öffnung war nicht vorhanden. Temperatur 37—35. Harnentleerung er- 
schwert. Anamnestisch wurde festgestellt, dafs der Patient bald nach 
der Verletzung blutigen Harn entleert hatte; auf dem Transport nach 
dem Lazarett wurde die Harnblase mittelst Katheters entleert. — Weite 


rap S a 
ç d WÉI 
i ` .. z 
= ra z ; ` 
i +> £ , È ` A . “ 
KE A < ` ‚2 
' “< ` LA š 
DN Li Ëer EE 
` SÉ AC a 5 5 
-y Ven . 4 A 3 a +f 
F oan oa A 
i së Ets : 
ei . i d ` d u: 
or R a Zi Kr , A ' 
arg t r 
sf i a H "un s g 
RT Ce , a ER er 
! s$.- PATE d a : . 
` ` 1 , : : 
a" E Ze 8 4 

+ ` d Ir o. 

k Le Ae ' Gë 
vi > ar SE 

A. EE t wo Vie 
Rhin, A. , 
GE e Anu 
wpis kh M ew 
vr D RSR E, A 

"get u. ... 

Sg EI Es bh ` 
(SE vi SCH S 
I "a K ` l 
ar e à b 1 

i an arr MEIG 
š , Die: e Se s i 
+ rer > . °. 

. rk. ` ` 1 
rare Dee 
SC pee aor < , A ` us ç: 

` "A, j ua f ° a : 
EE WC 
TE z WE la ` 
t x KW é A dée 
e d ‚ir è 
x. 2 rn Ce 
"on N ` oi 1 
a’ a Kék A S x ne 
r IN É 
ne! S St - 

Mr Kë tee a HR 

AN "e a SE ` ai z 

yo KR EC e 

e E KI a c S e ; . 
a Wi - |! x 4 
s l aP e Nei, 
EE 
wii t 5 KA e E 
NR a "e éch "zt i 
ien "SA TW 
. ` Man N sby = 
ers: ee Wa 
SE ze Sg 431. Ce I 

.`. 4 . oi D 
Ç B... xL va 

IT 

Hre CU K aa: 
. .. 4 2 Mn 
ee "Dat , . ç 
Ae" VI WW K 
R ee zÄ ` v! A 
Ne trii re Son 
$ > . rrd D ys 
Aen ge Ae .. 
a sei. Een vie og: ` 
5 WE GH es x `. t 
: ° š e > 
` S Wi D ° 
d 3 
E 
Lë SA I 
ni Se Y 
a SEN 
Val wire ` 


ae 


si A 
y 

t 

`: 

1 

i 

“u 

` 

. u 
f 





SC ët EEN. "e 


+ 


362 Blase. 


Eröffnung des Schulskanals.. Gewebe zwar phlegmonös infiltriert, aber in 
weit geringerem Grade als im vorstehenden Falle. Einführung eines 
Drainrohres, Tamponade und Katheter à demeure. Bei der Sonden- 
untersuchung hatte man den Eindruck, als ob man auf die Kugel stolse; 
die Extraktionsversuche hatten jedoch keinen Erfolg. Die Temperatur 
kehrte bald zur Norm zurück; die Wunde begann sich zu reinigen. 
Postoperativer Verlauf durchaus günstig. Ungefähr nach einem Monat 
war nur noch ein schmaler Fistelgang vorhanden, und der Patient urinierte 
spontan ziemlich reichlich, während das Sekret nach Harn nicht roch. — 
Im dritten Falle handelte es sich um eine penetrierende Schufswunde 
des Abdomens (Gewehrkugel). Auch in diesem Falle erfolgte die Ein- 
lieferung des Verletzten erst am dritten Tage nach der erlittenen Ver- 
letzung. Die Eingangsöffnung liegt ungefähr in der Mitte zwischen Nabel 
und Symphyse und ist mit einer Borke bedeckt; die Ausgangsöffnung 
liegt rechts vom rechten Rand des Kreuzbeines etwas oberhalb des 
Afters. Am unteren Teil des Abdomens fühlt man oberhalb und links 
von der Symphyse ein nicht besonders schmerzhaftes Infiltrat. Tempe- 
ratur leicht gesteigert. Harnentleerung erschwert und etwas schmerzhaft. 

Der Verband war trocken, jedoch erklärte der Arzt, dafs unterwegs ein 
Verbandwechsel vorgenommen worden und dafs der entfernte Ver- 
band von Harn durchnäfst gewesen sei. Der Patient vermag sich zu 
erinnern, dals er vor der Verletzung lange nicht uriniert, nach der Ver- 
letzung unter Schmerzen blutigen Harn entleert hatte. Unmittelbar nach 
der Verletzung hatte der Verletzte über 3km zu Fufs zurückgelegt. Da 
die Diagnose auf Verletzung der Harnblase nicht mit absoluter Sicher- 
heit gestellt werden konnte, das subjektive Befinden des Patienten eim 
gutes war, und die Wundöffnung geschlossen blieb, entschied man sich. 
vorläufig abzuwarten und sich auf die Einführung eines Katheters a de- 
meure zu beschränken. Nach ca. einem Monat traten in dem Zustand 
des Patienten Symptome ein, die die Ausführung der Operation als not- 
wendig erscheinen liefsen. Inzision in der Mittellinie. Nach Durch- 
schneidung der Haut und der Aponeurose spritzte Flüssigkeit hervor, 
und zwar zunächst blutiger Harn in grolser Quantität und dann Eiter. 
Das Bauchfell war in grofser Ausdehnung abgelöst. Der in die Harn- 
blase eingeführte Katheter kam zur Wunde hinaus und liefs am Boden 
der Blase eine Öffnung mit unebenen Rändern erblicken, welche einen 
Finger passieren lies. Tamponade. —- Die Wunde begann sich gut zu 
reinigen. Die Beimischung von Blut und Eiter hat sich im Harn be- 
deutend verringert, und die Tampons rochen bald nicht mehr nach Harn. 
Die Temperatur wurde wieder normal. Nach wie vor Katheter à demeure, 
wobei der Katheter ab und zu für einige Stunden entfernt wurde. Der 
üble Ammoniakgeruch des Harns verschwand nicht vollständig; ca. 10 Tage 
nach der Operation begannen am Katheter sich Salzpartikelchen nieder- 
zuschlagen, und zugleich stellten sich ziemlich häufige Blasenkrämpfe ein. 
Der Katheter & demeure wurde entfernt und mit Ausspülungen der Blase 
begonnen (zunächst mit TL, Ti, Salizylsäurelösung, und dann ab und zu 
mit 0,5—1,0°/ iger Höllensteinlösung). Bei der ersten Ausspülung, bei 
der nicht ganz 100 g Flüssigkeit unter schwachem Druck injiziert wurden, 


Blase. 363 


zeiste sich die Flüssigkeit auch in der Wunde: bei den folgenden Aus- 
spülungen wurden auf einmal nur 30,0 g Flüssigkeit injiziert (mehr 
konnten wegen der Schmerzen nicht injiziert werden), wobei sich in der 
Wunde keine Flüssigkeit zeigte. Die Cystitiserscheinungen haben nach- 
velasen. und die Wunde granulierte gut. Nach ca. 2 Monaten ver- 
schwanden die Cystitiserscheinungen vollständig, und der Patient entleerte 
spontan große Harnmengen. Von der Wunde ist nur eine schmale Fistel 
zurückgeblieben. Nach einiger Zeit wurde der Patient nach Charbin 
tran»portiert, und dort stellte man bald im Sekret der Fistel Harn fest. 
Später schlols sich die Fistel von selbst. Der Patient wurde später 
nach Ruf-land transportiert und in Petersburg in der Klinik des Prof. 
S. P. v. Fedoroff einer röntgenoskopischen und cystoskopischen Unter- 
suchung unterzogen, wobei man innerhalb der Blase die Kugel entdeckte. 
Dies wurde auf operativer Wege entfernt, worauf vollständige Genesung 


eintrat. M. Lubowsky-Berlin-Wilmersdorf. 


Beitrag zur Kasuistik der kombinierten Schufsverletzungen 


des Darmes und der Harnblase. Von Dr. B. K. Finkelstein, (Prak- 
titscheski Wratsch 1906, No. 51.) 


Verf. berichtet über zwei interessante Fälle aus Batum, einer Stadt, 
wo recht häufig geschossen wird, und wo Schulsverletzungen des Ab- 
domens m einem wirklich auffallenden Verhältnis (1:4) der Gesamt- 
frequenz des Krankenhauses vorkommen. | 

Im ersten Falle handelte es sich um einen 32jährigen Patienten, 
dem 1:2 Stunden vor der Aufnahme in das Krankenhaus eine Schuls- 
verletzung des Abdomens mittelst Revolvers beigebracht worden war. 
Die Besichtigung ergab: Eingangsöffnung fünf Querfingerbreiten unter- 
hall, des Nahels am Rande des rechten M. rectus abdominis. Ausgangs- 
ofnung m der linken Glutäalfalte. Durch den eingeführten Katheter 
entleerte sich aus der Blase reines Blut. Sofort Laparotomie in Mor- 
le hloroformnarkose. Inzision in der Mittellinie vom Nabel bis zur 
Symphyse. In der Bauchhöhle flüssiges Blut in bedeutender Quantität. 
[m lenm fand man jin einer Entfernung von 40 cm von der Valvula 
Bauhini drei Ofnungen von je 1 em im Durchschnitt; die Öffnungen 
laven ın einer Entfernung von 5—6 cm voneinander. und zwar an dem 
der no des Mesenteriums entgegengesetzten Rande. Darm leer: 
a tritt kein Blut hervor, weil sie durch die vorgestülpte 

schlossen sind. Naht nach Czerny-Lembert. Auf dem 

0 Blinddarm fand man gleichfalls zwei Öffnungen. die in 
ae geschlossen wurden. Hierauf wurde der Patient ın 
urgsche Lage zur Besichtigung der Harnblase gebracht. Auf 
ee Wand fand man rechts von der Mittellinie eine 
Ge ee EN t. Der Patient überstand die Operation gut. Ub- 
a le Operation. Katheter à demeure. Aseptischer Ver- 
e GC gut. Im Harn Sea wende Denn von 
E w ging durch den Mastdarm ein Teil des Harns 
a n ab. Die digitale Untersuchung der Mastdarmhöhle er- 
gab Ó cm oberhall, des Afters eine Öffnung, welche nach der Harnblase 


ef et 
REN 


364 Blase. 


führte. Bald entleerte sich der gesamte Harn durch den Mastdarm. Hoch- 
gradige cystitische Erscheinungen. Am 14. Tage nach der ersten Ope- 
ration wurde die Sectio externa zum Zwecke der Drainage der Harnblase 
ausgeführt und der Mastdarm geschlossen. Ununterbrochen Katheter ä 
demeure. Tägliche Ausspülungen der Blase. Die Wunde wurde von 
guten (ranulationen ausgefüllt. Reichliche Absonderung aus der Wunde. 
Bald zeigte sich auf ihr diphtherischer Belag. Der Patient fiebert. Harn 
trübe trotz der Ausspülungen. Temperatur ab und zu gesteigert. In 
der Richtung zum Blinddarm befindet sich ein nicht verheilender und 
stark eiternder Fistelgang. Täglich Verbandwechsel und Wannenbäder. 
Perinealwunde verheilt. Infolge der häufigen Katheterisationen bildete 
sich eine Verdickung dem rechten Samenstrange entlang. Vollständige 
Verheilung der Fistel erst 7 Monate nach der Operation. Hierauf Ent- 
lassung mit schwach ausgesprochenem Blasenkatarrh. — In diesem Falle 
dürfte die Kugel beide Wände des Blinddarmes, an drei Stellen das Ileum 
durchschossen, durch die Bauchhöhle in die Harnblase gelangt und dann 
extraperitoneal durch die hintere Blasenwand und den Mastdarm in die 
(Glutäalmuskeln eingedrungen und bis zur linken Glutäalspalte vorge- 
drungen sein. 

Im zweiten Falle handelte es sich gleichfalls um eine Schulsver- 
letzung des Abdomens mittelst Revolvers, jedoch mit dem Unterschiede, 
dafs der Patient hier erst 36 Stunden nach der Verletzung in das 
Krankenhaus eingeliefert wurde. Im Harn Blut. Deutliche Erscheinungen 
von diffuser Peritonitis. Eingangsöffnung drei Querfingerbreiten oberhalb 
der Symphyse an der Mittellinie. Operation in Chloroformnarkose. 
Schnitt durch die Wunde. Aus der Bauchhöhle entleerte sich ca. drei 
(las voll übelriechende Flüssigkeit. Darmschlingen miteinander verlötet 
und mit fibrinös-eiterigem Belage bedeckt. Auf der Dünndarmschlinge. 
die der Wunde am nächsten lag, fand man zwei nahe beieinanderliegende 
Wunden. Auf der Blasenspitze fand man eine Öffnung. Naht. Tampo- 
nade. Wunde bleibt offen. Salzlösung subkutan. Aseptischer Verband. 
Nach 24 Stunden Tod an Herzlähmung. Keine Sektion. Infolgedessen 
blieben Kugelgang und Kugellage unaufgeklärt. 

Die beiden Fälle bestätigen die allgemeine These, dafs Schufsver- 
letzungen des Abdomens, sobald es die äufseren Verhältnisse gestatten, 
sofort operiert werden müssen. M. Lubowskiı. 


Traumatic recto vesical. fistula. Von H. T. Mursell. (Brit 
Med. Journ,, Jan. 19. 1907.) 

Bei dem 30 jährigen Patienten hatte sich im Anschluls an eine 
Pfählungsverletzung eine Rektovesikalfistel entwickelt. M. legte dieselbe 
vom Perineum aus frei und vernähte die vesikale und die rektale Öffnung 
der Fistel.e In der Blase fanden sich Phosphatsteine, die als Kern 
Holzstücke zeigten. Heilung. von Hofmann-Wien. 


Nieren und Harnleiter. 365 


IV. Nieren und Harnleiter. 


Frühoperation bei Nierentuberkulose Von H. Brongersma. 
iWiener klin. Rundschau Nr. 52 1906.) 

B. kommt zu folgenden Schlüssen: 

1. Wenn die Nierentuberkulose spontan ausheilt, so ist dies nur 
sehr selten der Fall. 

2. Bei Tuberkulose einer Niere, falls sich diese im Anfangsstadium 
befindet, kann die Möglichkeit, dals die andere Niere schon latent 
tuberkulös ist, für sehr klein angesehen werden. 

3. In dem Malse, in welchem der tuberkulöse Prozefs in der einen 
Niere länger besteht und sich mehr und mehr verbreitet, wird die 
Möglichkeit gröfser, dafs auch die zweite Niere erkrankt, und zwar ent- 
weder in Form won Tuberkulose, oder der chronischen Nephritis oder 
der amyloiden Degeneration. von Hofmann-Wien. 


Über die Untersuchungsmethoden und die Therapie bei der 
sogenannten chronischen Nierentuberkulose Von Pitha. (Klin. 
therap. Wochenschr. Nr. 2, 3, 4 1907.) 

Von P.s Schlufssätzen seien folgende hervorgehoben: 

Die chronische „sogenannte“ primäre Nierentuberkulose tritt meist 
einseitig auf, daher ist es in jedem Falle von tuberkulösem Prozels der 
Harnwege die erste Aufgabe, die Lokalisation der Tuberkulose präzis 
zu bestimmen. 

Die sichersten Untersuchungsmethoden sind: 1. Die Cystoskopie. 
2. Das getrennte Auffangen des Harnes aus der Niere, am besten mit 
Hilfe des Ureterenkatheterismus, mit nachfolgender physikalischer, che- 
mischer, mikroskopischer und bakteriologischer Untersuchung des auf- 
gefangenen Harnes. 

Die klinische Untersuchung des Kranken allein ohne instrumentelle 
Exploration und ohne Untersuchung des getrennt aufgefangenen Harnes 
mit Hilfe des Ureterenkatheterismus genügt nicht zur Stellung einer 
strikten Diagnose und der Indikation zur Operation. 

S Die besten therapeutischen Resultate werden bei der einseitigen 
Sierentuberkulose durch die Nephrektomie erzielt. | 

Der Nachweis einer mälsigen Menge von Eiweils im Harne der 

zweiten Niere bildet, wenn in demselben keine Bazillen oder Eiterele- 

mente vorhanden sind, keine Kontraindikation gegen die Nephrektomie. 
von Hofmann-Wien. 


Über die Rolle der beweglichen Niere in der Ätiologie des 
in der Bauchhöhle (des Magens und des Darmes). Von 
Ko ee G.M. Wlaew. (Wratschewnaja Gazetta 1906, No. 48). 

i ee ier ist auf Grund einer Reihe von Fällen eigener Beobachtung 
i E  ztugung gelangt, dafs die bewegliche Niere zur karzıno- 
E 'krankung des Magens, des Darmes und der Bauchhöhle über- 
up eranlassung geben könne, und dafs rechtzeitige Diagnose und 
SSES Behandlung der Nierenanomalie (Binde, Nephropexie) und for- 





366 Technisches. 


eierte Ernährung diese Komplikationen verhüten können. Verfasser er- 
klärt sich das Zustandekommen der karzinomatösen Erkrankung unter 
der Einwirkung der Wanderniere folgendermalsen: Die bewegliche linke 
Niere übt einen Druck auf die linke Flexur des Dickdarmes aus und 
vermag einen gleichen Druck auch auf den Fundus ventriculi auszuüben, 
wenn der Magen etwas disloziert oder erweitert ist: die bewegliche rechte 
Niere kann das Ligamentum hepato-duodeno-renale seitwärts ziehen, eine 
Torsion herbeiführen und auf den Pylorus, sowie auf die rechte Flexur 
des Dickdarmes, auf das Duodenum drücken und die Ursache eines peri- 
odischen Verschlusses des Diverticulum Vateri bilden. Alle diese Um- 
stände bewirken eine Erschwerung der Blutzirkulation und der Funktion 
der erwähnten Organe, wobei sich allmählich ein Magenkatarrh entwickelt. 
die Gärungsprozesse im Magen - Darnıkanal sich steigern und zu einer 
Magenerweiterung führen. Alle diese Erscheinungen bewirken eine Er- 
nährungsstörung dieser Organe und des Organismus überhaupt, führen 
aulserdem eine permanente Autointoxikation des Organismus herbei, welche 
mit einer Schwächung und allmählicher Entwicklung eines anämischen 
Zustandes einhergeht. Es wird somit eine Prädisposition zur karzinoma- 
tösen Erkrankung der dem Drucke ausgesetzten Organe herbeigeführt. 
M. Lubowsky- Berlin-Wilmersdorf. 


V. Technisches. 


Ein Gärungs -Saccharometer mit Glyzerin -Indikator. Von 
Theodor und Rudolf Lohnstein (Berlin). (Allg. med. Zentralzeitung, 
1906, Nr. 22.) 

Die Verfasser beschreiben ein neues Gärungs-Saccharometer, welche= 
eine Modifikation des bekannten von Th. Lohnstein konstruierten 
Gärungs-Saccharometers für unverdünnte Urine darstellt. Es unterscheidet 
sich von letzterem dadurch, dafs als Mefsflüssigkeit statt des Quecksilber: 
Glyzerin gewählt ist und dafs der zu untersuchende Urin in ein an die 
Kugel des Apparates sich anschliefsendes U-Rohr gegeben wird. Der 
neue Apparat besteht demnach aus einem gröfseren U-Rohr, dessen 
längerer Schenkel zylindrisch ist, während der kleinere Schenkel die 
Gestalt einer Kugel hat. Diese Kugel setzt sich nach oben durch ein 
kurzes Verbindungsstück in ein kleines U-Rohr fort, dessen äufserer 
Schenkel durch einen eingeschliffenen Stöpsel gasdicht verschlossen werden 
kann. Dieses kleine U-Rohr ist an seiner unteren Umbiegungsstelle 
bauchig erweitert und dient zur Aufnahme des zu untersuchenden Urins 
(und zwar 0,5 cem). Das gröfsere U-Rohr nimmt das Glyzerin auf; der 
längere zylindrische Schenkel desselben ist mit einer Teilung versehen, 
welche den Zuckergehalt in Prozenten angibt. Vom Glyzerin wird so 
viel ceingegossen, dals sein Niveau in der Höhe des Nullpunktes der 
Teilung steht. Im übrigen wird der Apparat in derselben Weise ge- 
braucht wie das alte Gärungs-Saccharometer. Die Teilung ist für die 
Temperatur von 20° C berechnet; die Gärung läfst man am besten bei 
35—37° C (im Woasserbade oder Brutschrank) vor sich gehen und läfst 
nach Beendigung der Gärung den Apparat sich !;, Stunde lang auf 20° C 


Kritiken. 307 


abkühlen, worauf man abliest. Die Gärung ist selbst bei hohem Zucker- 
wehalt. wenn sie bei 35°C vorgeht, meist in 6 Stunden beendigt. Die 
Reinigung des Apparates ist in wenigen Minuten zu bewerkstelligen. — 
Der Apparat unterscheidet sich von dem älteren Lohnsteinschen Prä- 
zisions-trärungs-Saccharometer durch seine grölsere Leichtigkeit, geringere 
Zerbrechlichkeit wand etwas geringeren Preis. (Zu beziehen durch die 
Firma H. Noffke & Co, Berlin SW., Yorkstrafse 19.) 


Vi. Kritiken. 


Mikroskopie der Harnsedimente. Von Dr. Albert Daiber. 
Zweite umgeänderte vermehrte Auflage mit 130 Abbildungen auf 65 
Tafeln. Wiesbaden 1906. Verlag von J. F. Bergmann. 

Die erste Auflage des Daiberschen Werkes ist im Jahre 1895 
eischtenen und hat sich als ein solches von bleibendeın Wert erwiesen. 
Die gewaltigen Fortschritte, welche die Urologie im verflossenen Jahr- 
zehnt gemacht hat, haben den Autor zu einer gründlichen Durchsicht 
und Umarbeitung seines Werkes veranlafst. Diese Umarbeitung trügt 
len neuen Errungenschaften Rechnung, während die früheren Prinzipien 
sowohl in bezug auf den Text, wie auch in bezug auf die Abbildungen 
beibehalten worden sind. Auf 130 Bildern sind die mikroskopischen 
Befunde. soweit es überhaupt möglich ist, getreu und genau wieder- 
zezeben, und zwar so, wie sie sich dem Auge des Beobachters darbieten: 
die künstliche Verschönerung der Bilder durch Auftragen von Farbe 
bezw. durch künstliche Abtönung der Färbung sind vermieden. 

Da das Werk mehr ein Atlas als ein Handbuch ist, so ist der 
Text zu den Bildern knapp gehalten und bezieht sich meist auf die 
Technik. Die Übersichtlichkeit wird allerdings bis zu einem gewissen 
tirade dadurch gestört, dafs zunächst der gesamte Text kommt und dann 
lie Tafeln folgen. Man mufs also, wenn man ein Bild betrachtet und 
den zu demselben gehörenden Text nachlesen will, zurückblättern. Es 
wire zweckmäliig, wenn der Text auf den Blättern gedruckt wäre, die 
den Tafeln vorangehen, oder, noch besser, neben die Bilder gestellt würde. 

Von diesem geringen, rein technischen Übelstand abgesehen, ist 
und bleibt da Daibersche Werk ein höchst willkommenes Nachschlage- 
werk. Casper. 


Chemische und mikroskopische Diagnostik. Von Dr. G. Zuelzer. 
Leipzig 1906, Verlag von Johann Ambrosius Barth. Mit 109 Abbildungen. 
Das Buch reiht 

An, E~ leidet weder 
Knappheit und wird 


sich würdig den bis jetzt erschienenen Lehrbüchern 
an störender Ausführlichkeit, noch an übermälsiger 
te in vollem Mafse befriedigen können. Dem uro- 
Teil Jet weit über ein Drittel des (sesamtumfanges des Werkes 
en de hier folgende Abschnitte: Diabetes mellitus, dia- 

e, Laktosurie, Pentosurie, Eiweilsharn, Polyurie, Albu- 


ininosurie, Benee- : : 
1ee-Jonessche Albumosurie bei Knochenmarkstumoren, Blut- 


368 Kritiken. 


harn (Nephritis acuta haemorrhagica), Blutharn (Cystitis acutissima), 
Paroxysmale Hämoglobinurie, Eiterharn, Calcariurie (Phosphaturie), Harn- 
farbstoffe, Nachweis von Arzneistoffen im Harn, Funktionsprüfung der 
Niere, Prostatarrhoe und Spermatorrhoe, Harnsteine. Das Kapitel der 
Funktionsprüfung der Niere hätte etwas ausführlicher ausfallen können. 

Der Uro-Venerologie sind gleichfalls einige Seiten gewidmet, und 
zwar behandelt der Autor die Prostatarrhoe und Spermatorrhoe, Färbung 
des Gonococcus Neifser, sowie die Untersuchung der Tripperfäden auf 
 Gonokokken. 

Das Werkchen beweist, dafs der Verfasser eine gute klinische Er- 
fahrung und einen treffenden Blick für das Wesentliche in der Kranken- 
geschichte und dem Krankheitsbilde eines Falles besitzt. Dazu kommt 
eine sehr gefällige präzise Diktion; alles das macht die Lektüre vieler 
Kapitel geradezu zu einer angenehmen, ja sogar erfreulichen Beschäftigung. 

Ein Namen- und Sachregister erleichtern die Handhabung des 
Buches. Casper. 


Die Cystoskopie des Gynäkologen. Von Leopold Thumim. 
Sammlung klinischer Vorträge, begründet von Richard Volkmann. Neue 
Folge, herausgegeben von O. Hildebrand, Friedrich Müller und Franz 
von Winckel. Leipzig 1907. Verlag von Breitkopf u. Härtel. 

Als Leitsatz seines Vortrages stellt Verfasser folgende Sentenz auf: 
Die Cystoskopie und der Ureterenkatheterismus sind unstreitig die her- 
vorragendsten diagnostischen Hilfsmittel bei allen pathologischen Zu- 
ständen des uropoetischen Systems und häufig auch direkte oder in- 
direkte Mittel zur Einleitung oder Ausführung therapeutischer Mals- 
nahmen. Die lesenswerten Ausführungen des bekannten Berliner Gynö- 
kologen streifen vornehmlich das weibliche Geschlecht und sind mehr 
für den Gynäkologen als speziell für den Urologen bestimmt. 

Sehr zweckmäfsig wäre es gewesen, wenn der Autor hier und da 
mal hätte Jurchblicken lassen, wem wir diese glänzenden Untersuchungs- 
methoden verdanken. Der Name Nitze und der des Referenten wird 
kaum erwähnt, so dafs der nicht sehr orientierte Leser glauben könnte, 
nicht die Urologie, sondern die Gynäkologie hätte dieses Untersuchungs- 
gebiet geschaffen. Dieser sicherlich nicht beabsichtigte Eindruck wäre 
besser vermieden worden. Casper. 


Aus der chirerg. Abteilung der Rothschild-Stiftung in Wien. 
Professor Dr. O. Zuckerkandl. 








Beiträge zur Lehre von der epidermoidalen 

Umwandlung des Harnblasenepithels. Über 

Glykogenablagerung im Epithel der Harn- 
blase uund ihre klinische Bedeutung. 


Von 
Dr. Renichiro Ikeda, Kyoto (Japan). 
Mit Tafel II. 


Die Tatsache, dafs das Epithel an Schleimhäuten seine Cha- 
rakter völlig zu ändern vermag, ist seit langem bekannt. Die als 
Metaplasie bezeichnete Erscheinung wurde bis jetzt an der Wange, 
der Zunge, dem Gaumen, der Nase, dem Larynx, dem Ösophagus, 
der Konjunktiva, der Stirnhöhle, dem inneren Ohr, der Gallenblase, 
der Vagina, dem Uterus, dem Rektum, dem Nierenbecken, dem 
Ureter, der Harnblase und der Urethra beobachtet. Ob diese 
Fpidermisierung einen Beweis für die ektodermale Abstammung der 
betreffenden Schleimhaut gibt oder ob alle Schleimhäute, mögen 
sie welcher Abstammung immer sein, sich in Plattenepithel um- 
wandeln können, darüber herrschen noch keine einheitlichen An- 
sichten. ° . 

Unter der Metaplasie der verschiedenen Schleimhäute spielt 
diese Veränderung der Harnblase klinisch eine wichtige Rolle. 
Seitdem Rokitansky die ersten Fälle erwähnte, sind die Be- 
obachtungen einander gefolgt. Nach den Angaben mancher Autoren 
mülste man die Umwandlung des Blasenepithels in Plattenepithel 
tür ein seltenes Vorkommnis halten (Halle, Orth, Klebs usw.); 
doch diese Veränderung der Blasenschleimhaut ist keineswegs selten, 
ja ich halte sie Sogar für eine recht häufige Affektion. Ich hatte 
Gelegenheit, die Xerose der Blasenschleimhaut in einer ganz be- 
trächtlichen Anzahl von Fällen vorzufinden. An dreizehn exzidierten 
hypertrophischen Prostaten fanden sich ganz kleine Stückchen der 


Blasenschleimhaut haftend, welche bei der Operation zufällig mit- 
Zeitsebrift für Urologie, jr 25 


. oo Lp te- eee 


370 Renichiro Ikeda. 


gerissen waren, unter diesen fand sich fünfmal Schleimhautmetaplasie. 
Ferner habe ich von den mit dem scharfen Löffel gewonnenen Stückchen 
bei chronischer hartnäckiger Kolicystitis einmal, von Blasenschleim- 
haut mit Papillom zweimal, von einer Blase mit ulceröser Ent- 
zündung bei einem weiblichen Kadaver einmal, von exzidierten 
Schleimhäuten bei ulceröser und katarrhalischer Cystistitis je einmal 
und von einer Blase mit Plattenzellenkarzinom einmal, also im 
ganzen zwölfmal die genannte Umwandlung des Blasenepithels in 
geschichtetes Plattenepithel gefunden. Die Heymannsche Be- 
obachtung ist ein weiterer Beleg für meine Ansicht, denn dieser 
fand in zwanzig weiblichen Harnblasen zehnmal Veränderungen im 
Sinne der Epithelmetaplasie. 

Wenn ich den zahlreichen Beschreibungen über Metaplasie 
der Blasenschleimhaut eine weitere anreihe, so geschieht dies aus 
dem Grunde, weil ich durch Anwendung einer besonderen Technik 
dazu gelangt bin, gewisse strittige Punkte in der Frage der Meta- 
plasie aufzuklären, und weil ich auch in der Frage der Klinik der 
Epithelmetaplasie um einen Schritt weiter gelangt zu sein glaube. 


Untersuchungstechnik. 


Das Untersuchungsmaterial mufs möglichst lebensfrisch sein. 
weil sonst das Epithel der Blase leicht verloren geht, obgleich die 
metaplasierte Stelle relativ längere Zeit nach dem Tode erhalten 
bleibt. 

Unsere Materiale wurden meist direkt von der Hand des 
ÖOperateurs in die Fixierungsflüssigkeit eingelegt. Als die letztere 
wurde Müller-Formol angewandt; das Stückchen wurde nach der 
Härtung in steigendem Alkohol, ein Teil in Zelloidin, ein Teil in 
Paraffin eingebettet; gefärbt wurde mit Hämatoxylin-Eosin, Heiden- 
hains Eisenhämatoxylin mit Van Gieson und Pikrokarmin. | 

Zur Glykogendarstellung habe ich die bekannte Jodmethode, 
modifizierte Weigertsche Gliafärbung nach Benda und die neueste 
Karminfärbung von Best gebraucht. Diese drei Färbungsmethodan 
haben Vorzüge und Nachteile. Bests Methode liefert die schönsten 
und distinktesten Bilder und Dauerpräparate, doch ist sie nur auf 
Zelloidinschnitte beschränkt und ihre Karminlösung ist nicht dauer- 
haft, besonders behält sie zur Sommerszeit nur einige Tage lang 
nach Verfertigung ihre Wirkung, worauf schon Best aufmerksam 
gemacht hat. 

Die älteste Jodmethode ist sehr empfindlich, so dafs ich in 


Lehre von der epidermordalen Umwandlung des Harnblasenepithels. 371 


Zelloidinschnitten, die schon jahrelang in Alkohol konserviert 
waren und die nach Bestscher Methode gar nicht gefärbt ‘wurden, 
mit Jod deutlich Glykogen darstellen konnte. Sonst ist diese 
Färbung zur raschen, provisorischen Glykogendarstellung sehr bequen. 
Leider sind die mit Jod gefärbten Präparate nicht dauerhaft. 

Ich habe zuerst die modifizierte Weigertsche Gliafärbung nach 
Benda auf die Glykogenfärbung angewandt. Diese eignet sich 
im Gegensatz zur Bestschen besonders für Paraffinschnitte. Gly- 
kogen läfst sich auch durch die Gramsche Methode darstellen, 
aber diese steht der Bendaschen Methode an Beständigkeit weit 
nach, selbst die Färbeflüssigkeit von Benda erscheint dauerhafter. 


Ich färbe gewöhnlich bei Anwendung der Bendaschen Methode 
nach Differenzierung mit Anilinxylol, nur einige Sekunden mit 
wässeriger Bismarckbraunlösung, nach Abtrocknen mit Fliefspapier 
wird in Balsam eingeschlossen. Auf diese Weise lassen sich gute 
Dauerpräparate herstellen. 

Nach dieser Methode färben sich die Hornsubstanzen gleich- 
zeitig intensiv violett, wie bei der Gramschen Färbemethode nach 
Ernst. 

‚Jedenfalls ist es unbedingt notwendig, die Auswahl der an- 
zuwendenden Methode nach der Beschaffenheit der Präparate zu 
treften. 

Als Fixierungsflüssigkeit ziehe ich Müller-Formol dem absoluten 
Alkohol vor, in welchem die Organe stark schrumpfen. Müller- 
Formol ändert weder an der Menge noch an der Form des ein- 
gelagerten Glykogens auch nur das geringste. 


Die Formen der Metaplasie des Harnblasenepithels. 


Die Metaplasie des Blasenepithels ist eine Erscheinung der 
chronischen Blasenentzündung. Sie kann bei fast allen primären 
und sekundären chronischen Cystitisformen vorkommen. Wenn ich 
zusammenfasse, was sich aus den mikroskopischen Beobachtungen 
ergab, so möchte ich drei Typen der Metaplasie unterscheiden. 

Der erste Typus entspricht der gemeinhin als Leukoplakie 
oder Xerosis bekannten Form. In der Blasenschleimhaut finden 
wir den typischen Aufbau der Epidermis mit einem Stratum cor- 
deum, einem Stratum lucidum und einem Stratum germinativum. 
Eine eingehendere Beschreibung dieser bekannten Veränderung des 
Fpithels erscheint mir entbehrlich. Doch möchte ich nur er- 


wähnen, dafs die Ausbildung der einzelnen Epithelschichten je 
ug 





| 

r D 
D 
E 
N 
E 
HE 
TE 
di 
et 
WI 
cl 
N 


t 





Ki A 
- A 
- 


TK 


. 
SES H A Ç 
. ` Ze š CS SÉ X 
- O >? e ew i O 
te a A 2 BB S Se 
1. e E." r == =, 
E E 
wee AE k 





372 Renichiro Ikeda. 


nach den Fällen verschieden ist. Besonders sind die unmittelbar 
an der Hornschicht liegenden Keratohyalin führenden Zellen, welche 
dem Stratum granulosum entsprechen, manchmal nur unvollkommen 
ausgebildet und nur in einzelnen zerstreuten Exemplaren vorkommend. 
Sekundäre Veränderungen an der xerotischen Schleimhaut konımen 
vor, ich habe einen Fall beobachtet, bei welchem gerade nur auf 
metaplasierter Schleimhaut beschränkt, nekrotische Geschwüre zu 
sehen waren; in einer gleichmälsig strukturlosen nekrotischen Masse 
waren Reste der metaplasierten Epithelien und stark gefüllte nekro- 
tische Gefälse sichtbar. Dieser Befund spricht gegen die Be- 
hauptung, von der geringeren Empfänglichkeit der metaplasierten 
Partie für eine Neuinfektion. 

Der zweite Typus. Den basalen Zylinderzellen folgt die 
Riff- und Stachelzellenschicht, welche aus grols aufgequollenen, nur 
an der Peripherie gefärbten hellen polygonalen Zellen besteht. Der 
Kern ist bläschchenförmig und liegt im umgebenden unfärbbaren 
Protoplasmamantel. Die Zellen sind allmählich oder von Anfang 
an schon mehr oder weniger abgeplattet und werden endlich schuppen- 
artig. In den geblähten hellen Zellen kann man Riffe und Stachel 
nachweisen, aber in dem Malse als die Zellen sich abflachen, 
werden die Riffe allmählich undeutlicher. Die Kerne, dement- 
sprechend schmächtig und langgestreckt, werden gegen die Ober- 
fläche zu seltener, um endlich in den obersten Schichten ganz zu 
verschwinden. 

Das Stratum granulosum existiert nicht als geschlossene Schicht, 
sondern ist nur durch die Körnung einzelner Zellen markiert. Die 
Zellen sind nie mit Keratohyalin vollgepfropft, wie die der nor- 
malen Körnerschicht der Haut, die durch ihren Inhalt sich aus- 
zeichnen, sondern es kommen nur kleinere und gröfsere runde 
Tröpfchen ganz zerstreut im Zellleib vor. 

Die komplette Verhornung der oberflächlichsten Schicht konnte 
ich weder durch Ernsts uno noch Weigerts oder Bendas 
Färbung konstatieren. 

Die Fälle von Hallé, in welchen eine basale Schicht vom 
Charakter des Stratum Malpighii sich findet, auf welche mehrere 
Lagen breiter flacher Zellen mit gut erkennbaren Kernen folgen, 
die durchscheinende Inseln bilden, ohne dafs sie Lagen richtig ver- 
hornter Zellen finden würden, entsprächen gerade diesem Typus. 

Die Dicke der Epithelschicht dieses Typus ist verschieden. 
Die niedrige Form enthält auf einer einreihigen zylindrischen Basal- 


Lehre von der epidermoidalen Umwandlung des Harnblasenepithels. 373 


schicht nur einige Lagen von Riff- und Stachelzellen, welche bald 
in abgeplattete Zellen übergehen, ja es kommt sogar vor, dals den 
Basalzellen direkt aufgeblähte Stachelzellen aufliegen. Mehrschich- 
tiger wird das Epithel insbesondere im Zentrum der intrapapillären 
Einsenkungen, wo die Riff- und Stachelzellen oft in fünf bis sechs- 
fachen Reihen Angeordnet sind, denen eigentümliche aufgeblähte 
Zellen, dann allmählich sich abflachende Formen folgen. 


Die Papillenbildungen sind inkonstant, oft fehlt ein Papillar- 
körper gänzlich. 


Dieser Typus kommt manchmal mit dem ersten kombiniert vor 
und geht allmählich in diesen über, oder aber er kann auch selb- 
ständig. vorkommen. 


Der dritte Typus. Es sind dies jene Bilder, die zuerst 
Stoerk als eigentümliche Veränderung des Epithels bei chronischer 
Cystitis bezeichnet hat und die von Zuckerkandl als rudimentäre 
Epithelmetaplasie beschrieben wurden. Störk gibt folgende Be- 
schreibung der Veränderung: „Das Epithel besteht aus dicht- 
gedrängten, soliden Zapfen, welche tief in das Stratum mucosum 
eingreifen. Die Schleimhautoberfläche ist eine wellige, nur hie 
und da entstehen spitzige einspringende Winkel. In solchen Winkeln 
ist das Epithel ein regulär geschichtet zylindrisches, oder es kommt 
auch zur Bildung von kleineren oder grölseren soliden Zapfen. 
Dieselben beginnen breitbasig an der Oberfläche und senken sich 
halbkugelig oder mehr konisch, selten trichterförmig nach unten 
sich verjüngend in das Stratum proprium ein. Die peripherste 
Zellage dieser Zapfen unterscheidet sich in nichts von den ge- 
wöhnlichen Zylinderzellen der basalen Schichte des Harnblasen- 
epithels. Auch die nächstfolgenden Lagen bieten nichts Auffälliges 
mit Ausnahme eines Hellerwerdens ihrer Kerne; dann aber tritt 
plötzlich eine Veränderung der Epithelien auf. Die Veränderung 
besteht In einer hochgradigen Quellung des Protoplasmas, zu der 
sich eme unregelmäfsige Deformation des ganz hellen, fast nur an 
Seiner Kontur sich färbenden zentralstehenden Kernes gesellt. In 
der Mitte und der Tiefe des Zapfens sind die Zellen mehr rundlich 
polygonal, nach der Oberfläche zu werden sie immer platter, so 
aus sie m den oberflächlichsten Lagen die Form kernhaltiger 
Schuppen annehmen.“ Wegen des Fehlens der Verhornungsbilder 
und der Abwesenheit von Riff- und Stachelbildung, ferner wegen 
der runden Kernformen auch in den obersten platten Zellen hält 


374 Renichiro Ikeda. 


Stoerk diese eigentümliche Epithelveršnderung für eine hydropische 
Quellung der von Hause aus unveränderten Blasenepithelzellen. 


Lichtenstern hat zwei hierhergehörige Fälle gesehen und 
weil im zweiten Fall neben Stellen, welche das Bild des ersten 
Typus der Epithelmetaplasie darboten, in direktem Zusammen- 
hang mit diesen, das Epithel die von Stoerk beobachtete Ver- 
änderung zeigte, ferner oberflächlichste kernlose schuppenförmige 
Zellen durch Weigertsche Färbung deutlich Verhornung erscheinen 
liefsen, glaubte er, dafs es sich um eine Form metaplastischer 
Umwandlung zu Plattenepithel handle. 


Ich habe ebenfalls und zwar im direkten Zusammenhange mit 
epidermoidal metaplasierten Stellen diesen Typus beobachtet, ja ge- 
sehen, dafs in einem Zapfen oberflächlich Riff- und Stachelzellen 
vorhanden waren, während der tiefste Teil aus eigentümlich ver- 
änderten Zellen vom dritten Typus bestand (Taf. Il, Fig. 1). Auch 
habe ich in einer Blase an verschiedenen Stellen den ersten oder 
zweiten und in anderen den dritten Typus der Metaplasie gesehen. 


So besteht wohl kein Zweifel, dafs die oben erwähnten drei 
Typen in einander übergehen können, und dafs die einzelnen Formen 
in einen Zusammenhang gebracht werden müssen. Dafs der dritte 
Typus ein Vorstadium des ersten und zweiten darstellt, läfst sich 
durch besondere Färbungsmethoden sicher erweisen, wie dies im 
nächsten Kapitel dargelegt werden soll. 


Klinisch und cystoskopisch hat Lichtenstern dies bereits 
nachgewiesen, indem er beobachtete. dafs bei einem Fall, in 
welchem ein Stückchen exzidierte Schleimhaut das Bild meines 
dritten Typus darstellte, cystokopisch nachweisbar sich allmählich 
die typische Xerose in charakteristischer Weise entwickelte. 


Die Papillenbildungen sind auch hier sehr unregelmäfsig. Wenn 
die Epithelzapfen, welche zungenförmig, halbkuglig oder trichter- 
förmig breitbasig an der Oberfläche beginnen, tief in das Stratum 
submucosum eindringen, so reichen die Papillen nahe bis in die 
Oberfläche, das Epithel auf solchen Papillen besteht nur aus einer 
einreihigen Zylinderzellenschicht, und über dieser aus einigen Reihen 
polygonaler und den oberflächlichsten abgeplatteten Zellen. Bis- 
weilen sind die Zapfenbildungen mehr rudimentär und es entspricht 
die Basallinie des Epithels nur einer wellenförmigen Linie, deren 
Einkerbungen die Papillen andeuten. Bisweilen fehlt auch jede An- 
deutung eines Papillarkörpers. | 


Lehre von der epidermoidalen Umwandlung des Harnblasenepithels. 375 


Die Lage der charakteristisch veränderten Epithelien ist ver- 
schieden. Wie Stoerk gesehen hat, salsen die gequollenen Zellen 
bald der der basalen Zylinderzellenschicht nächstfolgenden gewöhn- 
lichen Polvygonalzellen, bald aber direkt den Zylinderzellen der 
basalen Schicht auf. Im allgemeinen kann man das erstere an 
tief eindringenden Zapfen, d. h. an Stellen hochgradiger Epithel- 
wucherung beobachten, während das letztere an den dünneren 
Fpithelschichten vorzukommen pflegt; doch läfst sich dies nicht als 
tegel aufstellen. 

Unregelmäfsig scheint auch das Vorkommen von spärlichem 
Keratohyalin im der oberflächlicheren Schicht, manchmal fehlt es 
gänzlich. 

Neben den Veränderungen am Epithel sind in allen drei Typen 
die Erscheinungen der chronischen Entzündung im subepithelialem 
Bindegewebe deutlich ausgeprägt. Die Zeichen der: Entzündung 
sind verschieden, je nachdem es sich um frischere oder ältere Pro- 
zesse handelt. 

Das Stratum proprium ist manchmal ödematös durchtränkt von 
zalulreichen ueugebildeten prall gefüllten Blutgefälsen durclisetzt und 
in ein zattes Bindegewebe umgestaltet. Dilatierte Gefälse sind mit 
diebten Infiltrationen von mononukleären Leukocyten, zu welchen 
sich spärliche polynukleäre gesellen, umgeben, welche sich häufig 
tief bis ins intramuskuläre Bindegewebe verbreiten oder eine um- 
schriebene follikelähnliche Anhäufung bilden. Die Leukoeyten 
dringen auch an verschiedenen Stellen in das Epithel ein. An der 
Leiche einer Frau, welche an sarkomatös degenerierter Struma ge- 
sturben war, fand ich das Schleimhautbindegewebe der Blase von 
zahlreichen eosinophilen Zellen durchsetzt. Auch fanden sich manch- 
mal im Schleimhautbindegewebe viele Mastzellen vor. 

An den angrenzenden Partien sehen wir immer verschiedene 
Bilder der Cystitis, Oft verdicken und wuchern die Epithelien 
zapťenförmig oder schlauchförmig gegen das Stratum proprium, 
wodurch sie ein drüsiges Aussehen erhalten oder zur cystischen 
Degeneration kommen, oder die Epithelien mit neugebildetem sub- 
mukösem Bindegewebe bilden obertlächliche zottige Prominenzen. 


Soleha Sati- I a 
‚Solche “chleimhautveränderungen unterbrechen häufig meta- 
plasierte Partien 


1U( 1 e ° $ OG ` d 
A Pa kommen in der tiefen ersten, zweiten oder dritten Zell- 
. a O t d e .. e ` ` 
SE vor, Auch in geblähten Zellen sieht man dieselben. 


376 Renichiro Ikeda. 


Die Schleimhaut im Bereiche der ausgeprägten Leukoplakie 
ist trocken eigentümlich opak weifslichgrau perlmutter- oder silber- 
glänzend. Bei den anderen Formen des zweiten oder dritten Typus 
fällt es sehr schwer, sie von anderen Cystitisformen zu unterscheiden. 
Sie bietet bald das Bild der follikulären oder proliferierenden 
Cystitis, bald aber gar keine besonderen Veränderungen als nur die 
chronischer Entzündungserscheinungen. Auch an makroskopisch an- 
scheinend ganz unveränderten Schleimhäuten kann nach Heymanns 
Bericht die mikroskopische Untersuchung Epithelmetaplasie erweisen. 


Die Glykogenablagerung im metaplasierten Blasenepithel. 


Wie oben erwähnt, entspricht die ausgeprägte Form der Blasen- 
epithelmetaplasie morphologisch vollständig der Haut. Um nun den 
Entwicklungsvorgang der Metaplasie zu untersuchen, habe ich zu- 
nächst die Glykogenablagerung in der Haut studiert. 


Der hohe Glykogengehalt des embryonalen Körpers und die 
allgemeine Verminderung des Glykogengehaltes im extrauterinen 
Körper gegenüber dem Embryo ist bekannt. Für den menschlichen 
Neugeborenen hat Cramer den Glykogengehalt der einzelnen Or- 
gane bestimmt und das Glykogen in der Haut auch mikroskopisch 
nachgewiesen. Nach Gierke wechselt der Glykogenbefund nach 
der Tierspezies, während z. B. die Haut des Schweinembryos immer 
glykogenhaltig ist, ist die des Kaninchen- und Mäuseembryos da- 
gegen glykogenfrei. Lubarsch fand in der Epidermis von Ka- 
ninchen- und Meerschweinchenembryonen den Glykogengehalt eigen- 
tümlich wechselnd und bei einem etwa neun Wochen alten Menschen- 
embryo die Epithelien der Haut glykogenhaltig. Ich selbst habe 
die Haut je eines zwei- und fünfmonatlichen Menschenembryos 
untersucht und immer in Epidermiszellen mikroskopisch Glykogen 
nachgewiesen. 


Das Epithel der normalen Epidermis im extrauterinen Leben 
weist nach Schiele keine Glykogenreaktion auf. Gierke bestätigt 
diese Angabe. Bosellini untersuchte den Glykogengehalt in der 
normalen Haut des Menschen von verschiedenem Alter und erhielt 
stets negative Resultate, ebenso an der Haut des Rindes, des Meer- 
schweinchens, des Hundes und der Katze. Meine diesbezüglichen 
Untersuchungen bei der erwachsenen Menschenhaut stimmen in ihren 
Ergebnissen mit denen früherer- Autoren überein. Lubarsch hat 
als Ablagerungsstätten des Glykogens die geschichteten Platten- 


Lehre von ‚ler epidermoidalen Umwandlung des Harnblasenepithels. 377 


epithelien der Haut angegeben. Doch gilt diese Ansicht nur für 
Embryonen. 

Geben wir nun an die diesbezüglichen Untersuchungen des 
metaplasierten WB]asenepithels: in allen Fällen, auch in denen rudi- 
nentärer Metaplasie, konnte ich ausnahmslos Glykogen mikro- 
skopisch nachweisen, eine Tatsache, auf die bis nun noch nicht 
‚uüfmerksaM &ewmacht worden ist. Im zweiten und dritten Typus 
ind die grofsen aufgeblähten polygonalen, sowie die nach oben an- 
grenzenden, abzeplatteten, schuppenförmigen, selbst kernlosen Zellen 
gorzugsWeilSe &lykogenhaltig, während die tiefste zylindrische Basal- 
„llenschicht Wie die nicht metaplasierten Übergangsepithelien gly- 
Iıgenfrei Sind (Taf. II, Fig. 2 und 3). 

Schiele hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, dafs das 
Gwkogen 10 derjenigen Hälfte, welche nach dem Stroma hin liegt, 
wrkommt und halbmondförmig die ganze Hälfte der Zelle einnimmt. 
Die Form des Glykogens ist schollig, kuglig oder tröpfchenartig. 
Die eigenartige Lagerung in Halbmondform halten die meisten 

Autoren für cine Wirkung der fixierenden Agentien. Nur Langer- 
hans spricht sich gegen die Annahme eines Kunstproduktes aus. 
In dieser Frage sprechen meine Erfahrungen zugunsten der erst- 

genannten Auffassung. Vor der Fixierung fand ich das Glykogen 
im Zelleib mehr diffus verteilt, nicht halbmondförmig peripher ge- 
lagert. Auch an fixierten Objekten ist die letztere Form nicht die 
Regel, denn jn protoplasmareichen nicht hellen Zellen fand ich den 
Zelleib mit Glykogen häufig vollgefüllt. 

| Das Wesen der gequollenen Zellen, deren Kern in der Mitte 
in dem Hohlraum zu schweben scheint, ist bisher nicht klargelegt 
worden. Stoerk sah die Zellen als hydropisch gequollen an. 

Die Darstellung von Glykogen in solchen Präparaten wirft ein 
Licht auf die Entstehung der genannten Hohlräume in den Zellen. 
Wir haben es mit Vakuolen zu tun, die durch das Zusammen- 
rücken des Glykogens an die Zellwand entstanden sind. 

’ In der Konstanz und dem Zustand der . Glykogenablagerung 
sind diese .charakteristischen Zellen ganz identisch mit korrespon- 
dierenden Zellen, welche Stachel besitzen. 

Übereinstimmend werden die geschichteten Plattenepithelien 
als eine der Hauptablagerungsstätten des Glykogens angegeben. 
Es besteht, wie man aus den verschiedenen Übergängen der ge- 
schilderten drei Typen der Epithelmetaplasie sieht, ein zweifelloser 
Zusammenhang zwischen diesen. Das konstante Vorkommen des 


378 Renichiro Ikeda. 


Glykogens in den blasig aufgetriebenen Zellen berechtigt nach allem 
wohl zu dem Schlusse‘ dafs diese trotz des Mangels an Riffen und 
Stacheln als in Plattenepithel umgewandelte Zellformen anzu- 
sprechen sind. 

An der embryonalen Haut habe ich Riff- und Stachelzellen 
stets vermilst. Auf die einreihige kubische Basalzellenschicht 
folgen grolse aufgequollene runde oder polygonale Zellen mit 
hellem Leib und rundem Kern. Stets enthalten diese Zellen Gly- 
kogen. Aus diesen embryonalen Epithelien entwickeln sich die 
eigentümlichen Straten der Haut und nach ihrer Vervollständigung 
verschwindet das Glfkogen, so vermissen wir das Glykogen an 
extrauteriner Normalhaut. ` | 

Diese Entwicklungsvorgänge können wir in analoger Weise an 
metaplasierten Blasenepithelien der Reibe nach in den genannten 
drei Typen verfolgen. Im ersten Typus fehlen jene charakteristischen 
hellen Zellen, es veringert sich das Glykogen bedeutend und viele 
Plattenzellen sind frei von Glykogen. So erschaint der Schluls 
nicht unberechtigt, dals wir in der sogenannten „rudimentären“ 
Metaplasie ein Entwicklungsstadium der Umwandlung in Platten- 
epithel vor uns haben, welches in analogen Vorgängen der embryo- 
nalen Haut sein physiologisches Paradigma hat. 

Neben den metaplasierten Epithelien kann man auch in Leuko- 
cyten, welche intraepithelial, submukös oder intermuskulär gelagert 
sind, Glykogen nachweisen. Besonders lagert es sich gerne in 
polynukleären Leukocyten ab. 

Auch in metaplasierten Epithelzellen mit mitotischen Kernen 
fehlt das Glykogen nieht, obgleich Schiele angibt, dafs die 
tiefsten Zellagen, denen wir die Vermehrungsfähigkeit zuschreiben, 
nicht glykogenhaltig sind. 

Aulser in Blasen habe ich bei Uretertuberkulose, Urethral- 
schleimhaut, bei chronischer Gonorrhoe und Papillom der Urethra 
bei einer Frau, welche metaplasierte Epithelien hatten, genau die- 
selbe Glykogenablagerung gefunden. So jst der Schlufs wohl be- 
rechtigt, dafs in metaplasierten Plattenzellen Glykogen fast kon- 
stant ist, so dafs man den positiven Ausfall der Glvkogenfärbung 
als diagnostisches Hilfsmittel für metaplasierte Plattenzellen ver- 
wenden kann. | 

Anschliefsend möchte ich über die Untersuchung der Ver- 
hornung mit Hilfe der Gramsehen Methode nach Ernst einige 
Bemerkungen machen. 


Lehre von der epidermoidalen Umwandlung des Harmblasenepithels. 379 


Im Jahre 1896 hat Ernst zuerst die Keratinfärbung mit 
Gramscher Methode gefunden. Obgleich nachher Kromeyer diesen 
Befund als künstliche Niederschläge aus Alkohol betrachtete, be- 
stätigten Mac Leod, Wassmut u. a. m. Ernsts Ansicht. 
Ernst selbst hatte durch diese Färbungsmethode normale und 
pathologische Verhornung studiert. Es ist auffallend, dals er dabei 
des Glykogens keinerlei Erwähnung tut, trotzdem er selbst meta- 
plasierte Blasenepithelien, quergestreifte Muskulatur und Platten- 
zellenkrebs, welche schon als die Ablagerungsstätte für Glykogen 
bekannt sind, untersucht hatte. Er fand in den subendo- und sub- 
epikardialen Randpartien des Herzmuskels und in quergestreiften 
Muskelfasern an Rektumkarzinomen violette Flecke, die sich scheinbar 
auch in eine Granulastruktur auflösten. Bei starker Vergrölserung 
konnten jedoch diese Körnelungen an Regelmälsigkeit und Feinheit 
keinen Vergleich mit den Horngranulis aushalten. Über den Horn- 
nachweis im Plattenzellenkrebs gibt er folgende Beschreibung des 
Befundes von Keratingranula: „Ihre Gröfse ist überaus verschieden 
und schwankt in bedeutenden Grenzen. Manche liegen der Ober- 
tläche des Kernes so dicht und unmittelbar an, dafs der erste Ein- 
druck der ist, als lägen sie im Kern, bis ein sorgfältiges Absuchen 
der Kernoberfläche mit stärkster Vergröfserung darüber aufklärt, 
dals sie oberflächlich anhaften.* Sonst stellt er dem Typus der 
Granularfärbung eine diffuse und homogene Färbung der Zellen und 
einen netzartigen oder wabigen Bau gegenüber. Er betont, dafs 
es von Bedeutung ist, in der Methode ein Mittel zu besitzen, um 
die Unregelmälsigkeit und Gesetzlosigkeit der Verhornung in den 
Krebsnestern und Hornperlen zu zeigen. 

Er hat auch in Lymphspalten die Kugeln, welche nach Gram 
in verschiedener Intensität sich färben, gefunden und er meint, 
dafs sie möglicherweise gewisse Stadien roter Blutkörperchen dar- 
stellen. | 

Es ist möglich, dafs das was Ernst in quergestreifter Muskulatur 
gefunden hat, Glykogen war und dals er im Plattenzellenkrebs viel- 
leicht Keratin und Glykogen vermischt betrachtete, was ihm sehr 
komplizierte Bilder ‚verursachte. . Endlich scheint es mir, als ob die 
Kugeln in Lymphspalten freie Glykogentropfen im Gewebe gewesen 
wären. Wie Langerhans behauptet, hat das Glykogen in der 
Regel die Form von Kugeln und ähnlichen Gebilden, wenn es nicht 
in Zellen eingeschlossen ist. | ` 

Wenn Ernst einmal die Speichelprobe und dann Keratin- 


380 Renichiro Ikeda. 


färbung gemacht hätte, so würde er sicher imstande gewesen sein, 
nur den reinen Typus von Keratin sehen zu können. 

Wie Ernst betont hat, ist es von Wichtigkeit, entscheiden zu 
können, ob der Tumor aus blofs abgeplattetem Epithel, das aus 
dem Zylinderepithel hervorgegangen sein mochte, entstanden oder 
ob hier ein epidermoidales Epithel gewachsen sei. Dabei spielt 
diese Glykogenfärbung mit Keratinfärbung diagnostisch eine sehr 
wichtige Rolle. 


Klinisch-diagnostische Verwertung des Glykogennachweises 
im Blasenepithel. 

Schiele, der zuerst am eingehendsten das menschliche Epithel 
untersuchte, gibt an, dafs das sogenannte Übergangsepithel kein 
Glykogen enthält. Dieser Angabe schliefst sich Gierke an. Ich 
mufs sie auch bestätigen, denn in normalen Harnblasenepithelien 
des erwachsenen Menschen gelang mir der Glykogennachweis in 
keinem Falle. 

Zum Nachweise, ob aufser der Metaplasie auch andere er- 
krankte Blasenepithelien Glykogen enthalten, untersuchte ich zu- 
nächst verschiedene pathologisch veränderte Blasen, und zwar 
hauptsächlich verschiedene chronische Cystitisformen und Neo- 
plasmen. 

Bei den verschiedenen chronischen Cystitisformen (bei ein- 
facher, proliferierender, cystischer, nekrosierender und sklero- 
sierender Oystitis) sehen wir ganz inkonstant und nur in vereinzelten 
Exemplaren von Epithelien geringe Glykogengranula. In den 
meisten Fällen fehlt es gänzlich. Die meisten polynukleären 
Leukocyten, welche das Stratum submucosum und die Schleimhaut- 
epithelien durchsetzen, enthalten Glykogen. Die mononukleären 
Leukocyten sind recht selten glykogenhaltig. 

Manche Autoren sind der Ansicht, dafs in Tuberkeln Glykogen 
nicht vorkommt. Doch hat Gierke in den Tuberkeln einer Peri- 
tonitis, in tuberkulösen Hautgranulationen, in einem Falle von 
Muskeltuberkulose spärliche polynukleäre und epitheloide Zellen 
mit Glykogen gefunden. Bei Blasentuberkulose konnte ich aufser 
in den polynukleären Leukocyten weder in Epithelien noch in epi- 
theloiden Zellen Glykogen nachweisen. 

Viele Autoren haben schon darauf hingewiesen, dafs die Ge- 
webe in der Umgebung bösartiger Geschwülste fast immer stark 
glykogenhaltig sind. Ich habe auch diesbezüglich Beobachtungen 


Lehre von der epidermoidalen Umwandlung des Harnblasenepithels. 381 


gesammelt und namentlich die Schleimhautstellen der Blase, welche 
an Geschwülste angrenzen und die meist die Erscheinungen der 
chronischen Cystitis zeigen untersucht. Die Epithelien dieser Teile 
zeigen einen relativ hohen Glykogengehalt, und zwar sowohl neben 
bösartigen Tumoren, als auch bei gutartigen Papillomen. 


Um zu einem Urteil über das Vorkommen von Glykogen in 
Blasengeschwülsten zu gelangen, habe ich fünfzehn Papillome, 
sieben Karzinome (darunter fünf Carcinoma simplex, ein Platten- 
epithelkarzinom und einen teilweise verhornenden Zylinderzellenkrebs) 
und ein sogenanntes Endotheliom geprüft. Alle diese kleineren 
und gröfseren, bösartigen und gutartigen Geschwülste gaben aus- 
nahmslos die positive Glykogenreaktion. 


Bei Papillomen war an umschrieben malign gewordenen Par- 
tion der Glykogengehalt kein reicherer als an den typisch benign 
gebliebenen Stellen, so dafs ich mit anderen Autoren Braults 
Ansicht, dafs bei Tumoren der Glykogengehalt das beste Zeichen 
der Malignität sei, auf Grund meiner Befunde als nicht zutreffend 
bezeichnen mufs. 


Best hat in Tumoren in der Umgebung von Partien, wo 
Nekrosen und regressive Ernährungsstörungen nachweisbar sind, 
reichlicheren Glykogengehalt gefunden, während die Nekrosen selbst 
glvkogenfrei waren, was ich auch in Blasentumoren bestätigt fand. 


Anschliefsend möchte ich noch über Glykogenablagerung in 
Nieren, Nierenbecken und Ureter berichten. 


Strittig ist der Glykogengehalt in der Niere. Bei diabetischen 
Nieren hat Ehrlich zuerst gefunden, dafs die Epithelien an den 
Henleschen Schleifen lokalisiert stark glykogenhaltig sind. Diese 
Befunde sind später wiederholt bestätigt worden. Sonst hat er das 
Glykogen in einzelnen Zellen der geraden und der gewundenen 
Harnkanälchen der Nieren gefunden, welche von Fällen von 
Anämie, Leukämie, Sepsis oder von akuten und chronischen Nieren- 
erkrankungen stammten. Lubarsch hat bei Nierenentzündungen 
in Harnkanälchen das Glykogen vermifst. Gierke hat bei Nieren- 
infarkten die mit Glykogenkörnchen bestäubten Epithelien von 
Harnkanälchen gesehen und bei frischer Miliartuberkulose in spindel- 
förmigen Elementen und Harnkanälchen, welche von den tuber- 
kulösen Granulationen eingeschlossen waren, Glykogen nachgewiefsen. 

ich habe 15 durch Operation gewonnene Fälle von Nieren- 
tuberkulose und 5 Fälle von Pyonephrose mit Steinen untersucht. 


389 Renichiro Ikeda. 


Die Glykogenreaktion war nurin vereinzelten Leukocyten positiv, aber 
in epitheloiden Zellen und Harnkanälchenepithelien stets negativ. 

Die Schleimhaut des Nierenbeckens und Ureters trägt wie in 
der Blase ein sogenanntes Übergangsepithel, welches normal kein 
Giykogen enthält. Das Verhältnis zum Vorkommen von Glykogen 
in Nierenbecken- und Ureterschleimhaut ist analog wie an der 
Blase. Auch am Ureter kommt die epidermoidale Metaplasie vor, 
hauptsächlich durch Steine und Tuberkulose bedingt; doch ist sie 
weit seltener als an der Blase. Ich habe in 15 Fällen von Nieren- 
tuberkulose nur einmal metaplasierte Ureterschleimhaut gefunden. 
In 5 Fällen von Pyonephrose mit Steinen konnte ich keine Meta- 
plasie sehen. In nicht metaplasierten Schleimhautepithelien konüte 
ich weder bei Tuberkulose noch bei Nephrolithiasis Glykogen nach- 
weisen. 

Aus den erwähnten Resultaten histologischer Untersuchungen 
war der Schlufs berechtigt, dafs im Harn bei verschiedenen Er- 
krankungen der Harnwege zellige Elemente, welche Glykogen ent- 
halten, vorkommen müssen. Zunächst ist es denkbar, dafs im des- 
quamierten Nierenepithel Glykogen nachweisbar sein wird. Danu 
werden glykogenhaltige Epithelien aus dem Nierenbecken, dem 
Ureter und der Harnblase, besonders abundant bei Metaplasie der 
Schleimhaut im Harne sich vorfinden, weil bei dieser Erkrankung 
Epithelien mit hohem  Glykogengehalt fortwährend abgestofsen 
werden. Auch bei verschiedenen Blasentumoren werden die im 
Harn enthaltenen Geschwulstzellen Glykogen enthalten. Bei den 
gewöhnlichen Entzündungen der Schleimhaut im Harntrakt werden 
nur spärlich glygogenhaltige Epithelzellen im Harn zu finden sein. 

Endlich kommen bei chronischer gonorrhoischer Urethritis 
auch mit Glykogen gefüllte Epitelien im Harn vor, weil bei den 
chronischen Formen der Entzündung das Epithel der Harnröhre 
eine ausgesprochene Neigung hat, von Zylinderepithel in Platten- 
epithel überzugehen und einem Verhornungsprozefs zu unterliegen. 

Aufser in den Epithelien findet sich Glykogen bei den Ent- 
zündungen der Harnwege' auch in den emigrierten Leukocyten 
und dafs es bei Cystitis besonders reichlich in den polynukleären 
Leukocyten sich findet, wurde schon von anderen hervorgehoben; 
auch Jaksch hat in seinem Buche betont, dafs die Leukocyten 
bei Cystitis meist mit Jod intensiv mahagonibraun sich färben, 
aber er bemerkte nichts über das Vorkommen von glykogenhaltigen 
Epithelzellen, ja er empfiehlt diese Jodreaktion zur Unterscheidung 


Lehre von der epieerinoidalen Umwandlung des Harnblasenepithels. 393 


der Leukocyten von den Blasenepithelien, welche nur eine leicht 
gelbe Farbe annehmen. 

Kommen glykogenhaltige Epithelien in grölserer Menge vor, 
so kann es sich nur um metaplasiertes Epithel der Harnwege 
oder um Geschwulstzellen handeln. Die Entzündungen der Harn- 
wege sind durch die Cystoskopie, Urethroskopie, durch den Kathe- 
terismus der Ureteren unschwer erkennbar, in Fällen dieser Art 
weist das gehäufte Vorkommen glykogenhaltiger Zellen auf einen 
chronischen Prozefs und Epithelveränderung. Die Tumoren der 
unteren Harnwege sind ebenfalls klinisch leicht nachweisbar. Finden 
sich im Nierenharne (mit Ureterkatheter entnommen) bei Ab- 
wesenheit von Entzündung glykogenhaltige Epithelien in grölserer 
Menge vor, so hat die Annahme eines renalen Tumors eine gewisse 
jerechtigung. 

Nachfolgend möchte ich die diesbezüglichen Ergebnisse der 
Untersuchung von Harnen mitteilen: Der Harn wurde jedesmal 
mit Katheter genommen und möglichst frisch untersucht. Zur 
Untersuchung des Harnsediments wurde es in dünner Schicht auf 
einem Objektträger ausgebreitet und an der Luft trocknen gelassen, 
dann wurde Lugolsche Lösung ausgeträufelt und nach einigen 
Minuten mit Filtrierpapier abgetrocknet. Nach einiger Zeit erst 
wird die Jodreaktion deutlicher, weshalb man die Untersuchung 
zweckmälsig nicht sofort vornimmt. Schon bei schwächerer Ver- 
grüfserung erscheint die jodophile Epithelzelle eigentümlich braun- 
rot gefärbt. Die glykogenhaltigen Leukocyten lassen sich erst 
unter stärkerer Vergrölserung genau erkennen. 

Die Verteilungen des Glykogens im Epithel ist selten gleich- 
mälsig diffus, im allgemeinen um den Kern besonders dicht und 
nach der Peripherie unregelmäflsig schollig granuliert (Taf. II, Fig.4). 
Es löst sich im Speichel und entfärbt sich beim Erwärmen, während 
die Farbe beim Erkalten wiederkehrt. 

Ohne eingeschlossen zu werden hält sich das Glykogen relativ 
lange, entfärbt sich aber allmählich, doch kehrt die Färbung bei 
abermaliger Behandlung mit Jod wieder. Die Reaktionsfühigkeit 
wird nach und nach schwächer und verschwindet endlich gänzlich. 

Ich fasse der Übersichtlichkeit halber die Resultate der Harn- 
untersuchung tabellarisch zusammen. 


384 Renichiro Ikeda. 











Glykogen- 
Blasenerkrankungen De Bemerkungen 
zellen 
1. Chronische Cystitis mit ' | 
Prostatahypertrophie / 
2. Chronische Oystitis mit | |Reichliche erlykorenhaltire Platten- 
Prostatahypertrophie epithelien. Aus bei der Operation ab- 
° | verissenen Schleimhautstückehen der 
| Blase Metaplasie nachgewiesen. 
, I š d I I 
8. Chronische Cystitis bei 
Hypertrophie des Mittel- ` o 
lappens des Prostata und 
Blusenstein | | 
4. Retentio urinae aus | | Epithelzylinder ohne Glykogen ve- 
Prostatahypertrophie i | funden. 
5. Retentio urinae aus o 
Prostatahypertrophie 
6. Chronische Ovstitis mit 
A tert. ` ırtr in Pa ER ` 
Prostatahypertrophie und T sammenhängender Form vorhanden. 


Stein | 
7. Chronische Cystitis mit 
Hypertrophie des Mittel- 
lappens des Prostata und 
Stein 
8. Blasenstein 
9. Blasenstein 
10. Blasenstein | 
11. Blasenstein 


12. Prostatitis mit Blasen- | 
steinen 
13. Chronische Cystitis ' 
nach Sectio alta weren 
Lithiasis | 


| 


14. Chronische Cystitis mit, 
ehronischer Prostatitis | 


15. Chronische Basal- | 
eystitis | 
16. Cystitis gravis | 


17. Chronisehe Cystitis 


18. Chronische Cystitis 

19. Chronisehe Cystitis 

20. Pyurie und Baeteriurie 
nach Lathotripsie 

21. Cystitis ulcerosa bei 
Nierentuberkulose 


| 
I iele Epithelien mit Glykogen in zu- 


Viele Lenkoeyten mit Glykogen. 


Nach der Obduktion keine Metaplasie 
der Blasenschleimhaut nacheewiesen. 


Blasendreieek eystoskopisch ödematös 
und ulcerös nachgewiesen. 


Zusammenhängende  elykogenhaltige 
Epithelzellen. 
Nur Lenkocyten glykogenhaltig. 


T: 


Nur Lenkocyten glykogenhaltig. 


— —— VV E e E 


Lehre von der epilermoidalen Umwandlung des Harnblasenepithels. 385 














Glykogen- 
prüfung in 

' Blasenepithel- | 

| zelleu | 


Blasenerkrankungen Bemerkungen 





| 


22. Chronische Uystitis bei | | 
tuberkulöser Pyonephrose | 


23. Phosphaturie nach | 

Nephrektomie weren Tu- — | 

berkulose | 

24. Akute Kolieystitis ı Massenhafte  wlvkogenhaltige Eiter- 

‚körperchen, wenige Epithelien ohne 
Glykogen. 


25. Akute gonorrhoisehe 





Cystitis | 
26. Subaknte Kolieystis Durch Seetio alta wurde Schleimhaut 
— stark angreschwollen une werötet nach- 
| vewiesen. 
27. Papilloma vesicae ae 'Grosskernige polymorphe Epithellen 
nit Glykogen massenhaft nachgewiesen. 
28. Papilloma vesicae se ‚Grosskernige  polyimorphe Epithelien 
i ' | mit Glykogen massenhaft nachgewiesen. 
29, Papilloma vesicae | Charakteristisehe elykogenhaltive Bla- 
+- senepithelzellen omit langem Proto- 
| plasimafortsatze wefunden. 
30. Imtiltriertes Blasen- Nach der Operation nachgewiesen, 
karzınom | de | dafs es teilweise verbhomenderZylinder- 
| | zelleukrebs war. 
31. Chronische mutt: Cystoskopiseh das Vorhandensein von 
rhoisehe Cystitis SÉ Leukoplakie und im Harn massenhäfte 


‚jodophile Epithelzellen nachgewiesen. 


| : 
I ("vstoskopisch  Leukoplakie  nachre- 
wiesen. 


32. Chronische Üystitis mit 
Prostatahypertrophie 


+ 


Aus dieser Tabelle erhellt es, dafs bei chronischer Cystitis 
relativ häufig Metaplasie vorkommt (besonders oft bei Prostata- 
hypertrophie) und dafs bei Blasentumoren, wie ich oben aus der 
hystologischen Untersuchung angenommen hatte, viele glykogen- 
haltige Epithelien ausgestolsen werden. . . 

Die Unterscheidung ¿zwischen glykogenhaltigen Geschwulst- 
zellen und metaplasierte Plattenepithelzellen ist oft sehr schwierig, 
besonders ödematös gequollene (Gseschwulstzellen, welche man bei 
Papillom trifft, ähneln ganz den Plattenepithelzellen; bei Platten- 
epithelkarzinom ist die Analogie eine vollkommene. 

Mit Rücksicht auf den Umstand, dafs der Nachweis der 
Epithelmetaplasie bei chronischer Cystitis für die Prognose der 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 26 


= 


— "eg 
. 
— T W. "Y. 
GE 


° _ w ng 
ee. de 
CR , ac 


, E 


- se t 


rg ei 
. 7 An wi Si 
SÉ EE 


386 Renichiro Ikeda. 


Erkrankung schwer ins (sewicht fällt, ındem wir diese Formen ge- 
meinhin trotz aller Behandlung andauern sehen, halten wir aus 
klinischen Gründen in jedem Falle von chronischer Cystitis die 
leicht ausführbare Jodprüfung für angezeigt. 


Zum Schlufs spreche ich Herrn Prim. Dr. Zuckerkandl 
meinen herzlichen Dank für die Anregung zu dieser Arbeit und 
die Überlassung seines Materials aus. 


Literaturverzeichnis. 


l. Benda, Über neue Darstellunzsmethoden der Zentralkörperehen. Ver- 
handl. der physiol. Gesellschaft zu Berlin, Jahrg. 1900—1901, Nr. 1 u. 2. 

2. Best, Über Glykogen, insbesondere seine Bedeutung bei Entzündung 
und Eiterunge. Zieglers Beiträge, Bd. 33. 1903. 

3. Bosellini, Beitrag zum Studium des Glykorens in der Haut bei Haut- 
erkrankunren. Arch. f. Dermatol. u. Syph., Bd. 61. 

4. Brault, Le pronostie des tumeurs basé, sur la recherche du glykorene, 
Paris 1899. 

5. Brik, Leucoplacia vesicae. Wien. med. Presse, 6. u. 13. Sept. 1896. 

6. Ehrlich, Über das Vorkonmen von Glykogen im diabetisehen und 
im normalen Organismus. Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 6. 1883. 

7. Ernst. Studium über normale Verhormung mit Hilfe der Gramschen 
Methode Arch. f. mikr. Anat., Bd. 47. 1896. 

8. Ernst, Studien über pathol. Verhornung mit Hilfe der Gramschen 
Methode. Zierlers Beiträre, Bd. 21. 1897. 

9. Gierke, Das Glykogen in der‘ Morphologie des Zellstoffwechsels. 
Zieglers Beiträre, Bd. 37. 1905. 

10. Halle, Leueoplasies et eaneroides dans l'appareil urinaires. Annal. 
de maladies ven. urin. 1895. 

11. Heymann, Beiträge zur Metaplasie des Blasenepithels. Zentralblatt 
f. Harn- u. Sexualorgane, Bd. 17. 1906. 

12. Jaksch, Klin. Diagnostik. 1901. 

13. Kreps, Leucoplacia vesicae. Zentralblatt f. Harn- u. Sexualorsrane, 
Bd. 13. 1902. 

14. Langhans, Über das Vorkommen von Glykogen. Virchows Arch., 
BdA. 120. 

15. Liehtenstern, Ein Beitrag zur Metaplasie des Harnblasenepithels. 
Wien. klin. Wochenschr.. Nr. 13. 1904. 

16. Lohnstein, Über Leukoplacia vesicae. Vierteljahrsbericht aus dem 
Gebiete der Erkrankungen der Harn- u. Sexualorgane, Bd. 3. 

17. Lubarsch, Über die Bedeutung der pathol. Glykogenablagerunyren. 
Virchows Arch., Heft 2. 1906. | 


Lebre von der epidermoidalen Umwandlung des Harnblasenepithels. 387 


18. Posner, Untersuchungen über Schleimhautverlormung. Virchows 
Arch.. Bd. 118. 1889. 

19. Ravasıni, Beitrax zur Leukoplakie der Blase. Zentralblatt f. Harn- 
u. Sexnalorrane, Bd. 14. 1903. 

20. Schiele, Das Glykogen in normalen u. pathologischen Epithehlen. 
II Bern 1880. 

21. Stoekmann, Ein Fall von epidermoidaler Metaplasie der Harnwege. 
Zentralblatt f. Harn- u. Sexualorgane, Bd. 13. 1902. 

22. Störk, Beiträre zur Pathologie der Schleimhaut der harnleitenden 
Were. Zierlers Beiträre, Bed. 26. 1899. 

23. Zuckerkandl, Die Erkrankungen der Harnblase. Handbuch der 
Urolorie, Bd. 2. 


Erklärung der Abbildungen auf Tafel Il. 


Fir. 1. Ein Epithelzapfen aus einer chronisch entzündeten metaplasierten 
jlasensehleinhaut, in welchem obertlächlich Ru. und Stachelzellen vorhanden 
sie, während der tiefste Teil aus eigentümlichen Zellen vom dritten Typus 
besteht. 
Fir. 2. Metaplasierte Blasenschleimmhautepithelien. Glykorenfärbung mit modi- 
hhzierter Weigertscher Gliafärbungsmethode nach Benidla. 
Fir. 3. Metaplasierte Blasenschleimhautepithelien. Glykorenfärbung nach Best. 
Fir. 4. Metaplasierte Blasenepithelzellen aus Harnsedimente. Glykorenfärbung 
mit Lugolseher Lösung. 


Ji 


Über einige Fälle aus dem Gebiete der 
Nierenchirurgie. 
Klinischer Beitrag. 
Von 
Dr. Carmelo Bruni, 
Privatdozent der pathologischen Chirurgie in der kgl. Universität 
| Neapel, 


Dozent der Krankheiten der Harnwege. 
Mit 3 Textabbildungen. 


Trotz der in den letzten zwanzig Jahren zahlreich veröftent- 
lichten Fälle und Krankengeschichten aus dem Gebiete der Nieren- 
chirurgie sind die Ätiologie, Pathologie und Therapie der einzelnen 
Affektionen noch keineswegs erschöpfend zur Darstellung gekommen, 
zumal auch die Fortschritte der Diagnostik und Öperationstechnik 
die Indikationen für den chirurgischen Eingriff fortdauernd erweitern 
und ausdehnen. Beinahe jeder Fall hat seine Besonderheiten. Des- 
halb bringe ich hier fünf Fälle zur Kenntnis; der erste Patient fand 
einen unaufgeklärten Tod 15 Tage nach einer schweren Nephrolitho- 
tomie, am 14. Tage nach dem Eingriff, als er sich schon in voller 
Rekonvaleszenz zu befinden schien. Der zweite Fall mit einem im 
Blasenende des Ureters eingekeilten Steine gibt die Gelegenheit zur 
Beschreibung eines zweckmälsigen ÖOperationsverfahrens bei der 
Frau. Der dritte Fall einer paravesikalen nach der Blase durch- 
gebrochenen Eiterhöhle weist nach, dafs selbst die Anwendung der 
neuesten technischen Hilfsmittel (Oystoskopie, Harnscheidung) uns 
nicht vor schwerwiegenden Irrtümern in der Diagnostik der Krank- 
heiten der Harnorgane schützt. Der vierte Fall von Ureterverletzung 
lehrt uns, dafs auch heute noch, 36 Jahre nach der ersten Nieren- 
exstirpation Simons in Heidelberg, dessen Indikation für diesen 
Eingriff in manchen Fällen zu Recht besteht. Die fünfte Kranken- 
geschichte berichtet über die glückliche Entfernung einer aus einer 
unbekannten Ursache in einer Wanderniere entstandenen Cyste durch 
Exstirpation des fast verödeten Organes. 


I. Anurie durch Nierensteine; Nephrotomie nach 14 Tagen. 


M., Franz, 38 Jahre alt, Gutsbesitzer, von Gragnano. Vater ist 
an Gicht, Mutter an Herzleiden gestorben. Schon mit 28 Jahren 


Uber eimiee Fälle aus dein Gebiete der Nierenchirureie. dr 
E = 


hat Patient Gichtanfälle gehabt, mit 37 Jahren eine linksseitige 
Nierenkolik, die mit Entleerung einer grofsen Menge roter Körnchen 
endete. Sehr fettleibig, hat Patient überdies eine sitzende Lebens- 
weise geführt und sich hauptsächlich von Mehlspeisen ernährt. 

Der ersten Kolik folgten bald viele andere, jedoch ohne genau 
lokalisierte Schmerzen; während der letzten (8. September 1903), 
die mehrere Stunden lang dauerte, fühlte er das lebhafte Bedürfnis 
zu urinieren, ohne jedoch imstande zu sein, Harn zu lassen; mit- 
telt Katheters wurden einige Kubikzentimeter Harn entleert. 
Diesem Kolikanfall folgte völlige Anurie mit beiderseitigen 
Lendenschmerzen während mehrerer Tage. 6 Tage nach Einsetzen 
der Krankheit lokalisierten sich die Schmerzen auf der linken 
Seite. Alle Therapie blieb ohne Erfolg: heilse Bäder, kräftige 
Hautreibungen, Purgier- und diuretische Mittel vermochten die 
Anurie nicht zu lösen. 

Am 22. September 1903 fand ich bei der Untersuchung mit 
Dr. Apostolico in dem Patienten ein jugendliches, übermäflsig be- 
leibtes Individuum mit Konjunktivalödem, erweiterter Pupille und 
einem Tic am linken Angenlid, hartnäckigem Kopfschmerz, be- 
ständigem Erbrechen; Bewulstsein klar, fadenförmiger, rhythmischer, 
nicht zählbarer Puls; Rektaltemperatur = 37,7. 

Die Palpation der Niere war ergebnislos. Nur ein starker 
Druck links löste heftigen Schmerz aus, der in der Richtung des 
Ureters verlief und nach dem korrespondierenden Hoden aus- 
strahlte. Die Blase war leer; die Mastdarmuntersuchung olıne 
Resultat. 

Die Diagnose lautete auf Anurie seit 14 Tagen infolge erneuter 
Nierensteinbildung; Verlegung der linken Niere; Urämie. 

Die Prognose, auch für den chirurgischen Eingriff, war zweifel- 
haft. Ich nahm die Nephrotomie mit Lendenschnitt in gerad- 
bogenföürmiger Linie nach Guyon vor. Trotz Chloroformnarkose 
gelang es nur mit grolser Schwierigkeit, die höchst voluminöse, 
grspannte, violettfarbene Niere freizulegen. Den oberen, unter den 
linken falschen Rippen verborgenen Pol zu erreichen, war un- 
möglich. 

Da eine Kompression der Hilusgefälse mit den Fingern sich 
als unausführbar erwies, machte ich auf dem konvexen Rande der 
Niere einen ca. 3 cm langen Einschnitt. Dieser veranlafste den 

Erguls eines starken Strahles Blut und blutartiger Flüssigkeit; mit 
dem Finger drang ich durch das morsche Parenchym leicht in das 


390 Carmelo Bruni. 


kleine Nierenbeken. Der tiefer eingeführte rechte Zeigefinger 
fühlte einen Stein, der in das äufserste obere Ende des Ureters 
eingekeilt war; eine lange Pinzette holte den Stein heraus. 

Wegen des bedenklichen Zustandes des Kranken enthielt ich 
mich wejterer Eingriffe und trachtete die Operation möglichst rasch 
zu Ende zu führen; dieselbe dauerte nur ca. 35 Minuten. Die 
Niere wurde mittelst Naht an der Muskulatur befestigt und mit 
steriler Gaze drainiert; einige Nähte verkleinerten die Haut- 
wurde. Injektion von Koffein und Kochsalzlösung erwies sich als 
erforderlich. 

Patient erwachte erst spät aus der Chloroformnarkose. 

Der Stein hatte Kirschengrölse, war abgerundet, ziemlich ein- 
gedrückt, und bestand aus zwei kleinen miteinander verschmolzenen 
Teilen, wovon der grölsere ungefähr 55 cg wog, während der 
kleinere, 46 cg schwere eine unregelmälsige Gestalt und glatte Ober- 
fläche aufwies. 

Prof. Malerba’s Analyse erwies das Überwiegen von freier 
Harnsäure und von Uraten; geringe Quantitäten von Kalziumoxalat 
und Spuren von organischen muzinartigen Substanzen waren eben- 
alls vorhanden. 

22. September. Während der Nacht trat eine merkliche 
Besserung des Allgem einbefindens ein unter Entleerung eines Liters 
blutigen eiweilsreichen Urins auf natürlichem Wege. 

Aus der Lendenwunde tropfte reichlich Urin und eine mälsıge 
Menge Blut. 

23. September. Leichtes Fieber in den Abendstunden; die 
Temperatur hatte 38,5 erreicht. Spontane Urinentleerungen durch 
die Harnröhre und Ausflufs grofser Mengen Urins aus der Lenden- 
wunde; Allgemeinbefinden mäfsig. 

24. September. Entfernung des Tampons aus der Wunde und 
Einführung neuer Gaze. Abendtemperatur = 37,4. Milch und 
einige Löftel Champagner. 

Während der folgenden Tage liefs das Erbrechen nach, und 
das Befinden des Kranken besserte sich. 

30. September. Abends hohes Fieber = 39,2. Nach Ver- 
abfolgung eines öligen Abführmittels liefs das Fieber am Morgen 
nach. Der Kranke war auf dem besten Wege der Heilung, die 
Wunde begann schon zu vernarben. 

ö. Oktober. Plötzlich, ohne bekannte Ursache, Unruhe des 
Patienten. Die Temperatur war um Gi, Uhr abends 36,4. 


Uber einire Fälle aus dem Gebiete der Nierenchirurzie. 391 
Puls = 124. Geringe (Juantität Urin aus der Wunde; erneutes 
Erbrechen. 


Hypodermoklyse von ca. 300 g; Injektionen von Kampferöl. 

6. Oktober. Morgens fand ich den Kranken in tiefem 
Schlummer, auf Anrufen antwortet er nicht; kalte Schweifse, Tem- 
peratur 35,9, schwacher, arhythmischer Puls; 11 Uhr abends Exitus, 
d.h. 15 Tage nach dem Eingriff. Die Sektion wurde nicht ge- 
stattet. 

Obschon die Nierensteinanurie heutzutage zum Gebiete der 
Chirurgie gehört, und über die Indikationen zur Operation wie be- 
trefis der Technik keine Meinungsverschiedenheiten mehr obwalten, 
so sind dennoch nur wenige Operationen bekannt; dies ist vielleicht 
darauf zurückzuführen, dafs die Operateure die letalen Fälle nicht 
zur öffentlichen Kenntnis bringen. 

Tatsächlich betragen diese Fälle in Legueus Statistik 11, in 
Poussons 15; die italienische Literatur ist äufserst arm an diesen 
Ziffern, wenn man damit die 30 Fälle in Hucks Statistik ver- 
gleicht. 

Der im Vorstehenden geschilderte Fall von Nierensteinanurie 
ist von Bedeutung wegen der langen Dauer der Anurie: 14 Tage, 
bevor zur Operation geschritten wurde. Es finden sich wenig 
gleiche Fälle in der Literatur: Huck operierte bei Nierensteinanurie 
am 10. Tage, Suarez y Mendoza am 12., Pousson am 13, 
Lucas Championniere, Chevalier am 14., Nicolich am 
15. Tage. 

Einige Punkte der Nierensteinanurie sind noch umstritten: so 
der Zeitpunkt, wann der Eingriff indiziert ist; die zu einer sicheren 
Lokaldiagnose erforderlichen Mittel; die für den Einschnitt zu 
wählende Seite. 

Wann ist bei Nierensteinanurie der Eingriff indiziert? 

Man kann zunächst sagen, dals hierüber keine festen Regeln 


existieren, vor allem deshalb, weil man — bei der Wahrschein- 
lichkeit einer spontanen Heilung — leicht das berechtigte Zögern 


des Arztes begreift, dem Chirurgen das Feld zu überlassen. 

Der hohe Prozentsatz des Exitus letalis bei Operationen der 
Nierensteinanurie ist weniger der Gefährlichkeit des Eingriftes, als 
vielmebr der späten Ausführung der Operation zuzuschreiben. 

„Die Operation nicht verzögern heifst die Zerstörung des 
Nierenepithels und eine zu weit vorgeschrittene Intoxikation ver- 
hindern * (Pousson). 


392 Carmelo Bruni. 


Die Fälle von Sinkler, der einen Anuriker behandelte, bei 
dem nach 9!, Tagen durch spontane Ausstofsung eines Steines 
Heilung eintrat, von Huck nach 10 Tagen, von Decourneau und 
Fereol nach 8 Tagen beweisen wohl die grofse Widerstands- 
fähigkeit des Organismus gegenüber den Harugiften, aber sie 
dürfen keineswegs den Arzt zum Zögern verleiten. 

Vor einigen Jahren noch nahm man mit Pousson allgemein 
an, dafs der Arzt bis zum 8. oder 9. Tage zuwarten könne, aber 
Donaddieu und Legueu schränkten diese Frist auf den 5. Tag 
ein, mit der Angabe, dafs diese Grenze „weder die absolute 
Toleranz bedeute, noch die Anurie bestätige“. 

Nach Huck soll man nicht über den 3. Tag zuwarten. 
Beguin und andere Autoren sind der Ansicht, dafs man angesichts 
einer Nierensteinanurie nach 48 Stunden eingreifen müsse, wie bei 
einem eingeklemmten Bruch, in jedem Falle, wo des Arztes Kur 
erfolglos blieb. De Gradly, der aufänglich ein ruhiges Zuwarten 
bis zum 5. Tage vertrat, hat später die Nephrotomie für dringlich 
erklärt, und Albertin ist der Ansicht, dafs man nicht über den 
2. oder 3. Tag hinaus zuwarten solle. 

Zugunsten des zeitigen Eingriffes zitieren wir die gewichtige 
Meinung Israels: „Wenn einmal das Prinzip adoptiert sein wird, 
dafs man innerhalb 48 Stunden eingreifen mufs, wird man ganz 
andere Resultate zu verzeichnen haben wie bisher. Dies findet 
seine Bestätigung in der Statistik.“ Israel verlangt vom Arzte, 
mit der Operation nicht zu warten, bis dafs die urämische Intoxi- 
kation und die konsekutive Veränderung der Niere eine nicht mehr 
einzudämmende Entwicklung genommen haben. 

Zur Bestätigung der Ansicht Israels will ich einige beweis- 
kräftige Zahlen mitteilen. Die Mortalität bei Nierensteinanurie, 
die sich selbst überlassen bleibt, beträgt tatsächlich 56,25°/,. Hin- 
gegen sind die Resultate des chirurgischen Eingriffes um so besser, 
je früher die Operation ausgeführt wird. Dies erhellt aus folgenden 
Zahlen: 

Vor dem 6. Tage beträgt die Mortalität 42°; vor dem 
5. Tage 30,75°/,; vor dem 4. Tage 25°/,. 

Der frühzeitige Eingriff bei totaler Nierensteinanurie ist auch 
experimentell begründet, wie aus den Studien Bouchards hervor- 
geht, der sich folgendermalsen ausspricht: „Ein Individuum pro- 
duziert in weniger als 3 Tagen eine Quantität Gift, welche genügt, 
um seinen Organismus zu vergiften; wenn daher die Nieren 3 Tage 


. —— 


Uber einige Fälle aus dem Gebiete der Nierenchirurgie. 393 


hindurch nicht funktioniert haben, müssen sie intensiv angegriffen 
sein.“ 

Meiner Ansicht nach. ist es jedoch für den praktischen Ge- 
brauch in der Klinik wenig zweckmälsig, den für die Operation 
indizierten Moment bei Nierensteinanurie durch Untersuchung der 
Gittigkeit des dem Anuriker mittels Aderlalses entzogenen Blutes zu 
bestimmen, da, wie man weils, diese Diagnose sich auf die Giftigkeit 
des normalen Blutes beziehen mülste, welch letztere selbstverständlich 
nicht als konstant betrachtet werden kann. 

Meine eigenen Beobachtungen ebenso wie die der anderen vor- 
stehend erwähnten Autoren betreffen also Ausnahmefälle, wie 
Pousson sagt, und können nur als Beweis dafür dienen, dafs 
es niemals zu spät ist, eine Operation zu versuchen, womit ich 
nicht etwa das Aufschieben verteidigen will. 

Die weitere Frage ist: An welcher Niere ist der Einschnitt 
auszuführen? 

Aus der klinischen Praxis ist bekannt, dafs der Sitz des Hinder- 
nisses bei der Nierensteinanurie nicht immer leicht zu bestimmen 
ist. und nach allgemeinem Dafürhalten ist die Anamnese von 
grolser Wichtigkeit. Diese jedoch, wie die Untersuchung des 
Kranken überhaupt, hat den Chirurgen oftmals in die Irre geführt, 
weshalb Albarran für die Fälle, wo die Diagnose unsicher ist, 
den Ureterkatheterismus als einziges weniger unzuverlässiges Mittel 
angeraten hat. | 

Huck sagt in seiner erwähnten Arbeit: „Soweit man aus 
einer beschränkten Anzahl von Fällen weils, ist der Ureterkathe- 
terismus nicht nur ein gutes Mittel für die Diagnose, sondern er 
kann auch wertvoll für die Behandlung sein, zumal wenn das 
Hindernis aus einer Anhäufung von Sand besteht. Imberts Fall, 
von einer mit Ureterkatheterismus geheilten Nierensteinanurie, der 
auf der letzten Versammlung der Französischen Gesellschaft für 
Urologie mitgeteilt wurde, ist ein Beweis und eine Bestätigung 
dafür.“ 

Genannter Autor berichtet über die Untersuchung eines 
Kranken, bei dem — nach einem Anfall von linksseitiger Nieren- 
kolik — vollständige Anurie eintrat. Da diese 2 Tage andauerte, 
führte Imbert den Katheterismus des linken Ureters aus. Nach- 
dem der Katheter am Nierenbecken angelangt war, erfolgte Abfluls 
von ca. 3—4 ccm eines durch rötliche Sandmassen, Schleimgetrübten 
Urins durch das Instrument; dasselbe blieb dauernd liegen, und am 





2.3 Carmelo Bruni. 

zi: Morgen wurden ca. 400 g blutgefärbten Urines entleert. 
As zı:2 12 Stunden der Katheter entfernt wurde, kehrte die 
Lian spontan wieder. 


Es Zsben einige Autoren geglaubt, in der Radiographie ein 
&sres Mittel für die Diagnose der Nierensteine gefunden zu 


` 
nn u nn 


Ser: jedoch, ohne die grofsen Dienste in Abrede stellen zu 
w >. welche die Radiographie dem Kliniker leistet, darf man 
ri. vergessen, dafs diese Methode noch sehr unsicher ist und 
r-<h auf Verbesserungen in der Zukunft harrt. Ich will nicht die 
Mirzeiiung Pasteaus und Vanverts’ übergehen, worin diese beiden 
Axtoren die Aufmerksamkeit der Urologen auf die Dienste gelenkt 
kaben, welche die Cystoskopie in solchen Fällen leisten kann. 
Nach genannten Autoren kann man vermittelst der Cystoskopie bei 
Nierensteinanurie erkennen, welche der Nieren verlegt ist, also an 
welcher der Einschnitt zu machen ist: sie haben für derartige Fälle 
die Uretermeatoskopie angepriesen, die in einer kürzlich erschienenen 
Monographie von Fenwick klassisch geschildert worden ist. 

Obwohl meine diesbezüglichen Erfahrungen nicht ausgedehnt 
sind. halte ich dafür, dafs die Uretermeatoskopie nur dann von 
Nutzen sein kann, wenn der Stein abwärts gewandert und am 
äulsersten unteren Ende des Ureters zur Ruhe gekommen ist, wie 
dies in einem Falle, den ich später kurz mitteilen werde, sich er- 
eignete; ich glaube aber, dafs in den übrigen Fällen wenig davon 
zu erwarten ist; eine verbesserte Radiographie und der Ureter- 
katheterismus können jedoch zweckmälsig die schwierige Frage der 
Diagnose lösen. 

Pousson geht noch weiter und ist der Ansicht, dafs die 
Schwierigkeiten einer Lokaldiagnose nicht die Hand des Chirurgen 
lähmen dürfen, der stets mittelst Nephrotomie dem Urin einen Ab- 
gute verschaffen muls. 

In meinem Falle zögerte ich nicht im mindesten, den Einschnitt 
an der linken Niere vorzunehmen. Der seit ca. 8 Tagen links lo- 
kalisierte Schmerz, der sich nur bei Palpation an dieser Seite 
äufserte und zum Ureter und zum entsprechenden Hoden aus- 
strahlte, veranlafste mich, die Operation links vorzunehmen. 

Wie ist der Tod des M., der 15 Tage nach dem operativen 
Eingriff erfolgte, als bereits jede Gefahr beseitigt schien, zu er- 
klären? Man könnte mit Legueu erwidern, dafs „der Kranke 
kurz vor Eintreten der Anurie nur mit einer einzigen Niere arbeitete“, 
aber in den postoperativen Aufzeichnungen ist notiert, dafs in der 


Uber einige Fälle aus dem Gebiete der Nierenchirurgie. 395 


auf den Eingriff folgenden Nacht aus der Blase ca. 300 g blutigen 
Urines entleert wurden, der reich an Eiweils war und in den nach- 
folgenden Tagen allmählich normal wurde; daraus geht hervor, dafs 
der Harn sicherlich von der rechten Niere kam, welche fast normal 
funktionierte, und nicht von der linken Seite. Dieser Umstand be- 
rechtigt uns, eine Reflexanurie anzunehmen, die von Legueu, 
Donaddieu, Huck geleugnet wird, aber von Albarran und 
Israel experimentell bewiesen ist. Oder könnte man nicht zu- 
geben, dafs ein Stein die Wege der anderen, als gesund ange- 
nommenen Niere verlegt habe? 

Die Antwort kann nicht präzis gegeben werden, da die Autopsie 
nicht gestattet wurde; vielleicht kann man viele dieser Momente 
ansprechen, um eine Erklärung für den nachträglichen Tod zu 
geben. 


II. Dreitägige Anurie durch Nierenstein; Ureter-Meatoskopie. 


B. aus Neapel, 45 Jahre alt, verheiratet, Kinder gesund; 
Patientin ist sehr korpulent, hat sich immer gut genährt und 
sitzende Lebensweise geführt. Nach dem 40. Lebensjahre begann 
die bis dahin gesunde Frau, unbestimmte Gelenkschmerzen wahr- 
zunehmen, und hatte dann einen Kolikanfall, dessen Ursprung in der 
Niere festgestellt wurde. Zwei Jahre später hatte sie einen neuen 
Anfall, der wie der erste ohne weitere Folgen nachliefs; im De- 
zember 1904 neuer Anfall von einigen Tagen mit fast vollständiger 
Anurie. Pat. wurde von Dr. Lo Bello behandelt, der als Kon- 
sulent Prof. Matoni einlud; letzterer diagnostizierte dreitägige 
N\ierensteinanurie und riet zur Operation. Prof. Caccioppoli he- 
stätigte die Diagnose und stellte durch Palpation an der Aus- 
mündung des linken Ureters einen kleinen Stein fest, dessen Ex- 
traktion beschlossen wurde. Vor Ausführung der Operation zur 
Cystoskopie aufgefordert, konnte ich eine gesunde, mälsig gefüllte 
Blase feststellen. Aus der geschlossenen rechten Ureterausmündung 
kam kein Urin, und nur durch Verfolgen des Ligamentum interuretericum 
war ihre Auffindung möglich. Die Mündung des linken Ureters 
sprang liervor, war geschwollen und gerötet; der Vorsprung hatte 
die Gröfse einer kleinen Kirsche, fast kugelförmige Gestalt, und an 
der klaffenden Ureteröffnung konnte man einen rötlichen Körper 
schen, der ein klein wenig in die Blase hervorsprang; augenscheinlich 
der Stein, welcher in das vesikale Ende des linken Ureters ein- 
gekeilt war. Die Konturen dieser Vorbuchtung schienen von 


396 Carmelo Bruni. 


einem Konglomerat strotzender Gefäfse gebildet zu sein, die die 
unmittelbare Nachbarschaft der Ureteröffnung streifenförmig umgaben, 
während aus der Öffnung des Ureters ein in der Blasenflüssigkeit 
sich bewegendes Gerinnsel austrat. 

In Fällen von im Blasenende des Ureters eingekeilten Steinen 
ist die Ureterolithotomie, mit oder ohne nachfolgende Naht, die 
Operation der Wahl. 

In der Ureterchirurgie, die in den letzten Jahren, zumal dank 
vieler italienischer Arbeiten, grofse Fortschritte gemacht hat, exi- 
stieren verschiedene Angaben über die Wege, auf denen man zum 
Stein gelangen kann. 

Picque!) hat kürzlich in einer Mitteilung an die Chirurgische 
Gesellschaft zu Paris bis ins kleinste die verschiedenen Methoden 
studiert und die Vor- und Nachteile eines jeden einzelnen Verfahrens 
nachgewiesen. 

Die vielfach bevorzugte transperitoneale Methode umfalst zahl- 
reiche Verfahren, die man nach Picqu& folgendermalsen zusammen- 
fassen kann: 

l. Beim Manne a) der perineale Weg, von Morris empfohlen; 
b) der rektale Weg, vorgeschlagen und befolgt von Oeci.?) Dieser 
hat tatsächlich zuerst, seit 1887, mittels Rektalschnitts sieben Steine 
im Gesamtgewicht von 18,28 g extrahieren können, welche im 
Vesikalende des linken Ureters eingekeilt waren. 

2. a) Der Sakralweg, von Delbet, hat keine Gönner gefunden, 
da er langdauernd und schwierig ist. b) Der lumbare Weg wird 
für ein nur ansnahmsweise anzuwendendes Verfahren gehalten. 

3. Der transvesikale, für beide Geschlechter anwendbar, ist 
nur dann brauchbar, wenn der Stein im interstitiellen Abschnitt 
des Ureters festsitzt; schon Ledran und Desault hatten übrigens 
daran gedacht, die Steine von der Blase her zu entfernen. 

4. Der iliakale Weg ist anzuraten, wenn man am Becken- 
segment des Ureters operieren will. Von Glantenay empfohlen, 
wurde dieser Weg später von Reynier, Poncet, Albarran und 
anderen befolgt. 

Beim Weibe haben wir schliefslich noch den vaginalen Weg, 
von Cabot, Emmet und Israel bevorzugt, oder die Simonsche 
Methode, nämlich die zwangsmälsige Erweiterung der Harnröhre, 








1) Piequé, Trois gros calculs enclavés à Vextrömite inferieure de l’uretere 
droit. Soc. de Chir. 1905. 


2) Ceci, Riforma medica. 1887. 


Uber einige Fälle aus dem Gebiete der Nierenchirursie. 397 


l 


um mit in die Blase eingeführtem Finger nach dem Stein zu tasten 
und ihn mittels passender Pinzetten zu extrahieren. 

Die häufigen Fisteln und Stenosen des Harnleiters, der bei 
diesen Operationen eingeschnitten wird, sowie die häufig auf die 
Simonsche Methode folgende Harninkontinenz mufsten den Chirurgen 
veranlassen, nach anderen Methoden zu suchen, und diesen Be- 
strebungen haben wir die Ureterolithotripsie zu verdanken, dank 
welcher der Ureter intakt bleibt. Diese Methode wird sich nach 
Boari!) einen Platz in der Chirurgie erringen: „Durch die Ureter- 
wände hindurch werden die im Kanal befindlichen Steine zerbrochen 
und die einzelnen Stücke rückwärts in das Nierenbecken gedrängt, 
um durch eine vorherige Nephrotomie extrahiert zu werden oder 
aber aus einer am Ureter (durch Ureterotomie) angebrachten 
Öffnung entfernt zu werden, oder aber die Fragmente werden durch 
Druck so zerkleinert und in die Blase gebracht, dafs sie durch 
Ausspülungen beseitigt werden können.“ 

 Cabot hat die entsprechende Technik beschrieben und die In- 
dikationen angegeben; er hält dafür, dafs ein ziemlich morscher 
Stein zwischen den Fingern zermalmt werden kann, ohne den Ureter 
zu verletzen, wobei man jedoch schr zart zu Werke gehen muls 
und nicht zu lange manipulieren darf, um keine starke Kontusion 
oder gar Zerreifsung der Ureterwandungen hervorzurufen; dies kann 
sehr leicht vorkommen, zumal wenn letztere entzündet sind. 

In diesen Fällen nun, wo es sich um im äufsersten vesikalen 
Ende des Ureters eingekeilte Steine handelt, und besonders bei 
kleinen Steinen kann an Stelle der Ureterolithotomie auf vaginalem 
oder rektalem Wege, die Simonsche Methode, die modifizierte 
Ureterolithotripsie, eine grolse Beihilfe finden in Nitzes”) opera- 
tiver Cystoskopie, die immer mehr Anhänger gewinnt. 

Die direkte Cystoskopie von Luys?) kann dem Operateur beim 
Weibe grofse Dienste erweisen, wie beim Manne das Operationscysto- 
skop oder die Cystoskopie im Bunde mit der Ureterolithotripsie auf 
Tektalem Wege. 

Mit einer Urethroskopröhre, 26 Charriere, und mit dem Be- 
leuchtungsapparat von Luys oder Otis-Jannot kann man beim 
Weibe die verlegte Uretermündung freilegen und mit passenden 

t) Boari, Chirurgia dell uretere. Roma 1900. 

2) Nitze, Die intravesikale Operation der Blasengeschwilste. 1596. 

3) Luys, Endoscopie de lurètre et de la vessie. Paris 1905. 


398 Carmelo Bruni. 


Pinzetten, Löffeln oder eigens angefertigtem Steinzermalmern den 
Stein loslösen und zerreiben. 

Diese kleine Modifikation bringe ich in Vorschlag, weil sie 
mir rationell scheint und leicht anwendbar ist für jeden Cresto 
skopiker. 

Nur eine dergestalt modifizierte Ureterolithotripsie kann eine 
wirklich praktische Anwendung finden, weil in diesem Falle der 
Stein nicht zwischen den Fingern zerdrückt wird — was unter 
Umständen unmöglich und problematisch ist, — sondern losgelöst 
und in Stücke zerlegt wird, die direkt unter die Kontrolle des 
Öperateurs gelangen. 


III. Über die Möglichkeit eines vom Cystoskop und den Urin- 
separatoren abhängenden Fehlers. 


Tuberkulöser Abszefs der Fossa iliaca, der sich iu 
der Blase geöffnet hatte und für eine rechtsseitige Pyo- 
nephrose gehalten wurde. 

T., 46 Jahre alt, verheiratet, Wirtschafterin. Anamnese un- 
erheblich. Nach einer Lymphangitis des rechten Unterschenkels 
infolge eines in den Fufls eingedrungenen Nagels begann sie über 
heftige, anhaltende Schmerzen in der Fossa iliaca zu klagen, welche 
bis zur rechten Lendengegend ausstrahlten. Hier konnte man bald 
eine langsam wachsende Anschwellung konstatieren. Abends Fieber, 
39—39.5. Eines Tages war der gewöhnlich helle Urin eiterig und 
übelriechend und verursachte nach der Entleerung ein leichtes 
Brennen. Nähere Mitteilungen über die Art der Eiterentleerung 
und über eine eventuelle Abnahme des Tumors danach waren nicht 
zu erhalten. 

Infolge des andauernden hohen Fiebers und der fortgesetzten 
Eiterausscheidung kam Patientin stark herunter. In Neapel wurde 
folgende Diagnose gestellt: beginnende Lungentuberkulose, rechts- 
seitige eitrige Pyelitis, wahrscheinlich tuberkulösen Ursprungs. Im 
Dezember 1903 wurde Patientin ins Ospedale degli Incurabili (Saal 
Ramaglia) aufgenommen. 

Die bleiche, abgemagerte, mangelhaft ernährte Frau zeigte 
einen leichten Vorsprung an der rechten Seite, besonders in der 
Fossa iliaca, der sich nach oben gegen die falschen Rippen zu 
verlor, mit oberflächlicher venöser Aderung. Die tiefe Palpation 
löste heftigen Schmerz aus und liefs eine Anschwellung wahrnehmen, 
die eine glatte Oberfläche und bedeutende Ausdehnung hatte und 


Uber eimge Fälle aus dem Gebiete der Nierenehirurzie. 399 


sich von den falschen Rippen gegen die tiefstgelegene Partie der rechts- 
sigen Fossa iliaca hinabzog; sie war weich und deutlich fluktuierend. 
Die mediale Grenze des Tumors lag in der Linea alba und ver- 
schob sich nicht bei der tiefen Inspiration. Dumpfer Schall im 
ganzen Umfang der Geschwulst, ohne hellen Darmschall des vor- 
elagerten Kolons. 

An der Wirbelsäule wurden keine schmerzhaften Stellen be- 
tunden. Der Katheterismus fördert ca. 100 g eines stark eiterigen 
Urines zutage. die Vaginaluntersuchung zeigt einen beweglichen 
Uterus mit gesunden Adnexen; die zarteste Palpation in der Trigonum 
vesicae-Gegend löst heftigen Schmerz aus. Fieber abends 39° C., 
° mit Schweifsausbrüchen. Geringe Infiltration der 
linken Lungenspitze. Untersuchung des Auswurfes negativ. Wenig 
Husten und Atmungsbeschwerden. 


morgens 87,9 


Der Urin, in normaler Menge, zeigt einen weifsgelblichen 
Niederschlag; spezifisches Gewicht 1018, 9 °,,, Eiweils. — Harn- 
stoft 16.8 g pro Liter. Bedeutende Verminderung der mineralischen 
Salze. Zahlreiche Eiterkörperchen, wenige Blutgerinnsel, Epithel- 
lun aus den oberen und unteren Harnwegen, vereinzelte Zylinder, 
spärliche zylindroide Zellen. Untersuchung auf Kochschen Bazillus 
negativ, 

Die Diagnose: rechtsseitige Pyonephrose, wahrscheinlich bazil- 
lären Ursprungs, wurde von den Chirurgen der Saalabteilung für 
richtig befunden und der operative Eingriff beschlossen; ich über- 
nahm es, die Urinscheidung vorzunehmen, wollte jedoch zunächst 
dir Patientin eystoskopisch untersuchen. 


Ich fand eine Blase von fast normaler Kapazität und etwas 
erbölter Sensibilität beim Kontakt; diese wurde leicht durch Anti- 
prin-Aniisthesie überwunden; höchst bemerkenswert ist der schon 
von Guyon hervorgehobene Umstand, dafs die Blase intakt bleiben 
kann, obwohl sie monatelang ein Sammelplatz für den Eiter war. 

Aus der rechten Uretermündung trat ein weilses Eiterband 
heraus, welches sich in einer gewissen Länge in der Blase hinzog 
und dann abbrach, um einem anderen Platz zu machen, das am 
gleichen Punkte zum Vorschein kam. Ein von einem Assistenten 
auf den Tumor ausgeübter Druck verursachte eine Verlängerung 
der Eiterschnur, ein Beweis dafür, dafs letztere von oben herkam. 

Diese von mir auch in anderen Ähnlichen Fällen konstatierte 
Erscheinung des zusammenhängenden Eiters wurde von Fenwick 


400 ('armelo Bruni. 


treffend mit einer Makkaroninudel verglichen, die bei ihrem Austritt 
aus der Maschine gezwungen ist, die Öffnung zu passieren. Fig. 1. 

Vorstehende Figur, Fenwick entlehnt, ist recht charakteristisch 
und stellt genau den auch von mir beschriebenen Befund dar. 

22. Dezember 1903. Anwendung des Downesschen Sepa- 
rators, nach vorausgegangener Blasenanästhesie mittels A-Eukain, 
welches eine Viertelstunde lang ziemlich gut vertragen wurde; nur im 
Vaginalast war der Druck schmerzhaft. 

Aus der linken Röhre wurden ca. 10 ccm fast klaren Urins 
aufgefangen, mit vereinzelten Eiterkörperchen und Blasenepithelien. 
Mit Natriumhyperbromit bei 4 20°C. dosierter Harnstoff = 15,68. 





Die rechte Röhre lieferte eine stark eitrige Flüssigkeit, die 
einige Minuten lang tropfenweise abflols, dann aber plötzlich infolge 
der Dicke des Eiters die Röhre verstopfte. Es wurde eine Injektion 
von Methylenblau durch die kleinere Röhre gemacht, um zu sehen, 
ob die vom rechten Separator gebildete Blasentasche leer sei, aber 
es ergab sich, dafs sie gefüllt war, indem einige Urintropfen von 
der entsprechenden linken Röhre blau gefärbt waren. Ich entfernte 
daher den Downesschen Separator, da mir das Resultat ent- 
scheidend zu sein schien: links ein klarer Urin, rechts eine Eiter- 
flüssigkeit, welch letztere jedoch zu spärlich war, um eine chemische 
Untersuchung zu gestatten. 

Nachdem so die Diagnose auf rechtsseitige Pyonephrose gestellt 
war, wurde, da das Fieber auf seiner Höhe blieb, die Nephrotomie 
beschlossen, obwohl die Beschaffenheit der anderen Niere einen 
radikaleren Eingriff gestattete.e Man war der Meinung, dafs es 


Über einize Fälle aus dem Gebiete der Nierenchirurgie. 401 
besser sei, zunächst den Eiter zu entfernen, um den Zustand 


der Patientin zu erleichtern, und dann erst die Nephrektomie vor- 
zunehmen. 


8. Januar 1904. Ich machte deshalb einen Einschnitt aufser- 
halb der Sakrolumbalmasse von den falschen Rippen vertikal nach 
unten, dann nach vorn oberhalb der Ilionkante bis zu der Spina 
iliaca anterior superior. Durch diesen Einschnitt gelangte ich 
leicht auf das hintere peritoneale Bindegewebe, welches infiltriert, 
gelatinös und hyperämisch befunden wurde. 


Nachdem ich so auf die Wand des Sackes gekommen war, 
suchte ich zunächst den oberen Pol der rechten Niere; zu meiner 
groľsen Verwunderung traf ich durch die wenig. veränderte Fett- 
kapsel hindurch auf eine Niere und ein Nierenbecken, die normale 
Form und Gröfse hatten. 


Ich verlängerte den Schnitt nach unten und öffnete eine Höhle, 
aus der 2 Liter dik-cremiger Eiter sich entleerten. Ich wollte 
die Beziehung des Sackes zum Ureter — nach dem cystoskopischen 
Befunde — feststellen; dazu führte ich durch einen kleinen am 
kunvexen Nierenrande angelegten Einschnitt einen Finger bis zum 
Nierenbecken ein, um eine Uretersonde zu dirigieren; dieselbe 
drang über 20 cm weit in den Harnleiter ein, ohne dafs ich das 
Ende in dem Eitersacke finden konnte. In die Höhle hatte einer 
der Assistenten einen Finger eingeführt. Die herausgezogene Sonde 
war mit Blut, aber nicht mit Eiter bedeckt; hieraus geht ziemlich 
sicher hervor, dafs der Ureter keine Verbindung mit dem Eiter- 
sack hatte. 


Die Nierenwunde wurde mit Catgutnähten geschlossen, und 
die Hautwunde teilweise vernäht. Prof. Laccetti konnte bei 
einer Prüfung des Eitersackes konstatieren, dafs das Os ilium teil- 
weise freigelegt war. Nach Ausschabung der Hölle wurde die 
Wunde mit steriler Gaze tamponiert. 


Am nächsten Tage wurde ein Liter ziemlich klarer Urin mit 
Spuren Eiters entleert. Das Fieber blieb hoch, die Lungentuber- 
kulose machte so rasche Fortschritte, dals am 9. März 1904 der 
Exitus erfolgte. 

Die Autopsie ergab Tuberkulose der linken Lunge; an der 
rechtsseitigen Ureterausmündung fand sich eine kleine dem Harn- 
leiter parallele Öffnung, die mit der früheren Abszelsböhle in Ver- 
bindung stand. 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 27 


402 Carmelo Bruni. 


Die gewundenen, mauchmal seltsamen Wege, die der Eiter 
verfolgt, um durch Passage der Gewebe nach aufsen durchzubrechen, 
sind dem Chirurgen wohlbekannt. Die Untersuchungen Koenigs 
und Pierre Delbets, welch letztere durch Waldeyers Kontrolle 
erhärtet sind (in seinem grolsen Werke über das Becken), haben 
erwiesen, dafs beim Weibe alle Abszesse, eitrige Geschwülste usw., 
die dem Verlaufe des Parangium hypogastricum folgen, gewöhnlich die 
Richtung nach Blase, Scheide, Fossa iliaca und prärektalem Gewebe 
einschlagen. Es ist daher nicht schwierig, die abnormen Kom- 
munikationen zwischen diesen Organen und Regionen zu erklären, 
die sich infolge Eindringens der Mikroorganismen ins lIymphatische 
System bilden. 

Die irrtümliche Diagnose eines Abszesses der Fossa iliaca, 
der für eine Pyonephrose gehalten wurde, hätte gar keine Be- 
deutung, da sie durch ein Konglomerat von klinischen Symptomen, 
und noch mehr durch die Gegenwart von grofsen Mengen Eiter im 
Urin gerechtfertigt war. 

Bemerkenswert hingegen ist der cystoskopische Irrtum, in den 
selbst der erfahrenste Cystoskopiker verfallen kann, so oft er die 
Cystoskopie bei Eiterungen der Nieren oder anderer Organe, die 
mit der Blase in Verbindung stehen, zur Anwendung bringen soll. 
Nach Fenwick kommen zuweilen perivesikale Abszesse vor, die in 
Verbindung mit dem Ovariim oder anderen Beckenorganen stehen, 
und die sich vermittels kleiner Öffnungen einen Weg in die Blase 
bahnen, worauf eine grolse Menge Eiter ausgestolsen wird, ähnlich 
einem Telegraphenstreifen, genau so, wie wenn sie aus der Üreter- 
münduug einer von Pyelonephritis befallenen Niere austräte. 

Die speziellen Unterschiede zwischen den beiden Ausmündungen 
sind vom Verfasser folgendermafsen gekennzeichnet: (Fenwick) 
The cystoscopie difference is luckily well marked when the kidney 
has become functionless, the wave of acid urine has ceased, the pus 
is often unirritating, and the circumureteric area is therefore com- 
paratively flat, smooth, and healthy, only the orifice is rounded and 
patulous; but in those cases in which an abscess outside the bladder 
bursts in the mucous membrane around the sinus is remarkable. 
It forms large, gelatinous, purple folels. These „fixed“ congested, 
and oedematous rugae are the result of the proximity of the 
extravesical inflammation. Between two of the most prominent 
ıugae the tape of pus issues. These artificial openings are mostly 
away from the ureteric area, being at the sides low down. 


Uber einire Fälle aus dem Gebiete der Nierenchirurgie. 403 


Bei diesen Differenzialangaben scheint jeder Irrtum ausge- 
schlossen zu sein. Hingegen ist mein, vielleichst höchst seltener, 
Fall geeignet, zu beweisen, dafs das Aussehen der Öffnung, durch 
welche der Eiter in die Blase tritt, ob er von der Niere oder von einem 
anderen Beckenorgan herkommt, nicht immer charakteristisch ist. 
Und tatsächlich, obwohl ich grolse Sorgfalt darauf verwandt hatte, 
Beschaffenheit der kleinen Blasenöffnung zu studieren, war der 
cystoskopische Irrtum unvermeidlich, da die kleine Öffnung des 
perivesikalen Abszesses, wie aus der Sektion hervorging, parallel 
und in kurzer Distanz von der eigentlichen Ureteröffnung sich be- 
fand, welch letztere vom Eiterstrom verdeckt war. 


Auch der Urinseparator leistet in solchen Fällen keine besseren 
Dienste als die Cystoskopie, schon deshalb, weil seine Applikation 
kein sicheres Resultat liefert, nämlich Eiter aus der einen und 
klaren Urin aus der anderen Röhre. Ich will hier den von 
Cathelin studierten Fall wegen seiner Wichtigkeit mitteilen; wenn 
dieser Fall einerseits meine Angaben über die Anwendung des 
Separators bestätigt, mahnt er uns andrerseits, die Cystoskopie 
methodisch auszuführen, bevor man die Urinscheidung vornimmt. 


In Cathelius Fall handelte es sich um eine Frau, die mit 
einem grolsen Tumor an der linken Seite behaftet war und Eiter 
urinierte. Der Separator lieferte einen klaren Urin rechterseits, 
einen eitrigen linkerseits. Wegen Pyonephrose ward die Nephrek- 
tomie vorgenommen. Man fand einen grofsen Lunbarabszefs 
(Pottsche Krankheit), der Eiter hatte den Psoas losgelöst und sich 
einen Weg in die Blase gebahnt. 


Die Cystoskopie wurde nicht vor Anwendung des Separators, 
sondern erst drei Wochen nach der Operation ausgeführt; man sah 
in der linken Blasenhälfte eine 3 cm breite Öffnung mit schwärz- 
lichem Grunde und unregelmäfsigen Rändern, aus welcher Eiter 
ausflofs. In diesem Falle hätte also die Cystoskopie gewils einen 
Irrtum verhütet. 


Fest überzeugt von dem höheren Werte des Ureterkatheterismus 
gegenüber der Urinscheidung, bin ich der Ansicht, dafs vielleicht 
auch in meinem Falle der Ureterkatheter, auf die kleine Kommuni- 
kationsöffnung mit dem Perivesikalabszefs gerichtet, gestattet hätte, 
die eigentliche Uretermündung zu sehen; hierdurch wäre es wohl 
möglich gewesen, eine richtige Diagnose betreffs der Eiterquelle 
zu stellen. 


37% 


404 Carmelo Bruni. 


IV. Verletzung des rechten Ureters: Abdominale Urinfistel. 
Nephrektomie. Heilung. 

M. aus Galatone, 37 Jahre alt, unverheiratet. Im Alter von 
27 Jahren bemerkte sie einen Tumor im unteren linken Quadranten 
des Bauches, welcher ohne Beschwerden, aber andauernd wuchs, so 
dals er bald einen grolsen Teil der Abdominalhöhle einnahm. 

Wegen Myofibroma uteri wurde am 3. Dezember 1900 von 
einem Gynäkologen die Laparotomie vorgenommen. 

Zur Freilegung des Tumors, der die Gröfse eines Uterus in 
der Endperiode der Schwangerschaft hatte und sehr gefälsreich war. 
mulsten zahlreiche starke Verwachsungen, zumal in der Gegeud des 
kleinen Beckens durchtrennt werden; beim Wegräumen einer Ad- 
häsion wurde der rechtsseitige Ureter durchschnitten. Den distalen 
Ureterstumpf aufzufinden, um ihn an das zentrale obere Ende an- 
zunähen, gelang nicht, da er in den vielfachen Unterbindungen mit 
gefalst war; der Zustand der Patientin verbot die längere Aus- 
dehnung der zweistündigen Operation, deshalb wurde der proximale 
Stumpf an die Haut angenäht in kurzem Abstand rechts von der 
Naht und ca. 2 Finger transversal oberhalb des Nabels. Das 
Resultat war: glatte Heilung der Abdominalwunde; rechtsseitige 
Harnleiterhautfistel. 

Die spätere Unterbindung des durchschnittenen Ureters, um 
die Niere zur Atrophie zu bringen, verursachte jedoch so heftige 
Koliken, dafs davon Abstand genommen werden mufste. Die 
Patientin war mit jedem Eingriff einverstanden, um von dem 
lästigen Zustand des Harnträufelns befreit zu werden. 

Bei Besichtigung der Nabelgegend konnte ich rechts eine 
linsengrofse vorgebuchtete Stelle sehen mit kleiner elliptischer 
Öffnung, woraus beständig Urin hervorträufelte; ringsherum bestand 
ein Intensiv Juckendes Erythem. 

Die Quantität des aus der Blase während 24 Stunden und des 
aus dem rechten Ureter mittels eines kleinen Katheters permanent 
aufgefangenen Urins war beinahe gleichgrols, mit geringem Über- 
schuls für die linke Niere. Durch eine Funktionsprüfung der beiden 
Nieren (Harnstoff, Chloridbestimmung), die unter für genaue Urin- 
scheidung denkbar günstigsten Bedingungen ausgeführt wurde, ward 
die Integrität und normale Funktion der linken Niere festgestellt. 

Nephrektomie mittels geradlinigen Bogenschnitts am 12. Februar 
1901, zwei Monate nach Vornahme der Laparatomie; es wurde 
eine normale Niere exstirpiert. 


Uber einige Fälle aus dem Gebiete der Nierenchirurgie. 405 


Die Operation bot nicht die geringste Schwierigkeit. 

Patientin wurde nach ca. 20 Tagen geheilt entlassen. Auch 
jetzt, 5 Jahre nach Ausführung der Nierenexstirpation, erfreut 
Patientin sich einer ausgezeichneten Gesundheit. 

Die Verletzungen des Ureters in der Chirurgie des kleinen 
Beckens haben ihren Ursprung entweder in der anatomischen Lage 
des Organes oder in der Störung der natürlichen Beziehungen des 
Harnleiters durch pathologische Prozesse des Uterus und anderer 
Nachbarorgane. 

Aus der Statistik geht hervor, dafs solche Verletzungen 
nicht sehr häufig statthaben; unter 611 Vaginalhysterektomien, die 
Henkel zusammengestellt hat, kam nur 11 mal eine Blasenver- 
letzung und nur 10 mal eine Ureterverletzung mit nachfolgender 
Urinfistel vor. Und wenn dieser Unfall in Mauberts These, die 
sich mit den im Verlauf von abdominellen Operationen vorkommenden 
Verletzungen des Ureters beschäftigt, noch seltener erscheint, so ist 
dies wohl der mangelhaften Veröffentlichung solcher unangenehmen 
Zwischenfälle zuzuschreiben. 

Die Möglichkeit einer Ureterverletzung ist leichter im Verlauf 
von vaginalen Operationen gegeben; und zwar wird der rechte 
Harnleiter viel häugfier als der linke verletzt. Tuffier und Levi 
haben unter 29 Fällen von Ureterfisteln 22 mal den rechten Treter 
beschädigt. 

Wenn diese Fisteln, schreibt Boari, sich selbst überlassen 
bleiben, so dauern sie das ganze Leben hindurch zur grolsen Be- 
lästigung des Kranken fort, der sich der Schwierigkeit gegenüber 
befindet, den Urin in passenden Gefälsen zu sammeln. Sie haben 
stets eine Läsion der entsprechenden Niere im Gefolge. 

Die Häufigkeit dieser Verletzung und die damit verbundene 
Gebrechlichkeit hat die Chirurgen veranlasst, nach neuen Ver- 
fahren in der Behandlung der Ureterfisteln zu suchen. In dieser 
reparierenden Chirurgie steht der italienische Name an hervor- 
ragender Stelle (vgl. Boari). Neuerdings hat Cumston dies Gebiet 
bearbeitet. Mein Fall beweist nochmals, dals der Organismus sehr 
wohl und lange mit einer einzigen Niere leben kann; die Exstir- 
pation der Niere findet ihre Rechtfertigung in dem Umstände, dals 
der zentrale Stumpf des Harnleiters zur Einptlanzung in die Blase 
zu kurz war. Das Aufpfropfen des Harnleiters in den Darm bot 
mir eine zu schlechte Prognose wegen der sicher erfolgenden In- 
fektion der Niere. Die terminoterminale (Uretero-Ureterostomie) 


“ 


406 Carmelo Bruni. 


Anastomose war unausführbar, weil im Narbengewebe der Ureter 
nicht erkennbar war. 

Zu jener Zeit waren Boaris Methode zur Reparatur der be- 
deutenden Beschädigungen des Ureters, ferner jene Ursos, der mit 
einem Ureterstück, oder Gianettasios, der mit einem abgesonderten 
Darmstücke die Röhre formt, noch nicht bekannt und sind wohl 
auch bisher nicht praktisch erprobt worden. 

Die brillante Operation Fiores, Ureterotomie mit ausgedehnter 
Ureteroheteroplastik, womit es ihm gelang, 16 cm Ureter zu re- 
konstruieren, oder, besser gesagt, einen neuen Leiter zwischen Blase 
und Niere zu schaffen, wird die Chirurgen künftig zur Nachahmung 
anregen. 

Die von Guyon als ein Ersatz der Nephrektomie vorgeschlagene 
aseptische Ligatur des Ureters ist in unserem Falle ohne Erfolg 
versucht worden; diese Methode ist wenig zuverlässig, obwohl 
Robson glaubt, dafs die vollständige Unterbindung des Ureters 
schliefslich Nierenatrophie erzeugt, und obwohl Bastianelli nach- 
weisen konnte, dafs diese Operation unschädlich ist und bei ge- 
sunder anderer Niere nicht die geringste Gefahr für das Leben des 
Patienten mit sich bringt. Chaput bemerkt mit Recht, dafs man 
auf eine atrophisch machende Unterbindung kein grofses Vertrauen 
setzen könne. 

Hätte man zur Einpflanzung des Ureters in den Darm seine 
Zuflucht nehmen können? 

Davis sagt, dals, wenn eine bedeutende Schädigung des Ureters 
vorliegt und das zentrale Ende kurz ist, die beste Methode sei, die 
Einpflanzung des Stumpfes in das Kolon; auch Brin zieht diese 
Operation der Nephrektomie vor; aber Cumston bezeichnet diese 
Methode als antichirurgisch, weil mit ihr eins aszendierende In- 
fektion der Niere in kürzerer oder längerer Frist verbunden ist, und 
Weller van Hook verurteilt diese Methode aus dem gleichen 
Grunde, er erhärtet seine an Tieren gemachten Experimente durch 
die klinische Kontrolle. 

Die glücklichen Fälle von Anastomosen zwischen Ureter und 
Darm von Petersen, Maydl, Chaput, Cavazzani und anderen 
zeugen wohl von Külnbeit und Genialität des Chirurgen, konnten 
mich aber nicht bewegen, diese Methode anzuwenden, insbesondere 
weil die Toleranz des Darmes um so geringer ist, in einem je 
höheren Punkt des Kolons man die Pfropfung des Harnleiters vor- 
III DL, 


Uber einiee Fälle aus dem Gebiete der Nierenchirurete. 407 


Die operativen Schwierigkeiten der Methode und die Gefahr 
einer aszendierenden Infektion bestimmten mich, die Nephrektomie 
vorzunehmen. Von Simon an, der sie zuerst zum Vorschlag brachte, 
und bei Ureterfisteln ausführte, bis zu einer Serie von anderen 
Nephrektomien (Zweifel, Czerny, Doyen, Pozzi), alle Opera- 
teure betrachten sie als eine Notoperation. 


Schopfs ünd Gusserows Fälle, wo nach Ausführung der 
temiuoterminalen Anastomose die Patientinnen an Peritonitis er- 
lıyen, veranlalsten Pozzi, die Nephrektomie bei abdominaler Ureter- 
hstel zu bevorzugen. 


Die meisten Autoren raten, die Nephrektomie nicht gleichzeitig 
mit der Laparotomie vorzunehmen, da die Gefahren durch diesen 
Eingriff bedeutend erhöht werden, und die Nephrektomie erst dann 
auszuführen, wenn die Patientin sich von der ersten Operation er- 
holt hat. 


Cumston und Pozzi meinen, dafs in Fällen von primärer 
Nephrektomie der Tod einer parenchymatösen Nephritis zuzuschreiben 
si, weil die stellvertretende Funktion der anderen Niere nicht sofort 
eintreten kann; sie raten deshalb an, einige Monate mit der Ex- 
stirpation der Niere zu warten, da sicher gleich nach der Läsion 
des Ureters, nach Entstehung der Fistel die Sekretion der ent- 
sprechenden Niere abnehme. Vergleiche die Fälle von Lawers, 
Rumpf, Noble. 


Jedoch sind “auch Fälle bekannt, wo die Nephrektomie während 
der Laparotomie mit günstigem Erfolge (Krüger) ausgeführt wurde. 


Lestrade ist der Ansicht, dafs die seitliche Aufpfropfung des 
zentralen Ureterendes auf den Ureter der anderen Seite eine Ideal- 
operation sei, die mit der Ureterocystoneostomie verglichen werden 
könne. Eine derartige Operation erheischt jedoch, ungeachtet der 
Fälle von Küster, Cramer, Fenger usw., noch die Bewährung 
durch die klinische Praxis während einer längeren Zeit. Besagte 
Operation ist von Kelly empfohlen, und Wiesinger hat die ent- 
sprechende Technik folgendermafsen beschrieben: „In jenen Fällen, 
wo der lädierte Ureter zu kurz ist, um auf die Blase aufgepfropft 
EW zu können, kann man ihn hinter dem Peritonacum über die 
Wirbelsäule leiten und lateral auf den Ureter oder auf das Nieren- 
hecken der anderen Seite aufpfropfen, wobei man Sorge tragen 
NS, die beiden auf dem parietalen Peritonaeum gemachten In- 
Asionen mit Nähten zu schliefsen.“ 


+08 Carmelo Bruni. 


Nur die Zukunft kann uns zeigen, bis zu welchem Punkte die 
abnormen Pfropfungen einen tatsächlichen und dauernden Nutzen 
gewähren können. 

Der konservative und wissenschaftliche Geist der modernen 
Chirurgie mufs die Chirurgen antreiben, den Läsionen des Ureters 
vorzubeugen. 

Schon Troine hat 1894 und ich selber habe später auf dem 
Kongresse für Gynäkologie und Geburtshilfe im Jahre 1900 den 
Katheterismus der beiden Ureteren als präoperative Manipulation vor- 
geschlagen, die für schwierige Eingriffe am Uterus und den Adnexen 
auf abdominalem und vaginalem Wege zu gelten habe. 

Die Sicherheit, eine Verletzung der Ureteren im Verlaufe einer 
Operation zu vermeiden, da sie leicht palpiert werden können, wird 
den Chirurgen kühner machen. Kelly hat bereits den Katheteris- 
mus der beiden Ureteren bei einer wegen Krebs indizierten Hvster- 
ectomie ausgeführt. 

Wenn dieses Vorgehen einmal auf breiterer Basis ausgeprobt 
sein wird, wird vielleicht die Nephrektomie aus der Zahl der 
Operationsindikationen verschwinden, die zur Heilung einer Fistel 
des Ureters dienen, dessen proximaler Stumpf zu kurz ist, und sie 
wird alsdann.zu den Erinnerungen aus einer vergangenen Chirurgie 
gehören; bis dahin wird sie für viele .ein Noteingriff bleiben. 


V. Cysten in einer Wanderniere. — Nephrektomie. — Heilunsz. 
Zusammenfassende Beobachtung. 

F. P. aus Parenti, 22jährig, unverheiratet, Wirtschafterin. 
Anamnese unerheblich; Patientin klagt über Dyspepsie und hart- 
näckige Verstopfung; leidet an hysterischen Krisen. 

Seit einiger Zeit klagt P. über ein lästiges Druckgefühl im 
rechten Hypochondrion, welches bei Bewegungen zunimmt. Im 
Alter von 17 Jahren empfahl Prof. Renzi wegen einer ziemlich 
grolsen Wanderniere das Tragen eines Gürtels. Die nervösen Be- 
schwerden nahmen kurze Zeit ab, jedoch machte sich jetzt ein 
Reiz zu vermehrtem Urinieren, besonders am Tage, geltend. Die 
Niere hatte langsam an Volumen zugenommen; man fühlte sie unter 
dem rechten Hypochondrion in Orangengrölse. Andere Arzte 
diagnostizierten später Wäanderniere mit wahrscheinlicher Hydro- 
nephrose. 

Februar 1901. Am Abdomen bemerkt man eine mälsige 
Anschwellung rechts mit anscheinend subkutanem venösem Getlechte. 


\ 

e p 

| 

N 

IL 
o 
! 


| 


` 


Uber einige Fälle aus dem Gebiete der Nierenchirurgie. 409 


Bei bimanualer Palpation fühlt man einen Tumor, der seinen Sitz 
im oberen rechten Viertel des Abdomens hat, und der von den 
falschen Rippen aus, wo er etwas einsinkt, bis um drei Querfinger 
über die Spina iliaca anterior superior herabsteigt; hoch innen grenzt 
er an die Linea alba, aufsen an die L. axillaris media; seine Ober- 
fläche ist glatt, seine Konsistenz elastisch hart; er ist ziemlich be- 
weglich, nicht fluktuierend. Palpation erregt Schmerz, und die Ge- 
schwulst erinnert in der Form an eine Niere, die in aufrechter 
Stellung der Patientin nach unten sinkt; jedoch ist es unmöglich, 
lie Geschwulst in die Nierenloge zurückzubringen, die leer ist. Urin- 
ntersuchung negativ. 





Fig. 2, Fie. 3. 


Der Katheterismus des rechten Ureters zeigte einen durch- 
lässigen Harnleiter. (Juantität des Urines rechts erheblich vermindert. 
Funktion der linken Niere unverändert. 

Man nahm eine Wanderniere mit wahrscheinlich eystischem 
Tumor an. | 
| Die nervüsen und dyspeptischen Störungen waren indessen ge- 
stiegen, und da Jede Bewegung gebieterisch das Urinbedürfnis er- 


weckte, drang Patientin, die alle ihre Leiden dem Nierentumor 
zuschrieb, auf die Operation. 


410 Carmelo Bruni. 


2. März 1901. Nephrektomie mit paraperitonealem Schnitt. 
Man traf auf eine voluminöse, in vertikaler Richtung beträchtlich 
verlängerte Niere; über die Hälfte war von einer Cyste bedeckt. 
Dieselbe hatte die Gröfse des Kopfes eines kleinen Fötus, war 
aufsen von grofsen Venen gefurcht und hatte einen schleimigen, 
graulich-weilsen, gelatinösen Inhalt. 

Figur 2 gibt getreu das Bild des Tumors und des XNierenrestes 
wieder. 

Die exstirpierte Niere wog über 300 g. Nach dem Sektions- 
schnitt erkennt man eine äufserst reduzierte Drüsensubstanz und 
einen weiten Sack mit kleinen anhängenden Cysten mit demselben 
Inhalt. Fig. 3. 

Die erhaltene Nierenkapsel bedeckt die Cysten und besteht aus 
einer wenig dicken Wand mit perlenartigem Kolorit und einer 
glatten Innenfläche. 

Die Schwierigkeit, den Stumpf einer seit vielen Jahren be- 
stehenden Wanderniere zu fixieren, die Gefahr einer Hämorrhagie. 
bei Entfernung eines Teiles des gesunden Nierengewebes, sowie die 
Furcht vor späteren Fisteln (Tuffier) veranlafsten mich, die Ne- 
phrektomie auszuführen. 

Der Erfolg der Operation war ein vollständiger. Die Patientin 
ist kinderlos verheiratet und erfreut sich heute einer mälsigen Ge- 
sundheit. Die hysterischen Anfälle sind seltener geworden. 


Literatur. 


Merklen, Etude sur Fanurie. 1881. 

Deecourneau, Anurie avant dur‘ 7 jours. Gucrison. Gaz. hebd. de méd, 
et de Chir. N. 10, 1890. 

Fereol, Anurie ealeulense durant huit jours et suivie de guérison. Societe 
med. des Hopitaux. 1890. 

Chapotot, Un cas d’anurie ealeuleuse: urémie avee hyperthermie; mort. 
Lyon médical. 1892. 

Desnos, Anurie ealeuleuse. Nephrotomie. VI. Coner. Fra. de Chi- 
rureie. 1892. 

Duffau-Lagrarosse, Anurie ealenleuse. Ineision lombaire. Nephreetomie. 
Mort. Société de médecine de Bordeaux. 1893. 

Demons et Pousson, De lintervention opératoire dans Fanurie caleu- 
leuse. Ann, des mal. des ore. wen.-urn. 1804. 

Kaefer, Anuarie de longue durée. Congrès de Rome 1894. 

lonon et Vignard, Néphbrotomie dans un cas d'anurie par obstruction. 
Archiv. prov. de Chir. 1894. 


Über emize Fälle aus dem Gebiete der Nierenchirurgie. 411 


Huck, De Fanurie ealeuleuse et de ses indications opératoires. Gaz. méd. 
de Strasbourg. 1894. 

Legueu, Anurie ealeuleuse opérée au 5. jour par l'extraction d'un calcul 
de luretère à travers Jineision du rein. Mercredi médical. 1894. 

Donaddieu, Delanurie caleuleuse et en particulier de son traitement 
Chirurgical. These de Bordeaux. 1895. 

Chevalier, Denx cas d’anurie traites par Ja nephrotomie. Ann. des mal. 
des or. wen.-urin. 1896. 

Cevalier et Mauclaire, Anurie datant de 4 jours chez une femme aynte 
un rein unique. Nephrotomie. Guerison. A soe. france. d’Urol. 1897. 

Blume, Anurie caleuleuse. Hospitalstidlende. 1896. 

Becouin, Deux cas d’anurie caleuleuse: necessite de l'intervention précoce. 
Assoe. franc. d Urol. 1897. 

Pousson, Anurie caleuleuse operce au 18. jour. Assoc. frang. d'Urolo- 
vie 1898. 

Vignard, Néphrotomie par anurie caleuleuse. Assoe. fragen. d’Urol. 1898. 

Lonumeau, De la suture immédiate du rein après la nephrotomie pour 
anurie caleuleuse. Assoc. frane. d'U rol. 1898. 

Albertin, Anurie_caleuleuse et rem unique. Ann. des mal. des op. mon. 
urn. 1898. 

Escat, Anurie ealeuleuse a forme anomale. Nephrostomie. Guerison. As- 
soe. france. d’Urol. 1899. 

Giordano D., Chirureia renale 1899. 

Israel I. Chirurgie du rein et de lluretere. 1900. 

Rafin, Anurie caleuleuse: Nephrotomie: wuerison. Lyon medical. 1900. 

Perman, Uber die Behandlung von kalkulöser Anurie bei nur einer Niere. 
Nord. med. arkiv. 1901. 

Pasteau et Vanverts, De l'importance de la eystoscopie duns le diagno- 
stie opératoire de l'anurie ealculeuse. Assoe. frang. d'Urol. 1902. 

Suarez de Mendoza, Anurie caleuleuse. Operation au 12. Jour. Guérison. 
Soe, de Chir. 1902. 

W. Mitchell Stevens, Case of total suppression of Urine due to the 
Obsruetions of Both Ureters by Renal Caleuli. The British Medical Jour- 
nal. 1902. 

Bommarito, Su due casi di nefrotomia per anuria assoluta. Gazz. Sicil. 
di. Med. e Chir. 1903. 

Nieolich, Anurie calculense opérée au 15. jour. Assoc. frang. d'Urol. 1903. 

Krebs, Beitrag zur Behandlung der sogenannten kalkulösen Anurie. Bei- 
tragy zur Patholorie der reflektorischen Anurie. Russki Wratseh. No. 18 1903. 

Pasteau, Valeur de la eystoscopie dans le diagnostie qe Fanurie calen- 
leuse, Assoc. franç. d’Trol. 1903. 

T. Cimino, Policlinico. Sezione pratica. pag. 691, 1903. 

Dnteil, Anurie calculeuse; néphrotomie: absence congénitale du rein rau- 
che et de Furetère. Lyon med. 1904. 

Huck, De Fanurie caleulense et de ses indications opératoires. Thèse de 
Doctorat. Nancy 1904. 

Guibal, Anurie caleuleuse: rein unique: néphrotomie; guérison. Rev. de 
Chir. XXV. 1905. 

L. Imbert, Anurie caleulenuse guérie par le cathétérisme urétéral. Assoc, 
frane. A’Urol. Paris 1905. 

Federoff, Zur Chirureie der Hamleiter Anuria ealeulosa. Ureterolithoto- 
une. Monatsber. für Urol. IV. Heft. 1906. 


Nierenoperationen an Patienten mit einer 
einzigen Niere. 


Von 
Primararzt Dr. G. Nicolich, Triest. 


Ich halte es für wichtig, einige Fälle zu publizieren, wobei ich 
operative Eingriffe auf eine Niere ausgeführt habe, obwohl die 
andere Niere fehlte, weil dieselbe entweder exstirpiert worden 
oder infolge eines Krankheitsprozesses zugrunde gegangen war. Zweck 
dieser meiner Arbeit ist zu zeigen, dals wir zuweilen vor einer 
dringenden Gefahr nieht untätig bleiben dürfen, auch wenn es uns 
nicht möglich ist, den Zustand der anderen Niere zu kennen. In 
der gröfsten Mehrzahl der Fälle wäre es allerdings ein Irrtum, eine 
Nierenoperation auszuführen, ohne über die Existenz und Funktions- 
fähigkeit der anderen Niere unterrichtet zu sein; in gewissen 
Fällen jedoch muls der Chirurg darauf verzichten, wenn er dem 
Patienten das Leben retten will. Seit langer Zeit ist bekannt, dal’s 
in einer grolsen Anzahl von Fällen von Anurie wegen XNierensteins 
die Anurie durch den Mangel oder die verminderte Funktions- 
fähigkeit der vom Steine nicht verstopften Niere bedingt ist, und es 
ist auch bekannt, dafs viele soleher Fälle durch die Nephrotomie 
gerettet worden sind. — 

Im Jahre 1903 berichtete ich am französischen Urologen- 
kongresse über einen Fall von Anuria caleulosa bei tuberkulöser 
Solitärniere, den ich am 15. Tage glücklich operiert hatte. 
Es war dies ein 34jähriger Mönch von ziemlich kräftigen Körper- 
wuchs, der bis September 1899 nie krank gewesen war. Da wurde 
er auf meine Abteilung wegen traumatischer Harnröhrenverengerung 
aufgenommen, und es wurde an ihmdie Urethrotomia interna ausgeführt. 
Er verliefs damals das Spital mit ganz klarem Urin. Im November 
1900 liefs er sich wegen eines perinealen Abszesses ins Spital wieder 
aufnehmen. Es wurde eine einfache Inzision ausgeführt. Der Abszefs 


Nierenoperationen an Patienten mit einer einzigen Niere. 413 


kommunizierte nicht mit der Harnröhre; letztere war für eine Bou- 
gie Nr. 20 durchgängig, und der Harn war klar. Im Februar 1901 
traten Schmerzen in der linken Nierengegend auf, und der Harn 
wurde trübe und zuweilen blutig; bald darauf wurde die Miktion 
schmerzhaft, und ihre Frequenz nahm zu. Im Dezember 1901 traten 
sehr starke Schmerzen in der linken Nierengegend auf, die Harn- 
menge nahm progressiv ab; vom 14. Dezember an urinierte der Patient 
nur einmal am Tage einen Löffel voll Eiter. Am 30. Dezember 
wurde er ins Spital aufgenommen, war in komatösem Zustande, 
und ich führte sofort die linksseitige Nephrotomie aus. Aus der 
Wunde kam eine gewisse Menge übel riechenden Harnes zutage, 
mit dem Zeigefinger wurden aus dem Nierenbecken ein bohnen- 
grolser Phosphatstein und kleinere Steinfragmente herausbefördert. 
Die Operation dauerte nur wenige Minuten; ich verzichtete darauf, 
andere Untersuchungen, sowie den retrograden Harnleiterkatheteris- 
mus auszuführen, um nicht die Operation zu verlängern. 

Unmittelbar nach der Operation war der Patient sehr schwach, 
ohne Puls, und es wurde eine Transfusion von 1 Liter physiologischer 
Kochsalzlösung ausgeführt. 

30. Dezember 1901 abends: Puls besser, Zunge feucht, Schluchzen ; 
der Verband von Urin durchtränkt. Temperatur 20172. 

31. Dezember: Patient verbrachte schlecht die Nacht. Puls 60. 
Temp. 36.4; Zunge trocken; Verband und Bettwäsche von Urin 
durchtränkt. Mit der Sonde wurden aus der Blase ungefähr 10 g 
stinkenden Eiters entleert. 

5. Januar 1902: Allgemeiner Zustand befriedigend. Patient 
entleerte aus der Harnröhre 15 bis 20 g Eiter. 

13. Januar: Allgemeiner Zustand gut, Wunde schön; aus der- 
selben fois der ganze Urin heraus. Derselbe war trübe, von neu- 
traler Reaktion, sp. Gew. — 1008. 

3. Februar: Zum ersten Mal Entleerung von 650 ccm Harn 
aus der Harnröhre. 

Durch 10 Tage kam der Urin durch die Harnröhre, ungefähr 
2 Liter in 24 Stunden, sein .I = 0.76; der Kranke fühlte sich 
wohl und stand auf. 

14. Februar: Schüttelfrost. Temp. 38.6: es kam Harn weder 
aus der Harnröhre, noch aus der Fistel.e Die Fistel wurde dila- 
tiert, und es flols Urin reichlich heraus. 

15. Februar: Wohlbefinden. 

Seitdem, bis Januar 1903, d. h. durch ein ganzes Jahr, nachdem 


414 G. Nicoheh. 


Patient ins Spital aufgenommen war, kam der Harn immer fünf 
bis sechs Tage nacheinander aus der Harnröhre, und es kam gar 
kein Tropfen aus der Fistel, während anderseits nur durch einige 
Tage Harn aus der Fistel kam und gar kein Urin von der Harn- 
röhre entleert wurde usw. 

Im April 1902 bildete sich ein Abszefs an der rechten Seite 
des Afters. Nach der Inzision verblieb immer eine kleine Eiter 
bildende Fistel. Die Untersuchung dieses Eiters, sowie des Harn- 
sediments auf Tuberkelbazillen blieb immer negativ. Jedoch starben 
drei Meerschweinchen an Miliartuberkulose, an denen eine In- 
okulation mit dem Eiter aus der perinealen Fistel, mit dem aus dem 
Urin der Blase und mit dem aus dem Urin der Nierenfistel aus- 
geführt worden war. — 

Dieser Fall ist aus mehreren Gründen interessant. Die Anurie, be- 
dingt durch die Verstopfung des linken Harnleiters und durch die De- 
struktion der rechten Niere, hat 15 Tage lang dauern können, ohne den 
Kranken zu töten. Das Leben wurde durch die Nephrotomie, die 
in extremis an einer tuberkulösen Niere ausgeführt worden ist, 
gerettet. In allen mir bekannten Fällen von länger dauernder 
Anurie, welche mit Erfolg operiert worden sind, handelte es sich 


immer um Lithiasis ohne Tuberkulose. — Dieser Kranke verliels 
das Spital in gutem Zustande und befand sich durch zwei Jahre 
ganz wohl. 


Wäre ich in diesem Falle nicht von der dringenden Gefahr 
dazu gezwungen worden, die Nephrotomie auszuführen, hätte ich 
sicherlich gezögert, zu operieren, und vielleicht hätte ich darauf ver- 
zichtet, wenn ich die Tuberkulose der einen Niere und das Fehlen 
der anderen konstatiert hätte. — 

Ein Fall von grofsartigem Interesse ist folgender: B., Luise, 
30 Jahre alt, heute noch lebend und dem leichtsinnigen Leben er- 
geben, wurde im Jahre 1899 von mir wegen hämorrhagischer Ne- 
phritis mit der Nephrektomie operiert und befand sich durch sieben 
Monate wohl. Im Jahre 1900 Nierenschmerz, Hämaturie, Fieber, 
allgemeiner Zustand elend; ich führte den lumbären Schnitt aus 
bis zur Nierenkapsel und schlofs dann die Wunde ganz zu. Nach 
5 Wochen wurde Patientin vom Spitale entlassen, hatte 12 kg 
zugenommen, der Harn war trübe, jedoch nicht blutig. Durch 
drei Jahre befand sich diese Frau ganz wohl. Im Jahre 1903 
kam sie wieder ins Spital wegen Kreuzschmerzen. Der Urin war 
sehr trübe. Patientin war schr schwach ; ihre einzige Niere war 


Nierenoperationen an Patienten mit einer einzigen Niere. 415 


vergrölsert und sehr mobil. Im Dezember 1903 führte ich, von 
der Patientin, die mit Selbstmordgedanuken umging, dringend ge- 
beten, die Nephrotomie aus. Da ich keine Retention im Nieren- 
becken fand, nähte ich die Nierenwunde zu und fixierte die Niere 
nach Guyon. Heilung per primam, und Patientin fühlte sich wohl 
bis April 1905, obwohl sie ein sehr angestrengtes Leben führte. — 

Im April 1905 neuerdings Hämaturie und Nierenschmerzen. 
Am 16. Mai wurde sie ins Spital aufgenommen; seit einem Monate 
war ihr Harn dunkelrot; sie war sehr blafs, Puls 110, Temperatur 
normal. 24 stündige Harnmenge 1600 ccm, sp. Gew. = 1010, am Boden 
des Gefälses grolser Satz Blutkoagula. Radiographie negativ. Niere 
sehr druckschmerzhaft. Nachdem ich ohne Erfolg innere Medika- 
mente versucht hatte, führte ich am 30. Mai die Dekapsulation der 
Niere aus. Diese war stark vergrölsert, an die letzte Rippe und 
an die Bauchwand fest angewachsen. Die komplette Dekapsulation 
gelang leicht; die Nierenoberfläche war rot. Nach Fixation der 
“ Niere machte ich die vollständige Wundnaht. Heilung per primam. 
Acht Tage nach der Operation war der Harn weniger rot, wurde 
dann wieder röter bis zum 2..Juli, da die Hämaturie aufhörte, und 
am 15. Juli verliefs Patientin das Spital in sehr gutem Zustande 
ohne Nierenschmerzen mit leicht trübem Urin ohne Eiweils und 
ohne Zylinder oder rote Blutkörperchen im Sedimente. Heute 
(April 1907) befindet sich diese Frau ganz wohl, obwohl sie ein 
sehr unregelmäflsiges Leben führt. — 

In folgendem Falle hatte ich zum dritten Male den Beweis, 
was eine einzige Niere leisten kann. Es handelte sich um eine 
Frau, die einen sehr schweren Abdominaltyphus durchmachte, der 
mit Nephritis der einzig bestehenden Niere und mit Darmblutungen 
kompliziert war. — 

Anna R., 40 Jahre alt, von ziemlich kräftigem Körperbau. 
Vater lebt und ist gesund; Mutter starb an Zuckerharnruhr. Eine 
Schwester ist skrofulös, und bei einem Sohne besteht eine Anky- 
lose des Knies nach Osteosinovitis tuberculosa. Im Oktober 1897 
litt sie an einer Krankheit, die für typhöser Natur gehalten worden 
ist. Ich sah die Kranke am 17. Januar 1898 und konstatierte eine 
linksseitige Pyonephrosis. . Nach der Nephrotomie blieb das Fieber 
aus, und die Kranke fühlte sich durch zwei Jahre wohl; es per- 
sistierte jedoch immer eine Nierenfistel. Im März 1900 sah ich 
neuerdings diese Frau, die seit einigen Wochen Schmerzen in der 
operierten Niere empfand und abends Temperatursteigerung hatte; 


416 G. Nicolich. 


sie war sehr abgemagert und wollte von ihrer Fistel befreit werden. 
Nachdem ich konstatiert hatte, dafs die rechte Niere gut funktio- 
nierte, führte ich die Nephrektomie links aus und konstatierte, dal: 
es sich um Tuberkulose handelte. Bis September 1905, d. h. durch 
4? , Jahre, fühlte sich diese Frau immer ganz wohl. 

Am 10. September 1905 Unwohlsein, Schüttelfrost, Temperatur 
35°. Die Kranke legte sich erst am 14. September zu Bette, an 
welchem Tage sie mich rufen liefs. Da ich nichts fand, was das 
Fieber erklären konnte, untersuchte ich den Urin und fand 8° 
Eiweils, viele granulierte Zylinder und einzelne rote Blutkörperchen. 

Am 15. September früh Temperatur 39°; abends 40°; Zunge 
feucht, seit 3 Tagen Stulilverstopfung, Urin rötlich, 600 eem: rechte 
Niere auf Druck schmerzhaft. 

16. IX. 1905. Temperatur 39.5; abends 40.2. 

17. IX. 1905. Temperatur 40°; abends 40.5 
menge. 

18. IX. 1905. Temperatur 39°; abends 40.3; Zunge trocken: 
einzelne diarrhoische Stühle; kein Meteorismus; kleinblasige Rassel- 
geräusche an beiden Lungen. 

20. IX. 1905. Temperatur 39.6; abends 40.3; Dyspnoe, Husten, 
Schlaflosigkeit, kein Delirium, sehr viel Eiweils im Urin. 

23. 1X. 1905. Temperatur 40°; abends 40.5; Diarrhoe, Milztumor. 

25. IX. 1905. Temperatur 40°; abends 40.3; Meteorismus, 
Ileocökalgurren, Roseola am Abdomen; Diarrhoe; frequenter, schwa- 
cher Puls. 


: grolse Eiweils- 


Status idem in den folgenden Tagen. 

1. X. 1905. Temperatur 37.3; profuse Schweilse, allgemeine 
Schwäche, schwacher, frequenter, unregelmäfsiger Puls. Vidalsche 
Probe positiv auf Typhus. 

Durch 6 Tage erreichte die Temperatur kaum 38°. 

T. X. 1905. Temperatur 38.5; abends 39.7; klein und grols- 
blasige Rasselgeräusche in den Lungen; sehr schwacher Puls; 
Delirien; sehr viel Eiweils im Harn. 

12. X. 1905. Temperatur 39.8; abends 40.3; Puls 160, Meteo- 
rismus, Diarrhoe, Delirien. . 

14. X. 1905. Temperatur 39.8; abends 40.3; starke Darm- 
blutune. 

15. X. 1905. Temperatur 38.6; abends 40°; sehr schwach, 
Respiration frequent, Puls filiform, sehr viel Eiweifs im Urin. 


Nierenoperationen an Patienten mit einer einzigen Niere. 417 


22. X. 1905. Temperatur 39.8; abends 40.4; nun noch stärkere 
Darmblutung. | 

23. X. 1905. Temperatur 39°; abends 40°; Patientin äulserst 
schwach. 

26. X. 1905. Temperatur 38.7; abends 39.6; Puls besser, mehr 
regelmälsig, kein Stuhl. 

29. X. 1905. Temperatur 37.8, abends 38.3; Urinmenge ver- 
mehrt, zum ersten Male ohne Eiweils. Respiration weniger fre- 
quent, Stuhl fest, ohne Blutbeimengung. 

1. XI. 1905. Temperatur 37.3; Abdomen weniger gespannt, 
Urinmenge vermehrt, ohne Eiweils. 

Bis 9. November kein Fieber und guter Verlauf. 

9. Xl. 1905. Schüttelfrost, Temperatur 38.8; abends 39.7. 

Bis 22. November fieberte Patientin, dann besserte sie sich all- 
mählich und stand endlich nach 110tägiger Krankheitsdauer auf. 
Heute, April 1907, fühlt sie sich ganz wohl. 

Alle Autoren sind darüber einig, dafs der Typhus mit Nephritis 
kompliziert sehr schwer sei. Um so ungünstiger hätte die Prognose 
bei dieser Kranken sein sollen, die nur eine Niere besals, und bei der 
das Fieber einen sehr langen Verlauf (10 Wochen) gehabt hat und 
wo in der V. und VI. Woche eine schwere Darmblutung auftrat. — 

Der letzte Fall, den ich zu beobachten Gelegenheit hatte, be- 
traf einen jungen Mann, dem ich die Nephrolithotomie an einer 
einzig bestehenden Niere ausgeführt habe. In diesem Falle genafs 
zwar der Kranke nicht, jedoch ist der ungünstige Ausgang nicht der 
Operation zuzuschreiben, welche sehr gut vertragen worden ist und 
welche dem Kranken Linderung seiner Schmerzen brachte. 

D. F, 24 Jahre alt, Bauer, wurde im Oktober 1904 mit der 
sekundären Nephrektomie drei Tage nach der Nephrolithotomie 
wegen sehr schwerer Blutung operiert. Der entfernte Stein bestand 
aus Uraten und ÖOxalaten, war grofs wie eine Bohne; die Niere 
war makroskopisch normal. Nach einem Monate verliefs Patient 
das Spital vollkommen geheilt und mit klarem Urin ohne Eiweifs. — 

Im März 1906 kam Patient neuerdings ins Spital, da er seit 
einigen Monaten an starken Schmerzen in der linken Seite litt. Er 
war schr abgemagert, blafs, 24stündige Harnmenge 2 bis 3 Liter; 
Urin sehr trübe, von sehr niedrigem spezifischen Gewichte (1007). 
Mit der Radiographie fand man einige Steine im unteren Nieren- 
pole und einen grofsen Stein im oberen Pole. Die Methylenblau- 
probe gibt ein sehr schlechtes Resultat. 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 28 


418 G. Nicolich. 


Der von Schmerzen stark gequälte Patient bat mich, ihn zu 
operieren, und ich konnte nicht umhin, seinen Bitten Folge zu leisten. 

Am 23. März legte ich in Chloroformnarkose die Niere blofs. Das 
Organ war sehr vergröfsert und so fest, dafs ich es nicht aus der 
Wunde herausziehen konnte. Ich führte einen Längsschnitt am 
konvexen Rande aus, und es gelang mir mit grofsen Schwierig- 
keiten, einen grolsen korallenförmigen und einzelne kleine Phosphat- 
steine zu entfernen. Um die starke Blutung zum Stillstande zu 
bringen, tamponierte ich, da ich die Niere nicht nähen konnte, da 
sie zerrissen war, die ganze Wunde mit Jodoformgaze. 

Der Kranke war sehr schwach, fast ohne Puls; 600 g plıysio- 
logische Lösung wurde sofort nach der Operation subkutan injiziert. — 

In den folgenden Tageu besserte sich der Zustand; drei Wochen 
nach der Operation stand Patient auf, hatte keine Schmerzen, der 
Harn kam in grolser Menge aus der Nierenfistel und auch aus der 
Harnröhre; aus der Nierenwunde kamen nekrotische Gewebsfetzen mit 
vielen Phosphatkonkrementen. 

Zwei Monate lang dauerte das Wohlbefinden, dann begaun 
Patient schwächer zu werden, und der Harn kam nur aus der Fistel. 

Im Juni trat Husten und starke Temperatursteigerungam Abend 
hinzu. Im Sputum, das grünlich war, fand man Tuberkelbazillen. 

Ende Juli Exitus an Hämoptoe. Bei der Autopsie fand man 
Lungen- und Nierentuberkulose. In der Niere war noch ein Phos- 
phatstein. — 

Im Jahre 1900 hat Mankiewicz in einer sehr mülsamen 
Arbeit über Operationen an einer Niere, während die andere fehlte 
oder krank war, betont, in der Literatur keinen Fall gefunden zu 
haben, wo der Chirurg wissend, mit einer einzigen Niere zu tun 
zu haben, an dieser eine Operation ausgeführt hätte (Monatsberichte 
für Urologie 1900. 9. Heft). 

Diese Behauptung von Mankiewiez ist jedoch nicht richtig, 
da Lucas, Chirurg am Guy’s Hospital im Jahre 1885 eine linksseitige 
Nephrolithotomie nach Nephrektomie der rechten Niere ausgeführt 
hat. Im Juni 1885 wurde eine 37jährige Frau ins Spital wegen 
intermittierender Hämaturie, die seit 17 Jahren dauerte, aufgenommen 
Am 14. Juli führte Lucas die Nephrektomie der rechten Niere aus, 
welche zu einem Sack voll Steine von 650 g Gewicht reduziert 
war. Der Heilungsverlauf war rapid, und die Frau verliels einen 
Monat darauf das Spital. Durch drei Monate fühlte sie sich wohl; 
am 24. Oktober bekam sie einen starken Schmerz in der linken 


Nierenoperationen an Patienten mit einer einzigen Niere. 419 


Lende, der von Anurie gefolgt war. Nach 5 Tagen von kompletter 
Anurie machte Luys die Nephrotomie und entfernte einen Stein, 
der klappenförmig das’ Nierenbecken verschlofs. Zehn Wochen 
nach der Operation verliels die Patientin geheilt das Spital und 
nahm ihre frühere schwere Arbeit wieder auf. Im Jahre 1891 
stellte Lucas diese Frau in ausgezeichnetem Gesundheitszustande 
in der K. Gesellschaft der Ärzte und Chirurgen in London vor. — 

Küster hat 1897 in einem Falle von einseitiger Nierentuber- 
kulose und Wanderniere der anderen Seite gleichzeitig mit ausge- 
zeieinetem Erfolge die Nephrektomie und Nephropexie ausgeführt 
(18 Jahre Nierenchirurgie von Geils 1900). — 

Madelung hat die Nephrotomie an einem Patienten ausge- 
führt, an dem er 3'/, Jahre vorher eine Niere wegen Tuberkulose 
exstirpiert hatte. Dieser Kranke starb 10 Monate später (Dinner, 
Beitrag zur Nierenchirurgie, Archiv für klinische Chirurgie 1898). 

Giordano von Venedig hat 8 Fälle von gleichzeitiger Ne- 
phrektomie und Nephropexie publiziert, weil die gesunde Niere 
mobil war. Im diesen Fällen handelte es sich nicht nur um ein- 
fache Pyonephrosen, sondern auch um Nierentuberkulose. Giordano 
bemerkt, dafs, wenn eine Wanderniere schmerzhaft wird und anor- 
malen Harn zu sezernieren beginnt, sie ein geeignetes Terrain zu 
schwereren Affektionen wird, und meint, dafs, wenn die Fixation 
der Wanderniere eine Vorsichtsmalsregel ist, wenn die andere 
Niere gesund und normal gelagert ist, diese Operation von aulser- 
ordentlicher Wichtigkeit wird, wenn die mobile Niere eine Solitär- 
niere ist (Memorie chirurgiche pubblicate in onore die Enrico 
Bottini 1903). — 


Literaturbericht. 


I. Allgemeines über Physiologie und Pathologie des 
Urogenital - Apparates. 


Die Behandlung der Impotenz. Von Prof. Dr. Fürbringer- 
Berlin. (Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 9.) 

In Form eines klinischen Vortrages erörtert Fürbringer die Be- 
handlung der Impotentia coeundi (nicht generandi), Aus praktischen 
Gesichtspunkten teilt er sie in drei Formen, in die Impotenz durch 
mechanische äufsere Hemmungen (Geschwülste, Milsbildungen u. dergl.) 
bervorgerufen, in die Impotenz als Teilerscheinung bei einem organischen 
Leiden und in die nervöse Impotenz. 

Bei der ersten Gruppe der durch mechanische Hindernisse hervor- 
gerufenen Impotenz kann die Behandlung nur eine chirurgische sein; 
hier kommt es auf die Beseitigung einer Mifsbildung an den Genitalien, 
die Entfernung einer Geschwulst an ihnen oder in ihrer Nachbarschaft 
usw. hinaus. 

Bei der zweiten Gruppe ist ausschlaggebend für den Erfolg der 
Behandlung das Grundleiden selbst. Am günstigsten gestaltet sich der 
Erfolg bei der Fettsycht; bei Diabetes, Nephritis und Tabes ist er 
schwankend, je nach der Schwere des Grundleidens. Bemerkenswert ist, 
dafs, wenn die Impotenz gewissermafsen als Vorbote der beginnenden 
Tabes nicht zu lange nach der Infektion sich zeigt, eine energische 
antisyphilitische Kur oft günstig wirkt. 

Relativ günstig ist die Impotenz der Morphinisten und Alkoholisten, 
wenn das Grundleiden noch einer Therapie zugänglich ist. 

Den breitesten Raum in den Erörterungen Fürbringers nimmt 
naturgemäls die Behandlung der nervösen Impotenz ein. Wer in der 
Fülle der seit langer Zeit bekannten Heilmittel und Heilmethoden, zu 
denen fast täglich noch neue Anpreisungen hinzukommen, sich zurecht- 
finden will, der wird in den Fürbringerschen Auseinandersetzungen 
einen sehr guten Wegweiser finden. Eine ungewöhnlich reiche Erfahrung 
steht dem auf diesem Gebiete rühmlichst bekannten Autor zu Gebote. 
Die Psychotherapie, die elektrischen und hydriatischen Prozeduren, die 
Massage- und JPharmakotherapie, die Anwendung der mechanischen 
Apparate, die Lokal- und vor allem die Allgemeinbehandlung sind kurz 
und sachgemäfs mit der nötigen Kritik geschildert. 

Ludwig Manasse- Berlin. 


Die Impotenz und ihre Behandlung. Von Dr. Damman -Berlin. 
(Med. Klinik 1906, Nr. 52.) 

Der Verfasser hat bei sechs Männern und zwei Frauen neben üb- 
licher Allgemeinbehandlung das Yohimbin-Riedel dreimal täglich zu 


Allgemeines über Physiologie u. Pathologie des Urogenital-Apparates. 421 


0,005 in Tablettenform gegeben. Bei fünf Männern trat eine deutliche 
Zunahme der geschwächten Geschlechtstätigkeit auf. Im sechsten Falle 
versagte die Yohimbin-Behandlung; allerdings lag in diesem Falle der 
Verdacht nahe, dafs es sich um eine beginnende Tabes handelte. Ein 
vollständiger Erfolg ist auch bei der einen der Frauen durch die Yohim- 
binbehandlung erzielt worden, bei der zweiten Frau hat Verf. mit dem 
Yohimbin einen wesentlichen Erfolg nicht erzielen können, weil es sich 
um eine psychopathische Persönlichkeit handelte. Alles in allem hält 
Verf. nach der bisher erschienenen Literatur, sowie nach dem Ergebnis 
seiner eigenen Versuche das Yohimbin-Riedel für ein ganz vorzügliches 


Mittel — gewissermalsen ein Speziikum — bei Verminderung der 
männlichen Geschlechtstätigkeit. Irgendwelche schädlichen Nebenwir- 
kungen hat er niemals beobachtet. — Bezüglich der Wirkungsweise des 


Yohimbin glaubt Verf. demselben eine direkt erregende Wirkung auf 
das Erektionszentrum zuschreiben zu müssen. 


M. Lubowski- Wilmersdorf bei Berlin. 


Beitrag zur Kenntnis der Pneumaturie. Von Adrian und 
Hamm. (Mitteil. aus den Grenzgeb. der Med. u. Chir., Bd. 17, H.1. u.2) 

Die häufigste Ursache der Pneumaturie ist 1. die innerhalb der 
Blase durch Bakterien bedingte alkoholische Gärung des zuckerhaltigen 
Urins, 2. die durch Kommunikation der Blase mit lufthaltigen benach- 
barten Organen entstandene Gasentwicklung und 3. die durch Zersetzungs- 
oder Gärungsvorgänge des Harns innerhalb der Blase hervorgerufene 
Gasbildung. 

Als zur vierten Form der Pneumaturie gehörig sind jene Fälle zu 
betrachten, bei denen die spontane Gasbildung in der Blase nur den 
gasbildenden Bakterien ihre Entstehung verdankt. Es sind bisher nur 
drei einwandsfreie Fälle beschrieben worden, denen die Verff. vier eigene 
Beobachtungen anzureihen in der Lage sind. 

Auf Grund ihrer sehr sorgfältigen Untersuchungen sind die Verff. 
zu dem Ergebnis gelangt, dafs die auf der intravesikalen Tätigkeit be- 
stimmter Bakterien beruhende Pneumaturie ohne Diabetes und ohne 
Verbindung von Blase mit Darm gar nicht so selten zu sein scheint, 
dafs die Erreger dieser Pneumaturie zur Gruppe des Bacterium lactis 
aerogenes oder zur Coligruppe gehören, und dafs als Quelle der Gas- 
bildung stets der Eiweifsgehalt des cystitischen Urins anzusehen ist. Be- 
stimmte Eiweifskomponenten des cystitischen Urins unterliegen der bak- 
teriellen Zersetzung und entwickeln hierbei Gas. 

Die Prognose dieser Form der Pneumaturie ist zweifelhaft und ist 
abhängig von der Ursache der dieselbe komplizierenden Cystitis oder 
von Erkrankungen anderer Organe. Die Therapie hat keine grolsen 
Erfolee zu verzeichnen. Die therapeutischen Bestrebungen haben sich 
in der Hauptsache gegen die Cystitis zu richten. Dafs durch peinlichste 
Asepsis in prophylaktischer Beziehung viel erreicht werden kann, braucht 
nicht besonders hervorgehoben zu werden. Erkrankungen des Darmes 
und der weiblichen Genitalorgane ist sorgfiältigo Beachtung zu schenken. 
In einem Falle, in dem aufser der Cystitis noch eine Nephritis bestand. 


422 Allgemeines über Physiologie u. Pathologie des Urogenital- Apparates. 


verschwand die Pneumaturie, als der Albumengehalt von UL Hl auf 
TT, Tun unter einfacher Nephritisdiät zurückging, obwohl die Cystitis 


keine Veränderung erfuhr. F. Fuchs-Breslau. 


Über die „Reizwirkung‘“ des Protargols. Von Dr. Karl Stern- 
Düsseldorf. Anhang: Die Zusammensetzung des Protargols. Von 
Dr. A. Brüning-Düsseldorf. (Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 6.) 

Bei der verschiedenen Beurteilung, die das Protargol in der Go- 
norrhoebehandlung seitens der behandelnden Ärzte erfahren hat, kam es 
Karl Stern darauf an, festzustellen, ob das Mittel in der üblichen 
Konzentration Reizerscheinungen ausübt. Er liefs das Medikament unter 
den bekannten Kautelen im Krankenhause selbst anfertigen und prüfte 
es an einer grolsen Zahl von Fällen. Mit ganz verschwindenden Aus- 
nahmen wurde es anstandlos vertragen und machte keine Reizerschei- 
nungen. 

Brüning untersuchte aus verschiedenen Gegenden Deutschlands 
stammende Protargolproben und fand keinerlei Schwankungen in seiner 
Zusammensetzung. Stehen Protargollöüsungen längere Zeit im Dunkeln, 
so geht die hellgelbe Farbe allmählich in dunkelbraun über, im Sonnen- 
licht vollzieht sich die Umwandlung in ganz kurzer Zeit. Die für die 
Praxis daraus zu ziehenden Schlufsfolgerungen ergeben sich von selbst. 

Ludwig Manasse- Berlin. 


Die Rezeptur des Protargols. Von Dr. F. Goldmann - Berlin. 
(Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 7.) 

Anknüpfend an die Notiz von Brüning in Nr. 6 der Deutschen 
med. Wochenschrift weist Verf. noch einmal darauf hin, wie wichtig es 
ist, Protargollösungen stets frisch und mit kaltem Wasser herzustellen 
und sie in gelbbraunen Flaschen aufzubewahren, wenn sie nicht reizen 
sollen. Er setzt die Technik der Herstellung genauer auseinander, die 
Einzelheiten darüber lese man im Original nach. Zum Schlufs weist er 
noch darauf hin, dafs als Zusatz zu Protargollösungen, um Schnerz- 
empfindung zu unterdrücken, sich am besten Alypinum nitricum im Ver- 
hältnis von 0,1—0,3 g Alypin auf. 1 g Protargol eignet. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


Über Stovain. Von Privatdozent W. P. Serenin. (Medizinskoe 
Obosrenie 1906, November.) 

Verfasser hat das Stovain unter anderem auch in drei Fällen von 
Phimosenoperation, in drei Fällen von Hydrocelenoperation und in acht 
Fällen von Eröffnung und Auskratzung von Bubonen mit durchaus gün- 
stigem Erfolge angewendet. Er ist der Meinung, dafs das sterilisierbare 
und dreimal weniger giftige Stovain dem Kokain vorgezogen zu werden 
verdient und in einigen Fällen das Kokain vollständig zu verdrängen 
vermag, um so mehr als man bei der Anwendung des Stovains nicht zu 
befürchten braucht, die Injektion von der Injektionsstelle aus weiter zu 
tragen, und man Injektionen auf gröfsere Strecken und längere Zeit 
hindurch machen kann, ohne Intoxikationserscheinungen zu befürchten. 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 423 
Als Mängel des Stovains gibt Verfasser erstens seine vasodilatatorische 
Wirkung und zweitens seinen im Vergleich zu demjenigen des Kokains 
etwas höheren Preis an. Er bemerkt aber selbst, dafs die vasodilata- 
torische Wirkung des Stovains auf den Ausgang der Operation gar 
keinen Einflufs hat. Das inkonstante Resultat, welches er bei cerebro- 
spinaler Stovainisation in einigen Fällen erzielt hat, führt Verfasser nur 
darauf zurück, dafs er zu schwache Stovainlösungen, nämlich 1—-5—8"!/, 
statt 10°, angewendet hat. 

M. Lubowski- Wilmersdorf bei Berlin. 


Il. Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Hemochromatosis with diabetes mellitus. Von T. B. Futcher. 
(Amer. Journ. of the Med. Scienc., Jan. 1907.) 

Die Erkrankung ist durch folgende drei Haupteigenschaften charak- 
terisiert: 1. Pigmentation der Eingeweide und gewöhnlich auch der 
Haut. 2. Cirrhose der Leber. 3. Diabetes mellitus, dessen Erschei- 
nungen in ‚den letzten Stadien das Krankheitsbild beherrschen. Bis 
jetzt sind nur 35 Fälle dieser Erkrankung beschrieben worden, von 
denen F. zwei selbst beobachtet hat und deren Krankengeschichten er 
mitteilt. von Hofmann-Wien. 


Du rôle des secr6tions internes dans la pathogenie du dia- 
bete 'sucr6. Von R. Lépine. (Deutsches Archiv f. klin. Med., Bd. 89, 
H. 1—4. Ebstein-Festschrift.) 

In der Pathogenie des Pankreasdiabetes spielt das Fehlen der nor- 
malen inneren Sekretion des Pankreas, welche der allgemeinen Glyko- 
Ivse vorsteht, eine bedeutsame Rolle. Es ist wahrscheinlich, dafs in den 
Fällen, in denen die Tätigkeit dos Pankreas herabgesetzt ist, die Ver- 
minderung der inneren Sekretion dazu beiträgt, den Diabetes, der im 
übrigen eine ganz andere Ursache haben kann, zur Entwicklung zu 
bringen. 

Die innere Sekretion anderer Drüsen übt zweifellos einen mehr 
minder bedeutsamen Einflufs auf die Art des Abbauos der Kohlehydrate 
aus. Dies scheint für verschiedene Drüsen experimentell sichergestellt 
zu sein, aber die klinischen Tatsachen genügen noch nicht, um diesen 
inneren Sekretionen eine bedeutsame Rolle bei der Entstehung des 
Diabetes mellitus zuzusprechen. Zuelzer-Berlin. 


Zur Kenntnis der diabetischen Lipämie. Von G. Klemperer 
und Dr. chem. H. Umber. (Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 61, H. 1 u. 2.) 

Verff. fanden Lipämie in zwei Fillen von Coma diabeticum, während 
sie es in ebensovielen Fällen vermifsten; ebenso fanden sie dieselbe 
bei drei schweren Diabetikern. Ein Hund, dem das Pankreas exstirpiert 
war, zeigte keine Lipämie, desgleichen ein leichter Fall von Diabetes; 
jedenfalls ist die Lipämie nicht für schweren Diabetes charakteristisch. 
— Bei der diabetischen Lipämie betrug der ätherlösliche Anteil des 


424 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Blutserum mehr als 1°/,, und zwar beruht die diabetische IApämie nur 
zum Teil, etwa zur Hälfte, auf wirklicher Fettvermehrung, während die 
andere Hälfte der ätherlöslichen Substanz aus Lipoiden, aus Cholestearin 
und Lezithin besteht. Dabei ist interessant, dafs die eigentlichen Fett- 
werte mit 0,4—0,6 °/, nicht die Norm überschreiten, während die 
Cholestearinzahlen das Drei- bis Achtfache des Normalen erreichen. In 
dem einen Falle von Koma waren sie sogar um das Zehnfache gesteigert. 

Betreffs der Herkunft des vermehrten Lipoidgehalts kann man an 
gesteigerten Zellzerfall denken, da ja beim Zerfall der Zelle nicht nur Ei- 
weils aufgespalten wird, sondern auch zugleich Lipoidsubstanzen, aus 
deren inniger Verbindung mit Eiweils die Zellen bestehen, frei werden. 
Man könnte auch daran denken, dafs in manchen Fällen von schwerem 
Diabetes eine Alteration des an Lipoidsubstanzen besonders reichen 
Zentralnervensystems stattfindet, so dafs das Auftreten von Lipoidsub- 
stanzen für starken Zerfall von Nervenzellen spräche. 

Zuelzer-Berlin. 


Untersuchungen und klinische Erfahrungen mit Litonbrot, 
einem neuen Diabetikergebäck. Von Dr. Brodzki. (Berliner klin. 
Wochenschr. 07, Nr. 4.) 


Das Litonbrot wird hergestellt aus Weizenkleber und Roggenkeim- 
lingen und soll die beiden unerläfslichen Forderungen, die an ein brauch- 
bares Diabetikergebäck zu stellen sind: niedrigen, möglichst konstanten 
Kohlehydratgehalt und natürlichen Brotgeschmack, in hohem Grade er- 
füllen. Die bisher empfohlenen und gebräuchlichen Brotarten haben 
entweder einen zu hohen Kohlehydratgehalt, wie das Grahambrot und 
der Pumpernickel mit 45 °/p, das Kleberbrot mit 30°/, Stärke, das 
Kleienbrot, das Aleuronatbrot, oder sie haben einen ausgesprochenen 
Kuchengeschmack, wie die Mandelbrotarten, und sagen deshalb den 
Diabetikern nicht recht zu. Das im Litonbrot enthaltene Klebereiweils 
bedingt die Backfähigkeit und den Brotgeschmack, als Fällmittel dienen 
die isolierten Roggenkeimlinge, welche durch Behandeln mit Malzinfus 
und Auswaschen von dem gröfsten Teil der Kohlehydrate befreit wer- 
den. Verf. hat bei einer Anzahl von Diabetikern, denen er das Gebäck 
in Verbindung mit der geeigneten individuellen Diät verabreichte, sehr 
günstige Erfahrungen gemacht. Paul Cohn- Berlin. 


Über das Wesen des Diabetes insipidus. Von Fritz Seiler. 
Aus der med. Klinik in Bern. (Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 61, H. 1 u. 2.) 

S. hat bei vier Fällen von Diabetes ins. durch quantitative Be- 
stimmung der Wasserausscheidung und derjenigen verschiedener fester 
Harnbestandteile sowie die gleichzeitigen zeitlichen Bestimmungen ihrer 
Ausscheidungsgröfse den Nachweis zu erbringen versucht, dafs der gen. 
Krankheit eine Störung der Nierentätigkeit zugrunde liegt. Diese be- 
steht darin, dafs die Nieren nicht mehr imstande sind, einen Harn ab- 
zusondern, dessen Konzentration über einen gewissen, gegen die Norm 
herabgesetzten Grenzwert hinaus zugeht. Eine genügende Ausscheidung 
der organischen und anorganischen Harnbestandteile — es wurden be- 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 425 


stimmt Harnstoff, Harnsäure, Phosphate, Chloride — findet nur dann 
statt, wenn dem Kranken so reichlich Wasser zugeführt wird, als zur 
Ausscheidung der betreffenden Mengen von Harnbestandteilen in der 
von den Nieren noch erreichten Harnkonzentration notwendig ist An- 
dernfalls erfolgt eine Retention von harnfähigen Substanzen, die zu 
urämieähnlichen Beschwerden führt. — Von einer Heilung des Diabetes 
insipidus kann man füglich erst dann sprechen, wenn die Harnmenge auf 
die Norm zurückgeführt ist und das spezifische Gewicht normale Werte 
angenommen hat. Der Versuch, durch Diuretica die Ausscheidung fester 
Bestandteile zu erleichtern und dadurch das Bedürfnis nach Wasser, dem 
sonst die Funktion der Elimination zufällt, einzuschränken, milsglückte 
zwar bisher, ist aber zur Wiederholung zu empfehlen, wenn gleichzeitig 
das Optimum der Flüssigkeitszufuhr bestimmt wird. 
Zuelzer-Berlin. 


Zur Kenntnis der Chylurie. Von Prof. E. Salkowski. (Berliner 
klin. Wochenschr. 07, Nr. 2.) 

Der Fall von transitorischer Chylurie, den Verf. bespricht, betraf 
einen 17 jährigen jungen Mann, der seit sieben Wochen milchähnlichen 
Urin entleerte; die Miktion dieses abnormen Harnes wurde vom Verf. 
wiederholt beobachtet; aufser zeitweise heftigerem Harndrang und Harn- 
verhaltung hatte der Patient keine subjektivon Beschwerden. Das Sedi- 
ment enthielt sehr wenig organische Elemente: Lympho- und Erythro- 
cyten, Granula, wie sie häufig bei Chylurie beobachtet werden, spitzige 
Kristalle von neutralem phosphorsaurem Kalk, keine Nierenclemente, zahl- 
reiche Fettkügelchen. An der Prostata fand sich keine Abnormität. 
Bei der ('ystoskopie sah man aus dem rechten’ Ureter milchige Flüssig- 
keit, aus dem linken klaren Urin heraustreten. Der Urin hellte sich 
während des Krankenhausaufenthaltes allmählich auf, 10 Wochen nach 
Beginn der Beobachtung wurde er plötzlich ganz klar, um nach !/, Jalıre 
ebenso plötzlich wieder das milchige Aussehen anzunehmen, dann entzog 
sich der Patient der Beobachtung. Es wurde Chylurie diagnostiziert: 
als mögliche Ursache kamen in Betracht: alte peritonitische Prozesse, 
oder ein Tumor (Palpation negativ), oder Ektasien oder Cysten von 
Limphgefäfsen; Filaria oder Eier wurden nicht gefunden. Alle unter- 
suchten Harnportionen enthielten Fett, welches in geringem Grade phos- 
phorhaltig war, ferner Eiweils, einmal einen durch Essigsäure fällbaren 
Eiweifskörper. In einer Harnprobe fand Verf. einen Körper, der sich 
vollständig wie Kasein verhielt; da aber absolut kein Milchzucker nach- 
zuweisen war, 8o mufste der Verdacht, dafs dem Urin künstlich Milch 
hinzugesetzt worden sei, aufgegeben werden. Der später entleerte klare 
Urin enthielt keinerlei abnorme Bestandteile. Paul Cohn- Berlin. 


Über Glischrurie beim Menschen. (Aus dem bakteriologischen 
Institut der Charkower Medizinischen Gesellschaft.) Von E. A. Rotmann. 
(Russki Wratsch 24, 1906.) 

Unter den verschiedenen chemischen Prozessen, welche die normale 
Zusammensetzung des Harns ändern, ist der Prozefs der Schleimgärung 


496 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


einer der seltensten. Das Wesen dieses Prozesses besteht darin, dafs sich 
ın der betreffenden Flüssigkeit eine so gewaltige Quantität Schleimsubstanz 
bildet, dals die ganze Flüssigkeit in eine dichte, ölartige Masse ver- 
wandelt wird. Schleimgärung des Harns wird, wie gesagt, sehr selten au: 
troffen. Selbst ein so erfahrener Urologe wie Guyon hat nur einmal 
einen Harn beobachtet, der aus der Blase gleichsam wie Olivenöl tlols. 
Beim sorgfältigen Studium der urologischen Literatur findet man jedoch, 
dafs es in bezug auf diese Frage zwei ausführliche bakteriologisclhe 
Untersuchungen gibt, die von folgenden Autoren herrühren: Malerba 
und Sanna Salarıs (1888), Melle, Colla und Fornaka (1895). In 
diesen 3 Fällen handelte es sich um zwei Frauen und einen Mann, wobei 
eine Frau aulserdem an periodischer Glykosurie litt, während die andere 
vollständig gesund war; der Mann litt aufserdem an Lepra. Jedoch stand 
bei sämtlichen Patienten die Glischrurie, d. h. die Ausscheidung des 
Harns im Zustande der Schleimgärung, in keiner Beziehung zu der 
Allgemeinerkrankung. — Verfasser hat ım Jahre 1904 einen Fall von 
Glischrurie bei einem Manne mittleren Alters beobachtet und beschrieben, 
der an Cystitis auf der Basis von Lithiasis ohne Urethritis in der Ana- 
mnese gelitten hat. Die Erscheinungen der Cystitis gingen unter dem 
Einflusse der üblichen Behandlung rasch zurück. Der Harnniederschlag 
verschwand, und der Harn selbst bekam normale Beschaffenheit. Bald 
aber bemerkte der Patient, dafs er einen klebrigen Harn entleere; 
schliefslich kam es so weit, dafs er statt des Harns Flüssigkeit von der 
Konsistenz des Glyzerins entleerte. — Verfasser ist es gelungen, aus dem 
Harn seines Patienten einen Bacillus zu isolieren, der in jeder Be- 
ziehung dem von den oben erwähnten Autoren isolierten Glischro- 
bacterium entsprach. Verfasser hat an einer anderen Stelle (in einer 
Spezialzeitschrift) eine genaue bakteriologische Beschreibung dieser Bak- 
terienart veröffentlicht und hebt jetzt nur einige Eigentümlichkeiten der- 
selben hervor: 

1. Das Glischrobacterium färbt sich gut mit mittelst 3°/ igen Karbol- 
wassers verdünntem Ziehlschen Karbol-Fuchsin. 

2. Es ist ein fakultativer a&rober Mikroorganismus, da es bei Zutritt 
von Sauerstoff besser gedeiht. 

3. Auf verschiedenen Flüssigkeiten (Fleischbouillon, Milch, Koch- 
salzlösung, saurem Harn) verwandelt sie das Glischrobacterium in eine 
dichte, schleimige Masse. 

4. Durch Experimente an Tieren (Kaninchen und Meerschweinchen) 
wurde festgestellt, dafs das Glischrobacterium weder bei der Einführung 
in das Blut, noch bei subkutaner Injektion pathogen ist. 

5. Die Frage, auf welche Weise diese Bakterienart in die Harnblase 
des Menschen gelangt, mufs vorläufig offen bleiben. 

M. Lubowsky- Berlin-Wilmersdorf. 


De la phosphatie. Von G. Berteche. (Annales de la policlin. 
centr. de Bruxelles 1906, 8. 23.) 


B. schlägt vor, für klinische Zwecke statt des Verhältnisses der 
Phosphorsäure zum Gesamt-N des Urins, den Koeffizienten Phosphor- 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 4927 


siure zum N des Harnstofles zu bestimmen. Dieser beträgt 23 bis 
95°, in der Norm. Ferner bestimmte er das Verhältnis der P-säure 
zur Dichtirkeit als 11—11,50°/, bei Normalen, während es bei Kranken 
meist variierte. Danach unterscheidet er eine Hypophosphaturie und eine 
Hyperphosphaturie, je nachdem ob diese Zahl unter der Norm oder 
über der Norm ist. R. Kaufmann-Frankfurt a A 


Zur Urobilinfrage. Vorläufige Mitteilungen von Dr. F. Fischer. 
(Zeitschr. $. physiol. Chemie, Bd. 42, S. 336 und Bd. 48, S. 419.) 

Das Urobilin des Harns soll ausschliefslich dem Urobilin des Darmes 
entstammen. Dagegen sprechen eine Reihe bekannter Beobachtungen. 
Verf. hat einem Hunde den Ductus choledochus reseziert, und die Gallo 
durch eine Gallenblasenfistel nach aufsen geleitet. Trotzdem wies der 
acholische Kot immer noch kleine Urobilinmengen auf, wohl aus dem 
Bilirubin im Blute stammend. Im Harne fand sich kein Urobilin, wohl 
aber in der Galle. Bei Vergiftung mit Alkohol, mit Phosphor oder 
Toluvrlendiamin trat eine enorme Steigerung des Urobilins in der Galle 
auf, und dann trat dieses auch in den Harn über. Merkwürdigerweise 
tritt diese Urobilinbildung nur dann auf, wenn die Tiere eine Zeitlang 
(relegenheit hatten, ihre aus der Wunde ausfliefsende (Galle aufzulecken. 
Diese Art der Einverleibung der Galle ruft schwere, aber vorübergehende 
Reizung des Darmtraktes und selbst der Niere hervor, dann erst tritt 
die Fähigkeit der extraintestinalen Urobilinbildung für die Dauer auf. 

Malfatti-Innsbruck. 


Das Verhalten des Harneisens bei Hyperglobulie. Von Cand. 
med. Rudolf A. Abeles. (Zeitschr. f. klin., Med. 59, ö u. 6.) 

Verf. resümiert die Arbeit folgendermafsen: 

l. Der für das normalerweise täglich ausgeschiedene Harneisen ge- 
fundene Durchschnittswert von ca. l mg. wird bestätigt. 

2. Das von Werner Hück beschriebene locker gebundene Harn- 
eisen wurde, übereinstimmend mit den Angaben seines Entdeckers, im 
normalen Harn niemals vorgefunden. 

3. Bei der Polycythaemia rubra ist das fest gebundene Harneisen 
deutlich vermehrt. 

4. Das Vorkommen von locker gebundenem Harneisen bei dieser 
Erkrankung ist ungewils. Die Genese und Natur des an 2 Tagen ge- 
fundenen bleibt unklar und weiterer Untersuchung vorbehalten. 

Zuelzer- Berlin. 


Das Trimethylamin als normales Produkt des Stoffwechsels 
nebst einer Methode für dessen Bestimmung im Harn und Kot. 
Von Dr. Filippo de Filippi. (Deutsches Archiv f. physiol. Chemie, 
Bd. 49, S. 433.) 

Schon Serono und Percival hatten aus dem Destillat des alkaliseh 
semachten Harnes Trimethylamin erhalten, aber in so grofsen Mengen 
ibis zu 2 g im Tage), dafs sie der vorauszusetzenden Ammoniakmenge 
zleichkamen. Tatsächlich ist die von Serono und Percival benutzte 


428 Haro- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Methode unbrauchbar. Und doch ist Trimethylamin ein Bestandteil des 
normalen Harnes. In einem Stoffwechselversuche fand sich bei vege- 
tarıscher Kost 0,016—0,023 g für den Tag, Zulage von 12 Eidottern 
mit mindestens 15 g Lecithingehalt erhöhte die Trimethylaminmenge 
nicht bedeutend (auf 0,04 und 0,05 g) und nur vorübergehend, während 
Zulage von !/, Kilo Fleisch eine starke Vermehrung (auf 0,079 g) ber- 
vorrief, die auch noch am folgenden Tage mit vegetarischer Kost be- 
stehen blieb. Die Methode des Nachweises ist folgende: Der Ham 
wird unter Zusatz von Kalilauge und etwas Paraffın (um das Schäumen 
zu verhüten) im Wasserdampfstrome destilliert, das Destillat mit Salz- 
säure angesäuert und eingedampft. Die zurückbleibenden trockenen 
Chloride werden mit absolutem Alkohol mehrfach extrahiert, wobei 
das Chlorammonium fast ganz zurückbleibt. Die aus dem Alkohol 
erhältlichen Basenchloride werden nun mit Bromlauge behandelt, wobei 
Ammoniak und die primären und sekundären Amine unter Aufbrausen 
zersetzt werden. . Aus der zurückbleibenden zitronengelben Flüssigkeit 
wird dann das Brom nach dem Ansäuern mit Salzsäure, das Trimethyl- 
amin aber nach dem Alkalisieren abdestillier. Im alkalischen Destillat 
kann durch Titrieren oder durch die Darstellung des Chloroplatinats die 
Base bestimmt werden. Malfatti-Innsbruck. 


Über die Bedeutung des durch Essigsäure fällbaren Eiweils- 
körpers im Harn der Kinder. Von Dr. Leo Langstein. (Berliner 
klin. Wochenschr. 07, Nr. 4.) 

Eine Reihe von Autoren hat die auffallende Beobachtung gemacht, 
dafs bei der orthotischen Albuminurie stets ein Eiweilskörper im Urin 
auftritt, der durch Essigsäure fällbar ist. Verf. hat diese Erscheinung 
zum Gegenstand eines genaueren Studiums gemacht und ist zu der Über- 
zeugung gelangt, dals l. in jedem Falle von orthotischer Albuminurie. 
und zwar konstant in jeder eiweifshaltigen Urinprobe, der durch Essig- 
säure fällbare Eiweilskörper vorkommt; 2. Fälle, in denen nur dieser 
Eiweilskörper ausgeschieden wird, von vornherein als different von Fällen 
chronischer Nephritis charakterisiert sind; 3. bei der chronischen Nephritis 
der Kinder der durch Essigsäure fällbare Eiweifskörper entweder gar 
nicht oder in geringerer Menge als anderes Eiweifs vorhanden ist. Bei 
Anstellung der Probe ist es notwendig, nach dem Zusatz der Essig- 
säure die Harnprobe mit dem 3—4fachen Volumen Wasser zu ver- 
dünnen, um nicht durch den Ausfall von Harnsäure bei einem hoch- 
gestellten Urin getäuscht zu werden. Etwaige Zweifel sind durch 
Erhitzung auf 40° zu beheben, wobei sich die Harnsäure löst. Die 
Frage nach der Natur des durch Essigsäure fällbaren Eiweifskörpers 
bedarf noch genauerer Untersuchungen. Paul Cohn-Berlin. 


Über das Vorkommen von Methylguanidin im Harn. Von 
W. Achelis. (Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 60, S. 10.) 

Bei Hunden konnten Kutscher und Lohmannn nach Fleisch- 
extraktfütterung Dimethylguanidin nachweisen. Verf. konnte nun das 
Metliylguanidin als normalen Harnbestandteil nachweisen, indem er es 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 429 


nach einer komplizierten, im Original einzusehenden Vorbereitung des 
Harnes als Salz der Pikrolonsäure fällte. Dabei lieferten je 10 Liter 
normalen Harnes ungefähr 0,24 g Tikrolonat.e Bei den nahen Be- 
ziehungen zwischen Methylguanidin und Kreatinin war eine Abhängig- 
keit der Ausscheidung des ersteren von der Einfuhr des letzteren zu 
vermuten. Diese Vermutung bestätigte sich nicht. Nach Zufuhr grofser 
Kreatininmengen (16 g) stieg die Menge des aus je 10 Litern Harnes 
erhaltenen Pikrolonats nur auf 0,42 g. Das Methylguanidin ist also 
wohl nicht als Abbauprodukt der Kreatininkörper aufzufassen, vielleicht 
eher als eine beim Abbau des Eiweilses entstehende Vorstufe derselben, 
deren Giftigkeit durch die Umwandlung in Kreatinin aufgehoben wird 
und von der nur Spuren, die dem Entgiftungsprozels entgehen, in den 
Harn übertreten. Einfuhr von Methylguanidin selbst hatte zwar eine 
bedeutende Steigerung der Ausfuhr von Methyl- und Dimethylguanıdin 
zur Folge, wurde aber doch quantitativ ausgeschieden; auch die Krea- 
tininmenge stieg dabei nicht an. Auffallend ist, dafs das Methyl- 
guanidin auch ım Harne vom Pflanzenfresser (Pferd), in dessen Nahrung 
Kreatinin vollständig fehlt, in recht bedeutender Menge (0,5 g Pikrolonat 
aus 10 Litern Harns) gefunden wurde. Malfatti-Ionnsbruck. 


Verhalten der Phosphorsäure zu Baryumchlorid unter spe- 
zieller Rücksicht auf die Acidimetrie des Harns. Von Moritz. 
(Med. Ges. zu Gielsen. Deutsche med. Woch. 1906, Vereinsbeil. S. 2128.) 

M. weist auf die Schwierigkeiten hin, welche bei der Titration der 
Phosphorsäure überhaupt, insbesondere bei Gegenwart von Kalksalzen, 
bestehen. Man kann diese umgehen, wenn man durch Zusatz eines neu- 
tralen Oxalates den Kalk zuvor ausfällt und durch Hinzufügen grölserer 
Mengen von Kochsalz es bewirkt, dafs die Phosphorsäure bei Verwen- 
dung von Phenophthalein als Indikator sich genau bis zur Grenze zwischen 
sekundärem und tertiärem Salz austitrieren läfst. Ein auf diese Prin- 
zipien aufgebautes Titrationsverfahren des Harnes gibt ganz andere Re- 
sultate als die Freund-Liebleinsche Aciditätsbestimmung des Urins; 
diese beabsichtigte eine Ausfällung der sekundären Phosphate des Harns 
durch Baryumchlorid und nimmt das im Filtrat verbleibende primäre 
Phosphat als Mafsstab der Harnazidität; die Resultate sind wesentlich 
niedriger, als die nach der obigen Methode erhaltenen. Der Grund 
liegt nach Versuchen Völkers teils darin, dals durch den auf Zusatz von 
Baryumchlorid erhaltenen Sulfatniederschlag immer, auch aus primärem 
Salz, eine erhebliche Menge von Phosphorsäure mitgerissen wird, teils 
darin, dafs in Gegenwart von Ammoniaksalzen schwacher organischer 
Säuren, die immer im Harn vorhanden sind, durch Baryumchlorid auch 
primäres Phosphat zur Fällung gebracht wird. Die Freund-Lieb- 
leinsche Methode der Trennung von primärem und sekundärem Phos- 
phat durch Baryumchlorid ist also für den Harn völlig unbrauchbar. 

Mankiewicz-Berlin. 


Eine neue Nitroprussidreaktion des Harnes. Von V. Arnold. 
(Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 49, S. 397.) 


Nach Genufls von Fleisch, Fleischextrakt und selbst Fleischbrühe 


430 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


tritt im Harne eine der bekannten Weylschen Kreatininreaktion ähn- 
liche, aber doch davon verchiedene Reaktion auf. Werden nämlich 
10—20 cm? des Harnes mit einem Tropfen einer 4 °/,igen Nitroprussid- 
natriumlösung und darauf mit 5—10 cm? einer 5°/,igen Natronlauge 
versetzt, so tritt sofort eine violette Färbung auf, die dann bald in 
purpurrot, braunrot und gelb übergeht. Noch schöner tritt die Reaktion 
in mit Tierkohle entfüärbtem Harne auf. Die gefärbten Flüssigkeiten 
weisen spezifische Absorptionsbänder auf, die den Färbungen der Krea- 
tinınreaktion abgehen. Bei Einhaltung der oben angeführten Vorschrift 
tritt im Harne nur die beschriebene Nitroprussidreaktion auf, da Krea- 
tinin erst bei Zusatz einer bedeutend grölseren Menge von Nitroprussid- 
natrium reagiert. Auch die übrigen mit diesem Reagens Färbungen 
gebenden Körper — Azeton, Azetessigsäure, Ammonsalze und Ammoniak, 
Cystein, Indol und Methylmercaptan — sind nicht die Ursache der neuen 
Reaktion. Der diese veranlassende Körper tritt rasch, schon zwei bis 
drei Stunden nach dem Genusse besonders von gebratenem Fleisch oder 
starker Fleischbrühe, in den Harn über, wird durch Alkalien oder 
durch Kochen mit Säuren zerstört, wird durch Bleiazetat nicht gefällt, 
geht nicht ins Destillat oder in irgendwelche Lösungsmittel (Äther, 
Benzol usw.) aufser in Alkohol über. Auch bei längerem Stehen des 
Harnes verschwindet der die Reaktion gebende Körper, über dessen 
Natur vorläufig noch keine Vermutungen ausgesprochen werden können. 
Malfatti-Innsbruck. 


% 


Zur Kenntnis der Guajakblutprobe und einiger ähnlicher 
Reaktionen. Von O. Schumm. (Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 50, 
S. 374.) 


Die Guajakblutprobe mit Terpentinöl gilt vielfach als nicht ganz 
zuverlässig, da man die Beschaffenheit des Terpentinöls nicht stets naclı 
Wunsch findet, und darum hat der Vorschlag von Carlson, an Stelle 
des Terpentinöls Wasserstoffsuperoxyd zu verwenden, viele Freunde ge- 
wonnen. Nach Verf. ist aber die Probe mit Wasserstoffsuperoxyd aus- 
geführt weniger empfindlich. 1 cm? Flüssigkeit mit 0,03 mg Blut gab 
bei Verwendung von Terpentinöl noch deutliche Blaufärbung, während 
die doppelte Blutmenge (0,06 mg im cm”) mit Wasserstoffsuperoxyd 
kaum mehr nachweisbar war. Um das Öl stark wirksam zu machen, 
läfst man es durch längere Zeit im zerstreuten Tageslicht (nicht Sonne) 
in flachen Gefälsen offen stehen und verdünnt die so erhaltene sirupöse 
Masse mit etwa der fünffachen Menge gewöhnlichen Terpentinöls. Es 
soll die Flüssigkeit dann ein spez. Gewicht von 0,95 haben; mit etwas 
metallischem Quecksilber kräftig durchgeschüttelt, soll es auf Zusatz von 
Guajaktinktur kräftige Blaufärbung geben. Quantitativ läfst sich der 
Wirkungswert des Öles bestimmen durch die Titration der Jodmenge, 
die es aus Jodkaliumlösung freimacht; 2 g des Öles sollen eine 2 cm’ 
Tu normalen Thiosulfatlösung äquivalente Jodmenge freimachen. Im 
Harn wird die Probe am empfindlichsten, wenn man zu 5 cm? Ham nur 
etwa 5 Tropfen frische (uajaktinktur und dann etwa 20 Tropfen des 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 431 


Terpentinöls zufügt und schüttelt. Es scheidet sich dann das blau- 
vefärbte Terpentinöl als deutliche Schichte ab. 
Malfattı-Innsbruck. 


The so called „pancreatic reaction“ in the urine. Von P. J. 
Cammidge. (Edinb. Med. Journ., Febr. 1907.) 

C. führt in diesem Artikel seine früher beschriebenen Versuche 
bezüglich der Phenylhydrazinreaktion im Urin weiter aus und gibt eine 
verbesserte Methode an, mit welcher er bei einer Serie von 200 unter- 
suchten Harnen 75 mal ein positives Resultat erzielte. In der grölsten 
Mehrzahl dieser Fälle fanden sich entzündliche Veränderungen des 
Pankreas, während bei Karzinom in der Regel keine Reaktion auftrat. 

von Hofmann-Wien. 


Über Verbindungen der Harnsäure mit Formaldehyd. Von 
Artur Nicolaier. (Deutsches Archiv f. klin. Medizin, Bd. 89, H. 1—4. 
Ebstein-Festschrift.) 

Während das Urotropin, die Verbindung von Formaldehyd und 
Ammoniak, nach innerlicher Darreichung beim Menschen in den Harn 
übergeht und in ihm bei Körpertemperatur freies Formaldehyd abspaltet, 
trifft dies für die übrigen Formaldehydverbindungen, die bis jetzt thera- 
peuti-ch verwendet werden, nicht zu. — N. nennt besonders das Citarın, 
methylenzitronensaures Natrium, nach dessen Einnahme kein freies Formal- 
dehyd im Harn nachgewiesen werden kann. Auch die Formaldehyd- 
harnsäure, die deswegen ein besonderes Interesse beansprucht, weil sich 
das Formaldehyd im Harn mit der Harnsäure zu einer löslichen Formal- 
d-hydbarnsäure verbindet, tritt nicht unzersetzt in den Harn über, 
wird vielmehr nach ihrer Einnahme per os im Organismus vollkommen 
zerstört. Dies gilt sowohl für die Diformaldehydharnsäure wie für die 
Monvformaldehydharnsäure und die viel schwerer lösliche Anhydrodifor- 
maldehydharnsäue. Diese Verbindungen wurden sowohl bei Tieren wie 
heim Menschen versucht und stets ihre Zerstörung im Körper nach- 
gewiesen. Zuelzer-Berlin. 


Kritische Untersuchungen zur Lehre vom erhöhten Eiweils- 
stoffwechsel. Von Ed. Aronsohn, Ems-Nizza. (Zeitschr. f. klin. Med., 
Bd. 61. H. 1 u. 2.) 

Verf. stellt folgende Schlufssätze auf: 

l. Die Erhöhung des Eiweifsstoffwechsels ist abhängig von Nerven- 
und Fermentwirkungen. — Die Annahme eines toxischen Eiweilszerfalls 
bt unbegründet. 

2. Eine Erhöhung des Eiweifsstoffwechsels kommt nur vor bei 
a) Verarmung von Körperzellen an Kohlehydraten und Fett, b) Fieber 
und exzessiven Nervenerregungen, c) Kachexie. 

3. Der erhöhte Eiweilsumsatz im Fieber ist eine Folge der dem 


Fieberprozefs zugrunde liegenden erhöhten Innervation der Zellen (Rei- 
zung des Wärmezentrum). 


432 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes, 


4. Der erhöhte Eiweilszerfall im Fieber ist eine für den Fieber- 
zustand charakteristische Eigentümlichkeit. 

5. Die Krebskrankheit geht nicht mit einer erhöhten Stickstoffaus- 
scheidung einher; eine solche wird nur beobachtet bei Hinzutritt von 
Fieber oder Verarmung der Körperzellen an Kohlehydraten und Fett, 
oder wenn die dem zerfallenden Karzinom heterolytischen Fermente in 
die Zirkulation gelangen. 

6. Die Basedowsche Krankheit verläuft mit völlig normalem Stof- 
wechsel, wenn sie nicht mit Fieber oder exzessiven Nervenerregungen 
kompliziert ist. 

7. Die perniziöse Anämie zeigt normale Harnstoffausscheidung. Ist 
die Krankheit mit Fieber verbunden, so steigt auch die Harnstoffaus- 
scheidung. 

8. Bei fieberlosen Phthisen ist der Eiweilsstoffwechsel nicht erhöht. 

9. Die erhöhte N-Ausscheidung bei Phosphor-, Arsen- und Chloro- 
formvergiftung hat ihren Grund in der gleichzeitig vorkommenden 
Temperatursteigerung. 

10. Bei Pyridinvergiftung erklären die Schädigungen der Nerven, 
Blutzersetzungen, Auftreten von fibrinöser Pneumonie und Temperatur- 
schwankungen den erhöhten Eiweilszerfall. 

11. Nach Phloretinvergiftung tritt nur mit der Erhöhung der Wärme- 
produktion eine Erhöhung des (sesamtstoffwechsels auf. 

12. Die bei Blutentziehung, Dyspnoe, Muskelarbeit und Wärme- 


stauung hin und wieder — sehr selten — beobachtete Steigerung der 
Stickstoffausscheidung ist auf einen der sub 1. angeführten Gründe zurück- 
zuführen. Zuelzer-Berlin. 


Über das verschiedene Verhalten organischer und anorga- 
nischer Arsenverbindungen Reagenzien gegenüber, sowie über 
ihren Nachweis und ihre Bestimmung im Harne nach Einführung 
in den Organismus. Von C. E. Carlson. (Zeitschr. f. physiol. Chemie, 
Bd. 49, S. 410.) 

Als Verf. täglich 10 Tropfen Fowlerscher Lösung (1" , As,O.) 
zu sich nahm, konnte schon am fünften Tage des Versuches, aber auch 
noch fünf Tage nach Abschlufs desselben Arsen im Harne nachgewiesen 
werden. Als bequeme Methode empfiehlt Verf. die Elektrolyse des 
Harnes (ev. eingedampft) in einem U-Röhrchen. Anorganisches Arsen 
wird dabei mit dem Wasserstoff als Arsenwasserstoff abgeschieden und 
lälst sich durch ein mit einem Tropfen Silbernitratlösung angefeuchtetes 
Filtrierpapier oder wie beim Marshschen Apparat durch Glühen nach- 
weisen. Bei Anwendung eines Stromes von 7 Volt und zweistündiger 
Versuchsdauer liefs sich noch 0,0005 mg Arsen in 20 cm? Harn deut- 
lich nachweisen. Noch längere Dauer der Elektrolyse ist nicht zu 
empfehlen, weil durch Bildung von Schwefelwasserstoff (nach 3—4 Stun- 
der) Täuschungen hervorgerufen werden können; ja in einem Falle gab 
ein sehr schwefelreicher Harn (nach Kohlgenufs) sogar schon nach einer 
Stunde Gielbfärbung des Silbernitratpapieres, ohne dafs durch die (rlüh- 
probe Arsen nachgewiesen werden konnte. 


Gonorrhoe un! Komplikationen. 433 


Nach Einnahme von organischen Arsenpräparaten ist die genannto 
Arsenprobe nicht hinreichend, um Arsen überhaupt nachzuweisen; das 
mufs durch eine sorgfältige Einschmelzung mit Salpeter durchgeführt 
werden. Kakodylverbindungen lassen sich qualitativ schon sehr leicht 
durch den Geruch von Kakodyloxyd nachweisen, den der Harn naclı 
Zusatz von Reduktionsmitteln (phosphorige oder unterphosphorige Säure, 
Zink oder Zinn und Salzsäure usw.) erkennen läfst. Hingegen liefs 
sich selbst nach monatelanger interner oder subkutaner Einführung von 
kakodylsaurem Natron keine Arsen- oder arsenige Säure im Harne nach- 
weisen. Kakodyl wird also im Organismus nicht in die giftigen anor- 
ganischen Arsenverbindungen übergeführt, und die Wirkungsweise desselben 
ist nicht auf eine solche Spaltung zurückzuführen. Die gegenteiligen 
Angaben Heffters führt Verf. auf Verwechslung von Kakodylsulfid mit 
Arsensulid zurück. 

Ob die anderen üblichen organischen Arsenverbindungen, das 
Natriummethylarseniat (Arrhenal) oder Metaarsensäureanilid (Atoxyl), im 
Organismus zu anorganischen Arsensäuren abgebaut werden, wurde nicht 
untersucht. Bei dem recht labilen Atoxyl, das schon durch Schwefel- 
wasserstoff zerlegt wird und auch bei der Elektrolyse direkt Arsen- 
wasserstoff liefert, ist das wohl wahrscheinlich. 

Malfatti-Innsbruck. 


III. Gonorrhoe und Komplikationen. 


Gonorrhoe und Wochenbett. Von Dr. A. Mayer. (Monatsschrift 
für Geburtshilfe und Gynäkologie 1906, Bd. 23, H. 5.) 

Die puerperale Gonorrhoe ist nicht immer die ungefährliche Er- 
krankung, als die sie im allgemeinen gilt. Sie kann hohes Fieber (bis 
zu 4°) und schwere Allgemeininfektion mit Schüttelfrösten verursachen. 
Das Allgemeinbefinden kann durch sie derart beeinträchtigt sein, dafs das 
klinische Bild das Aussehen einer septischen Erkrankung annimmt und 
das Leben ernstlich bedroht erscheint. Inwieweit an der Allgemein- 
infektion eine Toxinwirkung oder Gonokokkeninvasion ins Blut schuld 
ist, läfst sich noch nicht feststellen. In ätiologisch zweifelhaften Fällen 
berechtigen die schweren Allgemeinerscheinungen und hohes Fieber allein 
nicht zur Annahme einer durch Strepto- oder Staphylokokken erzeugten 
Sepsis, was forensisch sehr wichtig sein kann. Grolse Remissionen resp. 
Intermissionen in der Temperaturkurve und der Wechsel zwischen hohem 
Fieber und mehrtägigen fieberfreien Perioden sind vielleicht ein auf 
Gonorrhoe hinweisendes, aber kein für sie beweisendes Zeichen, da ähn- 
liches auch bei nicht gonorrhoischen Puerperalprozessen vorkommt. Die 
vielfach gemachte Annahme, dafs für die Gonorrhoe das Spätfieber cha- 
rakteristisch ist, verdient nicht rückhaltlose Anerkennung. Es fällt auf, 
dat: in den vom Verf. beobachteten Fällen von sechs Kindern gonorrhoe- 
kranker Mütter vier schwächlich zur Welt kamen und die zwei anderen 
in den ersten Lebenswochen gegen einwirkende Schädlichkeiten sich 
wenig resistent erwiesen. Ob die gonorrhoische Uterusschleimhaut für 
die Anlage und Ausbildung der Placenta ungünstige Verhältnisse abgibt, 

Zeitschrift für Urologie, 1907. 29 


434 Gonorrhoe und Komplikationen. 


oder ob die sich entwiekelnde Frucht durch direkte Toxinwirkung auf 
den mütterlichen oder eigenen Mechanismus beeinträchtigt wird. ist noch 
nicht zu entscheiden. M. Lubowski- Wilmersdorf bei Berlin. 


Ein Fall von gonorrhoischer Allgemeininfektion. Von Sie- 
belt. (Mediz. Klinik 1907, Nr. 1) 

Verf. berichtet kurz über einen Fall von Allgemeininfektion im 
Spätstadium akuter Gonorrhoe. Die Erkrankung begann mit Schüttel- 
frost, rechtsseitigem Brustschmerz und Hustenreiz bei sehr geringfügigem 
Lungenbefund. Unter leichter Temperatursteigerung bildete sich in den 
nächsten 14 Tagen am inneren Bicepsrande des rechten Oberarms ein 
Absze[s aus, in dem bei der Probepunktion zahlreiche Gonokokken 
nachgewiesen wurden. Der Abszefs wurde inzidiert, es trat zunächst 
Besserung ein, dann Verschlimmerung der Brustsymptome und An- 
schwellung der rechten Trochantergegend. Die Probepunktion ergab hier 
nichts Positives. Verf. gab Gonosan und erzielte Heilung. Über den 
angeblichen massenhaften Gonokokkenbefund ist leider nichts Näheres 
gesagt, so dafs sich nicht kontrollieren lälst, ob es sich wirklich um 
Gonokokken und nicht um andere Diplokokken gehandelt hat. Auch 
die günstige Wirkung des Gonosans scheint Ref. nicht genug beweisend 
für die ganorrhoische Natur des Leidens. Zum mindesten ist die Sache 
zweifelhaft. Müller- Dresden. 


Über gonorrhoische Epididymitis. Von Dr. Artur Hennig- 
Königsberg i. Pr. (Monatsschrift f. Harnkrankheiten u. sexuelle Hyg. 1906, 
H. 1—3.) 

Der Kernpunkt der interessanten Schrift des Autors ist die Be- 
schreibung seiner seit langer Zeit geübten Behandlungsmethode, die 
nicht nur wesentlich von der alten gebräuchlichen Therapie in wichtigen 
Punkten abweicht, sondern auch aulserordentlich günstige Resultate er- 
gibt, welche um so höher anzuschlagen sind, als Verfasser seine Methode 
bereits drei Jahrzehnte anwendet und somit ein Zufall so gut wie aus- 
geschlossen ist. Der leitende Grundgedanke der Methode ist, dafs, so- 
bald ein Patient bei akuter oder chronischer Gonorrhoe oder einem 
verdächtigen gonorrhoischen Zustande oder einer dieser Erkrankung gleich- 
wertigen bakteriellen Urethritis (aber nicht auf Gonokokken beruhend), 
wie man sie häufiger nach Bougierungen, Dehnungen, Steinabgang usw. 
beobachtet, auch nur die geringsten subjektiven Empfindungen in der 
Schenkelbeuge, im Samenstrange, dem Damme, den Hoden, bezw. Neben- 
hoden bat und sich bei einer sorgfältigen Untersuchung irgendwelche 
Druckpunkte an den eben angegebenen Organen oder dem Leistenringe 
finden, während die zweite Urinportion trübe ist, ja womöglich sich eine 
Druckempfindlichkeit des im Becken befindlichen Teiles des Vas deferens, 
eines Prostatalappens oder gar Anschwellung eines solchen, bei einem 
derartigen Kranken konstatieren lassen, sofort ein Quecksilberpflaster- 
verband angelegt wird. Verf. benutzt Emplastrum Hydrargyr. ciner., 
ca. 20—25 qem grolfs, je nach der Grölse resp. Vergrölserung des Skro- 
tums, auf feinstem Weilsleder messerrückendick gestrichen, das um das 


Gonorrhoe und Komplikationen. 435 


ganze Skrotum, auch über die gesunde Seite, gelegt, und zwar derartig, 
dals das Pflaster der Skrotalhaut eng anliegt, das Skrotum vollkommen 
deckt, nach hinten bis zum Damme reicht, nach oben bis unmittelbar 
unter die Peniswurzel und seitlich auf die Oberschenkel und nach oben 
bis über die Leistenringe geht. Sind schon deutliche Verdickungen und 
Schwellungen des Vas deferens, des Nebenhodens oder Ausschwitzungen 
in die Tunica vaginalis vorhanden, so legt man um den erkrankten 
Skrotalteil — und zwar so weit als möglich nach oben — einen 1!/, cm 
breiten Streifen Quecksilberpflastermull mäfsig fest herum, und in den- 
jeniren Fällen, in denen sich schon auf beiden Skrotalhälften Krankheits- 
erscheinungen finden, wird derselbe unmittelbar unter der Peniswurzel 
ganz oben über dem Skrotum, jedoch nicht zu straff, befestigt, um auf 
diese Weise eine leichte venöse Stauung artefiziell hervorzurufen. Über 
den Quecksilberpflasterverband kommt eine dicke Schicht entfetteter 
Watte und dann erst ein mit Schenkelriemen versehenes, grolses, gut- 
sıtzendes Suspensorium. 

Sobald als möglich nach Anlegen des Verbandes rät Verf. den 
Patienten, zu Bett zu gehen und nach Genuls einer Wasser-, Mehl-, Milch- 
oder Obstsuppe 1—2 g Salipyrin zu nehmen. Die Wirkung ist eine 
eklatante.e Auch für die nächsten 3—-4 Tage empfiehlt es sich dann 
noch allabendlich, sobald der Kranke zu Bett gegangen ist, 1—2 g 
Salipyrin mit heilsem Tee oder Zitronenlimonade wie am ersten 
Abend zu nehmen, und vom 5. Tage ab nur noch 1 g beim Schlafen- 
gehen, sich morgens abzureiben und die Wäsche zu wechseln. Je 
intensiver der Kranke schwitzt, um so wohler pflegt sich derselbe am 
nächsten Tage zu fühlen, und um so schneller schwindet die Anschwellung 
des Nebenhodens, des Vas deferens und die Ausschwitzung in die Tunica 
vaginalis. Genügen 2 g Salipyrin nicht, um eine intensive Wirkung zu 
erzielen, so gibt Verf. 3, 4—5 g abends oder verlegt, wo es die Ver- 
hältnisse gestatten, die Hauptschwitzperiode auf den Nachmittag und 
verordnet von 3 Uhr nachmittags ab jede Viertelstunde 1 g Salipyrin 
und 1 Glas heifse Zitronenlimonade) bis zu 4—5 g aufsteigend; nach 
Ablauf von drei Stunden pflegt die intensive Schweilsabsonderung nach- 
zulassen, wobei der Kranke abgerieben, kühl abgewaschen und mit neuer 
Wäsche versehen wird. Verf. hat im Laufe der Jahre auch salizyl- 
saures Natron in Dosen bis zu 6,0 täglich, Jodkalium, Antipyrin, Salol 
und zuletzt Aspirin versucht, aber keines dieser Mittel hat ähnlich 
schöne Erfolge aufzuweisen gehabt, wie das Salıpyrin. Zugleich bemerkt 
Verf, ausdrücklich, dafs diese eklatante Wirkung nicht etwa dem Addi- 
tionsprodukte von salizylsaurem Natron und Antipyrin, sondern lediglich 
dem Salipyrin Riedel zukommt. Ob dem Salipyrin jedoch ein eventuell 
direkter Einflufs auf die Gonorrhoe zuzuschreiben ist, glaubt Verf. noch 
nicht rit Bestimmtheit bejahen zu können, obgleich es wahrscheinlich 
ist; symptomatisch wirkt es aber auf Schmerzen und Allgemeinbefinden 
und trägt sicherlich auch zur schnelleren Resorption des Infiltrats bei. 

Was nun die Gonorrhoe selbst anbetrifft, so ist bei der Beteiligung 
des Nebenhodens, aber auch schon des Vas deferens jede lokale Behand- 
lung sowohl der Anterior wie der Posterior sofort auszusetzen, dagegen 

ag 


436 Penis und Harnröhre. 


reicht Verf., falls ein Balsamikum nicht schon von Anfang an verordnet 
worden war, sofort beim Auftreten einer Posterior ein solches, und zwar 
in letzter Zeit Gonosan dreimal täglich 1—2 Kapseln, früher Oleum 
Santali mit günstigem Erfolge. Erst nach dem Abklingen der akuten 
Erscheinungen kann man wieder langsam und vorsichtig die lokale Be- 
handlung der Gonorrhoe aufnehen, doch ist zunächst unter allen und 
jeden Umständen nur die Anterior zu bebandeln. Der Suspensionsver- 
band bleibt 2—3 Wochen liegen. Das einfache Suspensorium wird aber 
unter allen Umständen tüchtig mit entfetteter Watte ausgepolstert, Tag 
und Nacht getragen. Auch noch weiterhin müssen Immobilisation des 
Hodens, leichte Kompression und Wärme zur endlichen und vollständigen 
Aufsaugung der Intiltrate das ihrige beitragen. Erst nach Monaten, 
falls Knötchen und diffuse Verdickungen an den Nebenhoden oder im 
Vas deferens zurückgeblieben sind, geht Verf. an die Massage derselben. 
Wirklich deutlich zu diagnostizierende Abszesse im Nebenhoden und am 
Samenstrang müssen eröffnet werden, doch genügt fast stets die einfache 
Punktion mit nachfolgendem Kompressions- und Suspensionsverband; eine 
tiefe Inzision ist unnötig und schädlich. 
M. Lubowski-Wilmersdorf bei Berlin. 


Isolation of Gram negative Diplococci in three cases of ar- 
thritis, accompanying urethritis; in a fourth case without ure- 
thritis. Von Th. Flournoy. (Proceed. of the New York patholog. soc. 
1906, p. 39.) | 

Bei zwei Männern ım Alter von 23 und 27 Jahren und bei einem 
Weibe im Alter von 17 Jahren entstand im Anschlusse an eine akute 
Gonorrhoe ein typischer gon. Gelenkrheumatismus, und zwar des einen 
Knies. Ferner erkrankte ein 31 jähriger Mann an einem akuten Rheuma- 
tismus des rechten Knies nichtgonorrhoischen Ursprungs. In allen vier 
Fällen ergab die mikroskopische Untersuchung der aspirierten Gelenk- 
flüssigkeit gramnegative Diplokokken. Die Kulturen dieser Diplokokken 
unterschieden sich jedoch kulturell insofern ven Gonokokken, als es ge- 
lang, sie nach einigen Generationen auch auf einige der gewöhnlichen 
Nährböden, z. B. in Bouillon, mit Erfolg zu impfen. Anderseits gelanı 
es auch nicht, sie mit anderen gramnegativen Diplokokken wie dem 
Meningococeus und dem Micrococcus catarrhalis zu identifizieren. 

R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


IV. Penis und Harnröhre. 


Über einen Fall von Hypospadie. Von Prof. M. 8, Suhbotin. 
(Wratschewnaja Gazetta 1907, No. 8.) | 8 

Das Interesse des Falles liegt darin, dafs derselbe nicht in der 
üblichen Weise operiert wurde. Die Rinne an der unteren Oberfläche 
des Gliedes wurde mittelst eines durch die Tunica albuginea geführten 
Schnittes gespalten, der beide Corpora cavernosa voneinander trennte: 
die Blutung war sehr gering. Hierauf wurde die Rinne mittelst zwei 
Ergänzungsschnitte umnäht, durch welche sie von dem übrigen Teile des 


Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 437 


Ghedes abgegrenzt wurde; schlielslich wurden zwei Reihen ununter- 
brochener Naht mittelst: der Reverdinschen Nadel und eines Aluminium- 
Bronzedrahtes angelegt. Die tiefe Naht näherte die Ränder der Rinne, 
die oberflächliche, subkutan angelegte näherte die Hautränder des Glie- 
des einander; in der Tiefe des Gliedes bleibt dabei ein von Epithel 
nicht bedeckter Teil der Rinne, der per secundam heilen mufs. Für 
die ersten drei Tage wurde ein Katheter ü demeure eingeführt. Am 
8. Tage wurden die Drähte entfernt. Die Wunde heilte per primam. 
Eine Zeitlang nach der Operation wurde der Patient systematisch son- 
diert. Subbotin empfiehlt seine Methode für sämtliche Fälle von 
schwerer Hypospadie, indem er in derselben viele Vorteile den bei 
dieser Krankheit sonst üblichen ÖOperationsmethoden gegenüber erblickt. 
M. Lubowski- Wilmersdorf bei Berlin. 


Hypospadias peno-scrotal.e. Opération à Lambeau préputial. 
Von Donnet-Limoges. (Société de chir. de Paris, 21. XI. 06. Revue de 
chir. 07, I., p. 140.) 

Donnet schlägt folgendes Verfahren bei Hypospadie vor: Zirkuläre 
Durchtrennung des Präputiums derart, dafs dasselbe mit dem Frenulum 
ın Zusammenhang bleibt und seine Ernährung durch die Arteria frenuli 
gesichert ist. Aufklappen des Vorhautlappens, so dafs derselbe zwei 
Oberflächen, eine Schleimbauthaut und eine blutige Oberfläche aufweist. 
Dieser Hautlappen wird mit der Schleimhauthautfläche nach innen, der 
blutigen Fläche nach aufsen um einen Katheter Nr. 15 Fil. Charr. ge- 
schlagen und mit einigen Nähten fixiert, er bildet eine Art Manschette 
und ersetzt durch einen Tunnel des Gliedes und der Eichel gezogen als 
neue Harnröhre den fehlenden Kanal. Der Vorteil des Verfahrens be- 
Acht in der Herstellung des Kanals in einer Operation, in der Vermei- 
dung der Fisteln am hinteren Wundrand und in der Abwesenheit von 
Haaren in dem neuen Kanal. Mankiewicz- Berlin. 


Autoplastie cutanse de Purèthre. Von Ruotte-Algier. (Société 
de Chirurgie de Lyon, 22. XI. 1906. Revue de chirurgie 1907, I., p. 145.) 

Ruotte macht vor jeder Harnröhrenplastik die Sectio alta, um 
den Harn abzuleiten; er zieht die temporäre Bauchfistel der Perineal- 
h-tel vor und rühmt trotz des grölseren Eingriffes die weitaus schnellere 
Heilung der Kranken in sechs Füllen, da die feinen Nähte der Plastik 
von jeder Berührung mit dem Harn freigehalten wurden. Das Resultat 
war noch nach zwei Jahren tadellos. Mankiewicz-Berlin. 


V. Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


Ein Beitrag zur Kasuistik der Mischgeschwülste des Ho- 
dens. Von Dr. H. Rimann, Assistent der Leipziger chir. Klinik. (Bei- 
träge zur klin. Chir, 53. Bd., 2. Heft 1907.) 

Wilms teilt die Mischgeschwülsto des Ovariums und des Hodens 
ın Embryome (cystische Teratome, Dermoide) und embryoide Geschwülste 
isolide Teratome). Im Ovarium stellen die Dermoideysten, im Hoden 


438 Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


die soliden Teratome die häufigere Geschwulstform dar. Beide sind 
nach Wilms auf eine dreiblätterige Keimanlage zurückzuführen; sie 
unterscheiden sich dadurch, dals bei den Embryomen es zur Bildung 
einer fötalen Keimanlage kommt und die Geschwulstbildung in einer 
Cyste vor sich geht, während bei den embryoiden Geschwülsten die 
einmal differenzierten, embryonalen Gewebe grenzenlos weiter und durch- 
einander wachsen. Auf diese Weise entstehen äufserst vielgestaltige, bunte 
Bilder, deren Deutung nicht immer leicht und einwandfrei ist. Denn trotz 
zahlreicher neuerer Untersuchungen ist in die Lehre dieser embryoiden 
Mischgeschwülste noch immer keine Sicherheit der Beurteilung ge- 
kommen. Insbesondere stehen sich hinsichtlich der Genese dieser Tu- 
moren noch recht abweichende Anschauungen gegenüber. Der patho- 
logisch-anatomische Befund allein erscheint Verf. noch jedesmal genauer 
Untersuchung und Mitteilung wert, insbesondere wenn es sich, wie im 
hier mitgeteilten, um einen Fall handelt, der auch klinisch interessant 
ist. Der Fall betrifft einen 33 jährigen Arbeiter. Es handelt sich um 
eine im ganzen solide, kleincystische Mischgeschwulst des linken Hodens, 
die zum kleineren Teil maligne Degenerrtion zeigt, im übrigen aber 
Derivate aller drei Keimblätter in regellosem Durcheinander enthält. Es 
überwiegen bei weitem die Produkte des inneren Keimblattes, die Zy- 
linderzellenschläuche, Schleimzellen und Drüsen; spärlicher ist das vom 
Ektoderm stammende Plattenepithel vorhanden, reichlicher wieder die Pro- 
dukte des mittleren Keimblattes, das Bindegewebe, Knorpelgewebe und 
glatte Muskulatur. 


Zum Schlufs weist Verf. noch auf einige klinische Gesichtspunkte 
hin, die durch das vorwiegend pathologisch-anatomische Interesse bei 
fast allen Arbeiten der letzten Jahre sehr in den Hintergrund gedrängt 


worden sind, nämlich die Diagnostik der Mischtumoren und ihre klinische 
Wertigkeit. Kr. 


Un cas d’öpididymite blennorrhagique chronique guérie par 
’öpididymotomie. Von Duhot. (Anat. de la policlinique centr. de 
Bruxelles 1906, p. 857.) 


Der 30 jährige Patient akquirierte vor 18 Monaten eine Gonorrhoe, 
kompliziert durch eine linksseitige Epididymitis. Diese ging zurück bis 
auf eine zirka taubeneigrofse schmerzhafte Geschwulst. Der Patient 
bekam dann trotz Abstinenz in sexueller Hinsicht drei Rezidive der 
Urethritis mit jedesmaliger Beteiligung der Epididymitis. Nachdem der 
letzte Anfall von Harnröhrenentzündung mittelst Janetscher Spülungen 
beseitigt: worden war, machte D. die Epididymotomie in folgender Weise. 
Es wurde über dem Ligament. scrotale inzidiert, hierauf der erkrankte, 
im Schwanze des Nebenhodens liegende Herd mittelst eines 3—4 cm 
langen Schnittes eröffnet. Es wurde eine zirka bohnengrofse Eiterhöhle. 
deren Inhalt zahlreiche Gonokokken enthielt, gefunden. Die Wunde 
wurde einfach tamponiert, und schon nach einer Woche war sie vernarbt. 
Die erkrankte Prostata und die Samenblasen wurden .lurch Massage 
zur Norm zurückgebracht. In zwei Fällen von akuter Fipididymitis, bei 


` 


Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 439 


welchen die Inzision gemacht wurde, verschwand sofort nach dem Ein- 
griff das Fieber und hörte der Schmerz auf. 
R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Cytologie de l’'hydrocele symptomatique de l’orchite our- 
lienne. Von Griffon und Abrami. (Bull. de la soc. anat. de Paris 
1906, p. 593.) | 
. Die histologische Untersuchung der Vaginalflüssigkeit bei einer 
akuten Epididymitis infolge Mumps ergab 48 Stunden nach Beginn der 
Erkrankung zahlreiche zellige Elemente in der Punktionsflüssigkeit. Diese 
Zellen bestanden zu 42°/, aus roten Blutkörperchen und zu 58°/, aus 
weilsen. Die weifsen bestanden aus 63 Polynukleären, 17 I,ympho- 
cyten, 20 grofsen Mononukleären und 20 Epithelzellen. Nach 9 Tagen, 
als die Hodenentzündung im Rückgange begriffen war, waren auch 
weniger zellige Elemente vorhanden, und unter diesen nur 12 °/, rote 
Blutkörperchen. Die Formel für die übrigen Zellelemente Jautete: 
27 Polynukleäre; 41 Lymphocyten; 32 grofse Mononukleäre und 32 
Endothelzellen. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


De la Vaso-Vesiculeotomie dans les cas de tuberculose géni- 
tale. Von R. Baudet und L. Kendirdjy. (Revue de chir. 1906, 9—11, 
p. 380.) 

Die Exstirpation der kranken Samenblasen und des Vas deferens 
ist eine bisher selten ausgeführte Operation, sei es, dafs man den tech- 
nisch schwierigen Eingriff fürchtste, sei es, dafs man die Indikation zu 
ong stellte. Baudet und Kendirdjy stützen sich bei ihrer eingehenden 
Beschreibung auf 47 Fälle, von denen acht noch nicht bekannt sind 
und vier ihrer Beobachtung zugänglich waren. Die erste operative Ent- 
fernung der Samenblase nahm 1889 Ullmann als Notoperation vor, 
dann 1890 Roux, und andere folgten. Zwei Wege standen für den 
Eingriff zur Verfügung, der perineo-inguinale resp. inguino-sakrale, der 
zwei aufeinanderfolgende Operationen erfordert, und der der Laparotomia 
subperitonealis lateralis (Villeneuve), der von Young 1900 zur La- 
parotomia subperitoneslis mediana ausgebaut wurde, um beide Seiten 
und die Prostata mit einer Operation erreichen zu können und eventuell 
auch die Tuberkulose der Blase in die Operation mit einbeziehen zu 
können. 

Das Alter der Kranken schwankte zwischen 2'/, und 62 Jahren. 
Die meisten hatten gesunde Lungen. Die Blase war in vielen Fällen 
tuberkulös erkrankt (Pollakiurie, trüber und blutiger Harn). Diese 
Fälle sind für die Operation ungünstig. Die Genitalorgane waren teil- 
weise ein- und beiderseitig tuberkulös, besonders die Hoden und Neben- 
hoden; welches Organ primär erkrankt ist, ist meist nicht festzustellen. 

as Vas deferens kann zentrale, interstitielle und periphere Veränderungen 
aufweisen. Die Samenblasen sind vergrölsert, bucklig, hart, haben ihre 
Form verloren, lassen sich nicht vom Vas deferens trennen, zeigen aber 
aufser geringeren Schmerzen meist keine erheblichen funktionellen Stö- 
tungen, trotzdem sie selbst in Eiterherde (oft doppelseitig) verwandelt 


440 Hoden und scine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


sein können und erhebliche perivesikuläre Entzündung besteht. Die 
Prostata war ın einem Drittel der Fälle erkrankt, nur in wenigen Fällen 
diffus, meist begrenzt auf die Durchtrittsstelle des Ductus ejaculatorius, 
ein Beweis für die sekundäre Entstehung iener Tuberkulose der Vor- 
steherdrüse. 

Zwei Wege kann man für die Operation wählen: 

1. den unteren Weg mit den Unterabteilungen a) Perineotomia prae- 
rectalis, b) Perineotomia ischio-rectalis, c) die sakrale Methode, d) die 
parasakrale Methode; 

2. den oberen Weg mit den Unterabteilungen a) Laparatomia i gai 
subperitonealis (Villeneuve), b) Laparatomia subperitonealis mediana 
(Young). 

Die Operationsmethoden mit ihren vieltältigen Abänderungen je 
nach dem Fall müssen im Original eingesehen werden. Grundsatz ist, 
alles Kranke zu entfernen, insbesondere das Vas deferens und den Ductus 
ejaculatorius in der Prostata. Bei den perinealen Methoden mufs man 
acht haben auf die zufällige Öffnung des Bauchfells, auf Blutung (Spät- 
blutungen!), Abreifsen des Vas deferens und die Ruptur der Harnröhre. 
Das Rektum mufs sehr sorgsam abgelöst werden. Der sakrale und 
parasakrale Weg enthebt dieser Besorgnisse, doch liegen hier die 
Sımenblasen sehr tief in der Wunde, so dafs sie schlecht zu lösen sind. 
Den Ablösungen der Samenblasen auf dem unteren Wege mufs man die 
Entfernung der kranken Organe (Hoden, Nebenhoden, Vas deferens) mit 
einer zweiten Operation, die die Öflnung des Leistenkanals notwendig 
macht, folgen lassen. Diese zweite Operation vermeiden die Operationen 
des „oberen Weges“. Villeneuve, Baudet, Legueu verlängern den 
zur Hodenoperation vorgenommenen Schnitt durch den ganzen Leisten- 
kanal, so dafs sic eine Laparotomie machen, drängen das Peritoneum zur 
Seite und gelangen subperitoneal ziemlich leicht zum Vas deferens und 
zur Samenblase. Young geht transvesikal vor, öffnet immer die Blase 
und kann somit leicht Blasengeschwüre exzidieren. 

Beim unteren Wege kommt es relativ oft zu Infektionen; die Nähe 
des Rektums, die Infektion durch Sekret der infizierten Organe, die 
Tuberkulisation der ganzen Wunde, Harnfisteln (durch Verletzung oder 
sekundäre Gangrän), die übrigens meist rasch .heilen, können die Rekon- 
valescenz sehr in die Länge ziehen oder verhindern. Bei oberem Wege 
scheint die Infektion und die Tuberkulisation der Wunde seltener vorzu- 
kommen, dieselbe verrät sich durch Fisteln, welche im allgemeinen gute 
Prognose geben. Selbstversändlich kann man bei diesen komplizierten 
Operationen an infizierten und tuberkulösen Organen keine prima Intentio 
erwarten, sondern mufs immer auf sekundäre Granulationsheilung gefafst sein. 

Von 46 Operierten sind 9 gestorben, 2 an Meningitis, 4 an akuter 
Lungentuberkulose, je einer an Apoplexie, Septikämie, Miliartuberkulose, 
ein nicht übler Erfolg, da nur sieben davon der Operation zur Last 
fallen. Das Befinden der Patienten einige Zeit nach der Operation, 
soweit sio zu kontrollieren waren, war mit einer Ausnahme relativ 
gut in bezug auf die Tuberkulose, auf die Störungen ın den Harnorganen 
und auf die alten lokalen Herde. 


Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen, 44] 


Indikationen für die Entfernung der Samenblasen mit dem Vas 
deferens sind: 

l. Harnfisteln, verursacht und unterhalten durch eine Tuberkulose 
der Samenblase; 

2. Obstruktion des Mastdarms aus derselben Ursache; 

3. Störungen der Harnentleerung aus derselben Ursache; 

4. weitere Vergrölserung der Samenblasen nach einer Kastration 
und innerer Behandlung; 

5. deutliche klinisch erkennbare Veränderungen im ganzen Vas 
deferens; 

6. sehr grofse kranke (Ätiologie?) Samenblasen. 

Gegenanzeigen geben ab: 1. Cystitis tuberculosa; 2. zu schlechter 
Alleemeinzustand infolge Lungentuberkulose, da die Operation infolge 
ihrer langen Dauer zu eingreifend ist. Ist aber der schlechte Allge- 
meinzustand nicht infolge anderweitiger Tuberkulose im Körper, sondern 
nur durch die Erkrankung der Genitalorgane bedingt, so ist die Ope- 
ration als den Zustand bessernd angezeigt. Das Operationsverfahren 
mufs nach dem einzelnen Falle und nach der Erfahrung des (Operateur: 
ausgewählt werden. Mankiewicz- Berlin. 


Dermoide und Epidermoide der männlichen Genitalien. Von 
Dr. Paetzold. Oberarzt im Feldartillerie-Regiment Nr. 20, kommandiert 
zur chir. Klinik in Königsberg. (Beiträge zur klin. Chirurgie, 53. Bd. 
2. Heft 1907.) 

An den männlichen Genitalien erscheinen drei verschiedene Formen 
von Dermoiden, die nach ihrer Lokalisation und ihrer Genese, vor allem 
aber ihrer Bedeutung nach ungleichwertig sind. Sie finden sich im 
Hoden, am Vas deferens und in der Mittellinie, entsprechend der Raphe 
des Skrotums und des Penis. Verf. bespricht in vorliegender Arbeit den 
gegenwärtigen Stand der Anschauungen über diese drei Arten im allge- 
meinen und berichtet wegen der Seltenheit des Vorkommens über einen 
Fall von Epidermoid in der Raphe des Skrotums, den er in der Königs- 
berger chir. Klinik beobachtete. Der Fall ist folgender: 

Ein 17 jähriger Mann bemerkt vor j, Jahren einen erbsengrofsen 
Knoten im Hodensack zwischen beiden Hoden, der sich rasch vergrölsert. 
Im Skrotum, zwischen und etwas hinter beiden Hoden, genau in der 
Mittellinie, findet man bei der Untersuchung eine kleinfaustgrolse Ge- 
chwulst von derber Konsistenz und höckeriger Oberfläche. Stellenweise 
ist deutliche Fluktuation fühlbar. Die Haut über der Geschwulst ist 
gut verschiebbar; auch die Hoden stehen nicht mit ihr im Zusammen- 
hang. Sie hat anscheinend einen fibrösen, dünnen Stiel, der nach dem 
Perineum hinzieht, sich aber dort nicht weiter verfolgen lälst. 

Operation in Äthernarkose, Steinschnittlage, Inzision in der Raphe 
des Skrotums. Die Cystenwand ist sehr derb, läfst sich im allgemeinen 
leicht ausschälen, wird aber doch unabsichtlich eröffnet, wobei graue, 
breiige Massen ausflielsen. Die Cyste läuft in einen feinen Stiel aus, 
der hohl ist, mit feiner Sonde sondiert wird und links von der Mittel- 


449 Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


linie sich in der Fossa bulbourethralis verliert. Hautnaht. Heilung 
per primam. 

Mikroskopisch zeigte der COysteninhalt verhornte Epithelien und 
Cholestearinkristalle. 


Die in Alkohol gehärtete Cystenwand hat eine bis zu 5 mm dicke, 
bindegewebige äufsere Schicht, die sich leicht in ihre einzelnen Lagen 
auffasern läfst. Innen hat sie gröfstenteils ein stark gerunzeltes Aus- 
sehen. Stellenweise sind Partien mit glatter Oberfläche, von denen sich eine 
lose, äufserst feine Membran mit Leichtigkeit abziehen läfst. Wo die 
Membran fehlt, hat die Oberfläche ein helleres Aussehen. 


Die mikroskopische Untersuchung ergibt: Die äulsere dicke Schicht 
besteht aus zahlreichen konzentrischen Bindegewebslagen mit einem reichen 
Gefälsnetz. Es zeigt sich, dals das gerunzelte Aussehen durch die zahl- 
reichen Papillen bedingt ist, über die der epitheliale Überzug nicht 
glatt, sondern den Vertiefungen und Vorwölbungen entsprechend hinüber- 
zieht. In den Papillen sieht man vielfach Gefäfsästchen aufsteigen. Das 
Epithel läfst deutlich drei Schichten erkennen: eine basale, einschichtige 
Zylinderepithelschicht, die sich durch ihre stärkere Färbung mit Häma- 
toxylin deutlich abhebt, darüber eine mehrfache Schicht mehr rundlicher 
Zellen und auf ihnen das gut erkennbare Stratum corneum. Von seiner 
Oberfläche lösen sich zahlreiche Schollen verhornter Epithelien ab und 
liegen entweder schon frei auf der Oberfläche oder hängen nur noch an 
einem ganz dünnen Stiel. Die Oberfläche erhält dadurch ein zerklüftetes 
Aussehen. An den glatten Stellen der Wand fehlt die scharfe Ausprägung 
der Papillen; die Oberfläche des Bindegewebes zeigt hier nur leichte 
wellige Schwingungon. Darauf sitzt das dreischichtige Epithel in gleicher 
Weise. Die Runzelung fehlt natürlich. Die Oberfläche des Stratum 
corneum hat aber im mikroskopischen Bilde auch hier durch Abstofsen 
von Schollen dasselbe zerklüftete Aussehen. An anderen Präparaten ist 
kein Epithel zu sehen. Jedoch zeigt sich bald, dafs hier die Stellen 
sind, von denen sich die dünne Membran hatte abheben lassen. Man 
hatte hier also die Epidermis vom Corium abziehen können. Der dünne 
Stiel zeigt denselben Bau, nur ist hier die bindegewebige Schicht be- 
deutend dünner und trägt überall Papillen; infolgedessen besteht überall 
Runzelung der Oberfläche. — Drüsen und Haarfollikel fehlen im ganzen 
Tumor. Auch dem Inhalt der Cyste waren Haare nicht beigemischt. 


Es handelt sich also, sagt Verf., um ein wirkliches Epidermoid des 
Skrotums, das, da es genau in der Mittellinie gelegen ist, auf eine Keim- 
abschnürung beim Schlufs der Genitalrinne bezogen werden mufs. Auf- 
fallend ist, wie viele dieser Tumoren eine langgestreckte Gestalt haben, 
so dafs man an das Bestehenbleiben einer ganzen Epithelleiste bezw. 
eines Epithelschlauches denken kann. In vorliegendem Falle ist aus 
unbekannten Gründen nur der vordere Teil plötzlich gewachsen, während 
der hintere seine ursprüngliche Form als dünnes Rohr beibehielt. 


Kr. 


Prostata und Blase. 443 


"NL Prostata. 
Beitrag zur Frage der totalen Exstirpation der Prostata. 


Vortrag in der Chirurgischen Gesellschaft zu Moskau in der Sitzung vom 
l4. Nov. 1906. (Wratschewnaja Gazetta 1907, No. 5.) 

Wosskresenski demonstriert einen 58 jährigen Patienten, dem 
vor zwei Jahren die Prostata auf perinealem Wege exstirpiert wurde. 
Die Fistel am Damm schlofs sich erst nach 10 Monaten. Auch mulste 
der Patient mehrere Monate lang einen Katheter à demeure tragen. 
Harninkontinenz nicht vorhanden, Kapazität der Blase 75—80 ccm. 
Der Patient uriniert tagsüber alle 1'/, Stunden, gegen Abend häufiger. 
Harnröhre normal. Die cystoskopische Untersuchung ergab: in der Pars 
prostatica’ urethrae an der Stelle, wo der Rifs war, Granulation. Aus 
den Ureteren flofs normaler Harn. 

Serenin empfiehlt die suprapubische Sektion der Blase. 

Sinizin findet eine Reihe von Nachteilen in der Operation selbst: 
Verringerung der Blasenkapazität, abnorme Miktionsfrequenz; er glaubt, 
dafs man sich mit der Katheterisation begnügen müsse und im äufsersten 
Falle eine Fistel anlegen solle. Schliefslich führt auch die Durchschnei- 
dung der Samenstränge eine Verkleinerung der Prostata herbei. 

Herzen glaubt, dals die nach der Durchschneidung der Samen- 
strānge eintretende Verkleinerung der Prostata nur eine scheinbare sei: 
es verringere sich nur die Blutfüllung, während die Hypertrophie ihren 
Weg weiter ginge. Er selbst habe wegen Prostatahypertrophie 15 mal 
operiert. Hinsichtlich der Leichtigkeit sei die suprapubische Methode 
die beste, jedoch habe sie den Nachteil, eine Gewähr für gute Drainage 
der Blase nicht leisten zu können. Infolgedessen sei bei bestehender 
Cystitis die perineale Exstirpation der Prostata vorzuziehen. 

M. Lubowski- Wilmersdorf bei Berlin. 


Mittelst Prostatectomia transvesicalis geheilter Fall von 
Prostatahypertrophie. Von J. Remete. (Budapester kgl. Ärzteverein, 
7. Oktober 1906.) 

Bezüglich der Technik ist zu bemerken, dafs in diesem Falle die 
Kapsel des Prostatalappens vor der Ausschälung statt mit dem Nagel 
mit dem Messer und dafs die Resektion mit dem Youngschen Elevator 
gemacht wurde. R. Kaufmann-Frankfurt a M. 


Vil. Blase. 


Über die Bedeutung der Blasentuberkulose und die Heilbar- 
keit derselben. Von Thorkild Rovsing-Kopenhagen, (Archiv f. klin. 
Chir, 82. Bd. 1907.) 

Die Blasentuberkulose wurde noch vor wenigen Jahren von allen 
als eine unheilbare Krankheit angesehen. Verhängnisvoll war vor allen 
Dingen der Irrtum, dafs die Harnwegetuberkulose gewöhnlich von der 
Blase auszchen und von hier aus nach der einen oder nach beiden 
Nieren aufsteigen sollte, eine Anschauung, die, besonders von Guyon 


444 Blase. 


unterstützt, sich bis vor kurzem erhalten hat und deren traurige Konse- 
quenz ein vollständig negativer Standpunkt hinsichtlich radikalen chirur- 
gischen Eingreifens gegenüber der Nierentuberkulose wurde. Was hilft 
es, räsonnierte man, dafs wir die Niere exstirpieren, wenn wir den 
Ausgangspunkt der Krankheit unberührt lassen und nicht hindern können, 
dafs die Tuberkulose sich in die andere Niere verbreitet? Jetzt wissen 
wir, dafs es sich ganz anders verhält, dafs die Harnwegetuberkulose in 
den meisten Fällen in der Niere beginnt und von hier aus sich durch 
den Ureter bis in die Blase verbreitet. Aber selbst nachdem wir über 
den besprochenen Irrtum hinweggekommen sind, bereitet uns die Blasen- 
tuberkulose grofse diagnostische und therapeutische Schwierigkeiten. In 
vorliegender Arbeit schildert Verf. seinen Kampf gegen diese Schwierig- 
keiten und fafst am Schlusse seine 16 jährigen Erfahrungen an einem 
Material von 56 Fällen von Blasentuberkulose wie folgt zusammen: 

L Die Blasentuberkulose ist gewöhnlich von einer primären Tuber- 
kulose der einen oder anderen Niere verpflanzt, nur ausnahmsweise greilt 
eine primäre Genitaltuberkulose auf die Blase hinüber, und noch seltener 
ist die Blase primär und allein angegriffen. 

2. Es ist ganz hoffnungslos, eine von der Niere verpflanzte Blasen- 
tuberkulose zu beseitigen, ehe die betreffende Niere entfernt ist. 

3. Man mufs sich deshalb niemals bei der Diagnose Cystitis tuber- 
culosa beruhigen, sondern alles daran setzen, über den Zustand der Nieren 
Auskunft zu schaffen, ob sie gesund sind oder ob eine oder beide Nieren 
angegriffen sind. 

4. Hierzu ist sowohl einfache Cystoskopie, wie Untersuchung des 
Harns, der mit Hilfe der sogenannten Harnsegregatoren oder Diviseurs 
von jeder Seitenhälfte der Blase aufgesammelt ist, ganz unzuverlässig, 
weil die von einer Niere zur Blase verpflanzte Tuberkulose bald an der 
der gesunden Niere entsprechenden Hälfte der Blase lokalisiert, bald 
über beide Seitenhälften verbreitet ist. In beiden Fällen werden die 
genannten Untersuchungsmethoden zu dem verhängnisvollen Irrtum führen, 
dafs die Nierenaffektion doppelseitig ist und der Patient seinem Schicksal 
überlassen wird, obgleich das Leiden in der Wirklichkeit nur einseitig 
und eine Genesung möglich ist. 

Nur Ureterenkatheterisation mit Auffangen und Untersuchung des 
direkt von jedem Ureter genommenen Harns kann sichere Antwort auf 
die Frage geben, und das nur, wo der Harn der beiden oder der einen 
Niere von Tuberkulose frei gefunden wird. Bekommen wir dagegen 
tuberkulösen Harn von beiden Ureteren, so ist damit nicht gesagt, dafs 
beide Nieren tuberkulös sind, denn 

5. das Material des Verfassers beweist, dafs die Blasentuberkulose 
durch den DUroter gegen die gesunde Niere aszendieren kann. Dieser 
Harn wird dann auf dem Wege durch den Ureter purulent und bazillen- 
haltig, obgleich die Niere gesund ist. 

6. In solchen, wie in den nicht ganz wenigen Fällen, wo die Ure- 
terenkatheterisation wegen Blasenulzerationen oder wegen Striktur der 
Ureterenmündung unmöglich gemacht wird, kann ein doppelter explorativer 
J,umbalschnitt, eventuell mit Ureterostomie, zur Diagnose der aszen- 


Nieren und Harnleiter. 445 


dierenden Ureterentuberkulose uns die für die rechte Behandlung not- 
wendigen Auskünfte über den Zustand der Nieren verschaffen. 

7. Ist die primär angegriffene Niere entfernt, so sieht man nicht 
selten eine beginnende oder wenig verbreitete Blasentuberkulose spontan 
ausheilen. 

8. Bleibt die Spontanheilung aus, breitet sich die Tuberkulose aus 
oder ist sie schon über grolse Partien der Blase verbreitet, dann kann 
noch die vom Verf. angegebene Behandlung mit 6 proz. Karbolwasser 
in den allermeisten Fällen die Genesung herbeiführen. Kr. 


Einen Fall von Blasenstein bei einem 15jährigen Knaben 
demonstriert C. Lauenstein in dem AÄrztlichen Verein in Hamburg (vgl. 
Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 10, Vereinsb.). 


Der Knabe litt seit vielen Jahren an Harnbeschwerden, die auf 
einen Stein hindeuteten. Unmittelbar nach der Aufnahme ins Kranken- 
haus wurde, ohne die Entwicklung der Röntgenplatte abzuwarten, Sectio 
alta gemacht. Die Blase fand sich leer, erst beim Eingang in die Blase 
entdeckte man beim Vordringen durch das Orificium internum einen 
Stein, der in einem Recessus gesteckt haben mulste, denn ein Nelaton 
hatte kurz zuvor die Urethra glatt passiert. Der Stein wurde dann 
durch Massage vom Damm her in die Blase hineingeschoben und dann 
von der Blasenwunde aus extrahiert. Seino Malse waren 16:9:7 mın, 
seine Form entsprach einem länglichen Kirschkern. Auf dem Röntgen- 
bilde erschien der Stein hinter der Symphyse. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


Calculs de la vessie. Von Fontoynont und E. Jourdan. (Bull. 
de la soc, anat. de Paris 1906, p. 584.) 

Der eine Stein, 250 g schwer, stammte von einem 19 jährigen 
Malgachen und hatte die Blase desselben vollständig ausgefüllt, so dafs 
der Kranko fortwährend Urin unter sich liefs. Die Blasenschleimhaut 
hatte den Stein vollständig bedeckt. Der Stein, der mittelst Sectio alta 
entfernt wurde, bestand aus einem Kern von Uraten und im übrigen 
aus Phosphaten. Der Patient starb acht Tage nach der Operation. Der 
andere Stein, der 30 g schwer war und gleichfalls mittelst Sectio alta 
extrahiert worden war, stammte von einem 7 jährigen Kinde und ist in- 
sofern bemerkenswert, als bei demselben Kinde 34 Monate zuvor bereits 
ein 22 g schwerer Blasenstein mittelst hohen Blasenschnittes entfernt 
worden war. Das Kind, gleichfalls ein Malgache, überstand die Ope- 
ration. R. Kaufmann- Frankfurt a. M. 


VIII. Nieren und Harnleiter. 


Experimentelle Untersuchungen über Nierenreduktion und 
Funktion des restierenden Parenchyms. Von Hans von Haberer. 
(Mittei]. aus den Grenzgeb. d. Med. u. Chir., Bd. 17, H.1 u. 2.) 


Durch frühere Untersuchungen war bereits von verschiedenen Au- 


446 Nieren und Harnleiter. 


toren die Tatsache sichergestellt, dafs die Nieren grofse Eingriffe an- 
standslos vertragen, dafs die Nierenwunden eine ausgezeichnete Heilungs- 
tendenz besitzen und dafs der Nierenrest durch Hypertrophie das fehlende 
Nierenparenchym genügend ersetzen kann. Hingegen hatte die Frage, 
wieviel in kurzer Zeit von der Nierensubstanz reduziert werden kann 
und ob es möglich ist, die Funktion des Nierenrestes durch am Orte 
der Wahl implantiertes Nierengewebe günstig zu beeinflussen, bisher 
noch keine Beantwortung gefunden. 

Der Anregung seines Lehrers von Eiselsberg folgend, hat Verf. 
sich dieser Aufgabe unterzogen und, wie ohne weiteres zugegeben wer- 
den muls, eine Arbeit geleistet, die, was Mühseligkeit der Untersuchungen, 
operatives Geschick, scharfsinnige und logische Schlufsfolgerungen anlangt, 
volle Anerkennung verdient. Im einengenden Rahmen eines Referats 
geht naturgemäfls viel verloren, deshalb sei das Studium der Original- 
arbeit auf das angelegentlichste empfohlen. 

Verf. teilt seine Arbeit in zwei Teile, einen operativ-anatomischen 
und einen funktionell-anatomischen. Im ganzen hat er 69 Einzelein- 
griffe an den Nieren seiner Versuchstiere ausgeführt, und zwar 11 Ne- 
phrektomien, 2 Resektionen einer Niere, 11 Nephrektomien mit an- 
schliefsender einmaliger Resektion der zurückgelassenen Niere, 4 Ne- 
phrektomien mit zweimal folgender Resektion der zweiten Niere, 2 
Nephrektomien mit dreimaliger Resektion der anderen Niere. In 8 Fällen 
hat Verf. in einem Akte die Nephrektomie der einen Niere und Re- 
sektion der anderen Niere kombiniert, in 3 Fällen hat er diese kombi- 
nierte Operation ausgeführt und noch eine zweite Resektion des Nieren- 
restes angeschlossen, in 10 Fällen hat er versucht, Stücke frisch ent- 
nommener Nierensubstanz am Orte der Wahl zu implantieren. 

Bei allen diesen Versuchen wurde gleichzeitig die Funktionsprüfung 
der Nieren bezw. des jeweiligen Nierenrestes mit in Angriff genommen. 
Da die Kryoskopie des Harnes aus öufseren Gründen unmöglich war, 
wurde die Kryoskopie des Blutes ausgeführt, doch bald als wenig zuver- 
lässig aufgegeben. Hingegen glaubt Verf. in der von Kapsammer 
festgestellten Tatsache, dafs nach Phloridzininjektion normalerweise nach 
12—15 Minuten Zucker im Urin erscheint und dafs die erst nach 
längerer Zeit auftretende Glykosurie für eine mangelnde Funktionsfähig- 
keit der zu prüfenden Niere spricht die Methode der Wahl erblicken zu 
können. 

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen bieten vieles Interessante 
dar. Bei mälsiger Erkrankung beider Nieren kann die einseitige Ne- 
phrektomie einen günstigen Einfluls auf die zweite Niere ausüben, und 
es erweckt den Eindruck, als ob die nach der Nephrektomie einsetzende 
Hyperämie der zweiten Niere den Heilfaktor abgibt. Nur in wenigen 
Fällen kommt es nach einseitiger Nephrektomie zu Störungen in der 
Funktionsfähigkeit der zweiten Niere. Die einseitige Nierenresektion 
bei Anwesenheit der zweiten Niere wird von den Tieren anstandslos 
ertragen, ebenso die innerhalb einer Woche ausgeführte Nephrektomie 
und folgende Reduktion der zweiten Niere um 1/, bis über !/, ihres 
Anfangsgewichtes. Es kann sogar eine zweimalige Resektion der nach 


Nieren und Harnleiter. 447 


Nephrektomie zurückbleibenden Niere um die Hälfte ihrer Substanz 
innerhalb 25 bezw. 34 Tage vorgenommen werden. Die Nierenschä- 
digung entspricht im allgemeinen nicht dem Substanzverlust, sondern ist 
individuell verschieden, sie wird nicht sofort nach dem operativen Ein- 
griff manifest, sondern erst zwischen dem fünften und achten Tage. 
Bald nach der Nierenresektion stellt sich eine Vergröfserung des Nieren- 
restes ein, die keine Hyperplasie, sondern eine echte Hypertrophie ist. 
Die in einem Akte ausgeführte Nephrektomie der einen und Resektion 
der zweiten Niere gibt schlechte Resultate, und bei übermälsiger Reduktion 
ist von der Implantation von frischem Nierengewebe kein günstiger Ein- 
Huis auf den Nierenrest zu beobachten, dasselbe wird im Gegenteil nach 
kurzer Zeit nekrotisch.h Die Phloridzinmethode mit Beobachtung der 
zeitlichen Glykosurie ist zur Bestimmung der Funktionstüchtigkeit des 
vorhandenen Nierengewebes bei Tieren von ausschlaggebender Bedeutung. 
Eine anatomische Läsion wird durch die Phloridzinmethode nicht ange- 
zeigt, wenn durch sie keine Funktionsstörung der Niere eingetreten ist. 
Was die Nutzanwendung dieser Versuche auf den Menschen anlangt, 
so ist als feststehend anzusehen, dals die in raschen Zwischenräumen 
wiederholte Nierenreduktion einen sehr gefahrvollen Eingriff darstellt. 
Nach erfolgter Nephrektomie ist die zweite Niere wiederholt auf ihre 
Funktionstüchtigkeit zu prüfen, und ein Eingriff an ihr ist erst dann zu 
wagen, wenn man überzeugt ist, dafs eine kompensatorische Hypertrophie 
sich geltend gemacht hat. F. Fuchs-Breslau. 


Funktionelle Nierendiagnostik. Von Privatdozent Dr. Fritz 


Kermauner. (Monatsschrift für Geburtshilfe u. Gynäkologie 1906, Bd. 23, 
Heft 1.) 


Der derzeitige Stand der Frage der funktionellen Nierendiagnostik 
läfst sich folgendermalsen zusammenfassen: 

Eine absolut verläfsliche, einfache Methode zur Prüfung der Nieren- 
funktion ist nicht bekannt. Zur eingehenden Diagnose von Nieren- 
krankheiten gehört aufser der Anamnese, einer kritischen Analyse der 
Beschwerden, der Palpation, Prüfung der Schmerzpunkte, Ureterreflexe 
und der C'ystoskopie behufs Ausschlufs einer Blasenerkrankung, endlich 
der Röntgographie bei Verdacht auf Steine: 1. die physikalische, che- 
mische, mikroskopische Untersuchung des getrennt aufgefangenen Harns 
beider Nieren; 2. Kombination von Harnstoffprüfung, Kryoskopie, Phlo- 
rıdzininjektion, vielleicht Chromoecystoskopie; 3. eventuell genaue Prüfung 
auf Kochsalz, Stickstoff, Leitfähigkeitsbestimmung. Für den Gynäko- 
logen sind die Methoden gerade auf den Grenzgebieten der Diagnostik, 
für den Geburtshelfer in Fragen der Nieren- und Nierenbeckenerkran- 
kungen, der Ureterenkompression von Bedeutung. 


M. Lubowskiı- Wilmersdorf bei Berlin. 


Movable right kidney the most common cause of chronic 
appemdicitis in women. Von W. P. Manton. (Amer. Journ. of Uro- 
logy, Nov. 1906.) 


Nach M.s Erfahrungen ist die Appendicitis in 42 Prozent aller 


448 Nieren und Harnleiter. 


Fälle mit rechtsseitiger Wanderniere verbunden. Er glaubt, dals letz- 
tere durch Zerrung der Mesenterialgefäfse und Druck auf dieselben zu 
Zirkulationsstörungen im Appendix Veranlassung gebe. Auch könne 
die Niere direkt auf die Appendix drücken. 

von Hofmann- Wien. 


Prolapse of the kidney from the gynecological point of view. 
Von A. H. Goelet. (Amer. Journ, of Urology, Nov. 1906.) 

G. ist der Ansicht, dafs die Wanderniere unter bestimmten Ver- 
hältnissen Zirkulationsstörungen hervorruft, welche zur Entstehung von 
Erkrankungen der Harn- und Geschlechtsorgane beitragen. Man muß 
also bei der operativen Behandlung derartiger Leiden auch auf den 
Zustand der Nieren Rücksicht nehmen. von Hofmann-Woien. 


Nierensteinoperation bei einer Einnierigen. Von Paul Rosen- 
stein. (Berliner med. Gesellsch. 28. XI. 06; Berl. klin. Wochenschr. 06, 
Nr. 50.) 

Der Fall betrifft ein junges Mädchen, dem vor 1!/, Jahren wegen 
eines vereiterten Steinleidens die rechte Niere exstirpiert worden war. 
Jetzt klagte sie über Ziehen in der linken Seite, trüben Urin, häufige 
Kopfschmerzen; die linke Niere war palpabel, schmerzhaft, leicht höckerig: 
im Harnsediment fanden sich weifse und rote Blutkörperchen; der Ham 
enthielt 0,16°/ , Eiweils, spez. Gew. 1011, 24 stündige Harnmenge 2150; 
der Gefrierpunkt des Blutes war — 0,57, des Harns — 0,68° C; Harn- 
stoff 8,6 g im Liter, Chloride 7,0 g im Liter. Ein Röntgenbild zeigte. 
dafs die ganze linke Niere von Steinen ausgegossen war; leichte Sym- 
ptome von beginnender Urämie waren vorhanden. Nachdem die Pat. 
einige Zeit symptomatisch behandelt war, wurde auf dringendes Ver- 
langen derselben die Niere freigelegt; es waren starke Verwachsungen 
vorhanden, das Organ war nicht vergrölsert, das Parenchym stark ver- 
dünnt. Nach Spaltung durch den Sektionsschnitt wurden 35 Steine von 
Erbsen- bis Walnufsgröfse entfernt; der Urin wurde zunächst durch ein 
Gazetampon nach aulsen abgeleitet, im übrigen die Niere durch Catgut- 
nähte geschlossen. Durch starke Reizmittel gelang es nach zwei Tagen, 
die Herzkraft zu heben und reichliche Diurese hervorzurufen, so dals 
die Patientin nach vier Wochen in gutem Zustande die Klinik verlassen 
konnte. Die 24stündige Harnmenge betrug jetzt 2250 ccm, spez. Gew. 
1018, Gefrierpunkt — 0,99°, N 12,886 g, NaCl 16,177; die Niere funk- 
tionierte also zur Zufriedenheit. Bemerkenswert war, dafs nach Pblorid- 
zininjektion keine Zuckerausscheidung eintrat. Die chemische Unter- 
suchung der Steine ergab, dafs sie aus reinem Cystin bestanden. 


Paul Cohn- Berlin. 


Ein durch Operation entfernter Riesen - Nierenstein. Von 
Dr. Johnsen. (Berl. klin. Wochenschr. 06, Nr. 51.) 

Bei dem 52 jährigen Patienten hatte sich im Anschlufs an eine 
gonorrhoische Harnröhrenstriktur eine rechtsseitige Pyonephrose mit 


.— 


Nieren und Harnleiter. 449 


Steinbildung entwickelt. Die Operation ergab eine auffallend grofse 
Niere mit einem ungeheuren Steine; die Niere war mit dem umgebenden 
Gewebe, der Stein mit der Nierensubstanz so fest verwachsen, dals es 
nicht gelang, die Niere zu luxieren, und dals der Stein erst, nachdem 
mit einer grolsen Knochenzange einige Stücke abgebrochen worden 
waren, entfernt werden konnte Das zerfetzte Nierengewebe wurde 
dann abgetragen und breit tamponiert. Der Patient erholte sich voll- 
ständig und entleerte klaren, eiweifsfreien Urm. Der Stein hatte den 
gröten Umfang von allen bisher in der Jateratur erwähnten Nieren- 
stemen. Er wog 839 g, seine Länge betrug 14,1 em. sein gröfster 
Lingenumfing 33,5 cm. der erölste Breitenumfang 28,5 em: er bestand 
aus phosphorsaurer N mit wenig phosphorsaurer Kalk- 
erde. Man sieht sehr schön die Abeüsse der Nierenkelche, des Nieren- 
beekens und des Ureteransatzes. Paul Cohn-Berlin. 


Renal calculus and gynecological conditions simulating ure- 
teral disease. Von E. Garceau. (Amer. Journ. of Urology, Nov. 1906.) 

Die meisten Symptome der Ureteritis finden sich auch bei anderen 
Erkrankungen und können so zu Irrtümern Veranlassung geben. (Ver- 
mehrte Harnfrequenz, DPruckempfindlichkeit in der Uretergegend.) In 
vielen Fällen gibt die Cystoskopie und der Ureterenkatheterismus Auf- 
schlufs. Ebenso erweist sich oft die Untersuchung mit Röntgenstrahlen 
als nützlich. von Hofmann-Wien. 


Perinephritis as a cause of symptoms simulating those of 
stone in the kidney. Von J. Tyson. (Univ. of Penna. Med. Bull., 
Nov. 1906.) 

1. Bei der 30Jábrieen Patientin hatte vor 1O Jahren Albuminurie 
leichten Grades bestanden. Die Patientin hatte dann geheiratet und 
dreimal entbunden, ohne dals sich etwas Besonderes ereignet hätte. Als 
sie T. neuerlich in Behandlung bekam, bestanden Symptome von Appen- 
dieitis und Schmerzen in der linken Nierengegend. Der Urin enthielt 
zeitweise Eiter. Wenu keine Pyurie bestand, war der Harn eiweißsfrei. 
Bei der Operation fanden sich Adhäsionen am oberen Nierenpole. Die 
SchnittHläche der Niere erschien normal. Gleichzeitig mit dem Eingriffe 
an der Niere wurde auch die Appendix entfernt. Heilung. 

2. Bei der 4ljährigen Patientin bestanden seit zwei Jahren 
Schmerzen in der linken Seite. Bei der Operation fand man Adhäsionen 
zwischen Kolon, Fettkapsel und linker Niere. Entkapselung und Fest- 
nähung beider Nieren. Heilung. 

3. Die 26 jährige Patientin litt seit drei Jahren an Schmerzen im 
Kopfe und in beiden liendengegenden. In der letzten Zeit waren auch 
kolikartige Anfälle aufgetreten. Der Urin war während der Anfälle 
blutig, enthielt aber sonst kein Eiweils. Auf den Katheterismus der 
Ureteren hin trat wesentliche Verschlimmerung auf. Da sämtliche Er- 
schein ungen auf eine hauptsächliche Beteiligung der linken Niere hin- 
wiesen, wurde dieselbe blolsgelert und gespalten. Es fanden sich Ver- 
wachsungen mit der Fettkap-el. Vollständige Heilung. 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 30 


zen ET 
=- í 
SES S 


Ger 


a 


e an 


450 Nieren und Harnleiter. 


4. Der 23jährige Patient, welcher verschiedene Traumen des Ab- 
domens erlitten hatte, litt seit einiger Zeit an heftigen Schmerzen im 
Unterleib. Nach Entfernung der Appendix hörten dieselben auf der 
rechten Seite auf, blieben aber links bestehen. Es wurde daher die 
linke Niere blofsgelegt und von ihrer angewachsenen Kapsel befreit. 
Die Schmerzen hörten auf, kamen aber nach vier Wochen wieder. 

von Hofmann-Wien. 


Néphrite atrophique unilatérale. Von Rathery und Leen- 
hardt. (Bull. de la soc. anat. de Paris 1906, p. 521.) 

Eine 33 jährige Frau, die 1'/, Monate vorher an einer Pneumonie 
erkrankt war, wird in komatösem Zustande ins Krankenhaus eingeliefert 
and stirbt nach 8 Tagen unter urämischen Symptomen. Die Obduktion 
ergab eine linke, nur 25 g schwere Niere. Die mikroskopische Unter- 
suchung zeigte eine fast vollständige fibröse Degeneration des Organs, verbun- 
den mit einer hochgradigen Atrophie und einer vollständigen Zerstörung 
seiner Struktur. Der Ureter war nicht obliteriert, so dafs also die Niere 
wahrscheinlich noch sezernierte. Die rechte Niere wog 115 g und zeigte 


‚ die Veränderungen einer subakuten Entzündung, wahrscheinlich hervor- 


gerufen durch die vorangegangene Pneumonie. 
R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Des néphrites chroniques douloureuses. Von Pousson. (Pro- 
vince méd. 19. Jahrg., Nr. 28.) 

Es gibt Fälle von chronischer Nephritis, in denen der Schmerz das 
am meisten Geltung beanspruchende Symptom ist. Dieser Schmerz- 
haftigkeit liegen gewöhnlich Kapselverdickung und Perinephritis zu- 
grunde. Die Unterscheidung von Nephrolithiasis ist nicht immer leicht. 
Das Fehlen von Kristallen und roten Blutkörperchen spricht bei be- 
stehender Albuminurie und Zylindrurie mehr für Nephritis. Ist die 
nicht schmerzhafte Niere leistungsfähig, so besteht die Therapie in der 
Spaltung des erkrankten Organs. F. Fuchs- Breslau. 


Über den Harnstoffgehalt des Harnes bei den verschiedenen 
Formen von Nephritis.. Von Mendl. (Zeitschr. f. Heilk. 1905, H. 8.) 

Verf. hat bei 13 Fällen von Nephritis den Harnstoffgehalt des 
Urins bestimmt und grofse Schwankungen feststellen können (Tages- 
menge 5,3—43,7 g). Nach seiner Ansicht geben jene Fälle, bei denen 
die Harnstoffausscheidung als eine normale zu bezeichnen ist, eine gün- 
stige, dagegen die mit herabgesetzter Harnstoffausscheidung einher- 
gehenden Fälle eine ungünstige Prognose. Für die Bestimmung der 
Funktionsfähigkeit der Nieren gibt es kein sichereres Mittel als die 
systematische Untersuchung der Harnstoffausscheidung. 

F. Fuchs- Breslau. 


Paranephritic sclerosis; its etiology, symptoms and treat- 
ment. Von A. Berg. (Amer. journ, of sorg. 1906. Juni.) 


Chronische Entzündung der fibrösen und Fettkapsel der Niere kann zu 


e = — ——sT— ns  — s m - 
ee t Pa e 


— — ra 


=a 


Nieren und Harnleiter. 451 


einer Nierenentzündung hinzutreten und kann nach Aufhören der letzteren 
weiterbestehen. Sie kann auch auf dem Blut- und Lymphwege bei Er- 
krankung benachbarter Organe — Wirbel, Gallenblase, Wurmfortsatz -— 
zustande kommen. Auch bei essentieller Hämaturie soll sie stets vor- 
handen sein, und ebenso führt B. die Nephralgie der Franzosen auf eine 
bestehende Paranephritis zurück. Die Symptome dieses Leidens bestehen 
in dumpfen, stechenden Schmerzen in der Lumbalgegend, die nach dem 
Hvpochondrium und den Schultern ausstrahlen können, während der 
scharfe, schneidende Schmerz bei Nierenkolik sich nach der Leiste, dem 
Hoden und dem Oberschenkel ausbreitet. Die Therapie besteht in der 
Enthülsung nach Edebohls und Drainage. Müller-Dresden. 


The prophylaxis of scarlatinal nephritis: observations on 
300 cases of scarlatina treated with urotropine, hexamethylene- 
tetramine and metramine. Von H. P. Thompson. (Edinburgh Med. 
Journ., Febr. 1907.) 

Th. kommt zu folgenden Schlüssen: 

1. Die Scharlachnephritis ist eine spezielle Form der Erkrankung 
und darf nicht als unvermeidliche Folge, welche bei einer bestimmten 
Zahl der Fälle eintritt, angesehen werden. Sie ist daher auch einer 
Behandlung zugänglich. 

2. Die Ursache der Scarlatina ist ein Mikrobe, über dessen 
Eigenschaften wir noch nichts Näheres wissen. 

3. Die einzige Form der Behandlung ist die prophylaktische. 

4. Die Diät und die Überwachung von seiten des Arztes muls 
eine strenge sein. 

3. Alle Arten der Ausscheidung sollen in jeglicher Weise befördert 
een 

6. Von prophylaktischen Arzneimitteln gegen die Scharlachnephritis 
hat sich nur das Urotropin bewährt. 

‘. Es sollen daher alle Fälle von Scarlatina mit Urotropin in Dosen 
von 0,3 dreimal täglich für Kinder bis zu 12 Jahren, 0,5 für ältere 
Patienten behandelt werden. von Hofmann-Wien. 


Die Behandlung der Nierenkrankheiten im Lichte neuerer 
Forschungen. Von H. Schur. (Wiener klin. Rundschau Nr. 1u.2 1907.) 

Für die Behandlung von Nierenkranken ergeben sich nach S.s Aus- 
fihrungen folgende Direktiven: 

l. Bei Neigung zu Ödembildung und bei Vorhandensein von Ödemon 
it die Kochsalzzufuhr möglichst einzuschränken. 

2. Die Wasserzufuhr mufs sich immer der Ausscheidung des Wassers 
bei Nephritikern anpassen, die Wasscraufnahme also die Harnmenge 
nicht ehr stark überschreiten. 

3. Die Eiweifszufuhr ist bei Vorhandensein von Retentions-(urä- 
inchen)Beschwerden auf ihr Minimum zu beschränken. 

Der Wert von Schwitzprozeduren wird verschieden beurteilt. Die 
Anregung der Diurese durch Diuretika kann in jedem Falle versucht 
werden. Sehr günstige Wirkung hat in spezifischen Fällen oft das Queck- 

30* 


459 Nieren und Harnleiter. 


silber. Eine chirurgische Behandlung der Nephritis erscheint nur bei 
länger dauerder Anurie, bei Massenblutungen und bei Albuminurie aus 
einer Wanderniere angezeigt. Ob die klimatische Therapie imstande ist. 
den Prozefs an sich günstig zu beeinflussen, mufs dahingestellt bleiben. 
von Hofmann-Wien. 


Ruptur der Milz und der linken Niere \on Noetzel-Frank- 
furt a. M. (Deutsche med. Wochenschrift 1907, Nr. 9, Vereinsb.) 

‚ Durch Überfahren von einem Wagen war es zu einer starken Blut- 
ansammlung im Bauchraum gekommen. Drei Tage nach der Verletzung 
Exstirpation der rupturierten Milz. Die Darmlähmung wich erst nach 
acht Tagen. Der blutige Urin wies auf eine gleichzeitige Verletzung 
der linken Niere hin. Durch Gangrän der Niere und Vereiterung des 
sie umgebenden Hämatoms kam es zu einem grolsen subphrenischen 
Abszels, der erst ausheilte, als die Niere nachträglich extraperitoneal 
entfernt wurde. Ludwig Manasse- Berlin. 


Ruptur der rechten Niere und Abreifsung der grofsen Nieren- 
gefäfse von der Aorta und V. cava. Von Noetzel-Frankfurt a. M. 
(Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 9, Vereinsb.) 

Noetzel berichtet über einen Fall von Ruptur der rechten Niere 
infolge Überfahrenwerdens, bei dem die Nierengefäfse total abgerissen 
waren und ein grofser intra- und extraperitonealer Blutergufs sich ge- 
bildet hatte. Die Operation, bei der die grofsen Gefäfse an ihrem Ab- 
gang von dor Aorta resp. an ihrer Einmündung in die V. cava unter- 
bunden wurden und die Niere exstirpiert wurde, überlebte der Patient 


noch drei Tage. Ludwig Manasse- Berlin. 


Two cases of traumatic rupture of the kidney in one of 
which a single kidney existed. Von J. G. Andrew., (The Lancet 1907, 
Jan. 26.) 

A. teilt zwei Fälle von Nierenruptur durch Fall auf die Lumbal- 
gegend mit. Der eine Fall, bei dem es nach Wochen zu einer Nach- 
blutung kam und der zweimal operiert wurde, starb, wie Verf. meint, 
an Urämie. Die Sektion bestätigte die schon intra vitam durch eine 
Probelaparotomie bei der zweiten Operation verifizierte Annahme einer 
rechtsseitigen Solitärniere. Es handelte sich um eine rechtsseitige soge- 
nannte Klumpenniere mit zwei Ureteren. Im zweiten Falle. der zunächst 
exspektativ behandelt wurde, wurde nach Wochen eine Pseudocyste inzi- 
diert, die klare, urinähnliche (?) Flüssirkeit enthielt. Die Nierenwunde 
war bereits vernarbt. Pat. genas. Müller- Dresden. 


Subcutaneous rupture of abdominal viscera with especial 
reference to the intestine and kidney. Von E. Elliot. (Amer. Journ. 
of Surgery, Oct. u. Nov. 1906.) 

E. hat im Laufe der letzten 10 Jahre 12 Fälle von subkutaner 
Ruptur der Niere beobachtet, von denen er drei ausführlicher beschreibt. 
In 7 dieser Fälle war das retroperitoneale Blutextravasat nicht grols 


Nieren und Harnleiter. 453 


genug, um eine deutlich sichtbare Schwellung zu erzeugen, und so konnte 
die Diagnose nur aus dem Auftreten von Blut im Urin und dem Be- 
stehen von Resistenz und Schmerzhaftigkeit in der Nierengegend ge- 
stellt werden. In den übrigen Fällen war ein deutlicher Tumor im 
entsprechenden lleo-Kostalraum nachweisbar, welcher nach 8—10 Tagen 
kleiner zu werden begann und nach 5—6 Wochen nahezu vollständig 
verschwunden war. In keinem der Fälle war ein operativer Eingriff 
notwendig. von Hofmann-Wien. 


Über Nierencysten. Vun C. Braunwarth. (Virchows Archiv f. 
path. Anat., 186. Bd., S. 341.) 

Es wurden die Nieren von 37 Erwachsenen, von 4 Föten, 7 Neu- 
geborenen und von acht Kindern im Alter von einigen Wochen bis 
1!/o Jahren untersucht. Das Ergebnis dieser Untersuchungen ist folgen- 
des: Normale Nieren von Föten, Neugeborenen und Säuglingen enthalten 
in über der Hälfte der Fälle wirkliche Cysten, «die nicht die Folge einer 
fötalen Entzündung, sondern einer Entwicklungshemmung sind. Noch 
viel häufiger finden sich kleinste Unregelmäfsigkeiten in der Bildung 
von Harnkanälehen und Glomeruli, welche wahrscheinlich später auch zu 
Uysten werden können. Die Häufigkeit dieser Oysten, ihre Lage usw. 
steht amı besten mit der Annahme einer dualistischen Nierenentwicklung 
im Einklang. Die sehr häufigen Niereneysten Erwachsener finden sich 
mit höherem Alter in fast kontinuierlich steigender Zahl. Diese Cysten 
liegen häufig in makroskopisch durchaus normal erscheinenden Nieren, 
welche auch mikroskopisch meist nur geringfügige Veränderungen auf- 
weisen. In diesen, aber auch in, besonders durch Arteriosklerose, 
verändert erscheinenden Nieren finden sich die Cysten nur zum 
kleinen Teile in narbig veränderter Umgebung, zum Teil oder alle ın 
normaler Umgebung. Demgemäls ist es unmöglich, diese Cysten als 
durch Retention infolge Entzündung oder Bindegewebswucherung und 
Schrumpfung in der Umgebung der Harnkanälchen entstanden zu er- 
klären. Vielmehr sind dieselben auch bei Erwachsenen kongenitalen 
Ursprungs und verdanken einer Entwicklungshemmung ihre erste Anlage. 
Nie wachsen besonders unter entzündlichen Bedingungen ihrer Umgebung. 
Hieraus erklärt sich das relativ häufige makroskopische Auffinden einos 
Teiles der Cysten in narbig veränderter Umgebung resp. in arteriosklero- 
tisch veränderten Nieren älterer Leute. Für das (rölserwerden der 
Cysten kommt ferner das allmähliche Wachstum mit steigendem Alter 
m Betracht. Für eine kleine Gruppe von Cysten, welche in binde- 
zewebiger Umgelbung liegen, ist ein Abhängigkeitsverhältnis von dieser 
Dicht anszuschliefsen, jedoch ist ein solches auch keineswegs bewiesen, 
und selbst bier besteht die Möglichkeit einer kongenitalen Anlage und 
dais die Entzündung nur eine Vergrölserung derselben bewirkt hat. Für 
diese Auffassung spricht der Umstand, dafs in genuinen, Iıydronephro- 
tischen Schrumpfnieren oft keine oder nur wenige Cysten beobachtet 
werden, und ferner, dafs durch entzündliche Vorgänge bewirkte Erwei- 
terungen sich nicht zu Cysten transformieren. In einigen Fällen finden 
“vh aufser Niereneysten ehenfalls auf kongenitale Anlage zu beziehende 


454 Nieren und Harnleiter. 


Lebercysten. Besonders häufig finden sich, teils aus U'ysten hervorgeliend, 
teils unabhängig von diesen, neben ihnen adenomatöse Bildungen. die 
zum Teil wenigstens ebenfalls embryonalen Ursprungs sind. Die Genese 
der Nierencysten bildet somit ein Analogon zu der Genese der eigent- 
lichen Cystenniere, wie denn eine scharfe Grenze zwischen beiden Formen 
sich in manchen Fällen nicht ziehen lälst. 

R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Zur pathologischen Anatomie und Klinik des Hypernephroms. 
Von Privatdozent W. L. Bogoljubow. (Russisches Archiv für Chirurgie 
1906, Heft 3. Wratschebnaja Gazetta 1906, No. 46.) 

Verfasser hat alle diejenigen pathologisch-anatomischen Faktoren 
gesammelt, welche die sogenannten Hypernephr.,me als eine eigentümliche 
Geschwulstform betrachten lassen, welche sich aus verirrten Nebennieren- 
keimen entwickeln. Im klinischen Teil der Arbeit sind die Krankheits- 
symptome aufgezählt, welche durch Hypernephrome erzeugt werden. In 
erster Linie kommt die Hämaturie in Betracht, welche bei Hyper- 
nephromen häufiger als bei allen übrigen Nierengeschwülsten vorkommt. 
Als Hauptsymptome gelten ferner: das Vorhandensein einer Geschwulst, 
Schmerzen, fieberhafte Bewegungen der Temperatur, Kachexie. Jedoch 
sind alle diese Symptome nicht Spezifisch genug, um die Diagnose auf 
Hypernephrom mit Bestimmtheit stellen lassen zu können. Der Verlauf 
ist ein chronischer und häufig überhaupt symptomlos; geht aber das 
Hypernephrom in die maligne Form über, was sich häufig durch das 
Auftreten von blutigem Harn kundgibt, so wird der Verlauf der Krank- 
keit akut. Der Tod tritt gewöhnlich in 1—3 Jahren ein. Es werden 
auch Metastasen, namentlich in den Knochen, beobachtet; desgeleichen 
wird von späten Rezidiven berichtet, die 1. 2 und mehr Jahre nach 
der Nephrektomie eingetreten sind. Die Prognose ist bei Hyper- 
nephromen, sofern eine stabile Heilunz in Betracht kommt, eine un- 
günstige. — Nach den neuesten Berichten ist das Hypernephrom der 
häufigste Nierentumor. Albrecht fand auf 32 Nierentumoren 28 Hvper- 
nephrome, Neuhäuser 69 Hypernephrome auf 103 XNierentumoren. — 
Verfasser selbst hat 2 Fälle von Hypernephrom beobachtet, die von 
Professor Rasumowski operiert wurden: beide Patienten starben einige 
Monate nach der Operation. M. Lubowsky- Berlin-Wilmersdorf. 





Hypernephroma renis. Von Privatdozent P. Zabolotnow. (Rus- 
sisches Archiv für Chirurgie 1906, Heft 3. Wratschewnaja Gazetta 1906, 
No. 46.) 

In der letzten Zeit begegnet man in der Literatur immer häufiger 
Beschreibungen von malignen Nierengeschwülsten, deren Struktur an die 
Rindensubstanz der Nebennieren erinnert. Diese (ieschwülste sind vom 
Standpunkte der Frage der Pathogenese der malignen Neubildungen von 
bedeutendem Interesse, weil sie bestimmte Hinweise auf die wichtige 
Rolle der embryonalen Zellwanderungen für die Entstehung der malignen 
Gieschwülste geben. Hin neuerer Beitrag ist der vom Verfasser beub- 
achtete Fall von malignem Iiypernephrom. Allerdings wurde hier erst 


Nieren und Harnleiter. 455 


bei der Sektion festgestellt, dafs es sich um eine primäre Neubildung 
der Niere gehandelt hatte, während klinisch eine grolse, in das Medi- 
astinum hineingewucherte (ieschwulst des Brustbeines hervortrat. Aufser- 
dem fand man Metastasen in der Pleura, in den Lungen und im 
Lumbalteile der Wirbelsäule. Die Struktur der Geschwulst (gröfsere, 
polygonale Zellen, die in regelmäfsigen Reihen, den Wandungen der 
dünnen Kapillaren entlang, lagen) liefs sie zu den Hypernephromen 
rechnen. M. Lubowsky-Berlin-Wilmersdorf. 


Über Hypernephrommetastasen. Von Dr. E. Hoffmann-Berlin, 
(Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 8.) 

Auf der chirurgischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses in 
Charlottenburg- Westend wurden auf der Abteilung von Bessel-Hagen 
zwei Fälle von ausgedehnten Hypernephrommetastasen beobachtet. Der 
erste, einen 56 jährigen Mann betreffende Fall war dadurch ausgezeichnet, 
dafs bei Lebzeiten nichts auf die Niere hinwies und der Urin keinerlei 
Veränderungen zeigte. Im zweiten Falle handelte es sich um eine 
60 jährige Frau, die an der äulseren Haut und an einer grofsen Reihe 
innerer Organe Tumoren hatte. Die Untersuchung eines dieser Tumoren 
lenkte den Verdacht auf die Niere, und bier wurde tatsächlich schon 
bei Lebzeiten ein Nierentumor nachgewiesen. Der Urinbefund mit 
seinen Leukocyten, gelegentlichen Blutbeimischungen und epitheloiden 
Zellen war nicht beweisend, weil sich auch in der Blase und an der 
Harnröbre Tumoren fanden. Die Fälle beweisen, dafs die primären 
Hypernephrome lange bestehen können, obne Symptome zu machen; 
man sollte also ın allen Fällen, in denen bei Leuten mittleren oder 
höheren Alters sich verdächtige Tumoren besonders an den Knochen 
zeigen, an die Niere als den Primärherd denken. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


Hypernephrommetastasen. Von Harbord-Frankfurta.M. (Deutsche 
med. Wochenschr. 1907, Nr. 9, Vereinsb.) 

Bei einem 45 jährigen Manne, dem im Jahre 1599 die rechte 
Niere wegen Hypernephroms (vermutet wurde Tuberkulose) exstirpiert 
worden war, stellte sich vier Jahre später blutig -seröser Ergufs in der 
rechten Pleurahöhle ein, darauf Besserung. Ein weiteres Jahr später bilden 
sich Metastasen in der rechten Pleura, in der linken Lunge, im Brust- 
bein, die schliefslich zum Tode führen. Ludwig Manasse- Berlin. 


Zur Kasuistik der malignen Tumoren der Nierengegend im 
Kindesalter. Von T. Oshima. (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 4 1907.) 

O. beschreibt drei Fälle von malignen Tumoren bei kleinen Kindern 
aus Montis Abteilung. Im ersten Falle handelte es sich um eine embryo- 
nale Mischgeschwulst der rechten Niere von 1800 Gramm Gewicht bei 
einem 2'/, jährigen Mädchen. Exstirpation auf tran-peritonealem Wege. 
Tod am fünften Tage. Keine Metastasen. Die zweite Patientin war ein 
1’ jähriges Mädehen mit kleinzelligem Rundzellensarkom der linken 
Niere und Meta-tasen in den Mesenterialdrüsen und der linken Pleura. 


456 Nieren und Harnleiter. 


Auch beim dritten Patienten, einem 21/, jährigen Knaben, handelte es 
sich um ein kleinzelliges Rundzellensarkom der linken Niere mit Me- 
tastasen in der rechten Pleura diaphragmatica und der äufseren Orbital- 
wand. Die Untersuchung des Urins ergab in keinem der Fälle einen 
diagnostischen Anhaltspunkt. von Hofmann-Wien. 


6 Fälle von Knochen- und Knochenmarkneubildung in der 
Niere des Kaninchens. Von R. Sliwinski. (Wratschebnaja Gazetta 
1906. No. 49.) 

Die Neubildung von Knochen und Knochenmark wurde in der 
Niere durch Unterbindung der Nierengefälse herbeigeführt Diese Unter- 
bindung ruft im gröfseren Teil der Drüsenelemente der Niere Er- 
scheinungen von Nekrose und Nekrobiose hervor, wobei sich das Binde- 
gewcbe hier als widerstandsfähiger als die Drüsenelemente erweist. Am 
Ende der ersten Woche nach der Unterbindung sind die nekro- 
tisch gewordenen Epithelelemente mit Kalksalzen imprägniert. In der 
zweiten Woche findet Neubildung von Knochengewehe statt, welches 
unter dem Epithel des Nierenbeckens nach dem periostalen Ossifikation-- 
typus auf dem Wege der Metaplasie des PBindegewebes erscheint. 
Die ersten Symptome der Neubildunge von myeloidem Gewebe treten 
gegen Ende der 7. Woche auf. Die Knochenmarkelemente bilden sich 
innerhalb der Blutrefälse aus kleinen, mittleren und grofsen Lympho- 
eyten durch kompliziertere Gestaltung des Kernes und durch Ver- 
mehrung des Protoplasmas. Nachdem sie sich dort entwickelt haben, 
treten sie aus den Blutgefäfsen entweder durch aktive Emigration oder 
nach vorangehender Ruptur der Gefälswand heraus. In die Gewebe ge- 
langt, setzen die Knochenmarkelemente ihre Entwicklung und Ver- 
mehrung fort, wobei sie mit dem dort bereits gebildeten Knochengewebe 
in Verbindung treten. M. Lubowskı. 


Über Nieren- und Blasentuberkulose bei Frauen. Von Dr. 
Sigm. Mirabeau. (Monatsschritt für Geburtshilfe und Gynäkologie 1906, 
Bd. 23, H. 2.) 

Die Ergebnisse seiner Erfahrungen in bezug auf die Nieren- und 
Blasentuberkulose falst Verf. dahin zusammen: 

Die Blasentuberkulose bei der Frau ist ausnahmslos ein sekundärer, 
von der Niere deszendierender Prozefs und steht mit der Genitaltuberku- 
lose in keinerlei direktem Zusammenhang. Die Nierentuberkulose ist in 
mindestens 50°/, aller Fälle einseitig. Die Diagnose kann mit Hilte 
der Cystoskopie und des Ureterenkatheterismus mit absoluter Sicherheit 
gestellt werden. Für den Praktiker erscheint die Palpation des ver- 
diekten Ureters als wertvollstes diagnostisches Symptom. Bei einseitiger 
Erkrankung ergibt sich die Funktionsfähigkeit der nicht erkrankten Niere 
mit genügender Sicherheit aus der klinischen Beobachtung und der 
chemischen und mikroskopischen Untersuchung des isoliert aufgefangenen 
Urins; doch soll nicht geleugnet werden, dafs in einzelnen zweifelhaften 
Fällen die funktionelle Nierendiaenostik wertvolle Aufschlüsse geben 


Nieren und Harnleiter. 457 


kan. Als Therapie bei einseitiger Erkrankung kommt einzig die früh- 
zate Exstirpation (Nephrektomie) in Betracht, wobei auch bestehende 
Schwangerschaft keine Kontraindikation abgibt. 

M. Jubowskı- Wilmersdorf bei Berlin. 


Zur Kenntnis der orthotischen Albuminurie Von O. lHeub- 
ner. (Vortr., geh. am 19. 12.06 in der Berliner med. Ges. Berliner klin. 
Wochenschr. 07, Nr. 1—4.) 

/u der Frage, ob es sich bei der orthotischen Albuminurie nur um 
eine funktionelle Störung kardiovaskulärer Natur oder stets um einen 
nephritischen Prozefs handelt, bringt H. einen wertvollen Beitrag, indem 
er die jahrelange klinische Beobachtung eines einschlägigen Falles durch 
die Obduktion kontrollieren konnte. Ein 10 jähriges Mädchen, das schon 
mehrfach wegen Bronchitis und Halsdrüsenschwellungen in Behandlung 
gestanden hatte, wurde wegen Husten, Erbrechen, Kopfschmerzen in die 
Kinderklinik der Charité aufgenommen. Während bei den früheren Unter- 
suchungen nie Eiweils gefunden war, schied sie jetzt bis zu 4°’, Eiweils 
aus, doch so, dafs der Morgenurin stets eiweilsfrei war; Zylinder wurden nie 
gefunden; die Tagesmenge des Urins betrug 1200—1900 cem bei reich- 
lichem Milehgenufs. Dies Verhalten wurde 14 Tage lang konstant be- 
obachtet, dann konnte das Kind gebessert, doch mit Albuminurie, die 
stet» auftrat, wenn die Patientin aufser Bett war, und verschwand, wenn 
sie gelegen hatte, entlassen werden. Nach einigen Monaten wurde sie 
von neuem mit Symptomen, die auf das Vorhandensein eines Kleinlirn- 
tumors hindeuteten, aufgenommen. Während ihres weiteren zirka elf- 
monatigen Krankenhausaufenthalts bis zum Exitus war das Verhalten 
des Urins stets das gleiche, wie bei den früheren Untersuchungen. Die 
Nieren zeigten bei der Obduktion makroskopisch keine Veränderung, die 
sehr genaue mikroskopische Untersuchung ergab eine Hyperämie der 
kleinen Venen und des ganzen Kapillarnetzes, eine geringe Durchsetzung 
einzelner Zellen oder Zellgruppen des Parenchyms von spärlichen Fett- 
körnchen. ferner einen geringfügigen atrophischen Bezirk von ] mm 
Durchmesser und l mm Tiefe an der Oberfläche der rechten Niere, in 
welchem sich Reste gewundener Harnkanälchen mit gut erhaltenem Epi- 
tel zerstreut in narbenreichem Bindegewebe, das von Rundzellen reihen- 
weise durchsetzt ist, finden. Alle diese im ganzen geringfügigen Ver- 
änderungen glaubt H. mit Bestimmtheit auf die Schädigungen zurück- 
führen zu können. denen der ganze Organismus in den letzten Wochen 
der schweren Krankheit durch Zurkulationsstöruneen, mangelhafte Er- 
nährune und Atmung unterworfen war. Durch diesen Fall wäre also 
der anatomische Nachweis geliefert, dafs es eine chronische Albuminurie 
ohne Zylindrurie und ohne Erkrankung der Nieren gibt, deren Haupt- 
reprisentant die sogen. orthotische Albuminurie ist. H. weist noch 
darauf hin. dafs sich in den Lungen des Kindes vereinzelte tuberkulöse 
Herde fanden. ein Befund. der dafür spricht, dafs die orthotische Albu- 
minurie vielleicht eine prätuberkulöse Erscheinung ist. 

In der Diskussion will Kraus die geringfügigen anatomischen 
Veränderungen ebenfalls nicht für die Albuminurie verantwortlich machen, 


458 Nieren und Harnleiter. 


möchte aber mit seinem Urteil über die orthotische Albuminurie zurück- 
halten, solange nicht die feinsten physiologisch-anatomischen Strukturen 
während des Funktionierens (Bürstenabsatz usw.) genauer bekannt sind. 

Senator führt die orthotische Albuminurie auf Zirkulationsver- 
änderungen in ganz leicht erkrankten oder erkrankt gewesenen und 
dadurch weniger widerstandsfähigen Nieren zurück. Gemäfs dieser An- 
schauung und auf (rund des anatomischen Befundes hält er auch im 
vorliegenden Falle die Nieren nicht für normal. 

Langstein hat in 117 von ihm beobachteten Fällen von ortho- 
tischer Albuminurie den durch Essigsäure fällbaren Eiweilskörper in 
prävalierender Menge gefunden; dieser Eiweilskörper bedeute etwas 
prognostisch Günstiges für den Verlauf der Albuminurie. 

Baginsky hat analog der orthotischen A. eine orthotische Purpura 
bei einem kleinen Mädchen beobachtet; nach seiner Überzeugung han- 
delt es sich bei der orthotischen Albuminurie um eine konstitutionelle 
Anomalie mit Beteiligung der Nieren, bezw. der Nierengefälse. 

Fürbringer hält im vorliegenden Falle die gefundenen Verän- 
derungen nicht für die Ursache der orthotischen A.; die Prognose der 
letzteren sei in bezug auf Erwerbsfähigkeit und Lebensdauer durchaus 
günstig. 

v. Hansemann glaubt, dafs im vorliegenden Falle eine Vermehrung 
der Kerne an den Glomeruli vorhanden ist, die darauf hindeutet, dals 
eine Veränderung vorhanden gewesen, die noch nicht vollständig zurück- 
gebildet ist. 

Zondek weist darauf hin, dafs nach seinen Untersuchungen die 
orthotische A. möglicherweise auf angeborenen Anomalien des Gefäls- 
apparates der Nieren beruhen könne. 

Reiher hat in zahlreichen Fällen bei Kindern mit orthotischer A. 
eine Kleinheit des Herzens und Tuberkulose beobachtet: er glaubt daher. 
dafs das konstitutionelle Moment bei der Affektion eine wichtige Rolle 
spielt. 

Casper betont, dafs es wohl überhaupt nur wenige im anatomi-chen 
Sinne absolut gesunde oder unveränderte Nieren gebe. Die Nephritis 
sei immer doppelseitig und diffus über das Organ verbreitet. Es gebe 
eine rein orthotische Albuminurie, die mit Nephritis nichts zu tun habe. 

Orth hält im vorliegenden Falle die Nieren zwar nicht für ganz 
normal, glaubt aber nicht, dafs die gefundenen Veränderungen die Ur- 
sache der orthotischen Albuminurie sind. Paul Cohn-Berlin. 


Ein Fall von orthostatischer Albuminurie. Von Zirkelbach. 
(Wiener klin. Wochenschr. 1908, Nr. 42.) 


Verf. berichtet über einen 22 jährigen Mann, bei dem sich nur 
dann Albuminurie einstellt, wenn er steht oder geht, während bei ruhiger 
Lage diese bereits nach einer halben Stunde verschwindet. Zylinder 
oder Nierensubstanzen waren niemals nachweisbar. Der Blutdruck war 
beim Stehen erhöht, die Pulszahl im Stehen gröfser als im Liegen. 


F. Fuchs-Breslau. 


Nieren und Harnleiter. 459 


Functional albuminuria in athletes. Von W. Collier. (Brit. 
Med. Journ., Jan. 5. 1907.) 

Von 156 Studenten, welche sich für ein Wettrudern trainierten, 
zeieten mit der Salpetersäureprobe 49, mit der Kochprobe nur 26 keine 
Spur von reel Alle übrigen 107, resp. 130 zeigten mehr oder 
weniger erhebliche Mengen von Albumen. In prognostischer Hinsicht 
spricht sich C. bezüglich derartiger Albuminurien günstig aus. 

von Hofmann-Wien. 


Der Einflufs schwerer Muskelarbeit auf Herz und Nieren 
bei Ringkämpfern. Von A. Selig. (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 5 
1907.) 

Die Untersuchungen S.s wurden an 22 Berufsringern angestellt. 
Während der Urin sämtlicher Ringkämpfer vor dem Wettkampfe voll- 
ständig eiweifsfrei war, zeigte derselbe nachher in 69°;, Eiweils von 
leichten Trübungen bis zu schweren flockigen Niederschlägen. Die gröfste 
Eiweilsmenge betrug 1°;,, Efsbach. Im Harnsediment fanden sich in 
3", der untersuchten Fälle neben Epithelien der Harnwege und roten 
und weißen Blutkörperchen noch zahlreiche hyaline und granulierte 
Zylinder. von Hofmann-Wien. 


Die Ätiologie der Eklampsie. Von Brauns. (Wiener mediz. 
Wochenschr. Nr. 4 1907.) 

Es ist B. in neun aufeinanderfolgenden Fällen von Eklampsie ge- 
lungen, durch den mikroskopischen Befund den Beweis zu erbringen, 
dafs es sich bei dieser Krankheit um eine tuberkulöse Splitterinfektion 
handelt, die als ätiologisches Moment für die Erkrankung an Eklampsie 
anzusehen ist. Unter Splittern versteht B. mit Spengler körnige. 
kugelire Elemente, die vom Mutterleibe, dem Perlsucht- oder Tuberkel- 
bazillus, entstammen und losgesplittert sind. Die Färbung der Splitter 
geschieht am besten nach der Karbol- Fuchsin - Pikrin - Methode. Mit 
Splittern infiziert erscheinen nur die Zellen, d. h. Epithelien und Aus- 
scheidungsprodukte der Nieren (Zylinder). von Hofmann-Wien. 


Über die Entkapselung der Niere. Von E. Müller, Assistent 
am Kantun-Krankenhaus in Liestal. Arch. f. klin. Chirurgie 1907, 82. Bd.. 
l. Heft.) 

Verf. befürwortet in vorliegender Arbeit auf (rund von Tier- 
experimenten und klinischen Operationen die Ausführung der Nieren- 
dekap-ulation zum Zwecke der Heilung der chronischen Nephritis. Er 
hat seine Versuche im August und September 1905 an 6 Hunden be- 
gonnen. An $ Tieren wurde die Dekapsulation beiderseitig, an 2 nur 
einseitig vorgenommen. Die Sektion der Tiere machte Verf. im De- 
zember 1905 und Januar 1906. Der Gang der Operation war kurz 
folgender: Luxation der Niere, Spaltung und vollständige Abtrennung 
der Capsula fibrosa, Eröffnen des Peritoneums, Hervorziehen des Netzes 
und vollständige Umwicklung der entkapelten Niere mit Netz, welches 
auf der Hilusseite durch einige Nähte zusammengehalten wird. Repo- 
sition der Niere. Schlufs der Wunde. 


460 Nieren und Harnleiter. 


Nach 14 Tagen wurde dann die Entkapselung der anderen Niere 
vorgenommen. Sämtliche Tiere haben die Operation ausgezeichnet über- 
standen. Nach der Tötung der Tiere in Narkose wurde eine Arteria 
femoralis freigelegt und in dieselbe unter grofsem Drucke eine Metall- 
salzemulsion injiziert. Dann wurde die Sektion vorgenommen. Das 
Netz, das durch den Peritonealschlitz durchgezogen war, zeigte sich als 
ein zweifingerdicker, stark vaskularisierter Strang, der sich dann über 
die ganze Niere als ein UI, em dickes, schwammiges und üufserst ge- 
füfsreiches Gewebe ausbreitete. Durch die Röntgenaufnalıme wurde der 
Beweis einer neuen arteriellen Gefäfsbildung in der Niere erbracht. 

Seit dem Abschlufs der Versuche wurden drei Fälle von chronischer 
Nephritis nach der angeführten Methode operiert. Das Resultat der 
drei operierten Fälle, sowie das der Tierexperimente ergeben den sicheren 
Beweis für die Richtigkeit der der Arbeit zugrunde liegenden Annahme, 
dafs durch Entkapselung der Niere und Übernähen von Netz eine neue 
Vaskularisation und somit eine bessere Funktion des Organs zu er- 
zielen ist. 

In Anbetracht der Unheilbarkeit der chronischen Nephritis dürfte. 
schlielst Verf., diese Operation, die man „Epiplonephroplastik“ nemmen 
könnte, als eine prognostisch sehr günstige, wenn nicht als eine lebens- 
rettende bezeichnet werden. Kr. 


Ein neuer Vorschlag zur Bekämpfung schwerster Eklamp- 
sieformen. Von Albert Sippel. (Berl. klin. Wochenschr. 1906, Nr. 49, 
S. 1559.) 

S. nimmt an, dafs die bei Eklampsie einer Schwangerschafts- 
nephritis meist vorhandene Volumzunahme der Niere, die weder durch 
insterstitielle Wucherungen roch durch arterielle Fluxion bedingt ist, 
auf Stauungsvorgängen in dem Dreier oder der Vene beruhe. Diese 
Volumsteigerung bringt eine akute intrakapsuläre Drucksteigerung in der 
Niere hervor, welche für die sekretorische Tätigkeit des Organs von er- 
heblichem schädlichem Einflufs ist. Um diese intrakapsuläre Druck- 
steirerune zu beheben, empfiehlt S. nach dem Vorbild der Nieren- 
chirurgen bei Eklamptischen die beiderseitige Spaltung der Nierenkapsel. 
Edebohls hat durch Aushülsung beider Nieren bei einer Eklamptischen 
nach der Geburt Heilung erzielt. Drei weitere gute Erfolge wurden seit- 
her erzielt. S. will die Nierenspaltung vorläufig nur für Entbundene, 
bei denen die Eklampsie nach andauert, empfehlen, während Edebohls 
auch Schwangere operiert. Nach S. muls man erst durch die Ent- 
bindung die normalen Druckverhältnisse wiederherzustellen suchen, ehe 
man zur Operation schreitet. Mankiewicz-Berlin. 


The treatment of uraemia. Von E. LeFevre. (Brit. Med. Journ., 
Nov. 24. 1906.) 

Die Konvulsionen bekämpft man am besten durch Chloroforminha- 
lationen, auch Chloral in Dosen von 10.0-—15,0 per os oder 30,0 — 40,0 
per rectum hat ähnliche, sogar länger dauernde Wirkung. Über die An- 
wendung des Opiums und seiner Alkaloide sind die Ansichten geteilt. 


Nieren und Harnleiter. iol 


Bei der Behandlung des Komas ist die wichtigste Aufgabe die Erniedri- 
gung des Blutdrucks, was entweder dureh Aderlafs oder durch Drastika 
geschehen kann. Die Behandlung der Dyspnoe füllt mit der der übrigen 
nervosen Erscheinungen zusammen. Um die sekretorische Tätigkeit der 
Niere zu steigern, sind mitunter Diuretica angezeigt. Gegen die gastro- 
intestinalen Symptome, welche zum grolsen Teil durch die Gegenwart 
toxischer Substanzen im Magen oder Darm bedingt sind, muls man 
mittelst Abführmittel, deren richtige Auswahl allerdings oft eine sehr. 
schwere ist, vorgehen. Um die Toxine überhaupt zu entfernen, sind von 
mter Wirkung: heifse Packungen, Sehwitz- und elektrische Lichtbäder, 
Diaphoretika und Acderlässe. von Hofmann-Wien. 


The principles of treatment of renal insufficiency. Von R. 
B. Preble. (Amer. Journ. of Med. Scienc., Dec. 1906.) 

Handelt es sich nur um Verminderung der Flüssigkeitsmenge, wie 
dies bei Herzschwäche und bei imfektiösen Krankheiten vorkommt, so 
genügt in ersterem Falle Digitalis, eventuell mit Beschränkung der 
Flüssigkeits- und NKochsalzzufuhr: im zweiten Falle erscheint im Gegen- 
teil reichliche Flüssigrkeitszufuhr angezeigt. Ist es aber zu chemischen 
Veränderungen des Urins gekommen, bestehen also Zeichen von Urämie, 
so muls man die Toxinbildung im Organismus durch Regelung der Diät zu 
verhindern, die schon gebildeten Toxine durch Aderlasse, Abführmittel 
usw. zu entfernen suchen. von Hofmann-Wien. 


Calculs ureteraux enclaves dans lľurèthre prostatique. Von 
D’Haenens. (Fxtrait des Annales de la Société de Méd. d'Anvers. Aug, 
Sept. 1906.) 

Verf. berichtet über einen Fall eines 58 jährigen Mannes, bei dem 
innerhalb acht Monaten zweimal durch einen in der Pars prostatica ein- 
rekeilten Ureterstein eine akute Retention hervorgerufen wurde. Das 
erste Mal gelang es, neben dem Konkrement ın die Blase zu kommen 
und diese zu entleeren. Nach einigen Stunden urinierte Patient den 
Stein aus, dessen Durchmesser Nr. 24 der Charriereschen Filiere ent- 
sprach. Das zweite Mal gelang die Einführung des Katheters nicht, 
doch führte Verf. eine filiforme Bougie in die Blase ein. Im Laufe 
der Nacht entleerte Pat. tropfenweise seine Blase, als er plötzlich einen 
aulserordentlich heftigen Harndrang empfand. Er stand auf, und unter 
starkem Drucke wurde zugleich mit der filiformen Bougie das Konkre- 
ment herausgeschleudert. Der Durchmesser desselben entsprach etwa 
\r. 21 der Charriereschen Filiere. Beide Konkremento waren reine 
Uratsteine. also primär in der Niere entstandene Steine. 

F. Fuchs- Breslau. 


Report of two cases of gonorrhoeal invasion of the kidney 
and renal pelvis. Von A. Ravogli. (Amer. Journ. of Urology, Nov. 1906.) 
l. Der 23 jährige Patient kam mit akuter Urethritis in Behand- 
lung. Letztere bestand in Irrigationen mit Kalium permangan. und 
Salol innerlich. Fünf Wochen später traten Schmerzen in der linken 


462 Kritik. 


Lendengegend auf. Daselbst zeigte sich eine druckempfindliche Schwel- 
lung. Gleichzeitig bestand Fieber. Urin trübe, eiweilshaltig. Im Sedi- 
ment Zylinder, rote Blutkörperchen, Eiter, Bakterien, besonders Gon»- 
kokken. Unter Behandlung mit Urotropin, Salol, Kalomel besserte sich 
der Zustand rasch. 

2. Der 24 jährige Patient litt an akuter Gonorrhoe und wurde mit 
Permanganatirrigationen und Salol innerlich behandelt. Sechs Wochen später 
traten unter Fiebererscheinungen heftige Schmerzen in der rechten Seite 
des Abdomens auf, der Urin wurde trübe, eiweilshaltig, im Sedimente 
fanden sich Zylinder, Eiterzellen, Epithelien und Gonokokken. Die Er- 
scheinungen verschwanden auf Salol, Urotropin und Dunstumschläge. 

von Hofmann-Wien. 


Über die medikamentöse und diätetische Behandlung des 
Blasen- und Nierenbeckenkatarrhs. Von Prof. G. Edlefsen in Ham- 
burg. (Deutsches Arch. f. klin. Med., 87, 5 u. 6.) 

Unter Beibringung zahlreicher Krankengeschichten tritt E. sehr 
warm für die z. Z. scheinbar ganz aus der Mode gekommene antikatarrha- 
lischen Mittel, das Kalı chloricum und Terpentinöl ein. Er betont, dafs 
die neueren antibakteriellen Mittel, das Urotropin usw. in vielen Fällen 
zur Beseitigung des Katarrhs nicht ausreichen, und dafs auch nicht alle 
Fälle von Cystitis bakterieller Natur sind. Edlefsen gibt das Kali 
chloricum sechsmal täglich in Dosen von 0,5—0,75 g, also je 15 cem 
einer Lösung von lög in 300 Wasser, das Terpentinöl viermal täglich 
5 Tropfen. Er empfiehlt, jedenfalls in allen Füllen, diese Mittel zu 
probieren, bevor man zur lokalen Behandlung, die in vielen Fällen in- 
opportun ist, übergeht. Vergiftungen von Kalı chloricum lassen sich mit 
Sicherheit vermeiden, wenn man die wenigen Fälle von dauernder oder 
temporärer Venosität des Blutes ausnimmt, wenn man also akute Nephri- 
tis, Emplhysem und Herzinsuffizienz, sowie angeborene Klappenfehler 
als Kontraindikation betrachtet. 

Edlefsen macht des weiteren darauf aufmerksam, dafs die vielen 
Beschränkungen in der Diät, die dem Blasenkranken auferlegt werden. 
zum gröfsten Teile unbegründet sind. Zum Beispiel lälst sich gegen den 
(Genuls von dunklem, gesalzenem oder gepökeltem Fleisch nichts ein- 
wenden, da der vermehrte Kochsalz- oder Nitratgehalt des Harns. der 
Übertritt von Kreosot in den Harn usw., die Blasenschleimhaut nicht 
schädigen. Aus demselben Grunde läfst sich auch gegen den Genuls 
von Pfeffer und anderen Gewürzen in mälsiger Menge nichts sagen. Er 
verbietet nur streng alkoholische Getränke und das Bier wegen seines 
Hopfengehaltes. Zuelzer-Berlin. 


IX. Kritik. 


Tumeurs du testicule Von Maurice Chevassu. (These de Paris 
1906. Steinheil.) 

Die Berechtigung. diese Dissertation über die Geschwülste des Hoden- 
hier gesondert zu besprechen, gibt der Versuch Chevassus unter Zurück- 


Varia. 463 


weisung aller früheren Einteilungen, eine neue Klassifikation der Hoden- 
geschwülste einzuführen. Gestützt auf 128 Tumoren, die er alle selbst 
untersucht hat, will er unter der Begründung, dafs Geschwülste eines 
Organs nichts anderes seien als anormale Evolutionsformen der primär 
vorhandenen normalen Zellen, die Hodengeschwülste von den normalen 
(Geweben des Hodens ableiten; er gelangt zu folgendem Schema: 

1. Geschwülste, die vom eigentlichen Hodengewebe ausgehen, Neu- 
hildungen des Samengangsepithels, Neubildungen der interstiellen Zellen. 

2. Bindegewebsgeschwülste, Neubildungen des Bindegewebes weichen 
und fibrösen Charakters. 

3. Organoide Geschwülste, Adenoma testiculare. 

4. Heterotope Geschwülste, Embryoma intratesticulare. 

5. Sekundäre Geschwülste des Hodens. 

Acht Abbildungen mikroskopischer Schnitte und eine Anzahl schema- 
tischer Figuren im Text scheinen die Berechtigung dieser Einteilung zu 
erweisen. Die Besprechung der Pathogenese, der pathologischen Ana- 
tumie, der Therapie — infolge der Bösartigkeit der meisten Geschwülste 


muls dieselbe eine möglichst radikale sein — bieten nichts Neues. Das 
Literaturverzeichnis im Anschlufse an Monods Monographie ist ziemlich 
vollständig. Mankiewicz-Berlin. 

X. Varia. 


In dem Verlag von Dr. Werner Klinkhardt in Leipzig werden 
demnächst „Folia urologiea“ erscheinen. Der Schriftleitung gehören an: 
James Israel- Berlin, A. Kollmann- Leipzig, G. Kulisch-Halle, 
W. Tamms- Leipzig. Um eine möglichst schnelle Veröffentlichung 
Be Arbeiten zu gewährleisten, erscheinen die Archivhefte in zwang- 
oer Folge. 


Georg Hirschmann + 


Am 17. März verschied plötzlich an einem Hirnschlag der 
Fabrikbesitzer und Instrumentenmacher Georg Hirschmann. Ein 
unermüdlicher Arbeiter und ein schöpferischer Geist auf technischem 
Gebiete, hat er der Medizin und speziell der Urologie grofse Dienste 
geleistet. Nur mit seiner Hilfe konnte ich vor 12 Jahren (1895) 
den Ureteren-Katheterismus schaffen, ihm verdanken wir das Pan- 
elektroskop (1891), das heute für die Beleuchtung der verschiedensten 
Körperhöhlen benutzt wird. Von seiner Wertschätzung in medi- 
zinischen Kreisen legte die Feier bei seiner Bestattung Zeugnis ab. 
Es mögen hier zu seinem Andenken die Worte folgen, die ich an 
seinem Grabe sprach. 


464 


Hochgeehrte Trauergemeinde! 

Wenn ich an dieser für mich so ungewohnten Stätte das Wort 
ergreife, um dem Verewigten einen Scheidegruls nachzurufen. so 
drängt mich dazu das Gefühl tiefer Dankbarkeit. 

Mit beredten und zu Herzen gehenden Worten hat der würdıge 
Geistliche geschildert, was die Gattin, die Familie und der Freundes- 
kreis an Georg Hirschmann verliert. Mir ist es eine Pflicht, 
hier an geweihter Stätte auszusprechen, dafs auch die Allgemeinheit 
mit seinem Hinscheiden einen unersetzlichen Verlust erleidet. Mehr 
denn 15 Jahre sind es, dafs ich mit ihm zusammen gearbeitet habe. 
Damals begannen wir mit der Konstruktion eines ärztlichen Instru- 
mentariums, das heute mustergültig fertiggestellt über die ganze 
Welt verbreitet ist. Mit ihm gelang, was vordem Jahrzehnte hin- 
durch vergeblich versucht worden war, die Untersuchung und dar- 
auf gestützt die Heilung vieler leidenden Menschen, deren Krank- 
heit bisher in Dunkel gehüllt geblieben war. 

Dies Ziel erreicht zu haben, ist in hervorragendem Malse das 
Verdienst des Entschlafenen, unseres Georg Hirschmann. Un- 
ermüdlich tätig, rastlos arbeitend von früh bis spät, an einem Tage 
wie an dem andern, sich keine Ruhe gönnend, wurde er nicht müde, 
immer von neuem Veränderungen und Verbesserungen vorzunehmen. 
Er scheute keine materiellen Opfer, die bei den zahlreichen Ver- 
suchen nicht gering waren; höher stand ihm das ideale Streben, er 
arbeitete, um zu arbeiten, um Gutes und Vollendetes zn schaften 
zu Nutz und Frommen der leidenden Menschheit. 

Und wenn etwas in der tiefen Trauer und der Erschütterung um 
seinen allzufrühen Tod uns Trost bringen kann, so ist es der Um- 
stand, dafs seine Arbeit von Erfolg gekrönt war. Sein Name wird 
nie verschwinden aus der Geschichte der Medizin. Wer immer 
sich mit der Beleuchtung der menschlichen Körperhöhlen beschäftigt, 
wird auf den Namen Georg Hirschmann stolsen. Und wie seine 
schöpferische Kraft bisher zahlreichen Kranken auf indirektem Wege 
Linderung und Genesung verschafft hat, so wird auch in Zukunft 
sein Wirken manchem Leidenden zum Segen gereichen. So rufe 
ich dir denn in meinem Namen, im Namen vieler meiner Kollegen 
und nicht zuletzt im Namen vieler durch dich genesenen Kranken 
dankerfüllten Herzens zu: Georg Hirschmann, teurer Verklärter, 
ruhe sanft! Leop. Casper. 


Druck von C. Grumbach in Leipzig. 


Ein neues verbessertes Gystoskop 
„Paneystoskop“. 


Von 


Dr. J. Baer, Wiesbaden. 
Mit 27 Textabbildungen. 


I. 


In der Praxis habe ich es mehrfach als schweren Mangel 
empfunden, dafs bei einem Patienten, der — uns vorher unbekannt, 
event. noch vom Lande, — lediglich zur Untersuchung mit einem 
Briefe von seinem Arzte in der Hand, gekommen war, eine CYysto- 
skopie aus rein technischen Gründen nicht sofort zum gewünschten 
Resultate führte. Betrachten wir den Werdegang des Cystoskops, 
so können wir, vom einfachen Cystoskop — Nitzes genialer Erfin- 
dung — angefangen, über den Evakuationskatheter, das Evakuations-, 
Irrigations-, Ureteren- bis zum Operationscystoskop beobachten, wie 
die Anforderungen, die wir an das Instrument stellen, immer grölsere 
werden. So ist es denn naheliegend, dafs man auch zu dem Postulat 
kommen mulste, ein Instrument zu besitzen, das uns je nach 
Wahl oder Notwendigkeit die Ausführung jeder Untersuchung bezw. 
Therapie gestattete. Nehmen wir nur eine Möglichkeit aus so vielen, 
wo uns eine Entscheidung schwer fällt, heraus, indem wir obigen 
Fall verfolgen. Nach genauer Aufnahme der Anamnese (der junge 
Mann kommt mit cystitischen Beschwerden), Untersuchung des 
trüben etwas sanguinolenten Urins usw., die uns ebenfalls noch 
nicht bestimmte Anhaltspunkte geliefert hat, entschliefsen wir uns 
zur Cvstoskopie. Gesetzt, wir kommen vielleicht sofort auch auf 
die Vermutung, es handle sich möglicherweise um eine Tuberkulose. 
Sollen wir jetzt mit einem einfachen resp. einem Spülcystoskop 
oder sofort mit einem Ureterencystoskop zur Untersuchung schreiten? 
Wählen wir das erstere, und finden dann, dals es sich „wahrschein- 
lich“ um einen deszendierenden Prozefs handelt, so ist eine zweite 
Untersuchung(Ureterenkatheterismus)notwendig. Oder nehmen wir das 
Ureterencystoskop und es handle sich doch nur um eine rein vesikale 
Affektion, die entweder mit schneller Trübung des Blaseninhalts, 


sei es durch Sanguis oder Pus verbunden ist, oder die, wie das bei der 
Zeitschrift für Urologie. 1%7. 31 


466 J. Baer. 


Blase recht häufig, bald mit imperatorischem Harndrang reagiert, 
so kommen wir auch hier, sei es wegen des kleineren und dunkleren 
Gesichtsfeldes, sei es wegen der geringen Möglichkeit einer schnellen 
Klärung des Blaseninhaltes, mit dem Ureterencystoskop nicht zum 
Ziel. Ich habe nur einen nicht gerade seltenen Fall hervorgehoben 
und auch diesen nur möglichst wenig kompliziert; — ähnliche be- 
gegnen uns allen nicht gerade selten. 


Aufgabe war also, ein nicht kompliziertes Instrument an- 
zugeben, das uns einmal eine ausreichende Inspektion der 
Blase nach allen Seiten ebenso sichert, wie eine genaue Diagnose 
und Therapie, beides natürlich in den auch für das beste Cystoskop 
gesteckten Grenzen. Speziell dem Zwecke, uns von den vielen 
Zwischenfällen der Cystoskopie möglichst unabhängig zu 
machen und damit die Zahl der eystoskopischen Sitzungen 
auf ein Minimum zu reduzieren, sollte dieses Instrument 
dienen. Wie weit es diesen Anforderungen entspricht, ohne zu 
grolse Nachteile mit in den Kauf nehmen zu müssen, das zu ent- 
scheiden überlasse ich den Herren Kollegen. 


Bei der ersten Demonstration meines Instruments (Paris, Uro- 
logenkongrefs, Oktober 1904), das damals nur aus den ersten Teilen 
bestand, forderte ich die Anwendung der drei verschiedenen, den 
ganzen Schaft ausfüllenden Optiken, die einmal durch das sehr 
grofse und helle Gesichtsfeld wie auch durch die Möglichkeit, 
die Blase nach allen Richtungen (ohne weitere Anstrengung 
für den Patienten) zu betrachten, eine absolut sichere Orien- 
tierung gestatteten. Ich fuhr fort: „Einmal gut orientiert, 
ist es uns dann möglich, obne fast einen Tropfen Flüssig- 
keit zu verlieren, diese grofsen Optiken durch kleinere 
kombiniert mit den jeweils notwendigen Hilfsinstrumenten 
zu ersetzen, sei es um den Katheterismus auszuführen, sei 
es zur Entfernung eines Fremdkörpers oder zur Behand- 
lung einer bestimmten erkrankten Stelle. 


Von dem damals aufgestellten Programm bin ich 
auch bis heute in keiner Weise abgewichen unter völliger 
Beibehaltung des vom ersten Tage ab angewandten 
Modells. 

Eine Publikation wollte ich bei den vielen kleinen, sich er- 
gebenden technischen Schwierigkeiten nicht vorher erfolgen lassen. 
Vor einer Reihe von Fachkollegen demonstrieren läfst sich wohl 


Ein neues verbessertes C'ystoskop „Pancystoskop“. 467 





Tafel 1. 
. I ('ystoskop mit grofser Optik Nitze I, Schiebehahn offen. 
lI Grofse Optik Schlagintweit. III Grofse direkte Optik. 
IV Kleine Optik mit Ureterenkatheter. V Ureterenkatheterismus n. Brenner. 
VI Kopf mit Zweiweghahn. VIa Irrigationsansatz, Schiebehahn geschlossen. 
VII Kleine Optik mit Zange. VIII Schlinge ohne Optik (leere Blase). 
IX Schlinge mit kleiner direkter Optik. X Seitliche Schlinge mit kleiner Optik. 


XI Kleine Optik mit Führungsschienen und Ureterenkatheter in der Manschette fertig 
zur Einführung in den Schaft. 
31* 


468 J. Baer. 


cin solches Instrument, doch publizieren erst, nachdem es völlig 
gebrauchsfertig der Öffentlichkeit übergeben werden kann. 

Noch seit der Nitze-Ausstellung, wo dasselbe mit einer grolsen 
Orientierungstafel ausgestellt war, mulste eine ganze Anzahl kleiner 
Änderungen vorgenommen werden, lediglich um nicht durch fort- 
währende Modifikationen den Bau des Instrumentes später aufzu- 
halten. Bei der Konstruktion, die vor allem möglichst wenig 
kompliziert sein mulste, waren die Wege zum grofsen Teil ge- 
geben. Es galt nur, sie entsprechend zu vereinigen, und nichts 
war einfacher als das. Die ursprüngliche Basis dürfte wohl 
Nitzes Evakuationscystoskop liefern. Nach Nitze sende ich da 
allen andern die Namen Güterbock, Boisseau du Rocher, 
Casper, Albarran, Schlagintweit, Kollmann voraus. Ins- 
besondere der oft geschmähten Schlagintweitschen Optik will 
ich einige Worte widmen. Ich halte dieselbe sicherlich mit 
vielen andern für einen aulserordentlichen Fortschritt im Bau 
des modernen Cystoskops. So manches Mal wurde mir, besonders 
im Auslande, erzählt, dafs mit diesem Instrument schon Zwischen- 
fälle vorgekommen seien, indem das kleine bewegliche Prisma ab- 
gebrochen sei. Ich ging den betreffenden „Gerüchten“ nach und konnte 
erfahren (sie gingen alle von einer Quelle aus), dals an dieser Er- 
zählung kein wahres Wort sei. Ich benutze jetzt das Instument 
seit seinem Erscheinen. Ich habe eines der ersten erhalten. In- 
zwischen sind schon wieder einige kleine Verbesserungen getroffen 
worden, und doch hat mir noch niemals das Instrument, allerdings auch 
in den ihm gesteckten Grenzen, versagt, aufser dafs ich hier und 
da mit seinem Spülhahn einige Schwierigkeiten hatte. Ich habe 
deshalb auch davon abgesehen, selbst ein eingeschliffenes und 
eingebautes System zu verwenden. Ich komme hierauf später 
zurück. 

Jedenfalls war es Schlagintweits retrograde Optik, die mir den 
Ausbau meines Instrumentes auch bis zur letzten Forderung, 
d. h. nicht nur Betrachtung, sondern auch Behandlung der 
Veränderungen am Blasenhalse, ermöglichte. Vermieden habe ich 
vor allem jede Einrichtung, die das Instrument komplizieren, wie 
auch automatische Vorrichtungen, die seine Funktionsfähigkeit einmal 
dem Zufall ausliefern könnten: Möglichste Einfachheit, möglichst 
glatte Teile, zur besseren Sterilisation, so dals das jeweils kom- 
binierte Instrument seinem für den Augenblick geforderten 
Zweck voll und ganz dienen konnte. 


Ein neues verbessertes C'ystoskop „Paneystoskop“. 469 


Untersuchungs-Spül-Evakuationseystoskop. 


Das Instrument besteht aus dem Cystoskopschaft von 
23! , Charriöre, mit einem runden Lumen im Querschnitt, 
der in seinem hinteren Ende mit dem Kollmannschen 
Schieberverschlufs versehen ist (Fig. 2). Absichtlich habe 
ich aus schon angegebenen Gründen auf den automati- 
schen Verschlufs verzichtet.!) 

Ich habe weiter abgesehen von einer sonst auf 
Kosten der Optik gehenden Verlängerung des über den 
Schieberverschlufs hinausragenden Endes des Cystoskop- 
rohres; dieselbe hätte beim Ein- wie beim Ausführen 
der Instrumente noch zusammen mit den Optiken als Ver- 
schlufs wirken können, in dem Momente, wo der Schieber 
geöffnet oder geschlossen wurde. Ich habe auch dies unter- 
lassen, weil es für die grolsen Optiken 
ohne jede Bedeutung ist, d.h. weil die Ein- 
führung und Entfernung derselben so leicht 
und so schnell vonstatten geht, dafs ein 
Verlust von Blaseninhalt kaum vorkommt. Fir. 8, 
Für die kleinen Optiken zusammen mit 
den jeweiligen Hilfsinstrumenten wäre diese 
Verlängerung erst recht nicht von Bedeu- 
tung, da nach Einführung derselben die 
kleine Optik allein zu entfernen ist und 
durch den freiwerdenden Raum Füllung und 
Entleerung der Blase, sei es mit Wechsel- 
hahn (4a) unter Verwendung des Ansatzes(b), 
sei es mit der Spritze, direkt ebenfalls sehr 
leicht möglich ist. Das kreisrunde Lumen des 
Katheters wird ausgefüllt von einem Man- a 
Fir. 4. Fir. 2. 


Fa 








— — [0 


') Die Firma Reiniger konstruiert einen solehen, ich glaube auf Anregung 
Kümmels, in einer aulserordentlich vollendeten Form. Er ist allen andern bis 
Jetzt konstruierten Verschlüssen deshalb vorzuziehen, weil es uns möglich ist. 
len automatischen Verschlufs in allen seinen Teilen zu entfernen, auszuwechseln, 
zu sterilisieren. Er besteht aus einer Kugel, die durch eine Spiralfeder ın die 


Lichtung des Uystoskops getrieben wird — die einfachste für einen Verschluß 
kl]. E ; e : š SE 
denkbare Form. — Abgesehen davon, dafs ieh mein Instrument zeitweilie 


zanz veoffnet wünsche, indem die Einführung mancher Instrumente durch 
einen automatischen Verschlufs nur erschwert würde, wäre aufser einer Komp- 
likation des Instruments auch eine Verläneerung der Optik notwendig die Folge. 


470 J. Baer. 


drin, der die beiden im vorderen Ende des Schaftes befindlichen 
Öffnungen verschlielst. 

An der Konkavität des Instrumentes bei der Schnabelkrümmung 
beginnend, findet sich eine grolse Öffnung, eine zweite, dem Lumen 
des Katheters entsprechend, befindet sich an seiner Konvexität, 
ebenfalls im Gebiete der Schnabelkrümmung. Es ist möglich, bei 
einer Spülung event. auch jede der Öffnungen durch ge- 
eignete Röhren zu verschlie[sen. Ich komme hierauf später 
zurück. 

Das hintere Ende des Cystoskopschaftes läuft in einen scheiben- 
förmigen Drehklemmverschlufs aus, der durch seine im Innern 
gelegene schiefe Ebene die Möglichkeit gibt, Optiken sowohl wie 
Spülhahn usw. leicht an das Instrument zu befestigen. Ist der Schaft 
in die Blase eingeführt, so wird der Mandrin herausgezogen. Der 
Zeigefinger der linken Hand liegt auf der mit einem Knöpfchen be- 
zeichneten oberen Platte des Schiebehahnes und gestattet durch 
einfachen Druck den Abschlufs des Instrumentes nach Herausnahme 
des Mandrins aufserordentlich leicht. Hierauf wird an den Schaft 
die Spülvorrichtung adaptiert. Dieselbe legt sich mit ihrer flachen 
Fläche gegen die entsprechende Fläche des runden Ver- 
schlusses. Durch eine Drehung der Verschlufsscheibe nach rechts 
werden die beiden Flächen vermittelst der schiefen Ebene so gegen- 
einandergezogen, dals ein solides Ganze entsteht. (Tafel 1, Fig. V 
und Fig. 5.) 

Der Spülhahın (Fig. 4a, b) besteht aus zwei ineinanderliegenden 
Röhren, deren innere mit zwei Bohrungen, deren äulsere mit Zu- 
und Ablaufrohr versehen ist. Da diese beiden Röhren nicht, wie schon 
oben bemerkt, ineinander eingeschliffen sind, so bleibt der Gang der- 
selben ein aulserordentlich leichter, und Störungen, wie sie bei 
eingeschliffenen Systemen, besonders nach stattgefundener Sterilisation 
sehr leicht vorkommen, fallen hier weg. Der Hahn kann im 
ganzen sterlisiert und braucht nicht zu diesem Zweck auseinander- 
genommen zu werden. Die drei Einstellungen : Zulauf, Schlufs 
und Ablauf, sind durch einen die betreffende Einstellung anzeigenden 
Knopf an der Drehscheibe leicht kenntlich und in ihrer Stärke regu- 
lierbar. Das Schlagintweitsche Testglas ist dem Instrument angefügt. 

Ist die Blasenentleerung, -Reinigung und -Füllung beendet, so 
wird zuerst der Spülhahn in seine Mittelstellung (Schlufs) gebracht, 
der Schieber ebenfalls geschlossen, der Spülhahn dann entfernt. 
Wie hieraus zu ersehen, ist die Bewegung des Schiebers von 


Ein neues verbessertes Cystoskop „Pancystoskop“. 471 


dem Hahn, der ja nicht in das Lumen des Katheters hineinragt, 
unabhängig. Es werden jetzt je nach Bedarf bei gleichzeitiger 
Öffnung des Schiebers die entsprechenden Optiken eingeführt. 
(Tafel 1, Fig. I, II, III.) Um das für die 3 Blickrichtungen not- 
wendige Belichtungsfeld zu schaffen, entbehrt die Lampe der reflek- 
tierenden Hinterwand, ist also nach 
beiden Seiten offen. Um eine möglichst 
gute Bestrahlung zu erzielen, habe ich 
den Glühfaden „auf den Kopf“ 
stellen lassen, die Basis der Schlinge 
liegt also in der Lampenspitze. Zu 
diesem Versuche wurde ich angeregt, 
weil die Lampe, um den Schnabel 
nicht unnötig zu verlängern, sehr kurz 
gebaut werden mufste. Die Kürze 
der Lampe aber hatte wieder zur 





Fir. A Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. 


Folge, dafs die Spitze der Schlinge mit ihrem stärksten strah- 
lenden Teile sehr leicht hinter dem oberen Lampenrande ver- 
schwindet. Da diese Neuerung erst sehr kurzen Datums ist 
und somit ihre Brauchbarkeit noch weiter zu prüfen ist, 
vorallem aber dieersten Modelle sich noch ziemlich stark 


473 J. Baer. 


erwärmten, was sich ja noch ändern lassen wird, so werden vorläufig 
den Modellen sowohl die älteren Normallampen wie diese Neuerung 
beigefügt. Die drei Systeme, welche als optische Apparate ein- 
gefügt werden können, ergeben sich aus den 
Zeichnungen. Es sind dies die grolsen Optiken 
mit einem aufserordentlich grolsen und hellen 
Gesichtsfeld: 1. Optik Nitze I (Fig. 1, I u. 6), 
2. die direkte Optik „im Sinne“ derjenigen 
Boisseau du Rochers (Fig. 1, III u. 7) und 
als letzte die retrograde Optik Schlagiutweits 
(Fig. 1, I, u. 8). Optik Nitze I ebenfalls mit 
ausgezeichnetem Gesichtsfeld kann event. durch 
die Schlagintweitsche Optik entbehrt werden. 
Doch ist nicht zu vergessen, dafs die Optik Nitze], 
19'/, Charriere, die Optik von Schlagintweit, 
da sie in einem besonderen Führungsrohre läuft, 
nur 16'/,—17 haben kann. Doch ist auch dieses 
Gesichtsfeld, das dem gewöhnlichen Schlagint- 
weitschen Cystoskop entspricht, noch immer ein 
recht gutes zu nennen. 

Es lag recht nahe, für die schiefe Gleitebene 
des Prismas der Schlagintweitschen Optik an 
unserem Instument eine Abänderung zu treffen. 
Doch unterliefs ich dies aus verschiedenen Gründen. 
Einmal hatte ich das Prinzip, überhaupt 
möglichst wenig zu „modifizieren“, zum 
andern diente mir die Führungsschiene zum Ver- 
schlufs resp. zur Verkleinerung der vorhan- 
denen Katheterausschnitte; es war hiermit 
zugleich die Möglichkeit gegeben, unsere Spül- 
vorrichtung in anderer Weise zu verwenden, da 
bei einer leicht reizbaren Blase mit nur geringer 
Kapazität der grofse Ausschnitt auch einmal 
nachteilig sein könnte. (Fig. 9.) Wird das Aufsen- 
rohr der Schlagintweitschen Optik um etwa l cm 
(b Fig. 9) zurückgezogen oder auch um 180° ge- 
dreht, so sind beide Öffnungen desselben für Ab- 
und Zuflufs verschlossen. Die Optik wird jetzt 
allein entfernt, der Dreiweghahn mit eutsprechen- 
dem Ansatz adaptiert, das Führungsrohr wieder in 





Ein neues verbessertes Cystoskop „Pancystoskop“. 478 


die normale Lage gebracht (diesen Moment stellt Fig. 9 dar), womit 
die Spülung durch die verkleinerte seitliche Öffnung a beginnt. Die 
hintere Öffnung ist verschlossen. Ist die Spülung beendigt, so machen 
die gleichen Manipulationen in umgekehrter Folge das Instrument 
fertig zur Untersuchung. In gleicher Weise läfst sich durch ein rundes, 
hinten offenes Rohr die seitliche Öffnung verschliefsen, also eine 
Evakuation im Sinne des alten Schlagintweitschen Evakuations- 
cystoskopes bewerkstelligen. Gewöhnlich wird man weder das eine 
noch das andere benötigen. Bis jetzt bin ich mit dem Normal- 
katheter lediglich durch Regulierung der Hahnstellung sehr gut 
ausgekommen. Ich hatte bis jetzt noch nicht Gelegenheit, Stein- 
trüimmer mit meinem Üystoskop zu aspierieren, wofür sich aller- 
dings obige Anordnung empfehlen dürfte. | 


Auf das Irrigationscystoskop werde ich später S. 478 zu 
sprechen kommen. 


Es ist somit den verschiedensten Wünschen: hier grofser, 
hier kleiner Ausschnitt; hier Spülung auf der Seite der Konvexität 
durch den geraden Kanal, hier solche an der Konkavität durch 
seitliche Öffnung; hier Spülung durch Spritze, dort durch Irrigator 
in einfachster Weise Rechnung getragen. Soviel über das 
Untersuchungs- und Spülcystoskop. 


Wir kommen jetzt zum: 


Uretereneystoskop. 


Ich nehme an, dafs der beabsichtigten Ureterencystoskopie die 
einfache Cystoskopie in obigem Sinne vorangegangen ist. Wir sind 
also imstande, trotz des kleineren Gesichtsfeldes mit 
srölserer Leichtigkeit die Ureteren in veränderter Blase 
aufzufinden, als dies sonst beim einfachen Ureterencysto- 
skop uns möglich ist. Zum Ureterencystoskop gehören folgende 
Teile: eine kleinere Optik (Fig. 10), die Führungsschiene (Fig. 11), 
eine Kathetereinführungsschelle oder Manschette (Fig. 13). 

Ehe ich zur Beschreibung der einzelnen Teile des Ureteren- 
cystoskops übergehe, will ich an nebenstehender Zeichnung, auf die 
ich noch öfters zurückkomme, die Verhältnisse des optischen wie in- 
strumentellen Systems für das Ureterencystoskop, jetzt also mit dem 
für Optik und Katheter gemeinsamen runden Kanal er- 
läutern. Optik Z stellt die grofse Optik, Optik Y die mittlere 
(Freudenberg), Optik X eine kleine Optik dar. 


474 J. Baer. 


Die isolierte Leitung lag früher stets im Vertikaldurchmesser 
des Cystoskops, sei es in L1 oder L2. Es wurde hierdurch un- 
nötigerweise der durch die Optik freibleibende Raum (hier unterhalb 
L 2) in seinem wichtigsten Durchmesser verringert. 

Nach dem Vorgange Freudenbergs wurde für mein Cystoskop 
statt der ehemaligen kleinen Optik X die abgeflachte Optik Y 
gewählt. Die Führungsschiene F hat zwischen 
dem Seitenrand der kleinen, ebenso auch 
noch der mittleren Optik Y genügenden 
Raum, ohne das für die Katheter freibleibende 
Lumen im geringsten zu beeinträchtigen. 
Wird nun die Lichtleitung statt von L 1 oder 
L 2 nach der „toten Ecke“ in den Punkt 
L verlegt, so ist ein nicht unbeträcht- 
licher Raum für den Ureterenkatheter 
gewonnen, den uns die Veränderung der 
Optik nicht gebracht hatte. Ohne dies wäre 
die Optik in der Richtung von L 1 nach 





Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13. 


L 2 oder umgekehrt, je nach Lagerung — gehoben worden. Durch 
diese Anordnung (L) ist es uns möglich geworden, bei unserem 
Cystoskop entweder einen Rundkatheter bis 9 Charrière oder 
zweï bis 7 Charrière zu verwenden. Ohne Verlegung der Licht- 
leitung nach L war es selbst in der medianen nur gerade noch 
möglich bei gleichem Kaliber des Cystoskops knapp 8 Charrière zu 


Ein neues verbessertes Cystoskop „Pancystoskop“. 475 


verwenden, wenn wir nicht zu abgeplatteten Ureterenkathetern greifen 
wollten, was ich von vorhinein als unzweckmälsig vermieden habe. 
Zur Verwendung der Freudenbergschen Optik (der übrigens nach 
meinem Vorgang vom ovalären Ureterencystoskop von 26 Charriere 
zum runden System, jetzt 23 Charriere, überging), die uns aufser einem 
kleinen Gewinn in der Gröfse des Gesichtsfeldes, welches durch die 
Fläche G beiderseits bezeichnet wird, auch einen Gewinn in der Hellig- 
keit desselben brachte, liefs ich mich durch den Fabrikanten an Stelle 
der von mir verwandten kleinen Optik X schon deshalb bestimmen, 
weil, wie schon oben erwähnt, der ganze seitliche Raum eine tote 
Ecke darstellt, und lediglich als Lager für die Führungsschiene (F) 
benutzt wurde. Blieb doch auch bei Verwendung der mittleren Optik Y 
im Seitenteile noch genügend Raum übrig, wenn auch die Führung F 
hierdurch etwas graziler gestaltet werden mulste. Augenblicklich 
ist eine weitere Veränderung der Jiichtleitung in Vorbereitung, die 
diese Verhältnisse vielleicht noch etwas günstiger gestalten wird. 
Die Einführung des Systems für den Ureterenkatheterismus in 
das Aufsenrohr geschieht in der Weise, wie Figur XI, Tafel 1 ver- 
anschaulicht: kleine Optik, Katheterführung und Ureterenkatheter 
werden in der Manschette vereinigt. Es soll hierbei die Optik von 
der Zunge (die mit Katheterführung, im wesentlichen nach Albarran- 
schem Prinzip gebaut ist) um etwa l cm überragt werden. Der oder 
die Ureterenkatheter sollen in ihrer Lagerung etwa der Lage der 
Optik entsprechen. Die Manschette wird nach Öffnung des Schieber- 
verschlusses in die Drehklemmvorrichtung gebracht und die drei Be- 
standteile des Ureterenkathetersystems werden in das freigewordene 
Lumen vorgeschoben. Kurz vor dem völligen Eintritt wird die 
Manschette entfernt. Die Manschette soll die Einführung des Systems 
in den Schaft erleichtern und ein unnötiges Berühren von Optik, 
Schiene und Kathetern verhüten. Geht hierbei im Anfang etwas 
Flüssigkeit verloren, so ist dies kein grolser Fehler, denn nachdem 
Schiene, Optik und Ureterenkatheter in ihrer Normallagerung an- 
gekommen sind, die Schiene durch die Drehklemmvorrichtung fixiert 
ist, ist es ein leichtes, nach nochmaliger Entfernung der Optik 
allein mit Hilfe des Dreiweghahnes oder der Spritze (Verwendung 
des entsprechenden Ansatzes) durch den freigewordenen kleinen 
Kanal nachzuspülen. Vielleicht ist es für viele sogar bequemer — 
jedenfalls aber im Anfang, solange die Technik noch nicht beherrscht 
wird — vor Einführung des Ureterenkathetersystems die 
Füllung stets abfliefsen zu lassen und nach vollzogener Ein- 


476 J. Baer. 


führung durch den kleineren Kanal, wie oben beschrieben, neu zu 
füllen. 

In gleicher Weise wird eine Spülung vorgenommen, 
sofern sich hierzu während des Katheterismus, sei es 
durch Blutung oder Eiterung, eine Notwendigkeit ergibt. 

Auf der kleinen Optik nahe dem Okula zeigt 
eine Marke etwa '/, cm vor dem Ende die Stelle an, 
der entsprechend das hintere Ende des Prismas mit 
dem vorderen Rande des Albarranschen Fingers ab- 
schneidet. Es erscheint somit der in die Blase ein- 
geführte Ureterenkatheter sofort nachdem er über 
die Zunge hinweggetreten ist, im Gesichtsfeld. Es 
wird hierdurch wie schon mehrfach erwähnt, der 
Katheterismus in gewöhnlichen Fällen entschieden 
erleichtert. Sollte jedoch eine weniger steile Stellung 
des Katheters die Einführung in den Ureter erleich- 
tern, wie dies öfters vorkommt, so gestattet die Vor- 
wärtsbewegung der Optik allein auch hier eine leich- 
tere Kontrolle. Die Aufrichtung des Fingers mit 
Ureterenkatheter wird uns durch einen Knopf an den 
beiden Triebrädern fühl- und sichtbar gemacht. 

Die beiden Triebräder an Stelle eines sind einer 
Modifikation Franks entnommen und stellen die 
wichtigste Verbesserung des Bierhoffschen Ureteren- 
cystoskops in das Frank-Bierhoffsche dar. 

Gestattet uns durch die Trennung von Optik und 
Führungsschiene das Cystoskop einmal wiederholte 
Spülungen, so erlaubt uns anderseits die Beweglich- 
keit des inneren Systems (Optik und Schiene) auch 
eine erleichterte Entfernung des Metallkatheters 
(Aufsenrohr), sofern der Ureterenkatheter allein lie- 
gen bleiben soll. Dieselbe wird in der Weise vor- 
genommen, dafs zuerst die Optik entfernt wird. 
Hierauf wird die Katheterführung um etwa 2 cm 
zurückgezogen. Es erscheinen dann schon einer oder beide Ka- 
theter hinter der Drehklemme. Dieselben werden mit der linken 
Hand gefalst} und über sie hinweg die Führungsschiene entfernt. 
Die beiden Katheter liegen nun in dem freien Lumen des Katheter- 
schaftes, das wichtigste für die weitere Entfernung des Schaftes 
selbst. Die Kreuzung der Katheter, welche sich bei der Entfernung 





ve. ` d $ ep 
Ein neues verbessertes UÜvstoskop „Pancevstoskop*. 
\ P, À ] í 


allerdings nicht vermeiden lälst, ist jedoch nur von untergeordneter 
Bedeutung; in dem weiten Lumen gestattet die auflserordentliche 
Beweglichkeit der Katheter ein geringes Vorschieben derselben und 
damit auch eine leichte Drehung des Cystoskopschnabels (bei ge- 
ringer Nachfüllung und Verschluls mit dem Finger) in der Blase 
unter dem Katheter der einen Seite hinweg Wird der Schnabel des 
Instrumentes in der Blase dann entsprechend gesenkt, so macht es 
keine Schwierigkeit, das Instrument über die Katheter hinweg her- 
auszuzichen. In jedem anderen Falle würde die Herausnahme des 
Instrumentes ohne Mandrin dem Patienten möglicherweise Schmerzen 
bereiten können. Hier schützt jedoch der Katheter, welcher über 
dem hinteren Rande des Ausschnittes liegt, vor einer Berührung 
der Urethralschleimhaut mit diesem Rande. 

Was dieses Liegenlassen der Ureterenkatheter anlangt, so will 
ich hier nicht unterlassen zu erwähnen, dafs ich jetzt aufser- 
ordentlich selten, fast nie, das Instrument vor Beendigung 
des Ureterenkatheterismus entferne, da ich hierdurch schon 
mehrfach recht unangenehme Störungen erlebte. Ein Ureteren- 
katheter funkioniere nicht, sei es durch Verstopfung oder Abknickung, 
oder es trete nach kurzer Zeit eine Hämorrhagie ein; wir wissen 
wohl, dafs diese durch lokale Reizung entstanden sein kann, doch 
wir müssen uns dessen vergewissern und wollen demgemäls den 
Katheter etwas höher legen, bezw. durchspülen — Zwischen- 
fälle, die wir mit Sicherheit nur vermeiden können, solange 
das Instrument noch liegt. — Wenden wir ein Stativ zum 
Fixieren des Ureterencystoskops an, so sind die Beschwerden, die durch 
das Liegenlassen des ganzen Instruments unserem Patienten sonst ver- 
ursacht werden könnten, minimal oder gleich Null. Es hat sich mir 
hierbei mein Stativ, das ich seit 7 Jahren verwende, und das von Löwen- 
stein konstruiert ist, mit einem oder mehreren Gliedern, die aus 
einzelnen Zangen mit einem Kugelgelenke an beiden Seiten bestehen, 
aulserordentlich bewährt; die Zangenglieder sind in einfachster Weise 
mit jedem Tisch oder schon vorhandenen Stativen zu verbinden. 
Eine genauere Beschreibung desselben erübrigt sich hier, da es in 
seinem wichtigsten Teile, der Zange, schon von Frank (Zentral- 
blatt 1905) beschrieben ist. 

Wenden wir also zum Fixieren unseres Ureterencystoskops 
ein Stativ an, so kommen die geringen Nachteile, die das Liegen- 
lassen jedes Ureterencystoskopes verursacht, gar nicht in Betracht 
gegen die Vorteile, die uns die Möglichkeit der ständigen Kontrolle, 


478 J. Baer. 


der Nachspülung nach beendigter Untersuchung usw. gewährt. Die 
Möglichkeit einer leichten Entfernung, um einen Ureterenkatheter 
z. B. „à demeure“ liegen zu lassen, ist, wie oben beschrieben, gegeben. 

Ich will nicht versäumen, zu bemerken, dafs ohne jeden 
Wechsel des Instrumentes dasselbe auch neben einem Katheter zur 
gleichzeitigen Irrigation verwendet werden kann, indem auf die 
eine Kathetereinführung ein kleines Bügelhähnchen aufgesetzt wird. 

Einen besonderen doppelläufigen Irrigationsteil im Sinne 
des Nitzeschen habe ich bis jetzt absichtlich als weniger wichtig 
noch nicht bauen lassen, weil ich hierzu ebenfalls eine grofse 
Optik verwenden will. Ich gedenke meine Schagintweitsche Optik 
ohne ihr Führungsrohr so zu benutzen, dafs ich auf sie durch 
exzentrische Lagerung nach unten 
(wie Optik Y Fig. 15 etwa dies 
anzeigt), den Irrigationsteil setzen 
lasse — derselbe käme also zwi- 
schen die punktierte Kreislinie 
und L 2 zu liegen — ; die seit- 
lichen Teile entsprechend F, die 
allerdings wesentlich kleiner sind 
wie in der Figur, werden zum 
Rückflusse völlig genügen. Es 
lag nahe (immer wieder im Sinne 
unseres Systems), zu diesem Zweck 





Ë etwa eine abgeflachte abergröfste 
1 Optik Z, Fig. 15 zu verwenden. 
Fig. 15. Es würde diese jedoch kaum einen 


grölseren Vorteil bringen, wie 
die schon vorhandene Schlagintweitsche Optik. Eine weitere neue 
Optik wird hierdurch erspart, und bei einem sehr geringen Kosten- 
aufwand lediglich für das neue Irrigationsrobr erhalten wir ein allen 
Anforderungen entsprechendes Irrigationscystoskop. Die kleine ab- 
geflachte Optik, wie Freudenberg sie hierzu verwendet, halte ich 
für ungenügend, da sie (mit ihrem gröfsten Durchmesser 14'),, 
mit ihrem kleinsten 12?/,), im Mittel etwa nur 13'/, Charriere ent- 
spricht. Die grölste abgeflachte Optik würde enthalten 1911. zu 
14'/,—15, also etwa 17, während unsere Retrooptik gut 16?/, Charriere 
hat. Soll doch beim Irrigationscystoskop ebenfalls ein recht 
grolses Gesichtsfeld vorhanden sein, da wir gerade dieses 
zu sehr genauer Beobachtung, event. bei wechselndem Füllungs- 


Ein neues verbessertes Cystoskop „Pancystoskop“. 479 


zustande der Blase benötigen, ein kleineres und dunkleres Gesichts- 
feld aber diese Absicht aufserordentlich erschwert. 

Ganz im gleichen Sinne ist das Ureteren- 
cystoskop, System Brenner (Fig. 16), gebaut. 
Eine genauere Beschreibung desselben, das eben- 
falls eine kleine Optik im Sinne der oben be- 
schriebenen geraden grolsen Optik (Fig. 7) ent- 
hält, dürfte wohl unnötig sein. Technik der Ein- 
führung und Entfernung die ohne jegliche 
Schwierigkeit vor sich geht (die Entfernung 
event. mit Verwendung des beim Evakuations- 
cystoskop besprochenen Rohres zum Verschlufs 
der Konkavöffnung) bedürfen keiner gesonderten 
Beschreibung. Ebensowenig ist eine solche not- 
wendig, um die Vorteile zu zeigen, die unser 
Instrument mit seinen auswechselbaren Systemen 
uns biete, wenn wir uns der Indigkarmin- 
methode nach Voelcker und Joseph (Chro- 
mocystoskopie) bedienen. Sie sind zu klar, so 
dafs die Erwähnung allein genügen dürfte. 

Wir kämen somit zur Besprechung der Ein- 
zelteile für das 


Operationsceystoskop. 


Als Optiken werden hierbei ebenfalls die 
beiden im Kapitel „Ureterencystoskop“ besproche- 
nen kleinen Optiken verwandt. Zweckmälsigerweise 
wird man bei Anwendung der direkten kleinen 
Optik (s. Fig. 17) gleich die auswechselbare 
Winkeloptik benutzen bezw. anschaffen. Dieselbe 
gestattet einen Austausch eines gewöhnlichen 
Okulares gegen ein Winkelokular, welch 
letzteres im Prinzip zuerst von Casper am Ure- 
terencystoskop und später von Mainzer am 
Öperationscystoskop augewendet worden ist. Die 
letztere Anordnung war notwendig, um ein freies 





Öperieren mit den geraden Instrumenten zu er- if. 


möglichen. Figur 18 zeigt uns das Öperationscystoskop eben mit 
einer Küretie kombiniert. An Stelle dieser können je nach Be- 
lieben (Fig. 19) Watteträger, Haken, Instillationsröhrchen, und 


480 J. Baer. 


andere mehr treten, deren nähere Beschreibung nicht nötig sein 
wird. Sämtliche Operationsinstrumente sind an ihrem hinteren Ende 
ebenso wie die 
grolsen Optiken, 
die  Katheterein- 
führungsschienen 
und später auch die 
Schlingenführer 
(Fig. 20) mit der 
flachen Platte ver- 
sehen, welche die 
Fixation gegen das 
Instrument mittels 
der Drehklemme 
ermöglicht. Sie alle 
tragen die gleiche 
Durchbohrung für 
die entsprechenden 
kleinen Optiken, 
woraus sich die 
Kombination des 
Instruments und 
seine Handhabung, 
die derjenigen des 
Ureterencystoskops 
entspricht, von 
selbst ergibt. 
Eine geson- 
derte Besprechung 
verlangen noch die 
Schlingenführer. 
Der gerade Schlin- 
genführer (Fig: 20, 
22) liegt natürlich 
unterhalb der Optik 
und gestattet haupt- 
Fig. 17. ' Fig. 18. sächlich Operatio- 
nen am Blasen- 
boden. Die Operationen mit demselben sind für den Geübten aufser- 
ordentlich einfach, ebenso die Handhabung des entsprechenden Kauters 








Ein neues verbessertes ('ystoskop „Paucystoskop“. 481 


(Fig. 21). Derselbe ist im Verhältnis zur Optik beweglich und in seiner 
grölsten Entfernung von derselben entspricht er im Bilde seiner wirk- 





Fig. 19. Fig. 20. Fig. 21. 


D 


lichen Gröfse. Habe ich bei dem direkten Operationscystoskop schon 
Schlinge und Kauter als gesonderte Instrumente gebaut, deren Aus- 


tausch während der Operation ebenso wie derjenige aller anderen 
Zeitschrift für Urologie. 1907. 32 


482 J. Baer. 


Instrumente aufserordentlich leicht zu bewerkstelligen ist, so batte 
ich noch mehr Veranlassung, diese beiden Teile bei der seitlichen Optik 
zu trennen, denn nur so konnte ich es er- 
reichen, dafs jedes der beiden Instru- 
mente unter anderem der wichtigsten 
Anforderung, Übersichtlichkeit des Ge- 
sichtsfeldes und somit der Möglichkeit 
einer genauen Verfolgung des Opera- 
tionsganges, genügte. | 
Die seitliche Schlingenführung ist 
im Sinne des Albarranschen Fingers kon- 
struiert. Grofse Schwierigkeiten machte 
hier die Isolierung im Knie, die jetzt 
wohl als beseitigt gelten dürften; da 
Schlingenführer und Trieb ein festes Ganze 
darstellen, so ist die Montage einer 
Schlinge aufserordentlich leicht. Über die 
Einführungstechnik brauche ich nicht zu 
sprechen. Befindet sich nach entsprechen- 
der Vorbereitung der Blase das Operations- 
instrument in situ, so wird der Finger des 
Schlingenführers aufgerichtet, so dafs 
seine höchste Spitze etwa der Schnabel- 
höhe entspricht. Sollte eine andere 
flachere Einstellung nötig sein, so 
ist sie ebenfalls möglich. Die Optik 
wird so weit zurückgezogen, dafs gerade 
noch die Spitze des Fingers im Gesichts- 
felde erscheint. Wird nun die Schlinge 
durch den Trieb nach aufsen entwickelt, so 
ist es uns durch Verschiebung der 
Optik möglich, auch die höchste Spitze 
der Schlinge bis 4 oder 5cm Öffnung selbst 
bei wenig steiler Lage zu überschauen und 
damit jeden Augenblick ihre Lage 
und Funktion im Verhältnis zum 
Fir. 28. p Au Tumor je nach Bedarf durch Vor- und 
| RückwärtsbewegungderOptikzu verfol- 
gen. Der Schlingenfinger wird durch einen kleinen seitlichen Hebel, der 
dem Trieb gegenüber liegt, in der jeweils gewünschten Stellung erbalten. 





Ein neues verbessertes Üystoskop Pancystoskop. 483 


Die Zwischenfälle, die uns bei den intravesikalen Operationen be- 
gegnen, sind nicht wenige, und so manches Mal waren wir genötigt, 
z. B. mit dem Nitzeschen Instrumentarium, die Operation aus dem 
einen oder anderen Grunde abzubrechen. Bei aller Schonung und 
selbst bei guter vorhergehender Anästhesierung (wenn solche über- 
haupt nötig war), ist es weder für den Patienten noch für 
den Arzt als ein besonderes Vergnügen zu bezeichnen, 
wenn das starke Instrument wegen Trübung des Blasen- 
inhaltes, Durchbrennen der Schlinge oder aus anderen 
Gründen, wiederholt eingeführt werden muffs. Eine Er- 
neuerung der Schlinge im Nitzeschen Instrumente war in 
der gleichen Sitzung nur schwer möglich, wenn wir den 
Anforderungen der Asepsis nur einigermafsen ent- 
sprechen wollten. Wie ganz anders bei unserm 
Operationscystoskop. Nichts einfacher wie die Er- 
neuerung des Blaseninhaltes und ebenso macht uns 
nichts weniger Schwierigkeiten, als die Erneuerung 
einer durchgebrannten Schlinge. Kann doch vor allem hier 
der Cystoskopkatheter während der nur wenige Minuten 
in Anspruch nehmenden Manipulation liegen bleiben; 
gar nicht zu reden von der öfter notwendig werdenden 
Kontrolle eines eben ausgeführten kaustischen Schnittes, 
wie sie uns der Austausch des Öperationsinstrumentes 
gegen die grolse Untersuchungsoptik jeden Augenblick 
gestattet. Auf die kaustische Schlinge zugunsten der 
kalten habe ich nicht verzichtet, nicht so sehr wegen der 
Aussicht auf verminderte Blutung nach der Öperation, 
als vielmehr wegen des mit der kaustischen Schlinge 
leichter ausführbaren Schnittes. Ist doch die Abtra- 
gung mit der kalten Schlinge mehr einem Quetschen zu 
vergleichen wie diejenige durch Abtragung mit der 
heifsen, die dem wirklichen Schnitt nahe kommt. Ge- 
wils werden viele Vegetationen sich ebensogut durch die 
kalte, wie durch die heilse Schlinge abtragen lassen, die 
Wahl zwischen beiden bleibt also dem Operateur auf Fig. 2. 
jeden Fall erhalten. 

Der seitliche Kauter (Fig. 25) führt eine im Winkel abgebogene 
Brennfläche, die Unterseite ist zur Vermeidung von Reflexen mat- 
tiert. Seine Bewegung geschieht durch Trieb ebenso, wie die der 
Schlinge. Bei seiner Einführung in das Cystoskoprohr überdeckt der 


32” 





484 J. Baer. 


Kauter die Optik vollständig, d. h. sein „Schnabel“ tritt zuerst in das 
Lumen, hinter und unter ihm die Optik. Liegt der Kauter im Mantel 
fest, so wird sein Schnabel hochgestellt, “die Optik nachgeschoben 
und das Instrument ist gebrauchsfertig. 


An dem Kabel, das zur Verbindung mit der kaustischen 
Schlinge ebenso wie mit dem Kauter dient, habe ich eine kleine 
Veränderung angebracht, die mir zweckmälsig zu sein scheint. 
Das Kabel wird mit den kaustischen Instrumenten entweder direkt 
oder indirekt in Verbindung gebracht. Wird es direkt mit ihm 
in Verbindung gebracht — es empfiehlt sich dies für alle Fälle, in 
denen der Schlingenwickler bezw. Kauter nach unten steht — so 
bildet der Schlufskontakt mit dem Oystoskop ein Stück. Es sind 
dann alle Bewegungen : Entwicklung der Schlinge, Auf- und 
Abwärtsbewegung derselben, Strom für Lampe und Strom für 
Schlinge, nahe beieinander und infolgedessen leicht zu dirigieren. 
Kautergriff' und Instrument stehen in diesem Falle zueinander im 
rechten Winkel, so etwa wie der Zweiweghahn am Schlagintweit- 
schen Cystoskop mit diesem vereinigt ist. Steht der Schlingenwick- 
ler nach oben, so wird zwischen das Instrument und den Schluls- 
kontakt des Kabels ein durch die Leitung verbundener „Zwischen- 
stecker“ eingeschaltet. Das eine Ende dieses Zwischensteckers 
setzt sich auf den Schlingenwickler, fällt dann mit je einer Schnur 
rechts und links am Okular herab, um sich unterhalb desselben 
mit dem oben als festen Griff beschriebenen Schlufskontakt (in 
diesem Falle freibeweglich) zu vereinigen. Wird’ diese Art der 
Stromzuführung der erst beschriebenen festen Verbindung vorge- 
zogen, so ist sie natürlich auch in jenem Falle ebensogut ver- 
wendbar. 


Bis zu diesem Teile ist unser Cystoskop definitiv festgelegt, und 
der Fabrikation freigegeben. Eine Anzahl kleiner Instrumente, die 
bei leerer oder luftgefüllter Blase Verwendung finden, teils noch 
finden sollen, gedenke ich bei einer zweiten Publikation zu be- 
sprechen, auf deren weiteren Inhalt ich noch einmal zu sprechen 
komme. Aus einer Anzahl von Fällen, für die wir stets wohl min- 
destens zwei Instrumente resp. mehrere Sitzungen benötigt hätten. 
will ich ganz kurz hiermit einen anführen, der gerade wegen seiner 
Einfachheit besonders prägnant ist. 


>á 


Frau C., 59 Jahre, erscheint am 7. Februar mit starken Blasenbeschwerden 
besonders am Ende der Miktion. Vor 1 Jahr „Unterleibsoperation* per vayınanı 
wegen „Vorfall“. Durch die Operation angeblich, weil kurz nachher katheteri- 


Ein neues verbessertes Üystoskop „Paneystoskop®. 485 


siert worden sel, Cystitis. Dauer 3 Wochen. Therapeutisch: heifse Bäder, 
Thernophor, Wildungen usw. — Besserung: später ziemlich beschwerdefrei, bis 
vor weniren Wochen bedeutende Verschlimmerung. Besonders nachts häufige 
Miktion sehr störend usw. 

In mälsie getrübten Urin aufser Leukoeyten und Epithellen keinerlei Be- 
soneerheiten. 

Sofortire Uystoskopie (Optik Nitze I) Blasenschleimhaut im ganzen aufser 
seringer Injektion normal, Gegend des Sphinkter ringsum stark vetrübt. Am 
Blasenboden ein kleiner u. ein gröfserer ca. 3/, cm grofser pappleckelartig Hacher 
Fremdkörper von grauer Farbe mit unregehnäfsiren Rändern. Hinter und über 
dem Ligam. interuret. 2 silberglänzende aufrelockerte längliche Fetzen wie alı- 
zestofsene Schleimhaut in entzündlichem Hofe: Wechsel der Optik. Mit der 
direkten Optik wurde meine Vermutung, dafs es sich um zurückgebliebene Fäden 
von derin März v. J. vorgenommnenen Varinofixation handle, zur Gewifsheit. Ein- 
führung von kleiner Optik mit Zange, Zerqnetschung des sonderbar geformten 
xroßeren Konkrements (es waren auch noch eine Anzahl kleinster Trümmer 
vorhanden), und Extraktion der beiden Fäden. Argentumspülung, Dauer alles 
zusammen knapp eine Stunde, ohne jede Anästhesie. 2 Spülungen im Laufe 
der nächsten Woche. Nach 10 Tagen letzter Besuch, Urin klar, Patientin be- 
schwerdenfrei. Es wurden im ganzen also 3 Optiken verwandt und auch diese 
mehrfach eingeführt, sehon um einige Spülungen zu ermöglichen. Dies alles 
„ut und „durch“ das gleiche Instrument. Weitere Ausführungen hierzu 
dürften wohl übertlüssig sein. 


Wollten wir die durch das Instrument gegebenen Möglichkeiten 
therapeutisch ganz ausnutzen, so mulsten wir notwendigerweise auch 
zu einer therapeutischen Ausnutzung der retrograden Optik 
kommen. Die Schwierigkeit lag darin, dafs der aufgeklappte 
Spiegel, sofern eine kleinere Optik (der Lage der Optik X in Fig. 15 
entsprechend) gewählt wurde, das nutzbare Gesichtsfeld anfser- 
ordentlich klein war. Denn ein Teil des aufgeklappten Spie- 
gels läge in diesem Falle im Lumen des Cystoskopkatheters 
selbst. Nachdem die Lösung gefunden war, war sie als eine recht 
einfache zu bezeichnen. Wie Fig. 26 zeigt, wird das Prisma ein- 
fach um die Stärke des abgeflachten Würfelsa gehoben und hierdurch 
das für uns wertvolle Gesichtsfeld vergröfsert.!) Diesem flachen 
Würfel a entspricht der Raum, der über der Optik für die Hilfs- 
instrumente, d.h. für Schlinge, Kauter und andere Instrumente frei 
wird. Dieser Teil ist der einzige, der noch nicht definitiv fertig gestellt 
ist, weil die Schlingenführung, wenn auch schon erprobt und gut, 
immerhin bis jetzt noch nicht meinen Anforderungen entspricht (Fig. 27). 


——- .. 





'} Die schematische Zeichnung ist nicht ganz präzise, da die Optik in 26 8 
etwas kleiner, und das Prisma dieser Optik -+a zusammen der Gröfse des 
tanzen Katheterlumens entsprechen mülste. 


486 J. Baer. 


Es wira deshalb für dieses Instrument eine gesonderte Publikation in 
kürzester Zeit erscheinen, gleichzeitig unter Publikation einiger mit 
ihm operierter Fälle. Die Aussichten, die uns 
gerade dieser Teil bietet, halte ich für recht 
gute, denn bis jetzt war es uns nicht möglich, 
in ausreichendem Mafse kleinere Operationen 
im Gebiete des Sphincter internus auszuführen. 
Ich erinnere hierbei an die mehrfach vor- 
kommenden, besonders postgonorrhoi- 
schen polypösen Vegetationen im Gebiete 
des Sphinkters.. Ebenso bietet sich begrün- 
dete Aussicht auf bequeme Weise viel- 
leicht Operationen an kleinen Mittel- 
lappen bei Prostatahypertrophie auszu- 
führen, deren Gröfse oft in gar keinem 
Verhältnis zu den von ihnen verursachten Be- 
schwerden steht. Sind auch die Vorzüge des 
Instrumentes so schon mannigfaltige, so dürfte 
vielleicht gerade hier uns ein aussichtsvoller 
neuer Weg eröffnet werden. Gewifs sind mit 
einem derartigen Instrumente auch gewisse 
Mängel verbunden. 





Als Nachteile, die ich nicht vermeiden konnte, nenne ich 
zuerst die Grölse des Instrumentes (23'', Charriere); dals wir des- 
halb gelegentlich auch einmal ein Cystoskop von 17 Charriere oder 


Ein neues verbessertes Uystoskop „Paneystoskop*. 487 


ein Kindercystoskop benutzen müssen, läfst sich nicht vermeiden, 
weiter die Unmöglichkeit, eine eventuell durchgebrannte Lampe 
ohne Instrumentenwechsel umzutauschen. Diesen Nachteil teilt es 
mit vielen anderen Instrumenten. 

Was die Lampe anlangt, so ist der Zwischenfall aulserordent- 
lich selten, und wird auf ein Minimum reduziert, wenn man, wie 
ich dies in meiner Publikation über Blasenphotographie (französi- 
scher Urologenkongrels, Paris 1901) empfohlen habe, zwischen 
Lampe und Stromquelle, besonders aber bei Benutzung 
eines Akkumulators, ein Voltmeter schaltet; gibt uns dieses 
doch, wenigstens genauer wie unser Augenmals, gleichmäfsig ein 
wie das andere Mal den Grad der Spannung der einmal benutzten 
Lampe an. AÄufserdem hat es noch den Vorteil, dafs es uns weit 
schneller über den Ort einer Störung, sei es Stromunterbrechung 
(Lampe), sei es Kurzschluls (Operationscystoskop und Kabel) unter- 
richtet. Einmal in der Blase versuche ich nie die Lampe stärker 
anzuspannen; nur im Falle der Blasenphotographie, event. auch 
dann nur in gewissen Fällen, mache ich hiervon — selbst auf die 
Gefahr, dafs die Lampe durchbrennt — eine Ausnahme. 

Was die Krümmung des Schnabels anlangt, die seinerzeit z. B. 
bei Boisseau du Rocher so sehr gerügt wurde, so entspricht 
sie bei unserm Cystoskop absolut der normalen Krümmung; was 
die Länge desselben anlangt, so ist er dank dem entsprechenden 
Bau von Lampe und Gewindeansatz sogar noch kürzer geworden 
wie beim Nitzeschen Photographiereystoskop, hinter dessen Stärke 
es wesentlich zurückbleibt. 

Dafs mit unserem Instrument weiterhin auch noch Eingriffe bei 
leerer (in Lagerung nach Trendelenburg) oder luftgefüllter Blase 
(à vision directe, Cathelin) möglich sind, versteht sich von selbst. 
Fbenso ist es begreiflich, dafs bei völlig leerer Blase Behandlung 
eines bestimmten Punktes, event. auch Extraktion eines Fremdkörpers, 
usw. möglich ist, wenn in das freie Lumen ein Valentinsches Endo- 
skop eingeführt wird. Auch diese letzte Möglichkeit ist mit nur 
aulserordentlich geringen Kosten verknüpft, wenn wir das Valentin- 
sche Endoskop nach der Modifikation von Luys-Gentile benutzen, 
da dasselbe den Austausch von Lämpchen in verschiedener 
Länge gestattet. Es wäre also zu diesem Zwecke nicht ein besonderes 
Urethroskop zu verwenden, sondern zu den bislang 15!/, cm langen 
urethroskopischen Lampen solche von 25 cm zu beschafffen. Ich 
hatte zu diesem Zweck das letzte Mal mein Instrument auch als 


485 J. Baer. 


„Oystoendoskop universel* angekündigt und demonstriert. 
Eine Publikation war wegen verspäteten Eintreffens der Klischees, 
die zum Teil heute mitverwendet sind, unterblieben. 

Des weiteren soll das Instrument später durch Anfügung einer 
Kasette noch zum Photographiercystoskop ausgebaut werden, eben- 
so wäre auch bei durchgebrannter Lampe oder aus Gründen, die 
uns das Güterbocksche System bevorzugen lielsen, die Einführung 
eines Güterbockschen Systems (gerade Lampe) möglich. Wir hätten 
dann nur unser dünnes Uystoskop, wie wir es für Prostatiker ver- 
wenden und in dessen Besitz wir alle sind, durch Vermittlung 
einer geeigneten Dichtungsvorrichtung zu verwenden, und mit dem 
Aufwand von 4—5 Mark für eine neue gerade Lampe (Güterbock) 
wäre uns „in ganz besonderen Fällen“, die uns die Wiederholung 
einer Cystoskopie unmöglich erscheinen lassen, eine Beendigung der- 
selben trotz durchgebrannter Lampe möglich. | 

Die sämtlichen hier angeführten Punkte habe ieh nur erwähnt, 
um die Gesichtspunkte zu zeigen, nach denen unser Instrument er- 
weiterungsfähig ist; dafs ich sie deshalb für gut oder gar not- 
wendig halte, will ich nicht einmal behaupten. Versuchen 
werde ich sie jedenfalls. 

Wenn ich jetzt noch einmal die Annehmlichkeiten unseres 
Instrumentes, das ich mit dem Wort „Pancystoskop“ bezeichnet 
habe und das von der Firma Reiniger, Gebbett & Schall in Er- 
langen konstruiert wird, zusammenfassen darf, so ergibt sich hieraus: 

1. Die Anwendung verschiedener, den ganzen Schaft 
ausfüllender Optiken, die durch das sehr grolse und helle 
Gesichtsfeld einerseits wie die Möglichkeit, die Blase nach 
allen Richtungen zu betrachten andererseits, eine absolut 
sichere Orientierung ermöglichen. 

2. Ersatz der grolsen durch ebensoviele kleinere Op- 
tiken mit den verschiedensten Hilfsinstrumenten, sei es zu 
diagnostischen (Ureterencystoskop) oder therapeutischen 
Zwecken (Operationsceystoendoskop). 

Hierdurch wird erreicht: 

1. Nur einmaliges Einführen des äufseren Schaftes für 
alle mit dem Instrument ausführbaren Manipulationen. 

2. Auswechselbarkeit der einzelnen Teile, so dafs be- 
liebige Kombinationen gemacht und etwa später zur Kom- 
pletierung gewünschte Einsatzstücke nachbezogen werden 
können. 


Ein neues verbessertes U'vstoskop „Panevstoskop“. 489 


3. Die Möglichkeit, alle Teile ausreichend zu sterili- 
sieren, da jedes Stück isoliert werden kann; die Optiken 
sind glatt, Schmutzecken sind nirgends vorhanden. 

4. Verwendbarkeit als Operationscystoskop trotz des 
geringen Durchmessers von 23'/, Charricre. 

5. Billiger Anschaffungpreis, da Optiken und Lampen- 
träger nur einmal zu beschaffen sind. 

Ich habe die wichtigsten Teile fertiggestellt, und um mit 
deren Herausgabe nicht zu lange zu zögern — da sonst durch 
Publikationen von andrer Seite mir allmählich nicht mehr viel übrig 
bleiben könnte —, übergebe ich einstweilen diese Teile hiermit den 
Kollegen. Fällen dieselben über das Instrument das Urteil, das auf 
dem Kongrefs in Lissabon zwei bekannte Urologen fällten, als 
von Kapsammer eingewendet wurde, das Instrument sei kompli- 
ziert, dann bin ich zufrieden. Der eine (Bastos) sagte: „Das 
Instrument erscheint kompliziert im Kasten, aber einfach in seinem 
Gebrauch“; der andere, dessen Urteil schon vom Beginn mich 
aulserordentlich zum Weiterbau anspornte (es war mein verehrter 
Lehrer Albarran) sagte: „Legen Sie die entsprechenden Teile des 
Instruments in 6 oder 7 verschiedene Kasten, je nach ihrer Be- 
stimmung, so enthält jeder einzelne ein einfaches Instru- 
ment“, und nichts anderes wie das wollte ich erreichen. 


(Aus dem Rothschildspital in Wien |chirurg. Abteilung, Prof. 
Zuckerkaudl)). 





Beitrag zur Frage der „essentiellen 
Nierenblutung“. 


Von 


Dr. H. L. Kretschmer (Chicago). 
Mit 6 Textabbildungen. 


In früherer Zeit wurde über Fälle von sogenannter „essentieller 
Nierenblutung“ viel häufiger berichtet als gegenwärtig, und man muls 
die Fälle dieser Erkrankung nunmehr, wenn überhaupt ihr Vor- 
kommen einwandsfrei angenommen werden darf, geradezu als Rari- 
täten bezeichnen. 

Diese scheinbare Anderung der Sachlage dürfte folgendermalsen 
zu erklären sein: Wir sind in erster Linie in fraglichen Fällen der 
in Rede stehenden Art gegenwärtig in der Lage, den Ursprung 
einer Hämaturie wesentlich genauer festzustellen als früher; zweitens 
hat die Diagnostik der Nierenerkrankungen im allgemeinen Fort- 
schritte gemacht, und es sind darum auch für das differentialdiag- 
nostische Moment, welches auf dem Wege der Ausschlielsung 
symptomatisch ähnlicher Nierenveränderungen in der Bestimmung 
der Natur einer Nierenblutung eine so wesentliche Rolle spielt, 
günstigere Voraussetzungen gegeben. 

Es liegt im Wesen der Vorstellung, welche man sich über die 
„essentielle Nierenblutung* gebildet hat, dafs ihre diagnostische 
Erkennung hauptsächlich auf dem Wege der Exklusion erfolgt, also 
zunächst durch Ausschliefsung mit Blutung einhergehender Erkran- 
kungen der ableitenden Harnwege, vom Nierenbecken angefangen 
abwärts (Tumor, Konkrement, Tuberkulose usw.), grölsere Schwierig- 
keiten kann dann die Ausschliefsung von entzündlichen, mit Häma- 
turie einhergehenden Erkrankungen des Nierenparenchymes selbst 
verursachen. Letzteres bildet eben den springenden Punkt: es kann 
heute nicht mehr genügen, auf klinischem Wege Nephritis auszu- 


Beitrag zur Frage der „essentiellen Nierenblutune*. 44] 


schlieisen. Vielmehr wäre nach den Erfahrungen der letzten Jahre 
unbedingt eine mikroskopische Untersuchung des Nierenparenchymes 
erforderlich, um die Diagnose „essentielle Nierenblutung“ zu gestatten 
oler nachträglich zu rechtfertigen —- sei es nun, dals das hierzu 
erforderliche Nierengewebe durch operative oder durch postmortale 
Entry ahme gewonnen wird. Es läfst sich geradezu die Ansicht ver- 
treterı, dafs in der überwiegenden Mehrzahl der bisher berichteten 
Fälle die Nierenblutungen ihres „essentiellen“ Charakters entkleidet 
word en wären, wenn in jedem einzelnen Falle tatsächlich die Vor- 
nah rxx e einer solchen Untersuchung möglich gewesen wäre. 


17 jährieer Patient (aufgenommen am 27. November 1904) stammt aus ge- 
Sun Lem: Familie, seine Eltern und 5 Geschwister sind gesund. Im 6. Lebens- 
lahre machte er Scharlach durch, sonst soll er früher nie ernsthaft krank ge- 
vese xwr sein. 

Vor 4 Monaten (Juli 1904) bemerkte er eine rötliche Färbung der Harus. 
Der WHarnstrahl war normal geformt, irgend welche Schmerzen traten bei der 
MER t 3 On nicht auf. Er gibt an, dals das Blutharnen ca. 17 Tage gewährt habe, 
Dex Jam sei in der Frühe nach dem Aufstehen stets normal gewesen, um dann 
in KL auto des Tages, wenn er arbeitete. die rote Färbung anzunehmen. Die 
Harrı Entleerung erfolgte anfangs 3—4 mal täglich, niemals des Nachts. Der 
Zustand hatte mit geringeren Schwankungen in gleicher Art bis Mitte Oktober 
ausSıe=& «lauert. Die Blutungen besserten sich jedesmal auf Bettruhe Er weils 
seha rıur an vereinzelte und plötzlich auftretende, sofort wieder versehwindende 
Schazraerzen in der linken Nierengrerend (mach seiner Angabe hatten zweimal 
siehe Schmerzanfälle bestanden) zu erinnern. Einen Monat vor seiner Auf- 
fi hırııe warer anderwärts in Spitalbehandlung gestanden (Lapifsspülungen), sein 
fasta nd soll sich jedoch dabei erheblich verschlimmert haben, er mufste alle 
hal ben Stunden urinieren u. zw. unter heftiren Schinerzen in Blase und Harn- 
phre, Der Harn sei dabei stets blutig gewesen und im Anschlufs an eine 
n “"tarsaentelle Untersuchung (vermutlich eystoskopisehe Blasenuntersuchung) 
hätten sich seine Beschwerden in bedeutendem Mafse gesteigert. Vor 8 Tagen 
RR er das betreffende Spital verlassen, und seither keine Schmerzen mehr ver- 
Paru er mufste seither 8-- 4mal tüelich urimeren, der Harn war dabei fort- 
eretat blutig gefärbt. 
N tatus praesens: Schwächlicher, schr blasser Mann. Brustorgane normal. 
Ce N ieren nicht palpabel. auch perkutorisch eine Vergröfserung nicht nach- 
i isSiszar Ham dunkelrot, diffus getrüht, spez. Gew. 1020, Reaktion eben noch 
Ile, Eiweifs in Spuren, kein Zucker. Im Sediment: rote Blutkörpehen 
P PA rien Menge. zahlreiche mono- und polynukleäre Leukoeyten, Detritus, 

>N PPlłate. 

C 'ystoskopische Untersuchung (Ass. Dr. Liehtenstern): Leichte Injektion 


Die 


dep ` 
; ES lasensehleimhant: aus der linken 1 retermündung kommt im Sehufse Blut. 
ums 

‘ler rechten klarer Harn. 
s 3. XII. Luysscher Separateur: Die Einführung gelingt leicht und ohne 


Ytyyesrzen. Rechterseits golderelber klarer Harn, links blutig wetrüber H--m 


492 H. L. Kretschmar. 


Harnuntersuchune. 
Rechts Links 
Menge . + 20202020202... dem  Menee . 2 2 + + +, +, + +, D vin 
volderelb Farbe . . + + + + + rotheh-trüb 
Nach 24 Stunden bildet sich em 


dunkelrotes Sediment über dem eme 


Farbe Be 
Nach 24 Stunden klar. 


klare, velbe Harnsäule steht. 


Reaktion sauer Reaktion + . 0.0.0.0 schwaechsaner 
Kiweils . Im Spuren  Eiweils . + + + + + in Spuren 
Zucker. 3 %- 5 + + + + + Ü FERED Q š 5 ee U 

@f4 ... . . . , , — 1,34 LS ebe S. 0 
Sediment: Nediment: 

Sehr spärliche, vollkommen unver- Massenhaft frische rote Blutkörper- 
änderte Erytliroeyten, hie und da Lyim- ehen, wenige Lymphoevten. Epithel- 
phoeyten, wenig Epithelzellen. De- zellen spärlich. Detritus, keme Tu- 
tritus, keme Tuberkelbazillen. berkelbazillen. I 


Da die innere Behandlung fruchtlos bleibt, die Anämie allmählır einen 
hohen Grad erreicht, wird die operative Blofslerung der linken Miere vorge- 
schlagen. 

10. XII. 1904. Operation (Prof. Zuckerkandb: Leichte Äthernarkise 
in Tropfen, Laumbalschnitt. Nach Durchtremmung der Muskulatur und Fascie 
wird die Niere blofszeleet und ihre Fettkapsel wespalten. Die Niere ist leicht 
aus Ihrem Bette zu heben. Sie zeigt bis auf eine starke Bluttfüllung nichts 
Abnormes. Die fibrọöse Kapsel wird auf der Konvexität gespalten, abgelöst 
und beiderseits reseziert. Nie haftet dabei an einigen Stellen etwas fester. Be- 
hufs mikroskopischer Untersuchung wird eine Lamelle dem Rindenparenchym 
entnommen. Die Niere wird versenkt und in typischer Weise die Muskulatur 
vernäht. Einführung zweier Ginzestreifen in das Nierenbett. Hautnaht. Verband. 

ll. XIT. Puls 100. Temperatur normal. Harn blutfrei. Der Befund 
bleibt in den nächsten beiden Wochen der gleiche. Die Wimdheilung erfolgt 
anstandslos. Am 25. XIL Harnbefund: klar, gelb, Eiweils in sehr geringer 
Menge, kein Zucker, im Nediment hyaline Zylinder mit Leukoevten und Ery- 
troeyten belegt. Freie rote und weifse Blutzellen in sehr miissiver Menge. 
Krystalle von Harnsäure und phosphorsaurem Kalke. 

Am 22. ]. verliefs Patient das Spital. ` 

Er nahm seine Arbeit wieder auf und erholte sich rasch und hatte über 
15 Monate lang klaren Harn. Am 10. V. 1906. Neuerliche Hämaturie. Die 
Blutung persistierte und am 19. V. trat er wegen zunehmender Schwäche wieder 
ins Spital ein. Der neuerliche Anfall war sehmerzlos verlaufen. Auch gegen- 
wärt der palpatorische Befund an den Harnorganen negativ; Harnbefund: 
Rötlichzelbe Färbung, leichte Trübung, saure Reaktion, spez. (rew. 1027. Fi- 
weils in Spuren, kein Zucker, im Sediment Erythroeyten, Blutschatten, Bak- 
terien von besonderer Gröfse und lebhafter Eirenbewerung, keine Nieren- 
elemente. 

21. V. 1905. Cystoskopisehe Untersuehung (Prof. Zuekerkandl): Blase 
normal. Aus dem linken Ureter entleert sich stofsweise blutirer Harn. 

Neparator Luys. Rechts klarer selber Harn von normalem Aussehen, links 
stark blutie getrübter Harn. 


Beitrag zur Frage der „essentiellen Nierenblutung”. 493 


Harnbefund. 


Rechts Links 

Farbe . . + + 0.20.2020. gelb Kar Farbe . + 2020202020. Tot trüb 
Reaktion. . + + + + +, + sauer Reaktion . . . . schwach alkalisch 
Serrarra Albumin . eben nachweisbar Serum Albumin. . . .stark positiv 
Zucker ee, Zucker. _. . + + + +, + + Ü 

Í s aS uta ee ee 4 . . . a +. , +, = 1.48 
Menamnmaes e. D rr Menge . + Dr 
NSedirra ant: Spärlich Erythrocyten Sediment: Reichlich Erythroeyten. 


222. V. 1905. Patient erhält Gelatineinjektion, Kühlapparat und Adrenalin. 
26. V. Harn völlir blutfrei. 27. V. ebenso. 28. V. Der Ham erscheint 
wireless blutt, Eisblase auf die Nierenzerend. 30. V. Fortdauer (der Blutung. 
3. WW” _ Der Harn besonders bintie. Adrenalin innerlich. 2. VI. Ham etwas 
klar. 3. VT. Stark blutiger Harn. 6. VI. Subkutane Gelatineinjektion. 7. VI. 
Blota awis andauernd. 2. Gelatineinjektion. 9. und 10. VI. Wegen andaucrnder 
Blutaa zır je eme Gelatinemjektion. 
13. VI. Cystoskopische Untersuchung: aus dem linken Ureter spritzt im 
kırz <> xı Intervallen blutiver Harn. 
17. VI. Anhaltende Blutung. 
21. Vl. Ureterenkatheterisation: Imkerseits entleert sieh zunächst 
tri t» vr, dann stark blutiver Harn. 


Harnbefund: 


Rechts Links 
bunschse: velb «itfus getrübt Farbe . . . . .  dunkelrot gefärbt 
Rezaktin . ..  schwachsaner Reaktion . . . . . . sehwachsaner 
Fixy eis. .. . . leichte Trübung  Fiweifs `... Hockiee Trülbune 
SE: 3 ain nn 1,64 4 ue eier L 04 


Sediment: Massenhafte, zum eröfsten 
Teile frische Erythroevten. 

i 24. VI. Operation: (Prof. Zuckerkand)). 

Athert ropfennarkose,. Inzision dureh die alte Narbe. Nach Durchtrennung von 
Haar vand Muskulatur, Freilegung der Niere. Dieselbe erscheint in eime neue, 
nfsere,rlentlich feste, fihröse Kapsel eingebettet, welche durch stade Prä- 
Mrzaticsm nicht abzulösen ist. Sie wird daher mit dem Messer von der er- 
WALL? ©n Niere abgetragen. Dabei stellt sich eine starke Blutung ein, welche 
OS einem grölseren Risse des Nierenparenehyimes stammt. Bei der intrakap- 


Se eliiment: Detritus 


"Tärens Ausschälung erweisen sich dem oberen Pol entsprechende Rindenanteile 
rer: Nach Freileeune des XNierenbeckens wird der (rier isoliert, 
mter} »winden une durehtrenmnmt. Der Gefäfsstiel wird mit einer zweiten Klemme 
Ss fst in toto unterbinden me durehtrennt, die einzelnen Gefäfse noch isoliert 
Bann Die Blutung steht vollständige. Abtrennung der Nierenparenehyimreste 

der Kapsel, Jodoformeazetamponade,. Etagennaht, Verband, 
A. 425. VI. Allgeimneinbetinden vut, dunkelrote Färbung des Harss, 24 stün- 
TEN #-Jarnınenge 730 cv. 

226. VI. Harn dunkelrot, klar. 700 ce. spez. Gew. 1027. 

=7. V]. Temperatur normal. Harmunenee 1200 ce. spee. Gew. 1021, Ei- 


Ww Cit 
1 Sé - s E e . . 
(S in eben wahmehmbaren Spuren, Zueker negativ. Mikroskopisch: kein 


Blut 


vorhanden, Harnsänrekrystalle Normaler Wundvyerlauf. 





494 | H. L. Kretschmer. 


Am 20. VII. geheilt entlassen. 

Besonders berücksichtigenswert erscheine im vorliegenden Falle folgende 
Punkte: 

l. Der sichere Nachweis der rein einseitigen Nierenblutung (linkerseits). 

2. Der autoptische und 

3. der ‘mikroskopische Befund «der erkrankten Niere in zwei durch ein 
18monatliches Intervall von einander getrennten Krankheitsetappen. 


Erste Etappe. 

Befund der durch Probeexcision gewonnenen Lamelle aus dem Nieren- 
parenchyme von der ersten Operation (Dekapsulation): 

Es sei zunächst daran erinnert, dafs das makroskopische Bild aufser einer 
geringen Vermehrung des Blutgehaltes der Niere nichts Auffallendes auf- 
gewiesen hatte. Anhaltspunkte, diesen Befund aus Zirkulationsstörung im 
Sinne der Stauung zu deuten, waren nicht vorhanden. Bei der Dekapsu- 
lation war auch die Kapsel an mehreren Stellen fester adhärent befunden 
worden, ein Befund, welcher (bei einem 17jährigen Individuum) vielleicht 
schon als pathologisch hätte angesehen werden können, und demgemäls von 
vornherein mikroskopische Parenchymveränderungen in Aussicht stellte, wenn 
auch das Schnittflächenbild des excidierten Stückchens makroskopisch nichts 
Auffälliges bot. (Es wäre in analogen Fällen ein solches Verhalten der Kapsel 
bei der Dekapsulation stets zu vermerken.) 

Mikroskopische Untersuchung des excidierten Stückchens (Doz. Dr. O. 
Stoerk): „Es zeigen sich weder im Parenchym noch im Zwischengewebe 
wesentliche pathologische Abweichungen von der Norm. Entzündliche Infil- 
tration fehlt gänzlich, von degenerativen Veränderungen ist im Epithelproto- 
plasma nichts zu sehen. Ganz vereinzelt findet sich gelegentlich ein hyalıiner 
Zylinder in einem Kanälchenquer- oder Schiefschnitt. Hie und da erscheinen 
die Lumina «der Schlingen gewundener Kanälchen bluterfüllt. 

Wesentliche Veränderungen finden sich nur an den Malpighischen Kör- 
perchen, und zwar zeigen viele Glomeruli auffallenden Kernreichtum der Ka- 
pillarschlingen. Bei manchen derselben ist der Bowmansche Raum strotzend 
mit Blut erfüllt, so dafs ihr Kapillarschlingenkonvolut auf einer Blutschichte 
zu schwimmen scheint. In anderen Körperchen wird der Bowmansche Raum 
von homogenen Massen durch die Fixation coaguliertem Serum entsprechend, 
erfüllt. Die parietale Auskleidung des Bowinanschen Raumes zeigt vielfach 
eine rezente, aber ganz charakteristische Epithelproliferation; das angrenzende 
Zwischengewebe erscheint dabei häufig wie Ödematös gequollen. Diagnose: 
Glomerulitis proliferans; Nephritis hämorrhagica.“ 


Zweite Etappe. 

‘s wurden zahlreiche Stückchen der exstierpierten Niere der mikro- 
skopischen Untersuchung zugeführt, doch sollen im folgenden nicht die an jedem 
einzelnen Stückchen erhobenen Befunde angeführt werden, sondern mehr sum- 
marisch die Veränderungen der einzelnen in Betracht kommenden histologischen 
Nierenelemente besprochen werden. 

Malpighische Körperchen: Das parietale Epithel des Bowmanschen Raumes 
zeigt fast ausnahmslos ausgeprägte Wucherungsvorgänge in folgender Weise. 
Die an Zahl vermehrten Epithelien erscheinen entsprechend dichter gedrängt, 


Beitrag zur Frage der „essentiellen Nierenblutung*. 495 


etwas unregelmäfsig in ihrer Stellung oder gelegentlich auch ein wenig über- 
einander geschoben, mit vermehrter Kernfärbeintensität und Umwandlung der 
ursprtinglichen Platten in eine kubische 
oder kurz zylindrische Zellform. Der 
auffallende Kernreichtum der Kapillar- 
schli ræ gzen ist auf eine Proliferation der 
Kapillzrendothelien zurückzuführen, welche 
reles-&ntliich auch eime Umwandlung 
des SS Chlingenkomplexes in eine ziemlich 
plurea g>e, mehrlappige Bildung bewirkt. 
Melazr#äach scheint es dabei auch schon 
zu &äanmer Aufhebung des Lumens der 
Schlä ragen gekommen zu sein (Fig. 1). 
Die Membrana propria des parietalen 
Bow zz »anschen Epithels, also die binde- 
gew e oige Hülle des Malpighischen Kör- 
pere- Kx ens erscheint oft verdickt, in eine 
meta =" füache Faserreihe kernarmen Binde- 
gew e~ Foes umgewandelt. Gerade an solchen 
Steelle>n macht es den Eindruck, als 
wüw-< i e das Körperchen umschnürt und 
Juge Än diese umgebenden Bindegewebs- 
larer komprimiert: Der Bowmansche Raum wird unsichtbar, die Gröfse 
des EN örperchens wesentlich reduziert, häufig findet sich auch um solche Kapsel- 
vexräa ra derungen ein reichliches, periglomerulitisches Rundzellenintiltrat (Fig.. 2). 





d 
EU 
a 

gë 
æ- 
kel 
` 





Beitrag zur Frage der „essentiellen Nierenblutung*“. 497 


zewe bsveränderung, welche durch Verbreiterung «es Zwischengewebes der be- 
treffenden Stelle und ungewöhnlichen Reichtum an kurzspindeligen Kernen 
daselbst zum Ausdrucke kommen (Fig. 4). 


" ze A Ë Z 
RE A 
E u ben e 
Tran D 
A, " 8 ` Bee 





Sehr bemerkenswerte Veränderungen zeigen sich an manchen (refäfsen, 
"isls e: Us sndere an gröfseren arteriellen Stämmchen. Sie zeigen insbesondere eine 
“uszee==prochene Vermehrung des Gewebes nach innen (lumenwärts) von der 





antiken interna im Sinne einer Endarteriitis proliferans (Fig. 5); an manchen 
an Tx ist es fast kokon zum Lumenverschlusse EE Kleinere Stämmechen 
Ve, die Intima-Veränderung nur in geringerem Grade, häufig aber Ver- 
nsr und hyaline Degeneration der Media. Bei Anwendung spezifischer 
Zeitschrift für Urologie. 1907. 33 


498 H. L. Kretschmer. 


Flastienfärbemethoden zeigen insbesondere die gröfseren und mittleren arteriellen 
Stämmchen ausreprärte Wucherunesbilder der elastischen Elemente, insbeson- 
dere anch mit Verdoppelung der Blastika intema (Fig. 6). 

Der vorliegende Fall beansprucht ein gewisses Interesse da- 
durch, dafs es dabei möglich war, den Prozefs in zwei Phasen 
durch mikroskopische Anschauung zu verfolgen. Rekapitulieren wir 
kurz: An einem Patienten mit zweimonatlicher persistierender, nach- 
weislich auf die eine Niere beschränkter Hämaturie brachte die 
Dekapsulation den Proze[s zunächst fast zum Stillstande. Die Ver- 
änderungen des Nierenparenchymes dieser Periode kennzeichneten 
sich im mikroskopischen Bilde vorwiegend durch proliferative Ver- 
änderungen der Malpighischen Körperchen und durch die Tendenz 
zu Blutungen in den Bowman’schen Raum. Nach fünfmonatlicher 
Pause der Beschwerden setzte die Hämaturie wieder ein und zwar 
in so anhaltender und schwerer Form, dals der Zustand zu einen 
lebensgefährlichen wurde, und die Indikation zur Nephrektomie ge- 
geben war. Mit der Nierenexstirpation kehrte dann der Harnbefund, 
wie es scheint, endgültig zur Norm zurück. Der mikroskopische 
Befund gestattete in der zweiten Krankheitsperiode die Auffassung. 
dals sich eine wesentliche Steigerung der in der ersten Periode 
mikroskopisch nachgewiesenen Veränderungen im Nierengewebe in 
der Zwischenzeit eingestellt hatte. Nach dem mikroskopischen Be- 
fund der Niere in der zweiten Periode hat nunmehr ihre patholo- 
gische Beschaffenheit vollen Anspruch auf die Benennung „Nephri- 
tis“, ein Umstand, welcher, rückblickend, für die Einschätzung des 
ersteriobenen Befundes von Wesenheit erscheint. Bezüglich des 
letzteren sei auf die Diskussion im Anschlusse an die seinerzeitige 
Demonstration des Patienten durch Herrn Prof. Dr. Zuckerkandl 
nach der ersten Operation in der k. k. Gesellschaft der Ärzte in 
Wien!) hingewiesen. Prof. Paltauf hatte damals Zweifel über 
die entzündliche Natur des Nierenprozesses geäufsert und bemerkt, 
dafs ihm für den in Rede stehenden pathologischen Prozefs der 
Niere doch die Bezeichnung „essentielle Nierenblutung“ sympatischer 
sei, als der einer „hämorrhagischen Entzündung“, insofern uns das 
Wesen des Prozesses ganz unklar sei. Nach seiner damals ge- 
äulserten Ansicht könne die Vermehrung der Epithelien der 
Bowmanschen Kapsel „mit dem reichlichen, auch stagnierenden 
Blute zusammenhängen“. 


l) s. das offizielle Sitzungsprotokoll vom 20. I. 1905. Wiener klinische 
Wochenschrift 1905. S. 97. 


Beitrag zur Frage der „essentiellen Nierenbintung“. 499 


Eine solche Anschauung dürfte nunmehr für die Bilder der 
ersten Etappe des vorliegenden Falles, nach Kenntnis des weiteren 
Verlaufes, kaum mehr haltbar sein, nachdem wir doch wohl die 
Bilder der zweiten Etappe kaum anders als im Sinne der weiteren 
Entwicklung jener der ersten auffassen können. Dafs der unter ent- 
sprechenden Kautelen vorgenommene Eingriff der Entnahme eines 
kleinen Parenchymstückchens nicht Ausgangspunkt einer Nephritis 
werden konnte, bedarf keiner Überlegung. Aber auch dem 
schweren Eingriff der Dekapsulation kann kaum eine solche ur- 
sächliche Rolle zugeschrieben werden, wenigstens nicht für die Form 
der Nierenveränderung, wie sie uns die mikroskopischen Bilder 
der zweiten Etappe boten; denn diese zeigten in erster Linie Ver- 
änderungen im Bereiche der Malpighischen Körperchen, welche doch 
entschieden auf eine diffus am Gefälsapparat einsetzende Noxe hin- 
wiesen. Durch die operative Läsion verursachte Veränderungen 
wären doch wohl in erster Linie in entsprechender Lokalisation, 
also vorwiegend oder wenigstens am ausgeprägtesten im Bereiche der 
Nierenoberfläche zu erwarten gewesen, während tatsächlich die Ver- 
änderungen der zweiten Etappe gleichmälsig über das Gesamtparen- 
chym zerstreut zu treffen waren. 

Die Bilder der ersten Etappe im Zusammenhalt mit dem 
weiteren Verlauf lehren uns also, dafs es nicht gestattet ist, mit 
Hinweis auf die scheinbare Geringfügigkeit der geweblichen Ver- 
änderungen, deren ursächliche Natur bezüglich der Blutung in 
Zweifel zu ziehen, wie das mehrfach schon von seiten der Autoren 
geschehen ist. Tatsächlich ist uns ja ein histologisches Kriterium 
nicht gegeben, welches uns erkennen Dese, ob die Wämde der 
Kapillarschlingen für Blutkörperchen durchgängig sind oder nicht. 
(Es handelt sich jawohl meistens um einen Blutaustritt per diape- 
desin, Kapillarrupturen kommen sicherlich nur selten vor.) 

Vergleichen wir nun die mikroskopischen Bilder der Etappen 
I und II, so liegt zunächst der Hauptunterschied darin, dafs die 
Glomerulusveränderungen in II eine quantitative und eine qualita- 
tive Steigerung erfahren haben. Ersteres kommt dadurch zum Aus- 
drucke, dafs die Zahl der affızierten Malpighischen Körperchen in 
II beträchtlich zugenommen hat, letzteres dadurch, dafs vielfach 
spätere Stadien der Glomerulitis, unter dem Bilde der hyalinen und 
bindegewebigen Umwandlung bis zur Verödung, auftauchen. 

Abgesehen von der Nierenrinde kommen andere Abschnitte für 


den vorliegenden Fall als Blutungsquelle nicht in Betracht, nach- 
33* 


. 
- a. 
| 


500 H. L. Kretschmer. 


dem in unzweideutiger Weise das erste Auftreten der Blutung im 
Kapselraume sichergestellt werden konnte. Besonders sei auch auf die 
Zwischengewebsveränderungen hingewiesen. Sowohl diejenigen in- 
filtrativer, wie auch diejenigen proliferativer Natur fallen ihrer Ent- 
stehung nach offenbar in das Intervall von 15 Monaten. Das aus- 
gedehnte Ergriffensein der Malpighischen Körperchen wie auch das 
perivaskuläre Auftreten der Infiltrate lälst sich mit der Vorstellung 
einer hämatogenen Noxe recht gut in Einklang bringen. In die 
gleiche Kategorie möchten wir auch die Gefälsänderungen einreihen, 
über deren Vorhanden- oder Nichtvorhandensein in der ersten 
Etappe wir leider nichts aussagen können, weil in den Präparaten 
dieser Periode arterielle Stämmchen nicht zu sehen sind. Bezüglich 
der Gefälsveränderungen sklerosierender Natur, welche ja bei einem 
17jährigen Individuum gewils bemerkenswert sind, sei insbesondere 
auf neuere Untersuchungen hingewiesen, welche die innige Beziehung 
von Gefälswandveränderung und Infektionskrankheiten zum Gegen- 
stande haben.') 


In der Anamnese des Falles figuriert eine Scarlatinaerkrankung 
vor 11 Jahren. Dieser zeitliche Zwischenraum würde sie als ur- 
sächliches Moment zumindesten für die Veränderungen an den Mal- 
pighischen Körperchen wohl ausschalten, nämlich im Sinne einer 
Glomerulonephritis post scarlatinam; eher Deise sich die Gefäls- 
veränderung mit einer solchen Ätiologie in Einklang bringen. Aber 
wenn auch die Vorstellung nicht ganz von der Hand zu weisen 
wäre, dals sich der Gefälsprozels ganz allmählig über die Vasa af- 
ferentia auf die Glomeruluskapillaren ausbreiten konnte, so scheint 
doch ein gewisses Milsverhältnis einerseits in dem l1jährigen, sym- 
ptomenlosen Intervall und der raschen Ausbildung der Symptome in 
den darauf folgenden Monaten zu bestehen. Hpypothetisch liefse 
sich ja etwa an eine andauernde, beispielsweise autotoxische Schä- 
digung denken, wenn auch die Anamnese und Krankengeschichte 
nichts über gastrointestinale Störungen berichtet. Doch wollen wir 
uns lieber zuweitgehender Formulierung von Hypothesen enthalten. 


Wir glauben auf Grund des mitgeteilten und besprochenen Be- 
fundes aussagen zu dürfen, dafs der in Rede stehende Fall einer 


1) Als diesbezügliche Publikation aus jüngster Zeit (in welcher auch die 
einschlägigen Literaturhinweise zu finden sind) wäre anzuführen: J. Wiesel, 
„die Erkrankungen arterieller Gefäfse im Verlaufe akuter Infektionen“, Zeitschr. 
f. Heilk., 1906, Heft VII, S. 262. 





Beitrag zur Frage der „essentiellen Nierenblutung*. 501 


noch zu erörternden Kategorie angehört, bei welcher die genaue 
Untersuchung es ermöglicht, die einseitige Nierenblutung ihres ver- 
meintlichen „essentiellen“ Charakters zu entkleiden. Bei der grofsen 
klinischen Wichtigkeit der Entscheidung, ob renale Blutungen als 
essentielle, oder als nephritische anzusprechen seien, würde es viel- 
leicht wünschenswert erscheinen (wenn auch im Einzelfälle oft ge- 
wils nur im Sinne einer idealen Forderung), allgemein in Fällen 
fraglicher essentieller Blutung, die zur chirurgischen Behandlung 
kommen, eben mit besonderer Berücksichtigung des differentialdia- 
guostischen Momentes, etwa den nachfolgenden Weg einzuschlagen. 

Es wäre vor allem mittelst Separators, resp. durch Ureteren- 
katlieterisation festzustellen, von welcher Seite das Blut stammt, 
nachdem durch cystoskopische Untersuchung die Blase als Blutungs- 
quelle ausgeschlossen worden war; übrigens wird schon die cysto- 
skopische Untersuchung unter günstigen Umständen die Bestimmung 
der affızierten Seite ermöglichen. 

Weiters wäre dann, trotz der scheinbar relativen Seltenheit 
des Vorkommens von Blutungen, welche vom Ureter selbst stammen, 
die Untersuchung im Sinne einer solchen Eventualität, wenn irgend 
möglich, auszudehnen.!) Es sei diesbezüglich auf einen Fall Is- 
raels hingewiesen: Ein Patient mit Hämaturie, Blasenschmerzen 
und kolikartigen Schmerzen in der Nierengegend wurde nephroto- 
miert, später wurde dann, als die Beschwerden nicht sistierten, 
eine Nierenfistel angelegt und in einer 3. Operation, nachdem der 
Zustand unverändert blieb, die Niere mit einem Stücke des Ureters 
exstirpiert. Es zeigte sich nun an der Schleimhaut des Ureters das 
Bild einer starken Ureteritis. Es legt dieser Fall die Überlegung 
nahe, ob nicht öfter, als es bisher angenommen wurde, der Ureter 
als Blutungsquelle in Fällen vorstellbar wäre, wo die mikroskopische 
Untersuchung an der nephrektomierten Niere ein negatives Ergebnis 
geliefert hatte (s. auch Mc. Burney)°). 





D) Es ist hier nieht der Ort, die Behelfe zur Sprache zu bringen, welche 
der modernen Diagnostik bezüglich der TUreterveränderungen zur Verfügung 
stehen. Es sei nur beispielsweise auf die Sondierung mit weichen Sonden und 
diejenige mit Bleisonden (für die radiographische Betrachtung) hingewiesen. 

:, In Fällen, deren Niere und Ureter in ihrem anatomischen und mikro- 
skopischen Bilde keine Aufklärung bringen, bliebe freilich niehts anderes übrig, 
als anzunehmen, dafs die Hämaturie von der anderen Seite stamme, dafs also 
die unrichtige Seite operiert worden war, wenn nicht Cystoskop, Separator und 
Ureterenkatheter die Erkrankungsseite vorber untrüglich festgestellt hatten. 
hisbesondere hinsichtlich der Angaben des Patienten über den Sitz der Schmerzen 


502 H. L. Kretschmer. 


Es würde sich dann gewissermafsen schematisch folgender 
weiterer Modus procedendi empfehlen. Wenn die Niere, opera- 
tiv freigelegt, von aufsen nichts von der Norm abweichendes dar- 
bietet, ergibt sich die Frage, ob an die Dekapsulation, die Nephrotomie 
oder gleich an die Nephrektomie zu schreiten sei. Zu dieser wird 
man sich nicht ohne weiteres entschliefsen können, um so mehr 
als wir wissen, dafs es viele Fälle von essentieller Nierenblutung 
gibt, welche ohne diesen radikalen Eingriff zur Heilung gelangen. 
Keinesfalls darf sich der Operateur aber damit begnügen, die Niere 
einfach freizulegen, zu palpieren und eventuell auch durch Einstich 
mit einer Nadel das Nierenbecken auf seinen Gehalt an Konkre- 
menten zu prüfen. Für die Nephrektomie ist aber immer noch 
gelegentlich einer eventuellen zweiten Operation Zeit. Es wird 
darum für die erste Operation im allgemeinen der (Operateur sich, 
seiner durch die persönliche Erfahrung gewonnenen Vorliebe ent- 
sprechend, zunächst nur für die Dekapsulation oder die Nephrotomie 
entscheiden. 

Schon nach Freilegung der Niere ergaben sich gelegentlich 
aufklärende Befunde, wie in den Fällen von Israel und Albarran. 
Ist auch das Niereninnere durch die Spaltung der Besichtigung zu- 
gänglich geworden, so wird es sich empfehlen, in systematischer 
Weise die einzelnen Abschnitte der Niere: Rinde und Pyramide, 
sowie dann das Beckeninnere mit grölster Genauigkeit zu inspizieren, 
und soweit es nur irgend möglich ist, zu versuchen, Einblick in 
den obersten Ureterabschnitt zu gewinnen. Dafs letztere Abschnitte: 
Pyramide, Becken und sichtbare Ureterabschnitte, jeder für sich 
Veränderungen aufweisen können, welche die Herkunft der Blutung 
zu erklären imstande sind, beweist eine Reihe von Fällen, wie 
beispielsweise diejenigen von Fenwick, Suter, Mc. Burney. 

Bringt die makroskopische Betrachtung keine Aufklärung, so 
bietet die Exzision die weitere Möglichkeit, in einer für den 
Patienten unbedenklichen Weise Gewebsstücke zur mikroskopischen 
Untersuchung zu entnehmen. Dafs bei der Entnahme der Verlust 
an sezernierendem Parenchyme für den Kranken keine Rolle spielt, 
bedarf nicht der Erwähnung. Es werden ja bei der Nephrotomie 
Kanalsysteme in grofser Zahl durchschnitten, demgemäfs eine 


sei auch auf das wiederholt beobachtete Phänomen hingewiesen, dafs in ver- 
sehtedenartigen Fällen von einseitigen Nierenaffektinnen von seiten des Pa- 
tienten der Schmerz in «die Nierengerend der wmrichtiren Seite lokalisiert 
worden war. 


Beitrag zur Frage der „essentiellen Nierenblutung”. 503 


entsprechende Zahl Malpighischer Körpercheu bleibend ihrer Funk- 
tion entzogen, und es ist bei dem Überschusse von vielen Tausenden 
von Glomerulis, also Einzelsystemen der Niere, sicherlich gleich- 
gültig, ob der Defekt um ein paar Dutzend solcher Einzelsysteme 
mehr oder weniger beträgt. Darum wäre es gewils unbedenklich, 
und darum sicherlich auch gestattet, mehrere möglichst dünne 
Scheibehen von verschiedenen Stellen der Nierenschnittfläche zu 
nehmen. 


Es wird ja, auch bei entsprechend ausgiebiger Entnahme, der 
mikroskopische Befund immer nur im Sinne einer relativen All- 
semeingültigkeit für die betreffende Niere zu verwerten sein. Es 
darf nicht daran vergessen werden, dafs nachweislich Blutungen 
aus Nieren erfolgt sind, welche nur ganz umschriebene pathologische 
Veränderungen aufwiesen. Es wird also die Untersuchung möglichst 
vieler Nierenparenchymstellen bestenfalles dem tatsächlichen nur 
mit einem gröfstmöglichen Wahrscheinlichkeitskoeffizienten nahe- 
kommen. 


Beschränkt sich der Operateur zunächst auch auf die Dekap- 
sulation, so wird er doch kein Bedenken tragen, ein oder mehrere 
Parenchymscheibcehen zu diagnostischen Zwecken zu exzidieren. 


Die von vielen Autoren empfohlene und geübte Dekapsulation 
(welche mehrfach auch mit der Nierenspaltung kombiniert wird) 
gibt einen nicht unwesentlichen Behelf zur diagnostischen Beurteilung 
der Niere. Es ist bei der Dekapsulation immer genau darauf zu 
achten, ob sich die Kapsel widerstaudslos abziehen lälst oder nicht. 
Auch schon vereinzelte Stellen iunigen Zusammenhanges der Kapsel 
mit der Nierenoberfläche können der Ausdruck der Synechie als 
Folge einer umschriebenen, ablaufenden oder abgelaufenen, ent- 
zündlichen Veränderung einer oberflächlichsten Nierenrindenstelle 
sein. In diesen Sinne darf die Dekapsulation gleichzeitig als diag- 
nostisches und therapeutisches Verfahren bezeichnet werden. 


Ich habe mich bemüht, aus der Literatur der letzten Dezennien 
die mir zugänglichen Fälle klinisch beobachteter Hämaturie zu- 
sammenzustellen, um sie als statistisches Material zu verwerten. 
Es beabsichtigt diese Zusammenstellung natürlich nicht Anspruch 
auf irgend welche Vollständigkeit (s. Anhang). 

Ich konnte 129 Fälle zusammenstellen, in welchen das klinische 
Bild der renalen Blutung das Krankheitsbild beherrschte, sei es in 
Form lange oder längerdauernder, sei es in Form kurz vor dem 


` 
E 


ET. 


e 
u ike v. z 
š *' g A 
? 7 ag ia 
t ' , A 
a r ñ CA s 
Laäece 


Soe 


d asch 
` 


- 


ARA 
ec 
H 

Il KA 


KETSE 


sa 


iay 
en 


L. r ur e N J 
GE ER Ae 
* “ 17 ` x dë Are (ei? e e = y" 
MEET ee - E 
WE e m š e i vi 
Vë AR . » Ú - L dr v E e 
zar BR? ` i wr E f d 
Tag Ge Ka" "wi a RE Na 
H D a 3 — D A: 
i 5 - DT Gef — "ër eg ` P 
P + Merten e 
a E da K. AS? = d 
ck Te) Ba I "> 8 = 
= d Ki 
> geg, A s di Sa 
e H Soe 4 š l KÉ 3 
P: 9 


4 
Kä 


? 
H 


is N > ke 


SA wë e Gs ig; 


sc 
E 
Ken 
- 


TE d r D 24 Di 
D bw WH: š ` w. 2 ka "ke x 
Ben E e WE Gan, ae < 
Leer E ER ) 
X: E j 


nn 


A 
(2 wä 
IN 

“< 
EA 


w 


e” .. 
SEN ` 


e E 
e" en t LÀ 
a 
e 
Lé 8. gf 
aen ut Ke 


tt -or 
“ = 
PI 
A. ke H 
k. 1 
¿3⁄8 a De As 
E za Zeg 2 ae 
ONT d NN Sei 


Ge 
"er en 


D 
eb y —— 


m 


E 


Iresch 


% a m 
ec 
D 


— 


< 
= P. G / 
ee er 


RE N 


ar wi Se 
+ e 
keng LI > KÉ 
> 
En 
kot a “O p... 
yo "E 
el 1 E A is 
N A s wy. F Sa 
H NËT A FC 
Fe. pn ke: 
Gen 


vn 
P À ~ 


ya 
H 


= 


iR, 
— t 


EE E 


dt 


Ma 


Een 


pw T Té ` -A 
ATI AN And 


Í 


EE 


Fatih 


z "à mm 
I ig rg geg e N 


ka zë ee OASE 


- 


Dien ed SE < 


= 


EW 


D 
u. 
e “4 K — 
D ` 


ars KZ Ee 


A ` mm mp 


Pi 


gi 
“< ER e 
é "+ pa AY. ZY 
K E? Wi D au y 
KE a ru 
en = 


Fa 


T 
Da > 
TRES 
Si Za 
e zu £ y 
a x ` 
ii p 
T ? G 
R e . 
ñ A k. 
a > 
( P 
= Re 4 
u LG 
PA 
(Ze 
K i 
WÉI +2 


Ki 


Ae? 


ës? 
rf CN E Ee Vr REGI 


GE WE TT e? 


ER 
nn - 
N "2 Ab, ` 


— 1 
q 4 


rn 


ñ L. . 
a 
— E Tal 
er e 
k. < b 
X. 


E. 


jA 
k 


Se S 


$ h. + E: 
n D e na : 
Fe RER o ` 


LE 
> 
Be 
>. 


es Saba ET Ei Be Ze 
WWII RT At 


l 


xX 


re Zu 
ml 


BC? 


KS 


eg n ne 


EI 
s 


"reg 
DN. 


IE 


Bw. 
= 


Se 
Ge e = 
SE 


a 


x 


Ae, 


HAT 


- : 


Zen 


D D e | t . > > 
v d Ü e F. -y de b - - 
Ki RH T asf série x 
s <n A w Las pg i 2 
e ër Je" 8 P Ge Gw. ' dÉ , Kei 
o pa vd D Ch dëanr Ae" < 
* rin a r 
ee J 2 x $ I ` E * ` > < 
$ wi o - m m" w š ` z L x 
p ` PE - To ~- Sr. pY f gu F. 
d d 4 5 L e ` : " a 
uch > - P 3 ~ ` 
Ger KEN e z e e N - Ú 
P. Wind 
und 


IA EN 
Cp 
< 


newer Zur 
Bas 
at S 


RE 


et 


N d D 
L. 
D E 


` 


Iw 
be . 


AC 


` KA 


o a 
SS 


yw 
Ein: 


D? > 
K a 
e 


EC? 


Be 
be, SE 
E 

rary 

an 


X 


e Ke 7 ç e 
ee E F 
J 
E aer e = 


Eh 
ie a 
wee e 


m 

Én 

EN 
— 


2: 


gg ` r. 
A ` - 

à 
.. ~ 


A - 
` N D e 2 
KA WEEN, e eg 
s ET. ç: 


> j 
+ ee 
re Fé E 
EK E 


SA 


pa 


TE: 


e Ae 


HN 


` 


Y . 
h y: 
AD 


t 
E p 
SI 
> _ 4 ` e 
s "ef zë À 
2 ; 


A. 


Seni 


=. 
“So: 


e Sen E SE 


EN 
St: ee 


4 
uU 


Fe er 


(> tan 


EE 


"MR. Se 


e? 


A vgl 


ech "NW 24 
Er 


° `. W <) 


ER 


a # 
Y ` 


Ve 


> 


é ZS 


p eang aen 


, Ly 2.8 far- 
bf 


Pe UN 


L ei 


ae 
J 


ew 


è 


+ 


oe ae 
EN ENT WET 


ai 
Ë _ 


<a s 


" Be 
ZS 


PE Km 


. 
a h 
x s zs db 





504 H. L. Kretschmer. 


Tode einsetzender Hämaturie. Von diesen 129 Fällen wurden 61 
der mikroskopischen Untersuchung unterzogen. Von diesen 61 
mikroskopisch untersuchten Fällen ergaben 52 ein positives Re- 
sultat im Sinne nephritischer oder analoger Veränderungen. Neun 
Fälle in dieser Zusammenstellung zeigten im mikroskopischen 
Bilde nichts von der Norm Abweichendes (Illyes, Israel, 
Me. Gowan, Nonne, Rovsing, Schede, Shenck, Spencer 
und Klemperer). 

Es sollen diese 9 Fälle in Kürze einer etwas genaueren Über- 
legung unterzogen und der Versuch gemacht werden, eine plausible 
Erklärung für dieses Fehler nephritischer Veränderungen zu finden. 
resp. soll nach einer anderweitigen Entstehungsmöglichkeit der 
Blutung gesucht werden. 

In den Fällen von Illyes, Israel, Rovsing und Shenk 
wurde nur ein exzidiertes Stückchen mikroskopiert. Es gilt für 
sie das Frühergesagte, nämlich über den nur relativen Wert der 
Untersuchung von Gewebsanteilen, welche nur einen geringen Bruch- 
teil des Nierenvolumens ausmachen. | 

In Mc. Gowans Fall hatte es sich um eine plötzlich ein- 
setzende Hämaturie gehandelt, welche die Indikation zur Nephro- 
tomie gab. Während der Operation fiel die profuse Blutung dem 
Operateur auf. Me. Gowan falste den Zustand als eine hämor- 
rlıagische Diathese auf. 


Es sci bei diesem Anlasse erwähnt, dafs mehrfache Fälle von Nieren- 
llutung mit negativem, mikroskopischen Befunde in gleichem Sinne, nämlich 
als hämorrhagische Diathese oder auch als renale Hämophilie von ihren Be- 
schreibern gedeutet wurden: es kann aber einer solchen Deutung kaum Be- 
rechtigung zugebilligt werden in Fällen, wo während der Operation selbst, 
wenn eine solche vorgenommen wurde, nicht eine auffällige Blutungstendenz 
ich geltend gemacht hatte, wie das schon mehrfach geschehen ist. Es wäre 
och ein Widerspruch, eine renale Hämophilie zu supponieren, welche bei der 
N\ephrotomie sich nieht geltend machen sollte. Nach der Analogie anderer 
blutender Gewebe bei hämophilen Individuen wäre natürlich ein negativer 
mikroskopischer Befunp auch für die Niere zu erwarten. 


Spencers Fall ist der einzige, welcher tatsächlich keinerlei 
„ufklärende Momente bringt, trotz Autopsie und histologischer 
Untersuchung der Niere. Es hatte sich um eine plötzlich ein- 
setzende Hämaturie von l4tägiger Dauer gehandelt; Patient war 
12 Stunden nach Spitalseintritt ad exitum gekommen. Spencer 
selbst scheint an eine abnorme Gefäfsbeschaffenheit gedacht zu 
haben, weil er ausdrücklich auf die autoptisch konstatierte Zartheit 


Beitrag zur Frage der „essentiellen Nierenblutung“. 505 


der Aorta hinweist. Für die Blutung dieses Falles wäre also, wie 
es scheint, die Bezeichnung „essentiell“ tatsächlich am Platze. 


In Klemperers und Schedes Fällen warzwardermikroskopisch« 
Nierenbefund ein negativer, aber die Möglichkeit, dafs die Blutung 
aus einem tieferen Abschnitte stamme, nicht ausgeschlossen. 


In Nonnes Fall mit negativem histologischen Befunde handelt 
es sich um ein Individuum, bei welchem Hämophilie von Kindheit 
auf festgestellt worden war. 


Es sind also in diesen 9 Fällen mit negativem mikroskopischen 
B«funde der überwiegende Teil, zum mindesten der Art, dafs die 
Möglichkeit einer Erklärung der Herkunft der Blutung in nicht zu 
gezwungener Weise gegeben ist, und es wird so die Percentuation 
der Fälle mit gänzlich unaufgeklärter Ätiologie der Blutung aufser- 
ordentlich eingeengt. Bei einer solchen Einschränkung der Zahl 
von Fällen, für welche sensu strietissimo die Bezeichnung essentiell 
aufrechterhalten werden kann, ist vielleicht der Zweifel nicht ungerecht- 
fertigt, ob es überhaupt eine solche Erkrankungsform gibt, oder 
ob nicht vielleicht eine Diagnosestellung in diesem Sinne nichts 
anderes ist, als der Ausdruck der Begrenzung unserer klinischen. 
event. auch anatomischen und histologischen Diagnostik im Einzelfalle. 


Was die Veränderungen anlangt, welche zur Blutungsquelle 
werden können, so ist (abgesehen von den pathologischen Prozessen 
von Nierenbecken abwärts, die dabei in Betracht kommen) der 
Häufigkeit nach an erste Stelle der nephritische Prozefs als ätio- 
logischer zu setzen. Es kann dabei das Nierenparenchym gleich- 
mälsig und diffus betroffen sein oder aber es kann sich auch um 
mehr umschriebene Veränderungen handeln. Lehrreiche Beispiele 
der letzteren Art bieten die Fälle von Albarran und Israel. 
Dals es Fälle von einseitiger, parenchymatöser Nephritis gibt, be- 
weist der Fall von Stich. Aufser den parenchymatös entzündlichen 
Veränderungen spielen auch Gefälsveränderungen eine wesentliche 
Rolle, und zwar kommen dabei einerseits hyaline Degeneration, wie 
auch endarteriitische Veränderungen der gröfseren und kleineren 
arteriellen Ästehen in Betracht (vgl. Israel, Laurent, Schede). 
In dem im Vorliegenden behandelten Falle waren beiderlei Ver- 
änderungen zu konstatieren. 

Dafs pathologische Veränderungen mikroskopisch schon eine ge- 
wisse Höhe der Entwicklung erreicht haben können, ohne für die 
mäkroskopische Betrachtung wesentlich zur Geltung zu kommen, 


306 H. 1. Kretschmer. 


bedarf nicht der Erwähnung. Es ist demgemäfs ja auch dem makro- 
skopischen Befunde nur ein bedingter Wert beizumessen. 


Zusammenfassend läflst sich an der Hand unseres Falles, wie 
auch aus demjenigen, was die Befunde der Literatur lehren, fol- 
gendes aussagen. 

L Die Annahme, dafs eine Hämaturie aus einer ana- 
tomisch unveränderten Niere stamme, ist unstatthaft, 
wenn nicht folgende Voraussetzungen erfüllt sind. Es 
mufs erstens sichergestellt sein, dafs kein anderer Ab- 
schnitt als das Nierenparenchym selbst Blutungsquelle 
war, und es mufs zweitens eine mikroskopische Unter- 
suchung der vermeintlich unveränderten Niere vorliegen. 


2. Schon geringe pathologische Veränderungen im 
Nierenparenchyme können wesentliche Nierenblutungen 
zur Folge haben. Der gegenwärtige Stand der Mikroskopie 
gestattet noch nicht in jedem Falle, aus dem Grade der 
Veränderung die Blutungstendenz einer pathologischen 
Niere mit Sicherheit zu erschliefsen, insbesoudere auch 
nicht, aus diesem Grade Folgerungen bezüglich der 
Schwere der Blutung zu ziehen. Demgemäls ist. es 
auch nicht möglich, eventuell solche Veränderungen als 
zu geringfügigeim Sinne der Blutungstendenzanzusprechen. 


3. In manchen Fällen essentieller Nierenblutung be- 
währt sich sowohl die Dekapsulation wie auch die Ae: 
phrotomie als endgültig heilsamer Eingriff. In anderen, 
und zwar auch in solchen, welche, wie der vorliegende, 
scheinbar nur geringfügige mikroskopische Veränderungen 
aufweisen können, ist der Erfolg kein nachhaltiger, und 
es ergibt sich dann eventuell in einer späteren Periode 
die Notwendigkeit einer Nephrektomie. 

4. Dem klinischen Symptome der Nierenblutung ent- 
sprechen in den einzelnen Fällen durchaus verschiedene 
anatomische und mikroskopische Bilder der Nierenparen- 
chymveränderung. 

Fragen wir uns nun zum Schlusse, in welchem Sinne wir in 
vorliegenden Falle die Entstehung der Blutung erklären können, 
so ist zunächst als Blutungsquelle auf die pathologisch veränderten 
Kapillarschlingen der Malpighischen Körperchen hinzuweisen. Die 
Veränderungen kennzeichneten sich als hyaline Degeneration der 


Beitrag zur Frage der .essentiellen Nierenblutung”. 507 


Kapillarwände und Wucherung des Kapillarendotheles, welche im 
weiteren Verlaufe schlielslich dann vielfach zur Verödung der 
Körperchen führten. | 

Grofse Schwierigkeit bereitet die Erklàrung des Umstandes 
der Einseitigkeit der Erkrankung. Wir haben im Früheren an die 
Möglichkeit einer autotoxischen Nierenschädigung gedacht, doch 
mülste eine solche in gleicher Weise beide Nieren treffen. Viel- 
leicht liefse sich daran denken, dafs doch seinerzeit postscarlatinös 
‚ine wenn auch minimale oder eine fast vollständig zur Ausheilung 
sekommene nephritische Affektion bestanden hat, und zwar solche 
mt ungleichmälsigem Betroffensein der beiden Nieren, so dafs in 
der stärker betroffenen ein locus minoris resistentiae hinterblieben 
wäre, welcher in entsprechender Einseitigkeit auf die toxische Noxe 
nunmehr reagierte. 

Herrn Priv.-Doz. Dr. Zuckerkandl danke ich für die An- 
regung zu dieser Arbeit und für die Überlassung des Materials. 
Herrn Doz. Dr. Stoerk bin ich für seine Unterstützung bei den 
histologischen Untersuchungen zu besonderem Danke verpflichtet. 


Zusammenstellung einschlägiger Fälle der 
Literatur. 


Abbe, Medical Record. S. 573. 1891. 

Albarran, L'Association Francaise d Urologie, Paris, 1900. S. 100. 
Derselbe, Monatsberichte für Urologie, 1904, S. 10. 

Anderson, Lancet, S. 775, 1889. 

Askanazy, Zeitschrift f. klinisehe Medizin, Bd. 58, S. 432. 

Barker, Lancet, S. 141, 1885. 

troca, Annales des maladies des organes venito-urinaires, S. 881, 1894. 
Cabaot, Boston Medical and Surgical Journal, Feb. 1902, S. 243. 
Casper, Vereinsbeil. dl. Deutschen med. Wochenschr., H. 9, 1962, S. 66. 
Cavaillon, ref. in d. Monatsberichten f. Urologie, 1905, S. 637. 
Chetwood, Medical News, Feb. 1903, S. 256. 

Casper, Archiv f. klinische Chirurgie, Bd. €0, Heft 2, S. 350. 
Dandois, Annales des maladies des orwanes grenito-urinaires, 1897, NM 215. 
Debaisvienux, Annales de la Societé Belre de Chir. 1897, S. 205. 
Debersaques, Annales de la Societé Belve de Chir. 1897. 

Demons, Cone. de Chirur. Paris, 1898, S. 408. 


508 H. L. Kretschmer. 


Dorst, ref. in Deutsche med. Wochenschrift, Literatur-Beilage, Nr. 10. 
1902, N. 59. 

Durham, British Medical Journal, 18. Mai 1872. 

Ekehorn, ref. in Zentralblatt f. Chirurgie, Nr. 16, 1906, S. 471. 

Eshner, American Journal of the Medical sciences 1903, Bd. 1. S. 637. 

Fenwick, British Medical Journal, 1900, S. 248. 

Floderus, ref. in Jahresberichte für Chirurgie, 1899, S. 971. 

Fowler, New-York Medical Journal Nov. 1905, S. 1111. 

Genouville, Annales des maladies des organes genito-urinaires 1898, 
N. 449. 

(iroselick, Sammlune klinischer Vorträge, Nr. 203. 

Guyon, Annales des maladies des organes genito-urinaires, Feb. 1597, 
S. 113. 
Hall und Herzheimer, British Medical Journal, 1904, S. 819. 

Harris, Phil. Med. Journal, S. 509, 1898. 

Herescu, ref. in Schmidts Jahrbüchern, 1905. Bd. 288, S. 261. 

Hofbaner,” Mitteilungen aus «dem (irenzrebiete «der Medizin und Chi- 
rurgie, Bd. V, S. 423. 

Illyes, Deutsche med. Wochenschr., 1906, Nr. 10, S. 384. 

Israel, Langenbecks Archiv für Chirurgie, Bd. 47, S. 302. 

Derselbe, Deutsche medizinische Wochenschrift 1902, S. 147. 

Derselbe, Mitt. aus d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir, Bd. V, S. 471. 

Johnson, ref. im Zentralblatt für die Krankheiten der Harn- und Sexuul- 
organe, 1900, S. 489. 

Kammerer, Annals of Surgery, May 1898. Ref. in Jahresberichte für 
Chirursie, 1898, 8. 811. 

Kapsamer, Wiener klinische Wochenschrift, 1905, 8. 97. 

de Keersmareker, Annales de la Societé Belge de Chirurgie, 1897. 
S. 159. ° 

Klemperer, Deutsche medizinische Wochenschrift Nr. 9, 1897. 

Derselbe. Dentsehe medizinische Wochensehrift, Vereins-Beil., 1902. 
Nr. 9, S. 65. 

Klink, ref. in Monatsberichte f. Urologie, 1903, S. 717. 

Lauenstein, Deutsche med. Wochenschrift, 1887, Nr. 26, S. 568. 

Laurent, Deutsche med. Wochenschrift, 1901, Nr. 13, S. 193. 

Lesguen, Annales des maladies des organes genito-urinaires, 1891, 8. 564. 

Lewitt, Monatsberichte für Urologie, Bd. 9, S. 346. 

Loumeaun, Congrés de Chir. Paris, 1898, S. 418. 

Derselbe, L'Association Francaise d Urologie, Paris, 1900, S. 125. 

Martens, Deutsche med. Wochenschrift, 1902, Vereins-Beil., S. 247. 

Me. Burney, ref. in Jahresberichte für Chirurgie 1898, S. 811. 

Me. Gowan, Medical News Dee. 7 1901, S. 896. 

Myles, Medical Press and Cireular 1899, S. 179. 

Naunyn, Mitteilungen aus den Grenzeebieten der Medizin und Chirurgie. 
Bd. 5. N. 639. 

Newton, Australasian medical Gazette Dec. 71902, S. 622. 

von Newmann, Glascow Medieal Journal 1904. Nr. 3. 

Nonne. Deutsche ine. Wochenschrift. 1902. Vereins-Beil. Nr. 13. S. 101. 


Beitrag zur Frage der „essentiellen Nierenblutung*. 509 


Nordentoft, ref. in Deutsche med. Wochenschrift, 1902, Nr. 42. 

Nimier, Bull. et Memoirs de la Société de Chirurgie de Paris 1898, 
N. 654. 

Oliver, International Clinies 1895, S. 59. 

Passet, Zentralblatt für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane, 
1894, S. 397. 

Pasteau, L Association Francaise d’Urolorie 1900, S. 125. 

Poirier, Bull. et Memoirs de la Société de Chir. de Paris, 1898, S. 462. 

Poljakoff, Deutsche med. Wochenschrift, 1899, S. 721. 

Potherat, Bull. et Mémoirs de la Société de Chir. de Paris, 1898, 
N. 034. 

Pousson, L'Association Francaise d'Urologie Paris 1900. S. 100. 

Derselbe, Bull. et Memoirs de la Societ« de Chir. de Paris 1898. S. 590. 

Rosenstein, Deutsche med. Wochenschrift, 1904, Nr. 31, S. 113. 

Rovsing. Zentralblatt für die Physiol. und Path. der Harn- und Sexual- 
organe, 1898, S. 616. 

Schede, Jahresberichte der Hamburgisehen Staatskrankenanstalten 1889, 
N. 235. 

Derselbe, Handbuch der praktischen Chirurgie, von Bergmann, Bd. 8, 
II. Teil, S. 563. 

Sabatier ref. ın Zentralblatt für Chirurgie, 1889. S. 7083. 

Schüller, Wiener klinische Wochenschrift 1904, S. 477. 

Derselbe, Wiener klinische Rundschau 1905, Nr. 18. 

H. Senator, Berliner klinische Wochenschrift, 1891, S. 1. 

Derselbe, Deutsche med. Wochenschrift, 1902, S. 127. 

Derselbe, Berliner klinische Wochenschrift 1905, S. 277. 

Shenck, Medical News 1904. 

Sokoloftf, Berliner klinische Wochenschrift. 1874, S. 233. 

Spencer, Transactions of the London Clinical Society 1904. 

Stavely, Bulletin Johns Hopkins Hospital, No. 29, 1893. 

Stern, Deutsche med. Wochenschrift, Vereins-Beil., Nr. 11, 1905. 

Stich, Mitteilungen aus den Grenzrebieten der Medizin und Chirurgie, 
B. 13. H. 4. | 

Suter, Zentralblatt für die Krankheiten der Harn- uud Sexualorgane, 
19902, N. 27. s 

Wulff, Münchener med. Wochenschrift. 1903, H. 29. 

Zondeck, Deutsche med. Wochenschrift, Vereins-Beil., 1902, H. 9, S. 67. 

Zuckerkandl, Wiener klinische Wochenschrift 1905, S. 97. 


Literaturbericht. 


I. Allgemeines über Physiologie und Pathologie des 
Urogenital-Apparates. 


Über Störungen im Bereiche des Harnapparates bei Hysterie. 
Von A. Hock. (Prager med. Wochenschr. Nr. 6 1907.) | 

Die Kenntnis der auf hysterischer Grundlage beruhenden Störungen 
im Bereiche des Harnapparates ist für den praktischen Arzt sehr wichtig. 
da es sich einerseits um sehr mannigfaltige Erscheinungen handelt, ander- 
seits durch die richtige Diagnose nicht selten eine schnelle Heilung er- 
möglicht oder überflüssige therapeutische, besonders operative Malsnahmen 
vermieden werden. 

Im Bereiche der Nieren ist die sogenannte hysterische Nierenkolik 
besonders interessant. H. beschreibt zwei derartige, selbst beobachtete 
Fälle (eine 26 jährige Frau und ein 13 jähriger Knabe). Ferner findet 
sich hysterische Polyurie und Anurie. 

Im Bereiche der Blase finden sich sowohl sensible als auch motorische 
Störungen. Zu den ersteren gehört die Cystalgie und jedenfalls ein grolzer 
Teil der Fälle von sogenannter „irritable bladder“. In die zweite 
Gruppe gehört die hysterische Retentio urinae, welche schon lange be- 
kannt ist, und die hysterische Inkontinenz, deren Verhältnisse allerding: 
noch nicht ganz klargestellt sind. H. hatte Gelegenheit, zwei Fälle von 
hysterischer Inkontinenz zu beobachten, welche ziemlich beweisend sind. 
Es handelte sich um ein 23 jähriges und um ein 20 jähriges Mädchen. 
Schliefslich finden sich noch hysterische Affektionen im Bereiche. der 
Harnröhre: Anästhesie und Hyperästhesie. von Hofmann-Wien. 


Die Beteiligung der Harnwege beim Uteruskarzinom und 
ihre operative Behandlung. Von Koblanck. (Zeitschr. f. Geburtsl. 
u. Gynäkol, Bd. 55.) 

Von den Frauen mit Genitalkrebs starben nach Simmonds 531", 
an Pyelitis und Cystitis, die durch Übergreifen des Karzinoms auf die 
Blase hervorgerufen waren. Auch operative Nebenverletzungen der Blase 
und der Ureteren rücken die Gefahr einer Pyelıtis erheblich näher. Bei 
beschränktem Karzinom können Blasenläsionen verhütet werden, Ureteren- 
verletzungen lassen sich durch die abdominale Methode vermeiden, bei 
der typischen vaginalen Totalexstirpation sind sie zu umgehen. Das 
abdominale Verfahren erfüllte zwar die Forderung der Möglichkeit, ent- 
täuschte aber durch die Häufigkeit der sekundären Uterusnekrosen. Eine 
einheitliche typische Operationmethode gibt es noch nicht. 

Hentschel-Dresden. 


Alleemeines über Physiologie und Pathologie des Urogenital-Apparates. 511 


Bakteriologische Untersuchungen bei gonorrhoischen Allge- 
meininfektionen. Von A. Prochaska. (Deutsches Archiv für klin. 
Medizin, Bd. 88, H. 1.) 

Seinen im Jahre 1901 veröffentlichten Beobachtungen über Gono- 
kokkenkulturen aus dem Blute lälst Verf. sechs neue Fälle folgen, in 
denen der Gonococcus der alleinige pathogene Mikroorganismus war. 
Drei von diesen betrafen Polyarthritiden im Verlaufe einer Gonorrhoe 
mit Endokarditis, einer mit Aortenklappeninsuffizienz, der letal endigte. 
Im Blute, wie in den endokarditischen Auflagerungen und den Exkreszenzen 
der Aortenklappen wurden (sonokokken in Reinkultur nachgewiesen. 
Desgleichen gelang der Nachweis von (ronokokken im Blute einer Pa- 
tientin mit frischer Gonorrhoe und Schwellung der Knie und einem 
gunorrhoischen Exanthem. In einem andern Falle handelte es sich um 
gonorrhoische Eiterung cines Samenbläschens mit sekundärer akuter 
eitriger Cerebrospinalmeningitis, und im letzten der beobachteten Fälle 
um eine Epididymitis dextra gonorrhoica, die den Eindruck einer 
schweren Sepsis machte. Im Blute wurden Gonokokken in Reinkultur 
gefunden. Nach einem Monat trat eine linksseitige Pleuritis auf, aus 
deren serösem Exsudat ebenfalls sonokokken gezüchtet werden konnten. 
Die Pleuritis heilte nach einigen Wochen ohne Residuen. Diese Fälle 
zeigen die mannigfaltigen Formen gonorrhoischer Erkrankungen und die 
Wichtigkeit des Gonococeus für die Pathologie. 

Hentschel-Dresden. 


Zur Technik der perinealen Operationen. VonDr.B.N. Choltzow. 
(Russki Wratsch 1907, No. 5). 

Verfasser hatte häufig Gelegenheit am Perineum zu operieren und 
überzeugte sich dabei, dafs der prärektale Schnitt, der bekanntlich zum 
ersten Male von Nelaton sen. für seine prärektale Lithotomie ange- 
wendet und dann von Dittel und Zuckerkandl zur Blofslegung und 
Eröffnung von Abszessen der Prostata vorgeschlagen wurde, als der nor- 
male Schnitt ‚bei sämtlichen typischen Operationen am Damm gelten 
müsse, und dafs die gewöhnlich zur Anwendung gelangende mediane 
longitudinale Inzision mit seltenen Ausnalımen verlassen werden müsse. 
Von den Operationen an der Prostata selbst, bei denen die Vorzüge der 
prärektalen Inzision vor allen anderen Inzisionen von fast sämtlichen 
Chirurgen anerkannt sind, führt Verfasser noch folgende typische Opera- 
tionen an, bei denen seiner Meinung nach die prärektale Inzision ange- 
wendet werden mufs: 1. Urethrotomia externa, welche darin besteht, 
dass die Pars membranacea urethrae von seiten des Dammes eröffnet 
wird. Bei der longitudinalen Inzision der Weichteile wird der Zugang 
zur Pars membranacea urethrae durch den Bulbus urethrae erschwert. 
DPen Bulbus zu umgehen und eine Verwundung des letzteren zu ver- 
meiden, gelingt nicht immer, und bisweilen mufs man bei starker Ent- 
wickelung des Bulbus und bei tiefer Lage der Pars membranacea ure- 
thrae absichtlich durch den Bulbus gehen. Nach einem : bogenförmigen 
Schnitt macht es absolut keine Mühe, den Bulbus zu umgehen und die 
Pars membranacea urethrae freizulegen, welche dem Auge und dem 


Sege 


E) 
- 


at 


AR Ze 


yo“ EEE rn 


a ee KEEN n 
H BN At Zeg 


BI 


Deh tbe 


wi.) 
B 


kan EN 


Së 


Te NN äi 


D 3 
Weck 
VW SS? D , 
Ë 1 e ` f 
"an * 4. Kaka 
r a Fe MAT Les z 
mn d x d STR 
I NEE Te E, d ` 
Gë gn D 1 ` 
` S b> P wn ew 


A 


-m 
Pa ir ar WC, > 
N ENN vw > 


TEA 
e ` 


rn en 


lf ET EE EEN P 
dh Beer Sw e 
be Ae di Ten á 


Ba rn 


d 
D mey 


er, "e" 
Le EE 


im 


> 


"rap En n - 
: ' A nel É š vñ 
al ha TS A ee ae er p 
TNN P z u. ' 


Ké ib y 


a x 


NE E an; SÉ: 


A en, 


(a Ch e der 
bag ik een u H 
ËCH D — 


H 
p. 


BZ H 


GE o 


Ek 


BE E EE EW 
e 


E wee 
Le "ek e "a 
$ Tun | h 
Aae N a ee en 
ae š x 
e E 
D A Zb ef $ kuk 
z ` 
CEA AR AN E A 


e 


k ur 


y. 


dr ER 


"a.d. 
nr 


Lu Ze 
tee 
w. 


r 
fe "Te? 


E E H N 
z: Br #2 s>. 
NA L a ai te ME a 
Da 8 ge? = ‘ 
ke OK braen d 
Ze 
BEEM EE ` 
b.” L 


kes sia 
5 


CT 
— - —%<-r* 
lud x 


rn nn er A 
ur 
-m $ 


BEE 


Tu 


nn nn 
H ET 


4 


Be 


€ "ge WEE SW er 
A ee Zeen 


ç$ 
e nn É 


-Y eers 


d Ae Ki 


keck 
BEER 


d ug D BE E r < ~ H 
` - s. s x w. a ne Pa 
, > D Kg wë, "ker 
f CM f CR el H 
vk ` N d fN e . "Kal V 
D a ` ei üu 3 rh Szen G E 
EEN = yo Lag es 1 2 — 
PER da “Z e i N ` _ s. 
KE - K "Aa: d da E) e 


E Al 


EE EN 


< 


Six, dÄ MN ES 
ET Fr SATU 
s. pa jn `. 

ag A 


eg, ne 


= 


EN 
ren P 
Y. 


Kaes en ep r 


D ke x E j 
Ar = e Y Re 


äs 


Dë ett A LE 


2y 


v = 


k 


r 
Le 


KI 


E 


ng e 
. Set 
4 Be 
Den, Ae eg Et e, echt A 


u 


Zeg 


bf en 


a 


i. 
<. ` Es 


x N 
IA CHE k. 
` ks 


N be ien = 
Ré PETER 


E EL Q Tas, ? 
Tan Ken EN BW? Ute", 
ir - 
n mY z 


L; a. 


E e d 
el e Ee 


Ka a, 


5 


EN et y 
u gie 


ee 


H 


rn ETA E Kë CAN o E 


WEE E EEN 


CN 


VS IT Ee ec 


ka 


4.2 
+ 


ën Réi 
Mam adi 
`A 


p yT 


. 


Te 


edit a. (q. ech 


= 
GEN 
2 a Lg E Ka 
ds 


M 
- 


KN ST eich 
r. S. 


TT a su e? së: 


i - 
en 


K! eh S - 
ea RN ar) 


i ri 
oe En 


wl 
SE 


= 
L. 
2ša < 
H Sp Wa 
` A d'H = 
q H H 
WS ` 


! 
= 
Kai bas 


Ce E 5 
SÄCK ep 


Hz 


d 


x 
ës 


E E E 
_ e vd $ 


E Ce 


Chen a Ggs we - 


EN 


KS 


N WEN 
E: 


S rer LPT 


a 
CR 


d. 
wë E "eeh, em 
k eg ee Ee 


ae 


d 


e 
x 


=” 


D 
a Le 


Ze 
e 


572 


REES 


ke 5 
D 

e E œ> 

est Š ` w 
ur 


i Ki 


H 


er e mm 
x= 
ur 


ha 
GER 


E 
DER 


KERNU 


Kee EE EA T 
m. £ 


= a 


se = 


Pr 


ek t: 


we. 44. m 


ku 


Dede 





512 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Finger des Chirurgen zugänglich wird. 2. Perineale Lithotomie. (ewöhn- 
lich wird diese Operation ebenso wie die Urethrotomia externa mittels 
longitudinaler Inzision ausgeführt. Hierbei gelingt es nur, kleine Steine 
zu entfernen, während bei gröfseren Steinen die Harnröhre stark verletzt 
wird, und es in einigen Fällen überhaupt nicht gelingt, den Stein unzerkleinert 
zu extrahieren. Bei der prärektalen Inzision kann man die Harnröhre soweit 
eröffnen, dals der Stein ohne Schwierigkeiten extrahiert werden kann, ohne 
dafs die Harnröhre verletzt wird. 3. Partielle zirkuläre Resektion der Harn- 
röhre. Bei kurzen Strikturen, welche in der Pars cavernosa urethrae liegen, 
kann man sich auf die longitudinale Inzision beschränken; bei langen 
Strikturen, welche in der Pars bulbosa oder in der Pars bulbo-membra- 
nacea liegen, muls man die prärektale Inzision anwenden, um den ganzen 
perinealen Teil der Harnröhre freizulegen, und um den ganzen striktu- 
rierten Teil der Harnröhre hinsichtlich der Striktur auch in den Grenzen 
des normalen Teiles derselben resezieren zu können. Die Freilegung 
der Pars membranacea urethrae gewährt zugleich die Möglichkeit, das 
zentrale und periphere Ende der Harnröhre nach der Resektion des 
strikturierten Teiles derselben leicht und sorgfältig zusammen zu nähen. 
+4. Diffuse Eiterung des Becken-Bindegewebes. Hier erlangt man nach 
der prärektalen Inzision und nach der Freilegung der Prostata leichten 
Zutritt zum Bindegewebe des Beckens; nach Inzision des unteren Teiles 
des Abdomens in der Mittellinie kann man durch diese Inzision und durch 
die prärektale an den Seiten der Harnblase je ein Drain einlegen, und 
auf diese Weise den erforderlichen Abflufs des Eiters sichern. 
M. Lubowski-Berlin-Wilmersdorf. 


Il. Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Über das Vorkommen von Milchsäurebazillen im Harn- 
sediment. Von R. Latzel. (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 49, 1906.) 

l. Bei der 33 jährigen Patientin fanden sich Zeichen von Lungen- 
und rechtsseitiger Nierentuberkulose. Im steril katheterisierten Harn 
fanden sich neben Leukocyten und roten Blutkörperchen massenhafte 
Gram-positive Stäbchen, welche die morphologischen und kulturellen 
Eigenschaften der Milchsäurebazillen zeigten. 

2. Die 22jährige Patientin, welche 2 mal akute Nephritis überstanden 
hatte, wurde wegen Hämaturie und kolikartiger, mit Erbrechen ver- 
bundener Anfälle in der rechten Seite des Abdomens ins Spital auf- 
genommen. Im Sediment fanden sich neben weilsen und roten Blut- 
körperchen verschiedenartige Zylinder, Gram-positive Kokken, Bact. 
coli und Milchsäurebazillen. Nach zehntägigem Spitalsaufenthalte hörten 
die Schmerzen und die Hämaturie auf. Gleichzeitig verschwanden die 
Milchsäurebazillen aus dem Sedimente. von Hofmann-Wien. 


Über eine Fehlerquelle bei der Ferrocyankaliprobe als Ei- 
weifsreaktion. Von Hugo Schmiedl. (Wiener klin. Wochenschr. 
Nr. 8 1907.) 


Da durch Anwesenheit von Zinksalzen eine positive Ferrocyan- 


Harn- und Stoffwechsel. -— Diabetes. 513 


kallumreaktion verursacht werden kann, so kann ein für den Patienten 
verhängnisvoller Irrtum erwachsen, wenn man Harne untersucht, welche 
in verzinkten Gefälsen aufbewahrt oder versendet wurden, oder wenn es 
sich um Gonorrhoiker handelt, welche mit Zinkeinspritzungen behandelt 
wurden. Es ist daher wichtig, von dieser Fehlerquelle Kenntnis zu 
haben. In fraglichen Fällen wird neben dem negativen Resultate der 
übrigen Eiweifsreaktionen eine sichere Entscheidung durch den relativ 
leichtern Nachweis des Zinks zu erbringen sein. 
von Hofmann-Wien. 


A. study of the different forms of albumin occuring in the 
urine. Von T. W. Hastings und B. R. Hoobler. (Amer. Journ, of 
Med. Scienc. Febr. 1907.) N 

Die Untersuchungen der beiden Autoren wurden an über 5000 
Urinpro ben angestellt. In 4068 dieser Urinproben konnte durch die 
Kochprobe mit oder ohne Kochsalzzusatz Eiweils nachgewiesen werden. 
Bei 3089 dieser Urine wurden weitere Untersuchungen behufs Trennung 
der einzelnen Eiweifskörper vorgenommen. Auf Grund ihrer Erfahrungen 
betonen die beiden Verfasser das häufige Vorkommen von nicht renaler 
Album inurie sowie von Nukleoalbuminurie. Letztere fand sich niemals 
alein bei wirklicher Nephritis. Für die Praxis ist eine Trennung der 
Eiweifs körper nicht nötig. von Hofmann-Wien. 


Warum trübt sich der Harn beim Kochen? Ein Beitrag zur 
Lehre von der Azidität des Harnes. Von Dr. H. Malfatti. (Beitr. 
Z. chern. Physiol. u. Pathol., Bd. 8, S. 472.) 

= Wenn sich Harn beim Kochen durch Abscheidung von Phosphaten 
trübt, so rührt das nicht von einer freiwilligen Zersetzung des Kalk- 
Phosphates in unlösliches basisches und lösliches saures Phosphat her, sondern 
ma dem Umstande, dafs Lösungen von sekundärem Natriumphosphat in der 
Wärme viel stärker — bis um das Achtfache des ursprünglichen Titerwertes 
— alkalisch reagieren als in der Kälte. Ein Gemenge von sekundärem 
ei Primärem Phosphat, das mit Phenolphtalein weils bleibt, färbt sich 
ne Erwärmen stark rot und entfärbt sich wieder beim Erkalten. 
arch Titration bei verschiedenen Temperaturen läfst sich der gestei- 
nn A Ikalitätsgrad bestimmen. Es fällt also bei höherer Temperatur 
nn H arn, wenn er eine gewisse Menge von sekundärem Phosphat ent- 


} `. 
Sa FK alkphosphat aus und löst sich beim Erkalten allmählich wieder 
Nas Oder teilweise auf, und die Reaktion des Harnes bleibt nach wie 


rien Sich. Die Reaktionsänderung in der Wärme wird nur durch ver- 
ost e Hydrolyse des sekundären Phosphates bewirkt, findet also auf 
kora des Wassers statt. Die Annahme von Dreser, dafs sauer rea- 
Übe ader Harn nur primäres Phosphat und darüber hinaus noch einen 
Phon S Chufs freier Säure von stärkerer Säureintensität als dem primären 


tup P hat zukommt, enthalte, trifft für Jene Harne, die sich beim Kochen 
has en, nicht zu. Aber auch für die stark saueren Harne, die sich 
Är 


ochen nicht trüben, ist die Abwesenheit von sekundärem Phosphat 
die einschlägigen Versuche Dresers nicht erwiesen. Die kri- 


Ze- 
Sitacbrift für Urologie. 1907. 34 


Zee 
ü De 


ze 


q. 


AE Ñ; e i 


- 


' S E 
u me eg t 2 


ar: 
2 š 
Wi 
ler 
GE 

AN 
FB: 
rl rt 
141 


e 


ee 
Aa Tue, 


gece set 


E: 


REN 


2 
GEI h. Debt 


— 
= ? 


erch pr NW? dasr 
EC 
Z 


SE a De vr 


di 
"a 


M 
= 
2 En 
ra 
d 
TSE 


LEE 
GC 


(re 
f em u Ç. EN 


SE E 


` pi Zë? 
3 i i ON Ta 
dE WE eg TEE ES 


ue ew Lentz 

SA? DASS, P 
Tre ie ne, 
a DA A! 
` Sea, Mie ZA d 


dd 


= “ 
KS 
Se 


WC TË 


e 


931222: 


Zë 


sche en EE d 
DS - 
u. 


n- 
SE 
SE 
wa 


u. 
m 


en: 


BH 
S 
KE 
p ə- 
r 
st. Zi 
o 
E 


Eine 


ee ee (äer 


ug P 


eg 
Hi 


€ Ze A 


=. 
er» m e e: Pa 

a D a =a Hi w ge: kb ` 

: near Des“ € u f KI d 
Te A " G ¿ iy; ei 

Z. men (Be 4 3 [2 u éd CE 

* vi ep E 
< fe ? 


De An 


D 


+ 


F. 


E 

be 

kaz sl I r eeey 
e TES - 


I 
a EN 
— x 
A rn i 


Kë + - ` Gë Lé Dd ` 4 
Ee EE E ar 
IGA 


aA pai yoa dét 
e 


Se" a 


If de CN 
Ka > 

a u S: 
Br 


oaa 


KEE LS 
p EN N ` 
zo „ip A Kéi Jh: Koch TE 


Lë ze? KE a 
ch be dr? ur 
DR H 


D 


KREE an 
~e e 


e | =£: a An Fe 
- BR 
n 


f ag: s 


m KSE P d 
SEA 


r 


+ a en" 
2 — 
wf 
D 


> ee 


=: 


ze 


= S 
-ris 
5 ~ 


BE 


+ og ° 


Kr D NC Em Fir 
WË, e 


ur 


` z - dg 
a Ze ew Re d 


Ee E ei 


Se 


vs ` d 
2 P D 
h ñ " ms r u 

k s d KE - D J 

GE “w ` - - 

š e ` E P m k je " 
en n Y 4 p. 2 - 
e RE a EEN r:  w b 7 a > 
Ké, er = 7 8 y MK 
TOR, LN i 
w k LE sec > kee ee EZ ? 
wan w. -. e ri 
d = * “ * BR d 8 Ë D z À ` 
D ` Ce ar .- D É u 
u H (gë — s" = +4 
~ $ bw Oh ` E v P IND Vi r 
EE aa KÉ - = < 
e “ ` G s; ` P D P 
š bw > aaa > . ad, 
> ek > on z £ S a ur - déi d 
wy `, > ` ... Aus 
2 (— e 
> < a 
D = _ 


BEE 


KD — E e 
b ` P 
e eg 


e A ç 
N seat 





514 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


tische Nachprüfung dieser Versuche ergab so viele Fehlerquellen, dafs 
auch heute noch die Annahme, dafs saurer Harn ein Gemisch von 
sekundärem und primärem Phosphat enthalte, aufrecht erhalten werden 
muls. Malfatti-Innsbruck. 


Über den Lösungskoöffizienten des Harnes für Kupferoxyd- 
hydrat. Von E. Reale. (Wiener med. Wochenschr. Nr. 11 1907.) 

R. kommt auf Grund seiner am Urin von 100 Kranken (darunter 
‘0 mit arthritischer Diathese) angestellten Untersuchungen zu folgenden 
Schlüssen : 

1. Bei der arthritischen Diathese erlangt der Harn ein hohes Lö- 
sungsvermögen für Kupferoxydhydrat (in einem Falle bis 16,50 p. m.). 

2. Diese Eigentümlichkeit des Harns ist eine so konstante, dals sie 
selbst bei gleichzeitigem Bestehen einer diffusen Nephritis nicht unter 
den Normalwert sinkt. 

3. Der Lösungskoeffizient für Kupferoxydhydrat sinkt bei chro- 
nischer, speziell bei interstitieller Nephritis in erheblicher Weise. 

von Hofmann-Wien. 


Zum Nachweis von Kohlehydraten im Harn. Von Dr. R. Gru- 
newald-Baden-Baden. (Münch. med. Wochenschr. 1907, No. 15.) 

Zuckermengen von 0,03°/, sind noch zuverläßig und unter allen 
Umständen durch folgende Methode Gs. nachzuweisen: 10 ccm Harn 
werden mit einer Lösung von 1,2 essigsaurem Natron in 6 ccm warmem 
dest. Wasser unter Zusatz von 2 Tropfen Essigsäure versetzt, hierzu 
0.6 g salzsaures Phenylhydrazin und allmähliches Einengen auf dem 
Dampfbade auf 6 ccm, dann sofortiges Abkühlen; reichliche Abschei- 
dung der Glukosazonkristalle, die bei 300facher Vergröfserung deutlich 
zu erkennen sind. Eiweils ist zu entfernen. — Zur quantitativen Be- 
stimmung empfiehlt G. den neuen Glyzerinsaccharometer von Lohnstein, 
bei dem nur darauf zu achten ist, dafs das Glyzerin genau das spezif. 
Gewicht von 1,25 u. 30° Bé haben mufs. Ausserdem gibt es noch 
Methoden zum Nachweis von Lävulose, Pentosen und Glykuronsäure an, 
die im Original nachzulesen sind. Brauser-München. 


Neue Methode zur Bestimmung des Harnzuckers. Von Prof. 
Dr. med. Ivar Bang. (Berl. klin. Wochenschr. 07, Nr, 8.) 

Die Titrierflüssigkeit, mittelst welcher die vom Verf. empfohlene 
Methode angestellt wird, besteht aus einer Kupferlösung, welche mit 
Kaliumkarbonat anstatt kaustischen Alkalis versetzt ist; ferner enthält 
sie reichlich Kaliumrhodanid, wodurch das gebildete Kupferoxydul als 
farblose Verbindung in Lösung gehalten wird. Es empfiehlt sich, bei 
Anstellung der Probe immer Kupferoxyd im Überschufs zu haben, es 
findet dann beim Kochen mit Zucker nur eine teilweise Entfärbung 
statt; dieser Überschufs wird nach Abkühlung durch Titration mit einer 
Hvdroxylaminlösung bestimmt, das Verschwinden der blauen Farbe mar- 
kıert den Endpunkt. Die verbrauchten Kubikzentimeter Hydroxylamin- 
lösung geben die Zuckermenge in Milligrammen. Zur Ausführung der 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 515 


Zuckerbestimmung führt man 10 ccm Harn (resp. wenn viel Zucker 
vorhanden ist, nur 5 bezw. 2 ccm und 5 bezw. 8 ccm Wasser) in einen 
200 cem-Kolben über, läfst 50 cem Kupferlösung einfliefsen und erhitzt 
den Kolben auf dem Drahtnetz bis zum Sieden. Nach 3 Minuten 
kühlt rnan unter Wasser rasch ab und titriert bis zur Farblosigkeit. 
Nach dem Kochen muss die Lösung noch blau sein. Ein Vorteil der 
Methode besteht auch darin, dafs es gleichgültig ist, ob der Harn Ei- 
weiss enthält. Da 50 ccm Kupferlösung etwa 60 mg Zucker entspricht, 
so legt der Grenzwert der Methode bei zirka 0,1 mg Zucker. 
Paul Cohn- Berlin. 


Über den Glykosaminkohlensäureäthylester und sein Schick- 

sal ima Stoffwechsel des pankreasdiabetischen Hundes. Von Dr. J. 
Forsch bach. (Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol., Bd. 8, S. 318.) 

Das Glykosamin ist einer der Bausteine jener Eiweilskörper, welche 
Gite Kohlehydratgruppe enthalten. Die Versuche mit Beibringung von 
Glykosamin haben bisher bei seiner schweren Resorbierbarkeit und 
rezenden Wirkung auf den Darm wenig zur Erkenntnis seiner Ver- 
wetuns im Organismus beigetragen. Im Eiweifs ist nun die Amido- 
gruppe des Glykosamins wahrscheinlich mit dem -CO- einer Carboxyl- 
SÜUPpe verbunden. Verf. stellte daher den im Titel genannten Ester 
dar, LEX welchem diese eiweilsartige Bindung mit dem -CO- der Kohlen- 
Saure workommt. Der Körper wurde im Organismus pankreasdiabetischer 
Hunde mit konstant sinkenden Werten des Harnzuckers, wie die Stick- 
stfzahlen beweisen, resorbiert, aber nicht als solcher ausgeschieden, 
sondern verbrannt. Dabei wirkte er nicht nach Analogie eines Kohle- 
hydrates, denn die Zuckerausscheidung wurde nicht beeinflulst. Daraus 
erklärt sich, dafs das Glykosamin im normalen Organismus nicht als 
Glykogenbildner dient. Welche Körper beim Abbau des Glykosamıns 
aber Zebildet werden, konnte noch nicht entschieden werden. 

Malfatti- Innsbruck. 


stän Über die Fortdauer der Polyurie bei Diabetikern nach voll- 
bei die verschwundener Glykosurie und den Übergang von Dia- 
Nene xmrxellitus in Diabetes insipidus. Von San.-Rat Teschemacher- 
nahr. (Münch. med. Wochenschr. 1907, No. 12). 
adhi en einer Anzahl von Diabetikern bleibt nach völligem Ver- 
S EN des Zuckers noch wochen- bis monatelang Polyurie zurück. 
Pei Rer Teil der Fälle ist diese Erscheinung ein Zeichen der nur zeit- 
wrie €@ ¿um Stillstand gekommenen Glykosurie; bei anderen ist die Poly- 
Phie Nach Posner) auf eine gleichzeitig bestehende Prostatahypertro- 
Diab =u rückzuführen. Aufserdem kommt ein wirklicher Übergang von 
gesehn. es mellitus in D. insipidus vor. Verf. hat drei derartige Fälle 
resp Sn. Die beiden ersten hatten früher sicheren Diabetes mellitus, 2 
keine Jahr später bestand starke Polyurie ohne Zucker, der auch durch 
dritte. &i Kostform zum Wiedererscheinen gebracht werden konnte. Der 
3 Jy M>atient hatte im Alter von 3 Jahren ein Jahr lang Zucker, dann 
Alhhre lang Polyurie ohne Zucker (halbjährige Untersuchungen) hier- 
84* 


516 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


auf 8 Monate hindurch Glykosurie, zurzeit wieder die Erscheinungen 

des reinen insipidus bei gemischter Kost. Die Ätiologie des letzten, 

juvenilen Falles ist wohl eine zentrale, im übrigen ist sie dunkel. 
Brauser- München. 


Über die Änderung der Assimilationsgrenze für Zucker durch 
Muskelarbeit. Von Dr. Giuseppe Comesatti. (Beitr. z. chem. Physiol. 
u. Pathol., Bd. 9, S. 67.) 

Durch intravenöse Injektionen von Zuckerlösungen läfst sich leicht 
die Ausnutzungsgrenze eines Organismus für Zucker (durch den Über- 
tritt desselben in den Harn) bestimmen (Bumenthal). Wurden nun 
die Tiere (Kaninchen) während des Versuches zu Muskelarbeit gezwungen, 
so wurde bei Glykose und Fruktose die zur Erreichung der Assimilations- 
grenze nötige Zuckermenge um 20°/, und mehr gesteigert. Auf die 
Assimilationsgrenze der Galaktose aber hatte Muskelarbeit keinen Einfluß. 
Glykose und Fruktose scheinen also direkt, d. h. ohne zeitraubende che- 
mische Umsetzungen im Organismus vom Muskel ausgenutzt werden zu 
können, nicht aber Galaktose. Malfatti-Innsbruck. 


Hypertrophy of the islands of Langerhans in diabetes mel- 
litus. Von W. G. MacCallum. (Amer. Journ. of Med. Scienc. March 1907.) 

Bei der Untersuchung des Pankreas eines 10 jährigen, an Diabetes 
mellitus gestorbenen Knaben zeigte sich das Organ makroskopisch nicht 
verändert. Mikroskopisch fand man Vergröfserung der Langerhansschen 
Inseln, welche gleichzeitig wesentliche Veränderungen in ihrer Struktur 
zeigten. Auch die Zahl der Langerhansschen Inseln war vermehrt. 
Ähnliche Veränderungen fanden sich in einem zweiten Falle von Dia- 
betes bei einem Kinde. von Hofmann-Wien. 


Ein Fall von traumatischem Diabetes mellitus. VonSchwecken- 
dick. (Allgem. med. Zentralztg. 1907, Nr. 1.) 

Ein 6 jähriger Knabe erlitt beim Spielen einen Fufsstofs in die 
Nabelgegend. Unter grofsen Schmerzen hatte er zehn Minuten lang am 
Boden gelegen und in der folgenden Nacht unaufhörlichen Durst ver- 
spürt und viel Urin entleert. Die Untersuchung ergab einen Diabetes 
mellitus, der in fünf Tagen in Coma zum Tode führte. Die Sektion 
wurde nicht gestattet. Die Ursache dieses akuten Diabetes war wahr- 
scheinlich eine Blutung mit ausgedehnter Nekrose im Pankreas oder eine 
Splanchnicusaffektion. Hentschel-Dresden. 


Über Azetonbildung in der Leber. Von Dr. G. Embden und 
Dr. F. Kalberloh. (Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol., Bd. 8, S. 121.) 

Die Azetonbildung im Organismus wurde in diesen eingehenden 
Untersuchungen an Durchblutungsversuchen an der Leber studiert; Muskel, 
Niere und Lunge lieferten beí entsprechenden Versuchen kein Azeton. 
Die Leber jedoch bildete aus so vielen verschiedenartigen Substanzen 
Azeton, dafs auch auf einen verschiedenartigen Chemismus der Azeton- 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 517 


bildung geschlossen werden muls. So lieferte z. B. Leucin reichlich 
Azeton, die Aminonormalcapronsäure und die dem Leucin so ähnlich 
gebaute Aminoisovaleriansäure nicht, und ebensowenig die Isobutylessig- 
säure und Isobuttersäure. Die Buttersäure, ß-Oxybuttersäure und Iso- 
valeriamsäure aber brachten mächtige Azetonbildung zuwege; ebenso 
sämtliche untersuchten aromatischen Substanzen, deren Benzolring 
im Organismus zerstörbar ist. Dieselben Substanzen also, die bei der 
Alkaptonurie Homogentisinsäure liefern, liefern bei der künstlichen Leber- 
durchblutung Azeton und werden im normalen Organismus ganz ver- 
brannt. In bezug auf die theoretischen Folgerungen aus den einzelnen 
Versuchsresultaten sei auf das Original verwiesen. Malfatti-Innsbruck. 


Über Fehlerquellen bei der Bestimmung des Azetons im 

FEN Von L. Borchardt. (Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol., Bd. 8, 
. 62.) 

Beim Abdestillieren von Azeton aus angesäuertem Harn bildet der 
Zuckergehalt des Harnes eine Fehlerquelle, indem aus Zucker ketonartige, 
Jedoformbildende Substanzen bei der üblichen, Behandlung entstehen. 
Besonders wenn die nicht flüchtige Schwefelsäure zum Ansäuern benutzt 
und die Destillation sehr weit getrieben wird, ist diese Bildung flüch- 
tiger Ketone sehr reichlich; durch das Vorhandensein von präformiertem 
Azeton wird diese Bildung (auf katalytischem Wege) noch bedeutend 
erhöht. Man darf also bei der Prüfung zuckerhaltiger Harne nicht bis 
auf ein Zehntel des Volumens abdampfen, man soll Essigsäure nehmen, 
nicht Schwefelsäure, und es wird gut sein, durch Wasser, das aus einem 


Tropftrichter nachflielst, der Konzentration vorzubeugen. 
| Malfatti-Innsbruck. 


Über dea Einflufs der Aminosäuren auf die Azetonkörper- 
a SCheidung. Von L. Borchard und F. Lange. (Beitr. z. chem. 
F8S1Ol. u. Pathol., Bd. 9, S. 116.) 
freie Verf. stellten in Selbstversuchen zuerst durch konstante kohlehydrat- 
Pings Kost eine gleichmäfsige Azetonurie her und beobachten dann die 
nd A kung der Einnahme einiger Aminosäuren auf dieselbe. Alanin 
vor ( SpParagin brachten eine Verminderung der Azetonausscheidung her- 
brach 2 estimmt in Harn und Atemluft). Glykokoll und Glutaminsäure 
re eine fragliche Verminderung, jedenfalls keine Vermehrung zu- 
dep, Es Leucin aber erhöhte die Azetonausscheidung bedeutend. Trotz- 
im HS die Resorption von Leucin erwiesen war, trat auffallenderweise 
Sure arn keine Stickstoffvermehrung auf. Da die erstgenannten Amino- 
Izet zu den Kohlehydratbildnern gehören, Leucin aber nicht, ist die 
©rnwerminderung durch jene in Analogie zu sehen mit der Hemmung, 


We] 
"che die Kohlehydrate selber auf die Azetonurie ausüben. 
| Malfatti-Innsbruck. 


Über die Ausscheidung der optisch-aktiver Aminosäuren durch 


de 
Bde Tarn. Von Dr. Emil Reifs. (Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol., 


S. 332.) 


ìrekte Bestätigung der schon aus den Versuchen von Plaut und 





u 
| ] 
: j P e i 
wH ' 1 
E 
I . ` 
Eise a ` ` 
DA 4 | 
a: I 
K I 
ka 
ih q3: 
$ + 2 ` 
eg ia 
a ; I 
H E 
` l 
f yta ka \ 
€. 
“ wn "q 
> q E 
is” u 
s 
` “ 
š t. 
"ëm 4 < 
, 
Ts 
i KL, 
UL, 
l yb zà 
# p. Di 
- É 
i A: 
. as š 
. Sa 
LAIME 
f : * : 4.8 
Bet 
123 d D 
š) i 4 I 
š š š LÉI 
i gä: 3 8 
) in: , š 
SET s w9 
8 Ir “q, 
L er "W e 
Ce" 1 së š 
h 1 "Ip ai A % 9 
i de wë h p E, d 
aert, Co 2 
k JIA A tr ag A r 
a f " ° u; 
Aa er, 
, LJ A $ Fit ` - $ 
et "He 
“ Sieg E Gë? 
. 
` hr Ka, ` 
fe KS. t EI x 
T Dà tr arp 2 
ar ea j ;. 
. 1 ` e 
a i ' 4 Í 
- À a “ 
' i d u A š h 
6 GIE E L. ü d 
- i gn E Le be 7 
em š ER je 
e CH Sa ART. 
i Sin € > Š we MA 
VER sët AP 
Trips ei “Si š 
Wr ot Be A YAPI 
i 8 x " sT Se i 
y> TAS % AS 
JANJ $ “ + ENF 
5 de F H SE) vn 
w "TH var“ 4 
Fa d ka ER & KE 
RV: NER 2 
Va Lei PESTIS J 
3 ` Ste nu: ey 
e Véi Ir 
e SO, ech 
À P Tea rt a 
š Enp y En t7 = t 
a Vie 
ALY ` 
dÉ & Na Pg" 
st 4c eb 
8 Al t á! i 
MI i 
$ ei Be 





518 Harn- uad Stoffwechsel. — Diabetes. 


Reese und v. Wohlgemuth sich ergebenden Ansicht, dafs die im 
Organismus normal vorkommenden optisch-aktiven Aminosäuren l-Tyrosin, 
d-Leucin und d-Alanin bei Verfütterung nicht in den Harn übertreten, 
sondern sehr vollständig verbrannt werden. Malfatti- Innsbruck. 


Über die Eigenschaften und Darstellung des harnsäurezer- 
störenden Fermentes der Rinderniere und Hundeleber. Von 
Dr. Wiechowski und Dr. H. Wiener. (Beitr. zur chem. Physiol. und 
Pathol., Bd. 9, S. 247.) 

Die Produkte der fermentativen Harnsäurezersetzung durch 
tierische Organe. Von Dr. Wilhelm Wiechowski. (Ebenda, S. 295.) 

Die Wirkung des harnsäurezerstörenden Fermentes, das in vielen 
Organen nachgewiesen wurde, läfst sich am besten an trockenen Organ- 
pulvern studieren, in denen es unbeschränkt haltbar ist. Die Organe 
werden vollständig entblutet, fein zerrieben, durch ein Sieb geprefst und 
in dünnsten Schichten auf Glasplatten bei 30° und reichlichster Venti- 
lation getrocknet. Dieses Pulver wird dann zum Versuche mit Toluol 
gemischt durch eine Farbreibemaschine geschickt. Durch Toluol können 
dem so erhaltenen feinsten Pulver eine Menge fettartiger Substanzen 
entzogen werden. Ebenso entzieht Alkohol eine Menge von Extraktiv- 
stoffen, deren Anwesenheit auf das Ferment ungünstig einwirkt; Wasser 
und Salzlösungen entziehen dem Pulver viele Eiweilsstoffe — Organ- 
plasma —, aber nicht das Ferment. Nur längeres Aufschlielsen (fünf- 
bis sechstägige Dialyse) mit 0,05°/, Lösungen von kohlensaurem Natron 
trennt das Ferment von den zertrümmerten Zellresten. Aus so erhaltenen 
Lösungen läfst sich das Ferment durch Fällen mit niedrigen Konzen- 
trationen von Kaliumazetat eiweils-, farbstoff- und salzfrei in vorzüglicher 
Wirksamkeit und Haltbarkeit erhalten. Es zerstört Harnsäure nur bei 
reichlicher Gegenwart von Luft beim kräftigen Durchschütteln mit 
solcher, weniger bom blosen Durchleiten, gar nicht ohne Luft. Hitze, 
saure Reaktion vernichten das Ferment. Salze, manche Antiseptika, 
Pepsin und Trypsin schädigen es, ebenso Serum und ÖOrgansäfte der- 
selben, nicht aber jene einer fremden Tierart. Das Endprodukt der 
Harnsäurezerstörung ist Allantoin, das ja auch bei der Oxydation der 
Harnsäure mit Permanganat entsteht. Die Ausbeute ist nahezu quanti- 
tativ, andere stickstoffhaltige Spaltungsprodukte, wie Harnstoff usw., 
konnten nicht nachgewiesen werden. Es ist anzunehmen, dafs auch in 
vivo die Harnsäure von den Organen zu Allantoin und Kohlensäure ab- 
gebaut wird. Die Angaben in der Literatur widersprechen dieser An- 
nahme nicht, doch ist das Schicksal des Allantoins im Organismus ver- 
schiedener Tiere und des Menschen noch nicht genügend aufgeklärt, um 
strenge Folgerungen nach der angedeuteten Richtung ziehen zu können. 

Malfatti-Innsbruck. 


Zur Frage der Kreatin- und Kreatininausscheidung beim 
Menschen. Von Kj. Otto of Klercker. (Beitr. z. chem. Physiol. u. 
Pathol., Bd. 8, S. 59.) 


Bei kreatininfreier Kost bleibt, ganz unabhängig von der zugeführten 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes, 519 


Eiweifsmenge, der Kreatiningehalt des Harns ziemlich konstant. Bei 
Fleischzufuhr fand Verf. keine Vermehrung des Kreatinins, wohl aber 
eine solche des Kreatins. Einmal betrug das ausgeschiedene Kreatinin 
HUT, des mit dem Fleische eingeführten, in den meisten Fällen weniger. 
Bei Einnahmen von Fleischoxtrakt, der sowohl Kreatin als Kreatinin 
enthält, traten in den Harn 20—31 °/, des eingeführten Kreatins und 
45—63 °;, des eingeführten Kreatinins über. Die beiden chemisch so 
nahe werwandten Körper sind also physiologisch sehr voneinander unter- 
schieden oder besser unabhängig. Malfatti-Innsbruck. 


Die Wirkung des Lecithins auf den Stoffwechsel. Von Dr. B. 
Slowtzoff. (Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol., Bd. 8, S. 870.) 

In eingehenden Stoffwechseluntersuchungen hat Verf. die bisher 
nicht ganz fest gestützte Annahme der günstigen Wirkung des Lecithins 
auf den Stoffansatz festgestellt. Unter der Einwirkung von Lecithin — 
0,5—-2 g — fiel die Stickstoff- und mit ihr die Schwefel- und Phosphor- 
säurea u sscheidung. Das Fallen der Schwefelsäureausscheidung beweist, 
das der zurückgehaltene Stickstoff in Form von Eiweifs und nicht etwa 
anderer Fxtraktivstoffe angelagert wurde. Das Fallen der Phosphor- 
wette Jäfst vermuten, dafs diese Eiweilskörper nukleoalbuminartiger 
Natur sein mögen (Myostromin Danilewskis). Malfatti- Innsbruck. 


Über die diagnostische Bedeutung der Indikanurie. Von 
Privatdozent B. J. Slowtzow. (Russki Wratsch 1907, No. 7.) 

Schlüsse: 

l. Die Quantität des Indikans im Harn zu bestimmen (auf 24 Stunden 
berechnet), ist sehr nützlich, da man auf diese Weise die drohende Ge- 
fabr ‚ der Überfüllung des Organismus mit Indol, Indoxylol und weiteren 
änlichen Körpern voraussehen kann. 

Eiw 2. Das Auftreten von Indikan im Harn kann durch Zerfall von 
d exísstoffen im Darm, durch Verfall von Zellen in Abszessen und 
ICh, A llteration des Stoffwechselprozesses bedingt sein. 

and “3. Durch entsprechende Mafsnahmen kann man die eine oder die 
Ha ere Form der Indikanurie ausschliefsen, und auf diese Weise die im 
ri M auftretende Indikanmenge als diagnostisches Hilfsmittel in schwie- 
Sen klinischen Fällen benutzen. M. Lubowski-Berlin-Wilmersdorf. 


rich Über den Abbau des Cholins im Tierkörper. Von Dr. Hein- 
Y on Hoefslin. (Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol., Bd. 8, S. 27.) 
teila Das Lecithin der Nahrung und das im Organismus vorhandene wird 
ona Darme, teils im Stoffwechsel zersetzt. Was daraus entsteht, ist, 
ders in bezug auf das wichtigste Spaltungsprodukt, das Cholin, 
Skannt. Wenn eine Abspaltung der Methylgruppen stattfinden sollte, 
ersch Ach den Erfahrungen bei anderen Körpern nicht unwahrscheinlich 
oth oD, mufste im Harn Ameisensäure wie nach der Verabreichung von 
den N1alkohol auftreten. Bei Einverleibung von Cholin wurde nun in 
ine ersuchen des Verfs. in keinem Falle unzersetztes Cholin, nur in 
TO Falle Glyoxylsäure (Oxydation des bei Entmethylierung entstehen- 


wag 


590 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


den Methyloxaethylamins), stets aber eine Vormehrung der Ameisen- 
säure nachgewiesen. Besonders bei subkutaner Einverleibung war diese 
Ameisensäurevermehrung deutlich und erreichte 7U°/, des aus der ver- 
wendeten Cholinmenge berechneten Wertes. Viele Substanzen, wie z. B. 
Tellur und Selen, Pyridin, und andere Körper werden im Organismus 
mcthyliert und als Methylderivate im Harn ausgeschieden. Es ist nun 
von Interesse, dafs das Cholin, das im Organismus so leicht Methyl ab- 
spaltet, beim Zusammenbringen mit Tellur unter bestimmten Bedingungen 
den charakteristischen Tellurmethylgeruch gibt; frisches Lecithin tut das 
nicht. Malfatti-Innsbruck. 


Über Nachweis und physiologisches Verhalten der Glyoxyl- 
säure. Von Dr. Ernst Schlofs. (Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol., 
Bd. 8, S. 445.) 

Die Glyoxylsäure im Harn wird nachgewiesen durch das Entstehen 
eines roten Farbenringes beim Unterschichten der mit Indol versetzten 
Harnprobe mit konzentrierter Schwefelsäure. Die Probe ist nicht zuver- ` 
lässig, da auch Nitrite, die im Harn, besonders in zersetztem Harn, 
häufig vorkommen, die Farbenreaktion geben, und da auch manclıe 
Harne überhaupt bei der Berührung mit konzentrierter Schwefelsäure 
sich dunkel färben. Die Nitrite können entfernt werden durch Ver- 
setzen des Harns mit etwas verdünnter Schwefelsäure und 10 Minuten 
langes Stehenlassen vor Anstellung der Probe. Auch die Verwendung 
von Skatol statt Indol läfst die Beeinträchtigung der Reaktion durch 
Nitrite vermeiden, doch ist die Skatolreaktion weniger zuverlässig, oft 
viel kräftiger, oft viel schwächer als die Indolreaktion. Die Entfernung 
des mit Schwefelsäure allein sich dunkel färbenden Körpers, der bei 
reiner Fleischkost (und nach Alkoholzufuhr) fehlt, liefs sich nur mit 
guter Tierkohle erzielen. Wird die Entfärbung mit Tierkohle und die 
Behandlung mit verdünnter Schwefelsäure nacheinander ausgeführt, so 
lassen sich durch den positiven Ausfall der Indolprobe, neben dem 
immer noch die Skatolprobe ausgeführt werden soll, noch 0,01 Milli- 
gramm Glyoxylsäure nachweisen. Da eine Reihe von Substanzen, u. a. 
Alkohol, Milchsäure, Glyzerin, Glykokoll, Weinsäure, Dextrose bei der 
künstlichen Oxydation Glyoxylsäure entstehen lassen, wurde eine Reihe 
von Substanzen, darunter auch die von Eppinger mit positivem Er- 
folge geprüften: Alkohol, Glykokoll, Glykolsäure, Sarkosin und Betain. 
am Kaninchen geprüft, aber mit negativem Erfolge; nur glyoxylsaures 
Natron und auffallenderweise Allantoin liefsen nach Verfüttterung Gly- 
oxylsäure in den Harn übertreten. Es ist dies allerdings kein Beweis, 
dafs die Oxydation im Organismus nicht über Glyoxylsäure führt. denn es 
stellte sich heraus, dafs die Gewebe starke glyoxylsäurezerstörende Kraft 
haben. Die Zerstörung scheint fermentativer Natur zu sein und wurde 
am stärksten gefunden im Brei von Leber, dann von Gehirn, weniger 
von Niere und Muskeln, kaum von Lunge und Milz. Bakterienwirkung 
durch Fäulnis konnte bei der kurzen Versuchsdauer (1—2 Stunden bei 
Leber) nicht für das Verschwinden der Glyoxylsäure verantwortlich ge: 
macht werden. Malfatti- Innsbruck. 


Gonorrhoe und Komplikationen. 521 


The colloidal nitrogen in the urine. Von W. McKim Marriot 
und C. G. L. Wolf. (Amer. Journ. of Med. Scienc. March 1907.) 

Die Verfasser kommen zum Schlusse, dals der kolloidale Stickstoff 
Salko wskis in keiner Beziehung zum unbestimmt bleibenden Stickstoff 
steht. Die Methode kann für klinische Zwecke nicht empfohlen wer- 
den. In dem durch Alkohol aus dem Urin ausgefällten (Gemenge war 


das von Salkowski beschriebene stickstoffhaltige Kohlehydrat nicht 


nachweisbar. von Hofmann- Wien. 


Win Fall von Gicht bei einem vierjährigen Kinde. Von Dr. 
M.F ra enkel, Berlin. (Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 5.) 
Bei einem vier Jahre alten Knaben bestanden seit 1!/, Jahren etwa 
1n monatlichen Zwischenräumen wiederkehrende Anfälle von Schmerz und 
Ansch wellung in den Metatarsophalangealgelenken der rechten grofsen rud 
zweiten Zehe; die Anfälle traten gewöhnlich des Nachts auf und dauerten 
3 bis 4 Tage. Dor Verf. hatte Gelegenheit, einen stärkeren und einen 
schwächeren Anfall selbst zu beobachten; er hält sie ihrem klinischen 
Verlauf nach für typische Gichtanfälle; im Röntgenbilde gelang die 
Fixierung der Anftreibung an den Knochen nicht, der Urin enthielt 
grilse Mengen oxalsauren Kalks und Harnsäure, sein spezifisches Gewicht 
betrug 1025. Nach Verabfolgung einer Verbindung von Formaldehyd 


und eitronensaurem Natron (Arthrosan) blieben die Anfälle längere Zeit aus. 
Ludwig Manasse-Berlin. 


Ill. Gonorrhoe und Komplikationen. 


Chronische Gonorrhoe. Von R. Matzenauer. (Wiener klin. 
Rundschau Nr. 5 1907.) 

Der Artikel beschäftigt sich hauptsächlich mit der Prognose der 
chronischen Gonorrhoe resp. mit der Frage des Ehekonsenses. M. steht 
e on Standpunkt, dafs, solange die Tripperfäden sich makroskopisch 
ER ıhre weilslich-gelbe Farbe, durch klobige Verballungen und Bröckel 
hierm _ durch ihr . rasches Zubodensinken im Uringlas auszeichnen und 
ge ihren Eitergehalt dokumentieren und solange dieses Sekret bei 
kör m1 kroskopischen Untersuchung einen reichlichen Gehalt an Eiter- 
weie Chen, polynukleären Leukocyten mit fragmentierten Kernen auf- 
norrh ` wir das Vorhandensein einer noch bestehenden chronischen Go- 

O®& nicht ausschliefsen können, auch wenn trotz wiederholter Unter- 


Such I ; 
Dozen keine Gonokokken nachgewiesen werden konnten. 
von Hofmann-Wien. 


"Won chronischer Gonorrhoe stammende Gonokokkenkulturen 

anikroskopische Präparate. Von R. Picker. (Budapester kgl. 

Verein, 27. Okt. 1906.) 

4A ls Nährboden diente eine Mischung von T'halmannschem Agar 
lutserum. Auf diesem gelang es, Reinkulturen von Gonokokken 


tan Achten aus Fällen von Gonorrhoe, die 4 Monate bis 3'/, Jahre be- 
den. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Iria 


mit 
Zu 


522 Penis und Harnröhre. — Hoden und seine Hüllen usw. 


Report of a case of gonorrhoea of the mouth. Von Samuel 
M. Hyman, M. D. (New York Medical Journal, 24. I. 1907.) 

Bukkale Gonorrhoe durch Coitus praeternaturalis bei einem Weibe. 
Subjektive Symptome Schmerz, Schwellung, Hitze, staıker Foetor, Speichel- 
flufs, Blut und Nausea; die Symptome sollen mit dem Gefühl der Trocken- 
heit begonnen haben. Objektiv findet sich die Mucosa mit einer 
milchigen Pseudomembran belegt, darunter Rötung und Schwellung. 
Mikroskopisch neben Eiterkörperchen und Streptokokken Diplococcus 
Neisseri. Keine Genitalgonorrhoe. Behandlung zunächst mit Kalomel, 
dann Argent.-Pinselungen. Später Borsäurespülungen des Mundes. 

Fritz Böhme- Chemnitz. 


Die Behandlung der gonorrhoischen Posteriocystitis seitens 
des praktischen Arztes. Von Prof. Kromayer-Berlin. (Münch. med. 
Wochenschr. Nr. 1. 1907). 

Verf. empfiehlt zu obigem Zwecke Einspritzung von 5—10—20 ccm 
einer 2—3 °/,igen Albarginlösung in die Blase mittels Mercierkatheters 
und — nach Zurückziehen des letzteren — der gleichen -Menge in die 
Urethra posterior als reizlos und leicht auszuführen. Bei starker Em- 
pfindlichkeit befürwortet er bei stationären Kranken eine Trinkkur mit 
grolsen Mengen Bärentraubentee und weist die Pat. an, möglichst häufig 
Harn zu lassen. Bei ambulanter Behandlung gibt er von den inneren 
Mitteln dem Santyl den Vorzug, das in hohen Dosen (bis 3 mal täg- 
lich 60 Tropfen) weder Magen noch Nieren reizt und gute Erfolge 
aufweist. Brauser- München. 


IV. Penis und Harnröhre. 


The Conservative Treatment of Urethral Stricture. Von 
Muren. (Medical Record, 17. III. 1906.) 

M. tritt für langsame Dilatation der Harnröhrenstrikturen an Stelle 
der zu häufig angewendeten Urethrotomie ein. Hentschel- Dresden. 


V. Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


Ein Fall von Stieltorsion eines sarkomatös degenerierten 
Bauchhodens. Von J. Boese. (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 11 1907.) 
-= Bei dem 38 jährigen Patienten war vor 7 Monaten unter kolik- 
artigen Schmerzen eine Geschwulst in der linken Unterbauchgegend auf- 
getreten. Solche kolikartigen Schmerzanfälle wiederholten sich noch 
zweimal, wobei jedesmal die Geschwulst grölser wurde. Zur Zeit der 
Aufnahme hatte der Tumor die Gröfse eines Kindskopfes, war glatt, 
von derber Konsistenz und reichte mit dem unteren Pol ins kleine 
Becken. Da der linke Testikel im Skrotum nicht nachzuweisen war, 
wurde die Diagnose auf malignen Tumor eines im Bauch retinierten 
Hodens gestellt. Bei der Operation wurde diese Diagnose bestätigt, 
doch zeigte sich, dafs der Stiel des Tumors um 180° entgegen dem 
Sinne des Uhrzeigers gedreht war. Abbindung des Stieles und Exstir- 
pation der Geschwulst, die sich bei der mikroskopischen Untersuchung 
als alveoläres Rundzellensarkom erwies. Heilung. von Hofmann-Wien. 


Prostata. — Blase. 5923 


VI. Prostata. 


Über die Röntgenbehandlung der Prostatahypertrophie und 
ihre Technik. VonF.Haenisch (aus dem Röntgeninstitut von Albers- 
Schönberg u. H.) (Münch, med. Wochenschr. 1907, No. 14). 

Verf. hat die Methode in einer nicht näher bezeichneten Anzahl 
von Fällen angewandt. Er gebraucht keine speziell konstruierten, sondern 
Jede beliebige Röhre von „geeignetem“ (welchem?) Härtegrade. Die 
Röhre ist an einem Gochtschen Wandarm angebracht, der in einer 
an der Wand befindlichen Laufschiene sich bewegt. Das Speculum be- 
steht aus Bleiglas, ist 10 cm lang, leicht konisch, vorn abgeschrägt und 
wird durch Vermittelung einer Gundelachschen Schutzkappe aus Blei- 
glass fest mit der Röhre verbunden. Der Patient befindet sich in Knie- 
ellenbogenlage, Bauch und Arme entsprechend unterstützt (Illustration!). 
Die Expeositionszeit betrug 6 Minuten, in 2—3 Wochen wurde 6—8 mal 
bestrahlt. Die Erfolge waren „im allgemeinen ähnlich denen anderer 
Autoren, wenn auch nicht so eklatant wie sie manche gehabt haben“. 

Die dicken, weichen, glandulären Formen schienen sich mehr zu eignen 
als die fibrösen. Besonders betont Verf. die Notwendigkeit der gleich- 
zeigen Behandlung der Blase. Brauser- München. 


VII. Blase. 


: Über den Wurmfortsatz und die Harnblase als Bruchinhalt. 
Von P. Clairmont. (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 11 1907.) 

‚In dem einen Falle handelte es sich um eine paraperitoneale Blasen- 
nis bei einem 68 jährigen Manne, die als direkter linksseitiger Leisten- 
ar eingeklemmt wurde. Herniotomie und Radikaloperation nach 

assa ni. Heilung. 

Im zweiten Falle handelte es sich um eine rechtsseitige walnuls- 
as K ruralhernie bei einer 44 jährigen Frau. Im Anschlufs an die 
vela operation kam es zu einer intraperitonealen Blasenperforation, 
Hela eine Laparotomie nötig machte. Naht der Perforationsstelle. 

ang. von Hofmann-Wien. 


Ink Zur Frage der Komplikation der Vesiko-Vaginal-Fisteln durch 
Ka Zeration der vorgefallenen Blase. Von Prof. W. S. Grusdew, 
an. (Russki Wratsch 1907, No. 4.) 
Kol ce: &rfasser beschreibt einen Fall, den er in der geburtshilflichen gynä- 
han 4. Schen Klinik der Kasaner Universität zu beobachten und zu be- 
eini eln Gelegenheit hatte. Aus der Analyse des Falles ergeben sich 
Sschlufsfolgerungen in bezug auf die Atiologie des Blasenvorfalles 
er Inkarzeration der Blase bei Fisteln. In dem Falle des Verfassers 
kö die Veranlassung zur Entwickelung des Vorfalles die schweren 
Bau Fläche Arbeiten, welche die Patientin unter Anspannung der 
auf Presse und bedeutender Steigerung des intraabdominalen Druckes 
cam Lande zu verrichten hatte: die (irundursache aber war Er- 
ung des Bandapparates der Blase und sämtlicher Beckenorgane 


“ren 


. do“ 


“ae 


524 Blase. 


überhaupt: bei der Patientin bestanden Rückwärtsbeugung der Gebär- 
mutter, Senkung der letzteren und Senkung der vorderen Wand der 
Scheide. Diese Störung des normalen mechanischen Status der Gebär- 
mutter oder der Scheide konnte nicht ohne Einflufs auf die Lage der 
Blase bleiben und mulste schliefslich zu Senkung und zu Vorfall des 
Organs führen. Die Ursache der Inkarzeration lag in der relativ gerin- 
gen (Grölse der Fistel, durch welche die Blase ganz, d. h. mit der ganzen 
Masse ihrer Wandungen, vorgefallen war. AÄulserdem spielte bei der 
Entstehung der Inkarzeration eine Kontraktion der erhalten geblie- 
benen Fasern des Sphinkters des Blasenhalses eine gewisse Rolle. 
Mit anderen Worten, die Inkarzeration der Blase bei dieser Patientin 
hing von denselben Verhältnissen ab, welche nicht selten bei Vorfall 
der Blase durch die Harnröhre vorhanden sind, bei Vorfall der Blase 
durch Vesiko-Vaginal-Fisteln jedoch gewöhnlich fehlen. 

Die auf dieser Basis entstandene Inkarzeration der Blase ist eine 
sehr ernste Komplikation, indem die Blasenwand, welche sich in schlechten 
Ernährungsverhältnissen befindet und aufserdem leicht mechanischer Rei- 
zung von seiten der Kleidung ausgesetzt ist, rasch der Nekrose verfällt. 
In dem Falle des Verfassers blieb die Nekrose nur auf einen Teil der 
Blasenschleimhaut beschränkt; es ist aber zweifellos, dafs die Nekrose, 
wenn der Patientin nicht rechtzeitig Hilfe geleistet worden wäre, sich 
auch auf die übrigen Schichten der Blasenwand ausgebreitet und eine 
vollständige Zerstörung des Organs mit allen Folgen herbeigeführt hätte. 
Schliefslich geht aus dem Falle des Verfassers hervor, wie zweckmässig 
und wirksam die Reposition der vorgefallenen und inkarzerierten Blase 
mittels sympatischen Druckes ist. M. Lubowski-Berlin-Wilmersdorf. 


Prolapsus de la muqueuse vésicale à travers lorifice de 
Purètre. Von F. Villar. (Rev. de chir. 1905, Nr. 9.) 

Der Schleimhautprolaps wurde durch Sectio alta beseitigt, zugleich 
hörten die schmerzhaften Nieren- und Blasenkrisen auf, an denen die 
Frau vorher gelitten hatte. Die Ursache des Prolapses kann sein 1. eine 
besondere Schlaffheit der Blasenschleimhaut, 2. ein Erschlaffungszustand 
des Spincter vesicae. Für diesen Fall wäre allerdings auch die Ent- 
fernung der prolabierten Schleimhaut per vias naturales angebracht ge- 
wesen, da ja die Harnröhre infolge des Prolapses schon stark erweitert 
war. Hentschel- Dresden. 


Sphincteric control of the male bladder, and its relation to 
prostatectomy. Von C. A. Ball. (Practitioner. March 1907.) 

B.s Versuche beweisen, dafs (beim Hunde wenigstens) der für den 
Blasenverschlufs wichtige Muskel der Sphinkter internus ist. Um beim 
Menschen die gleiche Bedeutung des M. sphincter int. festzustellen, 
mülste man Untersuchungen an jungen Personen mit nicht hypertrophierter 
Prostata anstellen. Über das Verhalten der Sphinkteren der Blase nach 


“ Prostatektomie besitzen wir noch zu wenig Erfahrungen. 


von Hofmann- Wien. 


Nieren un! Harnleiter. 525 


Weibliche Blase und Genitalerkrankungen. Von W. Zangen- 
meister. (Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäk., Bd. 55.) 

Z. bespricht in dieser Arbeit den Scheidenprolaps, die Blasenfisteln, 
Myome und Collumkarzinome. Andeutungen von Scheidenprolaps finden 
sich schon bei geringen Graden von Senkung der vorderen Scheiden- 
wand. In den schwersten Fällen liegt fast die ganze Blase vor der 
Vulva. Auch da kann die cystoskopische Untersuchung ausgeführt wer- 
den. _ Cystoskopie bei Collumkarzinom ermöglicht es oft, die Aussichten 
einer Operation präziser auszusprechen. Dicke Wülste und lokales 
bullöses Ödem bei einem einigermafsen vorgeschrittenen Collumkarzinom 
lassen vermuten, dafs das Karzinom bereits die Blase ergriffen hat. Bei 
Myom kranken bestehen in ?/, aller Fälle Blasenschwerden. Jedoch kann 
keine einzige Eigentümlichkeit der Myomblase eine Erklärung für die 
Häufigkeit der Blasenbeschwerden abgeben, es wirkt vielmehr eine 
ganze Reihe von Momenten zusammen. Von Blasensymptomen sind zu 
nennen: vermehrter Harndrang, besonders nachts, als häufigste Erschei- 
nung, ferner Druck auf die Blase und Schmerzen während oder nach 
der Hoarnentleerung, auch Inkontinenz und Ischurie. Ungewöhnliche 
Fixationen der Blase dürften die Ursache dieser Harnbeschwerden sein. 

Hentschel-Dresden. 


VIII. Nieren und Harnleiter. 


The pathology and treatment of nephritis. Von R. W. Web- 
ster. (Amer. Journ. of Med. Scienc. Febr. 1907.) 
Die wichtigste Rolle spielt die diätetische Behandlung, welche bei 
akuten Nephritis durch 4—5 Tage in einer mehr oder weniger 
tren gen Hungerkur zu bestehen hat. Da bei akuter Nephritis Wasser 
ureh die Nieren schwer eliminiert wird, ist die Verordnung von Milch- 
diät irrationell, solange hochgradige Oligurie und Ödeme bestehen. Bei 
chronischer Nephritis ist eine abwechslungsreiche, reizlose Kost ange- 
mgt. Der günstige Einflufs der Kochsalzentziehung ist noch nicht in 
arand freier Weise bewiesen. Die symptomatische Behandlung hat 
Pierle? Indikationen gerecht zu werden: 1. Aufrechterhaltung des 
ichgewichts im Gefälssystem; 2. Beherrschung des Ödems; 3. Regu- 
Tuamger der Leber- und Darmfunktion. Eine grofse Zukunft scheint die 
Margrische Behandlung der Nephritis nach Edebohls zu haben. 

von Hofmann-Wien. 


der 


lie 
ch 


hei 33 emerkungen zur diätetischen Behandlung der Nierenkrank- 
ten. Von C. v. Noorden. (Allg. Wiener med. Ztg. 1906, Nr. 10 u. 11.) 


Untersuchungen ergaben, dafs ein Unterschied zwischen dem Fleische 


de $ i 
m = &Augetiere und der Vögel vom chemischen Standpunkte aus sich nicht 
nih r Qufrechterhalten läfst, dals somit das dunkle Fleisch bei der Er- 


Die Ang des Nephritikers nicht mehr ausgeschlossen zu ‚werden braucht. 
mell; & anze diätetische Behandlung mufs jedoch ebenso wie beim Diabetes 
ol, artus genau individualisiert werden. Malsgebend hierfür ist die Frage, 

Ye Endprodukte des Stoffwechsels, besonders die N-haltigen, dann 


526 Nieren und Harnleiter. 


auch Wasser und Salze, in genügender Weise ausgeschieden werden. 
Im allgemeinen gewährt Verf. den Patienten mit Schrumpfniere eine 
möglichst hohe Eiweilszufuhr, da sie sich dabei auf die Dauer am besten 
befinden. Die Flüssigkeitszufuhr dagegen beschränkt er auf 1'/, bis 
1'/,1 am Tage, mehr ist vom Übel; an einem Tage der Woche erlaubt 
er bis zu 31. Bei akuter Nephritis tritt Verf. für eine möglichst stick- 
stoffreie Diät ein mit Rücksicht auf die schonungsbedürftigen erkrankten 
Nierenepithelien. Die Patienten erhalten nur etwa 200 g Rohrzucker täg- 
lich in Wasser gelöst nebst Fruchtsäften, was zu einer dürftigen Deckung 
des Kalorienbedarfs für je 5 bis 8 Tage ausreicht. Die Resultate dieser 
Therapie sind befriedigend. Hentschel- Dresden. 


Über Nierenentzündung im Säuglingsalter als Komplikation 
von Darmerkrankungen. Von J. Pick. (Archiv für Kinderheilkunde, 
Bd. 40, H. 4—6.) 

Die Beobachtungen des Verfs. erstrecken sich auf 36 Fälle, und 
zwar sind dies 2 Fälle von Dyspnoe, 3 Fälle von akutem Darmkatarrh, 
23 Fälle von Cholera infantum, 4 Fälle von subakutem Darmkatarrh 
und nur 4 Fälle von chronischem Darmkatarrh. Nach Berücksichtigung 
der Literaturangaben geht Verf. näher auf die Fälle ein. Bezüglich der 
Atiologie der Nierenentzündung sind fast alle Autoren einig, dafs letz- 
tere eine Folge der Darmerkrankung ist. Meistens überdanert die 
Nierenaffektion das Darmleiden. Hentschel- Dresden. 


Über juvenile physiologische Albuminurie. Von B. Ullmann- 
Berlin. (Berl. klin. Wochenschr. 07, Nr. 5.) 

Zur Frage der physiologischen, bezw. orthotischen Albuminurie hat 
Verf. an gesunden Schulmädchen Untersuchungen angestellt, deren zu 
verschiedenen Zeiten entleerter Urin mehrere Male geprüft wurde; es 
handelt sich um mehrere Hundert Einzeluntersuchungen an 42 Kindern, 
von denen 14, also 33'/,°/,, Eiweils im Harn ausschieden, obwohl sie 
sonst als gesund galten; nur eins von diesen 14 Kindern hatte Scharlach, 
mehrere Halsentzündungen gehabt, bei 9 waren Masern oder Wind-. 
pocken als Vorkrankheit vermerkt. Im ganzen glaubt Verf. aus seinen 
Beobachtungen schliefsen zu dürfen, dass Anämie oder schwächliche 
Konstitution oder vorausgegangene Infektionskrankheiten nicht Voraus- 
setzung zum Zustandekommen der Albuminurie waren, dals ferner noch 
andere Gründe, als der Wechsel der Körperhaltung für Entstehen und 
Verschwinden derselben mitsprechen müssen; das Auftreten des Albumin 
im Urin war ganz sprunghaft, bei einigen Kindern zeigte der früh ent- 
leerte Urin einen gewissen Eiweilsgehalt, der spätere oder Abendurin 
nicht; viele von den Kindern mit Albuminurie befanden sich in gutem 
Ernährungszustande und alle in subjektivem Wohlbefinden. Įm Gegen- 
satz zu diesen Befunden stehen diejenigen an Erwachsenen: bei mehreren 
Tausend Personen, deren Urin Verf. in den letzten Jahren zu unter- 
suchen Gelegenheit hatte, fand er fünf- oder sechsmal Albuminurie ohne 
weitere Zeichen von Nephritis. B. schlägt für diese Form der Eiweils- 
ausscheidung anstatt „orthotische“ oder „Pubertäts-“, oder „prätuberkulöse 


Nieren und Harnleiter. 527 


Albuminurie 2 vor, sie» „juvenile physiologische A.“ zu nennen; die 
Prognose ist absolut günstig, eine besondere Therapie nicht nötig. 


Paul Cohn- Berlin. 


Anomalies rénales. Von Delmas und Fay. (Bull. de la soc. 
anat. de Paris 1906, p. 553.) 

Bei der Autopsie eines 50 jährigen Mannes wurde 'nur eine Niere 
gefunden, die in der r. Fossa iliaca lag. Sie war stark hypertrophiert, 
hatte zwei Ureteren, aber nur eine Arterie und eine Vene. 

Gelegentlich der Autopsie eines an einem Herzleiden Gestorbenen 
wurde statt der linken Niere eine etwa nufsgrofse Masse, in der einige 
Reste von Nierengewebe noch vorhanden waren, sowie ein haselnufs- 
grolser verkäster Herd gefunden. Der Ureter war in einen fibrösen 
Strang, der in seiner mittleren Strecke eine 2 cm lange durchgängige 
Strecke aufwies, umgewandelt. In der Blase war gar keine Spur, auch 
nicht in Form einer Narbe, von einer linken Ureterenmündung zu sehen. 
Diese Mifsbildung war wahrscheinlich nicht kongenitalen, sondern ent- 
zündlichen Ursprungs und hatte zu dieser hochgradigen Atrophie geführt. 

R. Kaufmann-Frankfurt a.M. 


The choice of procedure in Cases of loose kidney. Von R. 
T. Morris. (Amer. Journ. of Surg. 1907, p. 1.) 

Bei etwa 10 Prozent aller Frauen findet man Wanderniere. Aber 
sie macht in einem grofsen Teile der Fälle gar keine Beschwerden. 
Die Beschwerden, die sie verursacht, sind teils psychische, oft schwerster 
Art. So z. B. beobachtete M. 2 Fälle von periodischem Irresein, die 
durch Operation geheilt wurden; doch ist die Heilung in diesen Fällen 
weniger der Operation selbst, als der Beseitigung der Magendarm- 
beschwerden zuzuschreiben. Weitere Beschwerden, durch Wanderniere 
hervorgerufen, sind gastro-intestinaler Natur durch Einwirkung auf den 
N. sympathicus, zum Teil reflektorisch, wie Augenbeschwerden, oder 
Störungen seitens der Gallenblase oder des Blinddarms. Wieder andere 
sind rein lokale seitens der Niere, wie Nierenkoliken. In anderen 
Fällen wieder sind die Beschwerden mit verursacht durch die be- 
stehende (Gastroenteroptose. Die Behandlung soll in erster Linie darin 
bestehen, dafs man eine Heilung oder Besserung durch passende Ban- 
dagen zu erzielen sucht. Nur wo diese im Stiche läfst, soll man ope- 
rieren. M. operiert nach der Methode von Goelet mittelst einer durch 
den unteren Pol der Niere gehenden Känguruhsehnennaht, welche die 
Niere neben der Wirbelsäule an die Muskulatur fixiert: dann wird der 
untere Nierenpol mit Jodoformgaze tamponiert, so dafs die retroperi- 
toneale Tasche mit Gaze ausgestopft und das Ende des Streifens 
zum Wundwinkel herausgeführt wird. Nur die Scheide des M. Quadrat. 
lumbor. wird genäht und dann die Hautwunde, soweit als der aus der 
Wunde heraushängende Jodoformgazestreifen es gestattet. Nach acht 
Tagen wird die Gaze entfernt und nach 14 Tagen kann der Patient 
schon aufstehen. Die ganze Operation dauert etwa eine Viertelstunde. 

R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


528 Nieren und Harnleiter. 


Tuberculose du rein. Von E. Papin. (Bull de la soc. anat. de 
Paris 1906, p. 515.) 

P. berichtet über einen Kranken, bei dem vor vier Jahren die 
eine Niere entfernt worden war und der jetzt an Tuberkulose der an- 
deren Niere zugrunde gegangen ist. Die Obduktion ergab, dafs ein 
kleiner Rest der Niere bei der Operation zurückgeblieben war. Die 
andere Niere war zuerst kompensatorisch hypertrophiert und dann an- 
scheinend sekundär tuberkulös erkrankt. 


R. Kaufman n-Frankfurt a. M. 


Tuberculosis of the kidney in a infant. Von John Lovett 
Morse, A. M. M. D. Boston. (New York Medical Journal, 1. XII. 1906.) 

Genau und dauernd beobachteter Fall. Eltern und Umgebung absolut 
tuberkelfrei. Unter leichten Temperatursteigerungen tritt Abnahme des 
Kõörpergewichts, Verdauungsstörungen und schliefslich Trübung des Hams 
mit Eiterkörperchen und Eiweils auf. Feststellung des Kochschen Bacillus 
durch mikroskopischen Befund, Kultur und Tierversuch. Lungen sind 
frei, jedoch besteht eine retropharyngeale Entzündung und Tonsillitis. 
Mehrfacher Wechsel des Wohnortes, Liegekuren im Freien führen nach 
Entfernung der adenoiden Wucherungen und der hypertrophischen Ton- 
sillen zur Klärung des Harns und schliefslich zum Aufhören sämtlicher 
subjektiven und objektiver Symptome 

Atiologisch ist es naheliegend, die adenoiden Wucherungen und 
hypertrophischen Tonsillen als Eingangspforten anzusehen. Die Er- 
nährung in der frühesten Jugend erfolgte mit pasteurisierter Milch. In 
der Familie und Umgebung war keinerlei Tuberkulose vorbanden. 

Fritz Böhme-Chemnitz. 


Greffe de reins au pli du coude par soudures artérielles et 
veineuses. Von Jaboulay. (Lyon medical 1906, Nr. 39, p. 575.) 

Einen Beitrag zur Verpflanzung von drüsigen Organen, wie sie in 
Deutschland besonders Garre (vgl. Berichte der Gesellschaft Deutscher 
Naturforscher und Ärzte, Stuttgart 1906) zum Gegenstand seiner Experi- 
mente gemacht hat, liefert J. Wir geben seine Mitteilung in extenso 
wieder: 

Ich habe zweimal Nierenüberpflanzungen mit Gefälsnaht gemacht: 
ich wünschte eine funktionelle Ergänzung für die zu geringe Harnsekretion 
durch Einschaltung einer fremden gesunden Niere herzustellen, welche 
den von unheilbaren Krankheiten befallenen Nieren zu Hilfe kommen 
sollte. Die erste Kranke war eine 48jährige Frau mit Brightscher 
Krankheit, starker Arterienspannung, Kopfschmerzen, Verminderung des 
Gesichts und Gehörs, welche täglich nur etwa 500 ccm eines eiweils- 
reichen Urins mit 4 Gramm Harnstoff entleerte. Die Niere eines drei 
Stunden vorher erst getöteten Schweines wurde nach Aufbewahrung in 
warmer phvsiologischer Kochsalzlösung durch Gefäfsnaht mit den Ge: 
füfsen des Ellbogens der Kranken verbunden, und zwar die linke Niere 
mit dem linken Ellbogen. Eine Jängsinzision in der Richtung der 
Arteria brachialis legte die Vena mediana cephalica frei, welche ebenso 


Nieren und Harnleiter. 529 


wie die tiefer liegende Arterie vor der Bifurkation durchtrennt wurde. 
Eine Esmarchsche Binde lag am oberen Teil des Armes, eine Ligatur 
wurde an das periphere Ende der Giefälse gelegt, so dafs nach der Durch- 
schneiduug der zentrale Stumpf frei von Blut war. Die Niere wurde 
in der Wunde fixiert, die vordere Oberfläche nach vorn und nicht be- 
deckt, der Ureter nahm den tieferen Teil ein und war gegen den inneren 
Rand der Ellbogenfalte gerichtet. Die Arteria renalis wurde mit dem zen- 
tralen E::de der Arteria brachialis, die Vena renalis mit dem zentralen 
Ende der Vena media cephalica in folgender Weise verbunden: 

Jedes der Gefäfse der Kranken wurde in das Lumen eines Metall- 
röhrchens geeigneter Gröfse eingeführt und am Ende des Röhrchens bis 
zu einer zirkulären Rinne umgeklappt, wo es durch einen Faden fixiert 
wurde: die Interna des Gefälses wurde so Externa und konnte mit der 
gleichnamigen Schicht jedes Nierengefälses vereinigt werden; dieses Ge- 
fois wuar wie eine Kapuze um das Metallröhrchen und seine erste Be- 
deekung (durch das umgeschlagene Gefälsrohr) gezogen; ein neuer zirku- 
lörer Faden hielt das Aneinanderliegen der Gefälswände aufrecht. Nach 
Entfernung der Esmarchschen Binde flofs das arterielle Blut durch die 
Brachialis und ihre Naht in die Arteria renalis und die anastomosierte 
Niere. Dieselbe schwoll an und dehnte sich aus, und ein Tropfen Blut 
kam an einer Stelle der Konvexität, wo eine kleine Verletzung bei der 
Abnahme der Capsula adıposa entstanden war. Die Ellbogenwunde wurde 
oben genäht und ein grolser Verband um die Niere und den in recht- 
winkliger Stellung fixierten Arm gelegt. 

Eine starke Diurese war das einzige Resultat dieser Überpflanzung: 
am selben und am nächsten Tage entleerte die Kranke je 1500 ccm 
zwar eiweilshaltigen Harns, aber mit 16 Gramm Harnstoffgehalt. Die 
eingepflanzte Niere funktionierte aber nicht. Nach Beseitigung des Verbandes 
am dritten Tage war die freie Oberfläche der Niere blau, stellenweise 
schwärzlich. Temperatur nur 32" C., die tiefe Oberfläche in Berührung 
mit den (Geweben der Kranken war rosig und schon mit der Nachbar- 
schaft verwachsen. Die Thrombose war klar. die Niere wurde entfernt 
und eine Ligatur um das zentrale Ende der (iefälse gelegt. Gerinnsel 
verlegten die Lichtung von vier (Gefälsen. Aus dem Ureter, dessen gan- 
gränöses Ende abgeschnitten wurde, konnte man auf Druck eine Spur 
sauren, Lackmus rötenden, Harns entleeren, der aller Wahrscheinlichkeit 
nach erst nach Herstellung der Anastomose sezerniert worden war. Die 
künstliche Zirkulation war in der Tat in der transplantierten Niere zu- 
stande gekommen, aber war nur von kurzer Dauer gewesen: eine rasche 
Thrombose hatte sie unterbrochen; doch wur sie genügend gewesen, um 
die Niere zur Funktion zu bringen, deren exkrementielle Produktion 
sich durch die Spezialreaktion im Ureter kundgab. deren rekrementielles 
Sekret durch Eintritt in die venöse Zirkulation bei der Kranken eine 
deutliche Polyurie hervorgerufen hatte. 

Die mikroskopische Untersuchung bewies ihrerseits, dafs die Zirku- 
lation in der Niere zustande gekommen war; einige gesunde Stellen 
hatten ihre Gefäfse mit roten nicht deformierten Blutkörperchen an- 
gefüllt, andere Stellen zeigten die (iefülse fast leer; ein grofses Ge- 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 35 


> 

LS 

Äh 
e 


Ke VS 


Z See 
SET de 


NS 


> 


SETZT EIER Te 
y K e > A P KM w” 
Tas ke bebes A H WN e 


š xm 
ch 
a 
ki 
va 
WÉI 
je 


uge Ae 


- « = x KR 
Go ek ease at 


REH ki 
Ze SÉ t ` var 
= Kë Kgl (L > = 
s EE E E - d 


= 


Ee Rtg, At N 
Ë s Z nx `<” 


eg. e e: Ce, ` "s, 
-~ æQ a ee Hn al 
LI 


VK ZE Ze: 


EK KZ i Z 
en I Tec ner 
` ft. T.i j 


D ei n ei 


n aY; s> 
LR 


E 


er (2 
ee 


am 


Zr 


f Kai kA = ém: 
Fb Ta i š “ DC .r d +i Lë 
SR x "e š a e Ka e éi Ë: Le x< 
)- nee A - 2 r. = 5 Aire f P ` +? 5i 
ne Ba an, Pe = e "E 
us e m A - nz w e + u 
- a I ech" p A A Lei e 
ee u E e > o a, BT ` e Ais. ` A 
i Pe m ~ ⁄ " > _ Wi C `. 41 Une B M ABO ” 
ei), Leg? - E ET d D EZ? 
WE Pe pr KEN 4 ” r t- wi LW [š ke 
i . D ` ` E 
8 e "ra a = S ` Cp — 81 < / ` 
` š ? > 2 $ 
b gd d J É ` š, 
s n > = 


nn m 
Ar 
KEE 
= par. er 
WË CT 
P Er ` 


N _ 
ar I 
Cam: d ea 
Kegel 
a Co OS ; 
M a S D w ` m y*` 


NT 
yka 


De are eer Ai 


WEN wn ET nern = 
est dE n ` a a d 
d a“ e f ap En) Ši " ` oa f >E < sf eh 
BA (e GAR Ka ep Gest Ge, [ ` N SR L Zeg e E Pë x m 
BEAT KN x e AS b 


St es à Le 
ss 


Gë ry 
zg 
ç 


a e, - ém ` 
é’ puis tuning 
ey: Se z Ë 


Le zm 
"ab 


am 
A 


È 
t.i. 


epre e irn Pr P KN a 
E nn ae - 


= Ë 


EE 


Se 


1 


£ 
Ka ez 


Kä 


on 
š nee 


æ 
- 
- 
` 

p 


s e 
N 


> ~- 
` geg EEN 


E 
We el 
= 


- 


ee et 
b 
ER” 


D 1 e 
wir 
Bir 
pe u 
t-< 


zé er 
DLR 


LE EN A, 
TEE 
Tab Ge A Ä af 
DE 
KÄs I 


EZ 
WM 


D ) a a 


Ce 


(SV = r A 

AE e,, Ex 
SSC ee 

KA d 


me gt ht 


wb 
Tias 

er n 

e A, ` 


Re = p 
- 7 ` 2 


SC NEBEN? 


= 


` P < ` 407 PS 236 ` 
< Le e ` m en £ 
š e ` Q - Kampsa Win Le € A ` 
r e, ` š H CH E i = 
EE S dree KEN en SE de Vi DNR - 
re ag e - = e e ns bars = 
Si a d ` e d è dé fe? GR E h PE Ka =. d P ` 
a i ` d VM SAN ës vr a 
N AT f ; a rn Tre Sr ai Sr u T rT e 
s +: "a . KE u ee d ` š+ š 
` < å n CW > - é 
=> = EA d e 


2 





530 Nieren und Harnleiter. 


rinnsel schliefslich füllte eine grosse Arterie der Konvexität in der 
Gegend des Organs, wo der Brand anfing. 

Der zweite Fall war eine fünfzigjährige kachektische Frau, welche 
wegen Nierenerweiterung nephrostomisiert worden war und eine eiter- 
absondernde lumbare Fistel hatte. Ich hatte ihr im linken Ellbogen die 
linke Niere einer Ziege aseptisch mit Erhaltung des nervösen Appa- 
rates eingepflanzt. Die Nieren dieser Tiere sind klein und haben Ge- 
fälse grofsen Kalibers. Das Resultat war aber dasselbe; das eingepflanzte 
Organ mulste am dritten Tage aus denselben Gründen entfernt werden. 

Die Operation war in beiden Fällen von keiner Erheblichkeit und 
beide Kranke heilten von ihren Elbogenwunden per secundam und 
empfanden keinerlei Beschwerden von der Unterdrückung eines Teiles 
ihrer Vorderarmblutversorgung. Wenn diese Überpflanzung eines Tages 
für die Praxis verwendbar werden wird, wird sich keine Gegend des 
Körpers hierfür geeigneter erweisen, als die Elbogenfalte, wegen der 
Leichtigkeit und Harmlosigkeit der operativen Manöver. Ihre Effekte 
sind aber vorübergehend gewesen wegen der eingetretenen Thrombose, 
welche die gewünschte funktionelle Ergänzung, das Ziel und den Grund 
des Eingrifis, verhindert hat. Wäre es zu ihrer Vermeidung vielleicht 
besser, statt des Verfahrens über den Metallröhren — bei welcher 
Manipulation man leicht die Gefälse verletzen kann — bei der Gefäls- 
‚naht zur direkten Naht mit U-förmig gelegten Fäden überzugehen, in- 
dem man die Gefäfse umbiegt und Serosa an Serosa bringt? In Wahr- 
heit, diese Naht ist furchtbar schwierig wegen des kleinen Kalibers der 
Gefälse, insbesondere der Arteria brachialis. Aufserdem schafft die 
Überpflanzung von Material einer andern Tiergattung besonders günstige 
Bedingungen für die Blutgerinnung. So kann man sich den Unterschied 
der vorher besprochenen klinischen Resultate und der durch Carrel bei 
Experimenten erhaltenen günstigen Ergebnisse leicht erklären. 


Mankiewicz-Berlin. 


Volumineuse tumeur kystique sous-capsulaire du rein chez 
un enfant de mois !/, Von Gruget und Pappa. (Bull. de la soc. anat. 
de Paris 1906, S. 178.) 


Bei dem Kinde bestand eine Geschwulst, welche die ganze rechte 
Lumbalgegend und einen grolsen Teil des übrigen Unterleibes einnahm. 
Die Punktion ergab zuerst 1 Liter, dann 200—250 g einer urinösen 
Flüssigkeit. Die Obduktion des plötzlich gestorbenen Kindes ergab, dafs 
zwar eine Hydronephrose bestand, dafs aber der eigentliche Tumor von 
der Capsula propria der rechten Niere gebildet wurde, und zwar war die 
Membran auf Seite der Niere bedeutend verdickt, bestand aus derbem Binde- 
gewebe und war mit Leukocyten infiltriertt. Auf der konvexen Seite der 
Niere bestand eine leichte Erosion mit einem geringen Einrils. Offen- 
bar hatte das Kind ein Trauma erlitten und infolgedessen hatte sich 
Urin zwischen Niere und Nierenkapsel gedrängt und auf diese Weise 
den cystischen Tumor gebildet. l 

R. Kaufmann- Frankfurt a. M. 


Nieren und Harnleiter. 531 


Kyste hydatique du rein gauche. Néphrostomie. Guérison. 
Von F. Cathelin. (Bull. de la soc. anat. de Paris 1906, p. 550.) 

Die 23 jährige Kranke, Mutter zweier Kinder, litt seit 10 Jahren 
an zeitweise auftretenden und mehrere Stunden dauernden Schmerzen 
im linken Hypochonuriun, die besonders heftig während der letzten 
Schwangerschaft und noch drei Monate nach der Entbindung auftraten. 
Der Urin war zeitweise trüb und blutig. Die Untersuchung ergab einen 
mächtigen Tumor in der linken Bauchgegend, hohes Fieber mit starker 
Auftreibung des Leibes, trüben, sehr leukocytenreichen Urin, weshalb 
eine linksseitige Pyelonephritis diagnostiziert wurde. Die Niere wurde 
inzidiert, wobei es sich herausstellte, dafs es sich um einen, zum 
Teil vereiterten, Echinococcus mit zahlreichen Blasen handelte. Die 
Membran wurde extrahiert und die Niere drainiert. Die Patientin 
wurde 25 Tage nach der Operation ohne Fistel als geheilt entlassen. 

R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Cancer du rein gauche. Nephrectomie lombaire. Gu6rison. 
Von F. Cathelin. (Bull. de la soc. anat. de Paris 1906, p. 547.) 

Bei dem 53jšhrigen kräftigen Manne traten vor einem Monate 
sehr heftire Blutungen im Urin auf, die aber nur einige Stunden 
dauerten. Palpatorisch war nur eine leichte Schwellung in der linken Seite 
nachweisbar. Die Cystoskopie ergab eine gesunde Blase, beim Kathe- 
terismus des linken Ureters blieb der Katheter in einem Gerinnsel 
stecken und es war kein Urin erhältlich. Die Niere auf dieser Seite 
war der Sitz sehr starker Schmerzen. Es wurde ein Karzinom der 
linken Niere diagnostiziert und das kranke Organ, das mit dem Dia- 
phragma stark verwachsen war, mittelst des Guyonschen lumbo-iliakalen 
Schnittes entfernt. Die Niere wog 340 g und bestand, wie die histo- 
logische Untersuchung zeigte, fast ausschliefslich aus einem Spindelzellen- 
sarkom, welches das Nierengewebe gröfstenteils zerstört hatte. Der 
Patient überstand die Operation gut. 


R. Kaufmann-Frankfurt a M. 


Über perireneale Hydronephrose. \on Minkowski. (Mitteil. a. 
d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. Bd. 16, H. 2.) 

Verf. berichtet über einen seltenen Fall von Flüssigkeitsansammlung 
zwischen Nierenrinde und Nierenkapsel, wodurch letztere von der Niere 
abgelöst worden war. Bei der Untersuchung fand sich ein grofser Tumor 
im rechten Hypochondrium, der sich prallelastisch anfühlte und bis 
Nabelhöhe reichte. Durch Punktion wurde eine wasserklare Flüssigkeit 
entleert, ın der Harnstoff nachweisbar war. 

Da ınterne Behandlung nicht zum Ziele führte, wurde der Tumor 
inzidiert, worauf Heilung erfolgte. Als Entstehungsursache der Hydro- 
nephrose ist eine durch paroxysmale Kongestion der Niere erfolgte 
Dehnung der Nierenkapsel zu bezeichnen. F. Fuchs-Breslau. 


Papillome du bassinet. Nephrite hematurique. Von L. Bazy. 
(Bull. de la soc. anat. de Paris 1906, p. 541.) 
Bei einem 65 jährigen Manne traten wiederholt sehr profuse Blu- 


35* 


532 Nieren und Harnleiter. 


tungen auf. Die Palpation ergab eine Vergröfserung der linken Niere. 
und die Cystoskopie zeigte, dals die Blutung auch daher kam. Da die 
Operation ergab, dafs eine hochgradige Verdickung der Capsul. adiposa 
bestand, während die Niere selbst gesund zu sein schien, begnügte B. 
sich mit der Entfernung der XNierenkapsel. Da aber die Blutungen 
nach der Operation nicht aufhörten und den Kranken immer weiter 
herunterbrachten, wurde die Niere mittelst transperitonealen Schnitte: 
entfernt. Die Untersuchung der Niere ergab eine Dilatation der Nieren- 
kelche und des Beckens und im oberen Teile des Nierenbeckens ein 
haselnulsgrofses Papillom, das, wie die mikroskopische Untersuchung 
ergab, aulserordentlich gefälsreich war. Aufserdem war die Niere sehr 
stark kongestioniert und zeigte peritubuläre sklerotische Veränderungen. 
R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Zwei grofse Nierensteine demonstrierte Karl Franz in der Wie 
ner Gesellschaft der Ärzte am 15. Februar 1907. (Wiener klin. Wochen- 
schr. Nr. 8 1907.) 

Dieselben hatten verhältnismäfsig geringe Symptome gemacht, trotz- 
dem sie zu den grölsten in dieser Art überhaupt beobachteten zählten. 
In der rechten Niere fand sıch ein Konkrement, welches den reinen 
Abguls des erweiterten Nierenbeckens und der Kelche darstellt. Da- 
(sewicht desselben betrug 92 Gramm, die Länge 9 cm, die gröfste Breite 
6 cm. Im linken Nierenbecken fand sich ein 22 Gramm schwerer. 
6 cm langer Stein. Beide Konkremente bestanden aus phosphorsaurem 
Kalk, phosphorsaurer Magnesia und kohlensaurem Kalk. 

von Hofmannn-Wien. 


Aspirin als schmerzstillendes Mittel bei Nierensteinkolik. 
Von Hornung-Marbach a. Bodensee. (Münch. med. Wochenschr. 1907, No. 12). 

Die Wirkung des Mittels war eine eklatante, mehrere Stunden lang 
anhaltende; gegeben wurde 0,5 pro dosi, 1,0 pro die. Verf. weist auch 
auf die Prophylaxe der Koliken durch regelmäfsige Bewegungskuren. 
namentlich bei Pat. mit schwachem Herzen hin. Brauser- München. 


Ein seltener Fall von Nierenstein. Von G. E. Temkin. 
(Wratschebnaja Gazetta 1907, No. 9). 

Bei der 26 jährigen Patientin bestanden Symptome. welche auf eine 
Erkrankung des Urogenitalapparats hinwiesen. Von den subjektiven 
Symptomen waren vorhanden: erschwerte Harnentleerung, häufiger Harn- 
drang, sowie Schmerzen in der Nierengegend und im Unterleib; objektiv 
waren vorhanden: eine ganze Reihe von Symptomen, welche auf materielle 
Veränderungen von seiten der Urogenitalorgane hinwiesen, und zwar viel 
Eiter, Salze und Eiweils im Harn, Vergröfserung des linken Ovariums, de. 
Uterus und Erweiterung der Tuben. Die erschwerte Harnentleerung. 
die geringe Quantität trüben Harns und die Schmerzen in der Nieren- 
gegend, desgleichen das Resultat der Harnuntersuchung machten es klar. 
dass man es mit einer katarrhalischen und eitrigen Entzündung der 
Harnblase, der Nierenbeeken und des Nierengewebes zu tun hatte In 


Nieren und Harnleiter. 533 


Anbetracht des Umstandes, dafs die Patientin längere Zeit gynäkologisch 
erkrankt war, und in Anbetracht des erhobenen gynäkologischen Be- 
fundes wurde angenommen, dafs die Quelle, welche die Cystitis und 
Pvelonephritis hervorgerufen hatte, von der (enitalsphäre der Patientin 
ausging, und infolgedessen wurde die Diagnose auf Cystitis und Pyelone- 
phritis ascendens gestellt. Die Patientin starb, und die Sektion ergab 
folgendes: Oedema pulmonum, degeneratio adiposa cordis (Herz vergröfsert), 
degeneratio adiposa hepatis. tumor lienis; von seiten der Nieren Nephro- 
lithiasis, hydro- et pyonephrosis. Die funktionierende Substanz der Nieren 
war fast vollständig geschwunden; beide Nieren waren bedeutend in 
Form von Säcken mit Scheidewänden erweitert und mit Eiter und fest- 
gekeilten Steinen gefüllt. In der rechten Niere lag ein grofser Stein, 
der die ganze Niere einnahm. Daneben einige kleine Steine; in der 
linken Niere gleichfalls ein Stein von D cm Gröfse, aufserdem viele 
kleinere Steine. Von seiten der Blase: Cystitis purulenta; die Blase war 
erweitert. Von seiten der Genitalorgane: metritis chronica, salphingooplo- 
ritis sinistra, salpingitis dextra (Ovarien und Uterus unbedeutend er- 
weitert). 

Der Stein in der rechten Niere wog 282 g, derjenige in der linken 
22 gr, jedoch dürfte das ursprüngliche Gewicht ein bedeutend gröfseres 
gewesen sein, weil die Steine, nachdem sie 24 Stunden in Sublimat ge- 
legen hatten und dann getrocknet waren, zerbröckelten und einen Teil 
ihres Gewichts verloren. Auch die originelle Form der Steine erregte 
besonders Interesse: der grofse Stein in der rechten Niere hatte die 
Form eines Hundes, derjenige der linken hatte die Form eines Vogels. 

M. Lubowski- Berlin-Wilmersdorf. 


Präparate von Pyonephrose durch Phosphat - Nierensteine 
demonstrierte G. Klemperer in der „Berl. med. Gesellsch.“ am 6. II. 07: 

Der Fall ist dadurch bemerkenswert, dafs der 27 jährige Patient 
seinen enormen Nierenstein lange ohne jede Beschwerde trug, dafs trotz 
sekundärer Pyelitis und Pyonephrose der Mann in seiner Arbeit nicht 
behindert wurde und dafs erst eine akut einsetzende Blutvergiftung, 
hervorgerufen durch Verletzungen beim Katheterismus, zum Tode führte. 
Die Steine füllten die Nierenbecken beiderseits vollkommen aus, sie be- 
standen aus phosphorsaurem Kalk mit wenig kohlensaurem Kalk; 
der Patient hatte an Phosphaturie, bezw. Kalkariurie gelitten, und diese 
oft unterschätzte Anomalie wurde die Ursache seiner Nierensteine und 
der Sepsis. Die fünf Tage alten Präparate zeigten eine hervorragende 
Frische. sie waren im sogen. Schwitzkasten, in Formoldämpfen, auf- 


bewahrt. Paul Cohn-Eerlın. 


Renal lavage in pyelitis and certain forms of nephritis. Von 
F. M. Johnson. (Amer. Journ. of Urology, Nov. 1906.) 

J. kommt zu folgenden Schlüssen: 

1. Wenn Waschungen der Niere überhaupt gerechtfertigt sind, und 
dies scheint ja endgültig bewiesen zu sein. so sind sie in ausgewählten 
Fällen von Nephritis anwendbar. 


534 Nieren und Harnleiter. 


2. Wenn eine beginnende Nephritis durch Übergreifen entzündlicher 
Veränderungen des Nierenbeckens bedingt ist, wird erstere mit grolser 
Wahrscheinlichkeit durch Waschungen geheilt werden. 

3. Bei subakuter und chronischer parenchymatöser Nephritis, wenn 
das Stadium bindegewebiger Retraktion noch nicht erreicht ist, können 
Waschungen dem Fortschreiten der Erkrankung Einhalt tun und Bes-e- 
rung herbeiführen. von Hofmann-Wien. 


Pyelitis im Kindesalter. Von Prof. Monti-Wien. (Allgem. Wiener 
med. Ztg. 1907, Nr. 1.) 

Die Fälle von Pyelitis, die von Seite des Kinderarztes Gegenstand 
der Beobachtung und Behandlung sind, verdanken ihre Entstehung ent- 
weder der Einwirkung bestimmter Medikamente oder einer Reihe mecha- 
nisch wirkender Schädlichkeiten. Man beobachtet dies zuweilen bei 
älteren Kindern, die infolge einer fehlerhaften Diät einen viel harnsaure 
Salze und Harnsäure enthaltenden Urin sezernieren. Durch die Ab- 
lagerung der Harnbestandteile „uf die Schleimhaut der Nierenbecken 
wird die Pyelitis verursacht. Zu den Fällen von Pyelitis, die durch 
mechanische Schädlichkeiten bewirkt werden, gehören noch bochgradige 
Phimose, Hypospadie oder Druck auf die Blase oder Ureter durch eine 
Geschwulst, die durch Stauung des zersetzten Urins zur Infektion der 
Schleimhaut der Nierenbecken führen. Aufserdem gibt es noch eine 
Reihe von Pyelitisfällen, die durch Infektionskeime, die auf verschiedenen 
Wegen in den Urin gelangen, bedingt sind. Man beobachtet dies im 
Verlaufe von Infektionskrankheiten, wie Scharlach und Variola, wo die 
Eiterkokken meistens während des Desquamations- oder Dekrustations- 
stadiums auf die Schleimhaut der Nierenbecken gelangen. 

In ähnlicher Weise können bei Typhus abdominalis die in den Urin 
geratenen Typhusbazillen eine Pyelitis verursachen. Bei schweren Darm- 
kutarrhen im Säuglingsalter kann es durch das Eindringen von Coli- 
bazillen in den Urin zu einer Pyelitis kommen. Bei tuberkulösen Indi- 
viduen können auch 'Tuberkelbazillen in den Harn gelangen und zu einer 
tuberkulösen Infektion des Nierenbeckens führen. Endlich kann auch 
bei Mädchen, die mit einer Vulvovaginitis behaftet sind, durch Em- 
wanderung der Gonokokken in die Blase und durch die Ureteren in das 
Nierenbecken eine Pyelitis veranlalst werden. 

Je nach den Ursachen unterscheidet man eine katarrhalische Pyeli- 
tis, die der Einwirkung medikamentöser oder chemischer aus dem Harn 
stammender Produkte ihre Entstehung verdankt, und eine Pyelitis infec- 
(Doan, de durch die erwähnten Infektionskeime bedingt ist. 

Am wichtigsten für die Diagnose der in Rede stehenden Erkran- 
kung sind die vom Harn dargebotenen Erscheinungen. 

Die 24stündige Harnmenge kann normal oder vermehrt sein. Der 
Harn reagiert sauer. Das spezifische Gewicht des Harnes kann im Be- 
ginn der Erkrankung normal oder bei Pvyelitis infolge verinehrter harn- 
saurer Salze und Harnsäure erhöht scin. Bei chronischer Pyelitis ist das 
spezifische Gewicht vermindert. Der Urin enthält Eiter, infolge dessen 
wird derselbe trüb abgesetzt. Mikroskopisch findet man aufser Eiter noch 


Nieren und Harnleiter. 535 


dachziegelföormig übereinander gelagerte, geschwänzte Epithelzellen der 
Nierenbecken. Bei akuter, infolge Einwirkung mechanischer oder toxischer 
Schädlichkeiten oder infolge Ansammlung von Harnsäure und harnsauren 
Kristallen entstandener Erkrankung kann der Urin Blut enthalten. Der 
Harn ist immer eiweilshaltig, und zwar in verschiedenem Grade, je nach 
der Blut- oder Eitermenge. Bei Pyelitis infolge reichlicher Menge von 
Harnsäure und harnsauren Kristallen findet man aulserdem im Sediment 
Kristalle von Harnsäure und harnsauren Salzen in verschiedener Menge. 
Bei Pyelitis infolge Harnstauung kann man im Sediment auch Tripel- 
phosphatkristalle und zahlreiche Bakterien nachweisen. Die im Sodiment 
vorkommenden Bakterien sind verschieden nach der veranlassenden Ur- 
sache der Pyelitis. 

In einer Gruppe von Fällen, die vorwiegend durch Harnstauung 
entstanden sind, enthält das Sediment Gärungs- und Fäulnisbakterien, 
zuweilen gleichzeitig mit Bacterium lactis, Proteus und Bacillus pyocya- 
neus. Bei infolge Harnstauung sich einstellender Pyelitis tritt sowohl im 
Beginn, als auch im Verlaufe der Erkrankung heftiges Erbrechen und 
starke Diarrhoe auf. Wenn es im Verlaufe der Pyelitis zu einer Harn- 
stauung kommt, können plötzlich urämische Erscheinungen auftreten, wie 
Sopor, Kopfschmerz, Erbrechen usw. 

Jede Pyelitis schädigt die Ernährung des Kranken; bei chronischen 
Fällen kommt es zu einer beträchtlichen Abmagerung. 

Die Dauer und der Verlauf der Erkrankung gestaltet sich nach der 
veranlassenden Ursache verschieden. x 

Was die Behandlung betrifft, so ist in allen akuten Fällen Bettruhe 
und Milchdiät zu verordnen. 

Eine weitere Indikation bildet die ausgiebige Anwendung von Ge- 
tränken, die eine reichliche Diurese veranlassen. In allen Fällen von 
Pyelitis sind Bäder (26—27°) von tj —!/, stündiger Dauer eine wesent- 
liche Unterstützung der Behandlung. 

Bei Pyelitis infolge medikamentöser Schädlichkeiten wird man zu- 
nächst das schädliche Medikament aussetzen, Milchdiät verordnen und 
innerlich zur raschen Ausscheidung der schädlichen Stoffe Natriumchlorat 
und Natriumjodat verordnen. 

Bei Pyelitis infolge zu konzentrierten Harns sind Mineralwässer 
angezeigt. Bei allen akuten Fällen mit reichlichem Eiterabgang kann 
die Anwendung von Acid. tannic., von Alumen oder Plumb. acetic. ver- 
sucht werden. Bei chronischen Fällen hat Verf. mit gutem Erfolge die 
innerliche Anwendung einer 2°/ igen Chlornatriumlösung und gleichzeitig 
Inhalationen mit Oleum äth. Pini versucht. 

Bei Pyelitis infolge Harnstauung ist die fleilsige Anwendung des 
Katheters und die Auswaschung der Blase mit antiseptischen Mitteln 
notwendig. Bei Pyelitis infolge bakterieller Infektion wird man Guaja- 
kolkarbonat in der Dosis von 0,01 3—4mal des Tages anwenden. Kr. 


Acute unilateral septic pyelonephritis. Von O. N. Eisen- 
drath, (Amer. Journ. .of the Med. Scienc., Jan. 1907.) 


Die Erkrankung ist entweder urogenen oder hämatogenen Ursprung«. 


536 Nieren und Harnleiter. 


In ersterem Falle entsteht sie meist im Anschlufs an Cystitis, ferner bei 
Hydronephrose und Nephrolithiasis, nach nicht aseptischem Katheterismus 
der Ureteren, bei Ureterfisteln.. Hämatogene Infektion findet sich als 
Komplikation subkutaner Traumen der Niere, bei katarrhalischen Affek- 
tionen des Darmes oder bei Koprostase, nach akuten Infektionskrank- 
heiten, als Metastasen bei Furunkeln oder sonstigen peripheren Eiterungen, 
schlie[slich als Metastase an den unteren Harnwegen oder der anderen 
Niere. 

Als Therapie genügt in milderen Fällen die Anwendung von Harn- 
antisepticis und die Einführung grofser Flüssigkeitsmengen und Blasen- 
spülungen. In schweren Fällen muls die Nephrotomie oder auch die 
Nephrektomie vorgenommen werden. von Hofmann-Wien. 


Pyelonephritis. Von F. Fremont-Smith, M. D. Washington. 
(New York Medical Journal, 8. XII. 1906.) 

Ätiologisch kommen in Betracht Steinnieren, Druck durch graviden 
Uterus und Tumoren auf den Ureter, kongenitale und erworbene Ver- 
letzung überhaupt der ableitenden Harnwege, verbunden mit einer Mikro- 
organismeninfektion durch die Blutbahn, den Lymphstrom oder auf 
direkt aufsteigendem Wege von der Blase aus. 

Pyelonephritis unterscheidet sich von Pyelitis nur graduell durch 
die verschiedene Ausdehnung des Krankheitsprozesses. Bei Wanderniere 
mit Ureterknickung mufs die Infektion durch den Blutstrom erfolgen. 
Nierenkongestion bei Hindernissen in den abführenden Harnwegen, ferner 
bei paralytischer Retention und Allgemeinerkrankungen, vor septischen 
Prozessen, Pyämie, Erysipel, Katheterinfektion, sind weitere Ursachen. 

Von den Infektionserregern kommt an erster Stelle das Bact. coli 
commune in Frage, bei der Pyelitis und Pyelonephritis der Frauen und 
Kinder sogar (aufser Tuberkulose) fast ausschließlich. Fremont-Smith 
steht auf dem Standpunkt, dafs Pyelitis und Pyelonephritis in der Mehr 
zahl der Fälle auf aszendierendem Wege entstehen. - Von anderen Mikro- 
organismen kommen hauptsächlich Staphylokokken, Streptokokken, der 
Tuberkelbacillus und proteus vulg. in Betracht. Belege aus der neuesten 
Literatur, spez. amerikanischer Autoren, zurzeit sind Arbeiten aus dem 
Baltimorer John Hopkins Hospital über den Bacill. typhos. als Pyelitis- 
erreger erwähnenswert. 

Unter Hinweis auf die Schwierigkeit der Pyelitisdiagnose, besonders 
bei Kindern, wird das verhältnismäfsig häufige Vorkommen von Pyelo- 
nephritis tuberculosa infant. betont. Zuletzt findet noch an Hand eines 
Falles die Pyelonephritis bei Schwangerschaft Erwähnung, bei der die 
Einleitung der Frühgeburt in Frage kommt. 

Fritz Böhme- Chemnitz. 


A case of hysterical anuria. Von E. Garceau und J. W. 
Courtney. (Americ. Journ. of Urolog. 1906, Jan.) 

Die 30jährige Kranke hatte schon seit ihrer Jugend des öfteren an 
hysterischen Erscheinungen gelitten. Im Anschlufs an einen Unfall 


Nieren und Harnleiter. 537 


stellten sich des öfteren Anfälle von Anurie, resp. Oligurie ein, die mit 
unstillbarem Erbrechen, Ödemen im Gesicht und an den Ertremitäten, 
Neuralgien, Herzpalpitationen verbunden waren: auch Hämaturie war 
häufig vorhanden. An der Blase, den Nieren, dem Nervensystem liefs sich 
etwas Abnormes nicht feststellen. Da die Kranke während der Anfälle 
einen beinahe moribunden Eindruck machte, sich aber immer sehr rasch 
wieder erholte, glauben Verf., dafs es sich bei dem Falle um eine 
hysterische Erkrankung handelte. Sie besprechen ausführlich noch die 
Differentialdiagnose gegen Nierentuberkulose, Nierensteine, Karzinom usw. 
Dreysel-Leipzig. 


An unusual Case of suppression of the urine. Von H. D. 
Howe, M. D. Hampton Va. (New York Medical Journal, 18. Dez. 1906.) 

Drei Jahre vorher überstand die Patientin eine vaginale Hysterek- 
tomie wegen Ca. Plötzliches Versiegen jeder Harnausscheidung, die 
Blase erweist sich ale vollkommen leer. Schwellung am rechten Hypo- 
gastrium deutet auf eine Hydronephrose infolge von Verletzung des Ureters 
durch Krebsmassen hin. Erst am 17. Tage nach dem Versiegen jeder Harn- 
ausscheidung traten leichte urämische Symptome auf; das Erbrechen hat einen 
leicht urinösen Geruch. Nach acht weiteren Tagen Tod ohne allgemeine 
Krämpfe. Die Sektion ergab linksseitig eine Cystenniere mit voll- 
kommenem Schwund des Nierenparenchyms, der, Ureier von Oa.-Massen 
umgeben; die rechte Niere ist sehr hypertrophisch, grolse Erweiterung 
des Nierenbeckens, Obliteration des unteren Ureters durch krebsige 
Massen. Erwähnung eines ähnlichen Falles mit langer Dauer totaler 
Anurie in der Literatur. Fritz Böhme-Chemnitz. 


Zur Frage der Behandlung der Ureterenfisteln bei Frauen. 
(Neo uretero cystostomia.) Von Prof. N. N. Phänomenoff. (Rus- 
sisches Archiv für Chirurgie 1906, Heft 3. \Wratschebnaja Gazetta 1906, 
Nr. 46.) 

Bei Uretero- Vaginalfisteln müssen vor allem die bestehenden ana- 
tomi-chen Verhältnisse klargestellt werden. Es ist wichtig, im voraus 
zu wissen, ob nur eine laterale Kommunikation des Ureteres mit der 
Scheide, bei vollständiger Durchgängigkeit des Ureters, besteht, oder das 
gesamte Lumen des Ureters in die Scheide mündet, wobei eine Kom- 
munikation mit der Harnblase durch Vermittelung des peripherischen 
Abschnittes des Ureters vorhanden oder dieser Abschnitt ganz obliteriert 
‚ein kann. Im ersteren Falle kann spontane Heilung eintreten, in den 
übrigen Fällen wird man stets zur Operation greifen müssen. Die ge- 
bräuchlichen Operationsmethoden beruhen auf Anlegung einer vesico- 
vaginalen Fistel und auf partieller Colpocleisis, welche zu dem Zwecke 
vorgenommen wird, um aus den Scheidenwänden den zerstörten Teil des 
Ureters plastisch wieder herzustellen. Verfasser macht den Vorschlag, 
diese Operationsmethoden durch Transplantation des zentralen Abschnittes 
lex Ureters in die Blase zu ersetzen. In einem Falle hat er diese Ope- 
ration per vaginam selbst mit Erfolg ausgeführt. Die Ureterfistel, welche 
Im rechten Gewölbe lag, wurde mittelst eines zirkuläres Schnittes um- 


538 Nieren und Harnleiter. 


säumt. und zwar in einer Entfernung von 2,5 mm von den Rändern der 
Fistel, so dals ein „Köpfen“ bezw. „Knopf“ des Ureters entstand, in dem 
ein Katheter eingeführt war. Durch Einschnitt in das vordere Gewölbe 
wurde die Blase blofsgelegt und die Blasenwand in die Scheide hinein- 
gestülpt; an einer geeigneten Stelle wurden drei Nähte angelegt, welche 
den oben erwähnten „Knopf“ des Ureters mit der Blasenwand ver- 
einigten; die Nähte wurden vorläufig nicht geknotet. Nun wurde der 
Katheter aus dem Harnleiter entfernt, die Blase zwischen den oben er- 
wähnten Nähten durchgeschnitten, durch den Schnitt eine Sonde mit Öse, 
die durch die Harnröhre eingeführt wurde, durchgezogen, worauf in die 
Öse die Enden der nicht geknoteten, durch den „Knopf“ geleiteten Liga- 
turen eingesetzt wurden. Auf diese Weise wurde der Ureter in die 
Blasenwand hineingezogen, die Ligaturen entfernt, worauf die Nähte 
geknotet wurden. Das Resultat der Operation war ein glänzendes, und 
die nachträglich ausgeführte Cystoskopie bestätigte, dafs aus der neu- 
gebildeten Mündung des Ureters sich regelrecht Harn entleerte. 


M. Lubowsky- Berlin-Wilmersdorf. 


Die Folgen des zeitweiligen Ureterenverschiusses. Von Rau- 
tenberg. (Mitteil. a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. Bd. 16, H. 3.) 

Durch zeitweiligen Ureterenverschlufs wird beim Kaninchen je nach 
der Dauer der Harnstauung eine mehr oder weniger hochgradige Atrophie 
des Nierenparenchyms erzeugt. Es kommt zwar zur Bildung neuer 
Harnkanälchen, die jedoch den Untergang des Organs nicht aufhalten 
können. 

Als Zeichen der Nierenschädigung stellt sich Albuminurie ein. 
Wird nach 4—6 wöchiger Harnstauung die gesunde Niere entfernt, so 
ist die zurückgelassene ganz leistungsunfähig, während sie nach kürzerer 
Stauung eine gewisse Zeit funktionsfähig bleibt, um schliefslich doch 
ganz insuffizient zu werden. F. Fuchs- Breslau. 


Ein Fall von blind endigendem Ureter mit cystischer Vor- 
wölbung in die Harnblase, kombiniert mit Cystenniere derselben 
Seite. Von R. Borrmann. (Virch. Arch, 186. Bd., 1906, S. 25.) 

Bei einem 5'/, Monate alten an Masern und Furunkulose gestor- 
benen Knaben wurde bei der Obduktion eine Cystenniere und eine 
Mifsbildung des linken Ureters gefunden, darin bestehend, dafs derselbe 
bei seiner embryonalen Einsenkung in die Harnblase sich nicht in das 
Lumen der letztern öffnete, sondern innerhalb der Blasenwand blind 
endigte. Der von der linken Niere sezernierte Harn hatte die peripher- 
wärts von der blinden Endigung gelegenen Harnblasenwandabschnitte 
nach vorn ins Lumen der Harnblase in Gestalt eines die Hinterwand 
und den obern Teil des Trigonums einnehmenden allseitig geschlossenen 
Sackes von 2!/, cm Breite und 1'/,cm Höhe vorgetrieben. Die rechte 
Niere war vergröfsert und der rechte Ureter bis auf fast Daumendicke 
erweitert, während der linke Harmleiter nicht dilatiert war. Diese Mifs- 
bildung war intra vitam als prallelastischer Tumor in der linken Bauch- 


Nieren und Harnleiter. 539 


seite palpiert worden, hatte aber keine Symptome gemacht, Beide 
Harnleiter durchsetzten die Harnblasenwand in gerader Richtung. 
R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Transplantation of the ureter into the bladder for uretero- 
vaginal fistula. Von E. P. Paton. (Brit. Med. Journ , Jan. 19. 1907.) 

Der 37 jährigen Patientin war der Uterus wegen Karzinom auf 
vaginalem Wege exstirpiert worden. Zwei Tage nach der Operation 
zeigten sich Symptome einer Ureterovaginalfistel. Da sich durch Unter- 
suchung mittels des Luysschen Segregators der rechte Ureter als der 
verletzte erwies, wurde derselbe Lblofsgelegt, möglichst weit unten durch- 
trennt und in die Blase implantiert. Heilung. 

von Hofmann-Wien. 


Intraperitoneal implantation of the ureters into the colon. 
Von G. Barling. (Brit. Med. Journ., Jan. 19. 1907.) 

Der 20 jährige Patient war mit Beckenfraktur, Ruptur der Urethra 
und Zerreilsung des Blasenhalses aufgenommen worden. Die Blase wurde 
suprapubisch drainiert und es blieb eine Fistel, aus der sich sämtlicher 
Urin entleerte. Da Versuche, die Harnröhre zu schlie[lsen, kein Resultat 
gaben, implantierte B. fünf Jahre nach der Verletzung die beiden Ure- 
teren in zwei verschiedenen Sitzungen in das Rektum. Das Resultat ist 
gut. Der Patient entleert den Urin alle vier Stunden per rectum. 

von Hofmann-Wien. 


Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Ureterver- 
doppelung. Von R. Meyer. (Virchows Archiv, 187. Bd. 1907, S. 408.) 

Das Material zu diesen Untersuchungen stammte von 8 Föten von 
6—10 Lunarmonaten, die Verf. in der kgl. Universitätsfrauenklinik in 
Berlin beobachtete. Ein Fall betraf ein 14 jähriges Mädchen. Das Er- 
gebnis dieser Untersuchungen ist folgendes: Bei vollständiger Ureterver- 
doppelung mündet der vom oberen Nierenbecken kommende Harnleiter 
ın die Blase der Urethra stets medial, oder medial und tiefer kaudal; 
selbst wenn der obere Ureter im untersten Teile bis an und in die 
Blasenwand lateral liegt, so kreuzt er noch innerhalb der Blasenwand 
medialwärts, um mehr medial auszumünden als der untere Ureter. Die 
mediale und die kaudale Mündung gehört stets dem oberen Ureter. 
Die von Weigert beschriebene Kreuzung der Doppelureteren in der 
Frontalebene ist niemals eine „vollkommene“ oder definitive. Gesetz- 
mälsig allein ist, dafs die Kreuzung, wenn vorhanden, stets zweimalig, 
nicht spiralig, sondern in der gleichen Ebene rückläufig wird, demnach 
niemals definitiv ist. Die mit der Niere in Verbindung tretenden Ure- 
teren sprossen aus dem Urnierengang stets hintereinander (kraniokaudal); 
das Mündungsgebiet des Ureters einschlielslich des seine Mündung um- 
gebenden Zellmaterials am Urnierengang erfährt normaliter eine Drehung 
von mehr als 180°, so dafs zwar die anfangs am Urnierengang dorso- 
medial gelegene Uretermündung schliefslich kranial von der Einmün- 


540 Nieren und Harnleıter. 


dung des restierenden Urnierenganges in die Blase mündet. Das An- 
lagematerial des Trigonum Lieutaudii erfährt durch diese Umlagerung 
eine solche Drehung, dafs sie im Effekt einer kraniokaudalen Umkehr 
nahekommt. Nur so ist es möglich, dafs der Ureter kranial vom Duct. 
ejaculat. (oder Gärtnerschen Gang) mündet und dafs beim Doppelureter 
der „obere“ Ureter anfänglich wirklich die kraniale Einmündung in den 
Urnierengang hatte und später tiefer mündet, kaudal vom unteren 
Ureter. Je höher kaudal der obere Ureter am Urnierengang mündet, 
desto weiter kaudal kommt seine Mündung definitiv in Blase oder Urethra 
zu liegen; entsprofst der obere Ureter am Urnierengang noch weiter 
kranial, so verbleibt seine Mündung an den Derivaten des Urnieren- 
ganges (Duct. ejacut., Vas deferens, Samenblase, Gärtnerscher Gang). 
Ursprünglich nur annähernd vollkommene Verdoppelung kann noch 
definitiv vollkommen werden, indem die Teilungsstelle des Ureters noch 
mit in die Blasenwand einbezogen wird. In solchen Fällen wirkt die 
Drehung des Mündungsgebietes im letzten Stadium nur noch soweit, 
dals die Ureteren unmittelbar nebeneinder münden. Der obere Ureter 
kann also weder kranial noch lateral münden. 

Die Weigertsche frontale Kreuzung hängt von der ursprünglichen 
Distanz der Ureterdoppelanlagen ab; die ursprüngliche Überlagerung 
des oberen Ureters ventral vom unteren Ureter kann als ventrale un- 
vollkommene Kreuzung nur bestehen bleiben, wenn die ursprünglichen 
Mündungen unmittelbar zusammenliegen, so dafs nur der kaudalste Teil 
der Ureteren an der Drehung des Mündungsgebietes teilnimmt. Bei 
Beteiligung eines etwas gröfseren kaudalen Teiles der Ureteren an dieser 
Drehung kann die ventrale Lagerung des oberen Ureters völlig auf- 
gehoben werden. Durch die kraniokaudale axiale Drehung und zeit- 
weise physiologische Überdrehung der Niere wird die ventrale Lage des 
oberen Ureters in eine mediale verwandelt und bei Schlängelung des 
letzteren eventuell in eine dorsale rückläufige Kreuzung. Die Wei- 
gertsche frontale Kreuzung ist akzidentell und entwicklungsgeschicht- 
lich bedeutungslos. Die Felixsche Auffassung akzessorischer Ureteren 
als eine phylogenetische Reminiszenz an die ursprünglich vielfachen 
Ureteren kann allenfalls nur für solche Fälle Geltung haben, in welchen 
der obere Ureter besonders tief in die Blase und Urethra oder in 
Duct. ejaculat., Vas deferens, Gärtnerschen Gang usw. mündet. Für die 
übergrolse Mehrzahl aller Fälle, besonders für die primär unvollkommen 
verdoppelten Ureteren, von denen ein Teil später noch sekundär als 
vollkommene Doppelureteren mit dicht benachbarten Mündungen er- 
scheint, sowie für diejenigen Fälle, in welchen der obere Ureter an der 
normalen Stelle, der untere dagegen zu hoch in die Blase mündet. 
müssen wir cinc pathologische Spaltung der ursprünglich einfachen An- 
lage annehmen. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Hypertrophie der Nebennieren nach Exstirpation der Ova- 
rien. Kasaner Dissertation. Von N. G. Theodosjew. (Wratschewnaja 
Gazetta 1907, No. 7.) 

Verfasser hat im ganzen l4 Experimente an Hunden ausgeführt, 


Technisches. 541 


davon aber nur 13 für seine Zwecke verwenden können. Bei den Ver- 
suchstieren wurden zu gleicher Zeit beide Ovarien exstirpiert. Die Tiere 
wurden nach einer gewissen Zeit getötet. Die Untersuchung der Neben- 
nieren ergab folgende Resultate: 

1. Eın funktioneller Zusammenhang zwischen den Ovarıen und den 
Nebennieren ist positiv vorhanden. 

2. Beim Ausfall der Funktion der ÖOvarien vergröfsern sich die 
Nebernieren infolge von Hyperplasie des Organs. 

3. Von der Hyperplasie wird sowohl das Gerüst, wie auch das 
Parenchym des Organs betroffen. 

4. Von den parenchymatösen Elementen werden die Zellen der 
Rindensubstanz, und zwar die Glomerulischicht und die fascikuläre Schicht 
hyperplasiert. Erstere Schicht bleibt im weiteren Verlauf zurück, wäh- 
rend die fascikuläre Schicht hinsichtlich der Hyperplasie Oberhand ge- 
winnt. Die Hyperplasie geht sowohl in der einen, wie in der anderen 
Schicht nicht gleichmälsig, sondern herdweise vor sich. 

5. Die Hyperplasie der Glomerulischicht äulsert sich 

a durch Vergröfserung des Umfanges, durch engere Anordnung 
der einzelnen Zellgruppen und durch deren Schlängelung: 
bı durch Wucherung der Zellelemente nach der Tiefe. bisweilen 

dicht bis zur Markschicht. 

6. Die Hyperplasie der fascikulären Schicht äufsert sich durch 
Wucherung der Zellelemente, bald in Form von breiten Streifen, oder 
unregelmälsigen Herden, welche die retikuläre Schicht bisweilen kompri- 
mieren, stellenweise sogar ganz vernichten und in die Marksubstanz ent- 
weder mit ihrer ganzen Masse oder in Form von einzelnen Fortsätzen 
hineinragen, bald in Form von einzelnen zirkumskripten Knoten, die an 
die sogenannte Hyperplasia nodosa erinnern. In sämtlichen Fällen waren 
in den Zellkernen earyokinetische Figuren zu sehen. 


M. Lubowskı-Wilmersdorf bei Berlın. 


IX. Technisches. 


Eigenschaften und Ziele einer neuen Methode der Harnröhren- 
besichtigung. Von San.-Rat Goldschmidt-Berlin (Münch. med, Wo- 
chenschr. 1907, No. 14). 


Unsere Kenntnis der normalen und pathologischen Verhältnisse der 
Hamröhre am Lebenden sind nach Verfs. Meinung ungenügend, die 
Urethro-kopie in ihrer heutigen Form unzulänglich, da sig immer nur ein 
kleines Stück der unentfalteten Harnröhrenschleimhaut zu übersehen 
gestattet. Die Methode Gs., die hierin Wandlung schaffen soll, bezweckt 
nun folgendes: Die Harnröhre wird durch Wassereinlauf gleichmälsig 
bis zum „physiologischen Lumen“, d. h. soweit dilatiert, als dies beim 
Durchtreten des Harnstrahls geschieht: der so geschaffene, tunnelartige 
Hohlraum wird dann mittels einer der eystoskopischen ähnlichen Optik 
betrachtet. Die genaue Beschreibung des Instrumentariums ist im 
Rahmen eines Referats und ohne Zuhilfenahme von Abbildungen nicht 
möglich (siehe Original!). Bemerkenswert ist vor allem, dafs nicht nur 
die vordere, sondern — unter Anwendung stärkeren Wasserdruckes und 


542 Technisches. 


längerer Instrumente — auch die hintere Harnröhre bis zum Blasenostium 
besichtigt werden kann. Die Methode ist angeblich schmerz- und ge- 
fahrlos. Aus den mannigfachen normalen und pathologischen Befunden 
sei nur folgende hervorgehoben: Die vordere Harnröhre erscheint als 
gleichmäfsig rundes Rohr ohne Längsfalten, jedoch mit Ringen, die bei 
chronischer Entzündung wie dicke Balken vorspringen. In der Posterior 
finden sich oft polypöse und membranöse Bildungen; Vorsprünge und sonstige 
Veränderungen der Prostata sind gut zu sehen, desgleichen insonderheit 
der Samenhügel, aus dem das Austreten von Sekret deutlich zu beob- 
achten ist. Der Blasenmund ist teils geschlossen, teils klafft er; mit 
Sicherheit ist das willkürliche Öffnen beim Miktionsversuch zu erkennen. 
Auch galvanokaustische Eingriffe sind mit Hilfe der Methode leicht aus- 
zuführen. 

Verf. hofft von der „neuen Endoskopie“ die Überwindung vieler 
Vorurteile und die Gewinnung klarer Anschauungen über die Krankheits- 
prozefse im Gebiet der Uretlhra. Brauser- München. 


The Luys urine separator. Von B. S. Barringer. (Amer. Journ. 
of Med. Scieuc. March 1907.) 

B. kommt zu folgenden Schlüssen: 

l. Es gibt eine grofse Anzahl von Fällen, bei denen es nötig er- 
scheint, den Zustand der Niere kennen zu lernen, bei denen aber die 
Ureteren nicht katheterisiert werden können. Es sind dies Fälle, bei 
denen a) eine oder beide Ureterenmündungen durch Cystitis verdeckt 
sind, b) die rasche Sekretion von Eiter oder Blut in die Blase den 
Blaseninhalt trübt, cl in einer normalen Blase eine oder beide ÜUreteren- 
mündungen nicht gefunden werden können. In solchen Fällen ist der 
Separator unschätzbar. 

2. Cystitis bildet kein Hindernis für den Gebrauch des Separators 
und für eine genaue Feststellung des Zustandes der Nieren in solchen 
Fällen. Eine Ausnahme bildet der Fall, wenn eine bakteriologische 
Untersuchung notwendig erscheint. Der Ureterenkatheterismus ist dann 
genauer. 

3. Die Separation ist weit einfacher als der Ureterenkatheterismus. 
Die Sterilisation des Instrumentes ist eine absolute, da der Separator 
gekocht werden kann. Eine Infektion der Ureteren von der Blase aus 
erscheint ausgeschlossen. 

4. Bei Frauen sind die Schmerzen und das Unbehagen, welches 
durch den Separator verursacht wird, die gleichen wie beim Gebrauche 
des einfachen Untersuchungscystoskops. Bei Männern sind bei der 
Separation die Schmerzen etwas mehr ausgesprochen. 

5. Es gibt eine Reihe von Fällen, wo der Separator nicht ge- 
braucht werden kann. Es sind die folgenden: A. Wenn die Blasen- 
kapazität weniger als 20 ccm beträgt. B. Wenn die Urethra für das 
Instrument nicht durchgängig ist. C. Wenn die Basis oder der Hals 
der Blase durch a) ausgesprochene Prostatahypertrophie, b) extreme 
Anteversion oder Anteflexion des Uterus, c) gewisse Tumoren des Uterus 
oder d) beträchtliche ('ystocele verzerrt sind. 


Kritik. 543 


6. Bei einzelnen Fällen kommt es zu leichter Blutung, da der 
Blasenmuskel das Instrument zu heftig umfalst und Verletzungen der 
Blasenschleimhaut hervorruft. Dies erkennt man a) an den kleinen 
Blutgerinnseln, welche bei der Entfernung des Separators an der Mem- 
bran hängen, und b) an der leichten und gleichen Zunahme der frischen 
roten Blutkörperchen auf beiden Seiten. 

7. Jede Ungenauigkeit der beim Gebrauche des Separators erhal- 
tenen Resultate mufs dessen Anwendung bei ungeeigneten Fällen oder 
dem Nichterkennen traumatischer Blutungen zugeschrieben werden und 
stammt nicht vom Überfliefsen von Urin von einer auf die andere Seite. 

| von Hofmann- Wien. 


X. Kritik. 


Chemische und physikalisch-chemische Untersuchung der 
Lindenquelle zu Birresborn in der Eifel. (Ausgeführt im Chemischen 
Laboratorium Fresenius.) Von Prof. Dr. Ernst Hintz und Dr. L. Grün- 
hut, Wiesbaden. Wiesbaden, C. W. Kreidels Verlag, 1906.) 

Die vorliegende Broschüre gibt eine genaue Darstellung der Ana- 
lv- der in der Überschrift genannten Heilquelle, wie sie von den be- 
kannten Chemikern des Freseniusschen Laboratoriums in Wiesbaden 
ausgeführt wurde. Wir können aus Raummangel die vollständige Ana- 
Ivse hier nicht hersetzen und wollen daher nur ihre wesentlichsten Re- 
sultate anführen. Als Hauptsalzbestandteil erscheint das doppeltkohlen- 
saure Natron (2,94 g pro Liter). Daneben findet sich in bemerkens- 
werter Menge doppeltkohlensaure Magnesia (1,12 g pro Liter), doch ist 
der Gehalt hieran nicht so grofs, dafs man deshalb die Lindenquelle 
den alkalisch-erdigen Quellen zuzählen müfste; sie gehört vielmehr zu den 
alkalischen Säuerlingen. Der Konzentration nach folgen alsdann Chlor- 
natrıum, doppeltkohlensaurer Kalk und schwefelsaure Alkalien; aufser- 
dem zeigt das Wasser einen reichen Gehalt an freier Kohlensäure 
i255 g pro Liter. Nach ihrer Zusammensetzung gehört die seit Jahr- 
hunderten bekannte Birresborner Lindengquelle in die Gruppe der 
natürlichen Mineralwasser, die durch den Namen Fuchingen, Bilin 
und Vichy bezeichnet wird; dem entsprechen auch ihre Indikationen. 
Auch zu erwähnen wäre, dafs die Verfasser das Wasser auch eingehend 
auf seine Radioaktivität geprüft haben; ihre Untersuchungen haben er- 
geben, dafs die Birresborner Lindenquelle radioaktive Ema- 
nation enthält und dafs diese letztere durch Radium hervor- 
gebracht wird. Empfohlen wird das Wasser als Prophylaktikum gegen 
Gries- und Steinbildung, soweit diese auf harnsaurer Diathese be- 
ruhen; es wird daher auch als Hilfsmittel der urologischen Therapie 
jedenfalls versucht werden dürfen. Th. Lohnstein. 


Heilgymnastik, bearbeitet von Dr. M. Herz, Wien-Meran. Physi- 
kalische Therapie in Einzeldarstellungen, herausgegeben von Dr. J. Mar- 
use und Doz. Dr. A. Stra[lser. Stuttgart, 1907. 

In dem vorliegenden Bändchen gibt Verfasser zunächst eine kurze, 
klare Darstellung von den physiologischen Grundlagen der modernen Heil- 


544 Varia. 


gymnastik. Von Bedeutung sind die Untersuchungen von H. über die 
Schwankungen der Zugkraft des Muskels während eıner Bewegung, die 
sich weder nach dem Schwannschen, noch nach dem Hebelgesetz, son- 
dern nur empirisch bestimmen lassen. Indem die Zugkraft an gesunden 
Normalindividuen bei verschiedenen Einstellungen jedes einzelnen Gelenks 
festgestellt wurde, konnten gewisse Kurven, sogenannte „Gelenkmuskel- 
diagramme“, gewonnen werden, aus denen als Durchschnittswerte die mitt- 
lere Zugkraft für alle wichtigen heilgymnastischen Bewegungen berechnet 
wurde. Man braucht bei einem normalen Menschen auf dynamometrischem 
Wege nur eine einzige Zugkraft zu bestimmen und kann aus ihr dann 
mittels der Tabellen die mittlere Zugkraft jeder beliebigen Bewegung ableiten. 

Für die grolse Mehrzahl der Fälle dürfte diese Art der Berechnung 
wohl zutreffen, doch gibt es eine Reihe von Individuen, die durch Aus- 
bildung einer bestimmten Muskelgruppe infolge ihrer Berufsarbeit in 
diese Tabelle nicht hineinpassen. 

Von der Berechnung der mittleren Zugkraft geht Verf. zur Berech- 
nung der geleisteten Arbeit und der „spezifischen Energie“ jeder ein- 
zelnen Muskelgruppe über. Unter „spezifischer Energie“ versteht er 
die Maximalarbeit, die eine Muskelgruppe des lebenden Menschen unter 
Anwendung grölster Ökonomie leistet. Die gröfste Arbeit leistet der 
Muskel nämlich dann, wenn sich seine Belastung während der Be- 
wegung in gleicher Weise wie die Zugkraft ändert. 

Durch Einführung dieser anfserordentlich wichtigen Prinzipien in 
die Praxis hat Verf. einen erheblichen Fortschritt erzielt. Während bei 
den älteren Widerstandsapparaten, z. B. dem Zanderschen, der Wider- 
stand während der Bewegung allmählich anwächst, schwankt bei den 
„Exzenterapparaten“ des Verf. der Widerstand genau entsprechend den 
Muskeldiagrammen bei jeder einzelnen Bewegung. Eine fernere Neuerung 
ist die an den Apparaten angebrachte Eichung, aus der man bei jeder 
Bewegung die Gröfse der Arbeit in Kilogrammetern ablesen kann. 

Einen weiteren wesentlichen technischen Fortschritt bedeuten die von 
H. angegebenen Pendelapparate, die auf dem Prinzip der Unruhe in der 
Uhr beruhen. Während bei den alten Pendelapparaten von Kruken- 
berg für langsame Schwingungen sehr lange Pendel nötig waren, hat 
Verf. grofse Massen verwendet, die mittels einer starken Stahlfeder um 
eine in ihrem Schwerpunkt befindliche Achse hin und her schwingen. 

Im speziellen Teil sind die Erkrankungen der Urogenitalapparate 
am kürzesten fortgekommen. Erwähnt wird, dafs nach Wide bestimmte 
Albuminurien besonders bei Stauungsniere durch systematische Be- 
wegungen der Extremitäten gebessert würden. Roth- Berlin. 


XI. Varia. 


Die Jahresversammlung der amerikanischen urologischen Gesellschaft 
findet am 3. und 4. Juni in Atlantic City statt. 

Die Sitzungen werden im Hotel Windsor abgehalten, Dr. J. Francis 
De Silver ist der Vorsitzende des Organisationskomités. 

Den Titel der anzumeldenden Vorträge möge man bis zum 1. Mai 
an den Sekretär der Gesellschaft senden. Hugh W. Cabot. 


Druck von C. Grumbach in Leipzig. 


Aus der patholog.-anatom. Anstalt der Universität Basel. 
Vorsteber: Herr Prof. Dr. Eduard Kaufmann. 


Die Hypernephrome der Niere 


nebst Beiträgen zur Kasuistik. 


Von 


Paul Grosheintz, prakt. Arzt. 
Mit 8 Abbildungen auf Tafel III—VI. 


In der vorliegenden Arbeit sollen 4 Fälle jener eigenartigen 
Nierengeschwülste veröffentlicht werden, über deren Histogenese 
man so lange Zeit hindurch im Unklaren war. Die Gründe, wes- 
halb diese Tumoren so lange der richtigen Erkenntnis verschlossen 
blieben, sind verschiedene. Zunächst ist es die grolse Variabilität 
der mikroskopischen Bilder, welche die Beurteilung sehr erschwerte. 
Deshalb ist es auch erklärlich, warum die einen Autoren diese Ge- 
schwülste als Karzinome, andere wieder als Sarkome, als Angio- 
.‚sarkome, Adenosarkome, Peritheliome usw. ansahen. Ferner war 
es der klinische Verlauf, insbesondere die Metastasenbildung und die 
Kachexie, welcher dazu verleitete, die Hypernephrome als epithe- 
liale »der desmoidale-Neubildungen malignen Charakters aufzufassen. 
Erschwert wurde die Erkenntnis aufserdem noch dadurch, dafs an 
den Nebennieren oder an versprengten Keimen derselben, wirkliche 
Karzinome und Sarkome vorkommen können. Jedoch die Tatsache, 
dafs mit dieser Geschwulstform nicht notwendigerweise die Bösartig- 
keit, weder in klinischem, noch in anatomischem Sinne verbunden 
sein mufs, liefs bald wieder neue Zweifel über ihr Wesen auf- 
kommen. 

Kaufmann gibt in seinem „Lehrbuch der speziellen patho- 
logischen Anatomie“ folgende Beschreibung der Hypernephrome, . 
d. h. der aus Keimversprengungen der Nebennieren hervorgehenden 
Nierengeschwülste: Struma lipomatodes aberrata renis (aber- 
riertes, heterotopes Hypernephrom). 

„P. Grawitz hat mit ersterem Namen gutartige Neubildungen 
der Niere bezeichnet, welche er als auf Wucherung eines ver- 


sprengten, d. h. eines zur Zeit der embryonalen Entwicklung der 
Zeitschrift für Urologie. 1907. 36 


ah 
a 


` =w 
ess Ca ek E 
VT ail ec e 
KP im penise Danns inania 


PE 


RE eege gege EE , 
b pn ee: Y Ps. =. ` 
H e ` Dä 
k. l - D 
H D - wk ` NZ r 
Pour h Pa Zu ke? 
d 4 hb hi , 


EE 
bo 


. í oe a ER 
= SIRIA d Z 
nat en ` 
gn A El ge A ët Be? 
- rw. pr. nz 
Ca e s m REFN. , ZS Lë? 3 
Sé N DS tz > >» J J 
m Q < í. 
OZ: + 


es E 
"Sa V 7% d 
at ba 


as 
— j 
* ve ewe: 
~ H nr er kË 
- V 


- — gt 
o Ce 
-7 Ce 
D 


E A 


mmi mer 
te 
Se 


SEKR, 


TE 
zl KSE 


LK 


2 EL 
ae 
Py = 
bad ir 
p „inte 
bé re 
D 


daf? 
RR er 
SE 


` Zi 


EE MA vw 
E e Lë 


b. Aë 


A 
KR 
an; 


Ir ST 


DE EE Ti 
Ba 


SO 
= — 


K RW 
Ja E E CA 
Te 


E TN E HE BE 
RE Ah A E Kaz) d a e 


CNS 


e 
ann 
Sa e? h 
ei e — ` 
< D 
z +. nEn 
8: 


EZ 


_ 
Per" d e" ern 


e Lei 


Ne 
` 
E 
<I 
Me N d 
a KT D e éi 
Sie b 


E RE EN 


"ër Ee 
frz? Im 
y ait e 
a 
ia: 


db Ris: 
M q. Ki 
< Q" 

A 


k. P. 
el. ` 


So ? 
"ër 


vi 
4 27 e 
Ee 


H 


H 
E E CC E 
ce? 


Kä 
= 


s ' BS d 
` PE a te Ai EAR, äi 
er, d Me ER: 
= - - gl d 
mein SN D Eé, 
z š c s 0-7 g 
= Z Dub N o ñ x 
r ` 
Ç RR 4 KW Zë " 
E re 
4 bes D 
~ à "ee s 
H x 


K. T a... a 
Dh 1 
RT 
. 
h D LR 4 
Kr ca i Tuer 


sai 
er 
wam 
— 
Q 
DE” Tr ff Te 
- E KSE 


Per, 


Oe 23 nr 
x 


D H . 
ER eg 
WU e ZZ E 
m alte e D 
Defien 


_ 
gë ` 
aer EE st 
HA 


ro 


Ea 


a EE 


u 
2 HEET = 
P BD si wa rn e vm ` 
s Lin - i e 
TIL 


DM 





546 Paul Grosheintz. 


Niere von letzterer umschlossenen Nebennierenkeims beruhend er- 
kannte Zu empfehlen ıst dafür die Bezeichnung typisches oder 
gutartiges, aberriertes Hypernephrom der Niere. Es sind meist 
kleine, selten kirsch- bis walnufsgrofse oder grölsere, schwefelgelbe, 
rundliche oder rundlich-eckige, meist subkapsulär in der Rinde ge- 
legene und mehr oder weniger sich heraushebende, scharf gegen 
die Umgebung abgesetzte Geschwülste, die oft noch durch eine 
deutliche fibröse Kapsel begrenzt werden und meist nur bei älteren 
Individuen zu stärkerer Ausbildung gelangen. Die grölsern Knoten 
zeigen oft einen hyalın fibrösen Kern. von dem Verzweigungen aus- 
gehen. Häufig ist die Ahnlichkeit mit der sog. Struma resp. dem 
Hypernephrom der Nebennieren grols. Hier begegnen wir, wie bei 
den Nebennieren zuweilen auch der atypischen, malignen Varietät 
des Hyernephroms, die sich im allgemeinen, besonders auch in be- 
zug auf den Durchbruch in Venen und Metastasierung, wie andere 
maligne Geschwülste der Niere verhält und sich oft erst in höherem 
Älter manifestiert. Die Grenze zwischen typischen und malignen 
Hypernephromen ist auch hier nicht sehr scharf. 

Wohl mit Unrecht sind auch die meisten Sarkome bei Kin- 
dern für Grawitzsche Tumoren erklärt worden. 

Mikroskopisch bestehen die typischen, gutartigen Hyper- 
nephrome, wie die Strumen der Nebenniere, aus einem zarten, fast 
nur aus Kapillaren bestehenden Stroma, das Zellzylinder und Zell- 
gruppen enthält, deren grolse polygonale Zellen reichlich mit Fett- 
tröpfchen gefüllt sein können. An Peritheliome erinnernde Bilder 
entstehen dadurch, dafs die den Kapillaren fast direkt aufsitzenden 
Zellen hier und da zu hohen Zylinderzellen werden können. Zu- 
weilen lassen sich auch annähernd 2—3 Zonen, wie an der nor- 
malen Nebennierenrinde unterscheiden. 

Hypernephrome sind meist sehr glykogenreich. Blutungen, 
Nekrosen und Erweichungen, welche rote und bräunliche Färbungen 
bedingen, kommen zuweilen hier und da vor. 

Knotige Hyperplasien der Nebennieren sind die von Virchow, 
Struma suprarenalis, von andern Adenome, von Birch-Hirsch- 
feld treffend Hypernephrome (und zwar hier typische genannten) 
knotigen Anschwellungen, die sich gegen das verdrängte Nachbar- 
parenchym ziemlich scharf abgrenzen; sie sind von der Farbe der 
Rindenschichten (schwefelgelb, zitronengelb, grün oder bräunlich, 
oder braunrot, und können Kirschgröfse und mehr erreichen. Mikro- 
skopisch bestehen sie aus Nebennierengewebe, meist von Zeichnung 








Die Hypernephrome der Niere. 547 


der Rinde, oft mit starker Fetteinlagerung in den Zellen. Sie 
nehmen ihren Ursprung in der Rinde (typische, kortikale Hyper- 
nephrome) oder von den Zellen der Marksubstanz (typische, medul- 
lare Hypernephrome) und nehmen bei ihrem weiteren Wachstum 
die Anordnung der Zellstršnge der Rinde an. Es kommen auch 
diffuse Hyperplasien vor (selten). 

Man hat nun auch Übergšnge von den knotigen Hyperplasien 
zu malignen, zellreichen Geschwülsten, z. T. von alveolärem Bau, 
zum andern Teil von polymorphzelligem Sarkomcharakter, jedoch 
ohne den Charakter epithelialer Geschwülste, beobachtet und spricht 
von Adenosarkom (Beneke) oder einfach von „bösartiger Ge- 
schwulst* (Marchand); bisher kursierten sie auch als „Karzi- 
nome“, Nach Birch-Hirschfeld sind diese Tumoren wegen ihrer 
ieiolosischen Besonderheit, die weder mit Sarkom noch mit Kar- 
zinom völlig übereinstimmt, dagegen vielfach die gröfste Ähnlich- 
keit mit Nebennierengewebe zeigt, am besten als maligne Hyper- 
nephrome zu bezeichnen. Histologisch entfernen sie sich zwar 
vielfach ganz vom typischen Bau des Nebennierengewebes; die Zellen 
sind oft gröfser, polymorph, der Bau ist hier alveolär (wie in Kar- 
zinomen), während sonst äufserst vielgestaltige Zellen, darunter auch 
öfter enorme Riesenzellen mit Riesenkernen (wie auch Kaufmann 
in einem durch ganz ungewöhnliche Metastasierung in den Uterus 
ausgezeichneten Fall beschrieb), ohne jede alveoläre Anordnung, 
mehr sarkomartig erscheinen; daneben kann man aber dann wieder 
Stellen sehen, die die gröfste Ähnlichkeit mit dem Nebennieren- 
gewebe sofort verraten. Starke Anhäufung von Fettkörnchen in 
den Zellen und starker Glykogengehalt kommen dabei vor. Diese 
Geschwülste, welche erheblich grols sein und sich durch Blutungen 
noch bedeutend vergrölsern können, brechen relativ oft in die Venen 
ein und machen Metastasen. 

Typische und atypische Hypernephrome gehen oft ohne scharfe 
Grenze ineinander über. 

An Geschwulstbildungen der Nebennieren können gleichzeitig 
auch versprengte Nebennierenkeime teilnehmen (Beneke). 

Wandeln sich akzessorische Nebennieren zu Geschwülsten um, 
so spricht man von heterotopem Hypernephrom und unterscheidet 
auch hier ein typisches (gutartiges) und atypisches heterotopes EES 
nephrom“. 

Früher hielt man die gutartigen, typischen Hypernephrome 
wegen ihres hohen Fettgehaltes und ihrer fettähnlichen Farbe für 

36* 


548 Paul Grosheintz. 


Lipome der Niere, bis Virchow im I. Band seines Geschwulst- 
werkes eine Darstellung der Lipome gab, welche ihre Entwicklung, 
ihr Vorkommen und ihre Eigenschaften präzisierte. Speziell über 
die Fettgeschwülste der Niere sagt er, nach Erörteruug der einfach 
hyperplastischen Bildungen, wie folgt: „Allein es bilden sich ähn- 
liche, zuweilen auch an Orten, wo Fettgewebe oder ein zur Fett- 
ansammlung angelegtes Gewebe nicht als präexistierend angenommen 
werden kann, also heteroplastische Formen. Wo man ihre Ent- 
wicklung deutlicher verfolgen kann, da entstehen sie allerdings auf 
dieselbe Art wie Fettgewebe überhaupt, nämlich so, dafs in dem 
Bindegewebe zuerst eine zellige Wucherung stattfindet, und dals 
der neugebildete kleine Zellenhaufen sich durch Aufnahme von 
Fett in das Innere der Zellen in einen Fettlappen verwandelt. So 
kommen bis kirschengrolse Fettknoten an der Niere, namentlich an 
der Rinde vor. Sie bestehen aus vollkommen entwickeltem, mälsig 
gefälsreichem, zuweilen lappigem Fettgewebe“. Diese wirklichen Li- 
pome sind nach Grawitz aulserordentlich selten; er selbst kannte 
aulser dem Präparate, auf welches Virchow hinwies, nur einen 
einzigen derartigen Fall Aus diesen Feststellungen ergab sich zur 
Genüge, dals das, was man bisher allgemein als Nierenlipom deutete 
und bezeichnete, eine andere noch unerkannte Art von Geschwulst 
sein mulste. 

Im Jahre 1883 erschien die bahnbrechende Arbeit von Gra- 
witz: Die sogenannten Lipome der Niere. Da diese Arbeit grund- 
legend war für alle ferneren Untersuchungen, so hat man später 
auch seine „sogenannten Lipome der Niere* als Grawitzsche Tu- 
moren bezeichnet. Er selbst nannte sie, im Sinne der Virchow- 
schen Geschwulstlehre, Strumae lipomatodes aberratae renis, da er 
in ihnen fortgewucherte Stücke von abgesprengtem Nebennieren- 
gewebe erkannte, welche in ihrem Bau den Strumen der Neben- 
nieren gleichen. Die Entwicklung dieser Strumen erklärt er als 
eine heteroplastische oder besser heterotopische, wie die von Vir- 
chow nachgewiesenen Chondrom- und Cystenbildungen in den 
Röhrenknochen, welche ihren Ursprung kleinen bei unregelmälsiger 
Verknöcherung abgesprengten Knorpelinseln verdanken. Die Unter- 
suchungen von Grawitz haben ergeben, dafs die in Frage stehen- 
den Tumoren keine wahren Lipome sind, sondern Geschwülste, die 
zwar Fett enthalten, aber kein Fettgewebe. 

Klebs interpretierte diese Pseudolipome als Adenome, da an 
entfetteten Schnitten die Form und Anordnung der Zellen so sehr 


Die Hypernephrome der Niere. 549 


dem Charakter epithelialer Zellen entspricht, dafs man notwendig 
zu einem Vergleich mit Drüsengewebe gelangt. Die Züge von epithel- 
ähnlichen Zellen lassen Sturm und Klebs direkt aus gewucherten 
Harnkanälchen hervorgehen, deren Epithel sich vermehrt, dadurch 
seitliche Sprossen aus den Harnkanälchen hervortreibt, die anfangs 
hohl sind, und alsdann das Bild des reinen Adenoms darbieten, die 
dann aber ihren tubulösen Charakter einbülsen, durch weitere Ver- 
mehrung der Epithelien zu soliden Zapfen werden, und dann zu 
wirklichen Karzinomen (Drüsenkrebs, Sturm) sich umwandeln. 
Das Zwischengewebe geht nach Klebs aus dem interstitiellen Gewebe 
der Niere hervor. Demnach würde eine Übereinstimmung der Ge- 
schwulstzellen mit den Zellen des Mutterbodens stattfinden und 
Grawitz betont ausdrücklich, dafs dieser Umstand bei den in Frage 
stehenden Neubildungen ganz und gar nicht zutrifft. 

Denn die Geschwulstzellen zeigen nun einmal unverkennbar den 
Typus der Nebennierenzellen, wenn gleich schon in atypischen 
Hypernephromen ihre Form abweichen kann. Was Grawitz be- 
stimmte, an seiner Ansicht festzuhalten, war der Umstand, dafs die 
etwa erbsengrofsen Geschwülste dicht unter der Nierenkapsel liegen, 
wo abgesprengte Nebennierenkeime nicht so selten vorkommen, ferner 
die Beschaffenheit der Zellen, welche einen deutlichen Unterschied 
zwischen Tumor und Nierenparenchym erkennen läfst. Auch die 
Fettinfiltration, analog derjenigen der Geschwulstzellen, trifft man 
regelmälsig bei den Zellen der Rindensubstanz in der Nebenniere 
an. Was aber ganz besonders darauf hindeutet, dafs ein histo- 
genetischer Zusammenhang der Tumoren mit dem Nierengewebe 
ausgeschlossen ist, ist die zellenreiche Bindegewebskapsel der Ge- 
schwulst, wodurch letztere vom Parenchym der Niere scharf ab- 
gegrenzt wird. Überdies entspricht in den drüsigen Partien die 
reihenweise Anordnung der Geschwulstzellen dem Bilde der Neben- 
nierenrinde, während sie in den zentralen durch ihre unregelmäfsige 
Gruppierung mit der Marksubstanz der Nebenniere übereinstimmen. 
Auch das gelegentlich gleichzeitige Vorkommen von amyloider 
Degeneration der Tumorgefäfse und der Nebenniere selbst, während 
die Nierenarterien ganz frei, die Glomeruli nur äufserst schwach 
befallen sind, weist darauf hin, dafs die Geschwülste nicht im 
Nierengewebe, sondern in versprengten Nebennierenstückchen ihren 
Ausgangspunkt nehmen. 

Diese Absprengung kommt nach Grawitz u. a. so zustande, 
dafs bei jenen embryonalen Vorgängen, welche zu der Abhebung 


WEI Paul Grosheintz. 


der flächenartig auf der Nierenkonvexität ausgebreiteten Neben- 
nierenkappe von der Niere führen, eine Loslösung kleiner Partikel 
der Nebennierenrinde im Bereich festerer Adhärenzen zwischen 
beiden Organen stattfindet. Solche Adhärenzen bilden sich be- 
sonders häufig im Bereich der Renculi der embryonalen Niere 
aus (interlobuläre Absprengung Grawitz). Die losgelösten Stücke 
können dann bei dem weiteren Wachstum der Niere nicht nur sub- 
kapsulär liegen bleiben, sondern beim Schlufs der Renculusspalten 
tiefer in die Nierenrinde verlagert werden. Schmorl u. a. machen 
auch auf das ungleichmäfsige Wachstum der Niere und Neben- 
uiere aufmerksam; da die Niere viel schneller wächst, könne sie 
Teile der Nebenniere umwachsen. Nicht selten wurden auch ab- 
norm arterielle Gefäfschen nachgewiesen, welche mit den ver- 
sprengten Keimen in Verbindung standen (Marchand, Beneke, 
Ulrich) [Borst]. 

Derartige Verlagerungen von Nebennierenkeimen in die Niere 
sind häufig (Schmorl) und schon lange gekannt (Rokitansky); 
sie kommen häufig beiderseits und multipel vor. Aufser in der 
Niere sind Verlagerungen von Nebennierengewebe in der Umgebunz 
der Nebennieren, zwischen den Strängen des Plexus solaris und 
renalis, entlang der Vena suprarenalis und spermatica interna, im 
retroserösen . Gewebe bis hinab zu den innern Genitalien, im Liga- 
mentum latum (Targett) in der Nähe der ÖOvarien (Beneke, 
Marchand, Chiari, Ulrich-Hanau, Lubarsch), am Samen- 
straug (Schmorl, d’Ajutolo, Friedland), am Hoden bzw. 
Nebenhoden (Dagonet, Roth, Ulrich), schliefslich sogar in der 
Leber (Schmorl, Oberndorfer) gefunden worden. [Borst]. 

Die Lehre von Grawitz, dafs eine grölsere Anzahl typischer 
und atypischer Nierengeschwülste mit versprengten Nebennieren- 
keimen in genetischem Zusammenhange steht, ist von den meisten 
Autoren angenommen und verfochten worden. Immerhin hat cs 
jedoch nicht an Gegnern dieser Theorie gefehlt. So hat Driesseu 
zwei Nierentumoren, welche sämtliche von Grawitz verlangten 
Figentümlichkeiten darboten, als Endotheliome aufgefalst und ihre 
Entstehung aus Nebennierenkeimen bestritten. Sudeck erklärte die 
Grawitzschen Tumoren, wenigstens zum grölsten Teil, als echte 
Adenome der Niere, welche von den Harnkanälchen ihren Aus- 
gangspunkt nehmen, und beruft sich auf das häufige Vorkommen 
solcher Geschwülste im Vergleich zu den seltenen Nebennieren- 
strumen. Aulserdem würden die cystischen Hohlräume, die sich 


Die Hyperuephrome der Niere. 551 
in ihnen finden, darauf hinweisen, dafs es sich um Nijerenadenome 
handelt, während die sogenannte Fettinfiltration der Tumorzellen 
nichts anderes sei, als eine fettige Degeneration, wie sie bei deu 
Nierenzellen häufig vorkommt. Im ersten Entwicklungsstadium des 
Nierenadenoms würden die Harnkanälchen unregelmälsig wuchern 
und ein Zellennetz bilden, das von einem Kapillarnetz umspült 
wird, ohne durch Bindegewebe von der Kapillarwand getrennt zu 
sein, was das seltsame Aussehen dieser Geschwülste bedinge. Erst 
später würden sich die proliferierenden Zellen zu drüsenähnlichen 
Schläuchen anordnen. Die häufigen Blutungen, die Gerinnungs- 
uekrose und die hyaline und fettige Degeneration seien genügend 
erklärt durch das Unterbleiben der regulären Ausbildung grölserer 
Arterien, welche Zirkulationsstörungen, Stasen und mangelhafte Er- 
nährung zur Folge habe. Ferner beruft er sich auf Übergangs- 
formen zwischen Harnkanälchen und neugebildeten alveolären 
Gruppen. Auch in den wohlausgebildeten Adenomen kämen neben 
der typischen zylindrischen Zellform mehr Zellen vor, die polygon«l 
sind, wie diejenigen der suprarenalen Tumoren. 

Lubarsch hält die angeführten Gründe von Sudeck für wenig 
stichhaltig und sucht aus dessen eigenen Angaben den Nachweis zu 
Diren, dafs es sich um echte Nierenadenome nicht handeln kann. 
Zur Stütze der Grawitzschen Theorie führt er morphologische und 
biologische Gründe an: Durch die Weigertsche Fibrin- und 
Russelsche Fuchsinmethode könne man besonders an Bindegewebs- 
und Epithelzellen durch Doppelfärbung das Kernkörperchen different 
vom Kerne färben. Es sei ihm jedoch niemals gelungen, in Nieren- 
epithelien mit den angegebenen Methoden die Kernkörperchen iso- 
Iert zu färben, wohl aber gelinge es leicht und schön in der 
Nebenniere, besonders der Nebennierenrinde. Schr frappant seien 
die Unterschiede an Präparaten von einfachen in die Niere ver- 
sprengten Nebennierenkeimen. In den XNierenadenomen jedoch 
könne man die Kernkörperchen in den Geschwulstzellen nicht iso- 
liert färben, da sie von den Nierenepithelien abstammen. Dann 
set die Struktur des Zellinhaltes völlig abweichend von derjenigen 
der Nierenzellen, dagegen annähernd übereinstimmend mit dem der 
Nebennierenrindenzellen. Tumoren, deren Zellinhalt nach dem 
Typus der Nebennierenzellen und nicht nach dem von Nieren- 
epithelien gebaut ist, würden, so schliefst er, von der Nebenniere, 
und nicht von der Niere abstammen. Ferner betont er die Über- 
einstimmung destruierender Nebennieren- mit den in Frage kommen- 


552 Paul Grosheintz. 


den Nierengeschwülsten. Der Befund von Riesenzellen, welche, 
wie Manasse nachgewiesen hat, auch in einfachen hyperplastischen 
Bildungen der Nebenniere vorkommen, sei ebenfalls bedeutungsvoll, 
sowie die grolse Neigung dieser Tumoren, frühzeitig in das Venen- 
system "einzubrechen. Auch letzteres komme nach Manasse bei 
den einfach hyperplastischen Nebennierengeschwülsten vor. Aufser- 
dem verhalte sich die Geschwulstkapsel ganz ähnlich, wie bei den 
versprengten Nebennierenkeimen. Zum Schlusse führt er nicht nur 
als morphologisch beachtenswertes Moment, sondern auch als einen 
biologischen Grund, die Glykogenbildung in den vorliegenden 
Tumoren an und glaubt, dafs gerade für die Fälle, in denen die 
Abstammung von Nebennierengewebe nicht mehr ohne weiteres zu 
erkennen ist, vor allem aber auch in den destruierenden Tumoren, 
der Befund von Glykogen — neben allen übrigen erörterten 
Punkten — von grolser diagnostischer Bedeutung ist. Denn in 
8 Fällen von Nebennierentumoren, die Lubarsch auf Glykogen 
untersuchte, hatte er 8mal ein positives Resultat, während in 12 
Fällen von verschiedenartigen Tumoren der Niere Glykogen nicht 
zu entdecken war. Diese Untersuchungen würden demnach darauf 
hinweisen, dafs das Glykogen als ein wesentlicher, diagnostisch 
wichtiger Bestandteil der hypernephroiden Tumoren anzusehen sei. 
Borst bemerkt jedoch, dafs der Glykogengehalt nichts für die 
Nebennierentumoren Charakteristisches ist, da sich in den ver- 
schiedensten Geschwülsten Glykogen finden kann (in Enchondromen, 
Endotheliomen, Sarkomen, Adenomen und Karzinomen — Lang- 
hans, Neumann u. a.) In der normalen Nebenniere findet sich 
kein Glykogen, was durch die chemischen Untersuchungen von 
Alexander bestätigt wird, der aber andererseits Lecithin in grofsen 
Mengen gefunden hat. 

Weichselbaum und Greenish haben von „Nierenadenomen “ 
grobanatomische Beschreibungen gegeben, die uns darauf hinweisen, 
dats e sich dabei in sehr vielen Fällen um abgesprengte Neben- 
nierenkeime gehandelt hat. Sie unterscheiden papilläre und alveo- 
läre Adenome, und die ersteren sind es, welche mit den Grawitzschen 
Tumoren in ihrem mikroskopischen Bau übereinstimmen. Also auch 
sie lassen die in Frage stehenden Tumoren aus den Harnkanälchen 
hervorgehen. 

Derselben Ansicht ist Sabourin, welcher die Epithelver- 
schiedenheit damit erklärt, dats die Harnkanälchenepithelien um- 
wandlungsfähig wären. Seine &pitheliomes mötatypiques sind, den 


Die Hypernephrome der Niere. 553 


Abbildungen nach zu schliefsen, mit gröfster Wahrscheinlichkeit 
nichts anderes als Hypernephrome. 

de Paoli beschreibt sie als Angiosarkome und Driessen be- 
trachtet sie als wirkliche Endotheliome der Niere. 

Auch Hildebrand tritt für den endothelialen Charakter dieser 
Neubildungen ein und meint, dafs sie sich aus den Endothelien der 
Lymphräume und den Perithelien der Blutgefälse entwickeln. Um 
seine Theorie zu stützen, weist er auf den Reichtum an dünn- 
wandigen, reichverzweigten Gefälsen hin und auf den innigen Zu- 
sammenhang der Zellen mit der Gefälswand, ferner auf die An- 
wesenheit von Geschwulstzellen in den Lymphräumen und auf das 
Vorkommen von Übergangsformen zwischen Perithelien und Ge- 
schwulstzellen. Wie Driessen, so betont auch Hildebrand das 
Vorkommen ähnlicher Geschwülste in Knochen (Oberarmknochen), 
deren primäre Entwicklung als unvereinbar mit der Entstehung aus 
abgesprengten Nebennierenkeimen betrachtet werden müsse. 

In der Tat sind die Verhältnisse gelegentlich recht schwer zu 
beurteilen, denn auch Burkhardt hat in seinen Fällen von hyper- 
nephroiden Nierengeschwülsten starke endotheliale Wucherungen an 
den Gefälsen konstatiert. Dabei nahmen die Endothelien epithel- 
artiges Aussehen an, welche ihre Unterscheidung von den Geschwulst- 
zellen oft unmöglich machte. Es ist deshalb erklärlich, dafs eine 
Verwechslung mit Endo- bezw. Peritheliomen eintreten kann. 

Nach Borst sind die perithelialen Tumoren weiche, blutreiche, 
schwammige Geschwülste aus wirr durcheinandergeschlungenen, sich 
vielfach kreuzenden Kapillaren aufgebaut, Geschwülste, deren stark 
glvkogenhaltige (polyedrische, längliche, keulenförmige, kubische 
und zylindrische) Parenchymzellen entweder in einfacher Schicht 
oder als mehr weniger dichte Zellmäntel den Kapillaren (häufig 
senkrecht) dicht aufsitzen. Zwischen den derart beschaffenen 
Kapillaren, welche häufig ausgedehnt hyalin entarten, bleiben viel- 
fach Spalten frei, welche Blut oder Zelltrümmer enthalten und 
welche drüsenartige Räume vortäuschen können, obwohl es sich um 
nichts anderes, als um die Grenzbezirke der kompliziert angeordneten 
Gefäfsterritorien handelt. Tritt mit ausgedehnter hyaliner Ent- 
artung Verödung der Gefälse ein, dann kann in älteren Teilen der 
Geschwulst eine Art alveolären Baues entstehen und die ehemalige 
Beziehung der Parenchymzellen zu Kapillaren sich mehr und mehr 
verwischen. 

Was nun das eigentliche Adenom der Niere anbelangt, so sagt 


554 Paul Grosheintz. 


Henke, dafs es ähnlich wie das der Leber, nicht recht den nor- 
malen Aufbau seiner Drüse reproduziert. Vielmehr bestehen die, meist 
kleinen, grau-roten, oder grau-gelblichen, gewöhnlich in der Rinde 
sitzenden rundlichen Geschwülste aus einem, seltener mehr tubulär 
oder mehr papillär gebauten Gefüge kubischer, seltener mehr zylin- 
drischer Zellen, die wenig an das protoplasmareiche Epithel der 
blassen, ihnen benachbarten, gewundenen Harnkanälchen erinnern. 
Diese kleinen Adenome dürfen nicht mit den Hypernephromen ver- 
wechselt werden. In Schrumpfnieren (Sabourin) kommen sie mit 
besonderer Vorliebe vor, sind aber wohl auch dort als echte Ge- 
schwülste zu beurteilen. 

Recht häufig finden wir bei den Sektionen eine Anzahl meist 
kleiner Geschwülste, als harmlosen Nebenbefund. Unter diesen sind 
besonders häufig kleine, derbe, weilse, rundliche Fibrome, die, 
scharf abgekapselt, am häufigsten in die Marksubstanz der Niere 
eingelassen sind. Übrigens zeigt sich doch manchmal mikroskopisch. 
dals die Grenze dieser harmlosen kleinen Tumoren keine absolut 
scharfe ist, und dafs einzelne Harnkanälchen bereits in das fibröse 
Gebiet zu liegen kommen (Henke). 

Nach Busse handelt es sich bei diesen Fibromen, bezw. 
Fibromyomknötchen in der Marksubstanz um „eine fehlerhafte Ent- 
wicklung des Bildungsmaterials der Niere. Diese nach dem Vor- 
gange von Virchow im allgemeinen als Produkte einer um- 
schriebenen interstitiellen Entzündung gedeuteten und demgemäls 
als „Fibrome“ bezeichneten Knoten, enthalten fast regelmälsig einen 
kleineren oder grölseren Teil von glatten Muskelfasern und liegen 
wie ein Fremdkörper in der Marksubstanz, um den die geraden 
Harnkanälchen ausweichend im Bogen herumziehen. Sie sind un- 
verbrauchte und weitergewucherte Reste der glatten Muskelfaseru 
der embryonalen Niere.“ 

Aulser diesen erwähnten Geschwulstformen hat die differentielle 
anatomische Diagnose noch eine audere Gruppe von Tumoren zu 
berücksichtigen, welche man als Mischgeschwülste der Niere be- 
zeichnet. Diese weisen, ganz ähnlich wie die Hypernephrome, viel- 
fach variierende Bilder ihrer Struktur auf, was auch erklärt, wes- 
halb sie in der Literatur mit den verschiedensten Bezeichnungen 
belegt werden. So findet man sie beispielsweise erwähnt als Sar- 
kome, Angiosarkome, Myxosarkome, Rhabdomyosarkome oder als 
teratoide Geschwülste. Im Gegensatz zu den Hypernephromen 
treten diese Mischgeschwülste der Niere meist in frühem Kindes- 


Die Hypernephrome der Nicre. 555 


alter auf und aufserdem, was bei den Hypernephromen bis jetzt 
noch nicht beobachtet wurde, wenigstens bei den malignen, häufig 
an beiden Nieren zugleich. Nach Borst handelt es sich hierbei um 
sehr rasch wachsende, meist weiche, gefälsreiche, oft hämorrha- 
gische, sarkomähnliche, in deutlicher Knotenform auftretende Ge- 
wächse, die inmitten der Niere oder an deren Oberfläche entstehen 
und sich durch vorwiegend expansives Wachstum auszeichnen. Die 
benachbarte Nierensubstanz wird zur Seite gedrängt, komprimiert 
und geht grölstenteils durch Atrophie zugrunde; an der Peripherie 
der vollentwickelten Geschwulst findet man stets einen mehr oder 
minder gut erhaltenen Abschnitt der Niere vor. Die Grenze gegen 
diesen letzteren wird häufig durch eine Art bindegewebiger Kapsel 
besorgt, die zum Teil der Geschwulst als solcher von vornherein 
zugehört, zum Teil aus dem Bindegewebe der verödeten Nieren- 
substanz sekundär hervorgegangen ist (eingeschlossene, atrophierende 
Harnkanälchen!).. Da die Geschwülste sich intrarenal entwickeln, 
überzieht (bei kleineren Tumoren wenigstens) die Capsula propria 
der Niere auch die Geschwulst, später freilich erfolgt oft Durch- 
bruch durch die Nierenkapsel. Sehr selten ist übrigens auch eine 
extrarenale Entwicklung beobachtet worden (Brock, Vogler, 
Borst). Beim weiteren Wachstum brechen die Tumoren ins Nieren- 
becken durch, in welches hinein dann häufig eine Fortwucherung 
in polypöser Form erfolg. In die Blutgefäfse wachsen die be- 
trefiendeu Geschwülste ebenfalls ein und verbreiten sich per conti- 
nuitatem aus den kleineren Gefälsen in die grölseren; jedoch sind 
auch die regionären Lymphdrüsen nicht verschont. Nach Exstir- 
pation pflegen rasch Rezidive aufzutreten; dio Kranken erliegen 
dem unaufhaltsamen Wachstum der Neubildung innerhalb relativ 
kurzer Zeit. 

Birch-Hirschfeld nannte diese kindlichen Mischgeschwülste 
der Niere wegen ihres embryonalen Charakters und ihres konstanten 
Gehaltes an drüsigen Elementen „embryonale Drüsensarkome“. 
Wenn auch diese Tumoren in ihrem Verhalten vieles mit den 
Hypernephromen gemein haben, so unterscheiden sie sich doch 
mikroskopisch deutlich von ihnen, denn was sie charakterisiert, ist 
junges Bindegewebe mit zarten Gefälsen, Schleimgewebe, fibrilläres 
Gewebe (Fettgewebe), Knorpel; ferner glatte und quergestreifte 
Muskelfasern und endlich — als einer der wichtigsten Bestandteile 
— schlauchförmige Drüsen. 

Busse führt, ebenso wie die Fibrome der Niere, so auch die 


556 Paul Grosheintz. 


embryonalen Adenosarkome auf eine Entwicklungsstörung zurück: 
„Die Epithelien leiten sich von den Harnkanälchen ab und zeigen 
teils drüsige, teils krebsige Anordnung. Charakteristisch aber ist 
bei ihnen die Art der Entstehung. In vielen Fällen differenzieren 
sie sich nämlich in ganz gleicher Weise aus einem Haufen indiffe- 
renter kleiner Zellen heraus, wie wir dies in den Keimzentren der 
Nierenrinde finden, so dafs hier in den Geschwülsten der embryo- 
nale Wachstumstypus erhalten zu sein scheint. Der bindegewebige 
Anteil der Geschwülste variiert einmal durch die sehr verschieden- 
gradige Ausreifung seiner Teile, zum andern aber enthält er regel- 
mälsig muskuläre Elemente in sehr wechselnder Beimischung. Ge- 
rade diese Beimischung von Muskelgewebe entspricht ganz dem 
Verhalten der embryonalen Niere. Allerdings weichen die Ge- 
schwülste insofern ab, als die ursprünglich glatten Muskelfasern 
vielfach zu grolsen bandartigen Zellen auswachsen, wie wir sie im 
schwangeren Uterus finden, oder gar eine Metaplasie zu querge- 
streiften Fasern erfahren. Dals diese quergestreiften Muskeln tat- 
sächlich den glatten gleichwertig, bezw. daraus entstanden sind, 
geht meines Erachtens ganz zweifellos aus den Übergangsbildern der 
Anordnung der Fasern zu sich verflechtenden und durchkreuzenden 
Bündeln, sowie aus der vielfachen Vermischung beider Zellarten 
hervor. Gibt man die Entstehungsart der quergestreiften Fasern 
zu, gegen die ganz ungerechtfertigter Weise entwicklungsgeschicht- 
liche Bedenken erhoben worden sind, so findet man auch in den 
embryonalen Adenosarkomen nichts, was nicht aus der fötalen Niere 
zu erklären ist, so dafs diese mit Recht als Matrix für diese Ge- 
schwulstgruppe angeführt werden darf“. 

Was die echten Lipome der Niere anbelangt, so können sie | 
höchstens makroskopisch mit suprarenalen Tumoren der Niere ver- 
wechselt werden, da die charakteristische gelbweilse Farbe des 
normalen Fettgewebes auch bei den Lipomen meist sehr deutlich 
vorhanden ist. 

Durchaus nicht alle Tumoren, welche von den Nebennieren 
ausgehen, weisen in ihrem mikroskopischen Bau die typische oder 
atypische Nachbildung des Rindenparenchyms des Mutterbodens 
auf. Bekannt ist der Reichtum der Nebennieren an nervösen Ele- 
menten, welche vorzugsweise aus dem Plexus coeliacus stammend, 
mit den Arterien durch Kapsel und Rinde bis in die Marksubstanz 
eindringen. Aus dem Nervengeflechte der Kapsel senken sich 
zwischen die Zellgruppen der Zona glomerulosa und fasciculata 


Die Hypernephrome der Niere. 557 


feine Ästchen, welche oberflächlich enden, ohne zwischen die ein- 
zelnen Zellen einzutreten. Die Zona reticularis hat ein noch aus- 
gedehnteres Nervengeflecht, und in der Marksubstanz ist dasselbe 
aulserordentlich dicht verzweigt, so dals jede einzelne Zelle von 
Nervenfasern umgeben ist. Hier finden sich auch Gruppen von 
sympathischen Ganglienzellen. Aus diesen nervösen Elementen 
können sich nun Geschwülste entwickeln, Gliome (Virchow), Tu- 
moren des Sympathikusanteils der Nebennieren (Marchand) und 
echte gangliöse amyelinische Neurome (Weichselbaum). 

Auch Blutcysten der Nebennieren kommen vor. Sie entstehen 
durch Traumen, Zirkulationsstörungen bei gleichzeitiger fettiger 
Degeneration des Nebennierenparenchyms, bei hämorrhagischer 
Diathese und hämorrhagischer Entzündung. Sie sind beobachtet 
von Rayer, Chiari, doppelseitig von Carrington. 

Von einem Fibrom der Nebenniere (ohne Bronzefärbung der 
Haut) berichtet Saviotti in Virchows Arch. 39. 

Aulser diesen Geschwülsten können auch gewöhnliche Rund- 
zellensarkome von der Nebenniere ausgehen, sowie einfache Sarkome 
mit polymorphen und spindligen Zellen, ferner Melanosarkome. 
Fälle von primären Sarkomen der Nebenniere haben Berdach und 
Loewenhardt veröffentlicht. Ein Sarkom der Nebenniere mit 
Metastasen in Nieren, Pankreas und rechtem Herzen bei einem 
46jährigen Mann wurde von Rosenstein beschrieben. Hirsch 
publizierte einen Fall eines primären medullaren hämorrhagischen 
Sarkoms der rechten Nebenniere bei einem 46jährigen Mann. Die 
Geschwulst war in die Bauchhöhle durchgebrochen und hatte zu 
einer chronischen Adhäsionsperitonitis geführt. Bei der Sektion fand 
man Sarkommassen in den Verwachsungen des Bauchfelles. Die 
mikroskopische Untersuchung der Geschwulst ergab, dafs es sich 
um eine von den gewöhnlichen Nebennierentumoren abweichende 
Geschwulst handelte. 

Nach Manasse, Hanau, Ulrich sollen auch Nebennieren- 
geschwülste vom Typus gewöhnlicher Karzinome vorkommen. Als 
Krebs der Nebenniere ist ein von Heitler veröffentlichter Fall be- 
zeichnet worden, der klinisch als Echinococcus der Leber diagnosti- 
ziert worden war. Lewa beschreibt ein Karzinom beider Neben- 
nieren mit einer Metastase in der rechten Lunge. (Hirsch, Diss.) 

Alle diese erwähnten Geschwülste sind aufserordentliche Selten- 
heiten mm Vergleich zu den Hypernephromen. Früher, bevor man 
die letzteren als eigenartige Geschwulstform erkannt hatte, sind 


558 Paul Grosheintz. 


wohl viele derselben als Karzinome oder auch als Sarkome gedeutet 
worden. | 

Wie bereits früher erwšhnt wurde, sind versprengte Neben- 
nierenkeime, auíser in den Nieren, auch anderwärts im Körper 
nachgewiesen worden. Ganz analog finden wir auch in seltenen 
Fällen Hypernephrombildungen, welche nicht in der Niere, sondern 
in anderweitigen Organen der Versprengung, ihren Ausgangspunkt 
genommen haben. So sind von Pick gewisse Geschwülste der 
Ovarien als primäre Hypernephrome gedeutet worden, ausgehend 
von den versprengten Nebennierenkeimen, wie sie Marchand im 
Ligamentum latum gefunden hat. Ebenso sollen, von den Mar- 
chandschen Nebennierenstrumen ausgehend, in ganz seltenen Fällen, 
auch im Ligamentum latum selbst, primäre Hypernephrombildungen 
beobachtet worden sein. 

Schmorl und Oberndorfer haben versprengte Nebennieren- 
keime in der Leber nachgewiesen und Donati berichtet uns nun 
einen Fall primärer Hypernephrombildung malignen Charakters in 
der Leber: Die 30jährige Pat. bemerkte seit 6 Monaten eine rasch 
wachsende Geschwulst in der Gegend der Gallenblase. Zuerst 
klein, beweglich und schmerzlos, wurde sie später spontan und auf 
Druck stark empfindlich, erreichte eine Grölse von zwei Fäusten, 
veranlalste Kachexie und Fieber. In der Vermutung, ein Empyem 
der Gallenblase zu finden, wurde zunächst die zweizeitige Eröffnung 
des Sackes beschlossen. Als man jedoch bei der zweiten Operation 
(Inzision der Geschwulst) nur Blut mit nekrotischen Fetzen erhielt, 
wurde sofort die Exstirpation der Geschwulst ausgeführt (Prof. 
Calvini). Dabei wurden zwei Dritteile des rechten Leberlappens 
abgetragen nach elastischer Abschnürung in der Nähe des Hilus. 
Glatter Wundverlauf. Pat. nahm an Gewicht zu und befand sich 
ein halbes Jahr nach der Operation noch wohl. Das entfernte 
Leberstück wog über 370g und enthielt eine weiche, über die 
Schnittfläche herausquellende Neubildung, die sich gegen das sie 
allerseits umschlielsende Lebergewebe mit einer Art Kapsel ab- 
grenzte. Mikroskopisch erwies sie sich als ein von einem ver- 
sprengten Keim ausgehendes Hypernephrom mit bösartigem Cha- 
rakter. Donati fand in der Literatur nur einen analogen Fall 
(zitiert nach Most, Zentralblatt f. Chir. Nr.41, Okt. 1906). 

Croftan (Philadelphia) hat eine chemische Methode angegeben, 
nach welcher man die Hypernephrome der Niere von anderen Ge- 
schwülsten unterscheiden könne. Er sagt, dafs Jodstärkelösung 


Die Hypernephrome der Niere. 559 


durch Auszüge von Hypernephromen, und zwar auch von solchen, 
die in Formol gelegen haben, entfärbt wird. Wir selbst haben die 
Reaktion ausgeführt und ein deutliches Verblassen der tiefblaueu 
Farbe des Jodstärkekleisters konstatieren können. Jedoch ist nach 
Gierke der Versuch, die Differentialdiagnose dieser Geschwülste 
durch die Feststellung chemischer Besonderheiten zu fördern, als 
gescheitert zu betrachten. 

Vom Glykogen, dem Lubarsch eine so grolse Bedeutung für 
die Diagnose beilegt, war früher die Rede. Viel wichtiger als 
dieses ist nach Gatti das Lecithin. Er sagt: „Die Niere ist sehr 
reich an Lecithin. Alexander konstatierte in den frischen Neben- 
nieren eines 3jährigen Kindes 2,81°/,, und zwar 2,40°, in der 
Rivdensubstanz und 4,50 °/, in der Marksubstanz. Zwar gehen die 
in Rede stehenden Geschwülste von der Rindensubstanz aus, die 
weniger Lecithin enthält, als die Marksubstanz, aber dennoch so 
viel. um die Vermutung aufkommen zu lassen, dals diese Geschwülste, 
— ihre Entstehung aus Nebennierenkeimen zugegeben — einen 
wahrscheinlich hohen Lecithingehalt aufweisen.“ ° 

Nach diesen Vorausschickungen, wollen wir noch einmal zu- 
sammenfassen, worauf sich die anatomische Diagnose des Hyper- 
nephroms der Niere stützt. Es handelt sich hier um eine Reilıe 
von Befunden, die, wenn sie gleichzeitig nebeneinander angetroffen 
werden, den Ausschlag für die Diagnose geben. Wichtig vor allem 
ist der Nachweis eines direkten Zusammenhanges der Geschwulst 
mit versprengtem Nebennierengewebe, welches noch typischen Bau 
zeigt oder mit der Nebenniere selbst, wenn diese total oder partiell 
unter die Nierenkapsel verlagert ist. Die subkapsuläre Lage in der 
Niere, die eigentümlich gelbe vom Fett herrührende Farbe bezw. 
las hämorrhagisch buntscheckige Aussehen, die Knoten- oder 
Knollenform der durch die Geschwulstkapsel mehr oder weniger 
scharf abgegrenzten Tumoren sind als makroskopische Befunde für 
das Hypernephrom charakteristisch; mikroskopisch dagegen die 
grolsen, polygonalen, blasigen, fettinfiltrierten, in Reihen und 
(sruppen zu soliden Strängen und Haufen angeordneten Zellen, 
welche denjenigen der normalen Nebenniere ähnlich sind. 

Wir sehen also, dafs die Befunde, auf welche sich, bei dem 
heutigen Stande unseres Wissens, die anatomische Diagnose der 
Hıpernephrome stützt, sämtlich derart sind, dafs sie optisch, makro- 
skopisch oder mikroskopisch, direkt wahrnehmbar sind. Ich halte 
es jedoch nicht für ausgeschlossen, dafs die Diagnose einmal mit 


560 Paul Grosheintz. 


Sicherheit wird gestellt werden können auf Grund des chemisch- 
physiologischen Nachweises derjenigen Substanz, welche für die 
Nebenniere charakteristisch ist, nämlich des Adrenalins.. Wenn 
wir die diesbezüglichen Untersuchungen nicht vorgenommen haben, 
so war es einfach deshalb, weil die Tumoren unserer vier Fälle 
schon längere Zeit, d. h. zum Teil schon mehrere Jahre in Formol 
gelegen hatten, welcher Umstand jede Aussicht auf einen positiven 
Befund a priori trüben mufste; denn bekanntlich ist das Adrenalin 
des Handels, das ja mit grölster Sorgfalt hergestellt wird, an sich 
schon ein leicht zersetzliches Produkt. 

Zum chemisch-physiologischen Nachweis des Adrenalins, der 
darin besteht, am lebenden tierischen Körper durch Injektion eine 
kurz darauf erfolgende Anämie der Gewebe hervorzurufen, bedarf es 
nur minimaler Quantitäten, über welche man in den meisten Fällen 
verfügen wird, wenn man durch die Operation oder die Sektion in 
den Besitz der Geschwulst gelangt. Ich halte es auch nicht für 
ausgeschlossen, dafs in den Metastasen das Adrenalin wird gefunden 
werden können, was für die klinische Diagnose auf Grund einer 
z. B. singulären probeweise exzidierten Metastase (Knochenmeta- 
stase) von ausschlaggebender Bedeutung würde. Sollte einmal der 
Nachweis des Adrenalins in den Hypernephromen der Niere ge- 
lingen, dann dürften auch endgültig die Gegner der Grawitzschen 
Theorie als geschlagen erklärt werden. 

Was die Häufigkeit der Hypernephrome, speziell der malignen, 
anbelangt, so sind sie durchaus nicht so selten, wie man früher 
annahm, denn vielfach wurden sie eben als Karzinome gedeutet. 
Perthes konnte im Jahre 1896 erst über 34 Fälle berichten, die 
in der Literatur veröffentlicht waren, und auch Braatz sagt im 
selben Jahre, dafs die Hypernephrome, auch jetzt noch im Ver- 
hältnis zu den andern malignen Nierentumoren kein häufiges Vor- 
kommen zu nennen sind. Groh& jedoch hält es für wahrscheinlich, 
dafs die Hypernephrome den echten Epithelkrebsen gegenüber weit 
zahlreicher sind, als man annimmt. Krönlein sagt: Bis zum 
Jahre 1901 figurieren unter meinem Material exstirpierter Nieren- 
geschwülste nur Karzinome; dann verschwinden diese gänzlich und 
es folgen nun ausschlielslich die Hypernephrome usw. Die Frage, 
ob unter den Karzinomen der früheren Zeit nicht einige Geschwülste 
sich finden, welche die heutige Auffassung als Hypernephrome zu 
bezeichnen geneigt wäre, läfst er offen. Unter seinen 20 durch 
Operation gewonnenen Nierenpräparaten fanden sich 1 Sarkom, 


Die Hypernephrome der Niere. 561 


8 Karzinome, 9 Hypernephrome, 1 polycystischer und 1 teratoider 
Nierentumor. P. Albrecht hat 28 Fälle von Hypernephroma 
renis zusammengestellt, welche im letzten Jahrzehnt an der II. chirur- 
gischen Unversitätsklinik in Wien und in dem Krankenmaterial des 
Herrn Prof. Hochenegg, vor seiner Übernahme der Klinik, zur 
operativen Behaudlung kamen. In diesem Krankenmateriale, aus 
dem die mitgeteilten 28 Fälle von malignem Hypernephrom ent- 
nommen sind, konnte er nur 4 maligne Nierentumoren mit anderer 
histologischer Diagnose finden. Es gelangten 3 Fälle von Nieren- 
sarkom und 1 Fall von Plattenepithelkarzinom des Nierenbeckens 
zur Beobachtung. Er glaubt deshalb, dafs die Hypernephrome in 
der Frequenz der Nierentumoren an erster Stelle zu nennen sind; 
viel seltener sind die Sarkome der Niere und die Karzinome des 
Nierenbeckens, das Adenokarzinom der Niere scheint zu den grölsten 
Raritäten zu gehören. Nach seinen Beobachtungen war das mittlere 
Alter der eintretenden Patienten 48 Jahre. Der jüngste war 28, 
der älteste 66 Jahre alt. Solms, dessen Arbeit ein Jahr vorher 
erschien (1904) gibt an, dafs mit Ausnahme eines Kindes von 
2!/, Jahren, in der Literatur kein sicherer Fall eines malignen 
Grawitzschen Tumors beschrieben worden sei vor Mitte bezw. 
Ende der dreilsiger Jahre. Somit würde unser Fall I, welcher 
eine kaum 24jährige Patientin betrifft, in bezug auf jugendliches 
Alter von besonderem Interesse sein. Unser Fall IV jedoch, der 
des 89jährigen Mannes, dessen Hypernephrom allerdings nicht bös- 
artig wurde, dürfte dann im Gegensatz hierzu, wegen des hohen 
Alters, ebenfalls wohl einzig in der Literatur dastehen. 

Über eine Bevorzugung irgend einer Körperseite gehen die 
diesbezüglichen Angaben der Autoren auseinander. Küster kon- 
statiert eine solche der rechten, während Albrecht in seinen 28 
Fällen 19mal die linke Körperseite betroffen sah. 

Man hat bis jetzt vergebens nach ätiologischen Momenten gesucht, 
welche die Entwicklung der malignen Hypernephrome, also ihr 
Atypischwerden, begünstigen. Hie und da erfährt man in den 
Krankengeschichten, dafs ein Trauma dem Leiden vorausgegangen 
sei; jedoch darf man diesen Aufserungen keinen grolsen Wert bei- 
messen, da durch ein solches Trauma höchstens die Aufmerksamkeit 
auf einen vielleicht schon viele Jahre bestehenden Tumor gelenkt 
wurde. Nierensteine in einer Niere mit Hypernephrom hat Albrecht 
nicht beobachtet, wohl aber wir selbst und zwar in unsern 4 Fällen 
zweimal. Im Fall I fand sich im Rudiment eines Nierenkelches 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 37 


562 Paul Grosheintz. 


ein kirschkerngrolser, warziger, harter Stein; im Fall II wurden 
abgegangene Nierensteine der kranken Niere klinisch beobachtet und 
die gesunde Niere wies bei der Sektion zahlreiche Phlebolithen auf. 
Hypernephrome in Wandernieren sind mehrmals vorgekommen; es 
läfst sich jedoch nicht entscheiden, ob die Wanderniere als solche 
die maligne Degeneration der kongenital angelegten Nebennieren- 
keime zu wecken imstande ist, oder ob sie nur gleichzeitig, aber 
ohne kausalen Zusammenhang mit der Geschwulstbildung, vorhanden 
ist. Es ist aber viel eher denkbar, dafs die durch eine wachsende 
Geschwulst bedingte Gewichtszunahme der Niere eine Zerrung der 
Ligamente verursacht, wodurch als Folgezustand die Wanderniere 
entsteht. Dies ist um so einleuchtender, als die Hypernephrome 
in der Tat ein sehr beträchtliches Gewicht erreichen können. 

Vom Vorhandensein einer Wanderniere haben wir in unseren 
vier Fällen nichts beobachtet. Im ersten Falle konnte das Gewicht 
des Tumors nicht festgestellt werden, da er vollständig in Zerfall 
übergegangen war, so dafs hur noch ein mit stinkenden, nekrotischen 
Fetzen belegter Bindegewebssack vorgefunden wurde, welcher mit 
dem Colon transversum kommunizierte. Im zweiten Falle erreichte 
die Geschwulst samt Niere ein Gewicht von 1490 g, im dritten von 
677 g, im vierten von 640 g. 

Die gutartigen, typischen Hyperion uron können viele Jahre, 
sogar das ganze Leben hindurch bestehen, ohne dafs sie ihrem 
Träger irgendwelche Störungen im Befinden verursachen, so dafs 
man sie nur als zufälligen Befund bei den Sektionen antrifft. 

Was überhaupt die Frage nach der Benignität oder Malignität 
dieser Geschwülste betrifft, so gehen die Ansichten der Autoren 
auseinander. Sa behauptet Solms, dafs überhaupt jeder Gra- 
witzsche Tumor ein bösartiger ist. Krönlein will die Frage 
nicht einfach mit Ja oder Nein beantworten, jedoch beruft er sich 
auf den Fall eines Patienten, der nachweislich schon 25 Jahre vor 
der Operation an dem Nierentumor litt, dann von ihm nephrekto- 
miert wurde, heilte und nach 3 Jahren noch gesund war. In diesem 
Falle, sagt er, bat das Hypernephrom ganz den Verlauf eines 
gutartigen Tumors genommen. Auch unser Fall IV kann gewifs 
nicht weniger schön die Möglichkeit der Benignität demonstrieren, 
denn wenn die Existenz eines fast faustgrofsen Tumors mit einer Lebens- 
dauer von über 89 Jahren vereinbar war, ohne dafs jemals im Leben 
die geringsten Beschwerden für das Wohlbefinden verspürt wurden 
und der Patient schliefslich aus anderweitiger Ursache starb, so dafs 


Die Hypernephrome der Niere. 563 


bei der Obduktion ganz zufällig die Geschwulst gefunden wurde, 
so kann man sicherlich nicht mehr von der ausschliefslichen Bös- 
artigkeit der Hypernephrome reden. 

Nach jahrelangem Stillstand des Wachstums können sie jedoch 
plötzlich anfangen, sich zu vergrölsern, wobei die gutartige Form 
in die atypische, bösartige übergeht. In ihrem weitern Ver- 
laufe verhalten sie sich dann ähnlich wie Sarkome und Karzinome, 
d.h. sie wuchern in die Umgebung des Nachbargewebes, ohne 
dessen Grenzen zu respektieren, brechen mit Vorliebe in die Venen 
durch, machen Metastasen allerorts, sowohl in Organen als im 
Skelett und führen durch Kachexie mehr oder weniger schnell 
zum Tode. 

Vor allem die Metastasenbildung ist es, welche den atypischen 
Hypernephromen in so hohem Grade die Eigenschaft der Malignität 
verleiht. Diese kann schon sehr frühzeitig eintreten und speziell 
bei den Hypernephromen ist es nicht selten eine Knochenmetastase, 
welche als erstes Symptom die Existenz der Geschwulst verrät. 

Krönlein hält nach seinen bisherigen Erfahrungen daran fest, 
dafs die Hypernephrome nach ihrem klinischen Verlaufe in der 
Mehrzahl der Fälle zu den malignen, ja sogar zu den malignesten 
(seschwülsten zu rechnen sind, welche dem Karzinom und dem 
Sarkom in dieser Eigenschaft an die Seite zu stellen sind. Die 
Metastasenbildung allein ist es jedoch nicht, welche die Bösartigkeit 
der Geschwülste ausmacht, sondern auch vor allem die hohe Ten- 
denz der lokalen Rezidive nach der Operation. Die Mehrzahl seiner 
vperierten Fälle sind an lokalen Rezidiven gestorben. Auch Albrecht 
gibt an, dals von 16 Patienten, welche die Operation überstanden 
haben, 9 infolge von lokalem Rezidiv zugrunde gegangen sind. ` 

Die Metastasierung erfolgt meist auf dem Wege der Blutbahn, 
indem der Tumor in die Venen einbricht; jedoch, wenn auch 
weniger häufig, kann die Verschleppung auf dem Lymphwege sich 
vollziehen. | 

Henke hat mehrmals gesehen, dafs maline Hypernephrome 
mit besonderer Vorliebe durch die Cava inferior bis ins rechte Herz 
vorgewachsen waren. 

Besonderes Interesse verdient auch der von Kozubowski mit- 
geteilte Fall, in welchem es zu einer Obliteration der Vena cava 
inferior kam. Der ganze mittlere Teil derselben war durch die 
knolligen Tumormassen verstopft und trotzdem war der Kreislauf 
vollständig wiederhergestellt, so dafs bei Lebzeiten des Patienten 

37* 


564 . Paul Grosheintz. 


von dieser Seite keine Störungen beobachtet wurden. Diese zwar 
seltenen, aber von Zeit zu Zeit vorkommenden Fälle von voll- 
ständiger Obliteration der unteren grolsen Hohlvene beweisen uns, 
dafs das allmähliche Ausschalten der Vena cava inferior aus dem 
Blutkreislauf unter gewissen Umständen möglich ist. In diesem 
Falle war die rechtsseitige Nephrektomie ausgeführt worden; der 
Patient lebte noch nach der Operation zirka 1 Jahr. Die Sektion 
zeigte nun unter anderem eine auffallend mächtige linke Niere, 
welche kompensatorisch hypertrophiert war. 

In unserem ersten Falle wurde bei der Sektion der Einbruch 
des Tumors in die Vena renalis nachgewiesen; aufserdem hatte die 
Geschwulst das Quercolon perforiert. Im Skelett fanden sich 
massenhafte Metastasen, die an verschiedenen Stellen zu Spontan- 
frakturen geführt hatten (Femur, Humerus, Wirbelsäule). Besonders 
auffallend, weil überaus hochgradig, war die Metastasenbildung im 
Becken. 

Auflser in den erwähnten Knochen sind Hypernephrommeta- 
stasen, in andern Fällen, im Schädeldach, in der Scapula und der 
Clavicula beobachtet worden. Sie kommen also sowohl in den 
langen Röhrenknochen, als auch in den breiten und kurzen 
Knochen vor. 

In unserem zweiten Falle fanden sich Metastasen in den Lungen, 
hauptsächlich unter der Pleura; im dritten solche in den regionären 
Lymphdrüsen, der Leber und den Lungen. Auch Henke gibt an, 
dafs nach seinen Erfahrungen ebenfalls massige Metastasen in der 
Lunge und in der Leber vorkommen. 

Von seltenen Metastasierungen wurden beobachtet, solche in 
die Vagina (Henke, v. Rosthorn), in den Uterus (Kaufmann). 

Als seltenen Befund einer Hypernephrommetastase der Haut 
hat Henke einen ziemlich grofsen, pilzförmigen Tumor gesehen. 

Eine Eigentümlichkeit, welche die Hypernephrome anscheinend 
vor allen andern malignen Tumoren auszeichnet, ist nach Albrecht 
die Bildung singulärer Metastasen auf dem Wege der Blutbahn. 
In einem seiner Fälle handelt es sich um eine singuläre und zwar 
osteoplastische Metastase des Hinterhauptbeins, welche zu der 
irrigen Diagnose „Schädelsarkom* geführt hatte und als solches 
operiert wurde; in einem andern Falle war es eine singuläre grolse 
Metastase der Clavicula. 

Aus diesem eigentümlichen Verhalten der Hypernephrome, ge- 
legentlich singuläre Metastasen auszubilden, geht hervor, dafs die 


Die Hypernephrome der Niere. 565 


Operationsfrage in solchen Fällen eine berechtigte ist, da mit der 
Entfernung der Metastase und Exstirpation des Primärtumors Heilung 
zu erhoffen ist. Nur wird es natürlich intra vitam schwer fallen, 
das Bestehen einer einzigen Metastase anzunehmen, d. h. das 
von multiplen auszuschliel[sen. 

Wie gelegentlich bei den Karzinomen, so können auch bei den 
Hypernephromen Spätrezidive und Spätmetastasen auftreten. Meist 
stellen sie sich wenige Jahre nach der Operation ein. Der Fall von 
Krönlein, welcher volle 11 Jahre nach der Operation gesund blieb, 
bis sich ein lokales Rezidiv ausbildete, wird wohl zu den grolsen 
Seltenheiten zu rechnen sein; auch hier Spätmetastasen, die ad 
exitum führten. 

Was den histologischen Bau der Hypernephrommetastasen an- 
belangt, so zeigen sie als Tochtergebilde auffallende Ähnlichkeit mit 
dem Muttergewebe. 

Wie bei den übrigen Nierentumoren, so tritt auch bei den 
Hypernephromen die Hämaturie als klinisch wichtiges Symptom in 
den Vordergrund, welches differentialdiagnostisch für die Hyper- 
nephrome von Bedeutung ist, wenn sie als Frühsymptom beobachtet 
wurde. Denn charakteristisch für die suprarenalen Tumoren ist eben 
ihr gelegentlich sehr langsames Wachstum. 

Die Hämaturie kann bei den Hypernephromkranken entweder 
spontan auftreten, oder im Anschlufs an irgend eine begünstigende 
Gelegenheitsursache (z. B. Trauma, Palpation usw.). Die Menge 
des entleerten Blutes variiert vielfach, sowohl im allgemeinen, als 
bei den einzelnen Hämaturien ein und desselben Falles. In unserem 
ersten Falle kam es auch zu mehr oder weniger starken Blutungen, 
welche jedoch zeitlich nicht weit zurücklagen. Bei unserem zweiten 
Patienten waren sie nur spurweise vorhanden, und vielleicht gar 
nicht mit dem Tumor, sondern mit der Nierensteinkolik in Zu- 
sammenhang stehend. | 

Das Blut ist meist mit dem Urin einfach gemischt, jedoch 
können gelegentlich auch fadenförmige Gerinnsel im Harn aufge- 
funden werden. 

Die Frage nach dem Vorgang, wieso die Blutungen beim Hyper- 
nephrom überhaupt zustande kommen, ist noch keineswegs aufge- 
klärt, denn die Tatsache allein, dals aus den in Zerfall begriffenen 
Gsewebspartien der stark vaskulierten Geschwulst sich Gefälse in 
das Nierenbecken ergielsen, genügt nicht zur Erklärung, da die 
Hämaturien auch ohne dies entstehen können. 


566 Paul Grosheintz. 


Betreffend die Häufigkeit der Hämaturie bei Hypernephrom- 
kranken ist zu bemerken, dafs die in der Literatur sich vorfindenden 
Frequenzzahlen zum Teil nicht unerheblich voneinander abweichen. 
P. Wagner sagt: „Besonders häufig, nämlich in ca. 80°/, der 
Fälle, soll Hämaturie bei Hypernephromen beobachtet werden“, 
Albrecht hingegen fand das Blutharnen nur 11 mal unter den 
Symptomen seiner 28 Fälle angeführt, was einem Prozentsatz von 
39,3 entspricht und im Vergleich zu der von Israel für die malignen 
Nierentumoren im allgemeinen berechneten Frequenzzahl von 92,1 
ein relativ seltenes Vorkommen der Hämaturie bei den Hypernephromen 
bedeutet. Die Tatsache findet eine Erklärung durch das manchmal 
langsame Wachstum der Hypernephrome, | sowie ihre Abgrenzung 
durch eine Bindegewebskapsel. 

Bei nicht palpablem Tumor ist es in klinischer Beziehung von 
Wichtigkeit, festzustellen, von welcher Seite her das Blut kommt, 
und hier gibt der manchmal vor oder während der Hämaturie auf- 
tretende Liendenschmerz einen Fingerzeig, ob die rechte oder die 
linke Niere erkrankt ist. Allerdings ist es auch schon vorgekommen, 
dafs die Lendenschmerzen doppelseitig auftraten und deshalb über 
die Seite der Erkrankung im Zweifel Desen. Durch den Ureteren- 
katheterismus und die Cystoskopie wird man in vielen Fällen Auf- 
schlufs darüber erhalten, von welcher Seite das Blut herkommt, 
insofern die Hämaturie nicht durch eine Erkrankung der Blase be- 
dingt ist. Ob die Blutung durch abgehende Nierensteine verursacht 
ist, wird durch eine sorgfältige klinische Überwachung festzustellen 
sein. Die vor oder während des Blutharnens auftretenden Schmerzen 
lassen sich leicht erklären durch die Stauung des Blutes im Nieren- 
becken und den hierdurch ausgeübten Druck auf die sensiblen Nerven 
der Umgebung. 

Da die frühzeitige Diagnose, auf Grund der Palpation, wegen 
der hohen Lage der Geschwulst unter dem Zwerchfell sehr schwer. 
sozusagen unmöglich ist, wird der Kliniker sein Augenmerk ganz 
besonders auf das Verhalten der Hämaturie zu richten haben, denn 
erfahrungsgemäls ist sie, wenn spontan auftretend und plötzlich auf- 
hörend, als erstes sicheres Symptom (Kuzmik) des Hypernephroms 
zu betrachten, zumal wenn der Urin gleichmäfsig gefärbt ist, oder 
wurmförmige Blutgerinnsel mit dünnen, langen Einschnürungen zeigt. 

Dafs die Hämaturien beim Hypernephrom zeitlich weit zurück- 
liegen können, was für die Diagnose sehr ins Gewicht fällt, wurde 
bereits hervorgehoben. So beschrieb Grawitz einen Fall, in 


Die Hypernephtome der Niere. 567 


welchem das Blutharnen bereits’ seit BIL Jahren bestand. Busse 
erwähnt einen Fall mit 6 Jahren, Manasse einen solchen mit 
5 Jahren, Lubarsch mit 3 Jahren, Hildebrand mit 8 Jahren inter- 
mittierender Hämaturie, Perthes einen mit 5 Jahren. Ulrich gibt 
einen Fall an, in welchem die Schmerzen schon vor 20 Jahren be- 
standen, Driessen einen solchen mit 5 Jahren und. Hansemann 
einen Fall mit 17jähriger Leidensgeschichte (nach OwenRichards). 

Der Harn von Hypernephromkranken wird entweder als nor- 
mal, oder als pathologisch verändert befunden. Eiweifs — Nucleo- 
oder Serumalbumin — wird nicht selten gefunden. In unserem ersten 
Falle fanden sich ein starker Eiweifsgehalt, nekrotische Krümel, 
Eiterkörperchen und einige geschwänzte Epithelien. — Tumorzellen 
konnten jedoch nicht nachgewiesen werden. | 

Nebenbei bemerkt, scheint nach den bisherigen Mitteilungen 
aus der Literatur wenig Aussicht vorhanden zu sein, dals man ein 
Hypernephrom auf Grund vorgefundener Geschwulstzellen aus dem 
Harnbefund diagnostizieren kann. 

Wie die Hämaturie, so ist auch der örtliche Schmerz für die 
Frühdiagnose von Wichtigkeit, denn es sind Fälle bekannt (Al- 
brecht), in denen 4!/,, 6, 11, ja 15 Jahre vor der Aufnahme in die 
Klinik lokale Schmerzen Bestandes haben. 

In unserem ersten Falle traten die örtlichen Bee aller- 
dings nicht als Frühsymptom, sondern fast gleichzeitig mit solchen 
im Skelett auf, was auf die bereits bestehende Verschleppung hin- 
wies. Im zweiten Falle konnten, wie die Hämaturie, so auch die 
lokalen Schmerzen nicht mit Sicherheit auf die Geschwulst bezogen 
werden; viel eher scheinen sie mit der Nierensteinkolik im Zu- 
sammenhang gewesen zu sein. 

Auflser der Hämaturie und dem örtlichen Schmerz ist für die 
Diagnose natürlich der palpatorische Nachweis des Tumors von der 
allergrölsten Bedeutung. Dieser gelingt auch in der weitaus 
gröfseren Mehrzahl der Fälle. Unter den 28 von Albrecht be- 
schriebenen Fällen war der Tumor 26 mal mehr oder weniger deut- 
lich festzustellen; in unseren 4 Fällen ergab die Palpation 3 mal 
den positiven Befund, während der vierte Fall, wegen seiner Beni- 
gnität und der Abwesenheit jeglicher Beschwerden und Symptome, 
keinen Anlafs zur Untersuchung gab. 

Es ist wohl überflüssig, zu bemerken, dafs die palpatorische 
Untersuchung nur mit grölster Vorsicht und zur geeigneten Zeit 
vorgenommen werden darf, da die Gefahr einer nachfolgenden 


568 Paul Grosheintz, 


Hämaturie besteht, sowie diejenige einer Lostrennung von Ge- 
schwulstthromben und Fortspülung derselben mit dem venösen Blut- 
strom. Derartige Vorkommnisse sind wiederholt beschrieben worden. 

Ganz anders, wie bei den Karzinomen und Sarkomen verhält 
es sich bei den Hypernephromen mit der Kachexie. Diese kann 
häufig fehlen, wie auch in unserem zweiten Falle, in welchem es 
bereits zu multipler Metastasenbildung gekommen war. Allerdings 
wird man nicht selten Leichen zur Sektion bekommen, die das 
Bild des äufsersten Kräfteverfalls und der höchstgradigen Abmage- 
rung darbieten, wie in unserem ersten und dritten Falle. Man wird 
dann genau zu eruieren suchen, ob diese Zustände nicht durch 
häufig wiederholte und starke Hämaturien, sowie durch die Ge- 
schwulst an sich bedingte Störungen der Ernährung verursacht wur- 
den, ohne dafs es zu einer Protoplasmavergiftung durch die Tumor- 
säfte gekommen ist. “ 

„Wir können,“ sagt Albrecht, „das Symptom der Kachexie 
nur in negativem Sinne verwerten, d. h. ein Hypernephrom dann 
mit grofser Wahrscheinlichkeit diagnostizieren, wenn das jahrelange 
Bestehen eines Nierentumors sichergestellt ist, und keine Kachexie, 
wohl aber andere Zeichen der malignen Nierengeschwülste zu kon- 
statieren sind. Dafür, dafs Kachexie das erste Symptom eines 
Hypernephroms gewesen wäre, finden wir unter unseren Fällen kein 
Beispiel“. 

Die klinische Diagnose des malignen Hypernephroms ist in 
vielen Fällen aufserordentlich schwierig, manchmal sogar unmög- 
lich. Meist wird es sich darum handeln, dasselbe von einem Kar- 
zinom oder einem Sarkom der Niere zu unterscheiden. Für ein 
malignes Hypernephrom spricht, im allgemeinen, ein grolser, lang- 
sam gewachsener, freibeweglicher Tumor, welcher lokale Schmerzen 
verursacht, ferner das Fehlen der Hämaturie und das der Kachexie 
bei bestehenden Knochenmetastasen. Freilich kommen bei den 
Hypernephromen auch Hämaturien vor und diese sprechen, wenn 
sie mehrere Jahre vorher auftraten, ganz besonders für ein Hyper- 
nephrom, zumal wenn bei der langen Dauer der Krankheit keine 
Kachexie aufgetreten ist. Das Bestehen der Kachexie spricht 
andererseits nicht unbedingt gegen ein Hypernephrom, ebensowenig 
wie die Hämaturien, nur wird beides häufiger bei den Karzinomen 
und Sarkomen beobachtet. Desgleichen kann auch der lokale 
Schmerz, wie beim Karzinom und Sarkom, so auch beim malignen 
Hypernephrom in den Hintergrund treten. Sarkome wachsen ge- 


Die Hypernephrome der Niere. 569 


wöhnlich rasch zu voluminösen Geschwülsten an, Karzinome werden 
gewöhnlich nicht besonders grols; beide jedoch zeigen die Tendenz 
der festen Verwachsung mit der Nachbarschaft. 


Als Therapie der malignen Hypernephrome ist nur die Radikal- 
operation, d.h. die Nephrektomie zu empfehlen, da eine partielle 
Resektion oder eine Enukleation keinen genügend klaren Einblick 
in die Verhältnisse gestattet. Wenn auch die Nephrektomie mit 
grölseren Gefahren für das Leben verbunden ist, so wird man von 
ihr doch bessere Resultate von Dauerheilungen erwarten dürfen, 
als dieses bei den anderen Operationsmethoden wahrscheinlich ist. 
Metastasen kontraindizieren den operativen Eingriff. 


Unsere Fälle. 


Der erste Fall betrifft eine kaum 24jährige Patientin, welche 
etwa 8 Monate vor dem Tode die ersten Beschwerden ihrer Krank- 
heit verspürte. Bis dahin fühlte sie sich wohl und hatte keine 
Ahnung von ihrer Geschwulst. Es traten plötzlich neuralgieartige 
heftige Schmerzen auf, zuerst im Rücken, dann im Arm; Druck- 
empfindlichkeit auf den Rippen, dem Schlüssel- und Brustbein. Zur 
Zeit der ersten Beschwerden waren also bereits mannigfache Meta- 
stasen im Skelett vorhanden. Hämaturie bestand in abwechslungs- 
weise mehr oder weniger hohem Grade. Die Abmagerung erreichte 
zuletzt den denkbar höchsten Grad Das Leiden muls äulserst 
qualvoll gewesen sein. 


Bei der Sektion wurde der Primärtumor im Zustande des 
völligen Zerfalles angetroffen und in dem Rudimente eines Nieren- 
kelches ein kirschkerngrofser, warziger, harter Stein gefunden. 


Zur histologischen Untersuchung gelangten Entkalkungsschnitte 
aus den Metastasen eines Wirbels und einer Rippe, sowie Schnitte 
aus dem spärlich erhaltenen Material des Haupttumors. 

Die approximale Partie des rechten Humerus und des linken 
Femur wurden der Länge nach aufgesägt, nach der Natur abge- 
zeichnet und als Fig. 1 und Fig. 2 reproduziert. 

Das Becken, ein aufsergewöhnlich schönes Mazerationspräparat, 
wurde in 3 verschiedenen Ansichten photographiert; s. Fig. 3, 4, 5. 

Der Fall hat ganz besonderes Interesse wegen des jugendlichen 
Alters. 

Aulserdem ist es die auffallend hochgradige Metastasierung des 
Skeletts, welche diesen unseren ersten Fall besonders auszeichnet. 


570 Paul Grosheintz. 


Der zweite Fall bezieht sich auf einen 44jährigen Arzt, der 
erst 10 Tage vor dem Eintritt in die Klinik stärkeres Stechen in 
der Nierengegend verspürte und bei dieser Gelegenheit durch eigene 
Untersuchung die Geschwulst entdeckte. Vor 5 Jahren litt der 
Patient an Nierensteinkolik links (es gingen einige Steine ab) und 
seither öfter an Stechen in der linken Nierengegend, also auf der 
Seite der Geschwulst. Hämaturie nur spurweise vorhanden. Keine 
beträchtliche Abmagerung, im Gegenteil guter Ernährungszustand, 
zur Zeit des Todes, der 5 Tage nach der Operation (Nephrektomie) 
eintrat. Tod durch Herzschwäche bei Cor adiposum mit dilatiertem 
rechtem Ventrikel. Ausgeheilte Appendicitis. 

Keine Metastasen im Skelett, wohl aber in den Lungen, unter 
dem Brustfell. 

Der Primärtumor zeigte wenig Zerfall in seinem Innern; es 
wurden Schnitte desselben, sowie solche aus den subpleuralen Me- 
tastasen zur mikroskopischen Untersuchung verwendet. Gewicht des 
Tumors samt Niere 1490 gr. 

Der dritte Fall, eine 65'/,jährige Frau betreffend, ist wieder 
ausgezeichnet durch starke Abmagerung. Eine Krankengeschichte 
kann leider nicht gegeben werden, da der Fall aus einem hiesigen 
Hilfsspital stammt, in welchem es die Verhältnisse dem ohnehin 
schon überbürdeten Arzte nicht gestatten, Krankenprotokolle zu 
führen. 

Die Geschwulst wurde durch Nephrektomie entfernt. 

Keine Metastasen im Skelett, sondern in den regionären Lymph- 
drüsen, Leber und Lungen. 

Mikroskopisch untersucht wurden Schnitte aus der Grenzzone 
von Geschwulst und Niere. 

Gewicht des Tumors samt Nierenrest 677 g. Photographische 
Aufnahme, s. Fig. 6. 

Der vierte Fall hat besonderes Interesse wegen des hohen 
Alters von 89 Jahren, das bis jetzt nicht beobachtet wurde. Der 
Patient hatte zeitlebens keine Beschwerden von seiner Geschwulst. 
Diese wurde nicht bösartig; sie wurde zufällig bei der Sektion ent- 
deckt. Todesursache: Lungenödem und hypostatische Pneumonie. 

Der Sektionsbericht wurde nur auszugsweise, soweit uns inter- 
essierend, wiedergegeben. 

Zur histologischen Untersuchung wurden Schnitte aus der Grenz- 
zone von Geschwulst und Niere genommen. 

Gewicht des Tumors samt Nierenrest 460 g. 


Die Hypernephrome der Niere. 571 


Photographische Aufnahme, s, Fig. 7. 
Mikroskopische Zeichnung, s. Fig. 8. 


Fall I. Chirurgische Klinik. 


Krankengeschichte der M. K., 23 Jahre. 
Anamnese: 


Vater gesund. Mutter wegen Carcinoma mammae operiert. Eine Schwester 
hat Gallensteine. 

Patientin war früher nie krank. Um Neujahr 1905 bekam Patientin 
Schmerzen im Rücken, wie Hexenschuls. Bald darauf Schmerzen des rechten 
Armes. Vor Ostern wieder hexenschulsartiger Anfall, so dafs Patientin umfiel; 
konnte sich im Bett nicht mehr bewegen. Daraufhin bekam Patientin eine 
Geschwulst im Abdomen, die aber auf -Behandlung hin wieder verschwand. 
Immer Schmerzen in der linken Nierengegend und im rechten Arm. Appetit 
stets sehr schlecht. Stuhlgang unregelmälsig, verstopft. Diurese o. B. Seit 
Neajahr starko Abmagerung. 

Patientin war vom 15. Mai bis 7. Juli in Riehen. Dr. V. gibt im Begleit- 
brief folgende Daten an: 9. Juli 1905. 

.. . . Patientin hat eine voluminöse rätselhafte Geschwalst im linken 
Hypochondrium. Welches Organ? Niere? Eine Punktion von der Lumbal- 
gegend her gab nur Blut. Ferner hat sie beständig Eiter im Urin und zeit- 
weise Hämaturie, d. h. stärkere Hämaturie — denn rote Blutkörperchen waren 
vereinzelt immer nachweisbar. Stärkere Hämaturie anfangs Mai zu Hause und 
vom 30. Juni bis 8. Juli bei uns. Urinmengen ca. 900—1100 cm?. Öfters 
konnte ich hyaline und grannlierte Zylinder nachweisen. Der erwähnte Tumor 
machte im ganzen wenig Schmerzen; er scheint hinter dem Kolon zu liegen. 
So schien es uns wenigstens bei der Aufblähung vom Rektum aus. : 

Ferner fanden wir: totale, starke druckempfindliche Kyphose der Brust- 
wirbelsäule mit Versteifang. Patellarselınenreflexe stark erhöht. Sphinkter- 
parese. Blasenparese. Beides in letzter Zeit zunehmend. Parese der unteren 
Extremitäten. Diverse schmerzhafte Knochendruckpunkte auf Sternum, 
Rippen usw. Schwellung auf einer Rippe vorn rechts. Grofse allgemeine 
Schwäche und Blässe. Vollständige Anorexie. Hartnäckige Konstipation. Blut- 
untersuchung war negativ. Magenchemismus normal. Temperatur zwischen 
37 und 38° C. Puls 90—100. Nie Erbrechen. | 

Wahrscheinliche Dingnuse: Tuberkulöse Spondylitis oder Hydronephrose 
oder Tuberculosis oder Tumor renis. 

Therapie: Kali jodatum, später Brom; dann symptomatisch. 

Nachträglich sind noch sehr heftige Ulnarisneuralgien rechts und Druck- 
empfindlichkeit in der rechten Supraklavikulargrube.“ 


Status praesens. 


` Blafs, mager. Sehr nervös. Subfebril. 
Lunge: Grenzen uormal, verschieblich. Schall beidseits; rechts einige 
Rasaclgeräusche. 
Herz: o. B. 
Rücken und Lendenwirbelsäule: untere Hälfte konvex, ohne seitliche Ver- 


5793 Paul Grosheintz. 


biegung, ohne erhebliche Druckempfindlichkeit. Stärkeres Prominieren eines 
Druckpunktes. Kyphose läfst sich nicht ausgleichen. 

Leib: links vom Rippenbogen herkommend, his ca, in die Mittellinie, 
nach unten nicht ganz bis zur Darmbeinschaufel reichend, eine flache Promi- 
nenz. Leib sonst nicht aufgetrieben. Decken nur reflektorisch gespannt bei 
Palpation. Der Tumor fühlt sich prall an; hat anscheinend glatte Oberfläche. 
Er läfst sich nach der Mitte und nach unten bequem abgrenzen. Die eigent- 
liche Nierengegend (Lende) ist frei. Über dem Tumor aufsen Dämpfung, gegen 
die Mitte zu tympanitischer Beiklang. Die Dämpfung reicht nach unten bis 
gegen die 12. Rippe; sie geht nach oben in die Herzdämpfung über. Rechts 
ist die Niere nicht zu fühlen. 

Blase: nicht über der Symphyse. Beständiges Träufeln. Durch den Ka- 
theter wird 1 Liter sauren, ziemlich klaren Urins entleert. Im Sediment rote 
Blutkörperchen, zum Teil ausgelaugt. Viele Blasenepithelien, Eiterkörperchen, 
einige wenige granulierte Zylinder. Kein Zucker, nur wenig Eiweils. 

Cystoskopie: Injektion der Schleimhautgefälse. Im Trigonum unterhalb 
der Ureterenmündungen graue Knötchen, die zum Teil gröfsere Auflagerungen 
bilden (Inkrustationen). Im Auge des Katheters finden sich solche Kalkkrümel. 
Die Ureteren sind wenig verändert. 

Rektum: mit Kot gefüllt. Oberhalb des Steilsbeines ein querer druck- 
emfindlicher Wall auf dem Knochen, mit der Schleimhaut nicht verwachsen. 
Nach gründlichem Abführen, das erst auf mehrere Einläufe und gröfsere Dosen 
von Ol. Ricini erfolgt, Aufblasen des Kolon. Das Colon descendens fühlt sich 
deutlich vor dem Tumor an. Es handelt sich damit nicht um die Milz. Blut- 
untersuchung: Körperchen, rote, weilse. 

13. Juli 05. Ureterenkatheterismus (Prof. Enderlen): 

Beidseits leicht. Rechts entleeren sich nur wenige Tropfen, linke nur 
ca. 5 cms, trotzdem die Katheter ca. ?/, Stunden liegen. Mikroskopie: links 
nekrotische Krümel, Eiterkörperchen, rote Blutkörperchen, etwas geschwänzte 
Epithelien — rechts kleine Blutkörperchen, keine Eiterkörperchen. 

15. Juli 05. Ureterenkatheterismus (Prof. Enderlen): 

Rechts entleert sich sehr viel klarer Urin — links nur einige cm®. Beid- 
seits nach Zentrifugieren rotes Sediment. Keine Tuberkelbazillen in den ge- 
trennten Urinen nachzuweisen. Gefrierpunktserniedrigung rechts 0,48 — linke, 
wegen der geringen Urinmenge, nicht bestimmbar. 

Motilität beider Beine vorhanden. Das linke Bein kann nicht ganz ge- 
streckt werden. 

Sensibilität überall erhalten. 

Patellarreflex stark ausgeprägt. Kein Patellar- noch Fufsklonus. Im 
rechten Arm viel Schmerzen, zeitweise Bewegungshemmung. Objektiv nichts 
nachzuweisen. Sensibilität erhalten. 


Diagnose: 

Da der Tumor hinter dem Kolon liegt, trotzdem in der Milzgegend, die 
Niere zu geringe Erscheinungen für eine Nierentuberkulose macht und nach- 
gewiesenermalsen funktioniert (Hydronephrose ausgeschlossen ist), wird auf einen 
Tumor der linken Nebenniere geschlossen. 

Die Operation wird der eingetretenen Cystitis wegen verschoben. Der 


Die Hypernephrome der Niere. 573 


Urin ist seit dem letzten Ureterenkatheterismus sehr blutig, mit starkem Eiweils- 
sediment, alkalisch. Blasenspülungen. Der Urin wird seit dem Eintritt täglich 
durch zweimaligen Katheterismus entleert Dadurch Trockenbleiben in der 
Zwischenzeit. Der Sphinkter ani ist sehr schlaff. Ischuria paradoxa, Mast- 
darmlähmung durch Metastasen’? 

17. Juli 06. Patientin ist sehr schwer zu pflegen, jammert viel, macht 
stark hysterischen Eindruck. Die Flexionskontraktur in der linken Hüfte wird 
als hysterisch aufgefalst. Streckung des Beines ohne grofse Schwierigkeit und 
Schmerzen. Nachher Unfähigkeit zu beugen. 

18. Juli 05. Keine Schmerzen im Bein. Das linke Bein stark verkürzt, 
nach innen rotiert, die linke Hüfte stark emporgeschoben. Abnorme Beweglich- 
keit und Krepitation im Schenkelhals. Die Untersuchung ist ohne jegliche 
Schmerzhaftigkeit ausführbar. Aus der Schmerzlosigkeit und der geringen Ur- 
sache wird auf Spontanfraktur geschlossen, entstanden auf Grund einer Tumor- 
metastase im Schenkelhals. Durch das Röntgenbild wird diese Annahme be- 
stätigt. Am Trochanter bis in den Femurhals! Knochenstruktur völlig auf- 
gehell. Der Schaft ist in den Trochanter, der Trochanter in den Schenkelhals 
eingetrieben. Der Trochanter minor ist abgesprengt. Die vorstehenden Bruch- 
zacken geben kaum einen Schatten. 

Extensionsverband, der sehr gut ertragen wird. 

21. Juli 05. Starke Schmerzen im rechten Arm; er wird rechtwinklig im 
Ellenbogengelenk gebeugt auf den Thorax gehalten. 

27. Juli 05. Rechter Arm im Schultergelenk nach vorn subluxiert,. Etwas 
unterhalb des Humeruskopfos auf der Innenseite eine weiche, druckempfindliche 
Prominenz. Auf der zweiten Rippe rechts ebenfalls eine randliche druck- 
empfindliche Vorwölbung. Gewicht der Extension wegen starker Schmerzen 
vermindert. 

28. Juli 05. Wegen starker Schmerzen nachts Morpliium 8 Teilstriche, 

7. August 06. Zunehmende Schmerzen im rechten Arm. 

14. August 05. Seit einigen Tagen starke Diarrhoeen, die nur schwer auf 
Opium stehen. Decubitus über handtellergrofs, ziemlich rasch wachsend; 
äufsere Genitalien ödematös. Da Patientin äufserst unruhig ist, nachts mehrmals 
bis !/, Spritze Morphium. 

20. August 05. Decubitus rasch wachsend. Immer starke Diarrhoeen. 
Rechter Arm ödematös. 

25. August 05. Patientin verfällt zusehends, Äufserste Abmagerung. 

26. August 05. Exitus. 


Sektionsbericht der M. K. 23°/, Jahre. 


Geb. 1881. 13. Nov. 
Gest. 1905. 26. August, nachmittags 12 Uhr 15. 
Sektion: 26. August, nachmittags 3 Uhr 30. 


Klinische Diagnose: Malignes Hypernephrom, Knochenmetastasen. 


Länge: 144 cm 
Gewicht: 22,99K 
Herz: 133 g 
Milz: 90 g 


Rechte Niere: 87g 


Dr 
~il 
Var 


Paul Grosheintz. 


Leber: 1237 g 
Gebirn: 1258 g 
Schädeldurchmesser: 16,9 cm. 14,0 cm. 

Kleine, äufserst abgemagerte, weibliche Leiche, von sehr blasser Hautfarbe. 
Abdomen eingesunken. Linkes Hypochondrium etwas vorgewölbt. Linkes Bein 
im Hüftgelenk verkürzt; hier abnorme Beweglichkeit. An vielen Stellen unter- 
halb der Haut sind derbe, harte Drüsen durchfühlbar. In der rechten Supra- 
klavikulargrube ist ein grölseres Drüsenpaket fühlbar. In der Sakralgegend ein 
etwa doppelt handgrolser, schmieriger, graugrüner und fetzig belegter Decu- 
bitus, in dessen Grund das fast vollkommen mazerierte Sakrum freiliegt; er 
dehnt sich nach unten gegen beide Glutaealfalten aus. 5 cm unterhalb des rechten 
Schultergelenks ist der Humerus etwas aufgetrieben und winklig geknickt; keine 
abnorme Beweglichkeit. 

Zwerchfellstand: links 4. Rippe, rechts 4. Interkostalraum. 

Brusthöhle: es liegen vor Herzbeutel, 4 Finger breit, enthält etwas 
seröse Flüssigkeit. Lungen stark retrabiert. | 

Herz: klein. Epicard blafsgrau. Rechter Ventrikel schlaff, enthält viel 
Cruor und Speckhaut. Endocard blafs, zart; ebenso Pulmonalis. Rechter Vor- 
hof enthält Cruor und Speckhaut. Herzohr leer. Trikuspidalis knapp für 3 
Finger durchgängig. Muskulatur sehr hypoplastisch, blafs graurot. Cava in- 
ferior und superior leer, 0. B. Linker Ventrikel kontrahiert, enthält wenig 
Speckhaut und Cruor. Endocard leicht verdickt. Aorta klein, zart. NMitralis 
knapp für 2 Finger durchgängig. Im linken Vorhof Cruor. Muskulatur auf 
dem Schnitt blafs graurot. Coronararterie zart, blals. 

Beide Pleuren spiegelnd, glatte Lungen von sehr kleinem Volumen, 
knisternd, ` 

Linke Lunge: auf dem Schnitt Oberlappen hell graurot. Unterlappen 
dunkel graurot. Oberlappen stark lufthaltig. Proben aus einem dunkleren 
Bezirk des Unterlappens sinken im Wasser unter. Bronchien sehr blafs. Im 
Unterlappen sind die Bronchien mit rötlicher Flüssigkeit gefüllt. In einem 
Gefäls findet sich eine thrombusartige, aufsitzende, kurze Exkreszenz. 

Rechte Lunge: äufserlich wie die linke. Auf dem Schnitt durchweg 
hellbraunrot, stark lufthaltig. Hilusdrüsen schwarz, etwas vergröfsert, feucht. 

Halsorgane: Zungen- und Gaumenschleimhaut blafs. Tonsillen flach, 
auf dem Schnitt glasig. Schleimhaut des Pharynx und: Ösophagus sehr blafs, 
o. B. Kehlkopf enthält schaumigen, weilsen Schleim. Stimmbänder und 
Trachea sehr blals, sonst o. B. Schilddrüse, beide Lappen hähnereigrofs; rechts 
homogen kolloide Substanz, links einige bis kirschkerngrolse, gallertige gelb- 
grüne, weiche Knoten. 

Aorta thoracica sehr eng. Am Hals einige leicht vergröfserte Drüsen. 

Der erwähnten Auftreibung und Knickung am rechten Humerus entspricht 
auf dem Schnitt eine geheilta Fraktur des Krochens. Das ganze Mark des 
oberen Humerus ist von weichen Tumormassen eingenommen. Nach unten zu 
einige kleine, isolierte Tumorherdchen. Nur im obersten Teil des Kopfes ist 
noch annähernd normaler Knochen vorhanden. Dem oben erwähnten Tumor- 
pakete in der Supraklavikulargegend entspricht ein kleinapfelgrofser 'Tumor, 
der die Gegend der beiden ersten Rippen an ihrem Ursprung an der Wirbel- 
säule einnimmt. Wirbelsäule und Rippen sind hier usuriert. Der Tumor ist 


Die Hypernephrome der Niere. 575 


auf dem Schnitt weich, grauweils bis gelblich, durch einzelne Blutungen rot 
gescheckt. An verschiedenen Rippen, rechts und links, harte Auftreibungen des 
Knochens; im Innern ähnliche Tumormassen. Wirbelsäule, vom 9.—11. Brust- 
wirbel herdweise Tumormetastasen. Der 12. Brustwirbel ist nach dem 1. Lenden- 
wirbel hin eingeknickt, und schräg nach links über den Lendenwirbel herunter- 
gerutscht, Im Lendenwirbel finden sich noch blutige, gallertige Massen, mit 
zum Teil gelblichen käseartigen Stellen. Am Becken sitzen an beiden arti- 
culationes sacro-iliacae grolse, weiche Tumorknoten von der gleichen Beschaffen- 
heit, wie die oben beschriebenen, Hintere Teile der Darmbeinschaufel voll- 
ständig wegmazeriert. In der linken Fossa iliaca sitzt ein kleinapfelgrofser 
Knoten. Weitere Knoten in der Ausbachtung des Sakrum, und in der linken 
Hälfte der Symphyse. Der Veränderung im linken Hüftgelenk entspricht eine 
Schenkelhalsfraktur; auch bier neben kallösen Massen grölsere Tamormassen. 


Abdomen: es liegen vor: 


Leber, in der Mittellinie 2 Finger breit, in der Mammillarlinie 3 Finger 
breit. Nach links der stark kontrahbierte Magen, der auf einem die ganze linke 
Nierengegend einnehmenden, cystischen Sacke aufliegt. Nach unten ver- 
läuft das Querkolon darüber hinweg. Flexura lienalis nach hinten fixiert. Der 
erwähnte Sack ist an einer Stelle mit dem Peritoneum - parietale verwachsen. 
Bei seiner Lösung reifst er ein und es entleeren sich graue, fetzige, zum Teil 
halbflüssige Massen. Nach unten liegen im Abdomen stark konträhierte Dünn- 
darmschlingen und das Coecum vor. 

Processus vermiformis: nach vorne unten reichend, 7 cm lang, durch- 
gängig, enthält etwas Kot. 

Es wird zuerst der Darm herausgenommen, mit Ausnahme der am Sack 
adhärenten Stelle, sodann wird der Magen eröffnet. 

Magen: klein, stark kontrahiert, enthält gelbliche schleimige Flüssigkeit. 
Schleimhaut glatt, o. B.  ! 

Duodenum: Schleimhaut glatt, o. B. Ductus choledochus durchgängig. 

Pankreas: im Schwanzteil, dem erwähnten Sack aufliegend, flāchenhaft 
mit demselben verklebt. Auf dem Schnitt von graugelber Farbe, blafs, körnig, 
im Schwanzteil atrophiert. | 


Milz: nur lose mit dem Sack verklebt. Mafse 9:5,5:3. Kapsel glatt. 
Parenchym fest, dunkel blaurot. Follikel und Trabekel deutlich. 

Leber: Mafse 19:24:6. Kapsel glatt. Auf dem Schnitt fahl graugelb. 
Stauungs- und Fettzeichnung. 

Gallenblase: mit dunkelgelber Galle gefüllt. Schleimhaut glatt, o. B. 

Die ganze Vena cava inferior vollständig leer. 


Nebennieren: beidseits o.B. 


Der nun herausgenommene Sack zeigt an seinem unteren Ende einen 
kleinen, dem unteren Nierenpol entsprechenden Vorsprung. Beim Verfolgen 
der Ureteren, von unten her, gelangt man in der Höhe des Nierenbeckens in 
einen divertikelartigen Raum von Nulsgrölse, in welchen verschiedene Lumina 
münden, die sich als Rudimente der Nierenkelche darstellen. In einem derselben 
findet sich ein kirschkerngrolser, warziger, harter Stein. Nun wird der Sack 
eröffnet. Er ist gut doppeltfaustgrols, ziemlich dick, an einer Wandstelle leicht 
zerreilsliich. An einer Stelle Durchbruch in das darüberliegende Colon trans- 


576 Paul Grosheintz. 


versum. Der ganze Sack ist erfüllt mit schwarzbraunen, stinkenden, nekrotischen 
Fetzen; gegen den untern Pol hin auch noch gelbrotes, vielfach durchblutetes 
Tumorgewebe. Am untern Ende des Sackes ist noch ein kleines Stück normale 
Niere vorhanden. Der Tumor ist gegen dieses hin scharf bindegewebig abge- 
grenzt. Ein Ast der Vena renalis, der in den Sack führt, zeigt einen kleinen 
Thrombus. Die Geschwulst springt auch zapfenartig in verschiedene der oben 
erwäbnten Nierenkelche vor. 

Rechte Niere: von entsprechender Gröfse. Kapsel leicht abziehbar. 
Konsistenz ziemlich schlaff. Oberfläche glatt, von blals graugelber Farbe; an 
verschiedenen Stellen bis erbegrofse, gelbweilse, weiche vorspringende Herdchen, 
die beim Einschneiden keilförmig sind. Rinde auf dem Schnitt breit, etwas 
prominent, von gelbbrauner Farbe. Gefälszeichnung. Pyramiden braunrot. 
Nierenbecken weit; auf seiner Wand ein graugrüner, milsfarbener, leicht kalk- 
haltiger Belag, der sich in den bis auf Fingerdicke erweiterten Ureter fortsetzt. 
Aus dem Ureter entleert sich massenhaft dicker, braunroter, schleimiger 
Eiter. 

x Blase: sehr eng. Schleimhaut stark gefaltet; auf den Falten dunkel blau- 
rot, zum Teil eitrig belegt. Ureteren durchgängig. 

Genitalien: Hymen vorhanden. Vagina sehr eng. Uterus 6 cm lang. 
Orificium externum rund. Im Cervix zäher, glasiger Schleim. Schleimhaut 
etwas gerötet. Muskulatur guf. Ovarien beidseits haselnulsgrofs. Im linken ein 
Corpus luteum, bohnengrofs. 

Rektum: mit massenhaftem, grauschwarzem Kot gefällt. Schleimhavt 
glatt, o. B. 

Darm: mit Ausnahme des oben erwähnten Durchbruches in das Colon 
transversum, o. B. 

Dura mater: Innenfläche glatt. 

Schädel: symmetrisch, mässig schwer. Nähte sichtbar. Diplo& schwach 
entwickelt. 

Gehirn: sehr blafs. Arterien der Basis zart. In beiden Seitenventrikeln 
etwas trübe, seröse Flüssigkeit, 

Kleinhirn: von guter Konsistenz. Zahlreiche helle Blutpunkte. 

Grofshirn: o. B., sehr blals; ebenso Ganglien, Pons, Medulla oblongata 

o. B. | 
Anatomisehe Diagnose. 

Hypernephroma malignum renis sinistri perforans in colon transversum 
(flexuram lienalem). Metastasen in das Knochensystem (rechten Humerus, Rippen, 
Wirbelsäule, Becken, linken Schenkelhals). 

Fraktur des linken Schenkelhalses, Infraktion des rechten Humerus und 
des 12. Brust- und des 1. Lendenwirbels. 

Kachexia. Atrophia cordis et lienis. Degeneratio adiposa hepatis. Pyelo- 
nephritis dextra. Cystitis. 


Das Becken und die vier letzten Lumbalwirbel wurden mit aller Sorgfalt 
mazeriert, wodurch auf künstliche Weise am Präparate Defekte gesetzt wurden, 
die genau den zur Zeit des Todes bestehenden 'Tumormetastasen entsprechen. 
Diese Substanzverluste geben uns nun ein deutliches Bild von der Ausdehnung 
der Zerstörung, welche durch die Geschwulstmassen verursacht wurden. 


Die Hypernephrome der Niere. 577 


Beckenmalse: Distantia spinarum 22 cm. 


g cristarum 25 cm. 
Conjugata 11,5 cm. 
Diameter obliqua II 123 cm. 

j š I11 cm. 


Rechtes Hüftbein: oberhalb der Articulatio sacroiliaca findet sich ein 
grofser, 5 cm langer und 3!/, cm breiter Defekt. Der Darmbeinkamm fehlt auf 
einer Strecke von 4cm vollständig. Am untern Rande des Defektes ist die 
Substantia compacta stark verdünnt. Die Zone dieser Verdünnung hat eine 
Breite von !/,—1!/, cm. Unterhalb dieser verdünnten Randzone des Defektes 
befindet sich eine etwa 2 cm lange und 2 mm hohe wallartige Erhebung von 
neugebildetem Knochengewebe. Die ganze Begrenzung des Defektes ist, sofern 
man von der Struktur der freiliegenden Substantia spongiosa absieht, eine scharfe, 
stellenweise zackige. Der Darmbeinkamm selbst weist an den beiden Endpunkten 
der Diskontinuität zwei gröfsere überhängende, scharfe Knochenzacken auf. Ein 
weiterer, etwa nulsgrolser Defekt befindet sich zwischen Acetabulum und Incisura 
ischiadica major, von welcher selbst beinahe ein Drittel zerstört ist. Ferner 
ist etwa die Hälfte der Fossa acetabuli defekt. Das Gebiet, wo die Corpora ossis 
ischii und ossis pubis mit dem Os ileum auf der Innenseite des Beckens zusammen- 
treffen, fehlt in einer Ausdehnung von 3!/,bis8 cm. Die Linea arcuata ist nur 
nach hinten zu. etwa noch zur Hälfte, vorhanden. Ein etwa haselnufsgrofser 
Defekt findet sich im Os ischii, zwischen der Gelenkpfanne und dem Tauber 
ischiadicum. Ein ungefähr ebenso grofser Defekt betritit das Darmbein an seiner 
Verbindung mit dem Kreuzbein. 

Linkes Hüftbein: auf der Innenseite der Darmbeinschaufel, etwa 1 cm 
unterhalb der Mitte des Kammes, ist ein kreisrunder Defekt von 4 cm Durch- 
messer. Seine Ränder sind wallartig aufgeworfen und bilden einen ringförmigen, 
scharfen Kamm. Auf der Aufsenseite ist das Loch dieses Defektes in der Com- 
pacta nur etwa halb so grofs. Beide Defektränder der Compacta, der innere 
sowohl wie der äufsere, sind stark unterminiert, weil die dazwischenliegende 
Spongiosa stärker ausgefressen wurde. In der Nühe dieses grolsen Defektes liegen 
nuch 4, teils grölsere, teils kleinere. Einer derselben grenzt direkt an den hintern 
obern Rand des eben beschriebenen grolsen kreisrunden Defektes an. 

Die Articulatio sacro-iliaca, sowie die Pars lateralis des Kreuzbeins der 
linken Seite sind bis auf einen kleinen Rest vollständig zerstört. Dieser Defekt 
hat eine Länge von 6 cm und eine Breite von 3 cm. An diesen grolsen Defekt, 
nach hinten angrenzend, ein weiterer, kleinhühnereigrufser, der sich bis zur 
Spina iliaca posterior inferior erstreckt. 


Das linke Os ischii hat auf seiner innern Seite 4 etwa kirschgrolse Aus- 
höhlungen. Vom linken Os pubis steht nur noch eine dünne Knochenlamelle, 
welche das Foramen obturatum begrenzt. 


Das Kreuzbein hat mehrere etwa pflaumengrofse Aushöhlungen, die mit 
cinander kommunizieren. Links ist das Kreuzbein an seiner hintern Seite stellen- 
weise vollständig wegmazeriert. | 


Zwischen dem 2. und 3. Lumbalwirbel, auf der hintern Seite, ein zwetschen- 
grolser Defekt. Der Processus mamillaris und transversus sind rechts hochgradig 
zerstört. Der Processus spinosus des 4. Lumbalwirbels fehlt vollständig. Der 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 38 


578 | Paul Grosheintz. 


5. Lumbalwirbel zeigt einen haselnufsgrofsen Defekt an der Ursprungsstelle des 
rechten Proccssus transversus. 

Die Zahl der Defekte des ganzen Beckenprüparates anzugeben, ist kaum 
möglich, da sie vielfach ineinander übergehen und teilweise auch verborgen 
liegen. Die Gröfse variiert zwischen der eines Kirschensteines und derjenigen 
eines kleinen Hühnereies. Man gewinnt den Eindruck, dafs ganz aufserge- 
wöhnlich hochgradige und zahlreiche Substanzverluste an diesem Becken vor- 
handen sind, 


Mikroskopischer Befund. 


1. Primärtumor. Schnitte aus dem Grenzgebiet von Geschwulst und 
Niere. 

Das etwas weiter vom Tumor entfernte Nierenparenchym zeigt im ganzen 
normale Struktur; nur bei einzelnen Glomeruli ist die Kernfärbuug undeutlich. 
Auffallend sind die 2ahlreichen prallgefüllten Blatgefälskapillaren. Dazu tritt 
noch eine interstitielle Bindegewebswucherung mit stellenweiser Anhäufung von 
Rundzellen. Die Nierenkanälchen werden dadurch immer mehr zusammenge- 
drückt und in die Länge gezogen. Es sind nur noch wenige Glomeruli sicht- 
bar; ihre Kapsel ist verdickt und hyalin. Die Bindegewebesfasern lagern sich 
immer dichter, werden breiter. Die Nierenkanälchen und Glomeruli verschwinden 
völlig und es bildet sich allmählich eine eigentliche Tumorkapsel mit ziemlich 
reichlichen, meist spindligen Zellkernen. 

Von dieser Kapsel aus setzt sich ein feines Bindegewebsnetz mit spindligen 
Kernen und zahlreichen Blutgefälskapillaren in das Innere des Tumors fort; es 
werden aber keine eigentlichen Alveolen gebildet. Breitere Bindegewebsbalken 
sind nur selten sichtbar. Zwischen diesen Bindegewebsfasern liegt das diffus 
gewucherte Geschwulstgewebe. Es besteht aus grolsen, polymorphen, z. T. dichter 
aneinander gelagerten Zellen. Ihr Kern ist grols, rundlich oval, und deutlich 
gefärbt, mit Nukleolen. Das Protoplasma ist blafs und zeigt stellenweise Fett- 
einschlūsse. Aus den prallgefüllten Kapillaren ergielsen sich häufig Blutungen 
zwischen die Tumorzellen, Keine Ricsenzellen. 

2. Metastase aus einem Wirbel. Entkalkungsschnitt. 

Es finden sich in der Spongiosa zwischen den Knochenbälkchen Tumor- 
zellen. In ihrem histologischen Verhalten stimmen sie mit den obenbeschriebenen 
Zellen des Primärtumors völlig überein, nur zeigt ihr Protoplasma weniger Fett- 
einschlüsse. An verschiedenen Stellen beobachtet man Eindrücke der Tumor- 
zellen in die Knoclhienbälkchen, indem sie sich gleich Osteoklasten an die Knochen- 
substanz anlagern und dieselbe zerstören. 

8. Metnstase aus einer Rippe. Entkalkungsschnitt. 

In der Spongiosa sieht man verschiodenenorts Einlagerungen polymorpher 
Tumorzellen mit grofsen Kernen. Die kompakte Lagerung der Zellen ist ähnlich 
wie die im Primärtumor. Riesenzellen hie und da. 


Fall II. Medizinische Klinik. 
Krankengeschichte des H. S., Arztes, 43%/, Jahre. 


Anamnese. 


Patient hatte im Alter von 11 Jahren eine Darmentzündung, wahrschein- 


Die Hypernephrome der Niere. 579 
lich Perityphlitis. Später war er immer ganz gesund. Als Student Potatorium, 
sonst nicht. Keine sexuelle Infektion. lm Rauchen mälsig. 

Patient wurde im Laufe der Jahre ziemlich dick; deshalb unternahm er 
vor 6 Jahren eine „Entfettungskur“, d. h. er lebte hauptsächlich von Fleisch. 
Der erwünschte Erfolg blieb jedoch aus. Nach einem Jahre traten Nierensteine 
auf. Patient bemerkte zuerst Blutspuren im Urin. Zwei Tage später traten 
morgens heftige Schmerzen in der linken Nierengegend auf. Die Schmerzen 
zogen längs der Ureterengegend nach abwärts, ergriffen dann die Blasengegend ` 
und schlielslich gingen im Laufe des Tages, unter heftigen Schmerzen in der 
Harnröhre, mit dem Urin 38 kleine, ca. 3 mm lange Splitterchen ab. Dann 
waren die Schmerzen vorbei. Patient trinkt seither viel Mineralwasser, spürte 
aber dennoch hie und da Stechen in der linken Nierengegend. 

Seit etwa einem Jahre fühlt sich Patient im ganzen etwas schwächer, als 
früher, hatte weniger Appetit und mehr Durst; er magerte auch ein wenig ab, 
Seit derselben Zeit bemerkte er guch eine zunehmende Rötung im Gesicht, be- 
sonders an der Nase, wie bei einem Potator. Die hie und da auftretenden 
Schmerzen in der linken Nierengegend bezog er auf Nierensteine, 

Seit Neujahr nahm die Appetitlosigkeit zu; die Schwäche steigerte sich 
rascher als früher. Auch die Rötung im Gesicht vermehrte sich und die Farbe 
wurde bläulicher. Auch die Hände wurden allmählich rot. Doch war die 
Schwäche nie sehr hochgradig, so dafs Patient bis gestern seine anstrengende Praxis 
besorgen konnte. 

Vor 10 Tagen trat stärkeres Stechen in der linken Nierengegend ein. 
Patient palpierte die linke Seite und bemerkte einen grolsen Tumor, welchen 
er von vorne gut abtasten konnte; er wulste jedoch nicht, ob es die Milz oder 
die Niere sei. Seither fühlte er immer Stechen in der Nierengegend; der Tumor 
schien unverändert. 

Aufser der Schwächo keino Allgemeinerscheinungen, kein Husten, keine 
Kopfschmerzen. 

Seit 3 Monaten Polyurie. Patient mulste nachte immer Urin lassen. 


Status praesens. 


Kräftiger Körperbau. Guter Ernährungszustand. Gesicht im ganzen ge- 
rötet; die Wangen, Ohren und Nase dunkelblaurot. Starke Erweiterung der 
Hautvenen in der Umgebung der Ohren und der Nase. — Hände gerötet; be- 
sonders Streckseite des Handgelenks hochrot mit bläulichem Ton. 

Zunge nicht belegt. Rachen gerötet. Tonsillen nicht vergröfsert. — Sklera 
beidseits weils; Pupillen gleich, reagieren. — Thorax gut gewölbt. Atmung 
regelmälsig. 

Lungen: Grenze vorne, rechts: oberer Rand der 7. Rippe. Grenzen hinten, 
beidseits: 11. Dorsalfortsatz. Lungengrenzen beidseits verschieblich. Schall hell. 
Atemgeräusch vesikulär. 

Herz: Spitzenstofs im 5. Interkostalraum, in der Mammillarlinie., 

Absolute Dämpfung: 4. Interkostalraum — linker Sternalrand — etwas 
innerhalb der Mammillarlinie. 

Relative Dämpfung: 3. Rippe — linke Mammillarlinie — 2 Finger breit 
rechts vom rechten Sternalrand. 

Herztöne rein. — Puls kräftig, regelmäfsig. — 

| 38* 


580 Paul Grosheintz. 

Blutdruckbestimmung (nach v. Recklinghausen): 

Blutdruckmaximum 160 cm Wasser. 
Blutdruckminimum 120 cm Wasser. 

Leber palpabel; überragt den Rippenrand 2 Finger breit. 

Abdomen: aufgetrieben; besonders die linken oberen und seitlichen Partien 
vorgewölbt. Man fühlt einen unregelmälsigen höckrigen, ziemlich weichen 
Tumor, der nach vorne bis zur Parasternallinie reicht und etwa die Form einer 
"stark vergrölserten Mılz hat, aber auffallend breit ist, keine Inzisuren und keinen 
scharfen Rand erkennen läfst. Abgrenzung vom Rippenbogen nicht ganz sicher. 
— Patellarreflexe vorhanden. 

Blut: rote Blutkörperchen 7500000 

Hämoglobin ca. 21°/, 
Leukocyten 7500 

Aufblähung des Dickdarms: Der Tumor rückt seitlich und nach hinten. 
Der Schall an der Stelle des Tumors wird tympanitisch. 

Röntgenaufnahme (nach Purgieren mit Ol. Ricini): schwacher Schatten 
an Stelle des Tumors. 


Der Patient wird auf die chirurgische Abteilung verlegt. 


Chirurgische Klinik. 
Krankengeschichte des H. S., 43°/, Jahre. 
Wurde am 21. Mai von der medizinischen Abteilung auf die chirurgische 
verlegt. 
21. Mai 06. Operation: Exstirpation des Nebennierentumors samt Niere. 


In der Narkose und in Seitenlage fällt der Tumor nach der Mitte zu und 
ist deutlicher abzutasten; die Flanke ist leer. Der Schnitt wird von der 11. 
Rippe horizontal nach vorn bis gegen den Rektus geführt. Nach Durchtrennung 
der Muskulatur stölst man auf die Fettkapsel der Niere, die von fast kleinfinger- 
dicken Venen durchzogen ist. Zwischen ihr und dem darunter liegenden prall- 
elastischen Tumor, sowie der Bauchwand, bestellen viele Adhäsionen. Die 
Kapsel wird durchtrennt, dann wird versucht, den Tumor auszuschälen. Er 
sitzt sehr fest, ist mit dem Rippenbogen verwachsen und Jläfst sich nur mit 
grober Gewalt, unter starker Blutung — das Blut ist auffallend dunkel — und 
Zerreilsen der Tumorkapsel herausluxieren. Die Oberfläche des Tumors ist 
ziemlich glatt, die Kapsel derb. Aut der Unterseite des Tumors, zum grölsten 
Teil von ihm umfalst, sitzt die Niere. Die Vorderseite der Niere ist nur zum 
Teil sichtbar; auch in ihr sind Tumormassen zu sehen. Der Stiel der Niere 
wird mit der breiten Zange gefafst und durchtrennt. Dadurch wird der Tumor 
frei. Die Nierengefälse werden einzeln, der Stiel noch einmal in toto ligiert. 
Die Reste der Fettkapsel werden exstirpiert, die Blutung möglichst sorgfältig 
gestillt.e Nach dem Kolon hin ist das Peritoneum eröffnet; es wird durch Kat- 
gutnähte geschlossen. Die Wundhöhle wird mit zwei Bauchkompressen tam- 
poniert. Die Muskeln werden schichtenweise vernäht. Die Meschen werden 
aus dem hintern Wundwinkel geleitet. 

Präparat: Mikroskopisch zeigen sowohl der Haupttumor, als die Teile 
in der Niere, regelmälsigen Nebennierenbau. 

21. Mai 06, abends. Der Patient hat sich ordentlich erholt. Der Puls 


Die Hypernephrome der Nicre. 581 


ist ziemlich kräftig, von gewöhnlicher Frequenz. Der Verband ist von Blut 
durchtränkt und wird oberflächlich erneuert. 

22. Mai 06. Derselbe Zustand. Kein Erbrechen, kein Aufstolsen. Es 
werden etwa 200 cm® dunkeln, blutigen Urins entleert. Der Leib ist weich. 
Der Puls steigt abends auf 140. Die Hände sind kühl. Patient schwitzt sehr 
stark, leidet an Durst. Thee, Kaffee werden gut vertragen. Kochsalzeinläufe 
werden gehalten. Koffein zweistündlich eine Spritze. Theeocin 0,3. Der Ver- 
band ist wieder durchblutet. Urin 600 cm?, weniger trüb. 

23. Mai 06. Puls kräftiger. Frequenz geringer. Ziemlich häufiges Auf- 
stolsen, einmal Erbrechen. Darauf Einschränkung der Flüssigkeitszufuhr. Die 
Peristaltik wird hörbar; durch das Darmrohr entweichen Winde. Urin sauer, 
Spuren von Eiweils, viel Zylinder, Menge 800 cm®. 

Verbandwechsel: die vordere Mesche wird entfernt. Sie ist ziemlich 
trocken. Flatus. 

Nachts: Puls sehr frequent. Koffein. Kochsalzklysmen. 

24. Mai 06. Temperaturanstieg. Puls kleiner, wieder frequent. Häufiges 
Erbrechen kleiner Mengen mit deutlichem „Kaffeesatz“. Die Magenspülung 
entleert etwa 1 Liter Flüssigkeit mit viel schwarzem Blut. Zweiständlich 
Digitalisklysmen, Per os heilser Thee. — Urinmenge 1600 cm3. A == 0,72. Der 
Leib ist schwappig; es sind keine Darmgeräusche za hören. 

Nachmittags: mehrere schwarze, bluthaltige, dünne Entleerungen. 

Abends: wird nochmals der Magen gespült, da der Patient durch Auf- 
stolzen und Brechreiz sehr gequält wird. Die Haut des Patienten ist kühl. 

Das Sensorium bleibt getrübt. 

25. Mai 06. Urin A=0,8; ziemlich klar, gelb. Patient ist moribund, fast 
pulslos.. Temperatur 39° C. Deutliches Trachealrasseln. 

Vormittags 10 Uhr. Exitus. 


Sektionsbericht des H. S., 43°/, Jahre. 


Geb. 1862. 3. Sept. 
Gest. 1906. 25. Mai, vormittags 10 Uhr. 
Sektion 26. Mai, vormittags 10 Uhr. 


Klinische Diagnose: Nebennierentumor, exstirpiert samt Niere am 
21. Mai 1906. Mesenterialthrombose. 


Länge: 176 cm 
Gewicht: ` 81,38 K 

Herz: 525 g 

Milz: 205 g 

Rechte Niere: 210 g 

Leber: 2220 g 

Gehirn: = 
Schädeldurchmesser: — ° 


Gro[se, wohlgenšhrte, männliche Leiche, von blassem Kolorit der Haut. 
Totenstarre ausgeprägt. Thorax gut gewölbt. In der linken Lendengegend 
eine in der vordern Axillarlinie beginnende, 6 cm über der Spina iliaca superior 
entfernte, 20 cm lange, nach hinten verlaufende Wunde. Vordere Partie durch 
Drähte verschlossen; hinten hängt eine ziemlich umfangreiche Mesche heraus. 
Abdomen im Niveau des Thorax. Zwerchfellstand:’ rechts, oberer Rand der 


582 Paul Grosheintz. 


5. Rippe, links, unterer Rand der 5. Rippe. Bei Eröffnung des Thorax sind die 
Lungen stark retrahiert; nirgends adhärent. Pleurahöhlen leer. Im Herzbeutel 
wenig seröse Flüssigkeit. Pericard und Epicard spiegelnd glatt. 

Herz: an der Basis 11cm. Basis zur Spitze 13!/, cm, Dicke 6!/, cm. — Epikard 
sehr fettreich. Rechter Vorhof: Foramen ovale geschlossen. Herzohr leer. Tricu- 
spicalis für 4 Finger durchgängig. Rechter Ventrikel: etwas erweitert. Papillar- 
muskeln dünn. Muskulatur von Fett durchwachsen; 4mm dick. Endokard 
zart. Umfang der Pulmonalis 8cm. Klappe o. B. Linker Vorhof: Endokard 
zart. Mitralis für 3 Finger durchgängig. Linker Ventrikel: Muskulatur schlaff. 
Am Ansatz des vordern Papillarmuskels 10 mm dick. Auf dem Schnitt o. B. 
Umfang der Aorta über der Klappe 8 cm. Klappe an der Basis leicht verdickt. 
Aorta wenig elastisch. Intima über den Sinus Valsalvae leicht verdickt. Kranz- 
arterien relativ eng. Intima zart. 

Bei Herausnahme der Lunge zeigen sich im parietalen Blatt der rechten 
Pleura 5 linsen- bis erbsengrofse Knoten. 

Rechte Lunge: ziemlich voluminös. Pleura beiderseits spiegelnd. An 
der Oberfläche zeigen sich zahlreiche Erhebungen. Im Unterlappen gegen das 
Diaphragma zu finden sich 3 grölsere Knoten am Rande, grauweilslich, gefäfs- 
reich. Rand dieser Knoten rötlich. In den Spalten zwischen Muskel und Unter- 
lappen zahlreiche konfluierende Knoten. Am Öberlappen, gegen die Spitze, 
ein dreieckiger Knoten. Aufserdem lassen sich noch mehrere Knötchen durch- 
fühlen. Lunge auf dem Schnitt sehr blutreich. Nur noch wenige Knötchen zu 
finden. Die meisten liegen subpleural. Bronchien gerötet. 

Linke Lunge: zeigt kleine subpleurale Knoten in geringer Zahl. Keine 
Knötchen an der linken Pleura costalis. Lunge auf dem Schnitt sehr blutreich. 
Nur wenige subpleurale Knötchen. Bronchien gerötet. 

Halsorganeo: Oesophagus gelbgrünlich verfärbt; im untern Drittel ziem- 
lich weit, Umfang 9 cm. Epiglottis grols. Schleimhaut des Kehlkopfs blals. 
Schildknorpel verknöchert. Schleimhaut der Trachea blafs. Schilddrüse: 
Lappen beidseits taubeneigrofs. Auf dem Schnitt körnig, graurötlich, o. B. 

Bei Eröffnung des Abdomens liegt vor: das fettreiche Netz, welches an 
der vordern Bauchwand in der Ileocoecalgegend adhäriert. Colon ascendens 
und Colon transversum gebläht. Am Colon transversum scheinen blauschwarze 
Flecken durch. Colon descendens in der Gegend der Blase trocken, nirgends 
gebläht. Leber unter dem Rippenbogen nicht sichtbar. Processus vermiformis 
durch Fett und Netzverwachsung versteckt, wird frei präpariert: 6!/ cm lang. 
Aufgeschnitten zeigt sich die Wandung der distalen Partie ziemlich dick. Lumen 
eng. Schleimhaut blafs. 

Magen: grofs. Schleimhaut graurötlich, gallig verfärbt. Schleimhaut mit 
einem glasigen Schleim bedeckt. 

Duodenum: bräunlich rot. Ductas choledochus für Galle durchgängig. 

Gallenbläse: gurkenförmig, grols, enthält ziemlich viel dunkelbraune 
Galle. Schleimhaut o. B. Keine Steine. 

Leber: Mafse: 29, 20, 9cm. Oberfläche glatt. Konsistenz nicht ver- 
mehrt. Farbe braungelblich. Zeichnung deutlich. Nirgends Metastasen. 

Milz: Mafse: 15, 8, 3 cm. Oberfläche runzlig. Plattet sich auf der 
Unterlage ab. Auf dem Schnitt sind die Follikel nicht sichtbar. Trabekel 
etwas verdickt. 


Die Hypernephrome der Niere. 583 


Pankreas: ziemlich lang, von Fett durchwachsen, graurot, o. B. 

Rechte Niere: in reichlicher Fettkapsel. Länge 13 cm. Breite 6?/, cm. 
Dicke 4!/, cm. Fibröse Kapsel leicht abziehbar. . Oberfläche zeigt zahlreiche 
Venensteine. Am untern Pol embryonale Furche. Rinde 4 mm, graurötlich, 
gegen die Pyramiden gut abgesetzt, nicht vorquelleud. Nierenbecken und 
Ureter o. B. 

Rechte Nebenniere: glatt; Rinde schmal; Mark erweicht. Nirgends 
etwas Tumorverdächtiges. 

Hoden: o. B. 

Harnblase: ziemlich grofs. Schleimhaut blafs. 

Prostata: mäfsig derb, nicht vergröfsert. 

Rektum: o. B. 

An Stelle der linken Niere, innerhalb der noch vorhandenen Fettkapsel, 
mälsige Cruorgerinnsel. Kein Tumorgewebe fühlbar oder sichtbar. Höhle zum 
Teil von der Mesche ausgefüllt. 

Dünndarm: o. B. 

Dickdarm: weit. Schleimhaut v. B. | 

Humerus und Wirbelsäule wurden frei von Metastasen befunden. 
Die Genirnsektion wurde nicht gestattet. 


Anatomische Diagnose. 


Status post exstirpationem tumoris glandulac suprarenalis sinistrae. 
Metastases pulmonum, sub pleuram. 

Cor adiposum. Dilatatio ventriculi dextri. 

Gastritis chronica. 

Hepar adiposum. 

Obesitas universalis. 

Periappendicitis chronica. 


Makroskopischer Befund. 


Der Tumor ist etwas gröfser als ein Kinderkopf; er hat eine hartelastische 
Konsistenz und eine unregelmälsige Form, ist etwas länger als breit. Seine 
löcm messende Längsachse steht ungefähr parallel zu derjenigen der Niere. 
Querachse 12,5 cm. Längsumfang etwa 42 cm. Querumfang mit Einschlufs der 
Niere 40 cm. Die Geschwulst ist mit der Niere verwachsen und sitzt ihr breit 
auf, so dafs nur noch die vordere Seite der Niere sichtbar ist. Die Niere selbst 
scheint, soweit sich am Präparat beurteilen läfst, bis auf einen etwas walnufs- 
grolsen Rest erhalten zu sein. Dieser Rest wird durch einen deutlich ab- 
grgrenzten Tumorknollen am unteren Nierenpol substituiert. Die Geschwulst 
ist von einer derben faserigen bindegewebigen Hülle eingeschlossen, welche 
ohne sichtbare Grenze in die Bindegewebskapsel der Niere übergeht. Dio 
Öbertläche ist im ganzen ziemlich glatt, doch treten an mehreren Stellen un- 
bestimmte Konturen verschieden grofser knolliger Partien hervor. Reichliches 
Fettgwebe haftet der Geschwulstkapsel an. 

Auf dem Längsdurchschnitt sieht man derbe faserige Bindegewebszüge 
von der Oberfläche her in das Innere des Tumors eindringen, welche knollige 
Partien abgrenzen, deren jeweilige Gröfse von der einer Bohne bis zu der einer 


584 Paul Grosheintz. 


Walnufs variiert. Diese Tumorknollen sind zum Teil homogen, auf dem Schnitt 
etwas vorquellend, von hellcrer Farbe als ihre Umgebung, zum Teil sind sie 
in ihrem Innern zerfallen und mit weichen bröckeligen Detritusmassen erfüllt. 
Nach Entfernung dieser Zerfallsmassen sieht man unregelmälsige, fetzige, zer- 
klüftete Wandungen. Die Niere, welche auf ihrer hintern Seitenfläche voll- 
ständig mit dem Tumor verwachsen ist, hat vorne eine Länge von 11 cm. 
Ihre Oberfläche ist etellenweise leicht granuliert. Kapsel dünn, leicht abziehbar. 
Auf dem Durchschnitt zeigt die Niere, bezw. der Nierenrest, deutliche Zeichnung. 
Das Gewicht des Tumors samt Niere beträgt 1490 g. 


Mikroskopischer Befund. 


Der Primärtumor zeigt den charakteristischen Bau des Hypernephroms. 
Zahlreiche gröfsere und kleinere Bindegewebssepten mit Spindelkernen, mit 
Blutgefüfskapillaren und auch Infiltraten von Rundzellen durchziehen den Tumor. 
Es entsteht so eine deutliche alveoläre Zeichnung. Die feinsten Bindezewebs- 
scheidewände zwischen den Tumoralveolen zeigen nur Spindelzellen und Blut- 
kapillaren. Die einzelne Alveole enthält ca. 20 grolse, verschieden gestaltete 
Zellen mit hellem Protoplasma und reichlichen Fetteinschlüssen. Die letzteren 
sind manchmal so stark, dafs der sonst im Zentrum der Zelle gelegene, grofse, 
meist rundliche bis ovale Kern, auf die Seite verschuben wird. Keine 
Riesenzellen. e 

Das Nierengewebe zeigt ganz ähnliche Verhältnisse, wie im vorigen Falle, 
` d. h. die Zeichen einer interstitiellen Entzündung. 


Fall IILI. 


Sektionsbericht der E. W., 65!/, Jahre. 


Geb. 1839. 12. April. 

Gest. 1904. 21. Okt. 

Sektion. 22. Okt. 

Mittelgrofse, weibliche, stark abzemagerte Leiche. Abdomen stark vor- 
gewölbt. Am äufsern rechten Beckenrand eine bläulichweifse, glatte, 11 cm 
lange Narbe. Leiche von etwas gelblichem Hautkolorit. 

Zwerchfellstand: beidseits 5. Rippe. 

Lungen: kaum retrahiert. Herzbeutel 3 Finger breit vorliegend. Auf 
demselben, nahe der Umschlagsstelle auf die Gefälse, eine schmierige, anthra- 
kotische Lymphdrüse. 


Herz von entsprechender Gröfse, beidseits sehr schlaff. Epikard im ganzen 
glatt. An der Vorderseite des rechten Ventrikels 2 weilse Sehnenflecken. 
Rechter Ventrikel: nicht erweitert. Endokard der Pulmonalklappen zart. Pul- 
monalis braunrot verfärbt. Muskulatur hell braunrot. Kapillaren mit deutlicher 
Fettzeichnung. Endokard des Vorhofs ebenfalls braunrot verfärbt. Tricaspidalis 
für 3 Finger gut durchgängig. Klappengewebe etwas verdickt. Linker Ven- 
trikel: fühlt sich etwas knisternd an. Endokard der Aortenklappen leicht ver- 
deckt: am Schliefsungsrand der Aortenklappen graurote, warzige Excreszenzen. 
Muskulatur sehr weich, gelblich braunrot, mit deutlicher Fettzeichnung. Vor- 
hof: o. B. Foramen ovale geschlossen. Mitralis für 2 Finger bequem durch- 
gängig. Klappengewebe etwas verdickt. Muskulatur auf dem Durchschnitt braun- 


Die Hypernephrome der Niere. 585 


rot, mit massenhaften gelben Flecken. Kranzarterien mit mälsigen gelbweilsen 
Verdickungen der Intima, 

Linke Lunge: in ibrer ganzen Ausdehnung ziemlich fest adhärent, fühlt 
sich schwappend an. An der Spitze eine kleine Narbe. Hauptbronchus durch 
verkalkte Lymphdrüsen ziemlich stark eingeengt. Oberlappen graurot, ziemlich 
fest, reich an hellbräunlicher, schaumiger Flüssigkeit. Bronchialschleimhaut 
hals, glatt; Bronchialdrüsen stark verkalkt und die Bronchien einengend. 

Rechte Junge: frei von Verwachsungen, zıemlich voluminös, im ganzen 
wie links. Im Oberlappen, nahe der Basis, ein überlinsengrolser, grauer, im 
Zentrum etwas dunklerer, stark prominenter Herd. Lunge und Bronchien im 
übrigen wie links. Bronchialdrüsen in grofser Ausdehnung verkalkt und 
verknöchert. 

Tonsillen: ziemlich grols und fest, mit schmutzigen Pfröpfen. Schleimhaut 
des Oesophagus bläulichrosa mit erweiterten Venen, sonst glatt. Aryepiglottische 
Falten etwas ödematös. Kehlkopf: Schleimhaut glatt. Trachea: eine Spur go- 
rötet. Aorta ascendens: mit ziemlich starken Intimaverdickungen, bräunlichrot. 
Drüsen der Bifurkation schiefrig anthrakotisch. Schilddrüse: etwas über hühner- 
eigrols; rechts mit einem Kolloidknoten und einem derberen graugelben 
Knoten. 

Brustwirbolsäule: ziemlich stark nach rechts verbogen. Sternum: o. B. 

Netz und Dünndarmschlingen sind an der vordern Bauchwand fest ad- 
härent. Ebenso geht vom Magen aus ein Bindegewebszug, welcher ein Stück 
desselben mit sich zieht, an die vordere Bauchwand. Peritoneum parietale und 
viscerale glatt und spiegelnd. Kein abnormer Inhalt in der Bauchhöhle. Beim 
Versuch, Netz und Darmschlingen von der vordern Bauchwand abzupräparieren, 
muía man graurote, helle, weiche Tumormassen durchschneiden, welche bis unter 
die Haut in die Gegend der obenerwähnten Narbe reichen. 

Milz: von entsprechender Gröfse. Kapsel glatt, Pulpa hell braunrot. 
Follikel deutlich sichtbar. Pulpa ab;treifbar. Bohnengrolse Nebenmilz. 

Linke Nebenniere: o.B. 

Linke Niere: Ziemlich grofs, sehr blals. Kapsel mäfsig gut abziehbar. 
Oberfläche feinhöckerig, auf dem Schnitt blals, gelblich braunrot. Rinde 
schmal; Zeichnung mälsig deutlich. 

Magen: wenig gelblicher Schleim, der Schleimhaut fest anhaftend. Letztere 
glatt, etwas verdickt. 

Duodenum: schmutziger kotiger Inhalt. Nahe dem Pylorus eine knollige, 
weiche Prominenz; etwas unterhalb davon, ein grofses unterminiertes Ulkus mit 
aufgeworfenem Rand und fetzigem Grand. Das Duodenum hängt mit der 
Gallenblase darch Tumormassen ziemlich fest zusammen, 

Gallenblase: enthält dunkle Galle und einen kirschgrolsen, schwarzen, 
maulbeerartigen Stein. 

Leber: von entsprechender Gröfse. Auf dem Durchschnitt blalsbraun, 
mit massenhaften, kleinen, gelblichen Knötchen. Im rechten Lappen nahe der 
Oberfläche ein kirschgrofser, gelbweifser, weicher Tumorknoten mit geröteter 
Umgebung. 

Processus vermiformis: 8 cm lang; durchgängig. 

Aorta abdominalis: mit ziemlich starken Intimaverdickungen. 

Ovaricn: schr derb; gelbweifs. Tuben zart. 


586 Paul Grosheintz. 


Harnblase: enthält klaren Urin. Schleimhaut blafs. 

Uterus: sehr klein, schlaff von virgineller Form. 

Dünndarm: Schleimhaut glatt, blals. 

Leber, Magen, Duodenum und Colon ascendens werden zusammen heraus- 
genommen. Das Colon ascendens ist mit der Leber durch graurötliche Tumor- 
massen von über Faustgröfse verwachsen. Es zeigt sich, dals die Tumormassen 
von aulsen her an das Duodenum herandringen. Eine Perforation des Darmes 
findet sich im Colon ascendens, dessen Schleimhaut in gröfserer Ausdehnung 
ebenfalls infiltriert und ulzeriert ist. Der Haupttumor, auf dessen Oberfläche 
noch einzelne Konturen von Lymphdrüsen zu sehen sind, ist auf dem Darch- 
schnitt zum Teil graurot, zum Teil graugelb von wabigem Bau. 

Schädeldach: schwer, dickwandig. Naho der Mittellinie auf dem linken 
Frontale ein Aaches Osteom. Gefälse der Basis zart. Weiche Häute im ganzen 
etwas bläulichweifs, verdickt, stark Öödematös. 

Gehirn: sehr blafs, von mittlerer Konsistenz. 

Kleinhirn, Grofshiruhämisphären, Zentralganglien, Pons und Medulla ob- 
longata o. B. 


Anatomische Diagnose. 


Metastasen eines malignen Nierentumors (malignes Hypernephrom der 
Niere) in die regionären Lymphdrüsen, Leber und Lungen. 

Starko fettige Degeneration des Herzmuskels. 

Endocarditis verrucosa valvulae aortae. 

Fehlen der rechten Niere. 

Cholelithiasis. 

Tuberculosis obsoleta Iymphoglandularum bronchorum et tracheae. 





Die Geschwulst war durch die Nephrektomie entfernt worden und warde 
in Formol aufbewahrt. 

Der Tumor samt Niere ist über straufseneigrols, wiegt 677 g, hat eine 
Länge von 17 cm und einen Breitenuamfang von 30 cm. Er hat eine unregel- 
mälsig knollige Oberfläche und ist eingeschlossen in eine bindegewebige Hülle, 
welche die ganze Oberfläche überzieht. Die deutlich hervortretenden Tumorknollen, 
deren Grölse zwischen derjenigen einer Haselnu[s und einer Kinderfaust variiert, 
werden sämtlich auf der Oberfläche von der Bindegewebshülle bekleidet. Am 
untern Pol ist noch ein wenige Zentimeter langes Rudiment der Niere vor- 
handen, das umgekehrt kappenförmig dem Tumor anliegt. Nach dem Durch- 
schneiden finden sich auf beiden Schnitthälften, nahe dem nur zum Teil noch 
gut erhaltenen Nierenbecken, ca, hühnereigrolse, glasige, kompakte Massen von 
blafsrötlichbläulicher Farbe, welche in die periphere Umgeburg des vbenfalls 
kompakten Tumorgewebes strahlige Züge senden und einzelne rundliche Partien 
desselben innig umfassen. Im Innern dieser glasig derben Masse findet sich 
ein mandelgrolser Hohlraum, dessen Wandung von gelblich gefärbten, wie Fett 
ausschenden, unregelmälsig höckerigen Gewebspartien belegt ist. An der Peri- 
pherie dieser strahligen glasigen Masse finden sich aufserdem zersti eut liegende, 
kleinere und gröfsere, bis haselnufsgrolse, bräunlich schwarze, verwaschene: 
durchblutete Stellen, welche mit den dazwischenliegenden buttergelben Geschwalst- 
massen ein buntes Bild liefern. Auf dem Schnitt zeigt der Tumor an einigen 


Die Hypernephrome der Niere. 587 


Stellen strukturlose Beschaffenheit, während er an andern einen etwa mehr 
faserigen Bau aufweist. Das Nierenbecken ist in einer Ausdehnung von 8 cm 
gut erhalten und hat eine glatte Schleimhaut. Der Ureterenabgang ist durch 
eine Fältelung der Schleimhaut deutlich zu erkennen und für dio Sonde durch- 
gängig. Der Ureter selbst ist am Präparat in einer Länge von 2 cm erhalten. 


Mikroskopischer Befund. 


Die Tumorkapsel ist breit und hat reichlich eingestreute Spindel- und 
Rundzellen; weniger Gefälse. In den Bindegewebsspalten finden sich An- 
häufungen grofser aneinander hängender Zellen mit blalsem Protoplasma und 
grolsen, unregelmälsig gestalteten Kernen. Im Tumorgewebe sieht man einzelne 
breitere zum Teil byaline Bindegewebssepten. Von diesen und der Kapsel 
ziehen feine Bindegewebsfasern zwischen die Tumorzellen, bedingen aber nur 
selten eine Andeutung der alveolären Zeichnung, da sonst infolge mehr diffuser 
Wucherung der Geschwulstzellen die gefäfsreichen Bindegewebssepten durch- 
brochen sind. So wird der charakteristische Bau wie in Fall I gestört und der 
Tumor wird eher sarkomähnlich. Nur stellenweise sieht man einige wenige, 
von Bindegewebe umschlossene Zellzylinder. Die Tumorzellen sind meist recht 
grols, eckig, polymorph. Das Protoplasma derselben ist blals; die Fetteinschlüsse 
verschieden stark. Die Kerne sind grols, rundlich bis oval, hie und da blasig. 
Die Nukleolen sind gut gefärbt. 


Fall IV. 


Auszug aus dem Sektionsbericht des F. W., 89 Jahre. 

Geb. 1813. 3. April. 

Gest. 1902. 2. März, vormittags 8 Uhr 55. 

Sektion. 3. März, nachmittags 2 Uhr 15. 

Klinische Diagnose: Prostatahypertrophie. Retentio urinae (Blasenpunktion). 
Bypostatische Pneumonie. 

Rechte Niere: Kapsel leicht abziehbar. Auf der Vorderseite eine un- 
geführ haselnulsgrolse, blasse Prominenz mit halbkugeliger Oberfläche, fluk- 
tıierend; daneben 2 halbkugelige weilse Prominenzen. An manchen Stellen 
Oberfläche flachhöckerig, sonst glatt. 

Linke Niere: sehr beweglich. Am obern Pol ein fast faustgrolser 
Tumor: Durchmesser 10 cm. Lünge 8cm, von vorne nach hinten 6 cm. Der 
Tumor wölbt sich nach innen aus dem Nierenbecken vor, während er nach 
aulsen in die Kontur der Niere übergeht. Der Tumor ist derb. Länge der 
Niere mit dem Tumor am äufsern Rand = 16 cm. Oberhalb der Niere cine 
längliche ovale Geschwulst, die auf dem Schnitt sehr bunt ist und fleckenweise 
verwaschene gelbrote und rote Stellen besitzt. Die helleren Stellen quellen 
etwas vor. Am untern Pol, nach innen, findet sich cine walnufsgro fse durch- 
blutete Stelle, die etwas vorquillt und sich mit rundlichen Konturen abhebt. 
Auch sonst zeigen sich auf dem Schnitt rundliche und eckige Bezirke von 
dunkler Farbe, die durch grolse, schmale Züge abgegrenzt sind. Der Tumor 
zeigt nach aulsen kein Nierengewebe; nach unten ist er scharf abgegrenzt, 
Am untern Pol ziehen Venen entlang; diese sind erweitert, zeigen jedoch keinen 
Durchbruch der Geschwulst. Dies betrifft die unteren Partien. Kapsel überall 
leicht abziehbar, zeigt starke Injektion der Venen. Tumor und Niere gehen an 


588 Paul Grosheintz. 


der Oberfläche ohne scharfe Grenze ineinander über. Die Tumoroberfläche ist 
glatt, fleckig weils, mit verästelten geschlängelten Venen überzogen. An der 
Niere sieht man auf dem Schnitt keine scharfe Grenze zwischen Rinde und 
Pyramideu. Zeichnung der Pyramiden ziemlich deutlich. 


Anatomische Diagnose. 
Hypertrophia prostatae. Viae spuriae e catlıeterismo. Vesica urinaria 
trabecularis. Cystitis ammoniacalis. 
Hypernephroma renis sinistri. 
Oedema et hypostasis pulmonum. 


Mikroskopischer Befund des Tumors. 


Das gegen die Tumorkapsel gelegene Nierengewebe zeigt, aufser einer 
prallen Füllung der Blutgefülskapillaren, Anhäufungen von Rundzellen sowie 
eine Vermehrung des interstitiellen Bindegewebes und eine Verdickung der 
Bowmanschen Kapsel; es werden hierdurch die Nierenkanälchen eingeengt. 
In unmittelbarer Nähe der Kapsel sind die Nierenkanälchen platter und die 
Lumina von hyalinen Zylindern ausgefüllt. Daneben bemerkt man auch hyaline 
Glomeruli. 

Kapsel, aus derben Fasern bestehend, enthält weniger spiadlige Kerne und 
Blutkapillaren. Auch hier sieht man in den Bindegewebsspalten grolse, poly- 
morphe Tumorzellen. Von dieser Kapsel ziehen mit Spindelkernen versehene 
Septen, die reichlich Blutkapillaren enthalten, in den Tumor; sie grenzen 
grölsere und kleinere Alveolen, sowie Zellzylinder ab und bedingen so eine 
prächtige Zeichnung. Die Tumorzellen sind grofs, polymorph, rundlich, läng- 
lich, eckig. Ihre Begrenzung ist eine deutliche. Das Protoplasma ist blafs, 
fein granuliert und hat Fetteinschlüsse. Der Kern ist gut gefärbt, nicht regel- 
mälsig rund. Manchenorts stölst man auf Zellen mit einem einzigen, sehr 
grolsen, dunkelgefärbten Kern, dann wieder auf Bläschenkerne, wo eine dunkel- 
gefärbte Peripherie vorhanden ist, während das Zentrum hell bleibt. Die 
Kapillaren sind prall gefüllt; an zahlreichen Stellen bemerkt man Blutungen in 
das Tumorgewebe. Der alveoläre Bau des Tumors ist nicht überall erhalten; 
es finden sich Stellen, wo die Wucherung der Zellen eine stärkere ist und die 
Septen durchbrochen werden. 


Zusammenfassung. 


Wenn wir die Ergebnisse unserer Untersuchungen kurz zu- 
sammenfassen, so können wir folgende Schlufsfolgerungen daraus 
ziehen: 

1. In unseren sämtlichen vier Fällen handelt es sich um Ge- 
schwülste, welche in ihrer textilen Struktur die Verwandtschaft mit 
Nebennierengewebe erkennen lassen; auch grobanatomisch weisen 
sie Verhältnisse auf, welche in demselben Sinne sprechen. 

2. Wir fassen diese Tumoren also auf als Hypernephrome, d.h. 
als Geschwülste, welche mit embryonal versprengten Keimen der 
Nebenniere in histogenetischem Zusammenhange stehen. 


Die Hypernephrome der Niere. 589 


3. Wir haben keine Andeutungen feststellen können, welche 
darauf hinweisen, dafs die Tumoren unserer Fälle aus dem Nieren- 
parenchym hervorgegangen wären. 

4. Somit bekennen wir uns auf Grund der mikroskopischen 
Untersuchungen als Anhänger der von Grawitz aufgestellten 
Theorie. 

5. Wir leugnen die ausschliefsliche Bösartigkeit der in Frage 
stehenden Tumoren und führen als Beweis unseren vierten Fall an. 

Endlich geben wir der Hoffnung Ausdruck, es möge durch den 
positiven Nachweis des Adrenalins in den Hypernephromen endgültig 
die Frage nach ihrer Herkunft geregelt werden. 


Es erübrigt mir noch, auch an dieser Stelle, meinem hochver- 
ehrten Lehrer der Pathologie, Herrn Prof. Dr. Eduard Kauf- 
mann, für die Überlassung der mitgeteilten Fälle, sowie für seine 
freundliche Unterstützung bei der Verfassung dieser Arbeit meinen 
aufrichtigen Dank auszusprechen. 


Desgleichen danke ich aufs beste Herrn Prof. Dr. Enderlen 
für die Zustellung des Tumors und der Protokolle des zweiten Falles. 


Literatur. 


Albrecht, P. Beiträge zur Klinik und pathologischen Anatomie der malignen 
Hypernephrome. Arch. f. Klin. Chir. Bd. 77. 

Alexander, Zieglers Beiträge Bd. 11. 

Beneke, Zur Lehre von der Versprengung von Nebennierenkeimen in 
der Niere usw. Zieglers Beiträge Bd. 9. 1891. 

Berdach, Ein Fall von primärem Sarkom der Nebenniere nebst einigen 
diagnostischen Bemerkungen. Wiener Wochenschrift Nr. 10 und 11. 1899. 

Birch-Hirschfeld, Beiträge zur pathologischen Anatomie der Nieren- 
geschwülste. Zieglers Beiträge Bd. 24. 

Ders., Lehrbuch der phathologischen Anatomie III. Aufl. 

Borst, Die Lehre von den Geschwülsten, 1902. 

Burkhardt, Die klinische und pathologisch-anatomische Stellung der 
malignen Nebennierenadenome der Niere. Deutsche Zeitschrift f. Chir. Bd. 55. 
1900. 

Busse, Über Mifsbilüungen der Niere. Verhandl. d. Deusch. Patholog. 
Gesellschaft. VII. Tagung. 1904. Heft 1. 

Carrington, Transact. of path. Soc. of London. Vol. 36. 1885. 

Chiari, Zur Kenntnis der akzessorischen Nebennieren der Menschen. 
Zeitschr. f. Heilkunde. Bd. 5. 1884. 

Ders., Anz. d. Ges. d Ärzte in Wien. 1380. 


590 Paul Grosheintz. 


Croftan, Virchows Arch. Bd. 169. 1902. 

Dagonet, Beiträge zur phatholog. Anatomie der Nebennieren des Menschen. 
Patholog. Institut zu Prag. Arch. f. Heilkunde. 1885. 

de Paoli, Beiträge zur Kenntnis der primären Angiosarkome der Niere. 
Zieglers Beiträge. Bd. 8. | 

Donati, Ipernephroma maligno del fegato. Arch. per le scienze med. 
1905. XXIX. 

Driessen, Untersuchungen über glykogenreiche Endotheliome. Zieglers 
Beiträge. Bd. 12. 

Friedland, Prager Medizinische Wochenschrift. 1895. 

Gatti, Über die von abgesprengten Nebennierenkeimen ausgehenden Nieren- 
geschwülste. Virchows Arch. Bd. 144. 

Grawitz, Die sogenannten Lipome der Niere. Virchows. Arch. Bd. 93. 

Ders., Die Entstehung von Nierentumoren aus Nebennierengewebe. Lan- 
genbecks Arch. Bd. 30. 

Groh&, Über Nierentumoren. Arch. f, klin. Chir. Bd. 63. 

Heitler, Nebennierenkarzinom. Wiener med. Presse. Nr. 36. XIV. Jahrg. 

Henke, Mikroskopische Geschwulstdiagnostik. 1906. 

Hildebrand, Über den Bau gewisser Nierentumoren usw. Arch. f. klin. 
Chir. Bd. 47. 1894. 

Hirsch, Die Geschwülste der Nebennieren und Nebennierengeschwülste 
der Niere: 1.-D. Würzburg. 1902. 

Kaufmann, Lehrbuch der speziellen pathologischen Anatomie. 3. Aufl, 
1904. 

Ders., Malignes Hypernephrom der r. Nebenniere mit Metastasen im 
Uterus. Schles. Ges. f. vaterl. Kultur, Breslau, Sitz. v. 15. Jan. 1897. 

Klebs, Handbuch der pathologischen Anatomie. 1876. I. 2. Abt. 

Kozubowski, Beitrag zur Lehre von den Hypernephromen der Niere 
nebst einem Fall von Obliteration der Vena cava inferior und compensatorischer 
Hypertrophie der andern Niere. I.-D. Zürich. 1904. 

Krönlein, Über Nierengeschwülste. Korrespondenzblatt für Schweizer 
Ärzte. 85. Jahrg. 1905. Nr. 13. 

Küster, Die Chirurgie der Nieren, der Harnleiter und der Nebennieren. 
Deutsche Chirurgie. 1896—1902. 

Kuzmik. Hypernephroma renis. v. Brunssche Beiträge zur klin. Chir. 
Bd. 45. Heft}. ` 

Leva, Virchows Arch. Bd. 125. 1891. 

Lubarsch, Beiträge zur Histologie der von Nebennierenkeimen ausge- 
henden Nierengeschwäülste. Virchows Arch. Bd. 135. 

Ders., Über die Abstammung gewisser Nierengeschwülste von embryonal 
versprengten Nebennierenkeimen. Virchows Arch. Bd. 137. 

Ders., Pathologie der Geschwälste. 

Manasse, Über die hypertrophischen Tumoren der Nebennieren. Virchows 
Arch. Bd. 133. 

Ders., Zur Histologie und Histogenese der primären Nierengeschwülste. 
Virchows Arch. Bd. 142. 143. 145. 

Marchand, Beiträge zur Kenntnis der normalen und pathologischen Ana- 
tomie der Glandula carotica und der Nebenniere. Virchows Festschrift. 1891. 


Die Hypernephrome der Niere. 591 


Oberndorfer, Zentralblatt f. a. P. Bd. 11. 

Owen Richards, Growths of the Kidney and Adrenals. Guys Hospital 
Reports Vol. 59. 

Perthes, Über Nierenexstirpation. Deutsch. Zeitschr. f. Chir. Bd. 42. 
1896. 

Rayer, L'expérience. 1837. 

Rosenstein, Nebennierensarkom. Virchows Arch. Bd. 84. 

Sabourin, Contribution à l'étude de la cirrhose rénale. Arch. de Phy- 
siologie. Paris. 1882. 

Saviotti, Fibrom cer Nebenniere. Virchows Arch. Bd. 89. 

Solms, Über einen Fall von Grawitzschem Tumor der rechten Niere mit 
multiplen Metastasen. I.-D. München. 1904. 

Sturm, Über Adenome der Niere. Arch. f. Heilkunde. 1875. 

Sudeck, Über die Struktur der Nierenadenome. Ihre Stellung zu den 
Stramae suprarenales aberratae (Grawitz). Virchows Arch. Bd. 133. 

Targett, Transact. of Obstet. Soc. London. Vol. 39. 

Ulrich, Zieglers Beiträge. Bd. 18. 

Virchow, Geschwälste Bd. I. 

Weichselbaum u. Greenish, Das Adenom der Niere. Wiener med. 
Jahrbücher. Wien. 1883. 


Erklärung der Abbildungen auf Tafel III NL 


(Sämtliche Abbildungen nach Originalen des Verf.). 

Fig. 1 (zu Fall I) veranschaulicht den der Länge nach aufgesägten Ober, 
armknochen. [Im Humeraskopf sitzt eine etwa nulskerngrolse, scharf abgegrenzte 
Hypernephrommetastase, deren Kontur einerseits mit der Epiphysenlinie zu- 
sammenfällt. Distal von diesem Knoten, das Knochenmark verdrängend, finden 
sch weniger deutlich abgesetzte Massen von Metastasen, welche zu einer 
Spontanfraktur unterhalb des Kopfes geführt hatten; diese Fraktur wurde bei 
der Sektion als spontan geheilt angetroffen. Die Compacta des Schaftes war 
ungemein hart und spröde. 

Fig. 2 (zu Fall I) zeigt die Verhältnisse an dem der Länge nach auf- 
gesägten Femur. Im Kopf sitzen kleinere Herde von Metastasen. Die peripher- 
wärts liegende innere Partie des Knochens ist von einer grofsen Geschwulst- 
masse ausgefüllt, welche eine Spontanfraktur im Schenkelhals veranlalst hatte. 
Hierauf war eine Einkeilung des Schaftes zwischen die gleichzeitig auseinander- 
gesprengten Trochanteren erfolgt. Compacta eborisiert, hart, spröde. 

Fig. 3 (zu Fall I) gibt das Bild des mazerierten Beckens von vorne. 

Fig. 4 (zu Fall I) Becken von links hinten. 

Fig. 5 (zu Fall I) Becken, rechte Seitenansicht, etwas von hinten. 

Die ausführliche Beschreibung des Beckens findet sich auf S. 576 ff. 

Fig. 6 (zu Fall III) Die Geschwulst, der Länge nach aufgeschnitten und 
aufgeklappt. Makroskopische Beschreibung auf 8. 586 ff. 

Fig. 7 (zu Fall IV) Die Geschwulst, der Länge nach aufgeschnitten und 
aufgeklappt. Makroskopische Beschreibung auf S. 587 ff. 


Fig. 8 (zu Fall IV) Mikroskopisches Bild der Geschwulst. Beschreibung 
auf S. 588. 


Y 
i 


(Aus dem pathologischen Institut der Universität zu Berlin und der 
Prof. Casperschen Klinik.) 


Über einen neuen Katheter-Dampfsterilisator 
mit Aufbewahrungsbehältern für die 
einzelnen Katheter. 


Von 


Dr. Arthur Bloch. 
Assistent der Prof. Casperschen Klinik. 


Mit einer Textabbildung. 


Sehr bald nach Einführung der Antisepsis im Öperationssaal 
erkannte man, dals auch zur urologischen Prophylaxe und Therapie 
der Harnkrankheiten vor allem saubere, d. h. sterile Instrumente 
gehörten, und es häuften sich auch bald die Angaben der Methoden 
und Apparate, welche eine sichere Sterilisation urologischer Instru- 
mente, vor allem der Katheter, bewirken sollten. Bei einem Pa- 
tienten mit gut funktionierender, sich völlig entleerender Blase ist 
die vollkommene Sterilität der anzuwendenden Instrumente keine 
so dringende Forderung, wie bei solchen, wo durch Altersverän- 
derungen der Prostata oder wegen zentraler Störungen die aktive 
Entleerung der Blase unvollständig oder gar nicht erfolgt. Denn 
der in der Blase stagnierende Harn gibt einen vorzüglichen Nähr- 
boden für Keime ab, welche von aufsen durch Instrumente in die 
Blase importiert werden. Will man also bei Behandlung der Pro- 
statahypertrophie nicht so radikal verfahren, wie es Horwitz'!, 
Lydston? und W. Meyer? raten, die jede überhaupt nachweisbare 
Prostatahypertrophie der Totalexstirpation unterworfen wissen wollen 
und den Katheter als eine Quelle schlimmster Gefahren ansehen, 
will man vielmehr seine Prostatiker etwas konservativer behandeln, 
sie also ohne operativen Angriff möglichst lange bei klarem Urin, 
ohne allzugrofse Miktionsbeschwerden und Residualharnmengen zu 
erhalten suchen, so ist es ein Haupterfordernis, ihnen die Asepsis 
ihrer Blase zu bewahren. Wenn nun ein Prostatiker zur regel- 
mäfsigen Behandlung zum Arzt kommt, so ist dieses Unternehmen 
meist kein allzuschwieriges, gibt man aber dem Pat. selbst den 
Katheter in die Hand, so übernimmt man trotz aller Verhaltungs- 


Über einen neuen Katheter-Dampfsterilisator usw. 593 


malsregeln eine groflse Verantwortung; denn die Hauptschwierigkeit 
besteht darin, dem Prostatiker die Möglichkeit zu geben, auf ein- 
fache und rasche Weise seinen Katheter keimfrei zu machen und 
diesen eventuell auch eine Zeitlang keimfrei aufzubewahren. Kann 
der Pat. einen weichen Katheter benutzen, so ist die Schwierigkeit 
ebenfalls geringer; denn der aus vulkanisiertem Kautschuk be- 
stehende Nelatonkatheter lälst sich leicht in Wasser auskochen und 
so sterilisieren, ohne dafs sein Material wesentlichen Schaden 
nimmt. Die Schwierigkeit wächst aber, wenn bei dem Kranken die 
Prostatalappen so weit das Harnröhrenlumen verlegen, dafs eine 
Katheterisierung nur mittelst mittelweichen Katheters mit Mercier- 
scher Krümmung möglich ist. Denn Apparate und Methoden, die 
solche Katheter sterilisieren können, haben folgende Forderungen 
zu erfüllen: | 

1. Sie müssen in möglichst kurzer Zeit Aufsen- und Innenseite 
des Katheters keimfrei machen, ohne dafs das Material des Instru- 
ments Schaden nimmt (d. h. die Imprägnierungsmasse weich und 
damit die Oberfläche rauh wird). | 

2. Es dürfen nach der Sterilisation keine chemischen Substanzen 
am Katheter haften bleiben, durch die bei der Einführung die 
Urethraschleimhaut eine schmerzhafte Reizung erfahren würde. 

Der Wunsch Kapsammers', es möge eine kritische Sichtung 
jener „Unsumme von Publikationen“ über dieses Gebiet erfolgen, 
war daher in bezug auf obige Anforderungen vollauf berechtigt. 
Goldberg? (1902) ist denn auch diesem Wunsche nachgekommen; 
er hat in erschöpfender Weise die bis dahin angegebenen chemi- 
schen wie physikalischen Sterilisationsmethoden einer eingehenden 
Nachuntersuchung und Kritik unterworfen; mit Recht hat er dabei 
Methoden verworfen, die von ihren Autoren als „sicher keimtötend“ 
gerühmt waren, ohne dafs eindeutige bakteriologische Nachweise 
jene Behauptungen gestützt hätten. Unter den chemischen waren 
es flüssige (Sublimat, Formollösung und Hydrarg. Oxycyanat.) und 
gasförmige (Quecksilberdämpfe, schweflige Säure und Formaldehyd- 
dämpfe) Desinfizientien, welche von den einen Autoren als zweck- 
entsprechend gepriesen, von den anderen deshalb in Mifskredit ge- 
bracht wurden, weil sie entweder keine vollkommene Sterilisation 
der Instrumente herbeiführten, oder dies nur unter starker Schä- 
digung des Materiales oder mit Hinterlassung von schleimhaut- 
reizenden Substanzen zuwege brachten. Es bedeutete somit einen 
Fortschritt, als die Hitze zu diesen Zwecken verwandt wurde, da 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 39 


594 Arthur Bloch. 


ihre Durchdringungskraft alle chemischen Mittel übertraf; sie fand 
versuchsweise ihre Anwendung in Form von überhitzter Luft, 
kochendem Wasser und strömendem Dampf. Die Anwendung der 
überhitzten Luft wurde jedoch bald wieder aufgegeben, da sie zur 
Desinfektion der Katheter zu lange Zeit brauchte und daher mit 
ihren hohen Hitzegraden das Kathetermaterial rasch schädigte. 
Aus demselben Grunde fand auch die Anwendung des kochenden 
Wassers erst Anhänger, als man gelernt hatte, durch Zusätze von 
Kochsalz (Claudius®), schwefelsaurem Ammon (Hermann) oder 
Zucker (Heusner’) das Kathetermaterial zu schonen. Jedoch 
‚komplizierte sich dadurch wiederum diese Methode, da nach der 
Desinfektion erst wieder eine Abspülung der Instrumente mit sterilem 
Wasser erfolgen mulste. Albarran gab zwar schon 1890 an, und 
ihm folgten darin Janet, Posner, Frank, Rupprecht und 
Goldberg, dafs gute französische Seidengespinstkatheter ein mehr- 
.maliges Auskochen in gewöhnlichem Wasser gut vertrügen, doch 
habe ich mich bei meinen Versuchen nicht davon überzeugen 
können. Der beste Gegenbeweis ist wohl auch der, dafs man heute 
fast allgemein bei der Kathetersterilisation zn der Hitzewirkung in 
ihrer dritten Form übergegangen ist, zum strömenden Dampf. 

‚ Delageniere° (1889) hat als erster sich den Dampf zu diesen 
Zwecken dienstbar gemacht, indem er die Instrumente in einem 
Glasrohr Wasserdampf von 100° aussetzte.e Alapy’ (1890) modi- 
fizierte dieses Verfahren, indem er zur Verhütung der material- 
schädigenden Bildungen von Kondenswasser die Instrumente in 
Filtrierpapier wickelte. Nach ihm haben Kutner!’ (1892), Frank 
und Grosglik!! (1895) grölsere Apparate angegeben, in denen der 
Dampf gezwungen wurde, vor seinem Austritt aus dem Apparat 
die Lichtung des Katheters zu durchziehen. Müller!? (1900) 
suchte schliefslich Sterilisation und sterile Aufbewahrung in einem 
Apparat zu vereinigen. Manche dieser Apparate mit ihren Me- 
tıoden leisten Vortreffliches, jedoch kommen sie zum Gebrauch für 
den Patienten selbst oder für die Sprechstunde kaum in Betracht, 
da sie zu grols sind oder ihre Handhabung zu umständlich ist. 
Nur Rupprechts!? Kathetersterilisator (1898) und seine Modifi- 
kationen entsprechen diesen Anforderungen; jedoch habe ich selbst 
nach öfterem Gebrauch dieses Apparates die Erfahrung gemacht, 
dafs dadurch, dafs der Katheter hier direkt über dem siedenden 
Wasser ruht, sein Material bald leidet. Daher habe ich mich gern 
der Aufgabe unterzogen, als Herr Professor Casper mich damit 


Über einen neuen Katheter-Dampfsterilisator usw. 595 


betraute, einen von ihm angegebenen Sterilisationsapparat auf seine 
Wirksamkeit zu prüfen. 

Dieser Apparat wird von der Firma Louis & H. Loewenstein 
(Berlin) angefertigt. Seine Vorzüge bestehen darin: 





EC 


1. Er ist aufserordentlich handlich und daher wohl geeignet, 
vom Arzt in der Sprechstunde und vom Patienten benutzt zu werden. 

2. Es können mehrere Katheter zugleich darin sterilisiert 
werden, ohne dafs sie sich berühren und so eventuell miteinander 
verkleben. 

3. Es können die desinfizierten Katheter darin eine Zeitlang 
steril aufbewahrt werden. 

4. Der Dampfentwickler besitzt einen von dem Sterilisations- 
raum völlig getrennten Raum, wodurch eine Benetzung der Ka- 
theter mit kochendem Wasser ausgeschlossen ist. 

5. Der Dampf wird gezwungen, die Lichtung der Katheter zu 
durchziehen, wodurch sehr rasch die der Aufsen- und Innenseite 
der Instrumente anhaftenden Keime abgetötet werden. 

Diese letzterwähnte Leistung, welche auch die Apparate von 
Kutner, Grosglik und Frank erfüllten, hielten Alapy, Rup- 
precht, Goldberg und Zuckerkandl!* für überflüssig, indem diese 
Mafsnahmen nur einen solchen Apparat komplizieren, ohne einen 
besonderen Zweck zu erfüllen. Rupprecht suchte diese Behauptung 
durch bakteriologische Versuche zu beweisen; jedoch war die In- 
fektion seiner Katheter eine nicht genügend intensive, um ein völlig 
einwandfreies Resultat zu ergeben. Goldberg sagt, dafs die Ver- 
teilung von Wärme in einem Desinfektionsraum bei Verwendung 
ungespannten strömenden Wasserdampfes von 100° an allen 
Stellen gleichmäfsig erfolge; es sei aber nicht begründet, dafs sich 
der mit Luft angefüllte Hohlraum des Katheters im Dampf- 

39* 


596 Arthur Bloch. 


desinfektionsraum anders verhalte, als irgend ein anderer mit Luft 
gefüllter Hohlraum. Zuckerkandl aber hielt diese Leistung 
solcher Apparate für überflüssig mit Rücksicht auf die Verteilung 
des überhitzten Dampfes im geschlossenen Raum. 

Dem ist aber entgegenzuhalten, dals es sich ja bei diesen 
Apparaten nicht um überhitzten Dampf handelt; denn es findet 
cin permanenter Abzug aus den Apparaten statt, die übrigens 
naturgemäls zu leicht gebaut sind, als dafs sie eine wesentliche 
Überhitzung und Spannung des Dampfes aushalten würden. Gold- 
bergs theoretische Begründung hätte dagegen wohl ihre Berech- 
tigung, wenn man eine erheblich längere als die gewöhnliche 
Sterilisationszeit — (die im allgemeinen nur 10—15 Minuten dauern 
darf) — als Schwellenwert annähme. Denn bringt man einen 
Katheter in einen mit Dampf erfüllten Raum, der eine Abzugs- 
öffnung besitzt und aus einem Dampferzeuger fortwährend neuen 
Zuzug an Dampf erhält (strömender Dampf), so findet ganz all- 
mählich ein Ersatz der in der Lichtung des Katheters befindlichen 
Luft durch Dampf statt; dieser Vorgang erfolgt durch Diffusion 
und braucht daher zu seiner Vollendung eine geraume Zeit. Aller- 
dings kann dieser Vorgang beschleunigt werden (was auch Gold- 
berg erwähnt), indem der Katheter ım Dampfraum frei aufgehängt 
wird, da dann die Luft, welche schwerer als Dampf ist, rasch zu 
Boden sinkt; aber durch diese Anordnung würde ein Sterilisations- 
apparat an Handlichkeit verlieren. Es ist daher trotz aller bisherigen 
Einwendungen entschieden als ein Vorzug eines solchen Apparates zu 
betrachten, wenn ohne erhebliche Komplizierung der Konstruktion 
die Katheter darin so angeordnet sind, dafs der Dampf gezwungen 
wird, nachdem er in den Dampfraum getreten, nach Bestreichung 
der Aufsenfläche die Lichtung des Katheters zu durchziehen, um 
sodann nach aufsen zu gelangen. 

Unser Apparat ist nun folgendermafsen gebaut (s. Abbildung): Er 
besteht aus einem dosenförmigen Dampferzeuger, um den vier Tuben 
kreisförmig herumgelegt sind. Diese Tuben, welche zur Unterbringung 
der Katheter dienen, stehen an einer Seite mit dem Dampfraum 
des Dampferzeugers in Verbindung und sind auf derselben Seite 
am Ende mit einer Verschraubung versehen, welche eine durch- 
bohrte in der Verschraubung drehbare Düse zum Aufstecken der 
Katheter besitzt; das andere Ende jeder Tube ist verschlossen. Der 
Dampf tritt also aus dem Dampfraum durch die Kommunikationen 
in die einzelnen Tuben, geht, die Katheter aufsen umstreichend, 


Über einen neuen Katheter-Dampfsterilisator usw. 597 


nach dem verschlossenen Tubenende zu und tritt durch die Katheter- 
fenster in das Innere, durchzieht die Lichtung, um am anderen 
Ende durch die als Ventil wirkenden Düsen, auf welchen die Ka- 
theter aufgesteckt sind, ins Freie zu entweichen. | 

Zum bequemeren Transport des Apparates befindet sich in der 
Decke des Kessels eine Einsenkung zur Aufnahme eines ebenso 
ausgestalteten Fufsgestells, einer Spirituslampe bezw. Schale, eines 
kleinen Bechers zum Abmessen der nötigen Wassermenge, sowi 
einer Flasche für den Spiritus. Zum Gebrauch wird das Wasser 
durch die Füllöffnung eingebracht und die Spiritusschale in die 
Einsenkung des Fulsgestelles gestellt, auf welches sodann der Dampf- 
erzeuger gesetzt wird. Um nun die Sterilisationskraft des Apparates 
einwandsfrei zu prüfen, suchte ich für die Desinfektion möglichst 
schwierige Verhältnisse zu schaffen. So machte ich mir die Er- 
fahrung Rupprechts und Goldbergs zunutze, die im Gegensatz 
zu Guyon, Janet und anderen Autoren gefunden hatten, dafs, je 
weiter und dicker ein Katheter ist, desto schwieriger seine Sterili- 
sation sei. Ich benutzte daher möglichst weite Katheter mit 
poröser dicker Wandung. Ferner beliefs ich die Instrumente, 
ebenso wie Goldberg es getan hatte, um eine möglichst intensive 
Infektion der Instrumente zu bewirken, 24 Stunden in dem infi- 
zierten Urin oder flüssigen Nährboden, nachdem ich aufserdem die 
Infektionsflüssigkeit mittelst Trichter einige Male durch den Katheter 
hatte laufen lassen. Die Versuchsfolge war im allgemeinen die: 
Ein infizierter Katheter wurde in eine Tube des Apparates ge- 
bracht, darin 2!/,-5-10 Minuten sterilisiert, sodann mit ausgeglühter 
Pinzette und Schere gefalst, in kleine Stücke geschnitten und in 
Bouillonröhrchen geworfen. 

Es mögen nunmehr die bakteriologischen Prüfungen im ein- 
zelnen folgen: | 


4 


J. Versuchsreihe., 

Cystitischer Urin eines Kindes, in dem massenhaft Stäbchen und -|- gr 
Kokken nachgewiesen werden, 

a) Ein wie oben vorbehandelter Mercierkatheter (22 Charriere) wird 5 Minuten 
Jang im Apparat sterilisiert. 

b) Kontrollversuch: Ein Stückchen nicht sterilisierten Katheters wird in 
ein Bouillonröhrchen geworfen. 

c) Der sterilisierte Katheter wird mit ausgeglühten Instrumenten in kleine 

tücke geschnitten, diese werden in Bouillonröhrchen geworfen. 
Resultat. 

Die mit dem nicht desinfizierten Katheterstück beschickte Bouillon ist 

nach 24 Stunden stark getrübt, nach 48 Stunden bildet sich eine Kahmhaut. 


598 Arthur Bloch. 


Mikroskopisch sind Kokken und verschieden lange Stäbchen nachzuweisen. 
Die mit sterilisierten Katheterstücken beschickte Bouillon bleibt steril. 


II. Versuchsreibe. 

Stark jauchiger Urin eines Mannes, aus dem durch Kultur Bact. coli ge- 
züchtet wird. 

a) 24 Stunden lang vorbehandelter mittelweicher Mercierkatheter 
(24 Charriöre) wird 5 Minuten im Apparat sterilisiert. 

b) Ein sterilisiertes ebenso vorbehandeltes Katheterstück wird in Bouillon 
geworfen (Kontrollversuch). 

c) Sterilisierter Katheter wird in Stücke geschnitten, diese werden in 
Bouillon geworfen. 

d) Ein zweiter infizierter Katheter wird 2'/, Minute im Apparat sterilisiert 
in Stücke geschnitten und in Bouillon geworfen. 


Resultat. 

Bouillonröhrchen des Kontrollversuchs zeigt nach 24 Stunden eine starke 
Trübung. Es werden nur Stäbchen darin nachgewiesen. Übrige Röhrchen 
bleiben alle steril. 

III. Versuchsreihe. 

Von einer Agarkultur des Bacterium coli wird eine eintägige Bouillon- 
kultur hergestellt. 

a) Darin wird ein Mercierkatheter (24 Charr.) 24 Stunden gelassen, dann 
5 Minuten im Apparat sterilisiert. 

b) Nelatonkatheter, ebenso vorbehandelt, wird 2!/ Minuten sterilisiert. 

c) Beide Katheter werden in Stücke geschnitten, Stückchen in Bouillon- 
röhrchen geworfen. 

d) Kontrollversuch: Ebenso vorbehandeltes, nicht sterilisiertes Katheterstück 
wird in Bouillon geworfen. 

Resultat. 

Nach 24 Stunden Bouillon des Kontrollversuchs starke Trübung (mikrosko- 
pisch Stäbchen). 

Übrige Bouillonröhrchen bleiben steril. 

IV. Versuchsreihe. 

Von einer Agarkultur des Staphylococcus pyogenes aureus wird eine ein- 
tägige Kultur in Bouillon hergestellt. 

a) Alter Mercierkatheter (21 Charr.) wird darin 24 Stunden belassen, 
5 Minuten im Apparat sterilisiert, in Stücke geschnitten, diese werden in Bouillon 
geworfen, 

b) Ein Stück ebenso vorbehandelten nicht sterilisierten Katheters wird in 
Bouillon geworfen (Kontrollversuch). 

c) 2!/, Minuten dauernde Sterilisation eines zweiten auf gleiche Weise 
vorbehandelten Katheters, der dann in Stücke geschnitten und in Bouillon ge- 
worfen wird. 

Resultat. 

Alle Bouillunröhrchen, auch die des Konteollversuches, bleiben steril; ein 
nochmals in gleicher Weise vorgenommener Kontrollversuch ergibt dasselbe 
negative Resultat. Dagegen erfolgt bei einem solchen mit Nelatonkatheter 
vorgenommenen Versuch ein üppiges Wachstum von Staphylococe. pyogen. aur. 


Über einen nenen Katheter- Dampfsterilisator usw. 599 


Dieses bei Anwendung des Mercierkatheters negative Resultat war eine 
auffällige Tatsache; es handelte sich dabei um alte, in der Poliklinik schon öfters 
benutzte Instrumente, die nach Gebrauch jedesmal in Sublimat gelegt worden 
waren. Um nun zu erfahren, ob die Ursache dieses negativen Resultates des 
Kontrollversuches in dem etwaigen Anhaften winziger Sublimatreste in den 
Maschen des Grundgewebes jener Katheter zu suchen sei, oder ob andere 
Ursachen vorlägen, stellte ich folgende beide Versuchsreihen auf. 


V. Versuchsreihe. 

a) Von frischer Agarkultur des Staphylococcus pyog. aur. werden je zwei 
Ösen voll auf Bouillonröhrchen überimpft. 

b) Von einem neuen, noch nie mit Sublimat behandelten Mercierkatheter 
(23 Charr.), der eine halbe Stunde in Wasser ausgekocht wurde, wird ein 
Stück abgeschnitten und in eine der Staphylokokkensuspensionen geworfen. 

c) Von altem Mercierkatheter, oft mit Sublimat behandelt, wird ein Stück 
abgeschnitten, 24 Stunden in fliefsendem Wasser gespült, !/, Stunde in Wasser 
gekocht und in eine Staphylokokkensuspension geworfen. 

d) Stückchen eines alten Mercierkatheters wird eine Stunde lang in 
Schwefelammon gelegt (zur Entfernung des Sublimats), sorgfäliig abgespült, 
!/, Stunde in Wasser gekocht und ebenfalls in eine Staphylukokkensuspension 
geworfen. 

e) Stück eines alten Nelatonkatheters wird in Staphylokokkensuspension 
geworfen. 

f) Die vier mit Katheterstückchen (b, c, d, e) versehenen Staphylokokken- 
suspensionen und eine fünfte, die ohne Katheterstück belassen wird, werden 
zusammen in den Brutofen gestellt. 

Resultat. 

Bouillon mit Sublimatkatheterstück (V c) bleibt nach 24 und 48 Stunden 
völlig klar; es werden keine Keime darin nachgewiesen. Bouillon mit Sublimat- 
katheterstück, welches mit Schwefelammon behandelt war (V d), zeigt geringe 
Trübung, die drei übrigen Bouillonröhrchen (Vb, Ve, Vf) zeigen ziemlich 
gleich starke Trübung. Mikroskopisch sind, mit Ausnahme von Vc, überall 
Kokken nachzuweisen. 

VI. Versuchsreihe. 

a) Von einer frischen Agarkultur des Staphylococcus pyog. aur. werden 
je zwei Ösen voll auf Bouillonröhrchen überimpft. 

b) Von einem neuen, noch nie mit Sublimat behandelten Mercierkatheter 
(23 Charr.), der !/, Stunde in Wasser ausgekocht wurde, wird ein Stück abge- 
schnitten, eine Stunde lang in die Staphylokokkensuspension gelegt, dann her- 
ausgenommen. 

c) Von einem alten, oft mit Sublimat behandelten Mercierkatheter wird 
ein Stück abgeschnitten, 24 Stunden in Wasser gespült, !/, Stunde ausgekocht, 
1 Stunde in eine Staphylokokkensuspension gelegt, dann herausgenommen. 

d) Stück eines alten, oft mit Sublimat behandelten Mercierkatheters wird 
eine Stunde mit Schwefelammon behandelt, abgespült, ausgekocht, dann eine 
Stunde lang in Staphylokokkensuspension belassen, dann herausgenommen. 

. e) Eine Staphylokokkensuspension wird ohne Katheter gelassen, 

f) Staphylokokkensuspensionen Vlb, VIc, VId, VIe werden zusammen 

in den Brutofen gestellt. 


600 Arthur Bloch. 


Resultat. 


Bouillonröhrchen, in dem das Sublimatkatheterstück ohne Schwefelammon- 
behandlung gelegen hatte (VIb), bleibt völlig klar, das des mit Schwefelammon 
behandelten (V c) ist mälsig trübe, die übrigen Röhrchen zeigen gleich starke 
Trübung. In Röhrchen VIc, VId, VlIe lassen sich Kokken nachweisen, in 
VI b nicht. 


Aus diesen beiden Versuchsreihen geht somit hervor, dafs Nelatonkatheter, 
die täglich in Sublimat liegen, in keiner Weise das Wachstum von Mikroor- 
ganismen beeinflussen; dagegen setzen sich bei älteren mittelweichen (Gespinst-) 
Kathetern, namentlich in den Wänden der Lichtung, Sublimatpartikel fest, welche 
selbst durch vielstündiges Waschen und Auskochen des Instrumentes nicht so 
völlig entfernt werden können, dafs sie nicht noch ein Wachstum von weniger 
resistenten Mikroorganismen yuliefsen. Ähnliche Verhältnisse wurden schon 
früher im Kochschen Institut an infizierten Seidenfäden gefunden, die vorher 
in Sublimat gelegen hatten. 


Es wurde dabei angenommen, dals zwar bei Gegenwart geringster Mengen 
von Sublimat ein kulturelles Wachstum von Mikroorganismen, nicht aber 
einer Ansiedlung von Keimen auf den Seidenfäden vermieden würde. Man 
kann die Geltung dieses Satzes wohl auch auf die Katheter übertragen, jedoch 
muls in praktischer Hinsicht gesagt werden, dafs durch diese Versuchsreihen jene 
Sublimatdesinfektionsmethode eine Verteidigung erfährt, wie sie in vielen Foli- 
kliniken (auch in der des Herrn Professor Casper) für die empfindlichen Seiden- 
gespinstkatheter in Anwendung kommt. Denn gerade bei den älteren Kathetern 
dieser Art, wie sie meist in solchen Instituten in Gebrauch sind, setzen sich 
bei der täglichen Behandlung mit Sublimat, der sie ausgesetzt sind, kleinste 
Mengen dieses Stoffes in den Maschen der Innenwand fest, welche zwar keine 
völlige Keimfreiheit der Instrumente verbürgen, aber doch, wie obige Versuche 
gezeigt haben, eine wesentliche Ansammlung pathogener Mikroorganismen ver- 
hindern. 

Wenn diese Erörterungen auch nicht in den eigentlichen Rahmen dieser 
Arbeit gehören, so glaubte ich doch auf diese Verhältuisse hinweisen zu müssen 
wegen der Fehlerquellen, welche sich sonst in derartigen Desinfektionsversuchen 
leicht einstellen. 


Nachdem ich nunmehr die keimtötende Wirkung des strömenden Dampfes 
in unserem Apparat auf weniger resistente Keime geprüft hatte, blieb mir noch 
übrig, Katheter mit resistente Sporen bildenden Keimen zu infizieren und zu 
erproben, wie lange sie dem strömenden Dampf in unserem Apparat ausgesetzt 
werden müssen, um steril zu werden, 

Zur Infektion der Instrumente wählte ich den Bac. pumilus, der zur 
Untersuchung dieser Art von Heim (Lehrbuch der Bakteriologie 1906) besonders 
empfohlen wurde. Eine von Herrn Professor Heim selbst an Seidenfüden ge- 
trocknete Kultur dieser Art wurde mir durch Herrn Professor Morgenroth zur 
Verfügung gestellt. Diese Kultur war 17 Tage auf gewöhnlichem und 12 Tage 
auf Zuckeragar bei 350 gezüchtet. Ich züchtete sie 17 Tage lang auf Zucker- 
agar weiter; danach trat sehr reichlich Sporenbildung auf, 

Von diesem Material stellte ich mir eine Suspension in Bouillon her. 
Indem ich mehrere damit infizierte Bouillonröhrcken in den Kochschen Dampf- 


Über einen neuen Katheter- Dampfsterilisator usw. 601 


topf stellte, sie zu verschiedenen Zeiten herausnahm und auf Bouilionröhrchen 
weiterimpfte, konnte ich feststellen, dafs die Sporen des von mir gezüchteten 
Bac. pumil. im Dampftopf (Dampf von 100°) nach 13 Minuten abgetötet 
wurden. 

Es folgten dann die Versuche an den mit Bac. pumil. infizierten In- 


strumenten. 
YIL Versuchsreihe. 


a) Ein 24 Stunden in der Bouillonaufschwemmung von Bac. pum. belassener 
Nelatonkatheter wird 10 Minuten im Apparat sterilisiert. 

b) Ein zweiter ebenso vorbehandelter Mercierkatheter wird 5 Minuten 
sterilisiert. 

c) Ein dritter ebenso vorbehandelter Mercierkatheter wird 38 Minuten 
sterilisiert. 

d) Kontrollversuch: Ein Stück infizierten Katheters wird in ein Bouillon- 
röhrchen geworfen. 

e) Katheter VIIa, VIIb, VIIc werden zerschnitten und die Stückchen in 
Bouillonröhrchen geworfen. 

Resultat. 

Bouillonröhrchen VIIa und VIIb bleiben steril; Röhrchen von VlIc 
zeigt nach 48 Stunden geringe Trübung; mikroskopisch lassen sich im Röhrchen 
VIlc Bazillen mit vereinzelten Sporen nachweisen. Impfung daraus auf Trauben- 
zuckeragar geht an. 

Rupprechts eingangs erwähnte Versuchsergebnisse, der Katheter innen und 
aufsen mit Keimen beschmierte, die Fenster der Instrumente verschlols und 
dann die Sterilisationszeit mit der bei offen gebliebenen Kathetern erzielten 
verglich und dabei keine wesentlichen Differenzen fand (60 bis 80 Sckunden 
Sterilisationszeit), habe ich wegen der ungenügenden Intensität der Infektion als 
nicht einwandfrei bezeichnet. Mit den resistenten Sporen des Bac. pumil. 
glaubte ich nunmehr das Material zu haben, um zu untersuchen, ob die Durch- 
leitung des Dampfes durch die Lichtung der Instrumente einen Vorteil bezüglich 
der Abkürzung ihrer Sterilisationsdauer einschlösse. Ich stellte daher folgende 


Versuchsreihe auf: 
VIII. Versuchsreihe. 

Vier Katheterstücke werden 24 Stunacn in einer Suspension von Bac. pumil. 
belassen: 

a) Erstes Katheterstück wird im Dampfkochtopf 7 Minuten lang der 
Einwirkung von Dampf (100°) ausgesetzt, dann in Röhrchen mit Bouillon ge- 
worfen. 

b) Zweites Katbererstück wird 9 Minuten im Dampfkochtopf gelassen, 
dann in Bouillon geworfen. 

c) Drittes Katheterstück wird 11 Minuten im Dampftopf gelassen, dann in 
Bouillon geworfen. 

d) Viertes Katheterstück wird 13 Minuten im Dampftopf gelassen, dann in 
Bouillon geworfen. 

Resultat. 


Röhrchen von VIII a und VIII b zeigen nach 24 Stunden Trübung, Bouillon 
von VIII c und VIII d bleiben klar. Überimpfung von VIIIa und VIIIb auf 


602 Arthur Bloch. 


Traubenzuckeragar geht an, Überimpfung von VIII c und VIII d bleibt 
negativ. 

Mikroskopisch sind in Bouillon VIII a und VIIIb Bazillen mit vereinzelten 
Sporen nachweisbar. 

Während es also einer Sterilisationsdauer von elf Minuten bedurfte, um 
mit Bac. pumil. infizierte Katheterstücke im Dampfkochtopf keimfrei zu machen. 
waren nur fünf Minuten notwendig, um an ebenso infizierten Kathetern durch 
Durchleitung des Dampfes durch die Lichtung in unserem Apparat die Sporen 
abzutöten. 

Nachdem ich nunmehr die Desinfektionskraft des Apparates genügend ge- 
prüft zu haben glaubte, blieb mir noch übrig, auch seine oben erwähnte Fähig- 
keit, die Katheter eine Zeitlang steril aufzubewahren, zu erproben. 

IX. Versuchsreihe. 


Zwei in schmutzigem, cystitischem Urin (Stäbchen und Kokken) infizierte 
Mercierkatheter werden im Apparat 3 Minuten lang sterilisiert und darin be- 
lassen. 

a) Ein Katheter wird nach 24 Stunden herausgenommen, in Stücke ge- 
schnitten, die Stücke in Bouillonröhrchen geworfen. 

b) Zweiter Katheter wird nach 48 Stunden herausgenommen, in Stücke 
geschnitten und in Bouillonröhrchen geworfen. 

Resultat. 


Alle Bouillonröhrchen bleiben steril. 
Es ist also damit erwiesen, dafs die sterilisierten Instrumente mindestens 
48 Stunden in unserem Apparat keimfrei aufbewahrt werden können. 


Fassen wir die Ergebnisse aller Versuche zusammen, so sehen 
wir, dafs eine 2'/, Minuten lang ausgeübte Sterilisation der Ka- 
theter im Apparat genügt, um solche Mikroorganismen abzutöten, 
die für die Blase pathogen sind. Nach 5 Minuten langer Sterili- 
sation werden auch resistente Sporen bildende Keime darin ab- 
getötet. Da aber von solchen, die für den Menschen pathogen sind, 
nur der Milzbrandbazillus in Frage kommt, dieser aber als Infektions- 
erreger für die Blase nicht in Betracht zu ziehen ist, so kann 
man sagen: 

Es genügt eine 2'/, Minuten lang ausgeübte Behand- 
lung der Katheter in unserem Sterilisationsapparat, um 
das Instrument keimfrei zu machen. 

Ein so desinfizierter Katlieter läfst sich mindestens 
48 Stunden darin keimfrei aufbewahren. 

In der Funktion des Apparates war bei meinen Versuchen 
keine Störung zu bemerken; füllte ich den kleinen Kessel mit zwei 
Bechern kalten Wassers, so begann die Dampfeutwicklung zirka 
3 Minuten nach Entzündung des Brenners, bei Einfüllung von 


por 


- 
— : 


e. 
DEE 


Über einen neuen Katheter-Dampfsterilisator usw. 603 


bilem Wasser bedurfte es nur zirka einer Minute bis zur Dampf- 
entwicklung. 


Die Katheter waren bei ihrer Herausnahme nach der Des- 
infektion meist trocken und immer glatt, die Bildung von Kondens- 
wasser auf ihnen also sehr gering. 


Nach alledem können wir wohl sagen, dafs der beschriebene 
katheterdampfsterilisator die Anforderungen sehr wohl erfüllt, die 
an einen guten Sterilisationsapparat für weiche und mittelweiche 
Katheter gestellt werden, und dafs er wegen seiner Handlichkeit 
besonders geeignet ist, vom Arzt in der Sprechstunde und vom 
Prostatiker benutzt zu werden, der sich selbst katheterisiert. 


Es bleibt mir noch die angenehme Pflicht, Herrn Professor 
Casper für die Anregung zu dieser Arbeit und Herrn Professor 
Morgenroth für seine gütige Unterstützung dabei zu danken. 


Literatur. 


Horwitz, New York med. journ. 1904 No. 1840—1342. 
Lydston, New York med. journ. 1904 No. 1340. 
. W. Meyer, Monatsber. f. Urologie 1904 S. 513. 
. Kapsammer, Wien klin. Wochenschr. 1901. 16. S. 390. 
. Goldberg, Die Kathetersterilisation. Zentralbl. f. Erkrank. d. Harn- u. 
Sexualorg, 1902 S. 390. 

6. Claudius, Eine neue Methode zur Sterilisation d. Seidenkatheter. Ref. 
Zentralbl. f, Chirurgie 1901 S. 17. 

7. Heusner, Über Desinfektion der Seidenkatheter. XXXII. Chirurgen- 
kongrefs Berlin. 


8. Delagénière, Progrès médic. 1889 p. 295: Stérilisation des sondes en 
gommes. 


v wb E bi Fa 


< 


9. Alapy, Annal. d. m. d. org. génito-urin. 1890. 

10. Kutner, Therap. Monatshefte 1892 H. 11. 

l1. Grosglik, Revue d. chirurg. polon. 1895 (WienerKlinik 1896 H. 4 u. 5.) 
12. Müller, Monatsber. f. Urologie Bd. 4 S. 193—2C2. 

13. Rupprecht, Beitr. z, klin. Cihr. Bd. 21 H. 3. 


14. Zuckerkandl, Arepsis in d. Urologie (Handbuch v. Frisch u. Zucker- 
kandl Bd. 1 S. 520) 


Literaturbericht. 


I. Allgemeines über Physiologie und Pathologie des 
Urogenital - Apparates. 


Bericht über die Tätigkeit der an die chirurgische Poliklinik 
angeschlossenen Poliklinik für Harnkranke während des ersten 
Jahres ihres Bestehens in der Zeit vom 1. Juni 1905 bis 81. Mai 1906. 
Erstattet von C. Adrian. (Stralsburger med. Zeitung, 6. Heft 1906.) 

Es gelangten 111 Kranke (84 Männer und 27 Frauen) in Behand- 
lung. Eine grofse Rolle spielte die Tuberkulose der Harnorgane (13 Fälle 
— nahezu 12 °/,). Bei der Diagnose dieser sowie auch anderer Nieren- 
erkrankungen wurde ausgiebig von der Voelcker-Josephschen Chromo- 
cystoskopie Gebrauch gemacht. Einige interessantere Krankheitsbilder 
werden in Kürze geschildert. von Hofmann-Wien. 


Der Kampf gegen die Geschlechtskrankheiten. Von Dr. Sieg- 
fried Grosz in Wien. (Wiener med. Presse 1907, Nr. 14.) 

Verf. schildert den heute geübten Modus der Prostituiertenunter- 
suchung, sowie die Behandlung der Prostituierten in den Krankenhäusern, 
wobei er speziell die Wiener Verhältnisse im Auge hat, die er aus 
eigener langjähriger Erfahrung am besten kennt. Er kommt zu folgen- 
dem Resumee: Die polizeiliche Überwachung betrifft nur einen Bruchteil 
der sich prostituierenden Frauen. Die ärztliche Untersuchung führt nur 
einen geringen Teil der kranken Prostituierten der Spitalbehandlung zu. 
Die Spitalbehandlung führt nur selten zur Heilung der Kranken, sie 
vermag höchstens die eminent Gefährliche in eine fakultativ Gefährliche 
umzuwandeln. Vorschläge, welche eine strengere polizeiliche oder ärzt- 
liche Kontrolle der Prostituierten beabsichtigen, sind nur geeignet, die 
Zahl der Reglementierten herabzudrücken, die Zahl der Geheimen zu 
vermehren. Eine in ihrem Nutzen so fragwürdige gesetzwidrige Insti- 
tution soll fallen gelassen werden. 

An die Stelle des heute üblichen Systems soll die freiwillige, un- 
entgeltliche Behandlung der geschlechtskranken Frauen treten. Eintritt 
und Austritt aus dem Krankenhause sollen völlig freiwillig erfolgen 
können. Die ärztliche Kontrolle und Zwangsbehandlung soll durch 
die Mögrlichkeit einer ausgedehnten klinischen und ambulatorischen Be- 
handlung ersetzt werden, die ja, durch Monate, selbst Jahre fortgesetzt, 
viel bessere Chancen für die Heilung ergeben würde. Eine zwangsweise 
Untersuchung und Behandlung würde nur Platz greifen gegen Personen, 
welche a) denunziert werden, weil sie angeblich eine venerische Infektion 
veranlalst haben, b) wegen eines Vergehens gegen die Sittlichkeit unter 
Anklage stehen. 


Allgemeines über Physiologie und Pathologie des Urogenital-Apparates. 605 


Dieses von Blaschko empfohlene System würde nach G.s Ansicht 
mindestens nicht schlechtere Resultate ergeben als das heute übliche, es 
würde aber dadurch, dafs es der Zwangsmalsregeln entbehrt, die bei 
den Geschlechtskrankheiten so häufig notwendige Kontinuität der Be- 
handlung sichern. 

Dafs die Reglementierung überflüssig ist, beweisen die Länder, in 
denen eine solche nicht besteht, z. B. England, Norwegen, Schweiz, 
Italien. Die Anhänger der Reglementierung haben sich vergeblich be- 
müht, nachzuweisen, dals in diesen Ländern mit der Aufhebung der Regle- 
mentierung eine Zunahme der venerischen Erkrankung eingetreten sei. Die 
Schwankungen, die naturgemäls die Häufigkeit der venerischen Erkrankun- 
gen aufweist, hängen mit den allerverschiedensten sozialen Faktoren aufs 
innigste zusammen, sicher zum allergeringsten Teile mit der Reglemen- 
tierung der Prostitution. So lehrt die von Ehlers gelieferte Statistik 
der Stadt Kopenhagen, die sich über 33 Jahre erstreckt, dafs ohne 
Anderung der Reglementierung in dieser Zeit die Höhe der Syphilis- 
kurve ganz aufserordentliche Schwankungen erfuhr, deren Ursachen so 
wenig durchsichtig sind, dafs Ehlers geneigt ist, anzunehmen, die vene- 
rischen Erkrankungen unterlägen ebenso wie die akuten Infektionskrank- 
heiten epidemiologischen Einflüssen; anderweitige Angaben über spontane 
Schwankungen der venerischen Erkrankungen fehlen nicht. So hat 
Blaschka ihre Existenz für Berlin wahrscheinlich gemacht. 

Die Prophylaxe der Geschlechtskrankheiten, die auf dem Gebiete 
der Assanierung der Prostitution so wenig Erfolg verspricht, kann auf 
anderen Wegen ihrem Ziele näherkommen. Es mufs für Belehrung, für 
Aufklärung über Wesen und Bedeutung der Geschlechtskrankheiten 
Sorge getragen werden, speziell mufs die Jugend mit den Gefahren des 
aulserehelichen Geschlechtsverkehrs vertraut gemacht werden und die 
Jugenderziehung auf die Verwirklichung einer sexuellen Abstinenz des 
Jünglings hinarbeiten. 

Das Sexualproblem greift auf die mannigfachsten sozialen Gebiete 
über. Hier bestehen Beziehungen zur Wohnungsfrage, zur Erziehung 
der minderjährigen Mädchen, zum Dienstbotenkapitel, zum Alkoholkonsum 
und zu unzähligen anderen Spezialfragen, deren Lösung kaum be- 
gonnen hat. 

Die Prophylaxe der Geschlechtskrankheiten liegt zum allergröfsten 
Teile in den Händen der Ärzte. Sie sind berufen, aufzuklären und zu 
helfen. I Kr. 


L’hygiöne conjugale chez les hindous. Von Valentino. (Annal. 
des mal. des org. gen.-urin. 1906, Vol. I, No. 8.) 

Nach der Lehre der Hindus wird ein Mann ohne männliche Nach- 
kommenschaft nicht zum Paradiese zugelassen, daher zielt die Hygiene 
der Ehe in erster Linie auf Nachkommenschaft ab. Aus verschiedenen 
Schriften ist eine Reihe von Einzelheiten wiedergegeben, aus denen 
hervorgeht, von welcher Wichtigkeit in den Augen der Hindus für die 
Beschaffenheit der Nachkommenschaft die Art der Ausführung des Coitus 
st Beim Coitus treten drei Faktoren in Aktion: die Wollust, die Ge- 


606 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


bärmutter und das Sperma, von der Kraft ihrer Aktion hängen die 
körperlichen und geistigen Qualitäten des Kindes ab. Dabei wird auch 
psychische Heredität angenommen; es wird empfohlen, während der Ver- 
.einigung an einen ruhmreichen Vorfahren zu denken; die Frau darf den 
Ehemann, wenn er geistig gestört ist, zurückweisen. Die psychische 
Heredität scheint höher als die körperliche eingeschätzt zu werden, 
wenigstens ist es der Gattin nicht eingeräumt, einen Mann zurückzu- 
‚weisen, wenn er mit Lepra oder Elephantiasis behaftet ist. 
Schlodtmann - Berlin. 


Les méfaits des artifices de la feəecondation. Von Féré. (Annal 
des mal. des org. gén.-urin. 1906, Vol. I, No. 11.) 

In einem Falle, in dem nach 20 jähriger steriler Ehe durch künst- 
liche Mittel, wie Ausübung des Coitus in besonderer Lage usw., nach- 
träglich noch eine Konzeption herbeigeführt wurde zur Erreichung ge- 
wisser materieller Vorteile, wurde von den gesunden Eltern ein degene- 
riertes, geistig minderwertiges Kind erzielt. Verf. führt den Fall als 
Beweis dafür an, dafs die Natur sich nicht zwingen läfst und dafs 
Kinder, die durch Kunsthilfe, welche die natürliche sexuelle Funktion 
stört, erzeugt werden, oft degeneriert sind. Schlodtmann-Berlin. 


Masturbation symptomatique (Epilepsie larvée). Von Fere. 
(Annal. des mal. des org. gen.-urin. 1906, Vol. I, No. 10.) 

Zwei Fälle von Epilepsie, wo Masturbationen die konvulsiven Mani- 
'festationen begleiteten oder ersetzten, sind in ihren Einzelheiten wieder- 
gegeben. Die Verabreichung von Brom brachte in dem einen Falle 
Heilung, in dem anderen Besserung. Bei der Behandlung der Mastur- 
bation ist daher die Möglichkeit eines Zusammenhanges mit Epilepsie 
nicht aufser acht zu lassen. Schlodtmann-Berlin. 


Über Bubonenbekandlung nach der Bierschen Methode. Von 
F. Moses. (Med. Klin. 1906, Nr. 13. Ref. Z. f. Chir. 1906, Nr. 23.) 

M. hat 25 Fälle von Bubonen mit Stichinzisionen und Saugung be- 
handelt. Er empfiehlt dies Verfahren als kürzer, schmerzlos und event. 
ambulant ausführbar. Müller-Dresden. 


Il. Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Untersuchungen beim experimentellen Diabetes. Von Zuelzer, 
Berlin. (Verhandlg. des Kongresses für innere Medizin, 1907.) 

Z. ging aus von dem Nebennierendiabetes, der durch die subkutane 
Injektion von Adrenalin hervorgerufen wird, und versuchte, die Analogie 
desselben mit dem Minkowskischen Pankreasdiabetes nachzuweisen. 
Die Durchblutung der Leber von Nebennierendiabetestieren und entpan- 
kreasten Hunden liefs eine Analogie erkennen. Während nämlich bei 
Durchblutung normaler Hundelebern der Blutzucker um 8—15°;/, stieg. 
stieg er bei Nebennierendiabetesiebern um 50—113°/,, bei Pankreas- 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 607 


diabeteslebern um 26— 66°/,. Z. machte nunmehr die Annahme, dals 
die Zuckerausschüttung eine Wirkung des Adrenalins sei, die normaler- 
weise vom Pankreasferment paralysiert wird. Er versuchte deshalb den 
Adrenalin-Injektionsdiabetes durch gleichzeitige oder vorhergehende Injek- 
tion von Pankrasextrakt zu unterdrücken, was in zahllos wiederholten 
Fällen gelungen ist; ebenso versuchte er umgekehrt, den Pankreasdiabetes 
dadurch zu unterdrücken, dafs er den normalen Zufluls des Adrenalins in 
den Organismus durch Unterbindung der Nebennierenvenen verhinderte. 
Diese sehr komplizierten Versuche sind in gewissem Sinne ebenfalls als 
gelungen zu betrachten. f 

Eine sehr wertvolle Unterstützung für die Annahme eines positiven 
Nebennierendiabetes im Z.’schen Sinne gaben ältere Untersuchungen von 
Seegen. Dieser Autor beobachtete das regelmäfsige Auftreten einer 
Hvperglykämie nach Unterbindung der Vena cava inferior oberhalb der 
Nierenrenen. Z. deutet die Versuche so, dafs die Unterbindung unter- 
halb der (von Seegen nicht beachteten) Nebennierenvenen stattfand, 
dals es dadurch zu einer Hyperämie und stärkeren Ausschwemmung der 
Nebennieren kam, so dafs ihr unverdünntes Sekret die zuckerausschüt- 
tende Wirkung analog wie bei der subkutanen Injektion von Adrenalin 
ausüben konnte. Seegen hat auch Leberdurchblutungen in vivo bei 
dem analog durch Unterbindung der Vena cava inferior unterhalb der 
Nebennierenvenen ohne seine Absicht erzeugten Nebennierendiabetes ge- 
macht und ebenso wie Z. bei seinen postmortalen Leberdurchblutungen 
eine ganz erhebliche Blutzuckerzunahme gegen die Norm gefunden. 

2. kommt also zu dem Schlufs, dafs höchstwahrscheinlich der Min- 
kowskische Pankreasdiabetes ein negativer Pankreas- und ein positiver 
Nebennierendiabetes ist. (Autoreferat.) 


Wenn soll bei diabetischer Gangrän operiert werden? Von 
G. Klemperer. (Die Therapie der Gegenwart 1907, Heft 1.) 

Die in der Überschrift gestellte Frago beantwortet Verf. folgender- 
malsen: Diabetiker ohne Azidosis und ohne Albuminurie sollen bei ein- 
tretender Extremitätengangrän nicht operiert werden. Es ist vielmehr 
bei ganz kohlehydratfreier Kost Demarkation und Abstofsung in Ruhe 
abzuwarten. Der Heilungsprozefs wird unterstützt durch trockene Pulver- 
verbände und zeitweise Biersche Stauung. Besteht dagegen Azidosis 
oder tritt dieselbe nach Einleitung der kohlehydratfreien Diät ein, so ist 
sofort möglichst hohe Amputation vorzunehmen, auch wenn der lokale 
Herd nur geringfügig ist. Ebenso ist bei ausgesprochenen Zeichen 
chronischer Nephritis zu verfahren. Casper-Berlin. 


Der Nachweis kleiner Zuckermengen im Harn. \on H. Bo- 
ruttau. (Med. Klinik 1907, Nr, 9.) 

B. empfiehlt zum Nachweis kleiner Mengen Traubenzucker die von 
A. Neumann modifizierte Fischer-Jaksch’sche Phenylhydra zinprobe, 
deren Ausfall er für absolut spezifisch erklärt, die es ermöglicht bis 
001°, Zucker im Harne nachzuweisen. Die Ausführung der Probe, 


608 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


die im Archiv für Anatomie und Physiologie 1899 erstmalig veröffent- 
licht ist, beschreibt er des näheren. Müller-Dresden. 


Albumosuria and the duration of albuminuria in cholera. 
Von U. N. Brahmachari. (Brit. Med. Journ., April 20. 1907.) 

B. hat in 40 Fällen von Cholera neben Albuminurie auch Albn- 
mosurie konstatiert. Die Dauer war in den meisten Fällen die gleiche, 
24 bis 300 Stunden, im Durchschnitt 120 Stunden. 


von Hofmann-Wien. 


Über den Einflufs des Kochsalzes auf die renalen und kar- 
delen Hydropsien des Kindesalters. Von Grüner. (Wiener med. 
Presse 1906, Nr. 7.) 

Bei Nephritis und Stauungsniere ist die Ausscheidung der Chloride 
gestört, infolge der Retention entstehen Ödeme. Verf. hat in solchen 
Fällen die von Widal empfohlene kochsalzarme Diät als sehr richtig 
befunden. Sie verhindert die primäre Chlorretention, die Niere kann sich 
erholen und scheidet allmählich die überschüssigen Chloride wieder aus. 
Es genügt, wenn der ausgeschiedene Harn 6 °/,, Chloride enthält, das 
bedeutet bei 11 Harn und 2 g täglicher Chloreinfuhr schon eine Mehr- 
ausscheidung von 4 g täglich. Hentschel-Dresden. 


Klinische Untersuchungen über ein neues Diuretikum „Theo- 
lactin“. Von Dr. W. Krüger. (Therapie der Gegenwart 1907, Januar.) 

Das Theolactin ist ein diuretisch wirkendes Mittel. Seine Diurese 
anregende Wirkung scheint hauptsächlich auf seinem Gehalt an Theobromin 
zu beruhen. Wie sich dabei die in dem Präparat enthaltene Milchsäure 
beteiligt, bleibt zweifelhaft. Ein absolut sicher wirkendes Diuretikum 
ist es jedoch keineswegs. Wo es aber bei Verfassers Fällen versagte, 
blieben meistens auch andere Diuretika wirkungslos. Einige Male ent- 
faltete es sogar eine noch stärkere Diurese als das Diuretin. Das Theo- 
lactin ist ein Mittel von zweifelhafter Bekömmlichkeit, die sich darin 
äufsert, dafs nach seinem Genufs leicht Erbrechen und Appetitlosigkeit, 
auch bei Personen mit ungeschwächtem Magen, eintritt. Diese unange- 
nehme Nebenwirkung des Mittels darf man nicht übersehen, zumal man 
genötigt sein wird, das Präparat zwecks stärkerer Diurese da anzuwenden, 
wo oft schon entweder mangelhafte Nahrungsaufnahme besteht oder es 
im Interesse der Erhaltung der Körperkräfte daran gelegen ist, eine 
Störung des Appetits und damit der Nahrungsaufnahme zu vermeiden. 
Eine häufige Ursache des Erbrechens dürfte in dem schlechten Geschmack 
des Theobromins zu suchen sein, wodurch Widerwillen und Übelkeit und 
bei empfindlichen Personen schliefslich Erbrechen und damit Verdauungs- 
störungen hervorgerufen werden. Inwieweit die andere Komponente des 
Theolactins, die Milchsäure, dabei entweder die Erscheinungen mildernd 
oder sie verstärkend beteiligt ist, ist schwer zu entscheiden. An sich 
ist ja die Milchsäure bekömmlich, doch scheinen die von dem Hersteller 
des Theolactins gehegten Erwartungen bezüglich der Wohlbekömmlich- 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 609 


keit desselben hinsichtlich der Milchsäure sich nicht zu bestätigen. 
Übrigens erscheint es möglich, durch Einverleibung des Mittels per 
rectum die erwähnte unangenehme Wirkung zu umgehen. Denn in 
enem vom Verf. beobachteten Falle, in dem sich nach Verabreichung 
des Mittels per os Erbrechen eingestellt hatte, hörte dasselbe auf, sobald 
das Tbeolaction in Suppositorien verabfolgt wurde. Die Wirksamkeit 
desselben blieb auch so ungeschwächt. Es steht zu hoffen, dafs es der 
Industrie gelingen wird, in geeigneter Form das Präparat in den Handel 
zu bringen, z. B. wie das Theophorin in Tabletten. Das Theolactin ent- 
faltet keine schädlichen Wirkungen auf andere Organe, besonders nicht 
auf das Herz. Das haben Verfs. Fälle bewiesen. Selbst Kranke mit 
schwer geschädigtem Herzen konnten das Mittel nehmen, ohne dos man 
einen nachteiligen Einfluls auf die Herztätigkeit bemerken konnte. Mehr- 
mals schien sogar der Puls voller und gespannter zu werden. Darin 
gleicht das Theolactin dem Diuretin, dessen günstige Wirkung auf das 
(Gefäfssystem man auch zu würdigen gelernt hat. Das Theolactin scheint 
eine nachhaltige Wirkung nach Aussetzen der Medikation nicht zu be- 
sitzen. In drei Fällen, wo das Mittel überhaupt wirksam war, ging die 
Diurese nach Aussetzen des Mittels zurück. Casper- Berlin. 


Bemerkungen über den Nukleinstoffwechsel. Von Alfred 
Schittenhelm. (Deutsches Archiv f. klin. Medizin, Bd. 89, H. 1—4. 
Ebstein-Festschrift.) 


Übersicht über die Resultate der neueren Forschung, aus der die 
wesentlichsten Thesen hervorgehoben seien: nur die beiden Aminopurine, 
Adenin und Guanin, sind reguläre Bausteine des tierischen Organismus, 
während die Oxypurine, Xanthin und Hypoxanthin, bereits ein Produkt 
des fortschreitenden Stoffwechsels darstellen; ein gleiches Verhalten findet 
man auch bei den Pflanzen, den Bakterien und den Pilzen. In Ana- 
logie mit dem Eiweilsstoffwechsel werden wahrscheinlich die Nahrungs- 
nukleine vom Körper zum Aufbau ihrer eigenen Zellnukleine soweit als 
möglich benutzt; denn ebenso wie beim Eiweifsbestande des Körpers 
ein beständiger Wechsel, ein Ersatz des minderwertigen abgebrauchten 
Eiweifses durch neues, frisches, neuzusammengesetztes, vollwertiges statt- 
hat, so ergänzen sich auch die Zellkerne und die darin enthaltenen 
Nukleine dauernd und bauen sich neu auf. Der Ersatz des Zellnukleins 
findet einerseits durch die zugeführten Nahrungsnukleine statt und 
anderseits durch synthetische Vorgänge, deren genaue Kenntnis uns noch 
fehlt. Der Abbau der Nukleine findet in den Organen statt, das Blut 
kommt für die Purinkörper und speziell für die Harnsäure nur als 
Transportmittel in Frage. Die verschiedenen Organe spielen offenbar 
eine verschiedene Rolle im Purinstoffwechsel; in den einen findet nur 
die Umsetzung der Aminopurine in Oxypurine, in anderen die weitere 
Zersetzung bis zur Harnsäure, in wieder anderen, z. B. der Leber, auch 
die Weiterzersetzung der Harnsäure statt. Letzteres ist deshalb so 
wichtig, weil z. B. in bestimmten Organen, etwa der Leber, eine In- 
suffizienz der Harnsäurezerstörung bestehen kann, die sich aber nicht 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 40 


610 Gonorrboe und Komplikationen. 


durch gesteigerte Ausscheidung der Harnsäure im Urin zu dokumen- 
tieren braucht, weil die Niere mit ihrem Harnsäurezerstörungsvermögen 
einspringen kann. Daraus resultiert die wichtige, aber immer noch nicht 
genügend beachtete Tatsache, dafs die Menge der Urinharnsäure niemals 
als Ausdruck der quantitativen Verhältnisse des Purinstoffwechsels inner- 
halb des Organismus genommen werden darf. — Endlich wendet sich S. 
noch gegen die Behauptung, dafs der Darm ebenfalls Harnsäure aus- 
führe; diese Behauptungen basieren auf einer falschen Anwendung der 
Harnsäurebestimmungsmethoden. Zuelzer- Berlin. 


Zur quantitativen Bestimmung des Harnstoffs. Von B. Glals- 
mann. Eine neue Modifikation der Liebigschen Methode. (Bericht der 
deutschen chem. Gesellsch., Bd. 89, S. 705.) ` 

Der Harn wird in geeigneter Weise von Phosphorsäure, Schwefel- 
säure und Salzsäure befreit, dann mit einem Überschufls von Merkurini- 
trat unter Neutralisation mit Natriumkarbonat versetzt. Von dem Nieder- 
schlag wird abfiltriert, und in dem mit Salpetersäure angesäuerten Fil- 
trate wird das übriggebliebene Quecksilber quantitativ nach der Titra- 
tionsmethode von E. Rupp und Ludwig Kraufs bestimmt. So erhält 
man Werte, die zwar nicht dem Harnstoff, wohl aber sehr annähernd 
den nach Kjeldahl gefundenen Stickstoffwerten entsprechen. 

Malfatti-Innsbruck. 


Über das Vorkommen von freien Amidosäuren im Harn und 
deren Nachweis. Von Dr. Gunnar Forfsner. (Zeitschr. f. physiol. 
Chemie, Bd. 47, S. 15.) 

Um das bei der Naphtalinsulfochloridmethode so störende Amid 
der Naphtalinsulfosäure (bis 3 g aus 500 ccm Ham) zu beseitigen. 
schlägt Verf. vor, das Ammoniak aus dem Harn vor Anstellung der 
Reaktion durch Eindampfen mit Kalkmilch im Vakuum zu entfernen oder 
besser die Reaktionsprodukte mit wenig Wasser unter vorsichtigem 
Ammoniakzusatz zu behandeln; die Aminosäure - Verbindungen gehen 
dann als Ammoniumsalze in Lösung, das Naphtalinsulfamid bleibt un- 
gelöst. Das Glykokoll, das bei den bisherigen Versuchen manchmal ım 
normalen Harn gefunden wurde, stammt nicht von Hippur- oder Salizylur- 
säure, denn diese spaltet sich bei dem Schütteln mit Lauge nicht, wie 
schon Ignatowski beobachtete. Das Auftreten von Glykokoll in Haren 
überhaupt ist recht unregelmäfsig, so dals man es nicht diagnostisch für 
eine Krankheit verwerten darf. Malfatti-Innsbruck. 


Ill. Gonorrhoe und Komplikationen. 


Die chronische Urethritis und ihre Behandlung. Von G. Nobl. 
(Wiener med. Wochenschr. Nr. 13 1907.) 

N. akzeptiert bezüglich der Erteilung des Ehekonsenses den 
Standpunkt Neissers und seiner Schüler, welche die Gonorrhoe dann 
als geheilt ansehen, wenn alle Methoden des Nachweises der Gono- 


Gonorrhoe und Komplikationen. 611 


kokken das dauernde Fehlen derselben ergeben haben. Die Prognose blofs 
nach dem Eiterzellengehalte der Filamente zu beurteilen, hält er nicht 
für richtig, da dieser durch verschiedene andere Mikroben bedingt sein 
kann. Die Therapie hat rach N. zunächst eine streng bakterizide zu 
sein und erst nach völliger Beherrschung der ursächlichen Faktoren 
haben Adstringentien, Ätzmittel und physikalische Heilmethoden in An- 
wendung zu treten. | von Hofmann-Wien. 


The sociological aspects of gonococcus infection. Von P. A. 
Morrow. (Amer. Journ. of Surgery, August 1906.) 

M. schildert die Gefahren, welche die gonorrhoische Infektion für 
die Frau bietet, und bespricht sodann eingehend den Einflufs der Go- 
norrhoe auf die Fortpflanzungsfähigkeit bei Mann und Frau. Er glaubt, 
dafs 50 °/, der gesamten Sterilität dieser Ursache zuzuschreiben seien. 
Eine weitere soziale Gefahr der Gonorrhoe bilden die Ophthalmia neo- 
natorum und die Vulvovaginitis kleiner Mädchen. 

von Hofmann-Wien. 


Über die abortive Behandlung der Gonorrhoe. Von J. Sellei. 
(Nach d. Ung. med. Presse 1906, Nr. 20.) 

S. hat die Methode von Motz zur Behandlung der chronischen 
Gonorrhoe zum Zwecke der Abortivkur in folgender Weise modifiziert: 
Zuerst Spülung der Anterior mit einer auf 36—38° C erwärmten Kal. 
hypermang.-Lösung mittelst Irrigators & double courante. Hierauf In- 
jektion mit kleiner Spritze von 5—6 cem der Motzschen Lösung, be- 
stehend aus Hermophenyl 0,25—1,0, Protargol 0,25—2,0, Glyzerin 
10— 30,0, Aquae dest. 1000,0. Diese Lösung bleibt !/,—2 Stunden 
in der Harnröhre. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Traitement de la blennorrhagie chronique par les instilla- 
tions de nitrate d’argent, suivies de lintroduction d’un cathöter 
en zinc. Von Balzer und Tausard. (Annal. des mal. des org. gen.- 
urin. 1906, Vol. I, No. 9.) 

Verff. empfehlen zur Behandlung der chronischen Urethritis eine 
Modifikation der üblichen Höllensteininstillationen. Sie führen sofort 
nach der Instillation eine Zinksonde ein, wobei es durch chemische 
Umsetzung zur Bildung von Zinknitrat, geringen Mengen von Zinkchlorid 
und metallischem Silber kommt. Das Zinknitrat übt eine stark kau- 
stische Wirkung aus, die durch die dilatierende Wirkung der Sonde 
noch erhöht wird. Angewandt werden 1—2 °/ ige Lösungen von 
Ärgentum nitricum; die dann eingeführte Zinksonde Nr. 32 bis 40 
Benique bleibt bis zwei Minuten lang liegen — je stärker die Lösung 
und je länger das Verweilen der Sonde, desto stärker die Wirkung. 
An 13 angeführten Beobachtungen wird der günstige Einfluls dieser 
Methode auf chronische Urethritis der vorderen und hinteren Harnröhre, 
in Fällen mit und ohne Gonokokken, demonstriert. 
| Schlodtmann-Berlin. 

40* 


612 Gonorrhoe und Komplikationen. 


Zur Diagnose und Behandlung der Urethritis beim Weibe. 
Von O. Fellner. (Med. Klinik 1907, Nr. 6.) 


Trotz ihrer enormen Häufigkeit ist die Behandlung der Urethritis 
beim Weibe noch ein sehr vernachlässigtes Gebiet. Dies liegt zum Teil 
an den geringen Beschwerden, zum Teil an der Schwierigkeit, die chro- 
nische Entzündung der Harnröhre sicher zu diagnostizieren. F. beschreibt 
ausführlich seine Art der Untersuchung. Dem sehr häufig bei Fluor an 
der Ausmündungsstelle der Urethra sitzenden Sekrettropfen schenkt er 
grofse Beachtung. Seine Entfernung bei Reinigung der Vulva zwecks 
Gewinnung einwandsfreien Urins zur Dreigläserprobe läfst er nur nach 
vorheriger genauer mikroskopischer Untersuchung gelten. F.s häufige 
Untersuchungen haben ihn dabei zu der Überzeugung gebracht, dafs 
dieser Sekrettropfen stets ein Zeichen von Urethritis ist. Bei der Unter- 
suchung legt er ferner grofsen Wert auf die Besichtigung der Harnröhre, 
die er mit einem modifizierten Siegelschen Ohrtrichter vornimmt. Er 
durchspült dazu vorher die Urethra und untersucht mikroskopisch genau 
die Spülflüssigkeit und läfst gewöhnlich die Untersuchung der endo- 
urethralen Gänge folgen. Die akuteren Fälle behandelt er mit Spülungen 
der Harnröhre nach der Methode von Janet mit dünnen übermangan- 
sauren Kalilösungen, denen er nach sorgfältiger Reinigung der Vulva 
eine Borsäurespülung der Blase folgen läfst. Zum Schlufs injiziert er 
unter allmählichem Zurückziehen des Katheters Protargol ın Blase und 
Urethra. Bei resistenteren Katarrhen wendet er öfter die Ultzmann- 
sche Lösung, Ichthargan in 1—2°/,iger Lösung und elastische Stäbchen 
mit Eucain Tannin usw. an. Von 50 derart behandelten Fällen sind 
nach Angabe des Verf. nur 4 nicht geheilt. Stets sorgte er auch für 
Beseitigung des Fluors. Müller- Dresden. 


Le Rhumatisme blennorrhagique et son [traitement. Von 
Professor Albert Robin. (Annal. des malad. des org. gönito-urinaires, 
15. Janvier 1907.) 


An der Hand dreier Krankheitsfälle von Tripperrheumatismus 
schildert Robin in Form eines klinischen Vortrages die Therapie dieses 
Leidens. 

Alle drei Kranke haben gemeinsam im Anschlufs an Gonorrhoe 
Gelenkaffektionen akquiriert, aber während bei dem ersten Patienten die 
gonorrhoische Infektion gleichzeitig nıcht über die Pars posterior urethrae 
hinausgegangen ist, hat sie bei dem zweiten eine aufsteigende Infektion 
bis zu den Nieren hinauf zur Folge gehabt. Bei dem dritten Falle han- 
delt es sich um einen subakuten Tripperrheumatismus, bei dem es aber 
bereits zu beginnender Versteifung einzelner Gelenke gekommen ist. Die 
Behandlung muls nach Lage des Einzelfalles eine individualisierende sein. 

Robin verwendet mit Vorliebe das Natrium salicylicam gegen den 
Tripperrheumatismus, wenn die Anwendung sich nicht etwa durch eine 
gleichzeitig bestehende Nierenentzündung verbietet. Wenn es auch kein 
Spezifikum gegen die gonorrhoische Gelenkaffektion ist, so beseitigt es 
doch immer prompt die Schmerzhaftigkeit. — Den Ausflufs sucht er 


Penis und Harnröhre, 613 


durch Verabfolgung von diuretischen Tees zu unterhalten. Neben den 
neueren Medikamenten und Behandlungsmethoden ist er ein warmer 
Anhänger mancher Mittel, die uns antiquiert erscheinen, von denen aber 
einzelne nach seiner reichen Erfahrung verdienen der Vergessenheit 
entrissen zu werden. 

Von den lokal angewandten Mitteln gibt es kaum eins — von den 
trockenen Schröpfköpfen bis zu dem neuesten, dem Radium, das R. 
nicht angewandt hätte, und von dem er nicht häufig günstige Erfolge 
gesehen hat. Mit der Bierschen Stauung hat er in zwei Fällen keine 
nennenswerte Besserung erzielt, die Schmerzen nahmen eher zu. 

Chirurgische Eingriffe, insbesondere die Eröffnung der Gelenke durch 
breite Schnitte, verwirft er vollkommen, es sei denn, dals das Exsudat 
im Gelenk eitrig geworden wäre. Manasse-Berlin. 


Bakteriologische Studien über den Gonococous. Von R.Picker. 
(Wiener klin. Wochenschr. Nr. 43 1906.) 

Aus den Untersuchungen P.s geht hervor, dafs es gelingt, Gono- 
kokken auch auf serumfreiem Agar zu züchten, dafs aber die Reaktion 
des Nährbodens eine Rolle spielt. Die Resistenz des Gonococcus gegen- 
über hõheren Temperaturen erwies sich bedeutend gröfser, als gewöhnlich 
angenommen wird. von Hofmann-Wien. 


IV. Penis und Harnröhre. 


Über die Induratio penis plastica. Von L. Waelsch-Prag. 
Münch. med. Wochenschr. 1906, Nr. 41.) 

An der Hand dreier beobachteter Fälle bespricht Verf. eingehend 
das erwähnte Krankheitsbild, namentlich in bezug auf Atiologie und 
therapeutische Beeinflulsbarkeit. Die eigentliche Induratio penis plastica 
ist scharf zu trennen von den durch spontane oder traumatische Blu- 
tungen, im Gefolge von Gonorrhoe und Syphilis entstandenen oder durch 
Neubildungen hervorgerufenen knotigen und schwieligen Indurationen. 
Sie tritt von Anfang an chronisch auf und nimmt zunächst stets das 
Dorsum penis in der Medianlinie ein, ihre Atiologie ist bisher unbekannt. 
W. neigt dazu, die Erkrankung als eine von den Gefäfsen ausgehende 
Bindegewebsneubildung aufzufassen, und stellt sie in eine gewisse Ana- 
logie zu der Dupuytrenschen Kontraktur. Die Erfolge der Behandlung 
sind sehr fragwürdige, doch gelang es Verf., in einem Falle komplette 
Heilung zu erzielen unter Anwendung von 50 Fibrolysininjektionen (inner- 
halb eines halben Jahres). Brauser- München. 


Observations d’induration des corps caverneux. Von Dr. A. 
Etienne, (Annales de la Policlinique de Toulouse, Fevr. 1906.) Nach dem 
Refer, in den Annal. des malad. des organ. genitaux-urinaires 15. Janv. 1907. 

In der Zeit von 1892 bis 1906 sind im ganzen zehn Fälle von 
Induration der Corpora cavernosa zur Beobachtung gekommen. Die Dia- 
gnose ist leicht zu stellen, sie ist gesichert durch den Nachweis von 


614 Penis und Harnröhre. 


fihrrösen Verhärtungen in den Corpora cavernosa des Penis, durch die 
eine mehr oder weniger schmerzhafte Abweichung des Gliedes während 
des Coitus bedingt wird. Trauma, Syphilis und Gonorrhoe sind als ur- 
sächliche Momente auszuschliefsen. Die im Gefolge der Gonorrhoe auf- 
tretenden Indurationen befallen nur das Corpus cavernosum urethrae, 
reichen bis zur Harnröhrenschleimhaut und verengen zuweilen das Harn- 
röhrenlumen. 

In allen zur Beobachtung gekommenen Fällen war Arthritis nach- 
weisbar, einige Male auch Diabetes. 

Die Affektion hat sich bisher stets sehr hartnäckig erwiesen, sie 
zeigte wenig Neigung zu spontaner Rückbildung und trotzte auch allen 
therapeutischen Eingriffen. Ein operatives Vorgehen ist nicht ratsam, 
weil dann leicht bypertrophische Narben hinterher auftreten. 

Manasse- Berlin. 


Sulla ferite da otrappamento dei genitali maschili. Von 
Biondi. (Gazz. degli osp. e delle clin. 1906, No. 57.) 

Einem 64jährigen Manne war von einem Mädchen der Penis ab- 
gerissen worden. B. fand bei Versuchen an der Leiche, dafs im schlaffen 
Zustand 125—145 kg, bei jungen Männern sogar 160 kg nötig waren, 
um das Glied abzureifsen. Bei künstlicher Erektion durch Injektion 
physiologischer Lösung genügten bereits 45—60 kg. Die Erektion ist 
also zum Zustandekommen dieses fatalen Ereignisses notwendig. 


Müller- Dresden. 


Luxation complète du penis dans la bourse gauche. Infection 
urineuse. Gu6rison. Von Guth. (Arch. de méd. et des pharm. milit- 
1906, März.) 

Die Luxation war durch Fufstritte gegen den Unterleib zustande 
gekommen. G. nimmt an, dafs sich der Penis während des Ereignisses 
in leichteregiertem Zustande befunden hat. Die Reposition liefs sich 
unblutig nicht ausführen. Durch Inzisionen wurde gegen die Urin- 


infiltration vorgegangen und später der Penis an die normale Stelle ge- 
bracht. Müller-Dresden. 


Fractura penis. Von Dr. M. Wittner, emerit. Spitalarzt in Doro- 
hoiŭ, Rumänien. (Allgem, Wiener med. Zeitung Nr. 15 1907.) 

W. berichtet über zwei eigenartige Fälle von Penisfraktur. Der 
erste Fall betrifft einen 36 jährigen Mann, zu dem Verf. eiligst in der 
Nacht gerufen wurde. Die Haut des unförmlich geschwollenen Gliedes 
und des Skrotums war fast schwarz verfärbt, das Glied weich, im mitt- 
leren Drittel etwas nach der linken Körperhälfte deviierend, bei Be- 
rührung schmerzhaft. Unter Verfassers Augen verbreitete sich die 
Schwellung und Verfärbung nach oben bis zur Schambeingegend und 
zirkulär über das ganze Skrotum. | 

Patient erzählte, dafs er in der Nacht seine im letzten Schwanger- 
schaftsmonate befindliche Frau behufs Coitus oben liegen liefs, da deren 


Penis und Harnröhre. 615 


leibesumfang die Ausübung anders nicht gestattete. Beim Versuch der 
Immissio glitt die ganze Körperlast seiner Ehehälfte auf den ad maxi- 
mum erigierten Penis aus und führte eine Verstauchung desselben mit 
subkutaner Zerreilsung der Corpora cavernosa penis herbei. 

Verf. verordnete Suspension des Skrotums mittels eines straff um 
die — im Knie flektierten — Beine gespannten Handtuches, Einölen 
des gegen die Schambeinfuge geneigten Gliedes und Applikation kalter 
Kompressen auf die ganze Gegend. 

Die Abschwellung der Schamteile und die Resorption des aus- 
getretenen Blutes erfolgte innerhalb eines Zeitraumes von etwa 14 Tagen, 
die Verfärbung der Haut am Penis und Skrotum schwand erst viel 
‚päter. An der supponierten Rifsstelle fühlte man nach etwa drei Wochen 
eine Verhärtung, welche auf eine fibröse Entartung des lädierten kaver- 
nösen Gewebes an dieser Stelle deutete. Die Erektion des Gliedes war 
in der ersten Zeit nach der Abschwellung unvollkommen. Auf Appli- 
kation von lIchthyol-Jodsalbe und lokalen temperierten Bädern wurde 
die Verhärtung etwas geringer und die Erektion vollkommener. Die 
Knickung an der Rilsstelle ist wenig merklich. 

Der zweite Fall betrifft einen 45jährigen Mann. Patient wurde in 
der Nacht durch eine plötzliche heftige Detonation (Blitzschlag) aus 
tiefstem Schlafe geschreckt. Mit dem Gesicht zur Wand gekehrt, machte 
er mechanisch eine so rasche ganze Körperwendung, dafs er auf das 
gerade ad maximum erigierte Glied aufstiefs. Im selben Momente hatte 
er das Gefühl eines Risses und heifsen Rieselns unter der Haut des 
Penis, welcher sofort weich wurde. Grolser Schmerz, Ohnmacht. Auch 
Im diesem Falle, dessen Anamnese Verf. nach den etwas vagen Angaben 
des Patienten in puncto Entstehung der Verletzung mit Vorsicht wieder- 
gibt, beobachtete er bei der Inspektion ganz ähnliche Verhältnisse wie in 
dem ersten Falle: übermäfsige Schwellung des kavernösen Teiles, Deviation 
nach links, ausgesprochene Schwarzfärbung dieser und der angrenzenden 
Skrotalgegend. Patient war nach dem Unfall 12 Tage bettlägerig, die 
Abschwellung des Gliedes ging langsam vor sich. Lange Zeit hindurch 
war die Erektion eine mangelhafte, indem diese nur im hinteren Ab- 
schnitt des Penis eintrat. 

Im Anschlufs an diesen Bericht fügt Verf. erläuternd hinzu, dafs 
derartige Verletzungen meist dann vorkommen, wenn die einwirkende 
Gewalt ein durch vorausgegangene entzündliche Vorgänge (Striktur, 
gummöse Entartung usw.) verhärtetes oder verkalktes Fasergewebe des 
Schwellkörpers trifft. Als veranlassende Ursache wird in der Literatur 
bedeutendes Hindernis bei der Immissio oder „Obenliegen* der Frau 
angeführt. 

Der Ausgang und die Folgen der Verletzung sind gewöhnlich 
analog den oben beschriebenen. Selten kommt es bei übermilsiger 
Spannung durch die aus den Schwellkörpern ausgetretene Blutmasse 
unter Fiebererscheinungen zu Gangrän der Haut mit allen schweren 
Folgeerscheinungen. Um solchen gefährlichen, lebenbedrohenden Kompli- 
kationen vorzubeugen, schlägt Verf. frühzeitige Entspannungsschnitte vor. 
Ebenso sollte mit der Inzision nicht gezögert werden, wenn bei gleich- 


616 Penis und Harnröhre. 


zeitigem, glücklicherweise überaus seltenem Rifs der Harnröhre schwere 
Entzündungserscheinungen, Harninfiltration, Eiterung usw. im Anzuge 
sind. Kr. 


Lantern slides illustrating the step in operating for the radi- 
cal removal of penile carcinoma. Von Nicoll. (Glasgow med. journ. 
1906, Mai.) 

Drei Tafeln zeigen das Vorgehen N.s zur radikalen Operation des 
Peniskarzinoms, bei dem er mit der Geschwulst auch die erkrankten 
Lymphbahnen und -drüsen entfernt. Die Hautschnitte zur Exstir- 
patıon der beiderseitigen Leistendrüsen werden bis zur Peniswurzel ver- 
längert, wo sie sich treffen. Von hier geht ein dorsaler Längsschnitt bis 
zur beabsichtigten Amputationsstelle des Penis und endet im üblichen 
Zirkelschnitt. Die Leistendrüsen, dorsalen Lymphbahnen werden aus- 
geräumt und die Corpora cavernosa penis durchschnitten. Die Durch- 
schneidung der Harnröhre findet etwas weiter distal statt, sie wird 
quer gespalten und durch Vernähen des kürzeren vorderen und längeren 
hinteren Lappens mit der Haut der Stumpf gebildet. 

Müller-Dresden. 


Exstirpation des Penis mit Resektion des Skrotum. Von 
P. Janssen. (Orig. Z. f. Chir. 1906, Nr. 22.) 

Genaue Beschreibung des operativen Vorgehens von Witzel bei 
einem Rezidiv eines Peniskarzinoms, das darin gipfelt, dafs nach voll- 
ständiger Ablösung der Corp. cav. penis von den aufsteigenden Scham- 
beinästen das Skrotum samt Testikel in die Höhe gezogen, zur Deckung 
des entstandenen Hautdefekts verwendet und die Urethra in der Nähe 
des Schambogens durch die Skrotalhaut nach aufsen geleitet wird. Es 
resultieren den äufseren weiblichen Genitalien ähnelnde Verhältnisse. 


Müller- Dresden. 


Ein Fall von Priapismus bei lienaler Leukämie. Von M. Ei- 
senstädter. (Wiener med. Wochenschr. Nr. 15 1907.) 

Der Patient erkrankte plötzlich an Priapismus, welcher nur die 
Corpora cavernosa penis betraf. Der Patient zeigte deutliche Zeichen 
von Leukämie. Der schr schmerzhafte Priapismus verschwand erst nach 
neunwöchentlicher Dauer. von Hofmann-Wien. 


Zwei weitere Fälle von Gummen am Penis. Von M. v. Zeissl. 
(Wiener med. Presse Nr. 13 1907.) 

Bei dem einen Patienten zeigte sich 24 Jahre nach der luetischen 
Infektion genau an der Stelle, wo der Primäraffekt gesessen, ein Gummi: 
welches nach Quecksilbersuccinimidinjektionen und innerlichem Gebrauche 
von Sajodin rasch zurückging. Bei dem andern Patienten bildete sich 
zwei Jahre nach der Infektion ein Gummi an der Eichel, .. welches unter 
Jod-Quecksilberbehandlung rasch heilte. von Hofmann-Wien. 


ud 


Penis und Harnröhre. | 617 


Diagnostic et traitement dəs ulcérations de la verge. Von 
Jeanselme. (Annal. des mal. des org. gén.-urin. 1906, Vol. II, No. 15.) 
Die klinischen Erscheinungen und die Differentialdiagnose bei Her- 
pes genitalis, Ulcus molle, Ulcus durum, ulzeriertem Gummi und Epi- 
theliom am Penis sind ausführlich besprochen und kurze Bemerkungen 
über die Therapie angefügt. Neues enthält die Arbeit nicht. 
Schlodtmann- Berlin. 


Pseudo-hermaphrodisme par hypospadias périnéoscrotal. Von 
Barnsby- Tours. (Société de chir. de Paris, 16. I. 07. Revue de chir. 07, 
p. 308.) 

Ein Kind war im Standesamtsregister als Mädchen eingetragen und 
bis zum 12. Jahre als solches erzogen worden. B. erkannte sofort 
Pseudohermaphroditismus infolge Hypospadia perineoscrotalis; auf einer 
Seite war Hoden und Samenstrang leicht erkennbar. Vier. Eingriffe: 
l. Durchtrennung der Scheidewand, 2. Schaffung eines Kanals in der 
Eichel, 3. Bildung eines Kanals im Penis von der Glans bis in die 
Nähe der hypospadischen Öffnung, 4. Vereinigung der beiden Teile der 
Harnröhre, führten sukzessiv zur Herstellung einer kompletten Harnröhre 
mit Mündung derselben an der Spitze der Eichel und zur Versorgung 
des verkannten Knaben mit einem normalen Penis. 

Mankiewicz-Berlin. 


Über plastischen Ersatz der männlichen Harnröhre. Von F.J. 
Röse. (Russ. Arch. f. Chir. Russisch.) 

R. benutzte zur Plastik einer durch 2 Strikturen, 3 Fisteln, In- 
filtrate und Abszesse auf D em völlig zerstörten Harnröhre Scheiden- 
schleimbaut von einem operierten Prolaps. Nach anfänglichem Milserfolg 
gelang die Plastik bei einem zweiten Versuch bis auf eine kleine Haar- 
fistel. Müller- Dresden. 


Einen 49 jährigen Patienten mit Harnröhrenresektion stellte Jor- 
dan im Naturwissenschaftlich-medizinischen Verein in Heidelberg am 4. De- 
zember 1906 (vgl. Deutsche med. Wochenschr, 1907, Nr. 14, Vereinsb.) vor. 

Es bestanden Anzeichen von Verengerung in der Pars bulbosa. 
Der Patient war abgemagert. Da der das Lumen verengende Tumor 
karzinomverdächtig war, wurde die Urethra in einer Ausdehnung von 
ö cm reseziert und der Stumpf ins Perineum eingepflanzt. Die Unter- 
suchung des Tumors :ergab ein Fibrom mit teilweise atypischen Epithel- 
wucherungen des Urethralepithels. Manasse-Berlin. 


Sur les avantages de la dérivation temporaire des urines par 
I’hypogastre dans les autoplasties cutandes de l’urötre. Von 
Rochet-Ruotte. (Societ6 de chirurgie de Lyon, 29. XI. 1906. Lyon 
medical 1907, No. 4, p. 155.) 


Die Beobachtung einiger schwerer Fälle von Harnröhrenverengerungen, 
welche zur Heilung die Harnröhrenplastik mit Hautlappen erforderten, 


618 Penis und Harnröhre. 


hat Ruotte dazu geführt, die bei diesem Verfahren unvermeidbare tem- 
poräre Dammfistel durch eine — gleichfalls temporäre — Abdominal- 
fistel zu ersetzen. Die Vorteile des Verfahrens sollen folgende sein: 
Die Fistel nach einer Sectio alta schliefst sich viel rascher als eine 
Damnfistel. Die Ableitung des Harns durch die hypogastrische Öffnung 
ist vollständiger und leichter zu überwachen. Da der Harn dabei nicht 
durch den Damm abgeht, riskiert man auch nicht die Loslösung des 
perinealen Lappens, die trotz aller Sorgfalt bei perinealer Fistel öfter 
sich ereignet. Man kann deshalb die Naht des Lappens exakt machen 
und eine prima intentio erzielen. Vier genaue Krankengeschichten er- 
läutern den Erfolg des Verfahrens. Mankiewicz-Berlin. 


Fracture verticale des branches horizontales et descendantes 
du pubis gauche. Döchirure de l’urötre membraneux. Incision 
périnéale. Cystotomie suspubienne. Drainage abdomino-perinäal. 
Gu6örison. Von Rouvillois. (Societ& de chir. de Paris, 19. XII. 1906. 
Revue de chir. 1907, p. 807.) 

Bei einem Arbeiter, welcher zwischen einem Waggon und einem 
Türflügel heftig geprelst worden war, waren blutunterlaufene Stellen 
über der rechten Leiste und am Damm. Die Diagnose Beckenbruch 
mit Zerreilsung der unteren Harnwege war wohl sicher, nicht aber, ob 
es sich um einen subperitonealen Blasenrifs oder um eine Harnröhren- 
zerreilsung handelte. Da R. an einen Blasenrifs glaubte, machte er die 
Sectio alta, entleerte zahlreiche Gerinnsel aus dem Cavum Retzii und 
fand einen Bruch des linken horizontalen Schambeinastes; die Blase war 
intakt, bei ihrer Öffnung fand man in ihr klaren Harn. Die Sectio 
mediana perinealis führte in eine mit Gerinnseln gefüllte Höhle, in deren 
Grund man den Bruch des ansteigenden Schambeinastes feststellen konnte. 
Ohne Naht, nur mit einem Katheter in der vorderen Harnröhre (das 
hintere Ende war vorerst nicht aufzufinden infolge der Sectio alta) und 
mit Drainage der verschiedenen Höhlen wurde der Patient rasch her- 
gestellt; nach einigen Tagen konnte ein Verweilkatheter eingelegt wer- 
den, der die Heilung beschleunigte. Bazy meint, dafs die Harnröhren- 
blutung, die immer und nur bei Harnröhrenzerreilsung beteht, hier zur 
richtigen Diagnose hätte führen müssen, und dafs dann die Sectio alta über- 
flüssig gewesen wäre. Man soll in solchen Fällen immer mit der Operation 
am Damm beginnen; die Sectio alta mit dem retrograden Katheterismus 
kommt dann immer noch zur rechten Zeit. Mankiewicz-Berlin. 


A. case of periurethral abscess with the formation of calculi. 
Von G. Bate. (Brit. Med. Journ., July 21. 1906.) 

Der Patient hatte vor 16 Jahren einen Abszefs am Skrotum ge- 
habt, an den sich eine Urinfistel angeschlossen hatte, welche seit fünf 
bis sechs Jahren geschlossen war. Seit zwei Jahren bemerkte der Pat. 
an der Wurzel des Penis wieder eine Schwellung, welche in der letzten 
Woche sehr zugenommen hatte und schmerzhaft geworden war. Der 
Abszeis wurde inzidiert, es entleerten sich reichlich Eiter und 14 facet- 


Penis und Harnröhre. 619 


tierte Steine. Eine Kommunikation mit der Harnröhre konnte nicht 
gefunden werden. Auskratzung und Naht. Heilung bis auf eine ganz 
kleine Fistel. von Hofmann-Wien. 


Die Harnröhrenstrikturen in der allgemeinen Praxis. Von 
M. Porosz. (Wiener med. Presse Nr. 12 1907.) 

P. bespricht ziemlich eingehend die Untersuchungsmethoden und 
Behandlungsweisen bei Harnröhrenstrikturen, ohne wesentlich Neues zu 
zu bringen. von Hofmann-Wien. 


Des rötröcissements de l’urötre postörieur. Von Tödenant, 
(Province med. 1906, No. 9.) 

(relegentlich der Boutonniere bei enger Striktur der Pars mem- 
branacea fand T. den prostatischen Teil der Harnröhre in mehreren 
Fällen verengt, geknickt, rigide. Die Ursache dieser Affektion ist die 
Atrophie und Verhärtung der Prostata infolge chronischer Entzündung. 
Derartige Fälle sind für die Dilatationsbehandlung nicht geeignet. T. hat 
in seinen Fällen vom äufseren Harnröhrenschnitt die Pars prostatica ge- 
dehnt, in leichten Fällen die Harnröhre sofort geschlossen, in schwereren 
für einige Tage einen Verweilkatheter eingelegt. Durch Verletzungen 
kommen Verengerungen des hintersten Teils der Harnröhre sehr selten 
zustande. Müller-Dresden. 


Rötr6cissement congenital de l’uretre, incontinence diurne, 
ur6trotomie interne; guérison. Von Galatzi. (Annal. des mal. des 
org. gen.-urin. 1906, Vol. II, No. 19.) | 

Zu dem Kapitel „kongenitale Strikturen“, deren Vorkommen früher 
bestritten, neuerdings aber öfters zweifellos beobachtet wurde, führt Verf. 
folgenden Fall an: Ein schlecht entwickelter 8jähriger Knabe litt seit 
drei Jahren an Inkontinenz der Blase, die aber nur tagsüber im Zu- 
stande der Bewegung auftrat; bei Ruhe und während der Nacht wurde 
der Urin zurückgehalten. Neben anderen Milsbildungen, Phimosis, 
Verwachsung des Präputiums mit der Glans, Hodenektopie und Krümmung 
des Penis nach unten, wurde eine Striktur im skrotalen Teile der Harn- 
röhre konstatiert, die nur von der Knopfsonde Nr. 8 passiert werden 
konnte. Die Striktur war augenscheinlich eine kongenitale Mifsbildung. 
Wegen des Widerstandes des Kindes gegen die Behandlung wurde von 
einer allmählichen Dilatation abgesehen und die interne Urethrotomie 
mit dem Albarranschen Instrument ausgeführt und nachher bis zur 
Nr. 19 dilatiert. Die Inkontinenz hörte vollkommen auf, nach sieben 
Monaten war kein Rezidiv aufgetreten. Schlodtmann-Berlin. 


Durch Pneumobacillus Friedländer verursachte Urethritis 
anterior. Von Picker. (Budapester kgl. Ärzteverein, 12. Mai 1906.) 

Fünf Tage post coitum wurde bei einem Achtzebnjährigen reichlich 
weilser Harnröhrenausflulfs, aus Eiterkörperchen bestehend, in welchen 
intrazelluläre Bazillen und Diplobazillen vorhanden waren, beobachtet. 


620 Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


Kulturell wurden Friedländersche Pneumobazillen nachgewiesen. Die 
Harnröhrenentzündung wurde durch Ausspülungen mit !/, °/‚igem Arg. 
nitric. nach kurzer Zeit geheilt. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Fistule ur6töro-vaginale. Sonde urétérale à demeure. Gué- 
rison. Von Seaubrau. (Société de chirurgie de Paris, 19. XII. 1906. 
Revue de chirurgie 1907, p. 808.) 

Eine junge Frau bemerkte nach einer Kolpotomie wegen Becken- 
eiterung, dafs ein Teil des Urins durch die Scheide abflofs. Eine Unter- 
suchung mit Luys’ Separator liefs den linken Ureter als das verletzte 
Organ erkennen. Nach Beseitigung der Entzündung machte S. den 
Ureterenkatheterismus mit direkter Belichtung nach Luys und liefs den 
Katheter liegen. Zwei Tage später machte er die abdominale Hysterek- 
tomie, konnte aber dabei in dem verdickten Gewebe den linken Ureter 
nicht fühlen und finden. Sechs Tage später zog er den Harnleiter 
katheter heraus, kein Tropfen Urin kam aus der Fistel. Es handelte 
sich jedenfalls um eine seitliche Fistel der Ureterwand. 

Mankiewicz- Berlin: 


V. Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


Lesions accidentelles des testicules. Von Balthazard. (Annal. 
des mal. des org. gen.-urin. 1906, Vol. II, No. 18.) 

Die Urteile der französischen Gerichte bezüglich der Beeinträch- 
tigung der Erwerbsfähigkeit durch Verletzung der Testikel widersprechen 
sich. Man hat bei dieser Frage die Funktion der Spermabildung sowie 
die sogenannte innere Sekretion der Hoden zu unterscheiden. Die Auf- 
hebung der ersten Funktion beeinträchtigt nicht die Erwerbsfähigkeit, 
wohl dagegen die der letzteren, wodurch eine starke Beeinflussung des 
Gesamtorganismus, eine Veringerung der Arbeitskraft statt hat. Die 
Einbufse dieser inneren Funktion tritt nur auf nach Kastration und 
nach doppelseitiger Orchitis, wenn diese zu Sklerose und totaler Atrophie 
führt. Die Folgen sind um so schwerer, je jünger das verletzte Indi- 
viduum ist. Verf. schätzt die Verminderung der Erwerbsfähigkeit auf 
25°/, beim Erwachsenen vom 30. bis 40. Lebensjahre, auf 50 °/, im 
Alter unter 20 Jahren und auf 10 bis O°/, in höherem Alter über 
dem 50. Jahre. Schlodtmann-Berlin. 


Ein Fall von roher Mifshandlung durch Quetschung des 
Hodens. Von Kreisarzt Dr. Boretius-Rybnik (O.-S.). (Ärztl. Sachver 
ständigenzeitung Nr. 8 1907.) 

Ein 53jähriger Mann wurde bei der Heimkehr aus dem Wirts- 
hause von einem anderen Manne plötzlich überfallen und zu Boden ge- 
worfen. Während letzterer im Ringkampf auf ersterem lag, öffnete er 
ihm die Hosenklappe, griff nach dem Hodensacke, prelste ihn mit aller 
Gewalt zusammen und rifs ihn schliefslich mit einem derartigen Ruck 
nach oben, dafs der Mifshandelte die Besinnung verlor. Als jener von 


Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 621 


ihm abliefs, kam er wieder zu sich und schleppte sich bis nach dem 
nächsten Hause, zirka 200 Meter weit. Der Arzt, welcher nach einigen 
Stunden bei dem Verletzten erschien, fand ihn mit gespreizten Beinen 
und huchgezogenen Knien auf dem Rücken liegend vor. 3 cm unter- 
halb der Wurzel des Penis fand sich eine 5 cm lange, quer zur Mittel- 
linie des Hodensackes verlaufende Wunde, aus welcher in mäfsigem 
Strahle Blut flofs. Beide Hoden lagen aufserhalb der Wunde und hingen 
an den Samensträngen 8 cm weit heraus. Der Arzt reponierte dieselben 
in den Hodensack und schlofs die Wunde durch Naht. Nach einigen 
Tagen stellte sich Eiterung an der linken Seite des Hodensackes ein 
und in der nächsten Woche stiefs sich der gangränös gewordene linke 
Hode ab. Nach langer Zeit trat dann Heilung der Wunde ein. 

Bei der Gerichtsverhandlung führte Verf., der als Sachverständiger 
geladen war, nach Schilderung der wichtigsten Punkte aus der Kranken- 
geschichte aus, dafs der Patient in einer Weise gemifshandelt worden 
sei, dafs man annehmen müsse, der Angeklagte hätte die Absicht gehabt, 
ihn zu entmannen. Da jedoch ein Hoden erhalten sei, wenn auch krank- 
haft vergröfsert, so sei die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, 
dals sich über Jahr und Tag die Zeugungsfähigkeit wiederherstelle. 

Der Gerichtshof schlofs sich dem Gutachten des Verfassers an und 
verurteilte den Täter „wegen Körperverletzung mittelst einer das Leben 
gefährdenden Behandlung“ im Sinne des $ 223A des Str.-G.-B. mit 
Rücksicht auf die äufserst rohe Mifshandlung zu einer Gefängnisstrafe 
von 5 Jahren. Der Vorsitzende betonte in der Urteilsbegründung, dafs, 
wenn der Verlust der Zeugungsfähigkeit tatsächlich eingetreten und deren 
Absicht erwiesen wäre, auf eine Zuchthausstrafe von 10 Jahren hätte 
erkannt werden müssen. Kr. 


Volumineux kyste de l’epididyme. Von Savariaud. (Bull. de 
la soc. anat. de Paris 1906, p. 173.) 

Die Geschwulst hatte sich in wenigen Monaten bei dem 71 jährigen 
Manne entwickelt und die Gröfse einer Apfelsine erreicht. Sie wurde 
exstirpiert. Die Untersuchung ergab, dafs sie vom Kopfe des Neben- 
hodens aus sich entwickelt hatte und dafs sie aus einer grolsen Cyste 
mit zahlreichen kleinen bestand. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Traitement de l’&pididymite blennorrhagique par l’6pididymo- 
tomie. Von Bazet. (Annal. des mal. des org. gen,-urin. 1906, Vol. I, No. 8.) 

Verf. empfiehlt bei gonorrhoischer Epididymitis die Epididymotomie, 
wie er sie seit acht Jahren an 65 Fällen geübt hat. Die Fälle verliefen 
viel schneller als bei den gewöhnlichen Behandlungsmethoden, und die 
Gefahr der Sterilität wurde dadurch herabgemindert. Die Schmerzen 
hörten sogleich auf, das Fieber fiel ab und Rückfälle blieben aus.. Verf. 
empfiehlt, die stets gutartige Operation sofort nach gestellter Diagnose 
auszuführen. In allen operierten Fällen wurden Gonokokken im Urethral- 
sekret gefunden, im Sekret der Epididymitis konnten sie in einem 
Drittel der Fälle festgestellt werden. Schlodtmann-Berlin. 


622 Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


Syphilis of the testicle. Von G. Morgan Muren. (American 
Journal of Surgery.) 

Drei Fälle von Orchitis syphilitica, die nach Einleitung einer Hgkur 
prompt zur Ausheilung kamen. Portner. 


L’adenome vrai dans le testioule eotopique. Von P. Lecene 
und M. Chevassu. (Revue de chir. 1907, p. 234.) | 

Die Autoren hatten fünfmal Gelegenheit, die von Pick zuerst als 
wahres Adenomen des Hodens beschriebene Geschwulst dieses Organ: 
zu untersuchen, und zwar fünfmal in ektopischen Hoden bei sonst ge- 
sunden Individuen, zweimal in Hoden von Hermaphroditen — wie 
Pick -—, die bisher als Frauen betrachtet worden waren. Das Resumee 
der Untersucher gibt das Wesentliche der Beobachtungen wieder: 1. In 
manchen ektopischen (auch normal gelagerten?) Hoden findet man Ge- 
schwülste, die den Namen wahres Adenom des Hodens zu Recht führen. 
2. Dieselben treten makroskopisch im Hodenparenchym als ein oder 
mehrere, gewöhnlich scharf begrenzte, runde oder eiförmige, stecknadel- 
kopf- bis erbsengrolse, milchigweils bis gelbliche, deutlich von der Um- 
gebung unterscheidbare Knötchen in Erscheinung. 3. Das Mikroskop 
zeigt diese Knötchen gebildet 1. durch ein bindegewebiges, wenig ge- 
fälsreiches Stroma, das manchmal, aber nicht immer, in seinen Maschen 
interstitielle Zellen aufweist, mit 2. knäuelförmigen, sehr dicht aneinander- 
gedrängten Tubuli von sehr fein elastischer Bindegewebswand und eng 
gefügten Epithelzellen; diese Epithelzellen haben grofse chromatinreiche 
Kerne, die die Kernfärbemittel gierig aufnehmen. Manche solcher Zellen 
gleichen Sertolischen Zellen, andere nicht differenzierten Zellen der 
Samenkanälchen; in dem gewöhnlich sehr engen Lumen der Tubuli 
findet man nicht selten Formationen, die den Sympexions der Prostata- 
drüsen analog sind. 4. Diese Inseln enger und knäuelförmiger Röhrchen 
sind nicht immer gänzlich vom übrigen Drüsengewebe durch eine Binde- 
gewebsmembran getrennt; hin und wieder findet man unmerkliche Über- 
gänge zwischen den Samenkanälchen des ektopischen Hodens und den 
Tubuli dieser Nester. 5. Diese Knötchen sind wahre Adenome des 
Hodendrüsengewebes; sie entsprechen einem Proliferationsstadium der 
Zellen, die normalerweise die Samenkanälchen des ektopischen Hodens 
auskleiden. 6. Diese wahren Adenome muls man streng von den von 
Langhans als Adenoma testis beschriebenen Tumoren, die Geschwülste 
ganz komplizierten Baues sind, scheiden. Mankiewicz- Berlin. 


Leistenbruch und Kryptorchismus. Von Ssamochozki. (Russ. 
Arch. f. Chir. 1905 [Russisch]. Ref. Z. f Chir. 1906, Nr. 24.) 

Unter 325 Bruchoperationen hat S. 12 mal Kryptorchismus beob- 
achtet. Es wurde stets versucht, nach Ausführung der Radikaloperation 
des Bruchs den Hoden durch Herunterholen und Fixieren im Fundus 
des Scrotums durch eine über einen Gazebausch geführte Naht an 
physiologischer Stelle zu verlagen. In 4 Fällen gelang es, in den 
anderen nicht, einmal mufste nachträglich kastriert werden. Die unten 


Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen, 623 


gebliebenen 4 Testikel sollen allmählich die Gröfse der entsprechenden 
anderen erreicht haben. Müller-Dresden. 


Über die postgonorrhoische Wegsamkeit des Duotus epididy- 
midis. Von G. Nobl (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 38, 39 u. 40 1906.) 

Von 61 blennorrhoisch erkrankten Nebenhoden konnte nur bei 13 
durch wiederholte Expression der Samenblasen bezüglich des Spermatozoen- 
gehaltes ein negatives Verhalten festgestellt werden. N. kommt daher 
zum Schlusse, dafs die meist beobachtete Form der serösen Epididymitis 
nur ganz ausnahmsweise zu einer völligen Atresie des Ausführungsganges 
führt wmd selbst wiederholte Attacken der gleichen Erkrankungsform 
nicht unbedingt zu einer Unterbindung der Samenausfuhr Anlafs bieten 
müssen. Auch bei der schweren phlegmonösen Form der Nebenhoden- 
entzündung bleibt in einem namhaften Bruchteil der Beobachtungen die 
funktionelle Integrität des Kanals erhalten. von Hofmann-Wien. 


Contribution à l’ötude-de la funiculite lympho-toxique dans 
les pays chauds. Von Ménocal. (Annal. des mal. des org. gön.-urin., 
Vol. I, No. 10.) 

Verf. bespricht alle pathologischen und klinischen Einzelheiten einer 
Form von toxischer Lymphophlebitis des Samenstranges, wie sie in 
heifsen Ländern vorkommt und sich dort häufig an eine vorausgehende 
Iymphatische Varikocele, die oft von venöser Varikocele begleitet ist, 
anschliefst. Die Ursache der lymphatischen Varikocele ist in vielen 
Fällen die Filaria, kann aber auch anders geartet sein. Neun Beobach- 
tungen sind ausführlich wiedergegeben, im ganzen verfügt Verf. über 
36 Beobachtungen, die 5 Neger, 16 Mulatten und 15 Weise betrafen. 
Davon starben 4 an septischer Peritonitis, 8 hatten einen Abszels des 
Samenstranges, die Filaria zeigte sich in 10 Fällen. Es handelte sich 
um einen doppelten Infektionsprozels, nämlich an den Lymphgefälsen 
und an den Venen des Samenstrangs, wobei es oft zu den schwersten 
Komplikationen kam. Der Testikel blieb immer indifferent. Zur Vor- 
beugung ist allen mit Iymphatischen Ektasien des Samenstranges Be- 
hafteten in den Tropen eine operative Beseitigung dieses Zustandes an- 
zuraten. Schlodtmenn-Berlin. 


Etude sur les Kystes Wolfiens du Cordon. Von Vautrin und 
Appfel. (Annales des maladies des organes genito-urinaires 1906, Vol. II.) 

Es handelt sich um eine orangegrolse Cyste, die nach Reposition 
der gleichzeitig bestehenden Inguinalhernie seitwärts gm Funiculus sperm. 
sitzend gefunden wurde. Die Cyste besteht seit 3 Jahren, die Hernie 
seit einigen Monaten. Auf Grund eingehender histologischer Unter- 
suchungen sucht Verf. nachzuweisen, dafs die Spermacysten des Funi- 
culus ebenso wie die Skrotalcysten aus dem Wolfschen Körper hervor- 
gegangen sind. 

Bauchschnitt, Isolierung der C'yste, Durchtrennung des Stieles nach 
Ligatur, Hernienoperation nach Bassini, glatte Heilung. Die Cyste 


624 Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


bestand aus einer Haupthöhle und einigen Nebentaschen, sie enthielt 
ca. 60 g Flüssigkeit, in der sich zahlreiche Spermatozoen, normale und 
fragmentäre, befanden, ferner etwas grölsere, lichtbrechende Kugeln und 
polyedrische Zellen. Die Wand der Cyste ist verschieden dick, besteht 
aus verschlungenem Bindegewebe, glatten Muskelfasern und Flimmer- 
epithel, was nach Vautrin pathognomonisch für die Spermacysten ist. 
Um den Charakter dieser Cysten mit Sicherheit festzustellen, ist Vor- 
bedingung, dafs sie nicht allzu lange schon vom Vas def. abgeschnürt 
sind, da sonst Veränderungen des Inhaltes und der Wände eintreten, 
d. h. die Spermatozoen gehen allmählich zugrunde, die Flüssigkeit wird 
klar und dick, das Epithel verliert die Flimmerhaare und geht allmählich 
in Pflasterepithel über, die Muskelfasern atrophieren, und es kommt zu 
dichter Bindegewebsentwicklung. Diese Veränderungen sind schuld an 
den vielfachen Irrtümern, und Verf. ist überzeugt, dals Spermacysten in 
der ganzen Länge des Fun. sperm. bis hinauf zum Leistenring vor- 
kommen können. Ihr Schicksal ist verschieden: entweder bleiben sie 
stationär in ihrer Gröfse oder sie erfordern infolge ständigen Wachstums 
einen Eingriff. Sie entstehen nach Vautrin aus Überresten des Wolf- 
schen Körpers und zwar durch Dilatation präexistierender Vasa aber- 
rantia, die nicht nur in der Nähe des Hodens als Morgagnische Hydatide, 
Vas aberrans Halleri usw., sondern noch am Samenstrang bis hinauf 
zum Leistenring vorkommen. Auch die klinische Beobachtung spricht 
für diesen Entstehungsmodus, da anamnestisch weder ein Trauma noch 
eine Entzündung der Samenwege nachzuweisen ist, die Cysten sich viel- 
mehr ganz unbemerkt entwickeln. Vautrin ist daher überzeugt, dafs 
eine ganze Anzahl von Funiculuscysten nicht als Spermacysten, was sie 
in Wirklichkeit sind, erkannt, sondern als Hydrocelen, leere Bruchsäcke 
usw. angesehen werden. 

Die Affektion ist durchaus gutartig und ihre Therapie die Exstir- 
pation. Manski- Wiesbaden. 


Recurrent torsion of the spermatic cord. Von W. G. Nash. 
(Brit. Med. Journ., March 30. 1907.) 

N. berichtet über zwei Fälle von Torsion des Samenstranges. Bei 
dem einen derselben konnte allerdings die Diagnose nur vermutungs- 
weise gestellt werden. Der zweite Patient, ein 25 jähriger junger Mann, 
hatte mehrmals an Anəchwellung des rechten Hodens gelitten, welche 
rasch vorüberging. Als N. ihn sah, war der rechte Hoden geschwollen 
und ebenso wie der Samenstrang empfindlich. Auf zwei halbe Drehungen 
des Hodens nach links verschwanden die Symptome. 

von Hofmann-Wien. 


Torsion du cordon spermatique dans la cavit6 vaginale, 
consécutive à un volvulus đ'un testicule ectopique. Von L. Des- 
quiens. (Bull. de la soc. anat. de Paris 1906, p. 566.) 

Bei einem 19 jährigen Jüngling, dessen linker Hoden im Jheisten- 
kanal ektopiert war, entstanden plötzlich Einklemmungserscheinungen, 


Prostata, 625 


verbunden mit Fieber, Schmerzen in der linken Seite, Erbrechen und 
Durchfall. Die Operation ergab eine hühnereigrofse Geschwulst, be- 
stehend aus Hoden und Nebenhoden, die in einem serofibrösen Sack 
eingeschlossen waren. Der Hoden hing frei beweglich in der von der 
Tunica vagin. gebildeten Höhlung, mit dem Samenstrang nur durch einen 
ganz dünnen Stiel verbunden. Der Samenstrang hatte eine Stieldrehung 
von 180° gemacht und dadurch die Einklemmungserscheinungen hervor- 
gerufen. Infolgedessen war eine diffuse Hämorrhagie in das Hoden- und 
Nebenhodengewebe erfolgt. Die Geschwulst wurde vollständig entfernt. 
Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Subacute and chronic seminal vesiculitis. (Catarrhal form.) 
Von J. W. Wiltse. (Albany Med. Annals, Sept. 1906.) 

Ein Hauptsymptom dieser Erkrankung bilden die Schmerzen, welche 
allerdings nicht immer hochgradig sind. Der Sitz dieser Schmerzen ist 
verschieden (Lenden, Hoden, Samenstrang, Blasenhals). Aufserdem finden 
sich Störungen in der sexuellen Sphäre: häufige Pollutionen, mangelnde 
Befriedigung beim Koitus, blutiges Sperma, welches oft tote Spermatozoen 
enthält. Später nimmt das Geschlechtsvermögen ab und es kann zu 
partieller oder totaler Impotenz kommen. Aufserdem findet sich oft 
vermehrte Harnfrequenz, Brennen beim Urinieren, Störungen der Harn- 
entleerung, mitunter Harnretention. Die Diagnose mu/s hauptsächlich 
aus dem Rektalbefunde gestellt werden. Therapeutisch bewährt sich 
fast immer die Massage. | von Hofmann-Wien. 


VI. Prostata. 


Albuminuria of prostatico and seminal origin, with reports of 
two cases.. Von William Glenn Young, M. D. Washington D. C. 
New York med. Journal (19. L. 1907). . 

Auíser den ,funktionellen“, ,physiologischen“ und „zyklischen“ Albu- 
minurien der Literatur gibt es eine Form, die mit der Prostata oder den 
Samenwegen in ursächlichem Zusammenhange steht. 

Der eine von Y. beobachtete Fall betraf einen sich sonst in bestem 
Gesundheitszustande befindlichen jungen Menschen, bei dem man ge- 
legentlich einer ärztlichen Untersuchung zu Versicherungszwecken Eiweils 
konstatieren konnte, der aber auch bisweilen vollkommen eiweifsfrei 
gefunden wurde. Der mikroskopische Befund in diesem Falle deutete 
auf die Prostata hin: keine Zylinder oder Nierenepithelien, keine Blut- 
körperchen, wohl aber vereinzelte Prostataepithelien und Spermatozoen. 
Patient hat häufig nächtliche Pollutionen. Die Prostata vergrölsert, 
kongestivv. Nach Auswaschen der Blase mit sterilem Wasser blieb der 
Katheter liegen, und es trat keine Spur Eiweils im aufgefangenen 
Harn auf. 

Der zweite Patient zeigt in seiner Krankengeschichte eine leichte 
Vesiculitis seminalis vor mehreren Jahren, auf nicht gonorrhoischer Basis 
beruhend. Er zeigte ebenfalls Eiweils ohne jede nachweisbare sonstige Nieren- 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 41 


626 Prostata. 


störung. Geschwollene, blutreiche und saftreiche Prostata. Nach Prostata- 
massage etwas Nukleo- Albumin, Serum-Globulin und Albumin. Nach 
;Auswaschen der Blase wird gleichfalls in dem später mit dem Verweil- 
katheter aufgefangenen Harn keinerlei Albumin mehr gefunden. Es sind 
das meist Fälle mit kongestiver Prostata. Sexuelle Aufregungen ohne 
Befriedigung des Triebes sind ein wichtiger Faktor zur Entstehung der 
kongestiven Prostatitis und Vesiculitis und somit dieser Form der Albu- 
minurie. Gleichzeitig besteht bei dazu disponierten Individuen Neigung 
zu Stuhlverstopfung. Auf Prostatamassage vergrölsert sich natürlich der 
Albumingehalt des betreffenden Harns. Da es denkbar ist, dafs der 
Harn, wenn der Katheter in der Blase nach der Auswaschung liegen 
bleibt, demnach mit dem Sekrete der Prostata und Samenblase in Be- 
rührung kommt (durch Zurückfliefsen des Sekretes in die Blase), so ist 
in solchen Fällen der Ureterenkatheterismus für eine exakte Diagnose 
indiziert und berechtigt. Böhme-Chemnitz. 


Le massage de la prostate. Von Nicolich. (Annal. des mal 
des org. gén.-urin. 1906, Vol. I, No. 9.) 

Bezugnehmend auf den Artikel von de Sard in Nr. 5 der Annalen 
erwähnt Verf., dafs er seit zwei Jahren einen ähnlichen Apparat wie 
diesen für Vibrationsmassage der Prostata mit Erfolg gebraucht. Der 
Massage mit dem Finger ist die Vibrationsmasssge nicht überlegen, da 
es mit dem Finger besser gelingt, die Drüsen zu entleeren. Aber in 
manchen Fällen von nervösen Beschwerden, in denen die Fingermassage, 
anstatt zu beruhigen, zur Verschlimmerung führte, hatte die Vibrations- 
massage überraschenden Erfolg. Schlodtmann-Berlin. 


A lecture on a series of cases in which collections of stones 
formed in the prostatic urethra. Von 'C. A. Morton. (Brit. Med. 
Journ., August 11. 1906.) 

M. berichtet über drei Fälle von Steinen in der Urethra prostatica, 
welche auf operativem Wege entfernt wurden. In allen Fällen bestand 
gleichzeitig eine Striktur der Harnröhre. Zweimal handelte es sich um 
Phosphatsteine, beim dritten Patienten aber um einen Oxalatstein. Im 
ersten Falle mulste die Operation noch zweimal wiederholt werden, da 
es immer wieder zu Steinbildung kam. von Hofmann-Wien. 


Absces metastatique de la prostate et hömoglobinurie surve- 
nant apres un phlegmon diffus de l’avant-bras. Mort subite. Von 
Legrain. (Annal. des mal. des org. gen.-urin. 1906, Vol. II, No. 18.) ` 

Bei einem 30jährigen Manne, der früher nie geschlechtskrank war, 
trat im Verlaufe einer schweren Phlegmone am Vorderarme ein Prostata- 
abszefs auf, der sich durch die Urethra entleerte; in dem Eiter fanden 
sich Streptokokken in kurzen Ketten. Nach Verabreichung von Salol 
trat wiederholt Hämoglobinurie auf. Es schien sich um eine Metastase 
von dem infizierten Arme her zu handeln. . Schlodtmann-Berlin. 


Prostata, 627 


Besteht ein Zusammenhang zwischen Prostatitis und Prostata- 
hypertrophie? Von Dr. Berthold Goldberg. (Zentralblatt für Chir. 
197, Nr. 8.) 

Verfasser hat an der Hand klinischer Beobachtungen an Lebenden 
die wechselseitigen Beziehungen zwischen Prostatitis und Prostatahyper- 
tropbie geprüft. Zunächst legte er sich die Frage vor, ob sich bei 
Prostatitiden der Prostatahypertrophie ähnliche Zustände finden. Unter 
beiläufig */, Tausend chronischer Prostatitiden hat Verfasser einigemal 
Drüsen gefunden, die sich makroskopisch und dem Gefühl nach in nichts 
von hypertrophischen unterschieden, wiewohl ihre Träger 30 und 40 Jahre 
alt waren. Diese Drüsen waren sehr grofs, sehr hart und hatten durch 
ihre Form auch die Urethra prostatica in der bei der Prostatahyper- 
trophie bekannten Weise verändert. Sekret war nicht auszupressen. 
Diese Patienten litten jedoch nicht an den objektiven Störungen der 
Harnentleerung. Dagegen zeigte eine andere Gruppe von Patienten 
nicht blofs die subjektiven, sondern auch alle objektiven Störungen der 
Harnentleerung. Solcher Prostatitiden hat Verfasser bei Männern von 
25 bis 45 Jahren im Laufe von 15 Jahren bei einer Anzahl von 
300 Prostatitiden bezw. von 4000 Harn- und Geschlechtskranken im 
ganzen 12 beobachtet, 

Die zweite Frage lautete, ob sich umgekehrt bei Prostatahyper- 
trophie häufiger Prostatitiden finden. Unter seinen 50 letzten Fällen 
fand Verfasser Entzündung irgendweleher Form 20 mal, wobei es sich 
aber um die verschiedensten Dinge handelte: in 3 Fällen handelte es 
‘ch um eine sekundäre eitrige Entzündung der hypertrophierten Prostata, 
ın 2 Fällen um eine gonorrhoische Entzündung einer seit langer Zeit 
hypertrophierten Prostata bei alten Leuten; in 7 Fällen entwickelten sich 
im unmittelbarem Anschlufs an eine chronische Gonorrhoe die klinischen 
Erscheinungen des Prostatismus, die bei genauer Untersuchung sich durch 
eine meist nicht sehr beträchtliche, meist einseitige, asymmetrische Ver- 
vröferung in der Prostata erklären Desen: one genaue Untersuchung 
dieser Fälle lehrte aber, dafs sie sich in nichts anderem von der Prosta- 
titis chronica cystoparetica (als solche bezeichnete Verf. im Jahre 1906 
diffuse endoglanduläre und interstitielle Entzündung der Prostata mit 
meist bleibender COystoparese) unterschieden, als dafs sie statt junger alte 
Männer betroffen haben. Da nun auch die oben erwähnten Patienten 
ihre in vorgeschrittenen Stadien unheilbare, aber nicht tödliche Krank- 
heit mit ins Alter hinübernehmen, so sei durch. beide Gruppen von 
Fällen der Beweis geliefert, dafs viele, bisher der „weichen Form“ von 
der Prostatahypertrophie zugerechnete Krankheiten nichts weiter sind 
als Prostatitiden.e Endlich hat Verfasser bei 5 Prostatikern, welche 
weder jemals geschlechtskrank gewesen, noch bis dahin katheterisiert 
worden waren, ‘durch Untersuchung des exprimierten Sekrets, welches 
zum Teil massenhaft Leukocyten enthielt, den Beweis der Existenz einer 
primären Prostatitis geliefert. Casper-Berlin. 


Ursachen und Behandlungsm ethoden schwerer Blutungen der 
Prostatiker. Von Goldberg. (Therapie der Gegenwart 1906, Nr.5) 


G. gibt eine übersichtliche Darstellung der Blutungen bei Prostata- 
dis 


628 Prostata. 


hypertrophie und ihrer Behandlung. Am häufigsten werden die Blu- 
tungen durch Kathetertraumen der Pars prostatica urethrae hervorgerufen. 
dann kommen sie auch vor bei Komplikationen — chronischer Cystitis 
und Litbiasis — und spontan bei unbehandelten Prostatikern. Al: 
Blutungen infolge Entlastungshyperämie der Schleimhaut bei überdehnter 
Blase sind die Blutungen nach rascher und vollständiger Entleerung bei 
lange bestehender Retentio urinae aufzufassen. Müller- Dresden. 


Etude clinique sur 25 observations nouvelles de prostatec- 
tomie périnéale. Von Maurice Piolleng, Lyon. (R. Schneider 1906.) 

P. bringt zunächst die ausführlichen Krankengeschichten der letzten 
25 von Rafin operierten Fälle. In einzelnen Kapiteln bespricht er 
dann die anatomischen Befunde, den Heilverlauf, die unmittelbaren Ope- 
rationserfolge, die Indikationsstellung und operative Technik usw. Zweimal 
handelte es sich um Karzinom der Prostata, zweimal waren Abszesse 
vorhanden. Im übrigen waren es Prostatiker im 2. und 3. Stadium. 
Im Anschlufs an die Operation sind 2 Patienten, 4 andere sind später 
gestorben. In den beiden ersten Fällen war die Todesursache Pyelo- 
nephritis bezüglich aufsteigende Nephritis, in den 4 anderen Apoplexie, 
Pneumonie, Karzinom der Prostata, Pyelonephritis. 

Obgleich Verf. die perineale Prostatektomie als eine mittelschwere 
Operation ansieht, 8°/, Mortalität, so vertritt er doch den Standpunkt, 
dafs sie dauerndes Bürgerrecht in der Chirurgie erworben hat. Nur bei 
den latenten Karzinomen sind ihre Resultate schlecht, und hier rät er 
zu der bisher üblichen Behandlung. Bei der nicht bösartigen Ver- 
grölserung der Drüse sind Dauerresultate durchaus günstig, wie die noch 
am Leben befindlichen 10 Patienten von der ersten von Rafin operierten 
Serie von 25 Fällen — von Faysse 1904 veröffentlicht — beweisen, 
die nachuntersucht sind und sich 3 bezüglich 2 Jahre nach der Ope- 
ration in bedeutend bessern Verhältnissen als vorher befinden. Der 
Allgemeinzustand ist ein guter, ihr Appetit, ihr Stuhlgang läfst nichts 
zu wünschen übrig. Die Harnentleerung ist leicht, die nächtliche Pol- 
lakiurie ist verschwunden bezüglich vermindert. Keiner bedarf des Ka- 
theters. Nur bei zweien besteht ein gröfserer Residualharn, doch ohne 
Störung des Wohlbefindens. 

P. führt die Prostatektomie — er macht sie nur perineal — aus, 
wenn definitive Retention besteht; für durchaus notwendig hält er sie 
bei schmerzhaftem, schwierigem, blutigem, fieberhaftem Katheterismus und 
bei mangelnder Sorgfalt und Reinlichkeit. Müller- Dresden. 


Total enucleation of the prostate for radical cure of that 
organ. Von P. J. Freyer. (Brit. Med. Journ., March 9. 1907.) 

F. berichtet über 119 weitere nach seiner Methode operierte Fälle 
von Prostatahypertrophie mit 9 Todesfällen. In 110 Fällen war das 
Resultat ein gutes. Den Schluls des Artikels bildet eine Polemik 
gegen E. Fuller bezüglich der Priorität der totalen Ausschälung der 
Prostata auf suprapubischem ‘Wege. von Hofmann-Wien. 


Prostata, 629 


Opération de Freyer suivie d’autopsie. Von Loumeau. (Annal. 
des mal. des org. gen.-urin. 1906, Vol. I, No. 8.) 

Ein Fall von totaler Prostatektomie nach Freyer ist in seinen 
Einzelheiten wiedergegeben. Es kam zum Exitus durch kardio-pulmonäre 
Komplikationen und zur Autopsie. Der Befund ergab ein Cysten- 
adenomyom der Prostata mit Überwiegen der myomatösen Elemente. 
Die Abtragung war, wie man sich bei der Autopsie überzeugen konnte, 
vollständig gelungen und die Wunde aseptisch verheilt.e. Aus dem vor- 
liegenden sowie den Sektionsbefunden anderer folgt, dafs die nach der 
Prostatektomie zurückbleibende Prostatahöhle eine verschiedene Form 
hat, je nachdem die Prostatektomie eine teilweise mit Konservierung 
der Urethra prostatica oder eine totale mit gleichzeitiger Abtragung der 
prostatischen Urethra war. Im ersten Falle erweitern sich nach Ent- 
fenung der Drüse die Urethralwände, um sich gegen die Wände der 
Prostatahöhle zu legen. Dadurch wird ein Trichter gebildet, dessen 
Spitze am Sphincter externus liegt. Im zweiten Falle bilden Blase 
und Prostatahöhle zusammen einen Hohlraum von der Form einer um- 
gekehrten Kürbistlasche; der obere, weitere Hohlraum entspricht der 
Blase, der untere, kleinere der Prostatagegend; beide kommunizieren 
durch eine dem Blasenhals entsprechende Einschnürung. Durch zwei 
Autopsien, die längere Zeit nach der Operation gemacht wurden, konnte 
festgestellt werden, dafs das periprostatische Gewebe sich rasch zurück- 
bildete, wodurch eine Verkleinerung der Prostatahöhle bewirkt wurde. 
In einem anderen Falle hatte sich die Prostatahöhle mit einer Schleim- 
haut ausgekleidet, die ohne Demarkation in die Blasenschleimhaut über- 
ging. Bezüglich des Prioritätsstreites erkennt . Verf. an, dafs die supra- 
pubische Prostatektomie zuerst von Fuller ausgeführt, von Freyer 
vervollkommnet wurde, so dals sie nach Fuller-Freyer zu benennen 
wäre. Schlodtmann-Berlin. 


Remarks on the indications, contra indications and manage- 
ment of prostatectomy. Von C. G. Cumston. (Amer. Journ. of Uro- 
logy, August 1906.) 

C. hält die operative Behandlung der Prostatahypertrophie ange- 
zeigt bei sonst gesunden Individuen im Alter von 55 bis 60 Jahren, 
welche leicht zu katheterisieren sind, deren Urin klar ist und deren 
Blase nahezu vollständig entleert wird. Aber auch bei älteren Personen, 
bei schwierigem oder sehr schmerzhaftem Katheterismus, häufigen Blu- 
tungen, Neigung zu Blasensteinbildung erscheint die Operation indiziert, 
ebenso bei Harnretention, falls diese letztere nicht das erstemal einge- 
treten ist, in welchem Falle der Katheterismus oder, falls dieser nicht 
möglich erscheint, die Punktion der Blase auszuführen ist. 

von Hofmann-Wien. 


The results of prostatectomy. Von H. Cabot. (Amer. Journ. of 
Urology, August 1906.) 

G. kommt zu folgenden Schlüssen: 

l. Die Mortalität steht in keinem Verhältnisse zum funktionellen 


630 Prostata. 


Resultate, und man mufs sich hüten, bezüglich der Mortalität günstige 
Statistiken mit Heilungen zu verwechseln. 

2. Bei richtiger Auswahl der Fälle und Ausführung der Or 
durch geübte Chirurgen werden von den Kranken, welche die Operation 
überleben, drei Viertel geheilt. 

3. Von dem übrigbleibenden Viertel erlangen viele durch die Ope- 
ratıon wesentliche Erleichterung. 

4. Wenn die Erfahrung in der operativen Behandlung der Prostat- 
ektomie eine grölsere sein wird, dürften die Resultate besser werden. 

von Hofmann-Wien. 


The sequelae of prostatectomy. Von R. F.O’Neil. (Amer. Journ. 
of Urology, August 1906.) 

Abgesehen von den Komplikationen, welche sich nach jedem chirur- 
gischen Eingriffe einstellen können (Chok, Blutung, Sepsis usw.), gibt es 
eine Anzahl von unangenehmen, mehr lokalen Erscheinungen, welche nach 
einer Prostatektomie eintreten können. Ein grofser Teil dieser Kompli- 
kationen kann durch geeignete Mafsregeln vermieden werden. Ver- 
letzungen des Rektums finden sich am häufigsten, wenn vorher ein ent- 
zündlicher Zustand, z. B. ein Prostataabszels, bestanden hat. Eine der 
wichtigsten Komplikationen ist Urininfiltration. Ferner finden sich nicht 
selten Epididymitis und Orchitis, sowie vorübergehende und bleibende 
Inkontinenz. Die Mehrzahl dieser unangenehmen Folgen tritt nach der 
perinealen Operation ein. von Hofmann-Wien. 


The present position of prostatic surgery. Von J. H. Nicoll. 
(Brit. Med. Journ., August 11. 1906.) 

In diesem mit zahlreichen Abbildungen versehenen Artikel bespricht 
N. die verschiedenen Methoden der Prostataenukleation, von denen er 
die suprapubische, für sich allein oder mit der perinealen kombiniert, 
vorzieht. Unter 111 Fällen hat er 11 Todesfälle zu verzeichnen. Einen 
nicht unwesentlichen Teil des Artikels bildet eine Polemik gegen Freyer. 

von Hofmann-Wien. 


Resultats comparatifs entre la prostatectomiəe périnéale et 
la prostatectomie sus-pubienne. Von Pousson - Bordeaux. (Société 
de chir. de Paris, 30. I. 1907. Revue de chir. 1907, p. 515.) 

Pousson hat 28 perineale Prostatektomien mit 4 = 14,3 °, 
Todesfällen und 22 transvesikale Prostatektomien mit 5 = 22,7", 
Todesfällen ausgeführt. Trotzdem danach die perineale Methode weniger 
Todesfälle zu geben scheint, ist nach Pousson die transvesikale Me- 
thode die Operation der Wahl, weil 1. die anatomischen Verhältnisse 
der zu durchtrennenden Region bei der suprapubischen Operation viel 
einfacher sind; bei der Operation vom Damme aus sind Verletzungen 
des Bulbus urethrae und des Rektum (3 Fisteln in 28 Fällen) zu 
fürchten; 2. die Entfernung der Drüse von der Sectio alta aus sehr 
leicht ist. Die von manchen Chirurgen gefürchtete postoperative Hämor- 


Prostata. 631 


rhagie erlebte P. nur zweimal ohne erhebliche Bedeutung, und auf 
Tamponade sistierte sie. Die Drainage der Blase lälst sich mit Perier- 
Guyonschen oder Freyerschen Drains immer komplett erzielen. Die 
Heilungsdauer war um eine Woche kürzer bei den suprapubischen Ope- 
rationen als bei den perinealen (4!/, :5'!/, Wochen). "Technisch hebt 
P. zwei Punkte hervor: a) breite Inzision der Blasenschleimhaut auf 
der vesiko-urethralen Kante der Prostata zur leichten Ausschälung der 
Drüse; b) sorgsame Drainage der Blase mit Freyerschen Drains, so 
das der Harnabfluls in den Verband vermieden wird. 

Carlier-Lille hat 18 suprapubische Prostatektomien gemacht; er 
öffnet die Blase weit, inzidiert die Blasenschleimhaut unter der Kontrolle 
des Auges in */, des Umfanges des Meatus internus urethrae, um neben 
der leichten Ausschälung der Prostata die völlige Beseitigung eines etwa 
bestehenden Basfond derBlase zu erzielen. Der Finger im Rektum tut bei 
der Enukleation gute Dienste. 

Bazy meint, die Entfernung einer kleinen Prostata, selbt trans- 
vesikal, nütze nichts. Die Schwierigkeiten des Katheterismus 
für den Kranken, wenn die Prostata gro[s oder mittelgrofs 
ist, die Retentipn, Steinrezidive, Anfälle kompletter Reten- 
tion bei grolser Prostata und selbst leichtem Katheterismus 
seien für ihn die Indikationen zur Prostatektomie. 

Nach Legueu ist die suprapubische Operation bei kleiner Prostata 
unausführbar; dann muls vom Damm aus operiert” werden. 

Mankiewicz-Berlin. 


Des prétendues récidives après la prostatectomie pour hyper- 
trophie simple. Von André. (Annal. des mal. des org. gén.-urin. 1906, 
Vol. II, No. 13.) 

‘ Angeblich sollen bei Prostatahypertrophie nach der Prostatektomie 
hin und wieder Rezidive vorkommen, die von zurückgebliebenen Resten 
der Prostata ausgehen. Verf. verfügt über zwei Beobachtungen, in 
denen wegen Prostatahypertrophie operiert wurde und sich nachträglich 
ein Karzinom bildete, wie es jedenfalls unerkannt schon vorher bestan- 
den hatte. Verf. meint,‘ dafs sich ebensowohl auch die behaupteten 
Fälle von Rezidiven der Hypertrophie erklären lassen, dafs dagegen ein 
wahres Rezidiv durch ae Ausführung der Prostatektomie sich 
vermeiden lasse. Schlodtmann-Berlin. 


Mortality after prostateotomy. Von Tenney and Chase. (Journ. 
of the amer. med. assoc. 1906, Mai.) 

Verff. stellen aus der Literatur die Statistiken von Proust, Wat- 
son, Escat und ihre eigenen zusammen und verwerten in ihrer Arbeit 
ein Material von 1067 suprapubisch und 2342 perineal operierten Fällen. 
Die Mortalität der perinealen Methode ist geringer als die bei Sectio 
alta, sie beträgt rund 8°/, gegenüber 13,3°/,. Tabellarisch werden das 
Alter und die Todesursachen angegeben. Zum Schlufs betonen die Verft., 
dafs wichtiger für den Erfolg, als die Operationsmethode bezüglich die 


632 .. Blase. 


Technik, die exakte, sorgfältige Vor- und Nachbehandlung der Kranken 
ist. Sie lassen ihre Pat. spätestens am 3. Tage aufsitzen. 


Müller- Dresden. 


Contribution à l'étude anatomique et clinique des cancers 
épithéliaux de la prostate. Von Dr. B. Motz und Dr. F. Majewski. 
(Annal. des malad. des org. génit.-urin. No. 8, 1 Février 1907.) 

Die pathologisch-anatomischen und klinischen Verhältnisse des Pro- 
statakarzinoms sind in der vorliegenden Arbeit in monographischer Form 
behandelt und durch eine Reihe makro- und mikroskopischer Bilder 
trefflich erläutert. 

Da die Technik der Prostataoperationen im Laufe der letzten Jahre 
eine gründliche Wandlung erfahren hat, so kommen für die Beurteilung 
des Öperationserfolges nur die Fälle, die seit 1900 publiziert worden 
sind, in Frage. Die Resultate sind äulserst ungünstig. Von allen, die 
bisher wegen eines Karzinoms operiert worden sind, haben nur zwei noch 
8 oder 9 Monate nach der Operation kein Rezidiv gehabt, alle anderen 
sind entweder gleich nach der Operation zugrunde gegangen, oder wiesen 
schon nach kurzer Zeit Rezidive oder Metastasen auf. 

M anasse- Berlin. 


Un oas intéressant de cancer prostatique. Von Dr. Rochet et 
Dr. Thevenot. (Annal. des maladies des org. génito-urinaires, 15 Févr. 1907.) 

Der Fall hatte nach Anamnese, Symptomen und Allgemeinstatus 
den Eindruck einer gutartigen Prostatahypertrophie gemacht. Erst bei 
der Operation zeigte sich eine ausgedehnte Karzinomentwicklung. Bei 
der Sektion (ca. 1 Jahr später) fand sich eine weitgehende karzinomatöse 
Infiltration der abdominalen Drüsen; die Eingeweide waren frei. 

Manasse- Berlin. 


VII. Blase. 


Trois cas de tumeurs de la vessie sans hematurie. Von Dr. 
Barthélemy Guisy (d’Athenes). (Annal. des malad. des organ. géni- 
taux-urinaires, No. 2, 15. Janvier 1907.) 

Verf. berichtet über drei Fälle von Blasentumoren, zweimal handelt 
es sich um gutartige Papillome, einmal um ein Karzinom. Alle drei Fälle 
waren dadurch bemerkenswert, dafs sich zu keiner Zeit weder makro- 
skopisch noch mikroskopisch der Abgang von Blut im Harn nachweisen 
liefs. Die einzigen Klagen waren vermehrter schmerzhafter Harndrang, 
gelegentlich Harnverhaltung. 

Den Mangel jeglicher nachweisbaren Blutung glaubt Verf. aus dem 
Sitze der Tumoren an der vorderen resp. oberen Wand der Blase ber: 
leiten zu sollen. Ludwig Manasse-Berlin. 


Vesical Hematuria. Von Lincoln Davis. (American Journal of 
Surgery.) 
Aufzählung der Erkrankungen, welche zu einer Blasenblutunrg Anlals 


Nieren und Harnleiter. (633 


geben. Bei der Diagnose leistet die Cystoskopie die wertvollsten Dienste. 
In zwei Fällen beobachtete Verfasser benigne Geschwülste, die durch die 
Stärke der Blutung zum Tode führten. Portner. 


VIII. Nieren und Harnleiter. 


Über die Einpflanzung des Harnleiters in die Blase. Von K. 
Franz. (Zeitschr. f, Geburtsh. und Gynäk. Bd. LIX, Heft 1.) 

F. hatte bei seinen früheren Versuchen von Ureterenimplantation 
sehr oft eine starke Behinderung des Harnabflusses in die Blase beob- 
achtet. Er schob dies auf ödematöse Schwellung der Harmnleiterwand 
infolge operativer Schädigungen — Quetschung, Naht und dgl. — In seinen 
letzten Versuchen suchte er diese Mifsstände zu beseitigen. Zu diesem 
Zwecke spitzte er das zu implantierende Ende an, bezügl. spaltete es, 
legte durch die Spitze einen doppelt armierten Catgutfaden. Die beiden 
Nadeln führte er durch ein kleines Loch in die Blase hinein und durch- 
stach die Blasenwand etwa lcm von der Öffnung von innen nach aulsen. 
Durch Anziehen und Knüpfen des Fadens schlüpfte der Ureter in die 
Blase und wurde so befestigt. Durch ein bis zwei Nähte der Blasen- 
wand, die aber den Ureter nicht mitfafsten, verkleinerte er das Blasen- 
loch. Da ihm seine Tierversuche, die er näher beschreibt, befriedigende 
Resultate gaben, versuchte er diese Methode auch an Menschen und hat 
in 20 Fällen die Ureterenimplantation ausgeführt: 5 Patienten starben 
sehr bald an der Schwere der primären Operation, in den anderen 15 
Fällen trat eine Schädigung durch die Implantation nicht auf, und wenn 
auch das eine und das andere Mal die Operation mifslang, so hat F. doch 
eine Reihe vollständiger Einheilung mit guter Funktion erzielt. Ref. 
möchte darauf hinweisen, dals die von F. angegebene Anspitzung des 
Ureters und die Art seiner Befestigung in der Blase dem Vorgehen von 
Depages im wesentlichen entspricht, über das Mayer auf dem 33. Chirur- 
genkongrefs 1904 referiert hat. Müller-Dresden. 


Das Vorkommen von Kalk in den Rindengefälsen der kind- 
lichen Niere. Von B. Glaserfeld. (Virchows Archiv, 188. Bd. 1907, 
S. 92.) 

Eine systematische Untersuchung von 70 Kinderleichen im Kranken- 
haus Moabit ergab, dafs in 30 Fällen, also 42,9 °/,, in den Rinden- 
arterien der Niere Kalk nachweisbar war. 28 Kinder befanden sich im 
ersten, 2 im zweiten Lebensjahre. Bei Erwachsenen konnte G. nur in 
zwei Fällen von Schrumpfniere in den nämlichen Arterien Kalk konsta- 
tieren. Die Nierenrinde war in verschiedenem Grade davon befallen, 
während die Marksubstanz vollständig frei von diesen fremden Bestand- 
teilen war. Der Kalk, der übrigens fast stets Cale. phosphor., seltener 
Calc. bicarbon. war, lag nur in den Gefäfsen, in den Aa. interlobular. 
und in den Vasa afferent., niemals im eigentlichen Nierengewebe. Es 
handelt sich offenbar um eine postmortale Erscheinung, wahrscheinlich 
dadurch hervorgerufen, dafs das Blut dieser Kinder sebr reich an phos- 
phorsaurem Kalk ist. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


634 Nieren und Haroleiter. 


Das Vorkommen von eisenhaltigen Bakterienzylindern in 
den Blutgefäfsen der Niere bei puerperaler Sepsis. Von M. Westen- 
hoeffer. (Virchows Archiv, 188. Bd. 1907, S. 87.) 

Der erste Fall, bei dem das Auftreten von eisenhaltigen Bakterien 
von W. beobachtet wurde, stammt von einer 37 jährigen Plätterin, die 
an puerperaler Sepsis nach einer Fehlgeburt im fünften Monat starb. 
Die Nieren waren sehr trübe und weich, in der linken Niere befanden 
sich im unteren Pole einige kleine Infarkte. In der Marksubstanz bei- 
der Nieren sah man zerstreut feine, kleine schwarze Streifen in der 
Längsrichtung der Marksubstanz. Im zweiten Falle handelte es sich um 
eine 39 jährige, an puerperaler Sepsis gestorbene Frau. In der linken 
Niere sah man schon makroskopisch einen längsgestellten, weniger als 
l mm dicken, schwarzen Streifen, während in der rechten Niere in 
einigen Markkegeln schwarze Streifen zu sehen waren. Die genauere 
mikroskopische und mikrochemische Untersuchung beider Fälle ergab, 
dafs diese Herde aus einer ganz gleichmälsigen, einem hyalinen Zylinder 
nicht unähnlichen Grundsubstanz bestanden, die besonders nach dem 
Zentrum der Streifen zu ungemein feine Körnung erkennen lie/sen. Es 
ergab sich, dals es sich um Kokkenhaufen, meist Diplokokken, handelte, 
deren Zwischensubstanz die Eisenreaktion gab. Diese Bakterienhaufen 
liegen nur in Blutgefäfsen. Die Harnkanälchen sind allenthalben frei 
davon. Am häufigsten findet man die Bakterienzylinder in der Mark- 
substanz, und zwar etwa in der Mitte der Markkegel zwischen Grenz- 
schicht und Papille. Im Gegensatz zu den schwarzen Streifen der Niere 
als Zeichen stattgehabter Hämorrhagie oder Hämoglobinurie, welche 
grofse Ähnlichkeit mit den Kalkinfarkten besitzen, sind die vorliegenden 
eisenhaltigen Bakterienzylinder unregelmälsig disseminiert, sitzen mit 
Vorliebe in der Mitte und sind stets erheblich kürzer, kaum länger als 
2—3 mm. Im übrigen zeigten die Nieren beider Fälle hochgradigste 
parenchymatöse Degeneration ohne jede interstitielle Wucherung, Blutung 
oder bakterielle Ausscheidungsherde. W. hält die Entstehung von Eisen 
in den Bakterienkolonien für einen kadaverösen Vorgang. 

Kaufmann-Frankfurt a.M. 


‘ Plaie de l’artere et de la veine rénale par balle de revolver. 
Von Thevenot. (Societ® des sciences médicales de Lyon, 28. XII. 1906. 
Lyon medical 1907, p. 123.) 


Eine 21l jährige Frau hatte sich morgens um 8 Uhr mit einem 
Revolver in die rechte Seite geschossen und wurde sechs Stunden danach 
ausgeblutet mit nicht fühlbarem Pulse in das Hospital gebracht. Haemo- 
thorax und Respirationsstörungen waren nicht vorhanden. Die Einschuls- 
öffnung lag am Rippenrand in Höhe der siebenten Rippe; hier wurde 
inzidiert. Das. rechte Hypochondrium war voll von @Gerinnseln, die 
Leber war nicht weit vom freien Rande durchschossen. Die Kugel war 
dann in die Nierengegend gekommen, die der Sitz eines enormen Häma- 
toms war, und hatte eine für die Zeigefingerspitze durchgängige Rinne 
gebildet. Die Kranke erlag noch während der Untersuchung. Die 


Nieren und Harnleiter. | 635 


Autopsie zeigte, dals die Kugel den Rippenrand kaum berührt hatte, 
dafs die Leberwunde 4 cm vom freien Rande der Drüse sals und dafs 
das Geschofs in der Nähe der Gallenblase wieder ausgetreten war. Die 
vom Hämatom umgebene Niere war unberührt geblieben, aber ihr Stiel 
war ein Zentimeter vom Organ entfernt von der Kugel durchbohrt: die 
höher gelegene Vene war in den unteren Dreivierteln ihres Rohres durch- 
rissen, die tiefer gelegene Arterie in den oberen Dreivierteln ihrer 
Zirkumferenz; der Harnleiter war intakt. Diese Verletzungen erklären 
die enorme Blutung, der die Patientin erlag. Die Kugel war zwischen 
den Apophysen des zweiten und dritten Lendenwirbels nicht deformiert 
in die Spinalmuskeln gelangt und hatte dabei den inneren Rand der 
Niere in zirka 1 cm Länge 1—2 mm tief zerrissen. Die inkomplette 
Zerreilfsung der Arteria und Vena renalis hatte zur tödlichen Blutung 
geführt. Der Fall scheint in der Literatur einzig dazustehen. 
Mankiewicz- Berlin. 


Contribution à l'étude des accidents provoqués par l’abaisse. 
ment du rein droit au 8. degré. Von Dr. P. Alglave. (Annales des 
maladies des organes génito-urinaires, 1 Janvier 1907.) 

Es gibt 3 Grade der Nierensenkung: 1) der untere Pol ragt über 
die falschen Rippen hinaus, erreicht aber den Darmbeinkamm noch nicht; 
2) er erreicht den Darmbeinkamm; 3) er liegt in der Darmbeingrube. 
Eine klinische Unterscheidung wäre: 1) Kranke mit einer leicht beweg- 
lichen Niere, die 1. oder 2. Grades gesenkt ist und geringen Beschwerden; 
2) Kranke mit intensiven Klagen und einer fixierten Senkung 3. Grades. 
Die Klagen der Kranken sind sehr mannigfach; sie beziehen sich auf 
lokale Schmerzen, sowie Magen-, Darm- und Urinbeschwerden. Die Unter- 
suchung ergibt: einen aufgetriebenen Leib, Druckschmerz, eine Ge- 
schwulst, eine Magenerweiterung, Nierensenkung 3. Grades; ferner manch- 
mal Varicen und Ödem an den Beinen, Migräne und nervöse Anomalıen. 
Die Schmerzen sind verschieden, manchmal kolikartig. Zur objektiven 
Untersuchung dient die Luftaufblähung (nach Minkowski und Naunyn) 
sowie die Radiographie. Bei den fixierten Senkungen 3. Grades handelt 
es sich um entzündliche Verwachsungen um das Colon herum, die auch 
das Duodenum in Mitleidenschaft ziehen. Die Urinbeschwerden ent- 
stehen durch Knickungen des zu lang gewordenen Ureters, die durch 
die Verwachsungen ebenfalls fixiert werden. Die verlagerte und (event. 
durch Hydronephrose vergrölserte) Niere kann auf die V.cava inf. drücken 
und dadurch zu Varicen und Ödem führen. Die Nephrepexie allein 
genügt nicht immer; man muls zur Beseitigung der Verdauungs- 
beschwerden auch manchmal die Adhäsionen am Colon, Duodenum usw. 
lösen, ja unter Umständen sogar die Gastroenterostomie ausführen. 

Manasse-Berlin. 


Calculs mobiles du rein et de l’uretre. Von Dr. Legueu. (Soc. 
de chir., 21 Mars 1906.) Nach einem Refer. in den Annal. des malad. des 
org. génito urinaires, ł. Février 1907. 


. Bei einem 30jährigen Patienten, der seit seinem zwölften Lebens- 


636 Nieren und Harnleiter, 


jahre an Nierensteinkoliken litt, konnte man durch eine Serie von Röntgen- 
photographien, die zu verschiedenen Zeiten aufgenommen wurden, fest- 
stellen, dafs die Ursache der Koliken zwei Nierensteine waren, die aber 
beständig ihren Ort wechselten. Bald fand man sie hoch oben in der 
Niere oder im Nierenbecken, bald wieder im untersten Abschnitte des 
Ureters am Übergang zur Blase, gelegentlich kam es auch vor, dafs 
der eine Stein in der Niere lag, der andere in dem Harmnleiter. Vor 
der Operation wurde der Patient für eine kurze Zeit auf den Kopf ge- 
stellt, die Steine gegen das Nierenbecken geschoben und dann erst die 
Niere nach Abklemmung des Ureters eröffnet. Nierenbecken sowohl wie 
Harnleiter waren stark erweitert. 


Es wird sich empfehlen, in Zukunft bei Steinverdacht nicht nur 
die Niere, sundern auch den Harnleiter zu durchleuchten. 
Manasse- Berlin. 


Zehntägige kalkulöse Anurie mit spontaner Genesung. Von 
Adrian-Strafsburg. (Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 16.) 

Bei einem 40 jährigen Manne mit harnsaurer Diathese traten 
Schmerzen in der linken Nierengegend auf. Acht Tage darauf Anurie, 
die zehn Tage anhielt. Am zehnten Tage etwas blutiger Urin, am 
elften Einsetzen der Harnflut, die 16 Liter Flüssigkeit in den ersten 
24 Stunden und 35 Liter in den ersten 48 Stunden brachte.. Zeichen 
von Urämie fingen sich erst vom fünften Tage an einzustellen. 


Am zwölften Tage nach Beginn der Anurie vorübergehende Harn- 
verhaltung, am dreizehnten Abgang eines Harnsteines von Dattelkern- 
gröfse, dem später noch einige kleinere Steine folgten. 


Der Exitus erfolgt gewöhnlich, wenn die Anurie 8 bis 10 Tage 
besteht, es sind aber Fälle in der Literatur bekannt, in denen selbst bei 
20- und 28tägiger Anurie das Leben erhalten blieb. 

Manasse-Berlin. 


Hydro - hömatonephrose calculeuse. Hömaturies trës abon- 
dantes. Nöphrectomie. Ablation suivant la méthode de Gré- 
goire. Von Auvray. (Société de chirurgie de Paris, 19. XII. 1906. Revue 
de chirurgie 1907, p. 309.) 

Ein 5l jähriger Mann bekommt zum ersten Male sehr heftige und un- 
stillbare Hämaturie. Im linken Hypochondrium war ein grofser Tumor in der 
Nierengegend. Da früher Steinerkrankung nicht bestanden hatte und in An- 
betracht der spontanen Hämaturie und des kachektischen Allgemeinbefindens 
stellte A. die Diagnose auf einen bösartigen Tumor der Niere. Nach Fest- 
stellung der Integrität der Blase und der Funktionsfähigkeit der andern 
Niere schritt A. zur Nephrektomie. Im Ureter fand sich ein harter 
Körper, offenbar ein Stein. Durch Punktion wurden aus dem Tumor 
900 ccm blutigen Harns entleert und darauf die Niere samt dem Stein 
nach sorgsamen Abbindungen in toto entfernt. Heilung. 

Mankiewicz-Berlin. 


Technisches, 637 


IX. Technisches. 


Inconvénients du transformateur du courant électrique de 
la ville dans le cas où lon veut pratiquer une galvano-cautéri- 
sation de l’uröthre ou de la vessie à travers le tube endoscopique 
à vision directe. Von R. Bonneau. (Annal. des mal. des org. gén.- 
urin. 1906, Vol.II No. 21.) 

B. sagt, dafs oft, wenn man im endoskopischen Tubus eine Galvano- 
kaustik vornehmen will, die Lampe im Moment, wo der Galvanokauter 
den Tubus berührt, durchbrennt und erlischt. Er gibt dann technische 
Winke, dies zu vermeiden, indem man die Schaltung so einrichtet, dals 
nur rückläufige Ströme in Kontakt kommen können. Verf. betont die 
Wichtigkeit dieser Malsnahmen, da man nicht zugleich seine Aufmerk- 
samkeit auf die Apparate und die vorzunehmende Kauterisation richten 
kann. Manski- Wiesbaden. 


Inconvénients de l’introduction d'une tige métallique dans le 
tube de l’uröthroscope ou du cystoscope à vision directe. (Ibid.) 
B. berichtet einen Fall, wo er die cystoskopische Steindiagnose 
vergeblich mit der Steinsonde zu bestätigen suchte; als er diese Ver- 
suche mit einem geraden Mandrin im Cystoskop wiederholte, erlosch 
die Lampe einen Augenblick, und der Pat. erhielt einen elektrischen 
Schlag. Dieser Übelstand wird vermieden, wenn man die Sonde auf der 
der Lampe entgegengesetzten Tubuswand orhit und den oberen Teil 
des Cystoskopgriffes isoliert. Manski- Wiesbaden. 


Nouvelle canule urétrale à triple courant. Von Zacco. (Annal. 
des mal. des org. gén.-urin. 1906, Vol. I, No. 10.) 

Verf. hat eine Dreiwegekanüle konstruiert, die sowohl als Ansatz 
für die Janetschen Spülungen, wie als doppelläufige Kanüle und als 
Ansatz an den Katheter bei Blasenspülungen benutzbar ist. Der Haupt- 
vorteil beruht darin, dafs man nur einmal an das Orificium resp. an den 
Katheter anzusetzen braucht und das wiederholte An- und Absetzen 
während der Spülung vermieden wird, selbst wenn man die Art der 
Spülflüssigkeit während der Behandlung wechselt oder den Druck der 
Flüssigkeit ändert. Schlodtmann-Berlin. 


Ein Instrument zur aseptischen Einführung von weichen 
Kathetern. Von R. Bloch. (Ärztl. Polytechn. 1906, Mai.) 
Das beschriebene und abgebildete Instrument ist eine vorn einen 
zum Einlegen des Katheters fassenden Querarm tragende Pinzette. 
Müller- Dresden. 


Ein neues Saccharimeter. Von L. E. Walbum - Kopenhagen. 
(Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 11.) 

Um den Zuckergehalt eines Urins schnell feststellen zu können, hat 
der Autor unter Zugrundelegung der Fehlingschen Titriermethode fol- 


638 Kritiken. 


genden Apparat von Paul Altmann in Berlin herstellen lassen: 1. ein 
Titrierungsrohr, das auf der rechten Seite die Ablesung des Zucker- 
gehaltes bis 3°/,, auf der linken Seite von 3°/, aufwärts gestattet; 
2. eine Tropfflasche, in der der schwach zuckerhaltige Harn im Ver- 
hältnis von 1:1 mit Wasser verdünnt wird; 3. eine Tropfflasche für 
über 3 °/, Zucker enthaltende Urine, in der der Urin im Verhältnis 
von 1:9 verdünnt wird. | 

Die Analyse wird so ausgeführt, dals man in das Titrierglas 5 ccm 
von Fehlingscher Lösung Nr. I bringt und darauf von Lösung II bis 
zum untersten Teilstrich auffüllt.e Nach dem Erhitzen der Flüssigkeit 
bis zum Sieden wird von dem zu untersuchenden Urin tropfenweise so 
viel Urin hinzugesetzt, dafs beim erneuten Erhitzen die bekannte Reaktion 
eintritt. Die Skalen gestatten, den Prozentgehalt an Zucker dann ohne 
weiteres abzulesen. Manasse- Berlin. 


X. Kritiken. 


La Blennorragie (Formes rares et peu connues). Von Dr. L. 
Jullien. Paris 1906. J. B. Baillière et Fils Editeurs. 

Der bekannte Pariser Venereologe hat im Jahre 1905 im Hospital 
Saint Lazare Vorlesungen über selten vorkommende Formen des Trippers 
resp. Komplikationen dieser Erkrankung gehalten, die nunmehr im Drucke 
vorliegen. Nachdem der Verfasser in der ersten Vorlesung den gegen- 
wärtigen Stand unserer Kenntnisse von der Gonorrhoe präzisiert hat, 
bespricht er in der zweiten die Peri- und Paraurethritis, die Ano- 
Rektal-, die bukkale Form und die Nasalgonorrhoe, in der dritten die 
Gonorrhoe der kleinen Kinder, in der vierten die Urethritis non gonor- 
rhoica oder, wie er sie nennt, die Blennorrhoiden, in der fünften die 
Geschwüre gonorrhoischen Ursprungs und in der letzten Vorlesung den 
Tripper, der tötet, besonders durch Endokarditis und Myelitis. Schon diese 
kurze Inhaltsangabe zeigt, dafs es sich um Dinge handelt, die in unseren 
Lehr- und Handbüchern nur gestreift oder ganz kurz abgehandelt wer- 
den und die monographisch zu bearbeiten eine sehr dankenswerte Auf- 
gabe war. Wenn wir weiter erwähnen, daís eine sehr umfangreiche 
Literaturangabe jedem Kapitel beigefügt ist, sowie dafs ein glänzender 
Stil das Werk zu einer angenehmen Lektüre macht, so glauben wir, 
dafs der Verfasser seine Aufgabe aufs glücklichste gelöst hat. Wir 
empfehlen das Buch allen Kollegen. 

Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Nierenchirurgie. Ein Handbuch für Praktiker. Von Prof. Dr. C. 
Garré u. Dr. O. Ehrhardt. Mit 90 Abbildungen. Verlag von 8. Karger, 
Berlin, 1907. 

Ihr 348 Seiten Grofs-Oktav-Format umfassendes Buch bezeichnen 
die Autoren als ein „kurzes Handbuch der Nierenchirurgie“, welches 
dem beschäftigten Praktiker, der zu Literaturstudien nicht Zeit und 
Mufse hat, eine Übersicht über den heutigen Stand der behandelten 


Kritiken. 639 


Fragen geben soll. Die Verfasser legten, wie sie in ihrem Vorwort 
bemerken, weniger Wert auf eine vollständige Berücksichtigung aller 
veröffentlichten Mitteilungen und Methoden, als auf ‘die einheitliche 
Darstellung der Verfahren, die sich ihnen in der Praxis bewährt haben. 
Nach meinem Dafürbalten hätten die Autoren ebensogut ihr Buch als 
„Lehrbuch der Nierenkrankheiten mit besonderer Berücksichtigung der 
chirurgischen Behandlungsmethoden“ bezeichnen können, da dasselbe 
keineswegs den Eindruck eines chirurgischen Spezialwerkes macht, wie 
beispielsweise die mir zu gleicher Zeit vorliegende „Operative Gynäko- 
logie* von A. Döderlein und B. Krönig. Die Symptomatologie wird 
überall, keineswegs zum Schaden des Buches, sehr ausführlich behandelt, 
und auch die Abschnitte der Ätiologie und der pathologischen Ana- 
tomie kommen mehr oder minder zu ihrem Recht. 

Die Verfasser sind keine Freunde der funktionellen Nierendisnösiik 
und reden auch nicht dem Ureterenkatheterismus das Wort. Sie sagen 
ferner: „Die Palpation der Niere bildet das souveräne Hilfsmittel der 
Nierendiagnostik.*“ Wir vermissen den Hinweis, dafs in zahlreichen 
Fällen die Palpation der Nieren im Stich läfst, dafs sie in anderen 
tävschen kann: die gefühlte grolse Niere ist zuweilen das gesunde hyper- 
trophische Organ. Sie schätzen auch den Wert des Ureterenkatheterismus 
bei der Nierentuberkulose recht gering und empfehlen, wenn immer 
möglich, den Urinseparator zu gebrauchen. Demgegenüber kann ich 
nur sagen: artem non odit nisi ignarus. Der Ureterenkatheterismus ist 
allen anderen Methoden gerade für die Frühdiagnose, die auch die Au- 
toren des Werkes für das Erstrebenswerte halten, unendlich überlegen. 
Die Kranken mit Nierentuberkulose magern auch nicht alle mehr und 
mehr ab, wie die Verfasser meinen, im Gegenteil, viele sehen blühend 
dabei aus. Die wachsende Erfahrung in der Nierentuberkulosefrage 
anderer wie der Autoren selbst wird die letzteren eines anderen belehren. 

Im grofsen und ganzen macht das Buch den Eindruck einer Ver- 
einigung von einigen Monographien. Am Schlusse eines jeden Kapitels, 
bezw. wie gesagt, jeder Monographie, befinden sich kurze Literaturan- 
gaben. Ein allgemeines Sach- und Autorenregister fehlt. Casper-Berlin. 


Operative Gynäkologie. Von Prof. Dr. A. Döderlein und Prof. 
Dr. B. Krönig. Mit 232 teils farbigen Abbildungen und 9 farbigen Tafeln. 
Zweite verbesserte und erweiterte Auflage, Georg Thieme, Leipzig, 1907. 


Das in jeder Beziehung hervorragende und prächtig ausgestattete, 
mit meisterhaften, lebenswahren, beinahe plastisch hervortretenden Abbil- 
dungen versehene Werk unterscheidet sich in seiner jetzigen zweiten 
Auflage von der ersten, vor zirka zwei Jahren erschienenen, zu seinem 
grofsen Vorteil hauptsächlich durch die Einfügung eines neuen eigenen 
Kapitels über die Chirurgie der Harnwege. Dieses Kapitel umfalst 
volle 85 Seiten und weist folgende Abschnitte auf: Blasendiagnostik 
(Diagnostische Hilfsmittel zur Blasendiagnostik, Deutung pathologischer 
Befunde des Blaseninnern und operative Behandlung verschiedener Blasen- 
erkrankungen, Entzündungen der Blase, Fremdkörper und Steine in der 


640 Mitteilungen. 


Blase, Blasentumoren, Frische Verletzungen der Blase, Veraltete Ver- 
letzungen der Blase. Die Blasengenitalfisteln, Technik der Fistelope- 
rationen, Verfahren bei komplizierten Fisteln, die operative Behandlung 
der nicht auf Harnfiısteln beruhenden Incontinentia urinae), Ureteren- 
chirurgie (Katheterismus der Ureteren, Verletzungen des Ureters bei 
abdominellen Operationen, Verletzungen des Ureters bei vaginalen Ope- 
rationen, Uretergenitalfisteln), Nierenchirurgie (funktionelle Nieren- 
diagnostik, Freilegung der Niere, Operation der abnorm beweglichen 
und verlagerten Niere, entzündliche Herderkrankungen der Niere und 
Pyelonephritiden, aseptische und infizierte Hydronephrosen, Nierentuber- 
kulose, Ureter- und Nierensteine, Nierentumoren). 

Dieser uns hauptsächlich interessierende, neu eingefügte Teil ent- 
spricht, was textliche und bildliche Darstellung betrifft, durchaus den 
übrigen Teilen des Prachtwerkes. Dem chirurgisch sich betätigenden 
Gynäkologen, für den das Werk hauptsächlich bestimmt ist, wird die 
Möglichkeit gegeben, sich über den augenblicklichen Stand der Chirurgie 
der Harnwege vollständig zu informieren und an der Hand dieser In- 
formierung selbständig vorzugehen. Besonders lobenswert sind die Ab- 
schnitte, welche die Cystoskopie und den Ureterenkatheterismus behan- 
deln. Die Darstellung ist klar und anschaulich. Ein kleiner Irrtum 
hat sich eingeschlichen: das Albarransche Uretercystoskop mit dem 
aufstellbaren Finger wird Nitzesches genannt. Ich glaube, dafs auch 
der Urologe diese Kapitel mit Interesse lesen und darin manche An- 
regung finden wird. Casper- Berlin. 


XI. Mitteilung. 


I. Kongreís der Deutschen Gesellschaft für Urologie. 
Wien, 2. bis 5. Oktober 1907. 

Da die Zahl der bisher eingetroffenen Anmeldungen schon eine 
beträchtliche ist, wird nochmals aufmerksam gemacht, dafs nur die bis 
15. Juli 1907 an die Geschäftsstelle Wien (IX Maria Theresienstr. 3) 
angemeldeten Vorträge und Demonstrationen in dem endgültigen Pro- 
gramme Berücksichtigung finden können. 

Wien, am 1. Juli 1907. 

A. Kapsammer, 
Schriftführer. - 


Druck von C. Grumbach in Leipzig. 


- Über Leukoplasie und Malakoplakie. 


Von 
Prof. Dr. Josef Englisch in Wien. 


Die vorliegende Erkrankung der Schleimhaut findet man unter 
verschiedenen Namen verzeichnet. 

Pachydermie (Virchow). 

Leukoplakia (Schwimmer). 

Leukoplasia allgemein. 

Psoriasis membranae mucosae. 

Leukokeratosis (Le Dentu, Besnier). 

Maculae lacteae. 

Plaques opalines. 

Epitheltrübungen (Ch. Schuster). 

Cholesteatom (Rokitansky). 

Xerosis (Förster, Hirschfeld, Leber). 

Metaplasie. 

Malakoplakia (H. v. Hansemann). 

Dieselbe war in gewissen Formen schon Morgagni, Hunter 
bekannt und wurde der Psoriasis, Ichthyòsis, Keratosis, Tylosis der 
äulseren Haut gleichgestellt. 

Das Wesen dieser Erkrankung besteht in der Wucherung des 
Epithels der Schleimhaut mit Vermehrung der oberflächlichen 
Schichten und kleinzelliger Infiltration der Umgebung. 

Rokitansky bezeichnet die Erkrankung als Geschwulstbildung 
durch übermäfsige Wucherung des Epithels (Cholesteatom), als dicke 
geschichtete, in Blättern sich abstolsende, weilse Lagen von Epi- 
dermiszellen. Fleckenweise oder oben die ganze Ausdehnung der 
Harnorgane ausgedehnte Wucherung auf einer chronisch entzündeten 
papillaren Schleimhaut. 

Halle: Wucherung des FEpithels als ein geschichtetes Pflaster- 
epithelium mit Epidermischarakter. 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 4. 


642 | Josef Englisch. 


Schwimmer als chronische Erkrankung der Schleimhaut, ein 
örtliches Übel im Auftreten und in seinem Typus (idiopathisch) mit 
keiner anderweitigen Kraukheit des Organismus in nachweisbarem 
Zusammenhange stehend. 

Lichtenstern sieht das Wesen der Erkrankung in dem Über- 
gange des Zylinderepithels (der Blase) in Pflasterepithelium von 
typischem Bau mit Verhornung der obersten Schichte infolge ent- 
zündlicher Veränderungen. 

Ebstein: Bei chronischer Entzündung finden sich an umschrie- 
benen Stellen kleine, weilse, glänzende, sehr wenig über die Um- 
gebung sich erhebende Flecken mit Papillenbildung, vergesellschaftet 
mit einer Verdickung des sich auch zwischen die Papillen fortsetzen- 
den Epithels. 

Halle falst den Prozefs als eine chronische Entzündung mit 
Sklerose, Vaskularisation und Papillenbildung des Derma, Umbildung 
des Epithels der Harnwege in die typische Form der äufseren Haut, 
regelmäfsig oder unregelmälsig, Wucherung und Abschuppung des 
Epithels, zusammen. 

Nachdem die Mehrzahl der Beobachter annimmt, dafs den 
leukoplastischen Veränderungen entzündliche Vorgänge zugrunde 
liegen, so erscheint es angezeigt, kurz auf die gesetzten Verände- 
rungen bei akuten und chronischen Entzündungen der Schleimhaut 
der Harnwege einzugehen. 

Finger beschreibt (A.) den Befund bei einer frischen Go- 
norrhoe in folgender Weise: 

A. 1. Belag der ganzen Schleimhautfläche mit einer dicken 
Eiterschichte und Anfüllung der Ausbuchtungen mit derselben. 

2. Das Plattenepithel der Fossa navicularis ist noch festgefügt; 
nur einzelne Zellen der oberflächlichen Schichte in Ablösung be- 
griffen. | 

3. Das Zylinderepithel, aber nur stellenweise, aufgelockert; die 
oberste Schichte in Abstolsung begriffen; Freiliegen der Schichte 
der Ersatzzellen; reichliche Durchsetzung mit Eiterzellen. An der 
Mündung der Morgagnischen Taschen die Zylinderzellen zu Spin- 
delzellen ausgezogen, gequollen, schleimig degeneriert. Ähnliche 
Veränderungen des Epithels in den Morgagnischen Taschen. 

4. Das Bindegewebe mit Eiterzellen infiltriert; die Intensität 
der Infiltration stellenweise stärker. 

5. Die Kapillaren dicht mit Leukocyten gefüllt; die Wand bis 
auf den Durchtritt einzelner derselben nicht verändert. 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 643 


6. In den Drüsen dieselben Veränderungen des Epithels. 

B. Bei chronischer Urethritis. 

a) Bei Urethritis anterior, stets mit Veränderungen des Epi- 
thels. 

1. Lockerung der Zylinderzellenschichte mit Schwellung und 
schleimiger Degeneration. 

2. Vermehrung der unterliegenden, polygonalen Ersatzzellen ; die 
unterste Schichte nicht selten kubisch. 

3. Bei frischer Rundzelleninfiltration. 

4. Umwandlung des Zylinderepithels in Plattenepithel; die 
Schichte der kubischen Ersatzzellen besteht aus mehreren Schichten 
erolser, polygonaler Zellen gleich dem Rete Malpighi. 

5. Ritizellen, die nach oben gröfser werden und fester anein- 
ander rücken. 

6. Über bindegewebigen Schwielen wenige Schichten niederer, 
kernhaitiger Plattenzellen gleich den oberen Epidermiszellen. 

7. Nie keratohyalinhaltige Zellen. 

8. Alle Umwandlungen stehen mit Veränderungen des subepi- 
thelialen Bindegewebes im Zusammenhange; dasselbe in chronischer 
Entzündung; Infiltration und Tendenz zur Schrumpfung; die Rund- 
zellen mit dunklem, wenig gefärbtem Kerne mit Beimengung von 
protoplasmareichen Zellen mit grolsen, schwach gefärbten Kernen; 
Erweiterung der Gefälse. 

9. Bildung von Exkreszenzen und maulbeerartige Beschaften- 
heit der Schleimhaut an umschriebenen Stellen. 

10. Zunahme der Spindelzellen bis'zum Überwiegen der Binde- 
gewebshyperplasie; Schrumpfung; Narbenbildung. 

ll. Die Lacunae Morgagni zeigen dieselben Veränderungen der 
Schleimhaut von aufsen nach innen, mit Klaffen der Mündungen, 
Verstopfung des vorderen Teiles, Cystenbildung. 

12. Drüsen dieselben Veränderungen. 

b) Urethritis posterior chron. 

l. Die Schleimhaut aufgelockert, von mattem, gestricheltem 
Aussehen; papilläre Wucherung in der Umgebung des Collieulus 
seminalis, sich verlierend, je weiter davon entfernt; schwielige Binde- 
gewebsdegeneration. 

2. Prostatasekret milchig, trübe, mit zylindrischen oder kubi- 
schen und polygonalen Epithelzellen. 

3. Epithelveränderung genau wie in der Pars anterior urethrae; 
am Caput gallinaginis rascher auftretend als am übrigen Teile; von 

42* 


644 Josef Englisch. 


der Kuppe nach den Seiten; hält Schritt mit den Veränderungen 
des subepithelialen Bindegewebes. 

4. Diese Zelleninfiltration bis zum Verschwinden der Fasern: 
Auftreten von spindelförmigen Zellen im Infiltrate; Papillenwuche- 
rung mit Ausnahme am Samenhügel; Narben- und Schwielen- 
bildung. 

5. Drüsen dieselben Veränderungen. 

Die der Leukoplasie entsprechenden Veränderungen sind eben- 
falls nach den Stadien verschieden und unterliegen am selben Indi- 
viduum vielen Unterarten. 

Pathologische Anatomie. 

Virchow beschreibt die Erkrankung unter der Bezeichnung: 
Pachydermie als Wucherung des Epithels mit Umwandlung in Epi- 
dermiszellen an umschriebenen Stellen oder diffus, mit Infiltration 
des Schleimgewebes von glatter Form oder papillär, wobei die Epi- 
thelwucherung in die Tiefe dringt und dann erst in die Wucherung 
der Papillen hineinwächst. 

Reiner schildert den ähnlichen Vorgang am Kehlkopf als 
Lockerung der Epithelien; Abheben und Abstofsen derselben mit 
Wiederbildung des Epithels; selbst als Wucherung am Rande der 
Geschwüre als weilser Rand mit kleinzelliger Infiltration der Schleim- 
haut, Wucherung der Papillen und des Pflasterepithelüberzuges. 

Den Übergang zur eigentlichen Leukoplasie bilden die Verän- 
derungen des Epithels in der chronischen Ufrethritis. 

Finger betont, dafs die chronische Entzündung immer mit 
Veränderungen des Epithels’ einhergeht, und betrifft die Veränderung 
besonders das Zylinderepithel, welches in ein Plattenepithel über- 
geht. Im ersten Grade gehen die obersten Zylinderzellen in platte 
Zellen über mit einer unterliegenden mehrfachen Schichte von po- 
lygonalen Zellen; im zweiten hat das Epithelium schon den epi- 
dermoidalen Charakter angenommen; im dritten gleicht es den 
obersten Schichten der Epidermis. 

Gleichzeitig gehen damit Hand in Hand die Veränderungen 
des subepithelialen Bindegewebes von der kleinzelligen Infiltration 
bis zur kallösen Umwandlung, Verdickung, Schwellung und teil- 
weisen Abstofsung bis zu den weiteren Eigenschaften der chronischen 
Entzündung. 

Wassermann und Hallé beschreiben die fortgeschritteneren 
Stadien, wie sie sich z. B. hinter Harnröhrenverengerungen finden. 
nachdem sie sich für die Finger'sche Anschauung ausgesprochen 


Über Leukoplasie und Malakoplakie, | 6-5 


haben. Nur ist hier eine grölsere Verschiedenheit vorhanden. Die 
Hauptform des Epithels besteht in den untersten Schichten aus 
einer einfachen Schichte kubischer oder zylindrioider Zellen, senk- 
recht auf das Derma; die folgende Schichte besteht aus mehreren 
Schichten polygonaler oder vieleckiger Zellen, welche allmählich 
in die oberste Schichte, bestehend aus mehreren Reihen platter, 
mit der Längsachse parallel zum Derma gestellten Zellen, über- 
gehen; die Abplattung ist um so stärker, je oberflächlicher die 
Zellen liegen. Als Abweichung erhält die basale Schichte Ein- 
lagerung von Rundzellen; in der mittleren Schichte steigt die Zahl 
der Reihen von 4—6 auf 10 —15 oder kann auch gänzlich fehlen, 
so dafs die basalen und abgeplatteten Zellen sich berühren. Die 
Zellen der mittleren Schichte liegen entweder dicht aneinander oder 
sind durch Interzellularsubstanz weit getrennt; in anderen Fällen 
finden sich gezähnte Zellen, ähnlich den Zellen der mittleren Schichte 
der Oberhaut, oder gar schon Plattenzellen eingestreut, oder schöne 
hvaline Zellen. In der obersten Schichte finden sich noch einge- 
streute kernhaltige platte Zellen, oder bereits verhornte, welche 
öbertlächlichst eine eigene Schichte bilden und von den unten- 
liegenden durch eine eleidinhaltige Schichte getrennt sind. Oft ruht 
eine solche Schichte direkt auf der basalen auf. Diese Hornschichte 
ist oft bedeckt mit einer Schichte kernhaltiger Zellen, welche in 
Abschuppung begriffen sind. Je mehr die Verhornung fortschreitet, 
um so tiefere sklerosierende Veränderungen gehen im subepithelialen 
Gewebe einher. 

Im prostatischen Teile wurden nie verhornte Zellen gefunden. 

Die Ursachen der Umformung des normalen Epithels sind: abnormer 
Druck, wiederholte Reizung der Harnröhre durch Instrumente usw. 

Öberländer charakterisiert die Veränderungen bei der chro- 
nischen Urethritis blennorrhagica als Neigung der zylindrischen 
Epithelzellen, in platte, sogar verhornte Zellen überzugehen. Die 
oberflächlichen Zellen trennen sich zuerst und erleiden eine schlei- 
mige Umwandlung; die unmittelbar unterliegenden Zellen wuchern 
und sind mit Leukocyten durchsetzt; die Umwandlung erfolgt durch 
Übergang der Zylinderzellen durch kubische Zellen zu den platten. 
In den höchsten Graden ruhen Schichten aus platten Zellen, ähn- 
lich dem Narbenepithel, auf der in Bindegewebe umgewandelten 
Schleimhaut, nachdem in dieser fleckenweise eine kleinzellige und 
eiterige Infiltration vorausgegangen war. Diese Umwandlungspro- 
zesse sind in der hinteren Urethra weniger ausgeprägt. 


646 | Josef Englisch. 


Dafs schon infolge der oben angegebenen Reize an der Schleim- 
haut der Harnröhre im frühen (akuten) Stadium entzündlicher Vor- 
gänge die Wucherung, Abstolsung und Umwandlung des Epithels 
eintreten kann, dafür spricht die Urethritis desquamativa. Sie bildet 
teilweise den Übergang zur Leukoplasie. 

Die Beobachtungen seien in Kürze angeführt. 


1. v. Zeissl (1852), M. 32 J., kräftig; v. 1 J. Blennorrhoe, Einlegen eines 
Katheters. Harn: klar, weilsliche Flüssigkeit mit glasigen Klümpchen, später 
weilse, derbe, membranartige Flocken 1!/, cm lang, !/, Linie dick, noch später 
Röhren aus Fibringerinnsel mit Epithelien. 

Hancock (1852) beobachtete ähnliche Fälle. 

Pitha (1855), Fälle nach traumatischen Eingriffen, eine heftige Entzün- 
dung bedingend. Die Membranen können die Harnröhre ausfüllen und zu 
Ischurie Veranlassung geben (als croupöse Urethritis bezeichnet). Ein Fall bei 
Striktur. 

Grünfeld (1877) beschreibt unter der Urethritis membranacea bei heftigen 
Entzündungserscheinungen nach Entfernung des Eiters bei geröteter Schleim- 
haut dieselbe mit grauweilsen Streifen überzogen, parallel der Achse der Harn- 
röhre, welche festhaften, auch in Form von Plaques auftreten; diese Form findet 
sich nur im vorderen Teile der Harnröhre. 

Rona (1884), 1. M. 28 J. Membranen 1—2 cm lang, 2—9 mm dick, in 
der Fossa navicularis. 2. M. 84 J., Membranen 1!/, cm lang, 1—3 mm dick. 

Beselin beschreibt einen Fall im Nierenbecken bei einem 31 j. tuber- 
kulösen Manne, der nie an Geschlechtskrankheit gelitten. Der Harn enthielt 
Cholestearintafeln und perlmutterartige, glänzende, 7 mm grolse, flache Schollen 
aus grolsen polygonalen Epithelzellen, moraikartig aneinandergereiht oder regel- 
los zusammengeballt; die obersten Zellen mit epidermoidalem Charakter. 

Oberländer (1886), unterscheidet eine membranöse Entzündung der 
Harnröhre, die in gruppenförmigen, croupähnlichen kleinen Flecken besteht, 
vorkommend zumeist in der hinteren Hällte der Pars pendula nalıe am Bulbus, 
mit reaktionslosem Verlaufe. Die Membranen flach, festhaftend; nur aus der 
Epithelialschichte bestehend; nach Entfernung wieder wuchernd, mit Verhor- 
nung der Oberfläche. 

Neelsen (1886) beobachtete bei einem 25 j. an chronischer Urethritis 
leidenden Manne nach einer Einspritzung von Nitras argenti mit heftiger Ent- 
zündung am 20. Tage Abgang von Plattenepithel. Die Schleimhaut im vorde- 
ren Teile des Bulbus und im hängenden Teile des Gliedes grauweifs, glänzend. 
Der stark staubige Harn mit Abgang von Membranen von 4—5 cm Länge. 

Pajor (1889), 1. Mann 28 J. kräftig, mit Erscheinungen der Spinalirri- 
tation, vor 9 J. Blennorrhoe mit Epididymitis, vor 1 J. häufige Pollutionen. 
Brennen beim Harnlassen, Cystitis, halbseitige Herabsetzung der Sensibilität an 
der Eichel und dem Penis. Die Urethra hart, rigid, dem Endoskope leichten 
Widerstand entgegensetzend. Die Schleimhaut weilsgraulich, hart anzufühlen, 
von der Pars prostatica bis zur Fossa navic. Einpinselung 'mit einer 1°;, Jod- 
tinkturlösung. Abgang einer 9,1 cm langen, 0,5 cm breiten zylindrischen milch- 
weilsen feinen Membran von schlangenhautähnlichem Ansehen am nächsten 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 647 


Morgen als Abdruck der Harnröhre. Andauer der Abgarges der Membranen 
mehrere Wochen. 

2. M. 29 J. Blennorrhoe vor 9 J., inrait von adstringierenden Ein- 
spritzungen wegen chronischer Urethritis. Mit dem Endoskope weifsliche Ver- 
färbung der Schleimhaut vom Bulbus bis zur Mitte des hängenden Teiles der 
Harnröhre. Zur Anwendung kommen nacheinander: Metallsonde, 1°/ọ Jod- 
tinkturlösung, 5 Tropfen einer 2°/, Lösung von Nitras argent. und 1°/ọ von Blci. 
Nach letzterer am 2, Tage Abgäng eines 1 cm langen, dünnen Häutchens, am 
7. Tage spontan einer 7 cm langen, grauweifslichen, zylindrischen Membran aus 
geschichtetem Pflasterepithelium mit grofsen Kcrnen, einzelnen Rond. und 
Wanderzellen. 

Baraban (1890) beschreibt die Umwandlung des Epithels in Plattenepi- 
thel in einem Falle von Urethritis chron. 

Feleki (1891), M. 26 J., Blenn. v. 4 J., vor 2 Jahren nach stärkeren 
Einspritzungen Abgang von Membranen als weilse, erbsengrofse, inselförmig 
vorragende Plaques der Pars pendula, hochrote Schleimhaut. Nach Injektion 
von Lapis Abstolsung von Zylindern 3 und 5 cm lang, !/; mm dick, Abgüsse 
der Harnröhre, bestehend aus Plattenepithel. Im 2. Falle Abgang nach Kathe- 
terismus. Endoskopisch Epithelialauflagerungen in dem hängenden Teile nach- 
weisbar. Nach einer !/,°/, Lapiseinspritzung Abgang von 2 zylindrischen, röh- 
renförmigen, milchglasartigen Häutchen, läugsgefaltet, von 5 und-3cm Länge 
und !/, mm Dicke ausgeschichtetem Pflasterepithel mit grofsen Kernen. 

2. Professor, mit Prostatorrhoe, 2 Blennorrhöen, letzte vor 2!/ J. Endo- 
skopisch: die Schleimhaut im kavernösen Teile der Harnröhre schwarzgrau, 
wie rufsig, infolge 1!/, jähr. Lapiseinspritzung, mit Abnahme der Elastizität. Ein- 
führen einer Sonde mit heftiger Reizung und profuser Eiterung. Einspritzung 
einer schwachen Bleiessiglösung. Am folgenden Tage Abgang von mehrere cm 
langen Röhrchen, von obiger Beschaffenheit, und Fetzen. 

Battle (1893), M.44 J., gesund, kräftiz, seit 7 J. Schmerz im Perineum, 
vor 4 J. Gonorrhoe, seit 4 J. Harnbeschwerden, mit Abgang von Häutchen. Der 
Harn enthält Zylinder von 6—7 cm, aus Zylinderepitheiien gebildet. Endo- 
skopisch: der häutige Teil der Urethra grauweils. Es wurde der Perinealschnitt 
gemacht. H. 

D’Haehens, (1896) beschreibt im 1. Falle bei einem tuberkulösen M. 
mit milchigem Ausflusse den Abgang von 11 cm langen Membranen aus Epi- 
thelzellen. Im 2. Falle, betreffend einen Mann von lymphatischem Habitus, an 
chronischer Urethritis leidend, ähnliche Membranen. 

Humphry erwähnt eines Musealpräparates; Evans teilte Battle einen 
Fall mit, Klimeck (1901) 2 Fälle bei Tripper nach Injektionen; Fürbringer 
8 Fälle; Ludwigs 3 Fälle von Tripper könnten hierher gehören, da über Ver- 
hornung der Epithelzellen nichts angegeben. Die Schleimhaut war bläulich, 
weilsgrau verfärbt, Flecken in verschiedener Ausdehnung in der Pars pendula 
gegen den Bulbus zu. (Therapie: Heidelbeerdekokt.) 

Neelsen (1887) beschreibt 3 Fälle von Wucherung der Schleimhaut und 
Verdickung des Epithels, aber ohne Verhornung (Fall 9, 10, 11). 

Blase. — Escat, (1901) beschreibt einen Fall von Cystitis pseadomembra- 
nacea. M. 89 J., seit 15 Monaten Harnbeschwerden ohne vorausgegangene Ge- 
schlechtserkrankung, der Harn von Kadavergeruch, setzt eine Menge, 4--5 mm 


645 Josef Englisch. 


lange, weilsgraue, teilweise verkalkte, aus Schichten von Pflasterzellen bestehende 
Mass:n ab. Endoskopisch in der Blase eine Auskleidung von solchen Körpern. 
Hoher Blasenschnitt. Nach dem Schnitte zeigt die Blase sich silbergelb, 3 mm 
dick mit einer Masse ähnlich dem Präputialsmegma belegt, nach deren Ab- 
kratzen die bläuliche Schleimhaut zutage trat. Das Epithelium ist brüchig, 
das salmucöse" Gewebe geschwellt, die Blasenwand verdickt. Die Membranen 
bestehen nur acs Epithelialzellen. Der Prozefs gleicht der Ichthyosis der Haut. 

Harnleiter. Auch hier wurden ähnliche Beobachtungen gemacht von 
v.Jaxscehbeieinem Nierenstein Abgang von Röhren dem Harnleiter entsprechend; 
R-iz dureh den Stein, Israel, Fenwick. 

Hertan White 1901). W.60 J., seit 30 Jahren linksseitige Koliken; die 
Niema se&wer zu ermitteln; längs dem Ureter ein harter Strang. Der Harn 
neutral, eiweiishaltir, Leukocythen; halbdurchsichtige, 1 cm lange, die Form der 
Harzleit»r Baltende Fıbringerinnsel mit Zellen, 

Wesentich verschieden von der voranstehenden Erkrankung ist die Leuko- 
p’asia, deren Hauptcharakterin der Verhornung der oberflächlichen 
Z>!\en des gewucherten Epitheliums besteht. (Posner.) 

Heschl 1561) gibt die erste anatonische Darstellung der Leukoplasie als 
s[nwartige, länzsverlaufende Kämme, in deren Furchen weilse Epithelialmassen 
etngeiagert siud. 

Vajda (1882) fand im vorderen Teile der kahnförmigen Grube, die 
aus dem subepithelialen Bindegewebe stammenden Papillen mit einem dicken 
tattenepithelüberzug versehen, im hinteren Teile das Epithelium stark verdickt, 
weiierfürmig neben den mit einer dicken Plattenepithelschicht bedeckten Papillen. 
Lu Luibssen Teil das Stroma wuchernd, infiltriert; die Papillen ebenfalls mit 
Kaitenepithel bedeckt. I 

Ebstein (1881) teilte den ersten Fall von Leukoplasie im Harnleiter mit. 
Bei ehronischer Ureteritis fanden sich weifse, wenig erhabene, glänzende Flecke 
wit Papillenwucherung; das Epithelium war verdickt und sandte Massen in 
die Trew, 

Cabot (1891) beschrieb den ersten Fall in der Blase: das Harnsediment 
enthielt Platten von Epidermiszellon und Kalkkörnern. Nach dem hohen Blasen- 
sehnitte zeigte sich die Schleimhaut blalsgrau, im hinteren Teile 4—5 cm hart, 
blots injiziert. Dio mikroskopische Untersuchung ergab: die Schleimhant 2—3 mm 
duk, verdickt; die oberste Schichte wie die äulsere Haut aussehend; die in der 
Duef polygoralen Zellen flachen sich gegen die Oberfläche hin immer mehr ab, 
sleichen den Epidermiszellen, sich zu oberst lappenartig abstolsend. In den 
vbertlachlichen Schichten E'pidermisperlen eingelagert, in der Tiefe nicht, 
wohin auch die Epidermis nicht dringt. 

Albarran (1892) beschreibt ähnliche Flecke in seiner Arbeit über die 
Blasentmmoren. 

L.öwenson (1862). Sektionsbefund bei Peritonitis: Die Blase war aus- 
wwlehnt, reichte bis zum Nabel und war mit einer Menge gelblicher, rander 
Körner und glünzender Schuppen ausgefüilt, im Gewichte von 8°/, Pfund. Die 
Sehleimhaut scheinbar normal, an einzelnen Stellen ulzeriert, grubig; oben ihre 
Kpitheldecken stark verdickt, gleich der äußeren Haut; das Epithel verhornt, 
unthielt Olein, Stearin und Kalk, 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 649 


Halle (1596) bringt eine ausführliche Arbeit über diesen Ge- 
genstand, teilt eine Reihe von Fällen fremder und eigener Be- 
obachtungen mit und falst seine Beobachtungen in pathologisch- 
anatomischer Hinsicht zusammen. 

Das Epithel bildet eine abnorme Auskleidung mit einem mehr 
oder weniger ausgesprochenen Charakter der Epidermis von ver- 
schiedener Dicke bis zum Aussehen einer Oberhaut; die basalen 
Zellen sind zylindrisch, die Malpighische Schichte hat gezähtite 
Zellen, hierauf folgt ein Stratum granulosum, Stratum lucidum und 
zuletzt die Hornschichte. Der Vorgang der Keratinisation ist un- 
regelmälsig und abnorm. Das Epithel besteht ausnahmsweise nur 
in einer basalen Schichte mit mehreren Reihen polygonaler, nicht 
gezähnter Zellen, welche fast unmittelbar in die Hornschichte über- 
geht, oder auf die basale Schichte mit Malpighischem Charakter 
folgt eine Schichte grolser byaliner, kaum abgeplatteter Zellen mit 
schwer unterscheidbarem Kern, ohne eine eigentliche Hornschichte 
zu bilden. Die verschiedene Form der Keratinisation (Finger) wird 
bestätigt. 

Die Dicke des Epithels ist verschieden. Zwischen den Papillen 
bis in das Derma hinein findet man Epitheleinlagerungen, welche 
von der Peripherie gehen, das Zentrum in gleicher Weise ver- 
hornen, die äufseren Schichten polygonal und gezähnt; manche 
gleichen den Epidermiskugeln. Die Epithelwucherungen gehen von 
den tiefen Schichten aus, sind scharf begrenzt und gleichen oft den 
epithelialen Neubildungen. Die verhornten Zellen lösen sich einzeln 
oder in gestreiften Lappen ab. Zwischen die Streifen lagern sich 
zarte Züge von granulierten eleidinhaltigen Zellen. Die abge- 
sto[fsenen Massen können in der Harnröhre das Lumen ausfüllen, 
in der Blase grofse Massen bilden (Löwenson, Beselin) und 
können in Verfettung übergehen, da Löwenson neben den Epi- 
dermismassen eine grolse Menge amorpher Fettkörner fand. Diese 
Veränderungen des Epithels: Wucherung und Abschuppung bilden 
einen wesentlichen Charakter der Leukoplasie, gehen aber auch 
immer mit Veränderungen des submukösen Bindegewebes einher, als: 
entzündliche Verdickung, fibröse Verhärtung, Erweiterung der Ge- 
füfse mit Verdickung der Wand, Wucherung in der Form papillärer 
Verlängerungen derart, dafs das submuköse Gewebe ein dermo- 
papilläres Anschen erhält. Die so geformten Papillen bestehen aus 
einer erweiterten Gefälsschlinge und runden oder spindelförmigen 
Zellen mit Infiltration von embryonären Zellen; manchmal mit Blut- 


650 Josef Englisch. 


austritten als Zeichen eines akuten Nachschubes. Es breitet sich 
die Verhärtung über das submuköse Bindegewebe aus, hebt die 
Faltbarkeit der Schleimhaut auf, bedingt eine unvermittelte feste 
Verbindung mit den benachbarten Schichten bis auf das intermusku- 
läre Bindegewebe der Muskelhaut selbst mit Degeneration des 
Muskels. In der Umgebung der leukoplastischen Stellen ist die 
Schleimhaut verdickt, rot oder bräunlich bis grüngraulich, nicht immer 
glatt, oft körnig an der Oberfläche oder ulzeriert mit Pseudo- 
membranen belegt; mit ähnlichen Veränderungen wie unterhalb der 
leukoplastischen Stellen versehen; und da in der Leiche diese rasch 
zerstört werden, so lälst sich annehmen, dafs der Prozefs im Leben 
ausgedehnter war. 

Bürchenow führt als eine besondere Eigentümlichkeit der 
Leukoplasie der Blase das Feuchtbleiben und festere Anhaften an 
der Unterlage an. Je dichter die Epithelschichte, um so entwickelter 
sind die Papillen. 

Wenn wir die verschiedenen Befunde, wie sie in der Kasuistik 
wiedergegeben sind, vergleichen, so ergibt sich im ganzen an allen 
Stellen der Harnwege nahezu der gleiche Befund. Neben den oben 
schon angegebenen Abweichungen (Hallé) zeigt sich nur, dafs de 
Zahl der einzelnen Schichten der verdickten Schleimhaut nicht 
gleich ist, so wie die Zahl der Reihen in den einzelnen Unterab- 
teilungen eine ungleichmälsige ist und in dem einen Falle diese. 
in einem anderen Falle jene Zellenform in einer grösseren Zahl von 
Reihen auftritt (siehe Krankengeschichten). Dieselbe Verschieder- 
heit zeigen die Papillen, nur hat sich ergeben, dafs, je lockerer die 
Schleimhaut, um so reichlicher und höher sind die Papillen, ent- 
sprechend der normalen Anlage; daher im hinteren Teile der Harn- 
röhre, in der Blase und den oberen Harnwegen reichlicher. Die 
Abplattung der Zellen in den obersten Schichten ist allen Fällen 
gemeinsam; nicht die Verhornung. Bezüglich dieser haben die Be- 
obachtungen ergeben, dafs dieselbe um so deutlicher ist, je stärker 
das submuköse Gewebe ergriffen ist. Verhältnismäfsig selten findet 
sich die Einlagerung von Epidermisperlen (Cabot obere Schichten) 
bis in das submuköse Gewebe. | 

Was die Bedingungen anlangt, unter welchen sich die Leuko- 
plasie entwickeln kann, so mus vor allem die morphologische 
Grundlage berücksichtigt werden. Virchow (R. Leiner) hatte be- 
züglich des Kehlkopfes den Grundsatz aufgestellt, dafs Wucherung 
und Verhärtung, sowje Papillenwucherung nur an jenen Stellen vor- 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 651 


kommen, an welchen sich normal kein zylindrisches Epithelium, 
sondern ein geschichtetes Pflasterepithelium vorfindet (Dermoid- 
stellen), welche Abkömmlinge der äufseren Haut sein könnten. 
Ahnliches an anderen Stellen: Mastdarm, Scheide, Nase, Urethra. 
Posner unternahm weitere Untersuchungen und stellte den Be- 
griff: epidermidal derart fest, dals es®sich nicht blofs um ein ge- 
schichtetes Pflasterepithelium handeln dürfe, sondern nur um ein 
solches Epithelium, in dem es sich um zwei Schichten handelt: tiefer 
gelegenes Rete und ein darüber gelegenes Stratum, d. h. mit aus- 
gesprochenem Hautcharakter. Nicht die Verhornung bildet bei 
den weichen Schleimhautoberflächen den Hauptbegriff, sondern die 
Einlagerung des Keratohyalins, bezw. Eleidins, zerstreut oder in 
einer eigenen Schichte, Stratum granulosum, welches in unzweifel- 
hafter Beziehung zum Verhornungsprozels steht. An dessen Stelle 
könnte das Auftreten eines Stratum lucidum zwischen den obigen 
beiden Schichten zugunsten des epidermidalen Charakters verwertet 
werden. Nachdem er die Verhornung an der Zunge, der Nasen- 
und Mundschleimhaut besprochen und als Schleimhäute ektoder- 
malen Ursprungs angeführt, nimmt er den gleichen Ursprung aus 
dem ektodermalen Blatte für die vordere Harnröhre (Fossa navi- 
cularis und Pars cavernosa) nach der Entwicklung der Genitalien 
an. Die mikroskopische Untersuchung ergab, dafs die Schleimhaut 
schon verschiedene Befunde gibt: 1. das Epithel besteht in der 
Tiefe aus runden Zellen, folgend nach aufsen, mehreren Schichten 
keilförmiger Zellen, endlich schönen, schlanken Zylinderzellen; 
2. an anderen Stellen folgen darauf abermals kubische Zellen; 
3. wo nur kubische Zellen vorhanden sind, bilden die oberste 
Schichte flache Zellen. Bei der Verhornuung an der Schleimhaut 
entwickeln sich genau dieselben Vorgänge wie bei der äulseren Haut. 
Genaue Untersuchungen an dem Larynx und der Scheide mit Be- 
rücksichtigung der embryologischen Entwicklung ergeben, dafs deren 
Schleimhäute, obwohl mesodermalen Ursprungs, eine Verhornung 
zeigen. Zeller hatte dieses für den Uterus gezeigt. Nachdem 
Posner auch das Vorkommen von Verhornungen auf Schleimhäuten 
rein entodermalen Ursprungs und das der Hornplatten und Papillen 
im Magen von Tieren nachgewiesen hatte, kommt er zu folgendem 
Schlusse: „Sowohl zylindro-epitheliale Schleimhäute ektodermalen 
Ursprungs, wie auch Gewebe ento- bezw. mesodermaler Herkunft 
können in gleicher Weise zur Hornproduktion geeignet sein, d. h. 
sich völlig epidermisieren.“ Es erklärt sich daraus das Vorkommen 


652 


Josef Englisch. 


der Leukoplasie nicht nur im vorderen Teile der Harnröhre, son- 
dern auch an der Blase, den Ureteren und Nierenbecken. Pflaster- 
epithelium eines Teiles der Harnorgane ist daher nicht die abso- 
lute Bedingung zur Entwicklung der Leukoplasie, wenn auch die 
Erfahrung lehrt, dafs sie um so leichter sich an solchen Stellen 
entwickelt. 

Die Zahl der beobachteten Fälle von Leukoplasie ist eine ver- 
hältnismälsig geringe, obwohl ihr Vorkommen gewils häufiger ist, 
als sie beschrieben wurde. In der mir zugänglichen Literatur 
konnte gefunden werden: 


A. Obere Harnwege 9 Fälle. 


C: 


Nierenbecken 2 (Braatz, Leber); 

Harnleiter 3 (Ebstein, Hallé 2 Fälle); 

Nierenbecken und Harnleiter 5 (Roua 2 Fälle, Chiari, 
Stockmann). 


. Blase 27 Fälle. 


L Die ganze Blase 16 (Löwenson, Hallé 2 Fälle, Al- 
barran, Nogues, Labat, Krebs, Ravassini 2 Fälle, 
Verrière, Escat, Nogues, Pommer); 

2. die hintere Wand 1 (Cabot, Zuckerkand)); 

3. Trigonum 4 (Albarran, Lohnstein, Verrière, 
Lechter); 

4. Fundus 3 (Halle, Brik, Hagmann); 

ö. vordere Wand 2 (Albarran, Escat); 

6. Seitenwand 2 (Albarran, Escat); 

7. Blasenhals 1 (Albarran); 

8. Blaseuhals und hintere Wand 1 (Brik); 

9. Blasenhals und Trigonum 1 (Brik). 


Harnröhre. 


1. Fossa navicularis und Pars pendula 1 Fall (Capelin); 

2. Pars pendula und bulbosa 5 Fälle (Ludwig 3 Fälle, 
Wassermann 2 Fälle); 

3. Pars pendula, bulbosa und membranacea 
(Heschl, Pinkus, Vajda); 

+. Pars bulbosa und membranacea 1 (Wasssermann); 

5. Pars pendula, bulbosa und prostatica 1 (Roget); 

6. Fossa nav., Pars pendula und bulbosa 1 (Vajda: 

T. Urethra, Blase, Ureter, Pelvis renis 1 (Marchand); 

S. unbestimmt 1 (Fardice). 


3 Fälle 





Über Leukop'asie und Malakoplakie. 653 


Löwenhardt beschreibt zwei Präparate von intensiver Desqua- 
mation der Harnröhre mit bakteriellem Ursprunge. 

Bezüglich der Ursachen liegt zunächst die Aufgabe vor, inwie- 
weit allgemeine Erkrankungen eine Disposition zur Leukoplasie alı)- 
geben. Von vielen war ein schlechter Ernährungszustand als Ur- 
sache angesehen. So fand Teuscher bei Negerkindern von 3 bis 
4 Jahren infolge von mangelhafter Ernährung Xerosis mit Magen- 
und Darmkatarrhen vor; ebenso De Gouv&as und Goma Loto. 
Blessig fand in allen Fällen von Xerosis stets eine Störung des 
Allgemeinbefindens und unterscheidet drei Klassen: 1. mit aus- 
gesprochenem Skorbut; 2. Anämie, fast ohne Ausnahme; 3. quälen- 
der Husten, wenig Auswurf, Rasselgeräusche, Besserung mit Besse- 
rung des Allgemeinbefindens. Insbesondere wurde diese Beobachtung 
während der griechischen Fastenzeit gemacht, womit die Beobachtung 
Thalbergs übereinstimmt, dafs zur Fastenzeit sehr häufig Xerosis 
conjunctivae mit Hemeralopie bei Erwachsenen mit profusen Dnrch- 
fällen vorkomme. Cohn teilt mit, dals in schwereren Fällen von 
Xerosis (6 Fälle), wenn die Bindehaut und die Cornea ergriffen 
waren, immer marastische Zustände vorhanden waren, in leichteren 
(17 Fälle) wohl schlechte Ernährung, aber keine allgemeinen Stö- 
rungen getroffen wurden. Fischer, Leber, Hirschfeld halten 
die Ernährungsstörungen des Organismus bei Xerosis der Conjunc- 
tira nur für ein begünstigendes Moment, nicht aber für eine wesent- 
liche Bedingung für die Entwicklung derselben, und erklärt Leber 
den Zusammenhang der Xerosis mit Erkrankungen anderer Organe 
durch eine mikotische Infektion des Darmes oder des Lufttraktes, 
welche in manchen Fällen zur Infektion der Conjunctiva Veran- 
lassung geben. Desgleichen soll der in den Nierenbecken vor- 
kommende ähnliche Prozefs sich in gleicher Weise verhalten, und 
bezüglich der Analogie mit der Tuberkulose der Harnwege liegt es 
nahe, anzunehmen, dafs die Affektion des Nierenbeckens durch 
Ausscheidung von Pilzelementen bedingt ist. Dieser Annahme steht 
Schwimmer schroff entgegen, indem er sagt, dafs die Leukoplasie 
(Xerosis) mit keiner Krankheit des Organismus in nachweisbarem 
Zusammenhange steht, weil er unter 5000 Fällen von Syphilis- und 
Hautkrankheiten nur 20 Fälle (0,44°/,) beobachtete. Mauriac 
und Bazin nehmen Rheumatismus und Gicht als Disposition an. 
Wichtig sind die Beobachtungen von Lucas, Wendt, Stein- 
brügge, Tröltsch, Urbantschitz, dafs Cholesteatombildungen im 
Cavum tympani häufig mit Entzündungen in anderen Organen ver- 


654 Josef Englisch. 


gesellschaftet sind, und Lucas erwähnt ausdrücklich, dafs bei 
Tuberkulose des Cavum tympani häufig Leukoplasie der Harnleiter 
vorkommt (Ziegler). Kischevsky läfst die Verhornung des Epi- 
thels nicht allein Folge einer Entzündung sein, sondern nimmt an, 
es müsse noch ein anderes Agens dazukommen und erwälnt die 
Häufigkeit des Vorkommens der Leukoplasie bei Tuberkulose. 

Eine interessante Zusammenstellung machte Neelsen über die 
Verhornung des Epithels der Harnröhre. Er untersuchte 14 Fälle 
von chronischer Entzündung der Harnröhre. Sechs Fälle betrafen 
tuberkulöse Kranke, zwei Fälle waren verstorben an Atherom 
der Gefälse, ein Fall mit, ein Fall ohne auffallende Veränderung 
der Harnröhre, ein Fall von Endokarditis mit Verhornung; in den 
weiteren drei Fällen, wovon zwei an Delirium tremens zugrunde ge- 
gangen waren, fanden sich die Veränderungen des Schleimhaut- 
epithels gering und ohne Verhornung; ebenso bei einem Falle von 
Herzverfettung und bei einem Falle mit Insuffizienz der Aorten- 
klappen. Auffallend ist die Häufigkeit der Verhornung bei be- 
stehender Tuberkulose. Es spricht dies für die voranstehende An- 
schauung Lebers. 

Sehen wir nun, ob sich aus der vorliegenden Kasuistik diesbezüglich 
ein Schluls ziehen läfst, so sind leider die Angaben über Allge- 
meinerkrankungen sehr unvollständig. Bezüglich der oberen Harı- 
wege findet man, dafs in den 10 Fällen sechsmal Tuberkulose vor- 
handen war oder doch der Verdacht darauf, jedenfalls also schwäch- 
liche Individuen. Dazu kommt ein Fall von Anämie; nur in einem 
Falle wird ausdrücklich erwähnt: kräftig. Es bestätigt daher die 
Erkrankung der oberen Harnwege die obige Ansicht. Bezüglich 
der Blase sind die Angaben des Kräftezustandes der Kranken noch 
unvollständiger, da selbige in den 27 Fällen 14mal fehlt; 5 Indi- 
viduen werden als schwach angeführt, 1 tuberkulös, nur 4 als stark. 
Betrachtet man aber die 14 unbestimmten Fälle, so handelt es sich 
in 8 Fällen um lange dauernde Entzündungen der Blase, in 3 Fällen 
um Blasensteine, in einem Falle um Retentio urinae nach der Ge- 
burt und Cysten, in einem Falle um Neoplasma und nur ein Fall 
wird als gesund angeführt. Gierke fand, dafs in 9 Fällen von 
Malakoplakie Tuberkulose vorhanden war. Bazillen wurden nicht 
in den Plaques gefunden, wohl aber in der Umgebung. In der 
Mehrzahl haben wir es also auch mit schwächlichen, herabge- 
kommenen Individuen zu tun und spricht dieses eher für die An- 
nalıme, dafs schlechter Ernährungszustand zur Entwicklung der Leuko- 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 655 


plasie disponiert, als gegen die Annahme, auch wenn wir darauf 
Rücksicht nehmen, dafs es sich bei der Leukoplasie der Blase um 
lange andauernde Entzündungen handelt, in welchem Falle die Ver- 
änderungen der Schleimhaut geseis tiefergehende sind. In den 
12 Fällen von Leukoplasie der Harnröhre finden sich 4 Fälle von 
Tuberkulose, 1 Fall als marastisch und 1 Fall mit Atherom der 
Gefälse angegeben, nur 1 Individuum als gesund, 5 Fälle enthalten 
keine Angabe. Es betrifft also auch hier die Hälfte der Fälle 
Individuen mit geschwächtem Allgemeinzustande und kommt die 
Zahl der Fälle Neelsens ziemlich gleich. 

Man wird daher nicht irre gehen, einen Einflufs des ge- 
schwächten Allgemeinbefindens auf die Entwicklung der Leukoplasie 
anzunehmen. 

Bezüglich der Tuberkulose haben eigene Untersuchungen!) an 
Leichen von an Tuberkulose verstorbenen Individuen, bei welchen 
sonst keine weiteren Erscheinungen einer vorausgegangenen Ent- 
zündung der Harnröhre vorhanden waren, ergeben, dals es zunächst 
zu Wucherungen des Epithels und später zur Infiltration der ganzen 
Schleimhaut kommt. Die Oberfläche dieser verliert ihren Glanz, 
erscheint matt, weifslich, mit feinen Körnchen besetzt, welche sich 
als gewuchertes Epithel der Schleimhaut und der Drüsen ergeben. 
Die Falten der Schleimhaut treten stärker hervor und sind zahl- 
reicher als im Normalzustande wahrnehmbar, bilden Kämme, deren 
Kanten mit den obengenannten Körmern besetzt sind. Eine deut- 
liche Abschuppung des Epithels konnte nicht beobachtet werden. 
Die Leisten erscheinen suckulenter, später die ganze Schleimhaut. 
Eine besondere Eigentümlichkeit ist das Brüchigwerden der Schleim- 
haut, so dafs die geringste Dehnung und das Hinüberstreifen der 
Instrumente eine Zerreilsung und Blutung hervorruft. Auf Durch- 
schnitten hat die Schleimhaut ein gelatinöses Aussehen. Wird ein 
stärkerer Druck auf die Schleimhaut ausgeübt, so kann es rasch 
zum Zerfalle der Schleimhaut und zur Geschwürbildung kommen, 
worin die Gefahr der Verweikatheter bei Tuberkulösen zumeist 
besteht. Wenn nun schon solche Veränderungen ohne vorher- 
gehende äufsere Reize bestehen, um so erklärlicher ist es, dafs 
durch solche eine stärkere Wucherung des Epithels und Infiltration 
der Schleimhaut eintreten kann. 


1) Englisch, Über tuberkulöse Periurethrites, Jahrbuch der k. k. Ärzte 
in Wien 1883 und über den Einflufs bestehender Dyskrasien auf den Verlauf 
und div Behandlung der Krankheiten von Harnwege, Wiener mediz. Presse 1891. 


656 Josef Englisch. 


Was die Harnröhre betrifft, so mufls für die mit Fisteln ver- 
bundenen Fälle von Leukoplasie noch der Umstand in Betracht 
gezogen werden, ob die Verhornung des Harnröhrenepithels nicht 
auf Überpflanzung des Plattenepithels der Fistelgänge auf die 
Schleimhaut bedingt sein kann, wie dies für die spätere Entwicklung 
des sekundären Krebses der Harnröhre angenommen wird. Ferner, 
dafs Tuberkulose der Harnwege zu bestehender Leukoplasie hinzu- 
treten kann (Halle), obwohl es wahrscheinlicher ist, dafs die Dys- 
krasie schon früher bestand. 

Was die veranlassenden Ursachen anlangt, so nimmt Jools 
eine Intoxikation und einen chemischen Reiz an. Die Haupt- 
ursache ist aber immer ein entzündlicher Vorgang. Diese 
Reizung ist eine mechanische oder eine chemische. 

Oberländer sieht den chemischen Reiz in dem Gehalte des 
Harnes an Harnstoff, welcher die Verhornung hervorrufen soll. 
Gierke falst den Vorgang der Entwicklung in der Weise auf, dals 
es infolge der Reizung des Harnes und der Bakterien zur Degene- 
ration, Proliferation und Quellung der Zellen kommt, in welche 
sich (für die Malakoplakie) die Mineralsalze imprägnieren. Er 
nimmt an, dafs die Bakterien weniger bestimmend für die Ent- 
wicklung sind, als der Ort und besondere Umstände. 

Unter den Ursachen stehen obenan die Blennorrhoe und die 
Reizung durch Steine oder Fremdkörper, obwohl alles, was einen 
Reiz auf die Schleimhaut kervorbringt, zur Leukoplasie führen 
kann. Auch häufige Injektionen von Nitras argenti werden, beson- 
ders für die Harnröhre, als Ursache der Leukoplasie hervorgehoben. 

Betrachten wir die vorliegenden Fälle, so ergibt sich: 

l. Obere Harnwege 9 Fälle: 

Ureteritis 5, 
Calculus 3, 
unbestimmt 1 Fall. 
Blennorrhoe findet sich nur in einem Falle angegeben 
neben Harnröhrenverengerung. 

2. Blase 28 Fälle: 

Uleus vesicae 1, 

Calculus ohne Blennorrhoe 4, mit 4, unbestimmt 3, 
Cystitis ohne Blennorrhoe 2, mit 5, unbestimmt 5, 
Cystitis traumatica 1, 

Neoplasma 2, 

ohne Erkrankung 1. 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. . 657 


3. Harnröhre 12 Fälle: 

Verengerungen 5 (alle mit Harnfisteln), 
Blennorrhoe 3, 
unbestimmt 4. 

Daraus geht hervor, dafs die Blennorrhoe um so häufiger als 
Ursache der Leukoplasie auftritt, je mehr wir von ob$u nach unten 
gehen, so dafs sie für die Harnröhre fast die einzige Ursache bil- 
det. Wir sehen dieselbe als Ursache in der Harnröhre unter 
12 Fällen sicher achtmal angeführt; in der Blase unter 28 Fällen 
neunmal sicher; an den oberen Harnwegen einmal. Würden alle 
Fälle von Leukoplasie der Harnröhre beschrieben werden, so würde 
sicherlich der Einflufs der Blennorrhoe noch deutlicher dafür her- 
vortreten. Wenn für die Harnröhrenleukoplasie das Vorhandensein 
von Fisteln bestimmt von Einfluls ist, so liegen doch zu wenig Tat- 
sachen vor, um ein sicheres Urteil zu erhalten. Jedenfalls wird 
uns die Endoskopie sicheren Aufschluls geben, in welchem Ver- 
hältnisse die Blennorrhoe zur Leukoplasie steht, nicht minder der 
Vergleich vorausgegangener Gonorrhoe und später gefundener leuko- 
plastischer Stellen, welche Finger in 120 Leichen in der Pars 
pendula 17 mal, Pars pendula und bulbosa viermal, Pars membra- 
nacea einmal, Pars bulbosa einmal, Pars pendula und membranacea 
einmal sicher in 24 Fällen fand. Dafs bei Harnröhrenverengerungen 
häufig Wucherung des Epithels besteht, ist eine bekannte Tatsache. 
Dafs Steine durch ihren fortwährenden Reiz eine Wucherung des 
Epithels bedingen können, unterliegt keinem Zweifel und findet in 
den vorliegenden Tabellen schon seinen Ausdruck bei den Erkran- 
kungen der oberen Harnwege. Es wird im weiteren notwendig sein, 
auf das Vorkommen der Leukoplasie an den Harnwegen mehr Rück- 
sicht zu nehmen, da bis jetzt nur die auffallendsten Fälle be- 
schrieben wurden. 

Was das Vorkommen anlangt, so wurde schon oben darauf hin- 
gewiesen, dafs die Leukoplasie zugleich an mehreren Stellen der 
Harnwege vorkommen, ja sogar über das ganze System ausgebreitet 
sein kann; an den einzelnen Teilen findet sie sich nur an einzelnen 
Stellen oder an mehreren nebeneinander. Dieselbe ist beim männ- 
lichen Geschlechte häufiger als beim Weibe beobachtet worden; 
wahrscheinlich, weil ihre Erscheinungen vermöge der Enge der 
Harnröhre deutlicher hervortreten. Von vornherein läfst sich ein 
käufigeres Vorkommen beim männlichen Geschlechte annehmen, da 
die oben angegebenen Ursachen bei ihm häufiger vorkommen. 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 43 


658 Josef Englisch. 


Die Zahl der bei einzelnen Individuen beobachteten Stellen 
ist sehr verschieden. Eine gewisse Übereinstimmung des Vor- 
konmens der Leukoplasie mit jenen Stellen, an welchen der Tripper 
am häufigsten oder am stärksten lokalisiert ist (Finger), konnte 
nicht gefunden werden. 

Was das Alter anlangt, so läfst sich kein bestimmter Schlufs 
ziehen. Für die Leukoplasie der oberen Harnwege spricht ein mehr 
jugendliches Alter, 20—40 Jahre, die meisten Fälle zwischen 30 bis 
40 Jahren. In allen Altersklassen wurde selbe an der Blase beob- 
achtet, und wenn man näher zusieht, so entspricht sie überhaupt 
den Erkrankungen der Blase. In der Harnröhre ist es insbeson- 
dere das höhere Alter, 50—60 Jahre, und wenn wir das Vorkommen 
von Fisteln in Betracht ziehen, so entspricht das Vorkommen dem 
der genannten, in diesem Alter auftretenden Komplikationen. 

Die einzelnen Flecken erscheinen als blofse Verdickung der 
Falten und Kämme (Heschl) mit Vermehrung der Falten (Wasser- 
mann) an der Schleimhaut und selbst über die ganze Schleimhaut aus- 
gebreitet (Vajda). Die Papillen sind gröfser; je weiter nach hinten. 
um so mehr (Vajda), und ihre Zahl erscheint vermehrt; ihr Epithelien- 
überzug dicker, so wie in manchen Fällen neben den Flecken eine 
Wucherung des Epithels in der ganzen Ausdehnung der Schleim- 
haut beobachtet wurde (Englisch). Im Harnleiter ist die Bildung 
von Längsfalten reichlich (Marchand). Die Flecke selbst erscheinen 
bis frankstückgrols und sind in der Blase im allgemeinen grölser. 
Ihre Form ist rundlich, länglich, eckig, sternförmig, pilzförmig, ge- 
streift, aus mehreren kleineren hervorgegangen (Krebs); auch bilden 
sie zellige Geschwülste selbst in Rasenform (Brik) oder bilden die 
Auskleidung der Blase (Hallé, Albarran, Marchand). Die 
Oberfläche glatt, gestreift, gefaltet, flach, abschuppend, oder in 
Schollen abgelöst und flottierend. Dieselben sitzen der Schlein- 
haut flach, in verschiedener Breite auf, selten gestielt (Capelin), 
pilzfürmig, am Rande deutlicher abgehoben als in der Mitte. Durch 
Abstofsung der obersten Zellenschichte oder Schollen entstehen 
Fissuren oder Dellen. Entsprechend der verschiedenen Dicke (bis 
0,5 em Halle) erscheinen die Flecke vorragend, erhaben und be- 
dingen Verkleinerung der Lichtung der Organe. Erfolgt die Ab- 
stolsung der Zellen oder Schollen reichlich, so kann die ganze 
Hölllung mit denselben angefüllt sein (Bürchenov die Blase, ebenso 
Löwensohn im Gewichte von 3°/, Pfund, Braatz im Harnleiter 
mit Auftreten von Nierenkoliken). Die Begrenzung ist scharf und 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 659 


hebt sich der Fleck von der umgebenden roten Schleimhaut deut- 
lich ab. In anderen Fällen geht die Leukoplasie allmählich in die 
Umgebung über oder wird durch eingestreute Streifen normaler 
Schleimhaut unterbrochen (Schwimmer). Sehr verschieden ist die 
Farbe der Verdickungen. Aus roten Flecken hervorgegangen 
(Merklen, Wassermann), deutet eine weilsliche Farbe immer auf 
Verhornung der oberflächlichen Schichten und wird dieselbe je 
älter, immer grauer, gleichzeitig mit Vermehrung der Abstofsung 
(Vidal). Die Farbe wird angegeben: weilslich, weils, hellweils, 
silberglänzend, weilsgrau, graugelb, grau, bläulich, grünlich, epi- 
dermisartig, hautartig. Die Oberfläche kann statt glänzend auch 
matt sein. Eben solche Verschiedenheiten zeigt die Konsistenz: bläs- 
chenförmig (Lohnstein), weich(Capelin), dicht(Verriere), brüchig 
(Escat), hart (Albarran), knorpelartig (Sutton). | 

Die umgebende Schleimhaut erscheint wenig verändert (Pin- 
kus, Braatz) und scheinbar. normal, sammtartig, stark injiziert, 
rot, rot bis schwarz (Halle), infiltriert, hart, narbig, warzig, fibrös 
(Baraban, Halle), bei starker Entwicklung bis zur Umwandlung 
der Harnröhre in einen harten Strang (Wassermann), ulzeriert. 
Die Infiltration kann über die Schleimhaut hinaus in die Umgebung 
erfolgen (Verrière) bis in die Blasenmuskulatur. Gewils zu den 
seltensten Fällen gehört die Verkalkung, wie sie Green bei einem 
60Jjährigen Manne beobachteten, welche bei steigenden Beschwerden 
unter der Form eines Blasensteines harte Knoten in der Harn- 
röührenwand zeigte. Besondere Veränderungen wurden an den 
Muskeln der Wände beobachtet: Wucherung der Muskelfasern, 
fettige Degeneration, Schwund derselben; an den Arterien konstant 
Entzündnug mit Obliteration (Hallé, Wassermann); im Corpus 
spongiosum Wucherung der Trabekeln mit Verkleinerung der 
Lücken; Aufheben des Zusammenhanges der elastischen Schichte 
bis zum Zugrundegehen (Halle, Wassermann). Als ein kon- 
stantes Vorkommen muls die Vergrölserung und Vermehrung der 
Papillen bezeichnet werden. Dieselben finden sich in allen Fällen 
von Plattenepithelium vor; sind anfangs von demselben bedeckt und 
springen erst später vor; sind von verschiedener Form, als weils- 
liche, rötliche Knötchen, opak, fächerförmig, papillenförmig, warzen- 
fürmig. Dieselben bestehen nur aus Epithelzellen (Roger) oder 
enthalten neben Gefälsen Bindegewebsbündel; sie nehmen von vorn 
nach binten an Zahl und Grölse zu; wuchern manchmal mit Ver- 
engerung der Lichtung der Harnröhre und Erweiterung der ganzen 

43° 


660 Josef Englisch. 


Harnröhre; sitzen vorzüglich auf den Falten und in der Blase auf 
den Trabekeln; selten sind sie nur rudimentär entwickelt oder, 
durch Resorption verändert, ‘zugrunde gehend. 

Eine Hauptunterstützung "der Diagnose gewährt die Endo- 
skopie. Gehen wir vom Befunde der Infiltration bei der chronischen 
Gonorrhoe aus, so finden wir schon in der ersten Stufe (der weichen 
Infiltration) gewisse Veränderungen, welche auf die Entwicklung 
der Leukoplasie deuten. Die gerötete, dunkelrote bis blaurote 
Schleimhaut, hyperämisch, geschwollen, besitzt zwar an ihrem ge- 
quellten Epithelium noch den Glanz; zeigt an Stellen die Um- 
wandlung des Zilynderpithels in Plattenepithel mit Abnahme des 
Glanzes und Abschuppung; die Längsstreifen der Schleimhaut ver- 
wischt, nur selten stärker vortretend; die Lacunae Morgagni treten 
als stecknadelskopfgrofse Erhabenheit von rötlicher Farbe vor. Die 
Zentralfigur ist geschlossen. In dem folgenden Stadium (der harten 
Infiltration, Oberländer) zeigt die Harnröhre infolge der Bildung 
fibrillären Bindegewebes eine grölsere Starrheit; daher einigen 
Widerstand beim Einführen des Endoskopes, selbst mit leichter 
Blutung; die Zentralfigur steht offen. Die Längsfalten sind ver- 
strichen, der Glanz der Schleimhaut vermindert. Dieselbe erscheint 
matt, blässer, gelbgrau mit rötlichen Flecken bis graurötlich, gelb- 
lich; die Oberfläche leicht gewellt Die Flecken erhalten gegen- 
über der übrigen Schleimhaut ein mattes, narbenähnliches Ansehen. 
Das Epithelium verdickt, vorspringend, hat seine Durchsichtigkeit 
verloren, erscheint leicht höckerig; die Abschuppung ist deutlicher 
ausgesprochen, und nicht selten finden sich abgestofsene Epithel- 
krümel in der Harnröhre. In der hinteren Harnröhre sind die Er- 
scheinungen weniger deutlich ausgesprochen, da das Epithel weicher 
ist; ebenso ist die Abschuppung weniger deutlich. Erwähnt sei noch, 
dafs bei Einspritzungen mit Nitras argenti das Epithel der Harn- 
röhre leichter verhornt. In den entwickeltsten Fällen ist die Schleim- 
haut vom Ansehen der äufseren Haut. Joofs beschreibt das endo- 
skopische Bild folgendermafsen: Harn trübe, besonders die letzten 
Tropfen; die Schleimhaut rot, im Profil grauweils, vorzüglich an 
den Umschlagstellen der Falten. Der Eingang der Drüsen zeigt 
einen weilslichen Rand. Beim Einführen des Endoskopes ein Wider- 
stand; langsames Ausfliefsen der letzten Harntropfungen; Starrheit 
der Harnröhre. Keine Faltenbildung beim Endoskopieren. Keine 
Zentralfigur, sondern nur eine Querspalte. Zwischen den Falten 
eine krümlige Masse, die Schleimhant glänzend, wie mit Lack 


Über Leukoplasie und Malakoplakie, 661 


überzogen, selten Wärzchen. Hagmann fand an den Rändern der 
Wände nach Sectio alta braune Erhabenheiten. Krebs fand den 
silberrubelgrofsen Fleck aus mehreren zusammengesetzt; Lohn- 
stein die um die Harnleiteröffnungen liegenden Gebilde varizellen- 
artig mit zentraler Delle. Ravassini flottierend, bewegten sich 
hei den Bewegungen des Krauken. Escat beobachtete neben war- 
ziger Entartung einer Blasenhälfte am Blasenhalse auf einer narbigen 
Masse aufsitzende, schrotkörnerähnliche Knötchen: in einem an- 
deren Falle weilsliche Flecken, teils erhaben, teils flottierend. 


Symptome. Es ist sehr schwer, jene Erscheinungen, welche 
der Leukoplasie entsprechen, von denen zu unterscheiden, welche 
als Reste der vorausgegangenen Krankheiten der Harnorgane an- 
gesehen werden müssen. So finden wir von vorausgegargenen 
Krankheiten für den Harnleiter: Ureteritis chronica (Ebstein); 
Caleulus renalis (Chiari, Halle, Rona, neben Tuberkulose des 
Harnleiters, Busse); Colica renalis ohne Stein (Beselin, 
Braatz neben Cystitis); Tuberkulose (Halle, Blase und Harn- 
leiter); Cystitis (Stockmann); Strictura urethrae (Wasser- 
mann). Für die Blase mit Ausscheidung der später zu betrach- 
tenden Malakoplakie, Blasenstein (Cabot, Hallé, Albarra, 2, 
Labat, Sutton); Cystitis ohne bestimmten Grund (Hallé mit 
Nierensand, Albarran, Bürchenow, Krebs, Ravassini 2, Es- 
cat 3, Gierke 2, Rabesch); Cystitis nach Tripper Brik 3, 
Lohnstein, Verrière 2, Capelin, Ludwig; Strictura urethrae 
(Hallé nach Tripper); Tuberculosis pulm. (Hansemann); Re- 
tentio urinae (Abarran mit folgender Cystitis). Für die Harn- 
röhre: Hypertrophia prostatae (Heschl); Fistula et strictura 
urethrae (Vajda 2, Pinkus, Wassermann 3, Marchand), ohne 
vorausgegangene Tuberkulose (Roger). 


Bei Versuchen, besondere Umstände zu finden, welche das 
Auftreten der Leukoplasie erklären können, konnte bezüglich der 
Harnleiter gefunden werden, dafs die Erkrankung mit Cystitis 
purulenta, selten dolorosa einhergeht. An der Blase wird in den- 
jenigen Fällen, in denen kein Stein vorhanden war, auch hier die 
besondere Schmerzhaftigkeit der Blase hervorgehoben (Cystitis dolo- 
rosa). Eine Ausnahme machten nur ein Fall von Krebs, in 
welchem nur ein unangenehmes Gefühl in der Blase angegeben ist, 
und zwei Fälle von Escat, in welchen keine Cystitis vorhanden 
war. Da in diesen Fällen die Leukoplasie mehr in der Form von 


662 Josef Englisch. 


Papillen auftrat, so scheinen diese Fälle den Übergang zu der 
später zu besprechenden Malakoplakie zu bilden. 

Die wichtigsten Zeichen geben daher die Endoskopie und die 
Untersuchung des Harnes. Erstere, jetzt sehr häufig geübt, bat 
schon zahlreiche Fälle von Leukoplasie gefunden und sich als un- 
entbehrlich bei Erkrankungen der Blase erwiesen. Nicht minder 
wichtig ist die Untersuchung des Harnes. Beselin beschreibt im 
Harne Cholestearinplatten, perlmutterartig, glänzend; in 7 mm, 
haltenden Schollen; flach; bestehend aus polygonalen Epithelzellen; 
manchmal mosaikartig aneinander gereiht; unregelmälsig geballt: 
von der Kante gesehen nur Streifen; entweder blofs am Rande oder 
ganz gefaltete Lagen von den in derselben Richtung gefalteten 
Zellen unter dem Bilde eines Gewebes. Die Substanz der Zellen 
glashell; eine Membran an den Zellen nicht nachweisbar. An den 
grofsen Zellen noch deutlich nachweisbarer Kern mit Kernkörper- 
chen. In jenen Fällen, wo der Kern zu fehlen scheint, tritt der- 
selbe mit konzentrierter Pikrinsäure glänzend und farblos hervor, 
gegenüber der gelben Färbung im ersten Fall. In anderen Fällen 
erscheinen die oben beschriebenen Formen der epidermisierten Zellen, 
welche in eine breiige Masse zerfallen. Hallé fand sie im Harn- 
leiter in dem den Harnleiter erfüllenden Harn neben Eiterzellen. 
Von besonderer Wichtigkeit wäre das Auftreten der Epithelien im 
Harne. Leider liegen diesbezüglich nur wenige Mitteilungen vor. 
Jools: die Zeit bis zur Verhornung dauert einige Wochen bis Mo- 
nate. Capelin fübrt das Auftreten seit einem Jahre an, gleich- 
‚zeitig mit Auftreten heftiger Beschwerden bei einer Harnröhren- 
verengerung. Escat seit einem Jahr als weilsliche, wachsartige 
Massen, Hag mann beobachtete seit zwei Jahren das Auftreten 
mit Trübung des früher klaren Harnes und konnte die Leukoplasie 
endoskopisch bestätigen. Brik seit vier Jahren nach Harnver- 
haltung mit Cystitis. Albarran bald nach einer Harnverhaltung 
vor 15 Jahren, andauernd, einzelne Zellen. Beselin bei einem In- 
diividuum, welches häufig an Nierenkoliken gelitten, nach einem 
abermaligen Anfalle infolge eines Rittes vor 15 Jahren. Cabot 
mit dem Beginne einer Cystitis, einzeln, andauernd. Brik unter 
Steigerung niner Cystitis seit 15 Jahren; sowie nach Schwinden des 
Eiters im Harne in einem andern Falle, einzeln oder in Platten. 
Krebs reichlich seit Jahren bei bestehender Cystitis purulenta. 
Lichtenstern neben plötzlich auftretender Cystitis andauernd, 
zweimalige Rezidive der akuten Cystitis. Stockmann beschreibt 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 663 


den Abgang einer Membran aus dem Harnleiter mit Nachlals der 
Erscheinungen. Bei der Urethritis desquamativa ist der Abgang 
der Epithelien in Form von Membranen bald nach der Einwirkung 
des mechanischen oder chemischen Reizes erfolgt (1—4 Tage). 
Dafs der oft wiederholte Druck der Sonden, insbesondere dicker, 
zur Leukoplasie führen kann, steht aufser Zweifel. Auch wird an- 
geführt, dafs fortgesetzte Einspritzungen von Lapis die Verhornung 
begünstigen. Hallé: Vermehrung des Ausflusses aus der Harn- 
röhre mit Epithelien gehört zu den gewöhnlichen Erscheinungen 
und deutet auf beginnende Sklerose der Schleimhaut. Finger hebt 
die Trübung des Prostatasekretes mit vielen poligonalen, zylin- 
drischen oder kubischen Zellen hervor. 

Die Differentialdiagnose wird insbesondere durch die Unter- 
suchung des Harnes und die Endoskopie sicher zu stellen sein. 

Der Verlauf ist nach den vorliegenden Beobachtungen ein kon- 
tinuierlicher und konnte das Fortschreiten des Prozesses mit dem 
Endoskope beobachtet werden. Die Dauer ist eine sehr lange und 
die Frage nach der Ausheilung derzeit noch schwer zu beant- 
worten, insbesondere, wenn es sich nicht um einen operativen 
Eingriff handelt. Nach den Beobachtungen liegt kein Fall von 
spontaner Heilung vor und es scheint, dafs, wenn einmal die Ver- 
hornung der Schleimhaut an einer Stelle begonnen, dieselbe fort- 
dauert. 

Die Prognose hängt davon ab, ob es gelingt, die Ursache zu 
beheben, und je zeitiger, um so eher lälst es sich erwarten. 

Bezüglich der Behandlung mufs im voraus bemerkt werden, 
dafs es derzeit nicht möglich ist, ein bestimmtes Resultat anzugeben, 
da die Zahl der hier in Betracht kommenden Fälle zu gering ist. 
Zunächst war es in denjenigen Fällen, welche erst bei der Leichen- 
untersuchung gefunden wurden, und zwar Ureter: Ebstein, Le- 
ber, Chiari, Rona zwei Fälle; Blase: Albarran zwei Fälle, 
Löwenstein, v. Hansemann drei Fälle, Gierke zwei Fälle, Land- 
steiner-Störk zwei Fälle; Urethra: Wassermann, Heschl, 
Vajda, Marchand, Fardyce, Roger, nicht möglich, eine ge- 
haue Anamnese bezüglich der Erscheinungen und der Behandlung 
zu erhalten. Bezüglich der anderen Fälle findet sich in einigen 
Fällen keine weitere Angabe über den Ausgang der Behandlung. 
Es müssen ferner jene Fälle ausgeschieden werden, welche mit 
Steinen verbunden waren. Hier finden sich wohl Angaben bezüg- 
lich der Veränderung der Erscheinungen, aber keine spezielle, wie 


664 Josef Englisch. 


sich nach der Operation die Leukoplasie, d. h. insbesondere der 
Harn, verhalten hat. Cabot machte wegen Stein den hohen Blasen- 
schnitt mit Zurückbleiben einer Fistel nach Exstirpation der Leuko- 
plasie und Drainieren der Blase. Andauer des Harndranges und Ab- 
gang von Flocken mit Schleim; Besserung nach Lapiseinspritzung. 
Halle: Blasenstein mit Harnröhrenverengerung nach Dilatation 
und Lithotripsie; Heilung. Nogues: Stein, Lithotripsie; Heilung. 
Hagmann: Hoher Blasenschnitt, Thermokautor; Heilung. La- 
bat: Stein, hoher'‘Blasenschnitt, Exstirpation der krankhaften Stelle: 
Heilung. 

Wert bieten nur jene Fälle, in welchen es sich um eine Cystitis 
gehandelt hat. In jenen Beobachtungen, in welchen die Behandlung 
in Injektion von Nitras argenti-Lösung bestand. Erfolge: Brik ın 
zwei Fällen keine Besserung, in einem Falle leichte Besserung; 
Nogues: Nitras argenti, keine Besserung. Dafs die Behandlung 
mit Mineralwässern ohne Erfolg ist, beweisen alle Fälle, da die 
Kranken sicher dieselben genommen haben, und speziell ein Fall 
von Krebs, wo nach Gebrauch von Wildungen keine Besserung er- 
folgte und der Abgang von Epithelialplatten fortbestand. 

Etwas genauere Angaben erhalten wir bei jenen Fällen, welche 
operativ behandelt wurden. 

1. Auskratzen ohne Eröffnung der Blase: Albarran, weibl. 
Cystitis, Auskratzen per urethram, geringer Erfolg; Capelin, 
Cystitis, Abkratzen mit nachfolgender Injektion von Nitras argent: 
Besserung. 

2. Hoher Blasenschnitt. allein: 

Verrière, Cystitis mit Strictures urethrae, kein Erfolg. Av- 
dauer der Beschwerden; 

Bürchenow, Cystitis, Tod an Pneumonia bilateralis; 

Ravassini, Cystitis, Tod; 

Lichtenstern, Cystitis, iie Erfolg; 

Hallé, Cystitis mit Hypertrophia prostatae, ohne Erleichterung, 
Harnblutung. 

3. Hoher Blasenschnitt mit Abkratzen: 

Ravassini, Cystitis, Abkratzen und Abtragen, wesentliche 
Besserung; 

Albarran, weibl. Cystitis, kein Erfolg angegeben; 

Lichtenstern, Cystitis, Auskratzen ohne Erfolg. 

4. Hoher Blasenschnitt mit Thermokautor: Hagmanı, Hei- 
lung: mit Exstirpation: Labat, Heilung. 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 665 


5. Sectio mediana, Fistelbildung, Auskratzen: Halle, Tod 
an Marasmus. 

Eine besondere Stellung nehmen die Fälle von Escat ein. 
In zwei Fällen, wo die Leukoplasie ohne jede Beschwerde bestand, 


erfolgte nach dem hohen Blasenschnitte vollständige Heilung, in 
einem dritten, wo leichte Cystitis vorhanden war, Besserung. 


Fassen wir das Voranstehende zusammen, so ergibt sich: 

1. Trinkkuren allein können auf die Begleiterscheinungen einen 
bessernden Einflufs ausüben, führen aber nicht zur vollständigen 
Heilung. 

2. Das gleiche gilt von den Einspritzungen ätzender oder ad- 
stringierender Substanzen. 

3. Unverläfslich ist das Auskratzen der erkrankten Stellen 
ohne Eröffnung der Blase, da sich die Tiefe und Ausbreitung der 
Behandlung nicht bestimmen läfst. Für kleinere Stellen könnte die 
Operation, mit dem Endoskop ausgeführt, von Erfolg sein. 

4. Der Blasenschnitt ergab keine Erfolge und ist ist die Zahl 
der Todesfälle bei diesem Verfahren auffallend. 

ö. Günstiger lauten die Erfolge, wenn neben dem hohen Blasen- 
schnitte die Auslöfflung vorgenommen wurde. 

6. Die günstigsten Resultate ergab die gänzliche Entfernung 
der erkrankten Teile, sei es durch Thermokautor oder Exzision, und 
erscheint daher als das empfehlenswerteste. 

3. Malakoplakie (v. Hansemann), Cystitis en plaques (Land- 
steiner-Störk). 

Vermöge der Grundlage auf entzündlicher Basis und der Zellen- 
wucherung können die malakoplakieschen Gebilde an die Leuko- 
plasie angereiht werden. Um so mehr, als wir neben ausgesprochener 
Leukoplasie Gebilde finden, welche mit den beschriebenen Gebilden 
eine gewisse Ähnlichkeit haben. So beschreibt Halle in der Um- 
gebung des Blasenhalses warzenartige Gebilde und Papillen mit kol- 
bigen Endgefälsen; Bürchenow Papillen von unebener Oberfläche 
und zylindrischer bis kugelföürmiger Gestalt; bei Brik bilden flot- 
tierende Geschwülste einen zottigen Rasen; Labat sah papillöse 
Massen; Lohnstein varizellenartige Gebilde mit Dellen, scharf 
umschrieben, von gelblicher Farbe; Ravassini weilsliche Flecken, 
welche bei der Bewegung flottierten; Escat warzenartige Entartung 
der linken Hälfte und des Grundes der Blase auf narbigem Boden; 
Lichtenstern körnige Zellen. In der Mehrzahl dieser Beobach- 
tungen findet sich daneben Cystitis verzeichnet: Hall& 2 Fälle, 


geg 


666 Josef Englisch. 


Bürchenow, Brik, Labat, Lohnstein, Verriere, Ravassıni, 
ohne Cystitis nur Escat in 2 Fällen; im 3. Falle bestand nur 
leichte Cystitis. Bezüglich des Allgemeinzustandes in den voran- 
stehenden Fällen waren die Individuen: gesund Halle; Lohn- 
stein gesund, aber mager; Escat und Lichtenstern gesund, aber 
schlecht genährt; Halle ferner starke Abmagerung; Bürchenow 
Anämie und Malaria; Verriöre folgte starke Abmagerung, so dals 
wir es überhaupt mit schwächlichen Personen zu tun haben. 

Die Zahl der bis jetzt beschriebenen Fälle ist geringe (18 Fälle): 
v. Hansemann (1901, 1903) 3 Fälle; Michaelis und Gutt- 
mann (1902) 2 Fälle; Landsteiner und Störk (1904) 3 Fülle; 
Fränkel (1905) 2 Fälle; Gierke (1905) 2 Fälle; Güterbock 
(1905) 2 Fälle; Hagmann (1906) 1 Fall; Zangenmeister (1906) 
1 Fall; Minelli (1906) 1 Fall; Hart (1906) 1 Fall. 

Unter diesen 18 Fällen finden sich 16 Sektionsbefunde, wäh- 
rend im Leben nur 2 Fälle (Hagmann 1, Zasgenmeister 1 Fall) 
beobachtet wurden. Daraus erklärt es sich auch, warum die anam- 
nestischen Angaben so geringfügig sind und der Allgemeinzustand 
zumeist aus den Sektionsprotokollen entnommen werden muls. Und 
doch scheint dieser für die Entwicklung der Gebilde, wie bei der 
Leukoplasie von Wichtigkeit zu sein. Nach den vorliegenden Ta- 
bellen waren die Individuen: gesund 2 Fälle (Hagmann, Zan- 
genmeister); gesund, schlecht genährt (Lichtenstern); Bron- 
chitis T (Gierke); Hydronephrose (Michaelis-Guttmann); Dila- 
tatio ventriculi (Michaelis-Guttmann); tuberkulotisch v. Hanse- 
mann 2 Fälle, Gierke 1 Fall, Landsteiner - Störk 2 Fälle; 
Karzinom v. Hansemann 1 Fall, Hart 1 Fall; Cystitis Güter- 
bock 2 Fälle; altes Weib Minelli; unbestimmt: Fränkel 2 Fälle, 
Lichtenstern 1 Fall. Wenn wir nun den Allgemeinzustand be- 
rücksichtigen, so handelt es sich in 8 Fällen bestimmt um herab- 
gekommene Individuen, und jene an Bronchitis, Hydronephrose 
und Delatatio ventriculi leidenden dürften sich keineswegs in einem 
besonders guten Allgemeinzustande befunden haben, so dafs auch ein 
geschwächter Zustand als eine gewisse Disposition, wenn auch nicht 
als Grundbedingung, angenommen werden kann. Es liegt darin eine 
gewisse Ähnlichkeit mit der Leukoplasie, bei welcher die Hälfte 
der Fälle tuberkulöse oder schlecht genährte Individuen betraf. 
Die Ahnlichkeit wird noch vermehrt, weil häufig, wie schon be- 
merkt, neben diesen Gebilden leukoplastische Veränderungen der 
Blasenschleimhaut bestehen. 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 667 


Was nun die Veränderungen der Blasenschleimhant anlangt, 
so besteht, soweit die Angaben vorliegen, in der weitaus grölsten 
Mehrzahl der Fälle Cystitis in verschiedenen, selbst höheren Gra- 
den; Cystitis (Gierke, Güterbock, Michaelis, Guttmann, 
Landsteiner-Störk, Hagmann, Zangenmeister, Hart). Nur 
v. Hansemann führt in einem seiner Fälle an, dafs keine klinischen 
Erscheinungen bestanden. Es erscheint demnach die Cystitis zum 
Bilde der Krankheit zu gehören. | 

Das Wesen der Erkrankung besteht in Vorragung der Blasen- 
schleimhaut, zusammengesetzt aus einer Masse grolser Zellen, ein- 
gelagert in ein spärliches Gerüste mit ausgedehnten Kapillaren 
und gewisse Einschlüsse enthaltend neben Bakterien. Diese Gebilde 
sind der Submukosa aufgepflanzt. 

Der Sitz der Erkrankung ist die Blase, denn ihr Vorkommen 
in einem anderen Teile der Haruwege ist nur ausnahmsweise: ` 
v. Hansemann fand einzelne Erhabenheiten im Harnleiter und 
Nierenbecken, ebenso Michaelis-Guttmann in einem Falle In 
der Mehrzahl der Fälle waren die Gebilde über die ganze Blase 
zerstreut. Das Trigonum wurde frei gefunden von Michaelis- 
Guttmann, Landsteiner-Störk, Hart. Dagegen erwähnt Lich- 
tenstern den Sitz nur am Trigonum neben Leukoplasie; Gierke 
am Trigonum am stärksten. Die Verteilung über die Blase ist ver- 
schieden: Zangenmeister fand sie am Trigonum am stärksten, 
gegen den Scheitel der Blase abnehmend. Hagmann beobachtete 
sie an der Narbe einer Steinschnittwunde (Sectio alta) am Blasen- 
boden, am Trigonum, in der Umgebung der inneren Harnröhren- 
öffnung, an den Mündungen der Harnleiter am ausgebreitetsten. 

Die Form der Vorragungen ist die rundliche, ovale. Die klei- 
neren rundlichen gehen in ovale bis polygonale Flecke über; in 
späterer Zeit können sich ausgebuchtete Ulzerationen mit über- 
hängenden unterminierten Rändern bilden. In der einfachsten Form 
erscheinen sie als körnige Stellen oder kaum sichtbare Knötchen; 
werden später linsen-, pfennig-, bohnengrofs mit einer. Ausdehnung 
von 5—10 mm. Dieselben liegen einzeln, reihenföürmig an den 
Falten der Schleimhaut, in Gruppen angeordnet bilden sie Plaques 
von rundlicher bis hufeisenförmiger Gestalt (Minelli) oder er- 
scheinen landkartenähnlich. Sie erscheinen als eine brettartige 
Verdickung oder sitzen flach an der Schleimhaut, erscheinen 
knollig oder kondylomartig. Ist ihre Basis eine kleine, so er- 
scheinen sie papillös oder pilzförmig. Die Farbe ist in der Mehr- 


668 Josef Englisch. 


zahl der Fälle die gelbliche, aber auch graulich-weils, an den 
kleineren blalsgrau, an den grölseren bläulichgrau (Lichtenstern). 
seltener als rote Warzen. Dabei sind sie matt oder glänzend. 
Eine allgemein beobachtete charakteristische Erscheinung ist die 
Delle an der Spitze der Erhabenheit, welche im weiteren Verlaufe 
in eine Ulzeration übergehen kann. Die Delle findet sich als nabel- 
förmige Einsenkung schon an den kleinsten Gebilden. Die Konsistenz 
ist verschieden. Hagmann beobachtete eins wolkenartige Um- 
gebung der Sphinktergegend; klein sind sie weicher und gehen manch- 
mal in harte Knötchen über. 

Der ganze Vorgang spielt sich in der Submukosa subepi- 
thelial ab. 

Die Zusammensetzung der Gebilde zeigt in allen beschriebenen 
Fällen eine seltene Übereinstimmung. Wir unterscheiden 1. grofse 
runde bis spindelförmige Zellen, 2: voluminöse, prall gefüllte Ka- 
pillaren, 3. junge kleine Zellen mit grofsem Kerne, 4. Einschlüsse, 
5. Bakterien, 6. das Epithel. 

1. Die gro[sen Zellen. Ihre Anhäufung in subepithelialem 
Gewebe bildet das bezeichnendste Merkmal der Gebilde, welche 
in manchen Fällen nur aus diesen grolsen Zellen zusammengesetzt 
erscheinen. Dieselben sind vielfach gröfser als die daneben vor- 
kommenden Rundzellen. Ihre Gröflse nimmt von der Oberfläche 
gegen die Tiefe und auch seitlich gegen das umgebende Gewebe 
durch Verminderung des Protoplasma ab, so dafs sich die grölsten 
an der Oberfläche befinden. Die Zellen der grölseren Erhaben- 
heiten sind gröfser als die der kleineren, obwohl auch diese 
in ihrer kleinsten Entwicklung dieselbe Zellenform zeigen. Auf- 
fallend ist daher die Übereinstimmung dor Zellen untereinander. 
Die Anordnung ist im oberen Teile eine unregelmäfsige, während 
sie gegen .die Tiefe hin dichter aneinander gedrängt, nicht selten in 
senkrechten Reihen angeordnet sind. Daneben kommen in der 
Umgebung und in den tieferen Schichten der Schleimhaut isolierte, 
zerstreute Zellen vor, welche auch ausnahmsweise zwischen den 
Muskelfasern getroffen werden. (Landsteiner -Störk, in den 
Rundzellen und subepithelial; Hart, im submukösen Gewebe und 
Muskularis, mit Schwinden der elastischen Fasern.) Infolge der 
Lagerung haben die Zellen auch eine geänderte Gestalt. Die oberen 
Schichten bestehen aus runden Kugeln, nach der Tiefe nehmen sie 
infolge des gegenseitigen Druckes eine mehr polygonale Gestalt an, 
um in den tiefsten Schichten unter dem Epithelium in spinde- 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 669 


lige Zellen überzugehen. Das Protoplasma nimmt in den Zellen 
gegen die Tiefe ab, ist aber reichlich, hell, in den grölseren 
oft getrübt, granuliert, mit Vakuolen versehen und färbt sich mit 
Eosin blafsrötlich. Der Kern meist einfach, selten zwei bis drei 
iLandsteiner), liegt exzentrisch, in den gröfseren mit Kern- 
körperchen, welche noch ein deutliches. Gerüst zeigen können 
(Minelli, Landsteiner selten). Mehrfache kernige Zellen gleichen 
bei gleichzeitiger Aufsaugung des Protoplasma den Reihenzellen 
(Hart). Der Kern geht in den tieferen Zellenschichten aus der 
runden in die längliche Gestalt über. Die obersten Zellen erscheinen 
aufgewühlt, in Degeneration begriffen (Minelli), erkenntlich durch 
Granulierung und schwächere Färbung, als dickere Kugeln, welche 
Veränderung sehr rasch beginnt und frühzeitig schon in der Tiefe 
der Gebilde beobachtet werden kann. Die oberflächlichsten Zellen 
nekrosieren, zerfallen und bilden neben der Abstofsung der Epi- 
thelien die Delle der Erhabenheiten, welche schon in den kleinsten 
derselben vorhanden ist. Die Zellenanhäufungen reichen bis an die 
Submukosa und werden durch Anhäufung von Rundzellen von der- 
selben getrennt und begrenzt. Als eine Eigentümlichkeit der grofsen 
Zellen sei noch erwähnt, dafs nur die in Gruppen gelagerten Zellen 
Bakterien enthalten, während diese in den zerstreuten Zellen fehlen 
(Landsteiner-Störk). 

Minelli beobachtete noch eine besondere Art von Zellen, 
welche sich in den äufseren Eigenschaften nicht von den obigen 
Zellen unterscheiden. Dieselben sind länglich, liegen an den 
Grenzen der Plaques, besitzen keine Einsehlüsse, nur färbt sich 
das Protoplasma bei der Eosinreaktion blafsgrün. Es enthält. daher 
eine Substanz, welche die Eisenreaktion zeigt. 

2. Diese Zellenanhäufungen sind von sehr dünnen Bindegewebs- 
fasern durchzogen, welche zwischen den grofsen runden Zellen fast 
fehlen nud erst gegen die kleinzellige Infiltration hin auftreten 
IMichaelis-Guttmann), ohne elastische Fasern. 

3. Neben diesen schwachen Bindegewebszügen steigen senk- 
recht, selten geschlängelt, Kapillaren aus dem submukösen Gewebe 
zwischen den Zellen empor. Dieselben sind weit, mit Blut strotzend 
gefüllt, dünnwandig, entweder nur aus grofsen Endothelien bestehend 
oder aus diesen und darüber eine zarte Bindegewebsschichte (Land- 
steiner-Störk). 

4. Die kleinzellige Infiltration. Sie bildet zunächst die Grenze 
der Wucherungen gegen die Submukosa, indem ihr Element von 


670 ` Josef Englisch. 


der Oberfläche gegen die Tiefe zunimmt und sie gleichsam einen 
Wall gegen die untenliegenden Gebilde darstellt. Infolge dieser 
Anordnung liegen sie an der Grenze am dichtesten. Weniger zalıl- 
reich finden sie sich zwischen den grolsen Zellen; doch ist ihre 
Anhäufung in beiden Stellen manchmal so grols, dafs die grolsen 
Zellen verdeckt werden. Auch subepithelial und zwischen den 
Bündeln der Muskularis werden die Rundzellen, wenn auch nur 
spärlich, getroffen (Landsteiner-Störk). Nur selten lagern sie 
sich perivaskulär besonders in Umgebung der grolsen Gefälse der 
Submukosa (Hart). Sie bestehen aus runden Zellen mit geringem 
Protoplasma und sich stark färbendem Kern. Es findet sich kein 
Übergang dieser Zellen in die grofsen (Gierke). 


5. Das Epithel fehlt zumeist an der Kuppe der Vorragungen, 
setzt sich nur eine Strecke weit von der Seite her auf dieselben 
fort und ist von den grolsen Zellen scharf abgegrenzt. Ist das 
Epithel erhalten, was häufig in den Tälern zwischen den Erhaben- 
heiten oder an den Schleimhautfalten der Fall ist, so erscheint es 
normal. Minelli vermifste es an den Kuppen und an den gesunden 
Stellen der Blase (Desquamation?). Neben der Abstofsung des 
Epithels an den Kuppen der Vorragungen fand Hart auch die 
oberflächlichen grofsen Zellen abgestofsen. 


6. Die Submukosa ist kleinzellig infiltriert, trennt die Zellen- 
wucherungen von der Muskularis und wird nur selten von den 
grolsen Zellen durchbrochen. 


7. Einschlüsse. Sie bilden neben den grofsen Zellen die 
charakteristischen Gebilde der Erkrankung der Schleimhaut und 
wurden zuerst von Michaelis-Guttmann beschrieben. Sie er- 
scheinen a) als blasse, schwach lichtbrechende, runde Gebilde, von 
der Grölse des Kernes der grolsen Zellen bis zur Gröfse eines 
halben Blutkörperchens und darüber (Minelli). Die Färbung ist 
lichtviolett, blafsgrau, gelblich, mit Berlinerblau bläulich-grünlich; 
b) als stärker lichtbrechend (Minelli stark), stärkerer Färbung 
und Eisenreaktion, und c) geschichtet, der Kern sich abweichend 
färbend. Die Färbung erleidet verschiedene Veränderungen. So fand 
sie Michaelis- Guttmann farblos; inanderen Fällen ist ihre Fär- 
bung gleichmäfsig, in noch anderen folgt auf den dunklen Kern 
eine farblose Zone und nach aufsen ein stärker gefärbter Ring. 
Besonders hervorgehoben wird der Glanz. Die einzelnen Schichten 
der geschichteten Körper sind nicht alle gleich gefärbt, sondern ab- 


- 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. GC 


wechselnd stärker und schwächer, nur selten wurden sie als hyaline 
Körper gefunden (Minelli). 

Sie finden sich zumeist intrazellulär einzeln, seltener 1—3 in 
einer Zelle. Letztere sind kleiner, oft sind sie so zahlreich in den 
grolsen Zellen vorhanden, dafs sie die übrigen Gebilde verdecken 
(Michaelis-Guttmann). Extrazellulär finden sie sich nur einzeln 
in der Umgebung der Erhabenheiten. Die intrazellulären Einschlüsse 
sind kleiner als die extrazellulären. Minelli vermifste sie ganz in 
den kleinsten Erhabenheiten. Nicht selten liegen dieselben in Va- 
kuolen. Die Zahl der Einschlüsse nimmt von der Oberfläche gegen 
die Tiefe, ohne Vorhandensein von Gewebstrümmern (Hart), zu, in 
gleicher Weise die Intensität der Färbung; Michaelis-Guttmann 
fand, dafs die bläuliche Färbung nach der Tiefe zu an den Ein- 
schlüssen abnimmt. 

Die wesentlichste Eigens:haft der Gebilde ist die Eisenreaktion. 
Sie tritt nach Minelli sehr prompt ein, oft schon nach 20 Minuten. 
Michaelis und Guttmann haben zuerst auf diese Reaktion auf- 
merksam gemacht. Bei Hämatoxylinfärbung läfst sie in den Zellen 
kleine Kugeln hervortreten, welche, wenn sie sich stark färben, den 
Kern der grofsen Zellen schwer unterscheiden lassen. Die Färbung 
ist schwarzblau, grauschwarz, entsprechend der Eisenreaktion. Die 
Ferrocyankaliprobe bestätigte diese Reaktion. Säuren und Alkalien 
haben, wenn sie in einer der mikroskopischen Untersuchung möglichen 
Stärke angewandt werden, keinen Einflufs (Michaelis- Guttmann). 

8. Bakterien. Sie sind kleine, kalibazillenähnliche, gramposi- 
tive Stäbchen. Dieselben sind meist extrazellulär, entweder in 
grolsen Haufen oder kettenförmig angeordnet im basalen Teil der 
Erlabenheiten, selten einzeln oder intrazellulär in Gruppen oder in 
runden Protoplasmahöhlen bis zur vollständigen Durchsetzung des 
Protoplasma und bei (postmortaler: Landst.) bedeutender Wucherung 
die Zellenwand zwischen die Zellen ausbauchend, wobei sie sich 
schwächer färben und einen körnigen Zerfall zeigen (Landsteiner- 
Störk); Minelli fand dieselben nie einzeln, sondern immer nur in 
Haufen in der Tiefe, und sind nach Hart immer an die Zellen- 
anhäufungen gebunden. Gehen die Zellen infolge der Vermehrung 
der Bakterien zugrunde, so liegen dieselben dann frei zwischen den 
Zellen (Hart). Dieselben färben sich mit Methylenblau intensiv 
(Laudsteiner-Störk). Alle Befunde scheinen gleich zu sein 
(Hart), und die Differenzen in der Färbung der Bakterien lassen 
trotz des verschiedenen Verhaltens der Färbung keinen Zweifel an 


672 Josef Englisch. 


der Einheitlichkeit der Stäbchen (Landsteiner-Störk). Gierke 
fand bei einer Züchtung der Bakterien nur Bacterium coli; be- 
stimmte Annahmen dürften weitere Züchtungsversuche geben, da 
solche bisher nur von Gierke angestellt wurden. 

Eine besondere Beziehung besteht zwischen Bakterien und 
grolsen Zellen. Bakterienführende Zellen finden sich nur in den 
Zellenhaufen vor; die zerstreut liegenden scheinen keine Bakterien 
zu enthalten (Landsteiner-Störk). 

Bei der Eigenartigkeit der ganzen Krankheit wurden insbe- 
sondere drei Fragen aufgeworfen: Woher stammen die grolsen 
Zellen? wie entwickeln sich die Einschlüsse? und in welchem Ver- 
hältnisse stehen die Bakterien zur Entwicklung der Krankheit? 

Die Entwicklung der Erhabenheiten erfolgt in den obersten 
Schichten der Submukosa (Landsteiner-Störk). 

Bezüglich der Abstammung liefs v. Hansemann die Frage 
unentschieden und gab an: sie sind keine Neoplasmazellen, stammen 
nicht von Epithelien, Endothelien und Bindegewebszellen und sind 
keine Parasiten (Schaudinn). Michaelis und Guttmann waren 
geneigt, sie vom Epithel abzuleiten, wogegen sich Minelli aus- 
spricht, weil das etwa vorhandene Epithel normal ist, und hielten 
sie für Tumorzellen benignen Ursprunges, weil sie keine Metastasen 
und kein Tieferdringen (aufser im Harnleiter) beobachteten. 
Landsteiner-Störk sprachen sich für Wanderzellen aus, welche 
sich bei entzündlichen Prozessen anderer Art finden, für Abkömm- 
Inge von Bindegewebszellen, oder von ausgewanderten Bilntkörper- 
chen oder Zellen verschiedenen Ursprunges, wegen Verwandtschaft 
mit dem Sklerom der Atmungsorgane. Minelli, welcher Gelegen- 
heit, hatte jüngere Wucherungen zu untersuchen, fand die kleinsten 
Plaques, ohne Degenerationsvorgänge, bestehend aus Zellen, welche, 
abgesehen vom Volumen, den groflsen Zellen grofser Plaques in 
vielen Eigenschaften gleichen, besonders den tiefen, und welche also 
den eigentlichen Typus für die Zellen der Wucherungen abgeben, 
welche aber in den grofsen Plaques durch Wasseraufnahme oder 
Degeneration verändert sind. In den kleinen Knoten tritt die Ab- 
stammung der grofsen Zellen aus anderen, ihnen morphologisch iden- 
tischen, aber länglichen Zellen (Fibroblasten) hervor. Er betont 
die Ähnlichkeit mit den grofsen Zellen im Blasentuberkel, denen aber 
die Einschlüsse fehlen, und meint, dafs die Elemente der grolsen 
Plaques epitheloide Zellen sein können, und dafs verschiedene Ein- 
flüsse zu ihrer Vermehrung führen. Grofse Zellen beobachtete er 


Über Lenkoplasie und Malakoplakie. 673 


auch im Harnleiter bei Ureteritis cystica und bei lymphomatöser 
Cystitis zwischen und unter den Lymphfollikeln. 

Güterbock beobachtete den Übergang zu den fixen Binde- 
gewebszellen, zu den Lymphocyten und kleineren Rundzellen, welch 
letzterem Hart widerspricht, denn es gibt kein Aus- und Ein- 
wandern in die kapillaren oder kleinen venösen Gefälse; es fehlt 
nach ihm eine entzündliche Zellenemigration. Gierke betrachtet 
die grofsen Zellen als Abkömmlinge fixer und mobiler Gewebs- 
elemente, wobei der cystitische Harn eine Rolle spielt. 

Hart verfolgte gleich den anderen Beobachtern den Übergang 
der grolsen protoplasmareichen Zellen durch Abnahme des Proto- 
plasma, bei dichterer Lagerung, in spindelförmige Zellen, sowohl 
nach der Tiefe der Plaques als auch nach der Seite hin, wobei der 
Kern aus der rundlichen Gestalt in die längliche oder selbst huf- 
eisenförmige Gestalt übergeht. Dieser Übergang reicht bis in die 
Elemente der Submukosa und der Zellen der adventitiellen Lymph- 
scheiden, in seltenen Fällen bis in die Muscularis, mit Auseinander- 
drängen elastischer Fasern. Die grofsen Zellen sind daher als Ab- 
kömmlinge fixer oder mobiler Gewebselemente (des Bindegewebes, 
der Zellen der adventitiellen Lymphscheiden) im weitesten Sinne 
dar, welche durch spindelförmige Zellen in die grolsen Zellen durch 
Zunahme des Protoplasma übergehen. Die Quellung zu den grolsen 
Zellen erfolgt durch Aufsaugen der Flüssigkeit, nachdem die 
oberflächlichen Epithelien durch Mazeration und Abstofsung ver- 
loren gegangen sind, aus dem Harne (Gierke, Hart). 

Hart fügt hinzu, dafs ein gewisser Zusammenhang der grofsen 
Zellen mit einer subepithelialen Lage spindeliger Zellen zwischen 
den einzelnen Erhabenheiten statthat. | 

Minelli gibt ferner eine Hyperplasie des endothelialen Gewebes 
der Lymphraume Albarrans infolge einer gewohnlichen Reizung 
als möglich zu. | 

Aus allem dem geht hervor, dafs die grofsen Zellen aus 
Zellenanhšufungen in der Submukosa hervorgehen und von den 
Bindegewebselementen derselben im weitesten Sinne abstammen. 

Bezüglich der Abstammung gehen die Ansichten noch ausein- 
ander. Laandsteiner-Störk fanden in den Vakuolen des Proto- 
plasma: rote, verzerrte, immer schon veränderte, blassere, sich 
schwach färbende Blutkörperchen, Pigmentschollen, tropfige Bil- 
dungen, Rundzellen und granuläre Elemente, aus welchen die Ein- 
schlüsse abstammen können. Sie erklären die Bildung der Ein- 

Zeitschrift far Urologie. 1907. 44 


674 Josef Englisch. 


schlüsse durch die Beladung der Zellen mit phagocytär aufgenon- 
menem Material: Bazillen, rote Blutkörperchen und anderen 
zelligen Bestandteile, die Eisenreaktion spricht für die Abstammung 
von roten Blutkörperchen, ähnlich wie sich bei anderen entzünd- 
lichen Prozessen Einschlüsse in den Zellen entwickeln. Die häma- 
togenen Pigmentkörner sind auf phagocytärem Wege in die Zellen 
gelangt. 

Gierke nimmt eine organische Grundlage an: rote Blut- 
körperchen in verschiedener Form, Bakterien, Harnpigment und 
deren Degenerationsprodukte und Gewebstrümmer aus dem cysti- 
tischen Harn beladen sich mit Eisen und Kalk und bilden die 
Einschlüsse. Dafs Kalk vorhanden ist, schliefst Gierke aus der 

einen und aus den kristallinischen Bruchflächen, welche 
Güterbock beobachtete. 

Minelli kann keine Beziehung zu den roten Blutkörperchen 
finden, da diese in den Zellen nicht vorkommen und die Einschlüsse, 
welche meist kleiner sind, durch die Gröfse unterscheiden. Da er 
in den Zellen blasse Granula fand, sei es möglich, dafs der infolge 
von Protoplasmastrmöungen in die Zellen gelangte Blutfarbstoff sich 
in Form von Granula ablagert, wofür auch die Schichtung ge- 
wisser Einschlüsse und die stärkere Färbung des Kernes, als 
ältesten Bestandteils spricht. 

Hart erklärt die Entstehung der Einschlüsse in folgender 
Weise: Eindringen von cystitisch veränderten Harnes durch den 
Epitheldefekt in das submuköse Gewebe. Erzeugung der Prolifera- 
tion der Bindegewebszellen; Ansammlung grofser phagocytärer Zellen 
und auch anderer Wanderzellen; Imbibition der Zellen mit Harn- 
flüssigkeit und Durchtränkung des Protoplasma der grolsen Zellen 
mit Quellung; Bestreben der Zellen, sich der eingedrungenen Stoffe 
zu entledigen; damit Bildung gröfserer Tropfen durch Zusammen- 
drängen der feinsten Teilchen im Protoplasma (Kondensation); Ein- 
lagerung gerinnungsfähiger Stoffe im Kalksalze aus dem Harn mit 
Übergang der flüssigen Tropfen in die starre Form, weil manchmal 
mehrere kleine Inklusionen in einer Zelle gefunden werden, welcher 
Vorgang vielleicht ein aktiver Prozefs der Zellen ist; Aufnahme des 
Eisens von aufsen, wahrscheinlich aus den roten Blutkörperchen 
oder dem Pigmente durch Auslaugen derselben oder des eisen- 
haltigen Pigmentes; Verbindung des ausgelaugten Eisens mit den 
festen organischen Verbindungen. 

Das Eisen ist daher nicht primär in den Kugeln enthalten, 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 675 


sondern kommt später hinein durch Zugrundegehen der roten Blut- 
körperchen in den Extravasaten. 

Bezüglich des Verhältnisses der Bakterien zur Entwicklung des 
Prozesses gehen die Anschauungen noch auseinander. Landsteiner- 
Störk nehmen an, dafs nach dem Eindringen der Bakterien von 
der Blase aus an den defekten Epithelstellen ein lokaler Entzün- 
dungsprozels mit kleinzelliger Infiltration angeregt wird, welcher 
zur Proliferation des Zwischengewebes und Anhäufung phagocytätiger, 
wanderfähiger Elemente führt. Unter dem Einflusse der Noxe er- 
folgt die Vergröfserung der Zellen und die Entwicklung der makro- 
skopischen Konfiguration. Gierke, Güterbock, Hart sprechen 
den Bakterien einen spezifischen Einfluls auf den Prozefs ab, weil 
sie, wenn auch im Leben von der Blase her in die Gewebe einge- 
drungen und in den Zellen, Vakuolen derselben und zwischen den 
Zellen gelegen, sich aber nur in den tieferen Schichten finden. 
Der durch sie erregte Entzündungsprozels tritt erst später ein. 

Bezüglich des Wesens der Erkrankung stimmen jetzt die 
meisten Beobachter für einen entzündlichen Vorgang: Michaelis- 
Guttmann, Gierke, Güterbock, Hagmann v. Hansemann, 
Zangemeister, Minelli, Hart. Landsteiner und Störk 
neigten zur Annahme einer Tumorbildung benigner Natur, welche 
aber durch das Auftreten von ähnlichen Gebilden im Harnleiter 
und deren Tieferdringen bis in die Muskularis bezweifelt werden 
könnte. Date Landsteiner-Störk für die entzündliche Natur 
sind, geht daraus hervor, dafs sie von Cystitis als wesentlicher Be- 
gleiterscheinung sprechen. Für die entzündliche Natur spricht das 
Vorkommen ähnlicher Gebilde bei Peritonitis pelvis und Entzün- 
dungen der Luftwege. Was nun die Ursache der Entwicklung dieser 
Gebilde ist, so nehmen Landsteiner und Störk an, dafs, da die 
Bakterien nur in der Tiefe gefunden werden, dieses für bakterielle 
Ursache sprechen könnte, wofür bis jetzt keine Beweise vorliegen. 
aš liegen überdies keine positiren Züchtungen vor, welche dafür 
angeführt werden könnten. Gierke bekam bei der Züchtung Bacte- 
rium coli. Trotz der grofsen Ähnlichkeit des Prozesses mit der 
Blasentuberkulose konnten Tuberkelbazillen nicht nachgewiesen wer- 
den, so dafs die vollständige Entscheidung weiteren Beobachtungen, 
insbesondere am Lebenden, vorbehalten ist. Gierke falst den Pro- 
zels folgendermafsen zusammen: Cystitis, Epithelläsion, Reizung der 
Gewebe durch die chemischen und bakteriellen Bestandteile des 
Harnes, Degeneration, Proliferation und Aufquellen der Zellen, 

44* 


676 Josef Englisch. 


Imprägnierung mit Mineralien. Minelli: Granulom (Vermehrung 
der Zellen durch einen chemischen Reiz), der Lymphräume der 
Submukosa mit Bildung von Einschlüssen, welche in Beziehung 
zum eingedrungenen Pigmente stehen. Hart stellt folgendes Bild 
auf: die Malakoplakie ist keine Infektionskrankheit, vielmehr eine 
Reaktion des submukösen Gewebes auf einen chemischen Reiz, Ent- 
wicklung der Proliferation der Zellen; später Einwanderung der 
Bakterien mit Erzeugung eines entzündlichen Prozesses von hämor- 
rhagischem Charakter mit Entzündungserscheinungen und hämor- 
rhagischem Hof bei folgendem Vorgange: der durch kleine Epithel- 
defekte der Mukosa infiltrierte, bereits cystitische Harn führt zu 
einer Proliferation der Zellen des Zwischengewebes, welche den 
Charakter phagocytärtätiger und wohl auch wanderungsfähiger 
Elemente annehmen. Es scheint sich vorzüglich um einen Reiz 
chemischer Natur zu handeln. Durch das Eindringen der Bakterien 
kommt es später zu gleichfalls lokal bleibenden, schweren Entzün- 
dungsprozessen, kleinzelliger Infiltration und Hämorrhagien. Die 
Imbibition der proliferierten Zellen mit Harnflüssigkeit führt zur 
Aufquellung und Abscheidung auffallender Einschlüsse, welche or- 
ganische Bestandteile und Kalksalze enthalten und das von unter- 
gehenden, roten Blutkörperchen stammende Eisen an sich ziehen. 
Die Affektion gehört zur Gruppe chemisch - entzündlicher Hyper- 
plasien, wahrscheinlich nicht spezifischen Charakters. 

Bezüglich der Erscheinungen im Leben liegen im allgemeinen 
wenige Angaben vor, da die meisten Befunde Leichen entnommen 
waren, über welche wenig oder gar keine anamnestische Momente 
bezüglich der Harnorgane erhoben werden konnten. 

Wenn wir demnach das Ganze zusammenfassen, so handelt es 
sich um eine Zellenwucherung auf entzündlicher Basis und nähert 
sich der Proze[s der Leukoplasie, mit der er wiederholt beobachtet 
wurde. Ein weiterer Grund für die Annahme eines entzünflichen 
Vorganges liegt in den Beobachtungen von Störk. Er fand bei 
Cystopyelitis in der entzündeten Schleimhaut, insbesondere der Cystitis 
cystica und follicularis zwischen den Rundzellen blasse, wie ver- 
quullene grofse Gebilde mit blassem Kerne und reichlichem granu- 
liertem Protoplasma. Neben Carcinoma recti in der Blase punkt- 
föürmige Erhabenheiten; zwischen den Bindegewebsbunden einzelne 
rundliche oder ovale protoplasmareiche Zellen mit intensiver Fär- 
bung, normalständigem Kerne (Beob. VI), des weiteren (Beob. X) 
die oberste Schicht des Stratum poprium aus ödematösem, gelocker- 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 677 


tem Bindegewebe, dazwischen protoplasmareiche rundliche und 
ovale Zellen und unter der Schleimhautoberfläche, daher parallel 
verlaufende spindelförmige Zellen und zwischen den Zellen zahl- 
reiche aufsteigende Kapillaren. Und weiter: das die Lumina der 
Schläuche und Cystchen ausfüllende Sekret ist dünnflüssig; wird 
unter Verlust des Wassers und Mucingehaltes dichter, mit Abnahme 
der zelligen Einschlüsse. Dieser Inhalt kann im Leben zu einem 
festen Körperchen werden, wenn ein solches rundliches Gebilde in 
eine grölsere oder unregelmälsige Cyste zu liegen kommt. In 
einem solchen Körperchen sind bisweilen auch Pigment und Kalk- 
einlagerungen, manchmal mit konzentrischen Schichten. (S. 419.) 

Die schlauchartigen Gebilde sind entweder leer oder enthalten 
kleine oder grölsere kugelige oder längsovale Gebilde mit ziemlich 
starkem Lichtbrechungsvermögen, mehr oder weniger starker Eosin- 
färbung, vereinzelt mit bräunlicher Färbung, und zum Teil dichte 
Kalkeinlagerungen. (S. 426.) 

Wir sehen hier dieselben Elemente auftreten, wie bei der Mala- 
koplakie, nur liegen die Einschlüsse hier in den Zellen und selten 
aulserhalb derselben. Bezüglich der Bindung dieser Körperchen 
stimmen Störk und Hart überein. 

Vorläufig ist das Bild der Malakoplakie nicht geklärt und 
müssen weitere Beobachtungen, insbesondere am Lebenden, dieses 
ergänzen. 

Eine besondere Form von Einschlüssen beschreibt Tarnowsky 
(Vorträge über venerische Krankheiten, Berlin 1872, S. 172) nach 

einem Präparate von Mallez im Anschlusse an die chronische 
S TUrethritis. Bei einem 60jähr. Manne mit Strictura urethrae partis 
membran. waren vor der Verengerung in einer Strecke von 1!,cm 
körnige, buntfarbige Auflagerwngen bei verdickter, indurierter 
Schleimhaut, während diese hinter der Verengerung glatt war. Auf 
dem Durchschnitte die Schleimhaut dicker und fester als die nor- 
male; die Epithelialschichte bildete eine undurchsichtige Masse, hin 
und wieder mit kristallinischen Ablagerungen, ohne jede Spur von 
Schleimdrüsen. In dem festen Bindegewebe, welches auf den un- 
durchsichtigen äufseren Rand folgt, viele, scharf begrenzte, dunkle, 
grobe Körner, davon einige geschichtet. Aufser diesen von Binde- 
gewebe umgebenen Körnern in den tieferen Schichten der Schleim- 
haut und im submukösen Gewebe andere runde, durchsichtigere, 
scharf konturierte Körper von verschiedener Gröfse; einige mit 
nicht vollkommen entwickelter, konzentrischer Schichtung; die 


678 Josef Englisch. 


Mehrzahl mit einem dunklen Kern. Mit Essigsäure wurden scharfe 
doppelte Konturen und die Schichtung sehr scharf; in Salz- und 
siedender Essigsäure lösten sich die Gebilde vollständig auf; Zusatz 
von oxalsaurem Ammoniak, nach Behandlung mit Salzsäure bildeten 
sich in dem vorher klaren, durchsichtigen Präparate feine Körner 
und später Trübung, welche vom Kalkniederschlage abhängig war. 
Die Reaktion anf harnsaure Salz- und Amyloidkörper gab nega- 
tive Resultate. Man hatte es also mit Kalkgebilden zu tun, welche 
als einzelne allenthalben von Bindegewebe umgebene Körner zer- 
streut lagen, d. h. Neubildungen, welche Virchow Psammone 
nennt. g 
Aus den eigenen Beobachtungen, 


Lithiasis urethrae. 


Zonda Gregoria, 41 J., am 28. November 1890 aufgenommen, 
weifs keine) erblichen Momente anzugeben. Mit 13 Jahren wurde 
er bettlägerig und vor zwei Jahren krank (Krankheit?), mit 18 Jahren 
überstand er Malaria, mit 19 Jahren einen Schanker ohne weitere 
Folgen. Vor 24 Jahren bekam er nach (zenufífs von Birnenmost 
Harnbeschwerden, und seither mufs er alle '/,—1 Stunde Harn 
lassen. Um sich zu erleichtern, führte er sich Pflanzensten gel, 
Holzstäbchen ein und später Metallkatheter. Einmal brach ihm 
das Holzstäbchen ab mit nachfolgender Blutung. Er will aber das 
abgebrochene Stück selbst entfernt haben. -Vor 12 Jahren stand er 
angeblich wegen Tripper in Behandlung und wurde darauf ein Stein 
in der Harnröhre gefunden. Seit 14 Jahren bei den Bewegungen 
Blutharnen. 

Befund. Der Kranke mittelgrols, kräftig, gut genährt. Brust- 
korb mälsig gewölbt; Respiratiom rechts vorne oben kürzer mit 
rauhem, schwachem Atmen. Herz nichts Abnormes. Leber, Milz 
normal. Blasengegend nicht vorgewölbt. Das Glied grols; die 
äulsere Harnröhrenöffnung induriert. Die Hoden grols; rechts 
eine geringe Menge Flüssigkeit in der Scheidennaut. Samensträuge 
waren links etwas ausgedehnt, der Bulbus ziemlich derb; der häu- 
tige Teil mäfsig breit, nicht hart; die Cowperschen Drüsen nicht 
vergrölsert. Die Vorsteherdrüse Tur sein Alter und seine Gröfse 
schwach entwickelt, der linke Lappen von harter Infiltration um- 
geben. Das Trigonum der Blase weich. Samenblasen nichts Ab- 
normes. 

Die äufsere Harnröhrenöffnung ziemlich eng; der Übergang 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 679 


der kahnförmigen Grube in den Schwellkörpern der Harnröhre 
eng, für 3 Millimeter durchgängig. Die Mitte des hängenden 
Teiles bildet eine harte Wulst, blols für obiges Instrument durch- 
gängig. Seitlich von dem häutigen Teil eine Ausbuchtung der 
Harnröhre, in welcher der Stein fühlbar ist. Nirgend eine erhöhte 
Druckempfindlichkeit. Harn: 1200 ccm, sauer, rotgelb, trübe, 
mälsiger Eiweilsgehalt.e. Sediment mälsig, flockig-rotzig; Eiter 
mälsig, Hauptmasse Blut. Blasenepithelien mälsig, einzelne ver- 
hornte und getrübte Harnröhrenepithelien; viel Vibrionen. Fieber 
geringe. Es wurde durch 8 Tage die Erweiterung der Harnröhre 
vorgenommen. Der Versuch, die Seitentasche auszudehnen, ergibt 
nur eine geringe Erweiterungsfähigkeit derselben. 

Am 11. Dezember wurde der mediane Perinealschnitt vom 
Hodensacke bis nahe am After gemacht, nachdem eine Leitsonde 
in die Blase eingeführt worden war. Nach Eröffnung der Barn- 
röhre wurde der Stein leicht herausgehebelt.e Der Samenhügel 
deutlich sichtbar; im Blasenhalse war mit der Spitze ein Blasen- 
stein eingekeilt und lagen noch zwei kleine Steinchen in der Blase. 
Einlegen eines Verweilkatheters, Verband. Der Stein war pflaumen- 
grols, bestand aus Phosphaten, wie die drei anderen; ein Holz- 
stückchen als Kern wurde nicht gefunden. Die Höhle war mit 
einer glatten, glänzenden Fläche ausgekleidet. Die Schleimhaut 
des häutigen und prostatischen Teiles wenig verändert. 

Das Fieber schwand, und der Kranke befand sich ziemlich 
wohl; nur der Eiweilsgehalt steigerte sich immer. Der Harn war 
Sauer. 

Am 14. Dezember. Mittags der Appetit noch gut. Um 8 Uhr 
abends ein Fieberanfall, Frost 40.1°C, Hitzestadium 40.0°C, 

15. Dez. Zunge belegt, trocken, Kopfschmerz, Brechreiz, die 
Wunde grau belegt; die Gegend des Bulbus urethrae, sowie das 
Corpus cavern. penis druckempfindlich. Temperatur 3 Uhr morgens 
40.0°G, 8 Uhr morgens 38.9°C, nachmittags 38.0°C. Harn al- 
kalisch, 1.015, das Sediment reichlich, rotzig. 

16. Dez. Rechte Nierengegend druckempfindlich. Katheter- 
wechsel; Wunde rein; Temperatur 37.0, 37.9° C. Harn sauer, 
1.014, trübe, viel Eiweifs. 

17. Dez. Fieber heftig, morgens 38.6° C, vormittags 40.0° C, 
40.2° C, abends 38.0°C, ohne einen ausgesprochenen Frost. 

Fieber bis 20. anhaltend. Ödem des Penis, namentlich der 
Vorhaut; die Wunde mit normalen Granulationen, Absonderung 


650 Josef Englisch. 


spärlich; Husten; Kälte auf die Wunde, innerlich Ipecacuanlıa. 
Nachm. heftige Delirien. 

Unter Fieber entwickelte sich ein schweres Erysipel über Glied, 
Hodensack, Mitttelfleisch, mit Gangrän der Haut an beiden ersteren 
Stellen. Eiweilsgehalt des Harnes steigend. 

21. Dez. Zunge trocken, rissig, Husten geringer; auffallender 
Kollaps mit Zittern in den Gliedern; unfreiwilliger Stuhlabgang; 
die Wunde belegt; Harn alkalisch, 1.018, Karbolharn. Tempera- 
tur 40.0° C. 

22. Dez. Ausbreitung des Rotlaufes bis zum rechten grofsen 
Trochanter. Puls 130, Atmung 36. Leichte Auftreibung des 
Bauches. 

23. Dez. Periphlebitis des rechten Oberschenkels; Rotlauf‘ fort- 
schreitend; 38.5, 39.8°, 40.6°C. 

24. Dez. Handrücken Entzündung der Haut; Leber qd ruck- 
empfindlich; Milz gröfser. 

25. Dez. Vollständiger Verfall, Tod. 

Obduktionsbefund: Körper kräftig, schlecht gen ährt. 
Haut des Penis gangränös. 

Leide Lungen seitlich an der Brustwand angewachsen, luft- 
haltig, substanzarm; in beiden Unterlappen in ziemlichem (Grade 
ödematös. Herz und Herzbeutel durch bindegewebige Adhäszooen 
vollständig verwachsen; Herzfleisch etwas weicher; Klappen zart; 
die aufsteigende Aorta nicht beträchtlich atheromatös. 

Milz bedeutend vergrölsert; Trabekel stark verdickt; ihre Kapsel 
stellenweise undurchsichtig; Konsistenz beträchtlich vermin dert. 
Leber etwas gröfser, weicher, blässer; ihre Acinistruktur erhalten. 

Beide Nieren von normaler Grölse; deutlich erhaltene Zeich- 
nung; ihre Kapsel leicht abziehbar; Konsistenz normal. Das linke 
Nierenbecken blals wie das rechte, erscheint erweitert, so wie der 
angrenzende Teil des Harnleiters. 

Magenschleimhaut geschwollen, grau; Seal and des Da rmes 
ohne Veränderung. 

Das Peritoneum der im rechten Hypogastrium Selegänen D arm- 
schlingen getrübt; die Darmschlingen daselbst untereinander ver 
wachsen durch fibrinöses Exsudat; die Serosa kaum getrübt. 

Am Mittelfleische eine 3 cm lange, von klaffenden, etwas 8° 
schwollenen Rändern umgebene, über 2 cm in die Tiefe dringende 
Wunde, bis in die Pars bulbosa und membranacea dringend. Die 
Ränder im hinteren Anteile diphtheritisch belegt. Die Wand der 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 681 


Harnröhre zwischen dem hinteren Wundwinkel und Samenhügel 
rechterseits bis auf Haselnufsgröfse divertikelartig ausgedehnt und 
von verdickter, trüber Schleimhaut umgeben; die Urethra ent- 
sprechend der Pars bulbosa und im hinteren Teile der Pars caver- 
nosa strikturiert und ihre Schleimhaut verdickt, von narbigen Zügen 
durchsetzt. Ä 

Die Blase kontrahiert, ihre Schleimhaut geschwellt, auf den 
Falten von konfluierenden Hämorrhagien durchsetzt und zum grofsen 
Teile mit festhaftenden, diphtheritischen Pseudomembranen belegt. 
An der oberen hinteren Seite der Blase, in welcher sich ein kleiner 
Rest eines Phosphatsteines findet, ein erbsengrolses Divertikel. 

Die bedeutendste Veränderung der Schleimhaut findet sich in 
der Harnröhre und zeigt einen seltenen hohen Grad von Leuko- 
plasie, die nach den verschiedenen Reizungen, wie sie von seiten 
des Kranken vorgenommen wurden, leicht erklärlich ist. 

Die Fossa navicularis reicht weiter.‘ Das Epithel verdichtet, die 
Längsfalten stärker entwickelt, abgerundet, mit besonders starken 
Fpftlielauflagerungen versehen. 

Ungefähr 1!/, cm hinter der kahnförmigen Grube erscheint die 
Harnröhre enger. Im weiteren Teile findet sich im ganzen Umfange 
der Harnröhre eine Auflagerung in Form einer plattenförmigen 
Auflagerung in einer Länge von 4 cm, welche sich an den Durch- 
schnittsrändern abheben lälst. Die Oberfläche erscheint mattgrau, 
von zahlreichen Furchen durchzogen, welche in unregelmälsigem 
Verlaufe der Oberfläche ein wellenförmiges Ansehen geben und 
wodurch eine Reihe von grölseren und kleineren Hügeln gebildet 
werden, welche sich nur wenig über die Oberfläche erheben und 
die Oberfläche das Ansehen bekommt, wie wenn zahlreiche Wachs- 
tropfen ausgegossen wären. Die Dicke dieser mälsig mit der Unter- 
lage zusammenhängenden Schichte beträgt 1—1’/, mm. Die Mem- 
bran ist zerreilslich. Nach ihrer Entfernung liegt die eigentliche 
stark hyperämische Schleimhaut blofs und hängt die Membran in 
zahlreichen Vertiefungen fest. Die blofsgelegte Schleimhaut er- 
scheint filzig, die eigentliche Schleimhaut verhärte. Das Corpus 
spongiosum verdichtet, seine Lücken verkleinert, aber nicht narbig. 
Im weiteren Verlaufe ist das Epithel verdickt; die Schleimhaut 
weniger verändert bis in den Anfangsteil des Bulbus. Hier ist die 
Harnröhre erweitert und hängt mit einer grofsen Höhle zusammen, 
welche sich über den häutigen Teil der Harnröhre bis in die Vor- 
steherdrüse erstreckt. Die Höhle ist unregelmäfsig mit zahlreichen 


682 Josef Englisch. 


knotigen Vorragungen versehen, besonders an der rechten Wand 
derselben. Die ganze Auskleidung gerötet, die Granulationen 
wuchernd. Entsprechend den Höckern erscheint die Höhle mit 
einem serösen membranähnlichen Überzuge bedeckt und stellenweise 
glänzend. Die übrige Wand ist mit schmutzigem Eiter und gan- 
gränösen Fetzen bedeckt. Die Vorsteherdrüse nicht vergrölsert. 
Die Haut des Mittelfleisches vom Hodensack bis in den After derb 
infiltriert, von verschiedenen Gängen durchzogen, welche an der 
Verbindung des häutigen mit dem bulbösen der Harnröhre in diese 
führen. Diese Stelle entspricht einer zerrissenen Verengerung. 
Das Epithel in die inneren Öffnungen wuchernd. Die Schleimhaut 
des prostatischen Teiles der Harnröhre bildet zahlreiche zapfen- 
förmige Erhabenheiten. Die Blase hypertrophisch, die Schleimhaut 
gewulstet, mälsig entzündet. p 

In geringerem Grade findet sich die Leukoplasie der Harnröhre 
bei Strikturen fast ausnahmslos, weswegen nur dieses eine Beispiel 
wegen besonderer Ausdehnung gewählt wurde. Nicht minder häufig 
findet sich eine ausgebreitete Leukoplasie, und zwar in höherem 
Grade bei Harnröhrenfisteln, und erfafst in diesen Fällen auch die 
Harnblase. Fast ausnahmslos findet sich die Erkrankung in höherem 
Grade bei dem sekundären Epitheliom der Harnröhre mit Fisteln, 
und es scheint hier die Epithelwucherung der Vorläufer der ana- 
plastischen Umwandlung zu sein. In jenen Fällen von Fremd- 
körpern der Harnröhre und Harnblase, in welchen diese einen stär- 
keren Druck auf die Wand ausüben, fehlt die Wucherung nie. 
Wie schon an anderer Stelle hervorgehoben, zeigt sich eine Wuche- 
rung des Epithels bei Tuberkulösen ohne weitere entzündliche Vor- 
gänge als Verdickung und stärkeren Vorspringen der Falten, deren 
Kamm von zahlreichen Epithelkörnern besetzt ist. Findet sich eine 
Verengerung der Harnröhre bei einem solchen Individuum, so bilden 
sich leicht Fisteln. In einer Zusammenstellung von Todesfällen bei 
Harnröhrenverengerungen (über 600 Fälle) aus der eigenen Praxis 
ergab sich die traurige Tatsache, dafs die weitaus gröfste Zahl der 
Verstorbenen tuberkulöse Individuen waren. | 


(Schlufs folgt.) 


Aus der urologischen Abteilung des Zivilspitals in Triest, 
Primararzt Dr. Nicolich. 


Vier Fälle von totaler Emaskulation. 


(Dreimal wegen Karzinom des Penis, einmal wegen Karzinom der 
Harnröhre.) 


Von 
Dr. Carlo Ravasini, Assistent. 
Mit 6 Textabbildungen. 


1. Fall: B. Carl, 52jähriger Arbeiter, verheiratet, Vater von 
vier Kindern, von gesundem, kräftigem Körperbau, wurde am 
l. August 1906 auf die urologische Abteilung aufgenommen. An 
venerischen Affektionen hat er nie gelitten. Bis April 1906 war 
er immer gesund gewesen. Zu dieser Zeit trat auf der Eichel eine 
Geschwulst auf, die langsam wuchs und ihm keinerlei Beschwerden 
bereitete. 

Ich konstatiere bei der objektiven Untersuchung eine Ge- 
schwulst, die nur die Eichel interressiert, während die normale 
Vorhaut paraphimotisch nach rückwärts geschoben ist. Die Ge- 
schwulst besteht aus einer grauweilsen markschwammartigen, rah- 
migen Saft entleerenden Infiltration der Eichel, die keine papilläre 
Struktur zeigt. (Siehe Fig. 1.) Die Oberfläche der Geschwulst ist 





Fig. 1. Markschwammartige Infiltration der Eichel. 


1) Vortrag gehalten in der Associaziona Medica Triestina. Februar 1907. 


684 Carlo Ravasini. 


unregelmälsig und die Sekretion hat einen putriden, ekelhaften Ge- 
ruch. Die Inguinaldrüsen sind beiderseits beträchtlich vergrölsert. 

Ich stelle die Diagnose auf Epitheliom der Glans und schlage 
dem Patienten die totale Emaskulation vor, die der Kranke an- 
nimmt. 

In Abwesenheit des Herrn Primararztes Dr. Nicolich führte 
ich am 3. August 1906, vom Kollegen Dr. Favento assistiert, in 
Chloroformnarkose die Operation nach der von Chalot beschrie- 
benen Technik aus. In Rückenlage des Patienten isoliere ich mit 
zwei vertikalen Schnitten entsprechend den äufseren Leistenringen 
die Samenstränge, ziehe sie vor, binde sie ab und schneide sie 
durch. Dann bringe ich den Patienten in die Steinschnittlage, 
verlängere die beiden seitlichen Schnitte nach rückwärts, so dals 
sie die Wurzel des Skrotums umfassen und in der Raphe perinei, 
3cm etwa vor dem Anus zusammenkommen. Nach oben zu ver- 
binde ich ihre Anfangspunkte durch eine oberhalb der Wurzel des 
Penis verlaufende, gegen den Nabel konvexe Inzision. Das Ligam. 
suspens. penis wird durchschnitten, der Penis in toto von der 
Symphyse getrennt und die Wurzeln der beiden Corpora cavernosa 
penis an ihrer Insertion längs den aufsteigenden Schambeinästen 
abgelöst. Nun isoliere ich die Harnröhre von dem Bulbus und 
schneide sie unmittelbar hinter der Pars bulbosa quer durch. Ich 
sorge für eine komplette Blutstillung und vollende sodann die Ab- 
lösung des Skrotums samt Inhalt. n7 

Nun ziehe ich den Harnröhrenstumpf vor, spalte ihn etwa 1 cm 
weit auf der oberen Wand, nähe ihn am hinteren Wundwinkel in 
der Medianlinie des Perineums ein, nachdem ich mit drei Nähten 
die Wundränder unter der Harnröhre vereinigt hatte. Es wird so- 
dann die Harnröhrenschleimhaut in ihren unteren zwei Dritteln mit 
den Hauträndern vereinigt, um Verengerung des Ostiums zu ver- 
meiden, während das obere Drittel an das umgebende Gewebe 
fixiert wird. Es wird ein Dauerkatheter angelegt. Mit weiteren 
Nähten nähe ich soweit als möglich die oberen Hautränder anein- 
ander und erhalte so eine Nahtlinie in Form eines T, dessen ver- 
tikaler Schenkel, der Medianlinie des Perineums entsprechend, an 
seinem hinteren Ende die neue Harnröhrenmündung umfalst. 

Mit einem Schnitte in der Inguinalfalte entferne ich soviel als 
möglich beiderseits die Lymphdrüsen. | 

Weiterer Verlauf günstig. Heilung per primam. Patient ver- 
liefs das Spital drei Wochen nach der Operation. Heute (Ende 


Vier Fälle von totaler Emaskulation. 685 


Juli 1907) ist noch keine Spur von Rezidive und Patient fühlt 
sich ganz wohl. (Siehe Fig. 2.) 

Am Schnitte des anatomischen Präparates bemerkt man, dafs 
die Geschwulst die ganze Eichel und die betreffende Harnröhre 
infiltriert hat, so dals die Glans spurlos verschwunden ist. Das 
Gewebe ist weilslich, von weicher, medullärer Konsistenz. Der Rest 
des Penis ist normal. Die Drüsen sind makroskopisch krebsig ent- 





Fig. 2. 
Aufnahme acht Monate nach der totalen Emaskulation.. Vor der Anusöffnung 
sieht man die Öffnung der Harnröhre. 


artet. Die vom Herrn Prosektor Dr. Ferrari ausgeführte histo- 
logische Untersuchung zeigt, dals es sich um ein Plattenepithel- 
krebs mit Lymphdrüsenmetastasen handelt. 

Küttner!) unterscheidet drei Formen von Karzinomen des 
Penis. 1. der Papillarkrebs ist die häufigste Form; 2. das Karzi- 
nomgeschwür des Penis, eine seltenere Form eines kleinen, harten 
Ulcus auf der Glans oder im Sulcus, mit leicht aufgeworfenen, 
pilzförmigen Rändern, welches anfangs langsam fortschreitet, dann 


1) Handbuch der Urologie von Frisch u. Zuckerkandl III S. 511. 


686 Carlo Ravasini. 


aber in die Tiefe vordringt und das Gewebe zerstört; 3. als seltenste 
Form wird eine grauweilse, markschwammartige, rahmigen Saft 
entleerende karzinomatöse Infiltration des Glans beschrieben, welche 
ohne papilläre Struktur zu zeigen, eine sehr beträchtliche Grülse 
erlangen kann und gelegentlich durch gröfsere, cystöse Erweichungs- 
herde im Innern ausgezeichnet ist. 

Dieser von mir operierte Fall entspricht vom anatomisch- 
pathologischen Standpunkte vollkommen der dritten seltensten Form. 

Die Fälle von Krebs, bei welchen die totale Emaskulation aus- 
zuführen nötig ist, um, wenn möglich, den Kranken zu retten, sind 
verhältnismäfsig selten. Es ist dies der vierte Fall, der an der 
urologischen Abteilung ausgeführt worden ist, seitdem Herrn Pri- 
mararzt Nicolich sie leitet. Die drei von Dr. Nicolich aus- 
geführten Fälle wurden bereits in der Associazione medica triestina 
und am Kongresse der Association francaise d’urologie im Jahre 
1904 vorgestellt. Ich möchte sie nun auch vom anatomisch-patho- 
logischen Standpunkte besprechen. 

2. Fall: Kr. A., 38 Jahre alt, Stationschef eines Städtchens 
bei Triest, wurde am 19. Februar 1903 wegen einer starken Blu- 
tung aufgenommen, die ihn in einen jämmerlichen Zustand versetzt 
hatte. Dieser Mann, der noch heute in einer ansehnlichen, mit 
einer gewissen Verantwortung verbundenen Stelle beschäftigt ist und 
der wegen seiner Intelligenz sehr geachtet ist, war so furchtsam, 
dafs er nie einen Arzt hat konsultieren wollen, so dafs die Krank- 
heit die kolossalen Dimensionen angenommen hatte, die man am 
anatomischen Präparate bemerken kann. (Siehe Fig. 3.) 

Es war nicht möglich die Dauer der Krankheit zu bestimmen. 
Der Kranke behauptete, sechs Monate vorher an der Eichel etwas 
bemerkt zu haben, aber es ist wahrscheinlich, dafs die Dauer eine 
längere war, wenn man bedenkt, dats die Geschwulst kindeskopf- 
grols ist. 

Die Sekretion der Geschwulst war rötlich, von ekelhaftem 
Geruche. Der Tumor hatte eine grolse Tendenz zur Blutung und 
der Kranke war durch die seit Monaten mehr oder weniger sich 
wiederholenden, zuweilen sehr starken Blutungen in einem sebr 
elenden Zustande. Am Tage der Aufnahme spritzte eine kleine 
Arterie von der Oberfläche des Tumors, so dafs eine dringende 
Unterbindung derselben notwendig gewesen ist. Die Indikation zur 
Operation war absolut dringend. 

Am 22. Februar 1903 hat Herr Primarius Nicolich die totale 





Vier Fälle von totaler Emaskulation. 687 


Emaskulation nach Chalot ausgeführt. Der Kranke hat die Ope- 
ration sehr gut vertragen und heute, vier Jahre nach derselben, 
ist er vollkommen wohl und geht seinem Berufe nach. Er ist riesig 
fettleibig geworden und mit seinem Zustande zufrieden. 

Am anatomischen Präparate bemerkt man eine grolse Anzahl 
papillenähnlicher, unregelmälsiger Vegetationen in Gestalt blumen- 
kohlähnlicher Auswüchse, die einen von den anderen durch tiefe 
Furchen getrennt. Die Mitte dieser Vegetationen entspricht der Basis 
des Penis. Bei genauerer Untersuchung findet man, dafs der Penis 


Fig. 3. 
Papillarkrebs — blumenkohlartige Ve- 
getationen. In der Mitte des Präparates 





sieht man die Glans von Wucherungen Fig. 4. 

umgeben. Der Meatus urethrae an der Aufnahme acht Monate nach der Ope- 
Stelle wo die Nadel fixiert ist. In der ration. Vor der Anusöffnung sieht man 
unteren Partie sieht man die phimoti- die Öffnung der Harnröhre. 


sche Vorhaut. 
ç 


seine normale Form in den zwei hinteren Dritteln verloren hat, wo 
er mit den krebsigen Wucherungen am Skrotum zusammenge- 
schmolzen ist. Im vorderen Drittel des Penis bemerkt man, dafs 
die krebsig entartete Eichel die Vorhaut durchbrochen hat. Diese 
ist teilweise intakt geblieben und erscheint phimotisch. Lateral an 
der Eichel findet man eine umschriebene Stelle, wo die Oberfläche 
des Tumors regelmäfsiger und von rötlicher Farbe ist, und welche 
dem Ausgangspunkte des Krebses entspricht. Die Proliferation der 


658 Carlo Ravasini. 


ganzen Geschwulst ist oberflächlich. Die Geschwulst zeigt Neigung 
zum peripheren Wachstum. 

Die vom Kollegen Dr. Ferrari ausgeführten mikroskopischen 
Präparate zeigen, dals es sich um ein Epitheliom handelt. Es be- 
stand keine krebsige Entartung der Inguinaldrüsen. 

Dieser Fall gehört zu der ersten, papillären Form des Penis- 
krebses, wie von Küttner beschrieben. 

3. Fall: Zel. G., 58 Jahre alt, Kellner, wurde im Oktober 
1902 wegen Eichelkrebs mit der Amputation operiert. 

Am 25. Mai 1903 wurde er wieder im Spital aufgenommen, 
da Rezidive bestand, die die Corpora cavernosa, speziell an ihrer 
Basis, interessierte. Anı 28. Mai führte Herr Primararzt Dr. Ni- 
colich die totale Emaskulation aus und am 20. Juni verliels Patient 
das Spital vollkommen geheilt. 

Dieser Fall ist sehr interessant, da wegen des jämmerlichen 
Zustandes des Kranken Herr Dr. Nicolich sich nicht zur Operation 
entschlielsen wollte. Patient litt an Herzfehler (Herzhypertrophie 
und Aorteninsuffizienz). Jedoch die Schmerzen und die Miktions- 
beschwerden waren so bedeutend, dats man zur Operation genötigt 
war, die gut ausfiel. 

Im Januar 1904 starb Patient nach einigen Tagen Aufenthalt 
auf einer internen Abteilung des hiesigen Spitals. Da er niemandem 
von seiner Krankheit Erwähnung getan hatte, glaubte die Wärterin, 
als sie die Waschung der Leiche vornehmen wollte, ein Weib vor 
sich zu haben. Bei der Autopsie fand man weder Rezidive, noch 
Metastasen. Man bemerkt 4 cm vor der Anusöffnung die Mün- 
dung der Harnröhre zwischen Hautfalten. (Siehe Fig. 4.) 

Da das durch die Penisamputation gewonnene anatomische Prä- 
parat nicht aufgehoben worden ist, bin ich nicht imstande zu ent- 
scheiden, zu welcher Form von Karzinom des Penis dieser Fall gehört. 

4. Fall: Kr. Johann, 60jähriger, kräftiger Bauer, litt seit 
langer Zeit an Beschwerden, die durch eine Geschwulst verursacht 
waren, welche den Penis bis zur Basis des Skrotums interessierte. 
Am 9. Juni 1903 führte Herr Dr. Nicolich die totale Emasku- 
lation aus und am 10. Juli verliefs der Kranke das Spital voll- 
kommen geheilt. Nun, vier Jahre nach der Operation, schrieb 
mir Patient aus seiner Heimat, einem kleinen Dorfe in Istrien, dals 
er sich wohl fühlt und seiner Arbeit nachgeht. 

Von diesem Falle ist das anatomische Präparat von Interesse. 
An der Basis des Penis beobachtet man Geschwüre — das eine 


member EE E nn 


Vier Fälle von totaler Emaskulation. 689 


rechts von runder Gestalt, kronengrols, mit unregelmälsigen harten 
Rändern, kraterförmig, aus dessen Grunde eine papilläre Masse 
hervorwuchert. Ein anderes, kleines, am Angulus penoscrotalis, 
zeigt dieselben Charaktere wie das erste, nur ist es trichterförmig. 
Ein drittes, von ovaler Gestalt, und andere kleinere, stecknadel- 
kopfgrofs, finden sich zerstreut in der Umgebung. (Siehe Fig. 5.) 
Wenn man einen longitudinalen medianen Schnitt ausführt und 
die Harnröhre durchschneidet, sieht man, dafs die beschriebenen Ge- 





Fig. 5. 
Karzinom der vorderen Harnröhre mit Durchbruchstellen an der Basis 
des Penis. 


schwüre mit einer proliferierenden, geschwürig zerfallenen, krebsigen 
Masse zusammenhängen, welche den ganzen mittleren Teil der vor- 
deren Harnröhre und die Corpora cavernosa interressiert, so dafs 
die Harnröhre in jenem Teile zerstört ist, während Eichel und 
Vorhaut intakt sind. Nur eine ganz kleine Partie der Eichel an 
ihrer unteren Fläche ist von der Geschwulst erreicht und infiltriert. 
(Siehe Fig. 6.) 

Histologisch handelt es sich um ein Plattenepithelkrebs mit 
verhornten Zellen und Krebsperlen (Dr. Ferrari). 

Es handelt sich in diesem Falle um ein primäres Karzinom 


der s s: š 
vorderen Harnröhre. Bis 1895 hat Wassermann nur 20 
Zeitschrift für Urologie, 1907. 45 


Vom Tumor infiltriertes 3 
Corpus cavernosum ` ei 


690 Carlo Ravasini, Vier Fälle von totaler Emaskulation. 


solcher Fälle beim Manne sammeln können, von denen drei von 
den Cooperschen Drüsen ausgegangen waren. Die letzte Statistik 
dürfte die von Burckhardt sein (l. c.), welche 74 Fälle betrifft 
(34 Männer, 39 Weiber, 1 Fall ohne Angabe des Geschlechtes). — 
Die Geschwulst ist häufiger in der vorderen als in der hinteren 
Harnröhre. lokalisiert. Oberländer meint, dafs sie immer vom 
Bulbus ausgehe. 


Vorhaut 


bo 
as 
"5 
e 
e 
` 
> 


Eichel 


x 
- 
` 
“=. 







Von der Geschwulst 
zerstörte Harnröhre 


` 
=- 
PT geng ,* 
D 
- 
` 





"w. s 
` a 


5 ° ` 
Hodensack Die Basis des Penis Durchbruchstelle an der 
inflitrierender Tumor Basis des Penis 
Fig. 6. 


Karzinom der vorderen Harnröhre, longitudinaler Medianschnitt. 


Es ist noch erwähnenswert, dafs zwei von den Öperierten von 
Dr. Nicolich noch heute, d. h. vier Jahre nach der Operation 
rezidivfrei sind, so dafs man sje als radikal geheilt ansehen kann. 
Einer von seinen Patienten ist zu schnell (acht Monate nach der 
Operation), an einer anderen Krankheit gestorben, um beurteilen 
zu können, ob er radikal geheilt gewesen war. Was meinen Fall 
betrifft, fühlt sich Patient heute ganz wohl; da jedoch nur ein 


Jahr vergangen ist, kann ich noch nicht eine definitive Prognose 
stellen. 


saygauaed ojewaıou 


Literaturbericht. 


I. Allgemeines über Physiologie und Pathologie des 
Urogenital-Apparates, 


Zur Behandlung der Haut- und Geschlechtskrankheiten mit 
Bierscher Stauung. Von Privatdozent Dr. Moriz Oppenheim. (Wien 
med. Presse, Nr. 19, 1907.) 

Verf. berichtet über die Resultate der Stauungstherapie in der 
Klinik Professor Fingers in Wien. Die Behandlung leistete gute Dienste 
bei allen akuten eiterigen Infektionen der Haut, wie Furunkeln, Abs- 
zessen usw., bei entzündeten und vereiternden Lymphdrüsen. Bei der 
Urethritis und ihren Komplikationen versuchte man zuerst eine abortive 
Behandlung des akuten Harnröhrentrippers. Sie wurde in drei Fällen 
eingeleitet, bei denen ganz kurze Zeit nach dem Koitus seröse Sekretion 
eingetreten war, deren spärliche Zellen (sonokokken enthielten. Man 
konnte vermuten, dafs die Gonokokken die Peniswurzel noch nicht über- 
schritten hatten. Ein elastischer, dünner Schlauch wurde um die Penis- 
wurzel gelegt und täglich eine halbe Stunde liegen gelassen. Der Effekt 
war, dafs die Eiterung rapid zunahm, Ödem der Penishant auftrat und 
heftige Schmerzen beim Urinieren entstanden, so dafs die Stauung aus- 
gesetzt werden mufste. Anders war der Erfolg bei der Behandlung der 
Epididymitis gonorrhoica in bezug auf die Beseitigung der Schmerzen. 
Es wurden allerdings nur wenige Fälle hehandelt, doch konnte bei diesen 
immerhin ein günstiger Einflufs der Stauung auf das Schwinden der 
Schmerzen konstatiert werden. In einigen Fällen schwanden diese un- 
mittelbar nach Anlegung des Stauungsbandes, traten, wenn auch in ver- 
mindertem Mafse, nach Abnahme des Bandes wieder auf. (Verwendet 
wurde zur Stauung ein schmales, etwa l cm breites Gummiband, dafs 
um den Ansatz des Skrotums unter Abziehung des Hodens wie beim 
Frickeschen Heftpflasterverband gelegt wurde.) Über die Beeinflussung 
des gonorrhoischen Prozesses, Ausbildung der bindegewebigen Schrump- 
fung und über eine Abkürzung des Verlaufes der Epididymitis gonor- 
rhoica konnte kein genügend fundiertes Urteil gewonnen werden; es 
scheint, dafs kein nennenswerter Unterschied in der Behandlung nach 
rein antiphlogistischen Prinzipien und mittelst der Stauung . bezüglich 
des objektiven Befundes besteht. 

Die vorzüglichsten Resultate gibt die Stauung bei der Behandlung 
der Arthritis gonorrhoica des Handgelenkes. Es wurden neun Fälle von 
akuter Gelenkentzündung behandelt, und zwar fünf Fälle von Athritis 
gonorrhoica des Handgelenkes, drei Fälle des Sprunggelenkes und eine 
Kniegelenkentzündung. In allen diesen Fällen war die Wirkung auf 
die Schmerzhaftigkeit, die manchmal eine sehr grofse war, eklatant. 
Auch in bezug auf den objektiven Befund, die Rötung, Schwellung, 


45* 


692 Allgemeines über Physiologie u. Pathologie des Urogenital-A pparates. 


leistete die Stauung gute Dienste und ebenso in bezug auf die Funktion, 
deren Prognose gerade bei der Athritis gonorrhoica eine besonders un- 
günstige ist. Durch die Stauungsbehandlung hat sich die Prognose 
wesentlich gebessert, so dafs man es nach Verf. als direktes Versäumnis 
ansehen mufs, jetzt einen Fall von Arthritis gonorrhoica ohne Stauung zu 
behandeln. Kr. 


Ein rascher Nachweis des Tuberkelbacillus im Urin durch 
den Tierversuch. Von Dr. A. Bloch. (Berl. klin. Wochenschr. 1907. 
Nr. 17.) 

Verf. glaubt eine Methode gefunden zu haben, die eg ermöglicht, 
viel schneller als bisher durch das Tierexperiment festzustellen, ob eine Uro- 
genitaltuberkulose vorliegt oder nicht. Er stützt sich dabei auf Versuche 
von Orth, die zeigen, dafs die Zuführung von infektiösen Stoffen gewöhnlich 
erst dann zur Erkrankung der betreffenden Tiere führt, wenn eine künst- 
liche Disposition durch mechanische Läsion bestimmter Organe geschafien 
ist. Impft man Meerschweinchen subkutan oder intraperitoneal mit tuberkel- 
bazillenhaltigem Material, so kann man erst nach 6—8 Wochen durch 
Obduktion des Tieres feststellen, ob es tuberkulös geworden ist. Inji- 
ziert man den Tieren subkutan in die Leistengegend Reinkulturen von 
Tuberkelbazillen, so findet man meist schon nach neun Tagen in den 
geschwollenen Drüsen reichlich Bazillen; benutzte man jedoch zur In- 
jektion Urinsediment mit spärlichem Bazillengehalt, so war der Befund 
nach 10—12 Tagen ein sehr zweifelhafter und für die Praxis kaum ver- 
wertbar. B. verfuhr deshalb so, dafs er das Sediment des auf Tuberkel- 
bazillen verdächtigen Urins in 3 ccm einer sterilen Kochsalzlösung auf- 
schüttelte, hiervon 1 cem subkutan in die rechte Leistengegend eines 
Meerschweinchens einspritzte, dann die Leistenfalte mit den Drüsen 
zwischen Daumen und Zeigefinger falste und durch festes Zudrücken 
quetschte, wodurch die oben erwähnte Disposition geschaffen wurde. Auf 
diese Weise gelang es, binnen 9—11 Tagen einen positiven Nachweis 
von Tuberkelbazillen zu erbringen, wenn injiziert waren: Reinkulturen 
von Tuberkelbazillen, ferner Harnsediment einer als gesund angesehenen 
Niere, bei klinisch und mikroskopisch sichergestellter Diagnose einer 
Nierentuberkulose der anderen Seite; ferner Harnsedimente von Fällen, 
in denen klinische Symptome einer Urogenitaltuberkulose bestanden ohne 
positiven Tuberkelbazillenbefund; Harnsediment von Patienten mit zweifel- 
haften Symptomen von Urogenitaltuberkulose und vereinzelten säurefesten 
Stäbchen.. Anderseits wurde der negative Nachweis erbracht in Fällen, 
in denen injiziert wurde das Harnsediment einer Niere bei sicher- 
sestellter Tuberkulose der anderen Seite, ferner die Reinkultur an Smegma- 
bazillen, aufgeschwemmt in Kochsalzlösung, ferner Smegmabazillen ım 
Sediment einer gonorrhoischen Cystitis. Die Untersuchungen wurden in 
der Weise angestellt, dafs von der herausgenommenen geschwollenen 
Iymphdrüse sowohl Abstrichpräparate wie Schnitte angefertigt wurden. 
Vier instruktive Krankengeschichten illustrieren den Wert der Methode. 


Cohn-Berlin. 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 693 


Some cases of hematuria. Von C. Cabot. (Post Graduate. 
No. 8. 1906.) 

l. Der 62jährige Patient litt an Schmerzen in der rechten Niere 
und Hämaturie. Auch war er schwächer und magerer geworden. Die 
Blase erwies sich als normal. Das Blut stammte, wie die kystoskopische 
Untersuchung ergab, aus der rechten Niere, welche auch palpatorisch 
bedeutend vergrölsert erschien. Die Nephrektomie war wegen zahlreicher 
Adhäsionen sehr schwierig. Tod nach 24 Stunden. 

. 2. Die 29 jährige Patientin hatte seit 10 Jahren Blasenbeschwerden 
(Schmerzen, Brennen, Pyurie und Hüämaturie). Vor einigen Jahren war 
die rechte Niere wegen Verdachtes auf Tuberkulose entfernt worden, ohne 
dafs eine Besserung eingetreten wäre. Vor 4 Jahren war die Sectio 
alta gemacht und einige Ulzerationen am Trigonum ausgekratzt worden. 
Auch diesmal zeigte sich kein Erfolg, ebensowenig wie von Atzungen mit 
10—15 °; Arg. nitric. Gonokokken oder Tuberkelbazillen waren niemals 
nachweisbar. Cystoskopisch fand sich ein kleines, leicht blutendes Ge- 
schwür an der rechten Uretermündung, welches kauterisiert wurde. 
Keine Besserung. C. glaubt, dafs der Ausgangspunkt der Beschwerden 
ın der zurückgebliebenen Niere liege. 

3. 24jähriger Patient, welcher seit einer Woche blutigen Urin 
Zeite, Vor 15 Jahren Syphilis. Das Blut stammte, wie die Kysto- 
skopie ergab, aus dem linken Ureter. An den Nieren und der Blase 
konnte sonst nichts Pathologisches gefunden werden, so dafs O. die Dia- 
gnose hämorrhagische Nephritis, vielleicht luetischen Ursprungs, stellte. 
Eine antiluetische Behandlung hat bis jetzt, vier Wochen seit Bestehen 
der Krankheit, keinen Erfolg gehabt. 

4. 22jähriger Patient, welcher seit 2 Jahren an terminaler Häma- 
turie litt. Bei der Kystoskopie fand man ein Papillom an der vorderen 
Blasenwand. Entfernung auf suprapubischem Wege. Heilung. 

5. 54jšhriger Mann mit terminaler Hämaturie. Bei der Kysto- 
skopie fand man einen Tumor der Blase, von welchem ein Stück entfernt 
und mikroskopisch untersucht wurde. Es erwies sich als Karzinom. 
Sectio alta, Entfernung des Tumors und der hypertrophierten Prostata. 
Tod nach 9 Tagen. 

6. 32 jähriger Patient, welcher seit 1 Jahre an Nierenkoliken und 
Hämaturie litt. Linke Uretermündung entzündet und verengt. Bei der 
Operation fand sich die linke Niere nahezu vollständig zerstört. Heilung. 

T. 20 jähriger Mann mit terminaler Hämaturie. Bei der Kysto- 
skopie fand sich ein zottiger Tumor am Trigonum, der durch Sectio 
alta entfernt wurde und sich als Papillom erwies. Heilung. 

von Hofmann-Wien. 


Il. Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Die neuen Beweise für den freien Zustand des Zuckers im 
Blute. Von Eduard Pflüger. (Arch. f. d. ges. Physiologie des Menschen 
und der Tiere, Bd. 117, 3. u. 4. Heft, 1907.) 


Zur Erklärung der Glykosurie und gewisser der Blutanalyse sich 


694 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


entgegenstellender Schwierigkeiten hat man in den letzten Jahren der 
Frage grölseres Interesse zugewandt, ob der Zucker im Blute der nor- 
malen Individuen etwa chemisch an Substanzen gefesselt sei, für welche 
die Niere durchaus undurchlässig ist. 

Leon Asher und R. Rosenfeld haben soeben eine Arbeit ver- 
öffentlicht (Über die physikalisch - chemischen Bindungsverhältnisse ver- 
schiedener Stoffe im Blute. Biochem. Zeitschr., Bd. 3, 1907). in welcher 
sie zu dem Ausspruch gelangen: „Der normale Blutzucker befindet sich 
frei gelöst in diffusionsfähigem Zustand im Blut“. „Mit dem Nachweise. 
dafs der normale Blutzucker frei gelöst im Blute ist, fallen einige Hypo- 
thesen dahin, die sich auf die Annahme einer kolloidalen Bindung des 
Zuckers gründen. Das Verhalten des Zuckers bei der Diurese kann nicht 
mehr erklärt werden aus einer festeren Bindung desselben“. 

Die Wichtigkeit dieser Verhältnisse veranlalst Pflüger, zu zeigen, 
dafs diesen Behauptungen keinerlei Berechtigung zukommt. Um nicht 
milsverstanden zu werden, fügt er am Schlusse seiner Arbeit die Er- 
klärung hinzu, dafs er keineswegs die chemische Bindung des gesamten 
Blutzuckers für bewiesen halte und zur Erklärung gewisser wesentlicher 
Seiten der Nierentätigkeit an die hervorragende Beteiligung der leben- 
digen Epithelzelle glaube, bei der die Gesetze des osmotischen Druckes 
wohl eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Kr. 


Untersuchungen über die Bildung des Glykogens in der Leber. 
Von Privatdozent Dr. Karl Grube-Bonn. (Arch. f. d. gesamte Physiologie. 
Bd. 118, 1. u. 2. Heft 1907.), 

Die Hauptergebnisse der an der Schildkröte durchgeführten Ver- 
suche des Verf. sind: 

1. Die Leber vermag aus den einfachen Zuckern Dextrose, Lävu- 
lose und Galaktose, Glykogen zu bilden. 

2. Die Glykogenbildung ist am stärksten nach der Zufuhr ven 
Dextrose, weniger bedeutend nach der von Lävulose und (ralaktose. 

3. Die Leber vermag aus Glyzerin ebenfalls Glykogen zu bilden. 

4. Die Leber vermag kein Glykogen zu bilden aus den zusammen- 
gesetzten Zuckern, Rohrzucker und Milchzucker, aus Pentose, kohle- 
hydratfreiem Eiweils und weder aus den aktiven, noch aus den inaktiven 
Aminosäuren. Kr. 


Über die Gesetze der Zuckerausscheidung beim Diabetes 
mellitus. Von Falta und Gigon. (Zeitschrift für klinische Medizin. 
Band 61, Heft 3 und 4.) 

In mehreren Fällen von Diabetes mellitus, die alle als der schweren 
Form zugehörig anzusehen waren, wurde von einer bestimmten Standard- 
kost ausgehend der Einfluls zugelegter Kohlehydrate und verschiedener 
Eiweifsarten systematisch in langen Perioden geprüft. Es zeigte sich, 
dafs die Beeinflussung der Glykosurie den verschiedenen Eiweifskörpern 
gegenüber sich in verschiedener Weise bei den einzelnen Fällen bemerk- 
bar machte. In den ersten Fällen verhielten sich die leicht zersetzlichen 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 695 


Eiweifskörper, wie Kaseine, als stark zuckervermehrend, während das 
zersetzliche Blutglobulin z. B. in bezug auf die Zuckerausscheidung voll- 
kommen wirkungslos war; in einem anderen Falle verursachten die ver- 
schiedenen Eiweifskörper eine gleichmälsige Erhöhung der Zuckeraus- 
scheidung, während die Intoleranz gegen Kohlehydrate viel geringer war. 
In den Fällen, in denen die verschiedenen Eiweilskörper die Zuckeraus- 
scheidung verschieden beeinflussen, lassen sich dieselben ìn folgender, 
nach der Gröfse ihrer Wirkung abfallender Skala ordnen: Kasein, Blut- 
albumin, koaguliertes Ovalbumin, Blutglobulin und genuines Ovalbumin, 
einer Skala, die sich vollständig mit der bezüglich ihrer Zersetzlichkeit 
deckt. Verf. kommen zu dem Resultat, dafs in den schweren Fällen 
von Diabetes mellitus reine Eiweilskörper ohne grofsen Unterschied 
einen deutlichen Einfluls auf die Glykosurie aufweisen, und dals die 
Unterschiede bei niedrigem Stande der Glykosurie wohl zum Teil ihren 
(Grund ın der verschiedenen Zersetzlichkeit der einzelnen Eiweilskörper 
haben. Als praktische Schlufsfolgerung ist aus Untersuchungen zu ent- 
nehmen, dals in schweren Fällen von Diabetes mellitus die Kranken bei 
kohlehydratreicher Kost öfter weniger Zucker ausscheiden als bei eiweils- 
reicher Kost. 

Mit Bezug auf die verschiedene Zuckerausscheidung bei Zulage 
verschiedener Zuckerarten ergab sich in vier Stoffwechselversuchen, dals 
mit Ausnahme der Maltose die untersuchten Kohlehydrate, Dextrose, 
(zulaktose, Lävulose, Hafermehl, Weizenmehl im allgemeinen sich in 
ihrer Wirkung auf die Glykosurie bei einem und demselben Diabetiker 
nicht unterscheiden. Die Maltose wird aufserordentlich schlecht ver- 
tragen, viel schlechter nicht nur als die Lävulose, sondern auch als alle 
übrigen Kohlehydrate. Ferner gibt es zweifellos Falle von Diabetes 
mellitus, welche Lävulose besser vertragen als Dextrose, doch scheint in 
der Mehrzahl der Fälle das Assimilationsvermögen für die Lävulose nicht 
besser zu sein als für die Dextrose. Für die ersteren Fülle der besseren 
Verwertung der Lävulose erscheint die Annahme erlaubt, dafs das Poly- 
merisationsvermögen der Leber für Lävulose in diesem Falle ungestört 
ist, so dafs die Leber in der Lage ist, das aus Lävulose gebildete Gly- 
kogen längere Zeit zurückzuhalten und verwerten zu lassen. 

Zuelzer-Berlin. 


Untersuchungen über den Pankreasdiabetes. Von Eduard 
Pflüger. (Arch. f. d. gesamte Physiologie 1907, Bd. 118, 8 u. 4. Heft.) 

Pflüger ist, zunächst auf Grund von Experimenten am Frosch, zu 
fulgenden (sesetzen gelangt: 

1. Die Totalexstirpation des Pankreas beim Frosche erzeugt bei 
richtiger Anordnung des Versuches regelmäfsig — wie beim Hunde — 
einen bis zum Tode währenden Diabetes, der 5—6 Tage nach der 
Üperation eintritt. 

2. Moritz Nussbaum hat bewiesen, dafs ein frischer Hode vom 
Frosche, welcher unter die Rückenlhaut eines kastrierten Froschmänn- 
chens gepflanzt wird, viele Wochen fortfährt, durch innere Sekretion, 
d.h. Abgabe von Säften, die Entwicklung der sekundären Geschlechts- 


696 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes, 


charaktere zu veranlassen. Der analoge Versuch, die innere Sekretion 
des Pankreas bei pankreaslosen Fröschen zu verwerten, verhinderte nie- 
mals die Entstehung des Diabetes. 

3. Wenn man beim Frosche das Duodenum, soweit es dem Pan- 
kreas benachbart ist, mit äufserster Schonung des Pankreas exstirpiert, 
entsteht ein Diabetes, welcher stärker ist, aber genau denselben Cha- 
rakter hat, wie der durch die Totalexstirpation des Pankreas bedingte. 
Er hält bis zum Tode an. 

4. Wenn man das Mesenterium zwischen Duodenum und Pankreas 
mit dem Messer spaltet oder auch durch Anlegung mehrerer Ligaturen 
jede unmittelbare funktionelle Beziehung zwischen beiden Organen auf- 
hebt, entsteht abermals derselbe, nur meist noch stärkere Diabetes als 
nach Totalexstirpation des Pankreas selbst. 

Es ist wichtig, zu beachten, dafs die Eingriffe 3 und 4 die Er- 
nährung des Pankreas kaum beeinträchtigen. Kr. 


Kasuistische Beiträge zur Pentosurie. VonL. Weil. (Deutsche 
med. Wochenschr. 1907, Nr. 22, Vereinsbl.) 

Mitteilung dreier Fälle von Pentosurie; einer war längere Zeit als 
Diabetes behandelt worden. Es empfiehlt sich in jedem Falle von 
Zuckerausscheidung auch die Phenylhydrazin-, die Gärungsprobe, zu 
machen event. den Polarisationsapparat anzuwenden. Bei einer stillenden 
Frau, die während der Laktationsperiode Laktosurie hatte, zeigte sich 
nach dem Absetzen des Kindes Pentosurie, woraus Weil den Schluf: 
zieht, dafs die Pentosurie auch erworben werden kann. In der Dis- 
kussion wird von Rosenfeld darauf hingewiesen, dafs im letzten Falle 
vielleicht eine transitorische Pentosurie vorgelegen habe, die durch die 
Laktosurie verdeckt worden sei. Verfütterung von Galaktose steigerte 
die Peutoseausscheidung nicht. Manasse-Berlin. 


Ein Fall von doppelseitiger Neuritis des N. cruralis bei Pen- 
tosurie. Von Dr. Cassirer und Bamberger. (Deutsche med. Wochen- 
schr. 1907, Nr. 22.) 

Bei einem 43jährigen Mann, der ziemlich starker Biertrinker ist, 
entwickelten sich akut Kompensationsstörungen infolge einer Mitral- 
insuffizienz. Bei entsprechender Behandlung gehen die Erscheinungen 
des Herzens zurück und es zeigen sich nunmehr die Symptome 
einer doppelseitigen Neuritis n. cruralis. Auf den Alkoholmilsbrauch 
kann diese Affektion nicht gut bezogen werden, weil es hierbei zu einer 
Polyneuritis, oder zu einer Neuritis der nn. peronei und tibiales postici 
kommt. Einseitig ist die Neuritis des cruralis bei Diabetes bereits 
mehrfach beobachtet worden. Eine eingehende Untersuchung des Harns 
ergibt im vorliegenden Falle die Anwesenheit von Pentose. Die, Pen- 
tosurie ist für den Träger eine gleichgültige Erscheinung, ein Zusammen- 
hang von Tentosurie und Neuritis ist bisher noch nicht beobachtet 
worden, aber die Möglichkeit ist analog den diabetischen Neuritiden 
nicht von der Hand zu weisen. Auch der Umstand, dafs die Pentosurie 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 697 


nachweislich noch bestehen blieb, als alle Erscheinungen der Neuritis 
des n. cruralis wieder geschwunden waren, spricht nicht dagegen. Die 
Pentosurie hatte wahrscheinlich schon wenigstens 18 Jahre zuvor be- 
standen, zu dieser Zeit war Patient bei einer Lebensversicherung ab- 
gewiesen worden, „weil er zuckerkrank sei“. Manasse-Berlin. 


Über Harnuntersuchungen in der Praxis und über eine für 
die Praxis geeignete quantitative Zuckerbestimmung. VonK.Grube- 
Neuenahr. (Münch. med. Wochenschrift 1907. Nr. 22.) 

Verf. wendet sich mit Recht gegen die Gepflogenheit, den Harn 
von Chemikern oder Apothekern untersuchen zu lassen. Es widerspricht 
dies dem Interesse des Kranken ebenso, wie es die Diagnosenstellung 
und das Ansehen des Arztes beeinträchtigt. Sodann bespricht er kritisch 
die quantitativen Zuckerbestimmungen mittels Polarisation und Gärung, 
nach Fehling und nach Pavy. Empfohlen wird als leicht ausführbar 
und genügend genau eine von A. Wolff angegebene Methode; sie beruht 
auf Titrierung einer modifizierten Fehlingschen Lösung von bestimmtem 
Gehalt (4 cem entsprechen 0,01 g Zucker) mit dem zuckerhaltigen Harn, 
wobei aus der zur Reduktion nötigen Zahl der Tropfen der Prozent- 
gehalt berechnet wird. — Bei Besprechung der Azetonbestimmung 
warnt Verf. besonders vor der nichtärztlichen Untersuchung, da sie oft 
unbegründete Azetonfurcht erzeugt. Azeton tritt manchmal alimentär, 
häufig vorübergehend auf und hat durchaus nicht immer die schwer- 
wiegende Bedeutung, die ihm von den Kranken beigemessen wird. 
Zum Nachweis genügt die Gerhardtsche Eisenchloridprobe., — Quan- 
titative Untersuchungen auf Eiweils sind in der Praxis meist überflüssig. 
da wenigstens bei den chronischen Formen der Nierenkrankheiten die 
Albuminurie keinen Malsstab für die Schwere des Zustands abgibt. 
Das Esbachsche Verfahren ist unbrauchbar, die Laboratoriumsbestim- 
mungen meist wertlos und den Kranken irreführend: eventuell käme die 
von Roberts angegebenen Hellersche Schichtprobe (mit sukzessiver 
Verdünnung des Harns) in Frage. Für die Praxis ist nach alledem von 
quantitativen Bestimmungen nur die des Zuckers notwendig. 

Brauser- München. 


Beiträge zur Kenntnis des Kochsalzstoffwechsels. Von Dr. A. 
Bittorf und Priv.-Doz. Dr. G. Jochmann. Deutsches Archiv für klinische 
Medizin. 89. Band, 5. u. 6. Heft. 

Verf. kommen zu folgendem Resultat: 

l. Auf der Höhe der Pneumonie kann durch vermehrte Chlorzufuhr 
keine Steigerung der Ausfuhr erzielt werden. Die Ursache der NaCl- 
Retention liegt nicht in primärer Wasserretention, sondern in den Eigen- 
schaften der Gewebe und des pneumonischen Exsudats, wie das Verhält- 
nis der Wasser- zur Chlorausscheidung lehrt. 

2. Bei exsudativen Entzündungen (Pleuritis) kann ım akuten Stadium 
die Chlorausscheidung normal sein. Selbst vermehrte NaCl-Zufuhr braucht 
nicht zur Retention zu führen. Sie kann vielmehr diuretisch wirken. 


698 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Probepunktion kann die Resorption des Kochsalzes aus dem Exsudat 
anregen, während Diuretin nur auf die Wasserausscheidung wirkt. 

3. Bei Herzkranken ist die Wasser- und Chlorausfuhr allein ab- 
hängig von der Zirkulation. Die Ausfuhr beider Stoffe kann aber un- 
abhängig voneinander stattfinden. NaCl-Zulage braucht auch bei gleich- 
zeitigen Ödemen nicht zur Wasserretention zu führen; vielmehr kann 
Kochsalzzufuhr chlor- und wassertreibend wirken. 

4. Der Chlorgehalt von nicht nephritischen Exsudaten, Transsudaten 
und Ödemen ist häufig erheblich höher als von Ödemen Nierenkranker. 

5. Die Atmuungsniere vermag hohe prozentuale und gesamte Chlor- 
ausscheidung zu bewältigen. 

6. Nierenkranke mit Herzinsuffizienz verhalten sich wie dekompen- 
sierte Herzkranke. 

I. Bei den übrigen Nierenkranken sind die Verhältnisse wechselnd. 
Meist konnten Verff. gute Chlorausscheidung fesstellen. Die Chlorausfuhr 
erwies sich in den meisten Fällen oft in weitgehendster Weise, unab- 
hängig von der Wasserausscheidung. 

Bei akuter Nephritis mit Ödemen konnten Verff. durch Chlorzulage 
vermehrte Kochsalz- und Weasserausfuhr herbeiführen. Kurz darauf 
sahen sie bei demselben Kranken ohne Ödeme verlangsamte NaCl-Reten- 
tion bei guter Wasserausscheidung. 

Bei chronischer parenchymatöser Nephritis sahen sie bald sehr gute, 
bald gute, nur selten verlangsamte Kochsalzausscheidung bei normaler 
Wasserelimination. Auch hier konnten sie einmal chlortreibende Wirkung 
der Kochsalzzulage feststellen. 

Bei chronisch interstitieller Nephritis sahen Verff. ebenfalls meist 
gute Kochsalzausscheidung. 

In einzelnen Fällen bestand allein verschlechterte Wasserausfuhr bei 
guter Kochsalzdiurese oder Störung der Wasser- und Kochsalzausfuhr. 

9. Aus dem Ühlorausscheidungsvermögen der Niere läfst sich kein 
Schlufs auf die Schwere und Art der Nierenkrankheit ziehen. 

10. Die primäre Kochsalzretention als Ursache der Ödeme scheint 
den Verff. nicht erwiesen, vielmehr sprechen viele ihrer Befunde gegen diese 
Anschauung. Wahrscheinlich bilden Gefüfsveränderungen meist die 
(rundlage für die Entwicklung der Ödeme. Eine wichtige Rolle spielen 
(efälsveränderungen sicher bei gewissen chronischen, hochgradigen, durch 
therapeutische Mafsnahmen schwer zu beeinflussenden Ödemen Herz- und 
Nıerenkranker. 

LI. Schädigungen als Folge der Kochsalzzulage haben Verff. nicht 
gesehen. 

12. Die moderne Forderung der salzarmen Nahrung, soweit sie nur 
auf das angeblich gesetzmäfsig (oder häufig) verminderte Salsausscheidungs- 
vermögen der Niere Rücksicht nimmt, ist nach den Untersuchungen der 
Verff. meist durchaus unberechtigt, vielleicht sogar mitunter unrichtig. Ver- 
steht man aber unter salzarmer Kost eine möglichst schonende Nahrung 
(reichlich Fett und Kohlebydrate, wenig Eiweils und reizende Substanzen 
mit dadurch verminderter Wasserzufuhr), so kann man darin nur einen 
neuen Namen für eine alte Sache sehen. Zuelzer-Berlin. 


Gonorrhoe und Komplikationen. — Penis und Harnröhre. 699 


Ill. Gonorrhoe und Komplikationen. 


Über Konjurktivitis, Iridocyklitis und andere entzündliche 
Augenaffektionen als Teilerscheinungen eines Gonorrhoismus. 
Ven K. Ullmann. (Wiener klin. Rundschau. Nr. 15. 18. 20. 1907.) 

U. bespricht in eingehender Weise die verschiedenen metastatischen 
Augenerkrankungen. Er ist der Ansicht, dafs derartige metastatische 
Komplikationen im Auge sich nur im Anschlufs an Komplikationen der 
Gonorrhoe, speziell bei Urethritis posterior und Prostatitis, niemals aber 
bei unkomplizierter Urethritis anterior einzustellen pflegen. In thera- 
peutischer Hinsicht bewähren sich neben der Behandlung der Augen- 
affektion am besten die Balsamica und vor allem Ausspülungen der 
Harnröhre. Eine eingreifendere Behandlung der Urethritis darf nur mit 
grolser Vorsicht unternommen werden, wird aber nach U.s Erfahrungen 
meist gut vertragen. von Hofmann-Wien. 


IV. Penis und Harnröhre. 


Über angeborene Strikturen der Harnröhre. Von C. Posner. 
‚Berl. klin. Wochenschr. 1907. Nr. 13.) 

Der Fall, von dem Verf. in seiner Abhandlung ausgeht, betrifft 
einen 1ljährigen Knaben, der mit heftigem Harndrang, Schmerzen in 
der Gegend der rechten Niere und Trübung des Urins erkrankte; eines 
Tages trat eine heftige Hämaturie ein, die bald vorüberging, wonach 
jedoch immer mikroskopische Blutbeimengungen im trüben Urin blieben; 
weder Röntgenuntersuchung noch Palpation gaben einen Anhalt für eine 
Nierenerkrankung. Ein eingeführter Katheter Nr. 11 entleerte 1100 ccm 
eiterigen Urins; bei wiederholtem Katheterismus ergab sich immer das- 
selbe Verhalten, wobei der Katheter jedesmal im Bulbus auf ein Hindernis 
stiels. Durch Einführung immer stärkerer Katheter mit gleichzeitiger 
Blasenspülung wurde in ca. 14 Tagen Beseitigung der Beschwerden, 
Klärung des Urins und Erweiterung der Harnröhre bis auf Nr. 16 erzielt. 
— Am häufigsten sitzen die angeborenen Verengerungen wohl am Orifi- 
cium externum urethrae, können hier zu vollkommener Atresie, dement- 
sprechend zu Harnverhaltung, aber auch zur Inkontinenz führen. Ferner 
kommen in der Fossa navicularis kongenitale Faltenbildungen vor, die 
den Katheterismus erschweren können. Auch die klassische Stelle für 
erworbene Strikturen, der Übergang von der pars bulbosa in die pars 
membranacea, der schon normalerweise sich durch eine mehr oder weniger 
ausgebildete klappenartige Falte markiert, kann durch angeborene halb- 
mondförmige Klappen strikturiert sein, wie durch mehrere in der Lite- 
ratur niedergelegte Fälle erwiesen ist. Dieser Kategorie glaubt P. auch 
seinen Fall einreihen zu müssen, wenn auch das späte Auftreten der 
Symptome, sowie die Hämaturie nicht gerade zugunsten dieser Diagnose 
sprechen; andererseits wird das erstere bei mehreren Fällen in der Lite- 
ratur erwähnt, und die Blutung ist Verf. geneigt, auf eine primäre Pye- 
litis zurückzuführen, die sich infolge der Harnstauung ausgebildet hatte. 
Die Behandlung des Leidens besteht in der allmählichen Dilatation, die 


700 Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


auch hier zum Ziele führte; ist das nicht der Fall, so wäre die interne 
Urethrotomie indiziert. Cohn-Berlin. 

Du priapisme prolongé. Von F. Terrier und Ch. Dujarier 
(Revue de Chirurgie. No. bh 1907.) 

Der 3ljährige Patient erwachte 3 Tage nach exzessivem Koitus 
mit einer zunächst schmerzlosen Erektion. Diese blieb bestehen, bald 
traten auch Schmerzen auf und der Patient liefs sich ins Spital auf- 
nehmen. Die Erektion betraf nur die Corpora cavernosa penis. Nach 
einiger Zeit stellte sich auch Dysurie und ein Ausflufs aus der Harn- 
röhre ein. Inzision der Corpora cavernosa in Narkose. Es entleert sich 
reichlich schwärzliches Blat, aber kein Gerinnsel. Nach der Operation 
blieb das Glied schlaff. Über das weitere Schicksal des Patienten konnte 
nichts in Erfahrung gebracht werden, doch scheint seine Potenz gelitten 
zu haben. von Hofmann-Wien. 


Die Phimose eine wichtige Ursache innerer Erkrankung der 
Knaben. Von Witzenhausen-Mannhein. (Münch. med. Wochenschrift. 
1907. Nr. 22.) 

Vert hat 5 Fälle bei Knaben von 9 Wochen bis 1!/, ‚Jahren 
beobachtet, die alle das Gemeinsame hatten, dafs die Kinder sehr un- 
ruhig waren, zuweilen Krämpfe hatten, in elendem Ernährungszustande 
sich befanden, sehr oft urinierten und an hartnäckiger Stuhlverstopfung 
litten. Die Untersuchung ergab in allen Fällen eine mehr oder minder 
hochgradige Phimose sowie Auftreibung des Leibes, die durch eine 
chronisch dilatierte, nie zur völligen Entleerung kommende Blase hervor- 
gerufen war. Zirkumzision brachte jedesmal prompte Heilung von allen 
Beschwerden. Verf. glaubt, dafs die Phimose als Ursache solcher Er- 
krankungen häufig übersehen werde, und dafs manche Fälle von 
Hirschsprungscher Krankheit auf sie zurückzuführen sind. Der Phi- 
mose ist daher schon im ersten Kindesalter mehr Beachtung zu schenken 
als dies bisher geschehen ist und, wenn sich obengenannte Symptome, in 
deren Vordergrund die starke Obstirpation steht, zeigen, ist möglichst 
bald die Zirkumzision zu machen, da bei längerem Bestehen auch noch 
für die späteren Jahre Schädigungen der ganzen Konstitution die Folge 
sein können. Brauser- München. 


V. Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


Die Therapie der Ectopia testis. Von Dr. Paul Coudray-Paris. 
(Wien. med. Presse Nr. 19, 1907.) 

Verf. hat schon vor einigen Jahren auseinandergesetzt, dafs die alte 
Methode, den verlagerten Hoden durch Massage in das Skrotum hinab- 
zuschieben oder hinabzuziehen, in vielen Fällen vorzügliche Resultate 
gibt. Er kommt in vorliegender Arbeit auf dieses Thema zurück, 
weil diese unblutige Methode auf dem letzten Chirurgenkongresse nicht 
genügend gewürdigt wurde. Verf. glaubt, dafs die unblutige Methode 
bei Patienten im Alter von 10—11 Jahren, wenn es sich um eine 


Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 701 


Ectopia testis ohne Hernie handelt, als die Methode der Wahl be- 
zeichnet werden kann. Durch entsprechende Traktionen wird nicht nur 
das Herabsteigen des Hodens bewirkt, sondern gleichzeitig auch gewisser- 
malsen sein Quartier in den Hüllen vorbereitet. Diese Behandlungsart 
gilt aber keineswegs blols für jene Fälle, wo die Hoden der kleinen 
Patienten im Inguinalkanal oder noch tiefer einfach stehen geblieben 
sind und es sich nur um eine Verzögerung der Wanderung handelt und 
spontane Heilungen eintreten können. Die unblutige Methode gibt viel- 
mehr sowohl in derartigen Fällen von inguinaler Ektopie des Hodens, 
wo von Haus aus eine beträchtliche Fixation besteht, als auch selbst bei 
abdominaler Hodenverlagerung gute Resultate. Nach dem 10. oder 
ll. Lebensjahr ist die Beseitigung der Ektopie durch externe Proze- 
duren schon ein in bezug auf den Erfolg zweifelhaftes Verfahren. 

Bei Knaben im Alter von 5, 6 und 7 Jahren kann die Ektopie 
bei gleichzeitigem Bestand einer Hernie ebenfalls durch externe Methoden 
beseitigt werden, wenn die Hernie klar ist Die Bandage ist natürlich 
unentbehrlich. In allen anderen Fällen ist das operative Verfahren 
heranzuziehen. 

Die Orchidopexie ist nur möglich bei der Ectopia inguinalis. In 
den Fällen von Ectopia abdominalis ist der günstige Erfolg der Orchido- 
pexie ein sehr fraglicher. Man hat zwar geraten, die blutige Reposition 
auf alle Fälle vorzunehmen, selbst wenn es nötig ist, die Resektion der 
begleitenden Gefäfse zu machen. Aber ein Hode, der seiner Gefüfse 
beraubt ist, wird atrophisch und macht das Verfahren zwecklos. 

Was die Funktionsfähigkeit des ektopierten Hodens betrifft, so wird 
über einzelne Fälle berichtet, wo die Hoden trotz bestehender Ectopia 
inguinalis, ja selbst bei Ectopis abdominalis, normale Spermatozoen zu 
produzieren imstande waren. Aber das sind Ausnahmefälle. Gewöhn- 
lich besitzen derartige Hoden keine Zeugungsfähigkeit. 

Über die Frage der Funktionsfähigkeit des ektopierten Hodens, 
der künstlich in seine normale Stellung gebracht wurde, bestehen zwei 
Anschauungen. Als Vertreter der einen behauptet Villard-Lyon, dafs 
der ektopierte Hoden von Natur aus mifsbildet und funktionsunfähig 
sei. Diese Anschauung ist geeignet, Patienten und Chirurgen zu be- 
unruhigen. Glücklicherweise ist sie irrig. Sowohl Souligoux als auch 
C. haben über Fälle berichtet, die genau das Gegenteil beweisen. Es 
ist auch leicht einzusehen, dafs ein Organ, das in seiner Wanderung durch 
eine Ursache, welche nicht mit seiner Funktion zusammenhängt, auf- 
gehalten wurde, diese normal ausübt, wenn es an seinen normalen Platz 
ohne Schädigung gebracht wird. Die sicher festgestellte Anwosenheit 
zahlreicher und lebhaft beweglicher Spermatozoen ist nach dem gegen- 
wärtigen Stand der Wissenschaft trotz der gerenteiligen Ansicht von 
Villard ein genügender Beweis für die Zeugungsfähigkeit der in Frage 
kommenden Hoden. Kr. 


Kryptorchismusoperation. Von Storp-Danzig. (Deutsche med, 
Wochenschr. 1907, Nr. 22, Vereinsbl.) 


Im Ärztl. Verein in Danzig stellt Storp zwei Knaben im Alter 


702 Prostata. 


von fünf und sechs Jahren vor, bei denen er nach dem Vorgange Kitt- 
leys und de Beules die Kryptorchismusoperation gemacht hat. Die 
Operationsmethode hat grolse Ähnlichkeit mit dem von Katzenstein 
angegebenen Verfahren. Durch einen Skrotalschlitz wird der Hoden vor- 
gezogen und auf die entsprechend freigelegten Oberschenkelfascie genäht, 
die Hautränder der Skrotal- und Schenkelwunde werden vereinigt. Vier 
bis sechs Wochen später wird der Hautkanal durchtrennt und der Hoden 
in den Skrotalsack verlagert. In der Zwischenzeit ist der Samenstrang 
so stark gedehnt, dafs der Hoden nicht mehr nach oben in den Leisten- 
kanal zurückschlüpft. Die Kinder gehen während der Heilungsperiode 
umher. Storp empfiehlt die Operation möglichst frühzeitig zu machen, 
um der Hodenatrophie vorzubeugen. Manasse-Berlin. 


Beitrag zur Kasuistik der Geschwülste des Hodensackes. 
Von W. Rosenberger. (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 87.) 

Kasuistische Mitteilung eines seltenen Falles von primärer gutartiger 
Geschwulstbildung des Skrotums bei einem 8jährigen Knaben. Es handelte 
sich um ein taubeneigrolses kavernöses Haemolymphangiom der linken 
Skrotalseite. Daneben bestanden angiomatöse Veränderungen des Prae- 
putiums und der Glans. Müller-Dresden. 


Un cas d’orchite dans le cours de la fiövre typhoide. Von 
Clement. (Lyon medical 14. IV. 1907, p. 716.) 

Ein 30jähriger Mann bekommt in der Rekonvaleszenz eines Typhus, 
etwa in der 7. bis 8. Woche heftige Bauchschmerzen mit Fieber, kalten 
blauen Gliedern, und bietet das Bild eines Schwerkranken. Als Ursache 
ergab sich eine Geschwulst des Hodens und Nebenhodens, der Samen- 
strang war so dick wie ein Federhalter. Kein Ausflufs aus der Harn- 
röhre. Schon seit acht Tagen war der Hoden etwas geschwollen, die 
heftigen Schmerzen plötzlich aufgetreten. Unter Antipyrin und Bella- 
donnakataplasmen verschwanden die Schmerzen bald, rezidivierten aber 
noch einmal. Die Rückbildung der Schwellung ging sehr langsam 
vor sich, so dafs nach einem Monat bei dem Austritt des Kranken aus 
dem Spital der linke Hoden noch vergröfsert und empfindlich war. 

Mankiewicz-Berlin. 


Vi. Prostata. 


Hygiene des prostatiques. Von Jeanbeau. (Montpellier medical 
1906, No. 28.) 

Jeanbeau falst die Hygiene der Prostatiker, die jeder Arzt be- 
sonders in der Voraussetzung, dafs er selbst einmal Prostatiker werden 
könne, genau kennen mus, in folgenden kurzen Worten zusammen: Ver- 
meiden von Blutüberfülle des Beckens; Sorgen für offenen Leib, abends 
wenigstens, den Aufenthalt im Bett auf 7 bis höchstens 8 Stunden be- 
schränken; niemals die Harnentleerung aufhalten; nach jeder Mahlzeit 
einen kleinen Spaziergang machen; vor dem Schlafengehen eine halbe 
Stunde im Zimmer auf und abgehen; grofse Mahlzeiten, Alkohol, häufige 
sexuelle Betätigung meiden. Mankiewicz-Berlin. 


Prostata. j 103 


Die Exstirpation der Prostata, Von Dr. Hermann Kümmell, 
L chirurg. Oberarzt des Allgemeinen Krankenhauses in Hamburg-Eppen- 
dorf. (Arch. f. klin. Chir. 82. Bd., 4. Heft, 1907.) 

Verfasser falst seine Anschauung über die Exstirpation der Prostata 
kurz dahin zusammen: 

l. Bei chronischer, kompletter und inkompletter Urinretention ist bei 
leicht ausführbarem Katheterismus und Fehlen von Komplikationen zu- 
nächst der Dauerkatheter anzuwenden. Führt diese Behandlung nicht 
zum Ziel, und ist der Patient genötigt, den Urin mit dem Katheter zu 
entleeren, so ist die Operation zu empfehlen. 

2. Die Exstirpation der Prostata ist die eingreifendste, mit den 
meisten Gefahren verbundene Operationsmethode, jedoch gewährleistet sie 
auch bei günstigem Verlauf einen sicheren und dauernden Erfolg. 

3. In der Wahl der ÖOperationsmethoden wird man sich nach dem 
einzelnen Falle richten. Bei der tief in den Mastdarm und wenig nach 
der Blase prominierenden Hypertrophie, sowie bei Patienten mit sehr 
stark entwickeltem, korpulentem Abdomen wird man die perineale Me- 
thode wählen, bei der mehr in die Blase prominierenden Prostata den 
transvesikalen Weg. Im allgemeinen wird man den suprapubischen Weg 
bevorzugen, da die Technik eine leichtere, die Heilungsdauer eine kür- 
zere, die Nachbehandlung eine einfachere und die Gefahr der Inkontinenz 
und Fistelbildung eine geringere ist. 

4. Die Gefahr der Operation scheint bei beiden Methoden ungefähr 
die gleiche zu sein. 

5. Kontraindikationen der Prostataexstirpation bilden hochgradig 
gestörtes Allgemeinbefinden, weitgehende Arteriosklerose und diffuse Bron- 
chitis, sowie nicht zu beseitigende Niereninsuffizienz und vollständig er- 
loschene Kontraktionsfähigkeit der Blase. 

6. Bei Verdacht auf Karzinom soll stets radıkal operiert werden. 

Kr. 


Prostatectomies p6rin6ales et transvösicales. Methode de Freyer 
(étude comparée des deux méthodes.) Von M. le Dr. Albert Castano (de 
Buenos-Aires). (Ann. des mal. des org. génit.-urin. No. 6. 15. Mars 1907.) 

Castano hat 40mal die perineale und 1l5mal die suprapubische 
Prostatektomie ausgeführt. An der Hand dieses für einen einzelnen 
Öperateur ungewöhnlich grofsen Beobachtungsmaterials setzt er das Wesen 
der Prostatahypertrophie auseinander, stellt statistische Vergleiche über 
den Wert der beiden Operationsmethoden an und kommt zu dem Schlufs, 
dals die transvesicale Methode der perinealen bei weitem vorzuziehen 
sel. Eingehend schildert er die transvesicale Operationsmethode (Freyer). 
Am Schlufs seiner Arbeit stellt er folgende Leitsätze auf. 

1. Die transvesicale Prostatektomie ist einfacher und leichter aus- 
zuführen, als die perineale Prostatektomie. 

2. Die Eröffnung der Blase hat den Vorteil, dafs wir uns leichter 
ein Bild von ihrer eignen Beschaffenheit machen, die Prostata gut aus- 
schälen und etwa vorhandene Steine entfernen können, was bei der peri- 
nealen Methode, besonders bei Fettleibigen, zuweilen unmöglich ist. 


104 Blase. 


3. Bei totaler Prostatektomie mufs die hintere Harnröhre bei peri- 
nealem Vorgehen geopfert werden, was bei der suprapubischen Methode 
nicht notwendig ist. 

4. Der Katheterismus ist bei der suprapubischen Methode leichter. 

o. Die Dauer der Operation ist bei der suprapubischen Methode 
kürzer. 

6. Eine Verletzung des Rektums, wie sie bei der perinealen Me- 
thode die Regel ist, kommt bei der suprapubischen nicht vor. 

7. Impotenz als Folgeerscheinung ist bei der suprapubischen Methode 
Ausnahme, bei der perinealen die Regel. Epididymitis kommt bei ersterer 
sehr selten, bei letzterer häufiger vor. 

8. Ein wesentlicher Vorzug der Operation vom Damm aus ist die 
leichtere Drainage. In den Fällen, in denen eine stark infizierte Blase 
sich schlecht drainieren lälst, wird man daher auf die perineale Methode 
zurückgreifen. 

9. Die Resultate der suprapubischen Operation sind in bezug auf 
die Blasenfunktion günstiger und stellen sich rascher ein. 

Im selben Mafse, als die Operateure sich mit der suprapubischen 
Methode mehr und mehr befreunden, werden ihre Resultate von Jahr zu 
Jahr günstiger. In den letzten drei Jahren sank die Mortalität von 
10,95 auf 9,3 und 7,35 °/,. 

Der Arbeit sind eine Reihe ganz ausgezeichneter Abbildungen bei- 
gefügt. Sie geben uns eine gute Vorstellung von den bei der Operation 
entfernten Prostatadrüsen und zeigen uns Sektionsschnitte von Patienten, 
die an Prostatahypertrophie gelitten haben. Manasse- Berlin. 


An early specimen of total enucleation of the prostate re- 
moved by the late Mr. Mo. Gill. Von J. A. C. Forsyth. (Brit. Med. 
Journ. May 11. 1907.) 

Beschreibung eines Präparates aus dem Museum der Leeds School 
of Medicine. Dasselbe stellt eine Prostata dar, welche Mc. Gill im 
Jahre 1888 in toto enukleiert hatte. von Hofmann-Wien. 


In der Société de chirurgie in der Sitzung vom 30. Januar 1907 
besprachen Pousson (Bordeaux) und Carlier (Lille) ihre Prostatektomien. 
Beide geben dabei dem transvesikalen Weg gegenüber dem perinealen 
Weg den Vorzug. 

Bezugnehmend auf die vorhergehende Sitzung schliefst sich Bazy 
bei seinen Prostataoperationen der Ansicht Poussons und Carliers 
hinsichtlich des transvesikalen Weges an, während Legueu eine Auswahl 
trifft und den Weg von der Sectio alta aus für die Adenome der Prostata 
empfichlt. 


VII. Blase. 


Beitrag zur Kenntnis der Urachusanomalien. Von M. Brandt. 
(Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 87.) 


D. teilt einen Fall von mit Erfolg radikal operierter kongenitaler 


Blase. 105 


Urachusfistel mit und vertritt in seiner Arbeit den Standpunkt Lexers, 
dafs es sich bei dieser Anomalie um ein vitium primae formationis : 
handele. Die Ursache des offenen Urachus ist im Verharren der Blase 
in embryonalem Zustand, nicht in Hindernissen der Urinentleerung zu suchen. 
Zum Nachweis, ob die aus dem Nabel entleerte Flüssigkeit Urin ist 
oder nicht, empfiehlt er die Indigokarmininjektion. ` 
Müller-Dresden. 


Über Enuresis und ihre suggestive Behandlung Von H.Delius. 
(Wiener klin. Rundschau. Nr. 37. 1906.) 

D. falst die Enuresis als eine allgemeine, mit der Hysterie ver- 
wandte Neurose auf. Daher ist zu erwarten, daís durch psychische Be- 
handlung, also durch Suggestion, Erfolge erzielt werden können. In der 
Tat werden in der letzten Zeit sehr viele Heilverfahren angewendet, 
welche auf Suggestion beruhen. In schweren Fällen ist die Hypnose 
anzuwenden. | von Hofmann-Wien. 


Acute cystitis in infant treated with Helmitol. Von J. A. 
Williams. (Brit. Med. Journ. May 18. 1907.) 

W. behandelte eine sehr schwere Cystitis bei einem 7 monatlichen 
rhachitischen Kinde mit Helmitol in Dosen von 0,06 Gramm dreistünd- 
lich. In 24 Stunden war unter deser Behandlung der Eiter aus dem 
an verschwunden und die Temperatur zur Norm herabgesunken. 

von Hofmann-Wien. 


Totalexstirpation der Harnblase mit doppelseitiger lumbaler 
Ureterostomie. Von Thorkild Rovsing (Kopenhagen). (Arch. f. klin. 
Chir. 82. Bd., 4. Hett, 1907.) 

Die Totalexstirpation der Harnblase bei malignen EE ist 
bisher sehr selten unternommen worden. Soweit Verf. bekannt ist, nur 
18 mal bei männlichen Individuen, 11 mal bei weiblichen. Die Ursache 
liegt in den schlechten Resultaten, die die Operationen gegeben haben, 
indem nicht weniger als 11 von den 18 männlichen und 4 von den 
ll weiblichen Patienten in unmittelbarem Anschlufs an die Operation 
gestorben sind. Untersucht man die Ursachen dieser grofsen Mortalität, 
so scheint sie nicht allein von der Blasenexstirpation selbst herzurühren, 
obwohl diese eine schwierige Operation ist; die Hauptschwierigkeit liegt 
vielmehr in der Lagerung der durchschnittenen Ureterenenden derart, 
dals einerseits der Harn verhindert wird, in die Wunde herauszusickern 
und ihre Heilung hintanzuhalten, und dafs andererseits eine aufsteigende 
Niereninfektion verhindert wird. Die Verfahren, nach welchen man bis 
jetzt die Ureteren gelagert hat, sind wesentlich folgende drei: f 

1. Man hat sie liegen lassen, im Boden der bei der Blasenexstir- 
pation entstandenen tiefen Wundhöhle hineinmündend (Bardenheuer, 
Kümmell); 2. durch Implantation der Ureterenenden in den Mastdarm 
(Maydl) oder in die Flexura sigmoidea (Tuffier, Wilms u. a), und 
3. bei Frauen durch Implantation in die Vagina mit nachfolgender Kol- 
pokleisis (Pawlik u. a.). 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 46 


706 Blase. 


Die nach dem ersten Verfahren Operierten sind im Laufe weniger 
Tage oder Wochen zugrunde gegangen infolge der Wundinfektion, die 
unter diesen Umständen fast unvermeidlich ist, wo der Harn fortwährend 
heraussickert, zersetzt wird, und eine Verbindung mit der infizierten Um- 
gebung bildet. Was die Implantation in den Mastdarm betrifft, so rühren 
die vielen Todesfälle von der Schwierigkeit her, ein sicheres Einheilen 
der Ureteren zu erreichen. In vielen Fällen tritt nach Verlauf weniger 
Tage Gangrän oder Insuffizienz der Suturlinie ein, und es strömen jetzt 
Fäces, mit Harn gemischt, in die Wundhöhle hinaus. In der Minderzahl 
der Fälle, wo die Suturen halten und die Heilung gelingt, ist es sicher 
nur eine Zeitfrage, wann die aszendierende Pyelonephritis dem Leben 
des Patienten ein Ende macht. Weit bessere Erfolge hat bei weiblichen 
Patienten die Implantation der Ureteren in die Vagina mit nachfolgender 
Kolpokleisis gegeben; ist aber die Operationsmortalität bedeutend kleiner, 
so hat dieses Operationsverfahren andere bedenkliche Schattenseiten, die 
in der Kolpokleisis begründet sind. 

Die grofse Mortalität und Unannehmlichkeiten der erwähnten Ver- 
fahren haben Rovsing veranlafst, einen neuen Weg zur Lagerung der 
Ureteren zu suchen, als er das erstemal einem Falle von Tumor vesicae 
gegenüberstand, wo eine totale Exstirpation indiziert war; und da der 
Erfolg in diesem Falle, sowie auch in zwei später operierten Fällen, dir 
Erwartungen des Verf.s übertroffen hat, beschreibt er seine Methode. 

Was erstens die Blasenexstirpation selbst betrifft, so nimmt Rovsing 
diese prinzipiell ohne Eröffnung derselben wie die Aushülsung einer 
cystischen Geschwulst in folgender Weise vor: Die Blase wird mit 
200 cem Phenosalyllösung gefüllt, der Pat. in Trendelenburgsche Lage 
gebracht. Durch einen bogenförmigen, nach unten konvexen Schnitt bahnt 
sich Verf. unter teilweiser Lösung der Insertion des Musc. recti einen 
Weg zur Blase. Erstens werden nun Vertex und die Seitenpartien aus 
dem lockeren Bindegewebe unter stetiger Doppelligatur und Durch- 
schneiden der blutgefälsführenden festen Verbindungen gelöst; dann wird 
die Hinterwand, wenn möglich aus der Peritonealbekleidung vorsichtig 
ausgelöst, wo aber das Peritoneum adhärent an der infiltrierten Blasen- 
wand ist, wird das Peritoneum breit geöffnet und die ganze Peritoneal- 
bekleidung der Blase mit entfernt. Die Ureteren werden 1—2 cm zen- 
tralwärts doppelt unterbunden und zwischen den Ligaturen durchgebrannt. 

Nach dieser Operation wird in derselben Sitzung an beiden Seiten 
durch einen kurzen Lumbalschnitt, welcher vom Rande des Erector spinae 
8—10 cm nach aulsen geführt wird, der betreffende Ureter palpatorisch 
dicht unter dem Nierenbecken mit dem Zeigefinger aufgesucht, mit dem 
hakenförmig gekrümmten Finger hervorgeholt und fixiert, während der Zeige- 
finger nun weiter schonend den Ureter bis an das peripher unterbundene 
Ende aus seinen Befestigungen auslöt. Wir haben dann die beiden 
Ureteren an symmetrischen Stellen im Trigonum Petiti ca. 8 cm von 
der Mittellinie entfernt, in ihrer ganzen Länge frei heraufhängend. Verf. 
fixiert den Ureter gar nicht, lälst ihn aber ganz frei in einen sterilen 
Glasbehälter niederhängen, nachdem ein Gummikatheter Nr. 12 soweit 
eingeführt ist, dafs er eben die Bauchwand passiert. Nach aufsen wird 


Blase. 107 


der Ureter durch einen perforierten Gummihandschuhfinger gezogen, und 
hierdurch geschützt. Der Ureter heilt nun ein. Der frei niederhängende 
Teil des Ureters schrumpft und nekrotisiert bis auf 2—-3 cm; wenn die 
Lumbalwunde nach 8 Tagen geheilt ist, wird nun die schrumpfende, ne- 
krotische Partie angeschnitten, während der lebend gebliebene Teil als 
eine kleine schnabelförmige Harnröhre über das Niveau der Haut hervor- 
ragt und aulsen bald mit Epidermis überzogen wird. 

Von nun ab wird kein Katheter mehr eingeführt, der Abflufs des 
Harnes aber durch eine von den Kopenhagener Bandagisten Svendsen 
Hagen nach Verf.s Angabe hergestellte Bandage besorgt. Die Bandage 
besteht aus einem°breiten elastischen Gürtel, in welchen zwei Silberplatten 
eingenäht sind, jede mit einer runden Öffnung versehen, in welche die 
flache Silberkapsel, die den Harn auffängt, genau einpalst, und über deren 
Rand die flach zusammengedrückte Silberröhre, von welcher der Harn 
weiter durch eine Gummiröhre bis zu dem unterhalb der Symphyse an- 
gebrachten Urinale strömt, von der Silberkapsel abgeht. Diese ist auf 
der Unterseite mit einem luftgefüllten Gummiring versehen, die von der 
Bandage an die Lumbalpartie rings um die Uretermündung dicht schliefsend 
angeprelst wird. Kr. 


Über Rezidive von Blasenpapillomen. Von M. F. Legueu. 
(Wiener med, Presse. Nr. 39. 1906.) 

L. berichtet über mehrere Fälle von Rezidiv von Blasenpapillomen, 
aus denen hervorgeht, dafs die Rezidive von aulserordentlicher Gut- 
artigkeit sind und völlig unverändert den Typus des primären Tumors 
zeigten. Man kann daher zwei- oder dreimal wegen Rezidivs operieren. 
In einem von L.s Fällen sind seit der dritten Operation mehr als 
10 Jahre vergangen, ohne dafs sich ein neuerliches Rezidiv eingestellt 
hätte. von Hofmann-Wien. 


Intravesical operations with the aid of the coystoscope. Von 
H. Meyer. (Amer. Journ. of Urology, August 1906. 

Meyer kommt zu folgenden Schlüssen: 

1. Das Witnesche Operationskystoskop ist ın ausgewählten Fällen 
ein praktisches Instrument und kann, genügende Übung vorausgesetzt, 
mit Vorteil verwendet werden. 

2. Bei der Kürze und dem verhältnismälsig geraden Verlaufe der 
wetlblichen Harnröhre kann man in der weiblichen Blase leicht Eingriffe 
unter Leitung des Auges vornehmen, wenn man das betreffende Instrument, 
dessen Schaft schlank sein mufs, neben dem Kystoskop in die Blase 
einführt. von Hofmann-Wien. 


Some curious bodies found in the female bladder. Von A.Galb- 
raith-Faulds. (Glasgow Medical Journal 1907. No. 1,) 

Verf. gibt kurze Krankengeschichten von sieben Fällen, bei denen 
er einen zu einem Calculus inkrustierten goldenen Ring, eine kleine 
Silbermünze, eine inkrustierte kleine Messingglocke, ein Stück Kupfer, 

46* 


708 Varia. 


ein Stück einer Nadel, ein Stück von einem Bleistift und eine Erbse in 
weiblichen Blasen kystoskopisch feststellte und extrahierte. Bemerkens- 
wert war, dafs die Patientin mit dem Stück Kupfer in der Blase bis- 
weilen blauen Harn entleerte. Perverser Geschlechtstrieb und Nympho- 
manie mag die Frauen veranlalst haben, sich die Fremdkörper einzu- 
führen. . Meyer-Wildungen. 


Lipomatosis der Harnblase mit nicht traumatischer Ruptur 
derselben. Von Dr. G. Hedre&n, 1. Assist. u. Prosektor an der pathol. 
Abteilung des Karolinischen Instituts zu Stockholm. (Arch. f. klin. Chir. 
82. Bd., 4. Heft, 1907.) 1 

Der Fall liefert nicht nur eine wichtige Vervollständigung zur Kennt- 
nis der pathologischen Anatomie der Harnblase, sondern auch einen inter- 
essanten Beitrag zur Frage der nicht traumatischen Blasenruptur. Es 
betraf einen 46 jährigen Kohlenträger, der während seiner Arbeit plötzlich 
einen heftigen Schmerz in der Gegend der Harnblase und bald danach 
auch heftigen Harndrang empfand; beim Harnlassen bemerkte er, dals 
der Harn dunkelrot gefärbt war. Die Schmerzen wurden immer stärker 
und als allmählich auch völliges Unvermögen zum Harnlassen eintrat, 
wurde der Mann am dritten Krankheitstage ins Spital aufgenommen. 
Bei dem ersten Katherisieren wurden 200 ccm eines stark blutigen Harns 
entleert. Die Allgemeinerscheinungen waren keine besonders schweren, 
so dals man keinen Verdacht auf Blasenruptur hatte, sondern nur eine 
Hämaturie unbekannten Ursprungs annahm. Am dritten Tage nach der 
Aufnabme verschlimmerte sich plötzlich der Zustand: heftige Bauch- 
schmerzen, kleinen Puls mit Kollapssymptomen, und nach wenigen Minuten 
trat der Tod ein. 

Bei der Sektion der Leiche fand sich in der Bauchhöhle teils 
flüssiges Blut, teils Blutgerinnsel, welch letzteres das kleine Becken ganz 
ausfüllte, wobei es die stark kontrahierte Harnblase mantelförmig um- 
schlols. Das Bauchfell ohne entzündliche Veränderung. An der hinteren 
Blasenwand, etwa in der Mitte des intraperitonealen Teiles, befand sich 
ein gegen den Medianplan schräg verlaufender, 2,5 cm langer, lineärer 
Rifs, welcher die Blasenwand völlig penetrierte.e Die Ränder der Ruptur 
waren glatt, aber stark blutig infiltriert. Die kontrahierte Blase war mit 
einem dickflüssigen, blutigen, nach Harn riechenden Inhalt gefüllt. Das 
perivesikale Fett war sehr reichlich entwickelt. An einem transversalen 
Medianschnitt durch die Blase sah man, wie an mehreren Stellen das 
Fettgewebe gegen die Muskelhaut der Blase nicht scharf abgegrenzt war, 
sondern in Form von schmäleren oder gröberen Zügen in die Muskulatur 
hineindrang. Im übrigen war die Harnblase ohne Veränderung. Das 
Herz zeigte hochgradige Hypertrophie; die Muskulatur desselben war 
Sitz einer interstitiellen fibrösen Entzündung. Der ganze Brustteil der 
Aorta zeigte das Bild einer typischen Aortitis fibrosa luetica. Hoch- 
gradige Fettleber und Fettnieren. Die übrigen Organe ohne besondere 
Veränderungen. 

Aus der Krankengeschichte wie aus dem Sektionsbericht geht also 
hervor, dafs es sich um eine sogenannte Spontanruptur der Harnblase 


Nieren und Harnleiter. 709 


handelt. Obwohl schon bei der Sektion ein abnormes Eindringen des 
Fettgewebes in die Blasenmuskulatur verzeichnet wurde, schien diese 
Lipomatosis jedoch nicht so hochgradig zu sein, dafs ihr in erster Linie 
eine ätiologische Bedeutung bezüglich der Ruptur zugeschrieben werden 
konnte, und zwar um so weniger, als die Veränderungen der Aorta, die ein 
typisches Bild von Aortitis fibrosa zeigten, den naheliegenden Gedanken 
erweckten, dals es sich trotz der grofsen Seltenheit doch möglicherweise 
um eine ulzerierende (summigeschwulst handeln könnte. Die stark blut- 
unterlaufenen Ränder der Ruptur ermöglichten nämlich am Sektionstisch 
kein sicheres Urteil darüber, und erst die mikroskopische Untersuchung 
zeigte, dafs sich weder an der Rupturstelle noch an anderen Stellen der 
Blasenwand Veränderungen entzündlicher Natur vorfanden. Anstatt dessen 
zeigte sich bei der mikroskopischen Untersuchung, dafs das Fettgewebe 
nicht nur, wie schon bei der Sektion beobachtet wurde, hier und da in 
gröberen Zügen in die Muskelhaut hineindrang, sondern dafs es sich um 
eine diffuse und hochgradige Lipomatosis der ganzen Blasenwand handelte. 
Das Fettgewebe zeigte sich dabei überall in der Muskelhaut wie auch 
in der Schleimhaut eingestreut, bald in mehr zerstreuten Fettläppchen, 
bald in mehr zusammenhängenden Zügen und Streifen. Schnitte von 
den verschiedensten Stellen der Blase zeigten, dafs fast keine Partie von ` 
dieser Fettgewebsanhäufung frei geblieben war. Sehr reichlich erwies 
sich das Fettgewebe besonders an der Rupturstelle. Hier war die Blasen- 
wand bis auf die Mucosa durch Fettgewebe ersetzt, und auch diese ent- 
hielt kleinere und gröfsere Fettgewebsanhäufungen. 

Die Ruptur kam nun nach der Ansicht des Verfassers so zustande, 
dals während der Arbeit des Kohlentragens durch das Pressen der Bauch- 
wand ein Überdruck in der wahrscheinlich gefüllten Blase eintrat. Es 
handelte sich also um eine hydraulische Sprengwirkung. Kr. 


VIII. Nieren und Harnleiter. 


A study of the urinary analysis of operative cases and the 
treatment of complications arising frorn the kidney insufficiency. 
Von Stephen G. Tracy M. D. Philadelphia. (New York Medical Journal 
19. I. 1907.) 

Die Harnuntersuchungen wurden vor und nach der Operation an 
gynäkologischem Materiale derart vorgenommen, dafs an mehreren Tagen 
hintereinander täglich der Harn chemisch - mikroskopisch untersucht 
und vor allem auch die Harnmenge beobachtet wurde. Wo sich irgend 
etwas Pathologisches vorfand, wurden während des Aufenthaltes im Kran- 
kenhause tägliche Untersuchungen des Harnes vorgenommen. Nicht jedes 
Eiweifs und jeder Zylinder im Harn bedeutet Nephritis, ebenso wie T. 
auch bei zweifellosen Nierenläsionen das Fehlen von Eiweils und Zylindern 
beobachtet hat. Erwähnung eines hierher gehörigen Falles, der nur ein- 
mal untersncht werden konnte wegen Dringlichkeit der Operation; ob- 
wohl hier kein Eiweifs und keine Zylinder festgestellt wurden, ging der 
Patient wenige Tage später an Niereninsuffizienz zugrunde. Die patho- 
logisch-anatomische Diagnose bei der Sektion lautete: subakute paren- 


710 Nieren und Harnleiter. 


chymatöse Nephritis. Sehr wichtig ist die Beobachtung der Harnmenge 
vor der Operation auch für den Fall einer gelegentlich vorkommenden 
Abbindung oder Abknickung des einen Ureters bei Operationen, die 
postoperativ dann durch Vergleichung der Harnmenge festgestellt werden 
kann. Bemerkenswert ist die grofse Häufigkeit von Eiweils im Harn 
vor der Operation (unter 200 Fällen 23°/, Eiweils und 5°/, Zucker) 
[wobei freilich Leukorrhoe, Epithelien-Bakterien usw. den Eiweilspro- 
zentsatz des Harnes erhöht haben; es wurde nicht ausschlielslich renales 
Eiweifs berücksichtigt. D.R.]. Bei einfachen plastischen Operationen wur- 
den postoperativ in 105 Fällen 29 mit Eiweils gefunden, unter 123 grolsen 
Operationen mit längerer Narkosedauer (Äther) 46 mit Eiweifs. Unter 
228 Fällen mit allgemeiner Narkose (Ather) wurden bis 75 pathologische 
Harnbefunde nach der Operation festgestellt. Die Behandlung bestand 
in diesen Fällen in Anwendung subkutaner physiol. Kochsalzlösung, 
warmen Bädern, Umschlägen auf die Nierengegend und strenger, flüssiger 
Diät. Erwähnt werden auch Fälle von Glykosurie. 

Diese Beobachtungen führen T. zu folgenden Schlüssen. In 15—20°|, 
aller gynäkologischen Fälle haben die Patientinnen irgend welche Nieren- 
veränderungen resp. Veränderungen in der Nierenausscheidung; deshalb 
ist zunächst einmal eine exakt durchgeführte Harnuntersuchung vor und 
nach der Operation notwendig. Es genügt nicht nur die chemische und 
mikroskopische Untersuchung des Harns, sondern es ist vor allem auch 
die Gesamtharnmenge in 24 St. zu bestimmen. Die Allgemeinnarkose 
schädigt die Nieren. Bei nachweisbaren Nierenveränderungen sind 
während des ganzen Aufenthaltes im Hospital täglich Harnuntersuchungen 
vorzunehmen. Fritz Böhme-Chemnitz. 


The surgical aspects of anuria. Von C. G. Cumston. (Amer 
Journ. of Urology. July 1906.) 

C. unterscheidet die Reflexanurie und die durch Obstruktion hervor- 
gerufene Änurie. Zur ersten Form rechnet er die hysterische und 
die toxische Anurie, ferner jene Anurie, . welche in der einen Niere 
durch Erkrankung oder Reizung der anderen hervorgerufen wird. Für 
die hysterische Anurie ist charakteristisch, dafs es mit Ausnahme von 
Erbrechen und Diarrhoe nicht zu urämischen Erscheinungen kommt. 
Toxische Anurie findet sich bei Blei-, Oxalsäure- und Kantharidenver- 
giftung. Von der mechanischen Form ist am häufigsten die kalkulöse. 

von Hofmann-Wien. 


Funktionelle Nierendiagnostik. Von Joseph-Bonn. (Deutsche 
med. Wochenschr. 1907, Nr. 16, Vereinsb.) 

Joseph weist auf den Gegensatz hin, der immer noch zwischen den 
Chirurgen und Urologen in bezug auf die chirurgischen Nierenerkran- 
kungen und den Wert der funktionellen Nierendiagnostik für ihre Er- 
kennung besteht. Man kann Joseph beistimmen, dafs es Fälle gibt, 
die so klar liegen, dafs es einer funktionellen Diagnostik erst gar nicht 
bedarf. Die Beispiele aber, die er anführt, sprechen eher für als 


Nieren und Harnleiter. , 711 
gegen den Wert der funktionellen Nierendiagnostik. Gerade in dem 
letzterwähnten Fall, der unter dem Bilde von Nierenkoliken verlief, 
wiesen alle Untersuchungsmethoden, einschliefslich der funktionell dia- 
gnostischen, auf ein Intaktsein der Nieren hin. Die Operation deckte 
eine pararenale Cyste auf, die rein mechanisch den Ureter zeitweise 
komprimierte und die Koliken auslöste; hier hat sich also die funktionelle 
Diagnostik gerade glänzend bewährt. 

Es soll nicht geleugnet werden einerseits, dals auch die besten 
Untersuchungsmethoden gelegentlich versagen, und anderseits, dals ein 
scharf beobachtender, kritisch veranlagter und erfahrener Operateur in 
vielen Fällen der funktionell diagnostischen Hilfsmittel entraten kann. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


The estimation of the functional value of the kidneys. Von 
J. W. T. Walker. (The Practitioner. Sept. 1906.) 

W. gibt eine Übersicht über die verschiedenen Methoden der 
funktionellen Nierendiagnostik und bespricht insbesondere die Methylen- 
blau- und die Phloridzinmethode. von Hofmann-Wien. 


The electrical resistance of the blood and urine as a test of 
the functional efficiemy of the kidney. Von D. Turner. (Brit. Med, 
Journ. 28. July. 1906.) 

T. befürwortet aufser der Kryoskopie des Blutes und des Urins 
auch die Bestimmung der elektrischen Leitungsfähigkeit dieser Flüssig- 
keiten vorzunehmen. Der Durchschnittswiderstand des normalen Urins 
beträgt 45 Ohm und ist besonders vermehrt bei kroupöser Pneumonie, 
Diabetes mellitus, Morbus Brightii und pemiziöser Anämie. Der Durch- 
schnittswiderstand des normalen Blutes beträgt 93,5 Ohm. 

von Hofmann-Wien. 


Diagnostische Erfahrungen in der Chirurgie der Harnwege. 
Von F. König. (Med. Klinik 1907, Nr. 18.) 

K. gibt in seiner Arbeit an der Hand einer Reihe persönlicher 
Beobachtungen ein Bild von der gegenwärtigen Leistungsfähigkeit der 
modernen Untersuchungsmethoden der Harnwege. Besonders liegt es 
ihm daran, auch die Grenzen zu zeigen, die den einzelnen Methoden ge- 
zogen sind, und auf die Fehlerquellen aufmerksam zu machen, die ihnen an- 
haften. Kurzgefalste Krankengeschichten illustrieren das jeweilig Gesagte. 
Aus der Menge der Einzelheiten sei nur folgendes hervorgehoben. K. ist 
ein eifriger Anhänger der Völckerschen Chromocystoskopie, mit der er 
gute Erfahrungen gemacht hat. Bezüglich der Blutkryoskopie hat er 
wie Rovsing einige Male auffällig falsche Werte erhalten. Bei dem 
Nachweis von Konkrementen in den Harnwegen mittels Röntgographie 
warnt K., so ausgezeichnet die Methode im allgemeinen auch ist, jeden 
Schatten in ihrem Gebiet für Steine zu halten. Aufser Muskelinduration 
und Phlebolithen kann nicht nur die Tuberkulose der Nieren, sondern 
auch benachbarter Lymphdrüsen zu Täuschung Anlafs geben. 

: M üller- Dresden. 


712 ` Nieren und Harnleiter. 

An address on the diagnosis of certain forms of renal disease. 

Von J. R. Bradford. (Brit. Med. Journ., March 30. 1907.) 

=- B. bespricht zunächst die funktionelle Albuminurie und betont, dafs 
eine vollständig genügende Erklärung für diese Erscheinung noch fehlt. 
Denn wenn auch einige derartige Fälle die Folge einer geringfügigen 
Läsion der Niere oder von Wanderniere sind, während es sich bei an- 
deren um das Auftreten von anderen Elementen, als Eiter im Urin, be- 
sonders Spermatozoen, in beträchtlicher Menge handelt, bleibt eine An- 
zahl von Fällen übrig, welche auf keine dieser Arten erklärt werden 
können, so dafs wir zur Annahme gedrängt werden, dieselben seien durch 
vasomotorische Störungen der Nierenzirkulation bedingt. | 

Von akuter Nephritis unterscheidet er zwei Formen, je nachdem 
Ödeme vorhanden sind oder fehlen. Diese Einteilung hat eine gewisse 
Wichtigkeit in prognostischer Hinsicht, da die mit Ödemen einher- 
gehenden Fälle die schwereren sind. | 

Von chronischen Nephritiden kommt der syphilitischen Nephritis 
eine grofse Bedeutung zu. Dieselbe ist charakterisiert durch eine sehr 
hochgradige und lange andauernde Albuminurie und dürfte häufiger vor- 
kommen, als man gewöhnlich annimmt. 

Eine weitere, grofses Interesse bietende Varietät des chronischen 
Morbus Brightii ist die grofse weilse Niere, welche sich gewöhnlich bei 
jugendlichen Individuen findet. Dieselbe kann lange Zeit unbemerkt 
bleiben. Die Urinmenge ist vermehrt, Eiweifs findet sich in beträcht- 
licher Menge. Erscheinungen von seiten der Augen und der Retina 
sind gewöhnlich. 

Von grolser Wichtigkeit ist schliefslich die Schrumpfniere, welche 
durch vermehrte Urinmenge bei sehr geringem Eiweilsgehalt charakteri- 
siert ist. von Hofmann-Wien. 


Pyurie rénale droite dđiagnostiquée par la séparation des 
urines. Nöphrotomie. Gu6rison. Von M. Lambert (de Reims). (Nach 
einem Referat] in den Annales des maladies des organes SSES 
Vol. 1. No. 3, 1907.) 

Bei einem 34jährigen Patienten bestand vermehrter Harndrang, der 
Urin hatte ein trübes, milchähnliches Aussehen, auf eine Beteiligung der 
Nieren oder der Harnleiter deutete kein Symptom’ hin. Anamnestisch 
liefs sich feststellen, -dafs der Patient einige Jahre zuvor an einer 
Urethritis und wiederholten Koliken der rechten Niere gelitten hatte. 
Bei der Kystoskopie sah man aus dem linken Ureter den Urin sich in 
normaler Weise entleeren, während auf der rechten Seite ein nahezu 
kontinuierlicher tropfenförmiger Strom sich entleerte. Der getrennt au 
beiden Nieren .aufgefangene Urin wies gleichfalls auf Erkrankung der 
rechten Seite hin, und die Operation bestätigte die Diagnose. Bei der 
Nephrotomie fand sich eine Eiteransammlung in der Nähe des unteren 
Nierenpoles. Der Verfasser weist auf die Überlegenheit der moderne 
‚kystoskopischen gegenüber den älteren klinischen Untersuchungsmethodea 
für eine exakte Diagnosenstellung hin. Ludwig Manasse-Berlin. 


Nieren und Harnleiter. 713 


Beiträge zur Nierenchirurgie. Von H. Doering. (Deutsche Zeit- 
scht, £, Chir. Bd. 87.) 

Als Fortsetzung der im 84. Bde. begonnenen Abhandlung bringt D. ın 
diesem Heft die Erfahrungen Brauns bei Hydro-, Pyonephrose und bei Stein- 
niere zur Darstellung. Unter Wiedergabe der Krankengeschichten findet 
eine gesonderte Darstellung dieser drei Krankheitsformen statt, deren 
klinische pathologisch - anatomische und operative Eigentümlichkeiten, 
sowie die .sich ergebenden Schlufsfolgerungen ausführlich geschildert 
werden. Die Erfahrungen haben B. zu einem radikalen Vorgehen auch 
bei der Behandlung dieser Nierenkrankheiten veranlalst, bestehend in der 
Entfernung des erkrankten: Organs. Auch bei Hydronephrose hält er im 
Gegensatz zu Kirsten die Nephrectomie für das bei weitem sichere und 


kürzere Verfahren und lälst die schonenden Eingriffe — Nephrotomie, 
Ureterenverpflanzung u. dergl. — nur für leichte Formen gelten. Bei 


den Pyonephrosen verwirft er mit Israel ebenfalls die prinzipielle An- 
wendung der Nephrotomie als falsch und gefährlich und will sie nur als 
Voroperation gelten lassen. Im allgemeinen wird hierbei das erkrankte 
Organ, wo möglich, primär entfernt. Bei der Steinniere rät er von der 
Pyelotomie ab und hält bei im übrigen intakten Organe die breite Spal- 
tung und Extraktion der Steinniere für allein anwendbar. Infizierte und 
schwer veränderte Organe werden am besten gleichfalls ausgerottet. 
Müller- Dresden. 


Clinical notes. Von F. Kreilsl. (Amer. Journ. of Urology. 
July 1906.) 


l. Bei einer Patientin hatte sich im Anschlufs an die Hysterek- 
tomie eine Ureterovaginal- und eine Ureteroabdominalfistel entwickelt. 
K. legte am 15. Tage nach der Verletzung einen Ureterenkatheter ein 
und liefs ihn durch 13 Tage liegen, wodurch die Fisteln zur Heilung 
gebracht wurden. 


2. Bei der 18 jährigen Patientin, welche an vermehrter Harnfrequenz 
und Schmerzen beim Urinieren litt, fand man bei der kystoskopischen 
Untersuchung kleine Tuberkel am Trigonum und am Lig. interuretericun. 
Die rechte Uretermündung erschien normal, während die linke erhaben, 
kongestioniert und infiltriertt war. Der mit dem linken Ureter mittelst 
Ureterenkatheters gewonnene Urin war nur, solange der Katheter in den 
untersten Partien des Ureters steckte, trübe; je weiter man letzteren nach 
aufwärts schob, desto klarer wurde der Harn. lö cm von der Mündung war 
er vollständig klar. Im Urin aus der unteren Portion fanden sich Tuberkel- 
bazillen, im Urin aus der oberen nicht. Durch lokale Behandlung mit 
Jodoformguajakol —, abwechselnd mit Sublimatinstillationen, wurde im 
Laufe von 2 Monaten vollständige Heilung erzielt. 


3. Der 41 jährige Patient litt seit 12 Jahren an linksseitigen Nieren- 
koliken. Vor 11 Jahren war ihm ein Blasenstein auf suprapubischem 
Wege entfernt worden. Bei der kystoskopischen Untersuchung fand K. 
einen Blasenstein, den er durch Lithotripsie entfernte. Bald darauf 
stellten sich Schmerzen in der rechten Nierengegend ein. Der Ureteren- 


714 Nieren und Harnleiter. 


katheterismus ergab links normalen, rechts alkalischen, eitrigen Urin. 
Die Röntgenuntersuchung zeigte zwei kleine Schatten rechts. Bei der 
Nephrotomie fand man einen sehr grölfsen, verästelten Stein. 

von Hofmann-Wien. 


Notes on some kidney cases from Dr. Cabots service. Von 
G. W. Warren. (The Post. graduate. May 1907.) 

1. 25jähriger Patient mit kalkulöser rechtsseitiger Pyelonephritis. 
Auf Nephrotomie keine Heilung. Nephrektomie dauernde Heilung. 

2. 3bjähriger Patient mit rechtsseitiger Nierentuberkulose. Neph- 
rektomie. 

3. 6ljähriger Patient mit einem fixierten Blasenstein, welcher bei 
der kystoskopischen Untersuchung für eine Neubildung gehalten wurde. 
Sectio alto. Heilung. 

4. 32jähriger Patient mit rechtsseitiger Nephrolithiasis. Nephro- 
tomie. Im Anschlufs an sie heftige Hämaturie. Neuerliche Blofs- 
legung und Tamponade sowie Drainage der Niere. Es gelang, das Organ 
zu erhalten. 

5. 32jähriger Patient mit linksseitiger Hydronephrose. Nephrektomie. 
Im Laufe von 6 Monaten entwickelte sich aus dem zurückgelassenen und 
ligierten Uretsr ein cystischer Tumor, welcher entfernt werden mulste. 
Heilung. von Hofmann-Wien. 


Ein Fall von subkutaner totaler Nierenruptur mit besonderer 
Berücksichtigung des histologischen Befundes der rupturierten 
Niere. Von Dr. H. Flörcken, Assistent der chir. Klinik zu Würzburg. 
(Beiträge zur klin. Chir. 54. Bd., 2. Heft, 1907.) 

Ein 15 jähriger Dachdeckerlehrling fiel beim Abdecken eines Daches 
aus der Höhe von ca. 8 m auf das Steinpflaster, indem er mit der 
Gegend der Synchondrosis sacroiliaca dextra aufschlug. Eine Stunde nach 
der Verletzung wurde er in der Klinik untersucht. Er klagte über 
geringe Schmerzen in der linken Bauchseite, die Palpation ergab aulser 
einer vielleicht etwas grölseren Spannung des linken Muscul. rectus nichts 
Besonderes. Vorläufige Diagnose: Kontusion der Synchondrosis sacroil. 
dextra. Ordination: Prie/snitz. 

Bei der Abendvisite (8 Stunden nach der Verletzung) bietet Pat. ein 
wesentlich anderes Bild: Anämie bedeutend stärker wie am Morgen. Puls 92, 
klein, weich. Temp. 37,2°. Rechte Bauchseite weich, keine Spannung 
des rechten Musc. rectus abdominis. Der linke Rektus reagiert auf jede 
Berührung mit starker Spannung. Bei etwas tieferer Palpation oberhalb 
der linken Darmbeinschaufel lebhafte Schmerzäufserungen. Im Bereich 
der Druckempfindlichkeit: Verkürzung des Perkussionsschalles, die medial 
bis handbreit links vom Nabel sich erstreckt, nach oben unter den linken 
Rippenbogen und unten im kleinen Becken verschwindet. Innerhalb des 
gedämpften Bezirkes in der Tiefe deutliche Fluktuation. Patient stöhnt 
unaufhörlich und klagt über arge Schmerzen in der linken Lendengegend, 
sowie über starkes Durstgefühll. Nach kurzer Anstrengung gelingt es 


Nieren und Harnleiter. 115 


Patient, 1000 ccm stark dunkelrot gefärbten Urins zu BEES der 
ıeichlich Erythrocyten enthält. 

Nach diesem Befunde wurde die Diagnose subkutane erleen der 
linken Niere gestellt und sofort operiert (10 Stunden nach der Verletzung). 
Bei der Freilegung der Niere stellte sich heraus, dafs sie durch zwei 
Querrisse in drei Teile zerrissen war, so dafs sie exstirpiert werden 
muste. Am nächsten Tage spontane Entleerung von 1100 cem Urin, 
leicht rötlich tingiert, Blutprobe positiv, Spuren von Albumen. Nach 
zwei Tagen 1400 ccm larer Urin, Blutprobe negativ, Spuren von Al, 
bumen. In den nächsten 14 Tagen stieg die Urinmenge langsam auf 
2000 ccm, stets fanden sich Spuren von Albumen, die erst am 17. Tage 
post operationem nicht mehr vorhanden waren. Im übrigen erfolgte 
eine glatte Rekonvaleszenz.. Nach sechs Wochen konnte Patient mit voll- 
ständig geheilter Oper&tionswunde ohne Beschwerden entlassen werden. 

Was den histologischen Befund der Niere betrifft, so befanden sich 
sämtliche Teile im Zustande der beginnenden Nekrose, die im allgemeinen 
an den Stellen am meisten fortgeschritten war, wo auch makroskopisch 
die weitestgehenden Veränderungen waren. Die Veränderungen der 
Rindenpartien waren durchweg gröfser als die der Markteile. In Be- 
zirken des Marks, wo man makroskopisch absolut nichts Pathologisches 
fand, waren mikroskopisch ausgedehnte Blutungen vorhanden. In den 
Glomerulis fand sich ein feinkörniges schwarzes Pigment. Dieses Pig- 
ment war über das ganze Rindengebiet verteilt. Auffallend massig lag 
es innerhalb der Lumina der quergetroffenen Gefälse, und zwar immer 
in intimstem Konnex mit den Massen roter Blutkörperchen. Der innige 
Zusammenhang mit Blutgefäfsen und Blutextravasaten legt den Gedanken 
nahe, dafs es sich um ein hämatogenes Pigment handelt. 

Den Mechanismus der Nierenruptur stellt Verf. sich folgendermalsen 
vor: Die Aufschlagstelle mufs unbedingt die Gegend der rechten Syn- 
chondrosis sacroiliaca gewesen sein (Suffusionen, Druckempfindlichkeit). 
Bei diesem Aufschlag erfolgte eine Kompression der rechten unteren 
Thoraxpartie in Form einer Adduktionsbewegung der unteren Rippen. 
Vielleicht durch die hiermit verbundene Exspiration fand eine Kraft- 
übertragung auf die linke untere Thoraxapertur statt, die sich wiederum 
in einer Adduktionsbewegung der linken unteren Rippen äufserte und 
wohl auf der durch keine Unterlage behinderten linken Seite ergiebiger 
wirken konnte als rechts. Bei der wenig voluminösen Muskulatur des 
Pat. und der grofsen Agilität der Rippen in diesem jugendlichen Alter 
kam es dann zur Kompression der linken Niere gegen die Wirbelsäule 
und zum Zerplatzen infolge hydraulischer Sprengwirkung. Kr. 


Nierenbecken- und Ureterenzerreilsung mit nachfolgender 
paranephritischer Cyste. Operation, Heilung. Von A. Hildebrandt 
(Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 86.) 

Ein 29jähriger Maurer stürzte zwei Stock hoch hinab. Fraktur 
des rechten Armes und mehrerer Rippen, kindskopfgrolser Tumor der 
rechten Nierengegend, Hämaturie. Eine Woche nach dem Unfall ver- 
liefs der Verletzte, da er wenig Beschwerden hatte, das Krankenhaus. 


716 Nieren und Harnleiter. 

Vier Wochen später bemerkte er eine stets wachsende Geschwulst der 
rechten Seite, die 3!/, Monate nach Verletzung enorme Dimensionen an- 
genommen hatte. Die Diagnose wurde auf Hydronephrose gestellt. Bei 
der Operation erwies sie sich als eine 3 | fassende paranephritische 
Cyste, die stark verlagerte Niere befand sich nahe dem Rippenbogen ın 
der Mamillarlinie. Im Nierenbecken war ein pfennigstückgrofses Loch. 
der Ureter war 2 cm von seinem Abgang quer abgerissen und die 
Enden obliteriert. H. hat in der Literatur analoge Fälle nicht nach- 
weisen können. Müller- Dresden. 


Trois cas de plaies du rein par armes de feu. Nephrectomie. 
Von M. Masini. (Ann. d. malad. d. org. genit.-urin. No.4. 15. Fevrier 1902 

Verf. berichtet über drei Fälle von Schufsverletzungen der Niere. 
Er empfiehlt in jedem Falle vor dem operativen®Eingriff durch Kathe- 
terismus der Blase festzustellen, ob eine Blutung stattgefunden hat. Er 
wählt im allgemeinen den abdominellen Weg (Kehrschen Schnitt). Für 
die Entscheidung der Frage, ob die Niere nur genälit oder exstirpiert 
werden soll, ist von wesentlicher Bedeutung der Zustand der anderen 
Niere. Manasse-Berlin. 


Nierentuberkulose und arterielle Hypotension. Von Dr. Karl 
Reitter. (Zeitschrift für klinische Medizin. 62. Band.) 

Geisberg hatte gefunden, dals bei der Tuberkulose der Blutdruck 
niedrig, ja sogar abnorın niedrig ist, selbst dann, wenn eine chronische 
Nephritis besteht. Interessant war es nun, nachzusehen, wie sich bei 
einer primären tuberkulösen Nephritis der arterielle Blutdruck verhält 
und ob etwa der niedrige Blutdruck als Frühsymptom dieser Krankheit 
aufzufassen sei. Er kommt zu dem Resultat, dafs die systolische Hyper- 
tomie auch hier ebenso wie bei Lungentuberkulose kein Frühsymptom dar- 
stellt, und dals sie bei schweren pathologischen Veränderungen nicht 
en sein muls. Zuelzer-Berlin. 


Les tumeurs du rein chez l’enfant. Von M.leDr. Albert Mou- 
chet. (Ann. des malad. des org. genit.-urin. No. 5. 1. Mars 1907.) 

Mouchet behandelt in der vorliegenden Arbeit die Nieren- 
geschwülste im Kindesalter in monographischer Form. Neues enthält 
die Arbeit nicht, es sei deshalb hier nur das Schlufsresüme mit- 
geteilt. | 

Nierengeschwülste finden sich im Kindesalter vorwiegend in den 
ersten drei Lebensjahren. Es handelt sich vielfach um Mischgeschwülste 
embryonalen Charakters (adeno-myo Sarcome). 

Die Geschwülste sind überaus maligner Natur, ganz wie die echten 
Karzinome. Sie haben eine schnell fortschreitende Entwicklung. 

Das erste und zuweilen einzige klinische Symptom. ist der Tumor, 
Blutungen sind selten und treten erst spät auf. 

Der Tumor erreicht im allgemeinen einen beträchtlichen Umfang. 

Der Tod erfolgt meistens durch Kachexie nach einer Fieberperiode 

in ganz kurzer Frist. 


Nieren und Harnleiter. 117 


Die Exstirpation dieser Tumore ist sehr schwierig und eingreifend. 

Nur eine sehr frühzeitige Diagnose und ein schnelles Eingreifen 
lassen die Möglichkeit einer Rettung zu. 

Im Falle der Wahl wird man den transperitonealen Weg bei der 
Operation bevorzugen, doch kommt alles darauf an, Tumor, Fettkapsel 
und die miterkrankten Drüsen zu entfernen und dabei eine GER der 
Wundfläche mit dem Tumormaterial zu vermeiden. 

Dauerheilungen gehören an diesen Tumoren zu den gröfsten Selten- 
heiten. Die Operationserfolge sind so trügerisch, dafs man behaupten kann, 
das ärztliche Interesse bei diesen Tumoren bei Kindern beschränkt sich 
auf ibren anatomischen Bau. Manasse-Berlin. 


Tumeur polycystique parar&nale combinée à deux reins poly- 
cystiques. Von Lejars. (Société de chirurgie 27. II. 190%. Revue de chir. 
1907, p. 689.) 

Eine 42 jährige Frau ist Trägerin eines Tumors im Hypochondrium 
und in der linken Seite, ohne Symptome aufser Abmagerung. Unter 
der Diagnose Darmtumor Operation, bei der eine retroperitoneale poly- 
cystische Geschwulst, die für eine Cystenniere erachtet wurde, mit 
grofsen Schwierigkeiten enukleiert wurde. Da die Kranke infolge der 
Anämie zugrunde ging, konnte bei der Autopsie festgestellt werden, 
dafs beide Nieren an normaler Stelle lagen und cystisch entartet waren. 
An der unteren Seite des rechten Leberlappens fanden sich gleichfalls kleine 
Cysten. Die histologische Untersuchung der entfernten Geschwulst ergab 
einen pararenalen polycystischen Tumor, der auf Kosten von Resten des 
Wolfischen Körpers zur Entwicklung gelangt war. 

Mankiewicz-Berlin. 


Hypernephroma renis. Von G. Illyes. (Budapester kgl. Ärzte- 
verein, 1. Dez. 1906. Nach d. Ung. med. Presse 1907, S. 5.) 

Ein 47 jähriger Mann litt an Hämaturie. Die cystoskopische Unter- 
suchung ergab Blutung aus der rechten Niere, die funktionelle Prüfung 
beider Nieren, dafs die rechte Niere zum Teil zugrunde gegangon war. 
Die Operation ergab ein faustgrofses, im oberen Pol der Niere sitzendes 
Hypernephroma. XNephrektomie. Heilung. 

R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Über Diagnose und klinische Bedeutung der symptomatischen 
Varikozele bei malignen Nierentumoren. Von Professor Dr. Julius 
Hochenegg. (Zeitschrift für klinische Medizin. 62. Band.) 

In der Zusammenfassung kommt Verf. zu folgenden Schlüssen. 

1. Im Gefolge von namentlich malignen Nierentumoren kommt es 
nicht selten beim Manne zum Entstehen einer Varikozele auf der Seite 
der Nierenerkrankung. 

2. Diese symptomatische Varikozele unterscheidet sich von der idio- 
pathischen dadurch, dals sie im späteren Alter auftritt, sich meist rasch 
entwickelt, meist schmerzlos ist, bei der Untersuchung aber namentlich 


718 Nieren und Harnleiter. 


dadurch, dafs die Venenfüllung im Liegen nicht verschwindet, wie diese 
bei der idiopathischen der Fall ist. 

3. Als Ursache für das gelegentliche Auftreten der Varikozele er- 
gaben die Öperationsbefunde des Verfassers: 

a)*Verschlufs der Vena spermatica durch in die Vena renalis ein- 
gewucherte Geschwulstzapfen, 

b) Lymphdrüsenmetastasen, die die Vena spermatica komprimieren, 

c) direkte Kompression der Vena spermatica durch den Nierentumor. 

d) Knickung der Vena spermatica durch Verlagerung des Tumors. 

4. Die unter a) und b) angeführten Momente stellen Kontrmadika- 
tionen gegen die Operation dar und sind als solche erkennbar dadurch, 
dafs die Füllung der varikösen Venen bei Knieellbogenlagen, Heben und 
Verschieben des Nierentumors fortbesteht. Zuelzer-Berlin. 


Les actualités médicales. Le rein mobile. Von Felix Legueu. 
Paris. Librairie. J. B. Bailliëre et Fils. 1906. 

In dieser 96 Seiten umfassenden Monographie gibt Legueu eine 
gute Darstellung der Ätiologie, Symptome und Therapie der Wanderniere. 
Bezüglich der Behandlung hielt L. nur verhältnismälsg selten die Ope- 
ration für angezeigt, und zwar stellt er folgende Indikationen auf: 

l. Schmerzen. Hier gibt die Nephrorrhaphie 88°/, definitiver 
Heilungen. 

2. Dyspepsie. Das Resultat der chirurgischen Therapie ist bei 
dieser Indikation lange nicht so günstig wie bei der vorigen, da nur in 
einem Teile der Fälle die Beschwerden auf mechanischen Grundlagen 
beruhen. 

3. Neurasthenie. Diese Indikation mu/s mit Vorsicht gestellt werden, 
da die Chancen der Heilung nur 50°/, betragen. 

von Hofmann-Wien. 


Über palpable und bewegliche Nieren im Säuglingsalter. 
Von Dr. Karl Leiner, (Zeitschrift für klinische Medizin. 62. Band.) 

Verf. kommt auf Grund zahlreicher Nierenpalpationen nach der 
Glénardschen Methode, sowie auf Grund anatomischer Befunde, zu dem 
Resultat, dafs man keineswegs berechtigt ist, eine bei Säuglingen pal- 
pable, verschiebliche Niere als pathologischen Zustand aufzufassen, resp. 
daraufhin die Diagnose einer Wanderniere zu stellen. Zu dieser Dia- 
gnose ist man erst dann berechtigt, wenn die Untersuchung dislozierte, 
tlottierende Nieren ergibt, ein Befund, der im Säuglingsalter nach den 
bisherigen Beobachtungen (Comby, Knöpfelmacher) nur sehr selten 
erhoben werden kann. Zuelzer- Berlin. 


Nephroptose et scoliose réfiexe. Von Dieulafé. (Société de 
chirurgie 18. ILI. 1907. Revue de chir. 1907, p. 691.) 

Eine 2ōjährige nervöse Frau leidet an einer linken Wanderniere 
mit schmerzhaften Anfällen von Harnretention; D. findet bei der Pa- 
tientin eino lumbare Skoliose, deren Konvexität nach links sieht. Als 


Nieren und Harnleiter. 719 


die Patientin 21 Tage nach der erfolgreichen Nephropexie das Bett ver- 
liefs, war die Skoliose verschwunden. D. meint, dafs die Krisen eine 
Parese der Muskeln hervorgerufen haben, und dafs dann die Muskeln 
der anderen Seite überwogen und eine beträchtliche Verstärkung der 
normaler Weise in der Lendengegend nach rechts konkaven Krümmung 
der Wirbelsäule veranlalst haben. Mankiewicz-Berlin. 


The changes produced in the kidneys by Röntgen irradiation. 
Von A. S. Warthie. (Amer. Journ. of Med. Scienc. May 1907.) 

W. kommt zu folgenden Schlüssen: 

1. Werden kleine Tiere durch !/, bis 1 Stunde den Röntgenstrahlen 
ausgesetzt, so kommt es nur zu leichten Veränderungen in den Kernen 
der Nierenepithelien, welche durch Schwellung des Kernes, Vakuolisierung, 
Zusammenballung des Chromatins und Beeintzächtigung der Färbbarkeit 
charakterisiert sind. Die Restitutio ad integrum erfolgt bald, doch 
kommt es nach 6—12 Stunden za weiteren Erscheinungen seitens 
der Niere, welche durch Albuminurie und trübe Schwellung charakteri- 
siert sind. 

2. Wird das Tier bis zu seinem Tode kontinuierlich den Röntgen- 
strahlen ausgesetzt, so sind die Veränderungen in der Niere mehr aus- 
gesprochen. Die Nierenzellen sind kleiner, trübe, die Tubuli durch 
Eiweilsniederschläge dilatiert. 

3. Kontinuierliche Exposition von Ö5stündiger oder längerer Dauer 
erweist sich für kleine Tiere stets als tödlich. Sie starben inner- 
halb 10 Tagen unter Erscheinungen von Parese und Koma. 

4. Aus diesen Erfahrungen geht hervor, dafs man, besonders bei 
bestehender Nephritis längere Bestrahlungen nur mit Vorsicht und unter 
häufiger Kontrolle des Urins vornehmen soll. 

5. Es ist anzunehmen, dafs die Röntgenstrahlen Veränderungen im 
Chromatin aller Zellen bewirken. Die Lymphoidenzellen und die Epithel- 
zellen des Hodens scheinen in dieser Hinsicht die empfindlichsten zu 
sein, während die Nierenzellen gröfsere Resistenz zeigen. 

von Hofmann-Wien. 


Über die Wirkung der Röntgenstrahlen auf nephrektomierte 
Tiere, ein Beitrag zur Frage des Leukotoxins. Aus dem Charlotten- 
burger Krankenhaus von J. Schmid und A. Geronne. (Münch. med. 
Wochenschrift. 1907. Nr. 10.) 

Nephrektomierte Kaninchen zeigen nach Röntgenbestrahlung eine 
raschere Abnahme der Leukocytenzahl als gesunde. Verff. glauben, dals 
das durch die Strahlen (aus dem Zerfall der Leukocyten) entstehende 
Leukotoxin mangels Ausscheidung durch die Nieren sich im Blute an- 
häufe und hierdurch eine schnellere weitere Zerstörung der weilsen Blut- 
zellen hervorrufe. Brauser-München. 


Röntgen diagnosis of renal calculi. Von G. H. Stover. (Amer. 
Journ. of Surg. 1907, S. 48) 


Verf. hat 43 Patienten, bei denen Verdacht auf Nierensteine be- 


720 Nieren und Harnleiter. 


stand, mittelst Röntgenstrahlen untersucht. In 8 Fällen wurden Steine 
radiographisch nachgewiesen und in 6 Fällen die Diagnose durch die Ope- 
ration verifiziert. Bei einem der Öperierten konnte kein Stein in der 
Niere gefunden werden. Es handelte sich um einen weichen Stein, der 
durch die Operation zertrümmert worden war und dessen Fragmente 
dann. in dem ersten nach der Operation gelassenen Urin gefunden wur- 
den. Bei einem der Nichtoperierten war einige Tage vor der Unter: 
suchung ein grolser Cystinstein abgegangen. Von den übrigen Patienten, 
bei welchen die Radiographie ein negatives Resultat ergeben 'hatte, 
wurden 14 operiert. Bei keinem dieser Operierten konnte ein Nieren- 
stein nachgewiesen werden. Daraus geht hervor, wie wertvoll die 
Röntgenuntersuchung zur Diagnose von Nierensteinen ist, aber auch nur, 
wenn der Untersuchende vollständig mit der Technik dieses Verfahren: 
vertraut ist. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Nephrectomie pour pyonephrose calculeuse; Leucoplasie de 
la muqueuse du bassinet; Radiographie du calcul. Von Rain 
(Société nationale de médécine de Lyon 4. II. 1907. Lyon med. 1907, No.14: 
p. 682.) 

Eine 50jährige Frau hat seit fünf Jahren Blasenbeschwerden. muls 
alle Stunde unter Schmerzen stinkenden Harn, höchstens 80 cem, ent- 
leeren und ist enorm abgemagert (37 kg). Die Kystoskopie ergibt ‚wegen 
schneller Trübung des Blaseninhalts kein Resultat. Die linke Niere 
gibt keinen deutlichen Palpationsbefund, ist aber schmerzhaft. Da die 
Blase zu infiziert war, wurde der Ureterenkatheterismus auf. der an- 
scheinend gesunden rechten Seite nicht gewagt. Im Harn Staphylo- 
coecus albus und aureus. Röntgen links positiv für Steine. Die Nephrek- 
tomie wird links ausgeführt, der linke Ureter ist retrograd durchgängig: 
die Niere besteht aus lauter Höhlen mit eiterigem, fötidem Inhalt; drei 
kleine Steine im oberen Pol. Die Schleimhaut des Nierenbeckens urd 
der Kelche ist bedeckt mit weilsen Flecken. Leukoplakie in einer alten 
Pyonephrose; die kleinen Steine sind sekundär und haben bei ihrem 
Sitz wohl kaum zur Bildung dieser Anomalie beigetrageu. Die Um- 
bildung der normalen Schleimhaut der Harnwege in geschichtetes Pflaster- 
epithel mit Hornschicht epidermoidalen Charakters ist zuerst von Rocki- 
tanski als Cholesteatom beschrieben worden. Marchand und Holle 
haben sie in der Blase gesehen und genau beschrieben. Bei Gonorrhoe 
und besonders bei Krebs kommt sie in der Harnröhre vor. Der vor- 
liegende Fall ist durch die Gröfse und Klarheit der Leukoplakie be- 
merkenswert. Diagnostisch läfst sich aus dem Fall feststellen: Jede nicht 
beobachtete Pyonephrose mufs radiographiert werden; denn ein Stein in 
der Niere macht natürlich alle nichtoperativen Mafsnahmen (Ureteren- 
katheterisation, Nierenbeckenwaschungen) überflüssig. Das Vorhanden- 
sein eines Steines in der Niere ist oft eine Kontraindikation gegen den 
Ureterenkatheterismus; denn man wird doch nicht durch eine infizierte 
Blase eine aseptische Steinniere katheterisieren wollen; dann ist die Ham- 
separation die Methode der Wahl. Ein aseptischer Nierenstein ist nur 


Nieren und Harnleiter. 721 


durch Nephro- oder Pyelotomie zu entfernen. Ganz anders bei infizierten 
Steinnieren; soll man hier nephrotomieren oder nephrektomieren? Pousson 
meint: primäre frisch infizierte Lithiasis ist einem grolsen Abszeis ver- 
gleichbar, der Nierenbecken und Kelche unter Zurückdrängen des Pa- 
renchyms ausdehnt; hier kann die einfache Nephrotomie heilen. Sekun- 
däre Lithiasis oder primäre, aber schon lange Zeit infizierte Lithiasis, 
erfordert andere Malsnahmen. Die Schädigung ist diffus, das Parenchym 
mit Kavernen, manchmal ohne Kommunikation mit dem Nierenbecken, 
durchsetzt, die Eiter und Steine enthalten; wenn diese, wie leicht möglich, 
bei der Nephrotomie dem Chirurgen entgehen, ist die Operation un- 
wirksam und die neue Infektion und das Wiederauftreten der Zufälle 
sicher. Sichere Regeln für alle Fälle kann man nicht geben, jedenfalls 
soll man in jedem Fall beide Seiten mit X-Strahlen durchleuchten und 
eine gesonderte Untersuchung der einzelnen Nierensekrete vornehmen; 
die Ergebnisse dieser Untersuchungen müssen die Basis für die Wahl 
der Operation geben. Mankiewicz - Berlin. 


Large calculus of ureter, removed by suprapubie oystotomy. 
Von R. Parker. (Brit. Med. Journ. July 21. 1906.) 

Der Stein safs unmittelbar an der Mündung des Ureters in die 
Blase und konnte durch Inzision der Blasenschleimhaut ohne wesentliche 
Schwierigkeit entfernt werden Es handelte sich um einen Oxalat-Urat- 
stein vom Durchmesser 3,8:3,1: 2,5 cm. Heilung. 

ý von Hofmann-Wien. 


Sigmate ureteral obstruction. Von A. E. Gallant. (Amer. Journ. 
of Urology. August 1906.) 

Bei der 41 jährigen Patientin, welche vor 8 Jahren Appendicitis 
überstanden hatte, waren vor 2!/, Jahren linkseitige Nierenkoliken auf- 
getreten, welche sich seither in Intervallen von 2—3 Jahren wieder- 
holten. In der Nabelgegend war ein Tumor nachweisbar. Der Ureteren- 
katheterismus ergab Zurückbleiben der Funktion der linken Niere. 
Lumbale Blofslegung der Niere. Es fand sich der Ureter durch Adhä- 
sionen fixiert und in seiner obersten Partie in eine S-förmige Schlinge 
umgewandelt. Lösung der Adhäsionen. Drainage. Da eine Lumbalfistel 
zurückblieb und sich viele Schmerzen einstellten, wurde die Niere noch 
einmal freigelegt (3 Monate nach der ersten Operation) und .entfernt. 
Daraufhin rasche Heilung. von Hofmann-Wien. 


Rectal anastomosis of the ureters. Von C. Beck. (New York 
Med. Journ. May 19. 1906.) 

Bei der rektalen Ureterentransplantation wird die aufsteigende In- 
fektion hauptsächlich dadurch vermieden, dafs die Ureterenmündungen 
vollständig erhalten bleiben. Den zahlreichen Vorzügen der rektalen 
Anastomose stehen ihre grolsen technischen Schwierigkeiten und ihre 
Gefahren entgegen, so dals B. bei Fällen von Blasenektopie die auto- 
plastische Methode ausführt. von Hofmann-Wien, 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 47 


17122 Nieren und Harnleiter. 


Aseptic ureteral catheterisation sheath. Von M. R. Willan. 
(Brit. Med. Journ. May 11. 1907.) 

Willans Apparat besteht aus einem Kautschukrohre, welches mittelst 
einer Metallvorrichtung an das Ureterenkystoskop angeschraubt wird und 
soll verhindern, dafs der Ureterenkatheter während der Einführung mit 
dem Gesicht, den Haaren etc. des Untersuchers in Berührung kommt. 
Der Apparat ist auskochbar. von Hofmann-Wien. 


Die anormalen Nierengefälse können eine entscheidende 
Bedeutung für die Entstehung der Hydronephrose haben. Von 
G. Ekehorn, Sundsvall (Schweden). (Archiv f. klin. Chirurgie. 82. Bd., 
4, Heft, 1907.) 

Welche Bedeutung die anormalen Nierengefälse für die Entstehung 
der Hydronephrose haben können, ist bisher in befriedigender Weise 
nicht festgestellt worden. In den monumentalen Werken und umfang- 
reichen Arbeiten über die Hydronephrose, die in den letzten Jahren 
publiziert worden sind, stellen sich die Verfasser entweder völlig ab- 
weisend gegen eine solche Bedeutung dieser Gefäfse, oder auch nehmen 
sie einen mehr unentschiedenen und unbestimmten Standpunkt ein. 

Unter den anormalen Nierengefälsen können offenbar nur solche 
eine Bedeutung erhalten, die zur unteren Hälfte der Niere gehen. Nur 
diese können mit dem Harnleiter in Berührung kommen. Sie kommen 
gewöhnlich von der Aorta als selbständige akzessorische Nierengefälse 
oder auch als frühe Abzweigungen von den Hauptgefälsen der Niere, 
der Arterie oder der Vene. Ob diese abnormen Gefälse zur Entstehung 
einer Hydronephrose werden Anlafs geben können oder nicht, beruht 
nun nach der Ansicht des Verfassers in erster Linie auf ihrem Verlauf 
im Verhältnis zum Harnleiter und der Niere (nebst dem Nierenbecken). 
Hinsichtlich ihres Verlaufes teilt Verfasser sie in zwei Gruppen: 


A. Das Gefäls geht vor dem Harmleiter zur vorderen Fläche 
der Niere oder zur vorderen Hiluswand vor dem Nierenbecken. 

Hierher gehören auch Gefälse, die hinter dem Harnleiter zu den 
entsprechenden Stellen auf dem hinteren Teil der Niere gehen. Alle 
zwei zu dieser Gruppe gehörenden Gefälse haben nach der Ansicht des 
Verfassers selten oder nie eine Bedeutung für die Entstehung der 
Hydronephrose. 


B. Von um so gröfserer Bedeutung sind dagegen die zur zweiten 
Gruppe gehörigen Gefälse. Es sind dies: 


l. Gefäfse, die hinter dem Harnleiter zur vorderen Fläche der 
Niere oder zur vorderen Hiluswand gehen. Diese kommen meistens 
von der Aorta als Arteriae accessoriae. 


2. Gefälse, die vor dem Harnleiter zur hinteren Fläche der Niere 
oder zur hinteren Hiluswand gehen. 
. * In einem früh operierten Fall von Hydronephrose, den Verfasser 
vollständig beschreibt, fand er eine akzessorische Arterie, die von der 
Aorta herkam. In diesem Falle hatte das Gefäls offenbar den bedeutend- 
sten Anteil an der Entstehung der Hydronephrose Aus Anlafs dieses 


Nieren und Harnleiter. 123 


Falles ging Verfasser die Literatur durch und musterte die Kranken- 
geschichten in den Fällen durch, wo ein abnormes Gefäls als Hindernis 
für den Abfluls angeführt wordew: ist. Verfasser hat dabei zu seiner 
grolsen Überrsschung und Befriedigung konstatieren können: 

dafs das anormale Gefäfs einen Verlauf in Übereinstimmung mit 
dem unter der Rubrik B beschriebenen in allen Fällen gehabt hat, die 
in diesbezüglicher Hinsicht hinreichend deutlich beschrieben worden sind, 
und dafs diese Fälle zugleich diejenigen sind, bei denen ein Gefäls- 
hindernis am deutlichsten konstatiert worden ist; 

dafs diese Fälle ungefähr die Hälfte der Gesamtzahl ausmachen; 
dafs man in einem Teil der übrigen Fälle mit Wahrscheinlichkeit an- 
nehmen kann, dals das gleiche der Fall gewesen ist. 

Verfasser betrachtet nun das Verhältnis, dafs das Gefäfs hinter 
dem Harnleiter zur vorderen Fläche der Niere geht oder in den unteren 
Teil des Hilus hinein vor dem Nierenbecken. Sobald das Gefäfs einiger- 
malsen gestreckt wird, wie das schon bei einer beginnenden Senkung 
der Niere der Fall ist, mufís es den Harnleiter nach vorn drücken; füllt 
sich das Nierenbecken, so wird dadurch das obere Ende des Harnleiters 
im Frontalplan (Sektionsplan) der Niere zurückgehalten. Wir wissen 
aus Guyons Untersuchungen, dafs der Druck im Nierenbecken schnell 
steigt, sobald der Abflufs nicht frei ist. Beginnt das Nierenbecken sich 
zu dilatieren, so nehmen die Mifsverhältnisse in immer höherem Grade 
zu. Wird die Dilatation grofs und die Spannung und der Druck auf 
das Gefäls stark, so kann das Gefäls möglicherweise obliterieren und ver- 
schwinden. Durch die Peripyeloitis, die früher oder später auftritt, 
wird der Harnleiter an der Beckenwand in seinem bogenförmigen Ver- 
lauf fixiert. 

Was das andere Verhältnis betrifft, dafs nämlich das Gefäls vor 
dem Harnleiter zur hinteren Fläche der Niere oder zum Hilus hinter 
dem Nierenbecken geht, so findet sich, dafs hier absolut analoge Mifs- 
verhältnisse sich geltend machen. l Kr. 


Hydronéphrose droite. Von MM. les Drs. Jeannel et Ch. Mosel- 
(Ann. des malad. des org. génit.-urin. No. 5. 1. Mars 1907.) 

Bei einem 29jährigen Manne entwickelte sich in einem Zeitraum von 
etwa einem Monat ein Tumor, der die ganze rechte Bauchhälfte einnahm. 
Den klinischen Symptomen nach mufste man an einen retroperitonealen 
Tumor denken; Veränderungen im Harn waren weder quantitativ noch 
qualitativ nachweisbar. Bei der Operation fand man einen ausgedehnten 
hydronephrotischen Sack, nach dessen Entfernung schnelle Heilung ein- 
trat. Auffallend war der pathologisch-anatomische Befund. Die Wand 
des hydronephrotischen Sackes enthielt Reste von Nierengewebe, auch 
Nerven-, Muskel- und lymphoides Gewebe und erinnerte demnach am 
meisten an die embryonalen Mischgeschwülste der Nieren (Birch- 
Hirschfeld). Am Ureter fand sich zwischen Epithel und Muscularis 
lymphoides Gewebe, in dem konzentrisch Keimzentren angeordnet lagen, 
die Zellkerne in diesen Keimzentren zeigten gröfstenteils Karyokinese. 

Manasse- Berlin. 
47* 


724 Nieren ung Harnleiter. 


Aetiology, diagnosis and treatment of perinephritico abscess; 
with comments on cases. Von R. Guiteras. (New York. Med. Journ. 
Jan. 27. 1906). | 

G. kommt zu folgenden Schlüssen: 


1. Infolge von eitrigen Nierenerkrankungen kommt es häufiger zu 
perinephritischen Abszessen, als gewöhnlich angenommen wird. 


2. Traumen, Erkältungen und ähnliche Einflüsse, denen die Ent- 
stehung primärer Perinephritis zugeschrieben wird, sind nicht so wichtig, 
als viele Beobachter behaupten. 


3. Es ist wichtig, wenn auch schwer, den Ausgangspunkt und den 
Weg des Eiters zu bestimmen. 


4. Die Hauptbedingungen für den Erfolg einer Operation bei Peri- 
nephritis können folgendermalsen zusammengefalst werden: 


a) Frühzeitige Inzision und Entleerung, bevor der Eiter zu ausge- 
dehnten Unterwühlungen Zeit gefunden hat. 


b) Gründliche Untersuchung, eventuell Spaltung der Niere. 


c) Gründliche Drainage vom tiefsten Punkte des Eitersackes mittelst 
eines dicken, weichen Gummidrains oder Gaze. 


d) Vornahme der Nephrotomie, Nephrostomie oder Nephrektomie, 
wenn diese zur Zeit der Operation oder später indiziert erscheinen. 
von Hofmann-Wien. 


Renale Herzhypertrophie und chromaffines System. Von J. 
Wiesel. (Wiener med. Wochenschr. Nr. 14 1907.) 

Bei Fällen von Nephritis mit hochgradiger Herzhypertrophie konnte 
W. Veränderungen am chromaffinen System nachweisen, welche in einer 
durch Zunahme der Marksubstanz bedingten Vergröfserung der betreffen- 
den Organe bestand. Die vergröfserte Marksubstanz zeigte einen wesent- 
lich reicheren Gehalt an chromaffinen Zellen, als in der Norm. Diese 
zunächst an den Nebennieren beobachteten Veränderungen konnte W. 
auch an anderen chromaffinen Organen (Zuckerkandlsche Organe, 
Karotisdrüse usw.) konstatieren. Reine rechtsseitige Herzhypertrophie 
scheint das chromaffine System unbeeinflulst zu lassen. 

von Hofmann-Wiıen. 


Nephritis apostematosa. Von G. Illyes. (Budapester kgl. Ärzte- 
verein, 1. Dez. 1906. Nach d. Ung. med. Presse 1907, 8. 5.) 

Der 5ö5jährige Patient litt seit zwei Jahren an krampfartigen 
Schmerzen auf der rechten oder linken Seite. Urin war oft blutig. Vor 
einem Jahre wurden zwei Blasensteine entfernt. Die cystoskopische Unter 
suchung ergab trüben Urin aus der linken Niere, und die funktionelle 
Prüfung, dafs diese Niere zugrunde gegangen war. Nephrektomie. In 
der Niere befanden sich zahlreiche bis haselnufsgrofse eitrige Abszesse, 
aus denen Friedlänndersche Bazillen gezüchtet werden konnten. Wahr- 
scheinlich handelte es sich um eine hämatogene Infektion. Heilung. 

R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Nieren und Harnleiter. 725 


Zur Genese der Nierenblutungen bei Nephritis. Von Dr. Ku- 
sumoto. Deutsches Archiv für klinische Medizin. 89. Band, 5. u. 6. Heft. 

Während Askanazy und andere die direkte Ursache der Nieren- 
blutungen vorwiegend in einer Diapedese zu sehen geneigt sind, die 
durch verschiedene Ursachen unterstützt wird, hat K. in einem Falle 
von Nierenbeckenblutung durch sehr sorgfältige mikroskopische Serien- 
schnitte nachgewiesen, dals die Hämaturie durch eine Ruptur von kleinen 
Gefäfsen ım Nierenbecken verursacht war, und zwar hält er diese kleinen 
Gefäfse für Venen und nimmt als Ursache folgendes an: 

Die Nierenblutung fand im unmittelbaren Anschlufs an einen ersten 
apoplektischen Insult, der bei einer Defäkation auftrat, statt. Durch 
diese kam es in dem betreffenden Falle zu einer erheblichen Druck- 
steigerung des schon an und für sich enorm gesteigerten Druckes. 
Während normalerweise mit jeder allgemeinen Drucksteigerung auch eine 
Kontraktion der Nierengefälse verbunden ist, fällt die letztere bei stärkerer 
Gefäfsschädigung, wie sie bei akuter toxischer Nephritis vorliegt, fort. 
Die Nieren vermochten sich also nicht mehr gegen die Erhöhung des 
allgemeinen Druckes zu schützen und wurden passiv vollgepumpt. 
Durch das Pressen bei der Defäkation fand gleichzeitig eine Steigerung 
des Venendruckes statt, so dafs die Venenruptur durch das kombinierte 
vermehrte Überfliefsen von Blut aus den Arterien und andererseits durch 
die erhöhte Rückstauung erklärt werden kann. Zuelzer- Berlin. 


Sur une affeotion rönale hömaturique rare. Von Dr.Dominico 
Taddei. (Annales des maladies des organes génito - urinaires No, 1, 
1. Janv. 1907.) 


Eine 23jähr. Patientin entleerte seit 2 Jahren mit Pausen blutigen 
Urin. Objektiv bestand nur eine Druckempfindlichkeit der rechten 
Nierengegend. Urin war frei von Eiweils, enthielt viel rote Blut- 
körperchen. Durch Ureterenkatheterismus wurde festgestellt, dafs nur die 
rechte Niere erkrankt war. Für Tuberkulose war weder durch mikro- 
skopische Untersuchung, noch durch Kultur, noch durch das Tierexperiment 
ein Anhalt zu finden. Bei der Operation zeigte die rechte Niere ma- 
kroskopisch heine Veränderung, dagegen wies das Nierenbecken eigen- 
tümliche Veränderungen auf: es fanden sich kleine durchscheinende 
Knötchen, die ihrer Struktur nach am meisten noch beginnenden Peri- 
tonealtuberkelen zu vergleichen waren. Ludwig Manasse-Berlin. 


Experimentelle Studien über toxische Nephritis. Von Oberarzt 
Schlayer und Dr. Hedinger. Deutsches Archiv für klinische Medizin. 
90. Band, Heft 1 und 2. 

Verff. kommen zu folgendem Ergebnis: 

Es existieren zwei in ihrem funktionellen Verhalten getrennte Arten 
von akuter toxischer Nephritis, eine tubuläre und eine vaskuläre. 

Die vaskuläre setzt an den Gefälsen ein, und führt rapide zu ihrer 
völligen Insuffizienz mit Vernichtung der Wasserausscheidung bei auffallend 
geringem anatomischen Befund. 


726 Nieren und Harnleiter. 


Die tubuläre setzt an den Tubulusepithelien ein, zeigt lange Zeit. 
unveränderte oder sogar vermehrte Gefälstätigkeit und Wasserausscheidung 
bei schwerer anatomischer Destruktion. Erst sekundär findet sich eine 
Schädigung der Gefälse, die jedoch den Grad der vaskulären nicht 
erreicht. 

Zu dieser Art gehört die Nephritis nach Chrom und Sublimat, und 
zu der vaskulären die nach Kantharıdin und Arsen. 

Als Übergangsform betrachten wir die Nephritis nach Diphtherie- 
toxin, die in ihren Endstadien jedoch zweifellos vaskulären Typ zeigt. 

Das anatomische Bild der experimentellen toxischen Nephritis erlaubt 
keinen sicheren Rückschlufs auf die Funktion. Entscheidend ist vielmehr 
die Funktionsprüfung für die Frage, welche Art von Nephritis vorliegt. 

Da sich Analogien mit der menschlichen akuten Nephritis finden, 
so darf dieser Satz auch auf sie übertragen werden. Dementsprechend 
müssen funktionelle Begriffe an Stelle der rein anatomischen gesetzt 
werden. 

Von solchen ergeben sich aus den Versuchen der Verfasser: 

l. Ort der Eiweilsausscheidung können sowohl Glomeruli wie Ka- 
nälchenepithelien sein. 

2. Die Zylinderbildung hat nichts mit den Gefälsen zu tun, sondern 
findet in den Tubulis statt. 

3. Jede stärkere Gefäfsschädigung äufsert sich in einer Abnahme 
der Diurese. Dieser Satz gestattet jedoch keine Umkehrung. 

4. Bei ausgesprochener Gefäfsalteration tritt eine Glykosurie nach 
Phloridzin nicht mehr auf. 

d. Bei ausgedehnter akuter (anatomischer) Glomerulonephritis ist 
stets das gesamte Nierengefälssystem in seiner Funktion schwer geschädigt. 

6. Die vaskuläre Nephritis zeigt bei akutem Verlaufe der Erkrankung 
niedrigen Blutdruck. Wahrscheinlich tritt in dieser Erscheinung die 
Schädigung des gesamten Kreislaufes üherwiegend hervor. Über die 
Wirkung der vaskulären Nephritis selbst wird dadurch nichts ausgesagt. 

Zuelzer-Berlin. 


Experimentelle Untersuchungen über den Hydrops bei Nieren- 
krankheiten. Von Dr. A. Heineke unter Mitarbeit. von Dr. W. Meyer- 
stein. Deutsches Archiy für klinische Medizin. 90. Band, 1. und 2. Heft. 

Verf. kommen zu folgenden Resultaten: dÉ 


1. Wie in der Nierenpathologie des Menschen, ist die Ursache der 
Ödembildung auch bei der Intoxikationsnephrose der Kaninchen nicht 
einheitlich. Sie ist von der Atiologie der betreffenden NE 
abhängig. 


2. Das anatomische Bild der Niere läfst keiten Grund für das 
Prävalieren der Ödembildung bei der Uranvergiftung der Chromnephrose 
erkennen. | 

3. Bei der Uranvergiftung verursacht wahrscheinlich eine Gefafs- 
schädigung in erster Linie das Auftreten des Hydrops, Es kann deshalb 
selbst ohne schwere Nierenerkrankung zur Wassersucht kommen. 


Nieren und Harnleiter. 727 


4. Bei der Chromnephrose bedingt hauptsächlich die erschwerte 
Ausscheidung des Wassers und der Salze infolge ausgedehnter Nekrose 
der Kanälchenepithelien die Ödembildung. Es kommt deshalb nur bei 
schwerer Nierenaffektion zur Wassersucht. 

5. Das Zustandekommen der Hydropsien bei der Urannephrose nach 
reichlicher Wasserzufuhr beweist deshalb noch nicht, dafs die Salzretention 
ohne Einfliufs auf die Ödembildung ist. Bei chromvergifteten Kaninchen 
kommt es vielmehr nach Zufuhr von Kochsalzlösung doppelt so oft und 
zugleich zu weit stärkerem Hydrops als nach Wassereingielsungen allein. 
Auch bei der Urannephrose ist der die Ödembildung fördernde Einflufs 
der Salzgaben unverkennbar. 

6. Die Transsudate sind stets salzkonzentrierter als das Blutserum. 
Steigt als Folge der Salzretention der Kochsalzgehalt des Blutes, so 
wächst diese Differenz im Salzgehalte der Hydropsflüssigkeit und des 
Blutserums. Der Unterschied wird dann so beträchtlich, dafs er nicht 
durch den geringen Eiweilsgehalt der Transsudate allein bedingt sein 
kann. Diese Zunahme der Differenz bei Salzretention bedeutet eine 
Salzentlastung des Blutes und steht mit der Ödembildung in engem Zu- 
sammenhang. 

7. Trotz geringer Harnmenge und erhöhtem Salzwert des Blutes 
kann der Kochsalzgehalt des Urins geringer werden als der des Blut- 
serums, wenn das Epithel der gewundenen Kanälchen schwer degeneriert 
ist. Dieses Verhalten spricht für eine Sekretion des Kochsalzes durch 
die Zellen der Tubuli contorti. Hierauf weisen auch die engen Be- 
ziehungen hin, die zwischen dem Sinken der Salzkonzentration des 
Harnes und der Erkrankung des Epithelialapparates der Niere bestehen. 

Zuelzer-Berlin. 


De la décapsulation du rein dans le traitement de l’öclampsie. 
Von R. de Bovis. (La Semaine médicale 1907, No. 10.) 

Verf. berichtet über 6 Edebohlsche Nierenoperationen wegen 
Eklampsie, von denen er eine ausgeführt hat. Drei stammen von 
Edebohls selbst, je eine von Chambrelent und Polano. Wenn auch 
unter diesen 6 Fällen 5 Heilungen der Eklampsie zu verzeichnen sind, 
so läfst sich bei diesen geringen Zahlen noch nicht genügend übersehen, 
ob wirklich die Entkapselung mit oder ohne Inzision der Niere berufen 
sein wird, die hohe Mortalität der Eklamsie herabzudrücken. Immerhin 
glaube auch ich, dafs bei schwer verlaufenden Fällen von Eklampsie, be- 
sonders dort, wo sich Kongestionszustände in den Nieren (Palpation) finden, 
diese Operation Beachtung verdient. E. Lewitt. 


Zur Behandlung der Wassersucht durch Regelung der Wasser- 
und Salzzufuhr. Von O. Minkowski. (Die Therapie der Gegenwart 
1907, Heft 1.) 

Verf. ist überzeugt, dafs man in der Regelung der Wasser- und der 
Salzzufuhr, wenn sie richtig angewendet wird, ein nicht zu unterschätzen- 
des Hilfsmittel für die Behandlung der. Wassersucht gewonnen hat, dafs 


728 Nieren und Harnleiter. 


aber auch zahllose Ausnahmen vorkommen, die es notwendig machen, 
nicht rein schematisch zu handeln, sondern unter genauer Beobachtung 
des Einzelfalles individualisierend vorzugehen. Daraus ergeben sich für 
die Praxis folgende Verhaltungsmalsregeln: Da, wo es sich unzweifelhaft 
um einen kardialen Hydrops handelt, wird man zunächst dafür zu sorgen 
haben, dafs vor allem jede übermäfsige Flüssigkeitszufuhr eingestellt 
und die Gesamtflüssigkeitsmenge auf das normale Quantum von annähernd 
1!/, Litern reduziert wird. Darüber hinaus geht man dann mit der 
Einschränkung der Wasserzufuhr nur langsam und allmählich vor, unter 
steter Beobachtung des Allgemeinbefindens und der Harnsekretion, und 
wenn irgend möglich, auch unter Kontrolle des Körpergewichts. Treten 
Übelbefinden, Unbehagen, Kopfschmerzen, Widerwillen gegen Nahrungs- 
zufuhr auf, dann ist die Flüssigkeitseinschränkung nicht fortzusetzen. 
Sie ist kontraindiziert, sobald erhebliche Störungen der Nierenfunktion 
auftreten. Die besten Erfolge erzielt man mit einer solchen Behandlung 
da, wo sich gerade die ersten Anfänge der Herzinsuffizienz bemerkbar 
machen. Aber auch in Fällen, in denen bereits der Hydrops sehr aus- 
gebildet ist, kann die Einschränkung der Wasserzufuhr die Wirkung 
anderer therapeutischer Eingriffe wesentlich unterstützen. Eine gewisse 
Einschränkung der Kochsalzufuhr empfiehlt sich in solchen Fällen schon 
deshalb, weil dadurch der Durst vermindert und die Durchführung der 
Flüssigkeitsentziehung erleichtert wird. In vielen Fällen gewinnt man 
auch bei allgemeinen Zirkulationsstörungen den Eindruck, dafs die Salz- 
einschränkung auffallend günstig auf den Hydrops wirkt. Es scheint, 
als ob dieses gerade die schwersten Fälle sind, bei denen auch die 
Nierenfunktion schon stärker gelitten hat. — Bei dem echten renalen 
Hydrops, also bei akuter und parenchymatöser Nephritis, ist in erster 
Linie die Einschränkung der Salzzufuhr zu versuchen. In manchen 
Fällen erzielt man damit in kurzer Zeit ein glänzendes Resultat. In 
anderen Fällen lälst der Erfolg etwas länger auf sich warten. Ist er 
erzielt, dann empfiehlt es sich auch später noch, die Kochsalzufuhr zu 
überwachen und dafür Sorge zu tragen, dafs sie das Mafs der Leistungs- 
fähigkeit der Niere nicht überschreite. Auch hier ist die Kontrolle des 
Körpergewichts das beste Mittel, den Erfolg zu beurteilen. Die Indi- 
kation für die Salzentziehung ist schon gegeben, wenn bei einem Nephri- 
tiker das Körpergewicht plötzlich merklich steigt, selbst wenn Ödeme 
noch nicht vorhanden sind; sie folgen in der Regel in solchen Fällen 
bald nach. 

Bezüglich der Flüssigkeitszufuhr wendet sich Verfasser gegen die 
Verordnung von reiner Milchdiät, von der zur ausreichenden Ernährung 
täglich 3 Liter und mehr zugeführt werden müssen. Solche Mengen 
kann die kranke Niere oft genug für die Dauer nicht bewältigen, und 
auch das Herz muls dadurch bisweilen übermälsig überlastet werden. 
Die reine Milchdiät bildet aber überhaupt keine zweckmälsige Nahrungs- 
form für Nephritiker. Mit mäfsigen Mengen Milch (1—1!/, Liter) 
kann man einen Nephritiker, sofern bei ihm strenge Diät indiziert ist, 
viel rationeller ernähren, wenn man reichlich Kohlehydrate und Fette, 
die der Niere nichts schaden, hinzufügt. Ganz und gar unberechtigt 


Nieren und Harnleiter. 1729 


ist die Verordnung von reiner Milchdiät in den Fällen von Schrumpf- 
niere, wo sie vielfach auch noch im Gebrauch ist. Anderseits ist es aber 
zu weit gegangen, wenn man verlangt, dals man in solchen Fällen die 
Flüssigkeit bis auf das normale Mais oder gar selbst darüber hinaus ein- 
schränken soll, um eine Überlastung der Zirkulationsorgane zu ver- 
meiden. Die Schrumpfniere braucht mehr Wasser, um die festen Stoffe 
genügend auszuscheiden. Man darf daher hier die Flüssigkeitszufuhr 
selbst dann nicht zu sehr einschränken, wenn im weiteren Verlauf die 
Ödeme hinzutreten, die hier sich erst einzustellen plegen, wenn die 
durch die Herzhypertrophie gegebene Kompensation nachläfst und man mit 
der Herzinsuffizienz auch die Niereninsuffizienz gewahr wird. In solchen 
Fällen treten dann zur Behandlung des Hydrops andere Mittel, die 
eigentlichen Herzmittel, die Karmo tonio; vor allem die Digitalispräparate 
in ihre Rechte. Casper. 


Über die akute und chronische Nierenbeçkenentzündung. 
Von H. Lenhartz, Hamburg-Eppendorf. (Münch. med. Wochenschrift, 
1907. Nr. 16.) | 

Die Erkrankung ist nach Verf. hinsichtlich ihrer ganzen Sympto- 
matologie, namentlich aber der ihr eigentümlichen Fieberbewegung, noch 
sehr wenig bekannt, weshalb nur zu oft Verwechslungen mit Influenza, 
Typhoiden, Lungenentzündung, Hexenschufs u. a. vorkommen. In seiner 
eigenen Darstellung, der 80 Selbstbeobachtungen zugrunde liegen, be- 
schränkt sich L. auf die Fälle, welche primär oder im Anschluls an 
Wochenbett und Geburt entstanden sind, schliefst dagegen die Sekundär- 
infektionen bei Prostatikern, Stein- und Rückenmarksleidenden aus. 

Die Entstehung auf dem Wege der Blutbahn kommt nur gelegent- 
lich vor, die Regel ist die aufsteigende Infektion und zwar, da es sich 
meist um Weiber handelt (74 mal), die Übertragung der Keime vom 
After auf Schamspalte, Urethra usf. Dem intraperitoneslen Übergang 
vom Darm her ist keine nennenswerte Rolle zuzuschreiben. 66 mal unter 
80 Fällen war das Bakter. coli der alleinige Erreger, zweimal Proteus, 
zweimal der Milchsäure-, einmal der Friedländersche, dreimal der Para- 
typhusbazillus; nur einmal lag Mischinfektion vor. Als begünstigende 
Momente kommen in erster Linie Schwangerschaft, Geburt und Menses 
in Betracht; bei 4 Männern war eine mechanische Behandlung der Harn- 
röhre vorangegangen, auch schwere Erkältung des Unterleibs ist von 
Bedeutung. Die Blase bleibt meist krankheitsfrei, das Nierengewebe 
schien nur 3—4 mal beteiligt; überwiegend wird die rechte Seite ergriffen. 

Die Beschwerden sind teils allgemeiner Natur (Kopf-, Glieder- 
schmerzen, Erbrechen), teils lokal. Häufig ist die erkrankte Niere stark 
druckempfindlich, 12 mal konnte L. eine pralle Anschwellung palpieren. 
Der Harn enthält Eiter, häufig Blut, meist massenhaft Bakterien; sog. 
geschwänzte Nierenbeckenepithelien finden sich nicht regelmälsig; die 
Reaktion ist fast stets sauer. Bisher nicht genügend gewürdigt ist der 
Fieberverlauf, der „durchaus nicht so unregelmäfsig ist, wie die 
Bücher glauben machen wollen“. L. führt dies an der Hand von 13 
beigegebenen Kurven näher aus. Zu erwähnen sind hauptsächlich zwei 


730 Nieren und Harnleiter. 


Gruppen. Erstens: einmaliger Fieberanfall, Kurve ganz ähnlich der der 
Pneumonie, dabei aber Puls und Respiration niedrig. Zweitens: 
Zyklischer Verlauf, wobei dem jedesmaligen Wiederauftreten des 
Fiebers ein Rückfall der Erscheinungen und namentlich eine massenhafte 
Ausscheidung von Bakterien im Harn entspricht. Dabei ist ein Zu- 
sammenhang zwischen Fieberrelaps und Menses unverkennbar. 
In einer kleinen Anzahl „chronischer“ Fälle besteht viele Monate 
hindurch Bakteriurie, dazwischen zahlreiche zyklische Anfälle, teils mit, 
teils ohne Fieber, 

Von Komplikationen werden in drei Fällen schwere Ischias, in 
einem doppelseitige Cruralvenenthrombose erwähnt. Das Röntgenbild 
ergab nur in zwei Fällen Steine. Gestorben sind von 80 Kranken 5, 
jedoch nur 3 an der Pyelitis. Von 54 „klinisch Geheilten“ zeigten 
noch 38 die pathogenen Keime im Harn. 

Die Behandlung bestand hauptsächlich in mechanischer Durchspülung 
mittelst Wildunger Wasser und Lindenblütentee; Harnantisoptika ver- 
mögen nach L. die Bakterien im Körper nicht abzutöten, eine monatelange 
Anwendung ist nicht unbedenklich, doch bringen sie gelegentlich Nutzen. 
Blasenspülungen sind nutzlos, bei starker Geschwulst kann die Punktion 
Erleichterung schaffen, eventuell der Sektionsschnitt.e. Brauser-München. 


Beiträge zur Pathologie und Therapie der kongenitalen 
Nierendystopie. Von Dr. Max Sträter-Amsterdam. (Deutsche Zeit- 
schrift f. Chir., 88. Bd., 1.—2. Heft.) 

Angeregt durch eine eigene Beobachtung, hat der Autor die sehr 
zerstreute Literatur über die kongenitale Nierendystopie gesammelt und 
bietet in seiner lesenswerten Arbeit auf Grund eigener Erfahrung und 
des Studiums von 50 Fällen der ihm zugänglichen Literatur eine zu- 
sammenfassende Darstellung des Gegenstandes. 

Die eigene Beobachtung betraf eine unverheiratete 34 jährige 
Person, die stets über Schmerzen rechts während der Menstruation 
klagte, die sonst niemals krank gewesen und im übrigen beschwerdefrei 
war. Der Vaginalbefund ergab: Uterus in Retroflexion nach links, 
nicht vergröfsert, gut beweglich. Rechts vom Uterus fühlt man einen 
ungefähr hühnereigrofsen Tumor von fester Konsistenz, schmerzhaft bei 
Druck. Dieser Tumor ist in geringem Grade beweglich gegenüber 
Uterus und Beckenwand und scheint durch einen breiten Stiel mit dem 
Uterus verbunden zu sein. An den linken Adnexen ist nichts Abnormes 
zu konstatieren. 

Bei äufserer Untersuchung des Abdomens ist die Gegend der rechten 
Fossa iliaca schmerzhaft bei Druck. 

Der Urin ist ohne abnorme Bestandteile. 

St. diagnostizierte auf Grund dieses Befundes einen intraliga- 
mentären Ovarialtumor und machte die Laparotomie, die den Fell 
sofort aufklärte. 

Der intraligamentäre Tumor auf stumpfem Wege vorsichtig heraus- 
geschält, zeigt makroskopisch ganz das Aussehen einer normaien Niere; 
nur ist die Form eine mehr runde und platte. Die in den Hilus ein- 


Nieren und Harnleiter. 731 


tretende Arterie entspringt genau aus der Bifurkation der Aorta. Der 
Ureter läuft in schwach gebogenem Verlaufe längs des Uterus nach der 
Blase. Da es sehr wahrscheinlich, dafs die Anwesenheit der Niere im 
Ligamentum latum die Ursache der heftigen Beschwerden war, verlagerte 
St. die Niere retroperitoneal nach dem grofsen Becken und fixierte sie 
dort. Der postoperative Verlauf war ein ganz normaler. Seit der 
Operation — es sind inzwischen 6 Monate vergangen — ist die Men- 
struation immer schmerzlos gewesen. 

Dieser eigenen Beobachtung folgen dann die aus der Literatur ge- 
sammelten Fälle, die den Autor zu folgenden Schlüssen führen: 

Die häufigste Form der Nierendystopie ist die einseitige, wo die 
Niere an der ihr zukommenden Körperseite liegt. Im Gegensatz zu 
den erworbenen Dislokationen kommt diese kongenitale Dystopie am 
häufigsten links vor. 

Bei der gekreuzten Dystopie tritt in den weitaus meisten Fällen 
eine Verwachsung der beiden Nieren auf. 

Was die Beteiligung der Geschlechter angeht, so scheint, wenn 
man die vielen zufälligen Sektionsbefunde mitrechnet, keines zu über- 
wiegen, wohl aber, wenn man nur die Fälle in Betracht zieht, die wäh- 
rend des Lebens in klinischer Beobachtung gewesen sind; es überwiegt 
dann das weibliche Geschlecht um das Vierfache. 

Die Ursachen des Verbleibens der Niere an dem ihr normaler- 
weise nur im embryonalen Leben zukommenden Platze sind noch nicht 
bekannt. 

Autor geht dann auf das nicht selten gleichzeitige Vorkommen 
von Mifsbildungen an anderen Organen (Geschlechtsorganen, Darm, 
Skelett des Beckens und des unt:ren Teiles der Wirbelsäule) ein und 
begründet dies durch entwicklungsgeschichtliche Ausführungen. 

Die anatomischen Merkmale der kongenital-dystopischen Niere 
lassen sich alle von der Tatsache ableiten, dafs die Niere an irgend- 
einer Stelle der Bahn, die sie im embryonalen Leben von der Tiefe 
des kleinen Beckens bis zur Lendengegend abzulegen hat, ihr weiteres 
Emportreten eingestellt hat und also definitiv die Beziehungen zu den 
umliegenden Organen beibehält, die ihr an dieser Stelle gerade zu- 
kommen. Abdominale, pelvine und abdominal-pelvine Form der Nieren- 
dystopie. Es werden dann die Beziehungen der dystopen Niere zum 
Bauchfell und Rektum besprochen. 

Die Gefäfsversorgung der kongenital-dystopen Niere ist immer eine 
embryonale. Auf die Gröfs der Niere hat die kongenitale Lageanomalie 
meistens keinen Einfluls. 

Auch in der Länge des Ureters kommt der embryonale Zustand 
der dystopen Niere zum Ausdruck. Seine Länge ist immer viel geringer 
als die eines normalen Ureters. In der Regel mündet der Ureter an 
normaler Stelle in die Blase, auch in den Fällen von gekreuzter Dystopie. 

Was die klinische Bedeutung der kongenitalen Nierendystopie 
anbetrifft, ist die sonst normale von der irgendwie pathologisch ver- 
änderten dystopen Niere zu trennen. Auch die normale, kongenital- 


732 Nieren und Harnleiter. 


dystope Niere kann zu den verschiedenartigsten Störungen Veranlassung 
geben. 

In erster Linie sind hier die subjektiven Beschwerden, die bei den 
verschiedenen chronischen Erkrankungen des weiblichen Geschlechts- 
apparats in Erscheinung treten, zu erwähnen, auf die Autor ausführlich 
eingeht. Dann kann auch die Darmfunktion in ernster Weise durch die 
dystope Niere gestört werden. 

Weniger klar ist der Zusammenhang zwischen der Nierendystopie 
und Blasenbeschwerden. In den angeführten Krankengeschichten klagen 
die Patienten über Blasentenesmus, Pollakiurie, auch über Enuresis. 

In zwei Fällen fand man ein Zusammentreffen der Nierendystopie 
mit psychischen Störungen; in dem einen Falle nur führte die Nephrektomie 
zur Heilung. ` 

Endlich geht der Autor auf die schweren Stórungen ein, zu denen 
die normal dystope Niere und a fortiori die pathologisch vergrölserte 
während Schwangerschaft und Geburt Veranlassung geben. In zwei 
Fällen trat während der Schwangerschaft Eklampsie ein. Ob die Becken- 
niere als solche die Ursache eines habituellen Abortus werden kann, 
läfst sich nicht beantwerten. Wohl aber stellt sie in nicht wenigen 
Fällen ein den (Geburtskanal verengendes Hindernis dar. 

Von den verschiedenen pathologischen Zuständen, die an der Niere 
auftreten können, kommen bei der dystopen Niere hauptsächlich die 
Hydro- und Pyonephrosen in Betracht. Wie bei jeder anderen im 
kleinen Becken befindlichen Geschwulst, wird es hauptsächlich von ihrer 
Gröfse und von einer eventuell stattgehabten Infektion ihres Inhalts 
abhängen, ob die entartete dystope Niere zu mehr oder weniger ernsten 
Störungen Veranlassung gibt. 

St. empfiehlt, in diesbezüglichen unklaren Fällen es sich zur Regel 
zu machen, die Nierendystopie differentialdiagnostisch in den Kreis der 
Erwägungen zu ziehen, dann wird es in vielen Fällen gelingen, die 
richtige Diagnose zu stellen. 

Die sorgfältige Palpation (Nierenform, hylusartige Vertiefung, 
fixierte Lage an der hinteren oder seitlichen Beckenwand) wird wich- 
tige Aufschlüsse geben. Von grofser Bedeutung ist ferner das Konsta- 
tieren von Mifsbildungen am Genitalapparate, die Messung der Länge 
der Ureteren und das den Verlauf des letzteren wiedergebende Röntgo- 
gramm. 

Was zum Schluls die Therapie der kongenitalien Nierendystopie 
betrifft, so hat diese in den Fällen, wo die Niere schon pathologisch 
verändert ist, die Regeln der modernen Nierenchirurgie zu befolgen. 
In den Fällen, in welchen die normale dystope Niere keine Beschwerden 
hervorruft, ist von jedweder therapeutischen Mafsnahme abzusehen. Ist 
man zur Überzeugung gekommen, dals wirklich die Nierendystopie als 
solche die Ursache der Beschwerden ist, dann ist in erster Linie eine 
operative Dislokation der Niere und Fixation an anderer Stelle indiziert. 

Ist die das Geburtshindernis abgebende Niere hydro- resp. pyo- 
nephrotisch entartet, dann ist die Verkleinerung durch Punktion, eventuell 
die Exstirpation indiziert. Jacoby. 


Kritik. 733 


IX. Kritik. 


Contribution à l'étude de la tuberculose rénale et de son 
traitement par la nephrectomie. Von M. Reynaud. Lyon. A. Rey. 1906. 


R. gelangt zu folgenden Schlüssen: 


1. Experimentelle Untersuchungen im Verein mit der klinischen 
Erfahrung gestatten den Schlufs, dafs die chirurgische Nierentuberkulose 
hämatogenen Ursprungs sei. 

2. In anatomischer Hinsicht unterscheiden die Autoren zahlreiche 
Formen der Nierentuberkulose; in der Praxis finden sich bei allen 
operierten Fällen erweichte Tuberkel verschiedener Gröfse. 

3. Die Nierentuberkulose ist besonders in der Jugend und im 
mittleren Alter häufig. In diesen Lebensaltern sind besonders Frauen der 
Erkrankung ausgesetzt. Die rechte Niere scheint häufiger befallen zu sein. 

4. Die Erkrankung lenkt die Aufmerksamkeit der Patienten sehr 
häufig erst dann auf sich, wenn Symptome von Seite der Blase auf- 
getreten sind. Die subjektiven und objektiven Nierensymptome bleiben 
meist unbemerkt, woher der Irrtum stammt, welcher der Blasentuber- 
kulose bei dieser Erkrankung die Hauptrolle zuschrieb. 

5. Die hämaturische Form ist ziemlich selten. Mikroskopisch 
findet man zwar häufig Blut im Urin, aber ausgesprochene Hämaturie 
ist nicht häufig und von geringerer Wichtigkeit als Pyurie, Pollakiurie 
und Schmerzen in der Blase. 

6. Die Separation durch Scheideapparat kann mitunter Dienste 
leisten, in der Regel ist aber der Ureterenkatheterismus seiner grölseren 
Präzision wegen vorzuziehen. 

7. Die vergleichende chemische Analyse der beiden Nieren ist ein 
ausgezeichnetes Hilfsmittel für die funktionelle Diagnose. 

8. Die einzige Behandlungsmethode der einseitigen Nierentuberku- 
lose ist heutzutage die Nephrektomie, welche ausgeführt werden soll, so- 
bald die Diagnose gestellt ist. 

9. Die lumbare subkapsuläre oder extrakapsuläre Nephrektomie ist 
die Methode der Wahl. 

10. Die ausgedehnte Resektion des Ureters ist überflüssig und in 
der Mehrzahl der Fälle ungenügend, da er nach Entfernung der 
Niere von selbst atrophiert. | 

11. Die Fisteln, welche nach der Nephrektomie zurückbleiben, 
können von verschiedener Dauer sein, schliefsen sich aber in der Regel 
nach 3 Monaten. 

12. Die tuberkulöse Cystitis geht nach der Nephrektomie in der 
Regel um so rascher zurück, als die Operation früher ausgeführt wurde 
und je weniger die Blasinverknderungen ausgesprochen waren. 

13. Wenn infolge von Mischinfektion nach der Operation sich die 
Symptome verschlimmern, kann der Kranke mit Vorteil lokal behandelt 
werden. 

14. Die Nephrektomie führt bei Nierentuberkulose zu einer oft sehr 
bedeutender ‚Besserung, manchmal sogar zur Heilung. 


von Hofmann-Wien. 


734 Mitteilungen. 


X. Mitteilungen. 


XVL Internationaler Medizinischer Kongrefs 1909 in Budapest. 

Der XV. internationale medizinische Kongrels in Lissabon hat 
Budapest, die Haupt- und Residenzstadt von Ungarn, zum Orte der 
nächsten Zusammenkunft gewählt. Die Vorarbeiten des Kongresses sind 
im Gange. Seine kais. und apost. königl. Majestät der König hat das 
Protektorat des Kongresses übernommen. Der Staat und die Haupt- 
stadt haben zur Deckung der Auslagen je 100000 Kronen bewilligt. 
Die Komitees für Organisation, Exekution, Finanzierung und Empfang, 
sowie die Sektionen haben sich bereits konstituiert und haben die Statuten 
bestimmt. Die Zahl der Sektionen ist 21, da jedes Spezialfach eine 
eigene Sektion erhalten hat. Der Tag der Eröffnung ist auf den 
29. August 1909 festgesetzt und die Sitzungen werden bis 4. September 
dauern. Voraussichtlich dürfte der Kongrefs sehr besucht sein; die bis- 
herigen Kongresse wiesen eine Frequenz von 3000--8000 Teilnehmern 
auf. In Anbetracht der geographischen Lage von Budapest ist mindestens 
auf 4000 — 5000 Teilnehmer zu rechnen. Die Leitung legt selbst- 
verständlich auf die wissenschaftliche Tätigkeit des Kongresses das grölste 
Gewicht und ist bestrebt, als Referenten die hervorragendsten Vertreter 
der medizinischen Wissenschaft zu gewinnen. Das erste Zirkular, das 
alles Wissenswerte sowie die Statuten des Kongresses enthält, wird 
bereits im Laufe des Jahres 1907 versendet. Bis dahin gibt der 
Generalsekretär des Kongresses: XVI. Internationaler Medizinischer 
Kongre/s, Budapest (Ungarn), VIII, Esterhäzygasse 7, den 
Interessenten bereitwilligst Auskunft. 


I. Kongrefs der Deutschen Gesellschaft für Urologie, 
3.—5. Oktober in Wien. | 

Für den I. Kongrels der Deutschen Gesellschaft für Urologie 
sind aufser den drei offiziellen Referaten (Therapie der Nieren- 
tumoren, Diagnostik und Therapie der Nephrolithiasis, die Albu- 
minurie) folgende Vorträge angemeldet worden: 

I. Sitzungstag. 
Sternberg, C., Brünn: Uber intrauterin erworbene Schrumpfniere. — 


Kotzenberg, W., Hamburg: Mitteilungen über Nierenblutung. — Stoerk. 
O., Wien: Zur Histogenese der Grawitzschen Nierengeschwülste. — Albrecht, 


P. Wien: Pathologie dystoper Nieren. — Richter, J. Wien: Ope- 
rierte dystope Niere (Demonstration). — Blum, V., Wien: Zur Frage 
der Nierensteindiagnose. — Latzko, Wien: Zur Ureterenchirurgie. — 


Latzko, Wien: Demonstration zum Dauerkatheterismus des Harmmleiters. 
— Halban, Wien: Thema vorbehalten. — Richter, Wien: Primäre 
Geschwulst des Ureters. — Kapsammer, Wien: Über Abfluß des gesamten 
Harnes der normalen Niere durch die Nephrotomiefistel der kranken. — Suter, 
Basel: Wert des Indigokarmins zur funktionellen Nierendiagnostik. — Thelen, 
Köln: Über den diagnostischen Wert der Chromokystoskopie bei: chirurgischen 
Nierenerkrankungen. — Ringleb, Berlin: Ist die Trennung der Urine beider 
Nieren ein gelüstes Problem? — Voelcker, Heidelberg: Die operative Be- 


Mitteilungen. 736 


handlung der Nierentuberkulose. — Liechtenstein, Wien: Resultate der 
Operationen bei Nierentuberkulose. — Wildbolz, Bern: Klinisches über 
Nierentuberkulose. — Zuckerkandl, Wien: Die explorative Bloßlegung beider 
Nieren bei Nierentuberkulose. — Zuckerkandl, Wien: Die geschlossene 
tuberkulose Pyonephrose. — Zuckerkandl, Wien: Die Zweiteilung des Nieren- 
beckens und ihre Bedeutung für die Klinik der Nierentuberkulose. — Hock, 
Prag: Ein bemerkenswerter Fall von Nierentuberkulose (Demonstration). — 
Wildbolz, Bern: Experimentell erzeugte aszendierende Nierentuberkulose. — 
Kapsammer, Wien: Über den raschen Nachweis der Tuberkelbazillen durch 
den Tierversuch. — Kapsammer, “Wien: Experimentelles zur Nieren- 
tuberkulose. 


U. Sitzungstag. 


Casper, Berlin: Die verschiedenen Arten der Anurie, ihre Pathogenese 
und Therapie. — Lenk, Wien: Zur Pathogenese der Urämie. — Weils, F., 
Budapest: Über Bakteriurie. — Oppenheim, Wien: Über Phosphaturie bei 
Gonorrhöe. — Ullmann, K. Wien: Zur Entstehung und Bedeutung der 
Phosphaturie. — Picker, Budapest: Klinische Studien über den Gonokokkus. 
— Asch-Straßburg: Urethrotomia interna und Ausschabung der Strikturen in 
urethroskopischer Beleuchtung. — Hock, Prag: Zur Behandlung schwer per- 
meabler Harnrührenstrikturen. — Lohnstein, Berlin: Erfahrungen über Be- 
handlung der chronischen Urethritis mittelst Curretement. — Wossidlo, 
Berlin: Die Erkrankungen des colliculus seminalis und ihre Beziehungen zu 
Neuralgien in der Urogenitalsphäre und der sexuellen Neurasthenie. — Frank, 
Berlin: Über die Beziehungen der polypösen Wucherungen des Blasenhalses 
und der hinteren Harnröhre zum Mechanismus der Harnentleerung und zur 
sexuellen Neurasthenie. — Ullmann, K., Wien: Beiträge zur Urethritis ascen- 
dens und Epididymitis nongonorrhoica. — Frank, Berlin: Über Anwendung 
der Bierschen Stauung in der Urologie. — Rapoport, Krakau: Thema vor- 
behalten. — Goldberg, Wildungen: Diverticulum magnum urethrae, Gonorrhoea 
acuta, sanatio. — Porosz Mór, Budapest: Reflexneurosen der Prostata, — 
Steiner, M., Wien: Die Impotentia coeundi des Mannes und ihre Behand- 
lung. — Schmintke, Bad Elster: Die balneologische Behandlung der chroni- 
schen Adnexerkrankungen der männlichen Genitalien. — Bum, Wien: Über 
Massage der Prostata. — Ullmann, K., Wien: Zur physikalischen Therapie 
der Prostataerkrankungen. 


III. Sitzungstag. 


v. Frankl-Hochwart, Wien: Zur Differentialdiagnose der juvenilen 
Blasenstörungen (zugleich ein Beitrag zur Kenntnis des spinalen Blasen- 
zentrums). — Blum, Wien: Zur Kenntnis der Harnretentionen im Kindesalter 
und zur Frage der Pyocyaneussepsis. — Brongersma, Amsterdam: Über zwei 
Fälle von Kysten in der Harnblase. — Kapsammer, Wien: Über kystische 
Erweiterung des unteren Ureterendes. — Ultzmann, Berlin: Zur Therapie 
der gutartigen Blasengeschwülste. — Straus, F., Frankfurt a M.: Zur endo- 
vesikalen Operation der Blasentumoren. — Lichtenstern, Wien: Bericht 
über operierte Fälle papillärer Geschwülste der Blase. — Preindlsberger, 
Sarajevo: Über Cystotomia perinealis. — Berg, Frankfurt a. M.: Seltener 
Verlauf eines Blasentumors. — Wossidlo, Berlin: Ein Fall von Blasenstein 


736 Mitteilungen. 


mit Paraffinkern. (Demonstration.) — Stein, Stuttgart: Demonstration von 
Steinen und Fremdkörpern der Blase. — Frank, Berlin: Über Entfernung von 
nicht zertrümmerten Blasensteinen durch die Harnröhre. (Demonstration.) — 
Moszkowicz, Wien: Vereinfachung der Blasenspülung nach der Lithotripsie. 
(Demonstration) — Lewin, A., Berlin: Zur Diagnostik und Therapie der 
Tumoren der Urethra posterior. — Nicolich, Triest: Emasculatio totalis. 
(Demonstration.) — Völcker und Lichtenberg, Heidelberg: Die Prostata im 
Röntgenbilde. — Raskai Dezsö, Budapest: Untersuchungen über die Ätio- 
logie der Prostatahypertrophie. — v. Rydygier, Lemberg: Meine Erfahrungen 
über Prostataresektion. — Stern, C., Düsseldorf: Über das Zustandekommen 
des Blasenverschlusses nach Prostatektomie. — Hirsch, M., Wien: Zum 
Mechanismus des Harnblasenverschlusses.. — Moszkowicz, Wien: Über 
Röntgenbehandlung der Prostatahypertrophie. — Rapoport, Krakau: Pro- 
stata. — Schüller, H., Wien: Experimentelle Beiträge zu den Beziehungen 
zwischen Prostata und Hoden. 


IV. Sitzungstag. 

Posner, Berlin: Demonstration zur Cytologie des Eiters. — Gold- 
berg, Wildungen: a) Zylinder im Prostatasekret, b) Menge und Form des 
Lezithin in der Prostata, c) Mitteilungen über das Prostatasckret bei Pro- 
statahypertrophie. — Sachs, O., Wien: Demonstration mikroskopischer Prä- 
parate eines Falles von induratio penis plastica. — Sachs, O., Wien: Demon- 
stration mikroskopischer Präparate. (Thema vorbehalten.) — Cohn, Tb., 
Königsberg: Zur Kenntnis der Kristallbildungen im männlichen Genitaltraktus. 
— Schüller, H., Wien: Zur Ausscheidung der Harnsäure durch die Nieren. 
— Preindlsberger, Sarajevo: Demonstration von Nieren- und Blasen- 
präparaten. — Tandler, Wien: Demonstration anatomischer Präparate. — 
Ries, Stuttgart: Demonstration einer exstirpierten Steinniere mit großem 
Ureterstein. — v. Lichtenberg, Heidelberg: Plattenmodelle der Harnröhre 
und der Cowperschen Drüsen. — Ullmann, K., Wien: Demonstration vün 
Apparaten und Präparaten. — Feleki, Budapest: Neuere urologische Instru- 
mente. — Emödi Aladar, Budapest: Demonstration eines Instrumentariums 
zur Elektrolyse der Harnröhrenstrikturen. — Remete Jenö, Budapest: In- 
strumente zur Behandlung von Harnröhrenverengerungen. — Jooss, K., 
München: Demonstration eines Apparates zur Massage der Prostata. — Weib, 
A., Wien: Demonstration von Sterilisatoren. — Jacoby, Berlin: Die Stereo- 
kystophotographie. (Mit Demonstrationen.) — Kaufmann, Frankfurt: Eine 
verbesserte Lupenwirkung zur endoskopischen Untersuchung der Harnröhre. — 
Frank, Berlin: Demonstration von Kystoskopen mit verbesserter Optik. — 
Baer, Wiesbaden: Das Panzystoskop mit neuen Öperationsteilen. 


Laut Beschlufs der Deutschen Gesellschaft für Uro- 
logie erscheinen die Vorträge in unserer Zeitschrift. Wir 
bitten die Herren Vortragenden, ihre druckfertigen Manu- 
skripte behufs rascher Veröffentlichung während des Kon- 
gresses der Redaktion oder dem Schriftführer des Kon- 
gresses zu übergeben. 


Die Redaktion. 


(Aus der urologischen Abteilung der Charité-Poliklinik in Budapest.) 


Das Biersche Stauungsverfahren bei einigen 
urologischen Erkrankungen. 


Von 


Dr. Josef Sellei, 
Abteilungsvorstand. 


Die Biersche Methode habe ich seit beiläufig 1'/, Jahren in 
meiner Privatpraxis und an meiner Abteilung der Charite-Poliklinik 
angewendet; in mehreren Fällen versuchte ich aufser der Stauungs- 
methode auch mit der Klappschen Saugemethode zum Ziele zu ge- 
langen, doch erwies sich diese letztere in den urologischeu Fällen, 
z. B. bei der Behandlung der chronischen Prostatitiden, teils zu lang- 
wierig, teils zu umständlich. 

Meine Erfahrungen sind demnach die folgenden: 

1) Bei akuter gonorrhoischer Urethritis bleibt die 
Biersche Methode erfolglos. 

2) Bei chronischer gonorrhoischer Urethritis konnte 
ich in wenigen Fällen, wo eine weiche oder eine harte Infil- 
tration I. Grades der vorderen Harnröhre vorhanden war, eine 
Beschleunigung des Krankheitsprozesses erreichen. In solchen Fällen 
machte ich erst eine ausgiebige Harnröhrenspülung und schnürte dann 
bei der Radix penis die Gummibinde ab. Dieselbe blieb !/,—1 Stunde 
lang festgeschnürt, nach Abnahme derselben irrigierte ich wieder 
die Harnröhre mit Kalibypermanganlösung. Dieses kombinierte 
Verfahren wendete ich in einigen Fällen 4—5 mal, in anderen wieder 
8—10mal an; es waren dies ausnahmslos solche Fälle, wo übrigens 
schon früher die herkömmlichen Behandlungsmethoden (Irrigationen, 
Instillationen, Dilatationsmethode usw.) zur Anwendung gelangten, 
ohne jedoch bis dahin zu befriedigendem Resultate gelangt zu sein. 
In diesen Fällen beschleunigte also manchmal die Biersche Methode 
den Proze[sverlauf, und kann daher dieselbe in solchen gegebenen 
Fällen empfohlen werden. 

Bei harter Infiltration II. Grades ist die Biersche Methode 


ohne jeden Nutzen. Dasselbe ist auch von der Behandlung 
Zeitschrift für Urologie. 1907. 48 


138 Josef Sellei. 


jener Harnröhren-Strikturen zu sagen, die vor dem Bulbus 
lokalisiert sind, Fälle also, bei welchen eben die Stauungsmethode 
noch anwendbar wäre. I 


Bei gonorrhoischer Epididymitis!) habe ich ebenfalls 
die Biersche Methode angewendet, und zwar in Fällen, wo die 
Epididymitis erst im Entstehen begriffen und nur eine schon ent- 
wickelte Funikulitis vorhanden war, jedoch wenn auch nur geringe 
Schmerzen in der Cauda darauf hinwiesen, dafs sich in kürzester Zeit 
die Epididymitis entwickeln werde. In solchen Fällen band ich um 
die kranke Skrotumhälfte die Kautschukbinde. 


Anfangs war ich der Ansicht, dafs die Stauung in dem sich 
entwickelnden Entzündungszentrum resorbierend wirken und so die 
Entwicklung der Epididymitis gleichsam coupieren werde. Diese 
Voraussetzung verwirklichte sich jedoch nicht. Ich konnte unter 
10 Fällen nur in einem einzigen bemerken, dals es bei Ver- 
wendung der Bierschen Methode im beginnenden Stadium von 
Epididymitis gelungen wäre, das Weiterschreiten der Entzündung zu 
verhindern. Unter solchen Umständen kann ich diese Methode 
als abortives Verfahren nicht empfehlen. 


Bei 40 Fällen von schon entwickelter Epididymitis be- 
folgte ich eine ähnliche Methode und versuchte, auf diese Weise 
die zuweilen sehr grolsen Schmerzen zu mildern und die Entzündung 
zur Rückbildung zu bringen. Was die Linderung bezw. Be- 
seitigung der Schmerzen anbelangt, kann man mit dem 
Bierschen Verfahren tatsächlich sehr gute Erfolge erzielen. 
Die meisten der Patienten wurden sofort nach Anlegung 
der Binde von ihren Schmerzen befreit. Dieses Ergebnis 
der Behandlung von Epididymitis mit der Bierschen 
Methode zwingt, dasselbe in der Praxis in jedem solchen 
Falle anzuwenden. Wenn auch bei einigen empfindlicheren Indi- 
viduen die Anlegung der Gummibinde schwerer vertragen wurde, 
man also auch hier individualisieren mu/s, so mus in jedem ein- 
zelnen Falle diese Methode wenigstens versucht werden. Die 
Gummibinde wurde gewöhnlich !/,—1 Stunde belassen, versuchs- 


1) Bisher berichteten darüber: Jansen, Sektionshericht der medizinischen 
Abteilung der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur 1906; 
Schindler, Zieler, Harttung febenfalls dort). König (Med. Klinik 1906, 
Nr. 24); Feleki (Budapesti Orv. Ujs. 1906); Oppenheim (Wiener med. Presse 
1907, Nr. 19). 


Das Biersche Stauungsverfahren bei einigen urologischen Erkrankungen. 739 


weise jedoch bis 5—6 Stunden. Selbstverständlich darf man die 
Gummibinde nur so weit zusammenziehen, als dies für die „passive“ 
Hyperämie nötig ist. Stärkere Unterbindungen, nach denen die 
Haut des Skrotum stark anämisch, bläulich-grau wird, sind nicht 
nur nicht von Nutzen, sondern können auch gefährlich werden. 
Die Belassung der Binde über eine Stunde halte ich gleichfalls 
für nicht angezeigt, doch legte ich dieselbe in zahlreichen Fällen zwei- 
mal, ja sogar dreimal täglich für je eine Stunde an. Nach Abnahme 
derselben ist die Haut ein wenig ödematös angeschwollen, dieSchmer- 
zen haben gänzlich aufgehört, oder treten nur in äulserst ge- 
ringem Malse auf. Oft war ein einziger Verband hinreichend, damit 
das akute Stadium des Prozesses aufhöre, und die Geschwulst sich all- 
mählich zurückbilde (12 Fälle), kurz der Entzündungsprozels der voll- 
kommenen Heilung entgegengehe. In anderen Fällen dagegen traten 
nach Abnahme des Verbandes die Schmerzen, wenn auch nicht 
mit derselben Intensität wie vor Anlegung des ersten Verbandes, 
neuerdings auf, ja selbst die Geschwulst nahm zu. Jedoch die 
Wiederholung des Bierschen Verfahrens beseitigte rasch auch 
diese Schmerzen. Nach Abnahme der Binde liefs ich bei mehreren 
Patienten heifse Umschläge auf der erkrankten Skrotumhälfte an- 
legen. Doch konnten keine merklichen Unterschiede zwischen den 
so und den nur mittelst Bierscher Methode behandelten Patienten 
wahrgenommen werden. — Es wurde behauptet, dafs die Biersche 
Methode auch auf die Rückbildung der Geschwulst, für die Be- 
seitigung der akuten Hydrokele von ausgezeichneter Wirkung sei. 
Dies wäre auch von Bedeutung, da doch die Entzündung des 
Nebenhodens einerseits zu einem Zerftörungsprozesse in den Neben- 
hodenkanälchen, anderseits zu Bindegewebs-Neubildung Anlafs gibt, 
als deren Ergebnis die nach der Rückbildung der Epididymitis 
herausfühlbaren Knoten zu betrachten sind, doppelseitige Knoten- 
bildung im Nebenhoden jedoch gleichbedeutend mit bilateralen 
Destruktionsprozessen in den Nebenhoden zu Aspermatismus führt; 
und so wäre es sehr wichtig, wenn es gelingen könnte, dies mit 
Hilfe der Bierschen Stauungshyperämie zu verhindern, d. h. wenn 
die Stauungshyperämie die Entzündung binnen kurzer Zeit zur Rück- 
bildung veranlafste und die Weiterverbreitung, die Entwicklung des 
Zerstörungsprozesses verhinderte. Diesbezüglich kann ich jedoch auf 
Grund meiner bisherigen Erfahrungen nichts Günstiges mitteilen. 
Wenn ich auch ein oder das andere Mal mit Hilfe der Bierschen 
Methode die Schwellung zu verringern vermochte, so habe ich doch 
48* 


740 Josef SelleiÄ, Das Biersche Stauungsverfahren usw. 


keine vollkommene Restitution erreicht; in jedem meiner bis- 
'herigen Fälle sind die typischen Knoten zurückgeblieben als Zeichen 
der abgelaufenen Entzündung. Bei meinen in den ersten Tagen günstig 
verlaufenen Fällen zeigten die neuerlich auftretenden Schmerzen, die 
weitere Ausbreitung der Schwellung, sowie das Zunehmen der 
Hydrokele, dafs die erste Stauung nicht hinreichte, um die Fort- 
pflanzung der Entzündung zu verhindern und eine Exazerbation zu 
vereiteln. Nur die neuerliche Anwendung der Bierschen Methode 
beseitigte in solchen Fällen die Schmerzen und hatte die Rück- 
bildung, die Heilung der Krankheit zur Folge. 

In 3 Fällen von Epididymitis tuberculosa gelang es mir 
mit der Bierschen Methode, in dem einen derselben eine bedeutende 
Resorption zu erreichen, während ich in den anderen Fällen trotz 
längerer Anwendung derselben zu keinem Resultate kam. 


Über die Endoskopie der Blase. 
(Direkte Cystoskopie.) 


Von 


N. Meyer- Bad Wildungen. 
(Mit 3 Textabbildungen.) 


Wer nur einmal im cystoskopischen Bild einen Fremdkörper 
oder ein Papillom zum Greifen deutlich gesehen hat, wird es be- 
dauert haben, dafs das Bild, durch einen optischen Apparat hervor- 
gerufen, eben ein Bild, direkt unfalsbar für Instrumente, blieb. Und 
wenn Nitze auch bald daran ging, durch hinzugefügte instrumentelle 
Einrichtungen cystoskopisch lokal zu operieren, so blieben die Appa- 
rate wegen der Schwierigkeit ihrer Anwendung leistungsvoll wohl 
nur in der Hand besonders geübter Urologen. Deshalb lag der 
Versuch nahe, die Instrumente, welche die Harnröhrenschleimhaut 
direkt zu sehen ermöglichten, auch für die Blase anzuwenden. Gelang 
es doch schon Grünfeld, endoskopisch Geschwulstteile aus der 
Blase zu entfernen. Einer erfolgreichen Endoskopie der Blase 
durch den Harnröhrentubus stellen sich zwei Schwierigkeiten ent- 
gegen. Die Tubusöffnung, welche die Harnröhrenschleimhaut zu einer 
übersichtlichen Fläche anspannt, wird nach Passieren des Orific. 
intern. von den Schleimhautfalten der Blasenwände erfüllt und so 
eine leichte Orientierung verhindert. Anderseits sammelt sich bald 
in dem Tubus Urin und läfst die beleuchtete Schleimhaut undeutlich 
werden, die Lampe ertrinkt. Bringt man den zu Untersuchenden in 
Trendelenburgsche Hochlagerung, dann wird die Blase durch den Zug 
der in die Zwerchfellkuppe fallenden Baucheingeweide und den durch 
den endoskopischen Tubus wirkenden atmosphärischen Druck ent- 
faltet und kann so leicht besichtigt werden. Den sich ansammelnden 
Urin hat man durch Absaugvorrichtungen entfernt. Derartige Ver- 
suche sind seit langem vielfach gemacht worden. Ein brauchbares 
Instrumentarium hat aber erst der durch seine praktische Veran- 


742 N. Meyer. 


lagung um die Urologie verdiente George Luys angegeben. Alle 
Einzelheiten über die Methode, auch ihre Geschichte, finden sich in 
seinem eben erschienenen Buche.!) 

Wenn ich mich bei meinen Untersuchungen nicht 
der von Luys angegebenen Instrumente bediente, so 
liegt das daran, dafs ich die Anschaffung des ganzen 
Luysschen Instrumentariums dem deutschen Urologen, 
der meistens wohl mit der Valentineschen Lampe 
arbeitet, ersparen wollte. Eine kurze Beschreibung 
der von mir benutzten Instrumente wird zeigen, dafs 
mir dies wohl gelungen ist.?) 

Die Absaugung des Urins besorgt eine einfache 
Wasserstrahlpumpe, die mit der Wasserleitung durch 
einen Gummischlauch fest verbunden wird. Die Ver- 
bindung kann durch ein Band, eine Drahtschlinge 
oder durch eine einfache Verschraubung (wie in neben- 
stehender Figur) geschehen. Empfehlenswert sind auch 
mit einer Gummimuffe versehene Verbindungsstücke, 
die vermittels einer Kette leicht mit der Wasserleitung 
verbunden und von ihr gelöst werden können. Ein 
nicht zu dünnwandiger Gummischlauch verbindet die 
Wasserstrahlpumpe mit dem endoskopischen Tubus. Be- 
findet sich in dem Zimmer, in dem der Unter- 
suchungsstuhl steht, keine Wasserleitung, so kann 
man die Pumpe an der Wasserleitung eines benach- 
barten Zimmers anbringen und wird doch genügende 
Absaugung erzielen. Für die gewifs seltenen Fälle, in 
denen keine Wasserleitung in dem Hause des Untersuchers vorhanden 
ist, genügt es, eine grolse Flasche nach Art der Potainschen luftleer 
zu machen, um durch Öffnen des zuführenden Hahnes die Aspiration 
zu bewerkstelligen. 

Der Tubus selbst (Fig. 2) unterscheidet sich von einem gewöhn- 
lichen endoskopischen Tubus durch ein kleines nach unten gebogenes 





) G. Luys, Exploration de l'appareil urinaire, Paris, Masson 1907. 520 p. 
165 Fig. im Text, 5 bunte Tafeln. 

2) Sollte auf eine Vergerölserung der Blasenschleimhaut Wert 
gelegt werden, so empfehlen sich die von Luys benutzten Ver- 
grölserungsgläser oder ein kleines Fernrohr, das auf dem Lampen- 
träger abklappbar mittels Scharniers befestigt ist und an gleicher 
Stelle, wie der Tubus, hergestellt wird. 


Über die Endoskopie der Blase. 743 


Abflufsrohr an dem äulseren Ende, auf das der Gummischlauch der 
Wasserstrahlpumpe aufgezogen wird. Auf einem Durchschnitt (Fig. 3) 
sehen wir, wie das Abflufsrohr die äufsere Mündung eines in der 
unteren Wand des Tubus 
liegenden Kanals darstellt, 
der sich mit einem kleinen 
Loch in der Nähe der 
inneren Tubusöffnung in Fig. 2. 

das Lumen hinein öffnet. 

Die Anwendung dieses Instrumentariums ist einfach. Der zu 
Untersuchende entleert seine Blase und wird dann in die Trendelen- 
burgsche Lage gebracht. Ein geeigneter Untersuchungstisch scheint 
mir für ein gutes Gelingen unbedingt erforderlich. Am besten sind 
diejenigen Untersuchungstische geeignet, die, mit Schulterstützen ver- 
sehen, eine sichere und zwang- 
lose Beckenhochlagerung ge- 
statten. Ich bin besonders bei 
Frauen in einzelnen Fällen mit 
geringer Erhöhung des Beckens Fig. 3. 
ausgekommen, im allgemeinen 
jedoch, besonders für die ersten Versuche, ist alle Sorgfalt auf eine ge- 
pügende Hochlagerung zu verwenden. Der mit der Wasserstrahlpumpe 
in Verbindung gesetzte Tubus wird eingeführt, die Luft strömt in die 
Blase und entfaltet die Blasenwandungen. Der Hahn der Wasserleitung 
wird aufgedreht, mit einem schlürfenden Geräusch strömt der Urin in den 
kleinen Kanal. .Die nun eingeführte Lampe gibt genügend Licht, 
um mit aller Deutlichkeit die Einzelheiten im Blaseninnern sehen 
zu können.!) Der zu übersehende Teil der Blase wird natürlich 
um so grölser sein, je weiter der Tubus sein kann. Daher dürfte 
die Untersuchungsmethode bei Frauen am leichtesten zu schönen 
Resultaten führen. Aber auch bei Männern gelang es mir, unter 
Benutzung eines Knieobturators meist weite Tuben anzuwenden. 
Nötigenfalls ist eine vorhergehende allmähliche Dilatation der Urethra 
anzuwenden. Durch Verschieben des Tubus gelingt es leicht, sich 
die einzelnen Bezirke der Blase sichtbar zu machen. 











', Um durch die gelegentlich in den Lampenträeer eindringende Feuchtig- 
keit keinen Kurzschluß zu erhalten, tauchte ich «das die Lampe tragende Ende 
des Lainpenträrers in eine Celloidinlösune, die nach dem Erhärten Lampe und 
Lampenträgrer gut abschloß. Vom vorderen Ende der Lampe kann der über- 
flüssire Celloidinüberzug leicht entfernt werden. 


744 N. Meyer, Über die Endoskopie der Blase. 


Was leistet nun die Methode? Dafs die Blasenschleimhaut 
mit ihren Veränderungen genau so sich dem Auge darstellt, wie sie 
in Wirklichkeit ist, erleichtert die Orientierung. Die Schleimhaut 
selbst erleidet keinen Druck, so dafs selbst leichte Anderungen in 
der Blutfüllung und Färbung deutlich in Erscheinung treten werden. 
Die Hauptbedeutung liegt aber in dem Umstand, dafs durch den 
Tubus unsere Instrumente freien Zugang zur Blase finden. So 
werden wir lokalisierte Cystitiden dadurch behandeln kënnen, date 
wir nur die erkrankten Stellen angreifen. Tuberkulöse Geschwüre 
können wir direkt mit Milchsäure oder der glühenden Schlinge ätzen. 
Kleine Papillome werden mit dem Galvanokauter allmählich entfernt 
werden können. Und schliefslich ist wohl nicht daran zu zweifeln, 
dals vielen der Katheterismus der Ureteren leichter erscheinen wird 
als vermittels des Ureterencystoskops. Ist doch nur, wenn die 
Uretermündung einmal eingestellt ist, der mit einem Mandrin ver- 
sehene Katheter direkt in die Mündung hineinzuführen. Einige 
Vorteile darf die Methode sicherlich für sich beanspruchen: Bei 
einer infizierten Blase kommt der Katheter bei seiner Einführung 
in ein gesundes Blasenostium nicht mit infektiösen Stoffen in Be- 
rührung. Die Schwierigkeit bei manchen Blasen, deren Füllungs- 
flüssigkeit durch Blut oder Eiter leicht getrübt wird, das Ureteren- 
ostium zu finden, fällt bei der Endoskopie der luftgefüllten Blase 
meist fort. Natürlich wird man auch oft in der Lage sein, Katheter 
grölseren Kalibers einführen zu können, als dies mit dem Ureteren- 
cystoskop möglich ist, und dies erscheint für die Behandlungsver- 
suche von Pyelitiden von Wichtigkeit. Bei fistulösen Blasen, die 
keine Flüssigkeit zu fassen vermögen, ist die direkte Cystoskopie 
mit Erfolg anwendbar. 

Durch diese wenigen Bemerkungen war nur beabsichtigt, auf 
die Methode der Endoskopie der Blase allgemeiner aufmerksam zu 
machen und die Beschattung des Instrumentariums zu erleichtern. In 
einer Anzahl von Fällen ist sie recht wohl imstande, so Gutes zu 
leisten wie die Cystoskopie. In ausgewählten Fällen, so bei Frauen, 
und für gewisse Anwendungsformen, z. B. Entfernung von kleinen 
Fremdkörpern, dürfte sie die Methode der Wahl darstellen. 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 


Von 
Prof. Dr. Josef Englisch in Wien. 


(Fortsetzung.) 


Kasuistik. 
Ureter. 


Ebstein (1881). M. 20 J. an Urämie infolge Ureteritis chronica gestorben. 
Sektionsbefund: Im Harnleiter wenig erbabene, meist glänzende Flecken; Papillen- 
wucherung; Verdickung des Epithels, welches Fortsetzungen in Massen in die 
Tiefe schickt. 

Leber (1883). A. M. 4 Monate alt (Mädchen), leidet seit Wochen an 
beiden Augen. Die Untersuchung ergab: Conjunctivitis bilateralis; rechts die 
Hornhaut bis auf einen schmalen Saum zerstört mit Irisvorfall; links in der 
Mitte ein grolses eitriges Geschwür. Das Individuum schlecht genährt; keine 
ausgesprochene Kachexie; keine Drüsenschwellung, Im Sekrete der Hornhaut 
und Bindehaut Epithelplättchen mit Kokken und Stäbchen (Spaltpilze); Ent- 
wicklung von Panophthalmitis links; rechts Fortschreiten der Zerstörung der 
Hornhaut. Kollaps, Tod. Sektionsbefund: Gehirn blutreicher; Herzbeutel am 
Herzohre und den grolsen Gefüfsen mit diesen verwachsen; Herz nichts Abnormes; 
Hepatisation der linken Lungen; Pleuritis fibrinosa sin.; Leber fleckige Infiltration. 
Magen: Erweichung der Wand. Am Darm Schwellung der Schleimhaut und 
einzelne punktförmige Blutungen. 

Mikroskopisch: Die Bindehaut leicht in weilsen Lamellen abhebbar, welche 
aus übereinandergeschichteten, abgeplatteten Zellen bestehen, auf welche tiefer 
polygonale Stachelzellen folgen, zwischen diesen vielfach Lymphkörperchen. 
Die Oberfläche der Epithelien von Spaltpilzen bedeckt. Sämtliche platte Zellen 
der oberen Schichte sind mehr oder minder mit hellen, fettartig glänzenden 
Tröpfchen erfüllt. 

Nieren nicht entzündlich verändert. Nierenpapillen und die Kelche mit 
einer beträchtlichen Verdickung des Epithels versehen. Die Oberfläche eine 
dicke, fein parallel streifige Lage mit stark abgeplatteten, vielfach geschichteten 
verhornten Zellen, hie und da in dünne Plättchen gespalten. Darunter eine 
Schicht wenig oder gar nicht abgeplatteter, polygonaler Zellen mit großen, hellen 
Vakuolen um den Kern. Am tiefsten eine Schicht etwas senkrecht verlängerter 
Zellen, sich so wie ein Kern stärker fürbend, ohne Vakuolen. An der ab- 
geplatteten Zelle hie und da helle Tröpfchen. Die Zellenschichten von un- 
gleicher Dicke; die oberste Schichte nimmt etwa die Hälfte der ganzen Dicke 


746 Josef Englisch. 


(0,07) ein. Die Dicke ist an den Nierenpapillen grölser als an den Seiten. 
Pilze finden sich meist an den ganz zu oberst gelegenen Zellen. Die Wand des 
Nierenbeckens unterhalb des verdickten Epithels gallertig verdickt, reichlich von 
kleinen Rundzellen und einem Fibrinnetz durchsetzt. Starke Abschuppung der 
obersten Zellen. Der Befund ergibt eine hyperplastische Veränderung der Schleim- 
haut mit fettiger Degeneration der Zellen. 

Nach Tierversuchen bält Leber dafür, dafs die Pilze sich auf der nor- 
malen Bindehaut entwickeln und als primäre Krankheitserreger wirken können. 

Beselin-Czerny (1885). 35 J. alter Mann, keine Erblichkeit (Vater an 
Carcinoma ventric. gestorben). Der Kranke stets gesund, nie geschlechtskrank, 
Im Alter von 18—20 J. Schmerzanfälle in der rechten Seite von einigen Stunden 
Dauer; 10 mal wiederholt. Im 80. J. noch besteht derselbe Schmerz mit Erbrechen, 
kaltem Schweifs und einem unbestimmten Gefühle in der Blase. Der Harn mit 
weilslichen Fetzen aus Plattenepithel und Cholestearintafeln; Eiterzellen und 
rote Blutkörperchen; kein Eiweils. Wiederholung ähnlicher Anfälle 200 Mal; 
Gewicht der Fetzen in 5 Jahren ein Kilogr. Zunahme der Eitermenge mit 
Schmerz im Gliede. Harn der linken Niere immer rein. Keine Tuberkulose- 
bazillen. Impfung des Harnes negativ. 

Der Kranke abgemagert; Herz, Lunge, Leber, Milz normal. Rechte Lumbal- 
gegend zeigt eine runde Geschwalst (unterhalb am Ende der Niere). Nach den 
Anfällen der entleerte Harn trübe, reichlicher Bodensatz aus Eiterkörperchen; 
Cholestearintafeln; weifse, perlmutterartige, glänzende, glatte Schollen, welche 
zusammengesetzt waren, mosaik übereinander gelagerte grofse, polygonale 
Epithelzellen mit feinen Streifen an der Oberfläche und am Rande. Zellen- 
membran nicht nachweisbar; die Substanz glashell mit kleinen glänzenden 
Pünktchen (i), untere Zellen mit großem, noch hellerem Kern. Nach chemischer 
Untersuchung gleichen alle Zellen denen im Atherominhalt. In den Zwischen- 
pausen fehlen diese Epithelien und die Cholestearintafeln. 

Diagnose: Wahrscheinlich Dermoideyste mit Pyelitis. Exstirpation der 
Niere durch Czerny. Platzen des Nierenbeckens, schwer zu stillende Blutung. 
Stauungen in der Lunge (Rasselgeräusche, Bronchialatmen), Tod. 

Sektionsdiagnose: Jauchige Infiltration der Weichteile der Lenden- 
gegend; septische Peritonis; allgemeine Sepsis nach Exstirpation der Niere wegen 
tuberkulöser Pyelnephritis und Cholesteatombildung im Nierenbecken; chronische 
Cystitis; Ate lectasie des linken unteren Lungenlappens. Die exstirpierte rechte 
Niere 9,5 cm lang, 7 cm breit, 5 cm dick, an der Oberfläche leicht knollig: 
oben eine 2,5—3,00 cm im Durchmesser haltende Cyste eingebettet, atrophisch. 

Das Nierenbecken erweitert; Papillen abgeflacht. Bis zum Ansatze des 
Ureters Becken und Kelche mit einer weilslichen, perlmutterartig glänzenden 
Membran ausgekleidet, stellenweise abgeblättert und leicht abziehbar. Nach 
Abzug zeigt sich die Oberfläche papillär. Vom Nierenbecken erstreckt sich eine 
Ulzeration in die Niere. 

Mikroskopisch. Das Nierengewebe von epitheloiden und Riesenzellen 
durchsetzt, oft mit Verdeckung des Grundgewebes. Die Glomeruli fast ganz 
verändert; ebenso die Harnkanälchen. Die Cyste ist aus Verkäsung und Er- 
weichung eines Infiltrationsherds entstanden. 

Nierenbecken. Der oberflächlich wahrnehmbare papilläre Befund ent- 
spricht dem geschlängelten Verlaufe der Epitheldecke. 1. Die unterste Lage 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 147 


derselben ziemlich kleine, dicht nebeneinander stehende Zylinderzellen mit sich stark 
firbendem Kern. 2. folgen mehrere Lagen grolser kubischer, nach oben hin 
sich abplattender unn breiter werdender Zellen mit hellgefürbtem Kerne; 3. eine 
dicke Schicht abgeplatteter Zellen, ein wellenförmiges, blätteriges Gefüge bildend, 
in dem einzelne Kerne und Zellen nicht unterscheidbar sind. Abgestolsene 
Fetzen, körniger Detritus und Eiterzellen liegen der Schleimhaut auf. Chole- 
stearinkristalle nicht nachweisbar. Die ersten zwei Schichten aus 8—10 Zellen- 
lagen bestehend 1,06—0,09 mm Dicke, die dritte Schichte dünner. Unter der 
Epitheldecke eine dünne Schicht kleinzelliger Infiltration, stellenweise epithe- 
loide und Riesenzellen. Der rechte Harnleiter ein dickes starrwandiges Rohr, 
mit vornehmlicher Verdickung der zirkularen und längsfaserigen Muskelschicht 
mit kleinzelliger Infiltration. Das Bindegewebe der Mucosa reichlich von Rund-, 
epitheloiden und Riesenzellen durchsetzt. Zahlreiche Verschwärungen der 
Schleimhaut. Die linke Niere hypertrophisch, sonst normal. Blasenschleimhaut 
fleckig gerötet, sonst normal. 

Tuberkulose der rechten Niere und des Harnleiters. Bazillen im Gewebe 
nicht nachweisbar. 

Ursache: Entzündung der Schleimhaut mit vermehrter Bildung und Desqua- 
mation des Epithels. 

Chiari (1888) W. 34 J., litt an Anämie, Ödemen und Albuminurie, 
Calculosis renis, Pyelitis chronica, Cystitis purulenta. 

Beiderseitige Erweiterung des Nierenbeckens, ein Indigostein. Die Schleim- 
haut des Beckens verdickt, weilslich, epidermisartig, cholesteatomartige Auf- 
lagerungen. Die Harnleiter ebenso verändert, bis zur Blase verhornte Zellen 
Riesenzellen, Eleidin nachweisbar. 

Halle (1896). M. 83 J. Mit 19 Jahren Blennorrhoe mit doppeiseitiger 
Orchitis, später Cystitis mit halbstündiger Entleerung und nachts blutigem Harne. 
Die Nieren seit 18 Monaten schmerzhaft. Eine enge Striktur der Harnröhre in 
der Perinealgegend. Urethrotomie. Im Harn keine Tuberkelbazillen. Tuber- 
kulose der Vorsteherdrüse, Samenbläschen und Nebenhoden, Tod. 

Sektionsbefund. Tuberkulose der Coerperschen Drüsen. Blase im 
unteren Teile mit zahlreichen tuberkulosen Geschwüren. Der rechte Harnleiter 
von einem tuberkulösen Geschwür eingenommen. Das rechte Nierenbecken, so- 
wie Kelche, Pyramiden und Niere tuberkulös. Der mittlere Teil des rechten 
Harnleiters erweitert, verdickt, die Oberfläche glatt, nicht ulzeriert; an der 
Oberfläche der Schleimhaut zahlreiche, ausgedehnte, weilsliche, gefaltete, zarte 
Plaques mit scharfem Rande, etwas erhaben, haftend aber ablösbar, von epi- 
dermisähnlichem Ansehen. Linker Harnleiter nicht tuberkulös, Pyelitis. In den 
Lungen Tuberkulose mit Kavernen. 

Die weilsen Flecke im rechten Harnleiter zeigen deutlich Leukoplasie. 
Die Schleimhaut verdickt, sklerosiert, papillär, bedeckt mit wenig dickem, zwei- 
schichtigem Epithel, bestehend in den tieferen Schichten an mehrschichtigen, 
kleinen, kubischen nicht gezähnten Zellen, ohne Übergang, einer dicken Schicht 
aus platten Zellen mit nicht unterscheidbarem Kern, in Abschuppung. 

Hall& (1896). Le Dentu hatte die Nephrektomie wegen Pyelonephritis 
calculosa gemacht. Die Untersuchung des Präparates ergab: die Niere ver- 
gröfsert mit den Durchmessern 10,5, 7,5, 6,5 cm, 150 Gramm schwer; kugelig, 
unregelmäfsig; fluktuierende Erhabenheiten. Ein grofser Stein im Becken, zer- 


748 Josef Englisch. 


brechlich, aus kleineren zusammengesetzt. Die Schleimhaut des Beckens, wo 
der Stein lag, verdickt, hart, weils, von unregelmäfsiger Oberfläche, gleichsam 
aus Blättchen bestehend, aneinandergelegt, teils abgeblättert, einzelne Kalk- 
krümel enthaltend. Die Umgebung zeigt epidermisartige Stellen. 


Die Blättchen bestehen aus grolsen, platten, polygonalen übereinander ge- 
lagerten Zellen mit undeutlicher Membran und Kern. Die Wand des Beckens 
ungleich dick, stellenweise nur aus einer Schichbte kubischer, polyponaler, nicht 
gezähnter und darüber schichtweise gelagerter, grolser, flacher, verhornter, sich 
abschuppender Zellen bestehend. An andern Stellen eine Lage verhornter 
Zellen, darunter granulierte, Eleidin haltende gezähnter, polygonaler Zellen, die 
zweite Schicht wie oben. Die tieferen Schichten der Wand entzündlich 
infiltriert. 


Braatz (1898). W. 33 J., kräftig. Seit langem, sich in der Schwanger- 
schaft sich steigernde Schmerzen in der rechten Seite. Seit 2 Jahren Cystitis; 
die Schmerzanfälle mit Frost, Hitze, Erbrechen wiederholten sich alle 8 Tage. 
Schwellung, Schmerzhaftigkeit der rechten Nierengegend. Die recbte Niere in 
der freien Zeit nicht fühlbar. Harn sauer, stark eitrig, keine Zylinder. Reste 
eines parametritischen Exsudates. Exstirpation der rechten Niere. Steigen der 
Harnmenge nach der Operation. Heilung. 

Befund. Die Schleimhaut des Beckens von epidermoidalem Ansehen, 
das Epithelium untenbestehend aus basalen Zylinderzellen, dann nach oben Stachel- 
zellen und oberflächlich ein Stratum corneum. Interstitielle Nephritis. 


Ròna (1901). M.35 J., Tuberkulose, Pyelitis tuberculosa mit Erweiterung 
des Beckens, der Harnleiter, Calculosis pelvis et ureteris dextri; N ephritis suppi- 
rativa; Cystitis. 

Befund. Im linken Nierenbecken die Schleimhaut za zwei Dritteln mit 
einer Schicht von Plattenepitheliam bedeckt, weifslich, verdickt bis in den Harn- 
leiter. Dessen Gefälse erweitert; Infiltration der Submikosa und des Derma; 
ödematös. Epithelium: unterste Schicht Zylinderzellen mit lebhaftem Kerne; 
dann zwei Reihen kubischer, heller und polygonaler Zellen mit ovalem Kerne, 
längliche Zellen mit lichtem Protoplasma mit Vakuolen im Kerne, zu oberst 
spirdelförmige, platte Zellen mit blafsgefärbtem Kerne, keratohyalinhaltig; zu- 
letzt verhornte Epithelzellen, Lamellen bildend. 

Ròna (1903). (Sektionsbefund.) M.46 J. Lungentuberkulose und Tuber- 
kulose des Systema genitale, Pyelonephritis suppurativa; Dilatatio ureterum c. 
ureteritide chron.; Cystitis diphtherica mit Carcinoma vesicae. Schleimhaut: 
` die kubischen Zellen gezähnt; die oberste Schichte bildet eine kernige Masse 
aus Zellenresten mit runden, polygonalen Plattenepithelien. 

Stockmann (1902). W. (?) schwächlich, chlorotisch bekam plötzlich eine 
schwere Blasenentzündung, welche sich nach Abgang einer Membran besserte. 
Vor 2 Jahren Exstirpation des Uterus und der Adnexa. Harn schwach sauer, 
trübe, eitrig, mit Blasen- und Nierenepithelier und Schleim. Ausspülung des 
rechten Nierenbeckens. 

Endoskopischer Befund. Blase, linker Harnleiter normal, Harn rein. 
Rechte Harnleiteröffnung stark erweitert, entleert Harn von obiger Beschaflen- 
heit. Pyelitis dextra. 

Die Membran 9 cm lang, 3,1 cm breit, 1 mm dick, pergamentartig; 8n 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 749 


der freien Seite braun, an der Unterseite weilsgrau. Die mikroskopische Unter- 
suchung ergab den gewöhnlichen Befund der Leukoplasie. 


Blase. 


Löwenson (1862). Sektionsbetund. W. 40 J., an Peritonitis verstorben. 
Die Blase ausgedehnt, reicht bis zum Nabel, enthält eine Menge gelblicher, 
‘ runder Körner; metallglänzende Schuppen, 3°/, Pfund schwer. Die Schleimhaut 
scheinbar normal, an einzelnen Stellen ulzeriert, grubig; oben ihre Epitheldecke 
stark verdickt, gleicht der äulseren Haut aus verhornten Zellen, mit Olein, 
Stearin und Kalk. I 

Cabot (1891) M. 40 J., robust. Vor 19 Jahren Cystotomia perinealis; 
keine Fistel. Harnverhaltung mit Abgang eines Phosphatsteines, Seither Cystitis 
dolorosa mit immer häufiger werdendem Harndrang. Im Harne immer Platten- 
epithelzellen und Kalkkörner. Sectio alta mit Exzision der Schleimhaut, welche 
von blafsgrauem Anseben im hinteren Teile 4—5 cm hart, im übrigen injiziert 
war. Drainage; Heilung in 18 Tagen. Nach der Operation dauerte der Harn- 
drang noch an. zuletzt 1—2 Stunden Pause. Der Harn eiweifshaltig mit reich- 
lichem blutig-eitrigem Sedimente. Nach Lapiseinspritzungen rasche Besserung 
mit Andauern eines schleimigen Sedimentes. 

Die entfernte Schleimhaut 2—3 mm dick; aie oberste Schicht wie die 
Haut; Papillen in der Submukosa. Das Epithel besteht in den untersten Lagen 
aus runden und polygonalen Zellen, die sich gegen die Oberfläche hin immer 
mehr abflachen, gleich den Epidermiszellen sich in Lappen abstofsend; gegen 
die Oberfläche Epidermiszellen eingelagert, nicht in der Tiefe, wohin die Epi- 
dermis auch nicht dringt. 

Labät (1891). M. 40 J. Vor 20 Jahren Cystotomia mediana wegen Steins. 
Seit 5 Jahren Cystitis gravis mit Abgang von Phosphaten. Seit einem Jahre 
neuerlich Steinbeschwerden; mit Bigelowschem Exhaustor wurde eine papillöse 
Masse entfernt. Andauern der Cystitis mit Abgang von Epithelialmassen. Sectio 
alta mit Entfernung der Wucherungen im Grunde der Biase. Die Massen be- 
standen aus Papillen und verhorntem Epithel, Schichten aus keratohyalinhaltigen 
Zellen und Epithelperlen. 

Albarran (1891). M.62 J., verstorben an Pneumonia levis. Blennarrhoe 
vor 20 Jahren; seit 12 Jahren Blasenbeschwerden mit blutigem Harne zeit- 
weilig, Cystitis dolorosa, Calculus vesicae; Nierenschmerzen, Orchitis suppurativa; 
der Harn nekrotisch, kein Zucker, eitriges Sediment mit reichlichen Epidermis- 
zellen. 

Keine Operation. Sektionsbefand: Blase verdickt, mit Trabekeln und 
Zellen; Harnleiter verdickt, erweitert; Harn eitrig; Nieren atrophisch mit miliaren 
Abszessen. 

Mikroskopisch. Cystitis chron.: Derma und Submucosa derb, infiltriert, 
vaskularisiert. Papillen rudimentär. Epithelium als zwei Flecken am Blasen- 
halse dick aus zwei Schichten mit 8—4 Lagen kubischer Zellen mit grofsen 
Kernen und einer dicken Hornschicht mit platten Zellen ohne Granulations- 
schicht; zwischen beiden Schichten polygonale, kleine Zellen, nicht gezähnt. An 
den ulzerösen Stellen das Epithelium vermindert, teilweise fehlend. Das Derma 
entzündet. 
Albarran (1891). W. 30 J. Vor 11 Jahren Geburt mit dreitägiger 


750 Josef Englisch. 


Harnverhaltung. Seither Cystitis haemorrhagica mit häufigem Harndrange. Harn 
blutig-eitrig mit Abgang von Epidermiszellen, keine Tuberkelbazillen. Abkratzen 
des Trigonum durch die Urethra mit geringem Erfolge. Tod. 

Befund. Die abgeschabten Platten 0,5 mm dick, grau, die Oberfläche ver- 
dickt mit Epithelien von polygonalen Zellen mit blasigem Kerne bedeckt. 


Mikroskopisch. Das Epithelium unvollständig dringt in Granulations- 
haufen ein. Die oberflächliche Schichte nur aus 2—3 Schichten klarer, wenig 
abgeplatteter Zellen bestehend. 

Albarran (1891). W. 30 J. Seit 2 Jahren Cystitis mit blutig-eitrigem 
Harne und Haematurie. Endoskopisch zeigten sich rechts vom Blasenhalse 
harte, dicke, weilse Plaques; an der Seitenwand ein vereinzelter. Sectio alta 
mit Abkratzen der Flecke. Heilung. 

Krebs (1892). M.(?), von mittlerer Gröfse, hat seit langem ein ungewöhn- 
liches Gefühl in der Blase. 

Befund. Cystitis purulenta mit viel Epithelzellen. Endoskopisch: an der 
vorderen oberen Blasenwand ein runder glänzender Fleck von mäfsiger Grölse, 
zusammengesetzt aus kleineren Flecken. Interne Behandlung mit Wildungen- 
wasser. Besserung des Katarrhes, Verschwinden des Eiters, der Bakterien. 
Die Plattenepithelien im Harne dauerten an. 

Albarran (1896). M. 71 J., wurde sterbend mit Coma bei Bronchopneu- 
monie eingebracht. 

Sektionsbefund. Der Kranke hatte seit langem an Harnbeschwerden 
gelitten infolge eines Blasensteines; Harndrang alle 10 Minuten; die Blase ver- 
dickt, in ibrer Schleimhaut über die ganze Blase matt weils, hart, teilweise 
warzig, teilweise verkreidet. Vorsteherdrüse gesund. In dem hängenden Teile 
blofs einzelne, linienartige, matte Streifen. Das ganze Epithel und das Derma 
verdickt; die Papillen rudimentär, die Submucosa derb festhaftend ohne wesent- 
liche Entzündungserscheinungen. Das Epithel aus zwei Schichten kubischer 
Zellen mit gro/sem Kerne; die platten Zellen zart; an der Oberfläche verhornte 
Zellen, abschuppend. An den leukoplastischen Stellen das Epithel dick, be 
stehend aus mehreren Schichten Zylinderzellen; gezähnter, zarter, klarer, leicht 
verschmelzender Zellen; darüber eine hyaline Hornschicht. Eine Eleidinschicht 
nicht nachweisbar. 


Brik (1896). M. 37 J., überstand vor 15 Jahren eine Gonorrhoe mit 
tolgender Cystitis, welche als Dolorosa fast unverändert fortbestand. Die Blase 
gegen Berührung schmerzhaft; kein Stein, Harndrang alle 20 Minuten; leichte 
Insuffizienz,. Die Harnröhre für 6 mm durchgängig. Harn eitrig; sehr reich- 
lich Blasenepithelien; später schwand der Eiter. Das Epithel der Blase vor- 
züglich am Blasengrunde und nur die innere Harnröhrenöffnung hell weils, mit 
trockenen Schuppen alter Zellen, als Agglomerate oder in Platten. 


Brik (1896). M. 41 J., hatte vor 23 Jahren Gonorrhoe mit Epididymitis 
und Cystitis levis; vor 19 und 16 Jahren abermals Gonorrhoe, die Cystitis 
wechselnd andauernd, der Harn zeitweilig blutig. Vorsteherdrüse und Harnröhre 
normal. Die Blasenwand verdickt, nicht ausdehnbar, uneben; die Blase falste 
nur 50 ccm; bei der Aufnahme der Harn trübe, alkalisch; spez. Gewicht 1017; 
enthielt viel Blutkörperchen; reichlich leukoplastische Pflasterepithelien, Bakterien, 
Tripelphosphate. Endoskopie: Flecken an der hinteren Wand; papilläre 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 751 


Wucherungen am Blasenhalse. Einspritzungen verschiedener Art hatten keine 
Besserung zur Folge. Der Zustand blieb wechselnd. 

Brik-Dittel. Sektionsbefand. M. 58 J., litt an mehreren Gonorrhöen, 
die letzte vor vier Jahren mit Harnverhaltung; seither an Cystitis dolorosa mit 
ö—10 Minuten sich wiederholendem Harndrang. Der Kranke kräftig, aber 
mager und anämisch, mit leichtem Lungenemphysem. Der Harn trübe; spez. 
Gew. 1014; enthielt reichlich Eiter und Plattenepithelien. Endoskopisch: Die 
Schleimhaut injiziert; am Blasenhalse zottige flottierende Geschwülste und 
Flecken. Da die Einspritzungen mit Nitras argenti erfolglos waren, so wurde 
der hohe Blasenschnitt gemacht, die Wucherungen und Flecken abgetragen. 
Nach dem Blasenschnitte hatten sich die Flecken als zottige Rasen ergeben. 
Die Flecken bestanden aus Blasenepithel, infolge entzündlicher Vorgänge ver- 
grölsert, verfettet bei deutlich sichtbarem Kerne, einzeln oder in Konglomeraten, 
daneben eine große Menge Schuppen aus verhornten Zellen mit undeutlichem 
Kerne und nicht färbbar. 

Halle (1896). M. 39 J., hatte nicht an Skrofulose, wohl aber bis zum 
vierten Jahre an Incontinentia urinae gelitten. Derselbe war mager, hatte einen 
Spitzenkatarrh; Tuberkelbazillen nicht nachweisbar. Mit 19 Jahren litt er an 
Cystitis (idiopathisch?); später an Nierenkoliken mit Sandabgang. Seit einem 
Jahre Steigung der Cystitis dolorosa. Der Befund ergab: linke Niere schmerz- 
haft und der Sitz der Koliken. Die Blase schmerzhaft; der Harndrang alle 
10 Minuten; Cystitis dolorosa interstitialis; der Hara blutig, eitrig. Die Vor- 
steberdrüse leicht knotig. Die Harnröhre frei, Spasmus vorhanden. Ein- 
spritzungen von Nitras argenti erfolglos; Sectio alta; Auskratzen; Zurückbleiben 
einer Fistel. Tod 14 Tage nach der Operation. 

Sektion. Harnröhre normal, die Fistel nur mit Granulationen, nicht mit 
Epithel ausgekleidet. 

Die Niere etwas vergröfsert; im Hilus hypertrophische Lymphdrüsen, die 
Becken erweitert mit leukoplastischen Flecken, die Harnleiter fibrös verdickt, 
Schleimhaut hart, gefaltet; in der ganzen Ausdehnung leukoplastisch; links 
Periureteritis fibrosa; im Inhalte der Harnleiter schwimmen abgestolsene Epi- 
thelien in einer käsigen Flüssigkeit. Die Blase klein und die Wand 7-10 mm 
dick; die Schleimhaut rot bis schwarz; am Grunde Plaques von 1—2 cm Aus- 
dehnung; an der Seiten- und Vorderfläche an der hinteren Wand eine Plaque. 
Die Plaques membranartig, leicht vorspringend, leicht abzuheben, graugrün, 
scharf, granuliert, hart, gefaltet, !/,—1 mm dick, abhebbar. Keine Geschwüre. 

Mikroskopisch. Das Derma und die Submukosa infiltriert bilden mit 
der Muscularis eine Masse, das Derma entzündet, mit erweiterten Gefälsen und 
wuchernden Papillen. Das Epithel besteht unten aus 2—3 Reihen zylindrischer 
oder kubischer Zellen mit grofsen Kernen; daneben über Reihen polygonaler, 
granuliert, gezähnter und mit Fortsätzen, so kernhaltigen Zellen; oberflächlich 
abgeplattete, eleidinhaltige Zellen mit einem Stratum lucidum; dann 
verhornte, granuliert, helle mit undeutlichem Kerne in Lamellen, oberflächlich 
abschuppend. Zwischen die Kapillaren dringt das Epithel in derselben Ab- 
stufung ein. š 

Halle (1896). M. 61 J., immer gesund, kein Atherom der Gefäfse. Im 
25., 35. Lebensjahr Tripper von 11/,—3 Monaten Dauer; seit 15 Jahren Blasen- 
beschwerden; vor acht Jahren Blasenblutung mit Harnverhaltung, ebenso vor 


752 Josef Englisch. 


sieben und sechs Jahren; seither muls sich der Kranke nachts katheterisieren; 
vor zwei Jahren wurde er wegen eines Phosphates lithotripsiert. 

Befund. Eitrig-blutiger Harn. Cystitis dolorosa ohne Vergröfserung der Vor- 
steherdrüse. Hoher Blasenschnitt mit Blasennaht; kein Stein, ohne Erleichterung; 
der Harn bleibt blutig-eitrig. Tod; 13 Tage nach der Operation. 

Sektion. Blase: die Naht nicht gehalten; Pericystitis purulenta; 1'/, cm 
dicke Wand mit Hypertrophie der Muscularis; die Schleimhant mit deutlichen 
Plaques, braungrau. Die Nieren atrophisch, Harnleiter chronisch entzündet mit 
Verdickung der Wand ohne Plaques. 

Mikroskopisch. Derma und Submucosa verdickt mit Papillen- 
wucherungen, teils entblöfst, teile mit Plaques belegt. Die oberflächliche 
Schichte zeigt gegen früher aber eine Abweichung. In der Tiefe zylindrische 
oder kubische Zellen mit grofsem Kern und starker Färbung, darüber mehrere 
Schichten polygonaler, klarer Zellen. Darüber folgt, fast ohne Übergang eine 
oberflächliche Schicht von zarten, platten, verhornten Zellen, stark gefärbt, in 
eine Schichte verschmolzen; fehlt stellenweise so dafs die polygonalen Zellen 
blos liegen. Die Dicke des Epitheliums ist verschieden und wuchert selbes als 
runde Zellen in die Tiefe. Die verhornte Schicht zeigt weder gezähnte noch 
Eleidinhaltige Zellen. 

Hallé (1896). M. 70 J., sehr herabgekommen, ohne Atherom, überstand 
mehrere Blennorrhoen, litt vor 25 Jahren an Incontinentia urinae geheilt und vor 
15 Jahren wurde eine Harnröhrenverengerung durch Erweiterung geheilt. Seit 
dieser Zeit eine heftige Cystitis, Harn blutig-eitrig, Sediment geballter Schleim, 
ein Phbosphatstein von 4cm Dnrchmesser; nach der Lithotripsie reichlich Sand ab- 
gehend. Vorsteherdrüse nicht vergröfsert. Die Nieren scheinen gesund, Tod 
an Pericarditis, Kongestion der Lunge. | 

Sektion. Urethra: Die Pars spongiosa gesund; dahinter gewunden, fibrös 
entartet. Blase: Cystitis chronica. Am Halse gerinnt, papillarwarzig, reich- 
lich mit zersfreuten, gelbgrauen, leicht vorragenden Plaques versehen, welche wie 
Pseudomembranen erscheinen; oben wenig verändert und nur einzelne 
Plaques. 

Mikroskopisch. Die Schleimhaut und Submucosa infiltriert, bilden 
eine Schichte mit Hämorrhagien, Papillenwucherung und kolbigen Endgefälsen. 
In der Umgebung der Plaques die Schleimhaut nekrosiert. Die Epithelwucherung 
unregelmäfsig, kein Eleidin, keine Verbornung, unregelmälsig, teilweise ab- 
schuppend; bestehend unten als Zylinderzellen mit grofsen Kernen und stark 
gefärbt. Folgen zahlreiche Schichten polygonaler gezähnter, zuletzt abgeplattete, 
kleinkernige Zellen, schwer unterscheidbar. 

Czerny (1897). M. 20 J., Auffallen eines Balkens; erschwertes Harn- 
lassen, keine Hämaturie, Cystitis, Harnverhaltung. Der Kranke kräftig, seit 
Kindheit skoliotisch. Die Blase handbreit über die Schambeinfuge reichend. 
Nach Entleerung des Harnes bleibt eine Geschwulst zurück, bei deren Druck 
sich reichlich Harn entleert. Blasendivertikel. Sectio alta. An der linken Seite 
der Blase ein kleinfaustgrofses, die Blase nach rechts, den Mastdarm nach hinten 
drängendes Divertikel, welches das kleine Becken augfüllte. Der Harn der 
Blase sauer, der des Divertikels stinkend, alkalisch. Exstirpation des Becke: 
Seine Wand verdickt, die Schleimhaut von epidermisartigem Ansehen. Die 
Auskleidung bestand das einem mehrschichtigen, ödematös gequollenen eigenartigen 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 753 


Pfasterepithel, eine talgartige Epidermismasse und jauchiger Harn erfüllte den 
Sack; Heilung. 

Lohnstein (1898). M.56.J., mager, sonst gesund, überstand vor 26 Jahren die 
erste Blennorrhoe mit Harnverhaltung und seither noch mehrere, vor 8 Jahren 
einen Schanker; seit 9 Jahren Blasenbeschwerden; wurde öfters durch längere 
Zeit mit Bougie behandelt. Der Harndrang alle 10 Minuten, am Anfange und 
am Ende schmerzhaft. Harn ?. 

Cystoskopie: In der Nähe des Blasenhalses Trabekel, Divertikelöffnungen ; 
um die Harnleiteröffnungen varizellenartige Gebilde, stecknadelkopf- bis linsen- 
grols, mit zentraler Delle; hellgelb, Rand scharf. Im Trigonum quere, strich- 
förmige, weilse Flecken. Vorsteherdrüse papillös, hervorragend, wenig vergrölsert, 
schmerzhaft. Bottinische Incision mit Erfolg. Nach der Operation gingen 
Flocken aus Plattenepithel und Eiter ab. 

Nogués (1899). M. 60 J., litt seit 30 Jahren an Blasonkatarrh, Insuffi- 
zıenz der Blase; mufste katheterisiert werden; Verdanungsstörungen. Das 
Harnsediment bestand zumeist aus platten, polyedrischen Epithelien mit einem 
oder mehreren Kern, gut gefärbt, reinem Protoplasma. Einspritzung von Nitras 
argenti (1 : 500); Besserung. 

Noguös (1899). M. 59 J., hatte seit 7 Jahren Erscheinungen eines 
Steines, Haematurie; vor einigen Monaten eine Blennorrhoe. Im Harne reichlich 
Zellen der oberen Epithelschichte. Lithotripsie, Heilung. 

Verriere (1900). M. 58 J., in der letzten Zeit Abmagerung mit 19 J. 
Blennorrhoe mit blutigem Harne; Harnbeschwerden; mit 23 Jahren Orchitis; 
seither Blasenbeschwerden; seit 5 Jahren mit auffallender Verschlimmerung; 
Urethrotomia interna mit Verweilkatheter. Die Vorsteherdrüsve etwas verdickt. 
Die Blase etwas verdickt; der Harn jauchig; beim Harnlassen Schmerz in der 
Unterbauchgegend. Hoher Blasenschnitt mit Anlegen einer Bauchblasenfistel. 

Befund. In der Blase ein weilser, einfrankgrolser, dichter, ablösbarer 
Fleck, abschuppend; dahinter ein kleiner Abszels; an der Harnröhrenmündung 
ein harter Knoten. Nach der Operation Andauer der Harnbeschwerden und der 
Fistel. Das ausgeschnittene Stück zeigte die Blasenmuskeln auseinandergelegt, 
infiltriert. In der Schleimhaut reichliche, ausgedehnte Gefälse, papillös, infil- 
Iert, Das Epithel zeigt Grundzellen; 6—8 Schichten Malpighischer Zellen mit 
Schulzeschen Kernen; 4—5 Schichten granulierter Zellen; mit Eleidin im Stra- 
tum lucidum; Plattenepithel abschnppend. 

Version (1900), M. 59 J., hatte im 18. EN eine Blennorrhoe; 
vor 10 Jahren Schmerz im Gliede, ebenso beim Harnlassen; Hämaturie; Litho- 
trıpsis eines Blasensteines; Verschlimmerung des Zustandes: Steinrezidive, die 
rechte Niere schmerzhaft; der Harn stinkend ein zellenreiche Sediment. Hoher 
Blasenschnitt mit Entfernung dreier Steinchen. Tod. 

Sektion. Die oberen Harnorgane normal; die Blase hypertrophisch mit 
zwei Plaques am Grunde, rechts von der inneren Harnröhrenöfinung; Schleim- 
haut blutet nach; die linke Niere vergrölsert. 

Mikroskopisch: Die Blasenmuskeln auseinandergelegt, infiltriert, sowie 
das umgebende Gewebe. Derma verdickt, mit erweiterten Gefälsen, papillös. 
Das Epithel wie oben. 

Escat (1900). M. 22 J., kräftig, litt seit 4 Jahren an zeitweiliger Häma- 
turie. Die Blase zusammengezogen, aber keine Cystitis. Hoher Blasenschnitt, 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 49 


754 Josef Englisch. 


Heilung. Die Blase warzig entartet; in der linken Hälfte die Schleimhaut 
am Grunde und Halse hart; auf einer narbig aussehenden Fläche aufsitzende 
Knötchen wie Schrotkörner; am PBlasenhalse eine brüächige Epithelmass 
(Papillom). 

Escat (1900). Junge, seit 8 Jahren abwechselnd Hämaturie und Bak- 
teriurie; Harn stinkend, blutig. Hoher Blasenschnitt. 

Befund: Cystitis papillomatosa. Heilung. 

Escat (1901). M. 39 J.. eeit 1'/ Jahren Harnbeschwerden ohne (?) Er- 
krankung der Organe. Der Harn trübe, stinkend, ammoniakalisch; kein Eiter, 
dagegen enthaltend eine weilsliche Masse, teils nekrotische Fetzen, teils oben 
‘wie Wachs schwimmend. Hoher Blasenschnitt. Beim Einschnitte quollen an 
beiden Wundrändern weilse, dem Smegma praeputiale gleichende Massen hervor, 
von denen auch die ganze Blase erfüllt war. Die Auflagerung der Masse auf 
die verdickte Blasenwand betrug 8 mm Dicke. Die Schleimhaut geschwollen, 
keine Ulzeration; nach dem Abschaben der Masse die Membran gerötet his 
ekchymosiert, infiltrtert. Die cystoskopische Untersuchung hatte früher weilse, 
teilweise erhabene, teilweise Aottierende Flecken ergeben. Die Flocken im Harıe 
bestanden aus Pflasterzellen mit reichlichen Mikroben. 

Ravasini (1902. M. 50 J., seit langem Blasenbeschwerden. Hoher 
Blasenschnitt. Tod. Die früher einem infiltrierten Tumor ähnliche Blase zeigte 
jetzt Leukoplasien. 

Mikroskopisch. Gefülse ausgedehnt, Hypertrophie der Muscularis, In- 
filtration des submukösen Bindegewebes; Derma papillär; Umwandlung des Epi- 
thels in Plattenepithel. 

Michaelis-Gutmann (1902). W. 42 J., Malakoplakie. 

Sektionsbefund, Cystitis catarrhalis, Pyelonephritis suppurativa chron., 
Peri-Paranephritis fibrosa chron , Degeneratio amyloides omnium organorum. 

Die Harnblase enthält trüben, eitrigen Harn. Auf der Schleimhaut vor- 
züglich auf der Höhe der Falten, 30 rundliche, ziemlich weiche, gelbweifsliche, 
breit aufsitzende, stecknadelkopf- bis bohnengrofse, scharf abgegrenzte, flach 
prominierende Tumoren, deren cinige im Zentrum eine kleine, nekrosierende 
Vertiefung zeigen. (Malakoplakie.) 

Michaelis-Gutmann (1902). W. 46 J. 

Sektionsbefund. Die linke Niere reicht bis zum Dammbeinkamm, cystõs 
atrophisch.. Die Waud der Cystis zeigt bis linsengrofse, gelblich gefärbte 
Tumorknoten. Nierenbecken erweitert, mit mehrere millimeterhohen, scharf be- 
grenzten bis pfenniggrolsen Knoten, ebenso im Harnleiter Knoten mit Delle. Die 
Blase stark zusammengezogen, die Schleimhaut in der ganzen Ausdehnung von 
konfluierenden, flachknolligen Tumoren von bräunlichroter Färbung. Die Blase 
enthält trüben Harn. 

Mikroskopisch. Die Tumoren bestehen aus ziemlich grolsen, proto- 
plasmareichen Zellen mit kleinem, exzentrischen Kerne, in zur Basis senkrecht 
stehenden Reihen angeordnet, teils isoliert, teils dicht gelagert. Zwischen Zellen- 
reihen schmale, mit dünnwandigen Gefälsen versehene Bindegewebszüge zur 
Oberfläche ziehend. Gegen die Tiefe zunehmende Infiltration. Die Tumoren 
scheinen der Schleimhaut aufgepropft, dringen nicht in die Muskulatur ein, von 
ihr durch eine breite Schichte der Submukosa getrennt. In den Tumoren eigen- 
tümliche Einschlüsse, 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 755 


Ravasini (1903). M. 67 J., litt seit einem Jahre an sich steigernden 
Blasenbeschwerden mit Schmerzen in der Unterbauchgegend besonders am Ende 
der Harnentleerung bei trabekulärer Blase und Vergröfserung der Vorsteher- 
drüse. Der Harn trübe, anfangs nicht blutig, später eitrig-blutig, sauer, 1029. 
Der aus den Harnleitern austretende Harn klar. An der Schleimhaut weilsliche, 
sich bei Bewegung des Kranken bewegende Flecken (cystoskopisch). Hoher 
Blasenschnitt, Abkratzen des hellen, glänzenden, zwanzighellergrolsen mit Phospbat- 
konkrementen besetzten auf geschwellter geröteter Schleimhaut haftenden Fleckes; 
Abtragen des Prostatalappens. Wesentliche Besserung. 

Mikroskopisch. Die Schleimhaut sowie die Sabmukosa infiltriert mit 
starker Gefülserweiterung, darüber eine Schicht länglicher Zellen, an die Pa- 
pillen angelegt; folgt eine breite Schicht aus polyedrischen Zellen mit klarem 
Protoplasma, grofífsem Kern mit 1—8 gefärbten Kernkörperchen; zu oberst eine 
Schicht aus verhornten, kernlosen Zellen. f 

Fränkel (1903) an einem Präparate gelbliche, der Schleimhaut aufsitzende 
Knoten. Die Zellen derselben liegen subepithelial, sind rundoval, mit exzentri- 
schem Kerne, enthalten kugelige Gebilde mit Eisenreaktion. 

v. Hansemann (1903). Malakoplakie. M. 66 J., an Lungentuber- 
kulose verstorben. 

Sektionsbefund. In der Blasenschleimhaut rundliche, runde oder ovale, 
flach pilzförmig prominierende gelbliche Gebilde. Umgebung gefälsreich. 

v. Hansemann (1903). W. 70 J., an Krebs der Gallenblase verstorben. 
In der Harnblase über 100 ähnliche Gebilde mit teilweiser Ulzeration an der 
Spitze, keine Entzündung der Schleimhaut. Die Hyperämie der Umgebung der 
Knoten geringer. Die einzelnen Plaques konfluieren teilweise. Im Harnleiter 
und Nierenbecken ähnliche Gebilde. Die Zellenhaufen entwickeln sich in der 
Submukosa und treiben die Schleimhaut vor sich her, mit Verdünnung derselben, 
ohne Übergang ihres Epithels in die Zellen der Plaques. Anordnung der Zellen 
wie oben. 

Landsteiner-Störk (1904. Malakoplakie. M.67 J., litt an Magen- 
erweiterung. 

Befund. Die Vorsteherdrüse vergrölsert, Blasenentzündung, Harn eitrig 
und bakterienhaltig. Tod an Pneumonia lob. super. dect. 

Sektionsbefund. Neophritis parenchymatosa, Cystitis suppurativa, Hyper- 
trophia lob. med. prostatae. Die Blasenschleimhaut besetzt mit kleinen rund- 
lichen, an der Spitze mit einer Delle versehenen Erhabenheiten, welche, am 
Trigonum am zahlreichsten, gegen die Blasenscheitel an Zahl abnehmen. Leichte 
Infiltration. Die Submukosa kleinzellig infiltriert, das epitheliale Bindegewebe 
verschieden dicht, unten am dichtesten, mit subepithelialen Anhäufungen von 
grolsen Zellen, vertikalen Kapillaren; nur in der Tiefe zwischengelagertes Binde- 
wewebe, keine elastischen Fasern; der Zerfall an der Spitze der Tumoren ist im 
Leben erfolgt; kein Übergang der grofsen Zellen in benachbarte, Zellenein- 
schlüsse, besonders in der Tiefe; Vakuolenbildungen mit verschiedenen Ein- 
lagerungen: Blutkörperchen, Pigmentschollen, Zellen von hyaliner Beschaffenheit; 
die Einschlüsse geben Eisenreaktion. Bakterien intra- und extrazellulär, stäbchen* 
föürmig, nur in den grolsen Zellen, zerstreut, vorzüglich in den Vakuolen ein- 
geschlossen. Grofse Zellen fanden sich selten in der Umgebung der Tumoren 
ala Spindelzellen. 
49 * 


756 Josef Englisch. 


Landsteiner-Stórk (1904). W. 40 J. mit Tuberkulose des Uterus, 
Blasenschleimhaut blafs, zeigt 50 Placques weifslich mit rotem Hof, zerstreut, 
Trigonum und Blasenhals frei, Tuberkelbazillen nicht auffindbar. Schleimhaut- 
befund wie oben. 

Landsteiner-Störk (1904). Mann, mittleren Alters; verstorben an 
Lungentuberkulose. Schleimhaut der Blase dick, grau, am Blasenhalse linsen- 
grofse Knötchen. 

Befund. Wie oben, nur einzelne Zellen auch in der Muscularis, In- 
filtration unten. Einschlüsse konzentrisch geschichtet von verschiedener 
Färbung. 

Lichtenstern (1904). M. 22 J., immer gesund, aber schlecht genährt, 
anämisch, bekam plötzlich Cystitis, Rezidiv nach 5, 2. Rez. später 2 J. Der 
Harn trübe, sauer, eitrig, enthält viel grolse, platte Epithelien einzeln oder in 
Massen. Harnlassen halbstündig. Sectio alta, Am Trigonum landkartenähn- 
liche, scharf begrenzte, platte, bläulich-graue Flecken neben körnigen Stellen 
mit lebhafter roter Zone bei blafsgrauer Schleimhaut, die Umgebung ulzeriert 
erscheinend. 

Mikroskopisch. Entsprechend den makroskopisch veränderten Teilen 
das normale Epithel in Form von Papillen plötzlich in die Tiefe wuchernd bis 
in die Submukosa, deren oberer Teil breitbasig bis zapfenförmig, halbkugelig, 
trichterföormig in die Tiefe dringen. Das Zwischenbindegewebe entzündlich 
wuchernd, reichlich mit Kapillaren. Die Zellen: die basalen Zellen gleichen den 
basalen Zellen der normalen Schleimhaut, zylindrisch; der Zellenleib rundlich; 
Protoplasma nur am Rande; der Kern in der Mitte einer Vakuole, an dem einen 
Pole; folgen polygonale Zellen, dann abgeflachte Zellen mit reichlicherem Proto- 
plasma in den obersten Schichten spindelförmig ausgezogen. Oberflächlich Zellen- 
schuppen in Desquamation bei Undeutlichkeit der Zellen. 

Lichtenstern (1904). In einem zweiten Falle Vorhandensein von Zapfen 
bestehend unten aus mehreren Reihen Zylinderzellen, darüber mehrere Reihen 
polygonaler Zellen, darüber flache, gegen die Oberfläche kernlos werdende. 
Die Umgebung chronisch entzündet. 

Gierke (1905). W. 42 J., verstorben an Tuberkulose der Lunge und des 
Darmes. 

Sektionsbefund. Die Blase klein und Wand etwas verdickt; die 
Schleimhaut mit harten, prominierenden, glänzenden, scharf begrenzten grauen 
Knötchen in Reihen besetzt. Cystitis. Nieren, Nierenbecken, Harnleiter gesund. 
Zahlreiche kalkartige Einschlüsse. 

Gierke (1901). W. 54 J. Die Schleimhaut zeigt 40 zwanzigpfenniggrolse, 
erhöhte Plaques. 

Mikroskopisch. Die Plaques bestehen aus eigenartigen, grolsen Zellen 
mit einem oder mehreren Kernen und einem grolsen Protoplasmaleib häufig 
mit Bazillen; diese Zellen werden nach der Oberfläche hin immer gröfser und 
liegen in senkrechten Reihen, die durch spärliches Bindegewebe ohne elastische 
Fasern und zarte Kapillaren abgeteilt werden. Die umgebende Schleimhaut 
entzündet. 

Hagmann (1906). M. 28 J., immer gesund, kräftig. Vor 6 Jahren Harn- 
beschwerden mit Hämaturie; taubeneigrofser Stein durch hohen Blasenschnitt 
entfernt. Der Harn bleibt trübe und wurde nach einem ?/, Jahr blutig. Ein 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 757 


zweiter hoher Blasenschnitt (warum?). Der Harn dann bis vor 2 Jahren klar: 
dann trübe. Cystoskopie: Zahlreiche warzenförmige, rotbraune Gebilde längs 
der Narbe an der vorderen Blasenwand, am Blasenboden, Trigonum, innerer 
Harnröhrenöffnung; dazwischen die Schleimhaut weifs belegt. Der Harn sauer, 
1015, klar, Spur von Eiweils, kein Zucker; Sediment aus Eiterkörperchen, 
Epithelzellen, spärlich rote Blutkörperchen. Harnfrequenz nicht gesteigert. 

Zweite endoskopische Untersuchung. Bei der Operation Narbe, 
zarte, weilse, scharfbegrenzte Auflagerungen ähnlich diphtheritischen. Längs 
der Narbe 3—-4 hirsekorngrolse, warzenförmige Gebilde, ziegelrot. Von der inneren 
Harnröhrenöffnung aus, über das Trigonum bis zur Harnleiteröffnung mit 
lockerem, glänzendem, weilsem, wolkenförmigem Belag wie Schimmelpilze, mit 
an der Harnleitermündung besonders zahlreichen, warzenförmigen Gebilden. 
Blasenschleimhaut mäfsig gerötet mit deutlich vortretenden Gefälsen. Vorsteher- 
drüse nicht vergrölsert. Der dritte hohe Blasenschnitt. Die innere Harnröhren- 
öffnung von weilsem, landkartenähnlichem, leicht abschälbarem Belage umgeben, 
ähnlich der Psoriasis buccalis; die leicht abhebbaren Schüppchen und die 
Warzen ähnlich. Schleimhaut der Blase gerötet. Ätzung mit dem Thermo- 
kauter. 

Die Beläge bestanden aus verhornten Epithelzellen. 

Güterbock (1905). 2 Fälle (nicht zugänglich). 

Zangenmeister (1906). W. 42 J., gesund, ohne jeden Verdacht auf 
Tuberkulose; Mann gesund. Seit 8 Wochen vermehrter Harndrang, tagsüber 
alle 2—4 Stunden, nachts einmal, mit stechenden Schmerzen bei der langsamen 
Entleerung. Harn stark diffas getrübt, sauer, mit massenhaften Leukocyten, 
wenig Blasenepithelien, Streptokokken und Bacterium coli. Geschwüälste kondylom- 
artig, schwach pilzförmig, isoliert und konfluierend, die kleinen rundlich, die 
grölseren oval bis polygonal, in der Mitte dellenförmige Einsenkungen (Epithelial- 
defekte), die Oberfläche matt, ohne Gefäfszeichnung, mit roten Flecken ‘und 
Hämorrhagien, mit Schleim bedeckt, heller als die Umgebung, 1 mm hoch, 
5—10 mm grols; die nächste Umgebung etwas gerötet, Basis und Umgebung 
etwas starrer. Am häufigsten am Trigonum, seltener im Fundus ‘der Blase. 
Einschlüsse in grölseren Zellen körnig, bis zur Zellenkerngröfse, polygonal, stark 
lichtbrechend, mit doppelter Kontur, geben Eisenreaktion. 

Minelli (1906). Alte Frau; keine weiteren Angaben. 

l. Die Herde am stärksten am Trigonum und Blasengrund als flache, aus- 
gedehnte Ulzerationen mit unterminierten Rändern oder gelbliche bis pfennig- 
grolse Erhabenheiten, isoliert oder konfluierend bis hufeisenförmige Geschwüre, 
wenige mm über der Schleimhaut erhaben, weich, mit nabelförmiger Vertiefung 
an den nichtulzerierten; die grölsten Plaques in der Umgebung ger Harnleiter- 
mündungen. Harnleiter, Nierenbecken frei von Plaques, 

2. Das Blasenepithel nur gering, am deutlichsten an den Falten erhalten. 

3. Die Submukosa mehr weniger mit jungen Elementen infiltriert. 

4. Zusammensetzung: a) grolse Zellen; oft die einzigen Elemente der Pla- 
ques; rund, mit kleinem, im Zentrum liegenden, sich gut fürbenden Kerne; dicht 
aneinander gereiht oder in Fäden geordnet, die von der Tiefe in die Höhe 
steigen; an der Oberfläche des Knotens: Granulierung und Verdünnung das Proto- 
plasma zeigend, mit schwacher Verfüärbung der Zelle und des Kernes (Degene- 
ration); viele erscheinen als dicke Kugeln ohne Kern, spärlichem Protoplasma, 


758 Josef Englisch. 


ohne Kern; — die Degeneration, rasch und schon in den kleinen Gebilden be- 
ginnend, führt zur nabelförmigen Vertiefung und Ulzeration und schreitet mit 
der Zunahme des Prozesses fort. b) in der Tiefe oder an der Grenze der Pla- 
ques Zellen in vielem mit den früheren übereinstimmend, oval, länglich, den 
grofsen Fibroblasten gleichend, im interstitiellen Gewebe fadenförmig angeordnet, 
alle Übergäng:: zu den grolsen runden Zellen zeigend, auch tiefer selbst in der 
Muskularis einzeln vorkommend. c) die Blutgefälse sind strotzend mit nur aus 
Endothel bestehender Wand, geschlüängelt, von der Tiefe nach oben ziehend, 
parallel mit ihnen sind die grofsen Zellen geordnet. d) Zellen klein; mit volu- 
minösem Kern, spärlichem Protoplasma, mitten zwischen deu grolsen Zellen 
oder als Haufen an der Basis der Plaques gelagert (gleichend Lymphfollikeln» 
wie bei lymphomatöser Cystitis. e) Zellen zwischen den grofsen spindelförmig 
mit dickem, ovalem blassem Kerne (wahre Fibroblasten). f) Einschlüsse: kleine 
hyaline, sich schlecht färbende Körper, verschieden zahlreich bis zur Ver- 
drängung des übrigen Gewebes; von verschiedener Gröflse bis zu der roter 
Blutkörperchen; Eisenreaktion zeigend, mit stark gefüärbtem Kerne und heller 
Zone oder einem Ringe um den zeutralen Kern, durch eine blasse Zone von 
diesem getrennt, zu 1—6 in den Zellen, selten aufserhalb liegend; häufiger in 
den tieferen Teilen der Plaques, selten in der Umgebung. g) Zellen ohne Ein- 
schlüsse, aber bei der Eisenreaktion blafsgrün erscheinend; länglich, an den 
Grenzen der Plaques vorkommend. h) Mikroorganismen nur (Minelli) in Haufen 
in den tieferen Teilen der Plaques mit dickem, abgerundetem Ende, sich nicht 
nach Gram färbend. Keine Tuberkelbazillen. In der Umgebung der Plaques 
eine hyperämische Zone. Der Abkunft aus dem Blasenepithel (Guttmann- 
Michaelis, daher Epitheliom genannt), widerspricht die normale Beschaffen- 
heit des vorhandenen Epithels. Das Bild der Erkrankung wird durch die in 
den kleinsten Knoten vorkommenden grolfsen Zellen gegeben, welche in den 
grolsen Plaques degenerieren und zeigen die Abstammung aus anderen, ihnen 
morphologisch ähnlichen, länglichen, wie Fibroblasten aussehenden Zellen. Zellen 
wie bei Malakoplakie fand M. in der Ureterenschleimhaut desselben Falles, 
neben Ureteritis cystica; bei lymphomatöser Cystitis; bei den epitheloiden 
Zellen des Blasentuberkels, aber ohne Einschlüsse. Die Einschlüsse gehen nicht 
aus roten Blutkörperchen hervor und können nicht das ätiologische Moment 
des Prozesses bilden, da sie in den kleinen Geschwülsten fehlen. Sie entsprechen 
hämatogenen Pigmentkörnern, aber nicht auf phagacytosem Wege entstanden, 
sondern durch Eindringen des gelösten Blutfarbstoffes in die Zellen und Ab- 
lagerung desselben in Granulis, wie auch aus dem häufig geschichteten Ansehen 
der Einschlüsse hervorgeht, bei zentralem, stark gefärbten Kern (als das älteste 
Elemeut mit folgenden Anlagerungen). Der Vorgang der Bildung entspricht 
einem entzündlichen Prozesse. Eine Möglichkeit, wäre noch, dals bei der Mala- 
koplakie eine Hyperplasie der endothelialen Lymphräume in der Submukosa 
(des Albarran) stattfindet, deren Ursache eine gewöhnliche Reizung ist. Dals 
sich die Bakterien bei der Malakoplakie nur in der Tiefe finden, könnte dafür 
sprechen, dals sie die Ursache des Prozesses sind. Der Prozels ist eine Ver- 
mehrung der zelligen Elemente, welche aus den Lymphräumen 
der Submukosa stammen können, infolge eines Reizes mit Einschlüssen 
aus dem eingedrungenen Pigment (Granulom), 

Hart (1906). Mann, 41 Jahre, Leichenbefund: Carcinoma recti, resectio 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 759 


recti, ossis sacri, Recidive, Metastasis carc. hepatis, Infiltratio adiposa myo- 
cardis et hepatis, Empyema pleurae utriusque, nephritis parenchymatosa; nephro- 
lithiasis, malakoplakia vesicae urin. 

1. Blase kontrabiert, leicht injiziert, auf der Höhe der Falten eine etwas 
gerötete Schleimhaut. Nierenbecken, Harnleiter keine Veränderung. 

2. Erhabenheiten zahlreich, kaum sichtbar bis linsengrols, flach erhaben, 
mit überhängenden Rändern pilzförmig, über dem Ligamentum interuretericum 
am Blasengrunde bei freiem Trigonum, neben follikelähnlichen Prominenzen über 
die ganze Blase; hellgelb, scharf begrenzt, aber nirgends ein entzündlicher Hof; 
an den grölseren Dellen, daselbst. das Blasenepithel defekt. 

8. Zellen: a) grolse Zellen, bilden die Hauptmasse der Erhabenbheiten, ein- 
gelagert in ein zartes Bindegewebsgerüst; die oberflächlichen rund; in der Tiefe 
dichter zusammengefügt eckig, vielgestaltig; noch tiefer langgezogen; die ober- 
flächlichen gröfser als die tieferen, die grölsten im Bereiche der Epitheldefekte. 
Das Protoplasma körnig bis schaumig. Der Kern klein, rund, exzentrisch. Mehr- 
kernige gleichen den Riesenzellen. 

b) Gegen die Submukosa die Haufen der grolsen Zellen abgegrenzt durch 
Anhäufung von Mononukleären, kleine Rundzellen mit sehr spärlichem Proto- 
plasma und dunkel gefärbtem Kern. Sie liegen nur in der Umgebung der Ge- 
fälse; die Erhabenheiten sind nicht damit infiltriert. 

Die grolsen Zellen zeigen an den Randteilen der Erhabenheiten eine Ab- 
nahme des Protoplasma, die charakteristischen Zellen gehen mit Abnahme der 
Zahl in langgezogene, spindelförmige Zellen über und verlieren sich endlich. 

4. Kapillaren ziehen von den Gefälsen der Submukosa gegen die Ober- 
fläche, stark gefüllt, mit grolsen Endothelien; daneben einzelne ausgetretene 
rote Blutkörperchen zwischen den grolsen Zellen, einzelne gelbliche Pigment- 
schollen; nur an den grolsen Defekten altes Blutpigment. 

5. Einschlüsse rund, von der Grölse der roten Blutkörperchen, schwach 
gefärbt; zuweilen mit dunkler Randzone; die grölseren geschichtet; die Mehrzahl 
intrazellulär, die gröfsten extrazellulär; finden sich fast nur in den tieferen 
Schichten; geben Eisenreaktion. 

6. Zellen, welche bei der Eisenreaktion blalsgrau erscheinen. 

7. Bakterien: a) in Haufen in den tieferen Schichten, teils zwischen, teils 
in den Zellen, b) einzelne oder kettenartig geordnet, klein, kolibazillenähnlich, 
grampositiv. Dieselben dringen im Leben in die Erhabenheiten durch die de- 
fekten Stellen ein, haben keine spezifische Bedeutung. Bezüglich der Entwick- 
lung besteht ein allmählicher Übergang der grofsen Zellen. Durch mehr poly- 
morphe, langgestreckte, schlielslich spindelige Formen zu den Zellenelementen der 
Submukosa und den Zellen der adventitiellen Lymphscheiden, sowohl nach der 
Tiefe als nach dem Rande der Erhabenheiten mit Einschlüssen als kleine, rund- 
liche, schwachgefärbte Körperchen, manchmal mit einer stärker gefärbten Rand- 
zone, und grölsere, konzentrisch geschichtete, in den tieferen Schichten teils 
intra-, teils extrazellulär, mit Eisenreaktion. 

8. Es besteht ein Übergang der grolsen, runden Zellen durch polymorphe 
und spindelförmige Zellen in die Zellenelemente der Submukosa nnd die Zellen 
der adventitiellen Lymphscheiden, sowohl nach der Tiefe (selbst in die Musku- 
laris) als nach der Seite, mit gleichzeitiger Veränderung des Kernes als 
länglich oder bohnenförmig. Zugleich besteht ein Übergang der grolsen Zellen 


7 60 Josef Englisch. 


in die einer subepithelialen Lage von spindelförmigen Zellen. Die grofsen Zellen 
sind als Phagocyten (Marchand) aufzufassen. 

9. Das Aufyuellen in grofse, runde Zellen erfolgt nach Abstofsung des 
Epithels durch Aufsaugen von Harn. Möglich, dafs diese Aufsaugung die Pro- 
liferation der Zellen bedingt. 

10. Die Bakterien sind schon im Leben durch den Epitheldefekt einge- 
drungen, weil dieselben auch in den Zellen und Vakuolen vorkommen (Land- 
steiner-Störk). Die stärkere Anhäufung derselben in den Zellen bedingt Ab- 
sterben dieser und Freiwerden der Bakterien zwischen den Zellen. Es kommt 
ihnen keine spezifische Bedeutung zu. Sie wandern erst sekundär ein, 

11. Die Malakoplakie ist kein Infektionsprozels, sondern eine Reaktion der 
submukösen Gewebselemente auf einen chemischen Reiz mit Proliferation der 
Zellen, während die später eingewanderten Bakterien die entzündliche Reizung 
der Umgebung bedingen. 

12. Die entzündlichen Vorgänge stehen in einem gewissen Zusammenhange 
mit der Bildung der Einschlüsse. Entgegen der Annahme der Abstammung 
derselben aus roten Blutkörperche:;, altem Blutpigment, Kerntrümmern, Bakterien 
erklärt Hart den Vorgang folgenderweise: Eindringen des cystitischen Harnes 
durch den Epitheldefekt, Proliferation der Gewebszellen, Imbibition der grofsen 
Zellen mit Harnflüssigkeit, Verarbeiten dieser durch Sammlung der fein ver- 
teilten Tropfen in Protoplasma zu gröfseren Tropfen, Bildung der festen Form 
der Tropfen durch Aufnahme von Kalksalzen und gerinnungsfähigen Stoffen 
(vielleicht ein aktiver Proze[s der Zellen); nach Ausstolsen dieser Gebilde in die 
Umgebung konzentrische Anlagerung derselben Stoffe; späteres Eindringen des 
Eisens in diese Körperchen zunächst aus den Blutkörperchen, um so reich- 
licher, je mehr Hämorrhagien vorhanden sind. Durch ein Eindringen eines 
Bestandteiles des Pigmentes im gelösten Zustande in das Protoplasma und Auf- 
nahme des Eisens vonseiten der vorhandenen Kalksalze (Gierke). 


Leukoplasie der Harnröhre. 


v. Zeissl (1852). M. 22 Jahre, kräftig, vor einem Jahre Blennorrhoe, 
seither nur dann und wann gelbliche Tropfen des Harnsediment aus der Haro- 
röhre. Keine Harnbeschwerden. Nach Einführen einer Bougie Entleerung 
einer 1?/,cm langen, !/, cm breiten, derben, hellweifsen, membranartigen Flocke, am ` 
2. Tage nach abermaligem Einführen ein röhrenförmiges, ähnliches Gebilde, 
silberweils, bestehend aus einem fibrinösem Exsudat mit Epithelzellon. 

Roger (1860). Mann, tuberkulös, hatte seit Kindheit einen dünnen Harn- 
strahl; litt 24 Stunden an Harnrerhalten. Der Penis war immer in halber 
Erektion, mit einer dünnen Sonde konnte ein Hindernis in der Pars bulbosa und 
pendula, 6 em lang, nachgewiesen werden. Sterbend überbracht. 

Sektionsbefund. Die Harnröhre erweitert durch papilläre Wucherungen; 
die Wand dick, hart, eine 1 cm breite Plaque in der Pars prostatica: die Vege- 
tationen bestanden aus runden mit Kern versehenen Epithelzellon und waren 
kugel- bis stecknadelkopfgrofs. 

Heschl (1861) Mann, 40 Jahre, verstorben an Embolie der Art. fossae 
Sylvii, Atherom des Herzens. 

Sektionsbefund. Atrophia renis, Calculus pelvis renis, Hypertrophia 
vesicae et prostatae, Urethra: die Fossa navicularis eng; von der Eichel bis 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 761 


zur Pars membranacea die Schleimhaut schwielig mit längsverlaufenden Käm- 
men; in den Furchen weilse Epithelialmassen. In der Eichel entsprechend dem 
Sulcus ein epidermoidaler Sack. 


Vajda (1882. Mann, 58 Jahre, verstorben an Pleuritis dextr et sin., Cir- 
rhosis hepatis. Derselbe hatte an einer Verengerung des häutigen Teiles der 
Harnröhre mit Fisteln und Blasenkatarrh gelitten. In der Fossa navicularis 
vorn Papillen aus dem subepithelialen Bindegewebe stammend, mit dickem 
Plattenepithelialbelag; im hinteren Teile die Papillen höher, die Plattenepithelial- 
schichte stark verdickt, die Oberfläche wellenförmig. Im bulbösen Teil dieselben 
Papillen mit infiltriertem Stroma und Plattenepitheliom. 

Vajda (1882). Mann, 49 Jahre. 

Sektionsbefund. Tuberkulose der Lungenspitzen. Der Kranke hatte 
vor 18 Monaten an Blennorrhoe mit folgender Verengerung der Harnröbre 
und Infiltratio urethrae perinealis gelitten, so dafs ein Einschnitt gemacht werden 
mufse. Die Blase verdickt, Cystitis. In der kahnförmigen Grube kugelförmige 
und fadige Gebilde, erstere pathologische Gebilde, letztere vergröfserte Papillen, 
das hyaline Gerüste war ohne Gefälse, während die Papillen solche hatten; der 
Epithelialüberzug dünn; weiter hinten verschieden grofse Papillen mit Zylinder- 
epithel. Im bulbösen Teil starke Epithelialanhäufungen oft, bis zu 17 Schichten, 
Papillen mit Gefälsen. Im häutigen Teil der Harnröhre die Exkreszenzen am 
reichlichsten über die ganze Schleimhaut von verschiedener Form, zackig, pinsel- 
förmiges Zylinderepithel, die drüsigen mit abgeflachtem Pflasterepithel. In der 
Submukosa Rundzelleninfiltration.e Die Harnröhrenwand in der ganzen Aus- 
dehnung neugebildetes Bindegewebe. Die Exkreszenzen salsen den von der 
Fossa navic. bis in den häutigen Teil reichenden Trabekeln auf. 


Marchand (1887). Knabe, 7 Jahre, verstorben an Urämie, hatte an 
Cystitis dolorosa gelitten; der Harn alkalisch, enthielt viel Eiter und Krümeln 
aus Plattenepithel. Es wurde der Perinealschnitt gemacht mit rückbleibender 
Fistel im häutigen Teil. 

Sektion. Am Zwerchfell ein kugeliger haselnufsgrofser, gelblicher, 
glatter Knoten von einer Schichte von Bindegewebe zugedeckt. Die Nieren 
vergrölsert, die Kapsel dicht, die Harnleiter erweitert mit einem Steine, links 
die Epidermisschichte in Längsfalten, die Schleimhaut infiltriert, das submuköse 
Bindegewebe wuchernd. Die Blase zusammengezogen, nulsgrols, hypertrophisch, 
verhärtet, am Trigonum ulzeriert. In der Harnröhre eine Fistel. Dahinter er- 
weitert bis zum Blasenhalse, die Schleimhaut dick, mit Schichten von Epidermis. 


Mikroskopisch. Epithel eine Schichte von Zylinderzellen, darüber poly- 
edrische Zellen mit Kern und Kernkörperchen (8—10), darüber abgeplattete 
Zellen mit Eleidinkernen. 


Pajor (1889). Mann, 28 Jahre, kräftig, bietet Erscheinungen der Spinal- 
erkrankung mit Anästhesie der Eichel dar. :Derselbe litt im 19. Jahre an 
einer Blennorrhoe mit Entzündung des Nebenhodens; vor 4 Jahren an Pollution 
mit Brennen beim Harnlassen, später an Cystitis; Harnlassen alle 5— 10 Minuten. 
Cystoskopisch: die Harnröhre hart, wenig erweiterbar; die Schleimhaut weils- 
lichgrau; Abgang einer 9cm langen, 0,5 cm breiten, zylindrischen Röhre mit 
queren und stärkeren Längsfalten; nach dem Abgange die Schleimhaut gerötet, 
leicht blutend. Einspritzen einer 1°/, Jodtinkturlösung, Sondierung, Heilung. 


762 Josef Englisch. 


Pajor (1886). Mann, 29 Jahre, vor 9 Jahren 1. Blennorrhoe, 4 Wieder- 
holungen, behandelt mit starken Adstringenzien; Cystitis. 

Endoskopisch. Schleimhaut weilsliche Verfärbung, nach der Injektion 
rötlich-weils; an der oberen rechten Wand des häutigen Teiles ein sichelförmiger, 
nicht abstreifbarer, weifslicher Streifen; später Abgang eines 1 cm langen Häut- 
chens; von dem häutigen Teil abwärts gräulich-weils, mittelst Tampons ab- 
wischbare Membran: Abgang einer 1 cm langen grauweilsen Membran. Die 
Harnröhre für 6mm durchgängig, geringer Ausfluls. 

Mikroskopisch. Geschichtetes Pflasterepithelium mit grolsen Kernen; 
runde und Wanderzellen; die Falten nur aus Plattenepithel gebildet. 

Einspritzung 1°/, Jodtinktur, später Nitras argenti; Besserung besonders 
nach Abgang der 2. Membran. 

Fordyce (1891) erwähnt eines Falles nach Blennorrhoe, den er in Wien 
gesehen haben will. 

Battle (1893). Mann, 44 Jahre, gesund, kräftig, litt seit 7 Jahren an 
Schmerz im Mittelfleische, vor 6 Jahren an Rheumatismus, vor 4 Jahren an 
Gonorrhoe, seit dieser Zeit Harnbeschwerden mit Abgang von Häuten, als 
Epithelialzylinder von zylindrischen Zellen. Cystoskopisch erschien der häutige 
Teil der Harnröhre granuliert. Desquamatide Urethritis. Perinealinzision. H. 


Wassermann (189). Mann 67, Jahre, hatte 4 Blennorrhöen mit 41J. 
Strikturen mit Harninfiltration und Fistelbildung in dem bulbösen Teil. Es 
wurde der innere Harnröhrenschnitt, die Erweiterung der Harnröhre und zuletzt 
der Medianschnitt gemacht. Tod. 

Befund. Der vordere Teil der Harnröhre bis über den kavernösen Teil 
normal, im bulbösen Teil eine grolse Abszefshöble, 

Pars spongiosa etwas enger, von fast normalem Ansehen. An der 
oberen Wand zwei Falten; subepithelial kleinzellig infiltriert. Schleimhaut: 
mehrere Schichten basaler, polygonuler Zellen, mehrere Schichten Zylinder- 
zellen, oberflächlich an einzelnen Stellen derselben palissadenförmig angeordnet. 
Im mittleren Teile die Infiltration stärker. Im hinteren Teile die Sklerose der 
Wand stärker ausgeprägt. Zylinderepithelium gestreift, an den Papillen 
wuchernd und oberflächlich sich abplattend. 


Pars bulbosa im vorderen Teile stärker sklerosiert. Schleimhaut: zahl- 
reiche papilläre, infiltrierte Waucherungen. Epithelium: Plattenepithel, dick, 
ohne Verhornung; seitlich knotige Wucherungen, von polygonalen, übereinander 
gelagerten, von dicken Schichten abgeplatteten Zellen überlagert. Im hinteren 
Teile totale Sklerose der Wand. Derma von runden Zellen infiltriert, bildet 
gröfsere Vegetationen; Kanal ausgekleidet von Plattenepithelium, gestreift, in 
dichten Schichten, unregelmälsig. 

Wassermann-Hall& (1895). M., 49 J., hatte zwei Tripper. Nach dem 
zweiten Perinealabszels mit Fistelbildung, Harnröhrenverengerung im bulbösen 
Teil, welche erweitert wurde. Rezidive. Innerer Harnröhrenschnitt. Tod. 

Befund. Vordere Harnröhre normal, der bulböse Teil narbig, an der 
Verbindung des hinteren Teils mit dem häutigen ein grolses Geschwür. 

Pars spongiosa ant.: Pilasterepithelium, gestreift, nicht verhornt, subepi- 
theliale Sklerose. Hinterer Teil des Epithelium wie oben aus 10—1ö Schichten 
polygonaler, nicht gezähnter Zellen. 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 763 


Pars bulbosa ant.: Epithelium gleich, nur viele Schichten (bis 20). Der 
daselbst befindliche Fistelgang fast dasselbe Epithel. 

Das Geschwür mit grölserer Sklerose, Umgebung dasselbe Epithel. 

Wassermann (1895). M. 53 J. Vor 30 Jahren Blennorrhoe, seit 10 Jahren 
Harnröhrenverengerung mit Perinealfisteln; beim Eintritte derbe Infiltration in 
deren Umgebung. Perinealinzision, Ausschneiden des fibrösen Gewebes. Tod. 


Befund. Pars spong. ant.: Umgebung fibrös, Derma mit unregelmälsigen 
Papillen; Pflasterepitbelium ohne Verhornung. Hinterer Teil eine derbe, fibröse 
Masse ohne Unterscheidung der Wandbestandteile. Pflasterepithelium, verhornt, 
in den Lücken Anhäufung von abgeschuppten Epitbelien in der Form der Epi- 
dermiskugeln. Fisteln nicht verhorntes Epithelium. 


Pars bulbosa, vorne: erweitert, das Corp. spong. infiltriert; das Epithel 
geschichtet, verhornt, gleicht der Epidermis; basale Zellen kubisch, dann poly- 
gonale gezähnte, dann abgeplattete Zellen mit Eleidin, stellenweise in Platten 
abgeschuppt. Fisteln mit demselben Epithel ausgekleidet. Hinten: Infiltration 
der Submukosa; Epithel: Pfiasterepithel in Abschuppung. 

Wassermann-Halle (1896). M., 66 J., seit langem Strikturen. Tod 
an Pyelonephritis nach Einschnitt einer bedeutenden Infiltration des Mittel- 
fleisches, | 


Befund. Verengerung des hinteren Teiles der Pars spongiosa und des 
Bulbus. Epithel des vorderen Teiles Pflasterepithel in vielen Schichten, an der 
Basis hoch, dann mehrere Schichten gequellte Zellen, zuoberst eine dichte 
Schichte verhornter Zellen. Im hinteren Teil das Epithel ähnlich, aber nicht 
verhornt. Im fistulösen Teil des Bulbus das Epithel verschwommen, verändert, 
abschuppend; in der Fistel dasselbe Epithel, in der Umgebung Anhäufungen 
der Zellen in den Lücken. 

D'Haenens (1896). 1. Fall: Mann mit Miliartuberkulose, lymphatischem 
Habitus. Milchiger Ausflufs aus der Harnröhre, Abgang von Membranen bis 
11 cm lang aus Epithelien. Ausfluls besonders am Morgen, aber auch bei Tage 
(desquamative Urethritis). 


2. Fall: Seit Jahren Urethritis; Iymphatischer Habitus. In beiden Fällen 
wurden Einspritzungen vergeblich versucht. Dilatation und Massage erzielten 
Besserung. 


Capelin (1898). M., 32 J., hatte zwei Tripper, den letzten vor vier 
Jahren; seither Urethritis, Verengerung. Bei jedem Katheterismus Blutung. 
Der Harn enthielt viel Epithelien, Eiter, keine Gonokokken, viel Mikroorga- 
nismen. Im hinteren Teile des Meatus die Harnröhre rot, weich, 20 mm langer 
Fleck teile festsitzend, teils gestielt mit reichlicher Menge von Plattenepithel 
und in Zapfen. Die Papillen aus Epithelwucherungen und Hyperplasien. In 
der Submukosa ein reiches Kapillarnetz, ausgedehnte Papillen. Die Platten- 
epithelien mit grofsem Kerne. 

Pinkus (1905). M., 50 J., gesund, keine Tuberkulose. 

Nin. Joachim Posadas (1905) beobachtete einen Fall von Leukoplasie 
cystoskopisch. Die Heilung erfolgte unter antisyphilitischer Behandlung. Er 
kommt zu folgenden Schlüssen: Die febrile Hämaturie vesikalen Ursprungs ist 
eine der Leukoplasie eigentümliche Erscheinung; eine Form derselben beruht 
auf syphilitischer Grundlage, wie aus der Behandlung hervorgeht; bei schweren 


764 Josef Englisch. 


Blasenerkrankungen mit febriler Hämaturie, eitrigem Sediment soll man vor 
der Sectio alta die Merkurialbehandlung versuchen. Die cystoskopische Unter- 
suchung der Blase und des Sedimeutes wird die Diagnose geben. 


Literatur. 


Leukoplasie.* 


Aschner, A., Über einen neuen Fall von Urethritis membranac. desqus- 
mativa. Wiener med. Wochenschr. 1895, Nr. 35, S. 1507. 

Albarran, Les tumeurs de la vessie. Paris 1892, p. 132. 

Albarran-Hallé, Hypertrophie et Neoplasie epithéliales de la prostate. 
Ann. d. malad. d. voies génito-urin. 1900, p. 110 u. 225. 

Antal, Spezielle Pathologie und Therapie der Harnröhre und Harm- 
blase, 1888. 

Baraban, L., Sur les modifications epithéliales de l'urèthre chez l'homme 
après la blennorrhagie. Revue méd. de l'Est 1890, Juin 15. Ann. d. maladies 
des voies génito-urinaires 1890, p. 499. 

Battle, W. H., Membranous desquamative urethritis. Lancet 1893, II, 
p. 802, 5. Aug. 

Beselin, O., Cholesteatom, Desquamation im Nierenbecken bei primärer 
Tuberkulose derselben Niere. Virchows Archiv für patholog. Anatomie 1885, 
Bd. 99, S. 289. 

Bizzozero, G., Sulla struttura degli epitheli pavimentosi striatificati. 
Arch. per le science medic. 1886, V.9, p. 373. 

Blesseig, Über Xerose des Bindehautepithels und deren Beziehung zur 
Hemeralopie. Petersburger med. Zeitschr. 1866, II., S. 3842—3854. 

Bouland, Desquamation en masse de la muqueuse uröthrale. Limousin 
med. Ann. d. mal. d. voies gen.-urin. 1891, p. 668. 

Braatz, Zur Nierenexstirpation. Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie 18%, 
Bd. 4, S. 72. 

Brik, J. H., Über Leukoplakia vesic. Wiener med. Presse 1896, S. 1129. 

Brüchanow, N., Über einen Fall von sogenannter Cholesteatombildung 
in der Harnblase. Prager med. Wochenschr. 1898, Nr. 42, S. 525. 

Brügel, C., Diss. inaugur., München 1904. 

Bumm, E., Mikroorganismen der gonorrh. Schleimhauterkrankungen, 1885. 
2. Aufl., S. 56, Wiesbaden. 

Cabot, A case of cystitis which the formation of a Thiek epidermidal in 
the nect in the Bladder (pachydermia vesicae). Amer. Journ. of med. science, 
Philadelphia 1891, I,. p. 135. Ann. d. mal. d. voies gén.-urin. 1896, p. 491. 

Capellini, Journ. italiano delle malatie vencer. di pelle 1898, Fasc. 4, 
p. 502. Ann. d. mal. d. voies gén.-urin. 1900, p. 809. 

Chiari, Über sogen. Indigosteinbildung in den Nierenkelchen u. Becken. 
Prager med. Wochenschr. 1888, Nr. 50, 8. 541. 





* Im Original nicht zugänglich gewesen. 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 765 


Cohn, H., Über Xerosis conjunctivae. Habilitationsschrift 1868, s. Leber 
Le, S. 274. 

Czerny, Resektion eines Blasendivertikels. Beiträge zur klin. Chirurgie, 
Bd. 19, S. 247, 1897. 

Ebstein, H., Zur Lehre von den chronischen Katarrhen der Schleim- 
haut der Harnwege und der Cystenbildung in denselben. Arch. f. klin. Med., 
Bd. 1, 8. 63, 1882. 

Edelmann, M., Carcinoma urethrae oder einfache Epithelialhyperplasie. 
Pester med. Presse 1901, S. 330. Gyogyaszat, 1900, Nr. 35. 

Erb, W., Bemerkungen über Plaquesmembranen (Mund). Münchner 
med. Wochenschr. 1892, Bd. 39, S. 42. 

Escat, J., Leucoplasies vesicales primitive- haemorrhagiques. Intern. 
med. Congress 1900, Sect. Chirurgie, d. 4. Aug. Ann. d. mal. d. voies gén.- 
urin. 1900, p. 825.) Ann. Ecole d. med. et Pharm. d. Marseille 1904, X., p. 275. 

Feleki, H., Ein Fall von Urethritis (desquamativa) membranacea. Zen- 
tralblatt ££ Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane, Bd. 3, S. 888, 1891—1892. 

Finger, E., Beiträge zur pathol. Anatomie der Blennorrhoe der männl. 
Sexualorgane. Archiv für Dermatologie und Syphilis, Ergānzungsheft, 1890, 
S. 27, 1891, S. 1. 

Fordyce, J. A., Amer. Journ. of med. science. Philadelphia 1891, I., 
p. 135. 

Fränkel, Malakoplakie. Münch. med. Wochenschr. 1903, S. 2162. 

Gierke, Edg., Über Malakoplakie der Harnblase. Münch. med. 
Wochenschr. 1905, Nr. 29, S. 1388. 

*v. Goldenberg, New med. Journ. 1891. 

Greene, Calcification of a portion of the penile urethra. Brit. med. 
Journ. 1887, IL, p. 772. 

Grousset, Cystitis desquamativa. Thèse Lyoħ, 1898. 

Grünfeld, Der Harnröhrenspiegel. Wiener Klinik, 1877, 2. 3. Heft, S. 75. 

Grünfeld, Heidelbeerextrakt. Blätter für Hydropathie, 1891, Nr. 7, S. 118. 

Güterbock, Beitrag zur Malakoplakie. Diss. inaug., Leipzig 1905. 

Guiard, F. P., Des cystites. Ann. d. malad. d. voies gén.-urinaires 1887, 
p. 385. 

D'Haenens, Un cas d'uréthrite desquamative. Journ. méd. d. Bruxelles 
1896, No. 12, p. 147. Zentralblatt f. Krankheiten der Harn- und Sexualorgane, 
Bd. 7, S. 840. 

Hagmann, A., Über zwei besonders seltene Fälle von Harnblasenaffektion. 
Monatsbericht für Urologie, Bd. 11, S. 90, 1906. Malakoplakie, 

Hall&e-Noel, Leucoplasie et cancroides dans l’appareil urinaire. Ann. d. 
mal. d. voies gen.-urin. 1896, p. 481, 577. 

Hanau, Korrespondenzbl. f. Schweizer Arzte 1892, S. 251. 

Hancock, Diseases of urethra. Lancet, 1893, II., 303. Ein Fall von 
Leukoplasie,. 

v. Hansemann, Malakoplakie der Harnblase. Virchows Archiv für 
pathol. Anatomie, Bd. 173, S. 802, 1903. 

Hart, K., Über Malakoplakie der Harnblase. Zeitschrift für Krebs- 
forschung, Bd. 4, S. 380, 1906. 

Hauser, G., Beiträge zur Histogenese des Plattenepithelialkrebses. Zieglers 


765 Josef Englisch. 


Beiträge zur pathol. Anatomie, Bd. 22, S. 587, 1897. Virchows Arch., Bd. 141, 
S. 485, 1895. 

*Hermann, S., Über Fisteln des Urachus. Diss. inaug., Berlin 1883, 8.12. 

Heschl, Österr. Zeitschrift f. Heilkunde 1861, Nr. 17, S. 265. 

Joop, R., Keratosis der Harnröhre. Monatsschrift für Hautkrankheiten, 
Nr. 1, S. 30, 1905. 

Kaufmann, R., Zur Therapie der Leukoplasia urethralis. Münch. med. 
Wochenschr. 1904, Il., S. 1925. 

Klimeck, V., Zwei Fälle von Urethritis bebes Wiener med. 
Presse 1898, Nr. 49, a 2306. 

Kreps, M. L., Urologische Kasuistik. Petersburger med. Wochenschrift 
1902, S. 42 (Beilage Nr. 7). Zentralblatt für Krankheiten der Harn- u. Sexual- 
organe, Bd. 13, S. 629. 

Kübel, E., Eintwicklaßgsgeschichke des uropöetischen Systems. Archiv í. 
Anatomie 1896, S. 55, 106. 

Labat, Cystitis mit Bildung einer Epidermisplatte in der Blase. Amer. 
med. Journ. 1891, S. 135. 

Landsteiner-Störk, Über eine eigenartige Form der Cystitis, Zieglers 
Beiträge z. pathol. Anatomie 1904, Bd. 36. Malakoplakie. 

Leber, Th., Über die Xerosis der Bindehaut und der infiltrierten Horn- 
hautverschwärung. Graefes Journ. f. Ophthalmologie 1883, Bd. 29, S. 242. 

Lichtenstern, R., Ein Beitrag zur Metaplasie des Harnblasenepithels. 
Wiener klin. Wochenschrift 1904, Nr. 13, S. 852. 

Liebenow, E., Über ausgedehnte Epidermisbekleidung der Schleimbatt 
der Harnblase. Diss. inaug., Marburg 1881. 

Litten, Virchows Archiv f. pathol. Anatomie, Bd. 66, 1876. 

Löwenhardt, Archiv fär Dermatologie und Syphilis, Bd. 56, S. 151. 

*Löweənson, Übēr einen besonderen Folgezustand der epidermoidalen 
Umwandlung des Harnblasenepithels. Petersburger med. Zeitschr. 1862, t- 2 
p. 225. | 

Lohnstein, H., Über Leukoplasia vesicae. Monatsschrift für Urolog 
1898, Bd. 3, S. 65. 

Lubarsch, O., Über Cysten der ableitenden Harnwege. Archiv fr 
mikrosk. Anatomie 1893, Bd. 11, S. 303. 

Ludwig, H., Zur Therapie der Leukoplasia urethralis.. Münch- med. 
Wochenschr. 1904, II., S. 1748. 8 

Merklen, La Psoriasis buccalis. Ann. d. Dermatologie et de Syphilis 
1883, t. 4, p. 157. 

Michaelis, L., Guttmann, C., Über Einschlüsse in Blasentumorel. 
Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 47, S. 208, 1909. I 

Minelli, Spariüko: Über Malakoplakie der Harnblase. Archiv für 
pathol. Anatomie, Bd. 184, S. 157, 1906. 

Neelsens, F., Über einige histologische Veränderungen der chronis‘ 
Entzündung der Urethra. Archiv für Dermatologie 1887, S. 837. 

Noguös, P., Trouble des urines dü & la presence exclusive des cellules 
epitheliales. Ann. d. mal. d. voies gen.-urin. 1899, No. 6, p. 585. 

Oberländer, Zur Kenntnis der nervösen Erkrankungen am Harnpff 
rate des Mannes. Volkmanns Sammlung klin. Vorträge, Nr. 275, S. 2526. 


hen 


Über Leukoplasie und Malakoplakie. 167 


Orth, Lehrbuch der pathol. Anatomie, Bd. 2, Abt. 1, S. 190, 1893. 

Pajor, A., Urethritis membranacea desquamativa. Archiv für Dermato- 
logie und Syphilis, Bd. 21, S. 8, 1889. 

Perrin, Leukoplasies balano- pr&putiales. Medec. moderne 1898, S. 151 
und 825. 

Pinkus, W., Virchows Archiv f. pathol. Anat., Bd. 173, S. 392, 1903. 

Pitba, in Virchows spez. Pathologie und Therapie: Krankheiten der 
männlichen Geschlechtsorgane, S. 76. 

*Pollak, Arbeiten aus dem pathol. Institut zu Posen in Lubarsch. 
Wiesbaden, Bergmann, 1902. 

Pommer, Ein Falle von Epidermisierung d. Harnblase. Verhandlungen 
der deutschen pathol. Gesellschaft, 9. Jahrg., Meran, Sept. 1906, 8. 28. 

. Posadas, Nin. Joachim, Leukoplasie vesicale. Argentina medica 1905, 
Enero 71, in Annales des malad. des voies gen.-urin. 1906, I., p. 58. 

Posner, CG, Untersuchungen über Schleimhautverhornung (Pachydermia 
mucosa). Archiv f. pathol. Anatomie, Bd. 118, S. 891, 1889. 

Ravasini, C., Leukoplasia vesicalis totalis. Ann. d. mal. d. voies gén.- 
urin. 1901, p. 1367. 

Ders., Beiträge zur Leukoplasie der Blase. Zentralblatt für Krankheiten 
der Harn- und Sexualorgane 1903, Bd. 14, S. 255. 

Rayer, Traité des maladies des reius, t.3, p. 560, Paris 1841, tab. 53, 
fig. 1 et 2. 

Rheiner, H., Über den Ulzerationsprozefs im Keblkopf. Archiv f. patholog. 
Anatomie, Bd. 5, S. 532, 1852. 

Ders.. Zur Histologie des Kehlkopfes. Diss. inaug., Würzburg 1852. 

Roger, Notes sur d. vegetations epitheliales obstruant la plus grande partie 
du canal de l’uröthre. Gaz. hebdomadaire 1860, p. 555. 

Rokitansky, K., Pathologische Anatomie, 3. Aufl., Bd.3, S. 353 u. 
354, 1861. 

Röna, D., Über Epithelialverhornung der Schleimhaut der oberen Harn- 
wege. Monatsschrift f. Urologie 1901, S. 705. 

Rosenberg, S., Therapeutische Monatshefte 1888, II., S. 10. 

Rubarch, Über einen Fall von ausgedehnter Epidermisierung der Harn- 
blase. Verhandlungen der deutschen pathologischen Gesellschaft, 8. Sitzung. 
Breslau 1904, Jena 1905, S. 165. 

Schuster, Die Epithelialtrübungen der Mundschleimhaut bei Syphili- 
tischen. Archiv d. Heilkunde, Bd. 16, S. 433, 1875. 

Schwimmer, Archiv f. Dermatologie und Syphilis, Bd. 4, S. 511, 1877. 

Stockmann, F., Ein Fall von epidermoidaler Metaplasie der Harnwege. 
Zentralblatt für Krankheiten der Harn- und Sexualorgane, Bd. 13, S. 621, 1902. 

Störk, O., Beiträge zur Pathologie der harnleitenden Wege. Zieglers 
Beitr. z. pathol. Anatomie, Bd. 26, S. 367, 413, 1899. | 

Sutton, G., Fall von Harnstein mit Geschwulst der Prostata. Amer. 
med. Journ. 1840, Mai. 

Vajda, Über einige seltene Befunde bei chronischer Blennorrhoe der 
männlichen Harnröhre. Wiener med. Wochenschr. 1882, Nr. 37, S. 1097. 

Verrière, A., Deux cas de leukoplasie de la muqueuse vesicale. Lyon 
med. 1900, 23. Sept. Ann. d. mal. d. voies gön.-urin. 1901, p. 1385. 


768 Josef Englisch. 


Virchow, Über Pachydermia laryngis. Berlin. klin. Wochenschr. 1887 
Nr. 32, S. 585, und Geschwülste. | 

Wassermann-Hallé, Uréthrite chronique et retrécissement. Ann d 
mal. d. org. gén.-urin. 1894, p. 241 u. 1891, p. 148. 

White Henton, Case of renal colic attended by the passage of cats 
of the ureter. Brit. med. Journ. 1901, Jan. 5., p. 14. 

Wölfler, Über Technik und den Wert der Schleimhautübertra gungen. 
Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 37, S. 709. 

Zangenmeister, W., Über Malakoplakie der Harnblase. Zentralblatt 
für Krankheiten der Harn- und Sexualorgane 1906, Heft 9, S. 491. 

v. Zeissl, Beiträge zur Tripperlehre. Zeitschr. d. Gesellschaft d. Arzte in 
Wien 1852, Bd. 1, S. 25. 

Ziegler, E., Lehrb. d. spez. path. Anatomie, 10. Aufl., S. 834, 19032. 


Literaturbericht. 


I. Allgemeines über Physiologie und Pathologie des 
Urogenital-Apparates. 


Die balneologische Behandlung der Harnkrankheiten. Von 
Dr. Oskar Kraus-Karlsbad. (Allgem. Wiener medizin. Zeitung, 1907 
Nr. 24—27.) : 

Verf. berichtet über die Erfahrungen, die er bei der Behandlung 
von Harnkranken in den letzten 18 Jahren an dem Orte seiner Tätig- 
keit zu machen Gelegenheit hatte. Die Karlsbader Thermen sind 
nach Kr. bei Erkrankungen der Harnwege besonders deshalb indiziert, 
weil sie: 

l. von allem exquisit diuretisch wirken. Daher wirken sie elimi- 
natorisch auf solche Fremdkörper in den Harnwegen, die, wie Gerinnsel, 
Schleim, Eiter oder kleine Konkremente, per vias naturales abgehen 
können. Die Harnwege werden „gut durchspült“. Selbstverständlich 
werden hierdurch auch Mikroorganismen (Bac. coli etc.) ausgeschwemmt. 

2. Sie wirken modifizierend auf die Schleimhaut der Harnwege. 
Katarrhe leichten Grades heilen schnell, ohne Lokalbehandlung. 

3. Da die Karlsbader Thermen sowohl die Nieren- als die Darm- 
funktion energisch anregen, so ist ihre Anwendung ganz besonders in 
jenen Fällen indiziert, wo es sich darum handelt, die sogenannten uro- 
toxischen Substanzen aus dem Organismus zu eliminieren, also in Fällen 
von Prostatismus, chronischen Cystitiden u. a. und in jenen Fällen von 
Nephritis, bei denen die gastrischen Symptome prävalieren. 

4. Die Regelung der Darmtätigkeit wirkt aber auch direkt dekon- 
gestionierend auf die Organe des kleinen Beckens, also auf Blase, Pro- 
stata usw. Die durch Stagnation der Fäkalien herbeigeführten venösen 
Stasen werden durch Regelung der Darmtätigkeit und der Ekkoprose 
behoben, die tieferen Organe des kleinen Beckens entlastet. Jene Vo- 
lumszunahme der hypertrophischen Prostata z. B., die nicht bereits auf 
sekundären Degenerationsvorgängen, sondern auf kongestiver Hyperämie 
beruht — und ein Teil beruht in jedem Falle darauf — schwindet in- 
folge der geregelten Ablaufsbedingungen. 

d. Postoperativ: nach Nephrotomie, Sectio alta, Litholapaxie, zur 
Ausschwemmung der kleinen Sandpartikel, nach Prostatektomie, zur Be- 
hebung der Cystitis und Regelung der Ekkoprose, Eliminierung der 
Toxine. 

6. Kontraindiziert ist die Kalsbader Kur bei den so häufig vor- 
kommenden und so oft als einfache Cystitis oder Pyelitis ausgesprochenen 
tuberkulösen Infektionen der Harnwere. Kr. 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 50 


9 


770 Allgemeines über Physiologie u. Pathologie des Urogenital-A pparates. 


Pyocyaneusinfektion der Harnwege mit hoher Agglutinin- 
bildung für Pyocyaneusbazillen und Mitagglutination von Ty- 
phusbakterien. Von Klienberger-Königsberg. (Münch. med Wochen- 
schrift 1907, Nr. 27.) 

Die Arbeit bietet vorwiegend bakteriologisches Interesse. Die 
klinisch-urologische Seite des ihr zugrunde liegenden Falles ist nur kurz 
berührt. Es handelte sich um eine sehr hartnäckige Mischinfektion der 
Blase (und rechten Niere?) mit dem Baz. pyocyaneus und anderen Bak- 
terien. Das Blutserum des Kranken agglutinierte in hohem Grade Pvo- 
cyaneuskulturen, besonders die aus dem Harn des Pat. gewonnenen. 
woraus Verf. schliefst, dafs eine Allgemeininfektion des Körpers mit 
Pyocyaneus während des Krankheitsverlaufs stattgehabt hat. Aufserden ` 
wurden bemerkenswerterweise Typhusbazillen mitagglutiniert. 

Brauser-München. 


Zwei Fälle von Pseudohermaphroditismus masculinus bei 
Geschwistern. Von Dr. Emil Haim, Chirurg und Frauenarzt in Bud- 
weis. (Prager med. Wochenschr., 1907, Nr. 26.) 


Die ältere der beiden Geschwister, 20 Jahre alt, suchte wegen 
einer Lymphadenitis ärztliche Hilfe auf. Dabei bemerkte sie, dafs sie 
trotz ihres Alters von 20 Jahren noch keine Menstruation habe. Dies 
gab Verf. Anlafs, die Person näher zu untersuchen, und es stellte sich 
nun heraus, dafs sie einen ausgesprochenen männlichen Habitus zeigte. 
An den Genitalien fand sich eine grofse unperforierte Klitoris mit 
grolsem Präputium. Die Vagina endigte blind und war kaum für den 
kleinen Finger zugänglich. Auf der rechten Seite befand sich in der 
grolsen Schamlippe ein haselnufsgrofses, ovales Gebilde, welches Verf. 
für den Hoden hielt, was auch die später vorgenommene Operation be- 
stätigte. Dieses Gebilde lag im Grunde einer ungeführ orangengrolsen 
Vorstülpung, welche Verf. als Hernie ansah. Die Person ist weiblich 
erzogen, hat sich jedoch nie zu Männern hingezogen gefühlt. 


An der jüngeren „Schwester“, die 13 Jahr alt, waren selbstver- 
ständlich die sekundären Geschlechtscharaktere noch nach keiner Rich- 
tung hin entwickelt. Das Genitale selbst war jedoch analog dem erst- 
beschriebenen Falle mifsbildet, nur fanden sich in beiden Schamlefzen 
(Gebilde, welche Verf. als Hoden ansah. Der rechtsseitige Hode war 
bis in die grolse Schamlippe deszendiert, der linksseitige war am äulsersten 
Leistenringe zu tasten, liefs sich jedoch leicht herunterziehen. Auch 
hier fand sich eine grolse, nicht perforierte Klitoris mit grolsem Prä- 
putium und eine blindsackförmig endigende Scheide: Die Untersuchung 
per rectum ergab bei beiden Personen vollständiges Fehlen des Uterus 
und der Ovarien. 

Da die ältere der beiden Geschwister in dem hodenähnlichen Ge 
bilde inbesondere bei Anstrengungen starke Schmerzen hatte und beide 
Geschwister wünschten, als Mädchen erzogen zu werden, so wurde die 
Entfernung der hodenartigen (iebilde beschlossen. Die Operation wurde 
von v. Eiselsberg in Wien ausgeführt. 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 771 


Operation bei der Älteren: Hauptschnitt rechts parallel dem Pou- 
partschen Bande bis über das rechte Labium. Spaltung der Faszie, 
Isolierung des Samenstranges mit dem Hoden von dem aus sich ein 
strangförmiges Gebilde in das Labium fortsetzt. Der Samenstrang wird 
an seinem proximalen Ende abgetragen und der Leistenkanal durch 
Bassininähte geschlossen. Im Hoden keine Spermatozoen. Der Hoden 
entspricht der Gröfse nach dem eines männlichen Individuums im 
gleichen Alter. 

Bei der Jüngern wurde die Operation folgendermafsen ausgeführt: 
Linksseitiger Schnitt parallel dem unteren Drittel des Poupartschen 
Bandes, Entwicklung eines strangförmigen Gebildes, das als Samenstrang 
erkannt wird und mit einem Hoden zusammenhängt. Exstirpation des 
letzteren nach Ligatur des proximalen Endes des Samenstranges. Bassini- 
nähte; Faszien- und Hautnaht. Rechts das gleiche Verfahren. Die 
Hoden erweisen sich dem Alter eines männlichen Individuums ent- 
sprechend entwickelt. Der linke ist kleiner als der rechte. Spermato- 
zoen konnten nicht gefunden werden. Die Heilung erfolgte reaktionslos. 

Kr. 


Über die bakterizide Wirkung des neuen Silberpräparats 
Sophol im Vergleich zu derselben Wirkung des Protargols. Von 
Privatdozent J. W.Selenkowski. (Praktischeski Wratsch No. 24 und 25, 
1907.) 


Vor einiger Zeit hat Prof. O. Herff in seinem Aufsatz „Die Ver- 
hütung der gonorrhoischen Ophthalmo-Blennorrhoe mit Sophol“ über 
vergleichende Untersuchungen berichtet, welche er einerseits mit dem 
Sophol, anderseits mit verschiedenen anderen Präparaten, darunter auch 
mit Protargol, angestellt hatte. Herff behauptet u. a., dafs das Sophol 
weit geringer reizende Eigenschaften im Vergleich zum Protargol be- 
sitze, und doch in den nach dem Silbergehalt äquivalenten Lösungen 
ebenso bakterizid wirke, wie das Protargol, trotzdem die äquivalenten 
Sophollösungen eine 2,7 mal schwächere Konzentration darstellen, wie 
das Protargol. Diese Behauptung war es hauptsächlich, die Verfasser 
veranla/st hat, gleichfalls vergleichende Untersuchungen über die bakte- 
rızide Wirkung des Protargols und Sophols anzustellen. Das Resultat 
seiner Untersuchungen ist nun demjenigen der Untersuchungen Herffs 
geradezu entgegengesetzt. Es könne, führt Verfasser aus, nicht nur 
nicht die Rede davon sein, dafs das Sophol hinsichtlich seiner bakteri- 
ziden Wirkung dem Protargol überlegen ist, sondern man muls im 
Gegenteil das neue Präparat seinen bakteriziden Eigenschaften nach 
hinter das Protargol stellen. M. Lubowski. 


Il. Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Über die physikochemischen Verhältnisse und die Harn- 
sekretion bei Hühnern. Von Dr. Gennaro d'Errico. (Beitr. z. chem. 
Physiol. u. Pathol. Bd. 9, S. 453.) 

Untersuchungen über die Erniedrigung des Gehirnpunktes und die 


50* 


172 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


elektrische Leitfähigkeit im Harne und Blute von Hühnern und Kibitzen, 
teils unter normalen Verhältnissen, teils nach intravenöser Injektion von 
hyper oder hypotonischen Salzlösungen, aus denen im allgemeinen hervor- 
geht, dafs die Nieren der untersuchten Vögel in viel geringerem Grade 
zur Regulierung der osmotischen Verhältnisse des Blutes dienen können, 
als jene der Säugetiere, schon nach kurzer Überlastung tritt der Darm 
mit vikarlierenden Ausscheidungen ein. Malfatti-Innsbruck. 


Ausscheidung „endogener“ Harnsäure im Gichtanfall. Von 
Suetbeer-Greifswald. (Münch. med. Wochenschr. 1907, Nr. 28.) 

Verf. hat die Harnsäureausscheidung eines Gichtikers bei fleisch- 
haltiger und fleischfreier Kost, vor, in und nach dem Anfall in 
3-Stundenwerten bestimmt. Der Versuch zeigte, dafs vor einem 
Anfall die Harnsäureausscheidung durch Fleischaufnahme nicht so beein- 
flufst wird, wie beim Gesunden und dafs sie im Anfall stärker steigt 
bei völlig fleischfreier Kost. Dieser letztere Umstand spricht gegen die 
einseitige Begünstigung fleischfreier Nahrung für Gichtiker. 

Brauser -München. 


Die Herkunft der Harnsäure im Blute bei Gicht. Von Bruno 
Bloch. (Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 51, S. 472.) 

Verf. untersuchte das Blut eines 74 Jahre alten Gichtikers einige 
Tage nach einem Anfalle und fand in 200 cm? Aderlafsblut 9,7 mg 
Harnsäure. Darauf erbielt der Kranke statt der gewohnten gemischten 
Kost durch 2 Monate hindurch purinfreie Nahrung, Milch, Käse, Butter, 
Gemüse usw. Nun fanden sich in 200 cm? Blutes 8,9 mg Harnsäure. 
Die Harnsäure des Blutes bei Gicht ist also endogenen Ursprungs. Fs 
wurde nun ein längerer Stoffwechselversuch bei purinfreier Kost durch- 
geführt. Die durchschnittliche Harnsäureausscheidung betrug 0,284 5 
für den Tag. Auf Zulage von 190 g Kalbsthymus und 100 g Fleisch. 
sollte eine Harnsäurevermehrung um 0,66 g eintreten (Burian u. Schur). 
statt dessen wurde nur um 0,266 g mehr ausgeschieden, und diese Aus- 
scheidung verteilte sich auf 9 Tage; am dritten Tage erst wurde das 
Maximum mit 0,378 g Harnsäure erreicht. Am neunten Tage, als die 
Harnsäure auf das normale (0,285) zurückgegangen war, trat ein akuter 
Gichtanfall auf, und fünf Tage später ein zweiter, trotz der purinfreien 
Kost. In beiden Anfällen wurde das plötzliche Ansteigen im Anfalle 
und langsame Abklingen der Harnsäureausscheidung nach demselben 
beobachtet. Die von der Thymus- und Fleischzulage her im Körper 
verbliebene Purinmenge kann wenigstens für den zweiten dieser Anfälle 
nicht mehr als Ursache bezeichnet werden, aber immerhin ist zu beachten, 
dafs der Gichtiker die exogene Harnsäure viel langsamer und unregel- 
mälsiger ausschied, als der Gesunde. Malfatti-Innsbruck. 


Über die Bildung und die Ausscheidung der Oxalsäure bei 
Infektionskrankheiten. Von Arthur Mayer. (Deutsches Archiv für 
Klinische Medizin, 1907, Heft 3 u. 4.) 


Verfasser konnte nachweisen, dafs bei den fiebernden tuberkulösen 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 173 


Menschen eine starke Vermehrung der Öxalsäure im Harn besteht und 
dals Staphylokokken und Streptokokken in gar nicht so kleinen Mengen 
aus dem Blute Oxalsäure produzieren, eine Entstehungsweise der Oxal- 
säure im menschlichen Körper, die bisher kaum gewürdigt wurde. 

G. Zuelzer-Berlin. 


Beiträge zur Kenntnis des Mineralstoffwechsels der Phthi- 
siker. Von Arthur Mayer. (Deutsches Archiv für Klinische Medizin, 
1907, Heft 3 u. 4.) 


Kurz zusammengefafst fand M. folgende Veränderungen des Stoff- 
wechsels beim Phthisiker: 


l. Eine Verminderung der ausgeschiedenen Phosphate und eine 
Retention der Phosphate. 


2. Vermehrung des ausgeschiedenen Kalks durch den Harn bei 
gleichzeitiger Verminderung des Kotkalks: Retention von Kalk. 


3. Starke Verminderung der ausgeschiedenen Chloride. 


4. Eine relative Vermehrung der Kaliumausfuhr und eine Ver- 
minderung der Natriumausfuhr. Eine geringe Neigung, Kalium, eine 
grölsere, Natrium zurückzuhalten. | 


Es ergibt sich also aus den Untersuchungen, dafs sich Phosphor- 
stoffwechsel und Kalkstoffwechsel in einem gewissen Gegensatz befinden. 
Die Phosphorausscheidung beim Phthisiker ist verringert, die Kalkaus- 
fuhr dagegen vermehrt, wenigstens soweit der Harn in Betracht kommt. 
Mit Recht betont v. Noorden, dafs P und Ca ihren eigenen Weg 
gehen können, denn wenn Kalk vom Körper in reicher Menge abge- 
geben wird, handelt es sich nur um Substanzverschiebungen im Knochen- 
gewebe, P befindet sich aber in allen Organen des Körpers. Dazu 
kommt, dafs es überhaupt sehr schwer ist, einen gesunden Menschen ins 
P-Gleichgewicht zu bringen, während es bekanntlich sehr leicht ist, 
N-Gleichgewicht herzustellen. Es wechseln eben Zeiten starker An- 
häufung mit Zeichen starker Abgabe, wenn man nicht nur den Harn, 
sondern auch die Fäces berücksichtigt. G. Zuelzer- Berlin. 


Beitrag zur Kenntnis des Kreatins und Kreatinins im Stoff- 
wechsel des Menschen. Von Kj Otto of Klercker. (Biochem. Zeit- 
schrift. Bd. 3, S. 45.) 


Eingeführtes Kreatin und Kreatinin werden im Organismus teilweise 
zersetzt, teilweise aber treten sie, und zwar besonders leicht das Krae- 
tinin, in den Harn über. Eine Umwandlung des einen Körpers in den 
andern kommt im Organismus nicht zustande. Da nun in den gewöhn- 
lichən Nahrungsmitteln fast nur das Kreatin vorkommt, mufs das im 
Harne hauptsächlich ausgeschiedene Kreatinin nicht ein Abkömmling der 
Nahrung, sondern ein Produkt des Stoffwechsels sein, also endogen ent- 
stehen. In Übereinstimmung mit Solin hält Verf. das Harnkreatinin für 
das Produkt eines vom vewöhnlichen Eiweilsumsatz verschiedenen Eiweils- 
abbaues. Malfatti-Innsbruck. 


774 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Das Vorkommen von Pyridinmethylchlorid im menschlichen 
Harn und seine Beziehungen zu den Genufsmitteln Tabak und 
Kaffee. Von Fr. Kutscher und Al. Lohmann. (Z. f. Unters. Nahr.- 
Genufsm. 13, S. 177.) 

Im normalen Menschenharn haben Verff. Pyridinmethylchlorid auf- 
finden können, im normalen Hunde- und Katzenharn nicht. Nun wird 
nach W. His (Arch. f. exp. Pathol. u. Ther. 22, 253) verfüttertes Py- 
ridin bei Hunden methyliert und als Methylpyridilammoniumbase aus- 
geschieden; es ist anzunehmen. dafs das beim Menschen gefundene Py- 
ridinmethylchlorid den Genulsmitteln Kaffee und Tabak, die beide 
Pyridin enthalten, entstammt. Malfatti-Innsbruck. 


Studien über den Abbau razemischer Aminosäuren im Orga- 
nismus des Hundes unter verschiedenen Bedingungen. Von Emil 
Abderhalden und Alfred Schittenhelm. (Zeitschr. f. physiol. Cheniie. 
Bd. 51, S. 323.) 

Aminosäuren werden im Organismus verbrannt insofern sie Bau- 
steine der natürlichen Eiweifskörper sind, ja, sie können sogar assimilert, 
d. h. mit zum Aufbau des Protoplasma der Zellen verwendet werden. 
Die optischen Antipoden der natürlichen Aminosäuren werden dabei 
teilweise auch verbrannt, wobei an eine Assimilation natürlich nicht zu 
denken, teilweise verlassen sie als solche den Organismus. Dabei ist es 
nach den vorliegenden Versuchen mit dl-Alanin, d-Alanin, l-Alanin und 
dl-Leucin ziemlich gleichgültig, ob die körperfremden Aminosäuren für 
sich oder in razemischer Bindung mit den körpereigenen Aminosäuren 
verabreicht werden. Das ausgeschiedene Mehr an Stickstoff war Harn- 
stoftstickstoff, aufser in den Versuchen, wo die körperfremde Aminosäure 
selbst in den Harn übertrat. 


Eingabe von Thyreoideatabletten bewirkte Sinken des Körperge- 
wichtes, obne dafs der Harnstickstoff vermehrt wurde. Es verbrannten 
offenbar erst stickstofffreie (Gewebebestandteille.. Das an sich geringe 
Zerstörungsvermögen für das körperfremde l-Alanin schien unter Thy- 
reoideawirkung noch verringert zu sein. Das vollständig körperfremde 
P-Alanin verliefs den Organismus etwas langsamer als die a-Amidosäure; 
sein Stickstoff erschien erst am Tage nach dem Versuchstage, aber er 
erschien als Harnstoff: ein Beweis, wie verfehlt es ist, einfach die Harn- 
stoflausscheidung als Mats für den Eiweilsumsatz zu betrachten. 

Malfatti-Innsbruck. 


Der Nachweis toxischer Basen im Harn (IV. Mitteilung). Von 
Fr. Kutscher. (Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. öl, S.407.) 

Nachdem Verf. aus dem durch Phosphorwolframsäure und alko- 
holischer Platinchloridlösung fällbaren Harnbasengemenge drei weitere 
Substanzen erhalten konnte, lassen sich die bis jetzt erhaltenen Basen 
etwa folgendermafsen gruppieren. Methyl- und wahrscheinlich auch 
Dimethylguanidin. Ihnen nahestehend Vitiatin (Ce Da, Nal  XNovain 
(C. H, NO”, ) und Reduktonovain (C. H,. NO,), das sich zum Non 


10 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 775 


verhält, wie das Neurin zum Cholin. Die bisher genannten Körper 
haben wohl tierischen Ursprung, sei es, dals sie von den dem Tierreich 
entstammenden Nahrungs- und Genufsmitteln (Fleisch und Fleischextrakte) 
herzuleiten sind, sei es, dafs sie im intermediären Stoffwechsel sich neu 
bilden. Das Methylpyridinchlorid (C, H, N-CH, Cl) entstammt wohl dem 
Pyridin, das der Mensch beim Tabakrauchen und Kaffeetrinken sich zu- 
führt. Über die Konstitution des Mingins (C,3 Hjs N. O3?) und Gyne- 
sins (C, Hz, Na Og) liegen keine Anhaltspunkte vor, so dafs auch über 
ihre Bedeutung nichts ausgesagt werden kann. 
Malfatti-Innsbruck. 


Beitrag zur Kenntnis des in Harnsteinen vorkommenden 
Cystins. Von Emil Abderhalden., (Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 51, 
S. 391. 


Eine weitere Widerlegung der Ansicht, dafs Steincystin und Eiweils- 
cystin verschiedene Körper seien. Verf. hatte Gelegenheit 3 verschiedene 
Cystinsteine zu untersuchen. Dabei erwies sich das (übrigens tyrosin- 
freie) Steincystin sowohl seiner optischen Drehung nach, als auch nach 
den Eigenschaften seines salzsauren Dimethylesters als gleich mit dem 
aus den verschiedenen Eiweilsarten erhaltenen Cystin. 

Malfatti-Innsbruck. 


I. Bestimmung der nicht dialysablen Stoffe des Harns. Von 
Kumoji Sasaki. (Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol. Bd. IX, S. 886.) 

IL. Der Gehalt des Frauenharns an adialysablen Stoffen unter 
normalen und pathologischen Verhältnissen. Von Dr. M. Savare. 
(ibid. S. 401.) 

IL Quantitative Untersuchungen über die Ausscheidung der 
Chondroitinschwefelsäure. Von Ch. Pons (ibid. S. 401.) 


Schon P. Eliacheff (Mémoir. d. l. société de Biologie (9) 3, 1891) 
hatte gefunden, dafs der Harn etwa 0,19 g nicht dialysabler Stoffe in 
der Tagesmenge enthält. Fieberharn (Tuberkulininjektion bei Tuber- 
kulösen) war reicher an solchen Stoffen (0,234 g pro die), und diese 
selbst erwiesen sich als giftiger bei intravenöser Injektion als jene aus 
dem Harn normaler Personen. Mit Hilfe der in Hofmeisters Labo- 
ratorium erprobten Dialyse in Schilfschläuchen läfst sich die quantitative 
Bestimmung der adialysablen Stoffe des Harns schon nach 24— 36 Stunden 
durchführen, wenn dafür gesorgt wird, dafs der Rahmen, an dem die 
Dialysierschläuche hängen, mit Hilfe eines Motors fortwährend kleinen 
Erschütterungen ausgesetzt wird. — Schütteldialyse. Die nicht dialy- 
sablen Bestandteile zeigten die Eigenschaften der Chondroitinschwefel- 
säure und der Nukleinsäure. Die von Eliacheff beobachtete Giftigkeit 
konnte nicht bestätigt werdon, die Angaben über die Quantität bei 
Normalen und Fiebernden wurden aber bestätigt, doch wurden die ab- 
soluten Werte höher gefunden. 


II. Bei 20 nicht schwangeren gesunden Frauen fand sich im Mittel 
ein nicht dialysierbarer Rückstand von 0,44 g für den Liter Harn 


,L 


116 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


(0,24—0,73), bei 25 hochschwangeren betrug die Menge 0,6 g (0,3 bis 
1.15). Die recht geringe Vermehrung bei Schwangeren ist jedenfalls 
nicht auf eine vermehrte Nahrungszufuhr zurückzuführen. Versuche am 
Hunde lieferten nämlich nach längerem Hungern sogar etwas höhere 
Werte, als sie nach Fütterung gefunden wurden. Bei Albuminurie der 
Schwangeren war die Menge der adıalysablen Substanzen im enteiweilsten 
Harne nicht vermehrt, hingegen fand sich bei Eklamptischen eine sehr 
starke Vermehrung auf 2,36—6,97 g für den Liter Harn. Auch da~ 
chemische Verhalten dieser bei Eklampsie ausgeschiedenen Stoffe war 
verschieden von dem normalen; es zeigte sich Millonsche und Schwefel- 
bleireaktion, Chondroilinschwefelsäure war kaum nachweisbar. Nähere 
Untersuchungen, besonders auch in bezug auf Giftigkeit, werden in Aus- 
sicht gestellt. 

II. Die vollständige Undialysierbarkeit der Chondroilinschwefel- 
säure gibt ein Mittel an die Hand, die Ausscheidung dieses Körper- 
zu bestimmen, indem die Menge der durch Kochen mit Salzsäure darau: 
frei werdenden Schwefelsäure festgestellt wird. Normale Menschen schie- 
den im Tage ziemlich konstant cg Schwefel als Chondroilinschwefel- 
säure (0,08—0,09 gr) aus. Im Verhältnis zum Körpergewicht ist diese 
Ausscheidung bei Hunden gröfser (0),9—2,4 g bei Hunden von 4—8 Kilo) 
und bei Kaninchen noch grölser. Subkutan injizierte Chondroilinschwefel- 
säure wird vollständig durch die Niere ausgeschieden und zwar zieht 
sich die Ausscheidung durch viele Tage hin, ein Beweis, dafs diese 
Substanz nach Art körperfremder und schwer ausscheidbarer Körper im 
Organismus nicht benutzt wird; so scheint auch ihre physiologische Be- 
deutung die eines Abfallstoffes zu sein. Als qualitative Probe auf freie 
Chondroilinschwefelsäure empfiehlt es sich, den Inhalt eines Dialysier- 
schlauches nach kurzer Dialyse mit Essigsäure und nach Absetzen de: 
etwa entstehenden Niederschlages mit angesäuerter Gelatinelösung zu 
versetzen. Chondroilinschwefelsäure erzeugt dann einen Niederschlag. 

Malfatti-Innsbruck. 


Untersuchungen über den Glykogenumsatz in der Kaninchen- 
leber. (I. Mitteilung). Von Prof. Dr. Ivar Bang und d. Amanuensen 
Malte Ljungdahl u. Verner Bohm. (Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol. 
Bd. 9, S. 408.) 

Im Gegensatz zu Pavy, Dastre und andern Forschern nehmen 
Verff. auf Grund ihrer ausgedehnten Versuche die Existenz eines wirk- 
lichen intravital wirkenden Leberfermentes an, dessen Sekretion im 
weitesten Umfang von der Nerventätigkeit abhängt. Es wurde wohl- 
genährten, also glykogenreichen Kaninchen in Athernarkose die Leber 
entnommen, mit körperwarmer Kochsalzlösung blutleer gespült, in Brei 
verwandelt, und in gewogenen Mengen desselben, manchmal nach Zusatz 
überschüssigen Glykogens, die Zuckerbildung innerhalb von 4 Stunden 
untersucht. Dabei zeigte sich, dafs bei diesen Normaltieren das in der 
Leber vorhandene Ferment mit recht grofser Konstanz nur einen be- 
stimmten kleinen Teil des vorhandenen Glykogens, im Mittel Gëf, zu 
zerlegen imstande ist. Besondere Versuche lehrten, dafs es sich dabei 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. TTT 


weder um postmortale Zelltätigkeit noch auch um zurückgebliebene Reste 
einer Blut- oder Lymphdiastase handelt. Eine Reihe von Einflüssen, 
welche auch mit dem Diabetes in Konnex stehen, üben nur einen merk- 
baren Einflufs auf den Gehalt der Leber an spezifischem diastatischem 
Ferment aus. Vorerst zeigte sich, dafs Kaninchen im Sommer einen 
viel stärker wechselnden und höheren Fermentgehalt besitzen, als Winter- 
kaninchen. Diese letzteren sind grölstenteils Hungerkaninchen und 
müssen durch reichliche Fütterung in Normaltiere umgewandelt werden; 
es stellte sich heraus, dafs Hunger das Leberferment stark vermehrt; 
in analogen Versuchen wurden nicht 6,6, sondern 13°/, des teils vor- 
handen, teils aber dem Leberbrei zugesetzten Glykogens zersetzt. Es 
ist das eine experimentelle Erklärung des Hungerdiabetes, d. h. der 
Tatsache, dafs hungernde Tiere schon nach Zufuhr relativ geringer 
Stärkemengen Zucker ausscheiden. 


Auch in der Agonie, hervorgerufen durch Verbluten aus der Ka- 
rotis mit oder ohne gleichzeitiges Ausspülen der Gefälse mit physio- 
logischer Kochsalzlösung, steigt der Fermentgehalt der Leber auf das 
Doppelte des Normalen. Es handelt sich dabei um Erregung des Nerven- 
zentrums durch Asphyxie; denn auch durch Sauerstoffentziehung, die 
nicht bis zum Tode führte, trat dieselbe, ja noch gröfsere Vermehrung 
des Fermentes auf; Reizung des Nervensystems durch kalte Kochsalz- 
lösung steigerte die Fermenttätigkeit sogar auf das 4fache des normalen. 
— Erstickungs- und Kältediabetes.. Alle Versuche zeigen, dals es mit 
Hilfe der Bestimmung besonders des prozentualen Glykogenumsatzes in 
der Leber gelingt, die Menge des intravital gebildeten Fermentes zu 
bestimmen und so seine Bedeutung für den Diabetes klarzulegen, in 
drei weiteren Abhandlungen sollen die bezüglichen Untersuchungen mit- 
geteilt werden. Malfatti-Innsbruck. 


The urine in diabetes. Von A. P. Beddard. (The Practitioner, 
July 1907.) 


Um Traubenzucker mit Sicherheit nachzuweisen, empfiehlt es sich, 
folgendermalsen vorzugehen: 

1. Man stellt die Fehlingsche Probe an. Tritt keine Reduktion 
ein, so ist keine Glykosurie vorhanden. 

2. Tritt aber Reduktion ein und es sind keine charakteristischen 
Symptome für Diabetes vorhanden, so stellt man die Gärungsprobe an. 
Ist das Resultat ein negatives, so besteht keine Glykosurie; ist es ein 
positives, so kann es sich höchstens noch um Lävulosurie handeln. 

3. Wird die Fehlingsche Lösung nur in geringem Mafse reduziert 
oder ist eine rasche Diagnose nötig, so stellt man die Phenylhydrazin- 
reaktion an. 

Zur quantitativen Bestimmung des Zuckers empfiehlt B. die Proz- 
sche oder Gerrardsche Modifikation der Fehlingschen Originalmethode. 


von Hofmann- Wien. 


778 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Über den Nachweis von Zuoker im Urin vermittels der Hai- 
neschen Lösung. Von R. Schwarz-Stuttgart, Bad Mergentheim. (Münch. 
med, Wochenschr. 1907, Nr. 24.) 

Empfehlung der Methode, deren Vorzüge bereits Simrock (Re- 
ferat Seite 625 des Jahrg. 1906 des Zentralbl. für Erkr. d. Harn- und 
Sex.-Org.) gerühmt hat. Durch Beobachtung der Anzahl der Urin- 
tropfen, die zur Reaktion nötig sind, ist eine annähernde quantitative 
Bestimmung möglich. Brauser- München. 


Über Harnuntersuchungen in der Praxis und über eine für 
die Praxis geeignete Zuckerbestimmung. Von Engel-Nauheim. 
(Münch. med. Wochenschr. 1907, Nr. 26.) 

E. spricht sich ebenfalls für die Brauchbarkeit des von Grube in 
Nr. 22 der Münch. med. Wochenschr. empfohlenen Apparats zur quan- 
titativen Zuckerbestimmung aus. Die von G. als ziemlich belanglos 
erklärte quantitative Eiweifsbestimmung möchte E. nicht ganz missen. 
Freilich ergibt nur die Gewichtsanalyse richtige Resultate. 

Brauser- München. 


Clinical notes upon testing for sugar in urine. Von W.G. 
Smith. (The Practitioner. July 1906.) 

Trotz der vielen Fortschritte, welche die Chemie gemacht hat, haben 
sich die Kupfer- und die Wismutproben zum Nachweise des Zuckers im 
Urin durch über 50 Jahre erhalten. S. gibt nun verschiedene Winke, 
wie man bei Anstellung dieser Proben Irrtümer vermeiden kann. Be- 
sonders wichtig ist der Zusatz der richtigen Menge von Kupfersulphat, 
nämlich so viel, dals ein geringer Teil des gebildeten Kupferhydroxyds 
ungelöst bleibt, die J,ösung also leicht übersättigt ist. Die Kalilauge 
mufs stets vor dem Kupfersulphat zugesetzt werden. Tauchen bei der 
Anwendung der Kupferproben Zweifel oder Schwierigkeiten auf, so ist 
die Wismutreaktion anzustellen. Bei letzterer ist etwa vorhandenes Ei- 
wels vorher durch Kochen zu entfernen. von Hofmann- Wien. 


Eine expeditive Methode zum Nachweis von Galaktose und 
Milchzucker im Harn. Von Dr. Richard Bauer. (Zeitschr. f. phy- 
siol. Chemie, Bd. 51, S. 158.) 

Die Galaktose im Harn wird nach dem neuen Verfahren als Schleim- 
säure nachgewiesen. Zu diesem Zwecke versetzt man 100 cmë Harn 
mit 20 cm? — oder wenn das spezifische Gewicht höher als 1,020 ist, 
mit 25—35 cm” reiner konzentrierter Salpetersäure und dampft im 
Becherglase auf siedendem Wasserbade ab, bis der Rückstand etwa das 
Volum der zugesetzten Salpetersäure besitzt. Bei Gegenwart von Milch- 
zucker und seiner Derivate tritt dabei ein feiner weilser Niederschlag 
auf, der sich in der Kälte rasch vermehrt. Am besten nach dem Stehen 
über Nacht an kühlem Orte wird dieser Niederschlag auf gewogenen 
Filter gesammelt, mit kaltem destilliertem Wasser, dann mit Alkohol und 
Ather gewaschen, getrocknet und gewogen. Die Wägung gibt kein 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 179 


sicheres Mals für den vorhandenen Milchzucker, da nur etwa 70—80, 
manchmal sogar nur 50—60°/, der aus dem vorhandenen Zucker be- 
rechenbaren Milchsäure auch wirklich zur Wägung kommt. Doch lassen 
sich immerhin Schlüsse ziehen. Wenn z. B. die Titration oder Pola- 
risation 1°/, Galaktose anzeigen und die Wägung ergibt etwa 0,8 g 
Schleimsäure, so kann die Anwesenheit anderer Zuckerarten, etwa der 
Dextrose, sicher ausgeschlossen werden. Die Anwesenheit von Dextrose 
stört die Reaktion nicht. Malfatti-Innsbruck. 


Beiträge zur Bestimmung der reduzierenden Stoffe im nor- 
malen Harn. Von Hilding Lavesson. (Biochem. Zeitschrift. Band 4, 
Seite 40.) 

Die reduzierenden Substanzen des Harns setzen sich zusammen aus 
Traubenzucker, Promaltose und andern dextrinartigen Kohlehydraten, 
dem sogenannten tierischen Gummi, Glykuronsäureverbindungen und 
endlich Harnsäure und Kreatinin. Wird die Reduktion vor und 
nach der Vergärung bestimmt, so ergibt die Differenz den Wert für 
Traubenzucker; wird aufserdem Kreatinin und Harnsäure bestimmt, 
deren reduzierende Wirkung bekannt ist (nach Bang, Berl. klin. Wochen- 
schrift 1907, Nr. 8, reduzieren 7 Teile Kreatinin wie 4,8 Teile Trauben- 
zucker, und 10 Teile Harnsäure wie 3,47 Teile Zucker), dann lälst sich 
auch die Menge der unbekannten reduzierenden Harnsubstanzen berechnen. 
Versuche erstreckten sich auf 60 Personen, 30 Männer, 20 Weiber und 
10 Kinder. Die Gesamtreduktion des Harnes entsprach bei den Männern 
0,161— 0,437 (Mittel 0,238)°/, Traubenzucker; bei den Frauen 0,11 
bis 0,4 (Mittel 0,211)°/, und bei den Kindern 0,115—0,298 (Mittel 
0,194)°/,. Die Reduktionswerte entsprachen im allgemeinen dem spezi- 
fischen Gewichte der Harne, die gefundene Traubenzuckermenge aber 
erwies sich als unabhängig von beiden. Die Werte für die physiolo- 
gische Traubenzuckerausscheidung betrugen bei Männern 0,023 bis 
0,083 (Mittel 0,041)°/,, bei Frauen 0,01 bis 0,05 (Mittel 0,031)°/, 
und bei Kindern 0,01 bis 0,065 (Mittel OO, In einem Falle 
wurde kein Traubenzucker gefunden, niemals erreichte der Trauben- 
zuckerwert 0,1°/,. Bemerkenswert ist, dafs einzelne Harne mit selbst 
nur 0,037°/, Zucker die Almensche Wismutprobe positiv ausfallen 
liefsen, während andere mit 0,06°/, sie nicht zeigten. Es scheinen auch 
andere Körper diese Probe geben zu können, da bei den vorerwähnten 
Harnen die Probe auch nach der Vergärung positiv ausfiel. 

Was die totale Ausscheidung des Zuckers betrifft, so betrug sie 
bei Männern 0,546 g pro die (0,315—1,10), bei Frauen 0,317 g (0,166 
bis 0,592) und bei Kindern 0,262 g (0,102—0,325; ein Fall 0,720). 
Von der Gesamtreduktion macht der Traubenzucker 17,8°/, (8,4—31,0) 
aus, das Kreatinin 26,3°/, (14—34), die Harnsäure nur 7,8°/, (5 bis 
12,6); die übrigen 36—67 °/, entfallen auf die mehr oder weniger un- 
bekannten reduzierenden Substanzen. An Kreatinin wurde pro die aus- 
geschieden: von Männern 1,172 (0,607—1,93), von Frauen 0,724 
(0,455— 1,060), von Kindern 0,332 (0,107— 0,825) g. An Harnsäure: 
von Männern 0,68, von Frauen 0,502, von Kindern 0,359. 


780 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Die Methode der Reduktionsbestimmung war jene nach Ivar 
Bang (cf. diese Zeitschr. Bd. 1, S. 514). 
Malfatti-Innsbruck. 


The prognosis of transient spontaneous glycosuria, and its 
relation to alimentary glycosuria. Von T. B. Barringer und J. C. 
Roper. (Amer. Journ. of Med. Scienc. June 1907.) 

Die Verfasser hatten Gelegenheit, das Material einer der grofsen 
New Yorker Versicherungsgesellschaften zu benutzen. Von 69 in den Jahren 
1900 und 1901 zur Untersuchung gelangten Glykosurikern konnten bei 
20 im Laufe von 5 Jahren genauere Untersuchungen angestellt werden. 
Die Resultate, zu denen Verff. gelangen, sind folgende: 

l. Nach Ablauf von 5 Jahren zeigte es sich, dafs 20 Prozent der 
mit spontaner Glykosurie behafteten Personen diabetisch geworden waren: 
25 Prozent erschienen mehr oder weniger verdächtig, 55 Prozent waren 
frei von Diabetes. 

2. Acht von elf Fällen von spontaner Glykosurie, bei denen neuer- 
lich Zucker auftrat, wurden diabetisch oder diabetesverdächtig. 

3. Die durch Trauben- oder Rohrzucker bedingte alimentäre Gly- 
kosurie bietet, falls die Untersuchung regelrecht durchgeführt und in be- 
stimmten Zeiträumen wiederholt wird, eine wesentliche Unterstützung für 
die Stellung der Prognose in Fällen von spontaner Glykosurie. 

4. Alimentäre Glykosurie e sacharo ist hauptsächlich diabetischer 
Natur. von Hofmann-Wien. 


Acetonuria: its clinical significance and treatment. Von W. 
L. Brown. (The Practitioner. July 1907.) 

Die Azetonurie ist hauptsächlich das Resultat einer mangelhaften 
Oxydation der Fette, wenn die endgültige Spaltung in Wasser und Kohlen- 
säure nicht eintritt. Auch Entziehung oder Nichtausnutzung der Kohle- 
hydrate erzeugt Azetonurie. Azetonurie findet sich vor allem bei Dia- 
betes mellitus, ferner beim rezidivierenden Erbrechen der Kinder und 
beim perniziösen Erbrechen der Schwangeren, bei Gastrointestinal- 
erkrankungen, bei Bronchopneumonie und nach prolongierten Chloroform- 
narkosen. Die Behandlung hat zum Zweck, die Bildung des Azetons 
hintanzuhalten und die bereits gebildeten Säuren zu neutralisieren. Zu 
diesem Zwecke trachtet man die Fettzufuhr möglichst einzuschränken, 
verabreicht Kohlehydrate und gibt Alkalien innerlich, per rectum oder 
subkutan. von Hofmann-Wien. 


Gouty glycosuria. Von A. W. Sikes. (The Practitioner. July 
1907.) 

Dafs Beziehungen zwischen Gicht und Glykosurie bestehen, ist schon 
lange bekannt, ohne dafs wir allerdings etwas näheres über den eigent- 
lichen Ausgangspunkt dieser beiden Erkrankungen wissen. In einzelnen 
milderen Fällen zeigt sich ein gewisses Intermittieren, indem die Glyko 
surie periodisch auftritt und mit Besserung der gichtischen Erscheinungen 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 781 


einhergeht. Bei der Untersuchung des Urins mufs man sich vor Irr- 
tümern hüten, welche durch den Reichtum an Uraten, welche ja auch das 
Kupfersalz reduzieren, kenntlich sind. Die Prognose der Glykosurie ist selbst 
bei schweren Fällen eine günstigere als beim eigentlichen Diabetes. Durch 
die gegen die Gicht gerichtete Behandlung wird auch die Glykosurie 
günstig beeinflulst. Grofse Mengen stickstoffhaltiger Nahrungsmittel sind 
zu vermeiden, Alkalien leisten oft gute Dienste. Eine grofse Rolle 
spielt die Allgemeinbehandlung. von Hofmann- Wien. 


Glykosuria and life insurance. Von B. Darson. (The Practi- 
tioner. July 1907.) | 

D. bespricht zunächst die verschiedenen Reaktionen auf Trauben- 
zucker und geht dann auf die Bedeutung des Zuckernachweises für die 
Lebensversicherung näher ein. Im allgemeinen ist jede Glykosurie bei 
Personen bis zu 45 oder 50 Jahren als diabetisch anzusehen, solange 
nicht das Gegenteil erwiesen ist. Nichtdiabetische Glykosurie ist stets 
geringgradig und vorübergehend. Allerdings ist noch nicht sichergestellt, 
ob solche Glykosurien nicht zu Diabetes disponieren. Pentosen finden 
sich nur selten im Urin. Ihre Gegenwart bildet kein Hindernis für 
eine Lebensversicherung. von Hofmann- Wien. 


Über einen Fall von Coma diabeticum in graviditate. Von 
Dr. Schottelius. (Zentralbl. f. Gynäkologie, 1907, Nr. 23.) 

Der Fall betrifft eine IV para, die in tiefem Koma der Leipziger 
Universitäts-Frauenklinik überwiesen wurde. Nach Aussagen des be- 
gleitenden Ehemannes hatte die Frau sich während der Schwangerschaft 
wohl gefühlt, erst seit 4 Tagen waren Kopfschmerzen und Erbrechen 
eingetreten. Unter zunehmender Verschlimmerung des Allgemeinbefindens 
hatte sich in den letzten Tagen Benommenheit, Unruhe und schliefslich 
Bewulstlosigkeit eingestellt. Der Exitus trat in tiefem Koma, 30 Mi- 
nuten nach der schleunigst eingeleiteten Geburt, ein. Die Untersuchung 
des Harns ergab Zucker. Die pathologisch-anatomische Diagnose lautete: 
Atrophia pancreatica, Degeneratio gravis renum, Status uteri puerpe- 
ralis recens, Hyperaemia cerebri. Beim Öffnen des Leibes deutlicher Aze- 
tongeruch, Azeton auch im Blute nachweisbar. 


Der Diabetes hatte sich in diesem Falle anscheinend erst in der 
Gravidität entwickelt. Nachträglich gab auch der Ehemann an, dafs 
seine Frau in letzter Zeit auffallend häufig über Durst geklagt habe. 


Die Prognose des Diabetes in der Gravidität ist eine ungünstige 
und vor allem eine sehr zweifelhafte.e Auch die Schwangerschaft wird 
durch die Stoffwechselerkrankung recht ungünstig beeinflufst. Nur in 
etwa 66° ,, nach Fry und Partridge sogar nur 50°/,, ist der Ver- 
lauf ungestört. Infolge Absterbens der Frucht tritt häufig im 7. bis 8. 
Monate die Frühgeburt ein. 


Erreicht die Schwangerschaft ihr normales Ende, so kommen die 


Kinder durchschnittlich schlecht entwickelt und daher lebensschwach zur 
Welt: Hydrocephalus ist auffallend häufig. 


782 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Bei der ernsten und stets ungewissen Prognose des Diabetes in 
Graviditate liegt die Frage sehr nahe, ob bei diesem Leiden die Unter- 
brechung der Schwangerschaft gestattet sei. Graefe, Kleinwächter, 
Dankworth und Schade verhalten sich strikte ablehnend, Born, 
Partridge, Fellner sowie Hofmeier halten sie für gerecht- 
fertigt! 

Als Grund gegen Unterbrechung der Schwangerschaft wird ange- 
führt, dafs das gefürchtete Coma diabeticorum häufig erst während oder 
nach der Geburt eintritt, so dafs man den Partus mit seinen psychischen 
Aufregungen und körperlichen Anstrengungen geradezu als ein das Koma 
auslösendes Moment betrachtet. 

Ersparen, bemerkt Verf., kann man jedoch der Patientin das Ge- 
burtstrauma doch nicht, und bei streng aseptischer Durchführung dürfte 
die Frühgeburt kaum höhere Anforderungen an die Frau stellen als der 
rechtzeitige Partus. In Anbetracht der ungünstigen Prognose für die 
Kinder und der zweifelhaften für die Mütter, erblickt Verf. im Diabetes 
in graviditate eine Indikation zur Unterbrechung der Schwangerschaft. 

Kr. 


Nervenchok und Xanthoma diabeticorum. Von Dr. AS 
Schtscherbakow. (Russisches Journal für Haut- und venerische Krank- 
heiten, April 1907.) 

Verf. beschreibt zwei interessante Fälle, welche wiederum bestätigen, 
welche wichtige ätiologische Rolle das Nervensystem in der Entstehung 
vieler Erkrankungen, namentlich Hauterkrankungen, spielt. In dem ersten 
Falle handelte es sich um einen 28jährigen Seemann, der über Furunkeln 
an den Armen und über ein Exanthem am ganzen Körper, hauptsäch- 
lich am Rücken und am Gesäis klagte, welches juckte und bei Druck 
empfindlich war. Zeitweise stellen sich beim Patienten furchtbare Kopf- 
schmerzen ein, die ihn zur Verzweiflung bringen. Die Gemütsstimmung 
ist stets gedrückt. Die Anamnese des Patienten ist eine sehr tragische: 
Er hatte Schiffbruch gelitten und wie durch ein Wunder sich auf einem 
schwimmenden Holzstück gerettet, wobei er in bewulstlosem Zustande 
durch die Wellen auf den Strand geschleudert wurde. Der Patient er- 
krankte damals und lag lange im Fieber. An der Dorsalfläche der 
Hände zeigten sich zwei Furunkeln, von denen er den einen selbst durclı- 
stach, worauf jedoch eine Verschlimmerung mit erysipelatöser Rötung 
eintrat. Status praesens: der ganze Rücken und das ganze Gesäls sind 
durchweg mit einem linsenförmigen, blafsroten, knotenförmigen Ausschlag 
bedeckt, der bei Druck gelb wird und in kleinen Gruppen auch auf der 
Brust und ab und zu auch auf den oberen Extremitäten zu sehen ist. 
Die Untersuchung der inneren Organe ergab nichts Abnormes. Die 
Untersuchung des Harns ergab aber zweifellose glykosurische Befunde. 
Vonseiten des Nervensystems ist bis auf die heftigen Kopfschmerzen 
nichts abnormes wahrzunehmen. Die Psyche ist gedrückt, der Geistes- 
zustand jedoch normal, nur macht der Patient einen im hohen Grade 
blöden Eindruck. Die Sprache ist äufserst undeutlich, beim Sprechen 
scheint er die Worte zu verschlucken. Die Schilddrüse ist etwas ver- 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 783 


kleinert. Es sind also bei dem Patienten deutliche Anzeichen von Myx- 
ödem vorhanden, welches letztere gleichfalls mit dem heftigen Nervenchok, 
den der Patient beim Untergang des Schiffes erlitten hatte, in Zu- 
sımmenhang gebracht werden mu/s und, zu derjenigen Form von Myx- 
ödem gehört, welche von Brissaud des näheren erklärt wurde. Die 
Hauterkrankung deutet nun Verfasser in diesem Falle für Xanthoma 
diabeticorum. 


In dem zweiten Falle liegen die Verhältnisse ungefähr so wie im 
vorstehenden, mit dem Unterschiede jedoch, dafs es sich hier um einen 
Patienten handelt, dessen seelische Verfassung durch erlittene schwere 
Verluste stark erschüttert wurde. Der hochgradig abgemagerte Patient 
klagt über Furunkulose und über Ausschlag am ganzen Körper. Innere 
Organe normal. Mifsbrauch in Baccho und in Venere werden negiert. 
Auf dem Gesäfs befindet sich ein Furunkel, der eröffnet und mit asep- 
tischem Verbande verbunden wurde. Auf dem Rücken ist gruppenweise 
ein rötliches, linsenförmiges, knotenförmiges Exanthem zu sehen, welches 
bei Druck verschwindet und gelb wird. Die Untersuchung des Harns 
ergab Glykosurie, so dafs auch in diesem Falle Xanthoma diabeticorum 
angenommen werden mufste. Die Behandinng bestand in beiden Fällen 
in strenger Diät, sowie in der Verordnung von Karlsbader Salz und 
Bromkalium. 


In der letzten Zeit hat Verfasser wiederum eine Reihe von Fällen 
von Xanthoma diabeticorum mit Glykosurie bei Personen beobachtet, 
welche aus den Gouvernements stammten, in denen die Hungersnot stark 
wütete. M. Lubowski. 


The treatment of diabetes mellitus by drugs. Von A.P. Par- 
sons. (The Practitioner. July 1907.) 


P. kommt zu folgenden Schlüssen: 


L Es existiert keine spezifische Behandlung des Diabetes. 

2. Arzneimittel spielen bei der Therapie des Diabetes nur eine 
unterstützende Rolle. 

3. Das beste Präparat ist das Opium. Es kann in jedem Stadium 
des Diabetes angewendet werden, bewährt sich aber besonders in schweren 
Fällen. 

4. Salızylpräparate erscheinen besonders bei leichteren Formen an- 
gezeigt. 

5. Syzygium jambulanum kann abwechselnd mit den Salizylpräpa- 
raten angewendet werden. 

6. Bei positiver Eisenchloridreaktion erscheint die Darreichung von 
Natrium bicarbonicum in Dosen von 10.0 Gramm und mehr pro die 
angezeigt. 

T. Die intravenöse Injektion einer 3 bis 4”/, Lösung von kohlen- 
saurem Natron bietet die besten Chancen zur Wiederherstellung des 
Bewulstseins beim Coma diabeticum. 

8. Obstipation ist in allen Stadien des Diabetes zu verhüten. 

von Hofmann-Wien. 


784 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


On the action of certain drugs in the treatment of diabetes 
mellitus and chronic glycosuria. Von R. T. Williamson. (The 
Practitioner. July 1907.) 

In Betracht kommen: 

l. Opium und seine Alkafbide. Dieselben haben in manchen, be- 
sonders milderen Fällen, einen günstigen Einflufs auf die Zuckeraus- 
scheidung, lassen aber manchmal ganz im Stich. 

2. Salizylpräparate. Dieselben geben öfters günstigere Resultate, als 
die Opiumpräparate. Besonders empfehlenswert erscheint das Aspirin. 

3. Alkalien erscheinen besonders bei deutlicher Azetessigsäurereaktion 
angezeigt. W. gibt doppeltkohlensaures Natron in wiederholten Dosen 
von 2,0 bis 4,0 Gramm. Es gelingt auf diese Weise mitunter be- 
ginnendes Coma diabeticum zum Schwinden zu bringen. 

von Hofmann-Wien. 


Die Bedeutung der physikalischen Heilmittel für die -Be- 
handlung des Diabetes mellitus. Von Dr. S. Munter-Berlir ` "erl. 
klin. Wochenschr. 1907, Nr. 17.) ar 

Die Grundlage jeder Diabetesbehandlung kann stets nur eine indivi- 
dualisierende Ernährungstherapie sein, die auf der festgestellten Assimi- 
lationsfähigkeit des Kranken aufgebaut ist, alle anderen Mafsnahmen 
können nur zur Unterstützung dienen. In diesem Rahmen können die 
physikalischen Heilmittel in Form von Wärme- und Kälteapplikation, 
als Luft- und Wasserbehandlung, ferner die Elektrizität und die Be 
wegung in Form von Gymnastik und Massage von grolsem Nutzen ser. 
Hierbei ist zu beachten, dafs der Wärmereiz, wenn er nur Nervenreiz 
ist, ohne die Eigenwärme des Körpers zu erhöhen, die Oxydation hemmt, 
mit Erhöhung der Eigenwärme aber dieselbe steigert, umgekehrt der 
Kältereiz der oxydativen Vorgänge steigert, resp. hemmt. Dementsprechend 
sind je nach der Indikation im einzelnen Falle diese Heilfaktoren an- 
zuwenden, unter genauer Kontrolle der quantitativien Zu- und Ausfuhr 
des Zuckers, des Körpergewichts und des Allgemeinzustandes. Die 
Elektrizität kann aus zwei Indikationen zur Anwendung kommen, erstens 
zur Behandiung von Neuralgien und Neuritiden, in Form des galvanischen, 
faradischen oder gemischten Stromes, zweitens zur Erzeugung von Muskel- 
kontraktionen, also einer passiven Gymnastik, in Form der allgemeinen 
Körperelektrisation mit der faradischen Massierrolle oder des faradischen 
Wasserbades. Einen günstigen Einflufs auf die Zuckerassimilation hat 
die systematische Muskelbewegung; dieselbe mufs unmittelbar auf die 
Zufuhr von Kohlehydraten erfolgen; es findet eine gröfsere Zuckerver- 
brennung im Organismus statt, die zuckerzerstörende Fuaktion desselben 
und die Toleranz gegen Amylaceen wird nachhaltig günstig beeinflufst; 
in Betracht kommt das Gehen in der Ebene, das Bergsteigen und das 
Radeln, stets aber mufs die Dosierung der Muskelarbeit unter genauer 
Kontrolle der Herzleistung, der Zucker- und N-Ausscheidung erfolgen. 
Wo anstrengende Muskolarbeit kontraindiziert ist, kann sie durch Mas- 
sage ersetzt werden, wobei aber die Empfindlichkeit der Haut der 
Diabetiker zu berücksichtigen ist. Paul Cohn-Berlin. 


Gonorrhoe und Komplikationen. 


~] 
LD 
Oi 


iil. Gonorrhoe und Komplikationen. 


Die Humoral-Pathologie im Lichte der neuesten Erhebungen 
auf dem Gebiete der Bakteriologie und die Lehre der Gonorrhoe. 
Von Dr. E. J. Rotmann. (Russisches Journal für Haut- und venerische 
Krankheiten, 1907, März.) 

Der bekannte Zusammenbruch der Humoralpathologie nach dem 
Erscheinen des epochemachenden Werkes von Virchow über Zellular- 
pathologie mit der Hauptdevise: Omnis cellula e cellula hat, wie Verf. 
ausführt, eine besondere Umwälzung in den Anschauungen über die 
Pathologie der Gonorrhoe herbeigeführt. Vor Ricord, der durch Ex- 
perimente nachgewiesen hat, dafs die Gonorrhoe eine durchaus selbstän- 
dige Erkrankung ist und mit Syphilis nichts zu tun hat, waren die Vor- 
stellungen über die venerischen Krankheiten in hohem Grade verwirrt: 
veneiische Geschwüre, konstitutionelle Syphilis, Gonorrhoe und deren 
Folgen. alles wurde auf einen Haufen unter der Bezeichnung „venerische 
Infe’ .en* geworfen. Wenn man aber die Stadien jener Epoche (bis 
zu 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts) näher ins Auge falst, 
so kann man doch eine gewisse Tendenz bemerken, den „akuten Samen- 
flufs* als eine besondere Form von venerischer Infektion hinzustellen. 
Jedenfalls waren sämtliche Autoren darin einig, dals man durch Ein- 
spritzungen die gonorrhoische Infektion nicht rasch zum Stillstand bringen 
solle, da sonst eine Verunreinigung der gesunden Säfte des Organismus 
stattfinde und die venerische Infektion den ganzen Körper affıziere. Zu 
den Komplikationen, welche auf diese Weise hervorgerufen werden, zählte 
man: Entzündung der Hoden, Rheumatismus, Fieber, Entzündung der 
Lungen und der Bronchien, Erkrankung der Nerven und akutes Irresein. 
Als Ricord auftrat, vollzog sich in der Lehre der Gonorrhoe eine 
scharfe Veränderung in dem Sinne, dafs man diese Krankheit als eine 
durchaus selbständige und als eine unbedingt lokale, beispielsweise so 
wie einen Katarrh der Nasen- oder Ohrenschleimhaut betrachtete. Die 
phantastische Lehre der Verunreinigung der Säfte wurde verlassen. Im 
Stadium der Blüte der Zellularpathologie und der Entstehung der neuen 
Wissenschaft der Bakteriologie fand man besondere Mikroorganismen 
(Gonokokken), welche in der Schleimhaut der Harnröhre einen lokalen 
spezifischen Proze/s erzeugen. Mit der Zeit wurde die Ansicht, dafs die 
Gonorhoe eine lokale Erkrankung sei, etwas erschüttert, und zwar einer- 
seits durch klinische Mitteilungen, anderseits durch bakteriologische 
Erhebungen. Da aber die Lehre der ausschlielslich lokalen Bedeutung 
der Gonorrhoe innerhalb eines Vierteljahrhunderts eine tiefwurzelnde ge- 
worden war, so wurden die erwähnten Mitteilungen wenig beachtet. 
Unter anderen war es auch Prof. Seleneff, der die Gonorrhoe eher als 
akute Allgemeininfektion, dann als lokalen Prozef[s betrachtete. Bereits 
im Jahre 1897 hat er bei seiner Antrittsvorlesung an der Charkower 
Universität betont, dafs die Gonorrhoe eine Allgemeininfektion sei, was 
durch nicht selten auftretende Temperatursteigerung, Milzvergröfserung 
usw. bewiesen werde. Er hat damals auch die Prophezeihung ausge- 
sprochen, dafs die Zeit nicht mehr fern sei, wo man aufhören würde, 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 51 


786 Gonorrhoe und Komplikationen. 


die Urethritis als eine lokale Erkrankung zu betrachten. Wir sehen in 
der Tat, dafs ın der letzten Zeit unter dem Einflusse der Biochemie die 
frühere Ansicht über die Gonorrhoe sich radikal zu ändern beginnt. 
Abgesehen davon, dals jetzt jedermann die Tatsache, des Vorhandenseins 
eines Gonotoxins, welches viele lebenswichtige Organe und Gewebe (Herz, 
Bauchfell, vielleicht auch die Hirnhäute) zu affiızieren vermag, anerkennt. 
werden auch ernste Versuche einer Serotherapie der Gonorrhoe angesteilt. 
Wir sehen somit, dafs die längst verlassene alte Lehre aus der Zeit der 
Humoralpathologie von der Giftigkeit der Gonorrhoe für den ganzen 
Organismus nicht mehr so befremdend ist, wie man noch vor relativ 
kurzer Zeit dachte. Der gewaltige Unterschied zwischen den früheren 
Zeiten und der jetzigen Zeit ist dadurch bedingt, dals damals bei der 
reichen Erfahrung der Arzte der grobe Empirismus vorherrschte, während 
jetzt die praktische Medizin über aufserordentlich reiches Material ver- 
fügt, welches aus den Laboratorien hervorgegangen ist, und welches die 
praktische Medizin auf den Weg rationeller Mafsnahmen führt, die anf 
exakter wissenschaftlicher Analyse begründet sind. 


M. Lubowskı. 


Über Phosphaturie bei Gonorrhoe. Von M. Oppenheim-Wie 
(Fingersche Klinik). (Münch. med. Wochenschr. 1907, Nr. 26.) 

Die Phosphaturie und ihr vermehrtes Vorkommen bei Gonorrhoikenn 
wird verschieden erklärt. Nach der einen Auffassung handelt es sich 
um eine reine Sekretionsanomalie der Niere als Teilerscheinung der Neu- 
rasthenie, deren sexuelle Form ja bei Urethritis posterior und Prosta- 
titis chron. besonders häufig ist; nach anderen entsteht sie (in der Niere) 
reflektorisch von den peripheren Erkrankungen des Urogenitalapparats 
aus; manche betrachten sie lediglich durch die reizlose, mehr pflanzliche 
Diät vieler‘ Gonorrhoiker bedingt. 

Gegen diese Annahmen spricht: 1. die Beobachtung, dafs der Grad 
der Phosphattrübung nicht selten in der ersten und zweiten Urinportien 
verschieden ist, 2. dafs Phosphaturie ohne Neurasthenie vorkommt, 3. daf 
die Besserung der Gonorrhoe oft eine Besserung der Ph. mit sich bringt 
bei gleichbleibender Neurasthenie, 4. dafs die Erscheinung bei genorrhol- 
schen Männern viel häufiger ist als bei Frauen. 

Verf. hat nun folgende Versuche angestellt: Ein Patient entleert stark 
trüben Phosphatharn; !/, Stunde später ist der Katheterharn klar: pun 
wird die Prostata massiert: das gewonnene Sekret dem klaren Katheter- 
harn zugesetzt, erzeugt in diesem Phosphattrübung. 2. Versuch: Ent- 
leerter (5 Stunden angehaltener) Harn ist stark phosphatgetrübt; die 
Blase wird ausgewaschen bis das Waschwasser neutral reagiert; s; Stunde 
später entleert der Pat. klaren Harn. Dann wird die Prostata massiert, 
worauf der eine Stunde später durch Miktion erhaltene Urin wieder stark 
zetrübt ist. 

Auf Grund dieser Versuche glaubt Verf. wenigstens einen Teil des 
bei Gonorrhoe häufigeren Manifestwerdens der Phosphaturie damit er 
klären zu können, dafs ein in seiner Azidität verminderter Urin durch 
alkalisch reagierende Sekrete der erkrankten Hamröhrt oder der 


Gonorrhoe und Komplikationen. 787 


Prostata noch mehr an Azidität einbüfst, so dafs eine alkalische Reak- 
tion erzeugt und die Erdphosphate ausgefällt werden. Möglicherweise 
spielt auch eine vermehrte Kalkausscheidung dabei mit. 

Brauser- München. 


Über Exacerbation latenter Gonorrhoe bei Entbindung. Von 
Löwenstein. (Archiv f. Dermatol. u. Syphilis, Bd. 84, H. 1 bis 38.) 

Verfasser hat in sechs Fällen die Beobachtung machen können, dafs 
bei Frauen eine jahrelang . latent gebliebene Gonorrhoe durch einen 
Partus in das floride Stadium überging und dafs dadurch die betreffen- 
den Ehemänner aus frischer Gonorrhoe infiziert wurden. 


F. Fuchs- Breslau. 


La blennorragie rectale et ses complications. Von Bruns- 
wick-Le-Bihan (Tunis). (Revue de Chirurgie 1907. 6. p. 1103.) 

Der Tripper des Mastdarms kommt bei der muselmännischen Be- 
völkerung von Tunis oft vor. Er verläuft meist schleichend. Um 
Eiter zur Untersuchung zu erhalten, mufs man das Rektum mit dem 
Finger untersuchen. Der meist bräunliche Eiter weist viel Gonokokken 
und andere Mikroben auf. Drei Komplikationen sind nicht selten: die 
akute Perirektitis; die chronische Perirektitis, die eine Verengerung des 
Rektums vortäuscht; die gonorrhoische Striktur des Rektums, eine wahre 
parenchymatöse Verengerung, analog der syphilitischen Striktur des 
Mastdarms in bezug auf Sitz, Ausdehnung, Form, Symptome, Disposition. 

Mankiewicz- Berlin. 


Diagnostisches und Therapeutisches über den Tripper. Von 
Stabsarzt Dr. Andreas Buraczynski. (Allgem. militärärztl. Zeitung. Bei- 
lage zur „Wiener med. Presse“, 1907, Nr. 26.) 

B. berichtet über die in den Jahren 1905 und 1906 in der Ab- 
teilung für Dermatologie und Syphilis des k. u. k. Garnisonsspitales Nr. 14 
in Lemberg gemachten Erfahrungen. 

Die Diagnose auf Tripper wurde stets mikroskopisch festgestellt. 
Verf. macht speziell auf die Methode Leszezynskis, Assistenten an der 
dermatologischen Klinik Prof. Lukasiewicz’ in Lemberg, aufmerksam. 
Diese Methode eignet sich zur differentiellen Diagnostik der Gonokokken 
sehr gut, sie liefert klare Bilder und erfordert ganz kurze Färbezeit. 
Die Färbung geschieht mit Thionin- und Pikrinsäurelösung. (Näheres 
hierüber „Arch. f. Derm. u. Syphil.“, 71. Bd., 2. u. 3. Heft.) 

Das Heilverfahren bei Tripper war folgendes: 

Solange Entzündungserscheinungen vorherrschen, strenge Bettruhe, 
kalte oder Burowsche Umschläge, reizlose Kost und Regelung des 
Stuhles wegen der Verdauungsstörungen, die diese Krankheit in den 
meisten Fällen komplizieren. Innerlich werden Kopaivabalsam, und um 
den Säuregehalt des Urins zu erhöhen und den Schmerz beim Urinieren 
zu lindern, Salol oder Decoct. fol. uv. urs. et herb. herniar. aa. zweimal 
des Tares verabreicht. Sobald die starken Reizerscheinungen zurück- 

51* 


188 Gonorrhoc und Komplikationen. 


gegangen sind, wird sofort mit der lokalen Therapie begonnen. Anfangs 
des Berichtsjahres 1905 wurde bei fast allen frischen Erkrankungen mit 
Janetschen Irrigationen behandelt, und zwar mit warmen Lösungen von 
Kal. hypermang. 1:2000, später 1:1000 ein- bis zweimal täglich durch 
je 5 Tage. 

Wenn nach 10 Tagen die Gonokokken noch im Sekret zu finden 
waren, so wurde zur Behandlung mit Protargol übergegangen und gleich 
mit 1°/,iger Lösung begonnen, welche manchmal bis auf 2”, gesteigert 
wurde. Mit Janetschen Irrigationen allein konnte Verf. nur in einer 
sehr geringen Zahl (kaum 7°;, der Fälle) zum Ziele gelangen. 

Protargol bewährt sich durch prompte Heilwirkung, die Gonokokken 
schwinden nach 5— 6tägiger Behandlung und es ruft dieses Mittel auch in 
stärkeren Lösungen am wenigsten Reizerscheinungen hervor. Zur Fest- 
stellung des Urethrit. post. wurde Thompson angewendet, der jeweilire 
Morgenharn in der Zweigläserprobe untersucht. Beim stürmischen Fin- 
setzen der Urethrit. post. wird die lokale Behandlung ausgesetzt und 
nur Bettrube und interne Mittel angeordnet. Nach dem Abklingen der 
starken Reizerscheinungen haben sich Einspritzungen mit 5"/,igem Pro- 
targol als sehr wirksam erweisen. 

Bei Epididymitis wurden bei völliger Bettruhe Burowsche Um- 
schläge auf den hochgelegten Teil appliziert. Jede lokale Tripperbe- 
handlung wird ausgesetzt, bis die fulminanten Erscheinungen schwinden. 
Nach Abnahme der entzündlichen Schwellung und der Schmerzhaftigkeit 
Jodkaliumverband. Bilasenkatarrh als Komplikation des Trippers kam 
nur in wenigen Fällen zur Beobachtung, meist waren es leichte Formen. 
Behandlung mit Spülungen von Arg. nitr., daneben auch die üblichen 
inneren Mittel. Besonders hat sich innerlich Urotropin bewährt. 

Der nach dem Verschwinden der Gonokokken oft langdauernde 
Nachkatarrh wurde durch Adstringentia beseitigt. 

Bei Behandlung des chronischen Trippers wurde mit starken Lö- 
sungen von Protargol bis 3°/, und ebensolchen von Argent. nitric. ab- 
wechselnd vorgegangen, entweder mit der Spritze oder nach der Guyon- 
schen Instillationsmethode, auch Waschungen mit Ultzmanns Katheter 
wurden verwendet. Die Behandlung mufs so lange fortgesetzt werden, 
bis die Fäden im Urin nur aus durchsichtigem Schleim bestehen. 

Zum Schlusse berichtet B. übor die erfreuliche Tatsache des Zurück- 
gehens der Geschlechtskrankheiten, speziell der Trippererkrankungen im 
Jahre 1906 gegen das Vorjahr und das neuerliche Sinken der Zitter 
dieser Erkrankungen im laufendem Jahre. Es ist dies der Erfolg der 
vom Reichskriegsministerium angeordneten Belehrungen über die Ge 
fahren der Geschlechtskrankheiten und der prophylaktischen 3" „igen 
Albargineinspritzungen. Kr. 


Über örtliche und innerliche Behandlung đer Gonorrhoe. 
Von A. Neisser. (Med. Klinik Nr. 14, 1907.) 

N. begründet und vertritt in energischer Weise seinen bekannten 
Standpunkt der lokalen, desinfizierenden Behandlung der (ronorrhoe. 
deren Zweck es ist, durch möglichst frühzeitige Ableitung der Gono- 


Gonorrhoe und Komplikationen. 789 


kokken den Krankheitsprozefs abzukürzen und gefahrloser für den Patienten 
und seine Mitmenschen zu gestalten. Er injiziert auch bei akuter In- 
fektion so früh wie möglich und verwendet das Protargol, dem er je 
nach der Konzentration ein gewisses Prozentverhältnis von Antipyrin 
zusetzt. Die Technik der Injektion hält er für sehr wichtig und gibt 
eine genaue Beschreibung des Verfahrens ebenso seines Vorgehens bei 
Fällen, die die desinfizierende Behandlung nicht vertragen. So ener- 
gisch N. für die lokale Silberbehandlung mittels Injektion eintritt, 
ebenso entschieden wendet er sich gegen die interne Therapie der Bal- 
samica, von denen nach seinen Untersuchungen kein einziges eine ab- 
tötende Wirkung auf die Gonokokken auszuüben imstande ist, weder das 
Gonosan, noch das Santyl, noch das Arrhovin. Sie sind nur brauchbar 
zur Beseitigung störender Symptome, nie zur Beseitigung der Krankheit, 
deshalb „fürchtet“ er, wie er sich ausdrückt, ihre Anwendung aus tak- 
tischem Grunde, da oft die Beseitigung der Symptome für Heilung ge- 
halten wird. Die Anpreisungen der internen Mittel durch Fabrikprospekte 
und gefällige Referate hält er für direkt schädlich und hat sie in öffent- 
lichen Protesten bekämpft. Für eine rationelle Behandlung der Gonor- 
rhoe ist die antibakterielle Therapie stets unumgänglich notwendig, die 
Balsamica können zwar mit Vorteil angewandt werden, sind aber entbehrlich. 
M üller- Dresden. 


Considerations gön6erales surletraitement de la Blennorrhagie. 
Von Dr. J. Janet-Paris. (Fol. Urolog. Heft 1.) 

Die allgemeinen Betrachtungen über die Behandlung der urethralen 
Blennorrhagie gipfeln in dem Erfahrungssatze, dals die Behandlung um 
so leichter, je weniger heftig die Infektion ist. Die Patienten (besser 
doch alle diejenigen, welche sich eine gonorrhoische Infektion zuziehen 
können, wenn sie also noch nicht erkrankt sind; der Referent) sollen 
dahın unterrichtet werden, dafs sie bei dem ersten Anzeichen einer 
Ansteckung ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. 

Jede Verletzung der Harnröhre bei Untersuchung und Behandlung 
ist sorgfältigst zu vermeiden. Storch-Berlin. 


Über Erfahrungen mit der antiseptischen Gonorrhoetherapie 
in der Praxis. Von Paul Neisser. (Archiv f. Dermatol. u. Syphilis, Bd. 84, 
H. 1 bis 3.) 

Verfasser schildert die von ihm zur Anwendung gebrachte Behand- 
lungsmethode, die ihm in 500 Fällen von Gonorrhoe stets gute Dienste 
geleistet hat. Er beginnt sofort mit den Injektionen, von denen die 
eine des Abends vorgenommen stets von prolongierter Dauer sein muls. 
Als Injektionsmittel verwendet er Arg. nitric., Argentamin, Argonin und 
Protargol, indem er mit den schwächsten Lösungen beginnend zu stärkeren 
Konzentrationen fortschreitet. 

Bei eingetzender Urethritis posterior, Cystitis, Epididymitis und 
Prostatitis setzt Verfasser die Injektionen fort und heginnt bei Prosta- 
titis alsbald mit vorsichtiger Massage. Die Urethritis posterior und 


790 Gonorrhoe und Komplikationen. 


Cystitis behandelt er mit Guyons Instillationen von !—2"., Arg.nitric. 
Der internen Therapie der Gonorrhoe legt er geringe Bedeutung bei. 


F. Fuchs-Breslau. 


Die interne und die lokale Behandlung der akuten Gonorrhoe 
in urethroskopischer Beleuchtung. Von Dr. Paul Asch, Privatdoz. 
d. Univ. Straisburg. (Fol. Urolog. Heft 1.) 

A. behandelte zu gleicher Zeit eine Reihe von Fällen, welche an 
einer unkomplizierten gonorrhoischen Urethritis anterior litten, in ver- 
schiedener Weise. Eine Serie nur innerlich (Santal Midy, Gonosan, Santal 
Monal mit Metlıylenblau, Santyl Knoll); eine zweite innerlich und lokal. je- 
doch so, dafs sich die Patienten selbst Einspritzungen mit der gewöhn- 
lichen Tripperspritze (6 ccm Inhalt) machten; eine dritte Serie wurde 
mit Janetschen Spülungen, welche aber von A. selbst appliziert 
wurden, behandelt. Der Verlauf war nun der, dafs bei denjenigen 
Patienten, welche sich selbst Einspritzungen machten, der gröfste Prozent- 
satz von Urethritis post. eintrat. Auch bei den mit inneren Mitteln 
allein behandelten Fällen waren Komplikationen mit Urethritis post. 
häufig. Am besten bewährt zur Beseitigung der Infektion haben sich 
die Janetschen Spülungen der vorderen Harnröhre, — von sachkundiger 
Hand ausgeführt! — Verf. macht die ersten 14 Tage 2 mal tägl. von 
einer Lösung !/ ooo — !/ioo0 Kali hyperm., später Albargin Y/ono — */ 10m 
die Auspülung. Zur Beurteilung der Frage nach der definitiven Heilung 
mufs die urethroskopische Untersuchung zusammen mit dem mikroskopi- 
schen event. kulturellen Aufsuchen von Gonokokken malsgebend sein. 

Storch-Berlin. 


Einiges zur Frage der Behandlung der männlichen akuten 
Gonorrhoe. Von Borzcezki. (Archiv f. Dermatologie u. Syphilis, Bd. 84, 
H. 1 bis 3.) 

Verfasser hält die frühzeitige Behandlung der frischen Gonorrhoe 
mit Argentumverbindungen für die beste Methode, nur bei stark aus: 
geprägten Entzündungserscheinungen zieht er ein exspektatives Verhalten 
vor. Er läfst bei diesem Befunde nicht eher Injektionen machen, bis 
das akute Stadium vorbeigegangen ist. Bei der Gonorrhoea anterior et 
posterior acuta hält er jede lokale Behandlung für kontraindiziert. 

F. Fuchs-Breslau. 


Zur Abortivbehandlung der Gonorrhoe. Von Lion. (Archiv f. 
Dermatol. u. Syphilis, Bd. 84, H.1 bis 3.) 

Verfasser tritt energisch für die Abortivbehaudlung ein, die er je- 
doch nicht mit hochprozentigen Lösungen, sondern mit einer ?/, °: igen 
Protargollösung vornimmt. Die Anterior wird mittelst eines Irrigator: 
von l Liter Inhalt bei einer Druckhöhe von 1 bis 1!/, Meter an den 
beiden ersten Tagen täglich zweimal, an den übrigen Tagen einmal ge- 
spült. Der Vorteil dieser Therapie vor den mit stärkerer Konzen- 
tration arbeitenden Methoden besteht darin, dafs Reizungen und lang- 
dauernde Nachkatarrhe mit Sicherheit vermieden werden. 


F. Fuchs- Breslau. 


Penis und Harnrölıre, 791 


IV. Penis und, Harnröhre. 


Beiträge zur Histologie, mikroskopischen Anatomie und Ent- 
wicklungsgeschichte des Urogenitalkanals des Mannes und seiner 
Drüsen. Von Dr. Alexander Lichtenberg-Heidelberg. (Anatomische 
Hefte, Bd. 31, H. 1, 1906.) 


Das Epithel der Pars cavernosa besteht aus zylindrischen (prisma- 
tischen) Zellen. Die Schichtung ist in den verschiedenen Abschnitten 
eine verschiedene, und zwar ist das Epithel kranial von der Einmündungs- 
stelle der Cowperschen Drüsen sicher einschichtig, mit meist zweizeiligem 
Typus der Kernanordnung, während kaudal von der Einmündungsstelle 
der Cowperschen Drüsen Vielzeiligkeit des Epithels besteht (wahrschein- 
lich verbunden mit Erhaltung des einschichtigen Charakters). 

Die Drüsen der Pars cavernosa urethrae gliedern sich in drei Ka- 
tegorien: l. subepitheliale tubuloalveoläre Drüsen. Die Jugend- 
formen derselben liegen vielfach intraepithelial; in Verfassers Material 
besitzen sie aber stets eine, wenn auch häufig sehr feine Kommunikation 
mit dem Harnröhrenlumen. L. fafst sie als progressive Bildungen auf, 
welche im entwickelten Zustand frei in die bindegewebige Unterlage des 
Epithels hineinragen, aber dabei noch immer klein und der Epithel- 
grenze benachbart sind: subepitheliale Lage. Höchstwahrscheinlich er- 
reichen nicht alle Jugendformen dieser Kategorie eine so hohe Ausbil- 
dung: vielmehr gleichen sich die meisten schon nach Erreichung der 
intrsepithelialen Vorstufen aus, indem sie sich mit breiter Kommuni- 
kation öffnen und so in das Niveau der Schleimhaut hineingeraten. 
Diese Drüsenart findet sich über die ganze Pars cavernosa ziemlich 
gleichmälsig verteilt. 2. Drüsenartige Buchten. Dieselben besitzen 
einen irregulären Bau, in typischen Fällen ein den vorigen ähnliches 
Epithel und sind wahrscheinlich viel deutlicher entwickelten (als Schleim- 
drüsen erkennbaren) Bildungen bei anderen Wirbeltieren homolog. Sie 
kommen nur in dem proximal von der Einmündung der Cowperschen 
Drüsen gelegenen Abschnitt der Pars cavernosa vor. 3. Submuköse 
Drüsen. Dieselben ragen zum Unterschied gegenüber Gruppe 1 und 2 
bis in die Submucosa der Schleimhaut vor. Sie kommen nur in dem 
distal von der Einmündung der Cowperschen Drüsen gelegenen Abschnitt 
der Pars cavernosa vor. ` | 

Beim Relief der Harnröhrenwand innerhalb der Pars cavernosa unter- 
scheidet Verf. Hauptrinnen und Hauptfalten, ferner Rinnen 1., 2. und 3. 
Ordnung und die ihnen entsprechenden Falten 1. und 2. Ordnung, so- 
wie Leisten (den Falten 3. Ordnung entsprechend). Auf der Aufsen- 
seite des Epithels erscheinen die Falten als Einschnitte, die Rinnen als 
Vorsprünge. Unter Berücksichtigung dieser Nomenklatur ergeben sich 
folgende Besonderheiten: 1. Proximal von der Einmündungsstelle der 
Cowperschen Drüsen finden sich Hauptrinnen, Rinnen 1., 2. und 3. Ord- 
nung und diesen entsprechende Falten resp. Leisten. 2. Distal von 
der Einmündungsstelle der Gowperschen Drüsen kommen nur Hauptrinnen 
und Rinnen 1. Ordnung vor, sowie diesen entsprechende Falten. 3. An 
den Enden der Falten finden sich blindsackartige Erweiterungen, welche 


192 Penis und Harnröhre. 


quantitativ sehr verschieden entwickelt sein können, aber über die ganze 
Ausdehnung der Harnröhrenschleimhaut innerhalb der Pars cavernosa 
verteilt sind. Die gröfsten liegen an der oberen Wand nach dem 
Dorsum penis zu und entsprechen den Morgagnischen Lakunen der 
Autoren. 4. Die Richtung der Rinnen und Falten ist im allgemeinen eine 
dem Verlaufe der Harnröhre parallele. Bei den Hauptrinnen und -falten 
gibt es hiervon keine Ausnahme, bei den Rinnen und Falten 1. Ordnung 
kommen an den Enden gelegentlich kleine Abweichungen vor, bei derjenigen 
2. Ordnung sind dieselben häufiger, die Rinnen 3. Ordnung und die sie 
begrenzenden Leistchen verlaufen regellos, ebenso häufig schräg und quer, 
wie in der Längsrichtung. 5. Die Hauptrinnen und -falten erstrecken 
sich wahrscheinlich durch die ganze Länge der Pars cavernosa, alle 
übrigen haben nur einen beschränkten Verlauf, und zwar sind sie um 
so kürzer, je niedriger ihre Entfaltung ist. 6. Die Rinnen 3. Ordnung 
des proximalen Teils der Harnröhre weisen partiell einen von der übri- 
gen epithelialen Deckschicht der Schleimhaut abweichenden Epithelüber- 
zug auf: drüsenartige Buchten. Alle Blindsäcke und die zu ihnen ge- 
hörigen gröfseren Repräsentanten dieser Art, Lacunae Morgagni, besitzen 
gewöhnliches Deckepithel und keine konstanten Beziehungen zu Drüsen. 
7. Ein Ausgleich der Falten der Harnröhrenwand ist nur in beschränk- 
tem Malse möglich, und nach einem solchen bilden sich immer wieder 
dieselben Falten, die vorher bestanden. Das feinere Relief des proxi- 
malen Teiles der Pars cavernosa (Rinnen 3. Ordnung) und die Lakunen 
sind stationär. M. Lubowski. 


Über die Behandlung von karzinomatösen Neubildungen des 
Penis mit Radium. Von Privatdozent W. N. Heinatz-Petersburg. (Russki 
Wratsch 1907, No. 10.) 


Verfasser hat 19 Patienten mit Karzinom der Haut, der Schleim- 
häute und der Drüsen mit Radium behandelt, wobei die Patienten von 
14 Tagen bis zu zwei Jahren unter seiner Beobachtung blieben. Es 
waren durchweg vernachlässigte, inoperable Fälle. Das Radium wurde 
in einer Qnantität von 75—50 mg in ein Ebonitkörbehen auf ver- 
schiedene Teile der Neubildung gelegt und je nach der Quantität des 
Radiums 15 Minuten bis eine Stunde liegen gelassen. Jede Applikation 
bezweckte, eine Aufsaugung eines zirkumskripten Teiles der Neubildung 
hervorzurufen, ohne den benachbarten Geweben Schaden zuzufügen, und 
eine Ulzeration herbeizuführen, was in der Mehrzahl der Fälle auch ge- 
lang. Nur selten mufste man das Radium auf dieselbe Stelle zum 
zweiten Mal applizieren. Unter dem Einflufs des Radiums trat Re- 
sorption dor karzinomatösen Infiltrationen ein. Die Ulzerationen ver 
narbten, und die Geschwülste schrumpften zusammen. Die Wirkung des 
Radiums war rein lokal und auf die Gröfse der Öffnung im Ebonit- 
körbehen, durch welche die Emanation des Radiums stattfand, beschränkt. 
Die Tiefenwirkung des Radiums beträgt zirka l cm. In den ersten 
Tagen der Applikation des Radiums wird die Neubildung rot und em- 
pfindlich, darauf entsteht auf der Haut eine festsitzende Borke, nach 


Penis und Harnröhre. 793 


deren drei bis vier Wochen später erfolgender ERSEESS eine oberfläch- 
liche Narbe zurückbleibt. 

Unter zahlreichen anderen günstigen Erfolgen ist es Verfasser auch 
gelungen, in zwei Fällen von Karzinom des Penis fast vollständige Re- 
sorption der Infiltration und Vernarbung des Geschwürs zu erzielen. In 
dem einen Falle lag Affektion der Leistendrüsen vor, die mit den Ge- 
fäfsen und der Haut bereits verlötet waren. Unter dem Einflusse von 
wiederholten Radium-Applikationen zerfielen diese Drüsen und verwan- 
delten sich ın einen Abszefs, der eine Fistel zurückliefs. Bei Karzinomen, 
die noch operiert werden können, rät Verfasser, das Radium nicht anzu- 
wenden, um nicht den Zeitpunkt der Operation zu versäumen. In den- 
 Jenigen Fällen, in denen die Exstirpation der Neubildung mit dem Messer 
wegen zu starker Ausbreitung des Prozesses und wegen Affektion der 
inneren Organe nicht angängig ist, kann die Radium-Behandlung nach 
den Beobachtungen des Verfassers eine Resorption der oberflächlichen 
Infltrationen und Verheilung der Ulzerationen bewirken und dadurch 
das Leben der Kranken bedeutend verlängern, in besonders günstigen 
Fällen sogar vollständige Heilung geben. M. Lubowski. 


A lecture on circumcision as a rite and as a surgical ope- 
ration, Von J. Bland-Sutton. (Brit. Med. Journ. June 15. 1905.) 

Der erste Teil des Aufsatzes ist historischer Natur und bietet 
manches interessante. Im zweiten Teilo betrachtet B. die Zirkumzision 
vom chirurgischen Standpunkte, vor allem als Therapie der angeborenen 
und akquirierten Phimose. Bei dieser Gelegenheit geht er auf die 
embryonale Entwicklung des Präputiums näher ein. Ferner macht er 
auf die durch Phimose hervorgerufenen Erscheinungen, wie Balanitis usw., 
aufmerksam und beschreibt einige interessante Präputialsteine. Zum 
Schlusse macht der Autor noch auf die mitunter im Anschlusse an die 
rituelle Beschneidung auftretende Impftuberkulose, respektive Syphilis 
aufmerksam. von Hofmann- Wien. 


Zur Frage der Behandlung der traumatischen Rupturen der 
Harnröhre beim Manne. Von Dr. Semenow. (Wratschebnaja Gazetta, 
1907, No. 18.) 

Auf Grund von 31 einschlägigen Fällen gelangt S. zu dem Schlusse, 
dafs als beste Operation bei Rupturen der Harnröhre die Resektion der- 
selben mit Anlegung einer Naht betrachtet werden mufs. Die Urethro- 
tomie gibt gleichfalls unmittelbar nach der Operation gute Resultate, 
wird aber häufig von konsekutiver Strikturbildung begleitet. 

M. Lubowski. 


On the radical cure of urethral stricture by internal urethro- 
tomy. Von J. Macmunn. (Brit. Med. Journ. June 15. 1907.) 

M. ist der Ansicht, dafs es im allgemeinen besser ist zu viel, als 
zu wenig zu schneiden. Im allgemeinen macht er die Inzision etwas 
gröfser, als die normale Kapazität der Harnröhre beträgt. Der Schnitt 


794 Penis und Harnröhre. 


soll bei Strikturen vor dem Bulbus in der Regel an der oberen. bei 
im oder hinter dem Bulbus gelegenen, an der unteren Wand vorge- 
nommen werden. Unmittelbar nach der Inzision führt M. eigenartig 
geformte Sonden ein, welche die Ränder der Wunde auseinanderziehen. 
In der Nachbehandlung spielen aufser den Sonden antiseptische Salben 
eine grolse Rolle. Die Sonden sollen nur eine halb so starke Krüm- 
mung haben, als gewöhnlich und nur durch die Striktur, nicht aber bis 
in die Blase geführt werden. von Hofmann- Wien. 


Das Epitheliom der männlichen Harnröhre. Von Prof. Dr. 
Josef Englisch-Wien. (Fol. Urologica Heft 1.) 

Verf. weist auf die grolse Seltenheit dieser Erkrankung hin. Unter 
4000 Fällen von Erkrankungen der männlichen Harnröhre der eigenen 
Klinik waren nur 3 Fälle von Epitheliom der Harnröhre festzustellen. 
Englisch berichtet über zwei eigene und 46 gesammelte Beobachtungen: 
zunächst Beweis genug für das seltene Vorkommen des Epitheliom der 
Harnröhre. Wenn man aber, sagt Verf., eine grofse Anzahl von Prin: 
raten periurethraler Abszesse vergleicht, so findet man, dafs anscheinend 
nur entzündliche Prozesse denen karzinomatöser gleichen. Bei regel- 
mäfsig ausgesuchter mikroskopischer Untersuchung würden sich noch oft- 
mals Epitheliome feststellen lassen. Der geringe Prozentsatz des Vorkommen: 
würde dadurch etwas mehr erhöht. 

Als Entwicklungsbedingung wird 1. eine gewisse Disposition. 2. die 
Einwirkung eines Reizes angenommen. Hierin stimmen die klinischen 
Beobachtungen mit den pathologisch-anatomischen ziemlich überein. Alle 
Beobachtungen sind sich ferner darin einig, dafs der Ausgangspunkt de: 
Epithelioms das Epithel ist 1. als embryonale Verlagerung, 2. aus me 
chanisch abgetrennten und anders wohin abgesetzten Epithelien — der 
losgetrennte Keim darf dabei aber seine Lebens- und Fortpflanzung:- 
fähigkeit nicht eingebüfst haben, 3. durch Umwandlung des gewucherten 
Epithels (Leukoplasie) in Krebszellen, 4. durch Übergang gutartiger Neu- 
bildungen in bösartige, 5. am seltensten ohne vorhergegangene Veränderung 
der Schleimhaut. 

Unter den 48 von E. angezogenen Fällen war der jüngste Patient 
22 Jahre alt. Die meisten Erkrankungen fanden sich im Alter von 
56 bis 60 Jahren. Als ätiologisches Moment für die Entwicklung des 
Epithelioms läfst sich 1. voraufgegangene Entzündung, 2. Trauma, 
3. keine bestimmte Ursache nachweisen. Die beiden ersten sind über- 
wiegend, so dafs Verf. sagt: „Die entzündliche Reizung und Wuche- 
rung des Harnröhrenepithels bildet die wesentlichste Ursache der Epi- 
theliome.“ 

Der häufigste Sitz dieser Neubildung ist an der Pars bulbo-mem- 
branacea. 

Da es im Interesse des Patienten liegt, dafs die Diagnose so früh 
als möglich gestellt wird, so ist auf zwei Dinge besonders zu achten, 
l. auf den Eintritt von Harnbeschwerden respektive bei schon be- 
stehenden auf Steigerung derselben; 2. auf Geschwulst- und Fistel- 
bildung. 


Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 795 


Unentbehrlich für die Sicherstellung der Diagnose und namentlich 
für das frühzeitige Erkennen ist die Endoskopie und Mikroskopie. Vor- 
geschrittene Fälle haben nur Aussicht durch Emaskulation geheilt zu 
werden. Storch-Berlin. 


Syphilides papuleuses suintantes dans lurèthre masculin. 
Von Dr. Edouard d’Haenens, Chef de Service adjoint au Service des 
voies urinaires de la „Central Clinic“ d’Anvers. (Fol. urol, Heft 1.) 

Verf. beschreibt einen — bisher in der Literatur noch nicht er- 
wähnten — Fall von nässenden syphilitischen Papeln in der Harnröhre. 
Die Diagnose wurde zufällig herbeigeführt und sichergestellt, weil der 
betreffende Patient zugleich typische syphilitische Plaques muquenses 
auf der Zunge hatte. Syphilitische Papeln in der Harnröhre können 
chronische Gonorrhoe vortäuschen. Therap. spezifische Kur. 

Storch-Berlin. 


Die Irrigations-Urethroskopie. Von Dr. Hans Goldschmidt- 
Berlin. (Mit 5 Fig. im Text.) (Fol. urol. Heft 1.) 

Dafs die Urethroskopie durch das von H. Goldschmidt konstru- 
ierte Endoskop eine wesentliche Förderung in der richtigen Beur- 
teilung der Krankheiten der Harnröhre — namentlich der hinteren! — 
erfahren, weils jeder, der Gelegenheit gehabt, mit diesem Instrumen- 
tarium zu arbeiten. Verf. beschreibt nun in eingehender Weise sein 
Endoskop für die vordere, wie auch das für die hintere Harnröhre, und 
gibt auf zwei Tafeln recht anschauliche photographische Aufnahmen 
einzelner Abschnitte derselben. Die Beschreibung und Handhabung 
des Instrumentes sind besser im Original nachzulesen. 


Storch- Berlin. 


V. Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


Druckschmerzhaftigkeit des Hodens bei Nierensteinen. Von 
A. Bittorf, Assistent der Strümpelschen Klinik. (Münch. med. Wochen- 
schrift 1907, Nr. 28.) 


Verf. konnte in mehreren Fällen von Nierensteinschmerzen während 
des Anfalls eine aufserordentlich erhöhte Empfindlichkeit des gleich- 
seitigen Hodens selbst bei geringem Druck nachweisen, die mit Auf- 
hören der Kolik schwand, bei chronischem Verlauf in geringerem Mafse 
dauernd bestand. In einem Falle von Nierentumor, bei verschiedenen 
schmerzhaften Nephritiden, bei isolierter Blasentuberkulose fehlte das 
Symptom. Bei einer Frau mit Nierensteinkolik war das entsprechende 
Ovarium hochgradig druckempfindlich. Von Bedeutung erscheint das 
Symptom namentlich bei der Differentialdiagnose gegenüber Gallenstein- 
koliken und gewissen Dickdarmaffektionen. Brauser-München. 


Undescended testicle. Von R. A. Barr. (Americ. J. of Surg. 1907, 
Seite 7.) 


Ein nicht herabgestiegener Hoden ist abgesehen von den ersten 


796 Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


Lebensjahren ziemlich selten. Der nicht deszendierte Hoden unter- 
scheidet sich bei Kindern nur wenig von einem normalen, dagegen fehlt 
ihm bei Erwachsenen die Spermatogenese, während die innere Sekretion 
bei ihm anscheinend unverändert ist, auch scheint er leichter zu altem. 
Der nicht herabgestiegene Hoden ist Schädigungen viel mehr und leichter 
ausgesetzt als einer in normaler Lage, er ist Entzündungen eher zugäng- 
lich, Stieldrehungen kommen bei ihm häufiger vor, er hat grölsere Nei- 
gung zu maligner Degeneration, ferner kompliziert er Hermien oder dis- 
poniert zu Hernien. Aus diesen Gründen ist es ratsam, diese Anomalie 
zu behandeln speziell bei Monokryptorchismus. In Anbetracht kommen 
nur chirurgische Eingriffe und zwar in erster Linie die Orchidopexie, 
die darin besteht, dafs man den Hoden im Hodensack fixiert. Am 
meisten empfehlenswert ist nach B.s Ansicht das Verfahren von Bevan 
(beschrieben im Arch. f. klin. Chirurg. 72. Bd., 4. Heft). Doch mais 
er der Ansicht Bevans, dafs der Processus vaginalis das Haupthinder- 
nis ist, um den Hoden beweglich zu machen, widersprechen., Er hat es 
nicht für nötig gefunden, die Vasa spermat. zu durchtrennen. Jedenfalls 
kann dies den Grund für eine Atrophie des Hodens nicht viel bilden. 
Viel schädlicher scheint das Vernähen der Muskeln um den Samenstrang 
zn sein, wodurch eine venöse Stauung hervorgerufen wird. Am besten 
operiert man zwischen dem 10. und 12. Lebensjahre. Nach dem 15. 
Lebensjahre und je älter das Individuum ist, um so geringer sind die 
Aussichten auf Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Hodens durch die 
Orchidopexie. In diesen Fällen ist am besten die extraperitoneale 
Fixierung des Organs in der Bauchhöhle, die man eventuell mit einer 
Hernienoperation vereinigen kann. Nur ausnahmsweise, wenn die beiden 
andern Operationen nicht möglich sind, anderseits aber ein chirurgischer 
Eingriff indiziert ist, sollte man sich zur Kastration entschlielsen. 


R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Su di un caso di tubercolose del testiculo con inversione 
anteriore totale (inversione a fionda). Von Giovanni Razzoleoni. 
(La Clinica moderna. 1907. 8, pag. 149.) 


In die chirurgische Klinik zu Bologna kam ein 21 jähriger Brun- 
nenbauer, der früher nach einem Fall an einer unbekannten, mehrfach 
operierten Affektion des linken Fufsgelenkes gelitten hatte, mit der 
Klage, dafs der seit ungefähr sechs Monaten empfindliche linke Hode 
jetzt spontan schmerze, sich langsam vergröfsert habe, vorn einen harten 
Knoten aufweise und mit der Haut verwachsen sei. Sexuelle Infektion 
und Exzesse, wie Trauma am Hoden werden geleugnet. Die linke 
Hälfte des Hodens ist birnförmig, geschwollen; die Haut ist an einigen 
Stellen mit dem Hoden verwachsen; der Hode hühnereigrofs, glatt bis 
auf eine halbmondförmige Scheibe, die hart erscheint, nach oben eher 
in eine mit der Haut verwachsene, weiche, fast fluktuierende Stelle 
endigt; hinter dieser Stelle liegt ein nulsgrofser, glatter, bei Druck den 
Hodenschmerz gebender Körper. Der hintere Rand des innern Tumors 


Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 797 


erscheint von einem feinen Strang mit allen Charakteren des Vas de- 
ferens umgeben, derselbe läfst sich nach unten nicht verfolgen, nach dem 
oberen geht er in den Funiculus spermaticus über. Bei der Operation fand 
sich der Raum der Tunica vaginalis von einem länglichen Tumor aus- 
gefüllt, dessen vorderer unregelmälsiger und am obern Pol fast ver- 
wachsener Teil als Epididymis erkannt wird, während der Hoden hinten 
liegt und vom Samenstrang umzogen wird. Die mikroskopischen Unter- 
suchungen ergaben Tuberkulose in einem Hoden, der kongenital anormal 
gelagert war, es bestand eine völlige Inversion: Der Nebenhoden lag 
vorn mit dem Kopf nach oben und dem Schwanze nach unten, und das 
Vas deferens umzog den hinteren freien Rand des Hodens. Diese La- 
gerungsanomalie ist bisher nur selten beobachtet und erregt mehr In- 
teresse als der alltägliche pathologische Prozels. 
Mankiewicz- Berlin. 


The ambulatory treatment of epididymo - orchitis. Von H. 
Crouse. (Americ. J. of surg. 1907, S. 109.) 

C. empfehlt zur Behandlung Guajakol, das er seit 1894 anwendet 
und womit er bis jetzt 174 Patienten behandelt hat. Seit einigen 
Jahren läfst er Kranke mit gon. Epididymitis sich nicht mehr legen, 
sondern behandelt sie ambulant. Nachdem die Partie zwischen Penis 
und Abdomen, sowie das Perineum mit Watte bedeckt ist, wird Gua- 
jakol auf die erkrankte Stelle aufgetragen, dann wird das ganze Skrotum 
mit Watte bedeckt und über dieses kommt ein impermeabler Stoff. 
Über das Ganze kommt ein gut sitzendes Suspensorium mit Schenkel- 
riemen, das auch einen gewissen Druck auf das erkrankte Organ ausübt. 
Abgesehen von der bekannten Diät bei Gonorrhoe nımmt der Kranke 
jeden Tag ein Abführmittel. In den ersten Tagen ist das Einnehmen 
des folgenden Mittels sehr empfehlenswert: Rp. Teturae Aconit. Rad. 1,0, 
Teturae Pulsatillae 16,0, Teturae Hyoscyami 12,0, Natr. salicyl. 8,0, 
Liquor. Ammonnii acetat. ad 180,0, M. S. 3 stündlich 2 Teelöffel in 
Wasser. Im subakuten Stadium, sobald die Schmerzhaftigkeit nachge- 
lassen hat, wendet er die Methode von Chetwood an, die darin besteht, 
dafs der erkrankte Hoden durch ein umgelegtes Gummiband komprimiert 
wird. Ehe das Gummiband angelegt wird, läfst C. folgende Salbe ein- 
reiben: Rp. Methyl salicylat. 8,0, "Guajakol. 8,0, Ungent. hydrargyr. 
cin. 15,0, Lanolin. ad 60,0, M. S. Aufserlich. Der Patient soll ex- 
foliierte Stellen des Skrotums unter keinen Umständen aufkratzen. Erst 
wenn die Rekonvaleszenz eingetroten ist, darf man sich an die Behand- 
lung der Urethra wagen, da nach einer Epididymitis oft durch blofses 
Sondieren ein Rezidiv entsteht. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Über Resorption und Ausheilung von entzündlichen Infil- 
traten in den samenleitenden Organen. Von Dr.ErnstR.W.Frank- 
Berlin, (Berl. klin. Wochenschr. 1907, Nr. 17.) 

Die Prozesse, welche zu einer Entzündung der samenleitenden Or- 
gane diesseits und jenseits der Samenblasen, konsekutiv zur Einschmelzung 


798 Prostata. 


des (sewebes, durch Vernarbung zur Verlegung der Ausführungsgänge 
und zur Azoospermie führen, entstehen bekanntlich zumeist durch Ein- 
wanderung von Gonokokken, selten von Tuberkelbazillen. Experimen- 
telle Untersuchungen an Tieren und Beobachtungen an Menschen haben 
gezeigt, dals trotz der Unwegsamkeit der Ausführungsgänge die Hoden 
ihre samenproduzierende Tätigkeit fortsetzen, es besteht Sterilität, aber 
keine Impotenz, eine Erscheinung, die wohl darauf beruhen dürfte, dals 
der Zerfall der im abgeschlossenen Hoden produzierten Spermatozoťřn 
und die Aufsaugung dieser Zerfallsprodukte dem Organismus fortdauernd 
Stoffe zuführt, die das Allgemeinbefinden und die Potenz erhalten. Auch 
bei einseitiger Epididymitis kann Azoospermie eintreten, wenn auf der 
anderen Seite ein Funiculitis hinzukommt, ferner bei gonorrhoischen Ent- 
zündungen der Vorsteherdrüse und der Samenblasen, bei letzteren Affek- 
tionen mehr in der Form der Asthenozoospermie. Die zur Azoospermie 
führenden Prozesse können im Samenleiter lokalisiert sein, sie können 
durch Schwielenbildung im Nebenhoden oder durch Obliterationen und 
Deviationen der Ductus ejaculatorii bedingt sein. Die Versuche, auf 
chirurgischem Wege eine Beseitigung der Unwegsamkeit der samen- 
leitenden Organe herbeizuführen, haben bisher kein positives Resultat 
gehabt, deshalb ist das Hauptaugenmerk auf die prophylaktische Behand- 
lung des Trippers und der etwa eintretenden Epididymitis zu legen. E: 
scheint, als ob nach der Eisbehandlung der letzteren sehr derbe, wider- 
standsfähige Infiltrate zurückbleiben, deshalb empfiehlt F. möglichst starke 
Hitzeapplikation, welche er durch Thermophore vornehmen läfst, dazu 
kommen Moorbäder von 40—48° C., teils in Form von Abkochungen 
von Franzensbader Moor (18—20 Pfund auf ein Bad) oder in aufge 
löstem Mattonischen Moorextrakt. Mit dieser Therapie, unterstützt durch 
zweckmälsige medikamentöse Malsnahmen, glaubt Verf. sehr befriedigende 
Resultate erzielt zu haben. Paul Cohn- Berlin. 


VI. Prostata. 


Chronische Prostatitis als ätiologischer Faktor der Neu- 
rasthenie. Von Privatdozent B.B.Drobny-Odessa. (Wratschehnaja Ca- 
zetta No. 16 und 17, 1907.) 

Verfasser hat bei der eingehenden Untersuchung zahlreicher Patienten 
aus seiner urologischen Praxis den Eindruck gewonnen, dafs chronische 
Prostatitis mit Erscheinungen von Neurssthenie aufserordentlich häufig 
zusammentreffen. Um diesen allgemeinen „Eindruck“ einer Prüfung zu 
unterziehen, hat er sämtliche Patienten, die ihm zur Verfügung standen 
und deren Zahl 168 betrug, in dieser Richtung einer speziellen Unter- 
suchung unterzogen und sich von der Richtigkeit seiner Ansicht über- 
zeugt. Er konnte nämlich feststellen: 1. dafs in 90°/, sämtlicher Fälle 
chronische Entzündung der Prostata Neurasthenie zur Folge hat; 2. dafs 
chronische Gonorrhoe ohne Komplikation von seiten der Prostata Neu- 
rasthenie nur in 7°/, der Fälle nach sich zieht; 3. dafs die Entzündung 
des Collieul. seminalis gleichzeitig mit chronischer Prostatitis den Prozent- 
satz der Erkrankungen an Neurasthenie erhöht; 4. dafs die durch chro- 


Prostata. 199 


nische Prostatitis hervorgerufene Neurasthenie mit Ausheilung der Pro- 
statitis in 93—94°', der Fälle gleichfalls in Heilung übergeht; 5. dafs 
das Vorhandensein von chronischer Collieulitis die Zahl der Fälle von 
in Heilung übergehender Neurasthenie verringert; 6. dafs die chronische 
Prostatitis verschiedene Arten von Neurasthenie zur Folge hat, wobei 
am häufigsten (46,9°/,) sexuelle Neurasthenie, dann (43,8°',) die cere- 
brospinale und am seltensten die kardiale und gastrische Neurasthenie 
(4,3 bezw. 4,9°/ ) beobachtet wird. 

Verfasser analysiert nun die Ursachen des von ihm festgestellten 
Zusammenhangs zwischen ‘chronischer Prostatitis und Neurasthenie und 
bemerkt vor allem, dafs gegen die Annahme, es handle sich hier um 
psychische Einflüsse, weil der Patient stets an seine Krankheit denke 
und um den Ausgang derselben besorgt sei, folgende Tatsachen sprechen 
würden: l. von den mit Urethritis (gonorrhoischer) sowohl akuter, wie 
chronischer Form behafteten Patienten leiden nur wenige an Neurasthenie, 
trotzdem die Urethritis, namentlich die akute, doch in hohem Grade die 
Aufmerksamkeit fesselt, um so mehr, als sie auch mit Schmerzen einher- 
geht; 2. unter den mit Prostatitis und Neurasthenie behafteten Patienten 
gibt es sehr viele, welche die gonorrhoische Erkrankung sehr leicht 
nehmen und den Erscheinungen der Prostatitis keine Bedeutung bei- 
messen. Man könnte denken, dafs die Erkrankung der Urethra posterior 
und der Prostata funktionelle Anomalien in der Genitalsphäre (Prosta- 
torrhoe, Spermatorrhoe, Ejaculatio praecox) hervorruft und auf diese 
Weise unmittelbar die Ernährung der Nervenzentren beeinflulst. Dem- 
gegenüber muls festgestellt werden, dafs die Zahl dieser funktionellen 
Anomalien im Verhältnis der Gesamtzahl der Neurastheniker bei weitem 
nicht so grols ist (27,1"/, der Gesamtzahl der neurasthenischen Patienten). 
Man könnte auch annehmen, dafs bei chronischer gonorrhoischer Prosta- 
titis die Resorption von bakteriellen (Gonokokken-) Toxinen und die 
Intoxikation des Zentralnervensystems die Neurasthenie erzeuge (toxi- 
sche Form der Neurasthenie). Aber auch diese Annahme ist nicht stich- 
haltig, aus dem einfachen Grunde, weil sonst auch jede hartnäckige 
Urethritis in dieser Weise auf das Nervensystem hätte wirken müssen, 
was aber keineswegs der Fall ist. Verfasser ist der Ansicht, dafs die 
leichteste Erklärung die auf die Tatsachen der Anatomie und der Physio- 
logie aufgebaute ist. Wenn man, führt Verfasser aus, den Grundsatz 
im Auge behält, dafs die mechanische Reizung der Pars prostatica 
urethrae reflektorische Reizung des Ejakulationszentrums im Rückenmark 
hervorruft, so versteht es sich von selbst, dafs die Veränderung der Em- 
pfndlichkeit der chronisch entzündeten Pars prostatica und der Druck 
der geschwollenen und hyperämierten Prostata auf dieselbe einen ge- 
wissen Teil des Rückenmarks stets reizen würde. Aufserdem mufs man 
auch den Umstand im Auge behalten, dafs die entzündete Prostata auch 
ein ununterbrochener Reiz für den Plexus prostaticus ist, während letz- 
terer die Fortsetzung des Plexus hypogastricus und mit dem Rücken- 
mark verbunden ist; kurz Verf. gelangt zu dem Schlusse, dafs, wie 
die von Weir-Mitschell beschriebene Neurasthenie der Frauen sich 
bisweilen unmittelbar im Anschlufs an Erkrankungen der Eierstöcke und 


800 Prostata 


der Gebärmutter entwickelt, so die Neurasthenie der Männer nicht 
selten die Folge einer Erkrankung der Prostata, und zwar einer chro- 
nischen Entzündung derselben, ist. Wenn auch nicht geleugnet 
werden kann, dafs die sexuelle Neurasthenie eine Teilerscheinung von 
pathologischer Heredität oder von Degeneration sein kann, so haben 
doch die aufserordentlich häufigen Symptome der sexuellen Neurasthenie 
eine anatomische Unterlage und werden durch Prostatitis und Colliculitis 
gonorrhoischen Ursprungs bedingt. 

Verfasser will natürlich nicht gesagt haben, dafs jeder Neurastheniker 
chronische Prostatitis haben mufs; es gibt zweifellos viele Neurastheniker, 
die niemals an Gonorrhoe gelitten und auch niemals Prostatitis gehabt 
haben; er behauptet nur, dafs 90°/, der Fälle von chronischer Pro:ta- 
titis mit Neurasthenie einhergehen. Wenn man nun bedenkt, mit wel- 
chem Leichtsinn die jungen Leute heutzutage sich der geschlechtlichen 
Ausschweifung ergeben, wenn man den gewaltigen Prozentsatz der Go- 
norrhoe-Morbidität und schliefslich den Umstand berücksichtigt, wie 
häufig die Gonorrhoe mit chronischer Prostatitis kompliziert wird, so 
wird man zugeben müssen, dafs die Zahl der Neurastheniker sich 
immer mehr und mehr vergrölsern mufs, und zwar auf Kosten der Neu- 
rastheniker, die ihr Leiden der chronischen Prostatitis zu verdanken 
haben. Die gründliche, vollständige Heilung der chronischen Urethritis. 
Prostatitis und Colliculitis dürfte somit als wirksame prophylaktische 
Mafsregel gegen Neurasthenie anerkannt und gehandhabt werden. 

M. Lubowski. 


Santyl bei Prostatacystitis. Von Dr. Arnold Stralsmann-Berlin. 
(Dermatologisches Zentralblatt Nr. 6, 1907.) 

Stralsmann beschreibt einen Fall von schwerer Cystitis bei einem 
Prostatiker, der durch Dauerkatheter, täglich zweimalige Waschungen. 
zeitweilig gebessert werden konnte; doch traten alle 3 bis 4 Wochen 
heftige Verschlimmerungen von mehrtägiger Dauer ein, Urindrang viertel- 
stündlich unter sehr bedeutenden Schmerzen, kollapsähnliche Zustände. 
Appetitlosigkeit usw. Da Urotropin, Helmitol, Kampfersäure usw. ohne 
Erfolg waren, so wandte Verf. Santyl an (3mal tägl. 15 Tropf.). Da 
nach diesem Mittel stets prompt überraschende Besserung (Verschwinden 
der Tenesmen, Harndrang nur in 3 bis 4 stündlichen Pausen) eintrat, so 
empfiehlt Verf. dieses Medikament für Fälle dieser Art auf das wärmste. 

Danelius-Berlıin. 


De la prostatectomie suspubienne en deux temps; oystostomie 
préalable; prostatectomie secondaire. Von M. Molin. (Lyon médi- 
cal. 1907. 21, pag. 987.) 

Der Kranke kam ins Krankenhaus mit einer wenige Tage vorher 
wegen Harnretention dringlich angelegten suprapubischen Harnfistel in 
einem so schlechten Allgemeinzustand, dafs von einem Eingriff keine 
Rede sein konnte. Nach 10 Tagen war das Fieber gefallen, die Ver- 
dauung gebessert, der Ham fast klar, dafs man auf dem hergestellten 


Blase. 801 


Wege zur Exstirpation nach Freyer schreiten konnte. Operation und 
Verlauf des Krankenlagers waren so leicht und günstig, dafs man zur 
Überzeugung kommen mufs, dafs die einige Zeit vor der Geschwulst- 
entfernung angelegte Blasenöffnung bei alten infizierten Prostatikern die 
jetzt schon günstigen Resultate der suprapubischen Prostatektomie be- 
deutend verbessert; dafür spricht die Dekongestion und Desinfektion der 
Blase, der durch Granulation erzielte Schutz des Schnittes gegen Infek- 
tion durch Harn und septische Flüssigkeiten, die vorzügliche Drainage 
der oberen Harnwege. Die einfache Cystostomie kann jeder, noch so 
schwache Patient ertragen; sie bereitet ihn vor für spätere, schwere 
Eingriffe. Der Kranke ist völlig wiederhergestell, 10—12 ccm Rück- 
standharn sind gleich Null zu erachten. Er ist eine glänzende Empfehlung 
für die Ausführung der Freyerschen Operation in zwei Zeiten. 


Mankıewicz-Berlin. 


VII. Blase. 


Eine neue einfache und sichere Methode, die Harnleiter- 
mündungen aufzufinden. .Von Dr. S. Jacobi-Berlin. (Mit 1 Taf. und 
4 Fig. im Text.) (Fol. Urolog. Heft 1.) 


Verf. weist darauf hin, wie schwer selbst in normaler Blase dem 
Ungeübten oft das Einstellen der Harnleitermündungen ist. Die von 
Nitze und Casper angegebenen Methoden führen bei Anfängern nur 
selten zum Ziele J. bezieht sich auf die entwicklungsgeschichtlich 
feststehende Tatsache, dafs die Uretermündungen an und auf den beiden 
Enden des Ligament. interuretericum liegen müssen. Wichtig ist also das 
Aufsuchen des Ligament. interuretericum, was nach J.s Angabe (bitte 
dies im Original nachzulesen, der Referent.) selbst bei schwacher Ent- 
wicklung stets gelingt. J. benutzt zur Aufsuchung der Harnleiter- 
mündungen in seinen Kursen stets das von ihm konstruierte Stereokysto- 
skop, vermöge welches das körperliche Sehen des Blaseninnern allein 
möglich sei. Storch-Berlin. 


Experimenteller Beitrag zur Entstehung der Cystitis cystica. 
Von Dr. Raphael Gigani-Turin. (Zentralblatt für allgemeine Pathologie 
und pathologische Anatomie 1906, Bd. 17, H. 5.) 


Verfasser stellt am Schlusse seiner aus dem Laboratorium des In- 
stituts für allgemeine Pathologie der Königlichen Universität Turin her- 
vorgegangenen Arbeit folgende These auf: 


Ohne Rücksichtnahme auf die Beziehung, die beim Menschen die 
Entwicklung der fraglichen Krankheitsforrm und die Präexistenz der 
Brunnschen Nester verbindet, ist man zu dem Schlusse gedrängt, dals 
man experimentell vermittelst einer Ursache, welche in der Blase dauernd 
einen chronischen Irritationsprozefs erhält, stets das anatomisch-patholo- 
gische Bild der Cystitis cystica in seiner ganzen Integrität reproduzieren 
kann. Lubowski.. 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 52 


802 Blase. 


Blasenstein als Geburtshindernis. Von Dr. G. A. Wagner. "Zeit, 
schrift für Geburtshilfe und Gynäkologie, Band LIX.) 


Verfasser beschreibt einen Fall, in dem ein Blasenstein ein Ge- 
burtshindernis abgab. Die Diagnose war nicht schwer, wenn auch zu- 
nächst gar nicht an einen Blasenstein gedacht worden war, und Ver- 
fasser die Geschwulst für eine Beckenexostose gehalten hat. Auf Grund 
seiner eigenen Beobachtung, sowie auch auf Grund der Angaben der 
Literatur tritt Verfasser dafür ein. dafs überall, wo die Diagnose eines 
Blasensteins in der Schwangerschaft gemacht ist, der Stein vor der Ge- 
burt entfernt werden soll, denn in den meisten der beschriebenen Fälle 
störte er den Geburtsverlauf als mechanisches Hindernis und führte 
meist zu einer schweren Schädigung der Patientin, infolge Läsion der 
Blasen- und Scheidenwand oder des Schliefsmuskels. Einmal wurde der 
Stein während der Schwangerschaft spontan ausgestofsen, in zehn Fällen 
operativ entfernt. In keinem dieser Fälle wurde infolge der Operation 
die Schwangerschaft gestört. Von den 37 Fällen, in denen Geburten 
durch Steine kompliziert waren, erfolgte 14 mal spontane Geburt; in 
3 Fällen wurde das Steinleiden für die Patientin infolge der Geburt 
verschlechtert, indem in zweien der Stein durch den vordringenden Kindes- 
schädel ın den Blasenhals bezw. in die Urethra gedrängt wurde und nun 
erst hochgradige Beschwerden machte, während in einem Falle erst eine 
Geburt schwere Entzündung einer Blase bewirkte, in der ein Stein in 
einem Divertikel wahrscheinlich schon zehn Jahre lang gelegen hatte, 
ohne bisher Erscheinungen gemacht zu haben. In allen anderen Fällen 
kam es zu langwährender oder dauernder Inkontinenz, und zwar zumeist 
durch Fistelbildung. Aus diesen Angaben wird die Gefahr für die mit 
Blasensteinen behafteten Frauen infolge des (teburtsaktes wohl zur Ge- 
nüge erhellt. Aber auch die Geburt selbst wird durch den vorhandenen 
Stein meist behindert. So wird in den oben zitierten Fällen von Spontan- 
geburt wiederholt erwähnt, dafs die Geburten im Gegensatz zu früher 
— bevor das Steinleiden bestanden hatte — abgelaufenen Geburten ver- 
zögert und erschwert waren. In den restlichen 23 Fällen mufsten 
operative Eingriffe ausgeführt werden, um die Geburt zu ermöglichen 
bezw. zu beendigen, und zwar: die Reposition des eingeklemmten Steines 
mit folgender spontaner (1 Fall) oder operativ beendirter Geburt (11 Fälle). 
verschiedene geburtslilfliche Operationen in 10 Fällen, von denen nur 
in zweien die Steine als Ursache der Geburtshinderung erkannt, bezw. 
vermutet worden waren; Entfernung des die Geburt behindernden Steines 
(dureh eine Steinoperation (8 Fälle) mit folgender spontaner oder operativ 
beendirter Geburt, 

Was die Frage betrifft. welche der gewöhnlichsten Steinoperationen 
sub partu Anwendung finden sollen, so kommt von den sonst beim Weibe 
üblichen Operationen die Sectio alta hier natürlich gar nicht in Betracht. 
Auch die lathotripsie, die in der Schwangerschaft mit Erfolg Anwendung 
gefunden hat, ist sub partu, wenn der Stein nicht mehr reponibel ist 
— und nur dann soll eine Steinoperation ausgeführt werden — nicht 
empfehlenswert; denn der Stein ist in diesen Fällen so fest in eine Aus- 
stülpung der Blasenwand hineingepresst, dafs eine Verletzung derselben 


Nieren und Harnleiter. 803 


kaum zu vermeiden wäre. Auch die Anwendung des Öperationscysto- 
skopes schlielst sich aus dem erwähnten Grunde aus. Dies kann ja 
übrigens nur bei so kleinen Steinen Verwendung finden, die kaum als 
Geburtshindernis in Betracht kommen. Somit verbleiben die Extraktion 
per urethram und die Kolpocystotomie. Bei nicht allzu grolsen Steinen 
wird die erstere nach eventueller Dilatation der Urethra zum Ziele führen; 
sie hat bei Frauen wiederholt gute Erfolge gehabt und schädigt den 
Schliefsmuskel meistenteils nicht, wenn die Steine nicht zu grols sind. 
Die besten Resultate aber gibt wohl die Kolpocystotomie. 
f M. Lubowski. 


Gänseeigrofser Phosphatstein in der Blase eines 28 jährigen 
Mädchens. Von Dr. Sig. Mirabeau. (Ibidem.) 

Der Stein hatte sich um eine Haarnadel innerhalb eines halben 
Jahres gebildet und füllte die ganze Blase derart aus, dafs man daneben 
keinen Katheter einführen konnte. Kr. 


Phlegmon chronique lıgneux de la cavité de Retzius. Von 
H. Müller u. L. Desgouttes. (Lyon medical, 1907. 28. IV., pag. 813.) 

Ein junger, 25jähriger Mann war vor 4 Jahren an rechter Ingui- 
nalhernie operiert worden, die mit Eiterung heilte. Ein Jahr später be- 
gann er an Schmerzen im Unterbauch zu leiden. Seit zwei Jahren ent- 
wickelte sich am Unterbauch eine diffuse harte Geschwulst, vom Scham- 
bein bis zum Nabel und seitlich, bis zu den Hüftbeinen reichend, die 
jetzt sehr grofs, enorm hart, den Bauch in einen Kürafs umformte. 
Vor einiger Zeit entleerte sich aus einer kleinen Nabelfistel ein Seiden- 
faden. Die Haut ist etwas ödematös, rosa-violettfarben. Am Nabel be- 
findet sich eine kleine, etwas Eiter entleerende Fistel, in die eine Sonde 
bis zum Schambein vordringt. Vom Mastdarm aus fühlt man den 
harten Tumor im kleinen Becken, wo er Blase, Prostata und Samen- 
blasen nach abwärts drängt. Eine Inzision wurde vom Nabel bis zum 
Os pubis vier Finger tief durch speckiges, unter dem Messer kreischendes, 
anscheinend sarkomatöses Gewebe gemacht; man gelangt in eine buchtige 
Höhle im kleinen Becken hinter der Symphyse. Die Blutung war er- 
heblich. Unter Tamponade trat nach einigen Wochen Heilung und 
völliges Verschwinden der brettharten Infiltration des Unterbauches ein, 
die wohl durch den chronischen Reiz des ausgestolsenen Seidenfadens 
bedingt war. | Mankiewicz-Berlin. 


VIII. Nieren und Harnleiter. 


Zur Kasuistik der diagnostischen Irrtümer in der Chirurgie 
der Bauchhöhle. Von Prof. S. P. von Fedorow. (Wratschebnaja 
Gazetta, 1907, No. 18.) 

Verfasser berichtet über 3 Fälle aus seiner Klinik, in denen es 
nicht möglich war, vor der Operation eine richtige Diagnose zu stellen. 

37jährige Patientin, bemerkte in der rechten Hälfte des Ab- 


52* 


804 Nieren und Harnleiter. 


domens eine schmerzlose Geschwulst, die sich angeblich im Anschlufs 
an einen Abort entwickelt haben sollte. 1!/, Monate nach dem Auf- 
treten der Geschwulst heftiges Fieber mit Steigerung der Temperatur 
bis 40° C. und hochgradigen Schmerzen in der Geschwulst. Die ganze 
rechte Hälfte des Abdomens war von einer weichen, gleichsam Huk- 
tuierenden Geschwulst eingenommen, welche bis zur Crista ossis ilei 
anterior superior reichte. Man dachte an Hydronephrose der rechten 
Niere mit Infektion nach dem Abort und Verstopfung des rechten 
Ureters. Mit dem Katheter wurde aus dem linken Ureter klarer, aus 
dem rechten gar kein Harn entleert. Die Röntgenaufnahme ergab drei 
rundliche Körper, welche Steinen ähnlich waren. Die Lumbalinzision, 
welche zur Blofslegung der rechten Niere gemacht wurde, ergab voll- 
ständiges Fehlen derselben. Dann wurde die Inzision von vorn ange- 
legt und dabei festgestellt, dafs die Geschwulst aus einem langen Leber- 
lappen bestand, mit dem die gewaltig gedehnte und Steine enthaltende 
Gallenblase verlötet war. Die Gallenblase wurde nach aufsen hervorge- 
zogen und reseziert. Die rechte Niere fehlte vollständig. — Der zweite 
Patient hatte eine Geschwulst im rechten Hypochondrium, die Geschwulst 
fluktuiertee Dabei bestand Dyspepsie. Dex Dickdarm lag vor der 
Geschwulst. Man dachte an eine transperitoneale Geschwulst oder Echi- 
nococcus. Die Operation ergab eine Geschwulst im transperitonealem 
Raum. Die Geschwulst wurde inzidiert, wobei sich derselben zwei Glas 
voll blutiger Flüssigkeit entleerten. Die Geschwulst wurde entfernt und 
als gewaltiges Sarkom der Niere erkannt, deren Hilus nach aufsen um- 
gestülpt war. Nach 24 Stunden starb der Patient. Die Sektion ergab 
keine Metastasen. — Der dritte Fall betrifft eine Verwechslung von 
Appendicitis mit Geschwulst des Blinddarms. M. Lubowski. 


Über Paranephritis. Von A. P.Krymow. X. Pirogowscher Kon- 
gre[s der russischen Ärzte, (Moskau) April, Mai 1907. (Russisches Journal 
für Haut- und venerische Krankheiten, April 1907.) 

Die Paranephriditen liegen häufiger hinter der Niere als vor der- 
selben, desgleichen häufiger oberhalb als unterhalb des Organs. Diese 
auf den ersten Blick wunderlich erscheinende Tatsache hat die Gelehrten 
stets interessiert, bis jetzt aber keine Erklärung gefunden. Krymow 
ist es nun gelungen, der interessanten Frage näher zu treten, und zwar 
durch das Studium des Lymphsystems der Niere und der Nierenkapsel. 
Es hat sich nämlich ergeben, dafs jede Niere je eine Lymphdrüse vorn 
(selten) und je zwei hinten (häufiger, namentlich oben) hat. Diese Lage 
der Lymphdrüsen entspricht voll und ganz der Lokalisation der Para- 
nephritis. Dementsprechend mufs man die Paranephritis als eine eitrige Ent- 
zündung der bezeichneten Lymphdrüsen betrachten, wobei die Infektions- 
stelle weit von der Niere liegen kann. Darauf ist die Entstehung der sogen. 
kryptogenen Nephriditen zurückzuführen, d. h. derjenigen, bei denen die 
Eingangspforte der Infektion unbekannt bleibt. K. hat die Drüsen der 
Nierenkapseln bei der sogen. Tabes mesaraica bei Kindern untersucht 
und dabei die pararenalen Drüsen vergröfsert gefunden (eine Art natür- 
licher Infektion). M. Lubowski. 


Nieren und Harnleiter. 805 


Zur Technik der Nephrotomie. Von A. Krymow. (Russisches 
Journal für Haut- und venerische Krankheiten, April 1907.) 

K. ist im Gegensatz zu Tuffier der Meinung, dafs das Drüsen- 
gewebe sich nicht regeneriert und dafs die Heilung des durch die Niere 
geführten Schnittes mit Narbenbildung und partiellem Untergang der 
parenchymatösen Elemente einhergeht. Noch schlimmer liegen die Ver- 
hältnisse in bezug auf die Naht der Wunde. Die Nähte sind für die 
Niere ein Fremdkörper, der schliefslich zur Bildung einer Narbe mit De- 
formation des Organs führt. Zu diesem Schlusse ist Verfassser auf Grund 
seiner eingehenden experimentellen Untersuchungen gelangt. Die von K. 
mit sterilem Katgut Nr. 2 ausgeführten Untersuchungen haben ergeben, 
dafs dasselbe nicht rasch absorbiert wird, das Parenchyın zum Verschwinden 
bringt, wobei Granulationsgewebe und epitheloide Zellen gebildet werden, 
so dafs ein Bild entsteht, welches an Tuberkulose erinnert. Im weiteren 
Verlauf tritt Bildung von fibrösem Gewebe mit Atrophie und Degene- 
ration der parenchymatösen Elemente des Organs ein, dessen Funktion 
dabei bis zum Minimum reduziert wird. Seide bleibt 4—5 Minuten 
liegen und bewirkt eine stärkere Reaktion; hinsichtlich des Endresultats 
ist es aber für das Organ gleichgültig, welches Material zur Vernähung 
der Wunde verwendet wird: die parenchymatösen Elemente gehen so 
wie so zugrunde, und um die Naht herum erfährt das Nierengewebe 
eine derartige Modifikation, dafs die Funktion desselben fast bis auf Null 
sinkt. Wird nun die Kapsel allein vernäht, so entsteht eine Hämaturie, 
welche volle 14 Tage anhält; während bei Anlegung einer Klemmpinzette 
die Hämaturie nur einen Tag anhält. Was die Narbe betrifft, welche 
sich bei der Vernähung der Kapsel bildet, so erscheint sie an der 
Oberfläche eingezogen, dann wird sie, je nachdem sie in die Masse des 
Nierengewebes eindringt, immer dünner und verschwindet allmählich voll- 
ständig. In der Nähe der Narbe erleidet das Parenchym keine Ver- 
änderung, dasselbe wird auch dann beobachtet, wenn auf die Niere eine 
Klemmpinzette angelegt wird. Es wurde niemals Druckatrophie des 
Organs beobachtet, trotzdem die Klemmpinzette 24 Stunden an Ort und 
Stelle liegen blieb. Die vergleichende Untersuchung der Funktion beider 
Nieren, die auf verschiedene Art operiert wurden, ergab, dafs die Niere 
dann am meisten leidet, wenn Seide oder Katgutnähte angelegt werden. 
K. ist der Meinung, dafs viele schweren Folgen vermieden werden können, 
wenn man statt der Nähte auf die Niere nur Klemmpinzetten anlegt. 


M. Lubowskı. 


Two cases of renal sarcoma in children; with some remarks 
on the pathology and the recent results of surgical treatment. 
Von K. W. Monsarrat. (Edinburgh. Med. Journ. July 1907.) 

l. Bei dem 3jährigen Knaben hatte sich vor einem Jahre eine 
ziemlich rasch wachsende Geschwulst an der rechten Seite des Bauches 
gezeigt. Nephrektomie. Tod 6 Monate nach der Operation. 

2. Bei dem 5jährigen Knaben bestand seit einem Monat ein Tumor 
in der linken Nierengerend. Nephrektomie. Heilung. 


806 Nieren und Harnleiter. 


Die gegenwärtige operative Mortalität bei Nierentumoren beträgt 
25 bis 30°/,. Rezidive sind häufig: von 58 Kindern starben 40. Von den 
übrigen 13 betrug bei der Hälfte die seit der Operation verstrichene 
Zeit mehr als zwei Jahre. Es erscheint daher bei derartigen Nieren- 
sarkomen ein operatives Vorgehen angezeigt, solange keine Kachexie oder 
ausgesprochene Metastasen bestehen. von Hofmann-Wien. 


Epitelioma papillifero della pelvi renale. Von G. Mioni. 
(Rivista Nareta. 1907. 15. Maerz, pag. 218.) 


Ein 34jähriger Stationsvorsteher ohne erhebliche Krankheitsanan- 
nese erkrankte vor 4 Jahren an einer heftigen Nierenkolik, die auf 
Opium und Ruhe sich besserte. Vor 2!/, Jahren hatte er eine Hima 
turie mit allgemeiner Schwäche und Schmerzen in der rechten Lende, 
die bei langem Stehen und ermüdender Arbeit rezidivierten. Nach 
drei Monaten verschwand das Blut aus dem Harn, doch blieb der Urin 
trübe, dick und dunkel; harte, gelbgraue, kleinreiskerngrolse Körperchen 
fanden sich im Sediment. Seit einem Monat besteht erneute Dam: 
blutung mit Schwäche und starker Abmagerung (10 Kilo). Der sonst 
normale Kranke hat nur geringe Empfindlichkeit bei Palpation und 
Perkussion in der rechten Nierengegend; der untere Pol der rechten 
Niere ist palpabel. Die linke Nierengegend weist nichts anormales auf. 
Die Harnausscheidung ergibt links klaren Urin, rechts anfangs nur wenige 
Tropfen roten Sekrets, nach Massage der Niere einen Strom blutigen 
Urins; in demselben fanden sich neben Erythro- und Leukocyten zahl- 
reiche grofse Zellen veriabler Form, mit weichem Protoplasma. Fett- 
körnchen, grofsem irregulären bläschenartigen Kern, der ein feines Chro- 
matinnetz aufwies; manchmal sah man mehrere Kerne; ferner längliche 
Zellen von Birnenform, ähnlich dem Epithel des Nierenbeckens. Dies 
ergab die Diagnose: Epitheliale Neubildung des Nierenbeckens. Die 
Exstirpation der Niere verlief trotz der Infiltration der Fettkapsel und 
zahlreichen blutreichen Verwachsungen glücklich. Der Ureter wurde 
bis nahe an der Blaseninsertion entfernt. Die Untersuchung der 650 
Gramm schweren Niere ergab ein gebuckeltes Organ, dessen Parenchn 
gröfstenteils durch markartige graugelbe Knoten ersetzt war; das Nieren 
becken und einige Kelche waren dilatiert, ihre Oberfläche von gr" 
rötlichen, leicht zerreilslichen Knötchen bedeckt. Der Ureter war stark 
erweitert, nur nahe dem unteren Ende bestand eine Verengerung durt 
eine erdbeerartige Wucherung des Tumors, der auch sonst die Schle 


haut des Harnleiters mit miliaren und . submiliaren Knötchen überz0& 


Die mikroskopische Untersuchung ergab eine typische papillomatö:e 
Proliferation des Epithels des Nierenbeckens und des Ureters, die 
zapfenförmige Auswüchse bildete, deren Oberfläche von vielschiehtige™, 
reich an kariokinetischen Figuren befindlichen Zylinderepithel bedeckt war. 
Es handelt sich demnach um einen der relativ seltenen Fälle von Adeno- 
carcinoma papilliferum des Nierenbeckens und des Ureters. 


Mankiewicz -Berm 


ime 


Nieren und Harnleiter. 807 


Zur Kenntnis der sogenannten Eiweilssteine der Niere und 
über die Ausscheidung membranöser Massen aus dem uropoeti- 
tischen System. Von Morawicz und Adrian. (Mitteil. a. d. Grenzgeb. 
d. Med. u. Chir. Bd. XVI, H. 5.) 


Verfasser berichten über einen höchst interessanten Fall, bei dem 
seit drei Jahren unter heftigen kolikartigen Schmerzen in der rechten 
Nierengegend reichliche Membranfetzen mit dem Urin entleert wurden. 
Diese Fetzen waren von elastischer Konsistenz, 1,5 cm lang und 2 bis 
3 mm dick und hatten eine bräunlichweifse Färbung. Bei der mikro- 
skopischen Unter-uchung zeigte es sich, dals diese Gebilde aus einer teils 
fädigen. teils körnigen Masse bestanden, in der sich vereinzelte Leuko- 
crthen. jedoch keine roten Blutkörperchen und Salze nachweisen lielsen. 
Bei Färbung mit verdünntem Karbolfuchsin sah man in den frisch ent- 
leerten Fetzen Bakterienfäden mit verzweigtem Mycel. Kulturell er- 
wiesen sich diese Bakterien als Kolibazillen und Staphylokokken. 


Der bei der Patientin vorgenommene Ureterenkatheterismus ergibt, 
dafs die Funktion der rechten Niere aufgehoben ist. Die Nephrektomie 
fordert eine alte Alleinniere zutage, die verschiedene Besonderheiten 
darbietet. Die Niere ist erheblich vergröfsert und in einen Sack ver- 
wandeit, das Nierenbecken enthält 30 bis 40 steinähnliche Konkremente 
von der Gröfse einer Saubohne bis herab zu Erlrsengrölse. Die Steine 
sind weich und lassen sich zwischen den Fingern zerdrücken, auf dem 
(Querschnitt zeigen sie eine konzentrische Schicht auf. Die einzelnen 
Schichten lassen sich als weiche, membranöse Fetzen voneinander ab- 
ziehen. Während einige Steine nur aus diesen weich-elastischen Schichten 
bestehen. haben andere einen harten, aus Salzen bestehenden Kern. Bei 
der chemischen Untersuchung zeigt es sich, dafs die gröfste Masse der 
Konkremente aus einer schwerlöslichen eiweifsharten Substanz besteht, 
der Steinkern enthält Calciumphosphat. 


Eiweilssteine sind zwar selten. aber doch vereinzelt beobachtet 
worden. die Entleerung membranöser Fetzen von der Oberfläche der 
Steine ber ist bisher jedoch noch nicht beschrieben worden, so dafs 
dieser Fall als ein Unikum bezeichnet werden kann. 


F. Fuchs- Breslau. 


Zur Kenntnis der essentiellen Nierenblutungen. Von Prof. 
Dr. Steinthal-Stuttgart. (Beiträge zur klin. Chirurgie, 53. Band, 3. Heft, 
1907.: 


Heftige einseitige Nierenblutungen werden, sobald man von 
einem Trauma ab:ehen kann, für gewöhnlich entweder auf eine Stein- 
vildung oder auf Tuberkulore oder auf eine Geschwulstentwicklung in 
der betreffenden Niere zurückgeführt. Neuere Erfahrungen haben uns 
aber gelehrt. dafs es nicht allein aus diesen 3 häufigsten Ursachen zu 
einer heitigen einseitigen Nierenblutung kommen kann. Auch bei ganz 
chronischer Nephritis ist dies mörlich und endlich soll auch eine Niere 
biuten können. die mit unseren bisherigen Hilfsmitteln nichts Krankhaftes 
aufweist. Diese rätselhafte Nierenblutung hat Klemperer als angio- 


808 Nieren und Harnleiter. 


neurotische Nierenblutung bezeichnet. Eine weitere Stütze findet diese 
Anschauung in einem in vorliegender Arbeit mitgeteilten Falle aus eigener 
Erfahrung des Verfassers. Mit dieser Beobachtung gibt es 6 Fälle, bei 
denen sich für die Nierenblutung eine materielle Veränderung nicht bat 
nachweisen lassen. i 

Es fragt sich nun, ob diese Beobachtungen, für welche wir immer 
noch keine richtige Erklärung besitzen, zu praktischen Folgerungen 
führen sollen. Soll man, fragt Verf., bei Nierenblutungen, weil auch 
Nierenblutungen ohne materielle Grundlage vorkommen, sich von einem 
aktiven Vorgehen abhalten lassen? Da wir leider nicht in der Lig 
sind, eine solche Blutung von der Anfangsblutung bei Neubildung in 
der Niere zu unterscheiden, so kann bei einem abwartenden Verfahren 
kostbare Zeit verloren gehen. Verf. schliefst sich deshalb denjenigen 
Autoren an, welche bei Nierenblutungen dunkler Herkunft zu einer Frei- 
legung der Niere mit nachfolgender Nierenspaltung raten, denn man dürfte 
bei der grolsen Seltenheit der sugen. essentiellen Nierenblutung sehr selten 
die Überraschung erleben, eine scheinbar gesunde Niere freigelegt zu haben. 


Kr. 


Ein eigentümlicher Fall von renaler Massenblutung. (Ne 
phrektomie aus vitaler Indikation mit glücklichem Ausgange.) Von 
Loewenhardt. (Archiv für Dermatologie und Syphilis. Band 84, Heñ 
l bis 3.) 

Bei einer 33 jährigen Frau trat zum erstenmale vor einem halben 
Jahre eine Hämaturie auf, die 2 bis 3 Tage anhielt. Die jetzt be- 
stehende Blutung dauert bereits mehrere Wochen, so dafs die Anämie 
schon einen beträchtlichen Grad erreicht hat. Bei der cystoskopischen 
Untersuchung konnte Verf. feststellen, dafs an dem rechten Ureter ein 
dicker Blutstrahl sich entleerte. Als durch interne Behandlung die 
Blutung nicht zum Stillstand gebracht werden konnte, entschlof sich 
Verf., in der Annahme, dafs es sich wahrscheinlich um einen Tumor 
handeln würde, zur Nephrektomie. Am zweiten Tage nach der Opere- 
tion wurde noch einmal bluthaltiger Urin entleert. Die Hämaturie ver 
dankte ihre Entstehung der Entleerung des im rechten Ureter stehen 
gebliebenen Gerinnsels. Nach einer Woche konnte Patientin geheilt ent 
lassen werden. Eine nach einem halben Jahre post operatiorem einsetzen" 
de Haematurie kam nach Jodkaligebrauch zum Stillstand. 

Die Untersuchung des exstirpierten Organs ergab, dafs es aich 
weder um einen Tumor, noch um Tuberkulose oder Lues der Mere 
handelte. Die vom Verfasser mit gröfster Sorgfalt ausgeführte histolo 
gische Exploration stellte fest, dafs eine ascendirende subakute Preloys 
pillitis und eine interstitielle disseminierte Nephritis älteren Datums be- 
stand. Eine ausreichende Erklärung für die enorme Blutung kann Verf. 
in diesem Nierenbefunde nicht erblicken. 

Die Anwendung des Jodkali könnte bei Blutungen aus unbekannter 
Ursache für kurze Zeit versucht werden, doch darf bei dieser Therap!® 
nicht der richtige Zeitpunkt für die lebensrettende Operation der Neph- 
rektomie versäumt werden. F. Fuchs- Breslau. 


Nieren und Harnleiter. 809 


Cura chirurgica della tubercolosi renale. Von Dr. G. Nicolich- 
Triest. (Conferenza tenuta all’ „Associazione medica triestina“ addi 9 aprile 
1907. (Fol. Urolog. Heft 1.) 


Nicolich hält die Nierentuberkulose für eine häufige Erkrankung; 
leider ist die Diagnose noch nicht Allgemeingut der praktizierenden 
Arzte geworden. Die Atiologie ist nach N. zirkulatorischen Ursprungs. 
Je frühzeitiger die Diagnose gestellt wird und je häufiger somit chirur- 
gisch eingegriffen werden kann, desto sicherer hat der Patient Aussicht, 
definitive Heilung zu finden. Die einzig zulässige Operation ist die 
Nephrektomie, welche selbst bei Ergriffensein anderer Organe von Tuber- 
kulose nicht immer kontraindiziert ist. Gefährliche Blutungen treten oft 
schon ein, wenn nur eine einzige Nierenpapille geschwürig zerfällt. Die 
Gefahren der Chloroformnarkose will N. durch Rückenmarksanästhesie mit 
Stovain umgehen. Storch- Berlin. 


Die Endresultate von 97 Nephrektomien wegen Tuberkulose 
nebst diagnostischen Bemerkungen. Von Prof. James Israel-Berlin, 
(Folia Urologica Heft 1). 


Die Beobachtungsdauer erstreckt sich über einen Zeitraum von 
15 Jahren und liefert den Beweis für den grolsen Nutzen dieser Ope- 
ration, namentlich wenn dieselbe frühzeitig gemacht werden kann. Da 
nach Is Erfahrungen — sowie auch anderer Autoren auf diesem 
Gebiete — der bisweilen gröfste Teil der tuberkulösen Erkrankungen 
der Harnwege von der Niere aus ihren Anfang nimmt, so ist eine Di- 
agnose, welche das Leiden feststellt, so lange dasselbe noch nicht zu 
sehr in der Blase um sich gegriffen und weitere Organe unberührt ge- 
lassen, von enormem Werte. Gerade bei Harnleiden wird zu selten an 
die Möglichkeit einer tuberkulösen Erkrankung gedacht. „Nicht die 
Krankheit ist selten, sondern die Diagnose,“ sagt I. in seinem Aufsatz. 
Auch läfst sich der prakt. Arzt zu häufig durch das gute, ja gesunde 
Aussehen des Patienten täuschen; er verlangt phthisischen Habitus oder 
gesunkenen Kräftezustand.. Wenn diese Symptome nicht vorhanden, 
kommt ihm gar nicht die Idee einer tuberkulosen Affektion. Ferner 
begnügt sich der Praktiker leider gar zu häufig mit der Diagnose: 
Blasenkatarrh, wenn Dysurie, Pollakiurie mit Harntrübung eintritt, ohne 
dafs äulsere Ursachen wie Katheterismus, Strikturen usw. eingewirkt 


haben. 


Bleibt der Harn nach rationellen Blasenspülungen trüb, bestehen 
Dysurie und Pollakiurie weiter, ergibt gar die mikroskop. Untersuchung 
des Urins neben Leukocyten einige rote Blutkörperchen oder mit blofsem 
Auge erkennbare blutige Färbung, oder werden am Ende der Miktion 
einige Tropfen Blut entleert, dann muls jeder gewissenhafte Arzt, sagt 
I., den mit einem Katheter aufgefangenen Urin auf Tuberkelbazillen 
untersuchen. Negativer Befund spricht nicht gegen Tb.; erst wenn das 
Tiarexperiment negativ ausgefallen, hat man berechtigte Ursache, sich 
gegen Tuberkul. auszusprechen. Die cystoskopische Untersuchung, Ureteren- 
katheterismus usw. sind Sache des Operateurs. 


810 Nieren und Harnleiter. 


Nicht zu ausgedehnte tuberkulose Affektionen der Blase bilden sich 
nach Entfernung der kranken Niere allmählich zurück; in der lang- 
samen Zurückbildung sieht I. eben den Beweis für den absteigenden 
Proze[s der Tuberkulose in den Harnorganen. Die Rückbildung nimmt 
bis zur vollständigen Ausheilung 1 bis 2 Jahre in Anspruch. 

Von 97 Operierten sind 11 Patienten infolge der Operation ge- 
storben, 10 Patienten sind bereits den nicht mit der Operation im 
Zusammenhange stehenden Krankheiten (Karzinom usw.) oder an bereits 
in anderen Organen bestehender Tuberkulose eingegangen. Bei den 
Überlebenden wirkte die Operation auf den Ernährungs- und Kräftezu- 
stand meistens recht günstig ein; ebenso auf die Miktionsfrequenz und 
Miktionsschmerz. Je geringer die tuberkulose Blasenveränderung bei 
der Operation, um so schneller das Zurückgehen der funktionellen 
Blasenstörungen. Trotzdem wich die erhöhte Miktionsfrequenz nicht 
immer nach Ausheilung der Tuberkulose. I. führt das auf die Blasen- 
schrumpfung nach Ausheilung des tuberkulosen Prozesses, auf psychische 
Momente und auf Gewöhnung an häufige Entleerung zurück. 

Patientinnen, welche nach der Exstirpation der Nieren gravid ge 
worden sind, erfuhren während der Gravidität keinerlei Störungen. 
Nierenentzündungen verlaufen bei Menschen mit 1 Niere ebenso wie bei 
solchen mit 2. Storch-Berlin. 


Tuberculose urinaire chez un enfant; Nephrectomie; cystos- 
tomie périnéale. Von Vignard und Laroyenne. (Lyon médical. 1907. 
21. p. 1002.) 

Bei dem 14 jährigen Kinde mit Tuberkulose der linken Niere und 
der Blase begannen die Beschwerden wie gewöhnlich in der Blase, mit 
nächtlicher, später dauernder Inkontinenz. Blutungen führten das Kind 
ein Jahr nach Beginn des Leidens im schon bedenklichen Zustande ins 
Krankenhaus. Die rechte Niere schien gesund, die linke Niere war grols 
und schmerzhaft, sie wurde als 330 Gramm schwerer Tumor mit massiver 
cavernöser Tuberkulose entfernt; doch die Cystitis mit Blasen- und Harn- 
röhrenspasmen wich nicht, wurde durch Injektionen und Instillationen 
nicht beeintlufst. Deshalb wurde 14 Tage nach der Nephrektomie zur 
Drainierung der Blase eine mediane direkte Blasendammfistel, unter Aus- 
schaltung der Harnröhre, angelegt; dies ist bei Kindern mit dem noch 
flachen Damm leicht. Jetzt, 6 Monate danach, ist der Zustand des 
Kindes erheblich gebessert, doch wird man sich hüten, die Blasenfistel 
schnell zu schliefsen, denn die Blasentuberkulose scheint noch nicht aus- 
geheilt, da der Urin trübe ist. Die Kranke hat jedenfalls von der 
durch den Blasenschnitt ergänzten Nephrektomie Vorteil gehabt. Die 
inkontinente, direkte Dammblasenfistel verkleinert sich nur sehr langsam, 
sie stellt eine direkte vollständige Drainage dar, viel vollständiger als 
die Drainage durch Sektio alta, sie schaltet die kranke Harnröhre aus, 
eine gewöhnliche Harnröhrenfistel würde sich schon längst wieder ge- 
schlossen haben. Vignard macht noch auf die relative Seltenheit der 
Tuberkulose des Harntraktus bei Kindern aufmerksam und fragt 
Rochet, ob man die Fistel offen stehen lassen solle oder sich durch 


Nieren und Harnleiter. 811 


Katheterismus, Dilatation der Harnröhre usw. event. Operation bemühen 
solle, sie zum Schluls zu bringen. Rochet erkennt die Nötwendigkeit 
der schnellen Nephrektomie in diesem Fall deszendierender Tuberkulose 
der Harnorgane an; er bedauert, dals der Kranke nicht früher zur Ope- 
ration gekommen; denn die Blasenerkrankung, die die Blasenfistel anzu- 
legen erforderlich machte, trübt erheblich die Prognose. Ob man in 
einem solchen Falle die Sectio alta oder perinealis empfehlen soll, läfst 
sich nicht allgemein bestimmen. Jeder Fall mufs besonders behandelt 
werden. Öperiert man aber vom Damm, so soll man die direkte Blasen- 
öffnung, nicht die urethrale Boutonniere vornehmen, denn das Spiel der 
Schliefsmuskeln der Blase soll eben ausgeschlossen werden, dadurch treten 
die Schmerzen, das Miktionsbedürfnis, auf. Das Gebrechen der Damm- 
blasenfistel wird leichter ertragen, wie das der Bauchblasenfistel. Von Ge- 
brechen muls man schon reden, denn oft schliefsen diese Dammfisteln 
sich nicht völlig; die kleine, retrahierte Blase bildet nicht mehr einen 
Behälter, der kaum in ihr angekommene Urin fliefst durch die Fistel 
ab. Beim Versuch des Fistelschlusses hat man ernste Schwierigkeiten 
zu überwinden, man mufs die Bänder der Fistel nicht nur auffrischen, 
sondern auch in der Fläche trennen, damit man Blasenwand und Damm 
gesondert sorgsam nähen kann. Ein Patient, dem Rochet auf dringen- 
den Wunsch eine solche Fistel mit Erfolg geschlossen hatte, ging drei 
Wochen nach der Heilung urämisch zugrunde; ein Fall, der zu denken 
gibt, ob man in solchen Fällen die Fistel überhaupt zum Schlufs zu 
bringen versuchen soll. Mankiewicz-Berlin. 


Die Bedeutung von embryonalen Entwicklungsstörungen für 
die Entstehung von Cysten in der Niere. Von R. L. Thompson. 
(Virch.-Arch., 188. Bd., 1907. S. 551.) 

Bei einem 2 Wochen alten an Bronchopneumonie gestorbenen 
Kinde wies die linke Niere die folgende Anomalie auf: Auf der vorderen 
Seite befand sich oben ein pilzähnlicher Auswuchs von braunroter Farbe 
und leicht granuliert. Dieser erhob sich 5 mm über die Oberfläche der 
Niere, war von unregelmäfsig ovaler Form und mals 2 cm im längsten 
Durchmesser. Dieser Auswuchs war eine Fortsetzung des Nierenparen- 
chynıs, und ein Durchschnitt durch die Mitte der Masse und die dar- 
unter liegende Nierensubstanz zeigte, dals der obere „Pilzschirm“ genau 
das Aussehen von Nierenrinde hatte. Das Innere des Stiels der Ge- 
schwulst erschien identisch dem Aussehen nach mit den benachbarten 
Markteilen der Niere. Diese Pyramide erstreckte sich jedoch nicht bis 
in das Infundibulum, sondern verlor sich in der Marksubstanz der beiden 
benachbarten Pyramiden. Die mikroskopische Untersuchung ergab, dals 
die Tubul. rect. dieses vergröfserten Läppchens sich von der Papille in 
die überragende Masse sich erstrecken; eine Hyperplasie der Sammel- 
kanäle in der Einzelpyraimide ist deutlich ausgeprägt. An der Grenz- 
linie zwischen Rinde und Mark ist die normale Struktur der Niere ver- 
schwunden und an ihre Stelle ein ziemlich wirres Gewebe von unbe- 
stimmtem Typus getreten. Die Kanälchen enden in dichten, unregel- 
mäfsigen Zellmassen, bestehend aus Epithelien, die in einem Netzwerk 


812 Nieren und Harnleiter. 


von Bindegewebe liegen. Nur hier uud da findet sich eine Andeutung 
von Kanälchen. Im untern Teil nahe der Papille sind die Kanälchen 
erweitert und unregelmäfsig und enthalten gewuchertes Nierenepithel. 
teilweise von der Basalmembran abgelöst und in Klümpchen oder ver- 
einzelt umherliegend. Zwischen diesen liegen Kanälchen von normaler 
Dimension. Weiter oben näher der Rinde zeigen die Kanälchen eine 
allgemeine Erweiterung ihres Lumens, stellenweise eine beginnende 
Zystenbildung. Der Rindenanteil liegt hoch oben in dem Auswuchse 
und zeigt ungefähr normale Verhältnisse. Im untern Teil der Rinde. 
gerade oberhalb der unregelmälsigen Grenzzone, erscheinen zystisch er- 
weiterte Kanälchen, zuweilen in Verbindung mit dilatierten Kapseln der 
Glomeruli. In keinem Falle konnte in Serienschnitten ein Kanälchen 
direkt bis in die Markschicht verfolgt werden. Die Kontinuität de: 
Kanälchens in dieser Richtung ging in der Zone des nicht genau diffe- 
renzierbaren (sewebes zwischen Rinde und Pyramide verloren. Es 
handelt sich um eine durch fötale Mifsbildung erzeugte Anomalie eine: 
Nierenläppchens, die sich leichter auf Grund der dualistischen Theorie 
der Entstehung des Nierenkanälchens als der monistischen erklären lälst. 
d. h. also, dafs sich die Nierenrinde unabhängig und vollständig getrennt 
von der Pyramide entwickelt hat. Ebenso lälst sich nach dieser Theorie 
auch das hier Vorhandensein einer Zone ziemlich wild wuchernden 
Gewebes zwischen Rinde und Pyramide erklären, sowie das Vorhanden- 
sein der Zysten. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Nierenmifsbildung bei einem normal entwickelten Kinde. 
Von Privatdozent Sokolow. (Russki Wratsch, No. 18.) 

S. demonstrierte in der wissenschaftlichen Sitzung der Ärzte des 
Obuchoschen städtischen Krankenhauses zu St. Petersburg ein Präparat 
von angeborner Nierenmifsbildung bei einem normal entwickelten Mäd- 
chen. Die seltene Mifsbildung bestand darin, dafs an der linken Seite 
der Wirbelsäule die einzige Niere lag, welche auf ihrer vorderen Ober- 
fläche zwei einzelne Nierenbecken hatte; letztere gingen in die Ureteren 
über, welche an den normalen Stellen in die Blase mündeten. Das untere 
Nıerenbecken ging in den rechten Ureter über. Die Nierenarterie war 
solitär, dagegen gingen von der Niere zwei Venen ab, welche eine Ana- 
stomose hatten und links in die untere Vena cava mündeten. Die Neben- 
nieren befanden sich an beiden Seiten der Wirbelsäule, waren aber 
wie die Niere selbst etwas nach unten disloziert. 


M. Lubowskı. 


Geburtshindernis, durch die kindliche Niere verursacht. \on 
Dr. Rotter. (Zentralbl. f. Gynäkologie, Nr. 14, 1907.) 

29 jährige Ipara, im 8. Monat der Schwangerschaft. Rachitische: 
Becken, Nchädellare. Nach Geburt des Schädels und der Schultern 
bleibt der Rumpf stecken. Bei der Untersuchung wird das cystisch an- 
zufühlende Abdomen des Kindes gefunden. Punktion; Entleerung von 
zirka 3 Dezilitern einer gelben Flüssigkeit, Extraktion trotzdem unmög- 


Nieren und Harnleiter. 813 


lich. Exenteration des Thorax, Durchbohren des Diaphragma.. Nun 
ist im Abdomen eine cystöse (ieschwulst zu fühlen, welche eröffnet und 
deren Inhalt (zirka !/, Liter) entleert wird, worauf die Extraktion ge- 
lingt. Die linke Niere ist mehrfach cystisch degeneriert und reicht 
vom Diaphragma bis in das kleine Becken hinein. Die rechte Niere 
hat die Grölse einer Niere von Erwachsenen. Kr. 


On the prognosis of pregnancy in patients with one kidney, 
with notes of an unusually complicated case of labour after 
Nephrectomy. Von Fergusson. (The journal of Obstetrics and Gynae- 
cology of the Britisch Empire. 1907, Maerz.) 


Eine 36jährige Schwangere hatte als Kind nach Scharlach an 
Nierenentzündung gelitten; vor 10 Jahren war ihr wegen Tuberkulose 
die linke Niere entfernt worden. In den letzten Monaten der jetzigen 
Schwangerschaft bestanden Ödeme und Kopfschmerz, zuletzt auch Seh- 
störungen; der Harn war spärlich, enthielt Eiweifs. Bei vernünftiger 
Behandlung wurde der Zustand der Patientin besser, und das Eiweils 
des Urins verminderte sich. Da aber Beckenenge bestand, die Schwan- 
gerschaft fast am Ende, der Kopf des Kindes hart und grols war, 
schritt man zur künstlichen Frühgeburt.e. Dabei kam es zur Hämor- 
rhagie, die man erst einem Uteruspolypen zuschob, als deren Ursache 
während der Geburt eine Placenta praevia lateralis erkannt wurde. 
Wegen der Beckenenge wurde die Craniotomie gemacht, die Placenta 
mu/se manuell entfernt werden. Das Puerperium verlief gut, die Albu- 
minurie verschwand. Der Fall ist ein weiterer Beweis für Israels Aus- 
führungen, dafs Schwangere mit einer Niere nicht gefährdet seien. 

Mankiewicz - Berlin. 


Zur Behandlung der Eklampsie mit Decapsulatio renum. Von 
Dr. C. J. Gauss, Assistent der Freiburger Universitätsfrauenklinik. (Zen- 
tralblatt f. Gynäkologie, 1907, Nr. 19.) 


Die erste praktische Erfahrung in Deutschland über die Edebohls- 
sche Behandlung der Eklampsie teilte Polano aus der Hofmeierschen 
Klinik mit; leider ist sie nur wenig geeignet, glauben zu machen, dafs 
die Decapsultatio renum ein Heilmittel der Eklampsie darstelle, da seine 
Pat. 19 Stunden nach der beiderseits ausgeführten Dekapsulation unter 
den Zeichen des Lungenödems starb. G. pflichtet der Ansicht Polanos 
bei, dafs nach der Operation aber doch ein bessernder Einflufs auf die 
'daniederliegende Diurese und damit auf den Allgemeinzustand bei aller 
Skepsis nicht zu verkennen war, und meint mit ihm, dafs in seinem 
Fall der Versuch der operativen Heilung zu spät gekommen sei, um 
noch wirken zu können. Glücklicher verlief ein in der Freiburger 
Frauenklinik beobachteter Fall, über den Verfasser berichtet. Er betrifft 
eine 25jährige Primipara. Übersieht man die ganze Krankengeschichte, 
so drängt sich die Auffassung auf, dafs die Nierendekapsulation eine 
entscheidende Wendung für den gesamten Krankheitsverlauf darstellt, 
insofern mit ihr die bis dahin unbeeinflufst fortdauernden und sich stetig 


814 Nieren und Harnleiter, 


steigernden schweren Krankheitserscheinungen plötzlich auffallend ge 
bessert und zum Teil sogar ganz behoben wurden. Dieser Erfolg der 
Dekapsulation ıst besonders deshalb interessant, weil die schleunige Ent- 
bindung, die als altbewährtes Heilverfahren vorher in Anwendung ge- 
bracht war, keinerlei nachhaltigen Einflufs auf den Eklampsieablauf ge 
zeigt hatte. 

Kurz nach diesem Fall bot sich Gelegenheit, die Methode an einem 
weiteren Eklampsiefall auf ihren praktischen Wert zu prüfen. Das Fr- 
gebnis dieses Falles differiert stark von dem des ersten Falles. Die 
schon vor der Dekapsulation schnell aufeinander folgenden eklamptischen 
Anfälle zeigten nur insofern diese Veränderung, als der vorher 1—1'/,;- 
stündige Rhythmus sich nunmehr in einen !/,—?/,stündigen verwandelte; 
ein Leichterwerden der einzelnen Konvulsionen war nicht zu bemerken. 
In der Annahme, dafs sich die Wirkung der Dekapsulation vielleicht 
erst nach Ablauf einiger Stunden geltend machen werde, wurde länger 
zugewartet, als man es sonst getan haben würde. Leider war diese 
Annahme irrig. Man ging also nach im ganzen 17 Anfällen an die 
Ausführung des vaginalen Kaiserschnittes. Nach erfolgter Entleerung 
des Uterus kamen noch zwei gleich schwere Anfälle in 1?/,- resp. 3stün- 
digem Abstand, denen dann in 5—15 minutigen Pausen vier deutlich 
leichtere Anfälle folgten; nach diesen sistierten die Konvulsionen über- 
haupt. Das Bewufstsein, das anfänglich nach jedem Anfalle wiederkehrte. 
war von der Dekapsulation andauernd aufgehoben und kehrte erst am 
vierten Tage p. p. wieder. 

Die Deutung des zweiten Falles ist einfach. Die Decapsulatio 
renum, im Vertrauen auf ihre beim ersten Fall erwiesene Wirkung 
allein vorgenommen, versagte völlig, solange die Geburt ihren spon- 
tanen Verlauf nahm. Erst die operative Entleerung des Uterus schafte 
Wandel in dem bedrohlichen Bilde des Krankheitsverlaufes. Und trotz- 
dem im ersten Falle genau der umgekehrte Ablauf: Versagen der früh- 
zeitigen Entbindung —, entscheidende Besserung — nach der Dekapsı- 
lation. 

Nach dem Ablauf der beiden, die Bedeutung zweier Experimente 
beanspruchenden Krankheitsfälle wird nunmehr in der Freiburger Klinik 
Decapsulatio renum und Accouchement forcé in der Therapie der Ek- 
lampsie bis auf weiteres immer kombiniert angewendet, da von beiden 
Eingriffen häufig jeder für sich allein wirksam ist, in vielen Fällen aber 
doch nur beide vereint Aussicht auf Erfolg bieten. Kr. 


Weitere Beiträge zur Regeneration der Niere. Von Ch. Thorel, 
(Zentralblatt für allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie, 1907, 
Band 18.) 

Seine Versuche hat Verfasser in der Weise angestellt, dafs er bei 
14 Kaninchen die linke Niere in senkrechter, schräger oder horizontaler 
Richtung rasch mit einer glühenden Platinanadel an mehreren Stellen 
durchstolsen hat. In den ersten beiden Tagen der Brandstichverletzungen 
sind die histologischen Veränderungen des Nierengewebes ziemlich mo- 
noton. Zwischen dem 2.—3. Tage tritt aufser den ersten Anfängen der 


Nieren und Harnleiter. 815 


epithelialen Zellneubildungen, die sich entlang der ganzen Wundgrenze 
in dem Auftreten von Mitosen in den defekt gewordenen Zellbesätzen 
äufsern, eine zunehmende Homogenisierung und offenbar infolge Aus- 
trocknung eine Zerklüftung der den Wundkanal erfüllenden nekrotischen 
Massen ein, und schon am dritten Tage des Wundheilungsprozesses sieht 
man nun, wie die neugebildeten Zellen von den an der Wundperipherie 
durch die Kauterisation eröffneten Harnkanälchen aus in die bröcklig 
zerfallenden Nekrosemassen wandern und die spaltenförmigen Risse der- 
selben überkleiden. Auf diese Weise bilden sich zwischen dem 2.—3. 
Tage des Wundheilungsprozesses nicht nur in der Mitte der zunehmend 
hyaliner werdenden Schorfe, sondern auch an den seitlichen Begrenzungs- 
flächen der Brandstichkanäle kleinere und gröfsere Lücken und oft auch 
die ganze Länge derselben seitlich begleitende schmälere oder klaffende 
Spalten aus, die anfangs noch von unvollständigen, später kontinuierlich 
zusammenhängenden einschichtigen Reihen von grofsen runden, kubischen 
oder kurz zylindrischen Zellen mit zum Teil noch in Mitose befindlichen 
Kernen überzogen sind. Das Endresultat dieser Kanalisierungsvorgänge, 
an denen sich ausschliefslich die Epithelien der geraden Kanälchen und 
Henlesche Schleifen beteiligen, klingt in der Bildung von Cysten aus, 
die entsprechend der dominierenden Beteiligung der Epithelien der ge- 
raden Harnkanälchen an den Wucherungsprozessen vor allem in den 
Pyramiden gelegen sind. Diese Vorgänge, welche bei ungestörtem Fort- 
bestande eine aulserordentlich günstige Chance für das geregelte Ab- 
fliesen des Harns bieten würden, stellen nur einen vorübergehenden und 
in funktioneller Hinsicht wenig bedeutungsvollen Zustand dar, da mit 
der Bildung des Granulationsgewebes sehr bald einer fortschreitenden 
Vervollkommnung der epithelialen Neubildungen Halt geboten wird. 
Trotz dieses ungünstigen Einflusses des Granulationsgewebes hören aber 
die epithelialen Neubildungsvorgänge auch in der Folgezeit nicht gänz- 
lich auf, sondern man trifft, namentlich in der Rinde, und zwar vor 
allem an den Randpartien der zunehmenden, durch Granulationsgewebe 
substituierten Herde Stellen an, wo auch die Epithelien der gewundenen 
Kanälchen Bestrebungen zu einer Neubildung unternehmen. So sieht 
man zwischen dem 4.—5. Tage des Wundheilungsprozesses aufserordent- 
lich häufig, wie sich besonders an den dem Wundbezirk zugerichteten 
Seiten der Tubuli contorti als Ausdruck atypischer Neubildungen riesen- 
zellenartige Kermkomplexe bilden, doch hat Verf. nur in ganz ver- 
einzelteu Fällen ein knospenartiges Auswachsen derselben in das Granu- 
lationsgewebe gesehen, so dafs er auf dem Standpunkt steht, dafs die 
Epithelien der gewundenen Kanälchen bei der Heilung von Nierenwunden 
im Gegensatz zu ihrem grolsen Regenerationsvermögen bei diffusen Ent- 
zündungsprozessen der Niere unbeteiligt sind. So liegen die Verhält- 
nisse, wenn man ungefähr zwischen dem 6.—8. Tage das Bild eines 
Brandstichkanals betrachtet; gewöhnlich sind um diese Zeit die zentralen 
Abschnitte derselben schon grüfstenteils von einem gefälseführenden 
Granulationsgewebe okkupiert, während sich die Leukocyten und sonstigen 
Wanderzellen mit Blutpigmenten, Kerntrümmern usw. beladen und den 
Forttransport der Zerfallsprodukte übernehmen; sind Rufspartikelchen in 


8106 Nieren und Harnleiter. 


einen Brandkanal gelangt, so treten auch regelmälsig grölsere Mengen 
von zum Teil auffallend grofsen und langgestreckteu Riesenzellen auf, 
die oft in den wunderlichsten Figuren die Rufspartikelchen umiflielsen. 
Die übrigen Bilder, die den weiteren Heilungsverlauf der Brandstich- 
kanäle zeigen, weichen in keiner Weise von dem üblichen Verhalten ab. 


M. Lubowski. 


Nephritis mit Ödemen nach Applikationen einer Teersalbe. 
Von Dr. N. Swoboda-Wien. (Klinisch-therapeut. Wochenschr. Nr. 21, 
1907.) Ä | 

Der Fall betrift ein 4jähriges Kind. Das Kind bekam wegen 
nässenden Ekzems am Hinterkopf eine 3°;, tige Salbe von Ol. cadinum. 
Binnen einigen Stunden traten ausgedehnte Ödeme auf, im Harn fanden 
sich Eiweifs, Blutkörperchen und Zylinder, die tägliche Harnmenge sank 
unter 500 cm”. Im ganzen konnte höchstens !/, g des Ol. cadinum zur 
Resorption gelangt sein. Kr. 


The treatment of dropsy by deprivation of salt. Von C.F. 
Hadfield. (Practitioner. June 1907.) 

Bezüglich der Kochsalzretention im Organismus bei Nierenerkran- 
kungen existieren drei Theorien. Nach der ersten wäre die Chlorid- 
retention durch die Undurchlässigkeit der Niere für Chloride bedingt. 
Die Anhänger der zweiten Theorie behaupten, dafs die Retention ein 
einfacher physikalischer, durch die Retention von Wasser im Organis- 
mus hervorgerufener Prozefs sei. Der dritten Theorie zufolge zeigen die 
Körpergewebe Veränderungen infolge deren sie imstande sind, grölsere 
Mengen von Salz als gewöhnlich, zurückzuhalten. Die Verfasser unter- 
nehmen einen neuen Erklärungsversuch und sind der Ansicht, dafs die 
Retention durch die Verlangsamung des Urinstroms in den Tubuli be- 
dingt sei. von Hofmann- Wien. 


The Salt-Free Diet te Chronic Parenchymatous Nephritis. 
Von George L. Peabody, M. D. New York. (Medical Record March 
1907.) ' 

Verfasser gibt eine kurze Übersicht über die Geschichte der An- 
wendung der salzfreien Diät bei parenchymatöser Nephritis in Ver- 
bindung mit Anasarka und Oedemen. Wenn die Anasarka durch Herz- 
schwäche und interstitielle Nephritis bedingt ist, so bleibt der Erfolg 
aus. Dagegen leistet die salzfreie Diät bei parenchymatöser Nephritis 
ganz Bedeutendes, namentlich wenn man nebenbei die Flüssigkeitsauf- 
nahme beschränkt, heifse Packungen und Irrigationen mit einer "Lösung 
von Natriumbicarbonat und Digitalis resp. Theobromin anwendet. Unter 
„salzfrei* versteht der Verfasser nicht, dafs man die in der Nahrung 
vorhandenen Salze entzieht, sondern dafs man noch Salz hinzusetzt. 

Der Speisezettel für den Kranken gestaltet sich folgendermalsen: 

Frühstück: Kaffee, Thee, Eier, Gemüse, Sahne, frische Butter, Früchte, 
salzfreies Brot; 


Nieren und Harnleiter. 817 


10 Uhr: ein Glas Milch; 


Mittagessen: Huhn, Fisch, Kartoffeln in verschiedener Zubereitung, 
salzfreies Brot, Eis, Gelee, frische Butter, Kakao; 


3 Uhr: ein Glas Milch oder Wasser; 

Abendessen: Eier, Huhn, salzfreies Brot, Gel&e, Eierrahm, Sahne, 
frische Butter, Thee; 

8 Uhr: ein Glas Milch oder Wasser. 


Verfasser beschreibt 7 Fälle, bei denen unter diesem Regime teil- 
weise eklatante Besserungen eintraten; überraschend war das schnelle 
Verschwinden der Flüssigkeitsansammlungen und das Ausbleiben jeden 
Rezidives, solange die Kranken unter Beobachtung standen und die Diät 
befolgten. Danelius-Berlin. 


Über Schrumpfnieren ohne Arteriosklerose. Von E. Roth. 
(Virch.-Arch., 188. Bd.. 1907, S. 527.) 

Wenn auch das Vorkommen arteriosklerotischer Veränderungen bei 
der Schrumpfniere beinahe als Regel anzusehen ist, so existieren doch 
Ausnahmen, bei denen arteriosklerotische Gefälsveränderungen nicht vor- 
handen sind. R. hat das Material des Augustahospitals in Cöln syste- 
matisch auf arteriosklerotische Veränderungen untersucht. Er fand nun 
6 Fälle, bei denen Arteriosklerose nicht nur der Nierengefälse, sondern 
auch für die kleinen Gefälse der übrigen Organe, insbesondere der Milz, 
auszuschliefsen war. Bei den 3 erst beschriebenen Fällen zeigten sich 
die zum Arcus renal. gehörenden Arterienstämmchen zum Teil unver- 
ändert, zum Teil die von Jones als hyperplastische Intimaverdickung 
bezeichnete Erscheinung. Auch einige der Art. interlobal. und Vasa 
afferentia zeigten leichte Endarteriitiden; aber für diese Fälle ist die 
Arteriosklerose auszuschliefsen, weil makroskopisch das Gefälssystem 
keine oder nur geringe arteriosklerotische Anfangsstadien in den grofsen 
Gefäfsen aufwies und weil von den teilweise vorhandenen mikroskopischen 
Veränderungen der Nierengefälse die hyperplastische Intimaverdickung 
in den Bereich physiologischer Grenzen zu zählen ist. In den 3 weiteren 
Fällen von Schrumpfniere zeigten die Aorta und die grolsen Gefälse 
nur ganz geringe arteriosklerotische Veränderungen, während die Gefälse 
der Arcus renal. eine starke elastisch-hyperplastische Intimaverdickung 
besafsen, die sich in einem Falle sogar auf die Arter. interlobulares er- 
streckte. Wegen der starken Hyperplasie der elastischen Fasern und 
der vorhandenen, wenn auch geringen degenerativen Veränderungen der 
Elastica interna einiger kleiner Gefälse kann man diese Fälle im strengen 
Sinne nicht mehr als Schrumpfnieren ohne Arteriosklerose bezeichnen. 
Aber die arteriosklerotische Veränderung ist so gering, dafs sie in 
keinem Verhältnisse zu dem bei echtem Morb. Brightii sonst beobachteten 
Umfang der Arteriosklerose steht. Bezüglich des Verhaltens des Herzens 
ist zu bemerken, dafs in 4 Fällen die Hypertrophie des linken Ventrikels 
‘gering, in den beiden anderen Fällen aber sehr bedeutend war. 
Auch aus diesen Untersuchungen geht hervor, dafs die Stärke der Hyper- 
trophie nicht mit dem Grade der Nierenschrumpfung Hand in Hand 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 53 


818 Nieren und Harnleiter. 


geht. Bemerkenswert ist weiter an diesen 6 Fällen, dafs eine Retinitis 
albuminurica anscheinend fehlte, ebenso wie Gehirnblutungen niemals 
stattgefunden haben. Mit Ausnahme eines Falles, der an interkurrenter 


Pneumonie starb, sind die Patienten an Urämie zugrunde gegangen. 
R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Zur Kenntnis der orthostatischen Albuminurie. Von Dr. Otto 
Porges und Dr. Ernst Pribram. (Deutsches Archiv für klinische Me- 
- dizin, 1907, Heft 1 u. 4.) 

Aus den Untersuchungen, welche den Einflufs der Körperhaltung 

der Nahrungsaufnahme von Herz und Gefäfsmitteln, sowie thermische 
Einwirkungen auf die Urinausscheidung der Orthostatiker studierten, lälst 
sich im allgemeinen die Frage nach dem Zusammenhange zwischen 
Nierenzirkulation und Albuminurie in bejahendem Sinne beantworten. 
-Auch für den speziellen Mechanismus der Zirkulationsstörung dürften 
sich vielleicht Anhaltspunkte ergeben. Eine allgemeine Blutdrucksenkung 
für sie verantwortlich zu machen (Edel, Pelnar) fehlt in den unter- 
suchten Fällen die tatsächliche Grundlage. Viel wahrscheinlicher er- 
scheint eine Beeinträchtigung der Nierenzirkulation durch ein Hindemis 
im lokalen Kreislauf. Ein Hindernis im venösen Gebiete desselben izt 
vielfach angenommen und als seine Ursache Kompression der Nierenvenen 
durch Steigerung des intraabdominalen Druckes, Lageänderungen der 
Niere (bei Wanderniere) behauptet worden. Die Steigerung des intra- 
abdominalen Druckes tritt aber auch bei normalen Individuen bei auf- 
rechter Körperstellung auf und weiter wäre nicht zu begreifen, warum 
‚diese Einwirkung beim ÖOrthostatiker am Morgen Albuminurie hervor- 
ruft, am Nachmittag aber nach der Hauptmahlzeit den Harn eiweilsfrei 
läfst, man mülste denn wie Loeb noch besondere Regulationsmechanismen 
annehmen, die wieder in das arterielle Gebiet zu verlegen sind. Aus 
den gleichen Gründen kann auch ein ren mobilis (Sutherland, Mosny. 
Guiblain) nicht als Ursache für die orthostatische Albuminurie heran- 
gezogen werden, abgesehen davon, dals in den Fällen der Verff. eine Beweg- 
lichkeit der Nieren nicht nachweisbar war. Demnach hat am meisten 
Wahrscheinlichkeit ein Hindernis im arteriellen Gebiete des Nieren- 
'kreislaufes für sich, etwa ein Konstriktionskrampf der Nierenarterten. 
Dals ein Krampf der Nierenarterien Albuminurie zur Folge haben kann, 
ist im Tierexperiment mehrfach gezeigt worden (nach elektrischer Reizung 
des Halsmarkes, durch Erzeugung von Dyspnoe, durch Vergiftung mit 
'Strychnin und Digitalis etc.). Eine solche Entstehungsursache machen 
nun die Versuche, bei denen es nahezu zur Änurie gekommen war, 
sehr wahrscheinlich. Man müfste vorübergehende, wiederholt auftretende 
Spasmen annehmen, die in der Zwischenzeit normalen Zirkulationsver- 
hältnissen Platz machen und von Albuminurie gefolgt sind. 


G. Zuelzer-Berlin. 


Über faradische Albuminurie. Von E. A. Zebrowski und S.M. 
Gilewitsch. (Russki Wratsch No. 22, 1907.) Vorläufige Mitteilung. 
Die Verfasser haben. durch Faradisation der Niere in manchen 


Nieren und Harnleiter. 819 


Fällen das Auftreten von Eiweils im Harn bezw. eine Steigerung der 
bereits bestehenden Albuminurie herbeiführen können. Die Faradisation 
der Niere wurde folgendermalsen ausgeführt; die eine Elektrode (quadrat- 
förmig) wurde in die Nierengegend hinten in schräger Richtung von 
oben und innen nach unten und aufsen so angelegt, dafs der obere Rand 
der Elektrode sich auf die 10. Rippe stützte, während der innere Rand 
oben zwei, unten drei Querfingerbreiten von der Wirbelsäule abstand. 
Die andere Elektrode (kreisförmig) wurde dem äufseren Rande des 
M. rectus abdominis entsprechend in das Hypochondrium möglichst tief 
in der Richtung zur Niere hineingeschoben. Das Individuum sals 
während der Faradisation mit nach vorn übergeneigtem Rumpf. Ge- 
wöhnlich wurde ein Strom angewendet, den die Versuchspersonen deut- 
lich fühlten, der aber keine Schmerzen verursachte und keine Kontrak- 
tionen der Bauchmuskeln herbeiführte.e Die Faradisation einer jeden 
Niere dauerte zirka 15 Minuten. Die erste Harnportion wurde unmittel- 
bar vor Beginn der Faradisation, die folgenden hintereinander in Zeit- 
abständen von je 20 Minuten gesammelt. Das Vorhandensein von Ei- 
weils im Harn wurde mittelst der Essigsäure- und der Sulfo-Salizylsäure- 
Proben, die Eiweilsquantität nach Brandberg bestimmt. Im ganzen 
sind 33 Nieren von 29 Personen untersucht worden, welche in drei 
(Gruppen eingeteilt werden können: zu der ersten Gruppe gehören die- 
jenigen Fälle, in denen man vor der Faradisation Eiweils im Harn fand, in 
denen essich also um pathologisch veränderte Nieren handelte, zu der zweiten 
Gruppe gehören diejenigen Fälle, in denen entweder anamnestische Hin- 
weise auf eine Erkrankung der Harnwege vorhanden waren, oder im 
Augenblick der Untersuchung eine Erkrankung beobachtet wurde, welche 
einen schädlichen Einflufs auf die Nieren haben könne (Infektionskrank- 
heiten, Arteriosklerose), zu der dritten Gruppe zählen Verfasser die- 
jenigen Fälle, in denen man weder aus der Anamnese, noch aus der 
objektiven Untersuchung Verdacht auf eine Nierenerkrankung schöpfen 
könnte, in denen es sich also anscheinend um gesunde Nieren handelt. 

Bei der Bewertung der Resultate Desen die Verfasser als bedeutende 
Albuminurie diejenigen Fälle gelten, in denen die Faradisation Albumi- 
nurie bewirkte, die sich quantitativ nach Brandberg bestimmen liefs 
(also mindestens 0,033°/,), oder die vor der Faradisation bestehenden 
Albuminurie mindestens um das zweifache steigerte; als unbedeutende 
Albuminurie galten diejenigen Fälle, in denen die Faradisation ent- 
weder nur das Auftreten von Eiweifsspuren, oder eine geringe Zu- 
nahme der vor der Operation bestehenden Albuminurie bewirkte. In 
diesem Sinne gaben von den 13 pathologischen Nieren 7 (54°/,) be- 
deutende, 4 (31°/,) geringe, 2 (15°/,) gar keine Albuminurie.: Von 
den 15 anscheinend gesunden Nieren gaben nur 1 (6,7°/,) bedeutende 
faradische Albuminurie, unbedeutende Albuminurie wurde in 9 Fällen 
(16°. ,) gar keine in 5 Fällen (33,3°/,) konstatiert. In sämtlichen 
ð Fällen, in denen es sich um verdächtige Nieren handelte, wurde vier- 
mal bedeutende, einmal unbedeutende Albuminurie festgestellt. In einigen 
Fällen bewirkte die Faradisation neben der Albuminurie auch Verände- 
rungen des Harnniederschlages, nämlich das Auftreten von neuen Form- 

53* 


820 Nieren und Harnleiter. 


elementen, von Kristallen oder eine Vermehrung der früher vorhanden 
gewesenen Bestandteile. Nach Ablauf von #/, bis 1?/, Stunden nach 
der Faradisation waren sämtliche durch die letztere bewirkte Verände- 
rungen verschwunden. Ausführliche Berichte über die von ihnen wahr- 
genommene Tatsache, welche auch vom biologischen Standpunkte aus 
Beachtung verdient, behalten sich die Verfasser vor. 

M. Lubowski. 


Ureter duplex. Von A. J. Abrikosow. (Praktischeski Wratsch, 
1907, No. 14.) 


A. demonstrierte in der Gesellschaft der Kinderärzte zu Moskau 
in der Sitzung vom 21. Februar 1907 eine Niere mit zwei voneinander 
vollständig gesonderten Ureteren, von denen jeder in die Harnblase mit 
einer besonderen Öffnung mündete. M. Lubowski. 


Eine intraureterale Methode zur Lösung eingeklemmter 
Harnleitersteine und ihrer Herausbeförderung per vias naturales. 
Von Rudolf Jahr-Berlin. (Münch. med. Wochenschr. 1907, Nr. 24.) 


Bei einer früher nephrektomierten Frau trat auf der anderen Seite 
Steineinklemmung im Ureter und Anurie auf. Einlegen des Ureteren- 
katheters für 12 Stunden hatte das erstemal eine 36stündige Harnflut. 
das zweitemal nach wiederauftretender Anurie keinen Erfolg mehr. 
Als urämische Erscheinungen entstanden, führte Verf. einen Harnleiter- 
katheter ein, an dessen Spitze eine aufblähbare Gummihülse (wie beim 
Occlusivkatheter von Nitze) angebracht war, und injizierte Wasser. Als 
der Katheter nach 5 Minuten entfernt wurde, setzte die Sekretion ein. 
Der Stein rückte durch das erweiterte Stück des Harnleiters herab und 
klemmte sich dann in dessen vesikalem Teil wieder ein. Durch die 
selbe Manipulation wurde letzterer erweitert, und der Stein dann bins 
nuell von Vagina und Bauchdecken aus in die Blase befördert. 


Auf Grund dieser Beobachtung und nach weiteren Versuchen ®" 
der Leiche hat Verf. ein jenem improvisierten Instrument ähnliche: 
herstellen lassen und empfiehlt nun folgendes Verfahren: Der Ke 
theter wird bis an das Hindernis herangeführt, aufgebläht, eventuel 
wird, wenn die Urinsekretion nicht in Gang kommt, durch den zwei 
Kanal des Katheters, der oberhalb des Ballons frei mündet, Euka™ 
lösung zwischen letzteren und das Hindernis eingespritzt. Bei hoch 
sitzenden Steinen wird nach etwa !/ stündigem Liegen der Kathe” 
herausgenommen und werden während der Herausnahme noch die pr 
siologisch engen Stellen dilatiert. Bei tiefem Sitz bat man Ausl, 
den Stein in einer Sitzung herunter zu befördern, indem man daS Er 
phere Harnleiterstück schrittweise abschliefst und durch den sich ob: 
halb ansammelnden Urin die Erweiterung des Ureters besorgen 1# st. 

Die Methode ist unschädlich, da bei der Dünne des Gummi alle” 
jeder zu starke Druck eher die Hülse sprengen, als den Harnleite? 


. d vo 
schädigen würde. Verf. empfiehlt sein Verfahren für alle Fälle 


Nieren und Harnleiter. 821 


Uretersteinkolik, in denen sich die Ausstofsung des Steines länger als 
24 Stunden verzögert. Brauser-München. 


Obliteration des Ureters durch einen Ureterstein. Von Dr. 
Sig. Mirabeau. (Zentralblatt für Gynäkologie, Nr. 17, 1907.) 


Verf. demonstrierte in der Münchener gynäkologischen Gesellschaft 
einen kirschkerngrofsen Ureterstein, der 6 cm oberhalb der Blase zu 
einer vollständigen Obliteration des Ureters geführt hatte mit sekun- 
därer Pyonephrose. Der resezierte Ureter wurde in die Blase neu 
implantiert, die Patientin ging am 10. Tage an Sepsis zugrunde. 

| Kr. 


Extraperitoneal transplantation of ureters into the rectum, 
according to the description of Peters of Toronto in a case of 
extraversion of bladder. Von T. V. Armugain. (Brit. Med. Journ. 
June 22. 1907.) 


Bei dem 18jährigen Patienten bestand eine komplette Blasen- 
exstrophie mit Diastase der Symphyse. Es wurden die Ureteren einzeln 
blofsgelegt und jeder für sich ins Rektum eingepflanzt. Die Blasen- 
schleimhaut wurde reseziertt. Der Wundverlauf gestaltete sich günstig 
und das funktionelle Resultat war ein zufriedenstellendes.. Der Patient 
konnte den Urin bis zu 9 Stunden halten. von Hofmann-Wien. 


Erfolgreiche Ausführung der vaginalen Implantation des 
linken Ureters nach der Methode von Mackenrodt. Von Dr. Karl 
Hörmann. (Zentralbl, f. Gynäkol., Nr. 17, 1907.) 


Die Ureter-Scheidenfistel war nach einer Zangenentbindung ent- 
standen. Bei einem ersten Öperationsversuch war die Einheilung keine 
vollständige, sondern es entstand zunächst eine Ureter-Blasen-Scheiden- 
fistel, die dann durch zwei weitere Operationen nach einem bezw. drei 
Monaten zur Heilung gebracht wurde. An den Seidenfäden bildeten 
sich wiederholt Inkrustationen, die mit den Mirabeauschen Instrumenten 
entfernt werden konnten. Die cystoskopische Untersuchung zeigt deut- 


liche Funktion beider Ureteren. Kr. 


Il cateterismo dell’ uretere colla cistoscopia a visione diretta. 
Von Domenico Taddei. (La clinica moderna 1907. 2., pag. 31.) 


Der Ureterenkatheterismus in der jetzt üblichen Form mit Prismen 
versehenen Cystoskopen erscheint Taddei für die allgemeine Praxis zu 
schwierig, weil er eine lange Zeit der Vorbereitung und des Studiums 
erfordert, eine Zeit, die nicht spezialistische Chirurgen ihm nicht widmen 
können. Die Trennung der Sekrete der beiden Nieren durch Separa- 
toren kann den Harnleiterkatheterismus nicht immer ersetzen, der in 
manchen Fällen für die sichere Diagnose unumgänglich ist. Um diesen 
nun in einfacherer Weise möglich zu machen, hält Taddei die von 


822 Technisches. 


Luys propagierte Manier durch gerade Röhren mit direkter Besichtigung 
für ein geeignetes Verfahren. Freilich hat Luys schon Vorgänger ge- 
habt und sein Instrument ist nichts anderes, als das mit dem Valentine- 
schen Harnröhrenrohr versehene und technisch besser hergestellte Paw- 
lick und Kellysche Instrument. Der ausfliefsende Harn wird abgesaugt, 
der Patient liegt in Trendelenburgscher Beckenhochlagerung. Das 
sachgemäfls eingeführte Instrument trifft sofort mit der vesikalen Öffnung 
auf den hinteren Rand des Trigonum (Musculus interuretericus); nach 
einer Drehung des Instrumentes um 30°, findet man die Ureteröffnung 
auf einer kegelförmigen Öffnung; auf dieser fixiert man mit der linken 
Hand die Metallröhre und sieht die Uretermündung wie einen kleinen 
Muttermund im Spekulum; in diese den etwas rigiden (ev. durch Mandrini 
unter Leitung des Auges im Moment einer Ausspritzung einzuführen, 
soll sehr leicht sein; man entfernt die Metalltube über den Ureter- 
katheter und bringt den Patienten in Rückenlage. Neben dem Ureter- 
katheter kann man einen Nelaton zur Sammlung des Urins der anderen 
Niere einführen. Taddei vindiziert dem Verfahren folgende Vorzüge: 
leichte Technik, schnell zu erlernen; die direkte Besichtigung in ihrer 
wahren Form und Grösse; die Möglichkeit der Besichtigung auch kleiner, 
für die übliche Cystoskopie unzugänglicher Blasen. Die von Luys ge- 
rühmte geringere Infektionsgefahr bei seinem Verfahren ist wohl eime 
theoretische Hypothese. Schwächen des Verfahrens sind die eventuelle 
Enge der Harnröhre und besonders beim Manne die Unmöglichkeit, die 
Harnröbre gradlinig zu machen; die Leichtigkeit der Blutung der Blasen- 
schleimhaut bei Cystitis; hier helfen auch geeignete Wischtampons oft 
nicht; die ungenügende Ausdehnung der Blase, welche im leeren Zu 
stande vielerlei Fältchen und Grübchen hat und die Ureteröffuung da- 
durch verdeckt. Taddei hat aber nur bei der Frau diese Methode 
ausgeführt. Luys beherrscht sie auch beim Mann. Referent erkennt 
an, dafs die Methode oft gute Resultate geben kann; sie ist aber nicht 
neu, sie ist beim Manne für Patient und Arzt schwieriger, als die 
klassische Methode, sie ersetzt in keinem Falle die jedem Ureterenkathete- 
rismus voranzugehende Besichtigung der Blase mit dem Cystoskop, sie 
erfordert also 2 Instrumente für ein oder zwei Eingriffe, statt einem. 
Mankiewicz-Berlin. 


IX. Technisches. 


Ein neuer Katheter- und Cystoskopsterilisator. Von A. Weiss. 
(Wiener med. Wochenschr. Nr. 24, 1907.) 


W. benutzt als Desinfektionsmittel ein neues Formalinpräparat, das 
Autan, welches aus einem Gemenge von Metallsuperoxyden und Para- 
formaldehyd besteht und bei Hinzutritt von kaltem Wasser unter starker 
Temperaturerhöhung sich ohne Zuhilfenahme einer Vergasungslampe N 
gasförmigen Zustand umwandelt. Der Apparat selbst besteht aus einen! 
(laszylinder, welcher oben luftdicht verschliefsbar, unten offen und ın 
einen Metallfuls einfügbar ist. In letzteren ist ein Glasgefäls einge- 


Technisches, | 8°3 


lassen, in welchem das Autanpulver mit Wasser im Verhältnis von 
5 ccm zu 7 ccm gemischt wird. von Hofmann- Wien. 


Ein neues Gärungsröhrchen zum Nachweis von Trauben- 
zucker im Harn und eine einfache sterilisierbare Sicherheitspipette. 
Von O. Schumm-Hamburg-Eppendorf. (Münch. med. Wochenschrift 1907, 
Nr. 25.) 

Das Gärungsröhrchen ist eine Modifikation des Einhornschen ; 
durch starke Verjüngung des geschlossenen Schenkels sind Unterschiede 
in der Gröfse der Gasblasen viel deutlicher. Ferner ist eine Vorrichtung 
behufs leichterer Füllung angebracht. — Die Sicherheitspipette ver- 
hindert beim Ansaugen giftiger oder ekelhafter Flüssigkeiten deren Ein- 
dringen in den Mund. Die Apparate sind von Dittmar und Vierth 
in Hamburg hergestellt. Brauser- München. 


* 


Ein aseptisoher Katheterisator. Von H.Markus-Wien. (Münch. 
med. Wochenschr. 1907, Nr. 26.) 

Der Apparat dient dazu, weiche Katheter aseptisch zu verwahren 
und vor allem, um den Katheterismus auszuführen, ohne den Katheter 
direkt mit der Hand zu berühren. Er enthält ein Ölreservoir und ist 
so klein, dals er in der Westentasche untergebracht werden kann. Her- 
gestellt bei H. Reiner- Wien. Brauser- München. 


Der Verweilkatheter, seine Anwendung und seine Wirkungs- 
weise Von Dr. Julius Vogel-Berlin. (Berl. klin. Wochenschr. 1907, 
Nr. 20.) 

Als Verweilkatheter dient am besten ein Seidenstoffkatheter, der 
ein festeres Gefüge und ein gröflseres Lumen hat, als der Nelaton- 
katheter, anderseits nicht so stark ist, wie ein Metallinstrument; letzteres 
ist wegen der damit verbundenen Gefahren zu perhorrestieren. Die 
Einlegung des Instruments mufs natürlich unter Beobachtung strengster 
Asepsis erfolgen und zwar derart, dafs das Auge des Katheters un- 
mittelbar vor dem Sphinkter internus liegt, da nur so ein gleichmälsiges 
Ablaufen des Urins und vollständige Ruhigstellung der Blase erzielt wird. 
Die Befestigung des Instrumentes geschieht beim Manne am besten 
durch zwei Heftpflasterstreifen, die um dasselbe herumgelegt und an die 
Glans penis geklebt werden; bei der Frau ist ein de Pezzerscher Katheter 
einzulegen. Damit der Katheter seine richtige Lage behält, ist es not- 
wendig, dafs der Patient in ruhiger Rückenlage verharrt; zur Vermei- 
dung einer Cystitis sind Blasenspülungen, 1—2mal täglich mit Borsäure 
oder Höllenstein indiziert, nach 5—7 Tagen mufs das Instrument ge- 
wechselt werden, damit es sich nicht inkrustiert. — Von den Erkran- 
kungen, bei denen die Applikation des Verweilkatheters in Frage kommt, 
sind zunächst die gonorrhoischen Strikturen zu nennen; dieselben werden 
gewöhnlich erweicht und sind dann leicht für dickere Instrumente 
passierbar; sodann nach Operationen in der Harnröhre, besonders der 
Urethrotomia internen, ferner bei Verletzungen der Harnröhre; der Katheter 


824 Technisches. 


wirkt hier blutstillend, hält die Harnröhrenwände auseinander und schützt 
die Wunde vor dem Kontakt mit dem oft zersetzten Urin. Uber die 
Zweckmälsigkeit des Verweilkatheters bei der äufseren Urethrotomie sind 


die Ansichten geteilt, dagegen ist er unbedingt indiziert bei plastischen . 


Operationen und bei Fisteln der Harnröhre, von gro/sem Werte oft bei 
der Prostatahypertrophie, wo er Abschwellung der kongestionierten Drüse 
und Aufhebung der Harnretention herbeiführt, ferner bei der Schrunpf- 
blase, wo er, unterstützt durch regelmälsige Spülungen einsteigender 
Flüssigkeitsmengen, allmählich eine grofse Toleranz der Blase herbei 
führen kann. Bei schwerer Cystitis oder Bakteriurie führt er oft 
völlige Entfieberung herbei, wenn er lange genug ertragen wird. Indi- 
diziert ist er ferner bei der Nachbehandlung der meisten operativen 
‘ Eingriffe an der Blase, nach Lithotripsie und nach der Bottini-Üpe 
ration. Zu drwähnen wäre schliefslich noch, dals in neuerer Zeit auch 
der Ureterenkatheter als Verweilinstrument benutzt wird, und zwar so 
wohl zu diagnostischen, wie therapeutischen Zwecken, bei Strikturen und 
Fisteln des Harnleiters, bei der Naht der letzteren, sowie bei gewissen 
Sekretionsanomalien der Nieren. Paul Cohn- Berlin. 


— —— ao, 


Dem I. Kongress der Deutschen Gesell- 
schaft für Urologie! 


Ein herzliches Willkommen dem ersten Kongrefs der 
Deutschen Gesellschaft für Urologie! 

Schon seit geraumer Zeit hatten sich Bestrebungen geltend ge- 
macht, eine Vereinigung zu gründen, in welcher sich die deutschen 
Urologen zu gemeinsamer Arbeit und zum Austausch ihrer Er- 
fahrungen zusammenfinden könnten. Während die französischen Uro- 
logen sich seit langem eine eigene Vereinigung in ihrer Association 
Francaise d’Urologie, die Amerikaner in der American Association 
of Genito-Urinary-Surgeons geschaffen hatten, war auf allen unseren 
Kongressen und Vereinigungen, mit Ausnahme der internationalen, 
die Urologie bisher immer der Gast anderer Sektionen gewesen. 
Es scheint, dafs unsere mächtig aufstrebende Spezialdisziplin erst 
ihre Entwicklung durchmachen mufste, die sie zu der Phase empor- 
gehoben hat, auf welcher sie jetzt steht und auf der ihr das Recht 
als selbständige Disziplin in selbständiger Vereinigung 
aufzutreten, zuerkannt werden mufs. 

Welch hohen Schwung nach aufwärts die Urologie 
in dem letzten Jahrzehnt genommen hat, brauchen wir den engeren 
Fachgenossen nicht auseinanderzusetzen. 

Wir alle haben es miterlebt — um nur einige Beispiele zu 
nennen — auf welch sichere Basis die Blasenchirurgie seit 
Erfindung der Cystoskopie und die Nierenchirurgie seit 
Einführung des Ureter-Katheterismus gestellt worden ist, 
wir haben es miterlebt, wie sich die Urologie zu einer Disziplin 
gestaltet hat, von der fast alle Schwesterdisziplinen mit Eifer lernen 
und sich befruchten lassen. 

In wie hohem Mafse dies der Fall ist, lehrt von neuem ein 
Blick auf das Programm unseres ersten Kongresses, das uns 

Zeitschrift für Urologie. 1907. öt 


826 Dem I. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie. 


heute vorliegt. Die Zahl der angemeldeten Vorträge beträgt W, 
30 Redner sind bisher zur Diskussion über die offiziellen Referate ein- 
geschrieben. Interne Mediziner und Chirurgen, Gynäkologen, Der- 
matologen und Balneologen, pathologische Anatomen und Bakterio- 
logen werden unsere Gäste sein. 

Wir sind stolz und geben unserer Freude Ausdruck, das Or- 
gan dieser Gesellschaft zu sein, die unter so glänzenden Auspizien 
ihre Arbeit beginnt, und bringen dem Kongrels unseren herzlichen 
Glückwunsch dar! 

Möchte dieser erste und alle folgenden Kongresse das erfüllen. 
was uns bei der Gründung als Ziel vorgeschwebt hat, möchte seine 
Arbeit Früchte zeitigen, die der Wissenschaft zu Nutzen 
und der leidenden Menschheit zum Segen gereichen! 


Aus der chirurgischen Universititsklinik der Charite (Berlin). 





Zur chirurgischen Behandlung der 
Prostatatuberkulose. 


Von 
0. Hildebrand. 


Dafs Prostatatuberkulose in sehr vielen Fällen eine späte Etappe 
im Ablauf einer Urogenitaltuberkulose ist, ist eine nicht zu be- 
zweifelnde Tatsache. Ebenso sicher ist aber die Tatsache konsta- 
tiert, dafs Prostatatuberkulose gelegentlich der einzige oder wenig- 
stens der älteste tuberkulöse Herd im Urogenitalapparat ist, dafs 
also Prostatatuberkulose die erste Lokalisation der Tuberkulose im 
Urogenitalapparat ist und dafs von ihr aus die Erkrankungen der 
andern zugehörigen Teile ihren Ausgangspunkt genommen hat. 

Es sind Fälle bekannt, in denen aufser Lungentuberkulose nur 
noch eine Prostatatuberkulose bei der Sektion nachweisbar war. 
Collinet, Krzywicki, Socin u. a. machten unzweifelhafte Beobach. 
tungen absolut isolierter Prostatatuberkulose bei Lungenphthise. 
Socin führte ferner in seinem Buche über Prostataerkrankungen 
einen Fall an, wo bei einem an Miliartuberkulose der Lungen 
verstorbenen 28jährigen Mann sich im rechten Prostatalappen ein 
haselnufsgro(ser Knoten von blalsgelber Farbe, in beiden Nieren 
frische Miliareruption und sonst nichts fand. Ebenso fand er bei 
einem 35jährigen Manne, der an Miliartuberkulose der Lungen 
und Meningitis starb, nur miliare Knötchen in beiden Nieren, da- 
gegen im linken Prostatalappen einen entschieden älteren, kirsch- 
grolsen Herd. 

Des weiteren aber ergibt die Erfahrung die Tatsache, dafs 
Prostatatuberkulose zwar mit anderer Urogenitaltuberkulose ver- 
knüpft ist, aber nicht immer mit solchen hochsitzender Teile, also 
der Niere, sondern mit Tuberkulose peripherer Teile, wie z. B. des 
Hoden, dafs sich also im Urogenitalapparat aufser der Prostata 
nur ein Hoden noch tuberkulös erkrankt findet. 

Aus diesen Tatsachen geht hervor, dafs es unter Umständen 
gerechtfertigt ist, die Prostatatuberkulose direkt therapeutisch in 
Angriff zu nehmen, vorausgesetzt, dals der Allgemeinzustand und 

o4* 


828 O. Hildebrandt. 


die Art und Weise des Auftretens der Tuberkulose in der Prostata 
Erfolg verspricht. Schwere Lungenerkrankung oder ausgedehnte 
Urogenitaltuberkulose, besonders mit Beteiligung der Nieren, schlielst 
natürlich aus. 

Aus den pathologisch-anatomischen Untersuchungen ergibt sich 
aber weiter, dafs einerseits eine miliare Form der Knötchenbildung 
vorkommt, anderseits ein käsiger Abszefs der Ausdruck der Tuber- 
kulose ist. Letzterer ist durch Konfluieren einer Anzahl von Tu- 
berkeln und Verkäsung entstanden. Und zwar sitzen diese Herde 
für gewöhnlich in den seitlichen Lappen der Prostata. Die Kapsel 
der Drüse schützt eine Zeitlang die Umgebung. * Ist sie durch- 
brochen, so verbreitet sich die Tuberkulose nach der Harnröhre, 
der Blase, dem Darm und dem Rektum hin. Die Form des tuber- 
kulösen Herdes mit Abszefs ist also einer erfolgreichen chirurgischen 
Intervention zugänglich, besonders solange sie noch umschrieben 
ist, entweder durch die konservativen Mittel, die gegen Tuberkulose 
verwendet werden, z. B. Jodoform oder Chlorzinkinjektionen oder 
durch operative Eröffnung und Entfernung des tuberkulösen Ge- 
webes. Die miliare Form wäre nur durch Totalexstirpation zu be- 
seitigen, dabei ist aber doch sehr zu erwägen, ob es überhaupt je- 
mals einen Sinn hat, dann noch eine solche Operation zu machen. 

Unter den Wegen, auf denen man operativ zur Prostata vor- 
dringen kann, kommt der mit Hilfe der Sectio alta kaum in Betracht, 
trotz der vortrefflichen Resultate, die man bei gewöhnlicher Prostata- 
hypertrophie damit hat. Die Gefahr der künstlichen Ausbreitung 
der Tuberkulose auf die Blase würde zu grofs sein, abgesehen da- 
von, dafs die Ausheilung des Abszesses resp. des tuberkulösen 
Herdes durch die Kommunikation mit der Blase sehr erschwert 
sein würde. Es ist deshalb der Weg vom Damm aus vorzuziehen, 
ganz der gleiche Weg, wie für die Exstirpation vom Damm aus 
wegen Hypertrophie, z. B. nach der Methode von Zuckerkandl. 

Die Harnwege bleiben dann unberührt, damit werden Harn- 
fisteln vermieden, vorausgesetzt, dafs man die Blasenschleimhaut 
intakt läfst. Die Ausheilung des Herdes mit Hilfe von Tamponade 
mit Jodoformgaze wird ermöglicht. Dieser Weg wird ja sogar 
gelegentlich gewiesen durch die Infiltration am Damm, die nach 
Durchbruch der Prostatakapsel zustande kommt. Der Weg vom 
Rektum aus ist nicht zu empfehlen aus analogen Gründen wie der 
durch die Blase. Aus dem Gesagten ergibt sich, dals nicht häufig 
ein Eingriff an der tuberkulösen Prostata mit Recht gemacht werden 


Zur chirurgischen Behandlung der Prostatatuberkulose. 829 


kann. Es sind ja auch nur wenig Fälle publiziert, aber einige 
günstige, z. B. von Czerny (Merwedel), von Socin. Ich selbst habe 
in zwei Fällen in der angegebenen Weise ein zufriedenstellendes 
Resultat erreicht, während in einem dritten Falle der Erfolg un- 
günstig war, weil durch Fortschreiten des tuberkulösen Prozesses 
auf die Blasenschleimhaut eine dauernde Blasendammfistel entstand. 
Ich führe die zwei Fälle zum Schlu[s an. 


23. X. 1902. M. M. 43 J., Mutter gestorben an Schwindsucht. Im 
Jahre 1891 schwoll der rechte Hoden an, wurde aber nach kalten Umschlägen 
kleiner und hart. Nach !/, Jahr wieder entzündet und operativ entfernt. Nie 
geschlechtskrank. Frau und,10 Kinder sind gesund. Frau litt einmal an 
Bauchfellentzündung. 


Mager, blals; Brustorgane ohne Besonderheiten. 


Linker Hoden weich; Epididymis taubeneigrols, hart. Der untere Teil 
des Vas deferens ist von der Dicke eines mälsigen Bleistiftes, hart. 


Per rectum fühlt man die Prostata stark vergrölsert, namentlich 
nach links, hart, druckempfindlich. An einer Stelle links weich, eindrückbar. 

Über dem Annulus ingninalis subcut. sin. im Umfange eines Frankenstückes 
flache Verwölbung, die sich beim Husten vergröfsert. Inguinalkanal für einen 
Finger durchgängig. 

Diagnose: 

Tuberc. epididymis sinistrae et vasis deferentis. Tbc. prostatae. Hernia 
inguin. sinist. 

30. X. Operation: 

Schnitt von der äulseren Leistenpforte links über die laterale Fläche des 
Skrutums. Isolierung des Hodens und Samenstranges. Das Vas deferens fühlt 
sich in seiner ganzen Ausdehnung bis zum Leistenring hart an. Durchtrennung 
an seiner Einmündung in den Leistenkanal. Die Samenstranggefülse werden 
unterbanden und durchtrennt. 

Radikaloperation des Bruches. 


Nun Steinschnittlage: Bogenschnitt am Damm mit Konkavität gegen 
den Anus. Freilegung der Prostata, die sehr in der Tiefe liegt, unter Kontrolle 
vom Rektum aus, während ein Metallkatheter in der Harnröhre liegt. 


Die weiche Stelle in der Prostata wird zugänglich. Sie zeigt ein gelblich 
durchscheinendes Aussehen. Bei Inzision mit dem Messer entleert sich dicker 
Eiter (zur bakter. Untersuchung aufgefangen). Nach Entfernung alles Eiters 
sieht man eine kirschgrolse Höhle mit ziemlich glatter Wandung. Aus einer 
Ecke quillt noch mehr Eiter. Durch Eingehen mit scharfem Löffel kommt man 
auf eine weitere Höhle. Nach Auslöffllung von Granulationen und Eiter und 
Dehnung der Kommunikation mit dem Finger entsteht schlielslich eine gemein- 
same über nulfsgrolse Höhle. Sie wird mit Jodoformgaze austamponiert. Ein 
weiterer Tampon in die übrige Wundhöhle. 

Verkleinerung des Hautschnittes von beiden Seiten her durch Seiden- 
knopfnähte. 

Beschreibung des Prüparates: 


830 O. Hildebrand. 


Hoden makroskopisch normal; Nebenhoden schwielig von kleinen Käse- 
herden durchsetzt. 

Vas deferens starr, entleert keinen Käse. 

Mikroskopisch: 

Nebenhoden mit Verkäsung, Tuberkel. 

Vas deferens, Schleimhaut von Tuberkeln durchsetzt, ulzeriert, binde- 
gewebiger Teil verdickt. Die aus der Prostata ausgekratzten Teile ent- 
halten Reste von Drüsengewebe zwischen tuberkulösem Gewebe. 

30. X. Nach der Operation wenig Erbrechen; starke Übelkeit. Abends 
Urindrang. Patient kann nicht Wasser lassen. Katheterisieren — entleert nur 
wenige ccm trübrötlichen Urins. 

81. X. Heute morgen spontan Wasser gelassen. Urin sanguinolent mit 
weifslichen Fetzchen vermischt. Beim Urinieren Brennen. 

1. XI. Patient fühlt sich ordentlich schwach. Obere Wunde ganz trocken. 
Wunde am Damm reizlos; Tampon gelockert und ein Drain eingeführt. 

2. XI. Katheterisation. Entleerung von 600 cem Urin. Er ist dunkel- 
gelb, läuft zuerst ganz klar. In den letzten etwas trüben Portionen kleine Blut- 
gerinnsel. 

5. XI. Urin spontan. Befinden besser. Die Hodennaht reizlos. Ent- 
fornung der Möche und der Fäden. 

18. XI. Die Skrotalwunde geheilt. Die Prostatawande granulierend. 
Wohlbefinden, guter Appetit. 

17. XI. Prostatawunde bis auf 1 cm tiefes Loch zugeheilt. 

28. XI. Prostataoperationswunde geheilt. 

Patient sicht viel besser aus als beim Eintritt. Beide Wunden glatt 
geheilt. Per rectum fühlt man die Prostata links noch vergröfsert. An der 
Stelle, wo früher eine weiche Eindrückbarkeit zu fühlen war, ist jetzt eine feste 
Einziehung. 

Auf den Lungen keine Rasselgeräusche, keine deutlichen Schall- oder 
Atmungsveränderungen, kein Husten, aber Nachtschweilse und rheumatische 
Schmerzen in beiden Achseln. 

J. S. 29 Jahre alter Mann. Vater an einer Lungenkrankheit ge- 
storben, Mutter gesund; ein Schwester an Gehirnentzündung gestorben. Die 
6 lebenden Geschwister sind gesund. Patient hatte vor einem Jahre Blasen- 
katarrh. 

Frau gesund; die 2 lebenden Kinder ebenfalls. Einu Kind an Gehirn- 
 entzündung, eins nach einem Tage gestorben (Frühgeburt).. Das 3. Kind wurde 
nur 3 Wochen alt. 

Vor 2!/, Jahren Erkältung bei Nachtarbeit in einem zugigen Gang. Bier- 
trinken, Lagerung auf dem feuchten Boden. 

Anfangs leichtes, später immer stärker werdendes Wasserbrennen. Damals 
konnte Patient den Urin noch 2—3 Stunden anhalten. 

Patient liefs sich */, Jahr nicht behandeln, dann als das Brennen ärger 
wurde, ging er in die Poliklinik, wo ihm innerliche und äulfserliche Mittel für 
Urethralinjektionen verordnet wurden. Keine Besserung. Patient wurde ge- 
spült, lag 9 Wochen auf der innern Abteilung. Ebenfalls keine Besserung. 
Patient trat wieder seinen Dienst an, hatte aber beständig Schmerzen, mehr in 
der Harnrölıre als in der Blase, mufs fast stündlich Urin entleeren. Der Urin 


Zur chirurgischen Behandlung der Prostatatuberkulose. 831 


ist immer leicht geträbt. Während des Spitalaufenthaltes hat Patient 3 mal 
stark gefiebert-. In der letzten Zeit hat sich der Zustand nicht w sentlich ver- 
schlimmert. Stuhl meist angehalten. | 

Seit 8 Tagen kann Patient wegen Schmerzen im Damm nicht auf dem 
Rücken liegen. Vor 4 Wochen hatte Patient ähnliche Schmerzen, die aber auf 
Einreibungen hin vergingen. 

Status praesens, 

Aussehen blafs; ordentlichen Ernährungszustand. 

Lungen: V. keine Schalldiffegenz, vesikuläres Atmen. H. r. o. Schall 
kürzer und dumpfer als links; sonst heller Schall; vesikuläres Atmen. H. r.o. 
unbestimmt mit verlängertem Exspirium und vereinzelten Rasselgeräuschen. Herz 
ohne Besonderheiten. Urin etwas trübe, sehr wenig Eiweils, kein Zucker, wenig 
Leukocyten, keine Bazillen. 

1. Linker Hoden. Im Bereich des Nebenhodens raupenhelmartig ver- 
dickt, knollig, hart, namentlich in den Schwanzpartien. Hoden unverändert. 
Keine Druckempfindlichkeit. Vas deferens nicht verdickt. 

2. Rechter Hoden, weich, elastisch, zirka Hühnereigrölse. Grenze 
zwischen Hoden und Nebenhoden nicht durchzufassen. 

3. Damm. Am Damm zieht sich von der Wurzel des Skrotums in der 
Mittellinie bis zur Analöffnuung eine wurstförmige, äulserst druckempfindliche 
n. I. fluktuierende z. T. harte Geschwulst hin. Vom Rektum aus ist die vordere 
Wand vorgewölbt, weich, fluktuierend und mit der Schwellung des Dammes in 
Zusammenhang. Die Schwellung zieht sich bis zum untern Pol der Prostata 
hin. Prostata nicht vergröfsert. 

Gegend der Samenbläschen nicht drackempfindlich. 

Operation 22. III. 1902. Schnitt medial am Damm. Unter dünner Weich- 
teilbedeckung liegt eine Abszel[shöhle, deren Inhalt dünnflüssiger, weilsgelblicher 
Eiter ist. Von der zirka 8cm langen Öffnung läfst sich nach Expression und 
Ausspülung bequem die Wand der Höhle abtasten. Dabei stellt sich heraus, 
dafs ein eitriger Schwund des grölsten Teiles der Prostata eingetreten ist, dafs 
deren Volumen auf ein Minimum reduziert ist. Vom Rektum aus wird dasselbe 
konstatiert. Beim Druck vom Rektum aus entleert sich schubweise Eiter aus 
der Höhle. Ausschabung. Gegenöffnung an der Skrotalbasis links. Durch- 
ziehen eines Jodoformgazemeche,. Gummidrain wird in die Hauptöffnung ein- 
geführt. 

Nach der Operation Erholung; etwas Schmerz beim Urinieren. 

25. III. Die Temperatur fällt von Tag zu Tag. Patient klagt über nichts 

26. III. An Stelle des Drains wird eine Jodoformmeche eingeführt, 
afebril. 

31. I1I. Täglich Bad und Verbandwechsel.e Damm noch etwas druck- 
empfindlich. 

2. IV. Patient steht auf. Linker Testis schmerzhaft. Suspensorium. 

10. IV. Wenig Eiterabfluls aus der Wunde. Patient fühlt sich wohler, 
sieht besser aus. A 

19. IV. Entfernung der Nähte. Wunde sieht gut aus. 

26. IV. Entlassen. Wunde der Kastration geheilt, aus der Dammwunde 
oberflächliche Granulation. 

9. VI. 1902. Nach seinem Spitalaufenthalt liefs sich Patient poliklinisch 

š : 


832 O. Hildebrand, Zur chirurgischen Behandlung der Prostatatuberkulose. 


behandeln. Der Urin war in dieser Zeit stets trübe, brannte in der Urethra. 
Patient muls seither alle !/, Stunde Urin lassen. 

Inzisionswunde am Damm etwa in 1 cm langer, breiter Fläche granu- 
lierend, dünnes Sekret liefernd. Damm sonst von normaler Konfiguration. Vom 
Rektum aus fühlt man die nicht vergrölserte wenig empfindliche Prostata. 
Links hauptsächlich aber rechts zieht sich ein derber ebenfalls nur wenig emp- 
findlicher Strang von den Seiten der Prostata nach abwärts. Urin reagiert 
sauer, starkes eitriges Sediment. Dasselbe besteht fast aus lauter Leukocyten 
und vereinzelten Epithelzellen; ziemlich starker Eiweilsgehalt des Urins. 17 Mik- 
tionen während 34 Stunden. 

17. Sectio alta. Eröffnung der Blase, Austupfen des relativ klaren Urines, 
Blase ziemlich geräumig. Scheimhaut über dem Trigonum stark rot gefärbt 
und von kleinen grauen Knötchen durchsetzt. 

Ebenso ist die Mukosa in den hinteren und lateralen Wandpartien rot 
verfärbt, fleckig. Ureterenöffnungen gerötet. Klarer Urin flielst aus. Hinter- 
wand von 2 kleinen Geschwürchen durchsetzt. 

Galvanokauterisation dieser Geschwüre sowie der Knötchen des Trigonun. 
Schlofs der Blasenwunde durch Etagennähte. Einlegen einer Jodoformmeche 
auf die Nahtestelle. 

Einlegen eines Dauerkatheters. 

18. VI. Relatives Wohlbefinden. Der durch den Verweilkatheter al 
gehende Urin ist ziemlich stark bluthaltig. 

20. VI. Allgemeinbefinden nicht gestört. Blutgehalt des Harnes geringer. 

22. VI. Temperatursteigerung auf 88,6. Aus der Wunde flielst kein 
Urin. Dagegen entleert sich auf Druck ziemlich viel serösblutige Flüssigkeit. 

2. VII. Morgentemperatur 89,2% Abszefs der Harnröhre. Entiernung 
des Verweilkatheters. 

8. VII. Patient muls ungefähr alle !/, Stunde Urin lassen. 

4. VII. Temperatur auf 37,6° morgens; 38,7° abends; Urin immer noch 
getrübt. 

15. VII. Rasches Zugranulieren der Wunde. Patient kann seinen Urin 
über eine Stunde halten. Sediment nur sehr gering. Patient sieht 
viel besser aus als vor der Operation. 

18. VII. Austritt. Patient hat. sich bedeutend erholt. Blasenwunde 
geheilt. Im Urin Spuren von Einweils, Urin kann 1—1!/, Stunden gehalten 
werden. Etwas Brennen beim Beginn der Miktion, dann aber schmerzloser 
Verlauf. 





Ein neues Verfahren zur operativen Be- 
handlung der Ectopia vesicae. 


Von 


Professor Dr. Thorkild Rovsing in Kopenhagen, 
Direktor der chir. Universitätsklinik. 


Mit 2 Textabbildungen. 


Die grofsen Hoffnungen auf radikale Heilung der mit Blasen- 
ektopie geborenen Bedauernswürdigen, die die genial erdachte Operation 
Trendelenburgs seinerzeit erregte, sind nicht erfüllt worden. Ein 
ganz einzelner Fall liegt freilich vor, wo ein fast natürlicher Zu- 
stand durch diese Operation erreicht ist, und in einem Teile der 
Fälle ist es gelungen, die Blase und die Epispadie zu schlielsen; 
eine Sphinkterwirkung hat man aber gewöhnlich nicht zuwege bringen 
können, und die Inkontinenz mit allen ihren peinlichen Folgen hat 
noch immer bestanden. Bei männlichen Individuen, wo das An- 
bringen eines wirksamen Urinals sich praktizieren lälst, kann hier- 
durch ein einigermalsen erträglicher Zustand erreicht werden, aber 
bei Frauen ist der Zustand in der Wirklichkeit, wenn nicht un- 
verändert, so doch im höchsten Grade unglücklich. So verhält es 
sich nun in den Fällen, wo die Operation gelingt; aber in einer 
sehr grofsen Anzahl, vielleicht in der Majorität der Fälle, werden 
die Suturen früher oder später gesprengt, und man hat dann den 
Status quo, blofs mit noch ausgedehnter ereicatricieller Veränderung 
der Bauchwand. All dieses ganz abgesehen von den vielen, die infolge 
des grolsen Eingriffes sterben. Es ist wohl auch im Gefühle des 
geringen Erfolges, den Trendelenburgs, Bergs und Mikulicz’ 
sehr schwierige, langdauernde und recht gefährliche Verfahren zur 
Reparation der Spalte gegeben haben, dafs die Chirurgen in den 
späteren Jahren mehr und mehr versucht haben, die Schwierigkeiten 
zu umgehen, indem sie die Blase exstirpieren und die Ureteren ins 
Rektum oder in einen anderen Darmteil (wie z. B. Maydl, Mi- 
kulicz, Borelius, Berg u. m.) implantieren. 


834 | Thorkild Rovsing. 


Wie verlockend diese Lösung auch ist, eben dadurch, dafs die 
quälenden Symptome der Pat. auf einmal gehoben sind, so mul; 
doch daran erinnert werden, dafs diese Operation nicht blols an und 
für sich sehr lebensgefährlich ist, sondern auch dafs die Patienten 
nach wohl überstandener Operation stets auf einem Vulkan leben 
und im höchsten Grade der Pyelonephritis bei aufsteigender In- 
fektion vom Darmkanal aus ausgesetzt sind. Ich habe die beiden 
Patienten, die ich nach diesem Verfahren operierte, wenige Wochen 
nach der Operation an Pyelonephritis verloren, und zahlreiche äln- 
liche Mitteilungen liegen in der Literatur vor. Freilich gibt e 
Beobachtungen, wo der Pat. mehrere Jahre nach der Operation gelebt 
hat; selbst wenn man aber, wie John Berg es neulich vorgeschlagen 
und mit vorläufigem Glücke ausgeführt hat, ein Stück des Dünn- 
darms zwischen die Ureteren und’ die Flexura sigmoidea hincin- 
schiebt, ist es doch nur eine Zeitfrage, wann die Infektion sich 
nach den Nieren verbreitet. Wir leiten faktisch die Ureteren in 
ein Reservoir für Verwesungsstoffe und zahllose mehr 
oder weniger pathogene Mikroben, deren Aufsteigen durch 
die Ureteren wir gar nicht verhinderen können. Der in den Darm 
hinausströmende Harn macht die festen Faeces fliefsend, gibt ein 
exzellentes Medium für den Wuchs der Mikroben ab und ruft, wenn 
er dekomponiert wird, sehr leicht Darmentzündung hervor. 

Deshalb scheint mir die Implantation in den Darm nur erlaubt 
als „äufserste Nothilfe“. Da ich in 3 Fällen, wo alle Versuche 
einer „idealen“ Heilung, d.h. einer direkten Vereinigung der Blasen- 
und der Harnröhrenspalte mifslangen, einen erträglichen Zustand 
durch eine einfache und ungefährliche Operation zu schaffen 
vermocht habe, werde ich mir erlauben, dieselbe zu schildern und 
meinen Kollegen anheimzustellen, sie zu versuchen, ehe sie zur Ím- 
plantation der Ureteren in den Darm greifen. 

Nach Reposition der prolabierten Blase wird diese mit einer 
Q geformten Inzision, die der Grenze zwischen Haut und Blasen- 
schleimhaut ganz unten bis zur Symphyse folgt, umschrieben. Hier 
wird eine Querinzision gelegt, die ganz bis zu den Tubercula pubis 
hineindrängt und in dem klaffenden Interstitium zwischen diesen 
die Verbindung zwischen der Blase und der Urethra ge- 
rade in der Grenzlinie durchschneidet. Jetzt wird die 
Blasenwand vorsichtig von allen Seiten frei disseziert — 
nach oben soweit möglich unter Ablösung des Perito- 
näums—, bis sie sich zwanglos durch eine doppelte Sutur 


Ein neues Verfahren zur operativen Behandlung der Ectopia vesicae. 835 


rings um einen Pezzer Katheter Nr. 16—17 vereinen lälst, die 
hoch oben im Vertex nahe der hinteren Blasenwand ein- 
gelegt wird. I 





Fig. 1. 
Die Harnblase um einen Pezzerschen Katheter vereinigt. 


Durch zwei Meifselschläge werden nun die Tubercula pubis 
mit den Rektusanhaftungen mobilisiert und sodann in der Mittel- 
linie mit Aluminiumbronzesutur vereint. Es gelingt danach gewöhn- 
lich leicht, die Haut der Bauchwand und die Aponeurose über und 
unter der Blasenfistelstelle zu vereinen. 

Bei Mädchen ist die Operation damit fertig, bei Knaben wird 


836 Thorskild Rovsing. 


in derselben oder in einer folgenden Seance eine Epispadioperation 
gemacht. Ich habe somit den Harnweg von dem Gecnitalkanale 
getrennt. | 





Fig. 2. 
Fistelbandage mit Urinale. 


(Zu beziehen bei den Herren Instrumentenmachern Swenden und Hagen, Kopenhagen.) 


Die Blase wird durch Pezzers Katheter drainiert, Jedes Aus- 
sickern des Harns ist vom Operationsaugenblicke ausgeschlossen, 
wenn die Blasensutur hält. Wenn die Wunde geheilt ist, wird der 


Ein neues Verfahren zur operativen Behandlung der Ectopia vesicae 837 


Katheter durch einen Tropfen geschlossen, und die Blase wird 
mit stets längeren Zwischenräumen entleert, wodurch ihre Kapazität 
bis zur normalen erweitert wird (s. Fig. 1). 

In einem der Fälle war die Blase so klein und irritabel, dafs 
sie den Katheterknopf, der unaufhörlich von dem mächtigen intra- 
abdominalen Druck ausgeschoben wurde, nicht ertragen konnte. 
Hier ist es aber gelungen, eine dichtschlielsende Silberka psel rings um 
die Fistel anzubringen und, indem der Harn von der Kapsel durch 
eine Röhre nach dem Urinale passiert, den Patienten Tag und Nacht 
trocken zu halten (s. Fig. 2). 

Es ist einleuchtend, dafs dieses Verfahren die Möglichkeit, das 
Ideal,d.h. die Wiederherstellung der spontanen Harnentleerung per vias 
naturales zu erreichen, ausschlielst; da dieses Ziel aber nur in ganz 
einzelnen Ausnahmefällen erreicht wird, und dann erst durch eine 
Reihe von ernsten Operationen und peinliche Behandlung in vielen 
Jahren, ist es wohl eine Frage, ob man nicht bei allen Blasen- 
ektopien bedeutenden Grades, wo man schon voraussagen kann, dafs 
die Aussicht auf einen „idealen“ Erfolg nur eine ganz minimale 
ist, gleich diese hier geschilderte relativ wenig eingreifende Operation 
versuchen soll. Jedenfalls dürfte sie versucht werden, ehe man zur 
Implantation der Ureteren in den Darm schreitet. 

Was erreicht wird, wenn die Operation gelingt, ist dagegen 
aulserordentlich bedeutsam, dem Ideale so nahe, wie wir kommen 
können. Gewöhnlich wird volle Kontinenz des Harns, der spontan 
durch den Pezzerkatheter entleert wird, erreicht, und der Pat. wird 
von all den Plagen, die ihm das Leben früher unerträglich und ab- 
norm machten, befreit. Die Geschlechtsorgane können sich normal 
entwickeln und fungieren unabhängig und ohne vom Urinieren ge- 
stört zu werden. Wir haben es dann endlich in unserer Macht, 
durch Reinlichkeit und prophylaktische Mafsregeln dem Auftreten 
einer Harninfektion entgegenzuarbeiten und in dem Falle, dafs 
eine solche entstehen sollte, sie gleich diagnostizieren und heilen 
zu können. 


Total Enucleation of the Prostate for Radical 
Cure of Enlargement of that Organ: With 


Statistics of 432 Cases of this Operation. 


(Prostatektomie wegen Hypertrophia prostatae, Statistik 
über 432 eigene operierte Fälle). 


By 
Lieutenant-Colonel P, J. Freyer, M. A., M. D., AL Ch, 
Surgeon to King Edward VII's Hospital and to St. Peters Hospital. London. 


Ins Deutsche übertragen von 
Dr. med. Wilhelm Karo, Berlin. 
Mit 3 Textabbildungen. 


Bevor ich die Einzelheiten meiner Operationsmethode, die Pro- 
stata in toto zu enukleieren, beschreibe, möchte ich einleitend zum 
leichteren Verständnis einen kurzen Überblick über die in Betracht 
kommenden anatomischen und physiologischen Verhältnisse geben. 

In den einschlägigen Handbüchern wird die Prostata ganz all- 
gemein als ein einheitliches unpaariges Organ beschrieben, das durch 
die Urethra prostatica gewissermalsen tunneliert wird; @ine genauere 
Untersuchung der gelegentlich der Operation entfernten Drüsen lälst 
uns indessen das Irrtümliche und Lückenhafte einer solchen Auf- 
fassung erkennen. 

In Wirklichkeit ist nämlich die Prostata ein paariges Organ: 
bei manchen niederen Tieren bleiben die Drüsen zeitlebens getrennt, 
während sie beim Menschen nur während der ersten vier Monate 
des Fötallebens voneinander isoliert sind, später vereinigen sich beide 
Drüsen, ihre inneren Ränder verkleben miteinander mit Ausnahme 
der Partie, die die Urethra umschliefst. 

Aus diesen paarig angelegten Drüsen bilden sich die beiden 
Seitenlappen der Prostata, die, wenn sie auch anatomisch eine ein- 
heitliche Masse bilden, funktionell stets getrennt bleiben, genau wie 
die beiden Hoden: ihre Ausführungsgänge münden getrennt in die 
Harnröhre zu beiden Seiten des Verumontanum. 


Total Enuclestion of the Prostate for Radical Cure of Enlargement. 839 


Jede dieser beiden Drüsen ist von einer straffen fibro-musku- 
lären Kapsel umgeben; diese Kapsel — hierbei kommen die Teile 
derselben, die die aneinander liegenden Innenflächen der beiden 
Organe umziehen, nicht in Betracht, da sie im Innern der Prostata 
liegen und somit dem Auge entzogen sind — bildet die Capsula 
propria der Prostata, sie erstreckt sich über das ganze Organ mit 
Ausnahme der vorderen und hinteren Kommissur, woselbst sie in 
den Spalten zwischen beiden Seitenlappen vor und hinter der Ure- 
thra verschwindet; diese Capsula propria ist mit der Substanz der 
Prostata so innig verwachsen, dafs sie nicht einmal mit Messer oder 
Scheere von ihr losgelöst werden kann. 


Die Harnröhre mit ihrem Bindegewebe — d.h. mit longitu- 
dinalen und zirkulären Muskelfasern als Fortsetzung der Blasen- 
muskulatur, mit Nerven und Blutgefäfsen — verläuft vorn zwischen 
den beiden Seitenlappen und wird hierbei von der Capsula propria 
und den Innenflächen der beiden Drüsenteile umschlossen. 


Die Ductus ejaculatorii münden nahe beieinander in die Harn- 
röhre; sie verlaufen an der Innenfläche der korrespondierenden 
Seitenlappen im interlobulären Bindegewebe, ohne die Capsula pro- 
pria zu durchbohren. 


Die von der Capsula propria eng umschlossene Prostata wird 
nun peripher von einer zweiten Kapsel resp. Faszie umgeben, die 
vornehmlich durch die Fascia recto-vesicalis gebildet wird. In dieser 
äulseren Kapsel oder Faszie liegen die namentlich vorn und seitlich 
verlaufenden Venenplexus. Schon hier möchte ich ausdrücklich be- 
tonen, dafs bei der weiterhin zu beschreibenden Operation nur die 
oben charakterisierte Capsula propria mit der Prostata entfernt 
wird, dafs hingegen die äulsere Kapsel resp. Faszie, in der die Ge- 
fälse verlaufen, unverletzt stehen bleibt; auf diese Weise vermeidet 
man Blutungen und beugt Harninfiltrationen des Beckenzellgewebes 
vor. Die Handbücher unterlassen gewöhnlich die Differenzierung 
dieser beiden voneinander so verschiedenen Kapseln, sie sprechen 
gemeinhin nur von einer Kapsel, worunter sie in der Regel nur die 
äulsere verstehen. 


Fast in allen Fällen von Prostatahypertrophie (das Karzinom 
lasse ich hier aulser Betracht) trägt die Vergrölserung der Drüse 
adenomatösen Charakter: man findet zahlreiche in die Drüsensub- 
stanz eingebettete Adenome, die häufig die Oberfläche der Drüse 
bucklig vorwölben; häufig nehmen diese Wüucherungen die Gestalt 


840 ' P. J. Freyer. 


polypöser Tumoren an; sie liegen stets innerhalb der Capsula pro- 
pria, die sie bei ihrem Wachstum ausbuchten. 

Bei fortschreitender Vergröfserung wölben sich die Seitenlappen 
der Prostata lateralwärts und zeigen die Tendenz, — ein jeder inner- 
halb der Capsula propria — sich deutlich von der mittleren Partie 
der Drüse zu differenzieren, wodurch sie an ihre paarige, vonein- 
ander isolierte Anlage in den ersten Monaten des Fötallebens er- 
innern. Die Verbindung beider Lappen wird eine lockere, pament- 
lich an der vorderen Kommissur, und bei weiterer Hypertrophie 
lockert sich auch die Verbindung zwischen der Harnröhre und der 
inneren Oberfläche beider Seitenlappen, vornehmlich unterhalb des 
Verumontanum, wodurch bei der später zu beschreibenden Opera. 
tion die Loslösung der Prostata und ihre Entfernung, ohne nennens- 
werte Teile der Harnröhre mit fortzunehmen, sich ermöglichen läfst. 

Bei ihrem Wachstum ist die Prostata nach unten gehemmt 
durch das straffe Ligament. triangulare. Folglich entwickelt sie sich, 
nachdem sie sich zunächst lateralwärts entfaltet hat, weiterhin nach 
der Richtung des geringsten Widerstands, nämlich nach aufwärts 
in die Blase, um deren Orificium internum die Faszie nur unvoll- 
kommen ist. Bei diesem Wachstum in das Blasenkavum verfällt 
der Teil der Blasenmuskulatur, der der Prostata direkt aufliegt, 
der Druckatrophie, die mitunter so hochgradig sein kann, dals 
gelegentlich der innerhalb der Blase liegende Teil der Prostata nur 
noch von dünner Schleimhaut bedeckt ist. 

Die Gestalt des in die Blase vorspringenden Prostatalappens 
hängt hauptsächlich von der Faszienentwicklung am Blasenhals ab, 
sowie von zwei starken, innerhalb der Blasenmuskulatur von den 
Ureteren convergierend nach der Urethra zu verlaufenden Muskel- 
bündeln. In manchen Fällen nimmt dieser Prostatateil die Gestalt 
eines sogenannten Mittellappens an; eine solche Bezeichnung hat 
indessen keinerlei Berechtigung, denn die normale Prostata besitzt 
kein derartiges Gebilde und bei genauerer Untersuchung erkennt 
man, dafs dieser „Mittellappen“* lediglich ein Auswuchs eines der 
beiden Seitenlappen ist. Sehr häufig findet man, dafs jeder der 
beiden Seitenlappen einen besonderen Vorsprung nach der Blase zu 
aufweist. 

Auf diesen bier kurz skizzierten anatomischen und pathologi- 
schen Betrachtungen beruht meine nunmehr zu schildernde Opera- 
tionsmethode, 

Ursprünglich war mein Operationsplan, die hypertrophierte Pro- 


Total Enucleation of the Prostate for Radical Cure of Enlargement. 841 


stata in toto mit Capsula propria aus der sie umgebenden Faszie 
zu enukleieren, ohne die Harnröhre mit herauszunehmen. Doch 
schon bei meinen ersten Operationen machte ich die Beobachtung, 
dals die partielle, ja selbst die totale Herausreifsung der Urethra 
prostatica keinerlei Nachteil für den Kranken mit sich bringt, daher 
nehme ich jetzt in allen Fällen mit der Prostata den oberhalb des 
Verumontanum liegenden Teil der Harnröhre heraus. Selbst wenn 
einmal dieser Teil der Harnröhre, der oft ganz eigenartig verzerrt 
ist, bei der Prostataauslösung nicht mit herauskommt, soll man 
ihn noch nachträglich exstirpieren, da seine ausreichende Ernährung 
durch die Exstirpation der Prostata in Frage gestellt wird. 

Vor Beginn der Operation wasche man die Blase gründlich 
mit einer antiseptischen Spülflüssigkeit; als Katheter empfiehlt sich 
ein möglichst dicker Hartgummikatheter, dessen Kaliber der Weite 
der betreffenden Harnröhre zu entsprechen hat. 

Die Blase wird nun mit Borsäure gefüllt und suprapubisch 
geöffnet, natürlich ohne das Peritoneum, das man aus dem Ope- 
rationsfelde nach oben drängt, zu verletzen. Den Blasenschnitt 
mache man zunächst nicht länger als einen Zoll; falls erforderlich, 
kann man ihn im Verlaufe der Operation verlängern. 

Beim Zurückziehen des Messers gehe man sofort mit dem 
Zeigefinger in die Blase, aus der nun die Spülflüssigkeit über das 
Operationsfeld läuft, und orientiere sich über die Konfiguration des 
Blaseneingangs; etwa vorbandene Steine werden mit Löffel oder 
Zange entfernt. 

Mit dem Zeigefinger der andern Hand geht man nun ins 
Rektum, um die Prostata möglichst nach oben in das Blasenkavum 
zu drängen und sie dem in der Blase arbeitenden Finger fest ent- 
gegenzudrücken. Über dem am meisten hervorragenden Teil eines 
Seitenlappens oder des „Mittellappens“, falls ein solcher vorhanden 
ist, wird nun die Schleimhaut mit dem Fingernagel durchgekratzt 
und nun Schritt für Schritt von dem ganzen in die Blase promi- 
nierenden Teil der Prostata losgelöst. 

Ich habe bereits oben auseinandergesetzt, dals dieser Teil der 
Prostata lediglich von der Schleimhaut bedeckt wird, so dals nach 
deren Loslösung die Uapsula propria freiliegt. 

Indem man nun die Fingerbeere in steter Berührung mit der 
Kapsel läfst, schält man die Prostata aus der sie umgebenden 
Faszie aulserhalb der Blase, indem man zunächst den einen Seiten- 


lappen hinten, vorn oder seitlich und dann in gleicher Weise den 
Zeitschrift für Urologie. 1907. 59 


842 P. J. Freyer. 


andern von der Faszie loslöst, bis beide vollkommen frei und be- 
weglich sind. Dann geht man mit dem Finger unter die Prostata, 
um die innere Oberfläche erst des einen, dann des andern Lappens 
von dem Ligamentum triangulare loszulösen ; bei dieser Manipulation 
öffnet sich in der Regel die vordere Kommissur (Fig. 1). Diese 
Kommissur öffnet sich in manchen Fällen von Prostatahypertrophie 





Fig. 1. Fig. 2. 
Prostata: Gewicht 208 g, entfernt von einem Prostata eines 63jähr. Patienten. Gew. 1682. 
87 jährigen Patienten. 31. Grölse. s/, Grölse. 
A linker Lappen, B rechter, jeder mit einer AA’, BB’ Seitenlappen, bedeckt von dünner 
Vorwölbung nach der Blase. Capsula propria und umschlossen von dännem 


Streifen der Fascia recto-vesicalıs (C), der 
mit der Prostata entfernt worden. 


während des Wachstums der Drüse; in andern Fällen wieder bleibt 
sie geschlossen (Fig. 2). 

Nunmehr ist die Prostata vollkommen frei innerhalb der Faszie 
und hängt nur noch an der Urethra, von der die Seitenlappen 
unterhalb des Verumontanum oder da, wo die Ductus ejaculatorii 
in sie von hinten münden, losgelöst worden sind. Während man 
nun die Prostata vom Rektum aus nach oben drückt und der in 
der Blase arbeitende Finger sie von unten wie ein Haken nach 
oben zieht, durchschneidet man die Urethra quer am Verumon- 


Total Enucleation of the Prostate for Radical Cure of Enlargement. 43 


tanum und bringt somit die Prostata ins Blasenkavum, wo sie nun- 
mehr gleichsam als Fremdkörper frei beweglich liegt. 

Die Drüse wird nun mit starker gerillter Zange fest gefafst 
und durch die suprapubische Wunde aus der Blase herausgezogen. 
Infolge ihrer Elastizität und Kontraktilität kann man mit den 
Branchen der Zange selbst eine sehr grofse Prostata durch eine 
relativ kleine Wunde herausziehen, namentlich wenn man die Prostata 
bei der Enukleation wie eine Auster öffnen konnte. 

Die Ductus ejaculatorii werden mitunter durchgerissen und mit 
der Prostata herausgenommen; in den meisten Fällen bleiben sie 
unverletzt wie der Teil der Urethra, in den sie einmünden. (Zur 
Durchschneidung der Schleimhaut benutze ich keinerlei Instrumente, 
sondern nur den Fingernagel). 

Eine etwaige Blutung wird mittelst heilser Borwasserspülungen 
durch den Katheter gestillt sowie durch Kompression der gegen- 


Et na D> 
CM ak ` We . e 


K. Trie A oe - gege el Soa. E 
SEENEN 
BEEN ve e THEN EN Sa a 





Fig. 3. 
Suprapubisches Drainrohr nach Prostatektomie. 31. Gröfse. 


überliegenden Flächen der Prostatahöhle zwischen den im Rektum 
und den in der Blase befindlichen Fingern, wodurch die Kontrak- 
tion der Gefälse sich leicht erzielen lälst. 

Der mir zugemessene Raum verbietet mir, über die Nach- 
behandlung ausführlichere Mitteilungen zu machen, ich verweise 
daher auf meine Monographie („Enlargement of the Prostate“ 
3rd. Edition, Bailliere, Tindall and Cox, London). 

Ein starkes Drainrohr (Fig. 3) wird für die ersten 4—5 Tage 
durch die Wunde in die Blase geführt, die Wundränder werden 
um dasselbe vereinigt und durch eine Naht die Lage des Drains 
gesichert. Kein Dauerkatheter, keine Blasennaht. Auf die Bauch- 
wunde kommt reichlich Zellstoff und Watte, in die der Urin läuft 
und die man alle 4—6 Stunden erneuert. 

Die Blase wird täglich zweimal gespült, zunächst durch das 
Drainrohr, nach dessen Entfernung durch die Fistel. Nach 10 bis 


12 Tagen spült man durch einen von der Urethra aus eingeführten 
55* 


844 P. J. Freyer, Total Enucleation of the Prostate usw. 


Gummikatheter, bis die suprapubische Wunde sich geschlossen hat, 
der Urin wieder auf natürlichem Wege entleert wird. 

Meine erste Operation habe ich am 1. Dezember 1900 aus- 
geführt, die erste Publikation mit ausführlicher Beschreibung von 
vier erfolgreich operierten Fällen erschien am 20. März 1901 im 
British Medical Journal. Seitdem ist eine Reihe weiterer Bericht 
über 325 Operationen gefolgt. Ich verfüge jetzt bereits über 
432 Operationen, das Alter meiner Kranken schwankte zwischen 
48 und 89 Jahren, das Durchschnittsalter betrug 68!/, Jahre. Das 
Gewicht der herausgenommenen Prostatae variierte zwischen 'j, und 
14'/, Unzen. Unter meinen Kranken waren 29 über 80 Jahre. Die 
Zahl der Todesfälle betrug 29, also eine Mortalität von etwa 7", 

Mehr als die Hälfte der Todesfälle war bedingt durch Herz- 
erkrankungen und andere Komplikationen, die bei so alten Patienten 
häufig vorkommen und mit der Operation an und für sich nichts 
zu tun haben. In allen andern 403 Fällen war die Operation er- 
folgreich und zwar war der Erfolg ein vollkommener und dauernder. 
Die Patienten konnten den Urin vollkommen halten, urinierten ohne 
Katheter besser, als je zuvor, nie trat eine Striktur auf und in 
keinem Falle blieb eine Fistel oder irgendeine andere Störung 
zurück. 


Zur Technik der suprapubischen Prostat- 
ektomie. | 


Von 
Dr. Willy Meyer, 


Chirurg am Deutschen Hospital; Professor der Chirurgie an der New York 
Post-Graduate Medical School and Hospital; konsultierender Chirurg am New 
York Skin und Cancer Hospital und New York Infirmary for Women and Children. 


Dafs die vergrölserte Vorsteherdrüse sich von oben wie von 
unten mit gleich guten Resultaten exstirpieren läfst, ist heute eine 
unbestrittene Tatsache. Auch die augenblicklich etwas vernach- 
lässigte, vortreffliche Bottinische Operation weist ausgezeichnete 
Endresultate auf. Fürwahr, die früher so bedauernswerten Prosta- 
tiker können sich glücklich preisen, dafs sie in einem Zeitalter leben, 
wo ihnen, mit geringen Ausnahmen, auf allen nur gangbaren Wegen 
wirkliche Hilfe gebracht werden kann. 

Die temporär aufgestellten Indikationen für oder gegen den 
hohen und niederen Schnitt verflachen bei weiterem Ausarbeiten der 
Technik und Beobachtung der Spätresultate. 

Der in die Blase vorspringende Mittellappen einer hochgelegenen 
Drüse läfst sich mit Hilfe passender Traktoren gerade so gut von 
unten attackieren, wie der dicht oberhalb des Analringes palpable 
Seitenlappen einer tiefstehenden Drüse von oben. 

Durch spezielle Richtung und Tiefe der die Prostatakapsel 
spaltenden Schnitte und vorsichtiges Opcrieren bleibt auch bei peri- 
näalem Vorgehen die virile Kraft wohl ebenso häufig erhalten, wie 
dies in der Regel beim suprapubischen Schnitt der Fall ist. 

Dauernde postoperative Inkontinenz ist nach beiden Methoden 
gleich selten konstatiert worden; persönlich habe ich sie nur als 
temporäre Erscheinung beobachtet. 

Epididymitis und Abszedierung des Hodens kann nach irgend 
einer ÖOperationsweise, Bottinis eingeschlossen, auftreten. Die 
Kranken müssen diese immerhin nicht sehr häufige Komplikation 
schon mit in den Kauf nehmen. Sie ganz zu verhindern, steht bis- 
lang nicht in unserer Macht. 


846 Willy Meyer. 


Der einzige wirkliche Vorteil, den die suprapubische Prosta- 
tektomie vor der perinäalen und auch Bottinis Operation voraus 
hat, ist der Umstand, dafs bei ihr eine Verletzung des Mastdarms 
ausgeschlossen ist, solange der Operateur intrakapsulär vorgeht, 
wie es bei den gutartigen Geschwülsten der Vorsteherdrüs 
Regel ist. 

So ist es denn nachgerade, man möchte sagen, Geschmack:- 
sache des jeweiligen Chirurgen geworden, welchen Weg er zur 
Erreichung seines Zieles, beim Vorgehen mit dem Messer, ein- 
schlagen will. 

Die Lehren meines hochverehrten früheren Chefs, Geheimrat 
Trendelenburgs, haben sich früh bei mir festgesetzt. Wie allbekanıt, 
hat er, mehr und eher als die meisten anderen, die verschiedensten 
Blasenerkrankungen mit Erfolg suprapubisch angegriffen und der 
freien, gute Übersicht schaffenden Blaseninzision stets das Wort ge- 
redet. Es war mein Privileg, zu Anfang der achtziger Jahre, in 
Bonn, bei einem grofsen Teile dieser interessanten Arbeit mithelfen 
zu können. Und so ist es denn allmählich gekommen, dafs ich mich 
nach fünf Jahre lang treulich durchgeführter Erprobung der Bottini- 
schen Operation (1897—1902) und nach verschiedentlichem scharfen 
Vorgehen auf die vergröfserte Prostata vom Damme her mehr und 
mehr der suprapubischen Prostatektomie zugewandt habe. 

Doch vertrete ich auf das bestimmteste den Standpunkt, dafs man 
hier, ebenso wie auf anderen Gebieten der Chirurgie, mit der Wahl 
der Operationsmethode individualisieren soll: dafs man z. B. einem 
heruntergekommenen Diabetiker oder einem alten Herrn mit Angina 
pectoris lieber die Bottinische Operation unter lokaler Anästhesie 
als die Prostatektomie unter spinaler Analgesie anraten soll. 

Das hohe Alter der Kranken spricht im übrigen, wie bekannt, 
nicht gegen den Gebrauch des Messers. Selbst Greise von 80 Jahren 
und darüber haben nach meiner Erfahrung noch gute Chancen auf 
radikale Heilung mittelst Enukleation, wenn sie nur gute Tag- und 
Nachtpflege während der Nachbehandlung geniefsen können. 

Zur Feier des ersten Kongresses der Deutschen Gesellschaft 
für Urologie möchte ich in der demselben gewidmeten Festnummer 
seines Organes, der Zeitschrift für Urologie, heute, mit den besten 
Wünschen für ferneres Wachsen, Blühen und Gedeihen, als kleines 
Angebinde, eine kurze Auseinandersetzung der von mir persönlich 
geübten Technik der Auslösung der vergröfserten Vorsteherdrüse 
von oben her niederlegen. 


Zur Technik der suprapubischen Prostatektomie. 847 


Ich wage dies zu tun, angespornt durch folgendes kleine Er- 
gebnis: 

Kurz vor meiner Abreise in die Ferien — ich schreibe diese 
Worte in der Sommerfrische, am einzig schönen Lake George, wo- 
selbst mich Prof. Caspers liebenswürdige Aufforderung, einen Bei- 
trag zur Festnummer zu liefern, erreichte — hatte ich einen der 
hervorragendsten Vertreter der amerikanischen Chirurgie bei einer 
Prostatectomia suprapubica zu Gast. Er meinte, nach beendeter 
Arbeit, eine so klare und ausgiebige Freilegung des Operations- 
gebietes noch nicht gesehen zu haben. Da ich weils, dafs der 
Kollege für gewöhnlich keine Komplimente macht, so möchte ich 
die von mir geübte Operationsmethode hier noch einmal kurz an- 
geben. Ich sage „noch einmal“ aus dem Grunde, weil ich dieselbe 
schon vor zwei Jahren im New York Medical Record (7. Oktober 1905, 
„The Choice of Method in Operating upon the Hypertrophied Pro- 
state“) in ihren Hauptzügen beschrieben habe. Es ist anzunehmen, 
dafs, weil sie als Teil einer etwas grölseren Arbeit eingefügt 
war, sie bei unserer allzusehr in Anspruch genommenen Zeit von 
manchen Fachgenossen, gerade so wie von meinen berühmten 
amerikanischen Kollegen, übersehen wurde. Aufserdem habe ich 
die Technik in den verflossenen zwei Jahren noch verändert und, 
wie ich glaube, vervollkommnet. I 


Ich betone, dafs ich nicht beanspruche, meine Operations- 
weise als eine spezielle Methode aufgefafst zu sehen. Immerhin 
hatte ich im Jahre 1905 nicht gelesen oder gehört, dafs andere 
Kollegen gerade so wie ich operierten. 


Nach genügender Vorbereitung des Operationsfeldes und gründ- 
licher Blasenspülung mit einprozentiger steriler Borlösung werden 
250—400 ccm in die Blase gefüllt.) Der Katheter, von aufsen 
verstopft, bleibt liegen und wird durch eine sterile, mehrfach um 
den Penis gewickelte Gazebinde an Ort und Stelle gehalten; bei 
rebellischer Blase wird dadurch zugleich das Ausfliefsen des Blasen- 
inhaltes verhindert. Das vesikale Ende des Katheters reicht 2 bis 
3 cm ins Blasenlumen hinein. Dasselbe markiert bei den folgenden 
Manipulationen das Orificium internum. 


1) Ich arbeite noch mit Wasscerfüllung der Blase. Viele zichen Distension 
mit Luft vor. Luftfüllung ist absolut indiziert bei ciner zweiten Eröffnung der 
Blase mittelst des hohen Schnittes, um bei etwaiger Verletzung der prävesikalen 
Bauchfellfalte einer Infektion der Peritonealhöhle vorbeugen zu können. 


548 Willy Meyer. 


Zur rechten Seite des in leichter Trendelenburgscher Lage 
(30°) liegenden Patienten stehend, eröffne ich die Blase mit einem 
kräftigen, ca. 5—7 cm langen Schnitte in der Mittellinie.) Wurde 
vorher cystoskopiert, so vergleiche ich das sich bietende Bild mit 
dem früher wahrgenommenen. Etwa vorhandene Steine werden 
herausgehoben. Dann schneide ich, häufig unter Leitung des Auges, 
ca. 1 cm nach links von dem vorstehenden Katheterende, die Schdeim- 
haut und Drüsenkapsel über dem linken Seitenlappen oder der linken 
Hälfte des vergrölserten Mittellappens mit langer, spitzer Cooper- 
scher Schere ein. Sofort dringen zweiter und dritter Finger der 
linken Hand in diesen Schlitz, und die Ausschälung beginnt. 


Sowie der richtige Spalt zwischen Kapsel und Drüsenkörper 
gefunden, geht die Arbeit vorwärts, In schwierigeren Fällen 
schiebe ich nun auch den vierten und fünften Finger langsam ins 
Blasenkavum vor, während — besonders bei Patienten mit dickem 
Fettpolster — der Daumen ebenfalls allmählich in der Wunde ver- 
schwindet. Die Dehnbarkeit der Blase erlaubt dies. 


Von grolsem Vorteil hat sich dann im weiteren Verlauf der 
Operation folgendes Manöver erwiesen, welches, wie ich glaube, von 
den anderseits angewandten verschieden ist. Merke ich, dafs ich, 
speziell bei Auslösung nach hinten und unten zu, nur Jang: 
sam oder schwer vorwärts komme, so führe ich alsbald entlang der 
Volarseite der noch in dem bereits gemachten Schlitz zwischen 
Kapsel und Drüsenkörper liegenden linken Zeige- und Mittelfinge! 
dieselben Finger der pronierten rechten Hand ein, — bei korp 
lenten Kranken entlang der Volarseite des zweiten bis fünften Finger 
dieselben vier Finger der andern Hand. Manchmal ist diese At 
des Händewechselns nicht ausführbar, speziell wenn kräftige Patiente 
in oberflächlicher Allgemeinnarkose spannen. In solchen F ällen 
entferne ich die linke Hand ganz und führe an ihrer Stelle die 
rechte ein. Während der rechte Mittelfinger dann für einen Auge! 
blick in dem gefundenen Schlitz liegen bleibt, fühlt der zweite nach 
dem vorstehenden Katheterende, um sicher zu gehen, dafs die richtig? 


1) Den iu früheren Jahren häufig geübten Haut- und Fascien-Querscholt! 
mit teilweiser Ablösung der beiden Recti von der Symphyse habe ich auf 
gegeben, da die danach in ca. 1—2 Prozent der Fälle dicht oberhalb der Syn: 
physe auftretende Bauchhernie sich schwer mit Radikaloperation oder Prothes® 
behandeln läfst; ich brauche ihn nur noch zur Operation von BlasentumoreP: 
um einen möglichst weiten und freien Einblick und Zutritt zum Blaseninner? 
zu bekommen. 


Zur Technik der suprapubischen Prostatektomice. 849 : 


Stelle getroffen ist.) Schnell tauchen nun auch der vierte und fünfte 
rechte Finger in das Blasenkavum ein, bis schliefslich der Daumen 
ebenfalls nachfolgt. Mit der Hand so in starker Pronation, ihr 
Dorsum und das des Vorderarms dem Gesicht des Patienten zuge- 
wandt, geht die Auslösung unter kurzen Propinations- und Supi- 
nationsbewegungen weit schneller, als es sich hier lesen läfst, vor 
sich. Sowie es mir gelungen, die ganze rechte Hand unterhalb der 
Bauchwandwunde verschwinden zu lassen und in die Blase einzu- 
schieben, weils ich, dafs die Position, auch in den schwierigst er- 
scheinenden Fällen, gewonnen ist. In wenigen Augenblicken gelingt 
es, die manchmal apfelgrofse Geschwulst in die Bauchwandwunde 
zu wälzen. Die linke Hand falst nach; etwa mitvorgezogene Kapsel- 
teile werden jetzt unter Leitung des Auges vorsichtig losgelöst und 
zurückgedrängt resp. reseziert. Die Ausschälung ist vollendet. 


In gleicher Weise wird vorgegangen, wenn die vergrölserte 
Drüse nicht als Ganzes folgt, sondern in ihre. einzelnen Lappen ge- 
teilt entfernt werden mufs. Dann besonders revidiere ich die leere 
Kapsel sehr sorgfältig, um ja nicht Entfernbares von der Drüse 
zurückzulassen. 


Geht man vor, wie eben beschrieben, so wird man erkennen, 
dafs „ein gut Teil physischer Kraft“, wie von einzelnen, mit dem 
Knopfloch-Blasenschnitt von oben her arbeitenden Chirurgen ver- 
langt wird, kein absolutes Requisit zur Ausführung der suprapu- 
bischen Prostatektomie ist. Auch Kollegen mit gering entwickelter 
Muskulatur des Vorderarms und der Hand können die Operation 
so unschwer ausführen. Natürlich, je kleiner die Hand, desto 
leichter entriert sie das Blaseninnere, je kräftiger dieselbe, desto 
schneller ist die Arbeit getan. Eine Riesenhand sollte selbstredend 
niemals in das Cavum vesicae eingezwängt werden. Dies ist auch 
nicht nötig; sie wird die vergrölserte Drüse mit kurzer oder langer 
Blasenöffnung gleich gut auslösen können. 


Stets wird die Operation von mir ohne Kolpeurynter im Mast- 
darm ausgeführt, und ohne dafs ein Assistent oder die andere Hand 
die Drüse vom Rektum her den im Innern der Blase arbeitenden 
Fingern entgegendrängt. Ohne - Frage wird die ganze Prozedur 


1) Wenn gewünscht, könnte dies auch unter Leitung des Auges in steilerer 
Trendelenburgscher Lage und nach Einlegen stumpfer Blasenhaken geschehen. 
Wegen der parenclıymatösen Blutung mülste mit Stielschwämmen getupft werden. 
Ich habe es bislang niemals für notwendig befunden. 


850 Willy Meyer. 


vereinfacht, wenn der Operateur allein die Arbeit ausführt; auch 
bleibt sie reinlicher, wenn man den Mastdarm aufser Spiel läfst. 

Angesichts dieser Vorteile halte ich „das Auswechseln der 
Hände während der Enukleation der Drüse unter Einführung der 
ganzen Hand in die durch breiten Schnitt eröffnete Blase“ für 
wichtig. 

Es ist selbstverständlich, dafs man in einfachen Fällen manchmal 
mit Hilfe eines oder zweier Finger der linken Hand mit der Arbeit 
fertig wird. 

Worauf es mir ankommt, ist, zu beweisen, dafs jeder 
Chirurg, nicht nur der mit grofser Kraft und langen Fingern 
gesegnete, die suprapubische Prostatektomie mit Erfolg durch- 
führen kann. 

Ist die Drüse entfernt, so werden die aus der Wunde heraus 
hängenden, vor Inzision der Blase parallel mit der Längslinie ein- 
gelegten Seidenfadenschlingen angezogen, eventuell auch stumpfe 
Haken wieder eingelegt, und ein an seinen Rändern eingeschlagener 
und genähter aseptischer Gazetampon mittelst langer Kornzange in das 
leere Drüsenbett eingeschoben und für wenige Augenblicke mit dem 
linken Zeige- und Mittelfinger fest angedrückt. Wenn ich mich be 
der Ausführung der Operation auch noch so sehr beeile, hierfür 
nehme ich stets ein paar Minuten (1—2), nachdem bei allgemeiner 
Anästhesie das Aufgiefsen des Narkotikums schon sistiert wird 
Man stillt auf diese Art eine etwa, wenn auch erfreulicherwei® 
nur selten vorkommende, starke Blutung aus dem geleert 
Drüsennest. 

Jetzt wird die Blasenwunde an ihrem oberen und unteren Fit 
mit Chromcatgut genäht.!) „Küsters Schwan“, in von mir leicht 





1) Die eine Zeitlang gepflegte fortlaufende Blasennaht, von unten nach 


oben zu, habe ich wieder aufgegcben. Ich lege jetzt meist 2—4 Knoyfnält 
in dem oberen Blasenwundwinkel an und, wenn angängig, mit dem Patienten 
in steiler Beckenhochlagerung eine gleiche in dem unteren, gerade genuf: E 
der Natur beim Verheilen der Blaseninzision helfend zur Seite zu stehen. 
‚Jedenfalls nähe ich nicht zu viel, um Kompression des Tampons und der Rohr 
durch den auf den Fremdkörperreiz hin stets mit starker Kontraktion ant- 
wortenden Detrusor zu vermeiden. So wird am’ besten für freien Abflefs 
dem Blaseninnern gesorgt. Viel Nutzen schafft man mit stark verkleinern 
Naht der Blaseninzision, nach meinem Dafürhalten, nicht, solange man dech 
drainiert, was ich für durchaus wünschenswert erachte. Ein Patient mit gar 
nieht vernähter grofser Blasenwunde urinierte interessanterweise auf normale" 
Were, spontan, am frühesten aus meiner ganzen Serie (am siebente® Tage 
post op.). 


Zur Technik der suprapubischen Prostatektomie. 851 


modifizierter Form, hat mir bei dieser Arbeit gute Dienste geleistet. 
Ehe ich die letzte Naht des oberen Blasenwundwinkels zuziehe, 
wird ein bleistiftdickes, mit einem Endseitenloche versehenes Gummi- 
rohr bis zum Fundus oberhalb des Tampons eingeführt und mit 
einem Catgutstich an der Blasenwand fixiert. 

Jetzt folgt lockere Tamponade des prävesikalen und properi- 
tonealen Raumes mit aseptischer Gaze und sofortige sorgfältige 
Schichtnaht der oberen zwei Drittel der Bauchwandwunde. Schliels- 
lich fixiert ein locker geschlossener Silkwormgutstich das Blasendrain 
auch an die Haut. Es folgt der Verband. 

Mit Rücksicht auf die Zeit, welche man zur Operation braucht, 
muls zugegeben werden, dafs die hohe Operation der perinäalen in 
dieser Hinsicht oft überlegen ist. Häufig ist es mir, wie andern 
Chirurgen, gelungen, die Auslösung der Drüse in 4 Minuten, d.h. 
vom ersten Schnitt an bis zur Entfernung gerechnet, zu vollziehen. 
Mehr als 6 Minuten habe ich auch in schwierigen Fällen und 
solchen, in denen sich die Drüse nicht in toto, sondern nur stück- 
weise entfernen liefs, nicht gebraucht. Dieser Vorzug ist natür- 
lich nur bei stark heruntergekommenen Patienten von Belang. 

Die durchschnittlich, von Anfang der Operation bis zur Be- 
endigung des Verbandes gebrauchte Zeit beträgt 15—20 Minuten. 

Zum Schlufs möchte ich noch auf zwei Punkte aufmerksam 
machen, nämlich die Ausführung der Operation in zwei Ab- 
teilungen zu verschiedenen Zeiten und den Vorteil der Lumbal- 
anästhesie. 

Was viele Prostatiker, speziell solche mit sekundärer Nieren- 
affektion, sowie jene mit Urethralfieber, nach andererseits wegen 
plötzlicher Blutung oder Retention ausgeführtem oder versuchtem 
Katheterismus, ferner, was Patienten mit dauernder Totalretention 
und Ischuria paradoxa und mangelnder Kathetergewöhnung zunächst 
brauchen, ist nicht die Entfernung der vergrölserten Drüse, sondern 
freie Drainage der Nieren und der Blase. 

Unter lokaler oder spinaler Narkose ist die Blase in wenigen 
Minuten frei eröffnet und kann sich der Organismus und die 
betreffenden Organe von dem deletären Einflufs der Stauung zu- 
nächst erholen. 

Auch in diesen Fällen lege ich ein Drainrohr in die Blase und 
Gazetampons in den properitonealen und retrosymphysären Raum, 
um unter häufig gewechselter Seitenbauchlage sicheren Abflusses 
des infizierten Harnes während der ersten 48 Stunden gewifs zu 


852 Willy Meyer, Zur Technik der suprapubischen Prostatektomie. 


sein. Die Blase bleibt weit offen; nur die Bauchwandwunde wird 
mit Catgut temporär in ihrem oberen Abschnitt schichtweise ver- 
kleinert, um dem Vordrängen der prävesikalen Bauchfellfalte ent- 
gegenzuwirken. Wenn man dann am 7.—10. Tage an die Aus, 
schälung der Drüse geht, werden diese Nähte durch die ein- 
geschobene Hand ohne weiteres gesprengt. 

Zum Schlusse des zweiten Aktes wird die Wunde, wie oben 
angegeben, versorgt. 

Dafse die Kranken bezüglich Nachbehandlungszeit auf diese 
Weise 7—10 Tage verlieren, kann angesichts der durch dieses 
Vorgehen ungemein verbesserten Prognose quoad vitam nicht us 
Gewicht fallen. 

Auch die Spinalanästhesie wirkt prognoseverbessernd. Nach 
allen möglichen Versuchen mit der Allgemeinnarkose, einschlielslich 
Lachgas und Anästhol, bin ich nach fünfjähriger Pause wieder zur 
Lumbalanästhesie mittelst Tropakokains zurückgekehrt. Sie bewährt 
sich besonders gut bei zweizeitigem Vorgehen, da, wie bekannt, der 
Organismus meist auf eine zweite, bald der ersten folgende Spinal- 
anästhesie mit Tropakokain geringer reagiert. 

Ich hoffe, dafs die suprapubische Prostatektomie, wenn, wie 
eben beschrieben, ausgeführt, sich schnell noch immer mehr An- 
hänger erwerben wird. 


Über das einseitige Auftreten der Nephritis. 


Von 
Dr. Alf. Pousson, 


aulserordentlicher Professor an der Universität Bordeaux. 


Die chirurgischen Nierenerkrankungen treten oft einseitig auf. 
Abgesehen von der Hydronephrose und der Pyonephrose, die durch 
ganz lokale Läsionen hervorgerufen werden, sind und bleiben das 
Karzinom, die Tuberkulose, die aseptische oder eiterige Lithiasis 
bei einer grolsen Zahl von Kranken in einer Niere lokalisiert. 

Das einseitige Auftreten des Nierenkrebses ist sozusagen ein 
regelmälsiges.. Nur ganz ausnahmsweise werden beide Nieren gleich- 
zeitig von einer bösartigen Neubildung ergriffen, und äufserst selten 
findet man bei einem nephrektomierten und infolge eines Rezidivs 
und allgemeiner Verbreitung gestorbenen Kranken eine Affektion 
der zweiten Niere. Wenn auch nicht so konstant einseitig wie der 
Krebs, ist doch auch die Tuberkulose recht häufig auf eine Seite 
beschränkt. Daraus erklären sich die guten therapeutischen Erfolge 
der Nephrektomie. Die Lithiasis renalis ist sicherlich weit seltener 
einseitig als die beiden erwähnten Affektionen. Ist in einer Niere 
ein Stein mit oder ohne Eiterung vorhanden, so zeigt in der 
Regel die zweite Niere nephritische Läsionen diathetischen Ur- 
sprunges. 

Diese in betreff der chirurgischen Affektionen bereits seit langem 
im bejahenden Sinne entschiedene Frage bezüglich des einseitigen 
Auftretens der Nierenläsionen ist in den letzten Jahren auch für die 
nicht chirurgischen Affektionen aufgeworfen worden. Ich habe wohl 
als erster von diesem Standpunkte aus die operativen Indikationen 
für die Nephriten in einer Arbeit beleuchtet, die in den „Monats- 
berichten über die Gesamtleistungen auf dem Gebiete der Krank- 
heiten des Harn- und Sexual-Apparates“ (Bd. V, Nr. 8, Berlin 1900) 
erschienen ist und den Titel hat: „Über die pathogenetische Be- 
deutung des reno-renalen Reflexes.“ Ich versuche in der vorliegenden 
Arbeit, diesen Gegenstand vermittelst neuer, auf experimenteller 


854 Alf. Pousson. 


und klinischer Grundlage gewonnener Argumente näher zu be- 
leuchten. 

Ich werde nacheinander die akuten Nephriten und die chro- 
nischen Nephriten betrachten. 

a) Akute Nephriten. Es unterliegt keinem Zweifel, dafs 
man bei der Autopsie in der weitaus grölsten Mehrzahl der Fälle 
die akuten entzündlichen Nierenläsionen in beiden Nieren findet. Ist 
das aber auch zu Anfang der Infektion der Fall? Können nicht, wie 
die anderen paarigen Organe, die Augen, die Parotiden, die Testikel, 
die Pleuren, auch die Nieren, wenn sie von einem mit Mikroben und 
Toxinen beladenen Blute durchspült werden, isoliert infiziert werden? 
Die Antwort auf diese Frage hat um so mehr Chance bejahend aus- 
zufallen, als schon seit langem durch die Untersuchungen von 
Cornil und Brault, Straufs und Chamberland, Philippowicz 
und Finkler, Prior, Cohnheim, Ponfick und Langerhans. 
Traeonbusti und Maffuci, Wissocowitsch, Schweizer, Krauis, 
Van Klecki in überreichlicher Weise nachgewiesen ist, dals die 
verschiedenen Mikrobenarten durch die Niere durchältrieren können, 
ohne darin Läsionen zu setzen, und dafs sie oder ihre Toxine nur 
in dem Falle schädlich werden, wenn gewisse krankhafte Zustände 
der Empfänglichkeit des Parenchyms vorhanden sind. Diese Zu- 
stände die manchmal sehr leicht zu entdecken sind, z. B. wenn 
die Niere ein Trauma erlitten hat, wenn sie der Sitz eines Steines 
ist, der die Widerstandsfähigkeit des Organes verringert, oder wenn 
ihr Ureter, durch irgendeine Ursache in seinem langen Verlaufe im 
Abdomen und Becken komprimiert, eine totale oder partielle Re- 
tention im Nierenbecken bedingt, — diese Zustände entgehen uns 
unzweifelhaft häufig, aber dafs sie vorkommen, ist sicher. Sie 
geben, mögen sie nun nachweisbar oder latent sein, stets eme 
rationelle Erklärung für die Einseitigkeit der infektiösen Nephntis. 

In einer sehr interessanten Arbeit von Gunnar Forssner 
finden sich Argumente zugunsten der Lokalisation der Infektion in 
nur einer Niere. Dieser Autor bewirkt durch Injektion von Strepto- 
kokkenkulturen in die Venen von Kaninchen eine allgemeine In- 
fektion; legt er aber von den Nieren der so infizierten Tiere Kul- 
turen an, so erhält er nach einer Reihe von Passagen durch 2 bis 
7 Tiere nur eine Infektion der Nieren, während die anderen Ur 
rane ungeschädigt bleiben. Wenn nun auch diese Nephriten, die 
von Streptokokken hervorgerufen waren, die eine für die Nieren 
ganz spezielle und elektive Virulenz besitzen, in der Regel bilateral 


Über das einseitige Auftreten von Nephritis. 855 


waren, so gab es darunter doch auch manchmal unilaterale. Ca- 
staigne und Rathery haben auch einseitige Nephriten hervor- 
gebracht, aber nur nach intravenösen Injektionen von Mikroben. 
Die subkutane oder intravenöse Einführung von Giften oder Toxinen 
in den tierischen Organismus hat stets das Auftreten von beider- 
seitigen Nierenläsionen zur Folge gehabt. 

Überzeugendere Beweise als die angeführten aus den Gesetzen 
der allgemeinen Pathologie und den Ergebnissen der Experimental- 
medizin finden sich in den Postmortem-Beobachtungen von Good- 
hart und Robert Fr. Weis. Ersterer fand unter 130 Fällen von 
bei der Autopsie nachgewiesenen Pyelonephriten nur die eine Niere 
affiziert in 19 Fällen = 14,5°/,, und der zweite wies unter 71 Fällen 
einseitiges Auftreten in 12 Fällen = 17°/, nach. 

Endlich liefert die Klinik unbestreitbare Beispiele von ein- 
seitigen akuten Nephriten. Auf dieses einseitige Auftreten haben 
unter anderen Klinikern Israel und Lennander hingewiesen, und 
letzterer schreibt, dafs es häufiger vorkommt, als man im allge- 
meinen annimmt. Castaigne und Rathery haben drei unbestreit- 
bare Fälle mitgeteilt, einen bei Abdominaltyphus, einen bei Pneu- 
monie und einen bei Osteomyelitis. Wenn ich von diesem Gesichts- 
punkte aus 40 Fälle von chirurgischem Eingriff wegen akuter 
Nephritis, von denen sieben meiner Beobachtung angehören, analy- 
siere (die Arbeit ist in der Vorbereitung), so finde ich, dafs 29 mal 
die Operation nur an einer Niere, 3mal an beiden Nieren aus- 
geführt worden ist (in 8 Fällen fehlen die betreffenden Mitteilungen). 
Wenn nun die Chirurgen in fast °/, der Fälle nur auf einer Seite 
operiert haben, so ist doch wohl logischerweise der Schlufs ge- 
stattet, dafs dies darin begründet war, dafs sie die Infektion für 
einseitig hielten, und die erzielten 25 Heilungen gegen 3 Todesfälle 
sprechen sicher zugunsten dieser Schlufsfolgerung. 

Wenn so das Vorkommen des einseitigen Auftretens der akuten 
Nephritis nachgewiesen ist, so wirft sich jetzt die Frage auf, ob 
dieser Zustand auch klinisch zu erkennen ist. Ich möchte das be- 
haupten. Es gehört wirklich zu den Ausnahmen, dafs sich die Ent- 
zündung einer Niere nicht durch einige Symptome verraten sollte, 
die einem scharfsinnigen Kliniker nicht entgehen können. Oft 
treten spontan Schmerzen in der kranken Niere auf, fast stets aber 
findet sich Druckempfindlichkeit jm Angulus costo-Jumbalis und 
aulserdem ist die Niere vergrölsert. Vergleichende Messungen der 
Temperatur, die auf der kranken Seite erhöht ist, können manchmal 


856 | Alf. Pousson. 


einen wertvollen Anhalt zur Beantwortung dieser Frage liefern, wie 
mich die Beobachtung eines meiner Operierten gelehrt hat. Ferner 
darf die Cystoskopie, die den Austritt eines mehr oder weniger ver- 
änderten Harns aus einem der Ureteren zeigt, nicht vernachlälsigt 
werden. Das gleiche gilt von der Anwendung des Harnseparators. 
Was den Ureterkatheterismus betrifft, der nur brauchbare Auskunft 
gibt, wenn er auf der voraussichtlich gesunden Seite vorgenommen 
wird, so glaube ich nicht, ihn empfehlen zu dürfen wegen der In- 
fektionsgefahren, die mit seiner Anwendung verknüpft sind. 

b) Chronische Nephriten. Aus den bei den akuten Ne- 
phriten angegebenen Gründen verstöfst die Lokalisierung der chro- 
nischen Nephritis in nur einer Niere durchaus nicht gegen die Ge- 
setze der allgemeinen Pathologie. Da man doch annimmt, dals in 
einer und derselben Niere eine Anzahl organischer Bezirke affıziert 
sein kann, während die benachbarten Bezirke gesund bleiben, ja 
selbst kompensatorisch hypertrophieren können, warum soll da nicht 
die eine der beiden Nieren vollständig den pathogenen Agenten 
entgehen? Das heute zugegebene Vorkommen der partiellen chro- 
nischen Nephriten von Cuffer und Gaston, der Parzellennephriten 
der Autoren, muls als Seitenstück das der unilateralen Nephriten 
haben. 

Wenn die Obduktionsberichte regelmäfsig erwähnen, dafs die 
chronischen entzündlichen Läsionen sich in beiden Nieren finden, 
so ist das in der langen Dauer der Affektion begründet, die erst 
tödliche Zufälle herbeiführt, wenn fast der gesamte Reinigungs- 
apparat des Blutes zerstört ist. So behauptet auch Ramon Gui- 
teras, der 500 Obduktionsberichte über an Brightscher Krank- 
heit Gestorbene durchstöbert hat, dafs nicht in einem einzigen die 
Läsionen wirklich als einseitig angesehen werden können, dals nur 
in 14 Berichten vermerkt ist, dafs der Prozefs in der einen Niere 
weiter vorgeschritten war als in der anderen. Kümmell seinerseits 
äulserte sich dahin, dafs man bei den zahlreichen Autopsien im 
Hamburger Krankenhause niemals einen einzigen Fall von ein- 
seitiger Nephritis gefunden hat. Derselbe Autor behauptet, dals 
der Ureterkatheterismus ihm unveränderlich die Doppelseitigkeit der 
chronischen Nephriten gezeigt habe. Aber im Gegensatze zu der 
Ansicht des Hamburger Chirurgen steht diejenige Israels, der. 
gestützt auf die Untersuchungsergebnisse am Lebenden, gelegentlich 
Operationen an der Niere, sich dahin ausspricht, dafs er das Vor- 
kommen einseitiger chronischer Nephriten nicht in Zweifel ziehen 


Über das einseitige Auftreten von Nephritis. 857 


könne. In einer Diskussion über diesen Gegenstand in dem Verein 
für innere Medizin in Berlin traten mehrere Kollegen der Ansicht 
Israels bei, namentlich Senator und Klemperer. 

Unter Berufung auf die klinischen Tatsachen Edebohls und 
meine eigene habe ich als einer der ersten in Frankreich behauptet, 
dafs die Läsionen der chronischen Nephriten sich zum mindesten 
zu Anfang auf die eine Niere beschränken könnten, wie die der 
akuten Nephriten, aber weit weniger häufig. Inzwischen haben 
Castaigne und Rathery, die bei zahlreichen Untersuchungen, die 
zur Klärung dieser Frage vorgenommen wurden, niemals eine ` 
strikt unilaterale chronische Nephritis gefunden, dagegen oft einen 
grolsen Unterschied in der Ausdehnung und in der Intensität der 
Läsionen der beiden Nieren konstatiert. So haben sie Fälle ge- 
sehen, in denen die eine Niere vollständig sklerosiert war, während 
die andere Niere kaum krankhaft verändert war. „Man kann dann 
fast sagen,“ schreiben diese Autoren, „dafs es sich um eine uni- 
laterale Nephritis handelt, doch bilden diese Befunde eine Aus- 
nahme.“ Nach Veröffentlichung des Werkes, in dem sich der eben 
mitgeteilte Satz findet, hat einer der Autoren, Rathery, in Gemein- 
schaft mit Leenhardt in der Pariser Anatomischen Gesellschaft 
über einen Fall von einseitiger chronischer Nephritis berichtet, der 
für Zweifel keinen Raum läfst. Es handelt sich um eine 33 jährige 
an Pneumonie gestorbene Frau, bei der die linke Niere klein, ge- 
schrumpft, hart, stark adhärent, von einem Gewicht von nur 25 g 
gefunden wurde, während die rechte. grols, weilslich war und 125 g 
wog. Histologisch zeigte die erstere alle charakteristischen Ver- 
änderungen der totalen Sklerose, während die zweite nur die Lä- 
sionen der frischen subakuten Nephritis darbot, die von den Vor- 
tragenden der Pneumonie, der Todesursache der Kranken, zuge- 
schrieben wurde. 

Professor Dieulafoy gibt in der letzten Auflage seines Hand- 
buchs der internen Pathologie in dem Kapitel, das der chirurgischen 
Behandlung dee chronischen Nephriten gewidmet ist, die Möglich- 
keit ihres einseitigen Auftretens zu. „.... nichts spricht dagegen,“ 
schreibt er, „dafs gewisse Formen der Brightschen Krankheit sich 
primär auf die eine Niere beschränkten und die Läsion später auf 
die andere Niere übergeht.“ Ertzbischoff schlielt in seiner wich- 
tigen, die Albarranschen Ideen wiederspiegelnden Doktordisser- 
tation, einen ziemlich langen Paragraphen über die Parzellen- 
nephriten und die unilateralen Nephriten mit folgendem Ausspruch: 


Zeitschrift für Urologie. 1907. ` OU 


558 Alf. Pousson. 


„Man kann somit nicht mehr in absoluter Weise die Konstanz des 
bilateralen Auftretens der Nephriten, zum mindesten in ihrem Be- 
ginn annehmen.“ 

Nach dieser Darlegung der Ansichten der Autoritäten in betreff 
der Begrenzung des chronischen Entzündungsprozesses auf nur eine 
Niere, will ich nun auseinandersetzen, was uns in der Beziehung 
die Praxis der Eingriffe bei den chronischen Nephriten lehrt. 

Edebohls, der sich, wie auch ich, zur Erklärung des kon- 
stanten beiderseitigen Auftretens der Nephriten in einer vor- 
geschrittenen Periode ihrer Entwicklung auf das Alter der Afrek- 
tion stützt, ist der Ansicht, dafs die Läsionen während einer ge- 
wissen Zeit auf die eine Niere beschränkt bleiben. Während diesr 
Chirurg in seiner ersten Arbeit, die eine Anzahl Fälle umfaist, in 
denen der Eingriff frühzeitig stattgefunden hatte, unter 19 Beobach- 
tungen 8mal das Vorhandensein einer einseitigen Nephritis zählt, 
hat er in einer späteren Arbeit unter 33 Kranken nicht einen ein- 
zigen Fall gefunden, weil er bei allen erst spät eingeschritten ist: 
und unter seinen gesamten Eingriffen, deren Zahl Ende 1903 7? 
betrug, zählte er 11. Unter den 14 Brightischen, die ich, gedrängt 
von schweren akuten Zufällen, operiert habe, zeigten, wie ich be- 
stimmt versichern kann, 2 Fälle Läsionen. die auf die eine Niere 
beschränkt waren. 

In einer in der Vorbereitung begriffenen Arbeit habe ich 153 
Beobachtungen von chirurgisch behandelter chronischer Nephritis 
zusammengestellt. Zu meinem .grolsen Bedauern war es aus Mangel 
an genaueren Details nicht möglich, das Verhältnis der Einseitigkeit 
zu der Beiderseitigkeit der Läsionen in diesen Fällen festzustellen: 
wenn ich aber bedenke, dafs die Fälle, in denen die Operateure nur an 
der einen Niere eingeschritten sind, solche waren, bei denen die Lä- 
sionen zum mindesten auf der einen Seite sich vorwiegend entwickelt 
hatten, so kann ich doch eine ungefähre Idee von der annähernden 
Häufigkeit der klinisch einseitigen Nephriten geben. Diese Häufigkeit 
findet in der Zahl 30 auf 153 gesammelte Bevbachtungen ihren 
Ausdruck. | 

Das Studium dieser 30 Beobachtungen gestattet mir einige Be- 
trachtungen in betreff der Pathogenie der unilateralen Nephriten. 
Von diesen 30 Kranken gehörten 18 dem weiblichen, 12 dem männ- 
lichen Geschlechte an. Dies Verhältnis ist nicht ohne Wichtigkeit 
für die Lösung des Problems der Pathogenie. Wie ich nämlich 
schon in einer meiner ersten Arbeiten über diesen Gegenstand be 


Über das einseitige Auftreten von Nephritis. 859 


merkt habe, und worauf auch Mouisett-Lyon aufmerksam gemacht 
hat, kann das Bestehen von früheren einseitig lokalisierten Beckenaffek- 
tionen, die auf dem entsprechenden Ureter ausstrahlen, so dafs sie ihn 
entweder direkt infizieren oder indirekt die Niereninfektion vorbereiten, 
den Grund für die Einseitigkeit des Entzündungsprozesses abgeben. 
Bei zwei meiner Öperierten glaube ich berechtigt zu sein, die 
Beschränkung der Enrzündung auf die eine Niere auf Rechnung 
der einseitigen Infektion des uteroovarialen Apparates zu setzen. 
Bei einem Kranken Pasteaus und einem Edebohls’ findet man 
ebenfalls eine Pelvi-peritonitis in ihrer Anamnese. | 

Ein zweiter Umstand, der mir auch zur Erklärung der Ein- 
seitigkeit der chronischen Nephritis geeignet erscheint, ist das Vor- 
handensein einer früheren Appendizitis, die durch den gleichen 
Mechanismus auf den Ureter und die Niere einwirkt, wie die Ent- 
zündungen der Organe und des Zellgewebes des Beckens. Unter 
‘2 von Edebohls operierten Kranken waren 4 früher wegen 
Appendizitis operiert worden, und 13 wurden wegen dieses Leidens 
in derselben Sitzung operiert, in der man die Dekapsulation vor- 
nahm. Billigerweise ist jedoch zu bemerken, dafs unter diesen 
17 Fällen die Nephritis nur bei 6 Kranken in der rechten Niere 
lokalisiert war. 

Wenn ich auch keinen präzisen Fall von einseitiger chronischer 
Nephritis nach Kolitis zur Verfügung habe, so halte ich doch diesen 
pathogenen Ursprung für durchaus zulässig. Diese Hypothese findet 
übrigens ihre Rechtfertigung in der Potainschen Ansicht über die 
Rolle der muko-membranösen Kolitis in der Pathogenie der Nephro- 
ptose. Nach diesem berühmten Kliniker kann das Herabsinken der 
Niere eine Folge einer Fortpflanzung der Darmentzündung auf das 
perirenale Gewebe sein. Wenn die Entzündung so die Fettkapsel 
befällt, kann sie dann nicht auch auf dem Wege der Kontinuität 
die Niere ergreifen oder sie zum mindesten für eine sekundäre 
Eutzündung auf dem Blutwege empfänglich machen? 

Es gibt einige symptomatische Erscheinungen, die zur Erken- 
nung des Vorhandenseins der einseitigen chronischen Nephritis und 
zur Bestimmung der erkrankten Niere Anleitung geben können. Das 
erste dieser Zeichen ist der der kranken Seite entsprechende Spontan- 
oder Druckschmerz. Wenn er auch in der Regel im gewöhnlichen 
Verlaufe der Brightschen Krankheit fehlt, so wird man ihm doch 
zur Zeit akuter Episoden oder bei sorgfältigem Befragen der Pa- 
tienten und bei methodischer Untersuchung der Lumbalregion ver- 


90 * 


860 Alf. Pousson, Über das einseitige Auftreten von Nephritis, 


mittelst tiefer Palpation und Perkussion begegnen. Bei zwei meiner 
Kranken war dies Phänomen deutlich ausgesprochen; ebenso bei 
vier von Pasteau operierten Kranken. Das Vorhandensein oder 
Vorwiegen eines Ödems auf einer Körperseite gibt auch einen An- 
halt von einigem Werte. Ich habe dies Symptom bei zwei meiner 
Operierten beobachtet und bei seiner Erklärung mich auf die 
Potainsche Hypothese in betreff der Pathogenie des Ödems im 
Morbus Brightii gestützt. 

Ich bin gewifs der erste, der zugibt, dals alle diese Zeichen 
nur einen relativen Wert haben, aber sie können ausnahmsweise 
Dienste leisten, die man klinisch nicht unbeachtet lassen darf. Der 
Ureterenkatheterismus, der im Gegensatze zu den akuten Nephriten 
bei den chronischen Nephriten durchaus keine Gefahr in sich birgt, 
und die Harnseparation, vielleicht in Verbindung mit der Prüfung 
der Nierendurchgängigkeit vermittelst Methylenblau, des Phloridan- 
diabetes, der Kryoskopie sind sicherere Mittel zum Nachweis der 
Unversehrtheit der zweiten Niere. 

Unsere heutige Kenntnis von der pathologischen Physiologie 
der zur Heilung der akuten Zufälle bei der chronischen Nephritis 
bestimmten Operationen und des reflektorischen Ausstrahlens der 
Läsionen der einen Niere auf die der anderen Seite läfst uns die 
ganze praktische Tragweite der Kenntnis des Vorkommens unilate- 
raler chronischer Nephriten verstehen. Ein Einschreiten bei der 
sicher kranken Niere, heifst das nicht, ihr die Möglichkeit geben. 
ihre Funktionen wieder aufzunehmen, wenn sie dazu noch imstande 
ist, und den krankheitbringenden Reflex zum Verschwinden bringen. 
der ihre Gefährtin bedroht, mag sie nun gesund oder leicht aft- 
ziert sein? 


Aus der chirurg. Hospitalklinik der K.-M.- Med. Akademie 
zu St. Petersburg. 
(Direktor Prof. S. P. Fedoroff.) 


Über die Bestimmung der Funktionsfähig- 
keit gesunder Nieren durch den ÜUreteren- 
| katheterismus. | 


Yon 
Dr. Nik. Pereschiwkin. 


Die funktionelle Nierendiagnostik ist noch bei weitem kein ab- 
geschlossenes Kapitel. Um dessen strittigen Fragen näher zu treten 
und insbesondere die Funktion gesunder Nieren zu studieren, habe 
ich eine Reihe klinischer Untersuchungen ausgeführt. 

Mittels des Loewensteinschen Katheterisationscystoskops wurden 
in beide Harnleiter auf einmal gleichkaliberige Ureterenkatheter 
eingeführt und daselbst eine Stunde lang liegen gelassen. Regi- 
striert wurden dabei in den getrennt von jeder Niere aufgefangenen 
Harpportionen 1. die Quantität, 2. der Zuckergehalt nach Phloridzin- 
injektion, 3. die Harnstoffmenge, 4. das Urindelta und 5. das spezi- 
fische Gewicht. 

Ad Quantität. Nach den Untersuchungen von Albarran 
sind die Quantitätswerte des von jeder Niere in gleichen Zeiträumen 
abgesonderten Harns für rechts und links verschieden; andere 
Forscher behaupten, es seien diese Werte einander gleich. Bei 
unseren Untersuchungen haben wir Quantitätsschwankungen bis 50 
resp. DI ccm beobachtet (s. Tabelle Nr. 19 und 17), in der Mehr- 
zahl der Fälle überschritten sie aber nicht 10—20 ccm. Allerdings 
sind in den Fällen 10 und 18 Unterschiede von 68 resp. 84 für 
rechts und links notiert, allein in diesen beiden Fällen war nur 
eine einseitige Katheterisation ausgeführt und der Urin der zweiten 
Niere einfach aus der Blase empfangen. Im Falle Nr. 5 waren 
die Harnmengen einander gleich. In den Fällen 20, 3 und 4 
waren nur Differenzen von 1,2 und 4 ccm zu beobachten. 

Bei der Deutung dieser Ergebnisse mufs ausdrücklich hervor- 
gehoben werden, dafs ganz identische Bedingungen für das Harn- 


862 Pereschiwkin. 


empfangen aus der rechten und linken Niere kaum zu schaffen sind. 
Wir haben stets Harnleiterkatheter derselben Firma, derselben 
Nummer, derselben Stärke benutzt, und doch besafsen dieselben nur 
äulserst selten genau gleiche Lumina. Weiter geschieht es manch- 
mal bei der Sondierung, dafs die Schleimhaut einem Teile des 
Katheterfensters angepre/st wird, dasselbe verlegt und auf diese 
Weise die herabfliefsende Harnmenge vermindert. Endlich können 
die Harnleiter selbst verschieden weite Lumina besitzen, was natür- 
lich für die Schnelligkeit des Harnflusses von Bedeutung ist. 

Einige Schwierigkeiten werden auch durch das Vorbeitlielsen 
des Harns neben den Harnleiterkathetern in die Blase verursacht. 
Um diese Fehlerquelle möglichst auszuschalten, bin ich folgendermalsen 
vorgegangen: Sofort nach der Einführung der Katheter in die Ham- 
leiter wurde alle Flüssigkeit aus der Blase entleert. Nach Ab- 
schlufs des Versuches und Herausnahme der Katheter wurde die 
Blase abermals katheterisiert und auf diese Weise die Menge des 
vorbeigeflossenen Harns abgeschätzt. Nun stellte es sich heraus, 
dafs bei grofsen Quantitätsdifferenzen zwischen rechts und links 
(Fall 17 z. B.) die Menge des nachträglich aus der Blase entleerten 
Harns gerade dem Differenzquantum entsprach (rechts 81 cem. 
links 31 aus der Blase = 48 ccm). In der letzten Zeit habe ich 
Obturationskatheter mit knopfförmiger Verdickung unter dem Fenster- 
chen (Firma Galliard) benutzt und mit diesen stets nur kleine Mengen- 
unterschiede zwischen rechts und links beobachtet. 

Nach alledem läfst sich schliefsen, dafs die in gleichen 
Zeiträumen abgesonderten Urinmengen normaliter rechts und links 
ungefähr die gleichen sind. 

Ad spez. Gewicht. Das spez. Gewicht des empfangenen Haris 
war nur kleinen Schwankungen unterworfen und hielt sich auf 
niedrigen Werten wohl wegen der stets vorangegangenen Phloridzin- 
injektion und der absorbierten beträchtlichen Flüssigkeitsmenge. 

Ad Saech. Über den Zuckergehalt des Harns nach Phloridzin- 
injektion gehen die Ansichten der Autoren weit auseinander. Cas- 
per-Richter, welche die Phloridzinmethode mit dem Harnleiter- 
katheterismus vereinigt haben, behaupten, dafs die Quantität des 
funktionstüchtigen Nierenparenchyms der Menge des ausgeschiedenen 
Zuckers entspricht, und dafs bei schwerer Nierenerkrankung über- 
haupt kein Zucker von der betreffenden Niere geliefert wird. Bei 
normalen Nieren fanden diese Autoren die Sa-Werte für rechts und 
links gleich. 


° 
Über die Bestimmung der Funktionsfühigkeit gesunder Nieren usw. 863 


Albarran, Rovsivg und Israel im Gegenteil verneinen nicht 
nur einen direktproportionellen Zusammenhang zwischen der Quan- 
tität des funktionstüchtigen Parachyms und den Sa-Werten, sondern 
bezweifeln sogar, dafs jede gesunde Niere nach Phloridzininjektion 
notwendigerweise Zucker ausscheiden soll; und wenn bei gesunden 
Nieren eine solche Zuckerausscheidung eintritt, so sei es noch frag- 
lich, ob die Prozentwerte des Zuckers für rechts und links durch- 
aus einander gleich seien. 

Wenn wir aber die Untersuchungen durchmustern, auf welche 
Albarrans Ausführungen begründet sind, so finden wir darunter eine 
ganze Anzahl von operierten Hydronephrosen, Pyonephrosen und 
Wandernieren. An solchen Fällen hat Albarran die Phloridzin- 
methode geprüft und teilweise ganz negative Ergebnisse (keine 
Zuckerausscheidung), teilweise schwach positive (Spuren von Zucker- 
reaktion) erzielt. Allein solche Nieren, wenn sie auch anscheinend 
befriedigend funktionieren, können wohl kaum als normale angesehen 
werden. Was speziell die Wandernieren betrifft, welche Albarran 
ebenfalls als normale anspricht, so sind sie nach Prof. Fedoroffs 
Untersuchungen ziemlich konstant weitgehenden pathologischen Ver- 
änderungen unterworfen. In den 16 von Fedoroff mikroskopisch 
untersuchten Wandernieren war durchweg interstitielle Bindegewebs- 
wucherung und manchmal eine Erweiterung der Tubuli contorti und 
der Malpighischen Knäuel zn entdecken. Aus diesem Grunde 
müssen wir die Albarranschen Fälle, wo nach Phloridzin keine 
Zuckerreaktion eintrat und wo dieser Forscher normale Nieren zu 
sehen glaubte, eben als pathologische Fälle ansprechen und auf 
diese Weise den negativen Ausfall der Reaktion in unserem Sinne 
als ganz begreiflich ansehen. 

Bei unseren Untersuchungen wurde stets 0,01 Phloridzin ge- 
wöhnlich in die Glutäalgegend des zu Untersuchenden eingespritzt 
und die Zuckerbestimmung möglichst bald nach dem Versuche mit 
dem Lando-Lippichschen Apparäte ausgeführt, welcher eine bis 
auf Zentigramme exakte Messung gestattet. 

In sämtlichen 20 Fällen bei gesunden!) Nieren haben wir posi- 
tiren Erfolg für die Zuckerreaktion erzielt. 18 mal hielten sich 
dabei die Schwankungen zwischen rechts und links innerhalb der 
Grenzen von Hundertteilen eines Gramms ("/, Werte). Im Falle 


1) Der Harn aller dieser Personen wurde stets vor der Phloridzinprobe 
chemisch genau untersucht, und nur bei normalem Ausfall dieser Untersuchung 
wurde zur funktionellen Probe geschritten. 


564 Pereschiwkin. 


11 war der Unterschied 0,25, im Falle 14 —= 0,22. Einmal haben 
wir eine sehr geringe Zuckerausscheidung = 0,04 beiderseits beob- 
achtet, was vielleicht daran liegen mag, dafs die Untersuchung in 
diesem Falle erst 18 Stunden nach dem Versuche ausgeführt werden 
konnte, und der Zuckergehalt durch Gärung vermindert wurde. 

Wenn wir uns nun zur Tabelle der pathologischen Nieren 
wenden, so finden wir beträchtliche Schwankungen zwischen rechts 
und links, und die Mehrwerte sind stets zugunsten der normalen 
Niere. | 





PERF HE N ENT A A e o, AA nn n. — 











Nr. | Diagnose | N EE Ge 
i 
1. = Pyonephr.r. d.. + ., . . 0,03 | 0,52 
2. . Pyonephr.r.d. . . . . . . 0,3 | 1,7 
3. || Hydronephr. r. s.. . .... 0,3 | 1,05 
4. | Sarcoma r.d. . . 2. 2.202. 0,4 | 0,75 
5. || Pyonephr. cale.r.d.. . . + . | 0,3 | 1,63 
6. | Pyelonephr.r.s. . . »... 0,4 0,8 
7. Pyelit. cale.r.d... . + + + ` 0,2 0,85 
3." Term... 20. 0 | 0,37 
9. !' Tb.r.d 2.2222 200. 0.3 | 0,75 
10. TI Gang, 0,5 | 2,0 
Il, G Tim ed 2: 00: g Dr Ara Š 1,64 | 8.80 
12. ı Sr. 2 or rn 0,06 0,23 
13. I Tore 2.222200. 0,32 1,04 
4. | Tbe r.d . . . . . - . + | 0,24 1,95 
15. | Pyel. r,s. KR e E 0,86 1,24 
16. Tum. m8. o a aaa 0.06 1,52 
17. : Pyelonephr. r.d.. . .... 0,44 1,22 
18. i Cale. r.d. o o us ée, 0,03 0,52 
19. I Pyonephr. r.s. . .. 2... 0,1 1,62 
20. | Tum. rs. 2.222200. | 0,20 1,30 


Auf Grund unserer Zuckeruntersuchungen im Urin von nor- 
malen und pathologischen Nieren gelangen wir zu folgenden 
Schlüssen: 

l. Die Phloridzininjektion bei gesunden Nieren war stets von 
Zuckerreaktion in dem Sekrete einer jeden Niere begleitet. 

2. Die Quantitätsschwankungen in der Zuckerausscheidung 
überschritten bei gesunden Nieren niemals 0,25°/,. 

3. Bei Erkrankung der einen Niere scheidet sie entweder viel 
weniger Zucker aus, als die zweite gesunde, oder es tritt in ibrem 
Urin überhaupt keine Zuckerreaktion ein. 

4. Ein quantitatives Abmessen des Grades der Nierenerkrankung 


Über die Bestimmung der Funktionsfähigkeit gesunder Nieren usw. 865 


ist nach der absoluten Menge des ausgeschiedenen Zuckers nicht 
möglich. Diese Verhältnisse werden besonders lehrreich durch 
den Fall 12 klargelegt, wo rechts (gesunde Niere) 0,29°/, Zucker, 
links (kranke Niere) 0,06°/, notiert sind; die ganze linke Niere 
war in eine sarkomatöse Geschwulst verwandelt und enthielt blols 
im unteren Pol ein kleines Stück funktionstüchtigen Parenchyms. 


Ad Harnstoffmenge. Die Bestimmung der Harnstoffmenge in 
dem getrennt aufgefangenen Harne gestattet nach einstimmigem 
Urteil fast aller Autoren für sich allein keine zwingenden Schlufs- 
folgerungen für die funktionelle Diagnostik. Höchstens können 
diese Werte im Zusammenhang mit den Ergebnissen der anderen 
Methoden in Betracht genommen werden. Wichtiger ist die quan- 
titative Harnstoffbestimmung in der gesamten Urinmenge von 
24 Stunden. Israel hat noch im Jahre 1898 auf Grund eigener 
Erfahrung hervorgehoben, dafs eine Nephrektomie nicht zulässig 
ist, wenn die Harnstofimenge bei bestimmter Nahrung einige Tage 
nacheinander gemessen unter der Hälfte des normalen Quantums 
zurückbleibte Rovsing hat sich in dem nämlichen Sinne geäufsert, 
und dennoch sind Beispiele bekannt geworden, wo trotz mangel- 
hafter Harnstoffmenge Nephrektomien glücklich überstanden wurden. 
Bei meinen Untersuchungen wurde die Harnstofimenge nach der 
Methode von Borodin (mittels NaBr) gemessen. Bei gesunden 
Nieren waren diese Werte für rechts und links stets ungefähr ein- 
ander gleich. 


Ad A. Bei den Gefrierpunktsbestimmungen des Harns (4) 
habe ich, wie aus der Tabelle ersichtlich, Unterschiede zwischen 
rechts und links bis 0,4° beobachtet. Bekanntlich unterliegt das 
A bei normalen Verhältnissen ziemlich grolsen Schwankungen; es 
werden Temperaturen von 1,3° bis 2,3° und sogar 2,5° angegeben. 


Wir haben am häufigsten niedrige Werte — zwischen 0° und 
— 1° beobachtet, was am wahrscheinlichsten daran liegen mag, dafs 
unsere Untersuchungen nach Phloridziuinjektionen ausgeführt waren, 
welche bekanntlich diuretisch wirken, somit den Harn verdünnen 
und das 4 herabsetzen. 

Bei der Harnkryoskopie von kranken Nieren haben wir unge- 
fähr gleich grofse Schwankungen wie bei gesunden Nieren vor uns 
gehabt. Wir müssen also bestätigen, dals die Harnkryoskopie in 
funktionell-diagnostischer Beziehung von keinem Werte ist. 


Die mikroskopische Untersuchung des getrennt aufgefangenen 


Pereschiwkin. 


866. 


11. 
12. 
13. 
14, 
15. 


16. 
17. 
18. 


19. 


20. 





N. N. Harn- 
menger 
Nik. Tdcen 
Fedor., (II 
Schos. | 10 . 
Prosk. 16 . 
Nik. 40 y 
Sosn. 43 ,„ 
Sucf. 145 „ 
Mit. 46 . 
Givil. 28 .. 
Mich. 67 . 
Golov. 126 . 
Kosm. 52 
Bols. 38 . 
Kort. 80 .. 
Kapf. 30 „ 
Urgal. | 36 . 
Solouh. | 81 , 
Roman. | 86 „ 
Borod. |123 „ 
Smirn. | 42 


D 





Reuktion 


Sauer 


Schw. 8. 
S. 


S. 
Schw. 8. 


S. 


Iı Schw. e. 


S. 
S. 
S. 


zZ y 


Schw, s. 


S. 


| 


sp 


1010 092 o 0.445, — 0,37 Harns. Salze Sien 


1005 (0,28 y 


1011 11,50 . 
1029 |1,36 „ 
1011 [0.92 „ 
1011 0,68 „, 
1011 Oo. 
1019 10,56 „ 
1018 [0.81 , 
1011 10,68 
1010 [0,81 ,, 
1007 [0,12 . 
1020 |0,86 . 
1021 0,75 . 
1031 1,74 „| 
1018 0,98 . 
1008 [0.04 „ 
1008 0,32 .. 
1008 ‚0,60 „ 
1025 Jonn 





' er. 11- Stof- 


` 


Be wehualt | neue 


j Faith, Zelten 
| ANGER: Subst. 


kiarn- 
mengo 


| Yienktion \ 





Sauer 


0,54 , | — 0,930 — ltp DA, 
— — |Nierenb.-Ep.I 8 . S. 
Harns. Salze 

0,92 „|— 1,71 = 12 „ S. 
0,43 . \-— 0,60 — 40 , S. 
0,73 „|— 0,58, Nierenb.-Ep.I 30 , S. 
. Harns. Salze 
0,63 .. |— 0,57 => 126 „ S. 
0,49 ..|— 9,99| Harns. Salze | 26 ,, S. 
0,68 .. |— 0,98 Ke 50 S. 
0,43 ..|— 0,57 Nierenb.-Ep. |135 aus) Schw. s. 
d. Blaso 
0,24 „|-- 0,55 — 99ccm S. 
0,24 „ !— 0,37| Nierenb.-Ep.f 46 „ | Schw. s. 
0,58 .„ |— 1,09| Harns. Salze | 46 „ S. 
0,48 „|— 1,08! Nierenb.-Ep.f 56 „ S. 
'0,64 . |-- 1,16] Nierenb.-Ep.f 32 „ | Schw. s. 
| Har::s. Salze 
08 „|— 0,93| Harns. Salze | 64 „ S. 
GE „ |— 0,55 — 31 „ S. 
0,48 . |— 0,35 = 170au S. 
d. Blase, 
— |— 0,48, Nierenb.-Ep.f 72cem! Schw. s. 
Harn. Kohl. S. 
0,63 „!— 1,06: Nicrenb.-Ep.f 41 S. 


| Harns. Salze 


Mir. I 


hoss Acht: 


l 


| 


| 


i 


Zuci sar 
wees alt 


Tu. woti- 
menge 


1005 lo,91 0740,34 "ie 


1005 [0,29 . 0.49 


1010 


1028 
1012 
1010 


1010 
1015 
1017 
1009 


1010 
1007 
1020 
1028 
1031 


1016 
1007 
1015 


1006 


1024 


1,48 


1,34 
0,96 
0,64 


0,90 
0,58 
0,38 
0,62 


0,76 
0,20 
0,89 
0,97 
1,72 


0,92 
0,04 
0,24 


0,60 


2.03 


| 


`. en 


0,83 


ge 








„ 0,68 





„ ‚0,88 
„10,39 
= 0,7% 


„ 0,34 
„ 0,19 
„ 0,62 


° 


. 0,74 





„ 0,43 
„0,44 
. 0,48 


„.0,53 


aa 


aa 


"e 


” 


x 
| 
| 
l | 





Yo. Ze Yon 
\ Auer. =Subut, 


— 0,33 >| | Harns, Set 


034 


ws 








Nierenb.-Ep. 


— 0,61 
— 0,57' 


— 0,56 
— 0,58 
= 1,06 
I— 0,53 

| 
— 0,61 
— 0, 35 
— 1, 08 Harns. Salze 
— 1,36 Nierenb.-Ep. 


— 1, 18 N Nierenb.-Ep. 


Nierenb.-Ep. 


Flache Ep. 
Phosp. 








2! Harns. Salze 
0 a 
0,38, 


| 


— 0, a Harns. Salze 


E “Kuat Ep. 


Über die Bestimmung der Funktionsfähigkeit gesunder Nieren usw. 867 


Harns gesunder Nieren ergab stets für rechts und links dieselben 
Bilder. 


Schlusssätze. 


1. Eine richtige Vorstellung von der Funktionsfähigkeit der 
Nieren kann nur aus solchen Untersuchungen gewonnen werden, 
welche mit dem in demselben Zeitraum abgesonderten und durch 
simultane Sondierung des aus jeder Niere getrennt aufgefangenen 
Harnes ausgeführt sind. 


2. Es sollen bei solchen Untersuchungen gleich starke Harn- 
leiterkatheter benutzt werden, welche gleich tief einzuführen sind. 


3. Keine einzige von den in dieser Arbeit nachgeprüften 
Methoden der funktionellen Diagnostik normaler Nieren vermag 
eine absolut genaue Vorstellung von der Funktionstüchtigkeit einer 
Niere zu geben. 

Diese Methoden waren: Harnquantitätsbestimmung in einem 
gewissen Zeitraum, Bestimmung des spezifischen Gewichtes, der 
Harnstoffmenge des Gefrierpunktes und des Zuckergehaltes nach 
Phloridzininjektion — alles für den getrennt aus jeder Niere aufge- 
fangenen Harn. 


4. Als genaueste unter allen muls die Zuckerreaktion angeschen 
werden, weil sie in keinem unserer 20 Fälle bei gesunden Nieren 
ausblieb; die Unterschiede zwischen rechts und links überschritten 
nicht 0,25°',, entsprachen also vollständig den Ergebnissen von 
Casper-Richter. 


5. Wenn also bei einer nach den in dieser Arbeit niederge- 
legten Prinzipien ausgeführten Uutersuchung der Sa-Wert einer 
Niere um mehr als 0,25°/, demjenigen der andern Niere nachsteht, 
so ist die Schlufsfolgerung gerechtfertigt, dafs die betreffende Niere 
erkrankt ist. 

6. Eine nähere Vorstellung über den Charakter und den Grad 
der Erkrankung einer solchen minderwertigen Niere kann gewonnen 
werden mit Hilfe der mikroskopischen und chemischen Harnunter- 
suchung, der Bestimmung des spezifischen Gewichtes des Harns, 
der Kryoskopie und vielleicht auch der Bestimmung der Harnstoft- 
menge. 

7. Die Gesamtergebnisse dieser Arbeit bestätigen also die An- 
sicht von Casper, Strauls und Fedoroff, wonach beide gesunde 
Nieren im gegebenen Zeitraum ungefähr gleich viel physikalisch 
und chemisch gleichwertigen Harn ausscheiden. 


868 Pereschiwkin, Üb. d. Bestimmung d. Funktionsfähigkeit gesund. Nieren usw. 


Literatur. 


e Casper und Richter, Funktionelle Nierendiagnostik. 1901. 
Albarran, Exploration des Fonctions rénales. Paris 1905. 


Israel, Ūber die Leistungsfähigkeit der Phloridzinmethode. Mitt. a. d. 


Grenzg. d. M. u. Ch. 1903. 
Albarran, Recherches sur le fonctionnement normal comparé des denx 


reins. Ann. des mal. des org. genito-urin. T. XXII, 

Casper und Richter, Was leistet die funktionelle Nierendiagnostik? 
Mitt. a. d. Grenzg. d. Med. u. Chir. 1903. 

Kapsammer, Nierenchirurgie und funktionelle Diagnostik. Wien klin. 
Wochenschr. 1904. 

Fedoroff, Bedeutung der Funktionstüchtigkeit d. Nieren für d. Diagnostik 
der Niereukrankheiten. Chirurgenkongrels zu Moskau 1901. 

Kümmel und Rumpel, Chirurgische Erfahrungen über Nierenkrankh. 
unter Anwendung der neuen Untersuchungsmetlioden. Beiträge zur klin. Chir. 


1903. 
Israel, Über funktionelle Nierendiagnostik. Archiv. f. klin. Chir. 1908. 


oe 





Aus dem Allgemeinen Krankenhause Hamburg-Eppendorf. 
I. Chirurgische Abteilung : Professor Dr. Kümmell. 


Untersuchungen über den Wert der 
Refraktometrie des Blutserums für die 


funktionelle Nierendiagnostik. 


Von 


Dr. Goldammer. 
Oberarzt im Regt. „Königin Elisabeth“, kommandiert zur I. chirurg. Abteilung. 


Der glänzende Aufschwung der modernen Nierenchirurgie ist 
erst möglich gewesen, seit die verfeinerte Technik der Cystoskopie 
und des Ureterenkatheterismus im Verein mit den vervollkommneten 
physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden die funktionelle 
Nierendiagnostik zu einer Höhe gebracht haben, auf der sie die 
Erkennung und Lokalisierung krankhafter Nierenprozesse mit früher 
ungeahnter Prägnanz ermöglicht. Die Art und Weise, wie die 
funktionelle Nierendiagnostik bei uns gehandhabt wird, ist in einer 
grolsen Reihe aus unserer Abteilung hervorgegangener Arbeiten 
publiziert worden. Dieselben beweisen — und das ist auch speziell 
von Professor Kümmell immer wieder auf das energischste betont 
worden, — einen wie grolsen Wert wir in der funktionellen Nieren- 
diagnostik auf die Kryoskopie des Blutes legen. Für uns ist der 
Ausfall der kryoskopischen Blutuntersuchung nach vorherge- 
gangenem Ureterenkatheterismus das entscheidende Moment bei 
der Indikationsstellung zu operativerem Vorgehen und speziell 
zur Entfernung einer Niere, nachdem wir aus einer nunmehr 
auf weit über 1000 Fällen beruhenden Erfahrung gelernt haben, 
es hier mit einer Methode zu tun zu haben, die an Sicherheit 
und Untrüglichkeit von keiner anderen erreicht wird und deren 
Unterlassung oder Nichtberücksichtigung wir als ein schweres Ver- 
gehen gegenüber dem Kranken betrachten. Leider wird der Glauben 
an den Wert der Kryoskopie des Blutes keineswegs allgemein ge- 
teilt. Prof. Kümmell hat oft und deutlich genug bewiesen, worauf 
das beruht, und woran es liegt, dafs andere Untersucher zu ab- 
weichenden Resultaten gekommen sind; ich brauche deshalb darauf 
hier nicht einzugehen, ebenso wie ich von jeder theoretischen Er- 


870 Goldammer. 


örterung absehe, da das weit über den Rahmen des Themas heraus- 
gehen würde. Zusammenfassend hebe ich nur das hervor, dals wir 
als Konstante der Blutgefrierpunktserniedrigung des gesunden Menschen 
den Wert ö=—0,56° und als Extreme des Normalen nach der 
einen und der anderen Richtung die Werte ó = — 0,55" und 
Ó = — 0,57° ansehen. Eine Gefrierpunkterniedrigung von 0,59" 
bis 0,60° ist der äulserste Grenzwert, bei dem wir die Entfernung 
einer Niere, auch wenn das: Organ noch so sehr zerstört und für 
den Organismus scheinbar vollkommen unbrauchbar ist, für berech- 
tigt halten. Eine Nephrektomie bei Erniedrigung des Blutgefrier- 
punktes um mehr als 0.6° ist nach unseren Erfahrungen gleich- 
bedeutend mit dem sicheren Tode des Individuums innerhalb höch- 
stens 48 Stunden, wie uns die Erfahrung in fünf Fällen gelehrt hat. 

Bezüglich der Sicherheit ihres Resultates und der daraus zu 
ziehenden Schlüsse ist die Blutkryoskopie absolut einwandfrei. 
Wenn ihr noch Nachteile anhaften, so sind dieselben rein äulser- 
licher Natur. Sie beruhen einmal darauf, dafs die Untersuchung 
für klinische Zwecke immerhin etwas zeitraubend ist — auch bei 
geübten Untersuchern und in einem Laboratorium, in dem die Me- 
thode täglich geübt wird und das Instrumentarium stets gebrauchs- 
fertig ist, sind 15—20 Minuten das Erforderliche — zweitens 
darauf, dafs eine grölsere Menge Blut — ca. 20 cem — benötigt 
wird, schliefslich darauf, dals peinlichste Beobachtung der 
richtigen Technik bis in scheinbar kleinliche Einzelheiten 
— Temperatur der Kältemischung, Art des Rührens usw. — sowie 
genaue Kenntnis und sorgfältige sachgemälse Behandlung 
des sehr diffizilen Instrumentariums unbedingt voraus- 
eesetzt werden muls. All das sind Nebensächlichkeiten im Ver- 
gleich zu dem unschätzbaren Wert der Methode, immerhin sind sie 
beachtenswert genug, um den Wunsch nach einer auch davon freien 
Untersuchungsart berechtigt erscheinen zu lassen. Dieser Wunsch bat 
uns bewogen, besonders einer Anregung Prof. A.v. Koranyis folgend. 
der neuerdings mebrfach zu klinischen Zwecken verwandten Refrak- 
tometrie des Blutserums unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die 
Technik ist eine so überaus einfache, die benötigte Blutquantität eine SO 
minimale und der erforderliche Zeitaufwand ein so verschwindender, 
dafs wir in dieser Untersuchung ein Idealverfahren erblicken mülsten. 
wenn sie uns gestattete, mit derselben Sicherheit, wie die Kryoskopie, 
einen untrüglichen Schlufs zu ziehen auf die Quantität der im Blut an- 
gehäuften Retentionsbestandteile und damit die Funktion der Nieren. 


Untersuchungen über den Wert der Refraktometrie des Blutserums usw. 871 


Sämtliche Untersuchungen sind angestellt mit dem Abbeschen 
Eintauch-Refraktometer der Firma Carl Zeils, Jena, bei einer kon- 
stanten Temperatur von 17.5° ©. 

Zur Untersuchung kamen zunächst eine Reihe künstlich her- 
gestellter Lösungen von Zucker, verschiedensten Eiweilsen usw. 
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind praktisch nicht bedeutend 
genug, um im Rahmen dieser kurzen Mitteilung Erwähnung zu 
verdienen. 

Dann wurde in ausgiebigster Weise dasjenige Material unter- 
sucht, das in reichlichster Quantität und am meisten variierender 
Qualität stets zur Verfügung steht, der Urin gesunder und kranker 
Menschen. Ich kann mich auf die Wiedergabe einiger Beispiele 
beschränken, die aus den grofsen Untersuchungsreihen beliebig her- 
ausgegriffen sind: 

A. Normaler Urin. 





| | x 
Spez. (iew. Harnstof a 4 | d 





















































| 
TI Be S E 
. | 102 zm — 0.91° 1.886607 
9. 1018 | 128 — 1.030 1.33781 
8. 1022 | 30.6 — 157° | 1.84124 
4 | 108 | 418 x — 2.129 1.34575 
5. | 1030 50,2 s 2.20° 1.34650 
B. deiere Urin. 
E Spez. Gew. | Harnstoff ad Albumen Oe A | Dr 
1 1007 | on | 58 | —060 ; 1838590 
2. 1013 © 113 10.0 Din | 138896 
8. 1017 19.2 x 35 | — 129° ` 134048 
4 1019 1838 | 20 — 1.080 1.34010 
5 1021 26.2 | Spur Kë 1.529 | 1.34048 
C. Zuckerhaltiger Urin. 
Spez. Gew. le, Harnstoff ®!,, WE arun °’ d 4 | np 
l 
1. 1022 11.0 4.2 x — 1.06° 1.34199 
9. 1026 7.06 5.2 — 1.43° 1.34318 
3. 1029 22.6 0.2 p 191° 1.34237 
4. 1030 10.1 48 1 — 135° | 1.348388 
5. 1037 13.3 2.2 0 1.920 | 1.34687 






872 Goldammer. 


Aus diesen wenigen Beispielen gebt hervor, dafs bei normalem 
Urin ein gewisser Parallelismus zwischen den Werten des spezifischen 
Gewichtes, des Harnstoffgehaltes, der Gefrierpunktserniedrigung und 
des Brechungsindexes besteht. Angesichts der vielen sonst im Harn 
in wechselnder Konzentration vorkommenden Bestandteile ist aber 
a priori anzunehmen, dafs dieser Parallelismus kein strenger sein 
wird, wie das auch nach unseren Untersuchungen tatsächlich der 
Fall ist, obschon die Abweichungen nur unbedeutende sind. Jeden- 
falls besteht keine feste Beziehung zwischen Brechungsindex und 
Gefrierpunktserniedrigung, etwa derart, dafs einem bestimmten °» 
ein bestimmtes A entspricht. Noch viel weniger ist das der Fall, 
wenn dem Urin pathologische Bestandteile beigemengt sind, wie 
das aus den Tabellen hervorgeht. So haben z. B. Eiweifsurin 3 
und 5 bei gleichem ”p vollkommen verschiedenes A, während Zucker- 
urin 3 und 5 bei gleichem 4 ganz verschiedenes °p aufweisen usw. 
Daraus erhellt zur Genüge, dafs der Harn kein geeignetes Objekt 
für derartige Untersuchungen ist, die wir demzufolge späterbin auch 
lediglich auf Blutserum beschränkt haben. | 

Wir versuchten zunächst, durch Refraktometrie des Blutserums 
einer grofsen Anzahl gesunder Personen festzustellen, ob der Kon- 
stante ô =— — 0.56° ein ebenso bestimmter Normalwert des Brechungs- 
indexes entspräche. Dabei haben wir gefunden, dafs nicht nur bei 
verschiedenen Personen, sondern auch bei denselben Individuen zu 
verschiedenen Zeiten ”p in ziemlich weiten Grenzen variiert. Der 
Brechungsindex des Blutserums gesunder, gemischt ernährter Men- 
schen mit einer Blutgefrierpunktserniedrigung um — 0.56° schwankt 
zwischen den Werten 1.34724 und 1.35169, entsprechend den Ziffern 
52 bis 64 der 1lVöteiligen Skala des Zeilsschen Refraktometers. 
An und für sich würde dies Schwanken des Brechungsindexes zwi- 
schen gewissen Grenzen nichts gegen die Verwendbarkeit der Me- 
thode für unsere Zwecke bedeuten, dann mülsten aber zwei weitere 
Bedingungen erfüllt sein, nämlich erstens mülste bei einem ô von 
— 0.56° der Brechungsindex stets mit absoluter Sicherheit zwischen 
den Werten 1.34724 und 1.35169 sich befinden, und zweitens mülste 
er bei einer Änderung von ô nach oben resp. nach unten in gleich- 
bleibender Weise nach der einen oder der anderen Seite über die 
Grenzwerte hinausgehen. Zur Prüfung dieser Verhältnisse wurden 
Versuche an kranken Individuen angestellt und zwar zunächst solche 
mit normaler Gefrierpunktserniedrigung berücksichtigt. Die Resul- 
tate dieser Versuche sind in den folgenden Tabellen wiedergegeben. 


Untersuchungen über den Wert der Retraktometrie des Blutserums usw. 





| 

















D 
l; | Carcinoma ventriculi , | 1.84650 
d | Carcinoma intestini . . 1.84650 
3. | Nephritis chronica , ' 1.34724 
4. | Nephritis acuta . | 1.34836 
5. © Carcinoma ventriculi 1.34873 
6. , Nephritis chronica , 1.34873 
7. | Xephrolithiasis sin. . 134910 
8, Nephritis chronica 1.341947 
9. Carcinoma prostatae x 1.84947 
10. Careinoma ventriculi | 1.84947 
11. : Sarkom der Bauchdecken 1.34984 
12. ; Ulcus ventriculi . 1.35021 
13. | Nephrolithiasis dextr. . 1.35058 
14. | Epilepsie 1.35095 
15. | Ren mobilis : 1.35242 
16. ! Nephrophthisis dextr. . 1.835316 
17. ° Tumor renis dextr. | 1.385316 
d 
II. ó — — 0.550. 
| ; Krankheit | np 
18. | Nephrophthisis dextr. 1.35095 
19. | Nephrophtlisis dextr. . 1.35169 
20. . Careinoma intestini . 1.835169 
=l: Tubereulosis peritonei . 1.35316 
23. | Mitralstenose . 1.35497 
II. ô— — 0.57°. 
| Krankheit | np 
23. | Nephrolithiasis ' 1.84910 
24. | Hypertrophia prostatae , 1.349841 
25. ' Hydronephrosis ur % 1.35058 
26. | Status post nephreetomiam . | 1.3513 2 
27. I Retrotlexio uteri. ' 135169 
28. | Carcinoma prostatae  1.35205 
29. (rawitztumor ren. dextr. 1.35205 
30. Nephritis ehronica 1.35316 


I. ó — 0.569. 





Krankheit 





n 





873 


Da die Anderung des Brechungsindexes bei verschiedenen 
Krankheitszuständen und die für die einzelnen pathologischen Pro- 


Zeitschrift für Urologie. 


1907. 


57 


874 Goldammer. 


zesse daraus zu ziehenden Schlüsse, über die bei Schoeneich. 
Strauls-Chajes, Engel u. a. Näheres zu finden ist, hier auiser 
acht gelassen werden müssen, um lediglich Brechungsindex und Ge- 
frierpunktserniedrigung zu vergleichen, so ergibt sich aus den an- 
geführten Tabellen zunächst, dafs krankhafte Vorgänge, die den 
Normalwert der Blutgefrierpunkterniedrigung ô = — 0.56° nicht 
tangieren, den Brechungsindex des Serums sowohl nach der einen 
wie nach der anderen Seite die Grenzwerte überschreiten lassen. 
Berücksichtigt man ferner die auf den beiden letzten Tabellen an- 
geführten, nach unseren Erfahrungen als die Grenzen der normalen 
Gefrierpunkterniedrigung anzusehenden Wertes ô= — 0.55° und 
ô =— — 0.57 °, so tritt dasselbe Resultat noch deutlicher in Erschei- 
nung, und zwar mit der auffallenden Tatsache, dafs die höchste Ab- 
weichung des Brechungsindexes, die mit 1.35497 um 0.00328 die 
angegebene obere Grenze überschreitet (d. h. um 9 Skalenteile an 
dem Zeilschen Instrument), der relativ geringen Gefrierpunkt- 
erniedrigung um — 0.55° entspricht. 


Am wichtigsten für die Beantwortung der vorliegenden Frage 
sind die Beobachtungen an Kranken, deren Blutgefrierpunktserie- 
drigung aulserhalb der normalen Grenzen liegt; an solchen Patienten 
haben unsere Untersuchungen folgendes ergeben: 








me mv EE EE >. —— _ — = ne 





| Krankheit x d | n | 
l... Sarkoma retroperitoneale š | — 0.54° | 1.34612 
2, Careinoma ventriculi . Br ek | — 0.54% | 1.34798 
3. | Nephritis chronieca. — + + + + | —0.58° | 1.34984 
4. | Careinoma vesieae, — 0.58 9 | 1.34984 
5. Coma diabetieum . — 0.58% | 1.365352 
6. | Urinphlegmone . ı — 0.59% | 1.34947 | 
7.  XNephritis chronien . — 059° | 1.35169 
8. | Cirrhosis hepatis Fr — 0.59% | 1.835352 
9. Nepsis 222222 222.1 0600 | 1.349984 
10. — Nephritis parenchymat. . . + . í! —0.64° | 1.834947 
11. Uraemie . _ + + +, +. + + + | —0.68° | 1.35021 
12. : Traemie _ + OH lU 1.35316 
13. Pyonephrosis dupl. . . . + . | —0.79° | 1.35678 


| | 


Fünf Kranke mit wesentlich erniedrigtem Gefrierpunkt konnten 
mehrere Male untersucht werden; dabei ergaben sich folgende Re- 
sultate: 


Untersuchungen über den Wert der Refraktomotrie des Blutserums usw. 875 











| Krankheit x ó x np | Be 


14. || Akute Nephritis bei Fehlen einer | | 
Niere. Nephrektomie vor 7 Jah- | 





ren _ . . + + + + + + + + | 0.60% | 1.85132 j 25. IL 07 
‚— 0.59% | 1.35095 4. III. 07 
Geheilt entlassen 20. III. 07 . . | —0.57° | 1.35205 15. III. 07 

16. || Akute haemorrhagische Nephritis 
nach Angina . . . . . . . | — 0.62° | 1.84798 8. IV. 07 
— 0.64° | 1.34947 14. IV. 07 
Heilung. . . .... — 0.56° | 1.35995 | 20. V. 07 
16. || Uraemie, Exitus (7. VI. 07) . . | — 0.68° | 1.35816 6. VI. 07 
— 0.70° | 1.34910 7. VI. 07 
17. Nephritis acuta. . . . . . . | —0.59° | 1.34761_ | 13. IX. 07 
I — 0.63° , 1.834650 | 15. IX. 07 

| Exitus 17. IX. 07. 

18. | Carcinoma prostatae . . . . . | — 0.58° | 1.34984 | 16. IX. 07 
| Nephrits . . 2 2 2 2 2°. | — 0.56° | 1.34947 | 20. IX. 07 





Zum Schluss noch folgende interessante Beobachtung: 
Nephrektomie wegen Tumor renis | | 
dextr.; Blutuntersuchung 3 Tage | | 
| D operat. unmittelbar nach | 
x einer intravenósen Kochsalz- | 
infusion von 3000 cem . . . | — 0.59° | 1.34426 
Die Schlüsse, die sich aus den angeführten Zahlen ergeben, 
liegen auf der Hand: Es ist nicht möglich, irgend einen Parallelis- 
mus zu finden zwischen der Änderung der Blutgefrierpunktsernie- 
drigung und der des Brechungsindexes bei pathologischen Vorgängen, 
die zu einer Anhäufung oder Verminderung von Stickstoffrestbestand- 
teilen im Blut führen. Selbst wenn diese Überladung des Blutes 
mit Reststoffen so hochgradig wird, dafs Gefrierpunktswerte von 
— 0.64 ° und mehr resultieren, kann der Brechungsindex ebenso 
innerhalb der bei normalen Verhältnissen sich findenden Grenzen 
liegen, wie bei einem Blut, dessen Gefrierpunkterniedrigung nur 
0.54° beträgt. Anderseits kann unter pathologischen Verhältnissen 
der Brechungsindex die Normalgrenzen weit überschreiten, ohne 
dafs eine Änderung der Gefrierpunktserniedrigung zustande kommt. 
In den Beobachtungen 14—18 gehen die Änderungen von Gefrier- 
punktserniedrigung und Brechungsindex einander direkt entgegen. 
Mit der Rückkehr des übermälsig erniedrigten Gefrierpunkts zur 
Norm übersteigt der Brechungsindex den Grenzwert in entgegen- 
gesetzter Richtung (Beobachtung 14 und 15) und mit fortschreiten- 


57* 


19. 














876 Goldammer, Untersuchungen über den Wert der Refraktometrie usw. 


der Erniedrigung des Gefrierpunktes geht anderseits der Brechungs- 
index zurück (Beobachtung 16 und 17). 

Aus Beobachtung 19 geht hervor, dass die Verdünnung des 
Blutes nach reiflicher Kochsalzinfusion in der wesentlichen Er- 
niedrigung von "D zum Ausdruck kommt, während ö unverändert 
bleibt. 

Leider ist hier nicht der Ort, diese interessanten Phänomene 
einer eingehenderen Besprechung zu unterziehen. Der springende 
Punkt liegt darin, dafs der Brechungsindex des Blutserums in erster 
Linie abhängig ist von dem grofsen Eiweilsmolekül, während die 
Erniedrigung des Gefrierpunktes der Ausdruck ist für den Gehalt 
des Blutserums an Salzen und vor allem an retinierten Stickstofl- 
restbestandteilen, den Zerfallsprodukten des Eiweilsabbaues. 

. Die Quintessenz, die sich für unsere klinischen Zwecke aus 
den geschilderten Untersuchungen ergibt, ist die, dafs die an sich 
so schöne und einfache Methode der Refraktometrie des Blutseruns 
für uns wertlos ist, weil sie uns über den Gehalt des Blutes an 
Retentionsbestandteileno und damit über die Funktion der Nieren 
keinen Aufschlufs zu geben vermag. Da auch diese Methode ver- 
sagt hat, haben wir bisher noch keine, die die Kryoskopie des 
Blutes auch nur annähernd zu ersetzen vermag. Wir werden dieser 
letzteren deswegen nach wie vor treu bleiben, und gerne die damit 
verbundenen kleinen Unbequemlichkeiten mit in Kauf nehmen an- 
gesichts der unschätzbaren Vorteile, die uns und vor allen Dingen 
unseren Kranken daraus erwachsen. 


Über Malakoplakie der Harnblase. 


Von 


Privatdozent Dr. W. Zangemeister, Königsberg i. Pr. 
Mit einer Textabbildung. 


Vor einem Jahr berichtete ich!) über den ersten klinisch be- 
obachteten Fall jener eigentümlichen Blasenveränderuug, welche 
von Hansemann Malakoplakie benannt bat, 

Seitdem ist zwar am Lebenden kein weiterer Fall beobachtet 
worden; wohl aber sind eine Anzahl neuer Fälle bei Obduktionen 
Ee resp. neuerdings veröffentlicht worden.?) 

Englisch (Zeitschr. f. Urol. I. 666) führt noch einen Fall von 
Hagmann an (Monatsschr. f. Urol. 1906, Bd. 11, S. 86), in dem es 
sich aber um eine Leukoplakie gehandelt hat. Die Identifizierung 
der Malakoplakie mit Leukoplakie und anderen Affektionen, wie sie 
Englisch (l. c.) durchzuführen sucht, halte ich für durchaus verfehlt. 

Die Arbeit Kimlas, der sich bald eine auch hierher gehörende 
zweite?) anschlofs, hat das Dunkel unserer Erkrankung insofern 
etwas gelichtet, als der Autor nachwies, dals zum wenigsten ein 
Teil der als Malakoplakie beschriebenen Fälle als infiltrierende 
Tuberkulose der Harnblase aufzufassen ist. 

Wie bekannt, hatten bereits frühere Autoren hervorgehoben, 
dafs die mit Malakoplakie behafteten Blasen relativ häufig von 
tuberkulösen Individuen stammten. 

Ich selbst konnte mich in meiner ersten Publikation nicht für 
einen ätiologischen Zusammenhang von Malakoplakie und Tuber- 
kulose aussprechen, besonders im Hinblick darauf, dafs bei einer 
Anzahl der bis damals veröffentlichten Fälle die Möglichkeit vorlag, 





1) Zentr. f. d. Erkrank. der Ham- u. Sexualorg. 1906, S. 491. 
2) Ellenrieder, Diss., Freiburg i. Br. 1906. 

Kimla, Virch. Arch. 184, S. 469. 

Pappenheimer, Refer. Zentr. f. Pathol. 1907, S. 323. 
(Wildbolz, Zeitschr. f. Urol. 1, S. 322.) 

5) Virch. Arch. 156, S. 96. 


878 W. Zangemeister. 


an der Hand der Obduktionsberichte das Vorhandensein einer Tuber- 
kulose anderer Organe auszuschlielsen, und die mikroskopische 
Untersuchung der malakoplakischen Blasen bis dahin nie Anbalts- 
punkte für Tuberkulose gegeben hatte, obwohl darauf gefahndet 
worden war. Zudem hatte die Untersuchung meiner Patientin nichts 
für Tuberkulose Verdächtiges ergeben. 

Die Arbeit Kimlas veranlafste mich aber, die Patientin noch 
einmal mit allen zu Gebote stehenden Mitteln auf Tuberkulose zu 
untersuchen. Ich konnte diesem Zwecke jetzt um so besser gerecht 
werden, als sich die stark hysterische Frau endlich entschlofs, Au, 
nahme im Krankenhaus zu suchen, was sie vordem stets ab- 
gelehnt hatte. 

Die cystoskopische Untersuchung, welche ich mehrmals 
eingehend vornahm, ‚ergab, dafs sich das Aussehen der Blase 
gegenüber dem Vorjahr nicht verändert hatte; die eigen- 
tümlichen Herde hatten das gleiche Aussehen wie damals; auch ihre 
Gröfse und Zahl, ja selbst ihr Sitz war, soweit sich ein solcher 
Vergleich bei der grofsen Zahl der Plaques anstellen liefs, der 
gleiche geblieben. 

Der Urin war noch ebenso durch Leukocyten getrübt. Nur 
bakteriologisch war eine Veränderung eingetreten: Die Strepto- 
kokken, welche sich im Vorjahr neben Bakt. coli im Urin fanden, 
waren verschwunden; es wuchs in den Kulturen Bakt. coli rein. 

In der medizinischen Universitätsklinik, in welcher die 
Patientin für die Zeit vom 22.—26. IV. 1907 aufgenommen wurde, 
um dortselbst den Verlauf einer Tuberkulininjektion genau ver- 
folgen zu können, wurde nochmals eine eingehende allgemeine 
Untersuchung vorgenommen. Aus dem Journal!) ist folgendes 
hervorzuheben: 

43jährige Frau; keine Geburten, Aborte. — Vater an Lungen- 
entzündung, Mutter an chronischem Lungenleiden (Bluthusten!), ein 
Bruder im Alter von 12 Jahren an 8 Wochen dauerndem Kell- 
kopfleiden gestorben; 3 Geschwister gesund. — Bis Mai 1906 fühlte 
sich Pat. völlig gesund; seitdem leidet sie an Steifigkeitsgefübl 
zwischen den Schulterblättern, starken Schmerzen bei Beginn von 
Bewegungen. 4 Wochen danach setzten dann Blasenbeschwerden 
ein: Drang in der Blasengegend, Schmerzen beim Urinieren. [Da 





1) Herrn (ieh. Medizinalrat Prof. Dr. Lichtheim sage ich für die Uher- 
lassung der in der mediz. Klinik gemachten Beobachtungen meinen ervebensten 


Dank. 


Über Malakoplakie der Blase. 879 


mals kam Pat. in meine Behandlung und bot den seinerzeit publi- 
zierten Befund. — Sie entzog sich der Behandlung aber bald und 
ging von einem Arzt zum anderen.) Ihre Blasenbeschwerden sind 
unverändert geblieben. Sie klagt heute über vermehrten Drang zum 
Wasserlassen, über „Brennen in der Harnröhre* zu Beginn und 
gegen Ende der Mixtion. Im ganzen überwiegen aber nervöse 
Beschwerden: Ohnmachts- und Schwindelanfälle, Übelkeit, auch 
Erbrechen; Kopfschmerzen, Beängstigungsgefühl, schlechter Schlaf. 
— Kein Husten, kein Auswurf, Appetit mälsig; Menses in den 
letzten Jahren unregelmäfsig. 

Die genaueste Untersuchung des Körpers ergab völlig normale 
Verhältnisse; insbesondere ist hervorzuheben: grofse, gut genährfe 


— ee A 3 + 


23 
GEKELE Ekel 





I 
Ñ 
i 


Mil 


e 


+ 


ITT 


Li} - + + 


Ba 


D 


BE 
E = 
l 


f 
-= 
{t f 
+ 
! 


HH 
ER C 
CH s 
wm 
HE 
— 
EIERE) 
oe 
+A Í 
LEE E] KI 
a LI) 
CO 





Frau, Haut normal, keine Drüsenschwellungen usw., Thorax sym- 
metrisch, gleichmäfsig sich bewegend, Lungen völlig normal. In 
den Spuren von schleimigem Sputum keine Tb. — Endphalangen 
der Finger auffallend breit. 

Harn: schwach sauer bis amphoter, zersetzt sich leicht beim 
Stehen, riecht dann stark. Spur Albumen; spez. Gewicht 1,015. 
Indikan nicht vermehrt. Keine Kochschen Bazillen; zahlreiche 
Leukocyten, massenhaft Gram-positive Stäbchen (Kultur: Bakt. coli). 
Ein mit dem Harnsediment geimpftes Meerschweinchen wurde 
nicht tuberkulös. — Stuhl ohne Bes. 

Am 23. und 24. IV. 1907 wurde Kochsches Alttuberkulin 
injiziert, zunächst 0,001 g; als hierauf eine nur geringe Reaktion 
eintrat, erhielt Patientin tags darauf 0,005 g. — Nach den Tuber- 
kulininjektionen allgemeines Unbehagen; Injektionsstelle weich, etwas 


880 W. Zangemeister. 


geschwellt, druckempfindlich; sonst keine lokalen Erscheinungen. 
Im Sputum und Harnsediment während der Reaktion keine Tub.- 
Bazillen. Über den Temperaturverlauf gibt die Kurve Auskunft. 

Wir haben also bei einer Frau, welche aufser einem ver- 
dächtigen Herd (Malakoplakie) keinerlei lokale Symptome 
bot, die auf eine spezifische Erkrankung hinweisen, eine typische 
Tuberkulinreaktion erhalten. Es liegt nahe, dieselbe mit der 
Erkrankung der Blase in Verbindung zu bringen. Wenn ich auch 
so weit nicht gehen will, den Nachweis der tuberkulösen Natur der 
Malakoplakie in meinem Falle für erbracht zu halten, so mufs ich 
doch zugeben, dafs die Annahme Kimlas, nach welcher die Mala- 
kpplakie in vielen Fällen nichts anderes ist, als eine besondere 
Form der Blasentuberkulose, durch den positiven Ausfall der 
Tuberkulinreaktion bei der sonst gesunden Patientin entschieden an 
Wahrscheinlichkeit gewonnen hat. 

Die eigentümliche Gleichartigkeit der Blasenveränderung 
bei Malakoplakie zwingt dann aber zu dem Verdacht, dafs über- 
haupt alle Fälle diese Ätiologie haben — trotz des negativen 
Tuberkelbefundes früherer Autoren. Es gewinnt diese Vermutung 
eine weitere Berechtigung dadurch, dafs uns jede andere plausible 
Erklärung für die Entstehung der Malakoplakie fehlt, ferner da- 
durch, dafs Tuberkulose und Malakoplakie — wie erwähnt — häufig 
zusammentreffen. Die Aufgabe späterer Autoren muls es sein, in 
jedem neuen Fall mit allen Mitteln die tuberkulöse Grund- 
lage der Erkrankung nachzuweisen oder auszuschlielsen 
zu suchen! 

Der äufserst protrahierte Verlauf, die Stabilität des Prozesses 
in meinem Falle, sowie die geringen subjektiven Beschwerden, 
welche sich übrigens allein schon aus der gleichzeitig vorhandenen 
Colicystitis erklären lassen, machen es verständlich, dafs bisher die 
Malakoplakie klinisch nicht zu Gesicht kam. s 

Unter den neuerdings veröffentlichten Fällen ist derjenige yon 
Wildbolz (l. c.) nicht unter die Reihe der Malakoplakiefälle zu 
rechnen. Der Autor selbst bezeichnet ihn als „plaqueförmige tuber- 
kulöse Cystitis unter dem Bilde der Malakoplakia vesicae“. Die 
Ähnlichkeit war aber nach der eigenen Beschreibung des Autors 
nur eine recht beschränkte; schon im makroskopischen Aussehen be- 
standen wesentliche Unterschiede (geringe Prominenz der Herde usw.) 
Das mikroskopische Bild liefs sofort die Zusammensetzung der Herde 
aus Tuberkelknötchen erkennen. Kimla führt in seiner zweiten 


W. Zangemeister, Über Malakoplakie der Blase. 881 


Arbeit die Unterscheidungsmerkmale solcher Erkrankungen gegenüber 
der Malakoplakie ausführlich an (Virch. Arch. 186, S. 111). 

Wiewohl Wildbolz selbst auf gewisse Unterschiede seines 
Falles gegenüber der typischen Malakoplakie anfmerksam macht, so 
könnte seine Publikation durch die Betitelung seines Falles in der 
Überschrift leicht zu Irrtümern Anlafs geben. 

Behalten wir die anatomisch begründete Einteilung Kimlas 
bei, so haben wir heute folgende Formen der Blasentuber- 
kulose zu unterscheiden: 

l. Cystitis tuberculosa (Knötchenbildung). 

a2) Stadium der miliaren Knötchen („Tuberculosis vesicae“ 
Caspers). Ä 
a) Dissemination der Tuberkelbazillen vom Harn aus 
(z. B. bei Nierentuberkulose). 
p) Dissemination vom Blut aus (bei allgemeiner Miliar- 
tuberkulose). 
b) Stadium der lentikulären Geschwüre. 
c) Stadium ausgedehnten ulzerativ-käsigen Zerfalles. 
2. Cystitis caseosa (exsudativ entzündliche Form). 
a) diffus infiltrierend. 
b) plaqueförmig (Malakoplakie). 


Aus der urologischen Abteilung des Triester Zivilspitales. 
Primararzt Dr. Nicolich. 


Durch Nephrolithiasis bedingte Paranephritis. 
Atrophie der betreffenden Niere. 
Nephrolithotomie. Heilung. 


Von 


Dr. Carlo Ravasini, Assistent. 
Mit einer Textabbildung. 


D., Teresa, 39 Jahre alt, wurde am 13. Februar 1906 auf der 
urologischen Abteilung des Triester Zivilspitales aufgenommen. Es 
bestand eine Tumefaktion der linken Lendengegend, und der Dam 
war von Eiter getrübt. Die Schwellung war so bedeutend, dals 
die Haut darunter ödematös und gerötet war. Patientin fieberte 
(Temp. 37.5 früh, 38.3 abends). 

Die vom Dr. Gortan, Chef unseres radiologischen Institutes, 
ausgeführte Radiographie (siehe Figur) zeigt die Existenz von drei 
Steinen in der linken Nierengegend. Ein Schatten, haselnufsgrols, 
findet sich auf der Höhe der XII. Rippe, 4 cm von der Wirbelsäule 
entfernt, entsprechend dem oberen Nierenpole. Zwei kleinere, 
erbsengrolse Schatten finden sich mehr nach aufsen, einer sogar 
unter der Hautlinie, aufserhalb der Niere, in der Gegend det 
Schwellung. Ich stellte daher die Diagnose auf Nephrolithiasis mit 
sekundärer Paranephritis. 

In Abwesenheit des Herrn Primararztes Dr. Nicolich führte 
ich am 15. Februar 1906 die Operation in Chloronarkose aus, mit 
der Assistenz des Herrn Prof. Pelicelli aus Parma, der unser 
Gast war, und des Kollegen Dr. Favento. Mit dem Lumbar- 
schnitte stiefs ich auf ein eitrig infiltriertes und an der Peripherie 
ödematöses Muskelgewebe, in welchem ich einen kleinen Stein, ent: 
sprechend dem äufseren Schatten am Radiogramme, fand. Indem 
ich in die Tiefe weiter schnitt, gelangte ich zu einem Abszesse, der 
topographisch dem unteren Nierenpole entsprach und in welchen 
ich einen zweiten Stein fand, entsprechend dem andern kleinen 
Schatten auf dem ee Wir suchten die Niere, aber ver- 
gebens. Endlich, nach langem Suchen, stiefsen wir an eine hasel- 


Durch Nephrolithiasis bedingte Paranephritis usw. 883 


nulsgro/se Cyste, entsprechend dem Rippenbogen. In der Nähe 
dieser Cyste fanden wir ein adipofibrös degeneriertes Gewebe. 
Ringsherum bestand eitrige Infiltration des degenerierten Gewebes, 





mit intimen Verwachsungen überall. Nach Inzision der Cyste und 
des darunterliegenden fibrösen Gewebes stiels ich auf einen Stein, 
der dem grofsen Schatten auf dem Radiogramme entspricht. Ich 
entfernte denselben. Von Nierengewebe keine Spur. Ich tamponierte 
die Wunde mit Jodoformgaze. Die Operation dauerte 1°/, Stunden. 


k 


- 
<= 


E SSC 


- 


854 Carlo Ravasioi, Durch Nephrolithiasis bedingte Paranephritis usw. 


Der weitere Verlauf war ausgezeichnet. Die Kranke verliels da: 
Spital, 5 Wochen nachher, vollkommen geheilt, mit klarem Urn. 
Nun, ein Jahr nach der Operation, ist Patientin vollkommen wohl. 
Die entfernten Steine sind Oxalate und entsprechen vollkommen 
den am Radiogramme gesehenen Schatten. 
Die Paranephritis ist eine ziemlich seltene Krankheit. Küster 


nennt so die Entzündung der Nierenfettkapsel und bewahrt den 


Namen Perinephritis für diejenigen Fälle auf, in welchen die Ent- 
zündung auf den serösen Übergang an der Vorderseite der Kap:e 
übergreift. Die Paranephritis kann primär, d.h. unabhängig von 
Nierenkrankheiten, oder sekundär im Anschlusse an Krankheiten 
der Niere auftreten, und zwar nach Pyelitis, Pyelonephritis. vor 
allen Dingen aber bei Steinniere, welche in den meisten Fällen 
entzündliche Vorgänge erst erzeugt und welche daher eine der 
häufigsten Ursachen der Paranephritis darstellt. 

Die Genese der Paranephritis erklärt sich in diesem Falle durch 
die Nephrolithiasis, welche anfang; aseptisch war, dann sich ent 
zündete. Es trat Pyelorfephritis mit Bildung von Nierenahszessen 
auf; darauf folgte Degeneration des Nierengewebes, später Atrophie. 
Das Gewebe ringsherum ging in narbige Degeneration über. Der 
Eiter, der die Nierenoberfläche durchbrach, verursachte die Parı- 
nephritis, während gleichzeitig der kleine Stein von der Niere in 
das umgebende Gewebe auswanderte. Der Eiter sammelte sich iu 
der Lendengegend und hätte entsprechend der XII. Rippe die Haut 
durchbrochen. 

Dieser Fall zeigt noch einmal, wie wichtig die Radiographe 
bei der Diagnose .der Nierenkrankheiten ist. So hatte ich die Sicher- 
heit von der Existenz von drei Steinen. Sonst hätte ich mich sicher- 
lich darauf beschränkt, zu inzidieren und die zwei kleinen Steine zu 
entfernen, und hätte nicht den dritten Stein bemerkt, der der grölxte 
war. Und die Patientin wäre wohl trotzdem geheilt worden, jedoch 
wahrscheinlich mit Fistelbildung, da das zurückgebliebene Kon- 
krement die Eiterbildung unterhalten hätte. 


(Aus der Klinik von Professor Casper-Berlin.) 


Zur Diagnose, Prophylaxe und endovesikalen 
Therapie inkarzerierter Ureterensteine. 


Von 
Dr. med. E. Zabel, 


Snezialarzt für innere Krankheiten in Rostock. 
Mit 2 Textabbildungen. 


Fälle, in denen eingeklemmte Harnleitersteine durch die mil- 
dere endovesikale Methode anstatt der blutigen und gefährlicheren 
Sectio alta ohne oder mit Ureterinzision entfernt wurden, erwecken 
immer Interesse. Erlauben sie zudem noch lehrreiche, Verallgemeine- 
rung zulassende Schlüsse, so gewinnen sie an Bedeutung. Aus 
diesen Gründen mag nachstehende Krankengeschichte mit epi- 
kritischen Bemerkungen zur Diagnose, Prophylaxe und Therapie 
von Harnleitersteinen Mitteilung finden. 


Krankengeschichte. 


Beobachtungen in Rostock. 
Veranlassung zur Konsultation. 

N. N. Š, 55 Jahr. Grolsindustrieller, wurde mir am 9. September 1906 
von einem Spezialarzt für Zahn- und Mundkrankheiten wegen Auflagerungen 
auf den Dentus zur „Untersuchung auf uratische Diathese überwiesen. Die an 
d:esem Tare aufgenommene Anamnese lautete folgendermalsen: 

Anamnese. | 

1870—71 im Feldzug schwere Magendarmstörung. 

1883 wegen Leberanschoppung Kur in Karlsbad, die dem Pat. unter 
Reduktion des Körpergewichts von 178 auf 154 Pfd. in drei Wochen schlecht 
bekam; eine Wiederholung des Karlsbader Aufenthaltes in den 90er Jahren hatte 
guten Erfolg. 

1890— 1893 regelmüfsig jährlich Kissingen, hauptsächlich wegen Magen- 
darmstörungen. Die nächsten 5 Jahre den ärztlichen Vorschriften streng ent- 
sprechend gelebt. 

Seitdem Befinden im allgemeinen zwar gut, mit aber von Zeit zu Zeit 
aufgetretenen plötzlichen Störungen: 

In den Kissinger Jahren, vielleicht auch schon früher „Magenkrämpfe“. 
Seitdem bis heute mehrfach in Intervallen von längerer oder kürzerer Dauer 
Abgang von Gallensteinen; melırere von dem Patienten aufbewahrte Exemplare 
konnte ich als typische, fazettierte Gallensteine von Bucheckerngröfse identi- 
fizieren. Vorletzter Steinabgang vor 2 Jahren, letzter vor 14 Tagen. 


856 E. Zabel. 


1895 auf der Rückfahrt von einer ÖOrientreise lehnte sich Pat. mit der 
linken Seite heftig gegen eine Brüstung auf dem. Schiff: Sofort abundante 
Hämaturie unter Schmerzen in linker Nierengegend. Pat. konsultierte nachts 
in Berlin einen Arzt, der ihn unter grofsen Qualen ergebnislos cystoskopierte. 
Zwei Wochen nach dem Trauma gingen mit dem Harn sandige Konkremente 
ab. Die Schmerzen in linker Rengegend hat Pat. auch später nochmals ge- 
spürt. Seit etwa jener Zeit leidet Pat. an ab und zu — namentlich 
beim Urinieren — auftretenden, unangenemen Sensationen 
ziehender Art rechtsseitig in „Blasenmundgegend“ und im Gliede, 
dann und wann auch wohl mal in rechter Nierenregion im Rücken, 
Auf Befragen gibt Pat. an, dals mit diesen Beschwerden zuweilen 
ein schmerzhaftes Gefühl in rechter Bauchseite verbunden sei, 
manchmal auch unter Ausstrahlen der Schmerzen nach unten gegen 
die Niere hin ihnen vorausgehe. Vor 3 oder 4 Wochen liefs Pat. sich 
von Nitze cystoskopieren, der nichts fand. Richtige Steine hat Patient nie 
verloren. 


1904 Fall vom Wagenrad aufs linke Becken (Sitzbein) mit folgenden 
linksseitigen ichiasartigen Schmerzen. 

Seit 8 Tagen im Anschluls an ein Trauma (Fall aus der Tramway) 
Schmerzen im linken Knie (Meniskusläsion ?) 

Heute nacht plötzlich Zahnschmerzen. 

Durchschnittsgewicht der letzten Jahre 152 bis 155 Pfund. Appetit in 
den letzten Jahren nicht mehr so gut wie früher. Nach dem Essen keine Be- 
schwerden, könnte heute wohl alles vertragen, sieht sich aber immer noch vor. 
Stuhlgang regelmälsig und spontan. Wasserlassen: Gelegentlich Sensationen 
(s. oben). Häufige Uriukontrolle habe nie Zucker, dagegen in letzter Zeit 
dauernd Eiweils in Spuren ergeben. Keine Nokturie. Weder Husten, noch 
Auswurf, noch Nachtschweilse. Nie nächtliche Tarsalgie. 

Lebensweise: In den letzten Jahren nicht mehr so strenge Diät gehalten 
wie früher. 

Nikotin: Nach Kaffee 1 bis 2 Zigaretten, nach Mlttag- und Abendessen 
je 1 Zigarre. 

Alkohol: Im Normalmals. 

Beruflich und gesellschaftlich sehr in Anspruch genommen. 

Sport: Jagd. 

In den letzten Wochen sehr anstrengende Geschäftsreisen. 

Status: Patient sieht physisch mitgenommen und abgespannt, nicht frisch 
aus. Kein Icterus. 

Gewicht: 74525 Kilo. 

Haut: An den Fingern kleine Tophie. 

Zentralnervensystem: Supraorbitalpunkte, eine Spur druckempfind- 
lich. Ischiasdruckpunkte L wie R. 

Zirkulationsapparat: II. Ton über der Spitze akzentaiert und ge- 
spalten. Blutdruck (Gärtner), Sphogmogramme, Orthodiaskopie ohne Be- 
sonderheiten. 

Respiratiotionsapparat: Rechts seitlich oberhalb der unteren Lungen- 
grenze an zirkumskripter Stelle pleuritisches Reiben. 


Zur Diagnose, Prophylaxe und endovesikalen Therapie usw. 887 


Beim tiefen Impirium wird die Gegend über dem linken Pleurarismus 
auffällig eingezogen. 

Zwerchfellphänomen qualitativ und quantitativ normal. 

Röntgenoskopie: Verkalkte Hilusdrüse rechte. 

Digestionsapparat: Magenectasie geringen Grades. 

Hepar ein wenig vergrölert eben palpabel mit unscharf abgrenzbarer, 
rauher Prominenz in Vesica-fellea-Gegend. Digitalexploration des Rectums negativ. 

Urogenitalapparat: Nieren palpatorisch nihil. Sinus phrenicolumbalis 
im Röntgenbild normal. 

Urin: klar, sauer, 1012. Jede Zucker-, auch die Phenylhydrazinprobe, 
negativ. Eiweils in Spuren deutlich vorhanden. 

Blut: Sinnesorgane (spez. Augenhintergrund, Nasenneben- 
höhlen diaphanoskopisch und röntgenoskopisch) usw. olıne Veränderungen. 

Mit Rücksicht auf die anamnestischen Angaben und zur Eruierung der 
Ursache der Eiweilsausscheidung wurde der Patient veranlafst, in der Folge 
regelmäfsig täglich vergleichende Messungen der Flüssigkeitsaufnahme- und 
Ausscheiduangsmenge vorzunehmen und Urinproben von der Nacht und dem 
Tage zu senden. Die seitdem oft angestellten Untersuchungen ergaben stets 
folgendes Bild. 

Menge in 24 Stunden um 1500 cm? herum, zuweilen etwas weniger. 
Reaktion des Harns für gewöhnlich sauer, wenn Pat. der unangenehmen in das 
Membrum ausstrahlenden Sensationen wegen etwas Brunnen getrunken hatte, 
schwach sauer bis neutral. 

In letzteren Fällen Phosphattrübung beim Kochen. 

Eiweifs in gleichbleibend — mit Efsbach nicht nachweisbar — geringer 
Menge dauernd vorhanden. — Mikroskopischer Befund des Zentrifugensedimentes: 

a) Anorganische Bestandteile: Regelmälsig vorhandene amorphe harnsaure, 
gelegentlich auch phosphorsaure Salze. Immer — aber in geringer Menge — 
oxalsaure Kıistalle in Briefkuvertform. 

b) Organische Substanzen: Nicht beständig, aber oft im Nacht- und auch 
im Tagharn wechselnd — meist sehr — reichliche Spermatozoen. Ferner stets 
zahlreiche Leukocyten, dann und wann einige rote Blutkörperchen. Zumeist 
vereinzelt liegende, sowie zusammenhängend im Verbande — oft 
von papillumatösen, dabei aber nie ein bindegewebiges Stroma 
aufweisendem Bau — vorkommenden Epithelzellen. Die isolierten 
Zellen sind teils rundlich und sehr fein granuliert — teils spindelig-geschwänzt, 
Daneben gelegentlich degenerierte „Vakuolenzellen“. 

Beständlich reichliche Schleimzüge. Nie Zylinder. 

Diagnose: 

Die objektiven Erscheinungen im Verein mit den subjektiven Angaben 
liefsen mich die Diagnose stellen: Relative Stenose des rechten Ureters 
mit periodischer Zunahme der Verengerung bis zum völligen Ver- 
schlufs des Lumens infolge zeitweilig stärkerer Salzablagerungen. 
Sekundäre Nierenschädigung. 

Differentialdiagnostisch in Betracht kommende ursächliche Affektionen 
in der Reihenfolge ihrer Wahrscheinlichkeit: 

1. Zırkumskripte hypertrophisch entzündliche Striktur infolge Verletzung 
durch die Passage eius oder mehrerer gröfserer oder kleinerer Konkremente, 


588 E. Zabel. 


2. Steininkarzeration. 

3. Primäre Neubildung des Ureters, ev. ein Papillom mit vielleich 
karzinomatöser Stieldegeneration, oder ein Karzinom. 

4. Kompressionsstenose extraureteraler Ursache. 

Therapie: 

Die drohende Gefahr eines plötzlichen Verschlusses drängte mit zwingender 
Notwendigkeit zur sofortigen Klarstellung des Krankheitsbilde. Die für das 
therapeutische Vorgehen ausschlaggebende Cystoskopie vorbehaltlich des ev. anzu- 
schliefsenden Ureterenkathcterismus, sowie die Röntgenographie wurden trotz 
dringenden ärztlichen Zuratens infolge beruflicher Inanspruchnahme des Patienten 
aber immer wieder hinausgeschoben. Vorläufig konnte ich nur den Urin weiter 
kontrollieren. 

Das immer gleichmälsige Bild desselben erfuhr nun zweimal 
unter unliebsamer Störung des Befindens Änderungen: das erste- 
mal Dezember 1906 nach einer Jagd, das zweitemal März 1907 im 
Verlauf einer Influenza. 

Die subjektiven und objektiven Erscheinungen waren in beiden Fällen 
die gleichen: 

I. Attacke. Subj.: Kolikartige Schmerzen in rechter Oberbauch- und 
Nierengegend, den Harnleiter seitlich nach vorn entlang gegen die Symphyse — 
und zwar rechtsseitig — und unter sehr unangenehmen, ziehendbrennenden 
Schmerzen im Glied bis an das Orificium urethrae ausstrahlend. 

Obj.: Einschränkung der Diurese. 

Therapie und Verlauf: Der Anfall ging unter Applikation von Saug- 
gläsern auf die rechte Nierengegend und Fomentationen gegen den Damm rasch 
zurück. Mit Nachlals der Schmerzen reichliche Harnentleerang unter Auf- 
treten makroskopischer blutiger und fetziger, etwa stecknadelkopfgrolser Gewebs- 
partikel. 

Interessant war, dafs gleichzeitig sich die Gallenblase ver- 
grölserte, druckempfindlich wurde und Acholie auftrat, welche 
aber schon am nächsten Tage wieder verschwand. Icterus sowie 
Konkremente in den Fäzes wurden nicht beobachtet. 

JI. Attacke. Der zweite Anfall setzte gegen das Ende einer fieberhaften 
Influenza ein und verlief unter gleichen Symptomen wie der erste. Es ist wohl 
nicht zweifelhaft, dafs diese Attaque ausgelöst oder mindestens in ihrer Ent- 
stehung begünstigt wurde durch das Konzentrierterwerden des Harns inf.lge 
des Fıebers: Der Harn soll auf der Höhe der Affektion sehr dick gewesen sein; 
überdies hatte Patient reichlich geschwitzt. 

Der Urinbefund war bei beiden Gelegenheiten zur Zeit des Nachlassens 
der Schmerzen und des Auftretens von Blut- und Gewebspartikeln folgender: 

Eiweifs etwas mehr als sonst. 

Zentrifugat: Anorganische Bestandteile: Neben amorphen harnsauren 
Salzen und Wetzsteinkristallen zahlreiche spielsige Gebilde. 

Organische Bestandteile: Aulser reichlichen weifsen und roten Biut- 
körperchen und Schleimzügen flächenhaft in Zottenform zusammen- 
hängende Epithelzellen ohne Stroma im Verbande. 

Die Befunde bestärkten natürlich die Diagnose. Es blieb dabei 
die Frage nach wie vor offen: Sind die Salzablagerungen unter ev. Stein- 


Zur Diagnose, Prophylaxe und endovesikalen Therapie usw. 889 


bildung das Primäre und die Gewebsläsion durch sie veranlalst oder handzlt es 
sich um eine primäre, eigentliche Affektion des Ureters mit sekundärem Aus- 
fallen der Salze? Den Gewebsfetzen selber war natürlich nichts weiter zu ent- 
nehmen, als dals sie bis in die tieferen Zellschichten reichenden Defekten der 
Schleimhaut der härnableitenden Wege entsprachen. Auf den beiden von 
mir sodann angefertigten Röntgenbildern wurden die Nieron ohne 
erkennbare Veränderungen gefunden. Auf der einen Platte mit guter 
Nieren- (samt Hilus-)zeichnung fiel mir ein vom unteren Pol der Niere in nach 
aufsen leicht konvexem Bozen von oben breit nach abwärts sich verjüngend 
bis af die Höhe der Krista ilei verlaufender, hier in den Psoasschatten ver- 
schwindender Streifen auf, den ich für den aufwärts bis zum Nierenbecken 
erweiterten imprägnierten Ureter zu halten geneigt war. Bevor ich weitere 
Kontrolluntersuchungen sowie Aufnahme des vesikalen Ureterendes unter Ver- 
wendung des komprimierenden Luffahschwammes machen konnte, entschlofs 
sich endlich Patient zur Cystoskopierung. Ich konsultierte za dem Zwecke 
unter Übergabe der vorstehenden Krankengeschichte Herrn Prof. Casper-Berlin. 
Der weitere Verlauf gestaltete sich nun folgendermafsen: 

Verlauf in der Klinik von Professor Casper. 

18. IV. 07. Aufnahme ins Sanatorium. 

19. IV. Bei der Cystoskopierung klärte ein Blick in die Blase mit 
einem Schlage die Situation: Im rechten Ureterlumen stak ein Stein 
von weilslich-stacheligem Aussehen, der eben eine Spur in die 
Blase hineinragte. Prolapsus ureteris geringen Grades. Harn strahlte aus 
einem schlitzförmigen Spalt an dem Stein vorbei. Linkes Ureterostium jung- 
fräulich. 

Auf Grund der anamnestischen Angaben und der subjektiven und objek- 
tiven Erscheinungen während der Beobachtungsdauer mulste eine Inkarzeration 
des Steins angenommen werden. In der Erwägung nun, dafs zwar die Mög- 
lichkeit der Erzielung eines spontanen Abgangs durch eine entsprechende 
Kur nicht von der Hand zu weisen sei, dafs aber anderseits mit der immer 
drohenden Gefahr eines plötzlichen vollständigen Verschlusses und ihren Folgen 
gerechnet werden müsse, entschlols sich Prof. Casper zu dem Versuche der 
endovesikalen Lösang des Steines nach vorher noch anzustellender Auf- 
nahme eines orientierenden Röntgenbildes. 

20. IV. Die von dem Röntgenologen des Virchowkrankenhauses Levy- 
Dorn aufrenommenen (5) Röntgenbilder der Nieren fielen sämtlich negativ aus. 

21. IV. Dagegen bestärkte die Röntgenaufnahme des unteren 
Ureterendes und der Blase (cf. Röntgenogramm Fig. 1) unsere Diagnose 
vollkommen und gab in prachtvoller Weise den gewünschten Auf- 
schlufs über die Gestalt und Gröfse des Steins — wie sich später 
herausstellte, aber nur scheinbar, fälschlich. Es zeigte nämlich 
die Aufnahme neben einigen dicht oberhalb des rechten horizontalen Scham- 
beinastes liegenden, auch hier also wie gewöhnlich — worauf Albers-Schönberg 
hinweist — nur einseitig vorkommenden Beckenflecken von Zündholzkopfgrülse 
einen Schatten, den seiner Lage nach — unterhalb der Incisura sacrococcygea 
auf dem nicht sichtbaren Querfortsatz des ersten Steilsbeinwirbels — seiner 
dem Veriaufe des Ureters entsprechenden Längsstellung am unteren Ende einer 
über die Foramina sacralia verlaufenden Richtungslinie und den rücksichtlich 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 5S 


890 E. Zabel. 


der vorliegenden, relativen Verschliefsung etwa erwarteten Kleinbohnengröfse 
zusammen mit dem aus der Krankengeschichte vollkommen gerechtfertigten 
Postulat eines Steins an dieser Stelle, — welchen Schatten, sage ich, angesichts 
dieser Momente für das gewünschte Konkrement nicht zu halten gezwungen 


Fig. 1. 


, a o 
erschienen wäre. Und doch entsprach der Schatten, wie wr sehe 


werden, nicht dem Stein! 2 
22. IV. 07. Morgens 10 Uhr II. Cystoskopie. Einführung des Ureter 
katheters seitlich am Stein hoch — das Vorbeischieben gelingt unschwer — un 





pi 


Zur Diagnose, Prophylaxe und endovcesikalen Therapie usw. 891 


Injektion von sterilem Öl hinter den Stein. Das Öl quillt endo- 
skopisch sichtbar allmählich in grolsen Tropfen wieder in die Blase. Trinkkur, 
Thermophor. Belladonna-Suppositorium. Kurz nach der Prozedur Tenesmus; 
am Schlusse jedesmaligen, schmerzhaften Urinierens Blut und Abgang aufser- 
ordentlich grofser Schleimfetzen. 

23. IV. Erholung. Allgemeinbefinden gut. Kein Fieber. 

24. IV. Revision der Blase. Der Stein noch in situ, ragt aber 
ein wenig weiter vor. Wiederholung der Injektion unter Verwendung 
von Glyzerin. Fortsetzung der Trinkkur usw. Tenesmus. Im Anschlufs an 
die Prozedur werden geringe Blut-, aber enorm viel Schleimbeimengungen mit 
dem Harnen entleert. Der Urin hellt sich unter Flüssigkeitsaufnahme allmählich 
wieder auf, um schon am Abend fast spiegelklar zu sein. Temperatur normal. 
Allgemeinbefinden gut. ?/,7 Uhr steht Patient auf, um seine Korrespondenz 
zu erledigen, | 

25. IV. Entlassung unter Verweisung an die häusärztliche Kontrolle. 

Kontrolle in Rostock. Allgemeinbefinden in den nächsten Tagen gut. 
Doch sind die ziehenden vom Patienten wie früher rechtsseitig in die Gegend des 
Blasenmundes verlegten Schmerzen wenn auch geringer, so doch nicht ganz weg. 

30. 1V. Urin mit 20°/, Sulfosalizylsäure eben deutlich positiv. 

Sediment: Keine roten Blutkörperchen. Die einzeln liegenden Epithel- 
zellen gering an Zahl. 

2. V. Nacht- und Tagharn entschieden geringer eiweilshaltig. 

Zellige Elemente: Keine roten Blutkörperchen, Leukocyten weniger 
zahlreich als früher. Epithelzellen vereinzelt in unverdächtiger Form. 

13. V. Wiedereinsetzen etwas heftigerer. Beschwerden. Urin stärker 
eiweilshaltig. Spermatorrhoe. 

21. V. Klarer, saurer Harn mit wenig Eiweils und spärlichem Zentri- 
fugat. Leukocytenmenge wie früher zurückgegangen. 

Spärliche — einzeln oder zu 2 und 3 — nicht aber in zusammenhängenden 
Zellverbänden liegende Epithelien. 

21. V. Wiederaufnahme ins Sanatorium zwecks Revision. 

22. V. (IV.) Cystoskopie. Der Stein noch im Ostium. 

Nach erneuter Kokainisierung Einführung des Operationscystoskopes und 
Versuch der Lösung des Steins anfangs mit der Schlinge, nach 
Erfolglosigkeit derselben mit der Zange. Abbruch wegen Trübung 
des Gerichtsfeldes durch Blutung. Die ohne Morphium und ohne Narkose vor- 
genommene Prozedur — namentlich das Wechseln der dickkalibrigen Instra- 
strumente — verursachte lebhafte Schmerzen. Tenesmus. Blutharnen. 

23. V. Schmerzen beim Wasserlassen etwas geringer. Urin klärt sich nach 
und nach, ist aber noch nicht obne Blut. Temperatur normal. Aufsitzen auf 
Chaiselong ıe. 

Vom 23. V. ab Urin nicht mehr blutig tingiert, 

24. V. Allgemeinbefinden ganz gut. Patient hat seiner Angabe nach 
keine direkte Schmerzen, nur Brennen in der Harnröhre nach jedem Urinieren, 

26. V. Schlulsuntersuchung (V. Cystoskopie). Ureterorifizium 
frei. Ein erbsengrolses Steinstück sowie mehrere Bröckel am 
Blasenboden. Zertrümmerung der Konkremente mit dem Lithotryptor 
und Reinigung der Blaso von einer Zahl kleiner Partikel. Ob diese Kon- 

ps 


892 E. Zabel. 


kremente den ganzen Stein darstellen oder nur dem mit der Zange gefulsten 
und ev. abgebrochenen Teil entspricht — in welch’ letzterem Falle das intıa- 
ureterale Ende noch am Orte steckt — muls vorläufig dahingestellt bleiben. 

27. V. Befinden nach jeder Richtung zufriedenstellend. 

29. V. Entlassung aus dem Sanatorium. Im Hotel fällt dem 
Patienten abends beim Wasserlassen hörbar ein halbbohnengrofser 
Stein ins Nachtgeschirr. Die völlige Schmerzlosigkeit des Abrangs trotz 
der Scharfkantigkeit ist wohl auf die Weitung des Harnröhrenlumens durch die 
Instrumente zurückzuführen. 

Der Stein stellt mit seiner an einem Ende abgerundeten, am anderen 
Ende ganz unregelmälsig begrenzten wie nach Abgebrochensein ausschauenden 
Form unzweifelhaft die intraureterale Portion des ursprünglichen Steines dar, 
während das intravesikale Stück also durch die Konkrementpartikel am Blasen- 
grund repräsentiert war, 

1. VI. Aufoahme zweier Kontroll-Röntgenogramme. Letzte 
Durchspülung. Entlassung nach Hause. 

Die Erwartung den für den Steinschatten gebaltenen Fleck 
nunmehr auf den Platten nicht wiederzuschen, wurde arg ge- 
täuscht. Die beiden Bilder zeigten im Vergleich mit der Aufnahme vom 
23. IV. sowohl die Beckenflecke wie den länglichen Schatten wieder 
(ef. Röntgenogramm Fig. 2) und zwar in einer fast absoluten Kongruenz, so dals 
Bild auf Bild gelegt die Schatten sich nahezu deckten. Der Stein mufste 
also der photographisch erkennbaren Fixierung entgangen sein. 

Auf die wahre Ursache der irrtümlich ausgelegten Schattenbildung hier 
näher einzugehen, erübrigt sich durch den Hinweis auf Abers-Schönbergs Mit- 
teilung über die Fehlerquellen bei der Harnleitersteindiagnose. Nach ihm 
kommen — um das kurz anzuführen — mit dieser diflerentialdiagnostisch beim 
Manne Ureterdivertikel-, Blasen- und Prostatasteine, Dermoidcysten. Verkalkunsen 
der lliaka, Kotsteine, Phlebolithen, Spina ischii-Anlagerungen und Einlarerungen 
in die Ligamenta sacro-iliaca, beim Weibe aufserdem noch verkalkte Myom:, 
Extrauteringraviditäten und Verkalkungen der Uterialgefäfse in Betracht. 

Der weitere Verlauf im Befinden und Zustand des Patienten nach 
der Operation zu Hause war kurz folgender: 

Das Allgemeinbefinden war andauernd gut. Die lokalen Beschwerden 
beim Wasserlassen waren zwar nicht sofort völlig verschwunden, hatten aber 
den unangenehmen Charakter verloren. Dagegen machte nach dem Eingriff 
eine unliebsame Inkontinenz insofern eich geltend, als schon nach nur geringer 
Flüssirkeitsaufnahme bei dem Patienten das Gefühl auftrat, alsbald urinier«n zu 
müssen, andernfalls das Wasser spontan abzuflielsen drohe. Diese durch di» 
Weitung der Harnröhre mittelst der dickkalibrigen Instrumente verursachte 
Erscheinung verschwand im Laufe der nächsten Wochen vollständig. 

Im Urin fanden sich in der ersten Zeit noch Blutpartikel, so am 

ö. IV. Im Harn 1 Blutfaden und 1 Spermatozoon. Rote und weifse 
Blutzellen. Zahllose, ganz kleine Oxalsäurekıistalle. Das Blut verschwand in 
kurzer Zeit. Am 

>21. IV. ergab die Urinkontrolle folgendes Resultat: 

Blank, klar, schwachsauer, 1012. Eiweifs nicht sicher nachweisbar, viel- 
leicht in Spuren vorhanden. Kein Zucker. Zentrifugensdiment sehr gering. 


Zur Diagnose, Prophylaxe und endovesikalen Therapie usw. 893 


Anorgan. Bestandteile: Amorphe harnsaure Salze. Einige. Wetzsteine. 


Organ. Bestandteile: Wenig zahlreiche Leukocyten und spärliche ober- 
flächliche Epithelzellen. 





Augenscheinlich waren, wie aus dem Befunde sich entnehmen liefs, die 
tieferen Teile restauriert. Damit übereinstimmte die — von der leichten Inkon- 
tinenzerscheinung abgesehen — vorhandene Beschwerdefreiheit des Patienten. 

15. VII. In einer am 15. VII. übersandten Urinprobe von eben saurer 
Reaktion, spez. Gewicht 1010, normaler Farbe, geringer diffuser, nach Filtration 


894 E. Zabel. 


verschwindender Trübung fanden sich dagegen in dem freilich spärlich*n Sedimer.t 
neben oxalsauren Briefkuvert-Kristallen Harnsäure in Form kleiner stach-lizer 
Zylinder — mit welchem Befund subjektiv wiederum Reizerscheinur.gen ver- 
bunden waren. Das Fehlen aber von roten Blutkörperchen und Epithelien der 
tieferen Schichten schien mir dafür zu sprechen, dafs die Inkarzerationssteli» 
wohl nicht der Ausgangspunkt der Beschwerden war. 

Seitdem war der Patient bis Anfang September völlig beschwerdefrei. ver- 
spürte auch nach körperlichen Anstrengungen — er jagte viel — und Dirers 
keinerlei Erscheinungen mehr. Die am 

18. VIII. zuletzt also bei absolutem Wohlbefinden vorgenommene Uris- 
untersuchung ergab folgenden Befund: 

Nachturin: klar, schwachsauer. Eiweils in minimalen Spuren. Zentrifurat 
sehr spärlich. Gesichtsbild übersät von Oxalsäurekristallen verschiedener, meist 
winziger Grölse. Einige spärliche Dumbbels, Leukocyten mälsig zahlreich. Ver- 
einzelt liegende Epithelien von rundlicher Form, einzelne Zylinder- Prostata- °; 
epithelien zu zweien und dreien; sehr wenig geschwänzte Zellen. Ein Kon- 
glomerat von etwa 20 zusammenhängenden Zellen von rundlicher Form mit 
bläschenförmigem Kern. Mehrere Prostatakörperchen. 

Das Auftreten der Zellverbände ist — wenn dieselben von der früheren 
Läsionsstelle herrühren — vielleicht darauf zurückzuführen, dafs Patient sich 
gleich nach der Operation infolge der Lebhaftickeit seines Temperamentes 
nicht in dem Mafse Ruhe gegönnt hat als zur Vernarbung der Wunde nötir 
gewesen wäre, und die Schleimhaut an dieser entzündet gewesenen Stelle 
bei Reizen noch eher und mehr ihre oberflächlicheren Zellen abstölst, ais 
anderswo. 

Anderseits ist angesichts der Tatsache, dafs Patient nach telephonischer 
Mitteilung Anfang September neuerdings Sensationen der früheren ähnlicher Art 
verspürt hat, der Vermutung Raum zu geben, dals, wenn nicl.t Nierengries dies« 
verursacht, möglicherweise noch andere Steine im Ureter stecken oJer wande:n. 

Für die Zukunft ist vorgesehen: Fortsetzung der Urin- 
kontrolle, Malsnahmen gegen die Oxalurie und Uraturie (cf.w.u.2b. 
Gegen die letztere habe ich dem Patienten den Versuch der Faikensteinschen 
Salzsäurebehandlung empfohlen. Denn wie auch immer man vom theoretischen 


Standpunkt darüber denken mag, so kann man doch — wie auch ein so hervor- 
ragender Forscher, wie Senator, in der Diskussion der medizinischen Gesellschaft 
betonte — der praktischen Erfahrung sein Ohr nicht verschlielsen. Und diese 


lehrt, dafs in der Tat nach der Falkensteinschen Behandlung echte Gicht- 
anfülle hervorragend günstig beeinflufst sind. So ist mir persönlich ein Patient 
bekannt, der an hereditärer, bis vor Einleitung der Falkensteinschen Methude 
zweimal jührlich in Form schwerster Attacken auftretender Gicht litt, alles 
nur Mögliche erfolglos versucht hat und nach konsequenter Durchführung der 
Falkensteinschen Vorschriften seit einigen Jahren von Anfüllen nahezu ganz ver- 
schont ist. Ein vorübergehendes Aussetzen der HClI-Einzalıme war von einem 
Wiederauftreten eines Anfalles gefolgt, und in einem andern Falle, bei einer 
hochbetagten Dame mit einem typischen, akuten Podagraanfall, bei dem ich 
durch alle möglichen Bebandlungsmethoden, darunter mehrere Röntgenbestrah- 
lungen, nicht ausrichten konnte, führte die Verabfolgung gröfserer Salzsäure- 
dosen eine überraschend schnelle Linderung und Beseitigung der Attacke herbei. 


Zur Diagnose, Prophylaxe und endovesikalen Therapie usw. 895 


Der Fall ist in mehrfacher Hinsicht interessant und erlaubt 
lehrreiche Schlulsfolgerungen. 


1. In diagnostischer Richtung. 


a) Der Fall beweist, wie wertvolle Schlüsse die einfache Mi- 
kroskopie des Harnsedimentes ermöglicht, wenn man nur über 
längere Zeit hinaus grofse Mengen des Harnes zentrifugiert. 
Bei der vorübergehenden Zentrifugierung kleiner Mengen entgehen 
zu leicht gelegentlich nur vorkommende, gewichtige Bestandteile, so 
bei unserem Patienten die in der anfallfreien Zeit nur selten auf- 
getretenen, auf lokale Läsion hindeutenden Epithelverbände aus den 
tieferen Schichten der harnableitenden Wege. Die Konstatierung 
dieses bei Gelegeuheit der Untersuchung des an Zahnweh leidenden 
Patienten auf harnsaure Diathese erhobenen Befundes mahnte trotz 
des relativen Wohlbefindens zwingend notwendig zur aufklärenden 
Kontrolle und erbrachte einen wesentlichen Faktor für die Diagnose. 

b) Der Wichtigkeit des mikroskopischen Ergebnisses steht hier 
wenig vorteilhaft die trügerische Schlufsfolgerungen zulassende Viel- 
deutigkeit des Resultates und die unter Umständen bei vorhandenen 
Steinen zu konstatierende Ergebnislosigkeit der Röntgenunter- 
suchung gegenüber. 

Der vorstehende Fall ist ein schlagendes Beispiel dafür, wie 
schwerwiegenden Irrtümern man bei der Diagnostizierung von 
Uretersteinen aus der Röntgenographie ausgesetzt sein kann und 
bestätigt in vortrefflicher Weise die warnenden Ausführungen von 
Albers-Schönberg. 

Anderseits lehrt er auch, dals Steine, von deren Gröfse und 
Dichte man wohl annehmen könnte, dafs sie auf der Platte erkenn- 
bar wären, dem photographischen Nachweise unter Umständen ent- 
gehen können. 

2. In prophylaktischer Hinsicht. 

a) Unter den vorbeugenden Faktoren zur Verhütung von Kon- 
krementbildungen macht uns der Fall auf zwei Momente aufmerk- 
sam, die man für gewöhnlich in den Lehrbüchern nicht angegeben 
findet, weil sie sich von selbst verstehen, die aber doch wichtig 
genug erscheinen, um mal hervorgehoben zu werden. 

a) Der eine Punkt bezieht sich auf die Begünstigung des Aus- 
fallens von Salzen durch körperliche Anstrengungen dann, wenn 
diese zu stärkerer Wasserabgabe durch die Haut, also zum Schwitzen 
führen. Zwar werden mit Recht aktive Bewegungen bei Kranken 


896 E. Zabel. 


mit Harngries empfohlen, und z. B. in Form des Sports, wie Turnen. 
Reiten, Rudern, Radfahren, Jagen usw. ausgeübt. Aber es ist 
sicher, dafs bei körperlicher Überanstrengung — zu der nicht 
selten — unterwegs auf den Touren — Verringerung der Wasser- 
aufnahme noch hinzukommen — hierdurch mehr geschadet als ge- 
nützt werden kann. 

P) Ein anderer ebenso beachtenswerter Faktor in der Prophy- 
laxe der Harnleitersteinkranken ist die Verhütung von Fieber und 
die Berücksichtigung des Steinleidens während fieberhafter Affek- 
tionen. Dafs das Konzentrierterwerden des Harnes bei steigender 
Körpertemperatur ein weiteres Absetzen von Gries zur Folge 
haben kann, liegt auf der Hand. Beiden — unzweifelhaft prä- 
disponierenden — Momenten ist bei Steinkranken also stete Auf- 
merksankeit zu schenken. 


b) Ein weiterer Punkt, auf den ich hinweisen wollte, ist neuer- 
dings (am 24. Juni 1907 in der Berliner medizinischen Gesellschaft) 
von G. Klemperer bereits beleuchtet worden: Er betrifft die diä- 
tetische Prophylaxe der Steinkrankheit insofern, als vor der 
strengen Einseitigkeit in den Diätvorschriften mit Rücksicht auf 
die Bildung und Ablagerung von Konkrementen anderer Zusammen- 
setzung als der vorliegenden gewarnt werden muls. So kann es 

wje das Beispiel Klemperers zeigt, zu dem unser Fall eine 
Parallele bietet — dazu kommen, dafs allzustreng animalische Diät 
gegen Oxalurie die Ablagerung von harnsauren Salzen und über- 
trieben schematische Innehaltung vegetabilischer Ernährung Oxa:- 
säureniederschläge bewirken, unter Umständen also bei dem Be- 
streben nach Fernhaltung und Beseitigung von Konkrementbildunsen 
einer Art die Produktion einer anderartigen Steingattung oder eizer 
Mischtform die Folge sein kann. 


3. In therapeutischer Hinsicht. 

Hier liest das Hauptinteresse, welches die vorliecende Krarser- 
geschichte bietet. Den Beobachtungen von Kolischer. Casper, Bar, 
chardt, Kreps, Joung und neuerdings Jahr sich anschlieisend, 1.u- 
striert auch dieser Fall die Möglichkeit der erfolgreichen Entfernung 
cingeklemmter Harnleitersteine per vias naturales mittels 
des Uretercystoskops und den wertvoilen Vorteil dieser izira- 
vesikalen Therapie gegenüber der blutigen Frei.ezuze. 

Wo das Konkrement den üblichen diätetisch- pivsizalischen 
Behandiangsmetkodea. wie Diuresica, Tierne-rhar, Ratar.ımer, 


Zur Diagnose, Prophylaxe und endovesikalen Therapie usw. 897 


Fomentationen, protrahierten heilsen Bädern, bimanueller Massage 
usw. trotzend sich nicht zum baldigen Durchtritt anschickt, da ist 
die Befreiung des eingeklemmten Steins, ohne erst den Eintritt 
schwererer Ereignisse abzuwarten, nicht nur berechtigt, sondern 
zwingend notwendig. Ja, Jahr geht sogar so weit, dafs er bei 
Verzögerung der Ausstolsung eines Harnleitersteines in die Blase 
über 24 Stunden hinaus auch ohne das Vorliegen bedrohlicher 
Symptome schon eingreift. Dafls die Entfernung je eher je lieber 
dringend zu erstreben ist, liegt auf der Hand. Denn einmal kann 
der Stein nach und nach sowohl wie durch interkurrente Erkran- 
kungen (s. 0.) unter allmählicher oder schubweise schnellerer Ob- 
turierung des Lumens wachsen, ferner durch Rückstauung das Harns 
und Reizung an der Iukarrationsstelle, wie in unserem Falle, die 
Niere schädigen und zu stärkereren lokalen Entzündungserscheinun- 
gen am Sitze des Hindernisses, unter Umständen mit folgender In- 
fektion, Perforation oder Striktur führen, dann aber besteht — auch 
bei noch so kleinen Steinen — die Gefahr der plötzlichen Anuria 
calculosa der Kranken mit oder ohne Reflexanurie der gesunden 
Seite. Sind es doch — worauf Casper hinwies — durchaus nicht 
immer grolse Konkremente, die eine Einklemmung verursachen. 
In dem einen Falle von Casper handelte es sich um eine seit 
34 Stunden bestehende völlige Harnverhaltung durch die Einklem- 
mung eines Steines von Bohnengrölse im rechten Ureter nahe der 
Blasenmündung — es lagen also ganz ähnliche Verhältnisse wie 
bei unserem Kranken vor. Und in dem jüngst von Jahr publi- 
zierten Fall hatte ein über erbsengrofses Konkrement kompletten 
Verschlufs mit Reflexanurie verursacht. Es sind aber in der 
Literatur Fälle niedergelegt, wo noch kleinere Steinchen Verstop- 
fungen des Harnleiters machten. 

Welcher operative Eingrift in Frage kommt, richtet sich, von 
komplizierenden Mumenten hierbei abgesehen, nach dem — renal- 
wärts — im intermediären Teil — oder im intravesikalen Abschnitt 
des Ureters befindlichen Sitz des Steines. Ä 

Im ersten Fall kommen Nephrolithotomie und Pyelolithotomie, 
bei der zweiten Eventualität Ureterolithotomie und Nephrotomie in 
Betracht. 

Beim vesikalwärts sitzenden Stein rangieren aber vor der 
Sectio alta mit oder ohne Ureterinzision eine Reihe von Methoden, 
welche uns die glänzende Erfindung und Ausbauung des Cystoskops 
ermöglicht hat, und welche versucht werden müssen, weil sie 


898 E. Zabel, Zur Diagnose, Prophylaxe und endovesikalen Tberapie usw. 


erfahrungsgemäls ungefährjicher als jene Operation sind und in 
einer Reihe von Fällen zum Ziele, d.h. zur Beseitigung des Steins 
und seiner Gefahren führen. Das sind: 

1. Der — wohl zumeist erfolglos bleibende — Versuch der 
Lockerung und Befreiung des Steins durch einfaches Hin- 
und Herschieben mit dem Ureterkatheter. 

2. Einführen des Ureterkatheters bis zum Hindernis oder besser 
an demselben höher vorbei und Injektion von sterilem Öl oder 
Glyzerin möglichst hinter den Stein. Diese Methode hat 
schon verschiedene Male — so in Fällen von Kolischer und 
Casper — Erfolg gehabt. 

3. Beim Sitz des Konkrements im intravesikalen Abschnitt 
aber noch oberhalb des Orificium vesicale. des Harnleiters unter 
Umständen Versuch der Mobilisation mittels der neuerdings unter 
Anwendung eines modifizierten Nitzeschen Harnleiterokklusivkatheters 
angegebenen Methode von Jahr. 

4. Ist das Ureterorificium der Sitz des Steines, so kommt beim 
Versagen von 1. und 2. die viel Geschick erfordernde Verwen- 
dung der cystoskopischen Schlinge und, versagt auch diese, 
der cystoskopischen Zange oder beider Instrumente, eventuell 
in umgekehrter Reihenfolge in Betracht, wie sie Casper in unserem 
Falle erfolgreich ausgeübt hat. 

5. Bei Anuria completa infolge Calculosis einer Seite Versuch 
des Casperschen Verfahrens der Injektion von sterilem 
Wasser in den Harnleiter der reflektorisch anurischen 
Niere. In mehreren Fällen, so kürzlich erst bei einem zur Ope- 
ration bereit liegenden Patienten mit längerer Urinverhaltung war 
diese als ultimum refugium angewandte Methode Caspers von dem 
überraschenden Erfolge einer sofort einsetzenden Harnflut gefolgt. 

Gewifs, den vorgenannten Methoden haftet etwas Zufälliges 
an, sie versagen in vielen Fällen, wie das in seinem Lehrbuch der 
Cystoskopie bereits Casper hervorhebt; aber die Tatsache, dals sie 
in einer Reihe von Fällen gelingen und so ernstere chirurgische 
Eingriffe auf eine viel mildere Weise entbehrlich machen, beweist 
ihren eminenten Nutzen und die Berechtigung ihrer Erprobung. 
Hoffen wir, dafs durch Häufung der Erfahrungen und noch weitere 
Vervollkommnung der schon hervorragenden Technik es gelingen 
möge, noch mehr Harnleitersteinoperationen von der äulseren 
blutigen zur endovesikalen Methode überzuführen. 


Bemerkenswertes Heilungsresultat nach 
doppelseitiger Samenblasen- und Nebenhoden- 
tuberkulose. 


Von 
Dr. Paravicini, Yokohama (Japan). 


Folgender Fall liefert einen Beitrag zur pathologischen Physio- 
logie der Geschlechtsorgane und zugleich ein Beispiel jenes Typus 
von Kranken, die mein verehrter Lehrer Roux (Lausanne) als 
„tuberculeux vigoureux“ bezeichnet. 

Patient, ein 33jähriger Arzt, in direkter Aszendenz tuberkulös 
und psychopathisch belastet, nie venerisch infiziert, machte mit 20 und 
21 Jahren nach Mensuren mit reichlichem Blutverlust und an- 
strengendem Militärdienst trockene, linksseitige Pleuritiden durch. 
Im Anschlufs an die zweite derselben öffnete sich nach geringen 
Lokalbeschwerden und schmerzloser Schwellung an der Basis des 
rechten Skrotums eine Fistel, die etwa neun Monate spärlich sezer- 
nierte und sich dann schlofs. Der rechte Samenstrang war hart 
und bleistiftdick, die Samenblasen wiesen knotige Schwellungen auf. 
Ein halbes Jahr nach Heilung der ersten Fistel entwickelte sich 
unter unbedeutender Störung des Allgemeinbefindens eine links- 
seitige Epididymitis, die ebenfalls abszedierte.. Daneben bestand 
für einige Wochen häufiger Urindrang, der Urin war etwas trüb 
und roch ammoniakalisch.. Nach Erkältungen pflegte sich leicht 
Husten mit blutigem Sputum einzustellen. Dieses, sowie Urin und 
Fistelsekret wurden wiederholt an kompetentester Stelle mikrosko- 
pisch und kulturell mit negativem Ergebnis auf Tuberkelbazillen 
untersucht. Die klinische, in der Überschrift genannte Diagnose 
wurde durch Krönlein und Roux als zweifellos anerkannt, eine 
Operation aber trotz Bereitwilligkeit des Patienten nicht vor- 
genommen, teils wegen der Ausdehnung der Läsion, teils, weil 


900 Paravicini, Samenblasen- und Nebenhodentuberkulose. 


Konstitution und äufsere Verhältnisse des Patienten einer Allgemein- 
behandlung günstig waren. 

Letztere bestand in kräftiger Ernährung bei fleifsiger Körper- 
übung und Hautpflege, Soolbädern, zeitweisem Aufenthalt im Süden 
und im Hochgebirge, alles ohne Unterbrechung des Studiums und 
der darauf folgenden beruflichen Tätigkeit. 

Nach Heilung der zweiten Fistel blieb Patient gesund, ohne 
sich zu schonen. Seine Resistenz wurde mehrmals auf die Probe 
gestellt. So blieb er im Alter von 28 Jahren einmal infolge Ruptur 
des Ligamentum patellae proprium mehrere Stunden auf einer Höhe 
von 800 Metern im Schnee liegen, machte in der darauffolgenden 
Woche zwei operative Eingriffe unter Äther durch und nahm in 
siebenwöchigem Spitalaufenthalt infolge anfänglichen, vom Knie- 
gelenk ausgehenden Fiebers und darauffolgender, durch ununter- 
brochene Rückenlage bedingter Schlaf- und Appetitlosigkeit 18 Kilo- 
gramm ab. Als einzige Vorsichtsmafsregel hatte sich Patient von 
Anbeginn der Erkrankung an geschlechtliche Abstinenz auferlegt, 
mit der er erst sieben Jahre nach Heilung der zweiten Fistel brach. 
Jetzt übt er seit Monaten mit normalen Empfindungen den Coitus 
durchschnittlich ein- bis zweimal, ausnahmsweise auch drei- bis vier- 
mal pro Tag aus, wobei kein Erguls erfolgt, höchstens die Erektion 
vom Austreten weniger Tropfen klarer, fadenziehender Flüssigkeit 
begleitet ist. Die Hoden sind beidseits klein, der linke nicht grölser 
als die harte, höckerige Epididymis. Die körperliche Leistungs- 
fähigkeit ist nicht beeinträchtigt, Patient ging z. B. aus einem drei- 
einhalb Stunden dauernden Dauerschwimmen als Sieger hervor. 
Einen Training, der sein Körpergewicht von 85 auf 75 Kilogramm 
herabsetzte, ertrug er ohne Nachteile. 


Literaturbericht. 


I. Allgemeines über Physiologie und Pathologie des 
Urogenital - Apparates. 


Zur Diagnose der Urogenitaltuberkulose. Von Rolly-Leipzig. 
(Münch. med. Wochenschr. 1907, Nr. 31.) 

Die vorliegende Arbeit wurde durch einen Fall veranlafst, bei dem 
es sehr lange zweifelhaft blieb, ob die im Harn gefundenen säurefesten 
Stäbchen als Tuberkelbazillen anzusprechen seien oder nicht. Deshalb, 
und da Verf. von der wohl nicht ganz zutreffenden Ansicht ausgeht, dafs 
„die tuberkulöse Natur des Leidens nur dadurch festgestellt werden 
könne, dafs wir die Tuberkelbazillen im Urin oder in den sonstigen 
Exkreten der erkrankten Organe nachweisen“, beschäftigen sich seine 
Untersuchungen lediglich mit dieser Seite der Frage. 

Er fand zunächst, dafs bei 21 unter 24 weiblichen und bei 5 unter 
6 männlichen Nichttuberkulösen Smegmabazillen in grofser Anzahl an 
den äufseren Genitalien vorhanden waren; der Katheterismus erwies sich 
nicht als sicheres Schutzmittel gegen das Hineingelangen der Sm.-B. in 
den Harn. In tinktorieller Beziehung (Karbolfuchsin- 3°/, Salzsäure- 
alkohol) zeigten die Sm.-B. verschiedener Personen eine grofse Differenz 
ın der Säurefestigkeit (im Gegensatz zu den Tub.-Baz.); die entfärbten 
nahmen äufserst selten die Nachfärbung mit Metlhylenblau an. Gestalt 
und Lagerung der Sm.-B. ergaben teils grolse Verschiedenheiten, teils 
grofse Ähnlichkeiten mit den Tuberkelbazillen, so dafs man im gefärbten 
Präparat wohl einen Teil der Stäbchen sicher für Sm.-B. erklären, den 
anderen aber nicht von Tub.-Baz. unterscheiden kann. Versuche mit 
den verschiedensten Entfärbungsmitteln führten zu dem -Schlufs, dals bis 
jetzt mit keinem Färbeverfahren die Tuberkelbazillen von anderen säure- 
festen, im Urin vorkommenden Bakterien sicher differenziert werden 
können. Ebensowenig gelang dies durch das Kulturverfahren; Sm.-B. 
waren überhaupt nicht einwandfrei zu züchten. Nur durch den Tier- 
versuch, bei dem sich Sm.-B. als nicht pathogen für Meerschweinchen 
erwiesen, ist es möglich, ein sicheres Urteil über die Natur säurefester 
Stäbchen im Urin zu fällen. Zur Beschleunigung der Diagnosenstellung 
schlägt Verfasser vor, mehrere Tiere gleichzeitig zu impfen und eines 
schon nach 8 Tagen zu töten. Verkäsung der Drüsen ist sofort be- 
weisend, bei negativem Befund mu/s man natürlich noch warten. Nach 
Untersuchungen an 21 Tuberkulösen, deren Harnorgane (durch Sektion 
bestätigt) frei waren und bei denen nur in einem Falle Tub.-Baz. durch 
Tierversuch im Urin gefunden wurden, ist Verf. der Ansicht, dafs nur 
bei Schwerkranken, bei intensiver Schädigung durch die im Körper 


902 Allgemeines über Physiologie und Pathologie des Urogenital-Apparates. 


kreisenden Toxine Tub.-Baz. die Niere passieren können, derartige Even- 
tualitäten daher praktisch nicht in Betracht kommen. Tuberkulininjektionen 
sind von geringem diagnostischem Wert. Der Schlulssatz: „Ist nun ver- 
mittels der hier angeführten Methoden die tuberkulöse Natur des Leidens 
nachgewiesen, so wird es die Aufgabe der übrigen Untersuchungsmethoden 
und zuletzt auch des Cystoskops sein, den Sitz und die Ausdehnung der 
Affektion festzustellen usw.* schätzt „diese Untersuchungsmethoden“ doch 
wohl zu niedrig ein. Sehr häufig wird durch sie die Diagnose früher 
gestellt werden können, als der Tierversuch ein positives Resultat gibt. 
Brauser- München. 


Über Erkrankungen der Harnorgane bei Typhus abdominalis. 
Von Prof. Dr. Josef Englisch. (Wiener med. Presse 1907, Nr. 30.) 

Verf. beschäftigt sich in vorliegender Arbeit mit den entzündlichen 
Vorgängen, welche durch die Typhusbazillen an den Harnorganen hervor- 
gerufen werden, und zwar im Verlaufe und nach Ablauf des Typhus. 
Die Beobachtung hat ergeben, dafs der Typhusbazillus aufserordentlich 
lange im Organismus latent bleiben kann, bevor er zu einem entzünd- 
lichen Vorgange Veranlassung gibt. So bekam ein Typhuskranker im 
akuten Stadium, am 6. oder 7. Tage, eine Koxitis. Diese lief ab und 
4!/, Jahre später bekam der Pat. eine Osteomyelitis der Ulna mit 
Typhusbazillen in Reinkultur. 

Was nun das veranlassende Moment betrifft, unter dessen Einfluls 
der im Körper verbliebene Typhusbazillus später seine entzündungs- bezw. 
eitererregenden Eigenschaften hervortreten lassen kann, so geht aus allen 
Beobachtungen hervor, dafs es eine äulsere Ursache war. Bei der 
Cholecystitis, die nicht selten im Gefolge des Typhus auftritt, verschul- 
det es ganz besonders die Cholelithiasis. Wenn erst die Cholecystitis 
mit dem Auftreten von Gallensteinen sich kombiniert, so treten die 
Bakterien als eitererregende Faktoren zutage. Bei der Strumitis nach 
Typhus liegen die Verhältnisse analog. Ein ähnliches Moment existiert 
auch für die Erkrankungen der Harnorgane. Die Wirkung des Typhus- 
bazillus als Eitererreger tritt hier dann leichter hervor, wenn die Schleim- 
haut der Harnwege sich in irgend einem Reizungszustande befindet, und 
darum kommt diese Erkrankungsform am allerleichtesten zustande, wenn 
die Patienten über Harnbeschwerden klagen. In der Regel bleibt der 
Typhusbazillus und mit ihm seine Wirkung latent, wie die Beobachtung 
lehrt, um unter dem Einflusse einer äufseren Veranlassung — und dies 
ist hier ein gewisser Reizungszustand der Schleimhaut — selbst nach 
vielen Jahren seine Virulenz wiederzugewinnen, ja eine gröfsere Virulenz 
zu zeigen, als sie der abgelaufene Abdominaltyphus manifestierte. 

Die Zahl der auf solche Weise durch den Typhusbazillus induzierten 
Erkrankungen der Harnorgane ist nicht so klein, als man allgemein an- 
zunehmen pflegt, sie kommen nur deshalb selten zur Beobachtung, weil 
die Patienten gewöhnlich somnolent und nur die wenigsten Kranken im 
akuten Stadium in der Lage sind, über Krankheitserscheinungen von 
Seiten der Harnorgane Auskunft zu geben, über Harndrang oder gar 
llarnverhaltung zu klagen. 


Allgemeines über Physiologie u. Pathologie des Urogenital-Apparates. 903 


Es entsteht nun die Frage: In welcher Weise treten die entzünd- 
lichen Erscheinungen in den Harnwegen auf? Die pathologische Anatomie 
hat ergeben, dafs in der grolsen Mehrzahl der Fälle bei Sektion von an 
Typhus Verstorbenen Veränderungen in den Nieren nachgewiesen werden. 
Sie bestehen zunächst in Infarkten in den Gefälsen durch Typhusbazillen. 
Wenn nun ein solcher Infarkt zerfällt, so kommen diese Bakterien in 
den Kreislauf. Der Gang der Infektion wäre also folgender: Die im 
Blute kreisenden Typhusbazillen lagern sich zunächst in den Nieren- 
gefälsen ab, bringen diese zum Schwunde oder zur Vereiterung und ge- 
langen von hier aus in den Harnwegen nach abwärts. Dieser Prozefs 
entspricht auch der allbekannten Beobachtung, dafs die Typhusbazillen 
im Urin im Allgemeinen nicht im akuten Stadium erscheinen, sondern 
erst in späterer Zeit, und stimmt auch damit überein, dafs sie eben frei 
werden und in die Harnwege gelangen, wenn es zum Durchbruch aus 
den Kapillaren oder den kleinen Abszessen gekommen ist. Kr. 


Die Lumbalanästhesie bei urologischen Operationen. Von 
Dr. med G. v. Engelmann, dirigierender Arzt der Abteil. f. venerische, 
Haut- und Harnkrankheiten am Stadtkrankenhause zu Riga. (St. Peters- 
burger medizin. Wochenschr. Nr. 28, 1907.) 


v. E. hat seit dem Sommer vorigen Jahres in seiner Abteilung des 
Rigaer Krankenhauses die Lumbalanästhesie an Stelle der Chloroform- 
narkose in 56 Fällen verwendet. Die Einführung der Lumbalanästhesie 
bedeutet nach dem Urteil des Verfassers einen wesentlichen Fortschritt 
für die Technik und Ausführbarkeit der urologischen Operationen. Die 
Vorteile, welche sie bietet, bestehen in erster Linie in dem Fortfall der 
Gefahren für das Herz, die Nieren und die Lungen, wie sie der Chlo- 
roform- resp. Äthernarkose anhaften. Bei dem oft hohen Alter der bei 
Blasen- und besonders Prostataoperationen in Betracht kommenden Pa- 
tienten, bei dem häufigen Vorhandensein von Komplikationen seitens des 
Gefälssystems und der Nieren wird ein radikalerer Eingriff durch die 
Lumbalanästhesie oft geradezu ermöglicht oder bei den notwendigen 
Operationen dem Patienten die Wohltat der Schmerzlosigkeit verschafft, 
wo die Inhalationsnarkose zu grolse Gefahren bieten würde. Bei der 
weiteren Ausgestaltung ihrer Technik, welche die Lumbalanästhesie in 
letzter Zeit erfahren hat, und welche in der Zukunft zu erwarten ist, 
erscheint diese berufen, für einen Teil der hier in Frage kommenden 
Operationen die Inhalationsnarkose zu verdrängen. 

Wer Lithotripsien unter Chloroformnarkose ausgeführt hat, sagt 
Verf., dem ist es gewifs schon begegnet, dafs bei intoleranter Blase, 
trotz anscheinend tiefer Narkose, die Blase sich reflektorisch um das 
Instrument kontrahiert und es in seinen Bewegungen hindert, was zu sehr 
unliebsamen Störungen führt, die Operationsdauer verlängert und das 
Resultat beeinträchtigen kann. Bei der Operation in Lumbalanästhesie 
kommt das nicht vor. Die Blasenwand befindet sich dank der moto- 
rischen Lähmung in vollkommener Ruhe und stört die Bewegungen des 
Instrumentes auch bei sehr reizbarer Blase in keiner Weise, ebenso un- 
gestört verläuft die Herausbeförderung der Steintrümmer. Verf. zieht 


904 Allgemeines über Pliysiologie u. Pathologie des Urogenital-Apparates. 


daher bei der Lithotripsie in jedem Falle die Lumbalanästhesie der 
Chloroformnarkose vor. 

Die Bottinische Operation lälst sich nach Verf. gewils in der 
Mehrzahl der Fälle unter Lokalanästhesie ausführen, auch er hat eine 
ganze Reihe von Fällen so operiert, doch verläuft sie keineswegs schmerz- 
los und ein Teil der Patienten entschlielst sich zur Operation nur unter 
der Bedingung der Narkose. Die Chloroformnarkose mülste hier eine 
andauernd sehr tiefe sein, um jede reflektorische Bewegung des Pat, 
die gefährlich werden könnte, weil sie Verbiegungen der Platinklinge 
veranlassen kann, auszuschliefsen. Auch hier bietet die Lumbal- 
anästhesie durch die vollkommene Ruhigstellung technische Vorteile, ganz 
abgesehen vom Zustande der meist bejahrten Patienten. 

Die bei dem jetzigen Stande der Technik noch vorhandenen Mängel 
der Lumbalanästhesie bestehen 1. in dem noch gelegentlich vorkommen- 
den ganzen oder teilweisen Versagen. Das aber beruht, wie Verf. zeigt, 
auf technischen Fehlern, die sich immer vermeiden lassen werden; 2. da- 
rin, dals sie nicht frei von Neben- und Nachwirkungen ist. 

Vergleicht man mit diesem jedoch die Neben- und Nachwirkungen, 
die man nicht selten bei der Inhalationsnarkose zu beobachten Gelegen- 
heit hat, die oft schweren Kollapserscheinungen und die Schädigungen 
der Herz- und Nierentätigkeit, die Veranlassung zu tödlichem Ausgang 
nach gelungener Operation gegeben haben, so wird man die Bedeutung 
dieser vorübergehenden Erscheinungen (Kopfschmerzen, Rückenschmerzen 
usw.) nicht zu hoch anrechnen dürfen, um so mehr, als die Methode 
noch eine sehr junge und verbesserungsfähige ist. Kr. 


Über Urinbefunde nach Lumbalanästhesie mit Stovain. Von 
Schwarz. (Zentralblatt f. Chirurgie 1907, Nr. 23.) 

Unter 60 Fällen von Lumbalanästhesie mit 0,04 Stovain blieben 
13 ohne Nierenaffektion. Alle anderen bekamen mehr oder weniger 
schwere Nierenreizungen, und zwar zeigten 28 Fälle nur leichte Ver- 
änderungen (Cylindrurie und Eiweils in geringer Menge), während 
15 schwerere Nephritiden mit !/g°/,, Albumen und zahlreichen Zylindern 
bekamen. In 4 Fällen trat eine schwere Nephritis mit 2—7°/,, Al- 
bumen ein. Alle Fälle verliefen günstig. Die Dauer der Nephritis 
betrug ungefähr 6'/, Tage. Die Schwere der Nephritis ging der Inten- 
sität der übrigen Nebenwirkungen des Stovains nicht parallel. 


W. Karo-Berlin. 


Zwei Fälle von Pseudohermaphroditismus masculinus bei 
Geschwistern. Von E. Hains. (Prag. med. Wochenschr. Nr. 26, 1907.) 

Es handelte sich um 2 Schwestern im Alter von 20 und 13 Jahren. 
Bei beiden fand sich eine grofse, nicht perforierte Klitoris mit grofsem 
Präputium und eine blindsackförmig endigende Scheide. Bei der älteren 
Schwester fand sich in der rechten Schamlippe ein haselnulsgrofses ovales 
Gebilde, der Hoden. Bei der jüngeren Schwester fanden sich in beiden 
Schamlippen Hoden. Uterus und Ovarien fehlten, wie die Rektalunter- 
suchung ergab, vollständig. Die Hoden wurden auf operativen Wege 


Allgemeines über Physiologie u. Pathologie des Urogenital-Apparates.. 905 


entfernt und die Bassini-Operation behufs Verschlusses des Leistenkanals 
ausgeführt. von Hofmann-Wien. 


Pseudohermaphroditismus femininus externus. Von Unter- 
berger-Königsberg i. Pr. (Deutsche mediz. Wochenschr. 1907, Nr. 27, 
Vereinsb.) 

Der Hermaphrodit bot äufserlich die Erscheinungen eines Mannes 
mit männlicher Hypospadie. Wegen einer Geschwulstbildung im Leibe 
wurde 6 Jahre vorher eine Laparotomie gemacht; es fand sich ein 
Ovarialsarkom. Seit 1'/, Jahren hat sich wieder eine grolse Ges.hwulst 
im Leibe entwickelt, deren Exstirpation durch eine erneute Laparotomie 
in Aussicht genommen wird. Ludwig Manasse-Berlin. 


Über Urotropin und dessen therapeutische Bedeutung. Zu- 
sammenfassende Übersicht der Literatur der Jahre 1908—1905. 
Von M. Lubowski. (Allgem. meliz. Zentralztg. 1907, Nr. 21 u. 22.) 


Seiner ersten „Übersicht der Urotropinliteratur des Jahres 1902“ 
läfst Verf. eine zweite folgen, welche die reichhaltige Literatur der Jahre 
1903—1905 umfafst. Die Prüfungen dieses Harndesinficiens haben fast 
sämtlich zu günstigen Resultaten geführt. Untersuchungen über die Ab- 
hängigkeit der Urotropinwirkung von der Zeit der Einwirkung, von Zahl 
und Art der Mikroorganismen, von der Reaktion des Harns, von etwaigem 
Eiweifs- und stärkerem Eitergehalt und von der Temperatur hat Bruck 
angestellt, weiterhin auch darüber, ob aufser dem Harn auch das Blut- 
serum nach Urotropingebrauch antiseptische Eigenschaften erhält. Schon 
20 Minuten nach Einnahme des Mittels zeigte der Urin antiseptischo 
Boschaffenbeit, dio bei den später entleerten Portionen in erhöhtem 
Mafse vorhanden waren, und zwar noch nach 14 Stunden. 26 Stunden 
später davegen gab der Urin wieder einen guten Bakteriennährboden ab. 
Zahl und Art der Bakterien ergaben keine besonderen Unterschiede. 
Typhusbazillen und Proteus nahmen im Urin etwas rascher ab, als die 
anderen Mikroorganismen. 

Bezüglich der Abhängiekeit der Wirkung von der Reaktion des 
Harnes fand B., dafs die Wirkung ım alkalısch entleerten Harn sehr viel 
schwächer ist, als bei saurem Harn. Die vielfach neben dem Urotropin 
verordneten alkalıschen Wässer dürfen daher nicht in zu grofsen Dosen 
getrunken werden. Im Eiweilsharn wirkt Urotropin schwächer als bei 
normalem Harn. Im Eiterharn tritt gewenüber einem von Eiter freien 
Harn bei gleichem Urotropingehalt starkes Wachstum der Bakterien ein. 
Bei Körpertemperatur genügte ein schwächerer Urotropirgehalt des Urins 
zur Abtötung der Kolonien als bei Zimmertemperatur. Über Neu-Uro- 
tropin liegen Untersuchen vor von Bruck und Nikolaier. Beide Autoren 
kommen zu dem Schluls, dafs dieses Mittel gegenüber dem Urotropin 
keine Vorzüge aufweist. 

Den Nachweis von Formaldehyd in mehrere Tage altem Urotropin- 
harn, sowie im Blut, und zwar im Blutkuchen, erbrachte Köhler. Toxische 
Nebenwirkungen, wie Marendarmerscheinungen, Reizung der Harnorgane, 


Zeitschrift für Urolozie. 1907. 59 


906 Allgemeines über Physiologie u. Pathologie des Urogenital-A pparates. 


Kopfschmerzen, urticarielle Exantheme, kommen vor, wenn auch selten, 
und hängen mehr von der Disposition des betreffenden Kranken ab. 
In therapeutischer Hinsicht rühmen alle Untersucher die harnsäure- 
lösende Eigenschaft des Urotropins sowie seine gute Wirkung bei pri- 
mären und sekundären bakteriellen Erkrankungen der Harnwege mit 
Ausnahme der auf Tuberkulose oder Gonorrhoe beruhenden Affektionen. 
Es ist ferner eim sehr wertvolles Mittel gegen Harnfieber wiihrend der 
instrumentellen Behandlung der Harnröhrenstrikturen. Gute Erfolge 
werden noch verzeichnet bei Lumbago, bei dem schmerzhaften Gürtel- 
gefühl der Tabiker und bei Neurasthenie, hinter der sich oft eine Phos- 
phaturie verbirgt. Über die Ersatzmittel des Urotropins: Helmitol, Neu- 
Urotropin, Hetralin, Griserin haben Posner und Vogel in letzter Zeit 
vergleichende Beobachtungen veröffentlicht, ohne diesen Mitteln bessere 
Wirkungen nachrühmen zu können. Hentschel-Dresden. 


Über das Prinzip und die Bedeutung der Ehrlichschen 
Diazoreaktion. Von M. Weifs. (Wiener klin. Wochenschrift, Nr. 33. 
1907.) | 

Nach W. ist der die Diazoreaktion bedingende Körper mit einem 
der Harnfarbstoffe in Zusammenhang zu bringen und zwar, da Urobilın, 
Uroerythrin und Hämatoporphyrin ausgeschlossen werden können, wahr- 
scheinlich mit dem Urochrom und zwar in der Weise, dafs das normale 
Urochrom die höhere Oxydationsstufe des Prinzipes der Diazoıeaktion 
darstellt. von Hofmann-Wien. 


Sterility among Xray workers. Von A. C, Jordan. (Brit. Med. 
Journ. July 6, 1907.) 

Es ist genügend bekannt, dafs infolge der Einwirkung von Röntgen- 
strahlen Sterilität eintritt. J. macht nun darauf aufmerksam, dafs die gewühn- 
lich zum Schutze gegen diese Wirkung angewendeten Vorsichtsmalsregeln 
nicht genügen, um bei länger dauernder Beschäftigung mit Radiographie 
das Eintreten von Azoospermie zu verhindern, und beschreibt verschiedene 
Apparate, welche den Radiographen vor derartigen unangenehmen Ereig- 
nissen bewahren sollen. von Hofmann-Wien. 


Semeiologie des urines sanglantes. Von Dr. F. Cathelin. !Nach 
einem Referat in den Annal. des malad. des org. genitaux-urinaires, No. 10. 
15 Mai 1907.) 

Hämaturie und Pyurie sind mit die wichtigsten Symptome bei den 
Erkrankungen des Urogenitalsystems. Blut im Harn lenkt schon früh- 
zeitig die Aufmerksamkeit des Patienten auf sein Leiden und eine ge- 
naue Analyse dieses Symptoms gibt dem Arzt oft Gelegenheit, schen 
daraus allein eine sichere Diagnose zu stellen. Blutungen aus der Uretlra 
und aus den Adnexorganen sind an sich so charakteristisch, dafs der Ort 
ihrer Herkunft mit Leichtigkeit zu diagnostizieren ist. Bei Blutungen 
aus der Blase konnte es sich um ein Begleiteymptom einer akuten 
Cystitis handeln, die ihrerseits ihren Grund in Blennorrhoe, Steinbildung 
oder Tuberkulose haben kann. 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 907 


Blasenblutungen ohne Cystitis kommen bei Neubildungen, bei Prostata- 
hypertrophie und gelegentlich bei zu plötzlicher Entleerung der stark 
überfüllten Blase (Prostatahypertrophie) vor. In allen zweifelhaften Fällen 
gibt das Cystoskop Aufschlufs. Schwieriger wird die Diagnose bei 
Blutungen ureterorenalen Ursprungs. Sie können entweder prämeonito- 
rischer Natur sein, der Urin kann gleichmälsig blutig gefärbt sein, oder 
er enthält nur Blutgerinnsel. Zu den selteneren Ursachen der Nieren- 
blutungen gehören, von den akuten hämorrhagischen Nierenentzündungen 
abgesehen, die chronische Schrumpfniere, die Wanderniere und die ` 
Schwangerschaft (kongestive Nierenblutung). Häufiger geben zu Blutharn 
Veranlassung Steine, Tuberkulose und Neubildungen der Nieren. Sehr 
wichtig in allen diesen Fällen, besonders da, wo eine Operation in Frage 
kommt, ist neben dem getrennten Auffangen des Urins aus beiden Nieren die 
vorherige Cystoskopie, die uns Aufschlufs geben soll über das Vorhanden- 
sein einer zweiten Niere und die die Fehlerquellen aufdeckt, die event. 
bei dem getrennten Auffangen des Urins, sei es mit dem Harnsegregator, 
sei es mit dem ÜUreterencystoskop, mit unterlaufen können. Die Not- 
wendigkeit einer vorangehenden Cystoskopie wird an einigen eklatanten 
Fällen nachgewiesen. 

Der letzte Abschnitt handelt von angioneurotischen Nierenblutungen, 
von den Nierenblutungen nach Einverleibung gewisser Medikamente, von 
dem Blutharnen als PBegleiterscheinung mancher Tropenkrankheiten. 
Erwähnt sind ferner die vikariierenden Menstrualblutungen und die 
Hämoglobinurie. Ludwig Manasse- Berlin. 


li. Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Zur Methodik der Ammoniak- und Harnstoffbestimmungen 
im Harn. Von Karl Spiro, (Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol. (Bd. 9, 
S. 481) | 

25 cm? Harn werden in einem hohen Standgefäfs, das bei 270 und 
400 cm? Marken trägt, mit 1!/,g Baryt versetzt, mit Petroleum über- 
schichtet (um das Schäumen zu verhindern) und durch einen kräftigen 
Luftstrom das Ammoniak ausgetrieben und bestimmt. Der Rückstand 
wird mit Alkohol bis zur 270 cm?- und Ather bis zur 400 cm*-Marke 
aufgefüllt, und nach dem Absetzen entweder ganz, oder nur in einem 
aliquoten Teile der Stickstoffbestimmung zugeführt. Bei Anwesenheit 
von Hippursäure ist die Bearbeitung nach Salaskin-Toleski oder 
Braunstein einzuschalten. Malfatti-Innsbruck. 


Über die erforderliche Zeitdauer der Gärung beim Nachweis 
des Traubenzuckers im Harn. Von CG Victorow, Mg. vet.-med. aus 
Kasan. (Arch. f. d. ges. Physiologie. Bd. 118, Il. u. 12. Heft. 1907.) 

In einer Polemik zwischen Pflüger und Salkowskı betreffs der 
Zuverlässigkeit der Gärungsprobe zum Nachweis des Traubenzuckers im 
Harn hatte Pflüger nachgewiesen, dafs Fälle vorkommen können, wo 
die Gärungsprobe in ihrer quantitativen Anwendung durch Messung der 
entwickelten Kohlensäure die Anwesenheit von Zucker vortäuschen kann, 

59* 


908 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


trotzdem keine Spur von Zucker vorhanden sei. Gegen diese Beobach- 
tung Pflügers machte Salkowskı den Einwand, dafs dieses sonder- 
bare Ergebnis Pflügers dadurch zu erklären sei, dafs Pflüger den 
Harn zu lange (48 Stunden) hätte gären lassen, während die übliche 
Zeitdauer der Gärung 20—22 Stunden betrüge. Durch zu lange Dauer 
der Gärung könnte der Harn in ammoniakalische Gärung übergehen und 
dadurch diese Täuschung hervorgerufen werden. 

Dieser Einwand Salkowskis legt die Frage nahe, ob überhaupt 
sichere und gleichartige Vorschriften für die Dauer der Gärung in der 
Literatur angegeben werden. Die Literaturübersicht ergibt nun, dals 
die Zeit, welche notwendig sein soll, um Traubenzucker im Harn voll- 
ständig zu vergären, zwischen so extremen Werten wie 2 und 43 Stunden 
schwankt. Verf. hat deshalb auf Anregung Pflügers diese Frage einer 
systematischen Untersuchung unterworfen und festzustellen gesucht, wie 
lange man eigentlich gären mufs, um allen Zucker aus dem diabetischen 
Harn zum Verschwinden zu bringen. 

Bei seiner Untersuchung verfuhr Verf, wie es im Pflügerschen 
Laboratorium gebräuchlich ist, und zwar zerrieb er 10 g Hefe in einer 
Porzellanschale mit 100 ccm der zuckerhaltigen Flüssigkeit zu einem 
feinen Brei und überliefs diesen der Gärung in einem grofsen Wasser- 
bade, welches durch eine kleine Flamme auf einer konstanten Temperatur 
von 34—36° C. gehalten wurde. 

Verf. stellte 50 Versuche mit diabetischem Harn an, aus welchen 
hervorgeht, dals eine 6bstündige Gärung vollkommen genügend ist, um 
den Zucker ganz zu vergären. Kr. 


` 


On the causes and significance of certain ambiguous reactions 
obtained in testing urine for sugar. Von H. Maclean. (Brit. Med. 
Journ. June 22. 1907.) 

Kreatinin ist einerseits imstande, störend auf die Fehlingsche 
Reaktion einzuwirken, da es das Kupferoxydul in Lösung hält, ander- 
seits kann es den Eintritt der Reaktion verzögern. Aufserdem finden 
sich im Urin Substanzen, welche selbst Kupferoxyd reduzieren, wie 
Harnsäure, Hippursäure usw. Zu Täuschungen könnten mitunter aus- 
fallendo Phosphate Veranlassung geben, ein Fehler, der sich durch Fil- 
trieren leicht vermeiden lälst. Eine intensiv reduzierende Wirkung be- 
sitzt die Glykuronsäure, doch findet sie sich nur sehr selten, aulser 
nach Einführung gewisser Medikamente, wie Chloral, Morphin, Naphthol, 
Kampfer, Terpentin usw. In zweifelhaften Fällen erscheint es am besten, 
die Glykuronsäure durch Kochen des Urins mit essigsaurem Blei auszu- 
fällen. Zur Unterscheidung können auch die Phenylhydrazin- und die 
Gärungsprobe dienen. Ferner hebt M. hervor, dals jeder Urin mit 
Fehlingscher Lösung einen Niederschlag gibt, wenn man nur lange 
genug kocht. Bei der Untersuchung eines Urins auf Zucker muls man 
vor allem auf die Konzentration Rücksicht nehmen, und falls das spezi- 
fische Gewicht mehr als 1015 beträgt, mit destilliertem Wasser ver 
dünnen. Tritt dann nach 10 Sekunden langem Kochen mit Fehling- 
scher Lösung Reduktion ein, so ist Zucker in grüfserer Menge als 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 909 


normal vorhanden. Man darf dabei auch nicht vergessen, dals das 
spezifische Gewicht des Urins nach dem Abkühlen steigt. 


von Hofmann, Wien, 


Ambiguous reactions in sugar testing. Von S.G. Longworth. 
(Brit. Med. Journ. July 6, 1907.) 


L. empfiehlt bei zweifelhafter Fehlingscher Reaktion folgende Probe: 
2—-3 ccm Urin werden mit der gleichen Menge Wasser verdünnt und 
mit 0,1 salzsaurem Phenylhydrazin und 0,5 essigsaurem Natron gekocht. 
Hierauf werden 10 ccm einer 10°/ igen Natronlauge zugesetzt, umge- 
schüttelt und einige Zeit stehen gelassen. Tritt innerhalb 5 Minuten 
eine rosa bis rote Färbung der ganzen Flüssigkeit auf, so ist Zucker in 
einer für die klinische Untersuchung in Betracht kommenden Menge 
vorhanden. von Hofmann-Wien. 


Diabetes. Von D. W. Cairns. (The Post-Graduate. No. 6. 1907.) 


Aus den Ausführungen (Us sei zunächst hervorgehoben, dafs sich 
Diabetes bei Negern nur halb so oft findet, wie bei Weilsen, und dafs 
in China, dessen Bevölkerung fast ausschlielslich von Stärke lebt, Dia- 
betes nahezu vollständig unbekannt ist. Letzteres ist wahrscheinlich 
zum Teil dadurch bedingt, dafs die Stärke sehr langsam verdaut und 
absorbiert wird und nur wenig Zucker auf einmal in den Organismus 
gelangt. C. geht nun auf den Mechanismus der Stärkeverdauung näher 
ein und bespricht die verschiedenen Theorien des Diabetes, dessen 
Symptome und Therapie. Er erlaubt dem Diabetiker ein gewisses, in 
jedem Falle zu bestimmendes Quantum von Kohlehydraten. Der beste 
Mafsstab für die Wirksamkeit der Therapie ist die Beobachtung des 
Körpergewichts. Licht, Luft und Bewegung sind für den Diabetiker 
sehr wichtig. Von Medikamenten hält C. nichts. 

von Hofmann - Wien. 


Diabetes mellitus from the physiological standpoint. Von W. 
D. Halliburton. (The Practitioner. July 1907.) 


Der Diabetes mellitus ist keine einheitliche Krankheit, sondern 
der Ausdruck vieler pathologischer Vorgänge, welche alle das exzessive 
Vorkommen von Zucker im Blut und daher auch im Urin gemeinsam 
haben. Diese Ansicht wird durch die Tatsache unterstützt, dafs es bei 
Tieren in der verschiedenartigsten Weise gelingt, Diabetes experimentell 
hervorzurufen (Zuckerstich, Exstirpation des Pankreas, Phloridzin- oder 
Adrenalindarreichung). Der Zucker kann aufser aus dem Glykogen auch 
aus Eiweils entstehen. Für eine Eiweilszersetzung spricht auch die meist 
vorhandene Hyperazeturie. Für das Zustandekommen des Coma diabe- 
ticum ist weder das Azeton, noch die Azetessigsäure verantwortlich zu 
machen, sondern der giftige Körper ist aller Wahrscheinlichkeit nach 
die B-Oxybuttersäure. von Hofmann- Wien. 


910 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Über eine neue Funktion des Pankreas und ihre Beziehungen 
zum Diabetes mellitus. Von O. Loewi-Wien. (Klinisch-therapeutische 
Wochenschr. Nr. 26, 1907.) 


Das Pankreas ist für den normalen Ablauf des Kohlehydratstof- 
wechsels im Tierkörper unerläfslich; worin diese Rolle besteht, darüber 
existierten bisher nur Vermutungen; es war blofs bekannt, dafs nach 
Pankreasexstirpation Diabetes auftritt. L. hat Tierversuche unternommen, 
um zu schen, ob sie nicht auch noch von anderen Ausfallserschri- 
nungen gefolgt ist. Dem Diabetes geht ein gesteigerter Zuckergehalt 
des Blutes voran, bedingt durch gesteigerte Umwandlung von Glykogen 
in Zucker in der Leber. Diese pathologische Umwandlung kann durch 
zentrale oder peripherische Nervenreizung, ferner durch Exstirpation oder 
Insuffizienz des Pankreas hervorgerufen werden. So tritt nach Reizung 
des Sympathikus diese Umwandlung auf. Ausgehend von der Adrenalin- 
wirkung, welche die Endigungen fördernder (motorischer, sekretorischer) 
Nerven reizt, machte L. die Annahme, dafs die innere Sekretion des 
Pankreas ebenfalls irgendwelche Wirkung auf die Nerven ausübt, und 
zwar, da nach der Pankreasexstirpation Diabetes eintritt, eine hemmende 
Wirkung auf diejenigen Nerven, welche die Umwandlung von Glykogen 
in Zucker hervorrufen. Da jedem fördernden Nerven ein hemmender 
Nerv entgegensteht, erfolgt diese hemmende Wirkung auf die Glykogen- 
umwandlung durch Reizung der Hemmungsnerven, welche hier im Sympa- 
thikus verlaufen müssen. Die Reizung des Sympathikus bewirkt eine 
Erweiterung der Pupille. Injiziertt man Adrenalin ins Blut, so erfolst 
durch Reizung des Dilatator pupillae Pupillenerweiterung, letztere bleibt 
bei konjunktivaler Einträufelung aus, weil die Konzentration des ins Blut 
gelangenden Adrenalins zu gering ist, um den Hemmungsnerven gegen 
die Dilatation zu überwinden. FExstirpiertt man aber bei Tieren das 
Pankreas, so wirkt die konjunktivale Einträufelung von Adrenalin pupillen- 
erweiternd. Dies beweist, dafs hier eine Hemmung weggefallen ist, dals 
also das Pankreas die Funktion bat, sympathische Hemmungsnerven ın 
ihrem Tonus zu erhalten. Dadurch gewinnt die Annahme eine Stütze, 
dafs auch die Zuckerausscheidung nach Pankreasexstirpation eine Folge 
des Wegfalles einer sympathischen Hemmung ist. Bei einem Hunde mit 
partiell exstirpiertem Pankreas tritt ebenfalls auf Adrenalineinträufelung 
eine starke Mydriasis ein. L. hat auch 48 Kranke auf diese Reaktion 
untersucht, unter diesen 18 Diabetiker. Von letzteren bekamen 10 nach 
Altenalineintanfelunz Mydriasis, von den übrigen Kranken nur 2 (Leber- 
karzinom mit Verschlufs des Ausführungsganges des Pankreas ohne Glyko- 
surie, M. Basedowii). In diagnostischer Beziehung kann man sagen, dals 
bei Kranken, welche Mydriasis nach Adrenalineinträufelung zeigen, eine 
Pankreaserkrankung vorliegt, wenn eine Hyperfunktion der Schilddrüse 
und M. Basedowii ausgeschlossen werden können. Theoretisch ist die 
gewonnene Erfahrung wichtig, dafs dem Pankreas ähnlich wie der Neben- 
niere einc res: Bedeutung im Organismus zukommt, nämlich die 
Reizung der sympathischen Hemmungsfasern. Kr. 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 911 


The pancreas and diabetes mellitus. Von J. R. Bradford. (The 
Practitioner. July 1907.) 


Die Läsionen des Pankreas, welche am häufigsten mit schwerem 
Diabetes verbunden sind, sind Atrophie und fibröse Hypertrophie, welche 
auch kombiniert vorkommen können. Bei den übrigen Erkrankungen 
des Pankreas findet sich Glykosurie und Diabetes nur ausnahmsweise. 
Es scheint dies damit zusammenzuhängen, dafs Atrophie und fibröse 
Hypertrophie meist das ganze Organ, die anderen Erkrankungen nur 
einzelne seiner Partien befallen. Die fibröse Hypertrophie kann eine 
blofs interlobuläre sein, oder sie ist gleichzeitig interlobulär und inter- 
azinär. Bei der ersten Form mufs es nicht notwendigerweise zu Dia- 
betes kommen, während er bei der zweiten regelmälsig vorhanden 
ist. Schlielslich berichtet B. über drei Patientinnen, bei welchen im 
Anschlufs an Erkrankungen, welche mit grolser Wahrscheinlichkeit als 
Pankreasaflektionen angesehen werden mulsten, sich Glykosurie und 
Diabetes entwickelten. von Hofmann- Wien. 


Experimentelle Beiträge zur Diagnose der Pankreaserkran- 
kungen. Die Cammidgesche Pankreasreaktion im Urin. Von 
Dr. Felix Eichler. (Berl. klin. Wochenschr. 1907, Nr. 25.) 


Die klinische Diagnose der Pankreaserkrankungen ist bekanntlich 
sehr schwer; Versuche, aus gewissen Störungen der Darmfunktion exakte 
diesbezügliche Schlüsse zu ziehen, haben bisher nicht zu eindeutigen 
Resultaten geführt. Mehr Erfolg verspricht die Harnuntersuchung: be- 
kannt ist das Auftreten von Zucker im Urin in vielen Fällen von Pankreas- 
affektion, wenn es auch solche schwerster Art gibt, bei welchen keine 
(ilykosurie nachzuweisen ist. Charakteristisch scheint ferner dio sogen. 
Cammidgesche Reaktion zu sein: sie besteht darin, dafs, nachdem 
der Harn in bestimmter Weise vorbehandelt ist. in ausgesprochenen 
Fällen von Pankreatitis durch Zusatz eines Gremisches von Phenylhydrazin, 
Natriumazetat und Essigsäure ein hellgelber Hockiger Niederschlag ent- 
steht, der sich unter dem Mikroskop aus langen hellgelben haarfeinen 
Kristallen zusammensetzt, die in Büscheln angeordnet sind. Etwa vor- 
handener Zucker oder Eiweils muls vorher durch Vereärung, bezw. durch 
Behandlung mit Ammoniunisulfat entfernt werden. Die genaue Anstellung 
der Probe ist im Original einzusehen. Verf. gelang es, bei 3 Hunden, 
denen er künstlich eine akute Pankreatitis beigebracht hatte, einen posi- 
tiven Ausfall der Cammidgeschen Reaktion nachzuweisen, nachdem er 
sich überzeugt hatte, dafs bei gesunden Menschen, Hunden und Kaninchen 
die Probe stets negativ ausfiel. Welche Substanzen die Reaktion her- 
vorrufen, ist bisher nicht sicher erkannt. Paul Cohn-Berlin. 


On the heart in relation to diabetes. Von L. Brunton. (The 
Practitioner. July 1907.) 


Die Erscheinungen von seiten des Herzens, welche wir bei Diabetes 
finden. beruhen auf der Herabsetzung des Ernährungszustandes der 
Muskelfasern und Nerven des Herzens, welche durch das Vorhandensein 


912 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


von Zucker im Blut oder andere sich gleichzeitig findende Stoffwechsel- 
störungen hervorgerufen wird. Wir finden öfters Kurzatmigkeit und 
Unregelmäfsigkeiten des Herzschlags, Erscheinungen von Herzschwäche, 
sogar Angina pectoris. Auch Herzgeräusche können auftreten. Aufser- 
dem scheint eine Tendenz zu atheromatöser Erkrankung der Gefäße im 
alleemeinen, der Koronararterien im besonderen zu bestehen. 

von Hofmann- Wien. 


On the nervous symptoms associated with glycosuria. Von J. 
Taylor. (The Practitioner. July 1907.) 

Das Krankheitsbild des Diabetes steht mit dem Nervensystem in 
engem Zusammenhang, und wir finden daher eine grofse Anzahl nervöser 
Symptome. Unter diesen sind eines der häufigsten Neuralgien, welche 
in allen möglichen peripheren Nerven auftreten können. Ferner kann 
es bei Glykosurie zu Neuritis kommen. Auch Krankheitserscheinungen 
von seiten des Rückenmarks können auftreten. Ferner finden wir mit- 
unter Taubheit, Schwindel und Sehstörungen. Psychische Symptome in 
Form von Depressionserscheinungen sind häufig. 

von Hofmann-Wien. 


Skin disease associated with diabetes. Von M. Morris. (The 
Practitioner. July 1907.) 

Diabetiker besitzen eine Disposition zu gewissen Hautkrankheiten. 
Hierher gehören zunächst Reizungserscheinungen an den äufseren Geni- 
talion und den benachbarten Hautpartien. Dieselben sind bei Frauen 
gewöhnlich hochgradiger. Von allgemeinen Hautaffektionen ist besonders 
bemerkenswert die Furunkulose, doch finden sich auch zahlreiche andere 
Dermatosen, welche sich dann durch ilhıre Hartnäckigkeit auszeichnen. 
Hierher gehört auch die bei Diabetikern auftretende Gangrän. Eine 
charakteristische Erkrankung ist das Xanthoma diabeticum. 

von Hofmann-Wien. 


The ocular complications in diabetes mellitus. Von W. H. H. 
Jessop. (The Practitioner. July 1907.) 

Die Komplikationen von seiten des Auges bei Diabetes mellitus sind 
bedingt durch mangelhafte Ernährung der Gewebe dieses Organes infolge 
von Toxämie und Störungen der Zirkulation. Die wichtigsten dieser 
Komplikationen sind die Cataracta diabetica und die Retinitis diabetica. 
Die meisten der übrigen den Diabetes begleitenden Augenerkrankungen 
zeiren keine sie besonders charakterisierenden Erscheinungen. Es gehören 
hierher Blutungen, Akkomodationsstörungen, entzündliche Erscheinungen 
und Amblyopie, welche ebenso wie die Erkrankungen der Ausennerven 
toxämischen Ursprungs sein dürfte. von Hofmann-Wien. 


The pulmonary complications of diabetes. Von J.J. Perkins. 
(The Practitioner. July 1907.) 


. . ` . ` - `Y 
Lungenerkrankungen sind bei Diabetes nicht selten. So konnten 


Harn- uad Stoffwechsel. — Diabetes. 913 


bei 92 Sektionen von Diabetikern 78 mal Erscheinungen von seiten der 
Lungen nachgewiesen werden. Am häufigsten findet sich Tuberkulose. 
Nicht selten ist akute und chronische Pneumonie. Mit dem Eintritte 
der Lungenentzündung nimmt der Zucker im Urin ab, um nach der 
Krisis wieder anzusteigen. Eine dritte bei Diabetes sich nicht selten 
findende Komplikation von seiten der Lungen ist die Gangrän, von der 
wir eine akute und eine subakute oder chronische Form unterscheiden 
können. von Hofmann-Wien. 


Diabetes and insanity. Von Th. B. Hyslop. (The Practitioner. 
July 1907.) 

Diabetes steht mit Geistesstörungen in vielfachem Zusammenhang. 
H. hebt folgende Formen besonders hervor: 

1l. Diabetes abwechselnd mit Geistesstörung. 

2. Melancholische Zustände, welche vorübergehend sein können. 

3. Dementia als Folge von wiederholten heftigen Gemütsbewegungen, 
(sefäfsdegenerationen und Nierenerkrankungen. 

4. Allgemeine Paralyse, eine äufserst seltene Form. 

5. Halluzinationen. 

6. Bei manchen Fällen von akuter Manie findet sich eine beträcht- 
liche Glykosurie. 

7. Bei den Nachkommen und Verwandten von Diabetikern kommen 
psychopathische Erscheinungen vor. 

8. Verschiedene Formen von Lähmung, oft vorübergehender Natur, 
können eine Einleitung zum Coma uraemicum oder diabeticum bilden. 

Nach H.s Erfahrungen finden sich auf Diabetes zurückzuführende 
Geistesstörungen häufiger bei Männern als bei Frauen. Das Alter der 
Befallenen beträgt gewöhnlich 50 bis 60 ‚Jahre. 

von Hofmann-Wien. 


Diabetic gangrene. Von C. Wallace. (The Practitioner. June 1907.) 

Man findet diese Komplikation gewöhnlich bei Patienten im Alter 
von etwa 60 Jahren, und häufiger bei Männern als bei Frauen. Gewöhn- 
lich werden die Extremitäten, und zwar besonders die unteren befallen. 
Die Gangrän kann spontan, oder nach einem Trauma, oder im Anschlufs 
an ein bereits bestehendes Geschwür auftreten. Die Erkrankung scheint 
durch mangelhafte Ernährung der (Gewebe infolge Arteriosklerose der 
(sefäfse bedingt zu sein. Die Therapie kann eine palliative (Ruhe, 
Narkotika usw.) oder eine operative sein. Letztere erscheint mitunter, 
besonders bei septischen Erscheinungen, unbedingt angezeigt, um das 
Leben des Patienten zu retten. Die notwendige Amputation mufs mög- 
lichst weit oben vorgenommen werden. Durch die Amputation wird in 
der Regel auch die Glykosurie in günstigem Sinne beeinflufst. 

von Hofmann-Wien. 


On diabetes in children. Von H. M. Fletcher. (The Practitioner. 
July 1907.) 


Diabetes ist eine bei Kindern seltene Erkrankung. Auf 506 in 


914 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


22 Jahren in Bartholomews Hospital behandelte Patienten kommen nur 
27 (5,4°/,) unter 16 Jahren. Die Erkrankung kann schon im ersten 
Lebensjahre auftreten, bleibt aber öfters unbemerkt, da der Urin nur 
selten untersucht wird. Heredität spielt bei Kindern die gleiche Rolle, 
wie beim Erwachsenen. 

Die Prognose des Diabetes mellitus bei Kindern ist eine höchst 
ungünstige, erst mit dem 13. bis 14. Lebensjahre wird sie etwas günstiger. 
Die Behandlung ist im allgemeinen die gleiche, wie beim Erwachsenen. 
Der Hauptunterschied in der Behandlung beruht darauf, dafs bei Kindern 
eine vollständig kohlehydratfreie Diät nur selten durchgeführt werden 
kann, ohne Steigerung der Azeton- und Azetessigsäureausscheidung und 
erhöhte Disposition zu Coma zu bewirken. von Hofmann-Wien. 


Über die tabiformen Veränderungen der Hinterstränge bei 
Diabetes. Von L. Schweiger. (Wiener med. Wochenschritt. Nr. 32, 
1907.) 

8. sagt zusammenfassend folgendes: Es finden sich bei Diabetes 
Hinterstrangsveränderungen, die keineswegs den Charakter der bei per- 
niziöser Anämie beschriebenen degenerativen Myelitiden haben, deren 
Prädilektionsstelle das Halsmark ist, die aus kleinen, um die Gefälse 
angeordneten, konfluierenden Herden bestehen und bei denen stets 
frische, akute Nachschübe zu finden sind, sondern zeigen den Charakter 
einer Degeneration des Systems der hinteren Wurzeln. ' Sie unterscheiden 
sich dadurch von der echten Tabes, dafs sie eine inkomplette Erkrankung 
der hinteren Wurzeln darstellen. von Hofmann-Wien. 


The basis of therapy in diabetes. Von J. W. Hall. (The Practi- 
tioner. July 1907.) 

Als Grundlage für eine rationelle Therapie mus man sich folgende 
Tatsachen vor Augen halten: 

Die Einführung von Lävulose ist mit verminderter Zuckeraus- 
scheidung verbunden. 

Glykose per rectum eingeführt erzeugt eine geringgradigere Glyko- 
surie als die entsprechende Menge per os (bei Berücksichtigung der 
tatsächlich absorbierten Quantität). 

Kartoffeln und Hafermehl erzeugen weniger Glykosurie, als die im 
Brote enthaltene Stärke. 

Albuminate steigern im allgemeinen die Glykosurie, sowohl in 
leichten, als in schweren Fällen. 

Alkohol in medizinischen Dosen vermindert häufig die Glykosurie ; 
im Übermalse genossen, steigert er die letztere. 

Bei einzelnen akuten Fällen hat man eine günstige Wirkung des 
Sekretins auf die Zuckerausscheidung beobachtet; bei chronischen Fällen 
erhielt man oft negative Ergebnisse. 

Durch ausgiebiges Schwitzen, Muskelarbeit, Herumgehen und heilse 
Bäder wird die Zuckerausscheidung vermindert. 

von Hofmann- Wien. 


Gonorrhoe und Komplikationen. 915 


Diet in Diabetes. Von M. Labbé. (The Practitioner. July 1907.) 


Die Diät richtet sich hauptsächlich danach, ob der Diabetes mit 
Schädigung des Ernährungszustandes einhergeht oder nicht. Im letzteren 
Falle besteht die Behandlung aus zwei Phasen, indem zunächst die be- 
stehende Hyperglykämie durch langsame Herabsetzung der Kohlehydrat- 
zufuhr bis unter die Toleranzgrenze beseitigt und dann eine bestimmte, 
ebenfalls nur wenig Kohlehydrate enthaltende, nach Kalorien genau ge- 
regelte Diät verordnet wird. Ist der Kranke in seiner Ernährung 
heruntergekommen, so reicht man gemischte Kost in grölseren Quanti- 
täten, um der Polyphagie Genüge zu leisten und eino weitere Beein- 
trächtigung des Ernährungszustandes zu verhindern. 

von Hofmann- Wien. 


The Carlsbad treatment of diabetes and glycosuria. Von F. 
Kraus. (The Practitioner. July 1907.) 

K. gibt eine ausführliche Darstellung der in Karlsbad üblichen 
Diabetesbehandlung. Die Trirkkur beginnt man zunächst in der Regel 
mit den kühlen Quellen (Marktbrunn, Schlofsbrunn, Kaiserbrunn) und 
kann später zu den warmen Quellen (Felsenquelle, Franz Josef- Quelle, 
Sprudel) übergehen. Die diätetische Behandlung erfolgt entsprechend 
den modernen Prinzipien. Bäder der verschiedensten Art spielen eine 
grolse Rolle, das Gleiche gilt von körperlichen Übungen und Elektro- 
therapie, während pharmazeutische Präparate nur wenig in Anwendung 
gebracht werden. von Hofmann- Wien. 


Emploi de l’adrenaline contre le diabète insipide. Von Vara- 
min. (La Semaine médicale 1907, No. 21.) 

Verf. wandte bei einem 27jährigen Manne mit Diabetes insipidus 
Adrenalin Tu (5—10 Tropfen pro die) mit gutem Erfolge an. Der 
Urin, der 9—10 Liter betrug, ging bald unter 5 Liter herunter und 
hielt sich auch in dieser Grenze. E. Lewitt. 


Ill. Gonorrhoe und Komplikationen. 


Bericht über die Tätigkeit des Untersuchungsamtes für an- 
steckende Krankheiten zu Halle im Jahre 1906 in bezug auf 
Gonorrhoe. Von Dr. T. A. Venema in Leiden. (Hygienische Rundschau. 
1907, Nr. 18) 
© Verf. berichtet über die Untersuchung der Proben, welche von 
Arzten zwecks bakteriologischer Untersuchung dem Hallenser Unter- 
suchungsamte zugesandt wurden. Was die Gonorrhoe betrifft, so wurden 
419 Untersuchungen von Harnröhren-, Scheiden- und Konjunktivalsekret 
gefordert. Davon konnten 138 als positiv beantwortet werden, also 32,9"). 
261 Fälle waren negativ, während 20 Fälle keine ganz sichere Ent- 
scheidung zulielsen und als verdächtig beantwortet wurden. 

Das Material wird auf 2 Objektträgern ausgestrichen, mit den be- 
strichenen Flächen aufeinanderlierend, zugeschickt. Die Objektträger 


916 Gonorrhoe und Komplikationen. 


wurden, mittels eines Gummibändcehens fixiert und in etwas Watte ver- 
packt, in einer Kartonschachtel versandt. 

Der eine Ausstrich wird dann mit Löfflers Methylenblau gefärbt, 
wodurch man ein gutes übersichtliches Bild erlangt und schon mit fa-t 
absoluter Sicherheit die Diagnose stellen kann. Ein solches Präparat ist 
im allgemeinen leichter zu durchmustern, als ein Grampräparat, dient 
also eigentlich zur Orientierung. Doch wird bei positivem Ausfall die 
Diagmose noch nicht auf Gonorrhoe gestellt, vielmehr abhängig gemacht 
von dem Ausfall des Grampräparates, das mit dem zweiten Objektträger 
angefertigt wird. In einer Anzahl von Fällen wurde auch Gebrauch 
gemacht von der Färbung mit Toluidinblau, wie sie von L. de Jager 
empfohlen wird, und man hatte damit ebensogute Resultate, wie mit dem 
Löfflerschen Blau. 

Eine positive Antwort wird nur erteilt, wenn gramnegative intra- 
leukocytäre, morphologisch typische Gonokokken nachgewiesen werden 
können. Nötigenfalls kann das erste Präparat entfärbt und darauf nach 
Gram gefärbt werden. Bei der Gramfärbung wurde in der letzten 
Zeit nach der Dreyerschen Modifikation verfahren und also Karbol- 
gentianaviolett verwendet. Es wurde 15 Sekunden mit verdünnter Kar- 
bolfuchsinlösung nachgefärbt. Auch sehr geeignet zur Nachfärbung ist 
eine von Pr. Blumenthal in Moskau empfohlene verdünnte Neutral- 
rotlösung (1 Teil gesättigte wässerige Neutralrotlösung, 7 Aqua destill.), 
die man 10 Sekunden einwirken läfst. Die Methode wurde vielfach 
verwendet und ihre Resultate waren sehr zufriedenstellend. 

Es handelte sich fast ausschliefsliceh um Harnröhren- und Varinal- 


sekret. Kr. 


A case of gonococcal pyaemia. Von EH Jacob Brit. Med. 
Journal, July 27. 1907.) 


Die 35djährige Patientin war wegen pyämischer Erscheinungen auf- 
genommen worden Im Eiter des rechten Handgelenkes konnten typische 
Gonokokken nachgewiesen werden. Es stellte sich Endokarditis und 
Pleuritis ein und, die Patientin starb. von Hofmann- Wien. 


Trockenbehandlung der Gonorrhoe. \on Dr. Zeuner. (Berl. 
klin. Wochenschr, 1907, Nr. 35.) 


Die Methode hat nach Ansicht des Verf. vor den Injektionen den 
Vorzug, dafs sie die Sekretion beschränkt, indem das eingeblasene Pulver 
in feiner dichter Verteilung in misten Kontakt mit der Harnröhren- 
schleimhaut kommt. Zur Anwendung gelangt hauptsächlich Phenyform 
und Xeroform, die Einblasung geschieht mittelst eines „Pulveral” ge 
nannten Instrumentes, das aus einer abgebogenen Glasröhre besteht. welche 
eine Ansatzspitze aus Harteummi hat und am oberen Ende eine Schaufel 
trägt. Diese letztere wird gestrichen voll mit dem Pulver beladen und 
mittelst eines Ballons durch viermaliges kräftiges Andrücken in die 
Urethra geblasen, nachdem der Patient uriniert hat; der nachsickernde 
Urin ist möglichst erst zu beseitigen. Auch für die Gonorrhoebehandlung 


Penis und Harnröhre. 917 


der Frauen und Kinder soll das Instrument geeignet sein, ferner zur 
Dehnung und Entrierung strikturierter Stellen. Bei akuter Gonorrhoe ist 
die Einblasung viermal täglich vorzunehmen, bei chronischer entsprechend 
seltener. Paul Cohn-Berlin. 


Über das Dormiol als Sedativum. Von E. Baroch, (Allgem. 
mediz. Zentralztg. 1907, Nr. 12.) 


In mehreren Fällen von akuter Gonorrhoe und Epididymitis hat B. 
das Dormiol als vorzügliches Mittel gegen quälende Erektionen und 
Schlaflosigkeit erprobt. Es wird in Kapseln zu 0,5 verordnet. Verf. 
wendet es auch bei tabischen Gelenkschmerzen und lanzinierenden 
Schmerzen, bei Hysterie und Epilepsie mit gutem Erfolge an. 

Hentschel- Dresden. 


Über einige neuere Antigonorrhoica (Santyl, Blenal, Kawa- 
Kawin, Cystopurin). Von M. Brenning und M. Lewitt. (Allg. med. 
Zentralztg. 1907.) 


Die Verf. haben in 75 Fällen von Gonorrhoe die Wirkung des 
Santyls genauer beobachtet. 60 Fälle wurden günstig beeinflufst, nur in 
15 Fällen war keine besondere Wirkung zu bemerken. Subjektive Be- 
schwerden und Fluor liefsen bald nach, der Urin klärte sich schon nach 
wenigen Tagen. (iegenüber anderen Sandelölpräparaten hat Santyl den 
Vorzug, dals es sich nicht in der Exspirationsluft bemerkbar macht. 

Mit Blenal, dem Kohlensäureester des Sandelöles, wurden 25 Fälle 
von Gonorrhoe behandelt. In der Wirkung ist es ungefähr von gleichem 
Wert wie das Santyl. Die Wirkung des Kawa ist hauptsächlich eine 
diuretische und narkotische, daher ihre Anwendung als anästhesierendes 
und reizmilderndes Mittel auf die Schleimhaut des Urogenitaltraktus. 
Neuere Kombinationen des Kawa sınd Gonosan, Kawaform und das 
Kawa-Kawin. Die beiden letzteren sind Formaldebydverbindungen, wie 
auch das Cystopurin. 

Alle die Mittel haben ihre guten Wirkungen; dem einen oder andern 
einen Vorzug einzuräumen, dürfte schwer fallen, zumal wegen der meist 
gleichzeitig geübten lokalen Therapie. Oft wirkt das eine, wo ein anderes 
versagte. Eine gröfsere Auswahl solcher Mittel ist daher nur wünschens- 
wert, Hentschel- Dresden. 


IV. Penis und Harnröhre. 


Zur Behandlung der nervösen Impotenz. Von C. Posner-Berlin. 
(Die Therapie der Gegenwart, Juli 1907.) 

In der Auffassung der sog. nervösen Impotenz steht augenblicklich 
wieder die Frage im Vordergrund, ob und in wie weit hier die Nerven- 
schwäche als primärer Faktor anzusehen ist, oder ob örtliche Ursachen 
irgendwelcher Art mitwirken. In früherer Zeit neigte man sehr stark 
dazu, wenigstens für sehr viele Fälle mangelhafter Potenz örtliche Ursachen 
vorauszusetzen. Man glaubte namentlich den Samenhügel als Sitz solcher 
Veränderungen annehmen zu sollen. Mit der feineren Ausbildung der 


918 Penis und Harnröhre. 


urologischen Diagnostik trat hier ein deutlicher Umschwung ein und so 
ist man jetzt vielfach dahin gekommen, die nervöse Impotenz gewisser- 
mafsen als ein Noli me tangere anzusehen und prinzipiell, sowie dies 
Symptom einmal feststeht, sich jedes Eingriffs zu enthalten oder min- 
destens damit zu warten, bis die neurasthenischen Erscheinungen sich 
gebessert hätten. Am ehesten liefs man die Lokaltherapie noch in den- 
jenigen Fällen gelten, in welchen die Entstehung im Anschlufs an eine 
gonorrhoische Infektion ganz augenscheinlich war. Hier muf/ste man an: 
erkennen, dafs namentlich die «o häufige chronische, postgonorrhoische 
Prostatitis der Behandlung bedurfte, und dafs die Beschwerden nicht 
schwanden, ehe diese beseitigt war. Fehlte indes die voraufgerangene 
Tripperinfektion sowie der Hinweis auf eine Infektion überhaupt, so 
schied man gar diese Fälle von vornherein aus und nahm an, dals keine 
lokale Erkrankung vorliege. Dieser Schlufs ist indes nicht richtig, wıe 
Verf. ausführt. Das Fehlen einer Infektion schliefst noch nicht eine 
Entzündung überhaupt aus. Es gibt nach Verfassers klarer Darlezung 
Retentions-Prostatitiden, Prostatitiden infolge von Stauung des Prostata- 
sekrets, und gerade diese sog. „aseptische* Form bildet eine besonders 
häufige Veranlassung zur Auslösung der nervösen Impotenz. 

Wenn man erwägt, eine wie grofse Rolle in der Ätiologie sexuelle 
Exzesse, Masturbation usw. spielen — lauter Momente, welche gerade 
für die Entstehung dieser aseptischen Prostatitis in erster Linie in Be- 
tracht kommen, so wird ihre Bedeutung für die Herabsetzung der Potenz 
nicht unterschätzt werden. 

Es mufs also auch in solchen Fällen, in denen keine Gonorrhoe 
vorliegt, die genaueste Lokaluntersuchung vorgenommen und sorgfältigst 
nach entzündlichen Vorgängen in der Prostata geforscht werden. 

Dafs gerade die Prostata für die Entstehung von Retlexneurosen 
verschiedenster Art in Betracht kommt, ist eine jetzt ganz geläufiger 
Anschauung, und, wie so oft in analogen Fällen, pflegt man auch hier ein 
ganz augenscheinliches Mifsverhältnis zwischen der Intensität der örtlichen 
Ursache und dem nervösen Endeffekt zu sehen. So finden wir bei Patienten 
mit chronischer Prostatitis bekanntlich Verdauungsstörungen, Kopfschmer- 
zen, Verstimmung, die sich bis zur Melancholie steigern kann — und 
ganz besnnders häufig Klagen über mangelhafte, ja erloschene Potenz. 
Der feinere Zusammenhang ist nicht leicht zu übersehen. Aber gerade 
bei der Geschlechtstätigkeit spricht doch mancherlei dafür, dals wir ın 
der normalen Beschaffenheit der Prostata ein besonders wichtiges Moment 
erblicken müssen. 

Die in Betracht kommenden Heilmethoden haben zu bezwecken: 
einmal die Bekämpfung der Entzündung selbst, dann die Wiederherstellung 
der normalen Blutverteilungs- und Sekretionsverhältnisse, endlich die Er- 
höhung der herabgesetzten Erregbarkeit. 

Vor allem ist hier die vorsichtige Massage der Prostata indiziert, 
die die Tätigkeit der Drüse wieder regelt. Demnächst sind thermische 
Reize in Erwägung zu ziehen, unter ihnen insbesondere die kühlen Sitz- 
bäder und die Kühlungen des Mastdarms mittels der Arzbergerschen 
Birne; auch die Faradisation der Prostata kann günstigen Eintluls haben. 


Penis und Harnröhre. 919 


Auch von der direkten Behandlung von der Urethra aus hat Verf. bei 
genürrender Vorsicht öfters günstige Erfolge gesehen. 

Hierbei darf die allgemeine, antineurasthenische Behandlung nicht 
vernachlässigt werden. Auch wo wir Grund zu der Annahme haben, 
dafs die nervöse Impotenz durch örtliche Erkrankungen ausgelöst ist, 
dürfen wir doch nie übersehen, wie tiefe und langdauernde Schädigungen 
die sämtlichen in Betracht kommenden Nervenbahnen hierdurch erleiden. 


Kr. 


Über die Ätiologie des Ulcus molle. Von A. Serra. (Dermat. 
Zeitschr. H. 7, 1907.) 

S. gelangt zu folgenden Schlüssen: 

l. Die Entstehung der nicht eröffneten venerischen Bubonen ist auf 
den Ducreyschen Bacıllus zurückzuführen. 

2. Die Ducreyschen Bazillen lassen sich mikroskopisch nachweisen, 
auch wenn sie ım Eiter fehlen, wenn nur der Bubo frischen Datums ist. 

3. Im Eiter unterliegen sie den Erscheinungen der Chromatolyse, 
die eine Folge der unter dem Einflusse der bekannten bakteriziden 
Eigenschaften des Eiters stattfindenden Autolyse ist. 

4. Dieselben Vorgänge treten, wenn auch später, in den Wänden 
des Bubo ein. 

D. Infolge der bakteriziden Wirkung des Eiters nimmt auch die 
Widerstandsfähigkeit der Bakterien im Eiter ab; infolgedessen sterben 
sie schon bei Temperaturen von wenig über 40° ab. 

6. Die Bakterien lassen sich aus den Wänden der Bubonen stets 
züchten, wenn diese nicht schon zu lange bestehen und wenn sio in- 
zwischen stets geschlossen geblieben sind. 

7. Aus den isolierten Bubonen sind die Bakterien leichter zu iso- 
lieren, als aus den Ulcera mollia. 

8. Die Virulenz der Bakterien steht ebenfalls in Beziehung zum 
Alter des Bubo, da sich nur aus jüngeren Bubonen, nicht aus älteren, 
solche ziichten lassen, die imstande sind, bei der Überimpfung wieder 
Ulcera hervorzurufen. von Hofmann-Wien. 


Untersuchungen über den Bacillus des Ulcus molle. Von 
A. Serra. (Dermat. Zeitschr. H. 5 u. 6, 1907.) 

Aus den Schlufssätzen S.s seien folgende hervorgehoben: 

l. Auch ohne sogenannte Reinigung des Geschwürs kann man bei 
Zerreiben des geschwürigen Materials und geeigneter Verdünnung des- 
selben auch auf den gewöhnlichen Nährböden in Reinkultur und konstant 
aus den Ulcera mollia einen Bacillus züchten, der in allen seinen morpho- 
logischen Eigenschaften dem früher von Duerey ım Eiter und von Unna 
im (ewebe der venerischen Geschwüre gefundenen Bakterium entspricht. 

2. Der Bacillus besitzt morphologische und kulturelle Eigenschaften, 
die ibn in die (ruppe der Diphtherie verweisen. 

3. Bei intravenöser, subkutaner oder intraperitonealer Einspritzung 
bei Meerschweinchen, Kaninchen, weilsen Mäusen, Ratten, Hunden und 
Katzen übt er keinerlei direkte pathogene Wirkung aus. 


990 . Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen, 


4. Auf die Schleimhaut der weiblichen Genitalien von Hunden, 
Katzen, Meerschweinchen und Kaninchen verimpft, ruft er keine solchen 
Veränderungen hervor, die sich mit dem typischen Ulcus molle ver 
gleichen liefsen. 

5. Beim Menschen subkutan verimpft erzeugt er ein typisches Ulcus 
molle, wenn die Kulturen auf Menschen- oder Kaninchenblutagar ge- 
wachsen sind und bei den Überimpfungen noch nicht dio 8. Generation 
überschritten haben. Die Nukleoproteide, die Nukleine, die wässerigen 
Auszüge der Bazillen und ihre Rückstände rufen keine Veränderungen 
hervor. 

6. Da sich mit absoluter Sicherheit alle Umstände ausschliefsen 
lassen, die die Versuchsergebnisse beeinflulst oder vorgetäuscht habe 
könnten, so darf man schliefsen, dafs das beschriebene Bakterium den 
Erreger des Ulcus molle darstellt. von Hofmann-Wien. 


Balanites et balano-posthites dues aux euphorbiacdes. \u 
Dr. Duca Vincenzo. (Nach einem Referat in den Annal. des malad. des 
org. génit.-urinaires, No. 9, 1. Mai 1907.) 

Der Verf. beobachtete auf dem Lande Knaben im Alter von 10 bis 
15 Jahren mit ungewöhnlich stark entzündetem Gliede, wobei die Glas 
stark angeschwollen war, die Schleimhaut der Urethra brandig geworden 
war und wobei zuweilen Paraphimosis bestand. Als Ursache ergab sich 
eine Pflanze aus der Familie der Euphorbiaceen, mit der die Knaben 
in onanistischer Absicht ihr Glied eingerieben und von der sie einige 
Tropfen des Saftes in die Urethra gebracht hatten. Eine entsprechende 
antiphlogistische Behandlung führte schnell Heilung herbei. 

Ludwig Manasse-Berlın. 


Totale Gangrän des Penis durch fusiforme Bazillen oder Er- 
frieren erzeugt. Von Dr. Edmund ’Glück. (Pester medizin.-chirurs. 
Presse, 1907, Nr. 1.) 

Der 54 Jahre alto Kranke gibt an, dafs die Vorhaut ohne nach’ 
weisbare Ursache anschwoll. Aufserdem hatte der Mann, als er in be 
rauschtem Zustande in der Nacht von der Nachbargemeinde heimkehrte, 
trotz des kalten Dezemberwetters die Hose zuzuknöpfen vergessen, ® 
dafs der Penis aus derselben heraushing. Am Morgen war die Spitz 
des Penis schwarz. Bei der Aufnahme war die Vorhaut schwarz, In toto 
cangränös, der Penis braun. Es wurde der Detritus untersucht und es 
fanden sich in grofser Menge fusiformo Bazillen und Spirochäten. Da 
man diese bei den durch andere Ursachen erzeugten Gangränen bisher 
nicht fand, mufs nach Verf. angenommen werden, dafs die Gangrän des 
Penis durch die Bazillen, nicht aber durch Erfrierung erzeugt wurde. 
Die letztere kann nur als prädisponierend betrachtet werden. br 


V. Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


Orchite traumatique Von Felizet. Societe de chirurgie, 5 Juni 
1907. (La Semaine medicale 1907, No. 24.) Ä 
. e. ‘alle 

Verf. glaubt an eine rein traumatische Orchitis. Er hat 4—5 Fille 


Prostata. 921 


beobachtet, bei denen keine Zeichen einer Blennorrhoe oder einer Epididy- 
mitis bestanden. 

M. Lucas-Championnere hält ebenfalls eine rein traumatische 
Orchitis für möglich. 

M. Routier konnte, wenn er eine Orchitis, die sich an ein Trauma 
angeschlossen hatte, beobachtete, stets eine Urethritis nachweisen. 

M. Delorme hat dieselbe Erfahrung gemacht wie Routier. 

M. Tuffier hat wohl Kontusionen der Hoden, aber niemals rein 
traumatische Orchitiden gesehen. E. Lewitt. 


A. fifteen pint hydrocele. Von A E Horn, (Brit. Med. Journal, 
July 20. 1907.) 

Bei dem 30jährigen Patienten bestand seit 6 Jahren eine links- 
seitige Hydrokele, welche zur Zeit der Untersuchung eine enorme Gröfse 
erreicht hatte. Bei der Punktion wurden 15 Pinten Flüssigkeit ent- 
leert. von Hofmann- Wien. 


VI. Prostata. 


Le sarcome de la prostate. Von R. Proust u. E. Vion. (Annal. 
des malad. des org. génit.-urinaires, No. 10, 15 Mai 1907.) 

Der Arbeit des Verf. sind im ganzen 48 Fälle von Sarkom der 
Prostata — darunter 34 sicher nachgewiesene — zugrunde gelegt. Be- 
merkenswert ist, dafs die Erkrankung vor dem 30. Lebensjahr eine 
absolut ungünstige Prognose gibt. Jenseits des 30. Lebensjahres wird 
die Prognose etwas besser, es liegen Beobachtungen vor, in denen die 
Patienten die Operationen bis zu 5!/, Jahren überlebt haben. ` 

Im Gegensatz zum Karzinom ist das Wachstum der Sarkome etwas 
langsamer, die Drüsen werden nicht oder erst relativ spät von Metastasen 
befallen. 

Während bei jugendlichen Individuen die Behandlung nur eine 
wesentlich symptomatische sein kann, soll man jenseits des 30. Lebens- 
jahres radikaler verfahren. Je nach Lage des einzelnen Falles wird man 
bei der Operation entweder suprapubisch oder perineal vorgehen. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


Über die gonorrhoischen Erkrankungen der Prostata. Von 
Dr. med. W. Schiele in St. Petersburg. (St. Petersburger med. Wochen- 
schr. 1907, Nr. 29.) 


Verf. fügt den allgemein bekannten und anerkannten Formen der 
akuten und chronischen gonorrhoischen Prostatitis eine noch wenig be- 
kannte und selten beachtete weitere Form der Prostataentzündung hinzu, 
die sich im Anschlufs an subakute und chronische Urethritiden entwickelt 
und die nach Verf. die Hauptschuld daran trägt, dafs der chronische 
Tripper in den Ruf gelangt ist, häufig inkurabel zu sein und die ihn in 
der Tat zu einem Leiden gestaltet, das die ganze Geduld des Patienten 
und die ganze Kunst des Arztes zu seiner Ausheilung in Anspruch 
nimmt. Diese Form, die Verf. als einfach katarrhalische Prostatitis 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 60 


922 Prostata. 


bezeichnen möchte, wird von den Ärzten meist übersehen und nicht 
beachtet, weil sie symptomlos verläuft und weder objektiv auffallende und 
leicht nachweisbare Erscheinungen zeigt, noch dem Patienten lange Zeit 
hindurch irgend welche Beschwerde oder Schmerzen verursacht. 

Die Krankheitserscheinungen decken sich im Grofsen und Ganzen 
mit denen der chronischen Gonorrhoe. Nur bei sehr grofser Aufmerk- 
samkeit wird man makroskopisch in manchen Fällen einige Hinweise auf 
ihr Bestehen auffinden können; sicher feststellen läfst sie sich nur durch 
die mikroskopische Untersuchung des durch Exprimieren vom Rektum aus 
gewonnenen Prostatasekretes.. Bei der Harnuntersuchung müssen kleine 
häkchenförmige Filamente in der zweiten Urinportion den Verdacht auf 
eine einfach katarrhalische Prostatitis erwecken; statt ihrer findet man 
aber häufig ganz kleine punkt- und staubförmige Fädchen in groer 
Zahl oder seltener eigentümliche viereckige weilse flache Plättchen, die 
schnell zu Boden sinken. 

In manchen Fällen, besonders älteren, ist der Urin aber in beiden 
Portionen vollkommen klar und rein. Die mikroskopische Untersuchung 
des ausmassierten Sekretes der Prostata darf natürlich erst nach vorher- 
gegangener gründlicher Spülung der Harnröhre vorgenommen werden. 
Hierzu genügt der Urin des Patienten oder man lälst dem Urinieren 
noch eine Spülung der Urethra mit Wasser oder physiologischer Koch- 
salzlösung nach Janet oder Diday folgen, um jegliche Beimengungen 
aus Blase oder Harnkanal auszuschalten. Das Prostatasekret sieht in 
leichteren Fällen makroskopisch normal aus, doch zeigt uns das Mikroskop 
die Gegenwart von Eiterzellen und meist auch von zahlreichen Epithelien, 
erstere vielfach in Haufen. In normalem Zustande fehlen Leukocyten 
vollständig. In schweren Fällen sieht das Sekret einer kranken Drüse 
trübem flockigem Wasser ähnlich, es ist nicht gleichmälsig „milchig“. 
und mikroskopisch findet man massenhaft Eiterzellen. Spült man, beı 
voller Blase des Patienten, zuerst die vordere Harnröhre rein, massiert 
darauf und läfst dann erst den Patienten urinieren, so sieht man in dem 
durch die Gegenwart des Prostatasekretes homogengetrübten opaleszieren- 
den Urin mehr oder weniger grolse und zahlreiche Eiterklumpen herum- 
schwimmen, die rasch zu Boden sinken. In einzelnen Fällen fehlt die 
opaleszierende Trübung fast ganz und statt der kleinen Klümpchen findet 
sich nur ein an eitriges Sputum erinnernder grofser Klumpen. In frischeren 
Fällen lassen sich im Eiter regelmälsig Gonokokken nachweisen, oft in 
überraschend grolser Zahl und meist an den Epithelzellen haftend. 

Die vom Verf. beschriebene einfach katarrhalische Prostatitis deckt 
sich vollkommen mit der von Casper beschriebenen leichten Form der 
chronischen Prostatitis. Kr. 


Kasuistischer Beitrag zur Prostatectomia suprapubica. Von 
C. Posner. (Berl. klin. Wochenschr. 1907, Nr. 23.) 

Der Patient, über den berichtet wird, war 76 Jahre alt und ge- 
brauchte seit 18 Jahren 2—3 mal täglich den Katheter, bei sonst gutem 
Befinden. Vor 2 Jahren traten Steinsymptome mit heftigen cystitischen 
Beschwerden auf; es gelang, den Calculus mittelst Zertrümmerung zu 


Blase. 923 
entfernen, worauf die Beschwerden sich legten, um neuerdings in er- 
höhtem Grade sich wieder einzustellen, so dafs ein radikaler Eingriff 
notwendig wurde; derselbe bestand in der Prostatectomia suprapubica, 
da die erneute Anwesenheit eines Steines sehr wahrscheinlich war. Ein 
solcher fand sich auch nach Eröffnung der Blase in Form eines Urates 
mit Kalkauflagerung, die Prostata wurde unter Anlegung von zwei über 
die Seitenlappen verlaufenden Inzisionen im Gesamtgewicht von 112 g 
enukleiertt. Der Wundverlauf war unter Drainage der Blase und Ver- 
weilkatheter fieberlos und ziemlich normal, am 21. Tage begann die 
willkürliche Harnentleerung und stellte sich allmählich vollkommen wieder 
her, so dafs nach 6 Wochen, nachdem die Bauchwunde sich völlig ge- 
schlossen hatte, der Patient seinen Urin in 2—3stündigen Intervallen 
vollkommen entleert. Bemerkenswert ist an dem Falle besonders, dafs 
die Blase wieder vollkommen funktionsfähig wurde, obwohl 18 Jahre 
lang der Katheter gebraucht worden war. 


Paul ‚Cohn- Berlin. 


Ein Fall von Prostatahypertrophie durch Prostatektomie ge- 
heilt. Von Dr. Desider Balás. (Pester medizin.-chirurg. Presse 1907, 
Nr. 1.) 


Ein 68 Jahre alter Mann leidet seit einem Jahre an Harnbeschwerden. 
Seit 6 Monaten vermag er nur in hockender Stellung, bei starkem Pressen 
zu urinieren. Der Harndrang stellt sich in letzter Zeit alle 10 Minuten 
ein. Es war keine Striktur vorhanden, dagegen war die Prostata stark 
vergröfsert. Die Vergröfserung war durch eine Hypertrophie des mitt- 
leren Lappens erzeugt. Die Prostatektomie wurde nach Albarran und 
Proust perineal ausgeführt. x 

Die Prostata wurde freigelegt und nach der Aufachlitzung der Pars 
membranacea urethrae unter der Kontrolle des in die Blase eingeführten 
Fingers entfernt. Es wurde ein Dauerkatheter eingelegt, die Wundhöhle 
locker tamponiert, die Wunde etwas verengt. Die Heilung war eine 
ungestörte. Der Katheter wurde mit einmaligem Wechsel 8 Tage lang 
belassen. Der Kranke ist geheilt. Kr. 


VII. Blase. 


Des vices de conformation congönitaux de la vessie et leur 
traitement. Von Dr. Paul Delbet. (Annal. des 'malad. des organ. genit.. 
urinaires, No. 9, 1 Mai 1907.) 

In einer äufserst fleifsigen, mit zahlreichen Abbildungen versehenen 
Studie erläutert der Verf. die angeborenen Mifsbildungen der Harnblase. 
Sie zerfallen in zwei grolse Gruppen; zur ersten Gruppe, den Defekt- 
mifsbildungen, gehört das gänzliche Fohlen und der teilweise Mangel der 
Blase (Ectopia vesicae), zur zweiten — den exzessiven Mifsbildungen, 
rechnet Delbet die Hypermegalie, die Hyperplasie, die Verdoppelung der 
Blase durch vertikale und transversale Scheidewände mit ihren verschie- 
denen Modifikationen. Mit eingehender Berücksichtigung der einschlägigen 
Literatur ist die pathologische Anatomie, die Pathogenese, die Sym- 


60* 


924 Blase. 


ptomatologie, Diagnostik und die Behandlung ausführlich geschildert. Den 
breitesteen Raum nimmt naturgemäls die praktisch besonders wichtige 
Ektopie der Blase ein. Ludwig Manasse-Berlin. 


Bemerkungen zur Diagnose und Behandlung der Cystitis und 
Pyelitis im Kindesalter. Von Langstein. (Therapeutische Monats- 
hefte 1907, 5.) 

Verf. macht auf die Wichtigkeit der Harnuntersuchung bei Kir 
dern aufmerksam, die oft unbestimmte, zum Teil auch schwerere Krank- 
heitssymptome aufklärt. Man findet dann die Zeichen einer Cystitis resp. 
Deels, Für die Infektionswege gibt es drei Möglichkeiten: 

l. das Fortkriechen der Bakterien durch die Harnröhre in die 
Blase, 

2. die Ausscheidung der Bakterien durch die Niere in die Blase 
(hämatogene Infektion), 

3. das Einwandern der Bakterien in die Blase durch die Wandungen 
von den benachbarten Organen aus. 

Von den Erregern erwähnt Verf. den Colibacillus, Staphylokokken. 
Streptokokken, Pyocyaneus und Diphtheriebazillu. Die Gonokokken 
scheinen ihm entgangen zu sein, die m. E. bei der Häufigkeit der 
gonorrhoischen Vulvitis der Kinder eine grolse Rolle in der Aticlunie 
der Cystitis bei Kindern spielen. Die Behandlung unterscheidet sich 
wohl kaum von der der Erwachsenen. Verf. spricht der Cystitis bei 
Kindern eine gute Prognose zu. E. Lewitt. 


Diagnostik der Blasengeschwülste. Von Prissmann. (St. Peters- 
burger med. Wochenschr. 1907, Nr. 7.) 

Ein Blasentumor kann auch ohne die feineren diagnostischen Hilf- 
mittel (Cystoskopie, kombinierte Rektalpalpation) mit Wahrscheinlichkeit 
diagnostiziert werden, wenn nur das Hauptsymptom, die schmerzlost, 
ohne Vorboten und ohne nachweisbare Veranlassung anfallsweise ein- 
setzende Hämaturie richtig gedeutet wird. Es bleibt ein schwerer Kunst 
fehler, einem an derartigen Blutungen leidenden Kranken durch die 
falsche Diagnose „Blasenhämorrhoiden* die einzig geeignete Zeit zur 
Operation zu rauben. Vor Ausführung der Blasenspiegelung soll kein 
Instrument zu diagnostischen Zwecken in die Blase gebracht werden 
wegen Infektionsgefahr. Hentschel-Dresden. 


Ein Fall von dauernder hysterischer „Retentio urinae“. Ven 
Dr. J. Raimist, dirigierender Arzt der Nervenabteilung des jüdischen 
Krankenhauses in Odessa. (Neurolog. Zentralblatt Nr. 14. 1907.) 

Ein 16jähriger Jude versteckte sich während der Metzeleien in 
Kischinew (16. April 1903) zusammen mit 13 anderen Glaubensgenosse? 
in einem Keller, wo er 3 Tage ohne Nahrung und Getränk blieb. Eine 
Woche später fing er an, über Schmerzen und Schwere in den Beinen 
zu klagen. Hierauf stellten sich Beinkrämpfe ein und 2 Wochen später 
trat vollkommene Lähmung der unteren Extremitäten auf. Die Lähmung 


Blase. 925 


und die von Zeit zu Zeit entstehenden Schmerzen dauerten 2 Jahre und 
4 Monate lang. Nach Ablauf dieser Zeit stellte sich allmählich die 
Beweglichkeit wieder her. Im August 1904, als die Lähmungserschei- 
nungen noch bestanden, fühlte er plötzlich starkes Herzklopfen. 3 Stun- 
den später versuchte er vergeblich, zu urinieren. Er kam in ein Kranken- 
haus, wo er während eines viermonatlichen Aufenthaltes täglich zweimal 
katheterisiert wurde. Nach dem Verlassen des Krankenhauses kathete- 
risierte der Patient sich selbst. 

Als der Patient in die Behandlung des Verfassers trat, wurde ihm 
mitgeteilt, dafs er am nächsten Tage elektrisiert werde und dals er 
hierauf sogleich imstande sein werde, zu urinieren. 

Während der mittels eines Pinsels ausgeführten Faradisation des 
Dammes und der Regio suprapubica versuchte der Kranke anfangs mehr- 
mals erfolglos Urin zu lassen, dann gelang es ihm unter grolser An- 
strengung und starken Schmerzen in der Harnröhre (zum 1. Mal seit 
l Jahr 10 Monaten), willkürlich 300 ccm Harn zu entleeren. 

Bei den folgenden Faradisationen genügten schon 15—10—3 Mi- 
nuten, um das spontane Urinlassen hervorzurufen. Eine Woche später 
genügte das einfache Anlegen des Pinsels, um den gewünschten Erfolg 
herbeizuführen. Noch 2!/, Wochen später urinierte der Patient nicht ohne 
Anwendung des faradischen Pinsels.. Während der ersten 3 Wochen 
spannte der Kranke beim Urinieren stark die Bauchdecken, das Gesicht 
wurde rot und bedeckte sich mit Schweils. Sprach man während des 
Urinierens mit dem Kranken, so liefs er den Urin bei geringerer 
Spannung und ohne Klagen. Allmählich gelang das Urinieren ohne An- 
strengung. 

Die Art und Weise der Entstehung und des Verschwindens der 
geschilderten Retentio urinae charakterisiert sie als eine hysterische. 


Kr. 


Two cases of suprapubic litholapaxy. Von R. Heard. (Brit. 
Med. Journal. July 13. 1907.) 


l. 7jähriger Knabe. Seit 8 Monaten Steinsymptome. Wegen zu 
beträchtlicher Gröfse konnte der Stein nicht von der Harnröhre aus 
zertrümmert werden. H. führte die Sectio alta aus und konnte dann 
von der Blasenwunde aus den Stein zertrümmern. Die Steinfragmente 
wogen !/, Unze. Heilung. 

2. 3jähriger Knabe. Seit 1 Jahr Steinsymptome. Sondeneinführung 
unmöglich. Zertrümmerung des Steins wie im ersten Falle. Gewicht 
des Steins 100 Gran (6 Gramm). Heilung. 

von Hofmann-Wien. 


693 Über einen Wachsklumpen in der Blase. — Entfernung des- 
selben durch Auflösung mittels Benzin-Injektion. Von H. Lohn- 
stein-Berlin. (Berl. klin. Wochenschr. 1907, Nr. 23.) 


Der Fall betrifft einen jungen Arbeiter, der seit 5 Monaten an 
einer heftigen Cystitis mit bluthaltigem Urin litt, ohne dafs eine be- 


926 Blase. 


stimmte Ätiologie festzustellen war. Die Cystoskopie ergab ein dem 
Vertex der Blase scheinbar adhärentes, walnufsgrofses Gebilde von gelb- 
lichweilser Farbe, glatter Oberfläche und etwa eiförmiger Gestalt. Ge- 
nauere Beobachtung zeigte jedoch, dals der Körper frei beweglich war. 
wenn er auch sich beständig dem Vertex anschmiegte; er mufste also 
aus einer Substanz bestehen, die spezifisch leichter als Wasser war, aus 
Holz, Kork oder Wachs. Auf eingehendes Befragen gab der Patient 
zu, dafs er sich vor Monaten eine Stearinstange in die Harnröhre ein- 
geführt hätte, von der ein Teil in der Tiefe nach der Blase zu ver- 
schwunden sei. Bemerkenswert war, dafs sich keine Inkrustationen um 
den Fremdkörper gebildet hatten, ein Umstand, der den Versuch recht- 
fertigte, den Wachsklumpen aufzulösen. Es wurden nach Entleerung der 
Blase 15ccm Benzin, das wenig reizend und wenig giftig ist, einge- 
spritzt, was der Patient anstandslos vertrug. Der nach 45 Minuten ent- 
leerte Inhalt enthielt einen Teil des in Benzin gelösten Stearins. Eine 
dann noch zweimal wiederholte Injektion von 25 bezw. 15 g Benzin 
führte zur spontanen Entleerung des übrigen gelösten Stearins. Die au 
nächsten Tage ausgeführte Cystoskopie ergab aulser einer hyperämischen 
Schleimhaut nichts Abnormes mehr, der Patient entleerte schmerzle: 
klaren Urin. Paul Cohn- Berlin. 


Im die Blase einwandernder Gazetupfer mit Hilfe des Cysto- 
skops diagnostiziert und entfernt. Von Fritz Kermauner, Privat- 
dozent und Assistenzarzt an der Heidelberger Universitäts-Frauenklinik. {Bei 
träge zur Geburtshilfe und Gynäkologie. 12. Bd. 1. Heft. 1907.) 

Bei einer 40 Jahre alten Frau, bei der ein mälsiger Prolaps mit 
hochgradiger Metritis und Retroflexio uteri festgestellt war, wurde am 
4. Dezember 1905 Abrasio, vaginale Fixation und scheidenverengernde 
Plastik ausgeführt. Der Eingriff war bei den hochgradigen Stauung*- 
zuständen ein recht blutiger. Glatte Heilung, Temperatur nie über 37.5. 
Nach der Entlassung fühlte sich Pat. längere Zeit sehr wohl. Erst 
einige Monate später erneuten sich die Klagen über stechende Schmerzen 
im Leib und Harndrang (Mai 1906), doch schwanden sie auf heilse 
Duschen und Ichthyoltampons sehr bald. Die wiederholte Untersuchung 
liefs keine Veränderung im Befund, nirgends lokale Schmerzhaftigkeit 
erkennen. Nur eine leichte Cystitis war objektiv nachweisbar. Bei der 
Ausführung des Katheterismus hatte man das Gefühl, dafs der Katheter 
hinter dem Sphincter vesicae über eine zweite enge Stelle passieren 
mufs, ehe er in die freie Blase kommt. Es wurde dies so gedeutet, dafs 
der Fundus uteri hier die Blase vorstülpt, bis zu einem gewissen (irade 
komprimiert und zugleich die völlige Entlerung der Blase verhindert. 
Zeitweilige Blasenspülungen besserten den Zustand vorübergehend. In 
Herbst 1906 unterzog sich die Pat. noch einer Kur in Wildungen. Nach 
dor Rückkehr von W. traten die Schmerzen unverkennbar intensiver auf: 
und auch insofern klagte die Pat. über eine wesentliche Verschlimmerung. 
als eine neue Erscheinung hinzukam: bei stärkeren Bewegungen gelegent- 
lich ganz vorübergehend etwas Blut im Harn. Der objektive Befund 
ergab bei wiederholten Untersuchungen keine Veränderung, Erscheinungen 


Blase. 927 


einer Pyelitis, Symptome, die auf einen Blasenstein gedeutet hätten, 
waren nicht vorhanden. Bei wiederholtem Katheterismus gelang es An- 
fang März einmal, deutlich gefärbten Harn zu erhalten. Dieser Befund 
indizierte eine cystoskopische Untersuchung. Das Cystoskop zeigte nun 
die unteren Abschnitte der hinteren Blasenwand auffallend stark vor- 
gewölbt, besonders nach links hin; der Griff des Instruments mulste sehr 
stark gesenkt werden, wenn man über diese Vorwölbung hinwegkommen 
wollte. Die Schleimhaut in diesem ganzen Bereich diffus gerötet; an 
verschiedenen Stellen weilsliche, flottierende Fetzen und Membranen an 
derselben festsitzend. Ungefähr in der Mitte, etwas unter der Höhe der 
Kuppe, war in einem über talergrofsen Bezirk ausgesprochenes bullöses 
Ödem zu konstatieren, in dessen Zentrum aus einer kraterförmigen Ver- 
tiefung ein kirschgrolses Büschel weils-gelblicher, unter den Irrigations- 
strom lebhaft flottierender Fetzen und Membranen herausragte.e Man 
hatte sofort den Eindruck, dals hier eine lokale Perforation der Blasen- 
wand durch einen Fremdkörper, der von den Membranen bedeckt liegt, 
im Gange ist. Verf. dachte zunächst an eine einwandernde Ligatur, die 
vielleicht durch die Unterbindung eines Blasengefälses bei Ablösung der 
Blase nötig gewesen war. Die in den nächsten Tagen wiederholte 
Untersuchung liefs jedoch nach wiederholter Irrigation mit dem Cysto- 
skop und wiederholter Berührung und Abheben der Membranen mit 
einer neben dem Cystoskop eingeführten Sonde deutlich erkennen, dafs 
es sich um das netzförmige, reguläre Maschengewebe eines Gazestückes 
handle. Mit einem geeigneten Instrument, einer Fremdkörperzange nach 
Collin, gelang es nun mit einiger Mühe, unter Leitung des Cystoskops 
dieses Maschengewebe zu fassen. 

Das erste Stückchen des mürben Zeuges rifs sofort ab, doch be- 
wiesen schon die Fäden, die Verf. damit herausbeförderte, dafs seine 
Diagnose richtig war. Nach wiederholten Versuchen erst konnte Verf. 
fest zufassen und entfernte das Cystoskop. Dem langsamen, konstanten 
Zug folgte ein 54 cm langer Gazestreifen. Der Harn, den Verf. jetzt 
abliefs, enthielt zum Schlufs deutlich dicken Eiter. Neuerliches Eingehen 
mit dem Cystoskop und der Zange. Dieselbe Manipulation brachte ein 
weiteres, 20 cm langes Stück Gaze zutage, mehrere 5—7 cm lange Stückchen 
folgten; ein letztes 10 cm langes Stück liefs an seiner geprefsten Form, 
dem dicken Eiterbelag erkennen, dafs es in toto, ohne abzureilsen, ent- 
fernt worden war. Am 11. März wurden bei erneuter Untersuchung 
noch einige Gazereste aus der Blase geholt. Nun trat schnelle Heilung 
ein. Es handelte sich also um einen langen, schmalen Gazestreifen, der 
bei der vaginalen Fixation in der Wunde liegen geblieben war. Man 
muls wohl annehmen, sagt Verf., dafs er bei der recht blutigen Operation 
zur temporären Stillung der Blutung aus den erweiterten Venen eingelegt 
worden war und dann über den Fundus der grofsen Gebärmutter hinauf- 
geglitten ist. Interessant ist nun jedenfalls, dafs der Streifen zunächst 
monatelang keine Beschwerden gemacht hat. Vor allem erscheint der 
Fall jedoch deshalb mitteilenswert, weil die Diagnose der Tupfer- 
einwanderung hier zum erstenmal sicher gestellt worden war. Anfangs 
war allerdings der Tupfer durch cystische Membranen bedeckt, doch 


928 Nieren und Harnleiter. 


gelang es, mit der Sonde diese Membranen aufzufasern und den Kern 
sichtbar zu machen. Das bei dieser Vergrölserung besonders frappant 
leicht zu erkennende Maschengewebe liels sich sogar selbst mit auf- 
fasern; Verf. möchte daher diese Untersuchungsmethode in künftigen 
Fällen speziell wieder empfehlen, da sie aufser der weichen Konsistenz 
des Fremdkörpers auch seinen Bau in ganz unzweideutiger Weise klar- 
gelegt hat. Kr. 


Blasenschutz während und nach Hebosteotomie. Von Dr.Kroe- 
mer (Giefsen). (Zentralbl. f. Gynäkologie 1907, Nr. 24.) 

K. glaubt, dafs für die Vertreter der Hebosteotomie zwei Aufiraben 
zu lösen sind: die Besserung des primären Verlaufes und die Sicherung 
des Dauererfolges. Die Prognose der Operation hängt von der Gröise 
und der Heilung der Nebenverletzungen ab. Uterus, Scheide und Blase 
sind gefährdet durch Stichverletzungen des Sägeführers, sowie durch Risse 
bei künstlicher Entbindung, aber nur bei Zangenentbindung. Zur Ver- 
meidung der Nebenverletzungen empfiehlt sich Orientierung über die 
Lage der Blase nach Operieren nach Döderlein, Abwarten des Spontan- 
verlaufs. In Fällen fötaler Indikation sind Hilfsschnitte erforderlich. 
Nach dem Durchsären, sowie nach der Entbindung fordert K. Probe- 
füllung der Blase bei Feststellung von Blasenrissen, Freilegung der Wunde 
vom unteren Symphysenrand aus und primäre Naht aller Verletzungen 
ohne Drainage, während der ersten 8—10 Tage den Gebrauch des 
Dauerkatheters. Kr. 


VIII. Nieren und Harnleiter. 


Über den Wert der Indigokarminprobe zur Dia2nose chirur- 
gischer Nierenaffektionen an Hand von 87 operativ behandelten 
Fällen. Von Dr. F. Suter, Privatdozent für Urologie in Basel. (Korre- 
spondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1907, Nr. 15.) 

Verf. hat im Jahre 1904 im Korrespondenzblatt für Schweizer 
Ärzte über Erfahrungen in der Diagnostik der chirurgischen Nieren: 
erkrankungen berichtet, die mit dem Harnscheider von Luys zur Ge- 
winnung des Nierenurins und der Indigokarminausscheidung zur Bexstim- 
mung der Nierenfunktion gemacht worden waren. Er konnte damals 
über 7 Fälle berichten, die nach dieser Methode untersucht worden 
waren; 3 von den Fällen waren zur Operation gekommen. 

Die Methode wurde an Hand der Beobachtungen empfohlen; Verf. 
behielt sich aber ein abschliefsendes Urteil vor, um dasselbe erst an 
Hand gröfserer Erfahrung zu präzisieren. In vorliegender Arbeit be- 
richtet nun Verf. über die weiteren Erfolge mit der Methode, um zu 
zeigen, dafs sie den damals geäufserten Erwartungen entspricht. Es: 
stehen ihm jetzt 37 Fülle zur Verfügung, bei denen der Luyssche Harn- 
scheider, kombiniert mit der Indigoprobe, zur Diagnosenstellung diente 
und die operiert wurden, bei denen also durch die Operation die Probe 
für die Richtiekeit der Diagnose, sowohl was die kranke, als was die 
gesunde Niere betriflt, gemacht wurde. 


Nieren und Harnleiter. 929 


Die Untersuchungsmethode ıst für alle Fälle eine gleichmälsige. Es 
wurde regelmälsig zuerst cystoskopiert, um die Beteiligung der Blase 
an dem Krankheitsprozels festzustellen oder auszuschliefsen, und um aus 
dem Befund in der Blase Anhaltspunkte für die Beteiligung der Niere 
zu erhalten. Dann wurde entweder im Anschluls an die Cystoskopie 
oder in einer spätern Sitzung die Nierenuntersuchung so gemacht, dals 
etwa 5 Minuten nach intramuskulärer Injektion von 4 cm” 4°;/, Indigo- 
karminlösung in physiologischer Kochsalzlösung das Instrument von Luys 
in die gut ausgespülte und mit Borwasser gefüllte Blase eingelegt wurde. 
Bei empfindlicher Blase und Urethra wurde der Eingriff durch eine sub- 
kutane Morphiuminjektion, eventuell intraurethrale Kokaineinspritzung, in 
einigen Fällen auch intrarektale Antipyrininjektion erleichtert. Die in 
20—30 Minuten gewonnenen Urinmengen wurden in der üblichen Weise 
untersucht, d. h. chemisch, mikroskopisch und in vielen Fällen auch durch 
Bestimmung des Gefrierpunktes. 

Was die Ergebnisse der Indigoprobe betrifit, so stellt Verf. folgende 
Schlufssätze auf: 

1. Gesunde Nieren scheiden subkutan verabreichtes Indigokarmin 
nach 8—12 Minuten aus, 

2. Chirurgisch kranke Nieren geben je nach ihrem anatomischen 
Zustand entweder gar keine Farbe ab, oder aber es erfolgt die Farb- 
ausscheidung im Vergleich mit der gesunden Niere verspätet oder doch 
vermindert. — Zwischen der Verminderung der Fähigkeit, Farbe aus- 
zuscheiden, und der Ausdehnung der Erkrankung der Niere besteht ein 
gewisser Parallelismus. 

3. Die Zuverlässigkeit der Indigoprobe ergibt sich aus einer Reihe 
von 35 Nephrektomien und zwei Neplhrotomien, die keinen Todesfall 
aufweist. Kr. 


Beiträge zur Pathologie und Therapie der kongenitalen 
Nierendystopie. Von Dr. Max Sträter - Amsterdam. (Deutsche Zeit- 
schrift f. Chir. 83 Bd., 1. u. 2. Heft.) 


Angeregt durch eine eigene Beobachtung, hat Autor die sehr zer- 
streute Literatur über die kongenitale Nierendystopie gesammelt und 
bietet in seiner lesenswerten Arbeit auf Grund eigener Erfahrung und 
des Studiums von 58 Fällen der ihm zugänglichen Literatur eine zu- 
sammenfassende Darstellung des Gegenstandes. 

Die eigene Beobachtung betraf eine unverheiratete, 34jährige Per- 
son, die stets über Schmerzen rechts während der Menstruation klagte, 
die sonst niemals krank gewesen und im übrigen beschwerdefrei war. 
Der Vaginalbefund ergab: Uterus in Retroflexion nach links, nicht 
vergröfsert, gut beweglich. Rechts vom Uterus fühlt man einen unge- 
fähr hühnereigrofsen Tumor von fester Konsistenz, schmerzhaft bei Druck. 
Dieser Tumor ist in geringem Grade beweglich gegenüber Uterus und 
Beckenwand und scheint durch einen breiten Stiel mit dem Uterus ver- 
bunden zu sein. An den linken Adnexen ist nichts Abnormes zu kon- 
statieren. 


930 Nieren und Harnleiter. 


Bei äufserer Untersuchung des Abdomens ist die Gegend der rechten 
Fossa iliaca schmerzhaft bei Druck. 
Der Urin ist ohne abnorme Bestandteile. 


St. diagnostizierte auf Grund dieses Befundes einen intraliga- 
mentären Ovarialtumor und machte die Laparotomie, die den Fall 
sofort aufklärte. 

Der intraligamentäre Tumor, auf stumpfem Wege vorsichtig heraus- 
geschält, zeigt makroskopisch ganz das Aussehen einer normalen Niere; 
nur ist die Form eine mehr runde und platte. Die in den Hilus ein- 
tretende Arterie entspringt genau aus der Bifurkation der Aorta. Der 
Ureter läuft in schwach gebogenem Verlaufe längs des Uterus nach der 
Blase. Da es sehr wahrscheinlich war, dafs die Anwesenheit der Niere 
im Ligamentum latum die Ursache der heftigen Beschwerden war, ver- 
lagerte St. die Niere retroperitoneal nach dem grofsen Becken und 
fixierte sie dort. Der postoperative Verlauf war ein ganz normaler. Seit 
der Operation — es sind inzwischen 6 Monate vergangen — ist die 
Menstruation immer schmerzlos gewesen. 

Dieser eigenen Beobachtung folgen dann die aus der Literatur ge 
sammelten Fälle, die den Autor zu folgenden Schlüssen führen. 


Die häufigste Form der Nierendystopie ist die einseitige, wo die 
Niere an der ihr zukommenden Körperseite liegt. Im Gegensatz zu den 
erworbenen Dislokationen kommt diese kongenitale Dystopie am häu- 
figsten links vor. 


Bei der gekreuzten Dystopie tritt in den weitaus meisten Fällen 
eine Verwachsung der beiden Nieren auf. 

Was die Beteiligung der Geschlechter angeht, so scheint, wenn man 
die vielen zufälligen Sektionsbefunde mitrechnet, keines zu überwiegen, 
wohl aber, wenn man nur die Fälle in Betracht zieht, die während des 
Lebens in klinischer Beobachtung gewesen sind; es überwiegt dann das 
weibliche Geschlecht um das Vierfache. 


Die Ursachen des Verbleibens der Niere an dem ihr normaler- 
weise nur im embryonalen Leben zukommenden Platze sind noch nicht 
bekannt. 

Autor geht dann auf das nicht selten gleichzeitige Vorkommen von 
Mifsbildungen an anderen Organen (Geschlechtsorganen, Darm, Skelett 
des Beckens und des unteren Teiles der Wirbelsäule) ein und begründet 
dies durch entwicklungsgeschichtliche Ausführungen. 


Die anatomischen Merkmale der kongenital-dystopen Niere lassen 
sich alle von der Tatsache ableiten, dafs die Niere an irgend einer Stelle 
der Bahn, die sie im embryonalen Leben von der Tiefe des kleinen 
Beckens bis zur Lendengegend zurückzulegen hat, ihr weiteres Emportreten 
eingestellt hat und also definitiv die Beziehungen zu den umliegenden 
Organen beibehält, die ihr an dieser Stelle gerade zukommen. Abdo- 
minale, pelvine und abdominal-pelvine Form der Nierendystopie. Es 
werden dann die Beziehungen der dystopen Niere zum Bauchfell und 
Rectum besprochen. 

Die Gefülsversorgung der kongenital-dystopen Niere ist immer eine 


Nieren und Harnleiter. 931 


embryonale. Auf die Gröfse der Niere hat die kongenitale Lage- 
anomalie meistens keinen Einflufs. 

Auch in der Länge des Ureters kommt der embryonale Zustand 
der dystopen Niere zum Ausdruck. Seine Länge ist immer viel ge- 
ringer als die eines normalen Ureters. In der Regel mündet der Ureter 
an normaler Stelle in die Blase, auch in den Fällen von gekreuzter 
Dystopie. 

Was die klinische Bedeutung der kongenitalen Nierendystopie 
anbetrifft, ist die sonst normale von der irgendwie pathologisch 
veränderten dystopen Niere zu trennen. Auch die normale, kongenital 
dystope Niere kann zu den verschiedenartigsten Störungen Veranlassung 
geben. 

In erster Linie sind hier die subjektiven Beschwerden, die bei den 
verschiedenen chronischen Erkrankungen des weiblichen Geschlechts- 
apparates in Erscheinung treten, zu erwähnen, auf die Autor ausführlich 
eingeht. Dann kann auch die Darmfunktion in ernster Weise durch die 
dystope Niere gestört werden. 

Weniger klar ist der Zusammenhang zwischen der Nierendystopie 
und Blasenbeschwerden. In den angeführten Krankengeschichten klagen 
die Patienten über Blasentenesmus, Pollakiurie, auch über Enuresis. 

In zwei Fällen fand man ein Zusammentreffen der Nierendystopie 
mit psychischen Störungen; in dem einen Falle nur führte die Nephrek- 
tomie zur Heilung. 

Endlich geht der Autor auf die schweren Störungen ein, zu denen 
die normal dystope Niere und a fortiori die pathologisch vergröfserte 
während Schwangerschaft und Geburt Veranlassung geben. In 2 Fällen 
trat während der Schwangerschaft Eklampsie ein. Ob die Beckenniere 
als solche die Ursache eines habituellen Abortus werden kann, läfst sich 
nicht beantworten. Wohl aber stellt sie in nicht wenigen Fällen ein 
den Geburtskanal verengendes Hindernis dar. 

Von den verschiedenen pathologischen Zuständen, die an der Niere 
auftreten können, kommen bei der dystopen Niere hauptsächlich die 
Hydro- und Pyonephrosen in Betracht. Wie bei jeder andern im kleinen 
Becken befindlichen Geschwulst wird es hauptsächlich von ihrer Gröfse 
und von einer eventuell stattgehabten Infektion ihres Inhaltes abhängen, 
ob die entartete dystope Niere zu mehr oder weniger ernsten Störungen 
Veranlassung gibt. 

St. empfiehlt in diesbezüglichen unklaren Fällen, es sich zur Regel 
zu machen, die Nierendystopie differentialdiagnostisch in den Kreis der 
Erwägungen zu ziehen, dann wird es in vielen Fällen gelingen, die 
richtige Diagnose zu stellen. 

Die sorgfältige Palpation (Nierenform, hylusartige Vertiefung, 
fixierte Lage an der hinteren oder seitlichen Beckenwand) wird wichtige 
Aufschlüsse geben. Von grolser Bedeutung ist ferner das Konstatieren 
von Mifsbildungen am Genitalapparate, die Messung der Länge der 
Ureteren und das den Verlauf der letzteren wiedergebende Röntgogramm. 

Was zum Schlufs die Therapie der kongenitalen Nierendystopie 
betrifft, so hat diese in den Füllen, wo die Niere schon pathologisch 


939 Nieren und Harnleiter. 


verändert ist, die Regeln der modernen Nierenchirurgie zu befolgen. In 
den Fällen. in welehen die sonst normale dystope Niere keine Be- 
schwerden hervorruft, ist von jedweder therapeutischer Mafsnahme abzu- 
sehen. Ist man zur Überzeugung gekommen, dals wirklich die Nieren- 
dystopie als solche die Ursache der Beschwerden ist, dann ist in erster 
Linie eine operative Dislokation der Niere und Fixation an anderer 
Stelle indiziert. 

Ist die das (reburt-hindernis abgebende Niere hydro- resp. pyvone- 
phrotisch entartet, dann ist die Verkleinerung durch Punktion. eventuell 
die Exstirpation indiziert. S. Jacoby - Berlin. 


Ein mittelst Radiographie diagnostizierter Fall von Nephro- 
lithiasis. Von Dr. Hans Rotky, Assistent der med. Universitätsklinik 
des Prof. v. Jaksch in Prag. (Prager med. Wochenschr. Nr. 28. 1907.) 


Es handelte sich um eine 74 jährirre Frau. Seit Juni vorigen Jahres 
fühlt Pat. beim Gehen öfters empfindliche Schmerzen in der linken Seite. 
Schon damals fiel ihr der gelblich-weifse Urin auf. Die Untersuchung 
des Harns wies Eiweifs nach. Jimm cystoskopischen Bjld zeigt sich die 
Mündung des linken Ureters entzündet, aus ihr sieht man eine 
milchige Flüssigkeit abfliefsen, aus dem rechten Ureter, dessen Mündung 
vollkommen normal erscheint, flielst normaler Harn. Bei der Palpation 
des Abdomens findet sich auf dem linken Quadratus lumborum aufliegend 
ein ungemein derber, fester, etwas höckeriger, mannsfaustgrofser, bohnen- 
förıniger Tumor, dessen Palpation der Frau Schmerzen bereitet. Die 
Betrachtung der Röntgenplatte ergibt bei ventrodorsaler Aufnahme seitlich 
von der Wirbelsäule einen ambofsförmigen Schatten, der bedingt ist durch 
Anwesenheit eines Steines im oberen Pol der Niere. Klinische Dia- 
gnose: "Tumor in der linken Niere, bedingt durch Konkremente in ihr. 
J’yelonephritis. Therapie: Urotropin, Operation. Der durch die Ope- 
ration gewonnene Stein zeigt genau die im Röntgenbilde gesehene Form, 
nur Ist er etwa um ein Drittel kleiner als der Schatten auf der Röntgen- 
platte. Die ungefähr dreifache Vergröfserung des ca. 2 g schweren 
Steines auf der Platte findet durch die Projektion ihre Erklärung. 


Kr. 


Über Blutungen nach Nephrolithotomie. Von Dr. Hugo Neu- 
häuser-Berlin. (Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 28.) 


Nach Nephrolithotomien ist der Urin fast in jedem Fallo einige 
Tage bluthaltig, um sich dann allmählich aufzuklären und wieder blut- 
frei zu werden. In einem nicht unbedeutenden Prozentsatz der Fälle 
—- in dem Israelschen Material unter 131 Fällen 12 mal — kommt es 
aber zu stärkeren Nachblutungen, die gelegentlich einen bedrohlichen 
Charakter annehmen können. 

Man kann zwei Haupttypen von Nachblutungen unterscheiden. Bei 
dem einen hält die Blutung länger an und ist intensiver als gewöhnlich, 
oder die bestehende Blutung wird ganz plötzlich so massig, dafs die 
Gefahr der Verblutung eintritt. Bei dem zweiten Haupttypus kommt es 


Nieren und Harnleiter. 933 


zu einer Zeit, wo der Urin bereits klar geworden war, ganz unerwartet 
zu einer „Spätblutung“. Die bisher geschilderten Nachblutungen treten 
nur bei Nierensteinoperationen auf, bei denen die Nieren primär genäht 
wurden. Gelegentlich stellen sich aber auch Blutungen bei Nieren, die 
von vornherein tamponiert waren, und zwar während oder kurz nach dem 
Tamponwechsel. In allen Fällen, die der Verf. im einzelnen mit Bei- 
spielen belegt, ist das einzig sichere Mittel zur Blutstillung eine sorg- 
fältige Tamponade, bei primär genähten Nieren müssen die Nähte zuvor 
entfernt werden. Ludwig Manasse-Eerlin. 


Drei Steinoperationen an beiden Hälften einer Hufeisenniere. 
Von J. Jsrael. (Berl. med. Ges. 1907, 5. Juni; Berl. klin. Wochenschr. 
1907, Nr. 24.) 


Der vorgestellte Patient hat eine Hufeisenniere von der Form, bei 
der die beiden Nieren am unteren Pol zu einem Organ verschmolzen 
sind, welches dicht vor der Wirbelsäule liegt. Der Patient war vor 
mehr als 6 Jahren mit rechtsseitigen Koliken, Pyurie und Hämaturie 
erkrankt; J. konnte durch deutliche Palpierbarkeit des Verbindungs- 
stückes vor der Wirbelsäule das Vorhandensein einer Hufeisenniere, 
ferner rechts von den Wirbelkörpern einen kirschgrolsen Stein fest- 
stellen, der sich dann auch nach ÄAnlegung eines Jlumboabdominalen extra- 
peritonealen Schnittes in dem in der aufwärts gerichteten Konkavität 
des Organs liegenden rechten Nierenbecken fand und extrahiert wurde, 
Die Wunde heilte per primam nach Anlegung einer doppelreihigen 
paramukösen Naht. Fünf Monate später traten Koliken in der linken 
Seite auf; J. konstatierte durch Palpation — die Röntgendarstellung der 
Nierensteine war damals noch nicht ausgebildet — ebenfalls ein Nieren- 
konkrement und entfernte es in derselben Weise aus dem linken symme- 
trisch gelegenen Nierenbecken. Der Patient war jetzt gesund, bis auf 
etwas getrübten Urin. Nach sechs Jahren traten erneute linksseitige 
Schmerzen auf, und jetzt ergab das Röntgenbild einen gänseeigrolsen 
Stein im linken Nierenbecken, der durch Nephrotomie entfernt werden 
mulste; unter Drainage der Nierenwunde und des Beckens heilte die 
Wunde, und der Patient ist jetzt vollständig gesund. 

Paul Cohn-Berlin. 


Zweiseitige Pyelitis calculosa in einem Falle von Hufeisen- 
niere. Von Arnold Winternitz. (Pester medizin.-chirurg. Presse 1907, 
Nr. 27.) 

Der Kranke ist ein 14 Jahre alter Knabe, bei welchem vor 
8 Jahren ein Blasenstein entfernt wurde. Jahrelang erfreute er sich des 
besten Wohlbefindens. In den letzten 2 Jahren traten in der rechten 
Lumbalgegend und im Bauche zeitweilig Schmerzen auf. In den letzten 
Monaten kamen die Schmerzen immer häufiger, der Harn wurde trübe, 
auch Fieber trat auf. Der Knabe wurde am 13. November in das 
Stefanie-Kinderspital in Budapest aufgenommen. 

Diagnose: Pyonephrosis. Am 17. November wurde die Operation 


934 Nieren und Harnleiter. 


ausgeführt. Es fand sich ein hühnereigrofser, retrorenaler Abszels, welcher 
die Niere nach vorn dislozierte. Die Niere ist grofs, sie fluktuiert, auf 
Inzision entleert sich ein Liter übelriechenden, dicken, mit Harn ge- 
mengten Eiters. Das Nierenbecken ist sehr erweitert, es zieht median- 
wärts bis zur Wirbelsäule hin. In demselben findet sich ein großer, 
8 cm langer, durch Phosphatauflagerungen unebener, verzweigter Urat- 
stein. Nierenbeckendrainage, Tamponade. Das Fieber liefs sofort nach. 
Am nächsten Tage. entstand Ikterus. Die Menge des Harnes betrug 
300 g. Am dritten Tage tritt bei Steigerung des Ikterus Bewulstlosig- 
keit ein; am vierten Tage kehrt das Bewufstsein zwar zurück, doch ent- 
steht vollständige Blindheit. Die Menge des Harnes beträgt 1500 g 
und schwankt seither beständig zwischen 1500—2000 g. Von einer 
geringen Fieberbewegung abgesehen, beginnt der Kranke sich zu erholen. 
Am 19. Januar 1907 Nephrektomie. Es liegt eine Hufeisenniere vor. 
Die Grenze zwischen beiden Organen wird durch eine seichte Furche 
angedeutet. Die Separation der beiden Organe wird durch einen, 1 cm 
weit von der Furche im Gewebe der Niere der anderen Seite geführten 
Schnitt ausgeführt. Der Verlauf war zunächst ein ungestörter. 2 Wochen 
später treten kolikartige Schmerzen in der Gegend der linken (entgegen- 
gesetzten) Niere auf, auch ist eine leichte Fieberbewegung vorhanden. 
Die Schmerzen steigern sich beim Gehen. Im Harn tritt Blut auf. Die 
Umstände erregten den Verdacht, dafs sich auch in der linken Niere 
ein Stein befinde. Die Röntgen-Photographie liefs die Schatten dreier 
Steine erkennen. Die funktionelle Untersuchung der einzigen, Steine ent- 
haltenden Niere ergab ein zufriedenstellendes Resultat. Es wurde dem- 
nach die operative Entfernung der Steine beschlossen und die Nephro- 
tomie 3 Monate nach Entfernung der rechten Niere ausgeführt. Es trat 
vollständige Heilung ein. Kr. 


Ein mittelst Radiographie diagnostizierter Fall von Nephro- 
lithiasis. Von H. Rotky. (Prag. med. Wochenschr. Nr. 28, 1907.) 


Die 24jährige Patientin litt seit 7 Monaten an Schmerzen in der 
linken Seite -und Pyurie, welche, wie die ÜOystoskopie zeigte, von der 
linken Niere ausging. Linke Niere druckempfindlich. Die Röntgen- 
untersuchung zeigte das Vorhandensein eines Steines in der linken Niere. 
Nephrotomie. Heilung. von Hofmann- Wien. 


Hypernephrom der rechten Niere mit Luungenmetastasen. 
Von Dr. S. Schaffner. (Schweizer Korrespondenzblatt 1907. Juliheft.) 


Ein 4öjähriger Mann erkrankte ein Jahr vor seinem Tode ohne 
irgendwelche lokalen Symptome und fing an abzumagern. Nach einigen 
Monaten stellten sich Husten und Hämoptoe ein. Die Abmagerung 
und Schwäche nahmen immer mehr zu und der Patient starb an Herz- 
insuffizienz. 

Die Sektion ergab folgendes: In den Lungen fanden sich, fast aus- 
schliefslich in den Unterlappen, rundliche, erbsen- bis halbhübnereigrolse, 
scharf umschriebene @Geschwulstknoten. Ihr Durchschnitt war teils 


Nieren und Harnleiter. 935 


homogen gelb, teils gelb und: dunkelrot marmoriert. In den grölseren 
Knoten fanden sich bis bohnengrofse Cysten mit gallertigem Inhalt. Am 
unteren Pol der rechten Niere war ein kindskopfgrofser, harter Tumor. 
Dessen Durchschnitt war homogen gelbweils, scharf vom Nieren- 
gewebe abgegrenzt. Nierenbecken stark. erweitert. In der Nierenvene 
steckte ein bis in die Vena cava reichender, das Lumen nicht ganz aus- 
füllender Geschwulstthrombus. Die mikroskopische Untersuchung des 
Nierentumors zeigte nirgends das Bild eines Hypernephroms. In den 
zentralen Partien war ausgedehnte Nekrose neben Inseln von kernarmem, 
sklerotischem Bindegewebe. In den peripheren Partien war das Bild 
meist das eines Spindelzellensarkoms mit mehr oder weniger Inter- 
zellularsubstanz, an einzelnen Stellen sah der Tumor aus wie ein Angio- 
sarkom, an anderen Stellen fanden sich adenomähnliche Bilder. Ganz 
anders sah es in den Lungenmetastasen aus. In den kleinen, jüngeren 
Knoten fand sich das typische Gewebe einer Struma suprarenalis aberrata, 
in den gröfseren, besonders den rot marmorierten, neben dem neben- 
nierenähnlichen Gewebe angiosarkomähnliche Stellen mit sehr stark aus- 
gedehnten, kavernösen, nur mit einer Endothelwand umgebenen Blut- 
räumen. Kr. 


Cancer du rein avec thrombose cancéreuse de la veine rénale. 
Von Lorrain und Chaton. (Bull. de la soc. anat. de Paris 1907. S. 172.) 


Die Beschwerden der 63 jährigen Patientin begannen vor 14 Monaten 
mit starker Abmagerung und Appetitlosigkeit. Der Tumor lag auf der 
l. Seite und machte sich schon äufserlich durch Vortreibung der betreffen- 
den Gegend des Abdomens bemerkbar. Der Urin war normal. Der 
Tumor ein Karzinom der l. Niere wurde durch Laparotomie entfernt und 
zwar unter grolsen Schwierigkeiten. Schon während der Operation wurde 
am Hilus der Niere eine beträchtliche Dilatation mit Thrombose der 
Nierenvene beobachtet und das thrombosierte Stück, das einen Durch- 
messer von 3cm hatte, mitentfernt. Der Thrombus bestand, wie die 
mikroskopische Untersuchung ergab, aus einer Krebsmasse von derselben 
Struktur wie die Hauptgeschwulst. Die Frau starb 12 Tage nach der 
Operation an Urämie. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Carcinome mélanique du rein gauche primitif. Phlebite cancé- 
reuse de la veine rénale et de la veine porte. Diagnostic de la 
localisation sur le rein par l'examen du sang. Von Lenoble und 
Guichard. (Bull. de la soc, anatom. de Paris 1907, S. 161.) 


Ein 46 jähriger Matrose wurde wegen heftiger Schmerzen in der 
l. Seite ins Krankenhaus aufgenommen. Es besteht starke Abmagerung 
mit Ödem der Beine, ein Tumor in der l. Lumbalgegend, von welchem 
heftige Schmerzen ausstrahlen, der Urin ist spärlich trüb mit etwas Blut 
und Eiweils. Unter den Erscheinungen der Appetitlosigkeit und heftiger 
Diarrhöen stirbt der Kranke nach etwa 3 Monaten. Die Autopsie ergab, 
dafs die linke Niere in einen Tumor von 1800 g Gewicht umgewandelt 
war, der mikroskopisch als ein Melanokarzinom sich erwies. Nur an 


936 Nieren ınd Harauleiter. 


einzelnen Stellen waren Reste von Tubuli nachweisbar. Die rechte Niere 
zeigte an einzelnen Stellen die Erscheinungen einer Glomerulitis und 
Periglomerulitis, im übrigen aber wenig Veränderungen. Die Vena renalıs 
und Vena port. zeigten eine beträchtliche Verdickung ihrer Wände, eine 
Wucherung von Bindegewebe .mit abnorm entwickelten Kapillaren, die 
durch rote Blutkörperchen und melanotische Granulationen erweitert waren. 
Der übrige Inhalt der Venen bestand aus einer Mischung von geronnenem 
Blut und Melanin. Die Untersuchung des Blutes ergab vollständiges 
Fehlen der Mastzellen und sehr spärliches Vorhandensein von Eosino- 
philen, von welchen nur 1:1000 vorhanden war. Dieser Befund ist ein 
Beweis für die Richtigkeit der Pieraccinischen Formel, wonach bei 
schweren Erkrankungen der Niere die Eosinophilen entweder überhaupt 
fehlen oder in nur sehr kleiner Zahl vorhanden sind. 

Lecöne und Bender halten den oben beschriebenen Nierentumor 
für ein Hypernephrom mit interstitiellen Hämorrhagien. 

R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


L’adr6önaline en injections urétérales contre l’hömaturie. \on 
Young. (La Semaine médicale 1907, No. 23.) 

Verf. behandelte eine linksseitige Nierenblutung, die durch ein 
Trauma entstanden war und bereits 16 Monate bestand, mit Einspritzungen 
einer verdünnten Adrenalinlösung in das Nierenbecken durch den Ureter- 
katheter. Die Blutung blieb zunächst stark, verminderte sich dann all- 
mählich. Nach 13 Tagen war der Urin normal. E. Lewitt. 


Ein Fall von kongenitaler Cystenniere mit Tuberkulose. Von 
Coenen. (Berl. klin. Wochenschr. 1907, Nr. 24.) 

Bei dem tuberkulös veranlagten dreijährigen Kinde zeigte sich vor 
2 Jahren in der linken Bauchseite eine Geschwulst, die allmählich zu 
grofsem Umfange heranwuchs. Bei der mittelst des Bergmannschen 
Nierenschnitts vorgenommenen Eröffnung der Bauchhöhle ergab sich, dals 
es sich um einen Nierentumor handelte, der zum Teil mit den Einge 
weiden verwachsen war, so dafs ein Teil des Dickdarms bei der Opera 
tion verloren ging. Die Untersuchung zeigte, dafs die Niere in grolse 
Cysten verwandelt war, so dafs von eigentlicher Nierensubstanz nichts 
mehr vorhanden schien; ferner fanden sich mehrfache grofse tuberkulöse 
Herde, die jedenfalls sekundär durch hämatogene Infektion bei dem 
tuberkulös belasteten Kinde entstanden waren. Die rechte Niere wär 
allem Anschein nach gesund. Obwohl das Kind bei der Operation stark 
kollabierte, erholte es sich schnell wieder und genas innerhalb 2!/, Wochen, 
ein Zeichen, dafs auch kleine Kinder so grofse Operationen gut über 
stehen können. Paul Cohn - Berlin. 


Tuberculose rénale à forme abscédée: néphrectomie: guérison. 
Von Dr. F, Cathelin. (Société anatomique, Februar 1906.) Nach dem Referat 
in den Annales des malad. des organ. génitaux-urinaires, 15. Januar 1%. 
Bei einer 34jährigen Frau war durch den Harnsegregator rechter 


Nieren und Harnleiter. 937 


seits trüber Urin aufgedeckt, der verminderten Gehalt an Harnstoff und 
Chloriden aufwies. 

Bei der Freilegung der rechten Niere fanden sich in der Nähe des 
unteren Poles zwei gröflsere Abszesse von tuberkulösem Charakter. Es 
gelang, die Niere im ganzen aus ihrer Kapsel herauszuschälen, ohne dals 
die äufserst dünnen Wandungen der Abszesse einrissen. Die Heilung 
erfolgte ohne Störung in ganz kurzer Zeit. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


Ein Fall von Hydronephrose. Von G. Illyes. (Ung. med. Presse 
1907, Nr. 18.) 

Bei der 30 jährigen Frau bestand seit einem halben Jahre eine all- 
mählich sich vergröfsernde Geschwulst in der l. Abdominalhälfte, ver- 
bunden mit Trübung des Urins und zeitweisen Kreuzschmerzen. Da 
die Patientin auf Tuberkulin sehr heftig reagierte, wurde die Diagnose 
Nierentuberkulose gestellt. Bei der Operation stiefs man unter den 
Lumbalmuskeln auf einen ca. 1 Liter Eiter enthaltenden Abszefs) der 
von einer Spondylitis herstammte. Nach Beseitigung desselben fand man 
eine grolse fluktuierende Niere, die exstirpiert wurde. Die Hydronephrose 
war dadurch entstanden, dafs der Ureter in einer narbigen Höhle seinen 
Ursprung hatte, wodurch es zu einer Harnretention gekommen war. Die 
Patientin genas vollständig. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


A case of pyonephrosis containing typhoid bacilli in pure 
culture. Von F. L. A. Greaves. (Brit. Med. Journal. July 13. 1907.) 

Der 35jährige Patient, welcher vor 6 Jahren an Typhus gelitten 
hatte, erkrankte vor zirka 4 Monaten unter Schmerzen in der linken 
Lendengegend. Allmählich entwickelte sich daselbst ein Tumor. Bei 
der Untersuchung mit dem Luysschen Separator gewann man nur aus 
der rechten Niere Urin, der ziemlich normal war. Cystoskopisch fand 
man an der linken Uretermündung sternförmig angeordnete Venen, sonst 
nichts Abnormes. Bei der Blofslegung der Niere fand man einen grofsen 
Stein im linken Ureter, der ohne Schwierigkeit extrahiert werden konnte. 
Die Pyonephrose wurde inzidiert. Im Eiter fanden sich Typhusbazillen 
in Reinkultur. von Hofmann- Wien. 


Demonstration einer Anzahl durch Operation gewonnener 
Nierenpräparate. Von F. Löwenhardt. (Allgem. med. Zentralztg. 1907, 
Nr. 14.) 

Unter den 8 von L. resezierten und demonstrierten Nieren befanden 
sich 1 Sarcoma alveolare, 1 Carcinoma papillare der Nieren, Nierenkelch- 
und -beckenschleimhaut, 2 Fälle von Papillartuberkulose, 1 Fall von 
kavernöser Form rechtsseitiger Nierentuberkulose, 1 inkomplette linksseitige 
Pyonephrose, 1 rechtsseitige totale Hydronephrose und eine Nephritis 
mit chronischer Pyelitis und Papillitis. Sämtliche Operierten erfreuen 
sich des besten Wohlseins. L. weist darauf hin, dafs ohne die Anwendung 
der modernen Untersuchungstechnik ein rechtzeitiges Erkennen des Zu- 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 61 


938 Nieren und Harnleiter. 


standes und ein dementsprechend früher Eingriff unterblieben wäre. 
Aufserdem stellt L. zwei ebenfalls erfolgreich exstirpierte grofse Blasen- 
tumoren vor, und zwar ein endovesikal entferntes Fibrosarkom bei einem 
1Ojährigen Mädchen und einen über gänseeigrofsen Tumor bei einem 
32jährigen Mann, bei dem 4 Jahre vorher die erste Hämaturie auftrat. 
Das Mädchen ist jetzt 3 Monate nach der Operation, der Mann 7 Monate 
rezidivfrei. Hentschel-Dresden. 


Some observations on nephrectomy, with statistics of a series 
of cases operated on during the last ten years. Von G. Barling. 
(Brit. Med. Journ. July 18. 1907.) 

B. hat im Laufe der letzten 10 Jahre 39 Nephrektomien ausge- 
führt, davon 21 wegen Pyonephrose oder Pyelitis infolge von Stein. 
Tbc. usw., 12 wegen Hydronephrose, 2 wegen Hypernephroms, 2 wegen 
sekundärer Blutung nach Steininzision, 1 wegen Steins und Papilloms de: 
Nierenbeckens, 1 wegen Cystenniere. Unter allen diesen Operationen 
ist nur ein Todesfall zu verzeichnen. Die Operation wurde stets auf 
lumbalem, nur einmal (bei einem Hypernephrom) auf transperitonealem 
Wege ausgeführt. von Hofmann-Wien. 


Eine einfache Operationsmethode für Steine im Ureter. Von 
Bartlett. (Zentralblatt f. Chirurgie 1907, Nr. 22.) 

B. entfernt kleine Uretersteine mit Umgehung der Niere durch 
direktes Einschneiden auf den Ureter, und zwar führt er einen Längs- 
schnitt durch die Bauchwand am Aufsenrande des Rectus bis zum Peri- 
toneum, das ohne Eröffnung stumpf nach der Mittellinie zu verschoben 
wird. Der Ureter haftet so fest am Peritoneum, und die Verbindung 
zwischen ihm und der Fascia transversalis ist so locker, dafs man ihn 
ohne weiteres in die Wundöffnung ziehen kann, wenn man die stumpf 
vordringende Hand dauernd mit dem Peritoneum in Berührung lit: 
man findet nun durch Palpation mit Daumen und Zeigefinger den Stein. 
spannt über ihm die Ureterwand und schneidet mit spitzem Messer auf 
ihn ein; es genügt ein kleiner Schlitz, durch den der Stein nach aulsen 
schlüpft. Das kleine Loch im Ureter braucht nicht genäht zu werden. 
da sich die Öffnung durch die Elastizität der Wand sofort schliekt; in 
die Nachbarschaft des Ureters wird ein dünner Gummidrain geführt und 
die Wunde bis auf die Austrittsstelle für das Drain geschlossen: nach 
5-6 Tagen Entfernung des Drains; innerhalb zweier Wochen sind die 
Kranken entlassungstühig. W. Karo-Berlin. 


Experimentelle Beiträge zur Frage der Nierenwassersucht 
Von Dr. Julius Bence. (Berl. klin. Wochenschr. 1907, Nr. 27.) 

Die Untersuchungen des Verf. bezweckten, festzustellen, ob die hei 
der Urannephritis entstehende Wassersucht in einer erhöhten Durchlä-f 
keit der Gefäfswände, wie es Richter annimmt, ihre Ursache hat. oder 
ob sie durch gewisse, von den erkrankten Nieren produzierte Stoffe her 
vorgerufen wird, oder endlich, ob sie auch ohne Uranvergiftung b" 


Nieren und Harnleiter. 939 


Tieren, denen die Nieren exstirpiert sind, entsteht. Zu diesem Zweck 
wurde einer Anzahl Kaninchen nach doppelseitiger Nephrektomie Uran- 
nitrat injiziert, wodurch die Entstehung eines aus der Niere stammenden 
Stoffes ausgeschlossen war. In einer zweiten Versuchsreihe wurde den 
Tieren die Niere exstirpiert, ohne dafs sie Uran, jedoch ebensoviel 
Wasser bekamen. Verf. glaubt aus seinen Versuchen folgende Schlüsse 
ziehen zu können: zur Erzeugung von hochgradigem Höhlenhydrops ge- 
nügt beim Kaninchen die Exstirpation beider Nieren, wenn sein Wasser- 
verlust durch genügende Wasserzufuhr auf natürlichem Wege ersetzt 
wird und das Tier die Operation genügend lange übersteht. Der Injek- 
tion von Urannitrat ist kein merklicher Einfluls auf das Ergebnis dieses 
Versuches zuzusprechen. Es muls bei der Entstehung der Wassersucht 
ein Faktor wirksam sein, welcher die Verteilung des Wassers zwischen 
(tewebe, Blut und Gewebsspalten verändert. Paul Cohn-Berlin. 


Sur l’6tiologie de quelques albuminuries gravidiques. Von 
Wallich. Academie de Medecine, Sitzung am 4. VI. 07. (La Semaine 
medicale 1907, No. 23.) 

Verf. stellte unter 45 Fällen von Albuminurie, die während der 
Schwangerschaft aufgetreten war, fest, dafs den Albuminurien in einem 
Viertel der Fälle eine Eiterung der Harnwege zugrunde lag. 

E. Lewitt. 


Über die Behandlung der Nierenentzündung syphilitischen 
Ursprungs berichtete Lévy-Franckel in der Société médicale des hôpitaux 
am 10. Mai 1907 (La Semaine médicale 1907, No. 20) in einem Falle von 
tertiärer Syphilis, bei dem sich eine spezifische Nephritis mit Hydrothorax 
und Ödemen einstellte. Diät hatte gar keinen Einfluls auf die Ödeme 
oder Albuminurie. Erst nach Einleitung einer Quecksilberkur gingen die 
Zeichen der Nephritis zurück. Diese Besserung erfuhr nach Beendigung 
der Quecksilberkur noch eine Unterstützung durch die Diät. 

M. Le Gendre hat ebenfalls eine spezifische Nephritis mit Ödemen 
‘ nach Quecksilberbehandlung verschwinden sehen; die Nephritis war 
18 Monate nach einem Ulcus durum penis entstanden 

M. Widal macht einen Unterschied zwischen der Nephritis im 
sekundären und tertiären Stadium. Bei der Nephritis im sekundären 
Stadium, die mit den Erscheinungen einer Scharlachnephritis einsetzt, 
kann durch Ruhe und Diät allein obne Quecksilberbehandlung Heilung. 
eintreten. Eine Kranke mit einer sekundär syphilitischen Nephritis, 
welche sehr grofse Mengen Albumin ausschied, hat nach 5 tägiger Bett- 
ruhe und Diät nur Spuren Albumin. Nach 8 Tagen war sie fast ohne 
Albumin und Ödeme. In einigen Fällen scheint die Quecksilberbehand- 
lung selbst schädlich zu sein. Ein Kranker, der im sekundären Stadium 
an einer Nephritis litt, zeigte unter dem Einfluls der Quecksilberbehand- 
lung eine Verschlechterung der Nephritis und gleichzeitig die Erschei- 
nungen der Quecksilberintoxikation, so dals man das Medikament aus- 
setzen mufste. Die Wuecksilberbebandlung im sekundären Stadium 

61* 


940 Technisches. 


bei Nephritis hält er in jedem Falle für überflüssig und nicht un- 
gefährlich. 

M. Siredey führt eine Beobachtung an, wo bei einem Luetiker, 
der täglich 42 g Albumin verlor, jede Diät und Ruhe ohre Erfolg blieb, 
dagegen die Quecksilberbehandlung eine Besserung herbeiführte. Bei 
einem anderen Nephritiker im sekundären Stadium steigerte sich der 
Albumingehalt nach der Quecksilberdarreichung. Jede andere Behand- 
lung blieb jedoch ebenfalls ohne Erfolg. 

M. Mosny sah eine Nephritis im sekundären Stadium durch Queck- 
silberbehandlung gut werden, eine andere sich verschlechtern, die dann 
durch hohe Joddosen geheilt wurde. 

M. Rist hat ein hereditär syphilitisches Kind mit Nephritis beob- 
achtet, bei dem Diät ohne Einflufs auf die Nephritis blieb, unter der 
Einwirkung von Quecksilberbijodid die Nephritis rasch ausheilte. 

M. Labbé teilt eine Beobachtung mit, wo bei einem Luetiker, 
jedesmal wenn man ihn der Quecksilberbehandlung unterzog, Albumin 
sich zeigte. 

M. W idal fafst das Ergebnis der Diskussion dahin zusammen, dal: 
die spezifische Behandlung der Nephritis im sekundären Stadium bald 
ohne Wirkung ist, bald einen günstigen, bald einen schädlichen Einflul- 
hat. Daher soll man zunächst versuchen, durch Ruhe und Diät auf die 
Nephritis und Ödeme einzuwirken. E. Lewitt. 


IX. Technisches. 


Das neue Goldschmidtsohe Endoskop in der Praxis. Von 
O. Loose. (Med.-techn. Rundsch. 1907, H. 2.) 

Das neue von Goldschmidt angegebene Urethroskop beruht auf dem 
Prinzip von Nitzes Cystoskop, nämlich mit Hilfe der Harnröhrenwan! 
und des Wasserdruckes einen Hohlraum gleich der Blase herzustellen. 
Dies wird dadurch erreicht, dafs die Wandung des Endoskoprohres in 
einer Länge von 4 cm bis auf zwei schmale Spangen entfernt ist, am 
Ende befindet sich eine Glühlampe. Mittels eines in den Tubus ein- 
geschobenen Sehrohres und der Wasserspülung wird die Harnröhrenwand 
der Untersuchung zugänglich. Bei dem Instrument für die hintere Harn- 
röhre ist das Endstück in Form der Mercierkrümmung gebogen. 

Einen Vorzug gegenüber dem Oberländerschen Endoskop kann 
Verf. dem neuen Instrument, soweit die Urethra anterior in Betracht 
kommt, zunächst nicht zuerkennen. Ganz anders bewährt es sich da 
gegen bei der Untersuchung der hinteren Harnröhre. Man sieht den 
Sphincter, den Colliculus mit seinen Ausführungsgängen und daraus her- 
vortretendem Sekret, Schleimhautwucherungen, Auflagerungen und Infiltrate 
mit gröfster Deutlichkeit. Bei tieferer Einführung werden der Sphincter 
vesicae und die nächsten Teile der Blasenschleimhaut sichtbar. Das neue 
Endoskop kann schon jetzt als das Bindeglied zwischen dem Endoskop 
Oberländers und dem Cystoskop Nitzes angesehen werden. 

Hentschel-Dresden. 


Technisches, 941 


Ein Saccharometer zur gleichzeitigen Bestimmung beliebig 
vieler Zuckerharne (modifiziertes Gär-Saccharoskop nach Citron). 
Von Dr. H. Citron-Berlin. (Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 30.) 


Im weiteren Ausbau seines im Jahrg. 1905, Nr. 44 der Deutschen 
medizinischen Wochenschrift beschriebenen und auch in dieser Zeitschrift 
referierten Gär-Saccharometers hat Citron mit einigen Verbesserungen 
und Modifikationen es ermöglicht, mit seinem neuen Gär-Saccharometer 
gleichzeitig mehrere Zuckerproben auszuführen, was für Massenunter- 
suchungen von einigem Werte ist. Die vorwiegend technischen Aus- 
einandersetzungen sind zum Referat nicht geeignet. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


Remarques sur la technique du cathöterisme ur6dteral. Von 
A. Pappa. (Annal. des malad. des org. genit.-urinaires No. 10, 15 Mai 1907.) 


Der Verf. gibt an der Hand von mehreren Abbildungen eine An- 
leitung zum Katheterismus der Ureteren. Dem Vorgeschritteneren bringt 
die Arbeit nichts Neues, dem Anfänger wird sie die Erlernung der 
Technik erleichtern helfen. Einzelheiten müssen im Original nachgelesen 
werden. Ludwig Manasse-Berlin. 


Trokar-Katheter zur infrasymphysären Blasendrainage. Von 
Proft. W. Stoeckel. (Zentralbl. f. Gynäkologie 1907, Nr. 26.) 


Verf. empfahl vor mehreren Jahren, nach plastischen Operationen 
an der dilatierten Harnröhre und nach Verschluls grofser, bis in den 
Blasenhals hineinreichender Blasenscheidenfisteln anstelle des Harnröhren- 
dauerkatheters die infrasymphysäre Blasendrainage anzuwenden. Will 
man nach diesen Operationen eine Ruhigstellung nicht nur der Blase, 
sondern auch der Wundnaht erzielen, so mufs ein Kontakt des drai- 
nierenden Katheters mit der Nahtstelle vermieden werden. Das ist beim 
Einführen eines Harnröhrenkatheters nicht durchführbar. Der Katheter 
liegt der Naht unmittelbar auf, drückt sie und kann ihre Verheilung 
stören und gefährden. Bei der infrasymphysären Blasendrainage dagegen 
liegt der Katheter zwischen Harnröhre und Symphyse, also oberhalb des 
Operationsterrains, das er nicht berührt und deshalb auch nicht mechanisch 
zu insultieren vermag. Verf. ging damals so vor, dafs er vor Beginn 
der eigentlichen Operation zwischen Klitoris und Orificium urethrae ex- 
ternum einen kleinen Querschnitt anlegte und eine geschlossene Cooper sche 
Schere von diesem Schnitt bis zur Symphyse und dann hart am unteren 
Symphysenrand bis an die vordere Blasenwand heranschob. Darauf 
führte er durch die Fistel, resp. durch die insuffiziente Harnröhre einen 
Finger in die Blase ein und drückte die Blase von innen auf die von 
aulsen vorgeschobene Scherenspitze herauf. Nach Durchbohrung der 
Blasenwand wurde auf dem von der Schere gebahnten Wege ebenfalls 
unter Kontrolle des in die Blase eingeführten Fingers, ein Skenescher 
Glaskatheter in die Blase eingeschoben. Der kleine Querschnitt wurde 
rechts und links durch je eine Knopfnaht so verengt, dafs der Katheter 
fest in dem infrasymphysär geschaffenen Kanal lag. Der Katheter blieb 


949 Kritik. 


8—10 Tage liegen. Nach seiner Entfernung verlegte sich der Fistel- 
kanal sofort so vollständig, dalis kein Tropfen Urin daraus abflofs. Ein 
operativer Verschlufs war nie notwendig. 

Kuestner hat die Technik des Verfahrens dadurch wesentlich ver- 
einfacht und verbessert, dals er auf dem vom Verf. angegebenen Wege 
einen dünnen Trokar nach der Operation infrasymphysär in die gefüllte 
Blase hineinstiefs und nach Zurückziehen des Stachels die Trokarhülse 
als Katheter liegen liefs. 

Verf. glaubt auch, dafs die infrasymphysäre Blasendrainage am 
leichtesten mittels eines Trokarkatheters auszuführen ist, und hat daher 
einen Skeneschen Pferdefufskatheter aus Metall anfertigen lassen, in 
welchen ein biegsamer Trokarstachel eingeschoben werden kann. 

St. wird aber weiter so verfahren, dafs er die infrasymphysāre 
Blasendrainage vor Beginn der plastischen Operation anlegt. Dieses 
Vorgehen ist entschieden schonender und sicherer, als wenn nach Be- 
endigung der Plastik die Blase gefüllt und der Trokar-Katheter ein- 
gostofsen wird. Auch die mäfsig gefüllte Blase weicht dem gegen sie 
angedrängten Trokar aus und läfst sich zuweilen nur schwer durehstofsen. 
Aufserdem kann es passieren, dafs der Trokar, wenn er ohne Finger- 


kontrolle eingestochen wird, zu tief — entweder durch den Sphinkter 
oder sogar durch die vordere Harnröhrenwand — durchgestofsen wird. 
Kr. 


Ein neuer Harnfänger für männliche Säuglinge. Von Teuffel- 
Dresden. (Münch. med. Wochenschr. 1907, Nr. 81.) 

Der Apparat (Abb.!) bezweckt Stabilität und die Möglichkeit, eine 
gröfsere Urinmenge zu sammeln. Heftpflaster kommt nicht zur Anwen- 
dung, das Herausgleiten des Penis nach oben wird verhütet. Der Harn- 
finger wird in 2 Gröfsen bei (. Wiegand-Dresden N. hergestellt; Preis 
Mk. 0,70. Brauser- München. 


X. Kritik. 


The John Hopkins Hospital Reports, Vol. XIII: Studies on 
Hypertrophy and Cancer of the Prostate. Vol. XIV: Studies in 
Urological Surgery. Baltimore 1906. | 

Während in Deutschland die Förderung der Urologie durch klinische 
und Laboratoriumstätigkeit noch durchaus auf private Initiative ange 
wiesen ist, hat sich ihr in Amerika eine neue, mit allen modernen 
Hilfsmitteln versehene Arbeitsstätte eröffnete. In dem chirurgischen 
Neubau des altberühmten John Hopkins-Hospital zu Baltimore, dessen 
Bulletins und Reports schon so vielfach den Beweis dafür abgegeben 
haben, dafs auch im „praktischen“ Amerika ein echt wissenschaftlicher 
(Geist herrscht, ist eine besondere, aus 11 Räumen bestehende poliklinische 
und Unterrichtsabteilung errichtet worden, welcher der Leitung des ge- 
schätzten Kollegen Hugh H. Young untersteht, während die klinischen 
Fälle (wohl vorläufig noch) in der chirurgischen Abteilung des Chef 
arztes Prof. William S. Halstead untergebracht werden. Young 


Kritik. 943 


legt nun in zwei Bšánden von der gewohnten Stattlichkeit (Bd. XIII 
ist 612, Bd. XIV 632 Seiten stark) gewissermafsen Rechenschaft über 
seine und seiner Assistenten Tätigkeit ab, und man kann ihm nur, ange- 
sichts der Gründlichkeit der einzelnen Arbeiten, sowie der Gröfse und 
Vielseitigkeit des benutzten Materials, zu den von ihm erzielten Erfolgen 
(Glück wünschen. 

Bd. XIII ist fast ausschliefslich der operativen Behandlung der 
Prostatahypertrophie gewidmet. 

Man kennt Youngs Stellung zu dieser Frage von seinen früheren 
Mitteilungen her und weifs, dafs er einer der eifrigsten Verfechter der 
perinealen Prostatektomie ist. Der hier vorliegende Bericht umfafst 
163 aufserordentlich genaue, reich illustrierte Krankengeschichten mit 
4,3°/, Mortalität. Nach seiner „konservativen“ Methode sollen bei der 
Operation Harnröhre, Ductus ejaculatorii und Samenblasen völlig intakt 
bleiben, daher auch die Potenz, wo sie noch bestand, erhalten wird. 
Die Ausschälung der Prostata nehme freilich mehr Zeit in Anspruch 
als bei der suprapubischen Operation, doch sei die Nachbehandlung er- 
heblich leichter und die Rekonvaleszenz schneller. — In bezug auf die 
Entstehung und das Wesen der Prostatahypertrophie spricht sich Y oung 
sehr entschieden gegen die Ciechanowskysche Entzündungstheorie und 
für die neoplastische Natur der Tumoren (Adenom, Fibro-myo-adenom, 
seltener reine Myome oder Fibrome) aus. 

Eine besondere Arbeit gilt dann dem Krebs der Prostata; 
derselben liegen 43 Fälle zugrunde; Young empfiehlt in allen zweifel- 
haften Fällen eine perineale Inzision mit Exstirpation eines Stückes, 
aus welchem Gefrierschnitte hergestellt werden; ergibt sich Karzinom, so 
soll sofort radikal operiert werden: er selber hat dies 4mal mit gutem 
Erfolge ausgeführt. 

Endlich enthält der Band noch eine Mitteilung über Rekto-Ure- 
thralfisteln, zu deren Operation eine vorgängige suprapubische ÜUysto- 
tomie empfohlen wird. 

Vielseitiger ist Bd. XIV, welcher 20 Arbeiten Youngs und seiner 
Mitarbeiter aus nahezu allen Gebieten der Urologie bringt. Young er- 
öffnet ihn mit einer ausführlichen Darstellung der Sieben Gläser- 
Probe zur Lokalisation chronischer Urethritis; eine Arbeit von ihm 
und Churchman betrifft die Unterscheidung von Smegma- und 
Tuberkelbazillen. Stephan H. Watts berichtet über eine An- 
zahl von Fällen von grolsen Harnröhrendivertikeln, teils angeboren. 
teils hinter Strikturen entwickelt: Fowler über eine über Jahre sich hin- 
ziehende heftige Harnröhrenblutung, als deren Ursache varıköse Ge- 
fäfse erkannt wurden: Heilung nach vorheriger Sectio perinealis durch 
Elektrolyse. Churchman handelt von der Paraurethritis und ihren 
Beziehungen zur Gonorrhoe, Young gibt ein neues Instrument zur 
Salbenbehandlung der chronischen Urethritis an und teilt in einer 
Arbeit mit Geraghty seine Erfahrungen über Strikturbehandlung 
mit (400 Fälle, davon 30 externe Urethrotomien). Zur Behandlung 
impermeabler Strikturen schligt er einen neuen Weg für den retro- 
graden Katheterismus vor, nämlich nach Freilegung der Urethra mem- 


944 Berichtigung. 


branacea von hier aus. Eine Studie von Churchman betrifft die 
innere Behandlung der Bakteriurie; es werden besonders die Formalin- 
derivate (Urotropin in erste Linie) empfohlen, deren Wert namentlich 
bei Bacillus typhi und Streptococcus pyogenes evident sei. In einem 
folgenden Artikel empfiehlt Young die Anwendung des Cystoskops zur 
Diagnose von Prostataerkrankungen; mit Geraghty und Stevens 
hat er weiter an 385 Fällen die chronische Prostatitis bakterio- 
logisch und klinisch genau studiert; dabei wird hervorgehoben, dals diese 
ungemein häufige Erkrankung keineswegs stets gonorrhoischen oder gar 
gonokokkischen Ursprungs sei. Behandlung vorwiegend mit Massage. 
mehrfach auch, wenn es sich um „obstruierende* Formen handelte, mit 
dem Bottini. Die Blasensteinoperationen werden in einem Aufsatz 
von Young behandelt, in welchem er aufs wärmste die perineale 
Lithotomie empfiehlt. 

An einen Fall von operativer Behandlung eines grolsen Blasen- 
divertikels schlielst er eine eingehende Studie über diese Anomalie, 
ihre Diagnose und Therapie. Es folgt dann die Geschichte eines sehr 
merkwürdigen Falles: Bei einem Patienten ergab sich rechts röntgeno- 
graphisch ein Nierenstein, links lieferte die Röntgenplatte kein Resultat, 
der Ureterkatheter normalen Harn; rechtsseitige Operation — Tod. Die 
Autopsie ergab, dafs links 2 Nierenbecken und ein gegabelter 
Ureter vorhanden waren, ein im oberen Nierenbecken liegender Stein 
war nicht erkannt worden. Weiter betrifft Nierenerkrankungen ein Auf- 
satz von Young und Lehr über Pyonephrose durch den Typhus- 
bacillus, eine kurze Arbeit von Baetjen über die Anwendung von 
Röntgenstrahlen zur Steindiagnose, eine Mitteilung von Fowler über 
Hämaturie bei Nephritis mit dringender Empfehlung operativen 
Einschreitens. Zwei Aufsätze des letzteren Autors behandeln Fragen der 
Steinbildung; bei Oxalaten stützt er durch die Dünnschbliffmethode Eb- 
steins Theorie; bei einem Cystinstein erörtert er die Frage dieser 
Stoffwechselanomalie.e. Endlich gibt Churchman die Beschreibung 
eines Falles von posttraumatischer Hodenatrophie. 

Alle aufgezählten Arbeiten verdienten eigentlich eine eingehender 
Würdigung; diese Anzeige sollte lediglich dazu dienen, die deutschen 
Fachgenossen auf die Arbeitsstätte Youngs und die dort entfaltete rege 
Forschertätigkeit hinzuweisen. Posner. 


XI. Berichtigung. 
In Heft IX dieses Jahrganges, Seite 739, Zeile 9 von unten, muls 


es statt Aspermatismus Azoospermie heilsen. 


Druck von C. Grumbach in Leipzig. 


Über Albuminurie.) 


Von 


C. Posner. 


M. H. 


Je eingehender das Studium der Albuminurie vertieft worden 
ist, um so mehr sind wir zu der Überzeugung gelangt, dafs mit 
dem blofsen Auffinden von Eiweifs im Urin die Vorstellung eines 
bestimmten pathologischen Zustandes nicht verbunden werden darf. 
War früher der praktische Arzt sehr geneigt, an den positiven Aus- 
fall der Kochprobe sofort die Vermutung einer Brightschen Niere 
zu knüpfen, so sind wir nun um vieles vorsichtiger geworden; nicht 
blofs begehren wir Aufschlufs über die Art und Dauer der Eiweils- 
ausscheidung, über die Natur des Eiweilskörpers selbst, wir fordern 
eine genaue Durchmusterung des Harnsediments, wir fragen nach 
dem Vorhandensein und der Beschaffenheit der Zylinder, etwaiger 
Epithelzellen, der weilsen und roten Blutkörper, und vor allem: 
wir versäumen nicht den Zustand des Körpers im ganzen, des Ge- 
fülssystems, der Augen in Betracht zu ziehen, ehe wir die verhängnis- 
volle Diagnose wagen. 

Kurz ausgedrückt: wir zweifeln jetzt nicht mehr daran, dafs 
das Übergehen von Fiweils in den Urin nur ein Symptom ist; ein 
ungemein vieldeutiges Symptom, welches — wofür das eben gehörte, 
treffliche Referat v. Noordens wieder erneute Belegstücke beigebracht 
hat — oft nur auf eine sehr geringe Abweichung von der Norm hin- 
weist; ein ungemein empfindliches Symptom aber, welches wie eine 
sehr feine Wage schon bei minimalen Schwankungen deutliche Aus- 
schläge gibt.”) 


!) Korreferat, erstattet auf dem I. Kongreß der Deutschen Gesellschaft 
für Urologie. Wien bh X, 1907. 

D „L’albuminurie — schrieb im gleichen Sinne bereits 1893 Dieulafoy — 
longtemps considérée comme arbitre souverain, n’a, cu somme, qu'une valeur 
assez secondaire quand il s'agit de spécifier le diagnostic et le pronostic des mala- 
dies des reins; elle n’est qu'un påle satellite de certaines néphrites; elle n’en 
cst qu'un témoin — et quel témoin! témoin infidèle, puisqu’ il peut fairo défaut; 
témoin trompenr, puisque, si Pon n'était prévenu, ìl pourrait induire en erreur et 
faire admettre une néphrite qui n’existe pas.“ 

Zeitschrift für Urologie. 1907, 62 


946 C. Posner. 


Solange man nur in der echten Albuminurie — und nur 
von dieser soll hier die Rede sein — vorwiegend ein Zeichen der 
sog. Brightschen Erkrankung erblickte, war es erklärlich, dafs man 
als Quelle des Harneiweifses gleichmäfsig oder doch fast gleich- 
mäfsig die beiden Nieren in Anspruch nahm. Untersuchte man die 
Nieren eines Brightikers mittelst der von mir auf des verstorbenen 
Perls Veranlassung vor 30 Jahren eingeführten Kochmethode, so 
fand man nicht blofs die typischen Veränderungen der Interstitien, der 
Glomeruli, des Parenchyms beiderseits in nahezu gleichem Grade 
entwickelt, sondern auch Art und Intensität der Eiweilsausscheidung 
liefsen ein ziemlich identisches Verhalten erkennen, wenngleich 
seitens aller Untersucher gelegentlich eine verschieden weit vor- 
geschrittene Ausbildung des Krankheitsprozesses betont wird.!) Ebenso 
wird natürlich eine Doppelseitigkeit der Eiweilsausscheidung auch 
dann ohne weiteres angenommen, wenn es sich um eine vorüber- 
gehende dyskrasische Ursache, um eine Vergiftung oder dergleichen 
handelt. 

Seltener hat man sich früher die Frage vorgelegt, ob nicht 
unter Umständen auch einmal das Eiweils blofs aus einer Niere 
herstammen könne, währeno die andere völlig gesund sei. Die be- 
kannten Tierversuche von Weilsgerber und Perls, von Litten, 
Rosenstein und seinen Schülern, bei denen immer an einer Niere 
experimentiert wurde, lielsen ja freilich in ihrer Mehrzahl eine un- 
mittelbare Anwendung auf die Vorgänge beim Menschen nicht zu; 
immerhin warfen einige von ihnen, wie z. B. die Einengung der 
Nierenvene, die zeitweise Unterbindung eines Harnleiters doch auch 
einiges Licht auf gewisse klinische Beobachtungen. Im allgemeinen 
aber darf man wohl sagen, dals, wenn bei einem Menschen Eiweils 
im Harn erscheint, ohne dals gleichzeitig ganz grobe Veränderungen 
auf eine Niere hinweisen, also ohne dafs etwa Pyelitis, Steinbildung, 
Geschwülste unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, die Vermu- 
tung stets zunächst auf eine gewöhnliche, doppelseitige Affektion 
sich hinlenkt. 

Dennoch ist es über jeden Zweifel erhaben, dafs gelegentlich. 
und vielleicht gar nicht so selten, gerade eine einfache, nahezu 
symptomlos verlaufende Albuminurie als einseitig gedeutet werden 
muls. 

Wir kennen seit geraumer Zeit Beobachtungen, welche in diesem 


1) Namentlich gılt dies für die Granularatrophie. 


Über Albuminurie. 947 


Sinne sprechen, ohne vielleicht die genügende Würdigung gefunden 
zu haben. Menge!) hat bereits vor 7 Jahren darauf aufmerksam 
gemacht, dafs starke Betastung oder Massage einer tiefstehen- 
den Niere Albuminurie erzeugen kann, und sogar in einem Falle 
(durch den doppelseitigen Ureterkatheterismus den ganz direkten Nach- 
weis geliefert, dafs das abgesonderte Eiweils der palpierten Niere 
entstamme. Diese Versuche sind ganz neuerdings durch Schreiber’), 
der bereits durch seine früheren Arbeiten über Kompression des 
Thorax wichtige Beiträge zur Kenntnis der Albuminurie geliefert 
hatte, wieder aufgenommen, bestätigt und wesentlich erweitert worden. 
Die von ihm so benannte renalpalpatorische Albuminurie 
tritt in wenigen Minuten ein, um bald nach Aufhören des Eingriffs 
wieder zu verschwinden. Schreiber erblickt hierin sogar ein wesent- 
liches diagnostisches Hilfsmittel, um bei zweifelhaften Tumoren im 
Bauchraum deren renalen Charakter festzustellen. Bestätigt wurden 
diese Angaben u. a. durch Shebrowski.?) 

Ich habe mich mit dieser Frage schon vor längerer Zeit be- 
schäftigt — allerdings zunächst nur im Tierversuch. Mein Mit- 
arbeiter, Herr Dr. J. Cohn, hat eine Anzahl Versuche am Kaninchen 
angestellt, deren Nieren sich ja sehr leicht umgreifen lassen. Er 
wandte sowohl gewöhnliche Massage als Vibration an — aber in 
allen diesen Experimenten blieb der Urin der Tiere eiweilsfrei. 
Nach Publikation der Schreiberschen Arbeit haben wir aber dann 
diese Versuche wieder aufgenommen, und zwar an Frauen mit 
Wanderniere; hierbei erzielten wir, ganz den Angaben von Menge 
und Schreiber entsprechend, positive Resultate. Wenn man bei 
einer solchen Patientin, deren Harn auch nicht die leiseste Spur 
einer Eiweilsreaktion erkennen liefs, einen Katheter in die Blase 
legt und den Urin in vorgehaltene, etwa mit Esbachscher Lösung 
gefüllte Reagensgläser abtropfen läfst, so sieht man fast unmittelbar 
nach Beginn der Massage die wolkige Trübung eintreten, welche 
wenige Minuten nach Aufhören der Manipulation wieder verschwindet. 
Mikroskopisch findet man Leukocyten, hie und da rote Blutkörper 
und sogar hyaline Zylinder. Und ebenfalls ist es uns gelungen, 


1) Über Urinbefunde nach Nierenpalpation. Münch. med. Woch. 1900. 22. 

2) Über renalpalpatorische Albuminurie u. ihre Bedeutung für die Dia- 
gnose von Dystopie sowie von Tumoren im Abdomen. Zeitschr. f. klin. Med. 
Bd. 55. 

s) Über die diagnostische Bedeutung der Harnveränderungen nach der Nieren- 
tastung. Wratsch 1906. Ref. im Zentralbl. f. Chir. 1907, S. 162. 


62” 


048 C. Posner. 


durch Einführen des Ureterkatheters zu zeigen, dafs dieses Eiweils 
wirklich ganz 'ausschliefslich aus der verlagerten Niere stammte. 
während der der gesunden Niere entzogene Harn eiweilsfrei blieb. 


Es dürfte als eine gesicherte Tatsache anzusehen sein, dafs. 
wenn auch nicht bei ganz normalen, so doch bei nur wenig patho- 
logisch veränderten Nieren ganz geringfügige Eingriffe genügen, um 
eine einseitige Albuminurie hervorzurufen. Es bleibe zunächst dahin- 
gestellt, was etwa die Wanderniere befähigt. so rasch zu reagieren, 
vielleicht die Lageveränderung des Ureters, vielleicht Zerrung der 
(iefälse, besonders der Vene oder Druck auf dieselbe. Jedenfalls 
müssen diese Versuche unsere Aufmerksamkeit auf das Verhalten 
der Wanderniere überhaupt und ihre Beziehung zur Albuminurie 
sowie zur Entzündung, ja sogar zum Morbus Brightii hinlenken. 


Die Wanderniere an sich, das braucht nicht besonders be- 
tont zu werden, bedingt nicht ohne weiteres Albuminurie. 
Jeder von uns kenut Fälle, sogar von doppelseitiger und sehr aus 
gebildeter Wanderniere, in denen der Urin eiweifsfrei war. Aber. 
dals bei derartigen Kranken sehr leicht Albuminurie eintreten kann. 
darf als ebenso sicher erwiesen angesehen werden. 


Ich erinnere hier zunächst an die zahlreichen Beobachtungen 
von David Newman), der oftmals wirkliche Entzündungen in 
Wandernieren sich etablieren salı; ich erinnere kurz an die Fälle 
von sogenannter traumatischer Nephritis (wiesie z. B. Angerer, 
Curschmann jr., und ich selbst beschrieben habe), in denen eut- 
weder das Trauma von vornherein eine bewegliche Niere betraf oder 
sich an den Unfall zunächst eine Verschiebung der Niere, dann die 
Zeichen einer Entzündung anschlossen, Fälle, auf die ich alsbald 
noch zurückkommen werde. Wir haben es dann sicher zuerst 
wenigstens mit einseitigen Entzündungen zu tun, deren Verhalten gegen- 
iiber der sogenannten Brightschen Krankheit vorläufig aufser Betracht 
bleibe. Diese einseitigen Nephritiden — die allerdings auch auf 
andere Weise zustande kommen, insbesondere durch aufsteigende 
Infektion —, sind es, die in neuerer Zeit soviel von sich haben reden 
machen, auf sie in erster Linie beziehen sich auch die therapeu- 
tischen Versuche von Pousson, Edebohls, Israel u. a., den Ent- 
zündungsprozels bezw. die oft so charakteristischen Blutungen und 


1) Movable Displacement of the Kidney. Glasgow Med. Journ. 190. 
„Brights disease is more common in cases of movable kidney than in patients 
with kidney in place.“ 


Über Albuminurie. 949 


Kolikanfälle, durch operative Eingriffe (Dekapsulation, Dekortikation) 
zu beeinflussen. 

Aber auch ohne dals es zu eigentlicher Nephritis kommt, ist 
doch unter Umständen die Wanderniere selbst Ursache einer Albu- 
minurie. Aufrecht!) hat erst jüngst wieder hierauf aufmerksam 
gemacht und Menge wies bereits in der angeführten Arbeit auf die 
Möglichkeit eines solchen Zusammenhanges hin. Mosny’) hat den 
sehr lehrreichen Fall eines 21jährigen Mädchens mit typischer 
orthostatischer Albuminurie beschrieben, in welchem nach Heilung 
der Wanderniere (durch Tragen einer Bandage) auch die Albuminurie 
ausblieb. Ähnliche Beobachtungen verdanken wir Sutherland u.a. 
Ich weils wohl, dafs z. B. Teissier?) selber, der so wesentlich an 
der Formulierung des Begriffs der Albuminurie orthostatique mit- 
gewirkt hat, sich gegen die Allgemeingültigkeit solcher mechanischer 
Erklärungsversuche gewandt hat, bin auch selbst weit entferut davon, 
etwa alle Fälle, die dies Symptom zeigen, so deuten zu wollen — 
aber ich glaube, dals gerade dieSchreiberschen Beobachtungen uns 
in der Tat zu der Auffassung führen, dafs wenigstens in manchen, 
sonst ganz unerklärlichen Fällen orthotischer Albuminurie eine be- 
wegliche Niere im Spiel sei; gerade der plötzliche Wechsel infolge 
der Veränderung der Körperstellung bringt uns dazu, solche Möglich- 
keit anzunehmen. Es wird sich empfehlen, wo es irgend angeht, 
nicht nur hierauf zu achten, sondern auch in irgend einer Weise 
die Separation des Urins beider Nieren vorzunehmen — denn 
es leuchtet ein, dafs, wenn man dann einmal auf einen solchen ein- 
seitigen Ursprung der Albuminurie trifft, Auffassung, Prognose und 
Therapie des Falles eine vollständige Änderung erleiden müssen. 

Unter allen Umständen sind die erwähnten Versuche aber ein 
Hinweis darauf, wie empfindlich scheinbar ganz gesunde Nieren auf 
geringe Reize reagieren können. Hier haben wir es mit einer 
deutlichen mechanischen Veränderung zu tun — die Frage drängt 
sich auf, ob nicht auch anderweite Irritamente etwa chemischer, 
toxischer Natur eine ähnliche Folge haben können. Ich lasse bei 
dieser Betrachtung, bei der es sich um einseitige Albuminurie han- 
delt, zunächst alle jene Veränderungen der Blutmischung oder des 
Kreislaufs aufser Spiel, bei denen wir im allgemeinen annehmen, dafs 


1) Zur Kenntnis der Enteroptose. Ther. Monatsh. 1907, III. 

2) Albuminurie orthostatique et rein mobile. Progr. méd. 1901, 21. 

5) Classification et valeur pathogénćtique des Albuminuries orthostatiques. 
Revue de Médecine 1906. Guyons Annalen 15. III. 06. 


950 C. Posner. 


der Reiz beiden Nieren gleichmäfsig zugeleitet wird, wie dies bei 
vielen infektiösen Nephritiden, bei der Blei- oder Chromvergiftung 
der Fall. Vielmehr möchte ich vor allem jene Zustände ins Auge 
fassen, bei denen von vornherein bereits eine Niere erkrankt 
ist. Die Frage spitzt sich gerade dahin zu: Kann die Erkrankung 
einer Niere einen schädigenden Einflufs auf die gesunde der- 
art haben, dafs nun auch sie leidet und dies Leiden zunächst durch 
Eiweifsausscheidung verrät? 

Wir treten hier einem vielerörterten Problem gegenüber, welches 
für die moderne Nierenchirurgie von gröfster Bedeutung ist. Bei 
allen chirurgischen Nierenerkrankungen ist es für uns von funda- 
mentaler Wichtigkeit zu wissen, ob die zweite Niere gesund oder 
wenigstens funktionsfähig ist. Diese Frage ist in vielen Fällen 
durch den Ureterenkatheterismus ohne weiteres entscheidbar, wenn 
nämlich der der fraglichen Niere entzogene Urin frei von krank- 
haften Beimischungen ist. Wie aber, wenn wir auch in ihm 
Albumin finden? Müssen wir dann auf eine Erkrankung schlielsen. 
welche uns von einem operativen Eingriff abschreckt, oder dürfen 
wir umgekehrt aunehmen, dafs diese Albuminurie nichts sei, als 
die Folge der anderseitigen Krankheit selbst und mit deren Heilung 
auch verschwinden werde? 

Wir müssen uns, um über diese Fragen Klarheit zu gewinnen, 
zunächst der Tatsache erinnern, dals wirklich zwischen beiden Nieren 
ein aufserordentlich inniger Zusammenhang besteht, den man ganz 
im allgemeinen durch das von Pousson geprägte Wort „Reflexe 
renor&nal* bezeichnen mag. Die Beispiele hierfür sind geläufig. 
Nicht blofs wird öfters etwa bei Anwesenheit von Nierensteinen. 
der Schmerz fälschlich statt auf der erkrankten, auf der gesunden 
Seite empfunden, auch die Funktion der gesunden Niere kann (wie 
zuerst Israels bekannter Fall schlagend dartat), durch eine Stein- 
einklemmung, auch durch sonstige Affektionen wieKrebs, auf der andern 
Seite völlig gehemmt werden. Weiter will ich an die allen Chirurgen 
geläufige Tatsache erinnern, dafs nach Entfernung einer Niere 
aus dem Körper eine vorübergehende oder sogar schwere Erkrankung 
der bis dahin nachweislich gesunden eintreten kann. Ich selber 


habe solchen Fall beschrieben.) Ahnlich sah — um nur einige 
besonders deutliche Beispiele zu nennen — Rumpel’) nach Exstir- 


!) Über traumatischen Morbus Brightii. Deutsche med. Woch. 1906. 
2) Beitr. z. Nierenchirurgie. Arch. f. klin. Chir. Bd. 81. 


Über Albuninurie. 951 


pation einer Steinniere eine tödlich endende akute hämorrhagische 
Entzündung der bis dahin gesunden Niere sich entwickeln; ein 
Patient Poussons!) erlag 50 Stunden nach der rechtseitigen Neph- 
rektomie einer akuten „epithelialen Entzündung“ der linken Niere. 
Ebenso konnte v. Haberer?) in seinen Tierversuchen nach ein- 
seitiger Nephrektomie Veränderungen an der andern Niere wieder- 
holt nachweisen (wenn er auch etwa vorkommende echte Nephritiden 
nicht als Folge der Operation anspricht). In einem Fall von 
Korach?) entwickelte sich nach Exstirpation der rechten Niere eine 
„orthotische Albuminurie“ mit Zylindrurie, welche sicher vorher nicht 
bestanden hatte. Solche Vorkommnisse sind sehr beachtenswert und 
mögen öfters die dieser Verhältnisse Unkundigen in nicht geringen 
Schreck versetzen und nachträglich in ihrer Diagnose irre machen! 


Eine befriedigende Erklärung hierfür zu geben, ist nicht ganz 
leicht. Natürlich mufs man zunächst sicher sein, dafs nicht etwa 
angewandte Narcotica oder Antiseptica eine Nephritis im Gefolge 
hatten‘), wie dies namentlich früher oft der Fall war. Man wird 
dann wohl an die einfache Erhöhung des Blutzuflusses nach 
Ausschaltung eines so grolsen Stromgebietes denken; indes sind 
ältere Experimente dieser Annahme nicht günstig; z. B. fand 
Litten nach Aortenunterbindung kein Eiweifs, und Senator’) er- 
klärte, dafs der erhöhte Arteriendruck in den Nieren für sich alle 
keine Albuminurie bewirkt. Weiter ist auch an den sinkenden 
Blutdruck in der Narkose als disponierendes Moment, dann aber 
sicher auch daran zu denken, dafs nach Fortfall des einen Nieren- 
filters das Blut mit Auswurfsstoffen überladen wird (Favre), weil 
deren Beseitigung nun der einen restierenden Niere obliegt. Die all- 
mählich sich ausbildende Arbeitshypertrophie ist der beste Beweis 
dafür, dafs die Niere sich wirklich erst den neugeschaffenen Verhält- 
nissen anpassen muls — es ist gewils einleuchtend, dafs, solange 
dies nicht der Fall, die Zellen unter dem Übermafse ihrer Inan- 
spruchnahme leiden. In ähnlichem Sinne sprechen auch Versuche 


1) Sur une cause de mort imprévue après la néphrectomie. Bull. de la 
Soc. de Chir. 1902. 

2) Exper. Unters. über Nierenreduktion. Grenzgebiete XVII. 1. 2. 

s) Die Diagnose der orthotischen Albuminurie. Med. Klinik 1906. 47. 

t) Vgl. hierzu z. B. Ledoux, Influence du chloroforme sur le rein. Thèse 
de Paris 1904. Über Sublimat s. b. Israel, Nierenchirurgie, Wagner, in Frisch- 
Zuckerkandis Handbuch, n. a. 

5) Die Albuminurie. II. Aufl. 1890. Berlin. Virchows Arch. 


952 C. Posner. 


von Hechtmann!), in welchen nach Fortnahme von °/, des Nieren- 
parenchyms unter gleichzeitiger Steigerung der Urinmenge bis auf 
das 30 fache der Norm Urämie, Albuminurie und interstitieller 
Nephritis eintraten.?) 

Bei diesen Verhältnissen haben wir es also aller Wahrschein- 
lichkeit nach mit den Giftstoffen zu tun, die normaler Weise im 
Blut kreisen und durch die Nieren eliminiert werden. Andere Male 
aber gehen diese Giftkörper anscheinend von der erkrankten Niere 
selbst aus. Ein relativ einfaches Beispiel hierfür bietet die Tuber- 
kulose. Schon an sich beobachtet man nicht selten bei einer 
irgendwo im Körper lokalisierten Tuberkelbildung das Auftreten von 
Albuminurie — sogar von prätuberkulöser Albuminurie wird ja oft 
genug gesprochen. Diese selbe Wirkung kann, wie ohne weiteres 
‚ einleuchtet, auch eintreten, wenn die eine Niere selbst Sitz der 
tuberkulösen Affektion ist. Seitdem wir wissen, dafs gerade die 
primäre Nierentuberkulose (primär freilich nur in dem Sinn, 
dafs dort die ersten, greifbaren Produkte der Infektion sich bilden), 
die häufigste Form der Tuberkulose der Harnorgane bildet, haben 
wir auf die Frage der Einseitigkeit der Erkrankung ganz besonders 
zu achten. Hundertfache klinische Erfahrung (ich weise nur auf Israel's 
und Casper.s Fälle hin) bestätigt jetzt die experimentellen und anato- 
mischen Befunde: in der Tat ist es oft gelungen, durch Elimination der 
primär erkrankten Niere eine vollkommene Heilung zu erzielen; 
wenn irgendwo, so feiern hier die modernen Methoden der urolo- 
gischen Diagnostik unbestrittene Triumphe! Aber gerade bei der 
Nierentuberkulose kommt es oft vor, dafs auch der Harn der ge- 
sunden Seite Eiweifs enthält — immer eine schwere Frage für den 
Operateur, der die Verantwortung für die Nephrektomie über- 
nehmen soll. Unzweifelhaft handelt es sich hier um ganz allmäh- 
lich sich entwickelnde, anfangs leichte Störungen in der gesunden 
Niere, die aber schlie(slich sich zur echten Entzündung steigern und 
dann schliefslich den Eingriff vereiteln können: gerade bei der Tuber- 
kulose ist alles Heil von der Frühdiagnose zu erwarten! Der 
Operateur ist hier auf eine immer etwas subjektiv bleibend» 
Schätzung angewiesen: geringe Eiweilsmengen werden ihn nicht ab- 
halten, die kranke Niere herauszunehmen, und der Erfolg wird dann 





ı) Zur Pathologie der Nieren. Russk. Wratsch 1905. Ref. in Lubarsch- 
Ostertag, Ergebn. 1904/5. 

2) Eine hierauf bezügliche Versuchsreihe hat auf meine Veranlassung neuerdings 
Herr Dr. MaxLitthauer begonnen; über die Ergebnisse soll später berichtet werden. 


Uber Albuminurie. 053 


den Beweis liefern, dafs in der Tat lediglich die in ihr produzierten 
Giftstoffe den Reiz für die gesunde Niere gebildet haben! Ich habe, 
gemeinschaftlich mit Herrn Dr. J. Cohn, Versuche in der Absicht 
vorgenommen; die Affektion der gesunden Seite nach Tuberkulisierung 
einer Niere zu studieren. Man erreicht eine einseitige Nierentuber- 
kulose beim Kaninchen sehr gut, wenn man Tuberkelbazillen direkt 
durch die Haut (also ohne Blofslegung der Niere) in das Organ 
einspritzt, diese Methode ist wesentlich sicherer, als wenn man 
Tuberkelbazillen in die Blutbahn bringt, nachdem man den einen 
Ureter unterbunden hat (Léon Bernard und M. Salomon!)) oder 
die Niere vorher gequetscht hat (Orth), wobei nicht stets die 
gewünschte Lokalisation erzielt wird. Unter bisher drei so durch- 
geführten Experimenten haben wir freilich zweimal die nicht operierte 
Niere nach mehrwöchentlicher Dauer anscheinend gesund gefunden, 
einmal aber liefs sich eine beginnende interstitielle Nephritis 
ohne Tuberkelbazillen nachweisen; wir behalten uns eine weitere 
Fortsetzung und genauere Mitteilung dieser Versuche vor. 

Was für die Tuberkulose gilt, hat auch Bezug auf diejenigen 
infektiösen Nephritiden, welche etwa durch Kolibazillen, Strepto- 
oder Staphylococcus ausgelöst sind, auch hier ist mitunter eine 
konsensuelle Erkrankung der andern Seite unverkennbar; einen sehr 
lehrreichen Fall der Art (parenchymatöse Nephritis infolge von “Py o- 
nephrose der andern Seite) beschrieb erst kürzlich Kapsammer.”) 

Nun aber haben wir zu untersuchen, ob auch eine einfache 
Nephritis in ähnlicher Weise auf die andere Niere wirkende 
Produkte erzeugen kann. Wir betreten hier ein noch wenig durch- 
forschtes Gebiet, wir begegnen Widersprüchen und Rätseln genug, 
und doch glaube ich, dafs bereits die jetzt vorliegenden Untersuchungs- 
resultate uns gestatten, diese Frage zu bejahen. Es gibt bereits 
eine Anzahl einwandfrei durchgeführter Versuche, die darauf hin- 
weisen, dafs der Zerfall der Nierenzelle selber Stoffe frei macht, 
die in das Blut übergehend, Gifte für die Niere bilden — Nephro- 
lysine, wie man sie getauft hat. Die Versuchsanordnung ist schwierig; 
ursprünglich bediente man sich einfach der Injektion von Glyzerin- 
auszügen der Nierensubstanz, um deren Giftwirkung zu studieren?) — 


1) Recherches sur la tuberculose rénale. Journ. de phyiol. et de pathul. 
gener. 1907. 

3) Lehrb. T. II, S. 181. 

3) So z. B. neuerdings noch Carles u. Michel, Du pouvoir néphrotoxique 
de la macération rénale, administrée par injection. Compt. rend. de la Soc. 
de Biol. 1905. 


954 C. Posner. 


doch war es hier nicht leicht, die Glyzerinwirkung von jener der 
supponierten Giftstoffe zu scheiden. Erst die über eine Reihe von 
Jahren sich hinziehenden Arbeiten von Castaigne und Rathery‘) 
haben hier eine, wie mir scheint, brauchbare Methodik geschaffen. 
Sie konnten zunächst zeigen, was u. a. Albu und ich selbst mit 
Vertun gegenüber den ganz analogen Arbeiten Bouchards betr. 
die Harngiftigkeit bewiesen habe, dafs bei diesen Beeinflussungen 
stets zwei Faktoren zu unterscheiden sind: der veränderte osmotische 
Druck einerseits, die Anwesenheit etwaiger spezifischer Gifte anderer- 
seits, oder, um die Ausdrücke von Achard und Paisseau?) an- 
zuwenden: Tonolyse und Toxolyse. Diese Experimente wurden 
zuerst in vitro angestellt, indem ausgeschnittene Nierenstücke im 
Brutofen Kochsalzlösungen verschiedener Konzentration ausgesetzt 
wurden — Lösungen mit einem Gefrierpunkt von —0,78° erwiesen 
sich als indifferent; ebenso verhält sich Serum von gleichem A; 
aber, wenn man einem Tier eine Nierenemulsion injiziert und dann 
sein Serum auf —0,78° bringt, so erweist sich dies nicht mehr als 
unschädlich für damit behandelte Nierenstücke, vielmehr treten Zell- 
veränderungen auf, wie man sie sonst nur bei Anwendung anisoto- 
nischer Lösungen sieht — ein Beweis, dafs dem Serum etwas Be- 
sonderes, eben die Cytotoxine beigemischt sind. Auf diesen Grund- 
versuch, welcher uns die Kenntnisse der histiologischen Vorgänge 
vermittelt hat, sind dann die Experimente in vivo aufgebaut — die 
Autoren konnten zeigen, dafs auch Eingriffe, die gegen die eine 
Niere gerichtet waren — Ureterunterbindung, Arterienunterbindung. 
Injektion von Cantharidin, Ignipunktur u. a — Erkrankung der 
andern Seite zur Folge hatte, die sich klinisch zunächst stets durch 
Auftreten von Albuminurie manifestiert.) Diese vielfach variierten 
Versuche haben sogar, wie hier einzuschalten erlaubt sei, auch 
eine praktische, therapeutische Verwertung gefunden. Von dem 
Grundsatz ausgehend, dass die Schädigung eines Organs ausgleichende 
Reizung und Neubildung im Gefolge haben müsse, wobei sich „poie- 
tische“ Stoffe bilden, versuchten Carnot und Lelièvre*) die Injek- 


1) Vielfache Arbeiten; ein guter Übersichtsartikel Semaine méd. 1902. Nr. 34. 

2) Tonolyse cellulaire par injections massives de solutions diversement con- 
centrées. Arch. de med. exper. et d’anat. pathol. XVII. 

3) Ähnlich Bernard u. Laederich, Nephrite expérimentale par action 
locale sur le rein. Arch. de möd. exper. 1907 Juin. Prenant u. Antonion, 
Compt. rend. de la Soc. de biol. 59. 

4) Carnot u. Lelièvre, Sur l'existence de substances nephropoietignes au 
cours de la régénération et du développement embryonnaire du rein. Arch. d, 
méd. expér. 1907. 


Über Albuminurie. 955 


tion von Serum nephrektomierter Tiere, bei denen die zurückgelassene 
Niere hyperplastisch war, und glauben danach beim Versuchstiere 
nach vorübergehender Schädigung eine Zunahme der Nierensubstanz, 
eine Neubildung von Glomerulis und Wucherung der Zellen in der 
Tubuli contortis beobachtet zu haben; und ebenso glauben sie durch 
Darreichung, von schnell wachsender Fötalniere sogar bei Nephri- 
tikern günstige Erfolge zu erzielen.!) Und weiter sprechen für die 
Existenz derartiger Körper, soweit wir auch noch von deren Dar- 
stellungim chemischen Sinne entfernt sind, die ebenfalls von Castaigne 
und Rathéry2) herrührenden, geistvollen Versuche, nicht blofs das 
Tier selbst, sondern sogar dessen Nachkommenschaft zu beeinflussen : 
spritzten sie nephrotoxische Substanzen einem trächtigen Tiere ein oder 
machte ein Tier nephritisch und liefsen es dann belegen, so konnte, 
sie stets Nierenveränderungen bei den Föten erzielen, welche sie 
als „Débilité rénale“ bezeichnen; sie weisen dabei auch auf analoge 
Vorgänge beim Menschen hin: Erblichkeit von Albuminurie bei 
Kindern von Nephritikern, insbesondere eine Neigung solcher Nach- 
kommen zu physiologischer (zyklischer oder orthotischer) Albumi- 
nurie; Angaben, die namentlich seitens unserer Kliniker wohl einer 
erneuten Nachprüfung wert wären.?) 

M. H. Wir nähern uns wieder dem Ausgangspunkt unserer Be- 
tracbtungen. Es hat sich erwiesen, dafs Lageveränderungen zu 
Albuminurie disponieren, und dafs so beschaffene Nieren bei 
Trauma entzündlich erkranken können. Und weiter ist zur Genüge 
festgestellt, dafs eine ursprünglich einseitige Erkrankung die 
andere Niere schlie[slich beeinflussen oder gar ergreifen 
kann. Diese sekundäre Erkrankung kann nach Entfernung der 
ersterkrankten Niere ausheilen, nicht etwa blofs wenn es sich um 
Tuberkulose handelt, sondern gerade bei der traumatischen Nephritis, 
wie dies der Fall II von Angerer‘) zur Evidenz erweist: hier 
hatte die Separation vor der Exstirpation beiderseits Eiweilsharn 


1) Vgl. auch Le Play et Corpöchot, Hypertrophie rénale expérimentale 
d'origine néphrotoxique. Bull. de la Soc. d’anat. 1906. 

2) Altérations rénales d'origine congénital. Arch. de path. gén. XVII. 

3) Dickinson, Eichhorst, Kidd u. a. haben Erblichkeit von Nephritis 
bezw. Albuminurie beobachtet, letzterer sogar durch drei Generationen; vgl 
Rosenstein, Pathol. u. Therap. d. Nierenkrankheiten. III. Aufl. S. 322 
Angeborene Schrumpfniere fanden z. B. Weigert und Hellendall, letzterer 
bei 2 Mädchen, deren Matter an chronischer Nephritis gelitten hatte. 

4) Einseitige chron. interstitielle und hämorrhagische Nephritis. Exstir- 
pation der kranken Niere. Heilung. 


956 C. Posner. 


erwiesen, nach derselben verschwand das Eiweifs aus dem Urin. 
Andere Male aber, wenn nicht operiert wird, bildet sich in der zweiten 
Niere eine schwere, unheilbare Krankheit aus. Oberndörtfers') 
Patient, der eine linksseitige traumatische Nephritis akquiriert hatte, 
starb nach 3!/, Wochen und die Sektion ergab schwere parenchr- 
matöse Veränderungen beider Nieren. Newman’) sah in einem 
Falle nach Sturz eine rechtseitige Wanderniere entstehen — links 
trat Albuminurie auf, rechts eine Hydronephrose. Und in einem 
von mir?) beschriebenen Fall schlofs sich an das Trauma eine ein- 
seitige Wanderniere und daran allmählich doppelseitige chronische 
Nephritis mit allen klassischen Folgezuständen. Seit langer Zeit haben 
sich Cuturi, Castaigne und Rathery*), namentlich aber Pousson’) 
aufGrundeigener Fälle in gleichem Sinne ausgesprochen. Neuerdings hat 
Hédouin alles hierauf bezügliche Material sorgsam zusammengestellt.”) 
Wir werden durch solche Beobachtungen direkt dazu geführt, nochmals 
dem Verhältnis von Nephritis zu Morbus Brightii unsere Auf- 
merksamkeit zuzuwenden. An dem Israelschen Satz‘), den er in 
seiner bekannten Kontroverse mit Senator formulierte „Es gibt 
einseitige Nephritiden“ wird nicht mehr zu rütteln sein — die 
Frage ist, ob zwischen ihnen und der sog. Brightschen Niere ein wirk- 
licher Unterschied besteht. A priori sollte man ja, wie oben bereits 
betont, glauben, dafs die Brightsche Nierenentzündung, um diesen 
Kollektivausdruck anzuwenden, also das, was wir parenchymatöse 
Nephritis, grolse weilse, kleine bunte Niere usw. nennen — ent- 
sprechend ihrer hämatogenen Natur, beide Nieren gleichzeitig und 
gleichmälsig befallen müsse. Aber, haben wir nicht auch für eine 
exquisit hämatogene Infektion, die Tuberkulose, in dieser Hinsicht 
unsere Vorstellungen korrigieren und uns zum Heil unserer Patienten 
davon überzeugen müssen, dafs auch sie zunächst nur in einer Niere 


1) Zur Frage der posttraumatischen Nephritis. Münch. med. Wochenschr. 
1907. 50. 

9) ]. c. 

3) Über traumatischen Morbus Brightii. Deutsche med. Woch. 1906. 

4) Nephrites primitivement unilaterales et lésions consécutives de l'autre 
rein. Sem. méd. 1902, 54. 

5) Vgl. noch dessen zusammenfassende Auseinandersetzung im jüngsten 
Heft der Zeitschr. f. Urologie. 

0) Des Néphrites bilatérales consécutives a des lésions traumatiques d'un 
seul rein. These de Paris 1903. 

2) Vgl. seine Arbeit, Grenzgebiete 1900 u. Deutsche med. Woch. 1902, 
S. 145. 


Uber Albuminurie. 957 


Wurzel schlägt? Kann nicht etwas ähnliches auch bei den Infek- 
tionen oder Intoxikationen vorkommen, die zu Morbus Brightii führen, 
wenn die eine Niere, etwa durch Anomalien der Gefälse oder des 
Ureters mehr dazu disponiert ist als die andere? Die typischen 
Allgemeinerscheinungen, wie Ödem, Gefälsveränderungen usw. werden 
sich ja naturgemäls erst einstellen, wenn beide Nieren funktions- 
untüchtig geworden sind — vielleicht wird uns die Zukunft lehren, 
dals öfter, als wir uns jetzt vorstellen, diesem Endstadium ein Zeit- 
raum einseitiger, latenter Erkrankung voraufgeht. Noch ist freilich 
die positive Ausbeute an Erfahrungen in dieser Richtung nicht grols, 
namentlich fehlt es an beweisenden Sektionsbefunden, da eben die 
Kranken erst im vorgerücktem Stadium sterben. Aber sowohl die 
Beobachtungen von Pousson, von Rathery und Leonhardt, von 
Ertzbischoff, weiter von Askanazy!), der die eben erörterte 
Möglichkeiten auch im bejahenden Sinne diskutiert, endlich ein von 
Stich?) beschriebener Fall liefern doch bereits Beweise dafür dafs 
einseitige Nierenerkrankungen vom Typus der echten chronisch- 
parenchymatösen Entzündung vorkommen: wenn, wie der letztgenannte 
Autor einwandsfrei beschreibt, ein Patient an doppelseitiger Pyelitis 
zugrunde geht und die Sektion eine gesunde linke, aber eine typisch 
parenchymatös entzündete rechte Niere ergibt, so bleibt in der Tat 
keine andere Erklärung offen — es mufs danach wirklich mit der 
Möglichkeit eines einseitigen Morbus Brightii gerechnet 
werden! In der, unserem Kongrefs gewidmeten Festnummer der 
Wiener klin. Wochenschrift hat sich in gleichem Sinne auch Herr 
Blum ausgesprochen; freilich kann ich, nach allem was ich oben 
ausgeführt habe, der Auffassung, dafs es sich bei dem Übergreifen 
der Nephritis auf die zweite Niere um ein reine sympathisch-reflek- 
torische Erkrankung handelt, kaum beipflichten, nehme vielmehr den 
Übergang von Giftstoffen in die Blutbahn an. 

Wir stehen hier erst am Anfang unserer Kenntnisse — erst 
die modernen Methoden der Separation des Harns aus beiden Nieren 
erlauben uns bier vorwärts zu dringen und selbstverständlich wird 
bei der Entscheidung dieser Frage nicht blofs der Befund von Ei- 
weils oder Zylindern, sondern auch die sorgsamste Funktionsprüfung 
geboten sein. Ein gewaltiges Arbeitsgebiet, gleichmäfsig theoretisch 


1) Profuse Hämaturie und kolikartige Schmerzen bei Nephritis. Zeitschr. 
f. klin. Med., Bd. 58. 
2?) Über Massenblutungen an gesunden und kranken Nieren. Grenzgebiete 


Bd. XIII. 


958 C. Posner, Über Albuminurie. 


interessant wie praktisch bedeutungsvoll, liegt vor uns, noch wenig 
erschlossen, noch weiterer Bebauung dringend bedürftig. Aber schon 
das wenige, was wir aus klinischer Erfahrung und aus dem Labo- 
ratoriumsversuch gelernt haben, zwingt uns, diesen Dingen eine er- 
höhte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die Frage der einseitigen 
Albuminurie, sei sie mehr funktioneller Natur oder deute sie bereits 
auf organische Läsionen hin, wird nicht mehr von der Tagesordnung 
verschwinden! 


Erfahrungen über eine neue Behandlungs- 
methode der chronischen Urethritis. 


Von 


H. Lohnstein, Berlin.') 
Mit 4 Textabbildungen. 


Aur Grund der klinischen Untersuchungen von Otis und Ober- 
länder und der im Anschlufs an sie ausgeführten pathologisch-anato- 
mischen Arbeiten von Neelsen, Finger, Wassermann und Hallé 
u.a. wird allgemein angenommen, dafs die Hauptursache der Hart- 
näckigkeit des chronischen Trippers darin zu suchen sei, dafs er die 
Neigung hat, die Urethralschleimhaut bis zu einer gewissen Tiefe mit 
entzündlichen Infiltraten zu durchsetzen. — Das praktische Ergebnis 
dieser Theorie war die Einführung der systematischen Dehner-Therapie 
der chronischen Gonorrhoe — das bleibende Verdienst Oberländers. 
— In einem sehr grolsen Bruchteil der Fälle von dnrchgreifendem, in 
manchen Beobachtungen von geradezu verblüffendem Erfolge, versagt 
sie leider in andern Fällen. — Zuweilen lielsen sich die Mifser- 
folge auf technische Unvollkommenheiten der Instrumente zurück- 
führen, und es waren infolgedessen die Bemühungen von zahlreichen 
Autoren darauf gerichtet, wirkliche oder vermeintliche Fehler älterer 
Konstruktionen zu beseitigen. Trotzdem bleibt eine nicht ganz ge- 
ringe Gruppe von Fällen zurück, welche der Behandlung mittels 
Dehnern jeder Konstruktion, allerdings auch jeder anderen Behand- 
lungsmethode Trotz bieten. — 

In einigen Beobachtungen handelt es sich um chronische, infil- 
trierende Harnröhrenentzündung mit besonders kurzen Infiltraten. 
Solche Infiltrate finden sich vorzugsweise in dem sehr kurzen und dabei 
unverhältnismäfsig weiten Bulbus urethrae. Sie können selbst durch 
Dilatatoren mit kurzer Dehnspindel nicht immer gesondert dilatiert 
werden, obwohl diese letzteren immer noch am wirksamsten sind. 
Sie kommen nicht allzu selten vor, wie ich in einer vor mehreren 


1) Nach einem für den 1. Kongresfs der Deutschen Gesellschaft für Uro- 
logie angemeldeten Vortrare. 


950 H. Lohnstein. 


‚Jahren publizierten Arbeit, die sich mit dem Kaliber von dilatierten 
Harnröhren beschäftigte, nachgewiesen habe. !) — 

Von gröflserer praktischer Bedeutung, weil vielleicht 
noch häufiger Ursache der Persistenz des chronischen Trippers und 
durch Delinungen unangreifbar, ist eine Gruppe von Urethritiden. 
in welchen der Schwerpunkt der pathologisch-anatomischen Ver- 
änderungen vorwiegend in der Epithelialschicht und der diese 
durchsetzenden drüsigen Organe liegt, während der subepithe- 
liale Anteil der Schleimhaut relativ wenig oder gar nicht an den ent- 
zündlichen Veränderungen beteiligt ist. — Auf Grund mehrjähriger 
systematischer Untersuchungen bin ich zu dem Ergebnis gekommen,’ 
dafs in einer gewissen Zahl von Fällen chronischer Urethritis, in welchen 
die Kaliberuntersuchung keine Infiltrate ergab, die katarrhalischen 
und anderen Symptome der Urethritis trotz aller Dehnungen, Spü- 
lungen usw. weiter fortbestanden, dies mit grolser Wahrschein- 
lichkeit darauf zurückzuführen ist, dals, bei geringer, oder gar 
Nicht-Beteiligung der subepithelialen Elemente, der epitheliale Über- 
zug der Schleimhaut in hochgradigster Weise verändert ist. — Ich 
mufs es mir an dieser Stelle versagen, auf die sehr bemerkenswerten 
und interessanten Einzelheiten dieser Veränderungen näher einzu- 
gehen. — In aller Kürze sei darauf hingewiesen, dals es sich 
in einem kleineren Prozentsatze der von mir untersuchten Gewebs- 
fragmente um die bereits von anderen beschriebenen Verhornungen 
resp. Leukoplasie der sehr verbreiterten Epithelialschicht handelt, 
dals weit häufiger jedoch die Präparate eine Epithelialschicht auf- 
wiesen, in welcher die überaus stark diffus gewucherten Epithelial- 
zellen sich in einem eigentümlichen Quellungszustande befanden. 
An einzelnen Partien erschienen die erwähnten Veränderungen ganz 
besonders ausgesprochen. So z. B. an der Kuppe von Schleimhaut- 
zotten, wo sie mehr zirkumskript gewuchert waren. — Als 
Folge dieser Veränderungen ist einerseits eine vollkommene Dis- 
soziation des Gefüges der diffus gewucherten Epithelialschicht, 
anderseits eine Tendenz zu zirkumskripter polypöser Wucherung 
der Epithelialschicht, endlich zu wirklicher, mit gewucherten Epi- 
thelialzellen bedeckter Zottenbildung zu betrachten, wie sie von 
Finger für die hintere Harnröhre bereits früher beschrieben worden ist, 


1) Lohnstein. Untersuchungen über das Kaliber der Harnröhre bei chro- 
nischer Urethritis (Monatsberichte f. Urologie Bd. X, Heft 8). 

2) id, Beiträge zur pathologischen Anatomie der chronischen Gonorrhoe 
‘Monatsberichte f, Urologie Bd. XI, Heft 2—4). 


Eriahrungen über eine neue Behandlungsmethode der chron. Urethritis. 961 


aber auch, nach meinen Untersuchungen, in der Pars 
anterior relativ häufig vorkommt. — Hervorzuheben 
ist endlich, dafs in denjenigen Präparaten, in welchen 
die Submucosa untersucht werden konnte, diese ver- 
hältnismäfsig wenig, zuweilen so gut wie gar nicht 
pathologisch verändert, insbesondere nicht von stär- 
keren Infiltraten durchsetzt war. — So erwecken 
denn manche dieser Beobachtungen tatsächlich 
den Eindruck mi wesentlichen rein epithelialer Ver- 
änderungen. Das histologische Bild bestätigt somit die 
Kalibermessungen. — Beide ergeben übereinstimmend, 
dafs wir es hier mit Fällen zu tun haben, bei denen 
sich der pathologisch-anatomische Prozefs hauptsäch- 
lich in der Epithelialschicht abspielt. — 

So ungefähr schaut das pathologisch-anatomische 
Bild derjenigen Fälle von chronischer Urethritis, an 
mindestens 1000 Präparaten studiert, aus, in welchen 
ich nach erfolgloser Behandlung mittels der bisherigen 
Methoden die Behandlung mittels Doppelcurette durch- 
geführt habe, abgesehen von einer kleinen Anzahl von 
Beobachtungen, in welchen die Curette dazu diente, 
Infiltrate von besonderer Kürze zu dehnen. — 

Bevor ich mich den Indikationen der Behandlungs- 
methode resp. dem klinischen Bilde der Fälle, in 
welchen sie angewendet worden ist, zuwende, sei es 
mir gestattet, das Instrument (Fig. 1 u. 2) selbst zu 
demonstrieren, sowie seine Anwendungsweise ganz kurz 
zu besprechen. — Die Doppelcürette (Fig. 3, d) liegt 
gedeckt in einem katheterartigen Metallinstrument (a). 
Durch Hebelwirkung mittels archimedischer Schrauben- 
übertragung (b) tritt sie aus einem an der Spitze des 
Katheterschaftes befindlichen Doppelfenster (c) nach 
zwei einander entgegengesetzten Richtungen heraus. 
Die Cüretten können nun so weit heraus- resp. herum- 
gehebelt werden, dals sie rechtwinklig zum Schaft zu 
liegen kommen. — In diesem Falle ist der Umfang 
einer durch ihre Fufspunkte gelegten Ebene etwa Fig. 2. 
75—80 Charriere. — Je weiter andererseits die Doppelcürette ein- 
gezogen wird, um so mehr verringert sich der Umfang jener Ebene. 
— Durch eine am Griffe des Instrumentes befindliche Zeigervor- 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 63 





962 H. Lohnstein. 


richtung (e) kann er jederzeit bequem abgelesen werden. — Von 
den andern für die Behandlung der Harnröhrenschleimhaut in Be- 
tracht kommenden Instrumenten unterscheidet sich das Instrument 
dadurch, dafs es nicht in Ruhelage sich befindet, während es 
arbeitet. Vielmehr befindet es sich währenddessen in Bewegung. — 
Man führt nämlich die Spitze des Apparates bis über den äufsersten 
Punkt hinaus, den man behandeln will. Nunmehr spreizt man die 
Cürette, bis ein deutlicher Widerstand sich bemerkbar macht. und 
versucht dann, sie sehr sanft, sehr langsam und vorsichtig zurück- 
zuziehen. Folgt das Instrument nicht dem Zuge, so hebelt man 
ganz allmählich, ohne die zurückziehende Bewegung aufzugeben, die 
Cüretten zurück, bis man fühlt, dafs das Instrument nachgibt. — 





Fig. 3.1) 
a Kather, b Hebelübertracung, ce Katheterfenster, dd Doppelcürette, e Zeiger- 
vorrichtung zur Anzeigung des Kalibers, f Katheterschnabel (vertauschbar!. 


Sofort spreizt man wieder unter gleichmäfsiger Beibehaltung des 
Zuges und wiederholt das Manöver, bis man den zu behandelnden 
Abschnitt der Harnröhre durchquert hat. — Durch Benutzung von 
Schnäbeln, welche nach verschiedenen Richtungen sehen, oder durch 
Vertauschung des schnabelförmigen Ansatzes mit einem geraden 
zylindrischen kann man die gesamte Harnröhre sukzessive in sänt- 
lichen Durchmessern resp. den vorderen Abschnitt allein in analoger 
Weise zu behandeln. — Man kann somit mit Hilfe dieses Instru- 
mentes jeden Abschnitt der Harnröhre in jedem beliebigen Durch- 
messer von Millimeter zu Millimeter gesondert ad maximum dehnen 
und gleichzeitig die Oberfläche der Schleimhaut exprimieren. Hier- 
bei werden aufserdem die übermälsig gewucherten, weniger wider- 
standsfähigen Teile der Schleimhautoberfläche abgeschabt und so 
eine Anfrischung der Schleimhaut herbeigeführt. — 

Wie sich aus dieser Beschreibung ergibt, erfordert die Methode 
eine gewisse Routine in der Technik. Andernfalls sind Zwischen- 








ı) In Fir. 3u.4 sind die zur Erklärung dienenden Buchstaben aus einem 
Versehen der betreffenden Anstalt in Spiegelschrift geätzt worden. 


Erfahrungen über eine neue Behandlungsmethode der chron. Urethritis. 963 


fälle nicht immer zu vermeiden. Zu diesen gehören in erster Linie 
Blutungen. Sie werden in der grofsen Mehrzahl der behandelten Fälle 
beobachtet, wenn auch nur in sehr bescheidenem Umfange. Sie haben 
gar keine praktische Bedeutung und ergeben sich von selbst aus den 
pathologisch-anatomischen Veränderungen der cürettierten Schleim- 
haut. — Unangenehmer sind profuse Blutungen; sie sind jedoch wohl 
stets auf eine Inkorrektheit oder Uvvorsichtigkeit in der Handhabung 
‚ des Instruments zurückzuführen. Unter ca. 300 Cürettements habe ich 
6 mal derartige profuse Blutungen auftreten sehen. — Zweimal erwies 
sich die Anlegung eines Dauerkatheters, wegen Regurgitierens des 
Blutes in die Blase, als notwendig; einmal trat eine überaus starke 
Blutung bei einem Patienten auf, der nach seiner eigenen Aussage 
bereits früher nach einer Zahnextraktion 24 Stunden lang geblutet 
hatte, so dafs man hier wohl an Hämophilie denken muls. — 
In andern Fällen war die Blutung selbst nicht bedeutend; jedoch‘ 
dauerte es tage-, einmal sogar wochenlang, ehe das in der vorge- 
legten Watte aufgefangene Sekret seine leicht rütliche Farbe verlor. 
— Von andern Zwischenfällen ist noch das gelegentliche Auftreten 
von leichtem Kollaps, der jedoch nie mit Bewulstseinstrübung ein- 
herging, zu nennen. Er wurde besonders während der Behandlung 
der Pars posterior beobachtet, nachdem die Patienten zuvor über ein 
höchst unangenehmes, jedoch nicht eigentlich schmerzhaftes Span- 
nungsgefühl geklagt hatten. — So stark, dals man um ihretwillen die 
Sitzung hätte unterbrechen müssen, waren diese Kollapsanfälle je- 
doch niemals. — Andere Komplikationen sind, abgesehen von einer 
einmal beobachteten Epididymitis, nicht konstatiert worden. — Vor 
dem Cürettement wird die Harnröhre zweckmälsig mit Cocain, 
Alpin u. a. anästhesiert.. Die Dauer einer Sitzung, von dem 
Moment der Spreizung in der Pars posterior an bis zum Heraustreten 
der Cüretten aus dem Orificium externum gerechnet, beträgt 
5—10 Minuten. — In der Regel habe ich während einer Sitzung 
nur in einem Durchmesser cürettiert; ist die Blutung sehr gering- 
fügig, oder fehlt sie ganz, oder ist Pat. sehr wenig empfindlich, 
so kann man in derselben Sitzung auch in 2 Ebenen, die zweite 
zweckmälsig senkrecht zur ersten liegend, cürettieren. — Unmittel- 
bar nach dem Cürettement wird die Schleimhaut mittels 1°/, Höllen- 
stein-Solution (pro dosi 5 g) mittels Guyonscher Knopfkatheter- 
spritze behandelt. — Nur bei profuser Blutung tritt an Stelle dieser 
Lösung eine Irrigation mittels Eiswassers. — In dem zwischen 
zwei Sitzungen liegenden Intervall (8—14 Tage) werden täglich 
63* 


964 H. Lohnstein. 


Ausspülungen mit dünnen (1:5000) Argentum-Lösungen oder mittels 
Kal. permanganat-Lösungen von gleicher Konzentration ausgeführt. 

Ich komme nunmehr zur Frage nach den Indikationen des 
Cürettements und gleichzeitig zur Beschreibung des klinischen Bildes 


derjenigen Fälle, in welchen die Methode indiziert ist. — Das 
Studium dieser Frage hat mir bis in die jüngste Zeit wohl die 
grölste Schwierigkeit gemacht. — Unterscheidet sich doch das 


klinische Bild der Fälle von chronischer Urethritis, in denen die. 
Methode zur Anwendung gelangte, im allgemeinen durchaus nicht 
von dem, in welchem auch die älteren Methoden, vor allem die 
Spülungs-Dehnungsmethode, meist mit bestem Erfolge durchgeführt 
worden ist. — Bis vor kurzer Zeit ist die Methode als sog. 
Operation der Wahl nur dann ausgeführt worden, wenn 1. die 
Kaliberuntersuchung der Harnröhre, ausgeführt mit der Doppel- 
‘cürette, auf Infiltrate von besonderer Kürze in der Gegend des 
Bulbus hinwies, 2. in Fällen von Hämospermie mit Schmerz- 
empfindung während des Beischlafess. Von diesen beiden 
Gruppen habe ich je 6 Fälle mittels der Doppelcürette behandelt. 
— Bei den Urethritiden mit kurzem Bulbusinfiltrat!), deren klini- 
sches Bild sich in nichts von dem des gewöhnlichen chronischen 
Trippers unterscheidet, wurde die Heilung nach mindestens 2, höch- 
stens 8 Cürettements erzielt. Der Ausfluls verschwand in sämtlichen 
Beobachtungen, die Filamente in 4 Fällen. — Womöglich noch 
günstigere Chancen für schnelle Beseitigung bietet die Hämospermie. 
wofern sie, wie meist, auf Wucherungen in der Gegend des Caput 
gallinaginis zurückzuführen ist, die im Moment der Ejakulation 
zu bluten beginnen. Ich habe 6 Fälle behandelt, von denen 5 be- 
reits nach einer Sitzung geheilt worden sind. In dem 6. bedurfte 
es erst eines 3 maligen, in 3- resp. 4wöchentlichen Intervallen vor- 
genommenen Curettements, um die Hämospermie zu beseitigen. — 
Als Ursache der Wucherungen war wohl stets Gonorrhoe, welche 
die Patienten meist vor sehr langer Zeit akquiriert hatten, anzu- 
sehen. Gewöhnlich bestanden zur Zeit der Behandlung, abgesehen 


1) Was die Diagnose „Bulbusinfiltrat“ in diesen Füllen anlangt, so ist sıe 
exakt nur mit Hilfe der Kaliberausmessung mit meiner Cürette zu stellen. 
Diese ergibt in solchen Fällen nicht den brüsken Übergang des weiten Bulbus 
in seine proximale und distale Nachbarregion, sondern einen allmählichen, dessen 
Zirkumferenz absolut immer noch weit grölser ist, als man es früher selbst 
für normal weite Urethrae annahm, relativ allerdings etwas gegenüber den 
sonst gefundenen Umfängen (60—80 Charriere) verengt ist. 


Erfanrungen über eine neue Behandlungsmethode der chron. Urethritis. 965 


von vereinzelten Flocken und gelegentlichen Schmerzempfindungen 
in der Tiefe des Dammes, keinerlei manifeste Symptome von 
Gonorrhoe. — 

In allen übrigen Fällen habe ich die Methode erst zur Aus- 
führung gebracht, nachdem die üblichen Behandlungsweisen, ins- 
besondere die Dilatatoren versagt und die Ausmessung des 
Harnröhrenkalibers alsdann die Abwesenheit von Infiltraten ergeben 
hatte. Besonderer Wert wurde bezüglich der Voraussetzungen für 
die Vornahme des Cürettements auf das Ergebnis der Endoskopie ge- 
legt. — Insbesondere suchte ich hierbei nach mehr oder weniger 
ausgedehnten Verdickungen der Epithelialschicht, oberflächlichen 
Wucherungen u. dgl. mehr. Auch der Nachweis von follikulären 
Schwellungen der Oberfläche war unter solchen Bedingungen aus- 
schlaggebend für die Anwendung des Cürettements. — Es darf 
jedoch nicht verschwiegen werden, dafs für die Stellung der Indi- 
kation die bisherigen Endoskopiermethoden nicht so brauchbar sind, 
wie die neuerdings von Goldschmidt eingeführte; ich werde 
hierauf später noch einmal zurückkommen. 

Trotz der Schwierigkeiten der Indikationsstellung ist es mir, 
schon bevor ich diese Methode zur grölseren Sicherheit methodisch 
benutzt habe, gelungen, 3 Gruppen chronischer Urethritis auszu- 
sondern, in welchen, vorausgesetzt dafs die bisherigen Methoden 
versagen, das Cürettement mit Aussicht auf Erfolg anwendbar ist. 

Die erste ist etwa durch folgende klinische Erscheinungen 
charakterisiert. Hartnäckig anhaltendes, eitrig aussehendes oder 
mehr wässriges Sekret, welches weder durch Argentumspülungen 
noch durch adstringierende Lösungen zum Verschwinden gebracht 
werden kann. — Mikroskopisch handelt es sich im wesentlichen 
um grofse polygonale Epithelien mit ovalem Kern; zwischen 
ihnen bald mehr, bald weniger Leukocyten, die teilweise mononukleär 
sind. — Sobald die Behandlung aussetzt, wird das Sekret leuko- 
cytenreicher; stets jedoch bleiben die Epithelien in der Mehr- 
zahl. — Endoskopisch beobachtet man ein wechselndes Bild: Ent- 
weder erscheint die Schleimhaut dunkelrot, erodiert, der Schleim- 
hauttrichter von vielen regelmälsigen radiären Falten durchsetzt, 
an der Peripkerie stets ein dünner Sekretring; oder die Schleimhaut 
erscheint blals, mit grauweilsem Belag bedeckt; sie ist gleichfalls, 
trichterförmig eingestellt, faltenreich, wobei die eigentlichen Falten 
etwas durchsichtiger (graurot), die zwischen ihnen liegenden Kuppen 
blafs und opak erscheinen (Epithelialwucherung). — In solchen 


966 H. Lohnstein. 


Fällen bleiben häufig die bisher zur Verfügung stehenden Behand- 
lungsmethoden ohne Erfolg. — Mag man adstringierende oder antı- 
septische Spülungen oder Injektionen anwenden, ihre Wirkung durch 
Sonden oder Dehner unterstützen, das Krankheitsbild bleibt häufig 
ganz unbeeinflulst, höchstens dafs im Sekret die Zahl der Leuko- 
cyten relativ abnimmt. — Anderseits nützt auch das zeitweilige 
Aussetzen der instrumentellen Behandlung — in der Annahme, dafs 
diese zu sehr reizt — nichts. — Von Fällen, die in diese Kategorie 
zu rechnen sind, habe ich im ganzen 14 behandelt. Wie auch in 
den anderen später zu erörternden Gruppen, verfolgte das Uurettement 
den Zweck, die durch den Epithelialpanzer abgeschlossenen Drüsen 
und Lakunen freizumachen und dadurch die Resorption der Epi- 
thelialinfiltrate zu erleichtern resp. die Möglichkeit zu schaffen, die 
Entzündungsherde für die Medikamente erst zugänglich zu machen. 
— Meine Resultate sind folgende: Unter 14 Fällen habe ich 
8 mal Heilung erzielt, d. h. der vorher persistierende Ausfluls 
verschwand endgültig, die Filamente gröfstenteils. — Die Dauer 
der Behandlung betrug in der Regel 2—3 Monate; einmal wurde 
jedoch bereits nach 3 wöchentlicher Behandlung Heilung erzielt. — 
6 Fälle blieben unbeeinflulst. 

Die 2. Gruppe umfafst Fälle, deren charakteristisches Moment 
hauptsächlich in den subjektiven Symptomen liegt. Die objektiv 
nachweisbaren klinischen Erscheinungen sind wenig prägnant. Auch 
hier handelt es sich um meist langjährige Gonorrhöen. Bei einigen 
wird früh morgens, oder auch gelegentlich am Tage ein dünnes, 
wässriges Sekret entleert, bei andern fehlt es gänzlich. Flocken 
und Filamente sind meist in ziemlich grolser Anzahl vorhanden, 
jedoch gibt es auch Fälle, in welchen der Harn fast völlig flocken- 
frei erscheint. Mikroskopisch handelt es sich um Konglomerate von 
meist polynukleären Leukocyten, zwischen welchen Epithelien und 
Schleim nachweisbar sind. Aufserdem findet man viel unorganisierten 
leicht färbbaren Schleim, der vereinzelte Epithelien oder Leukocyten 
einschlielst. Zuweilen wimmelt das Sekret von Bakterien. Gono- 
kokken habe ich jedoch niemals nachweisen können. — Auch die 
Endoskopie (nach Nitze-Oberländer und Grünfeld-Casper oft 
gleichzeitig ausgeführt) ergibt wenig Charakteristisches. Zuweilen 
erscheint die Oberfläche der Schleimhaut stellenweise wie gestichelt, 
erodiert, zuweilen wie granuliert. In anderen Fällen ist sie, be- 
sonders im Bulbus, mit flachen Wucherungen bedeckt, die schon 
durch blofse Berührung mit dem Tampon bluten. — Die Kaliber- 


Erfahrungen über eine neue Behandlungsmethode der chron. Urethritis. 967 


untersuchung ergab fast stets normale Verhältnisse, d. h. in der 
Pars posterior Umfänge zwischen 40—45 Charriere, in der Pars 
membranacea zwischen 38—42, im Bulbus zwischen 60—80, und 
in der Pars cavernosa zwischen 38—60 Charriëre. Diese Dimensionen, 
welche die bisher als normal angenommenen um ein erhebliches 
übertreffen, sprechen jedenfalls nicht für Elastizitätsherab- 
setzung der Schleimhaut. Bemerkenswert an ihnen ist vor allem 
das Verhalten des Bulbuskalibers. Er ist im Verhältnis zu den 
Nachbarabschnitten enorm weit; die weite Partie erstreckt sich 
jedoch über eine ganz kurze, "höchstens 5 mm lange Fläche 
und geht schliefslich sowohl nach vorn wie nach hinten ganz un- 
vermittelt in Partien über, deren Kaliber, wenn auch absolut sehr 
weit, relativ die grölste Enge aufweist. Dieses Verhalten des Bul- 
bus, auf welches ich auf Grund der mit der Curette ausgeführten 
Kalibermessungen als erster aufmerksam gemacht habe, erklärt zur 
Genüge die Häufigkeit von unbehandelten Herden in dieser Gegend, 
sowie die Unmöglichkeit, ihnen mit Dehnern beizukommen. — In 
fast allen diesen Beobachtungen nun, und das ist das eigentlich 
Charakteristische in dem Symptomenkomplexe, klagen die Kranken 
über unbestimmte Beschwerden, Parästhesien usw. Sie werden bald 
in der Pars anterior, bald im Damm lokalisiert, bald in die Tiefe 
des Beckens, in die Analgegend, in die regio ischiadica usw. ver- 
legt. — Man pflegt derartige Beschwerden als funktionell zu be- 
zeichnen und sie als Teilerscheinungen der sogenannten Neurasthenia 
sexualis aufzufassen. — Diese Annahme, welche besonders in den 
Fällen ohne Austlufs sehr nahe liegt, trifft für einen Teil der- 
artiger Fälle sicherlich nicht zu. Vielmehr sind die Parä- 
sthesien hier auf zirkumskripte Wucherungen der Epithelialschicht, 
wie wir sie oben beschrieben haben, zurückzuführen. Dies ergibt 
sich aus der Tatsache, dafs die Beschwerden vielfach verschwanden, 
sobald es gelungen war, die Wucherungen mit Hilfe der Doppel- 
curette zu beseitgen. 

Die dritte Gruppe ist der zweiten ganz ähnlich. — Sie unter- 
scheidet sich von ihr dadurch, dafs der Harn in beiden Portionen 
beständig trübe ist. Diese Trübung, welche mit das hartnäckigste 
Symptom darstellt, beruht offenbar auf übermäflsiger Schleimpro- 
duktion seitens der in der Pars posterior besonders stark 
entwickelten Wucherungen. — Auf Beteiligung der Blase selbst 
oder auch nur des Blasenhalses ist sie nicht zurückzuführen. Die 
Kranken klagen weder über Pollakiurie, noch über Schmerzen am 


968 H. Lohustein. 


Ende der Miktion, noch ergibt die Cystoskopie irgend einen Anhalt 
für das Bestehen von Blasenschleimhautveränderungen. — Durch 
systematisches Cürettieren der Pars posterior der Harnröhre gelingt 
es zuweilen, enorme polypöse Massen herauszubefördern. Sie 
endoskopisch nachzuweisen, gelang mir mit den älteren endoskopi- 
schen Methoden niemals wegen Überflutung des Gesichtsfeldes nit 
Harn oder Blut. 

Um so besser jedoch gelingt es, diese Veränderungen der Schlein- 
hautoberfläche auch bei geringer Ausdehnung mittels der Gold- 
schmidtschen Irrigationsendoskopie festzustellen. Ich übe diese 
Untersuchungsmethode systematisch seit Februar dieses Jahres, nit 
Rücksicht auf die Indikationsstellung für das Cürettement etwa set 
Juni. Besonders für die Untersuchung der Pars posterior ist sie 
neben den anderen Methoden kaum zu entbehren. — Man überblickt 
die ganze Gegend vom Sphincter internus bis zum Compressor ure- 
thrae nach Einstellung des Sphincter internus durch vorsichtiges 
Rückwärtsschieben des Endoskops. — Die Wucherungen, um die es 
sich in den von mir behandelten Fällen handelt, erscheinen als leicht 
flottierende teils weifsliche durchscheinende, teils gelbrote polypöse 
Massen. Bald bedecken sie die Gegend des Sphincter internus 
und seine distal gelegene Nachbarschaft. In anderen Beobachtungen 
erblickt man das Caput gallinaginis von rötlich durchscheinenden 
Wucherungen eingenommen, von denen aus unregelmälsig 
konturierte und flottierende Schleimfetzen in das Lumen hinein- 
ragen. Häufig erreichen die Wucherungen eine solche Höhe, dals 
sie fast das gesamte Lumen ausfüllen. In diesem Falle verdecken 
sie, falls das Objektiv der Optik ihnen nahe eingestellt ist, das 
gesamte Gesichtsfeld. Selbstverständlich hat man dann zunächst 
überhaupt ‘keine Übersicht, sondern erblickt das Gesichtsfeld in 
ähnlicher Weise, wie die Pars posterior bei zu weit in die Harn- 
röhre zurückgezogenem Cystoskop. — Dagegen ist eine vorzügliche 
Übersicht selbst über die gröfseren Wucherungen möglich, wenn 
man das Objektiv des optischen Apparates etwas weiter von ibnen 
entfernt hält. Man erkennt dann, dafs sich die Wucherungtn 
nicht auf das Caput gallinaginis beschränken, sondern blasenwärts 
auf die zwischen Spincter internus und Caput gallinaginis, distal 
auf die sogenannte Crista colliculi übergreifen. Zuweilen ist der 
Colliculus selbst frei von Wucherungen, während diese an seiner 
Basis auf der Harnröhrenschleimhaut, meist als solitäre polypüs 
Wucherungen, nachweisbar sind. — Niemals habe ich sie in der 


Erfahrungen über eine neue Behandlungsmethode der chron. Urethritis. 969 


Pars membranacea beobachtet, dagegen relativ häufig in der Pars 
cavernosa, während der Bulbus selbst stets frei von ihnen war.!) — 
Auf Grund neuerer Beobachtungen glaube ich übrigens annehmen 
zu dürfen, dafs in den zur zweiten Gruppe gehörigen Fällen es 
sich um Wucherungen handelt, die sich auf die Pars cavernosa 
beschränken. Hier trifft man sie fast ausschlie/slich im unteren Drittel 
an. Sie erreichen hier zuweilen kolossale Entwicklung und erzeugen 
zuweilen höchst bizarre Bilder. So sah ich zweimal schätzungs- 
weise 5 mm lange, 1 mm breite fingerförmige Wucherungen senk- 
recht zur Grundfläche in das Lumen hineinflottieren, so dals sie 
unter dem Einfluls der Druckschwankungen der durchfliefsenden 
Wassersäule sich wie drohende Finger hin und her bewegten. — 
Ihre Entfernung ist, falls man im Dunkeln arbeitet, selbst 
nach genauester endoskopischer Feststellung ihres Sitzes nicht leicht. 
Sie weichen der Curette aus, und es bedarf meist mehrfacher 
Sitzungen, ehe es gelingt, sie zu entfernen. — Neben diesen zirkum- 
skripten beobachtet man relativ häufig mehr diffuse, flache Wuche- 
rungen. Letztere legen sich nicht selten nach Art von Kraterauf- 
schüttungen um Lakunen und dilatierte Drüsenausführungen herum 
und bedingen dadurch oft nicht unerhebliche Niveaudifferenzen der 
Schleimhautoberfläche. — 

Von Patienten, deren Leiden zur 2. Gruppe der von mir oben 
charakterisierten Formen der Urethritis gehört, habe ich 25 behandelt. 
— Hiervon wurden 10 geheilt, d.h. die Schmerzempfindungen und 
Parästhesien sowie die Sekretion verschwanden. Auch der Harn 
verlor in einem Teil der Fälle seine Flocken gänzlich; in anderen 
persistierten die Filamente, wenngleich in weit geringerer Zahl als 
vor der Behandlung. Die Dauer der Behandlung schwankte zwi- 
schen 4 Wochen und 6 Monaten. — Die verhältnismälsig grofse 
Länge der Behandlungszeit in manchen Fällen ist darauf zurück- 
zuführen, dals, falls es nicht gelingt, bereits in der ersten oder zwei- 
ten Sitzung die zirkumskripten Wucherungen zu treffen und zu be- 
seitigen, man gezwungen ist, systematisch die gesamte Zirkumferenz 
des Schleimhautzylinders zu cürettieren. — Hierzu braucht man min- 
destens 5—6 Sitzungen. Da man nun in jeder Sitzung, wie wir 
oben gesehen haben, nur in einem Durchmesser cürettieren kann, 
zwischen je 2 Sitzungen anderseits 1—2 wöchentliche Intervalle 


1) Anın. während der Korrektur: In einem Falle von auszedehnter Leu- 
koplasie der Urethralschleinihaut habe ich sie jüngst auch im Bulbus nach- 
weisen können. 


970 H. Lobnstein. 


legen muls, so ergibt sich schon hieraus die Erklärung für die zu- 
weilen lange Dauer der Behandlung. 

Gebessert wurden 9 Patienten. Bei diesen wurde aus der 
Summe der Beschwerden (Schmerzen, Ausfluls, Filamente) nur eine 
Gruppe durch das Curettement beseitigt. — Bei einigen liels der 
Schmerz nach, jedoch die Filamente und der Ausflufs persistierten, 
bei anderen verschwand der Ausflufs, jedoch hielten die Parästhesien 
der Patienten hartnäckig an. — Einige dieser Kranken gaben vor- 
zeitig die Behandlung auf. Bei anderen jedoch konnte trotz grüls- 
ter Geduld seitens der Patienten (einer hat sich ein Jahr, ein anderer, 
ein Kollege, nach anfänglicher Besserung, ein halbes Jahr lang be- 
handeln lassen) kein weiterer Fortschritt erzielt werden, so dals 
die Behandlung vorläufig abgebrochen werden mulste. 

Vollkommen unbeeinflufst blieb das Leiden bei 6 Patienten die- 
ser Gruppe. Als Ursachen für das Mifslingen sind anzuführen 
teils Ungeduld infolge nicht sofort eintretender Besserung older 
auch, falls sich bei dem ersten Cürettement stärkere Blutung einge 
stellt hatte, Furcht. — In andern Fällen, in welchen diese Gründe 
nicht zutreffen, konnte ich bei Anwendung der älteren endoskopi- 
schen Untersuchungsmethoden eine ausreichende Ursache für den 
Mifserfolg nicht ermitteln. — Auf Grund neuerdings gemachter 
diagnostischer Erfahrungen zweifle ich jedoch nicht, mit Hilfe der 
(ioldschmidtschen Endoskopiermethode Anhaltspunkte zu gewinnen. 
warum die Methode versagt. — In einigen Beobachtungen handelt 
es sich zweifellos um falsche Indikationsstellung. Hier wird mit 
grolser Wahrscheinlichkeit die Goldschmidtsche Endoskopie, welche 
von besonderem Werte für die Erkennung resp. Beurteilung YO! 
Niveaudifferenzen gröfserer Schleimhautabschnitte ist, für die Indi- 
kationsstellung von grolsem Werte sein. x 

Am meisten trotzen dem Üurettement die zur 3. Gruppe 5° 
hörigen Fälle, bei denen es sich aufser den soeben erwähnten Sy™- 
ptomen um dauernde Trübung des Harns infolge umfangreicher 
epithelialer Wucherungen besonders in der Pars posterior handelt. — 
Ich habe 14 in diese Kategorie fallende Patienten nach Fehlschlasel 
aller sonst gebräuchlichen Methoden behandelt. — In 5 Fällen 8° 
lang es mir, vollständige Heilung herbeizuführen, d. h. die Trüburs 
des Harns, die subjektiven Beschwerden der Kranken, in 2 Fällen 
auch die Filamente zu beseitigen. — In 5 Fällen erzielte ich bes‘ 
serung: Bei 2 Patienten verschwand der Schmerz, während die TrÜ 
bung des Harns und der Ausflufs blieb; in 3 Fällen hörten Trübuns 


Erfahrungen über eine neue Behandlungsmethode der chron. Urethritis. 971 


des Harns auf und die Filamente verschwanden; die Parästhesien 
jedoch blieben bestehen. — Absolut unbeeinflufst durch die Methode 
blieben 4 Fälle. — Über die Gründe der Mifserfolge gilt im all- 
gemeinen das bereits gelegentlich der Behandlung der 2. Gruppe 


Gesagte. — 
Das sind die Resultate, die ich mit der Methode etwa bis 
Juli 1907 erzielt habe. — Wenn man in Erwägung zieht, dafs das 


Curettement in der grolsen Mehrzahl der Fälle erst versucht wurde, 
nachdem die üblichen Methoden, vor allem Dehnungen und Spü- 
lungen kombiniert mit ergänzenden Behandlungsmethoden, vergebens 
versucht worden waren, so kann man mit Ahnen wohl zufrieden 
scln. — 

Die Hauptschwierigkeiten, welche bis vor wenigen Monaten 
bei der Einführung und Ausbildung der Methode zu überwinden 
waren, bestanden weniger in der Technik der Ausführung, wenn- 
gleich auch sie eine gewisse Routine erfordert, als vielmehr in der 
Indikationsstellung sowie darin, dafs man darauf angewiesen war, im 
Dunkeln zu arbeiten. 

Diese beiden Schwierigkeiten sind seit der Benutzung der 
Goldschmidtschen Endoskopiermethode sowie durch Einführung eines 
von mir soeben konstruierten Instrumentes, dessen Konstruktion 
eine Kombination einer einfachen Curette mit dem Goldschmidtschen 
Endoskop für die Pars posterior darstellt, nahezu behoben worden. 
— Wie bereits ausgeführt, ermöglicht die Goldschmidtsche Methode 
besonders gut 1. die gleichzeitige topographische Übersicht über ein 
gröfseres Stück der Harnröhre, ohne dafs die natürlichen Elastizitäts- 
und Spannungsverhältnisse der Schleimhaut allzu sehr beeinflulst 
werden; 2. die ungestörte und übersichtliche Betrachtung der Pars 
posterior sowie ihrer Übergänge in die Nachbarabschnitte in distaler 
und proximaler Richtung. — Diese Besonderheiten der Methode 
verbürgen einmal, worauf schon oben hingewiesen wurde, eine 
hervorragend gute Erkennungsmöglichkeit aller Niveaudifferenzen der 
Schleimhaut, sowohl zirkumskripter wie diffuser Wucherungen ihrer 
Oberfläche, adhärenter Schleim- und Exsudatmassen in situ u. dgl. m. 
Sie ermöglicht weiterhin eine ziemlich sichere Kontrolle der Opera- 
tionsresultate. — Daraus ergibt sich sowohl eine weit bessere Mög- 
lichkeit der Indikationsstellung des Eingrifls, als auch eine sicherere 
Ausschaltung wenigstens einer Gruppe der Ursachen, welche für 
 Mifserfolge verantwortlich zu machen sind. Mit Hilfe dieser Me- 
thode kann man mit weit grüflserer Präzision, als früher, kontrol- 


972 H. Lolıinstein. 


leren, ob sich eine Wucherung der Beeinflussung durch die Ci- 
rettenwirkung entzogen hat, ob, falls klinische Rezidive auftreten, 
diese auf Wiederauftreten von neuen Wucherungen zurückzuführen 
sind usw. — 

Auch die zweite Schwierigkeit, welche den Erfolg der Methode 
häufig in Frage stellte, das Cürettement im Dunkeln, ist in den 
letzten Wochen insofern von mir beseitigt worden, als es mir ge- 
lungen ist, eine nach demselben Prinzip wie meine bisherige Doppel- 
cürette konstruierte einfache Cürette herstellen zu lassen, mit welcher 
ich unter Kontrolle des Auges arbeiten kann. Das Problem ist in 
der Weise gelöst worden, dafs die Cürette (d) einem etwas modif- 
zierten Goldschmidtschen Endoskop eingefügt ist (Fig. 4). Durch 
Auswechslung der Schnäbel kann, genau wie bei der älteren Doppel- 
cürette, jede Ebene des Harnröhrenzylinders in jedem Segment 





Fig. 4. 
a Katheter, b Hebelübertragung, d Cürette, g, h Lampen, 


I, II, UL IV Steckkontakte. 


cürettiert werden. Zur ausgiebigen Beleuchtung des Gesichtsfeldes 
sind diesem Apparate übrigens 2 Lampen g, h eingefügt. Sie könne 
entweder (je nach ihrer Schaltung) an den Steckkontakten (I, Il, 
III, IV) beide gleichzeitig, oder jede für sich gesondert in Tätig- 
keit (auch während des Curettements) gesetzt werden. Dadurch wird 
erreicht, dafs nach Belieben eine gröfsere Lichtintensität erzeugt 
werden, oder dafs das Operationsfeld bald von der einen, bald auch 
von der andern Richtung her beleuchtet werden kann, ein Moment, da: 
zuweilen von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Schliefzlich 
ermöglicht die Doppellampe auch, dafs man bei Durchbrennu2g der 
einen Lampe, ohne das Instrument herauszunehmen, sich sofort 
der andern bedienen kann. — Dieses Instrument gestattet. unter 
Kontrolle des Auges die eingestellten Waucherungen zu fs 
und zu exstirpieren, verstopfte Drüsenöffnungen unter Schonung 
der Nachbarschaft zu exprimieren und sowohl den Erfolg, als auf 
etwaige Läsionen zu kontrollieren und danach sein weiteres Verhal- 


L. c a on nn. ` w 


Erfahrungen über eine neue Behandlungsmethode der chron. Urethritis. 973 


ten einzurichten. — Bis jetzt habe ich das Instrument an 2 Kran- 
ken angewandt, die zu der 3. Gruppe der von mir oben skizzierten 
Urethritiden gehören. Der eine Fall gehörtzu den Versagern der alten 
Methode: bei ihm ist jetzt schon eine erhebliche Besserung insofern 
zu verzeichnen, als der seit Jahren trübe Harn nach der Beseitigung 
eines an der Basis des Caput gallinaginis liegenden Polypen sich gc- 
klärt hat. — Das Instrument gestattet jedenfalls ein sicheres, über- 
sichtliches Arbeiten. Über weitere Erfahrungen mit ihm behalte 
ich mir vor, weiter zu berichten. 


(Aus der urologischen Abteilung der „Charite-Poliklinik“ 
in Budapest.) 


Zur Palpation der Prostata, der Samen- 
blasen und der vesikalen Endung der 
Ureteren. 


Von 
Dr. Josef Sellei, 


Abteilungsvorstand. 


Die gebräuchlichsten Methoden der Prostatauntersuchung und 
zwar in der horizontalen Lage die Formveränderungen, Gröfse und 
Konsistenz, der Prostata wahrzunehmen und in der Beugestellung 
des Patienten aufser der klinischen Diagnosestellung zur Expression 
der Drüse behufs mikroskopischer Untersuchung des Prostatasckrets 
zu gelangen, sind nicht immer genügend erfolgreich. 

Anatomische Untersuchungen, Messungen der Prostata haben 
nämlich ergeben, dafs die Prostata oft hoch über dem After liegt. 
weshalb der obere Rand derselben in vielen Fällen mit dem Finger 
nur schwer erreichbar ist. Kann dies schon im normalen Zustande 
der Prostata der Fall sein, so wird es bei Vergröfserung der 
Prostata um so schwerer sein, den oberen Rand derselben zu er 
reichen. Unter solchen Umständen bereitet nicht nur die Aufstel- 
lung einer genauen Diagnose, sondern auch die Durchführung eine! 
richtigen Therapie Schwierigkeiten namentllich bei der Prostata- 
massage, welche in vielen Fällen aus dieser Ursache kein befriedi- 
gendes Resultat gibt. Wenn nun schon die genaue Untersuchung 
der Prostata, namentlich aber die Palpation des oberen Randes 
derselben mit Schwierigkeiten verbunden ist, so ist es um so begreif- 
licher, dafs bei den obenerwähnten Untersuchungsmethoden der 
Palpation der Samenblasen noch gröfsere Schwierigkeiten in den 
Weg treten: befinden sich doch die Samenblasen am oberen Rande 
der Prostata. Eine günstigere Untersuchungsmethode ist die Knie- 
ellenbogenlage, in welcher Lagerung schon eine bessere Polo 
der Prostata "und der Samenblasen ermöglicht ist. Eine Methode 
nun, mit der ich verhältnismäfsig ziemlich leicht und genau sowohl 





Zur Palpation der Prostata, der Sainenblasen usw. 975 


die Prostata in ihrem vollen Umfange heraustasten und deren oberen 
Rand palpieren, sowie auch die Samenblasen ziemlich leicht erreichen 
kann, beruht auf dieser letzteren und ist folgende: 

Der Patient kniet auf dem zur Untersuchung verwendeten 
Stuhle, falst mit beiden Händen die Sitzfläche desselben, beugt sich 
nach vorne, rückt dann mit dem Körperhinterteil so weit zurück, dafs 
derselbe über den Rand des Untersuchungsstuhles hinausragt. Der 
Patient ist eigentlich in kauernder Stellung, und wenn er diese 
ad maximum forciert, so erreicht man damit, dafs die Oberschenkel 
beinahe die in horizontaler Lage befindlichen Unterschenkel berüh- 
ren, wodurch die Bauchmuskeln fest angespannt und die 
Unterleibsorgane besser gegendasRektum gedrückt werden. 
Der mit Kondom versehene und mittelst Vaseline schlüpfrig ge- 
machte in das Rektum eingeführte Zeigefinger wird in dieser Posi- 
tion den oberen Rand der Prostata mit der grölsten Leich- 
tigkeit erreichen. Der Vorteil dieser Methode gegenüber den 
bisherigen Prostata- Untersuchungsmethoden ist ein. prägnanter. 
Während bei der Untersuchung in horizontaler Lage oder in der 
Beugestellung die Bauchmuskeln die Untersuchung gar nicht oder 
nur sehr wenig unterstützen, drücken bei der in kauernder Stel- 
lung vorgenommenen Prostatauntersuchung die gespannten Bauch- 
muskeln Blase und Prostata weiter nach unten und gegen das 
Rektum. Die Lagerung des Patienten erleichtert auch sehr die 
Einführung des Fingers. Bei sehr korpulenten Individuen oder in 
Fällen, wo die Prostata höher liegt oder vergröfsert ist, werden 
die Vorteile dieser Untersuchungsmethode leicht wahrgenommen 
werden können. 

Füllen wir die Blase mit Flüssigkeit, so wird bei der An- 
spannung der Bauchmuskeln selbstverständlich die Prostata noch 
besser gegen das Rektum gedrückt, was zur Erleichterung der 
Untersuchung wesentlich beitragen wird. Die Untersuchung in der 
angegebenen Lagerung ist nicht blofs vom diagnostischen, sondern 
auch vom therapeutischen Standpunkte wichtig. Die Massage kann 
so ziemlich leicht und genau vorgenommen werden. 

Von Wichtigkeit ist ferner diese Untersuchungsmethode für 
die Untersuchung der Samenblasen, und auch behufs eventueller 
Behandlung derselben: haben wir den oberen Rand der Prostata er- 
reicht, so können wir weiter oben mit dem untersuchenden Finger 
die Samenblasen mit den Ampullen der Vasa deferentia gleichfalls 
leicht erreichen und palpieren. 


976 Josef Sellei, Zur Palpation der Prostata, der Samenblasen usw. 


Auch bei der Palpation der Ureterenenden wird dies 
Methode gute Dienste leisten können, da doch bekanntlich bis 
jetzt beim Manne diese Palpation überhaupt nur schwer durchführ- 
bar war. Bei gefüllter Blase wird in angegebener Stellung erst 
die Prostata, dann die Samenblasen und Ampullen abgetastet, und 
am oberen Pole der einen oder anderen Samenblase können wir 
dann leicht das Ureterende palpieren. Ich konnte in einigen Fällen 
auf diese Weise durch Kompression des einen oder anderen Ureteren- 
endes auch den Bazyschen pyelo-vesikalen Reflex auslösen. 


Klimatische Heilerfolge bei Nierenkrank- 
heiten in Agypten. 


Von 


Dr. med. Gustav Heim, Bonn. 


Während früher die Lungentuberkulose den gröfsten therapeu- 
tischen Ruhm Ägyptens ausmachte, ist sie aus dieser Stellung durch 
die Nierenkrankheiten verdrängt worden. Diesen von allen Ärzten 
anerkannten auffallenden Heileinflufs erklärt man sich aus der ex- 
zessiven Trockenheit des Klimas. Denn weil Ägypten durch die 
Jährliche Schlammüberschwemmung des Nils entstanden ist und er- 
halten wird — daher der gemeinsame griechische Name Aiyvrros für 
Land und Fluls —, bildet es gewissermalsen eine dem Nillauf ent- 
sprechende geschlängelte grüne Linie in der unermelslichen gelben 
vegetationslosen Wüstenfläche, mit welcher es die trockne regen- 
freie Atmosphäre und den fast wolkenlosen ewig heitern 
Himmel teilt. Nach Untersuchungen Rubners ist nun die Wasser- 
abgabe durch die Haut von der relativen Feuchtigkeit abhängig, 
weniger bei niedriger, in ganz erheblichem Grade aber bei hoher 
Temperatur‘). Man glaubt, dafs die kranken Nieren, ähnlich wie 
durch Schwitzprozeduren, dadurch entlastet und geschont würden, 
dafs die stärker arbeitenden Schweilsdrüsen einen grölsern 
Teil von Harnsubstanzen durch die Haut eliminieren 
Freilich ist diese Annahme für Ägypten durch objektive Untersuchung 
noch nicht erwiesen, und man muls daran erinnern, dafs auch 
\Wasserabgabe durch einfache Gasdiffusion (Hautatmung) stattfindet. 
In den Tropen ist jedoch bei überstarker Schweilsabsonderung oft 
die Haut nach Verdunstung des Wassers mit kristallisierten und 
festen Bestandteilen des Schweifses überzogen (Rubner). 


!) Rubner, Lehrb. der Hygiene, 1900. S. 27. 
Zeitschrift für Urologie. 1907. 64 


978 Gustav Heim. 


Manche Ärzte Ägyptens betonen mehr die Entlastung der 
Nieren von Blut, indem dieses aktiv zur Wärme- und Wasser- 
abgabe, passiv infolge Erschlaffung durch die warme Luft die 
Hautgefäfse überfülle. H. Engel, Kurarzt in Heluan bei Kairo, 
hat wenigstens bei grölserer Hitze Sinken des Blutdrucks mit dem 
Gärtnerschen Tonometer konstatiert, lälst es aber dahingestellt, ob 
diese Erscheinung durch Nachlafs der Arterienspannung oder der 
Herztätigkeit bedingt sei. v. Campe, Chefarzt des grolsen Sans 
toriums „Al Hayat“ für Nierenkranke in Heluan, hält die But 
druckverhältnisse für sehr wichtig und glaubt, dafs wesentlich er- 
höhter Blutdruck, der in Ägypten dauernd hoch bleibe, die 
Prognose der Nephritis trübe, eine Erfahrung, welche man bei 
chronischer Nephritis quoad vitam auch anderswo gemacht hat. 

Die durch Experimente gefundene Tatsache, dafs plötzliche 
Abkühlung der Haut Kongestion und Reizung der Nieren verursachen 
kann, lälst vermuten, dafs der Nephritis überhaupt warmes 
Klima zuträglich sei. Gefahr für Erkältung bietet sich in Ägypten 
namentlich nachts, wegen der starken Ausstrahlung des Bodens, 
welche durch kein Gewölk gehemmt ist. 

Weil über die Heilresultate Ägyptens im einzelnen bis heute 
so gut wie nichts bekannt geworden ist, habe ich im verflossenen 
Winter während dreier Monate Ägypten bis nach Assuan hinauf 
bereist und durch lange, eingehende Unterredungen und Aufzeich- 
nungen, später noch durch Briefwechsel die Erfahrungen von 
14 in den ägyptischen Kurorten und in Kairo praktizie 
renden Ärzten gesammelt. Einstimmig wurde von ihnen be 
tont, dafs Nierenentzündung verschiedener Art ein glän- 
zendes Objekt zur klimatischen Behandlung in Ägypten 
bilde. 

Von den akuten Nephritiden, von welchen allerdings auch 
in Deutschland die grofse Mehrzahl in Heilung übergeht, hob 
Schacht, Kurarzt in Assuan, die nach akuten Infektionskrankheiten. 
wie Scharlach, Diphtherie, Typhus, Influenza usw., auftretende als 
besonders günstig hervor. Den akuten Nephritikern ist zu empfehlen, 
nach Ägypten zu kommen, sobald sie gut reisefähig sind. 

Dals auch die chronische parenchymatöse Nephritis — 
von manchen subakute Nephritis genannt —, deren Heilung bekannt 
lich schr selten ist, in Ägypten völlig genesen könne, wird von 
manchen dortigen Ärzten bezweifelt. Einige lange Jahre in Kairo 
tätige Kollegen dagegen haben Fälle in Erfahrung gebracht, wo 


Klimatische Heilerfolge bei Nierenkrankheiten in Ägypten. 979 


noch nach vielen Jahren — v. Becker-Bey') nach 4, Heyman’) 
und Wildt) nach 10—15 Jahren — vollständige Gesundheit be- 
stand. Wildt, dessen Fälle sich in Heluan und Oberägypten ab- 
spielten, beobachtete 4—6 solcher (Genesungen. Von seinen 
Kranken hatte einer in Ägypten starke urämische Anfälle; mehrere 
davon waren selbst Ärzte und 2—4 Jahre lang ohne Unterbrechung 
in Ägypten. Es wäre wünschenswert, durch genaue Kranken- 
geschichten den strikten Beweis zu liefern, dafs es sich um wirk- 
liche chronische, und nicht etwa um schleppend heilende akute 
Nephritis gehandelt hat, welche ja 1—2 Jahre lang Albuminurie, 
in selteneren Fällen selbst wenige Formelemente zeigen kann, dann 
aber nicht als chronische Nephritis mitgerechnet werden darf. Was 
den Eiweifsgehalt betrifft, so nimmt derselbe in Ägypten bei der 
chronischen parenchymatösen Form nach mehreren Aussagen zu- 
nächst sehr schnell ab, um dann aber nicht völlig zu verschwinden, 
wobei auch die Formelementte im Urin sich vermindern. 
Dieser Zustand bleibt mit geringen Schwankungen längere Zeit 
stationär unter deutlichem Einfluls von grölseren Muskelbewegungen, 
Diätüberschreitungen und Indispositionen, bis dieselben schlielslich 
bei weiterer Besserung die Eiweilsausscheidung im Harn nicht mehr 
steigern und letztere oft im März oder April noch ein weiteres 
Herabsinken erfährt (v. Campe). Das Allgemeinbefinden kann vor- 
züglich werden, bis zu völliger Arbeitsfüähigkeit.e Auch in der 
Heimat kann die Besserung bestehen bleiben und auch noch fort- 
schreiten; doch scheinen auch Rückfälle vorzukommen. 

Die Fälle von juveniler Albuminurie sah v. Campe in 
Ägypten günstig beeinflufst oder heilen, und H. Engel behandelte 
im vorigen Winter 2 sogenannte orthotische Albuminurien, die am 
Ende der Kur auch nach Spaziergängen von einer Stunde frei von 
Eiweils waren. 

Bei dieser Gelegenheit möchte ich die geringe Albuminurie eines mir be- 
freundeten Kollegen in Deutschland erwähnen, welche sich zu der orthotischen 
Albuminurie fast wie ein Negativbild verhält. Morgens ist sie da, um 11 Uhr 
schon geringer und nachmittags meistens verschwunden. Durch starke Muskel- 


IK. K. Rer.-Rat, Arzt des österreich. Hosp., 25 J. in Kairo. 

2) Ehemahs Arzt des österreich. Hosp., 23 J. in Kairo. 

3) Arzt am Viktoriahosp., 27 J. in Kairo. — Das Urteil der Ärzte Kairos 
ist von Wert, weil sie nieht nur in diesem früher bedeutenden Kurort, sondern 
auch in dem benachbarten Wüstenknurort Heluan ihre Patienten haben und 
auch von nach Oberägypten reisenden Kranken auf Hin- und Rückreise kon- 
sultiert werden, 


64 * 


980- e ; Gustav Heim. 


bewerune nimmt sie ab. und sicher schwindet sie auch morgens, wenn er etwa 
eine Bergtour macht. Im Frühjahr trat auch mal Glvkosurie und Oxalurie auf, 
Bei einer vierwöchigen Kur in Neuenalır war die Albuminurie tagelang vanz 
fort, trat aber nach einem abusus cerevisiae wieder auf. Sein Urin zeigt kei 
Zylinder, zuweilen einige Leukocyten. Prof. St. hielt diese Albuminurie fir 
eine Stoffwechselstörung ohne weitere Bedeutung. Vielleicht handelt es sicl 
um eine Stauung in den Nieren, welche bei Körperbewegung durch stärkere 
Herztätigkeit überwunden wird. ` 

v. Becker-Bey und v. Campe raten davon ab, arterio- 
sklerotische Nierenaffektion und überhaupt Arteriosklerose 
nach Ägypten zu schicken. Unter einer Anzahl solcher Nieren- 
kranker konnte v. Campe nur in einem Falle eine ausgesprochene 
Besserung konstatieren. Nach Heyman kommt in Kairo nel 
Arteriosklerose vor. Dagegen ermuntern die Ärzte nahezu ein- 
stimmig die an chronischer interstitieller Nep kr: 
(Schrumpfniere) Leidenden zur klimatischen Kur anmNil. 
Denn wenn diese Krankheit auch in Ägypten niemals heilt, so kan 
doch ihr Fortschreiten verzögert, und die durch sie hervorgerufenen 
Beschwerden können erheblich gelindert werden. Aus einem pro- 
trahierten Verlauf der Schrumpfniere allein darf man nicht auf einen 
Kurerfolg schliefsen. Denn dafs dieselbe sich über 10 Jahre und 
länger hinschleppt, ist durchaus nicht so sehr selten. Mannaberg 
(Wien) hat sogar einen Fall von 27jähriger Dauer beobachtet. 
welcher, wie Mannaberg mir mitteilte, inzwischen zur Obduktion 
gelangt ist. Weil die Schrumpfniere aber, wenn sie schon zu Uränie 
und deutlicher Herzinsuffizienz geführt hat, fast stets in wenigen 
Jahren zum Tode eilt, so sollte auf diese Fälle und auch. solche 
mit Retinitis albuminurica die Wirkung des ägyptischen Klimas gè- 
sondert geprüft werden. 

Nach v. Campe war auch auf die Nephritis Tuberkulöser 
der günstige Einfluls des Klimas deutlich nachweisbar. Eine Anzahl 
genauer Krankengeschichten über auffallende Heilungen und Best 
rungen von Tuberkulose der Blase und der Niere wurden mir mit- 
geteilt, welche ich an anderer Stelle beschrieben habet). v. Campe 
und Wildt saben Besserungen und Heilungen von Nieren 
syphilis durch Quecksilber mit Unterstützung der sehr starke! 
Schwefelquellen von Heluän?), während dieselbe sonst bekamtlicl 
durch Merkurialkuren in der Regel verschlimmert wird. 


!) Resultate der klimat. Behandlung der Tuberkulose in Ägypten, vor 
Dr. Gustav Heim. Berl. klin. Wochenschr. 1907. 
2) Wüstentherapie. Zeitschr. f. phys. u. diät. Therapie 1907. 


——— pe 
.. 


Walt 


Klimatische Heilerfolge bei Nierenkrankheiten in Ägypten. 981 


In neuerer Zeit senden sowöhl deutsche, wie auch englische und 
amerikanische Chirurgen nach Nierenexstirpation. die Kranken 
nach Ägypten, um der andern Niere die Anpassung an die ver- 
doppelte Arbeit zu erleichtern. Schacht beobachtete in Assuän 
14 Nephrektomierte. In 10 Fällen war wegen Tuberkulose, in 3 wegen 
gonorrhoischer Entzündung, in 1 wegen Eiterung aus unbekanntem 
Grunde die Niere entfernt worden. 2 sind gestorben, 1 Fall von 
Nierengonorrhoe und 4 Fälle von Tuberkulose können, weil viel- 
jährig gesund, als gänzlich geheilt gelten. Bei 2 davon ist vor 15 
bzw. 20 Jahren die Operation gemacht worden. Die andern sind 
noch nicht in ganz befriedigendem Zustande Auch v. Campes 
Nephrektomierte befanden sich wohl. Dieselben scheinen sich aber 
auch anderswo gut zu erholen, da ja die Exstirpation solitärer Nieren- 
tuberkulose eine verhältnismälsig günstige Prognose bietet, haupt- 
sächlich freilich infolge der Riesenfortschritte der Nierenchirurgie. 

Nach den Berichten der Ärzte Ägyptens lassen sich die bis- 
herigen dortigen Erfahrungen über Nierenkrankheiten wohl zusam- 
menfassen in den Worten: Die heilbaren Fälle heilen rascher 
und zahlreicher, und die unheilbaren finden leichter Bes- 
serung und Stillstand, wobei freilich Rückfälle in der Heimat 
vorkommen können. Verschlimmerungen und Todesfälle sind natür- 
lich auch in Ägypten nicht ausgeschlossen. Von den meisten Ärzten 
wurde betont, dafs die wärmere Jahreszeit für Nephritis besonders 
günstig sei, und den Kranken geraten, bis etwa April oder Mai oder 
selbst noch länger zu bleiben. Es ist sogar vorgekommen, dafs 
Nephritiker auch den Sommer in Ägypten zubrachten. Die gewöhn- 
liche Kurzeit ist dort von Anfang November bis gegen Mitte März. 
Die meisten Kranken müssen wohl mehrere Winter zu langer Kur 
hingehen. 

Kairo hat wegen der Nähe des feuchteren Nildeltas viel von 
seiner frühern Bedeutung als Kurort verloren, mit Ausnahme des 
am Wüstenrande bei den Pyramiden liegenden Hotels Mena- 
House. Die eigentlichen Kurorte Ägyptens sind: Heluän, nahe bei 
Kairo in der Wüste bei den angeblich stärksten Schwefelquellen 
der Welt erbaut, mit dem rosen Sanatorium für Nierenkranke 
-Al Hayat“, und in Oberägypten Luksor mit seinen zahlreichen 
und wunderbaren Altertümern, und Assuän, welches die niedrigste 
relative Feuchtigkeit zeigt. Diese Kurorte verfügen über grofsartige 
Gasthöfe, welche den Fremden durch ihren Luxus und Komfort, 
aber auch durch ihre enormen Preise überraschen. Daneben gibt 


982 Gustav Heim, Klimatische Heilerfolge bei Nierenkrankheiten usw. 


es einzelne gute billigere Häuser, worüber Baedekers Reisebuch 
Auskunft gibt. Die ganz wohlfeilen griechischen Gasthäuser sind 
kaum zu empfehlen. 

Viel trockner und daher vielleicht für Nephritis noch heilsamer 
ist neben andern hygienischen Vorzügen schon in der Nähe die Wüste 
selbst. Das Wohnen in Zelten, wie es dort manche Engländer be- 
treiben, bietet wegen der starken nächtlichen Abkühlung grofse Ge- 
fahr der Erkältung, welche bekanntlich gerade Nephritikern verhäng- 
nisvoll werden kann. Ich habe daher für die Wüste Krankenkolo- 
nien in Form von Lufthütten vorgeschlagen, deren mit schlechten 
Wärmeleitern ausgefüllte Doppelwände die bei Tage durch die starke 
Sonnenbestrahlung aufgespeicherte Wärme nachts langsam und gleich- 
mälsig abgeben.) 

Zwar ist die Nephritis unter den Eingeborenen nicht selten. 
Das beweist aber nichts dagegen, dafs der nicht akklimatisierte 
Europäer durch das gleiche, ihm aber neue Klima davon geheilt 
werden kann. Die Eingeborenen Ägyptens setzen sich auch in ho- 
hem Grade der Erkältung aus, besonders in ihren armseligen Hütten. 


ı) Heilerfolge bei Syphilis in Ägypten, von Dr. Gust. Heim. Archiv für 
Dermat, und Syphilis 1907 (oder 1908). 


Literaturbericht. 


I. Allgemeines über Physiologie und Pathologie des 
Urogenital-Apparates, 


Die Lumbalanästhesie bei urologischen Operationen. Von 
G. v. Engelmann. (St. Petersburger mediz. Wochenschr. 1907, Nr. 28.) 

Verf. geht zunächst auf die Vorgeschichte der Lumbalpunktion, 
Instrumentarium und Technik des Verfahrens nebst den dabei gebräuch- 
lichen Injektionsflüssigkeiten näher ein und berichtet dann über 56 uro- 
logische Fälle, in denen er die Lumbalanästhesie an Stelle der Chloro- 
formnarkose anwendete; 27 davon betrafen die Prostata. Unter den 
Öperierten waren alle Altersklassen von 16 bis 90 Jahren vertreten, 
eine Verschiedenheit in der Wirkung war trotzdem nicht zu konstatieren. 
In 48 Fällen (85,7°/,) wurde völlige Anästhesie erzielt. Die gegen- 
wärtig dieser Methode noch anhaftenden Mängel, wie zuweilen unvoll- 
ständige Anästhesie, Neben- und Nachwirkungen, dürften bei verbesserter 
Technik wegfallen. Ihnen gegenüber besteht der Vorteil, dafs sie bei 
einem Teil der Operationen die gefährliche Chloroform- und Ather- 
narkose ersetzen wird, z. B. bei Lithotripsien, der Bottinischen Operation. 
Während hierbei trotz anscheinend tiefer Narkose noch reflektorische 
Bewegungen auftreten und das Resultat: beeinträchtigen können, ist dies 
bei der Lumbalanästhesie ausgeschlossen wegen der gleichzeitigen moto- 
rischen Lähmung. Hentschel-Dresden. 


Folgen der Masturbation. Von Michels, Düsseldorf. (Deutsche 
med. Wochenschr. 1907, Nr. 36. Vereinsb.) 

Im Gegensatz zu einer früheren Periode werden in der Gegenwart 
die Folgen der Masturbation unterschätzt. Vortr. sah nach einer fort- 
gesetzten Onanie in vier Fällen plötzlichen Verlust des Geschlechtstriebes. 
In allen diesen Fällen war die glans penis gerunzelt, cyanotisch und kalt, 
und es liefsen sich an ihr deutlich subjektive und objektive Sensibilitäts- 
störungen nachweisen, ohne dals gleichzeitig organische Störungen anderer 
Art vorhanden waren. Bei einer Nachprüfung an Gesunden und Kranken 
mit sexuellen Störungen fand sich die Herabsetzung der Empfindung für 
Berührung und Temperatur an der glans penis ebenfalls häufig, aber 
immer war sie bei den Kranken viel stärker, als bei Gesunden. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


Über ein neues Desinfektionsmittel (Lysan). Von Aufrecht. 
(Allgem. med. Zentralztg. 1907, Nr. 25.) 
Unter dem Namen Lysan wird von Dr. Laboschin ein Präparat in 


954 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


den Handel gebracht, welches durch Einwirkung von Formaldehyd auf 
gewisse Terpene oder diesen nahestehende Körper, wie Eukalypto), 
Menthol u. a, und durch Lösen des Reaktionsproduktes in konzentrierter 
wässerig -alkoholischer Lösung hergestellt wird. Es ist mit Wasser, 
Glyzerin und Alkohol klar mischbar, riecht angenehm, hält sich monate- 
lang unverändert, greift Stahl- und Nickelinstrumente nicht an, seine 
toxische Wirkung auf den tierischen Organismus ist, wie die Tier 
versuche zeigten, geringer als die des Lysols. ' 

Lösungen von 5 und 10°/, reizen die Haut auch bei langdauern- 
dem Gebrauch nicht, konzentriertere Lösungen rufen ein schwaches 
Jucken auf der Haut hervor. Aus den Kulturversuchen ist hervor- 
zuheben, dafs Streptokokken in 3°/, Lösung bereits nach zwei Minuten 
vernichtet wurden. Seine guten antiseptischen Eigenschaften lassen das 
Lysan daher als ein für die Verwendung in der Praxis geeignetes Mittel 
erscheinen. Hentschel-Dresden. 


Über Urotropin und dessen therapeutische Bedeutung. Zu. 
sammenfassende Übersicht der Literatur der Jahre 1903—1905. Von M. Lu- 
bowski. (Allgem. mediz. Zentralztg. 1907, Nr. 23 u. 24, Fortsetzung und 
Schlufs.) 

Eine Anzahl Untersucher beobachtete gute Wirkungen des Uro- 
tropins bei Phosphaturie und Phosphatsteinen, ferner bei typhöser Cy- 
stitis und als Prophylaktikum bei Typhus abdominalis. Urotropin vermag 
in den meisten Fällen den Harn von den Typhusbazillen zu befreien, 
ohne dafs Blasenspülungen erforderlich sind. Daher empfiehlt es sich 
auch, das Mittel in jedem Falle schon in der Fieberperiode und dann 
ununterbrochen bis weit in die Rekonvaleszenz hinein zu verabreichen. 
Eine grofse Verbreitung hat Urotropin ferner gefunden als Prophy- 
laktikum gegen Cystitis und Blasenreizung vor und nach Operationen 
und instrumentellen Eingriffen im Gebiet des Urogenitaltraktus. 

Über die Anwendung des Urotropins bei Scharlach berichten Wido- 
witz und Buttersack. Ersterer verordnete es im Laufe von drei Jahren 
in 102 Scharlachfällen und zwar bei Beginn an drei aufeinander fol- 
genden Tagen, und im Anfang der dritten Woche, in welcher die Ne 
phritis am häufigsten beobachtet wird. In keinem einzigen Falle trat 
eine Nephritis ein. Buttersack verlangt kontinuierliche Darreichung. 
Fast alle Autoren, die daraufhin Urotropin bei Scharlach verordneten, 
berichten über das seltenere Auftreten einer Nephritis. Die Unschäd- 
lichkeit dauernder Urotropinbehandlung bei richtiger Dosierung ist er- 
wiesen. Hentschel-Dresden. 


Il. Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Zur Frage des Einflusses der verschiedenen Kohlehyärate auf 
die Glykosurie der Diabetiker. Von Werbitzki. Vortrag und Dis 
kussion in der Gesellschaft der russischen Ärzte zu St. Petersburg. Sitzung 
von 3.15. Mai 1907. (Russki Wratsch 1907.) 

W. geht besonders ausführlich auf die von Prof. v. Noorden bei 


Harn- und Stoffwechsel. —Diabetes. 985 


Diabetes mellitus vorgeschlagene Diät, welche von den Kohlehydraten 
bekanntlich Hafer enthält, ein. Da die Angaben der Literatur über den 
Einflufs der einen oder der anderen Form von Kohlehydratnahrung auf 
den Verlauf des Diabetes mellitus sich einander widersprechen, hat Ver- 
fasser beschlossen, dieser Frage experimentell näher zu treten. Er hatte 
4 Patienten mit schwerem Diabetes mellitus in Behandlung und benutzte 
diese Gelegenheit, um den Einfluls folgender Kohlehydrate auf den Ver- 
lauf des Diabetes mellitus zu studieren: Brot, Kartoffeln, Reis, Hafer, 
Milch und Apfel. Das Experiment bestand darin, dafs kohlehydrat- 
freie Perioden mit Kohlehydratperioden abwechselten, wobei die Menge 
der Nahrung, was besonders zu beachten ist, stets isodynamisch blieb. 
Die Experimente haben nun mit absoluter Sicherheit ergeben, dafs die 
von Prof. v. Noorden vorgeschlagene Diät tatsächlich Vorzüge besitzt. 
Bei dieser Diät nimmt die Zuckermenge im Verhältnis zur kohlehydrat- 
freien Periode entweder nur sehr unbedeutend zu, oder erfährt sogar eine 
Herabsetzung. Alle übrigen kohlehydrathaltigen Substanzen führen eine 
hochgradige Steigerung der Zuckermenge herbei. Von besonderem Inter- 
esse ist die Tatsache, dafs die Zubereitungsweise der Nahrung hier nicht 
ohne Einflufs bleibt: Die Hafernahrung wirkt verschieden, je nachdem 
man dieselbe in Form von Haferschleim, Gelee oder Brot darreicht. 
Bezüglich der Ursachen, welche diese verschiedene Wirkung dieser Kohle- 
hydrate auf den Verlauf des Diabetes mellitus bedingen, glaubt Ver- 
fasser in der verschiedenen chemischen Natur der in diesen Substanzen 
enthaltenen Kohlehydrate, namentlich aber in den verschiedenen Formen 
der Zuckerkrankheit selbst, welche eine verschiedene Diät erheischen, 
erblicken zu können. 

Sirotini bemerkt, dafs der Begriff des Diabetes mellitus zweifellos 
in ätiologischer Beziehung verschiedene Formen umfasse, worin man die 
Ursache der verschiedenen Wirkung der verschiedenen Kohlehydrat- 
substanzen auf den Verlauf des Diabetes mellitus erblicken müsse. 

Schapovalenko bemerkt, dafs die verschiedene Wirkung der kohle- 
hydrathaltigen Substanzen auf den Verlauf des Diabetes mellitus durch 
die verschiedene Schnelligkeit, mit der ihr Kohlehydrat in Zucker über- 
geht, erklärt werden könne. 

Prof. J. P. Pawlow weist darauf hin, dafs die Erscheinungen, 
welche sich in diesen Fällen entfalten, sehr kompliziert seien. 


M. Lubowski-Berlin. 


The relations between diabetes and pregnancy. Von A. A. 
Eshner. (Amer. Journ. of Med. Scienc., Sept. 1907.) 

E. gelangt zu folgenden Schlüssen: 

Während der Schwangerschaft ist das Assimilationsvermögen für 
Kohlehydrate herabgesetzt, was sich durch Auftreten von Zucker im 
Urin manifestieren kann. 

Vorübergehende Glykosurie am Ende der Schwangerschaft oder 
während des Puerperiums kann als physiologisch angesehen werden. Es 
dürfte sich um ein Resorptionsphänomen handeln. 

Diabetes ist eine ungewöhnliche Komplikation der Gravidität, teil- 


986 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


weise, weil diese Erkrankung bei Frauen seltener ist als bei Männern, 
hauptsächlich aber, da sie in der Regel erst in einem Lebensalter ein- 
tritt, wo eine Schwangerschaft nicht mehr möglich ist. 

Noch seltener ist das Auftreten von Gravidität bei diabetischen 
Frauen, da zu den früher erwähnten Momenten sich noch der schlechte 
Ernährungszustand und die funktionellen und strukturellen Veränderungen 
der inneren Generationsorgane gesellen. 

Die Kombination dieser beiden Erkrankungen steigert in der Rege! 
die Schwere einer jeden einzelnen. Oft stirbt der Fötus in utero oder 
das Kind während oder gleich nach der Geburt. 

Infolgedessen sollte eine diabetische Frau nicht heiraten, oder fall: 
sie verheiratet ist, eine Gravidität vermeiden. Bei Kombination von 
Diabetes und Gravidität soll nur dann die Schwangerschaft unterbrochen 
werden, wenn spezielle Indikationen dies erfordern. 

Die diabetische Frau soll ihr Kind nicht stillen. 

von Hofmann-Wlen. 


Xanthoma diabeticum tuberosum multiplex. Von Dr. J. Sack- 
Minsk. (Selenews Archiv 1907, Juni.) 

Verfasser hat folgenden Fall beobachtet: 45 jährige Patientin, 
scheinend gesund, korpulent. Ihr Vater ist an Diabetes gestorben, ein 
Bruder ist Diabetiker. Die übrigen Brüder, eine Schwester und die 
Mutter sind am Leben und gesund. Die Patientin hat zehnmal ge boren 
und einmal abortiert. Vor 10 Jahren hatte sich bei der Patientin an 
der Streckseite der oberen Extremitäten ein knotenförmiger gelber Au 
schlag, der etwas juckte, entwickelt. Sie wandte sich damals an einen 
Arzt, der ihr innerlich Arsen und äufserlich Zinksalbe verordnete, jedoch 
ohne dafs die Behandlung nutzte. Einige Zeit darauf begann bei d 
Patientin aus der rechten Brust Blut zu sickern. Sie wandte sich dr 
mals an viele Ärzte, aber gleichfalls ohne Erfolg. Schliefslich wrantte 
sie sich an einen alten erfahrenen Arzt, und dieser konstatierte Dia bet&. 
Er schickte die Patientin nach Karlsbad, wo sie sechs Wochen verblieb 
und der Ausschlag vollständig verschwand, um zwei Jahre lang nicht 
wiederzukommen. Vor drei Jahren überstand die Patientin eine beider 
seitire Paralyse des N. facialis. In diesem Jahre stellte sich wieder er 
Ausschlag ein und die Patientin wandte sich an den Autor. Sta: 
praesens: Korpulente, anscheinend gesunde Frau. Herz und Lunge !* 
sund, leidet an Gebärmuttervorfall. Im Harn 4°/, Zucker und 0,01 
Eiweils. Azeton, Nierenelemente nicht vorhanden. Die mikroskopisch? 
Untersuchung des Zentrifugats des Harns ergab: Harnsäurekristalle und 
hyaline Zylinder; körnige Zylinder waren nicht vorhanden. Die Besich 
tigung ergibt an den Streckflächen der oberen und unteren Extremitäte!. 
namentlich oberhalb der Ellbogen- und Kniegelenke, einzelne Knoten 
von verschiedener Gröfse und gelblicher Farbe. Jeder Knoten hat em 
gelbe Spitze und eine rote Basis. Die Spitze erinnert an ein Atheron. 
ist aber sehr hart. Die Gröfse der einzelnen Knötchen schwankt 
zwischen Hanfkorn bis Erbse. Augenlider, Gesicht und Hals, d. h. die 
jenigen Stellen, wo Xanthoma planum vulgare gewöhnlich beobachte 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 087 


wird, sind frei, Die symmetrische Verteilung des Ausschlags auf sämt- 
liche vier Extremitäten, das gelbe Aussehen der Knötchen, das Ver- 
schwinden des Ausschlags bei Einhalten strenger Diät, bei Behandlung 
mit Karlsbader Wasser sprachen dafür, dafs man es mit Xanthoma tube- 
rosum multiplex glycosuricum zu tun hatte. Nach dem Verschwinden des 
Ausschlags blieben an manchen Stellen harte rote Narben zurück, was 
bei dieser Xanthomform gleichfalls häufig beobachtet wird. 
M. Lubowski-Berlin. 


Über das Auftreten von Glyoxylsäure im Verlauf von Gra- 
vidität, Geburt und Puerperium. Von J. Hofbauer. (Zeitschr. f. 
physiol. Chemie, Bd. 52, S. 425.) 

Bei Schwangeren tritt sehr häufig Glyoxylsäure im Harne auf, be- 
sonders in den ersten Schwangerschaftsmonaten (63°/, der untersuchten 
Fälle) und gegen Ende der Schwangerschaft (67°/,). Im letzteren Falle 
hängt die Erscheinung unzweideutig mit stattgehabter Wehentätigkeit 
zusammen. Während der Geburt liefs sich jedesmal Glyoxylsäure im 
Harn nachweisen, doch sind die quantitativen Werte hier nicht die 
höchsten; diese fanden sich vielmehr stets in den ersten Schwanger- 
schaftsmonaten. Ob dabei etwa die nicht selten zu konstatierenden par- 
tiellen Uteruskontraktionen eine Rolle spielen, oder eine allgemeine 
Umstimmung des mütterlichen Organismus unter dem Einflufs des wach- 
senden Eies, läfst sich nicht bestimmen. Doch ist das letztere wahr- 
scheinlicher. Besonders die Leber ist während der Graviditätsepoche 
bis zur Grenze ihrer Leistungsfähigkeit belastet (inferiorit& relative), 
und gerade die Leber ist das Hauptorgan für Speicherung und Zer- 
störung der Glyoxylsäure. Die Allantoinbildung und -ausscheidung ist 
jedenfalls auch im Zusammenhang mit der Glyoxylsäure-Ausscheidung, 
denn einerseits tritt Glyoxylsäure durch die Placenta in die Frucht über, 
anderseits bildet sich das Allantoin nach den Untersuchungen Adlers 
auch nachträglich noch im Harne, so dafs Harne, die ursprünglich nur 
Glyoxylsäure enthielten, nach einiger Zeit nur mehr ihr Diureid — Allan- 
toin — enthalten: „passive“ Allantoinbildung. Malfatti-Innsbruck. 


Über das Vorkommen von Indikanurie bei manchen Erkran- 
kungen des Kindesalters. Von W. P. Grigoriantz. St. Petersburger 
Dissertation. (Wratschebnaja Gazetta 1907, No. 25.) 

Verfasser hat bei 62 Kindern, die mit den verschiedensten Krank- 
heiten behaftet waren, Harnuntersuchungen vorgenommen und folgendes 
festgestellt: Die Indikanurie ist kein pathognomonisches Zeichen irgend 
einer bestimmten Krankheit oder der Erkrankung irgend eines Organs. 
Das Indikan ist ein pathologischer Bestandteil des Harns; im gesunden 
Harn darf Indikan nicht vorkommen. Indikanurie wird beobachtet: bei 
tuberkulöser Osteomyelitis (im Stadium des floriden Prozesses in den 
Knochen), bei Abdominaltyphus, bei Scharlach und Diphtherie im Sta- 
dium des Masernexanthems, bei eitrigen Prozessen (eitrige Appendicitis). 
bei Retention des Darminhaltes jeglicher Provenienz, bei Tuberkulose 
der inneren Organe (nicht immer). Bei Erkrankungen der Leber wird 


9sS Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Indikanurie niemals beobachtet. Ferner weist Verfasser darauf hin, dals 
bei intestinaler Indikanurie Benzonaphtol und Kalomel (auch andere 
desinfizierende Substanzen) die Menge des Indikans im Harn verringern, 
während Bismuthum subnitricum das Indikan aus dem Harn vollständig 
beseitigt. Die Indikanurie zeigt das Vorhandensein von Indol im Orga- 
nismus an und weist indirekt auf eine Vergiftung des Organismus auch 
mit anderen giftigen Produkten des Eiweilszerfalls hin. 


M. Lubowskiı-Berlın. 


Über die Bestimmungen von Skatolkarbon- und Atoxyl- 
schwefelsäure im Harn. Von Privatdozent B. J. Slowtzow. (X. Piro- 
gowscher Kongrefs der russischen Ärzte.) 

Für manche Spezialzwecke ist es erforderlich, die Skatolmenge im 
Harn zu bestimmen. Zu diesem Zwecke hat sich folgendes Verfahren 
als zweckmälsig erwiesen: der Harn wird mittelst Bleizuckers enttärbt. 
100 ccm des Filtrats werden, nachdem sich ein Bleiniederschlag gebildet 
hat, mit dem gleichen Volum Salzsäure, einem oxydierenden Stoff (Chlor- 
kalk oder Wasserstoffsuperoxyd), sowie Amylalkohol vermengt, in den 
das rote Pigment „Skatolrot“, welches sich aus dem Skatol gebildet 
hatte, fast rein übergeht. Die Skatolrotlösung wird in Wasser eim- 
gedampft, in Schwefelsäure gelöst und dann mittelst Lösung von über- 
mangansaurem Kalk titriert. Wenn man die Skatol- und Indolmenge 
im Harn von Tieren bestimmt, welche man mit einigen Giften vergitftete, 
so kann man sehen, dals die Neutralisierung des Skatols und des Indols 
durch die Leber anscheinend verschiedene Prozesse sind, die nicht immer 
einander parallel gehen. M. Lubowski-Berlin. 


Der Nachweis organischer Basen im Pferdeharn. Von 
W. Achelis und Fr. Kutscher. (Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. °>, 
S. 91.) 

Durch Phosphorwolframsäure lassen sich aus dem Harne eine Reihr 
von Basen abscheiden, deren Vorkommen ım Harn bisher nicht bekannt 
war. Im Pferdeharn hat Achelis schon früher das Methylguanidin 
nachgewiesen, jetzt fanden Vert neben anderen Basen, deren Isolierung 
noch nicht gelang, das y-Methylpyridin, das sie als Goldsalz rein dar- 
stellen konnten. Es stammt höchst wahrscheinlich aus den Pflanzen- 
alkaloiden des Futters, deren Pyridinringe im Organismus bis zu dem 
widerstandsfähigen y-Methylpyridin abgebaut werden. 

Malfatti- Innsbruck. 


Über die Gruppe von stickstoff- und schwefelhaltigen orga- 
nischen Säuren, welche im normalen Menschenharn enthalten 
sind. Von Hans Liebermann. (Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 5>, 
S. 129.) 

Bondzynski und seine Mitarbeiter haben aus dem Harn eine 
Reihe von Oxyprotsiuren gefällt, und schon früher hat Thiele aus dem 
Harn nach dem Sıegfriedschen Eisenverfahren die Uroferrinsäurt 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 989 


isoliert, die keinen mit Alkali abspaltbaren Schwefel, hingegen einen 
Teil ss Schwefels in Form einer Ätherschwefelsäure enthält. Bond- 
zynski hat nun die Existenz der Uroferrinsäure geleugnet und sie für 
eine Spaltung oder Oxydation der Alloxyproteinsäure und des Urochroms 
erklärt. Demgegenüber stellt Verf. fest, dals Uroferrinsäure, die unter 
möglichstem Ausschlufs der Beer und Oxydation hergestellt war, 
auch Ätherschwefelsäure enthält. Er konnte anderseits zeigen, dals die 
Alloxyproteinsäure Bondzynskis selbst kein einheitlicher Körper ist. 
Sie enthält einen Teil ihres Schwefels als Ätherschwefelsäure, und durch 
Fällung ihrer mit Ammonsulfat gesättigten Lösung mit Ammoniakeisen- 
alaun konnte ein Körper mit den Eigenschaften der Uroferrinsäure von 
ihr abgetrennt werden. Auch das Urochrom von Bondzynski enthält 
diesen oder einen ähnlichen Farbstoff nur in geringer Menge, ist aber 
selbst kein Farbstoff. Die Frage nach der Natur der stickstoff- und 
schwefelhaltigen organischen Säuren des menschlichen Harns bedarf noch 
sehr der Aufklärung. | Malfatti-Innsbruck. 


Nochmals zur Frage über den wahren mittleren Harnstoff- 
gehalt des menschlichen normalen Harns. Von Dr. Fritz Lippich. 
(Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 52, S. 219.) 

Verf. weist die Replik von W. O. Moor und seine ATA 
dafs der Harnstoffgehalt des normalen Harns infolge der Beimengung 
eines unbekannten „Ureins“ stets zu hoch gefunden worden sei, schlagend 
zurück und hält demgegenüber seine Behauptung, dafs die üblichen 
Harnstoffbestimmungsmethoden in der Hauptsache richtige Werte liefern, 
aufrecht. Malfatti-Innsbruck. 


Zur Bildung von Kreatin und Kreatinin im Organismus, be- 
sonders der Kaninchen. Von G. Dorner. (Zeitschr. f. physiol. Chemie, 
Bd. 52, S. 225.) 

Mit Hilfe dor Folinschen Methode untersucht Verf. nicht nur die 
Kreatinin-, sondern auch die Kreatinausscheidung, indem das letztere in 
circa 0.1°/ Lösung durch 3—4stündiges Erwärmen mit der doppelten 
Menge Normalsalzsäure auf dem Wasserbade vorerst in Kreatinin über- 
geführt und kolorimetrisch nach Folin bestimmt wurde. Die Umwand- 
lung erreicht in ungünstigen Füllen allerdings nur 85° „ des vorhandenen 
Kasi as: doch gibt die Methode sehr n n te Minimalwerte. 
Die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit sind folgende. Durch Nahrungs- 
entziehung wird die Ausscheidung von präformiertem Kreatinin durch 
den Harn nicht oder in ungünstigem Sinne beeinflußt, die Kreatin- 
ausscheidung aber steigt ganz gewaltig an; bei nur ungenügender Er- 

nährung ist eine solche Änderung nicht bemerkbar.  Verfütterung von 
Glykoeyamin, das nach den Versuchen von Jaffe als kreatininbildend 
im Organismus bekannt ist. brachte nur eine geringe Steigerung der 
Kreatinin-, jedoch eine viel stärkere der Kreatinausscheidung zuwege; 
iinmerhin wurden nur 4—8"/, des zugeführten Glykoeyamins im Orga- 
nismus zu Kreatinkörpern methyliert. Im Organismus von Fröschen 
findet diese Metlhiylierung nicht oder kaum statt. Kaninchenmuskeln 


990 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


zeigten aber auch in vitro, bei autolytischen Versuchen, die Fähigkeit, 
Glykocyamin zu Kreatin zu methylieren. Methylguanidin brachte weder 
ım Harne noch in den Muskeln Kreatinvermehrung hervor, ebensowenig 
(bei Hunden) die Verfütterung der nukleinreichen Thymusdrüse. Da 
der Zerfall von Körpereiweils im Hunger die Kreatinausscheidung so 
stark steigert, wurden an Kaninchen und Hunden kreatinfreie Fleisch- 
rückstände und Fibrin verfüttert; im allgemeinen ohne Erfolg, nur die 
Verfütterung von Fibrin brachte beim Hunde merkwürdigerweise eine 
Vermehrung der Kreatinkörper (von durchschnittlich 100 auf 133 mg 
pro die) hervor. Dieser auffallende Befund erfordert noch weitergehende 
Untersuchung. Malfatti-Innsbruck. 


Über das Verhalten des Kreatins bei der Autolyse. Von 
R. Gottlieb und R. Stangassinger. (Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 52, 
S. 1.) 

Verf. konnte mit Hilfe der Folinschen Reaktionen im Blute und 
in Organextrakten drei für die Kenntnis des Kreatinstoffwechsels wichtige 
Fermente feststellen, von denen das erste anhydrierend wirkt und Kreatin 
in Kreatinin überführt; durch das zweite wird aus Organen und deren 
Prefssäften Kreatin aus einer unbekannten Vorstufe neu gebildet, und 
drittens findet sich noch „Kreatase und Kreatinase“, welche Kreatin und 
Kreatinin zerstören. Das erste und das dritte dieser Fermente treten 
auch in den Harn über. Auch Harn ist, wie etwa Blutserum oder 
wässrige Extrakte von Organen, im stande, zugefügtes Kreatin in Krea- 
tinin überzuführen. Das Ferment wirkt am besten bei schwachsaurer 
Reaktion, weniger oder gar nicht bei neutraler oder gar alkalischer 
Reaktion. Eiskälte hemmt, Kochen zerstört das Ferment, durch Ammon- 
sulfat kann es aus dem Harne isoliert werden. Im Durchschnitt konnten 
10 cm® Harn im Verlauf einiger Tage 3 mg Kreatinin aus Kreatin 
bilden, doch ist die Fermentmenge individuell sehr verschieden; ın 
manchen Harnen wurde das Maximum der Kreatininbildung schon nach 
Stunden, andere Male erst nach Tagen erreicht. Im nativ saueren, nicht 
neutralisierten Harn wirkt auch das kreatin- und kreatininzerstörende 
Ferment mit, doch ist es relativ in geringeren Mengen vorhanden als 
das Kreatinin umwandelnde Ferment. So ist es erklärlich, dafs im auf- 
bewahrten Harne, auch bei Ausschlufs der Fäulnis, allmählich das Kreu- 
tinin verschwindet, im neutralisierten Harn geht die Kreatininzerstörung 
nicht mehr oder nicht stärker vor sich als in gekochtem Harn. 

Malfatti-Innsbruck. 


Über die Purinbasen der menschlichen Placenta. Von T. Kik- 
koji und Risaburo Iguchi. (Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 52, S. 401.) 
In der menschlichen Placenta wurden nach dem Verfahren von 
Hoppe-Seyler mit Sicherheit Guanin, Adenin, .Xanthin und Hypo- 
xanthin nachgewiesen. Untersuchungen über die Zusammensetzung der 
Nukleinsäure der Placenta werden in Aussicht gestellt. 
Malfatti-Innsbruck. 


Gonorrhoe und Komplikationen. 991 


Über die Ursache der sauren Reaktion des Harnes. Von 
B. Wagner. (Chem. Ztg. 31, S. 485.) 

Verf. sucht die Ursache der sauren Reaktion des Harnes nicht im 
Vorhandensein des sauren Phosphates, sondern in jenem der organischen 
Säuren, besonders der Hippursäure, die sich in lockerer Bindung mit 
Harnstoff als sauer reagierendes Salz in grolser Menge isolieren liefs. 
Verf. dampfte sauern Harn im Vacuum. ein und trennte die organischen 
und anorganischen Substanzen durch Behandeln des Rückstandes mit 
Alkoholäthermischung. Der Alkoholätherextrakt reagierte dabei stark 
sauer, der wässrige Rückstand amphoter oder schwach alkalisch. (Bei 
der eingeschlagenen Versuchsanordnung ist das Resultat nicht weiter 
verwunderlich, berechtigt aber nicht zu so weitgehenden Schlüssen. R.) 

Malfatti-Innsbruck. 


Quantitative Bestimmung von Aceton im Urin. Von W.C. 
de Graaff. (Pharmaceutisch Weekblad 44, S. 555, nach Chem. Ztbl. 1907, 
II, S. 101.) 

Das Aceton von 100 oder bei acetonarmen Harnen 200 cm? 
Harns wird vorsichtig auf 10 cm? abdestilliert und als Aceton-nitro- 
phenylhydrazon zur Wägung gebracht. Diese Substanz bildet sich bei 
Zusatz von 0.4—0.5 g p-Nitrophenylhydrazin in 30proz. Essigsäure in 
zusammenhängenden schweren Flocken, die auf gewogenem Filter ge- 
sammelt, mit destilliertem Wasser gewaschen, bei 105—110° getrocknet 
und gewogen werden können. Malfatti-Innsbruck. 


Ill. Gonorrhoe und Komplikationen. 


Antikritisches zu meiner Tripperstatistik. Von Erb, Heidel- 
berg. (Münch. med. Wochenschr. 1907, Nr. 31.) 

Der Artikel — eine Erwiderung auf die verschiedenen Angriffe, 
die E.s Statistik erfahren — ist sehr interessant und temperamentvoll 
geschrieben, eignet sich aber eben wegen seines polemischen, stellenweise 
persönlichen Charakters nicht zu einem kurzen Referat; auch dulden die 
hauptsächlich gegen Blaschko gerichteten statistisch-technischen Er- 
örterungen keine Kürzung, ohne unverständlich zu werden. E. hält die 
Richtigkeit seiner Methode für zweifellos und ihre Resultate, kleine 
Fehler abgerechnet, nach wie vor für zuverlässig. Sie gelten zunächst 
nur für die von ihm untersuchten Bevölkerungskreise, diese sind aber 
gerade diejenigen, in welchen Geschlechtskrankheiten am meisten ver- 
breitet sind, seine Zahlen daher keinesfalls zu niedrig. Die seit Er- 
scheinen der ersten Arbeit fortgesetzte, auf weitere 400 Männer sich 
erstreckende Statistik ergab ganz analoge Resultate (51°/, Tripper). 
Zum Schlusse fordert E. Beobachter mit ähnlich günstigem Material 
dringend zur Nachprüfung seiner Methode auf. Brauser- München. 


Zur Frage der Abortivbehandlung der akuten Gonorrhoe. 
Von Dr. J. A. Miropolski. (Selenews Archiv 1907, Juli.) 


Verfasser hat in 24 Fällen von akuter Gonorrhoe Albargin zur 


092 Gonorrhoe und Komplikationen. 


Abortivbehandlung angewendet. Das Inkubationsstadium betrug in 
8 Fällen 4 Tage, in 11 Fällen 5 Tage, in 2 Fällen 2 Tage. in 1 Falle 
7 Tage, ın 1 Falle 10 Tage und in 1 Falle 12 Tage. 6 Patienten 
waren zum erstenmal, 8 zum zweitenmal, 4 zum drittenmal, die übrige 
zum vierten- und fünftenmal erkrankt. Sämtliche Fälle wurden vorher 
mikroskopisch untersucht und zur Behandlung nur solche mit mikroskopisch 
erwiesener Gonorrhoe herangezogen. Nach sorgfältiger Abwaschung der 
Glans und des Präputiums mit einer Sublimatlösung 1: 1000 instillierte 
Verfasser mit einer gewöhnlichen Tripperspritze destilliertes Wasser in 
die Harnröhre, um dieselbe von Eiter zu reinigen. Hierauf spritzte er 
ınittelst einer grolsen 150 ccm fassenden Spritze Wasser ein. Im ganzen 
liefs er 1000 cem Flüssigkeit die Harnröhre passieren. Gewöhnlich war 
die Reaktion vonseiten des Kanals sehr geringfügig: weder Brennen. 
noch Ödeme. In 8 von den 24.Fällen wurde ein gutes Resultat erzielt: 
vollständiges Verschwinden der Sekretion und Fehlen von Gonokokka: 
nur bei wiederholten Kontrolluntersuchungen fand man ein paar Fäden, 
welche nur Epithel und 1 bis 2 Leukocyten enthielten. In 3 Fällen it 
Heilung am 5., in 2 Fällen am 6., in den übrigen erst nach 8 Tagen 
eingetreten. Von den geheilten Patienten waren 5 zum erstenmal. 
l zum zweitenmal und 2 zum drittenmal erkrankt; in den übrigen 
16 Fällen liefs die Sekretion nicht nach; in der Mehrzahl der Fälle war 
leichtes Brennen, in 2 Fällen leichte Urethrocystitis eingetreten, in 
3 Fällen war der Mifserfolg durch eine veraltete Prostatitis verursacht. 
In 2 Fällen fand man bei der urethroskopischen Untersuchung entzündete 
Littresche Drüsen auf der Basis einer alten Urethritis. In 1 Filk 
waren Granulationen in der Gegend des Bulbus zu sehen. Am 10. Tage 
wurde wegen Mifserfolg die Abortivbehandlung verlassen und zur Be- 
handlung mit Einspritzungen von Albargin, Irrigationen nach Janet 
mit Kali hypermanganicum, Ausspülungen mit Ichthargan, Protargol 
usw. geschritten. 


Schlüsse: 

1. Es ist nicht statthaft, die Abortirbehandlung zu verwerfen. 

2. Die besten Resultate ergibt die Abortivbehandlung meistenteil- 
in Fällen von primärer Erkrankung an Gonorrhoe. 

3. In erfolglosen Fällen mufs man nach der Ursache des Mils- 
crfolges fahnden, nämlich nach alten gonorrhoischen Herden: Prostatitis, 
Infiltrate, Drüsenatlektionen (bei wiederholten Erkrankungen). 

4. Die Abortivbehandlung ist jedenfalls eine prophylaktische Mal 
nahme gegen Urethritis posterior. M. Lubowski-Berlin. 


Über die gonorrhoischen Erkrankungen der Prostata., Von 
W. Schiele, (St. Petersburger mediz. Wochenschr. 1907, Nr. 29.) 

In diesem mehr für die Allgemeinpraktiker gehaltenen Vortrag 
bespricht Verf. das Wichtigste aus der Anatomie, Physiologie und dem 
Gebiete der gonorrhoischen Erkrankungen der Prostata und deren Du: 
enose und Behandlung, was wohl als bekannt vorausgesetzt werden dart. 

Hentschel- Dresden. 


Gonorrhoe und Komplikationen. 993 


Talalgia et plantalgia gonorrhoica. Von Dr. M. N. Klarfeld. 
Aus der Klinik von Prof. Selenew. (Selenews Archiv 1907, Juni.) 


Die Frage der Talalgia gonorrhoica ist aufserordentlich wenig er- 
forscht, ihre Literatur spärlich, die Zahl der veröffentlichten Fälle gering. 
Die Ansichten der Autoren sind in bezug auf die gonorrhoische Talalgie 
verschieden. Jaquet führt die Affektion voll und ganz auf Gonorrhoe 
zurück. Brousse und Bertier betrachten die Talalgie als lokale inter- 
stitielle Neuritis in der Gegend der serösen Kapsel unter dem Cal- 
caneus. Prof. Selenew ist gleichfalls der Meinung, dafs man es hier 
mit einer Nervenaffektion zu tun habe, und unterscheidet zirkumskripten 
Schmerz des Talus (Talalgia gonorrhoica) und diffusen Schmerz über die 
ganze Sohle (Plantalgia gonorrhoica). Gewöhnlich tritt die Affektion 
zwischen der 3. und 4. Krankheitswoche ein, wo der Ausflufs aus der 
Hamröhre bereits aufhört. Sie wird hauptsächlich bei Männern, bei 
Frauen fast niemals beobachtet, und zwar hauptsächlich bei Personen, 
welche ın steter Bewegung sind, wie beispielsweise Kommis. Die Talalgie 
ist durch Schmerzen charakterisiert, welche beim Gehen hinderlich sind. 
Die Schmerzpunkte liegen auf der Sehne und an den Insertionsstellen 
der Sehnen an den Knochen, an der Insertionsstelle der Achillessehne 
am Calcaneus, auf der Aulsenseite des Calcaneus, und zwar an der In- 
sertionsstelle des Ligamentum peroneo-calcaneum. Bisweilen werden auch 
andere Schmerzpunkte beobachtet, welche in Hypertrophie des Talus in 
sämtlichen Durchmessern bestehen. Diese Affektionen sind symmetrisch, 
werden aber meistenteils auf der einen Seite angetroffen. Die Affektion 
entwickelt sich aufserordentlich langsam, hält Monate, sogar Jahre an, 
schwächt den Patienten. Die Differentialdiagnose bietet keine beson- 
deren Schwierigkeiten. Man kann die Talalzie mit Tuberkulose, Neu- 
bildung und Hygrom verwechseln; letzteres erkennt man leicht an der 
Fluktuation. 


Verfasser hat nun in der Klinik des Prof. Selenew einen Fall von 
Talalgia gonorrhoica beobachtet, der besonders Interesse beansprucht. 
Der 28jährige Patient klagt über heftige Schmerzen im Fersenbein, 
welche seit länger als 4 Monaten bestehen und ihn am Gehen behindern. 
Die Eltern des Patienten sind am Leben: der Vater ist Alkoholiker, 
die Mutter leidet an Tuberkulose: von 8 Brüdern sind 2 gestorben, die 
übrigen sind am Leben, aber schwach; 2 Schwestern sind gleichfalls 
kränklich. Von seiner eigenen Krankheit erzählt der Patient folgendes: 
Vor 8 Jahren sei er an Gonorrhoe erkrankt. Am 6. Tage nach Beginn 
der Sekretion aus der Harnröhre habe er heftige Schmerzen im Fersen- 
bein und in der Fulssonle verspürt, und zwar zunächst am rechten Fulse 
an der Insertionsstelle der Achillessehne am Calcaneus. Die Schmerzen 
sollen so heftig gewesen sein, dals der Patient gezwungen war, seinen 
Beruf aufzugeben und längere Zeit das Bett zu hüten. 3 Monate seien 
die Schmerzen am rechten Fulse lokalisiert gewesen, dann aber auch auf 
den linken Fufs übergegangen. Die Schmerzen strahlten den Sehnen 
entlang nach allen Zehen aus. Frei auf den Sohlen zu stehen, war der 
Patient nicht imstande. 1’, Jahre blieb der Patient weren der Go- 
norrhoe in Behandlung, und mit der Ausheilung der Gonorrhoe hörten 


Zeitschrift für Uroiogie. 1907. 69 


99.1 Penis und Harnröhre. 


auch die Fufsschmerzen auf. 6 Jahre lang will nun der Patient voll- 
ständig gesund gewesen und seinem Beruf nachgegangen sein. Vor 
5 Monaten erkrankte er wieder an akuter Gonorrhoe, und wiederum trat 
dasselbe Krankheitsbild, nämlich Talalgia et plantalgia gonorrhoica auf. 
Der Patient ist von mittlerer Statur mit ziemlich gut entwickeltem 
Muskelsystem und mäfsigem Panniculus adiposus. Sichtbare Schleimhäute 
anämisch. Herzgrenzen normal. Bei der Auskultation sind die Herz- 
töne rein, nur an der Spitze hört man ein systolisches Geräusch, welches 
zeitweise verschwindet. Herzspitzenstols kaum wahrnehmbar, Puls mitt- 
lerer Füllung, leicht komprimierbar, 68 Schläge in der Minute. Grefäls- 
system ohne sklerotische Veränderungen. Vonseiten der Lungen, der 
Leber und der Milz nichts Abnormes. Leistendrüsen nur rechts ver- 
grölsert: jede Drüse walnufsgrofs. Cubital- und Halsdrüsen nicht pal- 
pabel. Prostata leicht vergröfsert, höckerig; bei Druck auf dieselbe 
empfindet der Patient einen leichten Schmerz. Des Morgens entleert 
sich aus der Harnröhre ein Tropfen weifslich-grauer, glyzerinähnlicher 
Flüssigkeit. Zeitweise findet eine Verklebung der Öffnung der Ham- 
röhre statt. Hoden und Samenstrang bei der Palpation schmerzlos, aber 
vergrölsert und verhärtet. Harn gelb, etwas trübe, sauer; spezifisches 
Gewicht 1021, enthält viel Schleim und 2—3 Harnröhrenepithelzellen, 
3—5 Blasenepithelzellen und 15—40 weilse Blutkörperchen im Gesichts- 
feld. Die ganze Sohle ist schmerzhaft. Die Schmerzen strahlen den 
Sehnen entlang nach allen Zehen aus. In der Gegend der grofsen Zehe 
empfindet der Patient stets einen dumpfen und lanzinierenden Schmerz; 
zeitweise klagt der Patient über Schmerzen in der Gegend des 3. Lum- 
balwirbels, welche nach der hinteren Oberfläche des Kniegelenkes aus 
strahlen. Die röntgonoskopische Untersuchung ergibt Össifikationsinselchen 
an der Insertionsstelle der Aponeurosis plantaris mit atrophischen Er 
scheinungen in den Knochen; aufserdem waren atrophische Erscheinungen 
und Deformation der Knochen in den letzten Phalangen beider Estre- 
mitäten, besonders aber rechts, stark ausgesprochen. 


M. Lubowskiı-Berlin. 


IV. Penis und Harnröhre. 


A note on the after-cure of internal urethrotomy. Von 
G. K. Swinburne. (Americ. J. of Surg. 1907, S. 87.) 

In allen Fällen von Strikturen, in welchen die progressive Dilatation 
auch mit den Kollmannschen Dilatatoren nicht zum Ziele führt oder 
die Dilatation keine Erweiterung des Harnröhrenlumens bewirkt trotz 
längerer Behandlung, ist die Urethrotomia interna indiziert. S. operiert 
gewöhnlich mit dem ÖOtisschen Urethrotom. Seit 6 Jahren besteht die 
Nachbehandlung des Verf. darin, dals er die Patienten 3 Tage das Bett 
hüten, sie dann aufstehen und ihrer alten Beschäftigung nachgehen 
läfst. Als wichtigsten Punkt der Nachbehandlung betrachtet er es, in 
den ersten 2 Wochen nach der Operation kein Instrument in die Harn- 
röhre einzuführen. Es werden dadurch stärkere Blutungen verhütet. 
Dieses Verfahren hat sich bei 6 Patienten ausgezeichnet bewährt. 


R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 995 


Über eine neue Urethralplastik. Von R. Cristofeletti. (Wiener 
klin. Wochenschr. Nr. 40 1907) 

C. bildete in zwei Fällen von totalem Defekte der Urethra und 
des Blasenhalses nach Uterusexstirpation eine neue Urethra aus dem 
Reste der hinteren Vaginalwand und durch Zuhilfenahme des Sphincter 
ani. Das funktionelle Resultat war ein gutes. 

von Hofmann-Wien. 


Beitrag zur Klinik ausgebreiteterer papillärer Geschwülste 
der Harnröhre. Von K. Flufs. (Wiener klin. Wochenschr. Nr.40 1907.) 

l. Bei dem 40 jährigen syphiliskranken Patienten bestand seit zwei 
Jahren eitriger Ausflufs aus der Harnröhre. Vor einem Jahre war ein 
Abszefs am Penisschafte gespalten worden. Seither bestand daselbst 
eine Fistel. Zwei ähnliche fanden sich im Sulcus coronarius. Harnröhre 
für Sonde Nr. 18 schwer passierbar. Die Fisteln führen sämtlich in die 
Harnröhre. Zukerhandl spaltete in Narkose die Fistelgänge und er- 
öffnete dann die Harnöhre. Die Schleimhaut derselben zeigte sich mit 
papillären Wucherungen bedeckt, welche mit scharfem Rande etwa l cm 
hinter der äulseren Harnröhrenmündung begannen und sich von da un- 
unterbrochen bis an den Bulbusanteil erstreckten. Da die Entscheidung. 
ob Papillom oder papilläres Karzinom, nicht mit Sicherheit zu stellen 
war, wurde die Amputatio penis vorgenommen. Heilung per primam. 

2. Die 36 jährige Patientin hatte schon vor 2!/, Jahren am Ende 
einer Schwangerschaft zeitweise den Abgang von Blutgerinnseln aus der 
Harnröhre bemerkt. Vor einem halben Jahre war ein Polyp aus der 
Urethra entfernt worden. Bald nachher neuerlich Urinbeschwerden. 
Auftreten einer Geschwulst an der Harnröhrenmündung. Operation: 
Zirkuläre Umschneidung der Harnröhrenmündung, Auslösung und Spaltung 
und Durchtrennung der Harnröhre hinter dem Tumor. Heilung. 

von Hofmann-Wien. 


V. Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


Über Gangrän des Skrotums. Von Dr. Kettner. (Berl. klin. 
Wochenschr. 1907, Nr, 80.) 

Ein 35jähriger Patient bekam im Anschlufs an einige Schrunden 
an der linken Skrotalhälfte ein schweres Erysipel, ein sogen. Erysipelas 
gangraenosum; wie gewöhnlich in diesen Fällen, gelangte es ziemlich 
plötzlich zum Ausbruch, der Hodensack geriet in eine rapıd zunehmende 
pralle Schwellung; infolge der grolsen Zahl von Lymphräumen und 
Lymphgefäfsen in dem lockeren Zellgewebe zwischen der Tunica dartos 
und den Testes, in welche die Streptokokken in enormer Massenhaftigkeit 
einwandern, tritt eine stark entzündliche Intiltration, danach eine Hemmung 
der Blutzirkulation und Entwicklung von (sangrän auf. In ähnlicher 
Weise kann sich dieser Prozefs bei Harninfiltration, bei Quetschungen, 
bei chemischen und thermischen Einwirkungen, ferner auch bei spezi- 
fischen Infektionen vollziehen. 

65 * 


996 Prostata, 


In diesem Falle war, nachdem die gangränösen Teile sich ab- 
gestolsen hatten, ein grolser Defekt entstanden, indem die Haut, die 
Tunica dartos, der gröfste Teil des Septums, das lockere Bindegewebe 
zwischen Tunica dartos und Hoden fehlten; die beiden Testes, die blois 
lagen, waren mit ihren Hüllen und dem ÜCremaster vorhanden. Be- 
merkenswert war, dals der Patient infolge mifsverstandener Verordnung 
den offizinellen Liquor Aluminii acetici innerlich und äufserlich olıne 
Schaden angewandt hatte. Therapeutisch empfiehlt es sich in solchen 
Fällen, sich nicht mit der Ausfüllung der Defekte durch Granulationen 
und der Epidermisierung von der gesunden Haut her zu begnügen, 
sondern plastische Operationen mit gestielten Hautlappen von der In- 
guinalgegend und den Oberschenkeln her vorzunehmen, da die neu- 
gebildete Haut den Testikeln gewöhnlich keinen genügenden Schutz 
bietet. Paul Cohn-Berlin. 


Hodentuberkulose bei einem 18 monatlichen Kind. Von Hoch- 
singer, Wien. (Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 36. Vereinsb.) 

Vom vierten Monate ab zeigten sich bei dem Kinde Anzeichen 
einer tuberkulösen Genitalerkrankung. Der rechte Hoden ist ptlaumen- 
grols, höckerig, am untern Pol fluktuierend. Am Samenstrang Intiltra- 
tionen. Für Tuberkulose spricht der langsame Verlauf und das klinische 
Bild. Die Einseitigkeit des Prozesses spricht gegen Lues. 

Ludwig Manasse-Berlın. 


VI. Prostata. 


Prostatektomie. Von Riffer, Greifswald. (Deutsche med. Wochen- 
schr. 1907, Nr. 36. Vereinsb.) 

In der Greifswalder chirurgischen Klinik ist bei der Prostatektomie 
stets der perineale Weg gewählt worden. Zwei solcher Fälle stellt Vortr. 
vor. Es wurde Lumbalanästhesie angewendet, die Blase stets breit er- 
öffnet, um eine gute Übersicht zu gewinnen. Drainage der Blase er- 
folgte nur am ersten Tage nach der Operation. Die Patienten verlassen 
das Bett schon am ersten Tage nach der Operation. Der Vortr. wirft die 
Frage auf, ob es ratsam sei, die ganze Drüse zu entfernen, wenn auch 
bei der Prostata wegen der Regeneration von der zurückbleibenden 
Kapsel die Gefahr nicht besonders grols sei. 

Psychische Störungen treten nie auf, wohl deshalb, weil bei der 
Prostatectomia perinealis die Potentia coeundi erhalten bleibt. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


Über die Totalexstirpation der hypertrophischen Prostata. 
Von O. Zuckerkandl. (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 40 1907.) 

Z. verfügt bis jetzt über 60 operierte Fälle. Die Operation wurde 
30 mal auf perinealem (4 Todesfälle) und 30 mal auf transvesikalam Wege 
(7 Todesfälle) vorgenommen. Im allgemeinen ist trotz der etwas grölseren 
Gefahr das transvesikale Verfahren vorzuziehen, da die technischen 
Schwierigkeiten desselben ebenso wie die Ausfallserscheinungen bezüglich 


Prostata. , 997 


der Sexualität geringer sind. Auch ist die Nachbehandlung leichter. 
Was die Indikationen betrifft, so soll man im allgemeinen dann operieren, 
wenn mit den konservativen Mitteln eine Besserung nicht zu finden ist. 
Gegenanzeigen sind: hochgradige Nierendegeneration, kachektischer Zu- 
stand, schwere Bronchitis und Emphysem. von Hofmann-Wien. 


Carcinoma of the prostate; Calculus of the prostate. Von 
G. Fr. Lydeton. (Americ. Journ. of Surg. 1907, S. 136.) 

Zunächst beschreibt L. einen Fall von primärem Prostatakarzinom 
bei einem 43jährigen Kaufmann. Etwa 6 Monate vor der Untersuchung 
durch den Arzt bekam der Patient starke Schmerzen im Penis und in 
den Hoden, verbunden mit starkem schmerzhaftem Urindrang auch nachts. 
Der Urin, der wiederholt untersucht worden war, war anfänglich normal, 
später trat am Ende der Miktion Hämaturie auf. Dann trat auch hef- 
tiger Stuhldrang hinzu. Die Untersuchung ergab eine stark vergröfserte 
Prostata mit einigen verdächtigen Stellen in derselben. Die cystosko- 
pische Untersuchung war wegen hochgradiger Empfindlichkeit der Blase 
unmöglich. Die Diagnose lautete auf chron. Prostatitis. Die Autopsie 
ergab primäres Karzinom der Prostata mit sekundärem Karzinom der 
Blase. Die Therapie dieser Erkrankung kann nur eine rein palliative 
sein mit eventueller Schaflung einer Blasenfistel durch Sectio alta. 

Man unterscheidet verschiedene Arten von Prostatasteinen: 1. Als 
Folge einer Eindickung des Prostatasekretes, wozu auch die Corpora 
amylacea gehören. Sie sind meistens sehr klein. Sie gleichen den in 
Tonsillen oft vorkommenden Steinen. Bei älteren Leuten erreichen sie 
manchmal die Grölse einer Erbse. Wenn sie grölser werden und mit 
der Urethra prostatica kommunizieren, bilden sich auf ihnen Nieder- 
schläge von Harnsalzen. Es kommt vor, dafs die Prostata schliefslich 
in einen Sack verwandelt wird, der Tausende solcher Steinchen enthält. 
Manchmal verschmelzen die Steine miteinander und bilden dann förm- 
liche Abgüsse der Prostatakanäle oder der Harnröhre. Chemisch be- 
stehen sie meist aus Kalziumphosphat mit etwas phosphorsaurem Magne- 
sium-Ammoniak. Meist machen sie keine Beschwerden. Seltener ver- 
ursachen sie Abszesse oder Ulzerationen und dringen ein in die Urethra, 
in die Blase, ins Perineum oder ins Rektum. Entgegen der landläufigen 
Ansicht, wonach diese Konkremente nur bei ältern Leuten vorkommen 
sollen, fand L. sie sehr häufig bei sehr jungen Individuen. Ferner fand 
Verfasser sie öfter mehrere ctm weiter von der Prostata entfernt. Aulser- 
dem findet man noch Nieren- oder Blasensteine, die sich in der Urethra 
prostatica festsetzen. Ferner entstehen in pathologischen Krypten der 
Urethra prostatica Niederschläge von Schleim und Harnsalze, die als 
Steine imponieren. Schliefslich gehören zu den Prostatakonkrementen 


auch Phlebolithen. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


Über Meningokokken - Spermatocystitis. Von L. Pick. (Berl. 
klin. Wochenschr, 1907, Nr. 30 u. 31.) 

In einem Falle von epidemischer Genickstarre, den Verf. zu obdu- 
zieren (relegenheit hatte, ergab sich neben den typischen Befunden am 


998 v Blase. 


Zentralnervensystem, im Nasenrachenraum und ın den Nebenhüöhlen ein 
doppelseitiges Empyem der Namenblasen und ein solches im Enilteil der 
linken Samenleiterampulle. Derselbe gramnegative, semmelförmige, intra- 
zelluläre Diplococcus, der sich in der eitrigen Lumbaltlüssigkeit und im 
Eiter vor der Hirnkonvexität fand, war auch im Eiter der Namenblasen 
in Reinkultur vorhanden, so dafs sich die Frage erhob, ob hier die 
Meningokokken mit dem zirkulierenden Blute in die Samenblasen ge- 
langt waren, oder ob es sich um eine von einer primären NSpermato- 
cystitis ausgehende (ronokokkensepsis handele, zumal sich der Meningn- 
coccus von dem (sonococcus morphologisch in nichts unterscheidet und 
Allgemeininfektion, auch mit der Beteiligung der Meningen, bei Gonor- 
rhoe, besonders auch bei gonorrhoischer Spermatocystitis mehrfach be- 
obachtet ist. Anderseits ist in Fällen von epidemischer Genickstarre 
als Komplikation Epididymitis, auch Periorchitis purulenta beschrieben 
worden. Hier fand sich jedoch aufser der Spermatocystitis an den Harn- 
und Geschlechtsorganen keinerlei Veründerung, die für eine Gonorrhoe 
sprach; beweisend für das Vorliegen von Meningitis war insbesondere 
der Versuch mit der Komplementablenkungsmethode und das Kultur- 
ergebnis. Die Kulturen „ILumbalsekret* und „Samenblasen“ wurden von 
einem Meningokokken-Pferdeserum deutlich, nicht dagegen vom normalen 
Serum agglutiniert; die Meningokokken vergären ferner von allen Zucker 
arten nur Dextrose und Maltose, röten also einen mit diesen Zuckerarten 
hergesteliten lackmushaltigen nlkalischen Agarnährboden, die Konkurrenz- 
formen dagegen nicht. Auch dieses Merkmal traf hier zu. Für die 
Praxis resultiert aus dieser Beobachtung, dafs der Urin bei der epide- 
mischen Genickstarre Kokkenträger sein kann und daher desinfiziert 
werden muls. Paul Cohn-Berlin. 


VII. Blase. 


Über die Erweiterung der Blasenhöhle zum Zwecke der 
Cystoskopie. Von Privatdozent J. W. Kudinzew, Charkow. (Prakti- 
scheski Wratsch 1907, Nr. 27.) 

Verfasser berichtet über seine Beobachtungen, über die Dehnung 
der Blase mittelst Gasen, namentlich mittelst Sauerstoffes. Er hält diese 
Methode für geeigneter als die Füllung der Blase mit Flüssigkeiten und 
meint, dafs die Gasfüllung der Blase aus dem Grunde keinen weiten 
Eingang in die Praxis gefunden hat, weil sie mit gröfseren Schwierig- 
keiten (Gewinnung und Aufbewahrung des Gases) verknüpft und über- 
haupt mübhevoller ist, als die Anwendung eines flüssigen Mediums, 
welches man ex tempore herstellen und anwenden kann. Jedoch dürften 
heutzutage, namentlich in der klinischen Praxis, wo die Apparate mit 
komprimiertem Sauerstoff so vielfach in Anwendung sind, diese Schwierig- 
keiten nicht mehr den Ausschlag geben. Verfasser hat früher zum 
Zwecke der Cystoskopie die Blase stets mit Flüssigkeit gefüllt, in den 
letzten zwei ‚Jahren aber ausschliefslich Sauerstoff zu diesem Zwecke an- 
gewendet, weil er sich durch zahlreiche Untersuchungen an Menschen 


Blase. 999 


und vergleichende Untersuchungen an künstlichen Höhlen von den Vor- 
zügen der Sauerstofffüllung überzeugt hat. 

Um die Blase mit Sauerstoff zu füllen, mufs man sie zunächst 
ausspülen, oder wenn der Harn klar ist, mittelst Nelaton-Katheters 
entleeren, um dann durch denselben Katheter die Blase mit einer 
bestimmten Quantität Sauerstoff zu füllen. Der Sauerstoff wirkt in 
sämtlichen Richtungen und bewirkt eine gleichmälsigere Dehnung der 
Blase nach allen Seiten hin. Die Reaktion vonseiten des Detrusors bei 
der Füllung der “Blase mit Flüssigkeit oder Gas ist nicht dieselbe. 
150—200 cem Flüssigkeit lösen bei der cystoskopischen Untersuchung 
ziemlich häufig Harndrang aus, wobei die Flüssigkeit, unabhängig vom 
Willen des Patienten, zunächst tropfenweise, dann aber mit grölserer 
Vehemenz zwischen den Wandungen der Urethra und dem Cystoskop 
zurückzulaufen beginnt, bis die gesamte Flüssigkeit aus der Harnblase 
herausgeschleudert und die weitere Cystoskopie unmöglich ist. Dagegen 
verträgt die Harnblase die Füllung mit einer gewissen Quantität Sauer- 
stoff gut, Harndrang stellt sich nicht ein, und die Besichtigung der Blase 
kann, wenn erforderlich, längere Zeit dauern. Ein weiterer Vorzug der 
Sauerstofffüllung ist, dafs durch eine eventuelle Blasenblutung die cysto- 
skopische Untersuchung bei derselben nicht behindert wird, während bei 
Füllung der Blase mit Flüssigkeit letztere durch” das austretende Blut 
sogleich gefärbt, dann immer mehr und mehr undurchsichtig wird, bis 
man nichts mehr unterscheiden kann und die Cystoskopie abbrechen 
mufs. Bei Beimischung von Eiter, wenn dieser in mehr oder minder 
grolser Quantität aus den Ureteren in die Blasenhöhle gelangt, liegt 
genau dasselbe Verhältnis vor. Ferner kann man bei der Sauerstoff- 
füllung der Blase ein in hohem (Grade interessantes Bild beobachten, 
nämlich das Spritzen des Harns aus den Ureteren. Man sieht einen 
periodisch hervorspritzenden Strahl, der bald gänsefederdick ist, bald 
aber weniger energisch hervorgestolsen wird und unmittelbar nach dem 
Hervortreten aus der Ureterenmündung dem Boden der Blase entlang 
sich ergielst. Letztere Erscheinung ist keine normale mehr und durch 
pathologische ‚Zustände der Ureterenmündung oder der höher liegend®n 
Abschnitte des Harnsystems bedingt. Nach Beendigung der cysto- 
skopischen Untersuchung mu/s man den Sauerstoff aus der Bilasenhöhle 
entfernen, und zwar durch nochmalige Einführung des Nelaton-Katheters 
mit zentraler Öffnung und durch vorsichtigen Druck auf die Blase ober- 
halb der Symphyse. Eine Entwicklung von Wärme um das Glüh- 
lämpchen des Cystoskops herum findet nicht statt: die Patienten empfinden 
selbst bei relativ langer Untersuchung auch nicht das geringste un- 
angenehme Gefühl von Wärme. Auch sonst scheint der Sauerstoff die 
Harnblase nicht nur nicht zu reizen, sondern auf die Blasenschleimhaut 
schmerzstillend zu wirken. M. Lubowski-Berlin. 


Blasenmastdarmfistel mit interessantem cystoskopischen 
Bilde. Von Westhoff, Münster i. W. (Deutsche med. Wochenschr. 1907, 
Nr. 35. Vereinsb.) 

Bei einer 53jährigen Frau war, wohl als Folge einer früheren 


1000 Blase. 


Extrauteringravidität, eine Blasenmastdarmfistel zurückgeblieben, es wurde 
Kot unter heftigen Tenesmen durch die Urethra entleert. Wie die cysto- 
skopische Untersuchung ergab, fand sich über der hinteren Treter- 
mündung eine Fistel in einer zipfelförmig ausgezogenen Blasenausstülpung. 
Auffallenderweise war die Blase nur in ihrer linken Hälfte mälsig ver- 
ändert, während die rechte fast normal erschien. ebenso war der Urin 
der linken Niere nur wenig verändert, während der Urin der rechten 
Seite sich ganz normal erwies. Durch Laparotomie gelang es, die Wunde 
in der Blase zu schliefsen. Die Flexur, die sich fast zirkulär durch- 
rissen zeigte, wurde nach Resektion zirkulär genäht. Es trat glatte 
Heilung ein. Blase und Mastdarn funktionierten nach der Operation 
wieder normal. Ludwig Manasse-Berlin. 


Beiträge zur Pathologie und Therapie der Enuresis nocturna. 
Vortrag und Diskussion. (X. Pirogrowscher Kongrefs der russischen Arzte.) 

Eminet: Ist die Enuresis noceturra durch Phimosis, Verwachsung 
des Präputiums, der Clitoris, durch Atresie des Kanals. durch Fissura 
ani bedingt, so mufs man chirurgische Behandlung anwenden. Fall- 
Oxyuris vermicularis die Ursache der Krankheit ist, so mufs natürlich 
eine entsprechende Behandlung eingeleitet werden. Allgemeine Behand- 
lung ist nur dann indiziert, wenn Anomalien vonseiten des Urogenital- 
apparates nicht vorhanden sind, wenn es sich also um eine essentielle 
Erkrankung handelt. In erster Linie ist hier moralische und physika- 
lische Hygiene erforderlich, jede Art von Bestrafung, Tadel, Vorwurf 
sind zu vermeiden, wohl aber mufs man bestrebt sein. dem Kinde Ver- 
trauen zu sich selbst einzuflöfsen, was man am besten dadurch erreicht. 
dafs man ihm einige trockene Nächte verschafft (Janet). Bei mangel- 
haftem Ernährungszustande ist allgemeine Behandlung und Kräftigung 
des Organismus durch Massage. (řymnastik, Hydrotherapie, Solbäder, 
Seeaufenthalt erforderlich. Zur lokalen Behandlung sind viele Methoden 
vorgeschlagen worden: Katheterisation der Hamröhre und des Blasen- 
halses, Atzung der Harnröhre bei Mädchen, Anwendung des faradischen 
Stromes in verschiedenen Modifikationen usw. Was die medikamentöse 
Behandlung betrifft, so werden hier zweierlei Mittel angewendet: anti- 
spasmodise "he, zur Verringerung der Reizung der Nervenzentren und der 
Blase, wie Biona und Belladonna, und tonische, zur Steigerung 
der Resistenz des Sphinkters, wie Secale cornutum, Nux vomica usw. 
Verfasser hat in den letzten zwei Jahren 10 Kinder im Alter von 
4—13 Jahren, darunter 3 Mädchen und 7 Knaben, die skrofulös. 
anämisch und meistenteils neuropathisch belastet waren, gegen die Enu- 
resis nocturna mit Massage behandelt. Aufser der Massage fand eine 
anderweitige Behandlung nicht statt. Schon am 4. Tage der Behand- 
lung waren der Sphinkter und der Nervenapparat so gestärkt, dafs die 
Kinder zunächst imstande waren, in der Nacht selbst wach zu werden, 
um zu urinieren, und schliefslich konnten sie den Harn sogar die ganze 
Nacht halten. Ein negatives Resultat hat Verfasser in keinem einzigen 
Falle beobachtet. Dagegen besteht das erzielte positive Resultat bel 
manchen Kindern schon 1!,—2 Jahre. Rezidiviert die Krankheit, so 


Blase. 1001 


wird die Behandlung wiederholt. Die Behandlung wird entweder un- 
unterbrochen 12—14 Tage lang, oder mit 1—2tägigen Unterbrechungen, 
oder aber serienweise, beispielsweise 3 Serien zu je 5 Sitzungen mit 
14 tägigen Zwischenräumen durchgeführt. Am besten ist es, einen voll- 
ständigen Kursus von 15 Sitzungen durchzumachen. Von manchen 
Autoren wird darauf hingewiesen, dafs diese Behandlungsmethode zur 
Masturbation führen könnte. Verfasser hat aber selbst bei erwachsenen 
Kindern Onanie als Folge der Behandlungsmethode nicht beobachtet. 
Bei Kindern, welche das 13. Lebensjahr überschritten haben, ist der 
Erfolg weniger konstant und weniger sicher. Die Behandlung müsse 
von einem Ärzt geführt werden, der mit dieser Methode überhaupt und 
mit der Vibrationsmassage insbesondere vollständig vertraut ist. 

Stschelbitzki: Ätiologisch liegt der Enuresis nocturna am häufig- 
sten Hysterie zugrunde. Das Fehlen von anderen Symptomen von Hy- 
sterie beweist nichts, weil die Hysterie im Kindesalter bekanntlich nur 
unter einem einzigen manifesten Symptom verläuft. Die von M. Eminet 
beschriebene Behandlungsmethode hält er für ungeeignet, namentlich bei 
Mädchen, weil sie zur Masturbation führen könne. 

Lapiner meint, dals die Enuresis nocturna in den meisten Fällen 
mit Blasenkatarrh einhergehe, und dals infolgedessen neben tonisierender 
Behandlung Mittel gebraucht werden müssen, welche die Blase des- 
infizieren. 

Dementjew. Das St. Petersburger Kinderasyl weist jeden Sommer 
einen Kinderbestand von 1500—2000 Köpfen auf, und zwar im Alter 
von 9—12 Jahren. Darunter werden jährlich 50—75 Kinder mit Enu- 
resis nocturna beobachtet. Die Hebung der allgemeinen Gesundheit, 
des Nervensystems und des Ernährungszustandes mittelst nahrhafter Kost, 
Hydrotherapie usw. wirkt zweifellos sehr günstig. Von den pharma- 
zeutischen Mitteln hilft Tinctura nuc. vomic., welche in Dosen von 
ö Tropfen abends verabreicht wird. 

Gorodetzki hält auf Grund eigener Beobachtungen (4 Fälle) die 
Massage für das zuverlässigste und beste Mittel gegen die Enuresis noc- 
turna. Gleichzeitig sei allgemeine Behandlung erforderlich. Bei jungen 
Kindern werden bessere Resultate erzielt. 

Speranski hat günstige Resultate durch hypnotische Suggestion 
nebst tonisierender Allgemeinbehandlung erzielt. Hinsichtlich der Ätio- 
logie nimmt auch Sp. an, dafs den meisten Fällen von Enuresis nocturna 
Hysterie zugrunde liege. 

Uskow meint, dafs die Massage bei Enuresis nocturna volle Be- 
achtung verdiene: er selbst habe 10 Fälle hintereinander mit Massage 
geheilt. 

Nikivorow berichtet über zwei Fälle aus seiner Privatpraxis; in 
dem einen hat die gewöhnliche Massage per anum schon ein sehr gün- 
stiges Resultat ergeben. 

Kissel berichtet über zwei Behandlungsmethoden, welche im Kinder- 
krankenhause zu Moskau gegen Enuresis nocturna angewendet werden. 
l. Methode: Man bringt das Kind ins Krankenhaus und gibt ihm keine 
Mittel. Des Nachts weckt man es dreimal, nach drei Tagen nur zwei- 


1002 Blase. 


mal, nach einem weiteren Tage nur einmal, nach 7—10 Tagen hört 
man auf, das Kind zu wecken. Hierauf verbleibt das Kind im Kranken- 
hause noch zwei bis vier Wochen, wonach es gewöhnlich gesund ist und 
von einem Rezidiv verschont bleibt 2. Methode: Man suggeriert dem 
Kinde verbal, dafs es nicht wagen solle zu nässen. Hierauf verbleibt 
das Kind im Krankenhause. In der weitaus gröfsten Mehrzahl der Fälle 
hilft das schon allein, im allgemeinen reagieren Kinder, die in psychi- 
scher und körperlicher Beziehung nicht besonders stark zurückgeblieben 
sind, auf jede Behandlungsmethode. 


Andreew hat sehr günstige Resultate durch folgende von Woss- 
kressenski vorgeschriebene Methode erzielt: in die Harnblase führt man 
Flüssigkeit ein, welche das Kind mehrere Minuten lang in der Blase 
behalten mus. Am ersten Tage werden 100 cem, dann 150—200 cem usw. 
injiziert. Der Blasensphinkter erlangt auf diese Weise durch Übung 
die erforderliche Kraft und Widerstandsfähigkeit. 


Korsakow weist darauf hin, dafs bei Enuresis nocturna stets 
gleichzeitig auch irgend eine Anomalie vonseiten des Nervensystems be- 
stehe. Bei manchen Kindern werden Adenoide, Phimosis, selten Cy- 
stitis beobachtet. Alle diese Erkrankungen sind insofern von Bedeutung, 
als nach deren Heilung die Enuresis nocturna bisweilen wie auf Zauber- 
schlag von selbst verschwindet. Es kommt vor, dafs die Enuresis noc- 
turna nicht durch Kräftigung, sondern im Gegenteil durch Schwächung 
des Organismus geheilt wird. So hat K. einen Patienten beobachtet, 
bei dem die Enuresis nocturna jeder Behandlung trotzte, aber ver 
schwand, nachdem er Typhus überstanden hatte. Hypnose hilft aber 
nicht immer. Übrigens ist die Art der Einwirkung, der Ton des 
Arztes, namentlich wenn es sich um hysterische Kinder handelt, von 


Wichtigkeit. M. Lubowski-Berlin. 


Beiträge zur Kenntnis der nervösen Blasenerkrankungen. 
Von Dr. Berthold Goldberg, Wildungen. (Deutsche med. Wochenschr. 
1907, Nr. 35.) 

Unter nervöser Pollakiurie versteht man im allgemeinen das ge- 
steigerte Harnbedürfnis eines Neurasthenikers. Man rechnet dazu aber 
auch eine ganze Reihe von Krankheitsbildern, die, streng genommen, 
nicht dazu gehören. Goldberg versucht in dem vorliegenden Aufsatz 
eine gewisse Gruppierung in dem etwas bunten Krankheitsbilde anzu- 
bahnen und führt für jede einzelne Gruppe eine Reihe von Kranken 
geschichten an. Zu der ersten Gruppe rechnet er die Fälle, bei denen 
das gesteigerte Harnbedürfnis das einzige Krankheitssymptom darstellt. 
in gewissem Sinne also eine Mononeurose vorliegt. Eine Abhängigkeit 
von der Geschlechtstätigkeit ist nicht vorhanden, die Patienten sind son 
in jeder Beziehung gesund, sie haben nur über eine gehäufte Miktion 
zu klagen. Durch Aufklärung und eine methodische Erziehung der 
Blase gelingt es hier zuweilen, schnelle Heilung herbeizuführen. 


Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei einer anderen Gruppe vun 
Kranken, bei denen die Pollakiurie gleichfalls das vorherrschende 


Blase. 1003 


Symptom ist, bei denen aber durch den (eschlechtsakt eine Steigerung 
der Beschwerden hervorgerufen wird. 

Bei einer dritten Gruppe wird durch einen Koitus die Pollakiurie 
überhaupt erst ausgelöst. Meist handelt es sich um Patienten, bei denen 
die Furcht, sich durch den Koitus infiziert zu haben, besonders lebhaft 
ist. Der Verf. erwähnt u. a. einen Ehemann, der extramatrimonial ver- 
kehrt, einen Verlobten, der kurz vor der Hochzeit eine Puella aufgesucht 
hat, als typische Beispiele. Sobald man diesen Patienten die Über- 
zeugung beigebracht hat, dafs sie gesund sind, ist die Pollakiurie be- 
seitigt. Sie sind nicht zu verwechseln mit Sexualneurasthenikern, die 
nach jedem Koitus allerlei unangenehme Sensationen, unter anderm auch 
in der Blasengegend bekommen, und bei denen sich auch eine Pollakiurie 
einstellen kann. 

Ein Krankheitsbild sui generis stellt die postenuretische Pol- 
lakiurie dar. Unter den Patienten, die in der Jugend an Enuresis 
noctuma gelitten haben, gibt es eine ganze Reihe, die im späteren 
Leben Zeichen von Neurasthenie bieten, bei denen die Enuresis in der 
Kindheit vielleicht schon das erste Symptom der Neurasthenie ist. Bei 
der postenuretischen Pollakiurie fehlt aber jedes Zeichen einer Neura- 
sthenie, ihre einzigen Beschwerden sind der imperiöse Harndrang und der 
gelegentlich unvermeidliche Verlust einiger Tropfen Urin. Durch diese 
gelegentliche Inkontinenz unterscheidet sich diese Form von der mono- 
nenrotischen (psychopathischen) Pollakiurie, die im Anfang geschildert 
wurde. Psychische Ablenkung hat auf sie keinen Einflufs, wohl aber 
steigert die Ansammlung von Harn in der Blase das Miktionsbedürfnis. 
Die postenuretische Pollakiurie hat im allgemeinen eine ungünstige Pro- 
gnose im (iegensatz zu der neurasthenischen und mononeurotischen 
Form. 

Anhangsweise führt der Verf. noch zwei echte Fälle von neurasthe- 
nischer Retentio urinae completa an. Sie sind im ganzen selten, 
Frankl-Hochwart hat in der Literatur im ganzen nur vier Fälle auf- 
finden können. Bei dem einen Patienten war im Anschluls an eine un- 
beabsichtigte Verhaltung eine totale Retentio urinae eingetreten, die 
durch einmaligen Katheterismus wieder völlig behoben wurde, um erst 
nach mehreren Jahren gelegentlich einmal wiederzukehren. Der zweite 
Patient wurde lange Jahre wegen Blasenkatarrhs mit allen möglichen 
Mitteln behandelt, wobei sich eine chronische inkomplette und eine ge- 
legentlich akute komplette Retentio urinae entwickelte. Eine sehr ein- 
gehende Untersuchung ergab, dafs dem Krankheitsbilde eine Neurasthenie 
zugrunde lag und dafs der Blasenkatarrh nur artefiziell war. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


Traumatische, interperitoneale Ruptur der Blase (Laparo- 
tomie), Heilung. Von W. Berblinger, Karlsruhe. (Münch. med. 
Wochenschr. 1907, Nr. 33.) 

Dem 10jährigen Pat. fiel, während er auf dem Bauche lag, ein 
schwerer Eimer auf den Rücken. Zwei Tage nach dem Unfall be- 
standen starke Schmerzen im Leib, Aufstofsen und Erbrechen; Puls 


1004 Blase. 


klein, 120, Temp. 36,7; Leib mäfsig aufgetrieben, in den unteren Par- 
tien gedämpft und sehr druckempfindlich. Katheter entleert 100 ccm 
klaren, blutfreien Harn. Da die Diagnose zweifelhaft, Laparotomie: 
l Liter urinöser Flüssigkeit in der Bauchhöhle, an der hinteren oberen 
Vesikalwand ein 4 cm langer, Peritoneum und ganze Blasendicke durch- 
setzender Rifs. Die Blasennaht (3 Etagen, Catgut) wurde 6 Tage post 
operat. infolge Verstopfung des Verweilkatheters und Überfüllung der 
Blase insuffizient; die resultierende Fistel heilte rasch. Nach AT), Woche 
völlige Genesung. Verf. empfiehlt in solchen zweifelhaften Fällen. wo 
eine Darmverletzung nicht auszuschliefsen und eine intraperitoneale 
Blasenruptur wahrscheinlich ist, von vornherein zu laparotomieren. Die 
Cystoskopie ist nicht zweckmäfsig, da sich einmal die Blase meist nicht 
genügend füllen läfst, und anderseits mit dem Instrument eventuelle Ver- 
klebungen gelöst oder Verletzungen gesetzt werden können. Im vor- 
liegenden Falle entstand die Ruptur anscheinend dadurch, dafs die mäl-ız 
gefüllte Blase fest gegen Symphyse und Bauchwand gedrückt und durch 
ihren Inhalt an der schwächsten Stelle, der hinteren, oberen Wand ge 
sprengt wurde. Brauser- München. 


Intraperitoneal rupture of the bladder. Von H. O. Walker. 
(Americ. J. of Surg., S. 193.) 


W. beobachtete bis jetzt 4 Fälle von Blasenruptur. In 2 Fällen 
bei einem 2ö5jährigen Arbeiter und bei einem 6jährigen Knaben waren 
die Verletzungen so schwere, dafs der Tod nach wenigen Stunden ein- 
treten mufste. Im 3. Falle handelte es sich um eine Schufsverletzung 
bei einer jungen Frau. Die Blasenwunden wurden 5 Stunden später 
zugenäht, trotzdem starb die Frau 5 Tage später an Peritonitis. Im 
4. Falle handelte es sich um einen 35jährigen Arbeiter, dem ein Bier- 
fals auf den Leib gefallen war. Erst 2 Tage später gestattete der 
Patient die Operation. Es wurde eine Wunde rechts vom Fundus, für 
4 Finger bequem durchgängig, entdeckt. Die Wundränder wurden ab- 
getragen. Die Wunde wurde nicht ganz geschlossen, sondern zunächst 
mittelst eines Silberkatheters und auch das Abdomen drainiert. Die 
Drainage des Abdomens wurde am 6. Tage und der Katheter am 
8. Tage entfernt. Eine wenige Tage nach der Operation entstandene 
Pneumonie bedrohte den Kranken. Doch überstand der Patient schlief- 
lich die Operation glücklich. R. Kaufmann-Frankfurt a. M. 


A case of ruptured bladder. Von J. Mck Harrison. (Brit. 
Med. Journ., Aug. 31. 1907.) 


Bei dem 33jährigen Patienten stellten sich nach einem Sturz von 
Pferde Schmerzen im Abdomen und Zeichen von Kollaps ein. Mt den 
Katheter konnte nur wenig blutiger Urin entleert werden. Bei der 
Laparotomie fand sich ein 7!/, cm langer intraperitoneal gelegener Ril: 
in der Blasenwand. Naht. Drainage. Verweilkatheter. Heilung. 

von Hofmann-Wien. 


Blase, 1005 


Über diffuse inkrustierende Cystitis. Von R. Lichtenstern. 
(Wiener klin. Wochenschr. Nr. 40 1907.) 


1. 70 jähriger Patient, der seit 25 Jahren an einer Harnröhren- 
striktur litt. In der letzten Zeit traten heftigere Beschwerden und seit 
zwei Jahren auch Hämaturie auf. Auf Spülungen und Verweilkatheter 
nur geringe Besserung. Bei der Cystoskopie fand man eine ausgebreitete 
ulzeröse Cystitis mit phosphatischen Inkrustationen. Sectio alta. Ent- 
fernung der Inkrustationen mit Schere und Pinzette oder dem scharfen 
Löffel. Naht der Defekte. Ätzung der übrigen Schleimhaut mit Jod- 
tinktur. Drainage. Heilung. 

2. 60 jährige Frau. Seit 12 Jahren Blasenkatarrh. In der letzten 
Zeit Blutungen. Die Cystoskopie zeigt eine ulzeröse Cystitis mit 
phosphatischen Inkrustationen. Sectio alta und Behandlung wie im 
früheren Fall. Heilung. von Hofmann-Wien. 


Chronische, sklerosierende Paracystitis; paravesikale Holz- 
phlegmone. Von F. Necker. (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 40 1907.) 

Bei dem 20 jährigen Patienten war vor vier Jahren durch perineale 
Lithotomie ein Uratstein entfernt worden. Bald nach der Operation 
traten Harnbeschwerden auf, welche von den Ärzten auf eine Prostatitis 
zurückgeführt wurden. Allmählich entwickelte sich eine Verhärtung in 
der Unterbauchgegend. Bei der Cystoskopie zeigten sich keine wesent- 
lichen Veränderungen. Da der Zustand des Patienten immer schlechter 
wurde, nahm Zuckerkandl die Operation vor: Spaltung des Infiltrats, 
Exzision gröfserer Partien aus dem Unterhautzellgewebe und den geraden 
Bauchmuskeln. Jodoformgazetamponade. Feuchter Verband. Heilung. 
Die exstirpierten Stücke charakterisierten sich als Granulationswuche- 
rungen mit reichlicher Bindegewebsneubildung. 

von Hofmann-Wien. 


Über Komplikation von Blasenstein mit anderweitigen Stein- 
bildungen im Harnsysteme. Von R. Paschkis. (Wiener klinische 
Wochenschr. Nr. 40 1907.) 

1. 72 jähriger Prostatiker mit rezidivierender Lithiasis. Der Stein 
war hinter der Prostata so gelegen, dafs bei der Lithotripsie stets nur 
das vorragende Ende entfernt worden war. Erst durch die Röntgen- 
untersuchung wurde der wahre Sachverhalt aufgeklärt und einige 
Divertikelsteine entdeckt. Sectio alta. Entfernung der Steine und des 
vorragenden Prostatalappens. Heilung. 

2. Dem 35 jährigen Patienten war bei der Operation einer Hernie 
ein Blasenzipfel mit ligiert worden. Im Anschluß daran Steinbildung. 
Sectio alta. In der Blase zwei, in der Pars prostatica ein Stein. 
Drainage. Exitus. 

3. 53jähriger Patient, bei dem es im Anschlufls an eine gonor- 
rhoische Striktur zu Steinbildune gekommen war. Nach Lithotripsie 
nur vorübergehende Besserung. Bei der Sectio alta fand man einen 
Stein am Orificium internum und cinen zweiten mit Adhäsionen ver- 
sehenen in der Prostata. Heilung. 


1006 Blase. 


4. Der 54 jährige Patient litt seit vielen Jahren an Harnbescehwerden. 
welche in der letzten Zeit zugenommen hatten. Die radıograpbische 
Untersuchung ergab einen Stein in der Blase und einen im rechten 
Ureter. Sectio alta. Entfernung des Steines aus der Blase. Verlängerung 
des Schnittes nach rechts oben aufsen, Freilegung des Ureters und Ent- 
fernung der darin befindlichen Konkremente. Tod infolge einer kompli- 
zierenden Lungen- und Larynxaffektion. 

5. 3ljähriger Patient. Seit dem siebenten Lebensjahre hochgradige 
Blasenbeschwerden. Vor etwa einem Jahre Entfernung eines Konkre- 
ments durch Sectio alta, vor einigen Monaten Lithotripsie. Im Röntgen- 
bilde Nierensteine. In der Blase Konkremente tastbar. Vorläufiz nur 
Entfernung der Steine aus der Blase durch Sectio alta. Die Nieren- 
operation soll in einiger Zeit vorgenommen werden. 

6. 14 jähriger Patient. Seit dem fünften Lebensjahre Harnbeschwerden. 
Vor 2 Jahren Entfernung eines Konkrementes durch Sectio alta. Nach 
einem Jahre wieder Harnbeschwerden und Kolikanfälle. Die Röntgen- 
untersuchung zeigte ın der Blase und der rechten Niere Konkremente. 
Zunächst Entfernung des Blusensteins durch Sectio alta. Zirka einen 
Monat später Nephrolithotomie. Heilung. von Hofımann-Wion. 


Bericht über 800 operierte Blasentumoren. Von A. v. Frisch. 
(Wiener klin. Wochenschr. Nr. 40 1907.) 

Von den operierten Patienten gehörte die Mehrzahl den höheren 
Altersstufen an. Dem Geschlechte nach kamen auf 256 Männer nur 
44 Frauen. Zwei Drittel der Tumoren mulsten als bösartige Neu- 
bildungen bezeichnet werden. Die Operationsmethode war in allen 
Fällen, mit einer einzigen Ausnahme, wo der Vesikovagınalschnitt vor- 
genommen wurde, die typische Sectio alta. Bei der Nachbehandlung 
bewährte sich besonders die Tamponade der Blase unter Anwendung 
der Dittelschen Heberdrainage. Die Heilungsdauer betrug im Durch- 
schnitte 31’, Wochen, die Gesamtmortalität 14° ,„. Von 164 Patienten 
konnten später noch Nachrichten erlangt werden. Von 103 gutartigen 
Papillomen blieben 53 in Evidenz. Von diesen traten bei 21 Rezidiven 
auf, während 32 dauernd geheilt blieben. Die Beobachtungsdauer 
schwankt zwischen 17 und 1 Jahre. Von 98 Papillomen mit krebsigen 
Einschlüssen konnten von 49 Nachrichten erhalten werden. Bei 29 
waren Rezidive eingetreten. Von 95 Karzinomkranken konnte v. F. 
von 62 Auskunft erhalten. Alle hatten Rezidive bekommen. 

von Hofmann-Wien. 


Beitrag zur Kenntnis der Blasengeschwülste bei Anilin- 
arbeitern. Von I.Seyberth (Prosektor des Krankenhauses München r. Is... 
(Münch. med. Wochenschr. 1907, Nr. 32.) 

Nach einer einleitenden, kurzen Schilderung des Verlaufs der akuten 
und chronischen Anilinvereiftung und einer vergleichenden Betrachtung 
über Bilharziatumoren und Blasengeschwülste bei Anilinarbeitern be- 
richtet Verfasser über die patholosisch-anatomischen Befunde bei fünf 
durch Sectio alta gewonnenen Tumoren letzterer Art. Sämtliche fünf 


Nieren und Harnleiter. 1007 


Patienten waren jahrelang in Anilinräumen tätig gewesen und kamen 
eines Tages mit Blutharnen ins Krankenhaus (Höchst a. M.). Die 
Diagnose wurde durch das Cystoskop gestellt, der Sitz der Neubildungen 
war im Blasengrund oder an den Ureterenmündungen, ihre Gröfse die 
eines Kirschkerns bis zu der einer kleinen Kirsche. Drei Tumoren er- 
wiesen sich als gutartig; zwei davon waren einfache Granulations- 
geschwülste mit kleinhöckeriger Oberfläche, einer ein richtiger Zotten- 
polyp. Alle drei zeigten sohr starke Entwicklung des überkleidenden 
Epithels und am Geschwulstboden starke herdförmige, kleinzellige Infil- 
tration. Die vierte Geschwulst hatte adenomatösen Bau mit karzino- 
matösem Charakter; ın der Blasenschleimhaut lagen zahlreiche solide 
Epithelstränge, reichliche Auswanderung weilser Blutzellen war zu be- 
obachten. Makroskopisch hatte diese Neubildung einen durchaus gut- 
artigen Eindruck gemacht. Fall 5 war ein richtiges Karzinom. Die 
an sich so verschiedenen Tumoren hatten somit die gemeinsame Eigen- 
tümlichkeit starker Beteiligung des Epithels und reichlicher Rundzellen- 
infiltration, wohl als Ausdruck der gemeinsamen Ursache. 

Da — im Zusammenhalt mit drei von Rebn publizierten Kranken- 
geschichten — sich unter acht Tumoren drei bösartige befanden, empfiehlt 


sich in jedem Falle die mörlichst radikale Entfernune. 
EN m 
Brauser- München. 


VIII. Nieren und Harnleiter. 


Beiträge zur Physiologie und Pathologie des chromaffinen 
Gewebes. Von H. Schur und J. Wiesel. (Wiener klin. Wochenschr. 
Nr. 40 1907.) 

Die Verfasser kommen auf Grund zahlreicher Untersuchungen zum 
Schlusse, dafs es 1. Nierenaffektionen gibt, die die Funktion des chrom- 
affinen Gewebes beeinflussen, 2. dafs das chromaffine System durch 
Muskeltätigkeit zur Sekretion gereizt wird und 93. dafs die chrombraune 
Substanz ihrer chemischen Zusammensetzung nach Adrenalin oder ein 
dem Adrenalin sehr nahestehender Körper ist, der während forcierter 
Muskelarbeit bis zur Erschöpfung der produzierenden Zellen an das 
Blutserum abgegeben wird. . von Hofmann-Wien. 


Über kompensatorische Hypertrophie der Niere. Von G. 
Kapsammer. (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 40 1907.) 

Die nach Zerstörung von Nierengewebe eintretende Kompensation 
ist eine anatomische und eine funktionelle. Die erstere kann das ganze 
Organ betreffen oder inselförmig auftreten. Im ersteren Falle kommt 
sie schon makroskopisch zum Ausdruck. Die funktionelle Kompensation 
äulsert sich in gesteigerter Sekretion und Vermehrung der Ureter- 
entleerungen, ist also durch die Indigokarminprobe und den Ureteren- 
katheterismus nachweisbar. von Hofmann-Wien. 


Die Bedeutung des reno-renalen Reflexes für die Pathologie 
und Diagnostik der Nierenkrankheiten. Von V. Blum. (Wiener 
klin. Wochenschr. Nr. 40 1907.) 

B. berichtet zunächst über einige Beobachtungen von reno-renalem 


1008 Nieren und Harnleiter. 


Reflexschmerz. Es handelte sich meist um Nephrolithiasis, doch wurde 
die gleiche Erscheinung auch bei Nierentuberkulose und -tumoren be- 
obachtet. Im zweiten Teile seiner Arbeit bespricht B. die reno-renale 
reflektorische Anurie. Den Mechanismus derselben stellt sich B. in der 
Weise vor, dafs durch die Okklusion des einen Ureters zunächst die Ent- 
leerang des Harns aus dieser einen Niere unterbrochen wird, dafs weiter- 
hin auch die Produktion des -Harns in dieser Niere sistiert und diese 
Einstellung der Sekretion schliefslich konsensuell auf ihr Schwesterorg:n 
wirkt, so dafs es zur kompletten Anurie kommt. Auch für diese Er- 
scheinung bringt B. einige interessante Krankengeschichten. Der dritte 
Abschnitt handelt von der Erzeugung anatomischer Veränderungen in 
der einen gesunden Niere durch Erkrankungen der anderen, von der 
sympathischen Nephritis. von Hofmann-Wien. 


Über doppelseitige Nephrolithiasis. Von Dr. Paul Krause, 
Berlin. (Deutsche med. Wochenschr, 1907, Nr. 33.) 


Bei einem 28jährigen Manne waren seit sieben Jahren wiederholte 
Nierenkoliken, zuerst nur auf der linken, im letzten Jahre auf der rechten 
Seite, aufgetreten, einmal war ein haselnufskerngrolser Stein abgegangen, 
der Urin war auch in der anfallsfreien Zeit katarrhalisch verändert. Die 
Röntgenuntersuchung, die anfangs kein positives Resultat ergeben hat, 
lies einen taubeneigrofsen Schatten in beiden Nieren erkennen, während 
Harnleiter und Blase frei erschienen. Es wurde zunächst auf der rechten. 
zuletzt befallenen Seite die Pyelotomie ausgeführt, die bei der fast auf 
das Zehnfache vergrölserten Niere und ihrem grofsen Blutreichtum grolse 
Schwierigkeiten bot; um die Niere luxieren zu können, mulsten Stücke 
der drei untersten Rippen reseziert werden. Etwa 6 Wochen später 
wurde aus der linken Niere in der Gegend des unteren Poles ein Stemm 
durch Inzision des Nierengewebes entfernt. Die Steine bestanden aus 
phosphorsaurem Kalk mit geringen Mengen von Harnsäure, sie hatten 
die Grölse einer kleinen Walnufs. 

In der Epikrise weist der Verf. darauf hin, dafs man bei doppel- 
seitiger Nephrolithiasis stets operativ vorgehen müsse wegen der dat: 
ernden Gefahr einer akut einsetzenden Urämie und der Veränderungen. 
die im Nierengewebe bei längere Zeit bestehendem Steinleiden eintreten. 
ein Standpunkt, der wohl kaum von allen Chirurgen geteilt werden 
dürfte. Die Frage, welche Niere zuerst in Angriff zu nehmen sei, wird 
man von Fall zu Fall entscheiden müssen. In klinisch so eindeutigen 
Fällen wie in dem vorliegenden wird man der funktionellen Unter- 
suchungsmethoden entraten können, um so mehr, wenn das Röntgenbild 
so eindeutige Resultate ergibt wie hier. 

Ludwig Manasse-Berlin. 


Pyelonephrosis of a supernumerary kidney. Von J. C. Munro 
und S. W. Goddard. (Amer. ‘Journ. of Med, Scienc., Sept. 1907.) 

Der 23 jährige Patient litt seit seinem dritten Lebensjahre an 
Attacken von krampfartigen Schmerzen, Erbrechen und Fieber, welche 


Nieren und Harnleiter. 1009 


mit dem Auftreten eines Tumors im linken unteren Quadranten des 
Abdomens verbunden waren. In den letzten fünf Jahren waren diese 
Anfälle nicht mehr aufgetreten. Erst vier Wochen vor der Spitalsauf- 
nahme zeigte sich der Tumor unter den gleichen Erscheinungen von 
neuem. Die Geschwulst wurde inzidiert und tamponiert, worauf die 
krankhaften Erscheinungen schwanden. Den Inhalt der Geschwulst bil- 
dete eine eiterähnliche, sterile Flüssigkeit. Da eine Fistel zurückblieb, 
wurde nach einiger Zeit die ganze Cysto exstirpiert. Die genauere 
Untersuchung ergab, dafs es sich um eine Pyelonephrose in einer über- 
zähliren Niere handelte. Der Patient wurde geheilt. 
von Hofmann-Wien. 


Infizierte Hydronephrose einer angeborenen dystopischen 
Niere. Von J. Richter. (Wiener klin. Wochenschrift Nr. 40 1907.) 

Der 30 jährige Patient hatte vor zwei Jahren im Anschlufs an ein 
Trauma an vorühergehender Hämaturie gelitten und war seither gesund 
gewesen. Drei Monate vor der Aufnahme waren plötzlich unter Kopf- 
schmerzen und Diarrhoe heftige Schmerzen in der rechten Unterbauch- 
gegend aufgetreten. Gleichzeitig zeigte sich daselbst eine Geschwulst. 
Dieselbe nahm bei der Aufnahme nahezu die gesamte rechte Unterbauch- 
gegend ein, zeigte Fluktuation, war nicht druckempfindlich und gab 
scdämpften Perkussionsschall. Die Konsistenz des Tumors war Schwan- 
kungen unterworfen. Die Cystoskopie ergab nichts Abnormes. Durch 
Punktion des Tumors gewann man eine eitrige harnstoffhaltige Flüssig- 
keit. Nephrektomie. Heilung. von Hofmann-Wien. 


Ein Fall von Nierendekapsulation bei puerperaler Eklampsie. 
Von Dr. Oscar Polano, Privatdozent und Oberarzt der Universitäts- 
Frauenklinik zu Würzburg. (Zentralbl. f. Gynäkologie Nr. 1, 1907.) 

Bei einer 38 jährigen mit Schwangerschaftsnephritis eingelieferten 
Frau tritt 13 Stunden post partum plötzlich. ohne dafs Pat. vorher 
Klagen geäufsert hätte, ein 2 Minuten dauernder eklamptischer Anfall 
ein, durch tonisch-klonische Zuckungen der Extremitäten gekennzeichnet. 
Nach Ablauf desselben liegt Pat. in tiefem Koma da. Nach weiteren 
15 Minuten tritt ein zweiter, 2 Minuten dauernder Anfall ein. In den 
folgenden 7 Tagen besteht tiefe Somnolenz. Die Tagesharnmenge be- 
trägt durchschnittlich 1600 ccm. Am 9.—10. Tage nach der Geburt 
zeigt der Allgemeinzustand eine zunehmende Verschlechterung. Die Urin- 
menge sinkt auf 420 cem, das spez. Gewicht beträgt 1030, der Puls 
wird klein und steiet von 80 auf 130 pro Mimute, die Bowulstlosigkeit 
nimmt stark zu. Da der Zustand ımmer hofinungsloser wird — die 
Urinmenge betrug in den letzten 12 Stunden nur 150 cem —., entschlof 
sich Verf. zur doppelseitigen Nierendekapsulation als ultimum refugium. 
Die Nieren erweisen sich auffallend groß, stark hyperämisch, eyanotisch 
verfürbt und haben eine auffallend weiche, schwappende Konsistenz. Nach 
einem seichten Schnitt über die konvexe Nierenfläche gelingt es leicht, 
die Nierenkapsel bis zum lHilus abzuschieben. Irgend ein Vorquellen 

Zeitschrift für Urologie. 1907. 66 


1010 Nieren und Harnleiter. 


des Organs aus dem Kapselschnitt, das auf eine entsprechende Wirkung 
schliefsen lälst, ıst hierbei nicht wahrzunehmen. 

Die Operation war verhältnismäßsig einfach, wenig blutig, °;, Stunde 
dauernd. Zur Kontrolle der abgehenden Harnmenge wird nach der 
Operation ein Dauerkatheter eingelegt. 3 Stunden nach der Operation 
beträgt die entleerte Urinmenge 400 cem, das spez. Gew. ist auf 101" 
gesunken, Eiweilsmenre 0,75" (gegen 1°”, vorher). Nach weiteren 
4 Stunden werden ohne Flüssirkeitszufuhr per os noch 120 cem aus- 
geschieden. Abends hat sich der Zustand sichtlich gebessert, der Puls 
ist auf 100 zurückgegangen, Pat. reagiert auf starken Anruf und nimmt 
Milch zu sich. In der Nacht läfst Pat. noch 400 ccm Urin, spez. (ew, 
1017, Albumen fast 2° œ. Am Morgen, 19 Stunden nach der Operation. 
plötzlicher Kollaps und Exitus unter dem Bilde des Lungenödems. 

Die (iesamtmenge des in den 19 Stunden nach der Operation ge- 
lassenen Harns betrug also 920 cem gegenüber 150 ccm, die ın den 
letzten 12 Stunden vor der Operation entleert waren. 

Es ‚entsteht nun die Frage: Welchen Einflufs hatte die Operation 
auf den Krankheitsverlauf? „Ich glaube”, sagt Verf., „dafs man bei alier 
Skepsis einen bessernden Eintluls auf die daniederliegende Diurese und 
hiermit auf den Allgemeinzustand nicht verkennen kann. Aber trotzdem 
ist die Frau * , Tag später gestorben. Hierfür dürfen wir die Operation 
keinesfalls verantwortlich machen. Verkehrt war es vielleicht, dafs ich 
den Entschlufs zum operativen Eingriff erst fafste, als die Frau eine 
wohl hotlnungslose Verschlimmerung ihres Allgemeinzustandes zeirte. 
‚Jedenfalls lehrt dieser Fall, dafs die Nierendekapsulation bei puerperaler 
FEklampsie, wenn man sie überhaupt ausführt, nicht zu lange verschoben 
werden darf.“ 

Eine Vorstellung von der Ursache der angenommenen Heilwirkung 
kann sich Verf. allerdings nicht machen. Von einer Entspannung der 
Nieren war in diesem Falle keine Rede. Kr. 


A case of eclampsia with unusual features. Von W.H.W.Knipe. 
(Post graduate, August 1907.) 

Bei einer 31 jährigen Patientin, welehe dreimal abortiert und sieben 
Geburten überstanden hatte, stellten sich bei der elften Gravidität im sechsten 
Monate eklamptische Konvulsionen ein. Die Anamnese ergab, dafs auch 
bei den beiden letzten Graviditäten ähnliche Erscheinungen bestanden 
hatten. Behandlung mit heifsen Sulzwasserklysmen, heilsen Packungen. 
Chloralhydrat, Nitroglyzerin blieb erfolwlos. Es wurde daher die Dilatation 
der Cervix und Extraktion des Fötus vorgenommen. Hierauf trat rasche 
Besserung ein und die Konvulsionen sistierten. Trotzdem erfolgte drei 
Stunden später der Exitus letalis, Die Sektion wurde nicht gestattet. 

von Hofmann-Wien. 


Der Aderla/[s bei der Urämie. Von Dr. Felix Mendel-Essen 
(Ruhr). (Die Therapie der Gegenwart. 1907, Juli.) 

Die in der neuesten Zeit wieder aufgenommene wissenschaftliche 
Prüfung der Venxesektion ergab eine stattliche Reihe wohlbegründeter 
Indikationen bei den verschiedenartigsten Störungen der Blutbeschaffen- 


Nieren und Harnleiter. 1011 
N 


heit und Blutbewegung, die erzielten Erfolge waren so augenfällig und 
so bedeutsam, dafs es Pflicht eines jeden Arztes ist, sich sowohl mit 
der Technik des Aderlasses als auch mit den Krankheiten eingehend 
bekannt zu machen, bei denen sich die Blutentziehung aus einer Körper- 
vene als ein wirksames Heilmittel erwiesen hat. Wenn wir heute eine 
Blutentziehung aus der Vene zu therapeutischen Zwecken vornehmen, 
so wollen wir damit nach zwei Richtungen hin wirken. Wir wollen ent- 
weder eine krankhafte Blutbeschaffenheit verbessern, oder eine gestörte 
Zirkulation, mag diese nun örtlicher oder allgemeiner Natur sein, günstig 
beeinflussen. Bei der Urämie, die als eine Überladung des Blutes mit 
Harnbestandteilen zu betrachten ist, rechnen wir auf die entgiftende 
Wirkung des Aderlasses. Bei keiner Krankheit ist von allen Autoren 
so einstimmig die segensreiche Wirkung des Aderlas es gepriesen worden, 
als gerade bei der akuten Urämie. Auch nach M.s Erfahrung besitzen 
wir in dem Aderlafs ein ausgezeichnetes Mittel den urämischen Anfällen 
gegenüber. Der Aderlals ist ein so ungefährlicher und leicht zu voll- 
ziehender Eingriff und im Vergleich zu allen anderen uns zu Gebote 
stehenden Mitteln von so hervorragender Wirksamkeit, dafs wir ihn zu 
allererst anwenden müssen, ja, dafs wir ihn schon dann anwenden müssen, 
wenn Harnverminderung, nervöse Unruhe des Patienten, Kopfschmerz 
und Erbrechen darauf hindeuten, dafs der Organismus der Harmngifte 
nicht mehr Herr werden kann und die urämische Intoxikation zu be- 
fürchten ist. Durch eine frühzeitige prophylaktische Anwendung des 
Aderlasses bei akuter Nephritis glaubt Verf. in manchen Fällen den 
Ausbruch der Urämie verhütet und dadurch den Patienten vor der ge- 
fährlichsten Komplikation der akuten Nephritis bewahrt zu haben. Selbst- 
verständlich werden gleichzeitig auch alle übrigen uns zu Gebote stehen- 
den Mittel angewendet, die Harnsekretion wieder in Gang zu bringen 
und die Ausscheidung der retinierten Harnbestandteile nach allen Rich- 
tungen hin zu fördern. 

Aber auch bei der chronischen Nephritis wird durch einen kräftigen 
Aderlafs, wenn er frühzeitig vorgenommen wird, der Ausbruch der Urämie, 
wenn auch nicht immer verhindert, so doch in vielen Fällen verzögert. 
Deshalb ist es auch bei chronischer Nephritis dringend zu empfehlen, 
mit dem Aderlals nicht zu warten, bis die Apathie und Somnolenz des 
Patienten zum vollständigen Koma fortgeschritten ist, sondern, sobald sich 
Schlaflosigkeit, Verdriefslichkeit und Kopfschmerz als Vorboten der 
Urämie einstellen, mufs der mit Harnbestandteilen überladene Organismus 
durch eine kräftige Venaesektion entlastet werden. Wenn wir auch da- 
nach keine Heilung der Nierenkrankheit erwarten können, so bedeutet 
doch die Verhütung einer in solchen Fällen fast stets zum Tode führen- 
den Urämie eine Verlängerung der Lebensdauer. Sowohl bei der akuten 
wie bei der chronischen Nephritis werden wir, wenn der gefahrdrohende 
Zustand der Urämie durch eine Blutentziehung nicht dauernd gehoben 
ist, beim Wiedereintritt der Anzeichen einer Harnvergiftung von neuem 
zum Skalpell greifen müssen. Es sind in der Literatur eine Reihe von 
schweren Urämien beschrieben, bei denen erst die dritte oder vierte 
Blutentziehung den gefährlichen Zustand dauernd beseitigte. Kr. 

66* 


1012 Nieren und Harnleiter. 


Der Ureter als Inhalt eines Leistenbruches. \on Dr. Meilsner 
in Tübingen. (Beiträge zur klin. Chirurgie 1907, 54. Bd., Schlufsheft.) 

Berichte über Blasenhernien erscheinen nicht selten; sehr selten da- 
gegen ist bisher der Ureterprolaps in einem Leistenbruch beobachtet 
worden, wenigstens konnte M. nur 6 solcher Fälle auffinden, und 4 von 
diesen sind überdies mit Blasenhernien kombiniert. Das veranlalst Verf. 
zur Veröffentlichung des von ihm in der Tübinger chirurgischen Klinik 
beobachteten Falles. Es handelte sich um einen 3%/,jährigen Knaben, 
der zur Öperation eines linksseitigen angeborenen Leistenbruchs in die 
Klinik aufgenommen wurde. 

Der Knabe war nach den Angaben der Mutter immer kränklich 
und schwächlich gewesen. Die Hernie wurde bald nach der Geburt ent- 
deckt. Der Arzt verordnete, als das Kind etwa 1 Jahr alt war, ein 
Bruchband. Schon in der ersten Zeit fiel an dem Kinde auf, dals es 
mit der Harnentleerung nicht richtig war: bald war längere Zeit Ver- 
haltung vorhanden, bald tropfte der Harn kontinuierlich ab. Die Hernie 
konnte niemals vollkommen reponiert werden. Wurde nun das Bruch- 
band angelegt, so erfolgte bald starko Schwellung am Skrotum, Schmerz- 
haftigkeit, Verminderung der Harnentleerung, die sich nach Abnahme 
des Bandes behob. Dashalb wurde das Bruchband bald weggelest und 
die Operation angeraten. Sie wurde vom Verf. nach der von Anschütz 
angegebenen Modifikation der Bassinischen Methode ausgefülrt. Nach- 
dem der Bruchsackhals hoch oben mit Tabaksbeutelnaht geschlossen war, 
fand sich nach hinten und aulsen vom Bruchsack, vom Peritoneum über- 
zogen und dasselbe etwas vorstülpend, ein kleinfingerdickes, mehrfach 
gewundenes, S-förmig gekrümmtes Gebilde, das sich wie Darm anfüllte 
und allenthalben fest fixiert war. Es wurde präparatorisch eröffnet, worauf 
sich weils-gelbliche, klare, geruchlose, für serös gehaltene Flüssigkeit in 
geringer Menge entleerte.e Die eingeführte Sonde gelangte nach dem 
Hoden zu, sowie auch nach oben hin an eine blinde Endigung; es wurde 
also weder eine Verbindung mit dem Hoden, noch mit der Bauchhöhle 
aufgefunden. Man glaubte daher, eine cystische Hydrocele funiculi 
spermatici vor sich zu haben, um so mehr, als die Innenwand des ge 
krümmten Sackes das Aussehen einer entzündlich veränderten und chro- 
nisch verdickten Serosa hatte und das ganze Gebilde eben in der Gegend 
des Samenstrangs das Peritoneum stark vorbuchtete. In dieser Annahme 
wurde nun der ganze Sack gespalten, umgekrempelt und durch Nähte 
fixiert. Hierauf Pfeilernaht, Fasciennaht und Naht der Hautwunde. Am 
Abend der Operation war die Harnentleerung erschwert, erfolgte aber 
doch spontan, allerdings nur in geringer Menge. Am folgenden Tage 
war das linke Skrotum stark ödematös geschwollen; das Ödem nahm 
immer mehr zu und erstreckte sich in den folgenden Tagen auch auf 
die rechte Skrotalhälfte und den Penis. 4 Tage nach der Operation 
wurden die Nähte entfernt, worauf die Nahtlinie im unteren Teil au 
einanderwich und eine mälsige Menge klarer, wasserheller Flüssigkeit ab- 
flofs. Das Ödem ging darauf etwas zurück. 5 Tage nach der Operation 
sah Pat. sehr verfallen aus. Ödem am Skrotum und Penis wieder stärker. 
Im Urin wurde viel Eiweifs gefunden. Urinentleerung spontan. In der 


Nieren und Harnleiter. 1013 


Nacht darauf erfolgte der Exitus. Anatomische Diagnose: Doppelseitiges 
Öttenbleiben des Processus vaginalis testis. Mündung beider Ureteren 
in die Blase bis auf feine Öffnung verengt. Enorme Dilatation der 
Ureteren, besonders des rechten, mit S-förmiger Krümmung derselben. 
Verlagerung eines Teiles des dilatierten linken Ureters in den linken 
Skrotalsack. Vereiterung des skrotalen Zellgewebes. Beide Nieren ge- 
schrumpft, besonders aber die linke. Blase dilatiert und hypertrophisch. 
Am meisten interessiert hier der Vorfall des linken Ureters durch 
den Leistenkanal in das Skrotum. Seine Entstehung ist einmal auf die- 
selben Ursachen zurückzuführen, die zur Ausbildung der Hernie geführt 
haben, nämlich die kongenitale Weite des Leistenkanals und den intra- 
abdominalen Druck, zweitens auf die kongenitale Anomalie des Ureters, 
die zur Dilatation, Schlängelung und Verlängerung desselben führte, so 
dafs er gewissermalsen keinen rechten Raum mehr im Becken fand und 
die Gelegenheit zum Ausweichen nach dem linken Skrotalsack benützte. 
Die Diagnose einer Harnleiterhernie wurde, soviel bekannt, bis jetzt 
noch in keinem Falle vor der Operation gestellt, und es ist fraglich, ob 
es überhaupt jemals möglich sein wird, sie mit Sicherheit aus den Sym- 
ptomen zu erschliefsen. Wie in einem Falle von Carli, so bestanden 
auch im vorliegenden Harnbeschwerden und Verminderung der Harnaus- 
scheidung; jedoch nicht beständig, sondern namentlich durch Anlegen 
des Bruchbandes und nach Zuführen einer reichlichen Flüssigkeitsmenge. 
Pathornomonische Bedeutung legen Reichel und Carli dem Nach- 
weis einer Hydronephrose bei, die nach Reichel stets bei einer Ureter- 
hernie vorhanden ist. Ferner weist Carli auf die Konstatierung einer 
Uretererweiterung hin; diese ist indes nicht immer leicht und war in 
vorliegendem Falle vor der Operation nicht möglich. Die beiden Hilfs- 
mittel, über die wir zum Nachweis einer Uretererweiterung verfügen, 
hätten in vorliegendem Fallo versagt: Cystoskopie und Ureterenkathete- 
rismus wären bei dem Alter des Pat. ausgeschlossen gewesen, und auch 
mit der Palpation des Ureters hätte man bei dem stark aufgetriebenen 
Abdomen keinen Erfolg gehabt. Darin kann man ihm beistimmen, dafs 
man bei einem nicht vollkommen reponiblen Leistenbruch, wenn Be- 
schwerden seitens der Urinentleerung und Schmerzen im Bauch bestehen, 
an eine Ureterhernie denken und eine genaue Untersuchung des Harn- 
leiters und der Niere vornehmen soll. Kr. 


Abnorm nach aufsen mündender Ureter. Von Westhoff, 
Münster i. W. (Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 35. Vereinsb.) 

Bei einem 7jährigen Mädchen, das an konstantem Harnträufeln litt, 
fanden sich in der Schleimhaut unterhalb der Urethra eine Reihe von 
feinsten Öffnungen, aus denen sich der Urin zu einem Tröpfchen an- 
sammelte. Nach Abtragung der Schleimhaut blieb eine etwas grölsere 
Öffnung übrig, von der aus ein Gang in der oberen Vaginalwand bis 
unter die Blase führte. Bei der Cystoskopie fanden sich innerhalb der 
Blase zwei normal ausschende Ureterenmündungen, von denen aber die 
linke keinen Harn austreten liefs. Mit einer von der äufseren Öffnung 
vorgeschobenen Sonde liels sich die Blasenwand ın der Gegend der 


1014 Nieren und Harnleiter. 


inneren Ureterenmündung vorstülpen. Es war demnach kein Zweifel, 
dafs es sich um einen abnorm nach aufsen mündenden Ureter handelte. 
Es wurde daraufhin der linke Ureter von einer Laparotomiewunde aus auf- 
gesucht und extraperitoneal in die Blase eingepflanzt. Die Heilung ge- 
lang vollkommen, das Kind blieb in der Folgezeit trocken; durch Cysto- 
skopie liels sich das tadellose Funktionieren des eingepflanzten Ureters 
feststellen. Ludwig Manasse-Berlin. 


„Ungewöhnlich grofse Uretersteine“ demonstrierte Israel in 
der „Berl. med. Ges.“ am 24. Juli 1907. (Berl. klin. Wochenschr. 1907, 
Nr. 33.) 

Der erste Stein wog 54,4 g, war 13 cm lang und 9 cm stark: er 
lag ım Beckenabschnitt des Ureters, war bimanuell vom Mastdarm und 
Abdomen aus fühlbar und erschien in seinem oberen Teil im Röntgen- 
bilde; die Cystoskopie ergab weites Klaffen der Uretermündung, die 
Uretersonde drang nur 2 cm weit vor und bog sich dann um. Die Be- 
schwerden des 3ljährigen Patienten reichten bis ins 4. Lebensjahr zu- 
rück und bestanden in starken Schmerzen beim Harnlassen in der Eichel, 
wie sie bei tiefsitzenden Uretersteinen charakteristisch sind, sowie in leb- 
haftem Harndrang. Der Ureter wurde mittelst eines dem Lig. Poup. 
parallelen Schnittes extraperitoneal freigelegt und an der üblichen Stelle 
vor der Bifurkation der Art. iliaca communis gefunden; er hatte die 
Dicke eines starken Dünndarms, wurde in der Längsrichtung zwischen 
zwei Fadenzügeln inzidiert und, nachdem der Stein extrahiert war, wieder 
mit einer Zweietagennaht vereinigt. Der Heilungsverlauf war normal. 
Ein zweiter Ureterstein, den Vortr. zeigte, war noch gröfser und mulste 
mitsamt der pyonephrotischen Niere und dem ganzen Ureter bis zu 
seinem Eintritt in die Blase entfernt werden. Hier bestanden die 
Symptome in Hämaturie und Koliken, Dysurie und Harndrang fehlten. 
Auch dieser Patient ist geheilt. 

In derselben Sitzung demonstrierte G. Klemperer eine Anzahl 
„Nierensteine“: In dem ersten Falle waren ca. 30 kleine Steine von 
einem Kollegen entleert worden, 6 Stunden nach der Einnahme von 
200 g reinen Glyzerins; letzteres ist sonst gewöhnlich wirkungslos, hier 
möchte Vortr. aber doch an einen ursächlichen Zusammenhang glauben. 
Ferner zeigt K. eine Anzahl Nierensteine gemischter Zusammensetzung. 
sie haben einen Kern von Oxalsäure und einen Mantel von Harnsäure, 
sind also jedenfalls das Produkt strenger diätetischer Verordnungen, die 
bei Harnsäuresteinen in streng vegetabilischer, bei Oxalsäuresteinen in 
animalischer Diät bestehen. Diese Fälle lehren, dafs die Prophylaxe 
nicht zu einseitig sein und am besten in gemischter Kost: bei reichlicher 
Flüssigkeitszufuhr bestehen soll. 

In der Diskussion bemerkt Senator, dafs er einmal bei Einnahme 
von über 50 g Glyzerin Hämaturie beobachtet habe und Dosen von 
200 g für sehr riskant halte. Paul Cohn- Berlin. 


Kritiken. 1015 


IX. Kritiken. 


Sexuelle Wahrheiten. Für Ärzte, Juristen, Eltern und Erzieher. 
Eine wissenschaftliche Untersuchung über Physiologie, Pathologie und 
Therapie der männlichen Fortpflanzungsorgane. Von Moriz Porosz. Mit 
5 Figuren auf besonderer Beilage. Leipzig 1906, W. Malende. 

Laien bedürfen einer anderen literarischen Medizinkost als Ärzte. 
Zwei Herren kann man nicht gleichzeitig dienen. Wer dennoch diesen 
Versuch macht, muls da zu wenig, dort zu viel bringen. Auch das vor- 
liegende Buch ist diesem Geschicke nicht entgangen. So dürften z. B. 
für den Laien die einzigen(!) Abbildungen des Buches, Prostataelek- 
troden für Harnröhre und Mastdarm mit und ohne Wasserkühlung, sehr 
entbehrlich sein, und der Fachmann wird sich wundern, dafs Porosz nur 
die von ihm selbst angegebenen Instrumente abbildet. Der günstige 
Einflufs populärer Literatur ist, wenigstens quoad sexualia, ein ziemlich 
bestrittener. Immerhin müssen wir uns mit der Tatsache abfinden, dafs 
wir uns in einer Periode der sexuellen Aufklärung und Popularisierung 
befinden, gleichviel welche Motive die Autoren veranlafst haben, wio 
der Wert ihrer Werke und die buchhändlerische Reklame einzuschätzen 
ist, welche die Schriften oft schon hat verkaufen lassen, ehe sie noch 
recht trocken waren. Die Mantegazza, Forel, Bloch, Rohleder, 
Wegener und andere haben zum Teil Riesenauflagen erlebt. Referent 
kann nun nicht finden, dafs tatsächlich, wie P. meint, kein einziges dieser 
Bücher sich mit der Frage, wie das natürliche, normale Geschlechtsleben 
beschaffen sein müfste. beschäftigt hat, und dafs erst das vorliegende 
hier eine Lücke ausfüllen müsse. Allerdings, das stark individualistische 
Gepräge dieser Schrift ist in gleichem Malse keiner der anderen eigen, 
Forel vielleicht ausgenommen. Fachmänner haben Verständnis für den 
dadurch geschaffenen intimen Reiz wissenschaftlicher Werke. Für popu- 
läre Darstellungen gilt dieses Urteil wohl nicht. In den einzelnen 
Kapiteln, die über Anatomie, Physiologie, Koitus, Masturbation, sexuelle 
Neurasthenie, Impotenz, Perversitäten, Therapie, sexuelle Abstinenz, Früh- 
reife, Homosexualität und die Poroszschen Prostatasonden handeln, be- 
gegnet man überall dieser subjektiven Färbung. Auffallend ist besonders 
die Vorliebe des Autors, die Prostata als Entstehungsquelle aller mög- 
lichen Affektionen hinzustellen. Hier (aber auch sonst) ist des Indivi- 
dualistischen sicher zu viel getan. Trotzdem dürfte das Buch des Autors, 
der sich redlich bemüht hat, in dunkle Gebiete Licht zu bringen, für 
den Fachmann, der einmal sehen will, wie sich in den Köpfen wissen- 
schaftlicher Einzelgängor die Welt malt, manches Interessante und An- 
regende bieten. von Notthafft- München. 


Handbuch der Physiologie des Menschen. Von W. Nagel. 
2. Band, 2. Hälfte. 4. Band, 2. Hälfte, 1. Teil. Braunschweig 1907. Friedrich 
Vieweg & Sohn, 

Die erste Hälfte des zweiten Bandes war seinerzeit dem Charakter 
dieser Zeitschrift entsprechend eingehender besprochen worden. Die 
heute vorliegenden Bände behandeln die Absonderung des Hauttalırs 


1016 Kritik. 


und des Schweilses von Metzner, die Physiologie der Leber von Wein- 
land, die Physiologie der Verdauung von O. Cohnheim, die änufsere 
Arbeit der Verdauungsdrüsen und ihr Mechanismus von Pawloff, den 
Mechanismus der Resorption und der Sekretion von Overton sowie die 
histologischen Veränderungen der Drüsen bei ihrer Tätigkeit von 
Metzner. 

Schon diese Übersicht, in welcher die einzelnen Kapitel von ge- 
radezu physiologischen Klassikern bearbeitet sind, genügt, um auf die 
Bedeutung dieses Bandes hinzuweisen. Die Physiologie des quer- 
gestreiften Muskels ist von M. v. Frey, die allgemeine Physiologie des 
glatten Muskels und die spezielle Bewegungslehre mit Überblick über 
die Physiologie der Gelenke von R. du Bois-Reymond geschrieben. 


Zuelzer-Berlin. 


Druck von C., Grumbach in Leipzig. 


Über Albuminurie.” 
Von 


Professor von Noorden. 


Meine Herren! 


Der Aufforderung Ihres verehrten Präsidiums, die Diskussion 
des heutigen Tages mit einem Vortrage über Albuminurie einzuleiten, 
bin ich gerne nachgekommen. 

Das Thema führt mich auf Fragen zurück, die vor mehr als 
20 Jahren den Gegenstand meiner Habilitationsschrift bildeten, und 
denen ich seit jener Zeit unausgesetzt Interesse und Arbeit gewidmet 
habe. | 

Dafs jeder normale Harn Spuren von Eiweifls enthält, wird seit 
den grundlegenden Untersuchungen Posners und Senators von 
niemand mehr bezweifelt. * Diese minimale Albuminurie, deren 
Nachweis sich den in Klinik und Praxis gebräuchlichen Hilfsmitteln 
entzieht, soll uns heute nicht beschäftigen; ebensowenig wollen wir die 
Albuminurien besprechen, die zweifellosen groben anatomischen 
Veränderungen der Niere, Nephritis an der Spitze, ihre Entstehung 
verdanken. Auch die Stauungsalbuminurie und die febrile Albu- 
minurie rechne ich zu dieser Kategorie. 

Jedem erfahrenen Praktiker ist aber bekannt, dafs es eine nicht 
geringe Zahl von Fällen gibt, wo es ungemein schwer ist, über die 
Bedeutung der Albuminurie ins klare zu kommen. Fast immer 
erhebt sich die drohende Frage: Hat man es mit einer beginnenden 
chronischen Nephritis zu tun, von der zwar für den Augenblick 
noch keine Gefahr droht, die aber die Zukunft des Patienten tief 
beschatten wird? Die Frage ist jetzt mehr berechtigt und von 
grölserer Bedeutung als früher, nachdem man erkannt, wie häufig 
die ersten Anfänge der echten Schrumpfniere bis in die Jugendzeit 
zurückdatiert werden müssen. 


1) Referat erstattet auf dem I. Urologen-Kongrels zu Wien 1907. 
Zeitschrift für Urologie. 1907. 67 


1018 von Noorden. 


Wenn man einer Albuminurie unbekannten Ursprungs gegen- 
übersteht, so werden in der ärztlichen Praxis gewöhnlich zwei 
Merkmale herangezogen, um zu entscheiden, ob man es mit einer 
Nephritis zu tun habe oder nicht. 

1. Es wird untersucht, ob die Albuminurie eine dauernde 
istoder ob sie intermittierend auftritt, z.B. an bestimmte Tages- 
stunden sich bindend. Auch die Abhängigkeit der Intermittenzen 
von der Beschaffenheit der Nahrung wird in Rechnung gestellt. 
Der intermittierende Charakter der Albuminurie gilt als günstig, und 
es sind mir viele Fälle bekannt, wo daraufhin die Prognose als 
zweifellos gut bezeichnet worden ist. Diese Auffassung leitet sich 
von der unbestreitbaren Tatsache her, dafs viele, Albuminurien durch- 
aus gutartigen Charakters von vornherein intermittierend auftreten 
und diesen Charakter beibehalten, — z. B. die gewöhnliche Puber- 
tätsalbuminurie, die Albuminurie der Bleichsüchtigen und die Albu- 
_ minurie nach körperlichen Anstrengungen. Hieraus aber umgekehrt 
den Schlufs zu ziehen, dafs die Intermittenz der Albuminurie ihren 
nephritischen Ursprung ausschliefst, ist ein verhängnisvoller Irrtum. 
Jeder weils, dafs die abheilende akute Nephritis sehr häufig mit 
starken Schwankungen, ja mit völliger Unterbrechung der Eiweil:- 
ausscheidung verläuft; dies gibt aber zu Fehldiagnosen selten Anlals. 
Viel wichtiger ist, dafs die Schrumpfniere ganz gewöhnlich in ihren 
ersten Stadien mit ausgesprochen intermittierender Albuminurie ver- 
läuft, manchmal so, dafs man von einem bestimmten Zyklus reden 
kann. Ich habe überaus traurige Fälle dieser Art gesehen, beson- 
ders bei jugendlichen Individuen. Ohne mich bereits auf eine ge- 
nügend breite Erfahrungstützen zu können, möchte ich doch nicht uner- 
wähnt lassen, dals mehrere Fälle eine Zeitlang mit ausgesprochen 
intermittierender, ja sogar zyklisch wiederkehrender Albuminurie be- 
haftet waren, wo das erste krankhafte Symptom in der Produktion von 
Nierenkonkrementen bestand, und wo sich dann später eine schnell 
verlaufende Schrumpfniere entwickelte. Warum sich an den stein- 
bildenden Katarrh des Nierenbeckens, besonders wenn er bei jugend- 
lichen Personen auftritt, so häufig eine doppelseitige Schrumpfniere 
anschliefst, wissen wir nicht; an der klinischen Tatsache ist aber 
nicht zu zweifeln. Ich möchte dringend raten, jedesmal wenn Nephro- 
lithiasis nicht nur mit schnell abklingender Hämaturie einhergeht. 
sondern von einer nachschleppenden, wenn auch wieder vorläufig 
verschwindenden Albuminurie gefolgt wird, diese Albuminurie mit 
sehr milstrauischem Auge zu betrachten. Sie ist meist das erste Sig- 


Über Albuminurie. 1019 


nal der beginnenden Nierenschrumpfung, auch wenn sonst noch 
nichts an diese unheimliche Krankheit erinnert. 

2. In zweiter Linie legen sowohl die Autoren, wie namentlich 
die Praktiker und die Patienten selbst, ein entscheidendes Gewicht 
auf die Gegenwart von Harnzylindern. Dieses Symptom wird 
aber bedeutend überschätzt. Die Einführung der Zentrifuge in die 
Diagnostik hat meiner vor 22 Jahren mitgeteilten Beobachtung 
Recht gegeben, dafs auch bei zweifellos ganz harmlosen Albuminu- 
rien, wie 2. B. bei der Albuminurie nach starken körperlichen An- 
strengungen gesunder Leute, Zylinder auftreten können, die keincs- 
wegs immer nur den sogenannten hyalinen Zylindern gleichen. Die 
Anlagerung von weilsen Blutkörperchen, ja sogar von einzelnen 
Erythrocyten und vereinzelten Epithelien ist gar nicht so selten, 
und selbst ein fein granuliertes Aussehen können die Zylinder bei diesen 
harmlosen Albuminurien manchmal haben. Freilich die grobgranu- 
lierten, die aus verfetteten Epithelien bestehenden und die sogenann- 
ten wachsartigen Zylinder wird man nur bei zweifelloser Nephritis 
antreffen; aber dann sind auch andere sichere Zeichen schon da, 
so dafs die Gegenwart dieser Zylinder nicht mehr viel Neues lehren 
kann. Anderseits erlebt man oft, dafs eine Albuminurie als harm- 
los bezeichnet wird, weil sich niemals Harnzylinder gezeigt hätten. 
Dies beruht auf der vielfach ausgesprochenen Behauptung, dafs bei 
der relativ harmlosen juvenilen Albuminurie zyklischen und nicht- 
zvklischen Charakters Zylinder im Harn vermifst werden. Die 
dabei auftretenden Zylinder sind vergängliche Gebilde, und es 
ist mir, wie ich namentlich Teissier gegenüber aufrechterhalten 
mufs, oft gelungen, in dem ganz frischen Urin solcher Patienten 
Zylinder nachzuweisen, während er schon nach wenigen Stunden 
nichts mehr davon enthielt. 

Bedenken wir, dafs der Harn jetzt, nachdem die mikroskopische und 
chemische Untersuchung desselben bedauerlicherweise fast ganz in die 
Hände von sogenannten diagnostischen Instituten übergegangen ist, sel- 
ten ganz frisch untersucht wird, so kann es — trotz aller Aner- 
kennung dessen, was diese Institute Gutes leisten — nicht wunder- 
nehmen, dafs das Resultat öfter, als es der Wahrheit entspricht, negativ 
ausfällt. Immerhin muls ich zugeben, dafs bei den harmlosen ju- 
venilen Albuminurien oft selbst die sorgfältigste Untersuchung des ganz 
frischen Harns die völlige Abwesenheit von Zylindern dartut; gröfsere 
Mengen finden sich niemals. Wie bei den Intermittenzender Albuminurie 
ist man nun gar zu willig, die Abwesenheit von Zylindern in den 

67* 


1020 von Noorden. 


Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen und eine Albuminurie als 
voraussichtlich harmlos zu bezeichnen, solange keine oder nur höchst 
spärliche Zylinder gefunden werden. Dies ist wiederum ein völlig 
unberechtigter Schluls, dem leicht eine bittere Enttäuschung folst. 
Denn es können tückische und schon weit vorgeschrittene Formen 
von progressiver Nierenerkrankung da sein, ohne dafs der eiweils 
haltige Harn Zylinder enthält. 

Wie es kommt, dafs manchmal sehr zahlreiche Zylinder gefun- 
den werden, manchmal gar keine oder nur spärliche, und warım 
sich dies ganz regellos auf harmlose und gefährliche Formen von 
Albumintirie verteilt, wissen wir nicht. Für die aus Blutzellen 
und für die aus degenerierten Epithelien zusammengesetzten Zylinder 
liegen Herkunft und Entstehungsursache zwar klar auf der Hand, aler 
gerade sie sind differentialdiagnostisch ohne Belang; denn sie dienen 
nur dazu, eine schon vorher sichere Diagnose zu bestätigen. Über 
die Entstehung der für unsere Zwecke viel mehr in Betracht 
kommenden hyalinen und feingranulierten Zylinder, die auch bei 
harmlosen Albuminurien uns entgegentreten, wissen wir aber nel 
sehr wenig. Sie als einfache Gerinnungsprodukte zu bezeichnen 
und zu sagen: da, wo Albuminurie, da ist auch wegen des Uber 
tritts von Fibringeneratoren die Möglichkeit der Zylinderbildung 
ohne weiteres gegeben, geht durchaus nicht an. Es muls noch ein 
besonderer Faktor hinzutreten, der vielleicht von der Beschaflen- 
heit der Nierencepithelien, vielleicht aber auch von einer besonderen 
Beschaffenheit des Blutes abhängt und mit Erkrankung der Nieren 
selbst vielleicht gar nichts zu tun hat. 

Wenn ich nach dem soeben Gesagten dem intermittierenden 
und zumaldemzyklisch intermittierenden Charakter der Albumi- 
nurie einerseits und dem Fehlen der Harnzylinder anderseits 
auch eine gewisse Bedeutung zuerkenne für die Diaguose einer 
harmlosen Albuminurie und für den Ausschlufs einer beginnenden 
Nierenschrumpfung — fast nur diese Differentialdiagnose kommt 
praktisch in Betracht —, so mufs ich doch eindringlich davor 
warnen, dafs jene Kriterien überschätzt und zu ausschlaggebenden 
gestempelt werden. Ich betone dies stark, weil zwar nicht die 
wissenschaftliche Literatur, wohl aber die Praxis zu solcher Uber- 
schätzung hinneigt. 

Von sehr viel gröfserer Bedeutung als zeitliche Verteilung. 
Quantität des Albumins und als die Anwesenheit oder Abwesenhrit 
von einfachen Harnzylindern, ist für unsere Frage das Verhalten des 


Über Albuminurie. 1021 


Gefälssystems, sowohl des Herzens wie der Blutgefälse, des Blut- 
drucks und der Pulswelle; vielleicht wird auch die Adrenalinprobe 
im Serum künftig zu verwerten sein. Bei den differentialdiagnostisch 
schwierigen Fällen, wo es sich um Gutartigkeit oder Bösartigkeit der 
Albuminurie handelt, gilt es fast ausnahmslos die Entwicklung einer 
Schrumpfniere auszuschlielsen, sei es die primäre Form derselben, 
sei es eine, die sich an akute Nephritis anschlols. Wir wissen 
nun mit voller Bestimmtheit, durch immer neue klinische Beobaclı- 
tungen, dafs die Schrumpfniere schon in sehr frühen Stadien mit 
Drucksteigerung im Gefälssystem und mit den daraus sich ergebenden 
Folgeerscheinungen einhergeht. Auch bei der sekundären Schrumpf- 
niere, die erst später aus ursprünglich akuter Nephritis sich ent- 
wickelt, ist dies der Fall. Es gibt allerdings sowohl bei dieser 
Form wie bei der genuinen Schrumpfniere Intervalle, wo sich 
— vielleicht wegen vorübergehenden Schwächezustandes des Herzens 
und komplizierender Krankheiten — Zeichen der Druckerhöhung 
nicht nachweisen lassen. Aber bei immer erneuter Untersuchung, 
die in solehen Fällen unbedingt erforderlich ist, wird man schon 
in den frühen Stadien der Schrumpfuiere die Zeichen der Druck- 
erlöhung leicht entdecken. Diese fehlen dagegen, wie wir sehen 
werden, bei den wichtigsten Formen der harmlosen Albuminurien 
durchaus. Dieser Unterschied ist um so beachtenswerter, als alle 
Formen von schwerer Nierenkrankheit, die ohne Drucksteigerung 
einhergehen, z. B. die sogenannte parenchymatöse Nephritis, die 
Amyloidosis usw., in den Fällen, um die es sich hier handelt, dif- 
ferentialdiagnostiseh kaum je ernstlich in Betracht kommen. 

Nur beschränktes Gewicht ist für die Erkennung harmloser 
Albuminurien auf das Verbalten der Eliminationskraft der Nieren 
für Stoffwechselprodukte und auf die sogenannte funktionelle Dia- 
gnostik mittels Methylenblau- oder Phloridzinprobe, Verdünnungs- 
probe usw. zu legen. Diese Prüfungen ergeben bei den harmlosen 
Albuminurien fast ausnahmslos ein sehr günstiges Resultat, aber in 
den Frühstadien der Schrumpfniere ist dies meist auch der Fall. 
Freilich, wenn es in einem zweifelhaften Falle gelingt, eine wesent- 
liche Verschlechterung der Eliminationskraft darzutun, so ist dies 
als sehr böses Zeichen aufzufassen. Als Beispiel erwähne ich die 
Beobachtung bei einem 14 jährigen Mädchen, dessen seit einem 
halben Jahr entdeckte Albuminurie ganz nach dem Typus der 
orthostatischen Form sich eingestellt hatte. Mit dieser Diagnose 
kam sie auch zu mir, und ich selbst neigte anfangs der gleichen 


1022 von Noorden. 


Ansicht zu. Die Beurteilung des Gefälssystems versagte hier vell- 
ständig, weil das Mädchen eine angeborene oder aus frühester 
Kindheit stammende Aortenstenose hatte. Als ich nun an zwei 
aufeinander folgenden Tagen je 10 g Harnstoff nehmen liefs’). 
zeigte sich eine enorme Verschleppung der Elimination dieses sonst 
sofort im Harn wieder erscheinenden Körpers, und ich stellte dar- 
aufhin die Diagnose einer bösartigen Form der Albuminurir. 
Die Diagnose wurde nur allzu bald durch den weiteren Verlau! 
bestätigt. Im allgemeinen dürfen wir aber von solchen Proben 
wenig erwarten; denn nur der ungünstige Ausfall der Proben is 
beweiskräftig, der viel häufigere günstige Ausfall berechtigt aler 
nicht zum Ausschlufs der Bösartigkeit. 

Neben den bisher besprochenen Kriterien, die in jedem ein 
zelnen Falle auf das sorgfältigste und immer aufs neue heranzu 
ziehen sind, haben wir auf die klinische Erfahrung zurückzu 
greifen, und diese lehrt uns, dafs es doch eine ganze Reihe von 
Albuminurien gibt, die eine pessimistische Auffassung der Lan 
nieht rechtfertigen. Ich kann hier nur das Wichtigste heraus 
greifen. 

Sie werden sehen, dafs ich den Begriff der harmlosen Albu- 
minurie etwas weiter fasse, als gewöhnlich, indem ich auch solche 
dazu rechne, die zwar sieher auf anatomischen Veränderungen der 
Nieren beruhen, klinisch aber bedeutungslos sind, weil diesen 
Nierenveränderungen der bösartige progressive Charakter der chro- 
nischen Nephritis fehlt. 

Zu den gutartigen Albuminurien gehört 

1. die reine und typische Form der sogenannten orthostatt 
schen Albuminurie, für die Kinder zwischen dem 7. und 15 
Lebensjahr das Hauptkontingent stellen, die aber auch in etwas 
späteren Lebensjahren, etwa bis zum 24. Jahre auftreten kann. 
Diese Störung kann einige Monate, ja sogar zwei bis drei Jahre 
andauern, selten noch länger. Es sind fast immer schwächliche. 
anämische Individuen, die davon befallen werden; es finden sich 
nach meinen Erfahrungen teils bei den Individuen selbst, teils hei 
den Geschwistern oder Eltern allerlei Degenerationsmerkmale. 

Castaigne und Rathery beobachteten mehrfach orthostatische 
Albuminurie bei Kindern nephritischer Eltern und fanden bei solchen 

1) Diese Methode der Funktionsprüfung der Nieren findet sich in der 
Arbeit meines Schülers 1. Mohr beschrieben. Zeitschr. f. klin. Med. 51 u. 331. 199 


Über Albuminurie. 1023 


Individuen auch andere Merkmale einer angeborenen „Debilite 
renale“. Immerhin möchte ich raten, sich in derartigen Fällen 
nicht durch den orthostatischen Charakter der Albuminurie zur 
Sorglosigkeit verleiten zu lassen; denn die Schrumpfniere selbst 
kann erblich sein und sich anfangs unter dem harmlosen Bilde 
einer orthostatischen oder intermittierenden Albuminurie ver- 
stecken. 

Warum nur beim Aufstehen, und zwar meisten nur vormittags, 
die orthostatische Albuminurie auftritt, ist viel diskutiert worden. 
Eine Senkung des allgemeinen Blutdruckes dafür verantwortlich 
zu machen, wie es in jüngster Zeit namentlich Edel und Loeb 
versuchten, geht nicht an, da es zweifellos ganz typische Fälle gibt, 
in denen der allgemeine Blutdruck nach dem Aufstehen, zur Zeit 
der Albuminurie höher ist, als während der Bettruhe, in albuminurie- 
freier Zeit; ich selbst verfüge schon seit geraumer Zeit über mehrere 
derartige Beobachtungen, und vor kurzem sind auch von O. Porges 
und E. Pribram neue Beweisstücke dafür beigebracht worden. Eher 
ist an lokale Störungen des Nierenkreislaufs zu denken; Rolleston 
erwähnt z. B. die Möglichkeit eines Druckes der Milz auf die linke 
Renalvene. Für lokale Störungen des Nierenkreislaufes spricht 
jedenfalls die Tatsache, dafs während der Albuminurie die Diurese 
aulserordentlich absinkt und das spez. Gewicht des Urins steigt. 
Immerhin ist auch dies nur ein indirekter Schlufs; Genaues wissen 
wir über den Mechanismus der orthostatischen Albuminurie nicht. 

2,juvenile Albuminurie. Ich verstehe darunter eine Albumin- 
urie, die mit der orthostatischen insofern Ähnlichkeit hat, als auch 
sie nur bei schwächlichen Individuen vorkommt, bei Kräftigung 
des ganzen Körpers verschwindet und keine Neigung zum Über- 
gang in fortschreitende Nierenkrankheit zeigt. Wie bei der ortho- 
statischen Form ist der allgemeine Blutdruck eher niedriger, als 
dals er die Norm überschritte, und von ciner Verstärkung des 
zweiten Aortentons ist keine Rede. Dagegen wird gar nicht so 
selten eine geringe Dilatation des Herzens gefunden. ‘Sehr häufig 
begegnet man dieser Form von Albuminurie bei Chlorotischen; es 
scheint mir aber nicht nötig, für solche Fälle einen besondern 
Krankheitsnamen, wie z. B. Type chloro-brightique, aufzustellen. 
Sehr häufig findet man auch bier allerhand individuelle und familiäre 
Degenerationsmerkmale. Von der orthostatischen Albuminurie 
unterscheidet sich diese Gruppe von Fällen dadurch, dafs kein be- 
stimmter Typus in der Eiweilsausscheidung zu erkennen ist. Bett- 


1024 von Noorden. 


ruhe bringt zwar gewöhnlich die Albuminurie auf niedere Werte 
oder ganz zum Schwinden, im allgemeinen hat sie aber einen viel 
kontinuierlicheren Charakter und wechselt ihre an und für sich schr 
geringe Intensität nur wenig. Sie bleibt in der Regel an der 
Grenze quantitativer Bestimmbarkeit. Häufiger als bei der ortbo- 
statischen Form gelingt es, im frischen Harn einzelne morphologische 
nephrogene Elemente aufzufinden. 

Hier wäre zu erwähnen, dafs diese juvenile Albuminurie ge- 
legentlich irrtümlich diagnostiziert wird und zu allerlei unnötigen 
rigorosen diätetischen Mafsregeln Anlafs gibt, während es sich in 
Wirklichkeit nur um eine von Pröstatasekretion abhängige Heni- 
albumosurie handelt, die vor langer Zeit von Posner und von mir 
beschrieben wurde und neuerdings von Bollinger wieder stark betont 
worden ist. 

Ob es berechtigt ist, die soeben erwähnte mehr kontinuierliche. 
nicht zyklische Form der juvenilen Albuminurie von der typischen 
orthostatischen Form grundsätzlich zu trennen, scheint mir sehr 
zweifelhaft. Die klinische Bedeutung, der schliefsliche Ausgang ın 
völliges Verschwinden der Albuminurie, das allgemeine körperliche 
Verhalten ihrer Träger ist in beiden Formen durchaus das gleiche. 
Vor allem sehen wir in beiden Formen die sehr auffallende Er- 
scheinung, dafs sehr oft der durch Essigsäure fällbare Eweilskörper 
in relativ grolsen Mengen zugegen ist; oft treten ihm gegenüber 
Serumalbumin und Serumglobulin ganz zurück. Als ich diese in- 
zwischen vielfach bestätigte Eigentümlichkeit in Fällen ven 
orthostatischer Albuminurie vor 22 Jahren zuerst beschrieb, kam 
ich auf die Vermutung, dafs man es da mit einer besonderen Stof 
wechselanomalie, einer Abartung der normalen Eiweifskörper des 
Blutes zu tun habe, und ich schlug dafür den Namen Diabetes 
albuminosus vor. Ich stehe auch heute, noch mehr als damals, 
auf dem Standpunkt, dafs man in solchen Fällen es mit einer 
degenerativen ÄAbartung des Bluteiweilses zu tun bat. 

Diese Annahme reicht für die Erklärung der atypischen juve- 
nilen Albuminurie völlig aus, für die Erklärung der orthostatischen 
Form müssen freilich, wie schon angedeutet, auch lokale Änderungen 
des Blutstroms in den Nieren vorausgesetzt werden. Neuerdings 
wird der durch Essigsäure fällbare Eiweilskörper als Euglobuln 
angesprochen. Ob dies richtig, und namentlich ob man es stets 
mit ein und demselben Eiweifskörper zu tun hat, darüber sind die 
Akten keineswegs geschlossen. Vergleichende Untersuchungen der 


Über Albuminurie. 1025 


Eiweilskörper des Blutes und des Harns in solchen Fällen stehen 
noch aus. Es handelt sich vielleicht gar nicht um das Auftreten 
besonderer Eiweilskörper im Blute, sondern nur um die Gegenwart 
und Anlagerung anderer Substanzen an das normale Globulin, wo- 
durch Verbindungen bzw. Abartungen des Eiweilses entstehen, die 
harnfähig sind. Die Ergebnisse der Mörnerschen Untersuchungen 
könnten in diesem Sinne gedeutet werden. Ich möchte hier auch 
daran erinnern, dafs mit dem durch Essigsäure fällbaren Eiweils- 
körper zugleich aulserordentlich häufig ein sehr reichliches Sediment 
von ÖOxalaten im Harn auftritt. Dies ist auch Langstein aufge- 
fallen. Die Gesamtmenge der Oxalsäure, quantitativ bestimmt, 
weist freilich keine abnormen Verhältnisse auf, aber die Lösungs- 
verbältnisse für Oxalsäure sind häufig in diesen Urinen ganz abnorm, 
im Gregensatz zur gewöhnlichen nephritischen Albuminurie oder zum 
einfach konzentrierten Harn der Hungernden, Fiebernden, Herz- 
kranken usw., wo man die reichlichen, von Oxalaten glitzernden 
Niederschläge nur ausnahmsweise antrifft. Auch dieses Auftreten der 
Oxalate kann so gedeutet werden, dafs man es nicht mit einer einfachen 
gröfseren Durchläfsigkeit des Nierenfilters, wie bei Nephritis, son- 
dern mit einem abnormen Mischungsverhältnis im Blute zu tun hat. 

Für manche Fälle ist es durchaus diskutabel, ob nicht die 
Ausscheidung von Oxalaten, die man schon im ganz frischen Harn 
trifft, das Primäre ist, und die Albuminurie durch die Oxalate 
mechanisch ausgelöst wird. Wie auch die richtige Deutung schliefs- 
lich lauten wird, nicht scharf genug kann vom klinischen Stand- 
punkte aus betont werden, dals sowohl das reichliche Auftreten des 
durch Essigsäure fällbaren Eiweilskörpers, wie auch das Auftreten 
reichlicher Oxalatsedimente prognostisch als günstig zu betrachten 
ist und gegen Nephritis spricht. 

Anhangsweise sei hier der Albuminurie bei starken körperlichen 
Anstrengungen gedacht. Sie deckt sich mit dem, was Leube zuerst 
als „physiologische“ Albuminurie beschrieb. Ich gehe hier nicht 
weiter darauf ein, weil es sich nicht um einen Krankheitszustand, 
sondern um eine physiologische Erscheinung handelt, die keinerlei 
differentialdiagnostische Schwierigkeiten macht. Immerhin wird 
erst die Zukunft lehren, ob nicht manche sportliche Übungen und 
Anstrengungen, die erfahrungsgemäfs häufig zu passagerer Albumi- 
nurie und Zylindrurie führen, einen dauernden Schaden an den 
Harnwegen und vielleicht auch an den Nieren selbst zuwege 
bringen könncn. 


1026 von Noorden. 


3. In die dritte Gruppe von harmlosen chronischen Albuminurien 
reihe ich gewisse Fälle, wo nach Ablauf einer zweifellosen 
akuten Nephritis eine dauernde Eiweiflsausscheidung zu- 
rückgeblieben ist, ohne dafs irgend welche sonstige Zeichen einer 
progressiven Nierenkrankheit da wären. Neben der Albuminurie 
können vereinzelte Zylinder verschiedener Art, sogar auch einzelne 
Erythrocyten dauernd im Harn gefunden werden, aber das ganze 
Verhalten der Patienten, insbesondere das Verhalten des Herzens, 
der Gefälse und des Blutdrucks bleibt völlig normal. Die Art des 
Harneiweilses ist die gewöhnliche, Essigsäure erzeugt keine Fällung 
oder Trübung; die Menge des Eiweifses pflegt, wie bei allen Albu- 
minurien, in der Ruhe etwas geringer zu sein, als bei körperlicher 
Bewegung. Natürlich ist es in solchen Fällen, wo eine ganz klare 
nephritische Anamnese vorliegt, besonders schwierig und verant- 
wortungsvoll, von Gutartigkeit der Albuminurie zu sprechen: und 
doch verlangt die klinische Erfahrung dies in manchen, ich möchte 
sogar sagen in zahlreichen Fällen. Wenn solche Individuen sich 
nicht nur Jahre, sondern Jahrzehnte lang einer vortrefflichen allge- 
meinen Gesundheit erfreuen, wenn sie in jeder Weise gleich anderen 
gesunden Menschen leistungsfähig sind, wenn sich keinerlei Folge- 
erscheinungen am Gefäfsapparate entwickeln, so darf man doch 
gewils nicht von einer gefährlichen Nierenkrankheit reden, selbst 
dann nicht, wenn in späten Jahren, in den Zeiten der Altersver- 
änderungen und der Verbrauchskrankheiten, das in früher ‚Jugend 
geschädigte Organ als erstes der Abnützung und der Degeneration 
zu verfallen droht. ‚Jeder von Ihnen wird solche Fälle kennen. 
und ich selbst habe eine nicht geringe Zahl von Patienten gebucht. 
bei denen nachweislich im Anschlufs an eine akute Nephritis schon 
seit 2 Dezennien und mehr dauernd Albuminurie besteht, ohne dals 
das geringste Folgesymptom einer Nephritis bei ihnen zu entdecken 
wäre. Es fehlt jede Nachricht darüber, welcher anatomische Zustand 
der Nieren diesem klinischen Verhalten entspricht; jedenfalls sind 
stationäre Veränderungen, nicht ein fortschreitender Prozels anzu 
nehmen. Am chesten wird man an geringe Grade von Nieren- 
schrumpfung zu denken haben; man muls sich dann aber von der 
Vorstellung frei machen, dafs jede Nierenschrumpfung unbedingt 
progressiv sein müsse und nicht zum Stillstand kommen könne, d. b. 
zu einer völligen Heilung in dem Sinze, wie wir auch bei narbigen 
Prozessen von Stillstand und Heilung sprechen. Natürlich dürfen 
nur überaus sorgfältige Untersuchung in jedem Einzelfalle und meist 


Über Albuminurie. 1027 


nur längere Beobachtung dazu berechtigen, von einem abgelaufenen 
undnunmehr harmlos gewordenen Prozesse zu reden. Im- 
merhin kann schon bei erstmaliger Untersuchung die Vermutung 
einer solchen harmlosen Form sich aufdrängen, wenn über den viel- 
jährigen Bestand der Albuminurie kein Zweifel besteht und wenn 
das Gefälssystem sich trotzdem in völlig normalem Zustand befindet. 
Das gröfste Unglück für solche Leute ist es, wenn ihre schon lang- 
jährige Albuminurie zufällig entdeckt wird und nun alle die thera- 
peutischen Mafsnahmen auf sie losgelassen werden, die bei akuter 
Nephritis voll berechtigt wären, die aber jetzt auch für die Be- 
handlung jeder chronischen Albuminurie mit beklagenswertem Sche- 
matismus zur Anwendung kommen. Die Leute, bis dahin vollkommen 
kräftig und gesund, gehen aus solcher Miflshandlung, durch die sie 
zur Muskelfaulheit und zur kraft- und saftlosen Ernährung gezwungen 
werden, gewöhnlich schwar geschädigt hervor. 

4. Einer vierten Gruppe von harmlosen Albuminurien gehören 
gewisse Formen der prätuberkulösen Albuminurie an. Wir 
schen manchmal, dafs in den allerersten Stadien einer Lungentuber- 
kulose eine kontinuierliche Albuminurie auftritt, die zwar mit äulserst 
spärlicher Zylinderbildung, dagegen oft mit mikroskopisch nach- 
weisbarer Ausscheidung roter Blutkörperchen einhergeht. Die Al- 
buminurie kann ziemlich beträchtliche Werte erreichen. Natürlich 
pllegt ihre Entdeckung sehr alarmierend zu‘wirken. Dies ist auch 
insofern berechtigt, als gar nicht selten später eine ganz offen- 
kundige chronische Nephritis daraus hervorgeht, die fortschreitende 
Tuberkulose in höchst fataler Weise komplizierend. Viel häufiger 
aber verschwindet die Albuminurie wieder ganz spurlos nach einigen 
Wochen oder Monaten, und es zeigt sich, dals sie harmloser Natur 
gewesen ist. Auch haben sich während ihres Bestandes weder 
Ödeme noch irgend andere bekannte Folgeerscheinungen einer Ne- 
phritis gezeigt. Es liegt die Annahme nahe, dafs wir es in solchen 
Fillen mit einer toxischen, durch die Gifte des Tuberkelbazillus be- 
dingten Albuminurie zu tun haben. Der Angrifispunkt des Giftes 
dürfte wohl in den Nierenepithelien selbst zu suchen sein, und der 
Prozels selbst in einer Degeneration derselben bestehen. Nach 
einiger Zeit hört aber infolge irgend eines Selbstimmunisierungs- 
prozesses die Giftwirkung auf, und die Nieren scheiden wieder 
einen völlig eiweilsfreien Urin ab. Man kann nach meiner Er- 
fahrung mit grolser Sicherheit auf das Wiederverschwinden der 
prätuberkulösen Albuminurie rechnen, wenn nicht schon nach 


1028 von Noorden. 


wenigen Wochen sinnfällige Zeichen echter Nephritis sich gemeldet 
haben. 


5. Fünftens wäre unter den harmlosen Albuminurien chronischen 
Verlaufs noch die Eiweiflsausscheidung bei Stoffwechselkrank- 
heiten zu nennen. Von den drei wichtigsten Stoffwechselkrank- 
heiten schalte ich die Fettleibigkeit und die Arthritis urica aus, weil 
es doch mehr als zweifelhaft ist, ob die hier vorkommenden Albu- 
minurien jemals harmlosen Charakters sind. Sie müssen stets als 
progressiver Schrumpfniere!) verdächtig aufgefalst werden. Anders 
beim Diabetes mellitus. Hier gibt es zwar auch zahlreiche 
Fälle, wo im Verlaufe der diabetischen Krankheit eine echte und 
progressive Schrumpfniere sich entwickelt, die dann — wie be- 
kannt — das Krankheitsbild in späteren Stadien viel mehr als der 
Diabetes zu beschatten pflegt. Anderseits kommt es aber bei 
Diabetikern sehr häufig zu kontinuierlichen kleinen Albuminaus- 
scheidungen, denen die Bedeutung einer fortschreitenden Nieren- 
krankheit durchaus nicht eignet. Die Albuminurie kann wochen- 
und monatelang bestehen und dann wieder verschwinden. In direktem 
Gegensatz zu dem, was gewöhnlich gelehrt wird, mufs ich behaupten, 
dals diese Albuminurien durch Kohlehydratentziehung, also durch 
strenge Diät, nicht gesteigert, sondern vielmebr vermindert und 
völlig geheilt werden. Im ersten Beginne der strengen Diät kann 
freilich die Albuminurie steigen; wenn es dann durch sorgfältige 
Regelung der Diät gelingt, die Glykosurie zu beseitigen und das 
Allgemeinbefinden zu beben, so verschwindet die Albuminurie; sie 
wird geheilt, ebenso wie Amblyopien, Neuritiden, Lockerung der 
Zähne usw. auf diese Weise geheilt werden. Die Analogie mit 
den übrigen diabetischen Komplikationen, die durch Beseitigung 
der Hyperglykämie verschwinden, weist darauf hin, dals wir es hier 
mit degenerativen Veränderungen in den Nieren zu tun haben, die 
in engem Zusammenhang mit dem hohen Zuckergehalte des Blutes 
stehen. Eine Beziehung zur Acidosis mufs unbedingt abgelehnt 
werden, da man diese heilbaren Albuminurien besonders häufig bci 
Leuten sieht, die keine Spur von vermehrter Säurebildung avf- 
weisen. | 


6. Schliefslieh möchte ich auch — natürlich mit einer gewissen 
selbstverständlielen Einschränkung — die bei Altersnephritiden 


l) Von den bei Herzinsuftizienz der Fettleibieen auftretenden Stauunrs- 
albuminurien wird hier abgesehen, 


Über Albuminnurie. 1029 


vorkommende Albuminurie als harmlos bezeichnen. Die Alters- 
nephritis stellt sich anatomisch als Nierenschrumpfung dar und 
beruht auf Altersveränderungen der Gefäfse. Der anatomische 
Prozefs kann gerade in den Nieren zu einer derartigen Höhe ge- 
deihen, dafs Schrumpfniere mit schweren klinischen Erscheinungen 
und mit den gewöhnlichen der Schrumpfniere eignen Folgezustän- 
den daraus hervorgeht. In weitaus der Mehrzahl der Fälle trifft 
dies aber nicht zu, vielmehr geht der atrophisierende Prozels in den 
Nieren durchaus den normalen Altersveränderungen an den Arterien 
und den sonstigen normalen Abnützungsvorgängen parallel, ohne 
dafs sich aufser einer mäfsigen und kontinuierlichen Albuminurie 
andere klinische Folgezustände einer Schrumpfniere entwickeln. 
Diese Altersschrumpfung der Niere und diese Altersalbuminurie 
können höchstens mit demselben Rechte wie das Alter überhaupt 
als Krankheit bezeichnet werden; sie ist eigentlich nur ein Alters- 
symptom. Eine solche Niere würde natürlich, wenn sie einen 
jugendlichen Organismus auf der Höhe der Arbeit und auf der 
Höhe eines regen Stoffumsatzes zu bedienen hätte, sich als insuff- 
zient erweisen; für den alternden Körper aber reicht sie völlig aus 
und bedingt keine Gefahr. Ich mufs dies stark betonen, weil man 
häufig erlebt, dafs alte Leute mit solcher harmlosen Albuminurie 
mit sehr strengen und für den Kräftezustand sehr schädlichen diäte- 
tischen Mafsregeln gequält werden. 

Wie aus meinen Ausführungen erhellt, ziehe ich die Grenzen 
der harmlosen Albuminurien weiter, als dies gewöhnlich geschieht. 
Scharfe messende Methoden, um die harmlosen und die eine fort- 
schreitende Nierenkrankheit ankündigenden, nieht-harmlosen Albu- 
minurien voneinander zu scheiden, gibt es leider noch nicht. 
Man kann sich weniger auf die Theorie, als auf allgemeine kli- 
nische Erfahrung stützen, und auch hier wird eine grolse persön- 
liche Erfahrung oft schwerer ins Gewicht fallen, als durchsehnitt- 
liche Regeln. 

Ich lege grolses Gewicht darauf, dals das Vorkommen harm- 
loser Albuminurien in dem von mir bezeichneten Umfange aner- 
kannt wird. Denn hieran schliefsen sich schwerwiegende thera- 
peutische Fragen. Ich will hier nicht erörtern, ob die heute 
übliche Behandlung der chronischen Nierenkrankheiten sich auf 
dem richtigen Wege befindet. Meines Erachtens ist dies nicht der 
Fall; vielmehr herrscht auf diesem Gebiete ein geradezu beschämen- 
der Schematismus, der oft genug beklagenswerte Folgen nach sich 


1030 von Noorden. 


zielt. Verbot des dunklen Fleisches, Milchdiät, vegetabilische Kost, 
kochsalzarme Diät, Durckschwemmung der Nieren mit alkaliselien 
Mineralwässern, heifse Bäder, Schwitzkasten, Wüstenklima, Muskel- 
ruhe usw., das sind die Schlagwörter, mit denen fast durchweg 
ohne Sinn und Verstand gewirtschaftet wird. Wenn nun schon 
bei wirklicher chronischer Schrumpfniere eine weise und streng 
individualisierende Auswahl unter diesen und anderen Verordnungen 
nötig ist, so ist es noch weit bedenklicher, diese Schlagwörter bei 
den harmlosen Albuminurien in Anwendung zu bringen. Ich könnte 
die bedauerlichen Folgen eines solchen gedankenlosen Schematismus 
für jede einzelne Form der harmlosen Albuminurien ausmalen; ich 
muis mich hier aber auf weniges beschränken. 

Besonders häufig werden Milsgriffe gemacht in der Behand- 
lung der juvenilen Albuminurie, sowohl bei der orthostatischen 
wie bei der mehr kontinuierlichen Form. An die Entdeckung der 
Albuminurie schlielst sich gewöhnlich die Verordnung langdauern- 
der Bettruhe, Muskeluntätigkeit, strenger oder leicht modifizierter 
Milchdiät, starker Durchspülung der Nieren durch diese Milehkur 
und durch Mineralwässer. Die fast‘ regelmäfsig wiederkehrende 
Beobachtung, dafs dann alsbald das Eiweils sinkt oder gar zeit- 
weise verschwindet, wird von Arzt und Patient als froh begrülster 
Beweis für die Richtigkeit dieser Therapie angesehen, und wenn 
dann bei Unterbrechung der Ruhekur oder bei Darreichung anderer 
Nahrungsmittel die leichte Albuminurie sich wieder meldet, ® 
werden daraus Beweisstücke geschmiedet für die Notwendigkeit, 
noch lange bei der gleichen Verordnung zu bleiben. So vergehen 
Wochen, Monate und selbst Jahre, da das Wiederauftreten der 
Albuminurie von wesentlichen Änderungen der Behandlung ab- 
schreckt. Schlielslich werden aber doch Konzessionen der ver- 
schiedensten Art gemacht, und man überzeugt sich dann, dafs die 
Albuminurie auf die Dauer jetzt auch nicht grölser, eher sogar 
geringer ist, als früher bei dem strengen Regime. Inzwischen sind 
aber dem Organismus schwere Schäden zugefügt; denn die lange 
Untätigkeit der Muskeln hat die gesamte Muskulatur des jugend- 
lichen Körpers, insbesondere auch die Herz- und Atemmuskulatur 
in einen kümmerlichen Zustand versetzt, die Haut ist in äulserstem 
Kirade verweichlicht und die Blutbildung schlecht geworden. Auch 
die übergrofsen Flüssigkeitsmengen dürften zur Schwächung des 
Herzens und zu seinem Versagen bei jeder ernsteren Anstrengung 
beigetragen haben. Die eiweilsarme, aber milch- und mehlstofi- 


Über Albuminurie. 1031 


reiche Kost, verbunden mit der Muskelruhe, hat häufig zu ansehn- 
lichem Fettbestand geführt, gegen den die Dürftigkeit der Muskeln 
unvorteilhaft absticht. Nicht zu übersehen ist auch, dafs solche 
Kinder und junge Leute durch das ganze Milieu, in das sie ver- 
setzt sind, psychisch ungünstig beeinflulst werden und nur gar zu 
oft zu hypochondrischen Neurasthenikern entarten. Natürlich mülste 
man alle diese Nachteile ruhig mit in den Kauf nehmen, wenn sie 
zur Abwendung: einer sonst sicher drohenden deletären progressiven 
Nierenkrankheit unabweisbar wären. So liegt aber die Sache nicht. 
Diese Fälle sind vielmehr von vornherein harmlos und würden, 
wenn man sofort auf eine kräftigende normale gemischte Ernährung 
und auf systematische Kräftigung der Muskulatur die Aufmerksam- 
keit gerichtet hätte, nicht nur ebenso schnell, sondern viel schneller 
ihre leichte Albuminurie verloren haben. Ich bin dieser, der ge- 
wöhnlichen Behandlungsart entgegengesetzten Methode treu geblieben, 
seitdem ich schon vor mehr als 2 Dezennien folgende Beobachtung 
machte. Ich untersuchte damals den Urin einer Kompagnie Soldaten 
wochenlang, täglich viermal. Unter den Rekruten befanden sich 
mehrere etwas schwächliche Leute, die sehr häufig, besonders naclı 
angestrengtem Exerzieren, starke Albuminurie hatten; es fand sich 
im Urin bei jedem derselben neben dem Albumin eine relativ grolse 
Menge des durch Essigsäure fällbaren Eiweifskörpers. Meiner An- 
regung, diese Leute vom Militärdienst freizugeben, wurde nicht 
Folge geleistet, da der ÖOberstabsarzt, der nur den Morgenurin 
prüfte, bei keinem derselben Albuminurie entdecken konnte. Als 
ich nach Unterbrechung von 2 Monaten die systematischen Unter- 
suchungen der gleichen Truppe wieder aufnahm, war nur noch 
bei einem der Leute gelegentlich eine kleine Spur Albumin zu 
entdecken; die anderen waren trotz überaus anstrengenden Dienstes 
völlig eiweifsfrei geworden und hatten sich, unter Zunahme mehre- 
rer Kilo Gewicht, zu muskelkräftigen gesunden Leuten entwickelt. 
Erfreulicherweise melden sich in den letzten Jahren manche 
Stimmen, die sich gegen die übertriebene Ruhetherapie bei ortho- 
statischer Albuminurie wenden; ich zitiere die Arbeiten von Edel 
und von Langstein. Ich möchte die physikalische und diätetische 
Schonungstherapie bei allen Formender juvenilen Albuminurie, 
wo man nicht mit echter Nephritis zu rechnen hat, durch 
systematische UÜbungstherapie abgelöst wissen, worunter man sowohl 
die Zufuhr einer eiweilsreichen gemischten, aber nicht unnötig 
mästenden Kost, wie auch systematische Muskelbetätigung und 


1032 von Noorden. 


abhärtende Badeprozeduren und andere das Hautorgan anregende 
Mafsnahmen zu verstehen hat. 

Diesen Bemerkungen über die Behandlung der juvenilen, nicht 
nephritischen Albuminurien möchte ich noch einiges wenige über 
die Behandlung der harmlosen Altersalbuminurien hinzu- 
füzen. Dieselben beruhen, wie besprochen, auf organischen Ver- 
änderungen und stehen sicher in innigem Zusammenhang mit dem 
Verhalten der Nierengetälse. Mit einer erschreckend zunehmenden 
Häufigkeit erlebt man, dafs in solchen Fällen gleich nach Ent- 
deckung der Albuminurie mit äufsert tief einschneidenden Malsregeln 
vorgegangen wird; vor allem: sehr viel Milch, sehr wenig oder 
gar kein Fleisch, äufserste Vermeidung von Kochsalz und Verurtei- 
lung zu möglichst wenig Bewegung. Daneben fehlt selten die Ver- 
ordnung der viel milsbrauchten, meines Erachtens bei Arteriosklerose 
meist unnützen, bei Nierenreizung jeder Art aber direkt gefährlichen 
Jodpräparate.. Wenn durch die einseitige und den meisten wider- 
strebende Diät der Appetit nicht schon abhanden kommt, so wird 
der länger fortgesetzte Genuls der Jodpräparate, einerlei in welcher 
Form, dies sicher bewerkstelligen. Und so sieht man nur gar zu 
oft, dafs die Leute, denen einige vorsichtige, die Diät und allge- 
meine Lebensführung regelnde und die Blutzirkulation berücksich- 
tigende Vorschriften schr nützlich gewesen wären, inolge der allzu 
rigorosen Maalsregeln vielleicht etwas weniger Eiweils aus- 
scheiden, aber schnell herunterkonmen und in erstaunlich kurzer 
Zeit zu kraftlosen Greisen werden. Die Mahnung, dafs gerade bei 
alternden Individuen brüske Änderungen der Lebensweise vermieden 
werden sollen, kann mit Bezug auf diese Patienten nicht eindringlich 
genug wiederholt werden. Besonders hat man sich bei der Altersalbu- 
minurie vor der Einstellung grolser Flüssigkeitsmengen in die Kost zu 
hüten. Dies führt auf die Dauer fastimmer zu Herzbeschwerden, wenn 
nicht gar zu bedrohlichen Herzschwächezuständen. Dann wird ge- 
wöhnlich die Diät immer schärfer und schärfer angezogen. Dem- 
gegenüber ist es überraschend, wie schnell die bedrohlichen Herz- 
erscheinungen wieder schwinden, wenn man zu einer flüssigkeitsarmen, 
gemischten und fleischreichen Kost zurückkehrt. Hier das richtige 
Mittel zu finden, ist äulserst wichtig. Es können viele Jahre des 
Lebens davon abhängen, ob man das richtige trifft. 

Auch für die übrigen Formen der hier erwähnten Albuminurien 
liefse sich ausführen, wie weit man von dem obersten Grundsatz 
der Therapie „non nocere“ abweicht, wenn man gegen jede Albu- 


Über Albuminurie. 1033 


minurie mit dem ganzen Rüstzeug, das sich für die Behandlung der 
akuten Nephritis bewährt hat, ins Feld zöge. Es würde mich aber 
allzuweit in das Detail führen, wenn ich hier darauf einginge. 

Wie Sie sehen, sind es nicht theoretisch interessante und syste- 
matisch geordnete Fragen, die ich zum Gegenstand meines Vortrages 
machte, sondern es sind mehr praktisch wichtige Gesichtspunkte. 
Ich hoffe, dafs meine Ausführungen dazu beitragen werden, dem 
unter Ärzten und Laien weit verbreiteten, verallgemeinernden Pes- 
simismus in der Beurteilung jedweder Albuminurie entgegenzuar- 
beiten; und vor allem mögen sie helfen, dem höchst bedauerlichen 
Schematismus, welcher der noch jungen Wissenschaft der physikali- 
schen und diätetischen Heilmethoden den Lebensfaden abzuschneiden 
droht, die Spitze zu bieten. Es wird jetzt viel über individualisie- 
rende Behandlung geredet, und es ist ja klar, dafs dieselbe bei der 
physikalisch-diätetischen Therapie noch viel mehr als bei der medi- 
kamentösen Therapie die Grundlage für jedes rationelle Handeln 
sein muls. Heute aber liegen in vielen Schriften, Kurorten und 
Heilanstalten die Dinge so, als ob nicht der Kranke, sondern die 
Krankheit das Individuum sei, auf welches die individualisierende 
Methode zugeschnitten wird. Die Albuminurie ist eines dieser Krank- 
heitsindividuen. Solches Gebahren ist natürlich ein Hohn auf das, 
was die Wissenschaft unter individualisierender Therapie versteht. 
Es ist Zeit, solchen Auswüchsen gegenüber eine Warnung auszu- 
sprechen. 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 68 


Die Phosphaturie, eine traumatische 
Neurose. 


Von 
Dr. Orlowski, Berlin. 


Der vielgestaltige Symptomenkomplex der Phosphaturie zeigt 
zwei Komponenten: 1. lokale: Brennen beim Urinieren und in der 
Harnröhre, häufiger Urindrang, Spasmus vesicae, urethritische Rei- 
zungen, die zu direktem Katarrh werden können; 2. allgemein: 
die mannigfachsten der Neurasthenie, die sexuelle Schwäche, die 
zur Impotenz führen kann, Hypochondrie, Darmatonie mit Obstipa- 
tion, Hyperacidität und Magenatonie, gelegentliche Fieberanfälle. 
Das einzige Sichere, was in jedem Falle zu konstatieren ist, das 
Stigma der Phosphaturie, ist die Neurasthenie; es wärc demnach 
wohl das einfachste, die Phosphaturie als Symptom der Neurasthe- 
nie aufzufassen. Die Anschauung, dafs sie eine besondere Stofi- 
wechselstörung darstelle, dafs es einen Diabetes phosphoricus (Teis- 
sier) mit gesteigerter Phosphatausscheidung gebe, ist allgemein fal- 
len gelassen. 

Immerhin wird man zugeben müssen, dafs der Urologe Fälle 
von Neurasthenie mit derartig prägnanter Betonung der urogenita- 
len Symptome in Begleitung pbosphattrüben, alkalischen Urins sieht, 
die einen Kausalnexus unbestreitbar erscheinen lassen. Von 16 
derartigen Fällen, die abgeschlossen hinter mir liegen, sei die Hälfte. 
als besonders illustrativ, ganz kurz geschildert. 


1. Lebensversicherungsdirektor NM. 51 Jahre, verheiratet. Vor $, Jabr 
auf einer Reise aufserehelicher Coitus; danach Ausfluls. Arzt hat G— fest- 
gestellt; mit Sandelöl und Tees behandelt; nach 5 Tagen als geheilt entlassen: 
Patient hat sich dann an einem anderen Orte wegen seines immer noch trüben 
Urins an einen anderen Urologen gewandt. Der hat Phosphaturie diagnostiziert 
und Acid. trichloraceticum ordiniert. Der Allgemeinzustand ist danach schlecht 
geworden; am dauernden Wohnsitz wird dann der dritte Urologe konsultiert. 
Der spricht die Vermutung aus, dafs es sich damals wohl doch um eine akute 
Gonorrhoe gehandelt habe, diagnostiziert eine Prostatitis infolge chronischer 
Gonorrhoe, die Pliosphaturie sei ibre Begleiterscheinung. Nach vierwöchent- 


Die Phosphaturie, cine traumatische Neurose. 1035 


licher Massagebehandlung war Patient so weit, dals er ein Sanatorium aufsuchen 
 muíste, und von da aus ging er nach Heringsdorf. Inzwischen dauerte die 
Trübung des Urins, der sich inzwischen gelegentlicher Ausflufs beigesellt hatte, 
unverändert fort. Von dort aus wurde ich konsultiert (in Stettin). Säure- 
verordnung, abwechselnd !1/,°, Argentum-Instillationen und Dilatationen; be- 
sonders schlecht werden die Säuren vertragen. Die Urintrübung und der Anus- 
flufs werden stationär. Patient ist verzweifelt und nicht zu beruhigen. Als ich 
schliefslich eine Einschränkung der vegetabilischen Eınährung fordere, erklärt 
er, das sei die einzige ärztliche Verordnung, dic ihm etwas genützt habe (seiner- 
zeit von Boas ihm seiner Obstipation wegen erteilt), und verläfst die 
Behandlung. 

2. Schauspieler K., 32 Jahre, unverheiratet. Nach Gonorrhoe klaren Urin 
mit Fäden zurückbehalten; spezialistische Behandlung ohue Erfolg. Wörishofen. 
Rein vegetarische Ernährung. Muls nach 6 Wochen aussetzen. Münchener 
Gastrologe konstatiert Mauenerweiterung und Phosphaturie. Urologe behandelt 
ihn mit forcıerten Dilatationen der Posterior. Es entwickelt sich schwere Neu- 
rasthenie, ein fast ständig anhaltender Urethralkatarrh mit peinigenden subjrk- 
tiven Beschwerden. Patient kommt zu mir in Behandlung als schwerer Hypo- 
chonder, der seit !, Jahr nichts mehr tut und von seinen Angehörigen uniter- 
halten wird; wünscht nur Heilung seiner Impotenz, die sich nach seiner Angabe 
während der Phosphaturiebehandlung entwickelt habe. Versuche zuerst die 
Phosphaturie durch Säuremedikation und allgemeine Behandlung zu beheben. 
Der Zustand verschlechtert sich während der Behandlung immer menr, so dafs 
ich dem Patienten selber davon abrate. Er will sich zur Konsulation einer 
Autorität nach Wien wenden. Hat sich !/, Jahr darauf erschossen. 

3. H., Oberlehrer, 40 Jahre, unverheiratet; mit 31 Lues akquiriert, 1 Hg 
Schmierkur; hat sich dann dem Antimerkurialismus zuzewandt; auch in Linde- 
wiese gewesen. Will danach häufig trüben Urin beobachtet haben. Ein Spe- 
zialıst hat Phosphaturie konstatiert und ihn daraufhin, wie er sagt, mit Höllen- 
steininstillationen behandelt; will durch die Behandlung völlig nervös geworden 
sein, zumal von anderer Seite ihm auch noch der Verdacht auf beginnende 
Tabes ausgesprochen sei. Ich übernehme ihn aus einer physikalisch-diätetischen 
Anstalt, wo er wegen chronischen Blasenkatarrlis heifse Blasenspülungen mit 
Kochsalzlösung erhalten habe. Der Herr befindet sich in deso'atem Zustand; 
kann seinen Beruf kaum noch ausfullen, leidet an ausgedehnten Parästhesien in 
den Beinen und an einer kolossalen Steigerung der Retlexerregbarkeit. Bei 
Beklopfung der Quadricepssehne krampft sich der canze Körper zusammen, bei 
festgrehaltenen Beinen gerät der Oberkörper in klonische Beugebewegungen, da- 
neben verschiedenartige urouenitale Symptome; mit seiner Impotenz hat er sich 
schon abge-funden. Ich schicke den Patienten nach Johannisbad; er kommt 
günstig verändert zurück und wünscht jetzt Beseitigung seiner Phosphaturie. 
Argentuminstillationen werden selbst in Konzentrationen von Iva nicht ver: 
tragen; eine Boueiekur mit ganz zarten Prostatamassaren verschlechtert wieder 
so seinen Zustand, dafs er aus der Behandlung ausscheidet, 

4. Magıstratsbeamter H., 28 Jahre, verheiratet, Kassenpätient. Coitus 
während der Menstruation; Urethritis, die nach drei Oxyceyanatausspü.ungen 
beseitigt ist. Erscheint nach drei Tazen wieder mit der Angabe, er habe einen 
Rückfall erlitten; kein Ausflufs, phosphattrüber Urin, keine subjektiven Be- 

dch 


1036 Orlowski. 


schwerden. 1t/°, Argentuminstillation in Posterior. Urin gelegentlich trüb», 
gelegentlich klar; erscheint immer wieder zur Behandlung. Säuremedikation. 
Man kann das Fortschreiten der Verschlechterung im Verlauf der Behandlung 
direkt konstatieren. Ich sehe den Patienten nach einem Jahre wieder; nicht 
wiederzuerkennen. Erscheint regelmälsig zweimal wöchentlich zur Behandlung 
und wird auf Wunsch jetzt mit endourethraler Faradisation behandelt; Patient 
ist auf keine Weise zum wenigstens zeitweisen Aussetzen der Behandlung 
zu bewegen. 

9. A., Schreiber, 22 Jahre. Nie eine geschlechtliche Krankheit gehabt. 
Erscheint mit der Angabe, dafs er an Phosphaturie leide; hat diese Kenntnis 
durch Selbststudium. Dafs der entleerte Urin völlig klar und normal ist, erklärt 
er als Ausnahme, Ich ordiniere Urotropin. Patient erscheint hävtig einnal 
mit klarem, eiumal mit trübem Urin; schliefslich entlasse ich ihn als gesund. 
Erscheint nach sechs Wochen wieder; ist in der Zwischenzeit von einem anderen 
Arzt behandelt worden mit kalten Sitzbädern, Einträufelungen, Elektrisieren, 
wie er angibt; leidet jetzt an gehüuften Pollutionen und wünscht deswegen 
behandelt zu werden. 

6. K., Geschäftsreisender, 27 Jahre, hat vor drei Wochen den zweitn 
Tripper erworben, der sich unter spezialistischer Behandlunz so rasch gebessert 
hat, dafs schon in der zweiten Woche der Urin klar war. Bei einer folgenden 
Konsulation habe der Herr Dr. gesagt, die da bestehende Trübung sei ohne 
Bedeutung, durch Phosphatsalze bedingt und einstweilen zu vernachlässigen: 
später müsse eventuell eine Behandlung der gleichzeitig bestehenden Phospha- 
turie stattfinden. Der krältige, blühend gesunde und durchaus nicht nervös 
Herr fragt mich um meine Ansicht zwecks Behandlung der Phosphaturie. 
Trotzdem ich ihm meine Bedenken nicht verhehle, das gelegentliche Auftreten 
trüben Urins als normal hinstelle, will er versuchsweise etwas beginnen. Ich 
ordiniere Salol 3 mal 0,5. Der Patient gibt an, der Zustand sei unverändert, 
der Urin mal trübe, mal klar; daraut Milchsäure nach dem Catanischen Rezept 
Wird sehr schlecht vertragen; Urin nach Angabe häufiger trübe als khr. 
Patient erklärt, die Sache mache ihn ganz verrückt, zumal er sich in Kürze 
verloben will; er beschliefst nach Wildungen zu gehen, obwohl ich ihm dringend 
davon abrate; ich schlage ihm Johannisbad vor. Er meint, es müsse eine 
spezialistische Behandlung der Harnröhre und Blase stattfinden, mit dm 
Rezepteschreiben sei es nicht gemacht. Darauf beginne ich eine gan 
schonende Bougiebehandlung mit folgender Blasenspülung mit der Ur 
mannschen Lösung: Acid. salicyl. 0,2, Acid. hydrochlor. 0,1, Aqu. 1000. 
Der Zustand wird immer schlechter, der Urin ist fast stets trübe, gelewentlich 
morgendlicher Ausfluls. Patient ist mit der Behandlung sehr zufrieden und 
konstatiert jedesmal, dafs es schon besser sei; dann blieb er fort. Nath 
6 Wochen erhalte ich aus Dresden einen Brief, worin mitgeteilt wird, dafs Je 
Prostata als Ursache der Phosphaturie festgestellt sei. Er würde jetzt mit Pro: 
statamassage behandelt, fühle sich sehr wohl und behalte sich vor, gegen mich 
wegen Kunstfehlers gerichtlich vorzugehen. Als ich ihn nach einigen Monaten 
auf der Strafse wiedersah, teilte er mir in versöhnlicher Stimmung mit, dfs 
auch das ihm nichts geholfen habe, der Urin sei jetzt fast immer trūbe und 2 
Fiden, morgens immer ein Tropfen. Sein Allgemeinzustand schien nicht 
wesentlich verändert. 


Die Phosphaturie, eine traumatische Neurose. 1037 
7. v. H., Gutsbesitzer, verheiratet, 36 Jahre alt, hat Syphilis und zwei 
Tripper gehabt, der eine ist chronisch geworden und lange Zeit, aber mit Erfolg 
behandelt worden. Hat geglaubt in letzten Jahren Abnahme seiner Potenz zu 
verspüren und ist dann nach mehreren medikamentösen Versuchen auf die Idee 
gekommen, an Diabetes zu leiden. Von nichtärztlicher Seite (Apotheker older 
diaznostischem Institut) ist Zuckerfreiheit, reichliche Phosphatvermelhrung und 
Harnsäureüberschufs festgestellt worden. H. hat sich seitdem hauptsächlich 
vegetarisch ernährt und seinen Urin sorgfältig beobachtet. Schliveblich hat sich 
morgens gelegentliches Nässen und Ausflufs eingestellt; dann erscheint er mit 
Diagnose „Phosphaturie auf chronisch. gonorrhoischer Basis“ zur Behandlung. 
Kräftig und gesundes Exterieur, aber wohl etwas belastet; hat jahrelang Coitus 
interruptus ausgeführt; durch die Urethroskopia posterior konnte das Vorhanden- 
sein einer beträchtlichen Colliculus-Hypertrophie nachgewiesen werden, für die 
Existenz einer chronischen Gonorrhoe fehlten alle Anhaltspunkte. Nach zwai- 
maliger Betupfung des Colliculus im Löwenhardtschen Tubus mit 20°, Arg.- 
Lösung verschwand der morgendliche Tropfen, und Patient gibt eine erhebliche 
Besserung seiner Potenz an; er wird nach dreiwöchentlicher Behandlung als 
geheilt entlassen, die fortbestehende zeitweise Phosphattrübung als unerheblich 
bezeichnet. Patient erscheint nach fünf Wochen wieder mit der Angabe, die 
Heilung sei nur eine scheinbare gewesen, die Potenz scheine ihm schon wieder 
abzunehmen, aufserdem sei der Urin immer häufiger trübe, was ihn aufs 
schwerste ängstige, Er hätte durch Bekannte von einem „spanischen“ Spezialisten 
gehört, der solche Leiden durch Dilatationen der hinteren Harnröhre radikal 
und sicher beseitigt hsbe, und schlägt eine derartige Kur vor. Die Bougie- 
behandlung wurde unter äufserster Schonung bei jedesmaliger Kokainisierung 
vorgenommen. Patient vertrug auch diese Behandlung gut und scheidet auf 
Wunsch, da er sich von ihrer völligen Wirkunsslosigkeit in sechs Wochen 
überzeugt hat, aus. v. H. hat weitere ärztliche Versuche nicht mehr gemacht, 
sich verschiedenen Kurpfuscherrichtungen anvertraut und ist mit elektrischen 
Bidetlichtbädern usw. monatelang behandelt worden. Das Resultat war all- 


gemeine Neurasthenie und Impotenz; die Ehe ıst — jedenfalls deswegen — 
geschieden. Die Phosphaturie besteht wahrscheinlich — ich habe ihn nur 
privatim im Auge behalten — unverändert fort. 


8. Dekorateur H., 24 Jahre, Kassenpatient. Der von mir vertretene Kollege 
diagnostizierte stets mit blolsem Auge in Gegenwart des Patienten die Phosphat- 
trübung und verifizierte sie dann durch den Essigsäurezusatz, was dim Patienten 
mächtig imponierte. Nach der üblichen Zeit war die akute Gonorrhoe ab- 
gelaufen. Der Urin blieb indes gelegentlich weiter trübe. Urvtropin 3mal 
täglich 0,5 g, ohne wesentlichen Einfluls, Die Sache wird als unerheblich be- 
zeichnet und der H als geheilt entlassen. Wiedersehen nach 1%, Jahren. 
Patient ist die ganze Zeit über behandelt worden, teils von Ärzten, teils von 
Kurpfuschern, zeigt die Reste einer einseitigen Epididymitis, macht den Eindruck 
eines heruntergekommenen alten Neurasthenikers und wünscht wegen Impotenz 
behandelt zu werden. 


Diese Blütenlesee mag genügen, die übrigen 8 Fälle von 
Phosphaturie zeigen dasselbe. Betrifft Kassenpatienten, die ich 
nur zum Teil in eigener Praxis beobachten konnte: wie überhaupt 


1038 Orlowskı. 


die Pliosphaturie mit Vorliebe eine Kraukheit des männlichen Grols- 
stadt- Kassenpublikums zu sein scheint, das Gelegenheit zu spe- 
zialistischer Giratisbehandlung hat. Alle Fälle haben das gemein- 
sam. dafs keiner geheilt, keiner gebessert, alle verschlechtert. 
manche erst durch die Behandlung zu kranken Menschen allmällieh 
und sicher gemacht wurden. Das völlige Versagen aller Thierapeuti- 
ka ist um so bemerkenswerter, als die beiden Theorien für die 
Entstehung der Phosphaturie auf Grund empirischer, scheinbar wirk- 
samer Therapie propter hoc aufgebaut sind: die Theorie dafs sie 
das Resultat einer Sekretionsneurose der Nieren, die reflektorisch 
durch ein Harnröhrenleiden ausgelöst werde, sei, und die, dals eime 
An- oder Subaeidität des Magensaftes vorläge. Bei Annabme der 
ersteren wird lokale Harnröhrenbehandlung: Dilatationen, Bougie- 
rungen, Argentuminstillationen, Biasenspülungen, Prostatamassage 
empfohlen, im zweiten Falle Säuremedikation: so Salpeter- Nalz- 
Triehloressig - Milchsäure, und eine streng animalische Diät. die 
zur Säurebildung Veranlassung gibt. Dafs beides in der Mehrzahl 
der Fälle erfolglos ist, wird auch von anderen zugegeben, z. B. von 
G. Klemperer, der speziell das häufige Vorkommen einer beglei- 
tenden Hyperacidät betont hat, der deshalb auch die Säuremedika- 
tion als zweceklos verwirft; eine Medikation, die mir noch erfolgloser 
und schlimmer erscheint als die fortgesetzte Malträtierung der 
Harnröhre. In jedem Falle liegt eine dureh die Bindung der Ma- 
gensalzsäure während der Verdauung bedingte Herabsetzung der 
Acidität des Harnes vor, wobei die gelösten saueren Phosphate als 
basische und neutrale ausfallen. Ob dann noch die Alkaleszenz 
des Urins dureh eine besonders blande Diät (Finger) oder dureh 
die alkalischen Sekrete (Oppenheim) bei Harnröhrenleiden, oder 
in Fällen von mehr vegetarischer Ernährung durch die Bildung 
von kohlensauren Alkalien infolge Verbrennung von pftlanzensauren, 
oder in Fällen von primärer Neurasthenie durch eine verlangsamte 
Verdauung infolge der bestehenden Magen- und Darmatonie, oder 
bei Hyperaeidität dadurch, dafs infolge von Pyloruskrampf oder Er- 
brechen die Salzsäure nieht zur Resorption gelangt, erleichtert wird. 
beziehungsweise häufiger und länger auftreten kann, ist unerheblich. 
Das gelegentliche, ja häufige Auftreten eines alkalischen 
phosphattrüben Urins ist jedenfalls eine normale Er- 
scheinung. Ein vorzugsweise vegetarisch sich ernährender Mensch. 
der fünfmal am Tage ilst und eine etwas verlangsamte Verdauung hat, 
kann und muls häufiger einen trüben als klaren Urin entleeren. 


Die Phosphaturle, eine trawnatische Neurose. IC 
I ; 


Bei der Gelegenheit, bei welcher der Urologe mit prüfendem und 
treffsicherem Blick die Phosphaturie diaguostiziert, ist die Psyche des 
Patienten immer in ungesunder, übertriebener Weise auf seinen Uroge- 
nitalapparat gerichtet. Jetzt kommt wieder etwas Neues. Das Lexikon 
wird zu Hilfe genommen. Der Patient ahnt und fühlt schon die sub- 
jektiven Symptome und dann kommt die Behandlung, die ja meist 
in einer „zweckmälsigen* Kombination besteht, mit Säuren, die den 
Magen ruinieren, mit Fleischkost, die die meist schon bestehende 
Obstipation verstärken, und last not least die auf die Harnröhre 
kontinuierlich wirkenden Traumata. So wird der ganze nervöse 
Symptomenkomplex mit seinen örtlichen Komponenten allmählich 
kultiviert, zumal es sich meist um Neurastheniker handelt, die 
durch Syphilis, chronische Gonorrhoebehandlung, Impotentzfurcht, 
‚um Teil Belastung schon psychisch und pbysich aufs äulserste mit- 
genommen sind. [ch kann mir indes auch nicht verhehlen, dafs in 
einzelnen Fällen die von Arzt und Patient mit gleich zäher Ener- 
gie erstrebte und betriebene Heilung der Phosphaturie bei ganz ge- 
sunden Menschen das gleiche Resultat gezeitigt hat. 

Mein Standpunkt der Phosphaturie gegenüber ist jetzt der, 
dals ich eine spezialistisch urologische Behandlung stets ablehne. 
Der Patient gehört in eine Anstalt, wo sein Allgemeinzustand und 
seine Neurasthenie behandelt wird, oder in ein Bad, wo zu spezia- 
listisch urologischer Behandlung sich keine Gelegenheit bietet; be- 
sonders dürften da die Wildbäder von Nutzen sein. 

Schon das Wort Phosphaturie dem Patienten gegenüber auszu- 
sprechen, halte ich für sehr bedenklich. Wird auf die Trübung 
aufmerksam gemacht, so sollte ‚das als normal bezeichnet werden. 
Bei Gonorrhoebehandlung hat man nie nötig, die Trübung zu er- 
klären. Hat der Patient z. B. schon klaren Urin und erscheint er 
nun am nächsten Tage mit phosphattrübem, so halte ich mich für 
verpflichtet, ilm das als eine vorübergehende Verschlimmerung 
hinzustellen. Das ist ihm unangenehm. Die Konstatierung einer 
Phosphaturie kann ein psychisches Trauma sein und ist es meist. 


Plattenmodelle der männlichen Harnröhre 
und der Cowperschen Drüsen. 


Von 
Dr. A. v. Lichtenberg, Heidelberg. 


M. H. Ich möchte mir Gelegenheit nehmen, einige Ergebnisse 
meiner bereits anderweitig publizierten?) anatomischen und ent- 
wicklungsgeschichtlichen Studien an der Hand einer Demonstration 
meiner Plattenmodelle Ihnen kurz mitzuteilen. 

Es ist unmöglich, mit Hilfe der einfachen morphologischen 
Untersuchungsmethoden ein richtiges Bild über Aufbau und Gestal- 
tung der Harnröhrenschleimhaut zu gewinnen, so dass im allgemeinen 
diese Verhältnisse für viel weniger kompliziert gehalten werden, 
als sie tatsächlich sind. Ich habe die Methode der Plattenmodel- 
lierung angewendet und dadurch eine plastische Darstellung dieser 
Verhältnisse gewonnen, so dass man nun sich leichthin eine klare 
und richtige Vorstellung darüber bilden kann. Diese Modelle 
zeigen Ihnen vor allem, wie unrichtig es ist, über die freie Fläche 
der Harnröhrenschleimhaut zu reden, wie es in einer der Sitzugen 
dieses Kongresses geschah. Auf eine zentimeterlange Oberfläche der 
Harnröhrenschleimhaut münden 3240 Drüsen ein, sie ist ausserdem 
durchfurcht von Hunderten von Falten und Fältchen —: wie kan 
man unter solchen Umständen von einer „freien Schleimhautober- 
fläche reden! Man muss diese Modelleeinmal gesehen haben, um die 
Unzulänglichkeit unserer therapeutischen Massnahmen bei den Er- 
krankungen der Harnröhrenschleimhaut zu verstehen, um cine 
korrekte Anschauung über die Pathologie des Trippers sich bilden 
zu können. Das ist mit der Grund, weswegen ich Ihnen die Modelle, 


1) Vorwetragen auf dem 1. Kongrels der Deutschen Gesellschaft für Uro- 
logie in Wien 1907, 

2) Anatomische Hefte Bd. 81, H. 93, Bruns Beiträge zur klinischen 
Chirurgie D. XLVIII. Heft 2, Monatsberichte für Urologie Bd. XI, H. 8 mit 


vielen Tafeln und Textfiguren. 


Plattenmodelle der männlichen Harnröhre. 1041 


welche sie teilweise aus meinen Publikationen schon kennen, demon- 
striere, da ich annehmen muss, dass diese gerade für den Praktiker 
von der grössten Wichtigkeit sind. 

Durch das Studium dieser Modelle und der diesen zugrunde 
liegenden Serien liessen sich Epithel, Drüsen und Faltung der Harı- 
röhre mit ziemlicher Exaktheit analysieren; und da das Material 
ganz frisch von einem jugendlichen Hingerichteten herstammte und 
glücklich fixiert war, liessen sich dabei auch einige strittige Punkte 
der Morphologie der Entscheidung näher bringen. 

Das erste vorgestellte Modell stellt bei einer 22 maligen Ver- 
grösserung den kranialen Anfangsteil der Pars cavernosa dar. Nebst 
der Einmündung der beiden Cowperschen Drüsenschläuche sieht man 
die Art der Faltung der Harnröhrenschleimhaut daran. Man unter- 
scheidet nebst den vier durchlaufenden Hauptfalten Falten L, 11. 
und III. Ordnung, welchen ebensulche Rinnen entsprechen. Min 
sieht vielfach die Falten im Bereiche des Modells endigen, manch- 
mal in grossen Blindsäcken in den sogen. Morgagnischen Lakunen. 
Die Falten III. Ordnung sind stationäre Gebilde, dazwischen sind 
Drüsen, resp. „drüsenartige Buchten“ gelagert. Eine Falte erster 
Ordnung ist bei 150 maliger Vergrösserung modelliert worden, um 
ein richtiges Bild von den Relationen der kleineren Falten und der 
Drüsen zueinander zu gewinnen. Ich kann jedoch darauf hier nicht 
eingehen und muss diesbezüglich auf meine ausführliche Publikation ver- 
weisen. Nebst den Ausführungsgängen der Cowperschen Drüsen 
modellierte ich die ganze Drüse nebst der Urethra eines 120 mm 
langen Embryos bei einer 60 maligen Vergrösserung, und ein Stück des 
Drüsenschlauches der Cowperschen Drüse eines Erwachsenen bei 
150 maliger Vergrösserung. Besser als viele Worte macht die 
einfache Besichtigung Sie mit den verwickelten morphologischen 
Verhältnissen dieser Gebilde bekannt. Gute Reproduktionen der 
Modelle, welche auch zu Lehrzwecken sich vorzüglich eignen, finden 
sich in den ausführlichen Publikationen, woselbst die histologischen 
und entwicklungsgeschichtlichen Ergebnisse meiner Studien nieder- 
gelegt worden sind. 


Literaturbericht. 


I. Allgemeines über Physiologie und Pathologie des 
Urogenital-Apparates, 


Die Geschlechtskrankheiten vom sozial-hygienischen Stand- 
punkte. Von S. Ehrmann. (Wien. klin. Rundschau Nr. 42 1907.) 

E. weist auf die Gefahren hin, welche die Geschlechtskrankheiten 
nicht nur für den von ihnen Befallenen, sondern auch für dessen Um- 
gebung bedeuten, auf die Versorgungslasten, welche der Allgemeinheit 
aufgelegt werden, auf die grofse Anzahl von Todgeburten und auf die 
Folgen der Geschlechtskrankheiten für die Nachkommenschaft. Er hoft. 
dafs es durch einen energisch geführten Kampf gelingen wird. die (ie- 
schlechtskrankheiten ın ähnlicher Weise wie die Lepra zu verdrängen. 

von Hofmann-Wien. 


Prophylaktische Mafsnahmen gegen die venerischen Erkran- 
kungen im allgemeinen und insbesondere in der Siebenbürger- 
kaserne in Temesvár. \on Regimentsarzt Dr. Alexander Ferenczy- 
Temesvar. (Allgemeine militärärztl. Zeitung 1907, Nr. 39.) 

Verf. streift zunächst die Geschichte und den gegenwärtigen Stand 
der Prophylaxe gegen die Venerie im allgemeinen und geht dann zu den 
Mafsnahmen über, die man in dieser Beziehung bei den beiden Temes- 
värer Artillerieregimentern eingeführt hat. Es gelang mit Hilfe dieser. 
die Erkrankungen auf die Hälfte zu reduzieren. Das Hauptgewicht bei 
der Durchführung der Prophylaxe wurde auf einen systematischen Plan 
gelegt. Bei der Wahl der Arzneien mufste man natürlich den ökonv 
mischen Rücksichten Rechnung tragen. Die organischen Silberpräparate 
sind teuer und zersetzen sich rasch, es wurde daher das leicht zugang 
liche Argentum nitricum gewählt. 

Die Mannschaft wird eingehend belehrt, die mitunter sehr schweren 
Folgen der venerischen Krankheiten werden ihr vor Augen gehalten. 
Von entscheidender Wichtigkeit ist es, die Leute für die Sache zu ge- 
winnen. Zur Vornahme der Prophylaxe befindet sich im Wachzimmer 
der Kaserne ein Kästchen, welches die notwendigen Behelfe enthält. Das 
sind: ein Porzellangefäfs mit Deckel für Sublimatlösung und Watte 
bäuschehen. Für die Instillation der 1°;, igen Lapislösung dienen mehrere 
einfache Tropfgläser, wie sie für Augenkranke üblich sind. Diese Tropt- 
gliser werden nach Gebrauch mit einem Tampon gereinigt und in das 


Allgemeines über Plıysiologie u. Pathologie des Urogenital-Apparates. 1043 


hiefür bestimmte, mit 3°/,iger Borlösung beschickte Gefäfs gelegt. (Die 
im Sublimat aufbewahrten Tropfgläser trüben die Lapislösung.) Der 
Vorgang ist der denkbar einfachste. Der nach stattgehabten Koitus 
heimgekehrte Soldat geht ins Wachzimmer, nimmt ein Sublimatbäusch- 
chen zu sich, vollzieht die Reinigung in dem neben dem Weachzimmer 
befindlichen Aborte, kommt sodann ins Wachzimmer zurück und instil- 
liert einige Tropfen der Lapislösung in seine Harnröhre. Die Kontrolle 
bestand im Vorjahre darin, dals der jeweilige Wachkommandant den 
Vollzug der Desinfektion auf der Rückseite des Erlaubnisscheines durch 
die einfache Namensunterschrift bestätigte. Die bezüglichen Erlaubnis- 
scheine gelangten sodann den nächsten Morgen zum Arzte. Da diese 
Kontrolle sich mangelhalt erwies, wurde sie in diesem Jahre dahin ge- 
ändert, dafs der jeweilige Wachkommandant die Namen jener Mannschaft, 
welche die Prophylaxe durchgeführt, in ein ım Wachzimmer ausliegendes 
Protokoll einzuführen und mit seiner Namensunterschrift zu bestätigen hat. 

Die Prophylaxe wurde von Haus aus nur als eine obligatorische ge- 
plant. Hiezu war die erwähnte Kontrolle unerläfslich. Kommt nämlich ein 
venerischer Kranker zur Marodenvisite, so kann es leicht nachgewiesen 
werden, ob er die vorgeschriebene Prophylaxe durchgeführt hat oder 
nicht. Im letzteren Falle wird der Mann beim Divisionsartillerieregiment 
wegen leichtsinniger Gefährdung seiner Gesundheit zur Verantwortung 
gezogen. i 

Diese letzterwähnte Verfügung besteht beim Korpsartillerieregiment 
— vorläufig — nicht; die Prophylaxe ist lediglich eine fakultative und 
diesem Umstande sind wohl zum Teil die minder guten Resultate zuzu- 
schreiben. 

Bei der Einführung dieser prophylaktischen Mafsnahmen wurde 
davon abgesehen, dieselben im Marodenzimmer vornehmen zu lassen. 
Eine Störung der Nachtruhe der Kranken, mitunter von angeheiterten 
Kameraden, mufs auf alle Fälle vermieden werden. Auch dem Ernst. der 
Sache wäre damit nicht gedient. Die unerläfsliche Kontrolle wäre gar auf 
unüberwindliche Schwierigkeiten gestolsen. 

Die obige Prophylaxe eignet sich überdies blofs für kasernierte Mann- 
schaft. Zur Zeit der Manöver kann die Prophylaxe in der geschilderten 
Form nicht durchgeführt werden. Für solche Verhältnisse eignet sich 
blofs eine fakultative Form, welche dem guten Willen der Mannschaft 
überlassen werden muls. Es scheint daher unerläfslich zu sein, der 
Mannschaft gerade unter solchen Verhältnissen ein Prophylaktikum in 
die Hand zu geben. Da die Beteilung mit Kondoms oder portativen 
Tropfapparaten aus ökonomischen Gründen nicht möglich ist, so griff F. 
zu einem einfachen Mittel, welches jedem Truppenarzte leicht zugänglich 
und ohne nennenswerten Kostenaufwand in der notwendigen Quantität 
erlangbar ist. Das sind kleine, etwa lcm lange, aus Argent. nitricum. 
Ichthyol und Kakaobutter erzeugte „Sanitasstäbehen“. Jeder Mann wird 
mit 10—12 Stück derselben in einer kleinen Pappschachtel — wie für 
Schnurrbartwichse — zu Manöverzeiten versehen. Nach stattgehabtem 
Koitus soll ein Stück in die Fossa navicularis geschoben und mit einigen 
streichenden Bewegungen der Finger daselbst zum Teil zum Schmelzen 


1044 Allzemeines über Pliysivlogie u. Pathulogie des Urogenital-Apparates. 


gebracht werden. Die so aufzeweichte und Aus der Urethra heraustlielsende 
Masse soll hierauf auf der Glans und Präputialschleimhaut verrieben werden. 
Die Handhabung ist einfach und bequem, die kleine Schachtel ist stets 


bei der Hand. Kr. 


Über Anurie. Von Dr. Julius Vogel-Berlin. (Berl. klin. Wochen- 
schr. 1906, Nr. 39.) 

Anurie ist ein Zustand, in welchem entweder überhaupt kein Harn ab- 
gesondert wird, oder der sezernierte Harn nicht nach der Blase zu abfelsen 
kann; nicht immer ist es möglich, zwischen diesen beiden Eventualitäten 
zu unterscheiden. Anurie kann eintreten: 1. bei Störungen der Blut- 
zirkulation; 2. bei entzündlich-degenerativen Prozessen der Nieren; >. bei 
Obstruktion des Ureters durch Steine, Tumoren, Strikturen usw.; 4. aus 
nervösen Ursachen. Ad 1 handelt es sich um Degeneration des Nieren- 
epithels infolge von Zirkulationsstörungen bei Herz- und (refälserkran- 
kungen, oder bei Verlagerung, Vergröfserung, (Geschwülsten gewiser 
Organe, hieher gehört auch die Eklampsie. Ad 2 kommt zunächst dir 
akute hämorrhagische Nephritis in Frare, sodann alle andern Attektionen, 
die eine Zerstörung des Nierengewebes bewirken, wie die Schrumpfniere. 
die eitrige Einschmelzung, die Tumorbildung. Ad 3 kann es zur Anurie 
kommen, wenn ein oder beide Harnleiter durch Konkremente, durch Blut- 
oder Eitergerinnsel verlegt oder durch Strikturen ‚unwegsam geworden 
sind, oder Klappenbildung vorliegt, oder bei Abkniekung eines Ureters 
infolge starker Beweglichkeit einer Niere, oder bei Geschwulstmetastasen 
im Ureter; sind alle diese Affektionen einseitig, so kann auf retek- 
torischem Wege auch die andere Niere ihre Sekretion einstellen. Zur 
vierten Gruppe gehören die eben erwähnten Fälle von retlektorischer 
Anurie, die auch eintreten kann, wenn abdominale Tumoren oder der 
gravide Uterus auf einen Nierenstiel drückt. Als reflektorische Anurie 
sind auch gewisse Fälle gedeutet worden, in denen nach Reizung dr 
Ureter- oder Blasenschleimhaut oder nach einseitiger Nephrektomie du 
Harnabsonderung völlig sistierte: doch ist auf die Möglichkeit hinzu 
weisen, dafs auch toxische Einflüsse infolge mangelhafter Ausscheidung 
von Zerfallsprodukten oder der Narkose in Frage kommen können. Die 
hysterische Anurie gehört, wenn sie überhaupt vorkommt, jedenfall» zu 
den grölsten Seltenheiten. Zu erwähnen sind noch die Fälle von Ami, 
die durch Vergiftungen, sei es, dafs das Gift auf das Nierenparenchyn 
direkt oder auf das Nervensystem wirkt, zustande kommen. Die Dauer 
der Anurie kann in weiten (renzen schwanken, je nachdem die Urämie 
bald oder spät hinzutritt; demremäfs hängt auch die Prognose vom Grund- 
leiden ab: am ungünstigsten ist sie natürlich in den Fällen, in denen 
das Nierengewebe in grofsem Umfange zugrunde gegangen, am günstig- 
sten, wo der Urin am Abflufs gehindert ist und durch ein möglichst 
frühzeitiges operatives Eingreifen Abhilfe geschaffen werden kam. Be 
züglich der Therapie kommt bei zirkulatorischen Störungen in erster 
Reihe Digitalis in Verbindung mit einem Diuretikum, etwa Prmretn 
oder Theocinnatrium salicylicum, bei chronischer Nephritis der Aderlais 
in Frage; bleibt der Erfolg aus, so kann vielleicht manchmal die Ent- 


Harn- und Stoffwechsel. -— Diabetes. 1045 


kapselung der Nieren nach Edebohls nützen. Bei der Anurie auf toxischer 
oder nervöser Grundlage bringt der Ureterenkatheterismus manchmal die 
Harnabsonderung wieder in Gang. Unter den mechanischen Hindernissen 
für den Harnabflufs interessieren am meisten die Calculi: handelt es sich 
um sehr kleine, so kann es manchmal gelingen, sie mit der Uretersonde 
zu lockern; andernfalls ist die baldige Operation anzuschliefsen, die um so 
bessere Chancen gibt, je früher sie vorgenommen wird. Bei beidersei- 
tiger Erkrankung soll die zuletzt verstopfte Niere zuerst operiert werden, 
wenn es gelingt, eine genaue Diagnose zu stellen; bleibt der Erfolg aus, 
so ist spätestens am nächsten Tage auch die zweite Niere zu eröfinen. 
Jedenfalls haben sich die operativen Resultate in den letzten Jahren 
sehr gebessert. Paul Cohn-Berlin. 


A case of myelopathic albumosuria. Von W. L. Brown. (Brit. 
Med. Journ., Sept. 14. 1907.) 

Der 50 jährige Patient litt seit einem Jahre an Gliederschmerzen 
und magerte stark ab. Im Urin waren Albumosen nachweisbar. All- 
mählich entwickelten sich Auftreibungen verschiedener Knochen und 
Drüsenschwellungen. Der Patient kam immer mehr herunter und starb 
schlielslich, einen Monat nach der Aufnahme. Sektion nicht gestattet. 

von Hofmann-Wien. 


Il. Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


Über Cholelithiasis und Glykosurie. Von Prof. Dr. Hochhaus. 
(Deutsche med. Wochenschr. 1907. Nr. 41.)] 

Das Auftreten von Glykosurie bei Cholelithiasis ist von einzelnen 
Autoren gelegentlich beobachtet und als diamnostisches Hilfsmittel ver- 


wertet worden; andere Autoren wiederum — unter ihnen v. Noorden 
und Naunyn — haben das Auftreten von Glykosurie bei Choletithiasis 


nie oder fast nie beobachtet. Hochhaus berichtet in der vorliegenden 
Arbeit über eine Cholelithiasis bei einer 53 Jahre alten Frau, bei der 
sich auf der Höhe der Erkrankung neben Eiweils Zucker bis zu 3.231, 
pro die im Urin nachweisen liefs. Anamnestisch war Diabetes nicht 
festzustellen und auch nach dem Verschwinden der Gallensteinerkrankung 
blieb trotz erhöhter Zuckerzufuhr der Urin dauernd zuckerfrei. H. glaubt, 
dafs in dem vorliegenden Falle die Entzündung der (sallenausführungs- 
gänge sich auf die Ausführungsgänge des Pankreas fortgepflanzt und 
durch die Schädigung des Pankreas Diabetes entstanden sei oder das 
toxische Agens auf die Gallengänge und die Pankreaszellen gleichzeitig 
eingewirkt habe. 

Im Anschlufls daran teilt H. einen Fall von Diabetes mit, wo durch 
das Auftreten einer recht schweren und hartnäckigen Cholelithiasis der 
vorher bestehenden Diabetes zum Verschwinden gebracht wurde und auch 
dauernd geheilt blieb. Eine gewisse Analogie zeigen die Fälle, wo im 
Verlaufe einer akuten Infektionskrankheit der Zucker aus dem Urin ver- 
schwindet, gewöhnlich tritt aber nach Ablauf der Krankheit der Zucker 


1046 Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 


wieder auf. Man hat angenommen, dafs die im Blute kreisenden Bak, 
terien eine stärkere und schnellere Zersetzung bewirken. 
Die Fälle, die H. mitteilt, zeigen jedenfalls, dafs dem Auftreten des 
Zuckers bei Cholelithiasis eine diagnostische Bedeutung nieht zukommt. 
Ludwig Manasse- Berlin. 


Gleichzeitig mit Gichtanfällen auftretende Glykosurie bei 
einem Fall von Lungentuberkulose Von Dr. G. Schellenberz 
(Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 40.) 

Das gleichzeitige Auftreten von Gicht und Diabetes schwankt ıı 
weiten Grenzen, während v. Noorden bei 3° „ der Diabetiker Anny 
urica und bei 2,9°/, harnsaure Nierenkonkremente festgestellt hat, finden sich 
bei Franzosen und Eneländern, bei denen die Gicht viel stärker ver 
breitet ist, bis zu 30°, der Diabetiker mit Gicht behaftet. Von Giclt 
und Tuberkulose nahm man bisher an, dafs sie in einem gewissen Ant 
agonismus zueinander stehen, Gichtiker gelten im allgemeinen als sehr 
widerstandsfährg gegen Tuberkulose, wo gleichzeitig Tuberkulose vor 
kommt, hat sie den Charakter der fibrösen Form. 

Das gleichzeitige Auftreten von Tuberkulose, Gicht und Glykosune 
(nieht Diabetes) konnte Schellenberg bei einem 35 jährigen Maschinen- 
arbeiter in der Lunrenheilstätte Beelitz ı. M. beobachten. Der Patiext 
hielt sich wegen einer trockenen chronischen Tuberkulose der linken 
Lungenspitze mehrere Monate in der Heilstätte auf und bekam während 
dieser Zeit zwei typische Gichtanfälle im linken Mittelfulsgrolszehengelenk. 
Beim ersten Gichtanfall zeigten sich im Urin geringe Zuckermengen, die 
mit dem Abklingen des Anfalles verschwanden, während sich beim 
zweiten Anfall nur an einzelnen Tagen Zucker zeigte, aber nach dein 
Abklingen des Anfalls Zucker einive Tage nachher noch nachweisbar 
war. Ludwig Manasse- Berlin. 


Experimentelle Hypertrophie der Langerhansschen Pankreas- 
inseln bei der Phloridzinglykosurie, Von Paul Lazarus-Berln. 
(Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 38, Vereinsb.) 

Lazarus hat Meerschweinchen monatelang mit Phloridzin behandelt 
und sie dadurch diabetisch gemacht, die Tiere magerten ab, sie verloren 
vorwiegend an Muskulatur und Fettgewebe. Bei der Sektion fand sich 
in auffallendem Gegensatze zu dem sonstigen Gewebsschwunde eine 
Hypertrophie des Pankreas und der Nebennieren. Am Pankreas waren 
vor allem die Langerhansschen Pankreasinseln hypertrophisch. Ahnlich“ 
Resultate fand der Verfasser auch bei der Adrenalinglykosurie. Er mt 
geneigt, die Hypertrophie der Langerhausschen Inseln, denen er eine 
anatomische und funktionelle Selbständigkeit vindiziert, als antidiabetische 
Blutgefäfsdrüsen aufzufassen. In der Diskussion wurde von Lewandow:ky 
darauf hingewiesen, dafs Phloridzin schon im Blute eine Zuckerzerstörun: 
hervorruft, und dafs es nicht einzusehen ist, warum bei einer Hyporvkv 
surie eine Hypertrophie der Langerhansschen Inseln eintreten solle. In 
ähnlichem Sinne äulsert sich auch Mohr; einmal ist nach ibm der 


Harn- und Stoffwechsel. — Diabetes. 1047 


Phloridzindiabetes mit gröfster Wahrscheinlichkeit ein Nierendiabetes, 
aber selbst wenn er es nicht wäre, so ist nicht einzusehen, warum ein 
Diabetes zu stande kommen soll, wenn die Funktion (der Pankreasinseln), 
die bestimmt ist. zuckerzerstörend zu wirken, durch Hypertrophie des 
Pankreas noch gesteigert wird. Ludwig Manasse-Berlin. 


The acetonaemic conditions of children. Von F. Langmead. 
(Brit. Med. Journ.. Sept. 28. 1907.) 

L. kommt zu folgenden Schlüssen: 

l. Azeton und Diazetsäure findet man im Urin unter verschiedenen 
Bedingungen. Gleichzeitig kann, mufs aber nicht, Azidose bestehen. 

2. Zyklisches Erbrechen und verlängerte Wirkung der Anästhetika 
sind Beispiele für Azıdosis unbekannten Ursprungs. 

3. Verlängerte Wirkung der Anästhetika ist nicht so sehr abhängig 
von der Art des Anästhetikums, als von dem Grade der Anästhesie. 

4. Die Azetonkörper sind das Produkt einer unvollständigen Oxy- 
dation der Fette, weshalb man unter solchen Verhältnissen auf eine 
mangelhafte oxvdierende Kraft der Gewebe schlielsen muls. 

5. Der Beweis dafür wird außerdem durch das Verhalten der 
Leber geliefert. 

6. Wahrscheinlich ist die mangelhafte Oxydation mehr einer zu 
grolsen Fetizutuhr, als einem primären Defekt der oxydierenden Kraft 
zuzuschreiben. 

7. Es ist möglich, dafs dies unter dem Einfluls von Toxinen statt- 
findet, welche eine dem Phosphor ähnliche Wirkung haben. 

8. Die eigentliche Ursache für die Azıdsse bildet die Anhäufung 
von Vorläufern des Azetons, entweder infolge exzessiver Bildung oder 
mangelhafter Ausscheidung. 

9. Anästhetika sind für Patienten, bei denen Azidose besteht, ge- 
fährlich. von Hofmann- Wien. 


Zur Harnsäurefrage. Von W. Wiechowski. (Prager medizin. 
Wochenschr. Nr. 42 1907.) 

W. injizierte cinem 34 jährigen, gesunden Manne zirka ein Gramm 
harnsaures Natron subkutan. Es trat eine durch drei Tage andauernde, 
82%) der Zufuhr betragende Steigerung der Harnsäureausscheidung ein. 
Beim Säugetiere hingegen geht die Hauptmenge der eingeführten Harn- 
säure in Allantoin über und erscheint als solches im Harn. Subkutan in 
den menschlichen Organismus eingeführtes Allantoin wird ebensowenig 
zersetzt wie bei den übrigen Säugetieren. Während sich im Menschen- 
harn viel Harnsäurie und nur Spuren von Allantoin finden, ist beim 
Urin der übrigen Säugetiere das Umgekehrte der Fall. 

von Hofmann-Wien. 


Physiologie der Harnsäure und Behandlung der Gicht. Von 
O. Simon. (Wiener med. Wochenschr. Nr. 43 1907.) 


Die Harnsäure stammt teils aus eingeführten Purinkörpern, teils 


1045 Gonorrhoe und Komplikationen. 

aus Purinkörpern des eigenen Bestandes. Zu einem kleinen Teile wird 
sie auch synthetisch aus den verschiedensten Bruchstücken des Geramt- 
stoftwechsels aufgebaut. Da Eier und Käse von Purinkörpern frei sind, 
kann man dem Gicktkranken den Genuls dieser Nahrungsmittel ın unbe- 
gerenzten Mengen gestatten. Hingegen ist der Genuls von Bohnen uni 
Zwiebeln, von Bries, Milz und Leber wegen ihres reichlichen Purin- 
gehaltes dem Gichtiker zu untersagen. Gekochtes Rindtleisch enthält 
nur wenig Purinkörper und ist daher erlaubt. 

von Hofmann- Wien. 


Über das Vorkommen mydriatisch wirkender Substanzen im 
Harne. Von Prof. Dr. J. Pal-Wien. (Deutsche med. Wocheuschr. 1907, 
Nr. 42.) 

Ehrmann hat die mvdriatische Wirkung des Adrenalin auf das 
Froschauge zu seiner quantitativen Bestimmung und zu seinem Nachweis 
im Blut benutzt. Schur und Wiesel fanden, dafs das Blut der Nephri- 
tiker mydriatiseh wirke und konnten es im Serum durch die bekannte 
Adrenalinreaktion nachweisen. 

Pal untersuchte, ob mydriatische Substanzen auch im Harn zur 
Ausscheidung kommen. Seine Versuchsanordnung war dieselbe. wie sie 
Ehrmann benutzt hat, er liefs auf die enukleierten Augen von Rana 
temporaria und Hyla arborea bei diffusem Lichte den Harn verschiedener 
gesunder und kranker Menschen einwirken. Bei normalem Harn blieb 
die mydriatische Reaktion in allen Fällen aus, bei dem Harn der Ne- 
phritiker trat sie in 78°; bei anderen Krankheiten in 7°/p bei graviden 
Frauen in 33°, der Fälle ein. 

Weitere Untersuchungen sollen ergeben, welche Substanzen die Reak- 
tion hervorrufen und unter welchen Bedingungen sie zustande kommt. Es 
scheint sich um Adrenalin zu handeln. Ein Kontrollversuch, bei dem 
Adrenalin einem Hunde intravenös eingespritzt wurde, ergab, dats de 
Ausscheidung durch den Harn erfolgt. 

Ludwig-Manasse-Berlin. 


Influence of high-frequency currents on the urinary system. 
Von W. F. Sommerville. (Brit. Med. Journ., Sept. 14. 1907.) 

Aus S.s Untersuchungen geht hervor, dafs Hochfrequenzströme auf 
den Stoffwechsel einen günstigen Einflufs ausüben. Derselbe äufserte 
sich in Erhöhung der Urinmenge und Vermehrung der Stiekstotlaus- 
scheidung. von Hofmann-Wien. 


Ill. Gonorrhoe und Komplikationen. 


Die Bedeutung der Geschlechtsfunktion in der Therapie der 
Gonorrhoe beim Manne. Von E. Tauffer. (Archiv f. Dermatologie u. 
Syphilis, Bd. 85 u. 86.) 

Verf. hat, von der Beobachtung ausgehend, dafs anscheinend geheilte 
Gonorrhöen nach Pollutionen oder Coitus nicht allzuselten rezidivieren und 
dadurch den Beweis erbringen, dafs in den Drüsen noch lebensfähige 


Gonorrhoe und Komplikationen. 1049 


(sonokokken vorhanden waren, mit dem von Finger aufgestellten Dogma, 
zu dem durch den Coitus gesetzten Reiz nicht noch der Reiz der Be- 
handlung zuzufügen, nicht nur gebrochen, sondern er hat im Gegenteil gerade 
die im Anschluls an den Coitus erfolgte Behandlung für nutzbringend 
gefunden. Sobald die zweite Urinportion klar ıst und die akut entzünd- 
lichen Erscheinungen abgeklungen sind, lälst er die Patienten jeden 
dritten bis vierten Tag den Coitus mit Kondom ausführen, und rät ihnen, 
unmittelbar nach der Kohabitation bezw. Pollution eine Spülung mit 
Hg. oxyeyanatum 1:4000 vorzunehmen. Sobald als möglich soll alsdann 
die Instillation mit Arg. nitric. oder ein anderer für notwendig gehal- 
tener Eingriff gemacht werden. 

Die physiologische Entleerung des Drüseninhalts ist wertvoller, als 
die durch Fingermassage hervorgerufene und gibt den besten Schutz gegen 
Spontanrezidive. F. Fuchs-Breslau. 


Untersuchungen über die Propagation des Gonococcus in 
dem hinteren Teil der Urethra. Von Dr. Deschamps, Assistent an 
der poliklinischen Abteilung für Krankheiten der Harnwege im Spital 
Beaujon in Paris. (Allgem. Wiener med. Zeitung 1907, Nr. 36.) 


Das wichtigste Argument, das man gegen die lokale Behandlung 
der Gonorrhoe vermittelst ausgiebiger urethro - vesikaler Ausspülungen 
vorbringt, ist, dafs durch die Injektionstlüssigkeit oder durch Einführung 
des Katheters ein Zurückdrängen des (sonococeus in den hinteren Teil 
der Urethra möglich sei. Um in diese Frage Licht zu bringen, hat 
Verf. in der poliklinischen Abteilung des Dr. Bazy im Spital Beaujon 
folgende Versuche angestellt: Nachdem er eine Anzahl von Kranken 
ausgewählt hatte, die in den ersten Tagen ihrer ersten (ronorrhoe ge- 
kommen waren und noch keine lokale Behandlung erfahren hatten, 
spülte er den vorderen Teil ihrer Urethra mit zwei Litern sterilisierten 
Wassers aus, wobei er die Urethra komprimierte, um den Gonococeus 
nicht in den hinteren Teil derselben hinabzuschwemmen, und sammelte 
sogleich die erste Entleerung des Harnes; er wurde zentrifugiert und 
der Gonococeus im Bodensatz der Zentrifugation gesucht. Diese Ver- 
suche wurden bei 18 Kranken gemacht, von denen bei zweien erst zwei 
Tage nach der Infektion verflossen waren, bei zwei andern drei Tage, 
bei vier vier Tage, bei vier andern fünf Tage, bei einem acht Tage 
und bei einem neun Tage. Verfasser konstatierte das Vorhandensein 
von Gonokokken in der hinteren Urethra bei drei Kranken, die seit 
zwei Tagen infiziert waren, bei drei seit vier Tagen Infizierten, bei drei 
seit fünf Tagen, bei einem seit acht Tagen, endlich war bei einem seit 
zehn Tagen Infizierten die hintere Urethra frei. 

Man sieht also, dafs schon vom zweiten Tage der Gonorrhoe an 
der (zonococcus in den hinteren Teil der Urethra von selbst ohne ander- 
weitiges Zutun gelangt ist. 

Diese Tatsachen beweisen die Täuschung jener, welche die urethro- 
vesikalen Ausspülungen nach der .Janetschen Methode dafür verant- 
wortlich machen, dafs der (ronococeus in den hinteren Teil der Urethra 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 69 


1050 Penis und Harnröhre. 


und in die Blase gelangt; vielmehr beweisen diese Tatsachen die Nütz- 
lichkeit des Verfahrens, von Anfang an die Urethra ihrer ganzen Länge 
nach durchzuspülen, da der Gonococcus schon am zweiten Tage der 
Infektion bereits in den hinteren Teil der Urethra hinabgestiegen sein 


kann. Kr. 


Beiträge zur Patholozie und Therapie der gonorrhoischen 
Pyelitis. Von Dr. Sellei und Dr. Unterberg-Budapest. (Berl. klin. 
Wochenschr. 1907, Nr. 35.) 

Nach den Beobachtungen und Erfahrungen der Verff. entsteht die 
gonorrhoische Pyelitis niemals auf hämatogenem Wege, sondern ist stets 
der Abschlufs eines aszendierenden Prozesses; immer geht demselben eine 
Cystitis voran, im Gegensatz zur tuberkulösen Pvelitis und Pyelonephritis. 
bei welcher meist die Niere primär erkrankt und erst sekundär Cystitis 
hinzutritt; selten auch, und dann nur sehr langsam, geht bei der gonorrhoi- 
schen Pyelitis der Prozefs auf das eigentliche Nierengewebe über. 
Zweifellos kann der Gonococcus allein Pyelitis hervorrufen, in der Mehr- 
zahl der Fälle handelt es sich jedoch um eine Mischinfektion. Meist ist 
die Affektion einseitig. Was die Diagnose anbetritit, so ist sie aus den 
klinischen Symptomen meist nicht sicher zu stellen: weder Temperatur- 
steigerung, noch Schmerzen noch Palpationsbefund sind charakteristisch 
und eindeutig; am konstantesten ist die Polyurie und Pyurie; sicheren 
Aufschlufs gibt nur der Ureterenkatheterismus, der unter sorgfältigen 
Kautelenauswaschung der Uretlira, Massage der Prostata, gründliche Aus 
spülung der Blase, keine Berührung der Blasenschleimhaut mit dem 
Ureterenkatheter — vorzunehmen ist. In fünf von den Verff. beobach- 
teten und beschriebenen Fällen fand sich einmal reine Gonokokkeninfek- 
tion, einmal Gonokokken und andere Bakterien, dreimal Mischinfektion 
ohne Gonokokken; am häufigsten kamen Kolibazillen vor. Der Eiweils- 
gehalt des Urins entsprach immer ungefähr der Quantität des Eiters. 
Der Urin war viermal sauer, einmal alkalisch. 

Was die Therapie anbetrifft, so heilt die gonorrhoische Pyelitis in 
den meisten Fällen durch Ruhe und interne Medikation aus. Nur wo 
diese im Stich läfst, ıst das Nierenbecken mittelst des Ureterenkatheter: 
auszuspülen, und zwar werden 5 bis höchstens 10 ccm Flüssigkeit mehr- 
mals hintereinander eingespritzt und herausgelassen; zu benutzen ist Bor- 
säure- oder 1 prom.-Argentum- oder 1—2 proz. Kollargollösung. Diese 
Behandlung ist wochentlich 1—2 mal zu wiederholen und führt zu einer 
baldigen Heilung. Paul Cohn-Berlin. 


IV. Penis und Harnröhre. 


Du priapisme prolongé. Von F. Terrier und Ch. Dujarier. 
(Revue de Chirurgie 1907, 5, p. 713.) 

Von den seltenen Fällen von essentiellem Priapismus, d. h. von länger 
dauernder Erektion des männlichen Gliedes obne Wollustgefühl und ohne 
erkennbare Atiologie (Rückenmarks- oder Gehirnleiden, Leukämie) wer 


Penis und Harnröhre. 1051 


den in letzter Zeit mehrere mitgeteilt. So hat Lohnstein am 14. März 1906 
einen Patienten mit diesem Leiden in der Berliner Medizinischen Ge- 
sellschaft vorgestellt, und neuerdings berichten Terrier und Dujarier 
folgenden Fall: Ein 31 jähriger Arbeiter, dem vor Jahren wegen einer 
komplizierten Fraktur der linke Oberschenkel amputiert worden war, er- 
wacht drei Tage nach einem sechsfach ausgeführten Coitus in der Nacht 
mit einer Erektion ohne Wollustgefühl, die nicht zurückgeht, nach sieben 
Stunden aber heftig zu schmerzen anfängt; kein Ausfluls. Nach zwei 
Tagen liegt der erigierte Penis der Bauchwand an. Nur die Corpora 
‘avernosa penis sind hart gespannt, ausgedehnt, deutlich fluktuierend 
unter hohem Druck. Corpus cavernosum urethrae und Eichel sind weich. 
Penishaut etwas rosa und geschwellt, oberflächliche Venen normal. Heftige 
Schmerzen sowohl spontan, als besonders bei versuchten Bewegungen. Nichts 
Patholosisches an den Genitalorganen, dem Nervensystem, im Blut und 
im Harn. Schlieflslich mufs der Patient wegen Harnretention katheteri- 
siert werden. Das rechte Corpus cavernosum schwillt an, der Penis 
neigt sich nach links. Da die symptomatische Behandlung (Narcotica) 
nichts hilft, Operation nach sechs Wochen. Das linke und rechte Cor- 
pus cavernosum wird 2 cm lang inzidiert, es entleert sich dunkles. 
dickes Blut ohne Gerinnsel, der Penis wird weich. Naht. Im Blute 
Colibazillen. Die Naht rechts hält nicht; nach sechs Wochen besteht 
noch eine Fistel, nach deren Erweiterung viel Eiter abfliefst und ein 
Teil des Corpus cavernosum ausgestolsen wird. Heilung. Weitere Nach- 
richten fehlen. 

Man unterscheidet ätiologisch: den nervösen, traumatischen, entzünd- 
lichen, leukämischen und idiopathischen Priapismus. Meist löst sich 
der Priapismus nach längerer Zeit spontan, doch leiden die Patienten 
sehr. Arzneimittel helfen nichts. Zwei Fälle verliefen tödlich. Ob 
man chirurgisch eingreifen soll, ist noch nicht entschieden. Von zehn 
operieitten Kranken hatten drei gute Funktion; von 38 symptomatisch 
Behandelten aber auch nur drei, weil die ohne Operation eintretende 
fihröse Y'mwandlung des Corpus cavernosum die Erektion unschädlich 
macht. Die sorgsame Naht der Albuginea ist, um Verwachsungen zu 
verhindern, notwendig. Mankiewicz- Berlin. 


Some malformations of the penis. Von G. H. Edington. (Brit. 
Med. Journ., Sept. 2. 1907.) 

E. hat innerhalb der letzten 6 Jahre 54 Fälle von Mif-bildung des 
Penis beobachtet. Er gelangt zu folgenden Sehlüssen: 

1 Hypospadia glandis bildet die häufigste Form von Mifsbildungen 
des Penis. 

2. Mifsbildungen der Raphe sind häufig mit Hypospadie verbunden, 
doch können beide Formen unabhängig voneinander bestehen. 

3. Phimose findet sich bei Hypospadie ziemlich häufig. 

4. Mifsbildung der Raphe kann für sich allein existieren, doch 
finden sich für gewöhnlich noch andere Entwicklungsstörungen. 

5. Torsion des Penis ist immer mit Milsbildung der Raphe ver- 
bunden. 

so“ 


1052 Penis und Harnröhre. 


, 
6. Hernien oder Hydrocelen scheinen mit der Entwicklung dieser 
Mifsbildungen nicht im Zusammenhange zu stehen. 
7. Die Deviation der Raphe hat vermutlich keinen Einfluls auf die 
Gestalt der Urethra. . von Hofmann-Wien. 


Diphtheria of the glans penis following circumeision. Von 
R. O’Brien. (Brit. Med. Journ., Oct. 5. 1907.) 

Bei dem 13 monatigen Patienten hatte sich im Anschlufs an die 
Zirkumzision eine membranöse Entzündung der Eichelwunde eingestellt. 
Bei der mikroskopischen Untersuchung eines Strichpräparates fund man 
Löfflersche Bazillen. von Hofmann-Wien. 


A. New Operation for Penile Hypospadias. Von Rupert T.N\. 
Bucknall. (The Lancet, Sept. 28.) 

Das neue Operationsverfahren, das Bucknall bei drei Kindern 
mit bestem Erfolge erprobt hat, zerfällt in zwei Teile: 

L Der Penis wird nach oben an das Abdomen, das Skrotum nacb 
unten zwischen die Schenkel gezogen, so dafs die Rinne der Hypospadie 
und die Mündung der Urethra in der Mittellinie liegen; jetzt werden 


zwei Inzisionen — parallel der Mittellinie an der Glans beginnend und 
bis zur Wurzel der Urethra fortgeführt — II, Zoll an jeder Seite von 


der Mittellinie entfernt angelegt. Diese Inzisionen werden über das 
Skrotum verlängert, bis sie, vom falschen Meatus an gerechnet, eben«o 
lang sind wie die vom Meatus bis zur Glans. Auf diese Schnitte wer- 
den oben und unten rechtwinklig zwei neue Schnitte !;, Zoll lang auf- 
gesetzt; diese beiden markierten Hautstreifen werden abgelöst und in 
ihrer ganzen Länge nach auswärts gerollt; sie werden mit Pincetten 
festgehalten und der Penis umgeklappt um eine Achse, ‘welche durch den 
falschen Meatus geht. Auf diese Weise bildet der Hautstreifen am 
Penis das Dach, der am Skrotum die Wand der neuen Urethra. Jetzt 
wird der Penis durch Nähte an das Skrotum befestigt; diese Nähte 
fassen den Hautstreifen des Penis und den Streifen des Skrotums, ohne 
las Lumen der neuen Urethra zu passieren, um die Epithelränder der 
neuen Urethra ohne eine störende Naht einander zu nähern. Um ein 
Falten der Nähte zu vermeiden, sind dünne Gummiröhrchen unter die 
Nähte gelegt, über welche sie geknüpft werden; ein Katheter wird durch 
die neue Urethra geschoben, um ein Durchnässen der frischen Gewebe 
zu verhindern. Dieser Katheter wird am vierten Tage entfernt. 

2. Nach 14 Tagen werden die Nähte entfernt, man schreitet nach 
drei bis vier Wochen zur zweiten Operation. Der Penis mit der neuen 
Urethra wird vom Skrotum losgelöst, wobei die seitlichen Hautstreifen 
schonend mit abgelöst werden. Nun werden neue Streifen vom Skrotum 
gebildet und die Wunde am Skrotum durch Naht geschlossen. 
| Die Nachteile des Verfahrens liegen darin, dafs es nur anwendbar 
ist, wenn das Skrotum nicht gespalten ist: ferner mufs man daran 
denken, dafs an der Wand der Urethra, welche aus Skrotalhaut gebildet 
ist, Haare wachsen können. Danelius-Berlin. 


Penis und Harnröhre. 1053 


Epispadias f&minin. Von Gaston Cotte. (Société des sciences 
medicales de Lyon, 15. V. 1907. Lyon medical 1907, 35, p. 356.) 


Ein ö!/,jähriges Mädchen leidet an kompletter Inkontinenz in 
allen Körperlagen. Unter dem Schambein findet sich an Stelle der 
Commissura anterior der Vulva ein Trichter, der dauernd Urin ab- 
träufeln läfst. Die Öffnung liegt über einem knopfartigen Gobilde; 
die Clitoris ist geteilt, ihre Hälften sind seitlich in dem oberen Teile 
der kleinen Schamlippen erkennbar. Die kleinen Schamlippen selbst 
divergieren im oberen Abschnitt und bilden die Erhebung der Clitoris 
nicht. Die grofsen Schamlippen gehen oben auseinander und verlieren 
sich in der Bedeckung des Mons Veneris. Die obere Wand der Harn- 
röhre fehlt und es besteht eine Ektopie dieses Kanals unter dem Genital- 
knopf, d.h. die beiden Hauptpunkte der Epispadie sind vorhanden. Die 
Symphyse erscheint bei Palpation normal, die Röntgenuntersuchung weist 
ein beträchliches Auseinanderweichen der Schambeine nach. Die Urethro- 
skopie unter Anästhesie zeigt den gänzlichen Mangel der oberen Harn- 
röhrenwand bis zur Blase; die vordere Blasenwand, die Ureteren usw. 
sind normal. Die Blasenhöhle ist nur klein, wuhl weil der Harn 
dauernd abfliefst. Am Hymen zeigen sich zwei Öffnungen, von denen 
jede in eine besondere Scheide führt. Es handelt sich um eine Ano- 
male der Entwicklung der Membran der Kloake und der supraurethralen 
Gewebsschicht. Je nach dem Grad der Anomalie kann man verschiedenartige 
Milsbildungen beobachten, von der Epispadie der Clitoris bis zur sub- 
symphysären Exstrophie. Chirurgisch fallen alle diese Arten unter eine 
Art der Behandlung: man muffs versuchen, eine Harnröhre zu formen 
und der Vulva ibr normales Aussehen zu verschaffen. Bis jetzt sind 
nur 25 Fälle dieser Art bekannt. Verff. werden versuchen, das Kind 
von seiner Anomalie zu befreien. Mankiewicz- Berlin. 


Ein neues Penis-Verbandsuspensorium. Von. Dr. Amende. 
(Berl. klin. Wochenschr. 1907, Nr. 36.) 


Das neue Suspensorium besteht aus dem Leibgürtel, dem Hüftgürtel, 
den Schenkelbändern, dem Suspensoriumsack für den Hoden, an dessen 
innerer Fläche sich die zur Aufnahme des Penis bestimmte, aufklapp- 
bare Tasche befindet, und den Suspensionsbändern. Der Hauptvorzug der 
Bandage soll in der Möglichkeit bestehen, aufser der Suspension alle 
Arten von Verbänden um den Penis zu legen, ohne dafs derselbe gedrückt 
wird und dafs er vor allen Läsionen und Erschütterungen geschützt ist. 
Zur Miktion werden die Aufhängebänder abgehakt und das Suspensorium 
nach vorn geklappt, zweckmälsig wird ein Uringläschen dabei benutzt. 
Der Verband ist indiziert bei den verschiedenen Arten der Ulcera penis, 
besonders wenn sie mit Phimose kompliziert sind oder das Auftreten einer 
solchen zu befürchten ist, ferner bei den verschiedenen Operationen am 
Penis, mit Zirkumzision, Meatotomie u. dgl. Meist brauchen die Patienten 
dabei ihre berufliche Tätigkeit nicht einzustellen. Das Suspensorium ist 
durch die Firma Dr. Rudolf Reifs, Berlin N., Chausscestralse 48, zu be- 
ziehen. Paul Cohn- Berlin. 


1054 Penis und Harnrölhre, 


Ein Beitrag zur subkutanen Zerreilsung der Harnröhre. Von 
Dr. Josef Bogdanik, Primararzt am St. Lazarus-Landesspital in Krakau. 
(Wiener med. Presse 1407, Nr. 38.) 


Subkutane Harnröhrenzerreilsungen entstehen entweder durch direktes 
Auffallen rittlings auf einen harten Gegenstand oder durch Quetschung 
des Beckens beim Überfahrenwerden, bei Verschüttungen usw. Die Pars 
bulbosa oder membranacea wird dabei ohne Kontinuitätstrennung der 
Haut gegen den unteren Rand der Sympbyse angedrückt. Die Harm- 
röhre kann dabei entweder nur gequetscht werden oder sie wird partiell 
oder ganz zerrissen, ohne dafs die Haut irgend eine penetrierende, 
blutende Wunde aufweist. Bei der Untersuchung finden wir häufig nur 
eine schmerzhafte Anschwellung und Blutunterlaufung in der Gegen«dl 
des Danımes, welche bald grölser, bald kleiner ist. Manchmal kann m an 
Fluktuation nachweisen, während die Blutung aus der Hamröhre voll- 
kommen fehlt und die Harnabsonderung ungehindert von statten geht- 
Wenn aus der Harnröhre Blutträufeln entsteht, wenn die blutige Harn- 
entleerung mit Schmerzen vor sich geht oder ganz unmöglich wird, dann 
erst treten für den Kranken und auch für den Arzt beunnbigesr le 
Symptome auf. Die Anschwellung am Damme nimmt an Umfang zu, 
die Blutunterlaufung erstreckt sich aufs Skrotum, den Penis, die 
Schenkelbeugen und auf die Bauchdecken. In diesen Fällen sol die 
Digitaluntersuchung per rectum nicht unterlassen werden. Man fibs It 
dann neben der Prostata eine schmerzhafte teigige Änschwellung. Drü ckt 
man sie etwas stärker mit dem Finger, so kommen aus der Hamöbre 
Bluttropfen hervor. Dieses ist ein sicheres Symptom, dafs die Schlei x12- 
haut der Harnröhre eingerissen ist. Oft fehlt aber die Blutung; man 
kann daraus keinen sicheren Schlufs auf die Schwere oder Harmlosigk € 1t 
der Harnröhrenverletzung ziehen. Ein wichtiges und den Kranken sehr 
beunruhigendes Symptom ist die Harnverhaltung mit den damit verbu n - 
denen Beschwerden. Es fehlt nur bei den ganz leichten Kontwionen 
der Harnröhren, fehlt dagegen selten bei den partiellen Zerreifsungen und ı-t 
stets bei totaler Zerreilsung der Harnröhre vorhanden. Die zerrissep en 
Teile der Harnröhrenschleimhaut weichen weit auseinander, Bluteoagrr1: 
sammeln sich rasch an, durch welche die Stümpfe der Harnröhre noch 
mehr disloziert werden. Wenn der Kranke in solchen Fällen nicht wfort 
ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt, kommt es zu Harninfiltration und 
Sepsis, welche dann trotz ausgiebiger Einschnitte rasch zum Tode führt‘ 
in seltenen Fällen bilden sich Harnfisteln. Sofortige ärztliche Hilfe er 
daher unbedingt notwendig. Wenn das Eiweils nur unbedeutend ist. UP 
sich ein elastischer Katheter einführen läfst, mu/s er à demeure belasse! 
werden. Umgang kann man vom Katheterisieren nur in jenen leichte" 
Fällen von subkutaner Harnröhrenzerreifsung nehmen, wo der Krank? 
den zwar etwas bluthaltigen Harn spontan gut entleeren kann, wenn der 
Harn sonst normal ist. Nicht zersetzter Harn infiziert die Wunde nic” 
wenn keine Retention desselben in der Wunde vorkommt. Es empfi® Si 
sich in diesen Fällen, dem Kranken Helmitol — 3,0 pro die — zu ver 
abreichen und die Harnröhre höchstens mit sterilem Wasser einige + ale 


Penis und Harnröhre. 1055 


täglich auszuspülen. Nach einigen Wochen hört die Blutbeimengung auf 
und das Urinieren wird wieder normal. 


Der Kranke wird aber beobachtet, damit sofort eingegriffen werde, 
wenn eine schmerzhafte Schwellung der Perinealgegend als Zeichen einer 
Harninfiltration auftritt, das Urinieren erschwert oder ganz unmöglich 
wird, Schüttelfröste auftreten. In diesen Fällen wird zuerst vorsichtig 
das Einführen eines stärkeren elastischen Katheters versucht, es darf 
aber keine Gewalt angewendet werden. Es dürfen auch keine Versuche, 
wie bei einer Striktur der Harnröhre, etwa mit filiformen Bougies, vor- 
genommen werden. Der Dauerkatheter wird nur dann eingeführt, wenn 
dies ohne (rewaltanwendung gelingt. Aber auch in jenen Fällen, wo es 
gelingt, den Dauerkatheter einzuführen, ist die Sache noch nicht immer 
behoben. Auch in diesen Fällen kommt es vor, dals der ganze Harn 
durch den Katheter nicht entleert wird, dafs er zwischen dem Katheter 
und der Harnröhre durchsickert und das Gewebe infiltriert, indem er in 
die zerrissenen Stellen zwischen die Wundränder der Harnröhre eindringt. 
Wenn jedoch der Katheterismus Schwierigkeiten bereitet, so ist anzu- 
nehmen, dafs die Harnröhre im Ganzen zerrissen ist. In diesem Falle 
ist die Urethrotomia externa angezeigt. Um die Harnverhaltung zu be- 
seitigen, kann zuerst die Blasenpunktion versucht werden. Wenn Blut- 
harnen besteht, die Schwellung am Damme zunimmt und der Harn nicht 
entleert werden kann, ist ungesäumt die Urethrotomie am Damme vor- 
zunehmen. Sie ist auch angezeigt, wenn der Harn neben dem Dauer- 
katheter durchsickert und das Zellgewebe infiltriert, auch in Fällen, wo 
bereits eine Harpfistel entstand. Die Urethrotomie vom Damm aus wird 
in Steinschnittlage vorgenommen. Das Perineum wird in der Mittel- 
linie eingeschnitten, nachdem vorher in die Harnröhre bian das Hin- 
dernis ein Katheter vorgeschoben worden ist. In frischens Fällen 
kann man die zerrissenen Engen der Harmröhre über dem Katheter 
durch die Naht vereinigen. Wenn das Einführen des Katheters mils- 
lingt und die Blase stark gefüllt ıst, kann die Blasenpunktion vorge- 
nommen werden, oder es wird die hypogastrische Cystotomie vorgenommen 
und der Katheter retrograd von der Blase aus eingeführt. Man kann 
auch die perineale Wunde mit Gaze ausfüllen und nach einigen Tagen 
die zentrale Mündung der Harnröhre aufsuchen und den Katheterismus 
vornehmen. 


In veralteten, glücklich ausgeheilten Fällen kommt es zur Harn- 
fistelbildung. Der Sitz der Fistel ist gewöhnlich am Mittelfleische. In 
diesen Fällen wird ebenfalls die Urethrotomia externa vorgenommen, ein 
Verweilkatheter belassen, worauf die Fistel zur Heilung gebracht wird. 
Nachträglich wird durch Bousieren der Harnröhre einer Struktur vor: 
gebeugt. 


Verf. berichtet über 4 Fälle von subkutaner Zerreifsung der Harn- 
röhre in verschiedenen Stadien, die er ın der letzten Zeit zu beobachten 
Gelegenheit hatte. Kr. 


1056 Hoden und seine Büllen, Samenleiter und Samenblasen. 


V. Hoden und seine Hüllen, Samenleiter und Samenblasen. 


A discussion on the diseases and displacements of the testicle. 
Von d'Arcy Power, R. Howard und W. E. Dixon. (Brit. Med. Journ. 
Sept. 21. 1907.) 

Power besprieht zunächst die Tuberkulose des Hodens, speziell bui 
Kindern. Er hält diese Erkrankung für häufiger. als gewöhnlich angenommen 
wird. Auch die Syphilis des Hodens ist nach P. bei Kinden micht 
allzu selten. Von weiteren Hodenerkrankungen bespricht P. die Teratume. 
welche zu den grölsten Seltenheiten gehören, die malignen (seschwäülkte, 
sowie den mangelhaften Descensus testiculi. Bei letzterem trachtet P. 
im allgemeinen den Hoden an die richtige Stelle zu bringen: macht 
aber dies Schwierigkeiten, so entfernt er den Testikel ohne weiteren. 
Weiterhin schildert P. noch zwei Fälle von akuter Torsion des Ho- 
dens und gibt zum Schlusse eine kurze Darstellung der Hydrocele. 

Howard hat die Torsion des Hodens an der Hand von 11 sellst 
beobachteten Fällen genauer studiert. Er gibt eine eingehende Schil- 
derung der anatomischen Verhältnisse, der Pathologie und der Therapie 
dieses Leidens. Aulserdem bringt H. noch die Krankengeschichte eines 
29 jährigen Patienten. bei welchem der retinierte rechte Hoden sarkomatos 
degenerierte und entfernt werden mulste. 

Dixon bespricht die Organotherapie bei Erkrankungen des Hodens. 

Eules hält die Resultate der skrotalen Orchidopexie nicht für sehr 
ermutigend. Er ist der Meinung, dals in manchen Fällen die Fixation 
des Hodens im Abdomen, und zwar im extraperitonealen Gewebe, en 
fehlenswert sei. 

Edington macht einige Bemerkungen über die Tuberkulose des 
Processus vaginalis. 

Mummery hält die Mehrzahl der Hodenschwellungen bei Kindem 
für tuberkulöser Natur, ° 

Corner ist der gleichen Ansicht. 

Brook möchte die Aufmerksamkeit auf das primäre Sarkom der 
Tunica vaginalis lenken. 

Lee hat nie einen Fall von Tuberkulose des Hodens bei Kindern 
beobachtet. 

Tucby macht auf den schon von Power betonten Zusammenhang 
zwischen Hodentuberkulose und Karies der Wirbelsäule bei Kindern 
aufmerksam. von Hofmann-Wien. 


Akute Orchitis durch Pyocyaneusinfektion. Von Dr. Martin 
Hirschberg-Berlin. (Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. +3.) 

Der Pyocyaneus hat lange Zeit als ein verhältnismäfsig unschuldiger 
Bazillus gegolten, im Laufe der Jahre haben sich aber die Fälle gemehrt, 
in denen er sich nicht nur als Eitererreger erwies, sondern auch den 
Anlals zu schwerer tödlicher Sepsis gegeben hat. 

Hirschberg berichtet in der vorliegenden Arbeit über eine Pyo- 
eyaneusinfektion, die auf den Hoden beschränkt blieb. Sie betraf einen 
Patienten, der nie zuvor geschlechtlich erkrankt war und der auch kurz 


Hoden und seine Hüllen, Sameuleiter und Samenblasen. 1057 


zuvor keine Parotitis durchgemacht hat. Er kam mit den Erscheinungen 
einer Jinksseitigen Hodenschwellung auf die dermatologische Abteilung 
des Rudolf Virchow-Krankenbauses. Die Schwellung ging bei der üb- 
hebhen Behandlung nicht zurück, der Patient bekam Fieber von remit- 
tierendem Typus. Am sechsten Tage wurde eine Inzision gemacht, bei 
der sich das Cavum der Tunica vaginalis mit gelberünen fast weichen 
fibrinösen Massen angefüllt erwies, während das Hodenparenchym selbst 
unverändert war. Die bakteriologische Untersuchung bestätigte die An- 
nahme, dafs es sich um Pyocyaneus handelte. Die Heilung erfolgte 
glatt. Die Invasionsstelle des Entzündungserregers war nicht aufzufinden. 
auch die Untersuchung der Frau auf Pyocyaneus in der Scheide ergab 
ein negatives Resultat, ebenso erwies sich die Urethra des Patienten 
frei davon. Ludwig Manasse- Berlin. 


Über antiperistaltische Bewegung des Vas deferens und die 
Behandlung der akuten gonorrhoischen Urethritis posterior. Von 
C. Schindler. (Archiv f. Dermatologie u. Syphilis, Bd. 85 u. 86.) 


Für die blitzartige Entsteliung einer Epididymitis nach einer Prostata- 
massage, Guyonsche Instillation oder ‚Janetscher Spülung hat man schwer 
eine Erklärung finden können. Erst durch die Experimente von Oppen- 
heim und Loew (Virchows Archiv, Band 182, 1905), die nachwiesen, 
dafs das Vas deferens, wenn es selbst oder das Caput gallinaginis mecha- 
nisch oder elektiisch gereizt wird, antiperistaltische Bewegungen zeigt. 
ist ein Verständnis für diesen Zusammenhang angzebalınt worden. Dafls 
diese Autoren auf Grund ihrer Versuche den Fingerschen Standpunkt, 
bei eingetretener Epididymitis von jeder lokalen Behandlung Abstand zu 
nehmen und bei akuter Urethritis posterior instrumentelle Eingriffe zu 
vermeiden, zu dem ihrigen machten, war nicht verwunderlich. 


Verf. verfieht die Ansicht der Neisserschen Schule. dafs trotz ein- 
getretener Komplikation durch Epididymitis und Urethritis posterior mit 
der lokalen Behandlung nicht aufgehört werden dürfe. Bei richtiger 
Technik, passender Konzentration der Spülflüssigkeit und Vorsicht bei 
der Prostatamassage sei in zahllosen Fällen keine Schädigung zu ver- 
zeichnen gewesen. Besonders macht er darauf aufmerksam, dafs der 
Guyonsche Katheter immer nur bis gerade hinter den Schlielsmuskel ein- 
zuführen ist, da bei einem weiteren Vorschieben desselben das Capnt 
gallinarinis einem unnötigen Drucke ausgesetzt wird. Im Gegenteil 
macht Verf. nach den Breslauer Erfahrungen der exspektativen Methode 
den Vorwurf, dafs durch sie geradezu Epididymitiden entstehen. 


Nach des Ref. Ansicht liegt auch hier. wie immer die Wahrheit, 
in der Mitte Es wäre ebenso unrichtig, in allen Fällen schablonen- 
mälsig abzuwarten oder aktiv vorzugehen. Man kann das eine tun, ohne 
das andere zu lassen. Die genaue Beobachtung des Krankheitsverlaufs 
wird dem mit diesen Dingen vertrauten Arzte die Richtschnur für sein 
Handeln sein. F. Fuchs-Breslau. 


1058 Prostata. 


VI. Prostata. 


A Comment on the X Ray as applied to prostatic Enlarge- 
ment. Von L. Bolton Bangs, M. D. (Medical Record, June 1907, New 
York.) 

Verfasser beschreibt die Krankengeschichte eines Mannes, der seit 
10 Jahren an Hypertrophie der Prostata leidet: trotzdem er durch den 
regelmälsigen Katheterismus und den Gebrauch von Sonden eine wesent- 
liche Besserung seines Leidens erfuhr, begann er auf fremden Rat hin 
eine Behandlung mit X-Strahlen; sie erstreckte sich vom März 1905 
mit Intervallen bis zum Ende 1906 resp. März 1907. Wenngleich der 
Kranke an eine Besserung glaubte, bestanden die Symptome fort. und 
die objektive Untersuchung ergab folgenden Befund: 

Miktion jede zwei bis drei Stunden, nachts zweimal mit Tenesmus. 
die Prostata war viermal so grob als normal (grofser Median- und 
rechter Seitenlappen), grofse Quantitäten sterilen Residualharnes, schwerer 
Tenesmus mit Incontinentia alvi. 

Die Besserung während der Behandlung mit X-Strahlen war aise 
nur der suggestiven Wirkung der Therapie zuzuschreiben. 

Danelius-Berlin. 


A further series of cases of total enucleation of the enlarged 
prostate, and a review of 482 operations. Von P. J. Freyer. iBrit- 
Med. Journ., Oct. 5. 1907.) 

F. berichtet über 107 Fälle von Prostatahypertropbie, welche er 
seit seiner letzten Publikation (9. März 1907, Brit. Med. Journ.) nach 
seiner Methode operiert hat. Unter diesen 107 Operationen sind 
Todesfälle zu verzeichnen. Von sämtlichen bis jetzt operierten (+32) 
Patienten starben 29 (7°/,). F. betont abermals, dafs die Heilung eın® 
dauernde ist. von Hofmann-Wien- 


The indications for prostatectomy. Von J. Pardoe. Brit. M ed. 
Journ., Oct. 5. 1907.) 

P. kommt zu folgenden Schlüssen: 

1. Wegen Karzinoms sollen Operationen an der Prostata nur „an? 
zu Beginn der Erkrankung oder behufs Drainage vorgenommen werder- 

2. Bei der fibromatösen Form der Hypertrophie sollte, falls H ar 
beschwerden bestehen, die partielle oder totale Prostatektemie vor={®” 
nommen werden. 

3. Bei sehr alten Leuten, welche den Katheter gut vertragen, ersch e 
cin operatives Eingreifen nicht nötig. f 

4. Das Katheterleben bietet in der Mehrzalıl der Fälle zahlreiche 
Unannehmlichkeiten und Gefahren. In solchen Fällen ist ebenfalls dıe 
möglichst früh vorzunebmende Enukleation das beste Verfahren. IE 
suprapubische Operation ist vorzuziehen. 

5. Die Operation ist auch bei schwer infizierten und herunter@@” 
kommenen Patienten auszuführen. von Hofmann-Wıen. 


ınt 


Blase. 1059 


VII. Blase, 


Die:Sehrumpfblase und ihre Behandlung (Darmplastik). Von 
Prof. W. Kausch, Direktor der chir. Abteilung des Schöneberger Kranken- 
hauses. (Arch. f. klin. Chir., Bd. 83, Heft 1 1907.) 


Die abnorm kleine Blase kann durch sehr verschiedene Ursachen ent- 
stehen. Aufserordentlich selten ist der Zustand angeboren. Weit häufiger ist 
die kleine Blase erworben. Selten ist der tonische Krampf der Blasenmuskula- 
tur, der nur bei Neurosen, Hysterie und Neurasthenie beobachtet wird. Selten 
führen auch aufserhalb der Blase sich abspielende entzündliche Prozesse, 
Peri- und Paracystitis, zur Verkleinerung des Organes. Am ehesten 
wird dies bei entzündlichen Prozessen des Beckenbindegewebes der Frau 
beobachtet. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich dabei um eine 
Verzerrung der Blase, wodurch deren Fassungsvermögen verkleinert wird, 
nicht um eine wirkliche Verkleinerung der Wand, die indes auch vor- 
kommen kann. 

Dafs die Blase von aufsen her komprimierende oder in ihr befind- 
liche Tumoren, ferner grolse Blasensteine ihre Kapazität verkleinern 
können, ist selbstverständlich. Namentlich beobachtet man dies bei 
Blasensteinen der Kinder. 

Die weitaus häufigste Ursache der abnorm kleinen Blase ist die 
Cystitis. Die Verkleinerung kann auf zwei Wegen erfolgen. Der eine 
ist die konzentrische Hypertrophie der Muskulatur, verbunden mit starker 
Trabekelbildung. Die Blase behält dabei, von aufsen betrachtet, ihre 
normale (iröfse oder ist wenig verkleinert. Ihre Wand aber ist derart 
verdickt, dafs ein abnorm kleiner Hohlraum resultiert. 

Weit häufiger entsteht die kleine Blase aber durch regelrechte 
Schrumpfung der Wand infolge einer interstitiellen Cystitis, die von der 
Schleimhaut auf die Muskulatur übergeht. In diesen Fällen erscheint 
die innere Wand der Blase, im Gegensatz zu der eben beschriebenen 
Form, glatt, die Wand ist in toto nicht oder wenig verdickt. Die 
Muskulatur ist vollständig oder annähernd vollständig zugrunde gegangen 
und in starres Bindegewebe verwandelt, dementsprechend ist die Elastizität 
der Wand vermindert. 

Es kann, wie es scheint, jede Form der Cystitis zur Schrumpfblase 
führen, die gewöhnliche, die auf Steinleiden berubende, die tuberkulöse 
und die gonorrhoische, die auf Prostatahypertrephie, Strikturen und 
Fisteln zurückzuführende. Jedenfalls ist die Schrumpfblase die bei 
weitem häufigste Ursache der abnormen Kleinheit des Organs. 

Die Symptome der Schrumpfblase gehen ihrem Grade parallel. In 
den hochgradigsten Fällen, die beobachtet wurden, betrug die Kapazität 
der Blase 10 ccm. Aber auch bei etwas höherem Fassungsvermögen, 
bis zu 20 und 30 ccm, pflegt der Urin andauernd abzuträufeln. Beträgt 
die Kapazität 50 ccm und darüber, dann besteht meist keine Inkontinenz. 
Die Entleerung erfolgt in der Regel stofsweise, häufig allerdings mit 
Nachträufeln verbunden. Schmerzen sind bald vorhanden, bald nicht, 
es richtet sich das danach, ob der primäre Entzündungsprozefs bereits 
abgelaufen ist oder ob neue, sekundäre, bestehen. Es scheint bei einer 


1069 Blase. 


solehen Schrumpfblase andauernd eine Neigung zum Aufllackern des 
Entzündunesprozesses vorzuliegen. 

Die Diagnose der kleinen Blase läfst sich in der Regel leicht 
stellen. Die angeführten charakteristischen Beschwerden, die Feststellung 
der geringen Kapazität der Blase bei Füllung mit dem Katheter Gu: 
nügen, wenn durch die Sondierung und das Röntgenverfahren kein 
erölserer Stein nachgewiesen werden kann. Natürlich wird man stet> 
die Cystoskopie versuchen, und bei einer Kapazität von 50 — SU ccm 
gelingt sie auch meist. 

Die gröfsten diagnostischen Schwierigkeiten können zunächst Fale 
von Striktur bereiten, dann Fälle, in denen die Kleinheit der Blase 
die Cystoskopie unmöglich macht. Eine konzentrische Hypertropiie 
erkennt man an der Rauhigkeit der Wand, die man mit dem einge- 
führten Katheter oder der Metallbougie fühlen kann. 

Zur Behandlung der Schrumpfblase und überhaupt der kleinen 
Blase als solcher ist bisher eigentlich nur ein Verfahren, die Dilatatıcn. 
empfohlen und geübt worden. Im übrigen wird man natürlich stets dem 
verursachenden Prozesse Rechnung tragen und ihn zunächst zur AU 
heilung zu bringen suchen. Die Dilatation der Blase wird bei einge 
führtem Katheter mittels der Spritze oder des Wasserdruckses aus 
geführt. 

PreindIsbereer hat in einem Falle wegen hochgradiger Schrurm]' t- 
blase mit kontinuierlichem Harnträufeln die Sectio alta ausgeführt unl 
eine Dauerfistel angelegt. 

Andere Behandlungsmethoden hat Verf. nicht auffinden könneN- 
Die meisten sagen direkt, dafs es kein Heilmittel für den trauriz'"" 
Zustand gebe und dafs die Träger sich mit ihm abfinden mülsten. 

Verf. beobachtete und operierte nun einen Fall von abnorm kleiner 
Blase, bei dem er mit ausgezeichnetem Erfolge eine plastische W €T 
gröfserung des Organs vornahm. Der Fall betraf einen 19 jährigen Ar 
beiter, dessen Leiden seit drei Jahren bestand. Die Atiologie der Fr" 
krankung liefs sich nicht genau feststellen. Der Patient befand uch W 
einem elenden Zustand und die andauernden hohen Temperaturen CEI 
40”), verbunden mit gelegentlichen Schüttelfrösten, die schwere Cys titi>: 
die zu bekämpfen es nicht gelang, die vorhandenen Reizerscheinu n gen 
von seiten der Nieren liefsen an dem schliefslichen Ausgange keint’ 
Zweifel aufkommen. Verf. sagte sich, dafs eine Heilung des Ent zit 
dungsprozesses und ein für den Patienten erträglicher Zustand sichi SCH 
erzielen lasse, wenn es gelünge, dem Pat. eine fassungs- und beban‘ 
lungsfiihige Blaso zu versch: fen. Eine Dehnung war bei dem bte he" 
den Entzündungsprozesse von vornherein ausgeschlossen. So sih A 
das alleinige Heil in einer plastischen Vergröfserung der Blase, un«l S 
Material erschien ihm dazu allein die Darmwand geeignet. Die er“ 
ration wurde mehrzeitig ausgeführt: a) totale Ausschaltung einer II:t! N 
schlinge, Sagittalstellung und Fixierung an der Blasenkuppe; b) Br ii 
der |a. mschlinge sowohl wie der Blase: c) Verschlufs der gemeins:t D3 E S 
Höhle. Der Erfolg war, wie bemerkt, ein ausgezeichneter. Ex gel: ne _ 
die schwere, durch nichts zu lee sun do fieberhafte Cystitis sehr er 


teri: 
als 


Blase. 1061 


heblich zu bessern: die recht beträchtliche Pyelitis und entzündliche 
Nierenreizung, die bereits bestand. schwand völlig. Die Blase falste bei 
der Entlassung 200 cem, mit einer Kontinenz von 1—2 Stunden. Die 
motorische Funktion der neuen Blase erschien bei der Entlassung völlig 
normal. 

Verf. empfiehlt seine Operation als die typische zur Vergröfserung 
der abnorm kleinen Harnblase in allen Fällen, in denen die Dehnung 
nicht zum Ziele führt oder von vornherein kontraindiziert ist. Er 
würde dieselbe Operation auch in den Fällen ausführen, in denen die 
Blase total oder zum gröfsten Teil entfernt werden muls. Kr. 


Einen grolsen Tumor der Harnblase demonstriert Lauenstein- 
Hamburg in dem dortigen ärzlichen Verein in der Sitzung am 16. April. 
(ct. Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 40 Vereinsb.) 

Das Präparat stammt von einer 48 jährigen Frau, die seit ca. 3 Mo- 
naten an Blasenschmerzen und Inkontinenz leidet und am Taxe zuvor 
operiert worden ist. Der breitbasig aufsitzende Tumor war vom Fundus 
ausgegangen und lag der vorderen Scheidewand auf. Es wurden zunächst 
beide Ureteren in die Flexur eingepflanzt und dann die Blase mit dem 
Tumor subperitoneal entfernt. Das Peritoneum wurde abgeschlossen, die 
Blasenhöhle für sich gesondert drairiert. 

Lauenstein führt aus, dafs derartige Fälle an der Grenze der 
Leistungsfähigkeit auch der moderneren Chirurgie Jiegen. 

Ludwig Manasse- Berlin. 


Intraperitonealer Blasenrifs. Von Dr. Nordmann. (Zentralblatt 
f. Chir, 11:07, Nr. 40.) | 

Der Fall betrifft einen 27 jährigen Patienten, den N. im Schöne- 
berger Krankenhause operierte. Der Mann war in der Trunkenheit in 
eine Schlägerei verwickelt worden und hatte einige Stunden danach 
heftige Leibschmerzen verspürt. Nach 38 Stunden kam er zur Auf- 
nahme mit den Symptomen der akuten Perforationsperitonitis. Es wur- 
den von N. 1000 eem klaren Harns entleert, der frei von Eiweifs, Blut 
und Zucker war. Da die Schmerzen sich in der Magengegend lokali- 
sierten und eine verschiebliche, intraperitoneale Luftblase nachweisbar 
war, nabm N. ein perforiertes Magengeschwür an und öffnete den Bauch 
durch einen epigastrischen Medianschnitt. Es entleeite sich eine grofse 
Menge trüber Flüssigkeit und Luft, die Därme waren hochgradig inji- 
ziert. Da im Epigastrium die Ruptur eines Organs nicht nachweisbar war 
und aus dem kleinen Becken Flüssigkeit nachströmte, machte N. einen 
zweiten Schnitt in die Mittellinie unterhalb des Nabels und fund dort 
einen 6—8 cm langen sagittalen Rils an der Hinterseite der Blase 
unterhalb des Scheitels, den er mit Catgutnähten in zwei Etagen be 
Beckenhochlagerung nähte. Der Bauch wurde mit Kochsalzlösung ge- 
spült und völlig geschlossen. Glatte Heilung. N. legte einen Dauer- 
katheter bis zum achten Tage ein, liefs täglich die Blase spülen, gab 
Urotropin und Wildunger Wasser. Nach Entfernung des Katheters uri- 
niert Pat. spontan. | 


1062 Blase. 


N. befürwortet, nach Ausführung der Blasennaht den Bauch zu 
schliefsen und nicht auf die Naht Jodoformtampons zu leren. In 12 
unter 18 Fällen der Literatur ist es dabei nachträglich zu Perforation 
der Blase und langwierigen Fistelbildungen gekommen, wohl dureh Auf- 
reilsen der Serosa bei der Entfernung des Tampons. Kr. 


The Diagnostic Value of the Cystoscopic Examination in 
Carcinoma Cervicis Uteri. Von Benjamin S. Barrinzer. New York. 
(Medical Record, May 18.) 

Von der Voraussetzung ausgehend, es könne die Cystoskopie einen 
Anhalt für die Entscheidung der Frage geben, ob ein Cervixkarzinom 
operabel sei oder nicht, hat Verf. 15 Fälle von Cervixkarzinom, die für 
inoperabel erklärt waren, evstoskopisch untersucht; in der Tat glaubt er 
vier Fälle ausfindig gemacht zu haben, bei denen die Operation noch 
eine Chance gegeben hätte. B. prüft zuerst die Beweglichkeit des 
C'ystoskops in der Urethra; sie beträgt normalerweise ungefähr Du", 
Die Urethra verläuft normal ın der Richtung von unten nach oben. 
Daran schliefst sich die Untersuchung des Trigonums, ob es etwas ın 
die Höhe gehoben ist oder die normale tiefe Lage beibehalten hat. Die 
Untersuchung ergab, dals die vier Grenzfälle keine Abweichung von 
dem normalen Typ darboten, während bei den ıinoperablen Fällen die 
Richtung der Urethra nach oben verschoben und das Trigonum in die 
Höhe gehoben war. B. kommt zu folgenden Schlüssen: 

l. In dem Frühstadium des Cervixkarzinoms hat die Uystoskopie 
nur den Wert, eventuell eine Cystitis zu erkennen. 

2. Hat das Karzinom die vordere oder seitiehe Wand der Vagina 
ergriffen, so vermag die Cystoskopie die Frage der Beschaffenheit des 
Septum vesico-vaginale zu klären. 

3. In der restlosen Darstellung des Inhalts der Blase, ob das 
Karzinom durchgebrochen ist, ob das Karzinom der Blasenwand benach- 
hart oder mit ihr bereits verwachsen ist, ob eine Cystitis besteht usw.. 
ist die Cystoskopie allen anderen Untersuchungsmethoden überlegen. 

4. Besonders wichtig ist die Cystoskopie zur Entscheidung der 
Frage, ob der Tumor noch operabel ist oder nicht. 

Danelius-Berlin. 


Demonstration of a series of cases of diseases of the blad- 
der, and a method of draining the kidney and bladder. Von David 
Newman. (Glasgow Medical Journal. III. 07.) 


Die von N. beschriebenen Fälle haben das Gemeinsame, dafs ohne 
Cystoskop eine genaue Diagnose nicht gestellt werden konnte. Schmerz, 
Harndrang und Harnbefund wiesen auf Blasenleiden hin. Es handelte 
sich in drei Fällen um Blasendivertikel, davon zwei mit Steinen. In 
diesen meist verschleppten Fällen (Toxämie) leistete dem Autor ein 
Heberapparat gute Dienste, der durch die suprapubische Blasenfistel in 
einen tragbaren Rezipienten den Harn abhebert und die Patienten ar- 
beitsfälig machte. In einem vierten Falle wurde eine Schleimhautcyste 


Nieren und Harnleiter. 1063 


zunächst inzidiert und, als die Beschwerden wiederkehrten, fünfzehn 
Monate später per urethram exzidiert. In drei Fällen wurden fimbrien- 
artige Exkreszenzen, umschriebene Hyperämie, Granulationen als Ursache 
der schmerzhaften Miktion erkannt. N. Meyer- Wildungen. 


VIII. Nieren und Harnleiter. 


Unsere Untersuchungsmethoden bei Nierenkrankheiten. \on 
Dr. Kotzenberg, Sekundärarzt der [. chir. Abt. des Allgemeinen Kranken- 
hauses zu Hamburg-Eppendorf. (Beiträge z. klin. Chir. 1907, Bd. 55, H. 1.) 

Verf. berichtet kurz, wie man auf der Kümmellschen chirurgischen 
Abteilung des Hamburg-Eppendorfer Krankenhauses vorzugehen pflegt, 
um bei einer operativen Inangriffnahme. einer Niere gegen alle Eventuali- 
täten gerüstet zu sein. Die Untersuchungsmethoden beruhen in erster 
Linie selbstverständlich auf den allgemein üblichen klinischen Methoden der 
chemischen, mikroskopischen und bakteriologischen Untersuchung des 
Urins, dann aber vor allem auf der Anwendung dieser Methoden auf 
den mittels des Ureterenkatheterismus gewonnenen gesonderten Nieren- 
harn. Selbstverständlich muls in speziellen Fällen das Röntgenbild die 
Diagnose stützen. In allen Fällen, die zur Operation kommen, wird 
aulserdem versucht, durch die Kryoskopie Aufschlufs zu verschaffen über 
die Fähigkeit beider Nieren, das Blut von harnfähigen Stoffen zu reinigen. 
eine Untersuchungsmethode, die nach Verfassers Ansicht in Verbindung 
mit dem Ureterenkatheterismus geeignet erscheint, dem Öperateur, der 
gezwungen ist, eine Niere zu exstirpieren, ein Gefühl der Sicherheit zu 
verleihen, wie das durch die andern Methoden der funktionellen Nieren- 
diagnostik nicht erreicht wird. Kr. 


Neue und alte Hilfsmittel in der Diagnostik und Therapie 
der chronischen Nierenerkrankungen. Von Sanitätsrat Dr. Lenn«k, 
Neuenahr (Deutsche Ärztezeitung 1907, Heft 8.) 

In den letzten Jahren sind für die Erkenntnis der Nierenerkran- 
kungen und der dadurch bedingten Störungen der Nierenfunktion der 
Ärztewelt so mächtige Hilfsmittel an die Hand gegeben worden, dals 
die Frage berechtigt erscheint, ob der Arzt sich derselben bedienen 
mufs, will er sich auf der Höhe des Könnens halten. Verfassers Ab- 
sicht ist es nicht, in eine Kritik des Wertes oder Unwertes der Gefier: 
punktsbestimmung des Blutes und Harns einzutreten, die Frage zu er- 
örtern, ob denn nun alles Heil oder Unheil der Nierenkranken von dem 
Verhalten des Chlorstoffwechsels abhängt, er will nur als Praktiker die 
oben gestellte Frage zu beantworten versuchen, und er tut dies, indem 
er derselben fürs erste ein entschiedenes Nein entgegenstellt. Er ist der 
Ansicht, dafs auch ohne Gefrierpunktsbestimmungen usw. der Arzt in der 
Lage war und ist, die Erkrankungen der Nieren hinreichend zu erkennen, 
um ebenso sicher und aussichtsvoll den Weg therapeutischen Handelns 
wandeln zu können, wie es mit Hilfe der neuen Untersuchungs- und 
Forschungsmethoden der Fall ist. Quoad salutem aegrorum, lälst unser 
therapeutisches Können gerade bei den Nierenerkrankungen leider sehr 


1064 Nieren und Harnleiter. 


viel zu wünschen übrig. und man kann nieht behaupten, dafs die Ergeb- 
nisse der Gefrierpunktsbestimmung selbst mit Einschlufs der genaueren 
Kenntnis der Rolle des Chlornatriums im Haushalte des gesunden nnd 
kranken Organismus uns erheblich weiter gebracht haben, was uns nicht 
grofls wundernehmen kann, da die Befunde und ıhre Deutung noch viel- 
fach der Sicherheit und Einbeitlichkeit entbehren. Dazu kommt., dafs 
die Handhabung der Apparate eine so subtile und schwierige ist, dafs 
die Gefrierpunktsbestimmung trotz der errungenen Triumphbe noch nicht 
Allgemeingut der ärztlichen Rüstkammer werden kann.  Glücklicher- 
weise gewähren uns aber die bisherigen diagnostischen Hilfsmittel: die 
Beobachtung der Harnmenge, in einzelnen Portionen und als ZE 
stündige Sammlung. des spezifischen Gewichts, der Albuminurie. der 
Summe der ausgeschiedenen Stoffwechselschlacken (feste Bestandteile) 
und des mikroskopischen Befundes eine genügend sichere Handhaäbe zur 
Erkennung des Charakters des Leidens, zur Schätzung der Funktions- 
tüichtiekeit und des Akkomodationsvermögens der Nieren, so dafs wir m 
die Lage gesetzt sind. das Ziel unserer therapeutischen Maflsnalmen, 
die Wiederherstellung der mangelhaften Funktion der erkrankten Oh Gate, 
bestens anzustreben. 

Einen Einblick in den Chlorstoffwechsel gewährt die bisherige 
Untersuehungsmethode nicht, aber auch bei der neueren gibt man fur 
die Praxis der Berechnung der ausgeschiedenen Uhlormenge durch che- 
mische Analyse den Vorzug, obwohl auch das spezifische Gewicht — 
immer im Vergleich zur Harnmenge 





uns berechtigt, auf ceine even- 
tuelle Chlorretention zu schliefsen, denn Harnstoff und Chloride bilden 
die Hauptmenge der festen Hambestandteille Da nun das spezifische 
Gewicht des Chlornatrium 2,13 gegenüber 1,32 des Harnstofis beträgt. 
so werden wir nicht zu oft fehlgehen, wenn wir bei abnorm niedrigen 
spezifischen (Gewichten auf eine verminderte Anwesenheit von Chlor- 
natrium, auf eine Uhlorretention schlielsen. Straufs legt überdies der 
Chlornatriumprobe eine besondere diagnostische Bedeutung bei. Danach 
werden der Versuchsperson 10 g Chlornatrium bei einer Mahlzeit veral- 
reicht und nun die Zeit beachtet, in weleher die Zunahme desselben im 
Harn sich zu erkennen gibt. Je weiter dieser Zeitpunkt hinauszerückt 
ist, desto größser soll die Schädigung der Funktionstüchtigkeit der Nieren 
sein. Eine Reihe von Forschern hat diese Erscheinung bestätigt, und 
da die entsprechende Untersuchung nicht zeitraubend und leicht aus- 
führbar ist, so dürfte, sagt Verf., ihre Anwendung dringend anzuraten 
sein. Er belilft sich mit einer Art Schätzung. wie bei der Eiweils- 
bestimmung nach Esbach. Die Tube ist bis zum ersten Teilstriche 
verjüngt und führt dort eine neue Zehnteilung. Auf diese Weise hat 
man es in der Hand, stets die gleiche Menge Salpetersäure und Harn 
zu nehmen, wogegen die Zahl der benötigten Tropfen der achtprozentigen 
Argentum nitricum-Lösung uns einen genügenden Rückschluls auf das 
Chlornatrium gestattet: zudem gibt der Niederschlag. dessen Höhe stets 
nach gleicher Frist (12—24 Stunden) abzulesen ist, eine sichere Ver- 
gleichsnorm. Dem Vorgehen, der Albuminurie ihre diagnostische und 
prognostische Bedeutung mehr oder weniger abzusprechen, kann I. sich 


Nieren und Harnleiter. | 1065 


nach dem Vorgebrachten ebensowenig anschlielsen, wie der Auffassung, 
dals die mikroskopischen Befunde für die Beurteilung der Nieren- 
erkrankungen ` weniger von Belang seien. Er möchte das Verhalten 
dieser beiden Faktoren auch heute noch als unentbehrliche Hilsfsmittel 
für die Diagnose und Prognose der Nierenkrankheiten anerkennen. 

Fragen wir uns nun, welche Errungenschaften für die Behandlung 
unserer Kranken die neuen diagnostischen Hilfsmittel gebracht haben, so 
muls die Antwort lauten: sehr wenig — auch wenn wir die Regelung 
der Chloraufnahme in der Nahrung einschliefsen. Ob das ganze Krank- 
heitsbild sozusagen allein vom Chlorstoffwechsel abhängig ist, scheint. 
Verf. doch noch nicht unzweifelhaft feststehend. Die Chlorretention ist 
eben nur eine Folge der mangelhaften Nierenfunktion, und wenn man 
daher das Chlor entzieht, dann bringt man vielleicht einen krankhaften 
Folgezustand (Ödeme) zum Schwinden, aber dafs damit auch eine Hei- 
lung des erkrankten Nierenparenchyms einhergeht, ist kaum erwiesen 
(Kohlehydratentziehung: Zuckerschwund im Harn). Verf. möchte daher 
fürs erste auf dem bisherigen Standpunkt verharren, bei chronischen 
Nierenerkrankungen eine milde, sogenannte gewürzlose und salzärmere 
Kost zu gestatten. 

Einen weiteren, sehr wichtigen Punkt in der diätetischen Behandlung 
der Nierenerkrankungen bildet die Regelung der Eiweifszufuhr, denn 
die alte Auffassung, dals Retention von Schlacken des Eiweifsstoffwechsels 
eine hervorragend schädigende Einwirkung auf den erkrankten Organis- 
mus ausübt, besteht auch heute noch zu Recht, trotz der wichtigen 
Rolle, die das C'hlornatrium spielt. Den Nachteil der reichlichen Eiweils- 
zufuhr kann man häufig beobachten. 

Wie über die Ernährung, so herrschen auch über die Arbeits- 
leistung der Nierenkranken die verschiedensten Ansichten, und während 
die einen einer mehr oder minder vollständigen Ruhe das Wort reden, 
empfehlen andere neuerdings gerade das Gegenteil: energische Muskelbe- 
wegung. Gegen diesen Rat legt Verf. in seiner Allgemeinheit entschieden 
Verwahrung ein. Gewifs äulsert in einzelnen Erkrankungen eine ge- 
regelte, selbst kräftige Arbeitsleistung einen günstigen Einfluls, aber sie 
bedarf sorgsamster Überwachung. So sehr Verf. aber weise Mäfsigung 
und genaue Schätzung der Arbeitsleistung empfiehlt, so sehr möchte er 
sich gegen die sogenannten Ruhekuren bei chronischen Nephritiden aus- 
sprechen. Einen wirklich dauernden Nutzen hat L. von einer solchen 
Mafsregel nicht beobachtet, vielmehr hat er den Eindruck gewonnen, 
dafs durch die übermäfsige Ruhe eine Erschlaffung des Organismus und 
seiner Funktionen eintritt, so dafs die Kranken sich nicht so eut be- 
finden, wie bei geregelter Bewegung im Freien. Kr. 


Über Erfahrungen bei subkutaner Nierenruptur durch stumpfe 
Gewalt. Von Conrad Brunner-Münsterlingen. (Korrespondenzblatt f. 
Schweizer Ärzte 1907, Nr. 1.) 

Verf. hat bei einem Fall von schwerer Zerquetschung der Niere 
mit höchst abundanter lebensgefährlicher Blutung nicht die Nephrektomie, 
sondern die Nephrotomie ausgeführt. Er hat die Niere gespalten, den 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 70 


1066 Nieren und Harnleiter. 


Schnitt austamponiert, das ganze Wundbett aufserhalb mit Vioformgaze 
tamponiert und so das verletzte Organ komprimiert. Die Blutung stand 
und der Patient genas. Kr. 


A discussion on acute nephritis in children and its results. 
Von A. F. Voelcker, A. W. Sikes, S. Stephenson u. Th. Thompson. 
(Brit. Med. Journ., Sept. 21. 1907.) 


Voelcker hat in den letzten Jahren 75 Fälle von akuter Nephritis 
bei Kindern beobachtet. Die Erkrankung verlief im allgemeinen gut- 
artig. Therapeutisch empfiehlt er Einläufe mit warmem Wasser, heifse 
Packungen. Auch rät er, für neutrale oder schwachsaure Reaktion des 
Urins zu sorgen. 

Sikes bespricht verschiedene wichtige Punkte aus der Pathologie 
dieser Erkrankung: die Rolle der Albuminurie, die Bedeutung des Chlor- 
natriums, das Verhalten des Harnstoffs, des Ammoniaks und der Harn- 
säure, die Veränderungen des Blutes, den Einflufs verschiedener Dro- 
gen usw. 

Stephenson schildert die Veränderungen in den Augen bei 
Nephritis der Kinder. Er gelangt zu folgenden Schlüssen: 

l. Komplikationen von seiten der Augen sind bei akuter Nephritis 
selten und bestehen, wenn sie vorkommen, gewöhnlich in einer Entzün- 
dung der Papille. 

2. Komplikationen von seiten der Retina sind augenscheinlich we- 
niger häufig bei parenchymatöser, als bei interstitieller Nephritis. 

3. Die ophthalmoskopische Untersuchung ergibt keine wesentlichen 
Unterschiede zwischen den beiden Formen der chronischen Nephritis. 

4. Als Komplikation von Retinitis in der Kindheit kann Ablösung 
der Retina vorkommen. 

5. Die prognostische Bedeutung der renalen Retinitis ist beim 
Kinde die gleiche wie beim Erwachsenen. 

Thompson macht auf en Zusammenhang zwischen septischen In- 
fektionen und chronischer Nephritis aufmerksam. 

Eul bespricht zwei Fälle von akuter Nephritis infolge von Ver- 
giftang mit chlorsaurem Kal, 5 

Langmead ist der Ansicht, dafs die Atiologie der meisten Nephri- 
tiden bei Kindern unbekannt bleibt. 

Passons hält okulare Komplikationen bei Kindern für selten. 

Sawyer ist der Ansicht, dafs 1. die Veränderungen, welche man 
bei der wahren chronischen interstitiellen Nephritis der Kinder findet, 
kein späteres Stadium einer parenchymatösen Nephritis, sondern die Folge 
einer primären Entzündung des interstitiellen Nierengewebes seien, und 
dals 2. diese Erkrankung insidiös beginne, aber in gewissen Fällen 
ihren Ursprung in einer akuten interstitiellen Nephritis haben könne. 

Lees rühmt die guten Erfolge der Eisbehandlung bei akuter Ne- 
phritis. 

Parkinson glaubt, dals Gastroenteritis gelegentlich eine Ursache 
für akute Nephritis bilden könne. 


Nieren und Harnleiter. 1067 


Cantley macht darauf aufmerksam, dals bei Kindern die akute 
Nephritis oft ungewöhnlich mild verläuft. 

Sikes hat öfters beobachtet, dafs die Kinder ¿Pinus ahay Mütter 
in den ersten Tagen nach der Geburt Albuminurie zeigten. 

Voelcker betont im Schlufswort die Wichtigkeit der ophthalmo- 
logischen Untersuchung. von Hofmann-Wien. 


Über chemische Befunde bei chronischer Nephritis. Von 
Th. Rumpf. (Deutsche Ärztezeitung 1907, Heft 8.) 

Für den Streit, welcher heute über die Beziehungen des Chlor- 
natriums zur Nephritis entbrannt ist, scheint es Verf. von Bedeutung, 
dafs die Mehrzahl der Nephritisfälle in den erkrankten Nieren höhere 
Werte von Kochsalz aufweist, dals eine grölsere Kochsalzzufuhr in einzelnen 
Fällen Minderung der Diurese und Zunahme der Ödeme im Gefolge hat, 
und dafs die erkrankten Nieren teilweise weniger Kochsalz ausscheiden, 
als die gesunden. Aber R. berichtet andererseits über Fälle, in welchen 
der Chlorgehalt des Blutes und der anderen Organe trotz Ödemen, Reti- 
nitis albuminurica und urämischen Erscheinungen eher vermindert, als 
erhöht war. Sodann zeigten die nephritischen Ergüsse bald eine Er- 
höhung, bald eine Verminderung des Chlors, und zum Schluls ergab die 
Untersuchung von 9 Fällen von peritonealen Ergüssen ohne Nephritis, 
insbesondere bei Lebercirrhose, Chlorwerte, welche diejenigen bei Neph- 
ritis teilweise beträchtlich überstiegen. Nach diesen Befunden, zu denen 
Verf. auf Grund von 2000 Analysen des Blutes, der Nieren usw. gelangte, 
ist R. der Meinung, dafs man die Retention von Chlor weder als etwas 
der Nephritis Spezifisches betrachten, noch als ursächliches Moment für 
die nephritischen Ergüsse in Anspruch nehmen kann. 

Diese Auffassung modifiziert natürlich auch die Behandlung der 
Nephritis. Entgegen Straufs, Widal und Jawal möchte R. nur solche 
Fälle von Nephritis mit Kochsalzentziehung behandeln, bei welchen eine 
beträchtliche Erhöhung des Chlors im Blute neben geringen Ausschei- 
dungen nachgewiesen wird. Für viele Fälle liegt aber der Schwerpunkt 
der Behandlung in einer Änderung der pathologischen Vorgänge des 
Stoffwechsels, und hier hat Fr. Alb. Hoffmann schon vor Jahren den 
Weg gezeigt, indem er eine Minderung derjenigen Stoffwechselprodukte 
erstrebte, deren Transport, Umsetzung und Ausscheidung die Organe am 
schwersten belastet. Es empfiehlt sich also möglichste Entziehung von 
Fleisch und Ernährung mit Vegetabilien, insbesondere Reis, Hafermehl, 
Grütze, Zucker, Obst usw. Daneben empfiehlt R. pflanzensaure Alku- 
lien, insbesondere zitronensaures Natrium und Kalıum. Kr. 


Viskositätsbefunde bei Nephritikern. \on Dr. Kurt Kottmann, 
Privatdozent, gewes. I. Assistent der medizin. Klinik in Bern. (Korrespon- 
denzbl. f. Schweizer Ärzte 1907, Nr. 5.) 

Bei der Viskositätsbeeinflussung durch den osmotischen Prozefs 
zwischen Plasma und Blutkörperchen erregten Viskositätsuntersuchunge n 
bei Nephritikern ein spezielles Interesse. Man hoffte in einer vermehrten 

(US 


1068 Nieren und Harnleiter. 


inneren Reibung des Blutes den Grund für die Herzveränderung zu finden. 
Seit nachgewiesen wurde, dafs bei den meisten chronischen XNepbritiden 
mit Herzveränderungen alle Herzabschnitte hypertrophisch sind, konnte 
nur noch eine Theorie in Betracht kommen, welche die Mitbeteilisung 
aller Herzabschnitte verständlich macht. Dies wäre bei einer Wider- 
standserhöhung im gesamten Kreislauf der Fall gewesen. Hirsch und 
Beck fanden aber bei Viskositätsuntersuchungen verschiedener Nephritis- 
formen nur ganz ausnahmsweise eine Erhöhung der Viskosität des (re- 
samtblutes. Gewöhnlich waren die Werte für die innere Reibung des 
Blutes abnorm niedrig, weil wahrscheinlich Ausgleich durch Hydrämıe 
erfolgt. Auch Bence konnte bei Nephritisfällen keine Erhöhung der 
Viskosität finden, sondern fand stets niedrige Werte. In einem Fall von 
Urämie fanden Hirsch und Beck sehr erhebliche Steigerung der Vis- 
kosität. Bence fand bei zwei Urämikern niedrige Werte für die 
innere Reibung. Es wurde denn auch nach diesen Untersuchungen der 
Viskosität eine Bedeutung für das Entstehen des Nephritisherzens ab- 
gesprochen. = 

In fünf untersuchten Fällen von Nephritis kam K. zu älnlichen 
Resultaten für das Gesamtblut: In vier Fällen zu niedrige Werte. ın 
einem Falle nur wenig erhöhte Viskosität des Gesamtblutes. Als auf- 
fallendes Resultat konstatierte er dagegen bei vier von fünf Fällen eine 
ausgesprochene, über der oberen Grenze liegende Erhöhung des Wertes 
für das Plasma, das bis jetzt für die Frage nicht mitberücksichtigt 
worden war. 

Die erhöhte Plasmaviskosität kann bei diesen Fällen keinen direkten 
Einflufs im Sinne einer Widerstandserhöhung im ganzen Stromgebiet 
haben. Die grofse Bedeutung der Viskosität des Serums oder Plasmas 
für die Herzarbeit ergibt sich aber aus der vorläufig erst beim Frosch 
herzen konstatierten Abhängigkeit der Kontraktionsstärke von dem Vis 
kositätsgrad der Spülflüssigkeit. Weitere Untersuchungen werden ergeben, 
wie neben hypo- und isoviskösen Nährflüssigkeiten die hyperviskösen das 
Herz beeinflussen, speziell, ob der erhöhten Viskosität des Plasmas, wie 
K. sie bei seinen Nephritisfällen vorwiegend fand, eine Bedeutung zu 
kommen kann zur Erklärung der Herzhypertrophie bei Nephritis. | 

Bei der Erforschung dieser letztern Frage wird auch eine be 
Nephritis zeitweise vorkommende hydrämische Plethora in Betracht zu 
ziehen sein, wobei es infolge eines vergröfserten Schlagvolumens zu einer 
IHypertrophie aller Herzabschnitte kommen würde. Kr. 


Physikalische Therapie der Nephritis. Von Strasser und 
Blumenkranz-Wien. (Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 40, Vereinsb.) 


Nach den Untersuchungen der Verfasser reagieren die Nierengefälse 
ebenso wie die Haut auf oberflächliche Reize. Die günstigsten Wirkung‘? 
für den Nierenkreislauf stellt die Fernhaltung jedes äufseren Reizes rf 
der Körperobertläche dar, wie es am besten durch ein indifferentes Warm: 
wasserbad zu erzielen ist. Durch viele Versuche an Nephritikern konnten 
sie feststellen, dafs im warmen Bade die Stickstoff-Kochsalzausscheidung 


Nieren und Harnleiter. 1069 


und die Diurese steigt. Die Haut als vikariierendes Organ ist nicht zu 
hoch eirzuschätzen. Bei Schwitzprozeduren sahen sie bei einem Neph- 
ritiker, trotzdem keine Wasser- und Kochsalzretention vorhanden war, 
Ödeme auftreten. Ludwig Manasse-Berlin. 


Über die toxische Wirkung des Chrysarobins auf die Nieren 
und seine Ausscheidung. Von Dr. Max Winkler, Spezialarzt für Haut- 
krankheiten in Luzern. (Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1907, Nr. 18.) 


Trotz der Häufigkeit der Chrysarobinanwendung in der allgemeinen 
und ın der spezialärztlichen Praxis ist die Frage noch immer nicht ent- 
schieden, ob, resp. wie leicht bei der Resorption des Chrysarobins, über 
deren Gröfse man ebenfalls noch nicht im Klaren ist, eine Nierenreizung 
entsteht. Daher kommt es, dafs in den dermatologischen Lehrbüchern 
über diese wichtige Frage keine oder divergierende oder unbestimmte 
Angaben sich finden. 

Angesichts dieser Sachlage suchte Verf. durch eigene experimentelle 
Untersuchungen festzustellen: 

l. Kann man durch interne oder externe Gegen bei 
Kaninchen eine Nephritis erzeugen und eventuell mit welchen Dosen? 

2. Bei welcher internen Dosis des Chrysarobin wird der Chrysophan- 
säurenachweis im Urin beim Menschen positiv? 

3. Besteht bei der gewöhnlichen Ührysarobintherapie, wie sie bei 
Psoriasis üblich ist, die Gefahr einer Nephritis? 

Es ist Verfasser nicht gelungen, beim Tiere eine schwerere Nephritis 
mit interner Chrysarobinverabreichung zu erzeugen, obschon mit grofsen 
Dosen experimentiert und die Droge lange Zeit verabfolgt wurde. 

Verf. hat dann weiterhin Kaninchen Chrysarobin unter die Haut 
gespritzt in Dosen von 0,01, 0,05 und 0,3. Es trat eine Zeitlang Chryso- 
phansäure im Urin auf, aber nie Eiweils. An Stelle der Injektion war 
noch: lange Zeit eine Infiltration zu konstatieren. 

Was schliefslich die Hauptfrage betriftt, ob bei externer Applikation 
von Chrysarobin beim Menschen eine Resorption und eventuell eine 
Nierenreizung möglich sei, so hat Verf. in diesem Sinne eine grolse Zahl 
von Patienten auf das Verhalten ihres Urins während der Chrysarobinkur 
untersucht. Von Chrysophansäure und Albumen war bei all diesen Ver- 
suchen nie eine Spur nachweisbar. 

Verf. kommt also zu dem Schlusse, dafs bei der Chrysarobinbehand- 
lung, wie sie bei Psoriasis üblich ist, die Gefahr einer Nierenreizung 
kaum in Betracht kommt. Selbst bei schwerer Chrysarobin-Dermatitis ist 
eine eventuelle Resorption jedenfalls so gering, dafs es nur in sehr seltenen 
Ausnahmsfällen zur Ausscheidung von Albnmen oder zur Nephritis kommt. 


Kr. 


Über Versuche, frisches Nierengewebe zu transplantieren. 
Von Doz. Dr. Hans v. Haberer, Assistent der I. chir. Klinik der Wiener 
Universität. (Arch. f. klin. Chir., Bd. 84, I Heft 1907.) 


Die Versuche sollten zeigen: l. ob frisch überpflanztes Nieren- 


1070 Nieren und Harnleiter. 


gewebe einheilt, 2. ob das überpflanzte Nierengewebe die Funktion, 
bezw. anatomische Beschaffenheit des sezernierenden Nierenparenchyms 
der Versuchstiere in irgend einer Richtung beeinflufst. Es wurde be 
21 Tieren (20 Hunden und 1 Ziege) frisches Nierengewebe transplan- 
tiert. Diese Versuche teilen sich ın zwei Versuchsreihen, von welchen 
die erste zehn Versuche umfalst, bei welchen nebst ausgedehnten und ın 
relativ kurzer Zeit wiederholten Nierenreduktionen die Transplantation 
kleiner frischer Nierenstücke ins Netz, bezw. in die Serosa des Magen: 
und in eine Tasche zwischen Peritoneum und Muskulatur vorgenommen 
wurde. 

Die zweite Versuchsreihe umfafst 11 Hunde, bei welchen aus- 
schlielslich grofse Nierenstücke ın Leber, Milz und Netz des Versuch* 
tieres transplantiert wurden. Zu diesen Transplantationen wurde immer 
die ganze Niere, nur ein einziges Mal blofs die halbe Niere eines Hun 
des verwendet, so dafs also jedesmal, auch absolut genommen, grohe 
(JQuantitäten von Nierensubstanz dem Organismus einverleibt wurden. 
Wenn selbst alle drei Verpflanzungsstätten bei demselben Versuchstiere 
gewählt wurden, so kam noch immer zirka ein Drittel einer Hunde 
niere an einem Orte zur Verpflanzung, also ein grofses Stück. Häufig 
genug aber kam an dem einen Orte ein bedeutend grölseres Stück, an 
dem andern ein kleineres zur Einheilung. 

Seine Versuchsresultate fafst v. H. folgenderniafsen zusammen: 

1. Frisches Nierengewebe heilt in Milz, Netz und Leber reaktion: 
los ein. 

2. Es füllt jedoch nach kurzer Zeit der Nekrose anheim, wird 
resorbiert und durch Narbengewebe ersetzt. 

3. Während dieses Prozesses kann es zur vorübergehenden Repè- 
ration eines Teiles des eingeheilten Nierengewebes kommen, wie dies 
durch Kernteilung bewiesen wird. 

4. Durch das transplantierte Nierengewebe wird die Nierenfunktion 
des Versuchstieres nicht beeinflufst. 

Jedenfalls, sagt Verf., eignet sich also die Niere weder im morpho 
logischen, noch im funktionellen Sinne zur Transplantation. Durch vor 
liegende Arbeit wird der strikte Beweis auf Grund systematischer Inter" 
suchungen erbracht, dafs es auf keine Weise gelingt, frisches Nieren- 
gewebe nach der Transplantation als Nierengewebe am Leben zu erhalten. 
wie auch, dafs die sezernierende Nierensubstanz durch transplantiertes 
Nierengewebe nicht beeinflufst wird. Kr. 


Quelques considérations sur la radiographie des calculs du 
rein. Von Arcelin. (Lyon medical 1907, 32, p. 232.) 


Kranke, die man mit Röntgenstrahlen auf Nierensteine untersuchen 
will, müssen energisch abgeführt werden, die Niere mufs mittels en 
Kautschukballons fixiert werden, die Röhre mus weich sein und e 
röhrenförmiges Diaphragma aus Blei vorhanden sein. 19 Fälle hat A. 
untersuchen können, davon haben 14 die Diagnose bestätigt Pe > 
Operation, die übrigen 5 sind noch nicht operiert. Die Radiograph 


Nieren und Harnleiter. 1071 


unterrichtet 1. über die Anzahl der Steine, 2. ihre Lage, 3. ıhr an- 
näherndes Gewicht, alles für den Chirurgen wichtige Punkte. Wenn 
der Stein im Bilde nahe der Wirbelsäule sitzt, liegt er voraussichtlich 
im Nierenbecken. Erscheint er fern von der Wirbelsäule, so liegt er 
im Parenchym, oder in einem Kelche. Im ersten Falle kann der Operateur 
an die Pyelotomie denken, im zweiten ist die Nephrotomie indiziert. 
Man kann mit den Röntgenstrahlen schon sehr kleine Steine (0,15 g) 
entdecken, so kleine, dafs sie selbst im Präparat nur mit Mühe gefunden 
werden. Deshalb soll die Feststellung eines Steines durch X-Strahlen 
durchaus noch nicht die Indikation zur Operation abgeben, wenn nicht 
klinische Erscheinungen vorliegen; Steine unter einem halben Gramm 
im Nierenparenchym zu finden, ist schwierig. A. glaubt auch harnsaure 
Steine finden zu können — hat aber keine persönliche Erfahrung — 
weil er die weniger dichten Gallensteine prächtig anf der Platte 
herausbekommt. Immer soll man auch die andere Niere und die Ure- 
teren in ganzer Ausdehnung röntgenologisch prüfen, um Überraschungen 
unliebsamster Art auszuschliefsen. Die Strahlen zeigen häufig auch die 
Niere und ihr Volumen, doch sind die Resultate aus unbekannten Grün- 
den schwankend. In manchen Fällen von Hydro- und Pyonephrose 
kann die Radiograpbie eine schwankende Diagnose stützen durch die 
Feststellung, dafs die Niere je nach ihrer gröfseren oder geringeren 
Ausdehnung weiter oder näher von der Wirbelsäule entfernt ist. Wenn 
eine Flüssigkeitsansammlung in dem Raume zwischen Niere und Wirbel- 
säule ist, erscheinen die Querapophysen der Lendenwirbel und die Psoas- 
fasern viel opaker und schwächer als im normalen Bilde. 
Mankiewicz- Berlin. 


The use of the cryptoscope in operations for renal calculi. 
Von A. D. Reid. (Brit. Med. Journ., Sept. 14. 1907.) 

R. hat einen sterilisierbaren Apparat angegeben, mit dessen Hilfe 
es möglich ist, die blofsgelegte Niere röntgenographisch zu untersuchen. 
Diese Methode ist besonders bei vereinzelten kleinen Steinen empfehlens- 
wert. Man ist dann nicht genötigt, die Spaltung der Niere vorzunehmen, 
sondern kann das Konkrement von einem kleinen Schnitte aus entfernen. 

von Hofmann-Wien. 


Querer Nierensteinschnitt. Von Prof. Dr. G. Marwedel, Ober- 
arzt des Luisenspitals in Aachen. (Zentralblatt f. Chirurgie 1907, Nr. 30.) 

Seit Tuffiers Untersuchungen gilt der Längsschnitt am hinteren 
Niereprande allgemein als der beste und allein zuverlässige Weg zur 
Ausführung der Nephrotomie. Um den Eingriff möglichst schonend und 
unblutig zu gestalten, hat Zondek empfohlen, diesen „Sektionsschnitt“ 
etwas nach der dorsalen Seite der Nieren zu verlegen, weil in dieser 
Ebene noch am ehesten Läsionen der Gefüfse vermieden werden. Ganz 
sicher schützt bei aller Vorsicht auch der Zondeksche Weg nicht vor 
unangenehmen Verletzungen gröfserer Nierenäste. Das beweisen die Fälle 
von Sprengel und Braun. Auch Verf. vorliegender Arbeit hat eine 
gefahrdrohende Blutung nach dem üblichen Längsschnitt erlebt. 


1072 | Nieren und Harnleiter. 


Hermann (Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. LXXIIL 1901) hat 
bei Versuchen an Hunden, deren Nierengefäfsverteilung der des Menschen 
ähnelt, gefunden, dafs die Blutung aus der Niere bei querer Durch- 
schneidung des Organs keineswegs bedeutender ist, wie beim Längs- 
schnitt; dals auch der Schwund des Nierengewebes bei querer Nephrek- 
tomie geringer ist, als bei dem gewöhnlichen Sektionsschnitte. Hermann 
wirft nun die Frage auf, ob es nicht vielleicht zweckmäfsig sei, in der 
Klinik an die Stelle der Nephrotomia longitudinalis die (@uerinzision 
treten zu lassen, im Fall es sich zeigen sollte, dafs auch dieser leichtere 
Eingriff im stande sei, gewissen für die Nephrotomie gestellten Indika- 
tionen Genüge zu tun. — Das gab Verf. zu denken. Ein querer Schritt 
durch die Nierenmitte mufste seines Erachtens eine bei weitem kleinere 
Parenchymfläche verletzen, als es z. B. ein auch nur 4 cm langer Longi- 


tudinalschnitt tut, der ja aufserdem -— wie es bei der Nephrolithotomie 
doch in der Regel der Fall ist — noch durch den in die Wunde tastend 


eingeführten Zeigefinger gezerrt und gedebnt wird. Tritt wider Erwarten 
die Verletzung eines grölseren Arterienastes nalıe dem Hilus ein. so 
mulste es ferner bei der queren Nephrotomie relativ leicht sein, das 
Gefäls zu ligieren oder zu umstechen und so künftigen Mifsfällen von 
vornherein vorzubeugen. Weiter stellte Verf. sich vor, dafs ın Fällen 
von Steinkrankheit der Niere ein medianer Querschnitt den Zugang und 
Einblick in einem der Kelche bezw. das. Nierenbecken bequem ermig- 
lichen, die Extraktion eines nicht zu grolsen Steines erleichtern müs-e, 
während man beim Längsschnitt doch ziemlich im Dunkeln arbeitet. 

Auf diesen Erwägungen fulsend entschlofs M. sich, in künftigen 
geeigneten Fällen bei seinen Patienten die quere Nephrolithotomie zu 
erproben, nachdem eigene Tierversuche ihm eine Bestätigung der Her- 
mannschen Befunde erbracht hatten. Er hat nun seitdem fünf Nephro- 
Iithotomien mit querem Schnitt ausgeführt und ist in den günstigen Er- 
wartungen, die er von einem queren Nierensteinschnitte hegte, nicht ge- 
täuscht worden. Bei allen Patienten gelang die Entfernung des Steines 
auf dem neuen Wege überraschend leicht ohne nennenswerte Blutung; 
in keinem der fünf Fälle wurde als Folge der Schnittmethode cine 
Störung der Nierenfunktion oder des Heilverlaufes konstatiert. 

Verf. glaubt auf Grund seiner Erfahrungen den queren Nierenschnitt 
den Kollegen empfehlen zu dürfen für alle unkomplizierten Xierenstein- 
fälle mit saurem Urin oder nur leichter Infektion des Nierenbeckens. 
Wo es sieh dagegen um eine eitrige Erkrankung des Nierengewebes 
selbst, um Verdacht auf miliare oder gar gröfsere Abszesse im Nieren- 
parenechym handelt, mufs natürlich der alte Längsschnitt beibehalten 
werden, der allein eine ausgiebige Spaltung und Entleerung der zerstreuten 
Eiterherde ermöglicht. Kr. 


= 


Pyonéphrose tuberculeuse sur un rein unique; malformations 
congenitales de lappareil urogenital. \on Thevenet. (Lyon medi- 
cal 1907, 86, p. 410.) 

Fine 30 jährire Frau kommt mit Schmerzen rechts im Bauch und 
Harnbeschwerden ins Krankenhaus; sie hat niemals die Regel gehabt, 


Nieren und Harnleiter. 1073 


trotzdem traten ungefähr alle vier Wochen die Begleiterscheinungen der 
Menses (roter Kopf, Hitze, J,endenschmerzen) auf. Detfloriert. Vor 
10 Jahren erkannte ein Arzt das Fehlen der Gebärmutter. Vor einem 
Monat Fluor albus, seitd.m Schmerzen auf der rechten Seite und Ver- 
minderung der Harnmenge, dann Blasenentzündung. Mit der Diagnose 
perinephritische Phlegmone ins Krankenhaus geschickt, weist die Kranke 
eine schmerzhafte Geschwulst von der rechten Dende bis ins kleine 
Becken auf; dieselbe gibt Ballottement renal. Da Patientin seit 36 Stun- 
den Harnverhaltung hat, werden mit dem Katheter ca. 200 ccm eitrizer, 
ammoniakalischer Harn mit wurstförmigen Gerinnseln entleert. Blase hyper- 
ästhetisch. Uterus fehlt. Rechte Ureterenmündung empfindlich. Äufsere 
Genitalien normal, ebenso Brüste. Die Kranke geht, noch bevor man 
sich zu einer explorativen Nephrotomie entschlossen hatte, in zwei Tagen 
zugrunde. Man hielt eine Pyonephrose für wahrscheinlich, eine Ne- 
phrektomie war wegen der Mifsbildungen der Genitalorgane, die oft 
auch Anomalien im Haıntractus begleiten, von vornherein ausgeschlos<en 
worden. Die rechte Niere bildete eine grolse heruntergesunkene Ge- 
schwulst mit erweitertem, verdicktem und entzündlichem Becken; der 
Ureter war erweitert und ödematös mit einer starken Verengerung am 
Halse. Die Nierensubstanz war fast ganz verschwunden, nur Spuren 
der Malpighischen Pyramiden waren noch zu sehen. Die Rinden- 
substanz war beinahe ganz zerstört. Tuberkulöse Abszesse und 
erweichende Tuberkel nelımen ihren Platz ein. Keine Perinephritis. 
Nebennieren normal. Von der linken Niere keine Spur zu finden, linke 
Nebenniere normal. Linker Ureter existiert zur Hälfte, sondierbar, ver- 
liert sich dann im Gewebe. Leichte Cystitis. Das sehr dünne Liga- 
mentum latum geht in einen Muskelstrang über, der bis zur Beckenwand 
reicht Kleine nufsgroíse Muskelkörper, von denen schwache Ligamenta 
rotunda und Ligamenta uteroovarica ausgehen, finden sich beiderseits in 
ihm eingeschlossen, dazwischen finden sich die Tuben. Diese Muskel- 
körper stellen die Uterushörner dar, haben kleine Hohlräume, aber ohne 
Verbindung mit den Tuben oder dem mittleren, das Corpus uteri er- 
setzenden (Gewebe. Die Tuben sind klein, eng, mit wenig entwickelten 
Fimbrien. Die Ovarien sind dreimal gröfser als normal, hart, mit vielen 
Cysten. Die Vagina ist ein Blindsack. Hier hat sich nur der obere 
Teil der Müllerschen Gänge entwickelt, der untere Teil war unentwickelt 
geblieben, der Oanalis utero-varinalis fehlte; die Vagina war hier aus 
urogenitalem Gewebe entstanden, ein Umstand, der Retherers 
Meinung, dafs die weibliche Harnröhre aus dem ventralen Teile des 
Sinus urogenitalis, die ganze Vagina aus dem dorsalen Teile dieses 
Sinus entstehe, zu bestätigen scheint. Mankiewicz- Berlin. 


Mobile kidney, with a description of a new operation for 
its treatment. Von E. S. Bishop. (Brit. Med. Journ., Oct. 5. 1907.) 


B. nimmt die Nephropexie auf transperitonealem Wege vor. Die 
Nähte werden durch das Peritoneum, die abgelöste Kapsel am unteren 
Nierenpole und die Rückenmuskeln geführt. Von 10 auf diese Weise 


1074 Nieren und Harnleiter. 


operierten Fällen traten nur bei den 2 ersten Rezidive ein. Für eine 
grolse Anzahl von Patienten genügt eine Bandage, um die Beschwerden 
zu beseitigen. von Hofmann-Wien. 


Die Urämie und ıhre Behandlung. Von Dr. med. E. Schreiber, 
Oberarzt am Altstädt. Krankenhaus zu Magdeburg. (Deutsche Arztezeiturg, 
Heft 16 1907.) 


Verf. gibt in vorliegender Arbeit einen Überblick über den heu- 
tigen Stand der Urämiefrage. | 

In weitaus den meisten Fällen treten die Symptome der Urämie 
mit einer zunehmenden Verminderung der Harnsekretion oder mit völliger 
Anurie in Erscheinung, seltener bleibt die Harnsekretion erhalten oder 
zeigt gar eine Steigerung. Nach der schnelleren oder langsameren Ent- 
wicklung und Dauer unterscheiden wir eine akute und chronische Trämie- 
Die Zeichen derselben sind vorzugsweise nervöser Natur und bestehen 
bei dem akuten urämischen Anfall in Lähmungserscheinungen seitens 
der sensoriellen und in Reizerscheinungen seitens der motorischen Sphäre- 
So hat der akute Anfall grofse Ähnlichkeit mit dem epileptischen- 
Nicht immer spielt sich der akute urämische Anfall so typisch ab, viel- 
mehr schwanken seine Erscheinungen sehr, und gerade die Kenntnis 
dieser Mannigfaltigkeit und des Wechsels der Erscheinungen ist sowohl 
für das Verständnis der Genese, wie für die Behandlung von grofser 
Bedeutung. Immer aber weisen die Symptome auf eine Störung des 
Grolshirns oder des verlängerten Marks hin. Die Krämpfe können 
fehlen oder doch so zurücktreten, dafs das Koma das Bild vollständig 
beherrscht, oder die Krämpfe treten ohne Koma auf und befallen Gr 
legentlich nur eine Körperhälfte, Muskelgruppen oder nur einzelne Mus“ 
keln. Statt der Krämpfe können Zitterbewegungen eintreten, die AP 
Paralysis agitans erinnern oder, und das ist beachtenswert, auch Lähmung? 
einzelner Muskeln oder auch einer Körperhälfte in Form einer Hemiple s!® 
auftreten. Statt des Komas können sich Delirien und Erregungszuständ® 
bis zur Manie einstellen, denen seltener psychische Depression ur‘ 
Psychosen folgen. Auch Aphasie wurde als alleiniges Symptom beschrie be" 
Seitens der Sinnesorgane beobachtet man am häufigsten plötzlich eir” 
setzende Erblindung, die übrigens auch als Vorbote auftreten kann. obn® 
dafs sich mit dem Augenspiegel eine krankhafte Veränderung nachwei>e? 
läfst, falls nicht zuvor eine Retinitis albuminurica bestand. Gelegentlie® 
wurde auch eine Hemiopie beobachtet. Seltener stellen sich Störung? 
seitens des Gehörorgans ein bis zur vollkommenen Taubheit. Bei alle! 
diesen Erscheinungen werden gröbere anatomische Veränderungen in Je” 
Regel nicht gefunden, abgesehen von geringerem oder stärkerem Himöde 
oder lokaler Anämie. 8 

Bei der chronischen Urämie treten Erscheinungen seitens de” 
Magendarmkanals in den Vordergrund, wie Appetitlosigkeit, Erbreche 
und Durchfälle. Die erbrochenen Massen reagieren in späteren Stadie" 
zuweilen alkalisch und besitzen einen eigenartigen urinösen Geruch, der 
übrigens auch dem Atem dieser Kranken anhaftet; derselbe ist bedingt 


Nieren und Harnleiter. 1075 


durch Zersetzung des Harnstoffes in Ammoniak. Die Bildung von 
kohlensaurem Ammoniak im Darm wird auch für die Entstehung der 
Durchfälle sowie der Darmgeschwüre angeschuldigt. Die nervösen Er- 
scheinungen verlaufen hier weniger stürmisch, insbesondere treten die 
Krämpfe zurück und dafür die Erscheinungen der psychischen Sphäre, 
wie Kopfschmerzen, Apathie usw., in den Vordergrund. Dabei besteht 
meist eine Verengerung der Pupillen. Die psychischen Störungen können 
sich bis zur völligen Verwirrtheit mit Halluzinationen steigern, ja selbst, 
wie Bruns mitteilt, die Erscheinungen der progressiven Paralyse darbieten. 

Die Diagnose der Urämie wird nur da Schwierigkeiten begegnen, 
wo man den Patienten im benommenen Zustande antrıfft und die Anam- 
nese im Stich läfst. In diesen Fällen wird auch eine genaue Unter- 
suchung des Harns und Blutes nicht immer zum Ziel führen. Daran 
erinnert werden mufs hier nur, dafs man es nicht unterlassen darf, bei 
nervösen Beschwerden der anfangs geschilderten Art, besonders bei 
chronischen Kopfschmerzen, den Urin zu untersuchen, damit man nicht 
plötzlich von der Urämie überrascht wird. 

Was die Pathogenese der Urämie anbetrifft, so können wir auch 
heute noch keine stichhaltige Erklärung geben und müssen uns mit dem 
Begriff der Autointoxikation infolge mangelhafter Nierentätigkeit be- 
gnügen. Von den vielen Theorien über die Entstehung der Urämie 
greift Verfasser nur das Wichtigste heraus. | 

Die Betrachtungen über die Pathogenese der Urämie sind deswegen 
nicht ganz gleichgültig, weil wir durch sie einen Fingerzeig für unsere 
Therapie erhoffen. Was letztere nun anbetrifft, so müssen wir von vorn- 
herein zugeben, dafs wir der chronischen Urämie gegenüber vollkommen 
machtlos sind, da es wohl nur in den wenigsten Fällen gelingt, die zur 
Urämie führende Erkrankung zu heilen. Man wird sich allein darauf 
beschränken müssen, symptomatisch Erleichterung zu verschaffen. Da- 
gegen glaubt Verf., dafs wir bei der akuten Urämie Besseres zu leisten 
vermögen, und zwar durch die ausgiebige Anwendung des Aderlasses in 
Verbindung mit Kochsalzinfusion. 

Nach den Erfahrungen, die Strübell an seinen nephrektomierten 
Hunden gemacht hat, die schneller zugrunde gingen, wenn sie eiweils- 
haltige Kost bekamen, wird man gut tun, überall da, wo Urämie droht, 
reine Kohlehydrate und vegetabilische Nahrung mit Fetten zu geben, 
insbesondere Milch, Sahne, ev. mit Traubenzucker, und Fruchtsäfte, 
sowie Abkochungen von Leguminosemehl und Schleimsuppen, denen kein 
Kochsalz zugesetzt werden darf. Verboten sind auf jeden Fall alle 
nierenreizenden Nahrungsmittel. Besonderes Augenmerk wird man auch 
_ auf die Darmtätigkeit zu richten haben, da, wie wir wissen, bei Obsti- 
pation sich Giftstoffe bilden, die einen ungünstigen Einfluls auf die 
Niere ausüben können. Im Beginn der Urämie kann man noch den 
Versuch machen, durch Diuretika, alkalische Wässer, insbesondere auch 
durch Herzmittel die versiegende Harnsekretion wieder zu heben. 

Gute Berechtigung scheint Verf. zur Ausführung der Giftstoffe 
die Schwitzkur unter gleichzeitiger stärkerer Wasserzufuhr zu haben, 
da die Haut vikarıierend für die Niere einzutreten vermag. Kr. 


1076 Nieren und Harnleiter. 


Note anatomique sur les vaisseaux des uretères. Von La- 
royenne und Latarjet. (Société des sciences médicales de Lyon, Lyon 
medical 1907, 30, p. 142) 

Mit den häufireren Operationen an und in der Nähe des Ureter- 
(Wertheimsche Gebärmutterkrebsoperation) ist die Gefälsversorgung 
dieses Organs wichtig geworden. Die Feitelschen Untersuchungen be- 
schränken sich auf einige Beobachtungen nur am Fötus. Die Autoren 
haben mit modifizierter Teichmannscher Masse Injektionen der [ rəeter- 
arterien gemacht, sehr kniffliehe und schwierize Injektionen, weil die 
Gefälse aus verschiedenen Stellen entspringen. Ihre Resultate sind: 
zwei Hauptarterien, die man die langen (iefälse nennen kann: sie wer- 
den in ihrer Tätigkeit ergänzt durch eine Anzahl kleinerer (refülse. 

l. Arteria ureteralis superior versorgt den oberen Teil de- 
Harnleiters, entspringt aus der A. renalis oder einem ihrer Zweige: ste 
gibt manchmal einen Ast an die äulsere exorenale Kante des Ban: 
leiters ab. Sie steigt längs des Harnleiters hinab und endigt etwa an der 
Kreuzungsstelle des Harnleiters mit der Spermatica. Einmal anastom»- 
sierte sie mit einem Zweig der A. spermatica. 

2. Arteria ureteralis inferior entspringt meist aus dem vorderen 
Stamm der Teilung der A. hyporastrica, seltener aus der [liaca communis, 
ausnahmsweise aus der Aorta. Sie geht vor oder hinter dem Ureter. 
immer an der inneren Seite, wo sie sich in ab- und aufsteigende Axt- 
chen teilt. 

3. Kurze Gefäfse stammen aus der Arteria spermatica oder utero- 
ovarica; sehr dünn, 2 bis 3 an Zahl, versorgen sie den zwischen den 
beiden langen Arterien gelegenen interinediären Teil. Andere für den 
unteren Teil des Harnleiters bestimmte (Grefälschen kommen beim Mann 
aus den Art. viscerales inferiores und Art. deferentialis, bei der Frau 
aus der Uterina. 

Die Gefälse teilen sich diehotomisch in auf- und absteigende Äste. 
Am FEndteil des Harnleiters bilden aber die (Gefäfse einen dichten 
Plexus periureteralis, der oft auch mit der andern Seite Anastomosen auf- 
weist, so dafs man im Röntgenbilde auch einen Plexus interureteralis 
sehen kann. Die Arterien liegen auf der äufsersten Muskelschicht direkt 
unter dem Bindegewebe, man kann also den Harnleiter ausschälen, olıne 
seine (refülse zuschädigen. Dies erklärt die Seltenheit von Ureterennekrosen 
nach fast vollständiger Isolierung des Ganges von der Nachbarschaft: 
die Hauptzweige für die Ernährung kommen vom oberen und unteren 
Ende des Organs. -Mankiewicz-Berlın. 


Zur lumbalen Ureterostomie nach Rovsing. Von Prof. Wilms- 
Basel. (Zentralbl. f. Chir. 1907, Nr. 50.) 

Rovsing hat auf dem diesjährigen Chirurgenkongrefs die lumbale 
Ureterostomie als eine Methode empfohlen, die der Implantation der 
Ureteren ins Rektum vorzuziehen ist wegen der geringeren Neigung zur 
Entstehung einer Pyelonephritis. Sehon seit 1!, Jahren verfolgte W. 
denselben Gedanken. Bei der extraperitonealen Unterbindung der Vena 
spermatica zur Behandlung puerperaler Pyämien nach Trendelenburg 


Nieren und Harnleiter. 1077 


sah er, dafs der Ureter hiebei immer leicht freigelegt werden konnte, 
und nahm sich vor, bei Gelegenheit die Ureteren durch den gleichen 
Schnitt aufzusuchen und vor der Spina anterior superior herauszuleiten. 
Est jetzt (im April 1907) hatte W. Gelegenheit, diese Ureterostomie 
auszuführen bei einem Kinde, bei dem früher die Implantation der 
Ureteren ins Rektum ausgeführt worden war, jedoch eine Urinkotfistel 
sich entwickelt hatte. Die Operation liefs sich an der rechten Seite ohne 
besondere Schwierigkeiten ausführen, links war der Ureter etwas schwieriger 
zu finden. Bei der ersten Operation an der rechten Seite liefs sich der Ureter 
leicht vorholen und in einer Länge von etwa 4cm aufserhalb der Haut- 
wunde vor und etwas oberhalb der Spina anterior superior vorlagern. 
Der Urin flofs reichlich ab, obschon die auf der Aulsenseite des Ureters 
auftretenden Granulationen das Lumen etwas verengten. Bei der zweiten 
Operation, die 14 Tage später vorgenommen wurde, schien es W. 
besser, um diese Granulationsbildung und eventuell Kompression des 
Ureters zu vermeiden, den Ureter zunächst in einer Länge von etwa 
em unter die Haut zu legen in gleicher Art, wie man den Darm bei 
der Kolostomie nach v. Hacker unter die Haut lagert; man kann dann 
später den Ureter durch die nachbarliche Haut umkleiden und rüssel- 
föürmig vorstehen lassen. Bei dieser suprainguinalen oder vorderen 
Ureterostomie wird also vom Ureter nichts geopfert, und es würde diese 
Methode auch anwendbar sein für den Fall, dafs man den Ureter später 
wieder in die Blase implantieren will. Verf. denkt dabei an Fälle von 
Nierenbeckentuberkulose, die man nach Herauslagern des Ureters durch 
Spülung des Nierenbeckens behandeln möchte. 

Für die Reinlichkeit wird der Pat. jedenfalls besser sorgen können, 
wenn die Mündungen vorne liegen und nicht auf dem Rücken. 


Kr. 


Headsche Zonen und Allocheirie bei Uretersteinen. Von 
Schmilinsky-Hamburg. (Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 40 
Vereinsb.) á 

Ein 22 jähriger Arbeiter leidet set H Monaten ca., mit Unter- 
brechungen, an Schmerzen der linken Seite, die von der Lende bis in 
den Hoden ausstrahlen; der Urin schwachsauer oder alkalisch, enthält 
Leukocyten und Phosphate. Im Bereich der IX.—XII. Headschen Dor- 
sal- und der I. Lumbalzone besteht gesteigerte Druck- und Schmerz- 
eınpfindung, die in geringem Malse aufwärts bis zur V. Dorsalzone und 
abwärts bis unter die Kniescheibe reicht. Die ganze linke Körperseite 
ist subjektiv und objektiv etwas empfindlicher als die rechte Seite. 
Überraschenderweise zeigten sich bei wiederholter Röntgenographie auf 
der rechten Seite mehrere Schatten, die unter Ausschlufs aller Fehler- 
quellen nur als Uretersteine zu deuten waren (Albers-Schönberg 
und Hänischì. 

Die Verlegung des Schmerzes auf die andere Seite (Allocheirie) er- 
klärt Schmilinsky bei den auch sonst noch hyste:ische Symptome auf- 
weisende Patienten so. dafs er die Reize, die von der rechten Seite auf 
dem Wege des Sympathicus empfängt, in die linke Seite verlegt, wo er 


1078 Nieren und Harnleiter. 


gewohnheitsgemäfs auch ohnehin lebhaftere Empfindungen hat. Die 
Deutung des Befundes wird man füglich doch bis zu einer ev. Autopsie 
in vivo verschieben müssen. (Ref.) 


Ludwig Manasse- Berlin. 


IX. Bemerkung. 


Veranlalst durch mehrere Anfragen von Kollegen erlaube ich mir 
nachzutragen, dafs die in meinem Aufsatze in Nr. XI dieser Zeitschrift: 
„Erfahrungen über eine neue Behandlungsmethode der chronischen 
Urethritis“ erwähnten Instrumente von der Firma Louis u. H. Liwer 
stein, Berlin N. angefertigt worden sind. — Ich will nicht verfehlen, bei 
dieser Gelegenheit ihr zu danken für die grofse Mühewaltung und ds 
Interesse, welches sie hierbei an den Tag gelegt hat. Lohnstein. 


Bibliographie. 


Die nachfolgende Bibliographie enthält die vom 1. Januar bis 31. Oktober 1907 


einschlielslich in Berlin erschienene oder eingetroffene Literatur. 
Jahreszahl angegeben ist, ist 1907 zu verstehen. 


Wo keine 
Die nächstjährige und die 


folgenden Bibliographien werden die Jahresliteratur von November bis November 
enthalten. 


Abderhalden, Beitrag zur Kenntnis 
des in Harnsteinen vorkommenden 
Cystins. Zeitschrift für physiologische 
Chemie, Bd. öl, S. 391. 

Abell, Surgery ofthe ureter. Louisville 
Montbly Juarnal of Medicin and 
Surgery, June. 

Abelman. Beobachtungen über verti- 
kale Albuminurie. Russki Wratsch, 
Nr. 17. 

Abraham, Über die Bedeutung sexu- 
eller Jugendtraumen für die Sym- 
ptomatologie der Dementia praecox. 
Zeitschrift für Nervenheilkunde und 
Psychiatrie, Bd. 18, 1. Juni 1907. 

Acht, Beiträge zur Histologie des 
menschlichen Nebenhodens. Inaugu- 
raldissertation, Würzburg, Juni 1907. 

Adenotet Arcelin, Suites éloignées 
d'une néphrotomie pour calculose 
rénale et phlegmon périnephritique 
antérieur, controlées par la radiogra- 
phie. Lyon médical, No. 7. 

Adrian, Zehntägige kalkulöse Anurie 
mit spontaner Genesung. Deutsche 
medizinische Wochenschrift, Nr. 16. 

— u. Hamm, Beitrag zur Kennt- 
nis der Pneumaturie. Mitteilungen 
aus den Grenzgebieten der Med. u. 
Chir. Bd. 17, H. 1—2. 

Akinson, Pancreatic lHthiasis, with 
chronic interstitial pancreatitis, follo- 
wed by diabetes mellitus. The Ameri- 
can Journal ofthe Medical Sciences, 
Vol. CXXXIV, No. 4. Oktober. 

Albarran, Die Hypertrophie der Pro- 
stata. Allgemeine Wiener medizi- 
nische Zeitung, Nr. 8 u. 9. 


Albarran, Pathogénie d. uronéphroses. 
Annales des maladies des organes 
génito-urinaires, No. 11 u. 12. 

Alglave, Contribution à l'étude des 
accidents provoqués par l'abaissement 
du rein droit ou 3 degré. Annales de- 
maladies des organes génito-urinais 
res, No. 1. 

Allard, Über den zeitlichen Ablauf 
der Acidosekörperausscheidung beim 
Diabetes. Archiv für experimentelle 
Pathologiennd Pharmakologie, Bd. 57, 
H. 1. 

— Untersuchungen über die Harn- 
absonderung bei Abflufserschwe- 
rung. Archiv für experimentelle Pa- 
thologie und Pharmakologie, Bd. 57, 
H. 3u. 4. 

Allen, Unusual cases of urethral 
lesions. New Orleans Medical and 
Surgical Journal, July. 

Alquir et Theuveny, Sur les alté- 
rations du foie des reins consécuti- 
ves aux ablations de la typhoide et 
des paratyphoides chez le chien. Comp- 
tes rendues hebdomadaires de la 
Société de Biologie, No. 18. Sitzung 
vom 25, V. 

Alsleben, Zur Analytik des Cysto- 
purins. Apothekerzeitung Nr. 63. 
Andren, Two cases of traumatic rup- 
ture of the kidney, in on of which 
a singe kidney existed. Lancet, 26. 

January 1907. 

Andrews, Extravesical versus intra- 
vesical methods of removing prosta- 
tic obstruction. Chicago Medical 
Recorder, June. 


1080 


Apostolides jun., Klinische Beobach- 
tungen über die diuretische Wirksam- 
keit des Theocin-Natrium aceticum, 
Allgemeine medizinische Zentralzei- 
tung Nr. 44. 


Aquir, Etude histologique de Phy- 
pertrophie experimentale des capsules 
surr&nales chez le chien. Gazette des 
höpitaux, No. 61. 

Aranyi, Experimentelle Beiträge zur 
Frage des Stofiwechsels bei Diabetes 
mellitus in bezug auf die ausge- 
schiedenen flüchtigen Fettsäuren im 
nativen Harn. Medizinische Klinik, 
Nr. 24. 

Arcelin, Quelques considörations sur 
la radiographie des calculs cu rein. 
Société médicale des Hòpitaux de 


Lyon, Séance de 14 Mai. Lyon 
Medical No. 32. 

— Technique pour la radiogra- 
phie des voies urinaires. Anna- 


les des maladies des organes génito- 
urinaires. Vol. II. No. 16. 
Arnstein, Über das Verhältnis der 
Acidimctrie des Harns nach Moritz 
zu dem Verfahren von Freund-Lieb- 


lein. Deutsch. Arch. f. kl. Med. 
Bd. 89, H. 6. 
D'Argoa, De la Boerhavia hirsuta, 


employée comme diurétique. Pro- 
gres Medical, No. 20. 

Arlon, Dumarest et Maignon, 
De élimination urinaire des tuber- 
culeux. Les principaux essentiels 
de l'urine dans leurs rapports avec 
Pévolution clinique de la tuberculose 
chez homme. Revue de la Tuber- 
culose, Tome IV, No. 4. August. 

Armstrong, Modern methods in renal 
and ureteral surgery. Montreal 
Medical Journal, April. 

Armugain,Extraperitoneal transplan- 
tation of ureters into to rectum ac- 
cording to the description of Peters 
of Toronto in a case of extraversion 
of bladder. British Medical Journal, 
June 22. 

Arneill, Clinical diagnosis and urin 
analysis, London, Hodder & Stough- 
ton. 

Arrous, Mécanisme de l’action diuré- 
tique des sucrés. Comptes rendues 


hebdomadaires des Scances de la 
Socicte de Biologie, No. 13. 
— Le lactose diuretique vrai? 


Comptes rendues hebdomadaires de 
la Societe de Biologie, No. 18. Sit- 
zung vom 11. V. 


Bibliographie. 


Asch, Urethroskopische Beiträge zur 
Diagnose, Therapie und Prognose 
des Trippers und seiner Folgen, 
Zeitschrift für Urologie, Bd.1, H.4. 

— Die interne und lokale Behand- 
lung der akuten Gonorrhoe in ure- 


throskopischer Beleuchtung. Folia 
urologica, Bd. 1, H. 1. 
— Urethrotomia interna nnd Aus- 


schabung der Stiikturen in urethro- 
skopischer Beleuchtung. 1. Kongrels 
der Deutschen Gesellschaft für Uro- 
logie, Wien, 2.—5. Oktober. Wiener 
medizinische Wochenschrift, Nr. 44. 

Asher, Die Lehre von der Harnab- 
sonderung. Sammelreferat. Zentrai- 
blatt für die gesamte Biologie, IL Abt. 
Bioplhysikalisehes Zentralblatt Bd. l. 
S. 1, 33, 65 usd 165. 

Aufrecht, Zur Empfehlung der Ne- 
phropexie bei Geistesstörung infolge 
von Nephroptose. Therapeutische 
Monatshefte, H. 9. 

Auvray, Abouchement d'un uretlıre 
dans le rectum. Bulletins et pe 
moires de la Société de chirurgie de 
Paris, No. 24. Séance de 26 juin. 

— Hydro-hématonéphrose calculeu- 
se. Heématuries très abondantes. 
Nephrectomie. Ablation suivant la 
methode de Grégoire. Revue de 
Chirurgie p. 309. 

Babcock, Spnial anesthesia by amy- 
lene hydrochloride in genito-urinary 





Surgery. American Journal of Der- 
matology and genito-urinary Dis. 


Bd. XI, pag. 67—70. 

Babler, The treatment of traumatic 
rupture of the kidney. Th Journal 
of the American Medical Association, 
Vol. XLIX, No. 10. 

Backmann, Die Wirkung einiger 
stickstoffhaltigen, in Blut und Harn 
physiologisch vorkommenden organi- 
schen Stoflwechselprodukte auf das 
isolierte und überlebende Säugetier- 
herz. Skandinavisches Archiv für 
Physiologie Bd. XX. H. 1u.2. 

Baer, Ein neues verbessertes Cvysto- 
skop „Pancystoskop“. Zeitschrilt 
für Urologie, H. 6, und Annales des 
maladies des organes genito-urinai- 
res, Vol. II, No. 18. 

Baetjer, Köntgen-Ray diagnosis” of 
renal calculi. American Quarterly 
of Roentgenology. January. 

Bainbridge and Beddard, The 
effects of partial nephrectomy in cats. 
The Journal of Physiology Vol. XXXV 
No. 3. 


Bibliographie. 


Baldo, Rene mobili et nefropessia. La 
Clinica chirurgica, No. 8. August. 
Ball, Sphincterie control of the male 
bladder, and its relation to prostat- 
ectomy. The Practitioner, No. 3, 

March. 

Ballenger, The diagnosis of diseases 
of the prostate. The Journal of the 
American Medical Association, Vol. 
XLVIII, No. 23. 

Balluwıtz, Zur Kenntnis der Sper- 
mien der Cetaceen. Archiv für mikro- 
skopische Anatomie und Entwick- 
lungsgeschichte, Bd. 70, H. 2. 

— uber den feineren Bau der 
eigenartigen aus dre: freien di- 
morphen Fasern bestehenden Sper- 
mien der Turbellarien. Archiv für 
mikroskopische Anatomie und Ent- 
wicklunesgeschichte, Bd. 71, H. 1. 

Bang, Neue Methode zur Bestimmung 
des Harnzuckers. Berliner klinische 
Wochenschrift, Nr. 8. 

Bangs, A comment on the X-Ray as 
applied to prostatic enlarvement. 
Medical Record, June 1. 

Barille, Pıecipitation artificielle de 
cristaux d’oxalate de chaux dans une 
urine (à propos d'un cas d’oxalurie 
simulée). Jonrual de Pharmacie et 
Chimie, No. 4. 

Barling, Nephrectomy. British Medi- 
cal Journal, July 13. 


— Some observaton on ne- 
phreetomy. “he British Medical 
Journal, No. 2428, July. 

— Pelvie appendicitis with par- 


appendical abscess aud cystitis. The 
Lancet, No. 4368. 

Barr. Undescended testicle. American 
Journal of Surgery, S. 7. 

Barringer, The Luys urine separator. 
The American Journal of the Medi- 
cal Sciences. March Vol. CXXXIII. 
No. 3. 

Bartrina et Pascual, Un cas de 
maladie polykystique des reins. Anna- 
les des maladies des org. génito-uri- 
naires, Vol. H, No. 14. s 

Baruco, Die sexuelle Neurasthenie 
und ihre Beziehung zu den arank- 
heiten der Geschlechtsorgane. Otto 
Salbe, Berlin 1907. 

Basıl & Jacksontaylor, A note on 
tests for acetone in the urine. The 
Lancet, No. 4360, March 

Batuaud, La Neurasthenie génitale. 
Maloine, Paris. 

Batut, Dvs rétrécissements de l'urètre 
et de leur traitement. Annales des 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 


1081 


maladies des organes génito-urinai- 
res, Vol. II, No. 15. 

Bauholzer, Herniol, ein neues Mittel 
bei Nierenerkrankungen. Zeitschr. 
f. Krankenpflege, H. 1. 

v. ®aumgarten, Zur Kritik der as- 
zendierenden Tuberkulose im weib- 
lichen Genitaltraktus. Berliner kli- 
nische Wochenschrift, No. 8. 

— Antikritische Bemerkungen zur 
aszendierenden Tuberkulose des 
weiblichen Genitaltraktus. Berliner 
klinische Wochenschrift, Nr. 22. 

Bazy, Prostatectomia. (Sociedad de 
Cirugia de Paris. Sesión del dia ő de 
Febrero de 1907.) Revista de Medi- 
cinay Cirugia practicas, No. 972, 
Mazzo. 

— Hydronéphrose intermittent.» 
par malformation du bassinet. Bul- 
letins et mémoires de la Société de 
Chirurgie de Paris, No. 19. 

— Physiologie pathologique et 
pathogenie de l'hydronéphrose inter- 
mittente. Annales des maladies des 
organes génito-urinaires, Vol. Il. 
No. 20 

Beardsley, Hematuria due to small 
duseg of Urotropin. Pennsylvania 
Medical Journal, June. 

Becker, Eine Bandage zur Fixierung 
von Verbandstoffen am Penis. Mün- 
chener mediz. Wochenschrift, Nr. 19. 

Beddard, The urine in diabetes. The 
Practitioner, July. 

Beer, The diagnosis of pyelonephritis. 
The Journal of the American Medi- 
cal Association, Vol. XLVIII, No. 23. 

Belfield, Drainage of the prevesical 
space through the Perineum in supra- 
pubic Cystotomy. Annals of Surgery, 
January. 

— Tue phyletic in vesical car- 
cinoma. American Journal of Uro- 
lovy, May. 

Bence, Experimentelle Beiträge zur 
Nıierenwassersucht. Berliner klini- 
sche Wochenschrift, Nr. 27. 

— et Sarvonat, Contribution 
expérimentale a l étude de l hydrémie 
dans l'insuffisance rénale. Revue de 
medecine, No. 7. 

Benedict, The relation of the kid- 
neys to gastro-enterologyv. The Ame- 
rican Journal of the medical Scien- 
ce, No. 5, Mar. 

— and Diefendorf, The ana- 
lysis of urine in a starving woman. 
The American Journal of physiology, 
Vol. XVIII, No. 4. 

71 


1082 


Bennecke, Ein Todesfall infolge re- 
flektorischer Anurie nach Haruröh- 
rensondierung bei einem Manne mit 
hochgradigen Schrampfnieren. Mün- 
chener medizinische Wochenschrift, 
Nr. 42. e 

Berblinger, Traumatische, intraperi- 
toneale Ruptur der Blase (Laparo- 
tomie); Heilung. Müchener medizi- 
nische Wochenschrift, Nr. 33. 

Berg, Über die Behandlung der Ecto- 
pia vesicae. Nordisches medizini- 
sches Archiv f. Chirurgie, 190. 

Bergell, Zur Kenntnis des Hexa- 
methylentetramins und seiner Salze 
(Cystopurin). Deutsche medizinische 
Wochenschrift, Nr. 2. 

Bernard, Du rôle des glandes surré- 
nales dans les états pathologiques. 
Revue de médecine, No. 10. 

— et Laederich, Néphrites 
expérimentales par action locale sur 
le rein. Archives de Médecine ex- 
périmentale et d’Anatomie patholo- 
gique, No. 8, Juni. 

— et Salomon, Recherches 
sur la tuberculose renale. Journal 
de physiologie et de pathologie gé- 
nérale, No. 1. 

— and Salomon, Experimen- 
tal production of renal tuberculosis. 
Revue internationale de la tubercu- 
lose, Mars, pag. 204. 

Bernhard, Die Radikaloperation der 
Herniae permagnae mit Reposition 
des Hodens in die Bauchhöhle. Mün- 
chener medizinische Wochenschrilt, 
Nr. 32. 

Bernn, Über die in der Heidelberger 
chirurgischen Klinik 1900—1905 be- 
handelten Fälle von Carcinoma penis. 
Inauguraldissertation, Heidelberg, 
September 1907. 

Besenbruch, Ein Fall von Platten- 
epithelkrebs des Nierenbeckens mit 
Riesenzellen. Inauguraldissertation, 
Kiel 1907. 

Besley, Rupture of the urinary blad- 
der. Surg. Gyn. and Obst. April. 
Bial, Die chronische Peptonurie. Ber- 

liner Klinik, Heft 226, April. 

Biberfeld, Beitäge zur Lehre von der 
Diurese. Archiv für die gesamte 
Physiologie des Menschen und der 
Tiere, Bd. 119, Heft 6—8. 

— Der gegenwärtige Stand der 
Theorie der Harnabsonderung. 
Zentralblatt für die gesamte Physio- 
logie und Pathologie des Stoflwech- 
sels, Nr. 9—10., 


Bibliographie. 


Biffi et Galli, Recherches sur le sang 
et sur les urines des nouveau-nés et 
des nourrissons. Journal de physio- 
logie et de pathologie générale, 
Tome 9, No. 5. 

Billard, La tension superficielle des 
urines, signe clinique. Journal de 
médecine de Paris, No. 21. 


Bioglio, Sul ricambio urinaro nelle 
emcranie. Revista sperimentale di 


Freniatria, Vol. XXXIII, Fasc. I. 


Bircher, Eine Modifikation der Ure- 
throtomia externa bei der Behand- 
lung der Zerreifsungen und Striktu- 
ren der männlichen Harnröhre. Ar- 
SC für klinische Chirurgie, Bd. 85, 

. 4. 

Birnbaum, Die Erkennung und B«- 
handlung der Urogenital-Tuberkulos 
mit den Kochschen Tuberkulinpri- 
paraten. Zentralblatt für Gynäkol«- 
gie, Nr, 39. 

Bittorf, Druckschmerzhaftigkeit des 
Hodens bei Nierensteinen. Münche- 
ner med. Wochenschrift, Nr. 23. 

— u. Jochmann, Beiträge zur 
Kenntnis des Kochsalzstoffwechsels. 
Deutsches Archiv für klinische Me- 
dizin, Bd. 89, H. 5 u. 6. 


Blackhurn, Hypernephroma. New 
York Medical Journal, 17. August. 

Blarez, L’urine au point de vue chi- 
mique et medical analyse simplitiee 
avec la signification et l'interpréta- 
tion physiologique des résultats. Ma- 
loine, Paris, 1907. 

Blaschko, Über die Häufigkeit des 
Trippers in Deutschland. Zeitschnit 
f. Bekämpfung der Geschlechtskrank- 
heiten, Nr. 1, und Münchener med. 
Wochenschrift, Nr. 6. 

Blasuoci, An emergenci catheter for 
permanent drainage. International 
Journal of Surgery, Bd. XX, pag. 81. 

Bloch, Ein rascher Nachweis dvs 
Tuberkelbazillus im Urin durch den 
Tierversuch. Berliner klinische We- 
chenschrife, Nr. 17. 

— Die Herkunft der Harnsäure 
im Blute bei Gicht. Zeitschrilt für 
physiologische Chemie, Nr. 51. 


— Das Sexualleben unserer Zeit. 
L. Marcus, Berlin 1907. 
— Über einen neuen Katheter- 


dampfsterilisator mit Aufbewahrungs- 
behältern für die einzelnen Katheter. 
Zeitschrift für Urologie, Bd. 1. Nr.5, 
und Berliner klinische Wochenschr. 
Nr. 10. 


Bibliographie. 


Block, Arztliche Aufsicht über un- 
kontrollierte Prostituierte. Zeitschr. 
L d. Bekämpfung der Geschlechts- 
kraukheiten, H. 1. 

Blodgett, Nephritis — complications 
and sequelae. Vermont Medical 
Monthly, 15. April. 

Blum, Die Bedeutung des reno-rena- 
len Reflexes für die Pathologie und 
Diagnostik der Nierenkrankheiten. 


Wiener klinische Wochenschrift, 
Nr. 40. 
— Die Nierentuberkulose. Kriti- 


scher Sammelbericht über die Lite- 
ratur des letzten Jahres Mitte 1906 
bis 1907. Wiener klinische Wochen- 
schrift, Nr. 40. 


Bock, Untersuchungen über die Nie- 
renfunktion. Archiv für experimen- 
telle Pathologie und Pharmakologie, 
Bd. 57, H. 3. 


Bodin, Etiology and pathogenesis of 
infectious arthritites of urinary ori- 
gin. American Journal of Urology, 
August. 

Boeckel, A propos d’un cas de ma- 
ladie kystique du rein complique 
d’ocelusion. Gazette médicale de 
Strassbourg, No. 6. 

Boekelmann und Staal, Zur Kennt- 
nis der Kalkausscheidung im Harn. 
Arch. f. exp. Path. u. Pharm. H. 4. 

Boese, Ein Fall von Stieltorsion eines 
sarkomatös degenerierten Bauchho- 
dens. Wiener klinische Wochenschr., 
Nr. 11. 

Bogdanik, Ein Beitrag zur subkuta- 
nen Zerreifsung der Harnröhre. Wie- 
ner medizinische Presse, Nr. 38. 

Böhme, Zwei Fälle von abnormer 
Ausmündung bezw. Endigung der 
Ureteren mit besonderer Berücksich- 
tigung der Symptome, Diagnose und 
Therapie bei Mündungsanomalien. 
Inauguraldissertation, Leipzig, Au- 
gust 1907 

Bohmig, Zur Spermiogenese der 
Triclade procerodes gerlachei u. sp. 
Archives de Biologie, Tome XXIII, 
F. L 

Bolk, Beiträge zur Affenanatomie, 
VI. Zur Entwicklung und verglei- 
chenden Anatomie des Tractus ure- 
thro-vaginalis der Primaten. Zeit- 
schrift für Morphologie und Anthro- 
pologie, Bd. X, H. 2. 

Bolte, Über Kochsalzausscheidung bei 
Nierenerkrankungen. Inauguraldis- 
sertation, Kiel 1907. 


1083 


Bolton, The treatment of prostatic 
congestion by electrical methods. Tho 
Lancet, No. 4363, April. 

de Bonis, Über die Sekretionserschei- 
nungen in den Drüsenzellen der Pro- 
stata. Archiv für Anatomie und 
Physiologie, H. 1. Anatomische Abt. 

Bonneau, Indication et technique de 
la meatotomie. Journal des Practi- 
ciens, 12 janvier. 

— L’huile cocainee chez les urinaires. 
Annales des maladies des organes 
génito-urinaires, No. 2. 

— Lubréfaction de P'urëthre et non de 
linstrament dans la cathétérisme. 
Annales des maladies des organes 
génito-urinaires, Vol I, No. 5. 

Borden, Elimination of Indoxyl sul- 
phate in urıne of the insane. Jour- 
nal of biological chemistry, Vol. II, 
No. 6. 

Boretius, Ein Fall von roher Mifs- 
handlung durch Quetschung des Ho- 
dens.  Arztliche Sachverständigen- 
zeitung, Nr. 8. 

Borri, Sulla reazione microchimica 
del Frintrocrcosole e di alcuni Nisto- 
fenoli con lo sperma. Gazetta medi- 
ca Lombarda, No. 14. 

Borzecki, Einiges zur Frage der Be- 
handlung der männlichen akuten 
Gonorrhoe. Archiv für Dermatolo- 
gie und Syphilis, Bd, LXXXIV, 
S. 124—134. 

Boss, Moderne Therapieder Gonorrhoe. 
Deutsche Medizinalzeitung, Nr. 46. 

Bossi, Le capsule surrenali e l’osteo- 
malacia. J] policlinico, 6gennaio 1907. 

Bottomley, Operative treatment of 
exstrophy of the bladder by trans- 
plantation of uterus on to the skin 
of the loin. The Journal of the Ame- 
rican Medical Association, Vol. XLIX, 
No. 2. 

Bousquet, Médication mercurielle et 
perméabilité rénale. Journal des 
Practiciens, 12. Januar. 

Bowers, Transvesical operation for 
relief of prostatism in the aged. Ame- 
rican medicine, July. 

ter Braak und Mijnlieff, Ein Fall 
von Eklampsie iufolge von erhöhter 
intrarenaler Spannung. Zentralblatt 
für Gynäkologie, Nr. 42. 

Bradford, The pancreas and Diabe- 
tes mellitus. The Practitioner, July. 

Brahmachnari, Albumosuria and the 
duration of albuminuria in Cholera. 
British medical Journal, April, 
No. 2416. 


71* 


1084 


Brenning u. Lowitt, Über einige 
neuere Antigonorrhoica (Santyl, Ble- 
nal, Kawa-Kawin, Cystopurin). All- 
gemeine medizinische Zentralzeitung, 
Nr. 17 u. 18. 

Bremerman, Lavage of renal pelvis 
in pyelitis and kidney conditions. 
Virginia Medical Semi, 12. April. 

Brewer, Acute unilateral septie in- 
farcets of kidney. New York Medi- 
cal Journal, 1. Juny. 

Broca, Organes génitaux externes fé- 
minins et testicules dans l'abdomen. 
Bulletins et mémoires de la société 
de chirurgie de Paris, No. 8. 

— Calcul vésical chez un garcon de 


4 ans. Annales des maladies des 
organes genito-urinaires, Vol. II, 
No. 14. 


Broco, Nephroptose et scoliose refle- 
xe. Bulletins et mémoires de la so- 
ciété de chirurgie de Paris, No. 10. 

van den Broek. Beiträge zur Kennt- 
nis der Entwicklung des Uro-Geni- 
talapparates bei Beuteltieren. Neder- 
landsche Bijdragen tot de Anatomie, 
4. Deel, 3. Aflevering. 

Broman, Über Bau und Entwicklung 
der Spermien von Rana fusca. Ar- 
chiv für mikroskopische Anatomie 
und Entwicklungsgeschichte, Bd. 70, 
H. 2. 

— Über die Existenz eines embryona- 
len Pfortaderkreislaufes in der Nach- 
niere der Säugetiere. Anatomischer 
Anzeiger, Bd. XXXI, Nr. 4—5. 

Brown, Largo branched calculus in 
fach kidney. Transaction of the 
New York surgical Society, 23. Ja- 
nuar 1907. Annals of Surgery, Mavy. 

— A case of myelipathic albumosuria. 
British Medical Journal, No. 2437. 

— Acetonuria: its clinical significance 
and treatment. The Practitioner, July. 

Brunet, Über Zottengeschwülste des 
Ureters. Gynäkologische Rundschau, 
H. 9. 

Bruni, Über einige Fälle aus dem 
Gebiete der Nierenchirurgie. Zeit- 
schrift für Urologie, H. >. 

Brunner, Descensus des rechten Ure- 
ters ins Skrotum, eine Hernia ingui- 
no-scrotalis vortäuschend. Deutsche 
Zeitschrift für Chirurgie, Bd. 90, 
H. 1—3. 

Brunton, On the heart in relation 
to diabetes, The Practitioner, July. 

Buford, Acute diffused gonorrheal 
Peritonitis. Chicago Medical Re- 
corder, June. 


Bibliographie. 


Bum, Die chirurgische Behandlunr 
der Prostatahrpertrophie. Wiener 
Klinik, H. 1. 

Bürgers, Über spontane Laktosurie 
in der Gravidität und "mm Puerpe- 
rium. lInauguraldissertation, Bonn, 
Februar 1907. 

Burkhardt u. Polano, Die Füllung 
der Blase mit Sauerstoff zum Zwecke 
der Kystoskopie und Radiographie. 
Münchener medizinische Wochen- 
schrift, H. 1. 

Buru u. Taddei, Contributio speri- 
mentale alle studio degli effetti e 
della sorte delle suture nelle ferite 
del rene. Lo Sperimentale, Fasc. IV, 
Juli bis August. 

Butsehkus, Über Lues des Hodens, 
Inauguraldissertation, Halle a. S., Fe- 
bruar 1907. 

Cabot, Diagnosis of tumors of the 
bladder. NewYork Medical Journal 
1. Juny. 

Cagnetto u. Zancan, Anatomische 
und experimentelle Untersuchungen 
über die diffuse Nephritis. Beiträge 
zur pathologischen Anatomie und 
allgemeinen Pathologie, Bd. 41, H.3. 

Caldwell, Foreign bodies in the 
urinary bladder; cystotomie. Inter- 
national Journal of Surgery, Bd. XX, 
pag. 114—117. 

Calendoli, La ricerca dell’ indicano 
nell urina in presenza dı clorato do 
potassio. Il Policlinico, fase. 7. 

Callum, Hypertrophie of the islands 
of Langerhans in diabetes mellıtas. 
American Journal of med. Science, 
March, Nr. 3. 

Cammidge, The So-called „Pancrea- 
tic Reaction“ in the urine. The 
Edinburgh medical journal, Vol. XXI, 
Nr. 2. 

Camus et Gley, Sur la toxicité de 
la sécrétion prostatique du Hérison. 
Comptes rendues hebdomadaires des 
Séances de la Société de Biologie 
No. 26, Séance de 27 juillet. 

Carles, Précis des mala ties des reins. 
Octave Doin, Paris 1907. 

Carman, Skıagraphs of urinary cal- 
culı with history of cases. St. Louis 
Medical Review, 22. Juni. 

Carnot et Lelièvre, Sur l’existence 
de rubstances nephro-noldtiques au 
cours des régénérations et da déve- 
loppement embryonaire du rein. 
Archives de Médecine expérimentale 
et d'Anatomie pathologique, No. 3, 
Juni. 


Bibliographie. 


Carroll, Metastatic conjunctivitis in 
gonorrhea. The Journal ot the Ame- 
rican Medical Association, Vol. XLIX, 
No. 2. 

Casper, Die verschiedenen Arten der 
Anurie, ihre Pathogenese und The- 
rapie. Therapie der Gegenwart, H. 10. 
Vortrag, gehalten beim 1. Kongrefs 
d. Deutsch. Ges. f. Urologie, 2—5. X. 

— A text-book of gerito-urinary 
diseases. Translated and edited 
with additions by C. W. Bonney, 
M. D. London, Rebmann Ltd. 

Cassirer und Bamberger, Ein Fall 
von doppelseitiger Neuritis des N. 
cruralis bei Pıntosurie. Deutsche 
medizinische Wochenschrift Nr. 22. 

Castano, Prostatectomie perıneale et 
prostatectomie transvesicale, methode 
de Freyer: étude comparés des 
deux méthodes. Annales des mala- 
dies des organes génņnito-urinaires, 
No. 6. 

Castro, Las soluciones de Protargol. 
El Siglo medico, Num. 2. 810, 
19. Okt. 

Cathcart, ber die Zusammensetzung 
des Hungerharns. Biochemische 
Zeitschrift, Bd. 6, S. 109. 

Cathelin, Le diagnostic et le traite- 
ment chirurgical de la tuberculose 
réLale. Folia urologica, Bd. 1, No, 2. 

— Valur comparée des pro- 
stat&ctomies. Journal de medecin de 
Parıs, No. 12. 


Caudron, Traitement de l’inconti- 
nence nocturne dite essentielle in- 
fantile. Gazette médicale de Strass- 


bourg, No. 2. 

Cavazzani, Über die Entstehung der 
Teratoide des Hodens. Bemerkungen 
über ine angeborene Geschwulst des 
Hodens. Beiträge zur pathologischen 
Anatomie und allgemeinen Patholo- 
gie, Bd 41, H. 3 

Cay, Physiological and pathological 
observations on wrights method of 
testing the blood and urine The 
Lancet, Nr. 4370, Juni. 

Celli, Ciunintannat in Fällen von 
idıusyrikrasischer, selbst hämoglobi- 
pnurischer Intoleranz gegen in Wasser 
lösliche Chininsalze. Archiv für 
Schiffs- und Tropenhygiene, Bd. 11, 
Nr. 11. 

Chalier, Cancer et diabete. Archives 
générales de médecine, No. 5. 

Champy, Immunisation par un sérum 
antitoxique contre Vintoxication ré- 
nale par le cantharidate de potasse. 


1085 


Journal de physiologie et de patho- 
logie generale, Tome 9, No. 5. 
Chance, A Case of Secondary Hyper- 
nephroma of the Iris and Ciliary 
bodi. The Journal of the American 
Medical Association, No. 6. 


Charles, Ein Fall von künstlicher 
Frühgeburt bei Schwangerschafts- 
nephritis mit günstigem Ausgang für 
Mutter und Kind. Allgemeine med. 
Zentralzeitung, Nr. 11, 

— Diabetes ın the propics. 
tish Medical Journal, No. 
Oktober 19. 


Charlot, De la ligature de l’urethre 
daus les cas de blessure ou de section 
de ce conduit au cours des inter- 


Bri- 
2442, 


ventions gynécologiques. Thèse, 
Lyon 1906,07. 
Chatelin, Extraction des Corps 


étrangers de la vessie. Le Progiès 
médical, No. 25. 

Chatin et Philippe, Néphrite aiguë 
avec hypermeabilit6 renale. Société 
medicale des höpitaux de Lyon, 
séance de 18 juin. Lyon Medical, 
No. 40. 

Chauvel, Sarcome kystique de l'ovaire 
chez un hermaphrodite d'aspect mas- 
culin. Annales de gynécologie et 
d’obstetrique, Oktober. 

Chavessant, Indicazioni pratiche per 
stabilire il regime alimentarie nei 
diabetici. Gazz. internazionalı de 
Med. 1907, Bd. X, pag. 33. 

Cheesman, Extirpation of a Hyper- 
nephroma Weighing four and a quar- 
ter Pounds from an Infant twenty 
Months of age. Annales of Sur- 
gery, January. 

Chetwood, Surgical conditions of 
the kidneys. American Journal of 
Obstetrics, July. 

Cheyne, Operation for intermittent 
hydronephrosis. The Lancet, July 6. 

— Two cases of intermittent hydro- 
nephrosis treated by operation. The 
Lancet, No. 4375, Vol. CLXXIII, 
July 6. 

Chiarolanza, Le fibre elastiche nella 


prostata umana normale. Anatomi- 
scher Anzeiger, Nr. 18. 
Christian, Fermentation specific 


gravity method of estimating sugar 
in diabetic urine. London Medical 
and Surgical Journal, 8. August. 

Chute, Hamaturie bei chroniseher 
Nephiitiss The American Journal 
of urology, No. 4. 


1086 


Chute, Des hématuries rénales et uré- 
térales, Boston med. and surgi- 
cal journ:l, 10. I. 

Citron, Ein Saccharometer zur gleich- 
zeitiren Bestimmung beliebig vieler 
Zuckerharne 'Modifiziertes Gärsac- 
charoskop nach Citron). Deutsche 
medizinische Wochenschrift, Nr. 30. 

Clairmont, Über den Wurmfortsatz 
und die Harnblase ala Bruchinbhalt. 
Wiener klinische Wochenschrift 
Nr. 11. 

Claisse, Spondylose blennorragique. 
(Société mélicale des Hôpitaux, 
séance du ler Février 1907.) Gazette 
des Höpitaux, No. 15. ' 

Clark, Etiology and pathology of ne- 
phritis. Vermont Medical Monthly, 
15. April. 

— Gonorrheal Prostatitis. The Jour- 
nal of the American Medical 
Association, Vol. XLVIII, No. 15, 

Cleaves, The physiological action of 
the pancreatic enzymes, with special 
reference to hematology, urinology 
and clinical pathology. Medical Re- 
cord, No. 22. 

Clerici, Alcune richerche intorno 
alla influenza della nefrectomia sulla 
funzionalità renale nei conigli e 
nelluomo e sulla resistenza dei co- 
nieli agli avvelenamenti. Gazetta 
medica Lombarda, No. 15 und 16. 

Coe, Pathology of Gonorrhea in 
Women Medical Record, No. 17. 

Cohn, Ein Fall von paraurethraler 
Gonorrhoe. Deutsche medizinische 
Wochenschrift Nr. 1. 

— Über Hämospermie: ein Fall 
von Lues haemorrhagica der Samen- 
blasen. Zeitschrift für Urologie, 
Bd. 1, H. 4. 

Cole and Meakins, Treatment of 
gonorrlieal arthritis by vaccines. 
Bulletin ofJohns Hopkins Hospital, 
Juni Juli 

Collet, Le rein. Octave Doin, Paris 
1907. 

Conforti é Favento, Il Sarcoma 
della prostata. Folia urologica, 
Bd. 1, H. 2. 

Conteaud, Des traumatismes du 
rein. Archives de médecine navale, 
No. 2. 

Coronedi und Luzzatto, L’ammo- 
niaque dans l'urine du chien thy- 
reoidectomise. Archives italiennes 
de biologie, Tom. XLVH, Fasc. 2. 


M'Coseh, Cysts of the suprarenal 
gland. Annals of Surgery, Juny. 


Bibliographie. 


Costa, The opsonic index in diabe- 
tes mellitus. American Journal of 
Medical Sciences, Vol. CXAXAI, 
July. 

— Sur la signification des „corps 
siderophiles* de Guieysse chez les 
cellules cortio-surrenales. Anato- 
mischer Anzeiger, Bd .XXXI, Nr. ? 
bis 5. 

Coudray, Traitement de l’ectopie te- 
sticulaire. Provrès médical, Januar 
und Wiener med. Presse, Nr. 19. 

Courmont, Le diabète insipide hyper- 
chlorurique Société médicale des 
hópitaux de Lyon Séance, de 28 Mai. 
Lyon Médical, No. 28, 14. Jali. 

Crile and Cole, Transfusion in dogs 
on which bilateral nephrectomy ins 
been performed. NewYork Medical 
Journal, July 27. 

Crippa, Umfrage ūber den Begriff 
und Behandlung der chronischen 
Gonorrhoe (Autwort zu Neisser. 
Medizinisehe Klinik Nr. 22. 

Cristofoletti, ber eine nene Ure- 
thralplastik. Wiener klinische Wo- 
chenschrift, Nr. 40. i 

Crott, Treatment of albuminuria and 
eclampsia of pregnancy. Medical 
Press and circalar, May. 

Crouse, The ambulatory treatment 
of epididymo-orchitis. American 
Journal of Surgery, Bd. XXI pag 
101—111. 

O'Crowley, The internal and exter- 
nal remedies in urinary diseases and 
their comparative value. Medical 
Record, May, No. 20. 

Cumston, Parhogenic significance of 
Cheyne-Stookes re-piration in ne 
phritides. American Journal of [ rə- 
logy, August. 

— Case of acute metastatic gono- 
rheal myositis. American Juir 
nal of Urology, Juli und Dubin 
Medical Journal of Medical Science, 
No. 428. August. | 

Cunningham, Recurrent intermit- 
tent retention of urine occurmnz 
with the remissions in a case d 
pernicicus anaemia — the final re- 
sult of a Bottini operation fur asso- 
ciated prostatic hypertrophy. Annals 
of Surgery, February. 

Cupler, Note on gonorrhoealOsteemy- 
elitis. Annals of Surgery, January. 

Cutore, Ghiandole intrarpitehali plori- 
cellulari nella cistifellea de an 
e sulla affermata presenza Me 
mucosa uretrale muliebre. Archivo 


= ¿a s s “a 


Bibliographie. 


italiano di anatomia e di embriolo- 
gia, Vol. V, Fasc. 3. 

Cutter, Malignant tamor of the te- 
sticle. Journal of the American Me- 
dical Association. pag. 1108. 

Cuturi, Saull'uretroscopia e sua im- 
portanza in urologia. Policlinico, 
Bd. XIV, pag. 289—291. 

Daels, Experimenteller Beitrag zur 
Wirkung des Yohimbins auf den 
weiblichen Genitaltraktus. Berliner 
klinische Wochenschrift, Nr. 43. 

Dakin and Ransom, Treatment of 
case of diabetes with Secretin. Jour- 
nal of biological chemistry, January. 

Dalous et Serr, Etude des variations 
morphologiques de l'épithélium du 
tube contourne sous l'influence de 
la théobromine (Action de la théo- 
bromine sur le rein). Journal de 
physiologie et de pathologie générale, 
No. 1. 

Davis, Multiple Papillomata of bladder. 
Boston Medical Journal, %0. Juni. 
Dawson, Glycosuria and life in- 
surance. The Practitioner, July. 
Deanesly, Modern methods of dia- 
gnosis in urinary surgery. H. K. Le- 

wis, London 1907. 

Deaver, Prostatectomy. Pennsylva- 
nia Medical Journal, August. 

Delamare et Legène, Sur la pré- 
sence de lécithines dans les hyper- 
néphromes. Comptes rendues heb- 
domadaires de la Société de biologie 
No. 10. 

Debernardi, Beiträge zur Kenntnis 
der malignen Hodengeschwülste. 
Beiträge zur path. Anatomie nnd 
allgemeinen Pathologie, Bd. 40, H. 3. 

Delbet, Abouchement des deux ure- 
teres dans lintestin. Bulletins et 
mémoires de la Société de Chirur- 
gie de Paris, No. 1ō: April. 

— Des vices de conformation con- 
génitaux de la vessie et de leur 
traitement. Annales des maladies 
des organes génito-urinaires, No. 9. 

Delefosse, Revue critique. Annales 
des maladies des organes génito-uri- 
naires, No. 8. 

Deschamps, Contribution A l'étude 
de la guérison spontance de la tu- 
berculose du rein. Annales des ma- 
ladies des organes génito-urinaires, 
No. 8. 

— Untersuchungen über die Propa- 
gation des Gonokokkus im hinteren 
Teil der Urethra. Allgemeine me- 
dizinische Zeitung, Nr. 80. 


1087 


Desnos, Indications et résultats des 
prostatectomies. Le Progrès médical, 
No. 17. 

Determeyer, Lösungsbedingungen 
der Harnsäure im Harn. Berliner 
klinische Wochenschrift, Nr. 17. 

Deutsch, Über den therapeutischen 
Wert des Urogosans bei Urethro- 
cystistis. Wiener klinische Rund- 
schau, Nr. 28. 

Dezarnaulds, L’extirpation des gang- 
lions Jombaires dans la cure du can- 
cer du testicule. Journal de Möde- 
cine de Paris, No. 36. 

Dieulafe, Nephroptose et scoliose 
réflexe. Société de chirurgie, Séance 
de 13 mars. Revuo de Cnirurgie, 


p. 691. 
Dieulafoy. Paralysis of oculomotor 
nerves in diabetes. International 


Clinics, Juni. 

Dind, Dermatoses et système rénal. 
Revue médicale de la Suisse romande 
No. 2. 

Disselhorst. Die dritte prostatische 
Drüse von Erinaceus europaeus. 
Anuatomischer Anzeiger, Bd. 31, Nr. 
7u8. 

Dixon, Surgical treatnent of the uri- 
nary bladder and of the urethra. 
Kentucky Medical Journal, July. 

Dobrowolskata, Contribution A l’ctu- 
de des hypernephromes. Archiv 
biologischer Wissenschaften, ‘Tome 
XII, No. 4—5. 

Döderlein u. 
Gynäkologie. 
zig 19937. 

Doebbelin, Nierenexstirpation wegen 
Nicrenzerreifsung. Deutsche militär- 
ärztliche Zeitschrift, H. 4. 

Doege, Case of transverse rupture of 
the membranaceous urethra in the 
male. Wisconsin Medical Journal, 
June. 

Donnadieu, Du ròle de la dilatation 
dans les uréthrites chroniques et de 
la mcilleure manière de la pratiquer 
au moyen du dilatateur-laveur de 
Kollmann. Revue pratique des ma- 
ladies des orwanes g&nıto-urinaires, 
Bd. IV, pag. 31—40. 

Doran, Malignant Vaginal polypus 
secondary to an adrenal tumour of 
the kidney. The Journal of Obste- 
trics and gynaecology of the British 
Empire, No. 6. 

Doyon, Gautier et Policard, Lé- 
sions rénales dèterminées par lané- 
mie artérielle du foie. Comptes ren- 


Krönig, Operative 
Georg Thieme, Leip- 


1088 


dues hebdomadaires de la Société de 
biologie, No. 18. Séance de 11. V. 

Doyon, Gautier et Policard, Lé- 
sions rénales déterminées par 
Yablation du foie. Comptes rendues 
hebdomadaires des séances de la So- 
ciété de biologie, No.19.Sitzung v.1. VI. 

Draudt, Über Cavaresektion in einem 
Fall von Mischgeschwulst der Nie- 
renkapsel. Deutsche Zeitschrift für 
Chirurgie, H. 1, Mai. 

Drobny, Über die Beziehungen der 
Urologie zu anderen Gebieten der 
Medizin. Wratschebnaja Gazeta, 
No. 3 u. 4. 

— Chronische Prostatitis als ätiologi- 
sches Moment für Neurasthenie. 
Wratschebnaja Gazeta, No. 16 u. 17. 

Dufaux, Über rationelle Autbewah- 
rung der Sonden u. Katheter, insbe- 
sondere der elastischen und weichen. 
Zentralblatt für die Krankheiten der 
Harn- und Sexualorgane, H. 1. 

Earp, Report of a case of urethro- 
vesical calculus weighing BAL, 
grains. New-York Medical Journal, 
2. Februar. 

Eason, Phagocytosis of Erythrocytes 
and the question of opsonin in par- 
oxysmal haemoglobinuria. The Edin- 
burgh Medical Journal, May 1907. 

Eccles, A case of imperfectly de- 
scended testis. West Lond. Medical 
Journal, Bd. XII, pag. 127. 

Edebohls, Exploration and decap- 
sulation of the other kidney before 
completing a nephrectomy. The Jour- 
nal of the American medical Asso- 
ciation, No. 22. 

Edgar, Gonorrhea during pregnancy. 
Medical Record, No. 17. 

Edington, Some malformations of 
the penis. British Medical Journal, 
No. 2438. 

Edwards, Treatment of gonorrheal 
epididymitis. New- York Medical 
Journal, August 3. 

Eichler, Experimentelle Beiträge zur 
Diagnose der Parkreaserkrankungen. 
Die Cammidgesche Pankreasreaktion 
im Urin. Berliner klinische Wochen- 
schrift, Nr. 25. 

v. Eiselsberg, Diagnostik und The- 
rapie der Nierentumoren. I. Kongrefs 
der Deutschen Gesellschaft für Uro- 
logie, Wien, 2.—5. Oktober. Wiener 
med. Wochenschr., Nr. 44. 

Eisendrath, Acute unilateral septic 
pyelonephritis. American Journal of 
the med. Science, January. 


Bibliographie. 


Eisenstädter, Ein Fall von Priapis- 
mas bei lienaler Leukämie. Wiener 
med. Wochenschr., Nr. 15. 


Elliott, Die Blutdruck #erhältnisse bei 
Diabetes und deren Stellung zu den 
Herzkomplikationen. Klinisch-thera- 
peutische Wochenschrift, Nr. 32 und 
Journal of the American medical 
Association, Vol. XLIX, No. 1. 


Ellis, Die krankhaften Geschlechts- 
empfindungen auf dissoziat:ver Grund- 
lage. Autorisierte deutsche Ausgabe 
von Dr. Jentsch, A. Stubers Verlag, 
Würzburg, 1907. 


Elsner, A case of renal calculi deve- 
loping the stone-passing habit. Ame- 
rican Journal of Urology, Bd. II, 
pag. 106—114. 


Engel, Ûber Harnuntersuchungen in 
der Praxis und über eine für die 
Praxis geeignete Zuckerbestimmung. 
Münchener mediziuische Wochenschr. 
Nr. 26. 

v. Engelmann, Die Lumbalanästlıesie 
bei urologischen Operationen. Peters- 
burger medizinische Wochenschrilt, 
Nr. 28, 

Engels, Zur klinischen Verwertbarkeit 
der Buchnerschen Eiweilsbestimmung 
im Harn. Münchener medizinische 
Wochenschrift, Nr. 30. 

Englisch, Das Epitheliom der männ- 
lichen Haroröhre. Folia urologica, 


Bd. 1, Nr. 1. 
— Über Erkrankungen der Harnorgane 
bei Typhus abdominalis. Wiener 


medizinische Presse, Nr. 30. f 

— Über Leukoplasie und Malakoplakie. 
Zeitschrift für Urologie, Nr. 8 u. 9. 

Engman, Die Bedeutung von Indikau 
im Urin bei gewissen Hautkrank- 
heiten. The Journal of cutaneous 
diseases incłuding syphilis, April. 

Enriquez et Ambard, Rapports de 
la sécrétion gastrique et do la sécre- 
tion rénale. Comptes rendues heb- 
domadaires de la Société de biologie, 
No. 18, Séance de 11. V. 

Erb, Antikritisches zu meiner Tripper- 
statistik. Münchener medizinische 
Wochenschrift, Nr. 31. 

Eschner, The relations between dia- 
betes and pregnancy: with the report 
of a case of diabetes in which the 
glycosuria disappeared with the im- 
ception of pregnancy and reappeared 
after delivery. The American Jour- 
nal of the Medical Sciences, Vol. 
CXXXIV, No. 3 u.f. 


Bibliographie. 


Espey, Rupture of urinary bladder. 
Colorade Medicine, May. 

Ewdokimow, Talalgia gonorrhoica 
chronica. Kussisches Journal für 
Haut- und venerische Krankheiten, 
Nr. 1. 

Ewing, The clinical significiance of 
the urinary nitrogen. The metabo- 
lisme in the toxinurie of pregnancy. 
American Journal of obst., März. 

— Morphologic diagnosis of patho- 
genic protozoa. New-York Medical 
Journal, 1. Juny. 

Falta u. Gigon, Über die Gesetze 
der Zuckerausscheidung beim Dia- 
betes mellitus. Zeitschr. für kliniscbe 
Medizin, Bd. 61, H. 1. 

Faulds, Corps étrangers de la vessie. 
Glasgow med. Journal, Januar. 

Favre, Study of gonorrheal pus in 
staining sera. American Journal of 
Urology, August. 

Fedorow, Über die Wanderung der 
Genitalzellen bei Salmo fario. Ana- 
tomischer Anzeiger, Bd. 31, Nr.7 u. 8. 

Feldhusen, Über die Einwirkung des 
Daboiagiftes auf die Nieren. Inau- 
guraldissertation, Berlin, März 1907. 

Fellner, Zur Diagnose und Behand- 
lang der Urethritis beim Weibe. 
Medizinische Klinik, Nr. 6. 

— Zur Therapie der Gonorrhoe beim 
Weibe. Wiener mediz. Wochenschr., 
Nr. 4, 5, 6, 8. 

— Einige Fälle von paraurethraler 
Eiterung beim Weibe. Dermato- 
logische Zeitschrift, Nr 3. 

Féré, La Peur et l'explosion sexuelle. 
Revue de Médecine, No. 1. 

Ferguson, Perineal prostatectomy, 
the operation of choice. Illinois 
Medical Journal March. 

Fermi, Lonng di animali rabidi e 
virulenta? Giornale della Reale So- 
cietä italiana d’Igiene, No. 7. 

Ferrero, Sur un cas calcus enchatonne 
de la vessie. Operation. Guerison. 
Annales des maladies d. organes 
génito-urinaires, Vol. II, No. 19. 

Feuillié, Influence des abcès pro- 
voqués sur l’albuminurie. Comptes 
rendues hebdomadaires de la société 
de biologie, No. 13. 

Finkelnburg, Klinische und experi- 
mentelle Untersuchungen über Dia- 
betes insipidus. Deutsches Archiv 
für klinische Medizin, Bd. 91, H. 3 
und 4. 

Fischel, ber Sedimentuntersuch- 
ungen eiweilsloser Harne bei thera- 


1089 


peutischer Quecksilberapplikation 
(Inunktionskuren). Archiv tür Der- 
matologie und Syphilis, Heft 3, 
Bd. LXXXIV. 

Fischer, Über den Nachweis von 
Kohleliydraten im Harn. Pharma- 
zeutische Zeitung, Nr. 9. 

Fleig, La diuröse solide sousl’influence 
respective da glycose et du lactose. 
Cumptes renducs hebdomadaires des 
Séances de la Société de Biologie, 
No. 26, Séance de 27 juillet. 

Fletcher, On diabetes in children. 
The Practitioner, July. 

Fliessinger, Les lésions rénales ct 
hépatiques au cours de l'intoxication 
mercuriclle. Journal de physiologie 
et de pathologie générale, Tome 1X, 
No. 3 und Comptes rendues heb- 
domadaires des Séances de la Société 
de Biologie, H. 6. 

Flörcken, Aufsergewöhnliche Meta- 
stasenbildung bei einem kindlichen 
Nierensarkom, Beiträge z. klinischen 
Chirurgie, Bd. 52, S. 732. 

— Ein Fall von subkutaner totaler 
Nierenruptur mit besonderer Berück- 
sichtigung des histologischen Befun- 
des der rupturierten Niere. Beiträge 
zur klinischen Chirurgie, Bd. 54, H. 2, 
Mai. 

Florence, Recherche du sang dans 
les urines; les urines rouges. Jour- 
nal de Pharmacie et de chimie, 
Tome XXVI, No. 2, Juli. 

Flufs, Beitrag zur Klinik ausgebrei- 
teter papillärer Geschwülste der Harn- 
röhre. Wiener klinische Wochen- 
schrift, Nr. 40. 

Folin, Separate determination of ace- 
tone and diacetic acid in diabetic 
urine. Journal of biological che- 
mistry, May. 

Forschbach u. Weber, Das Dia- 
methylaminoparaxanthin, scine diure- 
tische Wirksamkeit und sein Abbau 
im Organismus des Menschen. Archiv 
für experimentelle Pathologie und 
Pharmakologie, H. 3. 

Forzyth, An carly specimen of total 
enucleation of the prostate removed 
by the late Mr. McGill. British 
Medical Journal, 1907, pag. 1111. 

Foster, Cases of diabetes treated with 
secretin. Journal of biological che- 
mistry, January, 

— Beobachtungen über die Wirkung 

` des Secretin bei Diabetes und Be- 
trachtungen über seine Anwendung. 
Medizinische Klinik, Nr. 16. 


1090 


Foulkrod, The urine in toxaemia and 
eclampsia. Therapeutic Gazette, April, 
pag. 223. 

Francois-Dainville, Nutrition et 
elımination urinaire dans les derma- 
toses diathesiques. Paris, Maloine, 


Frank, Ein verbessertes Kystoskop. 
Medizinische Klinik, Nr. 12. 

— Über Resorption und Ausheilung 
von entzündlichen Infiltraten in den 
samenleitenden Organen. Berliner 
klinische Wochenschrift, Nr. 17 und 
Medizinische Blätter, Nr. 33. 

— Zur Frage der Behandlung sub- 
kutaner Nierenverletzungen. Archiv 
für klinische Chirurgie, Bd. 83, H.2. 

— Über Arhovin. Deutsche mediz. 
Wochenschrift, Nr. 41. 


Fränkel, Über Behandlung des Dia- 
betes. Fortschritte der Medizin, Nr.10. 

v. Frankl-Hochwart, Zur Differen- 
tialdiagnose der juvenilen Blasen- 
störungen (zugleich ein Beitrag zur 
Kenntnis d spinalen Blasenzentrums). 
Wiener medizinische Wochenschrift, 
Nr. 43 und Wiener klinische Rund- 
schau, Nr, 43. 

v. Franqué, Beiträge zur operativen 
Therapie der Blasenscheidenfisteln, 
insbesondere bei Verlust der Urethra 
und des Blasenhalses. Zeitschrift für 
Geburtshilfe und Gynäkologie, H. 3, 
Bd. LIX. 

— Demonstration zur Diagnose der 
Genitaltuberkulose. Prager mediz. 
Wochenschrift, Nr. 16. 


Franz, Über die Einpflanzung des 
Harnleiters in die Blase. Zeitschrift 
für Geburtshilfe u. Gynäkologie, H. 1, 
Bd. LIX. 


Freudenberg, Die chirurgische Be- 
handlung der Prostatahypertrophie. 
Wiener Klinik, H. 1. 

— Die chirurgische Behandlung der 
Prostatahypertrophie.Urban&Schwar- 
zenberg, Berlin u Wien, 1907. 

Freund, Hemolysis in pernicious 
anemia augmented by urinary reten- 
tion. The Journal of the American 
medical Association, No. 18. 

— Zur physikalisch-diätetischen The- 
rapie des Diabetes mellitus. Mediz. 
Woche, Nr. 35. 

Frey, Die Hinderung der Wasser- 
diurese durch die Narkose. Ein Bei- 
trag zur Lehre von der osmotischen 
Arbeit der Niere. V. Archiv iür die 
gesamte Physiologie des Menschen 


und der Tiere, Bd. 120, H. 1. u. 2. 


Bibliographie. 


Frey, Was gibt bei gleichzeitiger Sa'z- 
und Wasserzufuhr den Reiz der Diu- 
rese ab? Archiv für die gesamte 
Physiologie des Menschen und der 
Tiere, Bd. 120, H. 1 u. 2. 

— Die osmotische Arbeit der Niere. 
Medızinische Klinik, Nr. 40—42. 


Freyer, Clinical lectures on enlar- 
gement of the prostate. London, Bailli- 
ère, Tindall & Co. 

— Total Euucleation of the prostata 
for radical cure of enlargement of 
that organ: with statistics of 432 
cases of this operation. British Me- 
dical Journal, No. 2410, March un! 
Zeitschr. für Urologie, Bd. 1, H. 10. 

— A further series of cases of total 
enucleation of the enlarged prostate. 
British Medical Journal, No. 2440, 
Oktober 5. 

Friedländer, Über Harndesinficien- 
tien. Deutsche Arzte-Zeitung. H. 6. 

v. Frisch, Historischer Rückblick über 
die Entwicklung der urologischen 
Diagnostik. Wiener klin. Wochen 
schrift, Nr. 40. 

— Bericht über 300 operierte Blasen- 
tumoren. Wiener klinische Wochen- 
schrift, Nr, 40. 

— & Zuckerkandl, Handbuch der 
Urologie. Hölder, Wien, 


Frugoni, Der Plexus renalis bei der 
Nephritis. Riv. crit. de Clin. Med. 
9—11. 

Fuchs, Über den Einfluls des Verweil- 
katheters auf den spontanen Abgang 
eines gröfseren Blasenkunkrements. 
Zentralblatt für die Krankheiten der 
Harn- und Sexualorgane, H. 1. 

— Die versprengten Nebennierenkeime 
und ihre Neubildungen. Ein Fall 
von primärem malignem hyperne- 
phroidem Tumor des Beckens. Irau 
guraldissertation, Heidelberg, 1907. 

Fuller, Tuberculosis of urinary tract. 
American Journal of Urology, May. 

Fullerton, Examination of the urethra 
and bladder by electric light. Medical 
Press and Circular, May. 

Fulton, Surgical treatment of enlar.ed 
prostate. Journal Missouri state Me- 
dical Association, August. 

Furet Siredey, Maladies des organes 
génito-urinaires de l’homme et de la 
femme. J. B. Baillière et fils, Paris, 
1907. . 

Fürbringer, Die Behandlung der Im- 
potenz. Deutsche medizin. Wochen 
schrift, Nr. 7, 


Bibliographie. 


Futcher, Hemochromatosis with dia- 
betes mellitus. The American Journal 
of the medical sciences, Vol. CXXXIII, 
No. 6. 

Gaertner, The differentiation of black 
pigment found in the river, splen 
and kidney from coal dust or other 
foreign deposits. Medical Record, 
Vol. 72, No. 6. 

Galbraith-Faulds, Some curious 
bodies found in the femal bladder. 
Glasgow Medical Journal, No. 1. 

Galeotti, Über die Frage der osmo- 
tischen Arbeit der Niere. Zentral- 
blatt für Physiologie, Bd. XXI, Nr. 9. 

Gallant, The long waisted woman 
and her movable kidney. Medical 
Record, Vol. 72. No. 4. July. 

— Movable kidney in genesis of Bile 
duct disease, New York Medical 
Journal, September 14. 

Gans, Über das Verhalten der Magen- 
fanktion bei Diabetes mellitus. Jahr- 
buch für Kinderheilk. u. physische 
Erziehung, Bd. 3, S. 561. 

— Über eine zweckmälsige Modifika- 
tion der Gärungsmethode zur quan- 
titativen Bestimmung des Trauben- 
zuckers im Harn. Jahrbuch für 
Kinderheilk., S. 568. 

Garceau, The surgical treatment of 
ureteral calculus in the female. The 
Journal of the American Medical 
Association, Vol. XLIX, No. 13. 

— Symtomatology of malignant disease 
of the parenchyma in adult. Ame- 
rican Journal of Urology, July. 

Garland, Acute cystitis in infant 
treated with Helmitol. The British 
medical Journal, No. 2480, May. 

Garre & Ehrhardt, Nierenchirurgie, 
ein Haudbuch für Praktiker. S. Kar- 
ger, Berlin 1907. 

Garrod and Hele, A further note on 
the uniformity of the H:N quotient 
in cases of alkaptonuria. The Jour- 
nal of Physiology, Vol. XXXV, No. 3. 

Gauss, Zur Behandlung der Eklamp- 
sie mit Decapsulatiorenum. Zentral- 
blatt für Gynäkologie, Nr. 19. 


Geisler, Beitrag zur Theorie des 
Diabetes mellitus. Russki Wratsch, 
No. 33. 


Genouville et P&raire, La cure de 
Ihydrocele par la transposition ex- 
tra-séreuse du testicule, après incision 
retournement et suture rétrofunicu- 
laire de la vaginale, Annales des 
maladies des organes génito-urinaires, 
No. 7. 


1091 


Genouville et Fenestre, Deux cas 
de tumeur du testicule (forme cli- 
nique exceptionnelle. Variétés ana- 
tomo-pathologiques rares). Annales 
des maladies des organes génito-uri- 
naires, Vol. 1I, No. 19. 

Gérard, Traité des urines. L'analyse 
des urines considérée comme un des 
éléments de diagnostic. 1907, Vigot 
frères, Paris. 

German, Über den Wert des Gono- 
sans in der Gonorrhoe-Therapie. 
Notes on New Remedies XVIII, 1907, 
No. 2. 

Giani, Beitrag zur Frage der aufstei- 
genden Tuberkuloseinfektion des 
Harnapparates. Zentralblatt für Bakte- 
riologie und Parasitenkunde, Bd. 43, 
H. 4. 

— Neuer experimenteller Beitrag zur 
Entstehung der Cystitis cystica. Bei- 
träge zur pathologischen Anatomie 
und zur allgemeinen Pathologie, Bd. 
42. H. 1. 

Gilbert u. Lippmann, Sur un cas 
de néphrite & microbes anaerobes, 
Comptes rendues hebdomadaires de 
la Société de biologie, No. 24. Séan- 
ce de 6 juillet. 

Girgolow, Angeborene Divertikel der 
männlichen Urethra. Russki Wratsch, 
No. 34 u. 35. 

Glaserfeld, Das Vorkommen von 
Kalk in den Rindengefäfsen der 
kindlichen Niere. Virchows Archiv, 
Bd. 187, H. 1. 

Göbell, Ein Beitrag zur Prostatekto- 
mie, Deutsche Zeitschrift für Chi- 
rurgie, Bd. 89, H. 5—6. 

Goesseln, 50 Fälle von Diabetes 
mellitus, die an der Münchener I. med. 
Klinik (Obermedizinalrat Prof. Dr. 
Ritter v. Bauer) von Januar 1890 
bis Februar 1906 zur Behandlung 
kamen. Inanguraldissertation, Mün- 
chen, Januar 1907. 

Goldammer, Untersuchungen über 
den Wert der Refraktometrie des 
Blutserums für die funktionelle Nie- 
rendiagnostik. Zeitschrift für Uro- 
logie, Bd. I, H. 10. 

Goldberg, Beiträge zur Kenntnis der 
nervösen Blasenerkrankungen. Deut- 
sche medizinische Wochenschr. Nr.35. 

— Hat die kulturelle Harnuntersuchung 
für Diagnose, Prognose und Therapie 
der Erkrankungen der Harnwege 
praktische Bede "utung? Zentralblatt 
für Innere Medizin, Bd. XXVII, 
S. 393—405. 


1092 


Goldberg, Besteht ein Zusammenhang 
zwischen Prostatitis und Prostata- 
hypertrophie? Zentralblatt für Chi- 
rurgie, Nr. 8. 

— Zylinder im Prostata: kret. Derma- 
tologisches Zentralblat , Nr. 8, Mai. 

Goldmann, Über eine einwandfreie 
Eisenbestimmung in Biut, Harn, 
Milch. Wiener medizinische Wochen- 
schrift, Nr. 14. 


Goldschmidt, Eigenschaften und 
Ziele einer neuen Methode der Harn- 
röhrenbesichtigung. Münchener med. 
Wochenschrift, Nr. 14. 

— Die Irrigations-Urethroskopie. Folia 
urologica, Bd. I, No. I u. 2. 

Gonget et Savariaud, Enorme kyste 
hématique du rein d'origine néopla- 
sique avec rate flattante. Revue de 
Gynécologie, No. 1, février. 

Gonzalez Bravo, Quiste hydatico 
del rinon derecho (nefrectomia lum- 
bar; curacion). Rev. Ibero-Am. de 
cien. med. Madrid, Bd. XVII, pag. 
18—21. 

Goodmann, 
rheal peritonitis. 
gery. 

van der Goot, Röntgenogrammen 
van niersteenen. Necderl. Tijdschr. 
v. Geneesk., pag. 331. 

Gorodischtsch, Gegenwärtige Be- 
handlungsmethoden der Incontinen- 
tia urinae essentialis. Wratschebnaja 
Gazeta, No. 41, 

Gorter, A case of congenital cystic 
kidney. Johns Hopkins Hosp. Bull. 
1907, pag. 141. 

Gould, The Refraction-Chanres de- 
pendent Upon Glycosuria. Medical 
Record, Vol. 71, No. 16. 

Gouley, Surgery ofthe genitourinary 
organs. Rebman & Co, New York. 

Mce Gowan, Occasional fallaciousness 
of the diagnosis of enlarged prostate 
made from digital examination 
through the rectum. American Jour- 
nal of Urology, July. 

Graaff, Quantitative Bestimmung von 
Aceton im Harn. Apothekerzeitung, 
Nr. 47. 

Graeff, Ein Fall von Gumma der 
Harnblase. Beitrag zur Kenntnis 
der Blasensyphilis. Inauguraldisser- 
tation, Freiburg, Januar 1907. 

Grandwell, Les kystes hydatiques 
rétro-vésicaux chez homme. Revue 
de gynécologie et de chirurgie abdo- 
minale, No. 4, Juli bis August. 


Acute diffuse gonor- 
Annals of Sur- 


Bibliographic. 


Grant, Use of yeast in genitourinary 
work and gynecology. The Military 
Surgeon, May. 

Graul, Über den Diabetes mellitus 
und seine Behandlung. A. Stubeıs 
Verlag, Würzburg 1407. 

Greaves, A case of pyonephrosis 
containing typhoid bacilli in pure 
culture. The British Medical Jour- 
nal, No. 2428, July. 

Green, Carzinoma of the penis. Char- 
lotte medical Journal, Bd. XMI, 
pag. 182—185. 

Griffon, Diagnostic de la blennor- 
rhagie des la période d'incubation 
par la culture sur sang geluse. Revue 
prat. des maladies des organes génito- 
urinaires, Vol. I. No. 4. 

Grigoriantz, Über das Vorkommen 
von Indikanurie bei manchen Er- 
krankungen des Kindesalters. St. Pe- 
tersburger Dissertation, Wratscheb- 
naja Gazeta, No. 25. 

Groenouw, Auzenleiden bei Diabe- 
tes mellitus. Karl Marhold, Halle a.8. 
1907. 

Gröll, Rétrécissement cicatriciel de 
l’uretre siégeant au nouveau de D 
recion bulbaire. Annales des mals- 
dies des organes genito-urinaires, 
Vol. 1, No. 4. 

Grosheintz, Die Hypernepiiome der 
Niere nebst Beiträgen zur Kasuistik. 
Zeitschrift fúr Urologie, Bd. I Nr.. 

Grosse, In die Harnröhre eingeführte 
Fremdkörper. Münchener medizin! 
sche Wochenschiilt, H. 4. ` 

Grouzdew, Zur Frage der Kompi- 
kation d. Vesico-Vagınalüsteln durch 
Inkarzeration der vorgelalienen 
Blase. Zentralblati für Gynäkvlogie, 
Nr. 35. 

Grube, Über Harnuntersuchungen !D 
der Praxis und über eine für die 
Praxis geeignete quantitative Zucker- 
bestimmung. Münchener medizinische 
Wochenschrift, Nr. 22. 

Grulee, Eclampsia of Mother as cause 
of early nephritis in child. Archives 
of pediatrics, July. 

Grune, Konservative Behandlung der 
Hydronephrose. Inauguraldisserta: 
tion, Berlin, Mai 1907. i 

Grünewald, Zum Nachweis ven 
Kohlehydraten im Harn. Münchener 
medizinische Wochenschrilt, Nr. D. 

Gsell, Gonorrheal Eye. Lesions. Jour- 
nal of the Kansas Medical Society, 
April. 


Bibliographie. 


Gualdrimi, Due casi di carcinoma 
do pene., Gazz. d. Osp. pag. 239. 
Guerbet, Sur les sulfo-&thers urinai- 
res. Comptes rendus hebdomadaires 
des séances de la Société de biologie, 

H. 6. 

Guerrini, Delle minute modificazione 
di struttura di alcuni organe nel 
corso della fatıa (Iregato, rene, ipo- 
fisi, capsule surrenal). Lo Speri- 
mentale-Archivo di Biologia normale 
el patologica, September bis Oktober. 

Guigan and Brooks, The mechanism 
ofexperimental glycosuria. The Ame- 
rican Jourual of physiology, Vol 
XVIII, No. 3. 

Guisy, Trois cas de tumeurs de la 
vessie sans hématurie. Annales des 
maladies des organes génito-urinali- 
res 1907, No. 2, p. 103. 

— 3 malad.s opercs par la prostatec- 
tomie en pleine infection et insuff- 
sance rénuale. Annales des maladies 
des organes génito-urinaires, Vol. II. 
No. 15. 

Gundobin, Albuminurie der Neuge- 
borenen. Archiv fur Kinderheilkunde, 
Bi. 46, H. 3—4. 

Gunn, Urinary tuberculosis. Royal 
Academy of Medicine in Ireland. 
The Dublin Journal of Medical 
Science, No. 427, July. 

Gunsett, Ein neuer Apparat zur Vi- 
brationsmassage der Prostata. Wiener 
medizinische Presse, Nr. 40. 

Günther, Über Spermiengitte. (Ein 
Beitrag zur Kenntnis der Protoplas- 
magifte.) Archiv für die gesamte 
Physiologie des Menschen und der 
Tiere, Bd. 118, H. 8—10. 

Güth, Sittenpolizei und Hygiene der 
Prostitution. Zeitschrift für Be- 
kämpfung der Geschlechtskrankhei- 
ten, Nr. 3. 

Guyon, Les principes du catheterisme 
thérapeutique. Gazette médicale de 
Strasbourg, No. 10. 

v. Haberer, Experimentelle Unter- 
suchungen über Nierenreduktion und 
Funktion des restierenden Paren- 
chyms. Mitteil. aus d. Grenzgebieten 
der Medızin u. Chirurgie, H. 1. 

— Über Versuche, frisches Nierenge- 
webe zu ımplantieren. Zentralblatt 
f. Chirurgie, Nr. 31. Beilage. Be- 
richt über die Verhandlungen der 
Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, 
XXXVI. Kongrefs, abgehalten vom 
3. bıs 6. Aprıl, und Archiv für kli- 
nische Clirurgie, Bd. 84, H. 1. 


1093 


Hadfiold, Tho treatment of dropsy by 
deprivation of salt. Practitioner, 
June. 

D'Haenens, Calculs urétéraux encla- 
vés dans lurèthre prostatique. An- 
nales des maladies des organes génito- 
urinaires, Vol. I, No. 4. | 

— Syphilides papuleuses suintantes 
dans l’urethre masculin. Folia uro- 
logica, Bd. 1, No. 1. 

Hänisch, Über die Röntgenbehand- 
lung der Prostatahypertrophie und 
ihre Technik. Münchener medizi- 
nische Wochenschrift, Nr. 14. 

Haim, Zwei Fälle von Pseudoherm- 
aphroditismus masculinus bei Ge- 
schwistern. Prager med. Wochen- 
schrift, Nr. 26. 

Hall, The basis of therapy in diabe- 
tes. The Practitioner, July. 

Halliburton, Diabetes mellitus from 
the physıolovical standpoint. The 
Practitioner, July. 

Halstead, Glycosuria in its surgical 
relations. The Journal of the Ame- 
rican Medical Association, Vol. XLIX, 
No. 10. 

Hamilton, Seventeen complete pro- 
statectomies. Ohio State Medical 
Journal, July. 

Hammarsten, Weiteres über die Zu- 
verlässigkeit der Almenschen und 
derWurm-Müllerschen Zuckerproben. 
Archiv für die ge-amte Physiologie, 
Bd. CXVI, N. 517—533. 

Hammond, Treatment of chronic 
nephritis. Vermont Medical Mon- 
thlv, 16. April. 

— Accidents and complications of 
perineal prostatectomy. Pennsylvaria 
Medical Journal, August. 

Handley, Some of the complications 
of gonorrhoea with a report of some 
rerent cases. M. & S. South, Chat- 
tanooga, 1907. 

Hanellis, Contribution à Purologie 
de la fièvre hémoglobinurique bilieuse. 
Revue do médecine, No. 1. 

Hannes, Über cystoskopisch nach- 
weisbare Blasenveränderungen beim 
Collumkarzinom des Ureters und 
deren Beziehungen zur Ausbreitung 
des Krebs"s nach den Harnwegen zu. 
Medizinische Klinik, Nr. 42. 

Hanssen, Beiträve zur Diätetik der 
Nierenkrankheiten. Nordisches medi- 
zinisches Archiv, Bd. 9, H. A 

Hardy, Signes cliniques des tumeurs 
du rein d'origine surrénale. Gazette 
des höpitaux, No. 69. 


1094 


Harlan, Double orchitis with a com- 
plicating superficial phlebitis of the 
right side. Lancet Clinic, Bd. LVIII, 
pag. 355. 

Hart, Gonorrheal Conjunctivitis. Cali- 
fornia State Journal of Medicine, 
July. 

— Uber die Malakoplakie der Harn- 
blase, Zeitschrift für Krebsforschung, 
Bd. IV, H. 2. 

Hartmann, La tuberculose hyper- 
trophique de lurètre chez la femme. 
Annales de gynécologie et d’obste- 
trigue, Januar; Annales des maladies 
des organes génito-urinaires, Vol. I, 
No. 5 und Revue française de méde- 
cine et de chirurgie, Bd. V, No.1—10. 

Hastings and Hoobler, A Study of 
the Different forms of Albumin oc- 
curring in the urine. American Jour- 
nal of the Medical Sciences, No. 2. 

Hedren, Zur Kenntnis der Pathologie 
der Mischgeschwülste der Nieren. 
Beiträge zur pathol. Anatomie nnd 
zur allgem. Pathologie, H. 1, Bd. 21. 

Heflin, Some remarks on treatment 
of acute gonorrhea. Kentucky Medi- 
cal Journal, V., 7. 

Hefter, Ein Fall von Arthropathia 
gonorrhoica und Knochenveränderun- 
gen. Russisches Journal für Haut- 
und venerische Krankheiten, Nr. 2. 

Heim, Klimatische Heilerfolge bei 
Nierenkrankheiten in Agypten. Zeit- 
schrift für Urologie, Bd. 1, H. 11. 

Heineke & Meyerstein, Experimen- 
telle Untersuchungen über den Hy- 
drops bei Nierenkrankheiten. Deut- 
sches Archiv f., klinische Medizin, 
Heft 1. 

Heitzman n, Urinary analysis and dia- 
gnosis. By microscopical and che- 
micalexamination. New York, William 
Wood & Co. 

Heller, Über Hautveränderungen beim 
Diabète broncé. Deutsche medizi- 
nische Wochenschrift Nr. 30. 

Hellier, Suppurating vaginal cysts. 
British Medical Journal, July 13. 

Heresco, Quaätre cas de nephrectomie 
et un cas de pielo-neostomie. Bulle- 
tins et mémoires de la Société de 
chirurgie de Bucarest, Bd.1X, pag. 151 
bis 156. 

Herman, Rupture complète d’un rein. 
Néphrectomie. Guerison. Annales 
de la Société belge de Chirurgie, 
Februar. 

Herrenschmidt, Hypernéphrome du 
rein. Bulletins et mémoires de la 


Bibliographie. 


Société anatomique de Paris 197, 
pag. 688—697. 

Hertoghe. Nouvelles recherches sur 
les insuffisances thyreotdiennes,. — 
l’'incontinence d'urine nocturne chez 
les enfants et les adolescents. Bulletin 
de l'académie royale de medecine de 
Belgique, Tome XXI, No.4. Sitzung 
vom 27. April. 

Hervieux, Sur les chromogènes nri- 
naires du groupe de lindol, Sociéte 
medicale des Höpitaux de Lyon, 
Séance do 14 Mai. Lyon Medical 
No. 32. 

Heubner, Zur Kenntnis der ortho- 
tischen Albuminurie. Berliner kh- 
nische Wochenschrift, Nr. 1. 

v. Hibler, Bakteriologischer Bericht 
über 3 Fälle von Cerebrospinalme- 
ningitis. Beitrag zur Diagnostik des 
Meningococcus meningitidis und Mi- 
krococcus gonorrhoa. Wiener kli- 
nische Wochenschrift, Nr. 32. 

Hildebrand, Zur chirurgischen Be- 
handlung der Prostatatuberkulow. 
Zeitschrift für Urologie, Bd. I, H. 10. 

Hildebrandt, Nierenbecken- und Lre- 
terzerreilsung mit nachfolgender pa 
ranephritischer Cyste. Deutsche Zeit- 
schrift für Chirurgie, Bud. 60, H. 6. 

Himmelheber, Eın Fall von Gono- 
kokkensepsis im Wochenbett mit 
Lokalisation in der rechten Niere. 
Medizinische Klinik, Nr. 26. ` 

Hintze, Die Regelung der Prostitu- 
tion in Japan. Zeitschrift für Be 
kämpfung d. Geschlechtskrankheiten, 
Bd. 6, Nr. 6. 

Hirsch, Glykosurie nach Schilddrüsen- 
exstirpation bei Hunden. Zeitschr. 
f. exp. Pathologie u. Therapie, H. +», 
Bd. 8. 

— Über das Vorkommen von Stärke 
körnern im Blut und im Urin. Zat 
schr. f. exp. Pathologie u. Therapie, 
H. 2, Bd. 3. 

Hirschstein, Die Beziehungen der 
endogenen Harnsäure zur Verdauang. 
Archiv für experimentelle Pathologie 
und Pharmakologie, Bd. 57, H.3—4. 

Hochenegg, Il variocele nei tumon 
maligni del rene. Jl} Morgagni, No. 25 

Hochhaus, Über Cholelithiasis un 
Glykosurie. Deutsche mediz. Wochen 
schrift, Nr. 41. 

Hock, Über Störungen im Bereich 
des Harnapparates bei Hysterie. Prag: 
med. Wochenschr., Nr. 6u. 7. ` 

v. Hoelslin, Klinische und expert 
mentelle Untersuchungen über (ie 


Bibliographie. 


Ausscheidung von Agglutininen durch 
den Harn Typhuskranker. Münchener 
mediz. Wochenschr., Nr. 18. 

v. Hofmann, Die Cystinurie. Sammel- 
referat. Zentralblatt für die Grenz- 
gebiete der Medizin und Chirurgie, 
Bd. X, Nr. 20. 

Holt, Ligature of the renal vessels by 
the transperitoneal method for the 
cure of persistent urinary renal fistula. 
The Lancet, No. 4371, Juni. 

Holzow, Ein seltener Fall von Nieren- 
anomalie. Gekreuzte Dystopie. Russki 
Wratsch, Nr. 34, 

Homeyer, Über die Häufigkeit der 
Nierenentzündungen in der deutschen 
Armee (1884— 1904). Inauguraldisser- 
tation. Leipzig, Mai 1907. 

Hoobler, A study of the different 
forms of albumin occurring in the 
urine. American Journal of med. 
association, February. 

Hook, Case of foreign body in the 
femal bladder. [Interstate Medical 
Journal, June. 

Hornung, Aspirin als schmerzstillen- 
des Mittel bei Nierensteinkolik. 
Münchener medizin. Wochenschrift, 
Nr. 12. 

Horowitz, Etiology and Treatment 
of renal calculus. The Post-Graduate, 
July. 

Houghton, Case of traumatic dis- 
placement of rieht kidney with rup- 
ture of right lower lobe of liver. 
The military Surgeon, July. 

House, Malignant tumors of kidney. 
Cleveland Medical Journal, June. 

Howell and Wilson, Movable kid- 
ney. The Practitioner, Vol. LXXIX, 
No. 4. 

Huber, The arteriolae rectae of the 
mammillian kidney. The american 
Journal of anatomy, Vol. VI, No. 4. 

Hübner, Tabes, Paralyse und Prosti- 
tation. Allgemeine Zeitschrift für 
Psychiatrie, H. 2. 

Hudgins, Diabeticgangrene. Kentucky 
Medical Journal, May. 

Hummel, Nierenreizung durch Arho- 
vin. Fortschritte der Medizin, Nr. 18, 

Hutchinson, On suprarenal sarcoma 
in children with metastases in the 
skall. The Quarterly Journal of Me- 
deine, Vol I, No. 1. 

Hyman, Report of a case of gonorr- 
hoea of mouth. New York Medical 
Journal, January. 

Hyslop, Diabetes and insanity. 
Practitioner, July. 


The 


1095 


Jaboulay, Pyonephrose fermée. Né- 
phrectomie. Gazette des Höpitaux, 
No. 107. 

Jacobi, Über intermittierende, cysten- 
artige Dilatation des vesikalen Ureter- 
endes, Inauguraldissertation. Leipzig, 
Juni 1907. 

Jacobsohn, Sexuelle Enthaltsamkeit 
im Lichte der Medizin. St. Peters- 
burger medizinische Wochenschrift, 
Nr. 11. 

— Toxic nephritis dependent on sur- 
gical conditions. New York State 
Journal of Medicine, May, June. 

Jacoby, Eine neue, einfache und 
sichere Methode, die Harnleitermün- 
dungen aufzufinden. Folia urologica, 
Bd. 1, No. 1. 

Jadassohn, Ūber die Behandlung der 
chronischen Gonorrhoe des Mannes. 
Medizinische Klinik, Nr. 18. 

Jahr, Eine intraureterale Methode zur 
Lösung eingeklemmter Harnleiter- 
steine und ihrer Herausbeförderung 
per vias naturales. Münchener mea. 
Wochenschrift, Nr. 24. 

Janet, Considérations générales sur 
le traitement de la Blennorrhagiv. 
Folia urologica, Bd. 1, No. 1. 

Janosik, Über die Entwicklung der 
Nachniere (Metanephros) bei den Am- 
nioten. Archiv für Anatomie und 
Physiologie, H. 1. 

Jassny, Über die Behandlung der 
Scharlach-Nephiitis mit Oleum there- 
binthini. Deutsche Arzteztg., H. 5. 

Javal, De l'influence prépondérante 
de l'alimentation sur le point de 
congélation des urines. Journal de 
physiologie et de pathologie géné- 
rale, No. 1. 

Jeanbeau, Fistule uréthro-vaginale 
consécutive à un abcès pelvien. Sonde 
urétérale aà demeure. Hysterectomie 
abdominale. Guérison. Annales des 
maladies des organes génito-urinaires, 
Vol. I, No. 5. 

Jeannet et Morel, Hydronéphrose 
droite. Annales des maladies des or- 
ganes génito-urinaires, Vol. I, No. 5. 

Jessop, Retinitis albuminurica. All- 
gemeine Wiener medizin. Zeitung, 
Nr. 26. 

— The ocular complications in dia- 
betes mellitus. The Practitioner, 
July. 

Ikeda, Beiträge zur Lehre von der 
epidermoidalen Umwandlung des 
Harnblasenepithels. Über Glykogen- 
ablagerung im Epithel der Harnblase 


1096 


und ihre klinische Bedeutung. Zeit- 
schrift für Urologie, Bd. I, H. 6. 
Ingram, Gonorrhea in childhood. 
The Journal of the American Medical 
Association, Vol. XLVIII, No. 11. 


Joboulay, Lithiase phosphatique de 
la vessie, ablation des calculs par 
urétrotomie simple sans taille. Ga- 
zette des hôpitaux, No.98. 29 Août. 

Jolmson, The influence of gonorrhea 
as a factor of depopulation. The 
Journal of the American Medical 
Association, Vol. XLIX, No. 6. 

Joseph, Allgemeine Therapie der Ge- 
schlechtskrankheiten. Deutsche med. 
Wochenschrift, Nr. 25. 


Josserand, Nephrite rhumatismale 
aiguë et traitement salicylé. Société 
médicale des Hôpitaux de Lyon. 
Séanco do 16 avril. Lyon Médical, 
No. 27, Juli. 

Josué et Alexandrescu, Contribu- 
tion à l'étude de l'artériosclerose du 
rein. Archives de médecine expéri- 


mentale et d'anatomie pathologique, 
No. 1. 

Joulie, Urologie pratique et thera- 
peutique nouvelle. 2e édition. Oc- 
tave Doin, 1907. 

Israel, Die Eudresultate meiner Ne- 
phrektomien wegen Tuberkulose; 
nebst einigen diagnostischen Bemer- 
kungen. Folia urologica, Bd. 1. No. 1. 

Judice, Zur Statistik des Trippers 
beim Manne und seiner Folgen für 
die Ehefrauen und Kinderzahl. Der- 
matologisches Zentralblatt, Nr. 10, 
Juli. 

Jugano, Sur un cas d'infection rénale 
d'origine sanguine due á certaines 
microbes, dont un anaérobie strict 
(nouvelle espèce). Comptes rendues 
hebdomadaires des séances de la Soci- 
été de biologie, No. 28. Sitzung vom 
12. Oktober. 

Jungano, Sur un cas d’angio-sarcome 
de la vessie. Annales des maladies 
des organes génito-urinaires, Vol. HH, 
No. 19. 

Juy, Treatment of infectious pyelo- 
nephritides. American Journal of 
urology, June, July. 

Kälsmann, Über primäre Nierentuber- 
knlose. Inauguraldissertation. Mün- 
chen, Juli 1907. 

Kallionzis, Note sur la prostatecto- 
mie transvösicale. Bulletins et mé- 
moires de la Société de chirurgie de 
Paris, No. 2, Januar. 


Bibliographie. 


Kalmann, Trinkversuche mit dem ra- 
dioaktiven Gasteiner Thermalwasser. 
Ein Beitrag zur Kenntnis der Ema- 
nationsaus.cheidung im Harn. Zeit- 
schrift für physikalisch -diätetische 
Therapie, Julı. 

Kanellis, Etiologie de la fièvre himo- 
globinurique bilieuse des pays chauds. 
Le Progrès médical, No. 9. 

— Contribution à Purologie de ls 
fièvre hémoglobinurique bilieuse. Le 

= Progrès Médical, No. 32. 

Kanitz, Über den Wert des Santyis 
in der Behandlung der Gonorrhse. 
Therapeutische Monatshefte, H. 10. 

Kapsammer, Über kompensatorische 
Hypertrophie der Niere. Wiener 
klinische Wochenschrift, Nr. 40. 

Karschulin, Luxation der linken 
Beckenhälfte, kompliziert mit mehr- 
fachen Brüchen der Beckenknochen, 
Kontusion der Harnblase, Bruch des 
4. und 5. Lendenwirbels, Quetschung 
der Weichteile ad nates. Heilung. 
Wiener mediz. Wochenschrift, Ar. 29. 

Kauffmann, DieKohlehydratu: iebeim 
Alkohuldelir. Münchner med. W ochen- 
schrift, Nr. 44. 

Kausch, Die Schrumpfniere und ihre 
Behandlung (Darmplastik). Archiv 
für klinische Chirurgie, Bd. 83, H. 1. 

— Die Schrumptblase und ibre Be- 
handlung (Darmplastik) Zentralblatt 
für Chirurgie, Nr. 31, Beilage. Be- 
richt über die Verhandlungen der 
Deutschen Gesellschaft tür Chirurgie, 
XXXVI. Kongrefs, abgehalten vom 
3. bis 6. April. 

Keenan Å Archibald, Fatty tumor 
of kidney suggesting a metamorpho- 
sis of adrenal cells into true fat. 
Journ. med. Rescarch., Bd. AN) 
pag. 121—142. 

Keil, Beitrag zur Behandlung der 
Gonorrhoe in Militärlazaretten. Deut- 
sche medizinische Presse, Nr. 12, 

— Üner das neue Blasenantısepticum 
Urogosan. Deutsche medizinische 
Presse, Nr. 8. 

Kenneth & Goadby, Pyorrhoea al- 
veolaris. The Lancet, No. 4358, 
March. 

Kern, Beitrag zur konservativen Be- 
handlung der offenen Hy«ronephrose. 
Jnauguraldissertation, Freiburg, März 
1907. f 

Kerron Mc., A case of retention In 
ureter of the separated y after-comng 
head. The Journal of obstetrics and 
gynecology, Vol. XII, No. 4, Oktober. 


Bibliographie. 


Kestner, Hydrocephalus und Hypo- 
plasie der Nebennieren. Zentralblatt 
für allgemsine Pathologie un! patho- 
logische Anatomie, Bd. XVIII, Nr. 11. 


Kettner, Ganerän des Skrotums. Ber- 
liner klin. Woch :nschr., Nr. 80. 


Kienbock, Diagnostik der Nephro- 
lithiasis. 1. Kongrefs der Deutschen 
Gesellschaft fär Urologie. Wiener 
medizinische Wochenschrift, Nr. 44. 

Kilvington, Pathology of enlarged 
prostato, with reference to prosta- 
tectomy. Intercolonial Medical Jour- 
nal of Australasid, May 20. 


Kime, Nephroptosis. American Jour- 
nal of Surgery, Jane. 

Klarfold, Talalgia et plantalgia go- 
norrhoica. Raussisches Journal fūr 
Haat- und venerische Krankheiten, 
Nr. 6. 

Klemperer & Umber, Zur Kenntnis 
der diabetischen Lipämie. Zeitschr. 
f. kl. Med., H. 2. 

Klercker, Beiträge zur Kenntnis des 
Kreatins und Kreatinins im Stoff- 
wechsel des Menschen. Biochemische 
Zeitschrift, Bd. 3, S. 45. 

Klieneberger, Pyocyaneusinfektion 
der Harnwege mit hoher Agglutinin- 
bildung für Pyocyaneusbazillen und 
Mitagglutination von Typhusbakte- 
rien. Münchener medizin. Wochen- 
schrift, Nr. 27. 

— Bemerkungen zur Arbeit von Linser 
und Sick: Über das Verhalten der 
Harnsäure und Purinbasen im Urin 
und Blut bei Röntgenstrahlen. Deut- 
sches Archiv für klinische Medizin, 
Bd. 90, H. 2. 

— Weitere Beiträge zum saprophy- 
tischen Vorkommen vun hämoglobi- 
nophilen Bazillen (Saprophytie) in 
den Harnwegen. Deutsche medizin. 
Wochenschrift, Nr. 42. 

Klimoff, Zur Frage der im Kindes- 
alter vorkommenden chronischen Er- 
krankungen der Nieren. Folia uro- 
logica, Bd. I, No. 2. 

Kock, Zur Kasuistik der Radikal- 
operation der Prostatahypertrophie. 
Inauguraldissertation, Kiel 1907. 

Kolischer, Early an qualifying diag- 
nosis of tumors ot the urinary bladder. 
Wisconsin Medical Journal, June. 

— and Schmidt, Surgery of tu- 
mors of the bladder from a modern 
aspect. The Journal of the Ameri- 
can Medical Association, Julv 27, 
Vol. XLIX, No. 4. 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 


1097 


Kollmann und Jacoby, Jahresbe- 
richt über die Leistungen und Fort- 
schritte auf dem Gebiete der Er- 
krankungen des Urogenitalapparates. 
(Berichtüber das Jahr 1906.) S.Karger, 
Berlin, 1907. 

König, Die Anlegung eines Anuspräter- 
naturalis zur Vermeidung der Coli- 
pyelitis bei Einpflanzung der Ureteren 
in das Rektum. Zentralblatt für Gynä- 
kologie, Nr. 20. 

— Diagnostische Erfahrungen in der 
Chirurgie der Harnwege. Medizi- 
nische Klinik. Nr. 18. 

Konopletff, Resektion des Vas defe- 
rens bei Prostatahypertrophie. Wrat- 
schebnaja Gazeta, No. 15. 

Kotzenberg, Untersuchungsmethoden 
bei Nierenkrankheiten. Beiträge zur 
klinischen Chirurgie, Bd. 55, H. 1. 

Kraft, Pentose im Harn und Nach- 
weis derselben. Münchner medizin. 
Wochenschrift, Nr. 24. 

Kraus, Die balneologische Behandlung 
der Harnkrankheiten. Allgemeine 
Wiener mediz. Zeitung, Nr. 24 u. ff. 
und The Lancet, No. 4365 u. 4366, 
April. 

— The Carlsbad treatment of diabetes 
and glycosuria. The Practitionner, 
July. š 

— Über Leukoplasia penis. Archiv für 
Dermatologie u.Syphilis, Bd.LXXXVI, 
H. 1, S. 137. 

Krause, Über doppelseitige Nephro- 
lithiasis. Deutsche mediz. Wochen- 
schrift, Nr. 33. 

— Über die quantitative Jodbestim- 
mung im Urin, Zeitschr. f. exp. 
Path. u. Therapie, Bd. III, H. 2u. 3. 

Kretschmer, Beitrag zur Frage der 
essentiellen Nierenblutung. Zeitschr. 
für Urologie, Heft 6. 

Kromayer, Die Behandlung der go- 
norrhoischen Posteriorcystitis seitens 
des praktischen Arztes. Münchner 
med. Wochenschrift, H. 1. 

Kronfeld, Sexualität und ästhetisches 
Empfinden in ihrem Zusammenhange. 
Josef Singer, Strafsburg u. Leipzig. 

Krüger, Ein Fall von intraperitonealer 
Blasenruptur. Deutsche medizinische 
Wochenschrift, Nr. 2. 

Krug,,„Rectale“, Instrument, um Uterus 
und Prostata vom Rektum aus zu 


behandeln. Wiener klinische Rand- 
schau, Nr 28. 
Krüger, Klinische Untersuchungen 


über ein neues Diuretikum „Theo- 
laktin“). Therapie der Gegenwart, H.1. 


F”. 
2 


10983 


Kudinzew, Weitere Beobachtungen 
über Uresin (Urotropinum dilithio- 

- citricum). Russki Wratsch, No. 16. 

— Über die Erweiterung der Harn- 
blase zu cystoskopischen Zwecken. 
Praktitscheski Wratsch, No. 27. 

Kühl, Diealkalische Gärung desHarnes. 
Apothekerzeitung, Nr. 50. 

Kühner, Störungen der Sexualfunk- 
tion. Berliner Klinik, Mai. 

Külbs, Über Endocarditis gonorıhoica. 
Wiener klinische Wochenschrift, H. 1. 

Kümmell, Exstirpation der Prostata. 
Chirurgenkongrefs 1907. Folia uro- 
logica, Bd. 1, H. 1. 

— Über Nieren-und Blasentuberkulose. 
Frühliagnose und Frühoperation. 
Archiv für klinische Chirurgie, 
Band LXXXI, 1. Tei. 

— Diagnostik und Therapie der Nephro- 
lithiasis. I. Kongrefs der Deutschen 
Gesellschaft für Urologie. Waien, 2. 
bis 5. Oktober 1907. Münchner med. 
Wochenschr., Nr. 44. 

Küster, Diagnostik und Therapie der 
Nierentumoren. I. Kongrefs der 
Deutschen Gesellschaft für Urologie. 
Wien, 2. bis 5. Oktober 1907. Münch. 
med. Wochenschr., Nr. 44. 

Kusumoto, Zur Genese der Nieren- 
blutungen bei Nephritis. Deutsches 
Archiv für klinische Medizin, Bd. 89, 
H.5 u. 6. 

Kutscher, Nachweis toxischer Basen 
im Harn. Zeitschrift für physiolo- 
gische Chemie, Nr. 51. 

— u. Lohmann, Das Vorkommen 
von Pyrid'umäthylchlorid im mensch- 
lichen Harn und seine Beziehungen 
zu den Genufsmitteln Tabak undKafiee. 
Zeitschrift für die Untersuchung der 
Nahrungs- und Genufsmittel, Bd. 13, 
H. 4, S. 177. 

Kynoth, A case of vesical calculi due 
to perforation of the bladder by a 
suppurating dermoid tumour of the 
ovary. Journal of obstetrics and 
gynaecology of British Empire, Febru- 
ary. 

Labbé, Diet in diabetes. 
titioner, July. 

— Physiologie pathologique des dia- 
bètes sucrés. Revue de médecine, 
No. 8, August. 

— et Vitry, L'indican urinaire 
dans le jeùne. Comptes rendues 
hebdomadaires de la Société de bio- 
logie, No. 22, Séance de 22 juin. 

— D'indican urinaire dans quelques 
états pathologiques. Comptes rendues 


The Prac- 


Bibliographie. 


hebdomadaires de la Société de bio- 
logie, No. 26. Séance de 20 juillet. 

Lamy et Mayer, Influence du 1ythme 
arteriel sur la sécrċtion urinare. 
Dispositif pour circulations artif- 
cielles rythmées. Comptes rendues 
hebdomadaires de la Société de bio- 
logie, Nr. 24, Séance de 6 juillet. 

Lane, Nephritis. Vermont Medical 
Monthly, 15. April. 

Langstein, Über die Bedeutung des 
durch Essigsäure fällbaren Eiweiß- 
körpers im Harn der Kinder. Ber- 
liner klinische Wochenschrift, Ar. 4. 

— Bemerkungen zur Diagnose und 
Behandlung der Cystitis und Pyelitis 
im Kindesalter. Therapeutische 
Monatshefte, Mai. 

Lannelongue, Nouveauté de lappen- 
dicite, sa fréquence. Toxicité uri- 
naire dans cette maladie. Bulletin 
de l'académie de médecine, No. 21, 
Sitzung vom 21. Mai. 

Lapointe et Legene. Gliome pri- 
mitif de la capsule surrönale. Ar- 
chives de médecine exp. et d'ana- 
tomie pathologique, No. 1. 

Me Laren, Prostatectomy. Surgery, 
Gynecology and obstetrics, July. 
Lasio, D’elettrolisi circolarie nella 
cura dei restringimenti uretrali. 
Gazetta medica Lombarda, No. 35. 

Lavesson, Beiträge zur Bestimmung 
der reduzierer den Stoffe im normalen 
Harn. Biochemische Zeitschrift, 
Bd. 4, S. 40. 

Lazard, Carbolic acid gangrene of 
the penis (part:al). New-Orleans, 
Medical Journal, pag. 654—656. 

Leake, Chronic perforating ulcer of 
bladder. Medical Record, July 6. 

Ledermann, Die Therapie der Haut- 
und Geschlechtskrankheiten für prak- 
tische Arzte. Oscar Coblentz, Ber- 
lin 1907. 

Legueu, Traitement préventif de 
l'anurie pour cancer de lnutérus. 


Gazette médicale de Strasbourg, 
No. 8. 
— et Bazy, A propos des néo- 


stomies urétérales. Bulletins et mé- 
moires de la Société de Chirurgie 
de Paris, No. 27, Séance de 10 juillet. 

Lejars, Tumeur paranéphritique (So- 
ciété de chirurgie v. 6. März 1907). 
Gazette des hôpitaux, No. 29. 

— Tumeur polycystique pare-rénale 
combinée à deux reins polykystiques. 
Bulletins et mémoires de la société 
de chirurgie de Paris, No. 9. 


Bibliographie. 


Lenhartz, Über die akute und chro- 
nische Nierenbeckenentzündung. 
Münchener medizinische Wochen- 
schrift, Nr. 16. 

Lenk, Zur Pathogenese der Urämie. 
l. Kongrels der Deutschen Gesell- 
schaft für Urologie, Wien, 2—5. Ok- 
tober. Wiener medizinische Wochen- 
"schrift, Nr. 44. 

Lenné, Ein weiterer Beitrag zur Diät- 
regelung und medikamentösen Be- 
handlung des Diabetes mellitus. 
Therapie der Gegenwart, Nr. 6. 

— Nene und alte Hilfsmittel in der 
Diagnostik und Therapie der chro- 
nischen Nierenerkrankungen. Deut- 
sche Arzteztg., S. 169—174. 

Lenoble, Carcinome mélanique du 
rein gauche primitif. Phlébite cancé- 
reuse de la veine rénale et de la 
veine Porte. Diagnostic de la loca- 
lisation sur la veine par l'examen 
du sang. Bulletins et mémoires de 
la Société anatomique de Paris, 
No. 2, Februar. 

Leonard, Some advances in renal and 
ureteral diagnosis. The Journal of 
the American Medical Association, 
Vol. XLIX, Ro. 13. 

Leonhard, Symptoms and signs in 
urinary lithiasis. Annals of Sur- 
gery, April. 

Lepine, Sur un cas de cancer du 
pancréas consécutif A un diabète. 
Lyon Medical, No. 33. 

Leriche, Rupture sous-peritoncale 
d'une vessie néoplastique; opération. 
Guérison. Société nationale de mé- 
decine de Lyon. Lyon médical, 
No. 22. 

Lesné und Dreyfus, Die Rolle des 
Pankreas beim Diabetes. Allgemeine 
Wiener medizinische Zeitung, Nr. 41 
und 42. 

Leusmann, The surgical prostate. Me- 
dical standard, August u. September. 

Levison, Advance in diabetic the- 
rapy. Ohio State Medical Journal, 
July. 

Lévy-Fränkel, Des néphrites syphi- 
litiques secondaires gravides. Annales 
des maladies des organes génito- 
urinaires, Vol. II, No. 18. 

Lewes, The innervation of the bladder 
and urethra. The Journal of phy- 
siology, Vol. XXXV, No. 5. 

Lewis, Dawn and development of 
urology. American Journal of Uro- 
logy, August und Medical Fortnightly, 
August 26. 


1099 


Lichtenstern, Über diffuse inkru- 
stierende Cystitis. Wiener klinische 
Wochenschrift, Nr. 40. 

Ligouzat, Quelques considérations 
sur la pathogénie de l’h&emiplezie 


diabétique. Revue de Médecin, 
No. 4. 
Lilienthal, Über Albuminurie bei 


Magendarmerkrankungen, speziell 
Karzinomen. Jahrb. f. Kinderheil- 
kunde, S. 581. 


Linser und Sick, Über das Ver- 
halten der Harnsäure und Purin- 
basen im Urin und Blut „bei Rönt- 


genbestrahlung. Deutsches Archiv 
für klinische Medizin, DH 5. 


Little, Nephritis. A manual of the 
discase commonly called nephritis 
or Brights disease and of allud dis- 
orders of the kidneys. The Grafton 
Press, New York 1907. 

Loebel, Wandlungen in der Balsam- 
therapie der chronischen Nephritis. 
Klinisch - therapeutische Wochen- 
schrift, Nr. 11 und 12. 

Loeper et Ficai, Da signification de 
la lipase et de l’amylase urinaires. 
Comptes rendues hebdomadaires de 
la Société de biologie, No. 19, Sé- 
ance de 1 juin. 

Ferments du rein activité lipa- 
sique de la glande rénale. Comptes 
rendues hebdomadaires de la So- 
ciété de biologie, No. 26, Séance 
de 8 juin. 

Loewenhardt, Demonstration einer 
Anzahl durch Operation gewonnener 
Nierenpräparate. Allgemeine medi- 
zinische Zentralzeitung, Nr. 14. 

— Ein eigentümlicher Fall von re- 
naler Massenblatung; Nephroktomie 
aus vitaler Indikation mit glücklichem 
Ausgange. Archiv für Dermatologie 
und Syphilis, Bd. LXXXIV, S. 395 
bis 406. 

Loewi, Über Wirkungsweise u. In- 
dikation einiger diuretisch wirkender 
Mittel. Wiener klin. Wochenschrift, 
Nr. 1 u. Gazetta medica Lombarda, 
No. 10. 

Loewy, Neuere Untersuchungen über 
die Entstehung des Pankreasdiabetes. 
Sammelreferat. Medizinische Klinik, 
Nr. 42. 

Löhlein, Über die entzündlichen 
Veränderungen der Glomeruli der 
menschlichen Nieren und ihre Be- 
deutung für die Nephritis. S. Hir- 
zel, Leipzig, 1907. 


72% 


1100 . 


Lohmann, Cholin, die den Blutdruck 
erniedrigende Substanz der Neben- 
niere. Archiv für die gesamte Phy- 
siologie des Menschen und der Tiere, 
Bd. 118, H.4 und Zentralbl. f. Phy- 
siologie, Bd. XXI, Nr. 6. 

Lohnstein, Über einen Wachsklum- 
pen ın der Blase. Entfernung des- 
selben durch Auflösung mittels Ben- 
zininjektion. Berliner klinische 
Wochenschrift, Nr. 23, 

— Bemerkung zu der Arbeit des 
Herrn Dozenten Dr. G. Nobl: Die 
chronische Urethritis und ihre Be- 
handluwe. Wiener medizinische 
Wochenschrift, Nr. 15. 

Erfahrung über eine neue Behand- 
lunesmethode der chronischen Ure- 


thritis. Zeitschrift für Urologie, 
Bd. 1, H. 11. 


Loose, Über den klinischen Wert des 
Cystopurins, Deutsche medizinische 
Wochenschrift, Nr. 2. 

Lorrain et Chaton. Cancer du rein 
avec thrombose cancéreuse de la 
veine rénale. Bulletins et mémoires 
de la Société anatomique de Paris, 
No. 12, Februar. 

Lotheissen, Die Behandlung des 
Kryptorchismus. Zeitschrift für Heil- 
kunde, Bd. 28, Abteilung für Chirur- 
gie, S. 37—13. 

Loumeau, Pyonephrose tuberculeuse. 
Journ. de med. de Bordeaux, Bd. 
XXXVII, pag. 188. 

Löwenberg, Die Hyperämiebehand- 
lung nach Bier bei Epididymitis und 
Arthritis gonorrhoica. Inauenral- 
dissertation, München, August Sep- 
tember. 

Löwenstein, Über protozoenartige 
Gebilde in den Organen von Kindern. 
Zentralblatt für allgemeine Patho- 
logie und pathologische Anatomie, 
Bd. XVIII, Nr. 13. 

— Versuche über Beziehungen zwi- 
schen Eiern und Samenfäden bei See- 
Igeln. Archiv für Entwicklungs- 
mechanik der Organismen, Bd. 24, 
H. 3. 

Loze und Privat, Konservative Be- 
handlung der Hodentuberkulose. 
Journal d. pratic.. No. 17. 

Lubowski, Über Ürotropin und dessen 
therapeutische Bedeutung. Allgemeine 
medizinische Zentralzeitung, Nr. 21 
bis 24. 

Lucas-Championniere, Rein mo- 
bile. Tiraillement des capsules surre- 
nales. Accidents nerveux et folie. 


Bibliographie. 


Guerison par la fixation da rein. 
Bulletins et mémoires de l'académie 
de médecine, No. 24. 


Luckow, Zur Lehre der Hydrone- 
phrose im Kindesalter. Inaugural- 
dissertation, Kiel 1907. 


Lundsgaard, Hyperopie bei Diabetes 
mellitus. Zeitschrift für Augenheil- 
kunde, H. 2. 


Lusk, Drainage of Prostatic Abscesses 
throug the Ischio-Rectal Fossa. An- 
nals of Sargery, January. 


Lutaud, Retention d'urine simulant 
la grossesse. Journal de médecine 
de Paris, No. 21. 

— De l'action de la morphine sur 
l'appareil génital de la femme. 
Journal de Médecine de Paris, No. l4, 
April. 

— De lurétéro-cysto-néostomie dans 
le traitement des fistules urétéro-vagi- 
nales et urétéro-cervicales. Ses 
autres indications. Archives gene- 
rales de Médecine, No. 8 u. 9. 

Lüth, Zur Therapie der Prostatitis 
gonorrhoica, Medizinische Klimik, 
Nr. 10. 

Luys, Exploration de l'appareil uri- 
naire. Masson & Co.. Paris 1907. 

— The separation ot the urine of the 
two kidneys. Medical Record, Vol. 72, 
No. 5. 

— [Indications de la Cystoscopie à 
vision directe. Journal de Médecine 
de Paris, No. 5. 

Lydston, Carcinoma and calculus of 
prostate. American Journal of Sur- 
gery, Vol. XXI, No. ð, Mai. 

— lntercurrent typhoid fever in sur- 
gical and renal cases. Medical Re- 
cord, September 14. 

Mackay, Prognosis and treatment of 
enlarged prostate. Medical Sentinel, 
May. 

Maclean, On the causes and signi- 
ficance of certain ambiguous reac- 
tions obtained in testing urine for 
sugar. The British Medical Journal, 
No. 2425, 22. Juny. 

Macmunn, On the radical cure of 
urethral stricture by internal urethro- 
tomy. The British Medical Journal, 
No. 2424, 15. Juni. 

Madden, Cellulitis of the spermatic 
cord. Lancet, February 23. 

Mäder, Zur Anatomie der Glans penis 
der Haustiere. Archiv für wissen- 
schaftliche und praktische Tierheil- 
kunde, H. 1—3. 


Bibliographie. 


Maillard, Sur le caractère normal 
de la sécrétion urinaire d'indoxyl. 
Rappel de priorité. Comptes rendues 
hebdomadaires ces Séances de la So- 
ciété de Biologie, No. 27. Séance de 
27 juillet. 

Malherbe, Revue des maladies des 
voies urinaires. Le progrès médical, 
No. 38. 

Manasse, Ein Fall von infizierter 
Hydronephrose mit seltener Anoma- 
lie des Ureterverlaufes. Berliner klin. 
Wochenschrift, Nr. 40. 

v. Mandach, Eosig als Reagens auf 
Gallenfarbstoff im Urin. Korrespon- 
denzblatt f. Schweizer Arzte, 1. Juli. 
Beilage Nr. 13. 

Manevitch, Influence de diverses 
substances chimiques sur les con- 
tractions autonomes de l'uretère. 
Revue médicale de la Suisse romande, 
No. 8, August. 

Mankiewicz, Borovertine, nouveau 
désinfectant de lurine. Journal de 
Pharmacie et de Chimie, No. 6. 

— Neuere Ergebnisse aus dem Ge- 
biete der Urologie. (Sammelreforat.) 
Medizinische Klinik, Nr. 40 u. 41. 

Marcozzi, Action des poisons de la 
tuberculose sur le parenchyme du 
testicule. Annales des maladies des 
organes génito - urinaires, Vol. II, 
No. 13, Juli. 

Marcus, Vergleichende Untersu- 
chungen über die Wirkung des Trin- 
kens von destiiliertem Wasser bei 
einem Falle von chronischer Nieren- 
entzündung. Berliner klin. Wochen- 
schritt, Nr. 14. 

M arku, Klinische Beobachtungen des 
Harns bei Gebrauch von Hydrar- 
gyrum nitricum oxydulatum. Vor- 
läufige Mitteilung. Russki Wratsch, 
N.o 12. 

Markus, Ein aseptischer Katheteri- 
sator. Münchener medız. Wochen- 
schrift, Nr. 26. 

Marriott & Wolf, The colloidal 
nitrogen in the urine. The Ameri- 
can Journal of the Medical Sciences, 
March, No. 3. 

Marshall and Quick, Stricture of 
urethra in male children. Surgery, 
gynecology and obstetrice, May. 

Martel, Varicocele gauche (procede 
opératoire Parona-Martel) et poin- 
te de hernie inguinale droite (ab- 
lation simple du sac); résultat opéra- 
toire datant de deux ans et demi. 
Loire méd., Bd. XXVI, pag. 101. 


1101 


Martin, El peligro blennorragico. El 
Siglo medico, No. 9. 

— Profilaxia blennorragic. El Siglo 
medico, 27. Juli, Num. 2. 798. 

Marwedel, Querer Nierensteinschnitt. 
Zentralblatt für Chirurgie, Nr. 30. 

Masini, Trois cas de plaies du rein 
par armes è fru. Néphrectomie. An- 
nales des maladies des organes génito- 
urinaires, Vol. I, No. 4. 

Masoin, Notes sur un cas d’emulsion- 
albuminurie. Bull. de l'académie 
royale de med. de Belgique, No. 5. 

M athıes, Zur Behandlung der Arthri- 
tisgonorrhoica.Inauguraldissertation, 
Kiel 1907. 

Matucci, Sur le mécanisme d'action 
des substances diurétiques. Archives 
italiennes de biologie, Tom. XLVII, 
Fasc. I. 

Matzenauer, Chronische Gonorrhoe. 
Wiener klinische Rundschau, Nr. 5. 

— Die Infektion mit Gonorrhoe. All- 
gemeine Wiener medizinische Zeitung, 
Nr. 11. 

Maxmiller, Tuberculosis of the kid- 
ney and bladder, nephrectomy and 
osonning therapy as postoperative 
treatment. Medical and Surgical 
Reporter, 1907, pag. 227—230. 

Mayer, Beiträge zur Kenntnis des 
Mineralstottwechsels der Phthisiker. 
Deutsches Archiv für klinische Me- 
dizin, H. 3 u. 4. 

— Uber die Bildung und Ausschei- 
dung der Oxalsäure bei Infektions- 
krankheiten. Deutsches Archiv für 
klinische Medizin, H. 3 u. 4. 

Maysels, Aufsteigende Pyelonephritis 
in der Schwangerschaft, Wochenbett 
und gynäkologischen Fällen. Inau- 
gural-Dissertation, Stralsburg, 1807. 

Meek, Pyelitis complicating preg- 
nancy. Canadian Practitionner and 
Review, May. 

Meifsnor, Der Ureter als Inhalt eines 
Leistenbruches. Beiträge zur klin. 
Chirurgie, Bd. 54, H. 8. 

Mekus, Zwei Fälle von Nierentumoren 
bei Kindern durch Operation ge- 
wonnen, und ihre mikroskopischen 
Bilder. Deutsche Zeitschrilt tür Chi- 
rurgie, H. 6, Bd. 80. 

Mendel and Brown, The rate of 
elimination of uric acid in man. The 
Journal of the American Medical 
Association, Vol. XLIX. No. 11. 

Meves, Spermatocytenteilungen bei 
der Honigbiene (Apis mellifica) nebst 
Bemerkungen über Chromatinreak- 


1102 


tion. Archiv für mikroskopische Ana- 
tomie und Entwicklungsgeschichte, 
Bd. 70, H. 3. 

M«.yer, Zur Anatomie und Entwick- 
lung-geschichte der Ureterverdopp- 
lung. Virchows Archiv, Bd. 187, 
Nr. 3. 

— Üystoscopie in tuberculosis of the 
urinary tract. New York medical 
Journal, April. 

— Zur Deutung radimentärer Organe 
im weiblichen Genitaltraktus. Zen- 
tralblatt für Gynäkologie, Nr. 21. 

— ber die Endoskopie der Blase. 
Zeitschrift für Urologie, Bd. 1, H. 9. 

— Zur Kenntnis der kraniellen und 
konidalen Reste d. Wolfischen (Gärt- 
nerschen) Ganges b. Weibe mit Be- 
merkg. über das Rete ovarii, die 
Hydatiden- Nebentuben und para- 
urethralon Gänge, Prostata des Weibes. 
Zentralbl, f£. Gyn., Nr. 7. 

— Zur Technik der suprapubischen 
Prostatektomie. Zeitschrift für Uro- 
logie, Bd. L, H. 10. 

Meyer et Rathery, Modifications 
histologiques du rein normal au 
cours des diurèses provoqués. Comp- 
tes rendues hebdomadaires de la 
Société de Biologie, No. 25, Sitzung 
vom 13. Juli. cz 

Michailoff, Der gegenwärtige Stand 
der Urologie als einzelnes Spezial- 
fach. Russki Wratsch, No. 32. 

Miljaeff, Über Endocarditis gonor- 
rhoica. Inaururaldissertation, Ber- 
lin, September 1907. 

Miller, Prostitution. Zeitschrift für 
Medizinalbeamte, Nr. 12, Juni. 

— and White, Case of congeni- 
tal hydronephrosis, dilatation of ure- 
ters and hypertrophy of bladder in 
infant. Archives of Pediatries, May. 

van der Min, Over de behandeling 
van blaassteen. Geneeskundig Tijd- 
schritt, Deel XLVIT, 1. Aflevering. 


Minkowski, Zur Behandlung der 
Wassersucht durch Regelung der 
Wasser- und Salzzufuhr. Therapie 


der Gegenwart, H. 1. 

— Über Alkaptonurie. 
Klinik, Nr. 1. 

— Über cerebrale DBlasenstörungen, 
Deutsche Zeitschrift für Nervenleil- 
kunde, Bd. 33, H. 1 u. 2. 

Mirabeau, Obliteration des Ureters 
durch einen Ureterstein. Zentralbl. 
für Gynäkologie, Nr. 17. 

Miropolski, Zur Frage der abortiven 
Behandlung der akuten Gonorrhoe. 


Medizinische 


Bibliographie, 


Russisches Journal für Haut- und 
venerische Krankheiten, Nr. 7. 

Mitchell, Tuberculosis of the urethra, 
seminal vesicles, prostate of bladder. 
American Journal of Urology, 1907, 
pag. 150—172. 

— and Allen, Universal itehing 
without skin lesion, hematogenous, 
urobilinuria, malarial poisoning; 
peculiar erythrocytolysis. American 
Journal of the Medical Sciencis, 
Nr. 3, March. 


Molin, De la prostatectomie sus- 
pubienne en deux temps. Société 
des Sciences médicales de Lyon. 
Scance du 20. II. Lyon Médical, 
No. 21, Mai. 

Möller, Ist eine Gonorrhoe-Kontrolle 
möglich? Zeitschrift für die Be- 
kämpfung der Geschlechtskrank- 
heiten, Bd. 6, Nr. 7 u. 8. 

Mönckeberg, Über heteropte meso- 
dermale Geschwülste am unteren 
Ende des Urogenitalapparates. Vir- 
chows Archiv, Bd. 187, H. 3. 


Monro, On haematoporphyrinuria not 
due to sulphonal. The Quarterly 
Journal of Medicine, Vol. ]J, No. 1. 

Monsarrat, Two cases of renal sar- 
coma in children; with some remarks 
on the pathology and the recent 


results of surgical treatment. The 
British Medical Journal, July. 
Monti, Pyelitis im Kindesalter, All- 


gemeine Wiener medizinische Zeitung, 
Nr. 1. 

Moore, Prostatectomy under Spinal 
Anesthesia,  [ntercolonial Medical 
Journal of Australasid, May 20. 

Moran, Un cas interessant de diverti- 
cule de Ja vessie. Annales des mala- 
dies des Organes genito-urinaires, 
No. 4. 

Morawitz & Adrian, Zur Kenntnis 
der sogenannten Eiweißssteine der 
Niere und über die Ausscheidung 
membranöser Massen aus dem uros 
pötischen System. Mitteilungen au- 
den Grenzgebieten der Medizin und 
Chirurgie, Bd. 17, H. 5. 

Morel et Monod, Simplification in- 
troduite dans les techniques précises 
de dosage de lurée. Société médi- 
cale des Hopitaux de Lyon. Lyon 
Médical, No. 32, 

Morestin, Phimosis chez un diabe- 
tique. Bulletins de la Société fran- 
caise de Dermatologie et Syphiligr. 
Bd. XVIII, pag. 47—49. 


Bibliographie. 


Morichau-Beauchant, Les para- 
lysies uremiques (avec une observa- 
tion personelle). Arch. médico-chir. 
du Poitoa, 7 janvier. 

Morris, Skin disease associated with 
diabetes. The Practitionner, Jaly. 
Motz et Majewski, Contribution à, 
l'étude anatomique ot clinique des 
cancers épithéliaux de la prostate. 
Annales des maladies des organes 

génito-urinaires, Vol. I, No. 3. 

Mouchet, Les tumeurs du rein chez 
l'enfant. Annales des maladies des 
organes génito-urinaires, Vol.I, No.5. 

Moullin, Notes of a case in which 
glycosaria depending upon chole- 
cystitis and cholangitis, disappared 
after drainage of the bile ducts. The 
Lancet, No. 4372, 15. Juni. 

Mühsam, Zur Behandlung der Urin- 
retention bei Prostata-Hypertrophie 
durch suprapubische Fistel plus Cysto- 
pexie. Therapie der Gegenwart, Nr.5. 

Müller, Über die Eutkapselung der 


Niere. Archiv für klin. Chirurgie, 
Bd. 82, H. 1. 


— Zwei Fälle von paroxysmaler Hämo- 
globinurie. Inaugural.lissertation, Ru- 
stock, August. 

Muller & Desgouttes, Phlermona 
chronique ligneuse de la cavite de 
Retzius. Lyon Medical, 28 Avril, 
pag. 813. 

Maladie kystique des reins chez 
l'adulte. Gazette des höpitaux, No. 56. 

Mümm, Un nuovo caso di cisti del 
cordone spermatico d'origina conne- 
tivale. Riforme med., paz. 341—843. 

Munro and Goddard, Pyelonephro- 
sis of a supernumerary kidney. The 
American Journal of the Medical 
Sciences, Col. CXXXIV, No. 3. 

Munsch, Über einen Fall von Ohr- 
würmern in der Harnblase. Strafs- 
burger med. Zeitung, H. 2. 

Munson, Suprarenal hemorrhage; an 
unusual cause of sudden death. The 
journal of the American Medical 
Association, Vol. XLIX, No. 1. 

Munter, Die Bedeutung der physika- 
lischen Heilmittel fúr die Behand- 
lung des Diabetes mellitus. Berliner 
klin. Wochenschr., Nr. 17. 

Muthmann, Die Hufeisenniere. 
tomische Hefte, Bd. 32, H. 3. 

Nagel, Über das Vorkommen von 
Polyurie bei Schrumpfniere. Deutsch. 
Arch. f. klin. Med., H. 6. 

Napoleon, Anguillula aceti (vinegar 
eel) in the urine. Thə Journal of 


nme e 


Ana- 


1103 


the American Medical Association, 
No. 8. 

Nash, Recurrent torsion of the sper- 
matic cord. The British Medical 
Journal, March 30. 


Nassau, Rupture of kindaey and liver. 
Annales of Surgery, May. 


Naunyn, Der Diabetes mellitus. Alfred 
Hölder, Wien. 

Necker, C.ronische sklerosierende 
Paracystitis; paravesikale Holzphleg- 
mone. Wiener klinische Wochen- 
schrift, Nr. 40. 


Neil, Nephrolithiasis. Boston Medical 
and Surgical Journal, July. 

Nei[lser, Über örtliche und innerliche 
Behandlung der Gonorrhoe. Medi- 
ziņnischo Klinik, Nr. 14. 

— Umirage über Begriff und Behand- 
lung der chronischen Gonorrhoe. 
Medizinische Klinik, Nr. 21. 


Nelken, Acute spermatocystitis. The 
Journal of the American Medical 
Association, Vol. XLIX, No. 2. 

Neuberger, Die Verhütung der Epi- 
didymitis bei der Behandlung der 
Gonorrhoe im akuten und subakuten 
Stadium. Dermatologische Zeitschr., 
Heft 1. 

— Über die Morphologie und die 
Bedeutung der Lymphocyten und 
uninukleären Leukocyten im gonor- 
rhoischen Urethralsekret nebst Be- 
merkungen über die sog. Kugelkerne. 
Virchows Archiv, Bd. 187, H. 2. 

Neuhäuser, Über Blutungen nach 
Nephrolithotomie. Deutsche mediz. 
Wochenschrift, Nr. 28. 

Newark, Treatment of "albuminuria 
in pregnancy. Journal of the Medi- 
cal Society of New Jersey, June. 

Nicolas, Sur un nouveau cas de dia- 
bète hyperchlorurique. Svciété mé- 
dicale des Höpitaux. Sitzung vom 
23. Mai. Lyon Medical, No. 31. 

Nicolich, Cathetorisıne de l’uretre à 
travers la vessie ouverte. Annales 
des maladies des organes genito-uri- 
naires, Vol. I, No. 12. 

— Cura chirurgica della tuberculosi 
renale, Folia urologica, Bd. 1, No. 1. 

— Nierenoperation an Patienten mit 
einer einzigen Niere. Zeitschrift für 
Urologie, Bd. I, H. 5 und Bollettino 
delle Cliniche, No. 6. 

Nielson, Some cases of rupture of 
the kidney with remares on conser- 
vative treatment. Medical Record, 
No. 22, Juui. 


1104 


Nitze, Lehrbuch der Cystoskopie, ihre 
Technik und klinische Bedeutung. 
Bergmann, Wiesbaden 1907. 

— Jahresbericht über die Leistungen 
und Fortschritte auf dem Gebiete der 
Erkrankungen des Urogenitalappara- 
tes. S. Jacoby, Berlin, u. A. Koll- 
mann, Leipzig 1906, 

Nobl, Die chronische Urethritis und 
ihre Behandlung. Wiener medizi- 
nische Wochenschrift, Nr. 12 u. 13. 

Noguès, Guerison spontanée de la 
blennorrhagie au cours d’une pyrexie 


aiguë. Annales des maladies des 
organes génito-urinaires, Vol. II, 
No. 17. 


v. Noorden, Über gufartige Albumi- 
purien. Wiener mediz. Wochenschr., 
Nr. 42. 

— Die Albuminvrie. 1. Kongrels der 
Deutschen Gesellschaft für Urologie, 
Wien, 2.—5. Okt. Münchener med. 
Wochenschrift, Nr. 44. 

Nufsbaum, Experimentelle Bestäti- 
gung der Lehre von der Regenera- 
tion im Hoden einheimischer Uro- 
delen. Archiv für die gesamte Phy- 
siologie des Menschen und der Tiere, 
Bd. 119, H. 6—8. 

Obermiller, Über Sandkörnerchen. 
(Einschliefslich Corpora libera tuni- 
cae vaginalis testis.) Nebst einem 
Fall von Fibrom des Hodens mit 
Sandkörnern. Inauguruldissertation, 
Freiburg i. Br., August 1907. 

Oehme, Über traumatische Ruptur von 
Hydronephrosen. Inauguraldisserta- 
tion, Tübingen, Januar 1907. 

Olin, Routine examination of urine 
for indican. New York State Medi- 
cal Journal of Medicine, August. 

v. Oordt, Brotsurrogate für Zucker- 
kranke. Zeitschrift für physikalisch- 
diätetische Therapie, 1. September. 

Opliuls, Experimental chronic nephri- 
tis. Journal of American Med. As- 
sociation, No, 6. 

v. Oppel, Zur operativen Behandlung 
der recto-urethralen Fisteln. Russki 
Wratsch, No. 8. 

Oppenheim, Zur Behandlung der 
Haut- und Geschlechtskrankheiten 
mit Bierscher Stauung. Wiener med, 
Presse, Nr. 19. 

— Über Phosphaturie bei Gonorrhoe. 
Münchener med. W ochenschrift, Nr.26. 

Orglmeister, Anderung des Eiweils- 
bestandes der Niere durch Ent- 
zündung. Zeitschrift f. exp. Patho- 
logie und Therapie, Bd. II, H. 1. 


Bibliographie. 


Orlowski, Die Syphilis. Der Trip- 

Würzburg, A. Stubers Verlag. 
1907. 

Osborne, The diagnosis of kidney in- 
sufficiency and the treatment of 
uremia. The Journal of the Ameri- 
can Medical Association, Vol. XLIX, 
No. 8. 

Osgood, The diagnosis of obscure 
cases of renal and ureteral calculus. 
Annals of Surgery, Juny 1907. 

Oshima, Zur Kasuistik der malignen 
Tumoren der Nierengegend im Kiu- 
desalter. Wiener klin. Wochenschr., 
Nr. 4. 

Osterberg and Wolf, Day and night 
urines. Journal of biological che- 
mistry, May. ` 

Paarmann, Üler Atiologie und Tbe- 
rapie der Enuresis. Inaugrüraldisser- 
tation, Leipzig, August 1907. 

Paetzold, Dermoide und Epider- 
moide der männlichen Genitalien. 
Beiträge zur klinischın Chirurgie, 
H. 2. 

Pal, Über das Vorkommen mydriatisch 
wirkender Substanzen im Harn. 
Deutsche medizinische Wochenschritt. 
Nr. 42. 

Palonchi, L’impoitance de In glr- 
cosurie alimentaire, surtout dans ses 
rapports avec les néphrites. Recker- 
ches cliniques. 1} Morgagni, 18. Mai. 

Panella, Action antirurarique du 
principe actif de la capsule surrénale, 
Archives italiennes de biologie, 
Tome XLVII, Fasc. I. 

Pappa, Remarques sur la technique 
du cathétérisme urétéral. Annales 
des maladies des organes genito- 
urinaires, Vol. I, No. 10. 

Papodopoulo, Enorme hypertrophie 
congénitale des deux reins chez un 
foetus né d'une mère syphilitique. 
Soc. des Sciences medicales de Lyon. 
Séance de 30. 1. 1907. Lyon me- 
dical, No. 17. 

Paravicini, Bemerkenswertes Hei- 
lungsresultat nach doppelseitiger 
Samenblasen- und Nebenhodentuber- 
kulose. Zeitechrift für Urologie, 
Bd. I, H. 10. 

Pardoe, The indications for prostat- 
ectomy. British Medical Journal, 
No. 2440, Oktober 5. 

Parodi, Über die Übertragung der 
Syphilis auf den Hoden des Kanin- 
chens. Zentralblatt für Bakterio- 
logie und Parasitinkunde. Originale. 


Bd. XLIV, H. 5] 


Bibliographie. 


Parsons, The treatment of diabetes 
mellitus by drugs. The Practitioner, 
July. 

Paschkis, Über Komplikation von 
Blasenstein mit anderweitigen Stein- 
bildungen im Harnsystem. Wiener 
klinische Wochenschrift, Nr. 40. 

Pavy. A study of the conditions pro 
ducing the abomalous reaction not 
infrequently met with on testing 
urine for sugar with Fehlings so- 
lution. The Lancet, No 4378. 

Peabody, The salt free diet in chronic 
parenchymatous nephritis. Medical 
Record, March 9. 

Pélicaud, Tumeur maligne de la ca- 
lotte vésicale; rupture spontanée A 
ce niveau. Revue pratique des ma- 
ladies des organes génito-urinaires, 
Bd. IX, 1907, pag. 12—16. 

Pérard, Cases of columinous renal 
calculi. American Journal of Uro- 
logy, June. 

Pereschiwkin, Über die Bestimmung 
der Funktionsfähigkeit gesunder 
Nieren durch den ÜUreterenkathete- 
rismus. Zeitschrift für Urologie, 
Ba. I, H. 10. 

Perkins, The pulmonary complica- 
tions of diabetes. The Practitioner, 
July. 

Peterkin, Urethritis and Complica- 
tions. Interstate Medical ‚Journal, 
June. 

Peters, Wiederauffüllung des Ureters 
nach vorzeitigem Blasensprung nach 
dem Vorschlage von Sanitätsrat 
Bauer. Zentralblatt für Gynäkologie, 
Nr. 26. 

— Über Colomepitheleinstülpung und 
Absprengung an der Urnierenleiste 
bei menschlichen Embryonen. Zeit- 
schrift für Heilkunde, Bd. 28, H. 6. 

— Über Torfitpissoir.. Hygienische 
Rundschau, Nr. 20. 

Pfannenstiel, EinflußderGeschlechts- 
krankheiten auf die Fortpflanzung 
des Weibes. Zeitschrift für die Be- 
kämpfung der Geschlechtskrank- 
heiten, H. 2. 

Pfeiffer, Synthese und Abbau der 
Harnsäure beim Menschen und Säuge- 
tier. Inauguraldissertation, Kiel 1907. 

— Zur Kenntnis der agglutinierenden 
Wirkung der Rückstände des nor- 
malen Menschenharnes. Zeitschrift 
für Hygiene und Infektionskrank- 
heiten, Bd. 56, H. 3. 

Pflüger, Untersuchungen über den 
Pankreasdiabetes. Archiv für die 


1105 


gesamte Physiologie des Menschen 
und der Tiere, Bd. 118, H. 4. 

Philip, Die Anwendung von reinem 
Ichthyol bei Epididymitis gonorrhoi- 
ca. Münchenermedizivische Wochen- 
schrift, Nr. 41. 

Phocas et Bensis, N£&phrites en rer.o- 
decortication. Archives provinciales 
de Chirurgie, Tom. XVI, No. 4, 
April. 

Pi y Suner, Über die antitoxische 
Kraft der Nieren. Zentralblatt für 
die gesamte Physiologie und Patho- 
logie des Stoffwechsels, Januar. 

Pichevin, De la blessure de l’uretre. 
La semaine gynécologique, T. XII, 
pag. 97. 

— Sirdey, Boissard ct Laussedat, 
Rétention d'urine simulant la gros- 
sesse. Société médicale. Séance de 
16 Mai 1907. Journal de médecine 
do Paris, No. 24. 

Pickenbach, Neuritis nach Gonorr- 
hoe. Medizinische Klinik, Nr. 27. 

Piéri, De la décortication du rein et 
de la nephrectomie. Annales de 
gynécologie et d’obstetrique, Mai 
1907. 

Pillet, Guide clinique des praticiens 
pour les principales maladies des 
voies urinaires. Paris, Maloine. 

— Deux cas de perforation de la 
vessie succédant a une coxalgie, 
lautre h une cystite tuberculeuse. 
Annales des maladies des organes 
génito-urinaires, Vol. JI, No. 17. 

Piqué, Rupture traumatique du rein. 
Nephrectomie. Bulletins et mémoires 
de la Societe de Chirurgie de Paris, 
No. 19. 

Pitha, Über die Untersuchungs- 
methoden und die Therapie bei der 
sogenannten chronischen Nieren- 
tuberkulose. Klinisch-therapeutische 
Wochenschrift, Nr. 2, 3 u. 4. 

Prof. v. Poehl, Prince Tarche- 
noff, Dr. v. Poehl, Rational Or- 
.ganotherapy with reference to uro- 
semiology. Translated from the 
russian text. London, J. & A. Chur- 
chill. 

Policard et Garnier, Des lésions 
rénales provoqućes par l'injection 
sous-cutanée de doses massives de 
Phloridzine. Comptes rendues heb- 
domadaires de la Société de biologie, 
No. 16. Séance de 11. V. 

Ponomarew, Radikalo Operation bei 
chronischer Hydrocele nach Winkel- 
mann. Russki Wratsch, No. 2. 


1106 


Porcher, Du chromogène urinaire 
faisantsuiteà l'administration d'éthyl- 

: lindol chez los animaux. Comptes 
rendues hebdomadaires des séances 
de la Société de biologie, No. 19. 
Sitzung vom 1. Juni. 

— et Perroy, Sar les chromogènes 
urinaires du groupe de l'indol. (A 
propos de l'article de MM Daremberg 
et Perroy sur l'indican et le Scatol 
urinaires.) Lyon Médical, No. 26. 

Pordt et Frommer, Cyrrhose et po- 
lynévrite. Lyon Médical, No. 84. 

Porter, On a case of intra-peritoneal 
rupture of the bladder occurring 
during labour. Obstetrical society 
of London. Sitzung v. 1. Mai 1907. 
The journal of obstetrics and gynae- 
cology of the British Empire, No. 6. 

Porosz, Die Harnröhrenstrikturen in 
der allgemeinen Praxis. Wiener me- 
dizinische Presse, Nr. 12, 13. 


Porscile, Contributio allo studio 
della decapsulazione renale La cli- 
nica chirurzica, No. 6, Juni. 

Porterfield, Hematuria. St. Louis 


Medical Review, 15. Juni. 

Posner, Die Barberiosche Reaktion 
auf Sperma. Zeitschrift für Urologie, 
Bd. I, H. 1. | 

— Über angeborene Strikturen der 
Harnröhre. Berliner klinische Wo- 
chenschrift, Nr. 13. 

— Zur Behandlung der nervösen Im- 
potenz. Therapie der Gegenwart, 
Nr. 7. 

— Kasuistischer Beitrag zur Prostat- 
ectomia suprapubica. Berliner kli- 
nische Wochenschrilt, Nr. 28. 

— Behandlung der Impotenz und 
Sterilität beim Manne. Therapeu- 
tisches Zentralblatt, Nr. 17. 

— Über Albuminurie. Zeitschrift für 
Urologie, Bd. I, H. 11. 

Post, Operations for urinary calculs. 
Medical Record, July 6. 

Pousson, Résultats comparatifs entre 
la prostatectomie perineale et la 
prostatectomie sus-pubienne. Aunales 
de maladies des organes genito-uri- 
naires, Vol. I, No. 4. 

— Lithiase urinaire et taberculeuse. 
Bulletins et mémoires de la Société 
de chirurgie de Paris, No. 27. Sitzung 
vom 17. Juli. 

— Über das einseitige Auftreten der 


Nephritis. Zeitschrift für Urologie, 
Bd. I, H. 10. 
—  Fistule vesico-rectale consécutive 


a une infiltration tuberculeuse per- 


Bibliograpbie. 


forante des parois de la vessie. An- 
nales des maladies des organes génito- 
urinaires, Vol. II, No. 20. 

Pousson etBordeau ,Lithiase urinaire 
et tuberculeuse. Bulletins et mémoires 
de la Société de Chirurgie de Paris. 
No. 27, Juli. 


Power, Howard and Dixon, Dis 
cussion on the diseases and displace- 
ments of the testicle. British Medi- 
cal Association, Sitzungen v. 27., 29., 
30 u. 31. Juli und 1. u. 2. August. 
British Medical ‚Journal, No. 2438. 


Powers, Primary sarcoma of the pro- 
state. American Surgical Association, 
9. May. Medical Record, Juni. 
No. 22. 

Preiswerk, Über das primäre Kar- 
zinom der männlichen Urethra. Zeit- 
schrift für Urologie, Bd. I, H, 4. 


Proust et Vian, Le sarcoma de la 


prostate. Annales des maladies des 
organes genito-urinaires, Vol. |, 
No. 10. 


Pulido y Martin, Revista de uro- 
logia. Revista de medicina y cirugia 
practicas, Num. 980, Mayo. 

Quedenfeld, Moderne Behandlung 
der Prostatahypertrophie. Verein für 
wissenschaftliche Naturheilkunde in 
Königsberg ijPr. Deutsche medizi- 
nische Wochenschrift, Nr. 20. 

Quervain, Des résultats é'oignés de 
l’enucl&ation transvésicale de la pro- 
state. Revue médicale de la Suisse 
romande, No. 7, Juli. 

Quick, Intraperitoneal Rupture of the 
Urinary Bladder with Report of a 
Case operated two Hundred and fifti- 
four Hours After Accident; with Re- 
cory. Annales of Surgery., January. 

Radkiewitsch, Die Grundlage der 
physikalisch-diätetischen Behandlung 
der Zückerkrankheit. Sowremmen- 
naja Klinika i Therapia, No. 28., 
und Russische medizinische Rund- 
schau, Nr. 4 u. 5. 

Raimist, Ein Fall von dauernder 
Retentio urinae. Neurologisches Zen- 
tralblatt, Nr. 14, Juli. 

Rapiport, Einige Modifikationen der 
allgemein gebräuchlichen Behand- 
lungsmethoden des chronischen Trip- 
pers des Mannes. Wratschebna)s 
Gazetta, No. 33. 

Raspopowa-Winogradowa, Zur 
Frage der Verletzung der weiblichen 
Genitalien während des Coitus. Russki 
Wratsch, No. 32. 


Bibliographie. 


totaler 
Urolo- 


Ravasini, Vier Fälle von 
Emaskulation. Zeitschrift f. 
gie, Bd. 1, Nr. 8. 

— Durch Nephrolithiasis bedingte 
Paranephritis. Atrophie der betreffen- 
den Niere. Nephrolithotomie. Heilung. 
Zeitschrift für Urologie, Bd. I, H. 10. 


Razzoleoni, Su di un caso di tuber- 
culose del testiculo con inversione 
anteriore totale (inversione a fionda). 
La Clinica moderna, T. 8, pag. 149. 


Reale, Über den Lösungskoeffizienten 
des Harns bei Kupferoxydhydrat. 
Wiener med. Wochenschrift. Nr. 11. 


Reid. The use of the eryptoscope in 
operations for renal caleuli. British 
Medical Journal, No. 2437. 


De Renaldis, Die moderne Therapie 
der Gonorrhoe. Monatsschrilt für 
Harnkrankheiten u. sexuelle Hygiene, 
Bd. 4, S. 50—53. 

Retterer, Modications de la cellule 
rénale an cours du régime carné. 
Comptes reudus hebdomadaires desg 
Séances de la Soc. de biologie, 
No. 8. 

— Sur quelques points d’histogenese 
du rein dein, Comptes rendiees 
hebdomadaires lelaSociete de biologf, 
No. 10. 

Reyher, Über die Bedeutung des durch 
Essigsäure fällbaren Eiweilskörpers 
im Harn des Kindes. Berliner klin. 
Wochenschr.. Nr. 9. 

Richardiere et Sicard, Maladies 
de la nutrition, goutte-obċsité-diabète. 
Paris, Ballière, 1907. 

Richards, Indicanuria. St. Paul Medi- 
cal Journal, July. 

Richelot, Sur le traitement des fistu- 
les vésico-vaginales graves par la 
methode de Braquenaye. Journal de 
médecin de Paris, No. 23. 

Richmond, Treatment of malignant 
diseases of the bladder through supra- 
pubic incision. American Quarterly 
of Roentgenology, January. 

Richter, Zur Kasuistik der Nieren- 
wassersucht beim Schweine. Zeit- 
schrift für Fleisch- u. Milchhygiene, 
1907, H. 12. September. 

—  Infizierte Hydronephrose einer an- 
geborenen dystopischen Niere. Wiener 
klinische Wochenschrift, Nr. 40. 

Riedel, Über die verschobene, an fal- 
schem Orte durch Verwachsungen 
festgelagerte rechte Niere. Deutsche 
medizinische Wochenschrift Nr. 41 
und 42. 


1107 


Rimann, Ein Beitrag zur Kasuistik 
der Mischgeschwülste des Hodens. 
Beiträge zur klin. Chirurgie, H. 2. 

Ringleb, Erwiderung zu den Bemer- 
kungen Schlagintweits über meinen 
Aufsatz in Nr. 12 des Zentralblatts 
1906. Zeitschrift für Urologie, Bd. I, 
H. 3. 

Ripperger, Craving for sweets in 
diabetic patients. New York, Medi- 
cal Journal, July 13. 

Ritterhaus, Beiträge zur Kenntnis 
des Nabelschnurbruches und der 
Bauchblasengenitalspalte. Deutsche 
Zeitschrift f. Chirurgie, Juli, H. 1—4. 

Robbins, Diagnosis and treatment of 
suppurative kidney lesions with spe- 
cial reference to pyelonephritis. De- 
troit Medical Journal, July. 

Roberts, Prostatectomy. Journal of 
Missoury state Medical Association, 
August. 

Rubertson, Renal calculus. 
state Medical Journal, May. 

Robin, Gonorrheal Rhenmatism. Jour- 
nal des Practiciens, 26 January. 

— Le rhumatisme blenorrhagique et 
son traitement. Annales des mala- 
dies des organes génito-urinaires, 
Vol. 1, No. 2. š 

— Traitement d'un cas 
néphrite compliquée de bronchite 
albuminurique. Bulletin général de 
thérapeutique, Tome CLIV, 8 Octobre. 

Robinson, Kidney congenitally loca- 
ted in pelvis. St. Louis Courier of 
Medicine, June. 

— Fused Horse-shoe kidney. Lancet- 
Clinic, Juny 15. 

Rochet, Le faux prostatisme d’origine 
alcoolique. Lyon medical, No. 22. 

— et Ruotte, Sur les avantages de 
la dérivation temporaire des urines 
per Fhypogastre dans les autoplasies 
cutanées due l'urètre. Lyon Médical, 
No. 4. 

— et Thévenot, Un cas intéressant 
de cancer prostatique. Annales des 
maladies des organes génito-urinaires, 
Vol. I, No. 4. 

Rodriguez. Rinon unico congenito 
ectopicol (Nefritis-Ochenta Anos). El 
Sirlo Medico, 4. Mai. 

Rohleder, Der Automonosexualismus, 
eine bisher noch unbeobachtete Form 
des menschlichen Geschlechtstriebes. 
Berliner Klinik, H. 225, März. 

Rolly, Zur Diagnose der Urogenital- 
tuberkulose. Münchner medizinische 
Wochenschrift, Ar. 31. 


Inter- 


de pyelo- 


1108 


Roman, Gibt es ätiologische Bezieh- 
ungen zwischen Diabetes mellitus und 
Geistesstörungen ?_ Inauguraldisser- 
tation, Würzburg, Februar 1907. 

Römheld, Konjugale und familiäre 
Tabes, einseitige reflektorische Pu- 
pillenstarre, durch Jod künstlich er- 
zeugter Basedow, Funktionsprüfung 
des Herzens, kochsalzfreie Diät bei 
Entfettungskuren,Hypernephrom-Me- 
tastasen. Medizinisches Korrespon- 
denzbl. d. Württ, ärztl. Landesvereins, 
Nr. 14. 

Roper, The prognosis of transient 
spontaneous glycosuria and its rela- 
tion to alimentary glycosuria. The 
American Journal of the Medical 
Sciences. Vol. CXXXII, No. 6. 

Rose, Diagnosis of certain forms of 
renal disease. British Medical.Journal, 
No. 2413, March. 

Rosenberger, Zur Ausscheidung der 
endogenen Harnsšure bei Pankreas- 
erkrankung. Zeit-chrift für Biologie, 
Bd. XLXIII, H. 4. 

— Ein Fall von zeitweiser Peptonurie, 
Deutsches Archiv f. klin. Med.. H. 6. 

— Über neue Harnzucker. Zentralblatt 
für innere Medizin, Nr. 39. 

Rosenstein, Über Nierensteinopera- 
tion bei einer Einnierigen, zugleich 
ein Beitrag zum Vorkommen von 
Cystensteinen. Zentralblatt f. Chi- 
rurgie, Nr. 31. Beilage. Bericht 
über die Verhandlungen der Deut- 
schen Gesellschaft tür Chirurgie. 
XXXVI Kongrels, abgehalten vom 
8. bis 6. April. 

Rotch, Gonorrhea and syphilis in 
Childhood. International Clinics, 
Juny. 

Roth, Über Schrumpfnieren ohne 
Arteriosklerose. AMonatsschrift für 
Kinderheilkunde, Bd. VI, Nr. 2. 

Rotky, Ein mittelst KRadiographie 
diagnostizierter Fall von Nephro- 
lithiasis. Prager medizin. Wochen- 
sehrift, Nr. 28. 

Rotman, Die Rolle der künstlichen 
venösen Stauungen bei tuberkulösen 
und gonorrhoischen Epididymitiden. 
Russisches Journal für Haut- und ve- 
nerische Krankheiten, Nr. 5. 

Rotter, Geburtshindernis, durch die 
kindliche Niere verursacht. Zentral- 
blatt für Gynäkologie, Nr. 14. 

Rouvillois, Fracture verticale des 
branches horizontales et descendantes 
du pubis gaucbe. Dechirure de 
l’uretre membraneux. Incision pé- 


Bibliographie. 


rinéale. Cystotomie suspabienne. 
Drainage abdomo-périnéal. Guérison. 
Revuc de Chirurgie, p. 307, 

Rovsing, Ein neues Verfahren zur 
operativen Behandlung der Eetopis 
vesicae. Zeitschrift für Urologie, 
Bd. 1, H. 10. 

— Uber die Bedeutung der Blasen- 
tuberkulose und die Heilbarkeit der- 
selben. Archiv für klin. Chirurgie, 
Bd. 82, H. 1. 

— Totalexstirpation der Harnblase mit 
doppelseitiger lumbaler Ureterosto- 
mie. Archiv f. klinische Chirurgie, 
H. 1, Bd. 82. 

Rubin, Über den Verlauf der Urobili- 
nurie beim Typhus abdominalis. 
Münchner med. Wochenschr., Nr. 11. 

Rumpf, Über chemische Befunde bei 
chronischer Nephritis. Deutsche Arzte 
zeitung, H. 3, 

Ruotte, Fracture double du bassın 
par egrasement avec ıuptare totale 
de l'urètre; reconstitution de l'urètre 
apres uystotomie sus-pubienne de 
dérivation; guérison. Société de chi- 
rurgie de Lyon, Séance de 4 juillet. 
Lyon Medical, No. 41. 

Russell, Uremia. Medical Press and 
Circular, July 8. 

— Operation tor hypospadias. Annals 
of Surgery, August. 

Rutschinski, Zur Kasuistik der mul- 
tiplen Nierenmilsbildungen. Wrat- 
schebnaja Gazeta, No. 22. 

Rybok, Der juvenile Diabetes mit töd- 
lichem Ausgang. Inauguraldisserta 
tion, Rostock August. 

Sabolotnow, Zur Lehre von den 
Nierengeschwülsten suprarenalen Ür- 
sprungs. Beiträge zur pathologischen 
Anatomie und allgemeinen Patho- 
logie, Bd. 41, H. 1. 

Sabrazès et Husnot, Eléments cel- 
lulaires du tissu interstitiel des glan- 
des surrénales. Folia haematolugıca, 
No. 6. 

Mastzellen dans les surrénales 
des animaux. Comptes rendues heb- 
domadaires des séances de la Sociéte 
de biologie, No. 20. Séance de 
4 Juin. 

Sachs, Beiträge zar Pathologie der 
Induratio penis plastica. Archiv für 
Dermatologie u. Sypbilis, Bd. LXXXV, 
H. 1 


mmm ` mem 


Sack, Xanthoma diabeticorum tubero- 
sum multiplex. Russisches Journal 
für Haut- u. venerische Krankheiten, 
Nr. 6. 


Bibliographie. 


Salgo, Die forensische Bedeutung der 
sexuellen Perversität. Karl Marhold, 
Halle a. S. 

Sajous, Le röle du produit de seecre- 
tion des glandes surrenales dans la 
circulation et la respiration. Gazette 
des Hôpitaux, No. 118. 

Salkowski, Zur Kenntnis der Chyl- 
urie, Berliner klin. Wochenschrift, 
Nr. 2. 

Salomon, Über Tumoren des Nieren- 
hilus. Zeitschr. für Krebsforschung, 
Bd. 4, H. 2. 

Salus, Über einige gutartige Formen 
chronischer Albuminurie. Medizi- 
nische Klinik, Nr. 16. 

Samuely, Bemerkurg zur Arbeit von 
L. Hirschstein: Die Beziehungen des 
Glykokolls zur Harnsäure. Zeitschr. 
für experimentelle Pathologie und 
Therapie, Bd. 4, H. 2. 

Sandro, Diabete zuccherino traama- 
tico. Gazzetta medica Lombarda, 
No. 21. 

De Sandro, Un nuovo caso di dia- 
bete zuccherino traumatico. La Me- 
dicina italiana, No. 2. 

Sarrazin, Über Altersniere.. Inau- 
guraldissertation, Bonn, Mai 1907. 
Sasaki, Bestimmung der nicht dialy- 
sablen Stoffe des Harns. Beiträge 
zur chemischen Physiologie u. Patho- 

logie, Bd. IX, S. 386—392. 

Savaré, Der Gehalt des Franenharns 
an adialysablen Stoffen unter nor- 
malen u. pathologischen Verhältnissen. 
Beiträge zur chemischen Physiologie 
und allgemeinen Pathologie, Bd. IX, 
S. 401—407. 

Scherck, Résumé of theories in re- 
gard to etiology of chronic enlarge- 
ment of the prostate. Medical Fort- 
nightly, April 10. 

Scherk, Zur Pathogenese der harn- 
sauren Diathese. Medizinische Blät- 
ter, Nr. 18 u. 19. 

— Hydrolyse der Kohlehydrate bei 
der Zuckerkrankheit. Medizinische 
Klinik, Nr. 12. 

Scheuer, Über erworbenen und an- 
geborenen Nierendefekt. Zeitschrift 
für Heilkunde, Bd. 28, H. 4. 

Schiele, Über die gonorrhoischen Er- 
krankungen der Prostata. Peters- 
burger medizinische Wochenschrift, 
Nr. 29. 

Schmitz, Über die Ausscheidung des 
Chinins im menschlichen Harn. Ar- 
chiv für experimentelle Pathologie 
und Pharmakologie, H. 5. 


1109 


Schnarr, Über Amyloidosis bei Gra- 
nularatrophie der Nieren. Inaugural- 
dissertation, München, August, Sep- 
tember 1907. 

Schneider, Neurasthönie et insuffi- 
sance surrénale chronique. Revue de 
mé:dicine, No. 10. , 

Scholtz, Umfrage über Begriff und 
Behandlung der chronischen Gonor- 
rhoe (Antwort zu Neifser). Medizi- 
nische Klinik, Nr. 22. 

Schöndorff, Über dio Ausscheidung 
von Fett im normalen Hundeharn. 
Archiv für die gesamte Physiologie 
des Menschen und der Tiere, Bd. 117, 
H. 5. 

— Zur Methodik der Harnstoff bestim- 
mung im normalen und zuckerhal- 
tiven Harne. Archiv für die gesamte 
Physiologie des Menschen und der 
Tiere, Bd. 117, H. 5. 

— Die Stickstoffveiteilang im Harne 
unter dem Einfluls verschiedener Er- 
nährung. Archiv für die gesamte 
Physiologie des Menschen und der 
Tiere, Bd. 117, H. 5. 

Schottelius, Über einen Fall von 
Coma diabeticum in graviditate. Zen- 
tralblatt für Gynäkologie, Nr. 23. 

Schreiber, Über sexuelle Enthalt- 
samkeit. Medizinische Blätter, Nr. 25 
bis 27. . 

— Die Urümie und ihre Behandlung. 
Deutsche Arztezeitung, H. 16. 

— Les modifications de l’urine pro- 
voquée par la palpation des reins et 
leur valeur diagnostique. Semaine 
médicale, 30. Januar. 

Schreiner, Neue Studien über die 
Chromatinreifung der Geschlechts- 
zellen. Archives de Biologie, Tome 
XXII, Fasc. III et IV. 

Schtscherbakow, Nervenchok und 
Xanthoma diabeticorum. Russisches 
Journal für Haut- und venerische 
Krankheiten, Nr, 4. 

Schumm, Ein neues Gärungsröhrchen 
zum Nachweis von Traubenzucker im 
Harn und eine einfache sterilisier- 
bare Sicherheitspipette. Münchener 
medizinische Wochenschrift, Nr. 25. 

Schur, Die Behandlung der Nieren- 
krankheiten im Lichte neuerer For- 
schungen. Wiener klinische Rund- 
schau, Nr, 2. 

— & Wiesel, ber eine der Adrena- 
linwirkung analoge Wirkung des 
Blutserums von Nephritikern auf das 
Froschauge. Wiener klin. Wochen- 
schrift, Nr. 23. 


1110 


Schürmayer, Zur Röntgenologie des 
Abcdomers und Topographie der Nie- 
ren. Fortschritte auf dem Gebiete 
der Röntgenstrahlen, H. 6. 

Schütze, Zur Behandlung des Diabe- 
tes. Deutsche mediz Presse, Nr. 20. 

Schwarz, Über den Nachweis von 
Zucker im Urin vermittelst der Hai- 
nesschen Lösung. Münchener med. 
Wochenschrift, Nr. 24. 

— Ricard, Tuffier, Delbet, A pro- 
pos de lestomac uretero-rectale. 
Bulletins et mémoires de la Societe 
de Chirurgie de Paris, Tom. XXXIII, 
No. 27. Nitzang vom 17. Juli. 

Schindier, Eine kleine praktische 
Verbesserung des Neilserschen Sus- 
pensoriums. Deutsche medizinische 
Wochenschrift, Nr. 32. 

— Über antiperistaltische Bewegung 
des Vas deferens und die Behandlung 
der akuten gonorrhoischen Urethritis 
posterior. Archiv für Dermatologie 
und Syphilis, Bd. LXXXV, H. 1. 

Schlagintweit, Die Behandlung der 
Prostatahypertrophie mit Röntgen- 
strahlen. Zeitschrift für Urologie, 
Bd. I, H. 1. 

— Über Spülcystoskope. 
für Urologie, Bd. I, H. 3. 

Schlayer, Über nephritisches Ödem. 
Habilitationsschrift, Tübingen, Juli 
1907. 

— & Hedinger, Experimentelle Stu- 
dien über toxische Nephritis. Deut- 
sches Archiv für klinische Medizin, 
Bd. 89, H. 1. 

— — & Takayasu, Über nephriti- 
sches Ödem. Deutsches Archiv für 
klinische Medizin, Bd. 91, H.1u. 2. 

Schlect, Experimentelle Untersuchg. 
über die Resorption und die Aus- 
scheidung des Lithionkarmins unter 
physiologischen und pathologischen 
Bedingungen. Beiträge zur pathol. 
Anatomie und zur allg. Pathologie, 
H. 2. 

Schlegel, Die infektiöse Rückenmarks- 
entzündung oderschwarze Harnwinde. 
Zeitschrift für Infektionskrankheiten, 
parasitäre Krankheiten und Hygiene 
der Haustiere, Bd. 2, H. 6 und Ber- 
liner tierärztliche Wochenschr., Nr. 13. 

Schlesinger, Prostatektomie. Chirur- 
genkongrefs. Folia urologica, Bd. 1, 
No. 1. 

— Über Blasenruptionen an der Haut 
bei zentralen Affektionen des Nerven- 
stammes. Deutsche med. Wochen- 
schrift, Nr. 27. 


Zeitschrift 


Bibiiographie. 


Schlesinger & Holst, Cler den Wert 
der Benzidinprobe für den Nachwris 
von Minimalblutungen aus den Ver- 
dauungs- u. Harnorganen. Munchener 
medizinische Wocherschritt. H. 10. 

Schlofas, Über die Bottinische Opera- 
tion der Prostatahvpertrophie. Inao- 
guraldissertation, Fıbruar 1907, Hei- 
delberg. 


Schmaltz, Anzeichen einerbesonderen 
Sekretion in jugendlichen Hoden. Ar- 
chiv für mikroskopisene Aratomie 
und Entwicklungsgeschichte, Bd. tl, 
H. 1. 


Schmid, Zur Phenylhydrazinprcbezem 
Nachweis von Zucker im Harn. Apo- 
thekerzeitung, Nr. 51. 

— & Geronne, Über die Wirkung 
der Röntgenstrahlen auf nephrektn- 
mierte Tiere, eın Beitrag zur Frage 
des Leukotoxins. Münchener med. 
Wochenschrift, H. 10. 


Schmidt, Über Epidermisbildung in 
der Prostata. Beiträge zur path. Ana- 
tomie u. zur allgemeinen Fatholog:c, 
H. 1. 

— Untersuchungen über das Verhalten 
der Niere bei Hämoglobinausschei- 
dung. Deutsches Archiv für klit. 
Medizin, Bd. 91, H. 3 u. A 

Schmitt, Die Operation bei Ectopia 
vesicae. Zentralblatt für Chirurgie. 
Nr. 31. Beilage. Bericht über die 
Verhandlungen der Deutschen Gesell- 
schaft für Chirurgie, XXXVI. Kon- 
grefs, abgehalten vom 3.—6. April. 

Schweckendieck, Ein Fall von trau- 
matischem Diabetes mellitus. All- 
gemeine medizinische Zentralzeitung, 
Nr. 1. 

Schweiger, Über die tabiformen Ver- 
änderungen der Hinterstränge bei 
Diabetes. Wiener med. Wochenschr., 
Nr. 32. 

Seaubrau, Fistule ur6tero-vaginale. 
Sonde ureterale a demeure. Guén- 
son. Revue de chirurgie, pag. 308. 

Seefelder, Zur Prophylaxe der Blen- 
norrhöe der Neugeborenen. Mün- 
chener medizinische Wochenschrift, 
H. 10. f 

Segale, Sur quelques valeurs physico- 
chimiques du sérum de sang (II `, 
X n dans l'anurie expérimentale). 
Archives italiennes de biologie, Tome 
XLVII, Fasc. III. 

Segallow, Zur Frage des sogenannten 
Diabetes insipidus. Folia urologica, 
Bd. I, No. 2. 


Bibliographie. 


Seiler, Über das Wesen des Diabetes 
ınsipidus, Zeitschr. für klin. Med., 
Bd. 63, H. 1. 


Selig, Einflufs schwerer Muskelarbeit 
auf Herz und Nieren bei Ring- 
kämpfern, Wiener klin, Wochen- 
schrift, Nr. 5. 


Sellei, Zur Cytologie des Prostata- 
sekrets mit besonderer Berücksich- 
tigung der Flıagokaryose. Zeitschr. 
für Urologie, Bd. I, H. 3. 

— Das Biersche Stauungsverfahren 
bei einigen urologischeu Erkran- 
kungen. Zeitschrift für Urologie, 
H. 9. 

— Zur Palpation der Prostata, der 
Samenblasen und der vesikalen 
Endung der Ureteren. Zeitschrift 
für Urologie, Bd. 1, H. 11. 

Sellentin, Ein mit Nierensteinen 
komplizierter Fall von Gullenstein- 
erkrankung. Allgemeine homöu- 
pathische Zeitung, Nr. 11. 


Senzig, Ein Fall von plötzlicher Hei- 
lung von akuter Nephritis nach 
Urämie. Medizinische Klinik, Nr. 1. 

Serane, Les albuminuries intermitten- 
tes. Gazette des Höpitaux, No. 77, 
6. Juli. 

Settier, Tratamiento de las estrecheces 
de la uretra. El Siglo medico, No. 2, 
775 n. ff. 

Seybert, Beitrag zur Kenntnis der 
Blasengeschwülste bei Anilinarbei- 
tern. Münchener med. Wochenschr., 
Nr. 32. 

Sheffield, Vulvovaginitis in children 
with special reference to the gonor- 
rheal variety and its complications. 
Medical Record, 11. May. 

Sheill, Eclampsia and nephrectomy. 
Journal of obstetrics and gynecology 
of the British Empire, June. 

Siciliano, De l'influence que les affec- 
tions hépatiques exercent sur la fonc- 
tion rénale. Revista critica medica, 
80. Mars 1907. 

Siebelt, Ein Fall von gonorrhoischer 
SES Mediz. Klinik, 
Nr. 1. 

Siegel, Ein Stoffwechselversuch bei 
Uronephritis am Hunde. Zeitschrift 
für experimentelle Pathologie und 
Therapie, Bd. 4, H. 2. 

Sikes, Gouty glycosuria. The Prac- 
titionner, July. 


Simon, Physiologie der Harnsäure und 


Behandlung der Gicht. Wiener med. 


Wochenschrift, Nr. 43. 


1111 


Sleicher, Tuberculosis of the bladder. 
American Practitionner and News. 
August. 

Slowzow, Diagnostische Bedeutung 
der Indikanurie. Russki Wratsch, No.7. 

Smitens, A new graphic urine chart. 
The journal ofthe American medical 
Association, No. 20. 

Smith, Cystoscopexy for falling of the 
bladder. Montreal Medical Journal, 
April. 

— Eitiologie factors of gonorrheal 
urethritis. Interstate Medical Jour- 
nal, June. 

— Clinical notes upon testing for 
Sugar in urine. The Practitionner, 
July. 

Soetbeer, Ausscheidung endogener 
Harnsäure iın Gichtanfall. Münchener 
med. Wochenschrift, Nr. 28, 

Sollmann, A review of recent work 
on the mechanisme of urine forma- 
tion. Journal of the American Me- 
dical Assosiation, Vol. XLIX, No.9. 

Sourdille, Etude du fonctionnelle- 
ment du rein dans la Jithiase. Jour- 
nal de médecine de Paris, No. 23. 

Sperling, Zur infrasymphysären Bla- 
sendrainage. Monatsschrift für Ge- 
burtshilfe u. Gynäkologie, Bd. XXXV, 
H. 4. 

Spezia, Contributio allo studio della 
prostatectomia alla Fuller Freyer. 
Gazetta medica Lombarda, No. 16. 

Spiegel, Beziehungen der Phenole zur 
Schwefelsäureausscheidung. Archiv 
für experimentelle Pathologie und 
Pharmakologie, Bd. 57, H. 8 u. 4. 

Spillmann et Parisot, Reins po- 
lykystiques. Revue med. de l’Est, 
Bd. XXXIX, pag. 144—146. 

Spilsburg, The tumors of the testicle. 
St. Marys Hosp. Gaz. London, 1907, 
Bd. XIII, pag. 41—43. 

Spitzer, Zur Verhütung der Gonor- 
rhoe. Allgemeine Wiener medizi- 
nische Zeitung, Nr. 2. 

Sprecher, Ein Beitrag zur Cytologie 
des gonorrhoischen Eiters. Archiv 
für Dermatologie und Syphilis, Bd. 
LXXXIV, H. 3. 

Stadie, Zur Unterscheidung der Reh- 
nieren von den Schafnieren. Zeit- 
schrift für Fleisch- und Milchhygiene, 
H. 6. 

Staehelin, Untersuchungen über vege- 
tarische Diät mit besonderer Berück- 
sichtigung des Nervensystems, der 
Blutzirkulation und der Diurese. 
Zeitschr. für Biologie, Bd. 49, S. 199. 


1112 


Staffel, Über den Einflufs der Kohle- 
hydratentziehung auf die Parinkörper- 
ausscheidung im Harn. Inaugural- 
dissertation, Leipzig, August 1907. 

Standfuls, Vergleichend-histologische 
Studien an den Malpighischen Kör- 
perchen der Niere der Wirbeltiere. 
Archiv für mikroskopische Anatomie 
und Entwicklungsgeschichte, Bd. 71, 
H. 1. 

Stefani, Sur un cas d'atrophie rénale 
congénitale. Revue internationale de 
méd. et de chirurgie, 10. Februar. 

Steiner, Die funktionelle Impotenz 
des Mannes und ihre Behandlung. 
Wiener medizinische Presse, Nr. 42. 

Steinthal, Zur Kenntnis der essen- 
tiellen Nierenblutungen. Beiträge zur 
klinischen Chirurgie, H. 3. 

Stern, Die Reform der ärztlichen Au 
sicht über Prostituierte. Zeitschrift 
für die Bekämpfung d. Geschlechts- 
krankheiten, Bd. 6, Nr. 5. 

Stettiner, Über Atresia ani et com- 
municatio recti cum parte prostatica 
urethrae (Atresia ani urethralis) und 
über multiple Darmatresien und Ste- 
nosen. Archiv für klinische Chirurgie, 
Bd. 83, H. 3. 

Stock, Zar Behandlung der Gonor- 
rhoea masculina. Medizinische Blätter, 
Nr. 11. 

Stoeckel, Über die Verwendung des 
Nitzeschen Cystoskops in der luft- 
gefüllten Blase der Frau. Zeitschrift 
für Urologie, Bd. I, H. 1. 

— Troikarkatheter zur infrasymphi- 
sären Blasendrainage, Zentralblatt 
für Gynäkologie, Nr. 26. 

— Einwanderung einer bei einer Lapa- 
rotomie vergessenen Arterienklemme 
in die Blase. Zentralblatt für Gynä- 
kolugie, Bd. 31, Nr. 37. 

Stoerck & Zuckerkandl, Über 
Cystitis glandularis und den Drüsen- 
krebs der Harnblase. Zeitschrift für 
Urologie, Bd. I, H. 2. 

Stöhr, Die Bekämpfung der Ge- 
schlechtskrankheiten vom sexuell- 
ethischen Standpunkt. Wiener klin. 
Rundschau, Nr. 30. 

Stone, Gonorrhea in Women. Infec- 
tion of the urethra, vagina, Ducts 
of the glands of Bartholin. Medical 
Record, 27. April. 

— A male pseudo- hermaphrodite. 
Annals of Surgery, August. 

Stordeur et Steinhaus, Hyper- 
nephrome du rein droit, lipomes 
multiples, sclérodéromes, hyperplasie 


Bibliographie. 


nodulaire du foie, tuberculose pnl- 
monaire chronique. Journal med. de 
Bruxelles, 1907, pag. 271. 


Storp, Kryptorchismas - Operation. 
Deutsche med. Wochenschrift, Nr. 2, 
Vereinsblatt. 


Stover, Roentgendiagnosis of renal 
calculi. American Journal of Sar- 
'gery, pag. 48. I 

Stow, Ureteritis cystica chronica. 
Annals of Surgery, August. 

— Chronic cystic ureteritis. Annals 
of Surgery, August. 


Strasser & Blumenkranz, Zur phr- 
siologischen Therapie der Nep, 
Gesellschaft für innere Medizin und 
Kinderheilkunde in Wien. Sitzung 
vom 2. V. Klinisch - therapeutische 
Wochenschrift, Nr. 19. 

Die Wirkung indifferenter 
schweifstreibender Bäder bei Ne- 
phritis. Beiheft zur medizinischen 
ħlinik, Nr.6 u. Wiener medizinische 
Presse, Nr. 32 u. 33. 

Strauls, Ein Beitrag zur Entstehung 
von Ureterenerweiterung und Hydro- 
nephrose im Anschlufs an Uterus 
prolaps. Inauguraldissertation, Leip- 
zig, Fehruar, 1907. 

Suter, Zur Atiologie der infektiösen 
Erkrankungen der Harnorgane. Zeit- 
schrift für Urologie, H. 2—4. 

Taddei, Sur une affection rénale 
hématurique rare. Annales des ma- 
ladies des organes génito-urinaires, 
No. 1. 

Takaki, Über die Stäbchenstruktur 
der Niere. Archiv für mikroskopische 
Anatomie und Entwicklungsge- 
schichte, Bd. 70, H. 2. 

Taufer, Die Bedeutung der Ge- 
schlechtskrankheiten in der Therape. 
der Blennorhoe beim Manne. Archiv 
für Dermatologie und Syphilis, Bd. 85, 
H. 1—3, Mai. 

Tausig, Case of pneumaturia. Boston 
medical and surgical Journal, No. 8, 
Juny. 

Taylor, Deformities of penis due to 
syphilis, gonorrhea and other causês. 
New York Medical Journal, 8. Juny. 

— On the nervous symptoms 3% 
ciated with glycosuria. The Prac- 
titioner, July. 

Tedenat, Abcès du rein a gonocoque. 
Annales des maladies des organes 
génito-urinaires, Vol. II, No. lö. 

Terrier et Dujarier, Da priapisme 
prolongé. Revue de chirurgie, No.» 


Bibliographie. 


Teschemacher, Über die Fortdauer 
der Polyurie bei Diabetikern nach 
vollständig verschwundener Glyko- 
surie und den Übergang von Dia- 
betes mellitus in Diabetes insipidus. 
Münchener medizinische Wochen- 
schrift, Nr. 12. 

Tesson, Hydropyon&phrose d’un rein 
supplémentaire, Bulletinset m&moires 
de la Société de Chirurgie de Paris, 
No. 23. Séance de 19 juin. 

Thaler, Über Gonokokken im Blut 
bei septischer gonorrhoischer Endo- 
karditis. Inauguraldissertation, Ro- 
stock, Februar 1907. 

Thevenot, Plaies et ruptures du 
pedicule vasculaire du rein. Gazette 
des höpitaux, No. 7. 

— et Batier, De la bacillurie tuber- 


culeuse. La Province medicale, 
9, Februar. 
Thiele, Concerning cystinuria and 


diamines. The Journal of Physio- 
logy, Vol. XXXVI, No. 1. 

— Über Fermente im Urin, insbe- 
sondere über vermehrte Pepsinaus- 
scheidung bei Diabetes mellitus und 
einigen anderen Erkrankungen. Inau- 
guraldissertation, Leipzig, Februar 
1907. 

Thiroloix, Les états diabétiques. 
Gazette des hôpitaux, No. 1. 

Thomas, Gonorrheal peritonitis in 
the male. Northwest Medicine, 
Seattle, April. 

Tomellini, Übertraumatische Nephri- 
tis. Experimentelle Untersuchungen. 
Vierteljahrsschrift für gerichtliche 
Medizin, Bd. 34, H. 1. 

Thomson, The making of a shelf 
below the unduly mobile kidney. 
The Edinburgh Medical Journal, 
October. 

Thompson, The Prophylaxis of Scar- 
latinal Nephritis: Observations on 
300 cases of Scarlatina treated with 
Urotropine, Hexamethylenetetramine, 
and Metramine. The Edinburgh 
Medical Journal, February. 

— Einige Betrachtungen über Gonorr- 
hoe-Therapie mit besonderer Berück- 
sichtigung des Gonosans,. Notes on 
New Remedies, No. 2. 

— Prostatic concretions with special 
reference to etiology and treatment. 
Medical Record, Vol. 72, No. 6. 

— Eng and Lond, Note on a Case 
of Hydronephrosis with Urethral 
Septum causing Obstraction to uri- 
nary outflow. The Lancet, Feb. 


Zeitschrift far Urologie. 1907. 


1113 


Thorbecke, Prögnostische Bedeutung 
des Diabetes mellitus bei operativen 
'Eirgriffen u. d. diesbezügl. prophy- 
lakt. Malsnahmen. Monatsschr. t. 
Geburtsh. u. t ynäkologie, H. 4. 

Thorel, Weitere Beiträge zur Regene- 
ration der Niere. Zentralblatt für 
allgemeine Pathologie und patho- 
logische Anatomie, Bd. 18, Nr. 4. 

Thorspecken, Zur Therapie der dia- 
betischen Phthise. Münchener medi- 
zinische Wochenschrift, H. 7. 

Tinel, Le néphrites tuberculeuses. Ga- 
zette des höpitaux, No. 91. 

Tinker, Gall duct obstruction caused 
by movable kidney. The Journal of 
the American Medical Association, 
Vol. XLIX, No. 2. 

Tjemkin, Ein seltener Fall von Nieren- 
steinen. Wratschebnaja Gazeta, No.9. 

Tjulpin, Die Efimoftsche Harnreak- 
tion bei Eingeweidewurminfektion. 
Wratschebnaja Gazeta, Nr. 22 u. 23. 

Tracy, A study of the urinary ana- 
lysis of operative cases and the treat- 
ment of complications arising from 
the kidney insufficiency. New York 
Medical Journal, No. 19. 

Trappe, Zur Kenntnis der renalen 
Adenosarkome (Nephroma embryo- 
nale malignum). Frankfurter Zeit- 
schrift für Pathologie, Bd. I, H. 1. 

— Über geschwulstartige Fehlbil- 
dungen der Niere, Milz, Haut und 
Darm. Frankfurter Zeitschrift für 
Pathologie. Bd. I, H. 1. 

Treupel, Über die medikamentöse 
Behandlung der akuten und chro- 
nischen rheumatischen und gonorr- 
hoischen Gelenkerkrankungen. Mün- 
chener mediz. Wochenschrift, Nr. 39. 

Trillat, Etude de quelques points 
concernant les troubles urinaires dans 
la retroversion de l’uterus gravide. 
Annales des maladies des organes 
genito-urinaires, No. 8. 

Tschumakow, Zur Frage der Dia- 
gnose und Behandlung der gonorr- 
hoischen Spermatocystitiden. Russi- 
sches Journal für Haut- und vene- 
rische Krankheiten, Nr. 4. 

Turner, The electrical conductivity 
of the blood and urine in healthe 
and in disease, and as a test of the 
functiona) efficiency of the kidney. 
The Edinburgh Medical Journal, 
pag. 318. 


Tuz, Nachweis der Gallenpigmente 
im Harne. Medycyna, T. XXXV, 
No. 31. 


73 


1114 


Ulesko-Stroganowa, Beitrag zur 
Kenntnis des epithelioiden Gewebes 
in dem Genitalapparate des Weibes. 
Monatsschrift für Geburtshilfe und 
Gynäkologie, Bd. XXV, H. 2. 

Ullmann, Öberiuvenile physiologische 
Albuminurie. Berliner klin. Wochen- 
schrift, Nr. 5. 

— Über Kopjunktivitis, Iridozyklitis 
und andere entzündliche Augenaffek- 
tionen als Teilerscheinungen des Go- 
norrhoismus. Wiener klin. Rund- 
schau, Nr. 15 u. 18. 

— Über Dauerwirkung des Diabeteserin 
bei Zuckerharnruhr. Österreichische 
Arztezeitung, Nr. 17. 

Underhill, Presence of lactic acid in 
the urine of pernicious vomiting of 
pregnancy. Journal of biological 
chemistry, February. 

Uspenski, Testikuläre Organotherapie. 
Sowremmennaja Klinika i Therapia, 
No. 5 u. fl. 

— Über suprarenale Organotherapie. 
Sowremmennaja Klinika i Therapia, 
Bd. V, No. 17. 

Valentine, Treatment of gonorrheal 
epididymitis. New York, Medical 
Journal, July 27. 

— and Townsend, Emergency dila- 
tation of urethral stricture. Ameri- 
can Journal of Surgery, Vol. XXI, 
No. 5, May. 

Massage of the prostate and 
Stripping the seminal vesicles. Me- 
dical Record, Vol. 71, No. 26. 

Valin, Renal pathology or effect of 
disease and drugs on the urine. St. 
Paul Medical Journal, August. 

Vanlair, Rapport de la commission 
à laquelle a été renvoyé l’examen du 
travail manuscrit soumis à l'académie 
par M. le docteur J. de Keersmaecker, 
a Anvers, portant pour titre: La 
Nephrite tuberculeuse, ses differentes 
formes, son diagnostic. Bull. de 
l'académie royale de méd. de Belgi- 
que. No. 5. Séance de 25 Mai. 

Vaphiadès, Un cas de diabète insi- 
pide guéri par des injections mercu- 
rielles. Revue de Médecine, No. 8. 

Vaquez et Aubertin, Couer de tranbe 
et hyperplasie medullaire des sur- 
rénales. Comptes rendues de la So- 
ciété de Biologie, No. 18, Sitzung 
vom 25. Mai. 

Verrhi, Sur les modifications du paren- 
chime rénal consécutives à la section 
des nerfs. Archives italieunes de 
biologie, Tom. XLVII, Fasc. I. 


Bibliographie. 


Veit & Wederhake, Zar Morpho- 
logie des Urins und der Galle. 
Münchner medizinische Wochenschr., 
Nr. 41. 

van den Velden, Bemerkungen zu 
Baigs „Harnsäure als Faktor bei der 
Entstehung von Krankheiten“. Fort- 
schritte der Medizin, Nr. 18. 

Vestling, Pentosuria. Medical Fort- 
nightly. August 26. 

VignardetLaroyenne, Tubercalose 
urinairechez un enfant; nephrectomie; 
cystotomie périnéale. Société de 
Chirurgie de Lyon, Séance de 28. II. 
Lyon Médical, No. 21, Mai. 

Vignaud, Ectrophie de la vessie; 
abouchement des uretère dans les 
iliaque; guérison. Société de chirar- 

gie de Leon, Séance No. 7, 23. II. 
Lyon médical. 

Villaret, Tuberculose rénale. Revue 
de la tuberculose, No. 3, Juni und 
No. 4, August. 

Villemin, Lithiase urique et mal de 
Pott. Bulletins et mémoires de la 
Société de chirurgie de Faris, No. 21. 
Séance de 10 juillet. 

Vincent, Decapsulation du reincomme 
traitement de l’eclampsie puerperale. 
Société de chirurgie de Lyon, Séance 
de 7. mars. Lyon médical, No. 23. 

Voelcker, Diagnose der chirurgischen 
Nierenerkrankungen unter Verwer- 
tung der Chromocystoskopie. F. J. 
Bergmann, Wiesbaden. 

— Jahresbericht der Heidelberger chl- 
rurgischen Klinik für das Jahr 196. 
(Teil VIII: Harnorgane, bearbeitet 
von Lichtenberg). Beiträge zur kli- 
nischen Chirurgie, Bd. 55, Supple 
mentheft, Oktober. 

— Sikes, Stephenson and Thomp- 
son, On acute nephritis in children 
and its resaltats. British Medical 
Journal, No. 2438. f 

Vogel, Prostatahypertrophie. Berliner 
klinische Wochenschrift, Nr. 20. 

— Der Verweilkatheter, seine Anwen- 
dung und seine Wirkungsweise. Berl. 
‚klinische Wochenschrift, Nr. 20. 

— Praktische Ergebnisse auf dem Ge- 
biete der Harnkrankheiten. Berliner 
klinische Wochenschritt, Nr. 39. 

Voivenel, Volumineux calculs de 
l’urethre prostatique. Toulouse Med. 
1907, pag. 90—93. 

Vollmann, Über einen Fall von mul- 
tiplen Zottengeschwülsten der Harn- 
blase. Inaugaraldissertation, Rostock, 
Juli— August 1907. 


Bibliographie. 


Vörner, Zur Statistik des Trippors 
beim Manne und seine Folgen für 
die Ehefrauen. Münchner medizin. 
Wochenschrift, H. A 

Wagner, Die neueren operativen Er- 
rungenschaften auf dem Gebiete der 
Nierenchirurgie. Übersichtsreferat. 
Medizinische Klinik, Nr. 23 u. 24. 

— Blasenstein als Geburtshindernis. 

. Zeitschrift für Geburtshilfe u. Gynä- 
kologie, Bd. LIX, H. 2. 

— Würdigung der konservativen Ope- 
rationen bei aseptischen Nierenreten- 
tionen. Folia urologica. Bd. 1, No.1. 

Walbum, Ein neues Saccharometer. 
Deutsche medizinische Wochenschrift, 
Nr. 11. | 

Walker, The renal function in its 
relation to surgery. The Lancet, 
No. 4359 u. 4360, March. 

— Tubercalosis of the bladder. An- 
nals of Surgery, March, April. 

— A new retraetor to be used in su- 
prapubic cystotomy.AnnalsofSurgery, 

. August. 

— Simple ulcer of the bladder. The 
Journal of the American Medical 
Associdtion, Vol. XLVIII, No. 12. 

— A new urethroscops to be used with 
the aid of water distension. The 
Journal of the American medical 
Association, No. 20, May. 

Wallace, Diabetic gangrene. 
Practitioner, July. 

Walmsley, Malignant tumor of the 
testicle. Journal of the American 
medical Association, Vol. XLVIII, 
pay. 1679. | 

Walter & Jessop, Albuminuric reti- 

. nitis. British Medical Journal, Nr.2413, 
March. 

Walther, Coup de feu pénétrant de 
la poitrine et de l'abdomen. Blessure 
de la plève gauche, de l'intestin et 

. du rein gauche. Nephrectomie d’ur- 

. gence. Bulletins et mémoires de la 
Societe de Chirurgie de Paris, No. 12. 

Ware, Hematuria due to pathologic 
condition of bladder. American Jour- 
nal of Urology, May. 

— Modern therapy of cystitis. Me- 
dical Record, 24. August. 

Warren, Notes on some kidney ca- 
ses from Dr. Cabots .service. The 
postgraduate, Mai. 

Warthnin, The changes produced in 
the kidneys by Röntgen-Irradiation. 
The American Journal of the medical 
Sciences, No, ð. 

Wassyljew, Zur Frage der Behand- 


The 


1115 


‚lung der Verletzungen und Fisteln 
der Ureteren. Deutsche Zeitschrift 
für Chirurgie, Juli, H. 1—4. 

Watson, The influence of a meat diet 
on the kidney with histological re- 

port by Lyon and a report on the 
nitrogen excretion by Andrew Hunter. 
Internationale Monatsschr. für Ana- 
a u. Physiologie, Bd. XXIV, 

- H. 4. 

Webster, The Pathology and Treate- 
ment of Nephritis. American Jour- 
nal of the Medical Sciences, No. 2. 

Weil, Kasnistische Mitteilungen zur 
Pentosurie. Medizinisches Korrespon- 
denzblatt d. Württ. ärztl. Landes- 
vereins, Nr. 10. 

Weinberg, Über eine neue Methode 
der Abortivbehandlung der akuten 
Gonorrhoe. Vorläufige Mitteilung. 
Russisches Journal für Haut- und 
venerische Krankheiten, Bd. 14, Nr.8. 

Weifs, Ein neuer Katheter- und Cy- 
stoskop-Sterilisator. Wiener mediz. 
Wochenschrift, Nr. 23. 

Weisz, Über das Prinzip und die Be- 
deutung der Ehrlichschen Diazoreak- 
tion. Wiener klinische Wochenschr., 
Nr. 33. | 

—  Bakteriurie. 1. Kongrels der Deut- 
schen Gesellschaft für Urologie, Wien, 
2. bis 5. Oktober. Wiener medizin 
Wochenschrift, Nr. 44. 

Weil, Concerning a distinct type of 
hypernephroma of the kidney, which 
simulates various cystic conditions 

..of that organ. Annals of Surgery, 
September. 

Wells, Gonorrheal invasion of uterus 
and Fallopian tubes. American Jour- 
nal of Surgery, June. 

Werner, Über einen Fall von hoch- 

. gradiger Hepatoptose, verbunden mit 
verschieblicher, intermittierender Hy- 
dronephrose. Inauguraldissertation, 

. München, August, September 1907. 

Wertheimer te Battez, Sur les 
voies qui transmettent au foie les 

. effets de la pripüre diabötique. Comp- 
tes rendues hebdomadaires des Sé- 

. ances de la Société de Biologie, 
No. 27. Séance de 27 juillet. 

Wesenberg, Zur Methodik der Jod- 

. bestimmung im Harn. Zugleich ein 

= Beitrag zur Kenntnis des Jothions. 
Zeitschr. f. exp. Path. u. Therapie, 
H. 2. 

Westenhöffer, Das Vorkommen von 
eisenhaltisen Bakterien, Zylindern in 

. den Blutgefälsen der Niere bei puer- 

13* 


1116 


peraler Asepsis. Virchows Archiv, 
Heft 1, Bd. 187. 

Wetschtomoff, Über die Behandlung 
des Diabetes mellitus. Wratschebnaja 
Gazeta, Nr. 23. 

Wever, Mastoiditis with pyuria and 
intermittent heart beat. Journal 
Missoury state Medical Association, 
August. 

Wheeler, Cystoscopy ureteral cathe- 
terization; is it practical? Kentucky 
Medical Journal, May. 

Whiteside, Case of sarcoma of the 
bladder. American Journal of Uro- 
logy, June. 

Whitney, Threecases of spermatocele. 
American Journal ot Urology, May. 

Wiesel, Renale Herzhypertrophie und 
chromaffines System. Wiener medi- 
zinisehe Wochenschrift, Nr. 14, 

Wilcke, Beiträge zur Kenntnis me- 
tastatischer, renaler und perirenaler 
Abszesse. Inauguraldissertation, Ro- 
stock, Juli. August 1907. 

Wildbolz, Plaqueförmige, tuberkulöse 
Cystitis unter dem Bilde von Mala- 
coplacia vesicae. Zeitschrift f. Uro- 
logie, Bd. 1, H. 4. 

Williamson, On the action of cer- 
tain drugs in the treatment of dia- 
betes mellitus and chronic glycosu- 
ria. The Practitioner, July. 

Willian, Aseptic ureteral catheteri- 
sation sheath. The Lancet, No. 4366, 
April. 

Wilms, Zur lumbalen Ureterostomie 
nach Rovsing. Zentralblatt f. Chirur- 
gie, Nr. 30. 

Winckelmann, Über den Diabetes 
insipidus. Mediz. Klinik, Nr. 34. 
Winkler, Zur Bekämpfung der Ge- 
schlechtskrankheiten unter dem Eisen- 
bahnpersonal. Zeitschrift für Be- 
kämpfung d. Geschlechtskrankheiten, 

Bd. 6, Nr. 5. 

Witherspoon, Gonorrheal Arthritis. 
The Journal of the American Medi- 
cal Association, No. 5. 

Wittner, Fractura penis. Allgemeine 
Wiener mediziuische Zeitung, Nr. 15. 

W ohlauer, Urologisch - Cystoskopi- 
sches. Vademecum. F. J. Bergmann, 
Wiesbaden 1907. 

Wolbarst, Sarcoma of the testicle 
Journal of the American Medical 
Association, pag. 1180. 

Wolf, Leisthoden und ihre Schicksale. 
Inauguraldissertation, Leipzig, März 
1907. 

Wolfner, Zur Einführung von Speisen 


Bibliographie. 


aus entmehlten Kartoffeln in der Diät 
der. Fettleibigen und Zuckerkranken 
in Marienbad. Prager medizinische 
Wochenschrift, Nr. 84. 

Wonner, Beitrag zur Kenntnis der 
nervösen Erkrankungen der Harn- 
wege. Inauguraldissertation, Strals- 
burg, September 1907. 

Wood, Pathology and treatment of 
stricture of the urethra. Pennsyl- 
vania Medical Journal, July. 

W ossidlo, Ein neaes Uretercystoskop. 
Zeitschr. für Urologie, Bd. I, H. 2. 

W ullstein, Modifikationen der Sec- 
tio alta. Zentralblatt für Chirurgie, 
Nr. 31. Beilage. Bericht über die 
Verhandlungen d. Deutschen Gesell- 
schaft für Chirurgie, XXXVI. Kon- 
grels, abgehalten vom 3. bis 6. April. 

Wyman, Renal surgery and nephri- 
tis. Journal of the Michigan State 
Medical Society, Detroit; April. 

Young, The cure of unilateral renal 
hematuria by injection of Adrenalın 
trough a ureter catheter. The Jour- 
nal of the American Medical Asso- 
ciation, No. 20, May. 

Zabel, Zur Diagnose, Prophylaxe u. 
endovesikalen Therapie inkarzerierter 
Ureterensteine. Zeitschr. für Urologie, 
Bd. I, H. 10. 

Zak u. Necker, Untersuchungen über 
die Ausscheidung von Euglobulin 
im Harn bei Amyloiderkrankungen. 
Deutsch. Arch. f. kl. Med., Bd. 89, 
H. 6. 

Zanda, Glycose urée et viscosité du 
sang sous l'action de la caféine et 
de la diurétine. Archives italiennes 
de biologie, Tom. XLVII, Fasc. II. 

Zangemeister, Uber Malakoplakie 
der Harnblase. Zeitschrift für Uro- 
logie, Bd. I, H. 10. 

Zarzyn, Über den Wert der Unter- 
bindung und Resektion des Vas de- 
ferens bei Prostatahypertrophie. 
Wratschebnaja Gazeta,-No. 15. 

Zebrowski & Gilewitsch, Faradi- 
sche Albuminurie. Vorläufige Mit- 
teilung. Russki Wratsch, No. 22. 

Zeiss], Zwei weitere Fälle von Gum- 
men am Penis. Wiener medizini- 
sche Presse, Nr. 18. 

Zeuner, Trockenbehandlung der Go- 
norrhoe. Berliner klinische Wochen- 
schrift, Nr. 25. 

Zieler, Die Wirkungsweise der mo- 
dernen Gonorrhoetherapie. Münche- 
ner medizinische Wochenschrift, A. 7. 

Zondek, Die chirurgische Behandlung 


Bibliographie. 


der chronischen Nephritis nach Ede- 
bohls. Gedenkschrift für Mikulicz. 
Gustav Fischer, Jena 1907. 


Zuccula, L’ammoniuria sperimentale 
nelle malattie infettive. Gazz. d. 


Osp. Bd. XXVIII, p. 445. 
Zuckerkandl, Über die Behandlung 


1117 


der Nierentuberkulose. Sowremen- 
nein Klinika i Therapia, No. 8. 

— Uber die Totalexstirpation der Pro- 
stata. Wiener klinische Wochenschr., 
Nr. 40. 

Zuelzer, Experimentelle Untersuchun- 
gen über den Diabetes. Berliner 
klinische Wochenschrift, Nr. 16. 


Nachtrag. 


Abelman, Urobilinurie bei Typhus 
abdominalis und Pneumonie, Prak- 
titschewski Wratsch No. 42. 

Albeck, Bakteriurie und Pyurie bei 
Schwangeren und Gebärenden. Zeit- 
schrift für Geburtshilfe und Gynä- 
kologie, H. 3. 

Asch, Die Urethrotomie und die Aus- 
schabung der Strikturen in urethro- 
skopischer Beleuchtung. Strassburger 
medizinische Zeitung, H. 10. 

Bommes, Über die Piastik mit ge- 
stielten Lappen von entfernten Kör- 
perteilen. Rhino-, Melo-, Cheilo- 
plastik, Plastik an den Extremitäten 
und Gelenken, Penis und Skrotal- 
plastik. Inauguraldissertation, Frei- 
burg, Oktober. 

Breakstone, Rational treatment of 
acute gonorrheal urethritis. Chicago 
medocal recorder, September. 

Bruno, Urogosan nuovo sedativo ed 
antisettici urinario. Revista internaz. 
di clinica e terapia, No. 4. 

Cabot, Prostatectomy by special tech- 
nic. The post graduate, September. 

Codman and Jopson, Case of imper- 
forate anus in phich the rectum com- 
municated pitlı the bladder. Archives 
of pediatrics, September. 

Cornil, Utérus et trompe situés entre 
Jes deux testicules, dans la tunique 
vaginale. Bulletin de l'académie de mé- 
decine, No. 34. Séance de 15 octobre. 

Ebstein, Obesity, gout and diabetes 
mellitus, considered as diseases of 
cell metabolism. Medical record, 
28. September. 

Elmer, Use of sulfosalicylie acid in 
testing for albumin in urine, St. Louis 
medical review, August. 

Foot and Strobell, A study of chro- 
mogenesis chromosomes in the sper- 
matogenesis of anasa tristis. The 
American journal of anatomy and 
physiology, Vol. VII, No. 2. 

Frank, Treatment of Gonorrhea. No- 
tes of new remedies, No. 2. 


Gaget, Plaie du foie et de la vésicule 
biliaire; laparotomie; guërison. So- 
ciété de chirurgie de Lyon. Séance 
de 4 juillet. Lyon médical No. 42. 

Garret, Treatment of tuberculosus 
cystitis. New-York medical journal, 
5. Oktober. 

Grisel, Treatment of urinary disorders 
by the mineral waters of Evian. Me- 
dical press and zircular, 28. August. 

Grove, Renal stones, renal colic sym- 
tomatology. Virginia medical semi- 
monthly, 13. September. 

Haeuptner, Über embryonale Ade- 
nosarkome der Niere. lnauguraldis- 
sertation, Greifswald, Oktober. 

Hancock, Conservative surgical treat- 
ment of hypertrophy of the prostate 
gland. Central states medical moni- 
tor, September. 

Hart, On the rôle of the developing 
epidermis in forming sheaths and 
lumino to organs, illustrated speci- 
ally in the development of the pre- 
puce and urethra. Journal of ana- 
tomy and physiology, Oktober. 

— De microscopical anatomy of the 
genital tract in the rat kangaroo 
(female). Journal of anatomy and 
physiology, Oktober. 

Howard, Torsion of the testicle. 
British mediealjournal, 21. September. 

Labouré, Otite: méningite cérébro- 
spinale; ulceration de la carotide 
chez un diabetique hemorragie: mort. 
Gazette des höpitaux, No. 124. 

Lang, A case of ruptured bladder; 
operation 42 hours after the acci- 
dent; recovercy. The lancet, Vol. 
CLXXIII, No. 4392. 

Lewis, Experiments on the origin and 
differentiation of the optie vesiele in 
amphibia, The American journal of 
anatomy, Vol, VIL No. ?. 

Lion, Zur Abortivbehandlung der 
Gonorrhoe. Archiv für Dermatolo- 
gie und Syphilis, Bd. 84, H. 1—3. 

Lumin, ber die Langerhansschen 


1118 


Inseln im Pankreas und deren Be- 
ziehung zum Diabetes. Wratscheb- 
naja Gazeta No. 43. 

Malcolm, A case of injury and one 
of exposure of the bladder in ope- 
rations for femoral herniae; recovery 
in both cases. The lancet Vol. 
CLXXIII, No. 4392. 

Martin, Beitrag zur Tuberkulose der 
weiblichen Genitalien und des Bauch- 
fells. Inauguraldissertation, Greifs- 
wald, Oktober. 

Meader, Anatomia relations in con- 
genital cystic kidney. Bulletin Johns- 
Hopkins hospital, September. 

Neugebauer, Fistula uterovesicovagi- 
nalis profunda. Hysterokleisis vesi- 
calis, sanatio. Einige Worte zur 
Verteidigung der Operation für ein- 
zelne Fälle von Harnfisteln des Wei- 
bes. Medycyna, No. 43. 

Nigoul, Untersuchungen über den 
Heilwert des Gonosans bei der Be- 
handlung der Gonorrhoe. Leipziger 
medizinische Monatschr. 1907, Nr. 3. 

Ohmann-Dusmenil, The internal 
treatment of gonorrhea. Notes on 
new remedies, No. 2 und Berliner 
Anzeigen, Nr. 15. 

Owen, A case of injury to the bladder 
whilst operating on a femoral hernia; 
The lancet, Vol. CLXXIII, No. 4392. 

Pisani, Important changes in the 
blodd and urine in appendicitis. The 
post graduate, September. 

Power, Diseases and displacements of 
the testicle. British medical journal, 
21. September. S 

Raskai, Untersuchungen über die Atio- 
logie der Prostatahypertrophie. Kli- 
nisch therapeut. Wochenschr., Nr. 42, 

Reitzer, A gonosan a gonorrheea és 
cystitis gyogytasaban. Orvosi heti 
scemle, Budapest, No. 15 und Ber- 
liner Anzeigen, Nr. 27. 

Ricketts, Surgery of the ureter. 
St. Louis medical review, August. 
Schaad, Ein Fall ven erworbener 
Nierendystopie mit Hydronephrose. 
Beitrag zur Kenntnis der Nieren- 
dystopie. Deutsche Zeitschrift für 

Chirurgie, Bd. 90, H. 4/6. 

Selionoff, Des alterations anatomo- 
pathologiques des capsules surr&nales 
dans la rage. Archives des Scienses 
biologiques, Tome XIII. No. 1. 

Sematzki, Zur Frage der Steinbil- 
dung in der Harnblase. Russki 
Wratsch, Nr. 39. 

Sikes, Physiologie aspet of acute ne- 


Bibliographie. 


phritis in children, British medıcal 
journal, 21. September. 

Somerville, Influence of highire 
quency currents on the urinary system, 
British medical journal, 14. September. 

Stankiewicz, Harnblutung. Medy- 
cyna, Nr. 40 u. f. 

Stephenson: Eye changes in nephri- 
tis in children. British medical 
jourual, 21. September. 

Stirnimann, Zwei abnorme Urin 
befunde bei Kindern. _ Korrespon- 
denzblatt. für Schweizer Arzte, Nr. 2l. 

Tausig, Die Wirkungsweise des Go- 
nosan und seine Verwendung in der 
Militärpraxis. Österreichische Arzte- 
zeitung, Nr. 21. 

Thompson, A practical view of the 
remediae agents and precautions 
essential to the Therapy of acute 
urethritis. Notes on remedies, No. 2. 

— Unususpected nephritis in septic 
infection. British medical journal, 
21. September. 

Timmermann, Gangrenous scrotum. 
Journal of the South Carolina me 
dical association, August. 

Ullmann, Nephroptosis. New York, 
Medical journal, 21. September. 

Voelker, Acute nephritis in children 

“and its resultats. British medical 
Journal, 21. September. 

de Vries, Gonosan in der Behandlung 
Tripperkranker. Monatsschrift für 
Harnkrankheiten und sexuelle Hr 
giene, Nr. 8. 

— and Formerly, Gonosan in al 
gonorrhea. Notes on remedies, No. 3, 
Bd. XVIII. , 

Wallace, Salient factors in tbe est- 
mation of renal disease. Internatio- 
nal clinis, Vol. HI. T. 

— Depletion of metritis and epididf- 
mitis by the use of magnesium s 
phate. Wisconsin medical journa 
September. 

Welker, Effects of urinary preser% 
tives on urinary analysis. New York 
medical journal, 21. September. 

Wiehe, Zwei Fälle von zystenartie*! 
Erweiterung des vesikalen Harnleiter" 
endes. Inauguraldissertation, Leipz!& 
Oktober. . 

Willian, Thetreatmentbeforeandalte! 
operation of 38 consecutive succesl 
prostatectomies by Frevers method. 
The lancet, Vol CLXXILl, No. #3. 

Young, Conservative peines) pol 
tectomy for chronic prnostatibšs. 
International clinics, Vol. I. 


Haupt-Register des I. Bandes. 


Sach-Register. 


Bei Büchern sind die Namen der Autoren (in Klammern) angegeben. 


A 


Abortivbehandlung der Gonorrhoe 790. 

Aceton: Bestimmung desselben im Harn 
517; Bildung in der Leber 016; -Kör- 
perausscheidung , beeinflufst durch 
Aminasäuren 517; quantitative Be- 
stimmung im Urin 991; Ringprobe 
auf 59. 

Acetonämie bei Kindern 1047. 

Acetonurie 780, 

Acidimetrie des Harns 153, 

Acidose beim Phloridzindiabetes des 
Hundes 355. 

Adenosarkom, embryonales der Niere 80. 

Aderlals bei der Urämie 1010. 

Adrenalin bei Diabetes insipidus 915; 

_ bei Hämaturie 936. 

Agyptische Hämaturie 266. 

Albumin im Harn 153; verschiedene im 
Urin vorkommende Formen von 513. 

Albuminurie 945, 1017; Diagnose der 
orthotischen 179; faradische 818; 
juvenile physiologische 526; ortho- 
statische 458, 818; orthotische 457; 
prostatische 167, 625; in der Schwan- 
gerschaft 87, 939. 

Albumosurie, myeloplastische 1046. 

Alkali gegen Salizylnierenreizung 89. 

Alkohol in der Ernährung der Zucker- 
kranken 155; -Therapie bei Cystitis 
169. 

Allgemeinerkrankung, septische durch 
eine eigentümliche Ursache 160. 

Allocheirie bei Uretersteinen 1077. 

Alypin in der Urologie 56. 

Amicdosäuren, freie im Harn 610. 

Aminosäuren, Abbau razemischer im 


Organismus 774; Ausscheidung op- 
tisch-aktiver durch den Harn 517; 
und Acetonkörperausscheidung 517. 

Ammoniakbesimmung im Harn 907. 

Antigonorrhoica, neuere 917. 

Anurie 1044, Heilung von 82; hyste- 
rische 536; verschiedene Formen der 
710; zehntägige kalkulöse 636. 

Appendicitis, rechtsseitige Wander- 
niere als Ursache von chronischer 
447; und Wanderniere bei Frauen 
447. 

Arhovinbehandlung gonorrhoischer Af- 
fektionen 197. 

Arteriosklerose und Nierenkrankheiten 
269. 

Arthritis, gonorrhoische bei Kindern 
258; Kollargolinjektionen bei akuten 
259. 

Arztliches Jahrbuch 1907 (Grohmann) 
271. 

Aspermatismus und Prostatastein 166. 

Aspirin als schmerzstillendes Mittel bei 
Nierensteinkolin 5:2. 

AtoxyIschwefelsäure, Bestimmung der- 
selben im Harn 988. 

Augen -Affektionen bei Gonorrhoe 699; 
-Komplikationen bei Diabetes melli- ` 
tus 912. 

Autointoxikation, enterogene und Urä- 
mie 88. 

Azetessigsäure im Harn, Nachweis 59. 


Bacterium coli und Harntraktus 251. 
Balanitis und Balanoposthitis verursacht 
durch Euphorbeaceen 920. 


1120 Sach-Register. 


Balsamica, Nebenwirkungen der 61. 

Barberiosche Reaktion auf Sperma 47, 
71. 

Bariumchlorid und Phosphorsäure 429. 

Bauchoden, Stieltorsion eines sarko- 
matös Degenerierten 522, 

Biersche Stauung bei Bubonen 606; bei 
Haut- und Geschlechtskrankheiten 
690; bei urologischen Erkrankungen 
187. 

Blase bezw. Blasen: -Drainage 1062, in- 
frasymphysäre 941; Drüsenkrebs der 
3, 133; -Ektopie, operative Behand- 
lung 833; Endoskopie der 96, 741; 
-Epithel, epidermoidale Umwandlung 
369; extraperitoneale Hernie der 76; 
Fremdkörper in der 69, 77,707; Gaze- 
tupfer mittelst Cystoskop diagnosti- 

ziert 926; -@eschwülste: bei Ani- 
linarbeitern 1006; Diagnostik 924; 
Glykogenablagerung im Epithel der 
369; Harnleitereinpflanzung in die 
633; -Höhle, Erweiterung zum Zwecke 
der Cystoskopie 998; intraperitoneale 
Pfählungsverletzungen 168; intra- 
peritoneale Ruptur der 1004; Kasu- 
istik der Verletzung derselben 167; 
Lipomatosis 708; Luftfüllung bei 
Cystoskopie 42; Malakoplakie 76, 877; 
-Mastdarmfistel mit interessantem 
cystoskopischen Bilde 999, Mifsbil- 
dungen 923; nervöse Erkrankungen 
derselben 1002; und Nierenbecken- 
katarrh, Behandlung 462; -Papillome, 
Reziaive 707; -Perforation bei Aus- 
schabung 76; grolser Phosphatstein 
803; -Ruptur: ein Fall von 1004; 
intraperitoneale 264, 1061; -Schleim- 
haut, deren Vorfall durch die Harn- 
röhre 524; Schulsverletzungen: 
extraperitoneale 361; kombinierte 
363; Schutz bei Hebosteotomie 928; 
sensible Nervenendungen der 264; 
Steinbildung in der 77; -Stein: als 
Geburtshindernis 802; bei einem 
l5jährigen Knaben 445; Kompli- 
kation mit anderweitigen Steinbil- 
dungen im Harnsystem 1005; und 
Prostatahypertrophie 165; Sectio alta 
bei 168; Totalexstirpation 705; trau- 
matische intraperitoneale Kuptur 
1003; -Tuberkulose: Bedeutung 
und Heilbarkeit 443; bei Frauen 456; 
-Tumoren: Bericht über 300 ope- 
rierte 1006; grofse 1061; ohne Häma- 
turie 632; Resultate der chirurgischen 
Behandlung 75; Röntgenbehandlung 
des Operationsrestes von 74; Urete- 
rentransplantation in die 530; Ver- 
letzung derselben bei der Hebotomie 


168; -Verschlufs: und Prostatek- 
tomie 524; Mechanismus desselben 
167; Vorfall bei Vesiko-Vaginaltistel 
923; Wachsklumpen in der 93; 
weibliche, und Genitalerkrankungen 
625; -Wunden, Behandlung derselben 
nach Sectio alta 75; und Wurmfort- 
satz ale Bruchinhalt 523. 

Blenal 917. 

Blennorrhagie: Behandlung 789; rek- 
tale 787; seltene Form (Jullien) 63. 

Blennorrboe, Aspirationsbehandlungder 
chronischen 62. 

Blut: Erhöhung der molekularen Kon- 
zentration 55; freier Zustand des 
Zuckers in demselben 693; Harnsäure 
in demselben bei Gicht 772. 

Blutserum, Wassergehalt bei Herz- und 
Nierenwassersacht 178. 

Blutdruck bei Nephritikern 86, 

Blutungen: nach Nephrolithotomie 92; 
der Niere, essentielle 490; gewöhn- 
liche 85; der Prostatiker, Ursachen 
und Therapie 73; schwere der Pro- 
statiker 627. 

Borovertin als Harndesinfiziens 25l. 

Brightsche Krankheit, Harnsekretion 
bei derselben 178. 

Bubonenbehandlung nach Bier 606. 


C 


Cammidgesche Pankreasreaktion im 
Urin 911. 

Cavum Retzii, brettharte Phlegmone 
des 803. 

Cholelithiasis und Glykosurie 10485. 

Cholin, Abbau im Tierkörper 519. 

Chondroitinschwefelsäure - Ausschel- 
dung 7795. 

Chromafltines Gewebe, Physiologie und 
Pathologie des 1007. 

Chromosaccharimeter 95. 

Chylurie 425. : 

Circumcision, Diphtherie nach 1052. 

Colon, Ureterentransplantation in das 
589. 

Coma diabeticum in der Schwanger- 
schaft 781. 

Cowpersche Drüsen, Plattenmodelle 
1040, 
Cysten der Nieren 453; kongenitale 

936. 
Cyste, paranephritische 715. 
Cystenbildungen der abführenden Harn- 
wege 175. 
Cystin in den Harnsteinen 775. ` 
Cystinsteine, Radiographie der 150. 
Cystitis, Alkoholtherapie 169; €as€o8s3 
265; erouposa 76; eystica 200; 


Sach-Register. 


Entstehung 801; diffuse inkrustie- 
rende 1005; glandularis 3, 133; Hel- 
mitol: bei akuter 705; bei chro- 
nischer 170; im Kindesalter 924; 
plaqueförmige, tuberkulöse —, ty- 
phosa 269. 

Cystombildung im Bereiche eines Ren- 
culus 174. 

Cystopuarin 917; klinischer Wert dəs- 
selben 252 

Cystoskop, Diagnostischer Wert 180; 
zu intravesikalen Operationen 707; 
nach Ma«isonneuveschem Prinzip 94; 
Sterilisator 822; Technisches zum 
637, verbessertes 465. 

Cystoskopie, Erweiterung der Blasen- 
höhle zum Zwecke der 998; des 
Gynäkologen (Thumim) 368, 1062. 

Cystotomie bei Frauen 75; suprapu- 
bische bei einem Ureterstein 721. 


D 


Darm, kombinierte Schufsverletzungen 
desselben 363. 

Darmerkrankungen mit Nierenentzün- 
dung im Säuglingsalter 87. 

Dermoide der männlichen Genitalien 
441. 

Deutsche Gesellschaft für Urolosie 734. 

Diabetes 909; Augenkrankheiten bei 
912; Diät 915; experimenteller 606; 
Fiuoreszenz des Harns bei schwerem 
255; und Geistesstörungen 913; bei 
Hautkrankheiten 912; und Herz 911; 
insipidus 424, Adrenalin bei 915, 
post trauma 58, Übergang von Dia- 
betes mellitus in 515; Karlsbad 915, 
beı Kindern 913, Lungenkomplika- 
tionen bei 912; mellitus: Augen- 
komplikationen bei 912,11ypertrophie 
der Langerhansschen Insein bei 516, 
medikamentöse Behandlung 153, 733, 
und Pankreas 910, 911, physikalische 
Heilmittel 784, vom physiologischen 
Standpunkte 909, rationelle Behand- 
lung 154, traumatischer 516, ber- 
gangin Diabetesinsipidus 515, Zucker- 
ausscheidung beim 694; Prostatekto- 
mie bei 165, und Schwangerschaft 
985, tabiforme Veränderungen der 
Hinterstränge 914, Therapie 914, 
Urinbeschattenheit 777, Zuckernach- 
weis 778. 

Diabetiker, Litonbrot für 424. 

“ Diabetische: Gangrün 913, Lipämie 423. 

Diabetisches Coma in der Schwanger- 
schaft 781. 

Diagnostik, chemische und mikrosko- 
pischo (Zuelzeri 367. 


1121 


Diagnostische Irrtümer in der Chirurgie 
der Bauchhöhle 803. 

Diät: bei Diabetes 915, salzfreie bei 
chronischer parenchymatöser Nephri- 
tis 816. 

Diphtherie nach Circumeision 1052. 

Diuretica, Mechanismus der Wirkung 
der 171. 

Divertikel der Harnröhre 261. 

Dormiol als Sedativram 917. 

Dreiwegekanüle 637. 

Drüsenkrebs der Blase 3, 133. 

Ductus epididymidis, postblennorrho- 
ische Wegsamkeit des 71, 623. 

Dupuytrensche Kontraktur 160. 

Dystopische Niere, Hydronephrose einer 
angeborenen 1009. 


Ectopia: testis 700, vesicae, operative 
Behandlung 833. 

Ehrlichsche Diazoreaktion 906. 

Eiter, Cytologie des gonorrhoischen 64. 

Eiweils im Harn 57, 513; neue Methode 
zur Bestimmung von 57. 

Eiweilskörper im eiweilshaltigen Harn 
97. 

Eiweilsstoffwechsel, erhöhter 431. 

Eiweilssteine_der Niere 807. 

Eklampsie: Atiologie 459, Behandlung 
91, Bekämpfung schwerster Formen 

"460; Nierendekapsulation 727, 813; 
mit ungewöhnlichkem Krankheits- 
bilde 1010. 

Emaskulation, totale 683. 

Endocarditis gonorrhoica 258. 

Endoskop, Goldschmidtsches 940. 

Endoskopie: der Blase 96, 741, der 
Harnröhre 96, des Ureters 96. 

Endoskopische Galvanokaustik, Technik 
derselben 637. 

Endovesikale Therapie inkarzerierter 
Ureterensteine 885. 

Entkapselung der Niere 459. 

Enuresis nocturna: Pathologie und 
Therapie der 1000, Symptomatologie 
und Therapie 78, suggestive Behand- 
lung 705. 

Epidermoide der männlichen Genita- 
Hen 441. 

Eosinophilie der Nisre, lokale 80; des 
gonorrhoischen Eiters 158. 

Epididymitis: Epididymotomie bei go- 
norrhoischer 71; gonorrhoische 
434, Stauungbehandlung 161; Ver- 
hütung derselben bei Behandlung der 
Gonorrhoe 360. 

Epidiiymo-Orchitis, ambulatorische Be- 
handlung 797. 


1122 


Epididymotomie, bei gonorrhoischer 
Epididymitis 71. 

Epispadie bei Frauen 1053. 

Euphorbeaceen als Ursache von Balano- 


posthitis und Balanitis 920. 


F 


Fäces, Bestimmung des Trimetbylamins 
in den 427. 
Ferment der Rinderniere und der Hunde- 
leber, harnsäurezerstörendes 518. 
Ferrocyankaliprobe, als Eiweilsreak- 
tion 512. 

Fibrolysininjektionen bei Harnröhren- 
striktur 261. 

Fibrosarkom des Samenstrangs 162. 

Fistula rectis urethralis 261. 

Fractura penis 614. 

Fremdkörper: der Blase 69, 707, der 
Harnröhre 69. 

Funiculus spermaticus: Cyste des 623, 
Torsion des 624. 

Funikulitis, lymphotoxische 6283. 


G 


Galaktosenachweis im Harn 778. 

Galaktusurie, alimentäre 354. 

Galvanokaustik, Technik der endosko- 
pischen 637. 

Gangrän: diabetische 913; Operation 
bei diabetischer 607; des Penis 920; 
des Skrotums 995. 

Gär-Saccharoskop nach Citron 941, 

Gärungs-Saccharometer mit Glyzerin- 
indikator 366. 

Geburt: Blasenstein als Hindernis 802, 
Gonorrhoeexazerbation 787, Hinder- 
nis, durch die kindliche Niere ver- 
ursacht 812. 

Geistesstörungen bei Diabetes 913. 

Genitaltuberkulose, Vaso-Vesikulekto- 
mie bei 162. 

Geschlechtsfunktion und Gonorrhoe 
1048. 

Geschlechtskrankheiten : Bekämpfung 
604, 1042; Biersche Stauung,, 691, 
Meldepflicht des Arztes 54, in Oster- 
reıch, Prophylaxe 249, Schutzmittel 
gegen 150. 

Geschwülste der Niere 80. 

Gicht: Behandlung der 1047; endo- 
gene Harnsäureausscheidung 772, 
Harnsäure im Blute 772, bei einem 
4yährigen Kinde 521, und Glykosurie 
180, 1046. 

Gipskristalle im Harn 60. 

Glischrurie 425. 


Sach-Register. 


Glykogen: -Ablagerung im Epitbel der 
Harnblase -69, -Bildung in der Leber 
694, -Umsatz in der Kaninchenleber 
776. 

Glykosurie: alimentäre in ihrer Be 
ziebung zur spontanen Glykosurie 
780, und Cholelithiasis 1045, Ein- 
fluls der verschiedenen Kohlehydrate 
auf dieselbe 984, experimentelle 255, 
und Gicht 780, 1046; Karlsbad bei 
915, nach Kropfschwund 357, und 
Lebensversicherung 781, mit Nerven- 
symptomen 912, bei Quecksilberkuren 
58, spontane in ihrer Beziehung zur 
alimentären Glykosurie 780. 

Glykosaminkohlensäureäthylester beim 

kreasdiabetischen Hunde 515. 

Glyoxylsäure: Auftreten in der Schwan- 
gerschaft, Geburt und Wochenbtt 
987, Nachweis 520, physiologisches 
Verhalten 520. 

Glyzerin im Harn, Bestimmung 59. 

Goldschmidtsches Endoskop 940. ` 

Gonokokken: 613, Invasioa in Niere 
und Nierenbecken 461, -Kulturen von 
chronischer Gonorrhoe 521, -Pyänie 
916, -Septikämie 64, spezifische Im- 
munkörper gegen 65, in der Ürethra 
post. 1049, 

Gonorrhoe: Abortivbehandlung 6ll, 
790, Abortivbehandlung der akuten 
991, akute 790, akute beim Manne 7), 
antiseptische Therapie 789, Augen- 
affektionen bei 699; Bakteriolog!e 
785; Behandlung: der akuten D, 
der chronischen 611; ehronische 52], 
Diagnostik und Therapie 787, em- 
fache Behandlung der 62, bei Ent 
bindung 787, und Geschlechtsfunk- 
tion 1048, in Halle im Jahre 1906 
915, der Harnwege des Weibes 65 
beim Manne: Beurteilung der Stall" 
stik v. Erb 156, Folgen für die Ehe- 
frauen 155, 257, örtliche und innere 
Behandlung 788; der Mundhöhle 2 
paraurethrale 359, Phospbatorie bei 
786, -Statistik, antikritisches zur 
Trockenbehandlung 916, urethrosk” 
pische Beiträge zur Diagnose, Therap!“ 
und Proenose derselben 302. yer- 
hütung 858, Wirkung der modern?! 
Therapie 358, im Wochenbett 439 

Gonorrhoische bezw. gonorrhoische" 
Allgemeininfek tio n434, bakten- 
logische Untersuchungen bei der ?1}; 
Arthritis, gramnegative Diplokok‘ 
ken bei 436, bei Kindern 258; Met: 
Histologie des 158; Epididymıt 
434, Epididymotomie bei 71: br 
krankungen der Prostata 921, 9" 


Sach-Register. 


Konjunktivitis bei Kindern 258, 
Pyelitis 1060, Rheumatismus 612. 
Gonosan in der Gonorrhoetherapie 63. 
Gramnegative Diplokokken bei gonor- 

rhoischer Arthritis 436. 
Guajukblutprube 430. 
"Guajakol bei Nierentuberkulose 80. 
Gummen am Penis 616. 
Gynäkologie, operative (Döderlein und 
Krönig) 182, 639. 


Hämaturie 693, Adrenalin bei 936, 
ägyptische 266, vesikale 632. 

Hämoglobinnrie, paroxismale 60. 

Hämolyse bei Nephritis 177. 

Hämospermie 312. 

Harn: Acidimetrie 153, 429, nach 
Moritz 153; Acidität desselben 513, 
adialysable Stoffe 775, Albumine im 
153, 513, Albumosen im 354, Amido- 
säuren im 610, Ammoniakbestim- 
mung 907, Ausscheidung optisch- 
aktiver Aminosäuren durch den 517, 
Azetonbestimmung im 517; Bestim- 
mung: der elektrischen Leitungs- 
fähigkeit 151, von Glyzerin im 59, 
von Skatolkarbon- und Atoxylschwe- 
felsäure im 988, des Traubenzuckers 
im 254, des Trimethylamins im 
427; Cammidgesche Pankreasreaktion 
911, bei Diabetes 777, Eiweils im 
513, Eiweilskörper im eiweilshaltigen 
57, elektrischer Leitungswiderstand 
desselben 151, 152, Fluoreszenz des- 
selben bei schwerem Diabetes 255, 
Galaktose und Milchzuckernachweis 
778, Gipskristalle in demselben 60, 
Harnstoffbestimmung 907, Harn- 
stoffgehalt: im normalen m' nsch- 
lichen 989, bei Nephritis 450; Hep- 
tose im 357, Kohlehydrate im 514, 
Lösungskoeffizienten desselben für 
Kupferoxydhydrat 514, nach Lumbal- 
anästhesie mıt Stovain 904, Methyl- 
guanidin im 428; mydriatische Sub- 
stanzen im 1048; Nachweis: von 
Azetessigsäure im 59, der Lävulose 
im 59, toxischer Basen 774. von 
Traubenzucker 807, kleiner Zucker- 
mengen im 607; neue Nitroprussid- 
reaktion desselben 429; pathologische 

. Eiweilskörper in demselben bei Ne- 
phritis 178; Pyridınmethylehlorid 
774; quantitative Azetonbestimmung 
991; reduzierende Stoffe im normalen 
779; Statistik der zuckerhaltigen 253; 
stickstoff- und schwefelhaltige orga- 


Harnträufeln, 


1123 


nische Säuren im normalen 988; 
Traubenzuckernachweis durch neues 
Gärungsröhrchen 823; Trübung beim 
Kochen 513; Tuberkelbazillennach- 
weis 692; Untersuchung auf Zucker 
mittelst der Almenschen Wismut- 
probe und der Worm-Müllerschen 
Kuopferprobe 3856; Ursache der sauren 
Reaktion 991; Zuckerbestimmung in 
der Praxis 697; Zuckernachweis im 
908, 909; Zuckernachweis mittelst 
der Haineschen Lösung 778. 

Harnanalyse: Ring-Phänomen bei der 
152, neueste Fortschritte der 153. 

Harnapparat: Röntgenographie der 
Steine desselben 56; Störungen des- 
selben bei Hysterie 56, 510. 

Harneisen, Hyperglobulie 427. 

Harnexkretion 258. | 

Harnfànger, neuer 942. 

Harnfistel, Bedeutung der temporären 
617. 

Harnkrankheiten, balneologische Be- 
handlung 769. 

Harnleiter, Einpflanzung in die Blase 
638. 

Harnleitermündungen, Auffindung 801. 

Harnleitersteine, Lösung eingeklemmter 
820. 

Harnorgane: Atiologie der infektiösen 
Erkrankuugen der 97, 207, 327; bei 
Typhus abdominalis 902. 

Harpretention, hysterische 924. 

Harnröhre s. Urethra. 

Harnsäure: im Blute bei Gicht 772; 
endogene bei Gicht 772; zur Frage 
1047; Physiologie der 1047; Ver- 
bindung mit Formaldehyd 481. 

Harnsäurezersetzung, Produkte der fer- 
mentativen 518. 

Harnsediment bezw. Harnsedimente: 

Herstellung von Dauerpräparaten aus 
demselben 61; Mikroskopie der (Dai- 
ber) 367; Milchsäurebazillen im 512. 

Harnsckretion: bei Aufrechtstellung 
269; bei Hühnern 771. 

Harnseparator: extravesikaler 
Heusner 94, von Luys 942, 

Harnsteine, Cystin 775. 

Harnstott, quantitative Bestimmung 610. 

Harnstoffbesimmung im Harn 907. 

Harnstotteechalt des normalen mensch- 
lichen Harns 989. 

Haınstoffretention 60. 

Harntraktus und Bacterium coli 251. 

Behandlung desselben 


nach 


816. 

Harnuntersuchungen in der Praxis 697, 
TIR. 

Harnverhaltung, seltener Fall von 537. 


1124 


Harnwege, ibre Beteiligung beim Ute- 
ruskarzinom 510; Chirurgie der 711; 
Erkrankung der tieferen (Posner) 182; 
Pyocyaneusinfektion 770. 

Harnzucker, neue Methode zur Be- 
stimmung desselben 514. 

Harnzylinder, Ursprung der 91. 

Haut- und Geschlechtskrankheiten: 
Biersche Staunug 691; (K. Leder- 
mann) 95. 

Hautkrankheiten bei Diabetes 912. 

Hebosteotomie, Blasenschutz bei 928. 

Heilmittel und -methoden, neue (von 
Grolmann) 271. 

Heiloymnastik (Markuse und Strasser) 
543. 

Hellersche Ringprobe, Vereinfachung 
355. 

Helmitol: bei akuter Cystitis 705; bei 
Chronischer Cystitis 170. 

Hemochromatosis und Diabetes melli- 
tus 423. 

Heptose im Urin 357. 

Hernie, extraperitoneale Blasen- 76. 

Herz: und Diabetes 911, Einflufs 
schwerer Muskelarbeit auf das 459. 

Herzhypertrophie: bei Nephritikern 86, 
renale 724. 

Hirschmann, Nachrufv. Prof. Casper 463. 

Hochfrequenzströme und Harnsystem 
1048. 

Hoden: akzidentelle Verletzungen der 
620, Druckschmerzhaftigkeit bei Nie- 
rensteinen 795, -Erkrankungen und 
-Dislokation 1056, Mischgeschwülste 
437, Nekrose 70, nichtdeszendierter 
70, 795, Wuetschung durch Mils- 
handlung 620, Syphilis 262, trauma- 
tische Zerreilsang 263; — Tuber- 
kulose: 161, 796, Kastration bei 
262, bei einem l3monatigen Kinde 
966; Veränderungen 161. 

Hodensack, Geschwulst 702. 

Hufeisenniere: Pyelitis calculosa 933, 
Steinoperation 933. 

Hydrokele: von enormer Gröfse 921, 
mit kleinen Steinchen 163. 

Hydro-Hämatonephrose, kalkulöse 636. 

Hydronephrocystanastomose bei Hydro- 
nephrose einer Solitärniere 180, 

Hyudronephrose 723, 937; und anormale 
Nierengefälse 722, einer angeborenen 
dystopischen Niere 1009; mit Hydro- 
nephrocystanostomose einer Solitär- 
niere 180; intermittierende 81; par- 
tielle 179; perirenale 531; und Ure- 
terenplastik 81. 

Hry«drops: experimenteller nephritischer 
87; bei Nierenkrankheiten 726; im 
Kindesalter, Kochsalz bei 608. 


Sach-Register. 


Hygiene: konjugale bei den Dinde 
605; der Prostatiker 702. 

Hypernephrom 454, 545, 717, 934. 

Hypernephrommetastasen 48. 

Hypertrophie, kompensatorische der 
Niere 1007. 

Hypospadie 436; operative Behand- 
lung 1052; penoskrotale 435; perı- 
neoskrotale und Pseudohermaphro- 
ditismus 617. 

Hysterie und Störungen des Harnappa- 
rats 56, 510. 

Hysterische Anurie 536. 


I 


Impotenz, Behandlung der sexuellen 
163; nervöse 917; physische und Ebe 
182. 

Indikanurie, diagnostische Bedeutung 
619. 

Infektionskrankheiten, 
dung 772. 

Internationaler Medizinischer Kongrels 
734. 

Intravesikale Operationen mit Hilfe des 
Cystoskops 707. 

Irrigations-Urethroskopie 795. 


Oxalsäurebil- 


K 


Karlsbad bei Diabetes 915. 

Karzinom: der männlichen Harnröhre 
794; der Niere 531, 935; des Nieren- 
beckens 806; des Penis 70. 616: des 
Penis, Radikalbehandlung 260; prı- 
märes der männlichen Urethra 273: 
der Prostata 166; des Ureters 68, 92; 
der weiblichen Urethra 67, 239. 

Kastration bei Hodentuberkulose 262. 

Katheter-: und Cystoskopsterilisator 
822; Instrument zur as>ptischen Ein- 
führung von weichem 637. 

Katheterisator, aseptischer 823. 

Katheterismus der Ureteren zur Dia 
gnose 92. 

Kawa-Kawin 917. 

Kindesalter, Acetonämie im 1047; Pre 
litis im 534. 

Klinische Notizen 713. 

Kochsalz bei renalen und kardialen 
Hydropsien des Kindesalters 609; 
-Stoffwechsel 697. 

Kohlehydrate im Harn 514. 

Kolik, Behandlung 82. 

Kollargolinjektionen bei akuten Arthr- 
tiden 259. 

Konjunktivitis bei Gonorrhoe 699. 

Konzeption, kūnstlich herbeigeführt 
606. 


Sach-Register. 


Kreatin, Ausscheidung 518; und Kre- 
atinin im Organismus 989; und Kre- 
atinin im Stoffwechsel des Menschen 
773; Verhalten bei der Autolyse 990. 

Kreatınin, Ausscheidung 518, 

Kropfschwund. Glykosurie nach 357. 

Kryptorchismus 622; -Operation 701, 
1071. 

Kupferoxydhydrat, Lösungskoeffizient 
des Harns für 514. 


L 


Langerhanssche Inseln, deren Hyper- 
trophie bei Diabetes 516, 1046. 

Lävulose im Harn, Nachweis 59. 

Lävulosurie 59. 

Lebensversicherung und Glykosurie 781. 

Leber, Azetonbildung in der 516; Gly- 
kogenbildung 694. 

Lecithin und Stoffwechsel 619. 

Leistenbruch und Kryptorchismus 622. 

Leistenhoden, Torsion 162. 

Leukoplakie des Nierenbeckens 720; 
und Mulakoplakie 641, 744. 

Lindenquelle zu Birresborn 543. 

Lipämie, diabetische 423. 

Lipomatosis der Harnblase mit Ruptur 
708. 

Lithoplaxie, suprapubische 925. 

Lithotomie, suprapubische und Pro- 
stataenukleation 166. 

Litonbrot, ein Diabetikergebäck 424. 

Lues haemorrhagica der Samenblasen 
312. 

Lumbalanästhesije mit Stovain, Urin- 
betunde bei 904; bei urologischen 
Operationen 903, 983. 

Lungen, Erkrankungen bei Diabetes 
912; -Komplikationen bei Diabetes 
912. 

Lysan, ein neues Desinfektionsmittel 
983. 


Malakoplakie 641, der Blase 76, 877; 
scheinbare der Blase 323. 
Masturbation, Folgen 983; symptoma- 
tische 606. 
Meningokokken-Spermatocystitis 997. 
Methylguanidin im Harn 429. 
Mikroskopie der Harnsedimente (Daiber) 
867. 
Milchsäurebazillen 
612. 
Milchzuckernachweis im Harn 778. 
Mineralstoffwechsel der Phthisiker 
778. 
Mischgeschwülste des Hodens 437. 
Mundhöhle, Gonorrhoe derselben 522. 


im Harnsediment 


1125 


N 


Nebenhoden: Cyste 621, Tuberkulose 
899. 

Nebennierenhypertrophie nach Ovarien- 
extirpation 540. 

Nebennierenkeime als 
Nierentumoren 93. 

Nebennierencystom, operativ geheilt 93. 

Nephrektomie: wegen kalkulöser Pyo- 
nephrose 720, wegen Nierentuber- 
kulose 809, 810, (Reynaud) 732, bei 
renaler Massenblutung 808, wegen 
septischer Nephritis 84, Statistik 
938. 

Nephritis: apostematosa 724, artifizielle 
nach Perubalsam 89, atrophische 450, 
Ausscheidung pathologischer Eiweils- 
körper bei 178, Bluturuck und Herz- 
hypertrophie bei 86, chirurgische 
Behandlung der 83, Chirurgie der 
chronischen 84, chronische katar- 
rhalische 87, 1067; und Darmerkran- 
kungen im Säuglingsalter 526, ein- 
seitige 853, Genese der Nierenblu- 
tungen 725, Hämolyse bei 177, Harn- 
stoffgehalt des Harns bei 450, bei 
Kindern 1066, als Komplikation von 
Darmerkrankungen 526, Nephrek- 
tomie wegen septischer 84, Nieren- 
waschungen bei 533, mit Odemen 
nach Teersalbeapplikation 816, Pan- 
kreasaffektion bei 89, Pathologie und 
Behandlung 525, 1068; salzfreie Diät 
816, im Säuglingsalter bei Darm- 
erkrankungen 87, schmerzhafte, chro- 
nische 450, syphilitischen Ursprungs 
939, toxische 725; Viscositätsbefunde 
bei 1067. 

Nephrolithiasis: Diagnose der 172, dop- 
pelseitige 1008, Paranephritis und 
Nierenatrophie durch 882, Radio- 
graphie bei 720, 932. 

Nephrolithotomie: 882, Blutungen nach 
932, 934. 

Nephropexie: 30 Fälle von 175, bei 
Wanderniere 83. 

Nephroptose und Skoliose 718. 

Nephrotomie: 805, bilaterale 175. 

Nervenchok und Xanthoma diabetico- 
ram 782. 

Nervensymptome mit Glykosurie 912. 

Nervöse Blasenerkrankungen 1002. 

Neurasthenie, chronische Prostatitis als 
ätiologischer Faktor der 798. 

Neuritis des N. cruralis bei Pentosurie 
696. 

Niere bezw. Nieren: deren Beeinflussung 
durch Röntgenstrahlen 719, Bestim- 
mung der Funktionsfähigkeit gesunder 


Ursache von 


1126 


durch den Ureterenkatheterismus 861, 
bimanuelle Massage gegen Kolik 173, 
und Blasenbeckenkatarrh, Behand- 
lang 462, blutdrucksteigernde Sub- 
stanz der 170, Blutgefälse der 269, 
und Chrysarobin 1069; Cy+tenbil- 
dung 175, Diagnostik 1063, Drainage 
1062, Einflufs schwerer Muskel- 
arbeit auf die 459, Eiweifssteine 
807, eisenhaltige Bakterierzylinder 
in den Blutgefälsen derselben bei 
puerperaler Sepsis 634, embryo- 
nales Adenosarkom der 80, Entkap- 
selung 459, funktionelle Diagnostik 
868, funktionelle Kapazität 269, Go- 
nokokkeninvasion in die 461, Hydro- 
nephrose einer angeborenen dysto- 
pischen 1009, histologischer Befund 
der repturierten 714, Hypernephrome 
der 545, 717, Hypernephrom und 
Lungenmetastasen 934, Kalk in den 
Rindengefälsen der kindlichen 633; 
des Kaninchens, Knochen- und 
Knochenmarkneubildung in der 456, 
Karzinom der 531, kindliche als Ge- 
burtshindernis 812, kompensatorische 
Hypertrophie 1007, lokale Eösino- 
philie der 80, Milsbildung 812, pal- 
pable und bewegliche bei Säuglingen 
718, Pyonephrosis der überzühligen 
1008, Regeneration 814, Ruptur der 
452, 1065; Ruptur und Abreilsung 
der Nierengefälse von der Aorta 4532, 
Schwangerschaft bei solitärer 813, 
Schulsverletzung 716, solitäre 173, 
subkutane, totale Ruptur 714, Tätig- 
keit der 78, Transplantation 1069, 
Tuberkulose der 174, traumatische 
Ruptur beider 83, und Uretersteine 
635. 

Nierenaffektionen, Indigokarminprobe 
zur Diagnose 928. 

Nierenanomalien 527. 

Nierenbecken: akute und chronische 
Entzündung 729, Gonokokkeninva- 
sion 461, Karzinom 806, Leukoplakie 
desselben 720, Papillom 531, Zer- 
reilsung 716. 

Nierenblutung: essentielle 490, 807, ge- 
wöhnliche 85, bei Nephritis 725. 
Nierenchirurgie: 713, (Garré & Ehr- 

hardt) 638, Kasuistik 388. 

Nierencysten 453, 531, und embryonale 
Entwicklungsstörungen 811. 

Nierendekapsulation bei Eklampsie 727, 
818. 

Nicrendiaenostik, funktionelle 175, 447, 
710, 711. | 

Nivrendystopie, kongentiale 730, 929. 

Nierenerkrankungen: Diagnose 712, und 


Sach-Register. 


Perityphlitis, Differenzialdiagnostik 
88, physikalische Therapie der chro- 
nischen 86. 

Nierenfälle aus Dr. Cabots Klinik 714. 

Nierenfunktion 176, (Albarran) 183, 
Einflufs der Anaesthetica auf die 267. 

Nierengefälse: Abreilsung von der Aorta 
452, anormale und Hydronephrose 
722, Verletzung durch Revolver- 
kugeln 634. 

Nierengegend, Tumoren im Kindesalter 
455. 

Nierengeschwülste 80. 

Niereninsuffizienz, Behandlung der 461, 
409. 

Nierenkolik, Diagnose und Behandlung 
173. 

Nierenkarzinom 935. 

Nierenkrankheiten: allgemeine Dia- 
gnostik 179, und Arteriosklerose 269, 
Bedeutung des renorenalen Retlexes 
für die Pathologio und Diagnostik 
der 1007, diätetische Behandlung 
625, Hydrops 726, klimatische Heil- 
erfolge in Agypten 978, moderne Be- 
hanalungsmethoden 4öl. 

Nierenoperationen an Patienten mit 
einer einzigen Niere 412. 

Nierenpräparate, durch Operation ge 
wonuen 937. 

Nierenreduktion und Funktion des re- 
stierenden Parenchyms 445. 

Nierensarkom im Kindesalter 805. 

Nierensenkung 635. 

Nierensteine: Druckschmerzhaftigkeit 
des Hodens 795, Entfernung durch 
Operation 449, grofse 532, Kryp:»- 
skopie 1071, Operation bei einer 
Einnierigen 448, Reflektorische Er- 
scheinungen bei 172, Röntgendis- 
gnose 719, 1070; seltener Fall von 
532, Ureteraffektion vortäuschend 49, 
vorgetäuscht durch Perinephritis 449. 

Nierensteinkolik, Aspirin zum Schmerz- 
stillen bei 532. 

Nierensteinschnitt 1071. 

Nierentuberkulose: 528, 936, and ar- 
terielle Hypotension 716, Chirurgie 
809, bei Frauen 456, Frühoperation 
bei 365, Guajakol bei 80, bei einem 
Kinde 528, 810, Nephrektomie iRer- 
naud) 733, Therapie 79, Untersuch- 
ungsmethoden und Therapie der 30%. 

Nierentumoren: aus abgeirrten Neben- 
nierenkeimen 93, bei Kindern :16, 
Varikozele bei malignen 71%. 

Nierenüberpflanzungen mit Gefäfsnalt 
628. . 

Nierenwaschungen bei Pyelitis und N* 

 phritis 533. 


Sach-Register. 


Nierenwassersacht: 177, experimentelle 
938, Pathogenese 177. 

Nitroprussidreaktion des Harns, neue 
429, 

Nitzesches Cystoskop bei luftgefüllter 
Blase 42. 

Novokain in der Urologie 150. 

Nukleinstoffwechsel 609, 


o 


Onanie, neues Symptom bei Knaben 
253. I 

Orchitis, durch Pyocyaneusinfektion 
1056, traumatische 920, bei einem 
Typhusrekonvaleszenten 702. 

Orthocystoskopie 93. 

Oxalsäure bei Infektionskrankheiten 
112. 


P 


Pancystoskop, ein verbessertes Cystos- 
kop 465. 

Pankreas und Diabetes mellitus 910, 
911. 

Pankreasaffektion bei Nephritis 89. 

Pankreasdiabetes 695. 

Pankreaserkrankungen, Diagnose 911. 

Papillom des Nierenbeckens 531. 

Paranephritis 804, sklerotische 450. 

Pararenaler polyceystischer Tumor 717. 

Penis: Extirpation des 616, Fraktur 
614, Gummen am 616, Karzinom des 
70, 616, 792, Milsbildungen des 1051; 
plastische Induration 160, 613, totale 
Wangrän 920. 

Peno-skrotale Hypospadie 435. 

Pentosurie: Kasuistik 696, Neuritis des 
-N, cruralis 696. 

Perineale Operationen, Technik 511. 

Perinephritis, Nierensteinvortäuschung 
449. 

Perinephritische Abszesse, Atiologie, 
Diagnose und Behandlung 724. 

Pferdeharn, Nachweis organischer Basen 
im 938. 

Phagokaryose 201. 

Phimose als Ursache innerer Erkran- 
- kung 700, 

Pliloridzindiabetes des Hundes und Aci- 
dose 355. 

Phloridzinmethode, Bedeutung 90. 

Phloridzinprobe, 91, 176. 

Phosphat- Nierensteine, 
durch 533. M 

Phosphatstein in der Harnblase 803. 

Phosphaturie bei Gonorrhoe 786, als 
traumatische Neurose 1034. 

Phosphorsäure und Baryumchlorid 429. 


Pyonephrose 


1127 


Phthisis, Mineralstoffwechsel bei 773. 

Physiologie des Menschen (Nagel) 105. 

Plattenepithel der männlichen Harn- 
röhre 68. 

Pneumaturie 421. 

Polyurıe, Fortdauer derselben bei Dia- 
betikern nach verschwundener Gly- 
kosuriv 516. 

Posteriocystitis, Behandlung der gonor- 
rhoischen 522. 

Priapismus: anhaltender 700, 1050; bei 
lienaler Leukämie 616. 

Prostata: ehirurgische Behandlung der 
-Tuberkulose 827, Exstirpation 703, 
gonorrhoische Erkrankungen 921, 
992, Hypertrophie und Krebs 942, 
Karzinom 997, Massage 626, meta- 
statischer Abszefa der 626, Palpation 
974, Sarkom 921, Steine 997, totale 
Enukleation 628, 704, 838, Total- 
extirpation 443, 996. 

Prostatachirurgie, Stand der 164, 630. 

Prostataeystitis, Santyl bei 800. 

Prostataenukleationen 164, bei einem 
78Jjährigen Greise 264, suprapubische 
Litlıotomie 166. I 

Prostatalıypertrophie 942, Behandlung 
72, 74, 164, und Blasenstein 165, 
Heilung durch Prostatectomia trans- 
vesicalis 433, Kasuistik 73, Prosta- 
tektomie 923, 1058; und Prostatitis 
626, Röntgenbehandlung 51, 523, 
1058. 

Prostatakarzinom 632, Anatomie und 
Klinik 632, Kasuistık 166. 

Prostatasekret, Cytologie 201. 

Prostatastein und Aspermatismus 166, 

Prostatektomie 704, 923, 996, 1058; bei 
Blasenverschlufs 524, bei Diabetes 
165, nach Freyer 629, Indikation 
und Kontraindikation 629, 1058; 
Komplikation 630, Mortalität 631, 
perineale 628, perineale und trans- 
vesikale 630, 703, wegen Prostata- 
hypertrophie 163, 923, Resultate 629, 
Rezidive nach 631, suprapubische 
800, 845, 922. 

Prostatiker: schwere Blutungen der 73, 
Hygiene der 702, 

Prostatitis, chronische 798, und Pro- 
statahypertrophie 627, schwere Blu- 
tungen 626. 

Protargol, „Reizwirkung“, 422, Rezep- 
tur 422, und Sophol 771, in seiner 
Wirkung auf lebende Schleimhäute 
185. 

Pseudohermaphrodismus 151. femini- 
nus externus 905, durch Hypospadia 
perineoscrotalis 617, Kasuistik 191, 
masculinus 770, 904. 


1128 

Purinbasen in der menschlichen Pla- 
centa 990, 

Pyelitis: ealculosa bei Hufeisenniere 
933, gonorrhoische 1050, im Kindes- 
alter 534, 924, Nierenwaschungen 
bei 533, in der Schwangerschaft 172, 
Waschungen des Nierenbeckens bei 
178. 

Pyelonephritis 586, septische 535. 

Pyocyaneusinfektion der Harnwege 
770. 

Pyonephrose: 1072, Nephrektomie we- 
gen kalkulöser 720, durch Phosphat- 
nierensteine 533, mit Typhusbazillen 
in Reınkultur 937, und überzählige 
Niere 1008. 

Pyonephrosis sinistra 82. 

Pyridinmethylchlorid im Harn 774. 

Pyurie, renale 712. 


R 


Radiographie bei Nephrolithiasis 720, 
932, 934, der Ureteren zur Diagnose 
92. 

Rektovesikalfistel, traamatische 364. 

Renale Massenblutung 808, Pyurie 
712. 

Reno-renaler Reflex, Bedeutung für die 
Pathologie und Diagnostik der Nieren- 
krankheiten 1007. 

Rheumatismus, gonorrhoischer 612. 

Ring-Gielsbeckengelenk, Entzündung 
gonorrhoischen Ursprungs 157. 

Ringlebs Erwiderung an Schlagintweit 
246. 

Röntgenbehandlung des Operations- 
restes eines Blasentumors 74. 

Röntgenographie der Steine des Harn- 
apparates 56. 

Röntgenstrahlen bei Nierensteinen 719, 
bei Prostatahypertrophia l, 523, 
1058; und Sterilität 906, Wirkung 
auf nephrektomierte Tiere 719, in 
ihrer Wirkung auf die Nieren 719. 

Ruptur der Milz und der linken Niere 
452, der rechten Niere und Ab- 
reilsung der Nierengefälse von der 
Aorta 452. 


s 


Saccharimeter, neues 637. 
Salizylnierenreizung, Alkali gegen 89. 
Samenblasen: Entzündung der 625, Lues 
haemorrhagica der 3812, Palpation 
974, Tuberkulose 899. 
Samenleitende Organe, Ausheilung von 
entzündlichen Intiltraten 797. 


Sach-Register. 


Santyl: 917, als Antigonorrhoicum 63, 
157, bei Prostatacystitis 800. 

Sarkom der Prostata 921. 

Scharlachnephritis: Prophylaxe 
Urotropin bei 451. 

Schleimhäute, Wirkung von Silberni- 
trat und Protargol auf die lebenden 
185. 

Schrumpfblase, Behandlung der 10.9. 

Schrumpfnieren ohne Arteriosklerose 
817. 

Schulsverletzung der Niere 716. 

Schwangerschaft: Albuminurie in der 
87, 959, Auftreten von Glyoxylsäure 
987, Coma diabeticam in der 781, 
Diabetes in der 985, Nephritis in der 
171, Pyelitis in der 172, bei soii- 
tärer Nıere 813. 

Sectio alta: Behandlung der Blasen- 
wunden nach 75, bei Blasenstein 
168. 

Sceptikämie durch Gonokokken 64. 

Sexualleben unserer Zeit und moderne 
Kultur (Bloch) 270. 

Sexuelle Wahrheiten (Porosz) 1015. 

Sicherheitspipette, sterilisierbare 823. 

Sittenpolizeiliche Aufsicht 54. 

Silbernitrat in seiner Wirkung auf 
lebende Schleimhäute 185. 

Skatolkarbon-Schwefelsäure, Bestim- 
mung derselben im Harn 988. 

Skrotum: Gangrän 995, Resektion des 
616. 

Solitärniere: Hydronephrocystanasto- 
mose bei Hydronephrose einer 150, 
Nierenoperationen bei Patienten mit 
einer 412. 

Sophol und Protargol 771. 

Sperma, Barberiosche Reaktion auf 47, 
71. 

Sphincter externes urethrae, 
Passierung der 69. 

Spülcystoskope 242. 

Stauungsbehandlung der Epididymitis 
gonorrhoica 161. 

Steinbildung in der Blase 77. 

Steinkrankheit der Harnwege, Therapie 
168. 

Sterilisator für Katbeter und Cysto- 
skops 822. 

Sterilität und Röntgenstrahlen 906. 

Stoffwechsel und Lecithin 519. 

Stovain 422. 

Suprapubische: Cystotomie bei einem 
Ureterstein 721, Lithoplaxie 925, 
Lithotomie und Prostataenukleation 
166. 

Suspensorium, neues 1053. 

Syphilis des Hodens 262. 


451, 


leichte 


Sach-Register. 


T 


Theolactin als Diureticum 608, 

Traubenzucker, neue Methoden zur Be- 
stimmung desselben 255. 

Trimethylamin: Bestimmung im Harn 
und Kot 427, als normales Produkt 
des Stoffwechsels 427. 

Troikarkatheter zur infrasymphysären 
Blasendrainage 941. 

Tuberkelbazillennachweis im Harn 692. 

Tuberkulose: der Blase bei Frauen 443, 
456, des Hodens 162, 796, des Hodens, 
Kastration bei 262, der Niere: 79, 
174, 528, 716, bei Frauen 456, Früh- 
operation 3865, (Reynaud) 733, Unter- 
suchungsmethoden und Therapie der 
chronischen 365; der Prostata 827. 

- Tumoren: der Blase, chirurgische Be- 
handlung 75, der Blase ohne Hümat- 
urie 632, der Nieren im Kindesalter 
716, Übertragung bei Hunden durch 
den Geschlechtsakt 251. 

Typhus abdominalis, Erkrankungen der 
Harnorgane 902. 

Typhusbazillen in Reinkultur in einem 
Falle von Pyoncphrose 937. 


U 


Ulcus molle: Ätiologie 919, Bazillus 
des 919. 

Urachusanomalien 704. 

Urämie: Aderlaß bei der 1010, Be- 
handlung 460, 1074, und enterogene 
Autointoxikation 88. 

Ureter bezw. Ureteren: abnorm nach 
aufsen mündender 1013, Chirurgie 92, 
duplex 820, Endoskopie 96, Gefälse 
1076, Karzinom 92, und Nieren- 
steine 635, Obliteration durch Ureter- 
stein 821, Obstruktion desselben 721, 
Palpation der vesikalen Endung 974, 
Radiographie u. Katheterismus zur 
Diagnose 92, Steine 938, vaginalo 
Implantation 821, Waschungen 91, 
Zerreilsung 715. 

Ureteraffektion: vorgetäuscht 
Nierenstein 449. 

Uretercystoskop: neues 131. 

Ureterfisteln bei Frauen: Behandlung 
537. 

Ureterkatheterismus 821, 941, asep- 
tischer 722, zur Bestimmung der 
Funktionsfähigkeit gesunder Nieren 
860. ` 

Ureterkrankheiten: 
der 91. 

Ureterostomie 1076. 

Ureterplastik und Hydronephroso 81. 


Zeitschrift für Urologie. 1907. 


durch 


Symptomatologie 


1129 


Ureterruptur: Kasuistik 260. 

Uretersteine: Allocheirie 1077, Dia- 
gnose der 172, endovesikale Thera- 
pie 885, Entfernung durch supra- 
pubische Cystotomie 721, Obliteration 
des Ureters durch 821, ungewöhnlich 
große 1014. 

Uretertransplantation: in das Colon 
539, in die Harnblase 539, rektale 
721, in das Rektum 821. 

Ureterverdoppelung: Anatomie u. Ent- 
wicklungsgeschichte 539. 

Ureterverschluß: Folgen des zeitwei- 
ligen 538. 

Ureteritis cystica 266. 

Ureterostomie: doppelseitige lumbale 
705. 

Uretero-Vaginalfistel: Heilung durch 
Uretersonde & demeure 620. 

Urethra: ungeborenes Divertikel 65, 
angeborene Strikturen 699, Besich- 
tigung nach neuer Methode 541, Di- 
vertikel der 159, 261, Endoskopie 
der 96, Epitheliom der männlichen 
794, Fremdkörper in der 69, 260, 
Karzinom der männlichen 273, Kar- 
zinom der weiblichen 68, zur Klinik 
ausgebreiteter papillärer Geschwülste 
der 995, plastischer Ersatz der männ- 
lichen 617, Plattenepithel der männ- 
lichen 68, primärer Krebs der weib- 
lichen 259; Plattenmodelle der männ- 
lichen 1040; posterior, Gonokokken 
in der 1049; prostatica, Steine in der 
626, Resektion 617, syphilitische Pa- 
peln 795, traumatische Rupturen der 
männlichen 793, 1054; Vorfall der 
Blasenschleimhant durch die 524. 

Uretliralkatheter, diagnostischer Wert 
180. 

Urethralplastik, neue 995. 

Urethralsteine 65. 

Urethralstriktur: Fibrolysininjek- 
tionen bei 261, konservative Be- 
handlung 522, Urethrotomia interna 
bei 793. 

Urethraltripper des Mannes u. Weibes, 
Therapie 258. 

Urethritis: Erfahrungen über eine neue 
Behandlungsmethode der chronischen 
958, Therapie der chronischen 610, 
beim Weibe, Diagnose und Behand- 
lung 612. 

Urethroskopie: zur Diagnose, Therapie 
und Prognose des Trippers 802, 
Technik der 68. 

Urethrotomia interna: bei Harnröhren- 
striktur 793, Nachbehandlung bei 994. 

Urethrocystoskop, Technisches zum 637. 

Urobilinfrage 427. 


14 


1130 


Urobilinurie im Kindesalter 60. 
Urogenitalapparat: Krankheiten des- 
selben (Le Fur) 270, Mißbildung 169, 
Physiologie und Pathologie 149. 
Urogenitalkanal des Mannes, mikro- 
skopische Anatomie 791. 
Urogenitaltuberkulose, Diagnose 901. 
Urogenitalwege, Therapie chirurgischer 
Erkrankungen der 252. 
Urologische: Diagnostik 
alter 77, Operationen, 
ästhesie 903. 
Urologischer Bericht der Stralburger 
Poliklinik 604. 
Urologie, Handbuch der (Frisch, Zucker- 
kandl.) 180. 
Urotropin: bei Scharlach 451, bei 
Scharlachnephritis 451, therapeu- 
tische Bedeutung 905, 984. 
Uteruskarzinom, Beteiligung der Harn- 
weze an demselben 10. 


Y 


Varikozele, Operationsresultate bei 71. 
Vasa deferentia, Anastomose der 162, 
antiperistatische Bewegung 1057. 
Vaso-Vesikulektumie bei Genitaltuber- 

kulose 162. 
Verweilkatheter, Anwendungsweise 823. 
Vesiko-Vaginalfistel, Blasenvorfall bei 


528. 
w 
Wanderniere 527, 718, 1073, und 
Appendicitis bei Frauen 447, vom 


ım Kindes- 
Lumbalan- 


- Wassersucht, 


Sach-Register. 


gynäkologischen Standpunkte 448, 

Nephropexie bei 83, rechtsseitige als 

Ursache von chronischer Appendi- 

eitis 447. 

Regelung der Wasser- 
und Salzzufuhr 727. 

Wochenbett, Gonorrhoe im 433. 

Worm-Müllersche Kupferprobe bei der 
Untersuchung des Harns auf Zucker 
356. 


x 


Xautheinsteine, Radiographie der 150. 

Xanthoma diabeticum tuberosum mul- 
tiplex 986. 

Xanthoma diabeticorum 782. 


Zirkumzision als chirurgische Opera- 
tion 793. 

Zuckerausscheidung beim Diabetes 
mellitus 694. 

Zucker, Bestimmung im Harn mittelst 
der Almenschen Wismutprobe und 
der Worm-Müllerschen Kupferprobe 
356, -Bertimmung im Harn in der 
Praxis 778, -Harn, Saccharumeter 
941, durch Muskelarbeit hervorge- 
rufene veränderte Assimilationsgrenze 
für 516, -Nachweis beim Diabetes 
778, -Nachweis im Harn 908, 909, 
-Proben von Hammarsten-Nylauder 
und Worm-Müller 355. 


Namen-Resgister. 





* bedeutet nur zitierten Autor. 


Abderhalden 575. 

Abderhalden - Schitten- 
helm 774. 

Abeles 497. 

Abramow 266. 

Abrikosow 820. 

* Achard 954. 

* Achelis 428. 

Achelis-Kutscher 988. 

Adrian 421, 604, 636. 

Adrian-Hamm 641. 

* Aisinmann 188, 196. 

* Alapy 594. 

Albarran 183. 

* Albarran 117, 131, 393, 
489, 502, 648, 662, 664, 
749, 750, 867, 861, 863. 

* Albertin 392. 

* Albrecht 551, 563, 564, 
566, 567, 568. 

* Albu 954. 

* Alexander 552, 559. 

Alglave 635. 

Amato 91. 

Amende 1053. 

*v. Ammon 186, 196. 

Andre 179, 631. 

* Andreew 1002, 

Andrew 452. 

* Angerer 955. 

Appfel 623. 

Arcelin 1070. 

d’Arcy, Power, Howard 
u. Dixon 1056. 

Armupain 821. 

Arnold 255, 429. 

Aronsohn 431. 

Aronstamm 159. 

Asch 302 740. 

* Askanazy 725, 957. 

Aufrecht 983. 

* Aufrecht 949. 

Auvray 68, 636. 

Ayres 91. 


Baber 62. 

Baer 355, 465. 

* Baginsky 458. 

Bainbridge 178. 

* Baisch 338, 342, 346. 

Balas 923. 

Balassa 166. 

Ball 524. 

Ballenger 57, 167. 

Balthazard 620. 

Balzer 611. 

Baizer-Tausard 611. 

Bamberger 696. 

Bang 514. 

Bang - Ljungdahl - Bohm 
776. 

Bangs 1058. 

* Baraban 647, 

Baratynski 75. 

* Barberio 48, 50, 71, 72. 

Barling 539, 938. 

* Barlow 341. 

Barnsby 617. 

Baroch 917. 

Barr 795. 

Barringer 542, 1062. 

Barringer-Roper 780. 

Bartlett 938. 

* Bastıanelli 406. 

Bate 159, 618. 

* Battle 647. 

Baudet - Kendirdjy 
439. 

Bauer 354, 778. 

Bazet 71, 621. 

* Bazin 653. 

Bazy 179, 531. 

Beck 262, 721. 

"e, Becker-Bey 979, 980. 

Beddard 777. 

* Behrend 820. 

Bell 264. 

Bence 938. 

Bendix 95. 


162, 


Benedict 155. 

* Beneke 547. 

Berblinger 1003. 

Berg 269, 450. 

* Bergmann 170. 

* Bernard 954. 

Bertèche 426. 

* Beselin 646, 649, 962. 

* Beselin-Czerny 746. 

* Best 381. 

Beyea 83. 

Biel 253. 

* Billroth 292, 293. 

Biondi 6)4. 

* Birch - Hirschfeld 547, 
555. 

Bishop 1073. 

Bittorf 795. ° 

Bittorf-Jochmann 697. 

Bland-Sutton 793. 

Blank 177. 

Bluschko 256. 

* Blessig 653. 

Bloch 270, 592, 637, 692, 
772. 

Blum 1007. 

*Bouri 397, 405, 406. 

Boese 522. 

Bogdanik 1054. 

Bogoljubow 454. 

Boldt 357. 

*Bondzynski 988. 

Bonneau 637. 

Borchardt-Lange 517. 

Borrtius 620. 

Borrmann 538. 

* Borst 553, 555. 

Boruttan 607. 

Borzczki 790. 

* Bosse 299. 

* Bosselini 346, 376, 

Bottstein 157. 

Bouchard 517. 

* Bouchard 393, 954. 


74* 


1130 


Urobilinurie im Kindesalter 60. 
Krankheiten des- 
selben (Le Fur) 270, Mißbildung 169, 


Urogenitalapparat: 


Physiologie und Pathologie 149. citis 447. 
Urogenitalkanal des Mannes, mikro- - Wassersucht, 

skopische Anatomie 791. und Salz’ 
Urogenitaltuberkulose, Diagnose 901. Wochenbr 
Urogenitalwege, Therapie chirurgischer Worm-F 

Erkrankungen der 252. Unt 
Urologische: Diagnostik im Kindes- 35 

alter 77, Operationen, Lumbalan- 

ästhesie 903. 
Urologischer Bericht der Stralburger 

Poliklinik 604. 
Urologie, Handbuch der (Frisch, Zucker- 

kandl.) 180. 
Urotropin: bei Scharlach 451, 

Scharlachnephritis 451, therr 

tische Bedeutung 905, 984. 
Uteruskarzinom, Beteiligung de 

weze an demselben 510. 

Y Joð 

Varikozele, Operationsre« .058. 
Vasa deferentia, Anastr un 260, 262. 

antiperistatische Be’ vudray 700. 


Vaso- Vesikulektomie 
kulose 162. 
Verweilkatheter, A . 
Vesiko-Vaginali: , 287, 
528. 558. 
dd. 
Wandernier ` 
Append’ A IDe 


de 629, 693. 
y7, 648, 662, 664, 


e ;rone 187, 196, 198. 
` m 516. 
‘živini 558. 
midge 431. 
i ` Campe 978, 979, 981. 
‚„nnaday 180. 
canon 6l. 
Cantley 1067. 
Caparzo 89. 
* Capelin 662, 763. 
* Carcy 287. 
Carles 269. 
* Carlier 704. 
Carlson 432. 
*Carnot 954. 
Casper 85. 
*Casper 116, 186, 196, 
458, 479, 862, 867, 898. 
Cassirer- Bamberger 696. 


Sach-Register. 


Cristofeletti 995. 
Crouse 797. 

* Cramer 876. 
Croftan 158. 

* Croftan 558. 
Cumston 629, 710. 


*COumston 405, 406, 407. 


Cuno 80. 
*Curschmann 265. 
*Ozerny 752. 


Daiber 367. 
Dammann 420. 
Damski 932. 
Danforth 87. 
Danio 170. 
Darson 781. 
Davis 632. 

* Davis 406. 

* Decourneau 392. 
* Delageniëre 594. 
Delbet 166. 982. 
* Delbet 396, 402. 
Delius 705. 
Delmas-Fay 527. 
*Demarguay 286. 
* Dementjew 1001. 
* Desault 396. 
Deschamps 1049. 
Desgouttes 803. 
Desquiens 624, 

* Detre 201. 

* Dickinson 955. 


gynškologischen & 
Nephropexie bei € 
Ursache von “ 


; 182, 
2, 
„ 967. 
„34. 
(98. 
st 438. 
„Juhot 319. 
* Duplay 
Eason 60. 


* Ebstein 642, 648, 745. 

Eckehorn 722. 

*Edebohls 858, 859, 

Edington 1051. 

Edlefsen 462. 

* Ehrlich 381. 

Ehrmann 61, 1042. 

* Eichhorst 955. 

Eichler 911. 

*v. Eiselsberg 146. 

Eisendrath 535. 

Eisenstädter 616. 

Ekehorn 55. 

Elliot 452. 

*Eminet 1000. 

Engel 778. 

* Engel 978. 

v. Engelmann 903, 983. 

Englisch 641, 745, 194, 
902. 

* Englisch 658, 877. 

Erb 155, 256, 991. 

* Ernst 379 380. 

d'Errico 771. 

* Ertzbischoff 857. 

*Escat 647, 662, 
758, 754. 

Eshner 985. 

Etienne 613. 

Evans 91. 


665, 


Fabry 54. 

Falta-Gigon 694. 

* Faltin 338, 345, 346, 
347. 

* Fauconet 58. 

Faure-Beaulieu 64. 

Fedoroff 167, 803. 

* Fedoroff 868, 867. 


` 617. 
A, 50 
. 436. 
395. 
.ollin 286. 


Kontoynont-Jourdan 445. 


* Forlanini 170. 
Forschbach 515. 
Forssner 610. 

* Forssner 854. 
Forsyth 704. 

Frank 797. 

Fraenkel 521. 

* Fränkel 755. 
Franklin 83. 

Franz 532, 638. 
Fraser 70. 

Freemann 150. 
Fremonth-Smith 536, 
Freyer 628, 838, 1058. 
* Freyer 166. 
Freyer-Castano 703. 
Fries 149. 

v. Frisch 1006. 

* y, Frisch 316. 


v.Frisch-Zuckerkanill 180. 


Fuller 92. 
Le Fur 270. 
Fürbringer 420. 


* Fürbringer 47, 318, 458. 


Futcher 423. 


@alatzi 619. 
Galbraith-Fauld 707. 
Gallant 721. 

Gallina 174. 

Ganz 63. 

Garceau 75, 449, 536. 


Namen-Register. 


Garre-Ehrhardt 638. 
Gauss 813. 
* Gatti 559. 
* Geisberg 716. 
Gelpke 84. 
*Le Gendre 939. 
Georgopulos 177. 
* Giani 12. 
hney 258. 
-ke 376,380,381, 559, 
656, 667, 673, 674, 


9. 


ud, 
‚a 610. 
smann 255. 
.uck 920, 
Gorlet 448, 
Goldammer 869. 
Goldberg 73, 78, 
1002. 
"Goldberg 315, 346, 593, 
597. 
Goldmann 422. 
Goldschmidt 541, 795. 
* Goodhart 855. 
* Gorodetzki 1001. 
Gottlieb-Stangassinger 
990. 
*de Gouv&as 653. 
* Gowan 504. 
de Graaff 991. 
*de Gradly 392. 
*v. Gravonsky 360. 
* Grawitz 545, 548, 549. 
550, 560, 561, 562, 566. 
Gray 74. 
Greaves 987. 
* Greenish 552. 
Grégoìre 8l. 
Griffon 439. 
Griffon-Abrami 439, 
Grigoriantz 987. 
* (rohe 560. 
Grolmann 271. 
* Grosglik 594. 
Grosheintz 545. 
Grols 57. 
Grosse 150, 260. 
Grosz 604. 
Grube 694, 697. 
Gruget-Pappa 530. 
Grüner 608. 
Grunewald 514. 
*Grünfeld 646. 
Grünwald 175. 
Grusdew 523. 
* Gueillot 319. 


627, 


1133 


Guisy 632. 

Guiteras 163, 724. 

* Guiteras 856. 

* Gumprecht 61. 

* Güterbock 673, 674, 757. 
Guth 614. 

Gutmann 158. 

* Gutmann 158. 

* Guttmann 672. 

* Guyon 406. 


v. Haberer 445, 1069. 
*y, Haberer 951. 
Hadfield 816. 
*D’Haehens 647. 
D’Haenens 461. 
D’Haenens 79. 

* D'Haenens 763. 

Haenisch 523. 

* Hagmann 661, 662, 664, 
667, 668, 756, 877. 

Haim 770. 

Hains 904. 

Hall 914. 

* Hallé 116, 117, 872, 641, 
642, 644, 648, 650, 662, 
663, 665, 747, 751, 752. 

Halliburton 909. 

Hallopeau 173. 

Hammarsten 356. 

* Hammersten 3. 

*v. Hansemann 322, 458, 
567, 667, 672, 775. 

Harbod 455. 

Harrison 1004. 

Hart 154. 

* Hart 670, 673, 674, 676. 

Hastings 158. 

Hastings-Hoobler 513. 

Heard 925. 

* Hechtmann 953. 

* Hedoin 956. 

Hedren 708. 

Heim 977. 

Heinatz 793, 

* Heineke 177. 

Heineke - Meyerstein 726. 

Henderson 253. 

*Henke 554, 563. 

Hennig 434. 

Hentschel 150. 

* Hermann 594. 

*Herring 199. 

Herrmann 59. 

Herxheimer 175. 

* Herxheimer 11. 

Herz 86. 

* Herzen 443. 

*Heschl 648, 668, 760. 

Heubner 4567. 


1132 


Bor&e 172. 
Bovis 727. 
* Braatz 748. 
Bradford 173, 712, 
Bradshaw 851. 
Brahmachari 603. 
Brandt 704. 
* Brault 381. 
Brauns 459. 
Braunwarth 453. 
Brenning-Lewitt 917. 
Brien 1052. 
*Brik 662, 664, 
750. 
* Brik-Dittel 751. 
* Brin 406. 
Brodzki 178, 424. 
Brongersma 865. 
Brown 780, 1045. 
* Brown 339, 846. 
Bruck 65. 
Bruni 888. 
Brüning 422. 
Brunner 1065. 
Brunswick 787. 
Buchner 57. 
Bucknall 1052. 
Buraszynski 787. 
*Burchard 157. 
* Bürchenow 650, 665. 
* Burckhardt 97, 273, 287, 
289, 291, 293, 558. 
* Burney 501, 502. 
Burton 911. 
* Busse 554, 555. 


666, 


Cabot 70, 629, 693. 

* Cabot 397, 648, 662, 664, 
749. 

Cairns 909. 

Calabrese 165. 

* Calderone 187, 196, 198. 

Callum 516. 

* Calvini 558. 

Cammidge 431. 

*v. Campe 978, 979, 981. 

Cannaday 180. 

Canon 6l. 

*Cantley 1067. 

Caparzo 89. 

* Capelin 662, 763. 

* Carcy 287. 

Carles 269. 

* Carlier 704. 

Carlson 432. 

*Carnot 954. 

Casper 85. 

*Casper 116, 186, 196, 
458, 479, 862, 867, 898. 

Cassirer- Bamberger 696. 


911. 


Namen-Register. 


* Castaigne 855, 857, 955, 
956, 1022. 

Castano 708. 

Cathelin 531, 906, 936. 

* Cathelin 4083. 

* Ceci 8396. 

Cederkreutz 68. 

* Cevidalli 48, 50, 72. 

Charrin 161. 

Chevassu 462, 622. 

* Chiari 747. 

Choltzow 511. 

Citron 941. 

Clairmont 528. 

* Claudius 494. 

* Clarke 845. 

Clement 702. 

Coenen 936. 

Cohn 312, 859. 

* Cohn 49. 

Collier 459. 

Comesatti 516. 

* Corpéchot 955. 

Coruez 71. 

Cotte 1058. 

Cotton 260, 262. 

Coudray 700. 

Cristofeletti 995. 

Crouse 797. 

* Cramer 876. 

Croftan 158. 

* Croftan 558. 

Cumston 629, 710. 

*Cumston 405, 406, 407. 

Cuno 80. 

* Curschmann 265. 

* Czerny 752. 


Daiber 367. 
Dammann 420. 
Damski 92. 
Danforth 87. 
Danio 170. 
Darson 781. 
Davis 632. 

* Davis 406. 

* Decourneau 392. 
* Delagenière 594. 
Delbet 165. 982. 
* Delbet 396, 402. 
Delius 705. 
Delmas-Fay 527. 
*Demarquay 286. 
* Doementjew 1001. 
* Desault 396. 
Deschamps 1049. 
Desgouttes 803. 
Desquiens 624. 

* Detre 201. 

* Dickinson 955. 


Dieulafé 718. 

* Dieulafoy 857. 

* Dittel 511. 

Doering 713. 

* Dogiel, 4, 5. 

Döderlein - Krönig 
639. 

* Donati 558. 

* Donnaddieu 392. 

Donnet 437. 

Dorner 989. 

* Dreser 513. 

Dreyer 821. 

* Driessen 553, 567. 

Drobinski 284. 

Drobny 798. 

Duhot 438. 

* Duhot 319. 

* Duplay 


182, 


Eason 60. 

* Ebstein 642, 648, 745. 

Eckehorn 722. 

* Edebohls 858, 859. 

Edington 1051. 

Edlefsen 462. 

* Ehrlich 381. 

Ehrmann 61, 1042. 

* Hichhorst 955. 

Eichler 911. 

* v. Eiselsberg 146. 

Eisendrath 535. 

Eisenstädter 616. 

Ekehorn 55. 

Elliot 452. 

*Eminet 1000. 

Engel 778. 

* Engel 978. 

v. Engelmann 903, 983. 

Englisch 641, 745, 19, 
902. 

* Englisch 658, 877. 

Erb 155, 256, 991. 

* Ernst 379 380. 

d’Errico 771. 

*Ertzbischoff 857. ` 

*Escat 647, 662, 665, 
753, 754. 

Eshner 985. 

Etienne 613. 

Evans 91. 


Fabry 54. 

Falta-Gigon 694. 

* Faltin 338, 345, 346, 
347. 

* Fauconet 58. 

Faure-Beaulieu 64. 

Fedoroff 167, 803. 

* Fedoroff 868, 867. 


* Feleki 313, 647. 

* Felix 16. 

Félizet 920. 

Fellner 360, 612. 

* Fenwick 894, 402. 

Féré 606. 

Ferenczy 1042. 

* Fereol 392. 

Fergusson 813. 

Le Fevre 460. 

de Filippi 427. 

Finger 248. 

* Finger 185, 198, 310, 
316, 642, 644, 649, 658, 
663, 1038. 

Finkelstein 863. 

Finsterer 6b. 

* Fiore 406. 

Fiori 175. 

Fischer 427. 

* Fischer 653. 

Fletcher 913. 

Flörcken 714. 

* Florence 49, 50 

Flournoy 436. 

Fluss 995. 

* Follin 286. 

Fontoynont-Jourdan 445. 

* Forlanini 170. 

Forschbach 515. 

Forssner 610. 

* Forssner 854. 

Forsyth 704. 

Frank 797. 

Fraenkel 521. 

* Fränkel 755. 

Franklin 83. 

Franz 532, 6383. 

Fraser 70. 

Freemann 150. 

Fremonth-Smith 536, 

Freyer 628, 838, 1058. 

* Freyer 166. 

Freyer-Castano 703. 

Fries 149. 

v. Frisch 1006. 

* v. Frisch 316. 

v.Frisch-Zuckerkandl 180. 

Fuller 92. 

Le Fur 270. 

Fürbringer 420. 

* Fürbringer 47, 318, 458. 

Futcher 423. 


@ralatzi 619. 
Galbraith-Fauld 707. 
Gallant 721. 

Gallina 174. 

Ganz 63. 

Garceau 75, 449, 536. 


Namen Register. 


Garre-Ehrhardt 638. 

Gauss 813. 

* Gatti 559. 

* Geisberg 716. 

Gelpke 84. 

*Le Gendre 939. 

Georgopulos 177. 

* Giani 12. 

Gibney 258. 

* Gierke 376,380,381, 559, 
654, 656, 667, 673, 674, 
675. 

Gigani 801. 

* Giordano 419. 

Girgolaw 261. 

Glaserfeld 633. 

Glassmann 610. 

* Glassmann 255. 

Glück 920. 

Gorlet 448. 

Goldammer 869. 

Goldberg 73, 78, 
1002. 

* Goldberg 315, 846, 593, 
597. 

Goldmann 422. 

Goldschmidt 541, 795. 

* Goodhart 855. 

* Gorodetzki 1001. 

Gottlieb-Stangassinger 
990. 

*de Gouvëas 653. 

* Gowan 504. 

de Graaff 991. 

*de Gradly 392. 

*y. Gravonsky 360. 

* Grawitz 545, 548, 549. 
550, 560, 561, 562, 566. 

Gray 74. 

Greaves 937. 

* Greenish 552. 

Grégoire BI. 

Griffon 439. 

Griffon-Abrami 439, 

Grigoriantz 987. 

* Grohé 560. 

Grolmann 271. 

* Grosglik 594. 

Grosheintz 545. 

Grofs 57. 

Grosse 150, 260. 

Grosz 604. 

Grube 694, 697. 

Gruget-Pappa 530. 

Grüner 608. 

Grunewald 514. 

*Grünfeld 646. 

Grünwald 175. 

Grusdew 523. 

* Gueillot 319. 


627, 


1133 


Guisy 632. 

Guiteras 163, 724. 

* Guiteras 856. 

* Gumprecht 61. 

* Güterbock 678, 674, 757. 
Guth 614. 

Gutmann 158. 

* Gutmann 158. 

* Guttmann 672. 

* Guyon 406. 


v. Haberer 445, 1069. 
*v, Haberer 951. 
Hadfield 816. 

* D'Haehens 647. 

D'Haenens 461. 

D'Haenens 795. 

* D'Haenens 763. 

Haenisch 523. 

*Hagmann 661, 662, 664, 
667, 668, 756, 877. 

Haim 770. 

Hains 904. 

Hall 914. 

* Hallé 116, 117, 372, 641, 
642, 644, 648, 650, 662, 
663, 665, 747, 751, 752. 

Halliburton 909. 

Hallopeau 173. 

Hammarsten 356. 

* Hammersten 3. 

*v, Hansemann 322, 458, 
667, 667, 672, 775. 

Harbod 455. 

Harrison 1004. 

Hart 154. 

* Hart 670, 678, 674, 676. 

Hastings 153. 

Hastings-Hoobler 513. 

Heard 925. 

* Hechtmann 953. 

* Hedoin 956. 

Hedr6n 708. 

Heim 977. 

Heinatz 792. 

* Heineke 177. 

Heineke - Meyerstein 726. 

Henderson 253. 

* Henke 554, 563. 

Hennig 434. 

Hentschel 150. 

*Hermann 594. 

*Herring 199. 

Herrmann 59. 

Herxheimer 175. 

* Herxheimer 11. 

Herz 86. 

* Herzen 443. 

* Heschl 648, 658, 760. 

Heubner 457. 


1134 


*Heusner 594. 

* Heymann 370, 376, 979, 
950. 

Hildebrand 827. 

* Hildebrand 553, 567. 

Hildebrandt 715. 

Hintz-Grünhut 543. 

Hirschberg 1056. 

* Hirschfeld 658. 

* Hirschmann 463. 

Hochenegg 717. 

Hochhaus 1045. 

* Hochenegg 561. 

Hochsinger 996. 

Hock 56, 510. 

v. Hoesslin 519. 

Hofbauer 987. 

Hoffmann 465. 

Hörmann 821. 

Horn 921. 

Hornung 532. 

* Horwitz 592. 

* Hottinger 288, 289. 

Howe 537. 

Huber 269. 

*Humphry 647. 

* Huppert 3. 

* Hutchinson 299. 

Hyman 522. 

Hyslop 913. 


Jaboulay 528. 

Jacob 916. 

Jacobi 801. 

Jadassohn 198, 199, 315, 
359. 

Jaegy 174. 

* Jutie 989. 

Jahr 820. 

Janet 789. 

Janssen 616. 

Jeanbeau 702. 

Jeannel-Mosel 723. 

Jeanselme 617. 

Jessop 912. 

*Ignatowski 610. $ 

Ikeda 870. 

Illyes 717, 724, 987. 

* Imbert 393. 

Johnsen 448, 533. 

Jolles 59. 

Jooss 656, 662. 

Jordan 617, 906. 

Joseph 710. 

* Joseph 159. 

Israel 809, 933, 1014. 

* Israel 269, 592, 501, 512, 
566, 855, 856, 857, 863, 
865, 956. 

Jullien 638. 


Namen-Register. 


Halberloh 516. 
* Kaltenbach 185. 
* Kaminer 183. 


Kapsammer 90, 91, 1007. 


*Kapsammer 593, 903. 

*Kast 177. 

* Kaufmann 278, 286, 299, 
545, 547. 

Kausch 1059. 

*Keersmaecker 314, 316, 
817. 

*Keibel 16. 

* Kelly 407, 408. 

Kermauner 447, 926. 

Kettner 995. 

* Kidd 955. 

Kikkoji-Iguchi 990. 

Kimla 169, 265. 

*Kimla 825, 877, 880. 

* Kirchner 182. 

*Kischevsky 654. 

*Kissel 1001. 

Klarfeld 993. 

*Klebs 9, 548, 549. 

Klemperer 533, 607. 

* Klemperer 505, 
1014, 1038. 

Klemperer-Umber 423. 

Klercker 518, 773. 

Klienberger 770. 

Knipe 1010. 

Knoll 67. 

Knorr 62, 

Koblanck 510. 

*Koenig 402. 

Kolischer 898. 

Kolischer - Schmidt 
151. 

*Kollmann 310. 

König 161, 711. 

Kopp 156. 

* Kopp 310. 

Korach 179. 

* Korach 951. 

*Korsakow 1002. 

Kossmann 156. 

Kottmann 1067. 

Kotzenberg 1063. 

* Kozubwski 563. 

Kraus 769, 915. 

*Kraus 458. 

Krause 1008. 

* Krebs 661, 662, 664. 

Kreissl 713. 

Kretschmer 490. 

Kroemer 928. 

Kromayer 522. 

* Kromeyer 379. 

* Kroner 319. 

Krönlein 80. 


857, 


*Krönlein 560, 562, 563. 
565, 899. 
Krotoszyner 82, 84. 
Krüger 264. 608. 
Krymow 804, 805. 
Kudinzew 998. 
*Kukula 348. 
Külbs 258. 
Kümmell 703. 
*Kümmell 269. 
*Küster 419. 561 
Kusumoto 725. 
*Kutner 594. 
Kutscher-Lohmann 774. 
*Küttner 685. 
*Kuzmik 566. 


* Labat 665, 749. 

Labbé 915. 

* Laccetti 401. 

* Laederich 954. 

Lambert 712. 

* Landsteiner - Störk 755, 
756. 

Lange 59. 

* Langerhans 377. 

Langmead 1047. 

*Langmead 1066. 

Langstein 428, 924. 

*Langstein 458, 

*Lapiner 1001. 

Lapinski 60. 

Latzel 512. 

Lauenstein 445, 1061. 

Lavenaut 259. 

Lavesson 779. 

Law 70, 

Lazarus 1046. 

*Leber 653, 654. 745. 

Lecöne 161, 174, 622. 

Ledermann 9. 

* Ledran 396. 

Leedham 167. 

* Leenhardt 857. 

* Lees 1066. 

Legrain 626. 

Legueu 635, 707, 718. 

* Legueu 892, 394. 

Leiner 717. 

Lejars 717. 

* Lelièvre 954. 

* Lendorf 5, 10, 11. 

Lenhartz 729. 

* Lennander 855. 

Lenné 1063. 

Lenoble-Guichard 935. 

* Leonhardt 957. 

Leopold 177. 

Lépine 423. 

* Lestrade 407. 


Levi 408. 

Levinson 71. 

* Levinson 48, 50. 

Levisohn 56. 

* Lewy 47. 

Lévy-Franckel 939. 

* Lewin 347. 

* Lichowetzer 315. 

Lichtenberg 791, 1040. 

Lichtenstern 90, 176, 
1005. 

* Lichtenstern 374, 642, 
667, 756. 

Liebermann 988. 

*v. Limbeck 9, 10, 15. 

Lindemann 59. 

Lion 790. 

Lippich 989. 

* List 4. 

*Litten 9. 

Littlewood 166. 

Löblowitz 69. 

Loeb 886. 

Loewenhardt 808. 

Loewi 910. 

Lohnstein 56, 158, 366, 
925, 959. 

* Lohnstein 188, 189, 196, 
197, 661, 665, 758. 

Longworth 909. 

Loose 252, 940. 

Lorrain-Chaton 935. 

* Loto 653. 

Loumeau 629. 

Löwenhardt 168, 653, 937. 

* Löwenson 648, 649, 749. 

Löwenstein 787. 

*Lubarsch 376, 881, 5öl, 
552, 559, 567. 

Lubowski 905, 984. 

* Lucas 419, 654. 

Lücke 76. 

Lustig 269. 

Luys 96, 303, 397, 419, 
742. 

Lydeton 997. 

Lydston 162 

*Lydston 315, 592. 


Maclean 908. 
Macleod 255. 
Macmunn 79. 

* Madelung 419. 
Magnus 78. 

* Mainzer 497. 
Malfatti 513. 
Mankiewicz 251. 
* Mankiewicz 418. 
* Manasse 552, 567. 
Manton 447. 


Namen-Register. 


* Marchand 547, 557, 558, 
761. 

* Marcus 847. 

Marcuse-Strasser 543, 

Margolin 861. 

Markus 823. 

Marriot-Wolf 521. 

Marwedel 1071. 

Masini 716. 

Matzenauer 521. 

Matteucci 171. 

* Maubert 405. 

* Mauriac 6523. 

* Maxwell 345. 

May 258. 

Mayer 433, 772, 773. 

Meifsner 68, 1012. 

* Melchior 116, 117, 337, 
342. 

Mondel 1010. 

Mendelsohn 58. 

Mendl 450. 

* Menge 947. 

Menocal 623. 

Meyer 539, 707, 740, 845. 

* Meyer 592. 

* Michaelis 672. 

* Michaelis-Guttmann 754. 

Michailow 252, 264. 

Michels 983. 

* Minelli 825, 669, 670, 
671, 672, 673, 674, 676, 
757. 

Minkowski 531, 727. 

* Minkowski 355. 

Mioni 806, 

Mirabeau 456, 803, 821. 

Miropolski 991. 

Moeller 89. 

Molin 800. 

Möller 54. 

Monsarrat 805. 

Monti 534. 

Morawicz-Adrian 807. 

Moritz 429. 

Morris 150, 521, 912. 

* Morris 396. 

Morrow 611. 

Morse 528. 

Morton 160, 626, 

Moschkowitz 82. 

Moses 606. 

Meskovitz 157. 

*Mosny 949. 

Motz-Majewski 632. 

Mouchet 716. 

* Mouissett 859. 

Moussu-le Play 161. 

Müller 459. 

* Müller 177, 594. 


1135 


Munro-Goddard 10C8. 
Munter 784. 
Muren 262, 522, 622. 
Mursell 864. 


Nagel 1015. 

Namba 259. 

Nash 624. 

Necker 1005. 

*Neelsen 646, 647, 694, 
655. 

O’Neil 630. 

Neisser 788, 789. 

* Neisser 54, 310, 611. 

* Nélaton 511. 

Neuberger 360. 

Neuhaus 73. 

Neuhäuser 932. 

* Neumann 256. 

Neumark 160. 

Newman 1062. 

*Newman 948, 956. 

Nicolaier 431. 

Nicolich 412, 626, 809. 

Nicoll 164, 616, 630. 

* Nikivorow 1001. 

Nitch 71. 

* Nitze 49, 397. 

Nobl 71, 610, 628. 

Noetzel 452. 

* Nogues 664, 753 

v. Noorden 525. 1017. 

*v., Noorden 945. 

Nordmann 1061. 

* Nussbaum 695. 


* @berländer 310, 645, 
646, 656, 690. 

* Oberländer - Rupprecht 
291. 

* Oberndorfer 558, 956. 

Oppel 261. 

Oppenheim 691, 786. 

*Oppenheim 1038. 

Orlowski 172, 1034. 

*Orth 21, 458. 

Oshima 455. 

Ossendowski 2538. 


Paetzold 441. 
Paisseau 60. 

* Paisseau 954. 
*Pajor 646, 761, 762. 
Pal 1048. 

*de Paoli 553. 
Pappa 941. 
Paravicini 899. 
Pardoe 1058. 
Parker 721. 
Parsons 783. 


e runter re 


PU 


1136 


Paschkis 1005. 

* Passons 1066. 

* Pasteau 394. 

Paton 539. 

* Pawlow 985. 

Peabody 816. 

Pedersen 152, 164. 

* Percival 427. 

Pereschifkin 261, 861. 

Pericic 151. 

Perkins 912. 

* Perthes 560, 567. 

Peuckert 93. 

Pflüger 355, 693, 695. 

Phänomenoff 537. 

Pick 87, 526, 997. 

Picker 521, 613, 619. 

* Picqué 396. 

Pilz 360. 

Piolleng 628. 

Pitha 365. 

* Pitha 646. 

*]e Play 955. 

*Poehl 49, 50. 

Polano 1009. 

* Polano 159. 

Pons 775. 

Poppert 81. 

Porges - Pribram 818, 
1023. 

Porosz 619, 1015. 

* Porosz 198. 

Portner 77. 

* Posadas 763. 

Posner 47, 64, 182, 699, 
917, 922, 945. 

* Posner 158, 201, 814, 
347, 391, 648, 1017. 

Pousson 450, 630, 853. 

* Pousson 117, 394, 704, 
951, 956, 957. 

* Potain 859. 

* Poszi 407. 

Preble 461. 

Preiswerk 273. 

Prentiss 171. 

Prissmann 924. 

Prochoska 5ll. 

Proskauer 160. 

Proust-Vıon 921. 


Rafın 720. 
Raimist 924. 

* Rapoport 201. 

* Raskai 339, 343. 

* Rathéry 855, 857, 954, 
955, 956, 957, 1022. 
Rathery-Leenhardt 450. 

Rautenberg 538. 
Ravasini 683, 882. 


Namen-Register. 


* Ravassini 661, 665, 754, 
755. 

Razzoleoni 796. 

Reale 514. 

Reid 1071. 

* Reiher 458. 

* Reiner 644. 

Reiss 517. 

Reitter 716. 

Remete 443. 

Renzi 408. 

Reynaud 733. 

* Reynolds 71. 

Richarz 89. 

Riche 168. 

Richter 87, 1009. 

Riebold 269. 

Riffer 996. 

Rimann 437. 

Ringleb 94, 246. 

* Ringleb 242. 

* Riva-Rocci 171. 

Robin 612. 

* Robson 406. 

Rochet-Ruotte 617. 

Rochet-Thevenot 632. 

t Roger 760. 

* Rokitansky 9, 286, 641. 

Rolleston 1023. 

Rolly 901. 

* Rona 646, 748. 

Rörig 72. 

Röse 617. 

Rosenberger 357, 702. 

Rosenstein 448. 

Roth 817. 

Rotky 932, 934. 

Rotmann 425, 785. 

Rotter 812. 

Rouvillois 618. 

*Roux 899. 

Rovighi 83. 

Rovogli 461. 

Rovsing 443, 705, 838. 

*Rovsing 98, 116, 269, 
335, 337, 340, 348, 863, 
865. 

* Rubner 977. 

* Ruggi 165. 

*Rumpel 950. 

Rumpf 1067. 

Ruotte 437. 

Rupprecht 594. 


*Sabourin 552, 554. 
Sachs 854. 

Sack 986. 

Salkowski 425. 
*Salomon 953. 

* Salzer-Grünfeld 291. 


Sasakı 775. 
Savare& 779. 
Savariaud 162, 621. 
Sawyer 1066. 
*Schacht 981. 
Schaedel 265. 
* Schaffer 16. 
*Schätfer 185. 
Schaffner 934. 
*Schapowaleıko 985. 
Schattenstein 88, 
* Schede 505. 
Schellenberg 1046. 
Schiele 921, 922. 
* Schiele 377, 880. 
Schilling 93, 250. 
Schindler 63, 1057. 
Schittenhelm 95, 609. 
Schlagintweit 5l, 24. 
*Schlagintweit 246, 247, 
248, 
Schlayer-Hedinger 125. 
Schlesinger 88. 
*Schlockow 157. 
Schloss 520. 
Schlosser 180. 
Schmid 170. 
Schmid-Geronne 719 
Schmiedl 512. 
Schmilinzky 1077. 
*Schmorl 550, 558. 
Schottelius 781. 
Schourp 261. 
Schreiber 1074. 
* Schreiber 947. 
* Schtschelbitzki 1001. 
Schtscherbakow 782. 
Schüller 80. 
Schumm 430, 823. 
Schur 451. 
Schur-Wicsel 1007. 
Schur-Zaok 176. 
Schwarz 162, 778, 904. 
Schweckendick 016. 
Schweiger 914. 
Schweitzer 163. . 
* Schwimmer 641,653,659. 
Seaubrau 620. 
*Seegen 607. 
Seiler 424. 
Selenkowski 771. 
Selig 459. we 
Sellei 169, 201, 611. 73%, 
975. 
*Sellei 314. 
Semenow 793. 
Semmelink 168. 
Senator 854. Se 
* Senator 183, 458, Hir 
951, 956, 1014, 1011. 


Serenin 422. 
* Seienin 443, 
*Serono 427. 
Serra 919. 
Seyberth 1006. 
*Shebrowski 947. 
Shuttleworth 74. 
Siebelt 434. 
Siebert 63. 
Sıematzki 77. 
Sikes 780. 
Simon 1047. 
* Simon 357. 
Sımrock 58. 
*Sinizin 443. 
* Sinkler 392, 
Sippel 460. 
*Sırotini 985. 
Sklarck 63. 
Sliwinski 456. 
Slowtzuff 519. 
Slowtzow 519, 988. 
Smith 778. 
Soetbeer 772. 
Sokolow 812. 
Sommerville 1048. 
* Spencer 504. 
*Speranski 1001. 
Spiro 807. 
Spitzer 358. 
Spurway 87. 
Suuier 166. 
Ssuamochoski 622. 
Starling 177. 
Steinthal 807. 
Stern 422, 
Stewart 91. 
Sticker 250. 
Stoeckel A. 941. 
*Stockmann 662, 784. 
* Stoerk 13, 377. 
Stoerk 3, 719. 
Stoerk - Zuckerkandl 
Storp 701. 
Strasser- Blumenkranz 
1069. 
Strassmann 800. 
Sträter 730, 929. 
Strauss 76, 178. 
Strebel 62. 
*"Strzyzowski 255. 
Subbotin 430. 
Sultan 80. 
Suter 97, 207, 327, 
Swinburne 60, 99-4. 
Swoboda 816. 


Taddei 725, 821. 
* Tanaro 338. 
*Tarnowsky 677. 


133. 


928. 


Namen-Register. 


Tauffer 1048. 
Tausard 611. 
Taylor 912. 
Tedenant 619 

* Teissier 949, 1019. 
Temkin 532. 
Teuney-Chase 631. 
Terrier-Dujarier 700,1050. 
Teschemacher 515. 
Teuffel 942. 
*T'uscher 653. 

* Thalberg 653. 
Thalwitzer 58. 
Thelemann 168. 
Theodousjew 540. 
Thevenet 1072. 
Thevenot 634. 
*Thiaudière 286. 
* Thiele 988. 
Thiemann 65. 

* Thiersch 286. 
*Thimm 320. 
Thomas 71. 
Thompson 451. 
Thompson 267, 811. 
Thomson 104. 
Thorel 814. 
Thumim 268. 

* Tigerstedt 170. 
Torek 70. 

Török 155. 

Tracy 709. 

Trappe 80. 
Treplin 75. 
*Troine 408. 
Tromp 94. 
*Tuitier 405. 
Tueendrrich 60. 
Turner 711. 

Tyson 449. 


Ullmann 536, 699. 
* Ullmann 439. 
Unterberz 1050. 
Unterberger 77, 905. 
lipeott 173. 
*Uskow 1001. 


*Wajda 648, 658, 761. 
Valentino 605, 

* Vanverts 394. 
Varamin 915. 

Vautrin 623, 

Venema 915. 

* Verriere 53, 

* Vertun 954, 
Victorow 907. 

Vieth 61. 
Vignard-Laroyenne 810. 


1137 


Villar 524. 

* Villencuve 440. 

Vincenzo S$20. 

* Vinci 171. 

Virchow 251, 
644, 650. 

Vogel 823, 1044. 

Völker 153. 

Völker, Nikes, Stephenson 
u. Thompson 1666. 

Vörner 250. 

* Vörner 321. 

Vorpalil 92. 


548, 557. 


WWaclsch 613. 
Wagner 802, 911. 
Wagner 566. 
Walbum 637. 
Walker 711, 1004. 
Wallace 913. 
Wallace-Lee 260. 
Wallich 939. 
Warren 713. 
Warthio 719. 
Washburn 180. 
* Wassermann 287, 289, 
644, 608, 659, 689, 763. 
Wassmuth 162. 
Watson 175. 
* Watts 943. 
Webster 525. 
* Weichselbaum 552, 557. 
* Weigert 539. 
Weil 696. 
Weinberg 93. 
Weinrich Ou. 
Weinstein 169. 
Weiss 822, 906. 
* Weiss 855. 
Werbitzki 984. 
Westenhocfler 634. 
Westhoff 999, 1013. 
* White 648, 
* Widal 939. 
Wiechowskt 518, 1047, 
Wiener 165, 518. 
Wiesel 724. 
* Wiesinger 407. 
Wildbolz 185, 322 
*Willbolz 881. 
* Wildt 979. 
Williams 251, 705. 
Williamson 754. 
Wilhan 722. 
Wilms 1078. 
Wiltse 625. 
Winkler 1069. 
Wintersitz 0583. 
Wittner 614. 
* Wittzack 134. 


1138 


Witzenhausen 700. 
Wincw 869. 

Wolf GL. 

Woods 82. 
Woods 172. 
Wossidlo 131. 

" Wossidllo 310. 


' Wosskresenski 443. 


* Wreden 347. 
Wulff 76, 79. 


Young 625, 936. 


Namen-Register. 


* Young 440, 943. 


Zabel 885. 

Zubolotnow 454. 

Zacco 637. 

Zangenmeister 76, 529, 
877. 

* Zangenmeister 667. 757. 

Tebrowski-Gilewitsch 818. 

* Zeidlitz 356. 

v. Zeissl 258, 616. 

* Zeiss! 319, 646, 761. 


Zeuner 916. 

* Ziegler 255. 

Zieler 358. 

Zirkelbach 458. 

*Zondek 458. 

Zorn 157. 

* Zweifel 182. 

Zuckerkaudl 3, 79, 896. 

*Zucherkand!l 15, 316, 
373, 595. 596, 995. 

Zuelzer 367, GO6. 


Zeitschrift für Urologie 1907. 





Vom Cystoskop durchleuchtete Cystocele (von außen gesehen). 
Die hintere Scheidenwand ist durch ein Scheidenspekulum nach 
unten gedrückt, um die Cystocele gut sichtbar zu machen. 


Tafel 1. 


n Blase. 


nl. 
Ch 


CT, 


Zeitschrift für Urologie 





Vom Cysti 
Die hinter 
unten gec 


Tafel l. 





Stark vorspringender linker Ureterhügel in der luftgefüllten Blase. 


Der Ureter in Aktion. 


'] 11 
f ° 


ar T 
FT Sa ma SO ge: 


A 


Aus 





eitschrift für Urologie 1907. I 1. 


- ———..—- 


— vm mm Wf - — rm mm mm nem 


kl, wg fe g. 


tww - 
gr. $ ae ES w ` ms 
w "> -m — be we Nm 
een - 
- e na EP — < e, 
é "am Wap. ¿9 
r e ET ua 
Da Ga ` wi. “w~ < 
A wë Se AA mu m 
D e ur P. ` Ne "`` way 
` 1 . a, = ww nr 
6; ww d e ge < 
- š wë `f -:. Te m= ~ D "zy 
e Fa ut u he 
e e ` a W, x 
E 3 w L - 
< 1 UW ' 
e ° © 
° d ? I — ç š ` 
> e gi e J U ve N 
- = Bir iu er 
= e - D f i 
w ef š sf, 2> i 
I ' es s: ° j 
. ° ° 
er ee X e e v 
s Cat . » 
° ~ 
Bun, N, Ce ed » | 
k ë ç "J 3 ert die? I 
e - 
Ë o” » 
E 


keda, Kyoto. 


— 


Tafel 111. 


e 





Tafel Ill. 


Zeitschrift für Urologie 1907. 


| —— > ë rE - GW uw w 
— — — —Fs r  - — - u u — -— —— — — — — e 
Duni sesa men Kk... _ 


TI 


L - 
taa 


De 


re 





Fig. 1. 


Pie. 2; 


Grosheintz, Basel. 


— 
- ` 





ift für Urologie 1907. Tafel IV 








sheintz, Basel. 


—a  QUIEIi uyawaq. — a Gik...qion. J EEE NASE SEEN EEE CE Br "ma MT ED EE men 


Tato N. 








=- — — —- nn — 


Zeitschrift für Urologie 1907. Tafel V. 





Grosheintz, Basel. 


Tafel VI. 








eitschrift für Urologie 1907. Tafel VI. 





Grosheintz, Basel.