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Full text of "Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen 67.1942"

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STE FÜR 
VERGLEICHENDE SPRACHFORSCHUNG 


AUF DEM GEBIETE DER 
INDOGERMANISCHEN SPRACHEN 


BEGRÜNDET VON A. KUHN 


NEUE FOLGE / VEREINIGT MIT DEN 
BEITRÄGEN ZUR KUNDE 
DER INDOGERMANISCHEN SPRACHEN 
BEGRÜNDET VON A. BEZZENBERGER 


HERAUSGEGEBEN VON 
HANNS ERTEL, EDUARD SCHWYZER, FRANZ SPECHT 


67. BAND 


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CHINES 


GÖTTINGEN /VANDENHOECK&RUPRECHT/ 1942 


590691 50 
Zu 


v. 67 


Printed in Germany e 
Gedruckt bei Hubert & Co., Göttingen : 


3-5-52. 


H 


Inhalt, 


J. Wackernagel, Indogermanisch -gre als alte nebensatzeinleitende Kon- 
junktion. (Aus dem Nachlaß, herausgegeben von Joh. Lohmann.) . 1 
H. Lommel, Yasna 34. (Exkurs zu T. 34, 15: ud, däud(h)ya-. 8.16) . 6 
V. Pisani, Zum schwachtonigen Vokalismus im Latein i 27 
M. Johannessohn, Das biblische xa} fäeg in der Erzählung samt ‘one 
hebräischen Vorlage. es; ausführliche Inhaltsübersicht auch von 


Seite 


Teil I 8.82). . ... 30 
Fr. Specht, Hom. fıfdodwo» . 84 
85 


H.Kronasser, Die lateinischen Nominative auf ER be a ee i 
Fr. Stummer, Das angebliche etruskische Vaterunser . . . . . . . .100 
E. Schwentner, Argiya . Ban arc. Ae en Soe 2 


E. Schwyzer, Eochar 101 
I. Bartoli, Zur Lex Verner. 102 
V. Pisani, fayds . . . . . 111 
J. Hamm, Über den gotischen Einfluß auf die altkirchenslavische Bibel- 
übersetzung . ‘ EE . 112 
Fr. Specht, sose gelimida Pen . 128. 
H. Oertel, Zu den ai. Ellipsen : 129 
E. Schwentner, Vogelnamen und Volkswitz 153 


S Wackernagel } und A. Debrunner, Indoiranica. 2. Ai. G-ling- „um- 
armen“. 22, Ai. äsayati äsita-. 23. Ai. utsuka-. 24. Mittelindisch 
-ettika-, -aytttaka u. dgl. 25. Aw. karati- „Messer“ — v. krté-. 

26. Ai. krsanu-. 27. Ai. ksarati — ksdlayati. 28. Ai. khäd- „essen“ 
29. Ai. g-: gd AA 30. Ai. jayampati-. 31. deüvos. 32. Ai. di- 
„fliegen . 33. Ai. zard-. 34. Dekkan. 35. Ai. dad- „halten“. 
36. Ai. sdpunsaka-. 37. Ai. nägd-. 38. Ai. prästi-. 39. Ai. mula: vrt. 
40. Ai. vardhana-. 41. Ai. vásyaşti-. 42. Ai. vipula-. 43. Ai. 
vibali-. 44. Ai. vivigodms-. 45. Ai. visti- „Fronarbeit“. 46. Ai. 
vyemäna-. 47. Ai. sürana-. 48. Ai. ër = „vereinigen“. 49. Ai. sūci- 
„Nadel“. 50. Mi. se — té. 51. Ai. spr- „gewinnen und losmachen“. 
52. Ai. sruc-, sruva-. 53. Ai. harmyd-. 54. Vedische Zitate bei 
Patadjali . i . 154 

M. Johannessohn, Berichtigung und Ergänzung : zu 8. 55 2. bE. (Wort- 
stellung im Bibl.-Aramiischen.) — Berichtigung zu S. 68, Anm. 4 182 

P. Thieme, Merkwürdige indische Worte. 1. Metathesen. 2. Dissimila- 


tionen. 3. Partielle Metathese . . . . ee e ER 
J. Lohmann, „Mots expressifs“. . Be. al tat « a we ey y . 196 
K. Bouda, Zu o. LXIII 51 und LXIV 88 hii ee. ok 2 . , I 


D. Demetracopoulou-Lee, Noun categories in Wintu. ‘The Generic and 
the Particular. (Mit einem Vorwort von Joh. Lohmann) . . . 197 


IV Inhalt 


Seite 
W. Krause, Thrak. Achnog (doss) und Alonnos ` . . .. . . . Bll 
M. Leumann, eilen „kastrieren“ und sanare kastrieren . 215 
W. Kaspers, Die Waffenbezeichnung catia. ........ 218 
F. Specht, Griech. Aen . . d e, ie 2219 
A. Johannesson, Isländische Beiträge z zum indogermanischen | Wörterbuch 220 
E. Schwyzer, perà yrauntio: yévvoow . . . 223 
W. Krogmann, Got. kaupatjan .........2.2... . . 224 
V. Pisani, Ahd. dihal . . . ee en det Ser A AAD 
J. J. Hamm, Aksl. progi, prodi ee gee Apo. Bl me e e e e 
E. Schwentner, Toch. A kāts „Bauch ee oy. en A 5088 
P. Thieme, Weiteres zum indischen Adoptionsritus „ „ & ce ae EH 
B. Hofmann, Sach- und Wortregister zum 67. Bande . . . . . 230 


Zugesandte Druckschriften 32224 


Eeucchriſt fur 
vergleichende 
Sprachforſchung 


auf dem Gebiete der 


zndogermaniſchen Sprachen 


BEGRÜNDET VON A. KUHN 


NEUE FOLGE / VEREINIGT MIT DEN 
Beitragen zur Kunde’ 
der indogermanifhen Sprachen 


BEGRÜNDET VON A.BEZZENBERGER 


HERAUSGEGEBEN VON 
HANNS CERTEL, EDUARD SCHWYZER, FRANZ SPECHT 


67.BAND 
1./2, HEFT 


Inhalt Seite 

J. Wackernagel, Indogermanisch -qve als alte nebensatzeinleitende Konjunktion. 
(Aus dem Nachlaß, herausgegeben von Joh. Lohmann in Rostock). . 1 
H. Lommel, Yasna 34. (Exkurs zu Y. 34, 15: išud-, iäud(h)ya-. 8. We E E 
V. Pisani, Zum schwachtonigen Vokalismus im Latein e E 


M. Johannessohn, Das biblische xa? ¿dov in der Erzählung samt seiner Tobrklschen 
Vorlage. (Schluß; ausführliche Inhaltsübersicht auch von Teil 1 S. SN rn; 


Fr. Specht, Hom fcfdodwr . . „ e a Te Re 
H. Kronasser, Die lateinische Nose s WI ES e 
Fr. Stummer, Das angebliche etruskische Vaterunser . . ..... 100 
%% DM ◻gmm ] ↄ ↄ ↄ WAAd̃ ] ae 7] 
«Ä "ze A Aug a Er Aa m e A SÉ xt 
M. Bartoli, Zur Lor "Verner i „ E sw E 
V. Pisani, Bayds . . i . 111 
J. Hamm, Über gn ieder Einfluß auf die Altidirchenalavische Bibelübersetzung 112 
Fr. Specht, sose gelimida ç inn 128 


Preis des Doppelheftes in der Reihe 8 RM., einzeln 10 RM. 


Beiträge, die vorwiegend die indogermanischen Sprachen A-iens oder allgemein 
sprachwissenschaftliche Fragen betreffen, werden an Prof. Dr. Hanns Oertel, München 72, 
Pienzenauerstr. 36. erbeten; solche aus dem Gebiete der west- und südeuropäischen, ins- 
besondere der klassischen Sprachen nebst Zubehör an Prof. Dr. Ed. Schwyzer, Berlin- 
Dahlem, Pudbielski-Allee 19; Arbeiten über haltisch-slavische und germanische Sprachen 
sowie über indogermanische Altertumskunde an Prof. Dr. Fr. Specht, Breslau 
Hindenburg-Platz 1611. Arbeiten über allgemein indogermanische Gegenstände ist jeder 
der drei Schriftleiter entgegenzunehmen bereit. Die Schriftleitung dieses Heftes besorgte 
Prof. Dr. Fr. Specht. — Besprechungen können nur solchen Werken zugesichert werden, 
welche ein Herausgeber erbittet. — Anzeigenleiter: J. Hulzhey, Göttingen. Pl. 2. 


Zn den Abhandlungen der Seſellſchaft der Wiſſenſchaften zu Göttingen 
tft kürzlich erſchienen: 


Mar Pohlenz 


Grundfragen 
der r ſtolſchen Philoſophie 


Broſchiert 8 RM. 


Der Verfaſſer beſpricht grundlegende Lehren der ſtoiſchen Ph iloſophie 

und ſtellt im Gegenſatz zu der tendenziöſen Beurteilung durch Antiochos 

v. Askalon, der ſich neuerdings namhafte Philologen angeſchloſſen haben, 

feft, daß die ſtoiſche Ethik eine durchaus originale Leiſtung von erhebs 

licher philoſophiſcher Bedeutung darſtellt. Zur Begründung iſt eine ein⸗ 

gehende Analyſe von Ciceros Werk de finibus gegeben, aus dem wir 
Antiochos“ Anſchauungen kennen lernen. 


Verlag von Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen 


Indogermanisch -e als alte nebensatzeinleitende | 
Konjunktion. 


(Aus dem Nachlaß Jacob Wackernagels, herausgegeben 
von Joh. Lohmann in Rostock.) 


Es gibt in J. Wackernagels Werken an verschiedenen Stellen 
Andeutungen über eine Annahme, die ihn nach den im Nachlaß 
vorliegenden Aufzeichnungen fast sein ganzes Leben hindurch 
beschäftigt haben muß, ohne daß es jedoch zu einer ausdrück- 
lichen Veröffentlichung gekommen wäre. Er selbst muß bis zu- 
letzt fest von der Richtigkeit seiner These überzeugt gewesen 
sein, hielt aber das gesammelte Material wohl noch nicht für hin- 
reichend überzeugend, um damit an die Öffentlichkeit zu treten — 
falls dieses nicht einfach durch rein zufällige Umstände unter- 
blieben ist. Am klarsten ausgedrückt findet sich die Hypothese 
in einer Kollegnachschrift des noch nicht veröffentlichten Teiles 
der: Vorlesungen über Syntax, bei der Behandlung der Neben- 
sätze, die ich in der Fassung belasse, wie ich sie vorgefunden 
habe, für die natürlich W. selber nicht verantwortlich gemacht 
werden darf: „Neben den Relativsätzen hat es wahrscheinlich 
noch einen zweiten Typus alter Nebensätze gegeben, ein Typus, 
der fast verschollen ist und vielfach nicht anerkannt wird. te 
und -que waren ursprünglich auch in der indogermanischen Grund- 
sprache zur Charakterisierung von Nebensätzen konditional und 
temporal verwendet worden. Reste davon finden sich im alten 
Latein: absque wird von den Archaisten im Sinne von sine ver- 
wendet, das ist unursprünglicher Gebrauch. Im Altlatein kommt 
absque nur vor in Konjunktivsätzen: absque me (te, hoc) esset 
‘wenn es ohne mich wäre’, wenn ich nicht dabei wäre’. Dieses 
que ist absolut nicht zu verstehen als Zusatz zur Präposition. 
Das Altindische hat ein ganz entsprechendes Wort, das Kon- 
ditionalsätze charakterisiert, auch im Gotischen findet sich noch 
eine Spur davon’).“ 

Zu absque vergleiche man noch IF. I 417, sowie Vorl. über 
Synt. II 193 („ich erinnere gleich hier an absque, wo que ur- 
sprünglich ‘wenn’ bedeutete“). Ferner gehören in diesen Zu- 
sammenhang die Ausführungen über őre, IF. Anz. V 108f. (aus 

1) Got. nih „wenn nicht“ (vgl. absque), Streitberg, El.-B. 8 370: Joh. 9, 33 
nih west sa fram guda ei un Tv odtos nape eod; 15, 22; 18, 30; 19, 11; 
Röm. 7, 7;9, 29. 

Zeitschrift für vergl. Sprachf. LXVII 1/2. 1 


2 J. Wackernagel 


einem Referat über den Genfer Orientalisten- Kongreß von 1894): 
„Griech. őte wird erklärt als Neutrum des Relativums + te, warum 
aber heißt es dann nicht őrre? Zu őre ist skr. sa ced (*ca + id) 
zu stellen; sa ist versteinert, es steht auch bei pluralischen ` 
Femininen, wie auch sa yatha. Älter ist saca, was im Veda vor- 
kommt, und dies ist direkt = Öre (ö ist der mask. Artikel). g 
6te ist Sore mit Tmesis durch ö. Ob die Versteinerung schon 
indogermanisch ist, bleibt dahingestellt.“ — Uber gr. őte liegt im 
Nachlaß eine ausgearbeitete Aufzeichnung vor, die ich im fol- 
genden zunächst wiedergebe. Daran angeschlossen ist dann wei- 
teres, auf das nebensatzeinleitende -g*e sich beziehendes Material. 

Es ist gemein üblich, Are „wann“, „wenn“ und seine Kor- 
relata zöre, dre, &AAote auf Akkusative des Neutrums zurückzu- 
führen, denen die Partikel te angeschlossen wurde‘). Aber es 
stehen dieser Auffassung doch auch Schwierigkeiten gegenüber. 
Schon Buttmann, Lexilogus II 202A. weist darauf hin, daß sich 
re in tte nicht begründen läßt. Er vermutet Nachbildung nach 
dre. Dies gewiß richtig, auch für dAdote (doch siehe unten), 
während bei woré das re nicht überrascht. | 

dre selbst macht aber auch wieder Schwierigkeit. Lautlich: 
wir erwarten őrre, wie tre und wie Öörsöre, da doch so alte 
Verbindung. Begrifflich: zwar nicht in der gewöhnlichen Be- 
deutung, aber dc Are für sç in Vergleichungen auch wo bloß 
Substantiv, z. B. A 462 femme ò wg Ste adeyos. Auch bei Pindar 
bloßes Substantiv mehrfach. 

Es steht aus dem Altindischen eine Verbindung zu Gebote, 
die synonym mit Gre, wo diese Schwierigkeit nicht besteht. Ich 
meine sa ced, das in der Sprache der buddhistischen Texte gleich- 
wertig mit einfachem ced, also im Sinne von „wenn“ gebraucht 
wird. Pali dafür sace. Offenbar dient hierin sa als Vorankündigung 
des Subjekts und als fulcrum der enklitischen Partikel, vielleicht 
ursprünglich wechselnd mit s@ usw. je nach Geschlecht und 
Numerus des Subjekts, dann versteinert. sa findet sich wesentlich 
ebenso in sa yathä, womit die Prosa der Brahmana gern Ver- 
gleichungssätze einleitet °). 

1) Scheinbar homer. Aĝo im Sinne von GAdote: E 249 Jon yd me xa 
dAdo ven Enivvooev Eperun (sonst dAAore). Vgl. róð’ Indvo usw. im Sinne von 
„ich komme jetzt“ (ride civ dig i), v. kat, av. kat „wann?“, ad, yadi, 
av. edi, yezi (aus yad-zi), auch 8r’ „daß“, vielleicht sogar (Monroe 191) 8r: „daß“ 
öfter durch Fehler an Stelle von őre. — Oder xdre zu ai. kva, lat. guöque? 


2) Buddh. sayyath — idam, jainaprakr. sajahä, Asoka seyathä, Pali 
seyyathä Le Magadhism, oder eher aus dem folgenden y). 


Indogermanisch -g*e als alte nebensatzeinleitende Konjunktion. 3 


Dieses sa ced würde in der älteren Sprache durch sa ca ver- 
treten sein: v(edisch) überwiegt bekanntlich noch das einfache 
ca „wenn“ das aus ca + id zusammengezogene ced. Gerade die 
Verbindung sa ca „wenn der“ ist den alten Texten nicht fremd 
(z. B. AV. 15, 12, 3). 

Dieses sa ca erscheint im griechischen öre wieder. Die Be- 
deutung stimmt durchaus, wenn man auclı ced als Konditional- 
partikel, Ste als Temporalpartikel zu bezeichnen pflegt. ca als 
hypotaktische Partikel drückt einfach Konnex des Inhalts der 
beiden Sätze aus. Die ca- und ced-Sätze dienen öfter dazu, die 
Zeit der Hauptsatzhandlung zu bestimmen). Umgekehrt ist Gre 
nicht bloß temporal, in homer. Gre un „außer“ ist es ei ganz 
synonym, 2. B. I 227 oöre tem on&vöcone Dedy Ste un Avi nargi. 
Wenn wir aber 6 in te als bloßes fulcrum erkennen, so dürfen 
wir daran denken, daß auch sonst ö usw. scheinbar pleonastisch 
in solcher Weise erscheint: H(omer) ô 6é bei kontinuiertem Subjekt, 
vgl. lat. is quidem, ille quidem, roman. oil „ja er“, „ja es“, „ja sie“ 
(N. Pl.) versteinert (Tobler, RE. II? 423). 

Zu og Ste (vgl. oben S. 2, Z. 23). l 

oc öte ohne Verbum: B 394, A 462, M132, N 471. 571, 
O 679, 3219, P 712, 2 368, t 494 (Nom.), O 362, II 406 (Nom. 
+ Akk.), e 281 (Akk.): also in Ilias immer Nominativ. og ei in 
Ilias mit Nomin. vielleicht nie. — 

Man hat allerdings dieses ðs öre gemeint erklären zu können: 
ein Temporalsatz habe vorgeschwebt (Buttmann, Lexilogus II 228), 
eine Verkürzung sei eingetreten (vgl. z. B. Lange, Abh. Sächs. 
Ges. d. Wiss. 6, 435ff. 539 usw.). Man stellt es mit dem nicht selten 
gebrauchten og ei in Parallele, das (zusammen mit dc ere) bei 
Homer 16mal vorkommt, z. B. n 36 ðs ei nregöv Hé vonue (noch Ar. 
fr. 495, Pind. Pyth. 4, 112). Aber erstens: ei ganz anders als Gre 
nicht an und für sich hypotaktische Konjunktion, wie seine Ver- 
wendung in Wunschsätzen zeigt („etwa“). Dazu stimmt zweitens: 
von den 11 Stellen, wo ohne Verbum fin. in der Ilias, haben es 
sechs bei einem Partizip, das umgekehrt in der Ilias nie mit bloßem 
oc: charakterisiert den Verbalbegriff als gedacht. Beides gilt auch 
von lat. quasi (Opp. ut), mit dem Wegener, Untersuchungen über 
die Grundfragen des Sprachlebens 102 es zusammenstellt. 

Dieses seltsame dc őre wird einfach verständlich, wenn wir 

1) RV. 5, 77,2 vi cavah heißt „wenn (sobald) es tagt“, also ca ganz 
temporal, vgl. Kaegi, Festgruß an Roth 159. 165, wo wegen ca mit betontem 


Indikativ verwiesen wird auf RV. 10, 34,5 und 1, 40, 6 bei Delbrück, SF. V 475. 
1* 


4 J. Wackernagel 


dieses Ste ebenso wie die temporale Partikel in so g*e auflösen 
und og te als eine Spielart von Gore betrachten, das Homer in 
Vergleichungen ganz geläufig ist (P 133 dée rig te Aéwy zeigt 
auch Tmesis von Gore). In &g Gre ist ô genau ebenso zu be- 
urteilen wie das sa von sa ced. Einige Besonderheiten im Ge- 
brauch von ög Zäre erklären sich nun besonders gut. In der Ilias 
steht es entweder mit einem Satz, der ein Verbum hat oder mit 
einem Nom. + Akk. (O 362, L 406) oder — und zwar recht 
häufig — mit einem Nominativ. Es steht also gar nie ohne 
Nominativ (inkl. Nominativ involvierende Satzform). Dieses kann 
nicht Zufall sein: òg ei, das dem ôç Ste so ähnlich scheint, kommt 
ın der Ilias c. nom. vielleicht an zwei Stellen vor, wo das betr. 
Substantiv aber auch als Akk. gefaßt werden kann, einmal c. 
nom. + acc., achtmal mit obliquen Kasus (besonders Partiz.). 
os Ste ist also noch in der Ilias die Vergleichungspartikel bei 
nominativischen Begriffen, wenn auch nicht auf Sing. masc. be- 
schränkt. Die Fälle vom Typus A 462 Zorten öç Ste ndeyos, 
O 679 ag ër dvnio, IT406 öç Gre rig gas, 4 368 ws dr dodde 
bilden die Minderzahl. Zweitens mache ich darauf aufmerksam, 
daß einem wg dte-Satz temporale öre-Sätze untergeordnet sein 
können, z.B. 8 394 öç čparť, Aoysioı dé ue laxov, ÖS Ste 
xöua dert & ö Vn, öte nvon Nörog éAdowv. Dies fällt darum 
auf, weil schon die homerischen Dichter das öre in c Ste dem 
temporalen öre gleichzusetzen begannen. 

Noch ein weiterer Gebrauch von öre empfängt vielleicht Licht 
bei dieser Auffassung seines Ursprungs. Doch bemerke ich zum 
voraus, daß ich mich hierbei weniger sicher fühle als bei den 
vorausgehenden Darlegungen. Bekanntlich findet sich öre auch 
indefinit in zweigliedrigen Ausdrücken, bei abwechselnder Hand- 
lung: P178 ôrè dé ohne Ankündigung des Gegensatzes im voraus- 
gehenden Glied, été ut» — duo (62) A 64f., 3 599ff., T 49f., 
d More uèv — ore dë A 566ff., später auch ö — örè. Homer 
kennt keine sicheren Parallelen für solchen Gebrauch relativischer 
Wörter. sog „eine Zeit lang“ wohl überall durch tyoc zu er- 
setzen, bei Homer 0547 dea: Nauck tópoa, tóte piv — tre dé bei 
Späteren (? Herausg.), Hesych: (Bdrrov olAyıov) ... nov ue 
Auuwva, zov dë oliyıov éxxeyaodyda: ... ôtè erzeugte aber 
Nachwuchs! 

Gar nicht zu vergleichen: lat. qua — qua, schon weil Be- 
deutung nicht stimmt’): „alle, sowohl — als auch“ (Gesamtzu- 

1) Vgl. dazu Wackernagel, Arch. f. lat. Lex. XV 213ff. 


Indogermanisch -g*e als alte nebensatzeinleitende Konjunktion. 5 


sammenfassung aller in Betracht kommenden, z. B. Mil. glor. 1392: 
quem oderunt qua viri qua mulieres). Ursprung klar aus Pl. Asin. 96: 
qua me qua uxorem qua tu servom Saurean potes, circumduce 
(überall innerhalb der Grenzen des Könnens), vgl. Auslassung von 
potest bei quam cum superl. (dies wohl allgemein bekannt unter 
den Latinisten). 

or — dré = sa-ca — sa-ca (— idem lat. möglich). 

Ob d@AAore, wo in zweigliedrigen Sätzen, auch so? 


„wenn“-Ausdrücke temporal (vgl. oben S. 3, Z. 10). 

Cic. epist. 14, 10, 1: cum eo si locuta eris, intelleges, quid fieri 
velim; 16, 12, 6: numquam sero te venisse putabo, si salvus veneris; 
16, 14, 2: repraesentabo, si adveneris; Cat. 14, 17: si luxerit „des 
que l'aube luira“. Q 768ff.: dd el tis we nai dAlog Evi uc- 
ydooıoıw Evlonoı ... dad o TÓV Y? EnéeooLy NAgaLPdmEVOS XATÉQUXES 
(ist ei hier temporal?). A 455: ei xe dvrw (Lesung Aristarchs, 
alii del xe dv) „postquam mortuus ero“. — si temporal: Cic. 
epist. 10, 28, 3; 14, 1, 3; 16, 3, 2; 16, 4, 1; 4, 5, 6 (Sulp. ad Cic.), 
Meusel II 1859—61. 

gore „bis“. 

Später auch „solange“ (att. Prosa und Ar. fremd), vgl. donec, 
zuerst bloß „bis“, erst Horaz „solange“. Zu Zore „bis“: do-ne-qu’ 
„bis wenn nicht“ (u. ar-ni-po), weil na ced „wenn nicht“. gore 
statt ç (v) & te entweder Typus torydoto: (aus tolyag .. tot) 
oder nach Horn, Sprachkörper und Sprachfunktion. 


Zu absque. 

Zu absque eo esset usw. „wenn es ohne ihn wire“ vgl. ab 
re, amens, gr. dnd Gurëooc Soph. OC. 900, dré xalxoö „dvev 
xaAxoö“. Der klassischen Sprache fremd, dann verkürzt z. B. 
Gell. 2, 21, 20 absque te uno forsitan lingua Graeca longe anteisset: 
„ohne dich“ hypothetisch, dann überhaupt „ohne“, „außer“. Sicher 
bezeugt erst von den Archaisten an. Häufig in der lateinischen 
Bibel, z. B. oves absque pastore. Lommatzsch (Thes.) richtig: pro 
praepositione in sermonem urbanum recepta non ante alterum 
p. Ch. saeculum. Quint. 7, 2, 44 absque sententia: A in rasura, 
prima manus habebat pauciores litteras. Vorarchaistisch nur 
„Sallust“ in Cic. 3: absque carnuficis nomine. Es ist kraß, daß bei 
Fragen über Echtheit der sallust. Invektiven absque nicht in 
Rechnung gezogen. Oder dürfen wir schon dem Sallust einen 
solchen falschen Archaismus zutrauen? | 


6 H. Lommel 


Yasna 34.1) 


1. Mit sehr viel solcher Taten, Worte (und) Gebete, wegen 
deren du, o Weiser, Unsterblichkeit, Wahrsein und das Reich 
des Heilseins zu geben vorhast, wollen wir es uns angelegen 
sein lassen, (diese [Gnaden]) von dir, o Herr, zu empfangen. 

a) Hinzufügung von čā (nach dem dritten ya; Bartholomae, 
M. W. Smith) ist nicht erforderlich, da der Schlußpäda mehrfach 
(öfters in V. 33) nur 8 statt 9 Silben hat. — yasna- „heilige Hand- 
lung ( Gottesdienst)“ steht für das dritte Glied der Formel „Tun, 
Sprechen, Denken (manah-)“, ist also nahezu „Andacht“; doch 
enthält yasna- die Vorstellung einer Verrichtung, während An- 
dacht rein innerlich ist; hier wurde „Gebet“ gewählt als Ver- 
richtung der Andacht. 

a, b). Vgl. V. 44,18: haurvata amarstätä .... taeibyo ddvha „du 
hast die Absicht, H. und A. zu geben“; taéibyo ist andere Schrei- 
bung für taibyö (wie viele Hdschr. an diesen beiden Stellen haben) 
und taibyd, also nicht als „diesen“ (Meillet, Trois conférences 56: 
„leur“) zu übersetzen; und es ist — auch im Folgenden — kein 
Begriff vorhanden, auf den sich ein solches „diese“ beziehen könnte. 

c) aesdm; in dhma ist eine Silbe einzufügen: 3hämä, vgl. 
Andreas und Wackernagel Y. 29,11 und åvhāmā. Zur Konstruk- 
tion 3h(ä)mä .... daste vgl. Delbrück, Ai. Syntax 420; aus dem 
RV. vgl. etwa noch 7, 34, 24: räyah syäma.dharunam dhiyadhyai „es 
sei an uns, die Grundfesten des Reichtums inne zu haben“. 

2. Und dies alles gebt ihr, (du) und dein guter Geist, für 
das Denken und Tun des klugen Mannes, dessen Seele mit 
Wahrsein vereint ist, und für (seine) Loblieder, (wenn er) bei 
der Anbetung für euch, o Weiser, singend den Rundgang 
(macht). | 

Strophe 2 ist mit der vorausgehenden und der folgenden eng 
verbunden. :...vispä „dies alles“ bezieht sich auf die 1a, b ge- 
nannten Gaben ameratatat- „Unsterblichkeit“ usw.; dies hat M.W. 
Smith richtig erkannt und damit einen Schritt zum Verständnis 
dieser Str. getan; data 2. Pers. Plur. „ihr gebt“ nimmt das taeibyo 
dä»vhä „du hast die Absicht zu geben“ in 1b auf, und findet sein 
Gegenstück in däma „wir geben“ in 3a; manawhd, syaodnda, garöbis 
„Denken, Handeln und (Worte der) Lieder“ entspricht der Drei- 
heit syaodnd, vadavhä und yasnä in Str. 1. Durch diese dreifache 
Betätigung erhält der kluge (fromm-weise sponta-, ZII. VII 12ff.) 


1) Vgl. Gött. Nachr. 1934, 67—119; 1935, 121—169; W. u. S. NF. I 237—265. 


Yasna 34. 7 


Mann, dessen Seele von Wahrsein begleitet, erfüllt ist, Anwart- 
schaft auf die göttlichen Gaben, die der angeredete Ahura Mazda 
zusammen mit Sponta Manyu verleiht. Dieser ist hier (wie öfter, 
vgl. meine Anm. zu Y. 48,8d, Gött. Nachr. 1935, 131) nicht als 
spanta-, sondern als mainyus vavhus (Nominativ; so nicht mainyaus 
vanhaus ist zu lesen’)) bezeichnet und zugleich in Anrede an den 
Weisen Herrn als „dein (töi) Geist“ wie Y.43,2,6; 33,9 (vgl. 
28, 11; 43,16); das tõi zu manawha zu ziehen (Bartholomae, Wb.790, 
M. W. Smith) oder zu pairigae$e (Bartholomae, Übersetzung) ist 
nicht richtig. Der Gedanke, daß Gott zusammen mit seinem Geist 
für rechtes Denken, Sprechen und Handeln die Gaben Heilsein, 
Unsterblichkeit und das (himmlische) Reich verleiht, findet sich 
öfters (Religion Zarathustras 20) ausgedrückt, unserer Stelle (Str. 1 
und 2) am ähnlichsten Y. 47,1. 

Das Subjekt zu dem Plural data „ihr gebt“ ist dem Sinne 
nach Ahura Mazda und die ihm nahestehenden Geister, in Worten 
genannt sind aber nur zwei, er selbst und Sponto Monyus. Gott 
selbst aber ist weder als Herr noch mit direktem „du“ (im Nom.), 
sondern nur in der dritten Zeile als „Weiser“ in Anrede genannt, 
vorher aber in dem possessiven toi („dein Geist“) angedeutet. 
Diese abkürzende und andeutende Ausdrucksweise ist eine viel 
behandelte Konstruktion, vgl. Edgerton o. XLIII 110ff.; Sittig o 
L 56ff.; Hermann o. L 130ff., sowie die in diesen Aufsätzen an- 
geführte ältere Literatur. 

So ergibt siclı eine klare und verständliche Konstruktion der 
Strophe — fast ohne Schwierigkeit. Es ist zuzugeben, daß, wenn 
man diese Strophe für sich allein und außer Zusammenhang be- 
trachtet, andere Gruppierungen und Verbindungen des vorhan- 
denen Wortmaterials verführerisch naheliegen. Das führt zu an- 
deren Übersetzungen; inwiefern diese unbefriedigend oder an- 
fechtbar sind, glaube ich nach ausführlicher Darlegung meiner 
Auffassung nicht mehr erörtern zu müssen. 

Außer der Schwierigkeit, daß man leicht zum Mig verständnis 
irre geführt wird, ist in dieser Strophe das unverständliche pairi- 

1) Aus der handschriftlichen Überlieferung läßt sich zwischen vs und -uš 
umsoweniger eine Entscheidung treffen, als dieses Schwanken auch an anderen 
Stellen vorkommt. Während die meisten Übersetzer hier Genitiv angenommen 
haben, hat Geldner -uš vorgezogen, vielleicht weil er es für die lectio difficilior 
hielt, vielleicht in der Annahme, daß der anscheinende Parallelismus von 
mainysuscä varhõus vispā data und spəntahyāčā naras syaodnd, der hier so 


irreführend gewirkt hat, schon bei den Abschreibern die Auffassung der mormon 
als Genetive auf -Juš veranlaßt haben könnte. | 


8 H. Lommel 


gae$e ein Hindernis. Die Auffassung von Bartholomae, daß die 
guten Taten der frommen Menschen in den Vorhof von Ahura 
Mazdas Haus gebracht und dort verwahrt werden, ist mit der 
berichtigten Einsicht in den Aufbau der ganzen Strophe nicht 
mehr vereinbar. Außerdem ist seine Erklärung von pairiga? da- 
an sich wenig einleuchtend. 

Wenn gaéda auch „Haus und Hof“ (Bartholomae, Wb. 477) 
heißt, so sind — anders als bei unsern Bauern — die Baulich- 
keiten das Geringste daran. Außer der Familie in unserm Sinn 
ist es das Gesinde und das Vieh, der lebende Besitz. Das ergibt 
sich aus der Etymologie des Wortes. So kann es ap. der Liegen- 
schaft maniya- gegenübergestellt werden (Bh. 1.14; Wb. 478). Nur 
wie bei uns unter „Haus und Hof“ im weitesten Sinn auch das 
zugehörige „lebende Inventar“ mit verstanden werden kann, so 
kann dort gas da „der lebende Besitz“ in ganz umfassendem Wort- 
gebrauch auch die zugehörigen Liegenschaften und Baulichkeiten 
in sich begreifen. Dabei ist es aber unwahrscheinlich, daß dieser 
Begriff als Ausgangspunkt genommen wurde, um mit „rings um 
die gaedä befindlich“ einen Gebäudeteil zu bezeichnen. 

Von den inhaltlichen Parallelen, mit denen Bartholomae, 
Wb. 867 seine Auffassung stützt, kommt eigentlich nur Y. 49,10 
in Betracht, wonach Ahura Mazda das gute Denken und die 
Seelen und die gottesdienstliche Betätigung (namah-) der Anhänger 
des Wahrseins in seinem Hause (dam) bewahrt (vgl. auch V. 45, 8). 
Aber ohne hinlängliche Grundlage in Wort und Satzbau ist die 
gedankliche Ubereinstimmung gar nicht wirklich vorhanden. 

Ich betrachte die Schreibung pairi-gaidé als die richtige, die 
durch Mf 1, K 37 allerdings nur schwach bezeugt ist. Als Bei- 
wort zu vahma- „Anbetung“ würde es bedeuten „Gesänge rings 
um sich habend, mit umgebenden Gesängen“. Das ist aber nicht 
zeitlich zu verstehen, wie wenn eine von Liedern umrahmte Feier 
mit Gesang eröffnet und abgeschlossen wird, sondern örtlich, so 
daß die Lieder beim kultischen Rundgang (pradaksina-) gesungen 
werden. Das ist wohl auch gemeint mit pairi - gd · vadah- V. 57, 20, 
wo Haoma als Priester den Gott Sraoša preist mit guten Worten, 
beschützenden Worten, rings herum gesungenen Worten. Aus 
dem Gebrauch von pairigam, besonders in Verbindung mit yaz, 
nam, van sehen wir, daß anbetende Verehrung im Umschreiten 
vollzogen wurde; dem „singend ringsum wandeln“ kommt am 
nächsten V. 50,8 vd padäis pairijasäi „ich will euch mit Versen 
umschreiten“. Zu vergleichen ist ai. pari-gä „singend umkreisen“, 


Yasna 34. 9 


pari-stubh, pari-stuti- (pari stobhata RV. 1, 80, 9 übersetzt Geldner 

„jubilieret in der Runde“). 

Ledigliche Sache des deutschen Ausdrucks ist, daß meine 

Übersetzung die Vorstellung, die ich in pairi-ga(i)9a- erkenne, 

frei wiedergibt. 

| 3. Wir wollen dir, o Herr, und dem Wahrsein mit Ehrfurcht 
die Opfergabe geben, damit ihr alle Lebewesen im Reich durch 
gutes Denken zur Vollendung bringt; erlangt ist ja, ihr Wohl- 
verständigen (2), durch (dies) alles das Heil bei euresgleichen, 
o Weiser. 

a) dämä. b) Zweiter Pada 8 Silben; ya (yd) nach Bartholomae, 
Wb. 1198 als Konjunktion gefaßt. c) huddwho 4-silbig (Tedesco, 
ZII. II 48; die Auffassung als Vokativ unsicher; vispäis „durch 
(dies) alles“, nämlich die Darbringung der Opfergabe (Str. 3), Lob- 
lieder (Str. 2) und Gebete (Str. 1)? — Daß äröi Y. 50,5 1. Pers. 
sei (Gött. Nachr. 1935, 150) ist zweifelhaft. 

4. Und wir wünschen, daß dein Feuer, o Herr, durch Wahr- 
sein machtvoll sei, sehr schnell und (kampf-)kräftig, (daß es) 
dem, der (die gute Sache) unterstützt, strahlende Hilfe ge- 
währe, aber am Widersacher, o Weiser (durch die Macht seiner 
Hände?) dessen Frevel sichtbar mache. 

a) ädrom; aojonhvantem asa vgl. Y.43,4: asa-aojah-. b) asistam 
ist vorzuziehen (vgl. Andreas u. Wackernagel zu Y.32,13c, Gött. 
Nachr. 1931, 327); es steht defektiv für äsistem. Uber aw., ai. ama- 
„Stoßkraft, offensive Kraft“ gut Benveniste und Renou, Vrtra et 
Vrdragna (s. Index). c) Das eschatologische Feuer gibt nicht nur 
Vergeltung, wovon Z. öfters spricht, sondern scheidet auch als Ordal 
Fromme und Gottlose und macht ihr Verdienst und ihre Schuld 
kenntlich. 

darasta-aénah- „mit sichtbar gemachtem Frevel“ (nicht „sicht- 
bare Pein schaffend“ Bartholomae) entspricht der Bedeutung von 
aénah- (Frevel, nicht Pein) und der Regel, daß der im Vorder- 
glied enthaltene Verbalbegriff am Hintergliedbegriff vollzogen ge- 
dacht ist (Wackernagel, II, § 108e, a). Die Zahl der awestischen 
Beispiele dafür (Duchesne-Guillemin § 207) wird dadurch um eines 
vermehrt, die Zahl derjenigen, die sich dem nicht fügen (ebenda 
§ 209) um eines verringert. — 

Sehr schwierig ist zastä-ista; Bartholomaes Deutung (vgl. 
Geldner, Grdr. II 31) ist zwar allgemein übernommen worden 
(vgl. jetzt auch Duchesne S. 117. 223), aber mit Hinzudenken des 
Begriffs „Winken, ein Zeichen geben“ konstruiert und wenig be- 


10 H. Lommel 


friedigend. Daß is „wünschen“ darin enthalten sei, steht nicht 
fest; es kann sich auch um is „Macht haben“ handeln. Mit dieser 
Annahme (etwa „mit der Hand, den Händen machtvoll bewirkt, 
im Machtbereich der Hände befindlich“?; was im Machtbereich 
der Hände, handbeherrscht, handbewältigt ist, kann der Macht- 
bereich der Hände selbst sein) gelange ich jedoch nicht zu einer 
für beide Stellen völlig gleichartigen und befriedigenden Über- 
setzung. V. 50,5 kann es Adj. zu avah- „Hilfe“ sein oder ein 
nach Art des Hendiadyoin ein asyndetisch dazu gestellter er- 
gänzender Begriff. Wenn es hier Attribut des Feuers ist, so 
scheint es mir nicht bedenklich, daß von dessen Händen die Rede 
ist, vgl. Yt. 19,48. — 

daibisyante : ößoisoyontoi, vgl. ZI. I 217. ni 

5. Was ist eure Herrschergewalt, was eure Macht? Wie 

ich euch, o Weiser, mit Taten folge, (so) sollt ihr mit Wahr- 
sein und gutem Denken euren Schutzbefohlenen beschützen. 
Mit Absage gegen jegliche Ungeschöpfe, seien es Götzen oder 

Menschen, scheiden wir zwischen euch und ihnen. | 

a) syaodnd, Syaodnäi, syaodnais vgl. syaodnd, -āiš V. 28, 1; 
51,21; araguydd, -di, dis V. 32,19; duzvarstäa, -āi, dis V. 49, 4; 
vispā, di, dis Y.49,5; asada, -dca, -āičā, disc V. 51,15; ya, yais 
Y. 31,2; vahista, -äis; vidisamndi, dis V. 51,1; uyda, dis V. 51, 20. 
Dies nur eine kleine Auswahl von Fällen, wo die Überlieferung 
Schwanken in der Schreibung des Auslauts -d usw. zeigt. Be- 
sonders häufig ist das Nebeneinander von -d und -d, nicht ganz 
so häufig wohl -@ und di, etwas seltener -d, di und -äis; auch 
sind nicht alle Fälle gleich zu beurteilen, da dis statt -d (i 
manchmal durch ein benachbartes Wort auf -ais beeinflußt scheint. 
Doch zeigt dieses häufige Schwanken, daß es hier nicht berechtigt 
ist, um des Vorkommens der Variante syaodnai willen eine ver- 
einzelte infinitivische Konstruktion von syaodna- anzunehmen 
(Bartholomae, Wb. 1711 unten; er übersetzt: istis- — Padagrenze! — 
$Syaodndai „Macht zu tun“). Der Satzbau erfordert hier einen 
Instr., also syaodnä oder syaodnais. 

b) Möglich auch: „ich folge euch mit Taten, Wahrsein und 
gutem Denken“, #räyöidyäi: die Schreibung mit ð (nur so) ist 
beachtenswert; von Bartholomae o. XX VIII 18 Anm. 1 beanstandet, 
später beibehalten; 4-silbig: -diydi. 

c) para vad vgl. ai. para vac „mit Worten zurückweisen“ (mit 
Acc.) SBr. 1,4. 5, 12, paräväka- „Drohung (Fluch)“ AV. 6, 13, 2. 
xrafsträi$ halte ich für Instr. der Trennung, folglich vå für Acc. 


Yasna 34. 11 


(anders Bartholomae 1306; wegen des Verhältnisses der Schrei- 
bungen vd und vā vgl. die Bemerkung zu Zeile a, und vå neben 
va in a). Diese Konstruktion läßt sich zugleich mit dem (nur in 
Annäherung zu erfassenden Sinn des Verbs „drohend oder bannend 
mit Worten zurückweisen“) nicht wiedergeben; man müßte denn 
das Kasusverhältnis umkehren: „sie (Acc.) von euch (Instr. der 
Trennung) zurückweisen“. Statt dessen wurde in der Übersetzung 
freiere Umschreibung angewandt. Grays Behandlung der Stelle 
JAOS. 21,2, 130 ist mir nicht zugänglich; die daran anknüpfende 
Übersetzung von M. W. Smith überzeugt mich nicht. — daéva- 
und masya- sind attributiv zu xrafstra- (Religion Zarathustras 97f. 
115). — Das zweite pars ist zu tilgen, masya- 3-silbig. 

6. Wenn ihr wahrhaftig so seid, o Weiser mit dem Wahr- 
sein und dem guten Denken, dann gebt mir dies als Zeichen: 
dieses Daseins gänzlicher Wandel(?), daß ich euch verehrend 
und preisend zu den größeren Freuden gelange. 

b) awhaas. 

c) (Wreaidya acc. plur. Ntr. 

7. Wo werden deine Getreuen (?) sein, o Weiser, welche im 
Besitz des guten Denkens sind? Diejenigen, welche die Lehren 
(Verheißungen) und Erbschaften zu Leid und Wehe. machen, 
werden in der Hölle(?) sein. 

Keinen andern (Beschützer) als euch kenne ich durch das 
Wahrsein; also beschützt uns. 

Über diese Strophe siehe meine Anm. zu V. 32, 16, W. u. S. NF.“ 

I 253. | 

8. Denn durch diese Taten bekämpfen (schlagen) sie uns, 
unter welchen Verlassensein von Vielen (herrscht), wie ein 
Stärkerer den Unterlegenen, infolge der (bei jenen herr- 
schenden) Feindschaft gegen dein Gebot, o Weiser. Den- 
jenigen, welche nicht auf Wahrsein bedacht waren, war das 
gute Denken ferne. 

a, b) nd ist beizubehalten, byente kann 2-silbig sein; as ist 
das erstemal zu tilgen, dagegen in b) beizubehalten, das y in 
den Komparativen aojyd, näidydehom kann unsilbisch sein. — 
byente kaum „sie setzen in Furcht“, da dieses Verb sonst immer 
„Furcht hegen, sich fürchten“ bedeutet (im Perfekt auch aktive 
Formen wie bibhivas-); diese Bedeutung kommt aber hier nicht 
in Frage. Ich nehme daher an, daß ein dem slav. biti „schlagen, 
töten, kämpfen“ entsprechendes Verb vorliegt (Berneker I 117; 
Trautmann 33), mit Stammbildung by-anti (da bay-anti neben dem 


590691 


i2 H. Lommel 


unentbehrlichen nd metrisch nicht möglich). Dies würde auch 
Yt. 17, 12, 13 (allerdings in der Messung biyonti) passen, wo weder 
„sich fürchten“ noch „Furcht erregen“ Sinn geben (Anm. zu 
dieser Stelle in meiner Übersetzung der Yuat’s). 

yaesu pairt pourubyo: Verbindung von pairi mit vorangehendem 
Lokativ (nach Bartholomae, AF. III 42 hier und Y. 29,5) sehr 
zweifelhaft; zwar nicht unmöglich (Brugmann, Grdr.* II, 2, 870), 
aber im Ai. nicht vorkommend, im Aw. sonst nicht belegt (Reichelt, 
§ 534); dagegen ist die Verbindung pairi pourubyö „von Seiten 
vieler rings umher“ normal und hier bestens passend. — Zara- 
thustra, der erst wenig Anhänger hat und von den meisten im 
Stich gelassen ist (vgl. V. 46, 1), fühlt sich der Überzahl der- 
jenigen, welche die rechte Lehre verwerfen (Str. 7) und den Ge- 
boten Gottes feind sind (Str. 8), nicht gewachsen, 

9. Diejenigen, welche die kluge Fügsamkeit, die von deinem 
Wissenden gepriesene, o Weiser, durch schlechtes Tun infolge 
von Unkenntnis des guten Denkens verlassen, von denen 
weicht es mit dem Wahrsein ebenso viel zurück, wie von ihm 

die wilden Ungeschöpfe. 

b) vanh>us, c) ahmät mit einigen Hdschr. Erläuterung des 
Inhalts dient hier zugleich als Begründung der Übersetzung. Zu- 
letzt war von der notwendigen Zusammengehörigkeit von gutem 
Denken und Wahrsein die Rede. Diese beiden Geisteskrifte 
müssen sich verwirklichen in Betätigung der Fügsamkeit (vgl. 
Str. 10), die ja besonders eng mit Werktätigkeit verknüpft ist 
(GGN. 1935, 134). Bei Unkenntnis guten Denkens werden gute 
Werke der Fügsamkeit unterlassen '); und umgekehrt: von denen, 
welche Fügsamkeit vernachlässigen, wenden sich gutes Denken 
und Wahrsein noch vollends ab. Dieses Sich-Meiden und von 
einander Abkehren ist ein gegenseitiges Verhalten, denn mit ganz 
ähnlichen Worten (syazda- : sizdya-) heißt es V. 32,4, daß die Gott- 
losen und Übeltäter von gutem Denken und Wahrsein sich abkehren. 

Es ergibt sich also aus dem Zusammenhang ganz deutlich, 
daß aus dem vorausgehenden vohu manarhä zu . als Sub- 
jekt vohu manõ zu ergänzen ist. | 

Wie ferner die nützlichen Tiere dem guten Denken zuge- 
hören (Religion Zarathustras 107ff.), so besteht eine besondere 
Feindschaft zwischen ihm und den schädlichen Tieren. Dem 
gleicht nun das Verhältnis zwischen vohu mano (nur die Lesung 


1) Diese Aussage entspricht der E daß cone und Einsicht 
eng REES V. 51, 21. 


Yasna 34. i 13 


ahmāt ist sinnvoll) und den Übeltätern, welche die Fügsamkeit 
unterlassen. Sie sind Ungeschöpfe, nicht besser als wilde Tiere). 
10. Der Mann von rechtem Sinn (Willen) sagte, daß er die 
Werke dieses guten Denkens, und, als ein Wissender, die 
kluge Fügsamkeit ergreifen wolle, die wirklich (?) Urheberin 
des Wahrseins ist (die achattende, die Verbündete des Wahr- 
seins?). 
Und diese alle, o Herr, sind ın deinem Reiche, o Weiser, 
als Belohnungsmittel (Erquickungen). 

b) hid am (aid am): Geldners Konjektur haidygm ist sehr an- 
sprechend. Die verglichene Stelle Y. 31,8 (haidim asahya damim, 
d. i. Ahura Mazda), die formal so nahe anklingt, könnte inhaltlich 
etwa das Bedenken erwecken, daß Aramati als „wahre Schöpferin 
des Wahrseins* (dem sie ja zweifellos nachgeordnet ist) zu hoch 
gestellt und dem Ahura Mazda selbst gleichgestellt erscheint. 
Tatsache ist jedoch, daß sie jg.aw. öfters dami- genannt wird 
(was ja auch „bewirkend, Urheber“ heißen kann) und, wie es 
scheint, Yt. 1,32 sogar dämi- aSahya (s. meine Übers. der nicht 
ganz verständlichen Stelle). Daß sie dem Wahrsein besonders 
nahe steht, geht aus manchen Stellen hervor (Religion Zarathu- 
stras 63). Ich übersetze nach dieser Konjektur; doch sind auch 
andere Möglichkeiten zu berücksichtigen: wenn „verbündet, Ge- 
nossin“ (Bartholomae 1813), dann eher hitgm; daß die Genie der 
Erde *hitä (vgl. ai. ergi „Ackerfurche“ (in der die Saat des Wahr- 
seins aufgeht) genannt sei, ist immerhin zu erwägen; da jedoch 
in den Gathas niemals deutlich von Ackerbau und Aussaat, nur 
von Viehzucht die Rede ist, bleibt diese Möglichkeit im Hinter- 
grund. | 

c) voyadra (Bartholomae 1475): die Darlegungen von Caland, 
o. XXXII 593 ergeben keineswegs eine Berechtigung oder Be- 
gründung dafür, das plene geschriebene ð als ungültig zu be- 
trachten. Denn Schreibungen wie xsmävoya für *xsmäbya sind 
ganz anderer Art: da war inlautend VV dazu bestimmt, den 
Labial auszudrücken und das zweite V ist irrtümlich als o um- 
schrieben. Daß anlautendes » jemals mit VV bezeichnet worden 
sei, ist nicht erweislich (die Awestaschrift scheidet jedenfalls 
zwischen inlautenden v, das gleich uu und aus VV entstanden 
ist, und anlautenden v mit einem Zeichen anderen Ursprungs). 

1) Unter yrafstra- werden später hauptsächlich Reptilien und Amphibien 


verstanden, manchmal jedoch auch Raubtiere. Die umfassendere Bedeutung, böse 
Lebewesen, gilt in den Gathas. 


14 ` H. Lommel 


Und es ist kein Fall bekannt, wo ein in der Urschrift irgendwie 
bezeichnetes anlautendes v als vo- umschrieben wäre. Die Schrei- 
bung ist ähnlich wie möyastra- Y. 30, 9, wo mois- (Andreas, GGN. 
1909, 5: mois ra-) zu lesen ist. 

Da das Wort vöyadra- nur 2-silbig ist, muß bei der Lesung 
vielmehr von dem in der Urschrift nicht vorhandenen a abge- 
sehen und void ra- gelesen werden; Kuiper, ZII. VIII 265 knüpft 
es an ai. vetana- „Lohn“ an, gibt aber keine Bedeutungsbestim- 
mung. Über Amurta Spontas als himmlische Erquickungen s. die 
nächste Strophe, vgl. auch Y. 49, 5, 10. 

11. Dann werden Heilsein und Unsterblichkeit, die beide 
dein sind, zum Essen und Trinken da sein. 

Mit der Herrschaft des guten Denkens und dem Wahrsein 
zusammen wird die Fügsamkeit die beiden immerwährenden (?) 
Stärkungen wachsen lassen. 

Mit diesen (vorgenannten Mächten) setzt du die Feindschaft 
in Schranken. | | 

a) xvaradäya (vgl. ZII. I 235). 

b) vaysat; so schreiben einige Hdschr. (vgl. 48, 6), vaysta, wie 
gleichfalls einige Hdschr. haben, ist keine gathische Schreibung, 
Zufügung von d (vayštā, Bartholomae, Gada’s 1879; M. W. Smith) 
wire Anderung der arsakidischen Schreibung, nicht aber die Le- 
sung vaxsat. 

c) Ywöi-ahi betrachte ich als 2. Pers. Sg. von dway- „Furcht 
erwecken“ (Bartholomae 794), der Wurzelvokal mit ö (V) ge- 
schrieben, wie so häufig vor i, (Vermeidung der Lesung Iwya-); 
anders Kent, JAOS. XLVII (1927) 267—268. — vidvassgm Acc. 
sg. fem. (nach Bartholomae 1446 stünde es als Gen. plur. für vid- 
vaésasqm); vgl. ai. vidvesd- m. „Feindschaft“. — d nach tis ist 
zu tilgen. i 

12. Was ist die Spende für dich? Was begehrst du, wa 
an Lob oder was an Verehrung (heiliger Handlung)? Ver- 
kündige, o Weiser, daß man es höre, was die Vergeltung an 
Spenden austeilen wird. Weise uns durch das Wahrsein die 
gut gangbaren Pfade des guten Denkens. 

a) Von räzar-, rāšn- ist rdæong, Acc. plur. a-St., V. 50,6 zu 
trennen; ob rasna Y. 46,5 Defektivschreibung aufweist, wie An- 
dreas, GGN. 1934, 106 annahm, ist ungewiß, es läßt sich kaum 
dem hier vorkommenden Wort gleichsetzen. Denn dessen Ver- 
bindung mit stut- und yasna- hier ist der mit staoma in Yt. 13,157 
so gleichartig, daß sich als wahrscheinliche Bedeutung ein kulti- 
scher Begriff ergibt; etwa „Spende“. Meillet, MSL. XIV 392 (vgl. 


Yasna 34. 15 


H. Petersson, Idg. Heteroklisie 266) klärt unsere Stelle nicht auf. 
b) räsndm. 

c) vawhaus; y°aetang : huvitön. 

13. Den Weg, o Herr, welchen du mir als den des guten 
Denkens genannt hast, der ja durch das Wahrsein gut be- 
reitet ist, und auf dem die Urgeister der künftigen Helfer hin- 
schreiten werden zu dem Lohn, der dem wohldenkenden ver- 
heißen ist (und) dessen Geber(?) du bist, o Weiser. 

a) vawhaus. 

b) döyonö, saosyantdm. 

c) cavista- Coista; hudabyo; man erwartet: „dessen Verleihung 
durch dich, oder: bei dir, oder: dein ist“; ist etwa wā, *dwe, 
toi zu konjizieren? 

14. Denn diesen wünschenswerten (Lohn) gebt ihr, o Weiser, 
um des Handelns aus gutem Denken willen dem leiblichen 
Leben (derer), welche ja in der (Dorf-)Gemeinschaft der 
trichtigen(?) Kuh sind, (nämlich): eure gute Einsicht, o Herr, 
des durch Wahrsein die Dorfgemeinden fördernden Verstandes. 

a) tat --- vairim knüpft an mizdam in 13c an. 

b) „Gemeinschaft der Kuh azi“, vgl. Y. 50,2; 51,5; 44,6; 
meine Bemerkungen zu Y. 46,19 (GGN. 1934, 114f.) sprechen nur 
negativ aus, daß es sich dort nicht um wirkliche Kühe als irdi- 
schen Lohn handeln kann; der mythische Ausdruck „Kuh“ als 
Symbol künftigen vollkommenen Daseins mag ebensowohl wie an 
den Mythos von der Kuhgewinnung (GGN. 1935, 157 zu Y. 51,5) 
an den von der Himmelskuh (Die alten Arier, 112ff.) anzu- 
knüpfen sein ). 

c) Das geistige Gut der Einsicht wird den Menschen zwar 
als geistigen Wesen, aber, wie hervorgehoben wird, im leiblichen 
Leben verliehen. Dies weist auf Herstellung des vollkommenen 
Daseins in der Körperlichkeit hin: Religion Zarathustras 233; 
vgl. 174f. 

15. O Weiser, so sage mir denn die besten (Worte der hei- 
ligen) Lehren und Handlungen, ja diese (und) durch gutes 
Denken und Wahrsein das Gebet des Lobes. Durch eure 
Herrschaft, o Herr, mache nach (deinem) Willen das Leben 
wirklich herrlich. 

a) sravdséa? 

b) ta tu, vgl. taméa tū Y.53,3 (Bartholomae, Wb. 613 Ia) A) q)) 
und tā tu RV. 4, 22, 5 u. 6; dadurch werden die beiden ersten 


1) Vgl. M. Weyersberg u. H. Lommel, Regenkamm und Himmelsrind, in 
Paideuma 1 (1939). 


16 H. Lommel 


Glieder der Dreiheit stark betont, während das dritte Glied (isud-) 
durch die Einschaltung von vohū mananhä ašāčā seinen beson- 
deren Nachdruck erhält. — Der 2. Pada hat nur 8 Silben. 


Exkurs zu Y. 34, 15: 
isud-, isud(h)ya-. 

Bei Feststellung der Bedeutung dieser Wörter muß die Awesta- 
Forschung sich mit der Veda-Kunde begegnen, die ihrerseits noch 
zu keinem festen und voll befriedigenden Ergebnis gekommen ist. 

Geldner bemerkt zu RV. 1, 122, 1, der Sinn von aw. i$äidya- 
sei „noch genauer zu bestimmen. Jedenfalls nicht danken'“; 
und Neier (Zum Wb. d. RV. I 166) sagt: „Die von Bartholomae 
gelehrte Bedeutung (von aw. isüidya-) danken = der göttlichen 
Schuldforderung Genüge tun’ ist wohl noch nachzuprüfen.“ 

Beide Veda-Forscher haben damit die Aufgabe ausgesprochen, 
aber abgesehen von Geldners negativer Feststellung „nicht danken'“ 
sie nicht beidseitig in Angriff genommen. 

Auch Pischel, der über das vedische Wort in den Ved. Stud. 
I 191 ff. gehandelt hat, erwähnt das Awestische, ohne darauf näher 
einzugehen. Er legt die etymologische Ableitung von is „wün- 
schen“ zugrunde und kommt auch für isudhya- zu dieser Bedeu- 
tung. Das genügt für manche Stellen, andere wiederum sind 
damit doch nur mangelhaft erklärt. 

Mag die Herleitung von is „wünschen“ zu Recht bestehen 
— sie kann natürlich nicht über die Bedeutung entscheiden, 
sondern läßt sich erst nach deren Feststellung vertreten —, so 
ist es doch jedenfalls ein anderes Wort, und wird sonach eine 
Abwandlung des Sinnes darstellen. Diese in der Färbung und 
Abtönung ganz genau zu bestimmen und mit einem einheitlichen 
deutschen Wort wiederzugeben, mag vielleicht nicht gelingen. 

Ich wähle dafür „beten“, ohne es wiederum gegen andere 
Worte für Gebet bestimmt abzugrenzen, und zwar scheint mir 
dieses Wort insofern zur Übersetzung geeignet, als „beten“ seinem 
Ursprung entsprechend zunächst Gott um etwas bitten bedeutet; 
aber Gebete enthalten nicht immer und nicht nur Bitten, sondern 
sind die in Worte gefaßte Andacht überhaupt, die auch Lob und 
Dank und noch Weiteres enthalten kann. Damit, scheint mir, 
werden wir dem isudhya- am ehesten gerecht. 

RV. 5, 50, 1: „Jeder Mensch wünscht (vr) sich wohl die Freund- 
schaft des Gottes Netar, jeder bittet (ihn, betet zu ihm) um Reich- 
tum (und) wünscht sich wohl herrliche Macht, um reich zu werden.“ 


Yasna 34. 17 


Hier würde allerdings Pischels Übersetzung mit „wünschen“ auch 
genügen; 1,128,6: „Für jeden, der (darum) bittet (dafür zu dir 
— Agni — betet), hast du. die Opfergabe zu den Göttern ge- 
fahren. Jedem, der (ihm) Gutes erweist (sukrte), erfüllt er den 
Wunsch, öffnet Agni die Tore.“ Die Übersetzung „für jeden, 
der es wünscht“ (Pischel, Geldner), zwar nicht unrichtig, bertick- 
sichtigt nicht den betonten Parallelismus: visvasına id isudhyate 
— visvasmä: it sukrte; wenn man nämlich beachtet, daß auch sonst 
isudhya-, isud- neben Wörtern für „opfern, verehren, lobpreisen“ 
steht, wird man nicht verkennen, daß hier doch etwas Gehalt- 
volleres als ein bloßer (allenfalls stiller) Wunsch, nämlich das 
Gebet um den Erfolg des Opfers, neben der frommen Handlung 
ES kr, etwa Holzspende) gemeint ist. 

Über die schwierige Stelle 5, 41,6 handelt Pischel, Ved. Stud. 
1,195. 199.203. Aus der ersten Hälfte der Strophe, wo es heißt: 
pra---krnudhvam ---arkaih „rühmet mit Liedern“, ergänzt er in 
der zweiten Hälfte arkäh als Subjekt: „(die Lieder) mögen hei- 
schend (isudhyavah) uns ... treffliche Frauen verschaffen“. Das 
trifft völlig überein mit meiner Auffassung: heischende Lieder — 
Gebetslieder. | 

1, 122, 1 übersetze ich: „Bringt schnellen Eifers euren Soma- 
trunk dem gnädigen Rudra als Opfer dar. Ich habe ihn mit den 
Mannen des Himmelsherrn (den Rudras) gepriesen, gleichwie (ich) 
die Marut, die (Mannen oder Söhne) der beiden Welthälften mit 
Gebet (verehrt habe).“ 

Erklärung von Einzelheiten muß mit kurzen Bemerkungen 
über andere Übersetzungsversuche verbunden werden. | 

Die Marut sind, sofern sie dem Rudra angehören, Söhne des 
Rudra; aber dies wird einige Male mit dem bloßen Genetiv aus- 
gedrückt: die des Rudra (5, 59, 8; 7,58,5). Im übrigen sind die 
Marut Söhne (10, 77, 2), Mannen (1, 64,4; 5, 54, 10) oder Jung- 
mannen (mariah 3, 54, 13; 5, 59, 6) des Himmels. So können sie 
denn hier recht wohl mit dem bloßen Genetiv „die der beiden 
Rodasi“ genannt werden. Dies, sowie das bekannte Liebesver- 
hältnis der Marut zu Rodasi (Singular), widerrät, hier maruto 
rodasyoh auseinander zu reißen, und isudhyä --- rodasyoh als „mit 
Absehen auf Himmel und Erde“ zu verbinden, wie es Geldner 
tut; seine Erklärung in der Anmerkung zur Übersetzung: „Wie 
ieh. in den Preis des Rudra den seiner Söhne, der Marut, mit ein- 
geschlossen habe, so denke ich bei dem Preis der Marut zugleich 
an die beiden Rodasi“ entspricht also dem Inhalt gar nicht. 

Zeitschrift für vergl. Sprachf. LXVII 1/2. 2 


18 H. Lommel 


Bei Pischel ist die Übersetzung: „Ich heische die Maruts von 
Himmel und Erde“ kaum verständlich, und seine Erklärung: „der 
Dichter hat Rudra und seine Söhne, die Marut, zusammen ge- 
priesen; jetzt ruft er noch besonders die Maruts an“, klärt die 
merkwürdige Form nicht auf, in der diese Sonderanrufung ge- 
schieht; und wenn hier „die Mannen des Himmelsherrn“ und die 
Marut ganz die gleichen wären, so hätte der Übergang vom Preis 
der einen zu dem der andern wenig Sinn. Deshalb wohl mag 
Geldner in der Strophe einen andern Gegenstand der Verherr- 
lichung gesucht haben, aber die beiden Rodasi als diesen hinzu- 
stellen, gelang ihm nur mit unnatürlicher Zerreißung des Zusammen- 
gehörigen. Ganz anders ist es, wenn man sich die von mir in 
meinem Buch über die alten Arier S. 95ff. u. 125ff. ausführlich ` 
dargelegte Verschiedenheit zwischen den Rudras oder den rudri- 
schen Marut und den Marut schlechthin oder indrischen Marut 
vergegenwirtigt. So vielfach und eng ihre Berührungen sind, 
so sind sie doch von ganz verschiedenem Charakter. 

Es kostet die vedischen Sänger oftmals eine gewisse Über- 
windung, den Rudra und die Rudras zu preisen. Dieser Dichter 
ermutigt sich zur Verherrlichung derselben oder rechtfertigt diese 
durch den Hinweis auf seine früheren Huldigungen für die Marut, 
welche mit den Rudras gleichen Namens und zum Teil auch 
gleichen Wesens sind, die aber günstige Wesen sind; darum ist 
ihm deren Preis leichter von Herzen und von den Lippen ge- 
kommen. 

Vom Standpunkt meiner Erklärung aus muß ich auch Olden- 
bergs Auffassung (Noten I, S. 123) ablehnen, insbesondere den 

Gedanken, daß marútah Nominativ sei, und daß ein Parallelismus 
zwischen den Instrumentalen viraih') und isudhyä bestehe, während 
ganz ungezwungen sich die Entsprechung von astosi und isudhyä 
ergibt. 

8, 69, 2 ist so schwierig, daß ich mich damit begnüge, auf 
die früheren Erörterungen über diese Stelle (Pischel a. a. O. 196f.; 
Oldenbergs Noten) zu verweisen. Das isudhyasi (Pischel: „ du 
wünschest“, gleich möglich: „du erbittest“) ist jedenfalls nicht 
die Hauptschwierigkeit. 

Die Belege für das entsprechende Wort im jüngeren Awesta 
sind einfach. V. 36, 5: namahyämahi isüidyämahi q mazda ahurä 

übersetzt Bartholomae „wir huldigen, wir danken dir .. “, und 


1) Dies faßt er als ein ganz unverständliches: ich mit den Mannen habe 
gepriesen, statt: ich habe ihn, den Rudra, mit seinen Mannen gepriesen. 


Yasna 34. 19 


so gut wie im evangelischen Kirchenlied statt „Lob, Ehr und Preis 
dem Herrn“ auch „Lob, Ehr und Dank“ sinnvoll wäre, so ge- 
stattet diese Stelle an sich die Übersetzung mit „danken“; aber 
so viel ich sehe, ıst „danken“ em im Awesta nicht klar nach- 
weisbarer Begriff"). Dies und die vedischen Feststellungen führen 
auf die Übersetzung „wir bitten dich“ bzw. „beten zu dir, beten 
dich an“. Ähnlich, aber neben mehreren bedeutungsverwandten 
Wörtern ist es gebraucht Y. 38,4: „(die Gewässer) verehren wir 
(yaz), segnen wir (fri), ehren wir (nam), beten zu ihnen“ und 
Y. 39,4 (= Y. 13,5): „wir verehren (yaz) dich, wir ehren (nam) 
dich, wir beten dich an, o Weiser Herr“. Mit dem Substantiv 
igud- wird V. 65,9 nach dem rechten Vollzug und nach dem Er- 
folg ritueller Verrichtungen gefragt, die der Zaotar den Gewässern 
darbietet (yaz): „ob die Worte erfolgreich sein werden, die ihm 
der Aethrapati gelehrt hat, ob es die Huldigungen (oder: Bitten 
um Gnade; fryö) sein werden, ob es die Gebete (i$udö) sein 
werden, ob es die Opfergaben (räfayö) sein werden, die der Weise 
Herr dem Zarathustra und die Zarathustra den körperlichen Lebe- 
wesen (den Menschen) verkündet hat?“ Es folgt die Vorschrift 
($ 10), die erste Bitte an die Gewässer zu richten (wie denn auch 
in den folgenden Gebeten § 11—13, § 17 die Gewässer vor an- 
deren Yazatas genannt werden) und ihnen Weihwasser (aao ra-) 
darzubringen. Diese zaodra’s sind die vorher genannten Spenden 
(räti-), im übrigen besteht der ganze Kultakt aus bittenden Ge- 
beten, und das ist gerade das, was wir bis jetzt überall als Be- 
deutung von isud(h)- gefunden haben. Um „danken“ handelt es 
sich dabei nirgends, und diese Bedeutung ist nur künstlich aus 
dem angeblichen Grundbegriff „Schuldforderung“ herausentwickelt. 
Und dieser ist nicht dem Text und seinem Zusammenhang, sondern 
der Pehlevi-Übersetzung entnommen (vgl. Darmesteters Noten zu 
den betreffenden Stellen), die, wie die Texte zeigen, hier im Irr- 
tum ist. 

Betrachten wir nun die Gatha-Stellen, so fällt bei Y. 34,15 
sogleich auf, daß das Nebeneinander von isudam und stutö an das 
Beieinanderstehen von isudhya und stu in RV. 1, 122, 1 erinnert. 
Und Bartholomae bemerkt (Wb. 1644, Nr. 3) zu dieser Strophe: 


1) Auch die vedischen Inder danken ihren Göttern nur indirekt, indem sie 
deren Wohltaten namhaft machen und sie dieserhalb verherrlichen. Oldenberg, 
Rel. d. V.“ 310 sagt, daß der vedischen Sprache Wort und Begriff des Dankens 
fremd sind. Das dürfte der Grund sein, warum Geldner „danken“ als Bedeutung 
von iöüidya- abgelehnt hat. 

2% 


20 H. Lommel 


„Die Dreiheit sravah-, fyaodana- und stut bildet, wie yasna-, vacah-, 
syaodana- in Y. 34,1 nur eine Variante der bekannten Dreiheit 
manah-, vadah-, Sy aod ana- sravah- vertritt vadah-.“ Das ist richtig, 
und ich habe Ähnliches oben zu V. 34, 1 angemerkt. Es ist aber 
auch zu berücksichtigen, was in der Anm. zu Y. 32, 9a (WuS.) 
über die Bedeutung von sravah- gesagt wurde, sowie daß V. 34, 1 
mit yasna-, hier mit stut- „Loblied“ beide Male an die Stelle des 
allgemeinen Begriffs manah- „Denken“ die gottesdienstliche Aus- 
übung von Andacht in Wort (stut-) und Handlung (yasna-) ge- 
treten ist. Diese Uberlegung zeigt, wie nahe V. 34, 15 die Ver- 
wendung von isud- den jünger awestischen Verbindungen von 
išud-, išūidya- mit yaz, nam, fri und rāti- steht. Es ist also zu 
übersetzen: „das Gebet des Lobes“. Der Ausdruck ist somit ganz 
ähnlich wie Y. 28,9 dasme stutgm „bei der Darbringung der Lob- 
preisungen“ und besonders wie V. 34,2 garöibi$ stutam „mit Lie- 
dern der Lobpreisungen“; der Schluß der Gatha kehrt in Ge- 
danken und auch in Abwandlung der Ausdrücke, wie soeben mit 
Hinweis auf 34,1 festgestellt wurde, zum Anfang der Gatha zurück. 

Die bisherigen Feststellungen machen es nötig, eine neue 
Übersetzung von Y. 31, 14 zu versuchen. Diese Strophe ist von 
Andreas und Wackernagel, GGN. 1911, 23f. in engem Anschluß 
an Bartholomae übersetzt worden. Sie haben von ihm die Be- 
deutung „Schuldforderung“ für isud-, „Abrechnung“ für hankarsti- 
übernommen, und bei dd ra- haben sie Bartholomaes Gesamt- 
auffassung der Strophe zwar beibehalten, aber annehmbarer formu- 
liert, indem sie „Einzahlung“ statt Bartholomaes „Buchung“ ge- 
setzt haben. 

Gegen Bartholomaes Deutung der Strophe hat Hertel (Ar. 
Feuerlehre 7f.) überscharf polemisiert, indem er aus den allerdings 
nicht glücklich gewählten Worten Bartholomaes (Gathas, S. 122 
unter „Buchung“) die Vorstellung von kaufmännischer Rechnungs- 
führung mit einem im Himmel schriftlich geführten Schuldkonto 
entnahm. Ich bezweifle doch, ob Bartholomae es wörtlich so ge- 
meint hat. Immerhin besteht die Tatsache, daß bei den Persern 
nicht einfach das. vorliegende Verbrechen bestraft, sondern der 
ganze Mann unter Anrechnung seines Verdienstes beurteilt wurde 
(Herodot 1,137; 7,194). Und auch in den Gathas ist ein Kern 
von dem, was Bartholomae hier meinte, gegeben. Zwar fällt die 
Anschauung, daß Ahura Mazda die Verdienste der Frommen in 
der „Vorhalle“ seines Hauses aufgespeichert habe, die man aus 
Y. 34,2 herausgelesen, jetzt dahin, es besteht aber die Anschauung, 


Yasna 34. 21 


daß er sich an Verdienste und Verschulden sehr genau erinnert 
(Y. 32,6 — vgl. Y.29,4) und die (moralische) Hinterlassenschaft 
der vor Gericht stehenden sehr genau kennt (Y. 32,7) und über- 
wacht (Y. 44,2 — vgl. Y. 49,10), sowie daß die ihm dargebrachte 
Anbetung in seinem Hause niedergelegt wird (V. 45, 8). 

Ich teile nun zwar die Auffassung Bartholomaes von Y. 31,14, 
auch in der Abwandlung, die ihr Andreas und Wackernagel ge- 
geben haben, nicht; aber billigerweise muß man en daß 
sie so absurd nicht ist, wie Hertel es hinstellt. 

hankarati- hat an den anderen Stellen, wo es vorkommt 
(V. 71,1; Yt. 15, 54, in der Schreibung han-k. bzw. han-k.) die Be- 
deutung eines rituellen Vollzugs, bei dem es sich um Hersagen 
heiliger Texte, sei es für sich allein, sei es als Begleitung kultischer 
Verrichtungen handelt. Worte, die so rezitiert werden, heißen 
V. 71, 18 havkarada- (die Schreibung -kerata- ist die richtigere) 
und diese Bedeutung steht im Einklang mit dem Gebrauch von 
hankäraya- „weihen, zubereiten“, wenn auch die genaue technische 
Bedeutung dieses rituellen Fachausdrucks schwer anzugeben ist. 

Somit stehen diese Wörter in Bedeutungszusammenhang auch 
mit ai. samskrti- „Weihe, Verleihung eines Sakraments“, samskära- 
„Weihe, Sakrament“ und sam-s-kr „nach heiligem Brauch be- 
handeln, weihen“. 

Wenn wir nun festgestellt haben, daß isud(h)- und Ableitungen 
davon an allen Awesta-Stellen und mehreren Veda-Stellen in 
Nachbarschaft kultischer Ausdrücke, die vielfach auf ein Sprechen 
von Worten bezüglich sind, sich finden, so paßt hierzu das Vor- 
kommen von isud- und hankarati- in der Strophe V. 31,14. Wenn 
Bartholomae, und die ihm folgen, an dieser Stelle diesem Wort 
die Bedeutung „Abschluß, Abrechnung“ geben (ähnlich ich, Reli- 
gion Zarathustras 195: ,Zusammenfassung“), so ist damit die Be- 
deutung nicht ganz zutreffend erfaßt, wenngleich es möglich ist, 
daß darin ein Nebensinn wie: „die Zeremonie zum Abschluß 
bringen, vollständig durchführen“ oder „abschließende Zeremonie, 
Schlußgottesdienst“ enthalten ist. 

Bartholomae nimmt zwei verschiedene aw. Wörter dadra- 
an: eines „Gabe“ bedeutend gleich ai. dätra-, und ein anderes, 
das einem *dhätra- entspräche. Es scheint aber, daß man mit 
nur einem, das dem ai. dätra- entspricht, auskommt. Bei dieser 
Frage scheiden die Belege Vr. 19,2, Yt. 1,32 und N.83 als un- 
verständlich aus. 

Vt. 13,50 nimmt Bartholomae das zweite dädra- an und gibt 


22 H. Lommel 


ihm die Bedeutung „Lohn“. Wenn das anzuerkennen wäre, so 
bliebe immer noch zu fragen, ob diese Bedeutung nicht bei dära- 
von Wurzel dā unterzubringen wäre. Aber die Stelle ist von 
Bartholomae nicht richtig verstanden. 

Die Fravurtis kommen während 10 Nächten in den Bereich 
der Menschen und erwarten da gefeiert zu werden. Sie fragen: 
„wer wird uns preisen, wer verehren“ usw. und außer dem fest- 
lichen Empfang, den die Gemeinde den Fravurtis insgesamt be- 
reitet, erwarten die Ahnengeister jedes Geschlechts von ihren 
lebenden Nachkommen namentlich angerufen, häuslich aufge- 
nommen und bewirtet zu werden. Sie fragen also: „Wessen 
Namen von uns (= den Namen von wem unter uns, kahe nö) 
mag wohl (einer) hier begrüßen“ (3. s. opt. von *gr-eti, vgl. ai. 
Praes. girati, gurate; nicht Passiv garya- mit aktiver Endung), 

„wessen Seele von uns mag wohl (einer) verehren“. Hier ist 
auch frayezyat nicht Opt. des Passiv-Stammes mit aktiver Endung 
(sie müßte *fräyezyöit, als richtiges Passiv -e ata lauten), son- 
dern eine unter dem Einfluß der vorausgehenden und folgenden 
Formen ägairyät und dayät stehende Augenblicksbildung statt 
fräyazöit; sodann: „wem von uns (kahmäi nö) mag wohl einer 
diese Gabe geben“; da ist dayät wiederum nicht Passiv mit aktiver 
Endung, sondern ist 3. Person zu dem aktiven Optativ dayd 
V. 57,26, pairi dayd V. 11,10; auch bei anu dayat Yt. 13, 13 und 
nidayät Yt. 12,17 ist Annahme eines Passivs mit aktiver Endung 
nicht nötig. 

dadra- heißt also Yt. 13,50 nicht „Lohn“, sondern auch 
hier „Gabe“. 

In dem Abschnitt V. 19, 26ff. ist der Zusammenhang auch 
abgesehen von den „Buchungen“, die Bartholomae in $17 an- 
nimmt, nicht klar. Da hier von dem Schicksal der Verstorbenen 
ım Jenseits die Rede ist, verstehen wir nicht recht, warum das 
Gespräch darüber eingeleitet wird mit Zarathustras Frage, ob er 
die Frommen veranlassen soll, sich den Besitz der Gottlosen an- 
zueignen. Dies steht zwar offenbar in Zusammenhang mit der 
Frage nach dem Anteil an irdischem Gut im Menschenleben, die 
an die Neuankömmlinge im Jenseits gerichtet wird (§ 29, am Ende), 
aber diese Frage selbst ist für uns gleichfalls befremdlich. Diese 
Unklarheit erschwert, aber verhindert nicht die Deutung von $ 27 
mit den Fragen nach den dädra-s. Zarathustra fragt: „wo werden 
die dara sein, wo werden die dara hingelangen (pärayeinti, 
Lesung unsicher), wo werden die dädra hinkommen, wo werden 


Yasna 34. 23 


die dädra zusammenkommen, (welche) der Mensch im körperlichen 
Leben für seine eigene Seele verschenkt hat“; para-dā, dasselbe 
Verb wie A. 3, 7; V. 18, 28. An diesen beiden Stellen ist die Rede 
von dem Lohn, den die in diesem Leben geübte Mildtätigkeit in 
jenem Leben einbringen wird. 

Entsprechend wird in V. 19, 27 gefragt, wo die milden Gaben, 
die einer zum Besten seines Seelenheils gespendet hat, hinge- 
langen. In der Frage, wo sie zusammenkommen, liegt wenigstens 
angedeutet etwa die Vorstellung einer Aufspeicherung, aber natur- 
lich nichts von einer Aufschreibung, geschweige daß die Gaben 
selbst als Buchungen bezeichnet wären. 

Die bisherige Übersetzung von Y. 31, 14 läßt sich also nicht 
halten, doch ist durch die hier angestellten Überlegungen eine 
neue völlig befriedigende Übersetzung dieser Strophe noch nicht 
gewonnen. Ich gebe folgenden Versuch: „Das frage ich dich, o 
Herr, was ja kommen und eintreten wird: wie werden die Gebete 
um Gaben sein, welche von Seiten des Wahrhaftigen, und (wie) 
die, welche von den Lügnern beim Weihevollzug (beim Gottes- 
dienst) dargebracht werden?“ 

Hierbei ist die Übersetzung von dadanté (Konj. Med. in passiver 
Bedeutung?) unsicher und das schließende yat unaufgeklärt. Dazu 
(aus avhen) ein Verb (etwa a»hat) zu ergänzen (Bartholomae, 
Wb. 1254 oben) würde an sich keine Schwierigkeit bereiten, doch 
scheint sich damit keine recht verständliche Konstruktion zu er- 
geben. Bartholomaes Übersetzung „wenn’s zur Abrechnung 
kommt“ ist so, als ob hankerati- Subjekt dieses unvollständigen 
Nebensatzes wäre, während es als Lokativ offenbar zum Voraus- 
gehenden gehört (isudo--- dadanté --- hankarata Bitten werden bei 
der Weihe dargebracht), so daß yat völlig isoliert zu stehen scheint. 

Die umgebenden Strophen, 13 und 15, fragen nach den Strafen, 
welche künftig den Sündern auferlegt werden. Dem Zusammen- 
hang nach muß also auch Strophe 14 eschatologischen Inhalts 
sein und von der künftigen Vergeltung handeln. Das konnte auf 
die Vorstellung einer Abrechnung von Verdienst und Schuld führen 
oder als Bestätigung einer solchen Übersetzung aufgefaßt werden. 
Es fügt sich aber auch in diesen Zusammenhang, wenn gefragt 
wird, welche Gebete um das Heil seitens der Frommen an Gott 
gerichtet worden sind, und ob von den Gottlosen überhaupt Gott 
wohlgefällige Gebete, Bitten um die Gaben des Heils, ergangen 
sind. Dabei ist zu beachten, daß die vorausgehende Strophe sehr 
ausdrücklich von der Feinheit der Entscheidung gesprochen hat. 


24 H. Lommel 


Auch verborgene Dinge werden bei der Strafe berücksichtigt, 
anderseits können geringe Verfehlungen verziehen werden. Es 
kann sehr wohl sein, daß dieser Gedanke in Str. 14 näher aus- 
geführt wird; leichte Vergehen von solchen Menschen, bei denen 
das Gute überwiegt, können durch frommes Gebet aufgewogen 
werden, Unterlassung von Gebet und unrichtiges Gebet, mangelnde 
Frommgesinnung bei irgendwelchem Opfervollzug können als nicht 
offenbare Verfehlungen strafwürdig zur Last fallen. 


Über Yasna 34. 


Gute Gedanken, Worte und Werke sowie die Vergeltung für 
deren Vollzug oder Versäumnis sind der Hauptinhalt dieser Gatha. 
In der 1. Strophe wird dieses Thema in Frageform gestellt und 
dann nicht mehr verlassen. Die 2. Strophe gibt die Antwort auf 
diese Frage, ohne im Übrigen wesentlich Neues zu sagen; eine 
Doppelung, die dem Hörer gleich zu Beginn mit besonderer Deut- 
lichkeit und höchstem Nachdruck sagt, worum es sich handelt. 

Zarathusta kann seiner geschichtlichen Stellung nach religiöses 
Verdienst und ethischen Wert nicht so bewußt und ausschließlich 
in die reine Innerlichkeit der Gesinnung legen, wie das neuere 
religiöse und ethische Lehren tun. Aber es ist doch auffallend, 
wie stark eine Richtung dahin sich geltend macht und der gute 
Wille, die Absicht des menschlichen Inneren als Grundlagen der 
Äußerungen im Reden und Handeln betont wird. 

So sagt er Str. 9, daß Unkenntnis des guten Denkens zu 
schlechtem Tun führt; Str. 10, daß der Mann von rechter Gesin- 
nung (gutem Willen: huyratus) die Werke des guten Denkens 
(die aus gutem Denken [kommenden] Werke) vollbringen wird. 
Ferner in Str. 5: „mit Taten, mit Wahrsein und gutem Denken 
will ich mich auch anschließen“. Diese Anschauung kommt weiter 
darin zum Ausdruck, daß es Str. 12 und 13 die Pfade des guten 
Denkens sind, auf welchen die an der künftigen Vervollkommnung 
der Welt Mitwirkenden ihrem Lohn entgegengehen. 

Wenn es gleichwohl für Zarathustra auf die Verwirklichung 
ankommt und in seiner Ethik alles an der Ausführung des Guten 
durch die Tat liegt, so läßt er doch den frommen Menschen nicht 
auf Anlaß und Gelegenheit zu gutem Handeln warten und erst 
in entscheidenden Lebenslagen sich bewähren, Die religiöse Vor- 
schrift. ist nicht einfach eine praktische Ethik, bei der ein gott- 
gefälliges Leben von guten Gedanken, Worten und Werken er- 
füllt sein soll (was ihm freilich unerläßlich ist), sondern neben 


Voasna 34. 25 


dem praktischen Leben muß ein kultisches einhergehen und die 
religiösen Pflichten sind zu einem beträchtlichen Teil ritueller 
Natur. Das ist, entsprechend Zarathustras Herkunft und gemäß 
dem Zweck der Begründung einer Religion des Volkes, der Reli- 
gionsgemeinde, von priesterlicher Art. Dabei ist natürlich die 
rechte Gesinnung vorausgesetzt, aber es wird gefordert, daß sie 
sich in kultischen Worten (Sprechen von Gebeten, Singen von 
Lobliedern) und gottesdienstlichen Handlungen ausspricht’). 

Die Dreiheit Denken, Reden und Handeln, deren Ausdruck 
ja bei Zarathustra ohnehin noch nicht formelhaft erstarrt ist, wird 
daher mehrfach abgewandelt in „Werk, Wort und Gottesdienst 
(yasna-)* Str. 1; „Denken, Handeln, Loblieder und Verehrung, bei 
der man mit Gesängen den Umgang macht (pari-gäda-)“ Str. 2; 

„heilige Texte (sravds-ca), Werke und Gebet des Lobes (isudam 
stuto)“ Str. 15. 

Der Nachdruck, der hier auf dem kultisch-rituellen Verhalten 
hegt, spricht sich auch aus in ,wir wollen in Ehrfurcht eine 
Opfergabe geben“, Str. 3; „euch verehrend und preisend“, Str. 6; 
»Was ist das Weihgeschenk ftir dich, was an Lob, was an Ver- 
ehrung wünschest du“, Str. 12. — Das sonstige Vorkommen 
solcher Gedanken soll hier nicht zusammengestellt werden, nur 
sei erwähnt, daß in dieser Beziehung eine gewisse Verwandtschaft 
zwischen dieser Gatha und Y. 50 besteht, vgl. darüber GGN. 
1935, S. 153. 

Dieses wiederholte Anschlagen desselben Motivs zeugt für 
die gedankliche Einheit dieses Gedichts, und daß gerade in der 
Schlußstrophe es so ähnlich wie in den beiden Anfangsstrophen 
wiederkehrt, zeigt, daß der Text ın sich geschlossen ist. Ohne 
hier auf die Frage der Ganzheit der Gathas so ausführlich ein- 
gehen zu wollen, wie es bei meinen andern Gatha-Bearbeitungen 
geschehen ist, weise ich darauf hin, daß die letzte Strophe, wie 
ich GGN. 1935, S. 154 gezeigt habe, „eine ausgesprochene Schluß- 
strophe“ ist. Das Ende unseres Textes ist also der Schluß des 
Gedichtes, ohne Weglassung, ohne Hinzufügung. — 

Nach den beiden Anfangsstrophen bringt die 3. Str. noch 
keinen wesentlichen Fortschritt; sie verweilt noch bei dem Heil, 


1) Goethe, West-östlicher Diwan, Ältere Perser, nennt „Kommen und Gehen, 
Neigen und Beugen“ unter den Pflichten der zoroastrischen Priesterschaft (zu- 
gleich als Beispiel des Priesterwesens überhaupt) und trifft damit genau, was 
mit aw. pari-gam und nam in diesen Zusammenhängen gesagt wird; Dar- 
bringung von Gaben kommt hinzu. 


26 H. Lommel, Yasna 34. 


das der Verständige durch sein frommes Verhalten erlangt; dies 
aber ruft den Gedanken an gegenteiliges Verhalten der Wider- 
sacher und an ihr bevorstehendes Schicksal wach. Künftig werden 
sie durch das Ordalfeuer, das den Gottgefälligen wohltätig ist, von 
diesen geschieden, Str. 4; jetzt aber sind sie durch ihr böses Tun 
eine Bedrohung und Gefahr für die Frommen, die als die Minder- 
zahl unterlegen sind, Str. 8. Zarathustra, den viele im Stich ge- 
lassen haben (Str. 8) (und zwar gerade von denen, die als nähere 
und fernere Verwandte seinen natürlichen Schutzverband bilden 
sollten, Y. 46,1), kann sich als Flüchtling, Schutzflehender be- 
trachten und begibt sich in den Schutz der himmlischen Mächte, 
indem er seine gänzliche Scheidung von denen, die es mit den 
alten Göttern, den daéva’s, halten, nochmal bekräftigt, Str. 5; 
ebenso empfiehlt er seine Anhänger dem göttlichen Schutz. 

Mit Bezugnahme auf das böse Tun der Widersacher ist aber 
über den Bereich des kultisch-rituellen Handelns hinausgegangen 
und so wird denn jetzt auch von verdienstvollem Wirken im 
weiteren Sinn gesprochen. Denn Aramati ist die werktätige Genie 
dienstwilliger Arbeit; im Unterlassen (Str. 9) und Vollbringen 
(Str. 10) guter Werke drückt sich das Verhältnis des Menschen 
zur klugen Fügsamkeit aus. 

Von hier an ist gemäß der in den Anfangsstrophen gegebenen 
Ankündigung die Gatha überwiegend eschatologischen Inhalts. 
Daß Heilsein und Unsterblichkeit im Reich Gottes Speis und Trank 
sowohl bieten als sind (Str. 11), ist eine geläufige Vorstellung und 
entspricht ganz deren Wesen. Merkwürdig ist aber daneben die 
Symbolsprache, daß auch die anderen geistigen Mächte, denen 
der Mensch bei gutem Handeln folgt, Erquickungen im Reich 
Gottes werden (Str. 10). 

Die anderen Bilder, vom Pfad des guten Denkens, auf dem 
die Geister derer, die die künftige Vollkommenheit der Welt be- 
reiten helfen, ihrem Lohn entgegenschreiten (Str. 12. 13), sowie 
die Kuh Azi als Symbol der Seligkeit (Str. 14), sind ähnlich aus 
anderen Stellen bekannt. 

Besonders bemerkenswert ist, daß Str. 14 klar ausspricht, daß 
der Lohn der Seligkeit im Reich Gottes den Menschen in lebendiger 
Leiblichkeit zuteil wird. 


Frankfurt a. Main. H. Lommel. 


V. Pisani, Zum schwachtonigen Vokalismus im Latein. 97 


Zum schwachtonigen Vokalismus im Latein. 


1. Der Übergang von al, el vor Kons. zu lat. ul in schwach- 
tonigen Silben wird vermutlich auf folgende Stufen zu ver- 
teilen sein: 

a) al + Kons. `> el + Kons., el + Kons. bleibt, z. B.: 

* cöncalco > *concelcd analog zu: *cönfactos > confectus usw. 
* $nsalsos > *enselsos 
*sépeltos (bleibt) 
* nercelsos (bleibt) usw. 
b) el + Kons. > ol Kons., z. B.: 
* concelcõ > *concolco analog zu: *famelos > *famolos 


*enselsos >> *ensolsos Sıneiös `> *Sicolos usw. 
*seneltos sepoltos vgl. auch Zieeon > olivum, 
* percelsos > percolsos usw. * quelö > cold usw. 


c) ol + Kons. > ul + Kons., z. B.: 

* concolco > conculco analog zu: *onostos > onustus 
*ensolsos > insulsus *famolos > famulus 
*gepoltos `> sepultus * Sicolos > Siculus usw. 
* percolsos > * perculsus 

Für all ell bleibt die Entwicklung bei a) stehen, weil LU eine 
palatale Gruppe ist; so *féfallai > fefelli, *percellö > percellö usw., 
wie, immer mit palatalem J, *famelia zuerst geblieben ist, um dann 
familia zu ergeben, ebenso Sixedia > Sicilia usw., trotz famulus 
Siculus. | 

2. Die Fälle onustus < *onostos, venustus << *venostos u. del" 
sind aller Wahrscheinlichkeit nach als gleichzeitig mit conculcö < 
*concolcö usw. zu betrachten, gehören demnach zu Stufe c); es 
ist also zur Zeit der mit a) und b) bezeichneten Übergänge 
schwachtoniges o vor mehrfachem Konsonant unverändert ge- 
blieben oder, mit anderen Worten, als schwachtoniges a vor mehr- 
fachem Konsonant zu e sank, traf dieser Vorgang nicht o in 
gleicher Stellung. 

3. Der Übergang von schwachtonigem e vor einfachem Kon- 
sonant zu i ist erst geschehen, als * Sicelos *famelos schon Si- 
colos *famolos ergeben hatten; sonst würden wir ja als Endergeb- 
nisse Sicilos *familos erwarten. Er ist somit jünger als Stufe b). 
Es standen also zur selben Zeit nebeneinander: *confectos con- 
celcõ *aurofeces (gen.) *Sicelos * Sicelia *quelo ~ *onostos (S 2). 


1) honestus, tempestäs usw. haben e aus dem alten Stamm der Kasus 
obliqui auf -es-, vgl. genus generis griech. yévoc, yéveos. 


28 | V. Pisani ` 


Das führt zur Annahme, daß o zunächst auch vor einfachem 
Konsonant geblieben und nur später zu i bzw. i/u geworden ist 
zur Zeit, als aus *onostos onustus entstand; d. h. Fälle wie *armo- 
ger > armiger, ilico aus *en-stlocöod usw. wären unter Stufe c) 
einzureihen‘). Damit würde der Wechsel u/i vor Labial besser 
verständlich: aurufen crassupes neben aurifex crassipes u. dgl. sind 
direkt aus *aurofex *crassopes, nicht aus *aurefex *crassepes her- 
vorgegangen; danach schuf man zu reciperõ optimus usw. ein 
recuperõ optumus, zu *occipö, welches sogar verschwand, ein oc- 
cupõ usw. Auch Fälle wie tripudium (Sommer, Hdb.* 101) wären 
dadurch leichter erklärbar. | 

Dann hätten wir für die Deminutiva zu o-Stämmen wie por- 
culus aus *porco-los usw. keine Mittelstufe) *porcelos usw. an- 
zusetzen. famulus (dazu familia) ist kein Deminutiv, sondern ein 
altes Thema auf -elo-, wie das Oskische mit seinem famel famelo 
(umbr. famerias) gegen Deminutive wie ungulus anulus Fest., 
zicolom d/iiulus (Nom. oder Akk. pl.) am besten dartut’). 

Keine Gegeninstanz bildet der Fall porcellus für *porco-lo-los 
mit -ell-; haben wir -ello- bzw. -illo- als regelmäßige Entwick- 
lungen von -r(o)lo- bzw. -n(o)lo- I o- zu betrachten (G. K. Stro- 
dach, Latin Diminutives in -ello/a- and -illo/a-, Lg. Dissertations 
XIV, March 1933, S. 25ff.), muß man immerhin mit reichlichen 
Analogiewirkungen rechnen, dank der Ausbildung morphologischer 
Reihen von Deminutivsuffixen; derselbe Strodach sagt a. a. O. 51 
§ 32: “These considerations make it doubtful whether porcellus, 
for example, is to be derived phonetically from *pork-el-elos with 
-elelo- representing gemination of the deminutive formans seen 
in porculus < *pork-elo-s [eher porco-lo-s!], or whether porcellus 
was made on porculus because vitellus was the deminutive of vi- 
tulus (doubtless felt to be a diminutive also). In any case, we 
may posit the following phonetic development for catellus and 

1) Gewöhnlich lehrt man, daß ungedeckte a und o zuerst in e zusammen- 
gefallen, und dann zusammen mit altem e zu 7 geworden sind, 80 2. B. Götze, 
IF. XLI 130ff. 

) Geschweige denn Urform: wie die eben zu besprechenden oskischen 
Formen zeigen, haben wir als Deminutivsuffix wohl -Jo-, nicht -elo- anzusetzen. 

3) Damit ist mein Versuch famulus zu erklären (Rend. Acc. Lincei VI, IV, 356), 
verfehlt, vgl. auch Walde-Hofmann 453. Mit dem bei Hofmann angeführten Ver- 
such Brugmanns steht es nicht besser: übrigens kann schwerlich Jaıuds' oixie, 
ondoos, pvrela aus *dhamjo- stammen, wenn -mj- im Griechischen g- ergeben 
hat, wie nach falyw < *gwmjö gewöhnlich angenommen wird. Eher könnte man 


an *dhas-imo- denken: ist ein Yeni zu ai. dhasi-h- f. „Stätte, Wohnsitze“ 
(RV.) anzunehmen? | Wl 


Zum schwachtonigen Vokalismus im Latein. 29 


vitellus: *katel-elos > catellus, and *wuitel-elo-s >> vitellus [eher 
*katelo-lo-s vitelo-lo-s!|. The type porcellus (to porculus, porcus), 
whether established phonetically or by analogy, was very product- 
ive“, usw. EE heißt es osk. Váteliú, umbr. karei wie 
famel usw. 

4, Auch von einem ,phonologischen“ Getters aus 
scheint es mit der hier vorgetragenen Lehre besser zu sein. 
Setzen wir als ursprüngliches Schema: 

e 0 
a | 4 u; | 
darin ist zunächst das alleinstehende a in schwachtonigen Silben 
geschwunden, indem es zu e ward: e ist dagegen stehen geblieben, 
und das setzt wohl das Unverändertsein von dessen Partner o 
voraus. Somit wäre in schwachtonigen Silben nach Vollziehung 
der Stufe a) das Schema zuerst so verändert worden: 
e ` 0 

a | d u. | 
Vor einfachem Konsonant, nach erreichter Stufe b) (oben § 3), 
wären dann gleichzeitig e und o nach i bzw. u hin gewichen: 
für Einzelheiten s. oben 83. ` 

Freilich ist eine Unebenheit in der 9 von o und 
e vor zweifachem Konsonant nicht zu verkennen, indem e hier 
unangetastet bleibt, o dagegen zu u wird: honestus inceptus usw., 
dagegen onustus venustus. Hier scheint der Wandel von o zu A 
in schwachtoniger Silbe vor einfachem Konsonant auch in die 
anderen Fälle übergegriffen zu haben: wo aber eine analogische 
Anknüpfung sich bot, ist o erhalten geblieben, momordi poposci 
neben mordeõ poscõ usw.: solche Fälle brauchen nicht nur mit 
der Analogie erklärt zu werden, da ja neben teneö tetini über- 
liefert ist. 
5. Habe ich recht in meiner r Annahme, unbetontes o vor 
einfachem Konsonant habe direkt i (i/u) ergeben, dann wire eine 
weitere Stütze für meine IF. LIV 209ff. vorgetragene Ansicht ge- 
funden, wonach das ie von societäs abies erst aus ii entstanden 
ist: also *socio-tät-s > *sociitäs, daraus societäs. Natürlich ist dann 
auch *piotats zu *piitäs weiter pietas geworden, entgegen dem 
a. a. O. 210 Gesagten. 
Rom. So Vittore Pisani. 


30 M. Johannessohn 


Das biblische xai 1606 in der Erzählung samt seiner 
hebräischen Vorlage. 
(Schluß ').) 
B. xai 600 im Neuen Testament. 

Das die Erzählung weiter führende xai idod begegnet uns im 
N.T. wieder bei Matthäus und in den lukanischen Schriften"), 
während Markus und das Johannes-Evang. — dieselben Bücher, 
die sich auch den xai 2y&vero-Verbindungen gegenüber ablehnend 
verhalten (o. LIII 194) — diese Formel nicht verwenden’). Man 
darf also auch hiernach annehmen, daß diese beiden Wendungen 
in der Umgangssprache nicht mehr geläufig gewesen sind (siehe 
auch unten S. 44). 

Dieselbe Beobachtung, die wir bei den xai 2y&vero-Fügungen 
angestellt haben, können wir auch bei xai ido’ machen, daß nämlich 
die neutest. Schriftsteller zwar vom A. T. ausgehen, doch häufig das 
tiverkommene Gut umbilden und dem griechischen Sprachgebrauch 
anzupassen bemüht sind. Dabei gehen sie, wie wir sehen werden, 
in mancher charakteristischen Beziehung je ihre eigenen Wege. 


I. Matthäus. 
a) Frequenz von xai idot und idov und über die 
Beschaffenheit des Vordersatzes. 

Matthäus verwendet die Partikel idod in der Erzählung recht 
oft, und zwar nicht nur den aus dem A.T. bekannten zusammen- 
gesetzten Ausdruck xa idod (23 mal), sondern auch — und damit 
lernen wir zugleich eine Eigentumlichkeit seines Stils kennen — 
einfaches idov (10 mal). 

1. Das zusammengesetzte xai idov findet sich (wie im A. T.) 
nach voraufgehendem, ein Verbum finitum enthaltendem voll- 
ständigem Satz, wie 2, of d& dxovoartes tov Baothéws énogevdnoar, 
xai id ob 6 dono... noojyer abtovs. 

Wenn auch die Beschaffenheit des vorausgehenden Satzes und 
somit der Begriffsinhalt des Verbums nur von geringer Bedeutung 
ist, so zeigt sich die Verwandtschaft mit dem alttest. Sprachgeist 
doch noch darin, daB es 


1) Der Anfang o. LXVI 145—195. Inhaltsübersicht u. S. 82fl. 

2) Über xal idos in der Apokalypse ist schon bei der Erörterung des 
Wahrnehmungssatzes nach den Verben des Sehens gehandelt worden, o. LXIV 
249—250. 

3) Auch in der Rede kommt xa? iéod in Markus und im Johannesevang. 
nicht vor; nur einige wenige Male gebrauchen hier beide einfaches idod. Die 
Reden in Matthäus und in Lukas (Evang. und Apostelgeschichte) kennen sowohl 
„al do als auch einfaches idov. 


Das biblische xa? dos in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 31 


a) oft Verba des Gehens oder sonstigerBewegung sind, die dem 
xal idod vorangehen): 2, 1915 Errogevdn(oav), 9s 129 28: der, 
Ba dærijdld or, 316 dveßn, 15a: dvexwonoev, 28s Edpauov. — 411 tótE 
dpinow abıöv ô didBodog Ge) idod xrA.). — Uber dxoAovdeiv siehe 
sogleich unter £. 

Andere Verba’) als ‘gehen’ weist der Vordersatz auf Ban dnny- 
yedav, 175 Zneoniaoev (unten S. 35), 2650 &xedinoav, für die es aus 
dem A T. keine Parallelen gibt. Dagegen erinnert 2750 6 dé ‘Inaots... 
dpixev tò nveðua, wenn auch nur schwach, an Judic Aar (Rg II 1461), 
wo sich „und siehe“ an mit „sterben“ (hemit „sterben lassen“) 
anschließt, o. LX VI 1871. 

8) Zu der Gruppe der LXVI 166ff. besprochenen „durativen“ 
Verben möchte ich das 4 mal vor xai idod begegnende dxolovdeiv 
rechnen, das freilich in dieser Weise im A. T. nicht verwendet 
wird, z. B. 8, Axododdnoay Z br SyAor moddol, nai idod Aeneds xd. 
Das „Nachfolgen“ nimmt geraume Zeit in Anspruch, erst dann 
erscheint der Aussätzige. Ähnlich verhält es sich mit Ban 919 2025. 

y) Dem soi idod geht Mt 9», eine direkte Rede vorauf (unten 
S. 34f.). Parallelen aus dem A. T. sind Ge 15. Judic 21, Rg III 19. 
(o. LXVI 190f.). 

ô) Eine Situationsschilderung in der Weise, wie sie Ruth 2sr. 
vorliegt (LX VI 166), findet sich nicht; höchstens könnte man so die 
Verse Mt 17ı:. verstehen, die die Erscheinung des Mose und Elia 
v. 3ff. vorbereiten. 

2. Das einfache idod gebraucht Mt lediglich hinter einem 
absoluten Genetiv. Nur Mt 910, wo der absolute Genetiv Be- 
standteil einer xai &y&vero-Fügung ist, wird — entsprechend alttest. 
Gepflogenheit — mit dem volleren soi idod fortgefahren: xai éyéveto 
abrod dvaxsıusvov ev Cp oixig, nal iĝoù*) noAloi teA@vat . . ovvavé- 
xewto To Inood. 

Die Fälle mit einfachem idod zerfallen in zwei, scharf von- 
einander gesonderte Gruppen, je nachdem das Partizipium 
im Präsens (a) oder im Aorist (b) steht. 


1) Daß ‘sehen’ im N.T. (abgesehen von der Apokalypse) nicht mehr vor xai 
idod angetroffen wird, ist schon o. LXIV 234f. festgestellt worden; dort ist auch 
Mt 317 zu erläutern versucht worden. 

2) sc. Verba finita. Denn auch Bu und 2650 enthalten Bewegungsverba, 
aber in anderer Form (dneiddvres, nmooveAddvees), und in 175 éxeoxlacev ist 
„kommen“ zu ergänzen, vgl. eine plattdeutsche Übersetzung (1929. 1931) dor 
kem ne helle Wulk un slöt er all in. 

) Bloes id o N D. 


32 M. Johannessohn 


a) Die erste Abteilung (im ganzen 6 Stellen) erinnert an die 
vor „und siehe“ befindlichen absoluten Genetive der LXX, die 
auf hebr. Nominalsätze zurückgehen (o. LXVI 174). 

Die dabei verwendeten Partizipia sind entweder Mee des 
Redens (a) oder des Gehens (8) entnommen. 

a). Die Vordersätze Mt 1246 ') 175 čte abroö Aahodvytos kennen 
wir Packen aus Rg III 1. IV 6.3 hebr. „noch er redend“, vgl. 117ss 
xal abtad Aadovytoc hebr. „und er redend“. Und für Mt 26.2 x 
ër abtod Aaloövros, wo wir xal mit ër vereinigt finden“, bietet 
Dan 92: eine Parallele: vg od ani m*dabbér „und noch ich redend“, 
LXX mit veränderter Wortstellung xai Et, dadotyvtds uov enge 
behält die hebr. Folge bei: xai ër éuod Aaloüvrog). Ä 

Allein Mt 91 weist über das A. T. hinaus, insofern das pro- 
nominale Objekt zaöra die Stelle von xat bzw. ër einnimmt: tadta 
abrod Aadovvtos (siehe auch unten S. 33, Anm. 3). 

6) Die beiden Sätze Mt 9. adray dé EEepxoutvwv (idod 7T000- 
hveyxav GGro xwp6v) und 28.1 mogevopérwr dë attr") (dog tives 
tis xovotwolas... dnınyyeılav) stimmen, abgesehen von dem dé, 
ziemlich genau zu Rg I 91. aörö@v cionogevouévwv eis u£oov Tg 
médews hebr. „sie kommend in [die] Mitte der Stadt“ und zu dem 
Zwischensatz in IV 21: xai éyéveto atv mogevopérwy hebr. „und 
es geschah, sie gehend usw.“. | 

Unmöglich hingegen wäre in einem hebr. Nominalsatz Voran- 
stellung des Partizipiums, wie sie Mt 28.1 aufweist: zogevopévwr 
6 adtm@v. Doch bietet zu der veränderten Wortfolge beim Ge- 
netivus absolutus die LXX zu Rg IV 3% eine Parallele: xai éyévero 
tò owl dvaßawodong tis Ivotas xal iðoù xd. Die Anderung der 
Wortstellung erklärt sich hier daraus, daß der absolute Genetiv 
nicht auf einen Nominalsatz, sondern auf Präposition mit Infinitiv 
zurückgeht ka‘lét hamminhä „gemäß [dem] Heraufsteigen des 
Opfers“ (LXVI181f.)*. S. außerdem Jes 65s, und Rg III 11. in 
einem Teil der Überlieferung (unten S. 62f. Exkurs D 


1) Ein Teil der Überlieferung fügt £é hinter 271 hinzu. 

2) Die Parallelstelle Lk 224, hat nur Zt (aðroð Aadodvtos). 

8) Vergleichen läßt sich Xen. An. IV 55 zogevopevwr dé Xeigloopos dpınvei- 
tac, wo nach dem des Pronomens entbehrenden absoluten reopevopévew die pane 
einer Person mitgeteilt wird. 

“) Auch sonst findet sich in LXX beim Genetivus absolutus Voranstellung 
des Partizipiums, aber in anderem Zusammenhange und für eine andersartige 
Vorlage, wie Ex 520 ovvývrņoav A5 Mwvon xal Aapwv... éxnogevopevur abtady 
and Dagaw bese’tam „in Herausgehen ihrem“ (de „in“ + infinit. + suffigiertes 
Pronomen). 


Das biblische xa? i60ö in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 33 


y) Während in LXX, abgesehen von einer einzigen Stelle 
(Rg I 17::) in cod. A, wo nach einem absoluten Genetiv das Anschluß- 
„und siehe“ durch einfaches idod ausgedrückt wird (LXVI 176), in 
Anlehnung an das Hebr. stets mit dem zusammengesetzten xai 
idod fortgefahren wird, z.B. Rg 191 adtay eionogevoutvwv eig 
u£oov tis médews, xal idob Sauovni Sn er, behält Mt idod zwar 
bei, kommt aber griechischem Sprachempfinden etwas niher, indem 
er überall das störende „und“ fortläßt. So lautet z. B. zu Mt 91 
tadta abroö Aukoövrog adrois der Anschlußsatz ib ob) deren [eis] 
NO00EAYFWV MQOCEXUVEL. 

In all diesen Fällen handelt es sich — genau wie im A.T. — 
um Gleichzeitigkeit mit der Haupthandlung. 

b) Ganz davon zu trennen sind die im Aorist stehenden 
absoluten Genetive mit anschließendem idod. Sie werden — und 
damit geht Matthäus erheblich über das A.T. hinaus — bei zeitlich 
vorangegangenen, abgeschlossenen Handlungen verwendet’). Wie 
mir scheint, spielt dabei die Beschaffenheit der Verbalbegriffe keine 
besondere Rolle. Auch ist das Partizipium an keine bestimmte Stelle 
gebunden (im Gegensatz zu der festen Anfangsstellung der Par- 
tizipia Präsentis in Abschnitt a). Es kann also dem Subjekt folgen: 
Mt 120 rgb) dt adtod Evdvundevrog (ldod dyyelos xveiov... 
épdyn), 21 tod dé ‘Inood yeyyndévtoc, oder vorangehen: 2:3 dva- 
ywonodrtwy dë gor, Ae tedevtjoavtos dë tod Hogdov‘) (idod 
Gyyehos xvolov palvetati), übrigens an allen Stellen mit de. 

Da sich diese vier Stellen sonderbarerweise sämtlich innerhalb 
der ersten beiden Kapitel des Mt-Ev. finden °), so darf man vielleicht 


1) Uber eine Parallele dazu im Litauischen siehe Exkurs VI, unten S. 79ff. 

2) Auch die LXX kennt absolute Genetive im Aorist. Sie entsprechen entweder 
vollständigen Sätzen, wie Ex 2 10 ddovvdévtos dd tod mailov elońyayev adrö 
neds thy Fvyatéoa Dapaw wajjigdal hajjäläd wattebi’ chu „und wurde groß 
das Kind, und sie brachte es usw.“ oder einem präpositionalen Infinitiv, wie 1916 
yerndevros nods 6edeow bihjot habbökär „in [dem] Sein des Morgens“. 

3) Auch hier leitet cadza (allerdings mit ds) den absoluten Genetiv ein, wie 
Mt 918 raðra adroö Aadodrtog (S. 32). Herod. 1116 tad za Adyovrog tod natddc. 

4) Ebenso Herod. I 26, natürlich ohne 2603-Anschluß: tehevtjoartos 62 “AAvat- 
sew, €edéEato tw BaoıAninv Kooioos. 

5) Umgekehrt kommen in c. 1 und 2 des Mt absolute Genetive im Präsens nicht 
vor, weder mit noch ohne anschließendes ¿ĝoú. Dagegen lesen wir noch einmal 
11s einen absoluten Genetiv im Aorist ohne folgendes (od ` unnorevdelons tis 
uyroòg adtod Maglas të TO... ebe Ev vogrgi Eyovoa. Doch könnte 
ebo&dn darauf hindeuten, daß auch hier ursprünglich ein „und siehe“ gestanden 
hat, in Hinblick auf eine Stelle wie Jes 37s6 edeov ndvra tà owuara vexed „und 
siehe, ihre Gesamtheit Leichname tote“ (LXVI 159). Vgl. dazu auch die unten 

Zeitschrift für vergl. Sprachf. LXVII 1/2. 3 


34 M. Johannessohn 


annehmen, daß schon die von unserm Mt hierfür benutzte litera- 
rische Quelle diese xai idod enthalten hat. 


b) Uber die Verwendungsweise von xal idovd und iov. 

1. Beide Wendungen werden gebraucht, wenn es sich um 
Außergewöhnliches, Seltsames, für den Verlauf der Erzählung 
Wichtiges handelt. Im A.T. ist für die Anwendung von „und 
siehe“ das Außergewöhnliche nicht von so ausschlaggebender Be- 
deutung, man vgl. höchstens Stellen wie Rg IV 111. (= Chr II 23:3) 
Sach 5:1. (nach sehen), o. LXIV 184; auch Ge 253, 15s:. Rg III 1912, 
oben LXVI 186. 190. 191. 

An wunderbaren Ereignissen, auf die Mt mittels (xa) idov 
aufmerksam macht, sind zu nennen: 3:6 das Sichöffnen des Himmels, 
12 die Stimme aus dem Himmel, 17; die Stimme aus der Wolke, 
130 218.19 411 das Erscheinen von Engeln, 17, das Erscheinen des 
Mose und Elias, 2: der wunderbare Stern, 2751 die Ereignisse nach 
Jesu Tod (beginnend mit xai idod tò xatanétacua Tod vaod sr 
on), auch 82. 282 das Seebeben und das Erdbeben, die den Aus- 
gangspunkt für die sich anschließenden Erzählungen bilden. 

2. Wie gern im A.T., so werden auch von Matthäus durch 
(xal) idod Personen eingeführt. Doch beschränkt sich diese Ver- 
wendungsart bei ihm, was zum Teil auch mit seinem Stoff zu- 
sammenhängen wird, auf Menschen, mit denen Jesus in Berührung 
kommt: 2: die Magier, 12. die Mutter und die Brüder, 26. Judas. 

Oft sind solche Menschen krank oder mit irgendeinem Ge- 
brechen behaftet: 8 der Aussätzige, 9a der Gelähmte, so das blut- 
flüssige Weib, ss der stumme und zugleich besessene Mensch, 
1210 der Mann mit der verdorrten Hand, 2030 die beiden Blinden. 

Statt des kranken Menschen ist dessen Vater oder Mutter 
Subjekt hinter (xai) iðoú: 9ıs der Oberste (dexw»), dessen Tochter 
gestorben ist, 1528 das kanaanäische Weib, deren Tochter vom 
Dämon geplagt wird. 

Jesus selbst wird nur als Auferstandener so eingeführt: 28, 
x. id. ’Inooös Gréngen (v. I. ånývt.) abrais Akywv' xalgere. 

3. An ein paar Stellen kommt es nicht so sehr auf die Per- 
sonen an, die hinter soi idod Subjekt sind, als vielmehr auf die 
bedeutsamen Worte, die sie aussprechen: Mt 8. xai idod &Exga&a» 
Aéyovtes')’ ti Gin xai coi, vit tod Yeoö, 9s xal idod tives r 
S. 78 angeführte Stelle aus der Peschita, Act 110, wo xa? dq o durch das Passiv 
(Ethpeel) von ’@3kah „finden“ umschrieben wird. 

1) Die Sprecher selbst werden einen Vers vorher mittels des Verbums ézavray 


eingeführt: ... ixjvtnoay att@ dv datpovtépevor. Uber dieses Kapitel 8 
siehe auch unter Abschnitt 6. 


Das biblische soi 260d in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 35 


yoauuarewv einav Ev éavtois: oëroc BAaopnuei. Hierher gehört 
auch die am Schluß von Abschnitt 2 genannte Stelle 28,. Zu ver- 
gleichen ist aus dem A. T. Ge 15. die Einführung der Antwort, die 
Gott dem Abraham zuteil werden läßt (o. LX VI 190). 

In Mt 19ıs xai idod eig... ehren dıddoxale, ti dyadov nooo, 
iva ox Con aimvıov bildet die direkte Rede gleichzeitig den 
Ausgangspunkt für ein Zwiegespräch. 

4. Einmal, 265:, dient soi idod zur Einfügung einer kleineren 
Episode: xa idod sig tõv wera “Inood ... dnéonacey thv udxaıgav 
cb rod. 

5. Mt 910 leitet xai idod den Anschlußsatz zu einer soi éyéveto- 
Fügung ein, siehe S. 31, o. LIII 196. Über Parallelen aus dem 
A. T. siehe o. LXVI183f. und o. LIII 187f. 

6. In einigen Kapiteln häufen sich die xal idov, so in c. 8, 
wo die Formel 5 mal begegnet, darunter 3 mal innerhalb der Er- 
zählung von den Besessenen in Gadara (8 se, 32. ). Im 9. Kapitel 
findet sich xai idod 4 mal (dazu 2 mal einfaches idod). In 17s 
folgt unmittelbar auf einen durch einfaches idod eingeleiteten Satz 
das zusammengesetzte: idod vepéln gott éneoxiacev abTods, 
xal ibod povi èx tig vepéAns Aéyovoa. Wieweit diese Häufungen 
dem Verfasser des Mt.-Ev. selbst zuzuschreiben sind oder aus seiner 
Quelle stammen, ist natürlich schwer auszumachen. 


c) Über die Gestaltung des (xa) i6od-Satzes. 
1. Vom Subjekt. 

1. Hinsichtlich der Beschaffenheit des hinter xai idod bzw. loo 
stehenden Subjekts treffen wir bei Matthäus — im Gegensatz zu 
Lukas und der Apostelgeschichte — dieselben Gruppen mit der- 
selben Mannigfaltigkeit an, die wir im A.T. unterscheiden konnten 
(o. LXVI151f., ferner schon o. LXIV 190f.). 

a) Eigennamen: Mt 17; Mose und Elias, 264: Judas, 28, Jesus. 

Sonstige Personen 12:0 &vPewm06, Iao 152 yur"), 411 &yyedor’), 
-0S 120 213. 19 mit dem Zusatz xvoiov, 2ı uayoı, 918 doxwv, 1246 N 
untno xai ol deo abt 2030 doo) tupdoi, 910 moAloi red 
xai ġuagtwåol. — 8s. näoa D zéie) im Sinne von Einwohnern. 

1) yuvy ssd hinter xal idod auch Ruth 3s. 

2) cyyedog hinter xal idod auch Rg IV Gas Dan 410 (13). 

3) Auch Ge 183 Ex 213 Sach 59 ist das auf xa? Zdod folgende Substantiv 
mit einem Zahlwort ausgestattet: „drei Männer“ bzw. „zwei hebräische Männer" 
bzw. „zwei Frauen‘. 

4) Mit dem echt griech. Ausdruck zoa 4 zéie ist zu vergleichen der gleich- 
bedeutende, aber ungriech. klingende Judic 20« (x. id. dveßn) 7 ovvréĥcia tùs 


ade g kelil hdr „[das] Ganze der Stadt“. 
3% 


36 M. Johannessohn 


Unter diesen Substantiven vermissen wir aber dhe (nur 1 mal 
&vIownos belegt), dessen sich, wie wir unten S. 48 sehen werden, 
die lukanischen Schriften in ziemlich weitem Umfange bedienen. 

b) Tiere: 8s: ndoa N déin 

c) unbelebte Gegenstände: 3:6 of oögavol, 175 veel 
Ywrewn, Ze Ô done, 317 175 pwr, 82. 282 oeıouös péyas, 2751 td 
AATANETAOUA TOU VAOÙ. 

2. In der Regel besteht wie im A.T. das nominale Subjekt 
aus einem Substantivum. 

Ausnahmen sind eis (a) und tıvés (8), je 2 mal. 

a) Mt 191 xal idod eis n000EAIWv aŭt x., mit partitivem 
Genetiv 263: eis con Geré ’Inooö (uer adtod B). 

Das Zahlwort eig ist hier eine abgekürzte Ausdrucksweise für 
„Mann einer“, wie wir aus Dan 10, schließen dürfen: wehinne 
iS ’ähäd „und siehe Mann einer“, wo die Kardinalzahl den Platz 
des dem Hebr. fremden unbestimmten Artikels einnimmt. Auch 
LXX und Theod. bewahren „einer“: xai idod dvdownos (Theod. 
dvre) eis sti." Darnach scheint Mt 9ıs, wo freilich die Über- 
lieferung nicht eindeutig ist, gestaltet zu sein: idod dozou eig xd. 
(s. auch die alttest. Beispiele in Anm. 2). 

Zur Verbindung von eis mit folgendem Genetiv vgl. z. B. 
Ge 3720 b°’ahad habböröt , in eine der Gruben“ = eig Eva thy Aduxwy. 
Ein solches „einer“ scheint zum aramäischen Sprachgebrauch zu 
stimmen, wie aus der Peschita erhellt, die eis an den drei Mt-Stellen 
als Rad „einer“ beibehält”). 

ß) Mt 9. xai idod tives tõv ygauuarewv, 2811 tivès ts xov- 
otwdias. Auch Mal 6a; findet sich zıw&s (ohne voraufgehendes 
x idod*)) mit partitivem Genetiv tivicg coin dosBadv (GE IooanA), 
dagegen mit 25 Ma III 2.0 avis & aörov wie Ex 162: = hebr. min 
„Von“: Si οõVÜͥ tives x tod Auoö, wo bezeichnenderweise zë 
h Dazu Exkurs II unten S. 66f. 

2) Auch noch neuaram. wird alleinstehendes „einer“ in der Weise des älteren 
,Mann (einer)* gebraucht, z. B. ahref ahhad amellun ,antwortete einer, sagte 
zu ihnen“ (Dialekt von Ma‘lüla, Bergsträßer, Einführung in die semit. Sprachen 
885). — Hinweisen möchte ich auch auf die syrische Formel bhad men jaumin 
„an einem von den Tagen“ (z. B. Leben des hl. Ephraem, Brockelmann, Chrestom.“ 
247 296 u). Vgl. Lukas 517 xal éyéveto Ev wig av huepüv. Dagegen ist mir 
im Arabischen diese Wendung ohne das Zahlwort, dafür mit Wiederholung des 
Wortes „Tag“ (Sing. und Plural) begegnet: fi jaumin min al-ajiami „an [einem] 
Tage von den Tagen“ (Geschichte von Sindbad aus 1001 Nacht — Grünert, Arab. 


Lesest. II 474). 
) Rg III 195 findet sich der Singular de hinter xa? idoö, doch ist nicht 
deutlich, welchem hebr. Wort er entspricht, o. LXVI 168. 


Das biblische xæ? Too in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 37 


Zusatz des Übersetzers ist. Der Singular tic findet sich schon bei 
Homer und den Tragikern mit folgendem Genetiv’). Wie weit 
der Plural zıw&g so gebraucht wird, entzieht sich meiner Kenntnis’). 
Für unsere beiden Mt-Stellen ist immerhin die Übersetzung der 
Peschita lehrreich, die beidemal zıw&g durch (a)nasa „Männer“ 
ausdrückt. 

Wenn ich recht sehe, gehen also im Grunde sowohl eis wie 
tıv&g auf semitisches "28 „Mann“ zurück. 

Daß übrigens dem Matthäus die Ausdrucksweise mit „Mann“ 
nicht ganz unbekannt ist, ersieht man aus 1210 xai idot čvðgwnos*) 
ve (v. I. v x.) ären Enodv. 

3. Nur gelegentlich ist das Subjekt in der Verbalform ent- 
halten: Mt 82 xai ioù Exoa&av, 92 xal idod noocépegor, se idod 
rrooonveyxav. Im A. T. habe ich einen solchen Fall nach „gehen“ 
gar nicht (o. LXVI 151), nach „sehen“ nur ganz vereinzelt an- 
getroffen (o. LXIV 190). 


2. Vom Prädikat. 


Nur zwei Haupttypen sind zu unterscheiden. Entweder fehlt 
das Prädikat (1), oder es wird durch ein Verbum finitum gebildet (2). 

1. Hinsichtlich des Prädikats im (xai) idod-Satz bei Matthäus 
müssen wir vor allem feststellen, daß es, ganz im Gegensatz zum 
A.T., niemals aus einem Partizipium gebildet wird, daß also 
die im A.T. beliebteste Gestalt des „und siehe“-Satzes (nominales 
Subjekt + Partizipium) bei ihm nicht vorkommt‘). 

Davon machen auch folgende Stellen keine Ausnahme: 1210 * 
iĝoù &vIownos yeioa (v. I. m x.) ëron Enodv und 317 175 xai idod 
pov) Eu tov ovoeavar (bzw. èx tig vepéAns) Aéyovoa. Denn hier 
haben wir es mit einer uns aus dem A.T. geläufigen Redeweise 
zu tun, nach der ein eines Prädikats entbehrendes, aber mit einem 
Attribut ausgestattetes Substantivum durch xai idod eingeleitet 
werden kann (o. LXIV 188f.). Die Partizipia &xw» und Aéyovoa 

1) Hom. 0290 vis... Jeb, Aesch. Eum. 70 Pedy rig odf’ dvPeuwzos oddE 
9% (aus Pape, Lex.). deo. . . cg auch Epiktet. IV 91s. Für Epiktet siehe 
auch die nächste Anm. 

2) Aus späterer Zeit bietet Epiktet, der den Singular de ziemlich häufig 
mit einem partitiven Genetiv verbindet, für den Plural nur den zweimal (I 2910 
II 234) vorkommenden Ausdruck eg tovtov. 

3) Die Gleichwertigkeit von dvdowzog und dye ersehen wir aus dem Ver- 
hältnis zwischen LXX (dv$ewros) und Theod. (deze) in der S. 36 angeführten 
Stelle Dan 10s. 

) Auch von den LXX-Ubersetzern ist das hebr. Partizipium schon vielfach in 
ein finites Verbum umgewandelt worden. — Siehe auch unten S. 39, Abschnitt 2 a y. 


38 M. Johannessohn 


sind demnach als Attribute aufzufassen. Mit den beiden letzten 
Mt-Stellen lassen sich ferner alttest. Sätze vergleichen wie Rg III 1% 
xal ldov ñua xvolov neds adrov xal elmer, ıs xal id ob nods abröv 
povi xai elnev (o. LX VI 168. 170), auch Ge 15. xai eddic (= w°hinne 
„und siehe“) pwvù xvglov éyéveto 2005 b rü Aéywr, wo éyéveto erst 
vom Übersetzer stammt und Aéywv hebr. le „zu“ mit dem Infinitiv 
von amar „sagen“ entspricht (Einleitungsformel der direktenRede)’). 

2. a) Abgesehen von den soeben (S. 37) genannten drei Stellen 
Mt 1210 377 175 enthält der auf (xai) idod folgende Satz stets ein 
Verbum finitum. Doch läßt sich zuweilen noch die dahinter 
steckende, ein Verbum finitum nicht aufweisende hebr. (aram.) 
Satzform mehr oder minder deutlich erkennen: 

a) Ein solcher Fall liegt vielleicht Mt 28. vor: xai ioù oeõοh,]9 
éyéveto wéyas. Alttestamentlichem Sprachgebrauch zufolge ist hier 
ein Verbum überflüssig, da der soi idod-Satz aus einem Nomen 
mit adjektivischem Attribut besteht. 

ß) Auch Mt 8s. treffen wir in einem Satz ähnlichen Inhalts 
éyéveto an: xal ido osiouòs uéyas éyéveto”) èv ti Faddoon. Da das 
Prädikat ein Präpositionalausdruck ist, wäre nach semitischer 
Weise auch hier ein der Vermittelung zwischen Subjekt und Prä- 
dikat dienendes Verbum finitum nicht erforderlich’). Aber schon 
die LXX-Übersetzer fügen manchmal Hilfsverben hinzu (o. LXIV 
201f. u. ö., &y&vero soeben S. 38, Abs. 1 und o. LXVI 157. 191). 

Ein Vermittelungsverbum zwischen Subjekt und präposi- 
tionalem Ausdruck haben wir ferner Mt 83. xai idod ndoa 4 nölıg 
EEniYev eig öndvtyo (v. l. oder.) t@ ’Inooö. Dazu stimmt nämlich 
ziemlich genau der verblose hebr. Satz Rg III 18. w*hinne 'elijjahu 
likrä’to „und siehe Elias entgegen ihm“, in den erst der Übersetzer 
ein de einschaltet: xal (= „und siehe“) Gen H. eis ovvar- 
tow abrod‘). 


1) Zum Ausdruck vgl. noch Act 1015 xa? pov) add Eu devtégov neds würde 
und is xal éyéveto pwav neds aördv (Blaß-Debrunner, Gramm. des neutest. Griech. 
§ 128, Anm. 7). 

3) Mk 43, hat ebenfalls yiveraı (AatAap ueydain dvéuov), während Lk 8ss 
das farblose yiveodaı durch das anschaulichere xazafjvae ersetzt: xal xarépq 
ada àvéuov eis thy Aluvny, 

3) Der Fortgang der Mt-Stelle (Sore tò nAotov nahiarecdar bad tev xvud- 
sp) führt uns allerdings den Abstand von alttest. Sprachempfinden und Stil vor 
Augen. Auch die Parallele bei Mk (437) enthält einen Gore-Satz, während Lk 8es 
mit xal fortfährt: xal avveningoövro xal éxivddvevor. 

) Daß aber bei dieser Wendung schon im Hebr. selbst ein Verbum zwischen 
Subjekt und Prädikat vermitteln kann, beweist Rg I 914 wehinne Zem el jöse’ 


Das biblische xa? ‘dod in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 39 


Derselbe Präpositionalausdruck liegt wohl auch Mt 28, * 
ioù ’Inooös Oönnhvrnoev (v. I. dndvr.) aöreis zugrunde, wie wir 
der Übersetzung von Prov 7:0 entnehmen können, die gleichfalls ein 
Verbum des Begegnens zu Hilfe nimmt (o. LXVI 154f. 158): w*hinne 
iss@ likrä'to „und siehe eine Frau entgegen ihm“ 7 dé yuv) ovvavıd 
abr. Lehrreich für unsere Mt-Stellen sind auch die beiden o. LX VI 
S. 193 angeführten xal idoö-Sätze aus dem ersten Makkabäerbuche, 
von denen der eine (16,) sich des Präpositionalausdrucks eig ovvdv- 
ınoıw adbrois (ohne Verbum) bedient, während im andern (lee) 
dafür ein Verbum des Begegnens eingesetzt ist dnnvra be. 

y) Eine Spur von der im A.T. so beliebten Form des xai 
idov-Satzes „Subjekt + prädikatives Partizipium“’) scheint 
Mt 20:0 hinterlassen zu haben, wo gleichsam vor unsern Augen 
aus einer offenbar semitisch gedachten Konstruktion eine mehr 
griechische entsteht: soi iðoù dvo tupdol xadjueros*) naga thy 666”, 
dxotvoartes, ër ’Inooög nagdyeı, Znga&av. Denn der Anfang x. io. 
úo tupdoi nadnuevor naga thv 66dv (Subjekt + prädikatives Par- 
tizipium) würde im Hebr. bereits einen vollständigen Satz ergeben, 
entsprechend alttest. Sätzen wie Ezech 814 w*hinne sam hannasim 
jösebot m°bakköt ’ät hattammüz „und siehe dort die Frauen sitzend, 
beweinend den Tammuz“ (LXX xai idod éxei yuvalxes zadınuevaı 
Yonvovoaı’) toy Bauuovs), Rg I &ıs w*hinné eli joseb al hakkisse 
„und siehe Eli [sitzend auf dem Thron“ (x. id. Hir éni tod òi- 
goov B, éxddnto zwischen His und end A). Ä 

Unsere Auffassung dieser Mt-Stelle wird auch durch das Ver: 
halten der Peschta bestätigt, die den Anfang xai idod — xadn- 
evot maga r. 6ddv als einen selbständigen Satz auffaßt: yhä smaji 
trén jatbin (h)wau ‘al iad ’urhä „und siehe, Blinde zwei sitzend 
waren (sie) auf Hand des Weges (d. h. neben dem Wege)“. Dann 
wird ein neues Satzgefüge gebildet, indem dxodvcartes durch einen 
Nebensatz umschrieben wird: ukad sma‘(u) d-jesu‘ “abar, iab(u) kala 
„und als sie gehört hatten, daß Jesus vorübergehend, gaben sie 
Stimme“). 


likra’tam „und siehe Samuel herausgehend (mit anderer Vokalisation: „ging 
_ heraus“) entgegen ihnen“ (x. iô. Z. side eis dndvınow aðtõv). 

1) Siehe darüber schon Abschnitt 1, oben S. 37. 

) Vgl. Homer 4 1 H 443 of 62 deo nào Zur nadımevoı Ayogdwvro bzw. 
Snedvto wéya Zoyov. °) Ähnlich Hom. 49 elooodwoaı gleich hinter xaPijmevac. 

*) Auch das sogen. Evangeliarium Hierosolymitanum (ed. Lagarde in Biblio- 
theca syriaca), wie auch die Armenische Bibelübersetzung, allerdings auch Luther 
und Wellhausen in seinem Mt-Kommentar gliedern so. Wie Luther, also wohl 
von ihm beeinflußt, verfährt die mir vorliegende finnische Übersetzung (1928), 


40 M. Johannessohn 


b) Die zuletzt in Abschnitt a angeftihrte Mt-Stelle lenkt 
unsere Aufmerksamkeit auf eine weitere Stileigenttimlichkeit, 
die darin besteht, daß zwischen Subjekt und verbales Prädikat des xai 
idod-Satzes ein sogenanntes Participium coniunctum im Aorist 
eingeschoben wird. In LXX begegnet ein solches Partizipium 
hinter x. idod nur ganz vereinzelt: Nu 256 xa idot dvdoewnos... 
dAn nooohyayev tov d6eApöv adrov, hebr. zwei durch „und“ ver- 
bundene Verbalformen w*hinne ‘is... ba’ wajjakreb „und siehe, ein 
Mann... kommend (kam) und er ließ herankommen“. 

Dieses von Matthäus hinzugefügte Partizipium ist meist (6 mal) 
ein Verbum des Gehens: 910 xal ioù mohol reiwvaı ... EAPSVTES 
ovvavéxeryto t@ Inood. Das Partizipium é496rteg in dieser Stellung 
auch 2811. — 82 9:8 xai idod Aenods (bzw. idod dozou) ee A- 
Sov noocextver ahi ); 920 x. id. yuri)... N000EAYoÜca Önıcder 
wato tod xgaonédov, womit die „und siehe“-Sätze Rg III 19, und 
Dan 101 (o. LXVI 168f.) zu vergleichen sind, die dasselbe finite 
Verbum #wato haben, sich aber von der Mt-Stelle durch das 
fehlende Partizipium unterscheiden. 

Mt 152 xal idod yur Xavavala...25eAYodüca eéxoater (v. I. 
exo er, éxoavyaceyv), was uns etwas an Rg IV 8; erinnert x. id. 
yuri)... Bodoa neds tov Baodéa, wo Bowoa hebr. so’äkät 
„schreiend“ ein Verbum finitum vertritt. 

Andere Partizipia verwendet Mt so nur zweimal: 265: x. id. 
eis... éxtelvas t yetoa anéonacey thy pdyaroay abrod und in 
dem S. 39 besprochenen, eigenartig gestalteten Satze 20, (dxov- 
OQVTES). 

Welche Gründe das Participium coniunctum’) veranlaßt haben, 
ist schwer zu sagen. Es sieht ja so aus, als ob Matthäus damit 
habe gräzisieren wollen. Zweierlei möchte ich aber der Erwägung 
anheimstellen. Erstens schließen viele alttest. „und siehe“-Sätze 
mit der (doppeldeutigen) Form bg „kommend“ (kam) als Prädikat 
(o. LX VI 154. 167f. 169. 173. 177. 181)*), so daß also wenigstens die 
6 Sätze, in denen wir sA9ο (Ns, SS-) antreffen, eigentlich 
schon mit dem Partizipium zu Ende wären und sich dann in 
ähnlicher Weise wie 2030, dessen ursprüngliche Gestalt nur bis 
xadnuevoı naga thv ôôóv reicht (S. 39), weitergebildet hätten. 

Sodann könnte vielleicht mit dieser Gepflogenheit des Mt-Ev.s 


während die russische (1862) und die litauische (1898) der griech. Gliederung 
folgen. 

1) Es kommt natürlich auch außerhalb der al idod-Belege vor. 

2) Dahin gehört wohl auch Mt 26 ido0d Tobòag eis tév dddexa IA dev. 


Das biblische soi dos in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 41 


in irgendeinem Zusammenhange der semitische Sprachgebrauch 
stehen, zwei Verba, allerdings Verba finita, von denen das erste 
gern ein Verbum der Bewegung ist, gelegentlich asyndetisch 
nebeneinander zu stellen. Brockelmann, Grundriß der vergl. 
Gramm. der semit. Sprachen II 473ff. gibt für diese Erscheinung 
Belege aus dem (jüngeren) Arab., Assyr., Hebr. und — was für 
die Welt des N.T.s besonders wichtig ist — aus dem Aram. und 
Syr.’). So übersetzt auch die Peschita z. B. Mt8s n000849@» zooo- 
exdver durch “eta sged „(er) kam, (er) verneigte sich“, ähnlich 
910. 18. — Diese unmittelbare Aufeinanderfolge von Partizipium und 
Verbum finitum hat der griech. Mt unter diesen 6 Stellen mit 
Atov (und Komposita) 4 mal (82 910. ıs 1522). 

c) Das Tempus des prädikativen Verbum finitum im (xai) 
idod-Satz ist überwiegend der Aorist, 15mal hinter xai idov, 
6 mal hinter iov °), z. B. Mt 316 Bantiodeic... eddis åvéßnņ ..., xal 
iĝoù hve@ydnoay ol odeavol, Is: atta dé eeoxoneveor, idov 77000- 
Hveynav abt@ xwpòrv*) daimomlduevor. 

Dazu kommen 21; undis, wo wir (nach voraufgehendem ab- 
solutem Genetiv im Aorist) dem praesens historicum begegnen: Got 
Gyyehos xvolov palveraı‘), gleichwertig mit dem Aorist 120 idod 
Gyyehos xvgiov ... épdvn (o. S. 33). 

Aus dem gewählten Tempus dürfen wir schließen, daß für 
den Verfasser des Mt-Evangeliums der (xl) idod-Satz in den meisten 
Fällen einen Fortschritt der Handlung bedeutet’). 

Dem stehen nur 6 Stellen mit dem Imperfektum) (oder 
Plusquamperfektum eiornxeıoev) gegenüber. In 20 ol dé... émoged- 
Inoav, xal ioù ô done, ðv eldov v ti dvatody, nooNyEv abtovs 
nähert sich der xai idov-Satz einem Zustandssatz „während der 
Stern voranging“. Da ist das Imperfektum, sowohl vom griech., 
als auch vom semitischen Standpunkt aus (als Ersatz eines ur- 
sprünglichen Partizipiums, o. LXVI 162f.), berechtigt. 


1) Auch das Koptische liebt das Asyndeton, z. B. Mt 2643 afi afhe „er ging, 
er fand“ 2Adöv... edgev. Über asyndetisch aneinandergereihte Sätze im Ägypti- 
schen Erman, Ägypt. Gramm.‘ § 478 b. 

2) Auch im A. T. steht, wenn der xa? édod-Satz den Anschluß eines einen 
hebr. Nominalsatz vertretenden absoluten Genetivs bildet, das Tempus fast aus- 
schließlich im Aorist (S. 167f.). 

3) So BN; fast die ganze übrige Überlieferung fügt dvdownov vor xwpóv 
hinzu. 4) 213 cod. B u. a. Epavn. 

5) Vgl. damit die häufige Ersetzung von (xa) q os durch (xa?) céze in einer 
Ubersetzung des N.T.s ins Neugriech. 

e) Alttest. Satzgebilde, die gleichfalls im Vordersatz den Aorist, im „und 
siehe“-Satz das Imperfektum enthalten, oben LXVI 162f. 


42 M. Johannessohn 


Auch in 910 xai éyéveto abroö dvaxeipévov Ev tů oixig, sot 
idod moddoi teAdvar... &hddvteg ovvavéxeryvto t@ *Inood und 126 
Erı abtod Aadodytos..., ioù  untno xai ol döeApoi adtod elorn- 
xecoay &&w handelt es sich bei den Imperfekten (Plusquamperfekten) 
um die Dauer des Zustandes. 

Vielleicht läßt das Imperfektum noo0exUveı 82 und 916 dieselbe 
Erklärung zu: x. id. Aenods ng00eAd@v noocexiver adt bzw. taita 
abtod Aahotytos abrois, loo doxwv cls N000EAHWV MEOGEXUVEL AUTH. 
Das noooxvveiv beansprucht eben längere Zeit. 

Scheinbar willkürlich ist der Wechsel zwischen ng00&peoo® 
und nooonveyxav 9a und ss, zwei Stellen, die, abgesehen vom Ein- 
gangssatz, gleiche Form und ziemlich gleichen Inhalt haben: 


911. xal dev eig thv idiay di | 9ss adbtay dé &eoyouévwr 


xc lò od neocépeooy abt@ idot no00NVEYyaav agb 
nagaivrnov mì xdlvns Be- xwWpov Öaıuovılduevov. 
Binuevov. 


Aber beide Tempora sind je für ihren Platz richtig gewählt. 
Denn 9ı: ist mit Ader ein Abschluß erreicht, nun wird weiter 
mit Hilfe des Imperfektums erzählt, was sich während des Aufent- 
haltes Jesu in der Stadt zuträgt. 

9s, verhält sich dazu gerade umgekehrt: Jesus befindet sich am 
Anfange einer Wanderung, die durch das Auftreten eines stummen 
und besessenen Menschen unterbrochen wird. Auch im A.T. wird 
hinter einem auf einem absoluten Genetiv folgenden xai idovd fast 
stets mit dem Aorist fortgefahren (o. LX VI 176). 

Dazu kommt noch eine etwaige siebente Stelle, Mt 1522. Doch 
schwankt die Überlieferung zwischen Imperfektum und Aorist, so 
daß sich kein sicherer Schluß ziehen läßt: xai idod yuv... 
&noabev (BD, -Eev N“, éxoadyaley M, -aoev Q u.a.). Das Im- 
perfektum würde die Dauer hervorheben: die Frau „schreit auf 
der Straße längere Zeit hinter ihm her“ (Wellhausen, Das Evan- 
gelium Matthaei 79). Auch spricht dafür die oben S. 40 erwähnte 
Stelle Rg IV 85. An zwei andern Stellen, Mt 8. und 20s0, wo es 
sich mehr um ein einmaliges Aufschreien handelt, lesen wir den 
Aorist desselben Verbums: xai idot (úo tupdol ...) Exgadav - 
YOVTEG. | 

d) Von der Wortstellung. | 

Noch ziemlich deutlich läßt die Wortstellung innerhalb des 
xc (idov)-Satzes die semitische Grundlage erkennen. Wenn das 
Subjekt im Verbum enthalten ist, folgt dieses unmittelbar auf (xai) 
idod: Mt 820 xal idod čxoatav Aéyortes, ferner 9a und s (S. 37). 


Das biblische xæ? 260ö in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 43 


Wie im A.T. geht auch im Mt-Ev. bei ausdrücklich bezeich- 
netem Subjekt das Verbum nur selten (3mal) vorauf, offenbar 
dann, wenn der Ton auf dem Verbalbegriff liegen soll. So kommt 
es Mt 17. xai idod giän abrois Mwvons xai Hag ovddahoirtes 
pet oeëroü nicht so sehr auf Mose und Elia an sich an, als viel- 
mehr darauf, daß sie, die berühmten Männer der Vorzeit, von 
Jesus und seinen Jüngern gesehen werden. Entsprechend ist das 
Verhältnis zwischen Verbum und Subjekt an den beiden andern 
Stellen: 316 x. id. NvepxInoav of oögavoi und 83 x. id. Gounoev 
coc Å déin xata Tod xonuvod eig thy IdAacoay. 

An allen übrigen Stellen, auch da, wo der xai idod-Satz aus 
nominalem Subjekt und attributivem Partizipium gebildet wird 
(S. 37), schließt sich (wie im A.T.) das Subjekt unmittelbar an 
(xai) idod an, wie z. B. 411 xai lòoͤod dyyeloı οõοl o. 

Einschübe, wie wir sie, wenn auch ganz selten, im A.T. vor- 
finden (o. LXVI 146 Anm. 3. 167), gibt es bei Mt nicht. 


e) Von der inneren Beziehung des Vordersatzes zum 
(xai) idod-Satz. 

1. Im A. T. gilt die Regel, daß das durch soi idod hervor- 
gehobene Nomen irgendwie mit dem Subjekt des voraufgehenden 
Satzes zu tun hat, d. h. daß das Subjekt das im xai idod-Satz 
Mitgeteilte wahrnimmt. Diese Bedingung für die Anwendung von 
xc idov, an die sich Matthäus zwar in den meisten Fällen hält, 
wird jedoch zuweilen von ihm gemildert. So haben wir in 41: 
tote dpinoıw aöbrov 6 didBohos. x iðoù dyyehot ngocnAdov xai 
Oinxdvovy at und 811. xaraßdvros dé aitot . hxodovdnoay 
Gäre GM noAlol. nai idod Lenoòg noocEATwr noocExivEer Gäre 
zwei Fälle, in denen das Nomen hinter idod nicht für das Sub- 
jekt, sondern für das Objekt des Vordersatzes (abt bzw. abr) 
von Bedeutung ist. 

2. Wie im A. T., ist auch bei Mt das Subjekt hinter idod meist 
verschieden von dem davor. Bleibt es dasselbe, so braucht es 
hinter idod nicht noch einmal genannt zu werden. Daher stimmt 
Mt 828. önnvınoav ait@ dvo Ödaıuovıbdusvor ..., xal loo čxoačav 
mit der Praxis des A.T.s’) überein. 

Auch 9ır xa „Ader eis thy idiay zéi, nai iò ob) meocépe- 
gov ait nagadvuxdy macht vom alttest. Standpunkte aus keine 

1) Schon das am Anfang befindliche drnn7vrn0a» scheint auf ein ursprüng- 
liches „und siehe“ zurückzugehen (vgl. o. S.39). Sollte trotzdem xa? ddod 


stehen geblieben und an die falsche Stelle geraten sein? 
2) Beispiele, allerdings hinter „sehen“ o. LXIV 182. 


44 M. Johannessohn 


Schwierigkeit. Hier bleibt zwar das neue Subjekt unbezeichnet, 
ist aber dem vorausgehenden nöd4ı» zu entnehmen. 

Wenn aber durch idod ein neues Subjekt angeführt wird, 
das die voraufgehenden Worte in keiner Weise andeuten, muß 
es im A. T. ausdrücklich genannt werden. Demnach ist Mt 9. 
aitay dë EEeoxoukvwv, ido nooonveyxay abt xwgdy gegenüber 
dem alttest. Sprachgebrauch eine Neuerung, da hinter dem Gene- 
tivus absolutus, der ja hier, wie auch im A.T., einem selbstandigen 
Satze gleichkommt, der Wechsel des Subjektes nicht durch ein 
besonderes Nomen kenntlich gemacht ist. 


Wie aus unseren Untersuchungen über „und siehe“ innerhalb 
des A.T.s hervorgeht und wie auch indirekt das Verhalten der 
Peschita zeigt (Exkurs V, S. 76ff.), war ,und siehe“, soweit es 
die Erzählung betrifft, zur Zeit des N.T.s bereits ausgestorben '). 
Demnach beruht das Wiederaufleben des „und siehe“ bei Mt ın 
der Hauptsache nur auf einer Nachahmung des LXX-Stils. Es 
scheint mir aber, als ob daneben noch andere Einflüsse ange- 
nommen werden müssen‘), Seine Vorlage kann nämlich schon 
in vielen Fällen xai idod oder die hebr.-aram. Entsprechungen 
enthalten haben’). Sodann darf man vielleicht auch die Möglich- 
keit in Betracht ziehen, daß Mt — das gilt dann auch mit für 
eine etwaige Quelle — Kreisen entstammte oder nahestand, die 
sich die Pflege prophetischer oder visionärer Schriften (und Ge- 
danken) angedeihen ließen, in denen ja, wie die Apokalypse‘) lehrt 
„und siehe“ noch bis zur Zeit des N.T.s in Anlehnung an den 
Visionsstil lebendig blieb. Nicht unwichtig erscheinen mir in diesem 
Zusammenhang die S. 32. 36 mit Anm. 1, 37 Anm. 2 erwähnten 
sprachlichen Eigentümlichkeiten, die dem Mt-Ev. mit dem Träume 
und Visionen enthaltenden jungen Buche Daniel gemeinsam sind. 


II. Die lukanischen Schriften. 
a) Frequenz von xai loo und idod. 


Während dem Verfasser des Matthäus-Evangeliums xai idod 
und einfaches idod in der Erzählung noch ziemlich geläufig sind, 


1) S. auch o LXIV 180. 220. 235. 

2) Bestärkt werde ich in dieser Vermutung noch dadurch, daß auch bei den 
xal éyéveto-Verbindungen die Anlehnung des Matthäus an das A. T. nicht allzu 
stark ist (im Gegensatz zu Lk und Acta): nur der 5mal wiederkehrende formel- 
hafte Satzeingang xa Ey&vero őre drdicoev, dazu 910 x éyéveto mit absolutem 
Genetiv und anschließendem xa? édov, o. LIII 194—196. 

3) Siehe darüber auch unten S. 61f. *) o. LXIV 246. 249. 


Das biblische sei {dod in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 45 


so daß er bei uns fast den Eindruck erweckt, als ob diese Wen- 
dungen zu seiner Zeit noch lebendig gewesen wären, beobachten 
wir in den lukanischen Schriften ein allmähliches Schwinden dieser 
Formel. 

1. Fast ganz gemieden wird im Lukas-Ev. das einfache 
idod, das nur ein einziges Mal an einer auch von Mt bezeugten 
Stelle hinter einem absoluten Genetiv zugelassen wird (Lk 224, ~ 
Mt 2642, 0.8. 32). 

Volles xa idod verwendet das Lukas Ev immerhin noch 
15 mal. Aber die größere Anzahl der Belege (11, worunter 3 Stellen 
sind, an denen auch Mt, im Gegensatz zu Mk, soi idod hat), findet 
sich in den ersten 14 Kapiteln (2. 5. 7. 8. 9. 10. 13. 14), während 
der zweite Teil des Evangeliums die Wendung nur 4mal aufweist 
(je imal in c. 19 und 23, 2mal im e 24). 

2. In der Apostelgeschichte geht die Belegzahl weiter bis 
auf 7 herunter, und zwar lesen wir überall das zusammengesetzte 
xai iĝoú, nur 101, nach einem durch dc eingeleiteten konjunk- 
tionalen Nebensatz, schwankt die Überlieferung zwischen xai idov 
und idov. 

Diese sieben Stellen finden sich sämtlich innerhalb der ersten 
16 Kapitel (1. 8. 10. 11. 12. 16), mit 161 entschwindet das xai idod 
der Erzählung aus der Apostelgeschichte’)’). 


b) Die Beschaffenheit des Vordersatzes. 


Wenn auch die Verba des dem xa idod voraufgehenden 
Vordersatzes ähnlich denen bei Mt keine so bedeutende Rolle 
spielen wie im A.T., kénnen wir doch auch bei Lk im ganzen 
dieselben Gruppen unterscheiden: 

a) Bewegungsverben: Lk 19 xai cioehP mv df thoxero mv 
*Tegiya xal idob dvno x., Act 161 xatiytyoey dé xai (v. I. om.) 
sig AéoBny ..., x. id. uadnths TIS xt. 

Wie gelegentlich im A. T. (o. LX VI 146) kann auch Lk (im Gegen- 
satz zu Mt, o. S. 43) das Bewegungsverbum durch Zwischensätze 
von xal idod trennen: Lk 22 xal Ste Eninodnoav al huéoar ro 
xadagıouod abtay..., dvnyayov abröv eis TeooodAvua. Nachdem 

1) Innerhalb der Rede begegnet von c. 16 an soi Loon noch 2724, außerdem 
20a. 26 (vorher 1311) in der Wendung xal viv idod. 

2) Parallelen für solche ungleichmäßige Verteilung innerhalb der Apostel- 
geschichte bieten &v@rı0v c. gen. und die Umschreibungen einfacher Präpositionen 
mit Hilfe von Substantiven (meist Bezeichnungen von Körperteilen), wie äu uéoq, 
eig (tas) xe, x xeıpds, en xõοõõÜ n usw. Näheres darüber in „Der Ge- 
brauch der Präpositionen in der Septuaginta“ 362. 


46 M. Johannessohn 


dann vV. st. zunächst berichtet wird, was die Eltern Jesu opfern 
müssen, wird erst v. 26 mitgeteilt, wen sie dort treffen: xai ido’ 
Gvdownos Tv èv *Legovoadnu. 

b) Ahnlich wie sich im A. T. sol ioù an einen Satz an- 
schließen kann, der uns in eine Situation versetzt (o. LXVI 166), 
schildert auch Lk 13101 % dé diddoxwy Ev wid töv Ovvaywyay èv 
tois oaßßaoıy Örtlichkeit, Zeit, kurz die ganze Situation, um das 
neue, die weitere Erzählung bestimmende Moment vorzubereiten: 
xc idod yun xt. 

c) Mit den Situationsschilderungen sind eng verwandt die so- 
genannten durativen Verben (o. LX VI166f.). Hierfür bietet Lk 7ser. 
einen Beleg: xai eioeAYy@v eis tov olxov Tod Dagıoalov xatexdidn 
xai ĩò od wun s, womit zusammenzuhalten ist Rg III 19 x 
elofjAdev ... eig tò onnilaıov xal xarédvoev Exei xai idod ñua 
xvolov, o. LXVI 167. 170. 

Mit dem Bau von Act 10s» (Bericht) dnö tetdetns tuéoas 
uE OH Tadıns tig oas unv tiv Evarnv n000EVXÖuEVog V t@ 
oixw uov xal idod (auch Lk 840 f... . dnedéEato abrov ô bydhos. 
Za yao nadvtes no00dox@vreg gbr. x. id. NAdEev dvno) läßt 
sich die o. LX VI 189 erörterte, eines einheitlichen Stils entbehrende 
Stelle Dan 10, vergleichen, wo gleichfalls ein, wenn auch anders- 
artiges „duratives“ Verbum vorliegt: éy® funy nentwanwg Zei 
nodowndv uov Ei thy yyy ri. 

d) Ganz alttest. Gepräge (o. LX VI 180) zeigen solche Sätze, in 
denen xai idod den Nachsatz zu einer mit xal éyéveto eingeführten 
datierenden Bestimmung beginnt: Lk 51 xai éyéveto v tH elvaı 
abrov Ev uğ tav ,! xal idov td, 24. nal Ey. Ev tH áno- 
oeiodaı abrüs negl tovtov xa idov. 

Von solchen Fällen aus kann man das den Nachsatz eröff- 
nende xai idod wohl auch Lk 712 und Act 110 begreifen, wo statt 
der vollen xal &y&vero-Verbindung nur ein temporaler Nebensatz 
erscheint: s Aë Ayyıoev tÅ mún ths nöiews, xal idod xtå. und 
xal ws drevibovsss Zon Eis tov oÖgavöv ... xal idod. Auch 
Henoch 13. beginnt xa, idod den Nachsatz zu einem &g-Satz. 

Einen weiteren Fortschritt auf dem Wege zur Gräzisierung 
bedeutet dann Act 10.7 der Wegfall von sol vor idod der Haupt- 
überlieferung zufolge: dc dé év éavt@ dunndoer ô Lerο ..., 100 
ok dvò O xt. 

1) So codd. NAB; xal idod CD u.a. (Bl.-Debrunner, Grammat. des neu- 


test. Griech. § 442, 7). — Uber den Nachsatz einleitendes Aa „siehe“ im Syr. 
siehe unten Exkurs V, S. 75; über entsprech. dd „du“ im Arab. Exk. IV S. 75. 


Das biblische sei iéod in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 47 


Aber noch in anderer Weise scheint die alttest. Gepflogen- 
heit, den zu einer xai &y&vero-Verbindung gehörigen Nachsatz 
durch xal idod einzuleiten, auf den Stil des Lukas gewirkt zu 
haben. So steht Lk 9:72. die Formel nicht vor dem Nachsatz, 
sondern erst vor dem nächsten Satz: éyéveto dë tH Eng Autor ... 
ovvivrnoev') abt@ Öylos odds. x idod dvio ... éBdnoev. Auch 
im A. T. begegnet uns zuweilen, hier aber wohl zufällig, xai idod = 
whinné erst hinter einer vollständigen soi &yevero-Fügung, also 
erst hinter dem die Haupthandlung weiterführenden Satze: Ruth 3; 
éyéveto dë èv t@ ueoovvarip xai &éorn nal Groo, xal lòob 
yvvn votre: Nui7es xai éyéveto tH Enavgıov xal eionidev M. 
xai A. eis thy ounviy tod uagrvgiov, xal ioù EßAdornoev j GdHò og 
Ac, vgl. auch o. LXVI 189. 

In dieser Weise läßt sich vielleicht auch Lk 9at., wo der 
Beginn des Anschlußsatzes zweifelhaft ist”), erklären: xal &y&vero 
ën t@ moocedyecdat abr, tò Eldog tod noocwnov adtod Eregov, 
nai ô , li , g abrod Aevxòs &actedatwr. xal doit dvòͤoesg vo xtA. 

Etwas anders verhält es sich mit 5172. und 14:1, wo zwischen 
nai éyéveto und soi idod ein oder mehrere Zustandssätze anzu- 
nehmen sind’). 

e) Über Lk 224, wo ein einfaches idod nach einem absoluten 
Genetiv die Erzählung weiterführt, siehe zu Mt 262, o. S. 32 
mit Anm. 2. 


c) Uber die Verwendungsweise von xai idod und vom 
Subjekt des «ai idod-Satzes. 


1. Der Anschluß der lukanischen Schriften an das A.T. voll- 
zieht sich in enger und einseitiger Weise. Denn xal idod wird 
nur dann gebraucht, wenn der Leser oder Hörer mit bisher noch 
nicht erwähnten, aber für den Verlauf der Erzählung wich- 
tigen Personen bekannt gemacht werden soll. Das bunte Bild, 
das uns Matthäus mit seinen verschiedenartigen Nominalbegriffen 
hinter (xai) idod bietet, ist gewichen und hat einer einzigen, wenn 
auch im A.T. und von Mt bevorzugten, Verwendungsform Platz 
gemacht. 

Alle innerhalb des Lk-Ev.s durch xal idod eingeführten Per- 
sonen, mögen es — ähnlich wie bei Mt — gesunde oder kranke 
sein, treten mit Jesus in nähere Beziehung. Jesus selbst wird 


1) Dem ovvnvrnoev könnte übrigens gleichfalls ein „und siehe“ zugrunde 
liegen. cod. D läßt von &y&vero den accus. cum inf. abhängen: ovveideiv adıa 
dx Ao nolo. 

) Siehe darüber o. LIII 204. 3) o. LIII 206. 


48 M. Johannessohn 


niemals mit Hilfe von xai idod herausgehoben. Eine Parallele zu 
Mt 28, xal idod önnhvınoev adrois, wo es sich allerdings um den 
auferstandenen Jesus handelt, gibt es bei Lukas nicht. 

2. Ziemlich einförmig ist auch die Beschaffenheit des Sub- 
jekts im xai idod-Satz. Meist wird es nämlich in Anlehnung an 
das A. T. durch dyjo (dv9oewnos') und yvvý) bezeichnet. Während 
aber dort diese Substantiva nur gelegentlich in den einzelnen 
Büchern auftreten, verwenden sie Lk und Acta an mehr als zwei 
Drittel sämtlicher Fälle: Lk dvrio 7-, dvdgwnos und yvvý je 2mal 
(unter 14—15 Fällen); Acta de 5mal (von im ganzen 7 Stellen), 
z.B. Lk 9a xal idod gute dré tod Sydov eh,, 142 xai idod 
dvtowsnds tig hv ddewsmixds. 

Das dyno ist für das Lk-Ev. so charakteristisch, daß wir es 
auch da antreffen, wo die Mt-Parallelen xai idov (bzw. i6od) ohne 
dyn bieten: 

Lk 512 xai idob dv, nAnons Aénoas*) ~ Mt 82 x. id. Leroòg 
mooceAd ay utd.; Lk 5ıs x. id. dvöges pégovtes en xdlvng dd O- 
nov ~ Mt 9a x. id. moocépegoy atë nagadvutixdy; Lk 8u x. id. 
Ide vý?) ~ Mt 918 ioù doxwv eis nooceATa@v utd. (Mk 5, x 
fovetar eis tõv adeyovvaywywr); Lk 9s0 x. id. dvöoss úo ou 
Adhovy gbr, oftives joa Mwvonsg soi “Halas ~ Mt 17s x. id. Spon 
adrois M. xai H. ovddadoivtes uer adtod (Mk 9. xal geän að- 
tois H. on M. ..., xai Zon ovAlaloövres tq *Inood). 

Eine Anpassung an griech. Sprachgebrauch — ob unabsicht- 
lich oder mit Bewußtsein, ist schwer zu entscheiden — bedeutet 
die Hinzufügung von oc in Lk 142 soi idod dvdownds rig) x,. 
Zugrunde liegen könnte hebr.-aram. „Mann einer“ (o. S. 36). Mt 
kennt hinter idod nur den Plural zww&s (mit genet. partit.) und 
einfaches eig (mit und ohne Genetiv), ebd. 

Aus der Verbindung dvdgwnös ttc dürften sich die dvnjg-losen 
Fassungen Lk 102 x. id. vowixds to und Act 16, padntyjs tıs”) 
entwickelt haben. 

3. Außer den bisher genannten Nomina — dye, did omog, 
yuvnh, vo g rig, wadntys re — finden sich nur noch folgende 

1) dvdewnosg hinter xal idod auch einmal bei Mt (1210), o S. 37; dv 
kommt bei Mt so nicht vor. 

2) Statt mAnons Aénoas hat D Aenods. 

5) Es folgt der Eigenname (Abschn. 4y) und dann erst der Stand: xal 
odtos doxwv ts ovvaywyñs bujoyerv. 

) Auch schon in LXX: Ge 381 zoös dvdewndv ceva, Rg II ie oò ... gie 


dude, hebr. an beiden Stellen nur ’:3 „Mann“. 
5) rig bei einem Substantiv noch öfters in Lk und Acta. 


Das biblische xa? 2605 in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 49 


hinter xai idod: im Evang. 22. dydoc*), 2412) dvo E abr; 
71 tedvnx@s (durch ein Verbum von xa idod getrennt); in Acta 
12, Gyyehos xvolov. 

Von diesen Ausdrücken ist öyAos ein Synonymon des alttest. 
Aaös (Ma I 520 Judic 94s Rg II 1334, 0. LXVI 194 und LXIV 190). 

úo LF aör@v ist eine Vereinfachung des Lk 9: 244 Act 110 
belegten, dem alttest. Sprachgebrauche nachgebildeten xal iðoù 
dvöoes dvo, auch Act 111: (mit veränderter Stellung des Zahlworts) 
x. id. &avtijs tosis &vdoes. Vgl. aus dem A.T. Ge 18. x. id. toes 
&vdoes, Ex 2:13 60¢ doo dvögas) und o. LXIV 190f. (überall Zahl- 
wort vor Substantivum = hebr.). BloBes Zahlwort hinter „und 
siehe“ ist also dem A.T. fremd’). 

Mit xai idod E&exoullero tedynua@s halte man zusammen 
Rg IV 4: x. id. tò narddguoy tedvnuds (-xw@s B*). 

Parallele für &yyedos xvolov, das wir auch Mt 120 218.19 hinter 
einfachem idod lesen (S. 33), bietet xa idod dyyelog in Rg IV Ge 
Dan 410 (18) (0. LXVI 172. 176. 194), 

Es lassen sich also sämtliche von Lk und Acta durch xa 
idod hervorgehobene Nomina auf die Sprache der LXX als ihren 
Ausgangspunkt zurückführen. 

4. Ganz charakteristisch für Lukas ist sein Verhalten den 
Eigennamen gegenüber. Er läßt sie nämlich niemals unmittelbar 
hinter xal i6ov folgen, wie es das A. T. (o. LXVI 152. 167. 172. 182, 
auch schon o. LXIV 190) und noch Mt (S. 35) tut, sondern bedient 
sich gleichsam als einer Stütze jenes farblosen di,, wofür er an 
der LXX gleichfalls einen Anhalt findet: RgI17s idod dio 
av£ßaıvev, T'oAıaö ô Dihiottaiog Övoua adtq, 11165 xal idod Exei- 
der dvno EEenogsvero ...., xal Övoua br Lehe, hebr. an beiden 
Stellen das suffigierte Pronomen s¢mo „sein Name“. 

Im Gegensatz aber zur LXX reiht Lukas hinter dvro den 
Eigennamen in mehr griech. Weise an, indem er 

a) övoua in den Dativ setzt: Lk 2350 xal idod date òvóuatı“) 
"Iwongp Bovdevtis Ööndexwv’), 

1) cod. D fügt zoAds hinzu wie Rg II 1334. xal idod Aads nolös så. ‘am 
rab „Volk vieles“ und Ma I 530 (o. LXVI 194 und o. LXIV 190. 202). 

2) D hat statt xal édod den Anfang Joa dé, 

3) Erst in dem jungen Buche Daniel begegnet uns hinter „und siehe“ (nach 
„sehen“) ein Zahlwort, das nicht durch ein Substantivum wie „Mann“ gestützt 
ist, aber immerhin noch von einem Zahladjektiv begleitet ist: 125 wehinne 
senajim "aherim õmedim „und siehe, zwei andere stehend“. 

) Uber die Stellung von ödvduazı, ob vor oder hinter dem Eigennamen, 
auch in andern Sprachen, siehe Exkurs III, unten S. 69f. Im klass. Griech. ist 

Zeitschrift für vergl. Sprachf. LXVII 1/2. 4 


50 M. Johannessohn 


8) dem övduarı noch das Partizipium xadodpevos hinzufügt: 
192 dvno Övduarı xañońucvos*) Zaxxuios. 

y) Ein dritter Weg, hinter einem due (dvdownos) den Eigen- 
namen mitzuteilen, besteht für Lukas darin, daß er sich eines 
Relativsatzes bedient, und zwar in der Weise, daß er davor einen 
Satz entstehen läßt mit 7» bzw. 7Adev als Verbum finitum: 2ss 
xc idob dvIownos Au èv ’Tegovoainu, o 6voua Svpewov bzw. Sur 
x. id. Bien dvi, @ Svoua ’Idıpog”). 

Die Apostelgeschichte verwendet 16: die unter a ge- 
nannte Konstruktion, ersetzt aber dee durch das genauere ua- 


der Akkusativ der Beziehung dvoue häufiger als der Dativ (Krüger, Griech. 
Sprachlehre § 46, 4, 3). Der älteste oder einer der ältesten Belege für dvduare 
scheint Xen. Hell. I Geo zu sein: Sdusos dvduarı ‘Inneds (Krüger a a. O. und 
W. Bauer, Wörterbuch zum NT. s. v. öÖvouc). Im A. T. begegnet der Dativ 
övduarı Sir 371 (hier nicht beim Eigennamen), Tob 611 Ma IV 54, der Akkusativ 
Svoua Ma II 1213 Dan Sus 7 LXX, tò övoua Dan 101 LXX (, Der Gebrauch der 
Kasus ... in der Septuaginta“ 70f.). — Im N. T. zähle ich nach Bauer dvduass 
in Lk 6 mal, Act 21 mal, in Mt und Mk dagegen nur je 1 mal (Mt äise Mk 52), 
in Joh gar nicht. — Der Akkusativ zodvoua nur Mt 2707. 

5) Hier schließt sich nach einer Reihe von Einschüben ein Relativsatz an: 
Ae moocedéxeto thy Bacılelav t. Feod, dann wird (v. ss) der Anfang durch das 
Demonstrativpronomen wieder aufgenommen: oörog ne00eAdwv ... Zrnoaro. In 
ähnlicher Weise folgen Act 8e7 auf das mit Attributen versehene Nomen zwei 
Relativsätze: x. dd. dung e,. ... 35 w nl dong ıns ydlns adıng De An- 
Adel “tA. 

1) xadodmevos fehlt in DG u.a. 

*) Ein Relativsatz mit övoua als Subjekt auch sonst bei Lukas: 127 dvdet 
@ övoua ’Iwonp, 26 adi OG voua Nalaoéd, 24is xóunv ... 7 voua 'Eumaods, 
auch 24ıs in einem Teil der Überlieferung, ferner Act 136. Die andern Evan- 
gelien kennen diese Konstruktion nicht, nur Mk 1432 begegnet der Genetiv des 
Relativums: xwelov od tò voua I’sdonuavi, ganz ähnlich Dan 101 bei Theod. 
oð tò voua Enenihdn Badtacde = hebr. (LXX Akkusativ der Beziehung cé 
Svouc, S.49 Anm. 4). — Die Wendung @ övou« mit dem Nominativ des Eigen- 
namens und ohne Sor“ auch in den griech. Papyri aus der Ptolemäerzeit (Mayser, 
Gramm. II 2 S. 113er. und II 3 S.17s fl.). Bekannt ist diese von Lk verwendete 
Konstruktion aus Herodot: I 60 & ce ôńue ... Tv out, tH odvona Fv Din, 
96 dvijo v rooe Mijdotoe Ey&vero gogde, t@ odvoua Fv Anıdans. Im Unter- 
schiede aber von Lukas und den Papyri enthält hier der Relativsatz das Verbum 
substantivum. So auch im demonstrativen Satz: I 205 Tépuvels ol qv oövoue. 
Vgl. dagegen die o. LXVI 177 mit Anm. 4 und S. 49 verzeichneten alttest. Stellen 
Rg I 1723 und II 165. Ein Verbum fehlt auch (in demonstrativer Fassung) Xen. 
An. I 5. évtadda Fv nölıs ..., Svoua 6° aöıf Kogowty, and 510 sogar noch 
atti: Tv nélig ..., Svoua dt Xagudvön. Diese beiden Xen.-Stellen zeigen 
übrigens recht deutlich, daß das sogenannte limitative voua ursprünglich nicht 
ein Akkusativ, sondern ein Nominativ ist. Siehe auch E.Schwyzer, Die 
Parenthese im engern und im weitern Sinne (Abh. Ak. d Wiss. 1939, phil.-hist. 
Kl. 6), S. 43. 


Das biblische xa? idov in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 51 


guts rig und bekommt infolge der Einschaltung eines 7» einen 
vollständigen Satz: x. id. uednıns ts Zu éxet dvdpat Tipddeos. 

5. Wie die Beispiele lehren, ist das Subjekt des x“ idov- 
Satzes stets ein Substantivum (einmal [Lk 2418] ein Zahlwort, s. 
Abschn. 3, S. 49), niemals ein Pronomen, das wir auch im A T. 
nur ganz selten so verwendet finden (o. LXVI 151). 


d) Vom Prädikat und der Gestaltung des xai idod-Satzes. 
1. Das Lulcas- Evangelium. 

1. Voraus schicke ich eine aus dem folgenden Abschnitt 2 
gewonnene Übersicht über die Gestalt, in der der xai idov-Satz 
auftreten kann: 

a) Subjekt ohne Prädikat, aber mit Attribut, das ein Parti- 
zipium, ein Adjektiv oder ein Relativsatz sein kann (2aqa@ und c, 
S. 51f. 54). 

b) Subjekt ohne Prädikat und ohne Attribut, nur ganz ver- 
einzelt (2 a 8, S. 52f.). 

c) Subjekt + Verbum finitum, am häufigsten. Das Prädikat 
erscheint meist im Aorist, seltener im Imperfektum (2b und daß, 
S. 53f. 54). 

d) Subjekt+ Verbum substantivum mit Partizipium, nur ganz 
vereinzelt (2dy, S. 54f.). 

Vermieden ist also die alttest. Form „Subjekt + präpositionaler 
Ausdruck“ ohne Verbum (2 b, S. 53f.). Höchst zweifelhaft ist 
auch „Subjekt + partizipiales Prädikat“ (2 a a, S. 51f.). 

Matthäus kennt nur Subjekt + Verb. fin. und Subj. + Attribut, 
oben S. 37f. 

2. Im einzelnen enthalten die Sätze im Lk-Ev. allerlei Eigen- 
tümliches, wie aus den folgenden, auf einer anderen Anordnung 
beruhenden, Ausführungen hervorgehen wird. 

a) Auf den ersten Blick scheint es, als ob hinsichtlich der 
Gestaltung des Prädikats die Anlehnung des Lukas an das A.T. 
recht eng ist. Doch ist seine Nachahmung meist nur äußerlich. 

a) So kann man mit Lk 5ıs soi lò ob dvöges pégovtes Zi 
xing dvdownov einen Satz wie Rg II 152. xal idod xai ye Saddwx 
xc navtes ol Aevitar wer’ adtod aigortes thv xuBwrdy zusammen- 
stellen. In beiden Fallen haben wir das im A.T. so beliebte Parti- 
zipium als Ergänzung zu dem hinter xai idod stehenden Sub- 
stantivum. Aber während an der alttest. Stelle das Partizipium 
aigovtes ohne Zweifel in prädikativem Sinne gebraucht wird, 
vermag man an der Lk-Stelle nicht mit Sicherheit zu entscheiden, 

4* 


52 M. Johannessohn 


ob géęovtes als Prädikat („und siehe, Männer trugen“) oder als 
Attribut („und da [waren] Männer, welche trugen“) gedacht ist). 

Ähnlich erinnert Lk 51. xal iðoù dh nAnong Aénoas*) an 
alttest. Stellen wie Rg IV 61: 715 x. id. tò do nAnoes Innwv bzw. 
doc Å öoͤoͤg nAnons iuatiwy, wo beidemal zAnong das Partizipium 
male „voll seiend“ übersetzt. Doch verfährt auch hier Lk rein 
mechanisch. Denn während zAjens in den alttest. Sätzen nur 
prädikative Auffassung zuläßt — man vgl. noch Nu 1210 xai idod 
Magiap Aenodoa osì Xı@v, wo hebr. (mesõra at „aussätzig seiend“) 
wie LXX ein prädikatives Partizipium vorliegt —, ist für das lu- 
kanische uss nur attributive Deutung möglich „und da ein 
Mann, welcher voll Aussatz war“, und nicht wie im A. T. „da 
wurde ein Mann mit Aussatz behaftet“. 

Noch an einer dritten Stelle, Lk 131, enthält der xai idov- 
Satz ein Partizipium, das aber gleichfalls attributive Geltung hat: 
x. id. yur) nveöue Exovoa’) dodeveias*). 

Wenn also Lk auch bei den zuletzt genannten Stellen 5: 
und 13.1 an solche alttest. Sätze gedacht haben möge, an denen 
das Prädikat durch ein Partizipium oder ein das Partizipium 
vertretendes Adjektivum bezeichnet ist, so gehören diese beiden 
Sätze, vielleicht auch 5ıs (dvòoeg pégortes ati.) in Wahrheit unter 
solche Fälle, wo das hinter idod stehende Nomen eines Prädikats 
entbehrt. Dann sind die Partizipia als Attribute zu verstehen, d.h. also 
Lukas befolgt die Praxis des A.T.s, ein hinter xai idod befindliches 
prädikatloses Substantiv gern mit einem Attribut auszustatten 
(o. LXIV 188). Auch in den schon S. 49f. angeführten Beispielen 
Lk 19: und 2350 besteht der „und siehe“ -Satz aus einem mit 
einem Attribut versehenen Substantivum. 

8) Davon macht nur eine Ausnahme die einzige, sich auch bei 

1) Von den Parallelstellen hat Mt9s gleichfalls xa? iéod, aber statt des 
Partizipiums das Verbum finitum, ohne ävöges: x. id. ng00&pep0v adt@ nagadute- 
xdv; Mk 23 stellt zwischen bloßes soi und Partizipium ein Bewegungsverbum: 
xal Zoyovraı pégovtes neds aördv napaivrındv. Das Partizipium hat also, wie 
es scheint, in der gemeinsamen Vorlage gestanden. Mk und Lk haben es bewahrt, 
Mt in das Verbum finitum umgewandelt. Auch xa? idod dürfte bereits der Quelle 
angehört haben. Das Verfahren der Peschita (unten S. 77f.) läßt uns annehmen, 
daß die von Mt und Lk beibehaltene Partikel bei Mk durch Zoyovra: umschrieben 
ist. Vgl. auch S. 53 Anm. 2. 

) Statt zAnons Aengas hat D Aenods (wie die Gesamtüberlieferung in 
Mt 82 Mk 140). op 

) Auch Mt 1210 ist &xw» attributiv: xal ioù dvdownos yeioa Exwv Enody 
S. 37 ff.). 

i 4) e? D bildet einen Satz: x. 28. yuvy v dodevela Tv nveönaros. 


Das biblische xal 2803 in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 53 


Mt findende, Stelle mit bloßem idod hinter einem absoluten Genetiv, 
Lk 22,2: ër adtod Aahodytos, idod öyåos, xal ô Aeydusvos (x o 
uevog D u. a.) Iobòcg eis ron òdcd ena) MEONEXETO abrodc. 

Dieser Vers verdient auch sonst noch unsere Beachtung. 
Gegenüber der Mt-Parallele — 26. xal Zt adtod Aadhoiivtos, 
idod "Toddas eis 20 dodena der nai uer abtod dq noAlds”) — 
beobachten wir bei Lukas eine Umstellung der beiden Glieder. 
Während nämlich Mt kein Bedenken trägt, hinter idod einen 
Eigennamen zu stellen, ändert Lk, um die Nebeneinanderstellung 
von idod und Eigennamen zu vermeiden, den ganzen Satzbau, 
indem er öy4los aus dem zweiten Teil an die Spitze stellt und 
daran einen neuen Satz anschließt, der Joddas zum Subjekt hat. 
Außerdem scheut sich offenbar Lk seiner sonstigen Gewohnheit 
entsprechend (S. 47), hinter idod eine Person zu nennen, die 
schon erwähnt ist. Judas ist aber den Lesern bereits von 616 
her bekannt’). 

b) Wenn das Prädikat aus einem Präpositionalausdruck 
besteht, so ist im Hebr. (wie im Semitischen überhaupt) in der 
Regel ein Verbum unnötig. Das können die LXX-Übersetzer 
nachahmen, z.B. Rg I 1010 xal idod yoods noopytay ZE Evavrias 
abrov. Daneben aber werden, wie wir oben gesehen haben, zur 
Milderung der ungriech. Konstruktion Verba hinzugefügt, meist 
qv"), ferner éyéveto*), Ader, elyev. 

1) Eine ganz ähnliche Apposition weist die — junge — Stelle Dan 1018 auf: 
wehinne mika el ’ahad hassärım harvsinim ba’ „und siehe, Michael, einer 
der Fürsten der ersten, kommend“. 

2) Denselben Satzbau wie Mt hat Mk14s, nur daß er an Stelle von xa} 
idod, das er ja überhaupt ablehnt, vor den Eigennamen das Verbum finitum des 
Kommens stellt: xa? eödöds ër adroö Aaloövrog nagaylveraı (6) Tovdas, els rc 
oͤcboͤena, xal mer’ adtod SyAos. Ob xal edddcg ein Nachklang eines ursprüng- 
lichen „und siehe“ ist? 

) Nach allem sieht es so aus, als ob dem Lk die Fassung des Mt, und 
nicht die des Mk, vorgelegen hat. 

4) Auch in der armenischen Bibelübersetzung treffen wir das Imperfektum 
des Verbum substantivum und den Aorist von „werden“ als Einschub in verblose 
Sätze des Originals an: Mt 1210 ew and er ayr mi oroy jern iur gosaceal er 
„und da war Mann einer, dessen Hand verdorrt war“ x. id. dvdownos yeioa 
xo Enodv, Lk 737 ew kin mi er i alain „und Frau eine war in der Stadt“ 
*. 26. yuv) Fis ër cp det. Mt 175 jan elew yampoyn ew ase „Stimme 
wurde aus der Wolke und sagte“ x. id. pov) ën tùs vepéAns A€yovoa. An 
allen drei Stellen ist übrigens für xa? idod nicht die sonst übliche Entsprechung 
ew aha gewählt worden, sondern in dem ersten Beispiel steht dafür „und“ mit 
einem Ortsadverbium, im zweiten einfaches „und“, und im dritten ist die griech. 
Wendung ganz unterdrückt. 


54 M. Johannessohn 


Lk lehnt die hebr. verblose Fassung ab, verwendet vielmehr in 
Übereinstimmung mit LXX jenes iv, 2 mal im Ev.: 2.5 xai idod 
dvdownos Tv Ev "Tepovoainu, 142 x. id. dvdownds tis Tv down- 
xös Eungoodev aitod. In dem zweiten Satze mutet dadurch, daß 
der Verfasser, wie es scheint, 7» gleich (wie in Za) hinter d- 
donog haben wollte, die Stellung des éégwmixds recht sonderbar an. 

Auch Act 16, vermittelt ën zwischen Subjekt und einem Orts- 
adverbium (das ja auf gleicher Stufe wie ein lokaler Präpositional- 
ausdruck steht): x. id. uadmıng ts Tv éxet. 

Ähnlich wird Zorn, das ich freilich aus dem A.T. in dieser 
Verwendung nicht zu belegen vermag, Act 10s» nur „Vermitte- 
lungs“verbum sein: xai idod åvňọ gory Evanıdv pov (s. auch 
unten S. 55f.). 

c) Der Satz Lk 7s: xal idod yur, Fis hy ën tj adda Guagtwlds 
läßt eine doppelte Erklärung zu. Entweder bildet, ähnlich wie 
in den oben S. 50 genannten Stellen 295.84: (... &vdownog bzw. 
dvno, o Övoua scil der Relativsatz das Attribut zu yur7, oder 
es handelt sich auch hier um die unter Abschnitt b soeben erwähnte 
semitische Satzform „Subjekt + (prädikativer) Präpositionalaus- 
druck“, so daß rig Fv ein Mittel wäre, die zugrunde liegende 
semitische Konstruktion (xai idod yu», — èv ti ade) in eine mehr 
griechische umzuwandeln). 

d) Abgesehen von dem zwischen Subjekt und prädikativem 
Präpositionalausdruck (lokalem Adverbium) vermittelnden 7» (S.53f.) 
treffen wir im Lk-Ev. ein Verbum finitum noch an folgenden 
Stellen an, und zwar 

a) am häufigsten im Aorist*): 9. xal idod åvňọ dnd ro 
yov éBdnoev (womit Rg IV8s x. id. j yuv) ... Bowoa [- = hebr.] 
sıoös tov Baotdéa zu vergleichen ist), 8.1 x. id. Id der dvno (s. unten), 
ferner 10:5 x. id. vouxós tig dvéotn, 24. x. id. dvöges dvo éné- 
ornoav abrais. Die Verba der drei letzten Beispiele (5e, dv&orn, 
énxéotnoayv) sind vom semitischen Standpunkt aus nicht gerade 
nötig; vgl. dazu die Verhältnisse in der Apostelgeschichte (S. 55). 

8) im Imperfektum, nur) 9.0 x. id. dvöges duo ovveddiovy 
abr. 

y) aus Verbum substantivum + Partizipium 24:3 xai iòͤ ob dée 
&& gb rv év abr th hufog joa nogevöuevor. Nach alttest. Sprach- 
gebrauche wäre joav entbehrlich, wie aus Rg II 133. x. id. dads 


1) Leider fehlen hier (wie auch zu Lk 228 und 142, o. S. 50. 54) die Parallelen. 


2) Also wie Mt, o. S. 41. 
3) Mt hat noch sechs Imperfekta hinter (xa?) idod, o. S. 41 f. 


Das biblische xa? 260% in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 55 


moAds nogevöuevos, III 1325 x. id. dvò oe naganogevdmevor erhellt. 
Lukas hat sich also hier deutlich an die auf dem Hebr. fußende Sprache 
der LXX angelehnt, aber mittels des Einschubes von Zou eine 
Gräzisierung vorgenommen. Zwar ist die zusammengesetzte Aus- 
drucksweise auch dem Bibl.-Aramäischen‘) und dem Syrischen °) 
geläufig. Doch werden dort die beiden Glieder (Verbum substan- 
tivum und Partizipium) — sehr im Gegensatz zu Lukas — um- 
gestellt”), so daß also für Lk nur literarische Abhängigkeit anzu- 
nehmen sein dürfte. 

Übrigens bestätigt diese Lk-Stelle unsere S. 51 aufgestellte 
Behauptung, daß er Partizipia als Prädikat im soi idov-Satz ablehnt. 


2. Die Apostelgeschichte. 

1. Einen etwas anderen Eindruck gewinnen wir aus der 
Apostelgeschichte. Sie verwendet nämlich als Prädikate fast aus- 
schließlich finite Verba (6 mal unter 7 Fällen). Dazu kommt, 
daß sich diese Verben, abgesehen von der bereits erwähnten 
Stelle mit qv (S. 54) auf orjvaı und Komposita‘) beschränken. 

Auch hier führt die Apostelgeschichte über das Lk-Ev. hinaus. 
Denn während das Evang. noch einige Male Sätze hinter xai 
idod aufweist, die eines finiten Verbums entbehren (S. 5iff.), 
werden in Acta mit Ausnahme einer einzigen, noch dazu nicht 
ganz sicher überlieferten Stelle (Ga, siehe unten S. 56)°) die durch 
xai idod hervorgehobenen Nomina stets mit einem solchen versehen. 

Daß diesen Verben keine besondere Bedeutung beizumessen 
ist, sondern daß sie nur Hilfsverba sein wollen, die dazu dienen, 
verblose Sätze, wie sie im A.T. noch gang und gäbe sind, zu 
umgehen, ersieht man schon daraus, daß es eigentlich immer das- 
selbe Verbum ist. Nach alttest. Sprachgebrauche könnte nämlich 
in Act12, xai idod dyyelos xuvolov énéoty’), 1111 x. iô. &avtiic 
zoeis dvöoes énéotnoay®), 10s0 x. id. dvno gory’) évonidy pov 

1) o. LXIV 225f. 

3) Z. B. Lk 9» in der Peschita memallin (h)uau „redend waren sie“ für 
ovveidkovv. 

) Doch hat an dieser Stelle dieselbe Wortstellung wie Lk das Evangel. 
Hierosolymit („waren gehend“). Auch Lk 5is und 930 geht das Verbum substan- 
tivum dem Partizipium vorauf: „waren bringend“ (griech. nur pégovtes), „waren 
redend“ (cuveAdAovr). 

4) Auch im Lk-Ev. trafen wir schon je 1 mal dv&orn und Endosnoav im 
xal idov-Satz an (S. 54). 

5) Mt bietet im ganzen drei Stellen ohne Verbum finitum, oben S. 371. 


6) Dasselbe Verbum auch im Evang.: Lk 244 x. id. ävöges ö bo éxéotnoar 
aörals (S. 54). 7) Lk 1058 findet sich dveorn (S. 54). 


56 M. Johannessohn 


(bloßes Subjekt bzw. Subjekt + Präpositionalausdruck, siehe schon 
S. 53f., wo auch über 7» Act 16ı gehandelt ist), vielleicht auch 
110 x. id. dvò o d napsıornaeıoav adtois ganz gut das Verbum 
fehlen. 

2. Besonders zu nennen ist Act 1012, wo dem Verbum finitum 
ein sogenanntes Partizipium coniunctum vorausgeschickt wird: 
(xai) id. ol dvögss... dteQwthoartes nv oixiay Tod Siuwvos éné- 
otnoay nì tòv nvdAdva. Sonst kommen in den lukanischen Schriften 
innerhalb des xai idov-Satzes Partizipia vor dem finiten Verbum 
nicht vor, ganz im Gegensatz zu Matthäus, der eine Vorliebe fiir 
diese Satzgestaltung zeigt (S. 40f.). 

3. Nur einmal, Act 822, findet sich ein prädikatloses Subjekt“): 
xal lò od åvňo Aidiow... 55 Fy mì ndons ths ydlns adtijc, ðs 
eAn Adder utd. Hier schließt sich also an das Subjekt ein Relativsatz 
(wie Lk 7s: x. id. yur, Hts Tv x., o. S. 54), dem aber noch ein 
zweiter folgt. Doch ist die Bezeugung des zweiten ög nicht ganz 
gesichert: es fehlt u.a. in 8* A C* D“ (in diesem Falle würde 
Eb e Prädikat sein, und der Satz zu den unter Nr. 1 ver- 
zeichneten Belegen gehören). | 


ei Uber die Wortstellung im xai idod-Satz. 


1. Die Wortstellung ist sehr einfach. Fast stets folgt nach 
alttest. Muster das Subjekt unmittelbar auf x. idod. Nur Act 111: 
schiebt sich ä&avıng zwischen idod und tosis dvöges. Das er- 
innert uns an die Einschaltung von sv e“, e = hebr. missam „von 
dort“ zwischen xai idod und dyjo Rgll16, (o. LXVI 152f. 162), 
s. auch o. LXVI 156, wo diese Stelle einzufügen ist. 

2. Ein etwaiges Verbum steht regelmäßig hinter dem Subjekt 
mit Ausnahme von Lk 712 x ioù 2&enoulfero tedvnnds uovo- 
yevins vids und 8a x. id. den dvno, & dvoua `I. 

Im ersten Fall mag Lukas das Verbum deshalb vorausgestellt 
haben, weil er, getreu seinem sonstigen Verhalten, den xai idov- 
Satz nicht mit einem (substantivischen) Partizipium (Tedvnxws) 
beginnen wollte; ein anderes Substantivum stand ihm aber nicht 
recht zur Verfügung, und auch das vermittelnde durée hätte er 
hier schwer anbringen können. | 

Mit der zweiten Stelle ist der alttest. Satz Rg II 1. x. idod 
dh NAdev Ex tig nageußoins x toù Aaod Saovd zu vergleichen, 
der sich aber in zwei, nicht ganz unwichtigen Punkten von Lk 
unterscheidet. Erstens folgt dev erst hinter d, und zweitens 


1) Im Lk-Ev. begegnen wir noch öfters prädikatlosen soi idov-Siatzen (S. 51 fl.). 


Das biblische xa? ¿oð in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 57 


wird der Ort angegeben, woher Saul kommt, während Lk mit 
NAYev nur einfach die Tatsache feststellt, daß ein Mann mit Jesus 
zusammentritt, ohne Rücksicht auf die Frage nach dem Woher. 
Hebr. könnte es fehlen, auf keinen Fall würde es die erste Stelle 
ım Satz einnehmen. 


f) Über die innere Beziehung des Vordersatzes 

zum soi lò ob-Satz. 

1. Fast überall tritt das Subjekt des Vordersatzes zu dem 
durch xai idod eingeführten Nominalbegriff in Beziehung. 

Eine Verschiebung gegenüber alttest. Sprachgebrauche tritt 
Lk 9ss ein, wo, wie gelegentlich bei Mt (S. 43) das auf xai idod 
folgende Nomen nicht für das voraufgehende Subjekt, sondern 
für ein vorher genanntes Objekt von Bedeutung ist: ovvývtyoev 
abr byAos 2040, xai idod dvno dré tov Ööylov EBönoev. Alttest. 
Sprachempfinden zufolge müßte abt Subjekt und öyAos Objekt 
werden. Außerdem würde im A. T. ovonvınoev nicht vor xal idod 
stehen, sondern daß einer einem andern „begegnet“, würde ge- 
rade umgekehrt erst hinter idod ausgedrückt werden’). 

2. Nur rein äußerlich knüpft Act Ba an ein Bewegungsverbum 
an. Dort heißt es von dem Apostel Philippus: xai dvaorag èro- 
oeödn, was zu Rg III 1710 stimmt: xai dveorn (sc. Elias) xai èro- 
oevdn Eis Sagenta. 

Aber während hier Elias sogleich zu der hinter xai idod ge- 
nannten Frau in Beziehung gesetzt wird — xai idod éxei yuv) 
xu ovvéheyey Edda, nal EBönoev Önlow ats HA¹õ,jLꝛ —, wird 
zwar an der Acta-Stelle auch gleich ein neues Subjekt eingeführt: 
x. id. dvno Aitiow, aber erst v.29 mit den Worten einev dé tò 
nmvevua roi dire: nodoeAde nal nolindnt TO douati voit 
mit Philippus in einen näheren Zusammenhang gebracht. 

3. So wird dann, wozu schon LXX und Matthäus Ansätze 
zeigten, xal idod bloße Anknüpfungspartikel”), die die Er- 
h Die Parallelstellen haben weder xal ¿oú noch cuvavedy: Mk 914 xal 
2A dòòvreg (v. I. éAdav) weds tods wadytas eldov (v. I. eldev) yov nodby, V.17 
oi adnenotdn aŭt els én tod SyAov; Mt 1714 nal saddvtwy (atv) nods rv 
SyAov ne0o0nAdev adt@ dvPownos. Möglich, daß lov und xeoo7Ader auf 
ein ursprüngliches „und siehe“ zurückgehen. 

2) Eine einfache temporale Anknüpfungspartikel sieht vielfach die neugriech. 
Bibelübersetzung in a fäeg, In der mir vorliegenden Ausgabe von 1901 wird 
innerhalb des Mt- und Lk-Ev.s xai dog 21mal durch zdre mit oder ohne vorauf- 
gehendes xa? wiedergegeben; dazu kommen noch 2 Fälle, wo zdre an dritter 


Stelle steht (Lk 295 und 737 edoloxero di vdre). In ähnlicher Weise verwendet 
auch die Übersetzung des N. T. ins Sanskrit, dem ja überhaupt kein dem soi 


58 M. Johannessohn 


zählung einfach weiterführt, ohne auf den Inhalt des vorhergehenden 
Satzes eine besondere Rücksicht zu nehmen: Act 126 f. pddaxés 
TE 100 is d étjoovy thv gudaxjy, nal ldov dyyelos xvolov 
énéotyn. Der Engel tritt nicht zu den Wächtern, sondern zu dem 
v.e erwähnten Petrus’). 

Ferner Act 110. toto dé éyéveto ml tols, nal dveondodn 
nahm dnavta eis tov obeardy, xal iðoù éavtijg e é Evdoes éné- 
otnoav. Hier ist das Subjekt des Vordersatzes ein Neutrum (dzavta), 
und das Verbum steht im Passiv. Beides läuft alttest. Stilgeftihl 
zuwider. Außerdem beweist der Zusatz Su Ig, daß idov seine 
eigentliche Bedeutung eingebüßt hat. 

4. In allen im Abschnitt 1—3 aufgeführten Beispielen handelt 
es sich — wie im A.T. und bei Matthäus — um ein und dieselbe 
Erzählung. Einen Schritt darüber hinaus geht Lukas an drei 
Stellen, wo soi idod einen ganz neuen Erzählungsabschnitt) 
einleitet, der mit den voraufgehenden Worten in gar keinem 
inneren Zusammenhange steht: Lk 234 ff. xal (add. ai B) yuvaines 
(sc. elornaeıoav) ai ovvanolovdodcnı att@ and tis Tulılalas 
dedoa: taðtæ. Damit ist die Erzählung abgeschlossen, nun be- 
ginnt etwas ganz Neues: xai idov’) dvno dyduat TI. 
odros nooceidwv t Ilılaıy frjoato tò oðua tod Tod. 

Ferner Lk 24:3: nachdem in den zwölf vorausgegangenen 
Versen die Begebenheiten am Grabe Jesu erzählt worden sind, 
wird durch xai idod eine völlig neue Erzählung, der Gang nach 
Emmaus, eröffnet: xal idov*) úo GË abtay xt. 

Auch Lk 10ss xal idod vouıxds rig dvéotn ... Aéywr, wo eine 
direkte Rede voraufgeht*) und der xai idod-Satz eine neue vor- 


ééod entsprechender Ausdruck zu Gebote steht, Adverbia der Zeit und der Auf- 
einanderfolge (tatas, tada, tad-anantaram, pascät, aparam, anyacca [Mt173]). 
— Vgl. auch die nächsten Anmm. 

1) cod. D fügt noch 7@ Here zu Eneorn hinzu. 

2) Ansätze dazu vielleicht schon Rg II 3 211. (o. LXVI 163). 

3) soi idod kommt hier der Verbindung werd 62 raðra in Joh 1928 gleich 
p. ô. r. howenoev tov LlıAärov ’Iwonyp. Die anderen Parallelstellen schicken 
als Überleitung eine Zeitbestimmung voraus und bedienen sich eines Verbums 
des Gehens: Mk 1542 f. xal Zén Öwlas yevouévns, nel Fv napacxer) ..., 
Abav ‘Iwohp ... Geéoeoro, Mt 2757 plas 62 yevouevyns Z/äen dvògonog 
adobotog. 

+) Der Verfasser von Mk 1612, der allerdings nur kurz berichtet, gebraucht 
peta dë rabta (vgl. vorige Anm.): o ô. r. volv  aŭrðv negenatodow 
Epaveowdn. Noch einfacher beginnt cod. D Lk 24 1s mit joa dé statt xal dd os. 

5) Sonst schließt sich in Lk und Act xal édod nicht an eine direkte 
Rede an. 


Das biblische xa? iq os in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 59 


bereitet, besteht zwischen diesen beiden Reden kein Zusammen- 
hang, sondern mit x. id. fängt eine neue Geschichte an. 


III. Bemerkungen über das Verhältnis des Matthäus zu Markus. 

Eine Gegenüberstellung der xai idod und idov-Stellen bei 
Matthäus mit den entsprechenden Parallelsätzen bei Markus zeigt, 
daß, wie ja zu erwarten ist, zwischen diesen beiden Synoptikern 
ein immerhin ziemlich sonderbarer Zusammenhang besteht: 

a) An 16 Stellen, an denen Mt xal idod bzw. (nach einem 
Genetivus absolutus) einfaches idod hat, finden wir bei Mk ein- 
faches xai, und zwar: 

a) auf xal idod des Mt wie auf xat des Mk folgt das gleiche 
Substantivum: 

Mt 411 téte dpinoıw adtoy ô Öıdßolos, xal iðoù dyyeloı ... 
dinadvovv abt@ ~ Mk iis xal Fv peta av Inoiwy, xai ol dyyekoı 
Öınandvovv abt@; 

Mt 920 * idod yur) ... yato ~ Mk Ben xal yuv) ... wa ro). 

Mt 27; xal iðoù tò xatanétacua tod vaod éoxyiody ~ Mk 155: 
xal tò xatanétacpwa Tod vaod Eoxiodn; ferner Mt 910 ~ Mk 218; 
Mt 312 ~ Mk 111 (ähnl. Lk 312). 

6) Auf xal idod des Mt wie auf xei des Mk folgt das gleiche 
Verbum: | 

Mt 8s: xal idod Hounoey ndoa ù dy ~ Mk 51 xal Sounoev 
ij dy; Mt 17. xa idod") pn adtois Mwvons xal “Hiias ~ 
Mk 9, xai Spdn adtois "Halas oi Mwvoei; Mt 82% ~ Mk 57. 

Markus hat an Stelle der finiten Form (Kompositum) das 
Partizipium (Simplex), jedoch mit Einschaltung eines Verbums 
des Gehens: Mt 9s xal ioù noocépegoy adt nagahviuxdy ~ 
Mk 2. xal Eoxovraı pégovtes meds abröv nagalvrındv?). 

y) In Mt folgt (wie in Abschnitt q) auf soi ioù das nominale 
Subjekt. Mk dagegen bietet bloßes xai in Verbindung mit ën, 
yiveraı, &y&vero oder (4 mal) Zoxeraı (-ovtac)*), woran sich das Subjekt, 
meist unmittelbar, anschließt. Wir werden hierbei an die oben 
LXVI 157 und o. LXIV 199 verzeichneten Fälle aus der LXX er- 
innert, wo soi ën Übersetzung von „und siehe“ zu sein scheint: 

Mt 1210 xai idod dvdownos yeion Exwv Enodv ~ Mk 3: xal 

1) Wie Mk auch Lk 843 xal yor) ... Jaro. 

2) Auch Lk 939 hat xal idod: x. id. dvöpes do ovveildiovv gäre, oľtiveç 
Zeen M. xal H 

) Die Parallele Lk 51s liest xa? idod wie Mt und géeovtes wie Mk: 


xal idod dvdees pégovtes Zei xAlyns dvdownorv. 
*) Vgl. auch die soeben am Ende von Absatz 6 angeführte Stelle Mk 2s. 


60 M. Johannessohn 


hv ex dvIownos xtå., wo noch zwischen % und dvdewnos das 
Wörtchen xe? eingeschaltet ist); Mt 8a. xa idod osıauös uéyas 
éyéveto Zu th Yaldoon ~ Mk 4a. xal ylveraı Aaihaw ueydin 
@v£uov, hier hat auch Mt éyéveto, aber an anderer Stelle“); Mt 17. 
... lbod vepédn ... Eneoniaoev abdtods ~ Mk 9: xai éyéveto”) 
vepein éniondlovoa adbtovs. 

Mt 8. xa idod*) dengòg nooceAGar noeocexiver gët ~ Mk 1. o 
xai Oer. nods abröv Aenods nagaxaldy abröv xtå., wo sich 
zwischen ser, und Subjekt noch der Präpositionalausdruck zoög 
cbt einschiebt; Mt 9ıs tadta abroö Aukoövrog ... idod’) doo 
elg mooceddav moocextver ~ Mk Bai x foxetar els ron dexiovva- 
yoyor; Mt 8s. xal iðoù noa Å adi EEnidev eis Öndvrnow To 
’Inoodö ~ Mk 515 xal Zoxyovraı noög tov ’Inooöv, ohne nominales 
Subjekt“); Mt 1246 ... idod I untno xal oi ddeAqoi abroö ciothxeioav 
Ew ~ Mk 321 xal £oxovraı (v. I. Zoxetar) À uńtno adtod .). 

b) Zweimal weist Mk 6é auf gegenüber xai idod des Mt: 

Mt 265: xal lo od sig ron peta “Inood éxteivas thy yeEioa 
aGnéonacey thy udyaıgav aðtoð ~ Mk 14. eis dé tug tOY nage- 
ornndTwv onaoduevos tv udyatoay čnaioev; Mt 9s xal idod tives 
tay yoauuarewv einay ~ Mk 26 Joa dé tives THY yoauuariwv 
. Mit Zoos dé vgl. xal v Mk 3, (S. 59f. æ y). 

c) Mt xai idod = Mk dad eödüs (siehe auch Abschnitt f): 
Mt 15 xai idod yuv ... &ehtdovoa Engabev ~ Mk Van d eb 
dxoV0aoa yuvh ... &lAdodoa TTE00ETTETEV. 

d) Mt bedient sich zweier Sätze, nämlich eines xai idov- 
Satzes und einer durch xai eids» eingeleiteten Partizipial- 
konstruktion. Mk hat dafür einen einzigen Satz mit eidev als 
Verbum finitum, von dem zwei Partizipialkonstruktionen ab- 
hängen; an die Spitze des Ganzen stellt er soi eödög: Mt 310 
Bantıodeis dë 6 *Inooits ebdic dveßn ..., xal idod Nvegxdnoav ol 
oboavol, nai eldev nveöua ... xataBaivoy ~ Mk lio xal ebdds 


1) Mit xal ğv beginnt auch Lk 66: xal qv ävdownos xet, nal h yele 
adtod xtA. Das xe? des Mk steht aber bei ihm erst hinter dem Substantivum. 

2) Anschaulicher Lk 823: xal xarégn Aathap dveuov. 

3) Auch Lk 934 éyéveto vepein vd hinter Genet. absol. 

) Auch die Parallelstelle Lk 513 verwendet xa? idov, aber nach einer sei 
éyéveto-Verbindung (o. S. 46). 

5) Die Parallelstelle Lk 84: hat xal idod, ohne vorausgehenden absoluten 
Genetiv: xa idod JA der dvijo. 

6) Wie Mk auch Lk Ban, nur statt des Präsens den Aorist 4 or. 

7) Durch ein Verbum des Gehens eröffnet auch Lk 819 den Satz: zageyéveto 
dë nods adtovy ν,xQ rd, 


Das biblische xa? ééov in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 61 


dvaßalvwv ... eldev oxıbousvovs tobs oveavovs xal tò mvEdUa ... 
xaraßaivorv. 

e) Mt hat xal idod, Mk stellt einen absoluten Genetiv an 
die Spitze und fährt. dann asyndetisch mit dem Partizipium 
und dem neuen nominalen Subjekt fort: Mt 19ısr. & ... èro- 
oe Exneidev. xal idod eis no00eAd@v ait@ einev ~ Mk 101 xa 
Exriogevou£vov attot Eis 606, T000600uwv Eis... émnowta Abröv; 
Mt 2030 xai Exnogsvoutvwv atv ... Tnoloddnoev do molds. 
xal ioù ÖVo Tuploi nadnusvor ... axovoartes ... čxoačav m 
Mk 10. xal Exsogevou&vov adtod ... tupads moooaitys ExdInTo. 

f) Mt xai mit absolutem Genetiv, dem idod folgt, Mk xa 
evdds mit absol. Gen., dann asyndetisch angeschlossenes Verbum 
finitum (des Gehens): Mt 264: xa @t abrodö Auloüvrog, Idod') 
Iovò ag. . ider ~ Mk 14. xal eödöos gu adtod Aahodytos 
naoaylvetar ’lovöas. 


Die Erklärung dieses sonderbaren Tatbestandes ist nicht 
ganz einfach. Und auch ich möchte hier nur kurz die paar Ge- 
danken dartun, die sich mir aufgedrängt haben, in der Hoffnung, 
daß Berufenere die richtige Deutung geben. Soweit ich die Ver- 
hältnisse überschaue, dürften drei Möglichkeiten zu erwägen sein: 

1. Angenommen, Markus ist von Matthäus benutzt worden. 
Dann hätte Mt die xai idod und idod von sich aus hinzugefügt. 
Da aber Mk nicht bloß xai an Stelle von xai idod bietet, sondern 
auch 6é, d eb und noch andere Entsprechungen, so ist 
schon aus diesem Grunde nicht recht einzusehen, wie Mt mit 
solcher Regelmäßigkeit gerade auf xai idod verfallen sein sollte. 
Darnach scheint mir, wenigstens in dieser Hinsicht, Abhängig- 
keit des Mt von Mk sehr unwahrscheinlich zu sein. 

2. Besser kann man sich vorstellen, daß Matthäus dem 
Markus vorgelegen hat. In diesem Falle hätte nämlich Mk die 
(xai) idod des Mt einfach fortgelassen oder ersetzt. 

3. Schon die gemeinsame Vorlage hat (xai) idod (bzw. das 
entsprechende hebr. w*hinné oder aram. w*hä) enthalten. Dann 
hätte Matthäus die Vorlage bewahrt, während Markus — viel- 
leicht mit Rücksicht auf seinen (nichtsemitischen oder wenigstens 
des Hebr. und Aram. unkundigen) Leserkreis oder um überhaupt 
zu gräzisieren — idod unterdrückt oder andere Ausdrücke dafür 
eingesetzt hätte. 


1) Auch Lk 224, lo os nach demselben absoluten Genetiv (oben S. 53). 


62 M. Johannessohn 


Vom sprachlichen Standpunkt aus erscheinen mir übrigens 
die Erklärungsversuche unter Nr. 2 und 3 ziemlich gleichwertig’). 


C. Exkurse. 


I. „Noch er redend“ (zu S. 32 und o. LXVI 172. 174). 
A. Altes Testament. 


1. Die Verbindung „noch er redend“ wird in gleicher oder 
ähnlicher Form noch öfters verwendet, aber statt mit „und siehe“ 
nur mit einfachem „und“ zu Beginn des Anschlußsatzes. Das 
Subjekt besteht dabei überall aus einem Pronomen. 

a) Ge 29, Jes 65. Esther 61. ‘6ddnnu (dd hem oder däm) 
medabber (rim) „noch er“ bzw. „sie (plural.) redend“; Job 116. 12. 18 
‘od (ıs Mas. ad „bis“) zd m. „noch dieser redend“. 

6) Dan 920. 31 wd ani m. „und noch ich r.“. 

y) Rg UI aa hinné (w*hinne) ‘odak (ödännä) m’dabbärät 
„siehe (bzw. „und siehe“) noch du (bzw. ,sie“) r.“ (siehe schon 
oben LX VI 172). 

Hinzugefügt kann noch werden, mit wem das Subjekt redet: 
Ge 29, ‘immam „mit ihnen“, Esth 614 ‘immo „mit ihm“, Rg III 114. se 
(Sam) im hammäläk „(dort) mit dem Könige“. 

Eine Erweiterung der Formel bietet Dan 920) (unter 8), wo 
sich an „redend“ noch andere Partizipia anschließen: e od ani 
m. ioemitpallel ümitwaddä hattäti ... ümappel teginnãti lipnẽ jhwh 
„und noch ich redend und betend und bekennend meine Sünde 

. und fallen lassend mein Flehen vor Jahwe ...“, dann heißt 
es v.a weiter, den Anfang wieder aufnehmend, vg od an m°dabber 
baltepilla „und noch ich redend in dem Gebet“. 

2. Der Anschlußsatz beginnt regelmäßig mit „und“ + 
Nomen (Substantiv oder Pronomen): Ge 29 Rg III iss w*rahel 
(bzw. nätän) bd@a (bī) „und Rahel (Nathan) kam (kommend)“, 
Job 116.17.18 w’ed ba’ „und dieser kam (kommend)*. 


1) Die Erklärung unter Nr. 3 würde nicht ganz von den — allerdings 
immer noch mit großer Vorsicht aufzunehmenden — Ergebnissen abliegen, zu 
denen die formgeschichtliche Methode von ganz anderem Ausgangspunkt gelangt. 
U. a. sei auf Mt 1210.46 1916 f. 2030 mit ihren Parallelen verwiesen, die zu den 
von M. Dibelius, Formgeschichte des Evangeliums 40 als „Paradeigmata“ aus- 
gesonderten Abschnitten gehören. Über die Wahl des Ausdruckes Parad. und 
über die Methode und Berechtigung der „Formgeschichte“ überhaupt wage ich 
mich hier nicht zu äußern, zumal mein immerhin beschränktes Material ein ab- 
schließendes Urteil zu fällen nicht zuläßt. 

2) Über die Sprache des Daniel siehe auch o. LXVI 171. 189; o. LXVII 32. 
36. 37 Anm. 3, 53 Anm. 1 und unten S. 63. 


Das biblische xa? Zoé in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 63 


Esther 614 w*säriss hammäläk higgtu „und [die] Eunuchen 
des Königs trafen ein“, Dan 921 teh, id gabrivél ... ng elai „und 
der Mann Gabriel ... berührend (so Masora; bei anderer Aus- 
sprache „berührte“) mich“. 

Rg III 11. Jes 65s. warni dbõ' bzw. Gäng „und ich (ich) 
werde kommen (bzw. hören)“. 

Die Ubersetzer verwandeln den Werders Tast aus: 
schließlich in den absoluten Genetiv (vgl. o. LXVI 174): Ge 29 Er. 
ab ro Aukoövrog abtois, Rg III is: xal ioù čtu gbr Aadodvons’) 
peta tov Baothéws, Esth 614 ër adtav Aadodytwy, Job 116. 12. 18 
gti tovtov Aadodytos. 

Abweichend vom Original kénnen Pronomen und Partizipium 
ihre Stelle vertauschen: Jes 65. Ztı Aadodytwr aörav”), Rg III 114 
sol ioù ti Aadovons cov (doch haben A und L die gewöhnliche 
Wortstellung), Dan 921 xai čti Auloörıds pov"). 

Nur Dan 930 liegt eine andere Konstruktion vor: xa Zoe 
éy@ E£idAovv noocevxduevos xal &ouodoyotuevos tas duagtias 
pov ... xal Gex g èv rug noooevyais‘). Der Übersetzer hat 
also in "od „noch“ die auch im Syr. vorhandene Präposition ad 
„bis“ gesehen, die in der Peschita zur Umschreibung der mit 
ër anlautenden absoluten Genetive benutzt wird. Zu ad s. Job. 11s 
(S. 62). 

Das „und“ des Anschlußsatzes kann bewahrt bleiben: 
Ge 295 xal”) Paynd ... Joxero, Rg III 122 xal Nadav ... Ader, 
14 nai Zo sicededoouat. An der späten Stelle Dan 9,1 wird 
sogar noch — nach dem Muster von 10s0, wo auch im Hebr. der 
Nachsatz mit w*hinne „und siehe“ beginnt — ein ido’ hinzugesetzt: 
xai &r Anloüvros wou... xal idov’) ô åvňo ... nooaryytoé uot. 

Doch kann dieses ungriechische „und“ auch gänzlich fort- 
fallen: Job fis čte todtov Aahodvtos, duo ayyehos Eoxeraı (cod. S. 
feyetar Zreooc dyy.). Außer „und“ wird Jes65s« noch das ab- 
solute Personalpronomen „ich“ unterdrückt, so daß der Satz noch 


1) bo c stellen um: aörıng Aad. ri, ea läßt Ser fort. 

2) Nur die jungen Hss. 403 und 613 (Jsaias, ed. J. Ziegler) stellen die hebr. 
Wortfolge wieder her. 

3) Theod. hat die hebr. Wortfolge: xal čti éuod Aadodvtos. 

t) Theod. verwendet den absoluten Genetiv: soi re uod Aadhodvtos xal 
rg00evxou£vov xal EEayopedovros xtA. Bei der Wiederaufnahme, v. 21, bedient 
sich aber auch der LXX-Übersetzer des absoluten Genetivs: xa? ër Aañoðvróç 
pow v tů noo0evxij mov (siehe oben). | 

5) xal édov haben die Hss. 19. 58. 314 u. a. (Rahlfs, Genesis). 

6) Auch Theod. xæ? idov. 


64 M. Johannessohn 


„griechischer“ aussieht: rı Aahodytwy abtdy Zoe") „und ich 
werde hören“). 

Diese Wirkung wird auch dadurch erzielt, daß entgegen der 
Vorlage (wie schon cod. S. in Job 11s) das Verbum an den Anfang 
gerückt wird, so derselbe Job-Ubersetzer 116.12) &rı tovtov Aa- 
Aoövros Ade Ereoog ayyedos wei bd „und dieser kommend 
(kam)“, ferner Esth 61. čtu atv Aahodyvtwr nagaylvortar*) 
of eövoöyor „und die Eunuchen ... trafen ein“. 


B. Neues Testament. 

Abgesehen von den oben S.32 angeführten Matthäus-Stellen 
begegnet der auf einen hebr. Nominalsatz („noch er redend“) zurück- 
gehende absolute Genetiv tre adtod Ankoövrog auch bei Mk Joh 
Lk Acta, aber im Unterschiede von Mt ohne anschließendes idov. 

Außerdem haben diese eben genannten neutest. Schriftsteller, 
besonders Lk Act, gegenüber dem A.T. und Mt mancherlei Neue- 
rungen sowohl an der Formel selbst, als auch an dem Anschluß- 
satz vorgenommen: 

1. Dem čt wird Mk 1443 xal edddc, Lk 2260 xal TAeaYOT Ua 
vorausgeschickt. 

Statt des einleitenden ézz (Mk 525 Lk 84% 224, Act 1044) findet 
sich auch dé: Act 41 Aadodytwr 62°) aùtõv; ferner Lk 2436 Act 23, 
(unter Absatz 2 und 3). j 

Über Joh Saa, wo ër fortfällt, s. Abschnitt 4, S. 65. 

2. Wie im A.T. und bei Mt ist auch hier das Subjekt des 
absoluten Genetivs ein Pronomen, und zwar meist der Singular. 
Nur Lk 2436 und Act 4, verwenden den Plural adr, der bei 
Mt nicht vorkommt und auch im A.T. erst von einer jüngeren 
Stelle, Esth 614, bezeugt wird. 


) Dagegen = hebr. Rg III 114 xal yó (s. oben), vgl. auch den Anfang des- 
selben Jesaja-Verses xal orai nolv (Ñ) aengdior adtods yò dn- (v. I. en-, elo“) 
axodooucı abtav wehdja täräm jikre’a watni d a „und es geschieht, noch 
nicht sie rufen, und ich antworte“. 

) Der Übersetzer erweitert interpretierend: dei: Ti grv. — Er hat 
offenbar die beiden hebr. Verba „ich antworte“ — „ich höre“ vertauscht. 

2) Cod. A hat hier die hebr. Wortfolge, wenn auch ohne „und“: Zregos 
dyyedos Eoxerau. 

4) Ganz ähnlich ist Xen. An. VII 152 gebaut, wo ebenfalls nach einem 
absoluten Genetiv (allerdings nicht von „reden“) eine Person mit Hilfe eines 
Verbums des Gehens eingeführt wird: See 62 xadnusvav tõv orparıwrav, n0008p- 
Zero Korgatddas. 

5) Die Vorliebe des Lk für ôg hat uns schon die xal éyévero-Formel ge- 
zeigt (o. LIII 196). 


Cai 


Das biblische xæ? i603 in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 65 


Noch in einer anderen Hinsicht unterscheidet sich von den 
übrigen Schriften die Apostelgeschichte, insofern sie als Subjekt 
einen Eigennamen zuläßt: Act 10,4 ër Aaloövrog tod Ileroov 
TQ ÖÚUQATA rot, 

3. Da ein hebr. Nominalsatz zugrunde liegt, ist die gewöhnliche 
Wortstellung Pronomen + Partizipium, wie sie Mk 5ss 144s Joh Ba 
Lk 815 2436 Act 23, aufweisen. 

Die umgekehrte Reihenfolge (erst Partizipium, dann Pronomen 
[Eigenname]) findet sich nur 3mal in den lukanischen Schriften: 
Lk 2260 Act 41 104 a? 

4. Zu dem absoluten Genetiv kann ein sachliches Objekt 
hinzutreten. Das kennt das A.T. nicht. Umgekehrt lehnt das 
N.T. den alttest. Gebrauch ab, die Person hinzuzusetzen, mit der 
das Subjekt spricht (o. S. 62). 

Das Objekt kann sein 

a) ein — nachgestelltes — Substantivum: Act 10.. (oben unter 
Abschnitt 2 angeführt); | 

6) ein — vorausgehendes — Pronomen: Act 23: todto dë 
abtod Ankoövros”) (v. I. Auinoavros, eindvrog); Lk 24. tadta dé 
abr khahodrvtwrv, Joh 8: tadta adtod Aahodytos. Auch hier 
scheint wie Mt9:. (S. 32) todto (tadta) gleichsam Ersatz für ër 
zu sein. 

5. Der Nachsatz wird niemals mit Hilfe von «af angeschlossen’), 
sondern 

a) asyndetisch mit dem Subjekt: Joh 8:0 raöra adtod Auloöv- 
tos, moAloi Eniorevoav eis aùtóv und Lk 24. tadta dë adıav åa- 
Aodvrov, abtog Eoın Ev éco abtov. 

An der ersten Stelle glaubt man noch die semitische Wort- 
stellung des Nachsatzes zu spüren, und für den bei Lukas beliebten 
Anschluß mit aörds, das aus xal aùtóç = wht „und er“ entstanden 
ist, siehe o. LIII 190f. und 204f.; 

b) an der Spitze steht ein Verbum des Gehens. So an den 
beiden Stellen des Markus: 535 Sr, adtod Ankoövros, Eoxovrar 
én Tod doyiovvayayov Aéyortes (Lk 84, mit demselben Genetivus 
absolutus, dann Zoyetal oe maga tod doxiovv. x.) und 1443 xai 
ebd bg Eri abt. Aad. nagayivetat ô Iovdas. Damit sind Job 116.17 
Esther 61. (S. 64) zu vergleichen, wo die LXX die Verben „de 


1) Im A. T. Rg III 114 und an den jüngeren Stellen Jes 653. Dan 921 (S. 63). 
) Ein ähnlicher Anfang Xen. An. III 2 robro da Adyovros adrod (nıdgvvral 
tis). Vgl. III 31 rob οπ Aeyðévrwv (dvesımoar). 
3) Auch Matthäus hat ja nur einfaches idov (oben S. 33f.). 
Zeitschrift für vergl. Sprachf. LXVII 1/2. 5 


66 M. Johannessohn 


und zagaylvovraı an den Anfang gerückt hat im Gegensatz zur 
Vorlage, die „und“ + Subjekt + Verbum aufweist. Es wäre also 
immerhin denkbar, daß auch den Markus-Stellen ein Anschluß mit 
„und“ oder sogar mit „und siehe“ zugrunde liegt oder wenigstens 
vorgeschwebt hat. 

Ferner gehört hierher Act 4 Aahodytwy dé adıav . ., né- 
ornoav adrois ol legeic. 

c) Ziemlich weit ab vom alttest. Vorbild rückt Lukas an drei 
Stellen, wo andere Verben als ‘gehen’ den Nachsatz eröffnen: 
Act 23, totto dé abrod Auloövros, &yéveto’) ergoe tõv Dagioaiwv 
nai Saddovuaiwyv. — 10. . Eménecey TÒ NVEŬUQ ... Ei drag, 
Lk 2260... épwvnoev dhéntwg. 


II. Uber „eins“ als unbestimmten Artikel (zu S. 36f.). 


1. Mit der oben angeführten Stelle Dan 10, „und siehe Mann 
einer“ vergleiche noch aus demselben jungen Buche Daniel c. 8; 
whinné ’ajil ’ähäd „und siehe Widder einer“ (xgzdv Eva, Theod. xgıög 
eis) gegenüber der älteren Stelle Ge 22:13 w*hinne ajil „und siehe 
Widder“ (singul.), wo der unbestimmte Artikel gar nicht bezeichnet 
wird). Doch findet sich im Hebr. vereinzelt auch in früheren Büchern 
(Judic Rgg) das Zahlwort „eins* im Sinne eines unbestimmten 
Artikels): Judic 132 if ’ähäd „Mann einer“ (ée A, dvno eisB), 
ebenso Rg I 11 (dv$ewnos B A, dvd. etc Rezension des Origenes), 
III 131: nab? “ähäd „Prophet einer“ (neoprens eis), IV4ı Judic 963 
*188a ahat „Frau eine“ (yvvn uia)‘), auch 6. “gala h°däsa ’ähat 
„Wagen neuen einen“ (duadav xawńv, Orig.-Rez. + ulav), also 
überall mit Nachstellung des Zahlwortes. 

Vom A.T. unterscheidet sich wesentlich das N.T., das eis 
in dieser Verwendung — wie im Neugriechischen — voraufgehen 
läßt") ): Mt 81 eis yeaupateds, 2660 ula nardioxn, Mk 12. uia 

1) Ein solches „Hilfs“-2ye&vero begegnete uns Mt 282, auch 824 im xal éidov- 
Satz (oben S. 38). 

2) Allerdings haben eine Reihe von Hss, ’ajil ’ähäd „Widder einer“ (statt 
’ahar „hinten“), LXX xọ:òç eis, s. Kittel, Bibl. hebr. und König, Hebr. Syntax 
§ 291d. 

3) Die nächsten Beispiele ohne „und siehe“. 

) Dazu o LXVI 180 Anm. 4. 

5) Ausnahme nur Joh Ge, wo der textus receptus hinter masödoıo» noch ën 
setzt (die Belege für das N.T. aus Bauer, Wörterbuch zum N. T. s. v. eis 3b). 

6) Auch wenn, eins“ wirkliches Zahlwort ist, geht es den Personenbezeichnungen 
vorauf: Joh 1814 s dvPownor, 841 Eva nareoa, Mk 126 Eva ... vidv, Mt 2315 Eva 
zgoonAvrov. Bei Sachbezeichnungen kann es davor und dahinter treten: Mt 2012 
Mk 1437 ulav Gees, Mt 56 ulav telya, Mk 814 va dorov, aber Lk 225 Seas 


Das biblische xa? i605 in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 67 


AREA voxn, Apoc 18a: els dyyedos, 1911 Eva dyy. — 81s vòs derod. 

Überall sind die Substantiva Personen, auch Tiere, aber keine 
Sachen. 

2. Auch im Aramäischen kommt mitunter das Zahlwort 
„eins“ einem unbestimmten Artikel gleich oder doch sehr nahe. 
Es kann wie im Hebr. dem Substantiv folgen oder — im Gegensatz 
dazu —, und zwar häufiger, vorangehen: ha ’a(n)tta h’dä „siehe 
Frau eine“ (Brockelmann, Chrestom. 4020), gabra had „Mann einer“ 
(Ungnad, Syr. Gramm. § 24a), bar nas had „Mensch (eigtl. Sohn 
eines Menschen) einer“ (Schulthess-Littmann, Gramm. des christl. 
palästin. Aramäisch 112ss, siehe auch dort § 166, 1a) — had bar 
nas „ein Mensch“ (folgt Relativsatz, aus einem Midrasch, Dalman, 
Aramäische Dialektproben *25:s), ferner had jehüdai ... had ‘arbat 
„ein Jude... ein Araber“ Midrasch, Dalman 141ı:r), had sajjar 
„ein Karawanenführer“ (ebd. 1518), h°wat tammän hedd ’ittetä jateba 
„war dort eine Frau sitzend“ (aus dem Jerusalem. Talmud, 
Dalman 27.) u. 6. Auch der babylonische Talmud liebt Voran- 
stellung des Zahlwortes (Margolis, Lehrb. der aram. Sprache des 
babylon. Talmuds § 52 b) ). 

3. Wie das Aramäische zeigt ferner das sich gleichfalls in 
syntaktischer Hinsicht stark vom Ursemitischen entfernende Äthio- 
pische Ansätze für den Gebrauch des Zahlwortes „einer“ als 
eines unbestimmten Artikels. Im Gegensatz zum Hebr. geht das 
Zahlwort meist voran, z.B. wahalawat ahati walat baje’eti hagar 
„und war ein Mädchen in dieser Stadt“ (Dillmann, Chrestom. 
Aethiop. 2420), kama ’ahada be’esi „wie ein Mensch“ (Dillm. 13:21), 
uis, Mt 51 ulAıov Ev, 627 ND Eva. Im selben Satz verschiedene Stellung: 
Mt 5ıs idta Sr I ula negala. 

1) Im Evang. Hierosol. heißt es zwar z.B. „ein Mann“ (Lk 8a: 9ss), „ein 
Mensch (14a 192), „ein Schreiber“ (1025), „ein Toter“ (712), doch auch noch „Frau 
eine“ (73: 1311). Wie das Verhältnis zwischen Voranstellung und Nachstellung 
von „einer“ innerhalb der einzelnen aram. Dialekte und Literaturen ist, vermag 
ich nicht anzugeben. Ich vermute aber, wie schon die angeführten Beispiele zeigen, 
Unterschiede. Jedenfalls ist klar, daß die Entwickelung zu dem im Neusyrischen 
verliegenden Zustand hindrängt, das nur noch Voranstellung zuläßt, sowohl vor 
Personen wie vor Sachen (ein Mann, ein Buch). Zahlreiche Beispiele in den Lese- 
stücken und der Chrestomathie von J. Rosenberg, Lehrbuch der Neusyrischen 
Schrift- und Umgangssprache. Auch die neuaram. Dialekte von Ma‘lula und von 
Urmia kennen vorangestelltes ak(h)ad und ha „einer“ in der Bedeutung des un- 
bestimmten Artikels, so 6¢ ahhad (rer bbainötun „war ein Mutiger zwischen 
ihnen“; ha näsa „ein Mann“, ha dukta „ein Ort“, ha jüma „ein(es) Tag(es)“. 
Attribute kommen hinter das Substantivum zu stehen: a Jwanga raba zarbana 
„ein Jüngling, großer, starker“. Die Beispiele sind entnommen den Dialektproben 
bei Bergsträsser, Einführung 87. 93—95. 

D? 


68 M. Johannessohn 


ferner im „und siehe“-Satz, offenbar unter dem Einfluß der Bibel- 
sprache: wa-nahu ’ahati bè st... halafat kedemehu „und siehe eine 
Frau... ging vorüber vor ihm“ (De viris sanctis, Dillm. 20,0). Im 
selben Satz sowohl Voran- wie Nachstellung von „einer“: ’amsé’x 
lita ’ahata ’cbna wa-’amse’u lötu ’ebna ’ahata „bringt heran mir einen 
Stem. Und sie brachten heran ihm Stein einen“ (Dillmann 15, 
aus dem Liber Baruch, angeführt auch von Praetorius, Gramm. 
Aethiop. § 141). 

Wenn im Amharischen das Zahlwort „eins“ als unbestimmter 
Artikel dient, scheint es stets an der ersten Stelle zu stehen, wie 
Judic 132 ande raw (gegenüber der hebr. Vorlage „Mann einer“), 
ferner Rg I 11 III 1311 1V4:. Entgegen dem Urtext, der das bloße 
Substantivum bietet, heißt es auch Ruth 1, „ein Mann“. Vgl. auch 
ande tämäri „ein Schüler“ (Bergsträsser, Einführung in die semi- 
tischen Sprachen 116s. aus E. Mittwoch, Proben aus amharischem 
Volksmunde)'). Ebenso aus dem Tigré: wöröt ends „ein Mann“, 
egel wöröt kestenäi „zu einem Christen“, hatte me‘el „eines Tages“ 
(Bergsträsser 123; u. 124, 124, aus Littmann, Tigre-Erzählungen). 
Die Wortstellung bleibt, auch wenn Attribute hinzukommen ): 
hatte essit läuhät „eine Frau, mitleidige“, et meder Haba$ hatta essit 
sädgat wa-lauhdt ... ‘aldt „im Lande Abessinien eine Frau gerechte 
und mitleidige ... war“ (Bergsträsser 1256. 10). 

Dagegen heißt es in der von Bergsträsser 131f. mitgeteilten 
Probe aus dem Mehri sowohl aka tad fadouli „kam ein Schwätzer“ 
als auch gad tad nuka bä-mgahöjit „Mann einer kam ins Kaffee“. 

4. Unter den älteren idg. Sprachen verwendet das Armenische 
„einer“ als unbestimmten Artikel, und zwar stellt es ihn (wie das 
Hebr.) hinter das Substantivum. Siehe die Beispiele S.53 Anm. 4 
und Meillet, Altarmenisches Elementarbuch § 77,1. Dieser Gebrauch 
setzt sich im Neuarmen. fort, und zwar, während sonst die modernen 
Sprachen den unbestimmten Artikel dem Substantivum vorausgehen 
lassen, seltsamerweise unter Beibehaltung der alten Wortstellung 
(C. Kainz, Gramm. der armenischen Sprache 109)“. 

5. Dem klassischen Griechisch ist eig als Ersatz für den 
unbestimmten Artikel so gut wie unbekannt‘). Zwar gibt es in 
1) Beispiele auch bei Praetorius, Die Amharische Sprache 299. 302. 

) Wie im Neuaram. (o. S. 67 Anm. 1), im Gegensatz zum Hebr.: Judic 62 
„Wagen, neuen, einen“ (Abschnitt 1, o. S. 66). 

3) Doch heißt es auch in der Sanskritübersetzung Act 161 sisya eka „Schüler 
einer“ (unten S. 70). 

) Einige Stellen führt Bauer, Wörterb. s. elg 3 an, als erste Aristoph. Aves 
1292 n8odı& uèv els ndannkos @voudleto ywdds, Mevinnp Oh» yelıdav odvoua 


Das biblische xæ? do in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 69 


Verbindung mit dem partitiven Genetiv Belege aus Plato, Xenoph., 
Isocrates u.a. (Krüger, Griech. Sprachlehre § 47, 9, 4, Blaß-De- 
brunner $ 247, 2), doch ist, worauf Krüger und Debrunner hin- 
weisen, eis überall noch als wirkliches Zahlwort, wenn auch zuweilen 
etwasabgeschwächt, empfunden. Eine Parallele bietet das Arabische, 
das gleichfalls „einer“ vor Genetiv-Verbindungen als richtiges Zahl- 
wort') gebraucht: ’ahadu “aga’ibi d-duniä „eins [der Wunder der 
Welt“ (aus Makdisi, Descriptio imperii Moslemici = Grünert, Arab. 
Lesest. II 4519), besonders deutlich vor einem Dualis: ’ahadu I-has- 
maini „einer der beiden Gegner (im Sprichwort, Grünert II 10), 
‘ahadu ganähai id-duniä „einer [der] beiden Flügel der Welt“ 
(Makdisi, Grunert II 43.). Über das Syr. s. oben S. 36 Anm. 2. 


III. Zur Stellung des Eigennamens (zu S. 49 Anm. 4). 

1. Das zugefügte évéuat steht im N. T. in der Regel vor 
dem Eigennamen (Mt Mk zähle ich je imal, Lk 6mal, Act 16 mal)), 
z.B. Mt 2722 dvdownov Kovonvaiov, Övduarı Sivwva. Nur Acta 
stellt an 6 Stellen ö»duarı dahinter. 

Überhaupt scheint Nachstellung des Eigennamens hinter Aus- 
drücken wie „mit Namen“ oder ähnlichen Wendungen?) in den 
semitischen und indogerm. Sprachen zu überwiegen. Belege bieten 
das Arab., Hebr., Syr., Äthiop., sowie das Armen., Got., Lit., Russ., 
Neugr., Italien., Span. usw. 

Dem stehen aus den idg. Sprachen gegenüber dasIranische und 
das Altindische, die den Eigennamen dem begleitenden Ausdruck 
ziemlich regelmäßig vorangehen lassen. So heißt es Videvd. X VIIL15 


Schon die Gegenüberstellung durch uév—óé (samt dem Eigennamen) zeigt, daß els 
doch noch nicht ganz zum unbestimmten Artikel geworden ist. 

1) Das Arab. bedarf keines unbestimmten Artikels, da er ja durch die Nunation 
ersetzt wird, die sich in erstarrten Resten bis ins Neuarab. erhalten hat, lebendig 
sogar noch im Beduinischen ist. Daneben ist in anderen Dialekten das Zahlwort 
„eins“ schon auf dem Wege zu einem unbestimmten Artikel. Siehe darüber Berg- 
strässer, Einführung in die semit. Sprachen 178f., der aus dem Maltesischen darba 
waheda „Mal ein“ (einmal) anführt, mit der uns aus dem Hebr. bekannten Wort- 
stellung. 

2) Joh vermeidet dvduarı und gebraucht dafür Wendungen, die uns aus LXX 
bekannt sind und auf das Semit. zurückgehen, wie le dvoua adr ’Iwdvns (Apoc 68 
Svoua atë Fdvaros), hebr. würde es heißen, „und sein Name J.“, auch mit Um- 
stellung der beiden Glieder, wie 31 Nınddnuos ğvoua gäre, vgl. damit die beiden 
Sätze Rg I 1728 und II 16s (S. 49). 

3) Dahin gehört das Partizipium „genannt“ oder ein den Eigennamen ent- 
haltender Relativsatz. In der Bevorzugung der einen oder der anderen Ausdrucks- 
weise scheinen die einzelnen Sprachen, vielleicht auch die einzelnen Menschen 
auseinanderzugehen. 


70 M. Johannessohn 


(Reichel, Awest. Elementarb. 401): marayo y parö.dars nama „der 
Vogel, welcher Parodar’ [mit] Namen“, ferner äsid raja nalo 
nama ,(es) war ein König, Nala [mit] Namen“ (Nalus, ed. 
Bopp I 1), tam abhyagaccad brahmarsir Damano nama „zu ihm 
ging ein brahmanischer Seher, Damana [mit] Namen“) (ebd. I 6). 

Dieser Wortstellung bedient sich auch die Sanskrit-Übersetzung 
des N.T.s, z.B. Lk 228, und ganz durchgehend die neupersische. 

2. Meist aber erfährt diese aind. Ausdrucksform dadurch eine 
Umgestaltung, daß das die Gattung, den Stand o.ä. bezeichnende 
Appellativum ganz ans Ende, also erst hinter den Ausdruck „Name“ 
gerückt wird, z.B. Hitopadesa 3. asti srinagaré mandamatir nama 
rathakärah „(es) ist in Srinagara (ein) Mandamati [mit] Namen 
(d.h. genannter) Radmacher“ und so noch oft, auch bei Tieren, 
Bergen, Gewässern usw. Im ersten Buche des Paficatantra zähle 
ich 16 solcher Fälle, wo näma zwischen Eigenname und Appel- 
lativum steht. Diese Wortfolge wird auch in der Bibelübersetzung 
angewendet, z.B. Act 161 tatra timathiya nama sisya eka äsit „dort 
Timotheus [mit] Namen Schüler einer war“ xai iĝoù uadnTng tis 
ën xet òvóuatı Tıuddeog?). 

3. In überraschender Weise findet sich aber diese im Abschnitt 2 
erwähnte, eigentümliche formelhafte Anordnung beim Eigennamen 
noch auf einem ganz anderen Sprachgebiete wieder, so daß man 
versucht ist, irgendwelche Berührungen in vorhistorischer Zeit 
anzunehmen. Es heißt nämlich im Türkischen: Lk 2. we-iste 
urslimanda (Umschreibung?) sim an isminde ... bir adam bulunub 
„und siehe, in Jerusalem Simeon bei seinem) Namen... ein 
Mann wurde gefunden“ xai idod dvdownos Tv èv "Tegovoainu, 
@ Övoua Zvuswov, Act 161 we-iste orada timutaus (?) isminde bir 
$äjird war ydy „und siehe, dort Timotheus bei seinem Namen ein 
Schüler war“ (also ziemlich ähnlich der Sanskrit-Übersetzung, 
S. 70, Ende von Abschnitt 2), ferner Lk 1035 19s. isminde „bei seinem 

1) Oder wohl richtiger „Nala, Damana [ist der] Name“ (o. S. 49 Anm. 5). 

2) Hierher auch apers. haca Piräva näma rauta „von [dem] Piräva (= Nil) 
[mit] Namen Flusse“ (abgedr. bei Rosen, Persien 62). Bei Herodot 2. B. lesen wir 
zwar auch dv “AAvy noraudv (176), cov Tóvôņv noraudv (1190), “Iotoos zota- 
uós (II 33), aber ohne évoua. Doch haben wir einen Rest und, wenn man will, 
eine Weiterbildung in dem Partizipium xa/edusvos zu sehen, wie III 10 & 20 
InAovolp nalcousvp orduarı tod NefAov. Genau so kann man auch noch heute 
im Deutschen sagen „aus einem Ukuhlonipa genannten Nationalgebrauch“ (Max 
Müller, Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache [bearbeitet von C. Böttger] 
II 31). 

A Das eingefügte Pronomen nimmt nur den im Genetiv zu denkenden 
Eigennamen wieder auf. 


Das biblische xa? td os in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 71 


Namen“ wird Lk 10s. 24:3 durch pers. nām „Name“ ersetzt, wie 
auch in dem von Horten, Kleine türkische Sprachlehre 64, Z. 6f. 
verzeichneten Beispiele: bunu gibunun rumanyn zevaly nam tari- 
hanynda ukudum „dies Gibbons Roms sein Verfall, Name, in seinem 
Geschichtswerke habe ich gelesen“ d.h. dies habe ich in Gibbons 
Geschichtswerk, betitelt der Verfall des römischen Reiches, gelesen). 

Die sanskr. und türk. Fassung von Act 161 (oben S. 70) 
deckt sich ferner mit der ungarischen: (és imé vala ott) egy 
Timotheus nevu tanítvány „(und siehe, war dort) ein Timotheus 
mit Namen (namens) Schüler“. Und so finde ich diese Reihenfolge 
innerhalb der Evangg. und der Apostelgeschichte noch über 15mal, 
lauter Stellen, die an der griech. Vorlage nicht den geringsten 
Anhalt haben. Ein außerbibl. Beispiel lesen wir in einer Erzählung 
(„Der Spielkamerad“) von Mikszáth Kálmán (= Tolnai, Ungar. 
Leseb. 46:1.) egy Bölyi Mátyás nevu tanító (elt a falunkban) „ein 
B. Matthias namens Lehrer (lebte in unserm Dorfe)“. 

Wenn auch die finnische Bibelübersetzung sich in Anlehnung 
an griech. évduate sich meist des Ablativs nimeltä bedient, so lehren 
doch einige Stellen, daß auch im Finn. so angeordnet werden 
kann: Act 1614 eräs Lyydia niminen") purppuraumyyjä „eine) Lydia 
benannte Purpurverkäuferin“ zig yuv) ôvóuatı Avdia, nogpgpvednwdAis; 
9,5 erään Eneas nimisen miehen „einen Äneas benannten Mann“ 
évioundy tiva Övduarı Aivéav; Lk 24ıs Emmaus nimiseen kylään 
„in (ein) Emmaus benanntes Dorf“ eis xwunv... 0 övoua H.; 
ferner Act 183. 271. 


IV. Über „und siehe“ im arabischen Erzählungsstil. 

1. Dem hebr. hinné „siehe“ entspricht etymologisch arab. inna, 
das nach Reckendorf, Syntaktische Verhältnisse im Arabischen 353f. 
dazu dient, die Aufmerksamkeit des Zuhörers zu erregen und sie 
besonders auf das Subjekt des „siehe“-Satzes zu lenken. Dieses 
Subjekt steht immer, auch wenn es nicht unmittelbar auf „siehe“ 
folgt, im Akkusativ‘), wie inna ragulan daruba „siehe ein Mann 

1) Charakteristisch für die türkische Wortfolge ist eine Verbindung wie 
nasreddin hoga efendi ,Nasreddin Lehrer Herr“ (Horten 100), im Deutschen 
gerade umgekehrt: Herr Lehrer N. 

2) niminen ist Adjektivbildung vom Substantivum nimi „Name“. 

3) Hingewiesen sei aber auf die verschiedene Stellung von „ein“: im Türk. 
erst vor dem zugehörigen Substantiv, im Ungar. und Finn. schon vor dem 
ganzen Gefüge. 

*) In welchem Kasus sich der Hebräer das Subjekt gedacht hat, ist nicht 
zu ersehen, da ja das Hebr. die Kasusendungen bis auf ganz geringe Reste auf- 
gegeben hat (s. schon o. LXIV 201, Anm. 2). 


72 M. Johannessohn 


schlug“, ein Satz, den Reckendorf ursprünglich so auffaßt: „He 
einen Mann! Er schlug“. | 

2. Dieses arab. inna scheint überwiegend dem Gesprächsstil 
eigen zu sein und deckt sich also hinsichtlich der Anwendung 
nur zum Teil mit hebr. hinné’). 

So hat z.B. das arab. Diatessaron an Stelle von xai 
idod in der Erzählung niemals xa- inna, sondern in den meisten 
Fallen bloßes ua „und“, oder, falls der dem xa idod vorauf- 
gehende Satz durch einen temporalen Nebensatz ausgedrückt 
wird, überhaupt keine Entsprechung. 

Auch die in Studia Sinaitica VII abgedruckte arab. Über- 
setzung der Acta (aus dem Syr.) meidet xai idod bzw. einfaches 
idod in der Erzählung”) gänzlich und setzt dafür ein: 

a) einfaches „und“ + an den Anfang gezogenes*) Verbum 
substantivum: Act 161 ua-käna tamma ’ahadun min at-talamudi 


1) Erst bei den christlichen Arabern, also in nichtklassischer Sprache, 
ist mir ga- inna innerhalb der Erzählung in der Bedeutung von hebr. we-hinne 
„und siehe“ begegnet, so 5mal hintereinander in Studia Sinaitica VII 7220 fl.: 
kana li-rähibin ... ‘almanijjun ua-’inna -rrähiba marida ... uvinnahu kala 
li-Talmäniii salli(sic!).... va-innahu salla ... va-inna-lalmäniia marida 
ba'da dalika fa-kala li-rrähibi salli... na- inna ’rrahiba sallä „(es) war 
einem Mönch... ein Laienbruder, und siehe, der Mönch (arab. Akkus.) wurde 
krank ., und siehe er (angefügtes Pronomen) sagte zum L.: Bete... Und 
siehe er betete ... Und siehe der L. wurde krank darauf uud(fa) sagte zu dem 
Mönch: Bete... Und siehe der Mönch betete“. Auch in der unten S. 74 
genannten arabischen Pentateuch-Übersetzung cod. Leiden Arab. 377 heißt es 
Ge 6ı2 (nach ‘sehen’) ga- inna für wehinne: ua-ra’a llahu dälika ua-inna 
larda kad fasadat „und sah Gott dies, und siehe die Erde, (sie) war schon 
verderbt worden“ = hebr. „und sah Gott die Erde, und siehe usw.“. 

) Auch in der Rede (1010. 21 1311.25 2029.25) wird ¿oú nicht durch ’inna 
„siehe“ ausgedrückt. Hervorzuheben ist die Wiedergabe durch das Maskulinum 
des Demonstrativpronomens im Sinne des Neutrums: 10:9 kala lahu rihu 
llaht hada kad ’atika talätatu nafar(in) „sagte zu ihm [der] Geist des Gottes: 
Dies(er), es sind gekommen zu dir drei Männer“ idod dvöges dvo (v. I. veeis) 
d uyrobvreg oe. Ein solches hada für idod (syr. ha) begegnet uns auch in der 
— leider noch ungedruckten, von W. Reimpell angefertigten — arabischen 
Pentateuch-Übersetzung der Syro-Hexaplaris des Häreth b. Senän, so Ex 322. 
ua-hada malaki jakdamuka „und dies(er), mein Engel wird zuvorkommen dir“ 
idod ô GyyeAds mov noonogedvetas (-cetac A) wed noo0Wnov oov, 24s hada damu 
l-‘ahdi Nadi “ahida bihi r-rabu „dies, Blut des Bundes, welchen geschlossen 
hat der Herr“ idod tò atua sis dtadjxns, Ze ore dero xdoros, ähnlich auch 3321. 
Diese Verwendung des Demonstrativums berührt sich mit dem Verfahren der 
griech. Tragiker, unter Mithilfe von ĝe das Auftreten von Personen anzukünden, 
siehe o LXVI 184 Anm. 7. — Für das Arab. s. auch Graf, Der Sprachgebr. der 
ältest. christl.-arab. Lit. 63. Nöldeke, Zur Gramm. des class. Arab. 48ff. 

3) Über die Anfangsstellung des Verbums s. auch o. S. 66. 


Das biblische xæ? iéod in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 73 


„und war dort einer von den Jungern“ xai idod uadnıns oe 
Zu nci; 
8) das Perfektum des Verbums „kommen“ ): Act 1030 ua-fī 
tisi s@atin min in-nahäri ... 'atänı ragulun fa-käma baina iadaiia 
. ua-kala „und in der neunten Stunde vom Tage ... kam zu 
mir ein Mann und trat zwischen meine beiden Hände (d. h. vor 
mich) ... und sagte“ xai iðoù dvno Eoın Evonıdv uov ... c 
pnolv. Ähnlich 12: und 102: (hier für einfaches idod nach einem 
durch fabainä „und während“ = os eingeleiteten Vordersatz). 

In 1112, wo das Satzgefüge anders als im Griech. abgeteilt 
wird, geht dem „kam“ noch id dälika „damals“ (wörtlich etwa 
„da dies“) voraus: id dälika "atäni taldtatu nafaran (sic) „damals 
kamen zu mir (suffigiertes Pronomen) drei Männer“ xai idod 
éEavtis toeis dvöges éméotnoav ... meds HE, 

3. Im ganzen deckt sich jedoch, wie mir scheint, mit dem 
in der Erzählung verwendeten hebr. w*hinne „und siehe“ syn- 
taktisch eine ganz andere Wendung, nämlich fa-(ua-)’ida*) „und 
da“, an die sich das Nomen (Subjekt) unmittelbar anschließt 
(meist im Nominativ, gelegentlich mittels bi „an“, „in“), z.B. 
baina anã n@imun ra’aitu ’anni 'atufa bi-Ika’bati fa-idā ragulun 
sabitu $-Sa’ri baina r-ragulaini „während ich schlafend, sah ich, 
daß ich den Umgang mache (arab. ein Wort) um die Kaba. 
Und da [sc. erschien] ein Mann glatt des Haares (d. h. mit 
glattem Haar) zwischen den zwei Männern“ (Ed. Sachau, Das 
Berliner Fragment des Müsä°) Ibn Ukba, Sitzungsb. d. Pr. Ak. 
d. W. 1904, S. 26, Z. 1%); ebenso mit „Mann“ hinter „und da“, 
doch enthält der Vordersatz ein Bewegungsverbum, ebd. S. 25, Z. 1f. 

Ein Eigenname folgt auf „und da“ Ibn Hisam ed. Wüsten- 
feld 1535. (= Brünnow-Fischer, Arab. Chrestom. 42:1): fa-rafa‘tu 
rast “ila s-sam@i ’anzuru fa-ida gabrailu fi surati ragulin „ich 
erhob meinen Kopf zum Himmel, [indem] ich sehe (d. h. um zu 
sehen), und da [war] Gabriel in Gestalt eines Mannes“. 

Recht schön zeigt die syntaktische Gleichwertigkeit des hebr. 
whinné „und siehe“ mit dem arab. fa-ida „und da“ eine Gegen- 

1) „kommen“ u.ä. als Ersatz für xa? idod im Syr. sehr beliebt (Exkurs V, 
unten S. 77, aber auch im Germ. 

2) Arab. dd ist etymologisch (aber nicht syntaktisch) mit hebr. "ës ver- 
wandt, das gewöhnlich in LXX durch: zöze wiedergegeben wird. — Arab. fa 
übersetze ich hier der Deutlichkeit wegen einfach durch „und“; es liegt natürlich 
mehr darin. 


8) Müs&, gestorben 141 der Flucht, ist älter als Ibn Ishak (T 150), dessen 
Werk durch Ibn Hišâm auf uns gekommen ist (Sachau a. a. O. 2). 


74 M. Johannessohn 


überstellung von Ex 4, im Hebr. mit Koran Sure 71 (= 26ss): 
wajjabe jado bee wajjostah w*hinné jado megõra at kassaläg 
„und er brachte seine Hand an seinen Busen und ließ heraus- 
gehen sie, und siehe seine Hand aussätzig wie der Schnee* — 
uanazaa jadahu fa-ida hiia baida’u „und er riß heraus seine Hand, 
und da’) sie weiß usw.“. | 

Zu vergleichen ist Sure 710 (= 2621, ganz ähnlich 2021) 
fa ald “asahu faida hija tu banun mubinun „und er warf seinen 
Stab, und da er (selbständ. Pronom.) eine Schlange, deutliche“, 
wo aber die hebr. Parallelen Ex 710 und ıs nur einfaches „und“ 
verwenden: wajjaslek ... dt mattéhu ... wa-jehi letannin „und er 
warf ... seinen Stab ..., und (er) wurde zur Schlange“, wajjas- 
iki “ts mattéhu wajjihjüa letanninim „und sie warfen, ein Mann 
= ein jeder) seinen Stab, und (sie) wurden zu Schlangen“. 

Häufig verwendet auch die arab. Pentateuch-Übersetzung 
der Syro-Hexapl. jenes fa’idä, auch nach „sehen“ (z. B. Ex 26 
1410 392s as) Dt 913), ebenfalls oft auch die beiden von Lagarde 
in seinen „Materialien zur Kritik und Geschichte des Pentateuchs 
1867“ herausgegebenen arab. Handschriften, cod. Leiden Arab. 230 
(Genesis) und 377 (der gesamte Pentateuch) ). 

Das unter Abschnitt 1 (S. 72) erwähnte Diatessaron bedient 
sich an drei Stellen (Mt 2. 317 411) des fa(ua)'ida für xai idov. 
) Das gleiche fa’idä bietet die Übersetzung des unten S. 74 angeführten 
cod. Leiden Arab. 377: tumma ’ahragaha fa-ida hija baidä’u „darauf ließ er 
herausgehen sie, und da sie weiß“. 

2) cod. 230 ist nachgeprüft von H. S. Davidson in Leipz. Semitist. Studien 
III 5, cod. 377 von J. C. Hughes ebd. VII 3. — Bei der Gelegenheit möchte ich 
auf ein paar sprachliche Dinge hinweisen: a) za- dad „und da“ wird gelegentlich 
vor „sehen“ gestellt: cod. 377 Ge 182 „und erhob Abraham seine Augen, und 
da, er sieht (Fa- dd huua jara) drei Männer usw.“, hebr. wehinne selösa 
’anäsim „und siehe drei Männer usw.“ (LXX eldev, xal idod geste ävöges), 
ferner 331 (vgl. das unten S. 81 angeführte Beispiel aus dem Lit.). — b) Der 
Wahrnehmungssatz kann mittels eines durch za „und“ eingeleiteten Zustands- 
satzes umschrieben werden: Ge 26s „und (er, sc. Abimelech) sah den Isaak, 
und er scherzte mit (arab. acc.) Rebekka, seinem Weibe“ (ua-huua jala‘ibu 
rifkä zaugatahu), hebr. wehinne „und siehe“. — c) Die im Koran häufiger 
vorkommende Verbindung ra'd "dë „sehen auf jmd.“ (o. LXIV 253, Anm. 1, 
vgl. auch hebr. Jes 530 822 ebd. 187, Anm. 1) wird cod. 230 Ge 612 gegen den 
Grundtext hergestellt: „und sah Gott auf die Erde (fa-nazara ... ila 
!-arda), und da, sie war verderbt worden“, hebr. wajjar’ . dt hä’äräz 
wehinne „und er sah die Erde, und siehe“ (LXX xal eldev.... thv ën), — 
d) Hebr. wehinne „und siehe“ wird durch ra’a „sehen“ umschrieben (wie ge- 
legentlich in der LXX, o. LXVI 158 und in der Peschita, unten S. 78), und zwar 


mit asyndetisch angeschlossenem Satz: Nu 1642 (177) oder mit ’anna „dab“: 
Nu 1647 (1712) 17s (as). 


Das biblische xa? dod in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 75 


Weitere Beispiele aus verschiedenen Schriftstellern bringt 
Reckendorf, Arab. Syntax 23. 308. 3571. 

Beide Wörter, fa’idö „und da“ und ‘inna „siehe“, wozu noch 
als dritte Hervorhebungspartikel la „fürwahr“ tritt, sind mir 
vereint begegnet bei Ibn Hišam ed. Wüstenfeld 1041. (= Grünert, 
Arab. Lesest. II 17.2 f.): uakäma zaugi “ila Särifinä tilka faida 
"innahä la-häfilun „und stand auf mein Gatte zu jener unserer 
Altersschwachen (Kamelin), und da, siehe sie [war geworden] 
fürwahr eine Eutervolle“. Offenbar soll durch die Häufung der 
Partikeln das ganz unerwartete Ergebnis noch mehr zum Aus- 
druck kommen. 

Einfaches idd „da“ wird als Einleitung des Anschlußsatzes 
hinter einem Nebensatz') verwendet, wie z. B. in dem von 
Reckendorf, Die Syntaktischen Verhältnisse des Arabischen 11 
angeführten Satz: lammä dahaltu l-bāba ge" tamma ragulun 
min baiti l-makdisi „als ich zur Tür hereintrat, da" [sc. stand] 
dort?) ein Mann von Jerusalem“. So noch beduin. hd < de, 


V. 

Über „und siehe“ im Syrischen, besonders in der Peschita. 

1. Gelegentlich wird im Syrischen innerhalb der Erzählung 
nend „und da“ („und siehe“) oder — nach einem konjunktionalen 
Nebensatz — einfaches ha „da“ („siehe“) verwendet, z. B. u-kam 
“al septeh d-nahrä -h boor b-hen „und er stand über der Lippe 
(= dem Ufer) des Flusses, und siehe [er] blickend (angaffend) 
auf sie“ [sc. die dort waschenden Frauen] (Leben des Ephraem, 
Brockelmann, Chrestom. 28:4). Mit diesem Satze lassen sich die o. 
LXV1150f. verzeichneten, mittels „und siehe“ eingeführten Zu- 
standssätze vergleichen. Doch ist die Übereinstimmung nur äußerlich. 
Denn im Hebr. bezieht sich das Subjekt eines solchen „und 
siehe“-Satzes auf eine im Vordersatze genannte Person, die nicht 
Subjekt ist, wie Ge 2436 „und er kam zu dem Manne, und siehe 
(er, d. h. der Mann] stehend über den Kamelen“ (LXVI 150). Da- 
gegen ist im syr. Beispiel das Subjekt des „und siehe“-Satzes 
mit dem des Vordersatzes identisch. 

1) Vgl. Loos nach einem “s-Satz Act 101, wo allerdings ein Teil der 
Überlieferung xa) idod aufweist, oben S. 46. 

2) Die so verwendete Partikel nennen die arab. Grammatiker „das dd 
der Plötzlichkeit“ (da -Ifaga’iiiatu). (Reckendorf, Arab. Synt. § 159). 

3) Zu tamma „dort“ hinter idä „da“ vgl. hebr. Judic 21. h,, "on 
sam is „und siehe nicht dort ein Mann“ (o. LXIV 194). Übrigens folgt auch 


hier noch ein Präpositionalausdruck mijjosebe jabes „von [den] Einwohnern 
[von] Jabes“. 


76 M. Johannessohn 


Doch dient wie im A. und N.T. auch im Syr. „(und) siehe“ 
zur Einführung einer neuen Person: gdas uhä gaisā d-taiiaie 
’ethzi „(und als er stehend usw.) geschah es, und siehe, eine 
Räuberschar von Arabern wurde gesehen“) (Leben des Rabbila, 
Brockelmann 796). — ukad hälen methassab (Mud hä hasiä 
dalaha ... slek léh I-bemä „und als darüber (er) nachdenkend 
war, siehe der Heilige Gottes ... stieg hinauf auf die Kanzel 
(Hijua)“ (Leben des Ephraem, Brockelmann 33:08), ukad “äbar-uä ... 
ha atta dd... däbrä huät I-tren bneh „und als er vorüber- 
gegangen war (an einer von den Straßen der Stadt), siehe Weib, 
eins, führte ihre zwei Söhne“ (ebd. 4070). 

Diese beiden letzten Sätze erinnern an die bei Mt vor- 
kommenden absoluten Genetive mit anschließendem idod (S. 31ff.), 
und so wird überhaupt im Syrischen der Gebrauch von „(und) 
siehe“ in der Erzählung im großen Ganzen auf Einwirkung der 
Bibelsprache beruhen. 

2. Daß nämlich dem Aramäischen eine dem hebr. wehinne 
„und siehe“ entsprechende Partikel in der Erzählung von Hause 
aus fremd ist, zeigt, abgesehen von den aram. Teilen des Daniel, 
wo ga- ar) (na- alu nur in Visions- und Traumberichten vor- 
kommt (o. LXIV 225), besonders deutlich das Verhalten der 
Peschita im N. T.: 

Zwar kann xal idod wörtlich durch yhā ausgedrückt werden, 
doch werden häufig andere Übersetzungen gewählt. Dabei ver- 
fahren merkwürdigerweise die einzelnen Bücher hinsichtlich der 
Bewahrung von xa ido’ ganz verschieden): | 

Am treuesten bewahrt xai idov als uh. die Übersetzung der 
Apokalypse (8mal unter 9 Fällen. Man darf wohl daraus 
schließen, daß „und siehe“ wirklich als ein wichtiger Bestandteil 
des Visionsstils empfunden wurde. 

Unter den übrigen neutest. Schriften begegnet uns «hä am 
häufigsten in Matthäus (11 mal unter 23 Fällen). 


1) Hebr. wäre hier „sehen“ entbehrlich; Ex 1610 Spy (hebr.) ist anders. 
Doch vgl. Mt 17s (Mk 94) sei (ld od) . oben S. 48. 59. 

2) Zare (nach Brockelmann, Grundr. 1217 aus ree „siehe“ (Imperativ) über re 
entstanden) ist in den Targumen die gewöhnliche Entsprechung von hebr. Ai „daß“ 
nach „sehen“ (Ge 14.10 usw.) und anderen Verben, auch für 42 = „denn“ (Nu 239 
Dt 3252 349). Hebr. hinne „siehe“ wird durch das allgemein-aram. 2d wieder- 
gegeben. 

3) Schon die syrischen Exegeten nahmen, wenigstens für das A. T., mehrere 
Übersetzer an. Siehe darüber A. Baumstark, Geschichte der syrischen Literatur 18 
und Anm. 11. 


Das biblische xa? ééod in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 77 


Dagegen wird die Wendung im Lukas-Ev. nur 4mal (unter 
14 Fällen) verwendet und fällt in der Apostelgeschichte ganz aus. 

Auch das in Mt 10mal vorkommende einfache idod wird 
ziemlich abgelehnt; es wird nur 2mal durch hä wiedergegeben. 

Im einzelnen wird soi idod folgendermaßen ersetzt: 

a) Durch einfaches u „und“): 7mal bei Mt, 4mal Lk, 2mal 
Act, 1mal Apoc. 

b) Durch an zweiter Stelle stehendes den „dann“, „aber“, 
4mal (Mt 9s Lk 2e5 235 Act 161). 

c) Durch den zusammengesetzten Ausdruck u-mehda*) „und 
von einem“, d. h. „und mit einem Male“, „und sofort“ Mt 2751. 

d) xai idod kann auch gänzlich unterdrückt werden °): Mt 910 
Lk 131: 192 Act 1020 1272. Auch einfaches idod (Mt) nach einem 
Genetivus absolutus, der syr. durch einen temporalen Nebensatz 
umschrieben wird, bleibt 6 mal unberücksichtigt. 

e) Eigenartig ist die Umschreibung von xal idod bzw. idod 
durch Verba: 

a) Durch die Bewegungsverben‘®) eta „kommen“, m'i? „ge- 
langen“, „herankommen“, erg begegnen: Mt 1916 uetä had kreb 
ue mar leh „und kam einer, näherte sich und sagte ihm“ xai 
idob ,L οe adt sinev, Ähnlich 9ıs (für einfaches idod). — 
Lk 512 etä gabrä da-mlé kuleh garbä „kam ein Mann, der voll 
[war] ganz [von] Aussatz“ xa idod évo nArong Aémoas, — Mt 1246 
’etau “emmeh u@hau käimin lbar „kamen seine Mutter und seine 
Brüder stehend draußen“ idod ù l xal of Ad edo adtod 
elornneıoav w. — Vgl. S. 73 u. S. 60, Abs. a y (Markus). 

Act 82: yaréh mhaimna had d-a'te’'ua men kus „und begeg- 
nete ihm Treuer (= Minister, Eunuch) einer, welcher kommend 
war von Äthiopien“ xai idod done Aidioy. 


1) Auch der Übersetzer der Genesis, der 27mal (einschließlich hinter 
„sehen“) xa? éd0d (wehinne) mechanisch durch wha wiedergibt, sagt doch einmal, 
154, dafür bloßes „und“: wWamar leh maria „und sagte ihm der Herr“ für den 
längeren hebr. Ausdruck wehinne debar jhwh ’eläu le’mor „und siehe [das] 
Wort Jahwes zu ihm zu sagen“ (LXX xal eb pwrh nvolov éyéveto 2005 
abrdv). 

2) Auch sonst, z. B. Mt 316 für eddds, 8sə für dé. 

3) So auch Ge 3829 „und als (ukad) er wendete seine Hand, ging heraus 
(npak) sein Bruder“ gegenüber hebr. „und es geschah gemäß [dem] Zurück- 
bringen seine Hand, und siehe (2o*kinné) ging heraus sein Bruder“. 

*) Die Genesis der Peschita kennt solche Umschreibungen durch Be- 
wegungsverben nicht. Ob man annehmen darf, daß sie ursprünglich unsemitisch 
gewesen und von auswärts in die Sprache der Peschita eingedrungen sind? 


78 M. Johannessohn 


Act 101: werden sogar zwei Verba des Gehens („heran- 
kommen“, „kommen“), allerdings an verschiedener Stelle, hinzu- 
gesetzt, so daß der syr. Text 4 Verba gegenüber nur 2 der 
griech. Vorlage enthält: matti(iu) gabré hänun ... usa’el(u) ... 
ue tag ukäm(u) ‘al tard „kamen heran Männer jene ... und 
fragten ... und kamen und standen an der Tür idoö of dvögss 
... GEOWTNORVTES ... Ereornoav en tov mvdAdva. 

8) Durch „sehen“ )) Lk 712: ukad kreb I-tarä da-mditta 
zeũ kad mlauuen mītā „und als er sich genähert hatte [dem] Tor 
der Stadt, sah er, indem (= wie) [sie] geleitend einen Toten“ 
Òs dë Ayyıoev th nón ts wéAews, xai idod &exouileto tedvnnws. 

y) Durch das Ethpeel (Passiv) von ’eskah „finden“ Act 110 
’estkah(u) tren gabrin kaimin lyathon „wurden gefunden zwei 
Männer stehend bei ihnen“ xal idod dvöges doo nagelotixeccay 
avtots. 

Aus der Genesis führe ich noch die Umschreibung mit kad 
„indem“, „als“ hinter „sehen“ und „finden“ an: 26, „und er sah 
den Isaak, indem?) er lachend mit Rebekka“ (kad mgahék), hebr. 
„und siehe J. scherzend usw.“, 37:5 „und fand ihn ein Mann, 
indem) [er] umherirrend auf dem Felde“ (kad ge bheklä), hebr. 
„und siehe [er] umherirrend usw.“. 


1) Auch Ge 2925 wird hebr. wekinne „und siehe“ durch syr. „sehen“ um- 
schrieben, das aber hier mit de „daß“ konstruiert wird: ukad hud sapra uahzä 
d-laia (Mi „und als war Morgen und er gesehen hatte, daß Lea sie“ (hebr. 
„und es geschah am Morgen, und siehe sie Lea“ wehinne hi? lea). — Mit de 
„daß“ für hebr. „und siehe“ wird — hier schon im Urtext vorhandenes — 
„sehen“ auch Ge 613 und 312 konstruiert: „und sah Gott die Erde, daß (sie) 
verderbt worden war“ (hebr. „und sah Gott die Erde, und siehe (sie) war ver- 
derbt“) bzw. „und sah Jakob das Antlitz Labans, daß nicht (es) war mit ihm 
usw.“ (hebr. „und sah Jakob das A. Les und siehe usw.“). — Eine Parallele 
zu dieser im Syr. beliebten Konstruktion bei „sehen“ bietet eine sich mehr der 
Volkssprache nähernde ngr. Bibelübersetzung, die statt des accusat. c. partic. 
der Vorlage meist die Konstruktion „sehen“ + Objekt + te anwendet. Und 
entsprechend dem Umstande, daß syr. de sowohl Konjunktion „daß“ als auch 
Relativpronomen „welcher“ ist, findet sich statt dc: etliche Male 6 ömotos, z. B. 
Mk 9:8 eldousv Eva, 6 dnotos uè tò Övoud cov anedimune tà ĝairuóvia (eldouev 
tiva v tË Övöuarl oov Er.ßdiAovra ĝairuóvia). Vgl. % HE ene, nov Eddeve 
åo pAweıd „sie sah er, wo (= daß) sie ausgab lauter Dukaten (Wied, Lehrb. 
der neugr. Volksspr. 1268 f. ähnlich auch bei „finden“: Boloneı rij» ndon nod 
xevrä für „er findet das Mädchen stickend“ (Seidel, Neugr. Chrestom. 64 8). 

*) Vgl. Ge 3729 und Ex 213, wo in LXX wehinne „und siehe“ durch deg 
ersetzt wird (o. LXVI 159). 

3) Ob hier die LXX mit im Spiele ist, die die hebr. „und siehe“-Kon- 
struktion in den accus. c. partic. umgewandelt hat (eldev ré Ioaax nailovrta, 
eder gh d Ävdownos nAavdmevov), vermag ich nicht zu entscheiden (s. im 


Das biblische xal idod in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 79 


3. Zum Schluß dieses Exkurses möchte ich noch kurz auf das 
sogenannte Evangeliarium Hierosolymitanum’) hinweisen. 
Obwohl sich der Verfasser im ganzen ziemlich sklavisch an die 
Vorlage hält (xal idod = u-hä), vermeidet er dennoch an 7 Stellen 
diese Formel: 

a) Ganz fort fällt xai idod Lk 841. 

8) Nur idod wird unterdrückt Mt 832 17s Lk 225. — Zwischen 
„und“ und Verbum wird Mt 82, und 92 noch das Personal- 
pronomen der 3. Person eingeschaltet: u-henon suah(u) uä’mrin 
„und sie schrieen und sagend* xai idod čxoačav Aéyortes bzw. 
u-henon karreb(u) „und sie brachten heran“ x. id. mgoocépegov. 

y) Für sich steht Mt 316, wo das als Adverbium gebrauchte 
sue „zusammen“, „zugleich“ die Stelle von xal idod einnimmt. 


VI. Zu lit. štai (S. 33). 

1. a) Die für Matthäus charakteristische Ausdrucksweise 
„Genetiv. absolut. + idod“ begegnet uns in ziemlich ähnlicher Form 
auch im Litauischen: Dativ mit sogen. Gerundium + Stat (Star)) ), 
z. B. tatpo jiems pas Gäert nubegant, Star, varles ... 4 vdnden iSöko 
„so sie zum See hinlaufend, siehe, die Frösche ... in das Wasser 
hineinsprangen“ (A. Kurschat, Lit. Lesebuch 121s = Rhesa, Aisöpas, 
Nr. 42 (S. 22). 


allgemeinen schon Strack, Einl. in das A. T.“ 191). Jedenfalls ist die Konstruktion 
mit kad „indem“ gut syrisch, wie uns Aphraates belehrt, der in seinen 
Homilien — neben der auch von ihm am häufigsten angewendeten Konstruktion 
„Sehen“ + Akkusativobjekt + de „daß“ („welcher“), vgl. o. S. 78 Anm. 1 — 
gelegentlich auch kad benutzt, z. B. I 49322 (ed. Graffin) haze’(h)ua l-kadisa 
kad ’äte’ men ’edöm „sehend war er den Heiligen, indem [sc. er, d. h. der Heilige] 
kommend von Edom‘, 79710 ua-hzä’ Salma ddàm kad metakkan „und sah 
die Welt der Mensch, indem (sie) aufgestellt; ferner 1935 21224 25321 72412. 
In 1451 und 28916, wo zwei Wahrnehmungen von „sehen“ abhängen, wird die 
erste mit Hilfe von kad „indem“, die zweite durch de „daß“ („welcher“) aus- 
gedrückt: „er sah die Tür des Himmels, indem (sie) geöffnet (kad ptihä), und 
die Leiter, daß sie hinaufführend (de maske’) in die Höhe“ bzw. „er sah den 
Himmel, indem er geöffnet (kad ptihin), und den Geist Gottes, daß er herab- 
stieg (de nehtat)‘. 

1) Siehe darüber auch Schultheß-Littmann, Gramm. des christl.-palästin. 
Aramäisch $ 1, Abschn. 4, Anm. 1. 

2) Aus šitai, z.B. Bretkuns Postille Lk. 29.10 (Leskien, Lit. Leseb. 1092. 5). 

5) Natürlich findet sich die Gerundium-Konstruktion (ähnlich wie der griech. 
absolute Genetiv) vielfach auch ohne anschließendes Star. Doch können auch 
andere Interjektionen den Nachsatz eröffnen: jez bélipant, tvykst! zvaigzdetasis 
äpreds princo akims pasirddi „[während] sie hinaufsteigend, — fvykst 
(„Interj. beim Aufblitzen“) — das sternenbesäte Kleid den Augen des Prinzen 
zeigte sich“ (Leskien, Lit. Leseb. 3628). 


80 M. Johannessohn 


Mitunter wird der Vordersatz in ein gleichsam moderneres 
Gewand gekleidet, indem das Gerundium durch einen mittels 
kaip (kai) „wie“, „als“ eingeleiteten Nebensatz ersetzt wird, z. B. 
kaip jis kokig vdlunda savo véidg apzvatges büvo, stat, medéjas triabyjo 
„als er eine Weile sein Antlitz beschaut hatte, siehe, der Jäger 
blies“ (Kurschat 1320). 

Besonders häufig treffen wir solche Gerundium- Konstruktionen 
bei Donalitius an, aber auch die Märchen enthalten welche, wenn 
auch spärlicher. Ob nur Einfluß der Bibelsprache vorliegt oder 
ob daneben noch andere Ursachen anzunehmen sind, vermag ich 
nicht mit Sicherheit zu entscheiden. 

b) Der Gerundium-Satz weist, wie zu erwarten, verschieden- 
artige Verba auf, darunter häufig (wie beim griech. Matthäus) 
Verba des Redens, z. B. bèt jiems bekalbant „aber [während] sie 
redend“ (Donal. bei Wiedemann, Handb. der lit. Spr. 214.,), auch 
mit Fortfall des persönlichen pronominalen Dativs’), wie taip 
besipdsakojant „[während wir uns“ oder „sie sich] so unterhaltend“ 
(Zz. B. Wiedemann 20296, Leskien 5418). 

Auch auf die Beschaffenheit der Subjekte des „siehe“-Satzes 
und ihre Stellung erstreckt sich die Übereinstimmung mit dem 
biblischen Sprachgebrauch. Sie bezeichnen nämlich meist Per- 
sonen, auch Tiere, viel seltener Sachen und Abstrakta*) und 
schließen sich in der Regel unmittelbar an stai an. 

c) Es gibt aber auch Fälle, die über die Sprache der Bibel 
mehr oder minder hinausführen. Abgesehen von den uns schon 
begegnenden teip „so“ und bet „aber“ vor der Gerundium-Kon- 
struktion möchte ich hier nur auf ein paar charakteristische Sätze 
hinweisen: ein mq į vienus namüs atéjus ir pro duris į stubg Zengt 
benörint, stat, sutinkü gaspadine „ſals] so ich in ein Haus ge- 
gangen und durch die Tür in die Stube schreiten wollend, siehe 
(ich) treffe die Landwirtin usw.“ (Schleicher, Lit. Leseb. 24621) ). 
Hier folgt das neue Subjekt nicht im Nominativ, sondern im 
Akkusativ, abhängig von dem Verbum „begegnen“, „treffen“, 
dessen Subjekt mit dem des Vordersatzes identisch ist. 

1) Auch für den griech. absoluten Genetiv ist das pronominale Subjekt 
nicht notwendig, siehe Kieckers, Historische griechische Grammatik (Göschen) 
IV 98, auch oben S. 32 Anm. 3. 

2) Beispiele zu geben, zumal innerhalb dieses engen Rahmens, erübrigt sich. 

3) In einem Satz ähnlichen Inhalts beginnt der Nachsatz statt mit stat 
mit dem Personalpronomen: jém jau keliés dienäs éjus, jis pritika vienq 


zmögy ,{als] er schon einige Tage gegangen, er trifft einen Menschen“ 
(Schleicher 241 1 u). 


Das biblische soi dos in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 81 


Zwischen den Gerundium-Satz und Kai, das das neue, per- 
sönliche Subjekt im Nominativ einführt, wird ein vorbereitender 
Satz eingeschoben: jiemdviem linksma? smaguridujant, Stat, dürys 
atsivere ir gaspadörius jéjo „als] sie beide fröhlich naschend, 
siehe, — die Tür öffnete sich — und der Hausherr kam herein“ 
(A. Kurschat 13; = Rhesa Nr. 77), Selmui taip besidyvyjant, štat, 
girgsteria dürys ir Saltysius Prickus tuo visiems pasiröde „[während] 
Selmas sich so wundernd, siehe — knarrt die Tür — und der Schulze 
Fritz sogleich allen sich zeigte“ (Donal. = Wiedem. 203120 f). 

Vereinzelt findet sich die — im ganzen unbiblische’) — Ver- 
bindung „siehe“ + Verbum des Sehens’): kai jis per skylute Ziuréjo, 
Stai, pamdté jis Gott beklüpant „als er durch das Loch schaute, 
siehe, sah er einen Löwen knieend“ (Schleicher 1401). 

Kaum noch Spuren einer biblisch beeinflußten Ausdrucks- 
weise zeigt ein Satz wie o kad jaú per daug Ziemjs müs pradeda 
dövyt, Stat, tuojuus) vilnöng sáv ir kdilinius imam „und wenn zu 
sehr der Nordwind uns anfängt zu quälen, siehe, sogleich unsern 
Woll(-rock) und Pelz nehmen wir“ (Donal. = Wiedemann 20669 f)). 

2. a) Recht häufig treffen wir auch das zusammengesetzte 
ir (o) Stat „und siehe“ an. Doch scheint bei dieser Wendung 
die Anlehnung an den biblischen Sprachgebrauch nicht so stark 
zu sein wie beim einfachen $tai. Immerhin macht sich doch 
zuweilen, gerade an den vorgenommenen Änderungen, der Ein- 
fluß der Bibel bemerkbar. Auf einige wenige, zufällige Stellen 
möchte ich aufmerksam machen: jis po valandös iséje, ir Stat, 
sale slénksée lauké biwa vyrelis „er nach einer Weile ging hinaus, 
und siehe, daneben. auf der Schwelle draußen war ein Mann“ 
(Schleicher 232,), hebr. würde der Anschlußsatz nur etwa lauten 
„und siehe, ein Mann auf der Schwelle“, ähnlich ir stdi! pasirödi 
jet moteriski pàčadanti pagelbet „und siehe, zeigte sich ihr eine 
Frau, versprechend zu helfen“ (Leskien 3512 = Jurkschat, Lit. 
Märchen usw. 7810). 

Der „und siehe“-Satz enthält das Verbum des Findens: 
potäm jis čjo į kita stübq, ir stat, Cé jis rádo princése bemiegance 

1) Vereinzelt Rg IV 1321 xal id0d eldov = hebr. (o. LXVI 185). 

2) Vgl. die oben S. 74 Anm. 2 verzeichneten Beispiele aus dem Arabischen. 

3) „sogleich“ hinter Sas findet sich sehr oft; zu vergleichen ist damit 
Zëoocpc Act 1111: xal idod gavtis toeis dvò geg nei. (oben S. 58). 

+) Auch noch in neuerer Zeit begegnet 3/aö in der Rede, so in einem 
von Leskien 9616 mitgeteilten Gedicht (aus dem Jahre 1899) vor einem Per- 
sonennamen: štái, Jürgis müs isgélbés nud neldimes „siehe, Georg wird uns 
heraushelfen von dem Unglück“. 

Zeitschrift für vergl. Sprachf. LXVII 1/2. 6 


82 M. Johannessohn 


„darauf er ging hinein in eine andere Stube, und siehe, dort 
er fand die Prinzessin schlafend“ (Schleicher 14021), hebr. etwa 
nur „und siehe die Prinzessin schlafend“. Der lit. Satz erinnert 
uns an LXX Jes 37. (o. LXVI 159) und Peschta Acta 110 
(S. 78), wo „finden“ als Ersatz von „und siehe“ verwendet wird’). 

b) Von dem hebr.-griech. Sprachgebrauche weichen ziemlich 
ab Sätze, in denen sich unmittelbar an „und siehe“ der dativus 
cum gerundio anschließt: o stai, jet küknio betrisient, sdké tas 
kudikis „und siehe, [während] er in der Küche sich bemühend, 
sagte das Kind“ (Schleicher 197. u), o stati! jam susvilpus arklgs 
su visais pasikéli į õrq „und siehe, [nachdem] er (zusammen-) 
gepfiffen habend, das Pferd mit allen erhob sich in die Luft“ 
(C. Jurkschat, Lit. Märchen und Erzählungen I 1361s). Eine ent- 
sprechende griech. Konstruktion mit dem absoluten Genetiv 
hinter xai idod gibt es nicht. Es sieht so aus, als ob diese lit. 
Satzgefüge aus der unter Abschnitt 1 beschriebenen Konstruktion 
‘dativus c. gerund. + idov’ hervorgegangen sind. 

Während in allen bisher angeführten Sprachen die beiden 
Bestandteile „und siehe“ stets zusammenbleiben, kann im Lit. 
gelegentlich „und“ von „siehe* durch ein Wort getrennt werden: 
visi dJvyjos’ is to dguna gaurüota küdike, 6 isvicius štai! b’ésqs — kätins 
„alle wunderten sich über das wunderbare, behaarte Kind, und 
— [nachdem sie] ausgewickelt habend (= nach dem Auswindeln) — 
siehe, seiend ein Kater (Jurkschat 847). 


Inhaltsübersicht. 
Seite 
A. wehinne „und siehe“ bzw. xal idod usw. im Alten Testament. 
Band LXVI .... e I145—195 
I. Bücher mit hebräischem Original een . I45—193 
a) „und siehe“ nach einem Verbalsatz . . . . . . . =. . 146—170 
a) Nach Verben der Bewegung . q . 146—166 


(Beschreibung der Konstruktion. ae Die Verba 
des Vordersatzes. Innere Beziehung des „und siehe“-Satzes 
zum voraufgehenden. Gestalt des „und siehe“-Satzes. 
Subjekt und Prädikat. Wortstellung.) 
Verhalten der Übersetzer . . . 156—166 
(Wiedergaben von „und siehe“. Gini ng le Ab- 
neigung gegen eingliedrige Sätze. Wiedergabe der Verbal- 
formen. Behandlung von hebr. prädikatlosen Sätzen.) 
b) Nach Situationsschilderungen und durativen Verben . 166—170 


1) Auch in der Vulgata wird ‘und siehe’ etliche Male durch invenire 
und (seltener) reperire umschrieben. Siehe auch oben LXVI 159 Anm. 4. 


Das biblische xa? Loos in der Erzählung samt seiner hebräischen Vorlage 83 


(Bewegung und Ruhe beim gleichen Verbum. Auftreten 
einer Person. „und siehe“-Satz nie en 
Verhalten der Übersetzer 
(Tempus des Vordersatzes und des xal 240 Sate 
8) „und siehe“ nach einem Nominalsatz 
1. Der hebr. Vordersatz ; 
(Verba meist ‘gehen’ und ‘reden’ ) 
2. Der hebr. „und siehe“-Satz . 
(Subj. fast nur Person.) 
Verhalten der Übersetzer 
1. Der Vordersatz 
(Gen. absol. u. a.) 
2. Der „und siehe“-Satz . 
(xal idod, salpyns, ebdds; Tempus überwiegend Aorist.) 
y) „und siehe“ nach einem zajehi „und es Be ee 
1. Der „und es geschah‘-Satz . 
enthaltend einen Nominalsatz (gr. 1 Gen., ER TP C. 
inf. u. a.) 
einen durch ke „wie“ eg leer Infinitiv E Pe ra: 
Datierungen einfacherer Art 
2. Der „und siehe“-Satz . 
a) Die hebr. Vorlage . 
(Subj. meist Person. Begegnung ‚Ewischen zwei i Per- 
sonen.) 
b) Die griechische Wiedergabe er ee Ae es it 
(xal dod; xal eddds, nal Fv, nai rie, Wiedergabe 
der Verbalformen.) 
6) Anhang: Einzelstellen . , 
(Ge 2524 — Judic 4sıf. Rg II 1401 — Be Iv 6241 — Ge 1575 
und 17. — Dan 10 f. „und siehe“ nach direkter Rede [Ge 153 
Judic 21s Rg III 1911] — „und siehe“ als Verweisungs- 
formel.) 
II. sei édod in den nur griech. vorliegenden Büchern . 
a) Die Makkabäerbücher (Ma I) 
b) Die übrigen Bücher (Susanna) . 


B. xal idod im Neuen Testament. Band LXVII 
I. Matthäus 
a) Frequenz von a 1 260 und 2605 und uber die Beschaffen. 
heit des Vordersatzes . 
b) Verwendungsweise von xal 260 und Med 
c) Gestaltung des (xal) idov-Satzes . 

1. Subjekt . ZENNER 
(Eigenname, Person, Tiere, ‘Unbelebtes. Substantivum ; 
els revẽg.) 

2. Prädikat 

d) Wortstellung . 
e) Innere Beziehung des Vordarsatacs zum (nat) 260 Satz 
6 * 


Seite 


168—170 


170—178 
171—172 


172—173 


174—178 
174—175 


175—178 


178—186 
178—182 


178—181 
181—182 
182 

182—186 
182—183 


183—186 


186—193 


193—195 
193—195 
195 


30—62 
30—44 


30—34 
34—35 
35—42 
35—37 


31—42 
42—43 
43—44 


84 F. Specht, Hom. fefdodFwr. 
Seite 


II. Die lukanischen Schriften =. 44—59 
a) Frequenz von xal lid os und Lo on. 44—45 
b) Beschaffenheit des Vordersatzes . . n =.=. 4—47 
c) Verwendungsweise von soi ld o. . . 47 —51 
Vom Subjekt (Einförmigkeit, de, yur, Eigenname) 
d) Prädikat und Gestaltung des xal idov-Satzes . . . . . 51-56 
1. Das Lukas-Evangelium .......... =... £51—55 
2. Die Apostelgeschichte `, . . . : 2 222 nen... £55—56 
e) Wortstellung . . 56—57 
f) Innere Beziehung des Vordersatzes zum seet Leg, Satz . . 51—59 
III. Bemerkungen über das Verhältnis des Matthäus zu Markus . 59—62 
C. Exkurse „ ee a 68 
I. „Noch er redond ee 6266 
A. Altes Testament nnn 62—64 
B. Neues Testament e, 6466 
II. Über „eins“ als unbestimmten Artikel 66—69 
(A. und N. T., Aramäisch, Äthiop. (Amhar.), Armen; Kach 
III. Zur Stellung des Eigennamens . . 69—71 
(N. T. — Parallele zwischen aind.-iran. und turk. Aung. inn) 
IV. „Und siehe“ im arabischen Erzihlungsstil . . - . . . 1-75 
V. „Und siehe“ im Syrischen, besonders in der Peschita . . . 75-79 
VI. Litauisch lal e Soca gë e SE GCG 79—82 
Berlin. M. nn en 


Hom. gigädodwv. 

Hom. Bıßdodwv, das immer am Versende in der Verbindung 
mit waxed erscheint, ist in seiner Stammbildung nicht genügend 
geklärt. Sehr vorsichtig äußert sich darüber E. Schwyzer, Griech. 
Gr. 703,8. Man erwartet eine Bildung wie Bıßdoxwv im intran- 
sitiven Sinn’), das die Handschriften als varia lectio zu Bıßdodw» 
auch bieten. Das verbale Suffix sk konnte aspiriert werden, wie 
die ai. Vertretung cch lehrt, die man wegen der griech. Ent- 
sprechung ox gern auf idg. sk zurückführen will. Aber aspirierte 
und unaspirierte Formen stehen sich hier genau so gegenüber 
wie im Superlativ ai. -istha- gegenüber griech. -ıoros. Ferner 
findet sich neben sk auch idg. sk*, das durch germ. Bildungen 
wie got. gawrisgan, an. pryskua neben got. friskan"*), abulg. iskg, 
lit. jieskau u. a. gesichert wird (Brugmann, Gr.? II 3, 352, 360). 
Demnach könnte Bıßdodw» auf ein urgriech. *g*igtask*hon zurück- 
gehen, wo die Aufeinanderfolge der 3 Labiovelaren gr-g*-krh zu 
einer Dissimilation g*-g*-th führte. 


Breslau. Fr. Specht. 


1) Wegen trans. @sfdoxw s. Wackernagel, Sprachl. Unt. 18, 2. 
3) Brugmann, Gr.? II 3, 271f. sieht in den germ. Bildungen kaum mit Recht 
Analogiebildungen. 


H. Kronasser, Die lateinischen Nominative auf -és. 85 


Die lateinischen Nominative auf -és. 


Uber die lateinischen Nominative vom Muster cladés und miles, 
g. -is, sind die Meinungen geteilt. Brugmann (Grdr.“ II, 1, 220) 
sieht darin abstufende Diphthongalstämme, was H. Pedersen (5-ieme 
Decl. Lat.p.9, Danske Videnskabernes Selskab, Hist.-fil. Meddelelser 
XI [1926] 5) seinen 2-Stämmen zuliebe eine „idée malheureuse“ 
nennt. Sommer vermutet in der ersten Auflage seines Hand- 
buches (407) Dehnstufen von ei-Stämmen und gewinnt in der 
zweiten (371) die Einsicht, die schon Lindsay (L. S. 397) gehabt 
hat, daß hier Verschiedenartiges zusammengeflossen sei, was 
auch Leumann (L. G.“ 232) meint. Lindsay hält die Endung -és für 
die mundartliche Form vollstufiger Nominative auf *-eis. Lommel 
nimmt ein Femininsuffix -é/-2 an (Idg. Femininbildungen 71f.), 
dessen Reduktionsstufe im vedischen vrkis-Typus verallgemeinert 
worden sei, während die Vollstufe -&') sich im Lateinischen und 
Baltischen durchgesetzt habe. Im Vedischen und Lateinischen 
sei das Nominativ -s angetreten. Schließlich muß noch erwähnt 
werden, daß Hirt öfters (bes. Vok. 55ff.), die Vermutung Brug- 
manns ausführlicher aufnehmend, dehnstufiges ei- zu erweisen 
sucht. Auch Meringer trug BB. XVI 221ff. Beachtliches vor. 

Betrachten wir die Entstehung unserer Nominative als Fort- 
setzer idg. Formen, so ergeben sich folgende Möglichkeiten: 


I. Normalstufen von Stämmen auf e-, an die das 
Nominativ -s getreten ist. 


Ete-Basen, die hier in erster Linie in Betracht kommen, lassen 
sich als Nominalstämme nur in sehr geringer Zahl nachweisen 
und finden sich innerhalb unseres Typus viel zu selten, als daß 
er ihnen sein Entstehen verdanken könnte. Pedersen (a. a. O. 58) 
setzt auf Grund abgeleiteter Formen wie famélicus, prolétarius, 
nubecula usw. &-Stämme an; das -é- der Derivate stammt aber 
aus dem eben umstrittenen Nominativ und wird auch bei Stämmen 
gefunden, die sicher nicht auf reines -é- endeten, z.B. récula, 
diecula, trabécula, vallécula*). Ferner ist gerade das von P. auch 
ins Treffen geführte plebeius ein Beweis dafür, daß plebes kein 


1) Berücksichtigt muß hier wie auch im Verlauf der folgenden Überlegung 
der bekannte Umstand werden, daß Langdiphthonge schon in idg. Zeit ihren 
zweiten Bestandteil verlieren konnten. 

2) Analog müßte man bei Zinwer, navow/n usw. Stämme auf -ö- ver- 
muten, wo es sich doch um solche auf -öi- handelt, die im n. s. -w(t) als Dehn- 
stufe haben. 


86 H. Kronasser 


é-Stamm sein kann, weil doch sonst die zo-Ableitung zu *plebeus 
hätte werden müssen; so aber muß man eine Zwischenstufe *-eiio- 
voraussetzen, die auch aus *-esio- oder *-ewio- hervorgegangen 
sein kann. Vom Lat. ausgehend sucht nun P. auch im Ai. einen 
e-Stamm nachzuweisen, pdnthäs „Weg“, wegen der „frappanten 
Ahnlichkeit“ der Deklination dieses Wortes mit dem Typus n. -és, 


g. is: 


s. n. pänthä-s facé-s 
ac. pdntha-m Jace-m 
d. path-é fac-i 
g. path-ds fac-is 
l. path-i fac-e 

pl. n. pdntha-s face-s 
d. pathi-bhyas faci-bus 
g. path-dm *fac-um 


Die Identifizierung der beiden Flexionen wird aber durch 
die Mehrdeutigkeit des ai. d und i behindert. Dennoch aber werden 
wir in einigen wenigen Fällen Stämme auf e ansetzen können, 
welches direkt von schweren Basen auf -z stammt, sich aber auch 
schon in idg. Zeit aus -é oder -éu entwickelt haben kann. Hierher 
gehören fides, pröles und vielleicht auch famés, die nun bezüglich 
ihrer Etymologie und Stammbildung zu untersuchen sind. 

fides f., g. -@ (Enn., Luer.) und -&. Meillet (MSL. XXII215Fff.) 
sieht in dem Wort eine Kontamination aus *crede-s (wegen ai. 
sraddhä „Vertrauen“, beide aus *kred-dhe „Ansherzlegung“) und 
fidere, was aber wegen der Quantitätsdivergenz des i nicht geht. 
Hirt (Vok. 57) will in fidés die Entsprechung zu ed, -oög er- 
kennen; dann läge in Fidius (Fest.: medius Fidius aus me dius 
fidius ... „mich soll der Gott der Treue ...“, wie Verg. Aen. 
1135 quos ego ...) eine Hypostasierung vor wie in reus. Solchen 
dehnstufigen Formen von ei-Stimmen verdankt aber, wie sich 
zeigen wird, der Typus n. -és, g. -is, seine Existenz. Warum sollte 
ihn also fidés verlassen haben, um sich der fiinften Deklination 
anzuschließen? Formen, die auf eine ete-Base schließen lassen, 
liegen vor in ne-nıdn-ow „werde vertrauen machen, überreden“ 
(*bhidhé-) und măvós „überzeugend“ (*bhidha-). Diese schwere 
Base auf -e kam als Nominalstamm ins Lat. und schloß sich in 
der Flexion denen auf -d an: n. -2, g. -&, d. ei, ac. -ém, d. h. daß 
wir hier eine der Wurzeln der fünften Deklination vor uns haben. 

pröles, g. -is, f. „Sprößling; Nachkommenschaft“ (aus pro- 
öles, vgl. subdlés und indöles). Neben alére ist auch *alere anzu- 


Die lateinischen Nominative auf es. 87 


setzen (exolétus zu *exolére, prolétarius von *prolétus zu *prolére). 
Auch hier wurde die schwere Base (*ale-, über a vor I als o 
s. Lit. bei Walde-Hofmann LEW.’ 32) zum Nominalstamm, schloß 
sich aber unter dem Zug von pubés „Jugend“ dem Typus -és, -is an. 

James, g. -is, -ei und - (aus ei?) neben seltenem famis (Varro) 
„Hunger“ gehört zu *dhe- „hinschwinden“ (W. P. 1829) und nicht 
zu * ghé- „auseinanderspringen, klaffen“ (Reichelt, BB. XX VI 270). 
Über die Stammbildung ist Sicherheit nicht zu gewinnen: wenn 
wir dem singulären Nominativ famis das Übergewicht geben, dann 
stimmt wohl das bei W. P. a. a. O. Vorgetragene (idg. * dha-més = 
lat. *famos nach sitis „Durst“ durch polare Beeinflussung zu famis 
umgestaltet; danach dann auf Grund des häufigen Nebeneinanders 
von Nominativen auf -és und -is famés), berticksichtigen wir aber 
die seltenen Genitive auf -ei und -z (welch letzterer auch noch 
von *famos stammen kann), dann werden wir auch hier an eine 
schwere Base zu denken haben (*dhame-). 


II. Dehnstufen von Stämmen auf -es-. 


Hierher rechnete man möles, plebes, pūbēs und sēdēs wegen 
möles-tus, ij dog, pübes, -eris „erwachsen“ und &öos. Bei molés 
und sédés hindert schon die verschiedene Quantität der Vokale, 
sie mit *mölus, -eris (wovon mölestus abzuleiten ist) und *sédus, 
-eris in direkte Verbindung zu bringen, worauf Leumann hinweist 
(L. G.“ 91). In pubes hingegen mag wirklich ein es-Stamm vor- 
liegen, der mit seinem dehnstufigen Nominativ bei dem ererbten 
Typus -es, -is allein Anschluß fand. Uber plébés s. S. 85f. 


III. Normalstufen von Stämmen auf eu-. 


Die zu erwartenden Abstufungen -éu-, -əu- und -- lassen 
sich alle belegen. Die Vollstufe in den griechischen Nomina auf 
-evs, für die Brugmann (G. G.“ 217f.) den Stammauslaut -éu- an- 
nimmt, der, im Nominativ gekiirzt, in den obliquen Kasus bei 
Homer vorliegt: -jos, ja aus og, fa. lonisch-attische 
Formen wie IInņâeús, Tvôeús, arkadisch-kyprische wie IlnAns, 
yoapns und solche auf attischen Vasen wie Tvôvs (= Ge) weisen 
nachdrücklichst auf einen Stammauslaut -éu-; hier Fremdes zu 
sehen, ist unnötig und falsch, zumal da sich nicht mißzuver- 
stehende Spuren dieser Abstufung auch anderwärts finden. Die 
aw. ac. nasdum und naszm (= hom. véxdv, n. venög) „Leichnam“ 
zeigen Voll- und eine Tiefstufe (die o-Stufe sehen Meringer, BB. 
XVI 223, und Hirt, Nom. 74, im Dual, é6xt@ = astdu, und im Typus 


88 H. Kronasser 


ndrows, EWS, g. -w-oş aus *-dy-os), die zweite, u-, läßt sich 
zeigen in Femininbildungen wie ai. prthivi, aw. yezivi (aus *-au-:) 
neben prthu- und yazus (ac. yazum). Ebenso liegt au vor in 
gravis, dem alten Femininum zu ßagös und ai. guru- „schwer“, 
* g*(a)raut, d- ist enthalten in ai. agrä- „nicht schwanger, jung- 
fräulich“ und mp. ’gr’v- (= agräv-a) „jungfräulich“ zeigt wieder 
die Vollstufe -éu-. Von den lateinischen Nominativen auf -ës läßt 
sich mit einiger Sicherheit nur plebes hier einreihen. 

plebes, g. ei und a „große Menge; Bürgerschaft (im Gegen- 
satz zu den Optimaten)“. Ein dehnstufiger i-Stamm scheidet 
wegen der Flexion aus; dieser liegt vor in plebs und vielleicht 
in plebitäs und plebicola (die aber wegen magnitäs, novitäs, auctöritäs, 
agricola, Publicola usw. wenig Gewicht haben). In Anbetracht 
von u übe „Menge“ und zAjdoc dss. kommt für plebes ein Stamm 
auf V -éu- oder -es- in Frage. Den Ausschlag gibt die Flexion: 

die schwere Base kam in der Gestalt *plédhé- (nach Abfall des u) 
ins Lat. und es vollzog sich dasselbe wie bei fidés und vielleicht 
bei fames. Somit ist plebeius aus *-eu-ios zu erklären (zum Laut- 
lichen vgl. Gdius aus gäu-ios, osk. Gaaviis „der Frohe“ wie Laetus; 
Gävius ist davon ebensowenig zu trennen wie Rävius von Räius), 
und ist die o-Ableitung zu einem éu-Stamm genau so wie hom. 
BaatAntos. 
IV. Dehnstufen von Stämmen auf -eu-. 

In dies, Zeds, ai. dyaus finden wir -eu- als Ableitungssuffix : 
* dei-/di- „leuchten“ + -eu- (wie *ak- „scharf“ + -eu- = lat. acus, 
g. -üs „Nadel“). Idg. *di-eu- wurde wegen seiner Einsilbigkeit als 
Wurzelnomen aufgefaßt und folgend flektiert: 


idg. al. griech. lat. 
n. di-eu)-s  dydus Zeug u. Zis (gr.) diésu. dies (in nu-diiis) 
ac. di-eu)-m dyäm(ved.) Ziv diem 
l. dran a-dyä ho-die 
di-eu-i dyavi Atri Iove 


Dieses Scheinwurzelnomen bildet mit den wirklichen Wurzel- 
nomina auf Langdiphthong, res und spés, mit denen es in mehreren 
Kasus übereinstimmte, die eine Gruppe des Grundbestandes der 
fünften Deklination. Mit der anderen Gruppe, fidēs und plēbēs, 
stimmten diese Einsilber im Akkusativ überein, vermittelten ihr das 
Nominativ -s und bezogen von ihr die restlichen obliquen Kasus, 
die in ihrer alten Form zum Teil noch lautgesetzlich stark ent- 
stellt, isoliert und in Hypostasierungen aufgezeigt werden können 
(g. *rei-ös = reus, s. Thurneysen, IF. XIV 131, hodie und Iove). 


Die lateinischen Nominative auf -es. 89 


Die Abstufung -eu-/-u-, D. -éu- zeigt sich z. B. auch in aw. -bäzäus 
„Arm“ neben ëmge dss. In unserem Typus -es, -is läßt sich 
kein solcher Fall nachweisen. 


V. Normalstufen von Stämmen auf -éi-. 


Hierher gehören nur die eben besprochenen Wörter *ré@- 
und *sp(h)eä- (W. P. II 343 und 680). Hirt will nun allerdings 
wegen ai. revant- und aw. raevant- „reich“ eine Normalstufe *rei- 
ansetzen, doch erklären sich die beiden Wörter aus *rai-. Wegen 
des singulären Plurals spérés bei Ennius, der doch eine große 
Menge von sprachgeschichtlich nicht zu rechtfertigenden Neue- 
rungen aufweist, auf einen s-Stamm zu schließen, ist natürlich 
unmöglich. 


VI. Dehnstufen von Stämmen auf -ei-. 


H. Reichelt hat BB. XXV 241ff. auf den Diphthongcharakter 
der sog. i- und u-Stämme und auf den Parallelismus ihrer Flexion 
mit den r- und n-Stämmen hingewiesen. Für den dehnstufigen 
Nominativ ergeben sich folgende Möglichkeiten: er, är, en, -ön 
(wofür sich Belege erübrigen), -2u (s. o. IV.), -ðu (nicht nachzu- 
weisen), -0i (der griech. Typus yx, g. -o aus *-wı, -O, V. or; 
korinthische Vasen haben den Nominativ -wı stets, attische oft, 
vgl. Kretschmer, o. XXIX 151ff.) und schließlich e Sommer 
wollte in diesem -é den lateinischen Nominativ auf -és sehen, 
stößt sich aber daran, daß sich in den anderen Sprachen keine 
Anknüpfungen finden ließen. Hirt (Vok. 55ff.) unterstreicht neuer- 
dings den von Reichelt betonten Parallelismus und zieht ai. sakhi- 
„Freund“ und panthäs „Pfad“ zum Vergleich heran. Jedoch scheint 
mir panthäs dazu wenig geeignet, weil seine Deklination keine 
Form aufweist, die wirklich auf einen ;-Diphthong schließen ließe 
(besonders störend: 1. pathä, g. pathas, a. pl. pathas). Hingegen 
zeigt sakhi- (besser sakhay-) die gleiche Abstufung wie Gro: n. sakhä 
und 77, v. sakhe und nxoi. Wir erkennen aber im Ai. die Vokal- 
qualität ebensowenig wie im Hethitischen (die Behandlung der 
Kurz- und Langdiphthonge ist dieselbe wie im Ai., vgl. Sturte- 
vant, A comp. gr. of the Hittite language 99f., 102f., 168, 180), 
wo sich auch abstufende Kurzdiphthongalstämme finden: neben 
n. supis, ac. supin „rein“ steht ein dehnstufiger Lokativ supai als 
Dativ und ein Ablativ mit verschleppter Dehnstufe supay-az. Dehn- 
stufe könnte ferner vorliegen in den Nominativen zahais „Kampf“, 
hurtais „Verwünschung“ und hukmais „Beschwörung“, Normalstufe 


90 H. Kronasser 


im Nominativ kesres „Handschuh“. Ein unmittelbarer Beleg für 
die e-Qualität scheint mir nur in dsondıng vorzuliegen neben ndoıs 
und ai. dampatis. Wir werden also unserem Typus die ihm von 
Hirt angewiesene Stellung lassen, weil etwas Derartiges aus dem 
Zusammenhang zu erwarten ist und weil die Nominative auf -és 
die nötigen Bedingungen erfüllen, d. h. mit den i-Stämmen in 
engster Verbindung stehen, indem sie in den obliquen Kasus mit 
diesen übereinstimmen und oft Nominative auf -is im Lateinischen 
und in den verwandten Sprachen neben sich haben. Auch wäre 
eine sekundäre Entstehung, wie Brugmann bemerkt, in keiner 
Weise verständlich. Wegen griech. zz und ai. sakhä und der 
Analogie mit den r- und n-Stämmen kann man schließen, daß 
diese Nominative ursprünglich asigmatisch gebildet waren; auch 
erscheint ein Abfall des -s im Ai. und Griech. unerklärlich, während 
der Antritt desselben im Lat. geradezu für notwendig gehalten 
werden muß. 

Aber nicht nur die theoretischen Erwägungen weisen darauf 
hin, daß unser Typus dehnstufigen Nominativen von ei-Stämmen 
sein Entstehen verdankt, sondern auch die Untersuchung der 
einzelnen Wörter, bei der sich über die Hälfte als alte ei-Stämme 
erweisen läßt, während sich der Rest aus Sekundärbildungen, Be- 
sonderheiten, Unklarem und mehreren kleinen Gruppen zusammen- 
setzt. Für die Entscheidung, ob es sich um sog. i-Stämme handelt, 
werden folgende Kriterien dienen: 

1. Stämme auf -ei- in den verwandten Sprachen. 

2. Der Genitiv des Plurals auf -iwm ohne Nebenformen auf -um. 

3. Denominative Ableitungen auf -i-lo-, -i-do- usw. 

4. Denominative Verba auf -ei-ö, -i-ið und vielleicht auch auf 
-2i-6. Dabei ist zu bemerken, daß diese mit Vorsicht heranzu- 
ziehen sind, weil sie sich mit anders entstandenen Verben formal 
decken. Möglicherweise aber haben die verbalen Typen auf -2iö, 
-eiö und -iið hier ihren Ursprung: an die ei-Stämme und an ihre 
asigmatischen, dehnstufigen Nominative trat die Personalendung 
-, und es entstanden -eiö und -eiö, wovon dann -jð getrennt und 
seinerseits produktiv wurde; es konnte dann auch an tiefstufige 
ei-Stämme antreten, und wir kommen zu -i-iö, welches aber im 
einzelsprachlichen Verlauf mit -- zusammenfällt (so wie -ei-0 
und -é-o mit -é-46). 

Mit Hilfe dieser Anzeichen lassen sich folgende Falle mit 
mehr oder weniger Evidenz als ei-Stämme erweisen; sie zerfallen 
in folgende Gruppen mit verschiedener Wahrscheinlichkeit: 


Die lateinischen Nominative auf -és. 91 


a) Mit dem Genitiv des Plurals auf -ium und mindestens noch 
einem Anzeichen: aedés, rupes, caedés, clades, volpés, möles, 
saepes, nubés. 

b) Mit denominativen Verben auf -ei-6 und noch einem an- 
deren Anzeichen: tähes, torrés, scabreès. 

c) Mit dem Genitiv des Plurals auf -ium allein: cotés, fidés (Saite). 

d) Mit einem anderen Kennzeichen: läbes, torqués, vallés, vatés, 
sedes. 

a) 

aedés und aedis, g. -is, „Wohnstätte; Gotteshaus“, g. pl. -iwm. 
Hier ist die Feststellung wichtig, daß der spätere allgemeine 
Sprachgebrauch, wie ihn die Schulgrammatik darstellt: aedés und 
aedis im Singular „Tempel“ (mit einer Zelle), aedes im Plural 
„Wohnhaus“ (mit mehreren Gemächern), mit der älteren Zeit nicht 
übereinstimmt (vgl. die Lexika und Wackernagel, Synt. I 89). Wir 
haben es nicht mit einer übertragenen Pluralendung (Lindsay), 
sondern mit einem dehnstufig und tiefstufig zugleich erhaltenen 
ei-Stamm zu tun: n. aedis, aedi-ficium, aedi-cula, aedi-tumus „Tempel- 
diener“ u. a., auch aided „der glänzende Himmel“ weist auf einen 
alten ei-Stamm (s. u. S.99). Alle gehören zu *aidh- „brennen, 
leuchten“ (W. P. I 4ff.), also aedes ursp. „Feuerstätte* als Zen- 
trum der Behausung (vgl. synekd. „eigner Herd“) oder der Kult- 
stätte. Der dazugehörige s-Stamm (alos „Brand“) ist in aestäs 
„Sommer“ und aestus „Brand“ enthalten, aus *aidh-s-tät-s und 
* aidh-s-teu-s, nicht aus *aidh-tät-s und *aidh-teu-s, wofür wir *aesäs 
und *aesus zu erwarten hätten (vgl. fisus aus *bheidh-tos). 

rüpes, g. is, g. pl. -ium, „steiler Felsenabhang, Fels(spitze)“ 
gehört zu *reu- „aufreißen, (aus)graben“ (schon idg. mit Deter- 
minativ p-, vgl. ai. roh „Höhle“, an. rauf „Spalte“ u. a., s. 
W. P. II 351); dazu kommt noch im Lit. ein i-Stamm, rupis „Fels“ 
(zuerst von Specht hierher gestellt o. LIX 144), idg. n. *reupēi 
und *reupis. 

caedés und caedis, g. -is, „Niederhauen, Mord“. Der g. pl. 
auf -ium sowie caia „Prügel“ (aus *kaidid) lassen auf einen ei- 
Stamm, kaidei-, schließen (W. P. II 538 (s)kai-d- „schlagen“). 

clädes und clädis, g. -is, „Niederlage“ mit percello (*-celdo) 
zu *kelä-d- „brechen, verletzen“ (W. P. 1436). Der i-Stamm, n. 
* kbla-d-&i, erhellt aus dem g. pl. auf -ium und liegt auch vor in 
aksl. kladi-vo „Hammer“. 

volpes neben seltenem volpis, g. -is, „Fuchs“, g. pl. -ium. Bei 
W. P. 1317 wird auf möglichen Zusammenhang mit Zuel. „reißen“ 


99 H. Kronasser 


hingewiesen. In der Tat läßt sich die ganze Wortfamilie unter 

diesem Bedeutungsträger semasiologisch und lautlich vereinen. 

Es gab dazu zwei elek-Basen, nämlich *uelak- und *uelap-, von 

denen folgende Abstufungen zu belegen sind: 

SS *ulk- in aksl. vlsks, alb. ulk, lit. vilkas und ai. vrkas, die Du- 
blette u- in Adxog (alle „Wolf“). 

SS *ulp- in lat. volpes und lit. vilpisys „Wildkatze“, die Dublette 
*lup- in lat. lupus „Wolf“ und abret. louuern „Fuchs“ aus *lup- 
erno-). Außerdem wurde *lup- im Arischen guniert: ai. lopäsa- 

und lopäka- „Schakal“; von diesem ist vielleicht griech. dhomné 
„Fuchs“ entlehnt (Bartholomae, BB. X 294), von jenem arm. 
atues „Fuchs“. 

SV *ulap- in lit. (ëng „Fuchs“ und lett. lapsa dss. (aus *ulapisa). 

Der alte i-Stamm zeigt sich im g. pl. auf -ium und in lit. vilpi-sgs 

(*ulpei- neben *ulpi-). 

möles, g. - is, „Masse, Last“. G. pl. auf -ium und das denomina- 
tive Verb auf i-, mölior „eine Last in Bewegung setzen; etwas 
unternehmen“, weisen auf einen alten 7-Stamm mit Dehnstufe in 
der Wurzelsilbe *möli- und * mole. Gehört zu *mel- „stark, groß“, 
nicht zu *mo- „sich mühen“ (W. P. II 301), vgl. *mölus S. 87. Zur 

D vgl. S. 94. | 

Saepés, g. -is, „Gehege“, praesaepes dss. (die Schreibung sepes 
ist sekundär, s. Sommer, Hdb.* 71£.), g. pl. -ium, zu *saip- „Um- 
friedung aus Dickicht“ (W. P. II 445). Von dem zugrunde liegenden 
i-Stamm sind alle drei méglichen Formen erhalten: die dehnstufige 
in saepés, die tiefstufige im Adjektiv *saepis, -e „dichtgedrängt“ 

(vgl. saepe „oft“ neben auxvdy „oft“, eig. „zusammengedrängt, 

dicht; häufig“) und schließlich die synkopierte in saeps, g. -is, 

„Gehege“. 

nubés, g. -is, neben seltenem, aber altem (Liv. Andr.) nubs 

„Wolke“. Wegen g. pl. -ium und Formen wie nübilus, nubifer, 

nübigena, nubilösus, nubiläre u. a. m. hierher zu stellen. 


b) 

tabés, g. -is, „Hinschwinden; Flüssigkeit“ zu *ta-, täu-, täi- 
„hinschwinden, zerfließen“ (W. P. I 701), woran das Determinativ 
-bh- treten konnte: *täbh- in täbes und *täibh-/tibh- in Tipog 
„Sumpfort“, Tibur (Wasserfälle des Anio) und in Tiberis (mit sek. 
Ablaut). Das Denominativum fdbeo und Formen wie täbi-dus, 
täbi-fluus, tabi-tudo u. a. weisen auf einen ei-Stamm. 

torrés neben häufigerem torris, g. - is, „dürres Scheit“. ei- 


Die lateinischen Nominative auf -és. 93 


Stamm: Denominativum forreo „dörre“ (zu *ters- „trocken werden“, 
ai. tarsdyati „läßt dursten“) und torri-dus „gedörrt, dürr“. 
*scabrös, g. is, „Räude, Krätze“. Der Nominativ ist nicht 
belegt, scheint aber existiert zu haben, vgl. scabrédo. ei-Stamm: 
Den. scabreo „die Krätze haben“ und scabri-dus „rauh“. 


c) 

cötes und seltener cotis, g. -is, „spitzer Fels“. G. pl. -ium, 
vgl. auch coti-cula „Wetz-, Probierstein“. Zu * „scharf“ 
(W. P. 1454) + -tei-/-ti- (D. -tei-). Auch die synkopierte Form ist 
belegt cos, g. cotis „Wetzstein“. 

fidés und später auch fidis, g. -is, „Saite“. Auch der Singular 
bedeutet nicht selten „Leier“, wobei es sich aber um einfache 
Synekdoche handelt und nicht, wie Lindsay wollte, um Übertra- 
gung der Pluralendung. Der g. pl. auf -iwm und Ableitungen 
wie fidi-cen, fidi-cina, fidi-cula usw. legen einen ei-Stamm nahe, 
von dem sich zwei Formen erhalten haben. Die Etymologie ist 
unklar (Lit. bei Walde-Hofmann, LEW.’ 493). M. E. hat das Wort 
dieselbe Wurzel, die in der lo-Ableitung filum „Faden“ enthalten 
ist und bei W.P. 1670 als *g*hei- „Ader, Sehne, Band“ angesetzt 
wird. Diese Anknüpfung erscheint um so wahrscheinlicher, als ja 
auch filum nicht selten „Saite“ (urspr. wie wohl auch fides „Darm- 
saite“) bedeutet, z. B. Ov. fast. V 106 fila lyrae, Met. X 89 vates 
fila sonantia movit. Auch hira „Darm“ gehört hierher (vgl. hilum 
= filum). fides = * g*hi-d-é. 

d) 

labés, g. -is, „Fall, Sturz“. Die Ableitungen läbi-dus und 
labi-lis „schlüpfrig* deuten auf den ei-Stamm. 

torques und torquis, g. -is, „Halskette, Halsjoch*. Das De- 
nominativum torqueo „drehen“ läßt einen ei-Stamm vermuten. 
Derselbe dehnstufige Nominativ liegt vielleicht auch vor in apr. 
tarkue „Riemen beim Einspannen der Pferde“. 

vallés und häufigeres vallis, g. -is, „Tal“ gehört mit Haig 
eig. „Tiefland“ zu Zuel. „drehen“ (zur Bedeutung vgl. aisl. dalr 
„Bogen“ und unser „Tal“), dazu auch vallus „Pfahl“ und Hdog 
„Nagel“ (die Bedeutungsbrücke ist aisl. valr „rund*), ferner vallum 
„Wall“ (wie ir. fal „Zaun“, eig. „aus Flechtwerk gedreht“) und 
lett. valnis „Wall“. Der lat. a-Vokalismus erklärt sich aus "and. 
welches aber im Lettischen als wil- erscheinen müßte; wir be- 
merken also deutlich das grundsprachliche Nebeneinander von 
n. sg. *ublnē(i) (in lat. vallés, wozu vallis neugebildet wurde, und 


94 H. Kronasser 


in dig, inschr. oft falcıor, mit Ersatzdehnung) und *uolnis (in 
lett. valnis). 

vatés und seltener vätis, g. -is, , Weissager, Dichter“, g. -um 
und -ium (Cic. hat beides). Es sei darauf hingewiesen, daß wir 
keinen Anlaß haben, hier eine Entlehnung aus dem Gallischen 
‚anzunehmen, die zuerst von F. Marx (Allg. Ztg. 24. 7. 1897) be- 
hauptet wurde: man habe sich gescheut, die im Jahre 207 an- 
erkannte Dichterzunft mit einem Fremdwort (poéta oder vatés) zu 
benennen, und habe ihr daher den Namen „collegium scribarum 
histrionumque* gegeben. Abgesehen vom unzulässigen Schluß ist 
histrio auch sehr als Fremdwort verdächtig. Ferner hieß ja vätes 
damals wahrscheinlich gar nicht „Dichter“, sondern „Weissager“; 
im Miles gloriosus, der möglicherweise in eben demselben Jahr 
geschrieben wurde, steht V. 911: „bonus vates poteras esse: nam 
quae sunt futura dicis“. Andere stützen sich auf eine Stelle bei 
Strabo (IV 197), wo es heißt, daß es bei den Galliern „obdreig“ 
gegeben habe, der Naturgeheimnisse kundige, hohe Opferpriester. 
Die Stelle sagt beztiglich einer Entlehnung gar nichts, da wir ja 
aus air. faith „Seher“ ohnehin unterrichtet wären. Das keltische 
wie das lateinische Wort weisen auf einen alten i-Stamm *uätei-, 
gehörig zu *uat- „im Geist erregt sein“ (W. P. I 216). Dehnstufige 
Wurzelsilben bei i-Stimmen finden sich häufig: d7jers „Wettstreit“ 
neben elow „abhäuten“ (eig. „Schinderei“), ai. däri- „zerreißend* 
neben därin- dss., got. wens „Hoffnung“ neben winnan „sich be- 
mühen“, lit. is-monis „Geist“ neben menü „gedenken“ u. a. m. (s. 
Brugmann, Grdr.* II I, 168f.). 

sed es, g. -is, „Sitz“. Gegen einen ei-Stamm, den Hirt (Vok. 57) 
ansetzen will, spricht der g. pl. auf um), nicht aber nach dem 
soeben Gesagten die Dehnstufe, woran Leumann Anstoß nimmt 
(L. G.“ 232). Außerdem wurde bei *sed- „sitzen“ die Dehnstufe 
schon in idg. Zeit in die verschiedensten Bildungen verschleppt: 
lat. sedäre „sitzen machen“, ai. sädayati dss., ai. sädas „Sitzung“, 
lit. sédéti „sitzen“, ahd. -säza „-sitz“ (in Ortsnamen), an. sät „Hinter- 
halt“ u. a. Diese Dehnstufe könnte von einem idg. Wurzelnomen 
*seds, g. sedes, stammen, wozu auf Grund der obliquen Kasus im 
Lat. sédés neugebildet worden wäre (so Leumann). Andrerseits 
sprechen aber auch Anzeichen für einen alten e-Stamm: aw. und 


1) Handschriftlich findet sich auch -zwm, welches aber die Herausgeber 
stets in -um ändern; dies ist sehr wohl berechtigt, wenn man Probus berück- 
sichtigt, der sedum als Musterbeispiel einem aedium gegenüberstellt (Keil 
IV 92, 1). 


Die lateinischen Nominative auf -és. 95 


ap. hadis „Wohnsitz, Palast“, ai. sädayati „setzt“, lat. sedimen 
„Bodensatz“ und schließlich auch Aäoe „Sitz“ (s. S. 99). Die 
Entscheidung kann wohl nicht getroffen werden. 


VII. Dehnstufen von Stämmen auf -en-, 


u. z. entweder aus ens oder aus -es, weil auch en schon 
idg. den zweiten Bestandteil verlieren konnte. Hierher gehört 
nur verres neben ganz seltenem verris, g. -is, „Eber“. Auf Grund 
von ai. vfsä, g. vfsnas, „Männchen; Hengst“ wurde das Wort von 
Leumann (L.G.° 232) als n-Stamm erkannt, aber irrtümlich mit 
d&oonv „männlich“ verglichen (dol. und kret. & % ohne F). Ent- 
halten ist die Wurzel ger - „feucht“ + -en- : idg. n. *uerse(n), 
g. *uersnés, lat. verré+s, g. *vernis (ausgeglichen zu verrés, verris). 
Auch andere Wurzeln für „feucht“ erhielten, mit -en- determiniert, 
die Bedeutung „Männchen, Mann“: *eras- in aw. rsd, g. +ar?sno 
„Mann, Männchen“ (hierher &oonv, Zoo), *ueg*- in ai. uksd, g. 
uksnds „Stier“, aw. ursä, g. uxsno dss. und in got. aúhsa, g. aúhsins 
„Ochs“. Auch in aksl. jelend „Hirsch“ haben wir en-. 

Mit Ausnahme der n-Stämme, die sich aber im Lat. mancherlei 
Neuerungen erlaubten (s. Leumann, L. G.“ 264), handelt es sich 
durchwegs um Möglichkeiten, die außerhalb des Typus -és, -is 
und der fünften Deklination im Lat. nicht belegt werden können. 

Nun muß auch darauf hingewiesen werden, daß Nominative 
auf -és auch auf Grund einzelsprachlicher Erscheinungen im Lat. 
neu entstehen konnten: 

I. dachte Lindsay bei Wörtern wie aedés oder fidés an die 
übertragene Pluralendung -és; Sommer glaubte canés so als „Meute“ 
fassen zu können (Hdb.* 371). Doch s. S. 86, 91 und 97. 

II. ist folgender Tatbestand zu erwägen: analog den eu- 
Stämmen erwarten wir bei den ei-Stämmen einen g. sg. auf -eis, 
der aber, bevor noch der Wandel des ei- zu -i- vollzogen war, 
durch die Genitivendung der Konsonantenstämme ersetzt wurde, 
d. h. bevor es noch ein Paradigma n. -is (oder -és), g. -2s, welches 
sich neben n. As, g. ds hätte halten müssen, gab. Der Grund 
für diese in der Zwischenzeit erfolgte Substitution wird aus der 
gleichzeitigen Ubergangsform des ei- in diesem zu erwartenden 
vollstufigen Genitiv klar, die nur e- gewesen sein kann; der so 
entstandene Gleichklang n. -as (oder -is), g. -zs sollte vermieden 
werden. Als Ersatz bot sich die Genitivendung der Konsonanten- 
stämme -es, die später zu -is wurde, in ihrer ursprünglichen Form 
inschriftlich aber noch bewahrt ist (APOLONES, VENERES, vgl. 


96 H. Kronasser 


Ernout, MSL. XIII 346, und bei einem i-Stamm SALUTES, CIL. 
1° 450). Umgekehrt wurde im Oskischen der g. sg. der i-Stimme 
auf -eis auch auf die Konsonantenstämme übertragen: medikeis 
„des Magistrates“. Weil aber im Lat. der n. sg. der i-Stimme 
neben den beiden ererbten Formen auf -és und -is durch Syn- 
kope des -i- auch eine dritte, den Konsonantenstämmen völlig 
gleiche, aufwies, war es möglich, daß alte Konsonantenstämme 
auf Grund ihres Genitivs auf -es und der übrigen obliquen Kasus 
im Nominativ eine Nebenform auf -zs erhielten, die dann die alte 
sogar verdrängen konnte. Fördernd wirkte dabei der Umstand, 
daß ja zwischen den beiden Stämmen überhaupt ein reger Kasus- 
austausch stattfand. Umgekehrt konnten natürlich auch neben 
alte Nominative auf zs Formen auf -is und -s treten. Auch schon 
früh synkopierte i-Stämme konnten später wieder die beiden an- 
deren Formen neben sich bekommen. Solche nach den obliquen 
Kasus neugeschaffene Bildungen sind: 
a) Zu Wurzelnomina: 

lues, compäges, sträges, trabes, vehes, ambäges, contäges und viel- 
leicht auch sédés (s. S. 94). 

lues, g. -is, „Seuche; Verderben“, g. pl. luum, gehört mit 
luo ,abzahlen“ zu *leu- „abscheiden“ (W. P. II 407) und bedeutet 
eig. „Auflösung“; n. ds, g. lues zu lués, luis. 

d ges in compäges „Fuge, Gefüge“, impäges „Leiste“ und 
repäges (Fest.) „Riegel“ gehört zu *päg- „festmachen“ und ist 
dazu dieselbe Wurzelbildung wie pax zur Dublette *pak- dss. 
(W.P. 112). Unklar in der Bedeutung bleibt propäges „Setzling, 
Nachkomme“ neben propägäre „Iortpflanzen* (tr., vielleicht urspr. 
nur von Stecklingen), danach dann spätes indäges , Nachforschung“ 
zu indägäre „aufspüren“. 

sträges, g. -is, „Niederschlagen, -stürzen, Niederlage; am 
Boden liegender Haufe“ zu *steré-(g)- „hinbreiten, hinwerfen“ 
(W. P. II 638). *storag- in strägulum „Decke zum Hinbreiten“ und 
gterẽgs, g. *storoges, lat. steréx, g. strägis. 

trabes neben häufigerem trabs, g. - is, „Balken“ zu *treb- 
(W. P. 1757). *treps, g. *trabés, lat. ausgeglichen zu trabs, trabis, 
dazu dann der Nominativ trabes. 

` vehēs und seltener vehis, g. -is, „Fuhre“, g. pl. -um gehört 
zu *ueg’h- „bewegen, ziehen“ (W. P. I 249): idg. n. *uég’hs, g. 
*ueg hés. 

am bãgès, g. -is, „Umgang, Umschweife“, meist im Plural ge- 
braucht, der n. sg. findet sich erst bei Tacitus. Der g. pl. auf 
-um läßt auf ein altes Wurzelnomen schließen, dessen Nominativ 


Die lateinischen Nominative auf -es. 97 


im Lat. nieht gebräuchlich war und für den schließlich ambägzs eintrat. 
*contagés, g. -is, „Berührung“. Der Tatbestand ist der 
gleiche wie bei ambäges, nur ist der n. sg. überhaupt nicht belegt. 


b) Zu synkopierten i-Stämmen: 

facés „Holzbrand, Fackel“ nur bei Festus; doch werden wir 
seiner Notiz wegen facétus „witzig“ (eig. „glänzend“) und facétiae 
„Witz, Feinheit“ Glauben schenken (Th. P. 62,9 faces antiqui 
dicebant, ut fides). Gehört mit go’ pdog (Hesych.) und lit. Sd 
„Kerze“ zu *ghuök*- „leuchten“ (W. P. I 645); far, facis verhält 
sich also zu gwy so wie vox, vocis zu öy, nur daß es sich bei 
fax um einen synkopierten i-Stamm handelt, weil in einem Wurzel- 
nomen R nicht verständlich wäre. Zu far, facis wurde dann der 


Nominativ faces (statt *faqués) neugebildet, konnte sich aber nicht 
halten. 


c) Zu anderen Bildungen: 

strués, g. -is, „Haufen (geschichteter Dinge)“, g. pl. struum, 
ist eine eu-Ableitung zu *ster- (W. P. II 638), *stereu-/streu-: zu 
* strus, g. -is, wurde ein strués gebildet, wie zu gras, g. - is, „Kranich“ 
ein Nominativ gruss. 

vepres, g. Aë, „Dornstrauch“; Vermutungen über die Etymo- 
logie bei W. P. 1276. Die Handschriften zu einem unbekannten 
Grammatiker (Keil V 592,20) bieten in einem Zitat aus Aemilius 
Macer eine Form veper. Es könnte somit vepres nach den obliquen 
Kasus (vepris, veprem) neugebildet sein; jedoch hat Baehrens (fr. 
p. Lat. 345) die Änderung in vepre wohlbegründet vorgenommen. 


Nun sei noch von einigen besonderen und unklaren Fällen 
die Rede: 

canés neben häufigerem canis, g. -is, „Hund“. Für das Idg. 
ist auf Grund der verwandten Sprachen n. *kuö(n), g. *Kunés/-ds 
anzusetzen; nehmen wir aber für den g. die zweite Möglichkeit 
*Kuones, so ergibt sich für das Lat. n. *cö, g. *quanis, dann *co, 
canis und schließlich nach den obliquen Kasus ein n. canés und 
canis. Hirts Gleichung (Vok. 86) dor. Bavd : att. ong = g. sg. 
canis: ai. g. sg. Sas stimmt also nicht, denn ein Schwund von 
idg. u in *Kyondés ist m. E. noch nicht erwiesen; hingegen bringt 
Leumann (L. G.“ 114) eine Anzahl guter Beispiele für den lateini- 
schen Schwund von y vor & (s. auch Sommer, KE. 45). 

alces und alcis „Elch“; alcis ist von urg. alxis entlehnt 
(Walde-Hofmann, LEW’ 28), dazu dann alcés. Urverwandtschaft 
kommt hier nicht in Frage, weil wir dann *olces zu erwarten hätten. 


Vgl. auch Caes. b. G. VI2 „sunt item, quae EES alces“. 
Zeitschrift für vergl. Sprachf. LXVII 1/2. 


98 H. Kronasser 


Nun sind noch einige unklare Fälle zu erwähnen: 

gerrés, g. -is, ist ein Meerfisch, dessen Wertlosigkeit sprich- 
wörtlich war (addere garo gerrem). Da es sich wohl um einen 
kleinen Fisch handelt, man vermutet Kreßling oder Schrätz, wäre 
Entlehnung aus dem Gallischen möglich, vgl. mir. gerr „kurz“ (zu 
* gheres-/ghers- „klein“ W. P. I 604f., wofür lat. *herr-. 

feles mit seltenem felis, g. is, „Katze, Marder“ könnte als 
altes Wurzelnomen zu *bhel- „glänzen; weiß“ gehören (als „weiß 
gefleckt oder gestreift“) und *bhel- 1., 3. und 5. wären die gleiche 
Wurzel (W. P. II 175f., 177 und 180). 

mélés und mélis, g. -is, „Marder, Dachs“ könnte an *mel- 
6. oder 7. (W. P. II 293f.) angeschlossen werden, doch s. Walde- 
Hofmann (LE W.“ 474), wo feles und mélés als verschiedene Wieder- 
gaben desselben Wortes einer unbekannten Sprache aufgefaßt 
werden. 

Damit ist der Bestand des Typus -és, -is erschöpft. 

Abschließend sei noch die Entstehung des überaus verbreiteten 
at. Typus n. -ies, g. ie, besprochen. Was bisher darüber gelehrt 
wurde, befriedigt nicht: Osthoff (Perf. 338 Anm.) läßt den No- 
minativ vom Akkusativ aus entstehen. Die Reduktionsstufe des 
Suffixes -ia/-ia läge im lat. Akkusativ auf -iam vor, der zu -iem 
geschwächt worden sei (Sommer vergleicht Hdb.* 395 tibicen und 
cornicen aus -can), „folgte den Spuren von diem und rem“ und 
ein Nominativ auf -iés wurde neu geschaffen. Dieser Verlauf 
wäre möglich, aber nur dann, wenn zur Zeit der Entstehung des 
Nominativs das -æm des Akkusativs von dies, res und spēs schon 
zu -em gekürzt war. Im Oskisch-Umbrischen aber, wo sich un- 
verkennbare Spuren dieses Typus finden, fand die Kürzung der 
Langvokale vor auslautendem m überhaupt nicht statt. Aus dem- 
selben Grund ist die Vermutung Sommers a. a. O. abzulehnen, 
der auch von einem Akkusativ auf -iem (aus -iim zu einem n. 2) 
ausgeht. Lindsay (L. S. 394f.) meint, -ig- sei nur das unter dem 
Einfluß des i umgeformte id (IENUARIUS, z. B. CIL. XI 5748, 
jedoch ist ganz spät, s. auch Sommer, Hdb.’ 54). Willkürlich 
nimmt m. E. Hirt (Vok. 208, Nom. 78) einen schon idg. Wechsel 
zwischen -jā und -je an. Ganz unwahrscheinlich Collitz, der 
dissimilatorische Veränderung von -i (aus -i) vermutet. Brugmann 
(Grdr.* II 1, 221) läßt -i2- entstanden sein aus einem „formanti- 
schen i-Element 7 ii“, woran er getreten sei. Die Form ;, ii 
wählt B. wohl deswegen, weil i intervokalisch hätte fallen müssen; 
da sich aber das Suffix ie nie nach Vokal findet, können wir 
dieses i-Element mit dem Ausgang der i-Stämme identifizieren, 


Die lateinischen Nominative auf -es. 99 


von denen sich noch einige, die bei der Bildung mitwirkten, auf- 
zeigen lassen. Im Umbrischen finden wir A6. neben einem alten 
i-Stamm: t. Ig. VI. b. 11 avie „augurio“, II. a. 1 und 3 aviekate 
'„auspicatae* (dat. fem.), VI. b. 52 aviekla „augurali“ (ab.) neben 
I. b. 9 avif „aves“ (ac. pl.). Durch Suffixverkennung wurde dann 
-iẽ- abgetrennt und als Abstrakta bildendes Suffix auch ander- 
wärts verwendet, z.B. in VI. b. 59 iovie „milites“ (ac. pl., eig. 
„waffenfähige Jugend“). Ähnlich liegen die Verhältnisse im Lat., 
wo man auf verlorene i-Stimme schließen kann bei aciés „Schärfe“ 
und cariés „Zerbrechlichkeit, Morschheit“ wegen dxig „das Scharfe, 
Lanze“ und aw. sariš „das Gebrochene, Bruchstück“. Zieht man 
dann noch die Tatsache in Betracht, daß :-Stämme häufig durch 
ro-Ableitungen verdrängt wurden (vgl. Caland, 0. XXXI 267 u. 
passim; Schulze, o. XLII 233 und Hirt, IF. XXXII 286 und bes. 
Nom. 281f.; Erklärungsversuch bei Hirt 274), so gehört hierher 
noch maciés „Magerkeit“, per-nicies „Untergang“, scabies „Rauhig- 
keit“, rabies „Wildheit“ wegen macer „mager“, vexods „tot“, scaber 
„rauh“, Adßoog (aus *6dßoos) „wild“. Später wurden Nominative 
auf -i2s neben den verschiedensten mit irgendeinem i-Suffix ge- 
bildeten Formen geschaffen, wie species „das Aussehen“, ésuriés 
„Hunger“, delicies „Ergötzlichkeit“ zu specio „ansehen“, ésurio 
„hungern“, déliciae „Wonne“ und delicio „anlocken“, ferner pro- 
genies „das Geborensein, Abstammung“ und -geriés (in con- und 
digeries „Zusammenhäufung“ und „Ordnung“) zu genius „Geburts- 
gott“ und *gerius (in altlat. antegerio „außer der Ordnung, über 
alle Maßen, sehr“). Zu induviae „Kleidung“ und induvium „Rinde“ 
entstand induvies „Zustand des Bekleidetseins, Kleidung“. Wegen 
induo „anziehen“ entstand nun neben alluo „bespülen“, colluo 
„benetzen“, éluo „abspülen“, ein alluvies „Überschwemmung‘“, 
colluvies „Spülwasser“, öluvies „Überschwemmung“. Zu älteren 
Formen auf -ia entstanden éffigiés „Bild“, prosapies „Abstammung“, 
mäleries u. v. a., zu solchen auf -itia traten amicities, duritiés, laeti- 
ties, observanties „Beobachtung“ usw. Schließlich wurden -ies und 
-itiés ganz selbständig, wie in series „Reihe“, imperfundiés „Un- 
reinlichkeit“, imbalnities „Zustand des Nichtgebadetseins“, barbariés 
„Barbarei“ u. a. m. Diese Nominative auf -iös schlossen sich der 
einen Gruppe der fünften Deklination an (dies, res und spēs) und 
erleichterten durch die häufigen Formen auf id, neben die sie 
getreten waren, die teilweise Flexion der fünften Deklination nach 
der ersten. 


Graz. H. Kronasser. 


7 * 


100 Fr. Stummer, Das angebliche etruskische Vaterunser. 


Das angebliche etruskische Vaterunser). 


Da ich nicht Etruskologe bin, las ich den Aufsatz von 
Th. Kluge in Band LXVI Ihrer Zeitschrift, S. 254—56 zunächst 
nur aus Neugierde, bald aber mit steigendem Interesse. 

Schon in der ersten Zeile dieses „etruskischen“ Vaterunsers 
fiel mir nämlich simc auf, das natürlich „dein Name“ heißen muß, 
wie der Verfasser ganz richtig vermutet. Das c am Schluß ent- 
spricht dem Konsonanten des Possessivsuffixes der 2. p. sg. msc. 
im Semitischen; hebräisch heißt „dein Name“ simkä (nach der 
Lesung der Masoreten). Dann fiel mir am Schluß von Z. 2 
cenverz auf. Das ist offenbar eine Transkription der Konsonanten- 
gruppe kn b’rs (nach der Lesung der Masoreten ken ba’ares = 
„so auf Erden“). 

Es gelang mir dann, fast alles als ,semitisch“ zu verstehen, 
mit Ausnahme von valant‘u (Z. 1f.), ihti (Z.1) und vmiret u (Z. 4). 
Die erste Gruppe hat ja Th. Kluge gedeutet; ob sich die beiden 
anderen auch etruskisch erklären lassen, mögen andere unter- 
suchen. | 

Ziemlich mühelos läßt sich in Z.1 tfumemlecac erklären, zumal 
wenn man die Variante tvu zu Hilfe nimmt. Es ist thw’ (= tabö, 
es möge kommen) + einem willkürlich gebildeten memlec (nach 
der jetzigen hebr. Vokalisation müßte das Wort mamlak heißen) 
statt des gebräuchlichen Femininums mamlaka. Nicht schwierig 
ist ferner Z. 4 laemn = Ihm (lehem = Brot): n ist Possessivsuffix 
der 1. p. pl. = unser. Es findet sich gleich im ersten Wort: ep-n. 
Dann ist ep = semit. 5 (ab = Vater). Dem Semitisten kommt 
dann bei dem folgenden s gleich die Erinnerung an die Neben- 
form $e des hebr. sogen. Relativpronomens, und am Ende von 
Z. 3 wird er ebenso unwillkürlich bei dem cs an k'e- (Relativ- 
„pronomen“ mit vorgesetzter Präposition xe) denken, das als Kon- 
junktion „so wie“ gebraucht wird. 

Allerdings wird ihm auch auffallen, daß Formen wie n für 
das suff. 1 p. pl. oder Schreibungen wie ep statt ab, gelinde gesagt, 
barbarisch sind. Aber solche Barbarismen finden sich noch mehr. 
Der tollste ist wohl laten vmesa (Z. 4), das hebräischem lo ten 
bammassä (wörtlich: „nicht gib in Versuchung) entspricht. Dieses 
„Semitisch“ steht auf der gleichen Höhe wie das „Latein“ eines 
gedankenlosen (Juintaners, der „non da“ statt „ne dederis“ über- 

1) Kollege Fr. Stummer sandte mir freundlicherweise folgenden Brief zu, 


den ich unter obigem Titel hier abdrucke. Dadurch wird, wie mir scheint, das 
Rätsel des etruskischen Vaterunsers schlagend gelöst. Fr. Specht. 


E. Schwentner, Argiya. — E. Schwyzer, Eochar. 101 


setzt. Ferner ist „lan“ (Z. 3 bis und Z. 4) nicht hebräisch, sondern 
syrisch. 

Die Semitisten werden unschwer noch einige solcher Er- 
scheinungen feststellen. Ich darf aber wohl abbrechen und dazu 
übergehen, mtine Meinung über den Fall zu formulieren: Abge- 
sehen von den oben genannten drei Wörtern ist dieses „etruskische“ 
Vaterunser in einem barbarischen „Semitisch“ verfaßt, das sicher 
nie gesprochen wurde, sondern von dem Fabrikanten dieses Textes 
willkürlich zurechtgemacht wurde. Ein Semitist war der Mann 
nicht, sondern ein oberflächlicher Dilettant. Wenn ich erklären 
soll, wie er auf eine solche Idee kam, so kann ich im Augenblick 
nur sagen, daß ich mich erinnere, gelesen zu haben, daß man 
früher einmal die Etrusker für Semiten gehalten hat. Es ist mir 
aber nicht erinnerlich, wo ich das gefunden habe. Aber die Fach- 
leute werden ja da Bescheid wissen. Diese Theorie mag den Ur- 
heber unseres Machwerks „inspiriert“ haben. 

Sollte mit der vorstehenden Skizze den Lesern Ihrer Zeit- 
schrift gedient sein, so würde das mich sehr freuen. 

Breslau. Fr. Stummer. 


Argiya. 

Den von mir ZII. VI (1928) 173 zusammengestellten altpersi- 
schen adjektivischen Völkernamen Kusiy (Nom. Plur.): Kusa, 
Putiyä, Mačiyā füge ich aus den Niya Kharosthi-Dokumenten bei: 
präkr. Argiya „ein Mann aus Argi“ (sakisch Argifia?), H. W. Bailey, 
BSOS. VIII (1936) 917 Anm. 1; W. B. Henning, BSOS. IX (1938) 
565. 571, vgl. auch H. Jacobsohn, o. LVII (1930) 98 Anm. 1, wo 
ZU. VI st. III zu lesen ist, für die apers. Lindernamen auf-iya, 
Meillet-Benveniste, Grammaire du vieux- perse (1931) 153. 

Schwerin i. M. Ernst Schwentner. 


Eochar. 

Nach gefälliger Mitteilung seitens eines Historikers zu o. 
LXIII 32, Fußn. 2, steht in der Neuausgabe von Constantius’ 
Vita Germani c. 28 (Mon. Germ. hist., Scriptores rerum Mero- 
vingensium VII [1920] 271) statt „Eochari“ als richtige Lesung 
„Gochari“. Der Alanenkönig Goar sei auch aus andern Quellen 
bekannt (W. Levison, Neues Archiv der Gesellschaft für ältere 
deutsche Geschichtskunde XXIX [1904] 133ff.; Geschichte des 
Rheinlandes, Essen [1922] 49), der Name Eochar zu streichen. 


Berlin. E. Schwyzer. 


102 M. Bartoli 


Zur Lex Verner. 
Alla memoria 
del sommo linguista danese. 


Das bekannte Vernersche Gesetz), kürzer Lex Verner ge- 
nannt, kann noch immer nicht zur Ruhe kommen. Es wurde 
mehrmals*) formuliert und wird hier eine Formel erhalten, die 
von der heute herrschenden in zwei Punkten’) verschieden ist. 
Zum besseren Verständnis der neuen Formel ist es ratsam, 
die folgenden vier typischen Beispiele gleich vor Augen zu haben: 


idg.*) germanisch got. bzw. ahd. 
*dakru *tagru got. tagr (8 1) 
*akesa * ahizá ahd ehir (82) 
* gans gans ahd. gans (8 3) 
*akua *ahwo got. ahwa (§ 4) 


Nun zur Formel: 

Die idg. stimmlosen Konsonanten p, t, En und s werden im 
Germanischen stimmhaft: b, d, g und z (woraus r), und zwar 
unter zwei Bedingungen: 

I. in intersonantischer Stellung, d. h. -k- (intervokalisch), 
-kr- und -rk-; nicht aber -ku- (§ 4); 


II. unmittelbar vor dem Tone, genauer im Anlaut betonter“ 
Silben. 


1) Oben XXIII 97—130. 

) Siehe Herm. Hirt, Indogerm. Gramm. Bd. V (Der Akzent), Heidelberg 
1929, § 62; außerdem dessen Handbuch des Urgermanischen, Teil I (Laut- und 
Akzentlehre), Heidelberg 1931, § 59. Die neueste Literatur wird im Archivio 
glottologico italiano XXVI 30 (Anm. 163) und von Streitberg, Michels und Jellinek, 
Germanisch, Berlin 1936, S. 281 angeführt. [Vgl. jetzt Germanen und Indo- 
germanen, Festschrift f. Herm. Hirt, hsg. von Helm. Arntz, Heidelberg 1936, 
Bd. II, S. 617 (s. vv. Akzent u. Lautverschiebung); Vittore Pisani, Geolingui- 
stica e indeuropeo, Rom 1940, 58 44—61]. 

3) Nach den heute meistens angenommenen Formeln ist der vorausgehende 
Akzent, nicht der folgende, maßgebend: es „unterbleibt dieses Stimmhaftwerden, 
wenn der idg. Ton unmittelbar vorausging“. So denkt z.B. Hirt in seinem 
Hdb. des Urgerm. 190. Vgl. noch hier im Texte § 2. — Außerdem wurde in 
den bisherigen Formeln der Lex Verner die besondere Stellung der Labiovelaris 
nicht berücksichtigt. 

*) Statt der Ausdrücke indogermanisch und indo-européen ziehe ich 
ario-europeo vor; über diese u. &. Ausdrücke zuletzt Scritti in onore di Alfredo 
Trombetti, Milano 1937, S. 183 u. 188. In dem vorliegenden Aufsatze ist der 
Ausdruck indogermanisch angewendet, entsprechend dem deutschen Sprach- 
gebrauch. 

5) Siehe 88 1 u. 4. 

l 6) Genauer, akzentuierten. Über das Wesen des Akzentes im Germani- 
schen und im Indogermanischen vgl. zunächst Otto Jespersens Aufsatz „Verners 
Gesetz nnd das Wesen des Akzentes“, in seinem Band Linguistica, selected 


Zur Lex Verner. 103 


Außer diesen zwei Bedingungen bleiben jene stimmlosen 

Konsonanten stimmlos (-s) bzw. als stimmlose Spiranten (h bei 
*ahizd, § 2). 

Die wichtigste unter den ‚zwei Bedingungen ist de inter- 
sonantische Stellung, so daß man jene Formel folgendermaßen 
vereinfachen kann: 

Die ıdg. stimmlosen Konsonanten werden germanisch stimm- . 
haft, wenn sie sich in intersonantischer Stellung befanden, außer 
dem Fall, wo sie in den Anlaut einer unbetonten Silbe zu stehen 
kommen. Dieser Fall ist verhältnismäßig selten: genauer gesagt, 
die Fälle wie 

got. bröbar, ai. bhratar- (8 3), 

got. hwabar, ai. katard- (§ 2 und 8 5) 
wo also ¢ eine unbetonte Silbe anlautet und daher stimmlos bleibt 
(und zwar als stimmlose Spirans), sind viel seltener als die Fälle 
wie got. tagr aus idg. dakru (§ 1). 
Die intersonantische Stellung ist nicht nur die Hauptbedingung; 
sie ist, nach einer der genialen Intuitionen von Ferdinand de 
Saussure’), das Wesen der Lex Verner. In dieser Beziehung 
empfiehlt es sich auf eine ähnliche romanische Neuerung hinzu- 
weisen: die lateinischen stimmlosen Konsonanten werden in 
einer weiten romanischen Area stimmhaft, wenn sie sich in einer 
intersonantischen Stellung befanden, die der oben angegebenen 
z. T. gleich ist”). 

Diese zwei Neuerungen, die romanische und die germanische, 
erinnern ihrerseits an die keltische Lenition. Freilich handelt es 
sich um drei verschiedene Neuerungen; doch sind sie nicht nur 
ähnlich, sondern auch — was besonders zu merken ist — in be- 
nachbarten Areen verbreitet. Die keltische Area ist das Zentrum der 
romanischen Lenitionsarea*) und die historische Area des Kelti- 


papers, Kopenhagen 1933, S. 229—248; ferner den „Natur des Akzentes“ be- 
titelten § 88 in Hirts Hdb. d. Urgerm., mit der S. 143 n. 145 angeführten Literatur. 
— Auch Archivio XXV 26, XXVI 30 (Anm. 163). 

1) Cours de linguistique?, S. 207. 

) Nicht nur in der intervokalischen Stellung, sondern auch in sonstigen 
intersonantischen Stellungen: zwischen Vokal und 7 (z.B. Petrus, wuraus 
Pedro, Peire, Pierre u. dgl.), l (pl, cl), auch 1 (sj): vgl. Archivio XX 135, 
XXIV 38 [und besonders den Aufsatz J riflessi di afflare e confiare nell’ 
Italia meridionale: questioni di metodo, in den Atti della R. Accademia delle 
scienze di Torino, Bd. 75 (1940), §1 u. Anm. 30f.]. 

8) Siehe die Zeitschr. Studi albanesi II 26f. In Mittel- und Süditalien (mit 
den drei großen Inseln) ist die Lenition jünger als in Norditalien und hat 
sich von diesem aus in Mittel- u. Süditalien verbreitet, was schon vor langer 


104 M. Bartoli 


schen war jener des Germanischen nahe). Aus diesen Grunden) 
ist es wahrscheinlich, daß die romanische Lenition ein Echo der 
keltischen ist), und daß diese und die germanische Lenition 
(Lex Verner) ihrerseits auf einem gemeinsamen vorhistorischen 
Substrat entstanden sind oder daß die eine zum Vorbild der 
anderen wurde. 

Diese Probleme‘) verlangen eine Diskussion, die hier nicht 
folgen wird. Der Hauptzweck dieses Aufsatzes ist einfach, die 
Beispiele der Lex Verner nach der neuen Formel zu ordnen. 

Sie sind sehr zahlreich), aber wir werden uns auf die ver- 
breitetsten beschränken‘), und zwar werden nur diejenigen an- 
geführt werden, die mehr als einer germanischen Sprache ange- 
hören und sich außerdem wenigstens in zwei anderen indoger- 
manischen Sprachgruppen befinden ). 


Zeit erkannt wurde: vgl. Vollmöllers Jahresber. X 111, XII 130; Giornale storico 
della letter. ital. LXIX 380f. u. 385f.; Studi alb. II 26—28; Archivio XX 135, 
XXV 186 (Anm.); zuletzt G. Rohlfs, La struttura linguistica dell’ Italia, Leipzig 
1937, 8.16 [und besonders den soeben angeführten Aufsatz J riflessi di a flare, 3 8]. 

t) Genauer Archivio XXV 50, Anm. 135. 

*) Auch aus chronologischen Indizien. Zu dem Alter des germanischen 
„Stimmhaftwerdens“ siehe Hirts Hdb. d. Urgerm. $ 65. — Die romanische Leni- 
tion ist älter in Gallien als in Iberien, Italien und Rätien: vgl. die Archivio 
XXII 129 (Anm. 113) und XXX 174f. u. 178 angeführte Literatur und besonders 
Elise Richter, Beiträge zur Geschichte der Romanismen, Teil I (Halle 1934), 
88 118—124. [Vgl. jetzt Pisani, Geolinguistica, §§ 45, 57, 61]. 

3) Daran hat Verf. vor langer Zeit gedacht: z. B. Vollmöllers Jahresber. 
XII 119, Anm. 33; Introduzione alla neolinguistica (Principi, scopi, metodi), 
Firenze-Ginevra, 1925, S. 90. 

*) Vgl. besonders die in Hirts Hdb. d. Urgerm. 88 65f. angeführte Literatur. 
[Zuletzt Pisani, Geolinguistica, 88 44—61]. 

5) Vgl. Charles Clyde Barber, Die vorgeschichtliche Betonung der ger- 
manischen Substantiva und Adjektiva (von der philosoph. Fakultät der Universität 
Gießen gekrönte Preisschrift), Heidelberg 1932 (eine reiche Sammlung von fleißig 
gruppierten Beispielen). 

6) Vgl. § 1. Zu ähnlichen konventionellen Grenzen und zu ihrem Nutzen 
8. Archivio XXVIII 128 (Anm. 2); auch XXV 48 (Anm. 126), wo auf die bezüglichen 
Einwände geantwortet wird. 

7) Z. B. folgende Wörter kommen im Germanischen und nur in einer an- 
deren idg. Sprachgruppe vor: got. apn (lat. annus); ae. hdf (ai. gaphd-), dier 
(griech. #zetgos); ahd. föh (lat. paucus), marah (air. marc). — Andere sind 
zwar weiter verbreitet, doch verschieden gebildet: got. menops (lat. mensis), 
geipus (lat. setius), wipra (aind. vitardm), wibrus (lat. veterinus); ahd. ebur 
(lat. aper), salaha (lat. salix); schwed. ló (griech. 48755). — Andere wieder sind 
der Entlehnung verdächtig, auch wenn sie lautgerecht sind: got. paida (griech. 
bairn), anord. magr (lat. macer, ital. magro), mhd. kobe (griech. ying aus 
*yvný). 


Zur Lex Verner. Ä 105 


§ 1. Idg. *dakri, germ. tagru, got. tagr. 

Hier werden nur zweisilbige Beispiele gesammelt. Sie sind 
sehr zahlreich und wurden an anderen Stellen) angeführt. In 
diesem Aufsatz werden daraus nur die doppelten Beispiele ge- 
bracht, nämlich solche, die zu gleicher Zeit für zwei Tongesetze 
gelten, wie weiter unten klar werden wird. Zunächst beachte 
man die bezüglichen Fälle: 

ae. cwidu : lat. bitu-men, ai. jdtu (85) — got. *kindi- in kindins „Statt- 
halter“ : lat. gentes -ium. — got. tagr : alat. dacru-ma. — got. -tigum : lat. 
decu-ria (vgl. § 2). — ahd. zeigon : lat. dicad-re*). — Auch got. kalds, lat. 
gela-re, -tus; got. -satida, abulg. saditi; got. tamida, lat. domitus. — Vgl. 
Walde-Hofmann, s. vv. 

Nach der Lex Verner — und zwar, wohlgemerkt, nach allen 
bisher vorgeschlagenen Formeln — gehen diese germanischen 
Worter auf idg. endungsbetonte Phasen zurück, möge man sie 

sich als *gwetú, *genti oder wie auch sonst immer vorstellen. 
| Man merke ferner, daß der Stammvokal dieser Wörter kurz 
ist: e (bei *gwetú usw.), a und i. Daher stimmt die Lex Verner 
auch in diesen Fällen (vgl. $5) mit dem Gesetze der idg. Oxy- 
tonierung’) überein. 

Freilich sind griech. ddxgv und ai. dgru, griech. déxa und ai. 
dáça (auch lat. decem u. dgl.) paroxytoniert. Doch weist der idg. 
Südosten (griech. und ai.) auch in diesen Fällen, wie meistens‘), 
die vorhistorische Neuerung auf, gegenüber dem idg. Nordwesten 
(germ. und balt.), d. h. griech. ddxov, déxa u. dgl. stammen aus 
*daxov usw., wie uedv aus hel (§ 5). 

Zum Schluß sei bemerkt, daß die genannten sechs Beispiele, 
wie zahlreiche andere (vgl. § 5), sowohl für die Lex Verner als 
auch für ein ihr ähnliches Tongesetz’) gelten. Seine Formel ist 
kurz die folgende: 

1) Außer der reichen Sammlung von Barber siehe Archivio XXIX 58 
lu. XXXI 72]. 

2) Auch ahd. zogôn: Archivio XXVII 9 (11) u. 205 (15 . 

9) Siehe Rivista di filologia e d’istruz. classica, Bd. LIX (1931), S. 207—221; 
Archivio XXIX 54f., 58, 61 [X XXI 72]. 

*) Archivio XXIX 63; auch Schrijnens Aufsatz „Les rapports préhistoriques 
du grec et du latin“, Bull. Soc. Ling. XXXVII? (1936), besonders S. 130—132. 
Mélanges Boisacq, Bd. I (1937), S. 23, Anm. 5 [Neophilologus XXIV 135 —8; ver- 
schieden doch ähnlich Specht u. Arntz, in den Rapports zu dem 5. internation. 
Linguistenkongreß, 1939, S. 11öf. u. 122f. Gegen die daselbst, S. 129f., er- 
hobenen Einwände vgl. Archivio XXX 67, Anm. 17]. 

5) Darüber zuletzt Archivio XXII 63—130 u. XXX 59—59. [Dagegen Pisani, 
Geolinguistica, §§ 201—216; vgl. aber S.5.] Ed. Schwyzer hat jenes Gesetz 
schon vor zehn Jahren (Idg. Jahrb. XI 74, 21), ehrlich, genau und klar an- 


106 M. Bartoli 


I. Im Germanischen und Armenischen werden die idg. Mediae 
vor idg. unbetontem Vokal und im Auslaut stimmlos: für den 
ersten Fall vergleiche man z. B. die soeben angeführten Wörter mit 
germ. cw-, k-, t- (aus idg. gw, g, d); für den Auslaut ist auf die sehr 
zahlreichen einsilbigen Stimme mit einer auslautenden Media’), 
wie idg. *bäg, * ped : ae. boc, lat. fag-us, griech. pny-ds, nöd-es usw. 
zu achten. | 

II. Wenn sie dagegen eine idg. betonte Silbe anlauten, 
werden die idg. Mediae germ. und arm. erhalten und im idg. 
Süden aspiriert = bh, dh, gh. 


§ 2. Hier können wir drei Typen unterscheiden: 

I. Idg. *akesd, woraus germ. *ahizd, ahd. ehir : lat. acus, -era, 
aus *-esd. | | 

Das ist also wieder ein doppeltes Beispiel, doch verschieden 
von den § 1 angeführten. Idg. *akesá hat zwei Tenues: die eine 
unmittelbar vor einem unbetonten Vokal (%), die andere vor einem 
betonten (s). Die erstere bleibt daher stimmlos (h), die andere 
wird stimmhaft. Ähnlich verhalten sich folgende Beispiele: 

anord. faer aus *faher : lat. pecora*), — got. taihunda : ai. dacatt-*); 
somit wird es immer wahrscheinlicher, daß die idg. Grundlage von got. tai-hunda 
endungsbetont war und „zwei Hände“ bedeutete. — Auch ae. héafod und got. 
jühiza. 

II. Idg. *kwoterös (vgl. § 4), woraus germ. *hwapards, got. 
hwabar : ai. katard-. Jünger ist die Betonung der griechischen 
Form: nöregog aus 6g (S 5). | 

Die zweite Tenuis (¢) bleibt wieder stimmlos (5), weil sie un- 
mittelbar vor einen unbetonten Vokal zu stehen kommt. Ähn- 
lich sind: 

asächs. féthara : griech. zregdv. — ahd. hasal(a) : alit. kasulas*). — ahd. 
gahar : vgl. lit. ašarà. — Ferner adän. aer, aus *ahird : lat. acer -a; got. 


gezeigt. — Auf die Einwände Debrunners habe ich Archivio XXV47f. ge- 
antwortet. [Mein durchaus unpersönliches Referat — entsprechend den Wei- 
sungen der damaligen Schriftleitung — bedeutet nicht Zustimmung, und ich 
muß mir auch gegenüber dem vorstehenden Aufsatz Bedenken vorbehalten. Doch 
sind die behandelten Fragen so wichtig, daß ich es gerechtfertigt finde, wenn der 
verehrte Turiner Kollege auch in dieser Zeitschrift zu Worte kommt. Schwyzer.] 

1) Vgl. Studi italiani di filologia classica, Nuova Serie XII (1935), S. 55—57, 
Archivio XXIX 57 [XXXI 72f.]. 

2) Jünger sind lat. pecus, got. faihu. Hierher gehört auch ahd. farah, 
nach plur. farhir : serb. präse (Neutr.); wohl auch asächs. rath, plur. nicht be- 
legt, ahd. 16h „Gebüsch“, aus plur. Zukkir und lh (Schatz, Ahd. Gr. 212). 

3) Siehe § 1 (zu got. -tigum) und § 5 (griech. déxa); vgl. IF. L 208—210. 

4) Vgl. Niedermann in Mélanges Meillet, Paris 1904, S. 97 ff. 


Zur Lex Verner. 107 


ahana, griech. xavos aus -g (§ 5); ahd. amsala, lat. merula; got. anpar, 
russ. vtorój. | 


Auch asächs. furthor : ai. pratardm; ahd. swehur : griech. éxveds'). Jüngere 
Betonung haben umgekehrt griech. zgdregos und ai. godgura- (§ 5). Das gilt 
auch für griech. »&preoos aus -g: germ. *nurpra (ahd. nordar). 

III. Idg. *senekös, germ. *-igds; | 

idg. *jugesd, germ. *-izd, -r-. 

In beiden Typen findet sich der stimmlose Laut vor einem 
betonten Vokal und wird daher stimmhaft. 

Aus idg. *senekés*) stammen got. sineigs, ai. sanakd-. — Ahn- 
lich verhalten sich: 

ahd. honag: ai. kdnakam aus *-dm (§ 5). — got. juggs: ai. yuvaca-, 
lat. cuvencus. — got. tweifls : griech. d:aAdos aus *-6s (8 5). — Auch ahd. demar 
(aus -): ai. tamas asd); anord. eir : lat. aes, aera *-esd, ai. dyas (8 5). 

Aus idg. *jugesá sind got. jukuzi, ae. gycer entstanden: lat. 
iugera. — Ebenso: 


anord. hatr : ñjòͤ og *-eod. — anord. rekkr: ai. rdjas -asd. — anord. 
sætra : griech. &dog. Ä | 


& 3. Die hier gesammelten idg. Stämme lauteten auf -s und 
-r (bzw. auf -és und -ter) aus. Viele unter ihnen haben dann 
einzelsprachlich vokalischen Auslaut angenommen. Es lassen sich 
darunter drei Typen unterscheiden: 

I. Ahd. gans. 

Diese Form hat sich aus idg. Zeit unversehrt bis in das Neu- 
hochdeutsche bewahrt: genauer gesagt, sie ist älter als z.B. ai. 
hamsd-, lat. anser. — Ähnlich ist die Geschichte der folgenden 
Formen, bei denen je ein Beispiel der nicht germ. o-, d- und i-Bil- 
dungen angeführt wird. 

anord. Mús : russ. myso. — ai. næs : lat. näres Zum, — anord. oes : lit. 
asq (Akkus.). — anord. dss: lat. öra. — got. weihs : lat. wicus. 

Jüngere Bildungen sind got. ausö, lat. aures -ium*); ahd. Fasel, griech. 


néos; ahd. kaso, lat. cas-cus; ahd. leisa (got. lais), lat. iva. — Vgl. Walde- 
Hofmann, s. vv. 


II. Got. agis. 

Es ist ein es-Stamm: griech. dog kommt aus 6g nach dem 
ue v-Gesetz (§ 5). Jünger ist die asächs. und ahd. Bildung: egiso. 
Ein ähnliches Beispiel ist got. sigis : ai. sahas aus ds. 

III. Got. brößar. 

Die Betonung der idg. Phase *bräter (§ 1) wird zunächst 
durch die Lex Verner und das mit ihr verwandte Tongesetz 
9) [Neophilologus XXIV (1939), S. 131. 


2) Archivio XXIX DUT 3) Vgl. Scritti Trombetti, S. 176f. 
4) Vgl. Walde-Hofmann, s. v. und jetzt Benveniste, Origines I 7, 24, 62. 


108 M. Bartoli 


(oben § 1 erwähnt), ferner durch die slavischen und baltischen 
Formen und zuletzt durch die griechischen und indischen be- 
zeugt: vgl. besonders serb. brät, griech. pgodıwe, -no, ai. bhrdtar-. 
Endungsbetont ist dagegen idg. *patér’): ai. pitär-, griech. 
mato, got. fadar. 
Ferner vergleiche man folgende stammbetonte Formen: 


got. gulp : russ. zdloto. — got. *hliuba : agent, sraotam. — ae. mæp : 
griech. urig. — got. nebla : griech. vürgov. — ae. röbor : ai. aritram. — 
anord. vipbir: lat. uttis. — got. wulbus : lat. uoltus. — Auch got. ams(a), 


griech dog; anord. ars, griech. dos; got. kals, lat. colum. 

Wohlgemerkt, die Stammsilben dieser Formen sind oder 
waren lang. 

Einzeln stehen da ai. mätdr- und die germanischen Formen 
mit vortonigem d: ae. mödor u. dgl. Sie sind nicht lautgerecht, 
insofern sie einen langen Stammvokal und doch Endbetonung 
haben: vgl. §§ 1 und 4. Es ist nun kein Wunder, daß diese Be- 
tonung ein Echo der bei ai. pitdr- und ae. feder u. dgl. vor- 
kommenden ist. Das Haupt der altindischen und auch jenes der 
germanischen Familie war der Vater, nicht die Mutter. 


§ 4. Idg. *akrd-, woraus got. ahwa. 
Hier seien zunächst die bezüglichen Beispiele einfach ge- 


sammelt. 

Aus idg. -d: got. ahwa, lat. aqua. 

idg. -G: got. aihwa-, lat. equos. — got. haihs, lat. caecus?) — anord. 
la, griech. Adxxos, aus A — got. wulfs aus *uolk*ds (s. unten). 

idg. -ú : ae. earh, lat. arqui. — ahd. fereh, lat. guerguetum. 
| idg. -é : got. fimf, lat. quinque, lit. penki. — Auch wenigstens ein Verbal- 
stamm: got. leihwan, lat. linquo ere, 

Dagegen idg. -¢: anord. ylg-r, ai. vrt. Hier findet sich also der stimm- 
hafte Laut (g), während die übrigen Beispiele den stimmlosen (% und f) aufweisen. 

Die Labiovelaris ist nämlich vor a, o, u und vielleicht vor e, 
wohl länger als vor i geblieben‘): daher einerseits idg. *uolkrös, 


andererseits g. 


1) Vgl. vorläufig Archivio XXVII 10, XXI 69. [Dagegen Pisani, Geo- 
linguistica, $179; vgl. aber S. 5.] 

*) Wenn caecus gleichsam „ein-äugig“ ist, lautete es auf *-ok¥*ds aus: 
vgl. Walde-Hofmann, s. v. 

3) Die idg. Labiovelaris ist keine Neuerung: vgl. Archivio XXVI 249 [u. 
jetzt Hirt, Die Hauptprobleme der idg. Sprachwissensch., Halle 1939, S. 161£.] 
Das sind dagegen die Palatallaute, woraus g u. dergl. der ddga-Sprachen: vgl. 
Archivio XXVI 37, XXVII 217f. [Dagegen Pisani, Geolinguistica 88 177f., vgl. 
aber S.5; auch Rapports zu dem 5. intern. Linguistenkongr., S. 127f., 130f., 
135— 37]. — Auch die aspirierten Mediae und Tenues sind vorethnische Neuerungen, 
vgl. § 1 (II). 


Zur Lex Verner. 109 


Was die Betonung anlangt, sei zunächst daran erinnert, daß 
die zweisilbigen idg. Stämme mit kurzer Stammsilbe endungs- 
betont waren): griech. Tarnos, névte, Adxog, ai. deva-, pdfica, vrka- 
kommen aus ines, *nevté usw., wie wédu aus *nedd (§ 5). Die 
„reduzierte“ Stufe bei ai. *vrká-, got. wulfs u. dgl. ist eigentlich 
die unbetonte gewesen. 

Daher ist es nicht richtig, z. B. von idg. *dk*a, *ék*os, *uölkros 
u. dgl. auszugehen). Diese Annahme ist allerdings nach der heute 
herrschenden Formel der Ler Verner notwendig, nicht aber nach 
der unsrigen: got. ahwa, aihwa-, wulfs usw. stammen von idg. 
*akud, ekuös, *uolk*és, wo k nicht intersonantisch ist. 

Eine Stelle fiir sich gebiihrt folgendem Fall: 

idg. kuetuör : lat. quattuor, ai. catvdri : got. fidwor, d.h. zwischen 
Vokal und Halbvokal (u) scheint Sonorisierung eingetreten zu 
sein; doch vgl. ae. feopor. 


§ 5. Einen ganz besonderen Fall bilden die germanischen 
Reflexe der idg. Formen *bos und *bosés. Um sie klar zu ver- 
stehen, empfiehlt es sich zunächst, die germanischen (vgl § 1) 
und baltischen Reflexe der idg. Formen *gläd und *gladus zu be- 
trachten: 

idg. glad ergab zunächst germ. *glot, lit. * gld; 
idg. *gladus, germ. adus, lit. *gladus. 

Durch Verschränkung der zwei Reihen kommt man nun zu 
germ. glad- (anord. glad-r) und lit. glodüs. 

Ähnlich sind mehrere andere germanische Formen mit zwei 
Mediae aus je einem idg. Paar entstanden. 

ae. beard : lat. barba aus d. 

got. göbs, god, asächs. gi-gado : griech. dyadds. 

got. *gribs, grid: lat. gradior aus *gradt-. | 

anord. grind : lat. grunda aus *-a. 

ahd. grap, gröb, got. graba, gröba : griech. yodpw» aus *-@v?). 

Die Geschichte dieser germanischen Formen ist jener der 
entsprechenden baltischen und slavischen ähnlich: vgl. russ. borodd 
(Nomin.), börodu (Akkus.). 

Jetzt kommen wir zu unserem Fall, nämlich zu ahd. bar „nackt“. 

idg. *bos ergibt zunächst germ. "bës: 
idg. *bosös, germ. *pazds, par-, lit. bäsas, femin. basd. 


1) Archivio XXII 71, XXIX 61 [XXX] 72]. 

2) So z.B. Hirt, Idg. Gramm. V 258 (got. ahwa); 47 und 263 (eo und 
Avnos). 

3) Vgl. Benveniste, Origines I 167. 


110 M. Bartoli, Zur Lex Verner. 


Aus *bös + *par- entsteht nun ahd. bar. 

Ebenso sind endlich folgende Formen zu beurteilen: 

idg. *gais ergibt germ. *gais; 
idg. * gaisés, germ. *keizd, * keir-. 

Aus dem Zusammenfluß dieser Formen entsteht anord. geirr. 

Ähnlich ist die Geschichte von anord. barr (aus ra-), got. 
barizeins: vgl. besonders russ. börosno. 

Ferner vergleiche man got. funpus, das z. B. nach Brugmann, 
Grundriß' I 8 244 (I), auf „Ausgleichung der urgermanischen 
Stammform *tanp- und *tund-“, d.h. *tund-’ (lit. dantis) beruht. 

Endlich vergleiche folgende Varianten: 


stammbetont: endungsbetont: 
ae. hweol aus *hwehol ae. hweogol 
griech. ën Joe ai. cakra- 


Die endungsbetonten Formen sind in diesem Fall älter als 
die stammbetonten. Das gilt zunächst für cakrd- und griech. xd- 
xdog, das aus *xuxddc (vgl. unten) kommt. Für die zwei ger- 
manischen Formen und für die zahlreichen anderen Fälle mit 
„schwankender Betonung“, die Barber a. a. O. gesammelt, sind 
die Gründe des Schwankens noch nicht klar ersichtlich '). 

Zum Schluß möge als eine Art Index der in diesem Aufsatz erwähnten 
Wörter mit verschobenem Ton eine einfache Gruppierung solcher Wörter Platz 


finden. Sie gehören diesen zwei Tongesetzen an, die an ihrem Orte besprochen 
werden: 


Zu dem pédu-Gesetz*): Anen § 1, dımidos § 2, Innos § 4, vën/ioc § 5, Adnos 
84, ai. deru 8 1, jatu § 1, sdhas § 3, vika- § 4; aus *wedd usw. 

Zu dem Ziagpos-Gesetz?): griech. véotegos, adétegos, nedtegos, auch dx g, 
ai. kdnakam, cväcura-, alle § 2 erwähnt; aus *veoreods usw., wie Zlagos aus 
*2lapds; vgl. EAAds, got. lamb aus idg. *lombds. 


Am Schlusse angelangt, wollen wir uns der Worte erinnern, 
mit denen der jüngst verschiedene Meister Hermann Hirt sich 
anschickte, eben die Lex Verner zu besprechen‘): 

„Es gehört zu den wunderbarsten Erscheinungen der Sprach- 
geschichte, daß wir Nachwirkungen des idg. Haupttones bis heute 
in unserer Sprache finden.“ 

Hirt meinte nur die in seiner Sprache nachwirkende Lex 
Verner, nicht das ihr ähnliche Tongesetz, das auch sonst in unserer 
Sprachfamilie (lat., griech., ind. und arm.) nachwirkt. Aus diesem 


1) Vgl. vorläufig Hirts Hdb. d. Urgerm. I § 92. 

2) Studi baltici III 14f., Archivio XXIX 55 u. 58 [XXXI 72]. 
3) Vorläufig Archivio XXII 99. 

4) Idg. Gramm. V 62. 


V. Pisani, Bayds. 111 


Aufsatze) kommt man nun zu dem Ergebnis, daß jene zwei Ge- 
setze übereinstimmen und sich einander ergänzen. 

Sie stimmen überein, weil die Ausnahmen, wie ahd. bar und 
anord. barr und geirr (8 5), nicht nur seltener, sondern auch 
jünger“ sind als die Beispiele, in denen die zwei Gesetze har- 
monieren: das sind die im $1; vgl. auch § 2 (III), § 3 (gans, agis, 
brobar), 85 (gulp). Auch sind z. B. die anormalen Fälle des 
Typus xaoöi« jünger als jene vom Typus x7je aus jo. 

Die zwei Gesetze ergänzen sich insofern, als das eine sich 
auf die idg. Tenues, das andere auf die Mediae beschränkt. Wo 
nun das eine schweigt, redet fast immer das andere. Auch sind 
beide sehr nützlich, weil sie bis zu den ältesten Tonverhältnissen 
unserer Sprachfamilie hinaufreichen. 


Turin, Oktober 1937. Matteo Bartoli. 


Bayös. 

Unter den von Sonneck, Gl. XXVII 23f. besprochenen, von 
Petersen, AJPh. LVI 54ff. zusammengestellten “Greek Examples 
of Word-Contamination” befindet sich auch die Hesychische Glosse 
Bayós: Baotdeds, die aus dude und Baoılevs zusammengewachsen 
sein sollte. Von einem rein griechischen Gesichtspunkt aus ist das 
— wie übrigens der größte Teil von Petersens Aufstellungen — 
wenig wahrscheinlich: dude ist ein lebendes Wort nur bei Homer, 
und da bedeutet es „(Heer)führer“, nicht „König“: gesetzt aber 
auch, daß eine Kontamination zwischen beiden Worten möglich 
war, — wer denkt nicht eher für Bayds an altiranisches baga- 
„Gott“? Apotheose ist auf mesopotamischem Boden uralt, schon 
Sargon I (2500 v. Chr.) nennt sich Gott und erzählt von seinem 
göttlichen Ursprung; später ist die Herrschervergötterung von 
Alexander dem Großen und seinen Nachfolgern übernommen 
worden. Leider stehen uns — soweit mir bekannt — keine 
näheren Nachrichten zur Verfügung, um den Gebrauch von 60069 
besser zu bestimmen: mir scheint aber am wahrscheinlichsten, 
daß das Epitheton gerade am Hofe Alexanders bzw. der Seleu- 
kiden von deren iranischen Untertanen gebraucht war, als An- 
rufung und Bezeichnung für den König. Dann würde die Glosse 
aus irgendeinem geschichtlichen Werk stammen. 


Rom. Vittore Pisanı. 


1) Vgl. Rivista di filologia e d’istruz. classica LIX 207—221. 
2) Archivio XXV 48 (Anm. 125f.) u. XXIX 61. 


112 J. Hamm 


Über den gotischen Einfluß auf die altkirchenslavische 
Bibelübersetzung. 


Vor ungefähr zehn Jahren kam J. Vajs, einer der besten Kenner 
der aksl. Literatur, auf Grund seiner vorwiegend textkritischen For- 
schungen zu folgender Feststellung: „So haben wir, ähnlich wie 
in der gotischen Ulfilas-Übersetzung, auch in dem altslavischen 
Texte neben der byzantinischen Basis auch andere Elemente; be- 
sonders häufig sind die Western-Varianten, außerdem aber auch 
der alexandrinische und lateinische Einfluß. Es bleibt weitere 
Aufgabe der Forschung, die nichtbyzantinischen Varianten auf- 
zuweisen, und die Vorlage des altslavischen Textes in den Unter- 
abteilungen des K-Textes aufzusuchen *).“ Dem Aufrufe Vajs folgte, 
m. W., niemand. Das ganze Jahrzehnt hindurch wurde der Lösung 
dieser Probleme nicht eine ausführlichere Abhandlung gewidmet, 
und man begnügt sich u. a. auch heute noch mit einer mehr „zu- 
fälligen“ — wie man gewöhnlich vermutet — Ähnlichkeit aksl. und 
got. Texte. Auf ein vergleichendes Studium derselben legte man 
anscheinend schon von vornherein keinen Wert. Ein dergleiches 
Verhalten der Forscher ist vom Standpunkte der heutigen Lehre 
von der Entstehung der aksl. Bibelübersetzung an und für sich 
leicht verständlich, ja sogar fast ganz natürlich. Wie könnte man 
nämlich vom Standpunkte der kyrillo-mazedonischen Hypothese 
einer arianischen, und dazu noch fremdsprachlichen, gotischen, 
lange vor dem Auftreten der Slavenapostel verschollenen Bibel 
einen auch nur geringsten, scheinbaren Einfluß auf das Werk 
Kyrills einräumen, um zugleich nicht die Grundlagen dieser ganzen 
Lehre beträchtlich zu schädigen und schließlich in Frage zu stellen? 
Denn ein unmittelbarer Einfluß der gotischen Bibel auf das Alt- 
kirchenslavische nach der zweiten Hälfte des 9. Jahrh.s ist, nach 
allem, was wir heute von den Goten und von ihrer Literatur wissen, 
undenkbar; folglich müßte man ihn in eine frühere Periode, etwa 
ins 6. oder 7. Jahrh., versetzen, was der Ablehnung der von Jagić 
u. a. mit so viel Mühe aufgestellten Hypothese vom kyrillo-maze- 
donischen Ursprunge der ältesten slavischen Literaturdenkmäler 
gleichbedeutend wäre. Ich muß gestehen, daß ich mich vielleicht 
auch selbst an diesen Versuch nicht gewagt hätte, wenn mich 
meine paläographischen Forschungen nicht dazu gezwungen hätten. 
Unzufrieden mit der Lösung, die Vajs in seinem Handbuche’°) bot, 


1). J. Vajs, Byzantské recense a evangelijni kodexy staroslovénské, Byzantino- 
slavica I, p. 1—9, Prag 1929. 
2) J. Vajs, Rukovét hlaholské paleografie, Prag 1932 (Rukov. Slov. úst. 2). 


Über den gotischen Einfluß auf die altkirchenslavische Bibelübersetzung. 113 


versuchte ich selbst die Frage von der Herkunft der glagolitischen 
Schrift auf eine plausiblere Weise zu lösen. Meine zu diesem 
Zwecke unternommenen Forschungen erwiesen sich in der Tat als 
erfolgreich, und es gelang mir auf Grund paläographischer Studien 
festzustellen, daß die älteste slavische (d. h. die sogen. glagolitische) 
Schrift unbestritten gotischer Herkunft ist. Meine kroatische Ab- 
handlung über diesen Gegenstand ist bereits fertig und wird bald 
im Drucke erscheinen. Um dieses Ergebnis vor dem Veröffent- 
lichen einer möglichst allseitigen Kritik zu unterziehen, mußte ich 
vom paläographischen auf das sprachwissenschaftliche und text- 
kritische Gebiet übergehen, um festzustellen, ob sich auch von 
diesen Standpunkten aus von einem gewissen gotischen Einflusse 
sprechen läßt. Der Lösung dieser Frage widme ich diese kurze 
Abhandlung, in der ich mich aus methodischen Gründen nur auf 
die philologische Seite des oben erwähnten Problems beschränke. 

Nach den Ergebnissen der bisherigen Forschungen unterliegt 
es bereits keinem Zweifel, daß die ursprüngliche Vorlage der 
got. sowie der aksl. Bibelübersetzung in der beiden gemeinsamen 
K-Familie zu suchen ist, und ebenso kann man als unbestritten 
hewiesen betrachten, daß die gotische Übersetzung unter einem 
gewissen Einflusse altlateinischer Texte stand. Da Šafařík u. a. 
und in neuerer Zeit auch Pogorélov und nach ihm Vajs geneigt 
sind, den lateinischen Einfluß auch in der aksl. Evangelienüber- 
setzung zu sehen, halte ich es für geraten, die realen Ergebnisse 
ihrer Forschungen nachzuprüfen und festzustellen, ob die vermeint- 
lichen lateinischen Varianten vielleicht auch im gotischen Texte 
vorkommen. Denn im Falle, daß sie in derselben Gestalt auch dort 
erscheinen, müßten wir annehmen, daß sie — rein hypothetisch — 
ins Aksl. ebenso aus dem Lat. wie aus dem Got. gelangen konnten, 
und ferner, wenn sie sogar weder im Griech. noch im Got. vor- 
kommen sollten, dürften wir von einem unbestritten lateinischen 
Einflusse erst dann sprechen, wenn die gegebenen aksl. Wörter 
oder Ausdrücke unmittelbar aus dem Lat. entlehnt oder ihm treu 
nachgebildet sind. Dabei darf man nicht außer Acht ‘lassen, daß 
wir auch den slavischen Übersetzern in der Wahl der Ausdrücke 
und der Gestaltung der Wendungen hie und da eine gewisse 
Freiheit einräumen müssen. In der Tat, wie wir sogleich sehen 
werden, die Mehrzahl der bei Pogor. LV.') angeführten Beispiele 
kehrt auch im Got. wieder, so: 

1) V. Pogorelov, Latinskoe vlijanie v perevod evangelija, Sbornik Fil. Fak. 
III 32, Bratislava 1925. 

Zeitschrift für vergl. Sprachf. LXVII 1/2. 8 


114 J. Hamm 

Mc. 1,2: yéyeanta: — scriptum est — gameliß ist — este pisano. 

Me. 1,5: ngoa Á *Iovdaia yoga — omnis Iudaeae regio — all 

Iudaialand — vosE yudeiska strana. 

Me. 1, 12: éxBddder — expulit — ustauh — izvede. 

Me. 1,45: ote unuéte adtov ddvacda: — ut iam non posset — 
swaswe is juban ni mahta — Eko k tomu ne moZaase. 

Mc. 2,2: Gore unnerı xwogeiv — ut non caperet — swaswe jupan 
ni gamostedun — čko ks tomu ne voméstaachg se. 

Mc. 2,3: Zoxovıaı — venerunt — gemun — pridg. 

Me. 2,4: xalooı — submiserunt — insailidedun — sevesise. 

Mc. 2,12: Gore 2£ioraodaı — ut mirarentur — swaswe usgeisnode- 
dun — čko divléacho se. 

Me. 2, 17: ioydorvtes — sani — swinpai — sedraviü. 

Me. 3,7.8: noAb t — multa turba — filu manageins — menogs 
narods: nd og co t — multitudo magna — manageins 
filu — menogo mano2bstvo. 

Me. 3, 10: Gore éninintery — ut irruerent — swaswe drusun — Eko 
napadachg. 

Me. 3, 13: noooxaleitaı — vocavit — athaihuit — prizeva. 

Me. 4,4: èv 19 onelgeıv — dum seminat — mibpanei saiso — egda 
séase. 

Mc. 4, 5.6: dë tò un ërem (bis) — quoniam non habebat — in Pizei 
ni habaida — zane ne iméase: quod non habebat — 
unte ni habaida — zane ne ime(a)se. Vgl. Nik. 

Mc. 4, 17: nodoxaıgoı — temporales — heilahairbai — vrémenvni. 

Mc. 5, 26: tà nag aùtis ndvta — omnia sua — allamma seinamma — 
vdse SVOE. 

Me. 6, 21: eöxaloov — opportunus — gatils — potrébenu. 

Me. 7,10: 6 xaxohoyov — qui maledixerit — saei ubil gibai — 
ize zdsloslovits. 

Me. 7, 26: EAA — gentilis — haibno — poganyni. 

Me. 8, 36: Coure — detrimentum faciat — gasleipeiß sik — 
otastetits. 

Me. 9, 34: tig Geifon — quis eorum major esset — harjis maists 
wesi — kto ests bolei. 

Me. 9, 34: mods dAAndovs — inter se — du sis misso — drugs ke 
drugu. (Vgl. L. 2, 15!) 

Me. 9, 50: ër dAAnkoıs: — inter vos — mip izwis misso — mezdju 
s0b0j0. | 

Mc. 10,6: dooer xal Fijdv — masculum et feminam — gumein jah 


ginein — moza i Zeng. 


Über den gotischen Einfluß auf die altkirchenslavische Bibelübersetzung. 115 


Mc. 10,32: tà uEAlovra ere ovußaiveiw — quae essent ei eventura — 
poet habaidedun ina gadaban — eže chotease byti emu. 

Mc. 10,46: ixavod dydov — plurima multitudine — managein gano- 
hai — narodu menogu (: ixavds — dignus — warps — 
dostoins, M. 8,8, Mc. 1, 7 ff.). 

Me. 11,17: op yéyeantar — nonne scriptum est — niu gameliß ist — 
nésts li pisano. 

Me. 11,21: Ayer — dixit — qap — glagola. 

Mc. 12, 36.37: adtds yo.. . gët od» — ipse enim... ipse ergo — 


silba aur... silba raihtis — ts bo... sams ubo. 
Me. 14,5: éndvw — plus — in managizo — veste. 
Mc. 14,8: 5 £&oyev ary Enoinoev — quod habuit haec, fecit — pater 
habaida so gatawida — eže imé si sčtvori. 


Mc. 14,68: odx olda oöte Enlorauaı ti où Aéyers — neque scio, neque 
novi quid dicas — ni wait, ni kann ha pu gibis — ne 
uméjo ni ssvémd čto ty glesi. 

Mc. 15,20: tà iu&tiæ tà ča — vestimentis suis — wastjom swesaim — 
rizy svoje. | 

Mc. 15,21: dyyagedovoıw — angariaverunt -— undgripun — zadese. 

Mc. 15,31: &avrov — se ipsum — sik silban — sebe. 

Mc. 15,39: xevtvelwy — centurio — hundafaps — sotonike. 

Mc. 16, 4: Jewgoöcıw — viderunt — gaumidedun — videse. 

Mc. 16,11: & eddy — visus esset — gasaihans ward — vid ens byst. 

Der Unterschied von vazglasits und vaspéts bindet sich nicht 
an lat. vocare, vocem dare, clamare, loqui ` cantare, wie das Pogor. 

LV. 210 vermutet, sondern entspricht mehr dem got. wopjan : hruk- 

jan (vgl. M. 26, 74.75; Jo. 13,38; 18, 27 u. a.). Ebensowenig darf 

das aksl. chvalg vszdavs oder preljuby tvorits als eine Entlehnung 
aus lat. gratias agens oder adulterium committit gelten, da es 

im gegebenen Falle den lat. Ausdrücken treuer nachgebildet 

worden wäre. Die Wendung tod v toig oteavois — qui in coelis 

est kam auch im Got. vor und wurde dort in der üblichen Form 

‘saei in himinam’ mehr als eine Verkürzung des eigentlichen ‘saei 

in himinam ist’ (M. 10, 32. 33 u. a.) betrachtet. Über das Ver- 

hältnis vest, vosb ` gradbes vgl. S. 124. Vom lat. luna, das bei- 

Pogor. nur an einer Stelle, die fürs Got. in Betracht kommen kann 

(Mc. 13, 24), belegt ist, und von anderen geringen Abweichungen 

abgesehen, bleibt eigentlich von den Einzelwörtern nur das pro- 

povédati = lat. praedicare übrig, wodurch jedoch noch immer nicht 

gesagt sein soll, daß es schon aus der Zeit der ersten Übersetzung 

datiert, da es als ein viel gebrauchter kirchlicher Terminus auch 
8* 


116 J. Hamm 


später überhand nehmen konnte (vgl. z. B. pops, krig u. dgl.). Fast 
charakteristischer erscheint mir das, was Pogor. LV. auf S. 213 so 
zu erklären versucht: „In Mc. 1,6 gab der lateinische Übersetzer 
treffend den griech. Ausdruck évdedupévos telyas naundov xal H- 
vyv dequativny tei thy Öopbv adtod mit den Worten wieder: 
vestitus pilis cameli, et zona pellicea circa lumbos ejus, aber der slavische 
Übersetzer nahm das zona pellicea nicht für einen Ablativus, sondern 
für einen Nominativus und übersetzte: obledens vlasy velobozdi i 
poéss usnéns o crésléché ego.“ Wenn wir mit dem oben erwähnten 
das got. gawasids taglam ulbandaus jah gairda filleina bi hup 
seinana (ibid.) vergleichen, so sehen wir, daß auch hier die 
aksl. Form näher dem Gotischen als dem Lateinischen steht und 
daß in diesem Falle von einem Versehen des slavischen Übersetzers 
kaum die Rede sein kann. 

Pogor. LV. führt (S. 215. 216) auch etliche Beispiele aus 
Berneker (Kyrills Übersetzungskunst, IF. XXXI 399—412) an, die 
mindestens ebensoviel Anspruch auf eine lateinische wie auf eine 
gotische Vorlage erheben können: 
go adtév — elisit eum — gabrak ina — povrvée i (Nik.), L. 9, 42. 
xe, — ex ordine — gahahjo — po redu Nik., L. 1, 3: x 9e — 

deinceps — afar fata — potoms Nik., L. 8, 1. 
Enoaivetas — arescit — gastaurknib — océpénéets Mc. 9, 18: é&nodvdy 
— siccatus est — gapbaursnoda — isekng Mc. 5, 29. 


ocet ô olvos ô véog — dirumpet vinum (utres) — distairai wein 
bata niwo — prosadits vino novo Me. 2,22: oos 
abröov — allidit illum — gawairpip ina — razbivaate i 
Me. 9, 18. 

ob rol elen ol... ovunviyovtar — hi sunt, qui... suffocantur — 


Bai sind Baier... afhapnand — si sutb (ide). . pod a- 
vlajuts se Nik. L. 8, 14: of dydou ovvenvıyov abıdv — a 
turbis comprimebatur — manageins prathun ina — narodi 
ugnitachu i Nik. L. 8, 42. 

Wie wir sehen, folgt das Aksl. dem Got. (und Lat.) auch in 
der synonymischen Wiedergabe griech. Ausdrücke und Wendungen. 
Einen nicht geringen Anlaß dazu konnte den slavischen Übersetzern 
eben das Got. bieten, das sich, wie bekannt, beim Übersetzen 
ebenfalls häufig einer bunten Synonymik bediente (vgl. griech. 
éxnAnoocecda: — lat. admirari, stupere — got. biabrjan, sildaleikjan, 
usgeisnan, usfilma wairban M. 7,28; Mc. 6, 2. 10,26. 1,22 u. a.). 

Die von Vajs als Latinismen betrachteten Ausdrücke’) wurden 

1) Vgl. auch: J. Vajs, Jaky vliv mela latinsk& Vulgäta na staroslovansky 
překlad evangelni (Slavia V, Prag 1927, S. 158—162). 


Über den gotischen Einfluß auf die altkirchenslavische Bibelübersetzung. 117 


teilweise schon erwähnt. Für ärıovoros gab Jagić, Entst.* 367 die 
einzig richtige Erklärung, und das einsam dastehende ‘vs2dajoste’ 
(nur Assem.) konnte auch später ins Aksl. eindringen. Was diese 
wie die anderen Stellen, wo man an einen lateinischen Einfluß 
denken könnte, betrifft, stimme ich Vajs bei, wenn er sagt (Slavia 
V 161): „Tato mista jsou spíše pripustna a pochopitelna jako pozdejst 
zmeny ‘opravy pod vlivem Vulgdty... Snad je tu něco podobného 
jako v památkách charvatsko-hlaholskych, kde vliv Vulgdty v pozdéjsi 
době byl mnohem usilovnejst.“ 

Der Einfluß der Vulgata ist demnach in eine spätere Zeit zu 
setzen und kann bei der aksl. Urübersetzung nicht in Betracht 
kommen, wie das übrigens auch aus der lat.-aksl. Lehnwortkunde 
klar erhellt. Von dem Gotischen können wir das jedoch nicht 
sagen, denn obgleich ein unmittelbarer Einfluß des Gotischen nach 
der zweiten Hälfte des 9. Jahrh.s undenkbar ist, finden wir in 
der aksl. Bibelübersetzung unfehlbare Beweise, daß sie unter einem 
unmittelbaren Einflusse der arianischen Bibel Ulfilas stand. Diese 
Beweise zeigen 1. daß eine ganze Anzahl von gotischen Wörtern 
an Stellen entlehnt wurde, an denen wir sie auch im gotischen 
Original treffen, 2. daß gotische Wörter an solchen Stellen auch 
unverändert (d. h. in ihrer urspr. got. Form) ins Aksl. übernommen 
wurden, 3. daß verschiedene aksl. Wörter und Wendungen an 
entsprechenden Stellen wörtlich aus dem Gotischen übersetzt wurden 
(calques). Eine derartige, und dazu noch so mannigfaltige, Koin- 
zidenz kann unter keiner Bedingung einem späteren Einflusse, 
der sich etwa erst eine geraume Zeit nach der vollendeten Über- 
setzung — etwa so wie es mit der Vulgata der Fall war — durch- 
setzen sollte, zugeschrieben werden. Got. Entlehnungen, die in 
der aksl. Bibel eine freie Stelle und hie und da sogar eine ab- 
weichende Bedeutung einnehmen, konnten auch später (aus der 
Volkssprache) in den Bibeltext eindringen, für die oben erwähnten 
Fälle kann das aber keineswegs gelten. Ich bin deshalb überzeugt, 
daß nicht nur irgendein späterer aksl. Text, sondern daß gerade 
die Urübersetzung der aksl. Bibel unter gotischem Einflusse stand. 
Ich werde im weiteren versuchen, die oben erwähnten Beweise, die 
u. a. auch die Richtigkeit meiner paläographischen Ausführungen 
zu bestätigen scheinen, in systematischer Ordnung anzuführen. 
Dabei werde ich mich nur auf die beiden von Vajs herausge- 
gebenen rekonstruierten aksl. Evangelientexte (M. u. Mc.)') und das 


1) J. Vajs, Evangelium sv. Matouše, Prag 1935; CECR sv. Marka, 
Prag 1927 (Krit. stud. starosl. textu bibl. 3,1). 


118 | J. Hamm 


bei Jagić, Entst.“ 300—420 (§ 55 — 56) ) dargebotene Material be- 
schränken. Für die gotische Sprache bleibt — wie bisher — der 
von Streitberg herausgegebene Text der Gotischen Bibel’ (I, Ger- 
manische Bibl. II. Abt. 3, Heidelberg 1908) maßgebend. Fürs La- 
teinische ziehe ich hier den Urtext der Vulgata, und fürs Griechische 
die bei Vajs und Streitberg verwendeten Texte heran. Da der 
Zweck dieser Abhandlung mehr informativ und anregend sein soll, 
werde ich auch die Zahl der angeführten Beispiele aufs Nötigste 
beschränken. Ein ausführlicheres Bild der got.-aksl. Sprachbe- 
ziehungen wird wohl erst nach vergleichender Durchforschung aller 
in Betracht kommenden Denkmäler erreicht werden. An eine voll- 
ständige Darstellung dieser Beziehungen ist infolge der verhältnis- 
mäßig ärmlichen Überreste der gotischen Literatur leider kaum 
zu denken. 

Die Beweise für den gotischen Einfluß auf die altkirchen- 
slavische Bibelübersetzung können m. E. in zwei Gruppen geteilt 
werden, von denen die eine (I) Wörter, die unmittelbar aus dem 
Got. ins Aksl. übernommen oder aus dem Gotischen entlehnt wurden, 
umfaßt, und die andere (II) Wörter und Wendungen, die aus dem 
Got. übersetzt oder dem Got. treu nachgebildet wurden, enthält. 


I. 

In dieser Gruppe unterscheide ich: 1. Wörter, die unverändert 
aus dem Gotischen ins Altkirchenslavische übernommen wurden, 
2. Wörter, die in identischer Funktion und an identischen Stellen 
aus dem Gotischen entlehnt wurden, und 3. Wörter, die ungeachtet 
ihrer gotischen Herkunft im aksl. Texte selbständig auftreten. 

1. Wörter, die unverändert aus dem Gotischen über- 
nommen wurden (Identität der Stelle, Bedeutung und Form): 

ju-(Ze) << got. ju-¶ Han) „schon“. 

Aksl. ju- kommt stets in der Verbindung mit der Partikel 
Ze = got. ban vor, so daß das aksl. juze in der Tat das got. jupan, 
in welchem das fan durch das slavische Ze ersetzt wurde, treu 
wiedergibt: vgl. A&yo dë bud — dico autem vobis — gibuh Han 
izwis — glagoljo Ze vams, M. 6, 29; don dé 6 xevtveiwy — videns 
autem centurio — gasaihans pan sa hundafaps — videvs Ze sotoniks, 
Me. 15, 39: x fbn pias yevouéyns — etcum jam sero esset factum 
— jah jupan at andanahtja waurbanamma — i jude pozdě byvasu, 
Me. 15,42; ndai tédynuey — jam obiisser — jupan gaswalt — uže 
umsréts, Mc. 15, 44. Nach Brückner ist das Wort urslavisch (SEJP. 

1) V. Jagić, Entstehungsgeschichte d. kirchenslavischen Sprache, Berlin 19133. 


Über den gotischen Einfluß auf die altkirchenslavische Bibelübersetzung. 119 


210)*), und Berneker (SEW. 456f.)*) läßt die Frage über seine 
Abstammung ungelöst. 

plats < got. plats „Fleck, Lappen.“ 

Feist (EWG.“ 289) ist got. plats eine aksl. Entlehnung, Holt- 
hausen (GEW. 77)*) ist das Wort unbekannter Herkunft, und Ki- 
parsky (GSL.)’) führt es nicht an. Slav. platono, plastanica u. dgl. 
sind aus plats abgeleitet worden. Neben dem got. plat (plats) hatte 
das Aksl. auch die einheimische Form pras (so schon im Mar., 
Zogr. und Ostr.), vgl. Jagié, Entst.* 378. An eine Entlehnung aus 
dem Slavischen ist ohnehin kaum zu denken, da schon Plinius 
und Tacitus die Webekunst der Germanen bekannt war. Vgl.: 
obdeis dé EnıßaAleı éniBAnua ĝáxovs dyvdapov mì luati nahdag — 
nemo autem immittit commissuram panni rudis in vestimentum vetus — 
abban ni hashun lagjiß du plata fanan parihis ana snagan fairnjana — 
nikatoze bo ne pristavljajets pristavljenya plata ne béljena rizé vetasé, 
M. 9,16; oddeis éniBAnua édxovs dyvapov énoodata ml tuatip 


nadair — nemo assumentum panni rudis assuit vestimento veteri — 
ni manna plat fanins niujis siujid ana snagan fairnjana — niktoze 


‚pristavlenie plata ne bélena ne pristavléets rizé vetsse, Mc. 2, 21. 

se (interj.) < got. sai „sieh, siehe“. 

Dem griech. i6oö entspricht im Got. sai (Kieckers, Hdb. der 
vgl. got. Gram. 288, § 172), das auch ins Aksl. übernommen wurde: 
xa idov, noa À nölıs EEnidev eig ovvdvınoıw rei ’Inooö — et 
ecce tota civitas exiit obviam Jesu — jah sat, alla so baurgs usiddja 
wipra Jesu — i se vosb grads izide protivg Iisusovi, M. 8, 34; dot 
SS ev ô onelowv tov oneigaı — ecce exiit seminans ad seminandum — 
sai, urrann sa saiands du saian — se izide sejei séate, Mc. 4, 3. 
Charakteristisch ist zum Beispiel Mc. 15, 35, wo griech. idod und 
got. sai mit vičdb übersetzt wird, was man als eine Annäherung 
an den griech. Urtext betrachten kann. 

2. Wörter, die aus dem Gotischen entlehnt wurden I. 
(identische Stelle und Bedeutung, slavisierte Form): 

céls << got. hails? „heil, gesund“. 


1) A. Brückner, Słownik etymologiczny języka polskiego, Kraków 1927. 

1) E. Berneker, Slavisches etymolog. Wörterbuch, I, Heidelberg 1908—1913 
(Indogerm. Bibl. I, Abt. 2, R. 2). | 

2) S. Feist, Etymologisches Wörterbuch der gotischen Sprache, Halle 1923“. 

4) F. Holthausen, Gotisches etymologisches Wörterbuch, Heidelberg 1934 
(Germanische Bibl. I, Abt. 4, R. 8). 

5) V. Kiparsky, Die gemeinslavischen Lehnwörter aus dem Germanischen, 
Helsinki 1934 (Ann. Acad. Sc. Fennicae XXXII 2). 


120 J. Hamm 


Beispiele wie: i bodi cela ots rany tvoeje — jah sijais haila af 
hamma slaha Beinamma (xal Todi d yiijg and ts udorıyds cov, Mc. 5, 34), 
aæs priseds iceljg i — ik gimands gahailja ina (éyw Atav teoanevow 
aùtóv, M. 8,7) oder: i icéléjets otro moi — jah gahailniß sa hiumagus 
meins (xai iadnoeraı! ô nais uov, M. 8, 8) zeigen allzu deutlich, daß 
céls eine Entlehnung aus dem Got. ist. Kiparskys Bedenken (GSL. 63) 
ist etwas übertrieben, da wir got. anl. A nicht immer mit slav. x 
identifizieren können. Celovati' erscheint in der Bed. „grüßen“ 
erst viel später und kommt in den ältesten aksl. Texten nicht vor. 

ceta < got. kintus „Heller, Münze“. 

Kiparskys Annahme (GSL. 109), aksl. ceta wäre unmittelbar 
aus dem lat. centus entlehnt, kann nicht ernst genommen werden; 
vgl. tov Ston nododvrnv — novissimum quadrantem — pana minni- 
stan kintu — poslédonuju cetu, M. 5, 26 (Jurj.). 

chlébs < got. hlaifs „Brot“. 

Das Wort wird auch von Kiparsky (GSL. 199f.) als eine got. 
Entlehnung betrachtet; vgl. neste bo dobro oteti chléba cedoms — unte 
ni gop ist niman hlaib barne (od yae uaddv oti AaBeiv tov čotorv 
tov téxvwv, Me. 7, 27). 

kotol < got. katils „Kessel“. 

Eine allgemein anerkannte Entlehnung aus dem Got., der Meillet, 
Mladenovs und Lehr- Splawinski nur aus Akzentrücksichten wider- 
sprechen; vgl.: prijese drs2ati krostenie stuklenicam i Epvanom3 kotlom 
i odroms (Mc. 7,4) — andnemun du haban: daupeinins stikle jah 
aurkje jah katile jah ligre (nag&Aaßov uoateiv, Bantıouods notnolwy 
nai Seorov nai yahuiwy nai hm ). 

kusiti << got. kausjan „kosten, prüfen“. 

„Wegen der tadellosen lautlichen und semasiologischen Uber- 
einstimmung des got. und slav. Wortes ist an Entlehnung fest- 
zuhalten“ (Kiparsky, GSL. 205); vgl. auch: ne imots vekusiti semrati 
— nt kausjand daupaus (un yevowvraı Yavdrov, Mc. 9, 1). 

misa < got. mes „Tisch, Schüssel“. 

Dieses Wort soll nach Kiparsky (GSL. 126f.) aus griech. #looog 
entlehnt sein, obgleich wir nirgends einen Beweis dafür haben, daß 
ulooos, welches Kiparsky nur aus dem Wb. von Sophocles kennt, 
im Aksl. durch misa übersetzt wurde. Wenn wir dagegen solche 
Stellen wie: i prinese glavo ego na misé — jah atbar fata haubip is 
ana mesa (xai fveyne thy nepaihv adbtod éni nivan, Mc. 6, 28) 
beachten, dürfte man kaum noch zweifeln, daß aksl. misa aus got. 
mes entlehnt wurde. Selbst das got. 2 bietet hier keine unüber- 
windliche Schwierigkeit, da es eigentlich schon im Got. “strongly 


Über den gotischen Einfluß auf die altkirchenslavische Bibelübersetzung. 121 


tinctured with the vowel sound heard in NHG. sie, she” war (Wright, 
GG. 6)'). 

mytard < got. mötäreis „Zöllner“. 

Kiparsky (GSL. 271.) zählt zwar dieses Wort zu den Fällen, „wo 
beim heutigen Stand der Forschung eine Entscheidung unmöglich 
ist“, gesteht jedoch, daß es zu den Wörtern, „die jedenfalls nicht 
slavisch sind“, gehört (ib.). Seine Behauptung (ib. 272), „wegen 
got. 5 ~ slav. y kann mötäreis nicht die unmittelbare Quelle des 
slav. mytarv sein“, wird kaum jemanden befriedigen. Kiparsky 
steht zu sehr unter dem Einfluß des geschriebenen Wortes und 
läßt dabei außer acht, daß Entlehnungen nicht nach dem ge- 
schriebenen, sondern nach dem gesprochenen Wortlaute über- 
nommen werden. Ein got. 5 war, wie auch ahd. muta < got. möta 
beweist, “a long close vowel, strongly tinctured with the vowel 
sound heard in NHG. gut, good. Hence we occasionally find u 
written, where we should etymologically expect 0” (Wright, GG. 7). 
Für die Entlehnung mytard aus mötäreis spricht außerdem auch 
die Tatsache, daß sich weder im Ahd. noch in einer verwandten 
Sprache ein *mutari oder dgl. befindet. Vgl. oöyi xai oi veA@vaı 
tò aöro norodom — nonne et ethnici hoc faciunt? — niu jah mo- 
tarjos fata samo taujand? — ne i mytare li tožde tvorets, M. 5, 47. 

mytonica < got. möta „Zoll; Zollamt“. 

Mytonica wird aus aksl. myto abgeleitet, das unmittelbar auf 
got. möta beruht. Wenn möta im Ahd. ein mu ta ergab, folgt daraus 
noch immer nicht, daß die Entlehnung nicht unmittelbar aus dem 
Got. erfolgen konnte (s. oben). Vgl. na mytonici — at motai (éni 
tò teAwvıov, M. 9,9; Me. 2, 14). 

mozda < got. mizdo „Lohn“. 

Die Entlehnung ging wahrscheinlich den Weg griech. uiod6s > 
got. mizdö > aksl. mozda. Eine Urverwandtheit mit dem Germani- 
schen scheint mir hier weder nötig noch plausibel zu sein. Vgl.: 
kọjọ med imate — ho mizdono habaif? (tiva uoiiou Eyere, M. 5, 46; 
Mc. 9,41). Das Wort verbreitete sich bald auf Kosten des ‘myto’ 
und seiner Sippe, vgl. Jagić, Entst.“ 364. 

ocbtb < got. aket „Essig“. 

Kiparskys Frage (GSL. 117f.), „sollte vielleicht slav. ocots (statt 
* ocetz) sein b dem begriffsverwandten *ocode < acidum verdanken?“ 
halte ich für überflüssig. Aksl. » konnte sich auch aus dem Got. 
entwickeln, wo — wie bekannt — e nicht selten mit i alterierte 
(vgl. usdrebi/usdribi Mc. 5, 10, duatsnéwun/duatsniwun Mc. 6, 53): 


1) J. Wright, Grammar of the Gothic Language, Oxford 1910. 


122 J. Hamm 


isplend gobo ot — gafulljands swam akeitis (yeuloas ondyyov čovs, 
Mc. 15, 36). 

plesati < got. plinsjan „tanzen“. 

Auch hier kann ich nicht umhin als an eine Entlehnung aus 
dem Got. zu denken. Kiparskys Ausführungen (GSL. 98f.) sind 
zu mangelhaft und wirken nicht überzeugend. Slav. pleskati, 
plesngti sind onomatop. Ausdrücke, die mit urspr. plesati nichts ge- 
meinsam haben, und lit. plesti ist allem Anscheine nach eine jün- 
gere Entlehnung aus dem Slav. Auch die Isolierung des betref- 
fenden Wortes im Got. ıst an und für sich noch kein Beweis, daß es 
aus dem Slav. entlehnt wurde. Tatsache ist allerdings nur, daß 
wir plesati in der Bibel an Stellen begegnen, wo es dem got. 
plinsjan förmlich und semasiologisch entspricht. An eine Entleh- 
nung aus dem Aksl. ist dabei kaum zu denken, da die got. Bibel 
doch aus dem 4. Jahrh. stammt, und von einem Entlehnen aus 
dem Slav. vor dem 4. Jahrh. ist uns so gut wie nichts bekannt. 
Vgl. piskachoms vam i ne plesaste — swiglodedum izwis jah ni 
plinsidedub (noa, Öuiv xai obx wexnjoacde, M. 11, 17; vgl. 
auch Mc. 6, 22). 

postiti < got. fastan „fasten“. 

Die aksl. Form wird wohl aus dem Got. entlehnt sein, was 
auch Kiparsky (GSL. 261f.) trotz aller Bedenken zugibt. Das ver- 
hältnismäßig frühe Auftreten des skr. posts könnte man auch als 
eine sekundäre Anlehnung an das ahd. fasto erklären, da bekannter- 
weise Kroatien im 9. Jahrh. politisch die Oberherrschaft Karls des 
Großen und seiner Nachfolger (ungefähr von 803 bis 878)’) und 
kirchlich die des Patriarchen von Aquilea anerkannte. Vgl.: po 
cto učenici ioanovi i farisei postets se a tvoi učenici ne postets se — 
duhe siponjos Iohannes jah. Fareisaieis fastand, ip pai peinai siponjos ni 
fastand (dati ol uadmrai ’Iwavvov zal ol tév Dagıcalwv yynotevovary, 
of dë oni wadntai ob vnotevovay, Mc. 2, 18). 

prozi < got. Dramstei „Heuschrecke“. 

Ich halte aksl. prozi, das Miklosich, EW. 265°) aus der Wz. 
preng- ausführt, für eine Entlehnung aus got. Zramstei, da das anl. 
coronale 5 (Siev. G) auf got. Boden zu einem stimml. labiodent. f 
verwandelt werden konnte, das dann ein aksl. bilab. stimml. p 
ergab (: got. blahsjan, briskan), vgl.: bramsteins jah milip haipiwisk — 
prozi i meds divii, Sav. (dxolò ag xai uelı &youov, Me. 1, 6). 

1) F, Šišić, Povijest Hrvata u vrijeme narodnih vladara I, Zagreb 1925, 
8. 307. 

*) F. Miklosich, Etymolog. Wörterbuch der slavischen Sprachen, Wien 1886. 


Über den gotischen Einfluß auf die altkirchenslavische Bibelübersetzung. 123 


séati < got. saian? „säen“. 

Beispiele wie séjei slovo séats — sa saijands 0 55 sayip (ô 
onelowv tov Adyor oneiges — qui seminat, verbum seminat, Mc. 4, 14) 
lassen vermuten, daß eine got. Entlehnung nicht unmöglich ist. 
Schrader (Reall. 17) scheint dieser Vermutung nicht zu wider- 
sprechen (vgl. ib. got. kaurn, gairnus, briskan — aksl. zrano, Zrensvb, 
vresti). 

smoky < got. smakka „Feige“. 

Nach Kiparsky (GSL. 227f.) aus dem Balkangotischen; ne be 
bo vreme smoksvams — ni auk was mel smakkane (ob yae D xareds 
oixwv, Me. 11, 13). 

stokl-enica < got. stikls „Becher“. 

Stoklénica: aksl. stoklo << got. stikls, auch Kiparsky, GSL. 209; 
držite . . . krasenié dbvanoms i stoklénicams — habaiß .. REECH 
aurkje Pë stikle (nọateïte ... Bantiopods Zeotéin xal nornoelov, 
Me. 7,8). 

svekry << got. swathro? „Schwiegermutter“. 

Beispiele wie prids bo razlocits... nevésto na svekrave svojo — 
gam auk skaidan ... bruß wipra swathron izos (jAdov yao diydoa .. 
vOUPNY nata tis mEvIEeods adrijs, M. 10, 35) u. dgl. sprechen aller- 
dings zugunsten einer Entlehnung, besonders da sich in den 
ältesten Evangelientexten für griech. nevdsgd auch das aksl. testa 
behauptete (vgl. M. 8, 14). 

svin-ija << got. swein? „Schwein“. 

Die Entlehnung aus dem Got. ist höchst wahrscheinlich, da 
es hier eigentlich nur auf den Genuswechsel ankommt. Vgl. stado 
svinii mnogo pasomo — hairda sweine managaize haldana (dy yoiowy 


noAlov Boonou&vn — grex multorum porcorum pascens, M. 8, 30), 
possli ny vb svinije — insandei unsis in fo sweina (neuwdov buds 
eis rob xXoloovs — mitte nos in porcos, Me. 5, 12). 


velbbods < got. ulbandus „Kamel“. 

Außer Mayer (s. Kiparsky, GSL. 213) stimmen alle überein, daß 
aksl. velobgds aus got. ulbandus entlehnt wurde; vgl. udobée estz 
velobodu skvozé igelind uši proiti... — azitizo ist ulbandau pairh 
bairko neplos galeipan (ebxonwregdv oti xdundovy ia vg tovuadias 
ins G ꝙiòoͤog eiceAdeiv, Mc. 10, 25). 

vinograds < got. weinagards „Weingarten, Weinberg“. 

Daß das Wort aus dem Got. entlehnt wurde, gibt auch Kiparsky 
zu, obgleich er geneigt ist, aksl. vino aus dem Roman. abzuleiten 
und in aksl. grads eine den Satem-Sprachen gemeinsame Entleh- 
nung aus den Centum-Sprachen zu sehen (GSL. 224 ff. 103f.); 


124 J. Hamm 


vgl. vinograds élks nasadi — weinagard ussatida manna (dune 
épitevoevy AvIownos — vineam pastinavit homo, Me. 12, 1). 
vretograds < got. aurtigards „Garten“. 

Kiparsky, GSL. 57f. zerlegt das Wort in ein unabhingiges 
vrsts und ein ebenso unabhängiges grads, woraus dann vratograds 
nachträglich durch Zusammensetzung entstanden sein soll. Diese 
Ansicht ist m. E. unhaltbar, weil 1., wenn vrt und grads ursprünglich 
dieselbe Bedeutung gehabt hätten, eine dergleiche Zusammensetzung 
wahrscheinlich überflüssig gewesen wäre, 2. aksl. grads in der Regel 
für griech. dig, got. baurgs steht und in der Bedeutung „Garten“ 
erst später, und dann nur sporadisch, erscheint (Jagić, Entst.“ 
330), 3. die Zusammensetzung schon im Aksl. einem kürzeren vrats 
Raum machte, 4. weil eine dergleiche Zusammensetzung auf aksl. 
Boden eine „völlig isolierte* Ausnahme sein würde, da, wie auch 
Kiparsky gesteht, das Slav. im allgemeinen „keine Neigung zur 
Bildung von Komposita zeigt“ (ib.). Ich stimme deshalb mit Stender- 
Petersen') überein und füge zur Bekräftigung seiner Hypothese got. 
aur (aksl.r) noch aksl. trans (got. Daurnus) an. Vgl. idese bé vrats — 
Harei was aurtigards (önov fy annos, Io. 18, 1). Für aksi. vratograds, 
vrets, vratsps (got. filigri) vgl. Jagić, Entst.“ 330f. 

Zupelb << got. swibls „Schwefel“. 

Wie man aus Zeplons schließen kann haben wir eigentlich ein 
* Zypl-ons << swibls anzusetzen; vgl. odazdi Supelb i ognb s nebese, 
Nik.“ — rignida swibla jah Goin us himina (&Boegev Beton xai 
soo an' odeavod, L. 17, 29). : 

Hier möchte ich noch auf M. 6, 30 hinweisen, wo griech. xAi- 
Bavos durch aksl. ognd übersetzt wird, obgleich ogns in der Regel 
für griech. wög steht (so M. 7, 19; Mc. 9, 43. 44. 45). Im Got. ent- 
spricht dem griech. nög, aksl. ognd — ‘fon’, und griech. xAißevog 


wird durch auhns übersetzt; seno selonoje ... vs ognd vamétajemo — 
hawi haibjos... in auhn galagiß (tov xdorov Tod dygod... Sie 
„Alßavov BaAlduevov — foenum agri quod... in clibanum mittitur, 


M. 6, 30). Aksl. ognb statt pesto (Jagić, Entst.“ 292) könnte man 
hier als eine mehr akustische, unbewußte Anlehnung an got. auhns 
betrachten. Interessant ist auch aksl. vesb, vos», das mit lat. vicus und 
got. wehs, weihs verwandt ist. Die Form gradeco (<< grads) konnte dem 
schlichten doms gegenüber sehr früh die Bedeutung des got. baurgs, 
weihs, haims übernehmen. Eine Burg wird — ungeachtet ihrer Größe 
— auch heute noch skr. grad, slov. graščina genannt. Dem aksl. 


1) A. Stender-Petersen, Slavisch-Germanische Lehnwortkunde, Göteborg 1927, 
S. 370 ff. (Göteb. Kungl. Vetensk.-Vitterh.-Samhäl. Handl., Fj. Fö., Bd. 31, Nr. 4). 


Über den gotischen Einfluß auf die altkirchenslavische Bibelübersetzung. 195 


stegena, das Vajs (Slavia V 160) für griech. édyas, lat. vicos anführt, 
entspricht an derselben Stelle (L. 14, 21) got. staigos. 

3. Wörter, die aus dem Gotischen entlehnt wurden II. 
(Die Entlehnung knüpft sich nicht an identische Stellen im Texte 
an und kann als sekundär betrachtet werden). 

Wörter wie bljudo, losts u. dgl. sind zwar auch gotischer Ab- 
stammung (vgl. Kiparsky, GSL. 192—213), erscheinen aber in aksl. 
Texten an Stellen, wo wir vergebens nach ihrem Urbilde im Go- 
tischen suchen würden. So wird z. B. got. biups (> bljudo) stets 
durch das griech. trapeza wiedergegeben: jah auk hundos undaro 
biuda matjand — ibo i psi pods trapezajo Edets (xai yao tà uvvdoia 
vnoxndtw rg toanélns Eodleı — nam et catelli comedunt sub mensa, 
Mc. 7, 28), und aksil. b/judo nimmt die Bedeutung des got. més an: 
na bljudé — ana mesa (Ei nivanı — in disco, Mc. 6, 25). Ähnlich 
wird got. lekeis (> lék-) mit aksl. balii oder vracb (so Me. 2, 17f.), 
got. hansa (> (a)bg. *hosa) mit aksl. spira oder narods (vgl. Mc. 
15, 16; Io. 18, 3f.) übersetzt, und für aksl. reit, lostecd (got. airzipa, 
afmarzeins; airzjans) werden wir im Got. vergebens nach lists oder 
dgl. suchen. Wie schon oben (S. 117) erwähnt wurde, konnten 
solche Wörter durch die Hand späterer Abschreiber in den aksl. 
Text dringen. 

Was aksl. kupiti betrifft, kann ich — zur Bekräftigung der von 
Stender-Petersen, SGL. 375f. und Kiparsky, GSL. 204 geäußerten 
Vermutung — L. 19,13 anführen: kupl’9 deite donvdeZe prido, Mar. — 
kaupoß, unte ik gimau (nouyuarsdonode Ews Zorougt — negotia- 
mini dum venio) An anderen Stellen steht aksl. kupiti in der 
Regel für got. bugjan. 

Bevor ich zur zweiten Gruppe übergehe, möchte ich noch auf 
aksl. cesar aufmerksam machen. Nach Miklosich, Meillet, Kluge, 
Mikkola u. a., denen auch Kiparsky, GSL. 194f. beistimmt, soll das 
Wort aus got. kaisar entlehnt sein. Ich kann nicht umhin als Skok 
u. a. beizustimmen, die geneigt sind, darin eine alte romanische 
Entlehnung zu sehen. Wenn wir nämlich die aksl. und got. Texte 
vergleichen, werden wir sehen, daß aksl. césard in der Regel für 
griech. Baodeds, got. Hiudans und in keinem Falle für got. kaisar, 
das stets in der Form kesard (so Mc. 12, 14—17 u. a.) erscheint, 
steht. Eine Entlehnung des aksl. cesard aus got. kaisar würde 
diesen Unterschied (cesard ` kesard) notwendigerweise aufgehoben 
haben, was jedoch im Aksl. nicht der Fall war. Ich bin deshalb 
der Meinung, daß die Urform des aksl. cesar außerhalb des Be- 
reiches der got. Sprache zu suchen ist. 


126 J. Hamm 


| II. 

In dieser Gruppe unterscheide ich 1. Wörter, die aus dem 
Gotischen übersetzt oder ihm womöglich treu nachgebildet sind — 
und 2. Wendungen, die denjenigen der got. Bibel möglichst treu 
nachgebildet sind. 

1. Wörter, die aus dem Gotischen übersetzt oder ihm 
womöglichst treu nachgebildet sind: 

Griech. dxgoßvoria: — praeputio — unbimait — neobrezanije (Col. 
2, 13). 

Griech. aͤllebg: — Zon yao ddıeis... nal nowjow buds yevéodar 
dAueis dvdownwy — erant enim piscatores ... et faciam vos 
fieri piscatores hominum — wesun auk fiskjans ... Jah gatauja 
iggis wairban nutans manne — béasete bo rybaré .. . i satvorje 
vě byti loveca clovékoma (Mc. 1, 16. 17). 

Griech. dviorauaı, dvaornjvaı; aksl. vaskrosngti wird „in der Regel 
gebraucht in der Bedeutung ‘vom Tode zum Leben auf- 
erstehen’, während für das gewöhnliche ‘aufstehen’ vastati an- 
gewendet wird“ (Jagić, Entst.“ 334). Dem aksl. vaskrosnote 
entspricht got. usstandan, und dem aksl. vastati das got. ur- 
raihtjan. So weit wire alles in Ordnung, aber charakte- 
ristisch ist, daß das Aksl. und Got. auch in den Abweichungen 
von der oben erwähnten Regel übereinstimmen. So wenn 
Jagić (ib.) hervorhebt, daß uns im Aksl. statt des erwarteten 
veskrosngti in Mc. 5,42; 6, 14 und L. 9, 22 vastati begegnet, 
sehen wir, daß auch im Got. an denselben Stellen statt usstan- 
dan ein urraihtjan erscheint (‘Iwdyyns ô Bantilwr éx vexody 
nyéodn — Ioannes Baptista resurrexit a mortuis — Iohannis 
sa daupjands us daupaim urrais — ioans krastei vasta ots 
mratvychs, Me. 6, 14). Aber auch das Umgekehrte ist der Fall, 
denn wenn Jagié (ib.) betont, daß man L. 8, 55; 9,8. 19 „für 
dvaorijvaı nicht in der oben erwähnten Bedeutung vaskrose 
liest“, sehen wir, daß auch im Got. usstandan statt urraihtjan 
auftaucht: neopneng ele tv dooten dvéotn — propheta unus 
de antiquis surrexit — praufetus sums pize airizane usstoh — 
proroks eters ots drévenéchs vaskrose (L. 9, 8). 

Griech. dnootdorov ` détw gëtt dnoordorov — det ei libellum repudii 
— gibai izai afstassais bokos — dasts jei kenigy raspustonyje 
(M. 5, 31). 

Griech. doyvgıov : anéotoewe tà tordxovta doyvora ... xal bias 
tà doyvora Ev TO vag dvexwonoe — rettulit triginta argenteos... 
et projectis argenteis in templo, recessit — gawandida hans prins 


Über den gotischen Einfluß auf die altkirchenslavische Bibelübersetzung. 197 


tiguns silubrinaize ... jah atwairpands Haim silubram in alh 
aylaiß — vszvrati tri deseti svrebroniks ... i povrogs sbrebro 
vs crokeve otide (M. 27, 3. 5). 

Griech. dıdßoAos ` undé didote Tönov th dag — nolite locum 
dare diabolo — ni gibiß stap unhulßin — ne dadite mésta 
neprijazni, Sis. (Eph. 4, 27). 

Griech. sin : wird in der Regel durch ikona (< griech.) oder 
obrazs, denen got. frisahts (so II. Cor. 3, 18) entspricht, über- 
setzt, und nur I. Cor. 15,49 wird eixéy im Aksl. durch télo 
wiedergegeben. Merkwürdigerweise lautet diese Stelle auch 
im Got. nicht frisahts, sondern ‘mannleik’, woraus dann (durch 
Anlehnung an aksl. té/o : got. leik) die aksl. Form entnommen 
werden konnte. 

Griech. xoivoy : bleibt in der Regel unübersetzt (krins), aber M. 6, 28, 
wo wir im Got. bloma haipjos lesen, erscheint auch bei Sa 
und Zo statt krins ‘cvéts seluny’ : x a α tere tà xolva Tod dy 
— considerate lilia agri — gakunnaip blomans haibjos — semo- 
trite cvéts selonyichs. 

Diesen Wörtern könnte man auch etliche Ausdrücke zufügen, 
die ihrer Stammbedeutung nach dem Got. nachgebildet sind, aber 
die Etymologie all dieser Wörter würde uns weit über den Rahmen 
dieser Abhandlung führen. 


2. Wendungen, die denjenigen der gotischen Bibel 
möglichst treu nachgebildet sind. 
Von den hierher gehörigen Wendungen führe ich nur an: 
Griech. dxodovd ?: Inooðg jxodovdnoev adt — Jesus sequebatur eum 
— Iesus iddja afar imma — Iisuss po njemb idease, M. 9, 19. 
Vgl. auch Mc. 9, 38: ős 00% dxodovdei uiv — qui non sequitur 
nos — saei ni laisteib unsis — čko ne poslédova name. 
Griech. doyn — du dx, èv deg, és dexns: Die aksl. Über- 
setzung dieser stehenden Wendung ist iskoni, vs nacelé oder 
ispreva, wovon die erste Form eine wörtliche Nachbildung des 
griech. dn (e) doxis ist, und die dritte einem got. fram frumistin 
(fruma, frumistja) entspricht. Dem aksl. vs nacelé/ispreva 
steht in der Regel got. in anastodeinai/us frumistja gegen- 
über: ër dort — in principio — in anastodeinai — vs nacelo, 
Phil. 4, 15; dad ôè doxijs — ab initio — ip af anastodeinai — 
a ots nacela, Mc. 10, 6; dar dexiis xticews — ab initio crea- 
turae — fram anastodeinai gaskaftais — ots nacela z3daniju, 
Me. 13, 19: Es doyijg — ab initio — us frumistja — isprova, 


128 F. Specht, sose gelimida sin. 


Nik.“, Io. 6, 64; dn dexüs — ab initio — fram frumistin — is 

preva, L. 1,2 u. a. Vgl. Jagić, Entst.* 350f. 

Griech. eis ovvavınoıw u. dgl. (eis dndvrnow, eis dndvınow, vgl. 

Jagić, Entst.“ 386f.): ES e eig ovvavınow të Juegt — exiit 

obviam Jesu — usiddja wipra Iesu — izide protivg Iisusovi, 
M. 8, 34. 

Unter gotischem Einfluß scheint auch eine ganze Anzahl solcher 
Beispiele zu stehen: ër næs ô G &endjooeto éni tH ôa 
attod — quoniam universa turba admirabatur super doctrina ejus — 
unte alla managei sildaleikidedun in laiseinais is — čko veso narod 
divlechg sę o učenii ego, Mc. 11, 18; xai dnooteiAovoı — et mittunt — 
jah insandidedun — i poszlašę, Mc. 12, 13; dnooreilaı — mittit — 
insandida — posčla, Mc. 11,1. usw. Auch in der Deklination 
der im Griech. wie im Lat. unflektierten Personennamen“ ging 
das Got. dem Aksl. voran: vera Aßoaau nal *loadx xai lLaA g — 
cum Abraham, et Isauc, et Iacob — mib Abrahama jah Isaka jah 
Iakoba — ss Avraamomdi Isaakomp i Ijakovoms, M. 8, 11; 718&n00v 
huds, bie Aaveid — miserere nostri, Fili David — armai uggkis, 
sunau Daweidis — pomilui ny synu Davydovs, M. 9,27. Die Frage 
vom aksl. Dativus absolutus ist — trotz der wertvollen Studie Jän 
Stanislavs’ — noch immer nicht befriedigend gelöst worden. 
Es wäre doch höchst interessant, den aksl: und got. Dativus Ab- 
solutus einer eingehenden vergleichenden Forschung zu unterziehen, 
da die aksl. Evangelien auch in dieser Hinsicht durchschnittlich 
in mehr als 70% aller Fälle mit dem gotischen Evangelientexte 
übereinstimmen. 

Zagreb (Agram). J. Hamm. 


sose gelimida sin 
des 2. Merseburger Zauberspruches, wo man gelimida mit „ge- 
leimt“ wiederzugeben pflegte, hat E. Schröder, Z. f. D. A. LXIII 
174f. zu ags. lim, an. limr „Glied, Zweig“ gestellt, weil man 
Knochen nicht gut leimen kann. Demgegenüber möchte ich auf 
an. saman lima Orvar-Odds saga 41,10 verweisen: þau eru fjọl- 
kunnig, svá at þau lima saman stad ok stjornur. Beidemal wird 
limen, sa man lima von Zauberei gebraucht. Man beachte ferner den 
Stabreim in stóđ und stjornur, der auf alte poetische Wendung weist. 
Breslau. Fr. Specht. 


1) V. Pogorélov, Formy greceskih slov v kirillo-methodievskom pere vodé 
evangelija, Byzantinoslavica II, Prag 1930. 

2) Jan Stanislav, Dativ absolutny v starej cirkevnej slovanline, Byzautino- 
slavica V, Prag 1934. 


Zeitichrift für 
vergleichende‘ 
Sprachforſchung 


auf dem Gebiete der 
indogermanifchen Sprachen 


BEGRÜNDET VON A. KUHN 


NEUE FOLGE /VEREINIGT MIT DEN 
Beiträgen zur Kunde 
der Indogermanifchen Sprachen 


BEGRÜNDET VON A.BEZZENBERGER 


RAUSGEGEBEN V 
HANNS CERTEL, EDUARD SCHWYZER, FRANZ SPECHT 


67. BAND 
3./4. HEFT 


en DA 


Gottingen 


Inhalt. l Seite 


H. Oertel, Zu den ai. Ellipsen „ ia ee et ap e eee 
E. Schwentner, Vogelnamen und Volkswitz ie i . 153 
J. Wackernagel F und A. Debrunner, Indoiranica. 21. Ai. a-ling- „umarmen“. 

22. Ai. äsayati äsita-. 23. Ai. utsuka-. 24. Mittelindisch -eitika-, -aytttaka 

und dgl. 25. Aw. karati- „Messer“ == v. xrti-. 26. Ai. kréánu-. 27. Ai. 

ksarati — ksdlayati. 28. Ai. khäd- „essen“. 799, Ai. gr-: gde. 30. Ai. 

jayampati-. 31. deüvos. 32. Ai. di- „fliegen“. 33. Ai. tārā-. 34. Dekhan. 

35. Ai. dad- „halten“. 36. Ai. ndpumsaka-. 37. Ai. nāgá-. 38. Ai. prägti-. 

39. Ai. müla-vrt. 40. Ai. vardhana-. 41. Ai. väsyasti-. 42. Ai. vipula-. 

43. Ai. vibali-. 44. Ai. vivisvams-. 45. Ai. vistt- „Fronarbeit“. 46. Ai. 

vyemäna-. 47. Ai. Sürana-. 48. Ai. sr == „vereinigen“. 49. Ai. sũci-„, Nadel“. 

50. Mi. se — té. 51. Ai. spr- „gewinnen und losmachen“. 52. Ai. sruc-, 

sruva-. 53. Ai. harmyd-. 54. Vedische Zitate bei Patadjali . . 154 
M. Johannessohn, Berichtigung und Ergänzung zu S. 55, Z. 5f. (Wortstellung 

im Bibl. -Aramäischen.) — Berichtigung zu S. 68, Anm. 4. 182 
P. Thieme, Merkwürdige indische Worte. 1. Metathesen. 2. Dissimilationen. 


3. Partielle Metathese. . . en EEN | . 183 
J. Lohmann, „Mots expressifs“ ge aa ze rein Ok u er ee de ae LOB 
K. Bouda, Zu o LXIII 51 und LXIV 83. . . 196 
D. Demetracopoulon- Lee, Noun categories in Wintu. The Generic and the 

Particular. (Mit einem Vorwort von Joh. man). E . 197 
W. Krause, Thrak. "Aownos (dots) und Alonnos . . RE oe Be ae EE 
M. Leumann, heilen „kastrieren“ und sanare „kastrieren“ „ e LO 
W. Kaspers, Die Waffenbezeichnung cateia > > 2 2 2718 
F. Specht, Griech. Seo . . .. 219 
A. J ohannesson, Isländische Beiträge zum indogermanischen Wörterbuch . 220 
E. Schwyzer, perà yvaunsmor yévvoow. . > > 2 2 223 
W. Krogmann, Got. kaupatian . . . . . 2... ̃ 224 
V. Pisani, Ahd. ö?!“ Sia. 48 2 inv cat em ae. oe me e ek tee eee 
J. J. Hamm, Aksl. prozi, prodzi be ta ie ee “Se. Se A ee ze BE 
E. Schwentner, Toch. A kats „Bauch“ an ite ars eee 
P. Thieme, Weiteres zum indischen Adoptionsritus en ee ee, ee E 7 
E. Hofmann, Sach- und a zum 67. Bande. 230 
Zugesandte Druckschriften ee ee. e 


Titel und Inhalt. . ee e ) 5 
Preis des ram in der Reibe 8 RM., 1 10 RM. 


Beiträge, die vorwiegend die indogermanischen Sprachen Asiens oder allgemein 
sprachwissenschaftliche Fragen betreffen, werden an Prof. Dr. Hanns Oertel, München 27, 
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A 3 
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— — — — 
* a E "e E past oy 


H. Oertel, Zu den ai. Ellipsen. 129 


Zu den ai. Ellipsen. 


8 1. Die ai. Ellipsen verdienen eine ausführliche Untersuchung. 
Es ist natürlich, daß im Satzzusammenhang einer längeren Periode 
ein schon erwähntes Wort im Verlauf ausfallen kann und vom 
Hörer leicht ergänzt wird; so z.B. TS. 2.5.1.1 sa pratyaksam 
devebhyo bhagam avadat paroksam asurebhyah, ..., sarvasmai vai 
pratyaksam bhagam vadanti, yasma eva paroksam vadanti tasya 
bhäga uditah ‘Den Göttern versprach er Öffentlich einen An- 
teil, heimlich aber den Asuras; ...; jedem verspricht man ja 
öffentlich einen Anteil; wem man aber (einen Anteil) heimlich 
verspricht, dem ist der Anteil (wirklich) versprochen’ (s. unten 
§ 4). Anders liegt der Fall, wenn aus der Umgebung ein Wort 
nicht ergänzt werden kann, z. B. in der Parallelstelle JB. 2. 153.3—4 
sa ha sma pratyaksam devebhyo vadati paroksam asurebhyo, yasmä 
u ha vai bhüyah kamayate tasmai paroksam vadati, ..., sa prat- 
yaksam asmabhyam vadati paroksam asurebhyah (s. unten § 4). 
Die JB.-Stelle zeigt, daß die Wurzel vad gewissermaßen den Ob- 
jektsakkusativ bhdgam aufgesaugt hat, so daß sie nicht mehr 
sprechen’, sondern einen Anteil versprechen’ bedeutet, auch wenn 
das Objekt aus der Umgebung nicht ergänzt werden kann. Man 
kann in solchen Fällen von lexikalischen Ellipsen sprechen. 

So findet sich im Ai. für ‘sich den Mund zuhalten’ sowohl 
der volle Ausdruck SB. 3. 8. 1. 15 apigrhya ... mukham; AB. 6.33. 3 
mukham apyagrhnät; KB. 30. 5 (144,9) mukham apijagräha; (144, 10) 
yad vai me, jälma, mukham näpyagrahisyah, als auch verkürzt (ohne 
mukham) TS. 6.1.3.8 apigrhya smayate (Caland, Acta Orientalia II, 
p. 28, 9—12 korrigiert Keiths falsche Übersetzung); TA. 5.1.4 
tasmäd  diksitenäpigrhya smetavyam. Vgl. SankhAr. 4. 15; KaugUp. 
2.15 päninäntardhäya. Ebenso für ‘sich die Nase zuhalten’ der 
volle Ausdruck SB. 1.4.1.2; 4. 2. 2. 10 apigrhya näsike, aber ver- 
kürzt (ohne näsike) SB. 4. 1.3.8 tasmät kunapagandhan näpigrhnita; 
K. 27. 3 (142,6) = Kap. 42. 3 (250, 12) tasmät tasmän (scil. gandhät) 
näpigrhyam, somasya hi sa rājňo gandhah. Aber für ‘sich die 
Ohren zuhalten’ findet sich nur der volle Ausdruck: ChUp. 3. 13. 8 
karnäv apigrhya parallel zu SB. 14. 8. 10. 1 (BAUp.Madhy. 5. 10.1 
Kanva 5. 9. 1) karnäv apidhaya. Nicht hierher gehört TS. 6.4.10.2 
apigrhya präfcau nihkramatah, das Keith (gegen Sayana) fälschlich 
mit ‘they depart towards the east closing their eyes’ übersetzt; 
richtig Caland zu ApSS. 12.23.6 ‘Sie [d. h. der Adhvaryu und 
der Pratiprasthätr-Priester] schreiten in östlicher Richtung hinaus, 

Zeitschrift für vergl. Sprachf. LXVII 3/4. 9 


130 H. Oertel 


die Schalen [des hellen und des Quirlschoppens] bedeckt haltend'; 
ef. K. 27.8 (147, 20—21) yad apigrhya präßca uddravatah ... yad 
anapigrhya (nachdem sie die Bedeckung, d. h. die Hand oder den 
über die Schale gelegten Holzspan weggenommen haben’ [Caland]) 
purastät pratyaficau tisthantau juhutah; MS. 4. 6. 3 (81,17—20; 82, 1) 
mit Wz. dha + api: yad apidhäya präncä itah ..., yad anapidhaya 
pratyaficau tisthantau juhutah ..., yad apidhäya prāñňcā itak ..., 
atha yad anapidhäya pratyaicau tisthantau juhutah ..., yad api- 
dhäya präfica itah ..., atha yad anapidhaya pratyaficau tisthantau 
juhutah ... 

So steht weiter die Wurzel i+ abhi -ava ins Wasser steigen’ 
SB. 3. 2. 2. 27 (bis); 3. 8. 5. 10; 4. 4. 5. 10 (bis); MS. 3. 6. 7 (68, 18); 
4. 8. 5 (112,4 und 113, 12); PB. 5. 9. 3; SB. 3. 1. mit dem Ob- 
jektsakkusativ apah, aber SB. 5. 3. 4. 6 viryam va etad apam udar- 
dati pasau vā puruse väbhyavete ohne diesen. Ähnlich die Wurzel 
srj + vi ‘ein Gelübde beenden’ SB. 1.1.1.6; 1. 9. 3. 23; TS. 1.7.6.6; 
KB. 2.4 (5,18) mit Objektsakkusativ vratam, aber SB. 1.1.1.3; 5; 
SBKanva 2.1.1.3 ohne ihn. Ein weiteres Beispiel unten § 10. 
Solche Kürzungen kommen natürlich sehr häufig bei technischen 
Ausdrücken von Berufssprachen (Havers, Handbuch d. erklärenden 
Syntax, 1931, § 109, S. 127 mit der Anmerkung dazu, S. 245) vor. 
So gibt das ApSS. 24. 1.23 juhotiti codyamäne sarpirajyam pratiyät 
die allgemeine Regel, daß, wenn bei dem Verbum ‘opfern’ (Wz. 
hu) kein Objekt angegeben wird, man dazu als Objektsakkusativ 
Schmalz’ hinzudenken müsse. Für solche Ellipsen bei opfer- 
technischen term. tech. vgl. unten $ 2 und $ 3. Die Wurzel 
2 gā+ ud kommt überhaupt nie mit dem Objektsakkusativ udgi- 
tham vor (der Instrumental unten § 3, a, 2). 

Für die Kasussyntax wichtig werden derartige Ellipsen, wenn 
die Konstruktion eines Kasus nur durch Ergänzung eines im 
Texte nicht vorhandenen und auch im Satzzusammenhange nicht 
schon vorgekommenen Wortes erklärt werden kann. Bei der 
Variabilität des Kasusgebrauches und den vielen Übergriffen eines 
Kasus (besonders des Genitivs) ins Gebiet anderer Kasus) ist 
es nicht immer leicht zu entscheiden, ob in einem gegebenen 
Falle wirklich eine syntaktische Ellipse anzunehmen ist. So 
hat man zur Erklärung des Genitivs des Vaters bei der Wurzel 
jan + d z. B. MS. 1. 9. 8 (140, 6) @sya viro jäyate wegen TS. 1.7.4.6 
äsya prajäyäm vāji jayate an eine Ellipse von prajayam gedacht 

1) Vgl. zu den Kasusvariationen in der vedischen Prosa Sitz.-Ber. d. Bayer. 
Akad. d. Wiss., Jahrgang 1937, Heft 8; 1938, Heft 6; 1939, Heft 6. 


Zu den ai. Ellipsen. 131 


und z. B. bei TS. 6. 4.11.1 rugnavatya rea bhrätrvyavato grhniyat 
wegen TB. 1. 4. 1. 2 devata va eta yajamänasya grhe grhyante 
yad grahäh an eine Ellipse von grhe. Mit Unrecht, wie ich in 
den Sitz.-Ber. d. Bayer. Akad. 1938, Heft 6, S. 6—28 (unten 
§ 11) gezeigt zu haben glaube. Dagegen werden die Genitive 
pucchasya und uttarasya paksasya SB. 10. 2. 1. 4 tatha pucchasya 
tathottarasya paksasya ebenso (ist das Verfahren) beim Schwanz 
und beim linken Flügel” durch Annahme einer Ellipse zu erklären 
sein, wenn man SB. 4. 5. 2. 3 yathaiva tasyai (scil. vapäyai) car- 
anam ‘wie das Verfahren bei dieser (Netzhaut) ist’ und SB. 
13. 4. 4. 1; 13. 5. 1. 3; 13. 5. 3. 11; 13. 6. 1. 4 tesam (scil. pasunam) 
samänam karma die Prozedur bei diesen (Opfertieren) ist die- 
selbe’; 12. 3. 5. 2 tad ahawähitägneh karma das ist die Prozedur 
für einen Ahitagni’ vergleicht. 

Im Folgenden lege ich den Anfang einer Untersuchung 
solcher Ellipsen vor. 

§ 2. Der Genitiv bei den Wurzeln ah-+ anu, bré+ anu und 
vac + anu als opfertechnischen termini technici den Einladungs- 
vers hersagen und bei der Wurzel 1 ig + pra. 

A. Bei der Wurzel bru + anu (als opfertechnischem term. tech.) 
steht in den folgenden acht Mantras der Genitiv der Opfergabe 
und Dativ der Gottheit (ohne einen Objektsakkusativ): 

1. SB. 3. 8. 2. 26 agnisomabhyam chagasya vapäyai medaso ’nu- 
brahi. 

2. SB. 3. 8. 2. 29 agnisomabhyam chägasya haviso ’nubrühi. 

3. TS. 6. 3. 10. 3; AB. 2. 10. 1); Vadhüla Satra*) (Caland, Acta 
Orientalia VI 182, § 67); KSS. 6. 8. 9; ApSS. 7.24.1; MSS. 1.8.5.17 
manotäyai haviso ’vadiyamanasyanubruhi. 

4. ApSS. 12. 20. 15; MSS. 2.3.7.9 pratah pratahsävasyendräya 
purodäasanäm anubrühi. . 

5. ApSS. 7. 21.1; KSS. 6. 6. 24; MSS. 1. 8. 4. 33 indrägnibhyan 
chägasya vapaya (K SS. vapäyai) medaso ’nubrühi. 

6. ApSS. 7.25.9; KSS. 6. 8. 14; MSS. 1. S. 25. 6 indrägnibhyam 
chägasya haviso nubrũhi. | 

7. ApSS. 7. 22. 12; KSS. 6.7.19; MSS. 1. 8. 5.5 indragnibhyarn 
chägasya purodadsasyanubrihi. 

8. ApSS. 7. 22. 12 indragnibhyam purodäsasyävadiyamänasyä- 
nubrũhi. 

Dazu, ohne Dativ der Gottheit, 

9. SB. 5. 1. 3. 14 chägänäm haviso ’nubrühi. 


1) Diese beiden Verweise sind in Bloomfield’s Concordance nachzutragen. 
9% 


132 H. Oertel 


Und, ohne Genitiv der Opfergabe: 

10. AB. 2.15.1; SB. 3.9.3.8;9; MS. 4. 5. 3 (66,11); KSS. 
9.1.10; MSS. 2. 3. 2. 1 devebhyak prataryavabhyo ’nubrūhi (AB. 
°yävabhyo hotar anubrũni). 

11. ApSS. 12. 3. 15 prätaryävabhyo devebhyo ’nubrihi. 

Wie SB. 4.3.1.8; 4. 4. 2. 3 (bis); 14. 2. 2. 15 (bis) nanuväkyam 
anväha; SB. 1.7. 2. 17 sa vai ... anuvakyam anubrüyät zeigen, 
ist hier zu anubrähi der Objektsakkusativ anuvakyam (scil. ycam) 
oder anuväkyäh (scil. rcak) zu ergänzen und die Genitive der 
Opfergabe hängen davon ab, vgl. SB. 1.6.3.27 tasmät tasyanu- 
stubham anuväkyäm anväha und AB. 2.10.3; 4 kasmäd (4 tasmäd) 
ägneyir (scil. anuvakyah) eva manotäyai haviso ’vadiyamanasyanvaha 
[die Parallele KB. 10.6 (48,6) manotam anväha]. 

Die Mantras 1—8 sind also zu übersetzen: ‘Sage für Agni 
und Soma (den Einladungsvers) des Omentums und des Fettes 
des Bockes (d. h. den zur Darbringung des Omentums und des 
Fettes des Bockes gehörigen Einladungsvers) her’; ‘Sage für Agni 
und Soma (den Einladungsvers) des (die) Opfergabe (bildenden) 
Bockes (d.h. den zur Darbringung einer aus einem Bocke be- 
stehenden Opfergabe gehörigen Einladungsvers) her’; ‘Sage für 
Manotä (den) zur Opfergabe, die abgeschnitten wird, (gehörigen 
Einladungsvers) her’; ‘Sage am Morgen für Indra (die Einladungs- 
verse) der Opferkuchen der Morgenpressung (d. h. die Einladungs- 
verse, die zur Darbringung der Opferkuchen bei der Morgen- 
pressung gehören) her’; und so auch AB. 2. 10.3 “Warum sagt er 
für Manota (d. h. trotzdem doch das Opfer für Manotä bestimmt 
ist) auf Agni bezügliche (Einladungsverse) der Opfergabe (d. h. 
als zur Darbringung der Opfergabe gehörige Einladungsverse) 
her?“) So haben wohl auch Eggeling, Keith und Caland die 
Konstruktion aufgefaßt, z. B. Recite (the invitatory prayer) over 
the havis of the buck to Agni and Soma’ (Eggeling), Recite to 
Manota for the oblation which is being divided’ (Keith), ‘Für 
Manota sage den Einladungsvers zu der Opfergabe, wenn sie ab- 
geschnitten wird’ (Caland), obwohl sie nicht niher auf die geni- 
tivische Konstruktion der Opfergabe eingehen. Kaum richtig ist 
die Erklärung, die Delbrück (Ai. Synt., S. 161, 24—33) für die 
Mantrakonstruktion mit dem Genitiv der Opfergabe gibt. Er über- 
setzt zwar den ersten Mantra SB. 3.8. 2. 26 Sprich die Einladungs- 
verse an Agni und Soma für die Netzhaut und das Fett des 


1) Die Antwort gleich darauf: agnih sarvä manotä, agnau manotäh 
samgacchante. 


Zu den ai. Ellipsen. 133 


Bockes’, erklärt aber dann: „wörtlich wohl: ‘sage den Göttern 
von)) der Netzhaut und dem Fette des Bockes’“, und verweist 
auf PW. s. Wz. 1iş+ pra (Spalte 821,35). Dort handelt es sich 
um den Imperativ presya, über den das PW. bemerkt: „Ebenso 
ist auch der häufige imperat. presya mit begleitendem acc. oder 
gen. (P. 2. 3. 61) nicht geradezu durch ‘bringe dar’ zu erklären, 
sondern als abgekürzte Redeweise aufzufassen für fordere auf 
zur Darbringung (oder Recitation). Wo gen. steht, ist dieser 
partitiver Art, z. B. agnisomäbhyäm chägasya vapäm medak presya 
SB. 3. 8. 2. 27 sind Worte des Adhvaryu an den Maitravaruna: 
“richte deine Aufforderung (an den Hotar) in Betreff der Dar- 
bringung für Agni und Soma’“. Aber gerade in dieser vom PW. 
angezogenen Stelle ist doch der Genitiv chägasya direkt von den 
Objektsakkusativen vapäm und medak abhängig, ganz wörtlich 
übersetzt: Treib an die Netzhaut und das Fett des Bockes', d.h. 
gib (o Maiträvarunapriester dem Hotrpriester) den Befehl in bezug 
auf die Netzhaut und das Fett des Bockes’. Genau so sind die 
Genitive zu konstruieren in den Mantras SB. 3.8.3.29 agnisomä- 
bhyam chägasya havik (die Opfergabe des Bockes’, d. h. die aus 
einem Bocke bestehende Opfergabe’) presya; 5. 1. 3. 14 chägänam 
havih prasthitam presya; SB. 4. 2. 1. 23; ApSS. 12. 23.4; KSS. 
9.10.14; MSS. 2.3.7.9 prätah prätahsavasya (ApSS., MSS. °sav- 
asya) sukravato (ApSS. fügt manthivato hinzu) madhuscuta indraya 
soman prasthitän presya Für die morgens bei der Somapressung 
für Indra vorgetretenen, hellen und gequirlten Soma enthaltenden, 
Süßes träufelnden Somaschoppen gib (, o Maiträvaruna, dem Hotr) 
den Befehl’ (Caland). 

Allerdings findet sich presya auch ohne Objektsakkusativ mit 
einem Genitiv der Opfergabe; so ApSS. 12.20.15 prätah pratah- 
sävasyendräya purodasanam presya, das Caland mit Für die morgens 
bei der Morgenpressung dem Indra darzubringenden Opferkuchen 
gib (dem Hotr) Befehl’ übersetzt. Aber auch hier kann purodäsänam 
kein partitiver Genitiv im Sinne Delbrücks (Ai. Synt. § 109, 4, 
S. 158 und 159, 18ff.) sein. Vgl. zu diesen Genitiven noch ApSS. 
7.21.1; MSS. 1. 8. 4. 34 indrägnibhyärn chägasya vapäya medasah 
[aber die Parallele KSS. 6. 6. 26 hat die Akkusative vapar» medah] 


1) Hat Delbrück dabei vielleicht an den Genitiv bei der Wurzel vad ge- 
dacht, wie SB. 5. 1. 2. 19 atha mädhyandine savane madhugrahasya ca surä- 
grahänäm codyate weiter wird bei (der Erörterung der) mittäglichen Pressung 
von dem Honigschoppen und von den Suräschoppen gesprochen’? Vgl. etwa 
noch mit der Wurzel dra SB. 10. 6. 1. 11 na häsya bruvänarn cana vaisvänaro 
hinasti “Vaisvänara does not harm anyone who speaks of him’ (Eggeling). 


134 H. Oertel 


presya gib (dem Hotr) den Befehl zur Hersagung des Opferverses 
zum Fette, zur Netzhaut des Bockes für Indra und Agni (Ca- 
land); ApSS. 7. 25. 9; MSS. 1. 8. 5. 27 indragnibhyam chägasya 
havisah [aber die Parallele KSS. 6.8.15 hat den Akkusativ havih] 
presya “Gib (dem Hotr) den Befehl zur Hersagung des Opfer- 
verses zur Opfergabe des Ziegenbockes für Indra und Agni’ (Ca- 
land); ApSS. 7.22.12; MSS. 1.8.5.6 indragnibhyam purodäsasya 
[die Parallele KSS. purodäsam] presya [KSS. om. presya] ‘Gib (dem 
Hotr) den Befehl zur Hersagung des Opferverses zum Opfer- 
kuchen für Indra und Agni’ (Caland). 

Bemerkenswert ist bei diesen Genitiven (ohne Objektsakkusa- 
tive) mit presya: (a) daß ihnen an einigen Stellen Akkusative 
gegenüberstehen’); (b) daß sie erst in den von den Srautasütren 
überlieferten Mantras auftreten; und (c) daß diese genitivischen 
Formeln immer in unmittelbarer Nachbarschaft gleichstilisierter 
Formeln mit anubruhi vorkommen, was den Gedanken einer Ein- 
wirkung der anubrühi-Formeln auf die presya-Formeln nahelegt. 

B. Bei der Wurzel vac+ anu (als opfertechnischem term. tech. 
‘die anuvakya [den Einladungsvers] hersagen’) steht der Genitiv 
des Opferherrn in folgenden Stellen: 

1. TS. 2. 5. 7. 4 yam kämayeta ` sarvam äyur iyäd iti "pra vo 
vaja" (RV. 3. 27. 1) iti tasyänücya : ” gna a ya vitaya" (RV. 6. 16. 10) 
iti samtatam uttaram ardharcam älabheta. 

2. AB. 2. 17. 1; 2; 4; 5; 8 satam anücyam äyuskämasya | trint 
ca Satäni Sastis cänücyani yajüakämasya | sapta ca satani vinsatis 
cänücyäani prajäpasukämasya | astau Satan anücyäny abrähm- 
anoktasya | sahasram anucyam svargakamasya. 

Aber die Gottheit steht im Dativ’): 

AB. 2. 15. 4 prajäpatau vai svayam hotari prataranuvakam anu- 
vaksyaty ubhaye deväsurä yajfiam upävasann ` asmabhyam anu- 
vaksyaty asmabhyam iti, sa vai devebhya evanubravit. Die Stelle 
ist bemerkenswert, weil hier von einem Opfer die Rede ist, das 
Prajapati als Hotrpriester fiir die Götter und Asuras als Opfer- 
herren darbringt. 

1) Die Vedic Variants III § 502, p. 255, 19 bemerken zu diesem Parallelismus 
von Genitiv und Akkusativ: We should render the first variant (d. h. die 
genitivische Variante) “prompt (to the offering) of an oblation of a goat to 
Indra and Agni’. The gen. seems to be dependent on an expression of offering 
understood; cf. Schwab, A I Tieropfer 119. Otherwise Delbrück 161.” 

2) Uber den Parallelismus von Genitiv und Dativus commodi s. die aus- 


führliche Behandlung in den Sitz.-Ber. d. Bayer. Akad. d. Wiss., Jahrgang 1938, 
Heft 6, $ 22—115. 


Zu den ai. Ellipsen. 135 


Doppeldeutig (Genitiv :: Dativ) ist me in AB. 5. 34. 1 anvavo- 
cam me; der Satz fehlt in den Parallelen GB. 1.3.4 und JUB. 
3.17.4. 

§ 3. Der Genitiv bei der Wurzel 2 gā + ud die Funktion des 
Udgatr-Priesters ausüben’. 

(a) Wenn die Wurzel 2gä+ud ‘den Udgitha(-teil des Saman) 
singen’ bedeutet, so steht die Person, in deren Interesse der Ud- 
githa intoniert wird, im Dativ: 

1. SB. 14.4.1.3—8 (BAUp.Madhy. 1.3.3—8 = Kanva 1. 3. 2—7) 
tebhyo (scil. devebhyah) vag [ebenso prana, caksur, srotram, mana 
und esa präna] udagäyat. Cf. unten (c), 5. 

2. JUB. 4.8.5 tasmä etena gäyatrenodgithenojjagau Fur ihn 
sang er den Udgitha mit dem Gayatra-Udgitha’. 

(b) Wenn sie aber bedeutet ‘als Udgätr-Priester fungieren’, 
so steht der Genitiv des Opferherrn: 

1. PB.6.7.1 brhaspatir vai devänäm udagäyat. Der Kommentar: 
devãnãm yajiie pürvam udagäyad udgätram akarot und danach Ca- 
land: ‘exercised the function of Udgätr (at the sacrifice) of the 
gods’. 

2. JB. 1.171 (Caland, Auswahl § 61, p. 66, 9) sa ha nrmedhah 
suvratasyojjagau ‘Nrmedha erfüllte die Funktion des Udgatr’s 
fur Suvrata’ (Caland). 

3. JB. 1. 234 (Caland § 87, p. 91, 24) tasya (scil. putrasya) ha 
svayam (scil. hrisväsayäh) evojjagau ‘Er (Hrtsvasayas) selbst trat 
als dessen Sänger [besser Udgätr'] auf’ (Caland). 

4. JUB. 2. 8. 2 tasya (scil. Saryätasya mänavasya) häyäsya evoj- 
jagau; 3 uttarata ägato ’yäsya äfgirasas Sarydtasya mänav- 
asyojjagau “Für ihn (Saryata Mänava) übte Ayasya das Amt des 
Udgätr aus; aus dem Norden gekommen, übte Ayäsya Angirasa 
für Saryata Manava das Amt des Udgätr aus’. Hierher gehören 
wohl auch die doppeldeutigen (Genitiv :: Dativ) Formen te und 
me JUB. 2. 7. 2 (quater) ayar ta udgäyatu; 4; 6; 8; 10 yan me tvam 
udgäyeh; 2.8.1 tvam me, bhagava, udgäya. 

5. JUB. 3. 30. 3 tena sa (scil. patangah präjäpatyah) rsinam 
udagäyat; 4 eteno eva sämnä ... prajäpatir devänam udagäyat, 
und wohl auch das doppeldeutige (Genitiv :: Dativ) te in 5 yas 
gmaivaitat säma vidyat sa smaiva ta udgayatu. 

6. JUB. 4. 8. 3—4 sa hovaca: ... tväm aham anena yajfienaimiti | 
tasya vai te tathodgasyamiti hoväca yathaikarad eva bhutva svargam 
lokam esyasiti. Aber gleich darauf mit Dativ: tasma etena gayat- 
renodgithenojjagau; s. oben a, 2. 


136 H. Oertel 


7. JUB. 3. 30.2 tad yasya vai kila säma vidvan sämnodgäyati 
devatanam eva salokatam gamayati; gleich vorher mit doppel- 
deutigem (Genitiv :: Dativ) me ` brahmano vai me sama vidvan 
sämnodagäyat. 

8. JUB. 1. 18. 11 tato mriyunä papmana vyävartate `tho yasy- 
aiva vidvan udgayatt. 

9. JUB. 1. 24. 4 trpyati prajayä pasubhir ya etad evam vedätho 
yasyawam vidvan udgayati. 

10. JUB. 1. 27. 7 o häsyaite jd ante ya etad evam vedätho yasy- 
awam vidvan udgäyali. 

11. JUB. 1.30.5; 1.45.6 evam eva na kam cana bhrairvyam 
pasyate ya etad evam vedatho yasyaivam vidvan udgayati. 

12. JUB. 1. 32. 6 evam eva sa sarvasmät päpmano ’timucyamäna 
eti ya evam vedätho yasyaivam vidvan udgayati. 

13. JUB. 4. 8. 9 sãñgo haiva satanur amrtas sambhavati ya etad 
evam vedätho yasyaivam vidvan udgāyati. 

14. JUB. 4.9.5 atha yasyaivam vidvän udgäyati ya eväsya 
prane mriyupäsas tam eväsyonmuficati. Dieselbe genitivische Kon- 
struktion bei den anderen Teilen des Saman (Prastava, Pratihara 
und Nidhana): 4 tad yasyaivam vidvan prastauti; 6 atha yasyai- 
vam vidvan pratiharati; 7 atha yasyaivam vidvan nidhanam upaiti. 

Vgl. (mit Wz. stu + pra) JB. 1.175 (Caland § 62, p. 67, 16) 
sa yam kamayeta yajamänam : svargalokah sydd iti: „...“ ity asya 
prastuyat, “Wenn er (der Sänger) in Bezug auf den Opferherren 
wünscht: „Möge er in den Besitz des Himmelsraumes kommen“, 
so mache er für ihn den Prastava: „...“’ (Caland). [Anders 
JB. 3. 92 (Caland § 179, p. 239, 4) tasya trih prastauti, sakrt prati- 
harati, trir nidhanam upayanti “Von dieser Singweise macht er 
den Prastava dreimal, einmal den Pratihara, dreimal unternimmt 
man das Schlufsttick’ (Caland)]. 

[Außer den oben (b), 4, 5 und 7 angeführten Stellen stehen 
die doppeldeutigen (Genitiv :: Dativ) Pronominalformen nah, me 
und te noch SB. 14. 4.1.3—8 (BAUp.Madhy. 1.3.3—8 — Kanva 
1.3.2—7) tva na udgäya;. AB. 5. 34.1; GB. 1.3.4; JUB. 3.17.4 
udagasin me; JUB. 3.31.1 sa eva ma udgäsyati; 6 tvam eva ma 
udgasyasi; 8 ayam ma udgasyati.] 

(e) Parallel zur genitivischen Konstruktion der Wurzel 294+ ud 
‘als Udgätr-Priester funktionieren’ geht das Nomen udgätr mit dem 
Genitiv des Opferherrn: 

1. PB. 6.5.5 yad aha: barhaspatya (d. i. Pratika des Mantra 
bärhaspatyo si PB. 1. 2. 4) iti, brhaspatir vai devanäm udgätä, tam 
eva tad yunakti. 


Zu den ai. Ellipsen. 137 


2. JB. 3. 233 (Caland § 203, p. 278, 21) tesäm (scil. vibhinduki- 
yanam) drdhacyud agaslir udgätästt. 

3. KB. 30. 6 (114, 17— 18) tesäm nas (scil. ädityänäm) tvam 
(d. i. Agni) eva hotäsi (so Lindners Text; die Hss. B, L, K hotäsa 
und so Aufrecht, AB., p. 443,1 von unten) brhaspatir brahmäyäsya 
udgata ghora angiraso ’dhvaryuh. 

4. ChUp. 1.2.13 sa ha naimistyandm udgata babhüva. 

5. JUB. 2.1.1 devanadm vai sad udgätära äsan ` vak ca manag 
ca caksus ca srotrum cäpänas ca pränas ca). Cf. oben (a) 1. 

RA Die Wurzel vad mit Objektsakkusativ bhägam einen An- 
teil versprechen’ und mit Ellipse von bhägam. 

TS. 2. 5. 1. 1 sa pratyaksam devebhyo bhägam avadat paroksam 
asurebhyah, ..., sarvasmai vai pratyaksam bhagam vadanti, yasma 
eva paroksam vadanti tasya") bhäga uditah. Es ist leicht ver- 
ständlich, daß im dritten Satze der Objektsakkusativ bhagam aus- 
gelassen wurde. 

Aber JB. 2. 153. 3—4 (Transactions of the Connecticut Academy 
of Arts and Sciences XV [1909] 180) sa ha sma pratyaksam deve- 
bhyo vadati paroksam asurebhyo, yasma*) u ha vai bhüyah kämayate 
tasmai paroksam vadati, ..., sa pratyaksam asmabhyam vadati 
paroksam asurebhyah. 

$ 5. Der Genitivus personae bei der Wurzel dhyd + ni parallel 
zum adnominalen Genitivus personae bei der Wurzel dhyā + ni 
mit Objektsakkusativ väcam. 

SB. 14. 7. 3. 5 (BAUp. 4.5.5 Madhy.) vyākhyāsyāmi te, vacam 
tu me vyacaksanasya nididhyäsasva, 


1) Anders K. 25. 10 (117,17—18) = Kap. 40.3 (224,9) prajapater (die 
Hs. Ch. prajäpatir, von v. Schroeder nach Kap. emendiert) vd udgätä dem 
Prajäpati gehört der Udgätr-Priester’ (Caland zu ApSS. 11. 9. 13); die Parallele 
MS. 3.8.9 (108,8) hat an Stelle des Genitivus possessivus das Adjektivum: 
prajapatya udgätä. 

JUB. 3.7.7 ta u ha vai jabalau didiksate Sukras ca gosrus ca, tayor 
ha pracinasalir vrta udgätä; 3.10.1 ya esäm ayam vrta udgätäsa, wo die 
Genitive tayoh und tesäm als Genitivi agentis mit instrumentaler Funktion 
(Delbrück, Ai. Synt. § 106, p. 153, 10—20) zum Participium praeteriti vrtah 
gehören. | 

*) Zu dem den vorausgehenden Dativen beim Verbum finitum parallelen 
Genitiv beim Participium praeteriti vgl. SB. 13. 4.1.7 athäsmä (scil. yajamänäya) 
adhvaryur niskam pratimuncan vacayati, aber 11 yo ’sya (scil. yajaman- 
asya) miskah pratimukto bhavati tam adhvaryave dadati. 

3) Der Dativ yasmai hängt nicht direkt von kamayate ab, sondern von 
einem zu ergänzenden Infinitiv vaditum: “wem er seinen Anteil sicherer zu 
versprechen wünscht’. Vgl. Sitz.-Ber. d. Bayer. Akad. d. Wiss., Jahrgang 1937, 
Heft 8, $100, Anm. 1, p. 135—136. 


138 H. Oertel 


aber die Kanva-Rezension (4.5.5) ohne väcam: etad vyäkhyäsyami 
te, vydcaksanasya tu me nididhyäsasva. 

Und so (ohne väcam) beide Rezensionen SB. 14. 5. 4. 4 (BAUp. 
2.4.4) vyakhydsyami te, vyacaksänasya tu me nididhyäsasva. 

Cf. Syntax of Cases I § 48, Ex. 46, p. 109; Renou, Etudes 
de Grammaire Sanskrite I, p. 47, Anm. 11. 

§ 6. Der Genitivus personae bei der Wurzel vadh + prati 
parallel zum adnominalen Genitivus personae bei der Wurzel 
vadh mit Objektsakkusativ vacam. 

AB. 6. 33.4 alaso 'bhür yo me vacam avadhih. [Die Parallelen 
AB. 6. 33.3 tasya ... mukham apyagrhnat; KB. 30.5 (144, 9—10) 
tasya ... mukham apijagräha und yad vai me, jalma, mukham 
napyagrahisyah. | 

Aber (ohne vdcam) 

AB. 7. 28.1; JB. 2. 124 (JAOS. 19, p. 121,15) brhaspateh prat- 
yavadhit; Sayana zu AB. glossiert mit svaguror brhaspater vakyam 
svakiyena vakyena pratyavadhit. 

§ 7. Der Genitiv in der Phrase yatra pravähanasya jaivaler asa. 

Während SB. 14. 9.1.1 (BAUp. Madhy. 6. 1. 1 = Kanva 6. 2. 1) 
sa djagäma jaivalam (Känva jaivalim) pravähanam paricärayamänam 
hat, liest SB. 14. 9. 1. 7 (BAUp.Madhy. 6.1.7 = Kanva 6.2.4) sa 
djagäma gautamo yatra pravähanasya jaivaler asa. Die Kon- 
struktion ist ohne jede Parallele im Ai. Säyana gibt zwei Inter- 
pretationsmöglichkeiten: yatra pravähanasya jaivaler asa ` sanam 
dsthayika*) sasthidvyam va prathamästhäne, von denen die zweite 
wertlos ist. Delbrück, Ai. Synt. § 5, p. 9, 28—30 hält es für 
sicher, daß hier eine Ellipse eines Wortes wie grha Haus vor- 
liegt, ähnlich wie Sayanas erste Erklärung eine Ellipse von äsana, 
ästhäyikä annimmt. 

Wo grha sonst mit einem Genitivus personae bei der Wurzel 
gam Ted gebraucht wird, steht es im Akkusativ‘): SB. 1.1.1.7 
(Känva 2.1.1.6) te ’sya (Kanva tasya) visve devä grhän ägacchanti 
(Kanva abhyägacchanti); SB. 2.1.4.1 (Kanva 1.1.4.1) te S (Känva 
tasya) visve deng grhän ägacchanti; SB. 2.3.1.7 (Känva 1.3.1.3) 
agnihotram eva (so Känva; Madhy. agnihotram) juhvato grhän ägac- 
chanti (Kanva abhyägacchantı); SB. 3. 9. 2. 7 visve devä yajamānasya 
grhän ägacchanti; AB. 1.15.1 somo vai raja yajamānasya grhān 


1) Vgl. Säyanas Glosse zu SB. 14. 6. 10. 1 (BĀUp. 4.1.1) asäm care: 
asanam krtavān ästhäyikam dattavan. 

2) Bemerke, daß SB. (beide Rezensionen) und AB. den Accusativus pluralis 
grhän, die anderen Texte (MS., K., Kap., TB., GB.) den Singular grkam haben. 


Zu den ai. Ellipsen. 139 


ägacchati; MS. 3.3.6 (39, 7—8); GB. 2.1.6 dvayé vai devä ya- 
jamänasya grham ägacchanti; MS. 3.9.1 (112, 4) ya vai manus- 
ard jo grham ägacchati (cf. Caland zu Apss. 11. 16. 15, Anm. 2); 
TB. 3. 7. 1. 7; K. 35. 18 (64, 4) = Kap. 48. 16 (306, 21) ye (scil. deväh) 
yajamänasya sd am ca prätas ca grham ägacchanti; TB. 1. 7. 1. 6 
ye yajamänasya säyam grham dgacchanti’). Sonst findet sich noch 
(wenn man von den zahlreichen Stellen absieht, in denen ein 
Accusativus personae direkt von Wz. gam-+ä abhängt) einmal 
ardham mit dem Genitivus personae bei der WZ. id: ChUp. 
5. 3. 6 sa ha gautamo rajio ’rdham eyäya. Ein Typus *gautamah 
pravähanasya jaibaler djagama, den man dem griechischen eis 
Aid og iévat und lateinischen ad Dianae venire an die Seite stellen 
könnte”), ist in der vedischen Prosa nicht zu belegen ). 

Er würde auch zur Erklärung der SB.-Stelle nicht ausreichen, 
weil dort ein yatra-Satz steht und ein elliptisches Nomen im 
Nominativ ergänzt werden muß. Die Genitive in yatra- bzw. 
yatah-Sätzen sind sonst durchweg als Genitivi partitivi aufzu- 
fassen, so SB. 1. 2. 4. 16 = 3.3.1.7 yatra va asyai (i. e. der Erde) 
khanantah krürikurvanty apaghnanti (die Känva-Parallele 2.2.2.9 
yad va asyah kim ca khananti; und cf. Caland zu ApSS. 10. 23. 9); 
SB. 1. 3. 3. 10 yatra va asyai bahulatama ogadhayah; MS. 2. 5. 5 
(53,19) yatra tū (var. lect. tu) bhümer jäyeta tat prajijüäseta; TS. 
6. 1. 5. 4 yatah khalu vai yajfasya vitatasya na kriyate tad anu 
yajfiah paräbhavati (cf. Caland zu ApSS. 10. 21. 10); TS. 6.4.2.5 
= 6.4.9.4 yatah khalu vai yajfiasya vitatasya na kriyate tad anu 
yajnam raksansy avacaranti An welcher Stelle der Erde grabend 


1) Zweifelhaft ist der Lokativ sadhäge mit Genitivus personae JB. 1. 271 
(Caland § 95, p. 103, 5—6) tau haruner dcaryasya sabhäga Ajagmatuh, wo 
‚vielleicht mit Caland, WZKM. XXVII 77, sabhäga in sabhaga(v) zu emendieren 
ist; vgl. das Adjektivum sadhdga zu einer Disputation gehend’, Syntax of Cases 
89, Ex.9, p. 12—13. 

2) Zum elliptischen Genitiv des englischen Typus ‘at the baker’s (scil. 
shop)’ vgl. A. E. H. Swan, in A Grammatical Miscellany offered to Otto Jespersen 
on his 70th birthday, Copenhagen and London, 1930, p. 275—286. 

2) Das gilt auch von JB. 2. 387 (Caland § 163, p. 209, 4 von unten) fesam 
ha prsthyasya sadahasyaikenähnästutam (die Hs. "hasyaitenähna’) äja- 
gama, das Caland frei mit ‘Er kam zu ihnen an dem Zeitpunkte, da der 
Prsthya-sadaha bis auf einen Tag abgelaufen war? übersetzt; wörtlich aber: 
Er kam zu deren bis auf einen Tag ungesungenem (Teil) des Prsthya-sadaha’. 
Vgl. JB. 2. 152 (Caland 5 142, p. 172, 14—15) tesam ha sarvam eva pratas- 
savanam näjagäma, “Während deren ganzen Morgenlitanei [wörtlich: Zu 
deren ganzen Morgendienste’] kam er nicht' (Caland). In der ersten Stelle 
hängt fesdm von astutam ab, wie in der zweiten von pratassavanam. 


140 H. Oertel 


sie (dieser) eine Wunde zufügen ...; an welcher Stelle der 
Erde die Pflanzen am zahlreichsten sind ...’; ‘an welcher Stelle 
des in Gang gesetzten Opfers keine Opferhandlung vollzogen wird 
.... Da der Genitiv pravahanasya jaivaleh nicht so erklärt werden 
kann und man nicht wagen darf, die gut bezeugte Lesart der Stelle 
in yatra pravähanasya jaivaler [üsanam] dsa zu emendieren, so bleibt 
nichts übrig als hier mit Sayana und Delbrück eine Ellipse anzu- 
nehmen, die fürs Ai. ganz singulär ist. Herrn Ernst Lommatzsch 
(Marburg) verdanke ich einen Hinweis auf Liv. 2.7.12 ubi nunc 
Vicae Potae est domus in infimo clivo aedificata (Wölfflin, Archiv 
f. lat. Lex. II 370 [1885]); mehr bei J. B. Hofmann in Stolz-Schmalz, 
Lat. Gramm. 394 oben). 

$ 8. Die Wurzel car in der Bedeutung ‘coire? mit und ohne 
Objektsakkusativ mithunam. 

(a) Bei der Wz. car coire' steht mithunam immer, wenn die 
Person nicht angegeben wird: K. 34. 5 (39, 12 und 13); GB. 2. 2. 6 
mithunam caranti; SB. 11.5.4.16; GB. 1. 3. 21 na mithunam caret; 
SB. 4.6.7.9 und 10 jayapati mithunam carantau; GB. 1. 3. 20 mi- 
thunam carisyatha; vgl. SB. 14. 9. 4. 3 (bis); 4 (BAUp. 6. 4. 3; 4) 
adhopahäsam carati (4 caranti). Nur einmal steht die Frau im 
Lokativ im Sloka SSS. 15.17 mätary api mithunam caranti [aber 
die Parallele AB. 7. 13.13 mäträpi mithunibhavanti )]. 

Passivisch mit dem Instrumental mithunena: SB. 1. 9. 2. 8 
tira-iva mithunena caryate. 

(b) Ohne mithunam steht Wz. car ‘coire? mit dem Instrumental 
der Person K. 36.5 (72,17); MS. 1. 10. 11 (151, 3—4) anrtam va 
esa karoti ya patyuh kritä saty athanyais carati; SB. 2. 5. 20 (Kanva 
1. 5. 1. 17) im Mantra kena carasi (= KSS. 5.5.6) und varunyam 
ha va etat stri karoti yad anyasya saty anyena carati; SB. 6. 4. 4. 19 
api svayäd jäyayä tira-ivaiva cicarigati; dazu mit gewolltem Doppel- 
sinn (Eggeling: ‘perform :: cohabit’) SB. 1. 8. 1. 11 sa yo Raivam 
vidvan id ayd carati. 

Einmal mit dem Akkusativ der Person: SB. 9. 5. 1. 54 yad 

. manusyam caret if he were to have intercourse with a 
human female’ (Eggeling). Der Akkusativ stellt sich dem Akkusativ 

1) Griechische Fälle wie aiyufjs dne aut edbjneos „es leuchtete, ging ein 
Glanz aus von der Lanze“ X 319, wo man Nom. oédag ergänzt (W. Leaf zur 
Stelle) — vielleicht ohne Not — und die häufigeren wie psAdwpoyor dé yoñua 
Ondevayv Xpv Eur. Ph. 199, wo yoga doppelt zu denken ist (vgl. Kühner-Gerth 
I 35, f), zeigen nicht die gleichen Bedingungen. [E. Schwyzer.] 

2) Bloomfield’s Concordance registriert die Variante mdtrapi :: mdtary 
api nicht. 


Zu den ai. Ellipsen. 141 


bei Wz. as + mithunt SB.Kanva 1.2.4.11; 2. 7. 2. 1; 4.2.1.19 mi- 
thuny enam syam; 1.1.1.3 mithuny enäh syam (Caland, SB.Kanva I, 
Introduction III § 21,b, p. 60) an die Seite für den SB.Madhy. 
1. 7. 4. 1; 2. 2. 4. 15; 3. 2. 1. 25 mithuny enaya syam; 2. 1. 1. 5 mi- 
thuny äbhih syam den Instrumental bietet. Caland vermutet für 
den Akkusativ Beeinflussung durch Wz. bhū sam ‘coire’ c. Ac- 
cusativo, das SB. 1.7.4.1; 2.1.1.5; 2.2.4.15 (Kanva 1. 2. 4. 11); 
3. 2. 1. 25 (tam sambabhüva) in unmittelbarer Nachbarschaft steht. 
S. § 9. 

Das PW. s. Wz. car 6 (Spalte 954, unten) und Delbrück, 
Ai. Synt. § 5, p. 8, 22—26 nehmen hier eine euphemistische Ellipse 
(Havers, Handbuch der erklärenden Syntax § 170, p. 190 mit der 
Anmerkung dazu p. 267) an; kaum richtig, da mithuna nicht zur 
Sphäre des ai. sprachlichen Tabus gehört. Vgl. § 9 Wz. bh - sam 
mit und ohne mithunam. Es liegt eine einfache Kürzung einer 
häufigen Redensart vor. 

§ 9. Die Wurzel bhū sam “coire? mit und ohne mithunam 
mit abhängigem Accusativus personae. 

(a) Mit mithunam: K. 12. 5 (167, 16); K. 27.1 (137,9) = Kap. 
42.1 (246,3) täm (scil. väcam) mithunam samabhavat; SB. 6.1.2.1 
so ’gnind prthivim mithunam samabhavat; 3 sa räyunäntariksam mi- 
thunam samabhavat; sa ädityena divam mithunam samabhavat; 6 sa 
manasa vacam mithunam samabhavat; 7—9 sa manasaiva Geo 
mithunam samabhavat; SB. 10. 6. 5. 4 (BAUp. 1.2.4) sa manasa 
vacam mithunam samabhavat. | 

(b) Häufiger ist die Ellipse von mithunam: KB. 23.4 (104, 24); 
TS. 2. 5. 1. 6 (ter); TB. 1.3.3.4; TS. 6. 1. 3. 6 = MS. 3. 6. 8 (70,4) = 
K. 13. 3 (182, 3) = K. 23. 4 (78, 22) = Kap. 36. 1 (188, 2); TS. 5. 5. 
4. 1; TB. 1. 1. 3. 8; K. 8. 5 (89, 12) = Kap. 7. 1 (72, 13); MS. 1. 6. 12 
(106, 8); SB. 1. 7. 4. 1; 2. 1. 1. 5; 2. 2. 4. 15 (Känva 1. 2. 4. 11); 14. 4. 
2. 5—9 (BA Up. Madhy. 1. 4. 5—9 = Kanva 1. 4. 3—4). 

810. Lexikalische Ellipse bei AB. nita ‘tot’, hingeschieden'. 

AB. 2. 2. 21—22 yad aha: “krdhi na ürdhvan caranäya jivasa” 
(RV. 1. 36. 14) ity eva tad aha | yadı ha va api) nita iva yajamano 

1) Das PW. Spalte 270,10 und pw. p. 231, Spalte 3,11 führen die AB.- 
Stelle unter Wz. mi+ api an, sicher nicht richtig; Wz. 27 + api immer mit 
Akkusativ bedeutet entweder (a) “jemanden einen Pfad entlang führen’ TS. 2.2.2.1 
apathat panthäm apinayati; AB. 1. 8. 13; GB. 2. 1. 13; K. 10.5 (129, 5—6); 
MS. 1.8.9 (129, 15); 2. 1. 10 (11, 16); 4. 8. 3 (109, 16); TB. 1. 4. 4. 10 panthäm 
(GB., TB. panthanam) apinayati; SB. 12. 4. 4. 1 yajnapatham apinayati; oder 
(b) jemanden wohin führen’ K. 26. 2 (123, 1) antariksam apinayati (wo aber 
die Kap.-Parallele 40. 5 [229, 1] atinayati liest, wie K. und Kap. im vorher- 


142 H. Oertel 


bhavati pari haivainam tat samvatsardya dadäti. Der Sinn muß 
sein: ‘selbst (api) wenn der Opferherr so gut wie (iva) tot ist’, 
vgl. TS. 2.1.1.4; 2. 1. 2. 7; 2. 1. 9. 3; 2. 2. 10. 4—5; 7.2.4.3; 7.2. 
7. 4 uta yaditasur bhavati jivaty eva. Sa yana glossiert die AB.- 
Stelle: yady api yajamäano mrtyund nita eva bhavati tathapi tat- 
pädapäthena mriyum parihrtyainam samvatsarayadyuhpradaya kalat- 
mane dadaätı. 

Daß eine Ellipse vorliegt, ist sicher. Aber dafür, daß der 
Tod (mrtyuh) einen Sterbenden aus dem Leben ins Totenreich 
“abführt’ oder ‘geleitet’, so nahe sie uns liegt, kann ich in den 
Brähmanas keine Parallele finden’): TS. 3.3.8.3—4 (Caland zu 
ApSS. 13. 24. 15) grivabaddham enam (scil. yajamänam) | amugmin 
loke neniyeran (würden ihn in jener Welt hin und herzerren’, vgl. 
TS. 2.1.1.2; MS. 2.5.1 [47,19]; 4.3.3 [42, 6]; K. 12.13 [176, 6—7] 
vayur vā imäh praja nasyotä ittham cettham ca [TS. om. ittham 
cettham ca] neniyate) bezieht sich auf das Schicksal des Opferherrn 
im Totenreiche, der die auf die Vedi gestreuten Halme nicht ver- 
brannt und sich so von seiner Schuld dem Yama gegentiber nicht 
schon auf Erden freigemacht hat. Ebensowenig kann verglichen 
werden, wenn es mit Bezug auf das Opfertier, das zum Schlachten 
geführt wird, SB. 3. 8. 1. 10 heißt mriyave hy etam (scil. pasum) 
nayanli, ..., na va etah mriyave nayanti yam yajnäya nayantı; 
TS. 3.1.5.1; 6.3.8.1 mrtyave vā esa niyate yat pasuh; 6.3.9.4 
pra vā eso ’smäl lokāc cyavate yah pasum mrtyave niyamanam an- 
varabhate; MS. 3.9.7 (126,5) pasor vai märanäya (lies so) ni- 
yamanasyahavaniyam medhyo ’bhy upakrämatı. 

Man kann AB. nitah als Participium praeteriti nītáh zur 
Wurzel ni ziehen, man kann es aber auch als nitah (Participium 
praeteriti zur Wurzel i+ ni [ná + itah]) auffassen. Auf die zweite 
Alternative weist RV. 10. 161. 2; AV. 3. 11. 2; 20. 96. 7: yddi ksi- 
täyur (vgl. die oben angeführten TS.-Stellen mit yadıtäsuh) yadı 
vd päreto yddi mrtyér antikdm nita (Pp. ni-itah) evd | tám 
d harämi nirrter updsthäd dspärsam enam Satdsäradäya hin: ‘Ob 
seine Lebensdauer zu Ende ist, oder ob er dahingegangen, ob 
in des Todes Nähe er eingegangen, ich hole ihn her aus der 
gehenden Satze lesen); $B.1.8.3.11;20; 12.8.1.21 devalokam apinayati; 
dazu (c) im übertragenen Sinne TS. 2.2.8.2 gavam evainam nyinam apiniya. 

Visva-Bandhu Sästri, Vaidika-Padanukramakosa (Lahore 1936) II 2 p. 569, 
Spalte 1, Zeile 26 sub mita stellt es zu Wz. nī. 
1) Am nächsten stünde einer solchen Auffassung AV. 8. 8. 11 nayatamin 


mrtyuduta yamadata apombhata ~ AVPaipp. 16. 30. 1 (L. C. Barret, American 
Oriental Series IX, p. 32) mrtyudata amin nayata yamadita apombhata. 


Zu den ai. Ellipsen. 143 


Nirrti Schoße, zu hundertjährigem (Leben) hab ich ihn berührt’. 
Vgl. dazu Wz. i+ ni mit unerwünschten Objektsakkusativen: 
(a) mit artim TB. 1.4.6.5 = K. 34. 2 (36, 23—37,1); TB. 1.4.7.1; 
SB. 1. 4. 3. 22 (bis); MS. 1. 4. 7 (55, 10); 1. 5. 14 (83, 14); 1.8.4 
(119,17); 3.7.3 (78,6) [in allen diesen MS.-Stellen steht drtim 
nitah im Gegensatz zu sarvam äyuh mit Wz. i]; MS. 4. 7. 6 (101,4); 
SB. 2.10.7, (b) mit abalyam und sammoham SB. 14.7.2.1 (BAUp. 
4. 4. 1), (e) mit animanam SB. 14. 7. 1. 41 (BAUp.Madhy. 4. 3. 41 = 
Kanva 36); AB. 4. 26. 3, (d) mit bhangam KB. 4. 1 (14,17); (e) mit 
bhresam K. 7.11 (73,5; der Satz fehlt in Kap. 6.1); K. 20.8 
(27,20) = Kap. 31.10 (158, 12); TS. 7.3.1.1; AB. 5. 33. 3 (ter); 
GB. 1.3.2 (octies), [dazu das Gegenteil GB. 1.3.3 (octies) mit 
abhresam, und vgl. JUB. 3.16.4 mit der Anmerkung], (f) mit 
tamah K. 34.2 (37,7), (g) mit ksudham TS. 7.2.4.1; MS. 3.7.4 
(79,10); 3.9.4 (118,8 und 14 [bis]. Es ist also nicht unwahr- 
scheinlich, daß für AB. nitah eine, hier möglicherweise euphe- 
mistische, Ellipse von mrtyor antikam (RV.) oder artim (MS.1.4.7 
55, 10]; 1.5.14 [83,14]; 1. 8. 4 [119,17]; 3.7.3 [78,6]) anzu- 
nehmen ist. 

Dasselbe nita auch Vadhila Sūtra (Caland, Acta Orientalia IV, 
§ 45, p. 40,11) atha yadi yajamäna upatäpi syat katham kuryad 
iti, vinastir (d. h. die Mantras sdram te caksur gachatu svähä usw.) 
juhuyäd ity ähus, tā va eta vinastayo huyante: suryam te caksur 
gachatv asau svähä, sarasvatim te vag gachatv asau sväheii yaja- 
mänasya nämagräham, sa yady api mīta wa bhavatı jivaty eva, 
wozu Caland bemerkt: „nita zu nyeti, vgl. animänam nyeti.“ 

$11. Der Genitivus personae bei der Wurzel jan und ihren 
Komposita. 

Die Konstruktionen der Wurzel jan und ihrer Komposita sind 
in den Sitzungsber. d. Bayer. Ak. d. Wiss., Jahrgang 1938, Heft 6, 
§ 2—21, S. 6—28 ausführlich behandelt worden. Kurz gefaßt 
ergibt sich: 

Dem Ablativ des Vaters (15mal bei der Wz. jan [a. a. O. 
§ 3, S. 6—7]; 5mal bei der Wz. jan+ā [§4, S. 7—9]; 5mal bei 
der Wz. jan + pra [§5, S.9—10]) stehen mehr als doppelt soviele 
Genitive des Vaters gegenüber (22 mal bei der Wz. jan [§6, 
S. 10—11]; 33mal bei der Wz. jan +&[88, S. 12—16, wo JUB. 
4.6.6 = 4.7.4 katamo vas tad veda yad vidusas sūdgātā suhota 
svadhvaryus sumänusavid äjäyate und JUB. 4.7.4 yo vai manus- 
yasya sambhutim veda... tasya sūüdgātā suhota svadhvaryus sumänu- 
savid djd ate nachzutragen ist]; 3 mal bei der Wz. jan + pra [§ 10, 


144 H. Oertel 


S. 16—17]). Der Genitiv des Vaters mit den Lokativen prajayam, 
kule steht nur bei der Wz. jan T q (S 13, S. 21—22) und zwar 
14 mal. Bemerkenswert sind hier die Parallelen TB. 1. 3. 2. 4 
äsya vāji jd ate gegenüber TS. 1. 7. 4. 6; 1. 7. 6. 7; 3. 2. 9. 2 äsya 
prajayam vāji jäyate; TS. 1. 5. 8. 4; TB. 2. 2. 3. 5; 2. 2. 11. 2; MS. 
1. 9. 8 (140, 6) dsa viro jayate und MS. 1. 8. 3 (118, 13—14); 
3. 7. 9 (89, 5—6) q häsya viro jäyate gegenüber ChUp. 3. 13. 6 
äsya kule viro jäyate. 

Hauptsächlich wohl auf Grund dieser Parallelen ist Delbrück, 
Ai. Syntax § 5, S. 9, 32—36 geneigt, die Genitive des Vaters durch 
eine Ellipse von orbe, prajayam zu erklären. Er zieht aber auch 
(Ai. Syntax § 106 am Ende, S. 153, 29—32) eine andere Erklärung 
in Erwägung: „Im Indischen setzt man nicht selten einen posses- 
siven Genitiv zu einem Nomen in Beziehung, wo wir lieber 
einen Dativ zum Verbum in Beziehung setzen würden, z. B. 
tasya ha putro jajfie ein Sohn dessen wurde geboren’, ihm wurde 
ein Sohn geboren’ AB. 7.14. 2“, und Ai. Syntax S. 296,4 über- 
setzt er SB. 11.5.1. 11 jata u te am tarhi putro bhavitä mit dann 
wird auch dieser dein Sohn (mit dem ich schwanger gehe) ge- 
boren sein’. 

Wo immer putrah mit einem Adjektivum verbunden ist, liegt 
diese zweite Auffassung dem deutschen Sprachgefühl ganz nahe, 
z. B. TS. 1.5.8.5; 1.7.6.5 tejasvy eväsya brahmavarcast putro 
jäyate dessen Sohn wird als ein glänzender, mit Brahmanruhm 
begabter geboren‘. 

Wie ich a.a. O. § 21, S. 27—28 ausgeführt habe, scheint mir 
diese zweite Auffassung den Vorzug zu verdienen. Denn erstens 
sind die Genitive des Vaters mit den Lokativen prajäyäm, kule 
auf die Wz. jan+ä beschränkt; zweitens läßt sich der Genitiv 
des Vaters bei der Wz. jan und ihren Komposita ohne Schwierig- 
keit auf einen ursprünglich adnominalen Genitiv zurückführen; 
und drittens stellt sich der Genitiv :: Ablativ bei der Wz. jan 
und ihren Komposita dem Genitiv :: Ablativ bei den Verben der 
Trennung (Sitzungsber. d. Bayer. Ak. d. Wiss., Jahrgang 1985, 
Heft 12) an die Seite, vergleiche z. B. TS. 3.4.8.6 annädyam 
eväsya haranti gegenüber JB. 3.71 annädyam vā etasmäd dharanti 
mit TS. 6. 4. 10. 5 atiry asya prajä jäyate nadya gegenüber 
SB. 1.8.3.6 samänäd eva purusäd atta cadya$ ca jäyate. 

8 12. Der Genitivus personae parallel einem Dativus commodi. 

Für diesen Parallelismus findet man das Material in den 
Sitzungsber. d. Bayer. Ak. d. Wiss., Jahrgang 1938, Heft 6, § 22 


Zu den ai. Ellipsen. | 145 


— 114, S. 29—79 zusammengestellt, z. B. MS. 3. 8. 8 (106, 11—12) 
asurä va etan valagan devebhyah pränesu nyakhanan gegenüber 
K. 25. 9 (116, 2—8) = Kap. 40. 2 (222,17) te (scil. asuräh) de- 
vanäm pranesu valagan nyakhanan; TS. 6. 2. 11.1 asurā vai niryanto 
devanam pranesu valagan nyakhanan die Asuras, hinausgehend, 
vergruben Zaubersubstanzen (zur Bedeutung von valaga vgl. 
Caland zu Kaus. 39. 1 [S. 132, Anm. 1]) in den Hauchen der 
Götter’ (Caland zu ApSS. 11.11. 6). Ebenda § 115, S. 79—80 
sind Delbrücks Auffassungen des Genitivs besprochen. 

Delbrück, Ai. Synt. § 5, S. 9, 32 ff. ist hier wieder geneigt, eine 
Ellipse eines Lokativs wie ‘im Hause’, ‘beim Opfer’ anzunehmen, so 
z. B. TS. 5. 1. 4.5 catasrbhih sam bharati catväri chandänsi chan- 
dobhir eva, gäyatrıbhir brahmanasya gäyatro hi brahmanas, trstugbhi 
rüjanyasya traistubho hi räjanyah mit vier Versen bringt er die 
Geräte zusammen, also mit den Metren, da der Metra vier sind, 
mit Versen im Gayatri-Metrum im Hause (beim Opfer) eines bräh- 
mana, denn dieser ist gäyatrisch, mit Versen im Tristubh-Metrum im 
Hause eines räjanya, denn dieser ist tristubhisch’, indem er auf 
TS. 5. 3. 8. 3 visurüpam asya grhe drsyate yasyaitä upadhiyante 
Verschiedenartiges zeigt sich in dem Hause eines Mannes, in 
dessen (Hause d.h. bei dessen Opfer) diese Altarsteine aufgelegt 
werden’ verweist. 

Doch denkt er auch hier (Ai. Synt. S. 10, 13ff.) an die Möglich- 
keit, den Genitiv als einen ursprünglich adnominalen aufzufassen, 
und geht darauf Ai. Synt. 8106 am Ende, S. 153, 29—36 noch 
einmal ein: „Im Indischen setzt man nicht selten einen possessiven 
Genitiv zu einem Nomen in Beziehung, wo wir lieber einen Dativ 
zum Verbum in Beziehung setzen würden“, wofür er SB. 6. 1. 3. 15 
yad asya tan nämäkarot der Name desselben, den er machte‘, "der 
Name, den er ihm gab’ anführt (vgl. Sitzungsber. d. Bayer. Ak. d. 
Wiss., Jahrgang 1938, Heft 6, § 28, E, S. 36, wo als fünftes 
Beispiel KB. 7.2 [29,9] na vd ajätasya garbhasya nama kurvantı 
nachzutragen ist )). 

Auch hier halte ich diese zweite Erklärung für die richtige. 
Denn erstens ist die Zahl der Stellen, in denen der Genitiv mit 
den Lokativen orbe, yajñe verbunden vorkommt und von ihnen 
abhängig gemacht werden kann oder muß, verhältnismäßig recht 


1) Das von Delbrück angeführte zweite Beispiel TS. 1. 5. 1. 1 tad asya 
sahasäditsanta gehört zu den Genitiven bei den Verba der Trennung (Sitzungsber. 
d. Bayer. Ak. d. Wiss., Jahrgang 1935, Heft 12, 8 11, 8. 29—30 und 8 20, 1, 
S. 37, 1—4). 

Zeitschrift für vergl. Sprachf. LXVII 3/4. 10 


146 H. Oertel 


gering (etwa 17, vgl. a. a. O. § 114, S. 78—79); zweitens lassen 
sich diese dem Dativus commodi parallelen Genitive ungezwungen 
auf ursprünglich adnominale Genitive zurückführen, z.B. AB. 7. 
25. 1—2; 4 tad ahur: yad brahmanasya diksitasya: brähmano ’diksisteti 
dıksam ävedayanti katham ksatriyasyävedayed iti | yathaivaitad brah- 
manasya diksitasya ` brahmano ’diksisteti diksam avedayanty evam 
evaitat ksatriyasyavedayet purohitasyärseyeneti |... tasmät tasya 
purohitasyarseyena diksäm ävedayeyuh (cf. ApSS. 2. 16. 10; 10. 11. 
5; 24. 10. 13—14) wörtlich: “wenn man eines geweihten Brahmana 
Weihe (mit der Formel) „Der Brahmana ist geweiht“ ankündet, 
wie soll man (die Weihe) eines Ksatriya ankünden? Grade so 
wie man die Weihe eines geweihten Brähmana (mit der Formel) 
„Der Brahmana ist geweiht“ ankündet, ebenso soll man (die Weihe) 
eines Ksatriya (‚der keinen Rsi unter seinen Vorfahren hat,) mit 
der Ahnenreihe (seines) Purohita ankündigen; .. deshalb soll man 
dessen (d. h. des Ksatriya) Weihe mit der Ahnenreihe (seines) 
Purohita ankündigen’; aber die ursprünglich adnominalen Genitive 
brähmanasya diksitasya, ksatriyasya und tasya beginnen sich aus 
dieser Verbindung zu lösen und die Bedeutung für einen Brahmana’, 
‘fiir einen Ksatriya’, ‘fiir diesen’ anzunehmen. Und drittens stehen 
diese Genitive des öfteren in genauer Parallele zu Dativen, vgl. 
z. B. PB. 6.9.13... iti bahubhyah pratipadam kuryät (The tristich 
SV. 2. 180—182) he should take as opening one for a plurality 
(of sacrificers)' (Caland) gegenüber JB. 1. 94... iti bahünäm 
samyajamananam pratipada kuryät (a. a. O. § 28, F; S. 37—38); 
PB. 21. 1. 4 yasmä evam viduse somam krinäti gegenüber K. 24. 1 
(89,13) = Kap. 37. 2 (195, 6) uta tayä (scil. gava) rajanyasya (seil. 
somam) kriniyat; MS. 3. 8. 6 (101, 5) aparimitad etad bhratrvyam 
nirbhajya yajamänäya (scil. vedim) parigrhnäti gegenüber TB. 3. 2. 
9.7 yasyaivam viduso vedim parigrhnanti. 

8 13. Der Genitivus personae bei A. den Verben des Essens 
und B. den Verben des Annehmens’*). A. Zu den Ellipsen von 
grhe stellt Lüders, Sitzungsber. d. kgl. preuß. Ak. d. Wiss. 1916 (X), 
S.282 den Genitivus personae bei den Verba des Essens. Er 
erklärt so das me in ChUp. 4. 1. 1 sarvata eva me ’tsyanti in der 
Hoffnung, daß die Leute überall bei ihm essen wiirden’*), indem 
er Boehtlingks Konjektur vatsyanti für me "tsyanti sicher mit Recht 


1) Vgl. A Volume of Eastern and Indian Studies in honour of F. W. Thomas, 
C. I. E. (Separatband zum New Indian Antiquary, 1939), p. 160—165. 

2) Sankara nimmt hier eine Ellipse von annam an: sarvata eva me ma- 
männam tesu āvasatheşu vasanto tsganti bhoksyante. 


Zu den ai. Ellipsen. 147 


ablehnt. Dafür daß hier eine Ellipse von orbe anzunehmen sei, 
führt er AB. 2.9.6 an na diksitasyäsniyät, das Sayana mit diksi- 
tasya grhe näsniyat glossiert: „ag und ad mit dem Genitiv einer 
Person heißen also in jemandes Hause, bei jemandem essen’ 
(Delbrück, Ai. Synt. S. 9).“ 

Lüders folgt Renou, Gr. Sk. § 222, F, p. 308, der ApDhS. 1. 
18.9 trayanam varnänäm ... na bhoktavyam mit (il) ne doit pas 
prendre de repas (chez ceux) des trois (premiéres) castes’ über- 
setzt; und weiter P.Thieme, Der Fremdling im Rigveda (Abhandl. 
f.d. Kunde des Morgenlandes XXIII, 2, 1938). Thieme tibersetzt 
(S. 16, Anm. 2) AV. 5. 29. 4 = AVPaipp. 13. 9. 5 (JAOS. XLVIII 54) 
pisäco asya (AVPaipp. ’sya) yatamo jaghäsa mit Welcher P. immer 
bei ihm gegessen hat’ und RV. 10. 87. 18 = AVPaipp. 16. 7. 8 
(Barret, American Oriental Series IX, p. 9) visam gavam yatudhanah 
pibantu') mit Gift sollen die Hexeriche bei den Kühen trinken 
(statt der Milch, die sie haben wollen)’; und so auch (§ 103, 
S. 105 a. E.) RV. 2.1.4 tvam aryamä satpatir yasya sambhujam mit 
‘Du (o Agni) bist Aryaman, der Hausherr, in dessen (Haus) ich 
speisen möchte’*). Für die vedische Prosa ergibt eine Überprüfung 
der Stellen folgendes Resultat: 

1. Bei der Wz. ad läßt sich der bloße Genitiv der Person, 
deren Speise gegessen wird, nicht belegen, es steht dort immer 
der Objektsakkusativ annam mit dem Genitivus personae 2. B. 
AB. 8. 24.2 na ha vā apurohitasya rajiio devi annam adanti und 
so GB. 1.3.19 (89,5 Gaastra); PB. 18. 1. 11; 12; TS. 2. 2. 6. 2; 
2. 3. 7. 4; 2. 5. 1. 6; TB. 1. 4. 3. 2; MS. 1.8.8 (127, 5); 2.1.3 (4,4); 
2. 3. 7 (34, 19 und 21); 3. 6. 7 (69, 13 und 18); K. 8. 11 (95, 9) = 
Kap. 7. 8 (79, 9); K. 10. 5 (129, 13); K. 12. 5 (167, 22 und 23; 167, 23 
168, 1; 168, 1—2 und 2); K. 12. 7 (169, 20); K. 23. 2 (75, 10) = 
Kap. 35. 8 (184, 19); K. 23. 6 (81, 10; 11—12; 12; 14 und 16); vgl. 
dazu das Kompositum K. 23. 9 (85, 20) = Kap. 36. 6 (193, 10) 
diksitännam ... adanti. 

Und so auch der Objektsakkusativ annam c. genit. personae 


1) Die AV. Parallele 8.3.16 visam gavam yätudhäna bharantam. 

2) Thieme § 12, S. 16—17 erwägt auch die Möglichkeit einer Ellipse von 
grhe für den Genitivus personae fava RV.1.150.1 = SV. 1.97 = SVJaim. 1. 
11.1 = Nir. 5.7 puru tva dasvän (SV. dasivan; SVJaim. däsivam) voce (SV 
Jaim. voced) ’rir (SVJaim. arir) agne tava svid d todasyeva Saranda d 
mahasya (SVJaim. mahasyä) “Hoch dich ehrend nenne ich mich Fremdling 
in Deinem (Hause), o Agni (= nehme ich Deine Gastfreundschaft in Anspruch), 
(wo ich sicher bin) wie im Schutze eines großen (Rosse-)lenkers (i. e. Kriegers)“. 

10* 


148 H. Oertel 


bei der Wz. jakg TS. 2.2.6.2 vidvigänayor annar jagdhvä parallel 
zu 2.2.6.2 yo vidvisänayor annam atti’). 

2. Aber bei der synonymen Wz. as ‘essen’ halten sich die 
Konstruktionen (a) mit dem Objektsakkusativ annam, asanam c. 
genit. personae und (b) mit bloßem Genitivus personae ziemlich 
die Waage: 

(a) AV. 9. 6. 24 (Prosa) na dvisato ’nnam asniyän na miman- 
sitasya na mimänsamänasya; 25 yasyannam asnanti; 26 yasyannam 
nasnanti; PB. 11.8. 10; 14. 3. 12 ayäsyo vā ängirasa ädityanam diksi- 
tãnãm annam äsnät; KB. 7. 3 (29, 19) kasmäd diksitasyasanam näsnanti; 
SB. 4. 6. 5. 4 yavanto no ’sanam agnanti; JB. 1.223 (Caland § 83, 
S. 86,3 von unten) = 3. 250 (Caland § 206, S. 287, 10 von unten) 
anäsyännasyännam asitvä; JB. 2. 135 (Caland § 140, S. 168, 10—9 
von unten) yo ’näsyännasyännam asnäti; JB. 2. 83 (Caland § 130, 
S. 145, 6 von unten) yad vā vidvisananam asanam äsa (vgl. 
TS. 2. 2. 6. 2 vidvisänayor annam atti; KSS. 25. 8. 16 pratigrhya 
vidvisänayoh). Ähnlich mit dem Objektsakkusativ havih und Genitivus 
personae AB. 7. 11. 1; KB. 3. 1 (8, 17—18) na ha vā avratasya deva 
havir asnanti; uta me devä havir asniyuh; KB. 3. 2 (9, 17) na ha va 
anärseyasya devä havir asnanti. 

(b) AB. 2. 9.6 na diksitasyasnıyat (Sayana interpretiert: diksi- 
tasya grhe nasniyat*)); SB. 3. 6. 3. 21 tasmad diksitasya näsniyät, 
..., tasmäd asyäträsnanti; KB. 2. 8 (7, 12) yasyo ha vā api devah 
sakrd asnanti; J UB. 1. 57. 1 tasmäd u gäyatäm näsniyät’). Dazu aus 
den Sütras mit Wz. bhuj KSS. 25.8. 16 patitasya bhuktva (Weber, Ind. 
Stud. IX 247); ApDhS. 1. 18. 9 trayanam varnandm ... na bhokta- 
vyam (Renou, Gr. Sk. § 222, F, p. 308). Ebenso Manu 4. 207 
mattakruddhaiuranam ca na bhufjita kadā cana (Speijer, Ved. und 
Sk. Syntax § 64, S. 18). 

Wenn man beim Genitivus personae mit den Verben des 
Essens überhaupt eine Ellipse annehmen will, so läge es im Hinblick 
auf die unter (a) und (b) zusammengestellten Parallelen am nächsten, 
an eine Ellipse von annam, asanam zu denken, wie denn auch 
Sankara ChandUp. 4.1.1 sarvata eva me ’tsyanti mit sarvata eva 
me mamannam tesv avasathesu vasanto ’tsyanti bhoksyante glossiert. 


1) Zur Suppletion ad :: Joke (ghas) vgl. Delbrück, Ai. Synt. § 160, p. 274, 
12—14; Wackernagel II, 1 §5, b, Anm., p. 16, 20; Renou, Gr. Sk. §280, p. 399, 
29—30. 

2) Diese Stelle ist von Weber, Ind. Stud. IX 247 und von Lüders, Sitzungber. 
d. kgl. preuß. Ak. d. Wiss. 1916 (X), 282 angezogen worden. 

) Vgl. TB. 1. 3. 2. 7 tasmad gayatas ca mattasya ca na pratigrhyam. 


Zu den ai. Ellipsen. 149 


Für eine Ellipse von grhe lassen sich nur anführen: MS. 1.8.8 
(127, 7) orbe tu tasya tatah paro näsniyät; K. 8. 12 (96, 8—9) = 
Kap. 7.7 (78, 15—16) grhe (so liest v. Schroeders Text mit Tı, Brl., 
und D.; Ch. grhi; St. grhän; für Kap. gibt Raghu Vira keine var. 
lect.) tv (die Kap. Hs. nv) asya tato näsniyät. Dazu ApSS. 5. 14. 2 
grhe tv asya tato näsniyät (Rudradatta: asya bahupustasya grhe tatah 
param näsniyäd yajamanah) er esse jedoch nachher nichts aus 
dessen Wohnung” (Caland )). 

B. Nun hat aber schon Weber, Ind. Stud. IX 247 bei der Er- 
örterung des Genitivus personae ohne Objektsakkusativ mit den 
Verben des Essens scharfsinnig auf die parallele Konstruktion bei 
der Wz. grh + prati als Geschenk annehmen’ hingewiesen): 
SB. 14. 6. 10. 3 (BAUp. 4. 1. 3) apratigrhyasya’) pratigrhnati (Sankara 
glossiert apratigrhyasya mit ugrädeh, vgl. Manu 4. 212 ugrännam 
[scil. na bhufjita]); TB. 1. 3. 2. 7 tasmäd gäyatas ca mattasya ca na 
pratigrhyam (der Kommentar ergänzt dhanam‘)); K. 14. 5 (205, 1—2) 
yo gäthänäräsansibhyäm’) sanoti tasya na pratigrhyam (vgl. das 
vedische Zitat mattasya na pratigrhyam der Kasıka zu Pan. 3. 1. 118); 
MS. 1.11.5 (167,8—9) yo gäthänäräsansibhyäm sanoti na tasya 
pratigrhyam ... na mattasya; JB. 1. 223 (Caland § 83, S. 86, 8 von 
unten) = 3. 250 (Caland § 206, S. 287, 10 von unten) sa (3. 250 om. 
sa) yo garagir manyetäpratigrhyasyo pratigrhyandsyannasyannam asitvä 
‘wer sich vergiftet meint, weil er (etwas) entgegengenommen hat 
von jemandem, von welchem man nicht entgegen nehmen darf, 
weil er Speise von jemandem gegessen hat, dessen Speise man 
nicht essen darf (Caland) ). 


1) Vgl grhe mit upaharanti AV. 8.10.21 upäsya grhe haranti ya evam 
veda “in his house do they present food who knows thus’ (P.-E. Dumont, 
JAOS. LIX 429—430). 

2) Auch die folgenden Belege fiir Wz. grh + prati c. Genit. personae sind 
von Weber mit Ausnahme der aus MS. und JB., die ihm nicht zugänglich waren, 
aufgezählt. 

$) Zu apratigrhya einer, von dem nichts angenommen werden darf’ vgl. 
SB. 11. 1. 6. 35 anapoddhärya das, wovon nichts weggenommen werden darf’, 
TS. 2.8.1.5 anaparudhya das, wovon einer nicht vertrieben werden kann’; 
Syntax of Cases I 860, Ex. 115, Rem., p. 222, 30—37. 

4) Vgl. JUB. 1. 57. 1 tas mãd u gayatam näsniyät. 

5) Zu gäthänäräsansı vgl. Weber, ZDMG. XV 136; Ind. Stud. X 53; Manilal 
Patel, Die Dänastutis des Rigveda (Marburger Diss.) 1929, S. 69—70. 

©) Auch in der Anm. zu PB.19.4.10 (yad eva bahu pratigrhnati yad 
garam girati yad anannam atti) übersetzt Caland die JB.-Stelle: having 
received a gift from a person from whom he ought not to accept a gift, having 
eaten food from one whose food he should not eat’; die Übersetzung in der Anm. 


150 H. Oertel 


Aus den Sutras führt Weber noch KSS. 25. 8.16 an: prati- 
grhya vidvisänayoh, womit TS. 2. 2. 6. 2 vidvisänayor annam atti; 
vidvisänayor annam jagdhvä; JB. 2. 83 (Caland § 130, S. 145, 6 von 
unten) vidvisinadndm asanam dsa zu vergleichen ist. 

Gegen die Annahme einer Ellipse der Objektsakkusative annam, 
asanam spricht die Tatsache, daß die Wz. grh + prati niemals 
mit diesen verbunden auftritt; ebensowenig findet sich das vom 
Kommentar zu TB. 1.3.2.7 ergänzte dhanam. Mit einem Worte 
für Speise (und zwar ohne Genitivus personae) steht die Wz. 
grh + prati nur KB. 25. 15 (119, 19) aphälakrstäng ca pratigrhnan 
und KB. 6. 14 (27, 10—11) athainat (scil. präsitram) pratigrhnäti 
(vgl. TS. 2. 6. 8. 7 präsitram prasnati). 

Sonst finden sich bei der Wz. grh + prati noch die Objekts- 
akkusative dnandan, havih, ähutim, ähuts und nispadah mit einem 
klar adnominalen Genitivus personae: SB. 10. 5. 5. 2; 4 na (4 naiva) 
te havih pratigrahisyati; KB. 2. 7 (6,5) katham nv imän vayam 
änandän asmädrsasyaiva (Wackernagel III § 218, b, S. 436, 17, wo 
TB. Druckfehler für KB. ist) pratigrhniyama; KB. 2.8 (6,23 und 
7, 4-5) tasyai (scil. yajamänasya) "o devah satyahutasyahutim 
pratigrhnanti; KB. 2. 8 (7,12) prati haiväsyaite ähuti devad grhnanti; 
TS. 7. 2. 10. 4 so pi ha vā asya sirsanya nispadah pratigrhnati yo 
dvädasähe pratigrhnati “wer beim Dvädasaha Daksinas entgegen- . 
nimmt, empfängt, was von seinem (des Gebers) Haupt herabfällt’ 
(Caland, zu ApSS. 21. 1. 5). 

Ob auch die Wz. labh ohne Objektsakkusativ mit einem 
Genitivus personae konstruiert wird, ist nicht sicher und hängt 
von der Interpretation des vimäthyasya in der folgenden Stelle 
ab: JB. 2. 299 (Caland 8 156, S. 200, 1 von unten — 201, 1) tena 
haitena maruto yata indrägni iksam cakräte : ime ced va idam sama- 
payanti maruta evedam sarvam bhavantiti, tan ha (die Hs. tan sa 
ha) sattraparivesanam sahasram jigyatus, tad dhaisam vimäthicakrire 
(die Hs. nach Caland vimdsicakrire, nach Whitneys Abschrift 
vimäsicakrire), papmanam ha vā esäm tad vimethire, tasmäd u ha 
vimäthyasya na lipseta : net papmano ’pabhajä iti; Caland übersetzt: 
„Als die Maruts (einst) mit diesem (Opfer) beschäftigt waren, 
überlegten Indra und Agni über sie: “Wenn sie dies zu Ende 
führen, so werden die Maruts alle Macht bekommen’. Als Sieger 
entwendeten sie diesen (Maruts) eine Tausendzahl (von Kühen)'), 
zu PB.9.2.16 “having eaten food from one from whom no gift may be accepted, 


from one whose food may not be eaten? ist ein augenscheinlicher lapsus calami. 
1) Zum doppelten Akkusativ bei der Wz. syd (Ji) vgl. außer der von 


Zu den ai. Ellipsen. 151 


die Zurüstung ihres Sattra [Anm. 25: Vgl. AB. 5. 14. £]. Da er- 
schlugen) sie (die Maruts) deren (Tausendzahl [?]) [Anm. 26: 
‘Sinn der Worte unklar; Übersetzung, besonders von vimathikr’) 
unsicher’). Dadurch erschlugen °) sie deren Mißgeschick. Deshalb 
soll man, von einem, der zerschlagen werden soll, nicht(s) 
zu erlangen suchen, damit man nicht Anteil an seinem Miß- 
geschick habe).“ 

Was nun vimäthyasya angeht, so ist es mir zweifelhaft, ob 
es überhaupt als Gerundivum aufzufassen ist; belegt sind von 
der Wz. math nur SB. 12. 4. 3. 3 ulmukamathya und TS. 6. 3. 5. 2 
manthya; vimäthya ist also eher ein sekundäres Derivativum vom 
Nomen vimätha (SB. 3. 8. 3. 36; TB. 1. 3. 8. 4) ‘etwas oder jemand, 
das (der) in einer Balgerei verwickelt ist’. Jedenfalls aber braucht 
vimäthyasya nicht maskulin zu sein (Caland: ‘von einem, der 
zerschlagen werden soll’), sondern es kann ebensogut Neutrum 
sein (‘von etwas, das zerschlagen werden soll’), In letzterem 
Falle ist es ein Genitivus partitivus (Delbrück, Ai. Synt. § 109, 
S. 159—161; Renou, Gr. Sk. § 222, B, a, p. 304, 4ff.): Deshalb 
soll man von etwas, worum gestritten worden ist, nicht zu nehmen 
suchen, damit man keinen Anteil am Unglück habe’. Zu dieser 
Konstruktion der Wz. labh mit dem Genitivus rei vgl. die Mantras 
K. 9. 7 (118,9); ApSS. 8. 18. 4 bhagas (ApSS. bhaga) stha, bha- 
gasya vo lapsiya das Glück seid ihr, möchte ich des Glückes teil- 


Caland (Anm. 24) angezogenen Stelle JB. 2. 249 (Caland § 149, S. 187, 10 und 8 
von unten) indra vai marutah samajinot sväm visam ..., sahasram (scil. 
marutah) ajydsistam Indra brachte seine Leute, die Marats, um ihre Habe. ., 
die beiden (Indra und Soma) haben (die Maruts) um tausend (Kühe) gebracht’ 
noch PB. 21. 1.1 indro marutah sahasram ajinät svam visam ..., maruto 
ha sahasram ajyäsistäm (Delbrück, Ai. Synt. § 122, S. 180, 7 von unten). 

1) Zu vimäthicakrire vgl. ApSS. 18.7.8 vimathikrtya (Talav. glossiert 
mit äcchidyächidya), wo Caland “nachdem sie sich darüber gebalgt haben’ 
übersetzt. Vgl. TB. 1. 3. 8. 4 vimatham kurvate. 

2) Die Wurzel math + vi hin und her zerren’, zerreißen“ mit yajnam 
AB. 1. 18. 1; GB. 2. 2. 6; MS. 4. 8. 9 (118, 12); K. 25. 2 (103, 18); Kap. 38. 5 
(209, 7, wo ma = ja jnam); mit havyam MS. 1. 10. 10 (150, 8); K. 36. 5 (72, 
3—4); mit havingi KB. 28. 2 (134, 16, wo die Hs. M. vimathnate, die anderen 
Hss. und Lindners Text vibadhnate); mit pasum MS. 4. 8. 9 (118, 12 und 15); 
TS. 3. 1. 3. 2; AB. 7. 1. 5; mit papmanam SB. 2. 5. 2. 24 (Känva 1. 5. 1. 22) tad 
dhäsam (Kanva: tad äsäm) marutah päpmänam vimethire; tatho evaitasya 
(Känva: tato vd etasya) prajanam marutah päpmänam vimathnate; 26 
(Känva 24) yatra vai (Känva: yatra ha vai tat) prajäpateh prajanam 
marutah papmänam vimethire. 

3) Vgl. JB. 3. 72 (Caland zu PB. 8. 1. 10) nec chuco ’pabhaja iti; PB. 8. 
1. 11 ya esam aéam eti tasmä eva $uco pabhajate. 


152 H. Oertel, Zu den ai. Ellipsen. 


haftig werden’ (Caland); K. 8. 10 (87, 23); MSS. 1.7.7.8 bhago 
si, bhagasya lapsiya; in Prosa TB. 1. 6. 10. 5 utkiranti, bhagasya 
lipsante sie werfen (die Kuchen) in die Höhe; (indem sie sie 
wieder auffangen,) suchen sie das Glück zu ergreifen’ (Caland 
zu ApSS. 8. 18. 4); ChandUp. 1. 10. 6 yad batännasya labhemahi 
‘ach, wenn ich nur (etwas) Speise bekäme’ (Sankara: annasyalpam 
labhemahi); AB. 2. 3. 12 tasmät tasyā (scil. pasoh) ’sitavyam caiva 
lipsitauyam ca; aus den Sütras ApSS, 1. 11. 2 (Renou, Gr. Sk. 
§ 222, B, a, p. 304,7) näsyaitäm ratrim kumäräs cana payaso la- 
bhante (Rudradatta: asyam ratryam asya kumärä api payasa eka- 
desam na labhante) an diesem Tage bekommen seine Kinder gar 
keine Milch’ (Caland); ähnlich bei der Wz. dp K. 36. 10 (77, 5) 
= MS. 1. 10. 16 (155, 16) te ’syaptvä vyanayan, vgl. Sitzungsber. 
d. Bayer. Ak. d. Wiss., Jahrgang 1934, Heft 6, S. 48, Anm. 1. 

Der Genitivus personae bei der Wz. grh + prati ‘als Ge- 
schenk annehmen’ hat eine Parallele im Genitivus personae bei 
der Wz. dā + ä ‘wegnehmen’. In den Sitzungsber. d. Bayer. 
Ak. d. Wiss., Jahrgang 1935, Heft 12, § 11, S. 29—30 und § 20, 
S. 37, 1—4 sind die Beispiele für den Parallelismus des Ablativus 
personae und Genitivus personae bei der Wz. dd + ā mit Ak- 
kusativobjekt zusammengestellt. Fur den Genitivus personae 
ohne Akkusativobjekt vgl. SB. 11. 4. 3. 2 na vai striyam ghnanty, 
uta tva asya jivantya evädadate vielmehr nehmen sie ihr (einem 
Weibe) lebend (ihre Habe)’; TS. 3. 5. 4. 2—3 yajfahano vai devä 
yajfiamusah (Arbman, Rudra, Uppsala Universitets Årsskrift 1922, 
S. 150) | santi, ta esu lokesv äsata adadanad vimathnanad yo dadati 
yo yajate tasya ‘indem sie dem, der gibt, und dem, der opfert, 
(die Opfergabe) wegnehmen und sie an sich reißen’; K. 10. 
(128,15) varunagrhito vā esa yo ’nyasyadadina upaharamänas ca 
carati ‘der, welcher fortwährend einem anderen (seine Habe) weg- 
nimmt und sich aneignet’. 

Diesem Genitivus personae bei der Wz. grh + prati schließt 
sich der Genitivus personae bei den Verba des Essens ohne 
Schwierigkeit an: ‘Er ißt (empfängt Speise) von Jemandem’, wo 
unserem Sprachgefühl ‘bei Jemandem’ näher liegt. Solche Ver- 
schiedenheiten der Auffassung sind nicht selten, vgl. z. B. Caland, 
IF. XXXI 107 „Wenn wir sagen ich wärme mich am Feuer’, 
‘ich wasche mich im Strome ... so sagten die Alten ich wärme 

1) Vgl. die Parallelen MS. 1. 10. 20 (160, 12) tan urdhväan udasya prati- 


labhante, bhagam eva pratilabhante; K. 36.14 (81,10) tan udasya prati- 
labhante wad eva bhütva bhagam pratilabhante. 


E. Schwentner, Vogelnamen und Volkswitz. 153 


mich vom Feuer her usw., weil die Wirkung von dem Feuer, 
von dem Strome ausgeht“ (dazu W. Schulze, Kleine Schriften, 
S. 652, 388—653, 5). RV. 1. 117. 11 agastye brahmand vavrdhana 
„werden zwar die Asvin von Agastya gepriesen, aber der Dichter 
sagt, daß sie es bei A. sind“ (Oldenberg, RVNoten I, S. 37, 10—13 
zu RV. 1. 34. 5). Wackernagel, Vorlesungen über Syntax II (1924) 
S. 219, 10—16 „In dem alten melischen Epigramme (Kaibel, Epi- 
grammata Graeca No. 740) nai Aids, “Expdyta öS dé duevpäs 
&yadua ist Ekphantos als der gedacht, bei dem man etwas be- 
kommt, gerade wie etwa Wulfila das nag&iaßov dnd tod Kvolov 
(I Kor. XI 23) ‘ich habe von dem Herrn empfangen’ mit andnam 
at fraujin eigtl. ‘ich habe bei dem Herrn entgegengenommen’ 
wiedergibt. Es ist sehr verständlich, daß an Stelle dieser lokalen 
Ausdrucksform bei ö&xeodaı eine mehr ablativische aufkam“. 
München. Hanns Oertel. 


Vogelnamen und Volkswitz. 

Der Blutfink oder Gimpel (pyrrhula europaea) heißt nhd. 
dompfaff, älter thumpfaff (16. Jahrh.), ndd. doemher (1542), dompäpe 
(entlehnt als dän. dompap, domherre, schwed. domhärre) wegen 
seiner schwarzen Kappe auf dem Kopfe und vielleicht auch wegen 
seiner vollen Figur (Suolahti, Deutsche Vogelnamen 139); die 
Haubenlerche oder Kotlerche (alauda cristata) heißt in Öster- 
reich kotmönch, älter kottmünch (1687), Suolahti a. a. O. 99; der 
schwarzstirnige Würger (lanius maior) wird wegen seiner 
schwarzen Kopfplatte von österreichischen Vogelhändlern als 
Mönch (1780) bezeichnet (Suolahti a. a. O. 152f.). Im Litauischen 
heißt das schwarze Wasserhuhn oder Schilfhuhn (fulica atra) 
auch klebönas, eigentlich „(kathol.) Priester, Pfarrer“, weil der 
Volkswitz den weißen Fleck auf dem Kopfe des Vogels mit der 
Tonsur eines Geistlichen vergleicht (Nesselmann, Wb. der lit. 
Sprache 217b). Anderer Art und derber ist der Volkswitz, wenn 
im Niederlitauischen (Zemaitischen)derkastrierte Hahn,Kapaun, 
Kapphahn als kaplonas’), koplunas „Kaplan“ (Nesselmann, Wb. der 
lit. Sprache 178b; 205a) bezeichnet wird. 

Diese Beispiele ließen sich wohl leicht aus anderen, besonders 
lebenden Sprachen und Mundarten vermehren’). 


1) Jetzt schriftlit. kapeliönas, Niedermann-Senn-Brender I 436 b. 
2) z. B. Krabd „Krähe“, Spottname der katholischen Geistlichen wegen ihrer 
schwarzen Tracht; Charles Schmidt, Wb. der Straßb. Mundart 62a. — Korr.-Note]. 


Schwerin i. M. Ernst Schwentner.. 


154 J. Wackernagel f und A. Debrunner 


Indoiranica’). 
Aus dem Nachlaß von Jacob Wackernagel, herausgegeben von 
Albert Debrunner’). 
21. Ai. d-ling- „umarmen“. 

Dieses Verbum, das dem Epos und den klassischen Autoren 
geläufig ist”), wird von Böhtlingk und Roth (unter äling-) und 
von Uhlenbeck (Et. Wb. unter äling-) zu linga- „Merkmal“ ge- 
stellt, was semasiologisch nicht befriedigt. 

Näher liegt Anknüpfung an abhi-viangd- RV. 1, 133, 4b, das 
die neueren Vedisten“) mit „Schlinge“ wiedergeben“); das zu- 
gehörige Verbum steht im selben Lied im Absolutiv abhi-vidgyd 
1c, 2a, wo Geldner im Anschluß an Sayana „einfangen“ übersetzt. 

Mi. Wandel der seltenen Konsonantenverbindung vl- zu U- 
l- ist durchaus möglich; vgl. prakr. -U- aus -- (Pischel, Prakr. 204 
§ 296). Auch der Wandel von a zu i vor % ist mi.: AMg. ingäla- 
aus ai. angära- „Kohle“ (Pischel a. a. O. 85f. § 101f.), AMg. JM. 
muinga- aus ai. mrdanga- „Trommel“, ähnlich AMg. ghimsu- aus 
ai. ghramsa- „Sonnenglut“, AMg. vadimsa- aus ai. avatamsa- „Kranz“. 
Zu vergleichen ist lat. e >i vor dem gutturalen Nasal (tinguo = 
téyyo, u. dgl.). 

lingayati im Sinn von „citrikarana“ („in ein Bild verwandeln“) 
Dhätup. 33, 65 = 10, 199 Böhtl. gehört wohl zu linga-; ob Nir. 
10,17 (148, 8) upalingin- „an Stelle von etwas tretend“, upa- 
lingayati „upagacchati“ („tritt herzu“) Durga zu Nir. 10, 17, upa- 
lingana- „Begleitumstände, Verabredung“ Kaut. zu d-ling- oder 
zu linga- zu stellen sind, mag unentschieden bleiben. 


22. Ai. äsayati äsita-. 

BhP. 9, 1, 37 sudyumnasyä ’sayan pumstvam „sie wünschten 
(hofften) die Mannheit des Sudyumna“ ziehen beide Petersburger 
Wörterbücher zu @-si- „in, auf etwas liegen“ unter Verweis auf 
kl. äaya- „(im Herzen ruhender) Gedanke, Absicht“. Natürlicher 


1) Fortsetzung zu o. LXI 190ff. 

*) Im Nachlaß von J. W. fanden sich diese Beiträge in sehr verschiedenem 
Grad der Ausarbeitung, von der flüchtigen Notiz (so das meiste) bis zur fast 
druckreifen Ausfertigung. Meinen Anteil an der Weiterführung und Fertig- 
stellung auszurechnen, wäre kaum möglich — und außerdem kleinlich. A. D. 

3) Ohne d nur Mbh. 12, 165, 49 = 6089; Zing- im Sinn einer Bewegung 
lehrt der Dhätup. 5, 48 = 1, 165 Böhtl. 

4) Neißer, Zum Wb. des RV. 1,66; Geldner, Übersetzung. 

5) BR. „Abschüttelung“; Graßmann, Wh. (Sp. 1751!) „das Bedrängen, Fort- 
drängen“; Ludwig, RY. II No. 475 „schleuderwürfe“. 


Indoiranica. | 155 


ist die Annahme eines Denominativums aus dsd- „Wunsch, Hoff- 
nung, Erwartung“ (mit der Möglichkeit von Denom. auf -a-yati 
aus d-Stimmen rechnet auch Delbrück, Das ai. Verbum 204). 

Anders v. MS. 3, 6, 2 (61, 14. 16), TS. 6, 1, 1, 4 dsita-: die Be- 
deutung „satt“ ist von P. 6, 1, 207 bezeugt und paßt an allen 
Stellen’); sie liegt auch in der Ableitung TS. 7, 1, 17 = KathAév. 
1, 8 (153, 5) äsitimdn- „Sattheit“) und im Kompositum MS. 3, 6, 2 
(61, 15.16) dty-asita- „übersättigt“ vor. Demnach liegt die Deutung 
als d-asita- „der sich voll gegessen hat“ nahe, wie sie schon 
Pat. zu V.1 zu P. 6,1, 207 gibt. Das Bedenken, das Oldenberg 
zu RV. 10, 37,11 gegen die Verbindung von as- mit à erhebt, 
wird hinfällig durch die parallelen Bildungen RV. 8, 9, 19a d-pi-ta-, 
AV. 9, 1, 9a d-pi-na „der sich voll getrunken hat“ und weiter 
durch v. d-pürna- „ganz gefüllt“. Daß der Akzent nur zu dieser 
Erklärung paßt, gibt auch Oldenberg zu. 

Wieder anders zu beurteilen ist agité- SB. 14, 7, 3, 11 = BAU. 
4, 5, 11 „zum Essen dargereicht“ wie gleich nachher päyitd- „zum 
Trinken d.“, also von den Kausativen B. äsayati v. paydyati. 

asité- „gegessen“ kommt AV., TS. 1, 6, 7, 4 = SB. 1, 1, 1, 9, 
Kath. 25,10 (118, 21 zweimal) = KapisthSamh. 40, 3 (225, 10), 
JB. 2, 409 vor, das negierte dn-asita- TS. = SB. ebd. 


23. Ai. utsuka-. 


Zu dem Präsens v. icchdti „wünscht“ (aus idg. *is-ské-ti, 
Walde-Pokorny I 12) wird nach dem Muster der Desiderativa, 
denen es ja seiner Bedeutung nach nahe verwandt ist, ein Subst. 
icchd- „Wunsch, Verlangen“ (MS. 3, 8, 10 [109, 12] mangalecchdyat 
„fausti ominis causa“ [R. Schmidt, Nachträge s. v.], dann ep. und 
kl.) und ein Adj. icchú- „wunschend“ (seit KSS. belegt, auch von 
P. 3, 2, 169 bezeugt) gebildet; vgl. z. B. v. jigisd- jigisu- zu jigisate 
„wünscht zu siegen, zu erlangen“. Lautlich klingt von den alten 
Desiderativen am stärksten v. bhiksd- „das Betteln“ zu v. bhik- 
gate „bettelt“ (Desid. aus bhaj- „Anteil haben, genießen“) an. 
Eine derartige Nachbildung nach den Desiderativen ist auch 
himsä- „Schädigung“ (seit Maitryup. 3, 5, d-himsä- seit SB. AB.) 
zu v. hims- „schädigen“. Noch Graßmann hält zwar hims- für 
ein wirkliches Desiderativum aus han- „schlagen, töten“, was 
y Auch RV. 10, 37, 110 und 10, 117, 7a, wo BR. (unter 2. aś Kausativ) 
ein Neutrum „Speise“ annehmen; ferner ApSS. 10, 6, 9. 

2) Mantra ksudhe svahä, äsitimne svähä „Heil dem Hunger, der Sattheit“. 
äsitimän- aus äsita- wie YV. tarunimdn- „zartes Alter“ aus v. fdruna- 
„Zart“, TS. dhumrimdn- aus YV. dhamra- „grau“ usw. 


156 J. Wackernagel ¢ und A. Debrunner 


natürlich unmöglich ist: es gehört zu einer Wurzel his- (Wacker- 
nagel, Ai. Gr. 144 8 40). 

Zu dem genannten icchu- ist nun aber das ep. kl. utsuka- 
„begehrend, sehnstichtig, unruhig, besorgt“ als Hypersanskritismus 
für ein mi. *ucchuka- zu stellen: Angleichung eines i an ein 2 
der folgenden Silbe ist im Mi. beliebt; so z. B. ucchu- „Zucker- 
rohr“ < iksu-, usu- „Pfeil“ C isu- (Pischel, Prakr. 131 8 177; 
Geiger, Pali 46 8 16, 1a), ’O&Uuayıs Arrian Ind. 4,5 (lies Aere 
aus *uksumati- oder *ucchumati- = iksumati- (Flußname); vgl. 
auch v. chibuka-, S. cubuka- neben spätkl. cibuka- „Kinn“. Hyper- 
sanskritisches ¢s für mi. cch findet sich auch in Lex. gutsa- 
„Klumpen“ für M. guccha- aus *grpsa- (zu S. grapsa- „Büschel“) 
(Ai. Gr. 1158 § 135a), ferner in inschr. utsrtäni für ucchritäni „auf- 
gerichtet“ Epigr. Ind. 5, 183 (Inschrift aus dem Jahr 1184 oder 1185). 


24. Mittelindisch -ettika-, -ayittaka- u. dgl. 

1. Das Präkrit kennt Adjektiva auf -éttika- -éttiya- -ettia- 
-ittia- aus den Pronominalstämmen a-, a-, ya- (oder ja-) und ta-, 
und zwar sind sie sowohl von Hemacandra (2, 156. 157) als auch 
in der dramatischen Literatur bezeugt (Pischel, Prakr. 116 § 153); 
z. B. Sak. 29,9 Pischel ettikena vi (= 16, 9 Cappeller ettiena = 
20,9 Böhtlingk ettaena [sic]) „bloß hiermit“; 71, 14 P. ettikehim 
(= C. 39,6; Bö. 44,10 ettiehim) kusumehim „mit dieser Anzahl 
von Blumen“; 76, 6 P. ettikassa (= C. 41,17; Bö. 47, 9 ettiassa) 
kälassa „binnen so langer Zeit“; 114,11 P. ettike dëng edassa 
ägame „so ist mein Kommen zu ihm“, d.h. „so bin ich zu ihm 
(dem Ring) gekommen“. 

Der Bedeutung nach entspricht also ettia- dem ai. iyant-, 
kettia- dem ai. kiyant-, yettia- dem ai. yävant-, tettia- dem ai. 
tavant-. Es liegt daher nahe, (k)ettia- mit (k)iyant- in etymo- 
logischen Zusammenhang zu bringen. Das meint wohl auch 
Cappeller, wenn er im Prakrit-Index seiner Ausgabe (S. 109) 
ettia- = iyant- setzt. Das Verhältnis denkt sich Pischel a. a. O. 
genauer so, daß er ein *ayat = iyat annimmt und aus diesem ein 
* ayat-tya- nach dem Muster von ai. iha-tya- kva-tya- tatra-tya- ab- 
leitet. Das ist unmöglich; denn die Adj. auf -tya- werden nur 
aus Ortsadverbien gebildet, nicht aus Pronominalstimmen. Man 
wird daher lieber an das bekannte deminutive Adjektiv v. iyattakd- 
„so winzig“ RV. 1,191, 15a, Fem. iyattikd- ebd. 11a anknüpfen, 
das formell und semantisch gut dazu paßt. Niemand wird sich 
daran stoßen, daß eine so vulgäre Bildung im Ai. nur an dieser 
einen Stelle belegt ist. 


Indoiranica. 157 


2. Kalidasa braucht in den Prakritpartien seiner Dramen Ad- 
jektiva auf -ittaa-, Fem. -ittiã- aus kausativen Verben in partizip- 
ähnlicher Bedeutung; so z.B. Sak. 9, 20 Bö. = 11,3 P. = 6, 19 C. 
paoharavittharaittaam attano jovvanam „deine die Brust entfaltende 
Jugend“). Die Prakrit-Grammatiker leiten diese Bildungen aus 
einer Taddhitabildung auf -itta- ab, die den Sinn des ai. -mant- 
-vant- haben soll (Pischel, Prakr. 406 § 600). Da aber dieses -itta- 
in der Literatur nicht belegt ist, ist es wohl nur eine Gram- 
matikererfindung. Aber Böhtlingk (zu Sak. 9, 20, S. 161) hat sich 
dadurch verleiten lassen, -ittaa- auf ein *-yitra-ka- zurückzuführen, 
und Pischel a. a. O. stimmt ihm bei und lehnt die einleuchtende 
Deutung Benfeys (GGA. 1856, 1216) aus *-yitr-ka- ab. 

Natürlich ergibt *-yitr-ka- nicht direkt -ittaa-. Zunächst ist 
von den Kasus mit -tr- (ai. -trā -tre usw.) das tt in den starken 
Stamm eingedrungen (vgl. den NSg. Aug. uvadamsettäre = ai. 
*upadarsayitä; Pischel a. a. O. 271f. § 390) und dann das ad- 
jektivierende -aka- -ikä- angetreten. 


25. Aw. karati- „Messer“ = v. krti-. 

Vd.17,9 ar&tayas ča karatayas da „Speere und Messer“ ent- 
hält zwei aus dem RV. bekannte Wörter: rsfi- (mehrmals; auch 
AV. ep. kl.) und krti- (nur 1, 168, 3d). Meillet, MSL. 11 (1899) 21 
und Bartholomae, Altiran. Wb. 454 wollen zwar mit Rücksicht 
auf das sonstige aw. karata- „Messer“ das karstayas der obigen 
Stelle aus Angleichung an das vorausgehende arstayas erklären. 
Aber das ist nicht zwingend: das v. krt-i- „schneidend, Messer“ 
aus der Wz. krt- „schneiden“ hat gute Parallelen, z. B. in v. krid-é- 
„spielend“ und AV. khan-i- „wühlend“ (betontes -i- ist Suffix, 
nicht das i der sei-Wurzel!), während karata-, das einem ai. Nomen 
agentis *krt-d- entsprechen müßte, Bedenken erregt, da der Typus 
tudd- „schlagend“ zu Verben der 6. ai. Präsensklasse gehört, 
also zu v. krntdti vielmehr krnid- zu erwarten ist (nach Whitney, 
Roots 23 in B. -krnta- belegt; dies ist den Beispielen bei De- 
brunner, Bull. School Or. Stud. VIII [1936] 487ff. beizufügen ). 


26. Ai. krsdnu-. 
Für v. krsdnu-, den Namen eines Schützen, „der Göttern 
wie Menschen den Genuß des Soma mißgönnt“ (Geldner, Anm. 
1) Sak. 11, 14 C. (ähnlich 15, 2 B., 21, 8 P.) se ummädaittaam ravam pekkhia 
„ihre berauschende Schönheit gesehen habend“. 
2) Außer der Tiefstufe in krytí- karəta- karəti- scheint auch die Dehn- 


stufe ein Wort für „Messer“ ergeben zu haben: np. kärd, kurd. r (Horn, 
Grundriß der np. Etym. 185). 


158 J. Wackernagel + und A. Debrunner 


zur Übersetzung von RV. 1, 155, 2), ist bisher keine überzeugende 
Ableitung gefunden. Er erklärt sich zwanglos aus v. krsd- „mager“ 
und v. dnu-, einer Bezeichnung nichtarischer Leute, also aus 
*kréd-anu-. Für die Beziehung der Kompositionsglieder stehen 
zwei Möglichkeiten zur Verfügung: 1. „die Anu’s mager machend“ 
nach dem Typus trasd-dasyu- (Ai. Gr. II 1, 316 § 120ca), also mit 
verbalem krsd- aus dem schon v. Verbum krs- ,abmagern‘; 
2. Bahuvrihi „durch den die Anu’s mager sind“, also mit adjek- 
tivischem krsd-.-. Wenn man daran denkt, daß auch trasddasyu- 
Eigenname ist, wird man vielleicht die erste Lösung vorziehen. 


27. Ai. ksarati — ksälayati. 

Daß SB. ep. kl. ksälayati „bespült, wäscht ab“ das Kausa- 
tivum von v. ksar- „fließen“ ist, erkannten schon Böhtlingk und 
Roth; zum Wechsel von r und 7 vgl. Wackernagel, Festgabe 
Jacobi (1926) 10ff. (zu ksälayati S.13). Es war also tiberfliissig, 
daß Caland (Das JB. in Auswahl S.145) JB. 2,83 na ksarati 
„läuft nicht über“ — niksälayet „leert aus“ — niksalayam cakära 
„leerte aus“ wegen des ksar- das ksäl- in ksär- änderte. Vgl. 
auch das Causativum causativi praksäläpayita „möge abwaschen 
lassen“ AsvGS. 1, 24,10. Doch ist wenigstens an zwei vor- 
klassischen Stellen das Kaus. ksärayati „läßt fließen“ belegt: 
MS. 2, 3, 9 (37, 14) = Kath. 12, 11 (173, 16) viksärdyati neben evdm 
wa hy ésd viksdrati (MS.) bzw. vi va hy esa kşariti (Kath.; vgl. 
v. ksariti bei P. 7, 2, 34). 


28. Ai. khäd- „essen“. 


Die Volkstümlichkeit von khdd- „essen“ ergibt sich aus Kom- 
posita wie khädata-modatä-, khadata-vamata-, khädatäcamatä- (Ai. Gr. 
II 1, 328 § 124b, wo khäd- falsch mit „kauen“ übersetzt ist). 
Schon im Mi. hat khäd- das alte ad- fast ganz verdrängt. Im 
Pali ist ad- als Verbum auf die Gatha’s des Jataka beschränkt 
(Trenckner, Pali Dictionary s. v. adeti) und die daraus gebildeten 
Nomina wenigstens am Zurticktreten; vom Grasfressen der Tiere 
brauchen RV. 1, 164, 40c und die Mantras (om) utsrjata gam das 
Verbum ad-, der Anguttaranikaya (7,44) dagegen khäd- (Pischel, 
SBBA. 1908, 458). Über das Fehlen von ad- im Prakrit vgl. 
Th. Bloch, o. XXXIII (1891) 329, über dessen völlige Verdrängung 
durch die Fortsetzungen von khäd- in den neuindischen Sprachen 
W. Schulze, o. XLIII (1910) 379 mit Anm. 2 (= Kleine Schriften 
627 mit Anm. 2). 


Indoiranica. 159 


29. Ai. gř- : Gd. 

W. Neißer (BB. XIII [1888] 291 ff.) hat das Verdienst, die 
Wurzel von gde im Ai. nachgewiesen zu haben. Doch hat er 
dabei den Bogen überspannt (vgl. auch Walde-Pokorny I 691), 
und es ist eine Nachprüfung nötig. 

ud-gürna- mit der Bedeutung „emporgehoben“ steht für das 
klassische Sanskrit fest (z. B. Kir. 15, 9, Sisup. 19, 50); Sayana zu 
RV. 1, 116, 12 verwendet es als Glossem für ugra-, Hemacandra 
an. 4, 128 für samudgata-; vgl. auch Nir. 1, 20 samudgirna- „hoch“ 
zur Etymologisierung von giri- „Berg“; udgurnäh prahäräh „Schläge, 
zu denen ausgeholt wird“ Pat. zu V. 15 zu P. 3, 1, 26 (36, 16) im 
Gegensatz zu nipatitah ,niedergefallene*. Das Bhattikavya stellt 
daneben den Aorist ud-agurisata und das Perfekt uj-jugure in der 
Bedeutung „emporwerfen“, der Dhatupatha 28, 103 (= 6, 103 Bö.) 
und 33, 21 (= 10, 155 Bö.) die Präsentia gurate, gurayate, gorayate. 
Dazu gehört wohl auch VS. 16, 46 (náma) udgurdmänäya (ndmo) 
’bhignate : „dem Ausholenden“ würde sehr gut zu „dem mit Schlag 
Treffenden“ passen. 

Weil es nun aber in der alten Sprache zahlreiche gur-Formen 
von gř- „lobpreisen“ gibt und in den Samhita's des schwarzen 
YV.) das ud-gurdmänäya der VS. durch die entsprechende Form 
des sonst deutlich zu diesem op. gehörigen, seit dem RV. be- 
legten apa-gur- „bedrohen, schmähen“ ersetzt ist, stellt Böhtlingk 
in beiden Wörterbüchern ein ud-gur- in der Bedeutung „drohend 
die Stimme usw. erheben“) auf und stellt dazu auch udgurna-. 
Das ist ganz unmöglich. Man muß sich dazu bequemen, das gf- 
von udgürna- von dem von apa-gur- zu trennen und es nach 
Neißers Vorschlag zu ßdAAsıw zu stellen, dessen Wurzelformen 
gede- Bân- deutlich auf eine schwere Basis weisen und dessen 
Präsens auf ein idg. *grIndti zurückgehen wird: vgl. att. Baddjow, 
ferner Baddntis „das Werfen“ bei Athenäus, „oot Adınvnow“ 
bei Hesych (also wohl alter Sakralausdruck) ). 

Schon Bartholomae (Altiran. Wb. 512 hat die Wurzel auch 
auf iranischem Gebiet erkannt in jungaw. niyräire „sie werden 
niedergeschleudert*. Das iran. ni-gar- und das ai. ud-gur- passen 

1) TS. 4, 5, 9, 2; MS. 2, 9, 8 (127, 2); Kath. 17, 15 (258, 11); Kaps. 27, 5 
(117, 15). 

2) Auch TS. 2, 6, 2,5 apagürya heißt nicht „wegschlagen“ (Neißer a. a. O. 
292, der unrichtig aus dem Vorhergehenden vdjram als Objekt ergänzt); vgl. 
Keith, TS. Übers. 1207 A.5. Vgl. ferner über apa-gur- H. Oertel, ZII. VIII 287. 

3) 8. jetzt Schwyzer, Griech. Gramm. I (1939) 693 mit Fußn. 9; kelt. -dad/- 
ebenfalls aus In- Pedersen, Vergl. Gramm. d. kelt. Spr. II (1913) 459. 


160 J. Wackernagel ¢ und A. Debrunner 


sehr gut zusammen. Auch bei den ai. Wurzeln :- „gehen“, grabh- . 
„ergreifen“, dhä- „setzen, legen“, yam- „ausstrecken“ korrespon- 
dieren die beiden Präverbia, ebenso in den zueinander gegen- 
sätzlichen v. ny-dfic- úd-añc- „nach unten, oben gewandt“ (RV. 
8, 4,1; 8, 28, 3b; 8, 54 [65], 1b). 

Ob die oben genannten Formen des Bhattikavya nach ud- 
gurna- aus *-agarisata und *-jagre umgeformt sind, wie die pür- 
Formen von př- „füllen“ nach pürnd-, oder ob sie reine, vielleicht 
sogar nur von den Grammatikern geschaffene Neubildungen sind, 
ist nicht auszumachen. Sicher ist ud-gurna- ererbt, wahrscheinlich 
auch ud-gurate. Als Simplex und mit anderen Präverbien als ud 
hat sich g7- „werfen“ wegen der Konkurrenz von g7- „lobpreisen“ 
und 9y „verschlingen“ nicht halten können. 

Die beliebte Zusammenstellung von klass. gal- und seiner Sippe 
mit BdAAsı» wird durch die obige Kombination nicht gestört und stört 
sie nicht. Aber sie ist an sich unwahrscheinlich. Die Bedeutung 
„fallen“ würde zu @dAdew allenfalls passen; aber der Grund- 
begriff ist „träufeln“, was von BddAdew weit abliegt, aber zu dem 
deutschen quellen stimmt; der Versuch, „träufeln“ und „werfen“ 
unter „fallen lassen“ zu vereinigen (Walde-Pokorny I 690), über- 
zeugt nicht. 

30. Ai. jayampati-’). 

jayampati Kath. 6, 4 (52, 14) steht in einem Mantra an Stelle 
von dämpati der MS. 1, 8, 4 (119, 14) und von jäyäpati der KapS. 
4, 3 (40, 3). Raghu Vira in seiner Ausgabe der Kaps. möchte 
daher die Unform wegkorrigieren. Das ist aber nicht nötig: 
jäyampati ist eine Kontamination aus den beiden anderen Wörtern. 
Diese sind zwar in der Bildung verschieden: dämpati RV. AV. 
usw., auch Kath. 31, 15 [17, 10]), ist elliptischer Dual von démpati- 
„Hausherr“ ), dagegen jäyä-patt (KapS., SB.) Dualdvandva „Frau 
und Gatte“); aber sachlich bedeuten beide dasselbe: „Hausherr 
und Hausfrau“, und auch äußerlich täuschen sie durch die Zwei- 
gliedrigkeit und den dualischen Ausgang Fat eine Gleichheit des 
Aufbaues vor. 

31. dedvos. 

Das Etymologicum Magnum (259, 30) gibt für Aedvvoog u. a. 
folgende Erklärung: vior dé gooa, Sut Enneiön EBaollevoe Núons: 
xatà dë thy Ivddy pwvğv deüvos ô Baoıleüs‘). Gewiß steckt hinter 
J) Vgl. dazu auch H. Oertel, S. Bayr. Ak. W., phil.-hist. Abt. 1934, Heft 6, 
61, Nr. 9. 


9 Ai. Gr. I 1,155 § 65 3 A.; III 244 § 133bA. 3) Ebd. II 155 § 65 b. 
) Ähnlich Etym. Gud. 342, 20 Stefani. 


Indoiranica. 161 


deövoc das indische deva-, das ja im Sanskrit wie im Pali und 
Prakrit in der Bedeutung „König“ ganz geläufig ist. Wir werden 
also edos für deövos einsetzen dürfen. 


32. Ai. di- „fliegen“. 

Das vorklassische Verbum di- (seit dem RV. belegt) „fliegen“ 
tritt in der ep. und klass. Sprache’) als di- auf; doch lebt di- 
noch bis ins Neuindische neben di- weiter (Shina dizéi aus diyate, 
Hindi dare, zig. uryel aus uddiyate, usw.; Turner, J. Gypsy 
L.S. III 5 [1927] 173). Bloch, Bull. School Or. Stud. 5, 739 A. 
erklärt den Zerebral als rätselhaft und nicht aus dem Drawidischen 
deutbar, vermutet aber Beeinflussung durch die Wurzeln dra- 
dru- ,laufen“. 

Lieber aber wird man von der Zusammensetzung mit nih- 
ausgehen (RV. 4, 27,1d nir adiyam „ich flog davon“), d.h. von 
*niz-di-; die Verallgemeinerung des Zerebrals hat ihre Parallele 
in sthiv-, das von den Zusammensetzungen mit ni- nih- rati-p 
ausgegangen ist (Ai. Gr. I 236 § 205c). 


33. Ai. tärä-. 

Scharfsinnig hat G. Ipsen (IF. XLI 179ff.) das idg. Wort für 
„Stern“ aus akkad. istar „Venus“ hergeleitet. Er spricht sich 
dabei nicht über das Genus aus. Wenn er recht hat, müssen 
dorne und seine Genossen ursprünglich Feminina gewesen sein. 
Dieses ursprüngliche Genus lebt erstens in lat. stella fort: die 
lat. Deminutiva halten das Genus des Grundwortes fest; zweitens 
in ai. tärä- „Stern“, das zwar erst von den Epen an belegt ist, 
dessen Alter aber durch die schon im AV. gebrauchte Erweite- 
rungsform tärakä- verbürgt ist). Dieses tärä- gehört zu den ur- 
sprünglichen Monosyllaba, die dank ihrem femininalen Geschlecht 
zu Stämmen auf d erweitert worden sind (Ai. Gr. III 324 § 163). 

Man darf daher vermuten, daß auch das vedische (s)ér-, das 
zum Teil den s-Anlaut bewahrt hat (Ai. Gr. I 265 E 230ay), 
Femininum war; aber die einzigen erhaltenen Formen dieses 
Stammes: v. strbhih und Val. 7 (= RV. 8,55), 2b tdrah, lassen das 
Genus nicht erkennen. Ebensowenig der gäthaaw. Gen. Pl. stram. 
Aber das jungaw. star- ist deutlich Maskulinum, ebenso done seit 


1) Vgl. Ai. Gr. 1172 §148b. Der Beleg ditara- SB. 4, 5, 5, 5 fällt weg, 
da E. Leumann in R. Schmidts Nachträgen mit Recht ardditarah liest, also den 
Komp. von TS. arddi-, dem Fem. von MS. ardda- „langhörnig“. 

) Vgl. Ai. Gr. III 212f. § 119b. Zära- zu sír- wohl zuerst Lassen, Ind. 
Bibl. 3,18. 44. Zum d der Wurzelsilbe vgl. noch neupers. Stra. 

Zeitschrift für vergl. Sprachf. LXVII 3/4. 11 


162 J. Wackernagel f und A. Debrunner 


Homer. Dieser Genuswechsel erklärt sich wohl zunächst aus der 
Häufigkeit der Nomina agentis auf -tar- vt. Allerdings ist 
das lautlich anklingende Sachwort yaotjo „Magen“, ursprünglich 
„Fresser“ ), Femininum; wahrscheinlich hat es als Deckwort für 
vndös dessen Genus übernommen. 

Es gab übrigens auch eine Göttin tära-, die besonders bei 
den nördlichen Buddhisten Ansehen genoß (vgl. G. de Blonay, 
La déesse Buddhique Tara, Paris 1895, bes. S. 61ff.). Die ist wohl 
aus dem Appellativum tārā- heraus entwickelt und hat mit der 
babylonischen Istar nichts zu tun. Die Buddhisten lieben es, den 
Namen an tärayati „rettet“ anzuknüpfen. 

Woher das Maskulinum des germanischen Wortes (z. B. ahd. 
sterno) stammt, wird man vielleicht erkennen, wenn man die 
Herkunft der n-Erweiterung aufklären kann. Die Erinnerung an 
den bekannten r/n-Wechsel (J. Otrebski, Indog. Forsch. I [1939] 97) 

hilft nicht weiter, da er wohl ursprünglich auf Neutra beschränkt 
war und beim Wort für „Stern“ nirgends eine Spur des Neutrums 


zu finden ist. 
34. Dekhan. 


Das Mask. *) daksinä-patha-, der seit dem Epos belegte Name 
von Südindien, aus dem das heutige „Dekhan“ geworden ist, 
wird von BR. als „Land im Süden“ erklärt‘). Dagegen besteht 
aber das Bedenken, daß weder path- noch patha- „Land, Gegend“ 
bedeutet; auch das daksind-patha- der Sütras enthält -patha- in 
der gewöhnlichen Bedeutung „Weg“: „der Weg für die Tiere, 
die den Opferlohn (daksinä-) bilden“. Man wird also auch das 
andere daksinä-patha- als „Weg nach Süden“ deuten; man braucht 
dann nur die recht wahrscheinliche Annahme zu machen, daß 
etwa ein daksinäpatham eti") „er geht den Weg nach Süden“ als 
„er geht nach dem Südland“ umempfunden wurde. Übrigens 
leiten auch Böhtlingk und Roth uttarāpatha- „Nordland“ aus „der 
Weg nach Norden“ ab; aber dieses wohl als Gegensatz zu dak- 
sinäpatha- gebildete und erst spätklassische Kompositum ist nicht 
zum Eigennamen eines Landes geworden. 

Zu erwägen wäre auch eine Rückführung von daksinäpatha- 
auf daksina + AV. SB. d-path-a- „Weglosigkeit“, also „das un- 

1) S. jetzt Schwyzer, Griech. Gramm. I 530 mit Fußn. 3. 

) Prellwitz, o. XLVII 297f.; dazu jetzt Schwyzer a. a. O. Fußn. 2. 

) Z. B. Nala 9, 23 daksinäpathah. 

4) Auch Renou-Nitti-Stchoupak: „region du Sud“. 

5) Vgl. RV. pdnthäm eti „er geht einen Weg“ u. dgl.: Delbrück, Ai. 
Syntax 169. 


Indoiranica. 163 


wegsame Land im Süden“, wobei man etwa verweisen könnte 
auf SB. 7, 2,1,19 dpatham ivai ti, ad etdm disam éti „in weg- 
loses Land geht er, wenn er nach dieser Richtung geht“. Doch 
scheitert diese Lösung daran, daß dpatham AV. 10, 1, 16a deutlich 
Neutrum ist (was man auch nach der Wortbildung erwartet), 
während daksinäpathah Mask. ist (s. 0.). 


35. Ai. dad- „halten“. 


BR. III Sp. 568 nehmen für einige vorklassische Stellen einen 
Prisensstamm dad med. „bei sich führen, bewahren, tragen, 
halten“ zur Wurzel dā- an. Es ist aber schon längst erkannt, 
daß hier eine besondere Wurzel dad- „halten“ vorliegt: Laska 
Nir. 2, 2 (40, 19) leitet (unrichtigerweise) danda- „Stock“ von einem 
dadati im Sinn von dhärayati ab und belegt dies mit dem Vers 
akrüro dadate manim „A. trägt den Edelstein“. Benfey im Glossar 
zum SV. (S. 88) betrachtet zwar dad- als eine verstümmelte Form 
von dadä-, nimmt aber doch wenigstens eine neue Wurzelform 
„dad I* an. 

Für Unabhängigkeit der Wurzel dad- von dä- spricht schon 
das thematische, wurzelbetonte Präsens: am deutlichsten in v. 
dddamana-, VS. 8, 61 = TS. 1, 5, 10, 4 = Kath. 34, 19 (49, 16) dá- 
dante; akzentlos v. dadate, adadanta, dadatam, AV. dadate, ada- 
danta, SV. 2, 339 = 2, 3, 2, 9, 2b adadetäm fiir RV. 8, 65 (76), 
11b und AV. akrpetam, VS. 27,16 = TS. 4, 1, 8, 2 = MS. 2, 12, 6 
(150, 8) = Kath. 18, 17 (277, 17) = KapS. 29, 5 (133, 6) dadante für 
RV. 1, 90, 2c raksante und AV. 5, 27, 7b raksanti; bestätigt wird 
die Trennung durch die Ableitung daditr- „Bewahrer“ (daditärah 
VS. 7,14 = TS. 3, 2, 3, 1 = Kath. 4, 4 (31, 12) = KapS. 3, 3 (28, 6) 
— SB. 4, 2, 1, 22; dafür abhigrahitärah MS. 1, 3, 12 (34, 8). 

Aber auch die Bedeutung paßt gar nicht zu da- „geben“. 
Darum erkennt Mahidhara zu VS. 8, 61 zwei dada- an (dada 
däna-dhäranayoh „dada im Sinn von ‘geben’ und festhalten“) 
und glossiert er ebenda dadante durch dhärayanti (vgl. oben 
Yaska), während er allerdings zu VS.7,14 daditdrah als datarah 
erklärt. Daß die Bedeutung „festhalten, wahren“ durchaus be- 
wußt war, ergibt auch der Wechsel von dadante mit raksante 
„sie halten (die Gelübde)“ und von daditärah mit abhigrahitärah 
„Ergreifer (von Gütern)“ in den obigen Mantra’s. Nach den 
Samhita’s gibt es kaum noch Belege für dad- „halten“; in Be- 
tracht kommen dadase Mbh. 2, 4,12, ep. dadasva, Kenop. 3, 9 


dadiyam, Vas. 28,6 adadat. 
11* 


164 J. Wackernagel f und A. Debrunner 


Unsicher ist die Zugehörigkeit zweier vorklassischer Formen: 
RV. 6, 49, 136 sdrmann upadadydmäane „in dem dargebotenen 
Schutz“ und AV. (3 mal) upadddya ,darauflegend*. Wegen der 
Bedeutung möchte man eher an da- „geben“ denken; es wäre 
dann der Präsensstamm ausnahmsweise der Passiv- und Gerundium- 
bildung zugrunde gelegt (so Lindenau, Ztschr. f. Indol. III 269). 
Das wäre für das Gerundium nicht ausgeschlossen, aber aller 
Wahrscheinlichkeit nach für das Passiv. So muß man die Stellen 
doch wohl irgendwie mit dad- „halten“ verknüpfen. 

Eine Etymologie für die Wurzel dad- scheint sich nicht zu 
bieten. Aber das ist kein Grund, sie an den aufgeführten 
sicheren Stellen abzulehnen. 


36. Ai. ndpumsaka-. 

Das Wort ndpumsaka- bezeichnet etwas, das nicht Mann und 
nicht Weib ist, d. h. lebende Wesen als solche, die weder nur 
das eine noch nur das andere, sondern beides sind, also „Herma- 
phroditen“, oder solche, die weder das eine noch das andere sind, 
also „Kastraten* (so seit MS. 2, 5, 5 [53, 18; 54,9]), oder dann 
Wörter als solche, die im grammatischen Sinn weder „Maskulina“ 
noch „Feminina“, sondern „Neutra“ sind. Diese doppelte Aus- 
schließung von Mann und Weib ergibt sich aus mehreren Stellen 
mit voller Klarheit: SB. 5, 5, 4, 35 nd vd esd stri, nd pümän, ydd 
napumsako gauh. ydd dha puimams, téna nd stri, ydd u strt, téno 
nd pumams, tdsman ndpumsako gau „er ist kein Weibchen, kein 
Männchen, der kastrierte Ochse. Weil er ein Männchen ist, darum 
ist er kein Weibchen; weil er aber doch ein Weibchen ist, darum 
ist er kein Männchen; deshalb ist er ein kastrierter Ochse“); auch 
SB. 10, 5,1, 3 stehen stri púman ndpumsakam nebeneinander (in 
gramm. Sinn), ebenso 2 mit -näman-; in der SvetU. 5,10 wird 
von der Seele gesagt: 

nai vd stri, na pumän esa, 
na cai vd yam napumsakah. 

Demnach steht nd-pums-aka- für *nd-stri-pums-aka- mit der 
bekannten Unterdrückung des Mittelgliedes in Komposita wie in 
Ökbaum)berg oder Salz(ach)burg*). Wenn auch das vorausgesetzte 

1) Vgl. Lucr. V 839, wo aus der unsicheren Überlieferung immerhin hervor- 
geht, daß der Androgyne als mecutrum(que) und utrimque remotum be- 
zeichnet ist. 

) Vgl. Karl Müller, Wiss. Beihefte zur Ztschr. des D. Sprachvereins Nr. 45, 
S. 34ff.; G. Binz, Jährl. Rundschau des Deutschschw. Sprachvereins 1922, 26f.; 


weitere Lit. bei K. Bohnenberger, GRM. XVII (1929), 329 A. 3 und W. Havers, 
Handb. d. erklär. Syntax (1931) 258. 


1 


Indoiranica. 165 


Wort nicht belegt ist, so doch das entsprechende Kompositum 
ohne -aka-: TB. 3, 12, 6, 1 (Mantra’s) 

_sdrvah striyah, sdrvan pumsdh, 

sdrvam nd-stri-pumafi") ca véi, 

Zur Reihenfolge stri-pums- ist an SB. S. stri-pumdmsau, MS. 1, 
10, 11 (151,10) = Kath. 36, 6 (73, 5. 16) strī-pumsaú „Mann und 
Frau“ (nach der Regel Ai. Gramm. II 1, 166 § 7148), ep. Sing. 
stri-pumäms- „Mann und Weib zugleich“ und an die Reihenfolge 
stri- pumäms- in den obigen Beispielen zu erinnern. 

Angesichts dieses Tatbestandes muß der Gedanke verstummen, 
napumsaka- als grammatischer Ausdruck könnte ursprünglich be- 
deutet haben: „nicht einen Menschen bezeichnend“, also „sächlich“; 
das wäre auch schon deswegen unwahrscheinlich, weil púmāms- 
in der Bedeutung „Mensch“ erst im Epos belegt ist. 


37. Ai. nägd-. 

Das seit dem SB. belegte Wort nägd- bietet zwei Probleme: 

1. Die Abgrenzung gegen sarpd- und dhi-: Das Erbwort 
dhi- wird seit dem RV. von Schlangen und Schlangendämonen 
gebraucht, ebenso sarpd-, aber erst von RV.X und vom AV. 
an; dagegen wird nägd- nur für Schlangendämonen verwendet 
(Vogel, Indian Serpent Lore, London 1926, 281), und der Amara- 
kosa nennt das Wort unter den Synonymen für „Schlange“ nicht 
(doch neuind. näg „Cobra“). Wahrscheinlich ist nägd- trotz dem 
späteren Vorkommen ein Erbwort*) und darum auf Mythus und 
Kultus beschränkt. sarpd- „Kriecher“ zu v. sarp- ist etymologisch 
durchsichtig und vielleicht erst auf indischem Boden gebildet. 
Auch lat. serpens konnte jederzeit auf die Schlange angewendet 
werden (Plinius und andere brauchen es auch für kleine kriechende 
Insekten), und das griech. gozetdy „Kriechtier“ ist überhaupt nie 
auf die Schlange eingeschränkt worden. 

2. Schon seit SB. XIV bezeichnet nāgá- auch den Elefanten. 
Vogel a. a. O. verweist auf das anguimanus elephantos und boves 
Lucas ... anguimanus bei Lukrez II 537, V 1303. Das dem angui- 
manus entsprechende *näga-hasta- kommt zwar im Ai. nicht vor; 
aber nägd- könnte eine Kurzform dafür („Russel“ statt „Rüssel- 
hand“) oder für eine ähnliche Bildung sein. Das ist auf alle Fälle 
wahrscheinlicher als die Erklärung von Vogel a. a. O. 210f., die Ele- 
fanten seien als Stützen der Welt an die Stelle der Schlangen getreten. 

1) Die Ausgabe der Bibliotheca Indica schreibt nd siripuman (und ihr 


nach die Vedic Concordance), was natürlich unmöglich ist. 
*) Etymologie freilich unsicher: Walde-Pokorny II 339. 698. 


166 J. Wackernagel } und A. Debrunner 


38. Al. prästi-. 

Die übliche etymologische Zusammenstellung von v. AV.B. 
prästi- „Seitenpferd“ mit v. AV. VS. B. prsti- „Rippe“ (so z.B. 
BR.) macht allerlei Schwierigkeiten: 1. prsfi- und seine sicheren 
Verwandten AV. usw. pdrsu- = jungaw. parasu- porosu- und v. 
usw. pärsvd- bedeuten nicht „Seite“, sondern „Rippe“; 2. wie 
soll man sich die Wortbildung prästi- denken? 3. mit den Ab- 
lautsverhältnissen pars- prs- pras- ist schwer zurechtzukommen 
(trotz den Fällen wie dars- drs- draksydmi; vgl. Ai. Gr. 171 
§ 63a0). 

Dagegen paßt prästi- gut zu slav. plesati, lit. plensti „tanzen“ 
(s. Specht, o. LVII 1/2 [1929] 159; Pisani, Mélanges Boisacq II 
[1938] 191 stellt das balt.-slav. Wort zu nAlooouaı < *plivkh-, 
aber idg. -in- stimmt nicht zu lit. -en): das nicht eingespannte, 
daher in seinen Bewegungen freiere Seitenpferd ist der „Tänzer“, 
also prästi- aus idg. *plykti-. Die Bedeutung als Nomen agentis, 
die Wurzelstufe und der Akzent stimmen genau zu v. dhúti- 
„Erschütterer* und zu VS., SB. 1, 2, 1, 3, SSS. 8, 24, 3 dhrsti- 
„kühn“. | 

39. Ai. müla-vrt. 

P. 8, 2, 36 lehrt, daß für den Endkonsonanten der Wurzel 
vrasc- vor Suffixen, die mit Konsonant (außer Halbvokal und 
Nasal) anlauten, und am Wortende ein s substituiert wird (für 
das natürlich im Auslaut nach 8, 4, 56 ¢ eintritt; der dem c voran- 
gehende Zischlaut fällt nach 8, 2, 29 weg). Die Kasıka gibt dafür 
als Beispiele vrasfr-, vrastum, vrastavya- und mila-vrt'). Die 
Schreibung -vrt ist richtiger als das bei BR. (unter 2. vrasc) im 
Anschluß an die Kalkuttaer Scholien zu P. dargebotene -vraf, 
wie ja auch in der Kasika an derselben Stelle richtig dhana-bhrt 
„Getreidekörner röstend“ (zu kl. bhrjj- „rösten“), rajju-srt „den 
Strick von sich gebend, Seiler“ (vgl. VS. rajju-sarjd- „id.“; zu 
v. srj- „entlassen*), kamsa-pari-mrt „Becherputzer“ (zu v. mrj- 
mdrjmi ,abwischen“) geschrieben ist. In einer Kvipbildung ist 
Tiefstufe der Wurzel zu erwarten. 

Die von der Kasika beispielhaft belegte sekundäre”) Be- 
handlung des Wurzelauslauts von vrasc-, wie sie P. a. a. O. lehrt, 
wird von Scheftelowitz, Zeitschr. f. Indol. VI 111 bloß mit dem 
Zeugnis der Scholien zu P. belegt und auf den Einfluß von bhrjj- 


1) Bei Pat. fehlt die Regel, in der SiddhK. das Beispiel muülarrt. 
%) Über vrask- vrasc- s. Ai. Gr. 1149 § 128a und Scheftelowitz, Zschr. 
f, Indol. VI (1928) 110f. 


Indoiranica. 167 


zurückgeführt. Beides ist unrichtig. Die Behandlung von vrasc- 
als Wurzel auf s tritt schon in der Samhitäprosa auf: vrastavya- 
Kath. 26,4 (126,1ff.) achtmal neben fünfzehnmaligem Präsens 
vrsc- in diesem und dem vorhergehenden Kapitel (ähnlich KapS. 
41, 1. 2); sie liegt wohl auch dem Ersatz von v. orktvt (RV. 10, 
87, 2d) durch vrstvd im AV. (8, 3, 2d)*) zugrunde. Welche Formen 
von bi- aber hierfür hätten vorbildlich sein sollen, ist uner- 
findlich. 

Auffällig ist jedoch, daß die indischen Kommentatoren des 
Panini das unbelegte müla-vrat, richtiger mila-ort gerade zu vrasc- 
ziehen. Dieses Verbum bedeutet „abhauen, fällen“; man versteht 
also nicht recht, wie müla „Wurzel“ als sein Objekt gedacht sein 
konnte. Freilich kommt māla- als Objekt von vrasc- unbestreitbar 
vor, aber immer nur bildlich von Personen, von Übeltätern, deren 
Wurzel oder die mitsamt der Wurzel „abgehauen“ oder „zer- 
hauen“ werden sollen: So zuerst im jungen 10. Mandala des RV. 
(87, 10d tredhd mülam yatudhdnasya vrsca „dreifach zerhaue die 
Wurzel des Zauberers“), dann im AV. (13,1, 56e tdsya vrścāmi 
te mülam „dem haue ich dir die Wurzel ab“) und im TB. (3, 7, 
6, 16 Mantra prajäm ca tdsya mülam ca nicair devä ni vrscata 
„haut seine Nachkommenschaft und seine Wurzel (ö) nieder (), 
ihr Götter!“). Einmal spricht der AV. von einem Haar, sdémiilo 
yds ca vrsc(y)äte „das mitsamt der Wurzel abgehauen wird“. Da- 
gegen vom Ausreißen von Pflanzen wurzeln wird ein ähnlich 
klingendes Verbum gebraucht, nämlich vrh- (brh-)*); TB. 1, 5, 2, 8 
mülam esam avrksäme ti tán mulavdrhani „ihre Wurzel haben wir 
ausgerissen; deshalb (heißt das Naksatra) “Wurzelausreißerin’* 
(das auch TB. 1, 5, 1, 4 genannt ist), SB. 14, 6, 9, 34 (= BAU. 3, 
9, 34) at sämulam udorheyur orksém „wenn man den Baum samt 
der Wurzel ausreißt“, ApDhS. 1, 32, 24 mūlam vrhati, Nir. 5, 4 
vrhati mulani als Etymologie für varäha- „Eber“. Doch wird der 
Begriff milam vrh- auch auf lebende Wesen angewendet: 

RV. 3, 30, 17a. b úd vrha rdksah sahdmilam indra 

vrsch mddhyam präty dgram Srnihi 

„reiß den schädigenden Dämon samt der Wurzel aus, o Indra! 

1) Whitney übersetzt die AV.-Stelle mit ,cutting off(?)“ und will in der 
Anm. v. vrktoi eher zur Wurzel oyj- „wenden, ablenken“ ziehen, was durch 
die AV.-Variante widerlegt wird. BR., Graßmann und Oldenberg (zur Stelle) 
leiten es richtig von vrasc- ab. 

) Daß v- hier älter ist als d- (vgl. Ai. Gr. 1183 § 161), vermuteten schon 


BR. (unter 1. dark), wenn auch mit falscher etymologischer Verknüpfung mit 
lat. vellere. 


168 J. Wackernagel f und A. Debrunner 


Hau ihn in der Mitte durch, brich ihn vorn ab!“ Auch AV. 6, 
110, 2b = 112,1b milabdrhanat pári pähy enam „beschütze ihn 
vor dem Entwurzler“ scheint enam auf eine Person (das Kind) zu 
gehen. Unklar 12, 5, 33 mulabdrhani und die gleichnamige Be- 
zeichnung des Naksatra Mila (s. o.) ). 

Demnach wird man auch das müla-vort der Grammatiker, das 
sie schwerlich erfunden haben, zu dieser Wurzel vrh- ziehen, 
also als „Wurzeln ausreißend“ = mila-vdrhana- erklären. Das A 
dieser Wurzel entstammt einem grundsprachlichen Palatal: sie 
zeigt im Ai. nirgends gh, und das Part. Pf. Ps. ist seit den Sam- 
hita’s als vrdhd- belegt (vgl. Ai. Gr. I 274f.). Da jedoch, wie 
oben gezeigt, mila auch mit vrasc- verbunden wird, wenn auch 
nur in bildlicher Weise, so haben die Grammatiker, d. h. wohl 
schon Panini, der mit seiner Regel wahrscheinlich auch dieses 
Beispiel meinte, doch nicht weit daneben gegriffen, wenn sie in 
mula-vrt die Wurzel vragc- suchten. Die Frage, ob denn die 
Grammatiker nicht in den übrigen Kasus einen Anhalt für die 
Etymologie hatten (der Akk. z. B. mußte ja -vorscam oder -vrham 
lauten!), können wir nicht entscheiden; daß sie nur einen (er- 
starrten?) Nom. Sg. -vrt kannten (etwa aus einem älteren Text?), 
scheint nicht außer dem Bereich der Möglichkeit zu liegen. 


40. Ai. vardhana-. 

Ai. vardhana- „Stadt“ belegen die beiden Petersburger Wörter- 
bücher) mit käsi-vardhana- aus Mahavastu 1, 184, 19, pundra- 
vardhana- teils ebenfalls aus buddhistischen Texten, teils aus dem 
Paficat. und Matsyapur., paundra-vardhana- aus verschiedenen kl. 
Texten, und punya-vardhana- aus dem Vetalap. (p. 14,35 Uhle; 
= pundra-v.?). Böhtlingk (pw.) macht auf den frappanten Anklang 
an altpers. vardana- aufmerksam, und der kann nicht zufällig 
sein. Nun ist aber Urverwandtschaft ausgeschlossen, schon weil 
ap. vardana- ein uriran. vrza*na*- fortsetzt. Also ist vardhana- 
Lehnwort aus dem Persischen. Warum aber dh und nicht d? 
Man wird zunächst an volksetymologischen Anschluß an das alte 
vardhana- ,mehrend“ denken. Aber man beachte auch, daß die 
Schreibung d im Ap. ungenau und dafür vielmehr der Spirant 6 
anzusetzen ist; s. jetzt Debrunner, IF. LVI (1938) 176. Für das 
Ai. ist dh die genaueste Wiedergabe von ô. Spiranten werden 
in solchen Sprachen, die keine Spiranten besitzen, gern mit 

1) Dagegen gehört sicher ep. kl. barha- ,Schwanz(feder) des Pfaus“ nicht 


zu vrh- „ausraufen“ (BR.!), sondern zu örk- „hoch“. 
2) PW. IV 757. 761. 887, pw. VI 36b. 


Indoiranica. 169 


Aspiraten wiedergegeben. So schrieben die Griechen (ph) für 
iranisches F (Zz. B. Doadorns = ap. Fravartis) und fiir lateinisches f 
schon zu einer Zeit, wo ꝙ noch nicht spirantisch gesprochen 
wurde, entsprechend y (kh) fiir den iran. stimmlosen gutturalen 
Spiranten (z. B. “Ayauuévns = ap. Hayämanıs). 

Ob das zuerst im Epos belegte vrdh- „abschneiden“ nebst 
vardhaka- vardhaki(n)- und Lex. vardhana- „das Abschneiden“ 
etwas mit vardhana- „Stadt“ zu tun hat, mag dahingestellt bleiben. 


41. Ai. väsyasti-. 

In einem Mantra kommt ein Wort vdsyasti- vor. Das große 
Petersburger Wörterbuch kennt es noch nicht, das kleine gibt 
ihm die Bedeutung „zur Wohlfahrt gelangend“ und setzt es gleich 
mit v. vdsya-isti- „das Suchen nach Wohlfahrt“. Beides bedarf 
der Nachprüfung. 

Die älteste Form des Mantra ist wohl vasukd ’si vesasrir (oder 
ir) asi vdsyastir asi TS. 3, 5, 2, 5; 4, 4, 1, 3; 5, 3, 6, 3; Kath. 17,7 
(250, 15); 37,17 (98, 10) ); KapS. 26, 6 (109, 2); GB. PB. LSS. 
VaitS. Der Sinn dieser Formel ist undeutlich (Keith übersetzt in 
der TS.: „Thou art the wealthy, thou art the brilliant, thou art 
the gainer of good“) ); aber da vasukdh und vesasrih sicher mas- 
kuline Adjektive sind, wird man gern auch vdsyastih so auffassen. 
Freilich zeigen die Varianten der Formel deutlich femininische 
Auffassung von vdsyasti-: MS. 2, 8, 8 (113, 3) vdsyastya vdsyastyai 
vdsyagfim jinva wie auch vorher vésasriya vésasriyai vésasrim jinva 
(vgl. auch ebenda das wohl als Neutrum gemeinte vasukena vasukdya 
vasukdm jinva), ferner LSS. 5, 11, 8 vasyastaye tva = VaitS. 26, 14 
vasyastyai tvä wie ebenda vesasriye tua = vesasriyai tvä. Wir werden 
also wohl für die eine Form des Mantra Maskulina, für die andere 
Feminina annehmen müssen. 

Wie aber ist dieses vdsyasti- zu erklären? Mit der Annahme 
einer Entstellung aus v. vdsya-isti- ist sicher nicht auszukommen. 
Aber das Wort erinnert an AV.KB. ästi- „das Erreichen“, TS. 
usw. vy-dsti- „Erfolg“, sdm-asti- „das Erreichen“, v. AV. VS. 
jardd-asti- „das Alter erreichend, Alterserreichung“ (Ai. Gr. II 1, 
150 § 81 b), und im Vorderglied steckt sicher v. vdsyas- „Wohl- 
fahrt“ wie in v. vdsya-isti- und AV. vasyo-bhüya- „Mehrung der 

1) Die Ausgabe von L. v. Schroeder gibt zwar an der zweiten Käthaka- 
stelle vasvastir ohne Variante; das scheint ein Druckfehler zu sein, denn Simon 
im Index zu dieser Ausgabe führt die Stelle unter vasyasti- an und kennt kein 


vasvastt. ` 
2) Caland faßt in seiner Übersetzung von PB. 1, 10, 11 alle drei Wörter 
als Eigennamen auf. 


170 J. Wackernagel + und A. Debrunner 


Wohlfahrt“. Zu erwarten wäre also *vdsya-asti-; da dies nach 
P.8, 3,17 und anderen Zeugnissen (s. Ai. Gr. 1338 unten) als 
*ydsya-y-asti- gesprochen wurde, so ist daraus durch Haplologie 
vdsyasti- entstanden (vgl. ebenda 278ff.) ). Sollte vasv-asti- (s. 
S. 169 Anm. 1) doch nicht bloßes Versehen sein, so wäre es eine 
gute Bildung mit v. vdsu- „Gut“ als Vorderglied. 

vasyasti- heißt also „Wohlfahrt erlangend“ (Mask.) oder „Er- 
langung von Wohlfahrt“ (Fem.): die Bildung auf -ti- kann schon 
im RV. in solchen Komposita die beiden Bedeutungen haben 
(Ai. Gr. III, 190 § 81b). 

42. Ai. vipula-. 

Eine Art von umfangreichen Sttra’s, die sonst vaitulya- 
heißen, heißen bei den Buddhisten vaipulya- = kl. vaipulya- „Dicke, 
Breite“); vgl. pali vepulla- „Ausdehnung, Entwicklung“. Derselbe 
Wechsel von p und ¢ findet sich auch bei dem der Vrddhi- 
bildung zugrunde liegenden Wort. Zwar als Adj. ist nur ep. kl. 
vipula- (auch päli) „groß“ belegt, aber ein Fürst im Mbh. heißt 
sowohl vitula- (1, 5536 Calc.) als auch vipula- (s. die Varianten 
in der Ausgabe von Sukthankar I S. 929 Zl. 44). 

Es liegt also wohl ein mundartlicher Lautwandel vor. Ist 
das ¢ oder das p ursprünglich? Für Ursprünglichkeit des ¢ sprechen 
zwei Gründe: 1. Charpentier, JRAS. 1927, 119f. hat wohl mit 
Recht das seit dem AV. geläufige pispa- „Blute“ und das vispitd- 
„Gefahr“ von RV. 7, 60, 7d; 8, 72 (83), 3a aus v. pustd- „auf- 
geblüht“ bzw. v. (ä)vistitd- „umhüllt“ (vispitd- also eigentlich „ ver- 
wickelte Lage“) abgeleitet; 2. eine Grundform vitula- läßt sich 
als Bahuvrihi aus vi- und VS. tuld- „Waage“, also etwa als „ohne 
Gleichgewicht, unausgeglichen, übertrieben“ deuten. 

Die Bedingungen des Lautwandels festzustellen, dazu reichen 
die spärlichen drei Wörter nicht aus. Einerseits spielt wohl eine 
gewisse Anziehung zwischen wu und p mit, die aus Fällen wie 
purnd- „voll“ und purú- „viel“ von py-, aber girnd- „gepriesen“ 
und gér- „Loblied“ von op. bekannt ist (Ai. Gr. I 28f. § 24. 25a) 
und die offenbar auch das p von TB. úpa-mlupta- „verborgen“ 
für das & von v. dpa-mlukta- „id.“ und MS. 1, 8, 4 (119, 10); 4, 1, 
9 (12,9) ni-mrukta- „untergegangen“ (von der Sonne) verursacht 
hat). Andrerseits liegt auch Annahme von Assimilation von ¢ 

1) Diese Erklärung ist schon Ai. Gr. II 1, 128f. § 55d ganz kurz gegeben. 
Sie wird jetzt hier genauer begründet. 

) Der Sinn von vaitula- im Gana cihana ist unbekannt. 

3) Vgl. auch Geiger, Pali 47 § 18: pa. ni-mujj- für ni-majj- „untertauchen“, 
muti- für mati- „Gedanke“ u. a. 


Indoiranica. 171 


an labiales p (pusta- > puspa-) und v (vitula- > vipula-, vistita- > 
vispita-) nahe. 
43. Ai. vibäll-. 

Der Flußname vibali- (nur RV. 4, 30, 12a sindhum vibälyam) 
hat bisher keine Erklärung gefunden. Die von Sayana gegebene 
Verbindung mit bala- „Knabe, Kind“, das erst seit den Upani- 
shaden belegt ist, wird von BR. mit Recht abgelehnt. 

Man kann es als Fem. eines Adj. *vi-pära- „dessen Ufer 
weit auseinander stehen“ auffassen. 

pärd- „das andere Ende, die jenseitige Grenze“ wird v. mehr- 
mals vom jenseitigen Ufer eines Flusses (8, 85 (96), 11b nadinam, 
10, 155, 3b sindhoh, 4, 30, 18b sardyoh pärdtah „am andern Ufer 
der Sarayu“) und des Ozeans (1, 167, 2d samudrdsya, 1, 116, 4c 
ärdräsya „des nassen Elements“) gebraucht. düra-pära- „dessen 
andres Ufer weit entfernt ist, breit“ ist im Epos Beiwort von 
Flüssen, z.B. R.2,71,2 hrädunim dürapäräm, und im Awesta ist 
dürad-pärä- ein Beiwort des Flusses Rawha. Die Bedeutung „weit 
auseinander“ hat vi- in Bahuvrihi’s schon im RV. (Ai. Gr. II 
1, 285 8 110b 1). Man braucht für pära- in *vi-pära- nicht ein- 
mal die allgemeine Bedeutung „Ufer“ anzunehmen, sondern kann 
mit einer Grundvorstellung „dessen (von jeder Seite aus gesehen) 
jenseitige Ufer weit auseinanderstehen“ rechnen. 

Doch scheint para- doch auch in die Bedeutung „Ufer, Rand 
(von Flüssigkeitsbehältern)* übergegangen zu sein. Wenn wir 
das annehmen, so ergibt sich nämlich eine befriedigende Deutung 
zweier anderer, ebenfalls auf den RV. beschränkter Komposita: 
jihmd-bära- und nicina-bära-. RV. 1, 116, 9 ist die Rede von einem 
Brunnen (avatd-), den die Nasatya’s umstürzen, so daß der Boden 
oben (uccd-budhna-) und der Rand (so Geldner in der Übersetzung) 
schief, geneigt (jihmd-bära-) ist und die labenden Wasser wie 
beim Tränken des Viehes ausfließen können; auch 8, 40, 5c ist 
mit jihmd-bara- als Attribut von arnavd- „Meer“ etwas Ähnliches 
gemeint. An beiden Stellen ist es nicht nötig, -bära- mit „Öff- 
nung“ zu übersetzen, wie es BR. tun, offenbar um eine etymo- 
logische Anknüpfung an die Wurzel vr- „öffnen“ zu gewinnen. 

Ähnlich steht es mit nicina-bära-: RV. 5, 85, 3a gießt Va- 
runa das Faß (kdvandha-) mit dem Rand nach unten (nicina- 
bära-) über Himmel und Erde und den Luftraum aus, 8, 61 (72), 10 
die Hotar’s den (Soma-)Brunnen (avatd-) mit dem Rad (?) nach 
oben (uccd-cakra-) und dem Rand nach unten (nicina-bära-). 
Weniger klar ist, was 10, 106, 10b mit gdvi nicinabäre gemeint 


172 J. Wackernagel + und A. Debrunner 


ist. Aber auch an diesen Stellen braucht nicht an eine AusguB- 
öffnung (BR.) gedacht zu werden). 

Die Verbindung von vibält- und -bära- mit pärd- setzt natürlich 
Wandel von p zu b voraus. Nun ist bekanntlich der Übergang von 
p in v im Mi. überaus geläufig (Pischel, Prakr. 143 f. § 199; Geiger, 
Pali 56 § 38,5) und ein Schwanken zwischen v und b auch in 
der Überlieferung der vorklassischen Literatur nicht ungewöhnlich 
(Ai. Gr. 1183f. 8 161; Scheftelowitz, WZKM. XXI [1907] 133f.). In 
der Annahme von Präkritismen im RV. darf man heute nicht 
mehr so ängstlich sein wie K. F. Johansson vor vierzig Jahren 
(o. XXXVI 388 A. 4). v für p ist Ai. Gr. 1223 § 196 A. nur durch 
knappen Hinweis auf Bopp, Gr. crit. 156; Benfey, GGA. 1846, 
832 und Delbrück, o. XXI 87 erwähnt und o. LXI (1934) 201 ff. 
durch Beispiele belegt worden. Hinzuzuftigen sind: ep. kl. viklava- 
„verstört, traurig“ zu v. krap- „jammern“ (BR. unrichtig zu 
ep. kl. vihvala- „erschöpft“), Un. Ujjv. seva- = v. sépa- „penis“, 
Lex. aküvära- akivara- kūvāra- = VS. 24,35 und Parallelen ákķkū- 
pāra- (dafür KathAsv. 7,3 [176,1] kuvara-, lies küvära-) „Meer“ 
(das ebenfalls das Wort pärd- ,jenseitiges Ufer“ enthält). Über 
v für p in südindischen Sütratexten u. dgl. s. Ai. Gr. I p. XX XIII 
und Winternitz, Mantrapatha p. XXI. 


44. Ai. vivisvdms-. 

Das Ptz. Pf. Akt. von vis- wird aus der vorklassischen Literatur 
nur durch einen Vers belegt, bei dem die verschiedenen Sam- 
hita’s gerade in dieser Verbalform stark auseinandergehen und 
keine die zu erwartende Form aufweist. Die Varianten sind: 

AV. 4, 23,1c visovisah pravisivdmsam imahe 
„den, der in einen Stamm nach dem andern eintritt, flehen 
wir an“; 
TS. 4, 7, 15, 1 = MS. 3, 16, 5 (190, 7) 
visvasyam vist pravivisivdmsam imahe; 
Kath. 22,15 (71,5) wie TS., aber pravivisanam. 

Die reduplikationslose Perfektform wire nicht unerhört (Whit- 
ney* § 790. 803a). Dagegen erregt das if Anstoß. Denn vis- 
ist eine anif- Wurzel, und -i-vams- ist in der alten Sprache fast 
nur bei sef-Wurzeln zu finden, und sonst nur hinter mehrfacher 
Konsonanz, z. B. AV. YV. jaksiväms- (zu v. jaghäsa jaks-iydt); v. 
vivésitha ist kein Gegenbeweis, da es ja sogar v. dsitha von as- 

1) Johansson, o. XXXVI (1899) 385. 388 A. 4 erklärt dieses -ddra- als 


Ablautform von bila- „Loch“ und nimmt seinen früheren Gedanken (-dara- mi. 
aus -dvära-) ausdrücklich zurück: beide Ableitungen überzeugen nicht. 


Indoiranica. 173 


„sein“, cakartitha von krt- „schneiden“, dudohitha von duh- 
„melken“ gibt. 

Alle Anstöße verschwinden mit einem Schlag, wenn man die 
verschiedenen Lesungen zu der normalen Form pravivisvdmsam 
vereinigt. Auch das Metrum kommt dann in Ordnung: 

visovisah pravivisvdmsam imahe 
V—-U-|UU—-i-U—-Uu-.. 
So ist der Vers erheblich besser als mit dem pravisivämsam = 
ei- der AV.-Überlieferung (vgl. Oldenberg, Prolegomena 
58f.); die YV.-Texte haben den Vers dadurch ganz entstellt, daß 
sie das altertümlichere Kasus-Amredita durch die gewöhnlichere 
syntaktische Fügung visvasyam visi ersetzt haben. 


45. Ai. visti- „Fronarbeit“. 

BR. trennen das ep. kl. visti- „Fronarbeit“ von dem v. visti-, 
das nur in den adverbiellen Instrumentalen vist? „abwechselnd“') 
RV. 1, 20, 4c, vistibhih „id.“ ) 1, 92, 3a, trivisti?) „dreimal“ 4, 6, 4d; 
4, 15, 2 a, trivisti-dhätu‘) 1,102, 8a = v. tri-dhätu „die dreifach ge- 
teilte Welt“ belegt ist, und sie stellen das spätere visti- zur 
Wurzel viş- „tätig sein“. Man fragt sich aber: Wenn visfi- 
eigentlich „Tätigkeit“ heißt, warum bezeichnet es dann nie „Arbeit“ 
schlechthin, sondern nur ,Fronarbeit“? Man kann zweifellos beide 
Wörter als eines betrachten und beide visti- zur bekannten Wurzel 
wik- „Wechsel“ von lat. vicis, vices usw., ahd. wéhsal „Wechsel“ 
stellen’), wobei sich der palatale Charakter des & für die Grund- 
sprache aus dem gs ergibt, und man kann darauf hinweisen, daß 
sich bei der Fronarbeit die Leute ablösen. Die Grundbedeutung 
von visfi- wäre also „Wechsel“. Das Wurzelnomen lat. vic- ist 
gewiß älter; aber daß sich im Ai. *vis- „Wechsel“ neben vig- 
„Wohnung, Stamm, Volk“ nicht halten konnte, ist kein Wunder. 


46. Ai. vyemäna-. 

Den Beispielen für postkonsonantisches -y- aus -iy- (Ai. Gr. 
I 59f.; o. XLVI [1914] 269f.) schließt sich vyemdna- an. Es ist belegt 
Kath. 13, 6 (187, 7f.) yam vyemänam yaksmo grhniyat, ... yam 
vyernänam yaksmo grhnäti „welchen ... die yaksma-Krankheit er- 
faßt“. Eine Karika zu P. 6, 4, 120 (219, 1. 3) führt vyemanam auf 

1) Geldner, Übers.: „durch Dienstleistung“. 

2) Derselbe: „an der Arbeit“. 

3) Nur trivisty vor Vokal; Pp. -e, besser wohl -#; vgl. Ai. Gr. III 146 oben. 

1) Geldner, Übers.: „das dreifache Gegengewicht“. 

5) Walde-Pokorny 1 235, wo das ai. Wort fehlt; auch Uhlenbeck (Etym. 
Wb.) trennt visti- von vices und wöhsal. 


174 J. Wackernagel f und A. Debrunner 


die Wurzel am- zurück (Ptz. Pf. Atm.); danach auch die Neueren 
wie Böhtlingk (im kleinen Pet. Wb. unter am und unter 2. 
2. vyoman), der als Bedeutung „etwa unrettbar“ vermutet. In- 
dessen ist es doch eher als vi-yemändm zu verstehen, woraus sich 
etwa die Bedeutung „sich spreizend“ ergäbe; vgl. o. a. a. O. über 
v(i)-yamd- „Klafter“ und die Stellen RV. 4, 54, 5e ydtha-yatha 
patdyanto viyemiré „so sehr sie auch im Fliegen (die Flügel) aus- 
gebreitet haben“ (so Geldner, Ubers. auf Grund von Pischel, 
Ved. Stud. I 174) und MS. 4, 5, 6 (72, 13) paksino viydtya paksdn 
„die Vögel, die Flügel ausbreitend“. 
47. Ai. Sürana-. 

Süranäsah ist RV. 1, 163, 10a ein Beiwort von Rossen. Die 
bisherigen Erklärungsversuche folgen entweder dem Anklang an 
v. súra- „Held“ (Oldenberg z. St.: „heldenhaft“ als nicht fest- 
stehend; Graßmann, Wb.: „stark, schnell“ mit Fragezeichen) oder 
verzichten auf Ubersetzung (BR.; Geldner, Ubers.). Eine einfache 
und sachlich vortreffliche Lösung des Rätsels ergibt sich, wenn 
man Haplologie (vgl. Ai. Gr. I 279) für *süra-rana- „Helden- 
kampflust besitzend“ annimmt. rána- ist im RV. beliebt. Da- 
gegen unterliegt eine Bildung auf -a-na- aus einem Subst. auf a 
schwersten Bedenken. 

48. Ai. S- „vereinigen“. 

yugasdram mit Instrumental MS. 2, 4, 1 (38, 3) = Kath. 12, 10 
(172, 7) wird in den Petersburger Wörterbüchern durch „zugleich 
mit“ wiedergegeben, und durch den Verweis auf S. ep. kl. yugapad 
„gleichzeitig, zugleich“ (BR.: „urspr. in demselben Joch stehend“) 
bahnt Böhtlingk im kleinen Wb. die Erklärung an. Es ist ein 
adverbielles Absolutivum yuga-sér-am auf am von der Wurzel 
F „vereinigen“, die mit aw. sar- „vereinigen, Vereinigung“ 
identisch ist und zu xegdvvvm usw. gehört‘); vgl. RV. 8, 2, 9b 
d-sir-ta- „durchmischt“, v. @-sir- „Mischtrank“ und Walde-Pokorny 
1419. In den Absolutiva auf am ist zwar in offener Wurzel- 
silbe Dehnung des a tiblich; aber Ausnahmen sind nicht uner- 
hört, z.B. MS. 3, 10, 2 (131,17) älábham, R. 3, 7, 22 uparamam; 
vgl. auch Renou, MSL. XXIII 6 (1935) 359f. Anm. 3. 


49. Ai, sūci- „Nadel“. 
V. sūci „Nadel“ (nebst. szcika- „stechendes Insekt“) klingt 
an die Wurzel syz- siv- „nähen“ an und ist doch damit nicht zu 
vereinigen: was sollte -ci- sein? Wohl aber paßt sei zu ep. kl. 


1) J. Gonda, Acta or. XIV (1936) 201 trennt aw. sar- von der Wurzel für 
„mischen“. 


Indoiranica. 175 


$üka- „Stachel der Ähre, eines Insekts“ und zu aw. sūkā- „Nadel“; 
es steht also für *szc/- (vgl. auch Bartholomae, Altiran. Wb. 1582). 
s für s kann man den Beispielen in der Ai. Gr. (1226 § 197 d ;) 
anreihen: dieser Lautwechsel steht durch busa- „Dunst“ für 
*hrsa- (Bartholomae, ZDMG. L [1896] 712) schon für den RV. fest. 
Man darf aber auch an Beeinflussung von *süci- durch syū- 
denken, mit dem säci- an der einzigen rigvedischen Belegstelle 
(2, 32, 4c) verbunden ist. 


50. Mi. se = té. 

Pischel, Prakr. 299 § 423 bezeugt fiir die AMg. und die Mg. 
einen Nom. Pl. se bzw. Ze im Sinn von ai. (und mi.) té „diese“. 
Ein ebensolches se kommt mehrmals bei Agoka vor: Dhauli 5, 
5.6 (C. I. Ind. I ed. Hultzsch S. 87), Brahmagiri 10 (ebd. S. 176: 
se ime dhammaguna „eben diese moralischen Tugenden“) und 
wohl auch Dhauli, Sep. 1, 11 (S. 94). Aber auch Delhi-Topra 7, 25 
(zweimal) und 27 (ebd. S. 132f.) viyäpatäse „(sie sind) beschäftigt“ 
— viyäpatä ebd. 25. 26 (viermal). 27 ist dahin zu stellen. Zwar 
nimmt Hultzsch (S. 87 Anm. 3 und p. CXVI) im Anschluß an 
Franke und Michelson hier einen Nom. Pl. auf -äse an, worin sich 
die alte vedische Endung -äsah fortsetzen soll. Das wäre aber 
sehr seltsam: Diese dem Ai. mit dem Awesta gemeinsame Endung 
ist ausschließlich poetisch-archaisch, findet sich vorklassisch nur 
in Hymnen und Opferspriichen, klassisch gar nicht, mittelindisch 
nur in den Liedern der Buddhisten (Ai. Gr. III 100 § 49a A.). 
Wie sollte sie sich da in die Prosa des Amtsstils verirrt haben? 

Man bedarf aber der Annahme gar nicht. Obigen Sätzen 
ganz gleichartig ist an der genannten Stelle des fünften Fels- 
edikts von Dhauli das zweimalige viyd/pa/ta se. Zwar wollte 
Franke (Wiener Ztschr. IX 349f.) auch hier einen solchen No- 
minativ auf -äse ansetzen. Aber Michelson (AmJPhilol. XXXII 
442f.), dem Hultzsch S. 87 Anm. 3 folgt, nimmt se als Nom. Pl. 
des Pron. dem., weil alle vier Paralleltexte durchweg hinter viyä- 
pata und dessen Entsprechungen te bieten (C. I. I. 1192). 

Pischel bringt S. 298 den Nom. Pl. se mit dem präkr. Dat. - 
Gen. Sg. (und Pl.) se „ejus, eorum“) zusammen. Aber dieser ist 
ein aus dem Indoiranischen ererbtes Enklitikum, das verschiedenen 
Präkrits eignet (Ai. Gr. III 484f. $ 238b), dagegen jenes nomina- 
tivische se eine Besonderheit der Mg. und AMg.: wegen des aus- 
lautenden -e konnte der Nom. Sg. se se (Pischel 299) auch für den 


1) Auch als Akk. verwendet: so im Sg. Aug. (wie auch me und tel), im 
Pl. in der Jaina-Sauraseni neben dem Nom. fe (Pischel 299). 


176 J. Wackernagel f und A. Debrunner 


Plural verwendbar erscheinen. Dagegen bei griech. of ftir tol, 
das man sonst gern mit diesem se vergleichen möchte, liegt einfach 
Übertragung des Anlauts des Nom. Sg. 6 auf den Plural vor; 
daher macht im Griech. auch das Fem. die Änderung mit: af für 
ral nach Nom. Sg. I, während das Prakrit in allen Dialekten den 
Nom. Pl. tao festhält (Pischel 301 § 425). 


51. Ai. spr- „gewinnen“ und „losmachen“. 

In spr- sind zwei idg. Wurzeln zusammengeflossen: 1. eine 
Wurzel für „gewinnen“, die am deutlichsten in Stellen wie 
RV. 5, 44, 10c sprnavama vdjam „wir wollen Beute gewinnen“ und 
im Kompositum v. dhana-spr-t- „Beute gewinnend“ vorliegt und 
mit idg. *pel- „verkaufen, verdienen“, *pelnos „Verdienst“ (Walde- 
Pokorny II 51; vgl. YV. pan- „einhandeln, feilschen“: Ai. Gr. 1194 
§ 172d A.) verbunden werden kann, 2. eine Wurzel für „losmachen 
von etwas“ (Oertel, Sitzgsb. Bayer. Ak., Ph.-h. Abt. 1938, 6, 
S. 61 Anm.), die zu idg. *sp(h)er- „(mit dem Fuß) wegstoßen“ 
(Walde-Pokorny II 668ff.) gehören könnte. Eine Sonderung der 
Belege nach diesem Gesichtspunkt wäre dringend nötig. 


52. Al. sruc-, sruva-. 

Griech. 6vxdvn „Hobel“ (mit metrisch gesicherter Kürze des v) 
wird von den etymologischen Wörterbüchern *) zu lat. runcare 
„jäten“, ai. luñc- „ausraufen“ gestellt. Nun hat freilich das 
Lateinische das aus dem Griechischen entlehnte *ricina, das in 
den romanischen Sprachen erhalten ist (Meyer-Lübke, Rom. et. 
Wb.“ Nr. 7445), im Anschluß an runcare zu runcina umgestaltet. 
Allein die etymologische Verbindung von runcare mit ĝvxávn 
scheitert trotzdem am Fehlen des bei idg. r- obligatorischen Vokal- 
vorschlags im Griechischen). dvxdvn muß am Anfang ein y- 
oder s- verloren haben. So kann man es versuchsweise zu v. 
srüc- „armlanger Opferlöffel“ stellen. | | 

Wegen der Bedeutungsähnlichkeit stellt man zu diesem srúc- 
gern das v. sruvd- „(kleinerer) Löffel“. Für dieses Wort steht 
aber eine wohl bessere Anknüpfung zur Verfügung: aw. srū- 
sruva- „Nagel, Horn“ nebst Ableitungen wie srvaéna- „aus Horn“, 
srvara- „gehörnt“ (zur Sippe von xdea, xéoas usw.; Walde- 
Pokorny I 404). Dann wire die nachvedisch hiufige Schreibung 
sruva- die ursprünglichere und s für $ wie oben S. 175 zu erklären. 

1) Z. B. Uhlenbeck, Boisacd, Walde, Lat. et. Wb.; Walde-Pokorny II 353. 
Nicht Ernout-Meillet. 


) Die von Walde-Pokorny a. a. O. versuchte Erklärung für den Wegfall 
des Vokalvorschlags wird niemanden überzeugen. 


Indoiranica. 177 


53. Ai. harmyd-. 

Für harmyd- (im RV. und AV. immer harmiyd- gemessen) gibt 
Geldner im Glossar die Bedeutungen „festverschlossenes massives 
Haus, Schloß, ‘Stein’, Verließ“*); vgl. auch Zimmer, Ai. Leben 149: 
„Dasselbe, insofern Haus und Hof umfriedigt waren, bedeutet 
harmya“. Mit diesem Wort hat Bartholomae (Altiran. Wb. 1681) 
mit Recht das aw. zairimya- verbunden, das in mehreren Kom- 
posita und Ableitungen belegt ist: zairimyawura- (= ai. *harmyän- 
gura-) als Bezeichnung der Schildkröte („deren Glieder in einem 
festen Haus sind“ )), zairimyäka- ebenfalls als Bezeichnung der 
Schildkröte („mit einem festen Haus versehen“)*), wozu Bar- 
tholomae a. a. O. mit Recht an ai. (Les) harmufa- „Schildkröte“ 
erinnert; zairimyävant- „der ein festes Haus besitzt“ (vom Mond). 
unklar zairimyafsman-, vielleicht „das Haus als Fessel habend, 
ans Haus gebunden“ (Duchesne a. a. O. 149 § 186). Beide i von 
zairimya- sind natürlich epenthetisch, so daß aw. *za*rm(i)ya*- 
genau zu ai. harm(i)ya- stimmt; der Annahme eines hinter dem 
m teils erhaltenen, teils geschwundenen a (Bartholomae a. a. O. 
unter Verweis auf IF. VII 70) bedarf es nicht. 

Die weitere etymologische Anknüpfung des indoiran. Wortes 
fehlt bisher; auch Uhlenbeck im Ai. et. Wb. gibt keine Nun 
bietet aber das Griechische Wörter mit yeou-, die dazu gehören 
können: Hesych yéoua’ nolnua, xalıd, Lukian xeouddıos (uodd- 
Böaıwaı yeouddsror), Hesych xeouddios‘ xeıgonindns Alos, xal ô 
axooBodtouds („Plänkelei*), Homer yeouddsoy „faustgroßer Stein“, 
Pind. Aesch. Eur. yeouds ,id.“, Lykophron „Felsblock“, Hesych 
xeouanıorhs’ Aldo xeaoonindns, xal dloxos Baxyeios, Hesych 
&xeoudlouev‘ thy yi» sioyaléueda (wohl eigentlich „wir ent- 
steinten (den Acker)“), Hesych vemyeouos: uf vewori eigyaou£vn. 
Aus dem allem ergibt sich ein yéoua „großer Stein“, aus dessen 
indoir. Entsprechung das indoiranische Wort als zo-Adjektiv ab- 
geleitet wäre. Ob auch die homerischen yégados und xeods 
„Geröll“ dazu gehören“) (-ad- aus *-md-??), bleibe dahingestellt. 

Die kulturgeschichtliche Auswertung dieser Etymologie bleibe 
den Kundigen überlassen. Es ergibt sich zunächst sicher, daß 
die Indoiranier das Steinhaus kannten; man vergleiche auch 

1) Dazu harmye-sthah „im Stall befindlich“ RV.7,56,16c, wovon ghar- 
mye-stha 10, 106, 5c nur eine ktinstelnde Umdeutung ist (Oldenberg zur Stelle). 

2) Vgl. J. Duchesne-Guillemin, Les composés de l’Avesta (1936) 155 § 196; 
zu -ya- für -yä- Debrunner, IF. LVI (1938) 175. | 

*) Zum o für a Debrunner a a. O. 174f. 

*) Boisacq unter x&oados, Walde-Pokorny I 600. 

Zeitschrift für vergl. Sprachf, LXVII 3/4. 12 


178 J. Wackernagel ¢ und A. Debrunner 


RV. 4,30, 20ab, wo von den 100 steinernen Burgen (des Sam- 
bara) die Rede ist (was nicht wie das häufige dyasi puh „eherne 
Stadt“ bildlich gemeint sein kann). Für die Indogermanen leugnen 
bekanntlich die Prähistoriker den Steinbau (Schrader-Nehring, 
Reallex.* II 473f. 476; Schrader-Krahe, Die Indogermanen 
[1935] 49f.). 

54. Vedische Zitate bei Patafijali. 

Die vedischen Zitate Patafijali’s sind von M. Bloomfield nicht 
in seine Vedic Concordance aufgenommen worden, während er 
die Mantrazitate Yaska’s berücksichtigt hat. Es mag daher er- 
wünscht sein, hier einige solche Zitate (Mantra’s und prosaische) 
aus Patafijali (und gelegentlich aus andrer grammatischer Literatur) 
zusammengestellt zu finden — als Anregung für eine vollständige 
Durcharbeitung der vedischen Zitate bei den Grammatikern. 


a) Unveränderte Zitate. 

1. Als Beispiel für v. bh statt h führt Pat. zu V. 1 zu P. 8, 
2, 32 (III 404, 10f. Kielhorn) an: gardabhena sämbharati MS. 3, 1, 3 
(3, 15) = Kath. 19, 2 (2, 3) = KapS. 29, 8 (136, 9) (Prosa). 

2. Der Satz tå baljaväpayo viddm akran „die Baijavapi’s haben 
diese gekannt“ MS. 1, 4, 7 (54, 14f.) wird von Pat. zitiert (münd- 
liche Mitteilung Kielhorns an L. von Schroeder; s. dessen Ein- 
leitung zur MS.-Ausgabe I p. XVIII). 

3. Das Zitat von Pat. zu V. 1 zu P. 8, 2, 32 

udgräbham ca nigräbhäm ca 
brihma devd avivrdhan 
„Erhöhung und Erniedrigung — 
die Götter haben mein Gebet gefördert“ 
stimmt genau zu VS. 17, 64, TS. (an drei Stellen), SB. ApSS., 
während MS. (an zwei Stellen), Kath. (an zwei Stellen; die zweite 
kehrt KapS. 28, 3 [124,4] wieder), MSS. (nur der erste Vers) 
Subjekt und Objekt vertauschen: 
udgrabhds ca nigräbhäs ca 
brdhma devdm') avivrdhat. 

4. Die MS. 1, 6, 11 (104,6) kennt in einer Prosapartie div- 
mit Akk. in der Bedeutung „spielen um, verspielen“: gdm asya 
tdd dhah sabhdyam divyeyuh „an diesem Tage mögen sie in der 
Versammlung um seine Kuh spielen“. P. 2, 3, 59 läßt für die 
klassische Sprache diesen Akk. bei div- nur für Komposita zu, 
stellt aber in der folgenden Regel fest, daß er „in einem Bräh- 
mana“ beim Simplex vorkomme, und Pat. zitiert dazu genau die 

1) MS. 1, 1, 13 (8,15) devam sicher falsch. 


Indoiranica. 179 


Stelle der MS., ebenso die Kaéika. Schon Schroeder (MS. I 
p. XVII und in der Anm. zur Stelle) schließt daraus mit Recht, 
daß dadurch die MS.-Stelle gegen Konjektur gesichert wird (s. 
auch P. Thieme, Panini and the Veda, Allahabad 1935, S. 11)». 

5. In dem Spruch iam ürjam ahdm itá ddi MS. Kath.“) 16, 14 
(237, 7); 20, 4 (21,17) „Belebung und Kraft entnehme ich daraus 
für mich“ bestätigt Pat. zu V. 2 zu P. 6, 4, 64 (207, 13) ausdrücklich 
adi, das altertiimlicher ist als das ddam der VS. (12, 105) und der 
KapS. 25, 5 (98, 13); 32,6 (in der Angabe von Raghu Vira 31, 6 
[152, 21]) und als das d dade der TS. (2mal); vgl. Wackernagel 
Festgabe Jacobi (1926) 13f. 

6. Zu RV. 10, 82,5c = VS. usw. 

kám svid gärbham prathamdm dadhra dpah 
» Welchen Keim trugen die Wasser zuerst?“ 

gibt es eine in der Vedic Concordance fehlende Variante kim für 
kam; sie steht in Handschriften der MS. (2, 10, 3 [134, 13]) und 
vielleicht in einer des Kath. (18, 1 [265, 18]), ferner in der einzigen 
Handschrift der KapS. (28, 2 [122, 4]). Dieses kim svid ist falsche 
Eintragung aus kim svid vanam ... RV. 10, 31, 7a und kim svid 
asid ... 10,81,2a, die beide im YV. in der Nähe jenes andern 
Verses zitiert werden (z. B. VS. 17, 18. 20. 29; TS. 4, 6, 2, 3. 4. 5). 
Um so bemerkenswerter ist es, daß Pat. zu V. 8 zu P. 6, 4, 22 
(189, 9) eben jene falsche Variante kim svid garbham hat; es paßt 
aber zu den engen Beziehungen zum schwarzen YV., die Thieme 
a. a. O. 63f. für Panini nachgewiesen hat. 


7. VS. 6,19 = TS. MS. KapS. 2, 14 (23, 1), SB. 
ghridm ghrtapävänah pibata, 
vasam vasdpavanah pibata 
„trinkt Opferbutter (Schmalz), ihr Opferbutter-(Schmalz-)Trinker“ 
hat in der Handschrift des Kath. (3, 7 [26,13]) die Variante“) 
vasapavanah, was natürlich eine falsche Angleichung an ghrtap- ist. 
Auch hier geht Pat. zu V. 1 zu P. 6, 4, 66 (208, 1) mit dem Kath.! 
8. VS. 11, 63 u. Par. supänih svangurih subähüh „mit schönen 
Händen, Fingern, Armen“ wird im SSS. 8,18,1 in der Form 
subähuh svangurik zitiert und so auch von Pat. zu P. 8, 2, 18 
(398, 20). 
1) Vgl. auch gam divyadhvam in dem Mantra SB. 5, 4, 4,23 = KSS. 
(Thieme a. a. O. ungenau gam divyanti SB. 5, 4, 22). 
2) Die zweite Kathakastelle fehlt in der Vedic Concordance, aus beiden 
fehlt addi in Simons Index zum Kath. 


*) Fehlt ebenfalls in der Vedic Concordance. 
12* 


180 J. Wackernagel f und A. Debrunner 


b) Ungenaue oder abgekürzte Zitate. 

Wenn nur ein einzelnes Wort zitiert wird, könnte bisweilen 
eine freiere Bezugnahme auf eine vedische Stelle vorliegen. 

9. dhenumbhavyä Pat. zu V.3 zu P. 6,3, 70 (167, 22) bezieht 
sich wohl auf MS. 4, 4, 8 (59, 12) dhenumbhdvya(h) bhavanti „sie 
sind im Begriff, Milchkühe zu werden“. 

10. lokamprnasya „auf die Formel lokdm prna bezüglich“ 
Pat. ebd. zu V. 6 (167, 24) steht vielleicht nur deswegen im Gen., 
weil im Varitika selber ein Gen. steht (lokasya prne); dann kann 
das Zitat auf irgendeinen der Belege für lokamprnd- (TS. -nd, 
-ndh, Kath. -naya) gehen. 

11. V.1 zu P. 6, 4,170 stellt als Patronymikon aus hitanäman- 
haitanäma- und haitanämana- zur Wahl. Pat. zitiert dazu ärohito 
vai haitanäma(na)h; das scheint auf MS. 3, 4, 6 (51,20) abhydro- 
haty; ährtö vat haitanämandh zu gehen. Das zweite Beispiel 
Patafijali’s: samano haitanäma(na)k macht nicht den Eindruck eines 
literarischen Zitats. 


c) Sonst unbekannte Varianten zu vedischen Texten. 

12. Pat. zu P. 2, 3, 60 gam ghnanti, gam pradivyanti, gam 
sabhäsadbhya upaharanti „die Kuh töten sie, die Kuh verspielen 
sie, die Kuh setzen sie den in der Versammlung Sitzenden vor“ 
stammt aus dem Kath. (8, 7 [90, 11] = KapS. 7, 4 [75, 1); aber im 
Kath. ist vidivyante überliefert, in der KapS. vidivyanti, und statt 
des zweiten und dritten gäm in beiden Texten täm. 

13. AV.13,1,56d; 57d 

nd (c)chayam karavé param 
„du sollst in Zukunft keinen Schatten werfen“ 
wird von Pat. zu V. 1 zu P. 6, 1, 76 (51,22) und von der Kas. 
abweichend angeführt: 
na (c)chayam kuravo ’paräm. 
Beide Abweichungen sind fehlerhaft: kuravah ist eine unmögliche 
Form, und apardm verdirbt den Sinn vollständig. 

14. Die Prosastellen AV.19,18,5a und 7a 

süryam té dydvaprthivivantam rcchantu 

„sie sollen auf die Sonne samt Himmel und Erde stoßen“ 

visvdkarmanam té saptarsivantam rcchantu 

„sie sollen auf Visvakarman samt den sieben Rsi's stoßen“ 
führt Pat. zu P.8,2,15 (396,18.15) in der Form 

s. te dydvaprthwimantam 
v. te saptarsimantam 


Indoiranica. 181 


an: -i-mant- und -i-mant- sind jünger als -i-vant- und -i-vant, aber 
schon im RV. belegt, z. B. rayi-mdnt- tdvisi-mant-. 

15. Pat. zu P. 6, 4, 128 (220, 17) imäny arvanah padani für 
AV.10,4,7c imäny drvatah padd „dies sind die Fußspuren des 
Renners“ geht mit dem arvanah über den v. und kl. Gebrauch 
des n-Stammes statt arva(n)t- hinaus (Ai. Gr. III 260 § 143) und 
ersetzt den älteren Ausgang -@ des Neutr. Pl. der a-Stämme durch 
das jüngere -äni (ebd. 103 § 51a). 

16. Für harindsya raghusyddah AV. 3, 7, 14a = ApSS. 13, 7, 16 
„der schnell springenden Gazelle“ gibt Pat. zu P. 8, 2, 18 (398, 19) 
varunasya raghusyadah (und lagh-), was sinnlos ist; an derselben 
Stelle (398, 19f.) ist RV. 1, 187, 7d = Kath. 40,8 (142, 10) dram 
bhaksäya gamyah „mögest du passend zum Genießen kommen“ 
durch das ebenfalls mögliche aram (alam) bhaktäya „zur Speise“ 
ersetzt. 

17. VS. 23, 55 = SB. 13, 5, 2, 18 ká im are pisangild „du da, 
wer bist du, du Braungelbe“ ist bei Pat. zu V.2 zu P. 6, 1,127 
(90, 2f.) und ebenso von Mahidhara zur VS.-Stelle geglättet zu 
kā im are pisangilä; vgl. auch VS.23,11 u. Par. kd svid äsıt 
pisangild. Pat. führt die Stelle ausdrücklich als Beispiel für das 
Fehlen des Sandhi an; er hat also sicher die Lesart kd im... 
vor sich gehabt. 


d) Vedische Zitate unbekannten Ursprungs. 

18. Padam. zu P. 3, 2, 43 zitiert aus chandas: siva eko dhyeyah 
$ivamkarah „Šiva allein ist als Heilbringer zu denken“. 

19. Pat. zu V. 4 zu P. 3, 2,171 (235, 9) vrsa sahamänam 
säsahih erinnert entfernt an AV.17,1,1—5 visäsahtm sdhamanam 
säsahändm. | 

20. Pat. zu V. 1 zu P. 6,1, 76 (51, 21f.) aus chandas: visva- 
janasya (c)chattram. 

21. Pat. zu V. 1 zu P. 6, 1, 127 (89, 22) prajäm vindäma 
riviyam „wir möchten eine rechtmäßige Nachkommenschaft er- 
langen“; vgl. Kath. 31, 14 (16, 11) prajäm videya vajavatim suviräm 
„möge ich eine beutereiche, heldenreiche N. erlangen“. 

22. Ebenda zu V. 2 (90, 3) aus chandas als Beispiel für 
Fehlen des Sandhi: yatha angadak (?) „wie Angada“; dafür Kas. 
zur Stelle: pathä agaman „sie gingen auf dem Weg hin“. 

23. tasya te bhaksamkärasya Pat. zu V. 2 zu P. 6, 3, 70 (167, 19). 
Das Wort bh. „Essen gewährend“ wird sonst nur aus MS. 4, 7, 3 
(96, 14) angeführt: eté hima bhaksamkärds ca bhavanti. 


182 N. Johannessohn, Berichtigung und Ergänzung zu S. 55, Z. 5f. und S. 68. 


24, Pat. zu V.1 zu P. 8, 2,32 (404,10) marud asya grabhitä 
„der Wind ist sein Ergreifer“ ist schwerlich Variante zu AV. 1, 
12, 2d 

yo dgrabhit párvā ’sya gräbhitä 
„der als Ergreifer seine Gelenke ergriff“; 
oder ist in diesem Vers des AV. der Wind als Subjekt gedacht? 

25. Pat. ebenda (404, 11) sämidhenyo jabhrire „die Samidheni- 

Verse gewannen“: zu RV.10,64,6d u. Par. 
mahö yé dhänam samithésu jabhrire 
„die in den Kämpfen großes Gut gewannen“? 


Basel und Bern. J. Wackernagel 7 und A. Debrunner. 


Berichtigung und Ergänzung zu S. 55, Z. 5f. 
(Wortstellung im Bibl.-Aramäischen.) 

Meine Bemerkung über die Wortstellung innerhalb der Ver- 
bindung ‘Partizipium + Verbum substantivum’ im Bibl.-Aramäischen 
ist nur zum Teil richtig. Allerdings findet die dort behauptete 
Voranstellung des Partizipiums ausnahmslos statt, wenn das Parti- 
zipium ein Verbum des Sehens oder des Gehens ist, d. h. also 
in all den für die xai i6oö-Gefüge in Betracht kommenden Fällen. 

So heißt es ca. 12mal im Daniel hdzé haet (h“uaitä) „sehend 
war ich (warst du)“, ferner mistakkal h*yét „betrachtend war ich“ 
(Dan 786); mehallek bzw. ’äte had „gehend“ bzw. „kommend war 
er“ (4. ae] 71s). Sonst liegt diese Reihenfolge nur noch vor in 
mit ar’bin lih*udn „sich mischend werden sie sein“ (24s) und in 
der Formel zedia lähtue „gewußt (part. pass. Kal) wird es sein 
(sei es)“: Esr 418. 1 5s mit der Ergänzung lemalltã „dem Könige“, 
Dan 318 lak malkä „dir, [0] König“. 

In allen übrigen Fällen geht das Verbum substantivum dem 
(aktiven und passiven) Partizipium voraus, so u.a. bei “bad „tun“ 
(Esr 7.6 Dan 611); bend „bauen“ (Esr 511); bed „suchen“ (Dan 6s); 
j ab „geben“ (Esr 6s.. Dan 6s), hiernach auch bei hakreb „sich 
nähern lassen“, „darbringen“ (von Opfern, Esr 610), obwohl es 
Causativum (Aphel) eines Bewegungsverbums ist, doch folgt 
hier noch ein zweites, durch ‘und’ verbundenes Partizipium (wie 
Dan 510 = Bas: drei Partizipia folgen dem Verb. subst. 6:1). Be- 
sonders zeichnet sich der soeben erwähnte Vers Dan 510 aus, der 
die Folge “Verbum subst. + Partizip’ 9(!)mal enthält, darunter 
viermal die Wendung di hand sabe’ „wen (was) er war wollend“. 

Berichtigung zu S. 68, Anm. 4, 

Das Aristophanes-Beispiel (Aves 1292) hat W. Bauer, wie 
er mir freundlich mitteilt, in der 3. Auflage seines Wörterbuches 
gestrichen. 

Berlin. M. Johannessohn. 


P. Thieme, Merkwürdige indische Worte. 183 


Merkwürdige indische Worte. 


1. Metathesen. 

Neben das vedische dundubhim han „die Trommel schlagen“ 
(z. B. AV. 20, 132, 9 dundubhim hanat, SB. 5, 1, 5, 6 dundu- 
bhyäghäta, TB. 1, 3, 6, 2 dundubhint samäghnanti) tritt im Epos ~ 
täday (z. B. MBh. 14, 85, 37 dundubhih ... atädyata, 13, 14, 33 
dundubhih ... täditah). Beide Ausdrucksweisen setzen sich in die 
spätere Sprache fort, in welcher allerdings das alte dundubhi- 
beliebteren Synonyma Platz zu machen pflegt. So liest man im 
Mrech. kurz hintereinander: X 11/12 (ed. Stenzler S. 158, 18) 
ahanedha dindimam, ebd. 32/33 (166, 24) tadedha dindimam. 

Auch das Verbum pra + hr in der späteren Bedeutung „schlagen“ 
dem Pali sehr geläufig, wird im Mittelindischen im gleichen Sinne 
gebraucht. Von der Trommel (bheri), die Indra dem Asketen 
schenkt, sagt er Jätaka II 102, 13f. imasmim tale pahate tum- 
hakam paccdmitta paläyissanti, imasmim pahate mettacitta hutvä 
caturanginiyä senäya pariväressanti „wenn diese Fläche [der Trommel] 
geschlagen wird, werden deine Feinde fliehen, und wenn diese 
[andere] geschlagen wird, werden [dir] freundliche [dich] mit einem 
aus den vier Waffengattungen bestehenden Heer umringen“. 

Da liegt es nahe — schon im Hinblick auf pali tala „Gang 
usw.“, skrt. ätodya n. „musikalisches Instrument“ („das zu 
stoßende“) —, das im Sanskrit seit dem Epos belegte pataha m. 
„Trommel“ (auch im Pali., im Prakrit padaha) als eine Entlehnung 
aus einer Volkssprache zu erklären, in der es durch Metathese 
aus pahaja „geschlagen“ entstanden war. Das Partizip selbst 
war durch seine selbstverständlich jedem stets offenkundige Zu- 
gehörigkeit zu paharati vor Entstellung geschützt. Im Verlauf 
der Entwicklung, die aus dem attributiven Adjektiv ein Appellativ 
machte, wurde das Wort autonom, so daß der Mißaussprache kein 
korrigierendes etymologisches Bewußtsein entgegenstand. Das 
männliche Geschlecht von pafaha (erst spätere Lexikographen 
kennen es auch als Neutrum) steht im Einklang mit dem einer 
Reihe sonst gebräuchlicher Benennungen der Trommel: dundubhi 
(RV. +, fem. nur AV. 6, 38, 4), dindima (Epos +, pali dendima 
auch n.), ädambara (SB. +), mrdanga (Epos +, pali mutinga), panava 
(Epos +, Pali), änaka (Pali, spät. Skrt.). 

Einen analogen Fall zwar nur mutmaßlicher, aber doch wahr- 
scheinlicher vorwegnehmender Umstellung eines lingualen) ¢ liefert 


1) Ich ziehe diesen nichtssagenden Ausdruck dem beliebten, aber überaus 


184 P. Thieme 


die Deutung von skrt. afavi, pali afarł f. „Wald, Dschungel“. 
Ich möchte das Wort, das nach Uhlenbeck zu af „gehen“ gehören 
soll, nach dem Pali-English Dict. „wahrscheinlich dravidisch“ ist, 
durch Metathese aus *avati erklären, also einem volkssprachlichen 
Widerbild eines hochindischen *avrti „kein Gehege habend, un- 
umhegt = wild“. 

Ist das richtig, so würde man allerdings zunächst ein Neutrum 
erwarten. Aber neutrale :-Stämme sind im Pali ganz selten. Zwar 
sind akkhi „Auge“ und atthi „Knochen“ stets Neutra, aber z. B. 
satthi n. „Schenkel“ wird auch als Femininum gebraucht (z. B. 
Jat. III 83 Gatha 95 satthi bhagga), und einem skrt. arcis n. 
„Flamme“ antwortet stets feminines acci (Geiger, Pali § 101). Auch 
sonst läßt sich die Neigung beobachten, i-Stämme in feminine 
Flexion zu überführen: Geiger, o. c. § 76 verweist auf feminine 
Formen, die zu kucchi m. „Bauch“ und säli m. „Reis“ belegt sind. 
Nach den Grammatikern kann auch skrt. aksi n., nach Hemacandra 
können auch die Maskulina skrt. afjali, kuksi, granthi, nidhi, rasmi, 
vali, vidhi im Prakrit durch entsprechende Feminina reflektiert 
werden: Pischel, Prakrit § 358. 

Der offenbar der Sanskritform atavi zuliebe gegebene Ansatz 
atavi des Pali-English Dict. ist bei Andersen-Smith, Critical Pali 
Dict., mit Recht zu afavł geändert. Der Ablativ afavito läßt sich 
leichter durch den Ansatz afavi, die zahlreichen Komposita mit 
afavi- im Vorderglied lassen sich durch den Ansatz von atavi 
ebensogut erklären, wie den von afavi (vgl. Geiger o. c. § 33, 2) 
erklären. Episch skrt. äfavika „Waldbewohner“ führt gleichfalls 
auf afavi. Wenn aber femininer i- und 7-Stamm im Mittelindischen 
nebeneinander liegen, darf man voraussetzen, daß der Stamm mit 
kurzem i der ältere ist: es ist die :-Flexion, die sich ausbreitet 
und schließlich, im Prakrit, die fem. i-Sttimme ganz und gar ver- 
schluckt: Pischel o. c. § 384. 

Ein drittes Beispiel möchte ich nur als Frage vorlegen. In 
hind. sarak f. „Weg“ vermutet J. Bloch, Ehrengabe Wilhelm Geiger 
(1931) 20, eine Ableitung von skrt. sataka n. „Wagen“ ). In diesem 
Fall müßte man das Wort wohl auf ein *sajakka << *safakya „ fur 


törichten „cerebral“ vor. Lanmans Vorschlag „domal“ (Festgabe A. Kaegi, 
S. 22 ff.), der sich nicht durchgesetzt hat, ist besser, obgleich er den ursprünglichen 
Sinn des skrt. mürdhanya (vgl. Ndd W. 1935, 171 Anm. 2) auch nicht wiedergibt. 

2) Anders R. L. Turner, Comp. and Etym. Dict. of the Nepali Language 
(1931) s. v. satak, der an skrt. srti f. „Pfad“ denkt, das aber fast nur in der 
ältesten Sprache vorkommt. 


Merkwürdige indische Worte. 185 


Wagen dienender [Weg]“ °) (vgl. etwa gonikä „Kuh“: prakrt. gonikka 
<< *gonikya „Rinderherde“: Pischel o. c. § 598) zurückführen, das heißt 
ein *safaka (oder irgendein mittelindisches Widerbild) neben altem 
Sakata (RV. 10, 146, 3 sakaft) voraussetzen. 

Die Metathesen, die ich hier angenommen habe: -ahaja > 
-ataha, avati > atavi, sakata > safaka waren natürlich begünstigt 
durch die Ähnlichkeit der Silbenfolgen, über die die Rede des 
Volkes leicht stolpern konnte. Was ursprünglich nur ein Ver- 
sprechen war, setzte sich im Fall pataha und afavi wohl deshalb 
durch, weil der schärfer artikulierte Konsonant im Bewußtsein 
wichtiger war und deshalb durch die Metathese gewissermaßen 
an die ihm zukommende Stelle gesetzt wurde, im Fall *sataka, 
weil ein Wortbild geschaffen ward, das den überaus zahlreichen 
Nomina auf -ka akustisch entsprach. 

Metathesen finden sich auch sonst im Mittelindischen: Geiger, 
Pali § 47,2 (es fehlt z. B. upähana für *upänahä : skrt. upänah f. 
„Sandale“, palibodha usw. C *pravirodha über *pabilodha: Andersen, 
Pali Reader II s. v. palibuddha, der mit Unrecht, wie mir scheint, 
der Annahme einer Dissimilation aus pariruddha und anderen Un- 
wahrscheinlichkeiten den Vorzug gibt); Pischel, Prakrit § 3542). Im 
Neuindischen sind sie geradezu häufig: J. Bloch, Formation de la 
Langue Marathe § 167, der unter anderem verweist auf Beames, 
Comp. Grammar of the Modern Arian Languages of India I (1872) 
p. 276. Hier heißt es von der Silbenmetathese: This sort of cor- 
ruption is common among the lower classes all over India ... 
such words are not generally found in dictionaries, being looked on, 
with some justice, as merely local corruptions arising from ignor- 
ance or caprice ... a recognition of the existence of this tendency 
is sometimes useful as pointing the way to the derivation of a 
word which might otherwise remain unknown. Ich glaube, diese 
Sätze verdienen es wirklich, angeführt zu werden. Sie scheinen 
mir Wort für Wort auf das Mittelindische zu passen, von dem 
wir ja nur literarische Texte, keine Dialektaufnahmen besitzen, die 
uns aber trotzdem in ganz deutlichen Spuren dieselbe „Tendenz“ 
der „niedrigen Volksklassen“ verraten und uns damit das Recht 
geben, ihre Wirkung auch bei der Erklärung zunächst dunkler 
Worte in Rechnung zu stellen. 


1) Das fem. Geschlecht ist nach Erörterungen von Bloch Le selbstverständlich. 
2) Im Ms. Dutreuil de Rhins liest man B. Z. 28 maturu ` mäturo = pali 
mäluto, C 2.6 aparato = pali appataram: Lüders, NGGW. 1899, 4871. 


186 P. Thieme 


2. Dissimilationen. 

1. Skrt. abhipräya m. „Absicht, Ziel“ läßt sich ohne weiteres 
aus dem Sinn des Verbs abhi + pra +i „auf, [etwas] zu (abhi) 
los (pra) gehen“ begreifen. Ganz anders steht es mit pali adhip- 
pda „Absicht“. 

Zunächst einmal gibt es im Sanskrit eine präverbiale Ver- 
bindung adhipra überhaupt nicht. Monier- Williams' Sanskrit- 
English Dict. kennt zwar ein adhipra + dhäv und ein adhipra 
+ sū, aber die beiden Stellen, aus denen im Anschluß an das 
PW. diese Verben abstrahiert sind, rechtfertigen solche Ansätze 
mit nichten. In TB. 2, 5, 6,4 giribhyo ddhi ydt pradhdvasi „wenn 
du vorwärts (los) läufst von den Bergen her“, wie in Kath. 14, 7 
(206, 10) = MS. 1, 11, 7 (168, 13) prajdpatir evainam vájrād ddhi 
präsuvati „Prajäpati ist es, der ihn vom vajra her (= aus der Ge- 
fahr fort) vorwärts treibt“, handelt es sich doch ganz offensicht- 
lich nicht um das Präverb, sondern um das postnominale Adverb 
ddhi, das lediglich den Sinn des voraufgehenden Ablativs noch 
einmal hervorhebt. 

Will man sich aber an die theoretische Möglichkeit klammern, 
daß aus solchen oder ähnlichen Sätzen ein präverbiales adhipra 
sich entwickeln konnte — was eben im Sanskrit nicht geschehen —, 
so muß man doch zugeben, daß das im Pali belegte adhippaya 
von Rechtswegen nur den Sinn haben dürfte: „Fortgehen von“. 

Es bleibt also nichts übrig als die Annahme, daß adhippäya 
aus Gründen, die im Sprechvorgang, nicht in der Grammatik 
liegen, an die Stelle von abhipräya getreten ist, daß wir es dem- 
nach mit einer Art Dissimilation: einer Ersetzung aus dissimila- 
torischer Neigung, zu tun haben. Ohr und Zunge des Volkes 
sind oft feinfühliger als die des durch eine Schule Erzogenen, 
“Gebildeten’, dem nun wieder, da er doch eben an strengeres 
Denken und genaueres Analysieren gewöhnt ist, die Sinnlosig- 
keit eines *adhipraya anstößig gewesen wire. Lässigem gramma- 
tischen Gefühl genügte das Vorhandensein irgendeines Präverbs: 
bis zu dieser Grenze konnte es der phonetischen Neigung weichen. 
Ganz vergleichbar ist das oben erwähnte palibodha usw. < *pra- 
virodha, in welchem doch wenigstens ein Präverb (pali) und eine 
Wurzel (budh) erkennbar schien, wenn auch nach der vollzogenen 
Metathese der Sinn des Ganzen „Hemmung“ sich aus den Teilen 
nicht mehr zusammensetzen ließ. 

In der gleichen Weise wie skrt. abhipräya und pali adhippäya 
stehen sich gegenüber: 


Merkwürdige indische Worte. 187 


skrt. abhi + pad „kommen zu“ : pali adhipajjati „kommt zu“ 
abhi + pat „losstürzen auf“ : adhipatana „Angriff“ 
abhipra + arthay „begehren“: adhipatthita „begehrt“ 
abhi + bhū „überwältigen* : adhibhavati „überwältigt“ 


usw. 
abhi + bhäs „anreden“ : adhibhäsati „redet an“ 
abhimanas „den Geist [auf 
etwas] gerichtet habend“ : adhimanas „aufmerksam“ 
abhimäna „Stolz“ adhimäna „Einbildung“ 
abhi + vah „hinbringen“ : adhivahana n. „Tragen, 
Bringen“. 


Daß die hier beobachtete dissimilatorische Neigung sich nicht 
in völlig konsequenter Wirkung durchgesetzt hat, wird niemanden 
ernstlich erstaunen. Die Wörterbücher geben hinreichend Aus- 
kunft über die nicht seltenen Fälle, in denen Wörter im Pali mit 
abhip-, abhibh-, abhim-, abhiv- beginnen, teilweise stehen sie als 
Nebenformen neben den oben genannten. Es handelt sich hier 
selbstverständlich um die gelehrteren Bildungen im Gegensatz zu 
den echt volkstümlichen. 

Die wirkliche Ratio des Wechsels von abhi und adhi im Pali, 
den auch das Critical Pali Dict. nur konstatiert (s. v. adhi) — 
genauer gesagt: Die Ratio der Ersetzung von abhi durch adhi hat 
demnach mit der des Wechsels von adhi und ati, den man im gleichen 
Atem zu nennen pflegt, gar nichts gemeinsam. Denn adhi „[hinaus] 
über“ und ati „vorbei an“ stellen oft nur eine verschiedene Auf- 
fassung der gleichen Bewegung dar: ein skrt. adhideva „über die 
Götter hinausgehend, über den Göttern stehend“ und ein pali 
atideva „an den Göttern vorbeigehend, jenseits der Götter be- 
findlich“ fielen in dem Ergebnis „übergöttlich, Ubergott“ zusammen. 

2. Dem Ausdruck Jat. II S.160 Gatha 114: pāram samuddassa 
„auf der andern Seite (adverb. Akk.) der Flut“ antwortet in der 
Prosa der Kommentarerzählung S. 159, 10: pära gangäya, das 
vom Herausgeber Fausbøll, von Andersen, Pali Reader II s. v. para 
und vom Pali-English Diet. als ein Kompositum erklärt wird: „auf 
der andern Seite der Ganga“. Sprachgerecht wäre aber doch nur 
ein gangäpäre oder dgl. Sollte nicht para gangäya für param 
(sprich: päran) gangaya durch Dissimilation stehen? 

Das Recht zur Bejahung dieser Frage erweisen ein oder zwei 
analoge Ausdrücke. Das Gegenstück zu adho mit Gen. oder Abl. 
„abwärts“ ist uddham „aufwärts“: Critical Pali Dict. s. v. adho. 
Entsprechendes gilt fürs Sanskrit: z. B. Manu 5, 132 urdhvam 


188 P. Thieme 


nabher yani khäni... yany adhah ... „die Löcher, welche aufwärts 
vom Nabel sich befinden, .. diejenigen, welche abwärts.“ 
Aber Jat. II S. 283.12f. uddha gangäya ... adho gangaya „auf- 
wärts der Ganga... abwärts der Ganga“: erwartet wäre uddham 
gangaya. 

Peta-Vatthu Co. S. 168 para gangäya „jenseits der Ganga“ 
wird vom Pali-English Dict. als einziges Beispiel seiner Art auf- 
geführt (s. v. para): param gangäya wäre normal). 

Die Wendungen pära gangäya, para gangäya „jenseits der 
Ganga“ und uddha gangäaya „aufwärts der Ganga“ dürften als 
feste Ausdrücke der lebenden Sprache — der Magadhi des Ganges- 
landes — entnommen worden sein. Eine phonetische Empfindlich- 
keit, die sich in grammatisch so rücksichtsloser Dissimilation äußert, 
ist nur in einer vom Volk wirklich gesprochenen Sprache denkbar. 
Daß die zitierten Kommentatoren die Ausdrücke bereits fälschlich 
als Komposita aufgefaßt haben, über deren grammatische Korrekt- 
heit sie sich nicht weiter den Kopf zerbrachen, ist sehr wohl 
möglich. Eingeführt haben sie sie jedenfalls nicht. 

3. Nach Vararuci 3, 7, 8 stehen sich im Prakrit gegenüber 
avaranha „Nachmittag“, puvvanha „Morgen“ und majj hanna 
„Mittag“. Wackernagel hat o. XXXIII 575f., unter Hinweis auf 
zwei von W. Schulze |. c. 392 = Kl. Schriften 430 namhaft ge- 
machte Belege für die Abneigung gegen die Aufeinanderfolge 
zweier Aspirata im späteren Griechisch: böot. Cowryd: — dvtlderte, 
majjhanna aus einer gleichen Abneigung erklärt. 

Pischel, Prakrit $ 214, hat diese Erklärung verworfen — das 
Prakrit könne die ihm zugeschriebene Abneigung seinen Laut- 
gesetzen nach gar nicht haben — und o. c. § 148 majjhanna aus 
madhydmdina durch Ausfall des i in unbetonter Silbe entstehen 
lassen. 

Die Idee ist brillant. Einleuchtender jedoch scheint mir 
Wackernagels Vorschlag. Pischels Gegengründe, § 214, uber- 
zeugen mich jedenfalls nicht. Daß zunächst im Prakrit auch 
majjhanha gebräuchlich ist, versteht sich ohne weiteres durch 
analogische Wiederherstellung nach puvvarha usw. Prakrt. khuha 
„Hunger“ gegenüber pali khuda dürfte der Einwirkung von skrt. 
ksudhä zu danken sein. Entsprechendes könnte für prakrt. maj- 


1) Überliefert ist auch para gangäyam, was man wohl auffassen müßte: 
„an der jenseitigen Ganga“ — „jenseits der Ganga“,' vgl. Jat. II S. 335,25 para- 
kantäre „im jenseitigen Wald“ — „jenseits des Waldes“. So darf ich para 
gangaya nur mit Vorbehalt nennen. 


Merkwürdige indische Worte. 189 


jhattha < madhyastha „in der Mitte stehend“ gegenüber pali maj- 
jhatta gelten, das ein vollkommenes Analogon zu majjhanna zu 
bieten scheint. Ich will indes auf dies letztgenannte Wort kein 
Gewicht legen, denn es muß Pischel zugegeben werden, daß inter- 
vokalische kkh, Oh, tth, pph in den Volkssprachen des öftern ihren 
Hauch verlieren, ohne daß es uns möglich wäre, einen besonderen 
Grund anzugeben). Um so schärfer möchte ich einen prinzipiellen 
Einwand gegen Pischel formulieren: Was er mit seinem Material 
überhaupt nur beweisen konnte — und bewiesen hat — ist, daß 
das literarische Prakrit eine Abneigung gegen die Aufeinander- 
folge von Hauchlauten nicht kennt. Damit ist aber über die im 
Mittelindischen wirklich vorhandenen Sprechgewohnheiten nichts 
gesagt. Eindringendster Scharfsinn und weitreichende Belesen- 
heit erst haben es W. Schulze ermöglicht, in dem von Wacker- 
nagel zitierten Aufsatz eine Tendenz zur Hauchdissimilation 
im späteren Griechisch festzustellen in einem „viel weiteren Um- 
fange, als unsere literarische Überlieferung und die in ihr vor- 
herrschende normalisierte Orthographie auch nur ahnen ließ“. Ich 
fürchte, auch das Prakrit — eine Gelehrtensprache kaum minder 
als das Sanskrit — verrät uns nur gelegentlich und zufällig etwas 
von einer gleichen Tendenz, ohne uns einen brauchbaren Maß- 
stab für ihre wirkliche Stärke zu liefern. Ich erinnere noch an 
dhanka „Kranich usw.“ für *dhankha < skrt. dhvänksa, wo die 
dissimilierte Form wie mit ka-Suffix gebildet aussah und wohl deshalb 
erhalten blieb. Das Pali bietet mehr: neben dem schon erwähnten 
khuda [und majjhatta] sei etwa auf piha, pihedi (mit p statt ph) < skrt. 
sprhä, sprhayati hingewiesen. Neben jighacchä „Hunger“ < skrt. 
jighatsä finden sich dighaccha und jigacchä: beides offenbar weniger 
gelehrte Formen, in denen einmal j—cch zu d—cch, das andere 
Mal gh—cch zu g—cch dissimiliert sind. Man wird geradezu auf 
den Gedanken geführt, daß in Wirklichkeit sich gelehrtes jighacchä 
und volkstümliches *digaccha*) gegenüber standen, welch letzteres 
in den genannten inkonsequenten Schreibungen erhalten wäre. 
Im Ms. Dutreuil de Rhins liest man: B 30 abhivuyu < abhibhuya, 
B 13 kanana, lies: kanhänam = khandhänam (vgl. pali piha). Die 
Berechtigung, mit Hauchdissimilationen in mittelindischen Mund- 
arten zu rechnen und ihnen besonders in etymologisch dunkeln 
Worten und versteinerten Formeln, die sich dem Zugriff über- 


1) Das Critical Pali Dict. s. v. afta 2 vermutet dravidischen Einfluß. 
2) Kuhn, Beiträge zur Pali-Grammatik 41 zitiert diese Form. Im Pali 
English Dict. finde ich sie nicht angegeben. 


190 P. Thieme 


kluger Orthographen entziehen konnten, nachzuspüren, dürfen 
wir den angeführten Fällen’) wohl entnehmen — aber auch z. B. 
dem Verhalten der heutigen Maräthi, in welcher Beispiele für 
Hauchdissimilationen recht zahlreich sind: J. Bloch, Formation § 169. 

Den deutlichsten und bezeichnendsten Beleg für Hauchdissi- 
milation im Mittelindischen, dem deshalb eine Sondererwähnung 
zukommen mag, liefert uns das Widerbild von skrt. sprs „berühren“. 
Der Gegensatz von pali phusati, phasseti „berührt“, phassa „Be- 
rührung“ einerseits und puttha „berührt“, der sich im Prakrit 
wiederholt (Pischel o. c. § 311), ist ja doch schlechtweg schlagend. 
Nur einer lebendigen Kraft mag es gelingen, in dieser Weise ein 
Paradigma zu zerschlagen. 

Im Pali wie im Sanskrit begegnet ein affahäsa „lautes Lachen“. 
Im Sanskrit handelt es sich dabei stets um das Lachen des Siva: 
Megh. D. 59, Ratnavali I V. 3, Das. Car. (Pürvap.). Die indi- 
schen Lexikographen abstrahieren aus dem Wort ein afta „laut“, 
das Critical Pali Dict. s. v. erinnert an atta m. „Wachtturm“: eine 
wirkliche Deutung des seltsamen Wortes kenne ich nicht. Wie 
wäre es, wenn wir aftahäsa nach Anleitung von puttha „berührt“ 
aus *hatthahäsa = *hrstahäsa „fröhliches, aufgeregtes Lachen“ 
dissimiliert sein ließen? 

Der sich in komischer Bedrängnis befindende Vidüsaka ruft 
Sak. (Dev. Rec.) VI 26/27 dem König: bho vaassa avihä avihä 
„He Freund, avihä, avihä“. Die Sanskrit-chaya gibt das merk- 
würdige avihä unverändert wieder, Raghavabhatta weiß nichts dar- 
über zu sagen, als daß es eine Partikel zum Ausdruck der Be- 
drängnis sei: aviheti khede nipätah. Wir haben aber jetzt die 
Erklärung des Wortes leicht: es reflektiert ein skrt. abhidhäva 
„eile zu Hilfe“, wie wir nach W. Schulze, Kl. Schriften 167 nebst 
Anm. 2 und 7, zu übersetzen haben. Die Kontraktion der Laut- 
folge ava zu o gemäß Pischel, Prakrit § 165, die Ersetzung von 
abhi, oder seines volkssprachlichen Vertreters ahi, durch avi < api 
aus dissimilatorischer Neigung, wie die von abhi durch adhi in 
pali adhippäya usw. (o. S. 186f.) — mit dem für die Beurteilung 
unwesentlichen Unterschied, daß in dem einen Fall die Aufein- 
anderfolge von Labialen, im andern diejenige von Hauchlauten 
vermieden wurde. 

Die Identifizierung von avihā und abhidäva darf ich nicht 
einmal als mein Eigentum betrachten. Mit Ausnahme von R lesen 
sämtliche Hss. der Bengali-Rez. der Sak. an unserer Stelle statt 

1) Kuhno.c. 41 gibt einige interessante Beispiele aus dem Satzzusammenhang. 


Merkwürdige indische Worte. 191 


avihä vielmehr abhidhdva, was natürlich nur eine in den Text 
geratene Sanskritglosse des richtig verstandenen avihä sein kann, 
das demnach vom Herausgeber hätte eingesetzt werden sollen. 
Statt dessen hat Pischel das von R gebotene avida rezipiert, das 
zwar eine scheinbare Stütze in einer Angabe bei Märkandeya findet 
(vgl. Pischel, Prakrit § 22), in Wahrheit von hier durch einen 
gelehrten Schreiber, dem das skrt. abhidhäva seiner Vorlage im 
Munde des Vidüsaka mit Recht anstößig erschien, übernommen 
sein durfte. Denn gänzlich unerklärlich wäre das abhidhäva der 
Hss. als Glosse eines ursprünglichen avida. 


3. Partielle Metathese. 


Pischels Ansicht, daß es irrtümlich sei für die gelegentliche 
Vertretung von hochindischen Dentalen durch volkssprachliche 
Linguale andere Einflüsse anzunehmen als „dialektisch verschiedene 
Aussprache“ (d. h. Zusammenfall von Dentalen und Lingualen 
in gewissen Dialekten), Prakrit $ 218, wird kaum je Anhänger 
gefunden haben. Es liegt auf der Hand, daß es sich in der über- 
wiegenden Mehrzahl der Fälle um einen ohne weiteres erkenn- 
baren Grund: assimilatorischen Einfluß eines ursprünglich benach- 
barten, vorausgehenden oder folgenden, r oder s handelt: J. Bloch, 

L’Indo-Arien p. 56. 

Auch da, wo der genannte Einfluß nicht stattgehabt haben 
kann, sind wir gehalten, nach einer besonderen Ursache zu suchen. 
Denn Pischels Auffassung, wie sie aus seinem’ Verfahren nicht 
nur hier hervorgeht, daß wir es entweder mit strikt durchgeführten 
„Gesetzen“ oder aber mit dem Verstehen gänzlich unzugänglicher, 
willkürlicher „Lautvertretung“ zu tun haben, wird nicht nur aus 
prinzipiellen Erwägungen in Frage zu stellen sein, sondern auch 
von dem von ihm selbst mit musterhafter Ausführlichkeit und be- 
wundernswürdiger Vollständigkeit in seinem klassischen Werk 
zusammengetragenen Material selbst widerlegt. Es sind vor allem 
die Neigung zur Assimilation und zur Dissimilation, die wir gerade 
in „Volkssprachen“ erwarten, welche mit entgegengesetzten Kräften 
in fortwährendem, erbittertem Kampf liegend bald zum Ziel ge- 
langen, bald ersticken. 

Sichere Beispiele für die Wirkung der Assimilation sind JM. 
danda gegenüber gewöhnlichem danda „Stock“ (vgl. J. Bloch, o. c. 
p. 58); AM. JM. dohala neben gewöhnlichem dohala. Zweifellos 
gehört hierher auch skrt. dindima „Trommel“ neben pali dendima 
(pali dindima verrät Einfluß von dundubhi). Denn pali dendima 


192 P. Thieme 


ist offenbar nichts als eine Weiterbildung von danda mit dem von 
Lüders, Festschrift J. Wackernagel 305, aufgezeigten mittelindischen 
Possessivsuffix -ima, heißt also eigentlich „mit einem Stock (mit 
Stöcken versehene (= mit Stöcken gespielte) [Trommel]“. Der Er- 
satz des a der ersten Silbe durch einen helleren Vokal (&, dann :) 
vor heller Silbe hat Analogien; prakrt. dhanka „Kranich usw.“ Y 
dhvanksa (mit anlautendem Lingual wegen des ursprünglich folgenden 
$): fem. dhénkt (danach dann auch masc. dhinka), ubbiri (neben 
ubbara) < urvarä (Pischel, o. XLII S. 166°), prakrt. nigina < nagna 
über *nagina, pali, prakrt. mifija < *majja über *manja; pali sirimsapa 
< sarisrpa, timissa < tamisrä: Geiger, Pali § 16. 

Es ist gewiß bemerkenswert, wie vollständig die angeführten 
Beispiele zu dem stimmen, was Vendryes, MSL. XVI 53ff., als 
Bedingungen der Fernassimilation formuliert hat: danda für danda 
mag sehr wohl entsprungen sein einem «sentiment du redoublement» 
(l. c. p. 54), dindima für déndima desgleichen: es ist ja ein klarer 
Fall eines Wortes «ou le sujet parlant est tenté de voir une onoma- 
topée» (I. c.): „onomatopoetisch“ begnügt sich Uhlenbeck das 
Wort zu nennen. Und bei dohada ftir dohada handelt es sich 
jedenfalls um Laute, die man charakterisieren kann als «de types 
très voisins les uns des autres» (l. c. p. 56): sie sind «trop [sem- 
blables] pour subsister commodément dans le méme mot». Be- 
merkenswert, wie ich meine, nicht nur aus theoretischen Grtinden, 
sondern auch um der Beurteilung eines praktischen Vorschlags 
willen, mit dem ich mich noch zu beschiftigen habe. 

Deutlicher und durchgreifender, wenn auch seltsamerweise 
noch nicht beobachtet, ist die dissimilierende Wirkung eines [ur- 
sprünglich] benachbarten Dentals: 

Skrt. ädadhäti > AMg. ädahati usw., AMg., J. M. ädhäti (mit 
Vorspringen des Hauches aus *ädhaati), von wo aus dann auch 
Kausativformen wie ädhavai und Part. Perf. JM. ädhiya; 

skrt. tudita > AMg. tudiya; tudati > tudai (He.) 

skrt. patati, > Mg. padadi, M., AMg., JM., A. padai; skrt. 

patatu > M., AMg. padaü; 

skrt. patita S., M. padida, M. A. padia, 
von wo aus dann — bei dem häufigen Vorkommen des Part. Perf. 
in den Volkssprachen als der einzigen verbalen Vergangenheits- 
form kein Wunder — eine Wurzel pad abstrahiert und in allen 

1) Ich zitiere gerade diese beiden Beispiele, weil es urodrä und dhvänksa 


heißt, was allein schon die von Pischel, Prakrit $101, vorausgesetzte Einwirkung 
des alten Akzentes widerlegt. Vgl. auch J. Bloch, L’Indo-Arien p. 48. 


Merkwürdige indische Worte. 193 


Formen und Ableitungen durchgeführt wurde (sogar in dem als 
verwandt empfundenen padäkä : skrt. pataka „Fahne“; 

skrt. kvathita kvathati > pali kathita, S kadhida, AMg. kadhia, 
M. kadhai, von wo aus dann eine Wurzel kadh „sieden“ (die sowieso 
nur im Part. Perf. und dritten Personen geläufig sein konnte); 

skrt. dvaidha > pali dvelhaka n. „Zweifel“ über *dvedhaka 

skrt. budbuda > pali bubbula m. „Blase“ über *budbuda 

skrt. vidyut >M. vijjula „Blitz“ über *vidyutä (vgl. pali vidyuta) 

skrt. dvädasa > AMg. JM.duvdlasa „12“ über *duvädasa 

Eine Zauberformel, mit der wir nun jedes volkssprachliche 
d, t für d, terklären könnten, haben wir freilich damit noch nicht 
gefunden. Aber wir haben doch das Gebiet „spontanen“ Eintretens 
von Lingualen um ein weiteres Stück eingeschränkt und damit 
uns das Recht erstritten, nach Erklärungen zu suchen, wo es zu 
begegnen scheint. 

Prakrt. ddhatta „angefangen“ = „hat angefangen“ ist gewiß 
nicht aus skrt. ärabdha entstanden. Aber auch Pischels Auffassung, 
Prakrit $ 223, das Wort sei das Part. Perf. des Kausativs von 
ā + dhā kann nicht richtig sein. Sie ist zwar frei von laut- 
lichen und morphologischen Bedenken, läßt aber die Bedeutung 
gänzlich unerklärt. Ich möchte deshalb vorschlagen, an Ver- 
knüpfung mit skrt. d + dhrs „sich wagen an“ zu denken. Nach 
Panini 3, 4, 65 gehört dhrs zu den Verben, die mit einem Infinitiv 
konstruiert werden können. Diese Konstruktion, die zu der von 
prakrt. ädhatta stimmt, ist auch mehrfach belegt. Vgl. z. B. Ait. 
Br. 4,8,3 na ha tam dadhrsatur apodihiti vaktum „sie wagten sich 
nicht daran zu ihm zu sagen: gehe fort“; MBh. 1, 88, 10 na capi 
tväm dhrsnumah prastum agre. Wir hätten lediglich anzunehmen, daß 
dies ursprünglich allerdings wesentliche Bedeutungselement der 
Kühnheit verloren ging, und aus „sich wagen an“ ein „sich machen 
an“ wurde. In der Tat heißt prakrt. ädhatta auch nicht eigent- 
lich „fing an“ sondern „machte sich daran“. In den meisten 
Fällen sind zwar beide Übersetzungen möglich: z. B. Jacobi, Er- 
zählungen in Maharastri S. 21,19 sahiwm ädhattä „sie machte 
sich daran (oder: fing an) zu erzählen“, ebd. 26 hindium ädhatto 
„er machte sich daran (oder: fing an) herumzugehn“, S. 24, 31 
nindium adhatto „er machte sich daran (oder: fing an) zu schmähen“, 
S. 59,1 ddhatta padibohium „sie machte sich daran (oder: fing an) 
zu bekehren“. Aber S. 1, 25 märeum ddhatto kann nicht heißen: 
„er fing an“, sondern: „er machte sich daran [ihn] zu töten“ = 
„er unternahm es, versuchte es. 

Zeitschrift für vergl. Sprachf. LXVII 3/4. 13 


194 P. Thieme 


Es bleibt, die lautlichen Verhältnisse zu klären. Skrt. ddhrsta 
würde regelrecht *ädhattha werden müssen, für welches dada] 
(mit oder ohne Zuhilfenahme von Hauchdissimilation zu recht- 
fertigen) eintreten könnte. Von *ädhatta zu ädhatta aber läßt 
sich durch Annahme eines Umspringens zwar nicht der Laute, 
aber doch der Artikulationsstellen gelangen. 

Eine einigermaßen analoge Erscheinung hat vor langer Zeit 
schon W. Schulze im späteren Griechisch beobachtet: Annei7 für 
Aren, Yuunre für Yuntıo usw. (Kleine Schriften 288), ngr. diya 
für diva, oͤbzaryo für $vydıne usw. (Kl. Schriften 304,711). W. Schulze 
nennt sie „eine merkwürdige Metathese, bei der nicht die Kon- 
sonanten, sondern gleichsam die ovußeßnxdra der Konsonanten 
ihre Stellen wechseln“ (o. c. 711). Ganz buchstäblich darf man 
freilich diese Formulierung nicht nehmen, denn die Artikulations- 
stelle rechnet an und für sich nicht unter die ovuBeByxdta der 
Konsonanten. Darauf kommt es jaaber gar nicht an. Die Haupt- 
sache ist offenbar nicht, was einem Phonetiker, der einen Laut 
für sich selbst betrachtet, als sein wesentlichstes Merkmal erscheint, 
sondern was ein Sprechender als hervortretendsten Unterschied 
zweier benachbarter Laute empfindet: im Falle $vydrno : duydtno 
war dies ganz natürlicher Weise die Artikulationsstelle, im Falle 
*adhatta dagegen, wo es sich um zwei Verschlußlaute mit ganz 
nahe benachbarter Artikulationsstelle handelte, konnte diese in der 
Wertung hinter dem Stimmton, der Aspiration und der Länge der 
Konsonanten zurücktreten. 

Vor em Rätsel, aber eines, an dessen Lösbarkeit man von 
vornherein glauben möchte, stellt uns der Anlaut der Pali- und 
Prakritwurzeln das, das „beißen“ : skrt. das, und dah „brennen“: 
skrt. dah, der nur im Part. Perf. dattha und daddha mit dem 
Sanskrit überein zu stimmen pflegt — sei es nun daß hier aus 
dissimilatorischer Neigung etwas Altes bewahrt, oder etwas Neues 
eingesetzt worden ist. 

Einen Grund für die Ersetzung des anlautenden d durch d 
wird man mit wahrscheinlichem Erfolg innerhalb der Paradigmata 
suchen: an irgend einer Stelle muß d sich irgendwie phonetisch 
ergeben haben und dann verschleppt worden sein. Bis hierher 
befinde ich mich in Übereinstimmung mit H. Smith, der den Vor- 
schlag gemacht hat (vgl. J. Bloch, L’Indo-Arien p. 58), von den 
Partizipien dattha und daddha, die im Prakrit gelegentlich neben 
den oben genannten Formen vorkommen, auszugehn, und an eine 
Assimilation des Anlauts an die folgenden Linguale zu denken. 


Merkwürdige indische Worte. 195 


Er hat auf seiner Seite den Vorteil, daß er keiner rekonstruierten 
Form bedarf, sondern nur mit belegten Worten zu arbeiten braucht. 
Es kann sich aber sehr wohl um einen trügenden Schein handeln: 
da dattha und daddha dem Pali fremd sind, ist es doch sehr 
wahrscheinlich, daß es sich in Wirklichkeit um Neubildungen 
für die im Pali allein herrschenden, im Prakrit überwiegenden 
dattha und daddha handelt: nahe genug lagen sie ja. Entschieden 
gegen H. Smith spricht, daß die Assimilation eines Dentals an 
einen folgenden Lingual nur sehr gelegentlich «pour quelques mots 
seulement, et seulement dans une partie des langues» (J. Bloch, 
L c.) nachzuweisen ist, während sie hier in sämtlichen mittel- 
indischen Dialekten strikt durchgeführt wäre. Auch würde sie 
sich im Falle dattha > dattha bereits nicht mehr den sonst zu 
beobachtenden Vendryesschen' Bedingungen fügen (o. S. 192) und 
im Fall daddha > daddha bliebe der Ausgangspunkt, die Form 
daddha selbst ganz dunkel. 

Die beiden Verben müssen getrennt behandelt werden. 

Skrt. dasta ergab regelrecht dattha, neben dem auch ein 
*datta (vgl. pali vattha, vatta < skrt. vrsta) stehen konnte. Aus 
*datta konnte durch partielle Metathese ein *datta werden. Dies 
halte ich für die Form, die zur Einführung des d den Anlaß gab. 
Das Part. datiha hat entweder immer daneben gelegen, oder ist 
eine Neubildung nach dem Muster: pali kasati : kattha, phusati : puttha, 
visati ` vittha. 

Die rekonstruierte Form *datta läßt sich nun auch von ganz 
anderer Seite her als wahrscheinlich, ja notwendig voraussetzbar 
erweisen. 

Im Mittelindischen stehn neben einander die Partizipien: 
mutta < mukta, und mukka < muna, ritta < rikta und rikka < 
*rikna, sitta < sikta und sikka < sikna: Pischel, Prakrit § 566. 

In mehreren Prakrits gibt es nun auch ein dakka gebissen, 
das von Pischel, Le, auf *dakna zurückgeführt wird. Allein wie 
sollte solche Grundform zu stande kommen: schlechterdings wäre 
nur ein *dasna möglich. Es bleibt nichts als die Annahme einer 
Neubildung, für die nur *datta als Ausgangspunkt ın Frage kommt: 
mutta ` mukka, ritta : rikka, sitta : sikka = *datta : dakka. 

Im Falle dah haben wir es von vornherein leichter. Man kann 
doch eigentlich nicht im Ernst glauben, daddha sei eine alte Form. 

Skrt. dagdha muß einmal ein *daddha ergeben haben. *daddha 

1) Nep. dith < drsti (Bloch, 1. c.) hat, soviel ich sehe, im Mittelindischen 
keine Analogien. 

13* 


196 J. Lohmann, „Mots expressifs.“ — K. Bouda, Zu. o. LXIII 51 u. LXIV 83. 


aber konnte ohne weiteres zu *daddha dissimiliert werden: diese 
Form halte ich für den Anlaß zur Einführung des dim Verbum dah. 

Hemacandra 4, 246 lehrt, daß man zu dah ein Passiv dajjhati 
bilden kann. Das verhältnismäßig hohe Alter dieser Form erweist 
das Ms. Dutreuil de Rhins, wo sie belegt ist: B. 34, CI”? 2. Pho- 
netisch läßt sie sich natürlich nicht erklären: es muß eine Neu- 
bildung sein, die aber unser postuliertes daddha notwendig voraus- 
setzt; baddha : bajjhati, ruddha : rujjhati = *daddha : dajjhati. 

Wie aber erklärt sich das tatsächlich im Pali und Prakrit be- 
legte daddha? Ich muß gestehen, daß ich eine andere Möglichkeit 
als die Annahme einer Entstehung aus daddha durch partielle 
Metathese nicht sehe. Von dahati zu daddha zu gelangen ist schwer: 
weder pali vahati : dhe, noch lihati : lilha, mihati : milha noch 
auch vaddhati : vaddha kommen als Vorbilder wirklich in Betracht. 
Hat sich die Form mit Metathese deshalb durchgesetzt, weil im 
Falle des einzigen andern Verbs mit anlautendem d ein ähnliches 
Verhältnis von Verbalstamm und Partizip herrscht: dasati : dattha 
und dahati : daddha mochten sich gegenseitig stützen. 


Halle (Saale), z. Z. im Felde. P. Thieme. 


„Mots expressifs.“ 

Meillets Lehre von den expressiven Bildungen der indoger- 
manischen Sprachen ist mit Recht in den letzten Jahren mehr 
und mehr Beachtung geschenkt worden. So darf vielleicht hier 
darauf hingewiesen werden, daß Begriff und Bezeichnung der 
Expressivität auf den Nestor der französischen Linguisten, Maurice 
Grammont zurückgehen: à côté des onomatopées il y a dans les 
langues quantité de mots, désignant non plus un son, mais un 
mouvement, un sentiment, une qualité matérielle et morale, une 
action ou un état quelconques, dont les fonémes entrent en jeu 
pour peindre l’idée; c'est ce qu'on peut appeler les mots expressifs 
(Revue des langues romanes XLIV [1901] 140). 

Rostock. J. Lohmann. 


Zu o. LXIII 51 und LXIV 83. 

Verschiedene Stämme fur 1. „ihm geben“ gegenüber 2. „mir, 
dir geben“ finde ich auch in zwei tibeto-birmanischen Sprachen 
der westlichen sogen. pronominalized languages, die nach Sten 
Konow von einem hierfür jedoch, soviel ich weiß, nicht verant- 
wortlichen Mundäsubstrat beeinflußt sind. Kana wari 1. ran. 2. ke. 
Kanasi 1. ran. 2. ke LSI III 1, 434. 444. 


Berlin. K. Bouda. 


D. Demetracopoulou-Lee, Noun categories in Wintu. 197 


Noun Categories in Wintu. 


The Generic and the Particular. 


Da eine, rein beschreibende, Darstellung des Genussystems einer kaliforni- 
schen Indianersprache in dieser Zeitschrift vielleicht überraschen wird, seien dem 
Aufsatz von Frau Dr. D. Demetracopoulou-Lee einige Worte voraufgeschickt. Zu 
den dringendsten Aufgaben der Sprachwissenschaft gehört zweifellos, als erster 
Schritt zu einem allen Sprachstrukturen gerecht werdenden System der allgemeinen 
Grammatik, die Sammlung des Materials für ein Inventar der in den Sprachen 
der Erde tatsächlich vorkommenden grammatischen Kategorien. Als Baustein 
hierfür scheint mir die vorliegende Arbeit, über das stoffliche Interesse der in 
ihr behandelten Frage hinaus und trotz ihres im einzelnen etwas skizzenhaften 
Charakters, einer allgemeineren Beachtung und Betrachtung wert zu sein. Die 
Verfasserin ist von anthropologischen und ethnologischen Materialsammlungen 
her zu ihren sprachlichen Studien geführt worden. Vielleicht hängt damit die 
unbelastete Frische zusammen, mit der sie den grammatischen Phänomenen gegen- 
übertritt und in vorurteilsloser, einfühlender Interpretation den besonderen gei- 
stigen Gehalt des Systems der von ibr studierten Sprache zu erkennen sucht. 
Dieses ist in der Tat in mehr als einer Hinsicht bemerkenswert. In den bisherigen 
sprachtypologischen Darstellungen, bis zu Misteli und F. N. Finck, sind die Sprachen 
Amerikas nur ungenügend berücksichtigt worden. Fincks „Haupttypen“ bedeuten 
in diesem Punkte sogar einen Rückschritt gegenüber seinen Vorgängern: bei ihm 
erscheint das exzentrische Eskimoische, das den — im übrigen dort durchaus nicht 
allein herrschenden — polysynthetischen („einverleibenden“) Typus in einer ganz 
besonderen Ausprägung zeigt, als einziger Vertreter der Sprachen der westlichen 
Hemisphäre! Wie vielfältig die amerikanischen Sprachen in Wirklichkeit sein 
müssen, beweist gerade auch das von Frau Dr. Lee erforschte, bis dahin nur 
unzulänglich bekannte „Wintu(n)“, das ursprünglich fast im ganzen Sacramento- 
Tale gesprochen wurde. Das hier geschilderte Genussystem dieser Sprache ist 
vor allem dadurch bemerkenswert, daß dem Sprecher in gewissem Umfange die 
Wahl des Genus freisteht (u. S. 204 und passim). Den Indogermanisten muß 
aber darüber hinaus noch zweierlei interessieren. Zunächst tritt das Genus, wie 
beim idg. Neutrum im Gegensatz zum m., äußerlich in Erscheinung durch einen 
Unterschied in der Kasusbildung: beim Genus A (generic) wird (ganz wie 
im idg. Neutrum) als Subjekts- und als Objekts-Kasus die gleiche Form gebraucht, 
und zwar wie im Idg. ursprünglich die „Stammform“, während das Genus B 
(particular) die beiden Kasus durch je eine besondere Form ausdrückt (u. 8. 200f.). 
Im Wintun dient die Stammform in A auch als „Genetiv“, für den B eine be- 
sondere Form hat, während A eine in B fehlende Lokativ-Instrumental-Form 
besitzt. Dieser Unterschied in der Kasusbildung läßt sich dann weiter, wie im 
Idg., mit der Bedeutung der beiden einander gegenübergestellten Genera in 
Verbindung bringen. Die Art der Opposition ist freilich in beiden Sprachen nicht 
ganz die gleiche. Immerhin ist bemerkenswert, daß Frau Dr. Lee zunächst den 
Eindruck hatte, es handele sich um die in den amerikanischen Sprachen weit 
verbreitete Unterscheidung animate — inanimate, die ja von Meillet auch im Idg. 
als die ursprüngliche angesehen worden ist. Der Ausgangspunkt war im Idg. 
aber wohl eher eine Unterscheidung von aktiven und passiven Begriffen (daher 
ist das Werk, wie auch das Werkzeug, n., die Tat dagegen m. oder f.), was 
dann weiter mit der besonderen Art des idg. Verbums zusammenhängen wird. 


198 D. Demetracopoulou-Lee 


Natürlich berühren sich „aktiv“ und „animate“, bzw. „passiv“ und „inanimate“ 
miteinander — wie auch anderseits das „Aktive“ sowohl wie das „Belebte“ in 
der Wirklichkeit vorwiegend in individueller Gestalt auftreten, bzw. dem Betrachter 
als Inviduum erscheinen, daher die Beziehung des Genus B des Wintun zu diesen 
beiden Kategorien, und auf der anderen Seite die Ähnlichkeit deg Genus A (generic) 
mit dem idg. Neutrum. Das idg. Neutrum hat ja, nach den Forschungen von 
Joh. Schmidt, ursprünglich wohl überhaupt auch nur eine mangelhafte, oder doch 
eine von dem „individuellen“ Plural des m./f. sehr verschiedene Pluralbildung 
gehabt! J. Lohmann. 
Phonetic Key’). 

> glottalization of preceding consonant, a glottal closure. 

* rough breathing (spiritus asper). 

B intermediate between 5 and p. 

D intermediate between d and ¢. 

q back palatal stop, intermediate between surd and sonant. 

x mid-palatal surd, continuant. 

x back-palatal surd, continuant. 

2 linguo-alveolar lateral surd. 

t linguo-alveolar lateral surd affricative. 

te affricative surd mid č-sound, similar to German sch. 

e German 4, Greek e. 

= (as in d, OI indicates that the vowel is long. 

All other symbols are pronounced approximately as in German. 


The Wintu‘ are a tribe of Indians living in California, along 
the upper reaches of the Sacramento, McCloud and Pitt rivers. 
Their language, one of the Penutian stock, is both synthetic and 
inflective. Primary roots are predominantly verbal, with names 
for objects for the most part derived from the activity or state 
of being which is associated with each. In verbal phrases the 
speaker always indicates, by means of ablaut change and appro- 
priate suffix, whether or not he has participated in the activity 
described, and if so, in what way”). In short, the Wintw language 
is very conscious of the speaker’s attitude and mood. This sub- 
jectivity is reflected not only in the verbal, but also in the nominal 
categories with which this paper is concerned. 

Wintu‘ grammar recognizes two noun classes. Of these, one 
is small and contains a fixed number of nouns. To it belong 
most relationship terms and a small number of pronouns. Its 


1) The material on which this study is based was collected under the aus- 
pices of the Department of Anthropology of the University of California, in the 
summer of 1929. My principal informant was Sadie Marsh, a full-blood Winta" 
aged about forty. 

2) For a description of this linguistic phenomenon see the author's Con- 
ceptual Implication of an Indian language, in Philosophy of Science, 
vol. 5 (1938) pp. 89—102. 


Noun Categories in Wintu. 199 


formal elements are not productive at present, some of its nouns 
show a tendency to go over to the remaining class, and no new 
nouns are referred to it. Its distinctive suffixes have lost their 
connotation as suffixes, and nouns carrying them are simply 
thought of as so many fixed forms. The remaining class of nouns 
functions actively to-day. To this class are assigned the few 
nouns and the many personal names which have entered the 
language since the coming of the Whites. And it is this class 
which provides the speaker with a morphological means of distin- 
guishing that which he regards as generic from that which for 
him is particular. 

At first glance, Hu seemed to me to share with other 
American Indian languages the practice of distinguishing between 
the animate and the inanimate. I found that live animals and 
men were grouped together in one class, which I called the class 
of animates. When animals were considered as food they were 
found to be treated as the non-animal objects, in the class of 
the inanimates. However, difficulties soon begann to appear. 
Most things not animal seemed to be delegated at will to either 
of the two classes. Names of body parts brought further con- 
fusion into my early conclusions. Some of them were treated 
always as belonging to the group of animates, and others, for no 
apparent reason, to the group of inanimates. These anomalies I 
dismissed at first as examples of the irrationality of language, or 
as due to conveniently unknown historical causes. However, as 
more anomalies came to light, it seemed advisable to abandon 
the ready-made classification. 

And now a different basis for classification became apparent. 
I found that body parts were grouped with the inanimates only 
when they appeared singly. The head, the belly, the back, the 
face, the nose were in this group. When body parts occured 
in larger numbers, they were classed with live animals and men. 
Furthermore, definite tendencies were detected in regard to the 
assignment of dead animals to one of the two classes. When 
venison was carried by a man, that is, as a whole dead deer 
slung from the shoulder, it was found in a class with the animates. 
When it was carried by a woman, in pieces in a carrying basket 
as so much flesh, it took its place in a class with other inanimate 
objects. Obviously, under these circumstances, the animate- 
inanimate basis for classification was not adequate, some other 
factor must determine the classification. 


200 D. Demetracopoulou-Lee 


Thus it became evident that the animate-inanimate classi- 
fication was only incidental to a more fundamental and permeating 
distinction between nominal concepts regarded as generic, and 
those conceived as particular. Further, it soon became ap- 
parent that this distinction was not made between two coordinate 
groups of nouns. One grouping, the generic, emerged as basic. 
The other, the particular, then appeared as particularizing, rather 
than pointing out that which was particular. The former referred 
to a genos. The latter selected an individual from the un- 
differentiated mass and presented it as a delimited substance. 

The two groups of nouns which I have called generic and 
particular are distinguished by means of morphological elements. 
To describe these, it will be necessary to draw provisionally a 
hard and fast line between them. For the sake of convenience, 
I shall speak of Category A, the generic, and Category B, the 
particular. 

Category A has no morphological elements of syntactical 
significance. The subject is not differentiated from the object and 
this in turn is not differentiated from the attributive. There are two 
cases. There is a common case, in which a noun can stand as a 
subject or object, as attributive and as partitive. For this the un- 
modified noun stem is most commonly used. For a number of 
nouns, however, the category is emphasized through the addition 
of -m or -n directly to the noun stem. There is also a locative 
case, formed through the suffixation of -in (-n, if the noun ends 
in -i). The -in indicates position in space, or, when suffixed to 
generic pronouns, in time. Furthermore, it forms an instrumental, 
and is used to express periphrastically concepts which, in English, 
would have been expressed by means of words indicating pos- 
session. A few examples will serve to illustrate the two generic 
cases). 

gewel house: Dina gewel bia behold, (a) house lay there. 
gewel olsaDama (the) house (he) raised-up-in-his-arms. qgewelin 
hina (he) arrived at-the-house. The gewel remains unchanged 
when it plays the part of subject in 1, and of object in 2. In 
3, it takes the locative suffix -in. 

1) In the examples given throughout the paper, the verb usually occurs 
in the stem of subjectivity without the usual suffixes which indicate time of 
occurrence and source of information. This is because the examples come from 
narratives, where the -kilaké denoting hearsay knowledge is given only once 


at the beginning of the tale, and is thereafter only assumed. I render such 
verbs in the past time. 


Noun Categories in Wintu. 201 


naus dress: naus tcalabé it is a nice dress. ndusin bës ieibE 
(dress-at being it-is) it belongs to the dress. In 1, näus forms 
the subject. In 2, the locative suffix -in is used to form a peri- 
phrastic possessive. This was said by my informant apropos of 
a button which had come off my dress. 

k'as live oak acorns: kas duyä (she) gave acorns. kas 
ital acorn shell. kas remains unchanged in 1, where it is the 
object, and in 2, where it is used attributively in a compound 
noun. 

This attributive function of the common case is very im- 
portant, since it adjectivizes nouns. When a word, as a sub- 
stantive, appears only in Category B, its generic form serves to 
change it into an adjective. For example: 

Ze e Bkat (tee Bhal plus indicating particularization) scoundrel, 
a worthless one; Bom tc’eBkal bagihas sunas land (which was) 
bad, brushy, stony. ` 

xayit a white one; yayi white, whiteness. wintũ' person, 
an Indian; wintūn human, Indian. 

The basic function of the common case is perhaps the par- 
titive, difficult to distinguish from the attributive. Since the 
generic refers to a type or class, we might go further and say 
that the common case is always partitive. Thus, a sentence with 
a generic object such as: nur baibé (salmon (he) eats) might best 
be rendered in English with: he is partaking of salmon. Further 
examples: 

tc ,s horn: tcayäs BaDtutcus horn wedge, wedge of horn. 

ttite acorn: ttite tcoDos (a new term come in since the 
arrival of White Man’s bread) bread of acorns, acorn bread. 

In Category B we find more cases. The subject is often, 
though not always, distinguished from the mere stem which 
forms the generic. A number of nouns are given a strong 
aspiration at the end to indicate the subjective case. Verbal 
derivatives in - form the subjective through the suffixation of -t, 
and so do a number of relative and interrogative pronouns which 
morphologically belong with the nouns. In this gender we find 
a genetive which plays the part of a possessive and of an 
agentive, that is, of the transposed subject in a passive phrase. 
It is formed through the affixation of -un. Category B also forms 
an object case, which plays an important role in Wintié since it 
delimits verbs of middle voice as well as transitive verbs. The 
suffix -um forms the object case. This suffix is attached directly 


202 D. Demetracopoulou-Lee 


to the nominal stem, or, when the stem is vocalic, indirectly, 
preceded by h or y, used as glides. 

nop (noB plus) deer: (subjective) nop Banabiré deer must 
be moving about. (objective) ag Bum ttomabé he has killed a deer. 
(possessive-agentive) nöBun dout deer’s travelling, i. e. tracks of 
a deer. (generic-attributive) noB tcir deer meat, venison. 

mai (particular) toe: (objective) mayum p’odélada toe I- am- 
hurt (middle voice), I hurt my toe. 

nur salmon: (subjective) Bihard nur salmon is-still-running. 
(generic-attributive) nur dayi salmon flour. (possessive-agentive) 
nurun wuruD atmada by-the-salmon-it-being spawned I-looked-on, 
I watched the salmon spawn. 

nep (neB plus‘) grasshopper: (possessive-agentive) neBun 
DeBtei grasshopper’s coming-out-of-the-ground, where the grass- 
hoppers hatched out. 

Harry: (subjective) Harry k’uBabé Harry is chopping wood. 
(agentive-possessive) Harryhun Dowuheres Harry’s brought-in-the- 
hand, that which was brought by Harry. 

Examples of verbal nouns: tand to doctor, tahi (generic) 
doctoring, fahit (particular) doctor. watcad to weep, watci weeping, 
watcit one who weeps, cottontail rabbit. tul& to travel by water, 
tuli swimming, boating, tulit otter. 

Category B, then, distinguishes not only the genetive, but 
also a subjective and an objective form from the mere stem of 
the noun which serves as an attributive. Category A, on the 
other hand, which is in essence an abstraction, the naming of 
a genos, provides no morphological specification of the syntactical 
relationship of the noun. 

In addition to these morphological traits of the two noun 
categories, is to be noticed the influence of the category of the 
object on the transitive verb which it delimits. There are two 
suffixes in Wintu which indicate that the action affects an object. 
The suffixes are not, properly speaking, transitivizing, since they 
can be affixed to verbs which are already transitive. They point 
rather to an object which shares in the activity described and 
they reflect its category. The suffix -ma is used when the 
object is of Category A, and - (-wil) when the object belongs 
to Category B. For example: 

Di Bd (DeBu-) to cross: DeBuma to take a thing (Cate- 
gory A) across, DeBuwil to take something animal or particular 
across. 


Noun Categories in Wintu. 203 


Most! commonly 21 and -ma are used to form derivatives 
from the verbs bia, buha, suke, which have the meaning of to 
be, in a lying, sitting, standing position, respectively, from hara 
to go, and from hina to arrive. 

bia (be-) to be in a lying position, to be: ber to be with 
someone, to possess something particular. ilam bei (they) had 
(a) child. ttäburugum tcalimDonum ekitcesDonum bewil white- 
stones-obj. nice-disjunctive-obj. heat-holding-disjunctive-obj. (she) 
had-them (Category B). 

buha (boh-) to be in a sitting position, to dwell: bohil 
wiDam keDëm kürit (they) dwelt-with (Category B) man- obj. one- 
obj. borne(Category B), they dwelt with (or dwelt having) a man 
who was their son. datei son Bur bohmes (from bohma) hot 
stones (son, Category A) (were) his sitting-with (Category A), he 
sat having stones which were hot. 

hara to go, hina (hen-) to arrive: tcus ... harma, gewel 
.. . henma wood (Category A) (she) carried-along (Categ. A), (to 
the) house (she) brought (Categ. A). haril eweD ... maD leik’uDem 
take-along (Categ. B) this-obj. ... your younger-brother- obj. 
(Categ. B). BuléD ... haril, ponorDuwil, ... gewelin bei them- 
two-obj. (Categ. B) (she) took-along (Categ. B), ran-with (Categ. B), 
at-the-house arrived-with (Categ. B). 

Except for the standard derivatives, however, which, like 
bewil, bohma, etc. have heen crystallized into new words with 
new meanings, the texts contain only a few instances of the -il 
and -ma suffixes. My informant was ready to form such paradigms, 
which she said were ,correct“, but it is clear that in the speech 
of the younger generation at any rate these suffixes play no 
great part. A occurs much oftener than ma, and this would 
lead us to suppose that the function of the suffixes is one of 
emphasizing the category of the affected object, and specifically 
of stressing particularization. l 

yunBile to wrap, tc’eka to tie: BuD ... yunBilewil, ... fe eil 
him-obj. (Categ. B) ... wrapped (Categ. B), . tied (Categ. B). 

nigä (neq-) to find: nequwil BuD elin bēsum (they) found 
(Categ. B) him-obj. at-the-shore lying-one-obj. (Categ. B). 

It is obvious in the examples given that the category of 
the noun is also reflected in the accompanying adjectives, de- 
monstratives and in the pronouns which represent these nouns. 

The process which I have called particularization picks out 
an individual in a class of individuals. It makes its distinction 


904 D. Demetracopoulou-Lee 


within a class. It does not specify the individual as against 
members of a different class. The function of differentiating 
between classes or between members of different classes is carried 
by the disjunctive suffix -Dö(n) (generic) or -Döt (particular). 
The following examples will serve to illustrate this type of 
contrast: 

Dumdédi ... anu Dog, Bel yaBaiDu ...; und yaBaiDuDot 

. werilikilak Red-face (a Wintu) grabbed it, they (i. e. he and) 
the White-man ...; so the White-man-disjunctive (i. e. not the 
Wintu) carried it home. 

Bi Dep'urum usadot hina gewel. uD Bi eleu henmina, e Det 
they several-disjunctive (i. e. the rest of them, the not killed) 
arrived home. And he did not arrive, the one (of a number of 
brothers who go hunting, one is killed by a monster). 

Particularization does not distinguish the definite from the 
indefinite. For example, we get the following passage in a myth: 
k’asttal kendile ukin ttõl Dõnin ., yal p'... niga * asttal 
tolDönin bes acorn-shell down-fell in-that cradle-in-disjunctive .. ., 
another woman ... found acorn-shell in-cradle which-was. Here the 
second k’asttal is obviously definite, yet it occurs in Category A. 
With these two negative points cleared, namely, that Category B 
does not form a contrast between classes, and that it does not 
refer to the „definite“, let us proceed to survey the nouns to 
be found in each of the two Categories. 

It would be misleading to draw a line between the two 
categories and assign a fixed number of nouns to each. Every 
particular noun can represent the essence of the genos to 
which it belongs, thus forming a generic attributive. Not all 
generic nouns, however, can be considered as particular. And 
many particular nouns can be treated as generic only when they 
stand in the position of an attribute, i. e. when they are stripped 
of all delineative significance and have become adjectival. So it 
is possible to give an estimate of the nouns which may be ex- 
pected to occur usually in one or the other of the categories. 

In Category A we find unique objects, mass words, geo- 
graphical terms, on the whole, the names of such objects which 
need not be particularized or cannot be particularized, for 
example: Bom earth, land, holol sunshine, o/DiBas spring, sani 
day, k’oltei sky, tciBi night. To this group also belong all verbal 
nouns referring to the act (nomina actionis), from which the 
name of the agent is differentiated only through particularization. 


Noun Categories in Wintu. 205 


mineles (generic) dying, death, particular) a dead one, one 
who has died: mineles haihaina unanteresken death you liked, 
so-you-said. minelesum wine (the) dead-one (he) saw. | 

ttumä (ttom-) to carry slung from the shoulder: ttomi the act 
of carrying thus, Homit carrier. 

p’onöri act of running, p’onörit a runner, a mad fox. 

Among nouns representing unique objects are to be found 
also the names of body parts’). These can always be parti- 
cularized, when referring to different unidentified people or 
animals. But when they stand for the unique body parts of a 
specific individual, they appear in Category A. 

wenemBom waist: xunlaktca wenemBom he put his arms 
around his waist. 

Deti belly: Deti elp’citcund belly (she) bit-reflexive, she bit 
her own belly. 

Domoi head, hair: Domoi k’ihunä hair (he) combed-reflexive, 
he combed his own hair. niga Domoi kelas (she) found long hair. 

sono nose: sono tcubada (the) nose I-drip, my nose runs. 

Dum face: Dum p’odäluken (the) face you-might-hurt, you 
might hurt your face. 

poyog head: poyoqDo wenemharä (his) head went-in. 

Dogigi backbone: ei war Dogigi bite him on the backbone! 

. teir flesh: agtcund tcir (she) devoured-reflexive flesh, she 
devoured her own flesh. 

Names of body parts which occur in pairs are usually treated 
as generic. This is because they are considered as one whole, 
and one of a pair is then referred to as a half. On such occasions, 
when I say olp ai, I mean shoulder or shoulders, and when I 
want to specify only one shoulder, I say tcan olp'ai half a 
shoulder, one-side-shoulder °). 

Dole(m) leg: uku DoleDö yunlaktca that (generic) leg-dis- 
junctive (generic) (he) embraced, he put his arms around his leg. 
Dolem bana leg (she) ate-reflexive, she ate her own leg. elt’ilik ... 
DolemDonum bored-revolvingly-into ... leg-disjunctive (Cate- 
gory B). tc&ka DoleDö (he) tied (his) leg-disjunctive (Category A). 

1) To this the word for heart purus seems to form an exception, since it 


often appears in the form of pürum, the object case of Category B. This, 
however, may be only an analogy to those nouns of Category A which take 
the generic -m. 

2) There are rare cases of the occurrence of the names of paired body 
parts in Category B. Most often the particularizing suffix is not added directly 
to the noun, but to the suffixed disjunctive. 


906 D. Demetracopolou-Lee 


kuril rib part of the body: kurilum yunbétca ribs-objective 
(Category B) bent-inward. kuril yunbétcut ribs (Category A) having- 
been bent, having had his ribs bent. 

qede arm: BuD tciné gede, olgire him (he) took-hold-of 
arm, raised, he took hold of his arm and raised him. muDe 
kukup’iwin g’ede (they) felt Kukupiwit’s arm. y’ede heke bimam 
arm (Category A) where you-have-it (Category A)?, where is 
your arm? 

maianag ankle: poltcus elpolica maianagDonum club 
clubbed-against ankle-disjunctive-objective (Category B). 

puyeq knee: uku puyegDö xunlaktca that (generic) knee- 
disjunctive (generic) (he) embraced. 

makas thigh: nektcuna makas (he) cut-off (reflexive) (his 
own) thigh. 

In the second group, that of nouns referring to masses, we 
find such words as mém water, nūq smoke, bug‘ pus, yaBaiDu 
supernatural power, spirit, yel behind, tus wood, brush for 
firewood, po‘ fire (the last two appear occasionally in Category B), 
lū rain. Among generic names of geographical features may be 
mentioned: iubeg deep pool in a creek, lul pond, yemer trail, 
wagaD creek, tc’arau (a) flat, sdwal holy spot, log' shore, tun 
slope, tc’eri sand, bukul dust, ashes. 

cert wineu har go get sand! Geert tciné g’ayit ieibida sand 
to-get travelling I-am. tcali nequma tcarau nice (generic) they- 
found-it (generic) flat (generic), they found a nice flat. se iB 
bukul (she) flicked-about ashes. mém olg’eBtca water (she) 
dipped-up. 

On the fringe of this group are found. words referring to 
adverbial concepts, such as nor south, wai north, Bui east, nom 
west. These are regarded as generic, witness the generic demon- 
strative uku which alone among demonstratives can qualify them. 
In hara nor uku he went there south, nor is qualified by the 
same demonstrative which we find with the generic Dole in uku 
DoleDo yunlaktca that leg he embraced, given above. 

Manufactured articles are usually to be found in Category A. 
Such are: dus dress, famis shoes, fuite bunch of sticks with 
which time is kept durmg the singing of girls’ puberty songs, 
tuD earth lodge, gewel house, kelekele knife, koBi carrying basket, 
hola pipe. u 

Among names of types we find words designating a whole 
plant or type of tree, while different parts of the plant can be 


Noun Categories in Wintu. 207 


designated by forming compounds of the word referring to the 
type plus that referring to the designated part. For instance, 
we have aB elderberry, aB mi elderberry tree, aB loni elderberry 
bark, and so forth. In this group we might mention also pronouns 
of a generic sort: Be something-unknown, what?, uku that, 
henogDi some-unknown-kind-of, what-kind-of?, but these do not 
properly belong to the scope of this paper. 

Exclusively in Category B, we find nouns referring to 
people, including all proper names, and nouns referring to live 
animals. Only one exception to this rule has been found in the 
texts, and that occurred when particularization would have been 
superfluous. It is the following: modumä g’agasDon (he) cured 
the-mad-one (generic). It is to be noted, that the disjunctive 
suffix -Dön has placed the mad one in a class distinct from that 
of the sane ones, the rest of the people’). 

So far, we have found that a noun is assigned to one or 
other of the categories according to conditions inherent in the 
object which it represents. When these conditions are commonly 
present, then the noun may be considered as belonging more or 
less strictly to one category. We have also seen that some 
nouns change their category according to the changing conditions 
of the object to which they refer. So a mad girl is referred to 
generically. In the same way, a dead animal, when imagined 
as a whole, is represented by a noun of Category B, and when 
regarded as a kind of flesh it is represented by a noun of Cate- 
gory A. Below are given a number of examples from texts 
mentioning nop (nöB plus) deer as generic or particular ac- 
cording to contingency. It is to be kept in mind that nop is 
the subject case of the particular and noBum the object case and 
that nöB forms the common case of the generic. 

no Bum koduma deer (he) hunted. nöBum ttoma deer (he) 
killed. noBum yowuma’a, wine nöBum bohemum (a) deer (he) scared- 
out-of-the-bush and saw (a) big deer. noBum mayasDöt deer the- 
one-who-tracked. nöBum yuBtcabet'an though-he-shot-at deer. 

So far, only live deer have come in question and have been 
referred to in the particular in every example. However, even 
live deer may be treated as simply representing a genos. 


1) It might be contended, that the sick and the mad are regarded as 
having lost their spirit or soul, and are therefore considered inanimate, thus 
supporting a theory of animate-inanimate distinction. But such is not the 
belief among the Wintu. The sick have been shot with spirit arrows. As for 
the mad, opinion differs, but agrees in considering them animate. 


208 D. Demetracopoulou-Lee 


nöB mai wint'an, eleu noB winmina deer tracks though-he- 
saw, he-did-not deer (generic) see-not, though he saw deer tracks 
he did not see any deer. | 

Below are listed a number of phrases where noB occurs, 
chosen indiscriminately from texts dictated by men and women. 
We notice that every time that hunters carry dead deer home, 
slung whole from the shoulder, this is referred to in the par- 
ticular, that when women carry deer, cut into pieces in a back- 
basket, or when they cook venison, this is considered generic. 
haril qewel noBum ttomit (he) carried to-the-house (a) deer slung- 
from-his-shoulder. noB harme abames! (-me and -mes are forms 
of the generic-applicative -ma) deer carry having-in-a-basket-on- 
your-back! (addressed to a woman). suke noB abames (she) stood 
deer having-in-a-basket-on-the-back. noB bämä deer (she) fed- 
them. noB toma humus deer (she) boiled fat. ndB bawida deer 
we-shall-eat. eleu noBum ttomumina unir, eleu noB bämina he- 
did-not deer kill-not saying, he-did-not deer eat-not; saying: he 
did not kill deer, he did not eat deer. boyum noBum ttomit ... 
BuD nöB tläma many deer having-brought-slung-from-the-shoulder 
... to-him deer (they) gave-as-a-gift. 

Deer, then, as so much flesh, are usually treated as generic, 
as a genos of meat. An exception to this is made when the 
speaker wants to refer to the flesh of a special deer. One of 
the Wintu myths tells how a number of brothers kill deer near 
their dwelling and in the evening invite their elder brother to 
come and eat of their venison. They say wee noB bawida come, 
we shall eat deer (generic). The elder brother, who despises 
deer caught near human habitation, fed on human offal, replies 
Bu D teenis noBum ba pur man that (partic.) dirty deer (partic.) 
eat yourselves! | 

A specific instance of change of noun category, corresponding 
to change of condition in the object referred to, is found in a 
group of nouns where the particularized is a special subdivision 
or member of the generic. 

sem (generic) is hand, when used in contrast to sem (par- 
ticular) or sé or set „finger“. 

mai (generic) is foot, when used in contrast to mai (par- 
ticular) or ma‘ „toe“. 

k’uwil (generic) eyebrow ridge, the whole eyebrow ridge 
with hair, kuwit (k’uwil plus‘, particular) eyebrow, hairy part. 

Dum (generic) face, Du‘ eye. 


Noun Categories in Wintu. 209 


nal (generic) shell of acorns, nuts, Hal (al plus‘) mussel. 

tc’oDos (generic) acorn bread, £c’oDos (particular) acorn flour 
for bread. 

_ yiwiD (generic) acorn soup, which with acorn bread formed 
the staple food of the Wintu, yiwit (particular) acorn mush. 
gewel (generic) house, gewel (particular) woodrat's nest. 
yaBaiDu (generic) supernatural being, supernatural power, 
vã Bai Du (particular) White Man. 

bohem sem big hand, bohe‘ se thumb (big finger). 

It is to be noted, however, that in such cases Category B 
apparently has not always this meaning. When my informant 
wanted to tell me that she had caught her finger — not her 
hand — in the door, she said semum Dirawilda. On the other 
hand, we find the following sequence in a myth: tc’ubema setk’- 
ahayum ... unikila BögaD bana setk’ahayum ... kom semum bana 
(she) pricked-with-a-splinter (her) little-finger ... then-finally 
she ate-her little-finger ... (her) whole hand (particular!) she ate. 
Here, since Category B was not needed to specify the finger, 
as setk’ahai has a name of its own, Category B can be used in 
referring to the hand. 

The above-mentioned type of particularization functions also 
when a special aspect is to be brought out of something which 
is otherwise regarded as genos or mass. My informant, Sadie 
Marsh, asserted repeatedly that pa fire, and eus wood, firewood, 
never took the um suffix, in other words, that it was never 
particularized. However, both of them appear in a particularized 
form in my texts, though only once apiece. When a man goes 
fishing at night, and holds a lighted brand in his hand, it is 
said: põhum Dowunä (the) fire (particular) (he) held-in-his-hand- 
for himself, he held his own light. In another myth, two boys 
are sent to get firewood. har wineu ... paqa tc’us go get... 
manzanita wood, they are told. They go up the mountain and 
call down to ask which manzanita wood they are to bring. The 
answer is mis waiélabim BuD weril tcalim pagatc'usum there 
further-uphill-north-which-is that (particular) bring (particular- 
applicate) nice (particular) manzanita wood (particular). 

Finally, there is a large number of non-animal nouns which 
ean belong to either category according to individual preference 
or even to the momentary mood of the individual. When 
EDC Thomas talked to me about flowers, one day, she referred 
to them consistently in the particular. ¢tcalim lulim nequwilda, 

Zeitschrift für vergl. Sprachf. LXVII 3/4. 14 


210 D. Demetracopoulou-Lee, Noun Categories in Wintu. 


she said, tc’ ékuwil tc’imakus lulim beautiful (partic.) flowers (partic.) 
I-found-them (partic.), let-us-make-a-chain-of (partic.) wild-azalia 
flowers (partic.). When I read this to Sadie Marsh she remarked 
that EDC liked to put on airs. Yet EDC herself sang a dream 
song where flowers were treated as generic. luli haihaina, luli 
doyut (I) like flowers, give-me flowers. Harry Marsh, in some 
of the dream songs which he sang, represented flowers as particular, 
and in other as generic. Unfortunately, I have neglected to take 
different recordings of the same song sung by him at different 
times, so now it is impossible to determine whether he always 
represented flowers as particular in one song, and as generic in 
another. | 

An interesting sex-differentiation comes into prominence 
when weapons and other implements of man are spoken of. 
I have two versions of one myth, given respectively by a man 
and by a woman. In this there is a passage where a monster- 
killer equips himself to deal with the monster and puts his 
various implements and weapons into his sack. The woman 
refers to them as ,all sorts of things“ and then proceeds to 
enumerate them generically. The man speaks of them as put in 
one by one and refers to them in the particular: filtkum yamin 
elite, unibuha tcayas BaDlüteum elite ... (a) drill (partic.) in-the- 
sack (he) put-in, and (a) horn wedge (partie) (he) put-in .. . 

We conclude, then, that there are no fixed genders or cate- 
gories for the Wintu noun and that Category B is no fixed class, 
but merely an instrument for particularization. The particularization 
may be applied to set nouns, as by tribal habits; it may be used 
on set occasions only, depending on changing conditions; or it 
may depend entirely on the attitude of the speaker toward the 
object which is represented by the noun in question. We must 
speak, then, not of mutually exclusive categories, but of aspects, 
present together in each object. We find that tribal usage may 
have chosen one of these aspects to be always specified, or that 
the aspect is chosen according to the permanent habit or the 
fleeting mood of the individual speaker. We should say, then, 
that the Wintu noun recognises two aspects in the noun: the 
generic and the particular. | 

Claremont (California). D. Demetracopoulou-Lee. 


eee - 


W. Krause, Thrak. “Aowzos (dots) und Alannos. 211 


Thrak. “Aownos (&cıs) und Alonxos. 

Lat. astur erklärt A. Mayer, o. LXVI 105 aus einem messap. 
* asr- > * astr zu idg. aku- * oku- „scharf, spitz, schnell“ ). Vielleicht 
ist es erlaubt, zu der gleichen Wurzel den Flußnamen "Aownos 
zu stellen. Flüsse mit diesem Namen gibt es an verschiedenen 
Stellen, bei einzelnen wird ausdrücklich betont, daß sie durch enge 
Gebirgstäler fließen. 1. Kleiner Fluß im Gebiet der Malier. 2. Haupt- 
Fluß des südlichen Böotiens. Nach Thuk. II 5, 2 trocknete er im 
Sommer häufig aus, schwoll jedoch nach Regenglissen gefährlich 
an. Bei Strabo IX 404 wird die Gegend an seinem oberen und 
mittleren Lauf Lacaoumia genannt. 3. Hauptfluß von Phliasia 
und Sikyonia. 4. und 5. Bäche auf Agina und Paros. 6. Neben- 
fluß des Lykos. Außerdem heißt so eine Stadt der Eleutherolakonen, 
deren Namen auch als AownoAıs (<< ‘Aowndnodts) überliefert wird, 
Endlich noch ein böotisch-phliasisch-sikyonischer Flußgott, der von 
den Platäern als alter König ihrer Stadt gefeiert wurde ). 

Aus diesen sachlichen Gründen halte ich die bisherige Er- 
klärung von Aownog zu doc als „Schlammfluß“ nicht gerade für 
wahrscheinlich. Denn Gebirgsbäche führen wohl kaum so viel 
Schlamm, daß aus dieser Tatsache ihre Bezeichnung stammen 
könnte. Dazu kommt noch die morphologische Schwierigkeit, daß 
der Schwund des in doc (aus idg. * gsi- nach Walde-Pokorny I 324) 
in der Komposition auffällig ist). So besteht keine Schwierigkeit, 
den ersten Bestandteil von “Aowzos as- als einen am ehesten wohl 
thrak. Reflex von idg. at „spitz, scharf, schnell“ zu betrachten. 
Es wird auch erlaubt sein, dabei an Namen wie Assarakos, Asso- 
paris, die Ortsnamen Asseria, Assinone und den sizil. Flußnamen 
Assinaros zu denken‘), deren rein illyr. Herkunft ja in Frage 
steht. Für doss selbst möchte ich die herkömmliche Bedeutung 
„Schlamm“ nicht als feststehend annehmen. Das Wort kommt 
nach Liddell-Scott nicht sehr häufig vor. Homer Il. G 321, Nicander 
Theriaca 176, Chariton 2,2. An den beiden letzten Stellen kann 
man die Bedeutung „Schmutz“ 6unos, wie die Schol. zu Nic. er- 
klären, wohl annehmen. Anders verhält es sich mit der Iliasstelle: 

1) Die gleiche Entwicklung sr > stur darf man vielleicht in dem Flußnamen 
Stara sehen, eventuell ausidg.*srya. Vgl. Verf., Commentationes Vindobonenses III 
(1937) Die Namen der Etrusker bei Vergil, S. 35 Anm. 20. [Zu aster s. Pisani 
o LXVI 256ff.] 

*) Vgl. Pauly-Wissowa, RE. II 1705. 

3) Vgl. über die Kompositionsfuge Schwyzer, Griech. Grammatik I, S. 447 
Zus. 1. 


) Krahe, Lex. altillyrischer Personennamen 153. 
14* 


212 W. Krause 


BiSff. xad dé pew oérén elldow pauddosıy, Alig yégados nepıyedas 
pugiov, oddé ol dort’ énxsorhoovta: Ayasol allkEaı, doe ol dow 
zadinegde xadiyw. Hier ist mit dow ganz offensichtlich auf 
vand d oοοπ / und zyégadosg Bezug genommen, wie auch der Scholiast 
zu Asch. Hik. 32 diese Stelle erklärt. Dort heißt es ac ndda 
zéeow id’ Ze docder Jeivaıi. Dies dowde: wird durchwegs als 
„schlammig“ übersetzt, obwohl die Scholten schreiben: do@des] 
nyniade Gl. wauymdeı. thy yàg yduuov obtws paci» hg A Ü 
„Eilvow waudsdors, tóonv ol dos", Hesych erklärt dow G 321: tùy 
per’ doredxwy .. Ad Lion und dass mit xóvıs, dowdns Hik. 32 mit 
duucöng. Daraus wird ersichtlich, daß man bei dots nicht so sehr 
an „Schlamm“ als vielmehr an „Sand“ gedacht hat und daß die 
Bedeutung von dos als „spitzer Flußsand, Steingries“ nicht aus- 
geschlossen ist. Somit ist die Ableitung von *ak-i-s gegeben, wie 
sie in griech. die „Spitze, Stachel“ vorliegt; in dos eine Satem- 
Überlieferung, in dxis der Centum-Reflex '). 

Den zweiten Bestandteil von Ano -wnos, erklärt Aly, 
Gl. V (1914) 72 als suffixales ao zu dy „das Auge“. Richtiger 
vermutet wohl Walde-Pokorny 146 nach Fick, BB. XX1161 hier idg. 
dy- „Wasser, Fluß“, indem er ö als Resultat der Kontraktion mit 
einem auf o- endigenden ersten Glied auffaßt. Vgl. Ivnog, 
Fluß auf Delos, I’deywros am Isthmos, übertragen auf Köpwros 
(Flußname in Thessalien und Atolien), Merdau (Arkadien, vgl. 
Mesapos) und 40 og. Idg. dy- findet sich in diesem Gebiet z.B. 
in Ania, alter Name für den Peloponnes, ‘Anıdwv, Fluß in Arka- 
dien, ‘Anıdawds, Fluß in Thessalien (bei Herod. VII 196 *Hasdavdc) 
und Fluß in der Troas’. “Aowzog ist also wohl ein thrak. Fluß- 
name mit der Bedeutung von etwa „Wildwasser“. 

Zu diesem ‘Ao- aus al- gehört dann ‘Aowan, Eponyme eines 
sikyonischen Flusses, Aowssis, Name für Euboia (hier fanden sich 
ja auch die Abanten, deren thrak. Herkunft ich sprachlich zu er- 
weisen versuchte), ebenso Name von Phlius, sowie mythologischer 
Name für Flußgottheiten: AD Tochter der Pimpleis in Pierien, 


1) Die Beziehung zu lat. sentina u.a. bei Boisacq, Dict. ét. 87 wird hier- 
durch hinfällig; ebenso idg. "gsi als Grundform Walde-Pokorny a. a. O. I 324. 
Es scheint mir auch wahrscheinlicher zu sein, den maked. Flußnamen °A$:6s hier- 
her su stellen als ihn als den „dunkelfarbigen“ zu deuten. 

*) Jokl, Ebert RL. XLII 285 weist auf das Schwanken von idg. ö im Thrak. 
als o und a. Vielleicht ist dies auch hier in dy zu sehen, so daß die Formen 
auf oog auch auf *-op- < *ap- zurückgehen können. Die Länge aus der oben 
angegebenen Kontraktion. 

D Vgl. a.a. O. 8. 32f. 


Thrak. “Acwzos (docs) und Alonnos. 213 


and endlich Aownddwoeos und Aoœhu,õ, e, Personennamen, die in 
Attika, Böotien und Argos zum Teil schon aus alter Zeit belegt 
sind. Auf weitere Zusammenhänge soll hier in dieser kurzen Notiz 
nicht eingegangen werden, da sie eine breite linguistische und 
historische Beweisführung erforderten. 

Nur doagov „Haselwurz“ möchte ich noch als thrak. aus *ak- 
aro-m erklären; Plinius N. Hist. XXI 30 betont ausdrücklich, daß 
diese Pflanze damals besonders in Thrakien gefunden wurde, 
Die Bezeichnung als „Spitze“ könnte von den Blättern kommen, 
eher aber von dem scharfen Aroma (vgl. Plinius XII 47 über 
eine als asarum bezeichnete Pflanze). 

Ganz zu trennen von “Aowzos ist Alonnos, wenn auch Gruppe) 
vorbehaltlich eine solche Erklärung von Aionzog für möglich hält 
Es ist jedoch äußerst schwierig, absolut zwingende Gleichungen 
von ais-as zu finden’), und eine Durchsicht der Eigennamen wie 
der Appellativa unter diesem einzelnen Gesichtspunkt läßt im 
einzelnen andere Möglichkeiten offen. Bechtel, Die hist. Personen- 
namen der Griechen 29, führt unter dem Stichwort alsa eine 
ganze Reihe von Personennamen an: Aioa-yéyns, Aydgaıoos, Aa- 
wasoldas, Aloolò ys, Ao und unter ařoros: Aloıdöns bòot. Holodog, 
Aiolas, Alorog, Aiciwv. Eine Erklärung von Alonmog in diesem 
Sinn ist nun wohl bedeutungshalber nicht möglich. Viel näher 
dürfte die Erklärung bei Pape, Griech. Eigennamen 40 als „Ehren- 
ström“ dem Wahren kommen, indem er ganz richtig in oo das 
idg. dy- „Wasser, Fluß“ vermutet. Das 5 ist durch den Einfluß 
der geschlossenen Aussprache von d in Kleinasien zu erklären, 
und man könnte an das Lykische denken), wenn Gruppes a. a. O. 313 
Anm. 14 ausgesprochene Vermutung, daß am Aisepos Reste der 
Lykier saßen, zu Recht besteht. Den ersten Bestandteil Aic- er- 
klärt Pape vielleicht unter dem Eindruck der Etymologie von 
griech. iegdg und ahd. era, idg. *aizu- (vgl. dazu Boisacq 368 s. v. 
izgdc), die jedoch nach Kretschmer, Gl. XI (1921) 280 kaum halt- 
bar ist). 

Um klarer sehen zu können, müssen wir die in Frage kommenden 
Namen überblicken. Zunächst Alonzog selbst: 1. Fluß in Mysien; 


!) Griech. Mythologie und Religionsgeschichte 309 Anm. 2. 

) Vgl. V. Georgiev, Die Träger der kretisch-mykenischen Kultur, ihre 
Herkunft und ihre Sprache, Annuaire de lUn. de Sofia Fac. Hist. Philol. Tome 
XXX 4, I. Teil, S. 115. 

) Vgl. Kretschmer, Gl. I 32; XXVIII 243. 

*) Vgl. auch Specht, o. LXVI 68. 


214 W. Krause, Thrak. "Aownos (dors) und Alonxos. 


2. Troer. Aioros: 1. Fluß in Bithynien; 2. Epiklesis des Poseidon 
auf Delos, wo ein leoeòg did Blov des Poseidon-Aisios genannt 
wird’); 3. Athener. Alo: 1. Stadt in Thessalien, auch Aicw- 
vla, Alowvis; 2. kleiner Fluß im südlichen Makedonien; 3. Vater 
des Iason; 4. Tegeat; 5. Vasenmaler. Alsa: thrak. Stadt. Aiodun: 
1. Stadt in Thrakien; 2. alter Name von Epiros. Aloaxos: 1. Sohn 
des Priamos; 2. Anführer der Zentauren. Die italischen Anklänge 
lasse ich aus den oben angeführten Gründen beiseite. In all 
diesen Namen ist es wohl erlaubt, die Wurzel *eis- „sich heftig, 
schnell, ungestüm bewegen“ zu erkennen, die ja bekanntlich zur 
Bildung einer Reihe von Flußnamen verwendet wurde. Ob wir 
allerdings von *eis- auszugehen haben und in or die offene Aus- 
sprache des idg. e wie Néotos: Ndoros*) annehmen müssen oder 
von *ois- und nach idg. ö > partiell thrak. a ein *oi > ai, möchte 
ich nicht zu behaupten wagen. Für letzteres spricht, daß die ge- 
nannte thrak. Stadt Alodun auch Olouun heißt und Suidas ihre Ein- 
wohner Qiovyaio: nennt. Der Bedeutung nach ist dann Alonnos 
ebenfalls „Wildwasser“ wie auch Alorog und Alochv. 

In den Ortsnamen Aloa und Aioöun ist bereits die häufige 
Bedeutungsentwicklung von *eis- zu „gesund, stark, fest“) anzu- 
nehmen, und wir können sie als die „Feste“ migyoc auffassen, 
eine Bedeutung, zu der bereits 1856 Muys, Griechenland und der 
Orient 16, allerdings vom Phönizischen aus, gekommen ist. Daß 
im Griech. nun in Eigennamen dieses thrak. *ais- „stürmend, stark“ 
mit dem zwar alten, aber wohl echt griech. aloa „Teil; Schicksal“ zu- 
sammenfiel und so gedeutet wurde, ist weiter nicht verwunderlich. 

Die Feststellung der einen oder anderen Bedeutung in Eigen- 
namen dürfte sehr schwer fallen. Hingegen scheint mir die Deutung 
von aicddwy „Falkenart“ und oiodgoeg: etò og tégaxoc als „der 
Hurtige, Stößer“ aus thrak. *ais-aros erlaubt zu sein. Bedeutungs- 
mäßig trifft sie mit der von Kretschmer, Gl. XI (1921) 281 
aufgestellten überein, nur soll hiermit auch der Versuch gemacht 
werden, das *ais- zu erklären. Ebensowohl aioaxos, der nach 
dem Bild bei Ovid ein „Taucher“, aber nicht, wie die Wörterbücher 
angeben, „ein sprechender Vogel wie eine Elster“ ist‘). 


Wien (z. Zt. im Felde). Wilhelm Krause. 
1) Wenzel in Pauly-Wissowa I 1085. 
2) Jokl, Ebert RL. XIII 285. 3) Walde-Pokorny I 106. 


t) Griech. aloaxos: 6 vis Ödpvns xAdédos, dv xaréyovtes Öuvovv tods Jeg. 
Hes. — nach Boisacq unerklärt — gehört als „Lebensrute, Mai“ (M.P. Nilsson, 
Gesch. d. griech. Rel. I 112, Anm. 6) ebenfalls hierher. 


M. Leumann, zeilen „kastrieren“ und sanare „kastrieren“. 215 


heilen „kastrieren“ und sanare „kastrieren“. 

Die beiläufige Notiz von Schwyzer o. XLVI 7“ „Für ka- 
strieren liegt ein einheimisches Wort in heilen mit unsicherer 
Deutung vor (Schw. Idiotikon II 1 145ff.)“ gibt mir Veranlassung 
zu ein paar Bemerkungen. | 

Diese Verwendung des Verbums heilen oder von Ableitungen 
desselben ist im deutschen Sprachgebiet nach den Dialektwörter- 
büchern ziemlich weit verbreitet, beispielsweise in Nachbarschaft 
der Schweiz in Schwaben, Bayern, Tirol, aber auch nördlicher 
bis ins niederdeutsche Sprachgebiet. Neben den Angaben des 
Idiotikons mögen hier Verweise auf das Grimmsche Wörterbuch 
IV 2, 825 und auf O. B. Schlutter, Anglia XXX (1907) 131 ge- 
nügen. — Schlutter selbst verdeutlicht damit einen. Beleg aus 
dem Altenglischen für haelan „kastrieren“, den einzigen bisher 
bekannten, den von daher Bosworth-Toller 496 entnommen hat. 

Mit den germanischen Sprachen gehen die romanischen zu- 
sammen: sanare „kastrieren“ (Meyer-Lübke, REW. nr. 7566) ist 
auch in der südlichen Nachbarschaft der Schweiz gut bezeugt, 
als lomb., piem., engad., ferner abruzz., piazz., neuprov., berrich. 
Im Schriftitalienischen gilt es als veraltet; aus dem Altfranzösi- 
schen gibt Godefroy s. v. sener genügend deutliche Belege; vgl. 
auch D. Behrens, Beitr. zur frz. Wortgesch. u. Gramm., 1910, 241 
(gleich Ztschr. Rom. Philol. XIV [1890] 364). Über die offenbar 
nur mehr geringe heutige mundartliche Verbreitung in Nord- und 
Suditalien und Sardinien unterrichten im Sprach- und Sachatlas 
Italiens und der Südschweiz (AIS.) von Jaberg und Jud (Band VI) 
die Erläuterungen zu den Karten 1089 „Schweine kastrieren“, 
1069 „kastrierter Schafbock“, 1080 „kastrierter Ziegenbock“, 1088 
„kastrierter Eber“. 

Damit ist jeder Versuch, das deutsche heilen „kastrieren“ vom 
geläufigen Verbum heilen „gesund machen“ (und „gesund werden“) 
zu trennen, gerichtet, beispielsweise die im Idiotikon versuchte 
Ansetzung einer älteren Bedeutung „reinigen“ aus noch älterem 
„brennen“. Das deutsche heilen „kastrieren“ ist eine Lehnüber- 
setzung aus mittellat. sanare „kastrieren“. 1 

Die Technik des Kastrierens von Tieren ist in Rom seit 
früher Zeit bekannt: der Ausdruck hircum castrare steht bei Plautus 
Merc. 272 u. 275; über die Kastration von agni, verres, vituli, equi, 
catuli canum und galli, also ungefähr von allen Haustieren, aus- 
genommen die gerade bei Plautus indirekt erwähnten Ziegenböcke, 
spricht Varro an den einschlägigen Stellen seiner Schrift de re 


216 M. Leumann 


rustica: II 2, 18. 4, 21. 5, 17. 7, 15. 9, 14. III 9, 3 (vgl. auch The- 
saurus linguae Latinae 8. castrare); die Prozedur beschreibt am 
genauesten Columella 6, 26; geläufig sind für kastrierte Hengste, 
Eber, Hähne die Fachausdrücke cantherius, maialis, capus (Varro 
rust. II 7,15); caballus „kastriertes Pferd“ ist zu erschließen aus 
Martial I 41,20. Die Germanen lernten diese Sitte wahrscheinlich 
von den Römern. — Die Kastration von Menschen ist in Baby- 
lonien sicher seit dem dritten Jahrtausend im Tempeldienst getibt, 
und von da etwa in hellenistischer Zeit nach Griechenland und 
weiter nach Rom gekommen; man denke an die galli, die ver- 
schnittenen Priester in Catulls Attis-Gedicht 63 (mit dessen Vorbild 
bei Kallimachos) oderin Varros Menippeen 132 u. 150. Doch ist das in 
unserem Zusammenhang nebensächlich. — Zur Kastration im Alter- 
tum s. E. Maass, Rh. Mus. LXXIV 432ff. u. F. Specht, o. LX VI 4—8. 

Der Fachausdruck ist bei Tieren immer castrare; daneben 
stehen urere oder excidere, exsecare und ähnliche Verben. Dagegen 
sanare ,kastrieren“ scheint im Altertum nicht belegt zu sem; 
jedenfalls die Mulomedicina Chironis, in der man es zuerst sucht, 
hat es nicht, wie sich aus Oders Wortindex sicher feststellen läßt. 
Die Vermittlung der Bedeutungen „heilen“ und „kastrieren“ läßt 
sich also nicht aus der Überlieferung ablesen, sondern nur durch 
Vermutung gewinnen. 

Auf den ersten Blick ist die Bedeutungsentwicklung von 
„heilen“ zu „kastrieren“ sicher befremdlich; sie kann nur ent- 
weder an die Operation selber bis zur folgenden Heilung oder 
aber an die mittelbaren Folgen der Operation geknüpft sein. 

Für den ersteren Fall zitiere ich aus dem Schwd. Idiotikon 
die Erklärung von Schmeller: „Schm. denkt [für heilen] an die 
auf das Kastrieren folgende Heilung der Wunde“; anders faßt 
die Sache Behrens a. a. O. 242 „eine Bedeutungsänderung von 
„heilen, pflegen“ (zu „operieren“ und weiter) zu „kastrieren“ 
dürfte nicht zu gewagt erscheinen“. Bei der letzteren Erklärung 
vermißt man zweifellos das Zwischenglied in der allgemeineren 
Bedeutung „operieren“. Bei der ersteren könnte man daran er- 
innern, daß die Operation eine gewisse Vorsicht und eine sorg- 
fältige Nachbehandlung für die Verheilung erforderte, wie etwa 
die Beschreibung bei Columella lehrt. Man könnte dabei auch 
wohl an euphemistische Umschreibung denken; freilich gewinnt 
man aus Varros Behandlung nicht gerade den Eindruck, daß für 
jene Zeiten beim Kastrieren von Tieren ein Bedürfnis nach ver- 
hüllender Ausdrucksweise bestand. — Mir wirkt keine dieser 
beiden Verknüpfungen sehr überzeugend. 


heilen „kastrieren“ und sanare „kastrieren“. 217 


Die im richtigen Zeitpunkt vorgenommene Kastration von 
Haustieren hat aber auch mittelbare Folgen, die für den Menschen 
als Tierhalter sehr wesentlich sind, und um derentwillen er sie 
allein vornimmt. | 

Die eine Folge betrifft besonders die kleineren Haustiere 
(Widder, Eber, Hahn): durch die Kastration wird, worauf übrigens 
die altfranzösischen Belege ausdrücklich hinweisen, das sonst un- 
genieBbare Fleisch erwachsener Tiere genießbar, und es bietet 
sich die Möglichkeit der Mästung der für den Fortpflanzungs- 
und Züchtungsbedarf überzähligen männlichen Tiere. Wollte man 
hier die Erklärung vermuten, so müßte man offenbar in sanare 
porcum „ein Jungschwein heilen“ eine Metapher sehen für „ein 
Jungschwein (durch Kastration) für menschlichen Genuß geeignet 
machen“. Eine solche Annahme ist recht unglaubwürdig, zumal 
ja sanare „heilen“ daneben immer lebendig blieb. 

Die andere Folge wird besonders an den großen Haustieren 
Hengst und Stier augenfällig, es ist die Besänftigung der ur- 
sprünglichen Wildheit. Wieder aus dem Idiotikon zitiere ich: 
„andere fassen die Brunst als eine Art Krankheit auf, von der 
die Tiere durch Verschneidung geheilt werden“; aber an die Auf- 
hebung der Brunstwildheit darf man bei dieser Heilung sicher 
nicht denken, denn die galt nicht als Krankheit. Hengste und 
Stiere sind nur zur Fortpflanzung zu verwenden, kaum jedoch 
wegen ihrer Unlenksamkeit zu Arbeitszwecken als Reit- oder Zug- 
tiere. Für die Pferde sagt es Varro ausdrücklich, rust. II 7, 15 
ut ibi ad castra habere volunt acres, sic contra in viis habere ma- 
bunt placidos; propter quod discrimen maxime institutum est ut ca- 
strentur equi; demptis enim testiculis fiunt quictiores „für den Kriegs- 
dienst will man wilde Pferde, für den Verkehr auf Straßen lieber 
sanfte: wegen dieses Unterschiedes ganz besonders hat man die 
Kastration eingeführt, denn durch Wegnahme der Hoden werden 
sie ruhiger.“ — Nun ist der Fachausdruck für Tiere (und Men- 
echen), die durch ihre Wildheit unbehandelbar sind, insanus mit 
insanire und insania. Zwar kenne ich diese Ausdrücke nur in 
Anwendung auf krankhafte Wildheit von Tieren, Chiron mulom. 295. 
ut fiat insanus simile rabioso, vgl. auch 276; Veg. mulom. 2, 6, 12. 
Doch scheint es mir gegeben, daß man auch die von Natur wilde | 
Gemütsart der Hengste und Stiere als insania bezeichnete. Also 
hier, im negierten in-sanus „wild“, scheint mir der Ankntipfungs- 
punkt für sanare „kastrieren“ zu liegen: ich fasse es als eguum 
naturals virilitate insanum castratione sanum reddere. 

Ziirich. | M. Leumann. 


218 W. Kaspers, Die Waffenbezeichnung cateia. 


Die Waffenbezeichnung cateta. 


In einem Aufsatz der Zeitschrift für Ortsnamenforschung 
(XIII 213ff.) erschloß ich aus Orts-, Flur-, Gelände- und Sachnamen 
für kat(t)- die Bedeutung „Winkel, Biegung, Krümmung“, und 
knüpfte unter allem Vorbehalt den Namen der Katze als „Tier 
mit dem krummen Rücken“ an denselben Stamm an. 

Das Wort cateia bestätigt meine Etymologie. Es kommt beı 
Vergil, Aeneis VIII 741 vor, der von den Bewohnern der Stadt 
Abella sagt: Teutonico ritu soliti torquere cateias. In den Wörter- 
büchern wird es gewöhnlich mit „Wurfspieß* oder , Wurfkeule“ 
übersetzt. | | 

Nun hat L. Franz, Alteuropäische Wurfhölzer, Festschrift f. 
P. W. Schmidt, Wien 1928, nachgewiesen, daß es sich um eine 
bumerangähnliche Waffe handeln muß. Er stützt sich dabei u. a. 
auf die Stelle des Isidorus Hisp. (Origines XVIII 7): (cateia) est 
enim genus Gallici teli, ex materia quam maxime lenta, quae iacta 
non longe propter gravitatem evolat, sed quo pervenit, vi nimia 
perfringit; quod si ab artifice mittatur, rursus redit ad eum 
qui misit. Auch Vergils Kommentator Servius hatte eine Ahnung 
von der Handhabung der Waffe, nur daß er sich ihren Rückflug 
ohne Hilfsmittel nicht vorstellen konnte: . . quam in hostem iacu- 
lantes lineis, quibus eam adnexuerunt, reciprocam faciebant. 

Das Charakteristikum bumerangähnlicher Wurfhölzer ist die 
Krümmung. So wird der Bumerang der Eingeborenen Australiens 
als eine aus hartem Holz bestehende etwa 60 cm lange Schiene 
beschrieben, die, seitlich abgeflacht, in der Mitte knieartig ein- 
gebogen ist. Nach Silius Italicus, Punica III 277, ist die cateia 
eine gekrümmte Waffe: panda manus est armata cateia. Vgl. 
homo pandus „Mann mit dem Katzenbuckel“ bei Quintilian. 

Zweifellos ist cat-eia „die krumme (Waffe)*. Das Wort reiht 
sich zwanglos in die von mir herangezogenen Orts- und Sach- 
namen: Kat-wik (heute Kettwig a: d. Ruhr), Kat-wijk (Holland), 
Kait-hagen, -sund, -repel usw. Mit Recht lehnt Walde-Hoffmann, 
Lat. etym. Wb. s. v. die Verknüpfung mit Kelt. katu- „Kampf“ 
als zu farblos ab. Pokorny, Z. f. celt. Phil. XX 428, stellt das 
Wort zu mir. caithid (*katejeti) „verbraucht, wirft, muß“. Selbst 
wenn man „wirft“ als ursprünglichen Sinn des Verbs gelten läßt, 
ist angesichts der vielgestaltigen Wurfwaffen der Alten diesem 
Etymon auch. keine charakteristische Färbung zuzuerkennen. 

Die reiche Mannigfaltigkeit der kat- Namen auf germanischem 
Sprachgebiet (worüber ich meinen oben genannten Aufsatz nach- 


Fr. Specht, Griech. ded. 219 


zulesen bitte) veranlaßte mich, das Wort für germanisch zu halten. 
Nun spricht Vergil von Teutonico ritu, nach Isidorus nennen 
die Spanier und Gallier diejenigen, die die cateia zu werfen ver- 
stehen, „Teutonen“, Servius übernimmt aus Vergil Teutonicum 
ritum, während der Zusatz eines Interpreten seines Vergil- 
Kommentars aus dem 10. Jahrh. (Cod. Turonensis) geradezu sagt: 
Cateia autem lingua Theotisca hastae dicuntur, was mit Aelfrics 
{angels. Bischof des 11. Jahrh.) Erklärung übereinstimmt: Clava 
vel cateia vel teutona „anes cynnes gesceot“. Das Wort scheint 
also in der Tat germanisch zu sein, wenn auch die Sache nach 
den klassischen Autoren vorzugsweise den Galliern eigentümlich 
gewesen sein soll. Ja, einmal wird es sogar als persisch gebucht 
(vgl. den Artikel im Thesaurus). Wort und Sache haben einen 
ziemlichen Bereich, ähnlich wie der Tiername „Katze“, der ja auch 
den Germanen, Römern, Galliern, Orientalen u. a. bekannt war. 

Diese merkwürdig weite Verbreitung von kat- zu erklären, 
scheint mir folgende Möglichkeit gegeben. Cat-eia enthält ein 
Suffix, das zur Bildung illyrischer Ortsnamen, wie z. B. Aquileia, 
dient. Gerade in neuester Zeit sind enge Beziehungen zwischen 
germanischer und illyrischer Bevölkerung festgestellt worden, 
archäologisch z.B. durch A. Krebs in Eberts Reallexikon XIV 1929 
in dem Artikel über Westfalens Vorzeit, sprachlich durch Pokorny, 
Die illyrische Herkunft der -apa-Namen (Mélanges Holger Pedersen 
Aarhus 1937, 541 ff.) ). Wir dürfen annehmen: 1. kat- ist germanisch 
und wird durch illyrische Vermittlung verbreitet; oder 2. kat- ist 
vorgermanisch (illyrisch) und hat als germanisches Lehnwort zu 

elten. 

S Bei dieser Sachlage glaube ich nun mit voller Sicherheit dem 
Tiernamen „Katze“ dieselbe Herkunft zusprechen zu können, 


wie dem Gisa men Kat-wik oder dem Sachnamen cat-eia. 
Mülheim (Ruhr). W. anne 


Griech. ded. 

Wegen prakr. aviha = skr. abhidhava (o. 190f.) sei an das ver- 
wandte griech. ded: deögo, toéye Hes. erinnert, das man nicht 
mit W. Schulze, qu. ep. 388,3 und E. Schwyzer, Griech. Gramm. 798 
als athematische Bildung aufzufassen braucht. Da beiden Wörtern 
der Sinn „hierher“ anhaftet, kann Kürzung wegen Funktionslosig- 
keit vorliegen. Vgl. dazu auch griech. nab statt nade (Wacker- 
nagel, Glo. VII 223, 1). 

Breslau. | Fr. Specht. 

1) Vgl. dazu Zeitschr. f. Ortsnamenforschung II 1926, S. 71ff. (Controverse 


über die apa-Frage), wo ich schon auf die Möglichkeit illyrischer Herkunft dieser 
Namen hinwies. 


220 A. Jéhannesson 


Isländische Beiträge zum indogermanischen Wörterbuch. 

1. Idg. ad- „fallen“ (W.-P. 1339): isl. hjadna „hinschwinden, 
verringern, verschwinden“, hjadn n. „Schnee der zerschmilzt“. 
Es liegt nahe, an die Wz. kad- zu denken, vgl. lat. cado, -ere 
„fallen“, armen. cacnum „fallen, niedrig werden“. Indessen kommt 
shetl. jada und hjad „toter Körper, mageres lebendes Wesen“ 
vor, das von Jak. Jakobsen in seinem Shetl. Wb. 299 in Verbindung 
mit norw. eta, etur „Lockspeise“ gesetzt wird. Vielleicht gehört 
das shetl. Wort zum isl. hjadna. 

2. Idg. gar- „hart“ (W.-P. I 354): isl. hranalegr „ barsch, rauh, 
rücksichtslos“, krani m. „ungestüme, rauhe Person“; entspricht gr. 
zçavaós „hart, rauh, felsig“. 

3. Idg. ghet- „Schaf“? (W.-P. 1 384): isl. héda f. „Schaf, Schafs- 
kopf“ (im Isl. wurde hed- > hed-, vgl. z. B. Hedinn > Hédinn). Es 
ist recht eigentümlich, daß man diese Wz., die nur aus mir. cit, 
seinat „Schaf“ und arm. zoj „Widder“ bekannt sind, im nisl. Wörter- 
buch von Blöndal wiederfindet. | 

4. Idg. ghneus- (W.-P. 1585): isl. njöori m. „eine Art Fuß- 
krankheit“, njérafotr „Klumpfuß*. Dieses Wort kommt zuerst im 
Wörterbuch von Björn Halldörsson (Lexicon islandico-latino-dani- 
eum, Kopenh. 1814) vor und wird übersetzt mit „affectio pedis, 
abi talus et tarsus cum metatarso et digitis pedis, in unum glo- 
bosum os concreti sunt, unde vestigium formatur rotundum“; zu 
vergleichen ist gr. yvadw „schaben, kratzen, abnagen“, yvavęóg 
„leckerhaft“, xvöos, xvoög „das, was abgekratzt werden kann“, 
ferner lit. gniasai „Geschmeiß, Ungeziefer“. Zur Nebenwurzel 
ghneudh- gehört gnjédi m. Bezeichnung der Saat (in Snorris Edda 
unter sdda heiti), mit der ursprünglichen Bedeutung „das Zer- 
riebene“. 

5. Idg. ger- „harren, hoffen“? (W.-P. I 411): isl. kara und 
hjara „das Leben fristen“, dazu hjarna „aufleben, zu Kräften 
kommen“, hjarga „einen aufmuntern, erfrischen“, vgl. lett. ceré 
„meinen, vermuten, hoffen“, nhd. harren. 

6. Idg. (s)k(o)reu-, (s)k(o)rau- (W.-P. 1417) als Erweiterung 
der Wz. ker-, kor- kr- ,Schallnachahmung für heisere Töne“; 
isl. hraunsna „krähen“, vgl. lit. kriunù, ti „viel und schwer 
‚husten, ohne genügend aufhusten zu können“, vgl. ferner norw. 
dial. skrynja „Geräusch machen“ und isl. hrynja „cum strepitu 
decidere“. 

7. Idg. greu-, grews- „Eisscholle“ usw. (W.-P. I 478): isl. hret 


Isländische Beiträge sum indogermanischen Wörterbuch. 221 


n. „zerstreute Eisschollen, Eisbrocken“. Die nächsten Verwandten 
scheinen zu sein gr. xedos „Frost“ und lit. xrusd „Eisscholle“. 

8. Idg. gher- „greifen, fassen, umfassen“ (W.-P. I 603): isl. 
‚gera f. „Schaffell mit der Wolle darauf“ (vgl. geru-skinn), vgl. gr. 
x6gsov „Nachgeburt, aus Milch und Honig bereitete Speise, Haut, 
Leder“. 

9. Idg. *ghou-ros „furchtbar, voller Furcht“ (W.-P. I 636): isl. 
gaurr m. „erbärmlicher Mensch“ (vgl. die Zitate in Fritzners Wb.), 
nisl. gaurildi n. „Schlingel“, gauragangr „Lärm, heftiges Auf- 
treten“, gaurast „an etwas mit Mühe, Beschwerde arbeiten“; 
vgl. hiermit ai. ghörd- „furchtbar, grausam, böse“, got. gaurs 
„betrübt“, ahd. gérag „elend, arm, gering“. Unsicher ist der Ur- 
sprung der nisl. Bedeutung von gaurr „langer Kerl, Stange, 
dicker Nagel“ (Torp, Nynorsk etymol. Ordbog 176 vergleicht norw. 
dial. gorre „kleiner Knabe“, schw. dial. gärre, gurre (dazu gosse < 
gorr-si), engl. girl und weiter ai. hrasvd- „kurz, klein“, idg. gher- 
„kurz, klein“, vgl. W.-P. I 604). 

10. Idg. greut- „drängen, zusammendrücken“ (W.-P. I 650): 
isl. udumkrad n. „Gewimmel“, ist zusammengesetzt aus te 
und krid, vgl. norw. dial. kroda seg „sich „zusammendrängen“, 
kroda f. „dichter Haufen“, shetl. krodni dass., vgl. engl. croodle 
und curdle „zusammenhäufen“. 

11. Idg. pel- in Wörtern für „Sumpf“ (W.-P. II 55): isl. fjalfr 
n.; dies Wort kommt vor im Gedichte Haustlong (ca. 900), Str. 18: 

Fjorspillir let falla 

fjalfrs dldgra gjalfra 

bolverdungar Belja 

bolm d randar holmi 
== Fijorspillir bolverdungar Belja lét bolm fjalfrs ölägra gjalfra 
falla & randar holmi.) Die Form fjalfrs ist gesichert durch die 
Alliteration und durch den Reim mit gjalfra; da gjalfr und gjalfra 
immer vom Meeres- oder Wasserbrausen verwendet wird, muß 
Jalyr etwa „Wasser“ bedeuten (öldgra gjalfra „mit lautem Brausen“) 
und es liegt daher nahe, fjalfr mit idg. pel- „Sumpf“ zu verbinden, 
vgl. ai. palvaldm „Teich, Pfuhl“, lat. pals, -üdis „Sumpf, stehendes 
Wasser“; hierzu stellt man auch als „sumpfliebenden Baum“, 
ahd. fel(a)wa „Weide“, nhd. felber. Finnur Jónsson in Lexicon 
poeticum stellt unrichtig fjalfr zu fela „verbergen“ (also „Zu- 
fluchtsstelle“), es muß „Wasser“ oder ähnliches bedeuten. In 
pörsdräpa, Str. 20 kommt die Form undirfjalfrs in einer bis jetzt 
unerklärten Verbindung vor. 


222 A. Jéhannesson, Isländische Beiträge zum indog. Wörterbuch. 


12. Idg. pin- „Holzstück* (W.-P. II 71): nisl. fina f. „fettes 
Stück Fleisch“, kommt zuerst im Wb. von Björn Halldörsson vor 
und wird mit „pingve frustulum carnis“ übersetzt, vgl. ai. pinaka- 
m. „Keule, Stock“, gr. ziva, -axos „Sparren, Balken“ und abg. 
pond m. „Baumstrunk“. 

13. Idg. meit- „fett, mästen“? (W.-P. II 247): nisl. meid f. 
„das Fetteste vom Speck des Walfisches“; muß zu idg. meit- ge- 
hören, vgl. ir. maith „Fett“, apr. maitā „nährt* usw. 

14. Idg. mela*dh- „Erhöhung, Kopf“ (W.-P. II 295): nisl. 
mjalli m. „Verstand“, besonders in der Redensart hann er ekki 
med öllum mjalla „er ist nicht bei vollem Verstand, in seinem 
Kopfe wackelt eine Schraube“, vgl. besonders breton. melle „fon- 
taine de la tête, sinciput“, mellenn an penn, mellez „la suture de 
la tête“ (Johansson, o. XXX 449 Anm. 1, zitiert bei W.-P.). 

15. Idg. mel- „Glied“ (W.-P. II 293): isl. malar f. Pl. „Kreuz 
am Körper“ (zuerst in Skidarima, ca. 1400, vorkommend); Bj. Hall- 
dörsson Übersetzt: „os innominatum, os coxae boum et ovium“ 
(nisl. Form malir). Vgl. z. B. ai. märman- n. „Glied, offene un- 
geschützte Körperstelle“, lett. melmeni „das Kreuz am Körper“. 

16. Idg. neug- „dunkel, undeutlich“ (W.-P. II 324): nisl. njorunn 
f. „die Nacht“ (njérunnardrop „Samenfluß“). Muß zu neug- ge- 
hören, vgl. lat. nuscitiones „caecitudines nocturnae“, nuscitiosus „qui 
propter oculorum vitium parum videret“, vgl. ferner lit. niūksóti 
„im Dämmerlicht, im Dunkel daliegen“, niūkiù, niūkiaŭ, nitkti 
„dumpfes Getöse machen“. | 

17. Idg. rab- „von ungestümer Wut ergriffen sein“? (W.-P. 
II 341): isl. rdpa „in steter Bewegung hin und zurück sein“ 
(rdp n.), vgl. norw. dial. repa „schnell davon trippeln“. Torp in 
seinem Nynorsk etymol. Ordbok vergleicht (nach Roß) norw. dial. 
ripa „sich beeilen“ (das sicherlich nisl. hripa ist „etwas in Eile 
machen, besonders schreiben“). Eher ist an idg. rab- „von Un- 
gestüm ergriffen sein“ in lat. rabies „Tollheit“, rabio, -ere „wüten“ 
zu denken. Isl. ráta „herumirren“ wird als Lehnwort aus afrz. 
raver, rever „herumirren“ (nfrz. réver „träumen“) betrachtet, 
woraus mhd. reben „träumen, verwirrt sein“, vgl. holl. reveten und 
mndl. mnd. regen „närrisch sein, sich verreden“. Wahrscheinlicher 
ist, daß ráfa mit rdpa ursprünglich verwandt ist und daher rab- 
neben rabh- anzusetzen ist (man könnte auch an Verwandtschaft 
mit idg. rebh- „sich bewegen, spielen“ denken). 

18. Idg. reir- „beben, zittern“ (W.-P. II 349): isl. rira „röcheln“ 
(rirar 4 barka [in der Kehle], in einem anonymen Gedicht des 
12. Jahrh.s). 


E. Schwyzer, pesà yvaunınos yévucacy. 223 


19. Idg. reubh- Farbenbezeichnung (W.-P. II 360): isl. rjúpa 
„Schneehuhn“. Diese Etymologie ist kaum richtig, denn rjúpa 
ist nur die Vollstufe zu ropa „rülpsen, aufstoßen“, rypta „sich er- 
brechen“ (vgl. W.-P. II 357), ahd. .rofezen „aufstoßen“ usw., es 
heißt noch im Neuisländischen von dem männlichen Vogel des 
Schneehuhns, daß es ropar; der Vogel wird nach dem Rülpsen 
in der Brutzeit benannt, vgl. die isländischen Sprichwörter: halt 
lætur! hundunum pd þeir ropa „die Hunde bellen laut, wenn sie 
rülpsen“ (Sprichwörtersammlung von Gudmundur Jönsson), „enginn 
ropar svangur“ „keiner rülpst, wenn er hungrig ist“, vgl. ferner 
das Zitat in Blöndals Wörterbuch: („rjüpkarrinn) (der männliche 
Vogel) ... ‚ropadi‘ frá But, hvar rjúpan sæti á eggjunum“ (gab es 
durch Rülpsen bekannt, wo das Huhn auf den Eiern brütete); 
eine dritte Ablautsform ist endlich raupa „brauten, aufschneiden“ 
(in übertragener Bedeutung). 

20. Idg. leig- und leig- „dürftig, elend, krank“ (W. LP. II 398): 
isl. 1é- in lélegr „schlecht, gering, unansehnlich“, lémagna „ent- 
kräftet“, Jébarn „Säugling“ und endlich Zéskrápr, m. „schlechte 
Haut vom Eishai“ (wird in Riemen zerschnitten und für Schuhe 
verwendet). Die Form /é- geht zurück auf urnord. *léhw- (vgl. 
z. B. isl. lea > bé „leihen“ < lihwan, got. leikan, nhd. leihen‘), 
aus idg. leig- vgl. gr. öAlyos „klein“, Aoıyös „Verderben“, lit. liga 
„Krankheit“, lett. liga „Seuche“, vgl. ferner air. Boch „elend, un- 
glücklich“. Ein Beweis hierfür ist, daß l&magna und litilmagna 
(eig. „der wenig vermag“) Synonyme im Isländischen sind. 

21. Idg. &- „planlos umherschweifen, irren; auch geistig irre 
sein“ (W.-P. I, 87): isl. álpast, vb. refl. „sich wie ein Narr be- 
tragen“, vgl. alpan, f. (in Morkinskinna) „närrisches Benehmen“, 
vgl. gr. din „das Umherschweifen“, didouaı, ddalvo „schweife 
umher“, vgl. ferner dAöxn „Unruhe, Beängstigung“, Aal „bin 
wahnsinnig“, lett. aluöt, aluötiös „umherirren, sich verirren“, lett. 
M „halb verrückter Mensch“, äl’uöties „sich närrisch gebärden“. 

Reykjavik. Alexander Jöhannesson. 


perà yvayıırlor yévucoiv, 

So lautet der Ausgang des Verses A416 in der Vulgata. Die 
mehrfach bezeugten Varianten YVANT OL, yva(u)nvoios und yévvoiw 
deuten auf eine Lesart nerd yvantoio: yévvoiw mit drei Besonder- 
heiten, die der Vulgata abgehen. Wie das unmovierteVerbaladjektiv 
und an- für -ayz-, ist auch nerd c. dat. altertümlich; zu yE&rdoıv 
vgl. Specht o. LIX 222 und Fußn. 2 und meine Griech. Gramm. 
1571,8 und Fußn. 3. 

Berlin-Dahlem. E. Schwyzer. 


2324 W. Krogmann 


Got. kaupatjan. 

Nach F. Holthausen, Got. etym. Wb. (1934) 56, ist die Herkunft 
von got. kaupatjan ,xodapiley, mit der Faust schlagen)“ dunkel. 
Was bei S. Feist, Etym. Wb. d. got. Sprache 231*, an Deutungs- 
versuchen auch verzeichnet ist, verdient keine Beachtung. Um eine 
Ableitung von got. kaupon „handeln“, als die schon J. Grimm, 
D. Wb. III 1379, das Wort betrachtete, kann es sich seiner Be- 
deutung wegen nicht handeln. Die Begriffe „mit der Faust schlagen“ 
und „handeln“ lassen sich weder mit Grimm und J. Franck, Anz. 
L d. A. XXI 300, durch die Vorstellung „den Handschlag zum 
Abschluß des Kaufes geben“ vermitteln, noch ist mit v. Grienberger, 
Unters. z. got. Wortkunde 139, wegen ae. cap M. „Vieh, Gut, 
Besitz“ und dgl. für kaupatjan eine Grundbedeutung „jemanden 
als Ware behandeln, wie ein Vieh mit Stößen und Schlägen an- 
treiben“ zu erschließen. Auch eine Entlehnung aus arm. kop‘em 
„prügele“ unter Anschluß an kaupon kommt gegen S. Bugge, IF. 
V 274, nicht in Betracht. Ganz abwegig ist die von C. C. Uhlenbeck, 
Kurzgef. etym. Wb. d. got. Sprache 89, vorgetragene und auch 
von Fr. Kluge, Urgermanisch 45f., erwogene Ansicht, daß 
‚kaupatjan zu got. haubi5 N. „Haupt“ gehöre und aus einer Sprache 
mit vorgermanischem Konsonantismus stamme. Unhaltbar ist end- 


1) Die in den Wörterbüchern angesetzte Bedeutung „ohrfeigen“ ist ungu- 
treffend. Zwar wird gr. noAagp/Lsıw oft in diesem Sinne gebraucht, doch hat es 
auch die Grundbedeutung „mit den Knöcheln der geballten Faust schlagen“ be- 
wahrt, woraus auch die allgemeinere Anwendung als „prügeln“ entwickelt ist. 
Das Verbum ist von xdAagos „Faustschlag. Ohrfeige“ abgeleitet, das im Dorischen 
an Stelle von att. xdvöuios „Knochengelenk der Finger, Faust, Schlag mit der 
geballten Faust, Ohrfeige, Knebel, Wulst des Zahnfleisches“ gebraucht wurde 
und entgegen der bisherigen Verbindung mit xoAoßd; „verstümmelt“, xoddnzte 
„behaue, behacke* zu gr. xodogayv < *xolapar < *gole-bho- „Gipfel, Spitze“ 
und weiter gr. dg, xoddvn „Hügel“, lat. collis < *kol-n-is, se. kyll M. F. < 
*hul-n-is „Hügel“, lit. kdinas „Berg“ zu stellen ist. Auch das entlehnte lat. 
colaphus bedeutet außer „Ohrfeige“ „Faustschlag“, und ebenso heißt das Verbum 
eolaphizare neben „ohrfeigen“ vor allem „mit den Knöcheln der geballten Faust 
schlagen“. Beweisend für die Bedeutung von got. kaupatjan ist besonders der 
Beleg Matth. 26, 67: boah spiwun ana andawleien is jak kaupastedun ina; 
sumaib-bau lofum slohun „tóre événtvoaw eis tò nedowxow adtod xal éxo- 
Adyıoav aöıdy, ol dé deed", wo kaupastedun gegen lofum slohun steht. 
Vgl. auch Vulg. tunc expuerunt in faciem ejus et colaphis eum ceciderunt, 
alii autem palmas in faciem ei dederunt = ahd. tho spuuun sie sin annust, ... 
inti mit fustin sluogon inan, andre mit flahheru henti in sin annussi 
siuogun (Tat. 192, 1f.); ae. þa spætton hig on his ansyne and beoton kine 
mid heora fystum, sume kine slogon on his ansyne mid heora bradum 
handum. 


Got. kaupatjan. 225 


lich auch die nachträglich von E. Sehrt, Language VIII (1932) 138ff., 
vertretene Meinung, daß das got. Verbum auf gr. xoAapiLeıv selbst 
surtickgehe und vermutlich über vulgürlat. colaphizare entlehnt 
sei’). Anscheinend hat keiner bisher geprüft, ob das Germanische 
nicht außer dem von lat. caupo „Krämer“ abgeleiteten *kaupon in 
got. kaupon, an. kaupa, ae. céapian, afries. kāpia, as. köpon, ahd. 
kouyon „kaufen“ noch einen weiteren Anschluß für got. kaupatjan | 
biete. Andernfalls hätte man seine Sippe kaum übersehen können. 

Unmittelbar zu got. kaupatjan stellen sich bedeutungsmäßig 
schwed. mdartl. kufa „stoßen, bändigen“, ne. cuf „mit der Faust 
schlagen“, nhd. mdartl.kuffen „stoßen, prügeln“, woneben M. Richey, 
Id. Hamborg. (1743) 143, auf Grund einer Wortsammlung Matthesons 
noch nd. kufen „Ohrfeigen geben“ verzeichnet. Die Grundlage 
dieses Verbums bildet idg. *geup-, eine Labialerweiterung der 
Wurzel idg. *geu- „biegen, kriimmen, wölben“, die Walde-Pokorny, 
Vergl. Wb. d. idg. Sprachen I 555ff., behandeln. Weitere Sprosse 
aus idg. *geup- sind etwa an. kéfottr „rund, kugelförmig“, isl. küfr 
„Aufwölbung, Gipfel“, norw. kūv „rundliche Erhöhung, oberer Teil 
des Rückens, Haufe, Heuhaufe“, een „rundlich, gewölbt“, holl. 
kuif „Federbusch, Schopf, Haube, Baumwipfel“, frnhd. kaupe „Feder- 
busch“. Die Bedeutung des Verbums erklärt sich genau wie bei 
gr. xodagilew aus der Vorstellung „mit den Knöcheln der ge- 
ballten Faust schlagen“. Weitere Parallelen sind beispielsweise 
ostfries. knüfen, nd. knuffen „stoßen, puffen“, mhd. knochen „mit 
der Faust schlagen, knuffen“ und an. knosa „mit Schlägen miß- 
handeln“, ahd. knussen „schlagen“, an. kniiska dass., schweiz. chnüssen, 
chnüsten „prügeln“, an.knylla „schlagen, stoßen“, ae. cnyllan „stoßen“, 
mhd. knüllen „schlagen, stoßen, knuffen“ < *knuzlian. Ostfries. 
knisfen, nd. knuffen gehören zu ostfries. knüfe „Klotz, Klumpen, 
Knorren“, mnd. knövel „Knoten, Knöchel“, mhd. knübel „Knöchel“ 
u. K., mhd. knochen tritt zu an. knjükr „rundlicher Berggipfel“, norw. 
mdartl. knjuka, knoka „Knöchel“, an. knykill „kleiner Knoten“, 
mnd. knoke, „Knochen“, mhd. knoche „Knochen, Knorren, Bündel“, 
ae. enycel, mnd. knökel, mhd. knüchel „Knöchel“ und dgl., an. knosa 
und sein Zubehör endlich stellt sich zu an. knauss M. „rundlicher 
Berggipfel“, mnd. knäst M. „Knorren“, schweiz. chnüs „Knorren, 
Klumpen“, norw. knust, knysta „verdrehter Klotz, Knorren“, schwed. 
mdartl. knose „Auswuchs“ usw. Von schwed. mdartl. kufa, ne. cuff, 
nhd. mdartl. nd. kufen unterscheidet sich got. kaupatjan zwar durch 
sein p-, doch finden wir neben germ. *küf-, üb- germ. *kup- 

1) Vgl. noch H. Adolf, Neophil. XIX 1001. 

Zeitschrift für vergl. Spracht. LXVII 3/4, 15 


226 | V. Pisani, na 


in norw. mdartl. kup „Ausbuchtung, Buckel“, schwed. kupa „halb- 
kugelförmiges Gehäuse, Bienenkorb“, kypa „rundes Gefäß aus Stroh“, 
nd. küpe „großer Tragkorb“, ne. mdartl. kipe „geflochtene Fisch- 
reuse, Korb“ und dgl. Got. kaupatjan beruht auf ablautendem *kaup- 
„Knöchel, Faust“, das durch norw. mdartl. kaupa „Knolle“, kanp 
„hölzerne Kanne“ auf das beste gestützt wird. 


Berlin Willy Krogmann. 


Ahd. bihal. | 


In seinem Aufsatz Griech. n&Aexvs : ahd. bihal (o. LXV 154ff.) 
hat Karstien endgültig mit der landläufigen Zurückführung von 
ahd. bihal auf ein älteres *bijla- aufgeräumt; seinen Vergleich des 
ahd. Wortes mit griech. r£iexvs, skr. paragi-h, assyr.-babyl. pilakku 
kann ich dagegen nicht unterschreiben): zu viele lautliche Hinder- 
nisse stehen nämlich im Wege. Nicht nur die Metathese LE zu 
*I, die wohl am leichtesten zu rechtfertigen wäre; aber woher 
ist das b- statt des zu erwartenden /, woher das -i- statt e 
oder -i- zu erklären? Und weiter, weder das Griech. noch das 
Skr. deuten auf Betonung des Mittelvokals hin: diese müßte ad 
hoc angenommen werden, um das -h- statt -g-, d. h. die Durch- 
brechung des Vernerschen Gesetzes zu rechtfertigen; es sei denn, 
daß die Metathese von LE zu LI vor der Durchführung dieses 
Gesetzes eingetreten ist! Nicht genug damit, während Griech. 
und Skr. den u-Stamm treu bewahrt haben, hätte das Deutsche 
das Wort in die a-Deklination eingeführt; auch das deutsche Neu- 
trum statt des griechischen und sanskritischen Maskulinums gibt 
zu Bedenken Anlaß. Sind auch diese Einwände einzeln genommen 
überwindlich, tut doch ihre Masse die Unwahrscheinlichkeit des 
Karstienschen Versuchs dar, welcher m. E. als geistvoller, aber 
unbeweisbarer Einfall zu betrachten ist. 

Ein phonetisch tadelloser Ansatz wäre dagegen germ. bihla- 
aus älterem * bhei(d)-klo-: für den Schwund von d vor k käme. 

) Mit Bezug auf das Problem des ¢ in paraguh, das Karstien o. LXV 157 AA 
streift,[verweise ich auf meine Behandlung desselben IF. LVI 285 ff.; RSO. XVIII 91ff. 
Ich erlaube mir weiter daran zu erinnern, daß in meinen Studi sulla preistoria 
delle lingue indeuropee (Mem. Acc. Lincei VI, IV, VI) 563ff. das Schwanken in 
skr. demä : lit. akmuö usw. auf progressive Schwächung der Palatalassibilierung 
in ihrer Verbreitung nach Norden zurückgeführt ist; daselbst S. 594 habe ich 
gemeint, neben phryg. "Axua» (vor dunklem Vokal) stünde Ac. (vor hellem 


Vokal) in der Inschrift Ramsay o. XXVIII 394 Nr. XVI Sorngı EN Odi, 
was wohl unbemerkt geblieben ist. 


J. J. Hamm, Aksl. prozi, prodzi. 227 


in Betracht die alte Etymologie von *-komt- *-kmt- in den Zehner- 
namen aus *-(d)komt- *-(d)kmt- zu *dekm, vgl. Brugmann, Gr.“ 
II 2,29. Das Wort würde so die Wurzel von skr. bhi-nd-d-mi 
„ich spalte“ von lat. finds ds., von got. beitan, ahd. bizzan „beißen“ 
enthalten. Das Interessante dabei ist, daß dieselbe Bildungsweise 
noch in zwei sehr altertümlichen Wörtern wiederkehrt, die wie das 
Beil zur Ackerbauterminologie gehören: lat. falcula sicul. gdyx do 
‘Se&navov’ dissimiliert aus *dalklo- für älteres *dhalg-klo- : lit. dalgis 
(für die Literatur vgl. Hofmann in Walde, LEW’ 459, deren Be- 
denken m.E. nicht Stich halten) und lat. furcula lit. Zirklés „Schere“ 
aus *Zirg-kles zu lit. žeřg-ti „die Beine spreizen“, Urform *ĝhrgklā 
(Literatur bei Hofmann a. a. O. 570). Wir hätten somit eine kleine, 
sehr alte Gruppe von germ.-lat.-balt. Wörtern mit eigentlicher 
Bildungsweise für technische Ausdrücke des Ackerbaus einschließ- 
lich Waldarbeit. 


Rom. Vittore Pisani. 


Aksl. prozi, prodki. 

Gr. dxols, pl. dxoiòeg „Heuschrecke“ bleibt, wie bekannt’), 
in den ältesten aksl. Evangelientexten in der Regel meist un- 
übersetzt (akrids), und nur in etlichen Denkmälern (so Sa, Ni, 
Ga, De) kommt der slawische (oder slawisierte) Ausdruck prozi, resp. 
prodzi (Plur.) vor. Miklosich (Etym. WO, der slav. Sprachen, Wien 
1886, 265) wollte darin die W. preng- sowie die Bedeutung 
„Springer“ sehen und stellte das aksl. prost dem ahd. hewiskrékko 
zur Seite. Da er jedoch, abgesehen von dem sekundären g des 
Singulars progz, das dem n. pl. -zi (dai) nachgebildet wurde, 
auch das o der Wurzelsilbe unerklärt läßt, verlieren seine Aus- 
führungen an Wert und müssen als unzulänglich abgelehnt werden. 
Ich bin der Meinung, daß das aksl. prọzi mit der W. preng- und 
dem ahd. hewiskrékko oder lit. sprugti nichts gemeinsam hat, sondern 
daß es wie vinograds, vrstograds, Zupls”) u. dgl. nur eine 
Entlehnung aus dem Gotischen ist. Wenn wir nämlich die be- 
treffenden Stellen (Matth. 3,4; Marc. 1,6) mit dem erhaltenen g 
(Marc. 1,6) vergleichen, so sehen wir, daß gr. dxeis dort in der Form 
Dramstei (: aisl. bramma „trampeln“, as.thrimman „springen“)*) wieder- 

1) Vgl. V. Jagić, Entstehungsgesch. der kel. Spr., Berlin 1913, S. 301. 

2) Aus got. weinagards, aurtigards, swibls. 

3) F. Holthausen, Got. etymol. Wtb. (Germ. Bibl. I, IV. R., Bd. 8), Heidelberg 


1934, S. 113. 
15* 


228 E. Schwentner, Toch. A kāts , Bauch“. 


gegeben wird, woraus dann mittelbar oder unmittelbar das aksl. 
prozi entlehnt wurde. Die Möglichkeit einer dergleichen Ent- 
lehnung findet ihre historische Begrundung vor allem in der Tat- 
sache, daß sich im Glossar sowie in der Phraseologie der ältesten 
aksl. Denkmäler — trotz aller Mühe verschiedener Übersetzer — 
ein gewisser gotischer Einfluß nicht verleugnen läßt. Außerdem 
ergeben sich auch auf dem phonetischen Gebiete keine unüber- 
windlichen Schwierigkeiten. Das anl. coronale 5 (Siev. 8) konnte 
nämlich auch auf gotischem Boden zu einem stimml. labiodent. f 
verschoben werden’), welches sich dann im Aksl. ganz regelmäßig 
in ein bilab. stimml. p verwandelte. Einen Beweis dafür sehe ich 
z.B. auch in dem got. Zlahsjan, gablahsnan „erschrecken“, welchem 
im Aksl. plašiti „erschrecken, einschüchtern“ und plachs „schüchtern“ 
entsprechen. Das o entwickelte sich demnach aus got. am und was 
aksi. z, dz anbelangt, verweise ich auf drazati (vgl. z. B. Matth. 9, 2: 
Odeon, téxvov — Prafstei, barnilo! — drazai, éedo!). 
Zagreb (Agram). J. J. Hamm. 


Toch. A kats „Bauch“. 


Da bei S. Feist, Vergl. Wb. der got. Sprache’ (1939) 390 s. v. 
qius; F. Holthausen, Got. etym. Wb. (1934) 79 s. v. gißus; Alt- 
engl. etym. Wh. (1934) 66 s. v. wida); Walde-Pokorny I 560, das 
zugehörige toch. Wort fehlt, mache ich darauf aufmerksam, daß 
toch. A käts „Bauch“ (Toch. Gramm. 25; 51) genau dem got. gidus 
„Magen, Bauch, Mutterleib“, altn. kvidr „Bauch, Magen“, ags. 
cwid(a) „Bauch, Unterleib“, ahd. quiti „vulva“, mnd. gueden „Bauch- 
fell“ entspricht. Schrader-Nehring, Reallex. I 635b führen das 
toch. Wort (wohl nach Mitteilung von E. Sieg) zwar an, geben 
aber keine Etymologie. Im toch. Wortregister S. 823 ist das Wort 
versehentlich ausgefallen, so daß es leicht übersehen werden kann. 
Außerhalb des Germanischen und Tocharischen läßt sich obige 
Sippe weder lautlich noch semasiologisch mit Sicherheit nach- 
weisen. 

Schwerin 1. M. Ernst Schwentner. 


1) Vgl. B. Sievers, Grdr. der Phonetik, Leipzig 1901, 5. Aufl., S. 129, Anm. 332. 


P. Thieme, Weiteres zum indischen Adoptionsritus. 229 


Weiteres zum indischen Adoptionsritus. 


Daß die Knie-(Schoß-)setzung als Adoptionsförmlichkeit in 
Indien gar nicht bezeugt sei, habe ich o. LXVI 134 zu rasch be- 
hauptet. Ram. 2, 118, 26ff. berichtet Sits von ihrer wunderbaren 
Geburt aus der Erde und wie sie von dem pflügenden Janaka 
gefunden wurde: „Er, der Kinderlose, von Liebe ergriffen, hob 
mich selbst auf seinen Schoß mit den Worten ‚Mein ist diese 
Tochter‘ und schenkte mir seine Liebe“ (Ram. 2, 118, 30 anapatyena 
ca snehäd ankam äropya ca svayam, mameyam tanayety uktva sneho 
mayi nipätitah). Es ist immerhin bemerkenswert, daß sie aus- 
drücklich sagt: ankam äropya ... svayam: das übliche war nicht, 
daß man auf den Schoß gehoben wurde, sondern (wie Sunahsepa 
oder die Taube, a. a. O. Anm. 2) sich selbst darauf setzte, das 
heißt, es handelt sich hier tatsächlich, wie ich schon für die Knie- 
setzung bei den Nordgermanen vermutete (a. a. O.) um eine Über- 
tragung und Weiterbildung einer Gebärde des Schutzsuchens, 
durch die man sich in jemandes Gewalt und Besitz begab. Darauf 
führt wohl auch die Formulierung mameyam tanayä, die den Ge- 
danken der Besitzergreifung in den Vordergrund stellt. 

Heutzutage ist die Kniesetzung geradezu ein Bestandteil der 
Adoptionsförmlichkeiten: Mrs. Sinclair Stevenson, The rites of 
the twice-born (Oxford 1920) 132 “Next taking the boy by his 
right wrist, he [der natürliche Vater] leads him over to the 
adopting father, who seats him on his own knee”, 133 “Then 
he [der adoptierte Sohn] is taken inside the house and seated 
on his new mother’s lap ...“ Nach meinen Erörterungen a. a. O. 
würde ich diese Symbolik wie folgt deuten: Der Vater nimmt 
durch die Kniesetzung Besitz von dem Kinde, die Mutter legiti- 
miert es durch die Schoßsetzung (Scheingeburt). Die Variation 
des Ausdrucks bei Mrs. Stevenson spiegelt, so scheint mir, in- 
disches Gefühl: es ist der männliche Schoß, dessen Nennung 
dem Inder allenfalls anstößig erscheinen mag. 


Halle (Saale), z. Z. im Felde. P. Thieme. 


230 


Sachregister. — Wortregister. 


Sachregister. 


Altertumskunde: Steinbau bei den Indo- 
iranern 177f. — Adoptionsritus 229. 

Bedeutung: feucht > Männchen, Mann 
95. — heilen > kastrieren 215ff. — 
Seitenpferd — Tänzer 166. — Trommel 
im Ai. 183. 

Betonung: mater nach pater 108. — 
&Aagos-Gesetz 110. — wév-Gesetz 110. 

Ellipse: im Ai.: 129ff. — lexikalische 
129f. 141 ff. — bei: brü + anu 131ff. — 
lig + pra 133f. — vac + anu 134 .— 
Zon + ud 135ff. — stu + pra 136. — 
vad 137. — dhya + ni 137f. — vadh 
+ prati 138. — car 1408. — bhū +- 
sam 141. — ita 141. — jan 143f. — 
in der Phrase yatra pravahanasya 
jaivaler äsa 138 ff. 

Genus: Genuswechsel bei ‘Stern’ 161. — 
Genussystem des Wintu 197 ff. 

Kasus: Kasussystem des Wintu 200ff. 

Lautlehre: Aspiratae 108 A. 3. — Pala- 
tal 108 A. 3. 226 A. — Labiovelar 108 
u. A. 3. — Hauchdissimilation 188 ff. — 
Schwund von y 97. — Spirant durch 
Aspirata ersetzt 168f. — Indisch: ¢> p 
1708. — pod 112. — 523 175f. — 
cch > ts 156. — Metathese 183ff. — 
partielle M. 191ff. — Dissimilation 
186. — D. durch Dental 192f. — 
Schwachtoniger Vokalismus im Latein 
27 ff. — Lenition im Romanischen 103 
A. 3. 104 A. 2. — Verners Gesetz 102 fl. 
— Medien-Gesetz im German. und Ar- 
men. 106. 


Nominalflexion: Latein. 5. Dekl.: Grund 
typen 86. 88. — Nom. auf -es 85 ff. — 
bei kons. St. 95 fl. ; 

Schreibung im Avesta: von v 13f. — 
Schwanken bei d 10. 

Stammbildung: -klo/-kla für Ackergerät 
226f. — Kompositum: der im Vorder- 
glied enthaltene Verbalbegriff ist am 
Hinterglied vollzogen gedacht 9. — 
Latein: efe-Basen 85ff. — Dehn-Stufe 
von St. auf -es 87. — von St. auf en 
88f. — von St. auf A 89ff. — von 
St. auf -e 95. — der Wurzelsilbe bei 
i-St. 94. — Normalstufe von St. auf 
-& 89. — von St. auf eu 87f. — -tes 
Erweiterung der 7-St. 98f. 

Suffixe: im Wintu: transitivierende 
202f. — disjunktive 204. 

Syntax: ‘noch er redend’ im AT 62ff. — 
im NT 64ff. — Stellung des Namens 
bei dvdware 49 A. 4. 69 ff. — ‘eins’ als 
unbest. Artikel 36f. 66ff. — -que als 
nebensatzeinleitende Konjunktion 1ff. — 
wenn-Ausdrücke temporal 4. — Gen. 
personae im Ai.: bei aś 1488. — grh + 
prati 149f. — labh 1508. — d te 
152. — -uerd + Dat. 223. | 

Vedische Zitate: bei Pataiijali 178 ff. 

Verbum: Suffix -sk(h)- 84. — Praeverbia 
im Ai.: Korrespondierung von ssi- und 
ud- 160. — Lat. Denominativa auf 
-46 90. 

Yasna: übersetzt: Y.34 6—15. Y 31,14. 
23. 


Wortregister. 

Indogermanisch. |*ghou-ros 221 *melatdh- 222 * 222 
* d- 223 * gläd 109 * ne 222 *reir- 222 
* Aas 109 * gladús 109 * pel- 221 *reubh- 223 
*bosds 109 * greut- 221 * pin- 222 *(s)k(o)reu- 220 
* gais 110 ad- 220 *gar- 220 Hethitisch. 
*gaisos 110 * leig- 223 *ger- 220 hukmais 89 

* gher- 221 * meit- 222 *ghet- 220 hurtais 89 

* ghneus- 220 * mel- 222 *greu- 220 kesres 90 


supis 89 
sahais 89 

Tocharisch. 
kats 228 

Altindisch. 
akivara- 172 
agri- 88 
atavi- 184 
adhipra 186 
dnu- 168 


abhidhava 190. 219 


abhipraya 186 
abhivlangd- 154 
asitd- 155. 
apita- 155 

d- ling 154 
äsayati 154f. 
agita- 155 
asitd- 155 

i+ ni 143 
iccha- 155 
icchü- 155 
iyattakd 156 - 
isudhya- 16 fl. 


uttaräpatha- 162 


utsuka- 155f. 
utsrtäni 156 
udguramäna 159 
udgürna 1591. 
upadad- 164 
spamlupta- 170 
upalingin- 154 
krti 157 

krsd- 158 
krsanu- 1578. 
kridi 157 
ksärayati 158 
ksälayati 158 
khant 157 

khäd 158 

gal- 160 

gutsa 156 


gr- 1591. 
ca 3 u. A. 


card - 110 

ced 3 ; 
jayampati- 160 
jihkma-bara- 171 


Wortregister. 


ya 150 A. 1 


4 dindima 191 


di- 161 

tara- 1618. 

daksind-patha- 
162f. 

dad- 163f. 

div- 178 

adhasth 28 A. 3 

dhuti- 166 

ndpumsaka- 1641. 

nägd- 165 

nī+ api 141 A. 1 

nicina-bara- 171 

pataha- 183 

panthas 89 

payttd- 155 


pard- 171 


puspa- 170 
prthivi 88 
prsti- 166 
prästi- 166 
barha- 168 A.1 


| busa- 175 


bhikga- 155 

math + vi 151 A. 2 
mätär- 108 
mila-ort 1666 fl. 
lingayati 154 
vardhana- 168 
vdsyasti- 1691. 


vasvasti-169 A.1.170 


viklava- 172 
vitula- 170 
vipula- 170 
vibali- 1718. 
vimäthya- 151 
vivisvams- 1721. 
visti- 173 
vispitd- 170 
vrdh- 169 

vrh- 167 
vyemäna- 173f. 
vrasc- 166f. 
gata ta- 184 

su rana - 174 

sr 174 

seva- 172 
$ruva- 176 


sakha 89f. 
sakhi- 89 
saca 21. 


sa ced 21. 


sa yatha 2 
sarpä- 165 
sücı- 1748. 
spr- 176 
sruc- 176 
sruvd- 176 
harmyd- 177 
hims- 15öf. 
himsä- 155 
Pali. 
acci 184 
atavt 184 
attahäsa 190 
adhippäya 186 
abhivuyu 189 
uddha 188 
upähand 185 
kathita 193 
khandhanam 189 
jigaccha 189 
jighacchä 189 
dajjhati 198 
dag 194f. 
dah 194ff. 
dighacchä 189 
dvelhaka 193 
para 188 
palibodha 185f. 
pära 187 
pihä 189 
puttha 1% 
phusati 190 
bubbula 193 
satthi 184 
seyyatha 2 A. 2 


Prakrit. 
Argiya 101 
aviha 190. 219 
ädahati 192 


| ddhatta 193 
| -tttaa- 157 


ettia- 156 
khuhä 188 
dakka 195 


231 


dhanka 189. 192 
tudiya 192 
duvälasa 193 
padadi 192 
padaka 193 
padida 192 
majjhanna 188 
majjhattha 1881. 


vijjula 193 
se 1751. 


Hindustani. 
sarak 184 


Iranisch. _ 
(Awestisch unbe- 
zeichnet.) 

ama- 9 
asistem 9 

dréi 9 

ah(a)ma 6 
isuidya- 16H. 
karati- 157 

np. kärd 157 A. 2 
gaeòdã 8 | 
yrafstra- 13 A. 
xrafsträis 10 
tatibyö 6 

tot 7 

dadra- 21. 
darasta-aénak- 9 
pwi- -ahi 14 
dräyeidyäi 10 
pairigasda- 8 
pairi-gäide 8 
patri-ga-vacah- 8 
pairi pourubyö 12 
pars vad 10 
-bazäus 89 

byente 11 
niyratre 159 
mainyus vanhus 7 
yasna- 6 
vaysat 14 

ap. vardana- 168 
vöyadra 131. 
od 108. 
vidvacigm 14 
rasna 14 
razar- 14 


Wortregister. 


232 
sūkā- 175 duxden 176 
sponta- 6 ji g 177 
sra@ 176 v 177 
aatrimya- 177 ôç ef 3f. 
sasta-tita 91. os Ste ZP 
iyaodnä 10 Gore 4 
haidyam 13 Makedonisch. 
ee ai Aids 212 A. 1 
WER Umbrisch, 
Thrakisch. avie 99 
Aloa 214 tovie 99 
aloanos 214 
wlodtev 214 Lateinisch, 
alodowe 214 absque 1. 5 
Alonnos 2138. acies 99 
Ati 214 meats 2] 
aestäs 91 
GR > aestus 91 
‘Aowzos 211ff. alcas 97 
Griechisch. *alere 86 
alaaxoc 214 A. 4 alluviés 99 
dAdo 2 A. 1 ambäges 96f. 
dere 2111. amicitias 99 
Bayds 111 astur 211 
gd. A 1698. caedés 91 
Balinıds 159 canés 97 
Bıßdodav 85 caries 99 
yaoııio 162 cateia 2181. 
yvantog 223 clades 91 
dsordıns 90 compäges % 
ded(v)os 160%. *contagés 97 
dfjers 94 cötas 93 
dose 5 ` | delicies 99 
4x6 898. dies 88 
dad 28 A. 3 donec 5 
Sed 219 effigies 99 
xa? ¿dod BOR. 87ff.| esuries 99 
51ff. 55. 57 A. 3. faces 97 
58. 61. 73 ff. 119 | falcula 227 
sagdia 111 fames 87 
1% 111 famulus 28 u. A. 3 
noAapilew 224 A. |fax 97 
ndxAos 110 falas 98 
Svona49A.4. 50A.2| fides 86. 93 
évdpar: 49 A. 4 filum 93 
*Ofdpasis 156 furcula 227 
dre 2f. Gaius 88 
ds3 — dré 5 -gerizs 99 
nós 2 A. 1 gerres 98 


gravis 88 
kira 93 


imbalnities 99 


indages 96 
induvtéis 99 


insänus 217 


labes 93 


saepes 92 
sänare 215 
scabtes 99 


* scabrée 93 
sédés 87. 94f. 96 
sentina 212 A. 1 


Mittelirisch. 
gerr 98 
Ostgermanisch. 
(Gotisch unbe- 
zeichnet.) 
agis 107 
ahwa 108f. 
brébar 1071. 
alan. Gockar 101 
kaupatjan 224%. 
nik 1A. 
pus 228 
tathunda 106 
teen pus 110 


Nordisch. 


(Isländisch unbe- 
zeichnet.) 


álpast 223 
barr 110 
fina 222 
fjalfr 221 
gaurr 221 
geirr 110 
gnjodi 220 


| geera 221 


kara 220 

héđa 220 

shetl. kjada 220 
kjadna 220 
hranalegr 220 
hraunsna 220 
hrul 2201. 

norw. kaupa 226 
knosa 225 
schwed. kuffa 226 
norw. küp 226 
lélegr 223 
lémagna 223 
saman lima 128 
litilmagna 223 
malar 222 


meid 222 


mjalli 222 
njóri 220 
njorunn 222 
rdfa 222 
rdpa 222 
raupa 223 
rira 222 


rjúpa 223 
ropa 223 


norw. skrynja 220 


Adumkrüad 221 


Westgermanisch. 
(Ahd. unbezeichnet.) 


bar 1091. 
Skat 2261. 
farah 106 A. 2 
gans 107 
gelimida 128 
ags. haelan 215 
phd. heilen 215 


ags. hweogol 110 


ags. kweol 110 


nhd. Katze 2181. 
mhd. knochen 225 


nd. knuffen 225 
h 106 A. 2 


as. rath 106 A. 2 


Baltisch. 
lit. tai 79 ff. 
apr. tarkue 93 
lett. valnis 931. 


Altkirchen- 
slawisch. 


el» 1198. 
césare 125 
ceta 120 
chlèbꝰ 120 
Juze 1188. 
kotole 120 
kusiti 120 
misa 1208. 
mytaro 121 
mytonica 121 
mozda 121 
ocoto 121 
ogee 124 
plašiti 228 


Wortregister. 
plato 119 duha 203 
plesati 122. 166 Bui 206 
postiti 122 bukul 206 
prozi 122. 2271. dug 206 
se 119 Deli 205 
stats 123 DiBa 202 
smoky 123 Dole(m) 205 
stoklänica 123 ` Domoi 205 
svekry 123 Dogigi 205 
svinija 123 Dum 205. 208 
tèlo 127 hard 203 
velvbod» 123 henogDi 207 
vinograds 123 hina 203 
oretograds 124 hola 206 
voskrosneti 126 holol 204 
Zupelo 124 xayit 201 
Arabisch. run hüte 203 
"ida 75 „ 
Ces k’elek’ele 206 
inna 71 ff. f 
le 75 Soft 206 
8 k’oltct 204 
fa -- ſua) ida (98. kuril 206 
Syrisch. k’uwil 208 
era 77 laha 202 
eta’ 77 lg? 206 
ha f. 22D 206 
uha 76 lul 206 
be 75 lulas 206 
y-mehda 77 mai 202. 208 
kad 78 u. A. 3 maianag 206 
meta’ 77 makas 206 
Sue’ 79 mem 206 
Wintu mineles 205 
aB 207 naus 201. 206 
Ber 207 nep 202 
bewil 203 migd 203 
bia 203 nom 206 
dohem 209 nop 202. 207f 
bohma 203 sor 206 
Bam 204 xu 206 


sur‘ 202 
olDiBas 204 
olp’at 205 

po" 206. 209 
ponöri 205 
poyog 205 
pürus 205 A. 1 
puyeg* 206 
g'ede 206 


qewel 200. 206. 209 


sani 204 
säwal 206 
sem 208 
sono 206 
suke 203 
Comes 206 
tarau 206 
tcayds 201 
tc’sBkal 201 
tc 203 
teeri 206 
tciBi 204 
tcir 205 

Ze oiiog 209 
teus 206. 209 
Hal 209 

tlile 201 
og" 206 
tlumaā 205 
tule 202 

tin 206 

uku 206. 207 
wai 206 
wagaD 206 
toatc 202 
wenemBom 205 
toit 201 


yaBaiDu 206. 208 


yal 206 
yemer 206 
yiwiD 209 


234 Zugesandte Druckschriften. 


Zugesandte Druckschriften'). 


Schriftleitung und Verlag übernehmen keinerlei Verpflichtung, unverlangt. 
zugesandte Veröffentlichungen zu besprechen; mit Rücksicht auf den verfügbaren 
Raum muß im allgemeinen die Anführung des Titels (gegebenenfalls mit kurzer 
Kennzeichnung des Inhaltes) genügen. Zeitschriften-Aufsätze können nur in be- 
‘sondern Fällen berücksichtigt werden (im folgenden Bericht sind zugesandte 
Aufsätze ausländischer Zeitschriften in reichlicherem Maße als gewöhnlich an- 
geführt). | 

Abeghian, Artasches, Das armenische Volksepos. Mitteilungen der Aus- 
land-Hochschule an der Universität Berlin, Jahrgang XLII (1940) 225—238. 
Erhältlich bei A. Collignon, Berlin, für 1 RM. [Interessanter Bericht über das 
aus dem Volksmund gesammelte, in 65 Varianten bekannte Epos, dessen Haupt- 
held David von Sassun ist, über dessen geschichtliche Bedingungen — arabische 
Herrschaft in Armenien — und dessen Beziehungen zum mittelgriechischen 
Volksepos. | 

Académie Roumaine. Langue et Littérature. Bulletin de la Section litté- 
raire rédigé par Ph.Capidan et D.Caracostea. Imprimeria nationalä. Bucuresti. 
Vol. I. No. 1. 1940. 124 S. 85 Lei. [Die französisch redigierte neue Zeitschrift 
enthält im 1. Heft zwei sehr interessante sprachwissenschaftliche Aufsätze: 
8. Puscariu, L’&conomie du langage S. 5— 17; Th. Capidan, Le bilinguisme 
chez les Roumains S. 73—94, sowie kleine Artikel, Besprechungen und einen 
Nekrolog über N. Dräganu des zweitgenannten Gelehrten S. 95—124. Auf 
S. 94—100 führt Th. Capidan macedorum adaré „ich mache“ auf eine thrak.- 
illyr. Entsprechung von dedw usw. zurück, S. 100—102 gewinnt er der Infinitiv- 
frage eine neue Seite ab: im Gegensatz zu neugriech. od verwenden Albaner, 
Rumänen und Bulgaren zum Ersatz Konjunktionen, die ursprünglich „wenn“ be- 
deuten.] 

Acta linguistica. Revue internationale de linguistique structurale pu- 
blié[!] avec le concours d’un conseil international par Viggo Bröndal et Louis 
Hjelmslev. Conseil international A. Belié-Belgrade, E. Benveniste-Paris 
V. Bröndal-Copenhague, S. K. Chatterji-Calcutta, G. Devoto-Florence 
A. H. Gardiner-Londres, L. Hjelmslev-Copenhague, R. Jakobson-Brno 
J. Kurylowicz-Lwöw, G. van Langenhove-Gand, J. v. Laziczius-Buda- 
pest, Hj. Lindroth-Göteborg, V. Mathesius- Prague, St. Romansky- Sofia, 
A. Rosetti-Bucarest, A. Saareste-Tartu, f E. Sapir-New Haven, A. Seche- 
haye-Genéve, A. Sommerfelt-Oslo, A. Sotavalta- Helsinki, W. Fr. Twad - 
dell-Madison Wis., J. Vendryes-Paris, D. Westermann- Berlin, N. van 
Wijk-Leyde. Copenhague, Munksgaard 1939ff. Preis des Bandes (von jähr- 
lich 3 Heften) 15 din. Kr. [Der vol. I fasc. 1. 1939 (80 S.) beiliegende Prospekt 
entwickelt auf Frz., D. und Engl. die Ziele der neuen Zeitschrift: Die klas- 
sische Sprachwissenschaft betrachtete die Sprache als „eine bloße Wirksam- 
keit der sprechenden Individuen“, als „labiles, unzusammenhängendes, zufälliges 
Ergebnis einer blinden Entwicklung und psychologischer Analogiewirkungen“, 
wobei die lokalen und vorübergehenden sog. Lautgesetze regelmäßig waren; die 
strukturelle Sprachwissenschaft scheidet das individuelle Sprechen (parole) 
von der Sprache (langue) als gesellschaftliche Institution und zusammenhängendes 


1) Abgeschlossen 1. Juli 1941. Aufgenommen sind auch einige persönliche 
Zusendungen. Die nicht gezeichneten Inhaltsangaben stammen von E. Schwyzer. 


Zugesandte Druckschriften. 235 


System mit gegebener Struktur und beschränkter Anzahl von Elementen (Pho- 
nemen, Morphemen), deren Gegensätze das Gleichgewicht des Ganzen bedingen; 
die Erklärung geschieht aus der Sprache selbst, unter Ablehnung außerlinguisti- 
scher (z. B. psychologischer) Erklärung. Aus dem Einführungswort der Heraus- 
geber im ersten Heft erfährt man, daß der Gedanke einer besonderen Zeitschrift 
für „le point de vue structural, la conception de la langue dans sa totalité, 
dans son unité et dans son identité“ unabhängig in den cercles linguistiques 
von Prag und Kopenhagen aufkam. Des ersten Herausgebers Aufsatz „Lingui- 
stique structurale‘ 2—10 entwickelt den Gegensatz dieser abstrakten und 
generalisierenden, totalitären Betrachtungsweise zum historischen Positivismus 
nicht nur der Sprachwissenschaft. Die weiteren Aufsätze geben Beispiele für 
die „strukturale“ Behandlung einzelner Sprachmanifestationen. Der zweite Her- 
ausgeber behandelt La notion de rection (S. 10—23); E. Benveniste, Nature 
du signe linguistique (S. 23—29) wendet de Saussures Lehre von der Willkür- 
lichkeit des. signe’s in ihr Gegenteil. E. Zwirner, Phonologie und Phonetik 
(S. 29—47) setzt sich als Phonetiker mit Trubetzkoy und Bühler auseinander. 
Jespersens Aufsatz The history of a Suffix (S. 49—56), nämlich engl. en. 
verrät kaum etwas vom Strukturalismus, stammt auch aus dem Jahre 1901. 
Es folgen Besprechungen: v. Ettmayer, Das Ganze der Sprache, und Trubetz- 
koy, Grundzüge der Phonologie, weiter Nekrologe tiber Trubetzkoy und Sapir. 
Zum Schluß kritisiert Hj. Lindroth (S. 78—80) den Terminus Strukturalismus, 
für den er Systemologie wünscht.) | 

Akademie der Wissenschaften in Wien. Philos.-hist. Klasse. Anzeiger 
76. Jahrg. 1939. Wien und Leipzig, Hölder-Pichler-Tempsky A.-G. 1940. 70 S. 
[Daraus seien genannt W. Ruth, Experimental-phonetische Untersuchung über 
die Dehnung kurzer Vokale im heutigen Englisch, S. 29—41; A. Wilhelm, Die 
Pyrophorie der Lemmier, S. 41—46; E. Kalinka, Sprachliche [aus 
dem Deutschen], S. 56—61.] | 
E Andriotis, N. P., 1. Die Ausdrucksmittel für „gar nichts“, „ein wenig“ 
und „sehr viel“ im Alt- Mittel- und Neugriechischen. Byz.-Neugriech. Jahr- 
bücher XVI (1939/40) 59—154. — 2. De quelques faits phonétiques du dialecte 
moderne de Samothrace. ?’Aoyxeio» tod Bonxınod Aaoypagixod xal yAwaoınod 
Inoavgoö rduoc ZT (1939/40) 153—208. — 3. Herganarınal Zoevvar zept vii 
gpúcewsş nal v. dtagxelas röv veoehAnvinay pornévtwy. ’Adnva N’ (1940) 86—97. 
— 4. TAwooını, Acoypapla. Aus "Aglegwpa: sis Kwos. "Auavrov. Athen 1940. 
30 8. [1 veranschaulicht auch anderwärts bekannte expressive Redeweisen an 
reichstem, oft kulturgeschichtlich reizvollem Stoff; in das gleiche Stoffgebiet ge- 
hört 4, reiche Sammlungen für das Adynaton für „nie“; 3, im Berliner Institut 
für Lautforschung entstanden, dessen Einrichtungen und Methoden für die griechi- 
schen Leser dargelegt werden, stellt experimentell Quantitätsunterschiede der 
neugriechischen Vokale nach dem Tonsitz fest; in 2 behandelt der Verfasser 
bes. Differenzierungserscheinungen bei Berührung von Vokalen nicht nur im 
Samothrakischen, sondern auch im Altgriechischen. Die vier Aufsätze geben 
eine höchst erfreuliche Anschauung der Richtungen neugriechischer SES 
schung und der persönlichen Bestrebungen des Verfassers.] 

Baecklund, Astrid, Die univerbierenden Verkürzungen der heutigen russi- 
schen Sprache. Inaugural-Dissertation. Universitätsbibliothek Uppsala 1940. 
142 8. 5 Kr. [In Rußland sind nach dem Weltkrieg zahlreiche neue Wörter 
aus den Abkürzungen mehrerer Begriffe entstanden, wie wir es auch in be- 


286 Zugesandte Druckschriften. 


‘scheidenem Umfang in der deutschen Sprache erlebt haben, z. B. in SA., Sipo 
usw. Der Entstehung, Geschichte und Bildungsweise der verschiedensten Kür- 
sungen geht nun die Verf. in ihrer ausgezeichneten Dissertation nach und sucht 
auch psychologisch die äußeren und inneren Triebkräfte zu begreifen. Dadurch, 
daß sie alle diese Erscheinungen in einen größeren Zusammenhang stellt, hat 
das Buch auch über das Russische hinaus seine Bedeutung. Fr. Specht.] 

Bartoli, Matteo, 1. Der italienische Sprachatlas und die Arealnormen. 
Zeitschr. f. Volkskunde N. F. X (1939). — 2. Der archaische Charakter des West- 
germanischen. Neophilologus XXIV 127—140. — 3. Le innovasioni preetniche 
nello slavo. III eme Congrès international des slavistes. Publ. de comité No. 2 
8. 71. — 4. Una norma dell’ albanese e del greco e la questione delle velari ario- 
europee. Rivista d’Albania I (1940) 234—260. — 5. I riflessi di afflare et con- 
Rare nell’ Italia meridionale. — Questioni di metodo. Atti della R. accad. delle 
scienze di Torino LXXV (1939/40) 1—44. [Auch hier kämpft der Verf. unter 
Heranziehung neuen Stoffes und mit reichen Literaturangaben für seine be- 
kannte Theorie (vgl. o. LXVII 102ff.), in 4 auch für sekundäre Entstehung der 
idg. Palatalreihe. In 5 verteidigt B. seine Methode auf romanistischem Gebiet.} 

Bense, J. F., A dictionary of the Low-Dutch element in the English 
vocabulary. Martinus Nijhoff, Haag 1926—1939. XXXII, 663 S. Geb. 32 Gulden. 
[Dieses Wörterbuch niederdeutscher Lehnwérter in der englischen Sprache ist. 
hochwillkommen. Da die Entscheidung, ob ein Lehnwort vorliegt, nicht immer 
leicht ist, gibt der Verf. in der Einleitung die Gründe an, die ihn zu seiner 
Annahme geführt haben. Bei jedem Einzelwort wird gewissenhaft das erste 
Vorkommen angemerkt, auch Wörter, die heute nicht mehr üblich sind, werden 
aufgeführt und als solche gekennzeichnet. Die vielen sachlichen Erörterungen 
heben das Buch über das rein Sprachliche weit hinaus und geben einen guten 
Einblick in das englische Geistesleben, in Kultur, Handel usw. Fr. Specht.) 

Beranek, Franz J., Die Jiddische Mundart Nordostungarns. Gedruckt. 
mit Unterstützung des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands. 
Brünn, Rohrer 1940. 5,50 RM. 58 S. [Das Vorwort weist nachdrücklichst auf 
den bohen Wert des von 10 Millionen gesprochenen Jiddischen für deutsche 
Sprachgeschichte, Mundartenkunde und Ortsnamenforschung hin und erhofft von 
dessen Studium eine Befruchtung der ganzen Sprachwissenschaft. „Als. Beispiel: 
einer Mundartmonographie, deren wünschenswerte Zahl nicht hoch genug an- 
geschlagen werden kann“, soll die Bearbeitung der ostjiddischen Mundart der über 
100000 Juden von Karpathenrußland dienen. Nach einer Einleitung wird ge- 
ordnetes Material für die Lautlehre geboten, für die Vokale 8. 17—41, für die 
Konsonanten S. 42—58. Mitbehandelt sind die hebräischen, slawischen, magyari- 
schen Lehnwörter. Auf Einzelheiten wie enk „euch“ u. A. kann hier nicht ein- 
gegangen werden.)] 

Bertoldi, Vittorio, Questioni di metodo nella linguistica storica. 
con esempi presi supratutto del dominio Latino e neolatino. Napoli, Stabilimente 
tipografico editoriale 1939. 335 8. [Die auch stilistisch sorgfältig ausgearbeiteten 
Vorlesungen eines Jahreskursus des Verf.s an der Universität Neapel beginnen 
mit einer geschichtlichen Betrachtung, in der bereits Gilliéron neben Schuchardt 
und de Saussure persönlich, das auslautende -s (wozu jetst Reichenkron u. S. 249) 
sachlich die Hauptrolle spielen. Die Hauptteile umfassen La geografia lingui- 
stica (gilliéroniana!) 8. 21—58, L'indagine storico-geografica dei fatti di lingua 
8. 59—136 und I criteri d'indagine storico-geografico applicati al latino S. 137 


Zugesandte Druckschriften. 237 


dis 292, dabei besonders Contatti fecondi con la civiltà mediterranea S. 198—207, 
Conclusioni und reichhaltige Indici folgen. Dem lesbar gehaltenen Text sind 
jeweilen bibliographische und andere Nachweise nachgeschickt. Den Latinisten 
geht besonders auch die Behandlung von au : 6 S.146—170 an.] 

Björck, Gudmund, HN ATAAZKWN. Die periphrastischen Konstruktionen 
im Griechischen. Uppsala, Almqvist (Leipzig, Harrassowitz) 1940. 139 8. 6 Kr. 
(= Skrifter utgivna av K. Humanistiska Vetenskaps-Samfundet i Uppsala 33 : 2.) 
[Ein willkommener Beitrag sur griech. Syntax: Abgrenzung der echten von der 
unechten, bes. adjektivischen Periphrase, Ablehnung semitischen Ursprungs für 
die im Präsens erst nachchristlich häufigere echte Periphrase eiu? zody | 

Bloch, Alfred, Zur Geschichte einiger suppletiver Verba im Griechischen. 
Diss. Basel. Basel, Waldstein 1940. 114 S. [Behandelt nach einer historisch- 
kritischen Einleitung besonders S. 22—82 elu: — Zëss, FAGow u. A., kürzer die 
dekanntere Suppletion bei Verba für „schlagen“ und „sehen“. Wichtig nicht 
nur für den Aspekt und Tempus, sondern auch für die Bedeutungsentwicklung 
der behandelten Verba. Vgl. das Wort- und Sachregister S. 112—117.] 

Bornemann, Eduard, 1. Odyssee-Interpretationen. Zugleich eine Ein- 
führung in die sprachlichen und sachlichen Probleme des Epos. Frankfurt a. M., 
Diesterweg 1940. IV, 168 S. 4,40 RM. — 2. Auswahl aus Homers Odyssee. 
A. Text (II, 85 S.). B. Wortkunde (179 S.). — 3. Auswahl aus Xenophons Ana- 
basis. A. Text (VIII, 48 8.). B. Wortkunde (IV, 748.). (2 und 3 = Diester- 
wegs Altsprachliche Schulausgaben Heft 1 und 2ff. 1940.) [Hier kommt besonders 
1 in Betracht, ein gerade auch in. sprachlicher Beziehung höchst erfreuliches, 
durchaus empfehlenswertes Arbeitsbuch für den reifen Schüler, aber auch für den 
Studenten und Lehrer. Es betrifft etwa 2000 Verse aus a, e, 2, 4, „ und ent- 
hält auch nähere Erörterungen zur Wortkunde. Wie im Literarischen und Sach- 
lichen bietet es auch im Sprachlichen manches Neue, dessen Verwertung durch 
Register erleichtert wird.] 

Bouda, Karl, Beiträge zur kaukasischen und sibirischen Sprachwissen- 
schaft. 3. Das Tabassaranische. Leipzig, Brockhaus 1939. 125 S. (= Abhand- 
lungen für die Kunde des Morgenlandes XXIV 1). [Bespricht die ganze Gram- 
matik dieser südostkaukasischen Sprache, kurz auch den Satzbau § 106, auf 
Grund von zwei Druckschriften. Den Schluß machen ein Text und drei Ver- 
aeichnisse: Affixe, Verba, andere Wörter.] 

Bulanda, Edmund, Etrurja i Etruskowie. Lwöw 1934. XXVI, 467 S. nebst 
2 Karten. [Das leider polnisch geschriebene Werk enthält eine Übersicht über 
die wichtigste Literatur als Einleitung. Dann folgt in zwei Teilen Herkunft, 
Geographie, Staatswesen, Religion und Sprache und Architektur, Malerei, bildende 
Kunst und Kunstgewerbe. Alles in sauberem Druck und guten Abbildungen, die 
man selten wieder so an einer einzigen Stelle wird vereinigt finden. Th. Kluge.] 

Byzanz, Neugriechenland und die europäische Türkei. Bücherkatalog 
Nr. 477 von Otto Harrassowitz, Leipzig. 1571 Nummern. 

Vme Congrés International des Linguistes 28 aoft—2 septembre 1939. 
Premiére publication: Réponses au Questionnaire. 104 8. mit 538. Suite. 
Deuxiéme publication: Rapports. 149 8. Bruges, Imprimerie St. Cathérine. 
[Von den Druckschriften, die den abgesagten Brüsseler Kongreß vorbereiten 
sollten, enthalten die Réponses Äußerungen über die Wurzeltheorie, die innere 
Sprachform, die Gemeinsprache, das Substrat, die morphologische Struktur, die 
poetische Sprache, die idg. Dialekte, die Verwandtschaft der german. Sprachen 


238 Zugesandte Druckschriften. 


u.a. von einer größeren Anzahl von Forschern, die Rapports die geplanten, teil- 
weise referierenden Vorträge von Duchesne-Guillemin (Wurzeln), Sauvageot (Zwei- 
sprachigkeit), Pintelon (Gemeinsprache), Bartoli (Substrat), Hjelmslev (Struktur), 
Mukafovsky (poetische Sprache), Arntz (idg. Dialekte, mit Beiträgen von Specht), 
Martinet (Verwandtschaltsverhältnisse der german. Sprachen).] 

Covorbiri literare; 8. o. LXVI 270. [Jahrgang 72, Nr.6—12 und 73, 
Nr. 1—3 enthalten ausschließlich literarische Aufsätze.] 

Debrunner, A., Aus der Krankheitsgeschichte des Genitivs. SA. aus 
Berner Schulblatt 1939/40, Nr. 39/41. 29 8. [Launiger Vortrag besonders über 
den Gen. „in der heutigen nhd. Schriftsprache“ S. 9—22 und in der Schweizer 
Mundart; als besonders alt und zäh gilt dem Verf. der partitive Gen. Plur.] 

Detschewv, D., Antični pametnici vo Bolgarija. Bulletin de l'Institut 
archéologique bulgare XII (1939) 281—301 mit deutschem Resumé 301—303 
[24 griechische und 3 lateinische Grabschriften, teilweise mit thrakischen Namen; 
Nr. 1 fda», 12 Çõovoa, 2 brondıw.] 

Devoto, Giacomo, Storia della lingua di Roma. Bologna, L. Cappelli. 
429 S. mit 15 Tafeln und Karten. 55 Lire. [Der prächtig ausgestattete Band 
bildet den 23. Band der vom Istituto di studi Romani hg. Storia di Roma. Der 
Gegenstand wird in 11 Kapiteln behandelt: I. Le origini indoeuropee del latino. 
II. Le origini mediterranee. I Protolatini in Italia. III. L'età arcaica. IV. L'età 
di Plauto. V. L'età di Cicerone. VI. II latino in Italia. VII. Da Augusto à 
Quintiliano. VIII. L'età argentea. IX. Il latino dell’ Impero. X. L'età cristiana. 
XI. Il latino dopo la fine dell’ Impero. Der erste Teil des Anhangs (8.371—381) 
gibt die theoretische Grundlage der Behandlungsweise, der zweite eine biblio- 
graphie raisonnée (S. 383—397); der Rest entfällt auf Indici usw. Die klare und 
gepflegte, nirgends überladene Darstellung der lateinischen Sprachgeschichte in 
ganzer Breite, einschließlich Syntax und Wortschatz, wendet sich an Philologen 
und Liebhaber des Lateinischen, bietet aber auch dem Sprachforscher sehr viel 
und auch Neues, nicht nur in den drei ersten oder im sechsten Kapitel. Mit Devotos 
Werk besitzt die italienische Literatur ein Gegenstück zu Meillets Aperçu d'une 
histoire de la langue latine, das über sein Vorbild hinausführt.] 

Dornseiff, Franz, Der deutsche Wortschatz nach Sachgruppen. Begister. 
Berlin, W. de Gruyter 1940. 588. 1,60 RM. [Der zweiten unveränderten Auf- 
lage des Werkes beigegeben, kann das Register auch den Besitzern der ersten 
dienen als Ersatz des Stichwortverzeichnisses 8. 499—509.] 

Ddpns, Bact., Halasoygayına soi npırına els row “Hodycos. d'H 
M® 1939, 8.3—48. [97 Bemerkungen zu Hesych, bes. auf Grund der neu- 
griechischen Sprachüberlieferung. S. 43—48 &niuergov über oxytone Adjektiva 
auf de neben barytonen Substantiven.] 

Finzenhagen, Ulrich, Die geographische Terminologie des Griechischen. 
Diss. Berlin. Würzburg, Triltsch 1939 (richtig 1940). VI, 159 S. (auch in Buch- 
ausgabe, 158 8.). [Nach allgemeinen Vorbemerkungen wird der idg. geographische 
Wortschatz in sachlicher Ordnung dargestellt und beurteilt; nach einer Vor- 
bemerkung über die Quellen und einem Rückblick auf den im Griechischen er- 
haltenen idg. geographischen Wortschatz folgt die Besprechung der griechischen 
Neubildungen ebenfalls in sachlicher Ordnung. Überall ist der Bestimmung der 
Bedeutungen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Schlußkapitel bespricht 
vorsichtig die Möglichkeiten einer relativen Chronologie des griech. geograpbi- 


Zugesandte Druckschriften. 239 


schen Wortschatzes. Sehr dankenswert ist auch der Index der behandelten ‚griech. 
Wörter S. 155—158.] 

Fitzhugh, Thomas, The Aryan voice. University of Virginia, Bulletin of 
the school of Latin. Sec. ser. No. 8, whole number 18, 7 S. 50 Cent. 

Fraenkel, Ernst, Zur umbrischen Sprachgeschichte. Filologu biedribas 
rakstu 20 (Rigä 1940) 25 S. [Wichtige, teils bestätigende, teils anders fassende, 
Einzelausführungen im Anschluß an die Ausgabe der iguvinischen Tafeln von 
Devoto. Die S.7—10 ausführlich begründete Erklärung von kukehes und cehefi 
leuchtet mir sehr ein; steht sie doch in knapperer Form genau so ‘schon in 
meiner Besprechung von Bucks Grammar of Oscan and Umbrian in der Berl. 
philol. Wochenschr. 1905, Sp. 1223f.] 

Frisk, Hjalmar, 1. Gratus, gratia und Verwandtes. Eranos XXXVIII 
(1941) 26—30. — 2. Zur griechischen Wortkunde. Ebd. 36—46. [I. grates agere 
war eigtl. „Lob, Beifall spenden“; gratus „dankbar“ beruht auf ingratus „cui 
nibil gratum est“. 2. behandelt xaAxo- und inzoxopvoris, Ze ovveoymð, xe- 
phAcov, dAxds, adrog.] 

Friedrich, Johannes, Hethitisches Elementarbuch. 1. Teil. Kurzgefaßte 
Grammatik (Idg. Bibl. 1. Abt. Samml. idg. Lehr- und Handbücher, 1. Reihe, Gram. 
Bd. 23,1). Heidelberg, C. Winter 1940. 108 S. Brosch. 6 RM. [Es ist auf das 
wärmste zu begrüßen, daß wir endlich eine heth. Grammatik in deutscher Sprache 
haben. Da sich der Verf. seit langem auf diesem Gebiet hervorragend betätigt 
hat, bürgt er für die Güte der Arbeit. In knappster Form auch unter Bertick-. 
sichtigung von Wortbildung und Syntax wird hier alles, was der Lernende 
braucht, in zuverlässiger Weise geboten. Man hätte vielleicht hie und da, wo- 
die Lesung nicht sicher ist, neben der Umschrift auch die Wiedergabe der Keile 
gern gesehen, damit der Leser eine selbständige Kontrolle hat. So muß er sich 
ganz der Führung des Verf.s anvertrauen. Hoffentlich folgen nun bald auch 
ausgewählte Lesestücke, so daß dann ausreichende Hilfsmittel zur Erlernung des 
Hethitischen zur Verfügung stehen. Fr. Specht.] 

Tewgyandas, Anp. Iwavy. 1. Suppody els thv doumvelav e xasad- 
swav -aọi xal -ını. ’Ayıdgwpa cis Kwvor. "Auarsov. “Adjvas 1940, 419—434. 
— 2. *Erupodoysxal diavaphoeıs. Aeinoyeag. AeAslov tç “Axadyplas ’Adn- 
väv I (1939) 73—88 (erschienen 1940). [1 S. 419—423 der nicht nur direkt aus 
lat. -arium, sondern öfters griechische Bildung zu allerdings entlehntem dee, 
z. B. a ard zu rde; 423—434 Zut nicht aus lat. -icium, sondern teils von 
Fällen, wie zegdixcow abgelöst, teils zu én, 2 enthält I (S. 73—83) & (aus. 
Vok. steil, noviged, podeyos, pavovelr, Kalau(p)dıa, Kacoagesd — Kawapıann, 
Xaord. II (S. 83 — 88): Der Numeruswechsel 40% — Ac, Offa — Opa, 
Idi gat — Ildioa erklärt sich, indem in eis tiv di “ADGvas der Akk. Pl. 
als Gen. Sing. verstanden wurde.] 

Georgiev, Vlad., Das Schicksal der indogermanischen o-Deklination im 
Etruskischen. Sofia 1939. 50 S. (Annuaire de l'université de Sofia, fac. hist. 
philol. XXXV 8). I, Das Etruskische ist eine echt indogermanische Sprache“ 
und zwar ein späterer Dialekt des Vorgriechischen Pelasgischen — Urillyrischen = 
Trojanischen, eines Dialektes der thrakisch-illyrischen Sprachgruppe; vgl. o. LXV 
287. Kxkurs II behandelt Trauser, Thraker, Troer, Etrusker, die alle das gleiche 
Namenselement enthalten sollen.] 

Gerov, Boris, Die Wiedergabe des griechischen ꝓ und des griechischen f- 
Lautes im Altbulgarischen. Studia historico-philologica Serdicensia I (1938) 


240 Zugesaudte Druckschriften. 


125—134. [Slav. sp statt griech. op durch spätgriech. Aussprache, so ist auch 
sås Bowinloons durch pinik- wiedergegeben; auch skoref- statt owoenios 
beruht auf griech. Aussprache; griech. A wird als ¢ und f aufgefaßt; weiter über 
die Wiedergabe von sv av, über sv für op u. a.] 

Govori i predavanja. Discours et conférences. III ien congrès inter- 
national des slavistes 1939. Publications du comité d’organisation No. 4. Beo- 
grad. 151 S. [Hier heraussuheben: Fr. Ramovš, Obči momenti iz rasvoja slo- 
venskega jezika 37; A. Mayer, Die zeitliche Bestimmung der urslawischen 
Periode 45; A. Isalenko, Poterja glagol’nych form v russkom jasyke 56; 
P. Skok, L’6tude des traits communs des langues balkaniques provenant du slave 
en tant que le fondement de la linguistique balkanique 79; N. van Wijk, L'étude 
comparative des systèmes phonologiques des langues slaves 28.] 

Gerschewitsch, Ilja, T, -TI-, - TO.-Suffiasi di „nomina actionis“ in 
composti Omerici et Rigvedici. Studi ital. di filol. class. N.S. XV (1938) 131—161. 
173—192. [Behandelt zuerst f-, dann -f- und fi-, in der Absicht, alle als ur- 
sprüngliche nomina actionis nachzuweisen; vgl. die Komposita mit -es S. 189 fl.] 

Gottschald, Max, Die deutschen Personennamen. Samml. Göschen Bd. 422. 
Berlin, W. de Gruyter 1940. 134 8. Geb. 1,62 RM. [Der durch seine Deutsche 
Namenkunde und wortgeschichtlichen Arbeiten bekannte Verf. hat hier in vor- 
bildlicher Weise unser Wissen über die Entstehung und Bedeutung der deutschen 
Personennamen kurz zusammengefaßt. Da durch die verstärkte Sippenforschung 
die Frage, was ein Name bedeutet, weite Volkskreise beschäftigt, kann das Buch 
jedem, der sich schnell über die Herkunft der Familiennamen unterrichten will, 
warm empfohlen werden. Fr. Specht.] 

Graur, A., 1. Bulletin linguistique publié par A. Rosetti VII (1939) 
105—192. — 2. La quatrième conjugaison latine. Bull. Soc. Lingu. XL (1939) 
127—150 [1 enthält mannigfaltige Beiträge zur rumänischen Sprachwissenschaft, 
8. 105—114 über einige Typen von Personennamen; 2. betrachtet auf Grund 
einer historischen Übersicht der Verba auf -ire und ihrer Ableitungen diese im 
ganzen als sekundär für Verba mit ,, die Denominativa auf re als Nachbil- 
dungen zu -äre.] | 

Grégoire, Ant., Edmond — Puxi — Michel. Les prénoms et les surnoms de 
trois enfants. Liège et Paris 1939. 188 S. (= Bibliothèque de la Faculté de 
Philosophie et Lettres de l'Université de Liège. Fasc. LXXXVI). [Fortsetzung 
der kindersprachlichen Studien des Verf.s o. LXIV 281. „Puxi“ ist nur Bericht 
über die Stadie von L. Spitzer; „Edmond“, ein Sohn des Verf.s, erhielt im ganzen 
etwa 50 Kosenamen, wenig im Vergleich sum Enkel „Michel“, dem die süd- 
französische Mutter etwa 1000 Namen gab und dabei 500 Suffixe verwendete. 
Das unterhaltende Buch ist wichtig für Onomatologie und Wortbildung.) 

Hermann, Eduard, Jacob Wackernagel. Nachrichten von der Gesellschaft 
der Wissenschaften zu Göttingen, Jahresbericht über das Geschäftsjahr 1938/39. 
8. 76—89. 

— 1. Althochdeutsche Kleinigkeiten. — 3. „Jeder einzelne" in den ger- 
manischen Sprachen. Nachrichten usw., Philolog.-hist. Klasse, Fachgruppe IV, 
N. F., Bd. III Nr. 3 S. 37—51 und Nr. 7 S. 173—206. 1940. — 3. Sprache und 
Erkenntnistheorie. Nachrichten usw., Philolog.-hist. Klasse, Fachgruppe III, 
Bd. III Nr. 3 und 7, N. F., Bd. II Nr. 4 8. 95—113. 1940. — 4. Sind der Name 
der Gudden und die Ortsnamen Dansig, Gdingen und Graudenz gotischen Ur- 
aprungs? Nachrichten von der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 


Zugesandte Druckschriften. 241 


Philolog.-hist. Klasse, Jahrgang 1941, Nr. 1 (zugleich Fachgruppe IV, N. F., Bd. 3 
Nr. 8) S. 207—291. [Die meisten Leser wird 4 finden, worin in weitausgreifenden 
Untersuchungen die gestellte Frage bejaht wird, freilich überall mit Bedenken.] 

Holt, Jens, Les noms d’action SI? (-TIZ). Études de linguistique gree- 
que. Universitets-orlaget i Aarhus 1940. 198 S. [Stellt die Aspektbedeutung 
dieser Bildungen in den Vordergrund und ist daher auch für die Syntax wichtig. 
Auf eine allgemeine Einleitung folgen drei morphologische Kapitel, die vier fol- 
genden gelten Homer, Hesiod und den Lyrikern, den Ionikern und Attikern. Auf 
ein französisches und ein dänisches Resumé folgt der Index 181—194.] | 

Hrkal, Eduard, Einführung in die mitteleuropäische Zigeunersprache mit 
Wörterverzeichnis. Leipzig, Otto Harrassowitz 1940. 102 8. [Kurze Übersicht 
der grammatischen Hauptpunkte (S. 10—32) und Deutsch-Zigeunerisches Wörter- 
buch (S. 33—100). Das Buch wendet sich besonders an solche, deren Beruf eine 
Kenntnis der Zigeunersprache wünschenswert macht. Für eine N eusuflage wären 
einige kurze Lesestücke nützlich. H. Oertel.] 

Hrozny, Bediich, Die älteste Geschichte Vorderasiens. Prag 1940. Allein- 
vertrieb für Deutschland C. F. Schulz & Co., Plauen (Vogtl.). 172 S. Geb. 10 RM. 
[Das Buch ist ursprünglich Zechisch geschrieben und vom Verf. selbst in das 
Deutsche übertragen worden. Dabei ist ein kleines Kapitel über die Entzifferung 
der kretischen Schrift neu hinzugefügt worden. Wir erhalten eine gute, knappe 
Zusammenstellung über die Geschichte Vorderasiens bis in das 2. Jahrtausend 
und lernen die verschiedensten Völker, Sprachen und Kulturen von der Ägäis im 
Westen bis nach dem Iran im Osten kennen. Bei dem ungeheuren Fortschritt, 
den unsere Kenntnisse vom alten Orient in den letzten Jahrzehnten genommen 
haben und weiter nehmen, muß man aber damit rechnen, daß manches von dem, 
was hier vorgetragen ist, berichtigt werden muß. Für den Augenblick gibt aber 
das Buch trotz gewisser, nicht bewiesener Behauptungen des čech. Forschers gut 
den Stand der Forschung wieder. Fr. Specht.] 

Hubschmied, J. U., Über Ortsnamen des Amtes Frutigen. Hg. von der 
Heimatkunde-Vereinigung Frutigen 1940. 61 S. [Hauptabschnitte: Gallische 
Namen 1—11, romanische 11—27, germanische 27—53; es folgen Nachwort, An- 
merkungen und Index.] | 

— 1. Deux noms de rivière gaulois. Actes et mémoires du premier Con- 
grès international de toponymie et d’anthroponymie. Paris 1938. 68. — 2. Ro- 
manisch -tco, -anco. Mélanges A. Duraffour. Romanica Helvetica XIV (1939) 
211—270. Zürich und Leipzig, Niehans. [Die Orbe hieß im ganzen Lauf einst 
auch Thièle, d. Zihl — mit burgundischem 1 —; beide Namen bedeuten „(gött- 
liche) Kuh“. 2. -inco und -anco sind nicht ligurisch, sondern germanisch.] 

Soupis prací Odricha Hujera k jeho Sedesdtce v listopadu 1940. Vydal 
Pražský linguisticky kroužek. V Praze 1940. 44 S. [Musterhaft gearbeitete, 
nach Jahren angeordnete Bibliographie, mit alphabetischem Register der Ver- 
fasser der besprochenen Schriften.] 

Hummelstedt, Eskil, Östsvenska verbstudier, morfologisk-semologisk under- 
sökning. Inkoativa verb på na och verb med -, Z-, r-, s- eller ¢- suffix i Närpes- 
mälet. Helsingfors 1939. 1578. [Die Herausgabe der Arbeit hat sich durch den 
finnisch-russischen Krieg, an dem der Verf. teilnahm, um ein Jahr verzögert. Er 
behandelt in gründlicher und sorgfältiger Untersuchung eine Reihe von Verbal- 
typen im Ostschwed., wie es an der Südwest-Küste Finnlands gesprochen wird. 
Im Mittelpunkt steht die Mundart von Närpes. Aber auch andere Dialekte sind 

Zeitschrift für vergl. Sprachf. LXVII 8/4. 16 


242 Zugesandte Druckschriften. 


mitherangezogen. Das meiste Material hat der Verf. selbst seit 1930 gesammelt. 
Die Art der Wortbildung und Bedeutung steht bei der Untersuchung im Vorder- 
grund. Daneben wird die Etymologie gebührend berücksichtigt. Für die Verben 
auf -na stellt der Verf. wesentlich eine inchoative, für die auf Z- (Typ ahd. 
stammalön), r- (Typ ahd. wackarön) und k- (Typ ahd. ppi) eine iterative, 
seltener diminutive, für die auf s- (Typ got. katizon) und t- (Typ ahd. (k)naf- 
fezen) eine iterativ-intensive Bedeutung fest. Aber nicht immer läßt sich diese 
scharfe Scheidung durchführen. Bezeichnend ist der häufige Gebrauch dieser 
Verben bei besonders starken Gefühlsbetonungen. Fr. Specht.] 

Huth, Otto, Der Lichterbaum. Germanischer Mythos und deutscher Volks- 
brauch. 2. Aufl. 1940. (Deutsches Ahnenerbe, Reihe B. Fachwissenschaftliche 
Untersuchungen: Abt. Arbeiten für idg. Glaubensgeschichte Bd. 1.) [Das Buch 
gehört wesentlich der Volkskunde an und steht nur am Rande der Sprachwissen- 
schaft. Aber der Verf. stellt sich das hohe Ziel, den Nachweis zu führen, daß 
der Lichterbaum in die idg. Urzeit zurückreicht. Bei dem lückenhaften Material, 
das bisher vorliegt, läßt sich das noch nicht einwandfrei zeigen. Aber mit der 
Möglichkeit, daß der Beweis einmal gelingt, ist zu rechnen. Da das Buch über 
Erwarten schnell von neuem aufgelegt werden mußte, hat der Verf. das sich 
ständig mehrende Material noch nicht voll verarbeiten können. Hoffentlich wird 
eine 3. Auflage ihn seinem Ziel etwas näher bringen. Fr. Specht.) | 

Johannisson, Ture, Verbal och postverbal partikelkomposition i de Ger- 
manska spräken. Lund 1939. 381 S. [Der Verf. behandelt ein stark vernach- 
lässigtes Gebiet des Bedentungswandels. Ihn beschäftigt die Frage, wie die 
german. komponierten Adjektiva, deren 1. Glied eine Partikel oder Präposition 
ist und den Sinn des betreffenden Adjektivs verstärkt, zu ihrer Bedeutung ge- 
langt sind. In einer sehr gründlichen und umsichtigen Untersuchung, die sich 
wegen des allzugroßen Umfangs auf einige verstärkende Partikeln beschränken 
muß, sucht er die Entstehung trotz scheinbarer Übereinstimmungen wie lat. per 
in permagnus und an. for in fortoitri „sehr klug“ usw. nicht im Idg., sondern 
erst einzelsprachlich. Er sieht den Ausgangspunkt in der Verbalkomposition. 
Von hier aus und zwar aus dem Partizip wäre die Bedeutung auf das dem 
Sinne nach oft nahestehende Adjektiv übertragen worden, wie etwa in schwed. 
athungrig „susgehungert“ aus dem gleichbedeutenden Partizip uthungrad. Hier 
und an vielen anderen Stellen kann er diese Annahme durch das spätere Vor- 
kommen der adjektivischen Bildungen wahrscheinlich machen. Aber selbst wenn 
noch Zweifel bleiben, der Beweis nicht immer eindeutig zu führen ist und hie und 
da auch Einwendungen zu erheben sind, so bleibt das Buch allein schon durch 
die Materialsammlung namentlich aus den nord. Sprachen wertvoll. Fr. Specht.] 

Kainz, Friedrich, Psychologie der Sprache I. Grundlagen der allgemeinen 
Sprachpsychologie, 1941, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart. XII + 373 8., geb. 
16, 80 RM. [Dieser erste Band des anregenden, aus Vorlesungen an der Wiener 
. Universität erwachsenen Buches behandelt 1. Wesen, Ziele und Aufgaben, Ar- 
beitsrichtungen und Verfahrensweisen der Sprachpsychologie; 2. Das Wesen der 
Sprache (Zeichennatur der Sprache, Aufbau des sprachlichen Zeichensystems, 
Sprache und Anschauung, Sprechen und Denken); 3. Die Leistungen der Sprache: 
Primäre (monologische und dialogische) Sprachfunktionen; sekundäre Sprach- 
funktionen (ästhetische und ethische Sprachfunktionen, das magisch-mythische 
Verhältnis zur Sprache, die logisch-alethischen Sekundärfunktionen); 4. Die Ent- 
stehung der Sprache. Besonders zu beachten ist das Bestreben des Verte die 


Zugesandte Druckschriften. 243 


Sprachpsychologie in engste Verbindung zu setzen nicht nur mit sämtlichen 
Richtungen und Teilgebieten der allgemeinen Psychologie, sondern auch mit 
Ethnologie, Kulturkunde, Gesellschaftslehre, Anthropologie, genetischer Zoologie, 
Paläobiologie, Prähistorie, Sprachpathologie und deren medizinischen Grundlagen 
(Neurologie und Psychiatrie), wobei sich manche neue Ausblicke eröffnen. Auch 
der Philologe und vergleichende Sprachforscher wird das Buch mit Nutzen lesen 
und mannigfaltige Anregungen daraus schöpfen können. H. Oertel.] 

Kluge, Theodor, Die Zahlenbegriffe der Völker Americas, Vorderasiens, 
der Munda und der Palaioafricaner; ein dritter Beitrag zur Geistesgeschichte 
des Menschen. 1939. 736 S. und 30 Karten und Die Zahlenbegriffe der Dravida, 
der Hamiten, der Semiten und der Kaukasier [mit Etruskern, Basken usw.]; ein 
vierter Beitrag sur Geistesgeschichte des Menschen. 1941. 65 8., 5 Karten. 
Maschinenschrift; Selbstverlag des Verfassers (Berlin-Steglitz, Feuerbachstr. 63). 
{Fortsetzung der o. LXIV 282 und LXVI 272f. genannten weltweiten Arbeit des 
Verfassers. Wer den Ozean der Wortlisten durchquert, stößt gelegentlich auf 
eine erörternde Insel, so im dritten Teil — von dem hochinteressanten Vorwort 
abgesehen — 8. 2ööff., wo z. B. über 1 und 2, 8.325 über die Null, S. 440 
Eskimozahlen, S. 455 Abzugzahlen, S. 474 Klassifikation, S. 639—649 Zusammen- 
fassung über die amerikanischen Sprachen, S. 693 Samojedisch und Idg. Der ge- 
ringere Umfang des vierten Teils erklärt sich teils aus sachlichen Gründen, teils ` 
daraus, daß die Behandlung einzelner Fragen auf die Fortsetzung verschoben ist.] . 

— Das ossische Siedlungsgebiet. 1940. 81 S. (Maschinenschrift) mit zwei 
großen Karten. Selbstverlag usw. [Auf das methodisch und kulturgeschichtlich 
interessante Vorwort folgen zuerst 8. 5—19 die fast durchaus nur georgischen 
Orts-, Berg- und Flußnamen aus der Geographie des Georgiers Wakusti von 1748, 
dann das Verzeichnis nur der Orte des amtlichen Verzeichnisses S. 20—23 und 
der darin fehlenden der — bedenklichen — russischen zaristischen Generalstabs- 
karte 8. 23—27, dann ein Verzeichnis der Berge, Pässe, Gletscher, Flüsse, Seen 
und Kurgane nach der Karte 8. 27—42, weiter sonst nicht bekannte geogra- 
phische Namen aus Hahn 1910 und dem Wörterbuch von Ws. Miller S. 43—47, end- 
lich ein Verzeichnis der Orte, für die im amtlichen Verzeichnis Ossen als Ein- 
wohner angegeben werden, S. 52—81 — nach der aufschlußreichen Einleitung 
S. 47—51; ossisch sind nur die Namen auf S. 52—569, andere sind russisch, tata- 
risch, georgisch, auch iran. oder armen. Lehnwörter. Den Namen sind nach 
Möglichkeit Erklärungen beigegeben. 8. 8 steht der verheißungsvolle Satz: „Vor- 
liegende Arbeit bringt den ersten sicheren Nachweis über einen Weg, den die 
indogermanische Völkerwelle nach Persien und Indien genommen hat“; aber nach 
8. 51 sind die Ossen erst unter dem Drucke von Tataren und Mongolen vom 
Norden in den Kaukasus eingedrungen, wie allgemein angenommen wird!] 

Knoch, Aug., 1. Die Verwendung von Bruchzahlen in der älteren irischen 
Literatur. Zeitschr. f. kelt. Philol. XXII (1940) 39—53. — 2. Ein irischer Sonder- 
fall von Epizeuxis. Ebd. 54—57. [1 ist typisch im Recht und in der Poesie 
und beleuchtet z.B. auch die „Quintessenz“, 2 gehört zu den typischen Wieder- 
holungen der Poetik.] 

Kodzu, Harushige, 1. Dasosıupgosos. SA. 8.59—71. — 2. A Study in the 
History of the Arcadian Dialect. Opuscula sodalium Societatis Studiorum Graeco- 
Latinorum I. Tokyo 1940. 8.3—37. [1 wesentlich referierend; Verf. erklärt 
den Typus 9. nach Meillet vom Desiderativ mit s aus; Zort sekundär oder Er- 
weiterung von . 2. bespricht mit guter Literatur- und Quellenkenntnis neuere 

| 16* 


244 Zugesandte Druckschriften. 


Anschauungen über die Stellung der „vordorischen“ Dialekte; Arkadokyprisch, 
Äolisch, Ionisch waren einst eine Einheit, in der zuerst das Ionische eine Sonder- 
stellung gewann. Zuerst kamen die Arkader nach dem Peloponnes und über- 
nahmen dort die kretische Zivilisation. Durch Mischung der Arkader und Äoler 
entstanden die Achäer; später kamen die Ionier nach dem Peloponnes.] 

Konow, Sten, Khotansakische Grammatik mit Bibliographie, Lesestticken 
und Wörterverzeichnis. Mit einer Schrifttafel (Porta Linguarum Orientalium, 
Sammlung von Lehrbüchern für das Studium der orientalischen Sprachen, hg. 
von Richard Hartmann, XII). Leipzig, Otto Harrassowits. 1940. 130 8. [Vor- 
sügliche kurze Einführung in die khotansakische Grammatik, für die dem Verf. 
der Dank aller Indologen sicher ist. Dazu fünf Seiten Bibliographie, Lesestiicke 
aus sechs verschiedenen Texten mit sorgfältigem Glossar. H. Oertel.] 

— A medical text in Khotanese Ch. II 003 of the India Office Library, 
with translation and Vocabulary (Avhandlinger utgitt av Det Norske Videnskape- 
Akademi i Oslo II Hist.-Filos. Klasse 1940, No. 4). Oslo 1941. 104 S. [Lateinische 
Transkription, englische Übersetzung und Wörterverzeichnis des von Bailey, Codices 
Khotanenses (Kopenhagen 1938) in Faksimile publizierten Textes. Wichtig für die 
Geschichte der indischen Medizin und für die khotanische Lexikographie. H. Oertel.} 

Krause, Wolfgang, Ziu. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht. 1940. (Nach- 
zichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Philol.-hist. Klasse, 
Fachgruppe XV, N. F., Bd. III Nr. 6 S. 155—172.) [Für die Zurückführung auf 
idg. *dejyos „Gott“ .] 

Krenn, Ernst, Föroyische Sprachlehre (Germ. Bibl. I Abt. Samml. germ. 
Elementar- und Handbücher, 1. Reihe: Grammatiken 22). Heidelberg, C. Winter 
1940. 139 8. Brosch. 6,50 RM., geb. 8 RM. [Für den Sprachforscher ist diese 
Mundart des kleinsten nordischen Volkes, das seit dem 9. Jahrh. von seinem 
Mutterlande losgerissen ist, deshalb von Wichtigkeit, weil sich hier die Sprache 
fast in völliger Abgeschlossenheit von den übrigen nordischen Dialekten ent- 
wickelt hat. Die Darstellung der Sprachlehre ist rein schulmäßig. Große wissen- 
schaftliche Ansprüche darf man an das Buch nicht stellen. Da es aber in Deutsch- 
land kaum ein Werk zur Erlernung des Föroyischen gibt, wird man es benutzen 
müssen. Fr. Specht.] 

Kuryłowicz, J., Intonation et morphologie en slave commun. Rocznik 
slawist. XIV (1938) 1—66. [Neubehandlung der slawischen und baltischen Ak- 
zentuation vom morphologischen Standpunkt; Zusammenfassung S. 62ff.] 

van Langenhove, George, Linguistische Studien II (Essais de lingui- 
stique Indo-européenne). Rijksuniversiteit te Gent, werken uitgegeven door de 
faculteit van de wijsbegeerte en letteren, 87. aflevering. Antwerpen 1939. 151 8. 
85 Frank. [Das einigende Band der vier sonst nicht in Beziehung stehenden 
Abhandlungen 1. Sur quelques racines indo-eur. du type *azeu-, 2. Le nom de 
la nouvelle mariée en Indo-eur., 3. Sur l'interprétation de quelques noms de per- 
sonnages divins, 4. Notes pour une théorie de la racine ist die Anwendung von 
Benvenistes Wurzeltheorie auf vier besondere Fälle. Wer an Benvenistes Lehre 
nicht glaubt, wird auch die Ansichten L.s ablehnen müssen. Man kann dem be- 
gabten Verf. einen großen Scharfsinn nicht absprechen. Aber ehe Benvenistes 
Lehren nicht besser begründet sind, hängen auch seine Ausführungen in der 


Luft. Fr. Specht.] 
Lejeune, Michel, Observations sur la langue des actes d’affranchissements 


delphiques (= Coll. linguistique XLVII). Paris, Klincksieck 1940. 1618. [Be- 


Zugesandte Druckschriften. 245 


handelt in statistischer Verarbeitung mit vielen Tabellen unter voller Berück- 
sichtigung der Chronologie in Kap. II und III zwei auch syntaktisch wichtige 
Formeln der Freilassungsurkunden, die konsekutive und die kondizionale; Kap. IV 
gilt dem Unterschied zwischen rol vdervesc und of dr u. a. in der Zeugen- 
formel, Kap. V den Imper. Plur. und den Dativformen auf or und og, Die Ein- 
leitung (Kap. I) spricht von den Quellen; das Schlußkapitel VI faßt zusammen 
und zieht methodische Folgerungen für eine sprachliche Gesamtbehandlung der 
delphischen Freilassungsurkunden, von der die Schrift des Verf.s eindrucksvolle: 
Proben gibt.] 

Lexer, Matthias, Mhd. Taschenwörterbuch. 22., überarbeitete Aufl. Leipzig, 
S. Hirzel 1940. 343 S. Brosch. 8 RM., geb. 9,50 RM. [Das durch viele Jahr- 
zehnte bewährte Lexersche Taschenwörterbuch des Mhd. ist seit einigen Jahren 
durch E. Henschel und R. Kienast in immer neuen Auflagen bearbeitet worden. 
Dabei wurden viele Versehen berichtigt und der Wortschatz vermehrt. Auch die 
letzte, jetzt erschienene Auflage hat im einzelnen manche Verbesserungen er-- 
fahren. So wird das Buch in der vorliegenden Gestalt nicht nur Germanisten, 
sondern auch den Nachbarwissenschaften, die sich mit dem Mhd. beschäftigen 
müssen, weitere gute Dienste leisten. Fr. Specht.] 

Meijerbergs Arkiv för Svensk ordforskning, utgivet af styrelsen för Meijer- 
bergs institut vid Göteborgs högskola. Bd. II. Göteborg 1939. 148 S. Bd. III. 
1941. 160 S. Preis des Bandes 3 Kr. [Dem 1. Bd. dieser neuen schwed. Zeit- 
schrift, die ganz aus der Feder des hervorragenden Sprachforschers und glän- 
zenden Etymologen Ewald Lidén stammte, sind nunmehr zwei weitere Bände 
gelolgt. Außer dem inzwischen verstorbenen Liden kommen eine ganze Reihe 
schwedischer Forscher zu Wort. Die eigentlichen wortgeschichtlichen und etymo- 
logischen Arbeiten beschränken sich fast ausschließlich auf das Schwedische. 
Aber das übrige Nordische und auch das sonstige Germ. wird im weitesten Sinne 
mitherangezogen. Für die schwed. Sprache kann die Zeitschrift eine hnliche 
Bedeutung gewinnen wie einst die Zeitschr. f. deutsche Wortforsch. für die 
deutsche. Fr. Specht.] 

Meyer, Karl H., Altkirchenslavische Studien. I. Fehlübersetzungen im 
Codex Suprasliensis. Schriften der Königsberger Gelehrten Gesellschaft 15/16. 
Jahr Geisteswissenschaftl. Klasse, Heft 2. VI und 63—95. [Bespricht und klas- 
sifiziert nach einführenden Vorbemerkungen 67 Fälle von Vertauschung griechi- 
scher Wörter durch die slavischen Übersetzer der 570 Folioseiten des Codex, 
dazu vier Fälle von Verwechslung von Eigennamen. Einzelnes ist durch Ver- 
lesen oder Verhören veranlaßt.] 

Michailové, Georgi, Eziksts na grackité nadpisi ots Belgarija I Fonetika 
(La langue des Inscriptions Grecques en Bulgarie I. Phonétique par Gueorgui 
Michailov). Sofija 1940. XII, 84 8. (= Studia historico-philologica Serdicensia. 
Supplementi vol. VI). [Die römisch paginierten Seiten enthalten eine Übersicht; 
über die Fundstellen von Inschriften und die grammatische Literatur sowie Be- 
merkungen über die Koine, die arabisch paginierten geben Vokalismus, Konsonan- 
tismus und Sandhi unter steter Bezugnahme auf die bekannten grammatischen 
Darstellungen. Die lateinischen Elemente und die griechischen poetischen Ele- 
mente sind mitbehandelt, ebenso die hier besonders wichtigen thrakischen. 
Dankenswert ist auch das Register S. 76—80, das die Benutzung der bulgarisch 
geschriebenen Schrift erleichtert.] 

Mugler, Charles, Problèmes de sémantique et d'ordre syntaxique. Paris 


246 Zugesandte Druckschriften. 


1939 (= Publications de la faculté des lettres de i’université de Strasbourg, 
fasc. 92). IV, 175 8. [Fortsetzung der Studien des Verin über das griech. 
Relativ, die DLZ. 1939, 1379—1882 gewürdigt sind. Das neue Heft behandelt 
I. Les fonctions sémantiques de la relative dans la phrase grecque; II. La place 
de la relative dans la p6riode et dans le vers.] 

Mühlhausen, Ludwig, Zehn irische Volkserzählungen aus Süd-Donegal 
mit Übersetzungen und Anmerkungen. Schriftenreihe der „Deutschen Gesellschaft 
für keltische Studien e. V.“, Heft 3. Halle, M. Niemeyer 1939. 157 8. Kart. 
4 RM. [Die vorliegenden zehn Erzählungen hat der Verf. selbst 1937 an Ort 
und Stelle aufgenommen. Um die Texte einem größeren Leserkreis zugänglich 
zu machen, sind sie mit deutscher Übersetzung versehen worden. Auf eine genau 
phonetische Wiedergabe mußte verzichtet werden, aber die mundartliche Färbung 
der Sprache tritt trotzdem zutage. Volkskundliche und sprachliche Anmerkungen 
von §. 116 ab erhöhen die Brauchbarkeit des Buches, das nicht nur für den 
Keltisten, sondern auch für den Volkskundler von Wert ist. Fr. Specht.] 

Nachmanson, Ernst, 1. Remarques Syntaxiques sur les Ecrits Hippo- 
cratiques. APAI"MA Martino P. Nilsson . .. dedicatum. 1939, 309—333. — 2. Zu 
den griechischen Doppelpräpositionen. Eranos XXXVIII 1—8. — 3. Zur Aussprache 
des o im Spätgriechischen. Ebd. 108f. (1941). [1 Zum adverbalen gen. part. und 
seinem Wechsel mit dem Akk. — 2 su Anel zegi, Grën, dad Bons Wwexa u. a. 
3 dvapınploxera« (Plotin) deutet auf q als offenes e gegenüber «.] 

Nakonetschna, Hanna, und Rudnyékyj, Jaroslav, Ukrainische Mund- 
arten. Stidkarpatoukrainisch (Lemkisch, Bojkisch und Husulisch). Auf Grund 
von Schallplatten bearbeitet. Leipzig, Harrassowits 1940. 100 8. (= Arbeiten aus 
dem Institut für Lautforschung an der Universität Berlin, hg. von D. Wester- 
mann, Nr.9). [Entbält außer den auch volkskundlich bemerkenswerten Texten 
eine allgemeine geschichtlich-methodische Einleitung mit zwei Karten und zwei 
Lauttabellen, sowie Einleitungen zu den drei Mundarten, eine Zusammenfassung 
and ein Glossar 8. 89—100.] 

Nencioni, Giov., 1. Innovazioni africane nel lessico latino. Aus Stud. 
ital. fil. class. NS. XVI (1939). 508. — 2. Lessico giuridico Latino e tradizione 
mediterranea. Aus Aunali della R. Scuola Normale Superiore di Pisa ser. II 
vol. IX (1940) fasc. I. 148. — 3. Bauxalıs dia et xavudAcov.. Roma 1940. 78. 
(wohl Sonderdruck). — 4. In tema di sostrato egeo. Aus Studi ital. di Filol. 
class. NS. vol. XVI (1939) fasc. 3. 88. [1 gibt nach einleitender Übersicht über 
das Sprachgebiet eine sehr dankenswerte Zusammenstellung der Lehnwörter aus 
dem Agyptischen — diese sind meist durch das Griechische vermittelt —, dem 
Libyisch-Berberischen und Punischen. 2: Hauptsächlich methodische Auseinander- 
setzung mit Devoto, Terracini, Piganiol; mediterran nur etwa culleus, licium, 
festaca, verbena, libra, stipulor. Nach 3 Badxalıs aus kopt. Baixov, hierogl. 
33k. t; nach 4 kommt jedoch aus letzterem vielmehr H, das nicht igkisch 
ist, wohl aber dordg.] 

Norden, Eduard, Aus altrömischen Priesterbüchern. Lund, Gleerup (usw.) 
1939. 300 S. (= Skrifter utgivna avk. humanistiska vetenskapssamfundet; Lund 
XXIX). [Die genaue sachliche und besonders auch sprachliche Interpretation 
der römischen Auguralformel und des Arvalliedes, die den Hauptinhalt des 
Buches ausmacht, darf von keinem Latinisten übersehen werden; man vgl. z. B. 
die Ausführungen über Aer und - ner, guirguir, tesca, quod, cortumio.| 


- Zugesandte Druckschriften. 247 


Numminen, Paavo, Das lateinische in mit Akkusativ bis zu Augustus’ 
Tod. Helsinki 1938. 255 8. [Der Verf. dieser Erstlingsschrift scheidet zwischem 
1. lokalem, 2. direktivem und affektbetontem, 3. translativem und finalem Ze, 
4. in der Masse, der Menge, Beziehung, Art und Weise, 5. temporalem in. Die 
Arbeit ist willkommen als selbständiges Gegenstück zu der entsprechenden Ab- 
teilung des Thesaurusartikels do und hat den Vorzug, außer auf griechische auch 
-auf finnische Parallelen hinzuweisen. Außer der Bedeutung kommen auch Stellung 
und individuelle und Gattungsunterschiede zu ihrem Recht. Nicht berücksichtigt 
ist der Gesichtspunkt, daß in c. acc. ältern bloßen Akk. fortsetzt. Beigegeben 
‚sind zwei instruktive Register S. 244—255.] 

Oertel, Hanns, Zu den Kasusvariationen der vedischen Prosa. Zweiter Teil. 
Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philosoph.-histor. 
‚Abteilung 1938, Heft 6. Dritter Teil. Ebd. 1939, Heft 6. [Vgl. o. LXV 289.} 

— Zu den Wortstellungsvarianten der Mantras des Atharvaveda in der 
Saunaka- und Paipaläda-Rezension und des Sämaveda in der Kaushuma- und 
- Jaiminiya-Rezension. Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissen- 
sehaften, Philosoph.-hist. Abteilung, Jahrg. 1940, Heft 7. 1718. [Wichtig für 
die Wortstellung überhaupt; in dem reichen Material der Mantras sind die Ab- 
weichungen weder metrisch noch stilistisch, sondern psychologisch bedingt; vgl. 
die Einleitung S. 1—13.] 

Palmer, Philip Motley, Neuweltwörter im Deutschen. Heidelberg, Winter 
1939. 1748. 9,60 RM. (= Germanische Bibliothek II. Abt.: Untersuchungen 
and Texte 42). [Den Hauptteil bildet die lexikalische Zusammenstellung S. 17—161, 
worauf ein Bücherverzeichnis folgt; die Einleitung gibt eine chronologische und 
alphabetische Liste von ersten Belegen und eine Übersicht über die Herkunft 
aus verschiedenen amerikanischen Sprachen, dem Spanischen usw. Im ganzen 
also ein bescheideneres Gegenstück zu dem bekannten Hobson-Jobson für die 

anglo-indischen Wörter.] 

Paul, Otto, Sei deutsch! Geschichte und Volksforschung in Grundzügen, 
aeg ee von der Forschungs- und Lehrgemeinschaft „Das Ahnenerbe“ 
Heft 1: Die Hauptkulturkreise der jüngeren Steinzeit. — 2. Die Zeitstufen der 
deutschen Kulturgeschichte. — 3. Einführung in die vergleichende arisch-ger- 
manische Sprachwissenschaft. — 4. Die Langobarden. Ahnenerbe-Stiftung Verlag, 
br. 625 RM. [Diese neue Reihe macht sich zur Aufgabe, in kurzer gemein- 
verständlicher Form auch unter Benutzung von Tabellen Sprache, Kultur und 
‘Geistesleben des idg. Menschen zu schildern. Fr. Specht.] 

Pax, Wolfgang, Adolf Friedrich Stenzler [mit Lichtbild]. Pommersche 
Lebensbilder III 284—296 (Stettin, Saunier). [Lebensvolle Biographie, nicht nur 
für die Geschichte der Indologie und Orientalistik und für die deutsche Geistes- 
‚geschichte, sondern auch für die Indogermanistik bedeutsam.] 

Pisani, Vittore, Geolinguistica e Indeuropeo. Roma, Bardi 1940. 269 8. 
(= R. accad. naz. dei Lincei. anno 336 = 1939. Serie VI, vol. IX, fasc. II 
8. 110—379). [Neben den anerkannten gegenseitigen Beeinflussungen benach- 
barter Sprachen in Wortschatz und Syntax fehlen auch flexivische und lautliche 
nicht, die um so häufiger sein können, je ähnlicher die Sprachen sind: diese An- 
‚schauung, die der Verf. schon in seinen „Studi sulla preistoria delle lingue ind- 
europee“ vertrat, verteidigt er in dem neuen Buch in der „Introduzione“ 7—15 
im allgemeinen, um sie dann in drei Kapiteln darzulegen 1. an Beziehungen der 
germanischen, keltischen und römischen Welt in Nord- und West-Frankreich, 


248 Zugesandte Druckschriften. 


Deutschland und den britischen Inseln, 2. an Beziehungen zwischen der griechisch- 
römischen und griechisch-slavischen Welt, 3. an balkanischen Beziehungen.] 

— Introduzione allo studio delle lingue germaniche. Roma, ed. univer- 
sitarie 1940. 111 S. 10 Lire. (Manuali linguistici del R. istituto superiore 
orientale di Napoli. 2°.) [Einfache, klare, vorsichtige Einführung in die alt- 
germanische Laut- und Formenlebre (bes. die gotische) für italienische Studenten 
mit einigen persönlichen Auffassungen (S. 31—87). Vorangeht eine Einleitung, 
es folgen allgemeine Bemerkungen über Wortschatz und Wortbildung, einige 
Texte (Runen, Mth. 5 got., Vaterunser got., an., ahd.) und eine ausführliche Biblio- 
graphie. Teilweise ist des Verf.s Introduzione alla linguistica indeuropea voraus- 
gesetzt, die als Nr. 1 der Sammlung erschien. Man vergleiche auch des Verf.s 
ausführliche Besprechung der Germanic Grammar von Prokosch im Arch. glottol. 
ital. 31. 1939. 57—68.] 

— 1. Augusto e il latino. Annali della R. Scuola Normale Superiore di Pisa 
(Lettere ecc.). Ser. II vol. VII 221—236. — 2. Corresposioni tri- e polimembri. 
Annali etc. Vol. VIII (1939). 118. — 3. Indoiranica. Rivista degli studi 
orientali XVIII 91—113. — 4. Intorno alle antiche iscrizioni persiane. Ebd. XIX 
81—97. — 5. La lingua e la sua storia. Arch. glottol. ital. XXXI (1939) 1—12. 
— 6. Dor. vürıog. Ibid. 49—51. — 7. Note di fonetica e morfologia greche. 
R. Istituto Lombardo di Sc. e lett. LXXIII (1939—40). 55 8. — 8. Sul valore di 
téAgov ed éise Athenaeum XVIII (1940) 3—10. [1 Festrede; 2 gibt griech.. 
lat., ital. u. a. Beispiele; 3 enthalt unter 11 Nummern auch Philologisches, hier 
wichtig die drei ersten mit xéefepgos und čovĉa; 4. bietet außer Worterklärungen 
Grammatisches, so Stamm masdah- sekundär für -ä; artäca brasmanty ellipt. 
Dual; 3. Sg. auf -, 3. Plur. -3a, -ka; 5 Antrittsvorlesung in Mailand; 6 macht 
für »ä@rıog unsicheres varıa bei Epikur geltend; drr sei AN; 7. gibt 26 Ar- 
tikel im Anschluß an meine griech. Grammatik; 8 für séAcov , Furche“ und & Axe 
il „trahere“ dei due buoi spricht N 707. Zahlreiche Besprechungen und kleinere 
Artikel des rührigen Verfassers können hier nicht genannt werden.] 

Prexi, Maria, Wortgeographie des Mittleren Böhmer- Waldes mit 78 Karten. 
Arbeiten zur sprachlichen Volksforschung in den Sudetenländern. 7. Heft. 
R. M. Rohrer-Verlag, Brünn/Leipzig 1940. 63 S. Br. 7,50 RM. [Die Arbeit be- 
bandelt die Benennung und Verbreitung landwirtschaftlicher Ausdrücke in der 
bayrischen Mundart des Mittleren Böhmer-Waldes. In einem 2. Abschnitt gibt 
die Verfasserin die politische und kirchliche Einteilung und Zugehörigkeit des 
Gebietes an, zeichnet die soziale Stellung der Siedler und untersucht ihre Her- 
kunft. Es ergibt sich dabei die schon oft in solchen Arbeiten gemachte Fest- 
stellung, „daß die früheren Herrschafts- und Kirchspielgrenzen zum großen Tei} 
mit den heutigen Wortgrenzen zusammenfallen“. Fr. Specht.] 

Publications de la Commission d’Enqu&te Linguistique. III. Some 
undescribed Languages of Luzon by Morice Vanoverbergh. IV. The Dumäki 
Language. Outlines of the Speech of the Doma or Béricho, of Hunza by 
D. L. R. Lorimer. Nijmegen 1937 bzw 1989, Dekker & van de Vegt N. V. 
200 S. mit Karte bzw. VIII, 2448. mit Tabellen. Je 2,50 Gld. [III enthält 
S. 13—56 grammatical notes, bes. Beispiele, des Casiguran Negrito, S. 57—69 
ein Glossar und 8. 70—91 Texte dieser Sprache; S. 92—193 (Part II) tabellarische 
Wortvergleichungen aus 15 Sprachen von Luzon (Philippinen); Part III 8. 194—207 
bespricht die quinäre Zählweise im Ilongot. Wie die Texte enthält die Ein- 
leitung auch sachlich Interessantes. In IV bandelt es sich um eine indoarische, 


Zugesandte Druckschriften. 249 


vielleicht mit dem Zigeunerischen verwandte Sprache einer Bevölkerung von 
wenigen Hundert Köpfen, die als Musikanten und Schmiede unter Burushaski- 
sprechender Bevölkerung im westlichen Karakorum leben. Von 600 gesammelten 
Wörtern ist mehr als die Hälfte sicher entlehnt. Sie sind S. 189—219 aufge- 
führt, worauf 8. 220—244 ein English-Dumäki-Index folgt. Auf die geographisch- 
ethnographischen und sprachlichen Vorbemerkungen S. 1—21 folgt eine grammatische 
Auswertung des in wenigen Tagen aufgenommenen Materials mit Berücksichti- 
gung des Gebrauchs der Formen 8. 22—128, weiter der einzige Text mit Er- 
läuterungen S. 128-138. Ausstattung und Druck beider Bände sind vorzüglich.] 

Pudor, Heinrich, Beihefte zu Dr. Heinrich Pudors „Entstehung der 
Sprache“ und „Neue Helgoland-Forschungen“ Nr. 24—30. Verlag Dr. H. Pudor, 
Leipzig 1940/41. S. 125—180. [Die betreffenden Hefte geben sprachliche Deutungen, 
die man besser mit Stillschweigen übergeht. Fr. Specht.] 

Raucq, Elisabeth, Contribution à la linguistique des noms d’animaux en 
Indo-Européen. Rijksuniversiteit te Gent, werken uitgegeven door de faculteit 
van de wijsbegeerte en letteren, 88 aflevering. Antwerpen 1939. 109 S. IR Raucq 
ist Schülerin G. van Langenhoves und knüpft an seine Arbeiten an. Grundlage 
ist für beide das Ablautsystem Benvenistes. Die Verf. gibt eine Reihe von 
Etymologien von Tiernamen, in denen sie oft Komposita sieht. Beziehungen zu 
Verbalwurzeln sind, worin ich ihr zustimme, selten. Aber da ich Benvenistes 
Lehre nicht nur für unerwiesen, sondern für verkehrt halte, habe ich das Emp- 
finden, als ob hier viel Fleiß und Begabung an eine falschen Sache verschwendet 
worden ist. Fr. Specht.] 

Reichenkron, Günter, Beiträge zur romanischen Lautlehre. Jena, 
W. Gronau 1939. 1988. (Berliner Beiträge zur Roman. Philologie, hg. von 
Gamillscheg u. Winkler. Band X 1/2.) [Behandelt nach einer kurzen Einleitung 
das nominale und adverbiale auslautende -s, ausgehend vor allem vom AIS. 
Für den Indogermanisten ist besonders wichtig der Abschnitt über das Ost- 
romanische S. 157—185, in dem auch die balkanphilologischen Qualitäten des 
Verf.s in Erscheinung treten — vgl. z. B. den Exkurs über die Ortsnamen bei 
Prokop. S. 181—184 — und der „Schluß“ S. 186—189: -s war einmal fest, z. B. 
in gemeinrom. -as Nom. Acc. Pl.; der Schwund, der nichts mit dem altlateinischen 
zu tun hat, auch keine Substratwirkung ist, hängt mit den Betonungsverhält- 
nissen des Satzes zusammen; seit dem 3/4. Jahrh. treten s-lose Schwachton- 
formen auf.] 

Revue des études indo-européennes s. o. LXV 2%. [Von der Fort- 
setzung liegen mir von Band I fasc. 2—4 einige Sonderdrucke vor, von denen 
einer bis S. 439 reicht, alphabetisch: A. Burger (s xna. mit Ersatz- 
dehnung aus -avo-); G. Cuendet (Zz im NT. und in den Übersetzungen); 
A. Debrunner (metrische Kürzungen wie orauivscoo: und Erweiterungen: 
sAwd- noiv?-); 8. Feist (ceézoAos „dreimal umwandelt“); E. Fraenkel (zur 
idg. Semasiologie, so Wald, Hain: Sumpf, „berühren“, ,stols“); H. Pedersen 
(xdoyw zu *bhendh; nagdévos < *nugpa-Fevos „sich dem säugungsfähigen 
Alter nähernd“); V. Pisani (Seds; Salacia; umbr.Vufiune lat. Liber Quirinus; 
*Paddpavdus; Toyn; Cocles; Virbius e Astrabakos; Venus Fisica); ferner II 1, 
(1939) 102 S., enthaltend: N. van Wijk, Sur quelques types de dialectes mixtes; 
E. Peruzzi, Remarques sur l’inscr. de la fibule de Preneste; G. Bonfante; 
N problema dei Taurisci ecc. und Ancora il carattere satem del tracio; A. Cuny 
Le facteur „temps“ und Le gendre des mots francais & initiale vocalineg 


250 Zugesandte Druckschriften. 


E. Fraenkel, Etymologisches und Syntaktisches; W. J. van Windekens, Une 
terminaison indoeuropéenne de l'impératif en tokharien; L. H. Gray, Notule; 
dazu Besprechungen von Hirt, Urgerm. und Walde-Hofmann durch Bonfante.} 

Rohlfs, Gerh., Das Griechentum Unteritaliens. Ipaxsınd tio "Anadnulas 
Adnvdy XIV (1939) S. 340—358. [Neueste Zusammenfassung der Forschungen 
über griechische Einflüsse in den italienischen Mundarten Unteritaliens und über 
die noch griechisch sprechenden Gebiete in Kalabrien und der Terra d'Otranto 
unter Heranziehung der Materialien des Aefcxd» ‘Iorogexdv und der Ergebnisse 
einer Studienreise in Griechenland.] 

Saertryk af acta philologica Scandinavica, Tidsskrift for Nordisk 
sprogforskning. Levin og Munksgaards forlag. København. S. 261—365. [Enthält 
die 13. Bibliographie der skandinavischen Philologie von Mitte 1937 bis Mitte 
1938. Fr. Specht.] 

v. Schaubert, Elisabeth, Heyne-Schückings Beowulf, 15. Aufl. 1. Teil 
Text 105 8. 2. Teil Kommentar 1448. 3. Teil Glossar 232 8. Bibliothek der 
ältesten deutschen Literatur-Denkmäler III. Bd. Paderborn, F. Schöningh 1940. 
[Die altbewährte Beowulfausgabe von M. Heyne, die zuletzt L. Schücking heraus- 
gegeben hatte, hat jetzt durch E. von Schaubert eine völlige Umarbeitung er- 
fahren, so daß man fast von einem neuen Buche sprechen kann. Die ergebnis- 
reichen Forschungen der letzten 20 Jahre sind ihm zugute gekommen. Am deut- 
lichsten erkennt man das am Kommentar, der eine völlig andere Gestalt er- 
halten hat und mehr als verdoppelt worden ist. Aber auch Text und Glossar 
sind an zahlreichen Stellen umgestaltet worden. Dabei zeigt sich der kon- 
servative Sinn der Verfasserin in der Textgestaltung im günstigsten Licht. Das 
Buch wird auch in der neuen Gestalt gute Dienste leisten können. Fr. Specht.] 

Schmid, Wolfgang, Ethica Epicurea Pap. Hero. 1251. Lipsiae apud 
Harrassowitz 1939. 93 8. (= Studia Herculanensia edenda curavit Chr. Jensen 
fasc. primus). [Dem Index S. 88—93 wird auch der Sprachhistoriker manches 
entnehmen.] 

Schwyzer, Eduard, 1. Die Parenthese im engern und im weitern Sinne. 
— 2. Syntaktische Archaismen des Attischen. Abhandl. der Preuß. Akad. der 
Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse, 1939, Nr. 6, 46 8. bzw. 1940, Nr. 7. 16 8. 
[1: Terminologie, Theorie, Beispiele, Nutzanwendung der Parenthese in den idg. 
Sprachen. 2: Das Attische ist aueh in syntaktischer Hinsicht oft altertümlicher 
als Homer.] 

Siegert, Hans K., Die Syntax der Tempora und Modi der ältesten 
lateinischen Inschriften (bis zum Tode Caesars). Diss. München. Würzburg, 
Triltsch 1939. X, 72 8. [Systematische Ausdeutung des bisher mehr nur bei- 
läufig herangesogenen inschriftlichen Stoffes, der gut geordnet, verständlich be- 
urteilt und in die allgemeine Entwicklung eingeordnet wird.] 

Sombart, Werner, Volk und Sprache. Schmollers Jahrbuch Lem (1939) 
S. 15—42. [Besinnliche Kritik des bekannten Volkswirtschaftlers an den Be- 
griffen Volksseele, Volks- und Sprachgeist, am Begriff Sprache und am Zu- 
sammenhang von Sprachart und Volksart, der sich weder in der Wortstellung 
noch im Wortschatz noch in der Wortbedeutung zeige, am ehesten noch in der 
Sprechweise. S. 40—42 Literatur. Der Aufsatz sollte ursprünglich einen Teil 
von Sombarts Buch Vom Menschen, Berlin 1938, bilden.] 

Specht, Franz, 1. Die äußere Sprachform als Ausdruck der seelischen 
Einstellung. Die Alten Sprachen V (Juli 1940) 112—122. — 2. Die indo- 


Zugesandte Druckschriften. | 251 


germanische Familie und der Unsterblichkeitsgedanke. Deutschlands Erneuerung 
1941, Jan. 8. 11—20. — 3. Zur ahd. Stammbildung. Festschrift für G. Baesecke, 
Halle 1941. 8. 109—121. [1 erklärt im genannten Sinne die Geminaten, a, b, 
die tenues aspiratae, allerlei Anlautwechsel, Tabuwörter, öfters im Sinne von 
A. Meillet; 2 anregende Zusammenfassung; neu über idg. sinus „Sohn“, eig. 
„Geburt, Nachkommenschaft* mit Parallelen und sachlicher Begründung; 3 lehnt 
für ahd. alansa, segensa, waganso Umstellung von -nsa aus -sna ab und sieht 
darin durch s erweiterte »-Stämme wie in -is- und -ws- erweiterte i- und 
u-Stämme]) | 

Stammler, Heinrich, Die geistliche Volksdichtung als Äußerung der 
geistigen Kultur des Russischen Volkes. (Samml. slay. Lehr- und Handbücher, 
III. Reihe: Texte und Untersuchungen VIII.) Heidelberg, C. Winter 1939. 171 8. 
Br. 9, gb. 11 RM. [Der Verf., ein Schüler Bernekers, behandelt den sogenannten 
duchovnyj stich, eine eigenartige Dichtungsgattung des russ. Volkes, die be- 
sonders im 15.—17. Jahrh. geblüht hat und trotz des religiösen Inhalts merk-. 
würdige Beziehung auch zu der großruss. Volksdichtung, den Bylinen, zeigt. 
Herkunft, Verbreitung, Inhalt, und der tiefere Sinn dieser Dichtungsart und. 
ihre Träger werden vorgeführt und in die ganze russ. Gedankenwelt eingebaut. 
So ist das Buch auch für den wertvoll, der den russ. Menschen verstehen und 
sich mit ihm auseinandersetzen will. Fr. Specht.] 

Struck, Erdmann, Bedeutungslehre. Grundzüge einer lateinischen und 
griechischen Semasiologie (Hellenen und Römer in deutscher Gegenwart und. 
Zukunft, Heft 1/2). Leipzig, Teubner 1940. X, 159 8. 840 RMk. [Als wohl- 
unterrichtetes, reichhaltiges, gut geschriebenes Hilfsbuch in der Hand des Lehrers- 
zur Belebung des Unterrichts, aber auch für den Studenten und Dozenten als. 
Anregung zur Vertiefung der Interpretation willkommen (dieser Seite besonders- 
dienen die Literaturnachweise). Wichtig und in diesem Umfang neu ist die 
Herausarbeitung der besonderen Denkrichtungen der Griechen und Römer. 
Selbständig ist die Anordnung, auch manche Auffassung.] 

Sundwall, Johannes, Knossisches in Pylos. Acta academiae Aboensis 
XIII 8. Abo 1940. 58. {Der Verf. bringt, anschließend an seine Ausführungen 
Forschungen und Fortschritte bzw. Research and Progress VI. 1940, S. 147—149- 
und an Blegen, Am. Journ. of Arch. 1939, 557f., neue Beweise für den graphischen 
und inhaltlichen Zusammenhang der bisher bekannt gemachten Proben der- 
600 Schrifttafelchen von Pylos mit den Denkmälern der knossischen Linear-- 
schrift B bei.] | 

Teykowski, Hans, Der Präpositionsgebrauch bei Menander. Diss. Bonn 1940... 
938. [Bietet in einem allgemeinen und einem besonderen Teil statistische Zusammen- 
stellungen; im allgemeinen Teil S. 7—18 werden auch andere Quellen verglichen.] 

Uhlenbeck, C. C., Oude aziatische contacten van het Eskimo. Mededee-. 
lingen der Nederlandsche Akademie van wetenschappen, afdeeling letterkunde. 
Nieuwe reeks, deel 4, Nr. 7. Amsterdam 1941. 27 S. (= 8. 201—227 des Bandes). 
[Verteidigt die Schrift Eskimo en Oer-Indogermaansch o. LXIII 284 gegen ver- 
schiedene Kritiker. Methodisch wichtige Ausführungen über den Begriff Ur- 
verwandtschaft.] 

Weisgerber, Joh. Leo, Theudisk, der deutsche Volksname und die west-- 
liche Sprachgrenze. Marburger Universitätsreden Nr. 5. Marburg, N. G. Flwert. 
1940. 618. Kart. 1,80 RM. [Die Schrift beschäftigt sich mit der Entstehung 
des Begriffes „deutsch“, der in ganz anderer Weise als sonstige völkische Be-. 
nennungen geprägt worden ist. Auf breitester Grundlage, auch unter Heran-- 


252 Zugesandte Druckschriften. 


ziehung des romanischen Materials sucht W. zu zeigen, daß das Wort in den 
Grenzlanden des Westens unseres Sprachgebietes erst um 700 in der Bedeutung 
„zum eignen Volk gehörig“ geschaffen worden ist. Daraus hätte sich dann 
durch die Beziehung des Wortes auf Land und Leute der heutige Begriff 
„deutsch“ entwickelt. Entscheidend und sicher richtig ist die Hervorhebung des 
Grenzlandes bei der Entstehung des Wortsinnes. Das Wort selbst ist aber bereits 
westgerm. und nicht erst um 700 gebildet worden. Darüber anderswo. Fr. Specht.} 

— Die volkhaften Kräfte der Muttersprache. Frankfurt a. M., Diesterweg 
1939. 848. [Die zunächst für Erzieher bestimmte Schrift behandelt vielfach 
nen und immer anregend ihren Gegenstand in den Abschnitten I. Ganzheitliche 
Betrachtung der deutschen Sprache. II. Einblick in die Denkwelt der d. Sprache. 
1. Vom inhaltlichen Aufbau des d. Wortschatzes; 2. Wege zu einer arteigenen 
d. Satzlehre. III. Die Leistungen der Muttersprache im Leben unseres Volkes. 
Es sei hier besonders auf den syntaktischen Abschnitt aufmerksam gemacht.] 

— Das Bretonentum nach Raum, Zahl und Lebenskraft. Halle, Niemeyer 
1940. 40S. (= Schriftenreihe der „Deutschen Gesellschaft für keltische Studien“, 
bg. von L. Mühlhausen, Heft 5). [Wichtig sind hier besonders die Angaben über 
das Sprachgebiet — mit Karten — und die Bemerkungen über die bretonische 
Beeinflussung galloromanischer Mundarten S. 35f.] 

Weisweiler, Josef, Die Stellung der Frau bei den Kelten und das 
Problem des „keltischen Mutterrechts“ (Sonderdruck aus Zeitschr. f. celt. Phil., 
Bd. XXI, S. 205—279. Halle, M. Niemeyer 1939. 75 8. Br. 5 RM. [Der Frage 
nach der Stellung der Frau und dem angeblichen Mutterrecht bei den Kelten 
wird hier unter Heranziehung einer umfangreichen Literatur eingehend nach- 
gegangen. W. kommt nach sorgfältiger Prüfung des allerdings recht dürftigen 
und zu sicheren Schlüssen nicht immer ausreichenden Materials zu dem Er- 
gebnis, daß die keltische Frau im Kult, in der Ehe, in der Kunst, im Recht, 
zuweilen auch in der Staatsführung eine hervorragende Rolle gespielt hat, die 
aber kaum über das hinaus geht, was sich sonst bei idg. Völkern findet. Es 
läßt sich zwar eine Mutterverehrung, aber nirgends ein Mutterrecht mit Sicher- 
beit nachweisen. Fr. Specht.] 

Wersdörfer, Hans S. J., Die gıAocopia des Isokrates im Spiegel ihrer 
Terminologie. Untersuchungen zur frühattischen Rhetorik und Stillehre. Leipzig, 
Harrassowitz 1940 (= Klassisch- Philologische Studien, hg. von E. Bickel, 
H. Herter, Chr. Jensen, Heft 13). [Behandelt »g&nov, xaivóv, idéa, xarpds, dazu 
xoupós u. A. Ausführlicher Index.] 

Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen, mit Unterstätzung der 
Preußischen Akademie der Wissenschaften bearbeitet von Heinr. Marzell 
unter Mitwirkung von Wilh. Wissmann. Leipzig, Hirzel. Lieferung 5 Borago- 
Calycanthus. Sp. 625—752. 1940. 5RM. [Enthält an längeren Artikeln die 
mundartlichen Bezeichnungen für Borretsch, Mondraute, Reps, Gemiise-, Rüben- 
kohl, Zittergras, Trespe, Zaunrübe, Erdkastanie, Hasenohr, Schwanenblume, 
Buchs, Steinquendel, Bergminze, Pantoffel-, Ringelblume, Schlangenwurz, Heide- 
kraut, Sumpfdotterblume. Im übrigen vgl. o. LXVI 276.] 

Zinn, Ernst, Der Wortakzent in den lyrischen Versen des Horaz. I. Teil: 
Abhandlung. 112 S. II. Teil: Die lyrischen Verse des Horaz nach Wortgrenzen 
und Akzent geordnet. 119 8. München, Neuer Filser-Verlag 1940. [An dem 
Problem Iktus und Akzent (1, 41ff.) ist auch der Sprachforscher interessiert. 
1, 68—86 reiche Sammlungen zum Typus “Ages “Ages aus dem Griechischen, La- 
teinischen, Deutschen.] 


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