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Photophysik und Photochemie.
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herausgegeben von
K. Schaum
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Be" 1926
Bach: Verlag von i Johann Ambrosius Barth in Leipzig
A KE: - Salomonstraße 18b
ee min de Zeits ZS t werden von allen Buchhandlungen und von der rg
u "— Abonnementspreis beträgt pro’ Band im In- und Ausland Rm. 24.—
PE Ze mg è schließlich Porto zm die Rm. 24:80, im Ausi ınd Rm, 25.20.
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A. Steigmann, Silberbestimmung in RER? Emulsionen . . . . I5
W. Meidinger, Erwiderung . . 16
G. Kögel und A. Steigmann, Über dis Wesen der oiia ‘Sensibilisierung
und der Desensibilisierung . . . . De NZ E
Ludwig Bertele, Ein neues lichtstarkes Objektiv. Mit 9 Figuren im Text. 31
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Inhaltsverzeichnis.
Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an
Professor Dr. K, Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14.
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige
Berichterstattung möglich ist.
Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden.
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ZEITSCHRIFT
für
wissenschaftliche Photographie
Photophysik und Photochemie
Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen
insbesondere von
H. Kayser
o. em. Professor an der Universität Bonn
herausgegeben von
K. Schaum
o ð. Professor an der Universität Gießen
BAND XXIV
Mit 2 Tafeln.
Leipzig / Verlag von Johann Ambrosius Barth:
Inhalt des XXIV. Bandes.
(Februar 1926 bis September 1927.)
Originalarbeiten.
Arens, H. und Eggert, J., Über Dunkelkammerbeleuchtung unter besonderer
Berücksichtigung der psychologischen Empfindlichkeit des menschlichen
Auges. Mit ı3 Figuren im Text . gi a ee E e
Barth, W., Studien zur Interferometrie. I. Über das Zeiss-Löwesche Flüssig-
Beitsinterferometer. Mit 2 Figuren im Text ; we a wi
Barth, W., II. Die Untersuchung sehr verdünnter use Mit 2 Figuren
im Text DECHE S éi
Beck, H. und Eggert, J., Eine Methode zur seitlichen Koomen ichin Ver.
folgung des Verbrennungsvorganges von Blitzlicht. Mit 4 Figuren im Text
Bertele, L., Ein neues lichtstarkes Objektiv. Mit 9 Figuren im Text. .
Burgherr, K., Über optische E mit Farbstoffen. Mit 6 Figuren
im Text. . . . .
Eder, J.M., Vergleichende Tabelle de Ee Farbenempfindlichkeit von
Broms Jod- und Chlorsilber und der Wirkung der wichtigsten Farben-
sensibilisatoren . . al
Eder, J. M., Die relative Aktinität Ee Lichtquellen und die Farb-
ees des Magnesiumlichtes . . . e 5. SA
Eggert, J. und Reitstötter, J., Beiträge zur Kent des latentes Bildes,
Mit einer Figur im Text i
Gronow, H. E. v., Zur Mikrophotographie SE Gepenslände bei schwächer
Versroberunen A Bere ege Kar "e air et 08
Hnatck, A., Einiges über die EE EEN ge TE S
Hübl, A., Die Desensibilisierung farbenempfindlicher Platten. Mit ı Figur
im Text. . . . à
Jenisch, W., Zur Kenntnis de Reifung Sioiestaphlscher Silberhaloidemulsionen
Kahler, F. "ber Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher Ver-
GE Mit 6 Figuren im Text ;
Kellner, H. M., Photographische Photometrie mit intermitent Belichtung
vom Standpunkt eines neuen Schwärzungsgesetzes, Mit 3 Figuren im Text
Kellner, H. M., Der Einfluß starker Erhitzung auf die Eigenschaften photo-
graphischer Trockenplatten. Mit ı Figur im Text und 5 Figuren auf
Tafel I ;
Kellner, HM. EEN einer andre; Ahotegrarhischen Spektral-
BE E 2 y
Kögel, G. und BEE, CS Über das Wesen der optische Sensibilisierung
und der Desensibilisierung . . Bo $
Kögel, G. und Steigmann, A., Über das Wesen e optischen Sensibilisierung:
II. Teil. Wasser als Sensibilisator .
Kögel, G., Zu den Primärwirkungen der Sneschemmehen Absorption: "(Optisch-
© ` photochemische Transformation der Strahlung). . . . 2 2 22.
Seite
229
145
158
367
31
393
139
423
350
426
310
133
361
Leszynski, W. Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. Mit
I Figur im Test . . 2 o a.s’ Gi a Eee a
Leszynski, W., Studien über den Herscheleffekt, Mit 3 Figuren im Text .
Lüppo-Cramer, Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung .
Lüppo-Cramer, Zur Kenntnis des Reifungsprozesses. (Sechste Mitteilung.)
Lüppo-Cramer, Der Zeiteffekt bei den Ausbleichreaktionen. Mit 2 Figuren
im Teat. è wa . r
Lüppo-Cramer, Zur Schleierbildung durch Farbstoffe, Mit. 2 Fi iguren im Text
Medinger, W., Erwiderung . . .
Miethe, A. f vr ZEECHNEN
Plotnikow,]J., Ein Beitrag. zur ra über die Lichtverteilung bei zwei ab-
sorbierenden Medien und über die Intensitätsauffassung in der Photochemie
Sandvik, O., Über die Messung des Auflösungsvermögens photographischer
Schichten. Mit 7 Figuren im Text . . . . è SR
Schaum,K.und Kellner, H. M., Photometrische und sBektralnhotometrische
Studien. V. Ein Röhrenphotometer für die Spektralphotometrie im Ultra-
violett, Mit 7 Figuren im Text. . . BE ee ar
Schaum, K. und Barth, W., II. Die Verfolgung des Verlaufs chemischer
Reaktionen mit dem Zeiss-Löweschen Flüssigkeitsinterferometer . . . .
Schaum, K., Über einfache Spektralapparate mit großer Lichtstärke I. Über
die Spektralphotographie lichtschwacher Leuchterscheinungen. Bearbeitet
von Wilhelm Kraemer . . . . ; aota Ea een a
Schaum, K., und Trautluft, R., Photometrische und spektralphotometrische
Studien VI. Lichtstärkemessungen bei der stillen elektrischen Entladung,
Mit 2 Figuren im Text . . 2 2 2 02. a E e
Schmidt, H H., Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der De-
sensibilisierung. Hierzu Tafel II . . . . R
Schoen, A. L., Eine photographische Methode der Spektralphotometrie i im Rot
nod Infrarot, Mit ọ Figuren im Text . . ... ES :
Schultze-Naumburg, B., Eine rechnerische Methode zur E der
Belichtungszeit in der Photographie: Mit 3 Figuren im Text .
Steigmann, A., Silberbestimmung in photographischen Emulsionen . ;
Strub, J., Spektrophotométriache Untersuchung einiger Blutfarbstoffe, Mit
7 Figuren im Text . . . . e e
Trautz, M. und Scheifele, B., Einige EECH an der Photolyse ds
Jodwasserstoffgases im Licht je Quarzlampe . . e
Wiegel, E., Farbe und Lichtempfindlichkeit von Silbersolen Mit I Figur ia
Text .
Wiener, UI, A TE SEENEN
Winther, Ch. und Mynster, E. H., Einn neues Ultraviolettfilter. Mit 3 Figuren
im Text.
Winther, Ch. und Mynster, E. H, Ein EE T Mit
5 Figuren im Text. . . 2 2 2 0.0
85
166
219
309
90
298
Bücherbesprechungen . . . > 2 2 22 2202.39, 257, 308, 347, 390
mM 4 VK
IV
Namen- und Sachregister.
(Über Bücherbesprechungen sehe man den vorstehenden Abschnitt.)
Absorption v. zwei Medien, Plotnikow 305.
Aktinität verschied. Lichtquellen, Eder423.
Arens und Eggert, Dunkelkammer-
beleuchtung 229.
Auflösungsvermögen der Schichten, Sand-
vik 336.
Ausbleichreaktion, Lüppo-Cramer 380.
Barth, Interferometrie 145, 158, (und
Schaum) 166.
Beck und Eggert, Photometrie der
Verbrennung von Blitzlicht 367.
Belichtungszeit, Schultze- Naumburg 385.
Bertele, Lichtstarkes Objektiv 31.
Blutfarbstoffe, Strub 96.
Burgherr, Sensibilisierung 393.
Desensibilisierung, Kögel und Steigmann
18; Hübl 133; Schmidt 223.
Dunkelkammerbeleuchtung, Arens
Eggert 229.
Eder, Farbenempfindlichkeit der Silber-
haloide; Sensibilisatoren 139. Aktinität
verschiedener Lichtquellen 423.
Eggertu.Arens, Dunkelkammerbeleuch-
tung 229; und Reitstötter, Latentes
Bild 350; und Beck, Blitzlicht 367.
Elsner v. Gronow, Mikrophotographie
und
427.
Empfindlichkeit, spektrale, der Silber-
haloide, Eder 139.
Entwicklung, Lüppo-Cramer 1,
Farbstoffe, Schleierbildung, Lüppo-Cramer
408.
Herscheleffekt, Leszynski 275.
Hnatek, Graukeilphotometer 310.
Hübl, Desensibilisierung 133.
Interferometer von Zeiss-Löwe, Barth 145,
158, (und Schaum) 166.
Jenisch, Reifung 248.
Kahler, Mikrophotographie 361.
Kellner, Photographische Photometrie;
Schwärzungsgesetz 41; Einfluß der Er-
hitzung auf photographische Platten 63;
Spektralphotometrie79,(u.Schaum)8;s.
Kögel, Photochemische Absorption2 216;
und Steigmann, Sensibilisierung und
Desensibilisierung 18, 171.
Kraemer und Schaum, Spektralphoto-
graphie 219.
Latentes Bild, Eggert und Reitstötter 350.
Leszynski, Sensibilisation 26; Herschel-
effekt 275.
Lüppo-Cramer, Topographische Ver-
hältnisse bei der Entwicklung 1; Rei-
fungsprozeß 291; Ausbleichreaktion 380;
Schleierbildung 408.
Lumineszenz, Spektren, Schaum und
Kraemer 219; Helligkeitsmessung,
Schaum und Trautluft 416.
Magnesiumlicht, Beck und Eggert 367;
Eder 423.
Meidinger, Erwiderung 16.
Mikrophotographie, Kahler 361; Elsner
v. Gronow 426.
Objektiv, lichtstarkes, Bertele 31.
Photochemie des Jodwasserstofls, Trautz
und Scheifele 177.
Photochemische Absorption, Kögel 216;
Plotnikow 305.
Photographische Platte, Einfluß der Er-
hitzung, Kellner 63; Auflösungsver-
mögen, Sandvik 336.
Photometrie, Kellner 41; Schaum und
Keliner 85; Honatek 310; Beck und
Eggert 367; Schaum und Trautluft 416.
Plotnikow, Lichtverteilung bei zwei
absorbierenden Medien 305.
Quarzlampe, Trautz und Scheifele 177.
Reifung, Jenisch 248; Lüppo-Cramer 2gı,
Reitstötteru.Eggert, Latent. Bild 350.
Sandvik, Auflösungsvermögen der
Schichten 336.
Schaum, Lichtstarke Spektralapparate
219; u. Kellner, Spektralphotometrie
85; und Barth, Interferometrie 166;
u.Kraemer, Spektralphotographie 219;
und Trautluft, Lichtstärkemessung bei
der stillen Entladung 416.
Scheifele und Trautz, Photolyse des
Jodwasserstoffs 177.
Schleierbildung, Lüppo-Cramer 408,
Schmidt, Sensibilisierung und Desensi-
bilisierung 223.
Schoen, Spektralphotometrie im Rot
und Infrarot 326.
Schultze- Naumburg, Belichtungszeit
385.
Schwärzungsmesser für Papiere, Winther
und Mynster 298.
Sensibilisierung, Kögel und Steigmann
18, 171; Eder 139; Schmidt 223;
Leszynski 261; Burgherr 393.
Silberbestimmung, Steigmann 15;
dinger 10.
Silberhaloide, Farbenempfindlichkeit, Eder
Mei-
139.
Silbersole, Wiegel 316.
Spektralphotometrie, Kellner 79; Schaum
und Kellner 85; Strub 96; Schoen 326.
Steigmann. Silberbestimmung 15; und
Kögel, Sensibilisierung 18; 171.
Strub, Spektralphotometrie einiger Blut-
farbstoffe 96.
Trautz und Scheifele, Photolyse des
Jodwasserstoffs 177.
Ultraviolett, Spektralphotometrie, Schaum
und Kellner 85; Filter, Winther und
Mynster 90.
W iegel, Silbersole 316.
Wintherund Mynster, Ultraviolettfilter
90; Papierschwärzungsmesser 298.
Zeitichrift für willenichaftlidie Photographie,
Photophyfik und Photodiemie
XXIV. Band. 1926. Heft ı.
Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung.
Von
Lüppo-Cramer.
Je nach der Art, wie sich das Silber des entwickelten Negativs
innerhalb des Bromsilberkornes verteilt findet, kann man, wie Bd. 23,
S. 371 ausgeführt wurde, unterscheiden zwischen einer Korntiefen-
und einer Kornoberflächenentwicklung.
Die gewöhnliche chemische Entwicklung ist als Korntiefenent-
wicklung anzusprechen, da sie das Korn mehr oder weniger voll-
ständig reduzieren kann, während die physikalische Hervorrufung in
ihren reinsten Formen natürlich eine reine Kornoberflächenentwick-
lung ist, da das außen abgeschiedene Silber sich ja nur an der
Oberfläche des belichteten Bromsilberkornes anlagern kann. Zwischen
diesen beiden Extremen gibt es sehr viele Übergänge, insofern als
auch zahlreiche Entwicklungsvarianten, die kein Silber von außen
(aus der Entwicklerlösung) zuführen, doch als Kornoberflächen-
entwickler anzusehen sind. Hierin gehört vor allem die farbige,
praktisch nur bei Chlorsilber übliche Entwicklung, bei der mit zu-
nehmender Verdünnung des Entwicklers die normale Tiefenentwick-
lung immer mehr in die Kornoberflächenentwicklung übergeht.
Eine einfache Überlegung zeigt nun, daß mit der Veränderung
des Reduktionsvorganges je nach der Verschiedenheit in bezug auf
die einzelnen Körner auch eine andere Verteilung des Bild-
materials nach der Tiefendimension der Gesamtschicht zu ein-
treten muß. Denn die erforderliche Deckkraft des Bildes ist in
erster Linie von der Gesamtmenge des Silbers pro Flächeneinheit
abhängig und, wenn die einzelnen Körner nur an ihrer Oberfläche
reduziert werden, so sind zur Deckung ebensoviel mehr Körner
erforderlich, als wenn eine weitergehende Reduktion der einzelnen
Körner eintritt. Diese Verhältnisse lassen sich auch mikroskopisch
direkt einsehen, wie ich an einigen Mikrophotogrammen der Korn-
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. I
2 Lippo- Cramer.
strukturen zeigte, die einerseits bei der gewöhnlichen Entwicklung,
andererseits durch typische Kornoberflächenentwicklung erhalten
wurden (I).
Nun gibt es aber auch Hervorrufungsvarianten, deren hervor-
stechendes Merkmal eine topographisch verschiedene Verteilung der
Bildsubstanz nach der Tiefendimension der Gesamtschicht
ist. Eine solche „Schichttiefenentwicklung“ wurde zuerst von
G. Balagny beschrieben (2).
Balagny benutzt folgenden sauren Amidolentwickler:
Wasser 1000 ccm, Bisulfitiauge des Handels 100 ccm, Na, GC 20 g.
Von dieser Vorratslösung verwendet er 7—8 ccm und setzt dazu
1,5 g Amidol, gelöst in 150 ccm Wasser. |
Lest man in diese Lösung eine sehr reichlich belichtete ge-
wöhnliche Trockenplatte, so erscheint längere Zeit in der Aufsicht
keine Andeutung einer Entwicklung, während in der Durchsicht
bereits eine ziemlich erhebliche Deckung des Bildes zu erkennen
ist. Es stellt sich tatsächlich heraus, daß die Entwicklung von der
Glasseite der Schicht aus beginnt. Erst bei längerer Hervor-
rufung (etwa to Minuten) zeigt sich auch ein Bild auf der Schicht-
seite, das jedoch eine beträchtlich geringere Schwärzung aufweist
als auf der Glasseite.e Man erhält auf diese Weise ein Bild von
eigenartigem Aussehen, relativ geringe Deckung in den Lichtern,
einen hellen, in der Aufsicht reflektierenden Silberniederschlag. Die
Notwendigkeit einer starken Überexposition über die für eine normale
Hervorrufung erforderliche Zeit und der ganze Habitus des Bildes
lassen den Schluß zu, daß wir es hier neben einer offenbaren Schicht-
tiefenentwicklung mit einer typischen Kornoberflächenentwick-
lung zu tun haben.
Es fragt sich nun: wie kommt diese neuartige Entwicklung
von der Tiefe der Schicht aus zustande?
Balagny selbst und einige Referenten seiner Abhandlung
suchten die Erklärung des Phänomens in der Wirkung des Bisul-
fites bzw. der bei dessen Umsetzung mit dem salzsauren Diamido-
phenol freiwerdenden schwefligen Säure, die an der Schichtseite
die Entwicklung verhindern sollte. Es ist indessen nicht notwendig,
eine besondere Mitwirkung der schwefligen Säure zur Erklärung
heranzuziehen, denn ich stellte fest, daß weder Bisulfit noch Sulfit
für das Zustandekommen der Schichttiefenentwicklung mit Amidol
ausschlaggebend sind. Man erhält vielmehr die von Balagny ent-
deckte Entwicklung von der Glasseite aus auch in mindestens ebenso
Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung. 3
charakteristischer Weise mit einer einprozentigen Lösung von
Amidol ohne jeden weiteren Zusatz.
Von den üblichen Entwicklersubstanzen scheint ausschließlich
das Amidol jenen anormalen und überraschenden Entwicklungs-
mechanismus zu vollführen und auch dieses nur dann, wenn es in
rein wäßrigen Lösungen oder — wie bei Balagny — mit be-
stimmten Mengen von Bisulfit versetzt, angewendet wird.
Im einfachsten Falle, bei der Verwendung der Lösung des salz-
sauren Diamidophenols ohne weitere Zusätze, muß die Erklärung der
eigenartigen topographischen Wirkung in folgendem gesucht werden.
Schon der Altmeister der Kolloidchemie, I. M. van Bemmelen (3),
sprach den allgemeinen Satz aus, daß Kolloide durch ihr Adsorp-
tonsvermögen chemische Zersetzungen von Salzen zustande bringen
xönnen, eine Tatsache, die der Verfasser bei seinen Untersuchungen
über Gerbung und Adsorptionsverbindungen der Gelatine(4) auch
besonders in bezug auf die photographischen Phänomene innerhalb
der Gelatineschicht eingehend erörterte. Hiernach spaltet die Ge-
latine das leicht hydrolysierbare salzsaure Diamidophenol in HCl,
die es adsorbiert, und in die freie Base. Die Folge dieser Disso-
ziation ist, daß mit der Entfernung von der Schichtoberfläche, also
nach der Tiefe zu, die Lösung weniger sauer wird, wodurch ihr
Reduktionsvermögen natürlich erhöht wird. An der Grenzfläche
der Gelatine gegen die Lösung befindet sich dagegen das Amidol
in so großem Überschuß, daß die Dissoziationsvermittlung der Gela-
tine hier nicht so zur Geltung kommen kann. Der Entwickler bleibt
hier also saurer und besitzt daher ein geringeres Entwicklungs-
vermögen.
Die Balagnysche Schichttiefenentwicklung wurde später auch
von E.Lehmann(5) näher untersucht. Lehmann bestätigte meine
Befunde und schloß sich meiner Erklärung an. Lehmann fand
u.a. auch bei der Entwicklung mit dem Chlorhydrat des Tri-
amidophenols, daß der für die neutrale Lösung dieser Substanz
charakteristische Schleier ganz typisch an der Glasseite auftrat,
während die Oberfläche vollkommen klar blieb. Ähnliche Beob-
achtungen machte der Verfasser auch bei Untersuchungen über die
Entwicklungsbeschleunigung durch Bleisalze (6. Auch folgender
Versuch ist für das Verhalten der Gelatine als Säureadsorptions-
mittel charakteristisch.
Legt man eine mit reiner Gelatine in der Schichtdicke normaler
Trockenplatten überzogene Glasplatte in eine Mischung von 50 ccm
ı*
4 Lüppo- Cramer.
2 proz. Metollösung, 0,5 ccm 10 proz. Schwefelsäure + IOccm IOproz,
Silbernitratlösung, so färbt sich die Gelatine tiefblaugrau, ehe noch
sich die Lösung selbst sichtbar getrübt hat. Ähnlich verhält sich
Pyrogallol unter gleichen Verhältnissen. (Man vergleiche hierzu auch
Phot. Korr. 1914, S. 188.)
Die Schichttiefenentwicklung von Balagny stellt nun aber nur
einen besonders extremen Fall dar. Man braucht nicht derartige
abnorme Verfahren heranzuziehen, um räumliche Unterschiede in
der Entwicklung feststellen zu können. So ist auch die Abstimm-
barkeit der Entwickler durch lösliche Bromide zum Teil
einer Beeinflussung der topographischen Verteilung des Silbers im
Negativ zugeschrieben worden.
Von R, Ed. Liesegang(7) und A. von Hübl(8) wurde zu-
erst darauf hingewiesen, daß die Fähigkeit der langsam arbeitenden
Entwickler, sich an größere Überexpositionen anpassen zu lassen,
darauf zurückzuführen ist, daß solche Lösungen im Gegensatz zu
denen der Rapidentwickler genügende Zeit haben, um erst in die
Tiefe der Gelatineschicht einzudringen, ehe an der Oberfläche der
Schicht eine zu weitgehende Reduktion stattfindet. Lüppo-Cramer(9)
gab einen recht anschaulichen Beweis für die Abhängigkeit der
Silberverteilung von der Entwicklungsart. Entwickelt man nämlich
ein reichlich exponiertes Bild mit starken Schwärzungsunterschieden,
am besten also eine Sensitometerskala, z. B. im Metolsodaentwickler
ohne KBr-Zusatz etwa 3—4 Minuten lang, so beobachtet man von
der Glasseite der Platte eine zuerst recht auffällige Erscheinung.
Bevor noch die schwächer belichteten höheren Zahlenreihen durch-
entwickelt sind, erscheinen die ersten Zahlenfelder auf der Glas-
seite heller als der doch offenbar von weniger Licht getroffene
Lichthof und später auch als die schwächer belichteten höheren
Zahlenreihen.
Entwickelt man dagegen ein gleiches Bild mit Glyzin bei
Gegenwart von KBr, so daß die Hervorrufung etwa eine Viertel-
stunde dauert, so erhält man keine Spur jener Erscheinung, sondern
die Schwärzungsskala scheint auf der Glasseite der auf der Vorder-
seite ganz analog.
Die abnorme Erscheinung im ersteren Falle ist darauf zurück-
zuführen, daß bei der raschen Hervorrufung der Entwickler in den
stark belichteten Feldern schon in den oberen Lagen der Gelatine-
schicht verbraucht wurde, ehe noch durch Nachdiffusion die redu-
zierende Lösung durch neue ersetzt werden konnte. In den letzten
Ti opographische Verhältnisse bei der Entwicklung. 5
Skalenreihen wurde hingegen der Entwickler weniger beansprucht,
die Lösung wurde also nicht zu rasch schon in den oberen Lagen
der Gelatineschicht verbraucht, so daß sie auch noch in den tieferen
Kornschichten genügende Reduktionskraft entfalten konnte. Durch
die langsame Hervorrufung in dem bromidhaltigen Glyzin wird da-
gegen die Entwicklung in dem von Liesegang und von Hübl
angedeuteten Sinne verändert: der Entwickler wird in den stark
belichteten Feldern nicht schon an der Oberfläche verbraucht, son-
dern er hat Zeit, in die Tiefe zu dringen, ehe die „Schatten“ über-
entwickelt sind, das Bild „verschleiert‘“ wird.
Zweifellos spielt die topographisch differenzierte Verteilung des
Negativsilbers bei jenen Entwicklungsvarianten eine Rolle. Man darf
diese aber nicht überschätzen.
Wenn nämlich die Liesegangsche Erklärung in ihrer Einfach-
heit richtig wäre, so sollte es bei der Entwicklung überexponierter
Aufnahmen lediglich darauf ankommen, die Entwicklung lang-
samer zu gestalten. Ich stellte aber fest, daß bloße Verlang-
samungen der Entwickler, wie z. B. durch Bikarbonatzusatz, durch
relative Erhöhung der Entwicklersubstanzmenge bzw. Verringerung
der Alkalität oder auch starke Verdünnung bis zu einer Stand-
entwicklung von mehreren Stunden Dauer niemals zu einem Effekte
führen, der auch nur im entferntesten das Resultat eines Bromsalz-
zusatzes zu einem abstimmungsfähigen Entwickler erreichen läßt.
Vielmehr ist eine durchgreifende Anpassung des Entwicklers an
Überexposition nur durch Bromsalzverzögerung zu erzielen,
denn nur Bromionen halten die verhältnismäßig kürzer belichteten
Bildteile so lange zurück, bis die Lichter die genügende Deckung
erreicht haben. Der hypothesenfreie Ausdruck dieser Tatsache
würde sein: die Gradationsskala kann bei einer überexponierten Auf-
nahme nur durch Zusatz von Bromkalium zum (geeigneten) Ent-
wickler derart verändert werden, daß sie wieder in das Gebiet der
normalen Belichtung verschoben wird. Letzten Endes beruht diese
Verzögerung bekanntlich auf der Verringerung der Silber-
ionenkonzentration durch die Bromionen (Abbegg, Schaum u.a.).
Nun kann allerdings nicht bestritten werden, daß infolge der
Lichtabsorption in der Bromsilbergelatine lokale Differenzierungen
des latenten Bildes auftreten, derart, daß schwächer belichtete Bild-
teile hauptsächlich an der Oberfläche liegen, während bei starken
Belichtungen das latente Bild bis auf die Glasseite reicht. Für die
Lösung der Frage aber, ob auch bei der Entwicklung stark über-
6 Lüppo-Cramer.
exponierter Aufnahmen diese topographischen Unterschiede noch
ausschlaggebend sind, kommt es nicht auf das theoretische Prinzip
an sich, sondern darauf an, ob auch bei starken Belichtungen die
Unterschiede in der Verteilung des latenten Bildes nach der Tiefen-
dimension der Schicht zu so groß bleiben, daß sie noch beim fertigen
Bilde zum Ausdruck kommen.
In welchem Maße die Absorption des Lichtes durch die photo-
graphische Schicht stattfindet, läßt sich in einem sehr einfachen
Versuche zeigen. Man legt drei Zelluloidfiilms übereinander und
belichtet sie zusammen unter einer Sensitometerskala. Es zeigt sich
bei der Entwicklung, daß zwar die schwächeren Lichteindrücke durch
die erste oder die ersten beiden Folien zurückgehalten worden sind,
daß aber bei Belichtungen, die noch nicht einmal weit in das Gc-
biet der Überexposition fallen, die Absorption nicht mehr so stark
ist, daß sie die Schwärzung der hinten liegenden Folien verhindert.
Ähnliche Versuche wurden übrigens auch schon von Hurter und
Driffield(10) angestellt.
Viele Angaben in der Fachliteratur zeigen, daß die Bedeutung
der Verteilung des Bildes nach der Tiefendimension der Schicht für
manche photographische Reaktionen erheblich überschätzt wird (11).
Selbst beim solarisierten Bilde wollte man gewisse Reaktionen da-
durch erklären, daß das solarisierte Bild mehr an der Schichtober-
fläche als an der Glasseite sich befände. Ich zeigte demgegenüber
in einer Abhandlung: „Aufhebung der Solarisation durch Keim-
bloßlegung“ (12), daß es bei solarisierender Belichtung keine Rolle
spielt, ob man von der Schichtseite oder von der Glasseite belichtet
und daß auch der Effekt einer Nachbehandlung mit Bromsilber-
lösungsmitteln (Vidaleffekt) mit diesen lokalen Unterschieden nichts
zu tun hat.
Gerade die Belichtungen von der Schichtseite einerseits, von
der Rückseite andererseits sind nun auch geeignet, einen Prüfstein
dafür abzugeben, ob bei der Entwicklung überexponierter Auf-
nahmen die lokale Verteilung des Bildes nach der Tiefendimension
der Gelatineschicht die große Rolle spielt, die man ihr bisher oft
zugeschrieben hat.
Ich belichtete eine größere Serie von Platten normaler Schicht-
dicke einerseits von der Schichtseite, andrerseits von der Glasseite
in der Kamera (Innenaufnahme) mit aufsteigenden Expositionszeiten
und entwickelte sie in Metolhydrochinon. Bei den kürzer belich-
teten Aufnahmen blieben, natürlich besonders im Anfange der Ent-
Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung. 7
wicklung, die Schatten auf der glasseitig belichteten Platte stark
zurück, weil sich das latente Bild hier mehr oder weniger aus-
schließlich an der dem Lichte zugekehrten, aber dem eindringenden
Entwickler erst allmählich zugänglich werdenden Seite der Schicht
befindet. Sobald man aber das Gebiet der Normalexposition über-
schreitet und nur einige wenige Male überexponiert, hören die
Unterschiede der Bilder, ob von vorn oder von hinten belichtet
so gut wie vollständig auf. Dies scheint mir doch ein Beweis zu.
sein, daß die lokale Verteilung des latenten Bildes bei Überexposi-
tionen keine so große Rolle mehr spielt, daß man den Unterschied
in der Wirkungsweise zwischen Rapid- und Zeitentwickler allein
dadurch erklären kann.
Einen besonders interessanten Fall der photographischen Topo-
graphie bietet die Schichtoberflächenentwicklung beim Jod-
silber.
Von den „nassen“ Jodsilberkollodiumplatten ist allgemein be-
kannt, daß der bei der physikalischen Entwicklung entstehende Silber-
niederschlag sich zum großen Teil außen auf der Schicht be-
findet. Vom Verfasser wurde nun beobachtet, daß bei Jodsilber-
gelatine die Verhältnisse ebenso liegen, daß es sich also hier nicht
hauptsächlich um einen Einfluß des Bindemittels handelt, wie man
meistens annahm, sondern daß die Eigenart des Jodsilbers die
tiefere Ursache der anormalen topographischen Verteilung des ent-
wickelten Bildes sein muß.
Nach dem Fixieren der physikalisch entwickelten Jodsilber-
gelatineplatten macht man die Beobachtung, daß das feuchte Bild
oft zum größten Teile mit dem Finger abreibbar ist. Es besteht
aus dem hellen grauweißen Silber, wie es den nassen Kollodium-
platten eigentümlich ist. Nach dem Trocknen nehmen die stark
belichteten, auffallend matten Bildteile beim Reiben mit dem Finger
Silberglanz an. Auf einer analog behandelten Bromsilberplatte
ist von diesen Erscheinungen nichts zu bemerken, sondern man hat
ein mehr oder weniger rein blau gefärbtes Bild, das offenbar ziem-
lich gleichmäßig in der Gelatineschicht verteilt ist (13).
Es ist zu erwähnen, daß der geschilderte eigenartige Silber-
niederschlag eine Eigentümlichkeit aller Jodsilberplatten ist, die
im (stark sauren) Metolsilberverstärker entwickelt wurden. Sie wurde
an etwa 20 verschiedenen Jodsilbergelatineemulsionen sehr verschie-
dener Herstellungsart von mir ausnahmslos wiedergefunden, so daß
8 Lüppo- Cramer.
man sie wohl als ein Charakteristikum derartiger Schichten ansehen
darf. In der Durchsicht ist das Silber dieser Platten absolut
deckend und rein schwarz in allen Skalenteilen, während das mit
dem gleichen Metolsilberverstärker entwickelte Bild auf Brom- oder
Chlorsilbergelatine stets infolge des adsorbierten blauen Oxydations-
produktes des Metols blau gefärbt ist. Es weist dies schon auf den
verhältnismäßig geringen Dispersitätsgrad des auf der Jodsilberplatte
niedergeschlagenen Silbers hin: das Silber muß sehr kompakt sein.
Eine Behandlung der Platten mit Quecksilberbromidlösung zeigt
diesen Unterschied besonders deutlich. Während das physikalisch
entwickelte blaue Bild auf Chlorsilbergelatine in weniger als einer
Minute völlig ausbleichte, ist das grauweiße Silber auf der Jod-
silberplatte sehr lange widerstandsfähig. Man beobachtet auch viel-
fach, daß es von der Glasseite eher ausbleicht als von der Schicht-
seite, offenbar weil das in der Tiefe der Schicht verteilte Silber
nicht so kompakt ist wie das außen abgelagerte.
Bei einzelnen besonders feinkörnigen Jodsilberemulsionen ist
die schichtoberflächliche Ablagerung des Silbers sehr überraschend:
man konnte hier fast das ganze Silber im nassen Zustande der
Platte abreiben, so zwar, daß die Skalenfelder ganz hell waren
gegenüber dem dunklen leicht verschleierten Grunde. Daß das
Silber in den stärker belichteten Bildteilen viel weniger weit nach
der Tiefe der Schicht zu sich befindet, als in den nur durch das
zerstreute Licht oder leichte chemische Reduktion bekeimten Platten-
teilen, zeigte sich bei vielen Versuchen auch besonders deutlich auf
der Glasseite der Platten. Diese Schichten zeigten nach der Ent-
wicklung von der Glasseite aus ein umgekehrtes Bild, ganz
analog demjenigen, das, wie oben geschildert, bei der chemischen
Rapidentwicklung einer gewöhnlichen Trockenplatte unter Umständen
erhalten wird.
Als Ursache der eigenartigen schichtoberflächlichen Ablagerung
des Silbers auf den Jodsilberplatten bleibt nach den Untersuchungen
des Verfassers(14) keine andere übrig als die Eigenart des schon
latenten Bildes auf Jodsilber. Aus den oben mitgeteilten Reak-
tionen über die Eigenart des Jodsilberbildes geht schon deutlich
hervor, daß das latente Bild auf Jodsilber sich wesentlich anders
verhält als das auf Bromsilber; das latente Bild auf Jodsilber ist
viel aktiver als das auf Bromsilber, es besteht zwar aus kleineren,
aber zahlreicheren Amikronen. Für das Ergebnis der physika-
lischen Entwicklung spielt aber die Zahl der ursprünglichen Keime
Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung. 9
eine viel größere Rolle als die Größe derselben. Es erfolgt also
bei den Jodsilberschichten eine außerordentlich viel raschere Ver-
stärkung als bei den Brom- und Chlorsilberschichten, in denen das
Silber viel mehr durch das stärker adsorbierende Halogensilber
„verdünnt“ ist. Bei diesem raschen Anwachsen zahlreicher Teilchen
wird sehr viel naszierendes Silber verbraucht. Da nun der Ent-
wickler an den stark belichteten Bildstellen nicht rasch genug durch
neue nachdiffundierende Lösung ersetzt werden kann und das zu-
erst in die Schicht eingedrungene Quantum der Lösung sehr rasch
siberarm geworden ist, so können hier in der Tiefe der Schicht
keine wesentlichen Mengen von Silber zur Ablagerung kommen.
An den schwächer belichteten oder auch unbelichteten Bildstellen
ist dagegen Zeit für eine allerdings geringe Silberablagerung nach
der ganzen Tiefendimension der Schicht. Hierdurch kommt die
erwähnte Umkehrungserscheinung zustande, die nicht nur in ihrem
Endeffekt, sondern auch in ihrem Wesen eine völlige Analogie zu
den Vorgängen bei der chemischen Rapidentwicklung gewöhn-
licher Bromsilberschichten darstellt.
Wertvolle Ergebnisse in bezug auf die topographischen Ver-
hältnisse in den Jodsilberkollodiumschichten hatte auch die Arbeit
von E. Lehmann und H. Winzer: „Zur Bildbildung auf der nassen
Jodsilberkollodiumplatte“, Phot. Industrie 1923, Nr. 47/48.
Nebenbei bemerkt zeigen auch die Jodsilbergelatineschichten,
ähnlich wie die nassen Kollodiumplatten, ein außerordentlich gutes
photographisches Auflösungsvermögen, was wohl durch das
gleichzeitige Zusammentreffen verschiedener günstiger Umstände zu
erklären ist. Einerseits waren die von mir für diese Zwecke ver-
wendeten Jodsilberemulsionen gleichmäßig feinkörnig und bei nicht
zu langer Entwicklung völlig frei von Schleierkeimen, andrerseits
führt die außerordentliche Deckkraft des physikalisch entwickelten
Jodsilberbildes bei der ungewöhnlichen Steilheit der Gradationsskala
zu enormen Kontrasten. Die Reproduktion von Rasterlinien auf
solchen Jodsilbergelatineplatten vollzog sich daher so vollkommen,
daß die Schärfe und Intensität der Linien bei 5sofacher Vergröße-
rung kaum noch etwas zu wünschen übrig ließ.
Einen besonderen Fall der Beeinflussung des Bildes durch topo-
graphisch differenzierte Entwicklung stellt auch die Tiefenentwick-
lung von farbenempfindlichen Platten dar, die mit einem
Gelbfilter in der Schicht versehen sind. Da ein solches Filter
IO Lüppo-Cramer.
um so stärker wirkt, je tiefer das latente Bild sich in der Schicht
befindet, so kann man durch geeignete Tiefenentwicklung die rela-
tive Farbenempfindlichkeit bedeutend erhöhen (15).
Der topographisch differenzierte Sitz des Keimmaterials im
einzelnen Korn wurde bereits gelegentlich der Keimbloßlegungs-
reaktion auf S. 12 3, Bd. 23 erörtert. Eine besondere Beachtung ver-
dienen nun auch die topographischen Verhältnisse des solarisiert
belichteten Bildes.
Es gehörte lange zu den strittigen Fragen, ob auch das pri-
mär fixierte latente Bild der Solarisation zugänglich ist.
Während Kogelmann (16), Homolka (17) und Weiß (18
keinerlei Umkehrung des primär fixierten Bildes konstatieren
konnten, haben Sterry(19) unter Eder(20) Umkehrungen des
primär fixierten, also sekundär entwickelten Bildes erhalten. Lüppo-
Cramer(21) hatte zuerst bei zahlreichen Versuchen in dieser Rich-
tung an hochempfindlichen Platten auch bei sehr weitgehenden
Belichtungen niemals Umkehrungen nach dem primären Fixieren
beobachtet, erhielt aber später(22) Umkehrungserscheinungen beim
sekundären Entwickeln gerade solcher feinkörnigen Schichten, die
bei der normalen Hervorrufungsmethode außerordentlich schwer,
d h. unvollkommen solarisierten. Auf Grund weiterer Unter-
suchungen (23) hielt ich die gerade nur in einem bestimmten physi-
kalischen Entwickler beobachtete Umkehrung nach dem primären
Fixieren auf wenig gereiften Schichten für eine nur scheinbare,
die durch die Art des Silberniederschlags vorgetäuscht werde. Auch
Angaben Eders(24) deuten darauf hin, daß die Umkehrungserschei-
nungen, die er nach dem Fixieren auf Bromsilberkollodium erhielt,
nicht ganz normal zu verlaufen scheinen. Eder sagt hierüber
a. a. O.: „Das Natriumthiosulfat vermag also beim primären Fixieren
des latenten Lichtbildes bald ein solarisiertes Lichtbild zur nor-
malen Entwicklung zu bringen oder auch das normale latente Biid
zur solarisierten Entwicklung zu veranlassen; es gelang mir aber
nicht, in diesen Prozessen eine Gesetzmäßigkeit zu finden,
da sie nicht regelmäßig verlaufen.“
Spätere Untersuchungen von Lüppo-Cramer(25) hatten das
Ergebnis, daß auf bestimmten feinkörnigen Bromsilberdiapositiv-
platten nicht nur eine unzweifelhafte Umkehrung nach dem primären
Fixieren eintritt, sondern daß diese auch in quantitativer Beziehung
genau so verläuft, wie die Solarisation vor dem Fixieren bei gleicher
Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung. II
physikalischer Hervorrufung. Man kann hiernach nicht mehr das
Verhalten dieser Schichten als Ausnahmefall ansehen, sondern muß
vielmehr annehmen, daß umgekehrt das Ausbleiben der Solari-
ston nach dem primären Fixieren auf den hochempfind-
lichen Schichten auf eine sekundäre Ursache zurückzuführen
ist. Das Produkt der solarisierenden Belichtung wird als solches von
dem Fixiermittel anscheinend überhaupt nicht merklich verändert.
Auf den grobkörnigen Schichten (oder vielleicht auch auf Emul-
sionen mit feinerem Korn, aber anderer innerer Struktur) finden
sich aber im Inneren der Körner noch Keime, die bei der Fixie-
rung bloßgelegt werden und die dann auslösend auf die physika-
lische Entwicklung wirken, was zu einem normalen, d. h. nicht mehr
umgekehrten Bilde führt. Bei feinkörnigen Schichten sind dagegen
im allgemeinen verständlicherweise viel weniger Keime im Korn-
innern vorhanden, so daß das ursprüngliche Solarisationsbild durch
eine beim Fixieren erfolgende Bloßlegung von Keimen im Innern
und eine darauffolgende Verstärkung bei der Entwicklung nicht
überdeckt wird.
Für den Eintritt der normalen Solarisation ist weniger die
Korngröße als solche entscheidend als vielmehr die innere Struktur
des Kornes, gleichzeitig aber auch die Art der Entwicklung.
So geben relativ feinkörnige Bromsilberkollodiumtrocken-
platten (26) ganz besonders leicht Solarisation, und die ebenfalls
feinkörnigen Schichten aus peptisiertem Bromsilbergel (27) liefern
die Erscheinung bis in das Gebiet der zweiten Umkehrung in ganz
einzigartig dastehender Prägnanz, in beiden Fällen bei gewöhnlicher
chemischer Entwicklung. Anderseits liefern auch feinkörnige Brom-
silberdiapositivplatten, die bei gewöhnlicher Entwicklung nur un-
vollkommene Solarisationsbilder ergeben, oft gute Umkehrungen,
wenn man die chemische Entwicklung sehr langsam gestaltet und
rechtzeitig unterbricht. Auch die zweite Periode der Solari-
sation beobachtet man auf manchen Sorten gewöhnlicher Trocken-
platten schon nach relativ kurzen Belichtungen, wenn man mit stark
verzögerten Entwicklern arbeitet und die Hervorrufung nicht
zu lange fortsetzt.
In all diesen Fällen handelt es sich offenbar hauptsächlich
darum, daß die Entwicklung vorwiegend auf die Kornoberfläche
beschränkt wird, an der das Solarisationsbild sich befindet, das
aber leicht überdeckt wird, wenn die Hervorrufung auch durch
Keime ausgelöst werden kann, die sich weiter im Inneren des Korns
12 Lüppo-Cramer. Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung.
befinden, Es lehren auch diese Erscheinungen aufs neue, wie man
bei photographischen Vorgängen vor allem auch die räumlichen
Verhältnisse immer im Auge halten muß.
Literatur.
ı) Phot. Korr. 1913, S. 17.
2) Phot. Wochenbl. 1912, S. 284; Phot. Chronik 1912, S. 455.
3) J. M. van Bemmelen, Landwirtschaftl, Versuchsstationen, 35. 136. (Berlin
1888); vgl. H. Freundlich, Kapillarchemie, Leipzig 1909, S. 168.
4) Lüppo-Cramer, Kolloidchemie u. Photogr., Dresden 1908, S. 121; Kol-
loidzeitschr. 1. 353. 1906.
5) Phot. Rundschau 1913, Heft 4.
6) Phot. Korr. 1913, S. 313.
7) R. Ed. Liesegang, Photogr. Physik, Leipzig 1899, S. 55.
8) A. von Hübl, Entwicklung bei zweifelhaft richtiger Exposition, 3. Aufl.
Halle 1907, S. 21.
9) Phot. Industrie 1911, S. 1453; Phot. Korr. 1912, S. 383.
10) Eders Jahrb. 1893, S. 371.
I1) Siehe z. B. Idzerda, Phot. Korr. 1909, S. 520.
12) Phot. Korr. 1915, S. 340.
13) Daß das physikalisch entwickelte Bild in der Schicht einer Bromsilbergelatine-
platte gleichmäßig verteilt ist, geht aus einem Querschnittsmikrophotogramm von
W. Scheffer (zitiert nach E. Lehmann, Zeitschr. f. Reprod.-Technik 1912, S. 157)
hervor. Douglas Fawcett (Brit. Journ. of Phot. 40. 645. 1900; zitiert nach Archiv
wiss. Phot. 2. 295) entwickelte Lippmannsche Photochromien physikalisch zu vollen
Farben; die Notwendigkeit der Bildung Zenkerscher Lamellen beweist zur Genüge
das Vorhandensein der Bildsubstanz durch die ganze Schicht hindurch.
14) Phot. Korr. 1914, S. 402.
15) Lüppo-Cramer, Phot. Rundschau 1915, S. 225.
16) F. Kogelmann, Die Isolierung der Substanz des latenten photogr. Bildes
Graz 1894, S. 23 u. 24.
17) Phot. Korr. 1907, S. 168.
18) Zeitschr. physikal. Chem. 54. 342.
19) Eders Jahrb. 1899, S. 289; Photogr. Journal 1898, 22. 264.
20) J. M. Eder, Photochemie, Halle 1906, S. 293.
21) Lüppo-Cramer, Photogr. Probleme, Halle 1907, S. 149.
22) Phot. Korr. 1906, S. 439.
23) Phot. Wochenbl. 1909, S. 303.
24) Eder, Photochemie, S. 293, Fußnote,
25) Phot. Industrie 1917, Nr. 35 u. 37.
26) Kolloidzeitschr. 16. 160. 1915.
27) Phot. Korr. 1910, S. 441; E. Stenger, ebenda S. 443.
Lüppo-Cramer. Entwicklungsparadoxien. 13
Entwicklungsparadoxien.
Von
Lüppo-Cramer.
Es gilt im allgemeinen als selbstverständlich, daß ein Entwickler
um so rascher wirkt und unr so mehr leistet, je konzentrierter
er ist. In der Tat ist des auch das normale Verhältnis, doch
können besondere Umstände die Sache vollständig umkehren.
Gelegentlich meiner Versuche über die praktische Brauchbar-
keit der Empfindlichkeitsverringerung von Bromsilberplatten durch
Bäder von Amidol(1) wurde beobachtet, daß eine sehr verdünnte
Lösung von Amidol (reines salzsaures Diamidophenol) ohne jeden
Zusatz in 0,05 proz. Lösung) sehr viel rascher entwickelt als eine
zehnfach stärkere Lösung und daß bei weiterer Konzentration
auf ı oder gar 2 Prozent der Unterschied noch eklatanter wird.
Schon nach einer Entwicklungsdauer von nur ı Minute ist in der
0,05proz. Lösung ein deutliches Bild hervorgerufen, das innerhalb
5 Minuten zu beträchtlicher Deckung steigt. In der ıproz. Lösung
beginnen dann erst die stärkst belichteten Bildteile hervorzutreten
und zwar auf der Rückseite der Schicht, während die verdünnte
Lösung das Bild ziemlich normal von der Schichtseite aus hervor-
ruf. Die „Schichttiefenentwicklung“ des Amidols wurde oben S. 3
von mir so gedeutet, daß das salzsaure Diamidophenol infolge der
adsorbierenden Wirkung der Gelatine eine Spaltung in HCl und
Amidolbase erfährt. Die Gelatine adsorbiert die Salzsäure und es
entsteht daher nach der Tiefe der Gelatineschicht zu eine weniger
saure und daher stärker reduzierende Lösung, während an der
Schichtoberfläche die Lösung viel stärker sauer bleibt. Die Reduk-
tion macht sich daher zunächst nur in der Tiefe der Schicht geltend.
In verwandter Weise wird man auch die beschriebene Paradoxie
deuten müssen, daß eine verdünntere Amidollösung außerordentlich
viel rapider wirkt als eine konzentriertere: in verdünnteren Lösungen
ist das salzsaure Salz stärker hydrolytisch gespalten als in der kon-
zentrierteren. Im vorliegenden Falle spielt aber auch die Gelatine
keine große Rolle mehr bei dem Prozeß, denn es zeigte sich, dal
auch Kollodiumplatten, deren Schicht keine Säure absorbiert (2),
doch in ähnlicher Weise rascher durch die verdünnten Lösungen
des Amidols hervorgerufen werden als durch die konzentrierteren.
14 Lüppo-Cramer. Entwicklungsparadoxien.
Ganz ähnlich wie das Amidol verhalten sich die salzsauren
Salze von Triamidobenzol, Triamidotoluol und Diami-
doresorzin. |
Triamidophenol verhält sich besonders interessant. Die Her-
vorrufung in der verdünnten Lösung erfolgt sehr rasch: schon nach
2 Minuten war ein ziemlich kräftiges Bild auf der Schichtseite, wäh-
rend in der ıproz. Lösung eine ausgesprochene Schichttiefenent-
wicklung (Gelatineplatte) stattfand. Das Bild in der verdünnten
Lösung macht den Eindruck einer Überexposition, während das in
der konzentrierten deutlich unterexponiert erschien, weil, wie im vorher-
gehenden Artikel beschrieben, die eigentliche Schichttiefenentwick-
lung gleichzeitig sich der Kornoberflächenentwicklung nähert und
daher auch längere Belichtungszeit voraussetzt.
Selbst mit den wäßrigen Lösungen von Metol läßt sich die
beschriebene Entwicklungsparadoxie beobachten, nur erfolgt die
Entwicklung sehr langsam. Nach ı5 Minuten langer Entwicklung
wurde in einer 0,05 proz. Lösung ein leidlich kräftiges Bild erhalten,
während in der I proz. Lösung nach gleicher Zeitdauer noch keine
Spur erschienen war.
Das Entwicklungsvermögen außerordentlich stark verdünnter
Amidollösungen ist besonders überraschend. Selbst Lösungen
1:200000 entwickelten innerhalb vo Minuten auf Diapositivplatten
noch ein ziemlich kräftiges Bild. Vergleicht man die Wirkung einer
Lösung 1:10000 mit der einer zehnfach konzentrierteren, so sind
beide Bilder im Endeffekt ziemlich gleich; das in der stärkeren
Lösung hervorgerufene Bild sitzt aber unverkennbar schon etwas
mehr an der Glasseite als bei der anderen, es zeigen sich also sogar
noch bei derartig starken Verdünnungen Andeutungen der Schicht-
tiefenentwicklung.
Während unter normalen Konzentrationsverhältnissen bekannt-
lich das Entwicklungsvermögen des Amidols durch Sulfitzusatz erst
eigentlich ausgelöst wird, wirkt der Zusatz von Sulfit, ja auch der
von Sulfit und Alkalikarbonat zusammen, in den abnorm stark ver-
dünnten Lösungen paradoxerweise gegen das Entwicklungsvermögen.
Während bei einem Parallelversuch die Lösung 1: 100000 noch ein
leidlich gedecktes Bild innerhalb 5 Minuten hervorrief, erschienen in
der gleichzeitig ı proz. Na, GC, enthaltenden Lösung überhaupt keine
Bildspuren, auch leistete die Lösung 1:100000 beträchtlich mehr
als eine 1:20000, der noch das Sulfit zugegeben war. Auch bei
Triamidobenzol und Triamidotoluol zeigten sich ähnliche Er-
Steigmann. Süberbestimmung in photographischen Emulsionen. I5
scheinungen. Bei diesen letztgenannten Substanzen wurde auch be-
obachtet, daß sie in zusatzfreier Lösung kräftig entwickeln, bei
Gegenwart von KBr aber das Lichtbild zerstören. Recht
paradox erscheint auch folgendes:
Versetzt man eine Amidollösung 1:100 mit 1 proz. KBr und
verdünnt einen Teil dieser Lösung auf das ıoofache, so entwickelt
die verdünnte Lösung ein latentes Bild innerhalb weniger Minuten,
während in der konzentrierteren überhaupt kein Bild auftritt, son-
dern bei nachfolgender normaler Entwicklung mit Metolhydrochinon
fast vollständig zerstört erscheint gegenüber dem nur verhältnis-
mäßig wenig abgeschwächten in der anderen. In der abschwächen-
den Wirkung ist also die konzentriertere, in der ent-
wickelnden die verdünnte Lösung überlegen! Ähnlich ver-
hielten sich Triamidobenzol und selbst Metol, wenn auch nicht
in so auffallendem Grade wie das Amidol.
Eine Andeutung der beschriebenen Entwicklungsparadoxie liefert
auch Eisenvitriollösung. ıproz. Eisenvitriollösung entwickelt
reichlich belichtete Bromsilberdiapositivplatten rascher und kräftiger
als eine 3 0 prozentige!
Anmerkungen.
1) Phot. Industrie 1912, S. 1446.
2) Phot. Korr. 1913, S. 281.
Eingegangen am 2. Oktober 1925.
Silberbestimmung in photographischen Emulsionen.
Von
A. Steigmann.
Herr Meidinger spricht in einem jüngst erschienenen Aufsatz?)
von einem Liebigschen Verfahren zur Silberbestimmung in photo-
graphischen Emulsionen.
Liebig lag es ferne, das cyanometrische Verfahren zur Silber-
bestimmung in photographischen Emulsionen oder überhaupt zur Be-
stimmung von Halogensilber anzuwenden. Erst nachdem Steigmann
ın der Photogr. Industrie 1921, Seite 839, das Liebigsche Verfahren
zur Silberbestimmung in photographischen Emulsionen empfohlen
und E. Lehmann erfolgreiche Versuche damit angestellt hatte, er-
1) Zeitschr. f. wissenschaftl. Photogr. H. 8—10, S. 282, 1925.
16 Meıdinger. Erwiderung.
schien auch eine Publikation über das später sogenannte Eggert-
sche Verfahren zur Silberbestimmung in photographischen Emul-
sionen, das, soweit die technische photographische Analyse in Frage
kommt, eine nützliche Verbesserung des Steigmannschen, in be-
zug auf die gewöhnliche Silbersalzanalyse eine Verbesserung des
Liebigschen Verfahrens darstellt.
Trotzdem ich ganz offensichtlich der Begründer der photo-
graphischen Cyanometrie bin, werde ich von Herrn Eggert und
Herrn Meidinger nicht im geringsten erwähnt. Herr Meidinger
übergeht meinen Namen bei der zweiten Publikation!) und spricht
von einem Liebigschen Verfahren. Ein solches hat aber für die
Photographie, also für den ganz besonderen und eigenartigen Zweck
nicht bestanden, bevor mein Vorschlag zu seiner Anwendung ge-
macht wurde. Das Liebigsche Verfahren hat erst durch die Idee
von Steigmann photographisch-technische Bedeutung erlangt.
Um die technische Nutzanwendung handelt es sich aber bei
den Publikationen von Eggert und Meidinger in erster Linie und
diese kommt ursprünglich von Steigmann und von Lehmann,
der meinen Vorschlag als erster praktisch realisierte.
1) Zeitschr. f. wissenschaftl. Photogr. H. 8—10, S. 282, 1925.
(Eingegangen am 24. September 1925.)
Erwiderung.
l Von
W. Meidinger.
Die obigen Bemerkungen des Herrn Steigmann lassen er-
kennen, daß er seine Prioritätsansprüche trotz einer längeren Dis-
kussion in der photographischen Industrie, aus der die Sachlage
bereits hervorging, noch immer aufrecht erhält. Da die Frage jetzt
vor einem neuen Leserkreis aufgerollt wird, sehe ich mich zu
meinem Bedauern genötigt, den Stand der Angelegenheit noch-
mals ausführlich klar zu stellen, und zwar in zweifacher Hinsicht:
ı. Historisch betrachtet ergibt sich folgende Übersicht:
1851 Liebig veröffentlicht sein bekanntes Titrationsverfahren
zur Silberbestimmung (Ann. d. Chem. 77. 102. 1851).
1917 Eggert wendet seine neue Methode zum ersten Mal (nicht
auf photographischem Gebiet) an. (Zeitschr. f. Elektrochem.
23. 8. 1917.)
Erwiıderung. 17
1919 Eggert beschreibt und diskutiert seine Methode näher.
(Ber. d. d. chem. Ges. 52. 11707. 1919.)
1921 Steigmann spricht in einem Artikel von der Möglichkeit
einer vorteilhaften Anwendung des Liebigschen Verfahrens
in photographischen Präparaten. (Phot. Ind. 1921. S. 839.)
1922 E. Lehmann weist nach, daß das Liebigsche Verfahren
bei der von Steigmann vorgeschlagenen Anwendung auf
photographische Präparate mit Fehlern arbeitet, die das
zulässige Maß überschreiten. (Phot. Ind. 1922, S. 467 u. 491;
Zeitschr. f. angew. Chem. 35. 377. 1922.)
1923 Eggert überträgt seine Methode (1917 bzw. 1921) auf
photographisches Gebiet (Zeitschr. f. wiss. Phot. 22. 210. 1923).
2. Die nähere Bezeichnung eines Arbeitsverfahrens durch den
Namen des Urhebers geschieht nach den bisher in der Wissenschaft
üblichen Bräuchen, wie an einem naheliegenden Beispiel erörtert
sei, folgendermaßen:
Die Benennungen Liebigsches, Volhardtsches und Eggert-
sches!) Silberbestimmungsverfahren sollen die drei Methoden, welche
alle das allgemeine Ziel: Silberbestimmung haben, in knapper
Form hinsichtlich der Grundlagen kennzeichnen, auf denen die Ver-
fahren aufbauen. Das Gebiet, auf dem sie in dem einen oder an-
dern besonderen Falle angewendet werden, ist dabei durchaus
nebensächlich. Man würde daher infolgedessen auch nicht von
enem Sheppard und Meesschen Verfahren der Silberbestimmung
sprechen, weil diese Autoren zuerst das entwickelte Silber in photo-
graphischen Präparaten nach der Methode von Volhardt bestimmt
haben und nicht von einem Steigmannschen Verfahren, weil dieser
zuerst das Liebigsche Verfahren zur Silberbestimmung in photo-
graphischen Präparaten empfahl. Wohl aber ist man m. E. be-
rechtigt, von einer Eggertschen Methode zu reden, weil Eggert
weder wie Liebig noch wie Volhardt arbeitet. — Wenn nun aber
Herm Steigmann die durchgreifende Abänderung des Liebig-
schen Verfahrens, die Eggert bei der Ausarbeitung seiner Methode
vornahm, zu geringfügig erscheint, um die Bezeichnung „Eggert-
sches Verfahren“ zu rechtfertigen, so liegt deshalb noch keine Ver-
anlasung vor, den Namen Steigmann bei der Benennung der
Methode hervorzuheben.
1) z.B. so bezeichnet bei Marasco, Industrial and Engineering Chemistry,
16. 9. 945—46. 1924.
Zeitschr. f. wiss. Phot. 34. 2
18 Kögel und Steigmann.
Über das Wesen der optischen Sensibilisierung
und der Desensibilisierung.
Von
G. Kögel und A. Steigmann.
(Mitteilung aus dem photochemischen Institut der Technischen Hochschule Karlsruhe.)
Unter den vielen rätselhaften Komponenten der photographischen
Emulsionen befinden sich als unbekannte Größen auch die optischen
Sensibilisatoren. Ihre Wirkung stellt ein wissenschaftliches Problem
erster Bedeutung dar.
Es besteht vielfach die Ansicht, die sensibilisierenden Farb-
stoffe wären, wenigstens in dem sie erregenden Wellenbereich,
Halogenakzeptoren, wie die chemischen Sensibilisatoren (Weigert)
Doch deckt sich diese Annahme nicht mit der Tatsache, daß ent-
gegen der Gebhardschen Auffassung, Eosin, Flavindulin, Methylen-
blau usw. im Lichte reduziert (hydriert) werden und daß die
hierdurch bewirkte Ausbleichung durch sogenannte Sensibilisatoren
(nicht zu verwechseln mit den optischen Sensibilisatoren), welche
z. T. recht kräftige Reduktionsmittel mit wenigstens einem labilen
Wasserstoffatom sind, begünstigt wird. (Vgl. die demnächst er-
scheinende Spezialarbeit von G. Kögel und Herta Schneider.)
Weigert hat aber zweifellos richtig vermutet, wenn er an-
nimmt, daß die sensibilisierenden Farbstoffe erst durch das sie er-
regende Licht bzw. im Erregungszustand zu Sensibilisatoren
werden, wenn auch nicht zu chemischen im Sinne von Halogen-
akzeptoren, wie Weigert annimmt.
Dadurch würde auch im langwelligen Licht eine Primärreaktion
des Halogensilbers vorausgesetzt, während unsere noch zu be-
sprechenden Versuche an Farbstoffen, wie Methylenblau, eine Primär-
reaktion der Farbstoffe beweisen.
Betrachten wir einc panchromatische und eine nicht sensibili-
sierte Trockenplatte und ferner die Tatsache, daß durch den sensi-
bilisierenden Farbstoff z. B. Pinacyanol, das höchstunaktinische rote
Licht plötzlich wirksam und das Halogensilber entwickelbar wird
und denken wir uns die Erde nur von dunkelrotem Licht erleuchtet,
so würden wir ohne Bedenken zu dem Schluß kommen, daß Pina-
cyanol nicht nur rotempfindlich macht, sondern im roten Licht
Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der Desensibilisierung. 19
viel empfindlicher ist als selbst gereiftes Halogensilber. Wir wüßten,
wäre die Erde quasi eine roterleuchtete Dunkelkammer, nichts von
der hohen Empfindlichkeit des Bromsilbers und wir würden zweifellos
allgemein sagen, das Pinacyanol ist viel empfindlicher als Bromsilber
und das Bromsilber ist lediglich ein sehr feines Reagens zum Nach-
weis der hohen Lichtempfindlichkeit des Pinacyanols.
Diese äußerst primäre Überlegung ist auch kein Fehlschluß.
Denn tatsächlich sind die Farbstoffe außerordentlich lichtempfind-
lich und es gibt eine große Reihe organischer Körper, welche, zu-
folge ihrer Konstitution, mindestens dieselben diskreten Licht-
veränderungen erfahren, wie das Bromsilber im Blauviolett, und
ebenso rasch.
Es fehlen uns nur, bzw. fehlten uns bislang die Mittel, in ähn-
licher Weise wie beim Bromsilber, die latente Lichtreaktion mittels
einer Dunkelreaktion (Entwicklung) bis zur Erzielung sichtbarer
Bilder fortzusetzen, sie also erkennbar zu machen. Wohl hat
Ch. Winther!) die Entstehung latenter Eosinsilberbilder durch Ent-
wicklung mit Merkuronitrat nachgewiesen, da er jedoch mit einem
eigentlichen Silbersalz gearbeitet hat, war mit diesem Versuch kein
Beweis für die Entstehung von latenten Eindrücken auf völlig silber-
salzfreien Farbstoffschichten erbracht und obschon Winther (loc. cit.)
an Gemischen von Akridin oder Cyanin mit Oxalaten eine er-
staunliche Lichtempfindlichkeit nachgewiesen hat, wie früher schon
von Hübl?) bei seinen Farbstoffausbleichversuchen mit Brom-
silber, so war dadurch doch noch nicht in genügendem Maße
der Zusammenhang zwischen dieser hohen Farbstoffempfindlich-
keit und der optischen Sensibilisierung erbracht, zumal von den
wichtigen optischen Sensibilisatoren der Isochinolingruppe nicht be-
kannt ist, daß sie, wie die Farbstoffe der Eosingruppe, mit Halogen-
silber, eine Silberfarbstoffverbindung bilden. Da Winther und
auch von Hübl eine wirklich hohe Farbstoffempfindlichkeit, sowie
die Entstehung latenter Farbstoffbilder unabhängig von Silbersalzen
nicht festgestellt haben und Winther nur auf Eosinsilberschichten
latente Lichteindrücke nachgewiesen hat, sind die erwähnten Unter-
suchungen für die Deutung der optischen Sensibilisierung im all-
gemeinen nicht hinreichend gewesen. Sie haben scheinbar aus
diesem Grunde bedauerlicherweise nicht die ihnen zukommende hohe
Beachtung gefunden. Das System Silbersalz-Farbstoff ist schon
D Ch. Winther, Zeitschr. f. wiss. Phot. 9. 219—20, 225. IQII.
3) v. Hübl, Die Photographie mit Colludiumschichten, Halle 1899.
at
20 Kögel und Steigmann.
ziemlich komplex und es gestattet nicht zu entscheiden, welcher
der beiden Körper im Lichte primär reagiert, welcher von beiden
der lichtempfindlichste ist und ob der Farbstoff überhaupt für sich
allein im Vergleich mit photographischen Emulsionen als eigentlich
hochempfindlich zu betrachten ist.
Aber auch mit der Feststellung der Primärreaktion der Farb-
stoffe ist die optische Sensibilisierung des Halogensilbers noch nicht
gedeutet. Denn wie Eder schon in Nachprüfung einer Hypothese
von Abney (Eder, Jahrbuch 1898) gezeigt hat, reagieren die außer-
halb der Halogensilberschicht gewonnenen Lichtreaktionsprodukte
der Farbstoffe nicht mit dem Bromsilber, was auch unsere Versuche
bestätigten.
Bevor wir zu den Farbstoff-Silbersalzsystemen gehen und die
optische Sensibilisierung deuten konnten, waren daher weitere Er-
wägungen und Untersuchungen an silberfreien Farbstoffsystemen
unerläßlich.
Von hervorragender wissenschaftlicher und gleichzeitig tech-
nischer Bedeutung sind die von G. Kögel im Ozalidlichtpaus-
papier durch Kalle verwerteten hochempfindlichen Chinondiazide,
die von Kögel zu einem experimentellen Paradigma (integrale
Lichtbilder, Phot. Ind., 1925, 860) benutzt werden. Der ein-
fachste Repräsentant der Chinondiazide ist das p-Chinondiazid
N=N, Die Chinondiazide spalten sich im Lichte schon bei Gegen-
wart geringster Feuchtigkeitsmengen der Luft oder des
| || DBindemittels auf. Der Stickstoff setzt sich in Freiheit und
( aus den Chinondiaziden entstehen Phenole, die, bei Gegen-
Ò wart von Ammoniak oder sonstigen Alkalien, mit den un-
zersetzten Chinondiazidbestandteilen zu bildgebenden Azofarbstoffen
gekoppelt werden. Dabei bleiben die stark belichteten Stellen, in
denen das Chinondiazid völlig zerstört ist, weiß und erweisen sich
als vollständig fixiert.
Es können also ohne chemische Entwicklung und Fixage,
lediglich durch die Wirkung des Lichtes, „integrale Lichtbilder‘‘
hergestellt werden, indem man einfach in der Camera exponiert
(10 Min. bei lichtstarker Optik), evtl. bei Anwesenheit von Ammoniak,
und dann in der normalen Atmosphäre und am vollen Tageslicht
weiterbelichtet, d. h. fixiert. Theoretisch betrachtet sind die Chinon-
diazide demnach die idealsten lichtempfindlichen Körper, so daß
auch in praktischer Hinsicht, soweit es sich um Kameraaufnahmen
handelt und um das integrale Lichtbild, noch weitere Fortschritte
Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der Desensibilisierung. 21
sich aufzwingen. Da sich schon relativ kurz belichtete latente
Chinondiazidbilder mit Ammoniak hervorrufen lassen, ist auch
eine Weiterentwicklung auf anderem Wege zu erwarten.
Diese interessanten Tatsachen seien erwähnt, um zu zeigen,
dab zunächst hinsichtlich der sichtbaren photochemischen
Wirkungen organische, den Farbstoffen nahestehende Körper
nicht hinter diesen und dem Bromsilber zurückstehen. Wichtig ist
bei den Versuchen mit den Chinondiaziden, daß sie auf Gelatine-
papier bei Sekundenbelichtung latente Lichteindrücke empfangen,
die mit Silbernitrat und Metolsulfit kräftig entwickelbar sind. Die
Annahme, daß auch die Farbstoffe, genau wie das Halogensilber, bei
kurzer Belichtung latente Veränderungen erleiden, wird im folgen-
den erwiesen. Die eingangs aufgestellte Behauptung von der Photo-
reduktion der Ausbleichfarbstoffe (darunter besonders wichtige
photographische Sensibilisatoren und Desensibilisatoren) bedarf ihrer
besonderen Begründung. Da Eosin, Erythrosin, Methylenblau usf.
nur dann gut gebleicht werden, wenn ein Sensibilisator mit wenigstens
einem beweglichen Wasserstoffatom Verwendung findet (s. die später
folgende Spezialarbeit Kögel-Schneider), wenn also wenigstens
ein hydrierendes reduzierendes Wasserstoffatom im Molekül der
Sensibilisatoren vorhanden ist, und da das Belichtungsprodukt des
Methylenblaus und des Trypaflavins auf Gelatine Silbernitrat schon
nach Sekundenbelichtung reduziert, so muß man notwendig als
Ursache der Farbstoffausbleichung eine Reduktion bzw. Hydrierung
annehmen, sowohl für die photographisch-sensibilisierenden als auch
desensibilisierenden Farbstoffe, die mehr oder weniger gut die
Gelatine unter dem Einfluß des Lichtes dehydrieren und sie dadurch
gerben, selbst aber hydriert, also reduziert werden.
Bei der Belichtung von Farbstoffsensibilisatorsystemen spielen
sich also in bezug auf den Farbstoff Hydrierungen, in bezug auf
den Sensibilisator, als welcher sehr gut auch Gelatine funktionieren
kann, Dehydrierungen ab, wofür entschieden auch neuere Unter,
suchungen sprechen.
Während nun die Lichtreduktionsprodukte des Methylenblaus
und des Trypaflavins und der Chinondiazide Reduktionsmittel für
Silbernitrat sind, vielleicht gar photographische Entwickler, scheinen
die Lichtreduktionsprodukte der übrigen untersuchten Farbstoffe,
z} B. von Eosin, Erythrosin, Rhodamin B, Pinachrom, Pinaflavol,
Phenosafranin weniger kräftig oder gar nicht zu reduzieren. Die
auf ihnen durch Belichtung bewirkten Veränderungen lassen sich
22 ~- Kögel und Steigmann.
deshalb durch ein Silbernitratnachbad und physikalische Entwicklung
nicht nachweisen, was natürlich nicht zu verhindern braucht, daß
sie im langwelligen Licht empfindlicher sind als gereiftes Bromsilber
und dieses durch eine Primärreaktion affızieren.
Für die hohe Lichtempfindlichkeit der Farbstoffe spricht ein
einfacher, in diesem Zusammenhange notwendig zu erwähnender
fundamentaler Versuch mit Methylenblaugelatine, der beweist
I. daß den Farbstoffen eine ganz beträchtliche Lichtempfind-
lichkeit zukommt,
2. daß sie vollkommen unsichtbare latente Eindrücke durch
relativ sehr kurze Belichtungen ohne Mithilfe eines besonderen Sen-
sibilisators (neben Gelatine) oder Silbersalzes in entwickelbarer Form
aufnehmen.
Wird ein Methylenblaugelatinestreifen (Methylenblaulösung
1: 5000) vollem Sonnenlicht 5 Sek. (Aug., vormittags 9 Uhr) unter
einer Eder-Hechtskala ausgesetzt, in Silbernitratlösung 1:100 ge-
bracht, dann mit silberfreier Metolsulfitlösung ohne Alkali (Metol
1:100, Sulfit 5: 100) entwickelt, so schießen ca. 40 Eder-Hechtgrade
aus dem anscheinend völlig unveränderten, belichteten Papier in
sehr guter Gradation heraus, während in nachhinkender Reaktion
der unbelichtete Teil des Methylenblaupapiers verschleiert. Zieht
man in Betracht, daß die entstehenden Silberkeime durch das über-
schüssige Methylenblau gelöst werden können (Crabtree), zumal
sie frei liegen und nicht in Bromsilber eingebettet sind, so ist
es unschwer, eine greifbare Vorstellung von der großen Licht-
empfindlichkeit reiner Farbstoffgelatineschichten zu gewinnen. Wir
gingen dazu über, das Methylenblau auf Halogensilberschichten
zu belichten, setzten also unsere Versuche an desensibilisierten
Halogensilberschichten fort, um daran zu zeigen, daß das Methylen-
blau gänzlich unabhängig vom Halogensilber im Lichte reduziert
wird, Zwei gleiche Streifen Velotyppapier (Mimosa A.-G.) wurden
nach dem Methylenblaubad 1:5000 unter den Farbenskalen des
Eder-Hechtphotometers bei voller Augustmorgensonne 2 Sek. be-
lichtet und einer der beiden Streifen nach erfolgter Belichtung in
Silbernitratlösung 1:100 gebadet. Die Entwicklung der beiden
Streifen erfolge im ganz schwach sodaalkalischen Metolsulfit-
entwickler. Dabei zeigte sich, daß an der Stelle des Gelb- und
Rotstreifens der Eder-Hechtskala nur auf dem mit Silbernitrat nach-
behandelten Papier eine Schwärzung entstand. Es kann also unter
dem Einfluß des gelben und roten Lichtes nur der Farbstoff, nicht
Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der Desensibilisierung. 23
—_—
aber das Halogensilber sich verändert haben, da es sonst auch
ohne das Silbernitratnachbad entwickelbar sein müßte. Wie wir
am silberfreien Methylenblaugelatinepapier gezeigt haben, spricht
das Silbernitrat, indem es sich reduziert, auf das Lichtreduktions-
produkt des Methylenblaues an. Es ist also bei unserem Versuch
nicht das latente Bild auf Halogensilber, das auch ohne Silber-
nitratnachbehandlung entwickelbar sein müßte, sondern das latente
Bild auf Methylenblau, welches, umgesetzt in ein latentes Silber-
bild, auf das Halogensilber übertragen wird und dieses entwickel-
bar macht.
In weiteren Versuchen mit dem Methylenblau, ausgedehnt auf
Momentemulsionen, fanden wir unsere Vermutung von der außer-
ordentlichen Hochempfindlichkeit des Methylenblaus für langwelliges
Licht in bisher unerreichter Weise bestätigt. Die Trockenplatte
wurde, wie früher die Velotyppapiere, in einer Methylenblaulösung
1:5000 gebadet und dem Licht einer 32 kerzigen Metallfaden-
lampe im Abstand 40 cm Io Sek. lang oder direktem Sonnenlicht
während Sekundenbruchtzilen ausgesetzt (etwa somal kürzer als
das methylenblaudesensibilisierte Velotyppapier), dann in Silber-
nitratlösung gebadet, in Kochsalzlösung ı: 100 gewässert!) und in
einem schwach sodaalkalischen Metolsulfitentwickler, neben der
nichtgesilberten, metlıylenblaugefärbten Kontrollplatte hervorgerufen.
Dabei wurde gefunden, daß auch bei dieser kurzen Belichtung
durch künstliches Licht das Methylenblau zu einem mit Silbernitrat
nachweisbaren Reduktionsprodukt reduziert wurde, denn anders ist
der für Methylenblau typische Gelb-Rotsensibilisierungseffekt der
nachträglich gesilberten (und nur der gesilberten) Methylenblau-
trockenplatte nicht zu verstehen, zumal die Silbernitratreaktion
gegenüber belichtetem Methylenblau bei kurzer Belichtung schwer-
lich eine andere Ursache haben kann als bei langer. Wenn das
Methylenblau auf feinkörnigem Chlorbromsilberpapier unempfind-
licher scheint als auf dem gereiften Bromjodsilber einer Trocken-
platte, so kann das unmöglich auf eine verschiedene Empfindlich-
keit des Methylenblaus gegenüber langwelligem Licht, je nachdem
es auf ungereiftem oder gereiftem Halogensilber fixiert ist, zurück-
geführt werden, sondern die Ursache für die scheinbar verschiedene
Empfindlichkeit des Methylenblaus liegt darin, daß gereiftes Ha-
D Das Kochsalzbad ist zur Verhütung allzustörender Verschleierungen nötig,
obgleich es in Gemeinschaft mit Methylenblau die entstandenen Silberkeime weit-
gebend zerstört, zumal in hoher Konzentration.
24 Kögel und Steigmann.
logensilber bei der Entwicklung höchstwahrscheinlich viel feiner auf
allergeringste Keimspuren (wie sie z. B. aus dem Methylenblau-
belichtungsprodukt und Silbernitrat entstehen) anspricht als un-
gereiftes. Im ungereiften Korn scheinen die Keime — und diese
Annahme ist nach unseren kolloidchemischen Kenntnissen durchaus
berechtigt — durch allzustarke Adsorption seitens des Halogen-
silbers oder bzw. und der Gelatine (Lüppo-Cramer) stark in-
aktiviert zu werden, so daß sie viel unwirksamer sind als auf dem
weniger gelatinegeschützten und weniger stark die Silberkeime ad-
sorbierenden, gereiften Halogensilber. Und daher kommt es wohl
auch zu einem guten Teil, daß gereifte Emulsionen, also grob-
disperse Systeme, die sonst weniger reaktionsfähig sind, so vielmals
lichtempfindlicher erscheinen als ungereiftes Halogensilber. Der
Empfindlichkeitsvorsprung gereifter Emulsionen gegenüber un-
gereiften beruht demnach, wenigstens zu einem beträchtlichen Teil,
auf einem Entwicklungsphänomen, wie das R. E. Liesegang schon
1898 angenommen hat.
Nach von Hübls Versuchen (Die orthochromatische Photo-
graphie 1920, 22) wäre eine Mitwirkung des Bromsilbers bei der
Entstehung des Methylenblaulichtreaktionsproduktes nicht aus-
geschlossen. von Hübl hat aber seine Bleichversuche auf Brom-
silber bei direktem Sonnenlicht angestellt, er hat also die Wirkung
des ultravioletten und blauen Lichtes nicht ausgeschaltet. Daß im
kurzwelligen Licht das nichtsensibilisierte Halogensilber reagiert, be-
weist die Entwickelbarkeit nach Empfang eines Eindruckes durch
kurzwelliges Licht. Auch Methylenblau verändert sich im kurz-
welligen Licht, z. B. im Quarzlicht, wenn auch langsamer als
im ungeteilten Sonnenlicht. Der Hüblsche Versuch läßt also
nicht entscheiden, ob zuerst das Bromsilber das Methylenblau
oder zuerst das Methylenblau das Bromsilber beeinflußt, auch
läßt er nicht erkennen, ob es nur das kurzwellige oder auch
das langwellige Licht ist, welches die Farbstoffausbleichung durch
Bromsilber begünstigt und das ist doch bei der Frage nach
der Hochempfindlichkeit der reinen Farbstoffe von erheblichem In-
teresse. Wir haben daher folgende Versuche angestellt, zunächst
reine Methylenblaulösung, neben einer bromsilberhaltigen (!/, g AgBr
auf 30 ccm Methylenblaulösung) in der Sonne gebleicht und dabei
von Hübls Angabe für Methylenblau bestätigt. Bromsilber be-
schleunigte in hohem Maße das Ausbleichen von Methylenblau.
Das Licht einer Quecksilberlampe zeigt sich besonders wirksam.
Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der Desensibilisierung. 25
3occm einer eng molekularen Methylenblaulösung werden von
ke methylenblaugesättigtem Bromsilber in 2 Minuten ausgebleicht,
eine reine Methylenblaulösung verändert sich bei doppelter Be-
lichtungszeit überhaupt nicht merkbar und eine Methylenblaulösung
"soo m) mit einem Zusatz von 2 ccm einer Jaen molekularen
Hydrazincarbonsäurehydrazidlösung war erst in AT Minuten so weit
wie das bromsilberhaltige Methylenblau in 2 Minuten. Das um-
gekehrte Bild zeigt sich, wenn das bromsilberhaltige und carbo-
hydrazidhaltige Methylenblauglas in ein oben lichtdichtverschlossenes
gelbes Überfangglas gebracht und der Sonne ausgesetzt werden.
Schon nach !/, Stunde zeigt sich ein Vorsprung des carbohydrazid-
haltigen Methylenblaus gegenüber dem bromsilberhaltigen. Da
beim Methylenblau die Hauptabsorption in den langwelligen Spektral-
teil (gelb, rot) fällt, konnte ohne streng spektrale Begrenzung des
Lichtes gearbeitet werden. Im allgemeinen, besonders bei Ver-
suchen mit gelben und roten Farbstoffen, wird es aber nützlich
sein, die beschriebenen Versuche einerseits im kurzwelligen Ultra-
violett, andererseits im begrenzten Gelb oder Rot vorzunehmen.
Die Versuche mit Methylenblau zeigen jedenfalls auch so deutlich
genug, daß Bromsilber wesentlich erst im kurzwelligen Licht die Ver-
änderung des Methylenblaus beeinflußt. Bromsilber sensibilisiert durch
seine höhere Blau- und Ultraviolettempfindlichkeit das Methylenblau
bzw. sonstige Farbstoffe für die kurzen Wellenbereiche des Lichtes,
für welche die Farbstoffe nicht empfindlich sind. Im langwelligen
Licht, bei den für die Photographie in Frage stehenden kurzen
Belichtungszeiten, tritt jedoch der z. B. durch Gelatine sensibilisierte
Farbstoff vor dem Halogensilber in Reaktion und reagiert im wesent-
lichen unabhängig von diesem, wofür schon früher unsere Methylen-
blauversuche gesprochen haben und jetzt unsere Ausbleichversuche bei
verschiedenwelligem Licht. Wenn unter dem gelben Überfangglas
das System Bromsilber-Methylenblau beim Ausbleichen hinter dem
System Carbohydrazid-Methylenblau zurückbleibt und im ultra-
violetten Licht eine Umkehrung eintritt, so ist damit bewiesen,
daß für das Bleichen im vorwiegend kurzwelligen Quarzlicht, das
blau- und ultraviolettempfindliche Bromsilber, für das Bleichen im
langwelligen gelben Licht, das stark gelbempfindliche Methylenblau
selbst, verantwortlich zu machen ist.
Wie wir nachher sehen werden, hat belichtetes Bromsilber in
starkem Maße die Fähigkeit, im kurzwelligen Licht Wasserstoff zu
aktivieren, sich dadurch zu reduzieren und andere Körper zu oxy-
26 ` Kögel und Steigmann.
—
deren (dehydrieren. Die Wasserstoffaktivierung im kurzwelligen
Licht scheint eine sehr energische zu sein, so daß auch von dem
aktivierten, reduzierenden Wasserstoff ein Teil an das Methylenblau
kommt, das dadurch ebenfalls reduziert und gebleicht wird. Im
langwelligen Licht aktiviert sich das Methylenblau den Wasserstoff
des Sensibilisators (z. B. der Gelatine) selbst, wodurch es ebenfalls
bleicht, ohne jedoch von evtl. anwesendem Bromsilber unterstützt
zu werden.
Die Beschleunigung der Farbstoffausbleichung durch Brom-
silber im Sonnenlicht, kommt also durch eine Sensibilisierung des
Farbstoffs für das kurzwellige Licht zustande. Die Sensibilisierung
der Farbstoffe durch Bromsilber, fällt jedoch, nach unseren Methylen-.
blauversuchen, im langwelligen Licht fort.
Was wir als optische speziell panchromatische Sensibilisierung
des Halogensilbers bezeichnen, wird also lediglich durch eine primäre
Lichtreaktion der Farbstoffe, ohne wesentliche Mithilfe einer Licht-
reaktion des für langwelliges Licht praktisch wenig empfindlichen
Halogensilbers, bedingt.
Haben wir durch unsere Versuche feste Anhaltspunkte für die
außerordentlich hohe Lichtempfindlichkeit der Farbstoffe und für die
Aufnahme latenter Momentlichteindrücke durch die Farbstoffe ge-
wonnen, so bleibt jetzt noch die wesentliche Frage zu beantworten:
Wie kommt die Sensibilisierung und die Desensibilisierung über-
haupt zustande, wenn es nicht, wie schon eingangs erwähnt wurde,
die Lichtreduktionsprodukte der Farbstoffe sind, die zu Keimsilber
führen? Nach H. Wieland!) muß man Reduktionsoxydationsvor-
gänge, wie sie sich bei der Belichtung von Farbstoffsensibilisator-
systemen abspielen, als Hydrierungs-Dehydrierungsvorgänge auffassen.
Wielands grundlegende Arbeiten, die sich nur auf Dunkel-
reaktionen beziehen, konnten für die Photographie erst Bedeutung
erlangen durch die Ausbleichversuche von G. Kögel und Herta
Schneider, welche uns zeigten, daß unter dem Einflusse des
Lichtes der labile Wasserstoff des Sensibilisators photochemisch
aktiviert und unter Dehydrierung des Sensibilisators der Farbstoff
hydriert, also reduziert wird. Mit dieser Erkenntnis war der Weg
für das Wesen der optischen Sensibilisierung und der Desensibili-
sierung geebnet. Der unter dem Einflusse des Lichtes durch den
Farbstoff aktivierte Wasserstoff wird vermutlich nicht nur vom Farb-
1) B. 55. 3639. 1922.
Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der Desensibilisierung. 27
stoff, sondern auch vom Bromsilber unter Reduktion desselben ver-
braucht, was um so mehr verständlich ist, als der sensibilisierende
Farbstoff vom Bromsilber adsorbiert sein muß (Eder), wenn er
überhaupt sensibilisieren soll. Während die Farbstoffe den Wasser.
stoff in dem von ihnen absorbierten Licht aktivieren, also im lang-
welligen Licht, aktiviert das Bromsilber den Wasserstoff im kurz-
welligen Licht (Blau-ultraviolett), wie schon unsere Ausbleichversuche
an dem System Bromsilber-Methylenblau zeigten.
Sehr deutlich tritt die wasserstoffaktivierende Fähigkeit des
belichteten Bromsilbers auch noch durch folgenden naheliegenden
Versuch zutage: Reine Metollösung über Bromsilber wird besonders
im Quarzlicht viel rascher dehydriert (oxydiert), als reines Metol
ohne Bromsilber, oder als reines Metol über Bromsilber, das nicht
belichtet wird. Nachdem gezeigt wurde, daß auch Bromsilber
Wasserstoff aktiviert, kann auch die Desensibilisierung gedeutet
werden. Die Desensibilisatoren sind Körper, die sich leicht redu-
zıeren oder besser gesagt hydrieren und vermutlich leichter hydrieren
als die Sensibilisatoren. Die Desensibilisatoren werden also gierig
aktivierten Wasserstoff an sich reißen und die Desensibilisierung
kommt vermutlich dadurch zustande, daß der vom Bromsilber aktivierte
Wasserstoff, der aus der sensibilisierenden Gelatine kommt, vom De-
sensibilisator abgefangen wird, so daß eine Reduktion des Halogen-
silbers nicht eintreten kann. Geht man von einem Hydrierungs-
produkt des Desensibilisators, also von der Leukobase des Desensi-
bilisators aus, so kann begreiflicherweise, wie auch die Lüppo-
Cramerschen Versuche zeigen, keine Desensibilisierung mehr ein-
treten, sondern höchstens eine Sensibilisierung. Aber auch andere
Versuchsergebnisse von Lüppo-Cramer, lassen sich mit unserer
neuen Theorie der Desensibilisierung deuten. So die Umkehrungs-
erscheinungen auf vorbelichteten und nachher in Jodsilber ver-
wandelten Bromsilber. Durch die Vorbelichtung wird Halogen frei
gemacht, aus diesem bildet sich im Jodkaliumbad Jod. Wird
nun zum zweiten Male belichtet, bei Anwesenheit eines Farb-
stoffes, so wird der durch den Farbstoff auch im langwelligen
Lichte aktivierte Wasserstoff an das freie Jod gehen. (Evtl. bildet
sch das freie Jod auch aus dem energiereicheren Lichtkörper
[s. Schlußbem.] und dem adsorbierten Jodkalium) In Spuren
wird sich Jodwasserstoff bilden, wodurch man vermutlich in toto zu
folgendem außerordentlich energischen Rehalogenisierungsgemisch
kommt
28 Kögel und Stegmann.
ı) Jodkalium (adsorbiert geblieben)
+ 2) Jodwasserstoffsäure
+ 3) freies unverbrauchtes Jod.
Dazu kommt noch, daß die Silberkeime durch die Umwandlung
des Bromsilbers in Jodsilber sehr gelockert, d. h. „bloßgelegt“ wurden
(Lüppo-Cramer). Es sind also alle Bedingungen für eine ge-
wöhnliche Rehalogenisierung und bei Anwesenheit von Sensibili-
satoren oder Desensibilisatoren, für eine orthochromatische oder
panchromatische Rehalogenisierung geschaffen.
Versuche von M. Volmer!), die früher schon von Liesegang
angestellt wurden, aber bei letzterem negativ ausfielen und die zeigen,
daß fein verteiltes metallisches Silber, ähnlich wie fein verteilte Platin-
metalle, die Oxydation, oder besser gesagt, die thermische Dehydrie-
rung der Entwickler beschleunigen, veranlaßten uns, zu untersuchen,
ob die photochemisch beschleunigte Dehydrierung der Entwickler
durch Silber noch weiter beschleunigt würde. Wir setzten daher
I prozentige reine Metollösungen mit und ohne Silber dem Licht einer
Quecksilberlampe aus. Um nicht schon durch adsorbiertes Alkali
eine irreführende Beschleunigung der Entwickleroxydation zu er-
zielen, wurde das Silber mit saurem Hydrosulfit bei Silbernitrat-
überschuß gefällt, dann das Silber gut ausgewaschen, mehrmals
mit heißem, reinem Metol durchgeschüttelt, !/, Stunde vom Quarz-
licht bestrahlt, nochmals ausgewaschen und mit reinem Metol über-
schichtet. Der Vorsprung gegenüber dem gleichlang belichteten
(5 Min.) silberfreien, reinen Metol ohne Alkali war sehr beträchtlich,
doch reichte die Wirkung des Silbers, besonders wenn es mit über-
schüssigen Hydrosulfit gefällt war, in bezug auf die photochemische
Beschleunigung der Entwickleroxydation (Dehydrierung), nicht an
diejenige des Halogensilbers heran. Daraus ist zu schließen, daß
das von kurzwelligem Licht getroffene Bromsilber an wasserstoff-
aktivierender Kraft dem reinen Silber überlegen ist.
Trotzdem ist es sehr wohl denkbar, daß Reifungsreduktions-
und bereits vorhandene Belichtungssilberkeime des Bromsilbers
stark sensibilisieren, wenn man z. B. annimmt, daß zwischen dem
Silber und Halogensilber chemische Kräfte (Restvalenzen) wirksam
sind, welche auf eine Lockerung des Bromsilbermoleküls abzielen.
An diesen geschwächten Stellen wird das Licht bzw. die durch das
Licht eintretende Reaktion (Hydrierung) besonders leicht angreifen,
1) M. Volmer, Zeitschr. f. wiss, Phot. 19. 275. 1920.
Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der Desensibilisierung. 29
ähnlich wie bei organischen Verbindungen an den Stellen der
Doppelbindung (Steigmann, Diss. Fft. 1923). Als wichtige Kom-
ponente photographischer Emulsionen wurde auch noch die Gelatine
in orientierenden Versuchen in die vorliegende Arbeit einbezogen.
Wir sind aber mit unseren Untersuchungen aus vorläufigem Mangel
an den notwendigen verschiedenartigsten Emulsionsgelatinen noch
nicht zum Abschluß gekommen. Da es in den Komponenten der
Gelatine an aktivierbarem Wasserstoff nicht fehlt und da die Ge-
latine ganz besonders stark vom Halogensilber adsorbiert wird, ist
sie als sehr wirksamer Sensibilisator zu betrachten, aus welchem
sich das blauviolett bzw. ultraviolett erregte Halogensilber den
zu seiner Lichtreduktion nötigen Wasserstoff holt. Die Eigen-
empfindlichkeit der Gelatine steht aber hinter derjenigen wichtiger
sensibilisierender Farbstoffe, z. B. hinter der des Pinaflavols, zurück,
wofür beweisend ist, daß die Allgemeinempfindlichkeit reiner Silber-
nitratgelatine, hinter derselben Silbernitratgelatine mit Pinaflavol
zurücksteht. Wenn man also schon annehmen möchte, Gelatine
würde durch ihre hohe Eigenempfindlichkeit das Silbernitrat sensi-
bilisieren, so ınüßte man dennoch zugeben, daß der Farbstoff seiner-
seits wieder empfindlicher ist als die Gelatine.
Nun ist aus den photochemischen Gerbeversuchen der Gelatine
mit sensibilisierenden und desensibilisierenden Farbstoffen zu
schließen, daß die Gelatine dehydriert wird. Sie verhält sich also
wie ein AÄusbleichsensibilisator, dessen Wasserstoff vom licht-
empfindlicheren Silbernitrat aktiviert wird, wobei sich der be-
sonders energiereiche Silbernitratlichtkörper reduziert. Die Richtig-
keit dieser Anschauung wird durch die Untersuchungen von
S. F. Sheppard (Eastman Labor 1925) über den sensibili-
sierenden Bestandteil der Gelatine bestätigt, insofern als der von
Sheppard gefundene sensibilisierende ammoniakalische Gelatine-
bestandteil (Allylthioharnstoff) ein vorzüglicher Ausbleichsensibili-
sator ist.
Wenn Gelatine oder einzelne ihrer Bestandteile besonders
günstigen Einfluß auf die Empfindlichkeit einer Halogensilber-
emulsion haben, so scheint das nach unseren bisherigen Versuchen
nicht an einer hohen Eigenempfindlichkeit der genuinen oder mit
Ammoniak behandelten Gelatine zu liegen, sondern an der mehr
oder minder ausgeprägten Fähigkeit der Gelatine bzw. ihrer Ammo-
niak- oder Siedeabbauprodukte, die empfindlichkeitssteigernden
Reifungsreduktionskeime in der richtigen Art und Dosierung zu
30 Kögel und Steiomann.
bilden. Die von uns fortgeführten Untersuchungen werden wir in
einer Spezialarbeit besprechen.
In weiteren Überlegungen haben wir versucht, uns über das
Wesen der Wasserstoffaktivierung und der Lichtempfindlichkeit
Klarheit zu verschaffen und wir sind zu der berechtigten Vermutung
gekommen, daß die Lichtempfindlichkeit erst zum Ausdruck kommt,
wenn ein Sensibilisator vorhanden ist, von dessen Wasserstoffatomen
wenigstens eines aktiviert werden kann. Damit die volle Licht-
empfindlichkeit eines Körpers voll zur Geltung kommt, scheint es
weiterhin nötig zu sein, daß der sensibilisierende Körper seinen
Wasserstoff an den belichteten Körper sehr leicht abgibt. Ob der
Wasserstoff leicht abgegeben wird, scheint jedoch nicht allein vom
Sensibilisator, sondern auch vom lichtempfindlichen sensibilisierten
Körper abzuhängen. Es scheinen zwischen beiden ähnliche Be-
ziehungen bestehen zu müssen, wie zwischen Ferment und fermen-
tiertem Substrat. Je mehr Sensibilisator und sensibilisierte Substanz
in ihrem Bau einander angepaßt sind, „wie Schloß und Schlüssel“,
um so leichter werden sie im Lichte miteinander reagieren, um so
lichtempfindlicher wird sich das System praktisch erweisen. Durch
den Versuch ist diese Anschauung insofern gestützt, als ein guter
Sensibilisator für Methylenblau, beim Ausbleichen von Eosin von
einem weniger guten Methylenblausensibilisator übertroffen werden
kann. P
Nach allen bisherigen Betrachtungen bleibt immer noch die
Frage offen: Wie kommt die Wasserstoffaktivierung durch die licht-
empfindlichen Substanzen zustande? Wir müssen annehmen, daß
der lichtempfindliche Körper im Licht, das er absorbiert in einen
energiereicheren Lichtkörper übergeht. Dabei ist es nicht aus-
geschlossen, daß in manchen Fällen vorübergehend sehr labile,
wenigstens bei Anwesenheit von Sensibilisatoren sehr labile, Per-
oxyde entstehen, z. B. aus Bichromat Überchromsäure?). Unmöglich
scheint es uns allerdings, auch für belichtetes Bromsilber und
Farbstoffe, die Bildung analytisch und konstitutionell unbekannter
Peroxyde anzunehmen. Wir bescheiden uns daher mit der Be-
zeichnung „Lichtkörper“, die besagen soll, daß aus lichtempfindlichen
Stoffen durch Bestrahlung energiereichere und besonders reaktions-
fähige, zur Reduktion (Hydrierung) disponierte Körper entstehen, die
1) Kögel, Photogr. Korresp. 57. 88. 1920.
3) Ch. Winther, Zeitschr. f. wiss. Photogr. 9. 231. 1911.
Bertele. Ein neues lichtstarkes Objektiv. 31
mangels anderer Sensibilisatoren den zur Hydrierung nötigen
Wasserstoff auch dem Wasser (Feuchtigkeit) oder den Hydroxylionen
wäbriger Alkalilösungen entnehmen werden. Daß es gerade der
Wasserstoff der Hydroxylgruppe des Wassers ist, schließen wir
daraus, daß es bei der Dehydrierung der Alkohole zu Aldehyden
(Wielandsche Studien) und der Aldehyde zu Säuren, stets der
Wasserstoff der Alkoholgruppe bzw. der Hydroxylgruppe des not-
wendig feuchten, hydratisierten Aldehydes, z. B. des Acetalde-
hydes ist, der von der hydrierbaren Substanz, als welche ebensogut
wie Sauerstoff auch ein anderer hydrierbarer Körper, z. B. Chinon
oder Methylenblau fungieren kann, fortgenommen wird. Die photo-
chemische Sensibilisierung von Silbersalzen durch Alkalien und die
von Fajans und Frankenburger beobachtete Rotsensibilisierung
durch Alkalihydroxyde dürfte wohl ebenfalls eine Bestätigung
unserer Anschauung sein, daß es beim Wasser die Wasserstoffatome
der Hydroxylgruppe sind, welche von den Lichtkörpern der
lichtempfindlichen Substanzen aktiviert werden.
Eingegangen am 8. September 1925.
Ein neues lichtstarkes Objektiv.
Von
Ludwig Bertele.
Mit 9 Figuren im Text.
Die Ernemann-Werke, Dresden, fabrizieren seit kurzem ein
Objektiv höchst erreichbarer Lichtstärke, das im Gegensatz zu an-
deren, früher bekannt gewordenen lichtstarken Objektiven infolge:
der gleichzeitig erreichten, einwandfreien Bildqualität sich vorzüglich
für photographische und mikrophotographische Zwecke, sowie für
Projektion, speziell Mikroprojektion eignet. Das Objektiv kommt
unter dem Namen Ernostar in den Handel und ist durch ver-
schiedene In- und Auslandspatente geschützt.
Im folgenden soll der Aufbau des Objektivs und sein Korrek-
tonszustand dargelegt werden.
Von einem Objektiv höchster Lichtstärke mit universeller Ver-
wendbarkeit muß man verlangen: l
32 Bertele.
I. eine vorzügliche Bildschärfe über das ganze Plattenformat
ohne jeden Randabfall;
2. bei Abblendung eine Bildschärfe, die mindestens ebenso groß
ist, wie bei den besten Objektiven in der der Abblendung ent-
sprechenden Lichtstärke. |
Bei der Lichtstärke 1: 1,8 und 1:2,0 bilden die von einem
Objektpunkt ausgehenden Büschel nach dem Durchgang durch das
Objektiv einen Konvergenzwinkel von etwa 30°, woraus sich ergibt,
daß der Zerstreuungskreis gleich der Hälfte der Längsaberration ist,
während z. B. bei der Öffnung 1:4,5 die Büschelkonvergenz etwa
12,50 ist und somit der Zerstreuungskreis nur mehr !/, der Längs-
aberration beträgt. Um auf dieselbe Bildschärfe zu gelangen wie
bei lichtschwächeren Objektiven, war es also notwendig, einen Ob-
jektivtyp zu schaffen, mit dem bedeutend geringere Längsaberration
erreicht werden konnte, als dies bis jetzt mit irgendeinem Objektiv-
typ möglich war.
In den Grundzügen ist dieser Objektivtyp durch vier in Luft
stehende Glieder gekennzeichnet, wovon eines zerstreuend wirkt und
von den übrigen drei sammelnden Gliedern derart umfaßt wird, daß
zwei sammelnde vor dem Negativglied und ein sammelndes Glied
hinter demselben angebracht sind. Zur vollkommenen Korrektion
sind Kittflächen in den einzelnen Gliedern angebracht. Dieser neue
Objektivtyp (Fig. I) weist acht Flächen gegen Luft auf im Gegen-
satz zu lichtschwächeren Objektiven, wie z. B. solchen, die nach dem
Tessar- und Triplettyp gebaut sind. M. E. ist es nicht möglich, bei
Anwendung von Kugelflächen ein aus drei in Luft stehenden Glie-
dern bestehendes Objektiv so zu korrigieren, daß eine einwandfreie
Bildqualität herbeigeführt wird, wie man sie von den lichtschwächeren
Objektiven gewöhnt ist. Wenn auch durch Hinzufügen einer in Luft
stehenden Linse sich die Zahl der Reflexe vermehrt und ein Licht-
verlust von 9°/, eintritt gegenüber einem Objektiv derselben Licht-
stärke, welches nur aus sechs Flächen besteht, so wird dieser geringe
Lichtverlust doch um ein Vielfaches wieder ausgeglichen durch die
bessere Strahlenvereinigung in dem neuen Typ und durch die da-
Ern neues lichtstarkes Objektiv. 33
— e EE Un LE nn EE nn nn aÃ
mit hervorgerufene Bildbrillanz. Ganz abgesehen davon, ist es voll-
kommen bedeutungslos für die Lichtstärke eines Objektives, ob es
oi. mehr oder weniger durchläßt. Im Öffnungsverhältnis ausgedrückt
würde das Objektiv in seiner Lichtstärke durch das Hinzufügen dieser
vierten freistehenden Linse gegenüber einem dreigliedrigen Objektiv
in der Lichtstärke von 1:1,8 auf 1: 1,88 herabgedrückt sein.
Mit dem soeben beschriebenen Objektivtyp ist es gelungen,
nach Einfuhrung einer sammelnden Kittfläche, welche im ersten,
zweiten oder dritten Glied untergebracht sein kann und so gelegt
bzw. gekrümmt ist, daß die achsenparallelen Randstrahlen an ihr
Ny Ng
ge HÄ ar D ,
, / —— Sphär. Aberration
| | -- Sinusbedingung
-4-1:27 En GT
»0,6 .oS. -O08 +08 .oS +05
Sphär.Aberration-Sinusbedingung.
Der Schnittpunkt des parallelen Achsenstrohlen-
büschels is! der Moordinatennullpunkf.
eine stark sammelnde Brechung bei geringer Exponentendifferenz
erfahren, die sphärische Aberrationskurve vollkommen gestreckt ohne
die geringsten seitlichen Ausbuchtungen zu erhalten, d. h. die Längs-
aberration ist für jede Einfallshöhe und für jede Farbe annähernd
Null (Fig. 2 und 3) Durch diese Korrektion der sphärischen Aber-
ration wird eine einwandfreie Abbildung in der Bildmitte erzielt und
de größtmöglichste Schärfe bei jeder Abblendung erreicht, die über-
haupt durch ein photographisches Objektiv erzielt werden kann.
Vom Standpunkt der geometrischen Optik aus, ist es sehr interessant,
dab es möglich ist, die sphärische Aberrationskurve zu strecken,
denn dies hat bis jetzt kein Objektivtyp bei dieser Öffnung und bei
Anwendung von Kugelflächen gestattet. In den nebenstehenden
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 3
34 Bertele,
Figuren, die sich, wie alle folgenden, auf die Brennweite roo be-
ziehen, soll schematisch gezeigt werden: Der Verlauf der sphärischen
Aberration beim Ernostar (Fig. 2 und 3) und bei einem Objektiv
nach dem Triplettyp (Fig. 4). Die Ausbuchtungen der Kurve bei
dem Triplet betragen etwa 6°/,, der Brennweite und ergeben bei
dem Öffnungsverhältnis 1:4,5 einen Zerstreuungskreis von 1°/,, der
Brennweite. Würde dagegen der Ernostar mit seiner Öffnung 1: 1,8
dieselbe Aberrationskurve aufweisen, so würde infolge des größeren
Konvergenzwinkels der Büschel der Zerstreuungskreis 3°/,, der Brenn-
weite betragen, also bei einer Brennweite von 100 0,3 mm, eine
Abweichung, die nicht mehr zulässig ist.
Eine weiter zu überwindende Schwierigkeit war die Beseitigung
der Bildwölbung, was bei zunehmendem Öffnungsverhältnis äußerst
a de a fe
Astigmatismus
---- merid. Abweichung
sagittale e
große Schwierigkeiten bereitet. Die Erzielung einer Bildebnung be-
dingt den eigenartigen Bau des Ernostars, welcher darin besteht,
daß vor dem Negativglied zwei stark sammelnde Glieder angebracht
sind, welche eine kräftige Einschnürung der Lichtbüschel an der
Negativlinse bewirken. Durch diesen Aufbau ist trotz der großen
Öffnung die Bildebnung genau so streng durchgeführt wie bei den
lichtschwachen Objektiven. In der Erzielung einer Bildebnung unter-
scheidet sich der Ernostar am auffälligsten gegenüber anderen licht-
starken Objektivtypen. Die Bildebnung erstreckt sich bei dem
Ernostar 1:2 auf 45°, bei dem Ernostar 1:1,8 auf Sol, d. h. eine
Brennweite von 85 genügt, um ein Format von 4!/, X 6 auszu-
zeichnen, das Format 6!/, x 9 benötigt eine Brennweite von 125
und 9X ı2 eine Brennweite von 165. Im Anschluß daran soll be-
sonders betont werden, daß die Neuartigkeit der Konstruktion nicht
in der Erzielung einer großen Lichtstärke zu suchen ist, denn diese
Ein neues lchistarkes Objektiv. 35
hat Zinken-Sommer bei Voigtländer im Jahre 1870 bereits er-
reicht, sondern in der Kombination: große Lichtstärke, vorzügliche
Mittenschärfe und durch Beseitigung der Bildwölbung Randschärfe
bis ın die äußersten Ecken. Fig. 5 illustriert den Verlauf der Bild-
wolbung im meridionalen und sagittalen Schnitt.
Der eigenartige Aufbau des Objektivs, welcher, wie schon er-
wähnt, zur Beseitigung der Bildwölbung notwendig ist, bedingt bei
HKomakurve für 12°
den größten Öffnungen die Einführung einer weiteren stark chroma-
tisch uberkorrigierenden Kittfläche möglichst in einem der beiden
sammelnden Vorderglieder, da sonst die alleinstehende Negativlinse
unmöglich die von beiden sammelnden Vordergliedern erzeugte
chromatische Unterkorrektion aufheben und eine chromatische Über-
1 Komakurve für 16,7°
korrektion im dritten Luftraum herbeiführen könnte, was notwenig
ist, um den Farbenvergrößerungsfehler zu beseitigen.
Auf die Korrektion der Koma ist großer Wert gelegt worden,
da die Beseitigung des Astigmatismus für den Hauptstrahl allein
bei dieser großen Öffnung keine Gewähr bietet, daß die Randschärfe
genügend gut ist. Fig. 6 und 7 zeigen den Verlauf der Koma-
strahlen für einen Neigungswinkel von 12,0° und 16,7° in der Weise,
dab der Koordinatennullpunkt den Durchstoßungspunkt des Haupt-
3"
36 Bertele.
strahles np mit der Bildebene darstellt und dann nach rechts und
links als Abszisse die Tangenten der Austrittswinkel der schiefen
Strahlen mit der optischen Achse nach dem Durchgang durch das
Objektiv eingetragen sind. Als Ordinate ist die Abweichung der
Durchstoßungspunkte der oberen bzw. unteren Komastrahlen vom
Durchstoßungspunkt des Hauptstrahls eingetragen. Rechts von der
Ordinate ist der Verlauf der unter dem Hauptstrahl einfallenden
Strahlen gekennzeichnet. Diese Art der Aufzeichnung gibt einen
sehr anschaulichen Verlauf der Koma und gleichzeitig gibt sie Auf-
schluß über den Astigmatismus jedes einzelnen schiefen Strahls, da
der Tangens des Winkels, den die an einen Punkt der Kurve ge-
Fig. 8.
legte Tangente mit der Abszisse bildet, die Entfernung des meri-
dionalen Schnittpunktes von der Einstellebene darstellt.
Die Tiefenschärfe nimmt naturgemäß mit wachsender Öffnung
ab. Es liegt dies an der zunehmenden Konvergenz der Büschel,
die bei gleicher Verschiebung der Mattscheibe gegenüber einem
lichtschwachen Objektiv die Zerstreuungskreise ungleich mehr an-
steigen läßt. Man kann der Verlängerung der Tiefenschärfe in-
sofern entgenarbeiten, als man sich auf die kleineren Brennweiten
beschränkt. Diese Aufnahmen lassen sich dann mehrmals ver-
größern, ohne große Unschärfe mit in Kauf nehmen zu müssen, da
der Ernostar infolge des großen Auflösungsvermögens den Bildern
eine große Brillanz verleiht. Wird eine sehr große Tiefenschärfe
verlangt, so muß das Objektiv abgeblendet werden, und dann äußert
sich der gewaltige Vorzug der Korrektion des Ernostars gegenüber
anderen lichtstarken Objektiven durch die Erzielung einer Bild-
brillanz, die durch kein Objektiv, auch nicht durch lichtschwächere
Ein neues lchistarkes Objektiv. 37
Objektivtypen, mehr zu überbieten ist, weil, wie wir vorher erwähnt
haben, die Aberrationsreste durch Streckung der Aberrationskurve
vollkommen beseitigt sind. Ein Ernostar 1:2,0 und 1:1,8 auf
1:4,5 abgeblendet, ergibt eine Bildschärfe, die qualitativ ebenso
sein muß, wie die Bildschärfe von jedem anderen Objektiv mit
dem größten Öffnungsverhältnis 1:4,5. Aus diesem Grunde muß
der Ernostar 1: 1,8 und 1:2,0 als ein Universalobjektiv betrachtet
werden, da in einem einzigen Objektiv die vorzüglichsten Objektive
jeder Lichtstärke vereinigt sind. Die Tiefe selbst ist bei dieser
Korrektion bei voller Öffnung relativ größer als beim Vergleich
mit anderen Objektivtypen derselben Lichtstärke, da infolge der
vollkommen beseitigten Aberrationsreste keine Zerstreuungskreise
bei Scharfeinstellung vorhanden sind. Somit kann eine bestimmte
Objekttiefe bereits vorhanden sein, bis die Unschärfe die Größe er-
reicht, die den anderen Objektiven infolge der Aberrationsreste
schon von vornherein anhaftet. Es ist selbstverständlich, daß die
Tiefenschärfe bei Abblendung des Ernostars der eines der Abblendung
entsprechenden Objektivs größter Öffnung mindestens gleichkommt.
Die Tiefenschärfe muß eher größer sein, infolge des Wegfalls der
Äberrationsreste aus dem schon oben angeführten Grunde.
Die Verzeichnung hält sich in den üblichen Grenzen und ihr
Korrektionszustand bietet kein weiteres Interesse.
Die starke Einschnürung der Lichtbüschel durch die beiden
vorderen sammelnden Glieder gestattet, die beiden letzten Linsen,
welche durch einen großen Luftraum getrennt sind, ohne Auftreten
einer Vignettierung sehr klein zu machen, wodurch es ermöglicht
38 Bertele.
wird, das Objektiv in gewöhnliche Handkameras einzubauen, da es
nicht notwendig ist, den Schneckengang in dem Durchmesser der
Vorderlinsen herzustellen. Eine erhöhte Stabilität der Kamera als
jetzt üblich, ist nicht notwendig, da bei der kurzen Schnittweite
des Objektivs die Auszugslängen sehr kurz werden.
Das Anwendungsgebiet des Ernostars ist zunächst das Feld
der allgemein üblichen photographischen Betätigung, da er infolge
seiner weitgehendsten Bildfehlerkorrektion bei entsprechender Ab-
blendung jedes lichtschwächere Objektiv ersetzen kann. Bei voller
Öffnung erschließen sich neue Aufnahmemöglichkeiten. So lassen
sich viele Aufnahmen, bei denen es nicht auf allzu große Tiefe an-
kommt oder wo geringe Tiefenschärfe künstlerische Wirkungen
hervorruft, als Momentaufnahmen bei schwachem Licht bewerk-
stelligen. Weiter werden die Belichtungszeiten in Innenräumen bei
trübem Tageslicht oder bei künstlicher Beleuchtung auf ein kleines
Maß herabgedrückt.
Neuartig ist das Gebiet der Theateraufnahmen. Bei einer
hell erleuchteten Bühne ist es möglich, während der Vorstellung
das Spiel der Schauspieler im Moment auf der Platte festzuhalten.
Die größte Anregung wird die Photographie in natürlichen
Farben durch den Ernostar erhalten. Infolge seiner hohen Licht-
stärke, der exakten chromatischen Korrektur eignet sich das Ob-
jektiv ganz besonders dazu. Im Sommer bei Sonnenschein gelingt
es damit, Momentaufnahmen von !/iẹ bis !/,, Sekunde in natür-
lichen Farben zu bewerkstelligen. Es ist nun möglich, das bunte
Leben auf den Straßen, Kinder oder Tiere im Freien ohne Gefahr
einer Unschärfe durch Verwackeln aufzunehmen.
Die Kinematographie wird durch Anwendung des Ernostars
ebenfalls sehr gefördert. Die hohe Lichtstärke gestattet noch
dann Aufnahmen, wenn die anderen Objektive wegen schlechter
Lichtverhältnisse versagen. Auf die Tiefenschärfe braucht infolge
der kurzen Brennweite keine so große Rücksicht genommen zu
werden.
Für die Mikroskopie ist der Ernostar von Bedeutung, und zwar
für die Beobachtung ausgedehnter Objekte. Die photographische
Darstellung war bei den augenblicklichen Hilfsmitteln nicht gut
möglich, weil die üblichen Mikroobjcktive ein zu stark gewölbtes
Bildfeld besitzen und ferner die den Objektiven anhaftenden
ÄAberrationsreste bei einer derart starken Vergrößerung kein ge-
nügend scharfes und kontrastreiches Bild erzeugen.
Ein neues lichtstarkes Objektiv. — Bücherbesprechungen. 39
Beide Bildfehler, das stark gewölbte Bildfeld und störende
Aberrationsreste sind bei dem Ernostar beseitigt, weshalb es jetzt
ohne weiteres möglich ist, bei Anwendung einer hohen numerischen
Apertur ein vollkommen ebenes und scharfes Bild auch bei einer
starken Vergrößerung zu erhalten.
Neue Perspektiven öffnen sich durch den Ernostar 1:1,8 und
1:2,0 auf dem Gebiet der Röntgenphotographie und Röntgenkine-
matographie. Die hohe Lichtstärke bietet die Möglichkeit, das
Fluoreszenzbild auf dem Schirm in kürzester Zeit photographisch
zu erfassen.
Dresden, den 5. November 1925.
Eingegangen am 8. November 1925.
Bücherbesprechungen.
Photographie.
Hans Harting, Photographische Optik. 2. Aufl. des „Optischen
Hilfsbuchs für Photographierende“. Berlin 1925, Union Deutsche
Verlagsgesellschaft.
Die vorliegende neue Bearbeitung des bekannten und beliebten
Hartingschen Hilfsbuchs bildet einen Teil der im Erscheinen be-
griffenen Neuauflage des Vogelschen „Handbuchs der Photographie“,
Oe Erich Lehmann herausgibt. Den Abschnitten über geometrische
Optik, über die Leistungsfähigkeit der Objektive und über deren Prüfung,
die von der ersten Auflage her allgemein bekannt sind und hier in
sorgsam durchgearbeiteter Form erscheinen, sind neu angeschlossen ein
Kapitel über den optischen Vorgang bei der Vergrößerung sowie ein
Anhang, der die zur Durchrechnung eines optischen Systems erfurder-
lichen Formeln enthält, mit deren Hilfe der Leser selbst sich rechnerisch
über die Leistungsfähigkeit eines Objektivs informieren kann. Des Ver-
fassers überaus klare Darstellungsweise, die schon in der ersten Be-
arbeitung allenthalben zu Tage trat, wird dieser Neuauflage den Inter-
essentenkreis bewahren und erweitern. K.Schaum.
R. Ed. Liesegang, Der photographische Prozeß; Photo-
graphie und Röntgenographie. Frankfurt a/M. 1925, Keim
und Nemrich.
Dieses dem Sammelwerk „Radiologische Praktika“ angehörende
küchlein bringt von dem um die photograplissche Forschung hoch-
verdienten Verf. in allgemeinverständlicher Ausdrucksweise gehaltene
Darstellungen für den Negativ- und Positivprozeß, die geeignet sind,
40 Bücherbesprechungen.
den nachdenklichen Praktiker zu sachgemäßem Arbeiten und gegebenen-
falls zur Verbesserung seiner Methoden anzuleiten, sowie den Forscher
zur Bearbeitung der zahlreichen noch ungelösten photographischen
Probleme anzuregen. K. Schaum.
F. E. Ross, The Physics of the developed photographic
image, New York and Rochester 1924, van Nostrand Co., Eastman
Kodak Co. ze
Der bekannte wissenschaftliche Mitarbeiter der Kodak-Werke hat
in diesem der Sammlung „Monographs on the theory of photography
(herausgeg. von C. E. K. Mees und Elsic L. Garvin) angehörenden
sand (Nr. 5) die besonders im Kodak-Laboratorium gewonnenen For-
schungsergebnisse über das Silberkorn, über die Kornstruktur des Nega-
tivs, über photographische Photometrie in der Astronomie, über Ab-
bildungsschärfe und Auflösungsvermögen, über die gegenseitige Beein-
flussung benachbarter Schwärzungen, über Schichtverziehungen u. a.
unter Beifügung wertvollen Materials an Mikrophotographien, Tabellen
und Kurven zusammengestellt. K. Schaum.
Angewandte Optik.
Fritz Löwe, Optische Messungen des Chemikers und des
Mediziners. Dresden und Leipzig 1925, Th. Steinkopfl.
Es ist dem Berichterstatter eine ganz besondere Freude, die vor-
liegende ausgezeichnete Schrift, die den 6. Band der von B. Rassow
herausgegebenen „Technischen Fortschrittsberichte‘“ darstellt, anzeigen
zu können; sie stellt ohne Frage eine der wertvollsten Erscheinungen
der Neuzeit auf dem Gebiet der angewandten Optik dar. In dem Ab-
schnitt „Spektroskopie“ werden vornehmlich die quantitativen Methoden,
besonders die für Emissionsspektralanalysen in Frage kommenden Ver-
fahren von Hartley, Leonard, Pollok und de Gramont eingehend
erörtert; dadurch wird dem Chemiker, in erster Linie dem Mineral-
analytiker, dem Metallographen u. a. eine Arbeitsweise erschlossen, die
bisher — wenigstens in Europa — fast unbekannt geblieben war, aber
bei sachgemäßer Anwendung die besten Ergebnisse erwarten läßt. Ein
weiterer Abschnitt behandelt die „Refraktometrie“, der dritte und letzte
die „Interferometrie“. In allen Kapiteln erörtert der Verf., gestützt auf
eigene Forschertätigkeit und auf reichste Erfahrungen, die seine erfolg-
reichen Arbeiten im Zeiß-Werk ihm vermittelt haben, die theoretischen
Grundlagen, die Konstruktionseinzelheiten der Apparate und die An-
wendbarkeit der Verfahren auf den verschiedensten Gebieten chemischer
Untersuchungen. Wenn auch dem Charakter der Sammlung ent-
sprechend die technischen Aufgaben eine vorzugsweise Behandlung er-
fuhren, so ist doch für den rein wissenschaftlich Arbeitenden eine solche
Fülle von Anregungen in dem vorliegenden Buche enthalten, daß es
ein unentbehrliches Hilfsbuch auch für Physiker und Physikochemiker
werden wird. K. Schaum.
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen,
Heft 2 u. 3.
$ 0 ZEITSCHRIFT
| wissenschaftliche Photographie
Photophysik und Photochemie
| Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen
insbesondere von
H. Kayser
o em, Professor an der Universitat Bonn
herausgegeben von
K. Schaum
o 6, Professor an der Universität Gießen
Mit einer Tafel
1926
Verlag von Johann Ambrosius Barth in Leipzig
- | Salomonstraße 18b
AED
W 8 e
ER
Ká 7 hrift werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuch-
ro Sea, , Abonnementspreis beträgt pro Band im In- und Ausland Rm. 24:—,
aun Cremmer Porto im Inland Rm. 24.80, im Ausland Rm, 25.20.
März 1926
u ET E EE Onainaldrbeiisn,
Hugo. Maria Kellner; Photographische Photometrie mit intermittierender
Belichtung vom RENGER eines neuen NENNEN Mit 3 Figuren WI
be Beat... U), N e LN
Hugo Maria Klee) Der Einfluß ua Erhitzung auf die Kigadachaiten `
photographischer Trockenplatten, Mit ı Figur im Text und 5 Figuren a
ER el er Ke e ` éi er a OSER
Hugo Maria Kellner. Voraussetzungen einer award phötberaphischie
Spektralphotometrie , . . Dee ET,
Photometische und Weiber eg Studien. V.
Karl Schaum und Hugo Maria Kellner, Ein Röhrenphotometer für dä
die Spektralphotometrie im Ultraviolett, Mit 7 Figuren im Text. . . . 85
Chr. Winther und E. H, Mynster, Ein neues Ultraviolettfilter. Mit 3 Figuren
RE N de Narr a E Me Auer ENTE Ra ee er, ab, ee
—m_ Z——— i aM gegen — ———__
Anfragen und TERN RETEN sind zu richten an
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. a
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie € er S
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständig
Berichterstattung möglich ist,
Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere
ENGEREN welche vom E EE werden,
aam — _ — ng —— <-
m E — — pu ` ~ e a SES J e E —— Zus
GLOBOSKO
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Ein neuer Apparat
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zur Projektion von
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„....„......... “.......——......nn..„...en.s
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helligkeit bei geringem Stromverbrauch, ein-
fachster Handhabung und mäßigem Preis auf.
Er kann auch in größeren Hörsälen als über 7°
legener Ersatz für ein großes Bogen- f
lampen-Episkop Verwendung finden, — 1
“......,.,.nnnn.nnnn..nntnetee RN A $ A >
Listen
“een
H
Digitized by Google i
Zeiticrift für willenichaftlidie Photographie,
Photophylik und Photodiemie
XXIV. Band. 1926. Heft 2 u. 3.
Photographische Photometrie mit Intermittisrender Belichtung
vom Standpunkt eines neuen Schwärzungsgesetzes.
Von
Hugo Maria Kellner.
Mit 3 Figuren im Text.
L Die Stellung intermittierender Belichtung im Rahmen eines
allgemeinen Schwärzungsgesetzes.
Intermittierende Belichtung wird gewöhnlich mit Hilfe eines
rotierenden Sektors erreicht. Ein solcher besteht im wesentlichen
aus einer in den Strahlengang eingeschalteten, sich drehenden
Scheibe, die einen sektorförmigen Ausschnitt trägt, dessen Größe
verändert werden kann oder in einer Kombination mehrerer Aus-
schnitte. Seine ausgedehnte Verwendung bei den subjektiven Me-
thoden der Photometrie verdankt er dem Umstand, daß die durch
ihn für das Auge erreichte Lichtschwächung nach einer von Talbot
gewonnenen Erkenntnis der einfachen Beziehung
J geschwächt a
Ja ungeschwäichtt 360°
(x ist der Öffnungswinkel des Sektors) folgt, was bedeutet, daß das
Auge den Lichteindruck' von A, den es doch tatsächlich nur während
der Zeit erleidet, während welcher der Strahlengang durch den
Ausschnitt freigelassen wird, so empfindet, als wenn die während
einer Periode ins Auge gelangte Lichtmenge über die ganze Periode
gleichmäßig verteilt gewesen wäre. Das für den vorliegenden Zweck
in Frage stehende Problem war nun folgendes, ob dieses für den
physiologischen Sehprozeß gültige Gesetz der Wirkungsweise inter-
mittierender Belichtung auch für den EISES Licht-
wirkungsprozeß Gültigkeit habe.
Die hierüber in der Literatur(1) geäußerten Ansichten gehen
weit auseinander.
Keine, gegenüber kontinuierlicher Beiichtung abweichende
Wirkung stellen die Gebrüder Lumiere(2), Weber(3), Simon(4),
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 4
42 Kellner.
Scheiner(5) und Howe(6) fest. Dagegen finden beträchtliche, mit
der Art der Versuchsbedingungen wechselnde Unterschiede Abney(7),
Englisch(8), Schwarzschild(g), Eder(r0),, Sheppard und
Mees(11) und Odencrants(ı2. Doch erklärte keiner dieser
Forscher die gefundenen Resultate von einem einheitlichen Gesichts-
punkt aus. Schon ihre Ausgangsfragestellung war meist eine schiefe,
indem sie nachzuweisen oder zu widerlegen suchten, daß inter-
mittente Belichtung gegenüber kontinuierlicher eine Schwächung
hervorruft, was, wie wir später sehen werden, das Wesen der Sache
gar nicht erfaßt.
Was nun die Ansicht der zuerst angeführten Autoren betrifft,
so wäre zunächst zu prüfen, was allerdings in den meisten Fällen
mangels genauerer Angaben nicht möglich ist, ob sie auch mit der
nötigen Genauigkeit gearbeitet haben, um die in gewissen Fällen
nur geringen Unterschiede sicher erkennen zu können, was von
vornherein nicht unbedingt zu bejahen ist, da der Martenssche
Dichtenmesser, mit dem genauere Schwärzungsmessungen ausgeführt
werden können, noch nicht lange existiert.
Die zweite Ansicht umfaßt jedenfalls den allgemeineren Fall,
aus der sich in Spezialfällen die erste ergeben kann. An diese und
die Prüfung ihrer Ergebnisse hat man sich also zu halten, will man
eine allgemeine Gesetzmäßigkeit finden.
Am systematischsten sind die Untersuchungen von Eng-
lisch(8) und Schwarzschild (9).
Englisch faßt seine Resultate folgendermaßen zusammen:
I. Intermittente Belichtung gibt weniger Effekt als kontinuierliche.
2. Der Wirkungsgrad, d h. das Verhältnis
Zeit bei kont, Belichtung
Zeit bei intermitt. Belichtung ’
um gleiche Schwärzung zu erzielen, nimmt ab
mit der Intensität des wirkenden Lichtes,
mit der Zunahme der Pausenlänge zwischen den Partialbelich-
tungen,
mit der Vermehrung der Partialbelichtungen bei gleichbleibender
Gesamtbelichtungsdauer,
mit der Abnahme der Empfindlichkeit der Platte,
3. Die Empfindlichkeit einer Emulsion besitzt keinen bestimmten
Wert, denn sie ist eine Funktion der zugeführten Lichtmenge.
Schwarzschild findet:
Photographische Photometrie mit iniermiltierender Belichtung usw. 43
1. bei bestimmtem Verhältnis g =
suchsdauer von wenig Einwirkung,
2. die Schwächung wächst mit g,
3. wenn g sich ı nähert, ist nur wenig Schwächung zu be-
merken,
4. für g = 23 (entspricht einem Sektor von 15%) erhält man
eine bedeutende Schwächung, die um so größer wird, je kürzer die
Zeit für eine Belichtung + eine Pause und je kleiner die wirkende
Intensität ist. Ist die Energiemenge dem Schwellenwert nahe, so
findet man nur wenig Schwächung.
Eine Diskussion dieser Resultate wird erst später erfolgen.
Wie wir dann sehen werden, haben die betreffenden Autoren als
Unterscheidungsmaßstab kontinuierlicher und intermittenter Be-
lichtung Größen gewählt („Schwächung‘“, „Wirkungsgrad‘“‘), die recht
komplexer Natur sind, woran es liegen mag, daß sie zu einer ein-
heitlichen Erklärung ihrer Ergebnisse nicht gelangt sind.
Eine solche ist eben nur dann möglich, wenn die allgemeine
Gesetzmäßigkeit aufgefunden ist, die die Beziehung zwischen einer
wirkenden Lichtintensität f und einer angewandten Belichtungs-
dauer # und der dadurch hervorgerufenen photographischen Schwär-
zung in allen Fällen, also unabhängig von der speziellen Versuchs-
anordnung, regelt; kontinuierliche und jede Art intermittenter Be-
lichtung müssen sich demnach in gleicher Weise diesem Gesetze
fügen Umgekehrt können uns Beobachtungen über die Ver-
anderung einer Variablen, z. B. der Schwärzung, mit der Versuchs-
anordnung, die eben in Wirklichkeit einer Änderung einer oder aller
andern Variablen entspricht, die Mittel an die Hand geben, das
allgemeine Gesetz zu erschließen. Dies war nun der Weg, auf dem
im folgenden vorgegangen wurde.
Ein Faktor der Versuchsanordnung, der die Schwärzung bei
intermittierender Belichtung unter sonst gleichbleibenden Umständen
beeinflußt, ist die Anzahl der Touren, die der Sektor pro Minute
macht, die gleichbedeutend mit der Anzahl der Teilbelichtungen ist
und die wir mit z bezeichnen wollen.”)
Eine genaue zahlenmäßige Beziehung zwischen diesen beiden
Größen liegt nun bei Sheppard und Mees (L c. S. 248) vor. Diese
Pause ; :
Belichtung ist die Gesamtver-
°) Scheiner, Le, und Weber unter gewissen Umständen bestreiten dies zwar,
doch stehen dem für den allgemeinen Fall die einwandfreien Versuche der andern
angeführten Autoren gegenüber.
4°
44 Kellner.
verwenden einen stufenförmig ausgeschnittenen Sektor, wobei den
einzelnen Stufen Öffnungswinkel von folgender Größe entsprechen:
Nr. | Öffnungswinkel | Nr. | Öffnungswinkel
Als Lichtquelle diente ihnen ein Acetylenbrenner, als Platten
Wratten ordinary. Die Versuchsanordnung war nun die, daß sie
bei konstanter Beleuchtung (z = 2,65 Meterkerzen) je eine Platte
gleich lang (f = 300 Sekunden) hinter dem Sektorrad belichteten,
Leg
Fig. ı.
das eine Mal bei 1520, das andere Mal bei 9,5 Umdrehungen.
Die bei beiden Versuchsreihen gewonnenen Ergebnisse sind in
folgender Tabelle angegeben:
Nr. | lg (iċ) Dichte bei
n = 1520 n = 9,5
I 2,60 1,906 1,816
2 2,30 1,630 1,520
3 2,00 1,363 1,337
4 1,70 0,988 1,004
5 1,40 0,632 0,725
6 1,10 0,307 0,470
7 0,80 0,105 0,245
8 0,50 0,023 0,0713
9 0,20 — 0,021
Trägt man die Werte der Dichten gegen Ig(zZ) in der üblichen
Darstellungsweise auf und zieht die entsprechenden Mittelwerts-
kurven, so erhält man die Kurven der Fig. 1. Die beträchtliche
Fhotographische Photometrie mit intermittierender Belichtung usw. 45
Abweichung der beiden ersten Punkte von der Mittelwertskurve
erklärt sich wohl zwanglos aus der stark mit Fehlern behafteten
Messung so hoher Dichten. Wie man ersieht, liegen bei hohen
Dichten die bei z = 1520 gewonnenen Werte über denen der mit
Se Ob erhaltenen. Bei mittleren Dichten nähern sich die
Werte bis zu einem Schnittpunkt, unterhalb dessen die Werte
beider Versuchsreihen eine umgekehrte gegenseitige Lage ein-
nehmen. Sheppard und Mees nehmen an, daß man bei einer
Umdrehungszahl von nicht mehr als 100 den durch intermittierende
Belichtung bedingten Fehlern vernachlässigen könne; ein Vergleich
gegen eine kontinuierliche Belichtung liegt aber nicht vor; die oben
mitgeteilten Zahlen zeigen denn auch, daß jene Annahme nicht
zutrifft.
Wohl aber läßt sich aus der Verschiedenheit beider Kurven
der allgemeine Schluß ziehen, daß die Darstellung der Schwärzung
in Abhängigkeit von Ig(z?), wie sie Sheppard und Mees und die
ganze, bisherige photographische Photometrie vornimmt, nicht dem
Wesen des photographischen Schwärzungsgesetzes entsprechen kann
und daher unzweckmäßig ist, da man bei richtiger Wahl der Vari-
ablenkombination von zZ und 7 — vorausgesetzt natürlich, daß die
Variablen 2 und / stets in einer solchen und stets in der nämlichen
Kombination im Schwärzungsgesetz vorkommen, also die Möglich-
keit der Darstellung des Gesetzes in einer Ebene überhaupt vor-
handen ist — verlangen muß, daß die Dichtigkeitswerte beider
Versuchsreihen in eine Kurve sich einreihen lassen.
Es lag nun nahe, als diese Variablenkombination den aus der
Schwarzschildschen Beziehung
S = f (it)
bekannten Ausdruck z7? zu wählen, wobei allerdings wegen der
von einer ganzen Reihe von Forschern (12—25) betonten Ver-
änderlichkeit von Vorsicht geboten war.
Wir denken uns nun die Schwärzung als Funktion der Summie
der einzelnen Teilbelichtungen
A es ZUS, it’),
wo t die Dauer einer Teilbelichtung bedeutet. Diese ist
= a I
360 n?
also
46 Kellner.
Dann ist
det =i LZ Zfer- itni- ESE
360 n 360
Es ist also
= ' ml- D ? A
SES: ( ge Ee
Die Schwärzung würde also nach diesem Ausdruck von der
Tourenzahl abhängig sein, was obigen Versuchsergebnissen ent-
sprechen würde.
Rechnet man nun diesen Klammerausdruck für die beiden
Versuchsserien unter Annahme eines bestimmten, willkürlich ge-
wählten o Wertes aus und trägt die Logarithmen der so erhaltenen
95-48
2,0
lgtitP)
-4 0 1 2 3 4 5
Fig. 2.
Zahlen gegen die zugehörigen Schwärzungen an, so findet man,
daß sich die Punkte beider Serien auch dann nicht in eine Kurve
einreihen lassen. Ebensowenig gelingt dies, wenn man irgendeinen
anderen, bestimmten p-Wert annimmt. Doch lassen sich schließ-
lich solche, für je zwei, zu verschiedenen Serien, aber zum näm-
lichen Ig (27) gehörige gleiche, aber untereinander verschiedene e.
Werte finden, daß die mit ihrer Hilfe errechneten Klammerwerte
beider Serien auf eine einzige Kurve zu liegen kommen. Diese
p-Werte waren:
für lg(z/) = 2,60 2,30 2,00 1,70
pP = 9917 0,942 0,9725 1,008
für lg (zZ) = 1,40 de 0,80 0,50 0,20
p = 1,0475 1,085 dis 1,145 1,1606
Photographische Photometrie mit intermittierender Belichtung usw. 47
Die sich so ergebende Schwärzungskurve ist in Fig. 2 als
Mittelstück einer, in später angegebener Weise nach oben und
unten noch verlängerten Kurve dargestellt.
Dieses zunächst roh empirisch gewonnene Ergebnis läßt sich nun
in die Form einer mathematisch strengen Gesetzmäßigkeit bringen.
IL Die Abhängigkeit des sogenannten Schwarzschild schen
Exponenten p von der wirkenden Liehtmenge.
I. Aufstellung der Gleichung.
Die -Werte der eben angedeuteten Eigenschaft, daß sich mit
ihrer Hilfe die mit verschiedenen Tourenzahlen gewonnenen Dichten
in eine Schwärzungskurve einreihen lassen, wurden in einer Kurve
igit
Fig. 3.
gegen die zugehörigen Werte der Lichtmenge bzw. deren Loga-
rithmen angetragen, die das Mittelstück der in Fig. 3 dargestellten
Kurve bildet. Wie man sieht, machte es die Form dieser Kurve
wahrscheinlich, daß sie einer e-Funktion genügen würde und zwar,
da sie sich mit unendlich werdendem Ig(z7) offenbar einer Kon-
santen nähert, einer solchen von der speziellen Form
p=a+ best,
wo a, ó und c Konstanten und e die Basis der natürlichen Loga-
rithmen bedeuten, lg (87) der dekadische Logarithmus der Lichtmenge
in Sekundenmeterkerzen.
Unter der zunächst hypothetischen Annahme der Gültigkeit dieser
Gleichung haben wir zur Ermittlung der Zahlenwerte von a, d und e
drei zusammengehörige, der empirischen Kurve entnommene Werte-
paare von 5 und Ig(5?) in diese einzusetzen und finden so leicht
& m 0,86 Z m 0,3036 c es 0,2470,
48 Kellner.
so daß also die spezielle Form der 9-Gleichung für die betreffende
Plattensorte folgendermaßen lautet:
p = 9,86 + 0,3036 e -92476 [g GO
Berechnet man nach dieser Formel, um sie auf ihre Richtig-
keit zu prüfen, für verschiedene Werte von Ig(i2) die zugehörigen
p-Werte, so ergeben sich die in der folgenden Tabelle angegebenen
Zahlen, die sich in vorzüglicher Übereinstimmung mit den empi-
risch gefundenen Zahlen befinden:
ep | 2 we | 2 | ed Ż
0,00 1,1636 1,395 1,0475 3,00 0,8927
0,20 1,1606 1,85 0,99 3,50 0,8746
0,50 1,145 2,00 0,9725 4,00 0,8658
0,80 1,119 2,30 0,942 5,00 0,8606
1,10 1,085 2,60 0,917 oo 0,8600
Die Kurve Fig. 3 wurde durch berechnete Punkte über das
empirisch gefundene Intervall hinaus nach oben und unten ver-
längert.
Bei der mathematischen Diskussion der allgemeinen Gleichüng
p=a+be-elsun
ergibt sich leicht für
p im Maximum = a + b
fp im Minimum = a
1
p im Wendepunkt = a + ġe ?.
2. Physikalische Bedeutung der Gleichung in der Theorie
des photographischen Prozesses.
Da p in dem für die Lichtwirkung maßgebenden Ausdruck eg
als Exponent der Zeit auftritt, so kann er als ein Maß der zeit-
lichen Aufnahmefähigkeit der empfindlichen Schicht für die auf-
treffende Lichtmenge gelten, d. h. als ein Maß der Geschwindigkeit,
mit der eine bestimmte Lichtmenge von der Schicht aufgenommen
und zu einer chemischen Arbeit verwendet wird, die sich schließ-
lich bei bestimmten Entwicklungsbedingungen in einer bestimmten
Schwärzung äußert.
Um die in der Gleichung sich ausdrückende Gesetzmäßigkeit
möglichst einfach diskutieren zu können, wollen wir annehmen,
die wirkende Lichtintensität sei konstant und nur die Zeit ändere
sich in dem Ausdruck ca Bei sehr kleinen Werten von €, die
FPhotographische Photometrie mil ıntermittierender Belichtung usw. 49
in der Nähe von lg (iz) = o liegen, haben wir dann einen Wert für
p von a + ġ, GO ist also dann ott Vergrößern wir nun £ um
t, so sagt die Gleichung aus, daß wir nun nicht eine, dem Aus-
druck z(£+2)*+? entsprechende Schwärzung bekommen, sondern
eine, dem Ausdruck "Le Leg entsprechende, wo 2’ <a+d der
nun wirkenden Lichtmenge viet) entspricht. Um also die gleiche
Schwärzung wie bei z(2+?’)®+? zu erhalten, müßten wir eine ent-
sprechend größere Belichtungszeit wählen, d. h. die Geschwindigkeit
der Lichtaufnahme, der chemisch wirksamen Absorption, nimmt
von einem Maximalwert dauernd ab und nähert sich asymptotisch
einem Minimalwert. Bei sehr großen Lichtmengen wird die Auf-
nahmefähigkeit konstant.
Wir haben hier also eine gewisse Analogie zu dem bekannten
Vorgang, wo ein Körper mit einer bestimmten Geschwindigkeit auf
eine Flüssigkeitsoberfläche auftrifft und in dieser infolge der seiner
kinetischen Energie entgegenwirkenden Reibungswiderstände rasch
an Geschwindigkeit verliert bis diese konstant geworden ist.
Wollte man sich in Fortsetzung dieser Analogie eine Vor-
stellung von der Art dieses Widerstandes, den die Absorption findet,
machen, so scheint folgende Hypothese über den Mechanismus des
photographischen Prozesses bis zur Entstehung des latenten Bildes
wohl diskutabel.
Die Ionen der Verbindung AgBr, wie sie ja auch im Kristall-
gitter vorhanden sind, hat man sich so vorzustellen, daß das Ag-
Atom ein Elektron verloren und dafür das Br-Atom beim Über-
gang in den Ionenzustand ein solches aufgenommen hat. Nun hat
schon Chr. Winther(26), gestützt auf experimentelles Material, die
Ansicht vertreten, daß bei lichtempfindlichen Oxydations-Reduktions-
vorgängen das eigentlich Lichtempfindliche der Oxydationsvorgang
sei, was durch einen lichtelektrischen Effekt plausibel erklärt wird.
In Übertragung dieser Ansicht auf den photographischen Prozeß
würde dies heißen, daß der Vorgang zunächst in der Ablösung
eines Elektrons von einem Br-Ion besteht. Die Lichtempfindlich-
keit gerade des AgBr gegenüber z. B. NaBr würde eben dann da-
rin bestehen, daß bei ersterem die elektrostatischen Kräfte derartig
sind, daß einerseits das Valenzelektron aus der Elektronenhülle des
Br-Ions leicht herausgelöst, andrerseits leicht vom Ag-Ion aufge-
nommen wird, das sich so zum Ag-Atom zurückergänzt und nun
als „Keim“ wirkt(27). Eine Stütze findet diese Ansicht übrigens in
meiner Beobachtung, daß das Empfindlichkeitsmaximum der Platte
50 Kellner.
im kurzwelligen Gebiet mit dem Absorptionsmaximum einer alko-
holischen Br,-Lösung übereinzustimmen scheint, das dem der Bro-
mide nahe liegt (28).
Es wird nun die Annahme gemacht, daß das Licht in den
Mengen, die zur Erzeugung eines latenten Bildes notwendig sind,
nur bei solchen Br-Ionen imstande ist, das Valenzelektron heraus-
zulösen, die bereits eine deformierte Elektronenhülle aufweisen. Die
Höhe dieses „Anregungs“zustandes wird sich nun auf die einzelnen
Br-Ionen nach Maßgabe des Maxwellschen Satzes verteilen (20),
so daß Ionen in einem sehr hoch angeregten Zustand nur in ganz
geringer Anzahl vorhanden sein werden, deren Zahl indeß mit
der Abnahme des Anregungszustandes rasch zunimmt. Die hoch
angeregten Br-Ionen werden also von einem auftreffenden Licht-
strom viel rascher in Resonanzschwingung von einer derartigen
Amplitude versetzt werden, die zur Dissoziation des Br-Ions in das
Elektron und das Br-Atom hinreicht als weniger angeregte, woraus
sich die viel größere Aufnahmefähigkeit für die ersten Lichtanteile
durch die empfindliche Schicht ergibt. Diese Aufnahmefähigkeit
wird schließlich dann einem konstanten Wert zustreben, wenn nur
mehr Ionen von einem solchen mittleren Energiezustand vorhanden
sind, wie er nach dem Maxwellschen Verteilungssatz der Mehrzahl
der Ionen zukommt. Zur sichtbaren Schwärzung des Bromsilbers
hat das Licht die, diesem mittleren Energiezustand entsprechende,
viel größere Trennungsarbeit zu leisten.
Der Vorgang wird natürlich zunächst an der Oberfläche eines
Korns einsetzen.
Bemerkenswert ist, daß die durch die Größe p ausgedrückte
Lichtaufnahmefähigkeit gerade in demselben Gebiet konstant wird,
in dem dies auch die Schwärzung tut.
Wäre nicht ein Vorgang der obengenannten Art maß-
gebend, so wäre nicht einzusehen, warum nicht die ganze licht-
empfindliche Substanz momentan reagieren sollte. Übrigens beob-
achten wir ja solche Vorgänge auch in der sonstigen chemischen
Kinetik.
Der sogenannte „Reifungsprozeß“ photographischer Emulsionen,
der ja immer mit einer Energiezufuhr verbunden ist, und eine ganz
außerordentliche Steigerung der Lichtempfindlichkeit zur Folge hat,
würde nach obiger Auffassung in der Ausbildung deformierter
Elektronenhüllen bestehen.
Photographische Photometrie mit intermittierender Belichtung usw. SI
Bei all diesen Vorgängen dürfte, vielleicht nach der Franken-
burgerschen Auffassung, auch das Bindemittel eine wichtige Rolle
spielen.
Nach obigen Darlegungen haben wir nun in dem Maximalwert
von p, der Größe (a +), die den Anfangszustand des lichtempfind-
lichen Systems charakterisiert, ein rationelles Maß der Licht-
empfindlichkeit zu erblicken, zu dessen praktischer Brauchbar-
keit allerdings noch gewisse Festsetzungen über die Bedingungen
der Entwicklung getroffen werden müssen, von denen ja die er-
zielte Schwärzung noch sekundär abhängig ist.
Der Verlauf der Funktion a-+de-:TstN) charakterisiert die
Energieverteilung der Valenzelektronen, die Größe æ die Mittel-
wertsenergie.
Da das c der Funktion diejenige Größe ist, die deren Steilheit, `
also den Grad des Abfallens der Energie der Valenzelektronen und
somit auch den der chemisch wirksamen Lichtabsorptionsfähigkeit
bedingt, so kann unter dem oben gemachten Vorbehalt c als ra-
tionelles Maß der „Gradation“ der lichtempfindlichen Schicht gelten,
womit also auch der Wendepunktsordinate für Ig(-2), die ja nur
von c abhängt, eine physikalische Bedeutung zukommt.
Unsere bisherigen Schlüsse bezogen sich alle auf die Ver-
wendung nicht spektral zerlegten weißen Lichtes.
Nun hat Hnatek(30) nach vielen älteren Arbeiten (31—3 5)
in neuerer Zeit die Abhängigkeit des Exponenten p von der
Wellenlänge des verwendeten Lichtes untersucht. Wenn auch
seine Zahlen in ihrer absoluten Höhe wahrscheinlich erhebliche
Fehler aufweisen, indem er, wie wir später sehen werden, eine nicht
einwandfreie Untersuchungsmethode anwendet, so können doch
wohl seine Resultate nach ihrer qualitativen Seite hin als zutreffend
angenommen werden. Er findet, daß die Maxima der Lichtempfind-
lichkeit und von p übereinstimmen, was mit obigen Anschauungen
konform geht; ferner, daß der Wert von p für weißes Licht gleich
dem arithmetischen Mittel der für die verschiedenen A geltenden
?-Werte ist. Der von uns bisher benutzte -Wert wäre also ein
solcher Mittelwert.
Weiters kommt Hnatek zu dem Resultat, daß der Ausdruck
A
foan
à
52 Kellner.
für eine bestimmte Plattensorte konstant und unabhängig von einer
eventuellen optischen Sensibilisierung ist. Da aber durch eine
solche der Wellenlängenbereich der Empfindlichkeit vergrößert wird,
so ist dies mit dem eben angeführten Satz nur dann verträglich,
wenn die -Werte für den Empfindlichkeitsbereich vor der Sensi-
bilisierung durch diese entsprechend sinken, was eben Hnatek
findet.
Um nun die Tatsache mit den oben dargelegten Anschauungen
und zugleich mit den Befunden von Weigert(36) und Franken-
burger(27) zu vereinigen, kann man sich vorstellen, daß der Sensi-
bilisator gerade an den Stellen der Kornoberfläche angelagert wird
(die Art des dabei wirksamen Mechanismus muß allerdings noch
offen gelassen werden), wo eine Anhäufung von Energie vorhanden
ist, also an den Stellen hochangeregter Bromionen, was schon an
sich recht wahrscheinlich ist. Letztere fallen also als Absorbens
für die auftreffende Lichtenergie weg und damit muß auch die Auf-
nahmefähigkeit für Licht, von der, der Absorption des Bromions
eigentümlichen Wellenlänge sinken, dafür aber in gewisser Äqui-
valenz eine, für das neu entstandene System eigentümliche Licht-
absorptionsfähigkeit eintreten, indem nun nach dem von Franken-
burger gegebenen Schema der Farbstoffkomplex dem Silberion
ein Elektron liefert und so einen „Keim“ bildet.
3. Literaturangaben über die Eigenschaften von 2.
Eine gute Zusammenstellung und Besprechung der ziemlich
umfangreichen Literatur findet sich wieder bei Arvid Oden-
crants(I)
Die grundlegende Arbeit stammt von K. Schwarzschild (37).
Leimbach, Schell, Brotherus und Vegard (31,32, 33, 35)
untersuchen die Abhängigkeit von p von der Wellenlänge und
finden e im Gegensatz zu der schon besprochenen Arbeit von
Hnatek, konstant. Vegard gibt auch an, daß sich ée nicht mit
dem Schwärzungsgrade, also mit der wirkenden Lichtmenge, ändert.
Sieht man jedoch seine Arbeitsweise genauer nach, so findet man,
daß er die Lichtmengen nur in sehr geringem Maße geändert hat,
so daß ihm die dabei auftretenden geringen Unterschiede leicht
entgehen konnten, namentlich bei Verwendung einer Platte, die
vielleicht an sich schon eine geringe Variabilität von p aufweist.
Genaue Angaben über die verwendeten Lichtmengen und die er-
haltenen Schwärzungen, die eine Nachprüfung seiner Resultate er-
Photographische Photometrie mit intermillierender Belichtung usw. 53
möglichen würden, sind in seiner Arbeit nicht enthalten, ebenso-
wenig übrigens wie in den meisten anderen, diesen Gegenstand
betreffenden Arbeiten.
Eine ganze Reihe von Forschern (12—25) hat hingegen in über-
zeugender Weise die Veränderlichkeit von p mit der Lichtmenge
dargetan; dabei halten sich die angegebenen Zahlenwerte für a
durchaus in den, in der obigen Arbeit angegebenen Grenzen.
Die wertvollste Arbeit auf diesem Gebiete verdankt man wohl
E.Kron, der bei der Betrachtung von Kurven gleicher Schwärzung
zu der Vermutung kommt, daß für p bestimmte Grenzwerte exi-
stieren. Für Schleußner-Blau-Etikettplatte nimmt er als solche 0,8
und 1,2 an.
Doch ist mir bis jetzt noch keine Arbeit bekannt geworden,
die eine gesetzmäßige Beziehung zwischen 5% und der wirkenden
Lichtmenge aufstellt und die physikalische Bedeutung dieses Expo-
nenten diskutiert.
OL Ein photographisches Schwärzungsgesetz.
I. Ableitung der mathematischen Beziehung zwischen S, i
und Z aus der empirischen, wahren Schwärzungskurve.
Wir haben schon eingangs die Forderung erhoben, daß bei
einem allgemeinen Schwärzungsgesetz, wenn wir als die eine Variable
die Schwärzung S wählen, der aus den anderen Variablen 2 und £
bestehende Komplex von solcher Beschaffenheit sein muß, daß die
in ihm ausgedrückten Versuchsbedingungen, gegen die erhaltene
Schwärzung S angetragen, in allen Fällen, ohne Rücksicht auf die
Art der Belichtung, ein und dieselbe Kurve liefern muß. Wir haben
bereits gesehen, daß ein solcher Komplex nicht der gewöhnlich ver-
wendete: Jet a ist, daß aber, wenigstens zunächst für die inter-
mittente Belichtung durch den rotierenden Sektor, obige Darstel-
Jungsmöglichkeit durch den Ausdruck
de)
bei Annahme der Veränderlichkeit von p in der angegebenen Weise
gegeben ist.
Nun stellt aber, wie dadurch deutlich wird, daß man in diesem
Ausdruck die Tourenzahl az soweit sinken läßt, daß sie nur mehr
(Ur ist, also
g d d SS
Itn!-? LZ) = 7 er d = Z Zë
54 Kellner.
wird, dieser Ausdruck nur den, auf die speziellen Verhältnisse bei
der Belichtung durch den rotierenden Sektor übertragenen Fall der
allgemeinen Beziehungen o dar; die mit den Ordinaten S und z eg
bzw. lg(57?) gewonnene Schwärzungskurve stellt also die wahre,
allerdings zunächst nur empirisch gewonnene Schwärzungskurve von
der geforderten Eigenschaft dar.
Gelingt es nun, das Gesetz ausfindig zu machen, dem diese
Kurve gehorcht, so haben wir damit das allgemeine Schwärzungs-
gesetz gewonnen.
Zunächst sei bemerkt, daß sich eine Anzahl Interpolations-
formeln aufstellen lassen, die in sehr guter Weise in einem be-
trächtlichen Intervall die experimentellen Ergebnisse ausdrücken.
Solche Formeln sind z. B.
S=In[»— (u — 1) sA ,
wo u = ca. 0,61, eine Formel, die der von Hurter und Drieffield
aufgestellten ähnlich ist; oder
S = u(ig (i29),
wo u = 0,52 und v = 1,26.
In einem weiteren Intervall versagen aber diese Formeln voll-
kommen, weil sie eben gewisse Grenzforderungen nicht erfüllen, die
man an das wahre Schwärzungsgesetz stellen muß.
Diese Forderungen sind, daß einerseits bei verschwindendem
dE auch die Schwärzung verschwinden muß, andererseits, daß mit
unendlich werdendem 37 die Schwärzung konstant wird. Diesen
Bedingungen genügt augenscheinlich eine e-Funktion vom allge-
meinen Typus y =ae *, der wir für unsern Fall die spezielle Form
E
3
Virt
S=me
geben wollen und von der wir zunächst hypothetisch annehmen, sie
stelle unsere empirisch gewonnene Funktion vollkommen dar. Durch
Einsetzen zusammengehöriger, der empirischen Kurve entnommenen
Wertpaare von A und eg berechnen sich die Konstanten zu
g= 3,60 und m = 2,748,
woraus die spezielle Gleichung
3,60
S = 2,748e Vie
folgt. Ihre Richtigkeit hat sie nun zunächst dadurch zu erweisen,
daß sie die experimentell gefundenen Werte richtig wiedergibt.
Photographische Photometrie mit intermittierender Belichtung usw. 55
2. Prüfung der Schwärzungsgleichung an den experimentell
gewonnenen Ergebnissen.
Zu diesem Zwecke berechnen wir für eine Anzahl gewählter
Werte von Jett ai nach der Formel die zugehörigen Schwärzungen
und erhalten so die in der folgenden Tabelle angegebenen Werte:
tg (z1) s ig (e #9) s we) | s
—0,401 0,0205 1,277 | 0,7119 2,888 1,857
—0,318 0,0277 1,50 0,88 3,00 1,918
— 1,00 0,0185 1,661 1,005 3,50 2,150
0,001 0,0754 1,679 1,019 4,00 2,326
0,164 0,1148 2,00 1,265 4,50 2,452
0,426 0,2052 2,049 1,302 5,00 2,543
0,50 0,236 2,110 1,347 7,00 2,703
0,670 0,3193 2,390 1,547 10,00 2,744
0.857 0,4258 2,50 1,619 Gë 2,748
1,00 0,513 2,519 1,633 o o
1,169 0,633 2,705 1,750
Vergleicht man die einschlägigen Zahlen dieser Tabelle mit
den entsprechenden experimentell gewonnenen Ergebnissen an Hand
der Kurve, so findet man vollkommene Übereinstimmung.
Dieses Resultat im Verein mit den obigen allgemeinen Be-
trachtungen berechtigen wohl zu dem Schluß, daß die oben ange-
gebene Formel tatsächlich das allgemeine Schwärzungsgesetz
derstellt.
3. Diskussion des Schwärzungsgesetzes.
Was die rein formale Seite der Gleichung betrifft, so sieht man,
dab sie aus drei unabhängigen Variablen besteht, einfach also nur
in einem dreidimensionalen Koordinatensystem darstellbar ist. Da
dies aber in praxi schwierig ist, so kann man dadurch, daß man die
eine Funktion in zwei Systeme teilt, zu einer Darstellungsmöglich-
keit in einer Ebene gelangen. Zu diesem Zweck stellt man die
f-Funktion gesondert dar und gewinnt so den zu jedem zZ ge-
hörigen Wert von p und kann nun einfach S in Abhängigkeit von
1# bzw. lg(# 7?) auftragen. Diese Art der Darstellung ist von uns
bereits verwendet worden.
Die Schwärzungskurve, von einem Wert o bei € = O aus-
gehend, steigt anfangs bei kleinen Werten von Ig(£7?) nur schwach
an, die Steigung nimmt aber rasch zu, durchläuft einen Wende-
punkt und nimmt dann wieder rasch ab, um sich bei unendlich
groß werdendem ep asymptotisch einem konstanten Wert zu nähern.
Dieser ist bestimmt durch die Größe der Konstante m, die unmittel-
56 Kellner.
bar die maximale Schwärzung angibt, die bei der betreffenden
Plattensorte unter gegebenen Entwicklungsbedingungen erreichbar
ist. Für die Steilheit der Kurve ist die Konstante g maßgebend.
Wie man aus der Kurve ersieht, kann von einem einheitlichen
Mittelstück keine Rede sein, weil ein solches eben nicht im Wesen
der Schwärzungsfunktion liegt. Alle hierüber angestellten Speku-
lationen sind deshalb unzweckmäßig.
Die Annahme der Allgemeingültigkeit des angegebenen Schwär-
zungsgesetzes findet eine weitere Stütze in dem Umstand, daß es
die Teilvorgänge der Entstehung der photographischen Schwärzung
klar zum Ausdruck bringt. Diese bestehen
I. aus der durch das Licht verursachten Veränderung des Brom-
silbers, die die Entstehung des latenten Bildes zur Folge hat. Sie
wird allein durch den Ausdruck Zeetie" "Ter geregelt. Man kann
diesen Ausdruck daher unter Verwendung eines von E. Kron (25)
gebrauchten Begriffes auch als das Gesetz der „latenten Schwärzung“
bezeichnen;
2. aus der „Entwicklung“, die zur sichtbaren Schwärzung führt,
die wieder in komplizierter Weise von der „latenten“ Schwärzung
abhängt.
Zu untersuchen wäre noch, in welcher Weise sich die Kon-
stanten 2907 und „g“ mit den Entwicklungsbedingungen ändern.
Keinen Aufschluß gibt das Schwärzungsgesetz über das bei sehr
starker Belichtung beobachtete Rückgängigwerden der maximalen
Schwärzung, die sogenannte Solarisation. Man muß wohl an-
nehmen, daB diese nicht im Wesen des durch die obige Formel
ausgedrückten Primärprozesses liegt, sondern eine Wirkung von
Folgereaktionen darstellt, wie ja auch sonst schon angenommen
worden ist.
4. Prüfung des Schwärzungsgesetzes an einer weiteren
Versuchsreihe.
Gewählt wurde wieder eine solche von Sheppard und
Mees (38),
Als Lichtquelle diente wieder ein Acetylenbrenner. Die Hellig-
keit wurde auf 84,5 Meterkerzen konstant gehalten und nur die Be-
lichtungszeit geändert. Da als Platten ebenfalls Wratten ordinary
gewählt wurden, so kann zur Berechnung der %-Werte unsere frühere
Kurve dienen. Umgekehrt kann dann, wenn mit diesen Werten
richtige Resultate erhalten werden, die Richtigkeit obiger Auffassung
Fhotographische Photometrie mit intermittierender Belichtung usw. 57
bestätigt werden. Entwickelt wurde 5 Min. mit n/ıo Ferrooxalat
bei 20°C. Die Entwicklungsart dieser Versuchsreihe war offenbar
anders als bei der früher benutzten, bei der sie leider nicht an-
gegeben ist; denn wir haben nun andere Werte für „m“ und „ge“,
die sich leicht aus zwei Messungen berechnen lassen:
m = 3,189 g = 3,258.
Unter Benutzung dieser Werte und der Versuchsdaten errechnen
sich aus dem Schwärzungsgesetz die in folgender Tabelle angegebenen
Dichten, neben denen die beobachteten ausgeführt sind.
2 | $ we | wen asfare 1 | Pie | mann A | Dichte | Dichte
AT, | i | f lg A) aus Kurve Sé) | | abs ber. beob,
I | 84,5 2,07 ” 2,25 0,947 2,23 1,760 1,724
2 | 84,5 1,054 1,95 0,9785 1,95 1,537 1,520
3 84,5 0,528 1,65 1,0143 1,65 1,269 1,330
4 | 845 0,265 1,35 1,0525 1,32 0,997 1,020 +
5 84,5 0,133 1,05 1,092 0,97 0,678 0,707
6 Bus 0.067 0,75 1,1235 0,61 0,412 0,43 2
7 84,5 0,033 0,45 1,1435 0,23 0,209 0,232
8 ı 84,5 0,017 0,15 1,1618 | —0,14 | 0,085 0,065
Wie man aus der graphischen Darstellung (Fig. 2, kürzere Kurve)
ersieht, weicht nur der dritte beobachtete Punkt erheblicher von der
berechneten Kurve ab, sonst herrscht gute Übereinstimmung.
5. Folgerungen aus dem Schwärzungsgesetz
für die praktische photographische Photometrie.
Da die angegebene Schwärzungsgleichung fünf Konstante er-
halt, so sind zu ihrer Bestimmung fünf einwandfreie Messungen not-
wendig.
Bisherige falsche Anwendung des Schwärzungsgesetzes.
In der Literatur (30) findet man nicht selten die Meinung ver-
treten, es sei
A ss Zë,
wobei man sich p noch womöglich konstant denkt. Die Unrichtig-
keit dieser, wohl von einer falschen Auffassung der Beziehung
S = flitP)
herrührenden Ansicht, die ja, wenn wir an dem definierten Schwär-
zungsbegriff festhalten, an und für sich schon klar ist, wird natürlich
durch das explicite Schwärzungsgesetz erst recht deutlich.
Gewarnt muß auch werden von einer falschen, aber bisher
meist verwendeten Methode (30) den Wert für p so zu bestimmen,
Zeitschr, f. wiss. Phot. 24. 5
58 Kellner
daß man mit verschiedenen Belichtungszeiten und entsprechend
geänderten Lichtintensitäten Aufnahmen macht, die zu gleichen
Schwärzungen gehörigen Versuchsdaten in der Weise
i ss fe ef
in Beziehung setzt und daraus
Ss lieh- ligi
berechnet. zA- ign
Wie man aus der Schwärzungsgleichung ersieht, ist bei gleicher
Schwärzung nur der Ausdruck
biss Ze fr = const.,
wo f, #2} Nach der obigen Methode kann man also nur Mittel-
werte von in einem bestimmten Intervall berechnen. Streng gültig
ist diese Methode nur bei sehr großen oder sehr kleinen Ig(z7), da
man sich dann in den Gebieten bewegt, wo sich p nur wenig ändert.
Man erhält so die Grenzwerte von p.
Diskussion der Verwendung rotierender Sektoren in der
photographischen Photometrie und Sensitometrie.
Unsere Schwärzungsgleichung setzt uns nunmehr auch in den
Stand unser Ausgangsproblem, die Verwendungsmöglichkeit rotieren-
der Sektoren in der photographischen Photometrie, erfolgreich zu
diskutieren und die von anderen Autoren, namentlich von Englisch
und Schwarzschild, bei intermittierender Belichtung gewonnenen
Resultate näher zu prüfen.
Da, wie wir gesehen haben, die intermittierende Belichtung in
ihrer Wirkung, weil ihrem Wesen nach, völlig identisch mit der
kontinuierlichen Belichtung ist, so steht selbstversändlich der Ver-
wendung rotierender Sektoren kein prinzipielles Bedenken entgegen.
Man hat nur dafür Sorge zu tragen, daß der für die Lichtwirkung
verantwortliche Ausdruck z#=et5e" le CAP eine den Umständen
dieser Belichtungsart angepaßten Anwendung erfährt, indem man ihn
durch den wesensgleichen Ausdruck
éi FAJ
ersetzt, also die Tourenzahl des Sektors, den Offnungswinkel und
die Variabilität von p entsprechend berücksichtigt. Dies ist nun bisher
nirgends geschehen, so daß alle älteren Angaben mit mehr oder
weniger großen Fehlern behaftet sein müssen.
Da nun die Herstellung einer bekannten und konstanten Touren-
zahl nicht gerade leicht ist, zum mindesten die an sich schon nicht
Photographische Pholometrie mit iniermittierender Belichtung usw. ` So
einfache Apparatur noch mehr kompliziert, so sind rotierende Sek-
toren gerade nicht sonderlich empfehlenswert und kontinuierliche
Belichtung entschieden vorzuziehen, bei der auch die Rechnung sich
etwas einfacher gestaltet.
Um zu zeigen, welch beträchtliche Unterschiede nach der alten
Darstellungsweise zwischen kontinuierlicher und intermittierender Be-
lichtung auftreten, haben wir diejenige Kurve berechnet, die Shep-
pard und Mees erhalten hätten, wenn sie zu ihren beiden Ver-
suchsreihen mit 1520 und 9,5 Touren noch eine solche von
FEUERS
-~ 200
hinzugefügt hätten, was bei einer Versuchsdauer von 300 Sekunden
eben der kontinuierlichen Belichtung entspricht. Wir haben diese
Kurve auf Fig. ı neben die anderen gezeichnet. Wie man durch
Vergleich sieht, verursachen im Gegensatz zu gegenteiligen An-
sichten gerade langsame Touren die relativ größten Unterschiede
gegenüber kontinuierlicher Belichtung (selbstverstandlich nur bei der
alten Darstellungsweise), was besonders bei dem von Hand und
notwendigerweise ungleichmäßig betriebenen Scheiner-Sensitometer
zu beachten ist.
Die einer Intensitätsschwächung bei einer kontinuierlichen
Belichtung gleichkommende Wirkung des Sektorausschnittes be-
rechnet sich in folgender Weise, wobei wir uns die Verhältnisse an
enem Fall der photographischen Spektralphotometrie, wo diese
Frage hauptsächlich interessiert, klar machen wollen:
Gegeben seien zwei vollkommen gleiche Strahlenbündel, die der
Einfachheit der Betrachtung halber von einer gleichmäßig flächenhaft
ausgebreiteten, monochromatischen Lichtquelle geliefert seien. Sie
würden, wenn sie frei auf die Platte auftreffen würden, beide mit
der Intensität s, auf diese wirken. Schalten wir nun in den einen
Strahlengang eine Farbstofflösung von der Transparenz
2
JI = Fr
so wirkt nun auf die Platte in diesem Strahlengang die Inten-
st d In den anderen Strahlengang sei ein rotierender Sektor von
bestimmter Tourenzahl » eingeschaltet. Die in diesem Strahlengang
wirkende Lichtintensität z, wird dadurch natürlich nicht geändert,
sondern nur ihre zeitliche Wirksamkeit durch den Sektorausschnitt
beschränkt. Es werde nun die Platte beiden Strahlengängen gleich-
mäßig lange ausgesetzt. Durch die Wahl eines bestimmten Sek-
5*
60 Kellner.
torauschnittes können wir es nun erreichen, daß wir mit beiden
Strahlengängen gleiche Schwärzung erzielen. Für diesen Fall gilt
aber nach der Schwärzungsgleichung allgemein die Beziehung
bi = fa h,
was in unserem speziellen Falle die Gleichheit der Ausdrücke
A T tô = fo 14 E n\—Pı
bedingt. Es ist also
— a-a, [© Br
en ES
nI-?e,
Die einer Intensitätsschwächung gleichkommende Wirkung
des Sektorausschnittes wird also nur dann gleich SC entsprechend
dem physiologischen Talbotschen Satz, wenn 6, = 2} = I wird, was
in manchen Fällen mit gewisser Annäherung, sicherlich aber nicht
allgemein der Fall sein kann. So wird auch in dieser Form der
Unterschied zwischen der physiologischen Lichtaufnahmefähigkeit
und der photographischen Platte deutlich.
Gleichzeitig ist aus dieser Gleichung ersichtlich, daß die bei be-
stimmten Werten von z, und £ erzielte Gleichheit der Schwärzungen
bei Änderung eines oder der beiden Faktoren bei gleicher Sektor-
stellung durchaus nicht erhalten bleibt, da sich ja die p-Werte än-
dern. Ohne genaue Kenntnis der /-Gleichung ist deshalb die Ver-
wendung rotierender Sektoren für Zwecke der photographischen
Spektralphotometrie nicht einwandfrei.
Zur Prüfung der S. 42 mitgeteilten, von Englisch für inter-
mittente Belichtung gefundenen Resultate müssen wir uns vor allem
klar machen, was der „Wirkungsgrad“, an den Englisch seine
Untersuchungen anknüpft, nach unserer Schwärzungsgleichung be-
deutet. Englisch (39) bestimmt für jeden Abstand der Hefner-
lampe, also für ein bestimmtes z, die Belichtungszeiten bei konti-
nuierlicher (4) und intermittierender Belichtung (4), die gleiche
Schwärzung ergeben und nennt dann den Quotienten
f
r
den „Wirkungsgrad“ der intermittierenden Belichtung.
Bei gleicher Schwärzung und gleicher Lichtintensität ist nun
nach unserer Schwärzungsgleichung:
a Lëx
1 u Zn 1 ve
Photographische Photomeirie mit intermittierender Belichtung usw. 61
und
p= - = A3 ay Bin
í
Führt man noch das Verhältnis
Pause 360 — a =
. Belichtung ES a =
ein, so daß
ER |
360 Sei (E z S
so erhält man schließlich
y = AT (=)
Vergleicht man diese Gleichung mit den Resultaten von Eng-
lisch, so sieht man, daß dieser die „y“ bestimmenden Faktoren richtig
erkannt hat, daß Maß ihrer Wirkung jedoch nur unvollständig, da
dieses eben von den jeweils geltenden p-Werten abhängt, nament-
lich davon, ob diese > ı oder < I sind.
Auch Schwarzschilds (S. 42 zitierte) Resultate sind so zu
beurteilen.
Lange schon haben photographische Methoden Eingang in die
wissenschaftliche Forschung gefunden und ungewöhnlith starke Ver-
breitung erfahren, da die Photographie ein hervorragendes Mittel ist
dauernde und objektive Dokumente oft nur einmaliger, komplizierter
und sonst nur der subjektiven Beobachtung mit ihren großen An-
forderungen an die augenblickliche Disponiertheit zugänglicher Er-
eignisse zu schaffen. Nicht oder nur unvollkommen anwendbar
waren aber bisher solche Methoden, wo eine genaue Beziehung
zwischen photographischer Schwärzung, wirkender Lichtintensität und
Belichtungsdauer verlangt wurde.
Sollte diese Lücke durch das angegebene Schwärzungsgesetz
ausgefüllt werden, so wäre damit ein Problem gelöst, um das sich
die photographische Photometrie von jeher bemüht hat: es be-
deutete die Einführung der Photographie als exaktes photometri-
sches Meßprinzip.
Literatur.
ı) Eine gute Literaturzusammenstellung und Besprechung findet sich bei Arvid
Odencrants, Zeitschr. f. wiss. Phot. 16. Heft 4, 5, 6. 1916.
2) A, u. L. Lumière, Moniteur de la Photogr. 27. 1887. Handbuch II, 26.
3) L. Weber, Photogr. Mitteilungen 31. 71. 1894; Jahrbuch 9. 408. 1895.
62 Kellner. Photographische Photometrie mit intermittierender Belichtung usw.
4) H. Th. Simon, Hab.-Schr. Erlangen 1896; Ann. d. Physik (3) 59. 91. 1896.
5) J. Scheiner, Zeitschr. f. Instr. 14. 201. 1894.
6) H. E. Howe, Physical Review Ser. II. 8. 674. 1916.
7) W.de W. Abney, Phot. J. 18. 56. 1893; Jahrb. 8. 374. 1894, 9. 123. 1895.
8) E. Englisch, Arch. f. wiss. Phot. 1. 117. 1899.
9) K. Schwarzschild, Phot. Korr. 36. 109, 171. 1899.
10) J. M. Éder, Handbuch II, 231.
11) Sheppard und Mees, Investigations S. 222 (deutsch 248). Hinkünftig
wird nur nach der deutschen Ausgabe zitiert.
12) K. Schwarzschild, Photogr. Korr. 36. 398. 1899; Jahrb. 14. 161. 1900.
13) J. Precht, Arch. f. wiss. Phot. 1. 187 1899.
14) E. Englisch, Le
15) A. Becker u. A. Werner, Zeitschr. f. wiss. Phot. 5. 382. 1907.
16) A. Werner, Diss. Kiel 1907; Zeitschr. f. wiss. Phot. 6. 25. 1908; Ann.
d. Ph. (4) 24. 164. 1907.
17) Sheppard und Mees, Unters. Sang,
18) Turner, Rep. Brit. Ass. Dublin 1908, 604; Monthly Notices 69. 69. t908.
The Observatory 32. 166. 1909.
19) Tikhoff, Mitt. Pulbowo 3. 31. 1909; C. R. 148. 266. 1909.
20) J. A. Parkhurst, Astroph. J. 30. 33. 1909.
21) H. E. Ives, Phys. Rev. 30. 272. 1910; Astroph. J. 31. 157. 1910.
22) J. Precht und E. Stenger, Zeitschr. f. wiss. Phot. 3. 67. 1905.
23) R. W. Wallace und H. B, Lemon, Astroph. J. 29. 146. 1909.
24) P.P. Koch, Ann. d. Ph. (4) 80. 841. 1909.
25) E. Kron, Publ. Astroph. Obs. Potsdam 67, Band 22. 5; Ann. d. Ph. (4)
41. 751. 1913.
26) Chr. Winther, Zeitschr. f. wiss. Phot. 9, 229. 1911.
27) Eine ähnliche Anschauung wird auch bei Frankenburger, Zeitschr. f.
phys. Chemie 106. 273. 1923 vertreten.
28) F. F. Martens, Verh. Phys. Ges. A 138—166. 1902.
29) Im Gegensatz zu der Annahme von Frankenburger (l.c.) und Herzfeld,
ebenda.
30) A. Hnatek, Zeitschr. f. wiss, Phot. 22. 177. 1923.
31) G. Leimbach, Zeitschr. f. wiss. Phot. 7. 157, 181. 1909.
32) C. Schell, Diss. Leipzig 1910.
33) Hj. V. CECR Diss. Helsingfors 1912; Phys. Zeitschr. 12. 193. 1911.
34) E. Baisch, Diss. Würzburg 1911; Ann. d. Phys. (4) 38. 543. ıgıı.
35) L. Vegard, Ann. d. Phys. (4) 39 111. 1912.
36) Weigert, Sitzungsber. d. kgl. preuß. Akad. d. Wiss. Belin 641, 1921.
37) K. Schwarzschild, Publ. d. v, Kufinerschen Sternwarte V, 1897.
38) 1. c. S. 245.
39) L. c. S. 119.
Eingegangen am 20. Oktober 1925.
Kellner. Der Einfluß starker Erhitzung usw. 63
Der Einfluß starker Erhitzung auf die Eigenschaften
photographischer Trockenplatten.
Von
Hugo Maria Kellner.
Mit ı Figur im Text und 5 Figuren auf ı Tafel.
Bei Nachprüfung einer Arbeit von Osamu Masaki (1), der an-
gibt, daß photographische Trockenplatten durch Erhitzen während
der Belichtung für Ultrarot empfindlich gemacht werden können,
fand ich, daß dadurch zwar keine weitere Ausdehnung der Empfind-
lichkeit gegen Ultrarot stattfindet, wohl aber eine bedeutende allge-
meine Empfindlichkeitszunahme, wie dies auch schon Abney (2)
festgestellt hatte. Auch durch Erhitzen der Platten vor der Be-
lichtung war in Übereinstimmung mit den Beobachtungen von Toth (3),
Schumann (4), Henderson (5), Acworth (6) eine Empfindlich-
keitssteigerung, wenn auch in kleinerem Maße, wahrzunehmen.
Neu erscheint jedoch die Beobachtung des Verfassers zu sein, daß
auch durch ein Erhitzen der Platten nach der Belichtung eine
Empfindlichkeitssteigerung (7) eintreten kann. Die Erscheinung er-
halt dadurch einen viel umfassenderen Charakter, so daß es wünschens-
wert schien den Einfluß der Erhitzung vor wie nach der Belich-
tung einer systematischen, möglichst quantitativen Untersuchung
zu unterziehen.
A. Experimentelle Ergebnisse.
L Einfluß der Erhitzung auf die Beziehung zwischen
wirksamer Lichtmenge und Schwärzung.
Die Untersuchung wurde in der Weise vorgenommen, daß in
enem Schefferschen Röhrenphotometer (8) mit doppelter Loch-
reihe je zwei Trockenplattenstreifen gleichzeitig belichtet wurden,
wovon je einer entweder vor oder nach der Belichtung erhitzt wurde.
Das Erhitzen erfolgte auf einer elektrischen Heizplatte meist 4 Mi-
nuten lang bei verschiedenen Temperaturen, wobei teils die Schicht-
seite, teils die Glasseite der Trockenplatte auf der Heizfläche auf-
lag. Erweitert wurden die Erhitzungsbedingungen noch dadurch,
daß die Platten während des Erhitzens teilweise auf der von der
64 Kellner.
Heizfläche abgewendeten Seite durch einen in einiger Entfernung
aufgestellten Ventilator gekühlt wurden. Im übrigen wurden Ver-
suchs- und Vergleichsplatten vollkommen gleichmäßig behandelt.
Die quantitative Bestimmung einer Schwärzungs- bzw. Emp-
findlichkeitsänderung durch Erhitzen erfolgte durch die Feststellung
der Anzahl der Felder, die auf der erhitzten Platte mehr bzw.
weniger vorhanden waren als auf der unerhitzten Vergleichsplatte.
Zwischenwerte wurden geschätzt.
Zur Untersuchung gelangten folgende Plattensorten: Perutz
Silbereosin, Schleußner Panchroma, Viridin und Gelbetikett, Ilford
Special Rapid Panchromatic, Perutz Uvachrom, Lomberg Ortho-
Elur 22, Herzog Isodux-Sonja E. W. lichthoffrei, Agfa extra rapid,
Hauff Ultrarapid und Kirschten Eisenberger Reform.
An Stelle des umfangreichen Materials führen wir als Beispiel
aus unseren Laboratoriumsprotokollen nur die Versuchsreihe mit
Hauff Ultrarapid-Platten an, wobei die Zahlen der Empfindlichkeits-
steigerung Vielfache der „mpfindlichkeit der Vergleichsplatte be-
deuten:
Erhitzung
vor, nach
Belichtg.
Empfind-
lichkeits-
steigerung
Temp. d.
Heizplatte
x X X X AS AS X
x X X
=
A AS AS AS AS AS NS NN
AS SS NN AS NS
ùn
Ge
i
00
N)
X X XX
*) nur 2 Minuten erhitzt.
Wie sich aus unseren Versuchen ergab, ist die Größe des Er-
hitzungseffektes verschieden je nach dem
I. Zeitpunkt des Erhitzens relativ zur Belichtung.
Ein Erhitzen vor der Belichtung wirkt stärker empfindlichkeits-
steigernd bei folgenden Plattensorten:
eg — we: E
Der Einfluß starker Erhitzung usw. 65
Maximum d er-
Unter gleich. Maximum d. über-
reichten Empf.- Bedingungen er- haupt erreichten
Ant. Steigerung bei reichte Empf.-St. Ste, bei
Vorerhitzung b. Nacherhitzung Nacherhitzung
Silbereosin ..... 2,5 minimal 1,5
Panchroma ..... 3,4 keine 1,5
Isodux-Sonja .... 2,25 1,5 1,9
Ultrarapidd...... 3,4 minimal 1,5
Reform ....... 2,25 | minimal 1,3
Bei einer der Belichtung nachfolgenden Erhitzung zeigten die
größere Empfindlichkeitssteigerung folgende Platten:
Maximum d. er- Unter gleich. Maximum d. über
reichten Empf.- | Umständen erreichte | haupt erreichten
Vater Steigerung bei Empf.-St. bei Empf.-St. bei
Nacherhitzung Vorerhitzung Vorerhitzung
Virdin `... 1,8 Eë 1,5
Gelbetikett `... . . 1,5 keine 1,3
Liord Panchr. .. . 2,25 = 1,5
Ortho-Elur 22 ... 2 1,4 1,5
Eine bei Vor- und Nacherhitzen zi ...lieh gleichbleibende Emp-
findlichkeitssteigerung zeigen Uvachrom [2] und Agfa extra rapid [1,5].
Die erste Gruppe umfaßt nur minder- bis sehr schlecht allge-
mein empfindliche Platten, während zur zweiten nur sehr hoch-
empfindliche gehören.
Der Nacherhitzungseffekt ist durchschnittlich bedeutend kleiner
als die Wirkung der Vorerhitzung.
2. Art des Erhitzens.
Die Größe des Erhitzungseffektes ist bei den einzelnen Platten-
sorten verschieden, je nachdem sie mit der Glasseite oder mit der
Schichtseite auf der Heizplatte liegend erhitzt worden waren, ferner
je nachdem der Ventilator tätig war oder nicht. Im allgemeinen
scheint beim Nacherhitzen die Kombination Schichtseite auf Heiz-
fläche günstiger zu wirken; nur bei dünnen Emulsionen (Panchroma
und Reform) ist das Umgekehrte der Fall.
3. Höhe der Temperatur.
Meist erfolgt bei gleichbleibender Erhitzungsdauer mit steigender
Temperatur eine Zunahme der Empfindlichkeitssteigerung bis zu
einem gewöhnlich um 90° liegenden Optimum, worauf sie dann
wieder geringer wird bis zu der rasch darauf folgenden Temperatur
der Schleierbildung. Bei einigen Plattensorten nimmt die Empfind-
lichkeitssteigerung bis zu dieser Temperatur zu, ohne ein Optimum
zı zeigen.
66 Keliner.
4. Dauer des Erhitzens.
Zur Untersuchung dieses Einflußes wurden Platten, die in der
früher beschriebenen Weise belichtet worden waren, in eine Blech-
dose eingeschlossen und in einem Thermostaten bei 78° 30, 60,
120 und 240 Minuten erhitzt. Dabei ergaben sich folgende Resultate:
Empfindlichkeitssteigerung bei
Vorerhitzung von Nacherhitzung von
Piattensörte 30 | 60 | 120 | 240 30 | 60 | 120 | 240
Minuten Minuten
Panchroma ...... mioim.| I, 3 5,0 keine | 1,5 | 1,5 | keine
Vindin u... 204% % keine | 1,4 1,4 (1,3) 1,5 1,5 1,5 | (1,25)
Gelbetikett ..... . keine | 1,4 1,3 | (1,5) 1,5 1,5 2 keine
Die eingeklammerten Werte sind wegen Schleiers nicht ein-
wandfrei.
Die Nacherhitzungswirkung scheint ein zeitliches Optimum zu
durchlaufen.
5. Feuchtigkeitsgehalt der Luft.
Wie Vergleiche von in gewöhnlicher und mit Phosphorpentoxyd
getrockneter Luft erhitzten Platten zeigten, wirkt hohe Trockenheit
im allgemeinen vermindernd auf den Erhitzungseffekt ein und zwar
anscheinend stärker bei der Vorerhitzung. Das steht im Wider-
spruch zu der Ansicht von Lüppo-Cramer(o). Auffallend ist, daß
die mit P,O, erhitzten Platten bedeutend klarer bleiben als die ohne
Trockenmittel erhitzten.
Im Gegensatz zu den bisher besprochenen Fällen zeigte die
Kranzeder Deutsche Imperial-Platte nach Lüppo-Cramer einen
geringen, aber ausgesprochen negativen Erhitzungseffekt. Es handelt
sich hier um eine flau arbeitende und leicht zu Schleier neigende
sehr hoch empfindliche Platte. Auch bei Viridin, Gelbetikett und
Ortho-Elur 22 konnte unter Umständen ein negativer Effekt be-
obachtet werden und zwar immer in Kombination Glasseite der
Platte auf Heizfläche beim Vorerhitzen, auf das diese hochempfind-
lichen Platten überhaupt wenig reagieren.
Versuche bei spektral zerlegtem Licht mit Agfa extra
rapid, Lomberg Ortho-Elur 22 und Ilford Special Rapid Pan-
chromatic Platten, die ın der Weise angestellt wurden, daß Spektral-
aufnahmen bei abgestuften Lichtintensitäten mit Hilfe eines Scheffer-
schen Stufenspaltes (Verhältnis der Spaltbreiten und damit der Licht-
intensitäten 2:4:8:16:32:64:123) mit un-, vor- und nacherhitzten
Der Einfluß starker Erhitzung usw. 67
Platten gemacht, diese ausphotometriert und in Kurven mit Wellen-
längen und Schwärzungen De =) als Ordinaten dargestellt wurden,
0
zeigten, daß der Empfindlichkeitsbereich und die Lage der Haupt-
maxima im allgemeinen erhalten bleiben, wenn auch die Höhe der
letzteren meist eine bedeutende Steigerung erfährt. Zu beobachten
war ferner das Verschwinden von Nebenmaxima und das Auftreten
von neuen Wendepunkten sowie teilweise ein deutlicher Unterschied
zwischen Vor- und Nacherhitzungseffekt.
In Fig. ı sind die auf eben angegebene Weise gewonnenen
Schwärzungskurven der Agfa extra rapid Platte (—— unerhitzt,
«+ vorerhitzt, - - - nacherhitzt) abgebildet. Wie diese besonders inter-
550 500 450 400
Fig. 1.
essante Versuchsreihe zeigt, haben die einander ähnlichen Kurven der
erhitzten Platten gegenüber den der unerhitzten Platte insofern ein
stark verändertes Aussehen, als einerseits der gegen das rote Ende zu
gelegene Wendepunkt, der offenbar ein zweites Empfindlichkeits-
maximum anzeigt, durch das Erhitzen verschwunden ist, während
andererseits auf der violetten Seite der nach einwärts gebogene
konkave Kurvenzug in einen konvexen übergegangen ist. Durch
diese Veränderungen wurde die Lage des Schwerpunktes der von
der größten Kurve der unerhitzten Platte umschriebenen Fläche
von 476,5 mu nach ungefähr 467 mu verschoben.
Bei entsprechend im Ultraviolett angestellten Versuchen mit
Schleußner Gelbetikett-Platten war bemerkenswert, daß das ohne
Erhitzen und bei Nacherhitzen bei 420—430 mu liegende Empfind-
lichkeitsmaximum durch Vorerhitzen nach 440—450 mu verschoben
wurde.
68 Kellner.
U. Einfluß der Erhitzung auf das latente Bild.
Die diesbezügliche Untersuchungsmethode bestand darin, daß
Photometeraufnahmen, die in der früher beschriebenen Weise her-
gestellt und erhitzt worden waren, vor dem Entwickeln fixiert wurden,
so daß alles unveränderte Bromsilber aus der Platte weggelöst wurde.
Die durch nachfolgende physikalische Entwicklung (10) hervorge-
rufene Schwärzung ist dann direkt proportional der vorhandenen
Substanzmenge des latenten Bildes. Zur Erhitzung wurden die
Platten in einer Blechdose in einen elektrisch geheizten Trocken-
schrank gebracht. Die Resultate sind in folgender Tabelle angegeben:
Empfindlichkeitssteigerung bei der Temp. von 88°
und einer Erhitzungsdauer von
Plattensorte
30 Minuten 60 Minuten
nacherh. vorerh. nachcrh. | vorerh.
Viridin „ae. 8% | minimal 1,5 negativ 1,5
Agfa extra rapid... — 1,5 keine keine
Silhereosin ...... 3 1,5 1,5 3,3
Panchroma ...... 1,5 1,5 1.3 3
Die latente Bildsubstanz hat also im allgemeinen durch Er-
hitzen zugenommen. Bei der längeren Erhitzungsdauer ist jedoch
in allen Fällen ein Zurückgehen des Nacherhitzungseffektes zu be-
obachten, also eine Wiederverminderung der Keimsubstanz, was mit
den schon erwähnten Versuchen bei chemischer Entwicklung
parallel geht.
II. Einfluß derErhitzung auf dieGröße des Bromsilberkorns.
Unbehandelte Schichten photographischer Platten (Schleußner
Panchroma, Perutz Silbereosin und Agfa extra rapid) wurden mit
einer Rasierklinge bis auf eine äußerst dünne Schicht abgeschabt
und diese mit Hilfe der großen mikrophotographischen Einrichtung
von Zeiss bei einer Vergrößerung von 3400 (num. Äpertur 1,25)
unerhitzt und re, 75 und 225 Minuten bei 100° erhitzt an iden-
tischen Stellen aufgenommen (s. Fig. 2 u. 3, Tafel I, Agfa Extrarapid un-
erhitzt und 225 Min. erhitzt). Bei jeder Serie wurde nun eine An-
zahl identischer Bromsilberkörner auf dem Mikrophotogramm aus-
gewählt, deren Größe eine von den kleinsten bis zu den größten
beobachteten Körnern aufsteigende Reihe bildeten, und mit einem
Vergrößerungsapparat auf Bromsilberpapier noch weiter bis auf das
40000fache vergrößert, während gleichzeitig ein Maßnetz mit ein-
kopiert wurde, das die Dimensionen unmittelbar in o abzulesen
gestattete.
Der Einfluß starker Erhitzung usw. 69
Wie sich herausstellte, sind die durch Erhitzen hervorgerufenen
Korngrößenänderungen sehr gering. Beim Ausmessen der einzelnen
Körner, das naturgemäß mit großen Fehlern behaftet ist, da die Be-
grenzungen der Körner auf den Aufnahmen verwaschen sind, war nur
bei der Panchroma-Serie eine einheitliche Linie zu beobachten und zwar
in dem Sinne, daß die großen Körner durch Erhitzen zugenommen
hatten, die mittleren ungefähr gleichgeblieben und die kleineren ab-
genommen hatten, also ganz im Sinne der auch sonst beobachteten
Sammelkristallisation. Die größte beobachtete Zunahme in der Fläche
bewegte sich in der Größenordnung e, 1077 mm, die größte Abnahme
3-.10""mm?. Im Mittel sind die Größenänderungen sehr viel kleiner.
Gegenüber dieser auf so reichhaltiges Material gestützter Feststellung
muß die Beobachtung von Bellach (11), daß bei mehrtägigem Trocknen
‚unsere Manipulation wirkt doch wahrscheinlich noch energischer) eine
mittlere Zusammenziehung der Korngröße um 0,67 - (OP mm? statt-
finde, wohl als irrtümlich bezeichnet werden.
Ob es sich übrigens bei den Bromsilberkörnern in allen Fällen
um Kristallindividuen handelt, wie vielfach angenommen wird, kann
aus unseren Aufnahmen nicht geschlossen werden, da nur die großen
Körner der Agfa-Emulsion in größerer Zahl einen ausgesprochen
krıstallinen Habitus aufwiesen.
IV. Einfluß der Erhitzung auf die Dicke der Bromsilber-
schicht und die Verteilung der Körner in ihr.
Von unerhitzten und verschieden lang erhitzten, sonst unbe-
handelten Schichten von Schleußner Panchroma und Agfa extra
rapid wurden Mikrotomschnitte quer zur Dicke der Schicht an-
gefertigt und mikrophotographisch aufgenommen. Die Temperatur
der Heizplatte betrug 78—79°. Die Schichtdickenänderungen sind
in nachfolgender Tabelle angegeben:
Präparierte Emulsion | Erkitzungs- Schichtbreite
Art Dauer
nicht erhitzt — 66,8 u
Sch] Glass. auf Heizplatte ro Min. 79,4 u
eu Panic botia Schichts. auf Heizplatte 90 y» 54,2 H
Glass. auf Heizplatte 90 y 61,1 u
nicht erhitzt — 149 u
Schichts. auf Heizplatte 10 Min. 149 H
Agfa extra rapid Glass. auf Heizplatte IO on 153 H
Schichts. auf Heizplatte 90 p 122 u
Glass. auf Heizplatte 90 y» 142 u
70 Kellner.
Die Erhitzung erfolgte in allen Fällen bei tätigem Ventilator.
Auffallend ist, daß in beiden Fällen bei der Kombination Glass.
auf Heizplatte eine Dickenzunahme erfolgte gerade bei der Er-
hitzungsdauer, die für die Empfindlichkeitssteigerung besonders in
Frage kommt. |
Auf den Mikrophotogrammen der länger erhitzten Schichten
war infolge der starken, wahrscheinlich durch Wasserabgabe er-
folgten Schrumpfung eine Konzentrationserhöhung der Bromsilber-
körner zu beobachten. Beachtlich ist in diesem Zusammenhang
das Zurückgehen der Empfindlichkeitssteigerung bei längerem Er-
hitzen und bei Anwendung eines Trockenmittels.
V. Einfluß der Erhitzung auf die Verteilung der Silber-
körner in den entwickelten Schichten.
Die diesbezügliche Untersuchung erfolgte dadurch, daß bei
einigen der früher erwähnten, unerhitzten und erhitzten Photometer-
aufnahmen (Hauff Ultrarapid, Agfa extra rapid und Kranseder
Imperial) mit Hilfe des Mikroskops durch entsprechendes Verstellen
der Feinmeßschraube die Anzahl der Silberkörner in verschiedenen
Schichtniveaus in bezüglich empfangener Lichtmenge und erreichter
Schwärzung zusammengehörigen Feldern bestimmt wurde Die
Versuchsdaten für Hauff Ultrarapid waren folgende:
Aufn. | Feld Art | Erhitzungs- Tem Wirks. gewes, rell Gemessene
Nr. Nr. | dauer P. Lichtmenge Schwärzung
I I unerh. — = 3:4 0,194
2 I Vorerh. 2 Min. 89° 3,4 0,471
2 IV si 2 Min. 89° 1 0,188
Das Erhitzen war mit der Schichtseite auf der Heizfläche bei tätigem
Ventilator erfolgt.
Die Auszählung der Körner erfolgte an je zwei verschiedenen
Stellen jedes Feldes in einem Quadrat von 2500 u? Fläche. Ein
Intervall der Feinmeßschraube entsprach 2u. Die Resultate waren
bei Hauff Ultrarapid die in folgender Tabelle angegebenen.
Neben dieser Untersuchung in horizontalen Schichten wurde
noch eine solche in vertikaler Richtung in der Weise angestellt,
daß von den eben angegebenen Feldern Mikrotomschnitte quer zur
Schicht angefertigt und mikrophotographisch aufgenommen wurden
(Vergrößerung 830, num. Apertur 0,65) Die Aufnahmen sind in
den Figuren 4—6 dargestellt.
Der Einfluß starker Erhilzung usw. 7I
Feinst. 17,5 16 145 13 115
Körnerz. 20 52 42 Bi o 290
Feinst. 17,5 16 145 13 11,5
Körnerz. 23 so EI 82 88 294
Körnerz. 100 109
Feinst. 18,5 18,0 17,0 15,5 14,0
Körmerz. 54 183 133 58 24 352
| f Feinst. 17,3 15,8 14,3 12,8 11,3
70
I
Feinst. 19,5 18 165 IS 135 12
Kömerz, 74 43 38 28 32 28 806
I
IV
| A Feinst. 19 17,5 16 14,5 13 11,5
Körnerz. 83 73 49 41 38 22
Wie aus obiger Tabelle ersichtlich ist, befindet sich die Haupt-
masse der Körner bei der unerhitzten Platte auf der Glasseite
der Schicht, während dagegen bei Feld I der vorerhitzten Platte
die Ansammlung auf der Luftseite der Schicht stattgefunden hat,
was auch durch das Mikrophotogramm bestätigt wird.
Trotz gleicher wirksamer Lichtintensitäten hat die Zahl der
Körner durch Vorerhitzen zugenommen, im Mittel von 292 auf 341
pro 2500 u?, doch weitaus nicht in dem Verhältnis der beobachteten
Dichtenzunahme (0,94 :0,471} Dies hat darin seinen Grund, daß
bei der vorerhitzten Platte die Silberkörner in einer viel dichteren
Packung sich befinden und dadurch, trotz verhältnismäßig geringer
Kornzahlzunahme, eine viel stärker blendende Wirkung auf das
durchtretende Licht ausüben.
Feld IV der vorerhitzten Platte zeigt ungefähr die gleiche
Kornzahl wie die unerhitzte Platte, trotzdem nur !/,, der Licht-
intensität gewirkt hat. Die geringere Lichtintensität hat, wie man
aus dem Vergleich mit Feld I ersieht, die Bildung einer relativ viel
größeren Kornzahl bewirkt. Daß hier Kornzahl und Dichte nahezu
parallel gehen, hat seine Ursache darin, daß bei der unerhitzten
Platte und Feld IV der vorerhitzten die Packungsdichte der Körner
analog ist, wie ein Blick auf die Photographien lehrt.
Stellt man aus den Zahlen der obigen Tabelle die Körner-
verteilungskurven mit Schichthöhe und Kornzahl als Ordinaten auf,
so weisen diese mehrere Maxima auf, wofür auch auf den Aufnahmen
vielleicht gewisse Andeutungen vorhanden sind.
72 Kellner.
Bei Feld I der vorerhitzten Platte hat, bei der starken Dichten-
zunahme gegenüber der unerhitzten Platte wider Erwarten, die
mittlere Korngröße sogar abgenommen, wie ein Vergleich der
Figuren 4 und 5 zeigt.
In analoger Weise mit Agfa extra rapid-Platten angestellte
Versuche ließen eine Zunahme der schon bei der unerhitzten Platte
vorhandenen Kornanhäufung an der Luftseite der Schicht durch
Erhitzen erkennen.
B. Zusammenfassung und Deutung der experimentellen Ergebnisse.
Die Resultate unserer Experimente lassen sich kurz folgender-
maßen wiedergeben:
I. Die Erhitzung photographischer Trockenplatten hat im all-
gemeinen eine Erhöhung der optischen Dichte (Schwärzung) des
entwickelten Negatives zur Folge.
2. Die Größe des Effektes ist abhängig
a) vom Zeitpunkt des Erhitzens relativ zur Belichtung;
Erhitzen während der Belichtung wirkt besonders stark.
Erhitzen vor der Belichtung wirkt besonders empfindlich-
keitssteigernd bei schlechtempfindlichen Platten.
Erhitzen nach der Belichtung ist bei allen Plattensorten in
ungefähr gleicher Stärke wirksam, jedoch geringer als Er-
hitzen vor der Belichtung.
b) von der Art des Erhitzens. Die Heizung mit Temperatur-
gefälle von der Luft- zur Glasseite der Schicht ist, mit
Ausnahme dünner Emulsionen, bei Erhitzen nach der Be-
lichtung besonders wirksam.
c) von der Temperatur und Dauer des Erhitzens, wobei
teilweise ein Optimum zu erkennen ist.
d) vom Feuchtigkeitsgehalt der Gelatine derart, daß bei
scharfer Trocknung die Empfindlichkeitssteigerung zurück-
geht.
3. Durch Erhitzen tritt unter Umständen eine Veränderung der
spektralen Empfindlichkeit der Platte ein.
4. Nennenswerte Größenänderungen der Bromsilberkörner treten
nicht auf. |
5. Die Bromsilberschicht scheint im empfindlichkeitssteigernden
Zeitintervall durch Erhitzen an Dicke zuzunehmen.
6. Die Zahl der Silberkörner nimmt durch Erhitzen zu, relativ
stärker bei geringen Lichtintensitäten.
Der Einfluß starker Erhüzung usw. ‘73
7. Durch Erhitzen tritt meist eine dichtere Packung der Silber-
körner in der Oberflächenschicht ein.
Fassen wir die bei der Erhitzung auftretenden Erscheinungen
als Ganzes ins Auge, so kann es nicht zweifelhaft sein, daß wir es
hier mit dem Endstadium des sogenannten Reifungsprozesses photo-
graphischer Emulsionen zu tun haben, mit unseren Beobachtungen
also neues Material zur Aufklärung dieses in seinem Wesen immer
noch rätselvollen Vorgangs haben.
Die Reifung besteht bekanntlich darin, daß frisch hergestellte
Halogensilberemulsionen, die einen geringen Grad von Empfind-
lichkeit zeigen, durch gewisse Zusätze in der Kälte (meist Ammoniak)
oder durch Erhitzen empfindlicher gemacht werden, wobei äußerlich
sichtbar eine Vergrößerung der Halogensilberkörner einhergeht. Das
Maß für das Fortschreiten des Prozeßes bildet also die Zunahme
der „Empfindlichkeit“. Man versteht darunter die Beziehung zwischen
wirksamer Lichtmenge und erreichter Schwärzung, die angibt,
welche Lichtmenge notwendig ist, um eine bestimmte bzw. eine
eben noch sichtbare Schwärzung hervorzurufen. Die so definierte
Empfindlichkeit ist nun aber äußerst komplexer Natur; denn die
Schwärzung hängt außer von der wirksamen Lichtmenge noch von der
Art der Belichtung (kontinuierlich, intermittierend), den Bedingungen
des Entwickelns und Trocknens und in besonders komplizierter Weise
von der Art der lichtempfindlichen Emulsion ab, so von deren quali-
tativer und quantitativer chemischer Zusammensetzung bezüglich Ge-
latine, Halogensilber und sonstigen Zusätzen, namentlich aber von deren
physikalischer Beschaffenheit. Von letzterer und deren Änderungen
hangt also, wenn wir die Belichtungs- und Entwicklungsbedingungen
konstant halten und auch die chemische Zusammensetzung der
Emulsion durch die erfolgte Mischung der Komponenten gegeben
ist, die Empfindlichkeitszunahme bei der Reifung ab.
Die physikalische Natur der photographischen Emulsion ist
nun gegeben durch ihre Besonderheit als kolloides System, ihren
Feuchtigkeitsgehalt, die Verteilung der Halogensilberkörner nach
verschiedenen Schichtniveaus, die Zahl und Größe der Körner, die
an ihrer Oberfläche wirkenden Kräfte, die Struktur dieser Körner
selbst und endlich den Zustand der kleinsten und für den eigent-
lichen photochemischen Vorgang entscheidenden Einheiten, der
Moleküle, Ionen und Elektronen.
Die Frage ist nun, welcher dieser Faktoren, die wohl alle mehr
oder weniger wirksam sein werden, die Reifung in ihrer empfind-
Zeitschr. f. wiss, Phot. 24. 6
74 ° Kellner.
lichkeitssteigernden Wirkung entscheidend beeinflußt. — Aus
unseren Versuchen geht hervor, daß, wenigstens für deren letztes
Stadium, eine Zunahme der Korngröße, so wichtig diese in der
vorhergehenden Periode sein mag, nicht ausschlaggebend sein
kann, eine Ansicht, die auch von Lüpo-Cramer(12) und Storr(13)
geteilt wird.
Die Bildung von Adsorptionsverbindungen der Gelatine oder
anderer, in der Emulsion enthaltener Ionen an der Oberfläche des
Korns(14), die bei Belichtung leichter als das Bromion ein Elektron
an ein Silberion abgeben und somit eine erhöhte Lichtempfindlich-
keit zur Folge hat, mag wohl in manchen Fällen stattfinden, erklärt
aber nicht eine Reifungsmöglichkeit auch nach der Belichtung, die
wir in der empfindlichkeitssteigernden Wirkung der Erhitzung nach
der Exposition verwirklicht sehen müssen, da sich diese weder
mikro- noch makroskopisch prinzipiell von dem Effekt der Er-
hitzung vor der Belichtung unterscheidet.
Auch sonst ist bei der Heranziehung der Wirksamkeit der
Gelatine beim Reifungsprozeß Vorsicht geboten. Denn Schaum
undBraun(15) haben nachgewiesen, daß auch gelatinefreies Halogen-
silber reifungsfähig ist, und damit übereinstimmend hat Acworth (16)
gefunden, daß bindemittelfreies Chlor-, Brom- und Jodsilber durch
Erhitzen an Empfindlichkeit zunimmt.
In diesem Zusammenhang und in Anlehnung an unsere Ver-
suche möchten wir die Richtigkeit der zuerst von Eder geäußerten
und neuerdings von Lüppo-Cramer(17) vertretenen Auffassung
der Reifung als Bildung von durch die Gelatine reduzierten Silber-
keimen, die den „Belichtungskeimen die Entstehung erleichtern
sollen“, in dieser Form stark in Zweifel ziehen. Denn einmal findet
schon Eder, daß Emulsionen trotz beginnenden Schleiers sehr un-
empfindlich sein können und aus unseren Versuchen geht hervor,
daß in vielen Fällen das Maximum der Empfindlichkeitssteigerung
bei einer Temperatur eintritt, die unterhalb derjenigen liegt, bei
der Schleier auftritt, während doch nach obiger Auffassung ein
kontinuierlicher Anstieg der Empfindlichkeit bis zu letzterer Tem-
peratur ohne Optimumbildung stattfinden müßte. Im Gegensatz
dazu und in Übereinstimmung mit Eder konnten wir im Gebiete
des Wärmeschleiers häufig ein Zurückgehen der Empfindlichkeit
feststellen. Durch ihre bloße Gegenwart können übrigens die von
Lüppo-Cramer angenommenen Reduktions-Silberkeime auch nicht
wirken. Dies wäre wohl bei Auslösung eines Übersättigungszustandes
Der Einfluß starker Erhitzung usw. 75
möglich; um einen solchen handelt es sich aber bei der Lichtwirkung
gar nicht. Die katalytische Wirksamkeit müßte also in der wenigstens
intermediären Bildung von Zwischenverbindungen liegen. Daß die
Lüppo-Cramersche Auffassung auch den von uns beobachteten
Nacherhitzungseffekt nicht erklärt, braucht wohl kaum erwähnt zu
werden.
Eine Hypothese, die geeignet ist, die Beobachtungen in viel
umfassenderer Weise wiederzugeben, schließt sich an eine Beobach-
tung von R. Zsigmondy an (18), daß bei Fällung eines Kolloids
die Teilchenvergrößerung unter Umständen dadurch zustande kommen
kann, das mehrere kleine Teilchen, die „Primärteilchen“ nach Mecklen-
burg (19), ohne ihre Individualität einzubüßen, zu größeren Kom-
plexen, den „Sekundärteilchen‘‘, sich vereinigen. In Übertragung
dieser Anschauung auf den photographischen Reifungsprozeß faßt
K. Mees(20) diesen in der Weise auf (21), daß kleine Kristalle von
Halogensilber unter Einschluß von Gelatine zu einem größeren
Korn zusammentreten. Gleichzeitig geht aber ein anderer Prozeß
vor sich, der darin besteht, daß innerhalb des Korns unter Aus-
scheidung von Gelatine kleinere Primärteilchen zu größeren zu-
sammenwachsen, wodurch natürlich die Zahl der Primärteilchen im
Korn sinkt. Die kleinste, die Entwicklung begrenzende Einheit
bidet ein Primärteilchen, das, um entwickelbar zu sein, mindestens
an einem Punkt vom Licht affıziert sein muß. Daraus folgt un-
mittelbar die größere Lichtempfindlichkeit der im allgemeinen aus
größeren Primärteilchen bestehenden Körner und andererseits die
Möglichkeit einer Reifungszunahme nach Beendigung des eigent-
lichen Kornwachstums und auch nach erfolgter Belichtung. Auch
ein Einfluß der Feuchtigkeit ist so vorherzusehen.
Einer maßgebenden Rolle der Gelatine im obigen Sinne, wie
sie auch besonders von Quincke (22) vertreten wird, können wir
aber nicht zustimmen, da sich so große Veränderungen der inneren
Struktur des Korns auch in dessen äußerer Form und Größe be-
merkbar machen müßten, was aber nach unseren Versuchen nicht
der Fall ist. Es könnte sich höchstens um gewisse Kontaktver-
besserungen der Primärteilchen handeln, die ohne größere Volum-
und Formänderungen vor sich gehen.
Daß die eben angeführte Hypothese nicht ausreichend ist; geht
schon daraus hervor, daß wir mit der Empfindlichkeitssteigerung
auch eine Vermehrung der Silberkörner und eine Zunahme der
iatenten Bildsubstanz feststellten, die eine Folge einer Zunahme der
ch
76 Kellner.
primären Lichtreaktionen durch den Reifungsvorgang darstellt, was
nur möglich ist, wenn auch der Energiezustand der den eigentlichen
Lichtvorgang bestimmenden Moleküle, Ionen und Elektronen durch
die Reifung beeinflußt worden ist, also eine Lichtempfindlichkeits-
zunahme im wahren Sinne stattgefunden hat.
Wie wir durch eine Überschlagsrechnung mit Hilfe der Wien-
schen Formel feststellten, kam bei unseren Versuchen Wärme-
strahlung als Energiequelle nicht in Frage, eine Energiezufuhr
konnte also nur in Form von Wärme im kinetischen Sinne erfolgen.
Über den dabei wirksamen Mechanismus machen wir uns folgende
Vorstellung, wobei wir uns wohl bewußt bleiben, daß ihr von Seiten
des Äpuivalentgesetzes, falls dieses in der bis jetzt diskutierten Form
strenge Gültigkeit haben sollte, gewisse Schwierigkeiten im Wege
stehen.
Wir nehmen an, daß für das Valenzelektron des Bromions mehrere
Bahnen von mehr oder weniger großer Stabilität entsprechend ver-
schiedenen Energieinhalten des Elektrons existieren, von denen
normalerweise die innerste, dem niedrigsten Energieinhalt ent-
sprechende, besetzt ist. Durch strahlende Energie kann das Valenz-
elektron aus dieser herausgehoben werden und zwar wird bei ge-
nügend großem Energiequantum völlige Dissoziation erfolgen. Das
entweichende Elektron findet ein Silberion als Akzeptor und damit
ist ein „Keim“ des latenten Bildes geschaffen. Ist nun aber das
zugeführte Energiequantum nicht groß genug, so findet nur eine
Hebung des Elektrons auf eine, vom Kern weiter entfernte, energie-
reichere Bahn statt.
Dieser Vorgang kann auch durch Wärme erfolgen, entweder
durch Zusammenstoß oder durch Nähewirkung. Der Reifungsvor-
gang würde dann in der Ausbildung einer Anzahl aktivierter Brom-
ionen bestehen, ohne daß bereits merkliche Mengen völlig oxydierter
Bromionen gebildet werden, was allerdings bei zu lange fortgesetztem
Reifen eintritt und in Schleierbildung beim Entwickeln auch ohne
Belichtung sich äußert.
Wie man sieht, haben diese Gedankengänge Ähnlichkeit mit
der Lenardschen Phosphortheorie.
Nun ist es klar, daß eine geringere Lichtmenge hinreichen
wird, um ein durch Reifen aktiviertes Elektron abzudissoziieren und
umgekehrt die Möglichkeit besteht, daß die Wärme ein durch die
Belichtung aktiviertes Bromion nachträglich dissoziiert. Damit wäre
der beobachtete Wärmeeffekt vor und nach der Belichtung erklärt.
Der Einfluß starker Erhitzung usw. 77
Die Zahl der aktivierten Bromionen braucht übrigens im Ein-
klang mit dem Maxwellschen Energieverteilungssatz nur äußerst
gering zu sein, entsprechend der geringen Substanz des latenten
Bildes. Zur sichtbaren, nicht entwickelten Schwärzung wäre dann
die dem oben definierten normalen Energieinhalt entsprechende viel
größere Lichtenergie notwendig. Die Art der Energieverteilung
findet ihren Ausdruck in der „Gradation“ der Platte.
Die eben gegebene Deutung des Reifungsprozesses findet eine
wichtige Stütze in der Besonderheit der Lichtaufnahme durch die
photographische Platte, die wir anläßlich der Aufstellung eines
photographischen Schwärzungsgesetzes dargetan haben (23).
Da durch unsere Hypothese ja nur die eigentliche Empfind-
lichkeitszunahme durch Steigerung der Zahl der primären Licht-
reaktionen in Betracht gezogen wird, so haben nach ihr auch die
oben angeführten Reifungsfaktoren, Korngröße und Konstruktur,
noch ihre volle Bedeutung. Denn diese sind ja dafür ausschlag-
gebend, zu welchem Grade der Schwärzung eine bestimmte Zahl
von Primärreaktionen durch die Entwicklung führt. So können wir
uns, um zwei extreme, in Wirklichkeit zwar kaum vorkommende
Fälle herauszugreifen, vorstellen, daß eine primäre Lichtreaktion an
einem, von Gelatine umgebenen, isolierten Molekül stattgefunden
habe. Infolge der ungeheueren Kleinheit des gebildeten Silberatoms
und der dadurch nach den Erkenntnissen der Kolloidchemie außer-
ordentlich großen Schutzwirkung der Gelatine wird nın an diesem
Silberatom bei der Entwicklung gar keine weitere Silberabscheidung
erfolgen, so daß die Primärreaktion in diesem Falle überhaupt nichts
zur Schwärzung beiträgt. Andererseits kann eine Primärreaktion
innerhalb eines großen, einheitlichen Korns die Entwickelbarkeit
dieses ganzen Komplexes zur Folge haben und so einen bedeuten-
den Beitrag zur Schwärzung liefern.
Der mögliche Einfluß, den die Gelatine schon bei den Elek-
tronenvorgängen haben kann, geht daraus hervor, daß z. B. fluores-
zerende Lösungen durch Gelatinezusatz zu sekundenlanger Phos-
phoreszenz gebracht werden können (24, Daß dabei auch die
Feuchtigkeit eine wichtige Rolle spielt, ist zu erwarten (25).
Identifiziertt man übrigens die in der Theorie von Eder und
Lüppo-Cramer angenommenen Reduktionskeime mit den von uns
wahrscheinlich gemachten, aktivierten Bromionen, die ja schließlich
ein Reduktionsstadium darstellen, so gehen beide Auffassungen in-
einander über.
78 Kellner. Der Einfluß starker Erhitzung usw.
Die in vorstehender Arbeit erwähnten Photometer, Spektro-
graphen, mikroskopischen und photographischen Einrichtungen ent-
stammten dem Laboratorium der Lifa in Augsburg. Bei dem
mikrophotographischen durfte ich mich der lebhaften Unterstützung
durch meinen Vater, Herrn Max Kellner, erfreuen, wofür ich ihm
auch an dieser Stelle bestens danke.
Literatur.
1) Osamu Masaki, Chem. Centralbl. 1924, II 1889; Japan. Journ. of Phy-
sics, Vol. II 163.
2) Abney, Brit. Journ. of Phot. 1884, S. 306.
3) Tóth, Phot. Korresp. 1884, S. 205.
4) Schumann, Photogr. Wochenblatt 1884, S. 205.
s) Henderson, Phot. News 1884, S. 447.
6) Acworth, Phot. Journal 1892, S. 20.
7) Eine dadurch hervorgerufene Förderung der Solarisation wurde von H,Schef-
fers (Ztschr. f. Physik 20. 116) beobachtet,
8) Eders Jahrbuch 1913, S. 175.
9) Lüppo-Cramer, Ztschr. f. Physik 29, 387. 1924.
10) Verwendet wurden die Vorschriften von Lüppo-Cramer, Photogr. In-
dustrie 1915 Nr. 44. 1921, Nr. 40. 1924, Nr. 37 und 1923 Nr. 39/40.
11) Bellach, Die Struktur d. phot. Negative (Knapp, Halle).
12) Lüppo-Cramer, Zeitschr. f. wiss. Phot. 23. 86. 1925.
13) Storr, Transact, Faraday Soc. Vol. XIX, Part 2, Nov. 1923.
14) Im Sinne von Frankenburger, Ztschr. f. phys. Chemie 105. S. 319 und
Weigert, Sitzgsber. d. preuß. Akad. d. Wiss. Berlin 641. 1921.
15) Schaum und Braun, Ztschr. f. wiss. Photogr. 1. 377. 1904.
16) Acworth, Phot. Journal 1892, S. zo,
17) Eder Handbuch III, 1. S. 85; Lüppo-Cramer, Photogr. Mitteilungen
1909. S. 328; Ztschr. f. wiss. Phot. 23. 86 und 184. 1925.
18) Zsigmondy, Zur Kenntnis der Kolloide, Jena 1905.
19) Mecklenburg, Ztschr. f. anorg. Chemie 74. 261.
20) Mees, Scient. Publ. Research Lab. Eastman Kodak Co. 1913/14. S. 75.
21) Diskutiert von Lüppo-Cramer, Ztschr. f. wiss. Photogr. 23. 141. 1925.
22) Quincke, Ann. d. Phys. (4) 2. 1000.
23) Kellner, Ztschr, f. wiss. Photogr. 24. 41. 1926.
24) Pringsheim, Fluoreszenz und Phosphoreszenz, Berlin (Springer) 1921.
25) Pospielow, Verh. d. d. phys. Ges. 16. 411. 1914.
Eingegangen am 28. Oktober 1925.
Kellner. Voraussetzungen einer einwandfreien, photograph. Spektralphotometrie. 79
Voraussetzungen einer einwandfreien, photographischen Spektral-
photometrie.
Von
Hugo Maria Kellner.
Das Prinzip der photographischen Spektralphotometrie besteht
darin, daß man von zwei identischen, gleichzeitig oder hintereinander
wirksamen Strahlenbündeln das eine durch ein zu messendes ab-
sorbierendes Medium auf unbekannte Weise, das andere durch
irgendwelche Veranstaltung auf bekannte Weise schwächt, so daß
dann, wenn auf der Aufnahme an korrespondierenden Stellen gleiche
Schwärzung im Absorptions- und Vergleichsspektrum vorhanden
ist, das Maß der Absorption für die betreffende Wellenlänge ge-
geben ist Wie daraus hervorgeht, sind die Haupterfordernisse
dieser Methode:
I. Die Herstellung zweier identischer Strahlenbündel für das
Absorptions- und Vergleichsspektrum,
2. die Messung derLichtschwächung im Vergleichsstrahlenbündel,
3. der Vergleich zweier Schwärzungen auf gleiche Dichtigkeit.
Der Grad der Genauigkeit und Einfachheit, mit der diese
Forderungen erfüllt werden können, sind bestimmend für die Brauch-
barkeit der verschiedenen in Frage kommenden speziellen Formen
der photographischen Methode.
Die unter ı. und 3. erwähnten Punkte finden in einfacher
Weise nur dann eine einwandfreie Lösung, wenn die beiden Strahlen-
bündel gleichzeitig wirken und von einer einzigen Lichtquelle ge-
speist werden und die beiden Spektren unmittelbar übereinander
u liegen kommen, weil nur so die Inkonstanz besonders der für
das Ultraviolett in Betracht kommenden Lichtquellen, Bogenlicht
und Funkenstrecken, gleichgültig und eine bequeme Feststellung
der Punkte gleicher Schwärzung mit dem Auge möglich ist.
Besondere Sorgfalt ist bei der Wahl der Lichtschwächungs-
verfahren zu üben, da diese Anlaß zu ganz erheblichen Fehlern
bieten können.
Die Schwächung einer Lichtmenge kann, da diese durch das
Produkt Intensität mal Zeit (#7) gegeben ist, durch Intensitäts- und
keitschwächung erfolgen.
80 Kellner.
Das absorbierende Medium bringt eine Intensitätsschwächung
hervor, so daß zunächst nur die Anwendung einer solchen im Ver-
gleichsstrahlengang in ihrer Wirkung auf die photographische Platte
mit der des Absorbens unmittelbar verglichen werden kann.
Die Verwendung der Zeitschwächung ist allerdings deswegen
bestechend, da diese, nur in einer entsprechenden Variation der
Belichtungszeit bestehend, keinerlei Apparatur bedarf. Doch stehen
ihr um so größere theoretische Schwierigkeiten im Wege, die ihren
Grund in der eigenartigen Abhängigkeit der erzielbaren photo-
graphischen Schwärzung S von der wirksamen Lichtintensität € und
der angewandten Belichtungszeit € haben und, wie ich wahrschein-
lich gemacht habe, ihren Ausdruck in folgender Beziehung finden:
g
EE
e ai Ae" AEN)
S= me Va i (1)
wo a, ë c, m, g Konstanten und e die Basis der natürlichen Log-
arithmen bedeuten.
Wie man hieraus ersieht, ist zur Erzielung gleicher Schwärzung
die Gleichheit der Produkte
- ei (lg (%2? - allg (1 GIE
r al + bie
u (hd `
= 1.1; a) + bze
wo sei i >i
notwendig. Die einer Intensitätsschwächung dl, entsprechende
Zeitschwächung ist daher gegeben durch die Gleichung
m r H
p atore” "` CEt
1
„are aliy e
Die einwandfreie Anwendung der Zeitschwächung setzt also
die genaue Kenntnis der.mit der Lichtmenge und der Wellenlänge
sich ändernden Exponenten der Zeit voraus, die etwa zwischen
0,75 und 1,25 liegen und von Plattensorte zu Plattensorte ver-
schieden sind.
Nimmt man für eine bestimmte Plattensorte unter Nicht-
beachtung dieses Umstandes die Zeitexponenten für alle Licht-
mengen und Wellenlängen als gleich an, wie dies in der meist üb-
lichen Bezeichnung dieses Exponenten als der sogenannten Schwarz-
schildschen „Konstanten“ zum Ausdruck kommt, so sind unter
Umständen ganz bedeutende Fehler nicht zu vermeiden. Um einen
Begriff zu geben, um welche Größenordnung es sich dabei handeln
kann, sei ein praktisch mögliches Beispiel angeführt:
Voraussetzungen einer einwandfreien, photographischen Spektralphotometrie. ȘI
An einer, einer bestimmten Wellenlänge entsprechenden Stelle
des Spektrums würde auf die Platte ohne Schwächung die Inten-
sität 4 = I Meterkerze wirken. Wir schalten nun eine Lösung in
den Strahlengang, die eine Intensitätsschwächung von 3 = 0,25
1
hervorruft, so daß dann die Intensität z, = 0,25 auf die Platte
wirkt Die Belichtungszeit betrage für das Absorptionsspektrum
f = 100,4 Sekunden. Verwendet wird eine Platte, die bezüglich
der Abhängigkeit des Zeitexponenten p für die betreffende Wellen-
länge dem Gesetz
pi = a, + bene!
= 0,86 + 0,3036 e - %2476 (Is di?
gehorchen soll [was unter gewissen Voraussetzungen der von
mir (l. c.) betrachteten Wratten ordinary Platte entspricht]. Es ist
dann
1, ës = 0,25 » 100,4":975 = 31,59,
was bei der betreffenden Platte unter bestimmten Entwicklungs-
bedingungen etwa einer Schwärzung von 1,1—1,2 entspricht.
Wollen wir nun die gleiche Schwärzung im Vergleichsstrahlen-
gang durch Zeitschwächung erzielen, also die einer Intensitäts-
schwächung von 2 = 0,25 entsprechende Belichtungszeit $, finden,
1
so haben wir zu setzen:
their
- VAA
p gatie ENT 0.25 . 100,4475
— 0,2476 (lg 4)?
f 0,86 + 0,3036 @ = 31,59;
daraus:
is A = 27,3;
3 27,3 1,0424
Kä = 0,25 = U Keen e
A 100,4 1:9473
Würden wir nun aber p konstant gleich z. B. 0,9 (2) wählen,
so würden wir bei der Belichtungszeit von 27,3 Sekunden nach der
Rechnung
m Va SC
100,4 i
fälschlicherweise ein Lichtschwächungsverhältnis von 0,3097 an dieser
Stelle des Spektrums annehmen, was dem beträchtlichen Fehler
von 23,8°/, entspricht.
82 Kellner.
m nn ae ae
Unter die Kategorie der Zeitschwächungen gehört auch die
Wirkung eines rotierenden Sektors. Unter der praktisch stets
erfüllten Voraussetzung, daß der Absorptions- und der Vergleichs-
strahlengang mit dem Sektor die gleich lange Zeit 2 tätig sind, be-
trägt die einer Intensitätsschwächung dl, gleichkommende Wirkung
des rotierenden Sektors nach Gl. (2):
$ a Vë
Zee ey sz
wo z die Tourenzahl des Sektors, œ seinen Öffnungswinkel in Graden be-
deutet und 9,,/, Exponenten der oben erwähnten Art sind, wobei 2,
der im Absorptionsstrahlengang auf die Platte wirkenden Licht-
menge df und J, der im Vergleichsstrahlengang wirkenden Je
entspricht. Diese Schwächungsart trägt also einen sehr kompli-
zierten Charakter.
In allen Fällen, in denen bisher’ der rotierende Sektor auf die
oben beschriebene Weise für die Ultraviolettphotometrie zur An-
wendung gelangte, wo es sich also um intermittente Belichtung
handelt, wurde jedoch die gänzlich unzulässige Annahme gemacht,
die Lichtschwächung gehorche dem physiologischen Talbot-
schen Satz
u o
KN
———
A 360 ’
d.h. die Lichtschwächung sei unmittelbar durch das Öffnungs-
verhältnis des Sektors gegeben. Dies ist indessen, wie aus der
obigen Formel hervorgeht, nur der Fall, wenn a ef, = I ist.
Um die Unrichtigkeit dieser Annahme darzutun und zu zeigen,
welch starke, die ganze Methode unbrauchbar machende Fehler
dabei auftreten können, wollen wir wieder ein praktisches Beispiel
durchrechnen, dessen Versuchsbedingungen sich in durchaus nor-
malen Grenzen halten:
An derselben Stelle im Spektrum, die wir schon bei dem
vorigen Beispiel herausgegriffen hatten, sei wiederum die Inten-
sität des ungeschwächten Strahlengangs z, = I Meterkerze, die Be-
lichtungszeit für beide Strahlengänge betrage 100,4 Sekunden.
Auch sei wiederum die gleiche Plattensorte verwendet. Die Touren-
zahl des Sektors betrage » = 1000/Min. Im Vergleichsstrahlengang
soll nun dann gleiche Schwärzung mit dem Absorptionsstrahlen-
gang eingetreten sein, wenn œ = 90°, also SE = 0,25 ist.
Voraussetzungen einer einwandfreien, pholographischen Spektralphotometrie. 83
Da
D = 0,86 + 0,3036 e — +76 US (100,4 . 0,25))*
= 1,0475
und Pd; = 0,86 + 0,3036 e - 0,2476 (1g (200,4 AIR
so erhalten wir aus unserer Formel
S 100,4 e 0,25 1,0475 m 1000! — 1,0475
E ee ae nn Eee Me
— 0,2476 (Ig 100,4 %4)"
Ki 100, 4588 + 0,3036 €
Hieraus berechnet sich
Dn = 1,0917,
Zo = 0,1105.
Die wirkliche Lichtschwächung beträgt also 0,1105. Würden
wir dagegen mit dem Talbotschen Satz arbeiten, so würden wir
erhalten:
J = 0,25
t
und dabei einen Fehler von 126°/, machen. Folgt nun aber die
Lichtschwächung nicht dieser einfachen Beziehung, so kann ein
rotierender Sektor, besonders, da er noch eine ziemlich kostspielige
und zu erschütterungsfreiem Arbeiten nicht gerade leicht auf-
zustellende Apparatur darstellt, als Lichtschwächungsmittel nicht
empfohlen werden.
Wie man sieht, setzen die Methoden der Zeitschwächung, sollen
sie zu einwandfreien Resultaten führen, eine genaue Kenntnis der
Eigenschaften der verwendeten Platte voraus, die in den wenigsten
Fällen vorliegt und erfordern, selbst wenn dies der Fall ist, nicht
unerhebliche Rechenarbeit. Alle diese Schwierigkeiten fallen hinweg
bei den Methoden der Intensitätsschwächung.
Von den hierfür in Frage kommenden Verfahren hat die häufig
in Anwendung gekommene Entfernungsänderung der Lichtquelle
die Nachteile, daß eine sehr lange optische Bank zur Verfügung
stehen muß, um eine hinreichend große Variation der Lichtintensität
zu erzielen, daß die Justierung sehr leicht verloren gehen kann und
bei räumlicher Ausdehnung der Lichtquelle das einfache quadratische
Entfernungsgesetz nicht ohne weiteres anwendbar ist.
Da ferner Nicolsche Prismen und trübe Medien im Ultraviolett
wegen zu geringer Lichtdurchlässigkeit versagen, so bleibt als ein-
wandfreieste und im Gebrauch bequemste Art der Lichtschwächung
die Benutzung ausphotometrierter Blenden und von Drahtnetzen
verschiedener Maschenweite.
84 Kellner. Voraussetzungen einer einwandfreien, photograph. Spektralphotometrie.
Von den bisher in Übung gekommenen, hauptsächlich von
Houstoun(3), T. R. Merton(4), Victor Henri(5), Eckert und
Pummerer(6), Fabry und Buisson(8), Chr. Winther(38), G. M.
Pool(g), H. Th. Simon (10), H. E. Howe(11), K. Schaefer (12),
G. Scheibe(13) und F. R. Lankshear (14) ausgebildeten Verfahren
erfüllt eigentlich nur die Methode von Lankshear alle oben er-
hobenen Forderungen. Doch verursacht diese wegen des umfang-
reichen optischen und mechanischen Apparates ganz erhebliche
Kosten und eine sehr umständliche Justierung.
Zur Beseitigung auch dieser letzten Mängel schien die Aus-
arbeitung einer Methode für das Ultraviolett geeignet, die von
Schaum und Hen8ß (15) bereits im sichtbaren Spektrum verwendet
worden war.
Literatur.
1) H. M. Kellner, Zeitschr. f. wiss. Phot, 24. 41. 1926.
2) Eine sehr „beliebte“ Zahl. Vgl. V. Henri, Phys. Zeitschr. 14. 515;
A. Castille, Journal de Pharm. de Belgique, Nos, 34—38 (1924); F. R. Lank-
shear, Manchester Memoirs 60. No. 10. 1916.
3) Houstoun, Proc. Roy. Soc. Edinb. 31. 521. 1911.
4) T. R. Merton, Journ. Chem. Soc. 103. 124.
5) V. Henri, Phys. Ztschr. 14. 515. 1913; nach der gleichen Methode arbeitet
Castille, Le
6) Eckert und Pummerer, Zeitschr. f. phys. Chem. 87. 599. 1914.
7) Fabry und Buisson, Journ. de Phys. 3. 196; C. R. 156. 1913; ebenso
arbeitet M. Ferrières, CR 178. No. 2. 202. 1924.
8) Chr. Winther, Zeitschr. f. wiss. Phot. 22. 33. 1922.
9) G. M. Pool, Zeitschr. f. Physik 29. 311. 1924.
10) H. Th. Simon, Wiedem. Ann. 1896 und Eders Jahrb. 1897. Er be-
schreibt die erste quantitative Methode.
11) H. E. Howe, Phys. Rev. Ser. II, 8. 674. 1916.
12) K., Schaefer, Zeitschr. f. angew. Chem. 1920 (I) 25.
13) G. Scheibe, Zeitschr. f. angew. Chem. 1923. S. 450.
14) F. R. Lankshear (2).
15) K. Schaum und W. Heng, Zeitschr. f. wiss. Phot. 23. 7; Henß, Diss.
Gießen 1924.
Schaum und Kellner. Ein Röhrenphotometer für die Spektralphotometrie usw. 85
Photometrische und spektralphotometrische Studien. V.
Ein Röhrenphotometer für die Spektralphotometrie im Ultraviolett.
Von
Karl Schaum und Hugo Maria Kellner.
Mit 7 Figuren im Text.
In dem Bestreben, eine möglichst billige und in der Hand-
habung einfache Vorrichtung zur Spektralphotometrie im Ultra-
violett zu konstruieren, haben wir das von K. Schaum und
W. Henß (1) ausprobierte Röhrenphotometer mit Quarzoptik her-
F |
mm
Wl
gestell. Die Vorrichtung wurde auf einer optischen Bank direkt
vor dem Spalt eines großen Quarzspektrographen von Steinheil
angebracht; die Versuchsanordnung ist im Aufriß durch Fig. ı
dargestellt.
Die Röhren I und I sind auf beiden Seiten durch Matt-
scheibcchen aus Quarz verschlossen. Eine Lichtquelle beleuchtet
gleichmäßig die ihr zugekehrten Mattscheibchen, die dann ihrerseits
eine gleichmäßige Beleuchtung der dem Spalt zugekehrten Matt-
scheibchen bewirken. Ein Paar an diese sich anreihende Fresnel-
sche Parallelepipede aus Quarz bewirkt eine derartige Beleuchtung
der beiden Spalthälften, daß auf der Platte zwei, ohne störende
Trennungslinie unmittelbar übereinanderliegende Spektren entstehen.
86 Schaum und Kellner.
In den einen Strahlengang wird die Lösung geschaltet, in den an-
dern das Lösungsmittel. Das dem letztgenannten Strahlengang ent-
sprechende Lichtbündel wird durch ausphotometrierte Blenden ge-
schwächt. Die konstruktiven Einzelheiten sind aus den Figg. 1—3
ersichtlich. |
Die Justierung auf gleiche Helligkeit der beiden Strahlengänge
erfolgte in der Weise, daß an Stelle des Spaltrohrs des Spektro-
graphen der Kopf des Martensschen Photometers in Einstellung
für gleiche Helligkeit beider Vergleichsfelder gesetzt wurde, so daß
dessen eines Feld vom oberen, das andere vom unteren Strahlen-
bündel Licht empfing. Durch entsprechendes Heben und Senken
Fig. 2.
der Lichtquelle wurden dann beide Strahlenbündel gleich hell ge-
macht.
Mit der gleichen Versuchsanordnung wurden auch die Blenden
ausphotometriert.
Als Lichtquelle wurde ein Aluminiumfunke unter Wasser
verwendet (2—10)., Die konstruktiven Einzelheiten des Funken-
gehäuses sind aus Fig. 4 ersichtlich und lehnen sich an die Angaben
von F. Schmidt(6) an. Auf der dem Spektrographen zugewendeten
Seite des Gehäuses befindet sich ein Quarzfenster, auf der gegen-
überliegenden ein Beobachtungsfenster aus gewöhnlichem Glas. Die
Schaltung ist in Fig. 5 angegeben und scheint nach der Beschreibung
von Chr. Strasser (4) der Henrischen ähnlich zu sein:
Durch einen kleinen Umformer der A.E.G. (Unterseebootstyp),
der primär 15 Ampere Gleichstrom von 220 Volt aufnahm, wurde
- Wechselstrom von 50 Perioden erzeugt, der über einen Widerstand
Ein Röhrenphotometer für die Spektralpholometrie im Ultraviolett. 87
in den Primärkreis eines von den Veifa-Werken stammenden
Röntgenöltransformators Type „Heliodor“ gesandt (Klemmen-
spannung 75 Volt) und dort auf etwa 60000 Volt transformiert
wurde. Die Hauptmenge der Elektrizität gleicht sich zwischen
den Elektroden einer Luftfunkenstrecke L aus. Es wird dadurch
ein aus der Kapazität C und der Selbstinduktion S bestehender
Schwingungskreis erregt. Die so erzeugten Hochfrequenzschwin-
gungen entladen sich in der Aluminiumfunkenstrecke unter Wasser.
Die Kapazität bestand aus 10 Kondensatorplatten mit Belegungen
von 40/40 cm und 0,6 cm Glasdicke, die parallel geschaltet waren,
so daß sie wie eine große Platte wirkten. Die Selbstinduktion war
regulierbar und hatte 38 Windungen von 5 cm Durchmesser aus
U
Fig. 4. Fig. 5.
3mm dickem Kupferdraht. Sie war ganz eingeschaltet. Die Luft-
funkenstrecke hatte Kupferelektroden mit einem Abstand von
10—15 mm.
Messungen.
Die Arbeitsweise bestand darin, daß zunächst mit der zu unter-
suchenden Lösung bei annähernd bekannter Konzentration und be-
stimmter Schichtdicke durch Einschalten in den einen Strahlengang
Vorversuche angestellt wurden, die zeigten, in welchen Spektral-
gebieten überhaupt Absorption stattfindet und die auch das un-
gefihre Maß der Absorption abzuschätzen gestatteten. Je nach
dem Befunde wurden nun die Konzentrationen festgesetzt, in denen
die Lösung endgültig untersucht werden sollte, diese nach vorher-
gegangener möglichster Reinigung der Substanz genau hergestellt
88 Schaum und Kellner.
und nun unter systematischer Änderung der Schichtdicken und
Blenden so oft photographiert, daß auf der fertigen Platte genügend
viele, über das ganze Absorptionsgebiet verteilte Stellen gleicher
Schwärzung im Absorptions- und Vergleichsspektrum vorhanden
waren, um mit ihrer Hilfe die Absorptionskurve mit den molekularen
Extinktionskoeffizienten und Wellenlängen als Ordinaten zeichnen
zu können.
Die Feststellung der Schwärzungsgleichheit erfolgte meist mit
freiem Auge oder mit Hilfe einer Binokularlupe, was namentlich
bei steilen Absorptionsbanden mit großer Genauigkeit gelingt. Bei
sehr flach verlaufenden Absorptionsbanden, bei denen die Fest-
stellung des Punktes gleicher Schwärzung für das bloße Auge un-
sicher wird, wurde ein mit einer Spezialeinrichtung für kleine Meß-
bereiche versehener Martensscher Dichtenmesser zu Hilfe genommen.
Die Messungen wurden natürlich nur in der Umgebung des schon
ungefähr mit dem Auge festgestellten Gleichheitspunktes ausgeführt.
Um einen Vergleich der Genauigkeit unserer Methode mit fremden
Messungen zu ermöglichen, wurde die Absorption ven KNO, unter-
sucht, und unsere Befunde mit denen von B. Glatzel(11) verglichen.
Unsere Versuchsbedingungen und Ergebnisse sind in folgender
Tabelle zusammengestellt:
Transparenz (°/,)
Nr. Molarität | Schicht- | je en Wellenlänge
d. Aufn. | d. verw. Blende |d. Lösung | dicke d. a Gleichh.
I | 53,55 | 1/100 | 0,15 cm | 2,257 237,7 Mu
2 53,55 dE | 0,9 0,479 275,0 u. 255,4
3 53,55 1/10 | 0,75 0,558 281,6 u. 253,9
4 38,04 1/10 0,9 0,669 286,8
5 53,55 1/10 0,5 | 0,734 291,0
6 25,73 1/10 1,0 | 0,760 295,3
*) a = molekularer Extinktionskoeffizient,
Zum bequemen Vergleich haben wir in und neben die aus
den Zahlen von Glatzel gewonnene Absorptionskurve (Fig. 6) un-
sere eigenen Punkte eingetragen. Wie man ersieht, besteht nur
bei à = 255 mu eine erheblichere Differenz.
Mit Hilfe der angegebenen Methode soll in unserem Institut
die besonderes Interesse beanspruchende Ultraviolettabsorption einer
Reihe physiologisch wichtiger Substanzen, z. B. der Kohlehydrate,
untersucht werden.
Bereits gemessen wurde die Absorption des Rohrzuckers. Als
Präparat diente von mechanischen Verunreinigungen befreiter
Ein Röhrenphotometer für die Spektralphotometrie im Ultraviolett. 89
Handelsrohrzucker. Zur Prüfung auf eventuelle Verunreinigung
durch Ultramarin wurde eine kleine Probe auf einem Piatinblech
verbrannt, was ohne Rückstand geschah. Zur Messung wurde eine
ı/ı molare, mit Leitfähigkeitswasser hergestellte Lösung verwendet.
Die Versuchsbedingungen und Ergebnisse sind in folgender Tabelle
angegeben: |
2» Är
300 280 280 270 260 250 240 230 mu
Fig. 6.
A
340 360 30 220 300 230 260° 240 mu
Fig. 7.
EE
Nr. Transparenz DAN Schichtdicke ec Wellenlänge
d Aufn. |d. verw. Blende der Schwärzg. Gleichh.
1 53,55 1,9 — 0,8453 383,0 m H
2 38,04 1,9 — 0,6558 356,2
3 38,04 1,5 — 0,5531 321,9
4 53,55 1,5 — 0,7427 367,0
5 38,04 1,0 — 0,3770 298,5
i 53,55 0,75 — 0,4417 306,5
7 53,55 0,4 — 0,1687 242,5
Zeitschr. f. wiss, Phot. 24. 7
90 Winther und Mynster.
Fig. 7 stellt die aus diesen Zahlen gewonnene Absorptions-
kurve dar.
Über weitere Messungen, die im Gange sind, hoffen wir
nächstens berichten zu können.
Anmerkungen.
1) K. Schaum und W.Henß, Zeitschr. f. wiss. Phot. 23. 7. 1925.
2) H. Konen, Ann. d. Phys. 9. 766. 1902; Phys. Zeitschr. $. 537. 1902;
s. terner L. Ciechomski, Diss. Freiburg (Schweiz) 1910.
3) V. Henri, Phys. Ztschr. 14. 516. 1913.
4) Christine Strasser, Zeitschr. f. wiss. Phot. 14. 281. 1915.
5) H. E. Howe, Phys. Rev. Ser. II, 8. 674. 1916.
6) F.Schmidt, Ann. der Phys. 63. 271. 1920.
7) Léon und Eugène Bloch, C. R. 174. 1456. Nr. 23.
8) Witold Kasperowicz, Elektrochem. Zeitschr. 27. 24. 1920.
9) W. H. Fulweiler und James Barnes, Journ. Franklin Inst. 194. 83.
10) A. Castille, J. de Pharm. de Belgique, 1924, Nr. 34—38.
11) B. Glatzel, Phys. Zeitschr. 1. 173. 1899; Landolt-Börnstein, 5. Aufl.,
1923, S. 897.
Gießen, Physikalisch-chemisches Institut, Dezember 1925.
Ein neues Ultravioiettfliter.
Von
Chr. Winther und E.H. Mynster.
(Aus dem photochemisch-photographischen Laboratorium der technischen Hochschule
zu Kopenhagen.)
Mit 3 Figuren im Text.
Für die Lumineszenzanalyse wird wohl stets entweder ein
Monochromator oder das Filter aus Kupfersulfat, Nitrosodimethyl-
anilin und Blau-Uviolglas benutzt, wie es z. B. von H. Lehmann (1)
angegeben worden ist. Dieses Filter ist ohne jeden Zweifel für
diesen Zweck sehr brauchbar, hat aber den Nachteil, daß das Blau-
Uviolglas nicht sehr widerstandsfähig ist, so daß die Küvette, aller
Sorgfalt zum Trotz, nach und nach angegriffen wird, Außerdem
ist es ziemlich teuer.
Im hiesigen Laboratorium haben wir seit Jahren (2) ein Ultra-
violettfilter benutzt, das sowohl für Demonstrationszwecke, als auch
für die eigentliche Lumineszenzanalyse sehr geeignet erscheint und
dazu sehr leicht und billig herstellbar ist. Neuerdings haben wir
die Extinktionskoeffizienten für die einzelnen Filterlösungen nach
Ein neues Ultraviolettfilter. QI
der von dem einen von uns angegebenen, quantitativen photo-
graphischen Methode (3) wieder gemessen und bringen im folgenden
die betreffenden Daten.
Die Tabellen 1—4 und die Figur ı enthalten die Größen ec,
wo & den dekadischen Extinktionskoefhizienten bedeutet, c die Kon-
zentration (Mol/Liter) für eine 2,6-proz. Lösung von CuSO,, 5H,O
(c = 0,104), die zugleich enthält:
Tabelle 1—4.
TEE:
1 ı | x | m | w
260 29,6 21,4 21,4 | 17,6
265 17,3 12,0 12,0 9,0
270 11,3 7,8 63 | 53
275 8,25 5,2 3,9 3,0
280 | 7,2 3,6 2,55 1,85
285 | 6,7 2,8 1,8 | 1,2
290 6.4 2,45 1,3 | 0,85
295 — 2,3 0,95 | 0,6
300 sr 2,25 0, i 0,5
310 er Fr een | 0,35
320 = 2,25 — | 0,3
325 — 2,15 — Ä 0,25
330 _ 2,05 — l 0,2
335 — 1,9 _ | 0,2
340 6,0 1,7 — —
345 4,7 1,5 Re | Sa
350 3:9 1,25 zu A
355 3:3 0,9 sias =
360 2,7 0,7 = | =
365 2,2 u RE | =
370 1,8 = i 0,17
375 1,4 — — —
380 1,1 = = Së
385 0,85 SC E m
390 0,7 — — 0,13
395 0,55 — = Sa
400 0,45 == -= =>
430 = — > 0,13
440 SE Kam Se 0,1 7
450 E — — 0,22
460 E E - 0,3
470 — == = 0,37
475 SES -= = 0,49
480 0,6 0,6 0,6 | 0,6
500 0,95 1,05 1,05 1,05
520 1,6 1,8 1,8
540 2,4 2,6 2,6 2,6
560 3,2 3,4 3,4 3,4
580 3,8 4,0 4,0 4,0
in Tabelle ı und Fig. ı, Kurve I: die eben notwendige Menge
NH, um das Cu (OH), wieder aufzulösen,
ën
92 Winther und Mynster.
in Tabelle 2 und Fig. 1, Kurve II: das Zweifache dieser Menge NH,,
in Tabelle 3 und Fig. 1, Kurve III: das Vierfache dieser Menge NH,,
in Tabelle 4 und Fig. 1, Kurve IV: das Sechsfache dieser Menge NH.
Man sieht, daß die Lösung bei steigendem Überschuß an
Ammoniak immer transparenter wird, und zwar ganz besonders im
Ultraviolett. Die maximale Transparenz wird schon bei der vier-
LOsN.
ee aa
Zu Stv Ha LI
Fig. 1.
fachen Menge Ammoniak erreicht und erstreckt sich dann von un-
gefähr 450 bis ungefähr 300 uu. Diese stark ammoniakalische
Lösung scheint uns deshalb sehr geeignet zu sein für die Darstellung
einer Normallichtquelle für die photographische Sensitometrie, wie
sie neulich von verschiedenen Seiten vorgeschlagen worden ist (4).
Es folgt von selbst, daß diese Lösungen in sehr gut verkorkten
Flaschen aufbewahrt werden müssen.
Die Tabelle 5 und Fig. 2 (ausgezogene Kurve) enthält die
Größe ec für eine 0,045-proz. Lösung von Diamantfuchsin in Wasser.
Ein neues Ultraviolettflier. 93
ES E E A ee E
= Diese Lösung ist etwas instabil. In einzelnen Fällen ist sie
jahrelang unverändert geblieben, während sie in anderen Fällen
schon nach wenigen Tagen ausgeflockt ist, und diese Ausflockung
kann bisweilen ganz plötzlich eintreten, was vermutlich durch be-
ur 7777
Fig. 2.
Tabelle 5.
94 Winther und Mynster.
stimmte Verunreinigungen verursacht wird. Wenn das Filter für
Demonstrationszwecke benutzt werden soll, tut man aber gut, mit
dieser Unbeständigkeit zu rechnen.
Tabelle 6.
H Durchlässigkeit in Proz.
in Quarz | in Glas
310 0,01 —
315 0,02 -—
320 0,08 —
325 0,2 0,01
330 0,45 0,04
335 0,75 0,15
340 1,2 0,4
345 1,8 0,8
350 2,85 1,35
355 4,65 2,45
360 6,5 3,75
365 7,85 4,85
%
10
9
8
7
6
5
4
3
Z
1
300 350 ap
Fig. 3.
Das Ultraviolettfilter wird aus diesen beiden Lösungen (die Kupfer-
lösung mit der sechsfachen Menge von NH,), beide in ı cm Schichtdicke,
kombiniert. Werden dafür Küvetten mitQuarzwänden benutzt, so lassen
sich die Extinktionskoeffizienten für das Filter natürlich direkt aus den-
jenigen für die beiden Lösungen und aus der Reflexion der vier Wände
berechnen. Die entsprechenden Transparenzen, in Prozenten aus-
gedrückt, sind in Tabelle 6 und Fig. 3 (obere Kurve) aufgeführt.
Ein neues Ultraviolettplter. 95
Die maximale Transparenz liegt hiernach bei 375 uu, und die
Durchlässigkeit streckt sich von ungefähr 405 bis ungefähr 320 up,
also im oberen Ultraviolett. Infolgedessen ist es möglich, auch
gtwöhnliches Glas für die Küvetten zu benutzen, wobei das Filter
schr billig in der Herstellung wird.
Für unsere Versuche dienten gewöhnliche Leyboldsche Tröge.
Die gesamte Dicke der vier Glaswände war in unserem Fall I,4 cm.
Die Extinktion des Glases wurde in folgender Weise gemessen.
Auf die Platte wurde aufgenommen:
1. Netz (3) und Lösung, Schichtdicke O.
2. Fuchsinlösung, bekannte Schichtdicke.
3. Zwei Glasküvetten mit Wasser; Lösung, Schichtdicke O.
4. Fuchsinlösung, andere bekannte Schichtdicke.
5. Netz, Lösung, Schichtdicke O usw.,
so daß jede „Schichtdicke der Lösung“ sowohl an die Aufnahmen
hinter dem Netze als hinter den Küvetten grenzt. Der Extinktions-
Tabelle 7. Tabelle 8.
630 | 0,23
bt 0,23
599 | 0,34
589 Toi
564 | 0,26
497:5 | 0,39
Ah | 0,42
4o | 0,38
430 | 034
420 0,28
410 0,25
400 0,23
390 0,24
380 0,25
e 0,28
o
SC
35 | 0,6
322 2,0
315 A
a TI
koeffizient des Glases für eine gegebene Wellenlänge wird dann
gefunden als Produkt der bekannten Extinktion der Fuchsinlösung
für diese Wellenlänge und der Schichtdicke, die bei dieser Wellen-
länge eben die gleiche Schwärzung ergibt, wie der Streifen hinter
dem Glase. In einer zweiten Reihe von Aufnahmen benutzten wir
anstatt der Fuchsinlösung eine 0,1215-proz. Lösung von Kalium-
096 Winther und Mynster. Ein neues Ultravioletthlter.
chromat als Vergleichsflüssigkeit. Die Tabelle 7 enthält die Mittel-
werte aus beiden Reihen für die Extinktion + Reflexion des Glases
(Schichtdicke 1,4 cm, vier Grenzflälchen an der Luft) und die
gleichen Werte sind in Fig. 2 punktiert eingezeichnet. Tabelle 8
enthält die Extinktionen der verwendeten Lösung von Kalium-
chromat. Endlich sind die aus der Extinktion des Glases berech-
neten Durchlässigkeiten des gesamten Filters in Glasküvetten in
Tabelle 6 und Fig. 3 (untere Kurve) aufgeführt.
Obwohl die maximale Durchlässigkeit des Filters in dieser
Form nicht sehr groß ist (6,15 °/,), lassen sich doch mit seiner Hilfe
sehr schöne Lumineszenzerscheinungen hervorrufen. Da die Durch-
lässigkeit bei so hohen Wellenlängen liegt, kommt man mit einer
gewöhnlichen Kohlenbogenlampe aus, was viel einfacher und an-
genehmer ist als die Verwendung von „Kohlenstäbe für Eisenlicht“,
wie sie für das Filter von Zeiss empfohlen werden. Die Durch-
lässigkeit des letztgenannten Filters liegt bekanntlich bei ungefähr
313 pu. Der Unterschied in den Durchlässigkeitsgebieten der beiden
Filter läßt sich für einige sehr hübsche Demonstrationsversuche
ausnutzen. So leuchtet z.B. eine Mischung von Zinkoxyd und
Glyzerin hinter beiden Filtern grün, eine Mischung von Kalomel
und Glyzerin dagegen rot. Wegen der verschiedenen Lage der
Absorptionskurven (5) leuchtet aber eine Mischung von Zinkoxyd,
Kalomel und Glyzerin rot bei 313 un, dagegen grün bei 375 um.
Porzellan sieht auch hinter unserem Filter ebenso schwarz aus wie
hinter dem anderen. Außer Porzellan finden sich übrigens eine
Anzahl von Blei-, Wismut- und Quecksilberverbindungen, sowie
einzelne andere (6), welche gar keine Lumineszenz aufzeigen, und
folglich hinter diesen Ultraviolettfiltern schwarz aussehen.
Literatur.
1) Verh. d. Deutsch. Physik. Ges. XII, Nr. 21. 1910,
2) Das hier beschriebene Filter wurde schon 1918 von dem einen von uns
(C. W.) in einer dänischen Zeitschrift beschrieben.
3) Chr. Winther, Zeitschr. f. wiss. Phot. 22. 125. 1923.
4) The Photographic Journ. 65. 52. 1925; Brit. Journ. of Phot. 72. 518. 1925.
5) Chr. Winther, Zeitschr. f. wiss. Phot. 21. 151. 1922.
6) Chr. Winther, Zeitschr. fe wiss. Phot. 21. co 1921.
Kopenhagen, Dezember 1925.
Eingegangen am 10. Dezember 1925.
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen.
Ba. XXIV.
Zeitschr. f. wiss. Phot.
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H. Kellner.
Verlag von Johann Ambrosius Barti
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H. Kayser
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herausgegeben von
Ben K. Schaum
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Salomonstraße 18b
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Ziel Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen
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Mai 1926 Bigitized by N
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Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr, 14.
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie Ka
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige
Berichterstattung möglich ist. d
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Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden,
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Zeitidrift für willenichaftlidie Photographie,
Photophylik und Photodiemie
XXIV. Band. 1926. Heft 4.
Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstoffe.
Von ~
Josef Strub, Emmendingen.
Mit 7 Figuren im Text.
In der folgenden Arbeit wird die spektrophotometrische Untersuchung von Oxy-
hämoglobin, Kohlenoxyhämoglobin und saurem Hämatoporphyrin gegeben; ferner
wird eine Methode angedeutet zur Bestimmung des Alters von Blutflecken.
I. Einleitung.
Der Farbstoff des Blutes ist das Hämoglobin, früher Häma-
globin, Hämaglobulin, Hämatoglobulin, Hämokristallin, Hämato-
kristallin, Chromatin, Cruorin genannt Nach der heutigen Ansicht
der Blutforscher?) hat man im Blut nur ein Hämoglobin [symbo-
lisch geschrieben = Hb?) anzunehmen, welches mit Tierspezies und
Individuum nicht wechselt, eine konstante Lichtextinktion hat,
dessen übrige Eigenschaften aber mit dem Milieu schwanken.
Die kleinste (weil Anzahl der Fe-Molekeln = ı genommen)
Summenformel‘) für das Hämoglobin nach Hüfners besten Ana-
lysen ist:
Criss Hr3080218N19595F€ .
„seiner chemischen Natur nach ist das Hämoglobin ein Proteid.
Es kommt normalerweise in Verbindung mit O, als O,-Hb (= Oxy-
hiämoglobin}, ohne O, als Hb (auch reduziertes Hb genannt) vor
und besteht aus zwei Komponenten: einem Protein, dem Globin,
das 95°/, der Verbindung ausmacht, und einem farbigen, Fe-haltigen
Baustein, der sauerstofffrei ‚Hämachromogen‘, sauerstoffhaltig ‚Hä-
matin‘ genannt wird. Über die Natur der Bindung beider Bestand-
teile herrscht noch keine völlige Übereinstimmung.“ 5)
=) Tiegerstedt, Handb, d. physiol. Meth. Zu. 68 (1911).
2) Fr. Müller in Oppenheimers Handb. d. Biochem. Erg.-Bd. 131. Jena (1912).
*) Oppenheimers Handb. d. Bioch, 1. 405. Anmerkung (1924). (Aus dieser
Abhandlung sind sämtliche symbolischen Bezeichnungen vorliegender Arbeit ent-
nommen.)
4) Handwörterb. d. Naturwiss. 2. 55.
+ F. Müller u. W. Biehler in Oppeneimers Handb. d. Bioch. 1. 423 (1924).
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 8
98 Strub.
Die neuere Forschung!) hat einen Zusammenhang zwischen
Chlorophyll, Blut- und Gallenfarbstoff und Urobilin festgestellt.
Die Wichtigkeit des Blutes für das Leben der Menschen und
der Tiere erklärt die ins Riesenhafte gewachsene wissenschaftliche
Literatur über diesen Körper. In den letzten Jahren entstand selbst
eine Zeitschrift über die Blutforschung: Folia Haematologia.?)
Spektroskopisch wurde der Blutfarbstoff zuerst von Hoppe-
Seyler 1861°), von Vierordt und dann von Hüfner und seinen
Mitarbeitern genauer untersucht. Von späteren Forschern seien aus
der großen Anzahl nur die folgenden genannt: Vogel*, L. Lewin®
und besonders Formänek.®) Rost, Franz und Heise?) führten
eine systematische Photographie der Blutspektra durch, indem sie
zur Orientierung das darüber photographierte Spektrum des Heliums
benutzten. Aus der Arbeit von F. L. Naumann?) wurden manche
Methoden zur Herstellung der Farbstofflösungen entnommen. Weiteres
spektroskopisches Material lieferte das chronologisch geordnete Lite-
raturverzeichnis 1829—1909 in Tiegerstedts Handb. d. physiol.
Meth. Bd. 21. 313—446.
In der Literatur, die sich mit der spektralen Seite der Blut-
untersuchung befaßt, findet man oft halbquantitative Zeichnungen
von Absorptionskurven, welche das Verhältnis der absorbierten Licht-
menge zur durchgelassenen als Funktion der Wellenlänge geben
sollen. Diese zumeist im Vergleichsspektroskop aus bloßem Schätzen
durch das Auge erhaltenen Kurven geben aber ein falsches Bild
der tatsächlichen Absorption. Die vorliegende Arbeit hatte den
Zweck, Kurven und Zahlen, die den wirklichen Verhältnissen besser
entsprechen, mit Hilfe eines Spektralphotometers zu liefern und an
den Ergebnissen das Beersche Gesetz zu prüfen.
II. Versuchsanordnung.
Der benutzte Apparat war das Spektralphotometer nach König-
Martens der Firma Schmidt u. Hänsch mit kleiner Beleuchtungs-
1) Bes. Willstätter, Ztschr. phys. Chem. 87. 430. 1912; ebenda: H. Fischer
u. Reindel 127. 300. 1923.
2) Leipzig, Verlag Dr. Werner Klinkhardt.
5) Virchow, Arch. f. pathol. Anat. 23. 446ff. 1862.
4) Praktische Spektralanalyse irdischer Stoffe 2. Aufl. I. Teil. 467 ff. 1889.
8) Arch. d. Pharm. 235. 1897.
ê) Ztschr. f. anal. Chem. 40. sogff. 1901.
1) Beitr. z. Photogr. d. Blutspektra. Arb. d. Kaiserl. Ges. Amts 30. 1909.
8) Über d. spektrosk. Verhalt, d. Blutfarbstoffe. Diss. Leipzig bei Georgi.
Spektrophotomelrische Untersuchung einiger Blutfarbstofe. 99
einrichtung. Bei diesem Apparat werden im Prinzip von zwei in
einer Wagrechten liegenden Spalte, die durch dieselbe Mikrometer-
schraube meßbar verstellt werden können, durch ein Kalkspat- und
ein Zwillingsprisma je vier Lichtbündel entworfen. Alle, bis auf
zwei zueinander senkrecht polarisierte, werden durch Blenden ver-
nichtet. Die zwei übrigbleibenden treten durch einen Nicol mit
Gradteilkreis. Durch Drehen dieses Analysators können sie auf
gleiche Helligkeit gebracht werden. Bezüglich genauerer Kon-
struktionsdetails und Handhabung des Photometers sei auf die Lite-
ratur verwiesen. ?)
Weil die beiden Spalte kleine Distanz haben, wurden aus Glas
von alten, gesäuberten photographischen Platten, welche gut plan-
parallel sind, mit weißem Siegellack Tröge zusammengekittet, deren
cine Seitenwand aber aus Deckglas bestand, so daß der Lichtstrahl
mindestens ı mm weit von der Wandung die Lösung durchlief.
Der Durchmesser („Licht“) des Absorptionstroges war 0,983 cm.
Um Reflexions- und Absorptionsverluste durch die Glaswände und
das Lösungsmittel auszugleichen, wurden während der Messung vor
beide Spalte gleichgebaute Tröge aufgestellt, von welchen der eine
mit dem Lösungsmittel, der andere mit der Farblösung gefüllt war.
Die Anwendung solcher Tröge, deren Weite mit dem Mikroskop
oder einer feinen Mikrometerschraube gemessen werden kann, ist
bequemer als ein Trog mit dem Schulzschen Glaswürfel, weil zur
Eliminierung von Reflexions- und Absorptionsverlusten keine Doppel-
messungen ausgeführt werden müssen. Als Lichtquelle diente eine
Nitra-Halbwattlampe aus Milchglas (150 Watt), die mit 220 Volt be-
trieben wurde. Die Lampe, „Gazota“ (Fabrik inzwischen eingegangen),
war im Verhältnis zur Kerzenstärke kleiner als die sonst gebräuch-
lichen, also spezifisch heller. Über die Birne wurde eine kreisrunde
Blechbüchse von 9,5 cm Durchmesser geschoben, aus der eine
quadratische Blende von 2,5 cm Seitenlänge geschnitten war. Lampe
und Blechbüchse wurden auf dem Tisch unveränderlich befestigt.
Über das Ganze wurde ein großer Pappkasten mit Ventilation ge-
stülpt, welcher an der dem Apparat zugekehrten Seite mit einer
Asbestplatte ausgekleidet war und ein kreisrundes Loch hatte, das
gerade über das Beleuchtungsrohr des Photometers paßte. So war
1) Katalog der Firma Schmidt u. Hänsch: F. F. Martens, Verh. phys. Ges. 1.
280 (1899); F. F. Martens u. Grünbaum, W. 12. 984. 1903; F. Grünbaum
W. 12. 1004. 1903.
Ch
100 Strub.
der Apparat möglichst gegen Erwärmung und die Umgebung
gegen Licht geschützt. Der Arbeitsraum wurde vollständig ver-
dunkelt.
Am Okularende des Photometers war ein viereckiger, mit vier-
fachem schwarzen Tuch lose bespannter Holzrahmen (45/30 cm)
auf dem Tisch befestigt. In das Tuch waren zwei genau über den
Okulartubus und die Fassung der Ableselupe des Teilkreises pas-
sende Löcher geschnitten, so daB das Auge vollständig gegen jedes
seitliche Licht geschützt war. Dies ist wichtig, da die Genauigkeit
der Ablesung durch seitliches Licht stark herabgesetzt wird. Der
Teilkreis des Nicols und das Schreibheft war durch eine 6 Volt-
lampe mit Akkumulatoren schwach, aber genügend beleuchtet.
Die Messung geschieht, wie schon bemerkt, dadurch, daß zwei
zueinander senkrecht polarisierte Lichtbündel, von denen das eine
durch die Farbstofflösung, das andere durch das Lösungsmittel ge-
gangen ist, durch Drehung des Nicols auf gleiche Helligkeit gebracht
werden. Die optische Achse des Nicols liegt bei den Apparaten
nicht immer genau in der 0°—ı80°-Richtung. Die genaue Lage
muß durch sorgfältige Beobachtung im I. und IV. Quadranten fest-
gestellt werden. Bei dem von mir benutzten Apparat ist die Winkel-
differenz +0,65°, also im ersten CJuadranten 0°—90°, Hat man
keine Lösungen im Strahlengang, so kann man zwar eine Reihe
von Stellungen der Lampe finden, wo der Nicol bei 45° gleiche
Helligkeit der Gesichtshälften anzeigt. Diese Stellungen liegen alle
auf einer zur Achse des Photometers schiefen Geraden, da die Re-
flexionsverluste im Innern des Apparates für beide Lichtbündel nicht
gleich sind. Die Aufstellung der Lampe auf dieser Geraden ergibt
zwar große Ersparnisse an Rechenarbeit, doch wurde sie bald
fallen gelassen, weil die Genauigkeit nur in Gelb und Grün ebenso
groß ist, wie wenn die Lampe in der Achse des Apparates steht.
Sämtliche Zahlenangaben beziehen sich auf Messungen in dieser
Stellung. Die Lampe war 6,8 cm vom Beleuchtungsspalt
entfernt. i
Die beiden Eintrittsspalte waren unverändert auf 0,200 mm
Breite, der Okularspalt, welcher einen Spektralstreifen ausblendet,
auf 0,14 mm. Leider kann man diesen Spalt wegen Fehlens einer
Mikrometerschraube während der Messung nicht meßbar verstellen.
Dadurch wird, da kein normales, sondern ein verzerrtes Spektrum
vorliegt, z. B. im Rot bei 660 un ein Streifen von 8 up, bei 560 pu
von 5 uu, im Violett bei 420 up von 2 uu ausgeschnitten. Folgende
Spektropkotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstofe. IOI
Tabelle gibt den Ausschnitt des Spaltes in Mikromillimeter als Funk-
tion der Wellenlänge. Die Genauigkeit der Messungen im Blau ist
zum Teil auch deshalb am kleinsten, im Rot größer, da sie stark
von der Intensität und diese von der Breite des ausgeschnittenen
Streifens im Spektrum abhängt.
Ausschnitt: | Bereich:
2 D 440 up
4 520
6 600
8 660
10 690
Die Temperatur war bei sämtlichen Versuchen innerhalb des
Intervalles 20 + °/,°C.
III. Bezeichnungen.
Bezeichnet man die Intensität des einfallenden Bündels mit A
die des durchgegangenen mit /,, so ergibt die Überlegung, da das
absorbierende Medium immer vor dem gleichen Spalte stand:
Jı sie
J tge Fo `
wenn @,, bzw. e der Drehwinkel des Nicols ist, um von der Stel-
lung einseitiger Dunkelheit zur Stellung gleicher Helligkeit zu ge-
langen, wenn kein absorbierendes Medium, bzw. wenn sich ein
solches im Troge befindet. Die Winkel e, und oe können am Teil-
kreis bis auf Zehntelgrade abgelesen werden. In den vorliegenden
Untersuchungen waren g, und œ immer die Mittel aus 10 Ab-
lesungen, welche nur im Quadranten 0°—90° gemacht wurden.
Das Auge ermüdet nach 2—3 Stunden, deshalb konnten die Ab-
lesungen wegen der längeren Zeitdauer nicht in allen vier Qua-
dranten gemacht werden. œ, ist nur dann über das gesamte sicht-
bare Spektrum konstant, wenn das Lösungsmittel farblos ist, also
keine Absorption zeigt. Dies war bei destilliertem Wasser und
konzentrierter reinster Schwefelsäure der Fall. e, änderte sich nicht
merklich durch das Spektrum, und es wurde deshalb oe, im Gelb,
wo die Augenempfindlichkeit am größten war, für die Messung
jeder einzelnen Lösung festgestellt und dieser Wert für jede
Wellenlänge benutzt. Im weiteren sind die Bezeichnungen, welche
Kayser?!) vorschlägt, gebraucht. Es bedeutet:
1) H. Kayser, Handb. d. Spektroskopie Bd. DI. 11. 13.
102 Sirub.
J = die auffallende Lichtmenge,
J = die einfallende (d. h. von Reflexionsverlusten befreite)
Lichtmenge,
A = die durchgegangene Lichtmenge,
d = die Dicke der Schicht.
Dann heißt:
Durchlässigkeit = I
Durchlässigkeitsfaktor D = SS (meist mit 100 multipliziert
in Proz.)
Absorptionskoeffhizient a definiert durch: A = Zei,
Absorptionskonstante $ definiert durch A =Je-*%,
Bunsensche oder dekadische Absorptionskonstante«
definiert durch A = Zon? für eine bestimmte Kon-
zentration und Wellenlänge.
Zur Berechnung von e, a, D dienen also folgende Formeln:
«= (logtg p, — logtg ol,
(Ge
CT
a = 1075.,
IV. Versuchsergebnisse.
I. Das Oxyhämoglobin.
Das Oxyhämoglobin ist der rote Farbstoff des frischen Blutes
und war wohl der erste Eiweißkörper, dessen Kristallısation
gelang.!) Symbolisch bezeichnet man ihn mit O,-Hb. Nach der
neuesten Forschung?) ist das O,—Hb eine Säure von der Stärke der
CO,. Seine Dissoziationskonstante ist 5-1077 (die des reduzierten
Hb 7,5-10”9), |
Das Material zu den Untersuchungen war frisches, gesundes
Rinderblut, welches nie älter war als 2—3 Stunden, bis die Lösungen
hergestellt wurden. Das Blut wurde im Schlachthaus in Flaschen
gefüllt, die mit einer Bodendecke Glaskügelchen beschickt waren.
Durch sofortiges, einige Minuten dauerndes Schütteln, wurde das
Defebrinieren erreicht. Sowohl Glaskugeln, als auch Gefäße, waren
jedesmal sorgfältig sterilisiert worden.
I) W. Preyer: Die Blutkristalle. Jena 1871.
3) A. V. Hill: The acid nature of oxyhämoglobin. Bioch. Jl. 17. 544. 1924.
Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstojfe. 103
Bei der Herstellung der Lösungen ging ich von 50 ccm Blut
aus. Die Verdünnung auf das Doppelte geschah durch Zugeben
von 50 ccm destilliertem Wasser. So entstand die Lösung 1:2.
SO ccm dieser Lösung wurden wieder mit 50 ccm Wasser versetzt.
Es entstand Lösung 1:4 und so fort. Die Abmessung wurde immer
mit der gleichen bei 15° normalen Pipette vorgenommen. Für
ausgeglichene Temperatur wurde gesorgt durch zwei bis dreistündiges
Stehenlassen des Blutes und des Lösungsmittels im gleichen Raum.
Da immer die gleiche Pipette benutzt wurde, bleibt der Volum-
fehler bei der Verdünnung wohl unter 0,05 °/,.
Es entstanden folgende Lösungen, wenn unverdünntes Blut als
„relative“ Konzentration I bezeichnet wird („relative“ Konzentration
als Unterscheidung von der noch später zu definierenden „absoluten“
Konzentration, d. h. wirklichen Konzentration. Die Bezeichnungen
sind hier gleichsam nur eine Numerierung der Lösungen, welche
auch zugleich den Verdünnungsgrad angibt):
rel. Konzentration:
271 = 27! ccm Blut pro ccm Lösung
C E
A3 23 28 39 2
SE „ nm nm nm nm
Wegen der Ermüdung der Augen beim Photometrieren konnten
an einem Tage höchstens zwei Konzentrationen untersucht werden.
Deshalb mußte zu zwei weiteren „relativen“ Konzentrationen immer
wieder frisches Blut verwendet werden, das gewöhnlich von Tier
zu Tier im O,—Hb-Gehalt nicht unbeträchtlich verschieden ist. Es
verhalten sich also immer nur zwei relative Konzentrationen genau
wie 1:2; nämlich die folgenden:
27) und 272;
274 und 275;
27° und 277;
278 und 27?;
2711 und 272,
Die relative Konzentration 21° wurde allein an einem Tag ge-
messen. Lösung 273, welche mit 2”! und 2”? zusammen hergestellt
wurde, ist durch einen unglücklichen Zufall zerstört worden. Einige
weitere Lösungen 27°, die aus anderem Blut hergestellt wurden,
zeigten einen so großen Unterschied im O,—Hb-Gehalt, daß sie
gar nicht recht in die Reihe der untersuchten Lösungen paßten.
104
Strub.
Deshalb ist diese Konzentration in den Tabellen und Zeichnungen |
weggelassen.
Das Photometer wurde geeicht mit den bekannten Wellen-
längen eines Messingbogens, so daß zu jeder Fernrohrstellung aus
der Eichkurve die Wellenlänge bekannt war.
Tabelle ı
Das Absorptions-
KEES
EE EE EE 0,2558/0,139510,07197I0,0458 |o,0274710,01955l0,0101 110,008760.
683,0
674,9
665,0
+45
+ 4,3
+ 41!
+ 40
+ 3,9
+ 3,8
+ 3,7
+ 3,5
+ 3,4
+ 3,3
+ 3,2
+ 3,15
+31
+ 3,0
+ 3,9
+ 2,8
+ 2,7
+ 2,65
+ 2,6
2,5
+ 2,45
+ 2,4
+ 2,35
+ 2,25
+ 2,15
+ 2,1
+ 2,0
+ 1,95
+ de
+ 1,8
+ 1,75
+ 1,65
+ 1,6
+ 1,55
+ 1,45
+ 1,4
+ 1,35
3
+ 1,25
+ 115
+11
+ LI
+ 1,05
+ 1,00
1,026 0,6867
1,04 3|0,6778
1,046|0,7035
1,07110,7168
1,080|0,7391
I 1146 0,7641
1,253.0,8150
1,406/0,9123
1,585/0,9956
1,787|1,120
2,161|1,303
2,657|1,606
2,133
2,590
Da Ku Eu u Eu En En u
a DB De DD u a BE a EB En
|
og Bu Be a DE En gà
Oxybämoglobin:
0,2643.0,1435
0,2825|0,1481
0,2860|0,1538
0,31140,1682
0,34880,1892
0,3827|0,2105/0,0954
0,4200|0,2337,0,1042
0,4860/0,2680j0,1180
0,5964|0,3160|0,1378
0,7886/0,4091|0,1659
0,9914|0,5047/0,1856
1,318 |0,72560,3072
1,924
0,2558/0,1395/0,07197 0,0458 0,02747 0,01955 0,01011 0,00876 0.004
0,2563|0,1395/0,07197.0,0458 |0,02747|0,01955|0,0101 1|0,00876,0,004
0,2615/0,1410|0,07197|0,0458 |0.,02747|0,01955 0,01011 0,00876/0.004
0,07217|0,04688|0,02747|0,01955|0,01011 0,00876 0,004
0,0728 |0,0478 |0,02047|0,019550,0101 1|0,00876|0,004
0,07406 0,04794/0,02747'0,01955j0,0101 1|0,00876|0,004
0,0500 |0,02757/0,01955|0,0101 1|0,00876|0,004
0,05422|0,03009 0,0195 5|0,0101 I [0,0087 6j0,004
0,0575 |0,0328 |0,01955/0,01011!0,00876|0,004
0,06049|0,03902'0,0210 |0,0101 1|0,00876|0,004
0,0671 [0,0410 |0,0213 |0,0124 |0,00876]0,004
0,07717|0,0479410,02482 0,01630,0,00876 0,004
0,0778
0,0867
1,105
1,660
1,773
1,668
1,320
1,099
1,073
1,118
1,351
1,666
1,743
1,703
1,337
1,113
0,8257
7 |0,7380
0,6599
0,6599
0,6710
0,7015
0,7490
0,8123
0,8905
0,9819
1,165
1,328
1,550
an
GO
0,09954|0,06259 0,03115|0,02210
0.1217
0,1672
0,4574
0,8424
0,8911
0,8450
0,6669
0,5554
0,5390
0,5665
0,6779
0,8231
0,8646
0,8476
0.7056
0,5649
0,4161
0,3794
0,3388
0,3378
0,3450
0,3600
0,3818
O,4115
0,4475
0,4990
0,5934
0,6820
0,7934
1,072
1,789
0,0766
0,1032
0,2773
0,5095
0,5411
0,5128
0,4051
0,3408
0,3279
0,3424
0,4187
0,4884
0,5286
0,5128
0,4293
0,3398
0,2562
0,2260
0,2007
0,2073
0,2080
0,2208
0,2374 |,
02557
0,2813
0,3090
0,3624
0,4230
0.4870
0,6733
0,9585
0,0395
0,0513
0,1151
0,2536
0,2670
0,2546
0,1945
0,1677
0,1631
0,1703
0,2068
O 2531
0,2608
0,2567
:0,2145
0,1744
0,1290
(0,1127
0,1011
0,0993
‚0,1008
0,1027
0,1140
o, 1240
0,1368
0,1520
9,1794
‚0,2040
(0,2456
0,3627
94753
Dekadische Absorptionskonstante æ.
0,0100 |0,000
0,0260 |0,0105 [0,007
0,03526,0,01406|0,00°
0,08389)0,03508|0,016
0,1393 0,0614 [0,025
0,1434 |0,06277|0,02;
0,1393 |0,06016[0,03€
0,1195 j0,05012]0.022
0,095 32)0,0386 [0,019
0,09325|0,03508|o 018
0,09636 0,04244|0,0:°
0,1195 0,05 546|0,022
0,1331 [0,0655 |0,0°7
0,1397 |0,0685 |0,023
0,1362 (0,0669410, ‚028
0,1181 |0,05443 0,027
0,08 336!0,04659 0,022
0,0703410,0389 JO, ou
oObatOo0O1b8 DÉI
0,06199|0,0325 001?
0,0602 |0,02930]0.012
0,0613 [0,0286 Gäil
0,0640 |0,0275 Got)
0,0693 |0,0288 [0.01
0,07557!0,0325 |0,01?
0,0823 |0,0378 0,015
0,0933 0,0448 |0.0?°
0,1110 [0,0575 |0,03°
0,1274 |0,0694 |0038
0,1491 0,0840 |0,049
0,2036 [0,1184 |0,073
0,2680 |0,1586 [0,10
Spektrophotomeirische Untersuchung einiger Blutfarbstofe.
105
spektrum des O,-Hb wurde an etwa 65 immer gleichen Stellen
gemessen und für diese Punkte zuerst die dekadischen Absorptions-
konstanten und daraus die zugehörigen Durchlässigkeitsfaktoren
gerechnet. Die Zahlen zu 44 dieser Stellen sind in den Tabellen
Die erstere enthält die dekadischen Ab-
Iı und 2 aufgezeichnet:
Ba ee in ee 2.
Welienlänge | an BT | 25
TPE | |
dn — 4,5 |9,412|20,57 55,5 172,6
72.9 — 4,3 |9.062120,4 5,4 172,6
Go — 4,1 19,00 |19,8 54,8 172,3
ES + 4,0 18,492|18,76 4 71,87
Ki 239 7,80 18,23 52,2 |7 TI
453 — 3,8 |7,143;17,21 51,76 70,18
325 +37 5,591 15,30 48,82 |67,89
213 43,5 [3,835|12,24 448 164,7
gin 3,4 |2,60 |10,10 41,4 |61,6
"3% + 3,3 [1,633] 7,591 38,03 |58,39
nag + 3,2 10,707| 4977 32,66 |54,00
1:9 + 3,15)0,202| 2,480 25,33 148,31
wo — 3,1 |0,000| 0,7364 16,27 |39,0
“2230| — | 0,257 10,20 [31,28
= 29 | — 0,000 4,804|18,81
NET RW | — — 0,000| 1,190
WEE — — — 0,000
L Gel me 2,63 — m Prag —
nud — 2,6 | — — == —
t — 2,5 — =x — 0,000
GET E DU — — 0,156
xo +24 | — — — | 0,117
a 02 235, = — | 9,100
WC + 2,25; — == == 0,000
4.) = 2,15| — = = EN
7-21 — — > =
54 20 — Se — —
R20 — 1,93] — — — 0,000
me -185| — _ — | 0,108
22-18 | — — — | 0,846
"60-175 — = = 1,253
Pi: = 1,65) — — — 2,328
1 = 1,6 — Së E 2,095
LX = 1,55 — — == 1,723
EA DU == e? ‚503
a ET | — — — 1,006
Bän — | — — | 0,671
Kern. | SES SE aa EE
p= 2s — | — — | 0,134
Bi - 115| — — — 0,000
EG — 1,1 — — — eege
BA 1,1 — _ — mg
MN: E 1,95, Leon = — —
WE 1.00 0,0001 0,000 | 0000 | 0,000| 0,000
i
Oxyhämoglobin:
Durchlässigkeitsfaktoren in Prozenten.
84,73
84.73
84,73
84,69
84,6
84,32
83,6
81,9
80,3
78,67
76,20
72,81
68, „25
65,25
49,30
7,85
2,187
1,687
3,146
4,790
7,958
8,445
7,614
4,446
2,160
1,807
1,981
4,60
7,704
14,94
18,28
21,88
21,88
21,33
19,88
17,83
15,41
12,87
10,43
6,893
4,696
2,820
0,000
0,000
90,0
90,0
90,0
89,77
89,6
89,55
89,2
88,27
87,6
87,00
85,70
83,72
79,52
75,6
68,05
34,88
14,37
12,85
14,29
21,53
27,83
28,91
27,13
20,99
15,03
13,66
14,20
19,70
27,24
38,36
41,74
45,84
45,94
45,2
43,7
41,55
38,80
35:7
31,7
25,5
20,8
16,09
8,47
1,62
ae A R R e E SEa A Raia Ea Ta FF
meenemen e
95,60
95,60
95,60
95,60
95,60
95,60
95,60
95,60
95,060
95,48
95,2
94,45
93,08
91,30
88,9
76,72
5577
54,08
55,64
63,90
67,96
68,69
67,56
62,11
55,83
54,85
55,37
61,02
66,92
74,30
77,20
79,24
79,6
d 79:3
78,95
77,00
75,2
73,1
70,5
66,2
62,5
56,8
43,38
33:5
106 Strub.
sorptionskonstanten, die zweite die Durchlässigkeitsfaktoren in Pro-
zenten. An den extremen Stellen der Kurven wurde eine größere
Anzahl sehr benachbarter Punkte gemessen. Diese sind aber in
den Tabellen bis auf die der Maxima und Minima weggelassen, zu
deren genaueren Bestimmung sie dienten. Die in der linken Spalte
der Tabellen angegebenen Zahlen sind Spektralausschnitte, deren
Breite insbesondere von der Weite des Okularspaltes abhängt. Es
sind deshalb die Schwerpunkte der Spektralbereiche gegeben und
dazu mit Vorzeichen + die halben Breiten in Mikromillimeter zu-
gefügt, welche, da das Spektrum verzerrt ist, von Rot bis Blau
stetig abnehmen, wie auch aus der Tabelle Seite 101 zu sehen ist.
Das Molekulargewicht des Rinderhämoglobins wird mit 16321!)
angenommen, ist aber noch nicht so sicher bestimmt, daß man
Konzentrationen darauf beziehen kann. Besonders wird die Zahl
nach neuerer Ansicht?) wegen der Dissoziation und Aggregierung
der Molekeln zu modifizieren sein, Man definiert daher in der
Blutforschung als Konzentration: die Anzahl Gramm Farbstoff
in einem ccm Lösung. Im unverdünnten, frischen und gesunden Blut
sind durchschnittlich 0,14 g O,-Hb pro ccm enthalten. Es hat
also die Konzentration 0,14.
Die „absoluten‘‘ Konzentrationen der untersuchten Lösungen sind:
„rel. Konz. absol. Konz.
27} 0,0408 g O,-Hb pro ccm Lösung
272 0,0246 „ „ „ 3) „
273
274 0,00918 ,„, ji 5 j D
2° 0,00506 „ » » a »
27 0,002227 ,„, ™ an um „
277 000015 „ č » » oo» »
278 0000676 „ » ng „ ”
27? 0,000337 „ j) o „ n
2-10 ooootës „ „ nm „ „
2 0,000080 3 39 „ „ d 7?
ae 0,0000373 » nm „ ” d
Die Konzentration wurde mit der von Hüfner’) angegebenen
Vierordschen Konstanten A gerechnet, welche mit dem vom eben
1) G. Hüfner u. E. Ganser: Arch. (Anat. u.) Phys. p. 209. 1907.
3) W. M. Bayliss: Interfac. phenom. with. espec. ref. to colloids and enzymes.
Bull, of the Johns Hopkins hosp. 33. 307. 1922.
3) Du Bois Reymonds Arch. f. Physiol. p. 138. 1897.
Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstoffe. 107
genannten Forscher angegebenen Fehler + 2,5°/, behaftet ist.
Diese Zahlen sind für 535 un bis 542,5 un:
A = 0,001312
für 554 uu bis 565 un
A’ = 0,002070.
Es ist ja als Konsequenz aus dem Beerschen Gesetz — = A kon-
stant für eine bestimmte Wellenlänge, wenn c die Konzentration,
a die dekadische Absorptionskonstante bedeutet. A und A’ wurde
von Hüfner für eine etwa auf das ıoofache verdünnte Blutlösung
bestimmt. Es wird später noch gezeigt werden, daß das Beersche
Gesetz bei O,—Hb nicht stimmt, bzw. nicht angewendet werden darf.
Deshalb werden wohl die aus A errechneten Konzentrationen ober-
halb und unterhalb der Lösungen 2° und 277 (= etwa Ia Blut)
noch mehr als 2,5 °/, falsch sein. (Für die erste Konzentration etwa
30°.) Die Zahlen werden als Behelf jedoch angegeben, da über
die Konstanz des A anscheinend noch keine Sicherheit erzielt ist.
Sobald dies endgültig der Fall ist, können die genaueren „absoluten“
Konzentrationen mit leichter Mühe aus der Tabelle der dekadischen
Absorptionskonstanten der „relativen“ Konzentrationen errechnet
werden.
Sehr übersichtlich gestalten sich die Tabellen in der Dar-
stellung als Kurven. Dazu eignen sich die dekadischen Absorptions-
konstanten nicht gut, weil sie von O nach œ gehen. Besser sind
die Durchlässigkeitsfaktoren darzustellen, weil sie nur zwischen
O und 100 liegen. Fig. ı zeigt für die untersuchten 11 Oxyhämo-
globinlösungen die Durchlässigkeitsfaktoren von unten nach oben
in Prozenten. Kehrt man die Skala von 0—100 um und liest von
oben nach unten, so hat man die Absorption in Prozenten, welche
auch oft angegeben wird. Die Abszissenachse gibt die Wellen-
langen in un.
Die Figur ı zeigt den starken und raschen Anstieg der Ab-
sorption im Orange und die für das Oxyhämoglobin so charakte-
nistischen (e und 8 genannten), und deutlichen Maxima bei œ = 575,4 un
und f = 541,7 um, (Formänek') « = 578,1 puu und ĝ = 541,7 un.
Schumm: 2) spektrogrammetrisch e = 576,9 uu Ë = 542,4 up, okular:
œ = 57715 ß = 541,7).
!) Ztschr. f. anal. Chem. 40. 505. 1901.
%) O. Schumm: Bilutspektroskopie. Abderhaldens Handb. d. biol. Arb.
Meth. Lief. 43.
108 Strub.
Ferner ist die gute Durchlässigkeit für rote und die schlechte
Durchlässigkeit für violette Strahlen zu sehen. Beide Eigenschaften,
die Durchlässigkeit für Wärmestrahlen, sowie die Undurchlässigkeit
für die physiologisch schädlichen ultravioletten Strahlen, scheinen
. WoNauosgy-z — ENEE
e e" i
BA
450
Tin wem
Fig. ı
Oxyhämoglobin: Durchlässigkeit in Prozenten.
für die Blutfarbstoffe charakteristisch zu sein. Augenscheinlich ist
bis weit ins Ultrarote kein größeres Absorptionsmaximum zu er-
warten. Jedoch ist die Empfindlichkeit der Augen nicht mehr
groß im Hochrot, so daß schwache Banden nicht festgestellt
werden können. Ebenso müssen im Ultravioletten ein oder
Spektrophotometrische Untersuchung einiger Biutfarbstofe. 109
mehrere sehr starke Maxima liegen. Schumm!) gibt ein Band y
(Soretband) für O,—Hb in einer ı°/,igen Sodalösung bei 414 uu
an. In wäßriger Lösung von 407,9—411,5 schwankend. Ein wei-
teres, von Soret bei 330 uu festgestelltes, aber Verunreinigungen
zugeschriebenes Band y’, wird von Peygrega und Vles?) dem
O,-Hb zugeschrieben.
In neuerer Zeit zeigt sich immer deutlicher die Aussicht, in
die gesetzmäßigen Zusammenhänge zwischen chemischer Konstitution
und spektralen Eigenschaften einzudringen. Für Blut liegen auf
diesem Gebiet nur einige ältere Arbeiten von Vles?) vor. Dieser
versucht eine mathematische Analyse der Körper mit spektraler
Struktur der Hämoglobinklasse und gibt folgende Formel an:
A = A + na,
wo à, die Wellenlänge irgendeines Bandes, A, die des ultravioletten
Bandes y, a ein bestimmter Modul (e, =45, a, = 35) und n
(= 1,2, 3...) eine ganze Zahl bedeutet. Man hat also das O,—Hb-
Spektrum als Überlagerung von zwei Serien aufzufassen, eine für
den Modul «,, die andere für e, Dies scheint auf die Pyrrol-
struktur des Farbstoffmoleküls hinzudeuten.
Es scheint mir nicht befriedigend, bei der Angabe des Fehlers
bei Absorptionskurven zu sagen: er beträgt so und soviel Prozent;
‘denn man hat einen doppelten Gang des Beobachtungsfehlers zu
unterscheiden:
ı. Abhängigkeit von der Wellenlänge.
2. Abhängigkeit von der Absorption.
Der erstere Gang wurde durch das ganze sichtbare Spektrum
am leeren Photometer untersucht bei Nicolstellung von 52°. Die
Empfindlichkeit der Augen wurde am größten im Gelb und Hell-
grün gefunden, die geringste Empfindlichkeit im Violett. Der
Fehler konnte durch eine einfache nach unten konvexe Kurve
dargestellt werden, wenn nach oben seine Größe und wag-
recht die Wellenlänge aufgetragen war. Die verschiedenen An-
gaben über die Lage des Empfindlichkeitsmaximums sind jeden-
I) Ebenda.
» C. R. 15Ł 133.
3» C. R. 158. 1206. 1914; Soc. Biol. 74. 751. 1914; ebenda 74. 655. 1914.
IIO
Strub.
falls zum Teil auf die verschiedenen Intensitätsverteilungen der
von verschiedenen Untersuchern verwendeten Lichtquellen zurück-
zuführen.
Die zweite Abhängigkeit des Fehlers wurde untersucht an der
Kurve der Lösung 2”° des Oxyhämoglobins. Die Kurve des Fehlers
500 450
550
Fig. 2.
Mittlerer Fehler der Absorptionskurve 2°® von Oxyhämoglobin.
600
ist für etwa 20 Punkte in Fig. 2
als Funktion der Wellenlänge
dargestellt. Im allgemeinen ist
der Charakter der unter ı ge-
nannten Kurve noch zu sehen.
Aber die Abhängigkeit von der
Absorption gibt sich durch das
ziemlich starke Maximum an
Stelle des stärksten Steigens
der Fig. 1, bei etwa 595 pu,
kund. Dort wird das Gesichts-
feld eben durch den scharfen
Anstieg inhomogen, so daß die
Einstellung auf gleiche Hellig-
keit schwieriger, also mit größe-
rem Fehler behaftet wird. Der
Okularspalt ist für diesen Teil
des Spektrums zu breit. Die
beste Empfindlichkeit liegt am.
Absorptionsmaximum 575,1 up.
Darauf wird sie beim Absorp-
tionsminimum 560 uu wieder
etwas kleiner, ein wenig besser
am zweiten Absorptionsmaxi-
mum 541,7 un. Jetzt tritt noch
einmal, wenn auch weniger
deutlich, da der Spektralaus-
schnitt hier schon enger ist,
die Erscheinung der Abhängig-
keit vom Anstieg der Absorp-
tion ein: Der Fehler steigt bei
500 pp bis 0,9°/,, bleibt im Blau ein Stück auf etwa gleicher
Höhe und nimmt (von 475 uu ab) sehr rasch im Violett zu.
Folgende Tabelle 2a gibt die Größe der Fehler für verschiedene
Wellenlängen:
Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbsto fe. III
Tabelle 2a.
Wellenlänge | Fehler in Wellenlänge | Fehler in
up %e up "e
Bei jeder anderen Kurve wird der Fehler wieder etwas anders
liegen, entsprechend den zwei genannten Abhängigkeitsbedingungen.
Aber auch noch schlecht kontrollierbare physiologische Einflüsse
spielen mit, welche man am besten durch gutes Ausruhen der
Augen und durch mäßig langes Arbeiten klein hält. Von Wichtig-
keit ist es auch, daß man zwei bis drei Monate lang Probemessungen
mit dem Photometer ausgeführt hat. Es wurde nämlich im vor-
liegenden Fall festgestellt, daß nach dieser Zeit die Fehler durch
Übung der Augen auf ein Drittel herunter gegangen waren, von
da an aber die Empfindlichkeit nur noch wenig zunahm.
Hüfner?) gibt zur qualitativen Bestimmung von O,—-Hb für die
Wellenlängenbereiche A, = 534—542 uu und A, = 556,5 —564,5 uu
die Zahl
S = 1,578 T 2,5 °/o -
Es ist nämlich, als Folge des Lambertschen Gesetzes für jedes
Spektrum desselben, in allen Lösungen unveränderlichen Farbstoffes
@1z
er
konstanten für zwei bestimmte Wellenlängen bedeuten. Die beiden
von Hüfner angegebenen Spektralbereiche liegen im Minimum
zwischen den Absorptionsbanden e und ĝ und im Maximum £.
Für das König-Martenssche Spektralphotometer nimmt man,
der größeren Empfindlichkeit entsprechend, besser das Maximum oe
bei 4 = 578,4 DD + 2,6 pu und das schon von Hüfner benutzte
Minimum A, = 560 pu + 2,5 up. Für diese Bereiche ist für 128fach
verdünntes Blut
= constans, worin gi, und Ge die dekadischen Absorptions-
@
a —
e = 1,651 +0,5°/,.
ı) Du Bois Reymonds Arch. f. Physiol. 1897. S. 137.
112 Strub.
! a
Bei steigender Verdünnung scheint -a abzunehmen. Aus vor-
d
liegenden Beobachtungen wurden folgende Zahlentabelle gewonnen.
Tabelle 3.
„relative‘‘ ki „relative“ ki
Konzentr, a, Konzentr. ei
SCH 1,652 2, 1,538
SC 1,651 2 1,788
28 1,648 an 1,520
2» 1,638 |
Sieht man durch eine ziemlich starke Blutlösung nach einer
Lichtquelle, so erkennt man einen Lichthof, verursacht durch eine
Trübung. Diese stört natürlich das Photometrieren, denn es ent-
stehen durch innere Reflexion und außerdem durch Beugung Licht-
verluste.e In der Literatur werden verschiedene chemische Mittel
angegeben, die Trübung zu beseitigen. Diese Art des Arbeitens
wurde jedoch als unzweckmäßig vermieden, weil es durchaus nicht
sicher ist, daß beim Zusatz von auch neutralen Chemikalien die
Konstitution des komplizierten Farbstoffes erhalten bleibt. Ein
weiteres Mittel, das Filtrieren, hilft auch nicht. (Nach Einsendung der
Arbeit wurden mit Porzellanfiltern bessere Ergebnisse erzielt.) Die
Suspension geht durch das gewöhnliche Filter fast restlos hindurch.
Ferner hat das Filtrieren den Nachteil, Farbstoffverluste zu ver-
ursachen, welche sich nicht meßbar verfolgen lassen.
Bei weiteren Versuchen wurden neue Blutlösungen bis zu
anderthalb Stunden in eine Zentrifuge gebracht, welche pro Minute
6000 Touren machte. Es setzt sich während der ersten 40 Minuten
ein weißlicher, kräftiger, aber nur geringer Bodensatz ab. Schüttet
man die Lösungen ab und zentrifugiert sie wieder (bis zu ro Mi-
nuten), so wiederholt sich das Absetzen nicht mehr. Trotzdem
aber ist die Trübung, wenn auch viel geringer, noch vorhanden.
Diese Versuche sind mit Blut von etwa 1oofacher Verdünnung ge-
macht worden. Die spektralphotometrische Untersuchung einer
solchen zentrifugierten Lösung ergab das Bild der Fig. 3. Kurve I
gibt als Funktion der Wellenlänge die Durchlässigkeitsfaktoren der
unzentrifugierten etwa 100fach verdünnten Blutlösung, Kurve II das
der 45 Minuten auf 6200 Touren gebrachten Lösung. Fig. 3 läßt
darauf schließen, daß das wagrechte Stück der Absorptionskurven
in Fig. 2 im Rot nach Ultrarot auf die oben besprochene Trübung
Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstoffe. 113
allein zurückzuführen ist. Das gleiche läßt auch das später ge-
brachte Bild des Kohlenoxyhämoglobins vermuten, welches, da dort
keine Trübung vorhanden, im Rot vollständige Durchlässigkeit zeigt
(siehe Fig. 4).
BLOER ——> a dE NÉIER
530 500 450
>
600
Fig. 3.
Oxyhämoglobin: unzentrifugierte (L) und zentrifugierte (IL) Lösung.
A— 00 u
650 un
Le elo e eeemeeee
Auf der unteren Hälfte der Fig. 3 sind noch die Differenzen
der beiden Kurven (also der Durchlässigkeiten) aufgetragen.
Tabelle 4 gibt die Durchlässigkeitsfaktoren in Prozenten und
die dekadischen Absorptionskonstanten zu Fig. 3, ferner die Diffe-
tenzen der beiden Kurven.
Zeitschr. í. wise. Phot. 24. 9
114 Strub.
Beim Vergleich der von Formánek, Lewin und anderen
Forschern gegebenen Darstellungen der Absorptionsspektren der
Blutfarbstoffe, welche nur durch Schätzung der Intensitäten neben
einem Vergleichsspektrum entstanden sind, und der bildlichen Dar-
uUoOdJOSQY —> —— /aybisse/ysung 5
Oxyhämoglobin und Kohlenoxyhämoglobin: Durchlässigkeit in Prozenten.
stellungen dieser Arbeit ist erkenntlich, wie schlecht man sich bei
solchen Intensitätsschätzungen allein auf das Auge verlassen kann.
Die Minima, wo zu 50°/, noch Absorption herrscht, sind in jenen
Zeichnungen z.B. als vollkommen durchlässige Stellen angegeben,
so sehr wirkte der Kontrast fehlerhaft ein. Es ist deshalb klar, daß
nur mit Hilfe des Photometerapparates der Wirklichkeit tatsächlich
Spektrophotomeirische Untersuchung einiger Blutfarbstoffe. I15
Tabelle 4.
0,02710
645,3 0,03186 7,8
627,3 0,04223 6,7
604,9 0,0603 1 6,1
600,0 0,0755 6,8
593,4 0,0235 6,1
584,8 0,3444 4,0
578,4 0,6432 2,3
575,4 0,6765 1,7
572,8 0,6376 1,3
567,5 0,4969 2,7
560,0 0,4028 3,4
557,5 0,4117 3,1
551,0 0,5008 3,6
543,4 0,6518 2,0
541,7 0,6598 2,0
538,4 0,6478 1,6
532,0 0,5281 2,4
527,0 0,4180 4,0
521,0 0,3074 5,0
512,7 0,2508 6,4
505,5 0,2504 6,8
489,0 0,3052 3,3
477,4 0,3663 2,9
467,8 0,4293 2,7
454:9 0,5576 2,5
Zentrifugiertes und unzentrifugiertes Blut.
Durchlässigkeitsfaktoren in Prozenten (D, bzw. DÄ
Dekadische Absorptionskonstanten (a, bzw. Gel
entsprechende Intensitätskurven gegeben werden können, und diese
müssen wieder eine sehr große Anzahl von Punkten des Spektrums
ausmessen, ein Umstand, der die Spektralphotometrie so ermüdend
und zeitraubend macht.
2. Kohlenoxyhämoglobin.
Kohlenoxyhämoglobin heißt der Farbstoff, welcher aus dem
Oxyhämoglobin entsteht, wenn Kohlenoxydgas mit Blut in innige Be-
rührung kommt. Das Kohlenoxyd verdrängt den Sauerstoff. Sym-
bolisch wird dieser Farbstoff CO-Hb geschrieben. Der Entdecker
des CO-Hb war ein Arzt des Waldenburger Kohlengebietes, welcher
den Farbstoff zuerst bei in Gruben verunglückten Bergleuten fand.
Er teilte seine Entdeckung Hoppe-Seyler mit, dem wir die ersten
genaueren Kenntnisse darüber verdanken D Die Entstehung von
1) Arch. Pathol. (Virchow) XI, 288. 1857.
ch
116 Strub.
CO-Hb ist bekanntlich die Ursache des Todes jener Menschen,
welche durch das Gas nicht gut „ziehender“ Öfen vergiftet worden
sind, und seine Untersuchung ist für die Medizin eben wegen dieser
häufigen Unglücksfälle wichtig. Die Banden des Kohlenoxyhämo-
globins sind im Vergleich zu jenen des Oxyhämoglobins gegen das
blaue Ende des Spektrums mehr oder weniger (bis etwa 8 up) ver-
schoben, je nachdem der Sättigungsgrad der Lösung mit CO größer
oder kleiner ist. Der Tod tritt, wie Formänek!) bei Tieren (Meer-
schweinchen) zeigte, schon vor Sättigung des Blutes mit CO ein.
Die kleine Verschiebung ist die Ursache des geringen Farb-
umschlages, der sich in einem rosavioletten Schimmer zeigt. Nach
den Spektrophotographien von Rost, Franz u. Heise?) liegen
Banden bei 570, 542 und 416 up.
Die Darstellung des Farbstoffes zu den folgenden Unter-
suchungen geschah auf diese Weise: Frisches Blut wurde mit destil-
liertem Wasser auf das ı20fache verdünnt. Ein Teil dieser Blut-
lösung wurde in eine Waschflasche gebracht und durch diese eine
Stunde lang Leuchtgas, etwa 3—4 Blasen pro Sekunde, durch-
getrieben. Man darf wohl annehmen, daß die Lösung danach mit
CO gesättigt war. Während des Durchleitens tritt in der Blut-
lösung eine Koagulation ein. Es setzen sich einige Zeit nach Be-
endigung des Durchleitens von Gas aus der Lösung rosarote Flöck-
chen ab. Nachdem die Lösung filtriert ist, erscheint sie im durch-
fallenden Licht vollständig klar: Die beim Oxyhämoglobin durch
Lichthof sich anzeigende Trübung ist verschwunden.
Es wurde nun die O,-Hb-Lösung, die als Ausgangsmaterial
diente, photometriert und ebenso die dargestellte CO—-Hb-Lösung.
In Tabelle 5 sind die Zahlenwerte der Durchlässigkeitsfaktoren und
der dekadischen Absorptionskonstanten für 33 Stellen des Spektrums
für beide Lösungen aufgezeichnet. Fig. 4 zeigt die betreffenden
Durchlässigkeitsfaktoren in Prozenten als Kurven aufgetragen. Man
sieht in der Abbildung deutlich die Verschiebung der Maxima nach
dem blauen Ende des Spektrums. Die beiden Banden liegen bei
567,5 pu und bei 538 pu (beim O,-Hb: 575,4 au und 541,7 up). Die
Verschiebung ist also nicht gleich stark, die beiden Maxima liegen
näher beieinander als beim O,-Hb, das Minimum daher (als Addi-
tion der beiden dort übereinander liegenden Absorptionsbeträge)
1) Ztschr. f. anal. Chem. 40. 520. 1901.
3) Arb. d. Kaiserl. Ges.-Amts 80. 1909.
Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstofje. 117
entsprechend höher. Daß die Banden des CO-Hb etwas schwächer
sind, als die zugehörigen des O,-Hb, rührt wohl von dem durch
die Koagulation und Filtration bedingten Verlust an absorbierendem
Material her.
Tabelle 5.
o : Kohlen-
Wellen Oxyhämoglobin | ER Mi
In au D- 100 | D. 100
645,3 0,02478 | 94,45 0,0000 100,0
627,3 0,0293 93,4 0,00367 | 99,20
615,5 0,0400 91,2 0,01374 | 96,89
604,9 0,06147 | 86,80 0,03268 | 92,75
600,0 0,08800 | 81,66 0,05291 88,53
593,4 0,1650 | 68,39 | 0,1015 79,34
584,8 0,5414 28,75 0,2597 54,99
578,4 0,9876 10,29 0,5222 30,05
575,4 1,042 7,868 | 0,6506 22,35
571,5 0,9685 10,75 0,7901 16,21
569,0 0,8358 14,6 0,8372 14,55
567,5 0,7609 17,03 0,8447 14,3
565,0 0,6830 20,5 0,8301 14,79
560,0 0,6056 24,8 0,7250 18,84
557,5 0,6179 24,10 0,6918 20,35
554,5 0,6787 20,96 | 0,6787 20,96
551,0 0,7845 16,43 0,7094 19,53
545,0 0,9685 10,75 0,7820 16,52
541,7 3,010 7:93 0,8430 14,35
538,0 1,018 9,60 0,8594 | 13,82
533,0 0,8240 15,00 0,8122 15,41
527,0 0,6279 23,56 0,6704 21,36
521,0 0,4432 36,04 0,5026 | 31,43
512,7 0,3598 43,68 0,3600 | 43,65
505,5 0,3424 | 4545 0,3026 | 49,82
495,4 0,3516 44,50 0,2825 52,19
489,0 0,3788 41,8 0,2825 52,19
477,4 0,4794 | 33,15 0,3128 | 48,67
467,8 0,6063 24,75 0,3955 40,24
454,9 0,9155 12,15 0,5288 29,60
446,0 1,497 3,19 0,7352 18,40
438 w 0,000 0,1156 6,98
432 œ 0,000 œ 0,000
Durchlässigkeitsfaktoren in Prozenten (D. 100)
und dekadische Absorptionskonstanten (e)
von Oxyhämoglobin und Kohlenoxyhämoglobin.
Die Durchlässigkeiten erreichen beim CO-Hb ab 638 pu nach
dem roten Ende hin den Wert 100°/ Auch hier ist die starke
Absorptionsbande im Ultraviolett aus dem starken Absorptions-
anstieg im Blau zu vermuten.
Das Kohlenoxyhämoglobin zersetzt sich schon nach 5—6 stün-
digem Stehen langsam, indem Sauerstoff wieder das CO verdrängt.
113 Strub.
Auch in vollständig gefüllten und verschlossenen Gefäßen konnte
es nicht konstant gehalten werden. Deshalb wurde darauf verzichtet,
mehrere durch Verdünnung mit H,O auseinander hervorgehende
Lösungen photometrisch durchzumessen, weil sie sich wegen der
Veränderlichkeit des Farbstoffes doch nicht aufeinander beziehen
lassen, |
| 3. Hämatoporphyrin.
Das Hämatoporphyrin, symbolisch Hp, entsteht aus dem
Oxyhämoglobin durch Abspaltung des eisenhaltigen Teils der
Molekel unter Einwirkung von konzentrierter Schwefelsäure. Das
Hämatoporphyrin ist mit dem Gallen- und Blattgrünfarbstoff ver-
wandt und bildet so die Brücke zwischen pflanzlichen und tierischen
Farbstoffen. Von Nencki!) wurde es zuerst beschrieben. Seine
Zusammensetzung ist nach H. Fischer):
Laeblaet ON,
Die Ausgangssubstanz zu den Lösungen wurde im vorliegen-
den Falle folgendermaßen hergestellt: 8,75 ccm Blut wurden mit
100 ccm reinster, konzentrierter Schwefelsäure versetzt, Die
Mischung wird heiß und stößt schwache Chlorwasserstoffdämpfe
aus, die vom Kochsalzgehalt des Blutes herrühren. Die kleinen
entstehenden Fetzchen und Klümpchen lösen sich nach einem Tag
Stehens vollständig auf, so daß eine klare Flüssigkeit erhalten wird.
Die Konzentration und Nummer dieser Lösung wurde willkürlich
mit ı bezeichnet. 20 ccm dieser Ursubstanz wurden nun mit
zweimal 20 ccm derselben Schwefelsäure verdünnt und diese Lösung
mit 2, ihre Konzentration mit } = 3”! bezeichnet; davon wurden
wieder 20 ccm mit zweimal 20 ccm Schwefelsäure gemischt usw.
Die Konzentrationen zweier aufeinanderfolgender Lösungen verhalten
sich also wie 1:3. Die wirklichen Konzentrationen c können nicht
angegeben werden, da ich zu deren Bestimmung nirgends die
Vierordsche Konstante A = — finden konnte. Die Verdünnung
mit konzentrierter Schwefelsäure ist deshalb geboten, weil unter
gewissen Bedingungen der Farbstoff im Wasser in amorphen
Klümpchen ausfällt. Es wurden insgesamt 6 Lösungen hergestellt.
Die ersten sind prachtvoll purpurrot; je verdünnter sie sind, desto
mehr gehen sie gegen Rotgrün. Die Verdünnung geschah mit
1) Arch, f. exp. Path. 24. 442. 1900.
D Oppenh. Handb. d. Biochem. 1. 359. 1924.
Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstofje. 119
einer 20 ccm Pipette normal bei 15°. Der Verdünnungsfehler ist
höchstens 0,15 ®/, da für ausgeglichene Temperatur gesorgt wurde.
Es entstand folgende Reihe von Konzentrationen.
Nr. Konzentr
I 3° 0,0875 ccm Blut pro ccm Lösung
2 371 00296 „ aw » » i
3 372 0,00972 „ a nm m
4 3? 0,00324 „n » » » j
5 3° 0001008 „ ao » » 5
6 375° 0,00036 „ oh n
Besondere Mühe machte
hier
die
Herstellung von haltbaren
Trögen, da mehrere verwendete Kitte der zerstörenden Wirkung
Tabelle 6.
667,0 0,08661 | 0,03580 | 0,01785
660,0 0,0888 | 0,0374 | 0,0182
651,0 1,733 0,09017 | 0,0379 | 0,01905
645,0 1,824 0,0926 | 0,0385 | 0,0200
636,5 2,068 0,1003 | 0,0399 | 0,02249
630,0 2,097 0,1120 | 0,0434 | 0,0215
a z oe
13, u 0,1049 V d
604,9 — 0,2117 | 0,0736 | 0,0350
602,5 — 0,2212 | 0,08119 | 0,03690
599,0 = 0,2308 0,0846 0,0364
595,5 CS 0,2235 0,0822 0,03534
592,0 E 0,2172 0,07682 | 0,03433
590,0 = 0,2168 0,0746 0,0348
587,0 — 0,2217 | 0,07815 | 0,0356
583,0 — 1,954 0,6617 | 0,2378 0,0863 0,03791
577,0 = | 2,222 0,7448 | 0,2695 0,0962 0,0412
571,5 — 12,592 0,8537 | 0,3019 0,1065 0,04663
560,0 = | 5 1,284 0,4320 | 0,1509 | 0,0575
557,5 = mr SS 1,338 0,4582 0,1598 0,05892
552,0 7 © 1,276 | 0,4332 | 0,1459 | 0,05636
545,4 = 2,700 0,9065 | 0,2973 0,1011 0,04613
535,0 = 1,824 0,6537 | 0,2323 0,08424 | 0,03690
527,0 => 1,794 0,6067 | 0,2235 0,0813 0,0345
521,0 = 1,747 0,6000 | 0,2208 | 0,08133 | 0,03433
512,7 — 1.1719 0,5935 | 0,2200 | 0,08133 | 0,03386
499,0 — 1,756 0,6053 | 0,2265 | 0,08169 | 0,0386
486,5 == 1,897 0,6417 | 0,2368 | 0,0990 | 0,0460
475,0 = 2,149 0,7461 | 0,2610 0,1105 0,0580
464,9 — o 0,9295 | 0,3100 | 0,1345 | 0,0730
454,9 - | + 1,1730 | 0,4357 0,1635 0,0940
446,0 — — 1,70 0,6580 | 0,2096 | 0,119
438,0 | SS | ke SS 1,051 0,3759 0,149
Hämatoporphyrin (sauer): Dekadische Absorptionskonstanten (a).
‚120 Strub.
der konzentrierten Schwefelsäure nicht standzuhalten vermochten.
Endlich gelang es, mit reinem Paraffin Glaströge, von denen der das
absorbierende Medium enthaltende an den beiden Durchtrittsstellen
des Lichtes einen Durchmesser von 1,005 cm hatte, zusammen-
zukitten, welche nicht angegriffen wurden, jedoch wegen der leichten
Deformierbarkeit des Bindemittels sorgfältig behandelt werden
mußten. Das Glas muß zum Kitten mit Paraffin gut trocken sein,
da sonst die Schwefelsäure zwischen Glas und Kitt eindringt und
dann die Gefäße auseinanderfallen. Am besten überzieht man die
Tröge außen und innen mit einer dünnen Haut von Paraffın und
läßt nur zwei gegenüberliegende Stellen frei, welche dem Licht-
bündel gerade eben den Durchtritt gestatten. Das Glas darf dazu
Tabelle 7.
62,89 81,92 92,09 95,97
62,40 81,50 91,80 95,90
61,89 81,25 91,65 95,51
59,80 80,80 91,60 95,50
56,30 79,38 91,22 94,95
52,60 71,35 90,50 95,20
45,47 73,77 89,41 95,16
36,25 68,41 87,44 93,90
25,22 61,42 84,42 92,25
602,5 = 1,34 23.44 60,09 82,95 91,85
599,0 — 1,40 22,40 58,80 82,50 92,00
595,5 Se 1,33 22,94 59,80 82,75 92,18
592,0 = 1,63 24,61 60,65 83,79 92,40
590,0 — 1,70 25,20 60,75 84,25 92,30
587,0 — 1,51 24,61 60,02 83,53 92,15
583,0 = 1,11 21,79 57,84 82,40 91,64
577,0 — 0,600 18,0 53,8 80,2 01,0
571,5 — 0,256 14,01 49,90 78,25 89,82
560,0 — 0,000 5,20 37,00 70,64 87,60
557,5 = en 4,60 34,82 69,25 87,31
552,0 = 0,000 5,29 36,89 71,47 87,83
543,4 = 0,200 | 12,4 50,43 79,23 89,92
535,0 Ce 1,50 22,2 58,58 82,37 91,85
527,0 = 1,61 24,73 59,8 83,0 92,4
531,0 — 1,79 25,12 60,2 82,92 92,40
512,7 E 1,91 25,50 60,3 82,92 92,50
499,0 — 1,75 24,8 59,4 82,85 91,5
486,5 = 1,27 22,82 57,97 80,5 90,0
475,0 = 0,71 17,94 54,83 77,6 87,5
464,9 = 0,000 | 11,76 49,0 73,4 84,5
454,9 > — 6,71 36,67 68,62 80,5
446,0 = = 1,99 21,98 61,7 7
438,0 0,000 0,000 0,00 8,90 42,08 7I
Hämatoporphyrin (sauer): Durchlässigkeitsfaktoren in Prozenten.
Spektropholometrische Untersuchung einiger Blutfarbstoffe. 121
nicht warm gemacht werden, da sich sonst das Paraffın über die
ganze Oberfläche rasch ausbreitett. Am besten nimmt man ein
Stück ziemlich dicken Kupferdrahtes, das erhitzt wird und als
„Lötkolben““ dient.
, Gë bg d, d A, MA
r
S
450
e £
WIES g
A
E
2
vi
3
a =
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T
A
Is £
db
Q
E
E
S
S
O
Le
RK
Die Hämatoporphyrinpräparate wurden alle am 22. 7. 1924
hergestellt. Konzentration 3°, 31, 3”? wurden am 24. 7., 373 und
A? am 26. 7., Konzentration 37* am 31. 7. photometriert. Auch
hier wurde vor den immer gleichen Spalt das Absorptionsmedium,
vor dem andern ein Trog mit konzentrierter reiner Schwefelsäure
122 Sirub.
gestellt. Die Ergebnisse der Messungen sind in den Tabellen 6 und 7
für 33 Punkte des Spektrums aufgeführt. Tab. 6 enthält die deka-
dischen Absorptionskonstanten, Tab. 7 die zugehörigen Durchlässig-
keitsfaktoren in Prozenten. Fig. 5 stellt die letzteren für alle 6 Kon-
zentrationen als Kurven dar. Das Bild zeigt die zwei an Intensität
verschiedenen Maxima. Das schwächere liegt bei 599uu, das
stärkere bei 557,5 op, (Formanek'): 604,5—599 un, 568—553 u;
je nach Herstellung verschieden). Endlich ist auch hier wieder ein
sehr starkes Maximum im Ultravioletten durch den Anstieg im Blau
gekennzeichnet. Das starke Zurückgehen der beiden erstgenannten
Bänder beim Verdünnen, während jenes im Violett noch stark
bleibt, erklärt das Auftreten des rotgrünen Tones bei den verdünnten
Lösungen, ähnlich wie bei den dichroitischen Kristallen.
4. Methämoglobin.
Läßt man Blut einige Tage stehen, so wird seine Farbe dunkler,
bis sie schließlich ins Kaffeebraune übergeht. Deutlicher sieht man
das bei Blutflecken auf hellen Stoffen. Der neu entstehende Farb-
stoff im alternden Blut ist das Methämoglobin, symbolisch Methb.
Es. entsteht auch in kürzerer Zeit durch Einwirkung vieler Gifte
auf den Körper, z. B. gewisser Chinoline, der Nitro-Aniline usw.
Sehr schnell läßt sich das Methämoglobin durch Auflösen eines.
kleinen Kristalls Ferrizyankalium in einer Blutlösung darstellen.
Der Umschlag erfolgt fast augenblicklich. Jedoch wirkt das stark
färbende Blutlaugensalz störend auf die Photometrie der auf diesem
Weg hergestellten Lösungen, weil dadurch die EEN besonders
im Blau viel stärker wird.
Der Entdecker des Methämoglobins war Hoppe-Seyler.?)
Das Methämoglobin hat die gleiche Zusammensetzung wie das
O,-Hb, enthält aber den Sauerstoff in anderer Bindung. Das
wissen wir durch die Arbeiten von A. Gamgee’, G. Hüfnert),
A. Jäderholm.’)
Bei der Untersuchung dieses Farbstoffes wurden die beiden
Eintrittspalten des Photometers auf 0,250 mm gestellt. Der Okular-
spalt blieb unverändert auf 0,14 mm.
1) Ztschr. f. anal. Chem, 40. 515. 1901.
23) Zentralbl. Med. Wiss., S. 834. 1864.
3) Phil. Trans. Roy. Lond. 158. 589. 1868.
*) Ztschr. phys. Chem. 7. 65. 1882 und 8. 366. 1884.
5) Ztschr, f. Biol. 16. 1. 1880.
Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstoffe. 123
Extrahiert man alte Blutflecken an Kleiderstoffen und unter--
sucht das Absorptionsspektrum der erhaltenen Lösungen, so bemerkt
man zu den zwei Streifen des O,-Hb noch zwei neue, einen
schwächeren im Rot bei 627. pp, einen stärkeren bei 499 un.
(Formänek?): 634 ua und 500,8 pu.) Es ist schwierig, die beiden
Maxima genau zu bestimmen, da sie bei weitem nicht so scharf
sind, wie die des O,-Hb und weil das Band bei 499 upu in einem
Gebiet liegt, wo für das König-Martenssche Photometer keine
sehr gute Empfindlichkeit herrscht. Ist das Blut bloß einige Tage
alt, so sind die beiden Streifen des Methämoglobins schwach, die
des Oxyhämoglobins stark. Ist das Blut älter, so werden die Banden
des Methämoglobins immer stärker, die des Oxyhämoglobins immer
schwächer. Es muß also eine Umwandlung des einen Farbstoffes
in den andern vorliegen. Man nimmt an, daß sich der Sauerstoff,
o?)
welcher beim O,-Hb (ähnlich wie bei einem Peroxyd:) Hb ,
gebunden gedacht wird, in die festere Bindung ul” übergeht.
Die Figur 6 gibt die Entwicklung des einen Spektrums in das
andere bei mehreren Blutlösungen, welche durch Extraktion von
Blutflecken verschiedenen Alters auf Leinwand gewonnen wurden.
Es sind Blutflecken von 7, 13 und 25 Tagen Alter extrahiert und
photometrier. Am roten Ende des Spektrums sind jeweils kleine
Stücke der Bezugsachsen gezeichnet, weil die Kurven zur besseren
Übersicht vertikal verschoben sind. Man erkennt das Wachsen
der Methämoglobin- und das Schwinden der Oxyhämoglobinbanden.
Bei der sieben Tage alten Lösung sind die O,-Hb-Banden noch
groß, die des Methämoglobins noch klein. Bei dreizehn Tagen ist
das Band im Blau des Methämoglobins bereits größer als das
O,-Hb-Band. Die vier Bänder wachsen und verschwinden an-
scheinend nicht gleichmäßig. Die O,—Hb-Bänder sind durch Über-
lagerung mit den Methämoglobin-Banden an Intensität verschieden
geworden. Nach 25 Tagen sind die beiden Streifen des O,-Hb
nurmehr kleine „Wellen“ in der Intensitätskurve. Die Kurven der
Fig. 6 sind alle etwas verzerrt, weil die Ordinaten nur der Quadrat-
wurzel aus der Durchlässigkeit proportional sind. Ferner ist zu
bemerken, daß die Lösungen wegen der kleinen extrahierten Mengen
D Ztschr. f. anal. Chem. 40. 508. 1901.
N) K.Bürker in Tiegerstedts Handb. d. phys. Meth. 2 (1). 71. tert,
124 Strub.
an Konzentration bis zu 10 °/, verschieden sein können. Die Kurven
der Fig. 6 wären vielleicht zu einer Methode der Altersbestimmung
von Blut zu gebrauchen; denn es ist anzunehmen, daß zwischen
der Menge der beiden Farbstoffe, also zwischen der Stärke ihrer
500 430
JIO
Fig. 6.
Entwicklung von Methämoglobin in Oxyhämoglobinlösungen.
600
650
->
|
— 4/94 bISSBJIUN
Aa
Absorptionsbanden, von der Zeit (vielleicht auch noch von andern
Umständen) abhängige Gleichgewichtsbedingungen herrschen. Das
Verhältnis der dekadischen Absorptionskonstanten der Maxima des
Methämoglobins zu denen der Maxima des O,-Hb muß eine Zeit-
funktion sein. Zu ihrer Bestimmung wurden die Streifen bei
Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blulfarbsiofe. 125
627 ua und 575,4 ua gewählt, wegen der guten Empfindlichkeit
des Auges für diese Spektralgegenden. Auf Grund verschiedener
Experimente wurde auch
eine solche Zeitfunktion ge-
funden, aber ihre Reproduk-
tion läßt, wie gleich zu An-
nfang gesagt sein soll, zu
wünschen übrig. Sie kann
deshalb nur das Prinzip
zu einer Methode zur Alters-
bestimmung des Blutes dar-
stellen. Im folgenden sei
diese Methode an Hand
der Experimente, welche
angestellt wurden, etwas
näher beschrieben.
Am 19.8. 1924 wurden
eine Anzahl von etwa hand-
großen Baumwoll-Läppchen
(Serie 1) mit je 1 ccm frischem
Blut betropft und im La-
boratorium, wo ziemlich
gleichmäßige Temperatur
herrschte, an Drähten frei
aufgehängt. Am 2.9. wurde
eine weitere Serie 2 solcher
Läppchen hergestellt. Von
Serie ı wurde nun je ein
Stück nach 13, 15, 17, 21,
23, 25, 28, 29 Tagen unter-
sucht; von Serie 2 je ein
Stück nach I, 3, 7, 9
11 Tagen. Zu diesem Zweck
wurde je ein Läppchen in
100 ccm destilliertem Was-
ser extrahiert, die jüngeren
eine halbe Stunde bis zu den
ältesten zweieinhalb Stunden und hier und da mit einem Glasstab ge-
führt. Nach dieser Zeit hatte sich sämtlicher Farbstoff im Wasser auf-
gelöst, Die Lösungen wurden darauf noch filtriert und dann photo-
Fig. 7.
Kurve zur Bestimmung des Alters von Biutflecken.
Alter inTegen
126 Strub.
metriert. Sodann wurden die œ, d. h. die dekadischen Absorptions-
konstanten, für die Stellen 627 pu und 575,4 uu gerechnet und die
Quotienten Fr gebildet und als Funktionen der Zeit aufgetragen.
Die Zeit: ein Tag wurde als Einheit der Abszissenachse benützt.
Fig. 7 gibt ein Bild der von Serie ı und 2 erhaltenen zwei Kurven-
stücke, welche sich ziemlich gut aneinander anschließen. Das erste
von links, von Abszisse 1—11, gehört zu Serie 2, das von 13—29
zu Serie ı. Fig. 7 zeigt, daß offenbar der Umwandlung der Farb-
stoffe ineinander ein ganz bestimmtes Zeitgesetz zugrunde liegt.
Die Bedingungen, unter welchen in diesem Fall der Prozeß vor
sich ging, sind allerdings möglichst konstant gehalten: Aufhängen
in einem Zimmer des Laboratoriums, gleiche Temperatur, Beleuch-
tung, Lüftung usw. Die aus Kurve 7 interpolierten Werte für die
Zu der einzelnen Tage, die das Blut alt ist, sind in folgender
576,4
Tabelle festgelegt:
Tabelle 8.
OD ON On 2 WW DD m
Eine weitere Reihe von Versuchen unter anderen Bedingungen
(Aufhängen der Läppchen im Garten, in einem Vestibül mit in-
konstanter Temperatur usw.) gaben aber durchaus keine gute Über-
einstimmung mit vorigem Ergebnis.
Es kann sich bei der Umwandlung der Farbstoffe nur um
zwei Dinge, welche .einzeln oder zusammen wirken, handeln:
I. Innere Molekularumwandlung der Konstitution ohne äußere
Einflüsse,
2. Umwandlung rein nur durch EE von außen, z.B.
durch Licht, Gase, Temperatur.
Um diese beiden Umstände zu untersuchen, wurden mit Blut
befleckte weiße Leinenstückchen in mit Paraffin verschlossene. Glas-
D ëmmer fren ` mm pn VE Vë
Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutifarbstoffe. 127
röhren gebracht. Vier dieser Gefäße wurden mit Wasserstoff,
welcher elektrolytisch hergestellt war, gefüllt; vier mit Sauerstoff
aus einer Bombe. Ferner wurden noch vier unverschlossen ge-
lassene Läppchen präpariert. Die Hälfte aller genannten Präparate
wurden in völlige Dunkelheit gebracht, die andere Hälfte an ein
Fenster mit nordöstlicher Lage gelegt. Nach 17 Tagen wurden
sämtliche Läppchen extrahiert und dann die Lösungen photo-
metriert. Die Ergebnisse lassen sich nicht eindeutig zusammen-
fassen, weil der Versuche offenbar zu wenig waren. Aber es scheint
doch sicher zu sein, daß die Beleuchtung keinen Einfluß hat. Das
ging auch aus folgendem hervor.
o Leinen und ro Baumwollstreifen (weiß, wie alle verwendeten
Stoffe) wurden mit Blut betropft, die Hälfte in vollkommene Dunkel-
heit, die andere Hälfte an ein Fenster mit Östrichtung gehängt.
Nach dem Messen ergab sich, daß die Stoflart und Belichtung
keinen merkbaren Einfluß hatte. Wohl aber scheint es nicht gleich-
gültig zu sein, wie die Verteilung des Blutes ist; ob man es auf
eine einzige Stelle getropft hat, so daß ein kräftig benetzter Fleck
entstand, oder ob man es in kleinen Tröpfchen, welche voneinander
durch unbenetztes Tuch getrennt sind, über das ganze Läppchen
verspritzte. Die Temperatur spielt anscheinend auch eine Rolle,
wurde aber gar nicht weiter verfolgt.
Um Eindeutigkeit und volle Kenntnis zu erreichen und so der
Gerichtsmedizin nützlich zu sein, muß hier eine eingehende Einzel-
untersuchung einsetzen, welche aber außerhalb des Rahmens dieser
Arbeit liegt. Eine langdauernde, systematische Untersuchung über
die Verwandlung von Oxyhämoglobin in Methämoglobin wäre nötig,
um die Einflüsse des Lichts, der Temperatur, der Verteilung, der
Gase, der Feuchtigkeit zu studieren. Je weniger Faktoren außer
der Zeit mitspielen, desto besser wäre es für die Ausarbeitung einer
Methode in dieser Richtung, da bei Gerichtsfällen die wenigsten
Bedingungen kontrolliert werden können. Es wäre aber neben der
Immunitätsforschung wohl noch diese physikalische Methode zu
wünschen: jene gibt die Blutart, diese das Blutalter. Zur weiteren
Festlegung einer Zeitfunktion könnten natürlich auch noch die
anderen Verhältnisse heranzogen werden, welche sich aus den vier
dekadischen Absorptionskonstanten der Maxima bilden lassen, um
z B. vier verschiedene Kurven zu erhalten, die sämtlich der Zeit-
bestimmung dienen könnten.
128 Sirub.
5. Prüfung des Beerschen Gesetzes.
Ist / die Stärke eines Lichtstromes, so erleidet dieser im ab-
sorbierenden Medium auf der Strecke dx den Verlust
—d]= E: fe dE,
k, die Absorptionskonstante, ist vom Medium und von der Wellen-
länge abhängig. Ändert sich auf der Strecke d die Anfangsstärke /
in A, so gilt
Ge d
-f 7 =k faz
J o
woraus:
lognat J— lognat A = E, d
oder
J=Je-*t
oder
J=J- 10.8.
Dieser Ausdruck ist das Lambertsche Gesetz. Für Lösungen
erhält man auf ähnliche Weise die Abhängigkeit von Konzentra-
tion c und Schichtdicke d durch das allgemeinere Beersche Gesetz
J =J- 107 .%e.
Daraus folgt für die gleiche Schichtdicke d (also gleiche Tröge):
mn _ o
o o
Die dekadischen Absorptionskonstanten müssen sich also wie die
Konzentrationen verhalten.
Bei den beschriebenen Untersuchungen des Oxyhämoglobins
verhalten sich zwei aufeinander folgende Konzentrationen wie 2:1,
beim Hämatoporphyrin wie 3:1. Es müßte also sein im ersten Fall:
e o
a
Über die Gültigkeit und Berechtigung des Beerschen Gesetzes
ist im dritten Band des Kayserschen Handbuches der Spektrokopie
umfangreich diskutiert, und es wurde deshalb seine Anwendung
auf die vorliegenden Messungen untersucht. Aus den Tabellen
wurden die Quotienten der dekadischen Absorptionskonstanten ge-
bildet, und zwar so, daß aus Tabelle ı für jede Wellenlänge zwei
Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blusfarbstoße. 129
Tabelle 9.
Prüfung des Beerschen Gesetzes bei O,-Hb.
EE 5 HT a Se? | "AC | 2%/2°% | z’il/a”!® | Farbmittel
er | a, | `
683,0 1,49 1,83 157 | 142 1,92 |
6749 1,54 1,84 =s e em
665,0 1,49 I ‚85 | 1,57 = Kë
657,5 1,52 1,84 1,54 = Ss
651,5 1,46 1,91 1,52 u —
645.3 1,46 1,86 1,55 — cn 1,69
636,5 1,54 | 1,86 1,55 1,42 | er
627 E 1,54 1 ‚34 1,60 1,54 | SS |
621,0 141 1,82 1,66 1,68 | — |l
615,5 1,60, 1,80 GR f Së — ]
610,5 1,66 1,81 ‚6 k eg 1 BI 3
Rot (Mittel) | (Mittel) | 1,52 | 1,84 | 160 | 155 | 192 | Bu
604,9 1,66 SE 1,88 | 1,179 1,93 a: 2"
600,0 1,93 1,67 2,01 1,88
597,0 1,96 | 1,52 1,94 | 146
593,4 | 1,82 1,84 2,01 1,60 1.86
584,8 Bal | 217 V
CH | | 1,97 | 201 2,44 |
5754 1,99 2,02 | 2.06 |
8 572,8 l 1,97 | 2,02 2,3 t |
Gelb (Mittel | 1,66 | 1,90 | 1,74 | 204 | 200 |
567,5 | | | 1,98 2,08 | 2,18
562,8 ! 1,98 203 | 1,99
560,0 | 1,99 2,01 | 1,92 |
555,9 1,98 | 2,02 2,03
545,1 2,02 1,93 | 2,38
541,7 | 2,01 2,02 2,43 2,04
538,4 2,01 2,00 2,39
532,0 1,90 2,00 1,96
527,0 | 1,97 1,95 2,06
521,0 | 1,98 1,99 2,07
517,9 | 1,94 2,00 2,12
sı27 | | 1,95 | 199 | 2,08 ]
Grün (Mittel) | | | 208 I ee LE ee i o
505,5 | t95 | 208 |
502,0 | | 594 | 2,06 |
VE | | GE wä |
o 1,9 2,0
en i | 1,97 2,06 | | ol
477,4 | | 1,99 2,06
472,0 | 1,96 2,03 |
464,9 | | 1,96 | 2,02 J
Blau (Mittel) | ( 1596 | 206 | |
460,0 1,95 | 2,06 | Kr
454,9 1,95 | 1,98 i
446,0 | 1,86 | 9
Lob | | 2,02
Violett (Mittel | 1,95 | 198 | |
Mitt 1,53 ' | 1,90 | 202 |
S = constans (æ = dekadische Absorptionskonstante). — Gesamtmittel 1,88.
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24.
Io
130 Strub.
Tabelle 10.
e des Beerschen Gesetzes bei E
"wa I ' IN. 2 Nr. 2/Nr. än 3/Nr. 1.4 [Nr air. d, s/Nr.6| Farbmittel
667,0 2 ae T 248 2,32 u 2,42 | 2,00
660,0 3,01 2,57 231 | 237 | 203
651,5 3,00 2,77 2,31 | 2,37 1,90
645,0 2,82 2,89 241 , 213 | 1,92 E
636,5 2,89 ' 2,87 2,42 252 , 1,7 S
630,0 2,55 2.94 ‚49 2,58 2,02 |
622,5 2,89 2,59 2,72 2,25
6130 | 2,99 2,68 2,83 2.14 GG
ER (Mittel) | 2,85 | 2,80 | 2,44 | 2,49 2,02
6049 | 2,89 2,83 2,87 2,10 =
602,5 | 2,97 2,85 2,73 2,19 `
599,0 2,85 2,81 2,73 2,32
595,5 2,93 2,86 2,72 2,33
592,0 2,94 2,80 2,83 224 | „on
590,0 2,95 2,76 2,91 1,95 S
587,0 2,98 2,74 2,84 2,19
583,0 2,96 2,78 2,76 2,27
577,0 2,98 2,76 2,80 | 2,33 |
57155 iSS I 303 | 2,82 2,84 1.229 |
Gelb (Mittel) elb Mitte) | | 2,95 | 2,80 2,80 | 2,22
5600 Io i | 2,97 2,86 | 262 | =
557,5 | 2,92 2,86 | 271
552,0 | 2,94 2,97 2,59
543,4 | 2,98 | 3,05 | 2,94 | 2,49 2,7
535,0 2,79 Ä 2,81 ] 2,76 | 2,02 | KI
527,0 2,96 2,72 2,75 2,35
521,0 | 2,91 2,72 2,71 2,36
512,7 2,90 2,69 2,70 2,40
Grün (Mittel) | 2,91 | 2,85 | 2,82 | 2,44 |
499,0 | | 2,90 | 2,67 | 2,77 | | u
486,5 2,96 2,70 2,52 |
475,0 | | 2,88 2,85 2,36 | (Zr
464, 9 . BRETT 2,65 2,30 | ER. S
(Blau (Mittel) | | 2,91 | 272 | 2.49 | |
4549 | g 2,69 2,66 | =
4400 2,58 3,14 Lë ` 27
438. O GES | 2,79 | RESTE
Violett(Mittel)| o | = p | 2,64 2,86 |
2,85 | 288 | 2,70 | 270 Zen '
a; _ . .
ZI = const. (e = dekadische Absorptionskonstante).
i
Gesamtmittel 2,67.
Zahlen derjenigen Seite 103 genannten Konzentrationen genommen
wurden, welche sich wie 1:2 verhielten. Aus Tabelle 6 konnten
sämtliche Konzentrationen benutzt werden, da ja immer eine aus
Spektropholometrische Untersuchung einiger Blutfaröstofe. 131
der andern durch Verdünnen hervorging. In den Tabellen o und 10
sind diese Quotienten eingetragen. Die erste Spalte gibt jeweils die
Wellenlängen in Mikromillimeter, die folgenden die ==}, die letzte
D
die Gesamtmittel der Quotienten der ungefähr nach den Farben
Rot, Gelb, Grün, Blau, Violett gebildeten und durch Querstriche
getrennten Spektralbezirke. Die mit Rot, Gelb usw. bezeichneten
Querspalten geben die Mittel der zugehörigen Farbenbezirke der
senkrechten Spalten. Die unterste Querspalte gibt die Gesamtmittel
der Einzelspalten, also über das ganze sichtbare Spektrum. Das
Gesamtmittel der Tabelle 9 (Oxyhämoglobin) ist 1,88 (anstatt 2),
das der Tabelle 10 (Hämatoporphyrin) ist 2,67 (anstatt 3), das gibt
eine bzw. Unstimmigkeit von 6 bzw. ı1°/, während die Beob-
achtungsfehler im Durchschnitt nicht über ı°/, gehen.
Aber diese Gesamtmittel geben aus verschiedenen Gründen
(wie ein Gesamtfehler) kein übersichtliches Bild:
t. Es haben in verschiedenen Farben wegen des Ganges des
Beobachtungsfehlers die Einzelmessungen verschiedenes Gewicht;
2. sind Zahlen aus den Bezirken geringer und starker Absorp-
sion nicht als gleichwertig zu betrachten;
3. läßt sich ein Gang der Quotienten auf diese Art nicht
zeigen.
Deshalb wurden ausführlich die Einzelresultate und Teilmittel
der Tabellen 9 und 10 gegeben.
Die Abweichungen von 6 bzw. ı1°/, können aus drei Gründen
zu erklären sein:
1. Beobachtungsfehler;
2. Veränderung des Farbstoffes mit wechselnder Konzentration
iz. B. Dissoziation);
3. Nicht allgemeine Gültigkeit des Beerschen Gesetzes.
Zur Wertung dieser drei Gründe ist folgendes zu sagen: Der
Beobachtungsfehler könnte vielleicht infolge von Temperatureinflüssen
oder sonstigen nicht genau gleichzuhaltenden Bedingungen etwas
größer sein, aber erreicht gewiß nicht 6 oder gar ı1°),. Denkbar wäre
einzig Fall 2 und 3. Eine Entscheidung zwischen diesen kann bei
einem so kompliziert gebauten Molekel, wie bei dem des O,-Hb
und der damit verbundenen großen Möglichkeit der Veränderung,
nicht leicht gewagt werden. Doch hat Fall 3 gewisse Gründe für
sich: Im Rot sind die kleinsten Werte der Quotienten und also die
größten Abweichungen vom Beerschen Gesetz; sie steigen und
10*
132 Strub. Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstoffe.
erreichen im Gebiet starker Absorption die besten Werte, fallen
dann wieder gegen Blau etwas, was aber gut mit dem dortigen
großen Beobachtungsfehler erklärt sein mag, also ohne Bedeutung
ist. Der kleine Wert für die Gebiete geringer Absorption ist auf-
fällig. In solchen Gebieten ist zuerst eine Unstimmigkeit des Beer-
schen Gesetzes zu erwarten, da es ja als ‚„Molekulargesetz‘‘“ mit
großer Zahl von absorbierenden Individuen rechnet, und geringe
Absorption ja ungefähr gleichwertig mit kleiner Anzahl von Molekeln
ist. Die Durchschnittswerte der einzelnen Konzentrationen wachsen
beim O,-Hb mit der Verdünnung, beim Hp fallen sie. Dieser Um-
stand jedoch kann sowohl für den Molekelzerfall, als auch gegen
das Beersche Gesetz sprechen.
Ein weiterer, vorerst nicht zu kontrollierender Einfluß könnte
auch von der Zerstreuung des Lichtes durch große Molekelkomplexe
herrühren, welche sich in den wahrscheinlich wagrechten roten Enden
der Absorptionskurven von O,—Hb kenntlich macht. Möglich, daß
dieser Zerstreuungsverlust, welchen ich einfach als Absorption ver-
rechnete, nicht nach dem e-Gesetz geht. Jedenfalls kann eine Ent-
scheidung hier so lange nicht gefällt werden, bis man genaueste
Kenntnis des Blutfarbstoffinolekels besitzt.
6. Zusammenfassung.
L Es wird die quantitative spektrophotometrische Ausmessung
in Zahlen und Abbildungen gegeben von:
I. einerer wäßrigen Oxyhamoglobin- bzw. Blutlösung in 12 Kon-
zentrationen an 33 Stellen des sichtbaren Spektrums;
2. einer 45 Nlinuten auf 6200 Touren zentrifugierten, wäßrigen
Blutlösung und derselben vor Zentrifugieren an 26 Stellen des
Spektrums;
3. einer wäßrigen Kohlenoxydhämoglobinlösung und der ent-
sprechenden Oxyhämoglobin- bzw. Blutlösung an 33 Stellen;
4. einer Hämatoporphyrinlösung in konzentrierter, reinster
Schwefelsäure in 6 Konzentrationen an 33 Stellen des Spektrums.
II. Es wird die Größe des Beobachtungsfehlers und seine Ab-
hängigkeit von Absorption, Intensität und Wellenlänge beim Photo-
metrieren mit einem König-Martensschen Spektralphotometer
studiert an Hand einer Fehlerkurve der spektralphotometrischen Beob-
achtung einer Oxyhämoglobin-Absorptionskurve.
III. Es wird das Prinzip einer noch näher zu studierenden
spektralphotometrischen Methode zur Feststellung des Alters von
Hübl. Die Desensibilisierung farbenempfindlicher Platten. 133
Blutflecken auf Kleiderstoffen angegeben, beruhend auf der Um-
wandlung von Oxyhämoglobin in Methämoglobin.
IV. Die Prüfung des Beerschen Gesetzes an den dekadischen
Absorptionskonstanten der unter I, ı. genannten Oxyhämoglobin-
und der Hämatoporphyrinlösungen unter L, 4. ergibt 6 bzw. ı1°/, Ab-
weichungen; und zwar absorbieren beim Oxyhämoglobin die ver-
dünnteren Lösungen mehr, als zu erwarten, nähern sich aber, mit
Verdünnung fortschreitend, immer mehr dem theoretischen Wert
und überschreiten bei den verdünntesten (1:4000) Lösungen diesen
um ein Geringes, beim sauren Hämatoporphyrin absorbieren die
verdünnten Lösungen ebenfalls mehr als zu erwarten, aber der ge-
messene Wert weicht mit fortschreitender Verdünnung immer mehr
vom theoretischen Wert ab.
Zum Schlusse sei es mir erlaubt, meinem hochverehrten Lehrer,
Herrn Prof. Dr. Aug. Hagenbach, für die Anregung zu dieser
Arbeit, für das Interesse, welches er mir während deren Fertig-
stellung ständig entgegenbrachte, sowie für seine mannigfachen Rat-
schläge herzlich zu danken. Desgleichen möchte ich Herrn Kantons-
chemiker Prof. Dr. Kreis, Basel, für die Überlassung der Zentri-
fuge, Herrn Prof. Dr. Metzner, Basel, für das Besorgen schwer zu-
gänglicher Literatur, der Direktion des Baseler Schlacht-
hauses für den kostenfreien Bezug vieler Blutproben, und dem
Herrn Hallenmeister der Großhalle Basel für die große Mühe und
Sorgfalt beim Abfüllen und Defebrinieren des Blutes meinen besten
Dank sagen.
Basel, Physikalische Anstalt im Bernoullianum, Februar 1925.
(Eingegangen am 2. Januar 1926.)
Die Desensibilisierung farbenempfindlicher Platten.
Von
Dr. A. Hübl.
Mit ı Figur im Text.
Wenn auch die Theorie der Desensibilisatoren noch keineswegs
geklärt ist, so scheint doch die von Dr. Lüppo-Cramer aus-
gesprochene Annahme, daß die Wirksamkeit dieser Substanzen
134 Hübl.
durch ihr oxydatives Verhalten bedingt ist, berechtigt zu sein und
auch Dr. Kögel!) bezeichnet, in Übereinstimmung mit dieser An-
schauung, die Desensibilisatoren als außerordentlich ,wasserstoff-
begierig“.
Sie zeigen also eine gewisse gegensätzliche Ähnlichkeit mit den
chemischen und nicht mit den optischen Sensibilisatoren.
Dabei ist es aber nicht ausgeschlossen, daß der desensibili-
sierende Farbstoff auch als Sensibilisator wirken kann und Pheno-
safranin z. B. macht tatsächlich die photographische Platte schwach
erünempfindlich. Das ist aber eine Eigentümlichkeit des Farbstoffes,
die mit seiner Wirksamkeit als Desensibilisator gar nichts zu tun
hat, denn für einen Farbensensibilisator ist sein Verhalten im Lichte
maßgebend, während für den Desensibilisator nur sein chemischer
Charakter in Betracht kommt. Um das Bromsilber farbenempfind-
lich zu machen, ist unbedingt ein Farbstoff erforderlich, ein De-
sensibilisator kann aber auch farblos sein, wie das z.B. beim Pina-
kryptolgelb der Fall ist, das zu den besten Desensibilisatoren zählt,
die wir kennen.
Die Farbe ist also nur eine zufällige, nebensächliche Eigen-
tümlichkeit der Desensibilisatoren und ihre Wirksamkeit kann daher
auch nicht spektral begrenzt sein.
Auch Stammreich und Thüring”) konnten bei einer Reihe
von Versuchen mit farbenempfindlichen Platten kein mit der Farbe
der Desensibilisatoren im Zusammenhang stehendes spektrales
Wirkungsmaximum konstatieren, sie fanden vielmehr, daß sich die
Wirksamkeit aller dieser Substanzen nur im spektralen Blau und
Ultraviolett bemerkbar macht. Bei der Desensibilisierung würde also
lediglich die Eigenempfindlichkeit des Bromsilbers verringert werden,
während die relative Farbenempfindlichkeit, das ist das Verhältnis
Farbenempfindlichkeit
Blauen findlichkeit > das mit v bezeichnet werden soll, ungeändert
bliebe.
Es erscheint jedoch mehr als fraglich, ob diese Beobachtungen
tatsächlich zutreffend sind, denn eine ganze Reihe von Versuchen
hat mir gezeigt, daß die Farbenempfindlichkeit einer Platte, gleich-
gültig, durch welchen Sensibilisator sie bedingt wird, bei der De-
sensibilisierung fast immer viel mehr herabgesetzt wird, als die Blau-
1) Photographische Industrie 1925, S. 1143.
3) Zeitschr. f. wiss. Photogr. 1925, S. 363.
Die Desensibilisierung farbenempfindhcher Platten. 135
empfindlichkeit, und daß daher die relative Farbenempfindlichkeit v
eine sehr bedeutende Verkleinerung erfahrt.!)
Man kann für solche Versuche entweder einen Spektrographen
oder besser ein Keilsensitometer benutzen, das man mit einer blauen
und gelben Folie belegt hat" Die Farbenempfindlichkeit vor und
nach der Desensibilisierung läßt sich aus Sensitometerversuchen leicht
und sicher rechnen, während photographische Aufnahmen des Spek-
trums eigentlich nur qualitative Vergleiche ermöglicht, wobei auclı
grobe Täuschungen nicht ausgeschlossen sind.?)
Die vorstehende Figur zeigt die Resultate eines Sensitometer-
versuches, der die Abnalıme der relativen Farbenempfindlichkeit bei
der Desensibilisierung deutlich erkennen läßt.
Es wurden Streifen einer Pinacyanolplatte benutzt, die vor und
nach der Behandlung mit verschiedenen Desensibilisatoren beim
Lichte einer Halbwattlampe unter dem Keilsensitometer exponiert
wurden und 5 entspricht der Schwärzung unter dem Blaufilter,
g jener unter dem Gelbfilter.
Vor der Desensibilisierung ist die Platte, wie man sieht, über-
wiegend gelbempfindlich; nach der Desensibilisierung ist die Schwär-
zung unter der Gelbfolie bedeutend kürzer und die Gelbempfindlich-
keit hat daher viel mehr abgenommen als die Blauempfindlichkeit.
Aus der Längendifferenz der beiden Schwärzungen ergeben sich
die nachstehenden Farbenempfindlichkeiten:
Vor der Desensibilisierung war v = 1,8.
Nach der Desensibilisierung mit Phenosafranin 1:5000 ist v = 0,35.
„ Pinakryptolgrün 1:5000 „ v = 0,15.
„» Pinakryptolgelb 1:2000 „ v = 0,00.
Da ein Phenosafranin- oder Pinakryptolgrün-Vorbad die Blau-
empfindlichkeit der Platte auf etwa Tan restringiert, so wird, wie
diese Zahlen zeigen, die absolute Gelbempfindlichkeit durch
Phenosafranin auf Ten und durch
Pinakryptolgrün „ soo herabgesetzt
und Pinakryptolgelb vernichtet sie gänzlich.
Diese Tatsachen stehen in vollen Einklange mit der von
Dr. Kögel und Dr. Steigmann‘) aufgestellten Theorie der optischen
Sensibilisierung, der die Annahme zugrunde liegt, daß die sensibili-
et —
—
1,2) Photographische Rundschau 1925, S. 197.
D Dr. Hübl, Die orthochromatische Photographie S. 32.
*) Photographische Industrie 1925, S. 1143.
136 Hübl.
sierenden Farbstoffe an und für sich einen so hohen Grad von
Lichtempfindlichkeit besitzen, daß sie bei der Exposition der photo-
graphischen Platte durch die langwelligen Strahlen direkt eine
chemische Veränderung erfahren, wodurch das mit ihnen im innigen
Kontakt stehende Bromsilber entwicklungsfähig wird.
Man kann nun weiter annehmen, daß durch die Gegenwart
eines Desensibilisators nicht nur die Lichtempfindlichkeit des Brom-
silbers, sondern auch die des sensibilisierenden Farbstoffes herab-
gesetzt wird, wodurch er seine Wirksamkeit mehr oder weniger einbüßt
oder, wie das beim Pinakryptolgelb der Fall ist, auch ganz verliert.
Daß die Lichtempfindlichkeit der als Sensibilisatoren benutzten
Farbstoffe durch die Desensibilisatoren verringert oder auch ganz
aufgehoben wird, läßt sich leicht zeigen. So bleicht z. B. eine mit
Pinakryptolgelb vesetzte sehr verdünnte Lösung von Pinachrom im
Sonnenlichte viel langsamer als eine solche ohne diesen Zusatz und
mit Pinachrom gefärbtes Bromsilber, das durch Tageslicht fast
momentan, und auch durch rotes Licht allerdings langsamer ent-
färbt wird, wird nach dem Übergießen mit einer Pinakryptolgelb-
lösung vollkommen lichtbeständig.')
Wenn es auch im allgemeinen nicht zulässig ist, aus der sicht-
baren Veränderung, welche eine Substanz im Lichte erfährt, auf
ihr Verhalten bei schr kurzer Belichtung zu schließen, so kann diesen
Versuchen eine gewisse Bedeutung für die Theorie der Farben-
desensibilisierung doch nicht abgesprochen werden.
Die Bromsilber- und Farbstotfdesensibilisierung sind voneinander
unabhängig und das erklärt die Tatsache, daß, wie das obige Bei-
spiel zeigt, verschiedene Desensibilisatoren, welche die Blauempfind-
lichkeit auf den gleichen Bruchteil herabsetzen, die Farbenempfind-
lichkeit sehr verschieden beeinflussen können.
Noch besser werden diese Verhältnisse durch das nachstehende
Beispiel illustriert: Pinakryptolgrün, Phenosafranin und Scharlach N?)
als Vorbad I: 5000 benutzt, verringern die Blauempfindlichkeit einer
Pinachromplatte auf etwa (lag während für die Farbenempfindlich-
keit nach der Desensibilisierung folgende Werte gefunden wurden:
Pinakryptolgrün . v = 0,02
Phenosafranin. . v = 0,07
Scharlach N . . v = 0,20
wë e —- en
1) Photographische Rundschau 1925, S. 72.
2) Photographische Industrie 1925, S. 129
Die Desensibilisierung farbenempfindlicher Platten. 137
Die drei Desensibilisatoren bewirken die gleiche Verringerung
der Blauempfindlichkeit des Bromsilbers, verhalten sich aber als
Farbstoffdesensibilisatoren sehr verschieden, denn das Pinakryptol-
grün ist in dieser Beziehung ıomal, das Phenosafranin 3mal so
wirksam wie der Scharlach N.
Gewiß gibt es auch Substanzen, die nur auf das Bromsilber,
nicht aber auf den Farbstoff empfindlichkeitsverringernd wirken.
Für eine mit Pinachromviolett sensibilisierte Platte ist das z. B. bei
der Desensibilisierung mit Scharlach N der Fall. Die Blauempfind-
lichkeit sinkt dabei auf Teo die Gelbempfindlichkeit erfährt da-
durch die gleiche Verringerung und die relative Farbenempfindlich-
keit v bleibt daher ungeändert. In solchen Fällen würden die Beob-
achtungen von Stammreich und Thüring zutreffend sein.
Die relative Farbenempfindlichkeit v kann aber durch einen
Desensibilisator niemals eine Steigerung erfahren und es ist nicht
recht verständlich, daß Stammreich und Thüring in gewissen
138 Hibil. Die Desensibilisierung farbenempfindlicher Platten.
Fällen eine solche doch beobachtet haben wollen. Die Grün-
empfindlichkeit einer Erythrosinplatte soll z. B. durch Methylgrün,
Kristallviolett, Phenosafranin usw. auf das Doppelte gesteigert werden,
doch zeigt der Versuch, daß das durchaus nicht der Fall ist, denn
diese Farbstoffe, auch in äußerst verdünnten Lösungen benutzt,
verringerten, wie zu erwarten stand, die Grünempfindlichkeit be-
deutend mehr als die Blauempfindlichkeit.
So restringiert ein Kristallviolettvorbad 1:200000 die Blau-
empfindlichkeit einer Erythrosinplatte auf !/,, die Grünempfindlich-
keit aber auf IG, und für ein Phenosafraninvorbad I: 1000000
wurden die Zahlen !/, und !/, gefunden.
Die vorstehenden Ausführungen sollten den Beweis erbringen,
daß bei der Desensibilisierung einer orthochromatischen oder pan-
chromatischen Platte die Verringerung der relativen Farbenempfind-
lichkeit v einer direkten Desensibilisierung des Farbstoffes, einer
Steigerung seiner Lichtbeständigkeit zuzuschreiben ist und daß daher
die Abnahme der Farbenempfindlichkeit unabhängig von jener des
Bromsilbers erfolgt.
Allerdings ließe sich diese Unabhängigkeit auch durch die An-
nahme erklären, daß der sensibilisierende Farbstoff durch den De-
sensibilisator vom Bromsilber abgedrängt wird, etwa so, wie das
z. B. Bromsalze tun. Dafür bestehen aber keinerlei Anhaltspunkte,
denn das z,B. mit Pinachrom gefärbte Bromsilber erfährt durch
eine Lösung von Pinakryptolgelb keine sichtbare Veränderung.
Man könnte aber auch eine chemische Veränderung der Sensi-
bilisatoren durch den Desensibilisator, etwa die Bildung von Kolloid-
komplexen, annehmen, und tatsächlich vereint sich das saure
Erythrosin mit dem basischen Pinakryptolgelb zu einer wasser-
unlöslichen Verbindung und die Lösungen der Isocyanine wechseln
beim Zusatz von Pinakryptolgelb sehr merkbar den Farbenton.
Dieser Annahme widerspricht aber die Tatsache, daß die Ab-
nahme der Farbenempfindlichkeit von der Konzentration des De-
sensibilisators abhängt. So wurden z. B. für eine Pinachromviolett-
platte v = 1,6 bei der Desensibilisierung mit
Pinakryptolgrün I: 2000. . v = 0,26
e I: 500. . v= 0,55
S 1:10000., . = 1,23 gefunden.
Da die Bromisilberschicht doch nur Spuren des sensibilisierenden
Farbstoffes enthält, so müßte schon die Lösung 1: 10000 zu seiner
Eder. Vergleichende Tabelle der spektralen Farbenempfindlichkeit usw. 139
chemischen Veränderung genügen und die Maximaldesensibilisierung
bewirken. Das ist aber nicht der Fäll, denn die Farbendesensibili-
sierung folgt dem gleichen Gesetz wie die Abnahme der Brom-
silberempfindlichkeit; in beiden Fällen sinkt die Lichtempfindlich-
keit proportional mit der Konzentration des Desensibilisators.!)
Weder das Bromsilber noch der Farbstoff erleiden durch den De-
sensibilisator eine chemische Veränderung, seine Gegenwart macht
sich, ebenso wie die eines chemischen Sensibilisators, erst bei der
Belichtung der Platte geltend. Die erwähnte Proportionalität gilt
selbstverständlich nur für sehr verdünnte Lösungen, wie man sie
in der Praxis benützt; wächst die Konzentration über ein bestimmtes
Maß, so wird die Empfindlichkeitsabnahme immer geringer und
nahert sich allmählich einem bestimmten Grenzwert, der von der
Natur des Desensibilisators und der lichtempfindlichen Substanz —
Silbersalz oder Farbstoff — abhängt.
Eingegangen am 27. Dezember 1925.
Vergleichende Tabelle der spektralen Farbenempfindlichkeit von
Brom-, Jod- und Chlorsilber und der Wirkung der wichtigsten
Farbensensibilisatoren.
Von
Prof. Dr. Joseph Maria Eder, Wien.
Die Kenntnis der relativen Farbenempfindlichkeit der gebräuch-
lichen photographischen Platten spielt eine wichtige Rolle bei der prak-
tischen orthochromatischen Photographie, bei Dreifarbenaufnahmen,
der Spektrumphotographie für Zwecke der Spektralanalyse, in der
Reproduktionstechnik im allgemeinen und bei der Wahl der Dunkel-
kammerbeleuchtung.
Ich habe im Laufe der Jahre oft und oft spektrographische
Untersuchungen der verschiedenartigsten photographischen Schichten,
sowohl mit Glas-, Quarz- und Konkavgitter-Spektrographen unter
Benutzung verschiedener Lichtquellen vorgenommen.
Die spektrale Empfindlichkeit gab ich nicht nur in Wellen-
langen des wirkenden Lichtes an, sondern belegte das so charakte-
ristische Aussehen der Empfindlichkeits- und Sensibilisierungsbänder
in verschiedenen Veröffentlichungen durch getreue Faksimile der
Spektrum-Photographien, und zwar zuerst im Jahre 1884 in meiner
Abhandlung „Über das Verhalten der Haloidverbindungen des Silbers
1) Photographische Rundschau 1925, S. 73.
140 Eder.
gegen das Sonnenspektrum und die Steigerung ihrer Empfindlich-
keit durch Farbstoffe“ (Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wissensch.
vom 4. Dezember 1884). Die Aufnahmen waren mittels dreier Glas-
prismen gemacht und in Lichtdruck reproduziert. Später veröffent-
lichte ich derartige Faksimile-Spektrumphotographien in dem Werke
Eder und Valenta, „Beiträge zur Photochemie und Spektralanalyse“,
Wien 1904, ferner in meinem ÄAusführlichen Handbuch der Photo-
graphie, Bd. I, 3, 1912 und zuletzt in der zweiten Auflage von
Eder und Valenta, „Atlas typische Spektren“, Wien 1924, in welchem
auf Tafel 25 zuerst das vollständige prismatische Sonnenspektrum
im sichtbaren Teil, geschlossen von A bis zu Beginn des Ultra-
violetts in einer Länge von 24 cm abgebildet wurde, ferner mittels eines
Quarzspektrographen in ebensolcher Länge das ultraviolette Sonnen-
spektrum. Auch findet sich dort die Wirkung des Sonnenspektrums auf
Chlor-, Jod-, und Brom-Bromjodsilber heliographisch abgebildet, des
gleichen die wichtigsten Farbensensibilisatoren der Eosin-, Zyanin-,
Pinachrom- und Pinazyanolreihe, während ähnliche Tafeln in Brom-
silber-Gelatinekopien in einer ausführlichen Abhandlung (Eder,
Sitzungsberichte d. Akad. d. Wissenschaften in Wien, Mai 1915) publi-
ziert worden waren, welche die grundlegenden Eigenschaften der in
den Farbwerken von Meister, Lucius & Brüning in Höchst am Main
hergestellten Sensibilisatoren in Abbildungen, schematischen Kurven
und Wellenlängenmessungen klar machte.
Aber diese Abhandiungen und Tafelwerke sind schr zerstreut,
ebenso die Untersuchungsergebnisse zahlreicher anderer Forscher,
so daß es schwer ist, rasch einen Überblick über die praktisch
wichtigsten Eigenschaften gewöhnlicher und farbenempfindlicher
Platten im Bedarfsfalle zu gewinnen.
Deshalb nahm ich eine Neubearbeitung über die Farben-
empfindlichkeit der wichtigsten photographischen Silberhaloidschichten
vor, welche in knapper Form in tabellarischer Übersicht diese Ver-
hältnisse der verschiedenen Lichtempfindlichkeit in einheitlicher Be-
handlung klar macht.
Die Prüfung der Farbenempfindlichkeit wurde von mir im
Sonnenspektrum vorgenommen und die Angaben beziehen sich auf
die in der praktischen Photographie gebräuchlichen Belichtungs-
zeiten innerhalb des normalen Spielraumes der Exposition.
Die Lage der Empfindlichkeitsmaxima und der Schwärzungs-
streifen im Sonnenspektrum ist allerdings nicht völlig konstant. Die
Lage der Maxima variiert mit der Art der verwendeten Lichtquelle (je
Vergleichende Tabelle der spektralen Farbenempfindlichkeit usw. 141
nachdem diese mehr oder weniger von reinem Weil des Sonnenlichtes
entfernt ist). Als Beispiel führe ich an, daß ich bei Verwendung einesGlas-
spektrographen mit ein und derselben Bromsilber-Gelatineplatte
folgende Schwankungen der Empfindlichkeitsmaxima im Spektrum fand.
Maximum der Empfindlichkeit
Bromsilber - Gelatine, Sonnenlicht . . . . . . . 45E up
pe 2 Auer-Gasglühlicht . . . . . 454 „
s s Gas-Argandbrenner . . . . . 456 „
Ge o Petroleum-Flachbrenner . . . 457 »
Darauf hatte ich bereits in den Sitzungsberichten der Akad. d.
Wissenschaften in Wien am 11. Juli 1901 {abgedruckt auch in: Eder
und Valenta, Beiträge zur Photochemie, 1904, II, S. 132) hingewiesen.
Die photographischen Maxima der Spektralwirkung aufBromsilber-
Gelatineplatten treten stets als breite Bänder auf und lassen sich deshalb
schwer festlegen, jedoch entsprechen oben angegebene Zahlen gut den
tatsächlichen Verhältnissen bei kurzen Belichtungen mit guter Glasoptik.
Unter sonst gleichen Umständen erleiden aber diese Maxima
eine kleine Veränderung bei Anwendung von Konkavgittern oder
Quarzspektrographen in der Zone der kurzwelligen Strahlen. Z. B.
gibt der Gitterspektrograph das Maximum der Sonnenwirkung auf
Bromsilbergelatine (mit Entwicklung) bei 447—445 uu, also etwas
niedriger als mit Glasapparaten.
Überdies variieren die Maxima der Sensibilisierungsbänder auch
ein wenig mit verlängerter Belichtungszeit. Normal soll man die
kürzeste zulässige Belichtungszeit wählen; bei steigender Belichtung
verbreitern sich meistens die Schwärzungsstreifen langsam gegen das
rote Ende des Spektrums, dagegen viel rascher gegen das violette
Ende. In solchen Fällen rückt der Schwerpunkt des Schwärzungs-
bandes von Bromsilbergelatineplatten im Glasspektrographen von
451 nach 443 und im Gitterspektrographen verschiebt sich das
richtige Maximum von 446 auf das scheinbare Maximum von 436.
Diese Schwankungen und ihre Ursachen muß man kennen, um
die differierenden Angaben verschiedener Autoren zu verstehen; prak-
tisch sind sie allerdings für die Beurteilung der effektiven Farben-
empfindlichkeit in der Reproduktionstechnik von geringem Einfluß.
Bei Chlorsilbergelatine ist die Bestimmung des Maximunıs
der Empfindlichkeit in besonders hohem Grade von den optischen
Apparaten abhängig, weil es in jenem kurzwelligen Teile liegt, in
dem die Glasabsorption eine sehr große Rolle spielt. Bei Verwen-
dungvonGlasprismen und Linsen scheint das Maximum der Wirkung des
Sonnenspektrums bei 395 pu zu liegen (Grenze von Violett und Ultra-
Eder.
142
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144 Euer. Vergleichende Tabelle der spektralen Farbenempfindlichkeit usw.
violett), während das Konkavgitter das Maximum weiter im Ultraviolett,
bei 355 uu ergibt; dies ist auch in der folgenden Tabelle registriert.
Es bleibt noch zu erwähnen, daß die Bromsilberkollodien
das Maximum der Empfindlichkeit bei etwa 430 uu, also nicht an
derselben Stelle wie Bromsilbergelatine, aufweisen. Die „Brom-
silberkollodien“ der Reproduktionstechniker enthalten häufig einen
kleinen Gehalt an Chlorsilber (etwa refl: sie verändern das Emp-
findlichkeitsmaximum nicht und werden nur zu dem Zwecke ge-
macht, den Reifungsvorgang zu regulieren und das Verhalten gegen
Farbensensibilisation günstig zu beeinflussen.
Die in meiner Tabelle gemachten Angaben über die Wirkung
der Farbstoffzusätze gelten sowohl für die in der Emulsion gefärbten
Schichten als für die mit dem Badeverfahren hergestellten Platten.
Allerdings geben die Badeplatten stets etwas bessere Farbensensibili-
sierung und meist etwas breiter ausgedehnte Sensibilisierungsbänder,
aber die Lage der Maxima und der Schwärzungsstreifen ist an-
nähernd dieselbe, so daß diese Tabelle zur Orientierung in beiden
Fällen dient. Die Badeplatten kann man sich bekanntlich selbst
herstellen, wenn man ı Teil des Farbstoffes ın 1000 Teilen Alkohol
löst und etwa 6 ccm dieser Farblösung mit 100 ccm Alkohol und
200 ccm Wasser verdünnt. Badezeit der Bromsilbergelatineplatten
4 Minuten im Finstern und rasches Trocknen, womöglich in einem
gut ventilierten Trockenschrank. — Spült man die Platten un-
mittelbar nach dem Baden in der Farbstofflösung kurz mit Wasser
ab (bis es gleichmäßig fließt), so geht nur wenig von der Farben-
empfindlichkeit verloren, aber die Platten gewinnen an Haltbarkeit.
Ammoniakzusatz zum Farbbad ist nur bei der Verwendung
von Eosin, Erythrosin und Dizyanın von Vorteil, bei den anderen
genannten Farben aber nicht.
Die Farbensensibilisatoren wirken auf Bromsilbergelatine, Brom-
silberkollodium und Chlorsilberemulsion nicht nur quantitativ ver-
schieden, sondern einigermaßen auch qualitativ; die Sensibilisierungs-
maxima differieren in ihrer spektralen Lage mitunter um mehrere
Milliontelmillimeter der Wellenlänge des wirkenden Lichtes, jedoch
ist die allgemeine Konfiguration und der Ort der Maximalwirkung
der sensibilisierenden Wirkung ungefähr gleich.
Die Kinofilms der deutschen, amerikanischen und französischen
Großindustrie, sowie die meisten Roll- und Planfilms des Handels,
sind mit Erythrosin orthochromatisch gemacht.
Eingegangen am 8, Januar 1926,
Für die Redaktion verantwortlich: Prof, K. Schaum in Gießen.
senschaftliche Photo graphie
` Photophysik und Photochemie
Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen
E, | | | | insbesondere von
H. Kayser
O, em, Professor an der Universität Bonn
herausgegeben von
K. Schaum-
i E? Gen 0, d, Professor aù der Universität Gießen
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7€ n Johann Ambrosius Barth in Leipzig
A mi Ga P ~ Salomonstraße 18b |
tt werden von allen Buchhandlungen und von der e E
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einschließli E Porio im Inland AWII, a Akt alt Rm, 25.20.
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As BE, _ 'Originalarbeiten, | EE,
| de Walther Barth, Studien zur Interferometrie. I. Über das Zeiss:Löwesche
| Flüssigkeitsinterferometer. Mit 2 Figuren im Text , . GEN DT
Walther Barth, II. Die Wees sehr verdünnter Lösungen, Mit 2 Fi-
guren im Text . . - del ch a re.
Karl Schaum und Walther Barth, UL Die Verka des Verlaufs che-
“ mischer Reaktionen mit dem Zeiss-Löweschen Flüssigkeitsinterferometer .
G. Kögel und, A. Steigmann, Über das Wesen der optischen Sensibilisierung.
II. Teil. Wasser als Sensibilisator .
Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an
Professor Dr, K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14.
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren Š
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige >
. Berichterstattung möglich ist.
Für die Aufnahme von Dissertationen gelten ne
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden.
DE A a Wr wi.‘ äi 3 buh k e WE 3 ST 5 Za e m . — Ei
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GLOBOSKOP|
Modell 1925!
Ein neter Apparat f
mit 2 tausendkerzigen Glühlampen $
zur Projektion von .
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(namentlich Buchabbildungen u. deg) .
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glänzender Leistung!
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$ Er kann auch in größeren Hörsälen als über-
i legener Ersatz für ein großes Bogen-; E
- lampen-Episkop Verwendung finden. 8
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Zeiticirift für wilienichaftlidie Photographie,
Photophylik und Photodiemie
XXIV. Band. 1926. Heft 5.
Studien zur Interferometrie.
L Über das Zeiss-Löwesche Flüssigkeitsinterferometer.
Von
Walther Barth.
Mit 2 Figuren im Text,
Inhalt:
Einleitung; Literatur.
1. Das Einstellen.
2. Die Eichkurve,
Einleitung.
Das Zeiss-Löwesche Flüssigkeitsinterferometer ist an vielen
Stellen in der Literatur?!) beschrieben; es ist auf vielen Gebieten
benutzt worden, so z.B. in der analytischen Chemie), Kolloidchemie?),
Biologie‘), Agrikulturchemie®°), zur Untersuchung von Nahrungs- und
N F, Haber u. F. Löwe, Zeitschr. f. angew. Chem. 23. 1393. 1910; F. Löwe,
Phys, Zeitschr. 11. 1047. 1910; Zeitschr. f. Instrkde, 30. 321. 1910; Zeitschr, f.
Kolloidchem. 11. 226. 1912; Chem. Ze, 45. 405. 1921; F. Löwe, Technische
Fortschrittsber. VI (bei Steinkopff 1925) (mit ausführlichem Literaturverz.), Dieses
Buch kam dem Verfasser erst nach Vollendung dieser Arbeit zu Gesicht. Er wurde
dadurch auf die Arbeit von R. Gans und M. Bose, Zeitschr. f. Instrkde. 86. 137.
1916 aufmerksam, die einige Ergebnisse dieser Arbeit entbäl. Arndt, Physikal,
chem. Technik 1915, S. 739—744.
7 Leason H. Adams, Journ. Americ. Soc. 37. 1181. (C. 1915. II. 517);
G. Piazza, Zeitschr. f. phys. Chem. 93. 191. 1917; E.Cohen und R., Bruins,
Zeitschr. f. phys. Chem. 108. 339 u. 387. 1923; H Schmeel, Ber. d. Naturforsch.
Ges. Freiburg i. B. XXI 1915.
3 R. Marc, Chem. Ze 36. 537. 1912; Zeitschr. f. Kolloidchem. 11. 195.
1912; Zeitschr. phys. Chem. 81. 644. 1913; R. Marc und K. Sack, Kolloidchem,
Beih, 5. 375. 1914; O. Wolff, Zeitschr. f. Kolloidchem. 82. 17. 1922.
D P. Hirsch, Naturwiss. 10. 525. 1922 (Zusammenfassung und Literatur); C 1922,
IV, 211; R. Doerr, Zeitschr. f. Kolloidchem. 27. 277. 1921; C. 1922. I. 156;
W. Bachmann, C. 1922. L 780; O. Germann, C. 1923. II. 299.
’ H. Kappen, C. 1914. II. 727.
Zeitschr. f. wiss, Phot. 24. 11
146 Barth.
Genußmitteln!), ferner in der Physik.?) Sein Vorläufer ist das Gas-
interferometer von Haber und Löwe.?)
| Ebenso findet man vielerorts Angaben über die allgemeine
Arbeitsweise mit diesem Apparat? Die Erfahrungen, die über
dessen Handhabung gemacht worden sind, scheinen jedoch stets
individueller Natur gewesen zu sein — wenigstens waren die Schwie-
rigkeiten, die es im Verlauf dieser Arbeit zu überwinden galt, andere
als in der Literatur beschrieben, während wiederum in der Literatur
angegebene Hemmnisse in der Arbeitsweise hier nicht auftraten —
daher wird auf die Mitteilung der im hiesigen Institut gemachten
Erfahrungen in der Behandlung des Apparates verzichtet.
Der vorliegende erste Teil der Arbeit handelt von der Technik
des Einstellens; in einem zweiten Abschnitt wird die allgemeine
Eichung des Apparates beschrieben werden; der zweite Teil wird die
spezielle Anwendung des Interferometers auf die Untersuchung sehr
verdünnter wäßriger Lösungen behandeln.
1. Das Einstellen.?)
Mit den beiden genannten Interferometern mißt man Unter-
schiede von Brechungsexponenten zweier Medien (Gase oder Flüssig-
keiten). Zwei kohärente Lichtstrahlenbündel durchsetzen die beiden
Medien, die sich in Glaskammern mit Parallelfenstern befinden. Die
Verschiebung der Interferenzstreifen der beiden Lichtbündel ist ein
Maß für die Differenz der Brechungsexponenten des Inhalts der
Kammern. Die Methode ist daher eine Differenzenmethode. Um die
Verschiebung der Interferenzstreifen zu messen, kann man beim Gas-
interferometer das Prinzip des Vorüberwanderns der Streifen‘) an-
wenden, da sich ein Gas kontinuierlich durch ein anderes ersetzen läßt.
Nicht so beim Flüssigkeitsinterferometer; hier wird die Ver-
schiebung der Interferenzstreifen kompensiert durch Drehen einer in
2) R, Marc, a.a. O.; R. Marc und K. Sack, a.a. O; L. Adler und H.Lüers,
C. 1916. I. 1276; O. Wolff, a. a. O.
DL. van Doren, H. R. Parker und P. Lotz, C. 1922. II, 83; F. Himstedt
und J. Wertheimer, Ann. d. Phys. 67. 395. 1922; J. Eisele, Ann. d. Phys. 76,
396. 1925.
DG Werner, Zeitschr. f. angew. Chem, 88. 911. 1925 und F. Löwe, Techn.
Fortschrittsber. (bei Steinkopff, Dresden 1925) (daselbst ausführliche Literaturangaben).
4) E. Cohen und R. Bruins, a a. O.; H. Schmeel, a.a. O.; P. Hirsch,
a. a. O.; K. Langenstraß, Fermentforschung III, 1—43 1920.
5) Vgl. dazu die zitierten Arbeiten von Hirsch, Marc und Schmeel, ferner
R. Gans u. M. Bose, Zeitschr. f. Instrkde 86. 137. 1916.
6) Vgl. die Literatur zum Gasinterferometer bei O. Werner a. a. O., besonders
die Arbeiten von Berl.
Z. Über das Zeiss-Löwesche Flüssigkeitsinterferometer. 147
dem Strahlengang des einen Büschels befindlichen Glasplatte mittels
einer mit willkürlicher Skala versehenen Schraube, wodurch der
optische Lichtweg in der Glasplatte (Kompensatorplatte) geändert
wird. Um stets auf das richtige Minimum einzustellen, muß zur
Beleuchtung weißes Licht angewandt werden, dessen Interferenz-
streifen sich durch verschieden gefärbte und verschieden stark ge-
färbte Ränder der Minima voneinander unterscheiden lassen. Inter-
ferenzstreifen von monochromatischem Licht, das bei Aufstellung
der allgemeinen Eichkurve benutzt wurde?) unterscheiden sich in
nichts vonaneinder und bilden sich in unbegrenzter Anzahl nebenein-
ander; Interferenzstreifen von weißem Licht sind untereinander ver-
schieden und entstehen nur in beschränkter Anzahl.
Bei den am Flüssigkeitsinterferometer auftretenden Interferenz-
streifen liegen die Dinge folgendermaßen:
Nach dem Einschalten des Interferometerlämpchens sieht man
im Okular zwei übereinander liegende farbige Lichtbänder, bestehend
aus verschiedenfarbigen Interferenzstreifen. Das untere Band ist
praktisch stets dasselbe, einerlei ob man Luft oder eine beliebige
Flüssigkeit als Badmedium benutzt, und dient gewissermaßen als
Einstellmarke. Das obere Interferenzbild, in dessen einem Strahlen-
gang die Kompensatorplatte eingeschaltet ist, läßt sich mit der Ein-
stellschraube verändern, so daß durch Drehen der Schraube die
Streifen über das Gesichtsfeld hinwandern.
Für das Einstellen kommen nur solche Stellungen der Mikro-
meterschraube in Frage, bei denen die mittleren Minima der beiden
Streifen, je zwei oben und unten, genau übereinander stehen.
Läßt man durch Drehen der Einstellschraube die Streifen des
oberen Lichtbandes am Gesichtsfeld vorbeiwandern, so zählt man un-
gefähr 8—ıo Minima.?) Ihr Aussehen ändert sich während des Vor-
überwanderns.. Nur in der Mitte des Gesichtsfeldes, über dem
schwarzen Minimum des unteren Bandes, sind sie gut zu erkennen,
so daß nur in dieser Stellung ihre Randfarbe in Betracht kommt.?)
Bringt man die Minima des oberen Streifens nach und nach
senkrecht über das eine (etwa das linke) schwarze Minimum des
unteren Streifens, so erkennt man, daß zwei, nämlich die beiden
1) Vgl. den 2. Abschnitt.
2) Die Zahl der Minima ist für verschiedene Stellen der Skala verschieden und
wächst mit zunehmenden Skalenteilen bis auf 20 an.
D Man erkennt die Randfarben der Minima am leichtesten bei horizontaler
Kopfhaltung, wenn Augenlinie und Interferenzstreifen in einer Ebene, d. h. beide
Augen senkrecht übereinander liegen.
(ée
148 Barth.
mittelsten Minima der Reihe, am wenigsten gefärbte Ränder haben.
Die Ränder der Minima rechts von diesen beiden sind links rot
rechts blau, die auf der entgegengesetzten Seite haben links blaue
und rechts rote Ränder. Man hat also folgendes Schema:
Schema I.
Minima
links Mitte links
Rand links blau wenig gefärbt Rand links rot
rechts rot rechts blau
Bewegt man das Auge vor dem Okular seitlich hin und her,
so daß man einmal die Randfarben an der linken Seite, dann an der
rechten Seite des Okulars beobachtet, so werden diese teils intensiver,
teils schwächer!), Die Verhältnisse zeigt folgendes Schema:
Schema IL
e Minima
links rechts
linke Seite des Okulars: Farbe intensiver schwächer
rechte Seite des Okulars: : schwächer intensiver.
Bewegt man also das Auge vor dem Okular nach den mittleren
Minima hin, so werden die Randfarben der äußeren Minima schwächer;
bewegt man das Auge von den mittleren Minima weg, so werden
die Randfarben intensiver. Für die beiden mittleren Minima sind
die Randfarben meist wie folgt: |
Schema Illa.
Minimum links rechts
linke Seite des Okulars; òr ff
rechte Seite des Okulars: IF r ò
wofür man in leicht verständlicher Weise schreiben kann:
Schema IlI.
Minimum links rechts
lör f! J roj.
Hier bedeutet 5 = blau; > = rot; f = nahezu farblos; dr: linker Rand
blau, rechter Rand rot usw. Das Zeichen — | deutet die Seiten
des Okulars an, von denen aus beobachtet wird.
Man findet also stets (bzw. fast immer, wie aus den Ausfüh-
rungen weiter unten hervorgeht) zwei Minima, die bei geeigneter
Augenhaltung farblos bzw. nahezu farblos erscheinen. Von diesen
Minima wurde hier stets das linke gewählt, am zweckmäßigsten ist
es — auch aus dem weiter unten ersichtlichen Grunde — stets die
1) Infolge der Chromasie der Okularlupe. Vgl. dagegen Schmeel, a. a. O.
S. 27, der stets ein Intensiverwerden beobachtet haben will.
I. Über das Zeiss-Löwesche Flüssigkeitsinterferometer. 149
beiden mittleren Minima und noch deren Nachbarn, mindestens
aber im ganzen drei nebeneinander liegende Minima zur Ein-
stellung benutzen, was freilich bei gewissen Versuchen!) unmög-
lich ist.
Man hat also folgende Regel für die Auswahl des richtigen
Minimums bzw. der richtigen Minima: man läßt durch Drehen der
Eiostellschraube die Minima am Gesichtsfeld vorbeiwandern, bis man
einen Umschlag in den Randfarben bzw. deren Verschwinden er-
kennt; das so erhaltene Minimum ist eines der beiden mittleren,
das zweite ist das diesem benachbarte farblosere Minimum.
Bei längerer Übung ist es ein leichtes, nach dieser Regel die
Minima voneinander zu unterscheiden und einander entsprechende
Minima verschiedener Einstellungen als solche zu erkennen.
Auf diese Weise wäre eine stets eindeutige Festlegung der
Einstellminima möglich, wenn die Rändfarben desselben Minimums
stets dieselben wären. Das ist nicht der Fall, wie zuerst von Marc?)
berichtet wurde.
Am besten wird diese Erscheinung verständlich an Hand einer
schematischen Darstellung:
Angenommen, es wird der Brechungsindex des Mediums in der
linken Kammer langsam vergrößert, etwa durch Zusatz einer Salz-
lösung zu Wasser als Kammerinhalt; diese Änderung wird messend
verfolgt. Es werden stets die Einstellungen mit den beiden mitt-
leren und den diesen benachbarten, im ganzen also mit 4 Minima,
benutzt. Man erhält dann für die Randfarben der Minima folgen-
des Bild:
Schema IV:
Konzentration Skalenteil Randfarben
C ~ 100 (ër r| jòr el |F rb| |rö rb]
G=G+4C, m 200 |ör ör| |ör foj |b röj |rd ròl
Ge Got d CG ~ 300 lör r| Le fol |öf séi |rd réi
Ce Got d Co ~ 400 lör Ari Jg röj |rd vb| |rd vB]
C, = Dt AG ~ 500 jèr F! |Ø roj |r roj |rd rö]
Bei Skalenteil 500 ist also das nächste Minimum links an die
Stelle des Minimums bei Skalenteil 100 getreten. Wäre ohne
Zwischenmessung bei 100 und 500 abgelesen worden, so hätte man
einen Fehler gemacht gleich dem Abstand zweier Minima, das sind
1) Vgl. den III. Teil.
2?) Chem. Ztg. 36. 538. 1912. Vgl. auch die oben zitierte Arbeit von R. Gans
und M. Bose.
150 Barth.
etwa 20 Skalenteile, der Fehler bei einmaligem Überspringen be-
trägt also eil,
Fährt man mit der Messung fort, so verschiebt sich das ur-
sprüngliche mittlere Minimum immer weiter nach links, es wird zum
"Einstellen immer ungeeigneter und verschwindet schließlich ganz.
Die Fig. ı veranschaulicht diese Veränderung der Minima für
verdünnte Jodkaliumlösung. Das linke mittlere Minimum ist durch
/
Wahre Skala (unkorrigiert)
300 500 1000 7500
Fig. 1.
0,015
0,01
Konzentration ın Mol/Uter
0,005
stärkere Zeichnung kenntlich gemacht. Diese Änderung der Rand.
farben trat am sinnfälligsten in Erscheinung bei der Beobachtung
der chemischen Reaktionen!), wobei die Minima sozusagen unter
den Augen des Beobachters ihr Aussehen änderten.
Das Intervall, innerhalb dessen sich die Ränder der Minima
derart ändern, daß jedes Minimum an Stelle seines Nachbars ge-
treten ist, bezeichnet man nach Marc?) als Periodenlänge.
1) Vgl. Anm. 1. Seite 149.
2) a, a. O.
I. Über das Zeiss-Löwesche Flüssigkeitsinterferometer. Di
Diese Periodenlänge ist für verschiedene Substanzen verschieden
und nimmt außerdem mit wachsenden Skalenwerten zu.!) |
Als Beispiel mögen folgende Zahlen dienen. Vergleichsflüssig-
keit war stets destilliertes Wasser. Verdünnte Lösung von Kalium-
chlorid:
Intervall Zahl der Perioden Durchschnittl. Periodenlänge
610—3270 i 8 330
610—1760 4 290
1760—3270 4 380
Für andere Lösungen entsprechend:
Mittel um 1000 um 2500
KNO, 270 240 310
KJ 150 130 ` 160
Harnstoff 300 280 330
Eine genaue Angabe, wann im einzelnen Fall zum nächst-
folgenden Minimum überzugehen ist, läßt sich nicht machen, da
die Farbenunterschiede desselben Minimums beispielsweise für ein
Intervall von + 7 zu fein sind, um sinnfällig in Erscheinung zu
treten. Deshalb läßt sich auch die Periodenlänge nicht genau an-
geben.
Der Grund, weshalb die Minima ihre Randfarben bei Änderung
des einen Kammermediums ändern, ist die verschiedene Dispersion
der Vergleichsflüssigkeiten, der Kompensatorplatte und der unter-
suchten Flüssigkeit.?)
Im nächsten Abschnitt wird gezeigt werden, daß sich der
Brechungsindex mit dem Skalenteil nicht linear ändert, eine Eich-
kurve also niemals eine Gerade sein kann. In der Literatur sind
bisweilen jedoch geradlinige Eichkurven angeführt?), eine Tatsache,
die nur durch Verwechslung der Minima aus den oben angeführten
Gründen erklärt werden kann.
Die Anwendung des Interferometers zu statischen Messungen
über größere Intervalle von Skalenteilen hin stößt also auf Schwierig-
keiten, wenn man die Empfindlichkeit des Interferometers voll aus-
nutzen will. Jedenfalls wird eine genaue Messung nicht ohne
1) Wahrscheinlich ändert sich die Periodenlänge z nach derselben Funktion mit
den Skalenteilen x, wie die Weite y (2. Abschnitt), so daß die Beziehung besteht
nmKe.y.
wo X eine Konstante ist.
» R. Gans und M. Bose, a. a. O.
D Langenstraß, a.a. O., Schmeel, a. a. O.
152 Barth.
Zwischenablesungen gemacht werden können, eine Forderung, die
jedoch bei den im II. Teil beschriebenen Anwendungen von vorn-
herein erfüllt ist.
2. Die Eichkurve.
Eine weitere Schwierigkeit bei dem Gebrauch des Interferometers
bot die Aufstellung der Eichkurve und damit das Erkennen des
Zusammenhangs zwischen Brechungsindex und Skalenteil. Bisher
wurden — wenigstens für das Flüssigkeitsinterferometer — stets
spezielle Eichkurven aufgestellt!) die zum Teil über größere Inter-
valle der Skala die Beziehung benutzten
dn = k- dx, (1)
wo dn die Änderung des Brechungsindex, X eine Konstante, dr
die Änderung der Skalenteile bedeutet. Es wurde also die Ände-
rung des Brechungsindex proportional der Änderung der Skala ge-
setzt.
Daß das zunächst überhaupt nicht zu erwarten ist, geht schon
aus dem Mechanismus der Einstellvorrichtung hervor. Man erhält
nämlich für den Zusammenhang zwischen Brechungsindex x und
Skalenteil x eine komplizierte Funktion von der Form?):
Ste, o
hier bedeuten a und g, die Brechungsindices der beiden Kammer-
medien, C, a und d sind Konstanten.
Es fragt sich, ob man nicht angenähert über ein größeres Inter-
vall hin die Beziehung (1) gelten lassen kann. Bei dem hiesigen
Instrument war das größte Intervall, innerhalb dessen die Gleichung
(1) benutzt werden konnte, 400 Skalenteile.
Es gelingt nun, eine allgemein gültige Eichkurve aufzustellen?)
auf Grund folgender Tatsache: Die Änderung in der Einstellung um
den Abstand zweier benachbarter Minima bedeutet stets die Ände-
rung des optischen Lichtwegs in dem Strahlengang des einen Licht-
bündels um die Wellenlänge des benutzten Lichtes,
Dieser Streifenabstand, kurz als „Weite“ y$) bezeichnet, ist an
verschiedenen Stellen der Skala verschieden, denn wäre er stets
gleich, so gälte offenbar die Beziehung (1), was nicht der Fall ist.
1) Vgl. die Arbeiten von Schmeel, Langenstraß, Marc; Gans und Bose
leiteten auf andere Art als hier beschrieben eine Eichkurve ab.
2) Vgl. Langenstraß, aa O., S. 12, die Bemerkung von Löwe.
3) Vgl. Berl und Andreß, Zeitschr. f. angew, Chemie 34. 370. 1921.
II Bei Langenstraß, a. a. O., „Wert eines Streifenpaares“.,
I. Über das Zeiss.Löwesche Flüssigkeitsinterferometer. 153
Man hat also zunächst einen funktionalen Zusammenhang zwischen
Weite y und Skalenteil z:
y =f (x), (3)
wo f (x) eine Funktion unbekannter analytischer Form ist, deren
Verlauf jedoch durch Versuche ermittelt werden kann.
Mißt man nun nicht in willkürlichen Einheiten der Skala,
sondern in den Weiten y als Einheit, die dann an jeder Stelle der
Skala einen anderen Wert hat, so erhält man an Stelle von Glei-
chung (1) jetzt die für sämtliche Werte von x streng gültige Beziehung
du ss KE, = (4)
durch Integration e S
IO
erhält man: z = r
d
n= n = K f SH f (5)
In dieser Gleichung bedeutet: 2
n den Brechungsindex des zu untersuchenden Mediums;
n, den Brechungsindex des Vergleichmediums;
x, den Skalenwert der Nullstellung (liegt am hiesigen Instrument
bei 300).
Für die Konstante Ķ läßt sich noch folgende Festsetzung machen:
bezeichnet y, die Weite für x = x, d. h. für die Nullstellung, so kann
man setzen K=k-.y,
und für (5)
k = d Ep y R (6)
Man mißt dann nicht in Einheiten der Weite, sondern benutzt als
Maßeinheit jeweils den Quotienten ed wählt also den Skalenteil der
Nullstellung zur Einheit. `
Die Funktion (3) der Weite ist offenbar für verschiedene Wellen-
längen verschieden. Daß trotzdem das Integral (6) für verschiedene
Wellenlängen stets denselben Wert liefert, ergibt sich aus folgendem:
es besteht die Gleichung
d'A eent:
worin y die zur Wellenlänge A, y’ die zur Wellenlänge A’ gehörige
Weite für dasselbe x bedeutet. Daraus folgt sofort:
NEN
154 Barth.
und daher
» y
woraus unmittelbar die Unabhängigkeit des Integrals in (6) von der
Wellenlänge folgt.
Die genaue Bestimmung der Abhängigkeit der Weite y von der
Skala x, d. h. des Verlaufs der Funktion v = f(x), stieß anfänglich
auf Schwierigkeiten. Die Weite schwankt nämlich zwischen ı8 und
28 Skalenteilen, die größte Genauigkeit in der Einstellung beträgt
aber + 0,5 Skalenteile; da die Weite stets als Differenz zweier Ab-
lesungen ermittelt wird, ist der Fehler bei ihrer Bestimmung gleich
+ I Skalenteil oder relativ 4°/,.
Um diesen Fehler zu verkleinern, mußte an Stelle von weißem
Licht monochromatisches Licht verwendet werden, und zwar aus
zwei Gründen: erstens setzen die bei weißem Licht auftretenden
Ränder die Genauigkeit der Einstellung herab, besonders wenn zwei
Minima des oberen und unteren Interferenzbildes mit verschiedenen
Randfarben aufeinander eingestellt werden:
|rd rb]
was nicht zu vermeiden ist, da das Minimum des unteren Inter-
ferenzbildes stets dieselben, die oberen Minima aber verschiedene
Randfarben haben. — Daraus erklärt sich auch, daß mit dem rechten
und linken Auge ganz verschiedene Einstellungen erhalten wurden,
die oft um mehr als ı Skalenteil differierten (verschiedene Farben-
empfindlichkeit der Augen). — Bei monochromatischem Licht (es
genügt, daß das Licht nahezu monochromatisch ist) ist eine genauere
Einstellung auf die fast schwarzen Ränder der Minima möglich,
außerdem kann man, da hier eine unbegrenzte Anzahl genau gleicher
absolut schwarzer Minima auftreten, statt y immer die Größe 3y
oder 4y messen, d. h. den Abstand entfernterer Minima messen.
Dadurch wird der unvermeidliche Beobachtungsfehler, der offenbar
in gleicher Größe an jeder Beobachtung, ob y oder »-y, haftet,
auf den sten, hier also 3. oder A Teil heruntergedrückt. Eine
derartige Ermittlung des Wertes y ist natürlich nur gestattet,
solange im Intervall »-y der Gitterwert als lineare Funktion vom
Skalenwert x angesehen werden kann; das ist für ein Intervall von
mehr als 100 Skalenteilen der Fall, also sicher für 3y bis 5y, wie
das Versuchsresultat gezeigt hat, zulässig.
Als nahezu monochromatisches Licht diente einmal das Licht
der CJuecksilberpunktlampe von Heräus, dann das Licht des elek-
I. Über das Zeiss-Löwesche Flüssigkeitsinterferometer. 155
trischen Bogens, dessen Anode ausgebohrt und mit Soda und etwas
Wasserglas gefüllt war!) Das Licht wurde durch einen kleinen
Spiegel, der an Stelle des Glühlämpchens eingesetzt war, in das
Interferometer gebracht. Die Interferenzstreifen waren dann mindestens
ebenso genau zu sehen, wie bei Glühlämpchenbeleuchtung. Das
Interferometer wurde vor der Hitze der Quecksilberlampe und des
Lichtbogens durch eine Asbestscheibe geschützt, in die ein kleines
Fenster geschnitten war, das durch eine Glasplatte geschützt wurde.
Die äußere Lichtquelle mußte ganz dicht, bis auf ı bis 2 cm, an
das Fenster des Interferometers gebracht werden. Die Ergebnisse
einer Messungsreihe und deren Berechnung sind in Tabelle ı ver-
zeichnet. Es wurden für Na-Licht Messungen für verschiedene
Kammermedien — destilliertes Wasser, Kochsalzlösung, ohne Kam-
mer — ausgeführt, die stets dasselbe Resultat zeigten. Die ge-
Tabelle ı.
Berechnung der absoluten Eichkurve.
Erläuterungen:
x = Skalenwert.
y’ = unkorrigierte Weite, durch den Versuch ermittelt.
y” = graphisch korrigierte Weite.
y = endgültige Weite, graphisch und numerisch korrigiert.
Fag = Korrektion aus Hg-Licht.
F = Korrektion, dem experimentell ermittelten Skalenteil x abzuziehen.
Hg-Licht
D Himstedt, a. a. O.
Ki
156 Barth.
Tabelle ı (Fortsetzung).
Berechnung der absoluten Eichkurve.,
Na-Licht
el (2X 51,0) | 51,0 — 3,2
o|-3 | S
100 101,3 50,7 98,5 I —I i
200 100,7 50,4 199,6 2 o 5
300 100,0 | 50,0 300,0 3 o o
400 99,3 | 49,7 399,7 4 o o
500 98,6 | 49,3 498,7 5 1 S
600 97,8 | 48,9 596,9 6 3 3
700 97,0 | 48,5 694,3 7 6! 3
800 96,3 | 48,1 790,9 8 Gë Eller
900 95,5 | 47,8 886,8 9 13 | 5
1000 94,7 | 47,4 982,0 10 8:1 5
100 93,9 | 47,0 1076,4 1 | 24 | i
200 93,1 | 46,5 1169,9 12 E 8
300 92,2 | 46,1 1262,5 13 39 | 8
400 91,4 45,7 1354,3 14 47 | 9
500 90,6 | 45,3 1445,3 15 56 | io
600 89,7 | 44,8 1535,4 16 66 i ir
700 88,8 | 44,4 1624,6 17 E E
800 88,0 | 44,0 1713,0 18 89 j i
900 87,1 43,6 1800,6 19 101 SE
2000 86,2 43,1 1887,3 20 115 i4
100 85,4 | 42,7 1973,1 21 129 | re
200 84,5 | 42,2 2058,0 22 144 | 16
300 83,6 | 41,8 2142,0 23 160 17
400 82,7 41,4 2225,2 24 177 17
500 81,8 | 40,9 2307,5 25 | 194 ve
600 81,0 | 40,5 2388,9 26 213 20
700 80,1 | 40,0 2469,4 27 | 233 SS
900 78,4 | 39,2 2627,8 29 | 274 | 32
3000 77:5 | 38,8 2705,8 30 | 296 | 23
100 76,7 | 38,4 2782,9 31 E, Ze
200 75,8 | 37,9 2859,1 32 | 343 | 24
300 750 | 37,5 2934,5 33 | 367 | ze
400 74,1 | 37,0 3009,1 34 392 26
500 73,3 | 36,6 3082,9 35 | 418 | ze
3600 | (2% 36.3) | 36,3 3155,9 36 445
naueste Meßreihe ist die in Tabelle I angeführte, die mit Hg-Licht
ausgeführt wurde.
Zur genauen Berechnung der Funktion (6) wurde folgender
Weg eingeschlagen: die durch den Versuch ermittelten Werte y
wurden graphisch korrigiert, indem mit der freien Hand eine mög-
lichst eng an die gefundenen Werte sich anschließende Kurve ge-
zeichnet wurde; die so erhaltenen Werte sind in der Tabelle mit
y” bezeichnet. Die Differenzen Ay” erster Ordnung der y” wurden,
Z. Über das Zeiss-Löwesche Flüssigkeitsinterferometer. 157
da die Kurve y” im Sinne wachsender Abszissen einen immer stei-
leren Verlauf nimmt, entsprechend ausgeglichen zu den Werten Ay
und mit diesen Differenzenwerten die nun wahrscheinlichsten
Werte y ermittelt. Die so erhaltenen Werte ergeben die Kurve
Fig. 2, während die rar gefundenen Weiten durch O o
dargestellt sind.
Die numerische Berechnung des Integrals (6) erfolgte, wie aus
Tabelle ı ersichtlich ist, durch ein Treppenintegral nach der Formel
Skalartfeile
E
Gen ES
Wahre Skala (unkorrigiert)
C A8 590 1009 2000 3009
Fig.
Lois
dr I I I I ) fi
— — —- N: — ür r >
J x nl ° J300 + Yıw + I 500 + + 2 ° Yz.10 3
Seen tzst to) froces.
Ser ° Jane J100 2 » Yz.100
Damit ist die Funktion
n — n dx
fi = Kéi — (6)
bestimmt. Setzt man nun
0 =] z> vi )
Za
so stellt o offenbar einen reduzierten Skalenwert dar, der die ur-
sprüngliche Gleichung (1)
dn = k. do (8)
erfüllt. Die Größe
F=r-—oc
158 Barth.
ist dann die Korrektion, die von dem abgelesenen Skalenwert x ab-
gezogen werden muß, um zum reduzierten Skalenwert e zu gelangen.
Diese Größe F ist in ihrer Abhängigkeit von z am Schluß von
Tabelle ı angegeben, als Mittelwert aus den Werten Zoe und Aa
deren Übereinstimmung im Vergleich zu der Unsicherheit, mit der
die ursprünglich erhaltenen Gitterwerte behaftet waren, ganz vor-
züglich ist.
Die Konstante £ aus Gleichung (8), die für jedes Interferometer
einen anderen Wert hat, jedoch stets von derselben Größenordnung
ist, wurde bestimmt für das hiesige Instrument zu
k, = (3,80 + 0,03) 10°” für die 4-cm-Kammer,
mithin
k, = (1,52 + 0,02) 10°® für die ı-cm-Kammer.
Sie hat keine besondere Bedeutung, da es unmöglich ist, den
Brechungsindex absolut auf sieben oder gar acht Dezimalen an-
zugeben.
IL Die Untersuchung sehr verdünnter Lösungen.
Von
Walther Barth.
Mit 2 Figuren im Text.
Da durch die allgemein gültige Eichkurve der Zusammenhang
zwischen der Skala des Interferometers und der Änderung des
Brechungsindex exakt festgelegt ist, vermag man nun, von Lösungen
bekannten Gehaltes ausgehend, den Zusammenhang zwischen Kon-
zentration und Brechungsindex sehr verdünnter Lösungen zu unter-
suchen.
Die letzten Arbeiten über dieses Thema stammen von Heyd-
weiller!), Rüttig und Keller?) und Dieterici®). In allen diesen
Arbeiten wird zur Bestimmung des Brechungsindex das Eintauch-
refraktometer benutzt. Die Messungen erstrecken sich von etwa
OI normalen Lösungen an aufwärts bis zu höheren Konzentrationen.
Die hier beschriebene Anwendung des Interferometers gestattet,
Lösungen kleinerer Konzentrationen zu untersuchen und zwar bis
zu Konzentrationen von 0,001 Mol/Liter mit großer Genauigkeit.
1) Zeitschr. f. Phys. 26. 526. 1925.
2) Zeitschr. f. Elektrochemie 31. 390. 1925.
3) Ann. d. Phys. 70. 558. 1923.
II. Die Untersuchung sehr verdünnter Lösungen. 159
Die Empfindlichkeit des Interferometers ist mindestens ıoomal so
groß als die des Eintauchrefraktometers!), die hier beschriebene Unter-
suchungsmethode fast ebenso bequem wie die mit jenem Instrument.
Es wurde folgendermaßen verfahren: In beiden Kammern be-
fand sich zunächst destilliertes Wasser; die Menge in der einen
Kammer war genau bestimmt, z, B. 4,00 ccm, abgemessen mit einer
Bürette von 2,00 ccm Gesamtinhalt und "ae ccm Teilung. Der
Fehler für 2,00 ccm betrug höchstens + 0,005 ccm, also für 4,co ccm
+0,01 ccm. Zu dieser Wassermenge wurden nach und nach genau
abgemessene Volumina einer etwa !/,, normalen Salzlösung gegeben,
mit einer Bürette derselben Art abgemessen. Dann ließ sich stets
die Konzentration der Kammerflüssigkeit, die stets in Mol/Liter aus-
gedrückt wurde, berechnen. Die Titrationsfehler bei dem Zusatz der
Lösung zum Wasser glichen sich dabei derart aus, daß der Ge-
samtfehler für eine Bürettenfüllung wieder nicht größer als + 0,005 ccm
der Salzlösung war.
Genau ebenso wurde verfahren, indem zuerst in die Kammer
4,00 ccm der Salzlösung gegeben wurden und dann durch Wasser-
zusatz Lösungen verschiedener Konzentration in abnehmender Größe
hergestellt wurden. Diese beiden Messungsreihen wurden, die eine
im Sinne zunehmender, die andere im Sinne abnehmender Kon-
zentration, soweit fortgesetzt, bis sie sich zum Teil überlagerten.
Auf diese Weise konnten größere und systematische Fehler ent-
deckt werden. Daß sich die beiden Messungsreihen z.B. bei Lösungen
von Harnstoff (und ebenso für die anderen untersuchten Substanzen)
vollkommen überdecken, geht aus der Fig. ı hervor; die Punkte
der Messungsreihe zunehmender Konzentration sind durch Kreise
(0 ok die abnehmender Konzentration durch Kreuze (x x) gekenn-
zeichnet. Gleichzeitig ist dies ein Beweis für die Brauchbarkeit dieser
„litrationsmethode“, was bei der großen Empfindlichkeit des Inter-
ferometers (gegen Verdunstungserscheinungen, Temperatureinfluß
usw.) keineswegs von vornherein zu erwarten war.?)
1) Vgl. Schmeel, Le
3) Volumänderungen beim Vermischen sehr verdünnter Lösungen mit Wasser
spielen fast gar keine Rolle, wie aus den Daten der Landolt-Börnsteinschen Tabellen
hervorgeht. Danach hat eine Änderung in der Konzentration von 0,2 Mol/Liter für
verdännte Kaliumchloridisg. eine Änderung des Volumens von 0,009°/, zur Folge.
Dies bedeutet, auf Skalenteile umgerechnet, da eine ot molare Kaliumchloridisg.
gegen Wasser eine Differenz von 3000 Skalenteilen zeigt, einen Fehler kleiner als
0,6 Skalenteile,
160 Barth.
Für die Untersuchung von Lösungen hoher Konzentration kommt
das Interferometer deshalb noch nicht in Frage — prinzipiell steht
dem bei Anwendung entsprechender Vergleichsflüssigkeiten nichts
im Wege —, weil noch nicht die Gültigkeit der allgemeinen Eich-
kurve hier bewiesen ist. Andere Versuche mit Flüssigkeiten hoher
Brechungsexponenten (bis zu z = 1,6) sprechen sogar dafür, daß
für solche Kammermedien andere Eichkurven Gültigkeit haben (da
hier anscheinend die Kurve der Weite y=/ (x) steiler verläuft und
die für niedrige Konzentrationen erhaltene Gberschnedet Diese
Verhältnisse aufzuklären bleibt späteren Untersuchungen vorbehalten.
7800
1700
1600 3
5
7500 &
Į
y
1400} D
S
x
1300
1200,
Konzentration in Mol/Liter
U 1} `
Wed 0,059 2,955 0,960 0,955 0773 . 0075
Fig. ı
Speziell für die Arbeitsweise bei solchen Versuchen, die aus
einer großen Zahl fortlaufender Messungen bestehen, sei noch fol-
gendes bemerkt:
Die benutzten Büretten wurden in hohe Stative eingespannt
mittels Klammern, die eine Drehung der Bürette um eine vertikale
Achse gestatteten. Zur Titration wurden dann einfach die Büretten
über die Kammer geschwenkt, nachdem das Stativ entsprechend
dicht am Interferometer aufgestellt war, nach dem Titrieren wurde
die Bürette nach außen geschwenkt, die Kammerflüssigkeit stets mit
demselben Glasstab aus nicht angreifbarem Glas, der niemals ab-
gewischt wurde, umgerührt und abgelesen, So ließen sich in kurzer
Folge, etwa innerhalb einer Stunde, bequem dreißig Messungen
ausführen, und die Fehler, die infolge Verdunstung usw. bei längerem
Offenhalten der Kammer oft während anderer Versuche auftraten,
wurden dadurch derart beschränkt, daß sie nicht ins Gewicht fielen.
Zu jeder Einstellung wurden drei bis vier verschiedene Ablesungen
AA
II. Die Untersuchung sehr verdünnter Lösungen.
Tabelle L
Eichkurve für verdünnte wäßrige Harnstofflösung.
ko Eiser rechts: destilliertes Wasser; links: I. (2,00 + 2,00) ccm destilliertes Wasser; Zusatz von
wäßriger Harnstoff lösung (Konzentration !/, Molj/Liter).
Zeitsche, f. wiss. Phot. 24.
161
ne 3; 4. 5. 6. 7.
a) | b)
Ai 0,00 315 |296 | | 278 0,000 o | 296 0 | 0,000000
N N
déi 387 __| 367 _|347|0,00305] 9| „ | 71 27
al 477 |457 |438 595| ©0|316| 141 53
30, 546 526 506 872| I| „ 209 78
40 613 \ 593 \ 573 0,0114 | 3| » | 274 | 0,000104
50| 676 | 656 | 636 139 | 5| » | 335 127
60 754 [734 |714 163 | 7|335| 392 148
' 70! 814 \ 794 W 186 | 9| » | 450 171
Ja 848 \ 828 0,0208 | ı1| „ | 502 190
WI oa e 882 230 | 13| „ | 554 209
1,00 974 | eet | 933 250 | 16| „ | 602 228
20 1093 | 1072 | 1051 288 | 22 |355 | 695 266
40! ës ` 1164 ` 1143 0,0324 | 28| „ | 78r 296
b0 1293 | 1272 [1251 357 | 37| » | 86: 333
e 1374 1332 388 | 43|374 | 936 357
2,00 | 1450 1408 0,0417 | 50| „ |1005 380
58'j 20} 1541 | 1520 444 | 58 |394 | 1068 407
Iw 1610 1588 1567 469 | 65) „ |1129 429
| bo | 1673 \ 1651 \ 1630 493 | 72| „ |1185 452
ı Bo! 1734 1712 1690 0,0515 | 78| „ | 1240 471
‘3,00 | 1791 | 1769| 1747 536 | 85| „ |1290 490
| ew 1867 | 1846 | 1824 556 | 95 |413 | 1338 509
| = 1969 | 1947 | 1926 592 | 108| „ | 1426 543
‚4,00 | 2060 | 2037 |2015 0,0625 |120| „ |1504 570
I |ör Seit vö|rb ròl
| 440 2165 | 2143 SE 0,0655 | 135 |433 | 1575] 0,000 599
ı do, 2243 \ 2221 \ 2199 682 | 147 | „ |1641 623
540 | 2345 | 2323 | 2301 0,0718 |164 | „ | 1726 657
ei ee 2460 | 2438 I 2415 750 |184 | 452 | 1802 684
e (200 42,00)ocm wäßrige Harnstofflösung (Konzentration !/, Mol/Liter); Zusatz von destilliertem Wasser.
gd 1691 |1669| 1647 0,0500 | 74 | 394 | 1201 | 0,0004 56
' 4,80 1899 1856 568 | 98 |413 |1367 521
‚4,00 2057 |2035 | 2013 0,0625 |120| „ |1502 570
| | ör dr | af fo | rb ròl
13,60 2171 en 2126 0,0658 | 136 | 433 | 1580 | 0,00060
| 20 2277 |2255| 2232 694 | 153| „ | 1669 65
2,80 2396 |2373| 2351 0,0735 |172| „ | 1768 67
| 40 2552 [2529] 2506 781 | 200 |452| 1877 zı
‚1,00 2707 |2684| 2660 0,0833 | 229 | vw | 2003 76
lo! 2910 [2887| 2863 893 |271 |472 | 2144 81
| 40 3013 |2989| 2965 926 | 294| , |2223 84
20 3150 |3125| 3100 0,0962 | 325 | 491 | 2309 88
1,00 3270 sl 3220 0,1000 |352| „ |2402 St
"obs 3403 [3378] 3353 1042 |387| „ | 2500 95
0,60 3572 |3547| 3521 1087 | 431 | sıı | 2605 99
162 Barth.
gemacht und die Ränder der Minima in der oben (I. Teil) angegebenen
Weise notiert.
Als Beispiel für die Berechung einer derartigen Untersuchung
ist die Tabelle I angefügt.
Die erste Spalte gibt die Temperatur des Bades und damit der
Kammerflüssigkeit an. Die Temperatur ist während eines Versuches
möglichst konstant zu halten. Eine Änderung der Temperatur um
0,4° ändert den Wert der Einstellung um weniger als 4 Skalenteile.')
Die zweite Spalte gibt die zum ursprünglichen Kammerinhalt
zugesetzte Menge der zweiten Flüssigkeit an, unter I die zugesetzte
Menge der Harnstofflösung, unter II des Wassers.
Die breite Spalte 3 enthält die Einstellwerte; die einander ent-
sprechenden Werte stehen in schräger Spalte untereinander. Die
zur Berechnung verwendeten Zahlen, jeweils die mittelsten, sind
umrandet. Außerdem sind für die Konzentration 0,0625 Mol/Liter,
die sowohl unter I wie unter II vorkommt, die Randfarben ange-
gegeben, so daß sich die hier untereinander gestellten Werte ent-
sprechen:
2060 2037 2015
(ër dör| |öf rò] |rò röj
2057 2033 2013
(ër Gel |df fèl |rò rbl
Die Übereinstimmung der beiden Reihen bis auf 3 Skalenteile
bedeutet einen prozentualen Fehler von weniger als 3/3000 Di = O1 Yo
Bei den anderen Versuchen ist die Übereinstimmung zum Teil etwas
schlechter, der größte Fehler ist aber stets kleiner als to Skalen-
teile; der dem entsprechende prozentuale Fehler von !/, °/, wurde
dann als Maximalfehler festgesetzt. Darin sind die sämtlichen Fehler-
quellen (Temperaturänderung, Titrationsfehler, Verdunstungsfehler)
enthalten.
In der vierten Spalte ist die Konzentration in Mol/Liter ange-
geben, berechnet aus der Spalte 2.
In der fünften Spalte sind die aus der allgemeinen Eichkurve
abgeleiteten Korrektionswerte unter z verzeichnet, berechnet nach
Tabelle I für die umrandeten Ablesungen der Spalte 3.
Spalte 55 enthält die Summe der Korrektionen für den Wechsel
der Minima (o. 19,5, wo g die Anzahl der Wechsel, 19,5 den Gitter-
wert für die Nullstellung 300 ist) und der Korrektion, die alle Werte
auf den Anfangswert Null bezieht, so daß diese Spalte den Ausdruck
1) Vgl. dazu Langenstraß, a.a., O., Seite 14.
II. Die Untersuchung sehr verdünnier Lösungen. 163
(296 Lu, 19,5) angibt. Sämtliche Korrektionen der beiden Spalten
5a und 55 sind von den abgelesenen Werten abzuziehen.
Spalte 6 enthält die endgültigen Werte der Skalenteile c, für
die die Beziehung
dn = E, do
Gültigkeit hat.
Tabelle II.
Eichkurven für Kaliumchlorid und -nitrat; für Quecksilberzyanid.
164 Barth.
Spalte 7 enthält schließlich die Größe
An = 3,80 - LO Tell,
d. h. die Differenz der Brechungsindizes von Harnstofflösung und
Wasser.
In der Tabelle II sind die den Spalten 4 und 6 von Tabelle I
entsprechenden Werte für Kaliumchlorid-, Magnesiumsulfat- und
Merkurizyanidlösung angegeben.
Trägt man die so erhaltenen Werte für die verschiedenen
Salze graphisch auf, so stellen sich die Eichkurven für Harnstoff
und Merkurizyanid als gerade Linien dar; dies spricht wieder für
die Richtigkeit der Korrektionswerte F, die im 2. Abschnitt des I. Teiles
erhalten wurden.
Qa--------- -NS
Fig. 2.
Dagegen folgt aus der graphischen Darstellung der Eichkurven
für Kaliumchlorid und mehr noch für Magnesiumsulfat, daß diese
in der Nähe des Nullpunktes gekrümmt sind und zwar konkav nach
der Achse der Konzentrationen c.
Dieser Unterschied im Verhalten wurde auch rechnerisch be-
stätigt.
Nach der graphischen Darstellung liegen die Verhältnisse, über-
trieben gezeichnet, wie in Fig. 2. Die Eichkurve wird dargestellt
durch den Kurvenzug OWG; vom Nullpunkt O an beginnend ist
sie gekrümmt bis zum Punkte W; von hier ab läuft sie in eine
Gerade aus.
t) Vgl. diese Zeitschrift 1926, S. 158.
II. Die Untersuchung sehr verdünnter Lösungen. 165
Es wird die Gerade gesucht, die sich nach der Methode
der kleinsten Quadrate ergibt für alle Wertepaare (c, o), die
nicht „dicht“ bei dem Nullpunkt O liegen, also für alle ce > AO,
ez OB, wo OA und OB die Koordinaten des Punktes W sind.
Die Gleichung der gesuchten Geraden CDG sei
ar 4 b— y m 0O.
Sind (2,, Yo) je zwei zusammengehörige, experimentell bestimmte
Werte, die mit gewissen Fehlern behaftet sind, so wird
“xy rd, Y,
wo v eine von Null verschiedene Zahl bedeutet. Es seien a, und A.
die aus zwei beliebigen Wertepaaren (z, Yoh u. (2, oh bestimmten
Konstanten, deren nach der Methode der kleinsten Quadrate wahr-
scheinlichsten Werte a und A gesucht sind. Man setzt dann
amd &
a (1)
und es folgt:
(aa + e)z tb d: Eft ZK
Dies quadriert, über alle (z,, y,) summiert und partiell nach e und
3 differentiert ergibt die beiden in e und £ linearen Gleichungen:
L.A _ ta sde + [28 - [200 — aen — Al
E er = De + 8 — D da to — Al
wo in bekannter Weise die eckign Klammern [] die Summation
ausdrücken:
[4 =Z A4.
Setzt man nach der Theorie diese beiden Gleichungen gleich Null,
so läßt sich im allgemeinen aus ihnen e und £ in einfacher Weise
berechnen. Dann folgen sofort mit Hilfe der Gleichungen (1) die
wahrscheinlichsten Werte für a und A
Falls die Eichkurve in der Nähe des Nullpunktes nicht ge-
krimmt ist, wird
b= OU.
Für den Fall, daß die Eichkurve so wie in Fig. 2 gezeichnet ver-
läuft — dies sollte nach der graphischen Darstellung für Kalium-
chlorid und Magnesiumsulfat der Fall sein —, wird
ő > 0.
166 Schaum und Barth.
Es ergab sich in der Tat:
KCI: 0,02 < c < 0O,I; = 10
MgSO,: 0,02 < c < 0,05; Č = 40
CONNH,),: 0,02 < c < 0,1; ġ=2
Hg (CN): 0,02 < c < 0,05; d=-1.
Eine Erklärung für dieses auffällige Verhalten, das offenbar
seinen Grund in der Unterscheidung Elektrolyt — Nichtelektrolyt
hat, abzugeben, scheint erst dann zweckmäßig, wenn mehr Beob-
achtungsmaterial, insbesondere über die zwischen starken Elektro-
lyten und Nichtelektrolyten stehenden Salzarten, vorliegt.
Es sollte hier lediglich gezeigt werden, eine wie einfache und
genaue Methode man in der interferometrischen zur Untersuchung
sehr verdünnter wäßriger Lösungen zur Verfügung hat.
Ill. Die Verfolgung des Veriaufs chemischer Reaktionen mit dem
Zeiss-Löweschen Flüssigkeitsinterfoerometer.
Von
Karl Schaum und Walther Barth.
Daß es mit dem Interferometer möglich ist, den Verlauf che-
mischer Umsetzungen zu beobachten und zu verfolgen, folgt sofort
aus den Ergebnissen der Mitteilungen I und II. Es wurde dort ge-
zeigt, daB mit Hilfe der allgemeinen Eichkurve zwischen der Kon-
zentration c und dem reduzierten Skalenteil e die Beziehung
Ces E,
gültig ist, und zwar ganz exakt für Nichtelektrolyte, mit sehr großer
Annäherung für Elektrolyte. Setzt man das Gesetz von Biot und
Arago, daß die Brechkräfte sich addieren, voraus — und die Er-
gebnisse des vorigen Abschnittes sind gewissermaßen eine Be-
stätigung dieses Gesetzes —, so kann man in die Gleichungen des
Massenwirkungsgesetzes, die den Verlauf chemischer Reaktionen
regeln, an Stelle der Konzentration c die Größe E, co, d.h. den
reduzierten Skalenwert einführen, ohne daß sich damit der alge-
braische Charakter der betreffenden Gleichungen, abgesehen vom
Auftreten der neuen Konstanten $, ändert. Somit. kann man aus
der Änderung des reduzierten Skalenwertes o mit der Zeit auf die
Ordnung der betreffenden Reaktion schließen.
III. Die Verfolgung des Verlaufs chemischer Reaktionen usw. 167
Zur Methode selbst sei folgendes bemerkt:
Das Zusammenbringen der beiden Flüssigkeiten, das die Reak-
tion auslöst, erfolgt stets in der Kammer.
Die Vergleichsflüssigkeit, die annähernd denselben Brechungs-
index wie die Reaktionsflüssigkeit haben muß, damit eine Ein-
stellung möglich ist, muß stets vorher ausprobiert werden; am zweck-
mäßigsten wählt man hierzu die Grundlösung, die in die Reaktions-
kammer kommt, natürlich ohne die eine der reagierenden Substanzen
zuzusetzen.!)
Als andere Vergleichsflüssigkeiten kommen besonders in Betracht
Lösungen von Kalium-, Natriumchlorid, Salpeter u. a.
Die die Reaktion auslösende Flüssigkeit wird erst zugesetzt,
nachdem völliger Temperaturausgleich erfolgt ist.
Der Beginn der Reaktion kann nie beobachtet werden, denn
bei Zusatz der die Reaktion auslösenden Flüssigkeit treten infolge
der zunächst herrschenden Temperaturungleichheit, bewirkt durch
die stets vorhandene Temperaturdifferenz zwischen der in der Kammer
befindlichen und der zugesetzten Flüssigkeit, ferner durch das Auf-
treten von Mischungs-, Verdünnungswärme usw., stets gekrümmte,
undeutliche Interferenzstreifen auf, so daß brauchbare Ablesungen erst
nach ein bis drei Minuten möglich sind.
Der Anfangswert der Reaktion in Skalenteilen ist daher nie
zu ermitteln.?)
Geht man jedoch von bekannten Anfangskonzentrationen c),
Co Cu... aus, und sind o,, Gan Oz ... die entsprechenden unbekannten
}) Beispiel: Verseifung.
linke (Reaktions-) Kammer rechte
2,00 ccm Lauge + 4,00 cm dest, Wasser 2,00 ccm Lauge + 6,00 ccm dest. Wasser
Nach Temperaturausgleich: + 2,00 ccm Esterlösung.
3) Bei dem einen Beispiel, der Verseifung, gelang die Ermittelung eines schein-
baren Anfangswertes, der jedoch für die Berechnung nicht benutzt wurde, auf folgende
Art: Während der Reaktion waren die Kammern wie folgt gefüllt:
links: ı ccm Lauge rechts: ı ccm Lauge
ı ccm Esterlösung 7 ccm dest. Wasser
6 ccm dest. Wasser
Setzt man das Gesetz von Biot und Arago voraus, so erhält man als An-
fangswert offenbar den Skalenwert für die folgende Kombination:
Kammer links: ı ccm Esterlösung rechts: dest, Wasser
7 ccm dest, Wasser
Der so ermittelte Wert stimmte ganz gut zu den ersten Ablesewerten.
In anderen Fällen ist diese Schlußweise nicht gestattet, so z. B. wenn bei dem
Vermischen der Lösungen eine Ionenreaktion erfolgt (Beispiel Nitroäthan).
168 Schaum und Barth.
Anfangswerte in reduzierten Skalenteilen, bezogen auf den Endwert
der Reaktion als den Skalenwert Null, so ist offenbar
Ca Cgil e e m ii dain,
Der Endwert der Reaktion läßt sich stets ermitteln, indem man,
wenn die Reaktion nur noch langsam fortschreitet, die Kammer mit
der Reaktionsflüssigkeit längere Zeit einer höheren Temperatur
(40—50°) aussetzt.!) Ändert sich der Einstellwert nicht mehr, so ist
der Endwert erreicht, Man bezieht dann sämtliche Ablesungen auf
den Endwert als den Wert o.
Reaktionen, die zu schnell verlaufen”, können nicht gemessen
werden, trotzdem sie bisweilen deutlich erkannt werden. Den er-
haltenen Zahlen aber scheint, da sich Anfangs- und Endwert nur
um wenig (20 Skalenteile) unterscheiden, eine zu große Ungenauig-
keit anzuhaften, wenigstens ließen sich derartige Versuche, z. B.
die thermische Beeinflussung wäßriger Lösungen von Acetessigester,
nicht zu einwandfreien Schlüssen gebrauchen.’)
Zu langsam. verlaufende Reaktionen sind ebenfalls zur Unter-
suchung ungeeignet, infolge der äußeren Temperaturschwankungen,
die nie ganz abzustellen sind.
Für derartige Untersuchungen chemischer Reaktionen ist natür-
lich während eines Versuchs die Temperatur möglichst konstant zu
halten. Ferner können nur bei gleicher Temperatur verlaufende
Reaktionen verschiedener Konzentration miteinander verglichen
werden.
Untersucht wurden zwei Reaktionen: die Umlagerung des Nitro-
äthans
HCI
CH,- CH = WEE CH, + CH, NO,
!) Um in diesem Falle ein Verdunsten zu vermeiden, müssen die Kammern
dicht verschlossen werden, was man erreicht, wenn die Deckel mit Vaseline ab-
gedichtet werden. Außerdem füllt man die Kammer stets bis fast zum Rande. Bevor
die Kammer, nachdem sie längere Zeit einer höheren Temperatur ausgesetzt war,
wieder in das Interferometer gebracht wird, schüttelt man kräftig um.
2) Z. B. die Reaktion
CH, - CH, WO, g2
3) Immerhin kann man als Praktikumsaufgabe den monomolekularen Verlauf
der Acetessigester-Umlagerung mit Hilfe der ı cm- und der 4 cm-Kammer an Lö-
sungen mit der Konzentrationen 4 und 1 feststellen lassen. Thermische Nach-
wirkungen zeigt auch deutlich das Acetylaceton, nicht aber Aceton, Dimethylketon u. &.
JI Die Verfolgung des Verlaufs chemischer Reaktionen usw. 169
und die Verseifung von Methylacetat durch Natronlauge. Benutzt
wurden stets einander äquivalente Lösungen.
Zur Bestimmung der Ordnungen dieser Reaktionen — die übrigens
längst bekannt sind — wurde die von W. A. Noyes zuerst benutzte
Beziehung angewandt: bezeichnen € und 2, die Zeiten, für die bei
zwei Versuchen mit den Anfangskonzentrationen Ca, und Ca, die
gleichen Bruchteile umgesetzt sind, so ist die Ordnung der Reaktion
In te/t, N
Für die unimolekulare Reaktion sind diese Zeiten 6 und 4, un-
abhängig von den Anfangskonzentrationen; hier gilt
Ca,:Ca,=(,:6,,
wo C und C, die noch vorhandenen bzw. die umgesetzten Mengen
für gleiche Zeiten bedeuten.
Tabelle I.
Nitroäthan.
Kammer: I cm 4cm
Ca: 0,0708 0,0223
Ca, D 0,0708
Ge 4x0 — 0765
wenn man die verschiedenen Kammerlängen berücksichtigt. Der
Quotient C/C, ist in der vierten Spalte angegeben. Die Über-
) Vgl. R. Kremann, Wiener Monatsh. 27. 620. 1906.
D Logischer wäre das Festhalten an Konzentrationen, unter Division der C,-Werte
durch 4.
170 Schaum und Barth.
einstimmung ist eine sehr gute, abgesehen für große Werte
von £.
Für die bimolekulare Reaktion erhält man aus der Beziehung
von Noyes
Ca, :Ca, = rh,
wo 4 und 4 die Zeiten sind, nach denen gleiche Bruchteile der
Anfangskonzentrationen Ca, und Ca, umgesetzt bzw. noch vorhanden
sind. Bei den in Tabelle II angeführten Versuchen ist
0,111
„ Ca, /Ca, = Sossi T 2O.
In der Tabelle [I sind die Zeiten 4 und 4 für die gleichen
noch vorhandenen Mengen C angegeben, die sich natürlich wie die
Arifangskonzentrationen, also wie 2:1, verhalten. Der Quotient je,
kommt für ein sehr großes Zeitintervall sehr dicht an die geforderte
Größe 2 heran.
Tabelle II.
Verseifung.
Kammer: 4 cm 4 cm
Ca: O,III 0,0551
Zeit
(Minuten) | C | Cs
Damit ist gezeigt, daß sich auf `rund interferometrischer Ver-
suche die Umlagerung von NitroätHan als eine unimolekulare, die
Verseifung von Methylacetat als bimolekulare Reaktion ergibt. Bei
Benutzung der von van’t Hoff aufgestellten Formel!) erhält man
1) Kremann, 2.2.0.
Kögel und Steigmann. Über das Wesen der optischen Sensibilisierung. 171
das gleiche; da diese Formel jedoch keine strenge Gültigkeit hat,
wenigstens in der Form, wie sie angewendet wird, so wurde hier
die Noyessche Formel vorgezogen.
Versucht man die Reaktionskonstante für verschiedene Zeiten
zu bestimmen, so zeigt sich, daß diese Größe einen Gang aufweist.
Gießen, Physikalisch-chemisches Institut, Januar 1926.
Über das Wesen der optischen Sensibilisierung.
II. Teil.!)
Wasser als Sensibilisator.
Von
G. Kögel und A. Steigmann.
Die photographische Dehydrierungs-Hydrierungstheorie von
G.Kögel u. A. Steigmann?) fand ihre Grundlage in dem Me-
thylenblaueffekt, der sehr deutlich nicht nur bei den Thiazinfarb-
stoffen, sondern auch bei verschiedenen Akridinfarbstoffen, ferner
bei Flavindulin, Dizyanin, Orthochrom I, Thioflavin I, Erythrosin,
Eosin, Rose Bengale und Phenosafranin nach Eingang geeigneter
Gelatinen beobachtet wurde. Die reinen, silbersalzfreien Thiazin-
farbstoffe zeichnen sich vor allen anderen erwähnten Farbstoffen
durch ihre eminente Lichtempfindlichkeit aus. Da Methylenblau,
mit dem hauptsächlich gearbeitet wurde, nach den Arbeiten von
G. Kögel und den späteren von A. Steigmann (Entdeckung
des Methylenblaueffektes) durch Licht unzweifelhaft beschleunigt
hydriert wird und diese Hydrierung bereits sehr gut und deut-
lich durch den labilen Wasserstoff von Gelatinemolekülen bzw.
Gelatinebestandteilen bewirkt wird, und zwar bei allerkürzesten
Sekundenbelichtungen, so war damit nicht nur die hohe Emp-
fndlichkeit des Methylenblaus bewiesen, sondern gleichzeitig auch
das Sensibilisierungsvermöger -r Gelatine’), das von Gelatine
1) Diese Zeitschr. 24. 18. 1926
2} Phot. Ind. Heft 42, 43 u. t 1925).
3) Nach vorläufigen Versuchen kaum oder völlig unabhängig von den py-Werten
der Gelatinen. Der sensibilisierende aktive Wasserstoff kommt jedoch schwerlich von
den Thiocarbamiden, die Sheppard entdeckte, da der Methylenblaueffekt auch in
halogensilberhaltiger Gelatine auftritt, wo durch Reaktion mit dem Halogensilber
(Sheppard) die Thiocarbamide längst verbraucht sind,
172 Kögel und Steigmann.
zu Gelatine wechselt und in Beziehung zu deren photographi-
scher Güte stehen kann. — Da wir die früher beschriebene Oxy-
dationsbeschleunigung von alkalifreien Entwicklern?) durch belich-
tetes Bromsilber ohne Bedenken als Dehydrierung auffassen dürfen ?),
wir also annehmen können, daß die Silbersalze ebenfalls, und zwar
im Lichte beschleunigt, Wasserstoff aktivieren, so war damit die
Brücke vom Farbenausbleichverfahren zur Silbersalzphotographie
geschlagen. Inzwischen haben sich neue Stützpunkte für die Fähig-
keit, besonders der belichteten Silbersalze, Wasserstoff gegebener
Sensibilisatoren zu aktivieren, auffiinden lassen. Es ist bereits be-
kannt, daß die Leukobasen vieler Desensibilisatoren nach Lüppo-
Cramer nicht mehr desensibilisieren, sondern im Gegenteil wenig
gereiftes Halogensilber in seiner praktischen Empfindlichkeit steigern.
Sie sensibilisieren also. Fragen wir uns nach der Ursache der
Sensibilisierung, so stoßen wir unbedingt auf den labilen Wasser-
stoff der Leukobase, ‘durch dessen Aufnahme aus dem Farbstoff-
desensibilisator (Lüppo-Cramerscher Desensibilisator) ein Sensibili-
sator wird. Es ist also ziemlich offensichtlich, daß es nur der labile
Wasserstoff der Leukobase sein kann, welcher sensibilisiert, indem
er das Halogensilber gemäß der Formel
2 Ag Hal + 2H (aktiv) = Ag, + 2H Hal
reduziert.?)
Wir haben nun gesehen, daß belichtetes Methylenblau den
Wasserstoff der Gelatinesensibilisatoren aktiviert und akzeptiert, und
zwar bei verschiedenen Gelatinen in so ausgiebigem Maße, daß ein
deutliches Ausbleichen bemerkbar wird. Da die belichteten Silber-
salze ebenfalls Wasserstoff aktivieren und akzeptieren (s. obige Formel),
ist nicht daran zu zweifeln, daß der Gelatine nicht nur gegenüber
den Farbstoffen, sondern ganz besonders auch gegenüber den Silber-
salzen die Rolle eines wasserstoffliefernden, also reduzierenden Sen-
sibilisators zufällt.
Die bisher kurz skizzierten, teilweise rekapitulierten Fälle sind
als direkte Sensibilisierungen anzusprechen, während die optische
Sensibilisierung bei gleichem Chemismus
2 Ag Hal + 2H(aktiv) = Ag, + 2H Hal
1) Zeitschr f, wiss. Phot, 24. 1. 18. 1926.
2) Sie tritt auch cei halogenfreien Silberverbindungen auf, kommt also nicht
etwa durch abgespaltenes Halogen zustande.
3) Siehe auch R, E, Liesegang, Phot. Archiv 86. 17. 1925.
Über das Wesen der optischen Sensibilisierung. 173
als durch die optischen Sensibilisatoren vermittelt aufzufassen ist.
Nach unserer Theorie der optischen Sensibilisierung aktiviert der
belichtete Farbstoff labile Wasserstoflatome der Gelatinesensibilisa-
toren. Einen Teil derselben verbraucht er zu seiner eigenen Hy-
drierung, einen großen Teil gibt er jedoch an das Halogensilber
weiter, das sich dabei reduziert. Dieser Vorgang der vermittelten
Sensibilisierung erscheint zunächst ziemlich hypothetisch. Berück-
sichtigt man aber, daß Adsorption des desensibilisierenden Farb-
stoffes durch das Bromsilber (Eder), also sehr innige gegenseitige
Berührung, Erfordernis für eine gute Sensibilisierung ist, so scheint
eine vom lichtempfindlichen Farbsensibilisator angeregte Reaktion
sehr wohl das Halogensilber in Mitleidenschaft ziehen zu können.
Daß die belichteten Farbstoffe den von ihnen aktivierten Wasser-
stoff zu einem großen Teil an andere Wasserstoflakzeptoren weiter-
geben, ist aus Versuchen mit farbenempfindlichen (also nicht nur
schlechthin lichtempfindlichen) Leukobasen, z. B. dem grünempfind-
lichen Leukorhodamin 69, ersichtlich. Die reine, weiße Leukobase
ist zweifellos nicht farbenempfindlich. Was ihr die Farbenempfind-
lichkeit verleiht, sind sicher Rhodaminspuren. Durch grünes Licht
aktivierbar ist also" our der in Spuren vorhandene Farbstoff, das
Rhodamin 69. Im belichteten aktivierten Zustand aktiviert es seiner- -
seits den Wasserstoff der Leukobase, den es zu einem wesentlichen
Teil an den Sauerstoff der Luft oder sonst einen Wasserstoffakzeptor
weitergibt. Wäre das nicht der Fall, würde der Farbstoff allen
aktivierten Wasserstoff selbst akzeptieren, so würde eine sichtbare
Reaktion der Leukobase im Licht nicht stattfinden. Es würde
ebensoviel Leukobase aus dem in Spuren vorhandenen Farbstoff
neugebildet, als Farbstoff aus der Leukobase entstehen würde. Das
ist nicht der Fall: Die Farbstoffbildung herrscht unter dem Einfluß
des Lichtes entschieden vor, da der im Überschuß aktivierte Wasser-
stoff nicht zur Rückbildung der Leukobase aus dem vorhandenen
und entstandenen Farbstoffe verbraucht wird, sondern zur Reduk-
tion des Luftsauerstoffs oder eines anderen Wasserstoffakzeptors.
Wenn wir also hören, daß ein Farbstoff, z. B. ein optischer Sensi-
bilisator, andere mit ihm adsorptiv verbundene Körper in die von
ihm angeregten photochemischen Reaktionen einbezieht, so werden
wir das durchaus begreiflich, mindestens erwägungswert finden.
Merkwürdigerweise führt von der optischen Sensibilisierung photo-
graphischer Schichten ein vorgezeichneter Weg zur Kohlensäure-
assimilation der Pflanzen. Auch Chlorophyll ist nach den Unter-
174 Kögel und Steigmann.
suchungen, hauptsächlich von Eder, ein guter optischer Sensibili-
sator für Bromsilberkollodion, aktiviert also, in konsequenter Ver-
folgung unserer Theorie, Wasserstoff, den es auf das Bromsilber
überträgt. Gerade im farbigen Licht kann der Wasserstoff von der
selbst photoaktiven Nitrozellulose kaum herrühren. Er dürfte also
höchstwahrscheinlich vom Wasser der Luft (Feuchtigkeit) ent-
nommen sein. Damit komme ich zu der Schlußfolgerung, daß
auch das Wasser ein Sensibilisator ist. Bevor ich den einfachen,
experimentellen Beweis antrete, möchte ich meine Vorstellung über
die Kohlensäureassimilation vervollständigen. Das Chlorphyli nimmt
mit der Bestrahlung Lichtenergie auf und aktiviert mit dieser Energie
den Wasserstoff des Wassers, dessen pp sicher eine wesentliche
Rolle spielt. Wir kommen zunächst zu folgender Vorstellung:
I. Chlorophyll (lichtaktiviert) + 2H,O = Chlorophyll (inaktiv)
+ 2H (aktiv) + H,O,.
2. (Chlorophyll + adsorbierte) HCO, + 2H aktiv = H +H,0,.
3. 2 H,O, (+ Katalasen) = 2H,0 +0,
oder H,CO, +2H,0 HO + 2H,0 + O,.
E verlangt (Willstätter),
wird mit der Reduktion von ı Molekül Kohlensäure ı Molekül
Sauerstoff entbunden. Lassen sich die vorgetragenen Anschauungen
endgültig bestätigen, so erlangen damit die alten „Assimilations-
modelle“ — ultraviolett bestrahlte Systeme von Kohlensäure und
Wasser, die in schlechter Ausbeute ebenfalls zu Formaldehyd führen, —
erneut Bedeutung, besonders wenn es gelingt, einen ebenfalls Kohlen-
säure adsorbierenden ev. an Lipoide gebundenen Farbstoff zu finden,
der in gewissen Spektralgebieten die Stelle des kolloiden Chloro-
phylis vertreten kann und auf Wasser als Sensibilisator reagiert.
Was berechtigt nun zur Behauptung, daß Wasser ein Sensibili-
sator ist? Gerade für das biologisch so äußerst interessante Chloro-
phyli konnte der direkte Beweis noch nicht erbracht werden. Seine
wichtigsten Funktionen, z. B. die der Kohlensäurebindung, sind
außerhalb des organischen Kolloidverbandes alteriert. Der Wasser-
stoff, den das reine Chlorophyll im ersten Augenblick der Belich-
tung aus dem Wasser frei machen kann, findet keine ebenso zu-
gängliche Kohlensäure vor, wie im lebenden Blatt, er wird sich
also gar nicht von der OH-Gruppe des Wassers losreißen bzw.
wieder spontan mit ihr unter Wasserbildung reagieren. Nach dem
Wie es der Assımilationskoefhizient
Über das Wesen der optischen Sensibilisierung. 175
über andere Farbstoffe Mitgeteilten wäre an eine Hydrierung des
Chlorophylis selbst zu denken. Die Ausbleichversuche sprechen
jedoch keineswegs für eine solche Annahme, da Chlorophyll ganz
außerordentlich schwer auszubleichen ist. Es scheint mit dem von
ihm aktivierten Wasserstoff selbst überhaupt kaum zu reagieren!), wie
dies viele andere photoaktive Farbstoffe tun; es verbraucht also keine
Energie für Eigenreaktionen und gibt scheinbar den ganzen akti-
vierten Wasserstoff an die von ihm adsorbierte Kohlensäure weiter.
Es wird dadurch wahrscheinlich, daß durch die Chlorophylisensi-
bilisierung im lebenden Blatt die bestmögliche Ausbeute an Licht-
energie erzielt wird. Daß die kolloidchemischen Verhältnisse im
Blatt eine ganz außerordentliche Rolle spielen, ist anzunehmen.
Auch bei der optischen Sensibilisierung durch Chlorophyll ist Ad-
sorption durch das zu reduzierende Halogensilber erforderlich. Da
diese, wie Eder vermutet, durch Gelatine verhindert wird, sind
Gelatinehalogensilberemulsionen mit Chlorophyll nicht oder nur sehr
schwer sensibilisierbar. Weiter auf diese interessanten Aufgaben
und Probleme einzugehen, wäre verfrüht. Vorläufig war ich mit den
Experimenten auf das so außerordentlich interessante und äußerst
photoaktive Methylenblau angewiesen, von dem ich zeigen konnte, daß
es mit Leitungs- und Leitfähigkeitswasser reagiert. Eine Betrachtung
unterer Rongalit-Neosalvarsansensibilisierungen des Methylenblaus,
also der Sensibilisierung mit Körpern, die unumstritten bereits im
Dunkeln zur Leukobase führen, beweist, daß aus Methylenblau die
Leukobase auch im Lichte entsteht.) Der Methylenblaueffekt (a. a. O.)
zeigt weiter, daß die Leukobase des Methylenblaus ein gutes Reduk-
tionsmittel ist. Wird also Methylenblau durch Wasser sensibilisiert,
so muß bei Belichtung die Leukobase desselben entstehen. Wird
derselben sofort Silbernitrat zugesetzt, so bilden sich Silberkeime
und diese Silberkeime müssen, wie eine außerordentlich feine, von
Steigmann?) ausgearbeitete Methode angibt, selbst wenn sie in
geringsten Mengen vorhanden sind, durch Reduktion des über-
schüssigen Silbernitrats mit Metolsulfit nachweisbar sein. Die be-
!) Bei 6stündiger Belichtung in strahlender Sonne konnte nach Behandlung in
Silbernitrat ev. bei Entwicklung mit Metolsulfit, auf Chlorophyligelatine der „Methylen-
blaueffekt“ sehr flau, aber deutlich bis zu 30° Eder-Hecht beobachtet werden. Die
teine Gelatine gab den Effekt nicht. Es sind jedoch weitere Versuche mit
reinem Chlorophyll abzuwarten.
H Phot. Ind. 1925, Heft 43.
3) Chemikerzeitung 423, 1925.
176 Kögel und Steigmann. Über das Wesen der optischen Sensibilisierung.
lichtete Methylenblaulösung muß der unbelichteten im Kontrollglas
in der Reduktionsgeschwindigkeit vorauseilen bzw. im Verlauf der
Reduktion eine längere Farbenskala liefern. Da dies für das System
Methylenblau—Wasser bei kurzen Belichtungen von 5o Sek. in
nächster Nähe des Quarzbrenners zutrifft, ist der Beweis für die
Sensibilisierungsfähigkeit des als Biosensibilisator so außerordentlich
wichtigen Wassers erbracht. Für die Richtigkeit der Deutung spricht
folgendes: Die Leukobase des Methylenblaus ist nicht nur, wie wir
fanden, ein Reduktionsmittel schlechthin, sondern, wie Otto E.
Langer später bestätigte, ein regelrechter photographischer Ent-
wickler. Selbst bei starken und ausgedehnten Sonnenbelichtungen
entsteht aus Gelatine-Methylenblauschichten oder in Salvarsan-
Methylenblaulösungen ein Bleichprodukt, das im Dunkeln wieder
seine ursprüngliche Farbe erhält. Diese beiden Reaktionen sind
typisch für die Leukobase des Methylenblaus.. Das reduzierende
Belichtungsprodukt, welches ich bei kurzer Belichtung von Methylen-
blau—Wasser erhielt, kann also ebenfalls nur die Leukobase ge-
wesen sein, nicht ein ganz und gar hypothetisches Spaltprodukt,
dessen Entstehung selbst bei langen und intensivsten Belichtungen
nicht beobachtet werden konnte.
Für den angegebenen Versuch wurden verwendet Methylen-
blau medicinale Höchst in Lösung 1:25000. Auf 2 (QJuarzreagier-
gläser wurden je 5 ccm dieser Lösung entnommen, worauf eines
der Gläser belichtet wurde, Nach der Belichtung erfolgte Zu-
satz von I ccm einer !/ ,°/,igen Silbernitratlösung unmittelbar
nach der Belichtung aus einer bereits gefüllten Pipette (im
Dunkeln nach dem Löschen der Quarzlampe). Schließlich kommt
Gelatine in die Reagenzgläser (3 ccm einer 5°/ igen Lösung) und
nach erfolgtem Temperaturausgleich in fließendem Wasser wird den
Röhren Metolsulfit zugegeben, I ccm einer Lösung mit ı g Metol
und ı g Natriumsulfit (entwässert) auf 500 ccm Wasser.
Eine Nachprüfung des nur „vorläufig“ mitgeteilten, sehr wich-
tigen Versuches mit peinlichst gereinigtem Methylenblau wäre
wünschenswert.
Photochem. Institut Techn. Hochschule Karlsruhe.
Eingegangen am 7. März r926.
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K, Schaum in Gießen.
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wissenschaftliche Photographie
Photophysik und Photochemie
2 Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen
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insbesondere von
| H. Kayser
a E o em, Professor an der Universität Bonn
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£ herausgegeben von
K. Schaum
` O, Ö, Professor an der Universität Gießen
d Mit einer Tafel
S 1926
Fiss von Johann Ambrosius Barth in Leipzig
Salomonstraße 18b
De. (ne - i
leda SE werden von allen Buchhandlungen und von der V.: a ee
Ge x 7 Der Abonnementspreis beträgt pro Band im In- und Ausland Rm. 24.
ei | er Portö im Inland Km. 24.80, im et Mere Ra} 125.20.
August 1926
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Max Trautz und Bernhard Scheifele, Einige Erfahrungen an der Photo-
lyse des Jodwasserstoffgases im Licht der Quarzlampe . = «cs e s >
NG, Kögel, Zu den Primärwirkungen der photochemischen Absorption. ge
photochemische Transformation der Strahlung). . . © + ar a
Karl Schaum, Über einfache Spektralapparate mit großer Lichtstärke‘IL. Über
E | die Spektralphotographie lichtschwacher ee Bearbeitet
E POET von Wilhelm Kraemer l
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H. H. Schmidt, Über das Wesen der ege EE und der De-
sensibilisierung. Hierzu Tafel II
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Anfragen und Manusktripisendangen sind zu richten. an
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14.
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren `
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle ‚und vollständige _
Berichterstattung möglich ist.
Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere 77
een welche vom Verlag EE werden, 1 5S3
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Zeitidhrift für willenichaftlidie Photographie,
Photophylik und Photodiemie
XXIV. Band. 1926. Heft 6.
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases
im Licht der Quarziampe.
Von
Max Trautz und Bernhard Scheifele.
Seit den wertvollen und mit reichsten Mitteln durchgeführten
Messungen Herrn Warburgs und seiner Mitarbeiter an der Photolyse
von Gasen sind Meßarbeiten auf diesem Gebiet für uns wenig dankbar,
denn die Ausstattung mit den notwendigen Meßinstrumenten fehlt uns
und ist doch zur Erzielung wesentlicher Fortschritte unentbehrlich.
Wir haben die Photolyse des Jodwasserstoffgases zu einer Zeit
zu untersuchen begonnen, wo eine nachträgliche Gewinnung der
nötigen Hilfsmittel noch in Aussicht stand, und planten eine Ver-
folgung des jedenfalls kleinen Temperaturkoeffizienten. Was wir
an neuem gefunden haben oder was vielleicht als Vorarbeit für
besser Ausgestattete von Wert sein kann, teilen wir im folgenden mit.
Die Zerfallsgeschwindigkeit von HJ ohne Zusätze und mit
solchen (H, N,, Jodabsorbentien, Jod) im nicht zerlegten Licht
ger Quarzquecksilberlampe wurde im planparallelen Quarz-
gefäß gemessen, die Abhängigkeit von Konzentration, Temperatur
und einigermaßen auch von anderen Faktoren (andere Lichtart,
Lampenentfernung usf.) verfolgt.
A. Meßmethode.
1. Prinzip der Messung.
dem Nach titrimetrischen Vorversuchen mit strömendem oder ruhen-
Ge diente zu Messungen nur die manometrische Methode. Bei
TERN @mperatur verdichtet sich Jod bis auf den Dampfdruck von
völligen, so daß der anfängliche Atmosphären-Druck im Gefäß bei
Jod Zerfall auf die Hälfte sinkt. Bei höherer Temperatur bleibt das
trisch = orori in höherer Konzentration; hier wurde manome-
pech a Stuessen, indem das Quarzgefäß unmittelbar vor der Messung
tica E Zimmertemperatur gekühlt wurde, so daß die Bedingungen
` f, wiss. Phot. 24. 13
178 Trautz und Scheifele.
—_— nn
die vorigen waren. Zwischen Hg-Manometer und Reaktionsgefäß ward
eine N,-Säule in die Kapillare gelegt, um HJ vom Hg fernzuhalten.
2. Apparat und Darstellung der Ausgangsstoffe.
HJ aus elektrolytisch (an Ni aus Kalilauge) entwickeltem,
reinstem H, erhöhten Drucks und Joddampf (Bodenstein, Z. f.
physikal. Chemie 13. 1894) durch Überleiten über Pt-Asbest ge-
wonnen, ward im Wasser zu einer Säure vom spez. Gew. 2 gelöst. Das
Jod wurde auf 180° erhitzt, der Pt-Kontakt an der heißesten Stelle
auf 300—400°. Aus der wäßrigen Säure ward dann später das
HJ-Gas entnommen. H, selbst stammte aus der elektrolytischen
Zelle; N, aus einem Entwicklungskolbeu, worin Jodlösung auf Azid-
lösung nach Raschig einwirkte, oder aus Stahlflaschen der BASF,
wobei aber Reinigung mit Natriumhyposulfit und Überleiten über
glühendes Cu stattfand.
Das Reaktionsgefäß war eine Quarzdose von 60 mm Durch-
messer der planparallel geschliffenen und dann auf den 23 mm langen
Zylinder aufgeschmolzenen, 7 mm dicken, vollkommen durchsichtigen
Quarzplatten. 2 an den Enden eines Durchmessers angesetzte I mm
weite Quarzkapillaren führten die Gase dem 69,65 ccm fassenden
Reaktionsraum zu.
Ein Luftthermostat von 250:200:100 mm Abmessung, aus
Weißblech, mit Rheotan-Heizung (für 120° 4 Amp.), Asbest- und
Filzverpackung, zwei If Thermometer, umgab das Gefäß. Zwei
kreisrunde Öffnungen von go mm Durchmesser, mit 2 mm dicken,
senkrecht zur Achse geschnittenen Quarzplatten von 60 mm Durch-
messer unter Abdichtung mit Asbestringen verschlossen, lagen den
Fenstern der Dose gegenüber.
Das Röhrensystem oder Kreuzstück aus ı mm weiten Röhren
verband die Manometer (mit Spiegelskale und Lupe auf or mm
ablesbar) und Volumeter, ferner die Schwefelsäure-Gasbehälter, die
Strahlpumpe, den HJ-Entwicklungskolben und das Reaktionsgefäß
und war tunlichst kurz gehalten, seine Temperatur, durch einen
Ventilator tunlichst ausgeglichen, ward mit besonderen !/,,°-Thermo-
metern gemessen. Alle Hähne und Schliffe enthielten mit HJ vor-
behandeltes Paraffin-Vaselin-Schmierfett. Der HJ strömte nach grober
Reinigung durch Glaskugeln, die auf — 30° abgekühltes reines festes KJ
enthielten und gab dabei den letzten Rest Wasser und Jod praktisch ab.
Strahlungsquelle war meist die Hg-Stirnlampe von Heraeus,
mit ı5 cm langem Leuchtrohr, in Achsenrichtung benutzt, meist
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 179
mit 3,5 Amp. bei 9go—ı00 Volt Klemmenspannung belastet. Die
Stromstärke ward auf 3°/,, die Spannung auf ı Volt genau über-
wacht. Die Strahlung fiel durch ein 60 mm weites Rohr (für ein Ab-
sorptionsrohr) von 100 mm Länge aufs Reaktionsgefäß. Der Lampen-
abstand von der verdunkelbaren Einlaßblende zum Rohr ließ sich an
einer Skale der Bank verfolgen, die die Lampe trug. Andere
Strahlungsquellen siehe weiter unten.
3. Arbeitsmethode.
Nach Dichtigkeitsprobe wurden Manometer, Gefäß und zu-
gehöriger Kreuzstückteil rein mit H, beschickt, die Vorlagen des
Entwicklungskolbens gekühlt, er selbst mit H, gefüllt, Druck und
Temperatur im Reaktionsgefäß bestimmt, dieses abgeschlossen und
nunmehr Kreuzstück und Manometer mit N, gefüllt. Ins Volu-
meter kam eine für das spätere N,-Polster geeignete N,-Füllung,
die dann auf den geeigneten Druck gebracht ward, worauf man
Druck und Temperatur des N,-Polsters bestimmte. Jetzt ward der
ganze Teil der HJ-Kolbenleitung bis zum Hahn des Reaktions-
gefäßes bis auf ı mm Druck entleert, die Hg-Pumpe abgeschlossen,
und durch Einlassen von HJ-Säure mit der Entwicklung begonnen.
Dabei ward der Druck mehrmals ins Reaktionsgefäß entlastet, bis
er eine geeignete Höhe erreicht hatte, die man nach Abschalten
des HJ-Entwicklungskolbens maß. Das Manometer mußte dabei
natürlich langsam und vorsichtig angeschlossen werden, damit der
N, als Polster wirken konnte. Der Druck ward dabei alles in allem
von HJ, H, und N, ausgeübt. Man schloß nun wieder den Mano-
meterhahn und den zum Reaktionsgefäß und zog die Schutzblende
von der schon längere Zeit vorher eingebrannten Lampe weg.
Bei Zimmertemperatur ward das Gefäß je nach 10—30 Minuten
mit dem Manometer verbunden und nach r Minute Druck, Tempe-
ratur, Stromstärke und Spannung abgelesen. Übrigens war ein
Überdruck während der Belichtung, der bei Verdunkelung schnell
verschwindet, ein Buddeeffekt, der im Quarzgefäß nicht ganz zu
fehlen scheint, nicht nachzuweisen, als eine mit HJ gefüllte und
durch einen Faden konz. HJ-Lösung verschlossene Kugel aus dünnem
Glas der Bestrahlung ausgesetzt ward. Die Zeit vom Augenblick
des Abblendens bis zum Beginn der Weiterbestrahlung ward mit
der Rennuhr bestimmt, der Barometerstand stündlich abgelesen. Das
Jod schied sich, jedenfalls wegen etwas tieferer Temperatur, auf der
Zylinderfläche der Dose und auf der lichtabgewandten Planfläche ab.
13*
180 Trautz und Scheifele.
Bei 120° („Hochtemperatur“) konnte erst etwa Io Minuten nach
Fertigstellung der wie sonst gehandhabten Gasfüllung mit der Be-
strahlung begonnen werden, weil das Anheizen so lange dauerte.
Alle 60 Minuten ward abgeblendet, alles mit schwarzem Tuch ver-
dunkelt, der Deckel des Luftbads abgenommen, das unbeschadet
seiner dauernden Weiterbeheizung heruntergefahren und durch ein
Eisbad ersetzt ward, worin ein kräftiger Luftstrom die Kühlwirkung
beschleunigte. Thermometer auf !/,’ gaben die erzeugte Tem-
peratur an. Jetzt wurden Reaktionsgefäfß und Manometer ver-
bunden, der Druck und die Temperaturen abgelesen, die Hähne
wieder geschlossen und nach 2 Minuten abermals geöffnet, um sicher
zu gehen, daß die erste Ablesung auch wirklich schon nach aus-
reichendem Temperaturausgleich stattgefunden hatte. Das Eisbad
ward herabgefahren, das Reaktionsgefäß mit Alkohol und Äther be-
gossen, um anhaftendes Wasser zu entfernen, das Heizbad wieder
heraufgeschoben und nach Herstellung der hohen Temperatur weiter-
belichtet. Diese ganze Messung dauerte jeweils etwa 10—20 Mi-
nuten. Die Versuchsdauer betrug 3—14 Stunden.
Am Ende einer Anzahl Versuche wurden Jod und HJ titriert.
An den einen Auslaßhahn des Reaktionsgefäßes ward ein Quarzrohr
mit Schliff angesetzt, das die mit H, aus dem erwärmten Reaktions-
gefäß ausgetriebenen Gase in eine ans Quarzrohr anschließende
Vorlage mit alkalischer KJ-Lösung führte. Zur Titration des Jods
diente ot n-Thiosulfat, zu der des HJ or n-Sodalösung. Das Reak-
tionsgefäß ward nach jedem Versuch gereinigt durch Erwärmen des
Gefäßes auf 300° unter Durchsaugen eines trockenen Luftstroms,
dem dann beim Abkühlen ein H,-Strom folgte. Nach Wieder-
einsetzung des Gefäßes ins Röhrensystem ward das Ganze zehnmal
mit trockener Luft und dann mehrmals mit H, gespült, dann min-
destens 12 Stunden lang aufDichtigkeit geprüft bei Wasserstrahlvakuum.
B. Die Messungen.
Die manometrische Methode erlaubte den Zerfall von Anfang
bis zu Ende zu verfolgen. Variiert wurden dabei folgende Größen:
I. Die HJ-Konzentration zwecks Feststellung der Reaktions-
ordnung im Gesamtlicht der Quarzlampe.
2. Die Lichtabsorption in Wasserstoff und in Joddampf
durch Vorschalten eines mit diesen Stoffen gefüllten Absorptions-
rohrs (84 mm Länge, zur Hälfte 30, zur anderen Hälfte 50 mm
Durchmesser. Quarzfenster) in das Blendenrohr.
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstofisases usw. 181
3. Die Strahlungsintensität durch Veränderung der Ent-
fernung zwischen Lichtquelle und Reaktionsgefäß oder durch völlige
Verdunkelung.
4. Die Lichtart durch Vorlegung einer Glasplatte bekannter
Dicke oder eines planparallelen Trogs mit Wasser oder 20°/,iger
CuSO,-Lösung oder durch Vertauschung der Quarzlampe gegen
eine Neonbogenlampe oder eine roookerzige Wotanlampe.
5. Die Temperatur zwischen Zimmertemperatur und 120°.
Dabei konnte durch Einbringen von RbJ oder CsJ ins Reaktions-
gefäß Trijodidbildung hervorgerufen, und dadurch der Joddampf-
druck nieder und leidlich konstant erhalten werden. Ohne die Salze
fielen die Versuche anders aus.
6. Der Lichtweg durch Versuche mit dahintergelegtem Pd-
Spiegel.
7. Die Zusammensetzung desGasinhalts durch Anwendung
von H,-J,-Gemischen, die völligem Zerfall oder Gleichgewichten mit
merklichen Teilen aller Stoffe entsprachen, um Rückbildung oder
Lichtgleichgewichte festzustellen. Diese Versuche wurden bei beiden
Temperaturen gemacht.
C. Berechnung der Messungen.
Für die Druckberechnungen war das bestrahlte Volumen noch
um das Gesamtvolumen der Zuleitungen bis zu den betreffenden
Hähnen zu vergrößern; Auswägung mit Hg ergab zusammen
70,78 ccm.
Der Anfangsdruck P setzte sich dann bei Voraussetzung des
Daltonschen Teildruckgesetzes zusammen nach
P. H
RZ T” + gn, + nn,-
Die Molzahl se ergibt sich aus dem nach Auspumpen mit
der Strahlpumpe übrigen Wasserstoffrestdruck a, wozu 7” gehört,
nach
'y
nm, = RT `
Die Molzahl N, bei Versuchsbeginn im Reaktionsgefäß ist
gleich der Gesamtmolzahl des N,-Polsters minus der bei Versuchs-
beginn im Kreuzstück befindlichen; das Kreuzstückvolumen v, be-
betrug dabei 6,63 ccm. Es beziehen sich 7, und P auf das
N,-Polster. P bedeutet den Druck (auch im Kreuzstück) bei Ver-
suchsbeginn. 7, blieb gleich.
182 Trautz und Scheifele.
NN, = GE e (2 — P).
Damit gibt obige Gleichung, nach zgj aufgelöst, die HJ-Molzahl
und somit auch die HJ-Konzentration und HJ-Druck.
Nimmt der Druck um AP, ab (der Weiser o drückt aus, daß
die Reduktion des Drucks auf eine Gefäßtemperatur von 0° durch-
geführt ist), so braucht man diese Differenz nur zu verdoppeln, um
die Abnahme des HJ-Drucks entsprechend der Gleichung
2HJ = H, + (festes Jod)
zu erhalten.
Bei der Druckabnahme 4P, dringt aber die N,-Molzahl 7:
aus dem Kreuzstück ins Reaktionsgefäß nach. Dadurch a Se
ZA =+
N,-Druck in diesem um Aën, = z . AP,. Diese Zunahme des N,-
Drucks ist durch eine doppelt so große Abnahme des HJ-Drucks
bedingt; also wird die berichtigte HJ-Druckabnahme:
ap}, = 24P,(1+ 2
An den in den Tafeln stehenden HJ-Drucken und -Konzentrationen
ist diese Berichtigung durchgeführt.
D. Die Versuchsfehler.
I. Adsorption des HJ im Quarzgefäß und Abweichung des
Gases vom idealen Gaszustand sind vernachlässigt. Bei ausreichend
genauer Messung sähe man zu langsame Druckabnahme, nament-
lich im Beginn des Versuchs; HJ ist etwa so unvollkommen wie
Cl, so daß also seine Konzentration bei ı Atm. rund 1,5°/, über
der idealen liest.
2. Wenn auch das Schmiermittel Paraffın-Vaseline sich auf die
Dauer etwas braun färbte, so änderte doch seine Ersetzung durch
neues Schmiermittel nichts in den Versuchsergebnissen. Hier scheint
also kein merklicher Fehler vorzuliegen.
3. Ebensowenig kam eine Volumenänderung des Quarzgefäßes
in Frage.
4. Undefiniertheit der Temperatur des Reaktionsgefäßes war
durch das beschriebene Verfahren der Messung vermieden; solche
beim Kreuzstück war auf ?/,,° vermeidbar. Jedoch blieb die Tem-
peraturdifferenz zwischen Kreuzstück und Reaktionsgefäß unberück-
sichtigt; sie betrug nach besonderen Messungen höchstens ı° und
machte deshalb, weil das Volumen des Kreuzstücks nur !/,, von
Emige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 183
dem des Reaktionsgefäßes betrug, keinesfalls einen Unterschied, der
die sonstigen Versuchsfehler überstieg.
5. Eine geringe Undefiniertheit bedingt der im HJ-Entwicklungs-
apparat nach dem Auspumpen mit der Hg-Pumpe verbleibende H. Rest,
Sein gemessener Druck darin betrug ungefähr ı mm Hg; das Volumen
des gesamten Entwicklungsapparats kam auf etwa das dreifache des
Reaktionsvolumens. Unter dereinleuchtenden Annahme,daßderschwere
HJ allen H, ins Reaktionsgefäß drängt, kommt es im letzteren zu einem
H,-Druck von beiläufig 3 mm. Die prozentuale Unsicherheit dieses
Drucks wird kaum 20°/,, also die absolute kaum 0,6 mm erreichen.
6. Die Belastungsschwankungen der Lampe betrugen höchstens
0,3°/,, so daß die Intensitätsschwankungen gleichfalls gering ge-
wesen sind. Doch verringerte sich die Helligkeit der Lampe selbst,
teils durch langsames Trübwerden des Quarzes der Lampe, teils
durch Verschmutzen des Hg; dieser Fehler ist durch Vergleichs-
versuche ausgeschieden worden (vgl. W.W. Coblentz, The decrease
ın ultra-violet and total radiation with usage of quartz mercury vapor
lamps. Journ. Amer. Chem. Soc. 43. 1921), Schwankungen der Be-
strahlungsrichtung — Leuchtrohr senkrecht zur Gefäßfläche — wurden
durch eine Visiervorrichtung vermieden.
7. Der Dunkelraum des Reaktionsgefäßes betrug 1,53 ccm von
70,78 ccm, war also mit 2°/, anzusetzen. Durch diesen Fehler
kann also die Konstante höchstens um 2°/, zu klein werden. Eine
Verdunkelung durch abgeschiedenes Jod war kaum anzunehmen,
weil es sich nicht oder kaum auf der Lichtseite abschied. Das
diffuse Licht, das bei den Hochtemperaturversuchen während des
Auswechselns der Bäder die Zelle traf, war fast oder ganz wirkungslos;
denn selbst die Wirkung der Ioookerzigen Lampe war gering.
8. Die Drucke sind bis auf 0,2 mm, die Volumina auf 0,01 ccm,
die Temperaturen auf !/,,° genau gemessen.
9. Die Ablesezeiten ließen sich auf 5 sec angegeben, obschon
die Rennuhr !/, sec noch festzustellen erlaubte. Doch ist die Überein-
stimmung von Sollzeit und Ablesezeit nicht über 5 sec zu bringen gewesen.
E. Die Messungsergebnisse.
1. Messungen bei Zimmertemperatur.
Die Temperaturen 7, und 7,’ wurden rechts und links un-
mittelbar am Reaktionsgefäß gemessen, 7, im Mittelteil des Kreuz-
stücks und 7; zwischen den Quecksilbersäulen des Manometers.
Die Zeiten sind in Minuten angegeben; die Drucke / sind
184
Trauiz und Scheifele.
die abgelesenen. Di, Ist der berichtigte, wirkliche HJ-Druck. Da-
neben steht seine Abnahme in dem betreffenden Zeitraum.
Spannungen sind in Volt, Stromstärken in Ampere (Weber) angegeben, Kon-
zentrationen in Mol/Liter.
Bar. std. 5 = 752,2 mm
ff = 10,2 mm
Du = 720,4 mm
Z = 498,5 mm
Żyj = 467,4 mm
Versuch 1.
Ty, Ty = 18,87°C
Tn Ty = 18,77
7 = 17,2
Ze = 17,5
7 = 18,35
Bestrahlungsdauer 140’
ng, = 3,987-10”® Mol
ga, = 8,078.10% „
sm = 181,7:10® „
CH, = 2567.107% MoljLiter
Belichtungszeit beob. k k
z min Pam | PHJ | 4 HJ
498,5 467,4
498,5 467,4
497,9 466,1
496,6 463,3
495,2 460,3
493,9 457,5
492,0 453,4
490,9 451,0
489,3 447,5
487,5 443,6
485,0 438,1
483,2 434,2
481,7 430,3
479,6 426,4
47735 421,8
475:9 418,3
474,3 414,8
471,3 408,3
469,8 405,0
466,9 398,7
464,9 | 394,3
463,2 390,6
Versuch 2.
Tr, ZA = 19,5°
wo
Ù
Bestrahlungsdauer 144,25’
ZS = 100 7,77 =19,17 ny, = 3,898.10°° Mol
Po = 658,9 Séi z 18,0 RN, = 4,891 i 1078 Lé
Pa = 524,5 Ta = 18,5 “HI = 194,98-10° „
Zu = 501,9 7, = 19,0 CHj, e 2755: 107% Mol/Liter
| k k
H 524,5 501,9 ; 3
9 523,1 498,9 24
15 | 522,0 496,5 d
sI 520,5 493,2 A
26,5 519,6 491,2 Si
33,5 518,1 487,9 Se
40,25 515,6 482,4 =
46,25 513,1 476,9 >
52,25 512,1 474,7 f
in m
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 135
Versuch 2 (Fortsetzung).
z Pam Ph | dëi
52,25 512,1 | 4747 4,6
59,75 | 510,0 | 470,1 To
66,25 | 508,6 467,1 i, i
7325 | 506,7 4630 | Sa
80,25 5047 | 458,6 W
87,25 502,5 | 453,8 3,3
93,25 501,0 450,5 4,6
100,75 498,9 445,9 48
107,25 496,7 441,1 so
115,25 494,4 436,1 Se
115,25 491,9 | 430,6 >
115,25 490,3 427,1 3,9
123,25 488,5 | 423,2 e
130,25 486,7 419,3 Sé
137,25 484,0 413,4 SÉ
144,25 482,4 409,9 f
Zwischen 107,25 und 115,25 war die Lichtquelle abgeblendet. Die Druck-
abnahme ist größer, als oben angegeben, weil die Blende nicht ganz lichtdicht war.
Außerdem sank der Druck nach Verdunkelung immer etwas (0,3 mm in 10 Min.),
um nach spätestens 30 Min. ganz konstant zu werden. Dies deutet auf kleine Tem-
peraturdifferenzen vermöge Bestrahlung.
Versuch 3.
4 = 753,3 mm Th Tk = 20,5 Bestrahlungsdauer 158’
$ = 107 To T; = 20,4 an, = 4,131-10°® Mol
Pd = 819,6 7” = 20,7 ny, = 2,908.10% „,
P = 739,2 T, =20,8 ngj = 278,8 -105 „,
Puj = 721,0 Ke = 20,8 Cuj, = 3932-10°% Mol/Liter
| Pam | Pu) | APH
27,5 729,1 699,0 | F
35,0 725,6 691,4 | e
42,5 722,1 683,8 so
49,5 719,8 678,8 i KE
56,75 715,2 668,8 i 68
64,0 712,1 662,0 | D
71,5 709,8 657,0 j
78,25 707,5 652,0 Se
85,75 704,4 645,2 P
93,75 702,4 640,8 8.9
101,75 698,3 631,9 ` 6,3
109,75 695,4 625,6 D
117,5 691,8 617,7 65
125,5 689,0 611,6 Dé
133,5 685,1 603,1 87
142,0 681,1 594,4 | SCC
150,0 676,5 5844 | 70
158,0 6733 | 5774 | i
186 Trautz und Scheifele.
Versuch 4.
= ‚o mm Zu Zx = 21,0° Bestrahlungsdauer 401,5
g = Ge 7, T; = 20,7 A, Se le Mol
do = 716,2 7: = 19,8 iy, = Eo ar
Pa = 442,6 To = 20,I ny = ‚9° ERBE. en
Zum = 407,0 7, = 21,0 Cuj = 2221-10 5 Mol/Liter
LU | | 7
o 442,6 | 407,0 1,3
9 442,0 405,7 2,6
17 440,8 403. i 3,5
24 439,2 399; 3,9
3I 437,4 3957 4,6
39 435,3 391,1 6,1
46 432,5 3250 4,8
53,5 430,3 350,2 3,9
60,0 428,5 376,3 SÉ
67 426,1 371,1 Aë
74 424,0 366,5 3,3
80 422,5 363,2 so
86,5 420,2 358,2 3,3
93,5 418,7 354,9 6i
101,0 415,9 348,8 3,9
108,5 414,1 344,9 4,6
115,5 412,0 340,3 5,2
122,5 409,6 335,1 3,0
129,5 408,2 332,1 10,6
147,25 403,3 co 3,5
154,25 401,7 | 318,0 3,0
160,75 400,3 | 315,0 3,9
168,25 398,5 | 311,1 4,8
175,25 396,3 , 306,3 3,9
182,25 394,5 | 302,4 3,3
189,25 3930 | 299,1 | 3,7
196,75 391,3, 295,4 a
204,25 389,3 | 291,0 | 17,9
214,25 381,1 0 , 273,1 10,0
221,25 376,5 | 263,1 | 14,6
228,25 369,8 : 248,5 De
235,75 3633 | 243 | reg
241,75 i 358,3 | 223,4 | 1,7
241,75 0 | 3575 | 2217 Ge
241,75 357,0 į 2206 | 06
241,75 356,7 | 220,0 | 0,0
241,75 356,7 | 220,0 | 13,5
248,75 | 350,5 | 206,5 10,3
254,75 3458 ' 196,2 | 8.7
262,25 341,8 187,5 | Se
269,25 336,2 i 1753 10,9
276,25 331,2 164,4 SC
283,25 3255 152,0 7,2
350,25 293,3 81,8 | 2.2
357,0 292,3 79,6
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 187
Versuch 4 (Fortsetzung).
3 Pam
401,5 288,8 |
Zwischen 196,75 und 204,25 Minuten wurde die Lichtintensität geändert. Nach
235,75 Min. und 241,75 Min. ward die Lichtquelle abgeblendet, zwischen 233,25 und
350,25 Min. ununterbrochen belichtet.
Versuch 5.
b =75,ımm 7,7, = 20,7° DBestrahlungsdauer 221
Ż = 86 Za 7; = 20,3 ap, = 3,33-10°° Mol
Že = 5753 7” =s 20 ny, = 10,065:10% „
F, = 297,0 7, = 206 sn = 101,2:10° „
Pu) = 262,3 T, = 21 Cy= 1433: 10°5 Mol/Liter
Mittlere Stromstärke = 3,65 Amp. Mittlere Spannung = 92 Volt.
|
70,75 | 236,3 129,9 SE
77375 | 2314 119,3 SE
85,75 | 225,7 106,9 Gre
94,75 220,9 96,4 EN
101,75 215,9 85,5 e
109,5 211,6 76,1 =
117,5 207,1 66,3 SC
126,5 203,4 58,2 6 3
133,5 200,5 51,9 68
141,5 197,5 45,1
148,5 195,8 41,6 2
156,5 194,2 38,1 >
164,5 192,5 34,4 =
172,5 191,6 32,4 Së
181 190,6 30,2 Sep
183,25 190,1 29,1 op
197,75 189,7 28,3 S
205,75 189,1 27,0 >
214,5 188,6 25,9 ka
223 188,6 25,9 ’
Traulz und Scheifele.
7, 7, = 20,2
7” = 20,5
2. = 21,0
7, = 21,0
— e — o c. E EE nn m mn
Versuch 6.
Tr Tr = 20,3’ à
e
Bestrahlungsdauer 237,25’
gn, = 4,677 10°°® Mol
"y, 6,235-.10° „
n = 174,49 -10% „
Cuj = 2465,2 Mol/Liter
Mittlere Stromstărke 3,35
Mittlere Spannung 101
3 | Pam | ai | Ati
752,5 mm
11,1
616,6
197,3
147,0
480,5 | 452,2 17,2
472,6 | 435,0 19.4
463,7 | 4156 12.4
458,0 403,2 ËCH
450,6 387,1 22,5
440,3 364,6 17.0
432,5 3476; 194
423,6 328,2 19.4
414,7 308,8 ' 168
407,0 2920 | 185
398,5 2735 | 161
391,1 257,4 | 18s
382,6 238,9 177
374,5 221,2 | Cé
366,1 202,9 ibi
358,7 186,8 | 168
351,0 170,0 | i 40
m BET 1 13
336,9 139,2 Ko D
330,0 124,3 | 140
323,6 110,2 14.6
316,9 956 | 1113
311,7 | 84,3 10,9
306,7 EI | 87
302,7 64,7 g'i
299,0 58,6 | 6;
296,1 52,3 4.6
294,0 47,7 3,5
292,4 44,2 3,0
291,0 41,2 | SCH
290,1 39,2 | SCH
289,6 38,1 | 0,4
289,4 337 | j
Versuch 7.
7,, 7% = 21,0°
Ze 7; = 20,4
= 20,6
= 21,4
= 20,8
Bestrahlungsdauer 150,5’
gn, = 4,289. 107% Mol
an, = 1515 ‚10° „
nuj = 56,795:10°® „
Cuj = 802,42. to" Malte
Mittlere Stromstärke 3,47
Mittlere Spannung 98
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 189
Versuch 7 (Fortsetzung).
z | Pam | Zur | Afty
i S aaa l aa O
0 197,3 147,0
11 | 189,8 130,6 | i Du
16 185,7 | 121,7 2
23 | 181,2 111,9 4
o | me 103,2 e?
36,5 I 173,7 95,6 7
43,5 | 170,3 | 88,2 7 4
50,5 166,9 | 80,8 4
58,5 164,3 75,1 57
5 1623 70,7 a
725, 160,3 66,3 ar
795 | 159,2 63,9 E
87,5 1578 | 609 >
95,5 156,9 58,9 36
Dip 155,7 563 Së
13050101549 1 546 Se
150,5 | 154,9 | 54,6
Versuch 8.
d = 752,9 mm Tr, Tk = 20,6° Bestrahlungsdauer 250,25’
= 12,1 7, 7; = 20,3 "X, = 4,685-10°® Mol
A, = 605,5 Ké = 20 N, = 7,306 - 10" an
= 403,7 T, = 20,6 2), = 144,0510% „
Pu) = 372,7 T, = 20,3 Co = 2035+10% Mol/Liter
2 Pan Su | dëi
188,75 253,3 44,8 =
196,75 251,5 40,9 28
204,0 250,2 38,1 3, 7
220,75 248,5 34,4 57
235,25 | 245,9 28,7 0.0
255,235 | 2459 28,7
190 Traulz und Scheifele.
Versuch 9
b = 750,0 mm Te Ty =21,1° Bestrahlungsdauer 138,5’
Pf = 128 T, 7; = 20,5 gn, = 4,946-10°° Mol
D, > 621,1 Kä = 20,6 ny, = 14,18 .10° „
Pa = 228,3 T = 21,5 ny = 68,96 -ı0° „
Pu) = 178,7 T, = 21,0 Cuj = 974,3: 10°% Mol/Liter
Stromstärke Mittel 3,6
Spannung Mittel 93
—
o a | | geen
d 222,7 7° | 1665 12,4
16,5 217,0 | 154,1 | 10,3
24,0 212,3 | 143,8 13,5
31,5 | 206,1 130,3 Sr
38,0 202,7 122,2 GG
46.25 194,8 | 1056 ` 35
52,75 193,2 102,1 | SÉ
60.75 189,2 | 934 al
68,75 | 184,7 | Dé ` e?
75,75 181,2 76,0 Gi
85,75 178,4 | 699 | SR
91,75 176,1 649 | 7.4
99.75 172,7 575 | 44
109,50 170,7 53,1 Ni
115,5 169,8 ft 24
124,5 168,7 48,7 Se
132,5 168,7 48,7 SC
138,5 168,7 48,7 j
2. Bestimmung der Reaktionsordnung.
Diese Messungen genügen zur Beantwortung der Frage nach
der Reaktionsordnung. Bereits die Versuche 1—4 deuten durch
die weitgehende Konstanz der HJ-Druckabnahmen innerhalb je emes
Versuchs auf die nullte und damit nach Ausscheidung der Absorp-
tion auf die I. Ordnung. Man entnimmt dazu die Druckdifferenzen
aus den Kurven, die den Umsatz gegen die Zeit enthalten, und
dividiert diese Differenzen durch den im betreffenden Zeitraum
(hier stets 10%) gerade herrschenden mittleren HJ-Druck (4, I. Ord-
nung) oder durch sein Quadrat Lë, II. Ordnung), So erhält pa
die folgenden Tafeln. E ist mit ob multipliziert, ZS mit 10
multipliziert.
Einige Erfahrung gen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. IO)
Versuch 6
Versuch 5 Versuch 7 Versuch 8
Versuch 9
428,5| 572| 133
404,0 607| 150
452,2! 534 r6 | |
|
| |
|
| |
„5| 632| 167 I 1 Iascl 582) 156 |
355,5! 689) 194 | 351,0) 621| 177
331,0| 725| 219 329,2| 644| 196
307,0: 782| 255 308,0) 708| 230
283,01 795| 281 286,2! 678| 237
262,3 546; 208 | 260,5! 787; 302 | 266,8| 705| 264
248.0 726, 293 | 240,0| 896| 373 248,0| 726| 293
230,0: 826' 359 230,0) 783| 340
211,0 829, 393 | 218,5! 915| 419 | 212,0’ 826| 389
193.5} 904 467 | 198,5/1020| 515 | | 194.5) 900| 463
176,0 994: 565 | 178,2)1077| 605 177,0, 949| 536] 178,7) 767| 429
158,5, 978 617 | 159,0 1160| 732 160,2 1010| 631| 165,0| 849 514
143,0 979. 685 | 141,5|1170: 824 | 147,0| 939.639 | 144,0! 972| 675| 151,0) 927! 614
129,0 1087, 8411 ı25,0/1120| 896 133,2|1006755 | 130,0) 962| 740] 137,0| 971| 709
1150 1087] 945 | 111,0|1000| 909 | 119,8| 1110 927 | 117,5! 979| Baal 123,7) 962, 778
111,8; 966) 864
102,511122) 1094 | 100,0| 950| 950 | 106,5; 986,926 | 106,0,1038| 979] 101,0| 1089 1078
91,0 1154 1208| 90,5] 807| 891 | 96,0| 9381977 | 95,0| 926| 975| 90,0) 889| 983
| 83,2| 625| 751 | 87,0! 805/925 | 86,2| 835| 969] 82,0] 8291013
80,5,1118| 1389 | 78,0! 474 608 | Soo 688:859 | 79,0. 785| 994
537|721 | 75,2| 758 1008
| 72,0, 181 72,8: 7281000
70,7! 99 70,5) 426.604
i 70,01 7I
l 69,5! 72 69,5| 676| 973
| 69,0, 29 67,5) 3561527 | 67,5) 548| 812 l
64,2! 810' 1263 65,1 2461378 64,8| 617| 953
| | 63,51 2361372 | 63,8; 439| 688
129/1208] 61,0
58,0
57,0
62,0 492| 806| Gob 461| 753
173| 297| 58,0) 397; 684
176| 308
59.0 678| 1149 |
55,0] 546 992 |
49,2 224| 454 |
48.1] 229) 475
47,0, 453
46,0| 174: 378
45,2, III 248
44,71 157, 350
71,5 1021 1428| 74,3] 3101417 | 74,5
fei m ba N
2 O OP Lon
MP MO ra
| |
| |
Bei allen diesen Versuchen geht die Konstante durch ein Maxi-
mum. Es wird von um so kleineren Werten aus und um so später
erreicht, je höher die Konzentration des HJ beim Versuch anfangs
ist. Fast konstant ist 4 im Anfang von Versuch 7. Der Betrag
der Maxima ist immer ungefähr derselbe 2, = rund 10°? min”!
= 1,7.10”* sec=!, soomal so groß als Hr. Bodenstein im Sonnen-
licht in Glasgefäßen beobachtet hatte. Die Konstante II. Ordnung
steigt noch steiler an. Man hat auf eine unter die erste herab-
gesetzte Reaktionsordnung zu schließen, wie sie durch merkliche
192 Trauiz und Scheifele.
den gewählten Versuchsbedingungen bis zur Zeit konstanter Kon-
stanten nur ein mäßiger oder kleiner Bruchteil des wirksamen Lichts
hinter der Zelle austritt. Bei den folgenden Versuchen ward die
Temperatur in der Nähe des Reaktionsgefäßes mit größerer Genauig-
keit verfolgt, weil sie sich da wegen Jahreszeit usf. nicht mehr kon-
stant hielt. Um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, wurden die
Drucke auf die angenommene Temperatur 0° des Reaktionsgefäßes
umgerechnet (Index o: die anderen Größen, auch 7, und Gen be-
halten ihre alte Bedeutung).
Versuch ıo.
ò = 740,0 mm Tu Tk = 13,3 Bestrahlungsdauer 445,85’
ef = 72 T, steigt von 12,5 bis 18° aen = 2,861.10°° Mol
fu = 695,8 2" = 12,5 nn, = 0,917-.10° „
P, = 720,5 bei 125° 7, = 13,6 l gut = 283,74 10° „
Żyj = 683,1 auto ber, 7, = 12,6 Cuj = 4008,8. 10% Mol/Liter
Mittlere Stromstärke 3,45
bstand
Mittlere Spannung 96 } Lampenabstand 15 cm
z P | T, P, AP; Sat | 4 tu | ën: 105
o 720,5 12,5 689,0 | 683,1 166i 27
9 714,3 | 13,2 | 681,4 Sé 666,5 127 Si
15 | 7097 | 138 | 675,6 Br Ge 319
22 704,3 | 14,4 | 669,0 62 6394 | 136 345
28,25 698,7 14,8 662,8 D 625,8 = 262
35,15 694,1 15,1 657,7 14,5 614,6 31,7 zı1
52,15 680,4 15,8 643,2 5,1 582,9 j 11.2 299
58,65 | 675,2 | 15,9 | 638,1 13,5 5717 | 295 Dt
75,65 661,7 16,2 624,6 64 542,2 14.0 374
82,65 654,8 | 16,2 618,2 9,3 528,2 | 20,3 | 24
98,65 | 645,2 ' 16,3 | 608,9 47 5079 . 103 342
104,65 640,3 ' 16,3 604,2 14,8 497,6 | 30,6 362
122,15 626,1 | 16,6 590,2 58 467,0 ı 127 381
129,4 620,3 16,7 | 584,4 12,3 454,3 26.9 400
1465 | 60714 | 16,9 | 572,1 di 1 ing 1 bie 368
151,9 602,2 17,0 566,9 9.9 416,0 217 305
169,4 592,0 17,2 557,0 120 394,3 26,3 432
185,4 575,7 | 17,4 545,0 12,3 368,0 269 | 39
204,4 566,6 | 17,4 | 532,7 12,4 341,1 27,1. 460
222,4 553,8 17,6 520,3 ioo 314,0 21,9 490
237,15 543,4 17,7 510,3 | 17,8 292,1 38,9 | 509
265,15 524,6 17,8 492,5 11,5 253,2 25,2 ` Don
282,65 512,5 17,9 481,0 | 17,3 228,0 37,8 | 646
310,65 494,2 18,0 463,7 sg 190,2 192 601
328,35 | 484,7 | 17,9 | 4549 14.2 171,0 31,5 713
356,85 | 469,3 | 17,7 | 440,7 127 139,5 27.8 | 804
384,35 | 455,7 | 17,7 | 428,0 106 111,7 219 | 8
410,85 | 445,2 | 17,8 | 418,0 D 89,8 129 | 86
428,85 | 438,9 | 17,8 | qı2,1 44 76,9 | 9,6 784
41585 | 4343 , 17,8 | 407,7 i 673 1?
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstofgases usw. 193
Versuch 11.
5 = 743,6 mm 7% Ty = 142° Bestrahlungsdauer 657’
ff = 81, T, steigt von 14,7 auf 19° y, = 3,196. 10°® Mol
o = 7527 » Ze të gw, = 5,692-10° „
P, = 598,7 „ bei 1,7° 7 = 14,7 ny = 227,3 10% „
Paj = 547,3 o auf 0° ber. 7, = 14,4 Cyj = 3212. 10°®Mol/Liter
Mittlere Stromstärke 3,7
Mittlere Spannung 100
Bis zur 65 Minute war eine Wasserstoffkammer zwischen Lichtquelle und
Zelle gesetzt.
Lampenabstand 18 cm
Eine Wirkung der Wasserstoffschicht, die doch weit dicker und
dichter ist als die im Reaktionsgefäß, läßt sich, wie zu erwarten war,
nicht feststellen.
Die nächsten Versuche wandten sich den „End‘“gemischen zu,
die bisher erhalten wurden. Es war zweifelhaft geblieben, ob der
zeitlich konstante Restdruck bei ihnen nur einem Erlahmen der
Reaktion oder einem echten Lichtgleichgewicht, also der erstarkten
Gegenreaktion, oder endlich der Undefiniertheit des aus dem Ent-
wicklungskolben stammenden H,-Drucks, der alsdann bei der Be-
rechnung immer erheblich unterschätzt worden wäre, sein Dasein
verdankt.
Versuch 12.
Cu, = 1177:10% Mol/Liter
i g Stromstärke 3,47 Cuj = 466,6- o" nm
.. Spannung 95 Etwa Gleichgewichtsgemisch von
fy, = 2095 r- 12,5 7,7% = 15,0 Versuch 8 entsprechende Zu-
g = 831 T= 12,3 Lampenabstand 15cm sammensetzung
k A
| Zu | du, Ři e 10%
186 | 266,8 `
Zeitschr. f. wiss. Phot, 24. 14
194 | Trautz und Scheifele.
Versuch 13.
Stromstärke 3,5 Cu, = 1211 ig" Mol/Liter
b = 738,2 Spannung 91 Cuj = 474,810 e
du, = 216,1 T = 12,5 Ta, Ty = 14,0° Etwa Gleichgewichtsgemisch
Żyj = 84,7 T= 13,0 Lampenabstand 18 cm von Versuch 6 entsprechend
dë Cuj | k 10
Irirtalan lé
300,8 700
40 294,0 3580 | „066
126 | 276,7 133,2
Versuch 14.
Stromstärke 3,49 Cu = 180,5910 Mol/Liter
bo m 738,5 Spannung 03 Cy = 5510? m
Pu, = 3225 T= 13,2 Tr Tk = 15,5° Etwa Gleichgewichtsgemisch
Pu) = 98,2 T= 13,0 Lampenabstand 18 cm von Versuch 10
s |z |a| z | ar | Ar | ar | Gw er
o 420,7 13,2 401,3 93,7 550,1
32 | 4116 | ua | 3012 | vie | 756 | frg |4225 | =
70 403,1 15,7 381,2 6.9 49,7 15,1 291,7 944
108 | 396,6 | 16,3 | 3743 48 | 346 ros |2031 | 813
152 392,2 | 16,8 | 369,5 24 24,1 2 | 14145] s36
194 | 390,1 | 17,1 | 367,1 ' 18,9 S 111,0
Versuch 15.
Stromstärke 3,48 C H, = 114,1. 10°% Mol/Liter
b = 738,7 Spannung 96 Cou = 45,93 10° »
Ze =” 248,2 T= 13,5 Zu TK = 15,2° Etwa Gleichgewichtsgemisch
Pu) = 82,1 T= 13,4 Lampenabstand ı8cm von Versuch 11
nn nn mn en
5
s | P] n| A |4P | ur Las om er
n DD a EE
oO | 330,3 | 13,5 | 314,8 i 78,25 6 4593 | 927
44 | 318,6 | 14,3 | 302,7 | "A | 51,8 | $ Se 304,0 | 939
82 311,8 15,1 295,5 6,3 36,1 13,8 211,9 1190
138 | 305,8 | 15,7 | 289,2 25 | 223 1 | 130,9 | 769
176 305,0 16,2 286,7 4 16,6 5» | 97,43
Versuch 16.
ò = 738,9 8 EI = 7,6 T” = 16,0 Dauer A
nH, = 2,983.10 Mol Du, = 396,0 7, = 16,5 Stroms
AN, — 1,103-10° „ D = 426,0 Ti = 16,0 Spannung a
nn) = 165,3 10° „ oyj = 398,2 T, Tk = 15,6 Abstand
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 195
Versuch 16 (Fortsetzung).
o | 426,0 16,0 402,4
|
|
|
|
19 419,8 | 18,3 | 393,4 378,5 o | 2221
36,5 | 406,7 19,4 | 379,7 = 348,5 378 2045 SE
545 | 394,1 20,2 367,0 12,0 320,7 26.2 1363 532
las | 381,77 | 206 | 3550 | 267 | 2965 | 584 |1728 | 579
108,5 353,6 | 21,1 | 328,3 | igo | 2361 30,6 |1386 | 729
127,5 | 338,8 | 21,3 | 3143 | 166 | 2055 i 1206
6 Gs
1535 Es 21,6 | 297,7 vs | 1692 363 | 993 745
|
171,5 | 309,2 | 21,7 | 286,5 144,7 849,2
8435 | 247,4 22,2 228,8 5737 Ke 2202 108,6 230
Versuch 17.
b = 748,2 PP = OI T” =ı180 Dauer 115,5
ms 3548-10 Mol f, =534,3 7% =18,5 Stromstärke 3,48
y 7 7195105 „ di = 554,0 T, = 18,0 Spannung 91
"gj = 213,2 -10° „ Pony = 513,2 7,7, = 17,5 Abstand 17,5 cm
EE rn ERBEN: et
o 5540 | 18,0
30 540,2 20,4
46,5 530,1 21,0
63,5 | 516,9 21,3
80,5 505,7 | 214
98,5 489,1 21,6
115,5 | 480,0 | 21,5
Versuch 18.
b = 746,8
f = 76 Zu Tk = 19,5 go, = 2,978.10% Mol
A = 625,3 T = 16,4 an, = 7,448.10 „
D = 422,1 7, = 18,4 Ayy = 154,7 ‘10
An = 3674 Abstand 17,5 cm Cuj = 2156-10% Mol/Liter
Mittlere Stromstärke 3,47
Mittlere Spannung 90 Volt
Von £ = 95—163 und 282—347 steht das Luftfilter zwischen Lichtquelle und
Reaktionsgefäß, von £ = 163—282 das Wasserstofälter.
o 367,4 | 2156,2
I
i 29 3355 | Ze 1969,0
450 | 4 309,7 | 227 | 18175
63 287,0 2 1684,5
553 ; 25,8
| 80 261,2 1533,0
14*
196 Tyautz und Scheifele.
Versuch 18 (Fortsetzung).
be 108 | z | P | Z7 | P | Ap
k k
WT | Any Co
80 | 377,9 | 22,2 | 349,5
512 95 366,9 | 20,9 | 340,8 eh | 2419 19,3 1419,7
261,2 1533,0
Mittel |353 | 113 | 358,9 | 20,4 | 334,0 227,0 | TN | 13323
» 6
270 Ser? 128 355.6 | 20,3 | 331,0 = 220,4 Se 1293,5
Luft 294 146 351,4 | 20,6 | 326,8 47 211,2 10,3 1239,5
163 346,9 | 21,0 | 322,1 . 200,9 ? 1179,1
15,5
195 339,9 | 21,6 | 315,0 6 185,4 x 1088,2
250 Ro 232 333,6 22,3 308,5 5 171,2 14 1004,8
3,3
247 330,3 | 22,5 | 305,2 164,0 962,6
H, er 264 327.1 22,5 302,2 = 157,4 2 923,8
= 282 323,0 | 22,8 | 299,0 > 150,4 a 882,7
294,5 | 320,6 | 22,9 | 295,8 = 143,4 A 841,7
SH 311,5 316,1 22,7 291,9 3.9 134,9 e? 791,8
I 2 288 ’ 126 , 1,8
a EE ee? | 34 | |
347,5 | 307,5 | 22,0 | 284,6 698,4
Be 364,5 303,6 23,0 280.0 4,6 108,9 Ge 639,2
670 382,5 295,9 23,5 272,5 de 92,5 i0 5 542,9
1131 400,0 | 291,0 23,7 267,7 66 82,0 14.4 481,5
951 417,0 | 283,7 | 23,7 | 261,1 46 67,6 nn 396,5
1061 | 451 | 2743 | 23,5 | 252,6 | 3% 49,9 SC 287,6
468 270,3 | 23,5 | 248,9 : 40,9 , 240,05
Versuch ro,
d = 740,9
f = 70 Tu T¥ = 21,0 nn, = 2,731.10% Mol
Po = 53599 T = 17,7 nN, = 0,74 dE
Dh >= 556,2 Ty = 18,0 su = 2145 10° „
Bopi = 516,3 Abstand 17,5 cm Cuy = 3030.10 Mol, Liter
Mittlere Stromstärke 3,45
Mittlere Spannung 93
Von £ = 213,5 — 276,0 Luftfilter.
276,0—376,2 Joddampffilter
69 —1ı47,5 Neonbogenlampe von der einen, Hg-Lampe von der
andern Seite des Reaktionsgefäßes her einstrahlend.
k k
PH) | 42 | Ca | e Sech
98,5 | 492,3 | 24,3 | 452,1 365,1 | 232 |2143 u n
115,5 | 480,2 25,0 440,0 Er 338,6 > 1987 E 401 Neo
131 0, 2 0,0 I 1
FAR | age | ioe | "ga | Biez | aa filsa lien
164,5 | 449,7 25,8 410,9 Ve 274,9 22,1 1613,5 455 Mittel
l Se 24,3 ? 578%473 ohne
180,5 | 437,0 | 25,4 | 399,8 13,7 250,6 30.0 1471 386
213,5 | 418,4 | 22,9 | 386,1 220,6 © 1295
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffeases usw. 197
Versuch ı9 (Fortsetzung).
213,5 ' 418,4 | 22,9 | 386,1 | 220,6 1295
2245 | 412,7 | 22.2 | 3817 44 211.0 Ke 1238 e
242,5 406,7 | 2211 376,3 | 37% | 199,2 | ais fg (3900352 Lunt
2395 402,2 | 22,2 | 372,0 56 | 189,8 : 22 1114 402
as ss lese | one ea as Zem
Sai Lëns | 218 | 3er] BE | reco | 90 | 2o97 13531447 Jod
‚5 | 394,5 ) 350, 7,6 55, 16,6 909, 708
330,5 ; 376,2 | 21,7 | 348,5 138,4 812,3
Versuch 20.
b = 743,4
f = 65 Za, 7y = 20,8 ny, = 2,515.10% Mol
o = 619,5 Tr = 20,0 ny, = 0,304° 10° o
pi = 627,9 Ze = 23,4 grut = 239,8 10% „
Ben) = 57753 Abstand 17,5 cm Cut = 3388. 10% Mol/Liter
Mittlere Stromstärke 3,46
Mittlere Spannung 95
Von £ = 99 —181,5 und 335,5—364,5 Luftfilter
181,5—264,5 Joddampffilter (von Jodkristallen in Zimmertemperatur)
o 627,9 | 20,3 | 584,1 577,3 3387,8
40 . 608,3 | 23,0 SCH: 23,0 527,0 59,3 3093,0 al
21,2 46,4 ’ 1368
65 587,1 | 23,9 | 539,9 ? 480,6 ? 2820,7
I
82 571,6 | 24,4 | 524,7 > 447,4 SC 20257: E
99 155733 | 249 | 510,7 | sei | 4168 | San | 24463 ey
i4 5439 23,6 500,6 | Se 3997 | vue 2316,5 258|
32 ' 533,3 | 22,8 | 492,4 376, Luftfilt
146,5 526,4 | 224 | 486,5 | $3 | 3639 | i27 | 21358 el Kat
181,5 | 513,0 22,0 474,8 : 338,3 : 1985,5
a i 508,6 | 21,8 un ee 330,0 CS E Ge
oa 501,9 | 21,7 | 405,0 310,9 15600
228,5 | 497,1 21,7 | 460,5 = 307,1 | 9 1802,4 Ss EE
246,5 491,5 | 21,8 | 4552 | 36 | 2955 | ior | 17343 as
264,5 ` 486,6 | 21,8 | 450,6 WW 285,4 127 1675 268
281,5 ‚482,4 | 23,1 | 444,8 9,3 272,7 20,3 | 1600,5 430
299,5 473,9 | 24,1 | 435,5 es 252,4 24.1 1481,3 557
317,5 | 462,6 ı 24,5 | 424,5 SE 228,3 22,3 1340 69
i 4519 24,8 4163 8,0 nn i 75 Se Sp
50,5 | 440, 23,1 400, 185,5 1100,3
364,5 433,9 | 22,4 | 401,0 a 176,9 1038,2 453 |Tunäie
381,5 | 430,1 | 23,4 | 396,2 ’ 166,4 976,6
Aus diesen Versuchen geht die Belanglosigkeit der Absorp-
tion der Strahlung in Luft oder Wasserstoff und der nur wenig
schwächende Einfluß des Joddampffilters unzweifelhaft hervor. Ebenso
auch die Wirkungslosigkeit des Neonlichts, die angesichts seiner
198 Trautz und Scheifele.
Zusammensetzung und geringen Energiestromstärke, sowie seiner
äußerst geringen Absorption im HJ nicht wunder nimmt.
Die weiteren Versuche sind bei der höheren Temperatur an-
gestellt, dazwischen sind Vergleichsversuche bei Zimmertemperatur
eingeschoben.
Die Reduktion der Drucke auf 0° des Reaktionsgefäßes ist auch hier durch-
geführt. Die Temperaturdifferenz zwischen Kreuzstück und Reaktionsgefäß beträgt
jetzt 15s—20° (wegen des Eisbads), ist aber für die Berechnung nicht in Rücksicht
gezogen; vielmehr wurde für das Ganze die Temperatur des Reaktionsgefäßes ein-
gesetzt. Dadurch wird an den diesem Fehler proportionalen Zahlen eine Abweichung
im Betrag von etwa 1°/, bedingt. Denn die absolute Temperatur ist um 5—8°;,
am Kreuzstück zu tief gegriffen, und sein Volumen macht etwa (en des Reaktions-
gefäßvolumens aus,
Versuch 21.
5 m 748,2
S = 63 nHı = 2,607.10°° Mol
Po = 689,1 Tr, Tk = 20,5 nn, = 1,341.19°° „
dio = 654,6 z” = 1,0 nuy = 267,9 d'W „
Êo HJ = 645,1 Abstand 16 cm Cuy = 3786.10% Mol/Liter
Mittlere Stromstärke 3,5
Mittlere Spannung 92
o 654,6 645,1 3786 | 645,1
059 | gigs | 1300 | za | 502,9
142,2 | 225
r95 | 5544| Dre | 44m7 ı 70% | 2500 | 4259 | 779 | 195
295 532,9 21,5 401,7 43,0 2222 378,6 47,3 117
i 10,7 ` 21,4 j 23,4 70,I
386 522,2 380,3 2084 355,2 V
Versuch 22.
6 = 753,6
A = 71 De 2,987-10°® Mol
Poo =5274 Tu Ty = 208 ny, = 2066:10% „,
Pıo = 5805 T = 193 nu = 290,2 -l0® „
onj = 578,3 Abstand 16 cm Co = 3394-10% Mol/Liter
Mittlere Stromstärke 3,45
Mittlere Spannung 92
3 | Zo | AP; | Pony | Az | Cu al | Ans | kg. 10°
78,3
92,1 194
| 3a | 8
423,1 26,3 102
23,2 97,2
399,9 |
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 199
Versuch 23.
b = 761,8
A = 73 nur = 2,850-10°° Mol
Poo = 642,4 Th 7% = 193 ny, = 142 10% „
Die = 277,4 2? = 17,5 Sur = 98,18 -10° „
dan = 236,4 Abstand 16 cm Cuj = 1387 Of Mol/Liter
Mittlere Stromstärke 3,49
Mittlere Spannung 92
An der Schattenseite und den Zylinderwänden im Gefäß befand sich ein Überzug
von RbJ, aus Lösung erzeugt, zwecks Herabsetzung des Joddampfdrucks.
a ee Maren
z | 2 | AP, | ëm | 42o | Cu | ën | Aën | A. 10
o 2 236, 138 236,
69 | SE 26,8 182 $ 53,6 a. en S 58,6 410
129 | 234,4 16,2 150,4 32,4 834 6 1424 35,4 369
| a | as
249 | 209,7 9,1 101,0 i 8, 518,8 88,4 19.9 26
313 | 200,6 82,8 402,0 | 68,5
Versuch 24.
A == 762,1
5 = 47 Tk, 7, = 18,0 Su, = 1,830.10 Mol
so = 418,6 T = 18,2 ny, = 3,99610% „
io = 315,9 Abstand 16 cm wall = 125,4 .10”5 ge
Bun = 301,9 RbJ-Belag Cu = 1572+10% Mol/Liter
Mittlere Stromstärke 3,47
Mittlere Spannung 92
Pony Ana | Cuj | 2 AP u
200 Trautz und Scheifele.
Versuch 25.
4 = 763,3
f = Sei Tr, Ty = 19,2 ny, = 1,983.10% Mol
oo = 596,3 2° = 18,7 "N, = 2,144 -10°° T
dio = 541,2 Abstand 16cm nyj = 220,7 .105 „
Dany = 531,3 RbJ-Belag Cu = 3118.10” MoljLiter
Mittlere Stromstärke 3,49
Mittlere Spannung 95
Bis £ = 146 Zimmertemperatur, darauf Hochtemperatur
z | Po | dr, | Zon Ann | Cuj | Za dëi ae
531,3 3118,5 | 531,3
j 8,6 86, 22
79 | song Zi | a527 | Zoo | 26135 | 4453 | sin | 29
96 | 491,9 ai | 4327 | i62 | 24850 | 4234 | az 237
114 483, 7 416,5 | ieg | 2381 405,7 | 77,3 272
130 475,9 e 400,7 Se 2279,5 | 388,4 14,9 244
146 469,1 ao 387,1 42,0 3192 373,5 45,9 222
205 | 4451 | i8 345,1 Jo | 1923 327,6 Eé 249
258 429,6 di 308,1 37 1685 287,1 40,
Versuch 26.
b = 765,9
f = Su Trs, Tk = 19,0 ny, = 1,988. 107% Mol
fue = 509,1 Za ny, = 8,731.10% „
Pio = 284,7 Abstand 16 cm gut = 107,5 "10% „
Ža Hj 7 258,9 RbJ-Belag Cju = 1519.107% Mol/Liter
Mittlere Stromstärke 3,35
Mittlere Spannung 98
k
Po)H | dät | CH) | Pony | 4200, korto
258,9
258,9 1519 5
218,1 49,3 1258 214,3 a Oe
191,1 = 1084 184,8 95 6
160,3 Se 886,8 | ı51,1 el e
133,7 i 774,7 | 132,0 i
Versuch 27.
b = 753,4
3 = 65 Tys Tk = 18,2
oo = 491,1 7” = 14,6 au, = 2,563.10% Mol
Dio = 482,0 Abstand 16 cm RN, = 0,444 DG N
oyj = 4748 RbJ-Belag gur = 197,2 10° „
Mittlere Stromstärke 3,35
Mittlere Spannung 98
Bis £ = 87 Zimmertemperatur, dann Hochtemperatur.
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 201
Versuch 27 (Fortsetzung).
Bop) | dën
o 482,0 | 474,8 2786,8
19 | 469,7 | 123 i aso2 | 240 | 2628,8
36 ag | Ze | 4306 | 12, | 25285
53 ann | Ss | A202 | vw | 24356
JO | 447,5 6.9 405,8 13,8 2343,0
87 | 4406 | sun | 3920 = 2254,3
135 | 4194| ein | 3496 t3 | 1982
159 | 410,1 331,0 1863
l
Versuch 28.
b = 755,2 Tz, Tk = 18,4
Dua = 236,7 Abstand 16 cm
Zant = 221,1 CsJ-Belag
Cuj es 1298-10% Mol/Liter
Mittlere Stromstärke 3,36
Mittlere Spannung 98
k k
z P, | AR, | PH) ApHJ | Cuj kj. 10°
o 236,7 221,1 1298
> 2057 ge r598. | Zu 937,9 e
124 195,2 3,5 130,3 SE 764,8 H
164 185,7 ES 109,5 i 642,7 434
Versuch 29.
Ty Kë = 19,5
L = 758,4 Abstand 16 cm
ia = 299,4 CsJ-Belag
Puh) = 279,2 Cuj = 1638- to" Mol/Liter Zimmertemperatur
Mittlere Stromstärke 3,46
Mittlere Spannung 93
o 299,4 20,4 279,2 45,8 1638,5 H
59 279,0 fe? 233,4 SE 1370,0 SE
o 267,1 = 207,3 2 7 1216,6 3
119 255,9 3 182,8 45 1072,8 az
132 251,5 44 173,1 EE 1016,0 in
151 245,6 5,9 160,1 3» 939,6 4
Versuch 30.
A = 755,2 Tz, Tk m 19,3 Mittlere Stromstärke 3,34
Pio = 392,7 Abstand 16 cm Mittlere Spannung 99
Pony = 383,1 CsJ-Belag Cuj = 2248. 10°° Molj/Liter
202 Trautz und Scheifele.
Versuch 30 (Fortsetzung).
2 | Ei | 4P, | Lat Aën | CHJ | Ai 10°
o 392,7 383,1 2248 |
40 | 372,6 in 338,8 | E | 1988 307
89 350,4 ? 290,2 ? 1703 3!
124 335,4 as 257,3 32,9 1510 343
167 319, 5» 222,8 345 1308 334
Die folgenden Versuche sind auf Grad und Art der wirksamen
Absorption wirksamen Lichts gerichtet und auf seine Variation
durch Abstandsvergrößerung der Lichtquelle. Zur Anwendung
kamen ferner:
Pd-Spiegel hinter dem Reaktionsgefäß,
Lichtfilter,
andere Lichtquelle (1000-Kerz.-Wotanlampe).
Der Pd-Spiegel ward außerhalb des Luftbads, 3 cm hinter der
hinteren Planfläche des Reaktionsgefäßes aufgestellt. Diese An-
ordnung bedingte erhebliche Reflexionsverluste des Lichtstrahls beim
zweimaligen Durchlaufen je zweier Bergkristallplatten; die Anordnung
ist daher sehr wenig empfindlich gewesen. Immerhin wären große
Mengen noch übrigen wirksamen Lichts nach einmaliger Durch-
laufung der Zelle so nachzuweisen gewesen.
Versuch 31.
b = 760,6
f = (Dä gn, = 4,758-10°° Mol
Bun = 625,2 Tk, Ty = 21,5 y, = 5,163.10 „
Da = 492,5 T = 15,4 nuj = 194,610% „,
onj = 468,6 Abstand 16 cm Cuj = 2750:10" Mol/Liter
Mittlere Stromstärke 3,48
Mittlere Spannung 96
Auen
Spiegel , vo
j | Po | Afo | Pony Maa Cay | eingeschaltet | Zany | 42 (D "9
o |492,5 468,6 28
19 |4851 443:7 | Zä 290
35 | 4719 423,6 i 7 297
st | 462,9 403,9 | 22°, | 365
68 | 451,8 3796 | SE | 349
85 | 441,8 357,7 | 203 | 365
tor | 432,5 337,4 c 7 391
ı18 | 422,6 315,7 a o 365
135 | 413,9 296,7 | 1.9 | 408
152 | 404,8 276,8 SE 384
169 | 396,8 259,3 | in | 469
186 | 387,7 239,4 f
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 203
Versuch 31 (Fortsetzung).
Spiegel (S)
eingeschaltet
APH)
k
Ż,HJ k» 10°
Versuch 32.
b = 763,5 3
p = 53 gu, pm 2,0878. 10°® Mol
oo = 620,7 Tı, 7, = 18,3 ny, = 12,54 "I0 „
io = 298,4 T = 16,2 yj = 109,3 dw
Żyj = 263,2 Abstand 16 cm Co = 1545 .10° „
Mittlere Stromstärke 3,47
Mittlere Spannung 98
Spiegel LS) k k a
2 | % | 4P | Zony [džon Cuj | eingeschaltet | Sp) |4Fony | Ži 0
o | 298,4 263,2 1544,8 S 263,2 |
19 | 285,3 | 131 | 237,0| 282 | 1376,3 S 234,5 | 207 GE
s5 | 265,9 | "P4 | 198,2 | Zei | 1127,4 S Ee e
72 | 256,9 I 180,2 rag | T01 1,8 A 172,4 SC SE
89 | 249,5 165,4 = 916,8 ! 156,2 18 > x
106 | 241,1 > 1486|, et 808,8 137,8 i di ke
123 | 234,1 D 134,6 Ge 719,0 122,5 = SC
140 | 228,0 6 122,4 36 641,0 A 109,2 > 7
157 | 221,7 e 109,8 ie | 560,0 S ERT “iÀ >
217 | 204,8 I 76,0 2 342,0 A 58,4 37, 5
232 |201,3| 95 ' 6g,0| D9 | 297,6 äre, SE
250 | 200,2 e 66,8 Si 283,5 S 48,3 Se S
267 | 200,2 , 668| ” 283,5 48,3 i
> 98,2 2 196,4
D ge Versuch 33.
Po = 65 nu, e 2,551.10°° Mol
Bee = 483,2 Tk, Tk = 1735 EN 4,887.10 „
dio = 357,6 Zr = 16,0 ryj = i411 .105 „
Pony) = 3397 Abstand variiert Cuj = 1994-10" Mol/Liter
Mittlere Stromstärke 3,50
Mittlere Spannung 93
204 Trauts und Scheifele.
Versuch 33 (Fortsetzung).
Entfernung
Lichtqg.—R.G.
o | 357,6 | | 339,7 8 | 1993,6 55,5
19 3554 es a E 196515 55,5 Ar
lee al |
70 | 3522 | 4 | 3278 | Ai | 19238 45,5 eh
88 ; 1,6 DR 26,5 13 | 1916, Ss
SC 220 1,2 SE 2,6 Gi e SE Wei
i d ` 2,4 86. $ 43,
allem] E
158 6r | 2$ | zus | 35 | 1845,8 15,5 SC
e d 6,6 | | SR 335
207 325.8 7,5 270,1 16,4 1585,2 25,5 d
a23 | 32a | DE | 2633 | Mee 25,5 =
241 I 32 2 6,3 70 | i5042 2 i 132
4 3 > 2,8 nn 6,1 a 5,5 134
259 316,7 1,3 > ) 2,8 d E 45,5 70,4
275 | 315,4 ri 47,4 24 | 1452 45,5 54I
293 314,3 ro | 2450 22 | 1438 45,5 50,1
311 313,3 ? 242,8 1425 4555
Versuch 34.
bo = 758,4 Cy = 3284. 107% Mol/Liter
onj = 559,2 Ir, 7% = 18,7 Mittlere Stromstärke 3,48
Duo = 572,3 Abstand wird variiert Mittlere Spannung 99
-e
t | P; | AP, | Zon | dën | CH | Abstand | ky. 10°
een en = A 2 = m nn en Dee
o 572,3 559,2 3284 15,5 26
46 | 542,5 er a941 | fo | 2900 | 45,5 eg
92 539,3 25 487,2 Dis 2859 45,5 30,7
129 536,8 44 481,7 9,6 2827 555 25,8
207 532,4 8,7 472,1 19,1 2771 25,5 86,0
255 523,7 7.2 453,0 15,8 2659 25,5 88,8
295 516,5 i 437,2 ` 2566 25,5
Versuch 35.
b = 758,1
P = 42 gu, ss 1,593-10°° Mol
oo = 515,6 Zu, 7% = 21,0 AN, = 179 dw
div = 561,6 T” = 26,0 Spo = 233,5 DOT „
suj = 513,8 Abstand variiert CHj = 301,5-10°5 MoJ/Liter
Mittlere Stromstärke 3,48
Mittlere Spannung 95
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 205
Versuch 35 (Fortsetzung).
L—R.G. i _ din
. 108
geschaltet GEES
| | Entfernung |
|
o | 561,6 s138 | an [30155 | 1515
l 2 345
19 2824 15,5 16
36 | 5352 | "or |as6o| vis [26765 | 15,5 Glasplatte | 2.
143 | 526,1 20 436,1 6,3 2559,5 15,5 Glasplatte 6 D 3
166 | 523,2 | ee | 429,8 14,9 2522,5 155 220
182 [5164| 3'2 |4149 ren | 24350 15,5 227
199 | 509,2 | 38 |39%2| 83 | 2343,0 15,5 Glasplatte 33,4
262 | 505,4 45 390,9 9,8 2294,2 20,5 169°
277 |5009 | vi |381| ao | 223655 20,5 141
294 ! 496,8 % 372,1 : 2184 20,5 Glasküvette
mit H,O
6
us 14936 | ©? | 3651| 79 |21427| 205 i
Versuch 36.
b = 759,3
ff = Tz, Tx = 20,2
fio = 289,4 Abstand 20,5 cm Mittlere Stromstärke 3,46
Bn = 283,2 Cuj = 1662. 10°® Mol/Liter Mittlere Spannung 98
Pu | Aën | Cor | | Vorschaltung von
o | 289,4 i 283,2 1662,2
7:9 39,2 198 =
75 271,5 244,0 1432
ae | eg [uor | aa | Ware
66 ? ! 6 )
dE HEET
Versuch 37.
ò = 759,6
f! = 55 gu, = 3,157-10°® Mol
Poe = 556,7 Tu Ti = 18,0 ny, = 1,576-.10% „
io = 506,2 7’ =æ 16,1 "yj = 206,5 ‘10 „
oyj = 497,2 Abstand 30 cm Cuj we 2918.1078 Mol/Liter
| k k
x | Ze | AP, | PH) | dën | C | ki e 105
o 506,2 497,2 2918
e | aons | di | ube | 125 2807 E
281 491,2 2.9 464,4 6,3 27255 11.8
398 488,3 i 458,1 j 2688,5 )
206 Trautz und Scheifele.
An sich ist es schon auf Grund der bisherigen Untersuchungen
anderer Forscher fast sicher, daß eine Rückbildung von HJ im Licht
bei Zimmertemperatur nicht eintritt. Nur bei 270° fanden die
Herren Cohen und Stuckardt (a.a. O.) im Quarzultraviolett Bildung
von 7,6°/, HJ.
Bei unseren Versuchen war eine Rückbildung um so weniger
wahrscheinlich, als das Jod die Gasphase bis auf einen geringen
Rest (0,2 mm Druck oder wenig mehr) verläßt. Trotzdem haben
wir Versuche darüber angestellt; schienen sie HJ-Rückbildung an-
zuzeigen, so war daraus im Gegenteil zu schließen, daß eine Fehler-
quelle vorläge, die solches vortäuscht.
Versuch 38.
A = 743,2 T,, 7, = 19,5 ny = 226,5 IO" Mol
Pet, = 545,3 Abstand 15 cm géi s 85,32-10° „
Teildruck festen Jods 0,2 mm Bei Versuch 20 gebildetes Jod
Mittlere Stromstärke 3,43 Mittlere Spannung 99
2 Ze | AR, | Pont | A Pony | Cor
o o
99 549,2 SS 7,4 Zo 43,43
256. 550,4 08 9,8 6 57,52
412 551,2 11,4 ? 66,91
Das Gasgemisch nach Versuchsende in eine KJ-Lösung über-
geführt, zeigte ganz schwach saure Reaktion, durch 2 Tropfen
n/i\o-Na,CO, neutralisierbar. Dem entsprechen (oh Mol, also (recht
genau) die berechnete Molzahl HJ.
Der nächste Versuch aber ergab keine HJ-Bildung. Hier war
der H. Druck kleiner, und die Jodmenge war die von Versuch 38.
Versuch 39.
LV = 743,4 Abstand 15 cm
Zon, = 357,0 Mittlere Stromstärke 3,40
gu, = 148,6-10"® Mol Zu Tk = 20,0 Mittlere Spannung 97
$ Fa A P;
H 357,7
109 358,7 nn
166 358,5 SS
254 358,3 a
Ebensowenig zeigte beim nächsten mit derselben Jodmenge unternommenen
Versuch das Gasgemisch saure Reaktion, i
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 207
Versuch 40.
T, Tk = 18,5 nn. E 257,7 -1075 Mol
b= 746,2 Abstand 15 cm Piy, = 620,5
Mittlere Stromstärke 3,42
Mittlere Spannung 95
z ZE, | AP;
o 620.7 ö
122 620,7 Soi
185 620,6 403
233 620,8 5
720 621,2 +94
Versuch 41.
b = 763,0 Zu Ty = 24,0 Mittlere Stromstärke 3,45
Po), = 98,2 Abstand 15 cm Mittlere Spannung 96
Poy, = 136,6 sn, = 56,74-10°° Mol Jod vom Versuch 32
z | P, | AP,
o 136,8
59 138,6 2
118 139,6 Se
169 139,6 g
Versuch 42.
ò = 756,2 Tks Tx = 23,2
Poh vom Versuch Ai Abstand 15 cm
vn, = 158,3 sn, = 657,6-10°% Mol
Z 2 AE,"
o 158,5 j
65 160,5 Ka
133 161,0 2
176 161,0 5
212 161,5 5
Versuch 43.
Zu Ti = 22,5
b = 756,9 Abstand 15,5 cm
Pa = 48,4 ny, = 184,1. 107 Mol Mittlere Stromstärke 3,48
Von Versuch 33 Pu = 443,2 mm Mittlere Spannung 94
208 Trautz und Scheifele.
Versuch 43 (Fortsetzung).
Du Due
z Bee P, AP,
= |
"a |o oag | =
174 446,6 5 4
238 447,0 i
Diese Versuche beweisen, daß eine Rückbildung von HJ höchstens
im Betrag von Io mm in Frage kommt, daß aber selbst dies noch
sehr unwahrscheinlich und wahrscheinlich nur durch Versuchsfehler
bedingt ist. Ein Drittel davon, 3 mm mindestens, stammt von Gas-
unvollkommenheit. Eine Belastung der Versuche mit Schlüssen,
die unter 7 mm hinausgehen, ist also unzulässig.
Im selben Sinn ergaben auch die Blindversuche, die bei tun-
lichst vollkommener Verdunkelung — die aber wegen Reflexion des
herrschenden Glühlampenlichts nicht vollständig war — vorgenommen
wurden, keine merkliche HJ-Zersetzung.
An die Versuche 1—9 schließen die Versuche 44—47, an 10—20
die Versuche von 48—51 an, alle mit vorhergehender Belichtung.
Dazu kommen 52 und 53 ohne vorherige Belichtung:
Es bedeuten ?,, den reduzierten Anfangsdruck, P, den redu-
zierten Enddruck: 1. T. bedeutet, daß die Temperatur des Reaktions-
gefäßes lokal erhöht war.
3h diff. Tageslicht
2h diff. Tageslicht
2h diff. Tageslicht
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 209
Die folgenden Versuche sind bei 120° angestellt worden.
54 | 330,3 352,5 27,8 10 2,78
55 320,4 308,2 12,2 ı1 1,11
56 242,8 233,8 9,0 11 0,82
Um endlich noch die Einflußlosigkeit des N, durch den Ver-
such zu sichern, sind die beiden letzten Versuche angestellt worden.
Versuch 57.
A = 753,2
Pın, = 335,7 Tı, Ty = 15,2 Mittlere Stromstärke 3,42
une 752 Abstand ı8cm Mittlere Spannung 96
Es lag ein Gemisch von HJ und N, vor.
Versuch 58.
ò = 762,5 7, Tx = 17,8 Mittlere Stromstärke 3,45
Pon, = 470,2 Abstand 18 cm Mittlere Spannung 95
ZS, J durch festes Jod von Versuch 32 bedingt.
z F; AP; Bemerkungen
o 470,2 — 04 Zimmertemp.
I > 469,8 + 0,6 LE
20 470,4 +07 Hochtemp.
278 471,1 So. d
315 471,0 i nm
F. Betrachtung der Ergebnisse.
Die Ergebnisse sind folgende: Qualitativ:
Im unzerlegten Licht der mit rund 350 Watt belasteten 10 bis
Socm entfernten Quarzlampe zerfällt HJ von einigen Zentimeter
Zeitschr. f. wiss, Phot. 24. 15
210 Trautz und Scheifele.
Schichtdicke bei gewöhnlichem oder vermindertem Druck in Quarz-
glasgefäßen innerhalb mehrerer Minuten merklich, d. h. mit bequem
meßbarer Geschwindigkeit.
Die Bestrahlung ruft zunächst auf dem Weg über Erwärmung
einen geringen Überdruck hervor (Buddeeffekt), von kaum einem
Millimeter.
Daran schließt sich ein Bereich konstanter Zerfallsgeschwindig-
keit des HJ (nullte Ordnung). Sie sinkt dann und gehorcht einiger-
maßen oder auch glatt dem monomolekularen Zeitgesetz. Dann
sinkt sie weiter.
Der Endzustand lag stets innerhalb der Fehlergrenze bei völligem
Zerfall. Rückbildung aus H, + J, im Licht ward ebensowenig beob-
achtet wie Zerfall im Dunkeln bei den Versuchstemperaturen.
Die Zerfallsgeschwindigkeit hängt nicht merklich ab von
der Temperatur oder von der Vorschaltung von Wasserstoffiltern
oder von der Beimischung von Stickstoff (57), oder von einem hinter
die Zelle geschalteten Pd-Spiegel.
Die Zerfallsgeschwindigkeit fällt aber stark mit wachsender
Entfernung von der Lichtquelle, mit sinkender Belastung der Lampe,
mit Vorschaltung von Glas (Wasser oder CuSO,-Lösung machen
kaum etwas aus), mit Vorschaltung oder Beimischung von Joddampf,
anscheinend auch durch Beimischung von mehr Wasserstoff.
Sie ist bei der Benutzung der Neonbogenlampe oder der 1000 HK-
Wotanlampe praktisch Null und wird durch gleichzeitige Wirkung
dieser Lichtquellen neben der Quarzlampe gegenüber deren alleiniger
Wirkung nicht geändert.
Beträge und funktionale Abhängigkeit dieser Einflüsse stellen
wir nunmehr zusammen.
I. Bereich konstanter Anfangsgeschwindigkeit.
Die Konstanz der Anfangsgeschwindigkeit ist aus den Ver-
suchen 1—4 (ohne Belastungsangaben) zu sehen. Ferner aus 8.
Der Betrag der Anfangsgeschwindigkeit bei 15 cm Lampen-
abstand und 332—340 Watt Belastung liegt zwischen ı und 3 mm
Druckabnahme/min.
Die Abhängigkeit der Anfangsgeschwindigkeit von der
anfänglichen HJ-Konzentration geht aus 5, 6, 7, 9, 10 hervor.
Die Anfangsgeschwindigkeit wächst ungefähr der Anfangskonzentra-
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstofgases usw. ZII
tion des HJ proportional. Doch ist die Effektmessung des Be-
lastungsstroms der Lampe nicht genau genug, um diesen Schluß
als bindend zu rechtfertigen.
Die Bedeutung der Anfangsgeschwindigkeit ist =
die Lambert-Beersche Absorptionskonstante, D die Schichtdicke,
keine Konstante), wenn man Proportionalität zwischen Lichtintensität J,
des eindringenden Lichts und Reaktionsgeschwindigkeit oder anders
gesprochen Proportionalität des Umsatzes zur absorbierten Licht-
menge annimmt. Da nun letztere wenigstens für einige Spektral-
gebiete durch Herrn E. Warburgs klassische Untersuchung sicher-
gestellt ist, so kann man für /,/x den Mittelwert der wirksamen
Wellenlängen benutzen. Die Schichtdicke D beträgt 2,3 cm.
Über die wirksamen Lichtarten, deren J, und x einzusetzen ist,
geben die Versuche mit Lichtfiltern Auskunft.
Zunächst wirkt wachsende Entfernung ausreichend nach dem
einfachen Quadratgesetz. Nimmt man das Leuchtrohr zu 15 cm
Länge an und wählt seine Mitte als den Punkt, von dem ab bis zur
Vorderfläche des Reaktionsgefäßes zu rechnen ist, so zeigt Versuch 33,
daß das QJuadratgesetz zutrifft. Daß an sich keine erhebliche Absorp-
tion wirksamer Strahlung in Luft zustande kommt, beweist der Ver-
such mit eingeschaltetem Wasserstoff- oder Luftfilter (18).
wo x
Daß es sich nicht um Lichtarten handelt, die von einer 2 cm
dicken Schicht oi, e, CuSO, absorbiert werden, beweist Versuch 35.
Daß mindestens zu etwa ?/,, Quarzglasultraviolett wirken muß, geht
aus demselben Versuch hervor. Wir nehmen also als wirksamste
Lichtarten jedenfalls die zwischen 300 und 220 uu an. Das Licht-
quant wird dann rund ob cal pro Mol. Pro Min. werden etwa
2.10%, pro Sek. also rund 3.10°® Mol umgesetzt. Es wird also:
J (l — e- *?2). g. z= rund 3. 10° cal.
Der Querschnitt g beträgt 28,3 qcm. Über x läßt sich eine Größen-
ordnungsangabe gewinnen, wenn man den Bereich konstanter Zer-
fallsgeschwindigkeit verläßt.
2. Die monomolekulare Zerfallsgeschwindigkeit mit aus-
reichend konstanter Konstante schließt asymptotisch an die konstante
Zerfallsgeschwindigkeit an. Die Konstante ist für alle Versuche be-
rechnet. Sie muß natürlich anfangs zu klein erscheinen — wo die
Zerfallsgeschwindigkeit konstant ist — weil hier gewissermaßen
15*
212 Trautz und Scheifele.
hintereinandergesetzt Schichten zersetzt werden, deren vorderste die
größte Belichtungsintensität genießt, während die tiefer liegenden
immer schwächeres Licht aufnehmen. Dafür rücken sie mit fort-
schreitender Reaktion immer tiefer, werden also immer durchsichtiger;
die mittlere Lichtintensität im ganzen System steigt, die Konstante
steigt mit. Sie wird dann zunächst in einem von den Bedingungen
abhängigen Bereich konstant.
Die Geschwindigkeitskonstante beträgt im allgemeinen rund
10°? rez. Min., bzw. 10` rez. Sekunden. Sie wird erst beim HJ-Druck
von etwa 80—150 mm erreicht. Hier also ist die Absorption so
gering, daß eine Schicht von 23 mm Dicke ausreichend homogen
durchlichtet ist. Diese Absorptionsgrenze hängt vom Druck ab.
Das erklärt sich wohl so, daß das inhomogene Licht einer Filtration
durch den Joddampf (und durch eine, wenn auch schwache Adsorp-
tionshaut) unterliegt. Sie bewirkt, daß bei hohem HJ-Anfangsdruck
alsbald eine erhebliche Jodkonzentration Sich einstellt. Das trotzdem
durchgehende Licht ist nicht so absorbierbar, wie das bei geringerer
Jodkonzentration durchgehende und deshalb wird bei höherer An-
fangskonzentration schon bei höheren HJ-Drucken ausreichend homo-
gene Durchlichtung erreicht. Nimmt man ausreichend homogene
Durchlichtung an, wenn die Schwächung auf 23 mm Weglänge
10°/, ausmacht, so berechnet man daraus mit Angabe der Konzen-
tration in Mol/cm, der Schichtdicke in cm für 80—150 mm HL
Druck % = rund 10% gqem/Molzahl.
Setzen wir jetzt voraus, daß nur chemische Absorption statt-
findet, so kann man zufolge
x Jo
ki = -37
aus der absorbierten Lichtmenge 47 und dem Schätzungswert von x
unter Beiziehung der Konstante %; die Intensität / im Einklang mit
einer an die Belastung der Quarzlampe anschließenden Überschlags-
rechnung bestimmen. Da M gleich rund 10% cal, x gleich rund ro
und ZS gleich rund 10°* ist, so wird J = 10°° cal/sec. Die Gesamt-
energie, die pro sec in die Lampe geht, beträgt 330 Watt/sec œ 80 cal
Sie verteilt sich (streng natürlich keineswegs gleichmäßig) auf eine
Kugel von 23 cm Radius, also rund 7.10 qcm Fläche. 3.10! qcm
Fläche hat das Reaktionsgefäß. Also fällt rund 4. (OH von der
Gesamtenergie auf seine Fläche. Das macht 3-10"! cal/sec, Da
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 213
nur etwa "ie überhaupt in Strahlung umgewandelt wird und
davon nur !/,, absorbiert wird, so ist somit rund !/, der gesamten
Strahlungsenergie, die bei kugelmäßiger Ausbreitung nach dem
Reaktionsgefäß kommen könnte, umgesetzt worden. Nun ist aber
die Emission in Richtung des Leuchtrohrs relativ kleiner. Die
Größenordnungsübereinstimmung der Berechnung ist also befriedi-
gend. Die Voraussetzungen der Überschlagsrechnung werden daher
mit den Tatsachen hinreichend übereinstimmen.
Soviel über den Betrag der Geschwindigkeitskonstante dort,
wo sie konstant ist. Bemerkenswert ist es aber, daß sie nicht kon-
stant bleibt, sondern alsbald fällt, äußerstenfalls auf !/„—!/,, des
Werts.
3. Da weder Zerfall im Dunkeln, noch Rückbildung im Licht
beobachtet werden konnte, so kann die Gegenreaktion nicht der
Faktor sein, von dem das Fallen der Geschwindigkeit herrührt.
Die zwei nächstliegenden Erklärungsversuche knüpfen an die Ab-
sorption des Lichts durch Reaktionsprodukte oder an eine „negative
Katalyse“ durch die letzteren, an eine „Aktivierungs-Schädigung“ an.
Absorption des wirksamen Lichts im H, wird durch die Versuche
widerlegt. Absorption im Joddampf ist nachgewiesen: Einmal durch
Vorschalten eines Joddampfgefäßes. Doch ist hier der Einfluß klein, ja
fast zweifelhaft. Und doch tritt die Verzögerung der Reaktion eben bei
den Zimmertemperaturversuchen stark hervor. Also kann auch eine
vermöge Bestrahlung erhöhte Verdampfung des Jods nicht an unserem
Effekt schuld sein. Zweitens werden die Versuche bei 120° (21
und 22) offenbar durch steigende Jodkonzentrationen, namentlich
im Anbeginn, bis Sättigung vorliegt, stark verzögert. Daß also
Joddampf wirklich verzögert, ist hier zweifellos; und zwar deshalb,
weil sich diese Verzögerung bei 120° durch Zugabe von RbJ oder
Cs] ins Reaktionsgefäß sehr weitgehend beheben ließ. Dabei bildete
sich Trijodid, der Joddampfdruck ward auf eine ähnliche Kleinheit
wie bei den Zimmertemperaturen herabgedrückt, und Versuch 28
und 29 zeigen besonders schön, daß die Temperatur bei Gegen-
wart von Cs] nur den einen Unterschied ausmacht, daß bei Zimmer-
temperatur zuerst ein Anstieg der Konstanten vorkommt, daß dieser
aber bei 120° fehlt. Der Betrag bei Hochtemperatur ist inner-
halb der leider noch zu weiten Fehlergrenzen derselbe wie bei der
Zimmertemperatur. Versuch 24 zeigt aber, daß auch bei den Hoch-
temperaturversuchen ein Steigen zum Maximum und danach ein
214 Trauiz und Scheifele.
Fallen eintritt, bloß beides weniger steil. Auch geht das Fallen
erst von tieferen Drucken des HJ an, soweit die Versuche das be-
urteilen lassen. Und ferner ist der Abfall, wo er überhaupt sicher
ist, verglichen mit dem bei Zimmertemperatur, im Betrag sehr un-
bedeutend.
Es gibt noch eine Deutung, die unmittelbar aus der Warburgschen Auf-
fassung der HJ-Photolyse folgt. Deshalb können unsere Versuche einen unabhängigen
Beleg für jene Auffassung liefern,
Nach ihr folgt auf den Primärprozeß (Lichtaktivierung einer Molekel HJ) eine
Zweierreaktion zwischen dem aktiven HJ und einer nicht aktiven Molekel. Geht diese
Reaktion sehr rasch, verglichen mit der Aktivierung, so läuft die ganze Reaktion
monomolekular, Geht sie langsam, verglichen mit jener, so muß ein bimolekularer
Verlauf herauskommen. Wird aber das Primärprodukt durch Fremdstöße allenfalls
wieder inaktiviert, dann muß eine Anhäufung inaktivierenden Fremdgases den Vor-
gang beliebig verzögern können. N, wirkt offenbar nicht störend (Versuch 57). Ver-
dächtig bleibt also nur noch stoßender Wasserstoff. Seine Stoßzahl wächst nur sehr
wenig mit der Temperatur. Nimmt man an, daß auch seine störende Wirkung nicht
viel mit der Temperatur wächst, daß sie also prozentual gute Ausbeute schon hat,
weiter, daß die Sekundärreaktion zwischen aktivem und inaktivem HJ noch relativ
langsam, also mit kleinerer Ausbeute läuft, daher einen großen Temperaturkoeffizienten
hat, so wird die Verarmung an HJ, mit der eine Anreicherung des annahmeweise
störenden H, Hand in Hand geht, bei tiefer Ee merklich verzögern, bei
höherer aber nicht.
Will man nur die Erfahrungstatsache angeben, die von der
Messung dargeboten wird, so hat man zu sagen:
Statt daß auch gegen Ende des H]J-Zerfalls bei konstanten
äußeren Bedingungen stets ein konstanter Bruchteil des noch an-
wesenden HJ vom Licht zerlegt wird, sinkt dieser Bruchteil bei
unserer Anordnung mit wachsendem Umsatz, merklich bei 120°,
stark bei Zimmertemperatur, am meisten und am zeitigsten, je höher
die Anfangskonzentration an HJ. Mindestens ein Teil dieser Wir-
kung ist durch steigende Jodbildung und ihre Folgen bedingt.
Ob man die Verzögerung durch inaktivierende Stöße von H, oder von J, auf
HJ oder noch anders deuten will, bleibt zunächst unentschieden, wird auch immer
mit der Unsicherheit aller derartigen Korrektionsannahmen behaftet sein, die sich im
allgemeinen durch andere ersetzen lassen.
Zusammenfassung.
I. Unter Kondensation freiwerdenden Jods an kälteren Stellen
oder an RbJ bzw. Cs] (zu Trijodiden) ward HJ-Gas im planparallelen
Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 215
Quarzglasgefäß im unzerlegten Quarzlampenlicht (330 Watt Be-
lastung) in meßbaren Zeiten manometrisch meßbar zersetzt.
2. Der Zerfall lief quantitativ ab, Weder Rückbildung im Licht,
noch Zerfall bei den Versuchstemperaturen im Dunkeln ward
beobachtet. Das Lichtgleichgewicht lag also hier bei völligem
Zerfall.
3. Das wirksame Licht lag wesentlich zwischen 300 und
220 up. Eine gewöhnliche Glasscheibe setzte die Wirkung auf IL?
herab.
4. Vorgeschaltete Gefäße mit Wasserstoff, Wasser oder 10°/ iger
CuSO,-Lösung setzten die Wirkung nicht herab.
5. Zusatz von viel N, im Gefäß störte nicht.
6. Die Geschwindigkeit des Zerfalls war stets im Anfang kon-
stant, ging dann in monomolekularen Verlauf über mit der Kon-
stante rd. 10°% sec”! (15 cm Abstand von der Stirn der axial be-
nutzten Lampe) und fiel zuletzt dauernd.
7. Dieser Verlauf zusammen mit der Erfahrung, daß Hinter-
schaltung eines Pd-Spiegels praktisch wirkungslos war, führt zu der
Erkenntnis, daß das wirksame Licht im Anfang stark, von dem Be-
ginn der Konstanz der monomolekularen Konstanten aber nur noch
wenig absorbiert wird. Diese Auffassung führt zu dem Ungefähr-
wert 104 qcm/Mol für die Absorptionskonstante. Unter Beiziehung
des Quantenansatzes stimmt dann die Berechnung der Intensität der
Quarzlampe mit den Tatsachen so weit überein, als eine derartige
Überschlagsrechnung beanspruchen muß. Die Intensität wird zu
rd. OT cal/qcm, sec berechnet.
8. Die Verzögerung der Reaktion gegen Ende des Vorgangs
ist bei Zimmertemperatur sehr erheblich und beginnt um so früher,
je höher der anfängliche HJ-Druck und je tiefer die Temperatur.
Sie ist bei 120° nur gering. Ein Teil geht auf Steigerung der
Jodmenge im Gefäß zurück. Vielleicht (?) ist ein Teil auf inakti-
vierende Stöße von H, oder J, auf die aktiven HJ-Molekeln zurück-
zuführen.
9. Die Temperatursteigerung auf 120° von Zimmertemperatur
an, hat auf die Beträge konstanter Konstanten keine merkliche
Wirkung. Daraus ist wohl zu schließen, daß sowohl die chemische
Reaktion wie die Absorptionskonstante in diesem Temperaturbereich
216 Kögel.
keine unsere Messungsfehler übersteigende Veränderung erfahren.
Da aber weder die pro Mol nötige Lichtmenge, noch die Absorp-
tionskonstante in Strenge temperaturunabhängig sein werden, so
darf man aus dem Messungsergebnis nicht schließen, daß hier ein
Temperaturkoeffizient in Strenge fehlt.
Heidelberg, Physikalisch-Chemische Abteilung des Chemischen
Universitäts-Instituts, 15. Nov. 1924.
(Eingegangen am 30. März 1926.)
Zu den Primärwirkungen der photochemischen Absorption.
(Optisch-photochemische Transformation der Strahlung.)
Von
G. Kögel.
Das Problem der Primärwirkung der photochemischen Absorp-
tion gleicht in seiner allgemeinen Form der Frage, ob die Wirkung
des Lichtes eine intraatomistische sei, sich rein physikalisch inner-
halb der Atome bzw. Moleküle allein abspielt, oder ob die Wirkung
des Lichtes interatomistisch seı, eine Reaktion zwischen zwei Atomen
bzw. Moleküle eigentätig vollbringt. Im ersten Fall würde die photo-
chemische Reaktion sich nur sekundär und rein chemisch an die
primäre, physikalische Wirkung des Lichtes anschließen.
Die Umsetzung der A-v-Werte würde in diesem Falle jenen
physikalischen Zustand der chemisch-optischen Absorption herbei-
führen, der nur unter äußeren, chemisch zureichenden Bedingungen
zu einer effektiven photochemischen Reaktion führen würde. Über
diese Alternative muß das Experiment mittels einer Substanz ent-
scheiden, die eine lichtempfindliche Gruppe enthält, die in einem
Falle rein thermisch, im anderen Falle photochemisch reagiert, und
zwar quantitativ.
Zu diesem Experiment habe ich den o-Nitrobenzaldehyd ge-
wählt. Als Vergleichssubstanz kann das Nitrobenzol dienen, das
die Grundsubstanz des o-Nitrobenzaldehyds in bezug auf die licht-
empfindliche Gruppe ist.
Nitrobenzol zeigt eine geringe Lichtempfindlichkeit. Mit Alkohol
längerer Sonnenbestrahlung ausgesetzt, bildet sich über verschiedene
Zu den Primärwirkungen der pholochemischen Absorption. 217
Zwischenprodukte Chinaldin u.a. (Ciamician und Silber). Anderer-
seits entsteht bei der Zersetzung des Nitrosobenzols am Sonnen-
licht neben anderen Verbindungen gerade Nitrobenzol (Ber. 35. 1612;
Beilstein V. 233). Im Vergleich zum Nitrobenzol ist der o-Nitro-
benzaldehyd eine sehr lichtempfindliche Substanz. Kailan, Wei-
gert u.a. haben bekannt gegeben, daß in entsprechenden Lösemitteln
der o-Nitrobenzaldehyd quantitativ in o-Nitrobenzoesäure übergeht.
Ber. 46. 1628. 2175 (1913). Ber. 46. 1207, 1884 (1913). A.Taylor u.
M. Lewis bestätigen diese Angaben mit der Mitteilung, daß die
Prüfung des Einsteinschen Gesetzes am o-Nitrobenzaldehyd das
Güteverhältnis ı gezeigt habe (Am. Soc. 1606. 1924).
Vergleicht man die Lichtempfindlichkeit des o-Nitrobenzaldehyds
mit der des o-Nitrozimtsäurealdehyds, so erweist sich die letztere Sub-
stanz als sehr wenig lichtempfindlich, nach Ciamician und Silber
„als beständig gegen Licht“ (Beilst. VII. 358). Beide Substanzen
enthalten die Aldehydgruppe, die als Sauerstoffakzeptor mit ganz
verschiedener Reaktionsfähigkeit wirken.
Die Wirkung der Aldehydgruppe ist jedoch keine spezifische —
weder chemisch, noch photochemisch —, auch andere Gruppen, die
sich verhältnismäßig leicht oxydieren, zeigen die gleiche Wirkung.
So entstehen "aus 2,4,6-Trinitrotoluol am Licht die entsprechenden
o- und #-Chinoxime (Ber. 58. 702). .
Die Lichtempfindlichkeit der NO,-Gruppe erscheint noch in
vielen anderen Substanzen. Ihre Lichtempfindlichkeit liegt primär
im Stickstoff, an den 2 Sauerstoffatome sekundär angeschlossen
werden. Der Stickstoff, ob in Form von NN. R-N=N—R,
ro: =NH—, =NO oder —NO, u. a. erweist sich stets licht-
/
empfindlich, wenn die weiteren Bedingungen zu einer photochemi-
schen Reaktion gegeben sind.
Versuch: o-Nitrobenzaldehyd + Pyrogallol werden am Licht
braun, im Dunkeln bleiben sie hell. Alkali ist nicht erforderlich.
Zum Zwecke unserer Untersuchung wurde nun festgestellt, ob
der Sauerstoff der o-Nitrogruppe des o-Nitrobenzaldehyds auf seinem
Weg zur Aldehydgruppe als solcher abgefangen werden kann. Das
gelingt in der Tat mit /-Phenylendiamin, Pyrogallol u. dgl, und
zwar mit raschem Verlauf der ganzen Reaktion. Aber auch die
o-Nitrogruppe des sonst so lichtunempfindlichen o-Nitrozimtsäure-
aldehyds zeigt sich unter solchen Umständen plötzlich hochempfind-
218 Kögel. Zu den Primärwirkungen der photochemischen Absorption.
lich. Die Zahl solcher Beispiele einer durch die Akzeptoren erst
scheinbar — aber vorher schon bestehenden — erzeugten Licht-
empfindlichkeit ließen sich noch leicht vermehren, ohne damit
wesentlich Neues zu zeigen. Die erreichte Lichtempfindlichkeit bei
- solchen lichtempfindlichen Verbindungen des verschiedensten Grades
ist so hoch, annähernd und über der des Chlorsilbers, aber auch
so gleichmäßig, daß der Einfluß der Substituenten vielfach geradezu
verschwindet, also photochemisch fast keine Rolle mehr spielt. Die
Tatsache, daß diese scheinbar photochemisch trägen Substanzen
mit oder ohne Akzeptor belichtet stets — unter sachgemäßer Be-
rücksichtigung der Eigenabsorption der zugesetzten Akzeptor-
substanzen — die spektral gleiche Absorption zeigen, beweist, daß
die thermische, photoinaktive Absorption und die photochemisch
wirksame Absorption zunächst die gleichen sind. Das Licht trifft
nicht a priori eine Auswahl verschiedener Absorption in Hinsicht
auf eine durch äußere Bedingungen nachträglich zu erwartende
chemische Reaktion. Bei der thermischen Absorption arbeitet sich
die Lichtenergie im lichtempfindlichen Molekül durch Verschiebung
der Elektronen auf höhere Quantenbahnen auf, wobei zu einer
Rückkehr auf die niederen Quantenbahnen durch die Drehung der
Moleküle, die die lichtempfindlichen Gruppen vom Licht abwenden,
bestimmte Zeitintervalle gegeben werden.
Bei der Belichtung des o-Nitrobenzaldehyds usw. wird nun etwa
nicht einfach Sauerstoff frei, der durch den Akzeptor nachträglich
weggefangen wird. Solange der Akzeptor nicht im Bereiche der
photoaktivierten NO,-Gruppe sich befindet, tritt überhaupt keine
Reaktion ein. Daß die lichtempfindliche Gruppe durch den chemischen
Einfluß des Akzeptors in ihrem inneren Bau für die Wirkung des
Lichtes günstig beeinflußt werde (Lockerung, Additionsverbindungen),
kann angenommen werden, ohne dadurch die Annahme einer anderen,
spezifisch verschiedenen Absorption irgendwie zu begründen.
Die thermisch-photochemische Transformation der Strahlung,
wie sie oben dargelegt, läßt sich ebenso deutlich an organischen
Farbstoffen zeigen, die die verschiedenste thermisch-optische Ab-
sorption zeigen, die durch geeignete äußere Bedingung eine spektrale
gleiche photochemische Reaktion zeigen. Solche Beispiele sollen
in einer späteren Abhandlung genau beschrieben werden.
(Eingegangen am ı. Mai 1926.)
Schaum. Über einfache Spektralapparaie mit großer Lichtstärke I. 219
Über einfache Spektralapparate mit großer Lichtstärke L
Von
Karl Schaum.
Der Bau möglichst lichtstarker Spektralapparate ist für zwei
Arten von Untersuchungen wünschenswert: 1. für die Spektroskopie
lichtschwacher oder kurz dauernder Lichterscheinungen; 2. für die
spektralphotochemische Untersuchung wenig lichtempfindlicher Stoffe.
Auf die große Bedeutung lichtstarker Spektrographen für die
unter ı. genannten Studien, deren Durchführung unsere Kenntnisse
von den Lumineszenzvorgängen, von der zeitlichen Entwicklung der
Spektren (Spektrokinematographie) u. a. wesentlich vermehren würde,
habe ich bereits früher hingewiesen und in Gemeinschaft mit W. Horn-
schu (r) die Leistungsfähigkeit einer einfachen Apparatur dargetan.
Für die unter 2. genannten Arbeiten hat sich die von uns für
spektroskopische Zwecke geschaffene Vorrichtung u. a. bei Ver-
suchen über die Lichtanpassung der Photohaloide gut bewährt. (2)
Lichtstarke Spektrographen kann man durch Verwendung von Ob-
jektiven mit hohen Aperturen im Bunsen-Kirchhoffschen Spektro-
skopmodell erzielen. Mit einer derartigen Vorrichtung aus Glasteilen
haben K. Schaum und W. Hornschu (1), unter Verwendung von
Quarzoptik K. Stuchtey (3) verschiedene Lumineszenzen gut unter-
suchen können. Neuerdings hat in unserem Institut Frl. H. Schle-
singer eine verbesserte Apparatur mit Glasoptik für spektralphoto-
chemische Studien an Schwermetallsalzen zwecks Feststellung der
nach Rot gelegenen Empfindlichkeitsgrenze und Prüfung der Ein-
steinschen Quantenforderung benutzt; ferner hat Herr A. Imhoff
einen ähnlich gebauten Quarzspektrographen zur Untersuchung der
spektralen Empfindlichkeit von halogenierten Silberspiegeln verwendet.
Einen ziemlich lichtstarken Spektrographen kann man auch aus
einem Browningschen Spektroskop mit geradsichtigem Prisma her-
stellen, wenn die Linse hohe Apertur besitzt. Die Lichtausbeute
wird erhöht, wenn man auch hier Kollimator- und Abbildungslinse
trennt, wie es z. B. bei dem J. Janssenschen geradsichtigen Spektro-
skop geschieht. Derartige Vorrichtungen haben vor den obengenannten
den Vorzug größerer Dispersion. Mit Hilfe eines einfachen gerad-
sichtigen Spektrographen hat Herr W. Kraemer eine Reihe von Lu-
220 Kraemer.
mineszenzen untersucht, es war unsere Absicht, die Studien zunächst
noch nach Erwerb besserer Hilfsmittel fortzusetzen; doch ver-
anlassen uns einige inzwischen erfolgte Veröffentlichungen, die bisher
gewonnenen Ergebnisse kurz zusammenzustellen.
Über die Spektralphotographie lichtschwacher Leuchterscheinungen.
Bearbeitet von
Wilhelm Kraemer. (4)
Der Spektrograph.
Die Firma W., und H. Seibert in Wetzlar hat auf unsere An-
regung hin ihr geradsichtiges Spektroskop mit einem besonders be-
rechneten zweilinsigen Achromaten von der Apertur 0,07 als Koli-
mator und einen dreilinsigen Achromaten von der Apertur 0,11 als
Abbildungsobjektiv versehen und ferner mit einer kleinen photo-
graphischen Kammer für die Plattengröße 4,5xX6 cm ausgestattet.
Die Linsen sind verkittete Systeme; das aus fünf verkitteten Teilen
bestehende Geradsichtsprisma nach Amici absorbiert im Ultraviolett
bei 397 mu schon recht beträchtlich. Die lineare Größe des sicht-
baren Spektrums beträgt etwa I cm, wenn auch dementsprechend
die Auflösung besonders im langwelligen Teil des Spektrums gering
ist, so fällt dies bei unseren orientierenden Versuchen an Spektren
aus meist verwaschenen Bändern nicht sehr störend ins Gewicht.
Die Erregung der Lumineszenzen.
Zunächst wandten wir uns den interessanten Leuchterscheinungen
zu, die H. Kauffmann (5) mit Hilfe von Teslaschwingungen an ge-
sättigten Dämpfen erregt hat. Ein kleiner Teslaapparat von Arthur
Pfeiffer in Wetzlar wurde mittels eines Induktors von 5—6 cm
Schlagweite bei 10—ı6 Volt Primärspannung und 5—7 Ampere
Strombelastung betrieben. Die Erregung der Dämpfe geschah in
einem Kauffmannschen Elektrisator, dessen innere Belegung aber
nicht aus Quecksilber, sondern aus Stanniol bestand. Die Heizung
erfolgte auf elektrischem Wege mittels einer in die Flüssigkeit ein-
geführten Chromnickelspirale, die von einer 18 Voltbatterie gespeist
wurde.
Ferner haben wir Lumineszenzen von Dämpfen in Vakuum-
röhren untersucht; Vorversuche mit Geisslerröhren bestätigten
Über die Spektralphotographie lichtschwacher Lichterscheinungen. 221
die bekannte Erfahrung, daß hier sehr schnell völlige Zersetzung
der Substanzen eintritt, so daß höchstens bei elektrodenlosen Röhren
unter gewöhnlichen Anregungsbedingungen Ergebnisse zu erwarten
wären. Da unsere Hilfsmittel zur Erzeugung eines elektrodenlosen
Ringstroms nicht ausreichten, beschränkten wir uns auf die Er-
regung der Dämpfe bei 2—10 mm Druck in Teslaröhren mittels
eines Hochfrequenzfeldes. Ferner wurde die Lumineszenzerregung
fester Stoffe durch Kathodenstrahlen, durch ultraviolettes Licht
und durch Röntgenstrahlen in den Kreis unserer Studien gezogen.
Hier interessierte besonders das Verhalten von möglichst reinen
Stoffen, sowie von festen Lösungen bzw, isomorphen Mischungen
wechselnder Zusammensetzung. Ausführlicheres über diese Unter-
suchungen wird demnächst Herr A. Allendörfer berichten.
Ergebnisse.
Im Nachstehenden sind die von uns beobachteten Linien bzw.
Bänder zusammmengestellt (in mu). Wir haben versucht, die Emis-
sionen auf irgendwelche Elemente bzw. Verbindungen zurückzuführen;
bei der geringen linearen Größe der Spektren und der oft schlechten
Definition können die Zahlenwerte nur auf 2—ı mu genau an-
gesehen werden; die Versuche sollen lediglich orientierenden Cha-
rakter haben und die Brauchbarkeit des kleinen Spektrographen für
derartige Durchmusterungen dartun. Seine Verwendbarkeit wird
sich naturgemäß in erster Linie auf die Beobachtung von kontinuier-
lichen und ähnlichen Spektren erstrecken; dementsprechend lag
uns besonders daran, festzustellen, ob bei unseren Erregungs-
bedingungen kontinuierliche oder ähnliche Eigenspektren festzustellen
seien, was in einigen Fällen anscheinend auch gelungen ist.
Leuchten im Elektrisator.
Druck 760 mm; Expositionszeit !/, Stunde.
Bei dieser Art der Lumineszenzerregung dürften vornehmlich
die von H. v. Dechend (6) bei Spitzenentladungen unter Atmo-
sphärendruck beobachteten Emissionen auftreten; diese sind in den
Tabellen durch Fettdruck hervorgehoben.
Anilin. Leuchtfarbe blau,
473 C, Cy, CO 420 N, CO 383 C, H, CO,
471 C, N, CO 418 H, Cy 382 C
469 C, Cy, CO 417 N, Cy 38ı N
467 C, CO, 415 Cy, CO,
413 N, CO,
222 Kraemer. Über die Spektralphotographie lichtschwacher Lichterscheinungen.
Dimethylanilin. Leuchtfarbe blau,
475 Cy, CO 422 Cy 385 C, N, Cy, CO,
473 C, Cy, CO 419 N, CO 383 C, H, CO,
470 C, CO 418 H, Cy 382 C
467 C, CO 417 N, Cy 38ı N
415 Cy, CO,
410C, N
a-Naphthylamin. Leuchtfarbe blau.
434 N 397 H, N, CO,
427 N, H, CO 385 C, N, Cy, CO,
420 N, CO 384 C, H, Cy, CO,
404 N, H, CO,
o-Phenetidin. Leuchtfarbe weißlich blau.
384 C, H, Cy, CO,.
Tetralin. Leuchtfarbe grün.
554—532; 514—504; 476—467.
Vielleicht Eigenspektrum.
Naphthalin. Leuchtfarbe blau,
481—475 (schwach, verwaschen),
Vielleicht Eigenspektrum.
Leuchten im Teslarohr. (7)
Druck 2—10 mm; Expositionszeit 5—10 Min.
Anilin. Leuchtfarbe weißlich,
478—466 wohl Eigenspektrum.
466 N, C, NH, 420 N, CO
460 N, Cy, NH, 418 N, Cy
453 N, Cy, NH, 385 C, N, Cy
447 N, NH, 384 C
443 N 383 C
422 N, Cy 382 N
Dimethylanilin. Leuchtfarbe weißlichblau.
466 N, C, NH,
459 N, Cy, NH,
453 N, Cy, NH,
447 N, NH,
a-Naphthylamin. Leuchtfarbe blau.
462 CO, NH, 418 N, Cy
453 N, Cy, NH, 415 Cy
BIN ? 385 C, N, Cy
429 N, CO 383 C
420 N, CO 381 N
Schmidt. Über das Wesen der optischen Sensibilisierung uw. 223
Bemerkungen.
1) K. Schaum, Diese Zeitschr. 9. 414. 1911; W. Hornschu, Marburger
Diss, 1908.
2) Näheres in der IL Mitteilung.
3) K. Stuchtey, Diese Zeitschr. 19. 161. 1920.
4) Gießener Dissertation 1921.
5) H. Kauffmann, Zeitschr. f. physik. Chem. 26. 719. 1898; 28. 673. 1899.
6) H. v. Dechend, Ann. d. Phys. 30. 719. 1909.
7) S. dazu W. H. McVicker, J. K. Marsh und A. W. Stewart, Journ, chem.
Soc. London und Phil. Mag. 1923—1926.
Gießen, Physikalisch-chemisches Institut, Juni 1926.
Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der
Desensibillsierung.
Von
H. H. Schmidt.
(Wiss. Lab. der Firma O. Perutz, München.)
Mit 3 Figuren auf ı Tafel.
Unter diesem Titel haben Kögel und Steigmann in dieser
Zeitschrift (24, S. 18) sehr interessante Versuche über die Ausbleichung
veröffentlicht, die unter Heranziehung der Dehydrierungstheorie die
Grundlage zu einer zweifellos beachtenswerten Theorie der Sensi-
bilisierung und Desensibilisierung bei Silberhalogeniden abgaben.
Um die Brauchbarkeit dieser Theorie zu ergründen, ist es zweck-
mäßig, die Wege zu verfolgen, auf denen nach diesen Vorstellungen
die Übertragung der Lichtenergie überhaupt stattfindet. Nach dieser
Theorie hat man sich energetisch den Vorgang bei der Belichtung
so vorzustellen, daß die vom Halogensilber absorbierte Energie auf
die Gelatine übertragen wird, dort zur Bildung von aktivem Wasser-
stoff Anlaß gibt, der weiter bei nichtsensibilisierten Platten zur Re-
duktion des Halogensilbers führen soll. Das ist, mit anderen Worten
ausgedrückt, was die beiden Autoren mit „Aktivierung des Wasser-
stoffs durch das Halogensilber“ bezeichnen. Die Desensibilisierung
224 Schmidt.
soll dann dadurch zustande kommen, daß die desensibilisierenden
Farbstoffe dem Halogensilber den aktivierten Wasserstoff, den sie
zur eigenen Reduktion verwenden, entziehen und so seine Reduktion
erschweren. Bei der Sensibilisierung dagegen soll dem Halogen-
silber auch noch der vom Farbstoff in seinem Absorptionsgebiet in
ähnlicher Weise wie oben aktivierte Wasserstoff zur Verfügung stehen,
weil die Sensibilisatoren geringere Neigung zur Reduktion haben sollen.
Diese Vorstellungen stehen, so interessant sie sonst sind, in
Widerspruch mit den modernen Vorstellungen über den Mechanismus
der Lichtwirkung auf Silberhalogenide einerseits und mit den experi-
mentellen Daten über die Ausbleichgeschwindigkeit von Sensibili-
satoren und Desensibilisatoren andererseits. Danach befindet sich
das Halogensilber nach erfolgter Lichtabsorption in einem reaktions-
fähigen Zustand (für den die beiden Autoren den Ausdruck „Licht-
körperchen‘“ neu geprägt haben), nach einem unter günstigen Um-
ständen erfolgten Quantensprung vom Bromion zum Silberion er-
hält man atomares Silber und Brom, die beide wahrscheinlich durch
Adsorptionskräfte am Korn gebunden bleiben. Die Gelatine in ihrer
Eigenschaft als Halogenakzeptor verhindert bis zu einem gewissen
Grade den freiwillig verlaufenden Prozeß der Rekombination. Es
besteht also zwischen dieser Auffassung und den Postulaten von
Kögel und Steigmann eine starke Diskrepanz. Nach der mo-
dernen Theorie kommt die Lichtenergie direkt zur Wirkung, nach
Kögel und Steigmann macht sie einen Umweg über die Gelatine.
Ein Vorgang, der höchst unwahrscheinlich ist und auch bei den
bindemittelfreiem Halogensilber, z. B. bei Daguerretypplatten, nicht
einmal möglich ist. Auch bei der Sensibilisierung erfolgt der Energie-
transport direkt, wobei man allerdings zwischen sauren und basischen
Farbstoffen unterscheiden muß. Sowohl bei der Sensibilisierung mit
sauren als mit basischen Farbstoffen kommt es zur Ausbildung be-
stimmter chemischer Verbindungen (schwerlösliche Silberfarbstoff-
salze bei sauren, Metallhaloidfarbstoffverbindungen, verbunden mit
Umlagerungen und Auftreten von Fluoreszenz, bei basischen Farb-
stoffen, Figg. I u. 2).
Dieser Vorgang ist, wie sich leicht aus der Verschiebung des
Sensibilisierungspektrums gegen das Absorptionsspektrum berechnen
läßt, mit bei chemischen Reaktionen üblicher Wärmetönung verknüpft
(ca. 2000—3000 cal). Es kommt zu sehr stabilen Verbindungen, die z. B.
durch Wasser nicht mehr spaltbar sind, in deren Innern sich der Energie-
übergang vollzieht. Im Falle der sauren Sensibilisatoren vom Farb-
Über das Wesen der optischen Sensibilisierung usw. 225
stoffanion zum Gittersilberion, im Falle der basischen Farbstoffe vom
Farbstoffkation zum Gitterbromion oder zum Gittersilberion. Diese
Vorstellungen werden sich durch Äquivalentmessungen, ähnlich den
von Eggert und Noddak (Z. f. Physik 20. 299; 31. 922) aus-
geführten, vertiefen lassen und geben zum ersten Male eine Er-
klärung, warum Sensibilisierungs- und Absorptionsspektrum eines
Farbstoffes nie zusammenfallen. Aus energetischen Gründen und aus
den experimentellen Befunden über die Wichtigkeit des Kations bei
der Umlagerung möchte ich den Schluß ziehen, daß die Energie
direkt vom Farbstoff auf das Gittersilberion übertragen wird. Mit
der Theorie von Kögel und Steigmann diese Diskrepanz zu er-
klären, dürfte auf große Schwierigkeiten stoßen.
Ich möchte zur Illustration noch zwei Abbildungen aus einer
an anderer Stelle erscheinenden Arbeit, die auch Gegenstand eines
Vortrages anläßlich der Tagung des Vereins f. angew. Chemie in
Kiel!) ist, wiedergeben, aus denen alles Weitere zu ersehen ist. Auch
die Desensibilisierung ist nicht auf die größere Wasserstoffbegierde
dieser Farbstoffe zurückzuführen, da z.B. Nilblau, ein sonst guter
Desensibilisator, nur schwer ausbleicht, während gute Sensibilisatoren,
wie Pinachrom, Pinaverdol usw., verhältnismäßig rasch ausbleichen.,
Die besonders günstig liegenden Verhältnisse beim Methylenblau
dürfen nicht verallgemeinert werden.
Um so mehr als das Grundexperiment der beiden Autoren
über die Ausbleichung bei Methylenblauhalogensilbergelatineschichten
durch genauere Versuche wesentlich erweitert und vertieft werden
kann. Versuche, die sich neben dem Abklingen der latenten Bilder
auf Farbstofigelatinescheiben auch mit der Verbesserung der Ent-
wicklung dieser latenten Bilder beschäftigten, haben ergeben, daß
alle gebräuchlichen sauren und basischen Sensibilisatoren und De-
sensibilisatoren, die bekanntesten Thiazine, Oxazine, Azine, ja selbst
Kristallviolett, Rosolsäure, Äthylviolett, Methylviolett usw. den
Methylenblaueffekt geben. (Bis jetzt wurden etwa 25 Farbstoffe ge-
funden.) Neuerdings haben auch Kögel und Steigmann ihre dies-
bezüglichen Versuche erweitert (Koll.-Z. Bd. 39, H. ı). So ist z.B.
aus Fig. 3, die einer in einiger Zeit erscheinenden Arbeit über
Ausbleichung entnommen ist, zu ersehen, daß auch mit geeigneter
silbersalzfreien Entwicklung bei bestimmten Halogensilberschichten
auch ohne Silbervorbad das Halogensilber in dem Absorptions-
1) Referat darüber: Zeitschr. f. angewandte Ch. 39, S. 698.
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 16
226 Schmidt.
gebiet des Farbstoffes entwickelbar wird, obwohl die gleich-
zeitig mitbelichtete Methylenblaugelatinescheibe, die zusammen
mit der Halogensilberplatte in Methylenblaulösung 1:5000 an-
gefärbt und auch sonst konform behandelt wurde, noch nicht den
geringsten Bildeindruck gibt. Der Desensibilisator wird zum Sensi-
bilisator und die Desensibilisierung ist der Anfang zur Sensibilisie-
rung. Eine Ansicht, die dadurch gestützt wird, daß auch die bas.
Desensibilisatoren ähnliche Umlagerungen als die bas. Sensibilisatoren
durch Schwermetallhalogenide, vorwiegend Jodide, erleiden (siehe
Fig. 2) Die Umkehrerscheinungen beim Jodsilber durch Desensi-
bilisatoren und Sensibilisatoren sind von den Phänomen der De-
sensibilisierung bei Silberchlorid und Silberbromid zu trennen, da
der Desensibilisator bei Jodsilber und jodsilberreichen Schichten
chemisch anders, und zwar fester gebunden ist, als bei den anderen
Silberhalogeniden. Die Stabilität dieser Verbindungen wird am
besten demonstriert durch das Verhalten sensibilisierter und de-
sensibilisierter Schichten und Jodsilber = -Ausbleichschichten gegen
Wasser. Die Desensibilisierung wird durch Waschen, je nach dem
angewandten Farbstoff, mehr oder weniger stark aufgehoben (bei
Methylenblau z. B. weniger als bei Phenosafranin), sensibilisierte
Schichten und reine Jodsilberausbleichschichten (die Versuche er-
streckten sich auf nichtvorbelichtete Platten) sind dagegen gegen
Wasser beständig. Unsere Versuche über die Natur der bei der
Sensibilisierung und Desensibilisierung entstehenden chemischen Indi-
viduen sind noch nicht abgeschlossen und behalten wir uns dieses
Arbeitsgebiet noch für einige Zeit vor.
Beim Jodsilber ist z. B. der desensibilisierte Phenosafranin schon
so fest gebunden, daß er nicht mehr ausgewaschen wird, er ist
zum schwachen Sensibilisator geworden, was bei Methylenblau noch
ausgeprägter in Erscheinung tritt. Diese Wasserstoffbegierde der
Desensibilisatoren wäre also eine Funktion des Halogensilber-
substrates, was undenkbar ist. Näheres wird aus der erwähnten
Arbeit zu ersehen sein.
Zusammenfassend kann man sagen, daß die Theorie von Kögel
und Steigmann in hohem Maße unwahrscheinlich ist und teilweise
mit den Experimenten in Widerspruch steht.
Die Sensibilisierung der Ausbleichung der Farbstoffe in Wasser
und in Gelatine durch Halogensilber wird meines Erachtens durch
die Energie bewirkt, die vom Halogensilber quantenmäßig auf-
ji
BE Er VEREINBAREN aieeaa in _
Über das Wesen der optischen Sensibilisierung usw. 227
genommen und wieder abgegeben wird, also nicht zu photo-
chemischen Umsetzungen im Halogensilber führt. Von der Realität
dieser Oszillationen kann man sich leicht überzeugen, wenn man
Halogensilberschichten von geringer Dicke in der Durchsicht be-
trachtet. Hochempfindliche Schichten sind z.B. in der Aufsicht
gelb, in der Durchsicht dagegen stahlblau. Diese vom Halogensilber
wieder abgegebene Energie führt zu den Erscheinungen, die Kögel
und Steigmann beschrieben haben. Dieser Vorgang hat ein
Analogon in der Dissoziation des Wasserstoffmoleküls durch an-
geregte Quecksilberatome (Cario und Frank, Z. f. Physik 11. 161.
1922). Ultraviolette Bestrahlung bestimmter Wellenlängen allein
führt nicht zur Spaltung, die erst eintritt, wenn Quecksilberdampf
dem Wasserstoff beigemischt wird. Die vom Quecksilber auf-
genommene und quantenmäßig übertragene Energie führt rasch zur
Dissoziation des Wasserstoffmoleküls. Die Rolle des Quecksilbers
wird bei den erwähnten Ausbleichversuchen vom Silberhalogenid
übernommen.
(Eingegangen am 21. Mai 1926.)
228 Schmidt. Über das Wesen der Sensibilisierung usw.
Erklärungen zu Tafel II
Fig. 1.
Spektrum a: Sensibilisierungsspektrum einer Erythrosinplatte.
Spektrum A: Absorptionsspektrum einer Erythrosingelatinescheibe auf Erythrosin-
platte.
Spektrum c: Absorptionsspektrum einer Erythrosinsilbergelatinescheibe auf Ery-
throsinplatte.
Spektrum d: Sensibilisierungsspektrum einer Pinachromplatte.
Spektrum e: Absorptionsspektrum einer Erythrosingelatinescheibe auf Pina-
chromplatte.
Spektrum f: Absorptionsspektrum einer Erythrosinsilbergelatinescheibe auf Pina-
chromplatte.
Die Spektren d—f sind angeführt, um die Absorptionsgrenze der Erythrosin-
silbergelatinescheibe festzustellen. Man sieht, daß diese mit der Sensibilisierungs-
grenze (Spektr. a) zusammenfällt. Spektr. 5 läßt die Rotverschiebung deutlich erkennen.
Fig. 2.
Spektrum a: Sensibilisierungsspektrum einer Pinachromplatte.
Spektrum A: Absorptionsspektrum der Pinachromlösung ı:1000 auf Pina-
chromplatte,
Spektrum e: Absorptionsspektrum des durch Metallhaloide umgelagerten Pina-
chroms auf Pinachromplatte.
Spektrum d: Sensibilisierungsspektrum einer Pinacyanolplatte.
Spektrum e: Absorptionsspektrum der Pinachromlösung ı : 1000 auf Pinacyanol-
platte.
Spektrum f: Absorptionsspektrum des durch Metallhaloide umgelagerten Pina-
chroms auf Pinacyanolplatte.
Die Spektren d—f sind angeführt worden, um die Absorptionsgrenze der Metall-
haloidfarbstoffverbindung festzustellen. Die Sensibilisierungsgrenze (Spektrum a) füllt
ebenfalls mit der Absorptionsgrenze (Spektrum f) zusammenfällt.e Spektrum 5 läßt
deutlich die große Diskrepanz zwischen Absorptions- und Sensibilisierungsgrenze er-
kennen. Als Metallbaloide kommen neben den Silberhalogeniden besonders Zink-,
Kadmium-, Quecksilber-, Goldhalogenide in Betracht.
Fig. 3.
Teil a: Methylenblaugelatinescheibe.
Teil 5: Methylenblauhalogensilbergelatinescheibe.
Die Sensibilisierung ist an der Ausbildung des gelben und roten Farbstreifens
zu erkennen. Die genau gleichbehandelte Methylenblauscheibe reagiert noch nicht,
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen.
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Zeitschr. f. wiss. Phot. Ba. XXIV.
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| H. H. Schmidt, Verlag von Johann Ambrosius Barth in Leipzig.
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Tafel 11.
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Photophysik und Photochemie
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En o, em, Professor an der Universität Bonn
herausgegeben von
K. Schaum
o, ð. Professor an der Universität Gießen
1926
| von Johann Ambrosius Barth in Leipzig
Gi 8alomonstraße 18b
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E Ze schr werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuch-
nommen, . der Abonnementspreis beträgt pro Band im {m> und Ausland Rm. 24.—,
ndt up inschließlich Porto im Inland Rm 23.ëe, irnak lahk Ron, 25.20.
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~ September 1926
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Inhaltsverzeichnis,
Originalarbeiten, Ye Seite . x
H. Arens und J. Eggert, ‘Über Dunkelkammerbeleuchtung unter besonderer
Berücksichtigung der psychologischen tte des menschlichen . -
Auges. Mit ı 3 Figuren im Text . sietu s š ee 220
Waldemar Jenisch, Seelze, Zur Kenntnis der Riro photographischer
Silberhaloidemulsionen . . » 2: 2 s s-s e, ` = A "e GE
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Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14.
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige
Berichterstattung möglich ist,
Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere
Re welche vom ESCH EE werden,
Modell 1925!
Fin neuer Apparat
mit 2 tausendkerzigen Glühlampen
zur Projektion von
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: Er kann auch in größeren Hörsälen als über-
: legener Ersatz für ein großes Bogen-
lampen-Episkop Verwendung finden,
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Zeitichrift für willenichaftlidie Photographie,
Photophylik und Photodiemie
XXIV. Band. 1926. Heft 7.
Über Dunkelkammerbeleuchtung unter besonderer Berücksichtigung
der psychologischen Empfindlichkeit des menschlichen Auges.
Von
H. Arens und J. Eggert.
Mit ı3 Figuren im Text,
A. Alte Anschauung.
Bei der Herstellung einer Dunkelkammerbeleuchtung hat man
sich bis jetzt nur durch die spektrale Empfindlichkeit der
photographischen Platte leiten lassen: Man machte von der
weißen Lichtquelle, mit der man die Dunkelkammerlampe aus-
statten wollte, eine spektrographische Aufnahme auf der in der
Dunkelkammer zu verarbeitenden Plattensorte. Die Stellen, an
denen dieses Spektrogramm am wenigsten geschwärzt war, wurden
für Dunkelkammerbeleuchtung als die günstigsten angesehen.
% Durchlassigkeit
Fig. ı.
Durchlässigkeit eines Dunkelkammerfilters für orthochromatische Platten.
Da sich die verschiedenen Emulsionen (unsensibilisierte, ortho-
chromatische, panchromatische) in bezug auf ihre spektrale Emp-
findlichkeit unterscheiden, so ergaben sich für diese auch ver-
schiedene Dunkelkammerbeleuchtungen.
Für orthochromatische Platten, deren unempfindlichste
Stelle im äußersten Rot liegt, war man bestrebt, die Durchlässig-
hr, f, wiss, Phot, 24. 17
230 Arens und Eggert.
keit des Dunkelkammerfilters möglichst in das langwellige Rot zu
legen und nach dem kurzwelligen Ende des Spektrums bis höchstens
650 mu reichen zu lassen (vgl. Fig. 1).
% Durchlässigkeit
Fig 2.
— Durchlässigkeitskurve eines Dunkelkammerfilters für unsensibilisierte Emulsion.
~- Durchlässigkeitskurve eines Dunkelkammerfilters für orthochromatische Emulsion
(vgl. Fig. 1).
Bei unsensibilisierten Platten liegt die unempfindlichste
Stelle ebenfalls im äußersten Rot; man hielt daher eine Beleuchtung,
die nur dieses Rot enthält, auch in diesem Falle für die sicherste.
Empfindlichkeit
Empfindlichkeit
s NN
ER REN
Fig. 3a. Fig. 3b.
Schematische Empfindlichkeitskurven der
orthochromatischen und der unsensibilisierten
Emulsionen für das Spektrum der Nitralampe.!)
Man ging aber mit dem Filter für unsensibilisierte Emulsionen doch
weiter ins Orange etwa bis 600 mu (vgl. Fig. 2), und zwar aus
folgendem Grunde: Die Empfindlichkeit steigt nach Orange zu bis
1) Gemeint ist eine gasgefüllte Metallfadenlampe (Halbwattlampe), die im folgenden
mit Nitralampe bezeichnet ist.
Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 231
etwa 600 mu ebenso an, wie bei orthochromatischen Platten, aber
die Empfindlichkeit ist in diesen Gebieten bei unsensibilisierten
Platten geringer als bei orthochromatischen. Schematisch würden
sich also die Verhältnisse durch die Figuren 3a und 3b darstellen
lassen, in denen die Abhängigkeit der Empfindlichkeiten von den
Wellenlängen wiedergegeben sind. Die Gebiete, welche für die be-
treffende Dunkelkammerbeleuchtung benutzt werden, sind schraffiert.
B. Neue Anschauung.
I. Prinzip und Definitionen.
Es hat sich nun herausgestellt, daß man grundsätzlich zu
anderen Anschauungen über die notwendigen Eigenschaften einer
geeigneten Dunkelkammerbeleuchtung gelangt, wenn man neben
der bisher allein berücksichtigten spektralen Empfindlichkeit der
photographischen Schichten auch die psychologischen Eigenschaften
des Auges in Abhängigkeit von der Lichtwellenlänge in Betracht
zieht.
In erster Linie wollen wir den Begriff der Helligkeit betrachten.
Ein absolutes Maß für diese Größe gibt es nicht, da man Emp-
findungen nicht messen kann. Man kann höchstens ähnliche Emp-
findungen (in diesem Falle Helligkeiten) miteinander vergleichen,
wobei man bereits auf Schwierigkeiten stößt, wenn es sich darum
handelt, die Helligkeiten von Lichtarten verschiedener Wellenlänge
in quantitative Beziehung zueinander zu setzen. Nehmen wir aber
einmal an, es sei photometrisch möglich, einen solchen Vergleich
anzustellen, so läßt sich das Verhältnis zweier Helligkeiten
definieren. Im folgenden sei unter diesem Quotienten das psycho-
logische Helligkeitsverhältnis verstanden, bezogen auf gleiche
Energie der beiden Strahlungen. Hat man z. B. zwei Spektral-
linien in bezug auf ihre psychologischen Helligkeiten zu vergleichen,
so soll man sie energetisch gleich groß machen (gemessen mit der
Thermosäule) und das Helligkeitsverhältnis dieser beiden Licht-
quellen auf einer Photometerbank bestimmen. Die ermittelte Zahl
ist das gesuchte psychologische Helligkeitsverhältnis.
Wie sich die einzelnen Spektrallinien in dieser Richtung ver-
halten, geben die bekannten psychologischen Helligkeitskurven des
Spektrums an (vgl. Fig. 4).
Hier haben wir also Diagramıne vor uns, die uns zeigen, in
welcher psychologischen Helligkeitsverteilung das menschliche Auge
P
232 Arens und Eggert.
ein äquienergetisches Spektrum (d. h. ein solches, das in allen
Spektralbezirken die gleiche Energie emittiert!)) empfindet, und zwar
bezieht sich Kurve Æ auf starke Lichtintensitäten, Kurve d auf
schwache; Kurve % entspricht also der Helladaptation des Auges
und besitzt ein Maximum im Gelbgrünen (550 mu) und Kurve d
der Dunkeladaptation des Auges (Maximum im Blaugrünen bei
520 mu).
t
w
X
D
S h
_ N
800 700 600 500 400
A (mu) —>
Fig. 4.
Psychologische Helligkeitskurven (nach Schrödinger: Die Naturw. 1924. S. 925).
h für Helladaptation, d für Dunkeladaptation.
Wie die Sicherheit der Dunkelkammerbeleuchtung mit den
psychologischen Eigenschaften des menschlichen Auges zusammen-
hängt, soll an einem Beispiel erläutert werden: Wir denken uns
gemäß Fig. 5 zwei Filter hergestellt, von denen das eine um 700 MA
und das andere um 600 mu ihre Durchlässigkeit haben. Die Durch-
lässigkeit (durchgelassene Strahlung dividiert durch auftreffende
Strahlung) bei 700 mu sei gleich der bei 600 mu. Stellen Wi
hinter diese Filter in je einer Dunkelkammerlampe Lichtquellen, die
bei 700 mu und bei 600 mu gleiche Energie besitzen, so wird aus
den Lampen auch gleiche Energie herauskommen. Lassen wir Dur
diese Strahlung auf je eine photographische Platte gleiche Zeit em-
1) Bei keiner unserer Lichtquellen ist das Spektrum äquienergetisch ; denn =
strahlen mehr (Kunstlicht) oder weniger (Sonne) vorzugsweise ihre Energie IM Be
aus, Immerhin erscheint auch ein Sonnenspektrum im Grün am hellsten.
Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 233
wirken, so werden wir, wenn man die nicht ganz zutreffende An-
nahme macht, daß bei 700 und bei 600 mu gleiche photographische
Empfindlichkeit herrscht, auf den Platten nach dem Entwickeln
gleiche Schwärzungen erzielen. Nach der bis jetzt herrschenden
Anschauung würde man also beide Lampen als gleich sicher an-
sehen. Nun ist aber die psychologische Helligkeit bei 600 mu be-
deutend größer als bei 700 mu, wie die aus aus Fig. 4 noch einmal
in Fig. 5 eingetragene Helligkeitskurve % zeigt. Würden wir also
vor die Wahl gestellt werden, eine der beiden Lampen zu wählen,
so würden wir uns für die bei 600 mu entscheiden, weil man bei
ihr besser schen kann.
Durchlassigkeit
Fig. 5.
Schematische Durchlässigkeitskurven zweier Dunkelkammerfilter.
— = Durchlässigkeit. — = Helligkeit.
Wir hatten es hier mit zwei Dunkelkammerbeleuchtungen
gleicher photographischer Wirkung, aber verschiedener Hellig-
keit zu tun.
Man kann aber auch umgekehrt verfahren: Steigern wir im
obigen Beispiel die Energie bei 700 my derart, daß hier die Hellig-
keit der bei 600 mu gleichkommt, so wird nunmehr das photo-
graphische Material in gleicher Zeit bei 700 mu mehr verschleiert
als bei 600 mu. Auch in diesem Fall ist die Lampe bei 600 mu
der bei 700 mu vorzuziehen (gleiche Helligkeit, aber verschiedene
photographische Wirkung).
Um es zu wiederholen: Wir fanden, daß bei gleicher photo-
graphischer Wirkung die Lampe bei 600 mu heller ist als die bei
700 mu, und daß bei gleicher Helligkeit die Lampe bei 600 mu
weniger schleiert als bei 700 mu. Beide Momente lassen uns die
600 mu-Lampe besser erscheinen als die 700 mu-Lampe.
Da die gemachte Voraussetzung, daß bei 700 mu und. bei
600 mu die gleiche photographische Empfindlichkeit herrscht, nicht
234 Arens und Eggert.
ganz zutrifft, müssen wir weiter überlegen, wie sich die Verhältnisse
gestalten, wenn die Platte bei 600 mu höher empfindlich ist als bei
Joo mu. Es wird dann, falls aus den Lampen wieder gleiche
Energien herauskommen, in gleicher Zeit die Platte bei 600 mu
stärker schleiern. Die alte Anschauung verwirft also die Beleuch-
tung bei 600 mu. Nun ist aber, wie in Fig. 5 durch die Kurve A
angedeutet ist, die psychologische Helligkeit bei 600 mu bedeutend
größer als bei 700 mu. Es ist daher sehr wohl möglich, daß, wenn
wir die Energie bei 600 mu so weit herabsetzen, bis mit der bei
700 ma photographisch gleiche Wirksamkeit erreicht ist, die Be-
leuchtung in diesem Zustande doch noch heller ist, als bei 700 mu.
Wir hätten dann also wieder den Fall: gleiche photographische
Wirkung, aber größere Helligkeit bei 600 mu.
Würden wir die Energie bei 600 mu noch weiter verringern,
bis mit 700 mu gleiche Helligkeit erreicht wäre, so würde bei 600 mu
nunmehr geringere photographische Wirkung vorhanden sein (gleiche
psychologische Helligkeit, aber verschiedene Wirksamkeit).
Das Resultat dieser Untersuchungen würde uns dazu bestimmen,
die 600 mu-Lampe der 700 mu-Lampe vorzuziehen.
Das Beispiel lehrt uns also:
Für das Sicherheitsverhältnis zweier Dunkelkammer-
beleuchtungen ist neben dem Empfindlichkeitsverhältnis
des photographischen Materials auch das psychologische
Helligkeitsverhältnis für die betrachteten beiden Spektral-
bereiche zu berücksichtigen.
Hieraus folgt als Definition für das Sicherheitsverhältnis zweier
Dunkelkammerbeleuchtungen: Das Sicherheitsverhältnis zweier
Dunkelkammerbeleuchtungen ist gegeben durch das Ver-
hältnis der Zeiten, bei welchen die gleiche photographische
Wirkung (gleicher Schleier) hervorgerufen wird, nachdem
sie auf gleiche Helligkeit gestellt sind.
II. Untersuchungen für die Praxis.
a) Methode.
Aus der soeben aufgestellten Definition, daß die in irgend-
einem Maß ausgedrückte Sicherheit S einer Dunkelkammerbeleuch-
tung eine Funktion F der photographischen Empfindlichkeit P und
psychologischen Helligkeit Æ ist, folgt die Beziehung
s=F{22).
Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 235
Da nun P und H beide von der Wellenlänge des betreffenden
Spektralbezirkes abhängen, ist auch die Sicherheit eine Funktion
in der Wellenlänge. Mit anderen Worten: Es gilt
P=gp()
H=yV),
wobei die Zeichen op und y etwa die Funktionen bedeuten, die in den
Figuren 3 und 4 graphisch dargestellt sind, Im Hinblick auf die erste
Gleichung muß somit auch eine Funktion ® bestehen, die die Abhängig-
keit der Sicherheit von A wiedergibt: S=®(}). Die Kurve, die
diesen Zusammenhang für ein bestimmtes photographisches
Material veranschaulicht, und die wir die Sicherheitskurve
nennen wollen, gibt uns an, wie weit die Strahlung einer Wellenlänge
zur Dunkelkarnmerbeleuchtung für jene Plattensorte brauchbar ist.
Die Kurve der Fig. 6 zeigt z. B., daß die Sicherheit im äußersten Rot
S
700 A (mu )—> 600
Fig. 6,
Sicherheitskurve der Dunkelkammerbeleuchtung für unsensibilisierte Emulsionen.
S = Sicherheit.
gering ist, daß sie bis 620 mu ansteigt und bis 575 mu wieder abfällt,
um von nun an immer sehr klein zu bleiben. Mit anderen Worten:
Die gesuchte spektrale Energieverteilung der betrachteten Dunkel-
kammerbeleuchtung ist durch Fig. 6 gegeben. Würden wir z.B.
eine Lichtquelle mit äquienergetischem Spektrum benutzen, so wäre
das Durchlässigkeitsspektrum des verwendeten Filters mit der Sicher-
heitskurve (Fig. 6) identisch. Hieraus folgt:
Die Sicherheitskurve einer Dunkelkammerbeleuchtung
für eine bestimmte photographische Schicht gibt gleich-
zeitig die Durchlässigkeitskurve des Dunkelkammer-
filters an.
Es ist also von großer Wichtigkeit, die Sicherheitskurve für
jeden Emulsionstypus zu kennen. Zur Ermittlung dieser Kurve
beschreiten wir folgenden Weg:
Wir gehen von einem Spektrum mit gleicher Helligkeit für
alle Spektralgebiete aus und untersuchen die photographische Wir-
236 Arens und Eggert.
kung. Lassen wir ein solches „gleich helles“ Spektrum auf eine
photographische Platte einwirken, so erhält man eine bestimmte
Schwärzungsverteilung. Spektralbezirke, bei denen die Platte wenig
geschwärzt ist, sind für die Dunkelkammerbeleuchtung günstig,
während Gebiete, bei denen die Platte stark geschwärzt ist, für die
Dunkelkammerbeleuchtung ungünstig sind.
Zu der Sicherheitskurve gelangt man in der Weise, daß man
das gleich helle Spektrum in abgestuften Zeiten auf eine Platte ein-
wirken läßt und an dem resultierenden Photogramm für jede Wellen-
länge die Zeiten feststellt, für welche die gleiche Schwärzung (etwa
die Schwelle) hervorgerufen ist. Die Zeitwerte als Funktion der
Wellenlänge aufgetragen, ergeben die Sicherheitskurve bzw. die
Durchlässigkeitskurve des Filters.
N
2 N H
Q
x
D
x
700 A, 600 500 Au 400
A (mu) —
Fig. 7.
Helligkeitsverteilung eines Spektrums der Nitralampe (N).
Zur Ausführung dieser Methode war es zunächst unsere Aut-
gabe, ein gleich helles Spektrum herzustellen. Die Helligkeits-
verteilung eines Spektrums der Nitralampe ist schematisch in Fig. 7
dargestellt (Kurve N). Um dieses Spektrum gleich hell zu machen,
d. h. eine Helligkeitsverteilung zu schaffen, wie sie etwa durch die
Horizontale H in Fig. 7 dargestellt ist, ist die Energie zwischen A,
und A,, herabzusetzen, dagegen rechts von A, und links von A, zu
erhöhen. Dies ist am einfachsten dadurch möglich, daß wir ein
Filter vor den Spektrographen setzen, dessen Absorptionskurve (nicht
wie bisher Durchlässigkeitskurve) die Form der Kurve N in Fig. 7
hat. Das Filter müßte also am stärksten zwischen A, und A,, ab-
sorbieren und im Rot und Blau durchlässig sein. Die Farbe eines
solchen Filters ist mit Purpurblau zu bezeichnen. Die praktische
Ausführung des Verfahrens geschah folgendermaßen:
Vor eine geeignet eingebaute 1000-Watt-Lampe stellten wir ein
Filter aus fließendem Wasser, um die erhebliche Wärmestrahlung
Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 237
zu beseitigen. Wir mußten ferner die kurzwelligen Strahlen vom
Spektrographen fernhalten, weil diese auf die Platte infolge des Licht-
hofes vom blauen Teil des Spektrums und durch die im Spektral-
apparat herrschende diffuse Reflexion längst verschleiernd wirken, ehe
die langwelligen Strahlen einen Eindruck auf der Platte hinterlassen.
Das geschah durch ein vor den Spektralapparat gestelltes Gelbfilter.
Um das so entstehende „Restspektrum“ von 700 mu bis 500 mu
in allen seinen Teilen gleich hell zu machen, wurde vor den Spektral-
apparat außerdem eine Kuvette mit einem rot durchlässigen Farb-
stoff gesetzt. Für unseren Spektrographen (Vogel) eignete sich
Indigotine extra. Wurde der Farbstoff sehr konzentriert gewählt,
so erschien auf der Mattscheibe nur das äußerste Rot. Verdünnte
man, so bildete sich allmählich das Orange, Gelb und Gelbgrün
aus, zuerst noch dunkler als das Rot, dann aber gleichhell mit Rot
und schließlich heller als dieses. Durch Zugabe neuen Farbstoffs
ließ sich die zu helle Zone wieder verdunkeln. Auf diese Weise
gelang es schließlich, die Konzentration zu bestimmen, bei der das
Restspektrum gleich hell war. Ganz gleichhell ließ es sich nicht
machen, denn im äußersten Rot fiel die Helligkeit stark ab. Dies ist
wichtig für die spätere Beurteilung der S»:ktrogramme Fig. 8 und 10).
a) Unsersibilisierte Platten.
Das soeben beschriebene „Restspektrum“ wurde zur Beant-
wortung der gestellten Fragen zunächst auf einer Agfa-Spezialplatte
photographiert. Dies geschah unter fortschreitendem millimeterweisen
Verschieben des Kassettendeckels.. Die Zeitstufen variierten um
den Faktor 1,5.
Das so erhaltene Zeitspektrogramm ist in Fig. 8 dargestellt.
Es hat folgendes Aussehen:
B
S S
Fig. 8.
Spektrogramm des gleichhellen Spektrums auf einer Agfa-Spezialplatte (2 mal vergrößert).
238 Arens und Eggert.
von 51o mu bis etwa 560 mu starke Schwärzung
„ BDO mu „ „ €20 mu abnehmende Schwärzung
bei 620 mu Minimum der Schwärzung
von 620 mu „ o 670 mu wieder zunehmende Schwärzung
» 670 mu würde die Schwärzung noch weiter zunehmen,
wenn man die Helligkeit im äußersten Rot den übrigen Teilen
des Spektrums hätte angleichen können. Hiervon wurde jedoch
abgesehen, weil sich die Energie nicht mehr entsprechend er-
höhen ließ.
Das Spektrogramm gibt nun die Form der Durchlässigkeit des
Dunkelkammerfilters an und sagt aus: Das für die Agfa-Spezialplatte
(also allgemein für hochempfindliche unsensibilisierte Emulsionen)
geeignete Filter muß eine Durchlässigkeit besitzen, die bei 580 mu
beginnt, bei 620 ihr Maximum hat und nach 700 mu wieder
abfällt.
Wir versuchten nun dieses Resultat praktisch zu bestätigen.
Zu diesem Zwecke stellten wir uns eine Reihe von Filtern mit ver-
schiedener Durchlässigkeit nach dem kurzwelligen Ende her; das
erste reichte nur von 700—650 mu, das zweite von 700—600 mu
und so fort, das letzte von 700—580 mu.
Mit diesen Filtern rüsteten wir mehrere Lampen aus und setzten
sie (durch Variation der Kerzenstärke und der Entfernung) so vor
eine Fläche, daß die von den einzelnen Lampen beleuchteten
Flächenstücke gleich hell — natürlich verschiedenfarbig waren. Unter
diesen Bedingungen wurde je eine Platte eine bestimmte Zeitlang
belichtet. Die so erhaltene Schwärzung war am stärksten bei der
Lampe, die nur bis 650 mu reichte und wurde immer schwächer,
je weiter die Filterdurchlässigkeit nach kurzen Wellen hin geöffnet
war. Weiter als bis 675 mu durfte die Durchlässigkeit nicht reichen,
weil sich die Lampen (immer bei Einstellung auf gleiche Helligkeit)
wieder verschlechterten.
Wir gingen nun dazu über, aus den genannten Filterbereichen
durch Rot absorbierende Farbstoffe das langwellige Rot des Spek-
trums um 700 mu von der Beleuchtung allmählich abzuschneiden
und fanden, wie wir erwartet hatten, daß die Beleuchtung immer
besser wurde (stets unter Innehaltung gleicher Helligkeit. Wir er-
reichten auf diese Weise ein Filter, das sich ausgezeichnet dem
Spektrogramm des gleich hellen Spektrums in Fig. 8 anschmiegte.
Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 239
— Zeg ei e m EE E e
Die Durchlässigkeitskurve und die sich aus dem Spektrogramm er-
gebende Kurve sind in Fig. 9 dargestellt.!)
Wir sind somit zu dem Resultat gekommen, daß sich die
Dunkelkammerbeleuchtungen (in gewissen Grenzen) immer
mehr verbessern, wenn man die kurzwelligen Spektral-
bereiche hinzuzieht, das langwellige Rot dagegen aus-
schließt.
Dies läßt sich nach unserer Anschauung leicht erklären:
Im langwelligen Rot ist die Empfindlichkeit des Auges so
gering, daß wir eine hohe Energie anwenden müssen, um eine ge-
nügend helle Beleuchtung zu erzielen. Diese Energie ist so groß,
BEE EP NG BEER
HN
5
E
rchlässigkeit
La
u
EE
A (mu) —
Fig. 9.
Gegenüperstellung der Durchlässigkeitskurve des neuen Dunkelkammerfilters für un-
sensibilisierttee Emulsionen (---) und der aus dem Spektrogramm des gleichhellen
Spektrums (Fig. 8) errechneten Sicherheitskurve (—).
1) Damit die Möglichkeit besteht, die gemachten Angaben zu überprüfen, sei mit-
geteilt, daß sich die angegebenen Zahlen auf das neue orange-rot gefärbte Agfa-Röntgen-
dunkelkammerrhlter Nr. 104 beziehen; dieses Filter wurde nach den in der Arbeit an-
gegebenen Prinzipien für unsensibilisierte Emulsionen ausgearbeitet. Die Bezeichnung
„Agfa-Röntgemdunkelkammerfilter‘‘ wurde gewählt, weil das Filter vornehmlich für
die Verwendung in Röntgendunkelkammern gedacht ist, in denen bekanntlich aus-
schließlich unsensibilisiertes photographisches Material (Röntgenplatten und -films)
verarbeitet wird, im Gegensatz zu den Dunkelkammern der Amateure und Berufs-
photographen, in denen auch sensibilisierte Platten entwickelt werden. Das Filter
ist natürlich nicht nur für Röntgenemulsionen, sondern auch für alle hochempfind-
lichen, unsensibilisierten Platten zu gebrauchen; z. B. für Agfa-Extrarapid und Agfa-
Spezial — nicht für sensibilisierte Materialien, zu denen z. B. Ultra-Spezial, Amateur-
filme, wie Agfa-Rolliim und Agfa Packfilm gehören. — Das Filter ist von der
L G. Farbenindustrie- Aktiengesellschaft (Agfa) Berlin zu beziehen.
240 Arens und Eggert.
daß sie die Platte trotz ihrer geringen Empfindlichkeit an dieser
Stelle verschleiert.
Bei 620 mu ist die psychologische Helligkeit so groß, daß nur
eine geringe Energie nötig ist, um eine helle Beleuchtung zu schaffen
und obwohl die Platte hier schon eine gesteigerte Empfindlichkeit
besitzt, ist die Energie noch so gering, daß kein Schleier hervor-
gerufen wird.
Bei 680 mu und darüber hinaus ist zwar die psychologische
Helligkeit hinreichend groß, um mit geringer Energie eine relativ
helle Beleuchtung zu erzielen; die Empfindlichkeit der Platte ist
jedoch gleichzeitig so stark geworden, daß diese geringe Energie
bereits Schleier erzeugt.
Unsere neuen Filter wurden nun zahlenmäßig mit den üblichen
früheren Dunkelkammerbeleuchtungen in bezug auf ihre Sicherheit
verglichen. Es stellte sich heraus, daß unser Filter
etwa 25 mal besser ist, als ein solches, das nur bis 680 mu
» IO a „8 m 9 nm » na „ 650 mu
II 2,5, „ nn oo» II „ „»» 600 mu
geöffnet ist.
Das besagt z. B.: Wenn mit dem Filter bis 680 mu in einer
Minute ein gewisser Schleier erhalten wird, so entsteht dieser
Schleier mit dem neuen Filter bei gleicher Helligkeit erst in
25 Minuten!)
OI Orthochromatische Emulsionen.
Nach diesen Erfolgen bei unsensibilisierten Emulsionen gingen
wir zu orthochromatischen über. Genau wie dort das blaue Licht,
mußten wir hier auch das störende gelbe Licht zwischen 500 mu und
620 mu vom Spektrographen fernhalten; dies geschah durch ein
geeignetes Rotfilter, welches das Spektralgebiet zwischen 700 und
600 mu ebensogut durchläßt, wie das vorher benutzte Gelbfilter.
Die Aufnahme des in der früher beschriebenen Weise gleich hell
gemachten Restspektrums auf einer Agfa-Chromoplatte ist durch
Fig. 10 dargestellt.
Wir sehen auch hier die Forderung zum Ausdruck kommen,
daß das letzte Rot abgeschnitten werden muß, daß wir aber
andererseits viel weiter ins Kurzwellige gehen dürfen als früher an-
genommen wurde. Natürlich kann man die Filter nicht ebenso weit
1) Vgl. die Fußnote S. 239.
Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 241
nach kurzen Wellen zu öffnen, wie bei unsensibilisierten Platten, weil wir
sonst mit den sensibilisierten Regionen der Schicht in Konflikt geraten.
Leider müssen wir aus dem Spektrogramm erkennen, daß die
Sicherheitslücke in Fig. ro bei weitem nicht so tief einschneidet,
wie bei Fig. 8; daher haben wir auch keine so eklatante Verbesse-
rung der bisherigen gebräuchlichen Filter zu erwarten wie vorher.
—_650
55
H
Fig. 10.
Aufnahme des gleichhellen Spektrums auf einer Agfa-Chromoplatte.
Man beachte die durch den Pfeil gekennzeichnete Lücke, die allerdings im Original
deutlicher zu sehen ist als hier.
Dazu kommt noch, daß die rot abschneidenden Farbstoffe, welche
uns für die praktische Verwirklichung des Filters zur Verfügung
stehen, eine zu flach ansteigende Durchlässigkeitskurve vom Rot
nach kurzen Wellen zu besitzen. Immerhin gelingt es, ein Filter
für orthochromatische Platten zu konstruieren, welches dreimal
4
% Durchläs sigkeit
()
700 A (m p) —> 600
Fig. 11.
Durchlässigkeitskurve des neuen Filters für orthochromatische Platten.
sicherer ist, als ein solches, das nur bis 680 mp (dunkelrot) geöffnet
ist und ı,5mal besser als ein bis 650 mu (mittelhellrot) geöffnetes
(Die beiden Filter [680 und 650 mu] wurden nach der alten An-
schauung als sehr gut empfohlen.) Die Durchlässigkeit ist durch
Fig. 11 dargestellt.
242 Arens und Eggert.
Dieses für die Praxis sehr wichtige Ergebnis wird noch durch
ein Weiteres ergänzt: Das neue, ursprünglich für orthochromatische
Platten ausgearbeitete Filter ist für unsensibilisierte Emulsionen eben-
falls sicherer, und zwar etwa 2,5mal gegenüber dem Filter von
700—650 mu (mittelhellrot) und 4,7mal gegenüber dem Filter, das
nur bis 780 mu (dunkelrot) geöffnet ist. Der Photograph, der ge-
wohnt war, nur bei dem dunkelroten Filter zu arbeiten, wird beim
Entwickeln seiner orthochromatischen Platten auch bei dem nach
der alten Anschauung „sicheren“ roten Lichte sehr vorsichtig sein.
Dagegen wird er (ebenfalls der alten Anschauung folgend) die un-
sensibilisierten Platten bei der vollen dunkelroten Beleuchtung ent-
wickeln und erlebt dabei immer die Enttäuschung, daß seine Platten
schleiern. Benutzt er nun das neue Filter (Fig. (rk so muß er zwar
mit orthochromatischen Platten auch jetzt noch etwas vorsichtig
sein (wenn auch nicht so peinlich [Faktor 3 gegenüber dem Filter
bei 680 mu bzw. 1,5 gegenüber dem bis 650 mu)), aber er wird
für unsensibilisierte Platten längst nicht mehr die Mißerfolge erleben,
wie früher (Faktor 4,5 beim Filter bis 680 bzw. 2,5 beim Filter
bis 650 mu).
y) Panchromatische Platten.
Auch panchromatische Emulsionen wurden nach dem neuen
Prinzip untersucht. Da es nicht befriedigend möglich ist, das ganze
Spektrum mit Hilfe eines Filters gleich hell zu machen, verfuhren
wir etwas anders. Wir konstruierten einen Apparat, wie ihn
Fig. 12a, b und c darstellt.
Zwei kleine Lochkameras A und 2 lassen sich dem Spektrum
entlang verschieben. Durch die Löcher e und 5 konnte man die
kreisförmige Öffnung des Objektives des Spektralapparates beobachten,
welche bei jeder Stellung der Kamera im monochromatischen Lichte
derjenigen Spektrallinie erschien, an welcher sich das Loch befand.
A wird bei einer bestimmten Wellenlänge festgehalten und mit 2
können die übrigen Stellen des Spektrums durch Verschieben eines
Graukeils G vor dem Loch A auf gleiche Helligkeit mit a gebracht
werden. Wir hielten bei A die Spektrallinie 690 mu fest und
stellten der Reihe nach von IO zu 10 mu je eine andere Linie mit
der ersteren gleich hell ein. An die Stelle des Auges setzten wir nun
die Kassette c, wie sie in Fig. 12c dargestellt ist. Die Kassette ent-
hielt einen 3 mm breiten Plattenstreifen einer panchromatischen Agfa-
Platte verschiebbar, aufdem wir je eine Zeitskala für je eine Wellenlänge
Über Dunkelkammerbeleuchtung usw.
anfertigten. Wir bestimmten dann dıe Zeiten, bei denen die Schwellen
lagen. Das Resultat ist durch Fig. 13 dargestellt (Zeiten gleichen
Schleiers).
Grauke:l
G
nrar ESES ER
| l |
Je rm |} SEEE] | Spektrum ~ jy -Loch
—! ,
SEENEN |
Platte
p A
apıersack
a) b) c)
Fig. 12.
Apparat zur Bestimmung der Helligkeitsverteilung im Spektrum und der Sicherheits-
kurve für panchromatische Emulsionen.
a) Vorderansicht. b) Seitenansicht,
c) Kassette,
Bisher hat man für panchromatische Platten und Farbenplatten
ein Grünfilter zur Dunkelkammerbeleuchtung empfohlen, welches
die Sensibilisationslücke bei 490 mu („Grünlücke‘“) ausnützen sollte.
Empirisch hat man jedoch dieses Filter gar nicht in die Grünlücke
~%
Sicherheit = Ceil der
Schleierbelichtung
Fig. 13.
Sicherheitskurve der panchromatischen Agfa-Platte.
selbst gelegt, sondern um 30 mu nach langen Wellen hin ver-
schoben D Die Sicherheitskurve für die panchromatische Agfa-Platte
(Fig. 13) zeigt die Berechtigung hierzu. Sie liegt bei 490 mu sehr
tief, wahrend sie bei 520 mu schon größere Werte annimmt.
1) Vgl. z. B. das Agfa-Schutzfilter Nr. 103.
244 Arens und Eggert.
Der bei weitem größere Wert liegt aber bei 620 mu im Orange.
Wir stellten daher einmal eine Beleuchtung an dieser Stelle her
und fanden in der Tat, daß von 2 Lampen (eine bei 620 mu und
die andere bei 520 mu), die bei direkter Betrachtung gleich hell er-
schienen, diejenige bei 620 mu nicht so stark schleierte, wie die bei
520 mu.
b) Psychologische Wirkungen
der neuen Dunkelkammerbeleuchtungen.
Wir haben auf den Seiten 239—240 die große Überlegenheit der
neuen orange gefärbten Filter für unsensibilisierte Emulsionen gegen-
über den alten roten Beleuchtungen dargelegt. Zu diesen Vor-
teilen der größeren Schleiersicherheit bzw. der größeren Helligkeit
kommen weitere Eigenschaften, die den Wert der neuen Beleuch-
tung steigern und die auf psychologischem Gebiet liegen.
a) Purkinjephänomen.
Man bemerkt zunächst, daß die orange gefärbte Beleuchtung den
Raum viel weiter ‚ausleuchtet“, als die alte rote. Die Ursache
hierfür ist das „Purkinjephänomen“, welches sich, wie erinnerlich,
an folgenden Versuchen zeigen läßt. Wir betrachten eine rote und
eine blaue Fläche bei heller Beleuchtung. Die Anfärbung sei so ge-
wählt, daß das Blau dunkler aussieht als das Rot. Setzt man jetzt
die Beleuchtungsstärke weitgehend herab, so erscheint die blaue
Fläche als ein mittelhelles Grau und die rote Fläche als ein tiefes
Schwarz. Die Helligkeitswerte der beiden Farben haben sich also
umgekehrt. Warum bei heller Beleuchtung das Rot heller erscheint
als das Blau, bei dunkler Beleuchtung dagegen das Blau heller als
das Rot, folgt aus den Empfindlichkeitskurven von Fig. 4, S. 232.
Vergleichen wir nämlich die Empfindlichkeit des Auges bei A = 600 mu
(rot) und bei A = 450 mu (blau) bei Helladaptation (%), so verhalten
sich die Ordinaten etwa wie 4,3 (rot): ı (blau). Bei Dunkeladaptation (d)
ist dagegen das entsprechende Verhältnis 1 (rot):6,5 (blau). Man sieht
aus den beiden Kurven leicht, daß die eben beschriebenen Ver-
hältnisse (rot-blau) allgemein beim Übergang von längeren zu
kürzeren Wellen stattfinden, d. h. daß bei gleich herabgesetzter Be-
leuchtung ein langwelligeres Licht bei weitem dunkler erscheint, als
ein kurzwelliges. Wenden wir dies auf die alte rote (langwellig) und
die neue orange (kurzwellig) gefärbte Beleuchtung an, so ergibt
sich aus diesen Betrachtungen folgendes: Bei Helladaptation ist die
Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 245
Empfindlichkeit des Auges für die beiden Lichtarten einander gleich
groß; bei Dunkeladaptation ist das Auge für Orange empfindlicher
als für Rot. Hieraus folgt für die Beleuchtung der Dunkelkammer:
Hat man zwei mit jenen Filtern ausgestattete Lampen vor sich, die
für Helladaptation gleich hell sind, so wird man die gleiche Hellig-
keit auch immer wieder bestätigen, sobald man in das Licht der
Lampen direkt hineinsieht oder eine weiße Fläche betrachtet, die
sich in geringer Entfernung von den Lampen befindet. Beleuchtet
man dagegen mit den beiden Lampen entfernter liegende Gegen-
stände, die schwaches Licht reflektieren, so wird man finden, daß
die orange gefärbte Lampe den Raum viel weiter „ausleuchtet“,
als die rot gefärbte, denn wir befinden uns in dem Gebiete der
Dunkeladaptation, wo orange heller ist als rot.
Besonders nach einigem Verweilen in der Dunkelkammer er-
scheint also durch die orange Lampe bald das ganze Zimmer er-
leuchtet, während man in einiger Entfernung der roten Lampe selbst
mit ausgeruhtem Auge nur noch wenig sieht.
Dieselben Verhältnisse finden wir bei den beiden Beleuchtungen
für panchromatische Platten in der Weise vor, daß die kurzwellige
grüne Beleuchtung eine größere Leuchtkraft als die langwellige
orange besitzt. Der Unterschied der beiden Beleuchtungen ist sogar
noch größer, weil sie spektral weiter voneinander entfernt liegen
(vgl. Fig. 4} Es ergibt sich, daß wir die grün gefärbte Beleuchtung
zur Erhellung des Raumes der orange gefärbten vorziehen müssen.
Da das orange gefärbte Licht schon in etwa IO cm Entfernung von
der Lampe sehr dunkel wirkt, kann man es nicht einmal zur Beob-
achtung der Entwicklung mit heranziehen.
Daß das Licht dieser orange gefärbten Dunkelkammerbeleuch-
tung so wenig weit leuchtet, steht nicht etwa in Widerspruch zu
den gegenteiligen Erfahrungen bei der spektral ungefähr an der-
selben Stelle liegenden orange gefärbten Beleuchtung für unsensi-
bilisierte Platten. Da die panchromatischen Platten für das ganze
Spektrum auch in den Empfindlichkeitslücken (z. B. bei 620 mu)
ziemlich hoch empfindlich sind, so muß die Dunkelkammerbeleuch-
tung für sie viel dunkler eingerichtet sein, als für die in den be-
treffenden Gebieten bedeutend weniger empfindlichen, unsensibili-
siertten Emulsionen. Die dunkle, orange gefärbte Beleuchtung für
panchromatische Platten leuchtet daher viel weniger weit, als die
für unsensibilisiertes photographisches Material.
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 18
246 Arens und Eggert.
Die orange gefärbte Beleuchtung für panchromatische Emulsionen
hat gegenüber der grünen aber doch einen Vorteil, sie erhöht nämlich
die Kontraste dessen, was sie beleuchtet, was ebenfalls eine Folge des
Purkinjephänomens ist. Auf einer beleuchteten schwarzen Fläche ist
gewissermaßen die Beleuchtung weitgehend herabgesetzt, bei einer be-
leuchteten weißen Fläche nicht. Die Folge ist, daß nach dem Pur-
kinjeeffekte die schwarze Fläche besonders dunkel erscheinen muß,
d. h. daß die Kontraste zwischen schwarzer und weißer Fläche durch
den Purkinjeeffekt erhöht werden. Wendet man diese Überlegung
auf die Sichtbarkeit der schwarzen Zahlen und des weißen Ziffer-
blattes einer Uhr an, so muß diese im orange Licht besser ablesbar
sein, als im grünen, wo der Unterschied zwischen heller und dunkler
Beleuchtung nicht so ausgeprägt ist. Auch hier bestätigt dies der
Versuch dann, wenn man die Uhr sehr nahe an die beiden Lampen
heranhält. Es wäre daher daran zu denken, eine doppelte Dunkel-
kammerbeleuchtung zu schaffen, eine grüne zum Beleuchten des
Zimmers und zur Beobachtung der Entwicklung, ferner eine orange
zum Beleuchten der Uhr.
DI Ermüdungserscheinungen.
Von großer praktischer Wichtigkeit für die Dunkelkammer-
beleuchtung ist schließlich noch das psychologische Phänomen der
Ermüdung. Es ist bekannt, daß das Auge für rotes Licht sehr
schnell ermüdet; bei längerem Aufenthalt in der Dunkelkammer
empfindet man z. B. sehr bald ein Flimmern vor den Augen oder
bisweilen an anderen Tagen gewöhnt man sich überhaupt sehr
schlecht an die Beleuchtung. Das Zimmer bleibt dunkel und nur
das, was im Lichtkegel der Lampe liegt, ist zu erkennen. Alle
diese Nachteile fallen bei der Orangebeleuchtung für unsensibilisierte
Emulsionen fort; da sie das Auge nicht ermüdet, wird es all-
mählich immer heller im Raume und nach 5—10 Minuten kann
man bei ihr alle Gegenstände deutlich sehen, auch die, welche nicht
im Lichtkegel liegen und daher nur schwaches indirektes Licht be-
kommen. Es werden also für die orange gefärbte Beleuchtung die
günstigen Verhältnisse, wie sie durch das Purkinjephänomen ent-
stehen, durch die geringen Ermüdungserscheinungen unterstützt.
Die neue Beleuchtung zeichnet sich vor der alten dunkelroten
schließlich noch dadurch aus, daß man beim Verlassen der mit
orange beleuchteten Dunkelkammer durch das helle Tageslicht nicht
so stark geblendet wird, als wenn man sich lange bei rotem Licht
Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 247
aufgehalten hat — ein Umstand, der unter gewissen Arbeits-
bedingungen auch ins Gewicht fallen dürfte.
Zusammenfassung.
I. In der vorliegenden Arbeit wurde festgestellt, daß die Sicher-
heit einer Dunkelkammerbeleuchtung nicht nur, wie früher an-
genommen wurde, von der Plattenempfindlichkeit abhängt, sondern
auch von der spektralen Empfindlichkeit des Auges, d. h. von der
psychologischen Helligkeit, mit der das Auge die Dunkelkammer-
beleuchtung empfindet.
2. Es ließ sich zeigen, daß durch diese beide Eigenschaften für
jede Plattensorte ein optimales Strahlengemisch gegeben ist, bei dem
sich die betreffenden Platten mit einem Maximum an Sicherheit
(für die Platten) und einem Maximum an Helligkeit (für das Auge)
verarbeiten lassen. Die „Sicherheit“ zweier Dunkelkammerbeleuch-
tungen wird an der Größe des Schleiers gemessen, den diese Be-
leuchtung unter gleichen Versuchsbedingungen auf der Platte hervor-
ruft. Bis auf eine Ausnahme (vgl. 5.) wurde das genannte Optimum
von den bisher gebräuchlichen Dunkelkammerbeleuchtungen nicht
erreicht, konnte aber in der vorliegenden Arbeit in allen Fällen
verwirklicht werden.
3. So ließ sich für unsensibilisierte Platten eine Beleuchtung
herstellen, welche im Gelbgrün beginnt, ihr Maximum im Orange
hat und von da ab nach Rot stark abfällt. Eine solche orange
gefärbte Lampe ist (je nach der Beschaffenheit der Vergleichslampe)
2,5—25mal sicherer als eine ebenso helle rote Lampe, die bisher
in den Dunkelkammern normalerweise verwendet zu werden pflegte.
Wird anderseits die neue Beleuchtung ebenso schleiersicher ein-
gerichtet wie die alte, so wirkt sie für das Auge 2,5—25mal heller
als die alte,
4. Dasselbe Prinzip ließ sich auch auf orthochromatische
Platten anwenden; in diesem Falle liegt das Optimum weiter nach
langen Wellen zu.
5. Bei panchromatischen Emulsionen folgt aus dem Prinzip,
daß die grüne Beleuchtung nicht in der „Grünlücke“ der Sensi-
bilisation liegt, sondern weiter nach langen Wellen zu. Eine solche
optimale Grünbeleuchtung ist — ohne Erkennung der Ursachen
für ihre spektrale Lage — schon früher empirisch gefunden worden.
Ferner ergibt sich, daß es eine orange gefärbte Beleuchtung gibt,
die unter Umständen sicherer ist als die grüne.
18*
248 Jenisch.
6. Die neue orange gefärbte Beleuchtung für unsensibilisierte
Platten (vgl. 3.) ermüdet das Auge weit weniger als das bisher ver-
wendete rote Licht. Die unter 5. angeführte orange Beleuchtung
für panchromatische Platten hat infolge des Purkinjephänomens eine
nicht so große Leuchtkraft wie die alte grüne. Dagegen kann man
bei der orange gefärbten Beleuchtung die Uhr besser ablesen als
bei der grünen.
Nach Abschluß dieser Arbeit erfuhren wir, daß Herr Prof. Luther,
Dresden, ebenfalls das Problem das Dunkelkammerbeleuchtung ein-
gehend bearbeitet hat, wobei er zu ähnlichen Resultaten gekommen
ist wie wir. Da jedoch Herr Prof. Luther hierüber noch nichts
veröffentlicht hat, konnten wir seine Ergebnisse zu keinem Vergleich
heranziehen.
Berlin-Treptow, aus dem photochemischen Laboratorium der
I. G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft (Agfa), April 1926.
Eingegangen am 21. Mai 1926,
Zur Kenntnis der Reifung photographischer Silberhaloidemulsionen.
Von
Waldemar Jenisch, Seelze.
In den letzten Jahren sind erneut mehrfach sehr bemerkens-
werte Untersuchungen unternommen worden, die verwickelten Vor-
. gänge beim Reifungsprozeß photographischer Silberhaloidemulsionen
zu klären. Die Zahl der recht verstreut erschienenen Abhandlungen
über diesen Gegenstand ist erheblich gewachsen und es würde zu
weit führen, sie alle zu erwähnen. Es sei jedoch besonders an die
zuletzt erschienenen Ausführungen von Lüppo-Cramer (1), Liese-
gang (2), H Schmidt (3) und Sheppard (4) erinnert, die neben
vielerlei Unterschiedlichem manches Gemeinsame bringen. So ist
man heute ziemlich allgemein dazu übergegangen, für die Steige-
rung der Lichtempfindlichkeit zwei Vorgänge verantwortlich zu
machen, die Schmidt in seiner Arbeit (3) als Vor- und Nachreife
bezeichnet. In der Vorreife sieht er einen Prozeß der Zugänglich-
machung für die Nachreife, bedingt durch Veränderung der Gitter-
Zur Kenntnis der Reifung photographischer Suberhaloidemulsionen. 249
kräfte im Bromsilber. Die Nachreife wird nach seiner Auffassung
durch Abwandern von adsorbierten Bromionen und dadurch be-
dingten Gitterdeformationen, die man wohl als labile Zustände
schaffend zu betrachten hat, bewirkt. Auffallendes Licht wirkt dann
gleichgewichtsstörend und schafft als Endprodukt atomares Silber,
an das der Entwickler angreift. Hierbei muß man jedoch mit
Schmidt die Annahme machen, daß infolge des fast stets ver-
wendeten Bromidüberschusses bei der Emulsionsbildung nur „Brom-
körper“ entstehen, was Liesegang (2) als nicht wahrscheinlich
ansieht.
Auch Lüppo-Cramer gelangt in bezug auf die Zweiteilung
zu ähnlichen Vorstellungen (1), kommt allerdings auf Grund seiner
Versuche zu anderen Anschauungen in bezug auf den Reifungs-
vorgang selbst. (5) Als wesentlichster Unterschied wäre zu ver-
merken, daß die Ausscheidung der Silberkeime nicht auf Lichtreize
zurückzuführen ist, sondern daß diese Ausscheidung bereits im
zweiten Teil des Reifungsprozesses erfolgt, worauf noch weiter ein-
zugehen ist.
Ferner erschien Mitte vorigen Jahres eine sehr beachtliche
Arbeit von S. E. Sheppard. Diese Abhandlung befaßt sich im
wesentlichen mit der Frage, wieweit die Empfindlichkeit einer Brom-
silbergelatine von der Anwesenheit fremder Verbindungen abhängt.
Auf Grund eingehender Untersuchungen kommt Sheppard zu dem
Schluß, daß der die Empfindlichkeit steigernde Körper ein Teil der
Gelatine selbst sein muß. Es gelang Sheppard photographisch
„aktive“ und „inaktive“ Gelatinen‘ herzustellen, d. h. solche, die
stark empfindlichkeitserhöhend wirken und andere, denen diese
Eigenschaften abgehen. Sheppard hat dann auch den Aktivator
in langwierigen Untersuchungen isoliert und gefunden, daß es sich
hierbei um Allylsenföl handelt; es gelang ihm weiter zu zeigen, daß
nicht die Allylgruppe für die aktivierenden Eigenschaften verantwort-
lich zu machen ist, sondern das Isothiocyanat-Radikal. Durch weitere
Versuche wurde die Anzahl der aktivierend wirkenden organischen
Verbindungen vergrößert und Sheppard gelangt zu der Erkenntnis,
„daß alle Verbindungen, die Schwefel, Selen oder Tellur doppelt
gebunden an Kohlenstoff enthalten, aktiv sind. Alle diese Körper
geben komplexe Verbindungen mit Silberhaloiden und lösen diese,
wenn man sie im Überschuß anwendet. Bei Zersetzung dieser
komplexen Verbindungen scheidet sich, wie bekannt, Schwefel-
silber aus“.
250 Jenisch.
Sheppard glaubt nun daraus einerseits den Schluß ziehen zu
müssen, „daß die Sensibilisierungszentren aus Schwefelsilber oder
dergleichen bestehen“. Andererseits erkennt er, daß es mit der
Gegenwart von Silbersulfid allein in der Emulsion nicht getan ist
und daß dieses, für sich zugesetzt, nicht genügt, um als Aktivator
zu dienen, auch nicht etwa Natriumsulfid oder andere anorganische
Sulfide. Vielmehr neigt Sheppard zu der Ansicht, daß es wesent-
lich für den Erfolg ist, „daß das Schwefelsilber in Form eines
Kernes im Bromsilberkern enthalten und nicht in Form einer gleich-
mäßigen Oberfläche“ und meint, „man müsse sich die Wirkung der
Schwefelsilberkerne so vorstellen, daß sie den photochemischen
Zerfall gleichsam auf bestimmte Stellen hinlenken, so daß er in der
Nähe des Schwefelsilberkernes zuerst eintritt“.
Das wesentlichste wäre damit der im Bromsilber entstandene
Kern, der Aktivator nur Mittel zum Zweck, den Kern zu erzeugen.
Damit nähert sich aber Sheppard wiederum früher bereits aus-
gesprochenen Ansichten. Die Anwesenheit eines Kernes oder Keimes
im Bromsilber haben schon andere namhafte Forscher zur Aus-
lösung des photochemischen Effekts bzw. zur Steigerung der Emp-
findlichkeit als notwendig erachtet. Es sei hier an die zuerst von
Eder aufgestellte Theorie der spurenweisen Reduktion hingewiesen,
nach welcher in der gewöhnlich ammoniakalischen Gelatinelösung
beim Reifungsprozeß durch Reduktion Silberkeime entstehen, die
ihrerseits mit der Empfindlichkeitszunahme und dem Charakter der
Emulsion in innigem Zusammenhang stehen. Es erhebt sich dem-
nach folgende Frage: Ist das Charakteristikum für hochgereifte
Emulsionen der entstandene Kern an sich oder sind an diesen Kern
besondere Bedingungen zu knüpfen, beispielsweise derart, daß die
Elemente Schwefel, Selen oder Tellur in ihm enthalten sein müssen,
um empfindlichkeitsfördernd zu wirken. Nach den bekannten Ver-
suchen von Lüppo-Cramer, die dieser in seinem Werkchen
„Kolloidchemie und Photographie“ auf Seite 18 im Abschnitt „Die
Kolloidchemie des Bromsilbers“ (6) kurz zusammenstellt, wäre der
zweite Teil der Frage zu verneinen. Lüppo-Cramer hat sich ein-
gehend mit der Reduktionstheorie Eders befaßt und ihre Richtig-
keit indirekt dadurch bewiesen, daß er hochgereifte Bromsilber-
gelatineplatten mit Silberlösungsmitteln, wie z. B. Chromsäure-
mischungen, behandelte und nach gründlichem Auswässern fand,
daß die Empfindlichkeit erheblich gelitten hatte. Lüppo-Cramer
erklärt dies so, daß durch die Silberlösungsmittel die außerordentlich
Zur Kenntnis der Reifung photographischer Süberhaloidemulsionen. 251
kleinen Mengen freien Silbers (welches die Keime bildet) heraus-
gelöst werden und dadurch der Platte die Hochempfindlichkeit, die
durch die Anwesenheit der Silberkeime bedingt ist, genommen wird.
Er erhärtet die Beweiskraft seiner Versuche weiter dadurch, daß er
die gleiche Prozedur an ungereiften — also keimsilberfreien — Emul-
sionen vornimmt. Hier zeigt sich, daß eine Empfindlichkeitsabnahme
nicht festgestellt werden kann und so folgert dann Lüppo-Cramer,
„daß der letzte höchste Grad der Steigerung der Lichtempfindlich-
keit hauptsächlich einer spurenweisen Reduktion zuzuschreiben ist“
— also im Sinne Eders einer Keimbildung. Zahlreiche hier unter-
nommene Versuche stützen die Eder-Lüppo-Cramersche Auf-
fassung in hohem Maße und zeigen, daß der Meinung Sheppards
insofern nicht stattgegeben werden kann, als dieser die Anwesen-
heit etwa der Elemente Schwefel, Selen oder Tellur im Kern als
erforderlich ansieht. — Es sei hier noch bemerkt, daß der Ver-
fasser den in der Kinotechnik enthaltenen Auszug der Sheppard-
schen Arbeit erst zu Gesicht bekam, als er seine hier näher zu be-
schreibenden Versuche im wesentlichen beendet hatte. l
Die oben kurz wiedergegebenen Versuche Lüppo-Cramers
fordern zu einer direkten Beweisführung für die Richtigkeit der
Keimtheorie geradezu heraus und es ist in gewissem Sinne ver-
wunderlich, daß Lüppo-Cramer es nicht selbst unternommen hat,
auf umgekehrtem Wege dem Problem zur Lösung zu verhelfen.
Denn läßt es sich zeigen, daß nach dem Entfernen der bei der
Reifung entstandenen Silberkeime die Lichtempfindlichkeit von
Bromsilberemulsionen sinkt, sollte es sich dann nicht auch um-
gekehrt beweisen lassen, daß durch Zufügen von Keimen Emp-
findlichkeitserhöhungen bewirkt werden?
Dies ist nun tatsächlich der Fall und es soll Aufgabe der im
folgenden kurz zu schildernden Versuche sein, wie es leicht durch
vorsichtigen, willkürlich dosierbaren Zusatz von Keimen gelingt, die
Empfindlichkeit von Bromsilberemulsionen weitgehend zu beein-
flussen.
Es sei vorweggenommen, daß als Keimzusätze wäßrige Lösungen
kolloider Metalle von verschiedenstem Dispersitätsgrad verwendet
wurden. Auch hier zeigte sich sofort zu Beginn der Versuche, daß,
im Sinne Sheppards gesprochen, nicht die Anwesenheit irgend-
eines Stoffes in Form einer gleichmäßigen Oberfläche oder Ver-
teilung genügend ist, sondern daß es auf Kernbildung ankommt.
Es war nun nicht wahrscheinlich, daß ohne weiteres ein Zusatz von
252 Jenisch.
Metallkeimen irgendwelcher Art zur gießfertigen Bromsilberemulsion
von Nutzen sein würde, da anzunehmen war, daß die als Schutz-
kolloid wirkende Gelatine die für die Kernbildung erforderliche,
nahe räumliche Vereinigung mit den nachträglich zugeführten Metall-
keimen verhindern würde. Andererseits ist aus den Arbeiten von
Ludwig Günther (7, Carrey Lea(8) und Lüppo-Cramer (9)
bekannt, daß sich bei Vereinigung von beispielsweise einem Silbersol
mit einem Bromsilberhydrosol unter gewissen Bedingungen Photo-
bromide bilden, Körper, die je nach der Menge des zugesetzten
kolloiden Silbers mehr oder weniger intensiv rotviolett gefärbt sind
und sich mit einem photographischen Entwickler momentan auch
ohne jede Vorbelichtung schwärzen. Mithin wäre einerseits durch
Zusatz von Metallkeimen zur gießfertigen Emulsion gar keine Wir-
kung in bezug auf die Steigerung der Lichtempfindlichkeit zu er-
warten, während andererseits beim Zusatz von Keimen zur Emulsion
in statu nascendi eine vollkommene Schwärzung der selbst un-
belichteten Platte durch den Entwickler erfolgen würde, wenn sich nicht
“durch besondere Maßnahmen in bezug auf die Menge der kolloiden
Metalle und deren Dispersitätsgrad die Schleierbildung verhüten ließe.
Die ersten Versuche verliefen vollständig wie vermutet war.
Setzt man zu einer gießfertigen Emulsion kleine Mengen beispiels-
weise einer kolloiden Goldlösung, so zeigt sich, daß diese ohne jede
Wirkung auf die Emulsion bleibt, sofern man nicht gewisse Grenzen
hinsichtlich der Mengenverhältnisse überschreitet, wodurch dann er-
hebliche Schleierbildung entsteht. Anders liegen jedoch die Dinge,
wenn man in Spuren kolloides Gold der Emulsion in statu nascendi
zufügt. Dabei wurde so verfahren, daß jedesmal zwei Emulsionen
in Parallelversuchen ganz gleichzeitig und gleichartig her-
gestellt wurden, von denen die eine Zusätze von Spuren kolloider
Metallösungen erhielt. Die kolloiden Metallösungen wurden in allen
Fällen stets zur ammoniumbromidhaltigen Gelatinelösung gegeben,
auf die dann Silbernitrat in bekannter Weise einwirkte. Es wurden
in Parallelversuchen sowohl saure wie auch Ammoniakemulsionen
hergestellt und diese nach dem üblichen Auswaschen der Reaktions-
produkte sowohl in ungereiftem wie auch in schwach gereiftem Zu-
stande auf Platten vergossen und in bekannter Weise im Eder-
Hechtschen Sensitometer unter Verwendung der Hefnerkerze auf
Empfindlichkeitszunahme geprüft.
Besonderes Augenmerk wurde der Herstellung der kolloiden
Metallösung geschenkt; vorzugsweise gelangte kolloides Gold in
Zur Kenntnis der Reifung photographischer Sılberhaloidemulsionen. 253
wäßriger Lösung zur Anwendung, da zu dessen Herstellung sehr
gut ausgearbeitete Vorschriften vorliegen und es sich sowohl relativ
leicht und haltbar, wie auch von stark wechselndem Dispersitätsgrad
gewinnen läßt. Die zu den ersten Versuchen dienende Goldlösung
wurde durch Reduktion mit Hydrazinhydrat folgendermaßen ge-
wonnen: Von einer wäßrigen Chlorgoldlösung I: 1000 wurde I ccm
abpipettiert und diese mit I ccm !/,°/,iger Gelatinelösung versetzt.
Hierzu wurde !/, ccm Hydrazinhydrat auf 1:400 verdünnt zugegeben
und das Ganze in einem speziell für diesen Zweck geeichten Gefäß
auf 5 ccm verdünnt. Von dieser Lösung, die dann im Kubikzenti-
meter etwa OI mg metallisches Gold enthielt, wurden zu den Ver-
suchen wechselnde Mengen genommen. Es sei noch bemerkt, daß
die jeweilige Reduktionstemperatur bei 50° lag.
Es wurde nun zunächst eine sogen. saure Emulsion bei einer
Reaktionstemperatur von 60° hergestellt und diese, ohne daß sie
in irgendeiner Weise einer Nachreifung unterzogen wurde, sofort
nach der Reaktion mit Silbernitrat in kaltes Wasser zum Erstarren
gestellt, gewaschen und auf Platten gegossen. Die Emulsion war
naturgemäß sehr unempfindlich und zeigte 24° E.H. Eine zu gleicher
Zeit hergestellte Kontrollemulsion obiger Art wurde mit ı ccm kol-
loider Goldlösung (wie oben beschrieben) versetzt und in ganz
gleicher Weise verarbeitet. Die Empfindlichkeitszunahme bei An-
wesenheit des Goldes war nicht bedeutend, aber deutlich nach-
weisbar. Die „Goldemulsion“ entwickelte sich nach der Exposition
im Eder-Hechtschen Sensitometer ebenso klar wie die erste Emul-
sion. Die Platte zeigte 32° E.H., was einer Empfindlichkeitszunahme
um das Doppelte entspricht. Um jede scheinbare Empfindlichkeits-
zunahme durch ungleichmäßige Belichtung oder Entwicklung aus-
zuschließen, wurde je eine Platte der beiden beschriebenen Emulsionen
durchschnitten und die so gewonnenen Hälften der verschiedenen
Platten gleichzeitig im Sensitometer exponiert, gleichzeitig und gleich
lange entwickelt und fixiert. Diese Kontrollmessungen bestätigen
die oben angeführten Zahlen genau. Weitere in der beschriebenen
Weise angestellte Versuche zeigten, daß der Goldzusatz, wie zu er-
warten war, nicht beliebig gesteigert werden konnte. Erhöht man
ihn z.B. von ı auf 6ccm, so steigt die Empfindlichkeit um das
7öfache. So wurden zwei Vergleichsemulsionen nach der Reaktion
bei 60° kurze Zeit in siedendes Wasser gebracht. Die goldfreie
Emulsion zeigte 30° E.H., die goldhaltige dagegen 52° E. H.
was der oben angegebenen Empfindlichkeitszunahme entspricht.
254 Jenısch.
Allerdings wies die letzte Emulsion bereits einen merklichen
Schleier auf.
Anfängliche Bedenken, es könnte doch möglicherweise die Emp-
findlichkeitserhöhung durch äußerst geringe Mengen noch freien
Hydrazinhydrats bedingt sein, zerstreute die Tatsache, daß Ammoniak-
emulsionen genau das gleiche Verhalten zeigten, d. h. die Empfind-
lichkeit in demselben Maße stieg (10). Auch ließ sich dieser Ein-
wand noch anders entkräften, wie später gezeigt wird.
Von Einfluß ist ferner die Dispersität des verwendeten kolloiden
Metalles. Mit zunehmender Dispersität steigt die sensibilisierende
Keimwirkung und es kann, ohne daß Schleier zu befürchten sind,
der Keimzusatz erhöht werden. So ließ sich mit Vorteil eine Lö-
sung kolloiden Goldes, die nach der Zsigmondyschen Vorschrift
durch Reduktion mit ätherischer Phosphorlösung (11) hergestellt war,
verwenden. Der Goldgehalt der nach der Phosphormethode her-
gestellten Goldlösung ist sehr gering und ist nur etwa halb so groß,
wie der der vom Verfasser anfänglich benutzten; gleichfalls ist ihre
Teilchengröße gegenüber der blaurot gefärbten mit Hydrazinhydrat
dargestellten Goldlösung bedeutend kleiner. Auch hat die Phosphor-
goldlösung den Vorteil, praktisch frei von Hydroxylionen zu sein,
da die zu ihrer Herstellung dienende äußerst kleine Menge Kalium-
karbonats zur Neutralisation der Goldchlorwasserstoffsäure ver-
braucht wird.
Wurden nun in Parallelversuchen Emulsionen mit soviel hoch-
disperser Phosphorgoldlösung versetzt, daß die Menge des ver-
brauchten Goldes etwa gleich 0,06 mg auf 130 ccm Emulsion war,
so zeigte sich zunächst keine Wirkung. Verdreifachte man die
Menge des Zusatzes, so stieg die Empfindlichkeit der goldhaltigen
gegenüber der goldfreien Emulsion von 56 auf 68° E.H. (Ammoniak-
emulsion schwach gereift), was einer Zunahme der Lichtempfindlich-
keit um den dreifachen Betrag entspricht. Man konnte sogar bei
weiteren Versuchen, ohne merklichen Schleier zu erzeugen, die
Goldmenge noch weiter erhöhen, so daß auf 130 ccm Emulsion
0,36 mg Au kommen und steigerte dadurch die Lichtempfindlich-
keit um das 4,4fache. Goldfreie Emulsion gleich 54° E.H., gold-
haltige 70° E. H.
Ähnlich wie Gold verhalten sich andere Metalle in kolloider
“ Lösung; es wurden noch die Wirkungen von Silber- und Platin-
solen untersucht; sie zeigen gleichfalls Empfindlichkeitszunahmen in
Zur Kenntnis der Reifung photographischer Sulberhaloidemulsionen. 255
den angegebenen Grenzen, erreichen jedoch die des hochdispersen
Goldsoles nicht.
Legt man sich nun die Frage nach der Wirkungsweise der
Metallsole vor, so ist zunächst auf frühere Arbeiten hinzuweisen;
einmal sei an die schon im Jahre 1906 von Weisz (12) vor-
genommenen Versuche erinnert, die unabhängig davon in ähnlicher
Weise Thomae (13) im Zsigmondyschen Institut ausgeführt hat.
Dieser brachte ein im Dunkeln hergestelltes dyalisiertes Bromsilbersol
(nach Lottermoser (14)) und eine hochdisperse kolloide Goldlösung
durch Bromkaliumlösung zum Ausflocken und zeigte, daß sich ein
in derselben Weise ausgeflocktes goldfreies Bromsilber durch Ent-
wicklerzusatz sehr viel später schwärzt als das goldhaltige.
Des weiteren hat auch bereits Lüppo-Cramer Chlor- und
Bromsilber mit kolloidem Gold versetzt, „angefärbt“ (rel Er tat
dies gelegentlich seiner Versuche zur Stützung seiner Auffassung
über die Photohaloide als Adsorptionsverbindungen und zeigt, daß
nach gemeinsamem Ausflocken eines Bromsilber- und eines Goldsoles
letzteres, soweit es vom Silberhaloid gebunden ist, nicht mehr durch
verdünntes Königswasser gelöst wird. Diese graublauen Niederschläge
zeigen das typische Verhalten der Photohaloidde.e Man kann zu
diesen auch so gelangen, daß man, wie es in den oben geschilderten
Versuchen geschah, das Goldsol einer wäßrigen Bromammonlösung
zufügt und auf dieses Gemisch Silbernitrat einwirken läßt; das sich
ausscheidende Bromsilber adsorbiert auch jetzt das Gold und die
Verbindung zeigt die Reaktion der Photohaloide. Der Grad der Ver-
dünnung ist dabei ohne Belang und es ergibt sich zwangläufig, daß
bei den beschriebenen Emulsionen die Keimeinlagerung in das
Bromsilberkorn (auch bei artfremden Metallen) mit dem Wesen
des adsorbierten Silbers bei den Photohaloiden identisch ist.
Von jeher ist der zweite Teil des Reifungsprozesses derjenige
gewesen, an den man die meisten spekulativen Betrachtungen
knüpfte, da äußerlich wahrnehmbare Veränderungen am Bromsilber —
wie beispielsweise die Kornvergrößerung im ersten Teil — fehlten.
Es vermögen nun zwar die kurz wiedergegebenen unschwer reprodu-
zierbaren Versuche die Vorgänge beim Reifen nicht restlos zu klären,
aber sie haben die Richtigkeit der Keimtheorie neu zu bestätigen
vermocht. Andererseits haben sie jedoch auch dargetan, daß es
mit der Bildung bzw. dem Hinzufügen der Keime allein nicht getan
ist. Sonst hätte die Empfindlichkeitszunahme von ungereiften oder
schwach gereiften Emulsionen bedeutender sein müssen. Wenn nun
256 Jenisch. Zur Kenntnis der Reifung photographischer Sülberhaloidemulsionen.
auch das Zurückbleiben der Empfindlichkeitszunahme hinter den
anfänglichen Erwartungen teils darauf zurückgeführt werden muß,
daß es nicht gelingt, das Gold oder andere Metalle in derart hoher
Dispersität herzustellen, wie es für die räumlich günstigste Ein-
lagerung notwendig wäre, so ist es doch andererseits als sicher an-
zusehen, daß jede Emulsion der Praxis erst ein Reifungsstadium zu
durchlaufen hat, das Vergrößerung des Kornes und damit gleich-
zeitig innere Umlagerungen zeitigt. Über das Wesen dieses inneren
Vorganges ist bis heute wenig bekannt.
Soviel steht jedoch fest, daß ein Teil der Empfindlichkeits-
zunahme auf Keime zurückzuführen ist, die sich im letzten Teil des
Reifungsprozesses in unkontrollierbarer Weise bilden. Die Keim-
wirkung ist keineswegs an Silber gebunden und der Verfasser glaubt
mit der Verallgemeinerung nicht zu weit zu gehen, wenn er die
Ansicht vertritt, daß jeder Silber- oder artfremde Keim entsprechender
Größenordnung die geschilderten Wirkungen auslöst, gerade so wie
etwa beliebige, als Kondensationskerne dienende Staubteilchen aller
Art die Verdichtung des Nebels zu Regen bewirken können.
Aus dem wissenschaftlichen Laboratorium der E. de Haen A.-G.
Literatur.
I1) Zeitschr. f. wiss. Phot, 23. 84 und 111. 1924.
2) Photograph. Industrie 1925, S. 111.
3) Zeitschr. f. wiss. Phot. 23. 201. 1924.
4) Kinotechnik 1925, S. 515.
5) Siehe auch bereits Photogr. Mitteilungen 46. 328. 1909.
6) Verlag Th. Steinkopff Dresden und Leipzig (1921).
7) Separatabdruck aus den Abhandlungen der Naturhistorischen Gesellschaft
Nürnberg 15. 26. 1904.
8) Kolloides Silber- und Photohaloid, Verlag Th. Steinkopff.
9) Kolloidchemie und Photograpbie S. 26.
10) Etwa noch aus dem Hydrazinhydrat vorhandene freie OH-Ionen, die be-
kannterweise empfindlichkeitserhöhend wirken, hätten gegenüber der großen Menge
Ammoniak nicht ins Gewicht fallen können.
11) Kolloidforschung in Einzeldarstellungen Band 1, Zsigmondy-Thiesseh:
„das kolloide Gold“, Leipzig akadem. Verlagsges. Kap, 6, S. 48.
12) Weisz, Zeitschr. f. phys. Chem. 54. 305. 1906.
13) Kolloidchemie, R. Zsigmondy, 3. Auflage, S. 298.
14) Journ. f. prakt. Chem, 72. 39. 1905 und 73. 374. 1906.
15) Kolloidchemie und Photographie S. 36.
Bücherbesprechung. 257
Bücherbesprechung.
(Ref.: K. Schaum.)
Walther A. Roth und Karl Scheel, Konstanten der Atom-
physik. Herausgegeben unter besonderer Mitwirkung von E, Re-
gener. 114 S. Leipzig 1923, J. Springer. M. 8.—.
Das Werk stellt einen Sonderdruck aus der 5. Auflage der Landolt-Börn-
steinschen Physikalisch-chemischen Tabellen dar; es umfaßt alle die Kon-
stanten, welche für die moderne Atomforschung von besonderer Wichtigkeit sind,
z. B. die Atomgewichte der Reinelemente und der Isotopengemische; die radioaktiven
Konstanten der einzelnen Familien; die Geschwindigkeiten, Weglängen und Dimen-
sionen der Gasmolekeln; die bisher gefundenen zuverlässigsten Werte für die Avo-
gadro-Loschmidtsche Zahl, für das elektrische Elementarquantum, für die spe-
ziische Ladung des Elektrons, für das Plancksche Wirkungselement, für die Strah-
lungskonstanten u. a.; ferner ausführliche Tabellen über die Wellenlängen des gesamten
Spektrums, vorwiegend in Serienanordnung; eingehende Zusammenstellungen der wich-
ügsten Daten über Kristallstruktur und vieles andere. Weite Kreise von Physikern
und Chemikern, die nicht in der Lage sind, das umfangreiche Gesamtwerk sich an-
zuschaffen, werden dem Verlag und den Herausgebern aufrichtigen Dank dafür wissen,
daß sie ihnen die Erwerbung wenigstens eines wichtigen Teils der wertvollen Tabellen
ermöglichen.
H. Kayser, Tabelle der Hauptlinien der Linienspektra aller
Elemente nach Wellenlängen geordnet. 198S. Berlin 1926,
J. Springer. M. 24.—.
Der Verf. bat sich der sehr mühseligen, außerordentlich dankenswerten Aufgabe
unterzogen, die im 6. Band seines monumentalen Handbuchs der Spektroskopie
enthaltenen Wellenlängen-Tabelle einer gründlichen Neubearbeitung und Erweiterung
zu unterziehen. In den verflossenen 13 Jahren hat die spektroskopische Forschung
durch die Bohrschen Vorstellungen und ihre Folgerungen bezüglich der Erregung
und der Mannigfaltigkeit der Spektren ganz ungemeine Förderung in theoretischer
Hinsicht erfahren. Aber auch die zunächst mehr formale Seite der Spektroskopie hat
durch die Einführung der Internationalen Normalen, durch Erhöhung der Meßgenauig-
keit, durch Erschließung neuer, wichtiger Spektralgebiete, durch die Schaffung quanti-
tativer Methoden zur Ermittelung der Intensität von Spektrallinien u. a. ganz wesent-
liche Fortschritte gemacht, deren Rückwirkung auf die Theorie der Spektroskopie
bereits glänzende Ergebnisse erzielt hat und noch wichtigste Erkenntnisse erwarten
läßt. Alle diese Umstände und Errungenschaften sind von dem Altmeister der spektro-
skopischen Forschung mit größter Sorgsamkeit bei der Neubearbeitung seines Tabellen-
werkes berücksichtigt und verwertet worden. Die Forscher der Gegenwart werden
mit größter Dankbarkeit das wertvolle Buch entgegennehmen, die Forscher der Zu-
kunft mit tiefer Ehrfurcht das breite und feste Fundament bewundern, das der Verf.
durch seine und seiner Mitarbeiter sorgsame experimentelle Studien und durch seine
scharfsinnige kritische Tätigkeit für den Auf- und Ausbau eines der allerwichtigsten
Gebäude menschlicher Naturerkenntnis geschaffen hat.
H. Kayser, Tabelle der Schwingungszahlen der auf das Va-
kuum reduzierten Wellenlängen zwischen A 2000 A und
Å 10000 A. 106 S. Leipzig 1925, S. Hirzel. M. 13.—.
Bekanntlich treten die Gesetzmäßigkeiten in Emissions- und Absorptionsspektren
Dr dann oder wenigstens weit deutlicher hervor, wenn man an Stelle der Wellen-
lingen die Schwingungszahlen oder die „Wellenzahlen“ (Zahl der Wellen pro Längen-
einheit) einführt. Um den zahlreichen, mit spektroskopischen Arbeiten beschäftigten
Forschern die Umrechnungen zu ersparen, hat der Verf. die reziproken Werte der
aufs Vakuum reduzierten Wellenlängen, somit also die Wellenzahlen, des im Titel
258 Biücherbesprechung.
eem
genannten Spektralgebietes berechnet und in der vorliegenden Tabelle in übersicht-
licher und für Interpolation leicht verwendbarer Form zusammengestellt. Das Werk
wird allen Spektroskopikern so unentbehrlich werden, wie dem exakten Naturwissen-
schafter die Logarithmentafelu.
E. T. Whittaker, Einführung in die Theorie der optischen
Instrumente. 2. Aufl. Übertragen von Alfred Hay. 104 S.
Leipzig 1926, J. A. Barth. M. 6.—.
Von den grundlegenden Elementen der Optik ausgehend, führt der Verf. in die
Lehre von den sogen. Fehlern optischer Systeme und von der Wirkungsweise
optischer Instrumente ein. Die Darstellung wendet sich in erster Linie an Physiker,
Chemiker und Astronomen, die nicht immer in der Lage sind, tiefgreifende und um-
fangreiche Werke, wie Czapski-Eppensteins Theorie der optischen Instrumente,
durchzuarbeiten. Neben den bekannten, z. T. stärker spezialisierten Monographien
von Gleichen, Harting, v. Rohr, Scheffer u. a. wird die vorliegende Schrift
ihrer streng mathematischen Fassung wegen Forschern und Studierenden willkommen
sein. Der Übersetzer hat das Buch durch wertvolle Hinweise auf wichtigere neuere
Bücher und Abhandlungen ergänzt,
Carl Leiss, Die modernen optischen Instrumente des Kri-
stallographen und Petrographen. or S. Jena 1925, Gustav
Fischer. M. 3.60.
Auf 35jährige praktische Erfahrung gestützt, erläutert der Verf. in der vor-
liegenden, auch für Physiker und Chemiker sehr brauchbaren Schrift den Bau sowie
die Prüfungs- und Justiermethoden der besonders für kristallographische und petro-
graphische Untersuchungen wichtigen Instrumente. Den Lesern unserer Zeitschrift
werden in erster Linie die Abschnitte über Mikroskope und über Monochromatore
von Wert sein,
J. Formänek und J. Knop, Untersuchung und Nachweis or-
ganischer Farbstoffe auf spektroskopischem Wege, II. Teil,
3. Lieferung. 2.Aufl. 574S. mit 12 Tafeln. Berlin 1926, J. Springer.
Wenn auch das Bestreben der Phetochemiker mit Recht darauf gerichtet ist,
die Spektroskopie der Farbstoffe quantitativ zu durchdringen, also ihre Untersuchung
durch Ermittelung der spektralen Extinktionskurven, ihren Nachweis durch Fest-
lerung ihrer typischen Farbkurven zu bewirken, so kann doch vorläufig noch keines-
weus auf die mehr qualitativen Verfahren verzichtet werden; denn die quantitativen
Meßmethoden erfordern, besonders wenn sie auf das ultraviolette Gebiet ausgedehnt
werden sollen, recht kostspielige Vorrichtungen, oder sie stellen wenigstens ziemlich
starke Ansprüche an das experimentelle Geschick und die Geduld des Beobachters;
schnelle Orientierungen über das spektrale Verhalten von Farbstoffen, über ihre Eig-
nung zu Filterzwecken u.a. sowie rasche Identifizierung eines vorliegenden Farb-
stoffes werden daher nach wie vor am besten auf Grund des von Formänek durch-
gearbeiteten zweckmäßigen Verfahrens ausgeführt. Die neue, vollständig umgearbeitete
und vermehrte Auflage des ausgezeichneten Werkes bringt neben den die spektralen
Eigenschaften der gelben Farbstoffe charakterisierenden Tabellen und Tafeln ein-
ee Beschreibungen zahlreicher spektroskopischer Apparate, Hilfsmittel und Ver-
fahren.
R. Hugershoff und Otto Israel, Kartographische Aufnahmen
und geographische Ortsbestimmungen auf Reisen. I Die
topographischen Aufnahmen. (Sammlung Göschen, Bd. 607.) 2. Aufl.
152S. 1925.
Die Verf. beschreiben die Instrumente und Methoden für Winkel-, Strecken-
und Höhenmessungen; die Verfahren zur Aufnahme des Reisewegs; die Triangulation;
Bücherbesprechung. 259
—
die Geläindeaufnahme (hierbei das photogrammatische Verfahren); die Zeitbestimmung;
die Auswertung der Beobachtungen. Ein H. Teil soll die geographischen Orts-
bestimmungen behandeln.
Robert Lang, Experimentalphysik IV. Lehre vom Licht. (Samm-
lung Göschen Bd. 614.) rros. 1925.
Eine für Studierende, besonders zum Wiederholen geeignete kurze Zusammen-
stellung der geometrisch- und physikalisch -optischen Grundlehren. Die neueren
Forschungsergebnisse sind, wenigstens durch kurze Hinweise, berücksichtigt.
H Remy, Chemisches Wörterbuch. (Teubners Fachwörterbücher
Nr. 10/11.) 416 S. 1924.
Der Verf. hat sich mit bestem Erfolg bemüht, über die chemischen Grund-
beeriffe, über Natur und Bedeutung der einigermaßen wichtigen Stoffe, über die ge-
bräuchlichsten Apparate, Arbeitsverfahren und Untersuchungsmethoden usw. durch
moglichst kurze, dabei leicht verständliche Artikel Auskunft zu geben. Die Kenntnis
der chemischen Formelsprache und der Nomenklatur mußte dabei naturgemäß voraus-
gesetzt werden.
Contributions from the Princeton University Observatory
Photometric Researches; No. 6 by Raymond Smith Dugan; No. 7
by Richard John Mc Diarmid. Princeton 1914.
Photometrische Studien an 10 veränderlichen Sternen,
Josef Maria Eder, Ausführliches Handbuch der Photographie
Bd. IV, Teil 2. 4. Aufl. 6oo S. Halle 1926, W. Knapp. M. 29.50,
Die gänzlich umgearbeitete Auflage behandelt das Pigmentverfahren, den Öl-,
#®romöl- und Gummidruck, die Lichtpaus-, die Einstaubverfahren mit Chromaten, die
#inatypie, das Kodachromverfahren, die Hydrotypie, die Kopierverfahren mit farben-
bildenden Stoffen u.a. Es würde zu weit führen, wollte man auch nur die wich-
ügsten Abschnitte der reichhaltigen und mit größter Sorgsamkeit bearbeiteten Zu-
Sammenstellung anführen, die für den Praktiker ein unentbehrlicher Wegweiser, für
den Photochemiker eine Fundgrube interessanter Probleme darstellt.
Friedrich Wentzel, Die photographisch-chemische Industrie.
(Steinkopffs Technische Fortschrittsberichte. Herausgegeben von B. Ras-
sow; Bd. X.) 3638. 1926. M. 20.—.
Verlag und Herausgeber haben sich die dankenswerte Aufgabe gestellt, tüchtige
Fachmānner zur Bearbeitung von Fortschrittsberichten über chemisch-technische Ge-
Liete zu gewinnen, welche vor allem diejenigen Fachgenossen über die neueren Er-
Tungenschaften orientieren sollen, denen die einschlägige Literatur nur schwer zu-
fänglich ist. Der Verf. des vorliegenden Bandes hat, gestützt auf eigene reiche Er-
ahrung, die seit 1913 erzielten Fortschritte auf dem Gebiet der Fabrikation und
Prüfung der photographischen Platten, Filme und Papiere, sowie der Verarbeitung der
lchtempfindlichen Materialien systematisch und kritisch zusammengestellt. Es wäre
sehr zu begrüßen, wenn der Verf. das erste Kapitel seines schönen Buches durch
einen Atlas der Platteneigenschaften ergänzen wollte, in welchem für möglichst zahl-
reiche Plattensorten die nach einheitlichen Methoden ermittelten photometrischen und
spektralen Eigenschaften, etwa in Form von Schwärzungs- und spektralen Empfindlich-
keitskurven, zusammengestellt wären.
Heinrich Kühn, Zur photographischen Technik. (Enzykl. d.
Phot. Heft 109.) 147S. Halle 1926, W. Knapp. M. 6.30.
Der Verf. bringt unter Berücksichtigung der neueren Fortschritte interessante
Ausführungen über photographische Technik, über weichzeichnende Objektive, über
260 Bücherbesprechung.
Tonwiedergabe und über das Schlichtersche Photometer. Der Ref. befürchtet,
daß der wünschenswerten Verbreitung des Buches sein hoher Preis im Wege stehen
wird, der angesichts des Umstandes, daß es sich offenbar vorwiegend um Wieder-
gaben aus der ‚„‚Photogr. Rundschau“ handelt, vielleicht niedriger hätte gehalten
werden können.
J. Rheden, Die Hilfsmittel zur Bestimmung der Belichtungs-
dauer. (Enzykl. d. Phot. Heft 107.) 104 S. Halle 1926, W. Knapp.
M. 4.50. d
Seit fast einem Vierteljahrhundert hat der Verf. sich mit den Methoden und
Hilfsmitteln zur Ermittelung der richtigen Belichtungszeit beschäftigt; seine reiche Er-
fahrung findet in den Darlegungen über die optischen, die chemischen und die opt:sch-
chemischen Belichtungsmesser, über Beliehtungstabellen u. a. einen für alle Photo-
graphierenden höchst wertvollen Ausdruek.
Eduard Kuchinka, Die Photoplastik. (Enzyl. d. Phot. Heft 108.)
73S. Halle 1926, W. Knapp. M. 3.80.
Zusammenstellung der auf „dreidimensionalem Gebiet“, d. h. zur Erzielung von
Plastiken, Reliefs oder plastischen Effekten auf i i Wege erreichten
Fortschritte.
Erich Stenger, Daguerres Dioramain Berlin. 765S. Berlin 1925,
Union. M. 2.80.
Das Diorama, gewissermaßen ein Vorläufer des Lichtspielhauses, war eine Er-
findung Daguerres, dem die Einkünfte aus dem Diorama die Mittel für seine Licht-
bildversuche lieferten.
Paul Hanneke und Aug. Arnold, Photographischer Notiz-
kalender für das Jahr 1926. 200 S. Halle 1926, W. Knapp.
M. 3.20.
Der von Miethe und Stolze begründete Kalender hat sich zu einem recht
stattlichen Taschenbuch entwickelt, das außer bestbewährten älteren Vorschriften
auch die wichtigsten neuen Verfahren und Arbeitsweisen berücksichtigt.
The British Journal Photographic Almanach 1926. (Diamond
Jubilee.)
Japan Photographic Annual 1925—1026.
Für die Redaktion verantwortlich A Prof, K. Sc haum in Gießen.
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A Werner Leszynski, Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. >
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EN Lüppo-Cramer, Zur Kenntnis des Reifungsprozesses. (Sechste Mitteilung) `
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y : $ "F Plotnikow, Ein Beitrag zur Frage über die Lichtverteilung bei zwei ab-
sorbierenden Medien "opd über die Intensitätsauffassung in der Photochemie
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Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an
Professor Dr. K., Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14.
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie d
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und Sech
Berichterstattung möglich ist. |
Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere — > E
Bedingungen, welche vom gt, bekanntgegeben werden, e z
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UNIVERSAL KINE |
ZUR MIKRO-
KINEMATOGRAPHIE
Er ist eingerichtet für rasche Auswechslung
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aufnahmen
Herstellung der Positivfilme
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Zeitidırift für willenichaftlidie Photographie,
Photophylik und Photodiemie
XXIV. Band. 1926. Heft 8.
Studien über die Sensibilisation photographischer Platten.
Von
Werner Leszynski.
Mit ı Figur,
Einleitung.
H W. Vogel fand im Jahre 1873(1), daß photographische
Trockenplatten eine Steigerung ihrer Empfindlichkeit für grünes
und rotes Licht erfahren, wenn sie gewisse Farbstoffe enthalten;
diese Substanzen wurden optische (2) Sensibilisatoren genannt. Seitdem
sind von anderen Forschern (3), insbesondere von Eder und König
weitere Substanzen aufgefunden worden, die jene Eigenschaften be-
sitzen. Umfangreiches Material über die Chemie dieser Sensibili-
satoren und ihrer Silbersalze verdanken wir Kieser. (4)
Während zahlreiche ältere Versuche etwas über das Wesen der
Sensibilisation zu erfahren, heute nur noch von historischem Interesse
sein dürften, sind die Feststellungen von Eder von wesentlicher
Bedeutung. Eder fand im Jahre 1884 (5)
I. Vorbedingung für die sensibilisierende Wirkung ist, daß das
AgBr-Korn selbst und nicht nur die Gelatine angefärbt wird.
2. Das Absorptionsspektrum des Farbstoffs steht mit dem
Spektralgebiet in Zusammenhang, für das die Empfindlichkeits-
steigerung gilt; die beiden Spektren decken sich nicht völlig, die
langwellige Grenze der Sensibilisationsbanden ist etwas ins Gebiet
der längeren Wellen verschoben.
Als nächstliegende und mit dem Standpunkt unserer gegen-
wärtigen Anschauungen über die Lichtvorgänge verträglichen An-
nahmen über den Mechanismus des Sensibilisationsprozesses wurden
bisher die folgenden erörtert:
1. Der eigentlich lichtempfindliche Komplex ist eine Farbstoff-
Silberverbindung, die von der Strahlung zersetzt wird. (4)
2. Der Farbstoff absorbiert die Lichtenergie und sendet ein
Elektron aus, das auf AgBr einwirkt. (6)
Zeitschr. f. wiss, Phot, 24. 19
262 Leszynskt.
3. Der an das AgBr adsorbierte Farbstoff absorbiert die Licht-
energie und gibt sie an das AgBr weiter, d.h. es handelt sich nach
der bei Gasreaktionen üblichen Bezeichnungsweise um eine Sensibili-
sation durch Stöße zweiter Art.(7)
Für keine der genannten Hypothesen ist bisher ein experimen-
teller Beweis gelungen. (8)
Durch die Arbeiten von Eggert und Noddack (9), insbesondere
durch die Möglichkeit, die Masse des primär ausgeschiedenen Silbers
zu bestimmen, öffnen sich neue Wege quantitativer Messung. Es
erschien von Interesse, mit diesen Hilfsmitteln die Erscheinung der
optischen Sensibilisation photographischer Trockenplatten durch
organische Farbstoffe unter energetischen und molekulartheoretischen
Gesichtspunkten erneut zu untersuchen. Dies ist das Ziel der vor-
liegenden Arbeit.
Experimenteller Teil.
Problemstellung.
L Es sollte die photographische Empfindlichkeit sensibilisierter
und unsensibilisierter Platten für blaues und grünes Licht in ab-
solutem Maß gemessen werden.
2. Es sollte an Platten, die für Grün sensibilisiert waren, die
Masse des primär durch grünes Licht ausgeschiedenen Silbers be-
stimmt werden. Unter Benutzung der von Eggert und Noddack
erhaltenen Werte für die Menge des primär ausgeschiedenen Silbers
bei Blaubelichtung unsensibilisierter Platten sollten für Blau und
Grün die Werte der photographischen Empfindlichkeitsbestimmung
mit den Werten der Silberbestimmung in Beziehung gesetzt werden.
3. Es sollte untersucht werden, in welchem Verhältnis die
Menge des Sensibilisators zur Menge des ausgeschiedenen Ag steht.
I. Messung der photographischen Empfindlichkeit
in absolutem Maß.
Unter photographischer Empfindlichkeit wird die Abhängigkeit
der durch Entwicklung erreichbaren Schwärzung von der auf-
gewandten Lichtenergie verstanden werden. (10)
Plattenmaterial. Für diese Versuche wurden Platten einer
reinen AgBr-Emulsion (ohne Cl- oder J-Zusatz gegossen, sowie
Platten derselben Emulsion, die mit Erythrosin für grünes Licht
bzw. mit Pinachromviolett für rotes Licht sensibilisiert waren.
Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. 263
Lichtquellen. Für die Belichtungen mit rotem und grünem
Licht wurde eine gasgefüllte Metallfadenlampe (2000 K) verwandt.
Das Ultrarot wurde durch Eisenammoniumsulfatlösung absorbiert,
und das Licht durch Farbstoff-Gelatine-Filter einfarbig gemacht.
Man erhält durch die verwandten Filter etwa 50 mu breite Bänder.
Der Schwerpunkt des durchgelassenen Lichtbandes wurde spektro-
graphisch festgestellt. Er liegt für das Grünfilter bei 550, für das
Rotfilter bei 615 mu.
Da die unsensibilisierten Platten, wie sich weiter unten ergibt,
für blaues Licht etwa (oi mal empfindlicher sind als für grünes
Licht, mußte gezeigt werden, daß das grüne Licht kein blaues
enthält. Dies geschah auf folgende Weise: Hinter das Grünfilter
wurde ein Blaufilter eingeschaltet, es blieb also nur das durch das
Grünfilter hindurchgelassene blaue Licht übrig. Dabei zeigte es
sich, daß das durchgelassene Licht mehr als 99°/, seiner photo-
graphischen Wirksamkeit auf unsensibilisierte Platten verloren hatte.
Aus der angegebenen relativen Empfindlichkeit der unsensibilisierten
Platten für blaues und für grünes Licht ergibt sich, daß das blaue
Licht, das durch das Grünfilter hindurchgelassen wird, bestimmt
weniger als 107% des grünen beträgt. Das rote Licht wurde in der-
selben Weise auf Abwesenheit von grünem und blauem Licht geprüft.
Als Lichtquelle für blaues Licht diente eine Hg-Lampe
(à = 436 mu). Als Lichtfilter dienten hier eine Eisenammoniumsulfat-
lösung und eine ammoniakalische Kupfersulfatlösung.
Belichtung. Als Belichtungsapparat diente ein langgestreckter
Kasten (20 cmx20 cm X 40 cm), dessen Vorderseite aus einer Matt-
scheibe bestand. In den Kasten, an dessen entgegengesetzter Seite
sich die Kassette mit der zu belichtenden Platte befand, konnte nur
durch die Mattscheibe Licht gelangen. Die Kassette konnte entfernt
werden und an ihrer Stelle die Thermosäule zur Messung der
Energie aufgestellt werden.
Die Mattscheibe, deren Größe 64 qcm betrug, wurde für die
Belichtungen durch Bekleben mit Blenden verkleinert. Diese Blenden
bestanden aus siebartig durchlochtem schwarzen Papier. Die Öff-
nungen waren durch je 4 Rasierklingen scharf begrenzt und wurden
im Okularmikrometer ausgemessen. Sie waren von der Größen-
Ordnung 0,5 qmm. Dadurch, daß die Öffnungen zur experimentellen
Mittelbildung gleichmäßig auf die Oberfläche der Mattscheibe ver-
teilt waren, war es leicht durchführbar, aus den Energiemessungen,
die bei unbeklebter Mattscheibe ausgeführt waren, die Energie bei
(Ech
264 Leszynskt.
den Belichtungen (bei aufgeklebter Blende) zu berechnen. Für die
Aufnahmen wurden 9 x ı2-Platten der oben gekennzeichneten
Emulsionen benutzt. Durch stufenweises Öffnen der Kassette wurden
auf jeder Platte ro Belichtungen mit verschiedener Expositionszeit
gemacht. Die Belichtungszeit wurde im allgemeinen nicht unter 2
und nicht über 120 Sekunden gewählt.
Energiemessung. ZurEnergiemessung wurde eine Rubenssche
Thermosäule und ein Diesselhorst-Galvanometer benutzt. Die Eichung
mit einer Hefner-Kerze geschah nach der Methode von Gerlach.
Es wurde stets an der Stelle der Belichtung die Energie vor und
nach dem Versuch gemessen. Die Energien betrugen für die Be-
lichtungen mit blauem, grünem und rotem Licht im Mittel bzw.
1,0, 4,5 und 2,5 HK.
Entwicklung und Dichtemessung. Die Platten wurden
10 Minuten in Rodinal (Verdünnung 1:20) bei 18 Grad entwickelt.
Die Dichtemessung geschah im König-Martensschen Polarisations-
apparat.
Genauigkeit. Die Schwankungen der Messungen betrugen
+ 15°/,. Da die Genauigkeit der Energiebestimmung zu + 5°/,, dieder
Dichtebemessung zu + 3°/, anzusetzen ist, dürfte der hohe Wert der
Schwankungen auf Unregelmäßigkeiten der Platten zurückzuführen
sein. (Die benutzten Platten waren nicht auf Spiegelglas gegossen.)
Ergebnisse. Die Ergebnisse werden durch Tabelle ı und 2
wiedergegeben. (11)
Hierin ist die Dichte in der üblichen Weise als D = log(),:/)
angegeben, die Energie durch die Zahl der pro Quadratzentimeter
aufgesandten (Juanten.
Tabelle ı enthält die Zahl der pro Quadratzentimeter auf-
gesandten Quanten bei Erreichung der photographischen Schwelle,
bei Erreichung der Dichte 0,5 und bei Erreichung der Dichte 1.
Tabelle ı.
Spektral- Zahl der pro Quadratzentimeter aufzusendenden Quanten bei Er-
bereich der reichung der photographischen Schwelle, der Dichte 0,5 und der
Belichtung Dichte ı
Mit Pinachromviolett
Unsensibilisierte Mit Erythrosin sensi-
Emulsion bilisierte Emulsion
d=05|d=ı [Schwenie] d = 0,5 | d=1 |Schwelle) d=0,5 | dest
sensibilisierte Emulsion
Am 436 mu |8-10° |6-101% | 2.1011 |8.10° 16.1019 |2,4-10!!l 8-10° |6-10!° |2,4-101!
À == 55omu te toif |2,5.1012| 6.1013 I1,5-10!!1,1-.1012]3.1018 — — —
à = 615 mu |1,5-.10156.1015 | 3s106 | — — — |4.:10” |3,5-1013]8. 10!
Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. 265
Tabelle 2 zeigt die nach den Schwellenwerten der Tabelle ı
berechnete relative Farbenempfindlichkeit der einzelnen Emulsionen,
wobei die Blauempfindlichkeit der unsensibilisierten Emulsion = I
gesetzt wurde. Es ergibt sich eine etwa 60fache Steigerung der
Grünempfindlichkeit durch Erythrosin und eine etwa 400fache Steige-
rung der Rotempfindlichkeit durch Pinachromviolett.
Tabelle 2.
Relative Empfindlichkeit (berechnet auf eingestrahlte Quanten)
Spektral-
bereich der | Unsensibilisierte Emul-| Mit Erythrosin sensi- | Mit Pinachromviolett
sion bilisierte Emulsion | sensibilisierte Emulsion
à = 436 my
À = 550 mu
Am 615 mu
2. Die Masse des primär ausgeschiedenen Silbers.
Die Abhängigkeit der Masse des primär ausgeschiedenen Silbers
von der Zahl der aufgesandten Quanten wurde für die Grünbelich-
tung der mit Erythrosin sensibilisierten Platten bestimmt.
Belichtung und Energiemessung geschah wie oben.
Zahl der pro cm? ausgeschiedenen Ag -Atome
oa a ð 8 a
N
©
1 2 3 4
Zahl der pro cm? aufgesandten Quanten
Fig. 1.
Die Silbermenge wurde nach der Methode von Eggert und
Noddack (9) bestimmt. Die Ergebnisse werden durch Tabelle 3
und Fig. 1. wiedergegeben.
266 Leszynskt.
Tabelle 3.
I II III IV
Reziproke Quanten-
Zahl der pro Zahl der pro ausbeute, 1/9, d.h.
Quadratzentimeter GEELEN ı Quadratzentimeter geg EE SES
Quadratzentimeter i saiaren: Quante
aufgesandten ausgeschiedenen pro ausgeschiedenes
Quanten titrierten Ag Ag-Atome Ag-Atom
36 + 101° 275. 10}? 130
48 275 17
54 440 120
72 275 270
90 550 160
96 550 170
108 715 150
114 825 140
114 550 210
138 1265 110
150 1155 130
162 825 200
174 990 180
180 975 185
180 1265 140
186 1210 150
210 1320 160
216 1395 155
234 1375 170
234 1100 210
270 1430 195
288 1375 210
360 1595 225
384 1705 225
384 1710 225
474 1540 310
492 1485 330
492 1650 300
Spalte ı gibt die Anzahl z der pro Quadratzentimeter auf-
gesandten Quanten. Die Berechnung aus der Zahl der energe-
tischen HK an der Belichtungsstelle geschieht nach der Formel
22,6. 10°9.4,189 - 10°. Of
hy
z = Zahl der aufgesandten Quanten,
/ = Zahl der energetischen HK,
€ = Belichtungsdauer in Sekunden.
Spalte II gibt die titrierte Ag-Menge in Gramm/Quadratzenti-
meter. Hieraus ergibt sich die Zahl der Silberatome (Spalte II)
= —£_6.1028
108 À
Spalte IV gibt die Zahl der aufgesandten Quanten pro aus-
geschiedenes Ag-Atom, das ist die reziproke Quantenausbeute.
Z =
Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. 267
Bei den Versuchen mit kurzer Belichtungszeit beträgt diese
Zahl im Mittel etwa 150.
3. Masse des Farbstoffs in sensibilisierten Platten.
Zur Bestimmung der Masse des Farbstoffs in sensibilisierten
Platten wurde eine kolorimetrische Methode ausgearbeitet, deren
Genauigkeit an Platten, die bekannte Farbstoffmengen enthielten,
kontrolliert werden konnte. Man läßt die Platten zuerst in 20°/,iger
Na,5,0O,-Lösung aufquellen, dann wird die Schicht abgekratzt und
zusammen mit der benutzten Lösung auf 33—35? erwärmt; nach-
dem sich die Gelatine gelöst hat, wird mit Lösungen von bekanntem
Farbstoffgehalt kolorimetrier. Bei unbelichteten, mit Erythrosin
sensibilisierten Platten läßt sich so die Erythrosinmenge mit einer
Fehlergrenze von + 10°/, bestimmen.
Bei intensiv belichteten Platten ist der Farbton der erhaltenen
Lösung etwas ins Gelbe verschoben. Es kann noch nicht mit Be-
stimmtheit gesagt werden, ob diese Verschiebung auf kolloides Ag
oder auf die Anwesenheit einer Verbindung zurückzuführen ist,
die durch Einwirkung von Brom auf Erythrosin entsteht. (Eine
Erythrosinlösung wird durch Zusatz von Bromwasser gelb) Es
scheint, als ob die Erythrosinmenge bei unbelichteten und belichteten
Platten die gleiche ist, und nur im letztgenannten Fall durch Zusatz
einer schwachgefärbten Substanz der Farbton geändert ist. Die
exakte Klärung dieser Frage wurde zunächst zurückgestellt; es
hätte nämlich auch eine einwandfrei nachgewiesene Gleichheit der
Erythrosinmengen in den aus belichteten und aus unbelichteten
Platten erhaltenen Lösungen keine Schlüsse erlaubt, da es möglich
ist, daß der Farbstoff durch Belichtung in eine Form übergeführt
wird, aus der er durch die oben geschilderte Behandlung wieder
zurückerhalten wird. Für die Deutung der Versuche wird daher
lediglich von der Gesamtmenge des Erythrosins in der benutzten
Emulsion Gebrauch gemacht werden. Die untersuchten Platten
enthielten 1,1. 10° g Erythrosin cm“.
Deutung der Versuche.
Es soll gezeigt werden, welche Schlüsse aus den drei experi-
mentellen Teilen
I. Messung der photographischen Empfindlichkeit;
2. Messung der Menge des primär ausgeschiedenen Ag;
3. Messung der Erythrosinmenge
auf das Wesen der Sensibilisation zu ziehen sind.
268 Leszynski.
I. Silbermenge und Erythrosinmenge.
Wie Tabelle 3 zeigt, steigt die Ag-Menge bis zu 3 - 10° gem’?
an, das sind 1,6 - 101° Ag-Atome.
Die Menge des Erythrosins betrug 1,1. 10 gem”.
Erythrosin hat das Molekulargewicht 882 (C,,H,O,N,J,), also
entspricht 1,1-10°°g etwa 7,5 - 101% Molekeln.
Die Zahl der durch Licht entstandenen und durch Titration
bestimmten Ag-Atome ist also 20mal so groß als die Zahl der
insgesamt vorhandenen Erythrosinmolekeln.
Da die Farbstoffmolekeln nicht quantitativ an den AgBr-Körnern
absorbiert sein werden, und da die in der Gelatine sitzenden
Molekeln unwirksam sind, wird das Verhältnis der Zahl der Ag-Atome
zur Zahl der wirksamen Farbstoffmolekeln sicher größer sein.
Es soll nun untersucht werden, was dieser Befund über die
Wahrscheinlichkeit der in der Einleitung aufgezählten drei Hypo-
thesen aussagt:
I. Bildung und Photolyse eines Farbstoff-Silbersalzes. Hier
wäre anzunehmen, daß nach der Photolyse der Farbstoff wieder
zurückgebildet wird und dann mit einem weiteren AgBr von neuem
dieselbe Farbstoff-Silberverbindung eingeht. Dieser Prozeß müßte
sich mindestens 20 mal, wahrscheinlich weit öfter wiederholen, ehe
mit der Farbstoffmolekel etwas anderes geschieht. Es kann wohl
gesagt werden, daß diese Vorstellung nicht allzu befriedigend ist.
2. Die lichtelektrische Hypothese. Auch die Annahme, daß
die Sensibilisation in dem Aussenden eines Elektrons durch den
Sensibilisator besteht, wird durch unseren Befund schwer vorstellbar.
Man müßte annehmen, daß eine Erythrosinmolekel nach jedem
einzelnen Elementarvorgang wieder ein Elektron aufnimmt. Auch
dieses ist nicht undenkbar, jedoch wohl wenig wahrscheinlich.
3. Sensibilisation durch Stöße zweiter Art. Die Anschauung,
daß der Farbstoff das absorbierte Lichtquant an die AgBr-Molekel
weitergibt, an die er absorbiert ist, läßt sich jetzt nur unter der
Annahme aufrecht erhalten, daß der Farbstoff nach Spaltung eines
AgBr von einem weiteren AgBr adsorbiert wird. Diese Annahme
erscheint nun durch die von Volmer(r1) und seinen Mitarbeitern
festgestellte Beweglichkeit der Molekeln in Adsorptionsschichten
berechtigt. Es erscheint also möglich, die Hypothese der Sensi-
bilisation durch Stöße zweiter Art ohne weitere Zusatzhypothese
aufrecht zu erhalten (vgl. S. 273).
Studien über die Sensibilisation photographischer Platten, 269
An dieser Stelle erscheint es notwendig eine weitere Hypothese
zu diskutieren, nämlich die Anschauung, daß der Farbstoff nur zur
Bildung des ersten Ag-Atoms notwendig ist, und daß dann der ent-
standene Ag-Keim weiter sensibilisierend wirkt, im Sinne der Keim-
körper von Fajans und Frankenburger(13) Es ist nicht möglich,
diese Vorstellung experimentell zu stützen: Eine mit blauem Licht
vorbelichtete AgBr-Platte zeigt keine derartige Steigerung der Grün-
empfindlichkeit, weder für die entwickelbare noch für die direkte
Schwärzung. Auch wird eine für grünes Licht sensibilisierte Platte
durch Grünbelichtung nicht rotempfindlich, und eine für rotes Licht
sensibilisierte Platte durch Rotbelichtung nicht grünempfindlich. Es
it wohl nicht anzunehmen, daß durch Belichtung mit einer be-
stimmten Farbe erhaltene Keime nur für diese Farbe sensibilisierend
wirken können.
Zusammenfassend kann an dieser Stelle wohl gesagt werden,
daß zunächst die Annahme einer Sensibilisation durch Stöße zweiter
Art als die wahrscheinlichste erscheint.
2. Photographische Empfindlichkeit und Silbermenge.
Aus Tabelle 3 ergibt sich, daß im Gebiet kürzerer Belichtungs-
zeiten auf etwa 150 aufgesandte Ouanten ein Ag-Atom frei wird.
Tabelle ı zeigt, daß zur Entwicklung der Dichte ı bei Grün-
belichtung 3 - 10!? Quanten auf die untersuchte Platte aufgesandt
werden müssen.
Nimmt man nun an, daß auch im photographischen Gebiet
(darunter soll das Gebiet von Belichtungszeiten verstanden werden,
die in der praktischen Photographie verwandt werden) auf 150
eingestrahlte Quanten ein Ag-Atom frei wird (14), so ergibt sich
für die Dichte ı eine primär entstandene Anzahl von
3 1012: 150 = 2 - 10!° Ag-Atome em",
Aus Tabelle ı ergibt sich ferner, daß zur Entwicklung der
Dichte ı bei Blaubelichtung auf dieselbe Emulsion 2,4 - 101! Quanten
aufgesandt werden müssen. Eggert und Noddack hatten bei
ihren Titrationen im Blau eine aktive Absorption von 20°/, ge-
funden. Das Verhältnis aufgesandte Quanten pro frei gewordene
Ag-Atome ist hier also = 5. Der Größenordnung nach wird dies
Verhältnis auch für die hier benutzte Emulsion zutreffend sein.
Das ergäbe bei Blaubelichtung für die Dichte ı eine primär ent-
standene Anzahl von
2,4-101!:5 = 4,8 - 101° Ag-Atome om",
270 Leszynskt.
Es zeigt sich also, daß für eine bestimmte Dichte die Menge
des primär ausgeschiedenen Silbers für Blau- und Grünbelichtung
zumindest der Größenordnung nach gleich ist.
Nun hat man sich im Sinne der neueren Vorstellungen (9), (13)
den Primärvorgang bei der Blaubelichtung einer unsensibilisierten
Platte folgendermaßen vorzustellen:
Ein Quant wird im AgBr-Gitter absorbiert. Als Folge dieses
Absorptionsprozesses geht ein Elektron von einem Br-Ion zu einem
Ag-Ion über, wodurch ein ungeladenes Ag als Keim entsteht. Man
kann nun durch den folgenden Versuch zeigen, daß diese ent-
standenen Keime teils auf der Kornoberfläche, teils im Korninnern
sitzen.
Bei der chemischen Entwicklung, d. h. bei der Entwicklung
vor dem Fixieren, kann der Entwickler nur zu den Keimen an der
Oberfläche des Korns gelangen. Daher sind diese allein für die
Entwicklung vor dem Fixieren maßgebend.
Unter Kornoberfläche sei die Grenzfläche zwischen Korn und
Gelatine verstanden. Sollte das Korn in irgendeiner Form Gelatine
enthalten, so wird die Grenzfläche der Kanäle mit zur Kornober-
fläche gerechnet.
Ein Oxydationsmittel, z.B. K,Cr,O,, in dessen Lösung die Platte
gebadet wird, kann nun bei kurzer Einwirkungsdauer nur zu diesen
Keimen an der Oberfläche gelangen. Es werden also bei kurzer
Einwirkungsdauer nur die Keime an der Oberfläche oxydiert und
damit unwirksam werden.
Entwickelt man dagegen nach dem Fixieren, so werden, da
das umhüllende AgBr weggelöst ist, auch die Keime im Innern
wirksam sein. Hat man also die Platte vorher in K,Cr,O, gebadet,
wodurch die Keime an der Oberfläche unwirksam geworden sind,
so wird man durch Entwicklung nach dem Fixieren doch noch
ein Bild hervorrufen können, wenn im Korninnern Keime vor-
handen sind.
Diese Überlegung konnte bekanntlich durch das Experiment
bestätigt werden (15) Eine Platte wird in K,Cr,O, so lange gebadet,
daß die Platte nach gründlichem Auswaschen gegen Entwicklung
vor dem Fixieren völlig unwirksam geworden ist. Diese Platte
zeigt bei Entwicklung nach dem Fixieren ein Bild, das gegen das
Bild einer nichtoxydierten Platte scheinbar ungeschwächt ist. Es
müssen also im Innern des Korns so viel Keime vorhanden sein,
daß bei der Entwicklung nach dem Fixieren, wobei die Gesamt-
- a em met vm mb Eër
Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. 271
menge der Keime wirksam ist, die Zahl der Keime an der Ober-
fäche nicht gegen die Gesamtzahl ins Gewicht fällt.
In der Tat konnte Noddack (16), der für diese Versuche FeCl,
als Oxydationsmittel benutzte, eine Abnahme der Silbermenge um
Uu bis Jee durch Titrationen feststellen. An der Oberfläche des
Korns sitzt also nur etwa !/,, bis "La der Gesamtmenge der ent-
standenen Keime.
Diese Schlußweise hat man bisher scheinbar nur auf unsensi-
bilisierte. Platten angewandt. Wenn nun eine blaubelichtete un-
sensibilisierte Platte und eine grünbelichtete für Grün sensibilisierte,
vor dem Fixieren entwickelt, dieselbe Dichte ergeben, muß man
annehmen, daß bei beiden Schichten an der Kornoberfläche, die für
die chemische Entwicklung allein maßgebend ist, gleichviel Keime
sitzen. Da nun aber gezeigt wurde, daß bei beiden Platten auch
die Gesamtmenge des primär ausgeschiedenen Silbers der Größen-
ordnung nach dieselbe ist, ergibt sich, daß auch bei grünbelichteten,
für Grün sensibilisierten Platten die Hauptmenge des Silbers im
Innern des Korns sitzt.
Erinnert man sich, daß der Farbstoff erst nach Bildung der
AgBr-Körner der Emulsion zugesetzt wird, so muß man andrer-
seits erwarten, daß die sensibilisierenden Moleküle sich an der Ober-
fläche der Körner befinden, und desgleichen die Keime.
Man hat also folgenden überraschenden Befund: Im Innern
des Korns entstehen Keime durch den Sensibilisator, der sich an
der Oberfläche des Korns befindet.
Dieses Resultat mußte sich nun auch durch rein photographische
Versuche zeigen lassen.
Zunächst wurde der oben für unsensibilisierte Platten geschilderte
Versuch an der für Grün sensibilisierten Emulsion wiederholt. Eine
grün belichtete Platte wurde in K,Cr,O, gebadet, bis sie vor dem
Fixieren nicht mehr entwickelbar war. Eine ebenso behandelte
Platte läßt sich nach dem Fixieren scheinbar ungeschwächt ent-
wickeln.
Einfacher noch ist folgender Versuch: Eine sensibilisierte Platte
wird zur Hälfte blau, zur Hälfte grün belichte. Vor dem Fixieren
entwickelt ergibt sich ein bestimmtes Verhältnis Blauschwärzung zu
Grünschwärzung. Eine ebenso belichtete Platte, nach dem Fixieren
entwickelt, zeigt dasselbe Verhältnis Blauschwärzung zu Grünschwär-
zung. (Bei diesem Versuch ist es notwendig, die Verschiedenheit
272 Leszynski.
der Schwärzungskurven bei Entwicklung vor und bei Entwicklung
nach dem Fixieren zu berücksichtigen.) |
Auch aus diesen Versuchen ergibt sich dasselbe Resultat: daß
bei blaubelichteten unsensibilisierten und bei grünbelichteten sensi-
bilisierten Platten das Verhältnis der Zahl der Keime an der Ober-
fläche zur Gesamtzahl der Keime dasselbe ist.
Diese Versuche wurden mit dem gleichen Erfolg an Platten
der reinen AgBr-Emulsion wiederholt, die nach dem Rezept von
Eder nachträglich durch Baden in Erythrosinlösung sensibilisiert
und unmittelbar nach dem Trocknen belichtet waren. Auch die
Tatsache, daß mehr Ag-Atome durch Belichtung in Freiheit gesetzt
werden, als die Zahl der gesamten Farbstoffmoleküle, konnte an
diesen Badeplatten reproduziert werden. Titrationen ergaben hier
ein Ansteigen der Masse des primär ausgeschiedenen Ag bis auf
2,6. 10g Ag pro cm?, und durch Kolorimetrieren wurde die Ge-
samtmenge des Erythrosins zu 2,2 - 108g Erythrosin pro cm? fest-
gestellt, d. h. auf eine Farbstoffmolekel kommen (o Ag-Atome.
Es soll versucht werden, den experimentellen Befund zu deuten,
daß der sensibilisierende Farbstoff, der die Energie absorbiert, an der
Oberfläche des Korns sitzt, daß aber die Mehrzahl der entstandenen
Keime sich im Innern des Korns befindet.
Wie bereits oben angeführt, entsteht ein Keim durch den Über-
gang eines Elektrons von einem Br-Ion zu einem Aelon Wir
können unseren Befund daher auch folgendermaßen formulieren:
Ein Ag-Ion im Innern des Korns hat von einem Br-Ion ein Elektron
erhalten, als Folge der Energieabsorption, die an der Oberfläche
des Korns vor sich gegangen ist.
Nun erhebt sich die Frage, ob das Elektron von einem Br.Ion
aus der Nachbarschaft des Ag im Innern oder aus der Nachbar-
schaft des Sensibilisators an der Oberfläche stammt. Wenn das
Elektron von einem Br-Ion im Innern stammt, müßte man an-
nehmen, daß die zur Ablösung nötige Energie vom Sensibilisator
zu diesem Br-Ion im Innern in irgendeiner Form weitergegeben
wurde. Da dieser Energietransport schwer vorstellbar ist, er-
scheint vielleicht die Annahme eines Elektronentransportes
wahrscheinlicher. Man muß sich vorstellen, daß der Sensibilisator
von einem Br-Ion an der Oberfläche des Korns ein Elektron ab-
trennt, und daß dieses Elektron nicht bei einem benachbarten
Ag-Ion bleiben muß, sondern zu einem Ag-Ion im Innern weiter-
gehen kann,
Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. 273
Die Tatsache, daß auf eine Sensibilisatormolekel 20 frei-
gewordene Ag-Atome kommen, ordnet sich in diese Anschauungs-
weise bei Annahme der Beweglichkeit von Adsorptionsschichten
gut ein.
Es wäre infolge der gefundenen Tiefenwirkung vielleicht mög-
lich gewesen, dieses Verhältnis zu deuten, ohne die von Volmer
entdeckte Beweglichkeit in den Adsorptionsschichten heranzuziehen.
Zusammenfassung.
I. Die Blau-, Grün- und Rotempfindlichkeit einer unsensibili-
sierten, einer für grünes Licht und einer für rotes Licht sensibilisierten
Emulsion wird in absolutem Maß ermittelt.
2. Die Masse des primär ausgeschiedenen Silbers einer mit
Erythrosin sensibilisierten grün belichteten Emulsion wird titriert
und mit der Zahl der aufgesandten Quanten in Beziehung gesetzt.
3. Aus diesen zwei Versuchen ergibt sich: Das primär aus-
geschiedene Silber besitzt bei Blau- und Grünbelichtung die gleiche
Verteilung zwischen der Oberfläche und dem Innern des Korns.
Dieser Befund kann durch von den angegebenen Versuchen
unabhängige, photographische Versuche bestätigt werden.
4. Aus den unter 2 angegebenen Versuchen folgt, daß die
Zahl der durch Grünbelichtung entstandenen, durch Titration be-
stimmten Ag-Atome um ein Vielfaches (bei Erythrosin mindestens
20 mal) größer ist, als die Zahl der insgesamt vorhandenen Farbstoff-
molekeln, die die Sensibilisation bewirken, und die von der Her-
stellung der Platten her bekannt sind.
5. Nach diesen Versuchen ergibt sich für die Sensibilisation
mit Erythrosin folgende Deutung:
Der Farbstoff ist an der Oberfläche des AgBr-Korns adsorbiert,
besorgt den primären Lichtabsorptionsvorgang, wodurch ‚bewirkt
wird, daß ein Elektron von einem Br-Ion zu einem Ag-Ion übergeht.
Zur Erklärung der Anwesenheit von Keimen im Innern des
Korns (Punkt 4) muß man annehmen, daß ein losgelöstes Elektron
imstande ist, bis zu einem räumlich entfernt liegenden Ag-Ion
weiterzugehen.
274 Leszynski. Studien über die Sensibilisation photographischer Platten.
Literatur.
1) Ursprünglich hatte Vogel die Farbstoffe zugesetzt, um die Lichthofbildung
zu vermeiden. Ber. d. Deutsch. Chem. Ges. VI,
2) Im Verlauf dieser Arbeit wird der Zusatz „optisch“ unterlassen werden, da
es sich hier stets um spektrale Sensibilisation, nicht aber um eine der zahlreichen
anderen Möglichkeiten handelt, photographische Schichten lichtempfindlicher zu
machen.
3) Vgl. Vogel-König, Photochemie 1906. 318.
4) Inaugural-Diss. Freiburg i. B. 1904.
5) Sitz.-Ber. d. Akad. Wien 90. 1907.
6) Sheppard u. Mees, Untersuchungen über die Theorie photogr. Pro-
zesse. Halle 1912. 301.
7) Eine gewisse Modifikation dieser Vorstellung geht bereits auf Vogel zurück,
welcher die Wirkung der Sensibilisatoren mit dem Phänomen der Fluoreszenz in
Zusammenhang brachte. Eder widerlegte diese Ansicht mit der Auffindung sensi-
bilisierender Farbstoffe, die nicht fluoreszieren. Später ist die Vogelsche Vorstellung
von Chr. Winther aufgegriffen worden, und durch eine Reihe analoger Reaktionen
gestützt worden. Luther und Röderer haben neuerdings, allerdings nur in einem
Falle, gezeigt, daß die Vogel-Winthersche Auffassung nicht haltbar ist. Gegen
die Vorstellung, daß die Sensibilisation durch Stöße zweiter Art verursacht wird,
bietet das Versagen der Fluoreszenzhypothese keinen Einwand, Vgl. die Diskussion
über den Vortrag von Eggert, Bunsengesellschaft 1926, Zeitschr. f. Elektro-
chemie 32. 499. 1926.
8) Allerdings machen Kiesers Ergebnisse (4) die Photolyse einer Farbstoff-
silberverbindung unwahrscheinlich. Er untersucht die Verschiebung der Sensibilisa-
tionsbanden gegen das Absorptionsspektrum des Farbstoffs. Er findet, daß die Banden
sich in einzelnen Fällen mit dem Spektrum des festen Farbstoffs decken, in einzelnen
Fällen mit dem Spektrum des Farbstofisilbersalzes. Da man bestrebt sein muß, eine
einheitliche Erklärung zu finden, liegt es nahe, zu schließen, daß die Sensibilisation
durch einfache Adsorption einmal der Farbstoffmolekel, einmal der primär gebildeten
Farbstoffsilbermolekel zustande kommt,
9) Zeitschr. f. Phys. 20. 299. 1923.
10) In diesem Sinne wurde die photographische Empfindlichkeit sehr genau von
Leimbach gemessen, der allerdings nicht Platten ein und derselben Emulsion un-
sensibilisiert und sensibilisiert untersucht hat. Zeitschr. f. wiss. Phot. VII. 157. 1907.
11) Aus der Tabelle lassen sich die aktiven Absorptionen berechnen, wie dies
in der Darstellung von Eggert geschehen ist. Bunsengesellschaft 1926. Zeitschr. f.
Elektrochemie 32. 499. 1926.
12) Volmer u. Estermann, Zeitschr. f. Phys. 7. 13. 1921; Volmer u.
Adhikari, Zeitschr. f. Phys. 35. 170. 1926.
13) Frankenburger, Zeitschr. f. phys. Chemie 105. 273. 1923.
14) Dies wird der Größenordnung nach sicher zutreffen, wenn auch naturgemäß
der Reifungszustand im photographischen Gebiet von größerem Einfluß sein wird als
im titrierten Gebiet, in dem die eingestrahlte Energie etwa ıo°mal größer ist. Im
Leszynski. Studien über den Herscheleflekt. 275
ütrierten Gebiet wird nämlich die Menge des Reifsilbers gegen die Menge des
bereits durch Licht entstandenen Silbers nicht mehr ins Gewicht fallen.
15) Dies Experiment und seine Deutung ist unseres Wissens zuerst von Kogel-
mann angegeben („Die Isolierung der Substanz des latenten photogr. Bildes.“
Graz 1894).
16) Nach privater Mitteilung.
Studien über den Herscheleffekt.
Von
Werner Leszynski.
Mit 3 Figuren im Text,
Belichtet man eine photographische Platte so lange mit schwär-
zendem Licht, bis sie nach Entwicklung eine mittlere Schwärzung
etwa D = I) zeigen würde, und bestrahlt man diese belichtete Platte
mit ultrarotem Licht, so zeigt sie nunmehr nach der Entwicklung
eine geringere Schwärzung. Dieser sogenannte Herscheleffekt ist bei
einzelnen Emulsionen bereits im kurzwelligen Rot zu beobachten.
Um die in der vorstehenden Arbeit begonnenen Versuche über die
photographische Sensibilisation auf rotsensibilisierte Platten aus-
dehnen zu können, mußte daher festgestellt werden, wieweit bei
diesen Versuchen der Herscheleffekt zu berücksichtigen ist. Infolge
des Umfanges dieser Untersuchungen wurde die Arbeit über rot-
sensibilisierte Platten zunächst zurückgestellt.
Historische Einleitung.
In den im Jahre 1839 von John Herschel(t) begonnenen
Versuchen wurde festgestellt, daß eine durch Belichtung entwickel-
bar gewordene Daguerreotypie durch Bestrahlung mit gelbem, rotem
oder ultrarotem Licht ihre Entwickelbarkeit wieder verliert.
Diese Tatsache stand in den Jahren 1841—1847 bei der
Diskussion der Becquerelschen Theorie von den „rayons excitateurs“
und den „rayons continuateurs“ im Mittelpunkt des Interesses. (2)
1879 veröffentlichte Abney (3) Versuche mit dem nassen Brom-
und Jodsilber-Kollodiumverfahren. Er setzt vorbelichtete Platten
276 Leszynski.
in K,CrO,, K,Cr,0,, HNO, oder H,O,-Lösungen dem Spektrum
aus und findet Aufhellung im langwelligen Ende des Spektrums.
Er nimmt eine Oxydation im ganzen Spektrum an, die aber nur
im Langwelligen so stark ist, daß sie über gleichzeitige Schwärzung,
die im Langwelligen schwach ist, überwiegt. Auch ohne Anwendung
der oxydierenden Lösungen findet Abney Aufhellung, die er den
stets in der Umgebung anwesenden Oxydationsmitteln zuschreibt.
1902 bestreitet Lüppo-Cramer(4) das Vorhandensein des
Effektes an gewöhnlichen Trockenplatten. Bis 1909 wird in Deutsch-
land über das Vorhandensein des Effektes gestritten, bis Schaum
1909 darauf aufmerksam macht, daß Millochau (5) in Frankreich
das ultrarote Sonnenspektrum schon 1906 nach dieser Methode
aufgenommen hat. Millochau nahm an, daß die Vorbelichtung
auch in die Tiefe der Platte eindringt, während Ultrarot-Nachbelich-
tung nur an der Oberfläche wirksam ist. Er färbt deshalb die
Platte mit Farbstoffen an, die den schwärzenden Teil des Spektrums
absorbieren, Ultrarot dagegen durchlassen, Er empfiehlt besonders
Malachitgrün. Er erhält Aufnahmen bis zur Grenze der Durch-
lässigkeit seiner Apparatur jenseits 800 mu.
1910 erscheint die Dissertation von Volmer. Er findet Auf-
hellung ohne Verwendung von Farbstoff. Er stellt fest, daß die
Platten ihre Empfindlichkeit gegen schwärzendes Licht nach der Auf-
hellung wiedererlangt haben, und daß solarisierte Stellen der Platte
durch die Ultrarot-Belichtung neu geschwärzt werden. In Arbeiten
von Volmer und Schaum (1914) und von Schaum und Langer-
hanns (1924) werden die Beziehungen des Herscheleffekts zu anderen
photographischen Aufhellungseffekten untersucht. (6)
1923 veröffentlicht Terenin (7) Aufnahmen, die er nach dem
Verfahren von Millochau gemacht hat. Er wendet die Farbstoffe
in solcher Verdünnung an (er badet 3 Min. in Lösungen 1:25000),
daß von einer Schirmwirkung im Sinne Millochaus keine Rede
sein kann. Er empfiehlt als Farbstoff besonders Jodgrün. Die
langwellige Grenze des Bereiches, in dem der Effekt auftritt, ist
vom Farbstoffbad nicht beeinflußt, die kurzwellige verschiebt sich
durch das Bad weiter ins Kurzwellige. Beide Grenzen sind von
der Emulsion bedingt.
1924 erscheinen die Versuche von Arens.(8) Er findet die
Aufhellung abhängig von der KBr-Konzentration. Er extrapoliert
auf den Wert o der Br-Ionenkonzentration und findet hier keine
Aufhellung. Da nach Lüppo-Cramer ein Bad in NaNO, vor der
Studien über den Herscheleflekt. 277
Ultrarotbelichtung ohne Einfluß auf den Effekt ist, und da in diesem
Fall das bei der Primärbelichtung abgespaltene Br sich in Ionen-
form befinden soll, nimmt Arens als Grundlage des Herscheleffekts
eine Oxydation des Keimsilbers unter Mitwirkung der Br-Ionen an,
eine Gleichgewichtsreaktion, die dann durch den Br-Ionengehalt
bestimmt ist. Arens badet Gelatineplatten, in denen sich nur
dispers verteiltes Ag befindet, in KBr und belichtet sie ultrarot;
da er an diesen Platten durch physikalische Entwicklung keinen
Effekt nachweisen kann, glaubt er die Reaktion an die Anwesen-
heit von unzersetztem AgBr gebunden. Arens benutzt Filter, die
von etwa 700 mu an Rot und Ultrarot durchlassen.
Vorversuche.
Die zu schildernden Versuche knüpfen an die von Arens an.
Zunächst wurde wie von Arens ein Filter benutzt, das von etwa
700 mu an Rot und Ultrarot durchließ. Bei den untersuchten
Emulsionen konnte ein meßbarer Effekt überhaupt nur an Platten
festgestellt werden, die in KBr gebadet waren. Dies steht in Über-
einstimmung mit dem Befund von Arens Ohne KBr-Bad war
der Effekt äußerst schwach und überhaupt nur zu bemerken, wenn
— bei gleichem z - 2 (Intensität x Belichtungszeit, also bei der gleichen
aufgesandten Gesamtenergie) — schwache Intensitäten angewandt
wurden. Bei starken Intensitäten zeigte sich dagegen Zunahme
der Schwärzung. Ebenso wurde in Übereinstimmung mit Arens
an unvorbelichteten Platten durch das gekennzeichnete Filter
Schwärzung erhalten.
Hieraus ergibt sich, daß bei den geschilderten Versuchen nur
ein Teil der Aufhellung gemessen wurde. Die gemessene Auf-
hellung ist gleich der Gesamt-Aufhellung minus der gleichzeitig
erzeugten neuen Schwärzung. Diese Schwärzung gehorcht dem
Schwarzschildschen Gesetz, d. h. bei gleichem z-z erhält man
bei stärkerer Intensität eine größere Schwärzung als bei schwächerer
Intensität. Wenn nun angenommen wird, daß für den Herschel-
effekt kein Gesetz besteht, das dem Schwarzschildschen Gesetz
analog ist, mit anderen Worten: wenn angenommen wird, daß die
Stärke der Aufhellung — für gleiche 7-2 — unabhängig von der
Größe der angewandten Intensität ist, so wird es verständlich, daß
der gemessene Teil der Aufhellung bei schwacher Intensität —
immer für gleiches 2-2 — stärker ist; denn es wurde Gesamt-
Aufhellung minus Schwärzung gemessen, und da diese Schwärzung
Zeitschr. f. wiss. Phot, 24. 20 ;
278 Leszynski.
dem Schwarzschildschen Gesetz gehorcht, ist der abzuziehende
Betrag bei schwacher Intensität kleiner.
Um für die weiteren Versuche einfachere Verhältnisse zu
schaffen, wurde ein Filter und eine Emulsion gesucht, bei deren
Verwendung an unvorbelichteten Platten keine entwickelbare Schwär-
zung erhalten wurde. In diesem Falle konnte also gemessene und
Gesamt-Aufhellung gleichgesetzt werden. Als Filter erwies sich
am geeignetsten eine Kombination des Agfa-Rotfilters Nr. 102 und
einer einfachen Schicht des Agfa-Grünfilters Nr. 103. Diese Kom-
bination läßt die rote Na-Linie 766 mp nicht durch, dagegen ist
die Sonnenscheibe schwach sichtbar, so daß die kurzwellige Grenze
der Durchlässigkeit zwischen 766 und 800 mu liegt. Durch dieses
Filter entsteht auf einer Agfa-Reproduktionsplatte nach einer Be-
lichtung mit 3 - 10° optischen sec-m-Kerzen noch keine entwickel-
bare Schwärzung.
Über die absoluten Energieverhältnisse, d. h. über die Zahl der
von der Platte absorbierten Quanten kann nichts ausgesagt werden,
da mit den zur Verfügung stehenden Mitteln die ultrarote Grenze
einerseits der Durchlässigkeit des benutzten Filters, andererseits der
Empfindlichkeit der Platte nicht bestimmt werden konnte.
Die Aufhellungsschwelle, d. h. die erste meßbare Aufhellung erhält
man bei Agfa-Reproduktion bei einer Bestrahlung mit 2,5 - 10% opt. sec-
m-K. Bei Agfa-Tiefdruck liegt die Aufhellungsschwelle bei e, 10° sec-
m-K., doch erhält man bei eg, 10° sec-m-K. bei dieser Emulsion schon
eine Schwärzung an unvorbelichteten Platten. Da diese Schwärzung
bei anderen untersuchten Emulsionen (9) bereits gleichzeitig mit der
Aufhellungsschwelle vorhanden ist, erwies sich Agfa-Reproduktion als
die geeignetste Emulsion für die weiteren Versuche. (17)
Die kurzwellige Grenze des Effekts für Agfa-Reproduktion wurde
mit Hilfe des von Pfund (10) gemessenen Absorptionsspektrums des
Neodyms bei etwa 730 mu bestimmt. Bei den anderen untersuchten
Emulsionen liegt sie weiter im Langwelligen.
Mit diesem Material zeigte sich — bei gleichem e — Un-
abhängigkeit von der Intensität der Ultrarotbelichtung bei Varia-
tionen der Intensität im Verhältnis 1:75. Dies spricht für die an-
gegebene Erklärung der Abhängigkeit von der Intensität bei Ver-
wendung von Filtern, die gleichzeitig noch schwärzendes Licht durch-
lassen. Hieraus ergibt sich also, daß — bei Variationen der Inten-
sität im Verhältnis 1:75 — für den Herscheleffekt kein dem Schwarz-
schildgesetz analoges Gesetz besteht.
Studien über den Herscheleffekt. 279
Weiter ergibt sich mit dem gekennzeichneten Material Unab-
hängigkeit von der Br-Ionenkonzentration. Die Argumente für die
Arenssche Annahme fallen also fort. Der Befund von Arens ist
ungezwungen so zu erklären, daß die Br-Ionen die Schwärzung
herabsetzen. (11)
Analog dem Einfluß der Br-Ionen ist auch der Einfluß der von
Millochau und Terenin benutzten Farbstoffe zu deuten. Eine
angenommene Sensibilisation des Herscheleffekts analog der be-
kannten Sensibilisation für die schwärzende Komponente, kommt
nicht in Frage, da die von Millochau verwandten Farbstoffe unter
dem Gesichtspunkt ausgesucht sind, daß sie gerade den in Frage
kommenden Teil des Spektrums nicht absorbieren. Auch der von
Terenin empfohlene Farbstoff Jodgrün absorbiert Grün und das
kurzwellige Rot; er läßt dagegen das langwellige Rot durch. Die
einfachste Erklärung ist also, daß die Farbstoffe schwärzungshemmend
(desensibilisierend) wirken. In der Tat zeigten mit Jodgrün gebadete
Platten bei dem gekennzeichneten Material keine Verstärkung des
Effekts.
Da Lüppo-Cramer in Versuchen, die auch für die hier be-
nutzte Emulsion bestätigt werden konnten, gezeigt hatte, daß in
NaNO, gebadete Platten auch den Herscheleffekt ergeben, glaubte
Arens, die Oxydationshypothese zur Erklärung des Effekts nur
dadurch aufrecht erhalten zu können, daß er den Br-Ionen eine die
Oxydation bedingende Rolle zuwies.
Da die Argumente für diese Hypothese oben widerlegt sind,
wird die Annahme einer Oxydation außerordentlich unwahrscheinlich.
Zusammenfassend kann also gesagt werden, daß die Ergebnisse
der bisher geschilderten Versuche es notwendig erscheinen ließen,
zur Erklärung des Herscheleffekts neues experimentelles Material
zu schaffen.
Experimenteller Teil.
I. Figg. ı und 2 zeigen die Abhängigkeit der Stärke der Auf-
hellung von der Zeit der Ultrarotbelichtung. An der Abszisse o
sind die Schwärzungen durch Vorbelichtung in der üblichen Weise
eingetragen. Die Zeit der Nachbelichtung ist in Fig. ı logarithmisch,
in Fig. 2 arithmetisch eingetragen.
Aus den Figuren ergibt sich, daß die Aufhellungsfähigkeit,
also die Empfindlichkeit der Platte für Ultrarot, mit der Zeit der
Belichtung abnimmt.
20*
280
Mit anderen Worten: Eine bestimmte Schwärzung, die nur
durch Vorbelichtung entstanden ist, läßt sich wesentlich leichter auf-
2
Schwärzung (D=log
E
Ka
Am)
La
j BB 3
1 2 4 8 1
Relative Zeit der UltrarotBelichtung
Fig. ı.
hellen, als dieselbe Schwärzung, die durch Aufhellung einer stärkeren
Vorbelichtung erhalten wurde.
Schwärzung GË sel
d 12 4 8 16
Relative Zeit der Ultrarot-Belichtung
Fig. 2.
Schwache Schwärzungen lassen sich vollständig aufhellen. Starke
Schwärzungen lassen sich praktisch nicht soweit aufhellen, da für
die letzten Reste eine im Vergleich zur Haltbarkeit der Platten
zu lange Zeit hierzu nötig wird.
Studien über den Herschelefekt. 281
2. Da sich eben gezeigt hat, daß für die Empfindlichkeit eines
latenten Bildes gegen Aufhellung die Vorgeschichte dieses latenten
Bildes entscheidend ist, mußte untersucht werden, ob die Emp-
findlichkeit einer Platte mit einem definierten latenten Bilde gegen
weiter schwärzendes Licht von der Vorgeschichte dieses latenten
Bildes abhängig ist.
Dies ist nicht der Fall. Neue Schwärzung addiert sich zu
gleichen Schwärzungen in der gleichen Weise, unabhängig davon,
ob diese nur durch Vorbelichtung oder durch Vorbelichtung
und nachfolgende Aufhellung entstanden sind. Eine zo mal ab-
wechselnd bis etwa zur Dichte ı geschwärzte und wieder auf-
gchel te Platte zeigte eine unveränderte Empfindlichkeit gegen
schwärzendes Licht.
Diese letztgenannten Versuche wurden außer mit dem end-
gültig benutzten Material schon angestellt, ehe mit den Filtern ge-
arbeitet wurde, die keine Schwärzung mehr zuließen. Dabei wurde
eine Abnahme der Empfindlichkeit festgestellt. Der einzige Unter-
schied der beiden Versuchsreihen liegt darin, daß im letztgenannten
Fall kurzwelliges rotes Licht vorhanden war, das — gleichzeitig
mit der Aufhellung durch langwelliges rotes Licht — schwärzend
wirkte. Es wurde untersucht, ob Schwärzung durch kurzwelliges
Rot allein auch die Empfindlichkeit für schwärzendes Licht herab-
setzt. Dies ist der Fall: Eine mit rotem Licht bis zu einer be-
stimmten Schwärzung vorbelichtete Platte ist gegen weitere Schwär-
zung wesentlich unempfindlicher geworden, als eine solche, bei der
dieselbe Schwärzung mit blauem Licht erzielt wurde. Nun liegt
die Empfindlichkeit der benutzten Platten gegen Rot und Blau um
etwa 5 Zehnerpotenzen auseinander. Es wurde also untersucht, ob
durch blaues Licht verschiedener Intensität bis zur selben Schwär-
zung vorbelichtete Platten verschiedene Empfindlichkeit gegen
weiter schwärzendes Licht zeigen. In der Tat zeigte es sich,
daß Platten, die in 16 Stunden bis zu einer bestimmten
Schwärzung vorbelichtet waren, wesentlich unempfind-
lichergegen schwärzende Nachbelichtung sind als solche,
die in etwa I Sek. bis zur selben Schwärzung vorbelichtet
waren.
3. Die enge Verknüpfung des Herscheleffekts mit dem Schwarz-
schildeffekt, den die eben geschilderten Versuche zeigen, und damit
die Bedeutung des Herscheleffekts für das Problem des latenten
Bildes, wird durch den folgenden Befund besonders deutlich: Es
282 Leszynski.
ergab sich, daß die Stärke der Aufhellung von der Inten-
sität der Vorbelichtung abhängig ist.
Belichtet man eine Platte mit so schwachem blauen
Licht, daß man eine mittlere Schwärzung erst nach meh-
reren Stunden erreicht, so läßt sich diese Schwärzung
überhaupt nicht aufhellen.
Diese Versuche ergeben, wie notwendig es war, mit Filtern
zu arbeiten, die keine Schwärzung mehr zuließen, da die Intensität
des gleichzeitig schwärzenden Lichts von solcher Größenordnung ist,
daß eine wenig oder praktisch gar nicht aufhellbare Schwärzung
entstehen mußte.
4. Solange der Größenordnung nach gleiche Intensitäten ver-
wandt wurden, zeigte sich die Stärke der Aufhellung unabhängig
von der Wellenlänge der Vorbelichtung.
5. Daß der Herscheleffekt unmittelbar mit dem latenten Bild
zusammenhängt und nicht auf einen Entwicklungseffekt zurück-
zuführen ist, wird dadurch klar, daß man die Aufhellung auch beim
Entwickeln nach dem Fixieren erhält.
6. Ein Einfluß der Gelatine wird dadurch unwahrscheinlich, daß
die fast bindemittelfreien Schumannplatten den Effekt ebenfalls
zeigen.
7. Eine zuerst ultrarot belichtete Platte zeigt gegen schwärzende
Nachbelichtung eine allerdings schwache Verminderung der Emp-
findlichkeit. Dies läßt auf eine Verminderung des Reifsilbers
schließen und spricht dafür, daß das Reifsilber sich in einem den
Silberkeimen, die durch Belichtung entstehen, ähnlichen Zustand
befindet.
8. Volmer hat festgestellt, daß solarisierte Platten durch ultra-
rotes Licht neu geschwärzt werden. Fig. 3 gibt den Verlauf dieses
Effekts.
Die ausgezogene Linie zeigt die Schwärzungskurve vor die ge-
strichelte nach der Ultrarotbelichtung. Das ursprüngliche Maximum
ist nicht verändert, nur nach dem Gebiet längerer Vorbelichtung
hin verbreitert. Da Agfa-Reproduktion keine ausgeprägte Solarisation
zeigt, mußte für diese Versuche eine andere Platte gewählt werden.
Am geeignetsten war Agfa-Chromo-Isolar. Doch da bei dieser
Platte durch die Anwesenheit von Farbstoffen die Verhältnisse be-
sonders kompliziert sind, wurde Wert auf die Feststellung gelegt,
daß das Verhalten von Agfa-Tiefdruck qualitativ dasselbe ist. (17)
Studien über den Herscheleffekt. 283
9. Die direkte Schwärzung, die etwa gleichzeitig mit der So-
larısation auftritt, konnte auch durch intensive Belichtung (bis zu
10° opt. sec-m-K.) nicht aufgehellt werden, trotzdem so belichtete
Platten entwickelt bereits eine starke neue Schwärzung des solari-
sierten Bildes geben.(12)
Bei Agfa-Tiefdruck wird durch Ultrarotbelichtung einer direkten
Schwärzung diese Schwärzung verstärkt. Der Effekt ist allerdings
nur schwach. (An ungeschwärzten Stellen kann durch diese Ultra-
rotbelichtung keine direkte Schwärzung erzeugt werden.) Dieser
Effekt war nur an Agfa-Tiefdruck zu beobachten, obwohl diese
Schwärzung
Schwärzungskurve vor der
Ultrarot-Belichtung
Loea ===- Schwärzungskurve nach der
Ultrarot-Belichtung
0 1 2 4 8 % 32Relaħve Zet der Vorbehchtung
Fig. 3.
Platte bei Entwicklung, wie die anderen Platten, eine Vermehrung
der Schwärzung solarisierter Stellen durch Ultrarotbelichtung zeigt.
10. Durch «-Strahlen und durch H,O, erzeugte Schwärzungen
lassen sich aufhellen.
Deutung der Versuche.
Die vorliegenden Untersuchungen haben einen so engen Zu-
sammenhang des sogenannten Herscheleffekts mit den anderen
Problemen des latenten Bildes ergeben, daß man eine restlose
Erklärung erst dann erwarten kann, wenn man eingehendere Kennt-
nisse von der Struktur des latenten Bildes hat.
284 Leszynski.
Die Oxydationshypothese hat sich als schwer haltbar erwiesen.
Durch die Tatsache, daß NaNO, den Effekt nicht schwächt, scheint
das Br-Atom als Oxydationsmittel auszuschalten (allerdings ist die
Rolle des NaNO, in der Photographie noch nicht ganz klargestellt,
so daß dieser Schluß nicht unbedingt zwingend ist, Durch das
Vorhandensein des Effekts an Schumannplatten schaltet wohl auch
ein Bestandteil des Bindemittels als Oxydationsmittel aus. Hierzu
kommt, daß die Verhältnisse an solarisierten Platten sich durch
Oxydation nicht ungezwungen erklären lassen.
Es soll im folgenden eine neue Arbeitshypothese gesucht
werden,
Die erste Frage, die gestellt werden soll, ist die, durch welchen
Körper das Quant absorbiert wird. Terenin fand, daß die kurz-
wellige Grenze des Wellenlängenbereiches, in dem der Effekt auf-
tritt, sich gleichzeitig mit der Verstärkung des Effekts durch Farb-
stoff nach dem Kurzwelligen hin verschiebt. Wenn wir, wie wir
oben ausführten, die Verstärkung des Effekts durch Farbstoff als
eine Ausschaltung der schwärzenden Komponente des Lichts an-
sehen, muß man annehmen, daß bei Platten, die nicht im Farbstoff
gebadet sind, in der Gegend der kurzwelligen Grenze ein und die-
selbe Wellenlänge schwärzen und aufhellen kann. An Stellen im
Grenzgebiet, an denen ohne Farbstoffbad der schwärzende Teil
überwiegt, bleibt, wenn dieser durch das Farbstoffbad fortfällt, nur
die aufhellende Komponente übrig. Diese verschiedene Wirksam-
keit ein und derselben Wellenlänge wird durch die Annahme ver-
schiedener absorbierender Körper erklärt. Wird ein Quant vom
AgBr absorbiert, so kann ein neuer Keim entstehen. Tritt Auf-
hellung ein, so muß als Adsorbens entweder freies Ag gewirkt
haben, oder eine Adsorptionsverbindung, zwischen Ag und AgBr,
ähnlich der Adsorptionsverbindung, die Eggert und Noddack (13)
bei der Valentaemulsion angenommen haben. Die Entscheidung
zwischen diesen beiden Möglichkeiten bleibt zunächst offen.
Um weiter zu kommen, muß das Augenmerk auf den engen
Zusammenhang zwischen Solarisation und Herscheleffekt gerichtet
werden, den die Versuche ergeben haben. Während der Zusammen-
hang zwischen Herscheleffekt und Schwarzschildeffekt nicht weiter
führen konnte, da der Schwarzschildeffekt selbst noch nicht geklärt
ist, liegen hier die Verhältnisse anders. Die Solarisation ist von
Noddack und Scheffers(14) einerseits und von Arens(I5) un-
abhängig davon andererseits als eine Keimänderung erklärt worden
e egen ep o a zen me
Studien über den Herschelefekt. 285
in dem Sinne, daß bei fortgesetzter Belichtung durch Zusammen-
treten der Keime eine Verminderung der aktiven Oberfläche
eintritt.
Hiermit muß die Tatsache in Einklang gebracht werden, daß
sich Schwärzungen des aufsteigenden Astes der normalen Schwärzungs-
kurve durch Ultrarotbelichtung aufhellen, Schwärzungen des ab-
steigenden Astes neu schwärzen lassen. Dies gelingt 'auf folgende
Weise: Man muß annehmen, daß auch im aufsteigenden Teil der
Schwärzungskurve ein Zusammentreten der Keime stattfindet, dies
aber zunächst schwärzungsfördernd wirkt, erst von einem bestimmten
Punkt, nämlich vom Beginn der Solarisation, an schwärzungs-
hemmend. Diese Annahme scheint plausibel, da man sich vorstellen
kann, daß die Keime erst eine bestimmte Größe erreicht haben
müssen, ehe sie als Entwicklungszentren wirken können. Erst
wenn die Keime, die diese Größe bereits erreicht haben, weiter
zusammentreten, fällt die Verminderung der aktiven Oberfläche ins
Gewicht.
Bei der gemachten Voraussetzung stößt man auf keinen Wider-
spruch, wenn man sich den Herscheleffekt als einen Dispersions-
vorgang vorstellt, der dem Zusammentreten der Keime entgegen-
wirkt. Im aufsteigenden Ast der Schwärzungskurve, wo das Zu-
sammentreten schwärzungsfördernd wirkt, wird man durch Ultrarot-
bestrahlung eine Aufhellung, im absteigenden Ast, wo das Zusammen-
treten aufhellend wirkt, eine Schwärzung erzielen.
Experimentell wird diese Vorstellung durch Versuche von
Arens gestützt. Bei Untersuchungen über die Solarisation und
den Villardeffekt zeigte er, daß von K,Cr,O, um so mehr Ag gelöst
wird, je disperser das Ag verteilt ist. Sei S, die Schwärzung einer
unbehandelten Platte, S die Schwärzung einer nach gleicher Be-
lichtung in K,Cr,O,-Lösung gebadeten Platte, so nimmt S,:.S; vom
aufsteigenden Teil der Schwärzungskurve zum solarisierten Teil hin
dauernd ab. In analoger Weise findet Arens beim Villardeffekt,
daß da, wo man disperseres Ag annimmt, K,Cr,O, auch wirksamer
ist. Bei der Untersuchung des Herscheleffekts verfolgt Arens
wieder S, : Se von Zeiten kürzerer zu Zeiten längerer Ultrarot-
belichtung. Er stellt fest, daß S,:S, nicht abnimmt und schließt
daraus, daß bestimmt keine Keimvergrößerung stattfindet. Aus den
von Arens veröffentlichten Zahlen, die bestätigt werden konnten,
geht aber hervor, das S, : S, sogar zunimmt. Dies spricht natürlich
für eine Keimverkleinerung.
286 Leszynskt.
Wie hat man sich nun den Mechanismus des Dispersions-
vorganges vorzustellen’ Da es sich hier um eine Dispersion von
Ag-Teilchen handelt, die innerhalb eines AgBr-Gitters verstreut sind,
kann man die Dispersion auf einen Elektronentransport zurück-
führen. Neutrale Ag-Atome an der Oberfläche eines größeren
Ag-Teilchens gehen in Ionenform über, indem sie ihr Elektron
abgeben, daß ein vom ursprünglichen Komplex entfernt liegendes
Ion zum neutralen Atom macht.
Aus dem Gedankengang geht hervor, daß die Änderungen der
Keimgröße, die der Solarisation zugrunde liegen, von anderer
Größenordnung sind als die dem Herscheleffekt zugrunde liegenden.
Als Solarisation wird lediglich die Vergrößerung von Keimen be-
obachtet, die bereits eine bestimmte Größe erreicht haben, während
für den Herscheleffekt auch die Dispersion kleinerer Teile eine
Rolle spielt. Bei der Erklärung der Solarisation kommt man daher
mit dem Begriff Keimvergrößerung aus, während man sich für
die Erklärung aller den Herscheleffekt berührenden Punkte von
dem Mechanismus der zugrunde liegenden Keimverkleinerung
eine nähere Vorstellung machen muß. Dies kann erst dann ge-
lingen, wenn man mehr über die verwandten Probleme des latenten
Bildes weiß, da jede ad hoc ohne Berücksichtigung der benachbarten
Gebiete aufgestellte Hypothese in der Luft schweben würde.
Es soll nunmehr untersucht werden, wie sich das experimentelle
Material in die Hypothese einordnen läßt.
Die Form der Aufhellungskurve zeigt, daß es mehr und weniger
für die Dispersion geeignete Keime gibt. Die Zahl der für Ultrarot
empfindlichen Keime nimmt während der Ultrarotbelichtung ab
und so wird die Aufhellungsgeschwindigkeit mit der Belichtungs-
dauer kleiner. Dies wird leicht verständlich, denn man muß an-
nehmen, daß das Zusammentreten der Keime während der Belich-
tung nicht immer gleichmäßig erfolgt, sondern von der relativen
Lage der freigewordenen Atome abhängig ist.
Wenn wir die an Hand der Befunde an solarisierten Platten
aufgestellte Dispersionshypothese auf die Tatsache anwenden, daß
mit schwacher Intensität erreichte Schwärzungen nicht aufhellbar
sind, kommen wir zu dem Schluß, daß bei Belichtungen mit
schwacher Intensität Keime entstehen, die nicht dispergiert werden
können. Dies können zunächst besonders widerstandsfähige große
Keime sein, oder aber es sind bereits dispers verteilte Keime. Diese
Studien über den Herschelefjekt. 287
Schlußweise kann für die Erklärung des Schwarzschildeflfekts von
Bedeutung sein.
Einige Schwierigkeit macht zunächst die Tatsache, daß die
direkte Schwärzung nicht aufgehellt wird, während Noddack
und Scheffers gezeigt haben, daß die direkte Schwärzung gerade
durch die der Solarisation zugrunde liegende Keimvergrößerung
bedingt ist. Hier muß man sich vorstellen, daß bei der Solarisa-
tion eine Anzahl mehr oder weniger gleich großer Teile zu-
sammentreten, während bei der Ultrarotbelichtung solarisierter
Platten von einem großen Teil kleinere abgespalten werden, die
zwar groß genug sind, um als selbständige Entwicklungszentren zu
wirken, aber gegen den ursprünglichen Teil so klein, daß dessen
Größe nicht wesentlich beeinflußt wird.
Der Unterschied zwischen der Oxydationshypothese und der
Dispersionshypothese läßt sich folgendermaßen formulieren: In beiden
Fällen wird primär von einem ungeladenen Ag ein Elektron ab-
gespalten. Von der Oxydationshypothese wird angenommen, daß
dieses Elektron von einem ungeladenen Br aufgenommen wird,
während die Dispersionshypothese die Aufnahme durch ein Ag-Ion
annimmt.
Bei dieser Betrachtungsweise wird eine gewisse Parallele deutlich
mit den photo-elektrischen Versuchen von Gudden und Pohl.(16)
Gudden und Pohl finden bei ihren Versuchen, daß durch kurz-
welliges Licht Elektronen abgespalten werden (je Quant ı Elektron),
während durch rote bis ultrarote Bestrahlung („Ausleuchtung“) die
entfernten Elektronen wieder ergänzt werden können. Auch hier
ist unklar, wo die Strahlung absorbiert wird, dagegen besteht kein
Zweifel darüber, daß es sich um einen Transport von Elektronen
handelt.
Zu ganz ähnlichen Vorstellungen gelangte schon vor langer
Zeit Lenard bei seinen bekannten Versuchen über die CaS-Phos-
phore. Kurzwelliges Licht vermag Elektronen aus der Normallage
zu entfernen, langwellige Strahlung schickt sie — im Anschluß an
einen noch unbekannten Absorptionsakt — in die unerregte Bahn
zurück.
Wenn auch vorläufig der exakte Zusammenhang zwischen diesen
einzelnen Erscheinungen fehlt, so sind doch gewisse Analogien be-
reits vorhanden, die den gemachten Hinweis auf eine mögliche
Verwandtschaft der genannten Phänomene nahelegten.
288 Leseynski.
Zusammenfassung.
I. Es wird gezeigt, daß bei früheren Versuchen über den
Herscheleffekt mit falsch begrenzten Spektralbereichen gearbeitet
worden ist. Es werden geeignete Versuchsbedingungen gegeben,
unter denen mit reinem, aufhellendem Licht gearbeitet ` werden
kann.
2. Unter diesen Versuchsbedingungen können folgende Eigen-
schaften photographischer Schichten aufgezeigt werden:
a) Ultrarotbelichtung führt zur Aufhellung von Schwärzungen,
die durch schwärzendes Licht, Röntgenstrahlen, «-Strahlen oder
durch H,O,-Einwirkung entstanden sind. (Eine Ausnahme stellen
die in Punkt d) dargestellten Belichtungsbedingungen dar.)
b) Die Aufhellung wird sowohl bei Entwicklung vor dem
Fixieren, wie auch bei Entwicklung nach dem Fixieren gefunden,
dagegen konnte an AgBr-Emulsionen keine Aufhellung der direkten
Schwärzung erzielt werden.
c) Die Stärke der Aufhellung ist unabhängig von der Wellen-
länge des schwärzenden Lichts und — bei gleichem z-/ (Inten-
sität X Belichtungszeit) — unabhängig von der Intensität der Ultra-
rotbelichtung bei Variationen der Intensität im Verhältnis 1:75.
d) Die Aufhellungsfähigkeit ist dagegen abhängig von der
Intensität der Vorbelichtung. Mit extrem schwacher Intensität er-
zielte Schwärzungen lassen sich überhaupt nicht aufhellen.
e) Die Empfindlichkeit der Platte für das aufhellende Licht
nimmt mit der Dauer der Ultrarotbelichtung ab.
f) Eine Platte, die bereits ein latentes Bild enthält, bleibt in
ihrer Empfindlichkeit gegen schwärzendes Licht durch voran-
gegangene Ultrarotbelichtung unbeeinflußt. Dagegen zeigt eine
Platte, die noch kein latentes Bild enthält, eine schwache Verminde-
rung der Empfindlichkeit durch vorangegangene Ultrarotbelichtung.
g) Der in früheren Arbeiten beobachtete Einfluß der Br-Ionen,
sowie der Einfluß der von Millochau und Terenin benutzten
Farbstoffe wird als Schwärzungshemmung (Desensibilisation) für die
in diesen Arbeiten nicht ausgeschaltete schwärzende Komponente
des Lichts gedeutet.
h) Mit dem Herscheleffekt nur in mittelbarem Zusammenhang
steht folgende Beobachtung: Eine Platte, die in etwa 16 Stunden bis
Studien über den Herschelefjekt. 289
zu einer bestimmten Schwärzung vorbelichtet wird, ist gegen weitere
Schwärzung wesentlich unempfindlicher als eine solche, bei der die-
selbe Schwärzung durch eine Belichtung von etwa ı Sekunde er-
reicht wurde. Es wird auf die Bedeutung dieses Befundes für die
Erklärung des Schwarzschildeffekts hingewiesen.
3. Das experimentelle Material macht die bestehende Oxy-
dationshypothese zur Deutung des Herscheleffekts, die sich für
eine Silberverminderung ausspricht, zweifelhaft. Dagegen sprechen
folgende Punkte:
a) Durch die NaNO,-Versuche von Lüppo-Cramer schaltet
das Br, und durch den Befund an Schumannplatten ein Bestandteil
des Bindemittels als Oxydationsmittel aus. Es kann also nicht an-
gegeben werden, welcher Körper hier die Rolle des Oxydations-
mittels spielen könnte.
b) Die Befunde an solarisierten Platten lassen sich durch die
Oxydationshypothese nicht üngezwungen deuten.
Es ist dagegen betont worden, daß diese gegen die Oxydations-
hypothese sprechenden Punkte nicht unbedingt zwingend sind, ins-
besondere deshalb, weil die Rolle des NaNO, in der Photographie
noch nicht hinreichend geklärt erscheinen,
4. Der Oxydationshypothese wird daher eine Arbeitshypothese
gegenübergestellt, die den Herscheleffekt als Dispersionsvorgang
bei unveränderter Silbermenge auffaßt.
5. Bei dem Vergleich dieser beiden Hypothesen an Hand des
neu gewonnenen experimentellen Materials scheint der Dispersions-
vorstellung der Vorrang zuzukommen. Allerdings ist der unmittel-
barste Beweis, daß die Ag-Menge bei Ultrarotbelichtung konstant
bleibt, wegen der Unvollständigkeit der bisher angestellten Versuche
nicht erbracht worden.
6. Analoga zu dem Herscheleffekt bei anderen Lichtvorgängen
werden erörtert, und es wird auf die mögliche Verwandtschaft der
in Betracht kommenden Erscheinungen hingewiesen.
290 Leszynski. Studien über den Herschelefekt.
Die beiden vorstehenden Arbeiten wurden in der Zeit von April1923
bis August 1925 im Physikalisch-Chemischen Institut der Universität
Berlin angefertigt. Ich danke Herrn Professor Dr. Bodenstein
dafür, daß mir die Mittel des Instituts für meine Arbeiten zur Ver-
fügung standen.
Meinen verehrten Lehrern, Herrn Prof. Dr. Eggert und Herm
Regierungsrat Dr. Noddack, danke ich für die Anregung zu den
vorliegenden Arbeiten, für ihr lebhaftes Interesse, für zahlreiche Rat-
schläge und Unterstützungen.
Ich danke Herrn Regierungsrat Dr. Noddack dafür, daß es
mir durch seine Vermittlung möglich war, in den Institutsferien in
der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt meine Versuche fort-
zusetzen.
Der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft danke ich
für die Anschaffung der benötigten Quecksilberlampe.
Der I. G. Farbenindustrie-A.-G. (Agfa), insbesondere Herm
Direktor Dr. Ollendorff, bin ich zu Dank verpflichtet, da mir von
dieser Seite in großzügigster Weise das Material für meine photo-
graphischen Versuche zur Verfügung gestellt wurde. Ein Teil der
Versuche wurden im dortigen Photochem. Laborat. ausgeführt.
Literatur.
1) Athenaeum 1839 no. 621.
2) Zahlreiche Arbeiten in C. R. 25. 1847.
3) Phot. Mitt. 15. 116.
4) Phot. Korr. 1909. 383. 399.
5) C. R. 142. 1407. 1906.
6) Inaugural-Diss. Leipzig 1910. Volmer und Schaum, Zeitschr. f. wiss.
Phot. 14. 1. 1914. Schaum und Langerhanns, Zeitschr. f. wiss. Phot. 28, 1. 1924
7) Zeitschr. f. Phys. 23. 294. 1924.
8) Zeitschr. f. phys. Chem. 114. 337. 1925.
9) Agfa-Spezial, Agfa-Ultra-Spezial, Agfa-Extra-Rapid, Agfa-Röntgen.
10) Zeitschr. f. wiss. Phot. 12. 341. 1912,
Lüppo-Cramer. Zur Kenntnis des Reifungsprozesses. 291
11) Nach privater Mitteilung ist Herr Dr. Arens mit dieser Deutung einver-
standen. Aus gemeinsamen Diskussionen mit Herrn Dr. Arens ergaben sich man-
cherlei Anregungen, wofür ich ihm an dieser Stelle meinen Dank aussprechen
möchte,
12) Idzerda identifiziert den Herscheleffekt mit dem sogen. Rittereffekt (Phot.
Korr. 1909. 283} Ritter fand ı801 (Intell.-Bl. d Erlanger Lit.-Ztg.), daß durch
Licht geschwärztes, auf Papier gebrachtes AgCl sich im kurzwelligen Teil des Spek-
tums weiter schwärzt, sich dagegen im langwelligen Teil aufhellt. Da bei reinen
AgCl-Emulsionen überhaupt kein Herscheleffekt zu erhalten war, scheint es sich bei
den Ritterschen Versuchen um eine sogen. Photochromie zu bandeln. Es liegt
zunächst kein zwingender Grund vor, diese mit dem Herscheleffekt zu identifizieren.
13) Zeitschr. f. Phys. 31. 922. 1925.
14) Berichte der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt 1924; Zeitschr. f. Phys,
20. 109. 1923.
15) Ztschr. f. phys. Chem. 114. 337. 1925.
16) Vgl. das Referat von Gudden, Ergebnisse der exakten Naturwissen-
schaften III.
17) Die Agfa-Platten Reproduktion und Tiefdruck führen neuerdings die Namen:
Phototechnische Platten A und B.
Zur Kenntnis des Reifungsprozesses.
(Sechste Mitteilung.)
Von
Lüppo-Cramer.
In einer vorhergehenden Mitteilung (1) wurde ausgeführt, daß
die Art des Bromsalzes, ob Bromkalium oder Bromammonium, bei
der Reifung eine nicht unerhebliche Rolle spielt.
Wenn nun anstatt des Bromkaliums eine titrimetrisch genau
bestimmte äquivalente Menge von Bromkadmium bei der Her-
stellung einer ammoniakfreien 3 °/, AgJ enthaltenden Positivemulsion
benutzt wurde, so resultierte eine ganz abnorm geringe Empfindlich-
keit. Bei Vergleichen unter Eder-Hechtskalen mit willkürlicher
Lichtquelle zeigte die KBr-Emulsion 76°, die mit CdBr, hergestellte
nur 28°. Bei variierender Belichtung zeigte sich die KBr-Platte
etwa 8omal höher empfindlich als die mit CdBr, entstandene.
292 Lüppo-Cramer.
Die mikroskopische, ja schon die bloße makroskopische Be-
trachtung klärt über die abweichende Wirkung des Kadmiumbromids
auf: die Emulsion hat ein außerordentlich feines Korn gegenüber
der mit Bromkalium erhaltenen; sie ist (auch als fertige Platte)
gelblich durchscheinend gegenüber der blaugrauen mit Bromkalium
oder Bromammonium hergestellten. Offenbar bildet das Kadmium-
salz unter den im Emulsionsprozeß herrschenden Bedingungen, wenn
überhaupt, so doch nur in geringem Maße ein lösliches Komplexsalz
mit dem Bromsilber und ein erhebliches Kornwachstum kann daher
nicht eintreten. Auch das fertig entwickelte Bild der mit Kadmium-
bromid hergestellten Emulsion wies in seinem stark braun nuancierten
Silberniederschlag gegenüber dem schwarzen bei der KBr-Emulsion
auf die Feinkörnigkeit des Bromsilbers hin.
Besonders lehrreich war auch der Vergleich bei kornlosen
Emulsionen. Hier schien zunächst keinerlei Unterschied in der
Wirkung der Bromsalze des Kaliums und des Kadmiums zu be-
stehen, denn es trat bei längerer Erwärmung weder ein Unterschied
in der Empfindlichkeit, noch in der Korngröße auf. Als aber in
beiden Fällen ein Bromsalzüberschuß in natürlich wieder äquivalenten
Mengen genommen wurde, trat sofort auch hier der bei den zuerst
gekennzeichneten Emulsionen große Unterschied in Kornwachstuni
und Empfindlichkeit auf. Bei der mittelempfindlichen Emulsion
war zwar auch kein erheblicher Überschuß der Bromsalze verwendet
worden, aber bei den Emulsionen mit Bromkalium war dadurch
ein beträchtliches Kornwachstum zustandegekommen, daß der Silber-
einlauf eine halbe Stunde gedauert hatte(2), während bei den korn-
losen Emulsionen die Silbersalzgelatine in die Bromidgelatine in
einem Gusse zugegeben worden war. In diesem Falle konnte das
Bromkalium seine Überlegenheit gegenüber dem Kadmiumsalze nur
dann hervortreten lassen, wenn die nachträgliche Reifung in Gegen-
wart eines erheblichen Bromsalzüberschusses stattfand. Ähnlich wie
Bromkadmium verhielt sich auch das Bromzink. Schon Eder und
Pizzighelli(3) stellten fest, daß unter den Chloriden die des Zinks
und des Kadmiums bei Chlorsilberemulsionen die geringste Emp-
findlichkeit geben.
Jedenfalls scheint aus diesen Versuchen hervorzugehen, daß
der Unterschied in der Wirkungsweise verschiedener Bromsalze bei
der Emulgierung wenigstens in der Hauptsache auf die verschiedene
Löslichkeit des Bromsilbers in den betreffenden Bromsalzlösungen
zurückzuführen ist.
om ni
Zur Kenntnis des Reifungsprozesses. 293
Es sei hier auch erwähnt, daß auch die Art des Silbersalzes
von großer Bedeutung ist. In den ersten Kriegsjahren trat in
Deutschland vorübergehend ein Mangel an Salpetersäure ein. Es
wurde daher zeitweilig kein Silbernitrat freigegeben und man mußte
sich in der Trockenplattenfabrikation mit Silbersulfat behelfen.
Silbersulfat ist in Wasser sehr schwer löslich, man konnte Brom-
siberemulsionen daher nur mittels seiner ammoniakalischen Lösung
herstellen. Hierbei traten allerhand Schwierigkeiten auf, die aller-
dings möglicherweise auf Verunreinigungen des nicht umkristallisier-
baren Silbersulfates zurückzuführen waren. Doch ist es .nicht
unwahrscheinlich, daß auch hier die Verschiedenheit des Anions
der Silbersalze eine Rolle mitgespielt hat. Wurde doch auch bei
bestimmten höher konzentrierten Emulsionen beobachtet, daß
Koagulationen der Gelatine eintraten, wenn Silbersulfat ver-
wendet wurde,
T. Slater Price(4) weist im Anschlusse an die grundlegenden
Arbeiten von Tammann darauf hin, daß im Bromsilber der
Emulsionen wohl immer Bromsalze eingeschlossen seien. Er
sagt: „Die Empfindlichkeit wird abhängen von der Menge des ein-
geschlossenen Bromkaliums, und da der Kombinationsradius des
Kaliums stark von dem des Silbers abweicht, wird das Gitter ge-
stört und leichter von der Lichtwirkung zersetzt. Die sensibilisierende
Wirkung eines kleinen Quantums von KBr wird daher nach dieser
Theorie sehr groß sein. Wird andererseits Bromnatrium benutzt,
so wird die Empfindlichkeit geringer sein, da das Gitter des Brom-
silbers nicht gestört wird und dies stimmt mit dem überein, was
aus der Emulsionsbereitung bekannt sein soll.“
Veranlaßt durch diese Ausführungen von Slater Price stellte
ich Emulsionen mit verschiedenen andern Bromsalzen unter denselben
Bedingungen her, wie sie bei den oben beschriebenen Versuchen
mit Kadmiumbromid innegehalten wurden. In der Tat lieferten
die ersten Versuche mit Bromnatrium entsprechend der Angabe
des englischen Forschers eine beträchtlich geringere Empfindlichkeit
als die Bromkaliumemulsionen. Dies bestätigte sich weiterhin
aber nur dann, wenn ein handelsübliches Bromnatrium im guten
Glauben auf seine Reinheit angewendet wurde. Wurde die Lösung
des Bromnatriums genau titrimetrisch auf die Äquivalenz mit
dem Bromkalium eingestellt, so traten keine Empfindlichkeits-
differenzen mehr auf. Das, was nach Slater Prices Angabe „aus
der Emulsionsbereitung bekannt sein soll“, bezieht sich daher
Zeitschr. f. wiss, Phot. 24. 2I
294 Lüppo- Cramer.
möglicherweise auch nur auf handelsübliche Präparate, die, wenn
sie auch nicht im eigentlichen chemischen Sinne „unrein“ gewesen
zu sein brauchen, doch oft einen verschiedenen Wassergehalt
zeigen und so das Äquivalenzverhältnis wesentlich beeinflussen
können. Diese Fehlerquelle tritt natürlich besonders leicht dann
auf, wenn es sich um stark hygroskopische Salze handelt, wie beim
Lithiumbromid. Trotz genauester Einstellung des Lithiumbromides
auf seinen Bromgehalt nach erfolgter Lösung erhielt ich indessen
mit diesem Bromid erhebliche Schleier von 0,5—0,7, und es ist
mir nicht gelungen, hierbei etwaige Fehlerquellen aufzudecken.
Diese Schleierbildung ist aber nur die Folge einer beschleunigten
Reifung, denn sie blieb bei verminderter Digestionszeit aus, Barium-,
Strontium- und Magnesiumbromid zeigten im Verlaufe ihrer
Schwärzungskurve keine größeren Abweichungen von der des
Bromkaliums, als sie innerhalb der Fehlerquellen des Emulsions-
prozesses liegen.
Mit diesen Ausführungen soll aber nicht gesagt sein, daß ich
die theoretischen Erörterungen von Slater Price für un-
berechtigt halte. Mein Hinweis auf eine Fehlerquelle bei derartigen
Vergleichen wird aber vielleicht für spätere Nachprüfungen der
Frage nützlich sein können. Übrigens fügt Slater Price seinen
oben wiedergegebenen Ausführungen noch folgenden Passus hinzu:
„Diese Theorie erwähne ich, weil sie einen neuen Gesichts-
punkt aufstellt und nicht, weil sie etwa viel Wahrscheinlichkeit für
sich hätte. Es soll aber erwähnt werden, daß der Gedanke, die
Störung desKristallgitters erhöhe die Empfindlichkeit der Emulsionen,
schon früher geäußert worden ist, um die Tatsache zu erklären, daß
die Zufügung eines kleinen Prozentsatzes an Jodid zum Bromid not-
wendig ist, um eine sehr hochempfindliche Emulsion zu erzeugen.“
Eine große Störung des Reifungsprozesses verursachen Blei-
salze. Fügt man bei der Mischung einer der oben bei den Ver-
suchen mit Kadmiumbromid erwähnten Siedeemulsionen zu der
Lösung des Silbersalzes ı0°/, Bleinitrat hinzu, so entsteht eine
ungewöhnlich hochdisperse, gelblich durchscheinende Emulsion, die
weiter keine Kornvergrößerung erkennen läßt, und die nach gleicher
Reifungsdauer nur etwa den hundertsten Teil der Empfindlichkeit
der ohne Bleizusatz hergestellten Parallelemulsion besitzt. Auch
bei Beschränkung des Bleizusatzes auf ı°/, war die Platte um
16° E.-H. weniger empfindlich als die Kontrollplatte.e Auch bei
diesen Emulsionen ist das entwickelte Silber stark nach Braun
Zur Kenntnis des Reifungsprozesses. 205
nuanciert. Offenbar spielen hier auch Vorgänge mit, wie sie bei
den Versuchen mit Kadmiumbromid beschrieben wurden: einerseits
die Verhinderung des Kornwachstums infolge der Mischkristallbildung
bzw. Komplexbildung von Silberhaloid und Bleisalz, andererseits
aber auch die photochemische Wirkung des Bleibromids, die schon
Niepce de St. Victor um 1850 bekannt war und die von den alten
Photochromisten benutzt wurde, um ihre Bilder lichtbeständig zu
machen. (5)
Für die Beurteilung des Einflusses von Kristalleinschlüssen aut
das Kristallwachstum des Bromsilbers gibt auch eine Abhandlung
von F. Sekera, „Kolloidchemie und Radiumforschung‘“, (6) wertvolle
Hinweise. Sekera berichtet a. a. O. über sehr wichtige Adsorptions-
probleme in der Radiochemie. Der Radiochemiker verfügt im
allgemeinen nur über äußerst geringe Mengen seiner seltenen Stoffe
und um diese kleinen Mengen aus einer Lösung zu konzentrieren,
benutzt er das „Mitreißen‘“ dieser Substanzen durch Niederschläge.
Dieser Adsorptionsvorgang ist der Vorläufer von innigeren Ver-
eingungen, und nach Sekera spielen die Einlagerungsverhältnisse
der adsorbierten Substanzen in das Raumgitter des Adsorbens eine
große Rolle. Der Forscher sagt a. a. O., S. 152:
„ist nun einmal das Adsorbendum in das Raumgitter des
Adsorbens aufgenommen, so kommt es darauf an, ob dadurch eine
Störung der Kristallstruktur bedingt ist oder nicht. Isotope und
isomorphe Körper bedingen eine solche Störung nicht; der Kristall
wächst ungehindert weiter und schließt dabei das Adsorbendum in
sein Raumgitter ein (feste Lösung). Die Ausfällung von ThB durch
einen Pb-Niederschlag stellt einen solchen Fall dar. Anders ver-
halt sich die Sache, wenn das Adsorbendum mit dem Adsorbens
in keiner kristallographischen Beziehung steht. (Beispielsweise bei
der Adsorption von ThB durch einen AgCl-Niederschlag.) Das
regulär kristallisierende AgCl vermag ThB, dessen Chlorid analog
dem Bleichlorid rhombisch kristallisiert, nicht in das Raumgitter
dauernd aufzunehmen. An der Oberfläche werden wohl die Lücken
im Kristallgitter auch vom ThB ausgefüllt, aber dieser Fremdkörper
stört das Gittersystem, so daß ein Wachstum des Kristalls unmög-
lich wird.“
Man erinnere sich in diesem Zusammenhange auch des störenden
Einflusses von Farbstoffen auf die Kristallisation des Chlorsilbers,
wie er besonders eingehend von W. Reinders (7) studiert wurde,
sowie der Ausführungen in der dritten Mitteilung dieser Serie. (8)
The
296 Lüppo-Cramer.
Vor kurzem haben W. D. Baldsiefen, V. B. Sease und F.F.
Renwick (9) eine außerordentlich wichtige Arbeit über die Rolle
des Jodsilbers in den Bromsilberemulsionen veröffentlicht. Die ge-
nannten Forscher bringen überzeugendes experimentelles Material
für die unerwartete Erkenntnis, daß getrennt emulgiertes Jodsilber
noch mit fertig gebildetem Bromsilber reagieren kann. Allerdings
geht diese Tatsache auch schon aus einer älteren Beobachtung von
J. M. Eder (10) hervor, der mehrfach das Auftreten zweier spek-
traler Maxima bei derartig gemischten Jod- und Bromsilberemul-
sionen feststellte. Dabei trat anfänglich ein Empfindlichkeitsverlust
gegenüber dem reinen Bromsilber ein, worauf bei weiterer Reifung
aber eine Empfindlichkeitszunahme mit einem geschlossenen spek-
tralen Bande auftrat.
Baldsiefen, Sease und Renwick bereiteten eine reine Jod-
silberemulsion, deren Rezept sie bekannt geben und die eine ziem-
lich stark variierende Korngröße ergab, die sie nach ihrem in einer
früheren Mitteilung an dieser Stelle von mir geschilderten Sedi-
mentationsverfahren in Einzelteile von verschiedener Korngröße zer-
legten. Von solchen Jodsilberemulsionen ließen sie nun jeweils ein
Quantum während der Bildung einer Bromsilberemulsion von Anfang
an zugegen sein und fanden dann, daß die entstehenden Bromjod-
silberemulsionen sich weder voneinander, noch von einer mit der
äquivalenten Jodkaliummenge hergestellten Emulsion unter-
schieden, daß es überhaupt nur auf die Quantität des Jodsilbers
und gar nicht auf dessen Korngröße ankam. Die Forscher nahmen
zuerst an, daß während der Emulgierung die größeren Jodsilber-
teilchen, die nach ihren Mikrophotogrammen ausgeprägte Kristall-
struktur erkennen lassen, durch das Bromsalz zu kleineren Teilchen
peptisiert worden seien, sie konnten aber hiervon nichts entdecken.
Wenn man indessen zu einer fertigen Bromsilberemulsion das Jod-
silber zufügte, so fand ein Empfindlichkeitsverlust statt, was ja in
Übereinstimmung mit der oben wiedergegebenen Beobachtung von
Eder stehen würde.
Baldsiefen, Sease und Renwick schreiben: „Wir müssen
also schließen, daß, wenn emulgiertes Jodsilber zu einer frisch her-
gestellten Bromsilberemulsion zugefügt wird, die letztere imstande
ist, die Jodsilberkörner zu peptisieren und mit ihnen gemischte Jod-
bromsilberkörner zu bilden. Diese Peptisation ist, wie wir gesehen
haben, nicht dem überschüssigen Alkalibromid zuzuschreiben und
das angegebene Resultat, bei dem das Jodid der fertigen Emulsion
Cer deu ee u
Zur Kenntnis des Reifungsprozesses. 297
—
zugegeben worden war, weist darauf hin, daß während des Reifungs-
prozesses diese peptisierende Wirkung rasch zerstört wird.“
„Diese Ergebnisse und Schlußfolgerungen haben eine wichtige
Bedeutung für die Theorie des Emulsionsprozesses und werden
zweifellos noch eingehende Untersuchung erfahren müssen, um an-
genommen zu werden, aber wir möchten doch die Aufmerksamkeit
darauf lenken wegen ihrer allgemeineren wissenschaftlichen Be-
deutung, da wir keinen andern Fall kennen, in dem die Oberflächen-
kräfte neu gebildeter Partikel groß genug befunden worden wären,
um eine andere feste Suspension zu peptisieren.“
Bezüglich der vielen interessanten Einzelheiten der Arbeit von
Baldsiefen, Sease und Renwick möchte ich auf das Original
verweisen. Erwähnt möge aber noch werden, daß die Autoren
ihrer Abhandlung eine ausführliche Literaturzusammenstellung über
die bisherigen Untersuchungen auf diesem Gebiete vorausschicken.
Aus dieser ist besonders interessant eine schon 1885 von A. L.
Henderson veröffentlichte Zusammenstellung aller möglichen Vari-
anten in der Art der Jodsilberbildung innerhalb einer Bromsilber-
emulsion und als erster Fall wird sogar schon die früher erwähnte
Möglichkeit aufgezählt, daß man zuerst das Jodsilber und dann erst
das Bromsilber erzeugen kann.
Anschließend an den Vortrag, den Renwick in der Royal
Photographic Society am ro Januar 1926 über die in Gemeinschaft
mit Baldsiefen und Sease ausgeführte Arbeit hielt, fand eine rege
Diskussion statt, an der sich u.a. T. Slater Price lebhaft beteiligte.
Dieser Forscher brachte besonders die Vermutung zum Ausdruck,
daß es sich bei jenen Versuchen weniger um eine Peptisierung des
Jodsilbers durch das Bromsilber, sondern um einen Einfluß der
Bromionen des überschüssigen Alkalibromides gehandelt haben
müsse,
Renwick hat weitere Mitteilungen in Aussicht gestellt, denen
man mit Spannung entgegensehen muß. Wenn sich die Auffassung
von Baldsiefen, Sease und Renwick weiter bewährt, so sind
manche bisher anerkannte Vorstellungen über die Rolle des Jod-
silbers in den photographischen Emulsionen zu revidieren.
298 Winther und Mynster.
Literatur.
1) Diese Zeitschr. 23. 290. 1925.
2) Diese Zeitschr. 23. 112 u.f. 1925.
3) Eders Handb. III. 5. Aufl. S. 719. Halle 1903.
4) Photogr. Journ. 1925. S. 303. |
5) W. Zenker, Lehrb. d. Photochromie, Neuausgabe von B. Schwalbe,
Braunschweig 1900. S. 70.
6) Kolloid-Zeitschr. 27. 145. 1920.
7) Zeitschr. physikal. Chem. 57 (6). 677.
8) Diese Zeitschr. 23. 137. 1925.
9) Photogr. Journ. 1926. S. 163.
10) Eders Handb. Il. S. 117? u. 145.
(Eingegangen am 25. August 1926.)
Ein Papierschwärzungsmesser.
Von
Chr. Winther und E. H. Mynster.
Mit 5 Figuren im Text.
(Aus dem photochemisch-photographischen Laboratorium der Technischen Hochschule
zu Kopenhagen.)
Die neueste Entwicklung der wissenschaftlichen Photographie
hat bekanntlich die Schwärzungsmessung der photographischen
Papiere in den Vordergrund des Interesses gerückt. Infolgedessen
ist eine Anzahl von Instrumenten für diesen Zweck vorgeschlagen
worden, und eine noch viel größere Anzahl von Instrumenten, die
noch nicht beschrieben sind, wird vermutlich in den verschiedenen
Laboratorien verwendet. Voraussichtlich wird aus dieser Mannig-
faltigkeit nach und nach, je nach den verschiedenen Zwecken, eine
kłeine Anzahl von bewährten Typen auskristallisieren, und von
diesem Gesichtspunkte aus dürfte es zulässig sein, auch ein Met,
instrument zu beschreiben, das seit einer Reihe von Jahren beim
hiesigen wissenschaftlich-photographischen Praktikum gute Dienste
Ein Papierschwärzungsmesser. 2099
geleistet hat und auch für genauere Messungen sehr brauchbar
erscheint. Das Instrument ist neulich, auf Grund der inzwischen
gemachten Erfahrungen, neukonstruiert worden und die folgende
Beschreibung bezieht sich auf diese neue Form.
Das Prinzip des Instrumentes ist schon mehrfach benutzt worden.
Es beruht auf der Vergleichung der zu messenden Schwärzung mit
derjenigen eines Goldbergkeiles. In Fig. ı ist das Instrument in wage-
rechtem Schnitt dargestellt worden, während Fig. 2 sein Äußeres zeigt.
Fig. ı.
A ist eine Halbwattlampe in Opalglas, C eine Grauplatte,
2. B. eine gleichmäßig belichtete und entwickelte Trockenplatte,
D eine Opalglasscheibe, die dicht hinter dem Goldbergkeil Æ liegt.
Der Keil läßt sich mittelst der Zahnstange Z und des Knopfes H
Auf- und abbewegen. Auf der Zahnstange / ist eine Millimeterteilung
@ingeschnitten. Æ ist ein Doppelprisma. Die eine Hypotenusen-
D Zche ist versilbert worden, und die Belegung auf dem mittleren
Drittel in einem senkrechten Streifen entfernt worden.
B ist eine weiß reflektierende Fläche. Als solche benutzen
Wir mit großem Vorteil einen belegten Glasspiegel, dessen nicht
belegte vordere Fläche gerade so stark matt geschliffen wurde, daß
die spiegelnde Reflexion eben verschwunden ist. Die diffuse Reflexion
ist dann innerhalb eines gewissen Winkels weit stärker als von einer
300 Winther und Mynster.
der gewöhnlich verwendeten reflektierenden Flächen. Die Messung
der Reflexion wird am Schluß dieser Abhandlung beschrieben.
G ist ein Ausschnitt an der Wand des Kastens, hinter welchem
ein Streifen (2,5 cm Breite) des zu messenden Papieres von oben
her eingeschoben wird. Das Papier wird durch Friktion von den
beiden Trommeln X auf- und abgeführt. Z ist eine eingeteilte
Fig. 2.
Trommel, die auf der gleichen Achse wie die beiden Ķ sitzt und
mittelst des Drahtes a abgelesen wird. M ist ein Okular. Die
Ablesung der beiden Skalen wird dadurch ermöglicht, daß der
Deckel des Lampengehäuses um die linke Kante drehbar angeordnet
ist. Wenn dieser Deckel, der innen blank vernickelt ist, geöffnet
wird, liefert die Lampe genügend reflektiertes Licht für die Ab-
lesungen. Im Gesichtsfeld sieht man rechts und links einen Teil
des Graukeils, dazwischen einen Teil des zu messenden Papieres.
Quer über die Mitte des Gesichtsfeldes geht ein dünner Faden, der
Ein Papierschwärzungsmesser. 301
dicht vor dem Prisma ausgespannt ist, und die Messung bezieht
sich auf Gleichheit der Schwärzung an dieser Stelle.
Wenn es sich darum handelt, die Schwärzungskurve eines
Kopiepapieres aufzunehmen, wird gewöhnlich zunächst eine Kopie
unter einem Graukeil mit bekannter Keilkonstante verfertigt, aus
dieser Kopie ein Streifen von 2,5 cm Breite ausgeschnitten und im
Instrumente durchgemessen, wobei der Streifen derart eingesetzt
wird, daß die Schwärzung von oben nach unten verläuft, entgegen
derjenigen des Graukeiless. Ein unbelichtetes, ausfixiertes Stück
desselben Papieres ergibt nachher den Nullpunkt der Schwär-
zung.
In dieser Weise wurden z. B. die folgenden Werte erhalten.
Auf dem Graukeile, nach welchem die zu messende Kopie gemacht
wird, befindet sich eine Reihe von Marken, zwischen welchen die
Schwärzung um je 0,25 ansteigt. Bei der Messung des Papierkeiles
wird gewöhnlich auf diese Marken oder, bei besonders steiler
Gradation, auch in der Mitte zwischen denselben eingestellt.
Tabelle ı enthält: ı. Die Nummer der Marken I—VII sowie
des unbelichteten Papieres (ol 2. Die Mittelwerte aus je zehn auf-
einander folgenden Ablesungen. 3. Die mittleren Fehler des Mittel-
wertes. 4. Die Differenzen gegen das unbelichtete Papier. 5. Die
daraus berechneten Schwärzungen. Die Keilkonstante war 0,22.
6. Die mittleren Fehler der Schwärzungen. 7. Die prozentische
Unsicherheit der Schwärzungswerte.
Tabelle ı.
Ma
BEREREIERBAREN
l
I | 2,07 0,009 0,21 4 0,05 0,005
u 2,67 0,009 0,81 | 0,18 0,005 Se
III 4,05 0,013 | 2,19 p 0,48 0,006 I,2
IV 6,42 0,026 4,56 | 1,00 0,009 0,9
v 8,34 0,033 | 6,48 1,43 0,011 | 0,7
VI 8,93 0,018 | 7,07 1,56 o ‚006 0,4
VII 8,90 0,016 7,04 1,55 0,006 | 0,4
o 1,86 0,013 | — — | —
Tabelle 2 zeigt die Vergleichung zweier unabhängiger Messungs-
reihen an einem anderen Papier. In jeder Reihę wurden bei jeder
Marke vier Einstellungen gemacht.
302 Winther und Mynster.
Tabelle 2.
Prozentischer
wn | I | f Unterschied
Iı | o o 9
II | o 0,03 100
III 0,08 0,09 12
IV | 0,23 0,25 8
vV l 0,45 0,465 3.3
VI 0,73 0,75 2,7
VII 1,16 1,19 2,6
VIII 1,64 1,64 S
Die Genauigkeit scheint hiernach im allgemeinen genügend
groß zu sein. Um auch der absoluten Werte sicher zu sein, haben
wir einen Papierkeil teils mit unserem Instrument, teils mit dem
Polarisationsphotometer von Martens in der Anordnung von Gold-
berg!) gemessen, wobei das Papier in beiden Fällen mit der gleichen
Lampe beleuchtet wurde. Für jede Marke auf dem Papierkeil
wurden in jeder Messungsreihe 6 Ablesungen gemacht.
Schwärzungen
nach Goldberg nach W. und M.
0,03 0,04
0,04 0,06
0,09 0,12
0,24 0,22
0,52 0,53
0,94 0,95
1,29 1,33
1,46 1,50
Das neue Instrument ergibt also offenbar keine systematischen
Fehler. Dabei ist es übersichtlicher im Bau und einfacher in der Kon-
struktion als die verschiedenen Instrumente, welche ein Polarisations-
photometer verwenden, und möchte sich deshalb besonders für das
Praktikum empfehlen.
Die Reflexion des oben genannten mattierten Spiegels wurde
mit einem Instrument gemessen, das in Fig. 3 in wagerechtem Schnitt
dargestellt ist, während Fig. 4 das Äußere desselben darstellt.
Auf den Halbkreis SS, in dessen Zentrum die Mitte der reflek-
tierenden Fläche R liegt, wird ein Film ausgespannt. Die Lampe L
sendet durch zwei feine Löcher (sowie einem Loch im Film) ein sehr
1) „Der Aufbau des photographischen Bildes“, I. Teil. 2. Aufl. 1925. S. 64.
Ein Papierschwärzungsmesser. 303
dünnes Lichtbündel zu R, wovon das Licht auf den Film reflektiert
wird. Auf den gleichen Film wurden durch Abdeckung der oberen
Fig. 3.
oder unteren Hälfte zwei Aufnahmen gemacht, wobei einmal ein
Stück weißes Papier, das andere Mal der mattierte Spiegel als re-
Fig. 4.
flektierende Fläche benutzt wurde. Außerdem wurde auf den gleichen
Film ein Graukeil einkopiert, um die Schwärzungen in relative
Lichtmengen umrechnen zu können. Das Ergebnis wird in Fig. 5
304 Winther und Mynster. Ein Papierschwärzungsmesser.
gezeigt. Die untere Figur ist mit polaren Koordinaten gezeichnet.
In der oberen Figur sind die Reflexionswinkel als Abszissen ver-
wendet. Beide Figuren zeigen, daß der mattierte Spiegel innerhalb
Fig. 5.
eines Winkels von etwa 40° eine sehr gleichmäßige Reflexion ergibt,
die weit stärker ist als diejenige des weißen Papieres. Der mattierte
Spiegel dürfte sich folglich als reflektierende Fläche für viele photo-
metrische Zwecke empfehlen.
Kopenhagen, September 1926.
(Eingegangen 4. September 1926.)
Plotnikow. Ein Beürag zur Frage über die Lichlvertelung usw. 305
Ein Beitrag zur Frage über die Lichtverteilung bei zwei
absorbierenden Medien und über die Intensitätsauffassung
in der Photochemie.
Von
J. Plotnikow.
Die Frage nach der Lichtverteilung zwischen zwei oder mehreren
lichtabsorbierenden Komponenten ist für die photochemische For-
schung von grundlegender Bedeutung, denn erst nach ihrer be-
friedigenden Lösung wird es möglich sein, die komplizierteren Licht-
reaktionen, bei denen mehrere Komponenten, die gleichzeitig das
einwirkende Licht absorbieren, auftreten, quantitativ zu untersuchen.
Mit derartigen Fällen hat man in der Praxis viel zu tun, besonders
bei pflanzenphysiologischen Untersuchungen, bei technischen Reak-
tionen, bei photochemischen Katalysen, Sensibilisierung der photo-
graphischen Platten und Farbenphotographie. Da aber hierüber
keine Einigkeit bei den Forschern herrscht, so ist meines Erachtens
jeder Beitrag, der zur Klärung dieser Frage beiträgt, von Wichtig-
keit, und deshalb möchte ich auch meinen Standpunkt dazu be-
kanntgeben. Der Einfachheit halber nehmen wir zwei lichtabsor-
bierende Komponenten an. Bezeichnen wir mit d und z, die Licht-
absorptionskonstanten, mit c, und c, die Konzentrationen und mit p
die Schichtdicke der beiden lichtabsorbierenden Komponenten, so
ist die Lichtabsorption jeder von diesen Komponenten einzeln
nach dem Beerschen Gesetze gleich a, =J/[1ı —e-'@] und
a, = JIı = erde),
Die Mischung der beiden Komponenten wird nicht die Summe
& +a, sondern eine andere Gesamtabsorption, nämlich 4 = J
[1 — e- ña- he] ergeben.
Nun entsteht die Frage, wie wird sich das absorbierte Licht
auf beide Komponenten im Gemische verteilen? Bezeichnen wir
die Absorption der einzelnen Komponenten im Gemische durch 4,
und A,. Die bisherige Meinung war die, daß man A im Verhältnis
zu — ie bp ei ie Kë _
Vers bzw. re teilt, d.h. daß für die erste Kompo
306 Plotnikow.
nente die Absorption A, = J- — [I -ersPa-s?e) und für
: ac + ca
la
die zweite A, = J — ' *;— [I — e-"/a-ra/] sein wird.
hatra
Das ist aber eine willkürliche Annahme, obgleich Langedijk?
sie experimentell und theoretisch zu bekräftigen versucht. Seine
Experimente sind bei weitem nicht einwandfrei und werden von
mir nachgeprüft, und seine theoretische Ableitung ist rein speku-
lativ, und man kann an einigen Spezialfällen zeigen, daß diese
Formel zu unmöglichen Resultaten führen muß.
Spezialfall I: Die beiden Komponenten absorbieren das Licht
enorm stark; in Wirklichkeit heißt das, daß wir z, = z, = œ nehmen
können. In diesem Fall erhält man fur die Teilabsorptionen einen
unbestimmten Ausdruck, nämlich A, = 4, = Ee der praktisch keinen
reellen Sinn hat.
Spezialfall Il: z, = oo und z, — sehr klein. Dann erhalten wir
3 e ee
wieder denselben sinnlosen Ausdruck A = ri
Spezialfall III: 2, = 00 und :, — klein; dann erhalten wir für
A, = 0, was auch keinen Sinn hat, denn, mag die Absorption auch
sehr klein sein, so können wir, falls die Komponente sehr photo-
aktiv ist, wie es bei der Photokatalyse stets der Fall ist, auch bei
sehr schwacher Absorption und sehr kleinen Konzentrationen oe.
bare, mitunter starke photochemische Wirkung erhalten. Dies alles
hat mich zur Überzeugung gebracht, daß diese Formel nicht die
richtige sein kann, wenn sie auch in bestimmten Absorptionsgebieten
im Bereich der Versuchsfehler mit dem Experiment übereinstimmende
Resultate ergeben kann. Es mußte ein anderer Weg zur Lösung
des Problems eingeschlagen werden. Als Basis dafür habe ich
den Gedanken gefaßt, daß die Gesamtabsorption A, im Verhältnis
der Absorption der einzelnen Komponenten a, und a, zu der
Summe ihrer Absorptionen a, Le, zu nehmen ist, d. h. daß
a e .. H
A = — “— A und A, = —- "2A sein müssen, oder in voller Form
a, + a a, + a
geschrieben:
; [i = e" ën ,
Ss EE EE SCH wl. pc — tfc
A Jr — e ën! [i ern d und
[i NW ende]
ER p-upa-wPe),
[2 TE EE Ir e h 1 3 ]
A ss P
EN
1) S. Langedijk, Rec. Trav, chim. d. Pays-Bas 44. 173. 933. 1925.
Ein Beitrag zur Frage über die Lichtvertellung usw. 307
Versuchen wir an diesen Formeln die oben angeführten spe-
ziellen Fälle nachzuprüfen.
L z,=:,= 00; dann erhält man für A = A, = $; was heißt
das? Das heißt, daß wenn beide Absorptionen sehr groß sind, sich
die Unterschiede ihrer absoluten Werte so ausgleichen, daß wir
praktisch eine gleiche Verteilung der Absorption auf beide Kompo-
nenten bekommen, was nichts Unnatürliches darstellt.
II. iso und z, — klein; dann erhalten wir für A, = Be j
Zoé ™
oder, falls z, sehr klein ist, nach der Reihenentwicklung A, = Ge SC
3
[1 — e7 het]
und für 4, = ei also ganz reelle Werte.
|
S
Il. ie © und z, — sehr klein, dann erhalten wir für
fu pc o I
A = Io und für A = Jr
Das Experiment muß entscheiden, inwiefern diese Formeln
richtig sich erweisen werden oder muß noch eine andere Lösung
gesucht werden. Die nähere Betrachtung dieser Formel ergibt
uns noch, daß in gewissen Bereichen der Absorption ihre Werte
von denen nach der üblichen Formel berechneten sich wenig unter-
scheiden werden, was natürlich nicht zu Mißverständnissen führen darf.
wieder ganz reelle Werte.
Zum Schluß möchte ich noch auf eine Frage eingehen, die
schon zu Mißverständnissen geführt hat, nämlich auf die Intensitäts-
auffassung in der Photochemie und speziell auf die Deutung des
Vorlesungsversuchs von Lasareff.!} Bekanntlich war das Absorp-
tionsgesetz von Grotthuss in Vergessenheit geraten und deshalb
war es verständlich, daß man das zu damaligen Zeiten schon be-
kannte Massenwirkungsgesetz fur die Lichtreaktionen anzuwenden
versucht hatte, dessen Formeln bekanntlich in bestimmtem Absorp-
tionsbereiche mit den Formeln, die aus dem Absorptionsgesetz ab-
geleitet sind, zusammenfallen, was auch irrtümlicherweise als Be-
stätigung dieser Auffassung betrachtet wurde D Als van't Hoff,
der tiefdenkende Experimentator, erkannte, daß bei Lichtreaktionen
nur die absorbierte Energie der ausschlaggebende Faktor sein muß,
war dem Grotthussschen Gesetze das quantitative Gewand gegeben
und der Intensitätsauffassung in der Photochemie kein Platz mehr
übrig geblieben. Lasareff hatte vor etwa 20 Jahren zwei schöne
1) P. Lazarett, Ann, d. Phys. 24. 661. 1907.
"IL Plotnikow, Lehrb. d. allgem. Photoch. 1920, S. 147.
308 ZPiotnikow. Ein Beitrag zur Frage usw. — Bücherbesprechung.
Vorlesungsversuche für die beiden Gesetze gegeben, die bisher bei
keinem Photochemiker Anlaß zum Zweifeln gegeben hatten. Denn
auch der mögliche Einwand, daß die Lichtintensität, ähnlich dem
Potential bei der Elektrolyse, eine spezifische photochemische Wir-
kung ausüben könnte, wird durch den zweiten Versuch behoben,
denn sonst könnten die Produkte / 4 und /, á nicht gleich sein.
Eben dieser innere tiefe Sinn und Bedeutung dieses Versuchs für
die damalige Zeit der Kristallisierung der Grundgesetze ist manchen
Forschern!) der Neuzeit entgangen und hat sie auch zu falschen
Schlußfolgerungen geführt.
1) Vgl S. Langedijk, aa O. und Zeitschr. f. phys. Chem. 120. 301. 1926;
Trans. Faraday Soc. 21. 524. 643. 1926: nach dem Kongreß beim Druck eingeschoben!
R. Wegscheider, Rec. d. Trav. chim. d. Pays-Bas 44. 1118. 1925.
Zagreb, Physiko-chem. Institut der Technischen Fakultät der
Königl, Universität, 7. Oktober 1926.
Eingegangen am 10. Oktober 1926.
Bücherbesprechung.
Handbuch der physikalischen Optik. Herausgegeben von E. Gehrcke.
Band I, erste Hälfte. 470 S. mit 223 Abb. im Text. Leipzig 1926,
J. A. Barth. M. 40.—.
Bei den Vorarbeiten zur 3. Auflage von Winkelmanns „Handbuch der
Physik“ erwies sich angesichts des überaus umfangreichen Stoffes die Zerlegung des
Gesamtwerkes in einzelne Handbücher als notwendig. Dem die geometrische Optik
umfassenden Band „Grundzüge der Theorie der optischen Instrumente“ folgt nun-
mehr das auf zwei umfangreiche Bände berechnete „Handbuch der physikalischen
Optik“. Die soeben erschienene erste Hälfte des I Bandes umfaßt die Allgemeine
Photometrie (Walter Dziobek), die Regıstrierphotometrie (P. P. Koch), die Ge
schwindigkeit des Lichts (Felix Auerbach), die Mes-.ung der Brechungsindices
(Carl Pulfrich), Allgemeines über die Brechungsindices (Felix Jentzsch), die
Brechungsindices in physikalisch-chemischer Beziehung (Georg Jaeckel), die Di-
optrik in Medien mit kontinuierlich variablem Brechungsindex (Rudolph Straubel),
die astronomische und terrestrische St'ahlenbrechung (Azeglio Bemporad und
Friedrich Wünschmann), Anomalien der terrestrischen Strahlenbrechung (Ewoud
van Everdingen), die Extinktion des Lichtes in der Erdatmosphäre (Azeglio
Bemporad und Friedrich Wünschmann), die Interferenz Wilhelm Feussner
und Ludwig Janicki) — Bei der Vielseitigkeit der physikalischen Optik, die eben
im Vordergrund nicht nur der physikalischen Forschung, sondern der ganzen exakten
Naturwissenschaften steht, war die Heranziehung möglichst vieler ausgezeichneter Fach-
männer geboten, da auf diesem Wege eine weit gründlichere Bearbeitung des ganzen `
Stoffes, als bei der Darstellung durch einen einzigen Gelehrten, zu erwarten war. Der
Berichterstatter muß sich vorerst auf diese kurze Anzrige des hervorragenden Werkes
beschränken; nach Erscheinen der weiteren Teile soll von den für unsere Leser be-
sonders wichtigen Abschnitten ausführlicher gesprochen werden. Karl Schaum.
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen.
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für
senschaftliche Photo graphie |
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K. nter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen | T AAR
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KA o. em, Professor an der Universität Bonn
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herausgegeben von | RT
K. Schaum RODEA A N
ô, 5, Professor am der Universität Gießen
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T ma KÉ va Wi ep
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| Ee N
| FE 1927
| Verlag von Johann Ambrosius Barth in Leipzig
| d Ja Ni IE OG Salomonstraße 18b
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t werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuch-
wi ee beträgt pro Band im In- "und Ausland Rm. 24.—
ri Zeg dei
ng e eins Buch Porto im Inland Km, 29-20. 79. Á CO 25.20.
2 d. März 1927
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TERN ar et
GE SE Ke Zar d ECK
max va ey ! d'Ae f u. 4
' Inhalts
3 d attert, >:
| Otto Wienerf S = p e = = D : Ki e . Se 3 er e 2
"Adolf Hnatek (Wien), Einiges ZS die Graukeitpliotminter x E EE
Ernst Wiegel, Farbe und SE EE von Silbersolen, Mit D ER
im Text. ..... Sr FA UE E
A.L.Schoen, Eine D Methode der Spekriotomeie i im Rot
und Infrarot, Mit 9 Figuren im Text . . . .: 58
Br Otto Sandvik, Über die Messung des E GE EE, 3
Bad | Schichten. Mit 7 Figuren im Text e "eh ra er E)
d
er S, Bücherbespfechung ;, ! "e "d" E. wl "éier te EE EE GE
d Anfragen und REEL sind zu richten an
P Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr, 14. >
` Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie d
| ~“ Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und
Berichterstattung möglich ist.
Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere he
BEER, welche vom ST eko werden. `
eg E nn ui
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zur Grmittelung von.
Schwärzungskurven
photographischer
Platten und Zeg
nach Prof. Dr. och
> 7a d E
.Unentbehrlich ` E S
für wissenschaftlich Z d
Forschungen u. Prüfu
in der Fabrik
PROSPEKT KOSTENLO E
Feiss IRen A.-G. Dresden 13
Vereinigte Werke : Contessa-Weitel, örnermann,Soerz,
ae `
zl
II
Digitized d Googl
Zeiticdırift für willenichaftlidie Photographie,
Photophylik und Photodiemie
XXIV. Band. 1927. Heft 9.
OTTO WIENER?
Aus rastlosem Schaffen und segensreichem Wirken wurde
am 18. Jan. 1927 der ord. Professor der Physik an der Uni-
versität Leipzig, Dr. phil., Dr. med. h. c. OTTO WIENER,
unser hochverehrter Mitarbeiter, im Alter von 64 Jahren
abberufen. Ein Forscher von Weltruf, ein begeisternder
Lehrer, ein Mensch von vornehmster Gesinnung ist mit ihm
dahingegangen. Allen, die ihn näher kannten, war er das
leuchtende Vorbild eines wohlwollenden und selbstlosen
Hochschullehrers, dessen Fühlen und Handeln von fein-
stem Verständnis für die Lage und die Bestrebungen des
akademischen Nachwuchses, der Untergebenen und der
Studierenden durchdrungen und geleitet war.
WIENER s klassische Untersuchungen über stehende
Lichtwellen und über Farbenanpassung, welche neben
ihrer hohen wissenschaftlichen Bedeutung sich auch in
praktischer Hinsicht wichtig erwiesen, indem sie die
Grundlagen für zwei Verfahren der Farbenphotographie
schufen, haben seinen Namen für alle Zeiten unlösbar
mit der Geschichte der physikalischen Optik verbunden.
Zeitsche. L wiss, Phot. 24. 22
. 310 | Hinatek.
Einiges über die Graukeilphotometer.
Von `
Adolf Hnatek (Wien).
Gelegentlich einiger photometrischer Arbeiten, bei denen neben
dem Röhrenphotometer versuchsweise auch ein Graukeilsensitometer
von Eder-Hecht benutzt worden ist, haben sich Unstimmigkeiten
ergeben, die schließlich zu einer genaueren Untersuchung des von
mir verwendeten Graukeilinstrumentes geführt haben. Über die
Ergebnisse der bezüglichen Untersuchung soll hier kurz berichtet
werden.
Zunächst kann schon die Art und Weise, wie die ganze Keil-
fläche nicht nur beim Eder-Hechtschen Instrument, sondern auch
bei den anderen Graukeilsensitometern für die verschiedenen Auf-
gaben, die von diesen Photometern gelöst werden sollen, aus-
genutzt wird, kaum eine besonders glückliche genannt werden.
Stets sind die einzelnen Schwärzungsfelder nur durch schmale un-
belichtete Linien oder durch Zwischenstreifen getrennt, deren Breite
nur einen kleinen Bruchteil der Breite der geschwärzten Felder
ausmacht, und zum Überfluß nehmen noch die für rein sensito-
metrische Messungen bestimmten Schwärzungen einen derart breiten
Raum ein (beim Eder-Hecht-Sensitometer hat dieser Schwärzungs-
kel über 2 cm Breite!), daß eine Verfälschung aller Schwärzungen
durch das Eberhard-Phänomen sicher ist. Einige Versuche haben
denn auch den Einfluß dieses Eberhard-Effektes leicht nach-
weisen lassen.
Nachdem sich zunächst ergeben hatte, daß der Graukeil seiner
ganzen Breite nach genügend homogen ist, um überall bei gleichen
Keilziffern auch gleiche Absorptionen auszuüben, also gleiche Schwär-
zungen zu ergeben, wurde derselbe zum Nachweis der Wirkung des
Eberhard-Phänomens mit einer schwarzen Maske bedeckt, die mit
einer größeren rechteckigen Öffnung versehen war, zur Verwendung
der ganzen für Sensittometermessungen vorgesehenen Keilfläche, und
die außerdem eine Reihe kleiner quadratischer Öffnungen von nur
I qmm Fläche enthielt, welche auch noch die Keilstellen gleich-
zeitig in Verwendung nehmen ließen, wo am Sensitometer die
m mer gie y er wat 8 pn rëm ` rn "er aer "ze D
Einiges über die Graukeilphotometer. 311
Ziffernfelder ausgespart sind. Diese Löcherreihe verlief damit
parallel zur danebenliegenden Kante des Sensitometerkeiles in etwa
6 mm Abstand, und, da nur auf jeden zehnten Eder-Hecht-Grad
ein Loch entfiel, betrug ihre gegenseitige Distanz Io mm. Es
konnte also danach angenommen werden, daß die durch diese
Löcherreihe gewonnenen Schwärzungen, so gut als es bei der Art
der Einteilung des Sensitometers eben möglich war, von der Wir-
kung des Eberhard-Effektes befreit sein werden.
Die folgende Tabelle gibt für eine Reihe von Aufnahmen, die
mit verschiedenen Plattensorten ausgeführt worden sind, die Diffe-
renzen der Mikrophotometerablesungen, wie sie sich zwischen den
mit dem Eberhard-Effekt behafteten Schwärzungen des breiten
Sensittometerkeils und den Schwärzungen in der Lochreihe von
10 zu 10 EH-Graden im Sinne „Lochschwärzung minus Keil-
schwärzung ergeben haben.
Schwärzungsdifferenz „Loch — Keil“
EH Deutsche Agfa Hauff Seed 2 Flavin * Lumière
Imperial | Ultra Spezial | Ultrarapid 7 Sans écran“
Bo + 0,1 + 0,3 —
70 0,3 2,6 + 0,1
60 0,5 0,9 0,6
50 0,8 1,1 1,0
40 1,1 1,2 1,3
30 1,3 0,8 1,4
20 1,0 0,4 0,9
10 + 0,6 + 0,2 + 0,4
Die Wirkung, die das Eberhard-Phänomen auf die Schwär-
zungen des breiten Sensitometerkeils genommen hat, ist in diesen
Zahlen deutlich erkennbar. Wertet man die gegebenen Schwärzungs-
differenzen in EH-Grade oder in Helligkeitslogarithmen um, was ja
durch Konstruktion der Schwärzungskurve mit den Mikrophoto-
meterlesungen leicht möglich ist, so ergibt sich, daß einer Differenz
in den Schwärzungzziffern von 1,0 im Durchschnitt etwa 2—3° EH
oder rund ot im Helligkeitslogarithmus gleichkommt. Bei Ver-
wendung des von mir untersuchten Graukeilsensitometers traten
also durch das Eberhard-Phänomen Fälschungen der Schwär-
zungen auf, die, in Helligkeiten umgerechnet, maximal bis auf 3 bis
4° EH oder auf etwa 0,14 im Helligkeitslogarithmus angestiegen
sind. Es ist klar, daß sich die Verwendung der Graukeilsensito-
EA
312 Hinatek.
meter zu exakten Untersuchungen über den Verlauf der Schwärzungs-
kurve wenigstens in ihrer jetzigen, auf die Wirkung des Eberhard-
Phänomens in keiner Weise Rücksicht nehmenden Form unter
solchen Umständen durchaus nicht empfiehlt.
Die Zahlen der obigen Tabelle lassen übrigens noch ein anderes
interessantes Verhalten bemerken. Die Differenzen „Lochschwärzung
minus Keilschwärzung“ wachsen zunächst mit fortschreitender Schwär-
zung durchwegs an, ein Umstand, der auf die schon von Eber-
hard konstatierte Tatsache zurückzuführen ist, daß die Wirkung
des Eberhard-Effektes von der Tiefe der Schwärzung abhängt,
mit der Schwärzung wächst. Bei einem für alle benutzten Platten-
sorten ziemlich gleich hohen Maximalwert beginnen diese Differenzen
aber wieder abzufallen. Bei einer Platte, Seed 27, wird die Diffe-
renz „Lochschwärzung minus Keilschwärzung“ schließlich sogar
negativ, d. h. in den ganz starken Schwärzungen ist eine Umkehrung
der normalen Verhältnisse eingetreten. Die mit dem Eberhard-
Effekt behafteten Keilschwärzungen sind bei ganz tiefen Schwär-
zungen dichter geworden als die vom Eberhard-Effekt freien
Lochschwärzungen.
Konstruiert man aus den in der Tabelle gegebenen Differenzen
über den zugehörigen Schwärzungsziffern, wie sie die Ablesung am
Mikrophotometerkeil ergeben hatte, Kurven, so erhält man für die
einzelnen Plattensorten folgende Keilziffern, bei denen die Maxima
der Differenzen „Lochschwärzung minus Keilschwärzung“ auf-
getreten sind:
Deutsche Imperialplatte . . . . 451
Agfa, Ultra-Spezil. . . . . . 46,7
Hauff, Ultrarapid . . . . . . 43,3
Seed 27 2: e u ar EE
Flavinplatte (Hauf) . . . . . 49,8
Lumière „Sans écran“ . . . . 442
Es zeigt sich also, daß das Maximum im Unterschied der
Schwärzungen von Loch und Keil für alle Platten bei fast derselben
mittleren Schwärzung eingetreten ist.
Eine Erklärung für diese eigentümliche Erscheinung, die übrigens
schon bei direkter Betrachtung der Platten, also ohne Schwärzungs-
messung, auffällt, ist nicht leicht zu geben. Allerdings zeigt gerade
der auf den Platten abgebildete Sensitometerkeil von etwa 30° EH
abwärts eine zunehmende, nicht unbeträchtliche Lichthofbildung,
Einiges über die Graukeilphotometer. 313
durch welche die Löcher aber kaum beeinflußt werden und an der
sie auch wenigstens nicht im gleichen Maße teilzunehmen scheinen,
und es wäre somit denkbar, daß der allgemeine, im Sensitometer-
keilt mit besonderer Kraft aufgetretene Lichthofschleier die Schwär-
zungen im Sensitometerkeil besonders stark vertieft hat. Ob aber
diese Erklärung wirklich richtig ist, muß wohl durch weitere Ver-
suche entschieden werden.
Die eingangs erwähnten Unterschiede zwischen den am Röhren-
photometer und mit dem Eder-Hechtschen Graukeilsensitometer
erhaltenen Bestimmungen waren aus der Wirkung des soeben nach-
gewiesenen Eberhard-Effektes nur zum Teil erklärlich. Es wurde
daher noch versucht, Röhrenphotometer und Graukeilsensitometer
direkt miteinander in Vergleiche zu bringen dadurch, daß unter Ver-
wendung derselben Lichtquelle und unter Einhaltung gleicher Ex-
positionszeit Aufnahmen mit beiden Instrumenten auf derselben
Platte ausgeführt und untereinander verglichen wurden. Es war
damit möglich, die Keilkonstante, deren Logarithmus auf allen Eder-
Hechtschen Instrumenten ganz gleich und auf 5 Dezimalen(!) mit
0,40137 angegeben wird, zu überprüfen.
Die Bestimmung der Keilkonstante durch Vergleich mit der
Röhrenphotometerskala erfolgte dabei immer zwischen je 10° EH,
und zwar sowohl im Sensitometerkeil selbst als auch in der Loch-
reihe. Im folgenden sind die Resultate zusammengestellt:
Bereich Flavin Lumière S.E. | Deutsche Hauff Englischer
EH? ortholicht. |Imperialplatte | Ultrarapid | Imperialfilm
Keilkonstanten im Sensitometerkeil (logarithmisch)
70—60 0,36 0,32 0,37 nr ne
60—50 0,34 0,30 0,35 0,32 =
50—40 0,31 0,26 0,30 0,30 0,35 ::
40—30 — — — 0,29 0,35
Mitel | 037 | 023 | 030 | oan | 035
Keilkonstanren in der Löcherreihe (logarithmisch)
70—60 0,37 0,33 0,36 = —
60-50 0,36 0,31 0,36 0,35 —
50—40 0,31 0,28 0,31 0,31 0,34 ::
40—30 _ _ == 0,31 0,34
Mittel | aa | 0307 | 0343 | 0323 | 034
Für die ersten vier Platten kam als Lichtquelle eine Kreide-
fläche in Verwendung, die von einer sokerzigen Metallfadenlampe
beleuchtet war, bei der letzten Aufnahme auf Imperialfilm wurde
314 Anatek.
Magnesiumlicht benutzt, das von derselben Kreidefläche diffus reflek-
tiert wurde.
Nach den Zihlänergebaisien der obigen Tabelle haben die Ver-
suche somit folgendes ergeben:
I. Die Keilkonstante ist durchwegs wesentlich kleiner als 0,40137,
wie auf dem Instrument angegeben wird.
2. Nicht alle Plattensorten haben dieselben Werte für die Keil-
konstante geliefert und allem Anschein nach spielt ebenso auch
die Farbe der Lichtquelle eine Rolle.
3. Die Keilkonstante ist bei kleineren Schwärzungen (größeren
EH-Graden) größer, bei größeren Schwärzungen, also kleineren EH-
Graden dagegen kleiner herausgekommen.
4. Aus den Messungen an den Lochschwärzungen haben sich
in der Regel größere Keilkonstanten ergeben, als aus den Mes-
sungen im Sensitometerkeil.
Letzteres (Punkt 4) ist ohne weiteres begreiflich, da die Keil-
konstante durch das Auftreten des Eberhard-Phänomens im Sen-
sitometerkeil gedrückt wird.
Die unter 2. und 3. angeführten Eigenfümlichkeiten dürften
jedenfalls auf die merkbare Grundfärbung des Graukeils zurück-
zuführen sein. Denkt man sich den Keil nämlich zusammengesetzt
aus einem wirklich neutralen Graukeil, der im Spektrum keinerlei
selektive Absorption ausübt, und aus einem darübergelegten Grün-
keil, so wird durch den Letzteren nicht nur die Wirkung ver-
schiedener Emulsionen von nicht ganz gleicher Farbenempfindlich-
keit verschieden beeinflußt, sondern auch Licht verschiedener Licht-
quellen anders getönt; und des weiteren wird die selektive Absorp-
tion des Grünkeils bei den niederen EH-Graden, also dort, wo der
Keil dünner, die Farbe daher weniger konzentriert ist, geringer sein,
als an den dickeren Stellen des Keils mit den größeren EH-Zahlen,
wo die Farbdichte größer ist. Den größeren EH-Graden werden
also folgerichtig auch die größeren Keilkonstanten zukommen
müssen.
Was die unter ı. angeführte Eigentümlichkeit betrifft, daß die
Keilkonstante aus dem Vergleich mit dem Röhrenphotometer durch-
wegs kleiner erhalten worden ist als 0,401, wie auf dem Instrument
angegeben, so ist nicht gerade ausgeschlossen, daß auch diese Dis-
krepanz ihre Ursache in der starken Grünfärbung des Keiles hat.
Da nämlich der auf dem Instrument vermerkte Wert von 0,401
Einiges über die Graukeilphotometer. 315
aus Messungen am Martensschen Polarisationsphotometer, also auf
visuellem Wege abgeleitet worden sein soll, während hier der photo-
graphische Weg eingeschlagen worden ist, wäre nicht unmöglich,
daß die Nuance der Grünfärbung gerade derart ist, daß sie die
Gradation der verwendeten photographischen Emulsionen etwas
weniger beeinflußt als die Messung mit dem Auge. Wahrschein-
licher erscheint mir allerdings, daß bei den Messungen am Martens-
Photometer auf den Callier-Effekt nicht genügend Rücksicht ge-
nommen worden ist, der bekanntlich dahin wirkt, daß die Messung
der Absorption von Emulsionen im parallelen Strahlengang (visuelle
Messung am Martensschen Polarisationsphotometer) immer größere
Werte für die Absorptionskonstante liefert, als die Messung mit un-
gesträhltem Licht (photographische Bestimmung). Vielleicht haben
auch beide Möglichkeiten, Grünfärbung und Callier-Effekt, zu-
sammen gewirkt.
Ob es überhaupt so leicht sein dürfte, einen wirklich gänzlich
neutral gefärbten Gelatinekeil durch Emulsionierung von Tusche und
Beigabe irgendeines (blauen), die Färbung dieser Emulsion neu-
tralisierenden Farbstoffes zu erzielen, erscheint mir nach meinen
vielfachen Untersuchungen über die Absorptionsspektren verschie-
dener Farbstoffe fraglich; zum mindensten dürfte die fabriksmäßige,
also nicht mehr rein individuelle Herstellung solcher Keile Schwierig-
keiten bereiten. Das mahnt aber dann bei der Verwendung von
solchen Graukeilen bei genauen photometrischen Bestimmungen
immer zu größter Vorsicht. Es wird sich daher kaum empfehlen,
Graukeile irgendwelcher Herkunft ohne vorherige eingehende, und
zwar auf photographischem Wege mit der später zu verwendenden
Lichtquelle vorgenommene Prüfung zu genauen photometrischen
Messungen und Untersuchungen zu verwenden.
Wien, im Sept. 1926.
Eingegangen am 8. Oktober 1926.
316 Wiegel.
Farbe und Lichtempfindiichkeit von Silbersolen.
Von
Ernst Wiegel.
Mit ı Figur im Text.
1. Die langsame Koagulation der Dextrinsilbersole.
Bei Versuchen mit!) Carey Leaschen Dextrinsilbersolen
machte ich die Beobachtung, daß sie ihre zunächst braungelbe
Durchsichtsfarbe mit der Zeit über Orange, Purpurrot, Violett nach
Blau verändern, und zwar sind die dabei auftretenden Farben von
großer Reinheit. Zum Schluß schlägt sich das kolloide Silber als
Niederschlag zu Boden. Die Sole zeigten die folgenden Konzen-
trationsverhältnisse. Das aus einem Reaktionsgemisch von
7,0 cm? ı0°/,iger Dextrinlösung 2),
7,0 cm? ı0°/,iger Natronlauge,
5,0 cm? ı0°/,iger Silbernitratlösung,
16,0 cm? dest. Wasser
entstehende konzentrierte Sol wurde !/, Stunde nach dem Eintreten
vollständiger Peptisation des entstehenden hochdispersen Silbers auf
1000 cm? verdünnt. Die Mengenverhältnisse entsprechen der
Carey Leaschen Vorschrift, vgl. Fußnote. An den so erhaltenen
Solen von braungelber Durchsicht und schwarzer Aufsicht wurden
die erwähnten Farbänderungen beobachtet. Der Farbumschlag bis
zur orangen Durchsichtsfarbe erfolgte bei Solen von der oben-
stehenden Konzentration innerhalb eines Zeitraums von 3!/, Monaten
bei Zimmertemperatur und Stehen im Dunkeln. Die Vermutung,
daß diese Erscheinung durch eine langsame Koagulation durch die
in den Solen von der Herstellung her enthaltenen Elektrolyte be-
1) Hergestellt nach Vorschrift, vgl. Carey Lea, Übersetzung von Lüpp°°
Cramer, S. 131. Sie lautet dort folgendermaßen: „Man löst in zwei Liter Wasser
40 g Ätznatron und 40 g Dextrin und filtriert, wenn nötig. Dann löst man 28 g Silber-
nitrat in sehr wenig Wasser und setzt dieses nach und nach dem vorigen ZU. Es
tritt sofort vollständige Lösung ein“,
2) Benutzt wurde z. B. Dextrin gelb des Handels, aber es eignen sich auch die
weiter unten erwähnten anderen Dextrinsorten.
Farbe und Lichtempfindlichkeit von Sulbersolen. 317
dingt sei, wurde durch die weiter unten beschriebenen systematischen
Versuche bestätigt.
Vorher sei noch einiges zur Darstellung der Dextrinsilbersole
selbst bemerkt. Der Carey Leaschen Dextrinmethode liegen
folgende Vorgänge zugrunde. Durch Zusatz einer stark alkalischen
Dextrinlösung zu einer konzentrierten Silbernitratlösung wird primär
graubraunes Silberoxyd ausgefällt, das sekundär zu elementarem
Silber reduziert wird. Infolge der peptisierenden Wirkung der Dex-
trinlösung geht das in hochdisperser Form entstehende Silber sofort
als Kolloid in Lösung. Da zur Umsetzung des Silbernitrates in
Silberoxyd nur der sechste Teil der von Carey Lea vorgeschrie-
benen Natronlauge verbraucht wird, so ist der größte Teil noch als
freies Hydroxyd in den Solen enthalten und verleiht diesen alka-
beschen Charakter.
Zur Darstellung ist es zweckmäßig, nur frisch hergestellte Natron-
lauge zu verwenden. Denn wie ich beobachten konnte, wird die
Natronlauge durch längeres Stehen in den Flaschen, wobei sich
gewöhnlich ein weißer, flockiger Niederschlag ausscheidet, zur Dar-
stellung des kolloiden Silbers immer ungeeigneter. Die Peptisation
ist dann unvollständig, d. h. das Silber setzt sich ganz oder teilweise
als nicht peptisierbarer Niederschlag ab. Es ist dies sicher darauf
zurückzuführen, daß unter dem Einfluß der Natronlauge aus der
Glasmasse mehrwertige Kationen in Lösung gehen, die Auf das
kolloide Silber stark flockend wirken und so die Peptisation ver-
hindern.
Untersuchungen des Verfassers bezüglich des Einflusses der bei
der Darstellung verwandten Natronlaugemenge auf die Solbildung,
führten bei Verwendung vier verschiedener!) Dextrinsorten von Merck,
Darmstadt, zu dem Ergebnis, daß ein geringerer Natronlaugezusatz
als nach Carey Lea der Solbildung wie auch der Stabilität (vgl.
hierzu Tab. 2) weit günstiger ist. Während bei einigen Dextrinen
bei einem NaOH-Gehalt des Reaktionsgemisches entsprechend der
Carey Leaschen Angabe bzw. bei einem noch höheren die Pepti-
sation des reduzierten Silbers unvollständig war, ging bei einem
niedrigeren NaOH-Gehalt, entsprechend der folgenden Vorschrift, bei
allen Dextrinen das Silber vollständig in Lösung. Das Reaktions-
gemisch bestand aus:
D Es waren dies: Deztrin gelb, D. weiß, D. purum, D. puriss. alcohol prae-
cipitat,
318 Wiegel.
7,0 cm? 10°/,iger Dextrinlösung,
3,0 cm? ı0°/,iger Natronlauge,
5,0 cm? 10°/ iger Silbernitratlösung,
20,0 cm? H,O dest.
Die hieraus entstehende Solmenge wurde wie vorher !/, Stunde
nach dem Eintreten vollständiger Peptisation stets auf 1000 cm?
verdünnt.
Zur Untersuchung des Einflusses des Elektrolytgehaltes der Sole
auf die eingangs erwähnten Farbänderungen wurden drei Sole mit
gelbem Dextrin nach der letztgenannten Vorschrift hergestellt. Beim
Verdünnen der Sole wurde zweien noch eine bestimmte Menge
Natronlauge zugesetzt, so daß die Sole im Liter 3,0 cm? bzw. 6,7 cm?
bzw. 15,0 cm 10°/, ige Natronlauge enthielten. Um eventuelle Licht-
wirkungen festzustellen, wurden die Solmengen noch einmal geteilt.
Die eine Hälfte, bezeichnet mit Ia, IIa, IIIa wurde im Dunkeln
aufbewahrt, die andere, bezeichnet mit Ib, IIb, IIIb, im diffusen Tages-
licht stehen gelassen. Bereits nach zwei Monaten zeigte das dem
Licht ausgesetzte Sol IIIb mit 15,0 cm? ı0°/,iger Natronlauge im
Liter eine starke Veränderung der braungelben Durchsichtsfarbe nach
Orange. Nach AL Monaten ergab sich folgendes Bild.
Tabelle ı.
ul cm? 10°/ ige NaOH | Durchsichts- . e : Extinktions-
Sol E | farbe Ultramikroskopisches Bild
Ia 3,0 cm? braungelb sehr viele lichschwache | —
Ib 3,0 braungelb blaue Teilchen II
sehr viele lichtschwache
Ia 6,7 » orangegelb blaue, wenige gelbgrüne III
Teilchen
überwiegend gelbgrüne
IIb 6,7 » purpurrot | Teilchen | IV
III a 15,0 y» rötlich violett | meist grüngelbe Teilchen N
viele gelbweiße licht-
> Se biau l starke Teilchen } Er
Die Sole Ia und Ib zeigten nach dem erwähnten Zeitraum von
3'%/, Monaten noch keine makroskopisch beobachtbare Farbverän-
derung. Erst nach 5!/, Monaten hatte sich bei Sol Ia die Durch-
sichtsfarbe bis zum Orange verändert. Zusammenfassend sei in der
folgenden Tabelle noch einmal die Abhängigkeit der Zeitdauer der
Farbänderung bis zum Orange von dem NaOH-Gehalt dargestellt
Farbe und Lichtempfindlichkeit von Sılbersolen. 319
Tabelle 2.
Sol cm? 10°/ ige NaOH Zeitdauer bis zur
in 1000 cm? Farbänderung n. Orange
Ia 3,0 cm? il Monate
Ila 67 » 4 „
Dia 15,0 „ CNR e
Aus dieser wie auch aus Tab. ı ergibt sich, daß die Farb-
änderung um so schneller erfolgt, je höher die Konzentration der
Natronlauge innerhalb des Soles ist. Daß nicht ein spezifischer Ein-
fug der Natronlauge vorliegt, sondern daß sie lediglich als Elek-
trolyt eine koagulierende Wirkung auf die Teilchen des Sols ausübt,
geht daraus hervor, daß der Zusatz von andern Elektrolyten wie
KNO,, Sr(NO,), ebenfalls diese Farbänderungen bewirkt. Bei Solen
nach der vom Verfasser abgeänderten Vorschrift hat man etwa die
gleichen Flockungszeiten wie bei den Solen Ila und Ia bei einer
KNO,-Konzentration = n/50 bzw, n/100 oder einer Sr(NO,),-Konzen-
tration == n/5000 bzw. n/10000.
Hiernach kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die lang-
samen Farbveränderungen der ungereinigten Dextrinsilbersole durch
die von der Darstellung her in ihnen enthaltenen Elektrolyte bedingt
sind, d. h. daß die Farben als Flockungsfarben des kolloiden Silbers
betrachtet werden müssen. Ergänzend konnte festgestellt werden,
daß gereinigte, d. h. von Elektrolyt größtenteils befreite Sole diese
Farbänderungen noch nicht innerhalb eines Jahres zeigen.
2. Die Lichtempfindlichkeit der Dextrinsilbersole.
Vergleicht man in Tabelle ı die Durchsichtsfarben der im
Dunkeln aufbewahrten Sole Ia, IIa, Dia mit den Durchsichtsfarben
der dem Tageslicht ausgesetzten Sole Ib, IIb, IIIb (vgl. auch die
Extinktionskurven), so ersieht man hieraus ohne weiteres die be-
schleunigende Wirkung des Lichtes auf diesen Flockungsvorgang.
Dieser Unterschied in den Durchsichtsfarben wurde vom Verfasser
stets beobachtet, wenn von demselben Sol der eine Teil dem diffusen
Tageslicht ausgesetzt blieb und der andere im Dunkeln aufbewahrt
wurde. Immer war das belichtete Sol weitergehend geflockt als das
im Dunkeln aufbewahrte. Es liegt zweifellos ein Einfluß des Lichtes
vor. Besonders leicht beobachtbar wird die flockende Wirkung des
Lichtes auf diese Sole bei Betrachtung im Beleuchtungskegel des
320 Wiegel
Kardioidultramikroskops. Um Wärmewirkungen auszuschalten, wurde
zur Absorption der Wärmestrahlen eine Küvette mit verd. CuSO,-
Lösung zwischen Beleuchtungsbogenlampe und Ultramikroskop ein-
geschaltet. Als besonders lichtempfindlich erwiesen sich die Sole
im orangefarbigen Stadium. Die Lichtwirkung tritt folgendermaßen
in Erscheinung. Das Sol zeigt in den ersten Sekunden blaues Ge-
sichtsfeld; bei schärferer Beobachtung bemerkt man sehr viele licht-
schwache blaue Teilchen von starker Brownscher Bewegung. Inner-
halb von 10—20 Sekunden nimmt die belichtete Stelle grüne, dann
gelbe und schließlich gelbweiße Farbe an. Inmitten des blauen
Gesichtsfeldes entsteht in kurzer Zeit an der belichteten Stelle ein
lichtstarker gelbweißer Fleck von Ag-Teilchen, die sich bei starker
Vergrößerung (Leitz Ok. 18 Objektiv. 5.) als Sekundärteilchen er-
kennen lassen. Durch Einschaltung von verschiedenen Lifa-Licht-
filtern wurde festgestellt, daß die kurzwelligen Strahlen am wirk-
samsten sind; während bei violetten und blauen Strahlen die Er-
scheinung innerhalb 40—60 Sekunden auftritt, rufen die lang-
welligen roten Strahlen innerhalb von 10—ı5 Minuten noch keinen
deutlich sichtbaren Effekt hervor.
Ein weiterer Beweis für die Lichtempfindlichkeit dieser Dextrin-
silbersole ist folgende Tatsache. Es konnte mehrfach beobachtet
werden, daß Dextrinsilbersole, die längere Zeit bei einseitiger Be-
leuchtung dem diffusen Tageslicht ausgesetzt waren, an der dem Licht
zugekehrten Seite der Glaswand einen Belag von kolloidem Silber
absetzten. Gezahnte Etiketten, die sich eventuell an der Lichtseite
befanden, wurden hierbei von der Silberschicht glatt abgebildet,
indem sich an den bedeckten Stellen kein Silber ausschied. Es ist
diese Erscheinung zweifellos auf eine Koagulation unter dem Ein-
fluß des Lichtes zurückzuführen.
3. Spektralphotometrische Messungen.
Zur genaueren Festlegung der bei der langsamen Koagulation
der Dextrinsilbersole auftretenden Durchsichtsfarben wurden von den
in Tabelle ı erwähnten farbigen Solen mit Hilfe des König-Mar-
tensschen Spektralphotometers die Extinktionskurven gemessen.
Da jedes einzelne Sol die Farbenfolge von Gelb über Orange, Pur-
purrot, Violett nach Blau durchläuft, so gelten die hier an mehreren
Solen in verschiedenem Flockungsstadium gemessenen Kurven auch
für jedes einzelne. Die Kurven stellen der Reihe nach die Flockungs-
Farbe und Lichtempfindlichkeit von Subersolen. 321
farben des kolloiden Silbers bei der langsamen Koagulation dar.
Die Sole sind für die Messungen sehr gut geeignet. Zur Erreichung
der günstigsten Verdünnung kann man sie einfach mit destilliertem
Wasser verdünnen, ohne daß man dabei eine Änderung des Dis-
persitätsgrades zu befürchten braucht. Auch ist es nicht nötig, zu
einer eventuellen Stabilisierung Gelatine zuzusetzen, wie es bei den
spektralphotometrischen Messungen von Schaum und Marx!) sich
als zweckmäßig erwies, als sie die Flockungsfarben von Carey Lea-
schen Dextrinsilbersolen bei schneller Koagulation studierten.
Die in der folgenden Tabelle angegebenen Extinktionskoefh-
zienten e sind alle auf die gleiche Ag-Konzentration c = 0,076 g
pro Liter und dieselbe Schichtdicke d = 1,0 cm bezogen. Es ergeben
sich hieraus für die einzelnen Sole die in nachstehendem Diagramm
eingezeichneten Extinktionskurven. Kurve I entspricht einem nach
der angegebenen Vorschrift hergestellten braungelben Sol kurz nach
der Darstellung. Die Kurven II—VI beziehen sich auf die in Tabelle ı
erwähnten Sole.
Sol I II HI IV Vi VI
À up) ursprüngl. | braungelb | orangegelb | purpurrot violett
3:57 2,59 1,59
4,06 2,83 1,64
4,80 3,14 1,73
4,99 3,50 1,89
3,73 3,96 2,09
1,93 415 2,29
1,06 3,62 2,47
0,665 2,67 2,52
0,491 1,86 2,40
0,383 1,39 2,01
0,302 1,04 1,57
0,268 0,857 1,33
Die Kurven IV—VI zeigen ein ausgeprägtes Absorptionsmaxi-
mum, das der Sole I—III liegt im Ultraviolett. Wie bei den nach
der Verstärkungsmethode hergestellten Solen verschiebt es sich mit
zunehmender Teilchengröße nach größeren Wellenlängen. Es gilt
demnach auch für die durch langsame Koagulation entstehenden
farbigen Silbersole die Ostwaldsche Farbenregel. Die Kurven
zeigen sogar eine auffallende Ähnlichkeit mit den aus der Mieschen ?)
1) K, Schaum u, Th, Marx, Koll,-Zeitschr. 31, 67.
"E Müller, Ann. d. Phys. 85. 500. 1911.
2322 Wiegel.
Theorie folgenden Kurven für die Strahlung von Silbersolen. Im
Gegensatz zu den violetten und blauen Solen, wie sie von Schaum
und Marx!) durch schnelle Koagulation von Carey Leaschen
Dextrinsilbersol erhalten wurden, zeigen die Kurven der durch lang-
same Koagulation entstehenden Sole nur ein Maximum. Wie aus
€
5
480 20 560 600 640
Fig. ı.
der Arbeit von Schaum und Marx ersichtlich, zeigen die durch
schnelle Koagulation entstehenden violetten und blauen Sole 1
ihren Extinktionskurven mehrere Absorptionsmaxima. Es ist dies
zweifellos auf Unterschiede in dem Flockungsvorgang zurückzuführen.
Bei der schnellen Koagulation durch größeren Elektrolytzusatz trete?
1) K. Schaum und Th. Marx, a. a, O.
æ -r e Cem pm
Farbe und Lichtempfindiichkeit von Silbersolen. 323
lokal stärkere Flockungen ein, solange der Elektrolyt noch nicht
vollkommen gleichmäßig verteilt ist. Hierdurch wird die Hetero-
dispersität dieser Sole und damit auch das Auftreten mehrerer Ab-
sorptionsmaxima bedingt. Die langsame Koagulation verläuft im
Gegensatz zu der schnellen äußerst gleichmäßig, besonders beim
Stehen im Dunkeln, und hierauf ist die Homodispersität dieser Sole
und damit das Auftreten von nur einem Ätsorptionsmaximum zu-
rückzuführen.- Besonders die purpurroten Sole erweisen sich von
äußerster Farbkrafe Die von The Svedberg?) eingeführte
Größe ı/lim 2 dürfte nach Überschlagsrechnungen kleiner als 6- 10°
sein, d. h. die durch langsame Koagulation entstehenden purpurroten
Silbersole würden an Farbkraft sogar die rubinroten Goldsole über-
treffen.
4. Die Aufsichtsfarben der Dextrinsilbersole.
Wohl am auffallendsten unterscheiden sich die hier beschriebenen,
durch langsame Koagulation entstehenden, farbigen Silbersole von
den nach der Zsigmondyschen Verstärkungsmethode?) gewonnenen
durch ihre Aufsichtsfarbe. Während die letzteren eine Aufsichts-
farbe zeigen, die etwa die Komplementärfarbe zu ihrer jeweiligen
Durchsichtsfarbe darstellt, zeigen die hier beschriebenen Sole alle
eine dunkle, schwarze bis braune Aufsichtsfarbe, trotzdem ihre
Durchsichtsfarben von großer Reinheit sind (vgl. die gemessenen
Extinktionskurven). Zur Erläuterung seien die Aufsichtsfarben der
auf die beiden genannten Arten entstehenden farbigen Sole in der
folgenden Tabelle nebeneinander gestellt.
Tabelle 3.
gelb bräunlich schwarz | bräunlich schwarz | —_—
orange blaugrau schwarzbraun blaugrün
purpurrot dunkel olivgrün dunkelbraun dunkelgrün Ba
violett hell olivgrün braun hellgrün glänzend
blau olivgelb braun gelb
—
N The Svedberg, Koll.-Zeitschr. A 168. 1909.
3) wie sie zuerst Lüppo-Cramer zur Darstellung von farbigen Silbersolen be-
nutzte, vgl. Lüppo-Cramer, K.-Z. 7. 99.
wie sie später in modifizierter Form auch Schaum und Lang anwandten,
vg. Schaum und Lang, K.-Z. 28. 243.
324 Wiegel.
un Áe o- E? E
Bemerkenswert ist, daß das Sol von gelber Durchsichtsfarbe
als Ursprungssol für beide Solarten in Spalte II und III der Tabelle
genau dasselbe ist. Für Sole nach der Verstärkungsmethode wird
dieses hoch disperse Sol als Keimsol verwandt; für Sole der anderen
Art ist es das Ausgangssol, das im Laufe der langsamen Koagula-
tion allmählich seinen Dispersitätsgrad verringert.
Die durch Verstärkung erzeugten farbigen Silbersole haben die
typische Aufsichtsfärbe der Metallsole, indem sie infolge der starken
seitlichen Ausstrahlung den sog, „Metallschimmer“!) zeigen. Im
Gegensatz hierzu macht die Aufsichtsfarbe der durch langsame
Koagulation entstehenden Sole mehr den Eindruck einer Trübungs-
farbe. Durch zunehmende Trübungsstärke bei weitergehender Koagu-
lation wird eine Aufhellung der bräunlich schwarzen Aufsichtsfarbe
des ursprünglichen Sols bedingt. Besonders auffallend wird der
Unterschied bei den Solen von violetter und blauer Durchsichts-
farbe. Die Ungleichheit der Aufsichtsfarben bei sonst gleicher Durch-
sichtsfarbe ist zweifellos in einer verschiedenen Struktur der Teilchen
begründet.
Bei den durch Verstärkung, d.h. durch Anlagerung von Silber
in statu nascendi an schon vorhandene Silberkeime, entstehenden
Teilchen muß man ihrer Bildung nach schon einen kompakteren
Aufbau annehmen. Die Anlagerung des Silbers wird hierbei ziem-
lich dem Raumgitter des massiven Metalls entsprechen, und hieraus
erklärt sich auch die starke Reflexion des Lichtes. Hingegen werden
die Teilchen der durch langsame Koagulation entstehenden Sole
mehr Sekundärteilchencharakter haben, d. h. sie werden mehr oder
weniger dicht gelagerte Aggregate von Ag-Primärteilchen sein, die
sich im Solzustand noch nicht völlig im optischen Kontakt befinden.
Erst wenn man das kolloide Silber am Ende der langsamen Koagu-
lation, nachdem es also vollkommen ausgeflockt ist, abfiltriert und
auf dem Filter eintrocknen läßt, tritt der Metallcharakter der Teil-
chen hinsichtlich ihrer Aufsichtsfarbe in Erscheinung. Das in feuchtem
Zustande noch dunkelbraune Gel nimmt nämlich beim Eintrocknen
starken Metallglanz an, der je nach der Durchsichtsfarbe des kol-
loiden Silbers noch eine bestimmte Eigenfarbe zeigt; insofern wäre
es wohl richtiger, von einem farbigen Metallschiller zu sprechen,
Zeigte das ausgeflockte Silber beim Suspendieren im Dispergens
blaue Durchsichtsfarbe, wie dies bei weitgehendster Koagulation der
1) Vgl. hierzu Wo. Ostwald, Licht und Farbe in Kolloiden S. 66.
Farbe und Lichtempfindlichkeit von Silbersolen. 325
Sole stets der Fall war, so ist die eingetrocknete Schicht auf dem
Filter von gelbem Metallglanz. Unter Umständen kam es auch vor,
daß das Sol bei violetter bzw. roter Durchsichtsfarbe teilweise sich
absetzte.!) Solches Silber zeigte beim Eintrocknen dann hellgrüne
bzw. tief dunkelgrüne Aufsicht, wie dies auch aus Tabelle 3, Spalte IIb)
zu entnehmen ist. Dabei erinnert die tief dunkelgrüne, metallisch
e änzende Substanz lebhaft an organische Farbstoffe, so daß man
Carey Lea?), der ebenfalls solche metallisch glänzenden Oberflächen-
farben beobachtete, verstehen kann, wenn er schreibt: „Wenn man
diese Effekte beobachtet, wird man lebhaft an gewisse Teerfarben
erinnert, sowohl was die intensive Färbefähigkeit betrifft, als auch
deren metallisch glänzende Oberfläche. Ich wüßte nicht, daß irgend-
eine anorganische Substanz diese Ähnlichkeit in so bemerkbarem
Grade besäße.“
Das Auftreten der verschiedenen Aufsichtsfarben beweist, daß
die Unterschiede im Dispersitätsgrad beim Eintrocknen der Schicht
erhalten bleiben. Das Gesetz, daß Aufsichtsfarbe und Durchsichts-
farbe komplementär sind, gilt für das durch langsame Koagulation
entstehende farbige Silber nicht in der Solform, wohl aber für das
eingetrocknete Gel. Die Unterschiede in den Aufsichtsfarben sind
auf verschiedene Teilchengrößen zurückzuführen, und in diesem Sinne
snd auch die von Carey Lea in seinen Arbeiten zitierten ver-
schiedenfarbigen Formen des Silbers zu verstehen.
Weitere Veröffentlichungen werden in meiner demnächst er-
scheinenden Dissertation erfolgen.
1) Das letztere scheint offenbar stets bei den von Carey Lea selbst her-
gestellten Dextrinsilbersolen der Fall gewesen zu sein. Es geht dies aus seiner
folgenden Äußerung hervor (vgl. hierzu Carey Lea, Übersetzung von Lüppo-
Cramer, S, 131): „Zuweilen wird aber das Silber spontan unlöslich, wenn die alka-
Iische Flüssigkeit ein oder zwei Monate steht, wobei der größte Teil herausfällt und
als tiefrote Substanz am Boden liegt und ein Teil mit ziegelroter Farbe suspendiert
bleibt.“ Aus der Tatsache, daß seine Sole schon nach ein bzw. zwei Monaten bis
zur roten Durchsichtsfarbe geflockt waren, ergibt sich, daß die Carey Leaschen Sole
(wahrscheinlich infolge der starken Alkalität) relativ unbeständig waren (vgl. 1.,
Tabelle 2), So ist es auch zu erklären, daß er nicht den weiteren Verlauf dieser
langsamen Koagulation beobachtete.
?) Carey Lea, Übersetzung von Lüppo-Cramer, S. 132.
Gießen, Physikalisch-chemisches Institut, Dezember 1926.
Zeitschr. L wiss, Phot. 24. 23
326 Schoen.
Eine photographische Methode der Spektraiphotometrie im Rot und
Infrarot.
Von
A. L. Schoen.
Mit 9 Figuren im Text.
(Mitteilung Nr. 293 des Forschungslaboratoriums der Eastman-Kodak Co. Veröffentlicht
durch die Technische Abteilung der Kodak G. m. b. H., Berlin.)
Die Vorteile der photographischen Methoden der Spektral-
photometrie sind in mehreren kürzlich erschienenen Arbeiten kritisch
erörtert worden. In den Berichten des O. S. A. Progress Kommitees
über Spektralphotometrie (1) wurden die Vorzüge von allen Ver-
fahren, die für die Praxis von Bedeutung sind, aufgezählt und Jones
hat in seiner vor kurzem veröffentlichten Arbeit über „Eine neue
Methode der photographischen Spektralphotometrie“ (2) eine ge-
drängte Übersicht über die Vorsichtsmaßregeln gegeben, die bei der
Verwendung photographischen Materials zu spektralphotometrischen
Messungen getroffen werden müssen.
Den Messungen im sichtbaren und ultravioletten Gebiet des
Spektrums hat man viel Beachtung zugewendet, doch hat man
meines Wissens der Verwendung photographischen Materials für
Messungen im Infrarot sehr wenig oder überhaupt keine Auf-
merksamkeit geschenkt. Zweifellos ist das auf die Tatsache zurück-
zuführen, daß photographisches Material von für diesen Zweck aus-
reichender spektraler Empfindlichkeit erst seit kurzem zur Verfügung
steht. Man hat zum Photographieren von Spektren mit Dicyanin
sensibilisierte Platten benutzt, doch behalten dieselben nur eine
relativ kurze Zeit hindurch ihre maximale Empfindlichkeit bei und
sind beträchtlichen Schwankungen in der Empfindlichkeit unter-
worfen, sofern man nicht in der Technik der Sensibilisierung eine
gewisse Übung besitzt. Mit der Einführung des neuen Sensibili-
sators Neocyanin (3) wurde es möglich, Spektren ohne Schwierigkeit
bis zur Wellenlänge 900 mu (Fig. I) aufzunehmen, auf hypersensi-
bilisiertten Schichten bis zur Wellenlänge 1000 mu. Diese Platten
Eine photographische Methode der Spektralphotometrie im Rot und Infrarot. 327
sınd im Handel erhältlich, sie halten sich gut und erfordern bei der
Entwicklung keine spezielle Behandlung.
Die spektralphotometrischen Charakteristiken einer großen An-
zahl gefärbter Gelatinefilter wurden in diesem Laboratorium ge-
messen; diese Daten sind in der Broschüre „Wratten Lichtfilter“
veröffentlicht worden. Die Daten umfassen einen spektralen Bereich
von 200—700 mu. In der Literatur sind diesbezügliche Daten zu
finden, die sich auf verschiedene Arten gefärbten Glases beziehen,
das im Handel erhältlich ist, und auf einige farbige Lösungen, die
zum Absorbieren gewisser Wellenlängen Verwendung finden. Im
allgemeinen erstrecken sich diese Angaben auf ungefähr denselben
Bereich wie die oben erwähnten und über die Absorptionscharakte-
ristiken derartigen Materials in dem Gebiet zwischen 700 mp und
1000 mu ist sehr wenig bekannt.
Fig. ır.
Auf einer mit Neocyanin sensibilisierten Platte aufgenommenes Keilspektrum.
Die ständige Zunahme der Verwendung von panchromatischenı
photographischen Material (4), das eine nutzbare Empfindlichkeit
bis 760 mu hat, und speziellen für Infrarot empfindlichen Materials
laßt es wünschenswert erscheinen, die Daten bezüglich der selektiven
Absorption der Filter in dem Bereich der längeren Wellenlängen
zu kennen. Derartige quantitative Messungen sind für manche Auf-
gaben von Wichtigkeit, wie die Erzielung von „Nacht“- oder Mond.
lichteffekten“ beim Photographieren von durch Sonnenlicht beleuchtete
Szenen (5), für biologische Versuche über die Strahlung verschiedener
Organismen (6), die Verwendung der infraroten Strahlen auf dem
Gebiete des Signalwesens, die Lichtabsorption im Zusammenhang
mit der chemischen Konstitution usw.
Wichtige Daten über die Durchlässigkeit von Farbstoffen und
Filtern für infrarote Strahlen wurden mit einem Hilger-Spektro-
23”
328 Schoen.
meter erhalten, das mit einer Thermosäule und einem hochempfind-
lichen Galvanometer ausgerüstet war. Diese Methode erfordert
jedoch viel Arbeit und der Raum und die Umgebung müssen mehr
oder weniger frei von Störungen sein. Bei dichteren Filtern war
es notwendig, eine Lichtquelle von hoher Intensität zu verwenden,
um in der Nähe von 700 mu eine ausreichende Energie zu erhalten,
die einwandfreie Galvanometerablesungen ermöglicht. Diese Inten-
sität verursachte eine starke Erhitzung des zu untersuchenden Ma-
terials, insbesondere bei Farbstofflösungen, und bisweilen trat ein
Ausbleichen der Farbstoffe ein, bevor der Versuch beendet war.
Es ist klar, daß mit photographischem Material, das für das
infrarote Gebiet (700—1000 mu) empfindlich ist, spektralphoto-
i
FOUN e
e — u
Fig. 2.
Anordnung des Spektrographen, des Photometers und der Bogenlampe
von hoher Intensität für die Spektralphotometrie.
metrische Messungen in diesem Gebiet auf photographischem Wege
ausgeführt werden können. Den Apparat, der für diesen Zweck
konstruiert wurde, zeigen Figg. 2 und 3. Er besteht aus einem
Drei-Prismenspektrographen (S), der von Heele hergestellt wurde,
an dessen Kollimatorspalt ein von Bellingham und Stanley (7)
fabriziertes Polarisationsphotometer angeordnet ist. Die optischen
Achsen der Polarisationsprismen (A und B) sind geneigt und in
ihrem Schnittpunkt ist die Lichtquelle aufgestellt. Mittels eines
total reflektierenden Prismas wird das Strahlenbündel 3 dem Strahlen-
bündel A parallel gemacht, und auf diese Weise der untere Teil
des Spaltes durch das Licht beleuchtet, das durch das System Æ
hindurchgegangen ist. Das optische System des Spektrographen
entwirft daher auf der Plattenebene zwei Spektren, die neben-
l
Eine photographische Methode der Spektralphotometrie im Rot und Infrarot. 329
einander liegen und von denen das eine durch die durch das System A
hindurchgegangenen Strahlen entsteht, das andere durch die des
Systems Æ. Durch Drehen des Nicols in dem System A um seine
optische Achse kann die Intensität des Spektrums A’ verändert und
auf jeden gewünschten Wert in bezug auf die Helligkeit des Spek-
tums Æ eingestellt werden.
Um spektralphotometrische Messungen in diesem Gebiete in
befriedigender Weise ausführen zu können ist es notwendig, ein
optisches System zu verwenden, das eine relativ hohe Dispersion
besitzt, damit die Strahlen von verschiedener Wellenlänge so ge-
trennt werden können, daß die Messungen genügend genau sind.
Wenn man ein System von großer Dispersion verwendet, so ist es
schwierig, in dem Spektrum eine ausreichende Energiedichte zu er-
Prismen
Ber
CR ` GT e a S CG
Fig. 3. |
Schema des Spektralphotometers.
halten. Der Erfolg beim Arbeiten mit der hier beschriebenen Me-
thode hängt in hohem Maße davon ab, daß man eine Lichtquelle
von äußerst hoher Flächenhelle verwendet, die in dem durch die
dispergierte Strahlung gebildeten Spektrum eine relativ hohe Energie-
dichte ergibt. Die Lichtquelle Z (Fig. 4) ist eine Sperry-Submarin-
lampe Type D für ı1ıo Volt und einer Stromstärke von 35 Ampere,
die einen Lichtbogen von hoher Intensität hat. Sie arbeitet voll-
kommen automatisch und nach Bassett (9) übertrifft der Krater
dieses Bogens die Sonnenscheibe etwas an Flächenhelle; der für
dessen Wert angegebene Faktor beträgt 920 Kerzen pro Quadrat-
millimeter. Diese Lichtquelle hat sich als vollkommen befriedigend
erwiesen, obgleich sich die Helligkeit mit der Zeit etwas verändert.
Messungen haben ergeben, daß die Helligkeit des Kraters um an-
nahernd + 5°/, variiert. Die Periode dieser Helligkeitsveränderung
ist jedoch relativ kurz, so daß, wenn man die Helligkeit während
einer Zeitdauer von mehreren Sekunden mißt, und das Mittel nimmt,
330 Schoen.
der Durchschnittswert von einer Exposition zur anderen konstanter
ist, als es der obige Wert angibt.
Die Arbeitsweise bei der Messung der spektralen Absorption
ist im wesentlichen die gleiche, wie sie von Howe (10) und anderen
angegeben wurde, die das Hilgersche Spektrometer und den Quarz-
spektrographen verwendeten. Die zu messenden Lösungen oder
Filter werden in das Strahlenbündel 32° eingeschaltet, und man
macht nun eine Reihe von Aufnahmen des Spektrums. Vor der
Einschaltung des Objektivs wird das System so adjustiert, daß, wenn
die Ebene des polarisierenden Nicols A der Ebene des Analysators
in dem Strahlenbündel AA’ parallel ist, die beiden Spektren, die
Fig. 4.
Polarisationsphotometer von Bellingham und Stanley.
Seite an Seite auf der photographischen Platte entstehen, von
gleicher Helligkeit sind. Nun kann durch Drehen des Polarisations-
prismas A die Intensität des Absorptionsspektrums in jedem ge-
wünschten Grade verringert werden. Das Drehen des Polarisations-
prismas A ist also der Einschaltung einer bekannten Dichte in das
Strahlenbündel 4.4’ gleichwertig. Nachdem man das zu messende
Objekt in das Strahlenbündel 32’ eingeschaltet hat, macht man
eine Reihe von Aufnahmen, indem man das Polarisationsprisma A
so einstellt, daß es einer Reihe von genau bekannten Dichtigkeits-
werten äquivalent ist. Die Einstellungen für jede gewünschte Reihe
von Dichtigkeitswerten werden mit Hilfe der Formel
D = log ze
cos? A
Eine photographische Methode der Spektralphotometrie im Rot und Infrarot. 331
berechnet, in der D die Dichte und A den Winkel zwischen den
Ebenen des Polarisators und des Analysators bezeichnet. Die
Dichte wird durch die folgende Gleichung definiert:
D = log -= ,
in der 7 der Durchlässigkeitsfaktor ist.
In der folgenden Tabelle ist ein typischer Bericht über die
Untersuchung einer Kryptocyaninlösung wiedergegeben, die die
Daten einer Versuchsreihe mit dem Photometer zeigt.
Einstellung des Photometers `
Dichte - Belichtung
korrigiert für die Absorption im Photometer
o 36,0 i 5 Sek
0,1 43,5 5
0.2 49 8 10
0,3 54,9 20
0,4 59,1 40
0,8 71,2 60
1,2 78,3 90
1,6 82,6 120
2,0 85,3 | 180
Nach der Entwicklung der Platten werden die Wellenlängen
bestimmt, bei denen die photographische Dichte in jedem Paar der
aneinander grenzenden Spektren gleich groß ist (Fig. 5), und dann
gegen die entsprechenden Dichten aufgetragen. Beachtenswert ist,
daß dieses Verfahren frei von Fehlern ist, die sich daraus ergeben
können, daß das Reziprozitätsgesetz nicht gilt, oder eine Folge der
Wirkung einer intermittierenden Belichtung sind. Ferner wird die
Gleichheit der Dichte an Punkten bestimmt, die auf der photo-
graphischen Platte unmittelbar aneinander grenzen und so wird jeder
mögliche Fehler ausgeschaltet, den Unterschied in der Einpfindlich-
keit der photographischen Platte an ihrer Oberfläche und Unter,
schiede in dem Grade, bis zu dem die einzelnen Belichtungen ent-
wickelt werden, zur Folge haben können.
Es könnte sich nun die Frage ergeben, ob das Kalzitprisma
des Photometers eine selektive Absorption besitzt. Nach unseren
Untersuchungen scheint man dieselbe vernachlässigen zu können,
da sich stets eine ausgezeichnete Übereinstimmung ergab, wenn die
photographischen Messungen mit denjenigen verglichen wurden, die
nach visuellen oder radiometrischen Methoden ausgeführt wurden.
332 Schoen.
S. B. Nicholsen und C. Pettit (11) vom Mount Wilson -Obser-
vatorium verdanken wir Angaben über die Durchlässigkeit von
Kalzit, die zeigen, daß es bis zur Wellenlänge 2000 mu nicht
selektiv ist.
Die in Fig. 6 wiedergegebenen Absorptionskurven von fünf
Farbstoffen, die zum Sensibilisieren von Emulsionen für Rot und
Fig. 5.
Absorptionsspektrum einer Lösung von Filter-Blaugrün (1 : 1500); die weißen Punkte
geben die Wellenlänge von gleicher photographischer Dichte an.
Infrarot Verwendung finden, wurden aut Grund der Daten kon-
struiert, die in der oben beschriebenen Weise erhalten wurden. Sie
sind insofern von besonderem Interesse, als sie den Zusammenhang
zwischen dem Absorptionsband und dem Gebiet der maximalen
Empfindlichkeit zeigen (12). Die Ergebnisse früherer Messungen,
die mittels radiometrischer Methoden zur Bestimmung der Wellen-
länge der maximalen Absorption ausgeführt wurden, waren un-
befriedigend, und zwar zumindest bei der Konzentration der Farb-
Eine photographische Methode der Spektralphotometrie im Rot und Infrarot. 333
stoffe, in der diese zweckmäßig Verwendung finden, da die in der
Nähe der Endpunkte des Absorptionsbandes durchgelassene Energie
für genaue Messungen bei weitem zu gering war.
AAAA
AKA EN
SE EZ Ei Ze io
Dichte
Fig. 6.
Absorptionskurven von für Rot und Infrarot sensibilisierenden Farbstoffen.
Typische grüne und blaue Farbstoffe haben die in Figg. 7 und 8
wiedergegebenen Absorptionskurven; Fig. 9 zeigt die Kurven ver-
Dichte
70O
Wellenlänge in mu
Fig. 7.
Absorptionskurven von typischen blauen Farbstoffen.
schiedener Wratten-Filter, die für die Zwecke der unsichtbaren
Signalisierung und die Photographie infraroter Strahlungen (13) her-
gestellt wurden. Um beim Photographieren mit infraroten Strahlen
Dichte
600 700 800 900
Wellenlänge in mu
Fig. 8.
Absorptionskurven von typischen grünen Farbstoflen-
Wellenlänge in mu
Fig. 9.
Absorptionskurven von Wratten-Rot- und -Infrarotfilterz? ~
Eine photographische Methode der Spektralphotometrie im Rot und Infrarot. 335
die maximale Wirkung zu erreichen, ist es notwendig, Filter zu ver-
wenden, die scharf begrenzte Bezirke herausfiltern, d.h. auf der
infraroten Seite des Absorptionsbandes steile Absorptionskurven auf-
weisen. Bei unseren Untersuchungen haben wir gefunden, daß eine
Neocvaninlösung in Verbindung mit dem Wratten-Filter Nr. 87
zur Absorption der sichtbaren und ultravioletten Strahlen beim Photo-
graphieren infraroter Strahlen von der Wellenlänge 800— 1000 mu
gute Dienste leistet.
Abschließend kann gesagt werden, daß das Verfahren von den
meisten Nachteilen der photographischen Methode frei zu sein
scheint und in Verbindung mit Methoden, die früher in der Literatur
beschrieben wurden, es ermöglicht, photographische Platten für
spektralphotometrische Messungen innerhalb eines Gebietes, das sich
von 200—000 mu erstrekt, zu verwenden.
Literatur.
1) Spectrophotometry. J. O. S. A. 10, 222, 1926; 11, 359, 1925.
2) L. A. Jones, A New Method for Photographic Spectrophotometry J. O.
S. A. 10, 561, 1925.
3) M. L. Dundon, A. L. Schoen, R. M. Briggs, Neocyanine. A New
Sensitizer for the Infrared. J. O. S. A. 12, 397, 1926.
4) L. A. Jones and J. I. Crabtree, Panchromatic Negative Film for Motion
Pictures. Trans. S. M. P. E., Oct. 1926.
5) J- A. Ball, Trans. S. M. P. E. No. 22, 21, 1925.
6) Luckiesh & Pacini, Light and Health, Pub. by the Williams & Wil-
kirs Co., 1926.
7) Spectrometric Apparatus. Bellingham & Stanley Ltd. 7r Hornsey Rise,
London N. 19.
8) Made by the Sperry Gyroscope Co., Brooklyn, N. Y.
9) P. R. Bassett, The High Power Arc in Motion Pictures. Trans. S. M.
P. E. No. 11, 79, 1920.
10) H. E. Howe, On a Modification of the Hilger-Sector Photometer Method
for Mezsuring Ultraviolet Absorption and Its Application in the case of Certain Deri-
vatives of Fluoran. Physical Review S, 674, 1916; Bureau of Standards. Sci. paper
No 440: Tech. paper No. 148.
336 Sandvik.
11) S. B. Nicholsen and E. Pettit, Physical Rev. 22, 199; ferner eine un-
verðffentlichte Mitteilung der Autoren.
12) M. L. Dundon, Color Sensitizing Photographic Plates by Bathing.
13) C. E. K. Mees, The Color Sensitivity of Photographic Materials. J. Frank.
Inst. 201, 545, 1926.
Oktober 1926.
Eingegangen am 14. Dezember 1926.
Über die Messung des Auflösungsvermögens photographischer
Schichten.
Von
Otto Sandvik.
Mit 7 Figuren im Text.
(Mitteilung Nr. 289 des Forschungslaboratoriums der Eastman-Kodak Co. Veröffentlicht
durch die technische Abteilung der Kodak G. m. b. H. Berlin.)
Das Auflösungsvermögen einer photographischen Schicht kann
qualitativ definiert werden als ihre Fähigkeit, feine Details im Bilde
wiederzugeben. Viele Methoden, die auf direkter Messung beruhen
oder auch durch allgemeine Definitionen begründet waren, wurden
angewandt, um bestimmte qualitative Angaben über das Auflösungs-
vermögen zu erhalten. Eine sehr umfassende Abhandlung darüber
stammt von F. E. Ross (1).
Im allgemeinen nimmt man heute irgendein Testobjekt ver-
kleinert auf und beobachtet dann das Verhalten des photographi-
schen Materials.
Das Sektoren-Test, auch Fächer-Testobjekt genannt (fan-test),
besteht aus Sektoren, die abwechselnd dunkel und hell sind, dabei
gleiche Breiten zeigen (2). Das Parallel-Linien-Testobjekt(3) hat eine
Über die Messung des Auflösungsvermögens pholographischer Schichten. 337
Reihe paralleler Linienpaare von verschiedenen Abständen. Das
Auflösungsvermögen wird durch die Anzahl der pro Millimeter auf-
gelösten Linien bestimmt. Es wird verschiedentlich angenommen,
daß nur die Periodizität, d. h. die Entfernung zwischen den Mittel-
achsen der Linien, nicht das Verhältnis der Breite der Linien zu
den Zwischenräumen, die Auflösbarkeit der Linienpaare bedingt.
Diese Zeilen geben Resultate der Versuche mit parallelen Linien-
paaren wieder, die angestellt wurden, um die Gültigkeit obiger An-
UND
I II II IN
II DAN DIN I
"EE
Fig. ı.
nahme zu prüfen. Fig. ı zeigt das Testobjekt, das aus 16 Gruppen
von parallelen Linien besteht. Jede Gruppe hat drei dunkle Linien
und zwei helle Zwischenräume. Die Entfernung zwischen den Längs-
achsen einer Linie und eines angrenzenden Zwischenraumes sei mit d
bezeichnet, dabei ist das Maß von d in allen Gruppen des Test-
objektes dasselbe.
Das Verhältnis der Breite des Zwischenraumes zu den Linien
ist für jede Gruppe verschieden. A soll dieses Verhältnis be-
zeichnen und es ist
A Breite des Zwischenraumes
== Breite der Linie
338 Sandvik.
Tabelle ı zeigt die Werte von A, die von 10,7—0,13 reichen.
Es wurde eine Anzahl von Testobjekten hergestellt, die dem in
Fig. ı wiedergegebenen ähnlich sahen, sich jedoch in der Größe
von ihm unterschieden. Der Wert für A für jede Gruppe Linien
ist daher in allen Testobjekten derselbe, ungeachtet ihrer Größe,
aber d, der Zwischenraum, ist verschieden, ist nämlich der Größe
des gesamten Objektes direkt proportional. In den einzelnen Test-
objekten ist d also für alle Liniengruppen konstant. Der Wert
für d wurde bei den Testobjekten von verschiedener Größe inner-
halb weiter Grenzen variiert, so daß man alle photographischen
Schichten vom feinsten bis zum gröbsten Auflösungsvermögen
untersuchen konnte.
Tabelle ı.
Eastman-Platte 33.
Testobjekt Auflösungsvermögen
A | log 4 Ta=1 | Ta=2 | n=4 7, e H
10,7 1,03 14 | 14 14 | 20
7,94 0,90 20 = 20 | =
5,75 0,76 28 20 = u
4,68 0,67 — = | _— 28
4,27 0,63 — — 28 —
3,72 0,57 SE 28 | CS
2,51 0,40 42 | — — SES
2,30 0,36 — — Ä 42 42
1,82 0,26 53 42 — =$
1,20 0,08 — — | 53 53
1,00 0,00 — 53 — —
0,79 1.90 70 — | — —
0,55 1,74 sa ES E 70
0,40 | T,60 83 70 | 70 wg
0,21 | T,32 83 83 83
0,13 ` 1,10 — — =s SS
|
Die vom Testobjekt gemachten Aufnahmen auf photographischen
Schichten wurden mit einer Verkleinerungskamera hergestellt, die
eine zwanzigfache Verkleinerung gestattete.e Die mikroskopische
Untersuchung einer Serie von Aufnahmen dieser Testobjekte mit
verschiedener Periodizität, d, ergab die Werte für A, das Auflösungs-
vermögen des jeweiligen Materials für Liniengruppen verschiedener
Abwessungen. Wenn d (in Millimetern angegeben) die Zwischen-
raumkonstante für die jeweilige Tabelle ist, die gerade aufgelöst
Über die Messung des Auflösungsvermögens photographischer Schichten. 339
wurde, so ergibt sich R (das Auflösungsvermögen) durch folgende
Formel:
K. H use (4) hat nachgewiesen, daß das Auflösungsvermögen in
hohem Maße von der Belichtung abhängt. Bei kurzen und langen
Belichtungszeiten ist es verhältnismäßig gering, erreicht aber bei
Mittelwerten ein deutliches Maximum; kann jedenfalls um 60°/,
oder mehr) des Maximums differieren. Es ist üblich, das Auf-
losungsvermögen eines Materials mit dem Maximalwert anzugeben,
der bei der Optimalbelichtung gewonnen wird, Um experimentell
die mit I bezeichnete Belichtungszeit zu bestimmen, muß man
logischerweise bei der Herstellung der verkleinerten Aufnahme des
Testobjektes verschiedene Bilder herstellen, deren Belichtungszeiten
einen verhältnismäßig großen Spielraum umfassen.
Nach Huse hat auch die Entwicklungszeit einen großen Einfluß
auf das Auflösungsvermögen. Weil es wünschenswert ist, zu prüfen,
ob das Verhältnis zwischen Autlösungsvermögen und der Periodizität
des bei der Messung benutzten Testobjektes von der Entwicklungs-
zeit abhängt, muß man entsprechende Messungen an Negativen an-
stellen, die verschieden lange entwickelt wurden. Der Grad, bis zu
dem ein photographisches Material entwickelt wurde, wird gewöhn-
lich mit genügender Genauigkeit in Gammawerten ausgedrückt, der
Steilheit der charakteristischen Kurve (D = f [log EI Das Auf-
lösungsvermögen hängt jedoch noch von weiteren Entwicklungs-
faktoren ab, wie z. B. von der reduzierenden Substanz, auch von
der Zusammensetzung der Entwicklerlösungen usw.
Diese Entwicklungsbedingungen werden für unsere Zwecke am
zweckmäßigsten durch die Angabe der Zusammensetzung des Ent-
wicklers, durch die Temperatur und durch die Entwicklungszeit
festgelegt. Es wurde bei diesen Versuchen ein Ansatz nach folgender
Formel benutzt (bei 20° C): M.O-Entwickler:
Elon . .
Hydrochinon .
Sulfit .
Pottasche .
Bromkalium Rm
Wasser, auffüllen bis 1000 ccm
MS?
Ig
98
58
AR
58
O
Die Arbeitsweise bei der Untersuchung eines bestimmten Ma-
terials bestand darin, von den Testobjekten von verschiedener Größe
340 Sandvik.
eine Reihe von Aufnahmen zu machen. Bei der Aufnahme eines
jeden Testobjektes wurde eine Reihe von 9 verschiedenen Be-
lichtungszeiten gemacht, derart, daß jede nächste doppelt so lang
war. Vier solcher Serien wurden auf jedem Material mit jedem
Testobjekt gemacht, eine davon wurde dann eine Minute lang ent-
wickelt, die anderen 2, 4 und 8 Minuten lang.
Fig. 2 zeigt die Vergrößerung eines Negativs aus einer Serie
der angeführten Belichtungen. Die Gruppe unten links zeigt das
LE S
TE z |
EE S
CET HI
CITT
(ITT)
EIEN)
RS
Hut
CET
CU
ti
Ergebnis bei einer Minimalbelichtung und soll willkürlich mit Nr. I
bezeichnet werden. Die Gruppe daneben hat die doppelte, die
nächste die vierfache usw., so daß die Gruppe oben rechts 256mal
so lange wie die in der oberen rechten Ecke belichtet wurde.
Fig. 2 wurde auf Eastman-Platte 40 erhalten, sie zeigt die erheb-
lichen Unterschiede im Auflösungsvermögen bei Belichtungsände-
rungen; diese Figur zeigt aber auch deutlich, daß die Optimal-
belichtung — mit Rücksicht auf die Erzielung eines Maximums
des Auflösungsvermögens — zum großen Teil von A abhängt,
Über die Messung des Auflösungsvermögens photographischer Schichten. 341
also dem Verhältnis von Linie und Zwischenraum des benutzten
Testobjektes.
Jede Stufe wurde auf den in der beschriebenen Weise erhaltenen
Negativen mikroskopisch untersucht und auf diese Weise das Auf-
lösungsvermögen des Materials für Gruppen von parallelen und ge-
raden Linien mit verschiedenen Werten von A bestimmt; das Er-
gebnis für die Eastman-Platte 33 zeigt die Tabelle ı. In der Spalte
unter „Testobjekt“ sind die relativen Werte des Verhältnisses von
Linie und Zwischenraum angegeben. In der Spalte unter „Auf-
lösungsvermögen“ zind Zahlen verzeichnet, die pro Millimeter die
auflösbaren Linien angeben, entsprechend den verschiedenen Werten
log Breite der Linien
Breite des Zwischenraumes
10 72 ou Ze 18 00 02 0% 06 08 10 12 14 16 18 20
Fig. 3.
von A bei Platten, die verschieden lang entwickelt wurden. Man
kann nun das Verhältnis zwischen Auflösungsvermögen (für eine
bestimmte Entwicklungszeit) und A (dem Verhältnis von Linie und
Zwischenraum) bestimmen. In Fig. 3 sind die Daten von Tabelle 2
graphisch dargestellt, wobei zu beachten ist, daß dabei das Auf-
lösungsvermögen als eine Funktion von log A als gerade Linie er-
scheint. Die Kurven in Fig. 3 entsprechen den verschiedenen Ent-
wicklungszeiten. Um Irrtümer zwischen den Werten für verschiedene
Entwicklungszeiten zu vermeiden, sind sie seitlich angeordnet; das
wirkliche Verhältnis zu der log A-Skala ist dann durch kurze verti-
kale Striche gekennzeichnet, die durch jede Kurve gehen und mit
0,0 bezeichnet sind. So kann durch Ablesen des Ordinatenwertes
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 24
342 Sandvik.
der Kurve, wo A = 0,0 (A = 1,0) das Auflösungsvermögen des be-
treffenden Materials erhalten werden, und zwar in der Anzahl der
pro Millimeter aufgelösten Linien, wenn die Breite der Linie gleich
der des Zwischenraumes ist. Diese Werte sind in der ersten Reihe
der Tabelle 6 wiedergegeben.
Tabelle 2.
Eastman-Platte 40.
Testobjekt Auflösungsvermögen
14 | 14 | 14 | 14
20 — | Sieg er
— 20 20 20
28 — | 28 28
Zs Ä 28 = =
42 E , = ES:
— | 42 42 42
53 == | = FE
Ja = | 53 53
70 -= — =
= 70 u 70
Bier ei
Tabelle 3.
Eastman-Speedway-Platte.
Testobjekt l Auflösungsvermögen
A | g4 | Zen
5.75 0,77 14 | =
468 0,57 20 20 14
2,20 0,34 28 _ ag
1,20 0,08 — 28 =
0,79 1,90 De == 28
0,55 1,74 42 SR =
0,38 1,58 53 42 i —
0,28 T,44 — — 42
0,13 1,10 — 53 53
Die anderen Tabellen 2—5 zeigen diese Daten für andere
photographische Schichten. Diese Daten sind in Fig. 4—7 graphisch
dargestellt. In allen Fällen ist das Verhältnis des Auflösungs-
vermögens für bestimmte Entwicklungszeit zu log Æ durch eine
gerade Linie klar wiedergegeben. Die Steilheit der Linien unter-
Über die Messung des Auflösungsvermögens photographischer Schichten. 343
Tabelle 4.
Eastman Superspeed Portrait Film.
Testobjekt Auflösungsvermögen
A | jee 4 Ta=2 | Tam 4 T,=8
Auffösungsvermögen
Brei der Linien
ei Breite des Zwischenraumes
10 12
4 16 18 00 02 0% 06 08 10 12 14 16 18 20 22 24
Fig. Ae
Tabelle 5.
Eastman Process-Platte.
Testobjekt | Auflösungsvermögen
10,7 1,03 KR
5,75 0,76 P
2,51 0,40 42
1,20 0,08 53
0,55 1,74 | 70
0,21 T,32 | 83
scheidet sich bei verschiedenen Materialien bei verschiedenen Ent-
wicklungszeiten nicht sehr, aber in einigen Fällen ist eine gewisse
Neigung zu beobachten, daß bei kürzeren Entwicklungszeiten steilere
24"
344 Sandvik,
Eastman Speedway .
Superspeed Portrait.
Tabelle 6.
| Auflösungsvermögen für 4 = 1,0
Material ——— — Sg
|n=ı|n=2| Ta=4 | Taes | Mittel
Eastman 33... ... | b5 |
Eastman Process . 58
Eastman 40 | 57
100
90
80
70
60
50
Auflösungsvermögen
40
30
20
10
Preis der Limen ` `
log Breie des Zwischenraumss
vo 12 Tu Ze 78 00 02 04 06 08 10 12 14 16 18 20 22 24
Fig. 5.
Dt
90 5
SOL ai
D
ga RE 4Min H
50 S Se
40
30
20
log Breite der Linien `
10 Breite des Zwischenreunes
0 12 Im 16 18 00 02 og 06 08 10 12 1% 16 18 20 22
Fig. 6. e
Kurven als bei längerer Entwicklungsdauer entstehen. Es erscheint
nötig, diese Veränderung der Steilheit der Linien des näheren ZU
de œ
Über die Messung des Auflösungsvermögens photographischer Schichten. 345
untersuchen, um Genaueres festzustellen und ihre Bedeutung zu er-
mitteln.
Aus den Daten scheint also hervorzugehen, daß Schichten von
hoher Empfindlichkeit steilere Kurven (R = /[log A]) ergeben, als
solche von geringerer Empfindlichkeit. Es ist wahrscheinlich, daß
diese Veränderung der Steilheit in gewisser Weise von der Körnig-
keit abhängt und von der Verteilung der Korngrößen und der
Empfindlichkeit des Kornes.
Bevor man endgültige Beziehungen zwischen der Steilheit dieser
Kurven und der Lichtempfindlichkeit, den Korneigenschaften oder
2Mn.
vermögen
Auflòsungs
jog et der Linien —
09 Breite des Zwischenraumes
70 72 Is 76 18 00 02 04 06 08 10 12 1N 16 18 20 22
Fig. 7.
der Steilheit der charakteristischen Kurve (D = /[log EI bestimmt,
müssen eingehende Untersuchungen die Materie klären.
In der Tabelle 6 wird der Wert des Auflösungsvermögens für
ein Testobjekt gezeigt, in dem A= 1,0 ist. Diese Werte sind
direkt von der Kurve in Fig. 3—7 abzulesen. Wie schon erwähnt,
besteht bei kürzerer Entwicklung die Neigung, daß ein höheres Auf-
lösungsvermögen erhalten wird als bei längerer Entwicklung. In
der Praxis, wo hohe Kontraste notwendig sind, ist es gewöhnlich
unmöglich, dieses hohe, durch kurze Entwicklung bedingte Auf-
lösungsvermögen auszunutzen.
Die Daten legen also endgültig die direkte Beziehung fest
zwischen den Werten des Auflösungsvermögens und dem (in den
346 Sandvik.
betreffenden Testobjekten) benutzten Verhältnis von Linie und
Zwischenraum. Diese Unterschiede des Auflösungsvermögens sind
beträchtlich, zeigen sie doch in einigen Fällen bei Verhältniswerten
von 0,1—10,0 das Achtfache (10:80). Es ist deshalb einleuchtend,
daß jeder Auflösungswert, der durch irgendeine Testmethode der
Linientype (konvergierendes „fan“-Test oder parallele Linien) sinnlos
ist, wenn er nicht durch eine genaue Bestimmung des Verhältnis-
wertes A ergänzt wird.
Der Mangel an Übereinstimmung (5) zwischen Auflösungswerten,
die mit dem Fan-Testobjekt und dem aus parallelen Linien ge-
bildeten Testobjekt erhalten wurden, ist zum Teil dem Umstand
zuzuschreiben, daß in dem letzteren die Breite der Linie häufig viel
geringer als die der Zwischenräume war. Dies allein genügt aber
nicht, um die gewaltigen Unterschiede zu erklären, die beobachtet
wurden.
Das Fan-Testobjekt ist das praktischere zur Bestimmung von
Auflösungswerten, aber das Testobjekt mit parallelen Linien (bei
der die Linien und Zwischenräume von gleicher Breite sind) erweist
sich als Standard zweckmäßiger. Ein Sektoren-Testobjekt könnte
so gezeichnet werden, daß die schwarzen Sektoren breiter sind als
die hellen, so daß die Ergebnisse der beiden Testobjekte gleich
werden.
Beträchtliche Schwierigkeiten ergaben sich bei der Herstellung
von kleinen Testobjekten, die genügende Genauigkeit hatten. Es
wird jetzt eine neue Kamera konstruiert, die eine 6ofache Ver-
kleinerung gestattet, statt der bisherigen zofachen. Beim Arbeiten
mit dieser neuen Kamera können die Testobjekte deshalb dreimal
größer gezeichnet werden. Die Untersuchungen mit diesem neuen
Hilfsmittel werden das Problem weiter klären.
Figurenerklärungen.
Fig. 1. Testobjekt mit parallelen Linien.
Fig. 2. Eine Reihe von Aufnahmen dieser Testobjekte auf Eastman-Platten 40,
bei denen die Belichtung ums Doppelte: steigt.
Fig. 3—7. Kurven, die die Beziehung zeigen zwischen Auflösungsvermögen
und dem Logarithmus des Verhältnisses: Breite der hellen Linien zu der der dunklen
Über die Messung des Auflösungsvermögens usw. — Bücherbesprechung. 347
Zwischenräume, und zwar für verschiedene Entwicklungszeiten. Die vertikale, mit
0,1 bezeichnete Linie gibt den Punkt der Kurve an, wo der Wert des Logarithmus
dieses Verhältnisses gleich null ist.
Literatur.
I) Ross, F. E., The Physics of the Developed Photographic Image, Chap. IV,
Monograph No. 3 from the Research Laboratory of the Eastman Kodak Company.
2) Mees, C. E. K., Physics of the Photographic Process. J. Frank. Inst. 179.
141. I9IS.
3) Ross, F. E., aa O., S. 146,
A Huse, K., Photographic Resolving Power. J. O. S. A. ]. 119, 1917.
5) Ross, F. K., a.a. O., S. 146.
Oktober 1926.
Eingegangen am 19. Dezember 1926.
Bücherbesprechung.
Handbuch der physikalischen Optik. Herausgegeben von E.Gehrcke.
Band II, erste Hälfte. 480 S. mit 166 Abb. im Text. Leipzig 1927,
LA Barth. M. 37,50.
Schnell ist dem auf S. 308 angezeigten Band Ir ein weiterer statt-
licher Teil des Handbuches gefolgt. Er umfaßt die chemischen Wir-
kungen des Lichts (K. F. Bonhoeffer), die Bromsilberplatte (W. Mei-
dinger), die technischen Reproduktionsverfahren (O. Mente), die Farben-
photographie (E. Lechmann), die Spektralanalyse (E. Einsporn), die
Feinstruktur der Spektrallinien (G. Hansen), die Lumineszenz: Phos-
phoreszenz, Fluoreszenz, chemisches Reaktionsleuchten (R. Tomaschek),
die Anregungsspannungen von Spektrallinien und die Ionisierungspotentiale
E. Einsporn), die Seriengesetze der Linienspektren (K.W. Meissner). —
Der Ref. muß sich vorerst auf einige kurze Bemerkungen beschränken.
Zunächst ist mit Genugtuung festzustellen, daß in einem physikalischen
Handbuch der wissenschaftliichen und der angewandten Photographie
ein solch breiter Raufh (fast !/, des Bandes) zur Verfügung gestellt
348 Bücherbespre®hung.
worden ist. Der Ref. hofft, daß die übersichtlichen Darlegungen die
Erkenntnis von der Wichtigkeit wissenschaftlich-photographischer Unter-
suchungen verbreiten und vertiefen werden: daß es an dieser Er-
kenntnis in Deutschland noch mangelt, zeigt das Fehlen unserer Zeit-
schrift in vielen Büchereien physikalischer und physikalisch-chemischer
Institute, ein Umstand, der die unerfreulichen Erscheinungen zeitigt, daß
einerseits in unserer Zeitschrift veröffentlichte Abhandlungen oft un-
berücksichtigt bleiben, andererseits die Fachgenossen ihre einschlägigen
Untersuchungen unter Umgehung der eigentlichen Sammelstätte in den
verschiedenartigsten anderen Zeitschriften unterbringen. Die deutsche
photographische Forschung hat aber angesichts der wohlorganisierten
Arbeit und Publizistik des Auslandes alle Veranlassung zur Konzentra-
tion. — Sodann soll zunächst auf das bei aller Kürze klare und reich-
haltige Kapitel „Chemische Wirkungen des Lichts“ hingewiesen werden,
das in einem physikalischen Werk durchaus am Platze ist, nachdem
wichtige theoretische Grundlagen und experimentelle Methoden von
Physikern geschaffen und ausgezeichnete Spezialuntersuchungen von solchen
durchgeführt worden sind. — Schließlich möchte der Ref. noch den
schönen Abschnitt über die Lumineszenzvorgänge hervorheben; er laßt
mit Deutlichkeit erkennen, daß die theoretische Deutung dieser Leucht-
erscheinungen, die lange „im Dunkel“ lagen, in den letzten Jahren dank
der modernen Elektronik wesentliche Fortschritte gemacht hat. Von
Wichtigkeit wäre es wohl, festzustellen, ob allgemein auch in flüssigen
und festen Systemen beim Hinzutritt eines Elektrons zu einem Ion eine
(ev. im Unsichtbaren gelegene) Emission stattfindet; gewisse Reaktions-
strahlungen, Lumineszenzen bei der Elektrolyse u. a. lassen diese Vor-
stellungen als nicht ausgeschlossen erscheinen. Bei der Tribolumineszenz
stellt der Verf. zwei Erklärungsmöglichkeiten zur Diskussion: ı. Erregung
der Kristalle bzw. des umgebenden Mediums durch elektrische Ent-
ladungen; 2. Rückkehr gehobener Elektronen durch mechanische Er-
schütterung; vielleicht können Versuche, die Entladungen im Verstärker-
kreis nachweisbar zu machen, eine Entscheidung bringen. — Über die
spektroskopischen Abschnitte wird nach Erscheinen der weiteren Bände
näher berichtet werden. K. Schaum.
_ Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Sch aum in Gießen.
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NEE Friedrich Kahler, Über Mikrophotographie ia Gegenstände bei schwacher ~
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AR Wei, H Beck und J. Eggert, Eine Methode zur zeitlichen photometrischen Ver `
Mee e folgung des Verbrennungsvorganges von Blitzlicht, Mit A Figuren im Text 3
= "` 0 ,Lüppo-Cramer, Der Zeiteffekt bei den Ausbleichreaktionen, Mit 2 Figuren —
SEL . im Text . " S S " " gt e " a ie e D e ai . : bé ap 3
Torre Bernhard Schultze- ‘Naumburg, Eine rechnerische Methode zur Bestimmung `
WEN, wé u2- der Belichtungszeit in der Photographie. Mit 3 Figuren im Text . . . 3
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Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an
> Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14.
ik? Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien
nv; Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und volls
AN Berichterstattung möglich ist. ` m?
$ Für die Aufnahme von Dissertationen gelten bester
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden.
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II
Zeifichrift für willenichaftlidie Photographie,
Photophyfik und Photodiemie
AXIV. Band. 1927. Heft IO u. II.
ADOLF MIETHE 3
Am 5. Mai, morgens 2!/, Uhr, verschied nach längerem Kranksein, dennoch
völlig unerwartet, infolge Herzschwäche der Geheime Regierungsrat Dr. phil.
ADOLF MIETHE, ordentlicher Professor an der Technischen Hochschule in
Berlin-Charlottenburg. Die Folgen eines fast zwei Jahre zurückliegenden Eisen-
bahnunfalls hatten den körperlich und geistig gleich rüstigen, lebhaften Mann
seit 10 Wochen ans Bett gefesselt, ohne hindern zu können, daß der regsame
Geist täglich arbeitete und Arbeitspläne für die Zukunft schmiedete, bis das
versagende Herz diesem einzigartig arbeitsreichen Leben das Ziel setzte.
Es sind gerade 5 Jahre verflossen, seitdem wir in ausführlicher Form der
Verdienste MIETHEs gedachten (Zeitschr. f. wiss. Phot. 21. 193. 1922). Da-
mals galt es, dem 6ojährigen durch ein Sonderheft unserer Zeitschrift dankbare
Verehrung zu beweisen. Seitdem war die Arbeitskraft dieses Mannes nicht
erlahmt, und nur eine Verkettung unglücklicher Umstände hat sein Leben
beendet.
Inzwischen sind aus MIETHEs Feder einige kleinere Lehrbücher, photo-
graphischen Sonderzwecken angepaßt, hervorgegangen, und die Reihe seiner
schöngeistigen Schriften ist durch die Bücher „Spitzbergen, das Alpenland im
Eismeer‘‘ (1925) und „Das Land der Pharaonen‘ (1925) bereichert worden,
beide Werke ausgestattet mit Dreifarbendrucken nach eigenen Aufnahmen und
mit farbigen Bildern nach Pastellmalereien von seiner Hand.
MIETHEs wissenschaftliches Denken und Arbeiten der letzten Jahre er-
streckte sich auf das Problem der Gewinnung von Gold aus Quecksilber; diese viel-
fach besprochenen Arbeiten waren beim Tode MIETHES noch in vollem Gange.
Seine letzte Veröffentlichung befaßte sich mit der Photographie von Fos-
silien bei ihrem eigenen Fluoreszenzlicht (Photogr. Korresp. 1927, S. 69 und
demnächst Paläontologische Zeitschrift); mit Hilfe des Lichtes der Analysen-
quarzlampe konnte MIETHE neue Untersuchungsmöglichkeiten an Versteine-
rungen angeben. Diese, wie viele andere Arbeiten wurden durch seinen jähen
Tod unterbrochen.
Das Lebensbild MIETHEs wäre nur einseitig, wenn wir ihn nur als erfolg-
reichen Wissenschaftler und Gelehrten betrachten wollten; denn gleich wertvoll
war MIETHE auch als Mensch; er war niemals der strenge Vorgesetzte, der
einseitige, weltfremde Dozent; seine Natur war Leben und Freude, sein Wesen
Güte und Freundschaft, er verstand jeden und alles, und niemand kam zu
ihm, der nicht einen wertvollen Rat von ihm mitnahm. Seine Mitarbeiter
und Schüler stehen an seinem Grabe, sie können es nicht fassen, daß dieses
reiche, glückliche Leben ein so schnelles Ende gefunden, sie verlieren in
MIETHE ihren unvergeßlichen Lehrer und Freund.
ERICH STENGER.
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 25
350 Eggert und Reitstölter.
Beiträge zur Kenntnis des latenten Bildes.
Von
J. Eggert und J. Reitstötter.
Mit einer Figur im Text.
I.
In letzter Zeit ist von verschiedenen Seiten, besonders von
S. E. Sheppard, festgestellt worden, daß die bei der Reifung photo-
graphischer Emulsionen erfolgende Empfindlichkeitssteigerung der-
selben zum großen Teil auf der Einwirkung schwefelhaltiger Sub-
stanzen auf das Bromsilberkorn beruht, die sich in der Gelatine in
geringen Mengen befinden (1). Gegen diese experimentellen Befunde
sind mehrfache Einwände (2) erhoben worden, die S. E. Sheppard
jedoch entkräften konnte (3).
Die Deutung dieser Erscheinung ist auf verschiedene Weise ver-
sucht worden. Daß die Wirkung der schwefelhaltigen Substanzen,
die an der Oberfläche des Bromsilberkorns schwefelhaltige Silber-
verbindungen, z. B. Ag,S, bilden, nicht auf einer Erhöhung des
Lichtabsorptionsvermögens von AgBr beruht, daß sie auch nicht
im Sinne einer spektralen Sensibilisation aufzufassen ist, wurde schon
von S. E. Sheppard, A. P. H. Trivelli und R. P. Loveland nach-
gewiesen (4) Als einzig mögliche Wirkungsweise der schwefelhaltigen
. Substanzen betrachtet daher Sheppard die folgende: Die vom
Bromsilber absorbierten Lichtquanten scheiden im Sinne des Äqui-
valentgesetzes pro I hv ı Silberatom ab. Befindet sich an der Ober-
fläche des lichtabsorbierenden Bromsilberkristalls ein Ag,S-Keim der
genannten Art, so vermag dieser zu bewirken, daß die Ag-Atome
in seiner Nähe zur Abscheidung gelangen und sich nicht regellos
über den ganzen Kristall verteilen, wie es nach den Gesetzen der
Wahrscheinlichkeit zu erwarten wäre. Die Lichtabsorption selbst
findet natürlich völlig regellos statt.
Diese Vorstellung Sheppards von der „zentripetalen“ Wirk-
samkeit der Reifungskeime schließt sich befriedigend an eine Reihe '
von Anschauungen an, die auf Grund anderer Erscheinungen ent-
standen.
Einmal vertrat The Svedberg den Standpunkt, daß. ein Kom
erst entwicklungsfähig wird, wenn sich durch die Belichtung ein
Beiträge zur Kenntnis des latenten Bides. 351
Entwicklungszentrum bestimmter, minimaler, kritischer Größe ge-
bildet hat(5).
Ferner wiesen H. Scheffers und unabhängig H. Arens(6) nach,
daß die Solarisation auf einem Verteilungs-(Koagulations-Effekt im
Silberkeim beruht, wenn dieser beim Belichten des Korns eine ge-
wisse Größe erreicht. Auf weitere Folgerungen dieser Erscheinungen
wurde in anderem Zusammenhange aufmerksam gemacht (7).
Allen diesen Annahmen kommt die Vorstellung von K. Fa-
jans(8) zu Hilfe, nach der bei Absorption eines hv ein Elektron in
Freiheit gesetzt wird, das nunmehr nahezu beliebig entfernt von
dem Orte der Absorption ein Silberion entladen und damit ein
Silberatom bilden kann.
In der Reifungstheorie von Sheppard laufen alle diese An-
schauungen zusammen:
Fehlen einem Bromsilberkorn die Ag,S-Keime, so wird die
Bildung des für die Entwickelbarkeit des Korns erforderlichen kri-
Dechen Keims erst durch erheblich größere Lichtmengen erzielt, als
bei solchen Körnern, die mit koagulationsfördernden Ag,S-Keimen
ausgestattet sind. Daß in der Tat die Möglichkeit einer Aggregation
des Silbers besteht, geht einerseits aus den Befunden von Schef-
fers und Arens, andererseits aus der Vorstellung von Fajans
hervor.
Es sei nicht verschwiegen, daß dieser Deutung andere Er-
klärungsversuche gegenüberstehen. M. P. E. Henry (9) setzt die Wir-
kung der schwefelhaltigen Substanzen in Parallele mit derjenigen
von Jodsilber, das bei der Bildung von Mischkristallen mit Brom-
silber Störungen in dem gemeinschaftlichen Gitter hervorruft; die
„Desorientierung“ oder ‚„Heterogenisierung“ des Gitters, die durch
das Schwefelsilber verursacht wird, sollen dessen Zersetzung durch
Licht, d. h. die Bildung von metallischem Silber erleichtern, wo hin-
gegen ein ungestörtes Bromsilbergitter infolge seiner größeren Starr-
heit der zersetzenden Lichtwirkung mehr widersteht. Abgesehen
davon, daß diese Anschauung dem photolytisch unveränderten Ver-
halten des Bromsilbers im emulsionierten und bindemittelfreien Zu-
stand, d. h. bei Gegenwart und Abwesenheit von schwefelhaltigen
Substanzen widerspricht(10), hat Sheppard(11) selbst seine Ansicht
diesen Einwänden gegenüber verteidigt. Eine andere Ansicht ist
auch von F. S. Toy(12) ausgesprochen worden, der die Vorstellung
hat, daß die S-Keime als Katalysatoren bei der direkten Zerlegung
des Bromsilbers durch Licht wirksam sind.
25”
352 Eggert und Reıtstötter.
II.
Da, wie man aus dieser Übersicht erkennt, gegenwärtig die
Meinungen noch nicht als übereinstimmend geklärt zu betrachten
sind, möchten wir in folgendem durch die Mitteilung einiger Ver-
suche dazu beitragen, die (an mehreren Stellen unabhängig von-
einander aufgestellte) Koagulationstheorie des latenten Bildes weiter
zu stützen. Wir greifen hierbei zurück auf eine Untersuchung der
photographischen Wirkung des Methylenblaus, bei der wir auch
bereits Gelegenheit hatten, auf die besondere photographische Wirk-
samkeit des Schwefels in dieser Verbindung hinzuweisen, die sich in
diesem Falle allerdings in anderer Weise auswirkt(13). An Hand
von früheren Versuchen Lüppo-Cramers(14) ließ sich zeigen, daf
die schleiernde Wirkung dieser Substanz, sowie ihr Desensibilisations-
vermögen auf die Empfindlichkeit der verwendeten Emulsion nahe
bei der gleichen Menge anwesenden Farbstoffs einsetzt, nämlich dann,
wennsich unter den benutzten Versuchsbedingungen 3,5 - to Ze Methylen-
blau pro Quadratzentimeter Schichtoberfläche oder 5. 10° Farbstofl-
molekeln pro Korn, entsprechend einer Kornoberflächenbedeckung
von 0,4°/, befinden(15). Mit anderen Worten bedeutet dies: Wenn
die Bromsilberkörner im Mittel zu 0,4°/, mit Methylenblau bedeckt
sind, zeigt sich an der Emulsion unter den gleichen Entwicklungs-
bedingungen ein eben merklich größerer Schleier gegenüber der
Platte ohne Farbstoffzusatz. Gleichzeitig beobachtet man einen ge-
ringen Rückgang der Schwellenempfindlichkeit. Zur Illustration
dieser Erscheinung sei auf beifolgende Abbildung verwiesen, die
einige wenige Emulsionen, die ganz willkürlich aus einer großen
Anzahl vorgenommener Versuche herausgegriffen sind, enthält; Ab-
szisse: lg (je Abschnitt Faktor 2) Ordinate: Schwärzung. Die Kurvel
kennzeichnet die Uremulsion, die übrigens ihrem Charakter nach
derjenigen unserer früheren Untersuchung ähnelt. Die Kurve Il
entspricht den soeben genannten Farbstoffzusätzen; man erkennt die
vergrößerte Schleierwirkung, sowie den Rückgang der Schwellen-
empfindlichkeit um den Faktor 8. Bei Kurve III endlich ist der
Farbstoffgehalt der Emulsion auf das 1Ofache gesteigert. Dem-
entsprechend erhöht sich die schleiernde Wirkung der Schicht, sowie
der Empfindlichkeitsrückgang letzterer abermals um den Faktor 8.
Die schleiernde Wirkung des Methylenblaus ist wohl so ZU
deuten, daß dieses in der nötigen Menge ebenso wirkt wie ein
Silberkeim. Aus der gleichzeitig stattfindenden Desensibilisation ef-
Beiträge zur Kenntnis des latenten Bildes. 353
kennt man jedoch, daß dieser Keim nicht imstande ist, mit Silber-
keimen einen gemeinsamen Katalysator für die Entwicklung ab-
zugeben. Dieses Verhalten stellt sich besonders kraß dar, wenn wir
es in geeigneter Weise mit der reinen Lichtwirkung vergleichen.
Belichtet man nämlich die Uremulsion (Kurve I) so stark vor, daß
auf der ganzen Platte ein Schleier entsteht, wie er etwa gemäß
Schwärzungskurven von:
I. Uremulsion,
II. Uremulsion + 3,5 - 10°” g Methylenblau cm’*,
III. Uremulsion + 3,5 - 1078 g Methylenblau cm’*,
IV. Vorbelichtete Uremulsion.
V. Nachträglich gebadete (gemäß III.) Uremulsion.
Kurve III durch Methylenblau eintritt, und bestrahlt man dann die
so vorbelichtete Schicht im Stufenphotometer, so erhält man die
Kurve IV, an der man deutlich erkennen kann, daß in diesem Fall
die beiden Lichtwirkungen streng additiv verlaufen. Die hierbei ein-
tretende, der Berechnung genau entsprechende Gradationsänderung
der Schicht I, die mit einer Erhöhung der Schwellenempfindlichkeit
verbunden ist, steht in grellem Gegensatz zu dem Verhalten von
Kurve III, aus der zu schließen ist, daß die Farbstoffkeime und die
nachträglich erzeugten Lichtkeime keineswegs additiv sind. Die
durch das Licht erzeugte Wirkung vermag sich vielmehr neben dem
354 Eggert und Rertstötter.
Farbstoff erst von einer bestimmten Intensität ab durchzusetzen, die
höher gelegen ist als die Schwellenintensität der Uremulsion. Im
vorliegenden Falle zeigt z. B, wie aus Kurve II im Vergleich zu
Kurve I ersichtlich ist, erst die etwa 8fache Lichtintensität eine selb-
ständige Wirkung. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß eine
Vermehrung der Farbstoffmenge gegenüber einer vermehrten Licht-
menge in gleichem Sinne wirksam ist.
Ein anderes Verhalten zeigt sich nun, wenn Methylenblau und
Licht in der umgekehrten Reihenfolge aufeinander einwirken.
Bisher haben wir stets, wie schon in unserer früheren Arbeit
bemerkt, fertige Emulsionen mit Methylenblau versetzt und sodann
Platten gegossen. Diese Arbeitsweise gab uns die Gewähr dafür,
daß sämtliches angewandtes Methylenblau auch tatsächlich in der
belichteten Emulsion (ja sogar wahrscheinlich an der Oberfläche der
Körner) vorhanden war. Dieser Weg der Herstellung war jedoch
bei den weiteren Versuchen, bei denen zuerst Licht auf eine
methylenblaufreie Schicht einwirken soll, die nachher mit Methylen-
blau versetzt wird, nicht möglich. Wir waren daher gezwungen,
diese Emulsionen nach erfolgter Belichtung in bestimmten Mengen
Methylenblau-Lösung zu baden. Die Konzentration der wäßrigen
Methylenblau-Bäder wählten wir hierbei so, daß die Effekte etwa
denen von Kurve II bzw. denen zwischen Platte 2 und 3 auf S. 299
unserer früheren Mitteilung entsprechen.
Verfuhren wir in dieser, später noch eingehender geschilderten
Weise, so zeigte sich, daß der Farbstoff, nach der Belichtung an-
gewandt, auf das latente Bild keinen Einfluß besitzt (vgl. Kurve V).
Die Desensibilisation ist also aufgehoben, während die schleiernde
Wirkung auf das unbelichtete Bromsilber natürlich nach wie vor
bestehen bleibt. Das Methylenblau vermag also auf das Silber
lediglich in statu nascendi einzuwirken, nicht aber auf bereits ge-
bildete Silberkeime (vgl. Kurve V).
Dasselbe gilt nun ferner für die physikalische Entwicklung vor
dem Fixieren, obgleich in diesem Falle das Methylenblau im Gegen-
satz zur chemischen Entwicklung nicht imstande ist, einen Ent-
wicklungskeim abzugeben. Obgleich also, wie schon von Lüppo*-
Cramer(16) früher betont, die Schicht bei der physikalischen Ent-
wicklung nicht schleiert, tritt die desensibilisierende Wirkung den-
noch zutage. Die Effekte sind zwar etwas schwächer als vorher,
bewegen sich aber in der gleichen Größenordnung. Auch hier wird
also den Silberkeimen die Eigenschaft des Methylenblaus auf-
Beiträge zur Kenntnis des latenten Bildes. 355
gezwungen, und auch hier vermag das Licht erst bei einer viel-
fachen Intensität die Schwelle zu erreichen. Wenn andererseits das
Methylenblau erst nach der Belichtung zugefügt wird, ist es auf
die schon gebildeten Silberkeime wieder wirkungslos.
Wir kommen nun zur Deutung unserer Versuche Als
wichtigstes Ergebnis zeigte sich: der Farbstoff wirkt nur auf Silber
in statu nascendi, nicht auf fertig gebildete Silberkeime, und
zwar sowohl bei chemischer als auch bei physikalischer Entwicklung
(vor dem Fixieren. Diese Eigenschaft teilt das Methylenblau mit
einer Reihe von anderen Desensibilisatoren; denn es ist bekannt,
daß ein photographisches Negativ, das man vor dem Entwickeln
in solcher Farbstofflösung gebadet hat, einerseits eine unveränderte
Entwicklung der belichteten Stellen gestattet, während andererseits
die unbelichteten Stellen gegen Licht so unempfindlich geworden
sind, daß die Entwicklung in relativ hellem gelbem Licht erfolgen
kann(17); zum Unterschied vom Methylenblau erzeugen diese prak-
tisch angewendeten Substanzen auf die chemisch entwickelte Schicht
allerdings keinen Schleier. Auch zu den die Reifung fördernden,
schwefelhaltigen Stoffen besteht ein gewisser Parallelismus; denn
ebenso wie sich der empfindlichkeitsvermindernde Einfluß der De-
sensibilisatoren nur vor und nicht nach der Belichtung der Schicht
geltend macht, wirken die schwefelhaltigen Stoffe nur dann emp-
findlichkeitssteigernd, wenn sie — in geeigneter Weise — vor der
Belichtung mit dem Bromsilber zusammentreffen, und niemals nach
erfolgter Bestrahlung der Schicht.
Fragen wir nun in unserem besonderen Falle nach der Er-
klärung für die desensibilisierende Wirkung des Methylenblaus, so
wäre zunächst an eine chemische (oxydierende) Einwirkung des-
selben auf die bei der Belichtung entstehenden Silberatome zu
denken, eine Ansicht, die besonders Lüppo-Cramer vertreten
hat(18) Aus dieser Annahme, deren Zutreffen Lüppo-Cramer
selbst noch nicht für erwiesen hält (19), würde wegen der ver-
schiedenen Wirkung des Farbstoffs auf entstehende und fertig ge-
bildete Silberkeime folgen, daß sich das Silber in diesen beiden
Fällen in einem verschiedenen Dispersitätsgrad befindet. Atomar
disperses Silber wird vom Farbstoff oxydiert, während das zu
gröberen Teilchen koagulierte Keimsilber dem Angriff des Farb-
stoffs widersteht.
Werden wir schon bei Benutzung dieser einfachsten Vorstellung
zu dem Schluß geführt, daß die Silberkeime Koagulationsprodukte
356 Eggert und Reitstölter.
sind, so geschieht dies erst recht, wenn wir die Mengen der auf-
einander wirkenden Substanzen berücksichtigen, was in dem von
uns untersuchten Fall im Gegensatz zu den früheren Versuchen
möglich wird. Wie schon berichtet, befinden sich z. B. bei Kurve Il
im Mittel e. rof Methylenblau-Molekeln in der Kornoberfläche;
andererseits ist die Empfindlichkeit der verwendeten Emulsion in
vorliegendem Falle so beschaffen, daß im Sinne der Ausführungen
von W. Meidinger(20) und unter Zugrundelegung des Quanten-
äquivalentgesetzes an der Schwelle statistisch etwa ein Silberatom
auf ein Bromsilberkorn entfällt. Es stehen sich also in der Gegend
der zur Erreichung der Schwelle erforderlichen Lichtmenge 5 » 10° Farb-
stoffmolekeln und ı Ag-Atom gegenüber. Bedenkt man nun, daß
nur maximal 0,4°/, der Kornoberfläche mit Farbstoff bedeckt ist,
so muß es überraschen, daß das eine Silberatom (bzw. Elektron)
seinen Weg gerade bis zu jenen seltenen Stellen der Kornoberfläche
zu finden vermag, an denen Farbstoff adsorbiert ist. Andererseits
liegen offenbar die Verhältnisse hier ganz ähnlich wie bei der An-
wesenheit von Schwefelsilberkeimen, die gleichfalls in nur geringer
Anzahl oder Öberflächenbedeckung vorhanden sind. In beiden
Fällen liegt es in der Tat nahe, anzunehmen, daß die beiden Stoff-
arten als Koagulationszentren wirken, sei es, daß sie mit einer be-
sonderen Anziehungskraft für das Silber in statu nascendi aus-
gestattet sind (wie Sheppard annimmt) oder sei es, daß sich das
bei Absorption eines hv gebildete Elektron so lange ungehindert
bewegt, bis es zufällig beim Zusammentreffen mit dem Fremdkörper
am benachbarten Silberion festgehalten wird. Auch bei dieser Be-
trachtungsweise bleibt bestehen, daß Silberkeime, die sich durch
Belichtung einmal gebildet haben, vom nachträglich zugefügten Farb-
stoff unbeeinflußt bleiben, offenbar infolge ihres weniger dispersen
Zustandes.
Soweit erhalten wir also durch die Koagulationstheorie des
latenten Bildes eine recht befriedigende Vorstellung. Einer weiteren
Klärung durch neue Versuche muß aber noch die Frage unterworfen
werden, welcher Art die Einwirkung des Farbstoffes auf atomares
Silber ist. Am nächstliegenden ist, wie schon gesagt, die Annahme
einer oxydativen Einwirkung. Hiergegen sprechen indessen ver-
schiedene Umstände. Einmal ist an und für sich nicht einzusehen,
warum ein so edles Metall wie das Silber durch Methylenblau der-
artig leicht oxydierbar sein soll, und wenn man andererseits die
Annahme macht, daß der Vorgang dennoch stattfindet, sobald es
Beiträge zur Kenntnis des latenten Bildes.
357
sich um atomar disperses Silber handelt, so bleibt wieder un-
verständlich, daß die Oxydation bereits erlahmt, wenn das Silber
sich zu koagulieren begonnen hat, d. h. wenn es in der immer noch
äußerst fein verteilten Form des latenten Bildes vorliegt. Es bleibt
also in diesem Punkt vorläufig nichts anderes übrig, als den Be-
fund festzustellen: In Anwesenheit von Methylenblau — und das
gilt offenbar auch für die übrigen Desensibilisatoren — wird ein
Teil des durch die Belichtung gebildeten Silbers so abgeschieden,
daß er sich bei der nachfolgenden Entwicklung so verhält, als sei
nur der Farbstoff allein zugegen. Sieht man aber von der Erklä-
rung dieses speziellen Prozesses ab, so glauben wir doch nach-
gewiesen zu haben, daß sich die übrigen Vorgänge am zwang-
losesten durch die Koagulationstheorie des latenten Bildes deuten
lassen.
Der Ausdruck „Koagulationstheorie des latenten Bildes“ soll be-
grifflich folgende zwei Anschauungen zusammenfassen: 1. Das Silber-
atom kann an einer anderen Stelle entstehen als dort, wo die Ab-
sorption des Lichtquants stattfindet. 2. An bevorzugten Stellen der
Kornoberfläche erfolgt eine Ansammlung von Silberatomen, und
zwar an solchen Orten, die mit gewissen Fremdstoffen adsorptiv
oder chemisch) besetzt sind, wie z. B. durch reifungsfördernde
schwefelhaltige organische Substanzen oder wie im vorliegenden
Falle durch Methylenblau.
HI.
Um den textlichen Zusammenhang nicht zu stören, haben wir
im vorhergehenden Abschnitt auf die Beschreibung der einzelnen
Versuche verzichtet, was hier nun nachgeholt werden soll. Soweit
wir die Wirkung des Methylenblaus auf die photographische Emul-
sion vor der Belichtung — die wir mittels eines Röhrenphotometers
vom Faktor V2 durchführten — studierten, arbeiteten wir in der
gleichen Weise, wie schon früher beschrieben (21). Wurde aber erst
belichtet und dann Methylenblau auf die Emulsion einwirken ge-
lassen, so konnte die bisherige Arbeitsweise nicht mehr angewandt
werden. Wir mußten vielmehr diese fertig gegossenen und bereits
belichteten Platten in Methylenblau-Lösungen baden. Die Konzen-
tration der Methylenblaubäder wählten wir für diese Versuche 1:10,
(oi, 1:10®, ... 1:109%, wobei die Platten zu verschleiern begannen,
wenn die Badekonzentration zwischen 1:10° und 1:107 lag. Die
Kurve II von Abbildung ı ergab sich z. B., wenn eine 9/12-Platte
358 Eggerti und Reitstölter.
in 100 ccm einer Methylenblau-Lösung von der Konzentration 1: 10’
(10 Minuten) gebadet wurde. Bedenkt man, daß von dem gelösten
Farbstoff etwa 10°/, durch die Schicht aufgenommen wird, so er-
gibt sich eine Menge von 107° g Methylenblau pro 9/12-Platte; dies
ist etwa die gleiche Menge, die den Schleier bei unseren früheren
Zusatzversuchen verursachte. Nach dem Baden wurden die Platten
in fließendem Wasser kurz abgespült und dann in gut bewegter
Luft bei Zimmertemperatur getrocknet.
Gegenüber den früheren Versuchen ergaben sich auch noch
darin Unterschiede, als damals die Größe des Empfindlichkeits-
rückganges, der übrigens meist etwas vor Eintritt des Schleiers er-
folgt, etwas geringer war, was an sich wenig ins Gewicht fallt und
seinen Grund darin hat, daß der Desensibilisationseffekt von der
Herstellung der Emulsion abhängig ist. Die Größe der Desensibili-
sation hängt nämlich, wie zu erwarten, von der Oberflächenbeladung
des Korns mit Bromionen ab in dem Sinne, daß vermehrte Brom-
ionenbeladung die Adsorption des Methylenblaus am Korn erschwert
und damit dessen Wirkung verringert, von welcher Erscheinung wir
uns durch besondere Versuche mit Emulsionen verschiedenen Ge-
halts an Bromionen überzeugt haben.
Hierzu standen uns drei verschiedene Typen zur Verfügung:
I. eine Bromsilberemulsion mit geringem Br’-Gehalt;
2. eine feinkörnige Bromsilberemulsion mit größerer Adsorption
an Br’ als ı.;
3. eine grobkörnige Bromsilberemulsion mit starker Adsorption
an Br.
Sämtliche Emulsionen verhielten sich, was die Richtung des
Effektes anlangt, gleichartig, seine Stärke nahm jedoch mit wachsen-
der Menge adsorbierter Bromionen ab.
Schließlich seien noch die folgenden Versuche erwähnt: Als wir
den Einfluß des Methylenblaus bei der physikalischen Entwicklung
nach dem Fixieren studieren wollten, zeigte es sich, daß die Effekte
unsauber wurden, da die Schicht stets noch Natriumthiosulfat ent-
hält und das Methylenblau bekanntlich in Gegenwart von Natrium-
thiosulfat das latente Bild vernichtet (22). Entsprechend beob-
achteten wir einen starken Empfindlichkeitsrückgang, wenn wir wie
folgt verfuhren: Gegossene Platten normaler Emulsion wurden wie
gewöhnlich belichtet, mit einem Gemisch von Methylenblau und
Natriumthiosulfat fixiert, gut gewässert und dann physikalisch ent-
wickelt. Wird andererseits nach der Belichtung fixiert, dann gut
Beiträge zur Kenntnis des latenten. Bildes. 359
gewässert und jetzt erst in Methylenblau gebadet, so wird der vor-
her beobachtete Effekt des Empfindlichkeitsrückganges nahezu wieder
aufgehoben, und die Schicht unterscheidet sich nicht charakteristisch
von der nach dem Belichten und Fixieren gut gewässerten und
physikalisch entwickelten Standardplatte.
Entwicklervorschriften.
a) Chemische Entwicklung:
Wasser . 2 2 2220202. ocem
Metol. . 2 2 2 2 2 Dud 8
Hydrochinon . . e... . 0 „
Natriumsulfit, krist. . . . . . I20 „
Pottasche . © . .. DA „
Kaliumbromid. . . . . . . 028,
Vor Gebrauch mit Wasser 1:3 verdünnen,
Entwicklungszeit 5 Minuten bei 18° C.
Fixiert wurde mit dem sauren „Agfa‘-Schnellfixierbad des Handels.
b) Physikalische Entwicklung (23):
Lösung a) Natriumsulfit, wasserfrei. . . 180g
ı0°/ ige Silbernitratlösung . . 75 ccm
werden mit Wasser auf 1000 ccm aufgefüllt.
Lösung b) Natriumsulfit, wasserfrei. . . 20g
p-Pbenylendiamin D D e D . 20 „
werden mit Wasser auf 1000 ccm aufgefüllt.
Zum Gebrauch werden 100 ccm der Lösung a) mit 30 ccm der Lösung b) gemischt.
Entwicklungszeit Go Minuten bei 18° C.
Fixiert wurde in einem alkalischen Fixierbad der Zusammensetzung:
Wasser. . 2 2... . 1400 ccm
Natriumthiosulfat, kret, . 600g
Auf 100 ccm dieser Lösung werden 20 ccm 1,0n.-NaOH gegeben.
Fixierzeit 20 Minuten bei 18°C.
Zusammenfassung.
I. Es wird die photographische Wirkung bekannter Methylen-
blaumengen auf das entstehende und das fertige latente Bild bei
chemischer und bei physikalischer Entwicklung vor dem Fixieren
bestimmt; das entstehende latente Bild wird durch den Farbstoff
beeinflußt, das fertige nicht; das Ag liegt also beim Aufbau des
latenten Bildes in disperserer Gestalt vor als im endgültigen
Zustand.
2. Aus dem Vergleich zwischen der Anzahl der pro Brom-
silberkorn wirksamen Methylenblaumolekeln und der Anzahl der
360 Eggert und Reıtstötter.
durch das Licht abgeschiedenen Silberatome ergibt sich im Verein
mit den Feststellungen zu I. ein neuer Beitrag zur „Koagulations-
theorie des latenten Bildes“. Diese Vorstellung schreibt den Silber-
atomen die Fähigkeit zu, sich an gewissen bevorzugten Kornstellen
zu sammeln, die durch äußere (z. B. adsorptive) Einflüsse entstanden
sind und nicht mit den Orten der eigentlichen Lichtabsorption zu-
sammenfallen.
Literatur.
1) S. E. Sheppard, Phot. Journ. 65. 380. 1925; Phot. Ind. 1925, S. 1032,
1927, 412 (daselbst auch ausführliche Angaben früherer Literatur); vgl. ferner Eastman
Kodak Comp. D.R.P. 433043, 439372; A.P. 1574943, 1574944, 1591499, 1600736,
Brit.P. 235209, 235210, 235211, Franz.P. 599932, 599933 u. a.; I. G. Farben-
industrie A.G., Brit P. 255846. — Auch: A. u. L.Lumière u. A. Seyewetz, Rev.
franç. phot. 6. 291. 1925; Phot. Ind. 1925. S. 1219; ferner Brit. Journ. Phot. 72. 634.
1925. — R. Luther, Phot. Ind. 25. 494. 1927.
2. H. H. Schmidt, Phot. Ind. 1925. S. 1192, 1415; P. Knoche, ebendort
1925. S. 1139.
3) S. E. Sheppard, Phot. Ind. 1925, S. 1414.
4) S. E. Sheppard, A. P. H. Trivelli u. R. P. Loveland, Journ. Franklin
Inst. 200. 51. 1925; Science ind. phot. 5. 29. 1925.
5) The Svedberg, Phot. Journ. 61. 329. 1921.
6) H. Scheffers, Z. Phys. 20. 109. 1923; H. Arens, Phys. Chem. 114.
337. 1925. Verwandte Vorstellungen finden sich auch bei Schaum, Z. L wiss.
Phot. 28. 6, Anmerkung 5. 1925. Vgl. dagegen: Lüppo-Cramer, Z. Phys. 9.
387. 1924.
7) J. Eggert, Z. Echem. 32. 491. 1925; W.Leszynski, Z. f. wiss. Phot. 4.
261—274. 1926; J. Eggert u. W. Noddack, Naturw. 15. 57. 1927.
8) K. Fajans, Z. Echem. 29. 343. 1923.
9) M. P. E. Henry, Rev. franç. phot. 6. 292. 1925; Science ind. phot. 9. 159.
1925; Phot. Ind. 1925, S. 1032.
10) J. Eggert, Z. Echem. 32. 493. 1926.
11) S. E. Sheppard, Brit. Journ. Phot. 78. 33. 1926.
12) F.C. Toy, Brit. Journ. Phot. 73. 295. 1926; daselbst weitere Literatur.
Einzelheiten der Kontroverse siehe im Original.
13) J. Eggert u. J. Reitstötter, Koll.-Z. (Zsigmondy-Festschrift) 36. 298. 1926.
14) Lüppo-Cramer, Safraninverlahren 2. Aufl. (Leipzig 1922), S. 161 ff.
I5) In unserer früheren Arbeit ist in Tabelle II (S. 302) ein geringerer Wert
angeführt; die neue Angabe beruht auf einer genaueren Abschätzung der Größe der
Methylenblaumolekel.
16) Lüppo-Cramer, Koll.-Z. 30. 115. 1922. Safraninverfahren S. 163.
17) Lüppo-Cramer, aa O. (14).
18) Lüppo-Cramer, Kolloidchemie u. Photographie (Leipzig 1921) S. 83 fl.
19) Lüppo-Cramer, Die Grundlagen der phot. Negativverfahren (Halle 1927)
S. 223, 683.
Lem 2 rr mmm een
Kahler. Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher Vergrößerung. 361
20) W. Meidinger, Phys. Chem. 114, 89. 1925.
21) J. Eggert u. J. Reitstötter, a. a. O., S. 299.
22) J. L Crabtree, Abr. Scient. Publ. Res. Labor. Eastman Kodak Comp. A
198. 1920.
23) A.u. E. Lumière u. A. Seyewetz, Phot. Ind. 1924, S. 552.
Berlin-Treptow, Photochemisches Laboratorium d LG Farben-
industrie A.-G. (Agfa), Dezember 1926.
(Eingegangen am 28. März 1927.)
Über Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher
Vergrößerung.
Von
Friedrich Kahler.
Mit 6 Figuren im Text.
Zur Photographie undurchsichtiger Gegenstände bei schwächerer
Vergrößerung kann zweckmäßig ein einfaches Verfahren angewendet
werden, auf das schon mehrmals aufmerksam gemacht wurde 2.
wenn auch im Rahmen anderer Gedanken, und das auf folgenden
Prinzipien beruht: Befindet sich ein Gegenstand vor einer positiven
Linse, und zwar außerhalb der doppelten Brennweite, so wird von
ihr ein verkehrtes, verkleinertes, aber reelles Bild entworfen. Dieses
Bildchen wird mit einem System (Lupe oder Mikroskop) so ver-
größert, daß die gewünschten Einzelheiten sichtbar werden.
Diese scheinbar umständliche optische Methode befremdet im
ersten Augenblick etwas, da man die Wirkung des Projektions-
systems, wie wir die erste Linse fortan nennen wollen, nicht recht
einsehen will.
Die Einführung dieser Linse ist bedingt durch die Tiefenschärfe,
die man bei Aufnahmen auf diesem Gebiete verlangen muß. Die
Mikroskopobjektive sind bekanntlich genau auf eine Brennebene
korrigiert, während dies in solcher Strenge bei den Objektiven vom
photographischen Typus nicht der Fall ist. Man denke nur z. B.
1) Mikrokosmos XVII, 1923/2, S. 29. — S. auch W. Scheffer, diese Zeitschr.
l, 18, 149, 1903.
’) Ebenda XVIII, 1924/2, S. 36.
362 Kahler.
an die sehr erhebliche Tiefenschärfe bei Aufnahmen mit auf „Un-
endlich“ eingestelltem System. Diese Verhältnisse verschlechtern
sich stark, wenn man, ev. auch noch unter Benutzung sogenannter
Weitwinkel-Vorsatzlinsen, zu Abbildungen schreitet, die den Gegen-
stand in natürlicher Größe oder etwas vergrößert darstellen sollen.
Auf nebenstehender Figur ı ist wohl der Vanadinitkristall gut ab-
gebildet, aber schon seine Umgebung ist ganz unkenntlich und
die Aufnahme so gut wie unbrauchbar.
Fig. ı.
Vanadinit vom Hochobir, Kärnten. 4fach.
Steinheil-Orthostigmat mit Vorsatzlinsen. Blende "lag,
Es werden wohl von den optischen Firmen Systeme gebaut
(Luminare — Winkel, Planare — Zeiss, Altine — Voigtländer,
Summare — Leitz usw.) die den gestellten Anforderungen voll-
kommen gerecht werden, doch ist das nachstehend beschriebene
Verfahren insoweit vorzuziehen, als es mit Mitteln arbeitet, die jedem
Mikroskopiker zur Verfügung stehen und außerdem einen weitgehenden
Wechsel der Vergrößerung zuläßt.
Die auch bei stärkeren Vergrößerungen recht erhebliche Tiefen-
schärfe resultiert lediglich aus dem Umstand, daß das Bild, welches
vom Projektionssystem geliefert wird, sehr klein ist. Wenn auch
Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher Vergrößerung. 363
das Mikroobjektiv genau korrigiert ist, so ist es doch imstande,
Punkte abzubilden, die um sehr kleine Beträge von der mathema-
tischen Brennebene abweichen. Da diese Punkte nur durch die
zuerst erzielte Verkleinerung des Bildes nahe aneinander gerückt
wurden, ergibt sich in Summa eine ganz genügende Tiefenabbildung
auf der Platte, Zu beachten ist nur die Wahl der Optik, die für
solche Zwecke verwendet werden soll. Der gewöhnliche Abbesche
Beleuchtungsapparat ist weder sphärisch noch chromatisch genügend
korrigiert, so daß von seiner Verwendung für photographische Zwecke
Abstand genommen werden muß. Die korrigierten Systeme, die
z.B. Zeiss und Leitz liefern, sind selbstverständlich brauchbar. In
Ermangelung dieser Apparate lassen sich aber die schwachen und
mittleren Mikroskopobjektive selbst, wie schon Herzog!) angegeben
hat, mit Vorteil verwenden. Zeiss liefert für seine Stative zentrier-
bare Fassungen, die an Stelle des Kondensors eingesteckt werden.
In vielen Fällen ist am unteren Ende des Auszugtubus ein Gewinde
angebracht, an welches ein Objektiv angeschraubt werden kann.
Das Projektionsobjektiv wird dann am Revolver befestigt. Diese
Anordnung hat lediglich den Nachteil, daß man die Entfernung
Gegenstand—Projektionssystem nicht klein genug machen kann,
und daß ferner die optische Tubuslänge für das Mikroskop nicht
mehr eingehalten wird, was eine Verschlechterung des Bildes zur
Folge hat. Angenehm ist dagegen bei dieser Anordnung, daß die
Linsensysteme gut zentriert sind und daß zwischen dem Projektions-
system und dem Objektiv eine Verbindung besteht, die störendes
Seitenlicht abhält.
Ausgezeichnet bewährt haben sich die aplanatischen Lupen
nach Steinheil, wie sie z. B. Reichert-Wien in sehr zweckmäßiger
Fassung liefert. Sie lassen sich sehr einfach in den Blendhülsen
befestigen, die statt des Beleuchtungsapparates eingeschoben werden,
Da sie in jeder Hinsicht gut korrigiert sind, kann man mit ihnen
ganz ausgezeichnete Bilder erhalten.
Die Wahl des Objektivs hängt von der des Projektionssystems,
sowie von der in Anwendung kommenden Gegenstandsweite ab.
Jedenfalls muß die Apertur des letzteren Systems größer sein, als
die des ersteren, sonst sind die Bilder wie in Nebel eingehüllt. Je
größer der Aperturunterschied ist, desto schöner werden die Bilder,
allerdings auf Kosten der Vergrößerung. Die Verwendung von
1) a. a. O.
364 Kahler.
Um
Okularen ist für photographische Zwecke nicht sehr vorteilhaft, man
projiziert am besten direkt, auch ohne Photo-Optik, auf die Platte.
Die Änderung der Vergrößerung läßt sich auf zwei Arten bewerk-
stelligen:
t. Durch Änderung des Projektionssystems und ev. auch des
Objektivs.
2. Durch Änderung der Entfernung des Objektes vom Projek-
tionssystem.
Die durch den letzteren Vorgang hervorgerufene Aperturände-
rung des Projektionssystems fordert oft einen zwangsläufigen Wechsel
des Objektivs.
Da es sich bei vorliegenden Aufnahmen gewöhnlich um kleinere
Gegenstände handelt, ist es aus verschiedenen, namentlich optischen,
Gründen besser, das Objekt auf einen wagrechten Tisch zu legen.
Dieser muß sehr vielseitig beweglich sein, um dem Gegenstande die
gewünschte Lage geben zu können. Bei den folgenden Abbildungen
wurde ein Tischchen aus hellgelben sog. Naturpapier von 40 mm
Durchmesser benutzt. Das Mikroskop wird selbstredend umgelegt
verwendet. Die Lampe wird bei dieser Anordnung mit einer
Klemme auf der Unterseite des Objekttisches befestigt, derart, daß
sie möglichst nahe der optischen Achse zu liegen kommt. Die dem
Kondensor zugewandte Seite des Objektes muß hell erleuchtet sein.
Die Verwendung irgendwelcher Sammellinsen als Kondensoren ist
keineswegs zu empfehlen, da hierdurch, wie aus Fig. 2 ersichtlich,
überaus starke Kontraste zwischen Licht und Schatten hervorgerufen
werden.
Als Lichtquelle hat sich die skerzige Osramlampe für 8 Volt
bestens bewährt, die ein V-förmigen Glühfaden hat, so daß aus-
gesprochene Zentralbeleuchtung vermieden wird. Als Stromquelle
dient ein Kleintransformator, die Lampe wird unter Benutzung eines
30-Ohm-Widerstandes eingeschaltet (Radioheizwiderstand, Es hat
sich nämlich herausgestellt, daß die Bestrahlung des Objekts während
der ganzen Aufnahmsdauer mit vollem Licht starke Glanzlichter
hervorruft, die die Aufnahme so aussehen lassen, als ob sie un-
scharf wäre (Fig. 3). Beim näheren Betrachten erkennt man, daß
dies durch die starke Überstrahlung des Objekts hervorgerufen
wurde.
Man belichtet daher (bei 17 Schein-Film Kodak „Ortlio“) nur
etwa 40 Sekunden bei 8 Volt Spannung, sodann etwa 70--80 bei
une
Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher Vergrößerung. 365
3, oder so Sekunden bei 4 Volt. Bei Anwendung dieses Kniffes
geben selbst ausgesprochen stark glänzende Gegenstände erträg-
liche Glanzlichter (Fig. 4).
ig. 2. Fig. 3.
Murex (Trophon) vaginatus, Miocän, en ,
Baden b. Wien, 2,9 fach. Alvaria cimex L. (Adria). 6,2fach.
Projektionssystem: Winkel Obj. A. Proj.: Winkel Obj. B.
Objektiv: Winkel oo, Obj.: Winkel Obj. A.
Fig. 4. Fig. 5.
i i fach Pal. fontinalis Kck. 7,9fach.
Panonia EE Proj.: Reichert 30fach Steinheil.
Proj.: Reichert 30fach Steinheil. Obj.: Winkel AB.
Obj.: Winkel AB. Hintergrund: Dunkelrotes Naturpapier.
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 26
366 Kahler. Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher Vergrößerung.
Bei ganz kleinen Objekten ist man oft versucht, sie mit kleinen
Mengen eines Klebemittels an Papier zu befestigen und diesem dann
eine senkrechte Lage zu geben. Wie Fig. 5 lehrt, führt dies zu
keinen annehmbaren Resultaten, da die Gegenstände gewöhnlich
durchscheinend sind, so daß die feinere Struktur nicht sichtbar wird,
und außerdem verringert die allseitige Reflexion vom Papier die
sonst erhebliche Plastizität.
Nur falls starke Vergrößerungen in Frage kommen, wie dies
in Fig. 6 der Fall ist, ist diese Art der Montierung vorzuziehen.
Fig. 6.
Neritina maleagris L. Kuba. 48fach. Proj.: Winkel 3. Obj.: Winkel A.
Die feinen Farbstreifen erweisen sich als zusammengesetzt.
Dabei macht die gleichmäßige Ausleuchtung schon Schwierigkeiten und
die Anwendung anderer Aufnahmeverfahren !) wäre zweckmäßiger.
Die nach dem Verfahren hergestellten Aufnahmen erreichen
an Güte nicht das, was die eingangs erwähnten Spezialobjektive ver-
mögen; aber sie ermöglichen jedem Mikroskopiker, Aufnahmen aus
einem Gebiete anzufertigen, das bis jetzt etwas vernachlässigt war.
| 1) Mikrokosmos XVII, 1923, Heft 3/4, S. 33.
Graz, März 1927.
(Eingegangen am 25. März 1927.)
Beck u. Eggert. Methode zur Verfolgung des Verbrennungsvorganges usw. 367
Eine Methode zur zeitlichen photometrischen Verfolgung des
Verbrennungsvorganges von Blitzlicht.
Von
H Beck und J. Eggert.
Mit 4 Figuren im Text.
Die Güte eines Blitzpulvers wird, abgesehen von seinen spek-
tralen Eigenschaften und von der Rauchentwicklung, nach der
Brenndauer und nach der entwickelten Lichtmenge beurteilt. Die
Brenndauer kann nach Krebs!) aus der Länge der Bildspur eines
in freiem Fall mit Blitzlicht photographierten Gewichtes, nach Londe?)
mit Hilfe einer elektrisch angeregten, im Blitzlicht vor einer rotierenden
Platte photographierten Stimmgabel, nach Rheden’) mit Hilfe einer
rotierenden Scheibe mit durchsichtiger Gradeinteilung und Schlitzen,
oder mit der bekannten Meßuhr von Hesekiel bestimmt werden.
Zur Ermittlung der Gesamtlichtmenge dient meist das Photo-
meter von Eder. In dieser Weise stellte z. B. Novak Vergleiche
über das Verhalten verschiedener Blitzlichtmischungen an.)
Zur Verfolgung des Brennvorganges in seinen einzelnen Phasen
gab bereits 1891 Hruza°) eine geeignete Einrichtung an, verzichtete
jedoch auf eine rechnerische Auswertung seiner Versuche, sowie auf
quantitative Intensitätsmessungen. Ohne diesen Apparat zu kennen,
konstruierten wir vor einiger Zeit eine ähnliche Anordnung, da die
quantitative Kenntnis des zeitlichen Verlaufs der Blitzpulververbren-
nung in verschiedener Hinsicht von Interesse schien P
1) Eder, Jahrb. f. Phot. 1901, S. 139.
?) Bull. Soc. franç. Ph. 1901, S. 345.
3) Phot. Korr. 40. 115. 1903.
t) Phot. Korr. 44. 388. 1907.
5) Eders Jahrb. f. Phot. 1891, S. 76.
a Über die Apparatur und die Auswertung der mit ihr gewonnenen Ergebnisse
hat Dr. W. Urban auf der 39. Hauptversammlung des Vereins deutscher Chemiker
in Kiel (26.—30. Mai 26) vorgetragen (Z. f. angew. Chem. 39. 22. 698. 1926). Erst
nachträglich erfuhren wir von der Existenz der in der einschlägigen Literatur an-
scheinend in Vergessenheit geratenen Arbeit von Hruza durch den freundlichen Hin-
weis von Dr. M. Andresen. (Vgl.z.B. Novak, Ullmanns Enzyklopädie d. techn.
Chem. 9. 109; Beck, Die Blitzlichtphotographie S. 56; der Hinweis in Eders Handb.
d. Phot. L, 3, S. 611, 3. Aufl, ist so unvollständig, daß er uns irregeführt hat.
26*
368 | Beck und Eggert.
1. Apparatur.
Der Apparat (Fig. ı) besteht aus einer Walze von 16,5 cm
Durchmesser, die in einem lichtdichten Kasten eingeschlossen ist
und durch einen Motor in meßbare, gleichmäßige Umdrehungen
versetzt werden kann. Sie bewegt sich an einem in der Stirnseite
Fig. ı.
Apparatur zur Messung des zeitlichen Ablaufes der Blitzlichtverbrennung.
des Kastens angebrachten schmalen Schlitz von 10 cm Länge und
0,5 cm Breite vorbei. Der Schlitz ist in 11r Felder (0,7 x 0,5 cm)
geteilt und ist 2 cm tief; die nach der Walze gerichtete Seite des
Schlitzes ist an den Rändern mit einem auf der Schicht schleifenden
Sammetband zur Erzielung eines lichtdichten Abschlusses versehen.
Das erste von den ıı Feldern läßt man unbedeckt, so daß das
Licht ungeschwächt zur Schicht hindurchgeht, die folgenden Felder
versieht man an den Außenseiten mit Dämpfungsfiltern aus Stücken
von geschwärztem Film, deren gemessene Opazität in geometrischer
Reihe ` ansteigt. Den Faktor der Reihe wählt man je nach der
Stärke der zu untersuchenden Lichtquelle.
Für Blitzlicht hat sich zunächst folgende Skala der Schwärzungs-
filter für den Schlitz als geeignet erwiesen:
log = d = 00 06 1,2 18 24 30 36 42 48 54 D
Die Dichte nimmt also in einer arithmetischen Reihe mit der Diffe-
renz 0,6 zu, entsprechend dem Faktor 4 in der Opazität.
Die Walze wird mit einem Streifen Bromsilberpapier oder noch
besser mit Negativfilm (s. S. 375) bespannt. Beim Abbrennen des
Blitzpulvers wird die an dem Schlitz vorbeistreichende Schicht je
Methode zur Verfolgung des Verbrennungsvorganges von Blitzlicht. 369
nach der Stärke der vorgelegten Filter verschieden stark belichtet.
Nach Entwicklung der belichteten Schicht, die das in Fig. 2 wieder-
gegebene Aussehen zeigt, kann man aus der Verteilung und der
Größe der Schwärzung einen Rückschluß auf die Stärke der an-
gewandten Lichtquelle und auf den Verlauf des Brennvorganges
ziehen. Die Empfindlichkeit der zur Messung benutzten photo-
graphischen Registrierschicht muß natürlich durch eine Eichung mit
einer Normalkerze nach Hefner-Alteneck bestimmt werden.
2. Zeitmessnng.
Wir unterscheiden: ı. die totale Brenndauer des Blitzlichtes,
das ist die Zeit, die vom ersten Aufglimmen bis zum vollständigen
Verlöschen des Blitzes verstreicht, und 2. die praktische Brenn-
dauer, das ist die Zeit, die für die photographische Belichtung
hauptsächlich ausgenutzt wird. Wir beschäftigen uns zunächst mit
der totalen Brenndauer. Durch das erste offene Feld des Schlitzes fallt
das Licht vom ersten Aufflammen bis zum Abglimmen des Blitzlichtes
auf die Schicht; man braucht also nur die Länge des hinter diesem Feld
entstandenen geschwärzten Streifens (unterster Streifen in Fig. 2) ab-
zumessen, um die Brenndauer zu berechnen, wobei von der ge-
messenen Länge noch die Breite des Schlitzes abzuziehen ist.
Bezeichnet s, die Länge des geschwärzten ersten Feldes, 5 die
Schlitzbreite, a den Umfang der Walze (alle drei, Werte in cm),
t die Tourenzahl der Walze pro Sekunde, so ist ur die Schicht-
geschwindigkeit pro sec und die totale Brenndauer z, des Blitzlichtes
(ın Sekunden):
zz D
ez ur (1)
Beispiel: Es wurden fünfmal nacheinander je ı g Agfa-Blitzpulver
in e = 1,0 m Entfernung abgebrannt. Aus den Größen s,! = 15,0 cm,
s”=14,5 cm, Dies 15,0cm, s’=14,0cm, s= 15,5 cm, ġ = 0,5 cm,
u = 51 cm, T = 1,54 sec’! berechnen sich für die Brenndauer dann
folgende Werte:
Versuch I 2 3 4 5
Sekunden 0,185 0,180 0,185 0,172 0,192
Als Mittelwert für die totale Brenndauer von ı g Agfa-Blitzpulver
ergibt sich dann
Z, = 0,153 sec.
370 Beck nnd Eggert.
3. Intensitätsmessung.
Zur Bestimmung der Intensität, d.h. der Kerzenstärke des
Blitzpulvers in Hefnerkerzen (HK) müssen wir folgende Betrachtung
anstellen: Die Lichtmenge in Meterkerzensekunden (MKS), die not-
wendig ist, um auf dem verwandten Negativmaterial eben eine sichtbare
Schwärzung (Schwellenschwärzung) hervorzurufen, betrage /, MKS.
Wird diese Schwellenschwärzung durch eine beliebige, zunächst als
mit konstanter Intensität brennend betrachtete Lichtquelle von der
Kerzenstärke Z HK erzeugt, wenn diese £ Sekunden lang in der
Entfernung e (in m) auf das Negativmaterial einwirkt, so besteht .
zwischen diesen Größen die Beziehung
I= La
OH
ei V
In unserem Falle, bei dem das Negativmaterial hinter dem Schlitz
von der Breite 5 mit der Geschwindigkeit ar vorbei bewegt wird,
beträgt
t= ”,
ur
also ist
L.
ea 3
Hierbei ist angenommen, daß sich noch kein Dämpfungsfiter vor
dem Negativmaterial befindet; die Gleichung gilt also für das erste
Feld. Für das zweite Feld ist natürlich die Lichtmenge /,, die
für die Schwellenschwärzung erforderlich ist, die gleiche wie im
ersten Felde. Da aber vor dem zweiten Feld ein Dämpfungsfiter
mit der Opazität 4 liegt, besteht hier für die Lichtmenge /,, de
nötig ist, um wieder die Schwelle zu erreichen, und für die unter
gleichen Bedingungen hierfür erforderliche Lichtintensität Z die
Beziehung
(4)
Entsprechend ändert sich diese Formel für die weiteren Felder
jeweils um den Faktor 4, so daß sich für das »-te Feld die
Gleichung ergibt:
Leò
L= 4mh he D
eutr
Für die Intensität Z des Blitzlichtes in HK folgt somit allgemein
= "tl. hesui. (6)
b
Zur zahlenmäßigen Bestimmung von Z ist zunächst die Kenntnis
der Größe /, erforderlich. Zum Zwecke dieser Bestimmung wurde
Methode zur Verfolgung des Verbrennungsvorganges von Blitzlicht. 371
bei ruhender Walze eine (dauernd auf gleichmäßiges und richtiges
Brennen beobachtete) Hefnerlampe vor den Apparat gestellt D Es
ergab sich als Mittel aus verschiedenen Versuchsbedingungen (Ent-
#ernung, Belichtungszeit) für /, die Energie, die zur Erreichung der
Schwellenschwärzung des verwendeten Registrierfilms erforderlich
ist, der Wert: I = 20MKS.
Mit Hilfe dieses Wertes läßt sich jetzt die Registrieraufnahme (Fig. 2)
hinsichtlich der Intensität des Blitzlichtes auswerten. Beispiel: Beim
Lë 2
€ 3 8
Ao
Ke
ro
Vë
Fig. 2.
Registrierphotogramm einer Blitzlichtflamme, hergestellt mit Apparatur Fig. ı.
Abbrennen von Blitzpulver vor dem Apparat wird zuerst die
Schwellenschwärzung des ersten Feldes erreicht. Nach Gleichung (6)
beträgt (für z = I) unter Benutzung der schon genannten Zahlenwerte
Te WE BEST EUST 2 310HK.
L 0,5
1) Zu diesen Eichversuchen ist ausdrücklich zu bemerken, daß sich für den
Schwellenwert der (hochempfindlichen) Registrieremulsion eine beträchtlich niedrigere
Zahl ergibt, wenn man die Messung in üblicher Weise mit dem Eder-Hecht-Keil
vornimmt. Die Diskrepanz erklärt sich leicht aus der Tatsache, daß die Belichtungs-
verhältnisse beim Keilphotometer andere sind als in unserem Falle, wo wir es ge-
wissermaßen mit einer Art Röhrenphotometer zu tun haben. Die Brauchbarkeit
unserer Eichmessung wird u. a. noch durch das Beobachtungsergebnis von Fußnote !)
auf S. 374 bestätigt.
372 Beck und Eggert.
Beim weiteren Aufflammen des Blitzes beginnt kurze Zeit später
auch die Schwellenschwärzung der Registrierschicht in der zweiten,
dritten, z-ten Schicht aufzutreten, woraus für Z ein Anwachsen auf
die Werte 1,2 - 10°; 4,8 - 10°; 310 - 4"-!HK folgt. Der Maximal-
wert liegt bei allen fünf Versuchen im siebenten Feld. Das Blitz-
licht besitzt also eine Höchstintensität von
Lunas = 1,2 - 10°HK.
Nach Durchschreiten des Höchstwertes fällt die Intensität des Blitz-
lichtes wieder ab, so daß das ste Feld am kürzesten, das erste
am längsten belichtet wird. Das Auftreten der Schwellenschwärzung
in den verschiedenen Feldern entspricht also (wohl bemerkt unter
den genannten experimentellen Bedingungen, wie Tourenzahl,
Walzenumfang usw.) den folgenden Lichtintensitäten:
erstes Feld . . . ......3,1- 10? HK
zweites ` See ee 250 y
drittes > "22 202202 AAR e 10) „
viertes 5» 02 2000000. 19-108 „
fünftes » 2 2222. 76-108 „
sechstes ,, ee E EN
siebentes — ee TO T
achtes ,, een. AAR 10% „ usw.
Zugleich kann man aber aus der Registrieraufnahme erkennen,
in welchem Zeitp .nkt die betreffende Kerzenstärke erreicht wurde,
denn da bei den gegebenen Größen a und z jeweils 7,9 mm Streifen-
länge 0,01 sec entsprechen, kann man jeden beobachteten Intensitäts-
wert einem bestimmten Zeitwert zuordnen oder umgekehrt. Trägt
man in ein Koordinatensystem als Abszisse die so ermittelten Zeiten
in 0,0I sec, die Kerzenstärken in log HK ein und verbindet die
Punkte durch eine Kurve, so erhält man das in Fig. 3 dargestellte
Bild. Die Aufzeichnung in log HK und nicht in HK selbst, auf
die wir noch später zu sprechen kommen werden, geschieht zunächst
deshalb, weil sie sich am engsten an das Aussehen der Registrier-
aufnahme (Fig. 2) anlehnt.
4. Messung der Gesamtlichtmenge.
Aus Fig. 2 oder Fig. 3 läßt sich nun ferner die Gesamtlicht-
menge Æ in MKS ableiten, die beim Abbrennen von Blitzpulver
erzeugt wird. Zu diesem Zweck stellt man sich den Vorgang so
Methode zur Verfolgung des Verbrennungsborganges von Bützlicht. 373
vor, als habe er sich in Teilen abgespielt, d. h. so, als ob die von
den verschiedenen Feldern angegebenen Intensitäten in den aus
der Länge der Streifen ablesbaren Zeiten voneinander getrennt ge-
wirkt hätten. Die Integration der Kurve von Fig. 3 wird also durch
10 12 14 16 . - 1 aer.
Fig. 3.
Der Logarithmus der Intensität des Blitzlichtes (in HK) a’s Fur"tion der Zeit (in 10”? sec),
eine Summation ersetzt. Wir beginnen mit der .öchsten Intensität
im gien Feld, die nach Gleichung (6) den Wert
—1
E a hhur Acer HK
besitzt. Entsprechend Gleichung (1) hat diese Intensität
gewirkt; hierbei wurde also von der Lichtquelle die Lichtmenge
Weg, A . ei e Lë
E = 9 MKS
abgegeben. Im nächstkleineren, To — (ten Feld hat entsprechend
die Intensität
(EK A . e? -ut
L= 4 -HK
gewirkt, jedoch nur so lange, als dieser Streifen den vorangehenden
zeitlich übertrifft. Es ist somit
D
— $
Li
ln-1 =
LENA
ur
und die zugehörige Lichtmenge
—9?
4" "Ae e: (Sa fal
Eu =
374 Beck und Eggert.
Im gleichen Sinne setzt sich die Betrachtung fort, bis
4e Le, (s, — s)
E = a
und endlich
Ae, (E
Mer
Die Gesamtenergie Æ des Blitzlichtes setzt sich nun additiv aus den
abgeleiteten Einzelenergien zusammen (MKS).
E Ae: Ir — s) dÄ: (S3 5) 4-2 eè e (Sa = sa)
Zn r EE E EE ren
D EE
A e
= - X Ja, S3) + 4 (S3 — $3) H 4°: (Sg ës, +4 äi AN
e Wald?
Beispiel: Setzt man hierin s = 15 cm, ,=14cm, Ze = 12,5 cm,
S, = II CM, s$, = 9 Cm, Sẹ = 6,5 cm, s, = 4,5 cm, die übrigen Größen
wie zuvor, dann folgt
E = 7,6 - 10'MKS,
die anderen vier Messungen ergeben
8,5 - 10%; 6,7 - 10%; 5,6. 10%; 6,0 - 10$ MKS.
Als Mittelwert erhält man somit für die von ı g Agfa-Blitzpulver
emittierte Gesamtenergie
E = DO: 10° MKS.
Dieser Wert stimmt befriedigend mit den Zahlen überein, die
Novak für verschiedene Blitzpulversorten erhalten hat.!) Will man
die Gesamtenergie noch genauer bestimmen, als es bisher geschah, so
ist die Verbrennungskurve (Fig. 4) zu planimetrieren. Im Gegensatz
zu Fig. 3 ist in diesem Diagramm die Intensität in HK und nicht
in log HK als Funktion der Zeit (wieder in 0,01 sec angegeben)
aufgetragen. Diese Methode ist dann besonders am Platze, wenn
das oberste Feld nicht nur die Schwellenschwärzung aufweist,
sondern eine stärkere Dichte besitzt, da ja die Energiemenge sehr
1) Phot. Korr. 44. 388. 1907. Verf. findet z, B. für 2 g Blitzlichtpulver
(Magnesium und Cerinitrat zu gleichen Teilen) den Wert 17,3 + toi MKS, also
8,7 - 10°MKS für ı g Mischung. Eigene Messungen nach der gleichen Methode er-
geben in befriedigender Übereinstimmung den Wert von etwa 10° MKS für 1 g Agfa
Blitzlicht. Erheblich niedriger fanden wir dagegen, wie zu erwarten, den Wert für
IL g Magnesium band, das wir in einer geeigneten Lampe an freier Luft verbrannten: ,
2,4 - 10° MKS.
Methode zur Verfolgung des Verbrennungsvorganges von Blitzlicht. 375
stark von der Spitzenhelligkeit abhängt. Um diese genau zu
ermitteln, kann man entweder die Entfernung der Lichtquelle variieren
oder man kann die Steigerung der Opazität der Dämpfungsfiter in
kleineren Intervallen als mit dem Faktor 4 vornehmen, oder man
kann schließlich bei still stehender Walze die Gesamtintensität fest-
stellen und aus der Differenz dieser Zahl mit der bei rotierender
Walze ermittelten die erreichte Spitzenhelligkeit errechnen. Bei
letzterem Verfahren, das wir bereits bei der Eichung des Registrier-
Fig. 4.
Die Intensität des Blitzlichtes (in ro" HK) als Funktion der Zeit (in 10°? sec).
materials anwendeten, dient der Apparat gewissermaßen als Kopier-
sensitometer mit Grauleiter.
In diesem Zusammenhang sei noch folgende Beobachtung er-
wähnt: Wir benutzten für unsere Versuche anfangs Bromsilber-
papier; als wir aber zur Eichung schritten, mußten wir feststellen,
daß dieses Material für exakte Messungen wenig geeignet ist. Das
Papier ist nicht so gleichmäßig wie gute Negativschichten, außerdem
ist die Schwärzung auf Papier, also in der Aufsicht, nicht so gut
meßbar wie in der Durchsicht bei Glas oder Film als Schichtträger.
Daher benutzten wir vorzugsweise Kinenegativfilm in 12 cm Breite
und stellten zunächst die Schwärzungskurve der Schicht fest. Um
zu prüfen, ob die Opazität der Dämpfungsfilter tatsächlich jeweils
376 Beck und Eggert.
um den Faktor 4 zunimmt, wurden Filmstreifen aus ı und 2 m
Entfernung mit der gleichen Lichtquelle im Apparat belichtet. Die
nach der Entwicklung ausgemessenen Schwärzungen ergaben, in
die Schwärzungskurve der Schicht eingetragen, daß die Dämpfungs-
filter tatsächlich mit dem Faktor 4 zunehmen, was sich auch noch
durch Entfernungsvariation der Lichtquelle bestätigen ließ.
5. Praktische Brenndauer.
Als Brenndauer war bisher die Zeit betrachtet, die vom ersten
Auflammen bis zum vollständigen Verlöschen des Blitzlichtes
verstreicht. Dieser Wert ist jedoch für die Praxis unzutreffend.
Dies geht besonders klar aus Fig. 4 hervor. Man erkennt, daß die
niedrigsten Intensitätswerte zu Beginn und am Schluß des Blitzes
neben den hohen Intensitäten während der stärksten Flammen-
entwicklung gar nicht in Betracht kommen. Für die praktische
Verwendung des Blitzlichtes ist daher diejenige Zeit als Brenndauer
zu betrachten, die während der Emission der größten Lichtmenge
verstreicht. Als größte Lichtmenge sind dabei 99 °/, der Gesamt-
energie zu verstehen. Ein Beispiel zur Erläuterung: Stellt man
eine Porträtaufnahme mit Blitzlicht her, so ist das Schließen der
Augen auf dem Negativ nur dann sichtbar, wenn diese Bewegung
noch in die wesentlich hellen Teile des Blitzes fällt. Wann diese
auftreten, geht aus Fig. 4 hervor. Aus der angegebenen Pfeilstrecke
ersieht man, daß die praktische Brenndauer z, (vgl. auch Fig. 3)
nach der getroffenen Definition 7, = 0,108 sec, für die übrigen vier
Versuche 0,122; 0,102; 0,096; 0,102 sec im Mittel, also
£ = 0,106 sec
beträgt. Dieser Wert, der also für die praktische Aufnahme von
bewegten Objekten maßgebend ist, muß noch verringert werden,
wenn die Aufnahme nicht auf einer Porträtschicht, sondern auf
einem steiler arbeitenden Negativmaterial gemacht wird. Bei solchen
Schichten fällt nämlich schon mehr als ı°/, der Gesamtenergie
nicht mehr ins Gewicht, so daß ein noch größerer Teil des energiearmen
Abklingungsastes von Fig. 4 fortfällt. Bezogen auf steileres Negativ-
material ist somit die praktische Brenndauer noch kürzer anzusetzen.
6. Die Intensität des Blitzlichtes im Vergleich zu derjenigen anderer
Lichtquellen.
Neben dem Blitzlicht haben wir endlich auch noch andere
Lichtquellen mit unserem Apparat untersucht, und zwar eine gas-
Methode zur Verfolgung des Verbrennungsvorganges von Blitzlicht. 377
gefüllte Metallfadenlampe (kurz Nitralampe) von to Watt, eine
solche von 1000 Watt und die Sonne. Bestimmt man die aktinische
. Intensität der beiden Nitralampen, so erhält man im ersten Falle
450 HK, im zweiten Falle 19000 HK, bezogen auf die Hefnerkerze
als Einheit. Vergleicht man jedoch diese beiden Lampen hinsicht-
lich ihrer psychologischen Helligkeit durch eine photometrische
Messung mit dem Auge, wie dies z. B. die Beleuchtungsindustrie
tut, so erhält man, ebenfalls auf die Hefnerkerze bezogen, 90 HK
und 1900 HK. Der Widerspruch zwischen diesen beiden Angaben,
der etwa den Faktor 5 bei der roo Watt- und den Faktor 10?) bei
der 1000 Wattlampe ausmacht, liegt auf der Hand; denn in einem
Fall sind es aktinische Kerzen, im anderen Helligkeitskerzen,
nach denen gemessen wird. Dieser Vergleich gestattet uns um-
gekehrt die sonst schwerlich meßbare Maximalhelligkeit vom Blitz-
licht (in Helligkeitskerzen) anzugeben, denn man kann ohne großen
Fehler annehmen, daß die spektrale Zusammensetzung des Blitz-
lichtes und des Lichtes einer hochkerzigen Nitralampe annähernd
dieselbe ist. (U.a. geht dies aus der Tatsache hervor, daß man
Aufnahmen auf Agfa-Farbenplatten sowohl mit Blitzlicht als auch
mit Nitralicht ohne Benutzung eines Vorsatzfilters herstellen kann.)
Aus der oben angegebenen Maximalintensität des Blitzlichtes in
aktinischen Kerzen (Z = 1,2. 10° HK) erhält man für die Maximal-
helligkeit des Blitzlichtes durch Multiplikation mit dem erwähnten
Bruch ot den Wert 1,2 - 10° Helligkeits-HK; dies ist also die Hellig-
keit, mit der der Blitz dem beobachtenden Auge im Vergleich zu
derjenigen einer normalen Kerze erscheint.?)
Die gleiche Betrachtung haben wir schließlich für die Sonne
durchgeführt. Wir fanden bei rotierender Walze für die Intensität
1) In guter Übereinstimmung mit diesen Werten finden sich bei L. Bloch,
Lichttechnik, München und Berlin, Verl. R. Oldenbourg (1921), S. 579 für das Ver-
hältnis von aktinischer Intensität und psychologischer Helligkeit (dort „Aktinität‘‘ be-
zeichnet) folgende Werte: für Nitralampen 7 (entsprechend unseren Faktoren 5 und 10),
für Sonnenlicht 12—25 (entsprechend unserem Wert 20). Dagegen scheint uns die
Angabe für Magnesiumlicht (Aktinität 20) zu hoch; im Hinblick auf unsere Messungen
am Blitzlicht dürfte der Faktor nur höchstens 10 betragen. — Der Begriff „Aktinität“
bezieht sich natürlich lediglich auf die verwendete Bromsilberemulsion; die angegebenen
Faktoren würden sich daher bei der Betrachtung anderer photochemischer Reaktionen
ändern,
2?) Die noch fehlende Betrachtungsweise im energetischen Male würde
übrigens ungefähr folgende Werte für ı g Blitzlicht ergeben; Maximalintensität:
6 Lumen energetisch; Gesamtenergie: 0,4 Lumensec energetisch.
378 Beck und Eggert.
des Sonnenlichtes am unbedeckten Himmel 1,5 - 10° MK, während
sich in der Literatur die Angabe Z = 8. ı0* MK findet.’ Auch
diese Diskrepanz (Faktor 20)?) ist wieder auf die verschiedene spek-
trale Zusammensetzung der verglichenen Lichtarten zurückzuführen
und andererseits folgt aus dem Vergleich der Intensität des Sonnen-
lichtes und der Höchstintensität des Blitzlichtes, daß letzteres (1 g
in ı m Entfernung) im Augenblick der höchsten Flammenentwick-
lung dem Sonnenlicht nahezu äquivalent ist,
Der Kuriosität halber sei schließlich folgende Betrachtung an-
gestellt. Aus der gemessenen Intensität des Sonnenlichtes (1,5 - 10°MK)
und der Entfernung der Sonne von der Erde Le = 1,5 - 10!! m) folgt,
daß die Sonne in ım Entfernung die Intensität 1,5 - 108- 2- 10?? = 3 - 10%
besitzt. Betrachtet man die Sonne, deren Masse etwa Loi? g beträgt,
aus Blitzlicht bestehend, so ergibt sich hieraus eine Intensität von
10°. 10°? = 108° HK, also ein beträchtlich höherer Wert als aus der
Messung. Dies scheint zunächst nicht erklärlich, da ja die mittlere
Sonnentemperatur (10 Millionen Grad) sehr viel höher ist, als die
des Magnesiumblitzlichtes.. Bedenkt man jedoch, daß lediglich das
Licht der Vorderseite der Sonne und hiervon auch nur das der
äußersten Sonnenschicht zu uns gelangt, während der Rest der
Energie durch Absorption vernichtet wird, betrachtet man also das
Licht, das von einer Sonnenscheibe aus Blitzlichtmischung emittiert
wird, die pro qcm Oberfläche mit ı g Mischung besetzt ist, so erhält
man den zu der Größenordnung der erstgenannten Zahl (3 - 10°) be-
friedigender passenden Wert von etwa 10° HK. Allerdings erscheint
diese Gegenüberstellung gezwungen, da ı g Blitzlicht beim Ent-
flammen nicht ı qcm, sondern 10° qcm Leuchtfläche entwickelt oder
weil, anders betrachtet, die schwarze Sonnentemperatur (6000° abs.)
beträchtlich höher ist als diejenige der Blitzlichtflamme (etwa 2400° abs.)
In der Tat ist auch die aktinische Intensität, die von I gem Sonnen-
oberfläche emittiert wird (3 - 10°: toi? = 3. 10° akt. HK em" er-
heblich größer als diejenige, die ı qcm der Blitzlichtflamme verläßt
!) Vgl. z. B. Littrow, Die Wunder des Himmels 1897, S. 291. Hierzu
stimmt auch die im Phys. Handwörterbuch S. 719 angegebene Zahl von 1,35 - 10° MK
für die Sonnenhelligkeit außerhalb der Atmosphäre; der ebenda von Gerlach an-
gegebene Wert von 3, 10* MK, sowie die in Scheiner, Populäre Astrophysik 1912,
S. 331 aufgeführte Zahl: 6» 10% MK führen zu einem größeren Wert für die Aktinität
des Sonnenlichts, der an sich wahrscheinlicher ist, als die mit den anderen Angaben
gemessenen Aktinitäten.
2) Vgl. Anmerkung S. 377.
Methode zur Verfolgung des Verbrennungsvorganges von Blitzlicht. 379
(1,5. 10%: 10° = 1,5 + 10° akt. HK cm: letzterer Wert ist übrigens
nur wenig kleiner als die aktinische Flächenintensität des Glüh- `
körpers einer Nitralampe (= 8- 10° akt. HK co
Zum Schlusse möchten wir nicht verfehlen, der wertvollen
Unterstützung dankend Erwähnung zu tun, die uns bei den Ver-
suchen und ihrer Auswertung Herr cand. phil. W. Hunger und vor
allem Herr Dr. W. Urban geleistet haben.
Zusammenfassung.
I. Es wurde eine Apparatur konstruiert, die zur zeitlichen
photometrischen Verfolgung des Verbrennungsvorganges von Blitz-
licht dient. Sie besteht aus einer mit photographischem Registrier-
material beschickten, lichtdicht verschlossenen Walze, die sich wäh-
rend des Blitzes an einem Schlitz vorbei bewegt, der mit einer
Grauleiter von Dämpfungsfiltern versehen ist.
2. Aus dem Registrierphotogramm lassen sich unter Berück-
sichtigung der Versuchsbedingungen ableiten: die Intensität des
Blitzes zu jedem beliebigen Zeitpunkt einschließlich der Höchst-
intensität, die Gesamtenergie des emittierten Lichtes, die „totale“
und die „praktische“ Brenndauer des Blitzes (totale Brenndauer = Zeit
vom ersten Aufglimmen bis zum vollständigen Verlöschen des
Blitzes; praktische Brenndauer = Dauer der praktischen Ausnutzung
des Blitzes).
3. Das Blitzlicht wird mit einigen anderen Lichtquellen auf
seine aktinische Wirkung und seine Helligkeit verglichen.
4. Für ı g Agfa-Blitzlichtpulver in ı m Entfernung ergeben
sich folgende Werte:
Maximalintensitätt . . . . Lä: 10° HK
Gesamtenergie . . . . . . 06,9-10* MKS
Totale Brenndauer . . . . 0,183 sec
Praktische Brenndauer . . . 0,106 sec
Zeitlicher Verlauf des Brennvorganges Fig. 4.
Berlin-Treptow, Photochemisches Laboratorium der I. G.
Farbenindustrie-A.-G. (Agfa).
Eingegangen am 12. Mai 1927.
380 Lüppo- Cramer.
Der Zeiteffekt bei den Ausbieichreaktionen.
Von
Lüppo-Cramer.
Mit 2 Figuren im Text.
- Die Ausbleichungen des latenten Bildes durch erneute Be-
lichtung, z. B. in Gegenwart von Desensibilisatoren, erfolgen bei
gleichem `, € um so weitgehender (natürlich innerhalb gewisser
Grenzen), je größer das ? ist, d. h. je mehr Zeit dem Prozesse zur
Verfügung steht(1) Dies ist eigentlich nicht schwer verständlich,
da es sich bei derartigen Umkehrungsreaktionen wohl um vorwiegend
chemische Vorgänge handelt, die an sich Zeit gebrauchen, die aber
offenbar durch eine „katalytische“ Wirkung des Lichtes abgekürzt
wird. Ich gab an den zitierten Orten eine Anzahl derartiger aus-
gesprochener Zeiteffekte an, die das Gegenstück zu dem seit lange
bekannten, aber bis vor kurzem ohne Erklärung gebliebenen
Schwarzschild-Effekt darstellen und die dadurch indirekt auch
meine Auffassung des Schwarzschild-Effektes als Regressions-
erscheinung stützen.
Im Verfolge meiner Entdeckung der Desensibilisierung hatte
ich schon frühzeitig die Beobachtung gemacht, daß man auf diffus
vorbelichteten Platten nach der Imprägnierung z. B. mit Pheno-
safranin in Gegenwart von Bromkalium bei einer zweiten Belichtung
eine vollkommene Ausbleichung erhält, eine Reaktion, die zur
Herstellung von direkten Duplikatnegativen auch praktisch brauch-
bar ist (2). |
Ich hatte bei diesen Versuchen mit Phenosafranin im allgemeinen
die Beigabe von Bromsalz zur Farblösung für unbedingt erforderlich
gefunden, hin und wieder aber auch beobachtet, daß auch bei Ab-
wesenheit von Bromionen eine Ausbleichung (im ungefilterten Lichte)
eintrat. Weiter fortgesetzte Beobachtungen über den Zeiteffekt bei
der Ausbleichung führten nun zu der Erkenntnis, daß es darauf
ankommt, dem photochemischen Prozesse der Ausbleichung in
Gegenwart des Safranins die nötige Zeit zu verschaffen, damit
auch bei Abwesenheit von Bromionen im gewöhnlichen Lichte
brauchbare Umkehrungsbilder entstehen.
Um diese Versuche recht eklatant und zugleich auch bequem
zu gestalten, empfiehlt es sich, mit einer intensiven Lichtquelle zu
Der Zeitefekt bei den Ausbleichreaktionen. 331
arbeiten, die auch bei großer Annäherung noch eine genaue Ab-
messung der Entfernung von der Platte gestattet. Dies gelingt
einfach mit einem (lichtsicher ventilierten) Kasten, der im Innern
eine 120 kerzige Lampe trägt, und der nach außen durch eine
Milchglasscheibe abgeschlossen ist. Diese Scheibe zerstreut das Licht
vollständig und stellt somit eine ganz gleichmäßig beleuchtete Fläche
als Lichtquelle dar.
Wurden nun passend diffus vorbelichtete und alsdann mit
Phenosafraninlösung I: 10000 imprägnierte Diapositivplatten unter
Eder-Hecht-Skalen in nur IOcm Entfernung 30 Sekunden lang be-
lichtet, so entstand bei der Entwicklung ein dunkles Bild auf dem
verschleierten Grunde; nur der Gelbstreifen der Skala ist auch
unter diesen Umständen stets umgekehrt, d. h. hell auf dunklem
Grunde. Wurde dagegen in 5o cm Abstand, dem gleichen z-
entsprechend ı2!/, Minuten lang belichtet, so entstand in allen
Teilen der Skala ein gutes Ausbleichbild. Die Zeitvariierung hat
hier also bei gleichem z - 7 vollständig entgegengesetzte
Reaktionen zur Folge!
Verlängert man unter sonst gleichbleibenden Verhältnissen die
absoluten Bestrahlungszeiten auf das 12 fache, so wird die Ausbleich-
skala auf der in größerer Entfernung (aber immer bei gleichem z- 7)
belichteten Platte ganz bedeutend (bis zu 30° E.-H.!) länger, die
in geringerer Entfernung kürzer belichtete Platte zeigt aber im
Beginn der Skala ein dunkleres Bild auf dem verschleierten Grunde,
während hiervon bei der anderen Platte nur eine schwache An-
deutung zu erkennen ist.
Die Figuren ı und 2 stellen einen solchen Vergieich dar,
Fig. ı in to cm Entfernung 6 Minuten, Fig. 2 in 50 cm Abstand
150 Minuten belichtet.
Bei raschem Zuströmen der Lichtenergie entsteht also je nach
der absoluten Bestrahlungszeit entweder ein ganz oder teilweise
„normales“ Bild, während bei langsamerem Zuströmen ein gleich-
mäßiges Ausbleichbild entsteht, das auch die beträchtlich größere
„Empfindlichkeit“ der Ausbleichreaktion infolge des Zeiteffektes zeigt.
Fig. ı zeigt eine unverkennbare Ähnlichkeit mit früher(3) von
mir reproduzierten Ausbleichbildern auf Jodsilberplatten. In beiden
Fällen hat anscheinend die an den einer „zweiten Umkehrung“
ähnlichen stärkst belichteten Stellen herrschende größere Intensität
des Lichtes bewirkt, daß der umkehrende Prozeß gegenüber der
normalerweise schwärzenden Wirkung des Lichtes zurücktritt. Hierbei
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 27
382 Lüppo- Cramer.
spielen wahrscheinlich auch die topographischen Verhältnisse in dem
angefärbten Bromsilberkorn eine Rolle.
HRC 1908 ı
Mit der im vorstehenden festgestellten auch qualitativen Ab-
hängigkeit der Bilder von der Lichtintensität erklärt sich auch die
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Fig. 2.
oben angedeutete Unstimmigkeit bei meinen Versuchen zur Her-
stellung von Duplikatnegativen mittels Phenosafranin im ungefilterten
Der Zeiteffekt bei den Ausbleichreaktionen. 383
Lichte bei Abwesenheit von Bromionen. Bei der Gewinnung eines
gewöhnlichen Duplikatnegativs kommen natürlich noch wesentlich
kürzere Belichtungszeiten in Frage als bei den Sensitometerbelich-
tungen und deshalb entstanden bei jenen älteren Versuchen über-
haupt keine Ausbleichbilder, so daß man entweder zu einem Gelb-
filter oder zum Bromsalzzusatz bei der Imprägnierung greifen mußte.
Das Pinakryptolgrün zeigte unter gleichen Verhältnissen bei
Belichtungen von 30 Sekunden, bzw. ı2!/, Minuten keine ähnliche
Anomalie wie das Phenosafranin in bezug auf Ausbildung eines
„normalen“ Bildes, sondern gab nur eine Ausbleichung, die aber
auch bei der lange belichteten Platte um etwa 20° E.-H. weiter
reichte und vor allem viel intensiver war. Ebenso verhielt sich das
Pinakryptolgelb. Ähnlich, wenn auch in verschieden hohem Grade,
wirken auch Kristallviolett, Fuchsin, Malachitgrün, Brillantgrün,
Brillantrhodulinrot. Auch unter strengem Blaufilter erfolgt eine
gute Ausbleichung durch Phenosafranin (ohne KBr), wenn dem
Prozesse genügende Zeit gewährt wird. Es ist dies vielleicht nicht
unnötig zu erwähnen, da man aus der in den Figuren ersichtlichen
starken Farbenempfindlichkeit derartiger Schichten schließen könnte,
daß im weißen Lichte die langwelligeg Strahlen mit ausschlaggebend
gewesen seien.
W. Leszynski (4) hatte gefunden, daß unter den von ihm ein-
gehaltenen Versuchsbedingungen das Schwarzschildsche Gesetz
für den Herschel-Effekt innerhalb der Variationen der Intensität
im Verhältnis 1:75 nicht nachzuweisen war. Ich suchte a. a. O.
eine Erklärung jenes negativen Befundes von Leszynski zu liefern,
fand indessen im Verfolge der oben wiedergegebenen neuen Ver-
suche, daß der Zeiteffekt, d. h. das Gegenstück des Schwarzschild-
Effektes sehr wohl auch bei dem Herschel-Effekt eine Rolle spielt.
Um nicht gar zu unbequem lange Expositionszeiten im roten
Lichte zu benötigen, wurde die stets von mir verwendete Bromsilber-
Diapositivemulsion nach dem Waschen noch ı?/, Stunden bei 65°
nachgereift. Derartige Platten wurden zuerst unter dichtem Gelb-
filter diffus vorbelichtet (5) und dann hinter zwei übereinandergelegten
Rotscheiben nach E. König und der Milchglasscheibe einerseits in
Io cm, andererseits in 5o cm Entfernung skalenmäßig belichtet.
Sehr ausgeprägte Resultate erhielt ich bei sehr langer (10 Stunden)
Bestrahlung in der größeren Entfernung und dem gleichen z. €
entsprechend nach 24 Minuten auf der in nur 10 cm Abstand be-
lichteten Platte. Die erstere Platte war um mindestens 20° E.-H.
SCH
384 Lüppo-Cramer. Der Zeiteffekt bei den Ausbleichreaktionen.
weiter ausgebleicht als die in kürzerer Entfernung rotbelichtete
Platte, ihre Skala reichte annähernd so weit (über 80°) wie eine
2!/, Stunden in ıo cm Abstand, also rund sechsmal länger als
dem gleichen z - Z entsprechend belichtete Vergleichsplatte.
Auch auf ungereiften und mit gewöhnlichem Lichte vorbelich-
teten Diaplatten sowie unter Anwendung tiefdunkelroter Scheiben
(Kombination von Rotfilter mit Blaufilter nach E. König) wurde
eine ähnliche Überlegenheit der lange (15 Stunden) belichteten Platte
festgestellt.
Der Herschel-Effekt ist also doch auch weitgehend vom Zeit-
effekt abhängig, er unterliegt aber keiner Verzögerung im Sinne
des Schwarzschild-Effektes, sondern die Zeit arbeitet für ihn.
Daß auch die gewöhnliche Solarisation durch den Zeiteffekt
bedeutend gefördert wird, stellte ich bereits in den früheren Unter-
suchungen fest. Auch bei den relativ kurzen Belichtungen, die im
vorstehenden zur Anwendung kamen, ı2!/, Minuten gegenüber
30 Sekunden in ro bzw. ıo cm Abstand trat diese Förderung der
Solarisation durch den Zeiteffekt eklatant hervor. Es wurden für
diese Versuche wieder die besonders leicht solarisierenden Platten
verwendet, die zuerst bis zum Schwärzungsmaximum diffus vor-
belichtet waren. Die in 50 cm Abstand nachbelichtete Platte zeigte
ein über 20° E.-H. weiter reichendes Solarisationsbild.
Literatur.
ı) Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1927, Nr. 4; Phot. Industrie 1927, Nr. 20.
2) Lüppo-Cramer, Grundl. d. photogr. Negativverf. (Eders Handb. Il. 1)
Halle 1927, S. 577, dort frühere Literatur.
3) Lüppo-Cramer, Negativentwicklg. bei hellem Lichte, II. Aufl., Leipzig 1922,
S. 155.
4) W. Leszynski, Zeitschr. wiss. Photogr. 24. 752. 1926; vgl. dazu auch
Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1927, S. 105.
5) Lüppo-Cramer, Camera (Luzern) 1927, Nr. 10, S. 259.
(Eingegangen 9. Mai 1927.)
Schwtize-Naumburg. Methode zur Bestimmung der Belichtungszeit usw. 385
Eine rechnerische Methode
zur Bestimmung der Belichtungszeit in der Photographie.
Von
Bernhard Schultze-Naumburg.
Mit 3 Figuren im Text.
Es ist eine bekannte Tatsache, daß die Schätzung der Belich-
tungszeit durchaus nicht einfach ist und auch nicht ohne weiteres
erlernt werden kann. Hilfsmittel wie Belichtungstabellen, Licht-
messer oder der Justophot bilden keineswegs eine Anleitung hierzu,
und zwar deshalb nicht, weil sie den Amateur über die tatsächlichen
Verhältnisse im unklaren lassen. In mehr oder minder geheimnis-
vollem Verfahren wird ein Wert ermittelt, welchen man als richtigen
nun wohl hinnehmen muß, der jedoch auch einmal falsch sein kann.
Und doch liegen die tatsächlichen Verhältnisse recht einfach:
Nehmen wir zunächst konstante Plattenempfindlichkeit und Licht-
stärke des Objektivs an, so verhält sich die Belichtungszeit um-
gekehrt proportional zur Helligkeit des zu photographierenden
Gegenstandes, und die Helligkeit des Gegenstandes!) hängt nur von
zwei Faktoren ab:
L der Stärke des auffallenden Lichtes, der Beleuchtung, welche
wir in Meterkerzen (= Lux) messen, und
2. dem Reflexionsvermögen oder der Albedo® des Gegen-
Standes.
Wir können für die Belichtungszeit € die Gleichung aufstellen:
C
de Albedo x Beleuchtung
Der Proportionalitätsfaktor C hängt nur von der Platten-
empfindlichkeit und der Lichtstärke des Objektivs ab, und wurde
in nachstehender Tabelle für die in der Praxis vorkommenden
Werte berechnet; die Zahlen sind abgerundet.
1) Wir verstehen darunter denjenigen dunkelsten Punkt des photographischen
Objektes, welcher im Negativ noch gerade durchgezeichnet werden soll.
reflektiertes Licht
?) Unter Albedo v hältnis: — s :
) Unter Albedo versteht man das Verhältnis Suffallendes Licht
386 Schultze- Naumburg.
ze Plattensorte | 1:1,8 | 1:2,7 | 1:3,5 | 1:4,5 | 1:6,3 1:9
23 | 0,12 | 0,3 | 05 ' 0,8 1,5 | 3
20 Ultra-Rapid 0,25 0,55 I 15 3 6
17 Extra-Rapid 0,5 1,1 | 2 | 3 6 12
14 Normal I 2,2 4 6 12 25
lI 2 4,5 7 12 25 50
8 4 | 9 I5 25 50 100
Zahlenwerte der Konstante C.
Da sich der Amateur wohl meist auf eine Plattensorte einarbeitet
und wohl auch das gleiche Objektiv benutzt, braucht er sich nur
die Zahl C zu merken, welche bei Verwendung einer Gelbscheibe
mit dem Verlängerungsfaktor derselben zu multiplizieren ist. Will
man nicht mit voller Öffnung arbeiten, sondern abblenden, so ver-
längert man die Belichtungszeit entsprechend; die Helligkeitswerte
benachbarter Blendenzeichnungen verhalten sich ja meist wie 2:1,
z.B. 1:4,5 und 1:6,3.
Die Stärke der Beleuchtung kann mit Hilfe eines Aktinometers
(Lichtmessers) ermittelt werden, welchen man auf „Meterkerzen“
eicht. Die Sonnenbeleuchtung hat bei klarem Himmel um die
Mittagszeit eine Intensivität von 60000 Lux im Juni, 40000 Lux
im März oder September und 5000 Lux im Dezember; die Zahlen
gelten für das mittlere Deutschland (51%. Das diffuse Himmelslicht
vergrößert diesen Wert noch erheblich, muß also bei der Eichung
abgeblendet werden. Die bei der Eichung gefundene Konstante,
nämlich die Helligkeit, welche einer Aktinometerzeit von ı Sekunde
entspricht (bei Wynnees Infallible z. B. 160000 Lux), wird notiert
und eine beliebige Beleuchtungsstärke gefunden, indem man obigen
Wert durch die Aktinometerzeit dividiert.
Man kann die Beleuchtungsstärke auch aus untenstehender
Fig. ı!) entnehmen, in welcher sie als Funktion der Tages- und
Jahreszeit dargestellt ist; die Werte gelten für klaren Himmel.
Die Tagesbeleuchtung schwankt zwischen festen Grenzen,
80000 Lux mittags im Sommer, 1500 Lux bei Sonnenuntergang;
bei einiger Übung wird man die Helligkeit bald mit genügender
Genauigkeit schätzen können.
Die Albedo wird man zweckmäßigerweise nicht in jedem
Einzelfall bestimmen. Es ist dies auch gar nicht nötig, da für ver-
schiedene Gattungen von Aufnahmen gewisse Durchschnittswerte
1) Nach einer Anregung in der photogr. Rundschau, Jahrg. 1911, S. 42.
Methode zur Bestimmung der Belichtungszeit in der Photographie. 387
Geltung haben, welche in folgendem besprochen werden sollen.
Ich möchte vorausschicken, daß man bequemer mit dem reziproken
Wert der Albedo rechnet, welcher dann den Helligkeitsunterschied
zwischen hellstem?!) und dunkelstem Teil des zu photographierenden
Gegenstandes bezeichnet und für welchen die Bezeichnung „Objekt-
umfang“ gebräuchlich ist. Unsere Gleichung nimmt dann die
Form an: Objektumfang
EE: Beleuchtung ?) `
20 NRUhr2 4
W nih 2 4
Fig. rt.
Will man den Objektumfang nicht messen (das Verfahren ist
für die Praxis meist zu umständlich), so schätze man ihn an Hand
folgender Durchschnittswerte:
Offene Landschaft ohne Vordergrund . . 10
Landschaft mit Vordergrund . . . ... 50— 100
Landschaft mit sehr dunklen beschatteten
Teilen im Vordergrund. . . .... 500— 1000
1) Vorausgesetzt, daß der hellste Teil Loof, des Lichtes reflektiert, z. B. weile
Wolken im Bilde.
?) Darunter wird die größte Helligkeit verstanden.
Schwärzung —
388 Schultze- Naumburg.
Direkte Sonnenbeleuchtung erhöht diese Werte um das
2—4 fache.
Porträts je nach Aufhellung der be-
schatteten Partien. . . . , 2... 50— 100
Bei Innenaufnahmen endlich können Werte von 1000— LO OO
vorkommen, Helligkeitsunterschiede, welche die Platte schließlich
nicht mehr bewältigt. Wir müssen eben außer der Empfindlich-
keit der Platte noch eine andere Eigenschaft berücksichtigen,
ihre Gradation, deren Besprechung hier. nicht umgangen werden
kann.
Perutz-Braunsiegel, Hauff Ultra-Rapid.
3 7% 30 100 300 1000 ı 3 %0 30 10 300 1000 4000
Belichtung —— Belichtung —»
Fig. 2. Fig. 3.
Stellt man in einem Koordinatensystem die Schwärzung als
Funktion der Belichtung graphisch dar, so ergibt sich die sogenannte
Schwärzungskurve, aus welcher alle Gradationseigenschaften der
Platte abgelesen werden können. Ich führe nachstehend zwei ver-
schiedene Schwärzungskurven an, von denen die Perutz-Braun-
siegel charakteristisch für orthochromatische Platten, die Hauff
Ultra-Rapid charakteristisch für weicharbeitende, nichtorthochro-
matische Momentplatten ist.
Die Güte der Detailwiedergabe (d. h. die Wiedergabe der Hellig-
keitsunterschiede) hängt von der Neigung der Schwärzungskurve an
der betreffenden Stelle ab; mit zunehmender Steilheit der Kurve
nimmt auch die Detailwiedergabe zu; sinkt die Neigung der Kurve
unter einen gewissen Grenzwert, welcher bei der Braunsiegelplatte
‚Methode zur Bestimmung der Belichtungszeit in der Photographie. 389
etwa im Punkt 300 erreicht ist, so werden überhaupt keine Detaills
mehr wahrgenommen. H
Wollen wir nun z. B. eine Landschaft mit sehr dunklem Vorder-
grund photographieren, bei welcher der Objektumfang 1000 beträgt,
so müssen wir auf die Wiedergabe der Wolken verzichten, da die-
selben dann in den Punkt 1000 der Schwärzungskurve fallen.
Oder wir verzichten den Wolken zuliebe auf Details in den dunklen
Schatten, die, wenn sie räumlich nicht zu ausgedehnt sind, die
Bildwirkung nicht beeinträchtigen.
Bei Schneeaufnahmen sind die Details in der Schneefläche am
wichtigsten; sie sind andererseits nicht stark ausgeprägt, dürfen also
nicht verringert werden; die Neigung der Kurve darf nicht unter
45° sinken, welches bei der Braunsiegelplatte schon im Punkt 30
der Fall ist.
Sehr viel bequemer macht es uns die Ultra-Rapidplatte, welche
eine geradezu ideale Schwärzungskurve aufweist; die Kurve wird in
den Lichtern sogar noch steiler. Mit ihr läßt sich noch ein Objekt-
umfang von 4000 bewältigen. Allerdings ist die Anwendungs-
möglichkeit wegen mangelnder Orthochromasie beschränkt.
Schwärzungskurven sind leider schwer zu erhalten, es wäre zu
wünschen, daß die Firmen für ihre verschiedenen Plattensorten
solche herausgeben.
Manchem Leser mag die Methode wohl etwas umständlich
erscheinen; für den Gelegenheitsphotographen ist sie auch nicht
erdacht, sondern für den ernsthaften Lichtbildner. Wer sich aber
de Mühe gibt und sich in den Gedankengang vertieft, wird
entdecken, daß die Belichtungszeit rasch und einfach im Kopf
auszurechnen ist, und das ferner, da man sich stets Beleuchtung
und Objektumfang klar machen muß, eine falsche Belichtungszeit
nicht so leicht vorkommt. Das zeigt sich besonders bei außer-
gewöhnlichen Aufnahmen, beispielsweise einer Mondscheinaufnahme,
wo die Belichtungstabelle versagt: wir nehmen eine Platte von
17° Sch. und eine Lichtstärke von 1:4,5 an, der Objektumfang
sei 100; dann ist die Belichtungszeit (hellster Vollmondschein
= 0,25 Lux)
t= 3. 9° — 1200 Sekunden = 20 Minuten.
0,25
1) Es ist hier nicht möglich, näher auf die Detailwiedergabe einzugehen; ich
verweise auf das ausgezeichnete Buch von Goldberg, „Der Aufbau des photo-
graphischen Bildes“, Verlag Knapp, Halle a. S. 1922.
390 Schultze- Naumburg. Methode zur Bestimmung usw. — Bücherbesprechung.
Ähnliches gilt für Aufnahmen bei künstlichem Licht. Will man
Zeichnungen oder Gemälde reproduzieren (Objektumfang 10—30),
versuche man den steilsten Teil der Schwärzungskurve auszunutzen.
Die Beispiele ließen sich beliebig vermehren, doch ist das an
dieser Stelle nicht möglich; der Leser soll zu selbständiger ge-
danklicher Betätigung angeregt werden.
Eingegangen am 17. Mai 1927.
Bücherbesprechung.
(Ref.: K. Schaum.)
Hermann Ambronn und Albert Frey, Das Polarisations-
mikroskop; seine Anwendung in der Kolloidforschung und
in der Färberei. 194 S. mit 48 Fig. und I farbigen Tafel. (Kolloid-
forschung in Einzeldarstellungen, Bd. 5.) Leipzig 1926, Akad. Verl.
M. 12.—.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die zweckmäßige Anwendung mikro-
skopischer Untersuchungsmethoden chemische Arbeiten sowohl wissenschaftlichen wie
auch technischen Charakters in weit höherem Grade zu fördern vermag, als der Che-
miker, dem die mikroskopischen Hilfsmittel meist nicht genügend bekannt sind, im
allgemeinen annimmt. Wie der Berichterstatter aus eigener Erfahrung weil, ist die
Beteiligung der Studierenden an besonderen mikroskopischen Übungen keine allzu
rege, so daß es wünschenswert erscheint, die wichtigsten Methoden in das physi-
kalisch-chemische Praktikum aufzunehmen, aus dem sich schließlich allerhand Bestand-
teile von mehr historischem Wert zugunsten optischer, speziell mikroskopischer und
spektroskopischer Verfahren streichen lassen. Zu den bekannten Schriften über die
Anwendung des Mikroskops und speziell des Polarisationsmikroskops von W. Schef fer,
O. Lehmann, E. Weinschenk, F. Rinne u.a. gesellt sich nun die vorliegende
Anleitung, welche nach einer gründlichen Darlegung der optischen Grundlagen (Polar
sation, Interferenz u. a.) eine ganz ausgezeichnete Zusammenfassung der Doppel-
brechungserscheinungen in dispersoiden Systemen und eine sehr willkommene Dar-
stellung der optischen Untersuchungsmethoden zur Erschließung des submikroskopischen
Feinbaues dispersoider Systeme enthält. Es bedarf keiner näheren Begründung, dad
das Werk nicht nur dem Chemiker, sondern auch dem Physiker und ganz besonders
dem Biologen die besten Dienste zu leisten vermag.
Ambronn-Festschrift der Kolloidchemischen Beihefte. Unter
Mitarbeit von Freunden, Verehrern und Schülern herausgegeben von
A. Frey und Wo. Ostwald. 376 S. Dresden 1927, Th. Steinkopfl.
M. 18.—.
Mit tiefer Wehmut zeigt der Berichterstatter die Festschrift an, welche Her-
mann Ambronn unsere herzlichsten Glückwünsche zu seinem 70, Geburtstag über-
brachte. Unsere Hoffnung, daß dem Jubilar noch eine lange Reihe froher Jahre be-
schieden sein möge, ist nicht in Erfüllung gegangen. Doch wird die Schrift mit den
zahlreichen Hinweisen auf Ambronns Arbeiten ein Denkmal bleiben für den hoch-
verdienten Forscher und dazu beitragen, daß sein noch keineswegs voll gewürdigtes
Lebenswerk die gerechte Anerkennung findet.
Bücherbesprechung. 391
Edmund Hoppe, Geschichte der Optik. 263 S. Leipzig 1926,
J. J. Weber. M. 7.— geb.
Die Optik steht dank ihrer bewundernswerten experimentellen und theoretischen
Gestaltung und der erstaunlichen Leistungsfähigkeit ihrer Anwendungen in fast allen
Gebieten menschlicher Forschung im Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses.
Eine Darstellung ihres Werdeganges wird um so willkommener sein, da eine neuere
Geschichte der Optik bisher nicht existierte. Jedes einzelne Problem wird seiner ge-
samten Entwicklung nach geschildert; 530 Zitate ermöglichen dem Interessenten das
Zurickgehen auf die Quellen. Die Darlegungen sind bei aller Kürze von großer
Sachlichkeit und Klarheit. Dem schönen Buch ist eine möglichst große Verbreitung
zu wünschen; Dozenten und Lehrer sollten es bei den Vorbereitungen für Vor-
lesungen und ÜUnterrichtsstunden eingehend berücksichtigen. Die Geschichte der
Naturwissenschaften (auch die der Mathematik) wird im Unterricht viel zu wenig be-
achtet, zumal an den Mittelschulen; wenn auch die Kulturgeschichte jetzt mehr ge-
pflegt wird als in früheren Zeiten, in denen die Kriegsgeschichte vorherrschend war,
so scheint doch dem Berichterstatter eine Vertiefung des naturwissenschaftlich-mathe-
matischen Unterrichts nach der historischen Seite sehr wünschenswert. Hoppes
Geschichte der Optik sollte in jeder Schulbücherei neben Dannemanns bekanntem
Werk über die Entwickelung der Naturwissenschaften stehen, das doch dort hoffentlich
nicht fehlt?!
E. Vogel, Taschenbuch der Photographie. 246.—260. Tausend.
Bearbeitet von Karl Weiss. 298S. mit 258 Abb. Berlin 1927,
Union.
Die Neuauflage des weitverbreiteten Taschenbuchs berücksichtigt die Fort-
schritte, welche die photographische Technik in den letzten zwei Jahren gemacht hat.
Aufnahme, Negativ- und Positivverfahren werden in bewährter Weise geschildert.
Ludwig David, Ratgeber im Photographieren. 206.—215. Aufl.
266 S. mit 102 Textbildern, 31 Bildertafen u. a. Halle 1927,
W. Knapp. M. 2.40.
Davids Ratgeber hat sich einen so großen Freundeskreis erworben, daß es
einer besonderen Empfehlung der Neuauflage nicht bedarf. Daß der Preis trotz der
zahlreichen Tafeln so niedrig gehalten wurde, wird besonders dankenswert empfunden
werden.
J. M. Eder, Rezepte, Tabellen und Arbeitsvorschriften für
Photographie und Reproduktionstechnik. 12.— 13. Aufl. 387 S.
Halle 1926, W. Knapp. M. 6.50.
Eders beliebtes Rezeptenbuch liegt in völlig neuer Bearbeitung vor; es umfaßt
nunmehr das Gesamtgebiet der Photographie. Die Arbeitsvorschriften sind auf Grund
der Ergebnisse wissenschaftlicher Forschungen näher begründet worden. Besonders
wertvoll werden den Interessenten die Abschnitte über Sensitometrie und über Sensi-
bilisierung sein,
Photographischer Notizkalender für das Jahr 1927. 30. Jahr-
gang; bearbeitet von P. Hanneke. Mit einem Anhang über gewerb-
liche Bestimmungen, bearbeitet von A. Arnold. 214 S. Halle 1927,
W. Knapp. M. 3.50 geb.
Die bekannte Sammlung von Rezepten und Tabellen berücksichtigt in der
neuen Ausgabe alle wesentlichen Neuerscheinungen in Vorschriften und im Gebrauchs-
material für Berufs- und Liebhaberphotographie.
392 Biücherbesprechung.
Hilfsbuch für den Kameramann. (Enzykl. d. Photographie u. Kine-
matographie, Heft 111.) 51 S. mit 74 Abb. Halle 1926, W. Knapp.
M. 1.50.
Eine kurze Anleitung für die Handhabung kinematographischer Apparate bei
der Aufnahme.
arl Albert, Lexikon der graphischen Techn en. 3128.
Halle 1927, W. Knapp. M. 13.00.
Das Werk stellt die Fortsetzung des vom gleichen Verfasser bearbeiteten
„Führer durch die Reproduktionsverfahren‘“ (1908) dar; die in den vergangenen
beiden Dezennien gemachten Fortschritte sind eingehend berücksichtigt. Jedem Schlag-
wort sind die entsprechenden Literaturnachweise hinzugefügt. ` ,
Max Schirner, Sportphotographie. (Bücherei der Liebhaber-
photographen; herausg. von W. Warstadt. I. Reihe, Heft 7.) 285.
mit 22 Abb. Halle 1927, W. Knapp. M. 1.80.
Eine kurze Anleitung für Ausrüstung und Arbeitsweisen des Sportphotograpben,
die alle Arten sportlicher Betätigung berücksichtigt.
L. Moholy-Nagy, Malerei, Photographie, Film. (Bauhausbücher,
herausg. von Walter Gropius und L. Moholy-Nagy; Heft 8.
133 S. mit zahlreichen Abb. und Tafeln.
Die vorliegende Schrift will zeigen, daß die Photographie keineswegs nur ein
mechanisches Notierverfahren ist, sondern auch schöpferisches Ausdrucks- und Ge:
staltungsmittel sein kann,
Julius v. Ries, Einige okkulte Phänomene und ihre physi-
kalische Deutung. ı6S. mit 6 Abb. Bern 1927, P. Haupt. M. 1.20.
Zahlreiche Menschen, die ernsten religiösen Gedanken und Empfindungen ab-
lehnend gegenüberstehen, begeistern sich für okkulte Phänomene zweifelhaften In-
haltes und noch zweifelhafterer Herkunft. Ihnen sei die vorliegende kleine Schrift
empfohlen, in welcher die seelische Beeinflussung des Pulsschlags (durch einen in die
Achselhöhle gedrückten Apfel), die magnetische Wirkung eines Mediums auf eine
Kompaßnadel (durch magnetisierte Korsettstangen), die Telekinese eines Totenschädels
(durch einen in ihm versteckten Maulwurf) u. a. beschrieben werden. Verf. berichtet
ferner über die bekannten sog. „‚Eftluviographien“, welche durch Temperaturdiflerenzen
der photographischen Schicht während des Entwicklungsvorganges hervorgerufen
werden; wenn auch diese natürlich nichts Okkultes darstellen, können sie nach An-
sicht des Verf. vielleicht diagnostische Bedeutung gewinnen,
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K.Schaum in Gießen,
ES ZI GBITSSCHRIFT E
K es für | DÉI,
Sa 2 Ze Se
1" enschaftliche Photographie Se
` Photophysik und Photochemie |
Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen.
ORANAN von
H. Kayser
"a, em; Professor aa. dër Universiúl. Bond
herausgegeben von
K. Schaum
Wi O, A. Professor an der Universität Gießen
Mit 8 Figuren im Text
i bai -
D
1927
. Verlag von Johann. Ambrosius Barth in Leipzig
Salomonstraße 18b
ft werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuch-
er men. Der Abonnemenispreis beirägt pro Band im In- und Ausland Rm. 24.—;
ung einschließlich Porto im Inland Rm. 25. Cem imi CRRI dp 25.20.
September 1927
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GE Inhaltsverzeich 1 EE 2
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SA Kë, K. Burgherr, Über ECH E mit Farbstoffen, Mit 6 Figuren
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ig / Mia: Lüppo- -Cramer, Zur Schleierbildung LER Farbstoffe. Mit 2 Figuren i im Test 408
2.00.90. Karl Schaum und Rudolf Trautluft, Photometrische und spekträlphoto- ke
OK Kach, metrische Studien VI, Lichtstärkemessungen bei der stillen TEE ee,
Ac RER Entladung. Mit 2 Figuren im Text ; . x 2 2m... ei SE)
a J. M.’Eder, Die relative Aktinität verschiedener Lichtquellen und dis Firb- i
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dé a H Elsner v. Gronow, EE ee opaker Gegenstände bi schwacher
Wi ‚Vergrößerung » . | e SR am RER
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- IN ni Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an
7 Professor Dr, K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14.
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollstän
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Berichterstattung möglich ist. | een
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Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere Hr.
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden,
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nach Prof. Dr. Goldber.
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Feiss SRENT.-G. Dresden 139°
Vereinigte Werke : Contessa-Wettel, 6 örnemann, :
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Zeitichrift für willenichaftlidie Photographie,
Photophyfik und Photodiemie
XXIV. Band. 1927. Heft 12.
Über optische Sensibilierung mit Farbstoffen.
Von
K. Burgherr.
Mit 6 Figuren im Text.
1. Einleitung.
Im Jahre 1873 entdeckte H. W. Vogel, daß das Bromsilber-
korn der Kollodiumplatte durch Baden in Farbstofflösungen licht-
empfindlich wird für die von Farbstoffen absorbierten Spektral-
gebiete. — Diese als „optische Sensibilierung“ bezeichnete Wir-
kung fand sich alsbald auch bei der Bromsilbergelatineplatte. —
Sowohl saure, wie basische Farbstoffe, sowohl künstliche, wie natür-
liche, darunter vor allem nach Edm. Becquerel das Chlorophyll, be-
sitzen diese Eigenschaft, vorzugsweise danu, wenn sie fluoreszieren.!)
Die optische Sensibilierung ist schon immer als eine kata-
lytische Wirkung angesehen worden, insofern, als anzunehmen war,
daß den Farbstoffen die Funktion zukommt, die von ihnen absor-
bierte Lichtenergie auf das Bromsilber zu übertragen, um sodann
chemisch unverändert aus dem Prozeß hervorzugehen. Indessen
blieb es bei der Annahme, bis kürzlich von J. Eggert?) durch
quantitative Messungen nachgewiesen wurde, daß bei einer be-
stimmten Belichtung eine bestimmte in der Schicht vorhandene
Menge Erythrosin ungeändert erhalten blieb, während gleichzeitig
auf jedes Molekül Erythrosin zwanzig Moleküle Silberbromid redu-
ziert wurden.) Die optische Sensibilierung blieb nicht beschränkt
1) Vgl. J. M. Eder, Die Photographie mit Bromsilbergelatine, Halle 1890
S. 154, (3. Heft des ausführl, Handbuches der Photographie). Derselbe, Handbuch
der Photographie II, 2. Aufl., Halle 1898, S. 447.
9) Zeitschr. f. Elektroch. 32, 496, 1926.
3 Anmerkung: Es sei an dieser Stelle daran erinnert, daß W. Reinders
(Zeitschr. f. physik. Chem. 77, 677—699, 1911) nachgewiesen hat, daß Silberchlorid,
sowohl als Gel, wie als Kristall, von Erythrosin und von anderen Farbstoffen homogen
durchgefärbt wird. Es ist sonach nicht weiter merkwürdig, daß, wie Eggert be-
richtet, das sensibilierte Bromsilberkorn nach der Belichtung in seinem Innern
Silberkerne erkennen läßt. Besondere Annahmen über Elektronenwanderung sind
nach Meinung von Prof. Baur zur Erklärung dieses Befundes nicht nötig.
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 28
394 Burgherr.
auf die photographische Platte. Es wurden in der Folge nicht nur
zahlreiche Photolysen gefunden, die durch Farbstoffe in Gang ge-
bracht werden, sondern auch viele andere, bei denen der Sensi-
bilator anderen Stoffklassen angehört. Von besonderem Belang er-
schienen die biologischen Lichtwirkungen fluoreszierender Farbstoffe,
bekannt unter dem Namen der ‚„photodynamischen Erscheinung“)
Von anderen Sensibilierungen durch Farbstoffe seien nur er-
wähnt die Photolyse der Ederschen Lösung (Ammoniumoxalat und
Quecksilberchlorid) durch Eosin?) und die neuen Arbeiten von
K. Noack?) über die Oxydation von Natriumsulfit, Benzidin und
pflanzlichen Chromogenen mit Luftsauerstoff unter dem Einfluß von
Eosin und anderen Farbstoffen und ganz besonders von Chlorophyll.
Wie erwähnt, sind optische Sensibilierungen nicht nur auf
Farbstoffe beschränkt. Ausführlicher untersucht von hierher ge-
hörenden Fällen sind die Photolysen durch Uranylsalze*), sowie
einige Photolysen unter dem Einfluß von Zinkoxyd?), auf die in
neuerer Zeit wegen ihrer maltechnischen Bedeutung das Interesse
hingelenkt wurde. Nachdem es sich also erwiesen hat, daß die
optische Sensibilierung eine Erscheinung ist, die sowohl sehr ver-
breitet als auch vielgestaltig ist, bedürfen wir einer Theorie, welche
das Gemeinsame und das Unterscheidende daran mit einer gewissen
Treue wiederzugeben vermag. Eine solche Theorie hat E. Baur‘)
im Jahre 1918 entwickelt, indem er annahm, daß der phototrope
Zustand, in den ein Molekül gerät, wenn es ein Lichtquant absor-
biert hat, einer elektrischen Polarisation gleichkommt, welche einen
1) H. v. Tappeiner, ie photodynamische Erscheinung“, Ergebnisse der
Physiol. 8, 698—741, 1909. Derselbe, Methoden beim Arbeiten mit sensibili-
sierenden fluoreszierenden Stoffen, in Abderhaldens Handbuch der biolog. Arbeits-
methoden, Lieferung 98, S. 1071—1082, 1923. Hermann Pfeiffer, Der Nach-
weis photodynamischer Wirkungen fluoreszierender Stoffe am lebenden Warmblüter.
Ebenda, Lieferung 98, S. 1081—1102.
3) O. Gros, Zeitschr. f. physik. Chem. 87, 192, 1901 und Chr. Winther und
Oxholt Howe, Zeitschr. f. wiss. Phot. 13, 89, 1913.
3) K. Noack, Zeitschr. f. Botanik 10, 561, 1918; 12, 273, 1920; 14, 1, 1922.
Derselbe, Naturwiss. 14, 383, 1926.
t) E. Baur und A. Rebmann, Helv. Chim. Acta 5, 221, 1922; E. Baur,
Zeitschr. f. Elektrochem, 25, 102, 1919; 29, 105, 1923; P. Büchi, Zeitschr. f. physik.
Chem. 111, 269, 1924.
5) A. Eibner, Chem. Ztg. 35, 753, 774, 786, 1911; 87, 137, 178, 197, 1913;
Chr. Winther, Zeitschr. f. wiss, Phot. 21, 147—167, 175—185, 1922; A. Perret,
Journ. chim. phys. 28, 97, 1926; E. Baur, Zeitschr. phys, Chem. 120, 278, 1926.
H Hel. Chim. Acta 1, 186, 1918.
Optische Sensibilierung mit Farbstoffen. 395
positiven und einen negativen Pol schafft. Der eine wirkt als Anode,
der andere als Kathode einer molekularen Elektrolyse, deren Er-
gebnis einerseits die Rückkehr des Sensibilators in den Dunkel-
zustand, anderseits die zu beobachtende Photolyse ist.
Die Theorie nahm ihren Ausgang von den Erscheinungen des
Becquerel-Effektes.!) Sie stellt die nicht sensibilierte Photolyse
als einen Sonderfall der sensibilierten hin, der dann eintritt, wenn
der Sensibilator auf sich selbst wirkt; und sie betrachtet die Photo-
lyse überhaupt als eine Art Elektrolyse, indem sie einen Parallelismus
zwischen Elektrolyse und Photolyse fordert. Als Beispiel für die
Anwendung der Theorie, und zwar als ein solches, welches nahe
Beziehungen zu dem praktischen Fall der photographischen Sensi-
bilierung hat, werden nachfolgend Untersuchungen mitgeteilt an
Systemen, die aus Farbstoff, Silbernitrat und Reduktionsmitteln be-
stehen.
2. Plan der Untersuchung.
Nennen wir den Lichtempfänger E und stellen wir den photo-
tropen Zustand, in dem er sich befindet, nachdem er ein Licht-
quantum absorbiert hat, dar, durch das Symbol
de
womit ausgedrückt sein soll, daß er auf seine Umgebung gleich-
zeitig als Oxydator und als Reduktor zu wirken imstande ist. Es
ist dann nach E. Baur die optische Sensibilierung eine Abgabe
des verlagerten negativen Elektrons etwa an ein Kation und seine
Wiederanlagerung auf stabiler Bahn, nachdem es etwa einem Anion
entrissen worden ist. Nehmen wir als Lichtempfänger z. B. Eosin
und als System, auf das gewirkt werden soll, die Edersche Lösung,
so ist die Photolyse zu schreiben:
© +400,” = CO, ,
© +HgCl, = HgCl + Cl
Die Theorie sieht vor, daß sowohl der Anoden- wie der Kathoden-
prozeß, wie auch der Lichtempfänger auf das mannigfaltigste variiert
werden kann. Z.B. nahm E. Baur?) 1918 als kathodischen De-
polarisator Silbernitrat und als anodischen Depolarisator Rohrzucker
und als Farbstoffe Rhodamin und Chininsulfat.
Eosin
1) Vgl. G. Trämpler, Zeitschr. phys. Chem. 90, 385, 1915; E. Hatt, ebenda
92, 513, 1917; E. Staechelin, ebenda 94, 542, 1920,
?) Helv. Chim. Acta 1, 194, 1918.
28*
396 Burgherr.
Solche Systeme sollten nun genauer untersucht werden. Es
sollte gezeigt werden, daß die Wahl der anodischen Depolarisatoren
grundsätzlich frei bleibt, daß die Farbstoffe, die aus der photo-
graphischen Praxis als Sensibilatoren bekannt sind, grundsätzlich
auch ein Lösungssystem wie Silbernitrat und Rohrzucker zur Reak-
tion bringen, daß der Farbstoff grundsätzlich erhalten bleibt usf.
Nun war damit zu rechnen, daß das Silbersalz und das Reduktions-
mittel einen gewissen Umsatz schon ohne den Sensibilator er-
geben würden, ebenso, daß der Farbstoff mit dem Silbersalz auch
für sich allein reagieren würde. Als Maß der Sensibilierung ist
‘ dann die Beschleunigung des Umsatzes im zusammengesetzten, ter-
nären System gegenüber den beiden binären Systemen zu betrachten.
Weiter war die folgende Frage aufzuklären. Nimmt man das
Reduktionsmittel im Überschuß, so sollte die Photolyse, wenn sie
störungsfrei nach jenem Schema verläuft, linear mit der Zeit bis
zur Erschöpfung des Silberionengehaltes weitergehen. Nun wissen
wir aber, daß die Photolysen sehr oft durch das Reaktionsprodukt
gehemmt werden, Auch in der photographischen Platte geht die
Silberausscheidung nur im Beginn der Belichtung mit konstanter
Geschwindigkeit vor sich.!) Sehr genau ist die Hemmung unter-
sucht und erörtert von E. Hatt?) bei der Photolyse des Uranyl-
formiats. Vom Standpunkt der Theorie Baurs ist diese Hemmung
einfach als gegenseitige Depolarisation zu verstehen. Diese muß zu
einem stationären Zustand führen.
Im vorliegenden Fall ist zu bedenken, daß das Silber in äußerst
feiner, fast kolloider Zerteilung entsteht und also in der Lösung
fast homogen verteilt ist. Es kann selbst anodisch depolarisieren,
so daß wir einen Reaktionszirkel bekommen mit der Gesamtwirkung
Null, entsprechend dem Schema
E © + Ag = Ag`
O + Ag = Ag
Eine solche Wirkung hat sich in meinen Versuchen auch durch-
gängig gezeigt. Ich bekam immer stationäre Zustände, lange bevor
eine starke Konzentrationsabnahme des Silbernitrats eingetreten war.
Im binären System Farbstoff-Silbernitrat fand sich ebenfalls
Umsetzung. Hier galt es festzustellen, ob der Farbstoff so wirken
kann, wie E. Baur und A. Perret’) beim Zinkoxyd gefunden haben,
O Dyg], Eggert, Zeitschr. f. Elektrochem,. 32, 496, 1926.
23) Zeitschr. phys. Chem. 92, 513, 1917.
D Helv. Chim. Acta 7, 910, 1924.
Optische Sensibilierung mit Farbstofen. 397
nämlich so, daß anodisch Silberperoxyd oder Sauerstoff aufträte.
Es geschieht das nicht, vielmehr wird der Farbstoff selber in die
anodische Oxydation hineingezogen. Er wirkt also als reiner, sich
‚selbst erhaltender Sensibilator nur dann, wenn er durch Gegen-
wart eines besser wirkenden anodischen Depolarisators geschützt ist,
ein Umstand, der für die Richtigkeit der ganzen Auffassung mit-
beweisend ist.
Hier stellte sich die Frage ein, ob die Luft kathodisch de-
polarisieren kann, d.h. ob bei Gegenwart gelösten Sauerstoffs die
Silberausscheidung herabgedrückt wird. Daher wurden die meisten
Messungen, sowohl mit lufthaltigen wie mit luftfreien Lösungen durch-
geführt. Oft ergab sich, daß Sauerstoffspuren mit dem Silberion
deutlich in Wettbewerb treten. Überdies hat Sauerstoff auf eine
Nebenwirkung Einfluß.
Wie von K. Gebhard!) bemerkt wurde, geben Farbstoffe, wenn
sie beim Zutritt von Luft belichtet werden, Reaktionen auf aktiven
Sauerstoff. Es ist anzunehmen, daß sich Farbstoffperoxyde bilden.
Vom Standpunkt der hier festgehaltenen Auffassung der Photo-
lyse kann das Peroxyd Anodenprodukt sein (wie Silberperoxyd bei
Baur und Perret), dann ist der Sauerstoff kathodischer Depolari-
sator nach dem Schema
E | & + Farbstoff + H,O — > Farbstoffperoxyd
© + Sauerstoff + H,O —» OH’
oder der Farbstoff wird kathodisch reduziert (verküpt), worauf die
Küpe mit Sauerstoff das Peroxyd gibt, ähnlich wie man an einer
mit Sauerstoff depolarisierten Kathode Hydroperoxyd erhält.
Im ersten Fall brauchte gar kein Sauerstoff zugegen sein, da
der Kathodenprozeß ja auch irgendein anderer sein könnte, während
im zweiten Fall, der chemisch weit plausibler ist, Sauerstoff nicht
entbehrt werden kann.
Es wurden daher sowohl lufthaltige wie luftfreie Systeme auf
Peroxyd untersucht. Nur die lufthaltigen geben positiven Ausfall
der Probe. Dies scheint für den zweiten Weg zu sprechen.?)
1) Wirkung des Lichtes auf Farbstoffsysteme, Zeitschr. f. angew. Chem. 22, 1890,
2484, 1909; 23, 820, 1910. Vgl. auch Diss. Marburg a. L. 1908, „Über die Ein-
wirkung des Lichtes auf Farben“.
DM. Traube, Ber. d. d. chem. Ges. 15, 2434, 1882.
398 Burgherr.
Die Variation der anodischen Depolarisatoren hat sich nicht
sehr weit ausdehnen lassen. Rohrzucker erwies sich als vorzugs-
weise geeignet. Annähernd dasselbe Bild erhält man mit Glyzerin
und Glykokoll. Bei anderen in Betracht kommenden Reduktions-
mitteln stört entweder Niederschlagsbildung mit Silberion oder Re-
duktion im Dunkeln oder beides. So bei Oxalsäure oder Natrium-
sulfit, Hydrochinon und bei Benzidin, dem von K. Noack!) für die
Untersuchung der durch Farbstoffe sensibilierten Photolysen be-
nutzten, sehr geeigneten Depolarisator. Auch Glukose gibt schon
zuviel Dunkelreaktion. Indessen dürfte der Vergleich der Wirkung
des Rohrzuckers mit Glyzerin und Glykokoll genügend zeigen, dab
bei der sensibilierten Photolyse der Anodenvorgang ganz unabhängig
ist vom Kathodenvorgang, in demselben Sinne nämlich, in dem
diese Unabhängigkeit für die Elektrolyse besteht.
3. Versuchsanordnung.
Die Lösungen wurden in verschlossenen, flachen Medizinal-
flaschen von 225 ccm Inhalt dem Lichte einer Glühlampe von
3000 Kerzen im Abstand von etwa !/, m ausgesetzt. Die Flaschen
waren an einem passenden Gestell (weitmaschiges Drahtnetz) be-
festigt und in eine große gläserne Wasserwanne (Akkumulatoren-
gefäß) versenkt, die von Leitungswasser durchströmt war, so dab
die Temperatur in den Belichtungsgefäßen nur wenige Grade über
die Raumtemperatur stieg. Gemessen wird die Silberausscheidung
in Abhängigkeit von der Zeit. Es werden, wo immer möglich, so-
viele Flaschen gleichzeitig exponiert, als zur Aufnahme einer Zeit-
kurve benötigt werden. Wo erforderlich, wird die Farbstoffabnahme
kolorimetrisch bestimmt.
Für die Belichtung entlüfteter Lösungen kamen zylindrische Ge-
fäße (4 cm Durchmesser, 18 cm lang, gefüllt mit 150 ccm Lösung)
zur Verwendung, mit eingeschliffenem Glasstopfen und einer Krempe
um den Rand des Gefäßes. In der so geschaffenen Höhlung über
dem Schliff wird zur Dichtung Paraffın eingegossen. Zur Entlüftung
werden die Lösungen, nachdem sie in das Gefäß eingefüllt sind, an
der Wasserstrahlpumpe etwa eine Stunde lang ausgepumpt, dann
noch etwa ro Minuten bei 30—40° durch Einstellen in ein Wasser-
bad. Hierauf wird der Hahn geschlossen und unter Wasser, wie
oben, belichtet.
1) Zeitschr, f. Botanik 10, 561, 1918.
Optische Sensibllierung mil Farbstoffen. 399
Zur Bereitung der Lösungen wurde, wo weiter unten nichts
anderes bemerkt ist, genommen:
a) für die ternäre Lösung
50 ccm n/ı0-AgNO, + 50 ccm m/5-Rohrzucker
+2 ccm Farbstofflösung (1 g/Lit),
aufgefüllt mit Wasser zu 225 ccm für die lufthaltigen und
40 ccm n/10-AgNO, + 40 ccm m/5-Rohrzucker
+ 2 ccm, Farbstofflösung (1 g/Lit),
aufgefüllt zu 150 ccm für die luftfreien Versuche;
b) für binäre Lösung: Dasselbe ohne Rohrzucker.
Beschaffenheit und Herkunft der Präparate
a) des Rohrzuckers: chemisch rein, klare Lösung, unfiltriert ver-
wendet;
b) der Farbstoffe.
Es kamen folgende Farbstoffe in Anwendung:
Name | Formel | Farbe [Absorptionsband| Fluoreszenz | Fluoreszenz
C,H, —N(C,H,} | EE Ge
O
555, 517 ni gelb
|
Rhodamin B | C=C,H,=N(C,H,)Cl
C,H, COOH
CHBr, —OK u
(0)
Eosin gelb- ü
stichig C=C,H Br, =O rot grün
C‚,H,COOK
Safranin G | | rot 528, 500
ES
Phenosafranin NH,C,H,< | Jeff P, rot
N
VG NCH,
C,H,0H |
>O
Fluorescein C=C,H, = gelb 496 grün
C,H,COOH |
Methyiviolett | | violett | 541, 592 |
1,8 Dioxynaphthalin
ne 3,6 Disulfosäure und rot 504, 542
f Anilin
400 Burgherr.
Zur Silberbestimmung wird die Lösung durch einen Porzellan-
filtertiegel filtriert, das Silber vom Filter mit Salpetersäure abgelöst
und mit n/20-Rhodanlösung unter Verwendung einer in !/, CCM
geteilten Mikrobürette (1 Tropfen = 0,04 ccm = 0,2 mg Ag) mit Ferri-
salz als Indikator titriert. Zum Eintritt des Umschlags im Null-
versuch war ı Tropfen nötig. Somit Genauigkeit der Silber-
bestimmung: 0,2 mg.
Zur Prüfung auf Peroxydsauerstoff wurde folgendermaßen ver-
fahren. Da eine angesäuerte Kaliumjodidstärkelösung sich schon
durch den Luftsauerstofl, wenn auch langsam, bläut, so muß, um
klare Prüfungen auszuführen, die Luft ausgeschlossen werden. Ich
habe daher die zu prüfenden belichteten Lösungen, die sich in Ge-
fäßen mit Schliff und Hahn befanden, nach der Belichtung etwa
2 Stunden an der Wasserstrahlpumpe entlüftet. Dann ließ ich durch
den Hahn Kaliumchlorid, zur Ausfällung des Silbernitrats und auch,
um genügende Salzkonzentration zu bekonımen!), einsaugen, hierauf
gab ich Kaliumjodid mit gelöster Stärke in schwach salzsaurer Lö-
sung auf gleiche Art zu. Endlich wurde die mit den Reagenzien
eingeführte Luft durch erneute Entlüftung an der Pumpe wieder
entfernt. Im Leerversuch (nämlich in demselben System, aber un-
belichtet) bekommt man bei diesem Vorgehen auch nach einer
Stunde keine Bläuung, während die belichteten Lösungen unter
Umständen — und zwar gerade immer dann, wenn während der
Belichtung Luft zugegen war — alsbald eine deutliche, wenn auch
nicht sehr tiefe Bläuung erkennen ließen, die als Anzeige von Per-
oxyd zu gelten hat.
4, Die Messungen.
Vorangestellt sei der Leerversuch:
50 ccm n/ı0-Silbernitrat + 50 ccm m/5-Rohrzucker zu 225 ccm
aufgefüllt. Es stellte sich bei der Belichtung eine leichte Trübung
ein, die aber später nicht zunahm. Der Silberniederschlag betrug
in ccm n/20-Rhodanlösung
nach 17 Stunden 0,4I ccm
2) I7 2 0,44 LE
» 25 > 0,40 o
» 42 „ 0,38 „
1) Vgl. E. Abel, Kinetik der Wasserstoffsuperoxyd-Jodreaktion, Zeitschr. phys.
Chem. 96, 1, 1920.
Optische Sensibilierung mit Farbstofen. 40I
Im Dunkeln tritt keine meßbare Reduktion ein.
Man könnte diese praktisch konstante Menge irgendeiner Ver-
unreinigung des Rohrzuckers zuschreiben und sagen, nachdem die-
selbe photolytisch beseitigt ist, hört jede weitere Einwirkung auf.
Wir sind aber geneigt, anzunehmen, daß zuerst, etwa auf dem Um-
weg über eine Spur von Chlorid etwas Photochlorid oder farbiges
kolloides Silber entsteht, das seinerseits als optischer Sensibilator,
nämlich wie ein Farbstoff, wirkt und durch den folgenden Reaktions-
zirkel
.. [Ð +Ag = Aë
Photochlorid | O4 Ace. Ag
zu einem stationären Zustand hinführt.
Wir glauben daher nicht, daß man in den ternären (rohr-
zuckerhaltigen) Lösungen von den dort zu messenden Effekten, die
hier für den Leerversuch (ohne Farbstoff) gefundenen 0,4 ccm ab-
zuziehen hat. Die dort auftretenden stationären Zustände ent-
sprechen einem viel stärkeren Umsatz, sie wurden durch den hier
vorhandenen geringen Umsatz wahrscheinlich nicht fühlbar gestört.
Deswegen haben wir die Titrationswerte der ternären Lösungen für
den Betrag im Leerversuch nicht korrigiert.
Es folgen nun in Gestalt von Tabellen und Kurvenbildern die
Messungsergebnisse für die verschiedenen Farbstoffe. Auf jedem
Kurvenbild finden sich 4 Kurven, 2 für das binäre System Farb-
stoff-Silbernitrat (mit 3 bezeichnet) und 2 für das ternäre System
Farbstoff-Silbernitrat-Rohrzucker (mit 7 bezeichnet). Je eine Kurve
bezieht sich auf die luftfreie (mit v bezeichnet) und eine auf die
lufthaltige Lösung (mit Z bezeichnet), Diese beiden Kurven sind
zwar nicht streng vergleichbar, da sowohl Oberfläche wie Volumen
der Lösungen nicht gleich sind. Immerhin kann man erkennen,
daß größere Abweichungen einen von diesem Unterschiede un-
abhängigen Grund haben.
Wir nehmen vorweg, daß stets Kontrollen der B- und 7-Systeme
ım Dunkeln vorgenommen wurden. Diese aber ergaben weder
Silberausscheidung, noch Veränderung des Farbstoffs. Ebenfalls
wurde geprüft, daß die Farbstoffe mit Rohrzucker im Licht für die
Versuchszeit vollkommen beständig waren.
402 Burgherr.
Fig. ı. Fig. 2.
Rhodamin B. Fluorescein.
a o =t
....
Go.
Fig. 3. Fig. 4.
Safranin G. Phenosafranin.
5 T
| nn ef zm e ER a.
|
BETTEL Abbe
BET A
Fig. 5. Fig. 6.
Methylviolett. Chromotrop 2R.
Optische Sensibilierung mit Farbstoffen. | 403
L Systeme mit Rohrzucker.
Ausbleichung des Farbstoffs
ccm n/20-Rhodanammonium S
in °/,
Zeit
in | lufthaltig (2) | luftfrei (v) l | v
Stdn. | binär terai; binär Iesse! 1 p| |z
(5) | (8) | (7) |
o
U
I
I
IA 10581 — | — | — |keine*); keine |keine*)| keine keine |keine*)| keine
Fluorescein 5 _ — 0,18 0,90 are leere | TEE
Fig. 2 6 0,50 | 0,84 | — P E
12 == = 0,52 es E 3
14 — 1,20 | 0,44 | — g =
15 0,56 | — = 147 | Ze SÉ
| — | — | o0) — | ER E
18 0,50 | 1,30 | — — 3 2 22
1 | -|-|o5| — | 47 ck
2 | — |- ! > |a| SP 5 ™
24 — — -— 1,60 | £ P
28 0,56 | 1,46 — — 5 G
40 | 054 | — — | 1,62
4I Lat | oso] 147| 054| — | |keine| | keine keine keine
Safranin G 4 — _ — 0,82
Fig. 3 7 —_ — 0,70 | — 44 26 63 22
8 ea rg 0,75 ME
9 SA GE KS 1,56
| 10 0,62 | 0,75 | — — 30 67 30
17 — 1,18 | 084 ı —
20 0,95 — — | — 68 44 80 46
23 1,02 | — 0,75 į 2,05
25 E 1,52| — em
29 | 05] — | — = 76 53
43 = — | 0,80 | 2,27 |
45 — 1,62 | — —_ |
Phenosafranin 6 0,50 | 1,20 | 0,50 | 1,30
Fig. 4 17 0,65 | 2,10 | 0,70 | 1,35
201 ane 2,16 geg 1,98
28 — — 0,80 | —
40 0,80 | 2,40 | 0,80 | 1,96 |keine*)| keine keine”) keine
*) Bemerkung: Die B-Versuche hätten eine Aufhellung zeigen sollen. — Man
muß annehmen, daß das entstehende Oxydationsprodukt merklich dieselbe Farbe hat,
wie der ursprüngliche Farbstoff.
404 Burgherr.
Ausbleichung des Farbstofis
ccm n/20-Rhodanammonium in %
Zeit ea a nu ll ee er I
in | lufthaltig (2) | luftfrei (v) l | v
Le ER EE DEENEN dE DEENS e ee
° | binär | ternär | binär | ternär |
(8) | (7) | (8) | (7) B| crier
Methylviolett 7 — = Sch
Fig. 5 8 | 0,58 | 1,05 = 5 = E
er ET a: et
16 0,65 | 1,20 CR 3
| 18 9,55 1,20| — — < = < s
19 — | — | 105|. E ES
22 — — 0,60 | 1,18 & “ S 5
23 0,70 | 1,28 | — — | äm KL
32 _ — — |120| $ z S =
o | 46 | 064 I 1,55 | 0,70 | 1,18 | Gi Ge keine
Chromotrop 2R 4 — — — 0,96
Fig. 6 6 — 1,05 | 0,40 | Tip:
8 | 0490| — | 035 | —
10 SR 1,50 | 0,43 | Km = SS 65 m
12 — — — 1,20
17 0,47 | 1,64 — 1,18 57 22 66 30
22 0,45 | — 0,40 | — 59 25 me
2 _ 1,6 _ — — — 68 | 30
43 0,52 | 1,731 — = 61 32 = =
Von einer Anzahl Farbstoffe, die weiterhin geprüft wurden, aber
irgendwie nicht geeignet waren, sei das Folgende erwähnt:
x
Acridinorang RANGER, |ZOFLNICH nc,
War nicht verwendbar, weil es ein unlösliches Silbersalz bildet.
Ponceau 2R (m-Xylidin-8-naphtoldisulfosäure) hatte zwar starke
Wirkung, die Silberausscheidung erfolgte jedoch in kolloider un-
filtrierbarer Form. Die starke Dunkelung im Licht schuf unkonstante
Verhältnisse.
Nigrosin (Nebenprodukt der Fuchsinschmelze).
GC u ‚N(CH,),
Malachitgrün N H INICH,),
und
Chininsulfat (Gala N:0:} HSO,
hatten nur sehr schwache sensibilierende Wirkung.
C‚HBr,—OK
O
Eosin C=C,HBr;=0
C,H, COOK
gibt ein schwerlösliches Silbersalz. Immerhin konnten Lösungen
mit ı ccm Eosin (rell auf 225 ccm Lösung (Zusammensetzung
Optische Sensibilierung mit Farbstoffen. 405
wie oben) ohne Niederschlagsbildung hergestellt werden. Die binäre
Lösung bleichte aber in 20 Stunden völlig aus; die ternären in
derselben Zeit zwar nicht vollständig, aber doch zum größten Teil.
Eine sensibilierende Wirkung, d.h. eine Vermehrung der Silber-
ausscheidung im ternären System, ist wohl zu erkennen, doch für
unsere Zwecke, wegen der starken Ausbleichung, nicht voll aus-
wertbar.
Die Titrationen gaben folgendes Bild:
BE EE
3 Stunden 0,48 ccm 0,66 ccm
6 „ 0,56 „ 0,94 o
22 ,„ 0,65 » | 1,14 »
Den Niederschlag von Silbereosinat kann man vermeiden, wenn
man durch Zusatz von Ammoniumkarbonat für schwach alkalisches
Mittel sorgt. Allein im Verlaufe der Belichtung geht dann die
Fluoreszenz verloren und, wie es scheint, auch damit die Sensibi-
lierung, d. h. die Silberausscheidung ist im ternären System nicht
wesentlich anders als im binären.
II. Systeme mit Glykokoll und Glyzerin.
Die folgende Tabelle gibt für zwei Farbstoffe Messungen an
Systemen wieder, wo Glykokoll und Glyzerin die Stelle von Rohr-
zucker einnehmen. Die Lösungen enthielten auf 150 ccm 40 ccm
n/20-Silbernitrat und 30 ccm (Lige Lösung von Glykokoll bzw.
10 ccm reines Glyzerin. Farbstoffkonzentration wie unter L Es
wurde nur luftfrei gearbeitet. Bezeichnungen wie unter L
Glykokoll Glyzerin
Zeit Safranin € | Chromotrop 2 R Chromotrop 2R
2 ee E WE EEGEN
Stunden Reduktion |Ausbleichg.| Reduktion |Ausbleichg.! Reduktion |Ausbleichg.
gege
SI z
EE, EA E
B| T
m ee e
— 0,65 |
0,40 | 0,70
0,43 0,90 | 64 | 39 | 0,43
4 —_— —
6 0,70 | 0,70
10 SH SS
15 — 1,37
18 BR Ee
23 0,75 | 1,46
— 10,98! 65 | 52 | —
0400| — | — | — 0,40
— |1,00| 72 | 53| —
Da die zugehörigen Kurven denen ganz ähnlich sehen, die
unter I. gebracht wurden, kann von deren Wiedergabe abgesehen
406 Burgherr.
werden. Beim Glykokoll ist die Schutzwirkung auf das Chromotrop
kleiner, beim Glyzerin ist der Zuwachs an Reduktion verhältnis-
mäßig gering. Variation der Glyzerinkonzentration im Verhältnis
von 1,5—15 ccm Gilyzerin ändert das Reduktionsmaß im stationären
Zustand nicht. |
Rhodamin und Fluorescein brachten im System Glykokoll-
Sılbernitrat keinen Reduktionszuwachs hervor.
UL Die Reaktion auf Peroxyd.
Dieselbe wurde ausgeführt
a) mit Lösungen von
Malachitgrün
Safranin G
Fluorescein
Alizarinrot S
in der Konzentration von 1: 100000 (I ccm Farbstofflösung 1 g/Lit.
auf 100 ccm Wasser);
b) mit den gleichen Lösungen unter Zusatz von Silbernitrat.
Beiderlei Lösungen wurden sowohl lufthaltig, als auch sorg-
fältig entlüftet, etwa 20 Stunden belichtet und hierauf, wie weiter
oben beschrieben, auf aktiven Sauerstoff untersucht. Mit Malachit-
grün fiel die Probe negativ aus, mit den anderen drei Farbstoffen
stets positiv in den lufthaltigen Lösungen und stets negativ in den
luftfreien. Die Bläuung durch Jodstärke war entschieden vorhanden,
aber bei dem Versuch, das Jod mit n/ıo-Thiosulfat zu titrieren,
zeigte sich, daß ein Tropfen zur Entbläuung genügte, so daß ge-
nauere quantitative Bestimmungen sich erübrigten. Mit Ausnahme
des Malachitgrüns stimmen meine Befunde mit den entsprechenden
Angaben von K. Gebhard!) überein, auf die schon vorher Bezug
genommen wurde.
5. Erörterung der Ergebnisse.
Es ist gezeigt worden, daß in Lösungen aus Silbernitrat und
einem Reduktionsmittel, wie Rohrzucker, Glyzerin, Glykokoll durch
Farbstoffe eine Photolyse eingeleitet wird, bestehend in Abscheidung
von Silber und einer zugehörigen Oxydation. Bei dieser Photolyse
1) Diss. Marburg a. L. 1908, Über die Einwirkung des Lichtes auf Farben.
Optische Sensibilierung mit Farbstofen. 407
wird der Farbstoff nur wenig angegriffen.!) Der Farbstoff wirkt also
der Hauptsache nach als optischer Sensibilator, obwohl der Farb-
stoff mit Silbernitrat allein der Oxydation anheim fällt, unter gleich-
zeitiser Reduktion des Silberions. Diese Wirkung tritt zurück bei
Gegenwart eines leichter oxydablen Depolarisators und wir be-
merken, daß nicht nur der Farbstoff geschont, sondern auch der
Umsatz vergrößert wird.
Das Bemerkenswerteste ist nun, daß sich sehr bald ein statio-
närer Zustand einstellt, sowohl im ternären als im binären System.
Wir müssen diesen stationären Zustand entweder dahin deuten, daß
der Farbstoff selbst als zweiter kathodischer Depolarisator neben
dem Silberion in Tätigkeit tritt. Es würde dann aus dem Farb-
stoff dessen Reduktionsprodukt, die Küpe, entstehen. Oder es wird
durch die Photolyse selbst ein neuer anodischer Depolarisator ge-
schaffen, der mit dem von vornherein vorhandenen in Wettbewerb
tritt. Dies könnte nur das fein verteilte, aus der Photolyse her-
rührende Silber sein. Den dritten Fall, daß das Oxydationsprodukt
des organischen Depolarisators seinerseits kathodisch depolarisierte,
dürfen wir ausschließen. Die nächsten Oxydationsprodukte des
Zuckers, Glyzerins oder Glykokolls sind selber wieder Reduktions-
mittel und werden einfach weiter oxydiert.
Zwischen dem ersten und zweiten Fall führen wir eine Ent-
scheidung zugunsten des letzteren herbei, indem wir beachten, daß
das lufthaltige und das luftfreie System sich wenig verschieden von-
einander verhalten. Die Küpe müßte durch Sauerstoff sofort wieder
oxydiert werden und es wäre dann in den ersten Stunden der Be-
lichtung eine viel deutlichere Verlangsamung der Silberausscheidung
im lufthaltigen Versuch, gegenüber dem luftfreien, zu erwarten, als
tatsächlich beobachtet wird. In der Tat bewirkt die Luft, zwar
nicht ausnahmslos, aber doch mehrheitlich, eine Verlangsamung der
Silberausscheidung, die eben die Sauerstoffzehrung erkennen läßt.
Sollte dieselbe aber den Weg über die Küpe einschlagen, so wäre
doch wohl eine verstärkte Peroxydreaktion zu erwarten. Da diese
nur eben merklich ist, so dürfen wir wohl schließen, daß im statio-
nären Zustand der Reaktionszirkel hauptsächlich durch gegenseitige
Depolarisation von Silber und Silberion zustande kommt, wie schon
weiter oben behauptet wurde.
1) Größenordnung (of, von der Silberausscheidung, wenn das Molekulargewicht
des Farbstoffs zu rund 400 angenommen und dem Atom Silber äquivalent gerechnet wird.
408 Lüppo- Cramer.
Was die Peroxydbildung anbelangt, so hat sich gezeigt, daß
sie sowohl in der reinen Farbstofflösung, wie in den zusammen-
gesetzten Systemen nur bei Gegenwart von Sauerstoff beobachtet
werden kann, Es sei hier wiederholt, was schon weiter oben be-
rührt wurde, daß wir aus diesem Umstande schließen müssen, daß
das Peroxyd nicht aus der anodischen Oxydation des Farbstofts
hervorgeht, sondern eben auf dem Umweg über die Küpe entsteht.
6. Zusammenfassung.
Es wird die Sensibilierung der Photolyse von Silbernitrat und
organischen Reduktionsmitteln durch Farbstoffe untersucht und fest-
gestellt, daß durch das Ineinandergreifen von anodischen und katho-
dischen Prozessen, welche das Wesen der Photolyse ausmachen, ein
stationärer Zustand entsteht.
Diese Arbeit wurde im physikalisch-chemischen Institut der
Eidgen. Techn. Hochschule in Zürich ausgeführt. Es ist mir eine
angenehme Pflicht, Herrn Prof. E. Baur für seine Förderung meinen
besten Dank auszusprechen.
Zürich, Juni 1927.
Eingegangen am 7. Juli 1927.
Zur Schleierbildung durch Farbstoffe
Von
Lüppo-Cramer
Mit 2 Figuren im Text
Zu den zahlreichen noch ganz ungenügend geklärten Reaktionen
der photographischen Platte gehört auch die Schleierbildung durch
Farbstoffe, die auch praktisch wichtig ist, da sie sowohl bei der
Sensibilisierung wie bei der Desensibilisierung auftreten kann. Sie
zeigt sich bei den früher so gut wie ausschließlich zur Sensibilisierung
benutzten sauren Eosinfarbstoffen nicht und wurde erst beobachtet,
als die (basischen) Isozyanine in die Praxis eingeführt wurden.
Zur Schleierbldung durch Farbstoffe. 409
Da diese Farbstoffe auch für rot sensibilisierten, so mag man Miß-
erfolge durch Schleierbildung oft für eine Folge von unachtsamem
Operieren mit rotem Lichte, gelegentlich wohl auch von , Ver-
unreinigungen‘ gehalten haben. Mehrfach machte man auch das
bisweilen bei der Sensibilisierung gleichzeitig verwendete Ammoniak
für die Schleierbildung verantwortlich.
Die theoretisch interessante Frage, auf welchen physikalisch-
chemischen Vorgängen die merkwürdige Wirkung der Farbstoffe, das
unbelichtete Bromsilber der Trockenplatte entwickelbar zu machen,
beruhe, wurde erst vom Verfasser in zahlreichen Arbeiten untersucht (1).
Als Vorbedingung der Schleierbildung wurde gefunden, daß nur be-
stimmte basische Farbstoffe in Frage kommen, daß die Platten im
allgemeinen schon von Haus aus eine geringe Neigung zur Schleier-
bildung haben müssen, die Konzentration der Sensibilisierungslösung
nicht allzu gering sein darf und in der Emulsion gefärbte Schichten
stärker zur Schleierbildung neigen als durch Baden nachträglich ge-
färbte.e Auch die Verhältnisse beim Trocknen, der Alkoholgehalt
der Lösungen usw. spielen eine große Rolle. Angaben über Einzel-
heiten, Dosierung usw. findet man in einer Arbeit des Verfassers:
„Über Schleierbildung durch Farbstoffe“ (2). In dieser Untersuchung
wurde nun auch schon festgestellt, daß die Schleierbildung auch in
hohem Grade von der Art des verwendeten Entwicklers ab-
hängt und daß im allgemeinen das Hydrochinon und auch seine
beliebten Kombinationen mit Metol diese gefürchtete Erscheinung
am meisten begünstigen. Während das Entwicklungsvermögen für
das latente Lichtbild beim Hydrochinon in der üblichen karbonat-
alkalischen Lösung zumal in Gegenwart von Bromionen geringer
ist als das des Metols, ist die Schleierbildung durch sensibilisierende
Farbstoffe bei Anwendung jenes langsamer arbeitenden Entwicklers
ganz beträchtlich stärker, Ein Parallelismus zwischen dem Ent-
wicklungsvermögen und der Hervorrufung des durch Farbstoffe ver-
anlaßten sekundären latenten Schleiers besteht also nicht (3).
Die Verschleierung durch optisch sensibilisierende basische Farb-
stoffe war also schon hinreichend bekannt, ziemlich eingehend studiert
und auch Erklärungsversuchen unterzogen worden, als der Verfasser
im Verfolge seiner Entdeckung der Plattennarkose auch bei den
desensibilisierenden Farbstoffen auf deren Schleierbildung stieß (4).
Sie erwies sich als ganz besonders ausgeprägt bei Methylenblau,
Janusgrün, Capriblau, Binschedlersgrün, Nilblau und vielen andern
basischen Desensibilisatoren, während bis heute weder bei sen-
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 29
410 Lüppo- Cramer.
sibilisierenden noch bei desensibilisierenden sauren Farbstoffen eine
derartige Reaktion bekannt geworden ist. Gerade die Tatsache, daß
ceteris paribus nur basische Farbstoffe die Entwicklung zu be-
schleunigen und Schleierbildung zu veranlassen schienen, gab mir
den Anlaß, die Hypothese aufzustellen, daß die Koagulation von
Silberteilchen durch basische Farbstoffe hier mitspiele (5),
zumal ich später fand, daß auch die Solgemische von Bromsilber
und Silber durch basische Farbstoffe aller Art unter Bildung eines
regelrechten Photobromids koaguliert werden (6) Diese Hypothese
ließ sich allerdings nicht halten, da später zahlreiche Ausnahmen
gefunden wurden (7).
Beim Methylenblau studierte ich (1920) die Schleierbildung ge-
nauer. Ich fand, daß Bäder noch in der Verdünnung ı:ı Million
hochempfindliche Trockenplatten weitgehend verschleiern können.
Die gerade beim Methylenblau naheliegende Vermutung, daß es
sich hier um eine Wirkung des Schwefels im Molekül des Farb-
stoffes selbst oder eine Verunreinigung mit schwefelhaltigen Sub-
stanzen von seiner Fabrikation her handeln könne, wurde bereits
damals von mir entkräftet, der Verdacht wurde auch schon dadurch
gegenstandslos, daß zahlreiche andere schwefelfreie Farbstoffe sich
ganz wie das Methylenblau verhalten.
Wie bei der schleierbildenden Wirkung der Isozyanine, so spielt
nun auch bei der analogen Reaktion des Methylenblaus die Art
des Entwicklers eine entscheidende Rolle. Bei physikalischer
Entwicklung tritt der Schleier nicht auf, und auch wenn man che-
misch in alkalifreiem Metol-Sulfit-Entwickler hervorruft (3), bleibt
diese Nebenerscheinung aus, während aber die stark desensibilisierende
Wirkung erhalten bleibt. Dies wurde auch neuerdings von J. Eggert
und J. Reitstötter(g9) bestätigt. Aber selbst bei Anwendung der
üblichen alkalischen Entwickler hatte ich schon 1921 gefunden (10),
daß auch hier offenbar die Entwicklersubstanz von entscheidender
Bedeutung ist. Ich schrieb a. a O::
„Die überaus große Bedeutung der Entwicklerart für die Sichtbar-
machung des durch Methylenblau erzeugten latenten Schleiers zeigte
sich in geradezu glänzender Weise bei folgenden Versuchen. Es
wurden Platten in Metylenblau ı:ı Million eine Minute lang ge-
badet und getrocknet. Im reinen Hydrochinonentwickler der üb-
lichen Zusammensetzung trat eine tiefe Verschleierung ein, während
im reinen Metolentwickler (d. h. ohne Zusatz von Hydrochinon),
aber auch in sulfitfreiem Hydrochinonentwickler bei sonst gleicher
Zur Schleierbildung durch Farbstoffe. 4lI
Zusammensetzung keine Spur von Schleier auftrat. In bezug- auf
das Lichtbild war aber der (sulfithaltige) Hydrochinonentwickler
weniger leistungsfähig als die andern beiden Hervorrufer. Bezüglich
der Eigenart des Hydrochinonentwicklers und der hier so besonders
sinnfälligen Wirkung des Sulfits sei auf meine ausführliche Unter-
suchung hierüber (11) verwiesen.“
7
35
eren Le}
0 05 1 Zë 2 25 A AA 4 AA
Fig. 2.
In den beiden Abbildungen ı und 2 sind die Schwärzungs-
kurven densographisch wiedergegeben, die durch die Behandlung
einer Kranz-Diapositivplatte mit einem 2 Minuten lang währenden
Bade von Methylenblau ı: 100000 (dann abspülen und trocknen) und
bei verschiedener Entwicklung erhalten wurden. Es ist in Abb. ı:
Kurve ı ohne Methylenblau, 2 mit Farbstoff, beide in reinem
Metolentwickler 3 Min. hervorgerufen: keine erhebliche Schleier-
29”
412 Lüppo-Cramer.
bildung. Kurve 3 ohne, 4 mit Farbstoff, in Hydrochinon 3 Min. ent-
wickelt: sehr starke Schleierbildung.
In Abb. 2 ist:
Kurve 5 ohne, 6 mit Farbstoff, beide in Metolhydrochinon
3 Min. entwickelt: ebenso starke Schleierbildung wie in reinem Hydro-
chinon. Kurve 7 ohne, 8 mit Farbstoff, beide in sulfitfreiem Hydro-
chinon 3 Min. entwickelt: keine Schleierbildung.
Im Gegensatz zu der Schleierbildung wird die Desensibilisierung
in keinem Falle entscheidend von dem Entwickler beeinflußt,
Schleierbildung und Desensibilisierung haben also nichts miteinander
zu tun (12).
Auch Glyzin erzeugt unter gleichen Umständen auf Methylen-
blauplatten nur geringen Schleier (0,2), Amidol (neutral) 0,25, Neol
und Brenzkatechin 0,35. Dagegen übertrifft der alte Eisenoxalat-
entwickler alle andern in bezug auf die Schleierbildung, die bis
1,5 reichte.
Einen auch praktisch wichtigen Fall von Farbstoffschleierbildung
in Abhängigkeit von der Entwicklerart bildet auch die Tatsache, daß
die sehr prägnante Verschleierung durch Isozyaninfarbstoffe in Gegen-
wart von Bisulfit(13) ausbleibt, wenn man sie im sauren Amidol-
entwickler hervorruft. Auch wenn man ungefärbte Platten vorher
in Amidollösung badet und wieder wäscht, wird jene Verschleierung
durch Farbstoff + Bisulfit verhindert (14).
Auch der Luftschleier, dessen Studium wir in erster Linie
E. Fuchs(t5) verdanken und der ebenfalls in der Praxis, besonders
in der Kinematographie eine große Rolle spielt, in seiner Entstehung
aber besonders durch Cu-Ionen enorm beschleunigt wird (16), tritt
ausgesprochen nur in hydrochinonhaltigen Entwicklern auf. Das
steht wohl damit im Zusammenhang, das ganz bestimmte, bei starkem
Luftzutritt sich bildende Oxydationsprodukte des Hydrochinons in
einer allerdings noch ganz unbekannten Weise in den Entwicklungs-
prozess mit eingreifen.
Besonders interessant ist auch die schleierbildende Wirkung des
Neols (p-Amidosalizylsäure), die vor allem nur in Gegenwart be-
stimmter Katalysatoren (Mn, Fe, Cu)(17) und paradoxerweise gerade
bei gleichzeitiger Anwesenheit von desensibilisierenden Farbstoffen
auftritt. Andererseits verhindern aber Spuren von Desensibilisatoren
(Phenosafranin und Pinakryptolgrün in der Verdünnung 1: ı Million!)
die Luftschleierbildung in praktisch sehr bedeutungsvoller Weise.
Zur Schleierbildung durch Farbstoffe. 413
Sie wirken auch gegen eine infolge Alterns bereits eingetretene Ver-
schleierung panchromatischer Platten noch im Entwickler (18).
Die Substanz des angewendeten Entwicklers spielt nach dem
vorstehenden also eine große Rolle bei der Verschleierung durch
Farbstoffe. Es ist wohl anzunehmen, daß die Adsorption der Ent-
wicklersubstanz bzw. die ihrer kolloiden Oxydationsprodukte durch
das Bromsilber, die ihrerseits wieder von den benutzten ebenfalls
adsorbierbaren Farbstoffen beeinflußt wird, für die Reaktionen aus-
schlaggebend ist. Zu beachten ist in diesem Zusammenhange viel-
leicht auch die vom Verfasser beobachtete Tatsache, daß die Desen-
sibilisatoren Phenosafranin und Pinakryptolgrün insbesondere auch
wieder nur mit dem Hydrochinon schwerlösliche Verbindungen
bilden (19). Aus der Existenz derartiger Verbindungen kann man
jedenfalls schließen, daß möglicherweise auch Reaktionen oder
wenigstens lockere Additionsprodukte zwischen Entwicklersubstanz
und den Farbstoffen entstehen können, die neben Austausch-
adsorptionen vielleicht zur Erklärung der geschilderten Wechsel-
wirkungen mit heranzuziehen wären. Auch das Neol scheint unter
Umständen mit Farbstoffen wie dem Pinachrom in eine Art Reaktion
einzutreten (20).
Sieht man einmal von den angedeuteten zahlreichen Unklar-
heiten ab, so darf doch wohl erneut auf den Versuch zur Erklärung
der verschleiernden Wirkung der Farbstoffe hingewiesen werden, die
ich bei meinen ersten Arbeiten über die verschleiernde Wirkung
der Isozyanine bereits 1916 aussprach (21), aber zurückstellte, da
weitere Ergebnisse über die Entwicklungsbeschleunigung durch
Neutralsalze und Farbstoffe damals darauf hinzudeuten schienen, daß
die notorische Koagulierung der Silberultramikronen durch diese
Agenzien die Ursache der Reduktionsbeschleunigungen sein könnte.
Ich schrieb damals Le:
„Es ist bekannt, daß das bindemiittelfreie, aus wäßrigen Lö-
sungen ausgefällte Bromsilber durch die üblichen Entwickler auch
im unbelichteten Zustande rasch reduziert wird und daß die Differenz
zwischen belichtetem und unbelichtetem Bromsilber, die die praktische
Photographie erst möglich macht, hauptsächlich erst dadurch zustande
kommt, daß das Schutzkolloid Gelatine die Auskristallisation des
Silbers aus der übersättigten Lösung im Entwickler beträchtlich ver-
verlangsamt. Erst unter diesen veränderten Umständen erlangen die
durch die Belichtung entstandenen Keime ihre Auslösungsfähigkeit:
die Reduktion wird an diesen Stellen beschleunigt, ehe sie an den
414 Lüppo- Cramer.
unbelichteten Teilen der Schicht einsetzen kann. Ganz ähnlich, wenn
auch viel schwächer als die Belichtungskeime wirken auch die Re-
duktionskeime, die schon bei der Reifung entstanden sind und auf
deren Gegenwart ein erheblicher Teil der Empfindlichkeitssteigerung
der Emulsion bei der Reifung zurückgeführt werden muß (22). Auf
stark gereiften Schichten ist also auch ohne vorherige Belichtung
für die Auslösung einer Silberreduktion Gelegenheit geboten, während
auf wenig gereiften Schichten derartige Keime praktisch fehlen. Für
die optische Sensibilisierung ist nun die erste Voraussetzung, daß
der Farbstoff das Bromsilberkorn anfärbt. Es könnten daher auch
an der Grenzfläche zwischen Bromsilber und Gelatine an-
dere Verhältnisse eintreten, wenn das Bromsilberkorn an-
gefärbt wird und man könnte sich vielleicht vorstellen.
daß dadurch die Schutzkolloidwirkung der Gelatine zu-
rückgedrängt und die Auskristallisation des Silbers wieder
mehr oder weniger beschleunigt würde.“
Wie die Farbstoffe werden nun aber auch die Entwickler-
substanzen bzw. deren kolloide Oxydationsprodukte vom Bromsilber
adsorbiert. S. E. Sheppard(23) ist der Ansicht, daß eine sehr
wichtige Phase der Entwicklung in der Bildung eines Adsorptions-
komplexes zwischen Bomsilber und dem Reduktionsmittel besteht,
wobei dieser unbeständige Zwischenkomplex eine innere Umlagerung
und Zersetzung zu metallischem Silber (das vom unzersetzten Brom-
silber adsorbiert wird), oxydiertem Reduktionsmittel und Bromionen
erfährt.
Es ist denkbar, daß bei gleichzeitiger Gegenwart von Farb-
stoffen und Entwicklersubstanzen an der Grenzfläche des Brom-
silbers verschieden leichte Umlagerungen derartiger Adsorptions-
komplexe im Sinne Sheppards möglich sind und dabei auch so-
wohl Austauschadsorptionen zwischen Farbstoff und Entwickler-
substanz als auch eine mehr oder weniger weitgehende Adsorptions-
verdrängung der normalerweise schützenden Gelatine eintreten können.
So würde man sich von den oben geschilderten, höchst verwickelten
Vorgängen wenigstens insoweit eine einigermaßen beruhigende Vor-
stellung machen können, als man auch die Individualität der ein-
zelnen Fälle begreift. Zum Schematisieren ist aber das Material
antürlich noch in keiner Weise ausreichend.
Zur Schleierbildung durch Farbstoffe. 415
Literatur.
ı) Literatur in: Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. Negativverf.
(Eders Handb. II, ı) Halle 1927. S. 344, Fußnote 2.
2) Lüppo-Cramer, Photogr. Rundschau 1916. S. 221.
3) Läppo-Cramer, Kolloid-Zeitschr. 19. 17. 1916.
4) Lüppo-Cramer, Negativentwicklg. bei hellem Lichte, 2. Aufl. (Leipzig 1922),
S. 161. Grundlagen S. 687.
5) Lüppo-Cramer, Kolloidchemie u. Photogr., 2. Aufl. (Dresden 1921), S. 59.
6) Lüppo-Cramer, Photogr. Industrie. 1922. Nr. 1. Grundlagen S. 180.
7) Lūppo-Cramer, Grundlagen S. 377.
8) Die Photographie, Stäfa-Zürich 1922. Nr. 4.
9) J. Eggert und J. Reitstötter, Zeitschr. wiss. Photogr. 24. 354. 1927.
10) Die Photographie. 1921. Nr. 3.
11) Lüppo-Cramer, Negativentwicklg. usw. S. ot,
12) Siehe auch Grundlagen S. 688.
13) Lüppo-Cramer, Photogr. Industrie 1916. Nr. 20 u. 27.
14) Lüppo-Cramer, Kolloid-Zeitschrift 19. 18. 1916.
15) E. Fuchs, Photogr. Industrie 1924. Nr. 3/4 u. 5,6. Lüppo-Cramer, Die
Photographie (Stäfa-Zürich 1924. Nr. 10. Dundon und Crabtree, Literatur in
Grundlagen S. 338 u. f.
16) Neuerdings hat S. F. Cook (Referat in Kolloid-Zeitschrift 42. 188, 1927) die
Bedeutung bestimmter Metallionen als Oxydationskatalysatoren bei Pyrogallol be-
stimmt, wobei er Cu etwa 10co mal wirksamer fand als Co und Mn.
17) Lüppo-Cramer, Negativentwicklg. usw. S. 165 u. f.
18) Lüppo-Cramer, Negativentwicklg. usw. S. 79.
19) Lüppo-Cramer, Die Photographie 1921. Nr. 6. Photogr. Rundschau
S. 275. 1926.
20) Lüppo-Crager, Die Photographie. 1922. Nr. 2.
21) Lüppo-Cramer, Kolloid-Zeitschrift 18. 164. 1916.
22) Lüppo-Cramer, Photogr. Mitteilungen. S. 328. 1909.
23) S. E. Sheppard, Phot. Korresp. S. 76. 1922.
(Eingegangen am 20. Juli 1926.)
416 Schaum und Trautiuft.
Photometrische und spektralphotometrische Studien VI.
Lichtstärkemessungen bei der stllien elektrischen Entladung.
Von
Karl Schaum und Rudolf Trautluft.')
Mit 2 Figuren im Text.
Bei seinen grundlegenden Untersuchungen über die durch
stille elektrische Entladungen bewirkten chemischen Vorgänge hat
Emil Warburg?) gezeigt, daß der Herd der eigentlichen Reaktion
die bei der Entladung auftretende Leuchtbahn ist, und zwar je nach
den Versuchsbedingungen vorzugsweise das negative oder das posi-
tive Lichtbüschel. Es erschien wünschenswert, den Zusammenhang
zwischen der Lichtstärke der Elektrolumineszenz, den elektrischen
Größen und den chemischen Vorgängen zu ermitteln. Im folgenden
soll zunächst über unsere Versuche, mit einfachen Hilfsmitteln die
Lichtstärke bei Entladungen im Siemens-Rohr festzustellen, be-
richtet werden.
Das Siemens-Rohr.
Durch Ineinanderstellen zweier zylindrischer Glasgefäße, deren
äußeres in bekannter Weise mit einem Zu- und einem Ableitungs-
rohr verbunden, und deren inneres unten zugeschmolzen war, wurde
ein Siemens-Rohr gebildet; die Abdichtung erfolgte unter möglichst
genauer Zentrierung mittels Glaskittes oder Pizeins. Die inneren
Oberflächen der Glasgefäße, deren zweckmäßigster Abstand auf
2,8 mm bestimmt wurde, müssen möglichst glatt sein und durch
zweistündige Trocknung bei etwa 120°C unter Evakuierung von
Feuchtigkeit befreit werden. Bei derartiger Anordnung und Vor-
behandlung tritt die ungünstig wirkende Büschellichtbildung nicht ein.?)
Das innere Gefäß wurde mit Wasser + wenig H,SO, beschickt,
das äußere trug einen Belag von Al-Folie, aus welchem für
die Photometrierung des Lumineszenzlichtes ein Fenster heraus-
geschnitten war.
1) Auszug aus der Dissertation von R. Trautluft, Gießen 1923.
*) Zusammenstellung s. Handbuch d. Physik XIV, Kap. 4.
H Über die Theorie des Siemens-Rohres vgl. E. Warburg, Anm. 2; M. Möller,
Das Ozon (Sammlung Vieweg, Heft 52. 1921). — Ich möchte erwähnen, daß man
mit Hilfe kleiner Siemens-Röhren recht gut Dielektrizitätskonstanten, auch an Stoffen
mit clektrischem Leitvermögen, ermitteln kann, z. B. nach dem Glimmbrücken-
Verfahren (s. die demnächst erscheinende Dissertation von E. Wagner). K.S.
Photomelrische und spektralphotometrische Studien VT. 417
Die elektrische Erregung.
Die in das angesäuerte Wasser eintauchende Elektrode sowie
die Al-Folie wurden mit der Sekundärspule eines Induktoriums ver-
bunden, dessen Primärspule (0,3 2) durch eine Akkumulatorenbatterie
von 18 Volt unter Einschaltung eines Voltmeters, eines Hitzdraht-
amperemeters und eines Regulierwiderstandes gespeist wurde. Die
Unterbrechung geschah mittels eines Rotaxunterbrechers, der mit
einer Spannung von 70 Volt betrieben wurde; die Unterbrechungs-
zahl ließ sich ziemlich konstant halten. Das Übersetzungsverhältnis
ermittelten wir zu etwa 5000.
Die verwendeten Gase.
Sauerstoff. — Der etwa 99,5 °/,ige Bombensauerstoff wurde unter
Durchleiten durch zwei Waschflaschen mit konz. H,SO, und durch
Überleiten über P,O, getrocknet.
Kohlenoxyd. — Die Darstellung geschah durch Eintropfen-
lassen von Ameisensäure in heiße konz. H,SO,; nach mit KOH-
Lösung durchgeführtem Waschprozeß wurde das Gas unter Ver-
wendung von sorgfältig ausgekochtem Wasser als Sperrflüssigkeit
aufbewahrt. Das Gas enthielt etwa 99°/, CO, etwas N,, Spuren
von O
bo
Kohlendioxyd. — Das aus Bicarbonat entwickelte Gas wurde
in bekannter Weise gereinigt.
Ammoniak. — Das einer Bombe entnommene Ammoniak ent-
hielt etwa 1,5 VoL-Proz. O, + N,. Die Trocknung geschah durch
Überleiten über KOH und Natronkalk, sowie durch Abkühlen des
Gases mittels einer Kältemischung bei Anwesenheit von CaO.
Die Minimum- und die Kontinuitätsspannungen.
Bekanntlich!) erfolgt der Elektrizitätsdurchgang durch ein Gas,
genauer gesagt, die Ausbildung eines meBbaren Stromes erst bei
einer von der Natur des Gases und der Apparatur abhängigen, be-
stimmten Minimumspannung (MSL Beim Siemens-Rohr ist zur
Erzielung gleicher Stromdichte im ganzen Entladungsraum, die sich
durch ruhiges, gleichmäßiges Leuchten zu erkennen gibt, eine er-
heblich oberhalb der M.S. liegende Kontinuitätsspannung (K.S.) er-
1) S. bes. E. H. Riesenfeld, Sitzungsber. Heidelb. Akad. 1911, 19. Abh.;
Ber. Naturf.-Ges. Freiburg 20, 13, 1913; Nernst-Festschrift 1912, 374.
418 Schaum und Trautluft.
U Um nn nn eegener Ze EE EE m a S
forderlich. Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die im Primär-
kreis gemessene M.S. sowie K.S. für verschiedene Gase.
co | co, | NH
M.S. KS MS K.S. | M.S. K.S.
I. Wandabstand 2,8 mm
Wirksame Länge 200 mm
U. Wandabstand 14,1 mm N A
Wirksame Länge 200mm 4, 7;
Lumineszenzfarbe weißlich- blau! rotviolett | blaßblau | blaßblau
Siemens-Rohr O; | Tun
M.S. K.S.
8 3,0
6,0 8,0 | 7.0 10,0 | 6,5 10,0 | 2,8 4,5
fahlgelb
Aus dem Übersetzungsverhältnis etwa 5000 erhalten wir für
den Sekundärkreis mit dem Siemens-Rohr von 2,8 mm Wand-
abstand etwa folgende Werte:
M.S. K.S. LS.
O, 10000 20000 9,5
CO 20000 40000 14,5
CO, 15000 30000 12,5
wobei zum Vergleich die Ionisationsspannungen (LS) beigefügt sind.
Daß die nur angenähert ermittelten Spannungswerte erheblich größer
sind als die von Riesenfeld beim Arbeiten mit Wechselstrom-
Dynamomaschine und Transformator gefundenen, beruht vor allem
auf der Verschiedenheit der \Vechselzahlen.
Vol. % 0;
5,0
45
45 2,0 2,5 3,0 35 Aen, #0
Fig. 1.
Die zur Erreichung einer gleichmäßigen Lumineszenz im ganzen
Entladungsraum erforderliche K.S. stellt noch keineswegs die zweck-
mäßigste Spannung, die Optimalspannung (O.S.), dar. Die Fig. I
zeigt die Abhängigkeit der Ozonausbeute von der Betriebsspannung
bzw. von der im Primärkreis herrschenden (besser zu messenden)
Stromstärke bei konstant gehaltener Strömungsgeschwindigkeit des
Sauerstoffs. Über die Durchführung der in Fig. ı dargestellten
Versuche sei folgendes bemerkt: Da im abgeschlossenen Raum sich
Pholometrische und spektralphotometrische Studien VI. 419
sehr schnell ein stationärer Zustand herstellt, wurden die Versuche
an strömendem Sauerstoff durchgeführt; bei geeigneter Strömungs-
geschwindigkeit kann man einen gewissen Abstand von dem statio-
nären Zustand einhalten. Die Strömungsgeschwindigkeit wurde durch
Messen und Zählen der in der Zeiteinheit durch eine Waschflasche
durchtretenden Gasblasen ermittelt, es wurde eine Geschwindigkeit
von 3 L/St eingehalten. Zwischen die Entwicklungs- und Reinigungs-
apparatur und das Siemens-Rohr wurde ein an letzteres an-
geschmolzenes U-Rohr gelegt, das mit Natronkalk beschickt war, um
zurückdiffundierendes Ozon unschädlich zu machen, welches die
Schlauchverbindungen schnell zerstören würde. Das ozonisierte Gas
wurde in KJ-Lösung geleitet, das durch ein bestimmtes Gasvolumen
ausgeschiedene Jod maßanalytisch bestimmt und daraus der Gehalt
des Gases an Ozon in Volumprozenten berechnet. Für Überführung
des nach Abstellen des Stromes im Entladungsraum enthaltenen
Ozons und für geeignete Auffangung und Berücksichtigung der be-
kannten Nebel wurde Sorge getragen. |
Wie aus Fig. ı hervorgeht, kommt also unter den sonstigen
gegebenen Bedingungen oberhalb 3 Amp. die Gegenreaktion immer
mehr zur Geltung.
Die Helligkeitsmessung.
Da ein Schwachlichtphotometer nicht zur Verfügung stand, wurde
die Ermittelung der Lumineszenzstärke auf folgendem Wege vor-
genommen. Der Photometerkopf eines Martensschen Schwärzungs-
messers nahm durch die eine Öffnung das aus dem Fenster in der
Al-Folie tretende Licht auf; die andere, mit einem Reflexionsprisma
bedeckte Öffnung wurde durch eine 4 Volt-Glühlampe unter Zwischen-
schaltung einer Mattscheibe und eines geeigneten Lichtfilters be-
leuchtet; diese Vergleichslampe wurde mittels einer Akkumulatoren-
batterie unter genauer Konstanthaltung der Belastung gespeist.
notometer, Siemens-Rohr und Vergleichslampe waren fest mon-
tiert. Die Meßgenauigkeit war bei mittlerer und starker Belastung
des Siemens-Rohres befriedigend (m. F. einige Prozent); wegen der
zu geringen Helligkeit bei schwacher Belastung war es jedoch er-
forderlich, als innere Elektrodenflüssigkeit eine Uraninlösung zu ver-
wenden, deren durch die Elektrolumineszenz im Gasraum erregte
Fluoreszenz besser photometriert werden konnte. Es ließ sich die
Helligkeitsbestimmung auf diesem Wege abwärts bis zu einer Span-
nung durchführen, welche wenig oberhalb der K.S. lag.
420 Schaum und Trautluft.
Da die Unterbrechungszahl nach G. Lechner!) von Einfluß auf
die Ozonausbeute ist, haben wir festgestellt, daß die durch die ge-
ringen Spannungsschwankungen an der Batterie bewirkten Störungen
bei unseren Versuchen ohne Einfluß blieben.
Wie zu erwarten war (s. ul erwies sich die Helligkeit der Lu-
mineszenz in strömendem Gas größer als inruhendem. Die Messungen
wurden demnach in strömenden Gasen unter möglichster Einhaltung
vergleichbarer Bedingungen durchgeführt.
Reaktionsmechanismus und Lumineszenz.
Die Ozonbildung beruht, wie allgemein angenommen wird’),
auf einer primären Anregung von O,-Molekeln durch Elektronenstoß
O,+Ar> Ö, (1)
und auf sekundärer Reaktion der angeregten Molekel nach einem
der folgenden Schemata:
Ò, -+ 20; O, + O> O, (Warburg)
Ö, +20,>0,>20, (Eucken)
Ô, + O, >O, + O; 2(0, +0)>20, (Stern und Volmer)
m
LA
—
Findet während der Anregungsdauer der Ö,-Molekel (etwa 107° sec)
kein Zerfall bzw. kein wirksamer Zusammenstoß mit einer anderen
Molekel statt, so wird die gespeicherte Energie als Lumineszenz-
strahlung wieder abgegeben.
Der Ozonzerfall erfolgt durch Anregung von O,-Molekeln nach
einer der nachstehenden Gleichungen:
Ò, >O, + O usf. (Warburg, Brewer) P
Ô, + O> 30, (Stern und Volmer)
Man würde für die Bildungsgeschwindigkeit des Ozons in ruhendem
O, folgende Gleichung aufstellen können:
d C,
Re bh Cò, Co, a Cò, Co, » VI
die mit der von Warburg bestätigten Formel
d Co,
di
= ki Co, = Roi Co, ze 2 (A, Co, = ka Co.) (4a)
1) Z. Echem. 17. 414. IQII.
2) S. bes. E. Warburg, a.a. O., S. 416.
Photometrische und spektralbhotometrische Studien VI. 421
übereinstimmt, wenn man die Konzentration der angeregten Mo-
* %*
lekeln O, bzw. O, der Stromstärke ö proportional annimmt. In
ruhendem O, ist also die Reaktionsgeschwindigkeit der Stromstärke
proportional; ferner ergibt sich aus der für den stationär gewordenen
Zustand (Wert des Klammerausdruckes = o) geltenden Beziehung
k’
Co, = g7 CO
die Unabhängigkeit dieses stationären Zustandes von der Strom-
stärke. In strömendem O, liegen verwickelte Verhältnisse vor, wie
Warburg zeigte; doch können die oben angeführten Formeln zur
ersten Orientierung dienen. Es ist ersichtlich, daß auch hier die
Reaktionsgeschwindigkeit, somit die Ausbeute an O, in der Zeit-
einheit mit der Stromstärke steigen muß. Da bei ruhendem O,
die Stromstärke ohne Einfluß auf den stationären Zustand ist, in
äußerst schnell strömendem Gas die O,-Ausbeute offenbar mit der
Stromstärke wachsen wird, darf man schließen, daß bei mittlerer
Geschwindigkeit eine „Grenzkonzentration“ an O, bei bestimmter
optimaler Stromstärke erreicht werden wird, was auch tatsächlich
zu beobachten ist (s. Fig. 1).
Man kann fragen, ob nicht auch Vorgänge wie
%* Li A 8
0,+20,>20,, 0,+0,>30,
in Betracht zu ziehen sind. Dies dürfte tatsächlich der Fall sein,
doch können derartige Zusammenstöße im allgemeinen angesichts
der verhältnismäßig geringen Konzentration der angeregten Molekeln
bei einer vorläufigen Überlegung außer Betracht bleiben. Ebenso soll
auf die Vorgänge, welche sich an das Auftreten von O, Ò, O, und ot
anschließen, nicht eingegangen werden. Die Lichtintensität nimmt
nun bei Steigerung der Stromstärke über den optimalen Wert hinaus
noch weiter zu, d. h. die Zahl der lumineszenten Einzelprozesse
wächst. Als emittierende Vorgänge für sichtbare Strahlung kommen
natürlich Änderungen der Rotations- und der Schwingungsenergie
allein nicht in Frage; vielmehr müssen Elektronensprünge von
höherem zu niederem Niveau mitwirken. In diesem Sinne wären
die Übergänge angeregter Molekeln in unangeregte unter Energie-
abgabe entsprechend den Schemata
Ô, +O, + Ar, |
Ö, +0, +hr, (5)
zu deuten.
422 Schaum u. Trautlufl. Photometrische und spektralphotometrische Studien VI.
Emittierend würde auch die Wiederanlagerung abgetrennter
Elektronen, z. B. die Vorgänge
0,+0>0,
Ot +9>0
wirken; doch dürfte es sich hierbei um die Emission eines konti-
nuierlichen Spektralstreifens im kurzwelligen Gebiet handeln.
H
40
2,2 i CL
02 Og (W.A. tmm)
O ne]
5 A B A Eomp
Fig. 2.
Die Lumineszenz dürfte nach dem Gesagten um so stärker aus-
fallen, je häufiger in der Volum- und Zeiteinheit ‚ger Vorgang
Ö, + O, + 4r, erfolgt; die Bedeutung des Prozesses Ö, +0, +4’
tritt angesichts der relativ geringen O,-Konzentration daneben zurück
Diese Vorgänge sind nach Gl. (1) zunächst um so häufiger, je höher
die Stromstärke und je geringer die Wahrscheinlichkeit für die in
Gl. (2) angedeuteten chemischen Vorgänge ist. Die höheren Werte
Eder. Die relative Aktinität verschiedener Lichtquellen usw. 423
der Lumineszenzstärke in strömendem gegenüber derjenigen in
ruhendem O, sind wohl auf die ständige Hereinführung von größeren
Mengen noch unangeregter Molekeln in die Leuchtbahn, vielleicht
auch auf eine günstige Beeinflussung des Potentialgradienten infolge
der Strömung und der damit verbundenen Verminderung der Raum-
ladung zurückzuführen. Wird der Wandabstand stark vermindert,
so nimmt die Lumineszenz stark ab, wie aus Fig. 2 zu ersehen ist
(die drei oberen Kurven beziehen sich auf einen Wandabstand von
2,8 mm, die unterste auf einen solchen von 1,0 mm); hier dürfte
eine Beeinträchtigung der wirksamen Glimmschicht eintreten. Da
die in der Volum- und Zeiteinheit erfolgende Anzahl chemischer
Elementarprozesse [s. Gl.(2)] die Lumineszenzstärke vermindern muß,
verläuft die Helligkeitskurve bei der stillen Entladung in O, ver-
hältnismäßig flach; in Gasen, deren elektrische Anregung zu keinen
(wesentlichen) Umsetzungen führt, steigt die Lumineszenzstärke in
erheblich stärkerem Maße mit der Stromstärke an, wie unsere an
CO und an CO, ausgeführten Messungen (s. Fig. 2) zeigen.
Gießen, Physikalisch-chemisches Institut, 1923/27.
Die relative Aktinität verschiedener Lichtquellen
und die Farbtemperatur des Magnesiumlichtes.
Von
J. M. Eder in Wien
Unter „Aktinität“ einer Lichtquelle versteht man ihre che-
mische (photographische) Wirksamkeit im allgemeinen. Als ‚relative
Aktinität“ bezeichnet man das Verhältnis der aktinischen Inten-
sität zur visuellen Helligkeit. Diesen Begriff und diese Bezeichnung
hat der Astronom K. Schwarzschild im Jahre 1900 geschaffen?)
und zu astrophotometrischen Zwecken verwendet. Er sagt ganz klar:
„Die relative Aktinität zweier Lichtquellen ist das Verhältnis ihrer
photographischen (chemischen) Helligkeit, wenn sie auf gleiche op-
tische (visuelle) Helligkeit gebracht wurden“, was er weiter ausführte.
Dieser Begriff der relativen Aktinität hat sich in der photo-
1) K, Schwarzschild, Über die photographische Vergleichung der Helligkeit
verschiedener Sterne, (Sitzungsberichte d. kais. Akad. d. Wissensch, in Wien, 1900.
Mathem.-naturw, Klasse Abt. IIa, Bd. 119; ist auch in die photographische Fach-
literatur übergegangen, z. B. Eders Aust, Handb. d. Phot., Jahrbuch usw.
424 Eder.
—
chemischen und astronomischen Literatur eingebürgert und es liegt
nicht der geringste Grund vor, davon abzugehen.!)
Von diesem Gesichtspunkte aus untersuchte ich die relative
Aktinität verschiedener Lichtquellen,?) die für photographische und
sentitometrische Zwecke in Betracht kommen, und ging hierbei von
der Hefner-Kerze aus, die ich als Hefner-Kerzen-Sekunden in Rech-
nung setzte. Dabei untersuchte ich das frei einstrahlende Licht
mittels eines Scheiner-Sensitometers, dem ich später Versuche mit
dem Eder-Hecht-Sensitometer anschloß. In der Folge beschäftigten
sich noch andere Experimentatoren mit diesem Gegenstande, deren
wichtigsten Befunde ich neben meinen Messungen in der nach-
folgenden Tabelle übersichtlich zusammenstelle.
Hierzu ist zu bemerken, daß die Größe der relativen Aktinität
von der Kurve ihrer spektralen Energie und von der Spektralkurve
der Plattenempfindlichkeit abhängt (weshalb die Stromstärke bei
elektrischem Licht eine große Rolle spielt), sowie von der Farben-
empfindung des menschlichen Auges.
Man beachte, daß die spektrale Farbenverteilung von der sog.
Farbtemperatur der Lichtstrahler abhängt und sich das Photomaterial
sehr verschieden verhält; so ist die relative Aktinität für Licht mit
großer Violett- und Ultraviolett-Emission (Magnesiumlicht usw.) für
Chlorsilber größer als für reine Bromsilbergelatine, für ortho-
chromatische und panchromatische Platten kleiner.
In der oben erwähnten Abhandlung von Beck und Eggert
wird die „schwarze Temperatur“ des Magnesium-Blitz-Lichtes mit
2400°C absolut angegeben (S. 378), allerdings ohne Mitteilung, wie
die Autoren zu dieser Zahl gekommen sind. Die spektrale Zu-
sammensetzung des Magnesiumlichtes und der hochkerzigen Nitra-
1) Allerdings wurde in letzter Zeit die Bezeichnung „Aktinität“ mit jener der
„relativen Aktinität‘ konfundiert, z. B. von H Beck und J. Eggert (Zeitschr.
f. wissensch. Photogr. 1927. Bd. 24, S. 377), welche die Literaturangaben über „Ak-
tinität“ sehr unvollkommen bringen, sich nur an Bloch anlehnen, und die klassischen
Arbeiten Schwarzschilds überhaupt nicht erwähnen. — Die grundlegende Arbeit
Schwarzschilds „Über die photographische Vergleichung der Helligkeit verschiedener
Sterne‘ und die daran anschließenden Arbeiten sind in der Abhandlung von Beck
und Eggert nicht berücksichtigt.
23) J.M. Eder, System der Sensitometrie photographischer Platten (Sitzungsberichte
der kais. Akademie d. Wissensch. in Wien. 2. Abhandlung vom 3. Dezember 1900;
3. Abhandlung vom 11. Juli 1911). — Überdies ist diese Abhandlung vielfach in die
Fachliteratur übergegangen, wie in die Photogr. Korrespondenz, Jahrbuch f. Phot. —
In extenso in Eder u. Valenta, Beiträge zur Photochemie u, Spektralanalyse. 1904.
Die relative Aktinität verschiedener Lichtquellen usw. 425
Relative Aktinität verschiedener Lichtquellen
für Bromsilbergelatine.
e Relative
Lichtquelle Aktinität Beobachter
Hefner-Kerze, frei einstrahlend `, 2.2 2222200 I Eder
Englische Wallratkerze frei einstrahlend 0,83 H
Scheiners Benzinkerze ` en 0,85 e
Gaslicht, Argandbrenner mit Glaszylinder 1,7 we
Auers Gasglühlicht „ „ 2,6 ei
Azetylenlicht ......... ee ee 2,3 Fabry
Metallfadenlampe „Monowatt“ .... 2.2202. esse 2,6 Se
Ge e E EE EE 3,3 ji
Magnesiumband, frei einstrahlend!)... „2.2... 15 Eder
2 durch Glas. u, owiane 80% 9—10 o
Nitra Lampe) en a EEN (7) L. Bloch
Elektrisches Bogenlicht, Reinkohle, offen brennend 3 10—12 Eder
Tageslicht, bewölkt ..... EE eg 7—8 ”»
se Mittleres‘) aa u ee er II Fabry
2 blauer Himmel iere E AE e 15—18 Eder
Sonnenlicht?) ...... SE ee 12—25 L. Bloch
lampe (gasgefüllte Metallfadenlampe) wird daselbst als „annähernd
dieselbe“ angegeben. Aber die oben angegebene Zahl erweckt
Bedenken, denn sie steht im Widerspruch mit den eigenen An-
gaben der Herren Beck und Eggert, ebenso mit den exakten
Messungen anderer Forscher.
Nach den genauen Messungen von W. E. Forsythe (1923) be-
sitzt eine solche gasgefüllte Wolframfadenlampe mit 1000 Watt eine
Farbtemperatur (Strahlung eines glühenden schwarzen Körpers) von
2980° C absolut. — Wenn aber nach den Angaben von Beck und
!) Bei einer älteren Versuchsreihe hatte ich für an der Luft brennendes, frei
einstrahlendes Magnesiumband unter Verwendung des Scheiner-Sensitometers die re-
lative Aktinität etwas höher gefunden (etwa 20), was in der Unsicherheit der Be-
stimmung der visuellen Helligkeit begründet ist, während die photographische Wirk-
samkeit sicherer zu ermitteln ist. Meine später (1922) angestellten Versuche ergaben
einen Wert der relativen Aktinität = 15. Beck und Eggert gaben für Magnesium-
blitzpulver (Agfa) den Wert 10 an. (Zeitschr. f. wissensch. Phot. 1927, Bd. 24, S. 377).
2) Nach L. Bloch, Lichttechnik. 1921, S. 579. — Beck und Eggert fanden
für eine gasgefüllte Metallfadenlampe („kurz Nitralampe‘‘) bei 100 Watt die relative
Aktinität = 5, bei 1000 Watt aber = 10 (a. a. O.).
D Nach Eders Messungen 1903 zeigt der elektrische Kohlenbogen die relative
Aktinität 10. Eder, Handbuch d. Phot. I. Bd., 3. Teil, S. 618, 3. Auflage.
4) Nach Michalke hat gedämpftes Tageslicht die rel, Aktinität 10 für Brom-
silber (Phot. Mitt. 1890, Bd. 24, S. 195). — Fabry setzt sie æ 11. (Internat, Kon-
greb f. Phot. April 1925. Rapport 1926, S. 82).
D Nach L Bloch, Lichttechnik. 1921, S. 579.
Zeitschr. f. wiss, Phot, 24. 30
426 Elsner v. Gronow.
Eggert (auf Grund ihrer photographischen Farbenaufnahmen mit
Agfa-Farbplatten) das Magnesiumlicht und die 1000-Watt-Lampe
dieselbe spektrale Energieverteilung haben, dann kann die Farb-
temperatur des Magnesiumlichtes nicht gleich 2400° C absol. sein;
sie müßte vielmehr etwa 3000° sein. — Hätte das Magnesiumlicht
wirklich die angebliche Farbtemperatur von 2400°C absol., so wäre
sie spektral und photographisch gleich einer 10-Watt-Vakuum-Metall-
fadenlampe von der Farbtemperatur = 2400° C absol., die eine der-
artig niedrige Farbtemperatur besitzt; aber es wird niemand be-
haupten wollen, daß das etwas gelblich nuancierte Licht einer solch
kleinen elektrischen Glühlampe dem Effekte einer 1000-Watt-
Nitralampe oder dem weißen Magnesiumblitzlicht gleichzusetzen ist.
Oder sollten Verbrennungstemperaturen des Magnesiums ge-
meint sein (?), so wäre diese Angabe erst recht unverständlich, denn
jene darf nicht mit der Farbtemperatur zusammengeworfen werden.
Jedenfalls ist die in Rede stehende Temperaturangabe irre-
führend und kann nicht als zutreffend bezeichnet werden.
Zusammenfassung.
I. Verf. bespricht die relative Aktinität von Lichtquellen im
Sinne der von Schwarzschild (1900) gegebenen Definition als das
Verhältnis der aktinischen Intensität zur visuellen Helligkeit. In einer
Tabelle sind solche Messungen für verschiedene Lichtquellen mitgeteilt.
2. Der Zusammenhang der relativen Aktinität mit der Farb-
temperatur wird vom Verf. besprochen und die von Beck und
Eggert (Zeitschr. f. wiss. Phot. 1927, S. 378) angenommene Farb-
temperatur des Magnesiumblitzlichtes mit 2400° C absolut als viel
zu niedrig befunden; die zu kleine Zahl steht auch mit den eigenen
Versuchsbeschreibungen der Autoren in Widerspruch.
(Eingegangen am 27. Juli 1927.)
Zur Mikrephotographie
opaker Gegenstände hei schwacher Vergrößerung.
Von
H. Elsner v. Gronow.
Kürzlich hat F. Kahler (D) dieses Thema behandelt. Im
folgenden soll nicht von neuem ausführlich Stellung zu dieser
interessanten Frage genommen werden, die übrigens schon vielfach
behandelt wurde (u. a. 2, 3), sondern es werden nur als Ergänzung
Zur Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher Vergrößerung. 427
zur Kahlerschen Arbeit einige dem Praktiker nützliche Winke
gegeben. — Bei der Mikrophotographie opaker Gegenstände bei
schwacher Vergrößerung können gewöhnliche photographische Ob-
jektive kürzerer Brennweite recht gute Dienste leisten. Zu bevor-
zugen sind die symmetrisch gebauten Konstruktionen, die nicht nur
für den Abbildungsmaßstab ı:ı (Abbildung in natürlicher Größe)
streng richtig zeichnen, sondern praktisch auch noch für alle anderen
Maßstäbe, was erwiesenermaßen bei den Objektiven unsymmetrischer
Anlage nicht der Fall ist, worauf schon A. Miethe bei der Ein-
führung der Taylorschen Drillingslinse in die photographische
Praxis in Deutschland hinwies (4): „Die Unsymmetrie der Kon-
struktion (der Triplets) bedingt natürlich, daß ...... die Objektive
naturgemäß nicht mit allen Vollkommenheiten für jeden beliebigen
Objektabstand korrigiert werden können.“ Gewiß soll dabei nicht ver-
kannt werden, daß man bei nicht allzu hohen Anforderungen an die
Schärfe der Zeichnung bei schwacher Vergrößerung in vielen Fällen
Triplets, oder solche mit einer oder mehreren Kittflächen (z.B. Tessar
und Heliar) benutzen kann, auch eventuell unter Verwendung von
Vorsatzlinsen zur Verkürzung der Brennweite. Freilich darf der
Brechwert dieser Vorsatzlinsen nicht allzu groß gewählt werden, da
sonst wieder die Schärfe zu sehr leidet; d. h. man kann die Brenn-
weite einer Aufnahmelinse, in deren Besitz man vielleicht zufällig
ist, nicht beliebig verkürzen, um so zu kürzerem Kameraauszug,
bzw. zu einer stärkeren Vergrößerung zu gelangen. Keinesfalls darf
man aber „zur Erhöhung der Schärfe“, wie F. Kahler es a.a. O
angibt, auf /:136 abblenden, denn bei Blenden, die kleiner als
etwa /:70 sind, machen sich bereits die Beugungserscheinungen,
wie sie an so engen Öffnungen auftreten, bildverschlechternd be-
merkbar. Aus den genannten Gründen ergibt sich, daß es un-
zweckmäßig ist, ein Objektiv symmetrischer Anlage, wie z. B. den
Steinheilschen Orthostignaten, in der Mikrophotographie mit Vor-
satzlinsen zu verwenden, da diese ja gerade die Symmetrie be-
seitigen, und somit die Korrektheit der Zeichnung zunichte machen,
die, wie wir sahen, gerade dem symmetrischen Objektiv eigentüm-
lich ist. — Der einzige Fall, wo m. W. das Triplet ausdrücklich
für Mikrophotographie empfohlen wurde, sind die Rüo-Anastigmate,
die bis zu der relativen Öffnung f:2 in kurzen Brennweiten im
wesentlichen für Kinozwecke angefertigt werden.
Beträgt der Auszug der Kamera ein Vielfaches (etwa Zehnfaches)
der Brennweite des angewendeten unsymmetrischen Objektivs, so
An"
428 Elsner v. Gronow. Zur Mikropholographie opaker Gegenstände usw.
liegt es nahe, dieses umgekehrt zu benutzen, d. h. mit der Front-
linse der Mattscheibe zu. In diesem Fall verlassen fast parallele
Strahlenbündel die „Frontlinse“, die Abbildungsgüte muß also jetzt
wegen der Umkehrbarkeit der Strahlenwege genau so gut sein, als
wenn man ein Objekt in Entfernung der zehnfachen Brennweite
photographieren würde. Da die photographischen Objektive für
auf die Frontlinse fallendes paralleles Licht korrigiert zu werden
pflegen, so wird die Abbildungsgüte für fast paralleles Licht, wie
in dem angeführten Falle, auch noch sehr gut sein müssen, wenn
das Objektiv überhaupt für alle Zwecke der gewöhnlichen Photo-
graphie brauchbar sein soll.
Für die Mikrophotographie wäre m. E. die Verwendung von
Teleobjektiven besonders geeignet. Es ergeben sich hier vorteilhaft
kurze Schnittweiten, die wiederum bei beschränktem Kameraauszug
stärkere Vergrößerungen erlauben, während der Abstand Objekt —
vordere Linsenfläche bei Teleobjektiven bemerkenswert groß ist,
was das Arbeiten sehr erleichtern würde. Im Handel gibt es aber
für derartige Zwecke geeignete Telelinsen noch nicht, d. h. Tele-
insen, die für einen derartig geringen Objektabstand optimale
Korrektion besitzen.
Wenn die optische Industrie, dieser Anregung folgend, etwas
Geeignetes auf den Markt bringen würde, so würde sie dem Prak-
tiker damit einen großen Dienst erweisen.
Literatur.
ı) F. Kahler, Über die Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher
Vergrößerung, diese Zeitschr. 24. 361 ff. 1927.
2) W. Gebhardt, Über Mikrophotographie mit einfachen Hilfsmitteln, Intern.
Photograph. Monatsschrift f. Medizin, 4. 34—40, 49—54. 1897.
3) J. Butterworth, Photomicrographic Camera, designed chiefly to facilitate
the Study of opaque Objects usw.; Journal of the Royal Mikroscopical Society,
595. 1896.
4) A. Miethe, Die Tripel-Anastigmate der Firma Voigtländer & Sohn, Eders
Jahrbuch 205. 1898,
Eingegangen am 29. Juli 1927.
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Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen,
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Oktober 1927
KZ d
N re 'Originalarbeiten,
WERT“: u + ,
d AC KE v. NE RAON Über die Natur der Desensibilierung . 2 Aa e E
di Cat WO R H. Lambert und Ep Wightman, Thermodynamische- Möglichkeiten
WE i ED einer Hypothese über das Silbersulfid als Bromacceptor bei der Entstehung É
CG: i oi o des latenten Bildes, Mit einer Figur im Text. e 8
Ce KE Ke, Lüppo- Cramer, Verstärkung des latenten Bildes: . » . . . TE N
L ,Lüppo-Cramer, Photochemische Keimzerstörung. Mit 2 Figuren im Test. 25
"SL Langedijk, Die Lichtverteilung bei zwei absorbierenden Medien. (Herrn d
Ve Tech Zo a Bietoikoeg zur Abwehr). nur fa, Kr A KE
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BAND XXV
Mit 2 Tafeln und 1 Bildnis
a EE
Leipzig / Verlag von Johann Ambrosius Barth
Inhalt des XXV. Bandes
(Oktober 1927 bis August 1928)
Originalarbeiten
Baukloh, Kurt, Die optische San ID.) von mann Mit 3 Fi an
im Text und einer Tafel .
Baur, Emil, Berichtigung zu der Mitteilung von v. "Sihvonen Über "die
Natur der Desensibilierung“ . . . . g a EE Ar e a a
Beck H., und Eggert, J., Erwiderung
Beck, H. und Eggert, J., Schlußwort
Brauns, Helmuth, Neuere Messungen im Gebiete der L- Serie der Röntgen-
spektren. Mit 7 Figuren im Text.
Dziobek, W. Die Farbtemperatur des Magnesnumlichts, Mit 3 Figuren e Text
Eder, J. M., Chloramin zur Zerstörung der letzten Reste des Fixiernatrons in
photographischen Platten oder Papieren . . . 2 2 2 2 2 2 2 0.
Eder, J. M., Antwort auf die „Erwiderung‘“ e E er CR .
Fesefeldt, H., Messungen von Sauerstoff banden im violetten und E detien
Spektralgebiet .
v. Halban, H., und eeh, J. Über die Messung der Lichtabsorption.
Mit 2 Figuren im Text . . .
Hooft, G. O. 't Methode der Sensibilisierung von Chromgelatine für Orange und
Rot. Mit 4 Figuren im Text . . . Sr ebe
Jones, L. A., Photographische Spektralphotometrie im ultravioletten Gebiet.
Mit 7 Figuren im Text y EgO ét Ce
Kayser, Heinrich, zum 75. Geburtstage, Mit Bildnis .
Lambert, R. H., und Wightman, E. P., Thermodynamische Möglichkeiten
einer Hypothese über das Silbersulfid als Bromacceptor bei der a
des latenten Bildes. Mit einer Figur im Text.
Langedijk, S. L., Die Lichtverteilung bei zwei absorbierenden Medien, (Herma
J. Plotnikow zur Abwehr) . . . .. e e 2 e, CN SE
Lüppo-Cramer, Verstärkung des latenten Bildes e : :
Lüppo-Cramer, Photochemische Keimzerstörung. Mit 2 Figuren i im Text.
Lüppo-Cramer, Zur intermittierenden Belichtung .
Lüppo-Cramer, Farbstoff ea bei Schleierreaktionen. Mit 6 nn,
im Text. .
Lüppo-Cramer, E des Gates Bildes, "Mit 3 Fi iguren im Text
Lüppo-Cramer, Keimvergiftung durch Farbstoffe. Mit einer Figur im Text
Lüppo-Cramer, Zur Solarisation des Bromsilbers. Mit 4 Figuren im Text
Lüppo- -Cramer, Zur Pens durch Desensibilisatoren. Mit 5 Fi tes
im Text . ...%
Lüppo- Cramer, Der Herscheleffekt bei Kurzwelige Belichtung Mit 4 Fi-
guren im Text
Lüppo-Cramer, Der Sterryeffekt auf ‘Chlorsilber. Mit 2 Figuren ir im Text . ;
Lüppo-Cramer, Zur optischen Sensibilisierung des Jodsilbers i
Meyn, Werner, Über die u een an Quarzquecksiberdampf
lampen . . . . d a
Neuweiler, C., Über die "Vertretbarkeit von Zinkosyd und Farbstoffen bei
der optischen Sensibilierung. Mit 6 Figuren im Text . . » 2. 2 l.
Seite
Pritchard, H. A., Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen. Eine
sensitometrische Untersuchung. Mit ro Figuren im Text . . . . 79
Richter, C, Über das Bogenspektrum des Germaniums . . . . 380
Schaum, K., Eine Wirkung von Gasionen auf unterkühlte Flüssigkeiten . . 64
Schaum, K., und Scheidt, E A., Über die Beobachtung eines elektrooptischen
Effekts mit Hilfe des Zeiss-Löweschen Flüssigkeitsinterferometerss . . . 362
Schmidt, H. H. und Pretschner, F, Zur Photochemie der Halogensilber.
I. Mitteilung: Gravimetrische Bestimmung von überschüssigem Silber in
photographischen Schichten, insbesondere in Emulsionsnudeln,
(Einwände
gegen den analytischen Teil der Arbeit von Noddak, Eggert und
Leszynski über die Gültigkeit der Quantentheorie bei sensibilisierten und
nicht sensibilisierten Trockenplatten) Mit einer Figur im Text . . 293
Schmidt, H. H., und Pretschner, F., Zur Photochemie der Halogensilber.
IL Mitteilung: Der Abbau photographischer Schichten mit neutralem, saurem
und alkalischem beet und mit ammoniakalischem Schwefel-
ammonium . e , 354
Sheppard, S. E., SÉ Hudson, H, Additionsverbindungen des Allyl- tee
stoffes mit Silberhaloiden, "Mit einer Figur im Text und einer Figur auf
Tafel I . . .. e ee 2 GEES
Sihvonen, V., Über die Natur der Desensibilierung E E E Aë I
Steigmann, A., Keimvergiftung durch Farbstoffe. . . e a . 354
Trivelli, A. P. H., Versuch zu einer ie des ienien Bildes. Mit
2 Figuren im Text X wv w 65
Wildt, Rupert, Untersuchungen über je photographischen Diffusionslichthof.
Mit 5 Figuren im Text d Dr 8 153
Winther, Chr., DER der Absorption von Ultravioletigläsern. Mit : 2 Fi an
im Text. . . . Së Së E 5 e. og % 230
Wurm, K, Über eine von Ss von Welsbach angegebene Lichtquelle Mit
einer Figur im Text . . 2...
Kleine Mitteilungen .
Bücherbesprechungen .
Be . > 365
. . 64, 290
. . 64, 128, 291
Namen- und Sachregister
(Über Bücherbesprechungen sehe man den vorstehenden Abschnitt)
Abbau photographisch. Schichten, Schmidt
und Pretschner 354.
Absorption, v. Halban und Eisenbrand 138;
Langedijk 29; von Ultraviolettgläsern,
Winther 230.
Allyl-thioharnostoffl, Sheppard und Hudson
113.
Baukloh, Sensibilisierung von Jodsilber
2373.
Baur, Berichtigung zu Sihvonen „De-
sensibilierung‘‘ 263.
Beck und Eggert,
Schlußwort 404.
Brauns,Z-Serie der Röntgenspektren 325.
Erwiderung 262;
Chloramin zur Zerstörung von Fixier-
natron, Eder 401.
Chromgelatine, Sensibilisierung, Hooft 394.
Desensibilierung, Sihvonen ı; Baur 263;
Lüppo-Cramer 282.
Diffusionslichthof, Wildt 153.
Dziobek,Farbtemperatur des Magnesium-
lichts 287.
Eder, Antwort 402; Chloramin zur Zer-
störung von Fixiernatron 401.
Eggert und Beck, Erwiderung 262;
Schlußwort 404.
Eisenbrand und v, Halban, Messung
der Lichtabsorpt.on 138.
Elektrooptischer Effekt,
Scheidt 302.
Farbtemperatur des
Dziobek 287.
Farbstoffe bei Schleierreaktionen, Lüppo-
Cramer 121; bei der Sensibilierung,
Neuweiler 187.
Schaum und
Magnesiumlichts,
Fesefeldt, Sauerstoffbanden im violetten
und ultravioletten Spektralgebiet 33.
Fixiernatron, Zerstörung, Eder 401.
Germanium, Bogenspektrum, Richter 380.
v. Halban und Eisenbrand, Messung
der Lichtabsorption 138.
Halogensilber, Schmidt und Pretschner
293, 354.
Herscheleffekt, Lüppo-Cramer 308.
Hooft, Sensibilisierung von Chrom-
gelatine 394.
Hudson und Sheppard, Additions-
verbindungen des Allyl-thioharnstoffs
mit Silberhaloiden 113.
Interferometrische Beobachtung eines elek-
trooptischen Effektes, Schaum und
Scheidt 362.
Intermittierende Belichtung, Lüppo-Cra-
mer 61.
Jodsilber, Sensibilisierung, Baukloh 233.
Jones, Photometrische Spektralphoto-
metrie 265.
Kayser, H., Zum 75. Geburtstage 185.
Keimvergiftung, Lüppo-Cramer 133; Steig-
mann 354.
Keimzerstörung, Lüppo-Cramer 25.
Lambert und Wightman, Hypothese
über dasSilbersulfid als Bromacceptor 10.
Langedijk, Lichtverteilung bei zwei ab-
sorbierenden Medien 29.
Latentes Bild, Lambert und Wightman 10;
Lüppo-Cramer 23, 129, 282; Trivelli 65.
Lichtabsorption, Messung, v. Halban und
Eisenbrand 138.
Lichthof, Wildt 153.
Lichtquelle nach v. Welsbach, Wurm 365.
Lüppo-Cramer, Verstärkung des la-
tenten Bildes 23; Abschwächung des
latenten Bildes 129; Keimzerstörung 25;
Keimvergiftung 133; Bildzerstörung
durch Desensibilisatoren 282; inter-
mittierende Belichtung 61; Farbstoff-
wirkungen bei Schleierreaktionen 121;
Solarisation 224; Herscheleffekt 308;
Sterryeffekt 316; Sensibilisierung des
Jodsilbers 320.
Magnesiumlicht, Farbtemperatur, Dziobek
287.
Meyn, Alterungserscheinungen an Queck-
silberdampflampen 345.
Neuweiler, Vertretbarkeit von Zink-
oxyd und Farbstoffen bei der optischen
Sensibilierung 187.
Photochemie der Halogensilber, Schmidt
und Pretschner 293, 354.
Photographische Spektralphotometrie, Jo-
nes 265. `
Pretschner und Schmidt, Zur Photo-
chemie der Halogensilber 293, 354.
Pritchard, Schleierkorrektion photo-
graphischer Schwärzungen 79.
Quantentheorie, Gültigkeit bei Trocken-
platten, Schmidt und Pretschner 293.
Quecksilberdampflampen, Alterungser-
scheinungen, Meyn 345.
Richter, Bogenspektrum des Germa-
niums 380.
Röntgenspektren, Z-Serie, Brauns 325.
Sauerstoffspektrum, Fesefeldt 33.
Schaum, Wirkung von Gasionen 64;
— und Scheidt, Elektrooptischer
Effekt 362.
Schleierkorrektion photographisch. Schwär-
zungen, Pritchard 79.
Schleierreaktionen, Lüppo-Cramer 121.
Schmidt und Pretschner, Zur Photo-
chemie der Halogensilber 293, 354.
Sensibilisierung von Jodsilber, Baukloh 223;
Lüppo-Cramer 320; von Chromgelatine,
Hooft 394; durch Zinkoxyd und Farb-
stoffe, Neuweiler 187.
Sensitometrie, Lüppo-Cramer 61; Prit-
chard 79.
Sheppard und Hudson, Additions-
verbindungen des Allyl-thioharnstoffes
mit Silberhaloiden 113.
Sihvonen, Natur der Desensibilierung 1.
Silberbestimmung in Emulsionen, Schmidt
und Pretschner 293.
Silberhaloide, Schmidt und Pretschner
293, 354; Sheppard und Hudson 113.
Silbersulfid als Bromacceptor, Lambert
und Wightman 10.
Solarisation, Lüppo-Cramer 224.
Spektralphotometrie, Jones 265.
Spektren: Absorptionsspektren, v. Halban
und Eisenbrand 138; Bandenspektram
des Sauerstoffs, Fesefeldt 33; Bogen-
spektrum des Germaniums, Richter 380.
Sterryeffekt, Lüppo-Cramer 316.
Trivelli, Versuch zu einer Hypothese
des latenten Bildes 65.
Ultraviolettgläser, Winther 230.
Wightman und Lambert, Hypothese
über dasSilbersulfid als Bromacceptor 10.
Wildt, Über den photographischen Dif-
fusionslichthof 153.
Winther, Absorption von Ultraviolett-
gläsern 230.
Wurm, Eine von v. Welsbach angegebene
Lichtquelle 365. |
Zinkoxyd bei der Sensibilierung, Neu-
weiler 187.
Zeiticrift für wilienichaftlihe Photographie,
Photophylik und Photodiemie
XXV. Band 1927 Heft ı
Über die Natur der Desensibilierung
Von
V. Sihvonen
Unter Desensibilierung versteht man die Herabsetzung der
Lichtempfindlichkeit der Haloide des Silbers durch gewisse Farb-
stoffe, z. B. Phenosafranin. Das Bromsilberkorn der üblichen photo-
graphischen Platten wird in einem Bade dieses und verschiedener
anderer Farbstoffe so lichtunempfindlich, daß die Entwickelung bei
Lampen- oder mäßigem Tageslicht vorgenommen werden kann.
Als Ursache dieses von Lüppo-Cramer!) entdeckten und für
die photographische Praxis verwerteten Effektes wird von Lüppo-
Cramer?) „eine oxydierende Wirkung des Lichtes auf höchst-
disperses Silber in Gegenwart jener Farbstoffe“ angenommen.
J. Eggert?) hat neuerdings dem Gedanken Ausdruck gegeben, daß
die Desensibilierung „eine Wirkung der Koagulation“ der Silber-
keime im belichteten Korn sein möchte. G. Kögel und A. Steig-
mann‘) meinen, die Gelatine reagiere photochemisch mit dem
desensibilierenden Küpenfarbstoff und fange so dasjenige Licht ab,
welches sonst auf Bromsilber wirken würde. H. H. Schmidt?) lehnt
aus chemischen Gründen — mangelnder Parallelismus zwischen
Reduzierbarkeit und desensibilatorischer Wirkung — die Erklärung
der vorgenannten Autoren ab. Keine der geäußerten Vermutungen
scheint das Wesen der Sache zu treffen.
Durch die folgenden Versuche will ich zeigen, daß die Desen-
sibilierung ein besonderer Fall von Sensibilierung ist, der auf Grund
der Theorie. von Emil Baur) leicht verstanden werden kann.
Wichtig für die Beurteilung der Desensibilierung ist vor allem, daß
sie gilt für das blaue, also das vom Bromsilber absorbierte, Licht
I) Lüppo-Cramer, Negativentwicklung bei hellem Lichte. Safraninverfahren.
2. Aufl. Leipzig 1922, E. Liesegangs Verlag. Photogr. Bücherschatz Bd. 18.
2) A. a. O., Seite 132.
3) J. Eggert, Zusammenfassender Bericht über die Vorgänge bei der Belich-
tung der Silberhalogenide, Z. Echem. 32. 499. 1920.
4) Z. wiss, Phot. 24. 18. 1926.
5) Z. wiss Phot. 24. 223. 1926.
H Helv. chim. Acta 1. 186. 1918; Z. f. Echem. 25. 102. 1919; 27. 72. 1921;
29. 105. 1923; Z. physik. Chem. 111. 315. 1924; 120. 278. 1926.
Zeitschr, f. wiss. Phot. 25 I
2 Sihvonen
und nicht für die von den Farbstoffen absorbierten Lichtarten.')
Daraus geht hervor, daß ‚das Bromsilber der Lichtempfänger ist
und der Farbstoff derjenige Stoff, auf den gewirkt wird. Die
Desensibilierung tritt an die Seite der Wirkung des belichteten
Zinkoxyds auf Methylenblau, die durch die Reaktionsbilder wieder-
gegeben wird: |
Gap E + Methylenblau ——> Oxydation
© + Methylenblau —> Küpe
oder
& + Rohrzucker —> Oxydation
© + Methylenblau —> Küpe
Statt Rohrzucker kann auch irgendein anderer anodischer
Depolarisator dienen. Zinkoxyd ist der Sensibilator; er sensibiliert
die Photolyse des Farbstoffes. Der Farbstoff wird verküpt; unter
Umständen zum Teil auch oxydiert. Dieser Umsatz findet außer
mit Methylenblau mit zahlreichen anderen Farbstoffen statt, worüber
eine demnächst erscheinende Arbeit aus E. Baurs Laboratorim Auf-
schluß geben wird.
Demgemäß wird die Desensibilierung so aufgefaßt: Bromsilber
ist der Sensibilator der Photolyse des Farbstoffes, z. B.
Ag Br = + Gelatine —— Oxydation
© + Phenosafranin —- Küpe
Das Bromsilber wird dadurch, daß es seinen Lichtinhalt auf
seine Umgebung ablädt, geschont. Ohnedem müßte es auf sich
selbst wirken und zerfallen. Jene Schonung ist die Desensibilierung.
Um diese Auffassung zu beweisen, muß man zeigen, daß unter
sonst gleichen Umständen eine Bromsilberemulsion ohne Desensi-
bilator mehr Silber im Lichte ausscheidet, als eine Emulsion mit
Desensibilator, und daß für den Ausfall eine äquivalente Menge
Desensibilator zersetzt, gegebenenfalls verküpt wird. Da die Küpe
durch Luft im allgemeinen rückoxydiert wird, so ist der Versuch
bei Ausschluß der Luft anzustellen.
Eine gewisse Verwicklung könnte entstehen, worauf schon
Stenger und Stammreich?) aufmerksam machen, wenn sich über
die Desensibilierung noch eine Sensibilierung lagert, nach dem
Schema:
Farbstoff l
ZnO |
@® + anodischer Depolarisator —— Oxydation
O + Ag — Ag
1) Vgl. Stammreich u. Thüring, Z. wiss. Phot. 28. 363 1925; Stenger
u. Stammreich, ebenda 28. 11. 1924.
2) A. a. O.
Die Natur der Desensibilierung 3
Diesen Effekt kann man klein halten, wie meine Messungen
zeigen werden.
Folgendes war die Versuchsanordnung: Zylindrische Glasgefäße
von etwa 200 ccm Inhalt mit eingeschliffenem Hahnstopfen nahmen
die zu belichtende Emulsion nebst Zusätzen auf und wurden auf
einer Aluminiumblechscheibe befestigt, die in 60 cm Abstand von
einer 3000-Kerzenlampe aufgestellt und während der Belichtung in
Drehung versetzt wurde, Zuvor werden die Emulsionen an der
Wasserstrahlpumpe entlüftet, wobei die Gefäße in warmes Wasser
eingestellt sind. Der Stopfen wird über dem Schliff mit Wachs-
kolophon umgossen, um zu verhindern, daß der Schliff bei den
Umdrehungen undicht wird.
Die Emulsion wird bei Raumtemperatur im roten Licht der
Dunkelkammer bereitet darch Eintropfen von Silbernitratlösung in
eine genau äquivalente Lösung von Kaliumbromid bei starker
Rührung. Diese wird zuvor mit dem anodischen Depolarisator,
der zugleich emulsifizierendes Bindemittel ist, versetzt. Als Binde-
mittel wurden gebraucht: Gelatine, Gummi arabicum, Rohrzucker und
Traubenzucker. Zu je 149 ccm der so bereiteten Emulsion kommt
dann noch I ccm einer 0,1°/ igen Lösung eines der Farbstoffe, die
auf ihre (sensibilierende oder desensibilierende) Wirkung geprüft
werden sollen. Zur Verwendung kamen: Methylenblau, Pinakryptol-
grün, Phenosafranin, Auramin G.
Nach der Art der Darstellung war das erzeugte Sol wahr-
scheinlich ein negatives'), da das Bromion in der fertigen Emulsion
wohl spurenweise im Überschuß sein mußte.
Bei einigen Versuchen bediente ich mich doppelwandiger
Flaschen. In den Zwischenraum, 3 mm dick, konnte eine Farbstoff-
lösung (0,005 °/,ig), die als Strahlenfilter diente, eingefüllt werden.
Durch Leerversuche wurde vorgängig geprüft: ı. daß Binde-
mittel mit Farbstoff allein bei Belichtung während der in Betracht
kommenden Zeiten nach kolorimetrischer Prüfung so gut wie keine
Veränderung erleiden; 2. daß Bromsilberemulsion allein — ohne
Bindemittel und ohne Farbstoff — in 15 Stunden Belichtung noch
keine sichtbare Schwärzung erkennen läßt.
Das binäre System: Bromsilber mit Farbstoff erleidet je nach
Fall Schwärzung und Aufhellung der Farbstoffe oder auch nicht,
was im einzelnen zu schildern sein wird.
Im ternären System — dem Hauptversuch —: Bromsilber,
1) Vgl. A. Lottermoser, Zeitschr. physik. Chem. 70. 239. 1910.
(bh
4 Sihvonen
ne tn ee S R mn Sa m ne pe = de ee? eg
Bindemittel, Farbstoff sieht man stets Schwärzung und Verbrauch
des Farbstoffes. Mit Gummi arabicum bleibt die Emulsion gut er-
halten, mit dem Zuckern, und schwerer mit Gelatine, tritt eine teil-
weise Ausflockung ein, welcher Umstand auch das kolloidale Silber
betrifft und für die Durchführung der kolorimetrischen Prüfung
einen gewissen Unterschied macht. |
Jeweils gleichzeitig und unter sonst gleichen Umständen wird
neben dem ternären System das binäre: Bromsilber, Bindemittel
belichtet und der Umsatz in beiden Fällen gemessen.
Die Analyse vollzieht sich folgendermaßen: Nach der Belichtung
wird das überschüssige Bromsilber durch Zusatz einer bestimmten,
verhältnismäßig großen Menge von festem Natriumthiosulfat auf-
gelöst, hierbei bleibt das Silber, wenigstens zum Teil, kolloid gelöst
zurück. Hierauf wird kolorimetriert. Diese Messung ist allerdings
mit Verlässigkeit nur dann ausführbar, wenn die vom kolloiden
Silber herrührende Trübung im binären und im ternären System
annähernd gleich sind. Nach dem kolorimetrischen Vergleich der
beiden Systeme setzt man dem binären System eine passende be-
kannte Farbstoffmenge zu und vergleicht diese Lösung im Kolori-
meter mit der ternären, woraus man die in dieser verschwundene
Farbstoffmenge berechnet. ?)
Hierauf wird das kolloide Silber durch Ultrafiltration abgetrennt.
Geeignete Ultrafiltra machte ich mir, indem ich in einen weiten
Saugtrichter ein gewöhnliches feuchtes Papierfilter einlegte, dasselbe
zweimal mit 3°/,igem Kollodium übergoß, ablaufen ließ, sogleich
mit Wasser wusch und unmittelbar darauf die Lösung mit dem
kolloiden Silber absaugte. Nach gründlichem Auswaschen mit
Wasser wird das Filter samt Niederschlag getrocknet, hierauf vor-
sichtig im Porzellantiegel verascht, das Silber mit Salpetersäure
aufgenommen und mit n/20-Rhodanammoniumlösung aus einer
Mikrobürette titriert. Die Fehlergrenze der Titration betrug
0,5 Mikroäquivalente. Ich verstehe darunter op, (OT Grammäqui-
valente. In dieser Einheit werde ich sämtliche Werte ausdrücken.
Ich will nun zunächst die Versuche im binären System —
Bromsilber, Farbstoff —, hierauf die im ternären System — Brom-
silber, Farbstoff, Bindemittel — schildern.
I) Anmerkung: Eine Kontrolle erhält man, wenn man nur den einen Teil
des binären Systems mit dem Farbstoff versetzt und diese Lösung bei einer dritten
Bestimmung mit dem ursprünglichen binären System vergleicht. Wenn die Färbung
der ursprünglichen Farbstoffmenge mit ı, die des Restes mit x und die der Silber-
trübung mit y bezeichnet wird, hat man drei verschieden kombinierte Bestimmungs-
stücke zwischen den Werten (x + y):y:(y +1).
Die Natur der Desensibilierung 5
I. Binäres System
Hier können sich die sensibilierende und desensibilierende
Wirkung durchkreuzen.
Es wurde folgendes festgestellt:
a) Methylenblau mit Bromsilber — (e AgBr auf 150 ccm
Emulsion — gibt nach 15 Stunden keinen erkennbaren Umsatz.
Keine sichtbare Schwärzung und keine Ausbleichung. Eine Sensi-
bilierung im Sinne von
CO + Methylenblau —— Oxydation
Methylenblau { SEE
findet also sicher nicht statt, und eine Desensibilierung im Sinne von
As Br [e + Methylenblau —-> Oxydation
S © + Methylenblau —> Küpe
auch nicht in erkennbarem Maße. Das letztere wohl deswegen
nicht, weil die Küpe sofort anodisch depolarisiert und somit einen
geschlossenen Reaktionszirkel schafft.
b) Auramin mit Bromsilber (1 gr Ag Br auf 150 ccm).
Der Farbstoff wird in 15 Stunden zu 90°/, entfärbt. Gleich-
zeitig tritt ein schwarzer Niederschlag auf, der aus Silber besteht.
Hier haben wir Sensibilierung nach dem Schema
® + Auramin —> Oxydation
O + Ag —> Ag
Eine Reihe weiterer Beispiele dieses Typus und deren genauere
Untersuchung enthält eine jüngst in dieser Zeitschrift erschienene
Arbeit von K. Burgherr aus E. Baurs Laboratorium. Auramin
it ein aus der photographischen Technik bekannter Sensibilator.
c) Pinakryptolgrün, bzw. Phenosafranin, mit Bromsilber (1 g
AgBr auf 150 ccm). Nach 7 Stunden wird Entfärbung sichtbar,
die nach 15 Stunden etwa auf 30 °/, vorgeschritten ist. Hier haben
wir Densibilierung nach dem Scherma:
AgBr d & + Phenosafranin —— Oxydation
© + Phenosafranin —> Küpe
Allein es gibt noch eine Nebenreaktion. Es bilden sich nämlich
geringe Mengen eines schwarzen Niederschlages, der ganz oder
größtenteils aus Silberoxyd zu bestehen scheint. Wenn man nämlich
die mit Thiosulfat versetzten Lösungen durch gewöhnliche Papier-
filter filtriert und auswäscht, so löst sich der Rückstand (nicht ganz
vollständig) in Ammoniak. Aus dieser Lösung fällt mit Salzsäure
Chlorsilber. Nach Analogie zu den Befunden von E. Baur und
Auramin l
6 Sihvonen
A. Perret?) ist wohl zu vermuten, daß sich anodisch zunächst Silber-
peroxyd bildet, aus dem durch sekundäre Zersetzung Silberoxyd
entsteht. Um deutlich zu machen, wie es gemeint ist, schreibe ich
schematisch:
Ag sl
Diese halbquantitativen Erhebungen sollen den nun folgenden Haupt-
versuchen nur zur Ergänzung und Gegenüberstellung dienen.
® + OH’ —— Peroxyd (des Silbers)
© + Phenosafranin —— Küpe
2. Ternäres System
Hier war in Parallelversuchen die Bromsilberreduktion mit und
ohne Farbstoff zu messen und, wo angängig, die Farbstpfireduktion.
Letztere sollte ein Äquivalent des Reduktionsausfalles am Bromsilber
sein. Wie weit dies nachzuweisen gelungen ist, mag aus den
folgenden Versuchen hervorgehen:
a) Methylenblau: I. 150 ccm Lösung, enthaltend 0,5 g Ag Br,
Z reinster Rohrzucker; II. 150 ccm Lösung, dasselbe enthaltend,
plus ı ccm o,1°/, Methylenblau, C,H ,N,SCl = 3,1 Mikromole.
L und II. werden gleichzeitig auf der Drehscheibe exponiert. Nach
3 Stunden enthält I. 18,2 und II. 12,0 Mikroatome Silber. Der Aus-
fall beträgt 6,2 Mikroatome. Dafür muß eine äquivalente Menge
Methylenblau reduziert sein. Nach 3 Stunden ist das Methylenblau
in II. annähernd völlig entfärbt. Vorhanden waren 3,1 Mikromole,
welche zur Reduktion zur Leukoverbindung (der Küpe) gerade
6,2 Mikroäquivalente Wasserstoff verbrauchen. Die Bilanz zwischen
I. und Il. stimmt also genau. Daß sich tatsächlich der Leukokörper
gebildet hat, war daran ersichtlich, daß in Berührung mit Luft die
blaue Farbe allmählich zurückkehrt.
Belichtet man I. und II. weiter, so zeigt sich, daß I. nicht mehr
viel zunimmt, und daß II. sich dem Zustand von I. annähert.
Nach 7 Stunden wurde gefunden:
I. 18,7 Mikroatome Ag; II. 18,2 Mikroatome Ag. D.h. II. holt
nach Ausbleichen des Desensibilators I. ein, indem sich ein stationärer
Zustand ausbildet. Dieser stationäre Zustand ist derselbe, der auch
in der Arbeit von Burgherr immer gefunden wurde, worauf ver-
wiesen sei, und der dort als Depolarisation durch das Photolysen-
produkt — eine ganz allgemeine Erscheinung der Photochemie —
beschrieben wurde. Die Formel dafür ist:
®@+Ag — Ag
AgBr| + Ag — Ag
1) Helv. chim, Acta 7. 910. 1924; A. Perret, Dissertation, Zürich 1925.
Die Natur der Desensibilierung 7
b) Pinkryptolgrün. I. 150 ccm Lösung, enthaltend ı g Ag Br,
1 °/, Gummi arabicum, IL 150 ccm, dasselbe enthaltend, plus ı ccm
0,1. °/, Pinakryptolgrün. In Vorversuchen mit Rohr- und Trauben-
zucker zeigte sich, daß nach 3 Stunden der Farbstoff zu etwa 80 °/,
verblichen war. Im Versuch mit Gummi arabicum kann man die
Kolorimetrie nicht gut ausführen wegen der tieferen Schwärze des
kolloid gelöst bleibenden Silbers. Es ergab sich
I II
nach ı Stunde . . 15,4 10,1 Mikroatome Ag
nach 3 Stunden . . 38,4 25,4 Mikroatome Ag.
Der Unterschied ist das Maß der Desensibilierung durch Pina-
kryptolgrün.
c) Phenosafranin. — Während die blauen und grünen Lösungen
unter a) und b) das auf Bromsilber wirkende Licht nahe ungeschwächt
durchlassen, so daß eine Ummantelung von I mit den entsprechenden
Farbstofflösungen praktisch nichts ausmacht, liegen die Verhältnisse
für die rote Lösung des Phenosafranins anders. Es muß deren Schirm-
wirkung besonders festgestellt werden. Hierzu dienen die eingangs
erwähnten Mantelgefäße. Es wird mit folgenden Lösungen gearbeitet:
“L 150 ccm, enthaltend 0,5 g AgBr, Z Rohrzucker, II. 150 ccm,
dasselbe enthaltend, plus 1 ccm ot 9. Phenosafranin, CH, NC,
= 3,1 Mikromole.
Nach 3 Stunden wurde erhalten:
Ohne Mantel | Mit Martel
Er re 26,0 Mikroatome Ag 18,7 Mikroatome Ag
I ee 11,0 a4 e 12,0 R e
Das Rotfilter des Mantels (3 mm Sichtdicke) enthielt eine 0,005 /,ige
Lösung von Phenosafranin.
Die Reduktion in II ist merklich gleich mit und ohne Mantel,
d. h. die Schirmwirkung der nicht ummantelten, mit Farbstoff ver-
setzten Lösung wird durch den Mantel nicht merkbar vermehrt.
Die Größe der reinen Desensibilierung beträgt 18,7 — 12 = 6,7 Mikro-
atome. Mit diesem Wert ist die verbrauchte Farbstoffmenge in
Beziehung zu setzen. Das Phenosafranin wurde nun zu etwa 95 °/,
verbraucht. Vorhanden waren 3,1 Mikromole. Also sind auf ı Mol
Farbstoff 2,3 Äquivalente Wasserstoff aufgenommen worden, nur
wenig mehr, als der Überführung in den Leukokörper entspricht.
Ohne Mantel ist der Unterschied zwischen I und Il etwa doppelt
so groß. Der einfacheren Handhabung halber sind weitere Versuche
5 Sihvonen
ohne Mantel ausgeführt worden. Ich habe Grund anzunehmen,
daß die eben festgestellte Verdoppelung des reinen Desensibilierungs-
effektes auch für diese weiteren Versuche in Geltung geblieben ist,
so daß die Vergleichbarkeit der Messungen untereinander erhalten
bleibt.
Mit den gleichen Lösungen, wie oben, wurde zunächst der
zeitliche Gang der Desensibilierung untersucht. Die folgende Tabelle
enthält die Bestimmungen:
f f Mikromole
Stunden Mikroatome Ag Diff. von I und II Farbstoff cl
x verbraucht
r| =
! ESA z
I 13,4 6,2 7.2 1,7 4,3
: e 14,0 2,9 48
7 25,4 15,4 10,0 3,0 Pe
20 24,4 16,8 8,6 3,0 —
Das Umsatzverhältnis x /y gibt an, wieviel Wasserstoffäquivalente,
brutto gerechnet, auf ı Mol ausgebleichten Farbstoffs kommen. Nach
dem vorigen wäre diese Zahl, netto gerechnet, halb so groß.
Außerdem sieht man, daß schon nach 3 Stunden die Desensibilierung
infolge nahe völligen Verbrauches des Desensibilators (vorhanden
3,1 Mikromole) ihr Ende findet. Zu derselben Zeit ist in I schon
der stationäre Zustand erreicht. In II wird dieser schwer nachgeholt,
offenbar weil die Leukoverbindung an dem stationären Zustand
noch mitbeteiligt ist.
Bei einer weiteren Serie von Bestimmungen habe ich den
Rohrzucker ersetzt durch Gelatine. Die Lösungen enthielten auf
150 ccm I. ı g Ag Br, 0,1 °/, Gelatine; II. dasselbe, plus 3,1 Mikro-
mole Phenosafranin. Es zeigte sich folgender Gang der Umsetzung:
Mikromole
Farbstoff
verbraucht
Mikroatome Ag Diff. von Iund U
|
Stunden
I5
Das Bild ist ganz ähnlich, wie mit Rohrzucker. Am Ende, bei nahe
völligem Verbrauch des Desensibilators, wird in I und II etwa
derselbe stationäre Zustand erreicht. Das Umsatzverhältnis z/y ist,
brutto gerechnet, wieder 4; netto gerechnet — siehe oben — käme
wahrscheinlich 2 heraus, entsprechend der Reduktion des Pheno-
safranins zum Leukokörper.
e Fe eg
Die Natur der Desensibilierung 9
Als merkwürdige, nebenbei gemachte Beobachtung möge noch
angeführt werden, daß eine Belichtung im System Bromsilber,
Rohrzucker, Phenosafranin auch ohne Ausschluß der Luft ebenso
verlief wie mit Ausschluß derselben. (Nach ı Stunde: 14,4 bzw.
5,8 Mikroatome Ag und 54 °/, Ausbleichung.) Es muß irgendeine
Hemmung der Rückoxydation der Küpe obgewaltet haben.
d Auramin. — Des Gegensatzes halber sei den beschriebenen
Desensibilierungen ein diesen genau vergleichbarer Sensibilierungs-
versuch an die Seite gestellt. Die Lösungen enthalten: I. 150 ccm
mit 0,5 g AgBr und = Rohrzucker; II, dasselbe, plus I ccm
01°, Auramin = 3,3 Mikromole laut der Formel C ,H,N,Cl.
Nach !/, Stunde Belichtung wurde gefunden: L 12,9; II. 23,0 Mikro-
atome Ag. Ausbleichung des Auramins 90°/,. Dieses wird hier
nicht reduziert, sondern oxydiert (anodisch verbraucht), Merkwürdig
ist, daß das Auramin durch den anderen, im Überschuß gegen-
wärtigen, anodischen Depolarisator — den Rohrzucker — nicht
besser geschützt wird. Nach Burgherrs Erfahrungen (an Systemen
mit Silbernitrat) pflegt Rohrzucker den Sensibilator gewöhnlich wirk-
samer zu schützen. Was die Sensibilierung selber betrifft, so ist
sie mit einer beiläufigen Verdoppelung des Effektes durchaus deut-
lich. Wohlbemerkt, liegt der Ausschlag nach der entgegengesetzten
Richtung als bei der Desensibilierung.
Zusammenfassung
Es werden Emulsionen von Bromsilber mit anodischen De-
polarisatoren (organischen Reduktionsmitteln) bei Anwesenheit und
Abwesenheit von Farbstoffen belichtet, die in der photographischen
Praxis als Desensibilatoren gebraucht werden, und es wird gezeigt,
durch welchen Prozeß die Desensibilierung zustande kommt.
Diese Arbeit ist im Physikalisch-chemischen Laboratorium der
Eidgen. Techn. Hochschule in Zürich auf Anregung von Herrn
Prof. E. Baur ausgeführt worden, und ich will für sein stets freund-
schaftliches Entgegenkommen, sowie für seine fördernde Anteil-
nahme meinen tiefgefühlten Dank aussprechen.
Zürich, Juli 1927.
(Eingegangen am 2, August 1927)
IO Lambert und Wightman
Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese über das
Silbersulfid als Bromacceptor bei der Entstehung des latenten Bildes
Von
R. H. Lambert und E. P. Wightman!)
Mit einer Figur im Text
(Mitteilung Nr. 312 des Forschungslaboratoriums der Eastman-Kodak Co. Veröffentlicht
durch die technische Abteilung der Kodak G. m. b. H. Berlin)
Einleitung
Als empfindlichkeitssteigernde Substanz in der Gelatine hoch-
gereifter Emulsionen wurden von Sheppard organische schwefel-
haltige Verbindungen ausfindig gemacht, welche unter gewissen
Bedingungen mit Silberhalogeniden unter Bildung von Silbersulfid
reagieren (1,2). Solches Silbersulfid ist offenbar lokalisiert in kleinen
Sprenkeln (Keimen) auf oder innerhalb der Oberfläche der Haloid-
körner (3, 4).
Die empfindlichkeitssteigernde Wirkung dieser Zentren ist der
Gegenstand interessanter Spekulation geworden. Interessenten seien
auf die Arbeiten von Sheppard und seinen Mitarbeitern über die
Hypothese der Orientierung und der Kristallgitterstörung (I, 3, 5)
hingewiesen und auf die früheren Arbeiten anderer, ehe die Natur
der Keime bekannt war.?)
Neuerdings wurde ein neuer Gedanke hinsichtlich der Rolle
der Keime bei der Sensibilisierung von Hickman(6) vorgebracht.
Er nahm an, daß Silbersulfid als Halogenacceptor wirkt und da-
durch auch zum Vermittler für die Abscheidung einer größeren
Menge metallischen Silbers wird, als normalerweise durch die ein-
fache Lichtwirkung auf Silberhaloid gebildet werden würde. Mit
anderen Worten: er schlägt eine chemische Theorie vor, welche
die Orientierungs- und Störungstheorie entweder ergänzen oder so-
gar ersetzen dürfte.
Der Mechanismus nach der Hickmanschen Hypothese ist im
wesentlichen der folgende: Wenn Licht auf Silberbromid einwirkt,
so greift wahrscheinlich das in Freiheit gesetzte Brom zunächst im
atomaren Zustand den Silbersulidkeim oder einen anderen Halogen-
1) Die Arbeit wurde vorgelegt bei der Sitzung der American Chemical Society
in Richmond im April 1927.
2) Bezieht sich auf die oben erwähnten Arbeiten von Sheppard und Mit-
arbeitern.
Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese über das Sılbersulfid usw. 11
acceptor an, bevor es in der Lage war, in den molekularen Zu-
stand überzugehen, da es in dem Zwischenraum zwischen dem
festen Silberhaloid und dem empfindlichen Keim in Freiheit gesetzt
worden ist. Zwei alternative Reihen von Reaktionen wurden als
mögliches Resultat dieses Angriffs in Vorschlag gebracht:
Reihe ı Reihe 2
2AgBr 2AgBr
+ 2E A +2zE
2Ag + 2Br 2Ag + 2Br
+ 2Ag,S A +4AgS
4Ag + S,Br, 2AgBr+S
+ 8H,0 + 4H,0
10H + 2H,SO, + 2HBr 6H + HSO,
y+ 10AgBr d +6AgBr
10 Ag + ıoHBr 6 Ag + 6HBr
Sa = 16 Ag metall. Sa = 8 Ag metall.
Reihe ı sieht er als die wahrscheinlichere an, da es unwahr-
scheinlich ist, daß unter der Einwirkung des Lichtes Silberbromid
zurückgebildet wird, selbst vermittelst der Sulfideinwirkung.
Im Gegensatz zu dem Gedanken einer Schwefelbildung führt
Renwick (7) in einer Kritik der Hickmanschen Arbeit aus, daß
Schwefel tatsächlich als Desensibilisator wirkt. Wir werden nicht
den Versuch machen, uns mit dieser Kritik zu befassen, sondern
wollen hier etwas mehr als nur die Wahrscheinlichkeit der oben
genannten Reihen von Reaktionen erwähnen.
Hickman behauptet nicht, daß diese partikulären Ketten-
reaktionen die einzig möglichen sind; er betrachtet die vorstehenden
Formulierungen lediglich als symbolisch. Jedoch führt er experi-
mentelle Beweise an, welche zeigen, daß das Sulfid als Acceptor
wirken kann, und daß überdies eine größere Menge von Silber ge-
bildet wird, als man aus der photochemischen Zersetzung des Silber-
haloides an sich erwarten sollte.
Er findet, daß ein photographischer Film oder ein Papier,
welche er mit einem löslichen Sulfid behandelt und dann so lange
dem Licht aussetzt, bis sich ein starker Bildeindruck bildet, eine
größere Menge sichtbaren Photoproduktes ergeben als solche ohne
Behandlung. Er zeigt ferner, daß dies nicht durch die Zersetzung
des Sulfids durch Licht verursacht ist, sondern daß der in Sulfid
verwandelte Anteil durch das Licht ausgebleicht wird. Dies ist,
so schließt er, hervorgerufen durch die Wirkung des durch die
photochemische Zersetzung des umgebenden Silberbromids in Frei-
heit gesetzten Broms.
Da eine Abnahme der freien Energie die Möglichkeit einer
fortschreitenden Reaktion anzeigt, und da, in einigen Fällen wenigstens,
12 Lambert und Wightman
die Größe der Abnahme ein Maß für die Richtung der sich ab-
spielenden Reaktion ist, haben wir die Änderung der freien Energie
der oben genannten Reaktionen und auch einiger anderer an-
genommener Vorgänge berechnet, um ausfindig zu machen, welche
überhaupt möglich sind oder nicht, und wenn sie möglich sind,
welche am wahrscheinlichsten vorkommen werden.
Freie Energiedaten
Die freien Bildungsenergien der in Betracht kommen-
den Substanzen. Die meisten Daten über die Bildungsenergien,
welche wir benutzt haben, sind entnommen aus der Thermodynamik
von Lewis und Randall(8). Diese sowohl als auch einige andere
zur Diskussion herangezogene sind in der Tabelle ı zusammen-
gestellt.
Tabelle ı
Freie Bildungsenergien
Substanz A Fapa in cal | Substanz | AF in cal
Hy (Eyer waa aia o!) Sgrhomb. (f)... oi
HB) u 2 e a 37730!) Su). ...... 93!)
FON). — 56560!) Sl) ae 30240!)
HBr AG): 24% e — 24595) (Sail. 18280!)
HBrO (Aq)... — 19680!) S Br (M oare — 3040?)
HJ Ee — 12361!) SJ ee 4316?)
Br, LEE o!) H,S Léo, e — 6490!)
Br, (ED): 4er 0 755) H,SO, (Ag). .... — 126330!)
Br(g)....:s00% 18250!) H,SO, (Ag)... .. — 176500!)
Br; (Ag) 2.34% #4 9771) AgBr (fl. ...... — 23730°)
I I) 23:53 aa o AgJ (f) 2:0 — 15767°)
Tee a a 15470!) AgS Mora — 6355$)
Jead) eu... 3926!) N. len ge 76900°)
Freie Energie der Bildung von S,Br, und SL, Sehr
kleine Werte findet man zur Berechnung der freien Energie für
Schwefelbromid und -jodid. Spring und Lacranier(o) stellten
fest, daß im Gleichgewichtszustand und bei Zimmertemperatur in
einem Gemisch der Verbindungen mit ihren Komponenten Schwefel-
bromid zu 27°/, und Schwefeljodid zu g0°/, dissoziiert sind.
In der Reaktion
Sa + !/,aBr, = !/,aS,Br, (1)
1) Lewis und Randall, siehe (8).
*) Berechnet nach den Werten der Dissoziation von Spring und Lacranier,
siehe (9). :
3) T.J. Webb, siehe (11).
t) Berechnet nach den von Noyes und Freed gegebenen Daten, siehe (13).
D Berechnet nach der photochemischen Äquivalenzbeziehung, d.h. ein Mol-
quantum der Lichtenergie,
Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese über das Sılbersulfid usw. 13
sind alle Substanzen flüssig. Lewis und Randall!) nehmen an,
daß flüssiger Schwefel bei 25° gewöhnlich eine Gleichgewichts-
mischung von S, und S, darstellt, welche sie als S, „ bezeichnen.
Da nach ihrer Angabe nur 0,8%, S,, d.h. Sẹ, in der Mischung
enthalten ist, können wir diesen vernachlässigen und a=8 an-
nehmen. So erhalten wir für die Bildungskonstante der Reaktion (I)
den Wert 198.
Da AF=—- RTink (2)
ist, wo E die Bildungskonstante bedeutet und R und 7 ihre übliche
Bedeutung haben, so kann der Wert von AF leicht berechnet
werden. Für S,Br, zu AF,,= — 3133 cal und für S,J, zu AF,,=
5143 cal, wobei die Elemente im flüssigen Zustand angenommen sind.
Die freie Energie des Überganges von Du. P in S(rhombisch) 1St
von Lewis und Randall zu AF,,, = 93 cal angegeben. Hieraus
ergibt sich die freie Energie von S,Br, aus flüssigem Brom und
festem Schwefel bei 25°C zu — 3040 cal.
Da die freie Energie des Überganges von flüssigem zu festem
Jod nach Angabe derselben Autoren — 920 cal beträgt, so beläuft
sich die freie Energie der Bildung von S,J, aus den festen Ele-
menten auf 4316 cal.
Ogier(1o) erhielt — 2000 cal und o cal bzw. für die Bildungs-
wärme von Schwefelbromid und -jodid; man kann infolgedessen
annehmen, daß die freie Energie der Bildung des Bromids, wie
oben berechnet, keinen größeren Fehler enthält. Der Wert für das
Jodid erscheint jedoch ziemlich hoch. Aber in Ermangelung irgend-
welcher zuverlässiger Angaben wollen wir ihn übernehmen.
Tatsächlich würde ein Fehler bei dem Wert für das Bromid
von 50, ja sogar von 100°/,, wie wir unten sehen werden, die end-
gültigen Resultate und Schlüsse, zu welchen wir gekommen sind,
nicht ernstlich ändern.
Freie Energie der Bildung von AgBr und AgJ. Die
Werte der freien Energie für Silberbromid und -jodid sind von
T.J. Webb(11) angegeben. Der Wert für das erstere wurde von
ihm aus den Angaben von Lewis und Storch(12) und Lewis
und Randall(8) berechnet. Derjenige des letzteren ist ein sehr
zuverlässiger, zu welchem er durch Mittelnehmen aus fünf unab-
hängigen, sehr nahe übereinstimmenden Werten gelangte. Beide
Werte sind in der Tabelle ı angegeben.
FreieEnergie der Bildung von Ag,S. Noyes und Freed(13)
2) a.a. O., S. 525.
14 Lambert und Wightman
bestimmten die elektromotorische Kraft der Ketten Wasserstoff-Silber-
sulfid und Wasserstoff-Silberjodid. Hieraus kann die freie Energie
der Bildung von Silbersulid berechnet werden. Dies ergibt den
Wert von — 6355 cal.
Die Werte der Löslichkeit und der spezifischen Wärme, welche
zugänglich sind, können ebenfalls zur Berechnung der freien Ener-
gien verwendet werden, aber der so erhaltene Wert ist viel weniger
zuverlässig als der oben angegebene.
Freie Energie eines Molquantums Licht. Endlich wollen
wir die Energie des Lichts betrachten, welche die photochemische
Zersetzung des Silberhaloids bewirkt.
Die Energie für ein Lichtquantum wird durch die Gleichung
gegeben: Kö
Se, (3)
in welcher A die Plancksche Konstante ist, nämlich 6,547 x 10” ??erg
sec; c ist die Lichtgeschwindigkeit mit 2,999 x (of cm/sec; und A
ist die Wellenlänge des Lichts. Wählt man A = 370 un, eine Wellen-
länge, bei welcher sowohl Silberbromid als auch -jodid unter ge-
wöhnlichen Bedingungen höchst empfindlich sind, so wird ¿=
5,307 x 107}? erg oder 1,268 x Io" 1° cal.
Wenn wir, wie Hickman dies getan hat, annehmen, daß eine
Molekel Silberhaloid (d. i. !/, einer Kristallmolekel nach Bragg) für
den Zerfall ein Lichtquantum braucht, so ist AN die Energie, welche
nötig ist, um ein Gramm-Mol zu zersetzen, und da N, die Avo-
gadrosche Zahl, 6,062 x 10? beträgt, wird AN = 76903 càl, oder
in runden Zahlen 76900 cal.
Änderung der freien Energie bei den verschiedenen Reaktionen
Die photochemische Zersetzung des Silberhaloids. Bei
der Bestimmung der Änderung der freien Energie während der
photochemischen Zersetzung des Silberbromids oder -jodids wurden
zwei wesentliche Annahmen gemacht. Erstens, daß mindestens ein
Paar von AgBr in dem Silberbromidgitter — und dasselbe gilt für
das Jodid — für jedes absorbierte Lichtquantum zersetzt wird, wie
dies von Eggert und Noddak(14) angenommen wurde, und
zweitens, daß die photochemische Energie die freie Energie der
Zersetzung, für den Fall der Anwesenheit einer lichtempfindlichen
Substanz wie Bromsilber, ersetzen kann.
Lassen wir diese Annahmen gelten, so erhalten wir dann
AgBr(f) + N,s = Ag(f) + Br (g); AF =— 34920 cal (4)
2AgBr (f) + 2 N.31 = 2Ag(f) + Br, (f); AF,, = — 106330 cal (5)
Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese über das Silbersulfid usw. 15
je nachdem, ob wir die Bildung gasförmiger Atome oder flüssiger
Moleküle von Brom annehmen.
Die entsprechenden Reaktionen für Silberjodid sind
AgJ) + Now Agf) +J (g); Fs =— 45663 cal (6)
2AgJ (f) + 2N,s10 = 2Ag (f) + Ja (f); AFzs =— 122266 cal (7)
Hieraus geht hervor, daß Silberjodid empfindlicher gegenüber
dem Licht sein sollte als Silbetbromid. Dies trifft bekanntlich zu,
aber die relative Entwickelbarkeit in gewöhnlichen Entwicklern ver-
läuft in entgegengesetzter Richtung.
Wenn angenommen wird, daß Brom oder Jod nach ihrer Ab-
spaltung unmittelbar in dem Wasser der Emulsion in Lösung gehen
(das gewöhnlich in einer Menge von 5—ı0°/, des Gewichtes der
trockenen Emulsion zugegen ist), bevor sie von einem Acceptor
aufgenommen werden können, so nimmt die freie Energie der Reak-
tion, gemäß der Gleichung (1, um — 52682 cal ab. Diese An-
nahme erscheint jedoch ziemlich unwahrscheinlich, wenn ein Halogen-
acceptor wie Silbersulfid in unmittelbarer Berührung mit dem Silber-
haloidgitter zugegen ist.
Die Ag,S-Bromacceptorreaktionen. Wir sind nun vor-
bereitet zur Prüfung der Hickmanschen und anderer Reihen von
Reaktionen oder Postulaten.
Postulat 1, über S,Br,
2AgBr(f) +2N, =2Ag(f)+2Br(g); AF,.»=—- 69840.cal (a)
2Ag,S (f) + 2Br (g) = 4 Ag (f) + S,Br, (f); A Fs — 26830cal (b)
SsBr, (f)+ 8 H,O (f) = 2 HBr (Aq) +2 H SO, (Aq)+ 10H (g); 4 F 9s = +430630 cal (c)
10H(g)+10AgBr(f)= 10Ag(f) + 1oHBr (Aq); AF,s= — 385 950 cal (d)
Durch Addition dieser vier Gleichungen und Division durch 2
erhält man:
6AgBr (f) + AgS (f) + 4 H,O (f)
+ N, = HSO, (Aq) + 6HBr (Aq) + 8 Ag (f); AF =— 25995 cal (8)
Postulat 2, über Siaomar)
2 AgBr (f) + 2N, = 2Ag(f) + 2Br(g); AF = — 69840 cal (a)
AgS (f) + 2Br(g) = 2 AgBr (f) + S (g); A Fs =— 47365 cal (b)
S(g) + 4H,0O(f) = HSO, (Aq) + 6H (g); 4 Fos = + 245880 cal (c)
6H (g) + 6 AgBr (f) = 6 Ag (f) + 6HBr (Aq); AF = - 231570 cal (d)
6 AgBr (f) + AgS (f) + 4H,0 (f) + 2N,
= H,SO, (Aq) + 6 HBr (Aq) + 8 Ag (f); AF ss = — 102895 cal (9)
Vor allem sieht man, daß in den Postulaten ı und 2 von
Hickman die Reaktion (c) in jedem Fall einen enormen Betrag
von positiver freier Energie ergibt, welche sogar größer ist als die
16 Lambert und Wightman
Summe der negativen freien Energien der beiden ersten Reaktionen.
Es erscheint daher unwahrscheinlich, daß die Entstehung des latenten
Bildes sich nach einem solchen Vorgang abspielen sollte. Selbst
wenn der atomare Wasserstoff in jedem Falle zuerst molekularen
Wasserstoff bilden sollte, bevor er auf das Silberhaloid einwirkt,
so würde die freie Energie doch stark positiv werden, nämlich
+ 53330 cal für Postulat ı und + 19609 cal für Postulat 2. Wir
diskutieren diesen Gegenstand unten noch ausführlicher.
Hickman war so vorsichtig, zu erklären, daß er sich nicht auf
diese zwei Reihen von Reaktionen beschränke, aber er erwähnt auch
keinerlei andere mit genauer Bezeichnung, er äußert lediglich, daß
die Oxydation nicht bis zur Schwefelsäure vordringen, sondern daß
sie bei der schwefligen Säure Halt machen dürfte. Selbst das er-
gibt keine negative freie Energie. Slater Price(I5) erwähnt in
einer Kritik der Hickmanschen Hypothese die Tatsache, daß Brom
mit Wasser unter Bildung von unterbromiger Säure reagiert. Auf
Grund dieser Annahme kommen wir zu einem dritten Postulat.
Postulat 3, über HBrO
8AgBr(f)+8N, =8 Ag (f) + 8 Br (g); AF,» = — 279 360cal (a)
8Br(g) +4H,O(l) =4ĦHBr (Aq) + 4 HBrO (Aq); AFsos = — 96860cal (b)
Ag S( +4 HBrO(Aq=2 AgBr(f)+2HBr(Aq)+ HSO, (Aq); AF = — 188075 cal (c)
6 AgBr (f) + AgS (f) + 4 H,O (f)
+ 8N, = H,SO, (Aq) + 6HBr (Aq) + 8Ag (f); AFz98=—564 295 cal (10)
Da hier alle Zwischenreaktionen eine Abnahme der freien
Energie zeigen, so erscheint der Vorgang als thermodynamisch
möglich, Es muß jedoch bemerkt werden, daß Silber nur aus-
schließlich durch die photochemische Zersetzung entsteht, was natür-
lich von Bedeutung ist im Hinblick auf eine reichliche Nachlieferung
von Brom für den Fortgang der Reaktion. Mit anderen Worten,
nur lange Expositionen dürften zu diesem Resultat führen. In diesem
Falle dient also die in der Platte enthaltene Feuchtigkeit als Brom-
absorbens und das Silbersulfid wirkt nur indirekt. Es gibt natürlich
noch andere Modifikationen dieses Vorganges. So ist es beispiels-
weise unwahrscheinlich, daß soviel Brom auf einmal gebildet wird
und im atomaren Zustande verbleibt, bevor es zur Reaktion ge-
langt. Dies würde bedingen, daß die Reaktion (b) eine positive
freie Energie besitzt, so kommt man zu
Postulat 3a, über HBrO und flüssiges Brom
8AgBr(f) + 8N, = 8Ag(f) + 4Br, (f); A Fs = — 425360 cal (a)
4 Br; (f) + 4H,0 (f) = 4HBr (Aq) + 4HBrO (Aq); AF =+ 49140cal (b)
Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese über das Sılbersulfhid usw. 17
Da die Reaktionen (b) der Postulate 1ı und 2 beide möglich
sind, wollen wir versuchen, einen anderen Weg zu finden, auf welchem
das Schwefelbromid oder der Schwefel mit Wasser oder Silber-
bromid reagieren können, welche Reaktionen hierfür die wahrschein-
lichsten wären.
Wir haben keine Angaben in der Literatur gefunden, um zu
entscheiden, wie Schwefelbromid mit Wasser reagiert, obwohl wir
wissen, daß es dies tut. Das folgende Postulat 4 ergibt sich von selbst.
Postulat 4, über S,Br, und H,S
2AgBr (f) + SN =2Ag(f) + 2Bri(g); A F9s= — 69840cal (a)
2 AgS (f) + 2Br (g) = 4 Ag (f) + S,Br, (f); AF = — 26830cal (b)
S,Br, (f) + 3 H,O (fl) = H S (Aq) + HSO, (Aq) +2 HBr(Aq); AF,s= — 9290cal (c)
H,S (Aql+ 2 AgBr (f)= Ag,S (f) + 2 HBr (Aq); AFg=— 1595cal (d)
4 AgBr (f) + Ag,S(f) + 3 H,O (fi)
+ 3N, = H,SO, (Aq) + 4HBr (Aq) + 6 Ag (f); A Fr = — 107 555 cal (11)
und in ähnlicher Weise, wenn zuerst Schwefel gebildet wird:
Postulat 5, über S und S,Br,
6AgBr (f) +6N, =6Ag(f) + 3Br, (f); A Fw = — 319020 cal (a)
2Ag,S (f) + 2 Br, (f) = 4AgBr (f) + S, (g); A F= — 63930cal (b)
S, (2) + Br, (fi) = S Br, (f); AF =— 21320cal (c)
SBr,(fl) + 3 H:O (f) = H S(Aq)+H,SO,(Aq)+2HBr(Aq); A F= — 9290cal (d)
H,S(Aq)+ 2 AgBr(f) = AgS (N) + 2 HBr (Aq); A F= — I595cal (e)
4AgBr (f) + AgS (f) + 3 H,O (f)
+ 6N, = HSO, (Aq) +4HBr (Aq) GAS (A; AFya= 415155 cal. (12)
In einer Atmosphäre von Sauerstoff wird die gebildete schweflige -
Säure wahrscheinlich bald zu Schwefelsäure oxydiert sein, nämlich:
2H,SO, (Aq) + O, (g) = 2H,SO, (Ag); SAFa = — 100340cal (f)
Hickman ist der Meinung, daß selbst bei einer Kettenreaktion
wie in Postulat 4 oder 5 HS nicht gebildet werden kann (wenn auch
nur momentan in Gegenwart von schwefliger Säure), sondern daß
freier Schwefel gebildet wird. Wenn dies zutrifft, dann sollten wir
eine der folgenden Gleichungen haben.
25,Br, (fl) + 3H,O (fl) = 35 (g) + 4HBr (Aq) + H,SO, (Ag);
AF =+41777cal (c)
2S,Br, (f) + 3H,O (f) = Di S, chomb.) (f) + 4HBr(Ag) + H,SO, (Aq);
AF, = — 48950cal ei
Reaktion (c^) ergibt eine positive freie Energie und ist daher un-
wahrscheinlich, und (c”) scheint unwahrscheinlich, außer für den Fall,
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25 2
18 Lambert und Wightman
daß genügend S,Br, gebildet wird, um eine vollständige, und nicht
den Bruchteil einer Schwefelmolekel zu ergeben.
Die Wirkung atomaren Schwefels auf Wasser haben wir schon
in Betracht gezogen. Es gibt auch noch andere Möglichkeiten, die
wir aber hier nicht anführen wollen.
Man beachte, daß im Fall des Postulates 4, vier Atome
Silber aus zwei Molekülen Silbersulfid entstehen, dagegen keine
aus Silberbromid, mit Ausnahme derer, welche von der Licht-
wirkung herrühren, wobei etwas Silbersulfid regeneriert wird.
Alle Zwischenreaktionen zeigen eine Abnahme der freien Energie.
In Postulat 5, welches eine Variation von 2 darstellt, haben
wir dagegen eine Abnahme der freien Energie für den ganzen Ver-
lauf, aber Silber wird nur durch die Lichtwirkung gebildet.
Wir waren bisher nicht imstande, irgendwelche Reihen von
Zwischenreaktionen ausfindig zu machen, welche Silber neben dem
von der photochemischen Zersetzung selbst herrührenden entstehen
ließen; eine Ausnahme macht Postulat 4, eine andere soll weiter unten
erwähnt werden. Die Tatsache, daß alle Zwischenreaktionen in den
Postulaten 3, 4 und 5 eine recht beträchtliche negative freie Energie
aufweisen, zeigt, daß sie thermodynamisch zulässig sind, und daß
infolgedessen diese Postulate plausibler als die Postulate ı und 2 sind.
Wenn molekularer Wasserstoff bei der Reaktion (c) des Postu-
lates 2 momentan gebildet wird, und wenn schweflige Säure an
Stelle der Schwefelsäure entsteht, müßte sicher die durch die photo-
chemische Zersetzung von Bromsilber und die durch die Bildung
von S,Br, oder von Schwefel hinzugefügte Energie in jedem Fall
größer sein als die der Reaktion (c) (die Oxydation des S,Br, oder S.
Außerdem müßte die Summe der freien Energien der zwei ersten
Reaktionen ausreichend sein, um das Eintreten der Reaktion (c) zu
erzwingen, insbesondere dann, wenn der so gebildete Wasserstoff
momentan gemäß der Reaktion (d) fortgeschafft wird (die Reduktion
von Silberbromid).
Postulat 6, über S,Br, und HSC,
2 AgBr (f) + 2N, =2zAgif) + 2Br (g); A Fps = —69 840 cal (a)
2 AgS (f) + 2Brig) =4Ag (f) + S,Br, (fl); A Fp, = — 26830 cal (b)
S,Br, (f) + 6 H,O 701 = 2 HBr(Aq) +2 H SO, (Aq) +3 H,(g); SFs = +41550cal ic)
3Ha ig) + 6AgBr (f) = 6 Ag (f) + 6 HBr (Aq); AF =— 5Sıgocal (d)
8 AgBr (f) + 2 Ag,S (f) + 6H,0 (f) + 2N,
= H SO, (Aq) + 6HBr (Aq) + 12Ag (f); AF — 60310 cal (13)
Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese über das Sılbersulfid usw. 19
Postulat 7, über S(aomar) und H,SO,
2AgBr (f) + 2N, =2Ag(f) + 2Br(g); AF,s=—- 69840cal (a)
AgS(f) + 2Br(g) = 2AgBr(f) +S(g); AF =— 47365 cal (b)
S()+3H,0fl) =H,SO, (Aq) + 2H, (g); AF s= + 13110cal (c)
2H, (g) + 4AgBr (f) = 4Ag (f) + 4 HBr (Aq); AF s= — 3460cal (d)
6 AgBr (f) + AgS (f) + 3HO (f) + 2X,
= H,SO, (Aq) + 4HBr (Aq) + 6 Ag (f); AF9 — 107 555 cal (14)
Es gibt noch einen von Hickman vorgeschlagenen Weg, bei
welchem Silber aus Bromsilber außerhalb der photochemischen Zer-
setzung gebildet werden kann. Dies geschieht mit Hilfe der Oxy-
dation von Schwefliger- zu Schwefelsäure.
Reduktion von AgBr durch H,80,(Aq)
H,SO, (Aq) + H,O (f) = H SO, (Aq) + H, (g); AF ss = + 6390 cal (a)
Hg) + 2 AgBr (f) = 2 Ag (f+ 2 HBr (Aq); AF, = — 1730 cal (b)
Wenn die schweflige Säure im molekularen Zustand Aus-
sicht hat, in den ionisierten Zustand überzugeben, bekommen wir
an Stelle von (a)
2H* + 280,77 + H,O(f) =
2H* + 250,7"+2H(g); AF, = — 3260 cal (a’)
Die positive freie Energie von (a) ist nicht groß und dürfte leicht
durch die bei den vorausgehenden Zwischenreaktionen freigemachte
Energie überkompensiert werden.
Wir können diesen Effekt, welcher auch auf die Bildung von H
in den Postulaten 6 und 7 zutrifft, mit dem des fallenden Wassers
vergleichen. Im Falle A (Figur ı) fällt das Wasser immer von
einer Stufe zur nächsten. Im Falle B fällt es zunächst zwei Stufen,
aber es kommt wahrscheinlich nicht über die dritte Stufe hinweg,
bevor der Druckverlust wieder aufgefüllt ist, da es eine zu große
Steigung zu überwinden hat; im Falle C dagegen hält die Steigung
bei der dritten Stufe das Wasser nur nieder und vermindert seine
Kraft, hindert es aber nicht daran, den Rest seines Weges herab-
zufallen. Wenn der Buckel im Falle B höher ist als das Ausgangs-
niveau, kann überhaupt kein Wasser herabfallen, und in gleicher
Weise können die Reihen von Reaktionen sich nicht abspielen.
Es muß erwähnt werden, daß bei der Entstehung des latenten
Bildes die reagierenden Substanzmengen meist von der Größen-
ordnung weniger Moleküle sind; es wäre also möglich, daß die
thermodynamischen Beziehungen, welche auf der Basis des Gramm-
moleküls aufgestellt sind, wo also Millionen von Molekülen beteiligt
2*
20 Lambert und Wightman
sind, sich von den obigen einigermassen unterscheiden. Jede Be-
hauptung betreffs der Möglichkeit oder Unmöglichkeit eines Re-
aktionsverlaufes muß daher mit der größten Vorsicht aufgestellt
werden.
Es soll noch erwähnt werden, daß Hickman fand, dab das
in einer photographischen Emulsion vorgebildete Silbersulfid durch
die Lichtwirkung ausgebleicht wird, und daß eine größere Menge
Silber entsteht als in einer Probe der Emulsion, welche kein Sulfid
enthält. Dies kann man sich leicht mit Hilfe eines solchen Vor-
ganges wie in Postulat 4 erklären, bei welchem Schwefelbromid
aus Silbersulfid entsteht und dies fortgeschafft wird mit Hilfe von
Reaktionen, welche alle eine Abnahme der freien Energie aufweisen.
B C
Fig. ı
Wir wollen noch eine andere Annahme in Vorschlag bringen,
welche auf den ersten Blick zulässig erscheint, denn sie ist offenbar
thermodynamisch möglich. Sie lautet, daß Licht auf Silbersulfhid
genau so einwirkt, wie auf Silberbromid; Sheppard hat bereits
dargelegt, daß Ag,S eine kleinere Elektronenaffinität hat als AgBr.
In diesem Falle bekommen wir etwa die folgenden Gleichungen:
2Ag,S(f)+2N,=4Aglff)+2S(Q); SFs = — 80620 cal (a)
2 Ag Br(f) + 2 S (g) = 2 Ag (f) + S,Br, (fl); Aar — 16060 cal (b)
und das S,Br, verhält sich wie in einem der vorstehenden Postulate.
Hier werden in beiden Fällen beträchtliche Mengen an Ag,S und
AgBr zersetzt, und es entsteht Silber in noch größerem Umfange
als wenn AgBr die lichtempfindliche Substanz ist.
e -— ënn st
Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese über das Silbersulfid usw. 2I
Hiergegen läßt sich einwenden, daß die spektrale Verteilung
der Lichtenergie bei der Entstehung des latenten Bildes offenbar
genau diejenige ist, welche durch eine von Silberbromid bewirkte
Absorption hervorgerufen wird. Die spektrale Verteilung im Blau-
violett bleibt dieselbe für sensibilisierte wie für desensibilisierte
Platten, und Toy und Edgerton(16) fanden, daß die Zahl der pro
Korn gebildeten Zentren proportional zur Lichtabsorption von
Silberbromid bei dieser Wellenlänge ist. Die einzige Möglichkeit
diesem Einwand zu begegnen, wäre die Annahme, daß das Silber-
bromid sich wie ein optischer Sensibilisator(1) gegenüber dem
Silbersulfid verhält, während gleichzeitig das letztere als chemischer
Sensibilisator gegenüber dem Silberbromid auftritt.
Zusammenfassung und Ergebnisse
Auf Grund der Werte, welche wir gegeben haben, erscheint
die Hickmansche Hypothese, daß das Silbersulfid als Halogen-
acceptor bei der Entstehung des latenten photographischen Bildes
auftreten kann, als thermodynamisch wohlbegründet. Die zwei ge-
nannten Reaktionen, welche er versuchsweise für den Mechanismus
vorschlägt, mit dessen Hilfe man zum latenten Bild gelangt, ent-
halten, während ihre Summierung eine Abnahme der freien Energie
zeigt, in jedem Falle eine Reaktion mit einer positiven freien Energie,
welche höher ist als die Summe der freien Energien der voraus-
gehenden Reaktionen.
Dies läßt Zweifel aufkommen bezüglich der hier in Frage
stehenden partikulären Zwischenreaktionen, kann aber die Gültigkeit
der Hypothese als ganzer nicht abschwächen, mit anderen Worten,
auf welchem Wege wir auch immer zum Endresultat gelangen,
dieses Endresultat erscheint thermodynamiseh zulässig. Im Anschluß
an die Absorption des Broms durch das Silbersulfid gibt es zahl-
reiche Reihen von Reaktionen, welche zu einer endgültigen Gleich-
gewichtsbedingung führen können. Eine der fundamentalsten An-
nahmen Hickmans ist die, daß mehr Silber gebildet wird, als sich
aus der photochemischen Zersetzung allein erklären ließe. Die
meisten untersuchten Reaktionen geben keinen Anlaß zu einer größeren
Silbermenge, als sie durch die photochemische Zersetzung hervor-
gebracht wird oder aus dem Sulfid durch Absorption von Brom
entsteht. Hickman hat uns jedoch die Reduktion des Silberbromids
mit Hilfe der schwefligen Säure vorgeschlagen. Dies scheint thermo-
dynamisch möglich, wenn der Energieüberschuß der vorausgehenden
Reaktionen in Rechnung gesetzt wird.
22 Lambert u. Wightman. Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese usw.
Schließlich wurde der Vorschlag gemacht, daß das Silbersulfid
selbst in Gegenwart von Silberbromid photochemisch zersetzt wird,
wobei das Silberbromid in diesem Falle wahrscheinlich als optischer
Sensibilisator für das Sulfid dient, wie Sheppard vorher schon
angenommen hatte, und als Schwefelacceptor Schwefelbromid und
Silber entstehen läßt. In diesem Falle dürfte sehr viel mehr Silber
entstehen als auf andere Weise. Die freien Energien der Bildung von
Silbersulid und Schwefelbromid wurden berechnet, für ersteres mit
Hilfe der elektrochemischen Werte von Noyes und Freed, für
letzteres aus der Arbeit von Spring und Lacranier über die
Dissoziation von Schwefelbromid. Die diesbezüglichen Werte sind
— 6355 und — 3040 cal.
Rochester, New York, 17. März 1927.
Literatur
ı) S.E.Sheppard, Colloid Symp. Monog. 8. 76. 1925.
2) S. E. Sheppard, Phot. J. 65. 380. 1925; ibid. 66. 505. 1926.
3) S. E. Sheppard und H. Hudson (wird in Kürze veröffentlicht).
4) S.E.Sheppard, A.P.H.Trivelli u. E.P. Wightman, (in Druck) io
dieser Arbeit ist Bezug genommen auf vorhergehende, einschließlich derjenigen von
Svedberg, Toy u. a. welche von der Existenz der Empfindlichkeitskeime handeln.
5) S. E. Sheppard, A. P. H. Trivelli und R. Loveland, J. Franklin Inst.
200. 51. 1925.
6) K. C. D. Hickman, Phot. J. 67. 34. 1927.
7) F.F. Renwick, Phot. J. 67. 41. 1927.
8) G. N. Lewis und Merle Randall, Thermodynamics and Free Energie o
Chemical Substances, Mc Graw. Hill, 1923.
9) W. Spring und A. Lacranier, Bull, soc. chim. 45. 867. 1886.
10) Ogier, Compt. rend. 92. 923. 1881.
11) T.J. Webb, J. Phys. Chem. 29. 816. 1925.
12) G. N. Lewis und H. Storch, J. Am. Chem. Soc. 39. 2544. 1917.
13) A. A. Noyes und E. S. Freed, ibid. 42. 476. 1920.
14) J. Eggert und W. Noddack, Sitzb. d. Preuss. Akad. d. Wiss. 39. 631.
1921; 41. 116. 1923; W. Nernst und W. Noddack, ibid. 41. r10. 1923.
15) T. Slater Price, Phot. J. 67. 40. 1927.
16) F.C. Toy und J. A. Edgerton, Phil. Mag. 48. 947. 1924.
Lüppo-Cramer. Verstärkung des latenten Bildes 23
Verstärkung des latenten Bildes
Von
Lüppo-Cramer
Unter diesem Titel veröffentlichten unlängst E. P. Wightman
und R. F. Quirk (1) eine sehr eingehende und interessante Unter-
suchung über die Wirkung des Wasserstoffsuperoxyds auf das
latente Bild, wobei sie fanden, daß das latente Bild durch das
Peroxyd verstärkt wird. Sie illustrieren ihre Versuche durch eine
große Anzahl von Schwärzungskurven und haben die Versuchs-
bedingungen auch an zahlreichen verschiedenen Plattensorten stu-
diert, so daß das Thema weitgehend erschöpft wird.
Ich möchte aber doch darauf aufmerksam machen, daß ich
unter dem Titel „Wasserstoffsuperoxyd und Lichtwirkung“ bereits
im Jahre 1915 (2) analoge Versuche angestellt habe und dabei auch
schon zu ähnlichen Resultaten kam wie Wightman und Quirk.
Das soll keinen Vorwurf gegen die amerikanischen Autoren be-
deuten, sondern vor allem nur ihre Versuche bestätigen. Ich
schrieb a. a. O.:
„Nach den Untersuchungen des Verfassers (3) ist die Ver-
schleierung durch H,O, wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß
infolge einer Anätzung der in der Schicht vorhandenen, bei der
Reifung reduzierten Silberteilchen intermediär eine Lösung von
Silber gebildet und bei der darauffolgenden Reduktion infolge
feinerer Verteilung des Keimmaterials eine erhöhte Auslösungs-
wirkung erzielt wird. Da nun auch bei der Belichtung neben dem
vom Bromsilber adsorbierten Silber stets auch mehr oder weniger
„freies“ Silber gebildet wird (4), so lag es nahe, Versuche darüber
anzustellen, ob das Peroxyd auch auf das durch Belichtung ent-
standene Silber einen analogen Einfluß ausüben würde wie auf den
Schleier, wodurch dann voraussichtlich eine Beschleunigung der
Entwicklung stattfinden würde. |
Es wurden für diese Versuche wenig gereifte Bromsilber-Dia-
positivplatten ausgewählt, weil die Wirkung des H,O, auf die un-
belichtete hochempfindliche Platte gleich so stark ist, daß der
Schleier hier alles verdeckt. Die Platten wurden paarweise gleich-
24 Lüppo-Cramer. Verstärkung des latenten Bildes
zeitig unter Jonesskalen belichtet und dann von je einem Paar die
eine Platte über Petrischalen mit 3°/,ig. H,O, gelegt. Nach durch,
schnittlich 10 Minuten wurde die Platte gewaschen und neben der
ebenso lange in Wasser gequollenen Kontrollplatte in Metolsoda
entwickelt. Es zeigte sich dann, daß infolge der Behandlung mit
Wasserstofisuperoxyd ein bis zwei Zahlenfelder mehr entwickelt
wurden und daß auch die Deckung in den schwächer belichteten
Skalenteilen größer geworden war. Auch auf die unbelichteten
Plattenteile hat das Peroxyd bei diesen Schichten deutlich gewirkt,
d. h. einen schwachen, aber deutlich erkennbaren Schleier erzeugt.
Dagegen ist eine Wirkung auf die Zahlenfelder mittlerer und stärk-
ster Belichtung gar nicht zu erkennen.
Immerhin ist also die positive, d. h. die entwicklungsbeschleu-
nigende Wirkung des H,O, auf das durch Belichtung entstehende
Silber nicht schr groß und selbst diese geringe Wirkung ist mög-
licherweise noch indirekt auf eine Veränderung der schon von der
Reifung her auch in diesen wenig empfindlichen Schichten vor-
handenen Schleierkeime zurückzuführen.
Andererseits wird auch bei der Versuchsanordnung mit dampf-
formigem H,O, das latente Lichtbild bei längerer Einwirkungs-
dauer weitgehend abgeschwächt, so zwar, daß nach drei Stunden
statt starker Schwärzungen nur noch ganz dünne Bildreste sich
entwickelten.“
Im wesentlichen stimmen diese alten Versuche von mir mit
den neuen von Wightman und Quirk überein, wenn auch die
genannten Forscher die Reaktion mannigfach modifiziert und wesent-
lich genauer untersucht haben.
Von den neuen Mitteilungen von Wightman und Quirk ist
noch von besonderem Interesse, daß sie auch eine Verstärkung des
latenten Bildes durch Silbernitrat fanden und daß sie hervor-
heben, daß der Effekt beider Substanzen, des H,O, wie des Silber-
nitrates, der Größenordnung nach ungefähr derjenigen entspreche,
wie man sie bei einer kurzen Vor- oder Nachbelichtung erziele.
Die große Übereinstimmung aber, die die amerikanischen Forscher
in der Wirkung zwischen H,O, und Silbernitrat finden, steht ganz
im Einklange mit meiner Auffassung, daß die Verschleierung durch
Peroxyd wie die durch Silbernitrat (und auch durch Säuren) im
Wesen dieselbe ist und auf der intermediären Bildung sehr hoch-
dispers verteilter Silberkeime beruht.
Erwähnenswert ist noch, daß Wightman und Quirk bei
ihren Versuchen auch mehrfach eine Verstärkung des latenten Bildes
Lüppo-Cramer. Photochemische Keimzerstörung 25
durch bloßes Wasser beobachteten, was sie als „Wassereflfekt“ be-
zeichnen. Ein solcher Effekt, den ich auch als Wassereffekt be-
zeichnete, wurde von mir vor einigen Jahren besonders ausgeprägt
bei Jodsilbergelatine gefunden (5), aber auch neuerdings bei meinen
Untersuchungen über den Schwarzschildeffekt an gewöhnlichen
Trockenplatten mehrfach beobachtet (6).
Literatur
ı) Wightman und Quirk, Journ. Franklin Institut. Febr. 1927, S. 261— 287.
2) Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1915, S. 135.
3) Lüppo-Cramer, Phot. Industrie 1914, S. 234 und die dort angeführte
Literatur.
4) Lüppo-Cramer, Das latente Bild. Halle ıgıı, S. 23—29.
5) Lüppo-Cramer, Grundlagen der photographischen Negativerfahren (Eders
Handbuch Bd. II. 1) Halle 1927. S. 583.
6) Phot. Industrie 1927, Nr. 14 und 15.
(Eingegangen am I1. September 1927)
Photochemische Keimzerstörung
Von
Lüppo-Cramer
Mit 2 Figuren im Text
Meine Erklärung der Desensibilisierung des Bromsilbers durch
Farbstoffe als photochemischer Oxydationsprozeß hatte sich anfäng-
lich hauptsächlich darauf gestützt, daß das Phenosafranin in Ge-
meinschaft mit Bromionen das latente Bild im Lichte wieder aus-
bleicht. Als ich aber später fand, daß auch bestimmte sensibili-
sierende Farbstoffe, wie Äthylcyanin und Isochinolinrot, in Gegenwart
von Bromionen eine ganz analoge Ausbleichung vollführen (1), konnte
jene Keaktion natürlich nicht mehr zugunsten der Oxydationshypo-
these ggedeutet werden. Es stellte sich vielmehr heraus, daß bei
dieser Ghotochemischen Ausbleichung die Wirkung der Farbstoffe
26 Lüppo-Cramer
auf einer Keimisolierung durch diese beruht, einer Reaktion, die
darin besteht, daß die betreffenden Farbstoffe durch Austausch-
adsorption das Silber aus dem Adsorptionsbereiche des schützenden
Bromsilbers verdrängen und so dem chemischen Angriffe von Brom-
und Wasserstoffionen zugänglich machen. Die kolloidchemische
Folge dieser Adsorptionsverdrängung überwiegt in diesen Fällen die
rein chemische Wirkung der Farbstoffe so sehr, daß die Natur der
Desensibilisierungsfarbstoffe ganz in den Hintergrund tritt.
Neuere Versuche führten indessen zur Erkenntnis, daß beim
Phenosafranin und andern älteren Desensibilisatoren eine photo-
chemische Ausbleichung auch bei Abwesenheit von Bromionen stets
dann erfolgt, wenn die Lichtintensität nicht zu hoch ist, so
0 RER legt
Fig. ı
daß dem chemischen Angriffe eines oxydierenden Farbstoffes ge-
nügend Zeit zur Verfügung steht. (2) Die Unkenntnis der Bedeu-
tung des Zeiteffektes bei dieser Reaktion war nun auch die Ur-
sache, daß ich ursprünglich ganz richtig angestellte Versuche, bei
denen die photochemische Ausbleichung durch Phenosafranin auch
bei Abwesenheit von Bromionen eingetreten war (3), später nicht
mehr genügend würdigte, weil ich sie nicht unter allen Bedingungen
einwandfrei wieder erhalten hatte. In der erwähnten Arbeit wurde
nun die Bedeutung des Zeitfaktors für jene Ausbleichungsreaktion
mit Phenosafranin und einigen andern Desensibilisatoren beschrieben
und ich fügte auch Abbildungen bei, aus denen man ersieht, dab
außer der photochemischen Ausbleichung durch Safranin, zumal
bei reichlicher Lichtintensität, in den Skalenteilen stärkerer Be-
lichtung wieder ein „normales“ Bild, d. h. eine erneute Schwärzung
Photochemische Keimzerstörung 27
eintritt. Diese „zweite Umkehrung“, wie man den Effekt nach
Analogie der zweiten Umkehrung der Solarisation nennen könnte,
tritt nun gerade bei der Anwendung des Phenosafranins sehr leicht
ein, während ich sie bei Pinakryptolgrün und Pinakryptolgelb nie
beobachtet habe.
Fig. I zeigt eine Reihe von densographischen Kurven, die das
Phänomen besonders deutlich veranschaulichen. Selbst hergestellte
ungereifte Bromsilberdiapositivplatten wurden passend diffus vorbe-
lichte, dann in Phenosafraninlösung 1:10000 2 Minuten lang ge-
badet, je eine dieser Platten in Wasser (Kurve ı), eine in 0,02
(Kurve 2), eine in 0,1 (Kurve 3) und eine in ı°/,iger KBr-Lösung
2 Minuten lang nachgebadet und dann getrocknet. Die Platten
ER
wurden alsdann unter Graukeilen mit einer ızokerzigen Lampe in
`m Entfernung 5 Minuten lang belichtet und alle nebeneinander
in Metolhydrochinon entwickelt.
Das Diagramm zeigt, daß die Ausbleichkurven sich bei ge-
nügender Belichtung alle wieder beträchtlich erheben und daß bei
Abwesenheit des Bromsalzes (Kurve I) die Schwärzung sogar er-
heblich über die ursprüngliche wieder hinausgeht, ein Effekt, der
sich bei der Herstellung von Duplikatnegativen als nicht mehr
umgekehrtes Bild bemerkbar macht, sobald man unter ähnlichen
Intensitätsverhältnissen der Belichtung in dieses Gebiet gelangt.
Aber auch bei Anwesenheit von Bromionen zeigt sich überall die
„zweite Umkehrung“: sehr ausgeprägt, wenn auch die größten
Schwärzungen immer noch als beträchtliche Ausbleichungen gegen-
über der durch die diffuse Vorbelichtung allein erzielten zurück-
28 Lüppo-Cramer. Photochemische Keimzerstörung
bleiben. Eine direkte Abschwächung infolge der Imprägnierung,
d.h.ohne Lichtwirkung tritt nur bei der größten versuchten
Konzentration an KBr (1°/,) ein (Kurve 4).
Fig. 2 zeigt die entsprechenden Kurven, wenn bei der zweiten
Belichtung noch ein intensives Gelbfilter eingeschaltet wird: hier
erfolgt nur die Ausbleichung, ohne erneute Schwärzung, wie
dies auch aus meinen früheren Versuchen hervorgeht.
Die „zweite Umkehrung“ bei diesen Ausbleichreaktionen, die
ja auch bei den Jodsilber-Ausbleichschichten auftritt (4), ist wohl
darauf zurückzuführen, daß das Licht an diesen Stellen tiefer in
das Korn eindringt, wo die Wirkung des Desensibilisators nicht
mehr vorhanden ist, so daß tiefer gelegene (ungefärbte) Teile des
Kornes der photochemischen Reaktion unterliegen.
Es wurde schon oben erwähnt, daß die zweite Umkehrung
bei der Verwendung von Pinakryptolgrün und -gelb nicht auftritt.
Vielmehr erfolgt hier im ungefilterten oder auch im blauen Lichte
die Ausbleichung ganz wie in Fig. 2.
Die Tatsache aber, daß bei gewissen Versuchsanordnungen die
Ausbleichung gerade mit Phenosafranin ohne Bromsalzzusatz nicht
zustandekommt, weil eben die zweite Umkehrung vorherrscht und
also anstatt des Umkehrbildes ein „normales“ entsteht, war lange
Zeit ein Stein des Anstoßes für die Oxydationshypothese der De-
sensibilisierung, der nunmehr auch weggeräumt ist.
Literatur
1) Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. Negativverfahren (Eders Handb.
Bd. II, 1) Halle 1927, S. 579. Phot. Industrie 1926, Nr. 48.
2) Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 380. 1927. Fr
3) Lüppo-Cramer, Negativentwicklung bei hellem Lichte. I. Aufl. Leipzig
1922, S. 134.
4) Lüppo-Cramer, Negativentwicklung usw. S. 155.
(Eingegangen am 11. September 1927)
Langedijk. Die Lichtverteilung bei zwei absorbierenden Medien 29
Die Lichtverteilung bei zwei absorblerenden Medien
(Herrn J. Plotnikow zur Abwehr)
Von
S. L. Langedijk
In einem in dieser Zeitschrift (1) erschienenen Aufsatz, der leider
erst ziemlich spät zu meiner Kenntnis kam, versucht Herr Plot-
nikow zu zeigen, daß eine von mir (2) ausgearbeitete, übrigens
schon von Luther und Weigert (3) empfohlene Lichtverteilungs-
formel zu unmöglichen Schlüssen führen muß. Dieser Versuch ist,
wie ich weiter unten zeigen werde, vollkommen mißlungen, obgleich
dem mathematisch weniger geübten Leser nicht gleich die Un-
richtigkeit der Plotnikowschen Ableitungen aufgefallen sein wird.
Irn demselben Aufsatz bespricht Herr Plotnikow seine eigene Ver-
teilungsformel, von der ich schon vor zwei Jahren (4) gezeigt habe,
daß sie bei Anwendung auf variable Schichtdicken nicht brauch-
bar ist.
Gern hätte ich dem Leserkreis eine weitere Diskussion dieser
zwei antagonistischen Verteilungsformeln erspart; die Argumente
des Herrn Plotnikow können aber nicht unbeantwortet bleiben.
Hoffentlich kann diese Abwehr einen Schluß der Diskussion bilden;
ich selbst werde auf weitere unbegründete Angriffe des Herrn
Plotnikow keinesfalls mehr antworten.
Im nachfolgenden werde ich die zwei Verteilungsformeln, die
ja aus den Publikationen von Plotnikow (5), Luther und Wei-
gert(6) und mir (4) genügend bekannt sind, nur betrachten in ihrer
Abhängigkeit von dem Verhältnis der Absorptionskonstanten und
von der Schichtdicke.
Sind c, und c, die Konzentrationen,. z, und z, die Absorptions-
konstanten zweier absorbierender Substanzen, beide in demselben
Mediurm anwesend, und fällt Licht von einer Intensität / durch eine
Schichtdicke p dieses Mediums, dann wird die Lichtmenge 4, die
von Sıuzbstanz I absorbiert wird, gegeben durch die Formeln:
30 Langedijk
<e a ae nn i e e
(PS: A=J - [1 —e-4?a-4#a] nach Plotnikow.
a. erf AE e VA:
bL“): A=)J- i —[1— e=%74=#?@] nach Luther-Weigert
eye und Langedijk.
Herr Plotnikow hat nun versucht (I) zu zeigen, daß für ge-
wisse Extremfälle die ‚„L‘“-Formel unbrauchbar ist und wählte dazu
sehr große, bzw. sehr kleine Absorptionskonstanten.
Betrachten wir z. B. seinen Spezialfall I: die beiden Kompo-
nenten absorbieren das Licht enorm stark, d.h. z, und d sind sehr
groß. Natürlich ist es unberechtigt, jetzt d = 2, = œ zu nehmen
(wie Herr Plotnikow in seiner Beweisführung einschaltet), weil 4
und z, immer reell bleiben und selbst sehr große Zahlen immer
noch ein bestimmtes Größenverhältnis haben werden. Man darf
also auch nicht setzen:
e DEER E?
ckt 00
ohne reellen Sinn, sondern
Be l
hc +20 A JD ’
das für jeden reellen Wert von d und z,, auch wenn diese sehr
groß oder schr klein sind, vollkommen reell bleibt.
, oder beide Absorptionskonstanten sehr groß
sind, ist es natürlich wohl erlaubt ı — e-/a-#/a= I zu nehmen,
Die „L“-Formel gibt für die drei von Herrn Plotnikow angeführten
Spezialfälle also drei reelle Werte, und zwar
Wenn 2, bzw. z
AE
i c
Das Verhältnis der zwei Teilabsorptionen A, und A, bleibt
dann auch für jede Schichtdicke
DEE SE
Sollte nun wirklich 7, =, Ze ss O sein, dann wird A =), A,=0,
und ein photochemischer Effekt, von der Zufügung der Substanz 2
herrührend, kann nicht einer direkten Lichteinwirkung auf Sub-
stanz 2 zugeschrieben werden, ohne daß man mit den gewöhnlichen
Die Lichtvertelung bei zwei absorbierenden Medien 31
photochemischen Gesetzen in Widerspruch geriete. Hiermit hoffe
ich ein zweites Argument Plotnikows widerlegt zu haben.
Es ist nun unschwer zu zeigen, daß die „P“-Formel in den von
Herrn Plotnikow selbst angeführten Extremfällen eine Abhängigkeit
von der Schichtdicke zufolge hat, die zu eigentümlichen Schlüssen
Veranlassung gibt.
Nimmt man z.B. Spezialfall II: Absorptionskonstante z, sehr
groß, :, sehr klein. Nach der „P“-Formel darf man setzen:
= J
A, BEA
Für sehr kleine Schichtdicken wird dieses 4, = Z =), in Worten:
fast alles einfallende Licht wird von Substanz ı absorbiert. Für
größere Schichtdicken ist in der Reihenentwicklung die Abbrechung
nicht erlaubt, man erhält jetzt aber
Man würde also finden, daß in großen Schichtdicken viel
weniger Licht von Substanz ı absorbiert wird als in einer dünnen
Schicht, aber außerdem findet man durch zweimalige Differentiation
nach e, daß für kleine Werte von 9 (kleine Schichtdicken) A, im
Werte ansteigt, für große Werte von p dagegen abnimmt, d.h. daß
sich mit der „P“-Formel ein Absorptionsmaximum für die stärkst
absorbierende Komponente bei einer gewissen Schichtdicke be-
rechnen läßt.
Schon früher (4) habe ich auf diese Konsequenz der Plotnikow-
schen Betrachtungen hingewiesen und selbst ein Zahlenbeispiel zur
Bestätigung hinzugefügt, aber leider vergebens. Ich erreichte nur,
daß Herr Plotnikow (6) meine theoretischen Betrachtungen als
„Spekulativ“ und meine damals noch nicht einmal publizierten Ver-
suche als „nicht einwandfrei“ bezeichnete. Vielleicht will Herr
Plotnikow sich folgenden einwandfreien Versuch doch einmal
überlegen. Eine dünne Küvette, mit einer Mischung einer stark
absorbierenden und einer schwach absorbierenden Substanz gefüllt,
wird durchleuchtet. Wir werden darüber ganz und gar einig sein,
daß jetzt die stark absorbierende Substanz fast alles auffallende
Licht absorbiert hat. Stellt man eine große Zahl dieser Küvetten
hintereinander, dann sollten nach der „P“-Formel die zwei ab-
sorbierenden Substanzen das Licht genau in zwei gleichen Teilen
32 Langedik. Die Lichtverteilung bei zwei absorbierenden Medien
untereinander verteilt haben. Wenn Herr Plotnikow glaubhaft
machen kann, daß Substanz ı in den auf die erste folgenden Küvetten
wieder die Hälfte des schon absorbierten Lichtes an Substanz 2 ab-
gegeben hat, dann werde ich die Pe Formel für richtig erklären.
Da aber Herr Plotnikow sich so weit zu gehen erlaubt, daß
er(7) die auf dem Faraday-Kongreß 1925 von meinem Freunde Prof.
Ornstein in meinem Namen eingereichten Bemerkungen als eine
nachträgliche Einschiebung verdächtigt, kann ich leider fernerhin
nicht mehr mit ihm diskutieren. Auf seine weiteren Versuche, seine
Verteilungsformel aufrecht zu erhalten, wird der Leser dieser Zeit-
schrift sich auch ohne nachträgliche Ausführungen meinerseits ein
Urteil bilden können.
Delft (Holland), Laboratorium für organische Chemie der techn.
Hochschule, August 1927.
Literatur
ı) J. Plotnikow, Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 305. 1926.
2) S.L. Langedijk, Rec. trav. chim. 44. 173. 1925; 44. 931. 1925.
3) Luther und Weigert, Zeitschr. phys. Ch. 583. 408. 1905.
4) S.L. Langedijk, Rec. trav. chim. 44. 931. 1925.
5) J. Plotnikow, Allgemeine Photochemie, S. 162. Berlin 1920,
6) J. Plotnikow, Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 306. 1926.
7) J. Plotnikow, a.a. O. 308 (Fußnote).
Anmerkung der Redaktion: Die Schriftleitung ist erst durch die Mitteilung des
Herrn Langedijk auf den bedauerlichen Passus aufmerksam geworden; in dem
Manuskript des Herrn Plotnikow war er nachweislich nicht enthalten; andern-
falis würde die Schriftleitung unbedingt eine Verständigung herbeigeführt haben.
(Eingegangen am 17. August 1927)
wi
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen
Zeitschrift
für
wissenschaftliche Photographie
Photophysik und Photochemie
Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen
insbesondere von
e | H. Kayser
o. em. Professor an der Universität Bonn
herausgegeben von
K. Schaum
0.6. Professor an der Universität Gießen
ft werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuchhandl ung
nementspreis beträgt pro Band im In- u. Ausland Rm. 24.—, bei direkter
chli Woh Porto im Inland Rm. 25.— „im 1 Ausiand Rm. T: 20.
Dezember 1927 in
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Mag KC ZE Schaum, Eine Wirkung von Gasionen auf unterkühlte Flüssigkeiten - - 64
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Bei 7) enee eg Eege
d Ar A a Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an
ERBEN . .. Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. | N
bt Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie ( we 2
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und lf" O
‚Berichterstattung möglich ist, )
Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere |
Bedingungen, welche vom Watt EEN werden,
Gi u en = a IT me
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A a A s
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ss
Zeitichrift für wilienichaftlidie Photographie,
Photophylik und Photodiemie
XXV. Band 1927 Heft 2
Messungen von Sauerstoffbanden
im violetten und ultravioletten Spektralgebiet')
Von
H. Fesefeldt
Im folgenden sind die Meßresultate der von C. Runge und
W. Grotrian entdeckten Sauerstoffbanden im Bereich von A 3140
bis A 4450 AE. wiedergegeben.) Die Aufnahmen wurden von
C. Runge und W. Grotrian am großen Konkaygitter (6,5 m Radius)
im Physikalischen Institut zu Göttingen in erster und zweiter Ord-
nung gemacht.) Als Lichtquelle diente nach dem Verfahren von
Schönherr*) ein hochgespannter Gleichstromlichtbogen, der in
einem Sauerstofistrom brannte. Die Elektroden befanden sich dabei
in einem Rohr, in das man von unten tangential das zu unter-
suchende Gas blies. Die Spannung betrug 5000 Volt. In der Mitte
des schraubenförmig aufsteigenden Wirbels brannte der Bogen ruhig.
Die Messungen wurden ausgeführt mit einem Abbeschen Kom-
parator. Die Platte befindet sich dabei auf einem gegen zwei feste
Mikroskope verschiebbaren Schlitten, auf dessen anderer Seite ein
feiner Maßstab angebracht ist. Mit dem einen Mikroskop stellt
man auf die Spektrallinie ein und liest mit dem anderen mit Hilfe
einer Mikrometerschraube die Zehntelmillimeterteilung der Skala ab.
Dann verschiebt man den Schlitten bis zur nächsten Linie, liest
wiederum ab und hat damit die Differenz der Spektrallinien in
Millimetern gefunden usw. Es werden also die Zahlen nicht an
1) Göttinger Dissertation.
?, W.Grotrian und C. Runge, Phys. Zeitschr. 15. 545. 1914; C. Runge,
Physica 1. 254. 1921.
3) Über die Gitteraufstellung vergleiche: Phys. Zeitschr. 6. 890—892. 1905;
E. Riecke, Das neue physikalische Institut der Universität Göttingen,
*) Schönherr, Die Fabrikation des Luftsalpeters nach dem Verfahren der
Bad. Anilin- u. Sodafabrik, E.T.Z. 1909, S. 365; vgl. auch Zenneck, Die Ver-
wertung des Luftstickstoffs mit Hilfe des elektrischen Flammenbogens, Vortrag der
Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte, Königsberg 1910. Mit 29 Figuren
im Text, Leipzig, S. Hirzel 1911.
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 3
34 Fesefeldt
der Trommel einer den Schlitten bewegenden Schraube abgelesen,
wie es bei den Schraubenmeßmikroskopen der Fall ist, sondern an
einem festen Maßstab. Die üblichen Schraubenfehler gehen also
nicht in die Messung ein.
Die Länge der Platten betrug 12 cm, die des Maßstabes aber
nur 10cm. Es war daher nötig, die Aufnahmen in mindestens
zwei Teilen auszumessen. In diesen kleinen Stücken von maximal
7 cm Länge (in erster Ordnung etwa 140 AE. in zweiter Ordnung
etwa 70 AE.) ist aber das Spektrum normal, die Abhängigkeit der
Wellenlänge mithin eine lineare Funktion des Linienabstandes.!)
Um die Wellenlänge zu bestimmen, geht man von einer bekannten
Linie aus, multipliziert die Differenzen der folgenden gegen diese
mit einem geeigneten konstanten Faktor und findet die „genäherte
Wellenlänge“.?2) Diese genäherten Wellenlängen wurden nach der
Gaussschen Ausgleichsmethode der kleinsten Quadrate korrigiert.
Zur Festlegung von Sauerstoffnormalen wurde auch eine Aufnahme-
serie von Sauerstoff- und Eisenlinien benutzt, die H. Falkenhagen
unter den erwähnten Versuchsbedingungen machte und für die vor-
liegende Arbeit freundlichst zur Verfügung stellte. Der mittlere
Meßfehler bei diesen Aufnahmen ist mit sorm. bezeichnet.
Die Eichung geschah mit den Eisennormalen von John und
Babcock’; wo diese nicht ausreichten (unterhalb 4 3400), wurde
die Tabelle aus dem Handbuch von Kayser) benutzt. Alle in
ÄE. angegebenen Wellenlängen beziehen sich auf das Internationale
Wellenlängensystem. Die Reduktion auf Vakuum geschah nach
Angaben von Meggers und Peters.) Die Intensitäten / der
Linien wurden geschätzt. Die Intensität 0,5 bedeutet, daß die
Schwärzung so gering war, daß die Linie nicht einwandfrei, wenn
überhaupt gemessen werden konnte. Jedes Plattenstück wurde von
links nach rechts und von rechts nach links gemessen, damit etwaige
Wärmeeinflüsse während der Messung nach Möglichkeit von vorn-
herein kompensiert wurden. Das Mittel aus den Ablesungen wurde
zur Umrechnung in Wellenlängen benutzt.
DH Kayser, Handbuch der Spektroskopie Bd. I; vgl. Artikel von C. Runge,
Die Theorie des Konkaygitters.
3) Vgl. z, B. C. Runge, Praxis der Gleichungen. S. 25ff. V. W. V., Berlin
und Leipzig 1921.
3) Ch. E. St. John und H. D. Babcock, Astroph. Journ. Bd. 55, Mai 1921.
DH Kayser, Handbuch der Spektroskopie Bd. 6.
5) W. F. Meggers und C. G. Peters, Astroph. Journ. 50. 62. 1919.
Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletten Spektralgebiel 35
Der mittlere Meßfehler der Sauerstoffaufnahmen ist mit s be-
zeichnet. Außer ihm ist noch zum Vergleich &orm. in den Tabellen
angegeben worden, also der mittlere Meßfehler der Aufnahmen, die
für die endgültige Messung als richtig angenommen wurden. Alle
Fehlerangaben verstehen sich in ÄE. Die benutzten Sauerstoff-
normalen sind durch ‚‚Norm.“ gekennzeichnet.
Die Wellenlänge im Vakuum ist auf die zweite Dezimale in
AE. beschränkt, während bei der in cm’! gemessenen Schwingungs-
zahl die den Tausendsteln AE. entsprechenden Hundertstel » noch
mit angegeben sind.
Ayak. | A Vak. 8 ®norm. |
2 0,5 22436,39 0,005 0,005
53,04 4 53,55
53,33 4 55,09
52,89 0,5 57,34
49,83 5 72,76
48,35 1? 80,26
? | I ? verschwommen
46,05 3 91,88 Norm.
45:64 ; 3 93,96
44,82 | 5 98,11
43,57 | 2 22504,41 breit
43,00 I 07,31
42,59 | 1 09,39
41,21 5 16,40
40,71 | 4 18,94 Norm.
40,15 I 21,76 |
39,46 | 0,5 es
? O,
? | > ?
36,54 : 4 40,11
E | 3 5444
3,13 4 57,41
32,56 I 60,33 Norm.
32,14 0,5 62,48
28,78 4 75,57 | kaum zu
28,55 4 80,77 trennen
28,15 2 82,82
25,59 5 95,85 Norm.
23,98 3 22604,06 breit
23,45 2 06,77
21,97 2 14,38 Norm.
21,56 5 16,48
18,57 5 31,78 Norm.
See 1 35,87 Norm.
„00 3 39,02
16,56 2 42,05
13,87 4 55,83
12,06 4 65,14
11,73 I 66,86
11,37 I 68,70
36
Fesefeldt
ae || me | 2 el _ |
4411,00
10,73
09,88
08 67
06,04
?
?
04,67
03,58
02,96
00,58
00,10
4399.77
97,74
97,51
97,06
95,58
93,67
93,06
91,56
91,14
89,94
89,58
88,88
87,14
86,45
85,60
85,18
84,99
83,71
82,76
81,98
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80,37
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78,65
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69,44
68.93
67.36
67,02
?
63,21
62,73
60,58
60.07
59,92
57:95
k
22670,58
71,98
76,34
82,59
96,10
?
?
22703.20
08,81
11,99
24,27
26 78
28,45
38,94
40,17
42.49
50,14
60.02
63,17
70,97
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79.38
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84,87
93,90
97.48
22801,89
04,10
05,07
11,75
Gu
16,67
20,71
27,06
29,15
34,66
38,08
40.10
43 99
47 50
50,72
55,13
57.97
02,84
65,54
76,91
86,24
88,88
97,15
98,98
?
OA NUWUN NA mA NANUN A ANAN Om PR PN. Bab- Bak AR
ün
22918,91
21,43
32.76
35,41
36,20
46,56
„un D Rum ta ob tan Main ro ON
in
0,005 0,005
Norm.
Norm.
Norm.
unscharf
Messungen von Sauerstoffbanden im violetien u. ullravioletten Spektralgebiet 37
4357,00 4 2295 1,56 0,005 | 0,005
56,54 2 54,02
54,71 3 63,66 |
5443 I 65, LA
b 0,5
53,16 I 71,81
52,61 2 74 7I
52,: 2 70,00
52,01 3 As SE
51,1 5 2,2 orm.
50,31 3 86,85
47:12 H 23003,75 Norm,
46,73 2 05,80
44,27 2 18,83
43,84 5 21,12
40,89 I 3675
40,62 3 Sen
49,15 5 40,
39,07 2 46,43
38,56 I 49,11
u. 5 5 7,23 ask
30,30 3 1,12 orm
35,81 4 63,76
SCH H 5 25,64 Norm.
0,5
? 0,5 ?
30,75 4 90,71 Norm,
Sr 2 94,78
0,5
27,55 3 23107,79
25,97 3 16,22
25,34 2 19,55
24,89 6 21 E =
24,33 5 25,00 orm.
2 Ser 4 37:73
20,57 3 43,49
20,64 3? 44,71 kaum
zu trennen
20,30 3? 46,55
20,08 1? 47,74
19,60 5 50,31
e I 52,31
18,90 0,5 54,05
18,44 0,5 56,53
16,9 À 2 ga : Norm.
14,7 4 70,2
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12,14 5 e 3 breit
10,40 2 99
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SA 4 05,03
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07,27 2 16,55 | Norm.
06,54 4 20,47 |
38 Fesefeldt
dyak. | J | ak. ° Snorm.
4305,54 | 3? | 23225,87 0,005 0,005 |
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97,30 5 . 70,42
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95,91 I 77:97
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93,10 I 93,19
91,52 2 23301,77
91,17 5 03,70 unscharf
? 2 ? verschwommen
89,97 2? 10,16
89,40 5 13,28
? 0,5 ?
88,70 2 17,07 verschwommen
87,54 3 23,42
? 3 ? verschwommen
85,34 6 35,37
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83,20 | 2 47,06
82,96 I 48,33
81,25 5 57,69 Norm.
80,72 2 60,55
79:43 2 67,63
78,91 4 70,45
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75,96 4 86,58
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7477 4 93,08 Norm.
74,32 2 95,56
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71,57 I 10,60
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69,50 I 21,97
69,21 r? 23,53
68,93 6 25.08
68,61 2 26,84
? 2 ? verschwommen
67,75 6 31,57
67,32 3 33,91 Norm,
? 0,5 ?
? 0,5 ?
66,12 6 40,49 unscharf
65,02 1 46,53 |
64,71 2 48,28 Norm.
Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletten Spektralgebiet 39
vak. | J | YYak. | E | Beer, |
4264,44 | 2 23449,75 0,005 0,005 |
63,81 D 53,20 Norm.
63,39 2 55,49 unscharf
? 2 ? verschwommen
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58,90 2 80,27
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54,15 3 06,45 breit
53,74 2 08,70 Norm
51,93 I 18,76
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51,04 4 23,67
50,54 5 26,44 Norm
49,76 3? 30,75
? 2? ? verschwommen
49,20 I 33,83
48,96 I 35.19
47,93 5 40,86
? 2? ? verschwommen
46,80 1 47,14
46,38 3 49,49 2 Linien ?
45,97 0,5 51,76
44,92 1? 57,60 |
44,20 I 61,54 breit
43,59 5 64,95 Norm.
42,98 I 68,33
42,53 5 70,85
42,11 4 73,15
? 2 ? | verschwommen
41,13 2 78,63
40,91 0,5 79,87
39,64 4 86,91
38,93 6 90,86 breit
38,56 6 92,95 breit
36,45 2 23604,68
34,10 5 17,76 Norm.
? 2 ? verschwommen
32,26 2 28,02
31,94 2 29,83
28,96 3 46,48 0,007 Norm.
28,55 3 48,80
28,00 2 51,82
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25,77 2 64,35
25,21 3 67,44
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24,02 I 74,13
22,80 1 80,98
22,27 I 83,95
19,95 3 96,96 | Norm
40 Fesefeldt
Ayak | J | Yyak. | 8 | © Jorm. IN
4219,50 3 | 23699,50 0,007 0,005
19,07 2 23701,89 breit
17,80 3 09,02
16,04 3 18,94
15,68 I 20,96 breit
14,77 3 20,10
14,40 2 28,20
13,43 4 33,66
12,84 | 3 3695 Nom:
12,32 | 2 39:89
11,52 3 | 44,40
1039 | 4 | 50,77 2
08,64 | 3 | 60,64
08,40 | 2 j 61,98
07,49 3 Gau Nm
05,71 | 4 | 77,21
05,46 4 Ä 78,59
05,11 2 | 80,60
02,64 1 | 94,56
02,08 4 Ä 97,74 Norm
01,15 3 | 23802,98 Norm
081 | i 04,96
0043 | 3 07.11
4198,52 | 4 17,89 Norm.
98,21 1? 19,68
96,49 2 29,42
95,62 3 34:39
95,35 | 5 35,94
d 3? ? verschwommen
9330| ı 47,59
92,64 4 51,35 mn:
92,49 J 52,17
91,31 3 58,90
88,81 4 73,14
88,61 4 74,25
88,11 3 | 77,12
87,76 1 | 79,10
87,47 3 80,77 a
86,22 3 | 87,92
85,79 4 90,36
85,45 2 92,31
85,11 2 | 9423
84,04 5 | 23900,35 Norm
83,60 2 | 02,88
83,21 I | 05,09 breit
82,71 I 07,95
82,10 2 | 11,41 Norm
81,24 3 16,37 Norm
79,64 4 25,51
78,82 2 30,19
78,47 2 32,19 breit
77:97 2 35,05
77,46 I 37,99
76,78 5 41,88
Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletten Spektralgebiet 41
—
Ayak.
417645
J Pak.
23943,76
?
?
55,29
58,16
71,36
73,61
75:04
76,60
82,97
86,36
90,83
95,20
97,92
24012,65
15,56
17,34
19,23
22,10
25,76
28,36
37,20
39,63
41,45
43,09
59,45
65,39
80,82
83,46
85.34
24100,12
02,70
05,13
08,24
?
Ki
Lë
17,45
18,99
21,62
?
31,15
39,52
41,78
44,54
47,08
48,57
59,94
61,34
67,96
69,95
83,62
an I
ob Lab Ob toi Hoi ME ra Mia Ltb NU bh Loi bh MM NUAN A nb a ann
Ku
Lë
Kn
Lë
24202,16
04,54
07,74
ANU CO P P ra Më Loi Lë ra pa MM
bilden eine
verschwommene
Schwärzung
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
im Lichthof
verschwommen
verschwommen
verschwommen
breit
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
42
Ayak. | J | Yyak.
4130,59
29,29
28,90
28,45
27,44
27,17
24,00
23,82
23,22
22,80
22,30
21,64
21,47
20,99
20,69
19,82
18,19
17,68
17,41
16,95
16,52
14,91
14,52
14,02
13,48
12,88
11,97
11,55
11,32
10,98
09,76
08,72
08,41
08,11
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03,01
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01,37
00,59
00,12
4099,63
99,44
98,63
98,19
97,17
96,66
96,33
95,69
95,24
Loi P WM Ch OR Got Ota m etnLnb Loi a RAN PU Moi NUM MP MGÄ ML MM ra man HMM N N NUN ra
24209,59
17,27
19,52
22,15
28,07
29,65
48,31
49,34
52,90
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04,16
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10,32
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23,11
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40,32
42,09
45,22
49,42
51,54
62,73
68,14
72,34
74,52
75,91
77:59
79,35
82,08
86,75
89,52
92,44
93,58
98,41
24401,01
07,07
10,13
12,11
15,93
18,59
Fesefeldt
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
Nom.
Norm.
Norm.
Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletten Spektralgebiet 43
ya. | J Pak.
4092,32 4 | 24436,03
92,10 2 37,34
91,38 4 41,64 Norm
g1,11 2 43,26
89,63 5 52,11
89,15 4 54,99
88,10 2 61,27
87,22 5 66,50 Norm.
86,78 3 69,16
86,29 4 72,06
86,06 2 73,48
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82,91 4 92,35
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81,97 2 98,00
81,58 05 24500,32
80,67 3 05,77 Norm.
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76,27 5 32,25
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71,81 4 59,11
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69,20 Ga 74,88
67,76 5 83,55 Norm.
67,37 3 85,92 Norm.
65,28 3 98,57
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61,38 2 22,15
E 3 24,93
‚15 3 29,62
59,69 2 32,44
59,30 5 34,81 breit
57:14 4 47:89 Norm.
56,93 2 49,17
53,91 4 69,39
53,14 4 72,24 Norm.
52,71 6 74,83
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51,43 2 82,66 Norm,
50,33 6 89,33 Norm.
49,91 3 91,93
44 Fesefeldt
Ava. J Yyak, 8 Baere.
4048,50 3 | 24700,53 0,007 | 0,005 nach Rot verbreitert
46,76 4 11,15
46,55 2? 12,43
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36,26 4 75,39 Norm.
35,85 4 77:93 ,
35,13 3 82,35 nach Rot verbreitert
32,50 2 98,53 Norm.
3 1,64 2 24803,78
31,39 3 05,32
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19,87 0,5 76,41
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18,75 2 83,37
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17,99 3 88,08 Norm.
15,90 I 24901,02
14,38 I 10,45
12,72 2 14,52
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13,17 I 17,96
12,59 5 21,58
12,26 3 23,59
Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletien Spektralgebiet 45
Avak. | J | YvVak. | a | 8 norm. |
4011,78 2 24926,57 | 0,007 0,005 Norm.
11,39 I 29,00
11,07 I 31,00
10,65 5 33,61
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09,52 3 40,64
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01,25 4 92,20
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3999,92 2 25000,50
99,58 3 02,60
99,29 1? 04.44
98,65 2 08,43 breit
98,02 I 12,36
97,58 3 15,13 Norm.
97,24 2 17,24
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95,26 2 29,64
? 0,5
92,71 3 45,66
92,46 | I 47,21 , verschwommen
90,89 3 57,09 |
? | 2 : breit
88,25 3 73,67 Ä Norm.
87,96 2 75,45 |
85,69 3 89,78 |
85,33 | 2 92,01 |
84,70 , 2 96,01
? | 4 ? verschwommen
8356 |! 3 25103,19
83,08 | 2 06,19
8267 ! 4 08,78 Norm.
82,38 | 2 10,59
80,16 ` 1 24,64
7972 | I 27,41
79,233, 1 30,46
78.77 | I 33,43
76,80 5 45,87 |
76,46 5 47,99
74,93 4 57,65 |
? 05 ? |
7433 ` 4 61,51 ; Norm.
73,99 ' 2 63,62 Norm.
69,28 | 5 93,50 |
68,29 | 2 99,80 i
67,70 4 25203,51 |
67,37 4 05,61 |
66,93 2 08,44
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6587| 4 15,15
46 Fesefeldt |
3965,63 4 25216,68 0,007 0,007
65,1 I 19,56
64,73 I 22,42
64,40 2 24,47 breit
63,45 4 30,54 Norm
63,1 5 | 2 32,47
62,40 4 37,22
? | 0,5
60,90 i 4 46, 79 Norm
60,65 | I 48,40
5600 | 3 78,03 Norm
? 0,5
55,44 | 4 81,67 Norm
55,16 2 83,42
54,60 | 4 87,01
53,09 ; 4 96,66 Norm
52,78 2 98,63
50,60 4 25312,64 Norm
5012: 4 15,69
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43,79 | 4 24,23
? | 0,5 ?
? 108 y
46,64 3 38,02 breit
46,15 2 41,14
45,49 4 45,41 Norm
45,22 2 47,15 Norm.
44,57 | 4 51,31 breit,
43,24 | 4 59,88 a Linien
42,93 : 2 61,84
? 0,8 ?
3954 | 4 83,70
38,42 4 90,88 Norm.
36,81 | 1 25401,29
? 0,5 ?
36,03 4 06,32
35,78 4 07,90 Norm.
34:99 3 13,05
34,39 | 3 16,90 Norm.
33,92 5 19,91
33,59 2 22,09
33,09 2 25,31
32,68 2 27,93 Norm.
30,84 3 39,86 Norm.
29,92 3 45,83
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26,81 2 65,98
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25,66 2 73,42 Norm.
25,23 I 76,25
24,96 4 77:97 Norm.
24,70 2 79,65
23,89 2 84,90
23,46 2 87,69
23,16 4 89,68
22,41 I 94,56
Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletten Spektralgebiet 47
‚a e ee E E a EE ge
30894
07,14
18,15
20,05
21,33
28,22
29,55
33,50
35,02
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45,09
48,34
51,70
72,29
73,66
78,18
?
ar Mai ZS Own ©
=
un
84,75
86,36
98,21
25601,46
05,74
08,66
16,69
18,98
22,11
23,39
25,53
28,06
33,84
35,41
51,97
54,04
59,13
61,67
68,98
79,17
80,19
81,70
25701,03
04,65
12,70
14,36
21,36
23,64
24,92
29,68
31,97
2? 35,12
?
wu “unwwun en WP MP en WM ra Lu Mr LA P MP Lo P NU ra ra Méih OD MM MM ra MM
2? 37,97
5 54:24
5 55,35
2 63,91
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Norm.
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Norm.
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2576515
92,24
25801,43
04,33
06,56
11,25
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16,09
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37,42
?
60,51
63,87
67,96
5 ?
SÉ
75,81
77,82
83,08
85,27
89,80
93,94
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25903,33
05,61
16,67
23,07
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46.34
| 51,66
53,90
64,83
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86.72
89,96
92,28
95.54
98,96
26008, 12
10,57
p 12,71
17,63
19,75
25,98
29,23
64,45
66,42
73,80
76,11
WM Lal Swen ma P ra Na NUA MP LA Lët La Loi Dana dh LL Lu LLJ LA ra M pa La OD M Ch M ra d Aw a WM LA LI DB m dëi
80,02
82,38
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im Lichthot
Norm.
Norm.
Norm,
Norm.
Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletien Spektralgebiet 49
Àvak. J Vak. | 8 ® orm.
3831,27 3 26101,02 0,007 0,007 breit
3080 , 5 04,24 Norm,
30,47 | 3 06,43
26,43 | 4 34,05
? 2 ? verschwommen
25,81 0,5 38,26
25:44 3 40,78
25,16 3 42,68
24.73 5 45,64 Norm.
24,49 4 47,28
23.45 5 54,39 Norm.
23,03 4 57,28
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22,15 2 63,26
18,08 5 91,16 Norm.
17,85 2 92,74
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13,61 5 21,92
13,33 5 23,81 Norm.
13,11 2? 25,33
11,79 5 34,41
I 1,67 2 35,25
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09,26 5 , 51,82 Norm.
04,65 2 | 83,61
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01,10 5 08,21 Norm.
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97,00 5 36,55
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? 0,5 ?
94,93 5 50,98 Norm.
? 0,5 ?
92,05 4 70,94
91,81 2 72,63
90,73 4 | 80.12 Norm,
90,46 2 82,05
89,23 Ss | 90,59 u
88,42 5 96,23 mehrere Linien?
83,66 2 | 26429,45
83,11 3 33,25
? 4 ! ? verschwommen
80,90 4 | 48,75 0,010 0,008
? 3 ? verschwommen
77:57 3 | 72,50
76,85 3 77,97
72,63 4 26506,70
72,36 4 08,59 Norm.
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25 4
so Fesefeldt
Leah, J
3771,45 2 26515,02
71,38 4 15,47
71,12 2 17,33
67,49 2 42,87
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65,67 4 55,71
65,33 3 58,13
63,61 4 79,09
63,41 2 71,63
63,11 2 73,80
GR 4 78,72
2,15 2 0,53
60,62 2 91,35
2I 2 94,29
59,22 2 26601,26
58,69 2 05,00
55,69 3 27.00
55,28 2 a
55,07 4 30,
54,85 2 32,26
53,87 | 4 39,19
53,44 3 42,21
53,09 | I 44,70
52,62 I Vë
52,23 2 50,03
50,73 4 61,50
50,40 4 63,84
49:99 2 SI
49 2 9,09
48,14 0,5 79,93
47,76 I A
47,4 I 4,01
46,94 4 88.44
46,75 2 89,83
45,79 | 4 96,64
45,59 | 2 6 GR
44,40 I 20700,54
? 0,5 `
43,42 3 13,55
43,01 2 16,45
41,22 2 29,2
40,81 2 32,17
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39,09 2 44,46
38,18 4 51,01
37,96 2 52,57
36,31 5 64,38
35,99 4 66,46
32,25? 4 en ?
31,59 I 90,09
31,60 0,5 98,14
31,01 4 26802,40
30,81 2 03,83
30,37 I 07,03
25,26 4 43,47
? 0,5 H
Messungen von Sauerstoffbanden im violetien u. ultravioletien Spektralgebiet 51
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24,07 | L 52,37
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2208 | 3 66,71
20,35 | 0,5 79,18
18,92 | 4 80,53 Norm.
18,78 ` 2 90,55 |
18,02 | 4 96,05 | Norm
17,83 | 2 26905,05
13,02 | 4 32,22 0,008
123,14 | 4 38,61
09,5 I 57:34 breit
09,17 4 60,24
08,99 4 61,55 |
08,65 I 64,02 |
07,53 104 72,14 Norm.
06,72 4 78,05
06,53 3 79,42
06,13 I 82,33
04,35 2 95,25 Norm.
03,97 I 98,07 Norm.
02,46 4 37009,04
01,70 ! 4 14,59 Norm
3699,31 I 39,41 breit
97,81 4 43,07 Norm. |
97,12 4 48,06 Norm.
96,38 4 53,52
96,12 4 55,38
95,83 2 57:53 Norm
93,21 4 76,72
92,95 4 78,66 Norm
89,76 3 27102,02 Norm.
89,20 | 4 06,13 Norm.
88,82 ; I 08,93 |
88,40 I 12,01
86,79 2 23,89
86,40 4 26,76 Norm
85,46 4 33,65
84,07 4 43,92
83,79 4 45,99 Norm.
83,44 4 48,58
82,94 4 52,22 Norm.
80,81 3 67,91
80 3 70,66
78,65 2 83,91
78,33 3 86,24
76,87 2 97,03
76,63 3 98,83
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7448 2 14,74
74,02 2 18,18
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71,95 4 33,52 Norm.
71,63 3 35,89 Norm.
71,26 2 38,62
69,66 3 50,23
52 Fesejeldt
Ayak. | J
3669,50 2
65,07 0,5
64,61 0,5
62,93 I
62,74 I
60,89 4 15,75 Norm.
60,58 4 18,08
60,26 3 20,45 Norm.
55,07 3 59,28 2 Linien?
54,75 3 61,63 Norm.
53,45 3 7 l ‚39 Norm.
53.11 2 73,90 Norm.
50,03 4 97.01 Norm.
49,7 ! 5 99.46 Norm.
49,38 3 27401,92
48,86 0,5 05,85
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47,22 3 18,12
46,24 I 25,52
44,61 2 37.80
44,29 2 40,16
40,35 2 69.88
40,13 | 2 71,56
39,64 4 73,25
39,24 4 78,26
39,01 3 80,00
38,80 l 8 d ‚56
37,65 4 90,31 Norm.
37,31 3 92,87
36,36 0,5 27500,05
35,14 I 09.24
33,70 2 20,18
33.48 2 21,79
29,72 4 se er
2 unscha
29,30 4 53,53 Norm,
29,05 3 55,40
27,49 2 67,25
27,23 3 69,28
25,61 I 81,59 breit
24.85 2 87,34
24.49 3 90,12
23,76 3 95.68 Norm.
23,40 3 98,40
22 37 4 27606,11
22,07 3 08,51
2',68 2 11,48
21,49 2 12,02 Norm.
20,26 4 22,35
20,06 2 23,89 unscharf
19,85 4 25,48 Norm,
19,60 3 27,36
? 2 ? verschwommen
? I ? verschwommen
11,29 4 90,96
11,06 2 92,73 unscharf
Messungen von Sauerstoffbanden im violetien u. ultravioletten Spektralgebiet 53
Ayak. J IVak. e | Tasen,
3610,85 4 27694,32 0,010 | 0,008
10,62 3 96,11 i
09,95 I 27701.25 i
09,50 I 04.64
08,98 4 08,67
08,64 2 11,28
07,73 4 18,24 Norm.
07,41 2 20,72
06,8 1 I 24,82 verschwommen
06,70 I 26,18 verschwommen
05,79 2 33,19 breit
05,46 I 35,72
04.76 I 41,08 verschwommen
02,74 4 56,66 Norm,
02,54 2 58,19
02,32 4 59,91
02,09 3 61,68
3598,91 2 86,17 verschwommen
96,40 I 27805,56
95.62 3 11,62
94,64 5 19,17 Norm,
94,43 3 20,81
94,20 4 22,61
93,99 2 24,24 Norm,
93,59 4 27,35
93,29 2 29,68
92,74 2 33,94 breit
91,20 2 45 82
90.83 | 2 48,73
90,25 , 2 53,22
88,16 2 69,47
87,42 | 2 75,18
86,95 | 4 78,88 Norm.
86,53 4 82,12 Norm.
86,33 | 2 83,69
85,19 I 92,54
84,28 | I 99,61
80,97 3 27925.36
80,65 2 27,88 Norm,
79:97 3 33,22
79.69 4 35,40
79,28 4 38,56
79,08 2 40,18
78,61 1l 43,79
72,85 4 88,86
72,45 4 91,98 Norm.
12,27 2 93,44
71,41 2 28000,17
70,76 0,5 05,21
69,62 3 14,22
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67,74 3 28,98
67,44 2 31,34
66,82 3 36,15
66,44 4 39,16 Norm.
66,02 4 42,43
N rd Lë Lë Lui in web KKK E: m ra ML Loi Lu NM D Jh ra sa M
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229
Lë Lë
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28043,69
58,88
64,20
86,92
90,70
91,09
28133,23
36,84
38,84
41,24
53:47
56,21
75,71
78,44
28214,06
16,80
?
30,63
32,97
36,12
38,77
49,27
51,71
61,94
65:09
?
?
81,36
83,61
87,05
89,77
28310,44
0,009
Norm.
Linie?
Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletten Spektralgebiel 55
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Lë dp dp P Gah MM La Li Aw mm Mai Loi LD MM ra ra La Gi DB NU NU Mai un >
28509,29
11,20
95,47
28647,03
49,87
67,81
71,64
74,96
77,01
82,46
?
?
28750,39
53,12
54,97
66,57
68,88
71,52
88,62
9107
28825,80
28,18
30,00
47,11
56,94
87,30
89,96
98,01
28900,14
01,98
05,80
08,22
?
?
24,35
66,86
68,81
70,48
86,25
98,32
29002,41
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19,23
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32,60
35,21
56 Fesefeldt
det, | J Yyak. 8 © orm.
3444,01 3 29035,89 0,009 0,008 |
42,54 I 48,37
42,18 0,5 51,34
40,09 I 68,98
36,82 | 6 96,70 0,007 Norm.
34,75 4 29114,18
34,45 3 I 6,7 I |
33,36 2 25,96
32,82 4 30,54
32,54 3 32,91 Norm.
32,14 2 36,35
29,92 6 55,24
25,76 2 90,64
25,41 2 93,59
25,04 2 96,72
24,63 3 29200,21
23,33 6 11,36 Norm.
22,00 3 22,68
21,70 3 33,81
20,19 4 38,63 Norm.
19,93 3 40,43
18,53 2 52,33
17,49 2 61,20
17,15 6 64,18 Norm.
13,12 I 98,73
12,76 I 29301,83
11,75 2 10,48
11,37 6 13,72 Norm.
10,81 2 18.55
09,72 3 27,95
09,44 3 30,34
08,83 2 35:59
08,48 2 38,56
08,03 3 42,46
07,77 3 44,69
06,00 6 59,94 Norm.
05,43 2 64,85
04,53 3 72,61
01,02 6 29402,95 Nom.
3399,48 2 16,28
98,74 3 22,64
97,92 4 29,78
9764 3 32,19
96,85 Ä 2 39,02
96,42 6 42,80 Norm.
96,10 3 45,53
93,92 ` 2 64,45
93,20 2 70,69
92,78 2 74,31
92,23 6 79,17 Norm
88,82 3 29508,81
88,40 6 12,44 Norm
86,58 3 28,36
86,30 3 30,72
E a 3 ? unscharf
84,94 6 42,58
Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioleiten Speklralgebiet
~
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|
|
29550, 10
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29803,81
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15,89
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30048,83
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Norm,
Norm.
unscharf
Norm.
Norm,
57
58 Fesefeldt
gek, | J | Y ak. | 8 | Norm |
3320,27 I 30118,06 | 0,008 0,007
19,62 3 23,93 Norm.
19,41 I 25,82 |
18,76 3 31,71 | Norm
18,59 I 33:29 |
11,732 3 95,80 | Norm.
11,53 I 97:57 |
10,93 3 30203,03 Norm.
10,76 I 04,58
10,40 I 07,84 |
10,08 0,5 10,75
07,54 2 33,99
07,28 I 36,37 l
04,23 3 64,27 Norm
04,06 I 65,75
03,49 3 70,98 Norm
03,36 I 72,24
3297,69 I 30324,23 verschwommen
97,15 3 29,26 Norm.
96,97 l 30,91
96,47 3 35:44 Norm,
96,35 I 36,56
94,99 I 49,10 verschwommen
90,45 3 90,96 Nom.
90,26 I 92,75
89.83 3 96,69 Norm,
85,50 I 36,80
85,24 0,5 39,19
84,14 4 49,41 ! Norm.
83,57 4 54,67 Norm.
82,98 2 60,27
82,73 1 62,44
78,20 5 30504,55
7769 5 09,26
74,92 6 35,13 Kupfer
73,75 3 45,98 0,006
73,50 I 48,35
72,69 4 55,95 Norm.
73,21 4 64,40 Norm.
71,37 2 68,09
71,15 I 70,32
67,52 4 30604,21 Norm
67,10 4 08,15
62,76 4 48,89
62,37 4 52,53
60,23 3 72,71
60,01 1 74,72
58,33 4 90,58 Norm.
57,97 4 | 93,95 Norm.
54,29 4 30728,66 Norm,
53,96 4 31,78
52,95 I 41,30 verschwommen
51,60 3 54,06
51,36 I 56,37
50,61 4 63,43 Norm.
Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u, ultravioletien Spektralgebiet 59
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72,57
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30901,99
12,97
20,53
24,90
48,83
51,01
60,74
63,79
66,70
68,55
31040,81
42,85
57,60
>>
31129,40
31,17
45,29
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31214,17
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95,69
97,53
rue
73,74
75 57
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2 1,12
31,03
Kupfer
Norm,
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.
Norm,
Norm.
Norm.
Norm.
Norm.,
Norm.
60 Fesefeldt. Messungen von Sauerstoffbanden usw.
Ayak, | J | WO? | e | Enorm. |
3165,89 2 31586,69 | 0,008 0,005 Norm.
? 0,5 ?
64.79 3 97.66 Norm.
59,47 4 316.0,87 | Norm.
58,45 |! 4 61,06 | | Norm,
54,03 3135,50 |
53,44 4 11,37 |
52,51 4 20,76 | | Norm,
47,78 4 | 68,40 | Norm,
46,01 4 86,35 Norm,
? See / ? |
42,97 I 31817,03 unscharf
42,48 | 2 | 22,01 | | Norm.
Herrn Geheimrat Runge schulde ich großen Dank für An-
leitung, Rat und Unterstützung bei der Arbeit. Die Messungen
wurden durchgeführt mit Mitteln des II. Physikalischen Instituts.
Für die Genehmigung zu ihrer Benutzung habe ich Herrn Prof
J. Franck bestens zu danken.
Göttingen, IL. Physikalisches Institut.
(Eingegangen am 9. August 1927)
Lüppo-Cramer. Zur intermittierenden Belichtung 61
TUT mm mm m aa aaŘ— —— EE E E —
Zur intermittierenden Belichtung
Von
Lüppo-Cramer
Zu den Abweichungen vom Reziprozitätsgesetze, die neuer-
dings vielfach unter dem Namen „Schwarzschild-Gesetz“ zu-
sammengefaßt werden, zahlte schon von jeher auch die Tatsache, daß bei
intermittierender Belichtung der photographische Effekt kleiner wird
als bei gleich lange währender kontinuierlicher Belichtung. Diese Ab-
weichungen sp:elen bekanntlich eine große Rolle beim Gebrauch der
Sensitometer mit Sektorenausschnitt nach Art des Scheiner-
Sensitometers, bei denen ja die Lichtwirkung durch die dunklen
Stellen der Sektorenscheibe fortwahrend unterbrochen wird. Der
Effekt dieser Belichtungsart ist daher vielfach studiert worden. Zu
den wichtigsten Publikationen auf diesem Gebiete muß man eine
neuere Abhandlung von Raymond Davis (1) zählen, die meines
Wissens in der deutschen Literatur bis jetzt kaum bekannt ist
und für deren Zusendung ich dem Direktor des Washingtoner
Bureau of Standards, Herrn George K. Burgess zu Danke ver-
pfichtet bin.
Die Arbeit von Davis bringt ein außerordentlich reichhaltiges
Versuchsmaterial zur Stütze der Tatsache, daß auch bei der inter-
mittierenden Belichtung die Verhältnisse nicht so einfach liegen, wie
man bisher meistens annahm, sondern daß auch hier eigentlich in
der Mehrzahl der Fälle das Umgekehrte des bisher meist an-
genommenen, d. h. eine stärkere photographische Wirkung bei
intermittierender Belichtung gegenüber der bei kontinuierlicher
eintritt.
Wenn wir in Kürze die Arbeit von Davis referieren, finden wir
schon in der als Einleitung vorausgeschickten Übersicht der Resultate,
dab, ganz wie nach neueren Forschungen vom Schwarzschild-
Effekt bekannt geworden ist, je nach der Intensität des wirkenden
Lichtes sowohl ein geringerer als auch ein größerer Effekt
der intermittierenden Belichtung gegenüber der kontinuierlichen vor-
kommt und daß unter Umständen auch beide Wirkungen gleich werden.
62 Lüppo-Cramer
In seiner historischen Übersicht hebt Davis hervor, daß alle
früheren Autoren gefunden hätten, die intermittierende Belichtung
sei weniger wirksam und daß die Forscher, — er erwähnt speziell
auch Schwarzschild, — in allen Fällen, in denen die Versuche
das Gegenteil ergaben, einfach Versuchsfehler angenommen
hätten! Davis betont demgegenüber wiederholt, daß die große
Zahl voneinander unabhängiger Variationen seiner Versuchsbe-
dingungen mit Sicherheit erwiesen habe, daß die beobachteten von
der alten Vorstellung abweichenden Effekte nicht etwa in System-
fehlern seiner sensitometrischen Anordnung ihre Ursache haben
können.
Davis untersuchte 5 verschiedene Emulsionstypen, von denen
nur eine (Seed-Progress) die bisher meistens angenommene geringere
Wirkung der intermittierenden Belichtung ergab, während alle andern
eine größere Wirkung als die kontinuierliche Bestrahlung zeigten.
Nach Davis scheinen die Ergebnisse darauf hinzudeuten, daß die
durch das Licht bewirkte Veränderung in dem Bromsilber, d. h. die
Ausbildung des latenten Bildes noch nach beendigter Exposition eine
Weile fortdauert und er nimmt an, daß bei diesen Versuchen zwei
Effekte (während der Pausen der Belichtung) in Frage kommen,
nämlich eine steigernde (growing), den Eindruck verstärkende und
ein Abklingen (fading). Beide sind wahrscheinlich in allen Teilen
der Schwärzungskurve wirksam, der Abklingungsverlust hat aber ein
Maximum in der Nähe des Schwellenwertes, während die Steigerung
des latenten Eindruckes ihr Maximum in den höchsten Dichtigkeiten
zeigt. Die Variierung von den schwächsten zu den höchsten Inten-
sitäten läßt annehmen, daß bei Intensitäten über 4 Sekunden-Meter-
kerzen die Steigerung das Abklingen in allen Fällen überkompensiert.
Interessant ist, daß der Unterschied zwischen intermittierender
und kontinuierlicher Belichtung noch größer wurde, wenn warme
feuchte Witterung herrschte, daß also der Wassergehalt der photo-
graphischen Schicht einen Einfluß auf die Verhältnisse ausübt. Es
erinnert dies an früher mitgeteilte Versuche von Lüppo-Cramer (2)
über den Wassereffekt bei dem Schwarzschild-Phänomen auf
bestimmten Platten.
Zur Erklärung der von ihm entdeckten Phänomene zieht Davis
auch die topographischen Verhältnisse in der Schicht heran, indem
er sagt:
„Wenn wir diese Prinzipien auf den Fall einer Emulsion von
bestimmter Dicke anwenden, so haben wir bei der Entstehung des
Zur intermillierenden Belichtung 63
latenten Bildes Licht, das vom Bromsilber absorbiert wird; folglich
vermindert sich seine Intensität, wenn es durch die Schicht hindurch-
geht. Bei Belichtungen, die stärker an der Oberfläche, in der Tiefe
aber geringer als der kritische Wert sind, müßte eine Überlagerung
von Steigerung und Abklingen zustandekommen.“
Eine ausgesprochen chemische Erklärung für die Effekte ver-
sucht Davis nicht, er drückt sich vielmehr vorsichtig aus, indem
er schreibt:
„Das Vorhandensein sowohl des Abklingungs- wie des Steigerungs-
effektes beim latenten Bilde deutet stark darauf hin, daß die Reaktion
zwischen Licht und Bromsilber nicht in einer einzigen Phase, bzw.
einer bloßen Umwandlung in das besteht, was wir als latentes Bild
bezeichnen, sondern daß ein Zwischenstadium zwischen der ersten
Wirkung des Lichtes und dem eigentlichen latenten Bilde besteht.
Der Zeiteffekt, der bei diesen Phänomenen gefunden wurde, unterstützt
diese Anschauung. Möglicherweise besteht das erste Produkt der Re-
aktion in einer naszierenden Form, die unter dem fortgesetzten Ein-
flusse des Lichtes die Reaktion beendet und das latente Bild ent-
stehen läßt. Wenn jedoch während dieses Prozesses die Lichtwirkung
aussetzt, so geht jenes naszierende Produkt im Dunkeln teilweise zu
seinem früheren Zustand zurück, teilweise aber vollendet es die Re-
aktion, wobei der Grad jeder Teilreaktion von der angewendeten
Intensität abhängt.“
Die Ergebnisse von Davis stellen eine vollkommene Parallele
dar zu den teilweise bereits früher bekannten und auch vom Referenten
zum Teil an dieser Stelle (3) mitgeteilten Anomalien beim Schwarz-
schild-Effekt in kontinuierlicher Bestrahlung, aber bei variierten
Intensitäten. Es sei gestattet, bei dieser Gelegenheit auch auf eine
Stelle aus einer alten Arbeit von E. Englisch (4) hinzuweisen. Bei
einer Besprechung von Abklingungs- und Induktionsverlust stellte
Englisch einen Deutungsversuch für die Verluste bei intermittierender
Belichtung auf, wie folgt:
„Die Lichtwirkung führt das Bromsilber aus dem normalen Zu-
stande N in einen andern A über, ehe der entwicklungsfähige Zu-
stand E erreicht wird. Die Veränderung N>A vermöge abzuklingen;
die ihr entsprechende Arbeit stellt sich in unserer Betrachtung dar
als Abklingungsverlust. Ist nun ein Teil der Arbeit von der Licht-
welle geleistet, so vermögen Wellen, welche vermöge ihrer Ampli-
tude oder ihrer Schwingungsdauer das unveränderte Bromsilber aus
64 Bücherbesprechung — Kleine Mitteilungen
dem Zustande N nicht in den Zustand E überzuführen vermöchten,
doch wohl aus dem Zustand A in E zu verändern; somit muß sich
der Induktionsverlust kleiner ergeben als der Abklingungsverlust.“
Literatur
1) Raymond Davis, Scientific Papers of the Bureau of Standards, No. 528,
Washington 1926, S. 95 bis 139.
3) Lüppo-Cramer, Phot, Industrie 1927, Nr. 14 und ı5.
3) Lüppo-Cramer, Phot. Industrie 1927, Nr. 14, 15, 20, 33; Phot. Korr. 1927,
Nr. 4; Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 380. 1927, Phot. Rundschau 1927, S. 259.
4) E. Englisch, Archiv wiss. Phot. 2. 131. 1901.
(Eingegangen am 9. Oktober 1927)
Kleine Mitteilungen
Eine Wirkung von Gasionen auf unterkühlte Flüssigkeiten.
Bei der Fortsetzung älterer Versuche (Zeitschr. f. anorg u. allg. Chem. 120. 241. 1922)
über etwaige Beeinflussung der Kristallbildur.g durch elektrische Felder und Ent-
ladungen beobachtete ich mit Herrn E. A, Scheidt einen deutlichen, begünstigenden
Einfluß von Funken, welche dicht über der Oberfläche einer unterkühlten Flüssigkeit
übersprangen; sie führten mit ziemlicher Regelmäßigkeit bei einer gewissen Unter-
schreitung des Erstarrungspunktes zur Aufhebung der Unterkühlung, wobei direkt
unter der Funkenstrecke die Kristallbildung begann. In erster Linie kommt wohl
eine Wirkung von Gasionen in Frage, welche durch Kondensation Veranlassung zur
Bildung wirksamer Kerne gibt. Über die Variierung und Durchführung der Versuche
werden wir später eingehend berichten. K.Schaum.
Bücherbesprechung
(Rei: K. Schaum)
Josef Maria Eder, Ausführliches Handbuch der Photographie.
3. Aufl. Bd. II, 2. Teil: Die Photographie mit dem Kollodiumverfahren.
354 S. mit 69 Abb. Halle 1927, W. Knapp. M. 19.20 geb.
Trotz der außerordentlichen Leistungsfähigkeit moderner Trockenplatten ist das
nasse Kollodiumverfahren auch heute noch für die Reproduktion von Strichzeichnungen
unentbehrlich, da nasse, mit Jodsilber in bekannter Weise imprägnierte Kollodium-
schichten das beste Auflösungsvermögen zeigen. Ebenso besitzen die mit trockenen
Bromsilber-Kollodiumplatten durchführbaren Verfahren, besonders orthochromatische
Aufnahmeprozesse, sowie Aufnahmen für Autotypie und Verwandtes, noch immer!
erhebliche Bedeutung. Auf gründliche eigene Erfahrungen gestützt, hat der hoch-
verdiente Verfasser das umfangreiche Material in völlig neuer Bearbeitung zusammen:
gestellt. In erster Linie wendet sich das Buch an den Praktiker, doch gibt es dem
Forscher mancherlei Anregung zu systematischer Bearbeitung der grundlegenden Vorgänge.
Joseph Maria Eder und Eduard Kuchinka, Ausführliches
Handbuch der Photographie. 3. Auf. Band II, 3. Teil. 885.
mit 43 Abb. Halle 1927, W. Knapp. M. 6.20 geb.
Während der Inhalt des oben angezeigten zweiten Teils von vorwiegend prak-
tischer Bedeutung ist, behandeln die Ausführungen der Verfasser über die Daguerreo-
typie, die Talbotypie (Negativphotographie auf Papier) und die Niepgotypie
(Negative mit Eiweiß, Stärke u. a.) Arbeitsmethoden, die in erster Linie historische?
Wert haben und vielfach zu physikochemischer Vertiefung der Probleme anregen.
ETHERNET _ Le
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen
— nn mn mn
Lon SE Ca s
4
Sa
wen nen, l $ green?
ff A Ca
Zeitschrift
für
wissenschaftliche Photographie
Photophysik und Photochemie `
Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen
insbesondere von
H. Kayser
0. em. Professor an der Universität Bonn
herausgegeben von
K. Schaum
0. Ö. Professor an der Universität Gießen
Mit 39 Figuren im Text und einer Tafel
VE RLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH
ie Zeitschrift werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuchhandlung
reis beträgt pro Band fm In- u. Ausland Rm. 24.—, bei direkter
orto im Inland Rm. 25.—, im. Ausland Ga RS, 20.
Januar 1928
Inhaltsverzeichnis |
PEST ES, | TR A
A P. H. Trivelli, Versuch zu einer EPOP x latenten Bildes, Mit
3 Figuren im Det u i eegen
H A, Pritchard, Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen. Eine: onn
‚ sensitometrische Untersuchung. Mit ro Figuren im Text . . . á
S. E. Sheppard und H. Hudson, Additionsverbindungen des Allyl-tbioharn-
stoffes mit Silberhaloiden, Mit einer Fi igur im Text und einer ER auf
N EGN VER
Lüppo-Cramer, Farbstofwirkungen bei Schleed, Mit 6 ege
im ext. . -. - e (äer? aa, CN e
Rütcherbesgprëebneag > e ug An er WE Be ER
Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr, 14.
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständi e
Berichterstattung möglich ist.
Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere
RER welche vom Verlag bekanntgegeben werden.
Zr
E ig ` i
j _ D E y -
- u u d A è
’ - , b éj B
` e, - X jr E!
A T - ` E - * f
b a I D
WW
KM \
D VM
U
+
= i
a `
8
Be VE
Reproduktions-Optik |
Apochromat-Tessare und Planare |
Filter - Müvetten - Prismen - Spiegel
Einstell - Mikroskope
Druckschriften und jede gewünschte Auskunft kostenfrei von Carl Zeiss, J
Digitized by Go SÉ
d,
Zeitichrift für willenichaftlidie Photographie,
Photophylik und Photodiemie
XXV. Band 1928 Heft 3 u.4
Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes
Von
A.P.H. Trivelli
Mit 2 Figuren im Text
(Mitteilung Nr. 313 des Forschungslaboratoriums der Eastman Kodak Co.,
mitgeteilt durch die Technische Abteilung der Kodak A.G. Berlin)
Um die höhere Lichtempfindlichkeit der größeren Silberbromid-
körner in ein und derselben Emulsion zu erklären, stellten Sheppard,
Trivelli und Loveland (1) eine sogenannte Keimanreicherungs-
theorie auf, welche etwas modifiziert wurde, um mit neu auf-
gefundenen Tatsachen in Übereinstimmung gebracht zu werden.
Nach dieser Hypothese ist die Wirkung der Silbersulfidzentren (2)
„darauf beschränkt, daß ihre Größe durch Anlagerung von photo-
chemisch reduzierten Silberatomen wächst, wobei sie Kerne bilden,
welche groß genug sind, um die Entwickelbarkeit hervorzurufen.
Es ist klar, daß je größer der Keim ist, da er von einer gewissen
Grenze ab spontane Entwickelbarkeit ergibt, die Zahl der hin-
zukommenden Silberatome, welche erforderlich ist, um das Korn
entwickelbar zu machen, um so kleiner ist. Daher ist auch die
erforderliche Expositionszeit für dieses um so kleiner und die schein-
bare Empfindlichkeit um so größer.“ Die Anwesenheit von Silber-
sulfidkeimen [Silber kann auch als Keim dienen (3)] bedingt eine
Störung in dem Silberhaloidgitter, was bereits von Sheppard und
Verfasser (4) im Falle der gemeinsamen Kristallisation von Silber-
jodid mit Silberbromid angenommen war. Diese Störung im Kristall-
gitter, und besonders in unmittelbarer Nachbarschaft der Silbersulfid-
empfindlichkeitskeime, beruht auf einer gewissen Desorientierung des
Gitters und einer Deformation der Ionen des Gitters in dem um
den Keim sich ausbreitenden Raum, wobei die Deformation mit zu-
nehmendem Abstand von dem Keim geringer wird. Die Energie-
absorption, welche in der Nachbarschaft eines Silbersulfidkeimes
erfolgt, findet wahrscheinlich in diskreten Quanten statt (el Wir
fassen die photochemische Reduktion des Silberhaloids so auf, daß
sie im Grunde in dem Übergange eines Valenzelektrons vom
Zeitschr. f. wiss, Phot, 25. 5
66 Trivelli
Haloidion zum Silberion des Kristallgitters besteht (6). Die Elek-
tronenbahn, deren Deformation von diesem Standpunkt aus grund-
sätzliche Bedeutung haben dürfte, ist die des Valenzelektrons des
Bromons, Wir nehmen an, daß in unmittelbarer Nähe eines
Silbersulfidkeimes die Deformation dieser Bahn am stärksten ist,
und daß sie in dem Maße abnimmt, wie wir uns von dem Keim
entfernen. Wenn Licht auf ein Korn fällt, welches einen empfind-
lichen Keim enthält, so findet ein Übergang von Energie nach dem
Keime statt, wobei eine Reduktion von Silber rund um den Reifungs-
keim resultiert.
Es sei bemerkt, daß die Bedingungen für einen Zerfall an der
Grenze zwischen dem „Keim“ und dem Silberhaloid, sowohl optisch
wie chemisch sehr günstig sind. Wir haben eine Diskontinuität
im Brechungsindex an der Grenze, wobei bekanntlich in hetero-
genen Systemen eine katalytische Beschleunigung der Reaktion an
der Grenze der beiden Phasen eintritt (7), Die Hypothese, daß die
Silbersulfidreifungskeime in der Weise wirken, daß sie das photo-
chemische Produkt in ihrer Umgebung anreichern und die Ent-
wicklung einleiten, wenn sie eine gewisse Größe erreichen, scheint
gesichert zu sein. Mikroskopische Untersuchungen über die sicht-
bare photochemische Zersetzung reiner Silberbromidkristalle einer
photographischen Emulsion, in welcher Reifungskeime von Silber-
sulfid von mikroskopisch sichtbarer Größe erzeugt worden waren (8),
zeigten bei einer Vergrößerung von 1:2500, daß rund um den Keim
herum Silber im metallischen Zustande gebildet worden war. An
anderen Stellen der Kristalloberfläche erschien Photohaloid in Ge-
stalt kleiner Pünktchen in blauer und blaugrüner Farbe. Dies kann
als ein Beweis angesehen werden, daß in der Umgebung der Silber-
sulidkeime die photochemische Zersetzung konzentrierter und in-
folgedessen vollständiger stattfindet, als an anderen Stellen. Außer
dieser direkten Vermehrung von Silber nimmt Hickman(g) an, daß
das Silbersulfid als Akzeptor für das frei gewordene Halogen dient,
und infolgedessen zu einer stärkeren Silberbildung führt als bei der
photochemischen Zersetzung des Silberbromids. Es besteht kein
Gegensatz zwischen der Hickmanschen Hypothese und der im
vorstehenden vorgeschlagenen.
Der vorgeschlagene Mechanismus für den Orientierungseffekt
ist schwer quantitativ zu behandeln. Ich schlage nun eine weitere
Hypothese vor, welche sich auf den Energieübergang von der Stelle
der Absorption zum Silbersulfidkeim bezieht, welche bessere Möglich-
Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes 67
keiten für quantitative Untersuchungen eines Teiles des Mechanis-
mus der Entstehung des latenten Bildes zu eröffnen scheint.
Im Jahre 1868 wurde von Becquerel(Io) ein photoelektrisches
Phänomen beschrieben. Eine Platinplatte wurde mit dem Chlorid,
Bromid oder Jodid des Silbers überzogen. Wenn diese Platte in
angesäuertes Wasser oder in eine Lösung des entsprechenden Alkali-
halogenids eingetaucht wurde, so beobachtete er, daß das Potential
des Platins gegen die Flüssigkeit durch Belichtung anstieg. Im
Licht war die Platte stärker positiv als im Dunkeln. Becquerel
entdeckte auch, daß der Effekt bei metallischem Silber kleiner ist
als beim Platin.
Wenn wir dieses photoelektrische Phänomen auf die Silbersulfid-
zentren im Silberhaloidkristall übertragen, wobei das Silbersulid an
die Stelle des Platins tritt, dann sollte man erwarten, daß während
der Belichtung eine zunehmende Potentialdifferenz zwischen dem
Silbersulid und dem Silberbromid der Umgebung aufträte; diese
Potentialdifferenz ist beim Silberbromid diskontinuierlich, wie nun
ausgeführt werden soll.
Der Silberbromidkristall zeigt bekanntlich ein hohes Adsorptions-
vermögen für fremde Substanzen, und wenn er in Berührung mit
solchen Substanzen wächst, so verteilen sich diese mehr oder
weniger regelmäßig, aber diskontinuierlich in ihm. W. Reinders(11)
hat z. B. gezeigt, daß in Silberbromidkristallen die Gelatine in kleinen
molekularen Komplexen durch den ganzen Kristall verteilt ist. So
ist die Struktur des Bromsilberkristalles analog derjenigen der
Lenardschen inhomogenen kristallisierten Phosphore mit ihren
molekularen Einschlüssen fremder Substanzen, die er „Zentren“ (12)
nennt, und welche die Stellen sind, an welchen die Elektronen los-
gelöst werden. Lenard und Sealand (13) haben diese Substanzen
einer eingehenden Prüfung hinsichtlich ihrer photoelektrischen Eigen-
schaften unterzogen. Während der Belichtung lädt sich die Ober-
fläche positiv auf. Es wurde gefunden, daß wenn die Oberfläche
aufhört weitere Elektronen zu emittieren, nur ein Zehntel der Ober-
fläche wirklich geladen ist. Dies berechtigt jene Autoren zu der
Ansicht, daß der photoelektrische Effekt nicht über die ganze Ober-
fläche verteilt ist, sondern daß er in diesen „Zentren“ lokalisiert
ist, welche in phosphoreszierendem Sinne wirksam sind. Beim Ge-
brauch gefärbter Gläser als Lichtfilter wurde festgestellt, daß die-
jenigen Lichtsorten, welche keine Phosphoreszenz bewirken, auch
keinen photoelektrischen Effekt ergeben. Sie äußern ihre Auffassung
Lë
68 Trıvelli
dahin, daß Elektronen die „Zentren“ verlassen und daß die Phos-
phoreszenz dadurch hervorgerufen wird, daß die Elektronen nach
Aufhören der Belichtung auf die geladenen Zentren zurückfallen.
Obwohl es durchaus wahrscheinlich ist, daß eine Loslösung von
Elektronen in der Grenzschicht zwischen den Zentren und dem
Silberbromid der Umgebung stattfindet, so sind doch Fälle bekannt,
wo Elektronen von Stellen ausgesandt werden, an denen wir kaum
die Existenz von Verunreinigungen im Kristall annehmen können.
So vermindern z. B. im Diamant, in welchem Verunreinigungen sehr
leicht durch ihre Absorptionsspektra nachweisbar sind, diese die
Stärke des photoelektrischen Stromes etwa um 10—20°/, (14).
Dasselbe gilt für Zinksulfidkristalle unter gewissen Bedingungen.
Unter anderen Bedingungen jedoch, wenn die Verunreinigungen auf
eine bestimmte andere Weise hineingebracht werden, zeigen Diamant
und Zinksulfid eine starke Phosphoreszenz. Das heißt, die Methode
der Einbringung der Verunreinigungen ist der allerwichtigste Faktor
bei der Verstärkung oder Abschwächung der Phosphoreszenz und
der photoelektrischen Eigenschaften. In ganz ähnlicher Weise ist
die optische Sensibilisierung des Silberbromids im Effekt stark ab-
hängig von der angewandten Technik. Lescynski (15) hat gezeigt,
daß die normalerweise als Sensibilisatoren verwandten Farbstoffe
nicht die ganze Oberfläche der Silberhaloidkörner bedecken müssen,
mit anderen Worten, sie befinden sich als Sprenkel auf oder in der
Nähe der Oberfläche. Auch hat E. R. Bullock (16) gezeigt, dab
wenn Silbersulfid im Silberhaloidkorn auf eine ganz andere Weise
gebildet wird, als bei der chemischen Sensibilisierung mittels Allyl-
thioharnstoff, und zwar mit verdünnter Thiosulfatlösung, ein völlig
abweichender optischer Sensibilisierungseffekt erzielt wird, welcher
durch den Umstand erklärt werden könnte, daß hier eine andere
Modifikation von Silbersulfid entstanden ist als mit Allylthioharn-
stoff. Wightman, Trivelli und Sheppard (17) haben gezeigt,
daß Photohaloidemulsionen, welche nach verschiedenen Methoden
hergestellt wurden, eine optisch verschiedene photographische Emp-
findlichkeit ergeben. Es erscheint also durchaus verständlich anzu-
nehmen, daß die Silberhaloidkörner in ihrer Struktur den Lenard-
schen Phosphoren gleichen. In beiden Fällen ist nicht nur die
Natur der Verunreinigung, sondern auch die Art ihrer Einführung
in das Kristallgitter von großer Bedeutung im Hinblick auf die Los-
lösung der Photoelektronen. Unter den verschiedenen Arten von
Verunreinigungen in den Silberhaloidkristallen der hochempfindlichen
Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes 69
photographischen Emulsionen sind die Silbersulfidkeime von spe-
ziellem Interesse,
Es wird angenommen, daß unter dem Einfluß der Belichtung,
hervorgerufen durch die entstandene Potentialdifferenz, eine An-
zahl elektrischer Elementarströme zwischen den Silbersulidkeimen
und der diskontinuierlich in dem umgebenden Silberbromidgitter (18)
verteilten Ladung auftritt, in welches Fremdsubstanzen eingebettet
sind. Diese Ströme dürften sich von dem Silbersulfidkeim nach
den verschiedenen Sprenkeln in dem umgebenden Silberbromid
ausbreiten.
Toy und Edgerton (19) haben gezeigt, daß bei Wellen-
längen unter A = 280,0 un Silbersulfid, welches durch Abdampfen
metallischen Silbers mit Schwefelwasserstoff hergestellt war, zwei-
bis dreimal so stark photoelektrisch aktiv ist als Silberjodid, das
auf ähnliche Weise hergestellt wurde, und sogar 25mal so aktiv
als Silberbromid. Spuren von Silbersulfid im Silberbromid haben
bei der angewandten Herstellungsmethode keinen anormalen sensi-
bilisierenden Einfluß in photoelektrischer Hinsicht. Es wurde noch
nicht von der Differenzierung zwischen den zwei Modifikationen
von Silbersulid gesprochen. Wir wissen bis jetzt noch nicht,
welche von den beiden bekannten Formen die sensibilisierende
Wirkung ausübt; oder, wenn sie beide einen Sensibilisierungseffekt
ergeben, welcher Unterschied, wenn überhaupt, besteht. Wenn wir
aber annehmen, daß Toy und Edgerton die gleiche Modifikation
von Silbersulfid in das Silberbromidgitter eingeführt haben, welche
bei der alkalischen Behandlung der Doppelverbindung von Silber-
bromid mit Allylthioharnstoff gebildet wird, dann dürfte dieser
photoelektrische Effekt dennoch nur ein Faktor bei der Entstehung
des latenten Bildes sein, im Hinblick auf die Tatsache, daß sich
kein Parallelismus zwischen den photoelektrischen Eigenschaften von
reinem Silberhaloid und den photographischen Eigenschaften von
Silberhaloidemulsionen finden ließ. Dieser photoelektrische Effekt
könnte teilweise die Ursache für die Änderung der Potential-
differenzen in und auf der Oberfläche der Silberbromidkörner
während der Belichtung sein, und die Existenz von photoelektrischen
Strömen in den Silberhaloiden während der Belichtung ist in gleicher
Weise möglich (20). Wir wissen jedoch nicht genau, wie sie fließen.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Lösung des Problems des latenten
Bildes mit seiner Kompliziertheit im Hinblick auf die Umkehr-
erscheinungen von der Kenntnis dieser photoelektrischen Elementar-
70 Trivelli
ströme abhängt. Bei dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse
ist alles was wir darüber sagen können, daß es sehr wahrscheinlich
ist, daß die Silbersulfidkeime während der Belichtung Elektronen
an das umgebende Silberbromid abgeben. Aber so ein Vorgang
sollte sehr schnell durch die Zunahme der positiven Ladung der
Silbersulfidkeime zu einem Gleichgewichtszustand führen. Auf alle
Fälle dürfte so ein Strom sehr schön die Ablagerung von Silber-
atomen an der Grenze zwischen den Silbersulfidkeimen und dem
Silberbromidkristallgitter erklären, wenn wir nur wissen, wie die Elek-
tronen zu dem Keim wieder zurückkehren. In diesem Falle könnten
wir die orientierende Wirkung der Keimanreicherung wie die einer
Elektrode (Kathode) bei der Elektrolyse (21) ansehen. Die Elektro-
lyse der kristallisierten Silberhaloide und ihrer Mischungen ist von
verschiedenen Forschern untersucht worden. Kohlrausch (22) und
Lehmann (23) stellten fest, daß ein elektrischer Strom durch festes
kubisches Silberjodid zur elektrolytischen Abscheidung von Silber
und Jod führt. Kohlrausch untersuchte auch die Leitfähigkeit von
Silberbromid und Silberchlorid. Lorenz und Czepinski (24) waren
in der Lage, das Vorhandensein meßbarer Polarisationsströme bei
Temperaturen vom Schmelzpunkt bis herab auf 320°C nachzu-
weisen. Tubandt und E. Lorenz und Tubandt und F. Lorenz (25)
haben die Elektrolyse der kristallisierten Silberhaloide und ihrer
Mischungen untersucht und vermochten zu zeigen, daß in allen
Fällen das Faradaysche Gesetz gilt. Auch die Untersuchungen
von Benrath und Wainoff (26) über die Elektrolyse von festem
Silberchlorid wurden beachtet.
Lehmann (27) stellte durch mikroskopische Beobachtungen bei
der Elektrolyse von kubischem Silberjodid fest, daß nur die Silber-
ionen sich im Kristallgitter fortbewegen, während die Anionen un-
beweglich stehen bleiben. Tubandt, Eggert und Schibbe (28)
haben diese Untersuchungen fortgesetzt an den Silberhaloiden und
am gœ- und f-Silbersulfid und bestätigten Lehmanns Resultate.
Silbersulfid, in der -Modifikation stabil unter 179°C, zeigt eine
kompliziertere Leitfähigkeit als die &-Modifikation. Hexagonales
Silberjodid hat eine viel geringere Leitfähigkeit als das reguläre
Silberjodid mit dem Diamantgitter. Sie fanden, daß an der Kathode
metallisches Silber in der Form feiner Fäden und Dendriten ent-
steht, welche bereits von Le Blanc und Kirschbaum (29) im
Silberchlorid und von Hittorf (30) im Silbersulfid beobachtet worden
waren. Tammann (31) fand, daß Silberjodid bei hohen Drucken
in Antennen d, a FE DEE. RE ee De | i
Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes 7I
(3000 Atmosphären) in eine kubische Kristallform umgewandelt wird,
welche mit der hexagonalen in einem weiten Bereich koexistiert.
Barth und Lunde (32) führten eine erschöpfende Untersuchung
über die Mischungen von Silberbromid und Silberjodid aus. Sie
fanden auch durch röntgenographische Untersuchungen, daß Silber-
jodid in das Silberbromidgitter übergehen kann, wenn seine Kon-
zentration nicht zu hoch ist, was auch schon durch frühere Kristall-
strukturuntersuchungen von R. Wilsey in unserem Laboratorium (33)
bekannt war. Sie konnten zeigen, daß die Tammannsche Modi-
fikation des Silberjodids aller Wahrscheinlichkeit nach kubisch ist
und die Struktur des Silberbromids hat. Nun fand Graetz (34),
daß die Leitfähigkeit von Silberjodid bei Drucken, unter denen sich
die Tammannsche Modifikation bildet, etwa 200 mal größer ist
als die des regulären Jodids. Daher könnten wir in den Silberbromid-
Silberjodidmischkristallen bei niedrigen Konzentrationen des Silber-
jodids ein starkes Anwachsen der Leitfähigkeit mit zunehmendem
Gehalt an Jodid erwarten. Aber die Untersuchungen von Tubandt
und seinen Mitarbeitern ergaben kein merkliches Anwachsen der
Leitfähigkeit des Silberbromids, wenn es kleine Mengen von Silber-
jodid enthielt. Aber alle die oben erwähnten Leitfähigkeitsmessungen
wurden bei verschieden hohen Temperaturen nahe am Schmelzpunkt
ausgeführt mit Rücksicht auf die sehr geringe Leitfähigkeit der
Silberhaloide bei normalen Temperaturen. Dies erscheint als ein
starker Einwand gegen die Möglichkeit eines photoelektrischen
Elementarstromes in den Silberhaloiden während der Belichtung,
welcher die Entstehung des latenten Bildes verursachen soll, wenn
nicht die Silberhaloide eine wesentlich verschiedene elektrische Leit-
fähigkeit im Licht gegenüber derjenigen im Dunkeln besitzen.
Die Untersuchungen von Arrhenius(35) haben gezeigt, daß die
elektrische Leitfähigkeit von Chlor-, Brom- und Jodsilber auf Glas-
platten in dünnen trockenen Schichten zwischen Silberelektroden
bei der Belichtung merklich anwächst, speziell bei blauer und
violetter Bestrahlung. Er faßte dieses Verhalten auf als eine Photo-
leitfähigkeit, ähnlich der im Selen. Scholl(36) wiederholte diese
Versuche an Silberjodid und erhielt bei Belichtung mit å = 430 pu
eine Leitfähigkeit welche 40—50 mal größer war als im Dunkeln.
Mit Bädeker (37) schreibt er diese Leitfähigkeitszunahme der Bil-
dung von metallischem Silber im Lichte zu. Im Dunkeln sollte
die entgegengesetzte Reaktion einen großen Teil des Widerstandes
wiederherstellen. Wilson (38) untersuchte gleichzeitig den photo-
72 Trivelli
elektrischen Effekt und die Leitfähigkeitszunahme bei der Belichtung
von Silberjodid. Eine Änderung in der Leitfähigkeit stellte sich
ein, sowohl bei violettem als auch bei ultraviolettem Licht, wobei
der Effekt bei dem letzteren nur 8—ıo°/, von dem des ersteren
betrug. Eine Emission von Photoelektronen trat nur bei Anwendung
von ultraviolettem Licht auf. Wilson schlägt auf Grund einer An-
zahl von Experimenten die folgende beachtenswerte Erklärung vor.
Violettes Licht veranlaßt die Atome zur Emission von Elektronen
mit geringen Geschwindigkeiten. Diese führen durch die angelegte
elektromotorische Kraft zu einem Ansteigen der Leitfähigkeit. Ul-
traviolettes Licht löst Elektronen von höherer Geschwindigkeit ab,
welche viel weniger durch die elektromotorische Kraft gerichtet
1000
750
S
SD
x
o 500
N
e
250
O
(0) 5 tO 15 20 25
Zeit in Min.
Fig. ı
werden, und infolgedessen ist die Änderung in der Leitfähigkeit
geringer. Mit anderen Worten, die langsamen Photoelektronen
werden weniger leicht als die schnelleren Photoelektronen in freie
Elektronen verwandelt, die ja die Leitfähigkeit bestimmen. Die
Vorgänge sind unglücklicherweise viel komplizierter, wie durch
neuere Untersuchungen von Gudden und Pohl (39) gezeigt worden
ist. Diese Forscher kamen zu den folgenden allgemeinen Schlu$-
folgerungen bezüglich der Photoleitfähigkeit.
í. Der photoelektrische Strom steigt zu Beginn und fällt am
Ende einer Belichtung. Fig. ı zeigt eine solche Kurve. Diese
Kurve wurde erhalten mit Cadmiumsulfid, welches eine sehr große
„inertia‘“ besitzt. Eine ähnliche Kurve für Silberjodid ist von
Scholl (40) veröffentlicht worden und zeigt auch eine beträcht-
liche „inertia“,
Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes 73
2. Der photoelektrische Strom wächst schwächer als proportional
mit der Lichtintensität. Für verschiedene Wellenlängen und ver-
schiedene angewandte Potentiale wurden verschiedene Kurven er-
halten.
3. Verschiedene Arten von Beziehungen zwischen dem photo-
elektrischen Strom und dem angewandten Potential werden in Ab-
hängigkeit von der Lichtintensität und der Wellenlänge erhalten.
4. Bei konstanter Lichtenergie und konstantem Potential hängt
der lichtelektrische Strom von der Wellenlänge des Lichtes ab.
5. Die Verteilung der spektralen Empfindlichkeit ändert sich
bei längerer Einwirkung bestimmter Wellenlängen. Bisherige Maxima
verschwinden und neue treten auf.
Gudden und Pohl gelang es bei Anwendung sehr schwacher
Belichtung und kurzer Expositionen, den photoelektrischen Strom
in zwei Komponenten zu zerlegen: ein primärer Strom, welcher
sofort beginnt, ein Maximum erreicht und proportional
per absorbierten Energie ist, und ein sekundärer elektro-
Iytischer Strom, welcher anfänglich proportional der Be-
lichtungszeit anwächst.
Der Effekt intermittierender Belichtung bei der photographischen
Platte und andere Phänomene zeigen deutlich, daß der photographische
Effekt nicht zu den augenblicklich einsetzenden gehört. Mit anderen
Worten, der augenblicklich einsetzende photoelektrische Effekt ist
ungeeignet für eine photoelektrische Theorie des latenten Bildes.
Dies bedeutet, daß für die Entstehung des latenten Bildes die
Aufmerksamkeit auf den elektrolytischen Sekundärstrom gerichtet
werden muß. Dieser Strom wächst mit dem Potential und mit der
Energiedichte des Lichtes und ist der Grund für die große
Kompliziertheit der Phänomene der lichtelektrischen Leitfähigkeit.
Wenn wir Fig. ı ansehen und aus der Kurve die Konsequenzen
ziehen für eine intermittierende Exposition, so erhalten wir mit zu-
nehmender Unterbrechung einen kleineren photoelektrischen Strom,
welcher bis zu einer Grenze abnimmt, wenn die Leitfähigkeit so
weit abgenommen hat, daß sie den Wert der Dunkelleitfähigkeit
erreicht (Fig. 2). Die Beziehung zwischen den beiden Phänomenen
müßte experimentell bestimmt werden.
Es ist leicht möglich, daß wir auf diese Weise instand gesetzt
werden, eine Erklärung für das Versagen des Reziprozitätsgesetzes
von Bunsen und Roscoe zu finden. Man sieht sehr leicht, daß
bei geringer Intensität der elektrische Widerstand ansteigt, so daß
74 Trivelli
der photochemische Effekt kleiner wird. Mit ansteigender Licht-
intensität wächst der photochemische Effekt. Herr V.C. Hall in
unserem Laboratorium hat gezeigt, daß es sogar möglich ist, bei
gewissen Intensitäten und Expositionszeiten eine Beziehung zwischen
der Leitfähigkeit und dem Maximum der Schwärzung zu erhalten.
Bei geringer Intensität wird das Maximum der elektrischen Leit-
fähigkeit in lichtelektrisch leitenden Materialien schneller erreicht
Amperes x 10"
500
(0) 5 tO EI 20 25
Zeit m Min.
Fig. 2
als bei höheren Intensitäten, bei welchen es eine längere Zeitdauer
entsprechend der Natur der Substanz erfordert. Bei der Erforschung
des Reziprozitätsgesetzes wird zur Bestimmung der Dichte der photo-
graphischen Platte Z x Z konstant gehalten. Infolgedessen wird für
zunehmende Werte von / die Zeit Z entsprechend immer kürzer
und kürzer. Daher wird bei derjenigen Intensität, bei welcher /
kleiner als die zur Erreichung des Leitfähigkeitsmaximums notwen-
dige Expositionszeit zu werden beginnt, dann das erreichte Maximum
Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes 75
des photoelektrischen Stromes kleiner (und infolgedessen auch der
Wert der photographischen Schwärzung).
Sheppard (41) hat bereits im Jahre 1924 eine Beziehung
zwischen dem Herscheleffekt und dem Abklingen der Phosphor-
eszenz im extremen Rot und Infrarot angegeben. Dr. E. P. Wight-
man in unserem Laboratorium hat mich auf diese Beziehung (42)
ebenfalls hingewiesen. In diesem Zusammenhang muß die Auf-
merksamkeit auf den actinodielektrischen Strom von Lenard und
Sealand (43) gerichtet werden, welcher durch Rotbestrahlung her-
vorgerufen wird. Eine ähnliche Untersuchung wurde von Ram-
sauer und Hausser (44) ausgeführt. Eine Untersuchung über den
Herscheleffekt in dieser Richtung dürfte wohl befriedigendere Resultate
geben als die gegenwärtige chemische Oxydationstheorie. Verfasser
hat gemeinsam mit Herrn R. P. Loveland Untersuchungen über
die Umkehrerscheinungen begonnen, welche sich teilweise noch in
qualitativem Zustande befinden, aber sie zeigen, daß Halogenakzep-
toren wie Natriumnitrid, Aceton, Semicarbazon usw., welche die
Solarisation kräftig verhindern, den Herscheleffekt beschleunigen. Dies
stimmt nicht mit den Erfordernissen der Oxydationstheorie überein.
In der oben erwähnten Arbeit diskutiert Sheppard auch vom
photoelektrischen Standpunkt aus den Becquereleffekt, über welchen
H. Scholl (45) eine sehr ausgedehnte photoelektrische Untersuchung
durchgeführt hat.
Was die Rolle des Silberjodids in den Silberjodobromidkristallen
anlangt, so wurde früher eine Hypothese aufgestellt (46), daß infolge
einer Störung des Raumgitters, welche in den röntgenographischen
Untersuchungen von Wilsey (47) dargelegt war, die Empfindlich-
keit zunimmt.
Graetz (48) hatte bereits im Jahre 1836 gefunden, daß eine
Störung im festen Chlor- und Bromsilber deren elektrische Leit-
fahigkeit anwachsen läßt. Dies führt zu einer Ähnlichkeit zwischen
der Keimanreicherungstheorie und der photoelektrischen Erklärung
der orientierenden Wirkung in dieser Theorie. Infolge der Störung
des Kristallgitters in der Umgebung des Silbersulfidkeimes wird
eine zunehmende elektrische Leitfahigkeit nach dem Keime zu auf-
treten. Bis zu welchem Ausmaße die Photoleitfähigkeit sich mit
der Störung ändert, muß untersucht werden.
Von allergrößter Bedeutung ist die Untersuchung der Photo-
leitfähigkeit von Silberhaloiden, in welche Fremdstoffe eingeführt
worden sind (Gelatine, Silbersulid, die Doppelverbindung Thio-
76 Trivelli
harnstoff-Silbersulfid, Silber usw... Röntgen (49) zeigte, daß eine Sub-
stanz wie Natriumchlorid, welche in reinem Zustand nicht das geringste
Anzeichen von Photoleitfähigkeit zeigt, nach einer Bestrahlung mit
Röntgenstrahlen (welche eine Blaufärbung hervorruft) oder nach
Einführung von Fremdstoffen in einem höchst dispersen Zustand
lichtelektrische Leitfähigkeit bekommt. Wir kennen in der Photo-
graphie die Bedeutung, welche die Methode der Einbringung von
Fremdstoffen in die Silberhaloide besitzt. Tatsächlich scheint im
allgemeinen die Photoleitfähigkeit von der Einführungsmethode der
Fremdstoffe in empfindlicher Weise abhängig zu sein.
Eine Reihe von Untersuchungen über die photoelektrische Leit-
fähigkeit der Silberhaloide und des Silbersulfids im Zusammenhang
mit den photographischen Eigenschaften sowohl der geschmolzenen
Stoffe als auch der Einkristalle sind in unserem Laboratorium ge-
plant. Es ist von Interesse zu bemerken, daß im Zusammen-
hang mit dem photographischen Effekt der intermittierenden Be-
lichtung und dem Versagen des Reziprozitätsgesetzes Untersuchungen
aufgenommen worden sind, um eine Beziehung zu der lichtelek-
trischen Leitfähigkeit zu finden. Wenn eine solche Beziehung be-
steht, so kann sie als ein strenger Beweis für die einstweilen noch
hypothetischen photoelektrischen Elementarströme angesehen werden,
von denen man annimmt, daß sie im Silberhaloidkristall während
der Belichtung fließen. Das andere Erfordernis ist daher die Unter-
suchung der Potentialdifferenzen im Silberbromid und im Silber-
jodo-bromid zwischen den Fremdsubstanzen und den Silber-haloid-
kristallen während der Belichtung, das heißt ganz allgemein die
Verteilung der Potentiale.
Zusammenfassung.
I. Die Tatsache, daß Selen und verschiedene andere Stofte
einschließlich der Silberhaloide und des Silbersulfids sowohl photo-
elektrische Leitfähigkeit als auch einen photoelektrischen Effekt
zeigen, zusammengenommen mit den Tatsachen, daß in den Silber-
haloidkörnern Silbersulfid und vielleicht Silber vorkommt, und dab
diese offenbar stärker photoelektrisch sind als das umgebende Silber-
haloid, haben zu dem Schlusse geführt, daß der photoelektrische
Effekt und die Photoleitfähigkeit einen Anteil an der Entstehung
des latenten Bildes haben.
2. Es wurde angenommen, daß wenn Licht auf das Silberhaloid-
korn auftrifft, in welchem Empfindlichkeitskeime von Silbersulfid
Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes 77
oder Silber enthalten sind, daß der größere photoelektrische Effekt
des Silbersulids oder Silbers gegenüber demjenigen des Silber-
haloids eine Potentialdifferenz zwischen diesen erzeugt und daß in
gewisser noch unbekannter Weise die durch Lichtwirkung hervor-
gerufene Photoleitfähigkeit eine elektrolytische Ablagerung von Silber
in der Nachbarschaft der Keime bedingt. Infolgedessen nimmt deren
Größe und daher auch die Entwickelbarkeit des Kornes zu. Ein
solcher Effekt schließt nicht die einfache photochemische Zersetzung
des Silberhaloids durch Licht zu Silber noch die Möglichkeit, daß
das Silbersulid als Halogenakzeptor dient, aus.
3. Der Mechanismus dieses photoelektrischen Effekts und der
Photoleitfähigkeit ist noch ungeklärt und erfordert zur Aufklärung
seiner Natur noch erhebliche Experimentalarbeit. Qualitativ scheint
jedoch eine Beziehung zwischen dem Effekt intermittierender Be-
bchtung und auch dem Versagen des Reziprozitätsgesetzes einerseits
und der Entstehung des latenten Bildes andrerseits zu bestehen.
Anmerkungen
1) S. E. Sheppard, A. P. H. Trivelli und R. P. Loveland, J. Frank, Inst,
200. 51. 1925.
2) S. E. Sheppard, Coll. Symp. Monogr. 3. 76. 1925; Phot. J. 65. 380. 1925.
3) E. P. Wightman und R. F. Quirk (wird in Kürze veröffentlicht).
Al A. P. H. Trivelli und S. E. Sheppard, „The Silver Bromide Grain‘“‘
S, 121. 1921.
5) G. B. Gudden und R. Pohl, Physik, Zeitschr. 21. 529. 1921. J. Eggert
ud W, Noddack, Die Naturwiss. 15. 57. 1927, die eine sehr vollständige Biblio-
graphie des Gegenstandes gegeben haben.
6) S. E. Sheppard und A. P. H. Trivelli, Phot. J. 61. 303. 1921, unabhängig
davon vorgeschlagen von R. Fajans, Zeitschr. Elektrochem. 28. 499. 1922.
7) H. S. Taylor, „A Treatise on Physical Chemistry“, Vol. II. 952. 1925.
8) S. E. Sheppard, A. P. H. Trivelli und E. P. Wightman, „The Pro-
duction of Sensitizing Specks on Silver Halide Grains“ (wird in Kürze veröffentlicht).
9) K. C. D. Hickman, Phot. J. 67. 34. 1927; vgl. auch R. Lambert und
E. P. Wightman (eine Arbeit, die Hickmans Hypothese diskutiert), Zeitschr, f.
wiss, Phot. 25. 10. 1927.
10) E. Becquerel, La Lumière 2. 121. 1868.
11) W. Reinders, Zeitschr. Phys. Chem. 77. 213, 356, 677. 1911.
12) P. Lenard. Zeitschr. Phys. 3. 98. 1920; 4. 206. 1921.
13) P. Lenard und P. Sealand, Ann.d. Phys. 28. 476. 1909.
14) B. Gudden und R. Pohl, Zeitschr. Phys. 3. 123. 1920.
15) W. Leszynski, Zeitschr. Wiss. Phot. 24. 261. 1926.
16) S. E. Sheppard, B. J. 73. 33. 1926.
17) E. P. Wightman, A. P. H. Trivelli und S. E. Sheppard, „Preparation
and Properties of Experimental Photohalide Emulsions“ (wird bald veröffentlicht).
78 Trivelli. Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes
18) Die Absorption der strahlenden Energie soll nach den Wahrscheinlichkeits-
gesetzen stattfinden.
19) T. C. Toy und H. A. Edgerton, Phil. Mag. [7] 8. 482. 1927.
20) C. Ries, „Das Licht in seinen elektrischen und magnetischen Wir-
kungen“. 1909.
21) Die Kompliziertheit des photoelektrischen Phänomens ist gut beschrieben
in A. L. Hughes’ Photo Electricity (1914) und W. Hallwachs’ Die Lichtelektrizität.
Marx’ Handbuch der Radiologie Bd. III. (1916).
22) W. Kohlrausch, Ann. d. Phys. 17. 642. 1882.
23) O.Lehmann, Ann. d. Phys. 24. 1. 1885.
24) R. Lorenz und V.Czepinski, Zeitschr. anorg. u. allg. Chem. 19. 208. 1909.
25) C. Tubandt und E Lorenz, Zeitschr. phys. Chem. BN. 513. 1914;
CG Tubandt und F. Lorenz, Zeitschr. phys. Chem. 87. 542. 1914.
26) A. Benrath und J. Wainoff, Zeitschr. phys. Chem. 77. 257. 1911.
27) O. Lehmann, Ann. d. Phys. 24. 1. 1885.
28) C. Tubandt und P. Eggert, Zeitschr. anorg. u. allg. Chem. 110. 106. 1920.
C. Tubandt, Zeitschr. anorg. u. allg. Chem. 115. 105. 1920. C. Tubandt, S. Eg-
gert und G. Schibbe, Zeitschr. anorg. u. allg. Chem. 117. 1. 48. 1921.
29) M. Le Blanc und F, Kirschbaum, Zeitschr. Elektrochem. 16. 242. 1910.
30) Hittorf, Pogg. Ann. 84. 1. 1851.
31) C. Tammann, Zeitschr. phys. Chem. 75. 733. 1911.
32) T. Barth und G. Lunde, Norsk. Geol. Tidsk. 8. 293. 1925.
33) R. B. Wilsey, J. Frank. Inst. 739. 1925.
34) Graetz, Ann. d. Phys. 29. 314. 1886.
35) S. Arrhenius, Sitz.-Ber. Akad. Wiss. Wien. 96. 831. 1887.
36) H. Scholl, Ann. d. Phys. 14. 193, 417. 1905.
37) R. Bädeker, Ann. d. Phys. 29. 566. 1909.
38) W. Wilson, Ann. d. Phys. 23. 107. 1907.
39) B. Gudden und R. Pohl, Zeitschr. Phys. 6. 248. 1921; 7. 65. 1921;
Physik. Zeitschr. 22. 529. 1921.
40) H. Scholl, Ann. d. Phys. 14. 193, 417. 1905.
41) S. E. Sheppard, Arbeit über „Antagonism of Radiations in Photochemical
and Photographic Reactions“, vorgetragen in der Sitzung der Am. Chem. Soc, in
Washington 1924 (wird in den Chemical Reviews veröffentlicht werden).
42) P. Auger, Ann. Phys. 6. 183. 1926.
43) P. Lenard und I. Sealand, Ann. d. Phys. 28. 476. 1909.
44) C. Ramsauer und P. Hausser. Ann. d. Phys. 34. 445. I9IL.
45) H. Scholl, Ann. d. Phys. 14. 193, 417. 1905.
46) A. P. H. Trivelli, Rec. trav. chim. 8. 714. 1923.
47) R. B. Wilsey, J. Frank. Inst. 739. 1925.
48) L. Graetz, Wied. Ann. 29. 314 1886.
49) W. C. Röntgen, Ann. d. Phys. 64. ı. 1921.
Rochester, N. Y., 3. Mai 1927.
(Eingegangen am 16. Juni 1927)
Pritchard. Die Schleierkorrektion photographischer Schwärsungen 179
Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen
Eine sensitometrische Untersuchung
Von
H. A. Pritchard
Mit ıo Figuren im Text
(Mitteilung Nr. 310 des Forschungslaboratoriums der Eastman-Kodak Co.,
mitgeteilt durch die Technische Abteilung der Kodak A.G. Berlin)
Es ist bei sensitometrischen Untersuchungen an photographischen
Materialien höchst erwünscht, die störende Wirkung des Schleiers
zu eliminieren, um diejenigen Dichten zu erhalten, welche nur von
der Entwicklung solcher Körner herrühren, welche vom Licht ge-
troffen worden sind, aber keine Körner in sich begreifen, welche
auch ohne die Belichtung entwickelt worden wären.
Eine Methode zur Korrektion photographischer Dichten im
Hinblick auf den Schleier hat kürzlich Wilsey (1) vorgeschlagen.
Diese ist eine Modifikation der Methode von Meidinger (2), bei
welcher der letztere annimmt, daß der Abzug für den Schleier
proportional zu der Zahl der nicht als Bildkörner entwickelten
Körner ist. Wilsey führt aus, daß es korrekter wäre, der von
Sheppard und Mees (3) sowie von Hurter (4) geäußerten Annahme
zu folgen, daß der über den Bildeindruck hinausgehende Schleier
proportional der Masse des nicht vom Lichte getroffenen Silbers
ist. Unter der Annahme, daß die Masse des vom Lichte affızierten
Silbers genau dargestellt wird durch D_, der Grenzdichte bei voll-
ständiger Entwickelung des Bildes, und daß die Masse des als
Schleier entwickelbaren Silbers proportipnal der Schleierdichte'!) ist,
wurde die Formel für den das Bild überlagernden Schleier folgen-
dermaßen abgeleitet:
| Di Pamay (1)
F D
wo D, die das Bild überlagernde Schleierdichte, D, die maximale
Dichte (der größte Wert von D_, wenn alle entwickelbaren Körner
der Emulsion durch die Exposition entwickelbar gemacht und ent-
D Aus der Form von Gleichung (1) ist es ersichtlich, daß es nicht nötig ist,
daß das photometrische Äquivalent für den Schleier das gleiche ist wie dasjenige
für die Bilddichte.
80 Pritchard
wickelt worden sind), und Æ die Schleierdichte an einer nicht ex-
ponierten Stelle der Emulsion bedeuten. D. und EF werden ex-
perimentell bestimmt; ein angenäherter Wert von D, für jede
Expositionszeit wird aus experimentellen Daten nach der Methode,
welche Wilsey angegeben hat, bestimmt.
Wilsey gibt an, daß diese Korrektion verschiedene Faktoren
außer acht läßt, welche in bestimmbarer Weise die Entwicklung
und Verteilung des Schleiers berühren. Einer von diesen ist der
Einfluß der Reaktionsprodukte der Entwicklung. Bloch (5) hat
eine Methode beschrieben, um diesem Faktor Rechnung zu tragen;
eine kleine Fläche in der Mitte jeder Schwärzung, in welche hinein
Reaktionsprodukte diffundieren können, wird gegen die Exposition
geschützt und der Schleier an dieser Stelle gemessen; auf diese
Weise hat jede Schwärzung ihren eigenen Schleierwert 7 zur Ver-
wendung in Gleichung (I) an Stelle eines konstanten Schleierwertes
eines Sensitometerstreifens.
Ein anderer Faktor, welcher die Genauigkeit der Gleichung (1)
beeinflussen könnte, ist der Fehler, der dadurch bedingt wird, daß
die Dichten proportional zu der entsprechenden Masse von Silber
angenommen werden.
Es wurde auch ausgeführt, daß die am meisten zu Schleier
neigenden Körner auch die für die Exposition empfindlichsten sind,
in welchem Falle die geringeren Expositionen vorzugsweise die
meisten der Schleierkörner auswählen dürften, so daß die übrig
bleibenden Körner eine geringere Wahrscheinlichkeit besitzen dürften,
als Schleier entwickelt zu werden. Die Existenz eines solchen
Effektes wurde durch eine Untersuchung von Trivelli, Wightman
und Sheppard (6) dargetan, in welcher gefunden wurde, daß der
„zusätzliche Schleier“ eine Größenhäufigkeitsverteilung ähnlich der-
jenigen der exponierten Körner hat.
Im Hinblick auf diese verschiedenen Faktoren, welche diese
Methode der Schleierkorrektion nicht in Rechnung setzt, hebt
Wilsey hervor, daß die Methode nur dann angewandt werden darf,
wenn der Schleier nicht übermäßig groß ist, und wenn keine be-
sonderen ungewöhnlichen Faktoren den Schleier beeinflussen.
Unter Verwendung von Werten, welche aus einer mäßig langen
Reihe von Entwicklungszeiten (bis zu 16 oder 32 Minuten) erhalten
wurden, ergab die Gleichung von Wilsey eine zusammenhängende
Reihe charakteristischer Kurven, aus welchen der Effekt des Schleiers
im großen ganzen eliminiert zu sein schien. Bei den längsten Ent-
Die Schleierkorrektion. photographischer Schwärzungen 81
wicklungszeiten jedoch, wo der Schleier am stärksten war, zeigten
sich gewisse Anzeichen einer Überkorrektion, was darauf hindeutet,
daß die bei dieser Methode vernachlässigten Faktoren doch nicht
ganz vernachlässigt werden dürfen. Es schien erwünscht, einen:
Versuch zur Modifikation dieser Art von Korrektion zu unternehmen,
um dem Einfluß dieser Faktoren Rechnung zu tragen, so daß die
Methode noch genauer und über einen ausgedehnteren Bereich von
Schleierwerten anwendbar würde, Man mußte ausfindig machen,
welche Angaben man aus sensitometrischen Daten erhalten konnte,
um eine brauchbarere Funktion für die Schleierkorrektion zu ge-
winnen. Um die Materie der Schleierkorrektion auf eine feste Grund-
lage zu stellen, sollten die den Schleier beeinflussenden Faktoren
mit Hilfe der direktesten möglichen Methoden untersucht werden.
Dies dürfte die Bestimmung der Beziehung der Masse des Silbers
zur Dichte über einen großen Bereich von Versuchsbedingungen
in sich schließen, sowie eine Untersuchung über den selektiven
Einfluß der Exposition auf die Schleierkörner und eine allgemeine
Untersuchung über die Art der Entwicklung von Silberhaloidkörnern
sowohl im unbelichteten wie im belichteten Zustand mit wechselnden
Lichtmengen. Die gewöhnlichen sensitometrischen Methoden ließen
keine quantitativen Aufschlüsse über diese Faktoren erwarten; da-
gegen wurde als richtig unterstellt, daß sensitometrische Daten ge-
wisse Aussagen über die Verteilung des dem Bilde überlagerten
Schleiers machen können, trotzdem die Methode der Ableitung
der Resultate indirekt ist und notwendigerweise Annahmen in sich
birgt, die nicht direkt bewiesen worden sind.
Nietz (7) erhielt Daten über die Verteilung des dem Bilde
überlagerten Schleiers auf zwei Methoden. In dem einen Falle
wurde die charakteristische Kurve, die bei Anwendung eines un-
reinen Entwicklers erhalten war, wobei ein starker Schleier entstand,
verglichen mit derjenigen Kurve, welche wahrscheinlich erhalten
worden wäre, wenn keine Schleierbildung eingetreten wäre. Diese
letztere Kurve wurde konstruiert auf Grund der Annahme, daß bei
höheren Dichten kein Schleier überlagert und daß der Punkt des
Maximalkontrastes ohne Schleier der gleiche wie der für kurze Ent-
wicklungszeiten wäre. Im anderen Falle wurden charakteristische
Kurven, welche bei Zusatz von Thiocarbamid zum Entwickler er-
halten waren, verglichen mit solchen, die der gleiche Entwickler
ohne Thiocarbamid ergeben hatte. Der überlagerte Schleier wurde
in Beziehung zur Dichte des Bildes in einer Kurve aufgezeichnet, für
Zeitschr. f. wiss, Phot, 25 6
82 Ä Prischard
deren größten Teil sich die Beziehung ableiten ließ D, = K (D; — DÄ
wo D; die Bilddichte, D, der Wert ist, bei welchem der gerade
Kurventeil die Achse der Dichte schneidet und X eine Proportionali-
tätskonstanite ist. Die Werte weichen von dieser linearen Beziehung
bei den höheren Bilddichten ab.
Neuerdings hat Sheppard (8) über sensitometrische Unter-
suchungen berichtet, welche er an einer Reihe von Emulsionen mit
wechselndem Gehalt an Allyl-thioharnstoff angestellt hat. Er kommt
zu dem Schluß, daß die Daten besser der Gleichung von Nietz
als der von Wilsey für die Dichte des übergelagerten Schleiers
entsprechen. Diese Deutung stützt sich auf die Konstanz von
Gamma über einen beträchtlichen Bereich von Schleierwerten für
verschiedene Emulsionen in diesen Serien.
Die in dieser Untersuchung befolgte Methode bestand darin,
daß man das Anwachsen der Dichte bei langen Entwicklungszeiten
untersuchte, nach deren Ablauf die Bilddichte praktisch vollständig
entwickelt worden war; in der Regel erscheint die Bilddichte in
einem Zeitraum von 30 Minuten nahezu vollständig entwickelt zu
sein, während die Entwicklung des Schleiers mehrere Stunden fort-
dauert. Während der letzten Entwicklungsperiode sollte das An-
wachsen der Dichte mit wechselnden Expositionszeiten im großen
und ganzen das gleiche sein wie beim Schleier, und das Maß ihres
Wachsens sollte einen Anhaltspunkt für die Menge des mit dem
Bilde vermengten Schleiers abgeben. Emulsionen und Entwickler
waren von vorbildliichem und normalen Typ und gaben bei gewöhn-
lichen Entwicklungszeiten keinen übermäßigen Schleier. Weiterhin
wurde der überlagerte Schleier bei Entwicklungszeiten untersucht,
bei denen das Versagen der Wilseyschen Korrektion am dent-
lichsten ist. Die Blochsche Methode der Schleiermessung wurde
verwandt, um in der bestmöglichen Weise dem Effekt der Reaktions-
produkte des Entwicklungsprozesses Rechnung zu tragen.
Experimentelle Methoden. .
Die vorliegenden Untersuchungen wurden an drei Emulsionen
von verschiedenem Typus ausgeführt, ein Positivilm (wenig empfind-
lich), ein Röntgenfilm (mittel empfindlich) und ein Porträtfilm (hoch-
empfindlich, Sensitometrische Expositionen sowohl mit Röntgen-
strahlen wie mit weißem Licht wurden auf allen drei Filmsorten
ausgeführt. Die Expositionszeiten waren so bemessen, daß sie unter
Die Schleierkorrektion photegraphischer Schwärzungen 83
allen Umständen die charakteristischen Kurven praktisch in Ihrem
ganzen Verlauf ergaben.
Die Expositionen mit weißem Licht wurden in einem Sektor-
scheibensensitometer ausgeführt, welches für jede Exposition eine
Umdrehung macht.(9) Die Lichtquelle war eine Wolframlampe in
einem Lampengehäuse, das mit einem Fenster von Matt-Glas
versehen war. Die Farbtemperatur der Lichtquelle war 2500° C.
Die Filme wurden mit folgenden Intensitäten exponiert: Positivfilm
7,94 m.c., Röntgenflm 1,99 m.c. und Porträtfilm 1,99m.c., jede
Intensität war angenähert die optimale für den entsprechenden Film.
ı8 Stufen von Expositionszeiten, welche sich durch den Faktor 2
unterschieden, wurden erhalten, indem zwei Reihen von Expositionen
unter Verwendung einer jeweils verschiedenen Anzahl von Um-
drehungen der Scheibe hergestellt wurden. Die Filme wurden
hinter Glas exponiert, wie bei der Diskussion der Blochschen Me-
thode der Schleiermessung erklärt werden soll.
Die Röntgenstrahlenexposition, bestehend aus 16 Stufen mit
dem Faktor 2, wurde ausgeführt mit einem nicht intermittierenden
Sensitometer von dem von Jones (10) angegebenen Typus. Die
Strahlenquelle war eine Coolidgeröhre vom Universaltyp, betrieben
mit 60 Kilovolt durch einen geschlossenen Transformator mit me-
chanischem Gleichrichter.
Der Schleier wurde für jede Expositionsstufe beim Positiv- und
Röntgenfilm nach der Blochschen Methode bestimmt. Bei dieser
Methode wird in der Mitte jeden Feldes einer Expositionsstufe eine
kleine Fläche vor der exponierenden Strahlung geschützt. Man
konnte natürlich erwarten, daß die bei der Entwicklung der ex-
ponierten Flächen entstehenden Reaktionsprodukte nicht nach den
geschützten Stellen diffundieren können und die Entwicklung der
Schleierkörner in dem gleichen Maße verzögern, wie sie dies bei
den Schleierkörnern tun, welche durch die exponierten Teile der
Emulsion verteilt sind. Ferner ist die Blochsche Methode mit
dem Einfluß der Irradiation (während der Exposition) von den um-
gebenden Körnern nach dieser Stelle hin behaftet. Je kleiner die
Fläche, um so kleiner ist die Strecke für die Diffusion und um so
näher sollte die Konzentration der Reaktionsprodukte derjenigen in
der umgebenden exponierten Fläche sich angleichen. Aber je größer
gleichzeitig der Irradiationseffekt wird, um so kleiner wird die ge-
schützte Fläche. Das Experiment hat gezeigt, daß das Minimum
an Schleier bei der Blochschen Methode gegeben ist bei einer
ch
84 Pritchard
geschützten Fläche von ungefähr !/, Inch im Durchmesser. Um
den Effekt in dieser vorläufigen Untersuchung zu verstärken, wurde
das Bromid im Entwickler fortgelassen; ein besonders starker Effekt
der Reaktionsprodukte auf den Schleier wurde bei Anwendung
eines kräftigen Hydrochinonentwicklers ohne Bromid erhalten, Für
die Expositionen mit weißem Licht waren kreisförmige Stückchen
von schwarzem Papier von !/, Inch Durchmesser auf einer Glas-
platte befestigt. Der Film wurde hinter dieser Platte exponiert und
in gutem Kontakt mit den schwarzen Papierstücken mit Hilfe
einer dicken Glasplatte (bedeckt mit dunklem Papier zur Verhinde-
rung der Reflexion) gehalten, welche auf die Rückseite des Filmes
aufgepreßt wurde. Für die Röntgenstrahlenexpositionen waren
Löcher von !/, Inch Durchmesser in eine !/, Inch dicke Bakelit-
platte gebohrt und durch Blei ausgefüllt, wobei Vorkehrungen ge-
troffen waren, daß die Enden dieser Bleizylinder eben und glatt
abschließend mit der Oberfläche der Platte gemacht wurden. Der
rückwärtige Verschluß des Filmhalters übte einen festen Druck auf
den Film aus, um ihn in gutem Kontakt mit der Platte zu halten,
und er war auch mit Bleifolie bedeckt, um den Film gegen Streu-
strahlung aus dem Hintergrunde zu schützen. Die Blochsche Me-
thode wurde nicht bei den Expositionen von Porträtfilm angewandt,
weil die Ergebnisse mit den beiden andern Filmsorten gezeigt hatten,
daß dies unnötig war.
Die Entwicklung der Sensitometerstreifen wurde in einem Trog
aus Monelmetall mit Doppelboden als Wassermantel in folgendem
Röntgenfilmentwickler ausgeführt:
Blons s coro e s ee 23g
Hydrochinon . . . . . 9,2g
Natriumsulft . . . . . 50 g
Natriumcarbonat >». 50 g
Kaliumbromid . .. . 2 g
Wasser, aufgefüllt zu 1000 ccm
Die Temperatur des Entwicklers wurde auf 18°C. konstant ge-
halten mit Hilfe eines Thermostatenbades, und der Entwicklungstrog
wurde kontinuierlich geschaukelt, mit Ausnahme bei den langen
Entwicklungszeiten, wo er in Intervallen von 5 oder ro Minuten
bewegt wurde. Die Entwicklungszeiten hatten einen Spielraum von
ı Minute bis zu 2 Stunden für Positiv- und Röntgenfilms, und bis
zu 5 Stunden für Porträtfilms, wobei die längste Zeit ausreichte, um
Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen 85
eine vollständige Entwicklung sowohl für die Schleier- als auch für
die Bildschwärzungen zu erzielen. Drei Streifen wurden entwickelt
für jede Zeit und: ihre Dichten wurden für die Konstruktion der
Sensitometerkurven gemittelt.
Die charakteristischen Kurven wurden aufgezeichnet und dann
nach folgendem Verfahren ausgeglichen: Bei jedem Expositionswert
wurden die Dichte-Entwicklungszeit-Kurven durch die Dichtewerte ge-
zogen, welche von den charakteristischen Original-Kurven entnommen
waren; von diesen Entwicklungszeit-Kurven wurden die Dichten
genommen, um die charakteristischen Kurven wiederzuzeichnen.
Diese ausgeglichenen Kurven wurden in der folgenden Untersuchung
über die Schleierkorrektion verwandt.
Ergebnisse und Diskussion.
Zur Prüfung der Genauigkeit der Schleierkorrektion können
mit Hilfe der sensitometrischen Methoden nur wenig Beweise er-
halten werden. Es ist daher nötig, die Brauchbarkeit einer solchen
Korrektion nach dem Charakter der korrigierenden Kurven, als
Gruppe zusammengefaßt, zu beurteilen. Wenn die Gruppe in sich
geschlossen ist und nicht gegen die allgemein gültigen Anschauungen
über die Entwicklung der Bildschwärzung verstößt, so kann sie als
einwandfrei korrigiert angesehen werden. Dies ist ein etwas will-
kürlicher Maßstab, der zum Teil auf die Erfahrung des Experimen-
tators gegründet ist, aber er ist gegenwärtig der beste Standard,
den man anwenden kann. Die allgemeine Annahme, mit welcher
die korrigierten Kurven in Einklang stehen müssen, ist die, daß
für jede Expositionszeit die Schwärzung kontinuierlich mit der Ent-
wicklung zunehmen muß bis zu einem Maximum, bei welchem sie
bei weiterer Entwicklung merklich konstant bleibt. Dieselbe Regel
dürfte normalerweise ebensogut auch für Gamma gelten.
In Fig. ı sieht man die Scharen von ausgeglichenen charakte-
ristischen Kurven für Röntgenfilm, belichtet mit Röntgenstrahlen
und weißem Licht, Dichte-Entwicklungszeit-Kurven für eine Anzahl
von Expositionszeiten sind angegeben. Es sei erwähnt, daß im Ge-
biet beträchtlicher Expositionen die Dichte rapid mit der Ent-
wicklungszeit anwächst und in den meisten Fällen in relativ wenigen
Minuten ihr Maximum erreicht. Für geringere Expositionen ist die
für eine vollständige Entwicklung erforderliche Zeit viel größer. Die
größte Schleierdichte wurde in allen Fällen beträchtlich kleiner als
‚die maximale Bilddichte gefunden, wobei ihr relativer Wert von
dem Typ des Filmes abhängt. Die nach der Blochschen Methode
für jede Expositioastufe bestimmten Schleierwerte wurden aut-
gezeichnet in ihrer Beziehung zu den gleichen Expositionsskalen wie
e Licht
1 Min. Entwicklung
— =
FA Exwositionszeif 2
Fig. ra
Schlererdichte
20 SC
Log. Expositionszeit
Fig. ıb
2 57
in den entsprechenden charakteristischen Kurven (Figg. ıb u. Ie)
Positivfilm (Fig. 2) zeigt eine beträchtliche Umkehr im Gebiete kleiner
Expositionszeiten für lange Entwicklungszeiten, ein Effekt, welchen
man unter solchen Bedingungen häufig findet.
FW dëser air -| E
Die Schleierkorrektion pholegraphischer Schwärzungen 87
Die Unstimmigkeiten zwischen den existierenden Methoden der
Schleierkorrektion sind in Fig. 3 illustriert, in welcher die Kurven
für Röntgeafiim, nach drei verschiedenen Methoden korrigiert, ein-
gezeichnet sind. Der Abzug eines gleichmäßigen Schleierwertes
30
Dichte
C) Licht
39
DA
2,1
1,8
| 15
g 0,9
0,0
| Schleier
30 60 90 120
Entwicklungszeit m Min.
Fig. Ic
€) Aöntgenstrahlen
Min. Entwicklung
CH 30 H
Log. Expositonszeit ú S
Fig. ıd
von allen Dichten einer gegebenen Kurve führt zu einer völlig
sinnlosen Schar von korrigierten Kurven. Wie die charakteristischen
Kurven in Fig. ı zeigen, entwickelt sich der Schleier noch weiter,
lange nachdem die maximale Dichte des Films für hohe Expositions-
38 Pritchard
zeiten erreicht worden ist. Der Abzug eines anwachsenden Schleier-
wertes von der gleichen maximalen Bilddichte führt zu einer Ver-
minderung von Dmax in den korrigierten Kurven, wo hingegen kein
30 !
(€) Äöntgenstrahlen
6
4
zen 3
RT E9 —G
E dee rl
S 2
S
>40
1 Min. |
16 Entwicklung |
11 |
O 10 20 BW: 40 50
Log. Expositionszert
Fig. 1e
aa (f) Aöntgenstrahlen
7 45
sc
2A
2,
2p 1,8
è == et?
R L ei vil
S 7
10 | Schleier
60 90 120
Entwicklungszeif in Min.
Fig. ıf
‘Grund vorliegt, weder in der Theorie noch im Experiment, zu ET
warten, daß die Dichte mit der Entwicklungszeit abnimmt, wen?
sie einmal ihren Maximalwert erreicht hat.
Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen 89
Min, Entwicklung
KR "e O
Log. D Ü =
Fig. 2a
Schleierdichte
O 9 20 ` 28 40 50
Log. Expositionszeit
Fig. 2b
Ein ähnlicher Effekt, aber schwächer in seinem Ausmaß, zeigt
sich bei Verwendung der Meidingerschen Formel. Es zeigt sich
Digitized by Google
(OQ Licht
30 60 90
Entwicklungszeif in Min.
Fig. 2c
Röntgenstrahlen
30 40
Log. Expositionszeit
Fig. 2d
nn
> I
or: OL LL NNOTIO
Digitized by Xa O IQ IX
O
120
Die Schleierkorrektion pholographischer Schwärsungen QI
deutlich eine Überkorrektion bei Entwicklungsseiten über 16 Minuten.
Diese Überkorrektion tritt bei kleineren Expositionen stärker hervor.
(©) Aöntgenstrahlen 11 |
8
6
LED 4
S
$ S
nt
S10 e
1 Min.
22 Entwicklung
O 10 20 E e 40 50
Log. Expositionszeit
Fig. 2e
20 Se
30
2,7
30
| 24
"O OO Schleier
KE
zj e
e SE Ve
Log. E15
10 Schleier
(f) Aöntgenstrahlen
30 60 90 120
Entwicklungszert in Min.
Fig. 2f
Wenn die Wilseysche Gleichung angewandt wird, so sind die
Unstimmigkeiten zwischen den korrigierten Kurven kleiner als ia
92 Pritchard
den Fällen der beiden anderen Korrektionsmethoden. Aber hier
tritt statt dessen eine Überkorrektion auf, wenn hohe Schleierwerte
bestehen. Eine Überkorrektion der charakteristischen Kurven für
lange Entwicklungszeiten zeigte sich in ähnlicher Weise bei Positiv-
"TT e i
EE
2p GG
IA „es er
A A et
S (4 se
S ds S
A Lë SE aana
1) SE S
A Be Mın. Entwicklungszeit
Be / Dag
S "797 a 9 20 50
Log Expositonszeit
Fig. 38
(b) Licht PO ser
ech
U
Au
A
S
Q
O
45 Ee Mm. Entwicklung
120
BD /
Fr Da
Log. Exposihionszert
Fig. 3b
und Porträtfiilm und war besonders groß für Positivfilm, welcher
mit Röntgenstrahlen belichtet war. Das Versagen der Wilsey sch e
Gleichung liegt offensichtlich begründet in Faktoren, welche € Ve
nachlässigt und welche bereits diskutiert worden sind.
Schleiers ist veranschaulicht durch die Schleierkurven der Figg. ıb
und 1e. Diese Kurven zeigen im allgemeinen, daß der Schleier an
den geschützten Stellen nahezu konstant und bis zu demjerisen
(O Licht
A
$
S
10 ; ;
1 Min. Entwicklung
S P P a9 50
Log Exposihonszert
Fig’ 3c
O
E) ARöntgenstrahlen
l- ---------16
A
- A = ------ 32
9S
REI isch 120
1 Mn. Entwicklung
0 p y% 40 50
Log Expositionszeit
Fig. 3d
Punkte unabhängig von der Dichte der Umgebung ist, wo die Licht-
hofbildung und die Irradiation zu einem Anwachsen der Dichte führt;
von diesem Punkt der Schleierkurven leitet sich praktisch die Ge-
stalt der charakteristischen Kurven ab. Man sollte erwarten, daß
94 Pritchard
der Effekt der Reaktionsprodukte am größten in der Gegend des
Rückens der charakteristischen Kurve ist. Ein Vergleich mit den
entsprechenden Schleierwerten zeigt, daß der Schleier hier ebenso
stark ist, als an unexponierten Stellen des Films. Die Schleier-
(©) Aöntgenstrahlen
ch
Ki e
S
S
10
Mın. Entwicklung
O
9% ə 4 5p
Log. Erposıhlonszert
Fig. 3e
” (f) Aöntgenstrahlen
U
Dichte
Min. Entwicklung
TT m E 20 Sé
Log. Expositionszeit
Fig. 3f
dichten auf Röntgenfilm, welcher weißem Licht ausgesetzt wurde,
zeigen einen kleinen Buckel in der Nähe der geradlinigen Strecke
der charakteristischen Kurve (vgl. Fig. ıb), aber die Abnahme ist
so geringfügig, da man sie für die Zwecke der Korrektion ver-
Die Schleierkorrektion n pheisgrophischer Schwärzungen . 95
nachlässigen kann. Diese Resultate beweisen nicht, daB die Reaktions-
produkte keinen Einfluß auf den Schleier ausüben, sondern sie zeigen
nur, daß wenn ein solcher vorhanden ist, er bei diesen Versuchs-
anordnungen zu klein ist, um mit Hilfe der Blochschen Methode
aufgefunden zu werden. Ein Vergleich mit verschiedenen andern
Entwicklern hat ergeben, daß die in diesen Untersuchungen ver-
wandte Formel ganz besonders frei von den Einflüssen der Reaktions-
produkte ist. Dies ist wahrscheinlich zwei Faktoren zuzuschreiben:
ı. der Entwickler ist ausreichend stark, um der Einwirkung der
Reaktionsprodukte zu widerstehen, und 2. die hemmende Wirkung
der Reaktionsprodukte ist im Vergleich zu derjenigen des Bromids
im Entwickler klein.
Der Umkehreffekt, welcher bisweilen in der Gegend geringer
Expositionszeiten auftritt, wenn die Entwicklung hinreichend lang
ausgedehnt wird, ist am Positivfilm dargelegt (Fig. 2). Dieser ist
ähnlich dem durch Zugabe von Thiocarbamid zum Entwickler her-
vorgerufenen Effekt. Mees und Pieper (11) erklären den Umkehr-
effekt durch Thiocarbamid durch die hemmende Wirkung der
Reaktionsprodukte auf die benachbarten Schleierkörner. Die Ur-
sache für die Umkehr im vorliegenden Falle dürfte eine andere
sein als beim Thiocarbamid. Auf alle Fälle deutet die Tatsache,
daß die Blochsche Methode der Schleiermessung in diesem Falle
keine Erklärung für den Umkehreffekt gestattet, darauf hin, daß die
Reaktionsprodukte nicht die primäre Ursache desselben sind; an den
Stellen (A), wo die Umkehr am größten ist, ist der Schleier (bei A"
praktisch noch der gleiche wie am Ende des Sensitometerstreifens
und zwar stärker als die Dichte der Umgebung.
Die punktierten Linien unter den charakteristischen Kurven
zeigen die Schleierwerte für die längste Expositionszeit und ver-
anschaulichen die Konstanz des Schleiers in diesem Gebiet. Dieses
Resultat war zu erwarten, da bei diesen Untersuchungen eine Um-
kehr nur bei sehr langen Entwicklungszeiten auftritt, wenn die
Bildung von Reaktionsprodukten sehr langsam vor sich geht. Wenn
die Umkehr durch eine einfache Bremswirkung hervorgerufen wird,
wie sie lösliche Bromide ausüben, 'so sollte man erwarten, daß der
Umkehreffekt bei fortgesetzter Entwicklung eventuell verschwinden
sollte. Versuche, bei welchen die Entwicklungszeiten bis zu acht
Stunden betrugen, zeigten, daß die Umkehr bestehen bleibt und daß
die ganze Kurve ungeändert bleibt.
Neuerdings wurde der Thiocarbamideffekt durch Rawling (12)
96 Pritchard
auf folgende Weise erklärt. Thiocarbamid bildet unlösliche Komplex-
verbindungen mit Silberbromid, welche auf der Oberfläche der Körner
zurückbleiben; diese Komplexe haben das Bestreben, in Silber-
sulfid zu zerfallen, wodurch die Körner entwickelbar gemacht werden.
In Gegenden, wo die exponierten Körner sich zu entwickeln be-
ginnen, sind die Reaktionsprodukte bestrebt, den Zerfall der Kom-
plexe zu Silbersulfid und auf diese Weise die Entwicklung der
nicht exponierten Körner zu verhindern. Rawling fand, daß der
Umkehreffekt bei verlängerter Entwicklung abnimmt, was besagt,
daß wenn die Konzentration der Reaktionsprodukte in der Emulsions-
schicht infolge der langsameren Entwicklungsweise abgenommen
hatte, die Entwicklung des Schleiers wieder fortschreiten konnte.
Da die Blochsche Methode keinen meßbaren Effekt der Reaktions-
produkte bei den vorliegenden Versuchen anzeigt, und da die be-
obachtete Umkehr nicht bei fortgesetzter Entwicklung verschwindet,
so ist es offenbar, daß in diesem Falle die Reaktionsprodukte nicht
für den Umkehreffekt verantwortlich sind, Es würde von erheb-
lichem Interesse sein, die Blochsche Methode auf die Versuche
anzuwenden, bei welchen die Thiocarbamidumkehr erhalten wurde,
um festzustellen, ob der Effekt direkt oder indirekt durch die Wir-
kung der Reaktionsprodukte hervorgerufen wird.
Die Tatsache, daß die Reaktionsprodukte offenbar nicht für
das Versagen der Wilseyschen Gleichung bei einer guten Korrektion
der Kurven bei langen Entwicklungszeiten verantwortlich gemacht
werden dürfen, deutet darauf hin, daß der eine oder der andere
der Faktoren, welche er vernachlässigt, den tatsächlichen überlagerten
Schleier kleiner werden läßt als die berechneten Werte. Diese übrig-
bleibenden Faktoren sind: ı. Der Fehler bezüglich der Dichten, be-
dingt durch den Umstand, daß die Korrektion proportional der
Masse des diese ausmachenden Silbers berechnet wird, und 2. die
selektive Wirkung der Exposition auf die Schleierkörner. Falls der
letztere Effekt existiert, werden die übrigbleibenden Schleierkörner
nach der Exposition sich nicht in dem Maße wie die Schleierkörner
an nicht exponierten Stellen entwickeln lassen. Wenn etwas Der-
artiges eintritt, so wird die Funktion der Schleierkorrektion mit
der Entwicklungszeit variieren. Eine solche Variation zeigen die
Resultate der vorliegenden Versuche, aber es kann noch nicht fest-
gestellt werden, bis zu welchem Ausmaße sie von dem soeben er-
wähnten Effekt oder durch die Schwankungen der Deckkraft des
Silbers hervorgerufen wird.
Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen 97
Sowohl die Meidingersche als auch die Wilseysche Gleichung
ist von der Form D, =«.F, worin e ein Bruch ist, welcher bei
zunehmender Bilddichte abnimmt. In der ersteren ist «= Ge
und eine geradlinige Funktion der gesamten Dichte D. In der letz-
teren ist & = Zr?
= D
£ und eine geradlinige Funktion der vollständig
entwickelten Bilddichte D_. Die ausgezogene Linie in Fig. 4 zeigt
diese Änderung von e mit D... Die Endpunkte dieser Linie sind
sicher richtig, d.h. bei der Exposition Null ist der vollständige
beobachtete Schleierwert # abgezogen, und wenn die maximale
Dichte erreicht wird, welche die Gesamtheit des entwickelbaren
Silbers in dem Film darstellt, darf kein Abzug für den Schleier
gemacht werden; wenn aber die Exposition einen selektiven Ein-
O Qo
Fig. 4.
fluß auf die Schleierkörner hat, dann dürfte der übergelagerte
Schleier im allgemeinen kleiner sein als der nach der Wilseyschen
Gleichung berechnete, und die Kurve für den Bruch e wird dann
unterhalb der geraden Linie der Fig. 4 zu liegen kommen, aber die
gleichen Endpunkte besitzen. Weiterhin können, wie später gezeigt
werden soll, Änderungen in dem photometrischen Äquivalent einen
ähnlichen Effekt hervorrufen. Der wahre Verlauf der Schleier-
korrektion dürfte ähnlich demjenigen der punktierten Kurve sein.
Dieser Typ einer Beziehung war von Nietz experimentell gefunden;
seine Werte geben für den ersten Teil der Kurve eine gerade Linie,
welche die Dichteachse bei einem Wert schneidet, welcher kleiner
ist als D.
In Übereinstimmung mit den im vorhergehenden diskutierten
Gedankengängen wurden Schleierwerte für den Bruch e aus sensito-
metrischen Kurven für lange Entwicklungszeiten nach folgender Me-
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 7
98 Pritchard
thode abgeleitet. In Fig. 5 möge Kurve ı eine charakteristische
Kurve darstellen, bei welcher sowohl der Schleier als auch das Bild
vollständig entwickelt worden sind; Kurve 3 ist eine hypothetische
Kurve für die Bilddichte allein, d h. die D„-log Z-Kurve. Durch
Korrektion jeder Dichte D, um die wahre Bilddichte D, zu er-
halten, muß eine Schleierdichte entsprechend D,— D abgezogen
werden. Auf diese Weise erhält man
= Do
D
Do D- Da; Da e
F. F=«a:F.
Betrachten wir nun die experimentell erhaltene Kurve 2, bei welcher
angenommen worden ist, daß das Bild vollständig entwickelt worden
Dichte
Log. Expositionszeit
Fig. 5.
ist, daß aber kein Schleier vorhanden ist. Wenn dies der Wirklich-
keit entspricht, und wenn alle Schleierdichten nach der gleichen
Proportion zunehmen, nach welcher die Entwicklung hinsichtlich
der Bilddichten fortschreitet, zu welchen sie gehören, dann stehen
die Differenzen zwischen den drei Kurven in einer direkten Pro-
portion. Wir erhalten
man sieht, daß œ in diesem Falle von der Differenz der Dichten
zweier Kurven abhängt für Zeiten, welche zur vollständigen Ent-
wicklung des Bildes ausreichen.
Wenn die Exposition die zur Schleierbildung geeignetsten
Körner auswählt und wenn die übrig bleibenden Körner sich in
Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen 99
einem Maße entwickeln lassen, welches von dem der Körner an
den nicht exponierten Stellen abweicht, dann wird der Bruch œ mit
der Entwicklungszeit variieren. Eine Abweichung von der Pro-
portionalität zwischen Dichte und Masse des Silbers für verschiedene
Entwicklungszeiten kann auch eine Variation von œ mit dem Grade
der Entwicklung hervorrufen. Dies ist also dazu angetan, eine ge-
wisse Unsicherheit in die Beurteilung hineinzubringen, gerade wenn
das Bild vollständig entwickelt ist. Daß ein Teil oder alle diese
Faktoren in diesen Untersuchungen wirksam waren, ist ersichtlich
aus den beobachteten Variationen von «œ in Abhängigkeit von den
Entwicklungszeiten, für welche es berechnet war. Dennoch dürfte
die Schleierkorrektion wahrscheinlich hinreichend genau für die
Fig. 6
meisten Zwecke sein, wenn ein effektiver oder mittlerer Wert für «
zu erhalten ist. Nach der vorliegenden Methode wurde er für
lange Entwicklungszeiten abgeleitet, für welche der Schleier stark
ist; eine Anwendung des gleichen Bruches auf kurze Entwicklungs-
zeiten, wo der Schleier gering ist, dürfte nicht zu einem ernstlichen
Fehler führen. Auf alle Fälle entschied man sich zu dem Versuch,
die Werte von «œ aus sensitometrischen Daten abzuleiten und solche
Werte für die Schleierkorrektion anzuwenden.
Der Bruch e wurde für alle drei Typen von Filmen berechnet
und zwar für Expositionen mit weißem Licht und mit Röntgen-
strahlen. Die mit weißem Licht auf Röntgenfilm erhaltenen Ex-
positionen sind in Fig. 6 gezeigt. Jede Kurve stellt die Variation
von e mit D. dar, berechnet aus einem Paar charakteristischer
Kurven, von denen die eine eine Kurve für vollständige Entwicklung
7 x
100 Pritchard
u.
(Q Licht
Positiv film
30
éi
S20
q
Min. Entwicklung
O DD ‘>, 30 20
Log. Exposihonszeit
Fig. 7a
40
(b) Aöntgenstrahlen
Positiv film‘
KEN
D
Ki ech
S
4 Min. Entwicklung
O
O Se 2
ep 30
Log. Expositionszerf
Fig. 7b
Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen IOI
sowohl für Bild wie für Schleier war. Um die verschiedenen
«-Kurven für jede Reihe von Werten auf einer gemeinsamen Basis
zu vergleichen, wurden die «-Werte aufgezeichnet in Beziehung zu
den angenäherten D. -Werten, welche beim Gebrauch der Wilsey-
O Licht
Röntgen film EE BRT
GB
N 32 L O p
T D
A
N
10
Mın. Entwicklung
GR 25 30 A0 59
Log. Exrpositionszeit
Fig. 7c
ES
Kl) Aöntgenstrahlen
Röntgenfilm
CL
S
10
Min. Entwicklung
» 20 30 40 50
Log. Expositionszeit
Fig. 7d
schen Methode der Schleierkorrektion erhalten wurden. Die gerade
punktierte Linie von (0,1) bis LI. cs 0) gibt die «-Werte für die
Wilseysche Korrektion.
Es ist offenbar, daß die Werte von e beträchtliche Variationen
in Abhängigkeit von dem Paar sensitometrischer Kurven zeigen,
102 Pritchard
AC
30
© al j
orträtfim GL“,
SC
D e
Sep 32, A
60 —
120—
300
H Min. Entwicklung
o— ip SE 50
Log Exposihonszeit
Fig. 7e
A
3p
(f) Aöntgenstrahlen
Portraitfilm
D $
S 2p 32 dé d
S /
10
Min. Entwicklung
O -10 20 30 40 5p
Log. Expositionszeit
Fig. 7f
nach welchem sie berechnet sind. Die verschiedenen œ-Kurven
jeder Reihe wurden zur Schleierkorrektion der entsprechenden sen-
sitometrischen Werte verwandt und diejenige «-Kurve als die ver-
Die Schleierkorrektion. photographischer Schwärzungen 103
mutlich zuverlässigste ausgewählt, welche die geschlossenste Reihe
korrigierter Dichten ergab; als Maßstab für die Geschlossenheit galt
die Forderung, daß die korrigierte Bilddichte mit der Entwicklungs-
zeit bis zu einem konstanten Grenzwert anwachsen müsse, ohne bei
einer weiteren Fortsetzung der Entwicklung abzunehmen.
Die Reihen von korrigierten charakteristischen Kurven sind in
Fig. 7 zu sehen. Man kann sehen, daß gut in sich geschlossene
Resultate im Falle des Röntgen- und Porträtfilms erhalten werden;
(1) Positivfiim, Licht
(2) Posıtivfiim, Röntgenstrahlen
N (3) Aöntgenfilm, Li
` (4) Röntgenfilm, Röntgenstrahlen
\ (5) Portraitfiim, Licht
x © Portraitfilm, Röntgenstrahlen
N Punktierte Linie =Wilsey’s Gleichung
Dm
Fig. 8
Positivfilm zeigt geringere Regelmäßigkeit infolge der Eigentümlich-
keiten der experimentellen Kurven im Gebiete kleiner Expositionen.
Diese Kurven sind im allgemeinen besser in sich geschlossen als
diejenigen, welche nach der Wilseyschen Korrektionsmethode er-
halten werden.
In Fig. 8 sind die endgültig ausgewählten «-Werte gegen D. (D.
für die verschiedenen Reihen von Beobachtungen aufgezeichnet, wo-
bei hier der Wert von D. unter Verwendung des entsprechenden «
erhalten worden ist. Diese D -Werte sind diejenigen für voll-
ständige Entwicklung, wie sie in den korrigierten Kurven der Fig.7
Dm
Dichte
(ef) Pritchard
dargestellt sind. Um eine solche Kurve für die Schleierkorrektion
an experimentell erhaltenen Werten zu verwenden, ist es nötig, zu-
nächst eine vorläufige D „~ Kurve für die in Frage stehenden Werte
zu finden. Die von Wilsey für seine Schleierkorrektion verwandte
Methode muß für die Anwendung der Funktionen für die Schleier-
korrektion nach Fig. 8 modifiziert werden. Es ist nötig, die Ent-
wicklung so lange auszudehnen, daß sie ausreicht, das Bild nahezu
vollständig zu entwickeln, sagen wir etwa 30 Minuten unter den
Bedingungen der vorliegenden Versuche. Als erste Annäherung sei
Deo,
Y
A
Log E
Fig. 9
angenommen, daß die längste angewandte Entwicklungszeit die Bild-
schwärzung vollständig hervorgerufen hat. In der beobachteten
charakteristischen Kurve für die längste Entwicklungszeit möge D
die gesamte Dichte bedeuten. Dann ist D = Da + D Do +8:F,
wo F die beobachtete Schleierdichte für die längste Entwicklungs-
zeit ist. In der Kurve von e, D„/D,), welche aus Fig. 8 ent-
nommen ist, sind die «-Werte multipliziert mit F, um g F zu er-
halten, und die entsprechenden Werte von D [PD sind multipliziert
mit dem beobachteten Wert von D. Dann kann gemäß der
Gleichung D = D. + e. F der zu jedem D-Wert gehörige Wert von
Da bestimmt werden. Kurve A der Fig. 9 möge die D -Werte in
Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen 105
Beziehung zu log Æ graphisch darstellen; diese Kurve möge nun
benutzt werden, um eine zweite Annäherung an die D, -log Æ-
Kurve zu erhalten. Ein log Z-Wert wurde in der Nähe des Endes
des geradlinigen Teiles der Kurve ausgewählt. Der &«-Wert, welcher
der Dichte an dieser Stelle entspricht, wurde zur Berechnung der
Schleierkorrektion verwendet für verschiedene Dichten, die von
gleicher Expositionszeit, aber von verschiedenen Entwicklungszeiten
herrühren. Diese korrigierten Dichten wurden gegen die Ent-
wicklungszeit aufgezeichnet. Die zweite Annäherung von D„ wurde
abgeleitet durch Extrapolation aus dieser Kurve unter Verwendung
der Nietzschen Entwicklungsgleichung
D= GJ — e- Kos 3 u
H
Dieser zweite Wert von D„ liegt ein wenig über der Kurve (A).
Darauf wurde eine gerade Linie durch diesen Punkt und durch den-
jenigen Punkt gezogen, wo der geradlinige Teil der Kurve (A) die
log E Achse schneidet. Der Fußpunkt und der Rücken der zweiten
Annäherung der D, -log E- Kurve (B) können gezeichnet werden,
indem man der Form der ersten Approximationskurve (A) folgt.
Diese Prozedur kann, wenn nötig, wiederholt werden, um eine dritte
Annäherung zu erhalten. Falls die Kurve (A) keine geradlinige
Strecke besitzt, muß man ihrer Form im ganzen Verlauf folgen, um
geeignete Annäherungskurven zu zeichnen.
Aus Fig. 8 ist ersichtlich, daß die Kurven je, D„,/D,) etwas
variieren, je nach der angewandten Emulsion und der Strahlen-
sorte der Exposition, und diese Kurven fallen auch leicht verschieden
aus für verschiedene Entwicklertypen. Wenn solche Kurven er-
wünscht sind für die Schleierkorrektion sensitometrischer Werte,
welche unter anderen Bedingungen als die in den vorliegenden
Untersuchungen obwaltenden erhalten wurden, so dürfte es not-
wendig sein, die Funktion für die Korrektion im wesentlichen nach
der hier angewandten Methode zu erhalten. Verfasser ist nicht in
TI Wendet man auf solche Kurven für Positivfilm die Nietzsche Formel an,
so ergibt diese einen D. Wert, der beträchtlich höher ist als der experimentelle, bei
verlängerter Entwicklung erhaltene Wert von Da, woraus ersichtlich ist, daß die
Formel für diesen Film nicht exakt anwendbar ist. Die Schleierwerte bei diesem
Film waren bei gewöhnlichen Entwicklungszeiten sehr niedrig, so jedoch, daß bei vor-
Sichtiger Wahl eines zur Befriedigung der Formel so klein wie möglich gemachten D,
kein ernsthafter Fehler in den korrigierten Werten resultieren kann,
106 Pritchard
der Lage, irgendeine einfachere Methode zur Ableitung solcher
Kurven anzugeben. Eine Annäherung von der Form
eine lineare Beziehung nach Art der von Nietz beobachteten, dürfte
ausreichend genau sein für die Schleierkorrektion, wenn es eine
brauchbare Methode zur Bestimmung von Dæ, gibt. Überlegungen,
welche weiter unten diskutiert werden sollen, besagen, daß wenn
die den verschiedenen Dichten entsprechenden Silbermassen bekannt
sind, dann das Problem der Autffindung der am meisten geeigneten
Funktion für die Schleierkorrektion beträchtlich vereinfacht werden
würde.
Ein Vergleich von charakteristischen Kurven, welche nach der
Wilsey schen Gleichung korrigiert worden sind, und solcher, welche
mit Hilfe der Je, D,/D,)-Kurven nach Fig. 8 korrigiert sind, zeigt
einen sehr kleinen Unterschied, falls nicht der Schleier stark war.
In fast jedem Falle sind für Entwicklungszeiten bis zu 16 Minuten
einschließlich die Differenzen in den Resultaten dieser beiden Glei-
chungen zu vernachlässigen und liegen sicherlich innerhalb der
Fehler der experimentellen Daten. Selbst bei 32 Minuten Ent-
wicklung sind die Differenzen zwischen den mit Hilfe der beiden
Funktionen korrigierten charakteristischen Kurven gewöhnlich klein,
mit Ausnahme für Röntgenfilm, wo der Schleier groß war und den
Wert von 1,0 der Dichte überschritt. Nach diesen Experimenten
zu urteilen gibt die Wilseysche Schleierkorrektion, falls die Bild-
dichte nahezu bis zur Vollständigkeit entwickelt werden kann, bevor
die Schleierdichte den Betrag von 0,5 überschreitet, nur wenig ver-
schiedene Resultate als die (e, D,/D,)-Kurven der Fig. 8. Bei den
vorliegenden Versuchen wurde nahezu vollständige Entwicklung der
Bilddichte in 32 Minuten erreicht; der verwandte Entwickler arbeitete
sehr rapid und viele Formeln dürften wahrscheinlich längere Zeiten
zur Erreichung einer vollständigen Entwicklung der Bilddichte ver-
langen.
Der bei kleinen Expositionszeiten am Positivfilm beobachtete
Umkehreffekt bei längeren Entwicklungszeiten ist ein Phänomen,
welches wenig aufgeklärt ist und beträchtliche Unsicherheit für das
Problem mit sich bringt, wie man die Materie der Schleierkorrektion
behandeln soll. Die Anwendung der («, D,/D,)-Kurven in Fig. 8
bringt gewisse Unregelmäßigkeiten in die korrigierten Kurven für
Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen 107
lange Entwicklungszeiten (vgl. Fig. 7b} Vielleicht war es nicht zu-
lässig, die fe, 2 $/D,)-Kurven aus Daten zu bestimmen, welche den
Umkehreffekt zeigen. Wenn die Entwicklung nicht über 32 Minuten
fortgesetzt worden ist, wie dies gewöhnlich der Fall ist, so wurde
eine Umkehr nicht beobachtet. Da der Schleier bei dieser Ent-
wicklungszeit kleiner als 0,5 ist, kann die Wilseysche Korrektion
ohne ernstlichen Fehler angewandt werden. Diese Korrektion ergibt
Kurven, welche keine solchen Unregelmäßigkeiten aufweisen und
welche mit den üblichen Ansichten über die Art und Weise, in
welcher Bildschwärzungen entwickelt werden dürften, im Einklang
stehen. Wenn die letztere Prozedur zulässig ist, dann muß man
schließen, daß der Umkehreffekt bei den längsten Entwicklungszeiten
keine Beziehung zur Bilddichte, sondern zur Schleierdichte hat, Da
der Umkehreffekt offenbar nicht von den Reaktionsprodukten der
Entwicklung herrührt, wie die Blochsche Methode gezeigt hat, so
muß er dann von der Wirkung der Exposition kommen und die
gleichen Körner verschleiern. Dies schließt die Annahme in sich,
daß in einigen Fällen es wenigstens bei kleinen Expositionszeiten
Körner gibt, die zwar nicht ausreichend affıziert worden sind, um
sie in der für Bildkörner üblichen Weise entwickelbar zu machen,
welche aber wohl eine hinreichende Exposition erhalten haben, um
sie in einem von den unexponierten Körnern abweichenden Grade
entwickelbar zu machen. Mit andern Worten, es gibt kein scharfes
Unterscheidungsmerkmal zwischen Schleierkörnern und Bildkörnern
bei niedriger Expositionszeit, und es wird Körner geben in einem
Zwischenzustand, in welchem sie ein abweichendes Verhalten sowohl
von den unexponierten als auch von den Bildkörnern zeigen. Nietz
zeigte, daß für die gleiche Expositionszeit verschiedene Entwickler
verschiedene Werte der Grenzdichte D„ hervorrufen; und Wight-
man, Trivelli und Sheppard (13) fanden, daß eine Behandlung
mit Wasserstoffsuperoxyd nach der Exposition und vor der Ent-
wicklung die Zahl der als Bildkörner entwickelbaren Körner ver-
mehrt. Auch diese Tatsachen deuten auf eine Existenz von Körnern
hin, welche gerade eben hinreichend durch die Exposition affıziert
sind, um ihren Zustand ziemlich unbestimmt zu gestalten, so daß
sie in gewissen Fällen als Bildkörner zur Entwicklung gelangen und
unter anderen Umständen nicht. Diese Überlegungen führen zu der
Notwendigkeit einer Nachprüfung unserer fundamentalen Annahmen
darüber, woraus sich ein Bildkorn und woraus sich ein Schleierkorn
zusammensetzt. Eine mikroskopische Untersuchung über den Ent-
108 Pritchard
mme
— Ze a eigene
wicklungsmodus individueller Körner unter wechselnden Versuchs-
bedingungen dürfte mehr Licht auf diese Fragen werfen.
Natürlich zeigen die sensitometrischen Daten das Vorhanden-
sein eines Unterschiedes zwischen Schleierkörnern und Bildkörnern
an, wenn er auch nicht sehr scharf hervortritt. Bei gewöhnlichen
Entwicklungszeiten verläuft die Schleier-Entwicklungszeit-Kurve ge-
wöhnlich konvex gegen die Zeitachse. Nur eine kurze Exposition
ist nötig, um die resultierende Dichte-Zeit-Kurve konkav zur Zeitachse
zu gestalten, so wie alle Dichte-Zeit-Kurven für höhere Expositions-
zeiten verlaufen. Daher verursacht eine Exposition, welche nur
eine kleine Anzahl der Körner zu affızieren vermag, eine merkliche
Änderung im Charakter der Entwicklungsfunktion. Fernerhin hängt
die Berechtigung einer Schleierkorrektion vom Vorhandensein eines
wohl definierten Unterscheidungsmerkmals zwischen Schleier- und
Bildkörnern ab. Es müssen jedoch mehr Umstände über die Natur
des Schleiers bekannt sein, bevor eine Entscheidung bezüglich des
Unterscheidungsvermögens zwischen Schleier- und Bilderkörnern
getroffen werden kann.
Die Frage danach, wann die Entwicklung der exponierten
Körner vollständig ist, ist eine der wichtigsten vom Standpunkt
der Theorie, und die Kriterien für die vollständige Entwicklung
waren gewöhnlich sehr wenig streng. Bei Expositionszeiten, welche
das Höchstmaß der Entwicklung ergeben, wird die komplette Ent-
wicklung des Bildes in einer sehr kurzen Zeit sichergestellt, aber
es wurde noch nicht bestimmt, welche Entwicklungszeiten nötig
sind, um bei kurzen Expositionszeiten die vollkommene Entwicklung
der Bildschwärzung hervorzurufen. Eine Prüfung der vorliegenden
Beobachtungsdaten (ohne Schleierkorrektion) zur Bestimmung der
Zunahme des Kontrastes im Fußpunkt der charakteristischen Kurve
mit fortschreitender Entwicklung zeigt, daß der Kontrast bei den
kleinsten Expositionszeiten fortgesetzt anwächst bis zu Entwicklungs-
zeiten von 30—60 Minuten. Das Anwachsen der Bilddichte bei
niedrigen Expositionszeiten hält unzweifelhaft bis zu längeren Zeiten
an, da der beobachtete Kontrast in dieser Gegend beträchtlich durch
den Schleier verdeckt ist. Es wurde daher gefunden, daß der
Einfluß der Exposition auf den Verlauf und den Grad der Ent-
wicklung, wie er von Wilsey und Pritchard (14) für die höheren
Expositionszeiten beschrieben wurde, in den vorliegenden Unter-
suchungen sich bis zu den niedrigsten verwendeten Expositionszeiten
ausdehnt.
Die Schleierkorreklion photographischer Schwärzungen 109
Wie vorher erwähnt, ist es bei der Anwendung der Wilseyschen
Schleierkorrektion nicht notwendig, daß das photometrische Äqui-
valent für den Schleier das gleiche ist wie für die Bilddichte, und
vorläufige Untersuchungen haben gezeigt, daß es in der Tat nicht
das gleiche ist. Die Werte zeigen, daß die maximale Schleierdichte
wenigstens angenähert die vollständige Entwicklung des gesamten
Silbers in dem Film bedeutet, auch wenn die Dichte kleiner war
als die maximale Bilddichte. Eine unabhängige Bestimmung diese
Log Expositionszeit
Fig. 10
Frage wurde kürzlich von Sheppard (15) dargelegt, welcher fand,
daß in einem Falle der maximale Schleier den gleichen Silbergehalt
zeigte wie die maximale Bilddichte, obgleich die Schleierdichte nur
ungefähr !/, des Wertes der Bilddichte besaß.
Um diese Frage bei den vorliegenden Versuchen zu prüfen,
war es erforderlich, andere Dichten der vollständig entwickelten
charakteristischen Kurve mit einzubeziehen, Dichten, wie sie im Ge-
biete der Umkehr bei kleinen Expositionen und in dem geradlinigen
Verlauf der Kurve vorkommen. Fig. 10 zeigt eine charakteristische
Kurve mit vollständiger Entwicklung (2?/, Stunden) auf Positivhilm
IIO Pritchard
mit Röntgenstrahlen belichtet. !) Films von der Größe 13 x 18 wurden
bestimmte Zeiten exponiert, welche durch Marken angegeben wurden,
und wurden vollständig ausentwickelt. Analysen des Silbergehaltes
wurden durch Herrn Albert Ballard ausgeführt mit den in der
folgenden Tabelle verzeichneten Resultaten,
H
Blättchen | Log Exposition, wie in ı Mittlere Masse des Silbers| Photometrisches
Nr. der Kurve der Fig. 14 | Dichte pro 100 cm? | Äquivalent
I Schleier (keine Exposition) 2,11 0,0503 0,0238
2 PR 2,09 0,0503 | 0,0241
3 1,5 1,52 0,0507 | 0,0333
4 | 1,5 1,51 0,0495 | 0,0328
5 | 2,4 2,50 0,0495 0,0198
6 | 2,4 2,46 0,0503 0,0204
7 | 4,0 3,93 0,0513 | 0,0130
8 4,0 3,93 0,0508 | 0,0129
Man sieht, daß die Silberbestimmungen innerhalb der Meßfehler und
der Variationen, welche leicht beim Gießen der Emulsion auf ver-
schiedenen Filmunterlagen vorkommen können, konstant sind. Die
ganze charakteristische Kurve der Fig. 10 einschließlich der Umkehr
bei kleineren Expositionszeiten ist bedingt durch Variationen im
Deckungsvermögen des Silbers, da die Masse des Silbers pro Flächen-
einheit bei allen Dichten die gleiche ist.
Der Umstand, daß die bei der Bestimmung der Schleier-
korrektion eingehenden Dichten nicht genau die entsprechenden
Silbermassen darstellen, ist von größter Bedeutung vom Standpunkt
der Schleierkorrektion. Das gesamte Silberhaloid scheint in Bild-
schwärzung umgewandelt zu sein bei Expositionen, die geringer
sind als diejenigen, welche das Erreichen der maximalen Dichte
anzeigen, woraus folgt, daß der das Bild überlagernde Schleier den
Wert Null bei Dichten erreicht, welche kleiner sind als die maxi-
male Dichte. Es scheint leicht möglich zu sein, daß die beträcht-
liche Variation, welche für das photometrische Äquivalent gefunden
wurde, in starkem Maße verantwortlich zu machen ist für das Ver-
sagen der Wilseyschen Gleichung zur Erzielung einer zufrieden-
!) Diese Films wurden mit dem Röntgenentwickler hervorgerufen, dessen Zu-
sammensetzung oben angegeben wurde, aber mit einem steigenden Zusatz von Kalium-
bromid bis zu 6g pro Liter. Es wurde gefunden, daß der maximale Schleier mit
zunehmender Bromidkonzentration im Entwickler abnimmt und auch dann etwas
schwankt, wenn alle Bedingungen offensichtlich die gleichen waren.
Die Schieierkorrektion photograplnischer Schwärzungen III
stellenden Korrektion bei starkem Schleier. Die Abnahme der
Deckkraft des Silbers bei gleichzeitiger Abnahme der Dichte und
die selektive Einwirkung der Exposition auf die Schleierkörner
dürften beide eine Verminderung der Schleierkorrektion verursachen,
welche geringer ist als die nach der Wilseyschen Gleichung be-
rechnete. Die Arbeit von Sheppard und Ballard über die Silber-
bestimmung in photographischen Dichten dürfte quantitative Auf-
schlüsse über den Einfluß der Variation des photometrischen Äqui-
valentes auf die Schleierkorrektion geben.
Zusammenfassung
Die Wilseysche Schleierkorrektion, welche auf der Annahme
aufgebaut ist, daß die Masse des sich als Schleier entwickelnden
Silbers proportional der Masse des von der Exposition nicht affı-
zierten Silbers ist, vernachlässigt einige Faktoren, welche einen
merklichen Einfluß haben außer im Falle eines kleinen Schleiers.
In der vorliegenden Arbeit werden experimentelle Funktionen für
die Schleierkorrektion ermittelt mit Hilfe des Studiums der Zunahme
des Schleiers bei langen Entwicklungszeiten über den Zeitpunkt
hinaus, in welchem die Bilddichte praktisch vollständig ausentwickelt
worden ist. Dies gab besser in sich geschlossene Reihen von
korrigierten sensitometrischen Daten als die früheren Methoden der
Schleierkorrektion.
Die Wilseysche Methode der Schleierkorrektion gibt offenbar
befriedigendere Resultate unter der Voraussetzung, daß die Bild-
dichte praktisch vollständig entwickelt werden kann, bevor der
Schleier einen Wert von 0,5 erreicht.
Die Blochsche Methode der Messung des Schleiers auf einer
kleinen geschützten Stelle in der Mitte jeder Schwärzungsstufe führt
zu dem Ergebnis, daß der Einfluß der Reaktionsprodukte auf die
Entwicklung bei dem verwandten Entwickler (Elon-Hydrochinon-
Röntgenstrahlen-Rezept) praktisch vernachlässigt werden kann.
Es wurde gefunden, daß es möglich ist, mit Hilfe verlängerter
Entwicklung das gesamte in dem Film vorhandene Silber als Schleier
zu entwickeln; jedoch war die Dichte des maximalen Schleiers be-
trächtlich kleiner als die maximale Bilddichte.
Der Umkehreffekt, der bei kleineren Expositionszeiten auf Positiv-
flm bei langen Entwicklungszeiten beobachtet werden kann, bleibt
112 Prichard. Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen
bestehen, wenn das gesamte in dem Film enthaltene Silber völlig
ausentwickelt wird.
Die starken Schwankungen im photometrischen Äquivalent
tragen sicherlich beträchtlich zu dem Versagen der Wilseyschen
Schleierkorrektion unter extremen Bedingungen bei.
Rochester, N. Y., März 1927.
Anmerkungen
1) R. B. Wilsey, Phot. J. 66. 454. 1925.
2) W. Meidinger, Z. phys. Chem. 114. 89. 1924.
3) Sheppard u. Mees, Theory of the Photographic Process. S. 36 u. 37. 1907.
4) Hurter und Driffield, Memorial Volume of Photographic Researches.
S. 39/40. 1920.
5) O. Bloch, Trans. Far. Soc. 29. 327. 1923.
6) Trivelli, Wightman und Sheppard, Phot. J. 65. 134. 1925.
7) A. H. Nietz, Theory of Development. S. 146—149. 1922.
8) S. E. Sheppard, Phot. J. 66. 399. 1926.
oi L. A. Jones, J. O.S. A. u. R.S. I. 7. 305. 1923.
10) L. A. Jones, J. Frankl. Inst. 189. 303. 1920.
11) Mces und Piper, Phot. J. 51. 226. 1911.
12) S.O. Rawling, Phot. J. 66. 343. 1926.
13) E. P. Wightman, A. P. H. Trivelli und S. E. Sheppard, J. Frankl.
Inst. 200. 335. 1925.
14. Wilsey und Pritchard, J. O. S. A u. R.S. I. 12. 661. 1926.
15. S. E. Sheppard, Phot. J. 66. 470. 1926.
Erläuterungen zu den Figuren
Fig. 1. Röntgenfilm (Einzelguß). Charakteristische Kurve für Expositionen mit
weißem Licht und Röntgenstrahlen. (b) und (e) zeigen Schleierdichten, bestimmt nach
der Blochschen Methode; die Kurve für den Maximalschleier ist als punktierte Linie
über jeder Reihe von charakteristischen Kurven gezogen.
Fig. 2. Positivfilm. Charakteristische Kurven für Expositionen mit weibem
Licht und Röntgenstrahlen.
Fig. 3. Charakteristische Kurven von Röntgenfilm mit Schleierkorrektio:
a) und (d) durch direkte Subtraktion, (b) und (e) mit Hilfe der Meidingersch®
Gleichung, (c) und (f) mit Hilfe der Wilseyschen Gleichung. Einige der Kurt?
sind zur Vermeidung von Verwechslungen punktiert gezeichnet.
Fig. 6. Werte des Schleierquotienten «= D,] F, abgeleitet aus Paaren expeti:
mentell bestimmter charakteristischer Kurven. Die Zahlen neben den Buchstaben
Sheppard u. Hudson. Adastionsverbindungen des Allyl-thioharnstoffes usw. 113
bezeichnen die Entwicklungszeiten der zur Berechnung verwendeten charakteristischen
Kurven. Die %-Kurve bedeutet die als beste erkannte und zur endgültigen Kor-
rektion der Werte gebrauchte,
Fig. 7. Charakteristische Kurven mit Schleierkorrektion mit Hilfe der am besten
zufriedenstellenden Werte von «a. Es ist von Interesse zu bemerken, daß in allen
obigen Reihen von Kurven die geradlinigen Strecken das Bestreben haben, bei längeren
Entwicklungszeiten parallel zu verlaufen, und sich daher nicht in einem gemeinsamen
Punkte schneiden.
Fig. 8. Der Schleierquotient æ als Funktion von D,/Dm; die Do- Werte
wurden durch die Anwendung der entsprechenden o -Werte auf die experimentellen
Daten erhalten.
Fig. 10. Charakteristische Kurve von Positivfilm mit Röntgenstrahlenexposition
und vollständiger Entwicklung mit Röntgenentwickler bei Zusatz von 6 g KBr pro
Liter. Die Marken bedeuten die angewandten Expositionszeiten auf Blättchen von 13 X 18,
präpariert zur Silberanalyse; in den Kreisen die mittlere Dichte auf diesen Blättchen bei
vollständiger Entwicklung.
(Eingegangen am 16. Juni 1927)
Additionsverbindungen des Allyl-thioharnstoffes mit Silberhailoiden ')
Von
S. E. Sheppard und H Hudson
Mit einer Figur im Text und einer Figur auf Tafel I
(Mitteilung No. 303 des Forschungslaboratoriums der Eastman Kodak Co. Veröffentlicht
durch die Technische Abteilung der Kodak A. G. Berlin)
In einer Untersuchung über photographische Gelatine(I) hatte
man gefunden, daß die photographische Wirksamkeit gewisser
Gelatinesorten von der Gegenwart von Spuren von Senföl oder
Allyl-isothiocyanat abhängt, und daß der Thioharnstoff (Allyl-
thiocarbamid, Thiosinamin) sich von diesem ableitet. Ferner war
gezeigt worden, daß dieses photographische Sensibilisierungsvermögen
eine generelle Eigenschaft der Thioharnstoffe und einer Anzahl ver-
wandter Körper (2) ist, hervorgerufen durch die Bildung von kleinen
Spuren von Silbersulid in den Silberhaloidkörnern. Diese Spuren
1) Vorgetragen im Auszug bei dem Regional Meeting der American Chemical
Society, Januar 1926.
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25 8
114 Sheppard und Hudson
von Silbersulid sollen nach dieser Auffassung die sogenannten
„Empfindlichkeitszentren“ der photographischen Theorie darstellen.
Die chemischen Reaktionen in diesem Sensibilisierungsprozeß
sind im wesentlichen
en. d d k m
L mAgX Lat Ag X
NAR, NAs, /,
wo m und x einfache ganze Zahlen sind.
/NHR
I. 2AgBr + CS —> Ag,S
NH, (Silbersulfid)
HBr
+ (Bromwasserstoffsäure)
N
L
+ CÑ NHR
(R-Cyanamid)
Im Zustand II ist eine hinreichende Alkalinität notwendig, um
die Bromwasserstoffsäure und das Cyanamid zu neutralisieren.
Die vorliegende Untersuchung befaßt sich mit der Bildung und
den Eigenschaften der Doppel-Zwischenverbindungen von Silber-
haloid und Thioharnstoff gemäß Gleichung I. Bisher kann man
nur wenig in der Literatur über derartige Körper finden. J. Emerson
Reynolds (J. Chem. Soc. 58. 857. 1888) beschreibt eine definierte
kristallisierte Verbindung von Silberbromid mit Thioharnstoff
(CSN,H,), - AgBr
erhalten durch die Einwirkung von Silbernitrat auf (CND ND
in äquimolekularen Mengen. Er stellte ferner fest, daß man analoge
Verbindungen mit anderen Silbersalzen erhalten kann und später
beschrieb er diese (J. Chem. Soc. 61. 249. 1892). Beim Silbernitrat
ergab sich als allgemeines Resultat die Identifizierung folgender
Verbindungen:
(CSN,H,), © AgNO,
(CSN,H,) - AgNO,,,
während eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Existenz der
Zwischensubstanz
(CSN,H,), ° AgNO,
erhalten wurde.
Addıitionsverbindungen des Allyl-thioharnstofes mit Süberhaloidn 115
Beim Übergang zu den Silberhaloiden fand er, daß Silber-
bromid zwei Verbindungen mit Thioharnstoff eingeht
(CSN,H,), : AgBr
(CSN,H,) - AgBr .
Mit Silberchlorid erhielt er nur die Verbindung 2:1, aber keinen
Nachweis für die Verbindung 1:1; mit Silberjodid nur die Ver-
bindung 1:1. Es sei noch erwähnt, daß, während Reynolds mit
Silbercyanid lediglich eine 2: ı-Verbindung erhielt und feststellte, daß
„so wie mit Silberchlorid eine ı:ı-Verbindung nicht zu erhalten
war“, Rosenheim und Löwenstamm(3) bei Behandlung von frisch
gefälltem Silbercyanid in einer wäßrigen Lösung von Thioharnstoff
weißglänzende Schuppen einer ı:1-Verbindung erhielten, welche
sie als „außerordentlich unstabil, bei wiederholter Kristallisation
Silbersulid abscheidend“ beschreiben.
Wenden wir uns nun substituierten Thioharnstoffen zu, so sind
ältere Angaben noch spärlicher vorhanden. Eine Dissertation von
G. Falke(4), die uns nicht zugänglich war, enthält einige ältere
Arbeiten über Verbindungen von Metallsalzen mit Thiosinamin
(Allyl-thiocarbamid). In dieser wird eine 1:1-Verbindung mit Silber-
chlorid erwähnt, welche in „weißen gefiederten Nadeln“ vorkommt.
Silberchlorid und Thiosinamin.
Die Verbindung wurde hergestellt durch Mischung äquimole-
kularer Mengen von Allyl-thiocarbamid, Kaliumchlorid und Silber-
nitrat, jede in !/,,molarer Konzentration. Es bildete sich zunächst
ein mikro-kristalliner Niederschlag, welcher abfiltriertt und durch
Waschen von löslichen Salzen befreit wurde. Die Analyse hiervon
ergab Schwefel und Silberchlorid im Verhältnis der ı:1-Verbindung
NHC,H
cas ° °. AgCl.
Ka
Hiervon wurden Löslichkeitsbestimmungen gemacht durch Kolieren
des Pulvers mit destilliertem Wasser bei verschiedenen Temperaturen,
bis auf analytischem Wege die Sättigungswerte der überschwimmen-
den Flüssigkeit nachgewiesen waren.
8 x
116 Sheppard und Hudson
Tabelle ı
Temperatur Gramm Gramm-mole
oC per 1000 ccm per 1000 ccm
I5 | 0,0517 2,0 x IO?
25 | 0,0816 3,1x Io?
35 0,1313 | 5,0 X IG?
50 | 0,4578 | 17,6 x 10‘
Silberbromid und Thiosinamin.
Zur Herstellung der ı:ı-Verbindung wurde eine Portion gut-
gewaschenen Silberbromids in einem Porzellantigel geschmolzen.
Man ließ zwei Glasstäbe in der Schmelze erstarren, welche nach
Zerbrechen des Tiegels als Halter dienten. Die geschmolzene Masse
wurde durch Eintauchen in eine Lösung von Natrium-thiosulfat
und Wasser gereinigt und dann in einer wäßrigen Lösung von
Allyl-thiocarbamid (Thiosinamin), ein Teil in tausend Teilen Wasser,
suspendiert. Über Nacht entwickelten sich an der Oberfläche des
Silberbromids Büschel von schmalen, spitzen Kristallnadeln (vgl. Fig. 1,
Taf. I. Man ließ auf diese Weise eine gewisse Menge von Kristallen
wachsen, wusch mit destilliertem Wasser und trocknete über Schwefel-
säure. Der Silbergehalt wurde analytisch festgestellt durch Behand-
lung mit Ammoniumsulfid, das Silbersulfid filtriert, getrocknet und
gewogen. Zur Illustration diene folgendes Beispiel:
0,1534 g von der Verbindung genommen,
0,0626 g Ag,S erhalten
= 0,05446 g Ag
= 0,15341 g AgBr - C,N,H,S.
Kontrollanalysen des Stickstoffgehaltes bestätigten dies Resultat.
Der Stickstoff wurde nach der Methode von Kjeldahl bestimmt
und entsprach 97,4°/, der für AgBr - C,N,H,S notwendigen
Menge. Diese Verbindung entspricht also der ı:1-Verbindung
von Silberbromid und Thioharnstoff, wie sie Reynolds beschreibt,
und der ı:1-Verbindung von Silberchlorid und Thiosinamin nach
Falke.
Von der ı:1-Silberbromid-Verbindung wurden Löslichkeits-
messungen bei 15, 25, 35 und 50°C ausgeführt. Portionen dieser
Verbindung wurden in bekannte Volumina von Wasser gebracht
Additionsverbindungen des Allyl-thioharnstoffes mit Sılberhaloiden 117
und in einem Thermostaten, welcher auf 0,1° konstant gehalten
wurde, 48 Stunden lang geschüttelt und hierauf die gelöste Menge
durch Überführung in Silbersulfid bestimmt. Die erhaltenen Werte
waren:
Tabelle U.
(AgBr) - (C,N,H,S)
Temperatur | Gramm Gramm-mole
°C | per 1000 ccm per 1000 ccm
15,0 0,0446 1,46 x 10 *
25,0 0,071 2,33 X 107$
35,0 0,120 | 3,94 x Lo?
50,0 0,293 | 9,63 x 1074
Silberjodid und Thiosinamin.
Obgleich offensichtlich eine verdünnte Thiosinaminlösung auf
geschmolzenes Silberjodid einwirkte, gelang es nicht, in der gleichen
Weise wie beim Silberbromid Kristalle zu gewinnen. Ein Ver-
such, die Verbindung 1:1 herzustellen, wurde auf folgendem Wege
unternommen. ı11,6g Allyl-thiocarbamid und 16,6 g Kaliumjodid
wurden in 500 ccm Wasser gelöst. Hierzu wurden langsam unter
Umrühren 17,0 g Silbernitrat in Wasser gegeben, Ein voluminöser
Niederschlag entstand und setzte sich zu Boden, wo er sich zu
einer zähen, plastischen Masse verdickte. Die darüber schwimmende
Flüssigkeit gab beim Erhitzen mit Ammoniak keine Silbersulfid-
Reaktion. Hieraus ergibt sich, daß die 1:1-Verbindung entstanden
ist und daß ihre Löslichkeit bei Zimmertemperatur von der Größen-
ordnung des Silberjodids oder des Silbersulfids ist.
Der feste Körper zersetzt sich sehr schnell unter Entstehung
von Silbersulfid, so daß sich wahrscheinlich die folgende Reaktion
abgespielt hat:
AgNO, + C,N,H,S + KJ = Ael- C,N,H,S + KNO,.
Die Verbindung war schwer in reinem Zustande zu isolieren, da sie
eine glasige anstatt einer kristallinen Masse bildete. Sie scheint
jedoch etwas löslich in Alkohol zu sein, aus welchem sie durch
Zugabe von Wasser in einem semikolloidalen Zustand ausgefällt
werden kann.
118 Sheppard und Hudson
Eine Löslichkeitsbestimmung bei 50°C wurde mit folgendem
Resultat ausgeführt:
Tabelle III.
Temperatur Gramm | Gramm-mole
°C per 1000 ccm per 1000 ccm
25 — ca. 2,5 Xx I0
so 0,0778 2,21 x 10 *
Löslichkeit der Silber -Haloid-
Ally! -Thiocarbamid -Verbindung
ın Wasser.
Gramm-Mol x 10°* per 100ccm
5 IO 15 20 25 30 35 40 45 50
Temperatur
Fig. 2.
Der Einfluß löslicher Haloide.
Vorläufige Messungen hatten gezeigt, daß ein Überschuß lös-
licher Haloide die Löslichkeit der Doppelverbindungen in Wasser
vermindert. Sowohl dieser Effekt als auch der Einfluß eines Über-
schusses löslicher Haloide und anderer Salze auf die Bildung und
Zersetzung der Doppelverbindungen wurden studiert.
Zusammensetzung und Konstitution.
Beim Vergleich unserer Beobachtungen mit denen früherer
Beobachter möchten wir bemerken, daß wenn auch bei einigen
Adaitionsverbindungen des Allyl-thioharnstoffes mit Silberhaloiden 119
unserer Experimente ein beträchtlicher Überschuß von Allyl-thio-
carbamid über das molare Verhältnis ı:ı von Silberhaloid : Allyl-
thiocarbamid angewandt wurde, und sogar bis zu ein Mol Silberhaloid
auf zwei Mol Allyl-thiocarbamid, so wurde doch kein Beweis für
die Existenz anderer Doppelverbindungen, z.B. 1 AgBr:2C,H,N,S,
es sei denn in Lösung, erhalten. Es ist daher möglich, daß die
Doppelverbindung des Allyl-thiocarbamids 1:2 schwieriger zu iso-
lieren ist als die des Thiocarbamids selber; dies wird untersucht.
Die Verbindungen von Thioharnstoffen mit Metallsalzen wurden
von Rosenheim und Löwenstamm (5) vom Standpunkte der
Wernerschen Koordinationstheorie betrachtet. Die Art der Bindung
des Silberhaloids hängt ab von der Konstitution, die man den
Thioharnstoffkörpern zuschreibt. Lecher und seine Mitarbeiter (6)
geben in einer wichtigen Abhandlung über „die Konstitution von
Thioharnstoff und Thioharnstoffsalzen“ einen strengen Beweis für
den amphoteren Charakter des Thioharnstoffes nach folgendem
allgemeinen Schema:
R bedeutet H oder Alkyl
Basen Anhydrobasen Bemerkungen
- +
+ NR _ NR, starke Basen und starke
d ce kp sc Normaler um Säuren (Wasserstoffionen
NR, NR, und daher offenbar sehr
schwache Basen)
NR,
S=C 2 PEY e keine Basen
JSR Ester der
Tri-thio- keine Basen
Nach dieser Auffassung dürfte die 1:1-Doppelverbindung fol-
gende Konstitution haben:
NHC,H,
- +- +
Hal CLS Ag
Die Nähe des Silberions und des negativen Schwefelatoms ist in
Übereinstimmung mit der leichten Bildung von Silbersulfid.
Beziehung zur photographischen Empfindlichkeitssteigerung
Die Isolierung und die beobachteten Löslichkeitsverhältnisse
dieser Doppelverbindungen haben wichtige Beziehungen zur photo-
graphischen Empfindlichkeitssteigerung, welche an anderer Stelle
diskutiert werden sollen. Es mag jedoch darauf hingewiesen sein,
daß die viel geringere Löslichkeit der Silberjodid-Verbindung im
Vergleich zu dem ı:1-Silberbromidkörper, der ersteren eine wich-
tige Zwischenrolle bei dem Prozeß zuweist.
Es ist nicht nur bekannt, daß Silberjodid in kleinen Mengen
(weniger als 3°/,) einen beträchtlichen Einfluß auf die photo-
graphische Empfindlichkeit ausübt, sondern man weiß auch, daß in
gewissen hochgereiften Emulsionen der Gehalt von Jodid in den
größeren Körnern ein höherer ist als in den kleineren (7). Es wurde
ferner von Sheppard, Wightman und Trivelli(8) und von
W. Clark(9) gezeigt, daß die größeren Körner der Desensibilisierung
stärker widerstehen als die kleineren. Dies mag daher kommen,
daß die Silbersulfidkeime tiefer oder fester „eingewurzelt“ sind, und
daß sie durch Silberjodid besser als durch Silberbromid in den
größeren Körnern geschützt werden.
Rochester, N. Y., 15. Januar 1926.
Literatur
1) S. E. Sheppard, „Photographische Gelatine‘, Phot. J. 65. 380. 1925.
2) a. a. O,
3) Z. f. anorgan. u. allg. Chem. 34. 62. 1903.
4) Dissert. Marburg 1893. Beilstein, Handb. IV. 210. 1922.
5) a.a. O.
6) Liebigs Ann. d. Chem. 445. 35. 1925.
7) F.F. Renwick, W. D. Baldsiefen u. V. B. Sease, Phot, J. 66. 163. 1926.
8) Trans. Farad. Soc. 19. 296. 1923.
9) Phot. J. 64. 91. 1924.
(Eingegangen am 16. Juni 1927)
Lüppo-Cramer. Farbstoffwirkungen bei Schleierreaktionen 121
Farbstoffwirkungen bei Schleierreaktionen
Von
Lüppo-Cramer
Mit 6 Figuren im Text
Vor kurzem veröffentlichte W. Clark (1) eine Notiz über die
verschleiernde Wirkung des Persulfats, in der er diese von Lüppo-
Cramer(2) 1902 zuerst beschriebene, gegen jede damals herrschende
Theorie verstoßende Reaktion bestätigte und auch quantitativ ver-
folgte Veranlaßt durch die Mitteilung von Clark machte dann
E. P. Wightman (3) darauf aufmerksam, daß Lüppo-Cramer (4)
auch eine schleiererzeugende Wirkung des freien Broms beob-
achtet habe und daß andererseits lösliche Bromide mit Persulfat in
saurer Lösung unter Bildung von freiem Brom reagieren. Da nun
alle Platten des Handels lösliches Bromid zu enthalten pflegten und
zwar nach den Analysen von R. F. Quirk Mengen, die sich bis
auf ı°/, vom Bromsilber beziffern, so könne die verschleiernde
Wirkung des Persulfates, sowie auch die der Säuren (5) und des
Wasserstoffsuperoxyds einheitlich auf eine Wirkung des Broms
zurückgeführt werden. Diese Bromwirkung bringt dann Wightman
in Beziehung zu einer neuen von Hickman aufgestellten „Schwefel-
Bromsilber-Adsorptionstheorie‘“, die zwar als „thermodynamisch ge-
sund“ angesehen wird, uns hier aber doch deshalb noch nicht zu
beschäftigen braucht (5 a).
Daß die Verschleierung der Bromsilberplatte durch Säuren,
Wasserstoffperoxyd sowie durch Ozon in hohem Grade durch Brom-
ionen (auch in der Schicht) unterstützt wird, wurde schon vor
einigen Jahren (6) von mir beschrieben, doch zeigte sich wie bei fast
allen derartigen Versuchen, daß die Eigenart der Platte hierbei von
großer Bedeutung ist. Ich schrieb a. a. O.:
„Da es bei all diesen Versuchen begreiflicherweise sehr auf die
Art der Platte, d.h. den Zustand ihrer Keime ankommt, so kann
man hier vielleicht keine allgemein gültigen Regeln angeben, doch
sei erwähnt, daß bei den von mir angewendeten selbsthergestellten
Emulsionen von den stärkeren Säuren (Schwefel-, Salz- und Salpeter-
säure) die üblichen konzentrierten Säuren auf das 1000fache ver-
dünnt insofern die markantesten Unterschiede gaben, als sie für
122 Lüppo-Cramer
sich allein noch kaum Schleier bildeten, während sie bei Gegenwart
von 2°/, KBr intensive latente Schwärzungen ergaben. Von der
schwächeren Essigsäure wurde die Konzentration I: 100, von
Zitronensäure 1:10 als geeignet befunden.“
Als ich, neu angeregt durch die Arbeit von Wightman, vor
kurzem unter Anwendung einer großen Serie von ganz willkürlich
herausgegriffenen Plattenmarken des Handels jene Versuche wieder-
holte, fand ich wieder, daß die Wirkung der angesäuerten Bromid-
lösung auf verschiedene Plattensorten zwar außerordentlich ver-
schieden ist, daß aber auffallenderweise die zufällig in der geprüften
Serie auch vorhandenen orthochromatischen Platten die Reaktion
entweder überhaupt nicht, oder doch nur in sehr geringem Grade
zeigten. Die Platten wurden 2 Minuten lang in folgender Lösung
gebadet:
I Liter Wasser, 20 g KBr, ı ccm konz. Schwefelsäure.
In dieser Lösung ließ sich übrigens auch nach mehrtägigem Stehen
kein freies Brom nachweisen. Die Platten wurden dann einige
Minuten lang gewaschen und darauf in Metolhydrochinon entwickelt.
Die vorher im Höchstfalle 0,25 aufweisenden Schleier der unter-
suchten Platten stiegen zum Teil nach der Behandlung, geordnet
nach zunehmendem Schleiergrade, in folgender Weise:
Kranz photomechanisch . 0,05 Hauff Ultrarapid... . . 0,3
Verax Synkromal, .... 0,1 Kranz Ultra ....... 0,5
Herzog Reform `. ... 01 Eastman 40 ........ 0,65
Hauff Flavin....... 0,1 Herzog Röntgen... ... 0,65
Sigurd Portrait ortho . . 0,1 Eastman 33....... 0,8
Kranz Röntgen ..... 0,1 Eigene Siedeemulsion. . . 0,8
Münchener Reform .. 0,2 Lumière Röntgen.... 1,6
Gevaert Supersensima . . 0,25 Matter Röntgen... .. 1,7
Von diesen Platten wurden die mit dem geringsten Schleier
(in der linken Kolumne) auch noch mit einer stärker sauren Bromid-
lösung (10 ccm anstatt ı ccm Schwefelsäure pro Liter) behandelt,
sie gaben aber auch dann keinen Schleier. Auch wenn diese Platten
durch Vorbehandlung mit verdünnter Natronlauge „aktiviert“ worden
waren (7), gaben sie keinen erheblichen Schleier infolge der Wirkung
der sauren Bromidlösung.
Da die Platten in der linken Reihe größtenteils orthochromatisch
sind, tauchte der Verdacht auf, daß die Anfärbung mit sensibili-
sierenden Farbstoffen die Ursache ihrer Indifferenz gegen saure
Bromidlösung sein könnte. Diese Vermutung bestätigte sich zu-
Farbstoffwirkungen bei Schleierreaktionen 123
nächst, wenn die als „eigene Siedeemulsion‘ bezeichnete Platte, die
übrigens kein lösliches Bromsalz enthielt, in den Lösungen von
Rhodamin B und Erythrosin 1:10000 zwei Minuten lang gebadet,
wieder getrocknet und alsdann der Behandlung mit der sauren
Bromidlösung unterworfen wurde. Der ohne diese Anfärbung ent-
stehende Schleier 0,8 reichte auf den gefärbten Platten nur bis 0,15,
d. h. der Schleier war unverändert geblieben. Es wurden darauf die
am stärksten durch die saure Bromidlösung verschleiernden Platten
in der rechten Reihe der gleichen Anfärbung mit Erythrosin unter-
worfen und es zeigte sich bei gleicher Bromidbehandlung und Ent-
wicklung eine Abnahme der Schleier in folgender Weise:
Schleier Schleier
vor der Anfärbung nach der Anfärbung
Eastman 33...... OE neh 0,15
Eastman 40...... Le De era . 0,2
Lumière Röntgen .. 1,3 2... 2020000 0,4
Herzog Röntgen ... 0,95 2... 22200000. 0,4
Matter Röntgen ... IŞ 2.2.2000 0,65
Auch gegen die Verschleierung durch Wasserstoffperoxyd
erwiesen sich die wie oben gefärbten Platten fast indifferent. Die
Platten wurden zwei Minuten lang in 0,1°/,iger Perhydrollösung
gebadet, kurz gewaschen und sogleich entwickelt. Die ursprüng-
lichen Platten gaben alsdann einen Schleier von durchschnittlich 1,2,
während die mit Erythrosin und Rhodamin B gefärbten praktisch
schleierfrei waren.
Zur Kontrolle, ob dieses Ergebnis auch einigermaßen allgemein-
gültig sei, wurden noch einige andere Plattensorten teils mit Ery-
throsin, teils mit Phenosafranin 1: 10000 imprägniert und dann der
Wasserstoflperoxydwirkung unterworfen. Es ergaben sich hierbei
folgende Schleierzahlen:
Plattensorte: ungetärbt: Wale Ss GH mn a...
Eastman 40 ...... 0,8. eh 0,2 u ae 0,1
Eastman 33 ...... 06° ua E 0,2. Eee OI
Matter Röntgen. ... 0,3 .... 2.0.0. 0,26. Ee e 0,2
Imperial Eclipse. ... 07 e OS ea 0,15
Lumière Röntgen... 045... 222.20. 0525, ie Ka as 0,15
Herzog Röntgen ... 04 sasssa.. e GEN 0,15
Wegen der schweren Auswaschbarkeit des Erythrosins aus den
Gelatineschichten, die die Schleiermessung etwas unsicher gestaltete,
124 Lüppo-Cramer
wurde noch eine weitere Serie der Platten mit Rhodamin B gefärbt,
das sich leicht völlig auswaschen läßt:
Plattensorte: ungefärbt: m a.
Eastman 40 ....... OS Fan 0,3
Eastman 33... OI, DEEM 0,3
Matter Röntgen... .. O5 Aa ee ee 0,45
Imperial Eclipse .... 08... 2.222000. 0,5
Lumière Röntgen. ... on, 0,25
Herzog Röntgen .... 05 .. 2... ..e 2.0... 0,3
Aus der Gesamtheit dieser Versuche geht hervor, daß zwar
Phenosafranin durchgreifender gegen die Schleierbildung durch
RER eg
ER ER EEE BER VA HE BE
BE EEE EEE BERN
II TA
ICT CKI
Aa
ALLA
IA ||
H 05 1 15 2 25 3 35 4 45
Fig. ı
4
Wasserstoffperoxyd wirkt als Erythrosin und Rhodamin B, daß aber
auch diese sensibilisierenden Farbstoffe weitgehend die Verschleierung
hintanhalten. Es besteht also auch kein zureichender Grund mehr
zur Annahme (8), daß gerade nur die spezifisch desensibilisieren-
den Farbstoffe die Verschleierung durch H,O, verhindern, denn
der Unterschied ist nur graduell. Damit würde aber auch diese
Stütze der von Fuchs sowie von Sheppard und Wightman (9)
noch vertretenen Hypothese, daß die Peroxydwirkung auf einer
Lumineszenz beruhe, fortfallen.
Aus allen bisher über die Verschleierung durch Säuren und
oxydierende Agenzien bekannt gewordenen Tatsachen geht hervor,
daß diese Art von Schleierbildung eine Vorstufe der Keim-
zerstörung ist (10) Denn bei länger fortgesetzter Einwirkung
Farbstoffwirkungen bei Schleierreaktionen 125
jener Agenzien oder wesentlich höherer Konzentration tritt anstatt
der Schleierbildung stets eine Zerstörung selbst des ursprünglichen
Schleiers der Platte ein. Unter den Versuchsbedingungen, die bei
der im vorstehenden hauptsächlich herangezogenen Verschleierung
Lë 7 152 253 35 4 45
Fig. 2
j D
CI
jENEREREE
EPa
A E?
VAAR
LA
CREZ
Fig. 3
durch angesäuerte Bromidlösung herrschten, läßt sich auch eine
gleichzeitige teilweise Zerstörung des latenten Bildes leicht nach-
weisen.
Unter Graukeilen belichtete Diapositivplatten wurden, wie oben
beschrieben, mit der sauren Bromidlösung behandelt und nach dem
126 Lüppo-Cramer
Waschen neben der nur mit Wasser behandelten Kontrollplatte ent-
wickelt. Es ergab sich dabei eine sehr weitgehende Abschwächung, '
die durch Kurve 2 in Fig. ı gegenüber der ursprünglichen Schwärzungs-
kurve ı dargestellt wird. Wurde die Schicht (nach der Belichtung)
Wes
ERRERA =
Fig. 4
0 05 1 15 2 25 3 354 45
Fig. 5
zuerst noch in Phenosafraninlösung 1:10000 zwei Minuten lang
gebadet, so entstand nach der Bromidbehandlung die Kurve A P
ähnlicher Effekt ließ sich aber nicht durch Anfärben mit Rhodamin B
oder Erythrosin erzielen, die Kurven der mit diesen Farbstoffen
vorher behandelten Platten liefen vielmehr ganz mit der Kurve i
Farbstoffwirkungen bei Schleierreaktionen 127
zusammen. In diesem Falle wirkt also der Desensibilisator
wieder spezifisch.
Bei hochempfindlichen Platten verläuft die Kurve nach der Be-
handlung des latenten Bildes mit saurer Bromidlösung sehr merk-
würdig, wie in den Figg. 2—6 dargestellt ist. (Die Belichtung
steht hier in keinem Zusammenhange mit der in Fig. 1.) Kurve ı
ist jeweils die nach dem Exponieren nur in Wasser gebadete Kon-
trollplatte, Kurve 2 nach der Behandlung mit der sauren Bromid-
lösung, Kurve 3 nach der Belichtung erst in Phenosafranin gebadet
und dann behandelt wie 2.
0 05 1 15 2 25 3 35 4 45
Fig. 6
Es tritt hier, vor allem in den Figg. 2, 4 und auch 6, die be-
sonders interessante Tatsache in die Erscheinung, daß die saure
Bromsalzlösung nicht nur starken Schleier erzeugt, sondern auch
das latente Bild im weiter fortgeschrittenen Teil der Schwärzungs-
kurve recht weitgehend zerstört hat. Der Verlauf dieser Zerstörungs-
kurven erinnert im Prinzip sehr an den Sterry-Effekt und dürfte
vielleicht auch in derselben Weise zu erklären sein, wie ich es in
einer kürzlich erschienenen Untersuchung (11) über diesen Effekt
versucht habe. Aber von ganz besonderer Wichtigkeit ist die aus
den Densogrammen klar hervorgehende Tatsache, daß ein und
dieselbe Lösung Schleier erzeugen und auf derselben
Platte gleichzeitig auch Keime zerstören kann. Die verwendeten
128 Lüppo-Cramer. Farbstoffwirkungen usw. — Bücherbesprechung
Plattensorten sind: Fig. 2 Herzog Röntgen, Fig. 3 Eastman 33,
Fig. 4 Imperial Eclipse, Fig. 5 eigene Siedeemulsion, Fig. 6 Kranz
Röntgen.
Literatur
1) W. Clark, Brit. Journ, Phot. 1927, S. 121.
2) Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1902, S. 563.
3) E. P. Wightman, Brit. Journ. Phot. 1927, S. 447.
4) Lüppo-Cramer, Phot. Probleme, Halle 1907, S. 132.
5) Lüppo-Cramer, a.a. O. Es ist gegenüber der Annahme von Wightman
vielleicht nicht unwichtig zu erwähnen, daß auch schweflige Säure, in deren Gegen-
wart doch kein freies Brom bestehen kann, die Platte verschleiert. Ich machte hierüber
in meiner Praxis vor vielen Jabren einmal eine sehr betrübliche Beobachtung. Ein
großes Quantum von Trockenplatten wurde durch Dämpfe von SO,, die aus einer
undicht gewordenen Kühlanlage stammten, vollständig verschleiert.
5a) Vgl. die nach Niederschrift dieser Arbeit erschienene Abhandlung von
R. H. Lambert und E. P. Wightman: „Thermodynamische Möglichkeiten der
Silbersulfid-Bromid-Akzeptorhypothese der latenten Bildentstebung“. Journ. Physic.
Chem. 31. 1249. 1927; Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 10. 1927.
6) Lüppo-Cramer, Camera (Luzern), III. Jahrgg. 1924. Nr. ı.
7) Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. Negativverfahren (Eders Hand-
Handbuch Bd. II, 1). Halle 1927, S. 228.
8) E. Fuchs, Phot, Industrie 1914, Nr. 3/4 und 5/6. Lüppo-Cramer, Grund-
lagen usw. S. 338. Phot. Ind. 1924, Nr. 13 und 23.
9) Lüppo-Cramer, Grundlagen usw. S. 338.
10) Lüppo-Cramer, Grundlagen usw. S. 340.
11) Lüppo-Cramer, Photogr. Rundschau 1927, S. 384.
(Eingegangen am 9. Oktober 1927)
Bücherbesprechung
(Ref.: K. Schaum)
J. Formänek und J. Knop, Untersuchung und Nachweis
organischer Farbstoffe auf spektroskopischem Wege. 2. Aufl.
II. Teil, 4. Lief. 200 S. mit 2 Fig. und 5 Taf. Berlin 1927, J. Springer.
M. 39.—.
Angesichts der großen Anerkennung, welche die erste Auflage und die früheren
Lieferungen des ausgezeichneten spektralanalytischen Werkes von Formänek gefunden
haben, darf der Berichterstatter sich auf eine kurze Anzeige dieser eben erschienenen
Lieferung beschränken. Er möchte dabei der Hofinung weiter Kreise Ausdruck ver-
leihen, daß die vergriffenen Teile möglichst bald neu aufgelegt werden!
Emil Mayer, Bromöldruck und -Umdruck. to und 11. Avf.
(Enzykl. d. Phot. und Kin., Heft 81), 140S. Halle 1927. W. Knapp.
M. 4.90 geb.
Die Tatsache, daß in etwa anderthalb Jahrzehnten elf Auflagen der vorliegenden
Monographie nötig wurden, zeugt von dem Interesse an dem behandelten Gegenstand
und von der Güte der Darlegungen.
TE ER
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen
Zeitschr. f. wiss. Phot. Ba. XXV Tafel I
Fig. ı
Kristalle von Allyl-thiocarbamid-Silberbromid
Vergrößerung 8 x
S. E. Sheppard und H. Hudson
Verlag von Johann Ambrosius Barth in Leipzig
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7 dr Zeitschrift
A für
` wissenschaftliche Photographie
- Photophysik und Photochemie
209 Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen
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bh insbesondere von
K H. Kayser
ae o, em. Professor an der Universität Bonn
CG: herausgegeben von
K. Schaum
d o. ü. Professor an der Universität Gießen
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In Mit 11 Figuren im Text
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VERLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH
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i ungen auf die Zeitschrift werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuchhandlung
pai A EE rmensspreis beträgt pro Band im In- u. Ausland Rm. 24:—, bei direkter
$ Ge dun, l elnschlieplich Porto im Inland Rm. 25.—, im ı Ausland, ef 25.20.
` ze Februar 1928 fi O
Inhaltsverzeichnis
Originalarbeiten Seite
Lüppo-Cramer, Abschwächung des latenten Bildes, Mit 3 Figuren im Text 129
Lüppo-Cramer, Keimvergiftung durch Farbstoffe. Mit einer Figur im Text 133
H. v, Halban und J. Eisenbrand, Über die Messung der Guter
Mit 2 Figuren im Text . . . ; x . 138
Rupert Wildt, Untersuchungen über den he ah Diffasionslichthof
Mil s Figuren im Let A .. own wee et Eee Ze
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Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14.
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige
Berichterstattung möglich ist.
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Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden,
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we Se: 208
Zeiticdrift für willenichaftlidie Photographie,
Photophylik und Photodiemie
XXV. Band 1928 Heft 5 u. 6
Abschwächung des latenten Bildes
Von
Lüppo-Cramer
Mit 3 Figuren im Text
W. Scheffer verglich vor Jahren einmal sehr zutreffend die
Persulfatabschwächung der Negative mit einer idealen progres-
siven Einkommensteuer, die die stärksten Schultern auch am
stärksten belastet. Denn das Persulfat schwächt bekanntlich das
Negativ am weitgehendsten an den dichtesten Stellen ab, während
wir vom Farmerschen Abschwächer gewohnt sind, daß zuerst die
schwachen Bildstellen verschwinden. Wir pflegen die Wirkungsart
der Farmerschen Lösung für verständlicher und die Persulfatab-
schwächung einigermaßen für paradox zu halten.
Wie nun das Persulfat auf das Negativ, so wirkt bei der vor-
sichtigen Abschwächung des noch latenten Bildes beim Sterry-
Effekt das Bichromat auch am stärksten auf die am intensivsten
belichteten Bildstellen, so daß weichere Bilder entstehen. Ich habe
diese interessante Reaktion vor kurzem (I) in einer Reihe von Denso-
grammen illustriert.
Ich machte nun schon vor mehr als zwanzig Jahren (2) darauf
aufmerksam, daß eigentlich der Persulfatabschwächer keine besondere
Ausnahme bildet, daß vielmehr alle Oxydations- bzw. Silberlösungs-
mittel ähnlich „weich“ abschwächen, wenn nur nicht gleichzeitig auch
ein Lösungsmittel für das vom Negativsilber adsorbierte Halogen-
silber zugegen ist, das den Prozeß in eine andere Bahn lenkt und
zwar in die von der Farmerschen Lösung (Ferricyankalium + Thio-
sulfat) bekannte,
So nimmt nun auch das Bichromat bei seiner Wirkung auf das
latente Bild im Sterry-Effekt keine Sonderstellung ein, vielmehr
wirken auch andere das Silber angreifende Agenzien stets in der
Art, daß sie am meisten die stärkst belichteten Stellen der Platte
angreifen. Die beigegebenen Abbildungen zeigen die abschwächende
Wirkung von Ammoniumpersulfat (1°/,, 2 Minuten), Kaliumper-
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 9
130 Liüppo-Cramer
manganat (0,02°/,, 3 Minuten), Kupferchlorid (1°/,, 2 Minuten) und
Eisenchlorid (1°/,, 2 Minuten) auf das latente Bild.
In Fig. 1 beziehen sich die Kurven ı und 2 auf Agfa-Kine-
Negativfilm Spezial, ı Kontrollfilm, 2 mit Permanganat abgeschwächt,
-
E
=
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MËTT:
—
Br
en nn u
o 05 1 15 2 25 3 354 4
Fig. 2
5
3 und 4 sind eigene Siedeemulsion, 3 Kontrolle, 4 mit Kupfer-
chlorid abgeschwächt.
In Fig. 2: Kurven ı und 2 eigene Siedeemulsion, ı Kontrolle,
2 mit Eisenchlorid abgeschwächt, 3 und 4 eigene Ammoniakemulsion,
3 Kontrolle, 4 mit Persulfat abgeschwächt.
Wir haben auch hier in allen Fällen einen analogen Kurven-
verlauf wie beim Sterry-Effekt, doch tritt bei Kupferchlorid und
Abschwächung des latenten Bildes 131
Te emm
Persulfat gleichzeitig noch deren schleierbildende Wirkung mit
in die Erscheinung. Die Platten wurden alle in Metolhydrochinon
entwickelt, bei der Hervorrufung der mit Kupferchlorid behandelten
Platte wurde durch Verwendung eines übermäßig großen Entwickler-
quantums und nicht zu starke Bewegung der Schale dafür Sorge
getragen, daß keine günstigen Bedingungen für den Luftschleier
auftreten, der ja so stark von Kupferionen katalysiert wird (3).
Immerhin muß bemerkt werden, daß bei der Hervorrufung in Glyzin,
das ja auch keinen Luftschleier bildet, der Schleier auch unter den
vorliegenden Verhältnissen fortfällt (gestrichelte Kurve 5 in Fig. 1).
Beachtenswert ist auch der außerordentlich flache Verlauf der
Persulfatkurve bei gleichzeitiger Erhöhung des Schleiers, was aber
in völliger Übereinstimmung steht mit kürzlich von mir berichteten
Befunden (4) über den Verlauf der Schwärzungskurven nach der Be-
handlung mit saurer Bromidlösung.
Auch Ferricyankalium (0,1°/,), sowie Sublimat (0,1°/,) und Chinon
geben den ganz typischen Sterry- Effekt.
Während bei der Behandlung von Negativplatten mit Persulfat
gleichzeitig starke Schleierbildung auftritt, bleibt diese Nebener-
scheinung wie in andern Fällen auf wenig gereiften Schichten aus.
Man erhält daher auf Bromsilberpapieren den reinen Sterry-Effekt.
Daß für diesen Zweck das Persulfat auch praktisch zu empfehlen ist,
hat Adriaan Boer (5) beschrieben. Boer benutzt zur Beseitigung
der störenden Härten bei Vergrößerungen eine Ammoniumpersulfat-
lösung 1:1000, die er eine Minute lang auf das belichtete Papier
wirken läßt. Er fand, daß diese Lösung sicherer arbeite als das Bi-
chromat und nicht, wie der normale Sterry-Effekt, eine Verlängerung
der Exposition voraussetze. Nach persönlichen Mitteilungen des Herrn
Adriaan Boer bewährt sich das Persulfat besonders in solchen Fällen
besser als das Bichromat, wenn es sich um das Ausgangsmaterial für
den Bromöldruck handelt. Möglicherweise könnte dies mit der
gerbenden Wirkung des beim Sterry-Effekt entstehenden Chrom-
oxydsalzes zusammenhängen.
Nach Niederschrift des vorstehenden wurden noch einige inter-
essante Ergebnisse bei der Einwirkung des Wasserstoffsuper-
oxyds auf die belichtete Platte gewonnen, die ich in einem besonders
instruktiven Diagramm wiedergeben möchte (Fig. 3). Es wurden hoch-
empfindliche Platten (Kranz-Ultrarapid) unter dem Graukeil belichtet
und dann in Glasröhren gestellt, die mit Peroxydlösung gefüllt waren.
9*
132 Lüppo-Cramer. Abschwächung des Jatenten Bildes
Nach beendigter Einwirkung wurden die Platten gewaschen und in
Metolhydrochinon entwickelt. Die Kurven stellen dar.
I. Nichtbehandelte Kontrollplatte,
2. 15 Minuten in ı°/,iger H,O,-Lösung gebadet,
3 bis 7 in 5°/,iger H,O,-Lösung gebadet, und zwar:
3. 15 Minuten,
4. 30 Minuten,
5. 60 Minuten,
6. ı!/, Stunden,
7. 3!/, Stunden.
0 05 1 75 2 25 3 35 4 45
Fig. 3
Schon in Kurve 2, besonders ausgepragt aber in 3 finden wir
neben der intensiven Schleierbildung im Beginn des Kurvenanstieges
schon im Prinzip dasselbe, was ich bereits 1915 nachwies (6), neuer-
dings von Wightman und Quirk (7) bestätigt und als „Verstärkung
des latenten Bildes“ bezeichnet wurde. In Kurve 3 finden wir
in ihrem oberen Verlaufe bereits eine Abschwächung des latenten
Bildes neben der gewaltigen Schleierbildung. Kurve 4 bringt den
Beginn der „Umkehrung“ der Peroxydwirkung zum Ausdruck, die
in 5 und 6 sich weiter fortsetzt und in 7 sich sogar schon als eine
Abschwächung des ursprünglichen Schleiers der Ausgangsplatte
äußert. Im übrigen verlaufen die Kurven 3 bis 7 fast parallel, alle
aber zeigen gegenüber der Originalkurve I in ausgeprägtem Maße
auch den Sterry-Effekt. Im Prinzip ähnliche Ergebnisse wurden
auch an andern Plattensorten gewonnen, wenn auch nicht so ausge-
Lüppo-Cramer. Keimvergiftung durch Farbstoffe 133
sprochen wie in dem reproduzierten ausgesuchten Falle, auch ist
die erforderliche Einwirkungsdauer des Wasserstoffperoxyds bei den
verschiedenen Plattensorten sehr verschieden. Auch durch Behand-
lung mit Persulfatlösung (0,5°/,) ließen sich ganz ähnliche Kurven
erzielen.
Einen Erklärungsversuch für die Wirkungsweise der oxydierenden
Agenzien auf das latente Bild im Sinne des Sterry-Effektes habe
ich in meiner zitierten ersten Arbeit über diese Frage mitgeteilt. Er be-
ruht, kurz gesagt, auf der Vorstellung, daß im latenten Bilde wie bei
allen Adsorptionsverbindungen und festen Lösungen besonders die
letzten Reste des adsorbierten oder fest gelösten Körpers durch
Lösungsmittel schwerer zu entfernen sind als größere Mengen dieser
Substanzen.
Literatur
ı) Lüppo-Cramer, Photogr. Rundschau 1927, S. 384. Vgl. auch die vorher-
gehende Abhandlung (Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 121. 1928).
2) Photogr. Korrespondenz 1907, S. 231.
3) E. Fuchs, Phot. Industrie 1924, Nr. 3/4 und 5/6; Lüppo-Cramer, Die
Photogr. Stäfa-Zürich re So: Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. Nee
gativverf. (Eders Handb. Bd. II, ı) Halle 1927, S. 338.
4) Siehe die vorhergehende Abhandlung (Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 121r. 1928),
5) Adrian Boer, ‚‚Vergrooten, een practische Handleiding‘‘, Bloemendaal N.H.
1926, S. 133; Focus 1915, S. 160.
6) Lüppo-Cramer, „Wasserstoffsuperoxyd und Lichtwirkung“, Phot. Korr.
1915. S. 135.
7) Wightman und Quirk, Journ. Franklin Institut. Febr. 1927, S. 261—287.
Vergl. hierzu auch Läpp amer, Zeitschr, wiss. Phot, 25. 23. 1927.
(Eingegangen am 9. Oktober 1927)
Keimvergiftung durch Farbstoffe
Von
Lüppo-Cramer
Mit einer Figur im Text
Als Vergiftung oder Lähmung bezeichnete G. Bredig in seinen
klassischen Arbeiten über die heterogene Katalyse die Erscheinung,
daß die katalytische Wirkung kolloider Metallsole durch sehr geringe
Mengen fremder Substanzen vernichtet oder doch stark verzögert wird.
Wie Bredig und W. Reinders (1) fanden, verzögert Schwefel-
wasserstoff schon in äußerst geringen Konzentrationen — in einer
134 Lüppo- Cramer
Verdünnung ı: 300 Millionen! — deutlich die Metallkatalyse. Blau-
säure setzt schon bei Verdünnungen von 0,0014 mg pro Liter die
Geschwindigkeit der Katalyse durch kolloides Platin auf die Hälfte
herab; ähnliche „Vergiftungs“-Erscheinungen ließen sich für die Gold-
und Platinhydrosole bei Anwendung von Halogen, Arsenwasserstoff,
Kohlenoxyd und vielen andern Substanzen erkennen. Nach Bredig
faßt man die bezeichneten Wirkungen als die Folge einer Be-
deckung wirksamer Oberflächen auf.
Auch bei photographischen Vorgängen, in denen wir immer
ein Material mit großer spezifischer Oberfläche antreffen, äußert sich
die „Lähmung“ dieser Substanzen durch andere, die sie bedecken,
einschließen oder adsorbieren, vielfach in einem Versagen der nor-
malen chemischen Reaktionen. Die Photohaloide und das latente
Lichtbild bieten hier das klassische Beispiel. Aber auch das Ne-
gativsilber, das ja kein kompaktes Metall, sondern ein Gebilde
von sehr hoher innerer Dispersität darstellt, zeigt bei zahlreichen
Reaktionen, daß es durch Adsorption von Fremdkörpern seine nor-
malen chemischen Reaktionen weitgehend beeinflussen läßt. Die
Folge der Adsorption von Thiosulfat und Halogensilberkomplex-
verbindungen mit diesem durch das Negativsilber, dessen Dispersität
und damit Adsorptionsvermögen von den Schatten zu den Lichtern
eines Negativs abnimmt, sind der paradoxe Abschwächungsvorgang
mit Persulfat (2) und viele ähnliche Reaktionen.
Daß das Bromsilber auch Farbstoffe adsorbiert, ist aus der
optischen Sensibilisierung lange bekannt. Aber auch das Negativ-
silber adsorbiert Farbstoffe und seine Reaktionen werden hierdurch
stark „gelähmt“. Ich beobachtete etwas derartiges zuerst bei einer
Abschwächung von Negativen, die mit Phenosafranin als Desensi-
bilisator entwickelt worden waren, durch Persulfat.(3) Das Negativ
zeigte einen nicht unerheblichen Farbstoffrückstand im Bilde selbst,
ein Zeichen, daß die Bildsubstanz den Farbstoff adsorbiert hält.
Die Adsorption von Farbstoffen durch das Silber hat nun eine
sehr starke Wirkung auf die Geschwindigkeit der Abschwächung
mit Persulfat, die von vielen Farbstoffen beträchtlich verlangsamt
wird. Es wurden photomechanische Platten (Eastman Process) unter
dem Goldbergkeil gleichmäßig kräftig belichtet, in Metolhydrochinon
entwickelt, in frischem sauren Fixierbade gründlich fixiert und ge-
waschen. Nach dem Waschen wurden die Streifen zum Teil in
Farbstofflösungen I: 1000 zwei Minuten lang gebadet, kurz abgespült
und getrocknet. Darauf wurden sie der Abschwächung in einer
Keimverziftung durch Farbstoffe 135
zweiprozentigen Lösung von Ammoniumpersulfat, durchschnittlich
vier Minuten lang, unterworfen, die Abschwächung in bekannter
Weise durch ein Sulfitbad unterbrochen und dann getrocknet und
densographiert.
H 05 1 75 2 25 3 35 4 45
Fig. ı
Die Abbildung gibt die Resultate eines solchen Versuches
wieder. Die Kurven bedeuten:
1) unveränderte Kontrollplatte,
2) ungefärbt abgeschwächt,
3) vorher mit Pinakryptolgelb gefärbt,
4) vorher mit Rhodamin B gefärbt (füllt mit ı zusammen),
5) vorher mit Pinakryptolgrün gefärbt,
6) vorher mit Isochinolinrot gefärbt.
Die starke Abschwächung durch das Persulfat (Kurve 2 gegen-
über ı) wurde also durch Rhodamin voliständig verhindert, durch
Pinagelb und Pinagrün sowie Isochinolinrot in der aus den Kurven
ersichtlichen Weise verlangsamt. Außer den in ihrer Wirkung dar-
gestellten wurden noch weitere Farbstoffe untersucht, wenn auch
nicht in das Netz eingezeichnet, da es dieses unübersichtlich ge-
stalten würde. Phenosafranin wirkt ungefähr in demselben Grade
wie Isochinolinrot, sehr starke Schutzwirkung üben auch aus Ery-
throsin und Pinaflavolnitrat, weniger stark, aber immerhin deutlich,
Pinachrom. Man sieht, daß der Charakter der Farbstoffe, ob Sensi-
bilisator oder Desensibilisator, bei dieser Reaktion ohne Bedeutung
136 Lüppo-Cramer
ist und die Wirkung des Erythrosins zeigt, daß es auch nicht ent-
scheidend ist, ob basische oder saure Farbstoffe vorliegen.
Eine Inaktivierung des Silbers durch Farbstoffe, die den Bredig-
schen Vergiftungserscheinungen noch wesentlich ähnlicher ist als die
im vorstehenden beschriebene Wirkung auf eine rein chemische
Reaktion, ist eine von Lumière und Seyewetz entdeckte Ver-
hinderung der physikalischen Entwicklung des latenten
Bildes nach primärem Fixieren durch Farbstoffe Die Er-
scheinung wurde auf eine recht originelle Weise entdeckt.
British Journal (4) teilte zu der von Lumière und Seye-
wetz angegebenen Vorschrift für die physikalische Entwicklung nach
dem Fixieren unter Anwendung von Paraphenylendiamin und Silber-
sulfit mit, daß einer seiner Leser mit dieser Vorschrift Versuche an-
gestellt habe, die einen glatten Mißerfolg zeitigten. Die französischen
Autoren, denen die Redaktion des Blattes die Versuchsergebnisse
ihres Lesers unterbreitete, bemerkten hierzu, daß die Sorte pan-
chromatischer Platten, die bei diesen Versuchen verwendet worden
war, tatsächlich nur ein recht schwaches Bild gibt. Der Grund für
diesen Mißerfolg sei anscheinend die Adsorption des Sensibili-
sierungsfarbstoffs durch die Bromsilberkörner. Die Reduktions-
zentren seien auf diese Weise vollkommen eingehüllt gewesen und
hätten daher die Abscheidung des Silbers nicht mehr bewirken
können. In ähnlicher Weise habe eine gewöhnliche Rapidplatte,
die im Normalfalle nach dem Fixieren befriedigend entwickelte, kein
Bild gegeben, wenn sie vorher mit Safranin desensibilisiert wurde,
wenigstens wenn nicht der Farbstoff vollkommen ausgewaschen
war (5).
Diese interessante Verzögerung der physikalischen Entwicklung
erhielt ich auch durch nachheriges Baden der primär fixierten Platte
in Isochinolinrot und Pinagrün. Es scheint aber notwendig zu sein,
daß man die sekundäre Entwicklung in dem alkalisch-physikalischen
Entwickler nach Lumière und Seyewetz vornimmt, wenigstens
versagten bei mir Versuche mit dem sauren Metol-Silberverstärker,
dessen starker Säuregehalt hier möglicherweise ausschlaggebend ist.
Die Tatsache, daß das Silber Farbstoffe adsorbiert, die seine
Reaktionen wesentlich beeinflussen können, ist also in das so schon
recht große und wenig geklärte Gebiet der Farbstoffreaktionen bei
der Entwicklung (6) einzureihen, wenn auch wohl vorläufig aus dem
geringen Tatsachenmaterial noch keinerlei Gesetzmäßigkeiten sich
zu ergeben scheinen.
Keimvergiftung durch Farbstoffe 137
Von besonderem Interesse scheint mir die Beeinflussung der
Reaktion des Persulfats auf das Silber durch Farbstoffe, weil sie ein
Analogon zu der recht merkwürdigen Tatsache darstellt, daß das
latente Bild auf Bromsilber-Kollodium im Gegensatz zu dem auf
Bromsilber-Gelatine durch Bromionen beträchtlich abgeschwächt
wird (7). Man wird hier wohl eine ähnlich schützende Wirkung der
Gelatine annehmen dürfen, wie sie bei den Farbstoffen im vor-
stehenden nachgewiesen wurde.
Literatur
OG Bredig und W. Reinders, Zeitschr. phys. Chem. 37. 323—341. 1901;
Bredig und K. Ikeda, aa O. S. 1—68.
2) Lüppo-Cramer, Kolloidchemie u. Photogr. 1. Aufl. Dresden 1908. S. 108;
Phot. Korr. 1909, S. 159; 1912, S. 118; 1914, S. 241; Grundlagen der photogr,
Negativverf. (Eders Handb. Bd. II, 1) Halle 1927; S. 360.
3) Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1921, S. 141.
4) Brit. Journal of Phot. Nr. 3360, 1924.
5) Referiert nach Phot. Industrie 1924, S. 934.
6) Vgl. auch meine neue Arbeit: Farbstoffwirkungen bei Schleierreaktionen,
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 121. 1928.
7) Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1902, S. 635; Grundlagen der photogr. Ne-
gativverf. (Eders Handb. Bd. II, 1) Halle 1927, S. 521.
(Eingegangen am 9. November 1927)
138 v. Halban und Eisenbrand
Über die Messung der Lichtabsorption
Von
H. v. Halban und J. Eisenbrand))
Mit 2 Figuren im Text
Während die Messung der Lichtabsorption unter den ver-
schiedenen physikalischen Methoden, die zur Bearbeitung chemischer
Probleme herangezogen werden, in wachsendem Maße an Bedeutung
gewinnt, sind die Meinungen über die Leistungsfähigkeit der ver-
schiedenen Methoden und über die Zuverlässigkeit der Resultate
noch sehr geteilt. Diese Unsicherheit geht so weit, daß sie nicht
selten die Berechtigung der aus den Messungen gezogenen Schlüsse
in Frage stellt, und daß gelegentlich nach verschiedenen Methoden
ausgeführte Untersuchungen zu wesentlich verschiedenen Ergebnissen
führen.
Dies gilt insbesondere für die photographische und die photo-
elektrische Methode der Messung der Lichtabsorption im Ultra-
violett.?)
Zunächst ist zu sagen, daß bei der Beurteilung der in Betracht
kommenden Methoden der Zweck der beabsichtigten Untersuchungen
berücksichtigt werden muß. Es kann sich in der Hauptsache um
drei Fälle handeln: Die möglichst genaue Ermittlung des Extinktions-
koeffizienten für eine bestimmte Wellenlänge, die Aufnahme des Ab-
sorptionsspektrums und schließlich — und diese Art der Anwendung
gewinnt für den Physiko-Chemiker immer mehr an Interesse — der
Nachweis von Veränderungen, welche ein System unter gewissen
Bedingungen erleidet (Gleichgewichtsverschiebungen, die mit einer
Änderung der Lichtabsorption verbunden sind, Beeinflussung der
Lichtabsorption durch verschiedene Faktoren, Prüfung der Gültig-
keit des Beerschen Gesetzes usw.).
Wir werden sehen, daß die oben angedeuteten Meinungs-
verschiedenheiten teils daher kommen, daß zwischen diesen ver-
schiedenen Anwendungen nicht unterschieden wird, teils aber auch
1) Der Inhalt der vorliegenden Abhandlung ist der Würzburger Dissertation von
J. Eisenbrand entnommen und wurde zum Teil bereits in den Proc. Roy. Soc. A. 116.
153. 1927 veröffentlicht.
23) Vgl. E. C. C. Baly, R. A. Morton and R. W. Riding, Proc. Roy. Soc.
A. 113. 709, 717. 1927.
Die Messung der Lichlabsorption 139
daher, daß meist ohne scharfe Definition von der „Genauigkeit“ der
verschiedenen Verfahren gesprochen wird.
Man muß zunächst, gerade in den vorliegenden Fällen, zwischen
der Reproduzierbarkeit und der Richtigkeit der Messungs-
ergebnisse sorgfältig unterscheiden. Für die oben an dritter Stelle
genannten Aufgaben ist nämlich die absolute Richtigkeit häufig ohne
jede Bedeutung, die Reproduzierbarkeit bzw. Empfindlichkeit dagegen
ausschlaggebend. Wenn man etwa den Dissoziationsgrad einer Säure,
deren Ion in einem bestimmten Spektralgebiet stark absorbiert,
während die Absorption des nichtdissoziierten Anteils zu vernach-
lässigen ist, auf Grund dieser Eigenschaft ermitteln will, ist es durch-
aus nicht notwendig, den richtigen Wert des Extinktionskoeffizienten
bei einer bestimmten Wellenlänge zu kennen. Die Aufgabe kann
ja auch kolorimetrisch gelöst werden D Es genügt etwa ein Ver-
gleich zwischen der Lichtabsorption einer Lösung der Säure und
des Salzes, und die Genauigkeit der Ergebnisse hängt nur von der
Reproduzierbarkeit und der Empfindlichkeit der Methode ab.?)
Wenn etwa die Gültigkeit des Beerschen Gesetzes für ein be-
stimmtes System geprüft werden soll, spielt die Genauigkeit, mit
der die Wellenlänge des verwendeten Lichtes definiert ist, keine
Rolle, wenn dieses Licht nur für den vorliegenden Zweck rein genug
ist, Wird etwa das Beersche Gesetz in der Form geprüft, daß das
Produkt aus Konzentration und Schichtdicke konstant gehalten wird,
kann das Licht sogar ziemlich unrein sein! Trotzdem kann man mit
einer geeigneten Methode dann die Unabhängigkeit der Extinktion
von der Konzentration mit großer Genauigkeit nachweisen.
Häufig wird nun angegeben, daß eine bestimmte Methode
„auf z°/, genau“ sei. Diese Angabe hat keinen eindeutigen Sinn;
es sind vielmehr in ihr verschiedene Aussagen miteinander verquickt.
Wenn wir im folgenden den molekularen Extinktionskoeffizienten
mit e, die Konzentration mit c, die Schichtdicke mit d und die Licht-
intensität mit / bezeichnen, gilt bekanntlich die Gleichung
TERM;
Bo CS
Der Ausdruck log = , die sogenannte Extinktion, sei im folgenden
mit Æ bezeichnet. Die Genauigkeit, d. h. der relative Fehler von e,
ist also unter sonst gleichen Bedingungen von der absoluten Größe
1) Vgl. z.B. F.G. Donnan, Zeitschr. f. pbys. Ch, 19. 465. 1896.
2) Vgl. H. v. Halban und L Ebert, Zeitschr. f. phys. Ch. 112. 373. 1924.
140 v. Halban und Eisenbrand
ae? —
dE
E
vorliegenden photographischen Messungen und Erfahrungen zeigt
nun, daß man meist mit einem absoluten Fehler in Æ von 0,04
rechnen muß.!) Dann ergibt sich z. B., daß bei Æ = ı der relative
Fehler 4°/, beträgt, für E = 2 2°/, usw. Andererseits nimmt natür-
lich der relative Fehler mit abnehmendem Z sehr stark zu.?)
Theoretisch könnte man die Genauigkeit von Æ bzw. e durch
Erhöhung von E sehr weit treiben. Dies scheitert aber, abgesehen
von den so entstehenden langen Expositionszeiten, auch daran, daß
so große Extinktionen sehr große Anforderungen an die Reinheit
des Lichts stellen.
Aus dem hier Gesagten ergibt sich also, daß man mit einer
guten photographischen Methode grundsätzlich e mit einer Genauig-
keit von wenigen Prozenten bestimmen kann, aber nur, wenn mit
genügend großer Extinktion gearbeitet wird.
Da man bei der spektrographischen Methode mit schwachem
Licht arbeiten kann, läßt sich im allgemeinen genügende Reinheit
und Definition der Wellenlänge erreichen. Von dieser Seite kommt
also keine weitere Unsicherheit in das Resultat.
Wendet man die spektrographische Methode auf die dritte der
obengenannten Aufgaben an, kann man, entsprechend der Beziehung
ecd = E, die Konzentration des absorbierenden Stoffes
keinesfalls genauer bestimmen als Z, d.h. auf einige Prozente
und dies nur bei genügend großem Z.
Man wird z. B. zwei Lösungen des absorbierenden Stoffes, deren
Konzentration um 2°/, differiert, selbst bei größter Sorgfalt nicht
unterscheiden können; bei einer Differenz der Konzentrationen
um 5°, wird man höchstens qualitativ die Richtung des Unter-
schiedes feststellen, keinesfalls seine Größe ermitteln können.
Gehen wir nun zu den photoelektrischen Methoden über,
so finden wir vor allem einen grundsätzlichen Unterschied:
während die Unterschiedsempfindlichkeit bei den photographischen
von E abhängig: m = - Eine kritische Durchmusterung der
D Die Reproduzierbarkeit der durch gleiche Belichtung hervorgebrachten Schwär-
zuug benachbarter Stellen einer photographischen Platte entspricht unter günstigsten
Bedingungen 5°/, der Lichtintensität (vgl. z.B. F. Weigert, „Optische Methoden in
der Chemie“, S. 237, Leipzig 1927). Das würde einer absoluten Unsicherheit in Z
von 0,02 entsprechen. Tatsächlich scheint aber eine solche Genauigkeit nur sehr selten
erreicht zu werden.
D Vgl. die Tabellen in Ostwald-Luther, Hand- und Hilfsbuch physiko-
chemischer Messungen, 4. Aufl., S. 716, und in dem erwähnten Buch von Weigert.
u éi Leben P ` 3
- — a -r a -= ->
Die Messung der Lichtabsorption I4I
(und okularen) Methoden durch den relativen Unterschied zweier
Lichtstärken und damit durch einen absoluten Unterschied von Æ
gegeben ist (e. ol und infolgedessen durch eine Erhöhung der Licht-
intensität nicht gesteigert werden kann, reagiert das Elektro-
meter bei einer Kompensationsmethode auf den absoluten
Wert von d/. Daraus geht zunächst hervor, daß die Empfindlich-
keit gegen die relative Änderung von / durch die Erhöhung der
Lichtintensität (lichtstarke Optik, stärkere Lichtquelle, weiter Spalt)
grundsätzlich immer weiter gesteigert werden könnte.!) Ist /, und
das kleinste df gegeben, auf welches die Anordnung noch reagiert,
ergibt sich, daß die Genauigkeit, mit der E bestimmt werden kann,
ein Maximum wird, wenn Z = 0,4343. °
Da nun aber, wie erwähnt, die Unterschiedsempfindlichkeit in Æ
von der Lichtintensität abhängt, ist sie höher bei intensiven als bei
weniger intensiven Spektrallinien.
Da zur Prüfung zweier Systeme auf Gleichheit der Absorption
bzw. Gleichheit der Konzentration eines absorbierenden Bestandteils
das Licht nicht besonders rein sein muß, kann man hier durch
Steigerung der Lichtintensität auf Kosten der Reinheit des Lichts
viel erreichen.) In der Veröffentlichung von H. v. Halban und
K. Siedentopf*) findet sich ein Beispiel einer Ermittlung eines
kleinen Konzentrationsunterschiedes: Es wurden zwei alkalische
Kaliumchromatlösungen verglichen, deren Konzentrationen sich um
ı °/ unterschieden. Die photoelektrische Messung ergab einen Unter-
schied von 1,04°/,., Der Fehler betrug also, auf die Konzentration
der Lösung bezogen, 0,04 °/,. Wir haben auf Grund der inzwischen
gemachten Erfahrungen sogar noch etwas weiterkommen können:
1) Wird nicht mit Kompensation gearbeitet, geht dieser Vorteil meist verloren.
Das ist insbesondere bei der häufig verwendeten Methode der Messung der Auflade-
zeit mit der Stoppuhr der Fall!
2) Vgl. H. v. Halban und L. Ebert, Zeitschr. f. phys. Ch. 112. 333. 1924.
Praktisch sind aber die Voraussetzungen, unter denen dieses Ergebnis abgeleitet wurde,
nicht erfüllt: Die Empfindlichkeit ist häufig nicht durch ein bestimmtes d Z begrenzt
sondern durch ein bestimmtes dE weil man kleinere Keilverschiebungen als 0,01 mm
nicht messen kann. Infolgedessen liegt die optimale Empfindlichkeit meist bei höheren
Extinktionen als 0,4343 und die Empfindlichkeit der photoelektrischen Anordnung
läßt sich nicht ausnützen. Im übrigen muß auf die oben zitierte Abhandlung ver-
wiesen werden,
3) Vgl. H. v. Halban und L. Ebert, Zeitschr. f. phys. Ch. 112. 359. 1924,
wo die Anwendung dieser als „Feinkolorimetrie‘ bezeichneten Methode beschrieben ist.
*) Zeitschr. f. phys. Ch. 100. 208. 1922.
142 v. Halban und Eisenbrand
Wir haben bei 436 mu (einer besonders günstigen Linie des Queck-
silberspektrums) zwei Lösungen, deren Konzentration sich um 0,30°/,
unterschied, verglichen und es konnte nicht nur die Richtung des
Konzentrationsunterschiedes deutlich erkannt werden, sondern seine
Größe ließ sich noch ungefähr ermitteln: Die Messung ergab 0,28 °/,.
Andererseits gelang es auch, derartige Bestimmungen dann noch
relativ genau durchzuführen, wenn es sich um eine Extinktion von
absolut kleinem Wert handelte. So wurde z. B. die Konzentration
einer alkalischen Kaliumchromatlösung, die tatsächlich 1,121. 10”®
war, durch „Eingabeln“ zwischen Lösungen von den Konzentrationen
1,180 - r075 und 1,062 » 10”"® „feinkolorimetrisch“ bestimmt und
(1,120 + 0,002) - (Oh gefunden.!) Der Fehler in der Konzentrations-
bestimmung, bei der ja, wie oben dargelegt, die Unreinheit des
Lichts nicht stört, betrug also nur 2°/,,.. Dagegen ergab die ab-
solute Bestimmung dieser kleinen Extinktion den Wert 0,0532,
während sich bei reinem Licht, berechnet aus dem Extinktions-
koeffizienten, der Wert 0,0519 ergeben sollte. Der Fehler ist hier
größer, nämlich 2,5°/,, aber immer noch sehr klein für eine so
kleine Extinktion.
Bei schwächeren Linien bzw. Linien, die von dem Material der
Zellwand merklich absorbiert werden, wird, entsprechend dem Oben-
gesagten, die Differenzempfindlichkeit geringer. Immerhin wird man,
selbst unter sehr ungünstigen Bedingungen (z.B. bei der Hg-Linie 289),
eine Extinktionsdifferenz von 0,01 noch wahrnehmen, was bei der
Extinktion ı ı°/, entspräche.?)
Aus dem Gesagten geht hervor, daß die photoelektrische
Kompensationsmethode den photographischen Methoden in der
Differenzempfindlichkeit und damit überall dort weit überlegen ist, wo
es sich darum handelt, kleine Veränderungen der Lichtabsorption
oder der Konzentration eines absorbierenden Bestandteiles nachzu-
weisen oder gar quantitativ zu bestimmen.
Die photoelektrische Methode wird also vor allem als Hilfs-
mittel in der chemischen Dynamik vorzuziehen sein. Dies ist auch
deshalb der Fall, weil diese Methode gestattet, eine Messung bei
einer einzelnen Wellenlänge relativ rasch auszuführen. |
1) Die Schichtdicke betrug 0,998 cm. Diese Messung wurde bei 366mu aus-
geführt. Es muß betont werden, daß sich, wenigstens mit der uns zur Verfügung
stehenden Optik, die Differenzempfindlichkeit nur bei so starken Linien so weit
(0,0001 in Z!) treiben läßt.
3) Das besagt nicht, daß man bei dieser Wellenlänge den absoluten Wert
von 8 auf 1°% genau bestimmen könnte! (vgl. u. S. 144).
Die Messung der Lichtabsorplion 143
Dagegen ist die Reinheit des Lichts und die Definition der
Wellenlängen viel schlechter als bei den photographischen Me-
thoden!), weil man auf die lichtstarken Linien des Quecksilber-
spektrums und das Arbeiten mit relativ weitem Spalt angewiesen ist.?)
Die photographische Methode hat ferner vor der photoelek-
trischen den Vorzug, daß ein ganzes Absorptionsspektrum rascher
ermittelt werden kann. Auch wird gerade für diese zuletzt genannte
Aufgabe häufig die verhältnismäßig geringe Zahl der Linien des
Quecksilberspektrums, die vorläufig?) allein für die photoelektrische
Methode in Betracht kommen, einen empfindlichen Nachteil be-
deuten. Da, wie oben dargelegt, die photographische Methode eine
für die Aufnahme von Absorptionsspektren immer ausreichende Ge-
nauigkeit zu erreichen gestattet, ist sie hierfür unbedingt vorzuziehen.
Das bisher Gesagte läßt geringe Differenzen erklärlich erscheinen,
die gelegentlich zwischen den Ergebnissen der photoelektrischen und
der photographischen Methode auftreten, nicht aber solche, die einige
Prozente überschreiten. Das auffallendste Beispiel großer Differenzen
war der Verlauf des Absorptionsspektrums der Nitrate unterhalb 300 mu.
Während oberhalb 300 mu die Ergebnisse der beiden Methoden be-
friedigend miteinander übereinstimmten, ergab unterhalb 300 mu
die photoelektrische Methode Werte, die mit abnehmender Wellen-
länge von den photographischen immer stärker nach unten ab-
weichen, und, statt ein Minimum zu durchlaufen, auch von 265 my
nach 254 mu weiter abfielen. Bei der zuletzt genannten Wellen-
länge betrug die Differenz 75°/,, bezogen auf den photographischen
Wert.)
Nach dem bisher über die photoelektrische Methode Gesagten
schienen zunächst so große Fehler der photoelektrischen Werte
nicht in Betracht zu kommen. Baly, Morton und Riding halten
1) Vgl. hierzu G. Rössler, Ber. d. D. Chem. Ges. 59. 2609. 1926. Wir haben
der Einfachheit halber stets die Wellenlänge der stärksten Linie der betreffenden
Liniengruppe des Hg-Spektrum auf ganze mu abgerundet angegeben.
2?) Durch Anwendung von Verstärkerröhren würde man wahrscheinlich hier
wesentlich weiterkommen können (vgl. H. Rosenberg, Nature, 9. 359. 1921). Bei
einzelnen Linien läßt sich übrigens die Reinheit des Lichts durch Einschaltung von
Lichtfiltern genügend weit treiben, ohne dabei die Stärke des Lichts zu sehr herab-
zusetzen.
>) Vgl. G. Scheibe, Ber. d. D. Chem. Ges. 59. 2616. 1926. E. C. C. Baly,
R. A. Morton and R., W. Riding, Proc. Roy. Soc. A. 118. 709. 1927. Ferner:
Ch. Winther, Zeitschr. f. wiss. Phot. 22. 125. 1923; H. Ley u. F. Volbert,
Zeitschr. f. wiss. Phot. 28. 41. 1924.
144 v. Halban und Eisenbrand
es deshalb auch für wahrscheinlicher, daß irgendein noch un-
bekannter Effekt diese Differenz hervorrufe,
Nun sind die betreffenden photoelektrischen Werte bei uns, wie
stets, wiederholt gemessen worden und ließen sich durchaus re-
produzieren. Es schien deshalb schwer verständlich, daß sie voll-
kommen falsch sein sollten. Eine systematische Nachprüfung hat
aber zur Auffindung einer Fehlerquelle geführt. Zu jenen Messungen
waren Zellen verwendet worden, deren Glas verhältnismäßig wenig
durchlässig für kurzwelliges Licht war, Da die Zellen aber bei ge-
nügender Höhe der angelegen Spannung genügenden Photostrom
lieferten, erschien uns die Durchlässigkeit des Glases für den prak-
tischen Zweck genügend.
Bei näherer Überlegung ergibt sich aber, daß dadurch sehr
bedeutende Fehler in die Ergebnisse gelangen können. Eine Nach-
prüfung ergab, daß selbst dünnes (0,5 mm) Uviolglas von dem Licht
der Hg-Linie 254 mu nur 10°/, durchläßt. Die Durchlässigkeit des
Glases der Zelle, die bei den Messungen von H. v. Halban und
L. Ebert verwendet wurde, war noch wesentlich kleiner und die
Wand ziemlich stark, so daß kaum mehr als 0,1 °/, des auffallenden
Lichts von der Wellenlänge 254mu auf die Kaliumfläche gelangte.
Das aus dem Monochromator austretende Licht enthält aber
stets „falsches“ Licht beigemischt (das ist bei den vielen reflek-
tierenden Flächen eines solchen Instruments und der nie ganz voll-
kommenen Klarheit der Quarzprismen und -linsen nie ganz zu
vermeiden. Wenn nun dem Licht von der Wellenlänge 254 mu
z. B. nur 0,001°/, von der Wellenlänge 436 mp beigemischt ist, er-
gibt sich aus der Tatsache, daß dieses Licht weder von dem Glas
der Zelle noch von der untersuchten Nitratlösung merklich absorbiert
wird und überdies auf die Kaliumfläche viel stärker wirkt als das
kurzwellige Licht’), daß hierdurch ein um so größerer Fehler ent.
stehen muß, je größer die Extinktion der untersuchten Nitratlösung ist.
Aus diesen Voraussetzungen ergibt sich schätzungsweise ein Fehler,
der der Differenz zwischen unseren alten photoelektrischen und den
photographischen Messungen bei 254 mu entspricht, Die Richtigkeit
dieser Erklärung konnte nun experimentell bewiesen werden.
Erstens ergab eine Nachprüfung, daß oberhalb 300 my alle
Zellen übereinstimmende Werte lieferten, während von 300 um ab-
wärts (immer an Nitratlösungen) sich zunehmende Unterschiede
1) Der selektive photoelektrische Effekt steigt vom Ultraviolett zum Blau sehr
stark an und ist bei 436 mu rund zwei Zehnerpotenzen höher als bei 254 mu!
Die Messung der Lichtabsorption 145
zwischen den mit verschiedenen Zellen erhaltenen Werten ergaben.
Dagegen wurden mit zwei Zellen aus dünnwandigem Uviolglas und
einer solchen aus Quarzglas, die wir inzwischen erhalten hatten,
bis 265 mu herab Werte erhalten, die sowohl untereinander als auch
mit den auf photographischem Wege von G. Scheibe erhaltenen
gut übereinstimmen. ?) Bei 254 mu wurden dann keine zu kleinen
Werte erhalten, wenn ein Chlorfilter vorgeschaltet wurde, welches
das schädliche Licht absorbiert. 7
Es läge nun nahe, anzunehmen, daß auch bei beliebigen anderen
Stoffen die gleichen Fehler auftreten müßten wie bei dem Nitrat.
Das trifft aber nicht zu. Denn in der oben angestellten Überlegung
wurde vorausgesetzt, daß das „falsche“ Licht viel weniger absorbiert
wird als das „richtige“. Wenn der untersuchte Stoff für das falsche
Licht eine Absorption von ähnlicher Größenordnung zeigt wie für
das richtige, wird der Fehler sehr klein, und wenn das falsche Licht
sehr viel stärker absorbiert wird als das richtige, kann man ge-
legentlich auch zu große Werte erhalten. So erklärt es sich, daß
die Fehler bei Kaliumchromat, dessen Absorptionsspektrum erst
oberhalb des Maximums des selektiven photoelektrischen Effekts
abfällt, viel kleiner sind. Immerhin hat eine Nachprüfung ergeben,
daß auch hier die bei 265 und 254 mu von v. Halban und Sieden-
topf gefundenen Werte etwas zu niedrig sind. Wir erhielten nun
bei 254 mu für den Extinktionskoeffizienten 2,57 10% und bei 265 mu
3,16- 10° Werte, die mit den von Scheibe?) aufgestellten sehr gut
übereinstimmen.
Ein kritischer Vergleich der verschiedenen Zellen hat aber noch
zu weiteren Ergebnissen geführt, aus denen hervorgeht, daß die
1) Unsere neuen Werte wurden bereits von G. Scheibe im Zusammenhang mit
seinen eigenen Messungen veröffentlicht, vgl. Ber. d. Dtsch. Chem. Ges. 59. 2616. 1926,
Auch die Werte von H. Ley und F. Volbert, Zeitschr. f. wiss. Phot. 23. 41. 1924,
fügen sich gut ein (vgl. Fig. ı). Von der späteren Veröffentlichung von H. Ley und
F. Volbert, Zeitschr. f. phys. Ch. 130. 308. 1927 erhielten wir erst nach Absendung
des Manuskripts Kenntnis.
9) Vgl. H. v. Halban und K. Siedentopf, Zeitschr. f. phys. Ch. 108. 71. 1922;
O. Oldenberg, Zeitschr. für Physik 29. 328. 1924; D. St. Villars, Journ. Amer.
chem. Soc. 48. 1974. 1926.
3) Vgl. G. Rössler, Ber. d. Dtsch. Chem. Ges. 59. 2606. 1926. Von der früher
von Scheibe veröffentlichten Kurve (Ber. d. Dtsch. Chem. Ges. 57. 1330. 1924) haben
wir nur zur Ergänzung einen Punkt in der Nähe des Minimums bei 313 mp über-
nommen, da Rösslers Kurve dort keine Punkte bringt. Übrigens enthält die von
Scheibe im Chemiker-Kalender 1927, III, S. 324 gegebene Kurve zwei Punkte, die
unserer Kurve an dieser Stelle entsprechen.
Zeitschr. L wiss. Phot. 25 10
146 v. Halban und Eisenbrand
Eigenschaften der einzelnen Zellen viel stärker variieren als zu er-
warten war.!)
Es wurde die relative Empfindlichkeit der verschiedenen Zellen
bei den Wellenlängen der Hg-Linien geprüft. Zu diesem Zwecke
wurde, durch entsprechende Einstellung des rotierenden Sektors, die
Lichtschwächung so lange variiert, bis die Zellen stets den gleichen
absoluten Photostrom zeigten. (Gemessen durch Ermittlung der
Aufladezeit mit der Stoppuhr.) Die reziproken Werte der Sektor-
öffnungen geben dann einen relativen Wert für die Empfindlichkeit
der verschiedenen Zellen. Es wird hier darauf verzichtet, diese
Zahlen auf gleiche Energie zu reduzieren, einerseits, weil die An-
gaben über die relative Energie der Hg-Linien noch schwanken und
die in der Literatur vorhandenen Angaben natürlich für eine schon
durch längere Zeit gebrauchte Lampe, wegen der Bräunung des
Rohres, nicht zutreffen, andererseits, weil es hier nur darauf an-
kommt, festzustellen, ob und in welcher Weise die relative Emp-
findlichkeit verschiedener Zellen sich mit der Wellenlänge ändert.
In der folgenden Tabelle sind die erhaltenen Werte für zwei
QJuarzzellen und die beste Uviolzelle zusammengestellt. Alle Zellen
waren Kaliumzellen mit Argonfüllung und stammten von der Firma
Günther & Tegetmeyer in Braunschweig.
Tabelle ı
Material | Quarz Nr. I | Quarz Nr. II | Uviol 4956
8 mu E E E
436 100 20 20
366 100 10,0 30
334 3 8,8 4
313 20 KA 44
303 6,6 25 16
297 3 14 9,1
289 1,0 7,0 4,4
280 2,0 11 BI
265 2,5 14 3,7
254 2,5 17 0,7
248 0,5 4 —
237 0,1 2 —
Bei der Betrachtung dieser Zahlen erscheint vor allem das
Verhalten der Quarzzelle I auffallend: Der Photostrom fällt mit ab-
nehmender Wellenlänge viel stärker ab als bei der Uviolzelle! Da
für die Lichtabsorption der Hülle das Umgekehrte gilt, folgt daraus,
1) Daß verschiedene Exemplare in ihrer absoluten Empfindlichkeit beträcht
lich verschieden sind, ist bekannt (vgl. z.B. Ostwald-Luther, Hand- und Hilf-
buch, 4. Aufl, S. 701).
Die Messung der Lichtabsorplion 147
daß, bezogen auf das auf den Belag auftreffende Licht, die
Empfindlichkeit der Quarzzelle Nr. I, im Vergleich zu derjenigen der
Uviolzelle 4956, außerordentlich stark abfällt! !)
Diese überraschend großen Verschiedenheiten im Verhalten der
einzelnen Zellen haben zur Folge, daß ihre Brauchbarkeit für Mes-
sungen mit nicht ganz reinem Licht in hohem Grade von der
Wellenlänge abhängt oder umgekehrt: Man muß, wenigstens soweit
es sich um absoiute Messungen handelt, die Empfindlichkeitskurve
einer Zelle kennen, um sie richtig verwenden zu können.
Es ist klar, daß das „falsche“ Licht einen um so kleineren
Fehler verursachen wird, je größer die Empfindlichkeit gegen die
in Betracht kommende Linie, verglichen mit der gegen die übrigen
Linien, ist, wobei unter Empfindlichkeit schon der durch die Linien
in ihrer vollen Stärke bewirkte Photostrom verstanden sei.
Man kann sich eine genügende Vorstellung von der Brauchbar-
keit einer Zelle für Messungen bei einer bestimmten Linie machen,
wenn man den Ausdruck
Photostrom bei der Meßlinie
Summe der Photoströme bei den übrigen Linien
bildet. ?)
Im folgenden sind diese Zahlen für einige unserer Zellen zu-
sammengestellt:
Tabelle 2
Material | Quarz Nr. I Quarz Nr. II Uviol 4956 Glas 4736
mu E E E E
i
579 | 0,4 | er Zu | wes
546 | 0,9 0,9 Sage
436 | 43 8 15 58
405 = (8) = | —
360 |© 43 40 | 23 39
334 1,3 3:35 i 3 —
313 8,5 16,5 32,6 2,3
303 2,8 4 12,1 0,6
297 1,3 5,8 6,9 0,2
289 | 0,4 3,0 HK 0,06
280 | 0,85 j 4,2 3,83 0,04
265 1,06 5,5 2,6 0,02
254 | 1,06 6,7 0,6 0,006
1) Dieser Gegensatz ist so überraschend, daß wir die Möglichkeit in Betracht
zogen, es liege ein Irrtum bezüglich des Materials der Hülle vor. Man konnte aber
durch seitliches Belichten und Prüfen mit einer Fluoreszenzplatte leicht feststellen,
daß tatsächlich die Hülle der Zelle I im Ultraviolett durchlässiger ist, als diejenige
der Zelle 4956. Übrigens fällt die Photostromstärke bei der Quarzzelle ja bereits ober-
halb 300 mu im Vergleich zu derjenigen der Uviolzelle stark ab, und in diesem Ge-
biet spielt die Lichtabsorption der Hülle keine große Rolle.
2) Diese „Wirkungszahlen‘‘ haben natürlich nur praktische Bedeutung,
10*
148 ~ v. Halban und Eisenbrand
Ihre Bedeutung liegt vor allem darin, daß tatsächlich für die
Brauchbarkeit einer Zelle nicht ihre absolute Empfindlichkeit maß-
gebend ist. Bei 303 mp z.B. eignet sich die Uviolzelle 4956 am
besten, obwohl ihr Photostrom (vgl. Tabelle 2) seinen absoluten Be-
trägen nach geringer ist als derjenige der Quarzzelle IL
Bei den bisherigen Betrachtungen wurde stets von den Be-
dingungen ausgegangen, wie sie bei einfacher Lichtreinigung durch
den Zeissschen Monochromator gegeben sind. Abgesehen davon,
daß wir bisher mit diesem Instrument gearbeitet haben, wird sehr
häufig nur ein solcher einfacher Monochromator, vielleicht sogar
ein weniger geeignetes Instrument, zur Verfügung stehen. Es be-
darf aber auch noch der Untersuchung, ob man bei der Verwendung
doppelter Lichtreinigung!) noch genügend starkes Licht behält, um
den entscheidenden Vorteil der photoelektrischen Methode, die hohe
Differenzempfindlichkeit, auszunutzen.
Denn wenn man weitgehende Reinheit des Lichts durch starke
Verringerung der Lichtintensität erkauft, vermeidet man zwar die
systematischen Fehler, welche durch falsches Licht bewirkt werden,
die erreichbare Genauigkeit wird aber dann vielleicht kaum mehr
diejenige der besten spektrographischen Messungen übertreffen.
Hier wird man nur durch Verwendung von empfindlicheren Elektro-
metern oder durch Anwendung von Verstärkerrohren weiterkommen.?)
Die großen Differenzen zwischen den photoelektrischen und
photographischen Ergebnissen sind also nun aufgeklärt. Wir geben
hier, um einen guten Überblick zu ermöglichen, die Absorptions-
spektren der verdünnten Alkalinitratlösungen und der alkalischen
Kaliumchromatlösungen wieder. Auf der Abszissenachse sind die
Wellenlängen bzw. Schwingungseinheiten, auf der Ordinatenachse
der Logarithmus des Extinktionskoeffizienten aufgetragen.°) Diese
1) Vgl. R. Pohl, Nature. 15. 433. 1927, wo die Notwendigkeit der Ver-
wendung eines Doppel-Monochromators betont wird. Allerdings dürfte die dort be-
schriebene Methode der Messung zwar frei von durch Unreinheit des Lichts bedingten
Fehlern sein, aber eine wesentlich geringere Unterschiedsempfindlichkeit haben als die
unsrige. Bei dem in der genannten Veröffentlichung von Pohl behandelten Beispiel
handelt es sich um so große Änderungen der Lichtabsorption, daß auch eine photo-
graphische Methode zu ihrer Feststellung völlig ausgereicht hätte.
») Vgl. H. Rosenberg, Naturw. 9. 359. 1921.
3) Es wäre sehr zu wünschen, daß alle Autoren sich dieser Darstellung bedienten,
die viele Vorzüge hat (vgl. F. Weigert, Ber, d. Dtsch. Chem. Ges. 49. 1510. 1916).
Die Auftragung des Extinktionskoefhizienten selbst statt seines Logarithmus läßt den
Die Messung der Lichtabsorption 149
Kurven zeigen, daß unsere Werte nun mit den photographischen
Werten Scheibes sehr gut übereinstimmen.!) Die Abweichungen
von den Werten von Baly, Morton und Riding sind im all-
x v. Halban -Eisenbranc
250 275 300 325
Fig. ı
gemeinen ebenfalls klein, nur bei 313 mu besteht eine große
Differenz. Diese dürfte aber wahrscheinlich darauf beruhen, daß
gleichen relativen Fehler, je nach der absoluten Größe des Extinktionskoefhzienten
selbst, ganz verschieden groß erscheinen. Vor allem aber ist die logarithmische Kurve
unabhängig von etwaigen Fehlern in den absoluten Größen der Konzentration und
des Extinktionskoefhizienten.
1) Bei 303 mp besteht noch eine Diskrepanz, die zweifellos darauf beruht, daß
bei unserer Anordnung die Linien 297 und 303 nicht genügend weitgehend getrennt
werden. Tatsächlich hat eine Nachprüfung ergeben, daß der erhaltene Wert hier
merklich von der Spaltweite abhängt.
De v. Halban und Eisenbrand
von den genannten Autoren eine zu kleine Extinktion gemessen
wurde. Es wurde!) eine 0,000075 n Lösung verwendet. Falls bei
dieser Messung mit der gleichen Schichtdicke gearbeitet wurde wie
bei den übrigen Messungen (4 cm), beträgt Æ nach unserem Wert
von & 0,0586, nach dem von Baly, Morton und Riding an-
gegebenen Wert von s 0,087. Die Differenz 0,028 liegt nach dem
Obengesagten durchaus innerhalb der Fehlergrenzen der photo-
graphischen Methoden.
Joen 273 300 335 350 373 00 ses
875 309 325 330 375 489 25
Einer kurzen Erörterung bedürfen noch einige Daten aus der
Veröffentlichung von Morton und Riding.?) Diese Autoren fanden
beträchtliche Unterschiede zwischen den Absorptionsspektren ver-
dünnter Lösungen verschiedener Nitrate. Unsere eigenen Messungen,
die demnächst ausführlich in der Zeitschrift für physikalische Chemie
veröffentlicht werden sollen, haben ergeben, daß die Absorptions-
spektren verdünnter Lösungen der Nitrate der Alkalimetalle und
) Vgl. E. C. C. Baly, R. A. Morton and R. W. Riding, Proc. Roy. Soc
A. 113. 717. 1927.
?) Proc. Roy. Soc. 113. 717. 1927.
Die Messung der Lichtabsorption 151
der alkalischen Erdmetalle vollkommen miteinander übereinstimmen.
Für das Silbernitrat gelangten H. Ley und F. Volbert!) zu dem
gleichen Ergebnis. Die „Persistenz‘“ beträgt also auf Grund unserer
Daten stets 6,91 — 1,56 = 5,35. Morton und Riding finden aber
Werte, die sich zwischen 5,36 und 6,92 bewegen. Ein derartiger
Fehler unseres Ergebnisses erscheint ganz ausgeschlossen. Wir
möchten noch betonen, daß das Maximum bei 300 mu gegen Ver-
unreinigungen außerordentlich empfindlich ist. So haben wir z. B.
mit dem reinsten käuflichen Präparat?) den Wert 7,39 erhalten und
erst nach viermaligem Umkristallisieren aus Leitfähigkeitswasser ge-
langten wir zu dem früher von L. Ebert gefundenen Wert von 6,91.
Auch bei der Salpetersäure besteht noch keine volle quanti-
tative Übereinstimmung zwischen den Werten von Morton und
Riding und unseren noch unveröffentlichten Messungen.
Zusammenfassung
Es wurden die Faktoren, die für die Beurteilung einer Methode
der Lichtabsorptionsmessung maßgebend sind, kritisch diskutiert.
Bei der Anwendung der photographischen Methode ist zu be-
achten, daß für sie ein bestimmter absoluter Fehler bzw. eine be-
stimmte absolute Differenz in der Extinktion und nicht ein be-
stimmter relativer Fehler in der Extinktion bzw. im Extinktions-
koeffizienten charakteristisch sind. Die Genauigkeit, mit der sich
der Extinktionskoeffizient bestimmen läßt, hängt vielmehr von der
absoluten Größe der verwendeten Extinktion ab. Bei Verwendung
einer genügend großen Extinktion läßt sich mit den photographischen
Methoden der Extinktionskoeffizient auf wenige Prozente genau be-
stimmen. Zur Ermittlung kleinerer Differenzen von Extinktionen,
bzw. von Konzentrationen absorbierender Stoffe, wie auch zur ab-
soluten Messung kleiner Extinktionen, eignet sich die photographische
Methode nicht, dagegen ist sie zur quantitativen Aufnahme der Ab-
sorptionsspektren vollkommen geeignet und wegen der größeren
Schnelligkeit, mit der die Resultate erreicht werden, für diesen
Zweck der photoelektrischen Methode unbedingt vorzuziehen.
Bei der photoelektrischen Methode ist vorläufig noch keine
untere Grenze des Fehlers bzw. der Differenzempfindlichkeit in bezug
1) Zeitschr. f. wiss. Phot. 23. 41. 1924.
D Kahlbaums Präparat „zur Analyse mit Garantieschein‘,
152 v. Halban und Eisenbrand. Die Messung der Lichtabsorption
auf die Extinktion zu erkennen. Selbst praktisch läßt sich die Unter-
schiedsempfindlichkeit in bezug auf die Extinktion unter günstigen
Bedingungen (bei starken Linien) um etwa zwei Zehnerpotenzen
weitertreiben als bei der photographischen Methode. Die photo-
elektrische Methode eignet sich deshalb vor allem zur Messung
kleiner Extinktionen oder kleiner Differenzen von Extinktionen
bzw. Konzentrationen. Bei absoluten Messungen läßt sich ihre
Empfindlichkeit nicht voll ausnützen, weil die zur Erreichung einer
so hohen Empfindlichkeit notwendige hohe Intensität des Lichts
nicht gestattet, mit der Reinheit des Lichts und der Definition der
Wellenlängen so weit zu kommen wie mit der photographischen
Methode. Bei der Aufnahme ganzer Absorptionsspektren macht sich
übrigens die verhältnismäßig geringe Anzahl der für diese Methode
verwendbaren Linien störend bemerkbar.
Die großen Differenzen, welche zwischen den Ergebnissen der
beiden Methoden bei Wellenlängen unterhalb 300 mu, insbesondere
bei Nitratlösungen bestanden, konnten auf einen systematischen
Fehler der betreffenden photoelektrischen Messungen zurückgeführt
werden. Die Ergebnisse der beiden Methoden stimmen nun im
allgemeinen befriedigend miteinander überein.
Ein systematischer Vergleich verschiedener Zellen hat ergeben,
daß diese unerwartet große Unterschiede in der Abhängigkeit der
Empfindlichkeit von der Wellenlänge aufweisen, die noch der Er-
klärung bedürfen. Die genaue Kenntnis der Eigenschaften der ver-
wendeten Zellen ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn mit
nicht ganz reinem Licht absolute Messungen ausgeführt werden sollen.
(Eingegangen am 13. November 1927)
Wildt. Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof 153
Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof
R Von
Rupert Wildt
Mit 5 Figuren im Text
Einleitung
Der Sprachgebrauch der photographischen Literatur unter-
scheidet meist nicht scharf zwischen den beiden Formen des Licht-
hofes‘‘, dem Reflexions- und dem Diffusionslichthof [abgekürzt R- und
D-Lichthof nach dem Vorschlage von Scheffer (1)]. Der erstere
ist wegen seiner für die photographische Praxis überwiegenden Be-
deutung der Lichthof schlechthin. Mit seiner Entstehung und Ver-
hütung beschäftigten sich insbesondere die Arbeiten von Abney,
Cornu und v. Gothard (2). Zur Bildung des R-Lichthofes gibt
derjenige Teil des einfallenden Lichts Anlaß, welcher die Emulsions-
schicht durchlaufen hat und nun von dem Schichtträger (Glasplatte
oder Zelluloidfilm) reflektiert wird. Auf Grund dieser Anschauung
leitete Drecker (3) die Intensitätsverteilung im R-Lichthof aus der
Fresnelschen Theorie ab. Die Übereinstimmung zwischen Theorie
und Beobachtung scheint gut zu sein.
Die Entstehung des Diffusionslichthofes ist auf die Streuung
des Lichtes durch die Halogensilberpartikel der Emulsionsschicht
zurückzuführeh. Obwohl sich diese Erscheinung auf gewöhnlichen
photographischen Aufnahmen kaum bemerkbar macht, wird der
D-Lichthof sehr störend, sobald es sich um die Wiedergabe feiner
Strukturen handelt. Die photographische Technik hat auch hier Ab-
hilfe geschaffen. Durch Anfärbung der Emulsion mit Farbstoffen, die
das aktinische Licht absorbieren, läßt sich die diffuse Ausbreitung
des Lichts stark herabsetzen. Die Zahl der Untersuchungen über
den D-Lichthof hinsichtlich seiner Bedeutung für das Auflösungs-
vermögen photographischer Platten (z. B. Mikrophotographie) ist
beträchtlich. Einen guten Überblick über die Literatur dieses Ge-
bietes findet man in der Monographie von F. E. Ross, ‚The physics
of the developed photographic image‘‘ (18).
154 Wildt
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage der Inten-
sitätsverteilung im D-Lichthof und versucht durch Beibringung
neuen Versuchsmaterials die Widersprüche zu klären, die die Er-
gebnisse der bisherigen Experimentaluntersuchungen zeigen. Voran-
gestellt ist ein Abschnitt über die photographische Emulsion als
trübes Medium und die theoretische Deduktion der Intensitäts-
verteilung im D-Lichthof. Ein Schlußabschnitt bringt einige Be-
merkungen über die Entstehung fokaler photographischer Stern-
bilder. Wenn diese Gedanken auch nur in lockerem Zusammenhang
mit dem eigentlichen Thema zu stehen scheinen, so bildeten sie doch
die Anregung und den Ausgangspunkt für diese Arbeit.
Die photographische Emulsion als trübes Medium
Die optische Heterogenität photographischer Schichten, ihre
Trübung, beruht auf ihrer Mikrostruktur. Die Emulsion besteht aus
dem Bindemittel wie Gelatine, Kollodium usw. (Dispersionsmittel)
und den Kristallen des Silberhaloids (disperse Phase). Die umfang-
reichen statistischen Untersuchungen über die Korngrößen und ıhre
Häufigkeitsverteilung in den verschiedenartigsten Emulsionen, wie
sie von Sheppard, Trivelli und deren Mitarbeitern im Kodak-
laboratorium, von Svedberg und anderen im letzten Jahrzehnt
ausgeführt wurden, haben schon ein ziemlich eingehendes Bild von
dem Aufbau dieser komplizierten kolloiden Systeme ergeben (4).
Das Häufigkeitsgesetz der Korndurchmesser läßt sich durch folgende
Formeln darstellen:
KEE Zeit? Vene [2]
y bedeutet die beobachtete Häufigkeit (auf 1000 Körner), ua den
Schnittpunkt der Kurve mit der y-Achse für [1] und die Maximum-
ordinate für [2], z ist der spezielle Korndurchmesser und e eine Kon-
stante, die die Lage der Maximumordinate auf der z Achse charakte-
risiert. Die einfache Exponentialfunktion [1], die nur bei sehr fein-
körnigen Emulsionen auftritt, ist offenbar weiter nichts als der rechte
Ast der Gaussschen Fehlerfunktion [2], deren linker Ast nicht ge-
messen werden konnte, weil die betreffenden Körner zu klein sind.
Für die optische Charakterisierung der Schicht sind die Brechungs-
exponenten ihrer Komponenten von Wichtigkeit. Schaum und
Stoess haben für eine Anzahl von Bindemitteln photographischer
Emulsionen die Brechungsindizes bestimmt (5). Walpole unter-
suchte speziell wässerige Gelatinelösungen verschiedener Kon-
Untersuchungen über den photographischen Difusionslichthof 155
zentration (6). Der Brechungsindex ist unabhängig davon, ob sich
de Gelatine im Sol- oder Gel-Zustand befindet, und wird durch die
Anwesenheit von Säuren, Alkalien oder Neutralsalzen nicht ver-
ändert. Ross berechnete die relativen Brechungsindizes der Silber-
haloide gegen Gelatine (a. a. O.). Bemerkenswert ist das Reflexions-
vermögen der Silberhaloide für senkrecht auffallendes Licht in
Gelatine (bezogen auf die D-Linie), das sich aus den vorigen Werten
ED AgBr 3,50, AgJ 2,9% AgCl 2,0%,
Man ist noch weit davon entfernt, die Gesetze der Lichtaus-
breitung in solch komplizierten dispersen Systemen zu beherrschen.
Die Schwierigkeiten des rechnerischen Ansatzes liegen darin, daß
das streuende Medium aus Partikeln sehr verschiedener Größe be-
steht, die noch dazu oft unregelmäßig gestaltet sind. In den photo-
graphischen Emulsionen sind die kleineren AgBr-Körner nahezu
kugelig, die größeren sind dagegen fast immer polyedrisch ausgebildet.
Das räumlich unregelmäßige Wachstum der Kristalle während der
Reifung der Emulsion ist durch die Lage der Hauptachsen der Kri-
stalle und durch die Adsorption von Ionen aus der umgebenden
Lösung bedingt. Für die Rechnung kann man versuchen die Polyeder
durch Kugeln zu ersetzen, wie es Abney in einem speziellen Fall
getan hat. Wesentlich bleibt jedoch der Dispersitätsgrad des Kolloids.
Teilchen, deren Durchmesser unterhalb der Wellenlänge des Lichts
liegen, verursachen die sogenannte Beugungstrübung, deren Theorie
von Rayleigh herrührt (7) und sich bei der Lichtstreuung in Gasen
und der Opaleszenz von Flüssigkeiten in der Nähe des kritischen Zu-
standes (Einstein-Smoluchowski) vortrefflich bewährt hat.
Das Problem vereinfacht sich hier, da alle Teilchen, die Moleküle,
als gleich angesehen werden können und ihre Dimensionen klein
gegen die Wellenlänge des Lichts sind. Bei grob dispersen Systemen
— Teilchendurchmesser größer als die Wellenlänge des Lichts —
treten die Beugungseffekte gegen die Reflexion und Brechung des
Lichts zurück. Für die strenge Theorie dieser Spiegelungs- und
Brechungstrübung, der auch die photographischen Emulsionen unter-
worfen wären, liegen bisher kaum Ansätze vor.
Wo. Ostwald beschränkt sich in seinem Werk ‚Licht und
Farbe in Kolloiden‘‘ auf einige knappe Betrachtungen zu diesem
Punkt. Der Betrag der Spiegelungstrübung soll proportional scin
der Gesamtoberfläche der dispersen Phase, muß also bei konstantem
Dispersitätsgrad proportional der Konzentration zunehmen und bei
156 Wildt
variablem Dispersitätsgrad, wenn die Konzentration konstant ge-
halten wird, mit dem reziproken Teilchenradius wachsen. Für die
Brechungstrübung soll eine analoge Überlegung gelten. Die theo-
retischen und experimentellen Arbeiten der letzten Jahre beschränken
sich fast ausschließlich auf hochdisperse Systeme. Über Licht-
zerstreuung in grob dispersen Medien ist mir nur eine Untersuchung
von Woronkoff und Pokrowski bekannt geworden (8). Die Ver-
fasser untersuchten die Intensität des Streulichts hinter der streuenden
Schicht in Abhängigkeit vom Winkel, den die Richtung der betrach-
teten Strahlung mit der Normalen einschließt. Die planparallel be-
grenzte streuende Schicht wird senkrecht von vorn beleuchtet. Die
Beobachtungen lassen sich durch folgende Formel darstellen:
H=Ke-’’+M,
wo H die Intensität des Streulichts, 9 der Winkel zwischen der Beob-
achtungsrichtung und der Normalen, p ein ‚Trübungsexponent“
und X und M Konstanten für eine bestimmte Schicht sind. Über
die Variabilität der Größen dieser Gleichung mit der Konzentration C
bzw. Schichtdicke L machen die Verfasser folgende Angaben:
dp dp dp
dl <o, dC <0, din, — Sal <0,
d K dK d A
Tr << ez Hi EICH Ze
nı — n, ist die Brechungsdifferenz zwischen disperser Phase und Dis-
persionsmittel. Diese rein experimentellen Ergebnisse befinden sich
in guter Übereinstimmung mit Wo.Ostwalds theoretischen An-
schauungen. In seiner in der Einleitung bereits zitierten Arbeit bringt
Abney einige Rechnungen zur Helligkeit des D-Lichthofes. Doch
betrachtet er nur ein einzelnes Bromsilberkorn, das als kugelförmig
angenommen wird. Außerdem beschränkt er sich auf die Reflexions-
effekte, die Brechung innerhalb des Kornes wird nicht behandelt.
Es sei die Richtung des einfallenden Lichts die x-Achse, dann liegt
die y-Achse parallel zur Oberfläche der Emulsionsschicht. Das be-
trachtete Korn befindet sich im Ursprung. Die Intensität des reflek-
tierten Lichts, das ein Punkt mit den Koordinaten y und x empfängt,
ist dann:
r? y
A o a pe
Der maximale Lichtstrom geht parallel zur Oberfläche der Emulsions-
schicht (x = 0) und durch die weiteren Körner, die sich ihm auf
Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof 157
seinem Wege entgegenstellen, wird er dann nach dem einfachen
Exponentialgesetz geschwächt:
Je Anen,
Auf die Betrachtung eines Systems von Körnern und der wieder-
holten Reflexion an diesen verzichtet der Autor. Diese Betrachtung
müßte immer zu einer Summierung über sämtliche Körner sl
führen, d.h. der Betrag der Spiegelungstrübung dürfte wie oben
bei Ostwald proportional der Gesamtoberfläche der dispersen
Phase sein. Obgleich sich die Betrachtung Abneys anfechten läßt,
ist sie doch bemerkenswert, da sie die Abhängigkeit der Spiegelungs-
trübung vom Korndurchmesser vor Augen führt.
Was die spektrale Zusammensetzung des Streulichts anbetrifft,
so wird das Reflexions- und Brechungsvermögen einer Substanz
durch ihren Brechungsindex charakterisiert, der in erster Annäherung
eine reziprok-quadratische Funktion der Wellenlänge ist. Die Stärke
der Spiegelungs- und Brechungstrübung nimmt, wenigstens bei nicht-
metallischen Dispersoiden, gleichsinnig mit der Brechungsdifferenz
zwischen disperser Phase und Dispersionsmittel zu, und daher beim
Fortschreiten zur größeren Wellenlänge ab. Entsprechend muß die
Intensität des nichtgestreuten, d.h. in der Einfallsrichtung durch-
gelassenen Lichts mit wachsender Wellenlänge größer werden. In
der Tat zeigen die Messungen von Hurion und Compan an ver-
schiedenen dispersen Systemen diesen Effekt (9). Der Absorptions-
koeffizient ist umgekehrt proportional A? bei Ruß und Magnesium-
oxyd (auf Glasplatten) und bei Tusche und Bariumsulfat (wässerige
Suspensionen), dagegen umgekehrt proportional A8 bei Chlorsilber-,
Mastix- und Kupfersulfid-Hydrosolen. Dieser Wert 4, der nur bei
höher dispersen Kolloiden auftritt, befriedigt die Rayleighsche
Theorie der Beugungstrübung, während A? nur bei gröberen Dis-
persoiden gilt. Die obigen Überlegungen setzen voraus, daß sowohl
Dispersionsmittel als disperse Phase frei von selektiver Absorption
sind. Diese Bedingung ist aber bei photographischen Emulsionen nicht
erfüllt. Gelatine ist bekanntlich für kurzwelliges Ultraviolett (Schu
mannstrahlen) ganz undurchlässig und absorbiert auch schon im
längerwelligen Teil des ultravioletten Spektrums kräftig. ` Visuelle
Absorptionsmessungen an zwei verschiedenen Sorten von Emulsions-
gelatine stellten Eggert und Noddack an (10). Die Durchlässigkeit
nimmt von Rot nach Violett beträchtlich ab. Die gleichen Verfasser
untersuchten die Absorption von reinem, geschmolzenem Bromsilber.
158 | Wildt
Sie ist im weniger brechbaren Teil des Spektrums nicht nennenswert,
setzt jedoch steil bei etwa 4460 uu ein. Bei diesen komplizierten
Absorptionsverhältnissen — es wäre noch die Anfärbung der Emulsion
mit sensibilierenden Farbstoffen zu berücksichtigen — läßt sich
von vornherein nicht erwarten, daß eine einfache Beziehung zwischen
Trübungseffekt und Wellenlänge besteht. Auf die experimentellen
Ergebnisse von Ross und die betreffenden eigenen Messungen des
Verfassers wird weiter unten eingegangen.
Die Intensitätsverteilung im D-Lichthof
Einer rechnerischen Ableitung der Intensitätsverteilung ım
D-Lichthof müssen gewisse Annahmen über die Art der Licht-
Fig. ı
ausbreitung in der Emulsionsschicht zugrunde gelegt werden. Als
solche sollen hier die Überlegungen dienen, die Scheffer gelegent-
lich seiner Untersuchungen über den D-Lichthof angestellt hat (11).
Er betrachtet enen idealisierten Lichtstrahl, d.h. ein sehr enges
Bündel parallelen Lichts, das senkrecht auf die Grenzfläche des trüben
Mediums fällt. Bei den zahlreichen Reflexionen und Brechungen
durch die ganz zufällig angeordneten und gestalteten Teilchen des
trüben Mediums wird offenbar keine Richtung vor der anderen
bevorzugt. So gelangt Scheffer zu der Überzeugung, daß im Inneren
des streuenden Mediums die Intensität des Lichtstroms ganz un-
abhängig von dem Winkel ist, den seine Richtung mit der Normalen
bildet, oder mit anderen Worten, die Isophoten, die Flächen gleicher
Lichtintensität, sind Kugelflächen um den Schnittpunkt des ein-
fallenden Strahles mit der Grenzfläche des trüben Mediums als Mittel-
punkt. Fig. ı veranschaulicht dies an einem Achsenschnitt durch
die Ebene des einfallenden Strahls. Im allgemeinsten Fall sollen
Untersuchungen über den pholographischen Difjusionslichthof 159
die Isophoten Oberflächen von Rotationsellipsoiden sein, deren große
Achsen in der Richtung des einfallenden Strahls liegen. Nur wenn
die Konzentration der streuenden Teilchen groß genug ist, daß nicht
wesentliche Mengen des einfallenden Lichts ohne gestreut zu werden
zwischen ihnen hindurchgehen, ist der Spezialfall der kugelförmigen
Isophoten gegeben. Scheffer hält diesen Spezialfall bei den hoch-
empfindlichen Bromsilber-Negativ-Emulsionen für hinreichend reali-
siert. Goldberg hat diese Anschauungen Scheffers bei seinen Unter-
suchungen über das Auflösungsvermögen photographischer Platten
diskutiert und ihnen beigepflichtet (12).
Eine weitere Festsetzung betrifft das Gesetz, nach dem dic
Intensität des einfallenden Lichtes mit wachsender Schichtdicke
Fig.2
abnimmt. Es soll hier als einfache Exponentialfunktion (Extinktions-
formel von Lambert oder Bouguer) angesetzt werden:
JmJe**.
In Fig. 2 ist der einfallende Lichtstrahl durch einen Pfeil dargestellt.
Er schneidet die Grenzfläche des trüben Mediums in dem Flächen-
element dF. Infolge der Streuung des Lichts erhält dann cin Punkt
mit den Koordinaten x/y/z (in bezug auf dF als Ursprung) von dem
(scheinbar selbst leuchtenden) Flächenelement d F die Intensität
zugestrahlt. Für Yx?-+ y? + 3? = const erhält man die Isophoten,
die sich als Halbkugeln erweisen. Es darf nicht verschwiegen werden,
daß die Verwendung der Lambertschen Extinktionsformel für den
Abstand der Isophoten eine nicht ganz gereclitfertigte Vereinfachung
160 Wildt
darstellt. Die Lambertsche Formel ist nämlich streng nur für die
Absorption des Lichts in echten Lösungen gültig. Pokrowski unter-
suchte experimentell die Lichtabsorption in optisch inhomogenen
Medien (13). Seine Messungsergebnisse lassen sich gut durch eine
dreigliedrige Formel darstellen:
J me-a Kli-erer)e-fz=erae + Ke-Pfz— Ke-lerbz,
v
Da der Koeffizient & bedeutend größer als ß ist, verschwinden de
Glieder mit æ schon für verhältnismäßig geringe Schichtdicken und
es bleibt die einfache Exponentialformel. Betreffs der theoretischen
Deutung der Formel muß auf die Originalarbeit verwiesen werden.
Im folgenden sei r der Abstand des betrachteten Punktes P
vom Rande der direkt beleuchteten Fläche und x seine Entfernung
von der Oberfläche der Emulsionsschicht. Die betrachtete Fläche
soll der Einfachheit halber als Rechteck von der Breite b und unend-
licher Länge angenommen werden. Dem entspricht bei den Ver-
suchen des Verfassers die Anwendung eines Spaltes, dessen Länge
groß gegen seine Breite ist. Die Summe des Lichts, das der be-
trachtete Punkt P durch Streuung von der beleuchteten Fläche
empfängt, ergibt sich durch Integration über sämtliche Flächen-
elemente:
+o r+b Di © éd y
-a Væ tyt z -ay tyt? S
J Je V+) dedy di Jr ) dz dy
Da sich bei der Betrachtung einer photographischen Platte in der
Aufsicht oder Durchsicht die vorderen und hinteren Teile der Schicht
überlagern, muß noch über x von o bis c (Schichtdicke) integriert
werden. Das vollständige Integral lautet dann:
e œ r+b
—eFn=2[| [(e-V7*7*+?) ds dydx.
Ur
Es stellt die Intensität des Streulichts um das betrachtete Feld
(unendlich langes Rechteck) als Funktion der Entfernung r vom
Rande des Rechtecks dar, wobei Jọ die Intensität des direkt be
leuchteten Feldes ist. Dies Integral ist durch einfache Funktionen
nicht lösbar. Der Verfasser ist Herrn cand. math. H. Wäsche zu
großem Dank verpflichtet für seine Versuche, das Integral mit Hilfe
von Gamma-Funktionen darzustellen. Dies war jedoch nicht mög-
lich, da die Theorie der Gamma-Funktionen für so spezielle Fälle
Birke m m 2 mei ee Be m
- =
Untersuchungen über den Photographischen Diffusionslichthof 161
noch nicht ausgebildet ist (vgl. Nielsen, Handbuch der Theorie
der Gammafunktionen). Es läßt sich nur angeben, daß F (r) für
große Werte von r in eine einfache Exponentialfunktion übergeht
und für kleine r stets größer ist als diese. Auch die Ermittlung der
Größenordnung von r, für die der Übergang zur e-Funktion statt-
findet, ist leider nicht streng möglich. Schätzungsweise tı tritt dieser
Fall ein, wenn e gegen x? verschwindet.
Das Schwärzungsgesetz und das Durchmessergesetz des D-Lichthofes
Die theoretisch errechnete Intensitätsverteilung im D-Lichthof
e E
Jo
doch fixiert sie sich als latentes Bild in der Emulsionsschicht und
kann durch Entwicklung der Platte als Schwärzungsverteilung sicht-
bar gemacht werden. Dabei geht dann das photographische Schwär-
zungsgesetz ein, das die Funktionalbeziehung zwischen eingestrahlter
Lichtenergie und erzeugter Schwärzung darstellt. Die Schwärzung
eines photographischen Negativs wird definiert als Logarithmus der
Öpazität, d.h. des Verhältnisses von auffallender zu durchgelassener
Lichtmenge: S = log O = log E
(r) ist natürlich der direkten Beobachtung nicht zugänglich,
Man pflegt mit logarithmischem
Maß der Belichtungszeit und Lichtintensität zu rechnen. Das
Schwärzungsgesetz S = Ø (log Jt) wird zweckmäßig durch Ein-
führung der sogenannten latenten Schwärzung s auf die Form
gebracht:
S=®(s); s=g(log Jt) = log fft =q log J + logt.
Die Funktion Ø (s) läßt sich formelmäßig schwer darstellen. Über
einen beträchtlichen Bercich von s (normale Belichtung) darf
Ø (s) = a+ bs gesetzt werden (geradliniger Teil der Schwärzungs-
kurve). Für größere bzw. kleinere Werte von s nähert sich die Funk-
tion langsamer einem konstanten Grenzwert (maximale Schwärzung)
bzw. null (Schwellenwert). Die genaue Form der Funktion Ø (s)
ist für die folgenden Betrachtungen nicht von Wichtigkeit. Der
Faktor q in der zweiten Funktion ọ (s) variiert mit der absoluten
Lichtintensität und der Wellenlänge des Lichts, doch kann hier nicht
näher darauf eingegangen werden (14). Sein reziproker Wert 1/4 = p
wird in der photographischen Literatur als Schwarzschildfaktor
bezeichnet.
Mit Hilfe des Schwärzungsgesetzes ließe sich also aus der beob-
achteten Schwärzungsverteilung im D-Lichthof die zugrunde liegende
Zeitschr, f, wiss. Phot. as. 11
162 Wildt
Intensitätsverteilung berechnen und mit dem theoretisch deduziertem
Intensitätsgesetz vergleichen. Die praktische Schwierigkeit liegt
jedoch in der Messung des Schwärzungsverlaufs im D-Lichthof. Denn
die Strecke, auf der der starke Schwärzungsabfall stattfindet, be-
trägt bestenfalls etwa O,I mm und es versagt die Auflösungskraft
der Mikrophotometer. Dagegen ist einer experimentellen Bestimmung
sehr leicht zugänglich das ‚Durchmessergesetz‘‘ des D-Lichthofes,
das den Durchmesser als Funktion der Belichtungszeit bzw. der
Lichtintensität angibt: D = y (log Jt). Die graphische Darstellung
des Gesetzes liefert eine „Durchmesserkurve‘, Die Steilheit dieser
Kurve ist dann gegeben durch
dD
dlog SE ER er
dD
aoei abi? a y (Zeitskalen)
7 (Intensitätsskalen) ,
Diese Differentialquotienten lassen sich für ein beliebiges Intensitäts-
gesetz £ F (r) mit Hilfe des Schwärzungsgesetzes berechnen.
Der ‚„Rand‘‘ des D-Lichthofes ist charakterisiert durch eine kon-
stante kleine Schwärzung:
S = Ø (s) = const ; s = q log J + log t = const .
In diese Schwärzungsformel substituiert man jetzt für J den Aus-
druck JF (r), wo Jo die Intensität des gleichmäßig beleuchteten
geometrischen Bildes und F(r) das Gesetz des Lichtabfalls mit
der Entfernung r vom Rand des geometrischen Bildes ist.
q log Jo + 4 log F (r) + log t = const .
Beachtet man, daß dlog F (r) = u Ze dr ist, so ergibt die Diffe-
rentiation
dr Fin dr LE Eil _ Sid
diogh Ei dlogt ug Fe) OFF
Intensitätsskalen für d log Z =0; Zeitskalen für dlog A = 0.
In dem Ausdruck für Intensitätsskalen hebt sich der Schwarzschild-
faktor weg, für Zeitskalen bleibt er stehen. Nun bezieht sich zwar
eine Zeitskale auf eine konstante Intensität Jo doch findet innerhalb
des D-Lichthofes noch ein Intensitätsabfall F (r) statt, so daß p sich
streng genommen mit r ändern müßte. Dieser Schluß ist nicht zu-
lässig. Denn die obenbeschriebene Form des Schwärzungsgesetzes
ist abgeleitet aus Messungen an Feldern von mindestens mehreren
Millimetern Durchmesser. Es ist sehr fraglich, wieweit dieses makro-
skopische Schwärzungsgesetz noch auf kleinen Arealen in dem starken
Untersuchungen über den photographischen Difusionslichthf 163
Intensitätsabfall des D-Lichthofes gültig ist. Auf den großen Photo-
meterfeldern wird die beobachtete Schwärzung durch viele hundert-
tausend Bromsilberkörner erzeugt, die eine sehr verschiedene Eigen-
empfindlichkeit besitzen und dadurch eine feine Nuancierung der
entstehenden Schwärzung möglich machen. Im D-Lichthof liegen
auf der Strecke des starken Lichtabfalls vielleicht nur wenige hundert
Körner und das Schwärzungsgesetz muß hier als statistisches Gesetz
entsprechend der geringeren Zahl der Elemente einfacher ausfallen.
Praktisch darf also der Schwarzschildfaktor in der Formel für Zeit-
skalen unbedenklich konstant gesetzt werden, wie die Erfahrung
auch bestätitgt. Goldberg führte für die Steilheit der Durchmesser-
kurve die Bezeichnung Trübungsfaktor ein, die im folgenden völlig
synonym mit dem ersten Ausdruck gebraucht wird.
Es bleibt noch übrig anzugeben, wie man von einem empirischen
Durchmessergesetz auf das erzeugende Intensitätsgesetz zurückgeht.
Die Steilheit einer empirischen Durchmesserkurve sei
dr FE (ri
Tor TP u te
Durch Integration der Identität dlog F (r) = Ze n
Site
Eil e ed E
dr ergibt sich
E
EF (r) Jo’
Ausdruck wird in das Integral eingesetzt und liefert die gesuchte
Formel:
Nach dem empirischen Durchmessergesetz ist Dieser
Å Sö dr
Eil ee 7”,
Frühere Untersuchungen über den D-Lichthof
Die ersten quantitativen Messungen am D-Lichthof stellten
ziemlich gleichzeitig und unabhängig voneinander W. Scheffer (1)
und C. E. K. Mees (15) an. Die Lichtquelle bildeten bei Mees recht-
eckige Spaltöffnungen verschiedener Größe, die von hinten diffus
erleuchtet und mittels eines Objektivs auf der photographischen
Platte abgebildet wurden. Die relativen Belichtungszeiten variierten
von eins bis zu fünfhundert. Es ergab sich, daß der Zuwachs der
Bilddurchmesser bei steigender Expositionszeit deren Logarithmus
proportional ist: D = a + b logt. Scheffer bediente sich bei seinen
11°
164 Wildt
Versuchen der kreisförmigen Felder eines Röhrenphotometers und
gelangte zu dem gleichen Resultat.
Gelegentlich seiner Untersuchungen über das Auflösungsvermögen
photographischer Platten stellte E. Goldberg Kontaktdrucke feiner
Öffnungen her (16). Eine Metallplatte mit sorgfältig gebohrten
Löchern wurde gegen die Emulsionsschicht gepreßt und mit nahezu
parallelem Licht beleuchtet. Bei konstanter Belichtungszeit ließ sich
die Intensität der Lichtquelle vom Schwellenwert der Platte bis
zu dessen 10°-fachen durch Abstandänderung und mit Hilfe von
Absorptionskeilen variieren. Die Durchmesser der kopierten Scheib-
chen wurden als Ordinaten gegen dic zugehörigen logarithmischen
Lichtintensitäten als Abszissen graphisch aufgetragen. Die so er-
haltenen Kurven bezeichnet Goldberg als Trübungskurven und
ihre Steilheit als Trübungsfaktor. "Nach besonderen Versuchen ist
die Form der Trübungskurven unabhängig von der Größe des Loch-
durchmessers (zwischen 0,3 und 1,8 mm) sowie von der Art der Ent-
wicklung und sonstige Nachbehandlung. Die Trübungskurven zeigen
folgendes Verhalten.. Vom Schwellenwert bis zu dessen 10-fachem
verlaufen sie nur ganz schwach gegen die Abszissenachse geneigt,
d. h. der Durchmesser wächst kaum. Dann nimmt die Steilheit der
Kurven rasch zu. Vom 10- bis zum IO°-fachen Schwellenwert sind
die Kurven nahezu geradlinig. Die Steilheit der Kurven in diesem
Gebiet ist der Trübungsfaktor im engeren Sinne des Wortes und dent
zur Charakteristik der einzelnen Plattensorten, die hier bedeutende
Unterschiede aufweisen. Bei sehr großen Intensitäten (10%-facher
Schwellenwert und darüber) nimmt der Trübungsfaktor wieder zu,
d.h. die Kurven verlaufen immer steiler. Goldbergs Definition
des Trübungsfaktors ist von Tugman kritisiert worden (17). Diese
Kritik ist aber hinfällig, denn sie beruht auf einer Verwechslung der
Intensität Jọ des gleichmäßig beleuchteten geometrischen Bildes
mit der Intensität J, in der Entfernung r vom geometrischen Rand.
Zusammenfassend ist als bedeutsam zu nennen, daß Goldberg
das photographische Objektiv verwarf und Kontaktkopien her-
stellte, und daß sich seine Versuche über ein Expositionsintervall
von I bis zu 10” erstreckten.
Im letzten Jahrzehnt hat sich F.E. Ross in mehreren Ar-
beiten mit dem Problem des D-Lichthofes beschäftigt, die gesammelt
in seiner oben zitierten Monographie erschienen sind (18). Ross
griff wieder auf die Benutzung eines photographischen Objektivs
zurück und photographierte künstliche Sternbilder (Lochblenden
Untersuchungen über den photographischen Difusionslichthof 165
vor der Lichtquelle) in einer „Präzisionskamera‘‘. Die geometrischen
Durchmesser der künstlichen Sternbilder betrugen 0,005—0,06 mm,
Die lineare Durchmesserformel D = a + b logt stellt die Beob-
achtungen nur in dem Intervall von 1—500 Sek. Belichtungszeit
dar (Bilder von 0,05 mm Anfangsdurchmesser).. Darüber hinaus
wachsen die Bilddurchmesser schneller als die Formel erlaubt. Besser
genügt den Beobachtungen eine neue Formel: V D = a’ + b' logt.
‚Jedoch fallen dann die Werte für die kurzen Belichtungszeiten heraus,
Für kleinere Bilder (Anfangsdurchmesser 0,005—0,02 mm) wird die
lineare Formel in einem Intervall von ı bis zu 2000 Sek. befriedigt.
Die Verhältnisse sind also recht kompliziert. Interessant sind die
Befunde von Ross über die Abhängigkeit des Trübungsfaktors von
der Wellenlänge des Lichts. Bei allen untersuchten orthochro-
matischen und panchromatischen Platten nimmt die Steilheit der
Durchmesserkurven von Violett nach Rot zu, und zwar bis zum
Doppelten und Dreifachen. Der Theorie nach sollte man das Gegen-
teil erwarten, nämlich daß das violette Licht stärker gestreut wird
als das rote. Diese auffallende Diskrepanz ist wahrscheinlich auf
die Änderung des Schwarzschildexponenten mit der. Wellenlänge
des Lichts zurückzuführen. Weiterhin machte Ross bei seinen
Versuchen über die gegenseitige Einwirkung benachbarter Bilder
(Doppelsterne, enge Spektrallinien) eine wichtige Entdeckung:
Durch die Entwicklungsprodukte (ausgeschiedenes Silber, oxydierte
Entwicklersubstanz) wird eine Veränderung des Quellungsvermögens
der Gelatine hervorgerufen, so daß beim Trocknen der Platte
in den Grenzlinien zwischen belichteten und unbelichteten Feldern
Spannkräfte entstehen, die sich durch eine Kontraktion der be-
lichteten Felder ausgleichen. Wird also dieselbe Platte einmal
naß, wie sie aus dem Waschwasser kommt, und dann nach dem
Trocknen ausgemessen, so zeigt sich eine Kontraktion der Bild-
durchmesser (Rosseffekt). Für Bilder kleiner als 0,5 mm ist die
Kontraktion proportional dem Durchmesser. Ihr Betrag hängt
sehr von der organischen Komponente des Entwicklers ab und
kann sich bei stark gerbenden Entwicklern auf 10—20°, be-
laufen. Da die Kontraktion für kleine Bilder dem Durchmesser
proportional ist, so ändert sich nur die Steilheit des geradlinigen
Teils der Durchmesserkurve. Bei Bildern von mehreren Millimetern
Durchmesser sind die Erscheinungen ganz verwickelt. Hier ist der
absolute Betrag der Schrumpfung so groß, daß er den Durchmesser-
zuwachs infolge verlängerter Belichtungszeit anfänglich kompensiert
166 Wildt
oder gar übertrifft, so daß die Bilddimensionen bei geringen Schwär-
zungen trotz verlängerter Belichtung kleiner werden können. Ross
hat also scine Versuche auf sehr kleine Bilder ausgedehnt, hat als
erster den Einfluß der Wellenlänge des Lichts studiert und einen
neuen wichtigen Entwicklungseffekt entdeckt.
Es ist sehr schwierig, die Ergebnisse der besprochenen Arbeiten
gegeneinander abzuwägen, da diese Arbeiten ihrer ganzen Anlage
nach in wesentlichen Punkten inkommensurabel sind. Mees und
Ross untersuchten die Durchmesserkurven für geometrisch ansteı-
gende Belichtungszeiten (Zeitskalen), Goldberg dagegen für in
geometrischer Progression wachsende Lichtintensitäten (Intensitäts-
skalen). Goldbergs Beschreibung seiner Arbeitsweise zur Erlangung
der Trübungskurven ist leider lückenhaft. Doch scheint aus ihr mit
Sicherheit hervorzugehen, daß außer Intensitäts- auch Zeitvariationen
vorgenommen wurden, um einen Expositionsspielraum von 1:10'
zu erzeugen. Aus Mangel an den notwendigen Zahlenangaben läßt
sich nicht nachprüfen, ob die Krümmung der Goldbergschen Kurven
für hohe Expositionen nur auf den Wechsel der Belichtungszeit (ge-
mischte Zeit- und Intensitätsskalen) zurückzuführen ist. Weiter
lassen sich Einwände geltend machen gegen die Benutzung eines
Objektivs zur optischen Abbildung der Objekte (Loch- und Spalt-
blenden), an denen das Durchmesserwachstum der photographischen
Bilder studiert werden soll. Auf diese Weise erhält man keine gleich-
mäßig beleuchteten Flächen mit geometrisch scharf begrenzten
Rändern, wie sie den theoretischen Berechnungen über die Intensitäts-
verteilung im Streuungsfeld zugrunde liegen, sondern Beugungs-
bilder mit kompliziertem Intensitätsabfall an den Rändern, der
überdies noch schr stark von der Fokussierung des Objektivs ab-
hängt. Die unklaren Ergebnisse von Ross (a.a.O., S. 99/100)
dürften im wesentlichen auf die Verwendung eines Objektivs zurück-
zuführen sein. Für eine exakte Untersuchung des D-Lichthofes
sollten daher nur Kontaktkopien verwandt werden. Ross hat gezeigt.
daß die Streuungseffekte schr stark mit der Wellenlänge des Lichts
variieren. Abgesehen von den Bemühungen, diese Unterschiede im
monochromatischen Licht nachzuweisen, wurden bisher die syste-
matischen Versuchsreihen nur bei ‚weißem‘ Licht angestellt. Dic
durchgehende Verwendung von monochromatischem Licht erscheint
daher schr wünschenswert. Diese Überlegungen bildeten die Grund-
lage für die eigenen Versuche des Verfassers.
Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof
167
Beschreibung der Versuchsanordnung
Lochplatte und Spalt. — Wichtig ist der von Goldberg an-
gegebene Kunstgriff, die benutzte Messingplatte an drei Punkten
leicht durchzubeulen und die Löcher durch die so entstandenen drei
Buckel zu bohren. Auf diese Weise wird ein einwandfreier Kontakt
der Lochplatte mit der Emulsionsschicht gewährleistet, da cine Ebene
auf drei Punkten immer fest aufliegen muß. Goldbergs Löcher
hatten einen Durchmesser von 1,8—0,3 mm (feinste im Handel
erhältliche Spiralbohrer). Nach zahlreichen vergeblichen Versuchen,
Löcher von wesentlich kleinerem Durchmesser, als sie Goldberg
benutzte, herzustellen, führte folgendes Verfahren zum Ziel. In die
durchgebeulten Stellen der Messingplatte wurde ein Senker cin-
gesetzt und dessen Spitze mit vorsichtigem Hammerschlag bis fast
zur gegenüberliegenden Seite durchgetrieben. An der Spitze der
konischen Versenkung blieb dann eine kaum ot mm starke Messing-
schicht stehen. Diese wurde mit einer angeschliffenen Nähnadel-
spitze durchstoßen. So entstanden Öffnungen von etwa 0,05 mm
Durchmesser, die sich auch leicht erweitern licßen. Der stets vor-
handene Grat wurde durch Betupfen mit konz. Salpetersäure und
schnelles Nachspülen entfernt. Die Löcher waren vorzüglich scharf
begrenzt und ergaben guten optischen Kontakt. Leider überstanden
sie aber kaum cin halbes Dutzend Aufnahmen. Sie wurden schartig
und staubig, und Schmutz und Grat ließen sich nicht ohne erhebliche
Erweiterung des Lochdurchmessers beseitigen. Ich wurde dann
auf eine große Berliner Firma der feinmechanischen Industrie auf-
merksam gemacht, die besondere Erfahrungen in der Herstellung
solch feiner Öffnungen besitzen sollte. Diese Firma konnte zwar
nach einigen Vorversuchen saubere Löcher von nur 0,02 mm Durch-
messer bohren, jedoch waren diese ebenso wie die größeren bis
0,1mm genau so verletzlich wie die von mir selbst hergestellten.
So war ich gezwungen, auf die Verwendung feinster Löcher zu ver-
zichten, und führte meine Versuche mit einem verstellbaren Spalt
aus. Die Backen waren aus dicken Kupferstreifen geschliffen und in
parallelen Schienen auf einer Messingplatte befestigt, die vor dem
Spalt einen kreisrunden Ausschnitt trägt. Die Schienen konnten
durch Schräubchen angezogen und dadurch die Stellung der Spalt-
backen fixiert werden. Die Messingplatte wurde in die Vorderwand
einer Kassette eingesetzt und die photographische Platte mit sanftem
Federdruck gegen den Spalt gepreßt. Nach Regulierung des Feder-
168 Wildt
drucks war der optische Kontakt zwischen Emulsionsschicht und
Spalt völlig befriedigend.
Lichtquellen und Belichtung. — Der größte Teil der Aufnahmen
wurde im monochromatischen Licht der Hauptlinien des Queck-
silberbogens gemacht. Die Quarzlampe war lichtdicht in einem
größeren, gut ventilierten Kasten eingebaut. Ein Spalt (3 x 20 mm)
in der Vorderwand des Gehäuses blendete den mittleren Teil des Licht-
bogens aus. Mit Hilfe eines Fernrohrobjektivs und eines großen
Amiciprismas (etwa 2 x 3cm Öffnung) wurde das Spaltbild in die
einzelnen Wellenlängen zerlegt und auf der Vorderwand der Kassette
abgebildet. Der Kasscttenträger war beweglich angeordnet, so daß
die Kassette nacheinander in die einzelnen monochromatischen
Spaltbilder gebracht und dort senkrecht zur Richtung des ein-
fallenden Lichts fixiert werden konnte. Im übrigen sorgte eine
dauerhafte Verbindung mit dem Laboratoriumstisch für die un-
verrückbare Stellung der Apparatur während derselben Aufnahme-
serie. Mit dieser Anordnung wurden die Aufnahmen im Lichte der
Wellenlängen 4 575/578 — 546 — 435 — 405/408 uu gewonnen.
Außerdem versuchte ich die Beobachtungen auf das ultraviolette
und ultrarote Spektralgebiet auszudehnen. Metallisches Silber ist
bekanntlich zwischen den Wellenlängen 4 310 und 330 uu stark
durchlässig, so daß sich Silberfilter zur Isolierung der hellen Queck-
silberlinie A 313 uu eignen. Ich verdankte der Liebenswürdigkeit
von Prof. Scegert-Charlottenburg ein geeignetes Silberfilter, das
aus einer dreimal versilberten Quarzplatte mit einer Zaponlack-
schutzschicht besteht. Dieses Filter wurde unmittelbar vor der
Spaltöffnung des Lampengehäuses angebracht und das oben erwähnte
Fernrohrobjektiv durch eine Flußspatlinse ersetzt. Das Prisma
kommt dann natürlich in Wegfall. Zur Einstellung diente eine
Fluoreszenzscheibe. Auf diese Weise erhielt ich einige Aufnahmen
im Lichte der Wellenlänge 313 ua. Ein Versuch, auch die Queck-
silberlinie 4254 u» zu benutzen, mißlang. Nach Angaben von
v. Peskoff (19) soll ein Gemisch von gasförmigem Chlor und Brom
geeigneter Konzentration ein brauchbares Filter ergeben. Da mir
aber nur Quarzküvetten für Flüssigkeiten zur Verfügung standen,
mußte ich mich auf wäßrige Lösungen von Chlor und Brom be-
schränken, deren Durchlässigkeit und Selektivität so viel schlechter
ist, daß ich brauchbare Resultate nicht erzielen konnte. Als Licht-
quelle für die Ultrarotaufnahmen diente eine Wolframbogenlampe
(Osram „Punktlicht‘“) in Verbindung mit einem Gelatine-Farbstoff-
Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof 169
filter (Agfa-Ultrarotfilter).. Von strenger Monochromasie kann man
hier natürlich nicht mehr sprechen. Jedenfalls ist das sichtbare
Spektrum ausgeschaltet und das wirksame Spektralgebiet wird
durch das Sensibilierungsmaximum der benutzten Plattensorte
bestimmt. Dieses liegt bei den von mir verwandten Kodak-Infrared-
Special-Platten (mit Neozyanin-Kodak sensibiliert) zwischen A 800
und 850 uu. Es wurden nur wenige Ultrarotplatten aufgenommen.
Schließlich hatte ich noch eine kleine Osram-4-Voltlampe in Ge-
brauch. Mit ihr wurden einige Aufnahmen mit sehr geringer Licht-
intensität erhalten. Die Beleuchtungsstärke der Kassettenvorder-
wand betrug hier etwa 0,01 m-HK. Vergleichsweise sei genannt,
daß ich die Beleuchtungsstärke im Lichte der grünen Quecksilber-
linie (erste oben beschriebene Anordnung) auf 20—30 m-HK schätzte.
Die Belichtung erfolgte durch einen Fallverschluß, der sich unmittel-
bar vor der Kassette befand und mit der Hand betätigt wurde. Jede
Platte bekam eine Reihe von Aufnahmen mit in geometrischer Pro-
gression ansteigenden Belichtungszeiten. Jedoch wurde stets mit
der längsten Exposition begonnen. Vor Beginn der Aufnahmen
ließ ich die Lampen so lange einbrennen, bis der Stromverbrauch
konstant geworden war, wozu beiläufig die Quarzlampe etwa I bis
(Ui Stunden und die kleine Osramglühlampe etwa 1/ Stunde be-
nötigten. Was die Genauigkeit anbetrifft, mit der die vorgeschrie-
benen Expositionszeiten sich einhalten lassen, so ist bei Belichtungen
von etwa I0 Sek. an ein Fehler nicht zu befürchten. Anders dagegen
bei den kürzesten von mir benutzten Expositionszeiten von 5 Sek.
und I Sek. Hier bedeutet ein Fehler von einer fünftel Sekunde, wie
er gelegentlich trotz des Gebrauchs einer Stoppuhr eintreten kann,
schon Ain bzw. 20°, der Gesamtexposition. Da aber der Fehler
nur mit seinem Logarithmus in das Resultat eingeht, dürften nur
die kürzesten Expositionen von einer. Sekunde mit einem merklichen
Fehler behaftet sein.
Entwicklungseffekte und -verfahren. — Die Platten wurden in
völliger Dunkelheit unter ständigem Bewegen 5 Minuten lang mit
folgendem Entwickler hervorgerufen, der jedesmal frisch angesetzt
Sue 5ccm Rodinal Agfa
50 ccm dest. Wasser Temperatur 18°C
2ccm Bromkalilösung (10°/,)
Vor dem Fixieren wurden die Platten 15 Minuten in fließendem
Wasser ausgewaschen, nach dem Fixieren und gründlichen Wässern
in 10°/,igem Formalin gehärtet und stehend getrocknet. Um den
170 Wildt
Einfluß der Entwicklungsdauer auf den Durchmesser der entstehenden
Bilder festzustellen, wurde einc Platte, die eine größere Anzahl genau
gleicher Expositionen erhalten hatte, in einzelne Streifen zerschnitten
und diese verschieden lange in dem genannten Normalentwickler
hervorgerufen. Das Resultat findet sich in folgender Tabelle:
Entwicklungszeit
30 Sek. ıMin. 2Min. 4Min. 8Min.
Bilddurchmesser — 161 162 167 167
862 865 868 871 871
Nach diesem Befund genügt also eine Entwicklungszeit von 5 Minuten.
Bei meinen Vorversuchen machte sich vielfach der Eberhardeffekt
recht störend bemerkbar. Man versteht darunter die 1912 von Eber-
hardentdeckte und von ihm Nachbareffekt genannte Erscheinung (20),
daß verschiedene gleich lang exponierte Felder auf derselben photo-
graphischen Platte sich um so stärker im Entwickler schwärzen, je
kleiner ihr Durchmesser ist, und daß auf ein und demselben Feld dıe
Schwärzung nicht konstant ist, sondern nach den Rändern hın
schwach zunimmt. Wenn auch über die Ursachen des Eberhard-
effekts noch keine völlige Klarheit herrscht, so sind diese doch keines-
wegs in den Eigenschaften der Bromsilberemulsion zu suchen, sondern
in der komplizierten Wirkungsweise des Entwicklers (Diffusion des
unverbrauchten Entwicklers und Rückdiffusion der Entwicklungs-
produkte). Ich arbeitete anfangs mit einer Lochplatte (Lochdurch-
messer 0,3—0,8—1,6 mm) und mit einem ziemlich verdünnten Ent-
wickler (Rodinal 1:30, Metolhydrochinon 1:5). Meine Aufnahmen
zeigten dann um einen ziemlich gleichmäßig schwarzen Kern einen
dunkleren Ring. Mit dem Eberhardeffekt darf eine andere Er-
scheinung nicht verwechselt werden, die Scheffer bereits beschrieb
und Goldberg auch abbildete. Exponiert man nämlich so lange,
daß in dem direkt belichteten Feld starke Solarisation eintritt, so
wird der innere Tcıl des D-Lichthofes um das Feld sich stärker
schwärzen als dieses. Denn im Gebiet der Solarisation fällt die
Schwärzungskurve und den kleineren (!) Intensitäten entsprechen
die größeren Schwärzungen. Es entstehen also ebenfalls Felder mit
dunklerem Rand. Ich untersuchte nun verschiedene andere Ent-
wickler auf ihren Eberhardeffekt, ich variierte die übrigen De
dingungen wie Bromkaligehalt, Konzentration, Entwicklungszeit
(Standentwicklung ergab besonders schlechte Resultate!) und ent-
schloß mich dann zur Verwendung von ziemlich konzentriertem
Rodinal mit viel Bromkali. Die damit entwickelten Platten zeigten
Untersuchungen über den photographischen Difjusionslichthof 171
jedenfalls bei aufmerksamer Musterung mit der Lupe keine Zunahme
der Schwärzung nach dem Rand der Felder hin. Damit ist natürlich
nicht gesagt, daß feinere photometrische Messungen nicht doch
noch einen geringen Eberhardeffekt nachweisen ließen. Erst nach
Abschluß der betreffenden Versuche erhielt ich Kenntnis von einer
neuen Publikation Eberhards über den Nachbareffekt, die das
Problem ziemlich erschöpfend nach allen Richtungen behandelt (21).
Ich fand meine Beobachtungen bestätigt und den Gebrauch eines
Entwicklers der von mir gewählten Zusammensetzung insofern
gerechtfertigt, als der Eberhardeffekt dann ziemlich klein ist. Ganz
vermeiden läßt er sich nach den neuen Beobachtungen Eberhards
nur durch die Benutzung des sauren Eisenoxalatentwicklers. Da
die Anwendung dieses Entwicklers aber mit verschiedenen Unzu-
träglichkeiten (lange Entwicklungsdauer, Kalkschleier) verknüpft ist,
blieb ich bei der Verwendung von Rodinal konz.
Messung der Bilddurchmesser. — Für alle Messungen diente
ein dem Institut gehöriger Längenmeßapparat. Die Meßschraube
ist vor einigen Jahren von anderer Seite einer ausführlichen Unter-
suchung unterzogen worden, deren Resultate mir zur Verfügung
standen. Der fortschreitende Fehler ergab sich über die ganze Länge
der Schraube hin als fast unmerklich klein. Eine Korrektion für
ihn war unnötig, da sich meine Messungen im Höchstfalle über vier
Schraubenumdrehungen erstreckten. Der Schraubenwert, bezogen
auf einen glasgeteilten Normalmaßstab von Carl Zeiss, beträgt ı® =
0,50034 mm. Die Trommel ist in 250? geteilt, zwischen denen sich
0,1 P noch bequem schätzen läßt, so daß die Ablesung auf 0,0002 mm
erfolgt, eine Größenordnung, die für die vorliegende Aufgabe mehr
wie ausreichend ist. Dagegen war eine Verbesserung der Schrauben-
ablesungen wegen des periodischen Fehlers der Schraube notwendig.
Bezeichnet man mit w die zu korrigierende Ablesung, mit e (w) die
gesuchte Korrektion, so genügen zur Darstellung der nach der Bessel-
schen Methode bestimmten Fehler die ersten beiden Glieder der
Fourierreihe: e (w) = — 1,20? cos w— 0,60?” sin w. Nach dieser Formel
wurde ein Täfelchen gerechnet und sämtliche Ablesungen für den
periodischen Schraubenfehler korrigiert. Bei den Messungen benutzte
ich die Schraube stets nur in derselben Drehungsrichtung, obwohl
nach einer Arbeit von Knorre (22) bei Mikrometerschrauben mit
horizontal gelagerter Drehungsachse, wie sie der hiesige Meßapparat
aufweist, beide Drehungen als gleichwertig betrachtet werden müssen.
Bei seiner Bewegung im Gesichtsfeld nähert sich der Meßfaden beim
ersten Kontakt vor dem hellen Plattengrund der geschwärzten Fläche,
172 Huet
beim zweiten Kontakt hebt er sich wenig von dem geschwärzten
Feld ab und tritt dann plötzlich auf den hellen Plattengrund über.
Physiologisch ist dadurch ein gewisser Auffassungsunterschied der
beiden Kontakte bedingt, der leider unvermeidlich ist. Versuchsweise
wurden einige Platten in zwei um 180° verschiedenen Lagen aus-
gemessen. Es ergaben sich nur Unterschiede, die innerhalb der
Grenzen der Beobachtungsfehler liegen. Dies war eigentlich auch
zu erwarten, da ja die gemessenen Felder (Spalt- und Lochaufnahmen)
symmetrisch sind. Streng genommen enthalten die so bestimmten
Durchmesser noch die Dicke des Meßfadens (schätzungsweise 1—2 u).
Eine Korrektion konnte unterbleiben, da eine formelmäßige Wieder-
gabe der Beobachtungsresultate nicht in Frage kam. Bei der von
mir gewählten graphischen Darstellung der Messungen würde sich
die Korrektur für die Fadendicke nur als eine Parallelverschiebung
der ganzen Durchmesserkurve parallel zur Durchmesserachse zeigen.
Von Bedeutung ist noch die benutzte Vergrößerung, da die Auf-
fassung der Bildkonturen von ihr merklich abhängt. Anfänglich
gebrauchte ich eine ziemlich starke Vergrößerung (etwa 50 mal), die
bei wenig geschwärzten (S < 1,0) und verhältnismäßig scharfen
Bildern sicher ihre Vorteile hat. Bei stark geschwärzten Bildern
und diffusen Konturen verschlechtert die hohe Vergrößerung die
Auffassung beträchtlich. Für die endgültigen Messungen bediente ich
mich daher durchgehend einer schwächeren Vergrößerung (etwa
ı2 mal). Ich bemühte mich, den Meßfaden stets auf den Ort ein-
zustellen, wo die Schwärzung des belichteten Feldes in den gleich-
mäßigen Plattenschleier übergeht. Bei der Auffassung der Bild-
grenzen ist es unmöglich, sich von einer gewissen Willkür freit-
zumachen, und es ist Sache des Beobachters, sich eine möglichst
konstante Auffassung anzueignen. Jeder Durchmesser wurde 4mal
eingestellt, die Schraubenkorrektionen angebracht und die Werte
gemittelt. Der mittlere Fehler des Mittels aus 4 Einstellungen beträgt
etwa e=+0,5P= + Ipu und steigt nur selten bei sehr schlecht
begrenzten Bildern auf 0,8? oder 1,0? an. Ross gibt die untere
Grenze des mittleren Fehlers seiner Messungen ebenfalls zu +Iu
an. Goldberg teilt über die Messungsfehler nichts mit. Mees
gebrauchte on Okularmikromceter, dessen Skalenwert 1? = 0,0075 mm
war. Die Ablesungsgenauigkeit des Durchmessers betrug nur einen
Skalenteil. Danach ist die Ansicht von Mees irrig, daß der Gebrauch
des Okularmikrometers vor dem der Mikrometerschraube den Vorzug
größerer Genauigkeit hat.
Von großem Interesse wäre es, nicht nur den Durchmesser,
Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof 173
sondern auch den Schwärzungsverlauf quer über die Felder an aus-
gewählten Aufnahmen zu messen. Die Benutzung des selbstregi-
'strierenden Mikrophotometers ist naheliegend.. Doch führte sie
nach Versuchen von Tugman an einem Apparat des Kochschen
Typs nicht zum Ziel, weil das Auflösungsvermögen nicht ausreichte (23).
Es darf nicht vergessen werden, daß die Strecke, auf der der starke
Schwärzungsabfall stattfindet, nur etwa 0,05—0,I mm beträgt.
-Probeweise ließ ich einige meiner Aufnahmen mit 5ofacher Über-
setzung in der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt registrieren.
Das Ergebnis war wenig erfolgversprechend. Diese Versuche mußten
aufgegeben werden, da die Reichsanstalt wegen Reparaturen an
den Instrumenten, die sich längere Zeit hinzogen, nicht in der Lage
war, weitere Registrierungen zu übernehmen. Anmerkungsweise sei
erwähnt, daß sich ein ganz anderer Weg vielleicht in der Methode
der Silberkornzählung (24) eröffnet, die in der Röntgenspektroskopic
zu photographischen Intensitätsbestimmungen mit Erfolg angewandt
wurde und sich womöglich auf das vorliegende Problem übertragen
läßt. Schwierig bleibt immer die Frage, wieweit es erlaubt ist, aus
der Schwärzungsverteilung in so kleinen Arealen auf die erzeugende
Intensitätsverteilung im latenten Bild zurückzuschließen. Den
‚Bedenken gegen die Gültigkeit des makroskopischen Schwärzungs-
gesetzes in diesen Mikroregionen wurde oben schon Ausdruck ge-
geben. Dazu kommen noch der Eberhard- und Rosseffekt, deren
Einfluß sich nur schwer abschätzen läßt.
Versuchsergebnisse
Die Fragestellung, die meinen Versuchen zugrunde lag, lautete:
Welches ist die Form des Durchmessergesetzes bzw. der Durch-
messerkurve des D-Lichthofes unter exakt definierten Bedingungen
(monochromatisches Licht, Zeitskalen, Kontaktdrucke)? Um die
Antwort vorweg zu nehmen: abgesehen von der von Goldberg ent-
deckten Anfangskrümmung der Durchmesserkurve dicht oberhalb
des Schwellenwertes der Platte verläuft diese Kurve bis zu den
höchsten Belichtungszeiten linear. Die von Goldberg und Ross
gefundenen Abweichungen von der Geraden für hohe Lichtintensi-
täten bzw. Belichtungszeiten ließen sich unter den obigen Bedingungen
nicht nachweisen. Dieses Ergebnis befindet sich in erfreulicher Über-
einstimmung mit der theoretischen Deduktion der Intensitäts-
'verteilung im D-Lichthof auf Grund der Hypothese von Scheffer,
Für die ersten Aufnahmen diente die erwähnte Lochplatte mit
drei Löchern von etwa 0,3 — 0,8 — 1,6 mm Durchmesser, Die benutzte
174 Wildt
Plattensorte war Kranseder I (orthochromatisch-lichthoffrei, Em.-
Nr. 15325). Jede Platte erhielt 5 Expositionen von I, 10, 10, 10?
und 10% Sekunden. Infolge der großen Lichtintensität der Quarz-
lampe und den langen Belichtungszeiten (10% Sek. = 3 Stunden)
genügte die Lichthofschutzschicht dieser Plattensorte nicht, um
die Entstehung des Reflexionslichthofes zu verhindern. Daher
wurden sämtliche Platten, auch die der später genannten anderen
Fabrikate, in bekannter Weise auf der Glasseite mit einem Licht-
hofschutzlack hintergossen.
Fig. 3 zeigt die graphische
Darstellung der Messungsresul-
tate für die ausgewählten
= 4 Wellenlängen des Hg-Spek-
trums und die drei verschie-
denen Lochdurchmesser. Auf
der Abszissenachse entspricht
ein Schritt von I cm nach
rechts einer Verzehnfachung
der Belichtungszeit (A log t
de = LOLD Die Ordinaten sind
die Bilddurchmesser, ausge-
drückt in Parswerten des Meß-
apparates (1 mm = 1P). Die
beigesetzten Zahlen geben für
0 jede Serie den Absolutwert der
Ordinate an. Zunächst zeigt
die Figur, daß in dem Inter,
830
À gie
vall von I: 10% die Beziehung
= = zwischen Bilddurchmesser und
logarithmischer Belichtungs-
Fig. 3 zeit mit größter Annäherung
linear ist, wie die durchgelegten Geraden andeuten. Außerdem wurde
eine rechnerische Ausgleichung nach der Methode der kleinsten
Quadrate mit folgendem Resultat vorgenommen:
2 405/408 D=B8ı5s,5+ 9,1logt D=4259+ 87legt D = 162,5 + $2logt
A435 D = 828,3 + 11,0logt D = 432,1 + ı14legt D = 172,6 + 11,1 logt
1546 D = 817,0 + 158logt D = 425,9 + ı5,7logt D = 167,6 + 16,3 log
A 575/578 D = 818,0 + 17,1 log: D = 415,0 + 17,3 log t) D= 156,0 + 18,3 logt
D Die Reproduktionen der Abbildungen sind gegen die Originale auf !/, vet-
kleinert. Die Angaben über den Skalenwert der Figg. 3, 4, 5 im Text sind daher
entsprechend zu korrigieren.
3) Bei dieser Ausgleichung wurde der offenbar stark fehlerhafte Wert (siehe
Fig. 3) für die Belichtung von ı Sekunde ausgeschlossen.
NNN’
Untersuchungen über den photographischen Dijjusionslichthof 175
Die Steilheit der Durchmesserkurven variiert mit der Wellenlänge
des Lichts (Ross), ist aber für die gleiche Wellenlänge unabhängig
vom Bilddurchmesser (Goldberg zwischen 0,3 und 1,8 mm). Jeden-
falls sind die kleinen Schwankungen des Koeffizienten von logt
nicht als reell, sondern als durch die unvermeidlichen Versuchsfehler
verursacht anzusehen. Denn sie zeigen bei den einzelnen Wellen-
längen einen ganz verschiedenen Gang mit dem absoluten Bild-
durchmesser. Die Helligkeit der Quarzlampe ist so groß, daß bei
der kürzesten angewandten Belichtung von einer Sekunde die Bilder
bereits völlig geschwärzt sind. Diese kürzeste Exposition dürfte
schätzungsweise mindestens den IOoofachen Betrag des Schwellen-
wertes der Platte ausmachen. Die längste Belichtungszeit von
10? Sekunden beträgt demnach etwa das Io®fache des Schwellen-
wertes. Der Kern dieser Bilder ist schon schr kräftig solarisiert.
Bei Expositionen von dieser Größenordnung fand Goldberg starke
Abweichungen vom linearen Verlauf der Durchmesserkurven. Leider
fehlen in seiner Arbeit Angaben über die Helligkeit der Lichtquelle
und die Belichtungszeiten, so daß sich nicht nachprüfen läßt, wieweit
die Krümmung der Kurven nur auf die Verwendung gemischter Zeit-
und Intensitätsskalen zurückzuführen ist.
Schließlich ließ sich die Krümmung der Goldbergkurven bei
sehr hohen Expositionen mit großer Wahrscheinlichkeit folgender-
maßen deuten. Goldberg verwandte ‚weißes‘ Licht und gewöhn-
liche, nichtorthochromatische Platten. Die Steilheit der Durch-
messerkurven nimmt nach den Untersuchungen von Ross und den
Resultaten des Verfassers mit wachsender Wellenlänge stark zu.
Nun sind bei geringen Expositionen nur die violetten und blauen
Strahlen des „weißen“ Lichts wirksam. Bei Goldbergs sehr hohen
Expositionen (bis zum 10’fachen Schwellenwert) üben auch die
grünen, ja vielleicht sogar die roten Strahlen des weißen Lichts
eine photochemische Wirkung auf die nicht sensibilierte Platte
aus und — vergrößern damit die Steilheit der Durchmesserkurve.
Maßgebend für den Anteil der längerwelligen Strahlung an der
photochemischen Gesamtwirkung ist die spektrale Energieverteilung
bzw. Strahlungstemperatur der Lichtquelle und die spektrale
Empfindlichkeitskurve der photographischen Platte. Beispielsweise
sei erwähnt, daß Leszynski (25) die relative Strahlungsempfind-
lichkeit einer nicht sensibilierten Platte für die Wellenlängen
A435 — 550 — 615 uu zu 1:8,0-10*: 5,3-10 bestimmte.
Diese Überlegungen ließen sich experimentell bestätigen. Es
wurden die Agfa-Ultraspecialplatte (Em.-Nr. C 1227) und der oben-
176 Wildt
beschriebene verstellbare Spalt benutzt. Nach Entfernung des
Amiciprismas fiel das unzerlegte (!) Licht der Quarzlampe auf die
Vorderwand der Kassette. Die ultraviolette Strahlung kam nicht
zur Wirkung, da sie in dem Glas des Fernrohrobjektivs absorbiert
wurde. Die wirksame Strahlung umfaßte also die vier Hauptlinien
des visuellen Hg-Bogenspektrums, deren Intensität bei den normalen
Anregungsbedingungen von gleicher Größenordnung ist. Fig.4
zeigt zwei Durchmesserkurven A und B, die mit dem unzerlegten
Licht des Quecksilberbogens aufgenommen wurden. Die Kurve P
bezieht sich auf die ungeschwächte Intensität der Quarzlampe, beı
Kurve A war die Intensität durch
Einschaltung einer Dämpfungs-
scheibe stark herabgesetzt, so
daß die Anfangskrümmung der
Durchmesserkurve sichtbar wird.
Bemerkenswert ist, daß die
[ Kurve B sehr viel steiler ver-
läuft als A. Die Kurven C und D,
die ganz unter denselben Be-
dingungen aufgenommen sind,
S beziehen sich auf monochro-
matisches Licht der Wellen-
längen 405/408 und 575/578 un.
Wie ersichtlich, verlaufen die
E e Kurven A und C einerseits und
e
ee EE B und D andererseits nahezu
Fig. 4 parallel, d.h. bei unzerlegtem
Hg-Bogenlicht wird die Steilheit der Durchmesserkurve für kleine
Intensitäten durch das kurzwellige Licht bestimmt, für hohe In-
tensitäten dagegen durch den langwelligen Anteil, der dann auch
zur photochemischen Wirksamkeit gelangt.
Die Kurven E und F auf Fig. 4 zeigen die Anfangskrümmung
der Durchmesserkurve für Agfa-Ultraspecial- und Chromoisolar-
platten nach Aufnahmen mit dem Spalt. Der Deutlichkeit‘ halber
sind die Ordinaten verdoppelt, so daß 2 mm = IP sind. In der
Abszisse entspricht ein Schritt von Icm nach rechts einer Ver-
doppelung der Belichtungszeit (A log t = 0,30). Bei der Hellig-
keit der Quarzlampe wären merkliche Fehler in den sehr kleinen
Belichtungszeiten zu befürchten gewesen. Diese Aufnahmen wurden
daher mit der klcinen Osramlampe hergestellt. Der Schwellenwert
der Platten betrug dann etwa 30 Sekunden. Die Bilddurchmesser
Untersuchungen über den pholographischen Difusionslichthof 177
für die beiden kürzesten Expositionen ließen sich nicht mit Sicher-
heit messen, da die Schwärzungen zu gering waren. Diese Werte
sind durch Kreuze bezeichnet. Die Steilheit der Kurven kann mit
der der übrigen nicht genau verglichen werden, weil sie sich ja nicht
auf monochromatisches Licht beziehen. Die Anfangskrümmung
der Durchmesserkurve muß auf einer Modifikation des Intensitäts-
abfalls in unmittelbarer Nähe des Bildrandes beruhen, denn auf
sekundäre Wirkungen des photographischen Prozesses läßt sie sich
nicht zurückführen. Als solche kämen in Betracht der Rosseffekt
und der nicht lineare Verlauf der Schwärzungskurve dicht oberhalb
des Schwellenwertes. Wie jedoch die Berechnung der Differential-
: dr dr e ; , kala
quotienten iss £ H Fr gezeigt hat, sind diese ganz unabhängig
von der speziellen Form der Funktion ®(s)=S für schr kleine
Schwärzungen. Damit fällt dieser Einwand fort. Der Rosscffekt
verschwindet gerade für geringe Schwärzungen und kann daher
auch nicht zur Erklärung herangezogen werden.
Bilddurchmesser Platte Nr. 66 (Figur 4, Kurve E enthält die Werte für trocken)
aD 5: au nd as 83.5 69,6 55,8 48,1 45,7 41,0 39,0
trocken. 25 24... 4% Bos 66,6 53,3 47,2 44,5 41,0 38,5
Kontraktion (Rosscffekt) 3,0 3,0 2,5 0,9 1,2 — —
Zur Frage der Abhängigkeit des Trübungsfaktors von der Bild-
sröße bringt Fig. 5 weiteres Material für Agfa-Ultraspecial- und
Chromoisolarplatten. Die Ordinaten sind wieder iI mm=1?. Die
den einzelnen Kurven beigesetzten Zahlen geben den Absolutwert
der Ordinate an. In der Abszisse entspricht ein Schritt nach rechts
um 2cm der 5fachen Belichtungszeit (A log t = 0,70). Die drei
obersten Kurven für Chromoisolar (Em.-Nr. H 1302) sind mit der
Lochplatte hergestellt, alle übrigen mit dem Spalt. Beide Platten-
sorten zeigen eine Zunahme des Trübungsfaktors mit wachsender
Bildgröße, doch scheint sich dieser einem konstanten Grenzwert
zu nähern (siehe die Kurven mit 160P, 405? und 790? Anfangs-
durchmesser für Chromoisolar). Damit würden die Beobachtungen
von Goldberg an verschiedenen Plattensorten und die Resultate
des Verfassers für Kranz I-Platten (Fig. 3) übereinstimmen, nach
denen zwischen 0,3 und 1,8 mm der Trübungsfaktor unabhängig von
der Bildgröße ist. Wichtiger als die geringen Variationen des Trübungs-
faktors ist aber die Tatsache, daß auch für sehr kleine Bilder (Durch-
messer 15?= 30 u) die lineare Durchmesscrformel für Belichtungs-
zeiten von I bis 3125 (A log t œ 3,5) gültig ist.
Zum Schluß sind in einer Tabelle die Trübungsfaktoren für
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 12
178 Wildt |
sämtliche untersuchten Plattensorten und Wellenlängen zusammen-
gestellt, und zwar bedeuten die Zahlen den Zuwachs des Bildhalb-
messers in # für die verzehnfachte Belichtungszeit (A log £ = 1,0).
dr __ ES (ri
Zig: Pre
dieser den mit der Wellenlänge veränderlichen Schwarzschild-
Da nach der Definition des Trübungsfaktors
exponenten p enthält, lassen die so bestimmten Trübungsfaktoren
keinen Schluß auf die Variation des Intensitätsgesetzes J = JąF (r)
mit der Wellenlänge zu.
Trübungsfaktor und Wellenlänge
313 405/408 435 546 575/578 etwa 820
Agfa Chromoisolar. . . . 10 14 16 30 35 >
Agfa Ultraspecial . . .. 10 14 18 25 30 =>
Agfa Panchromatisch . . — 10 14 22 30 SS
Kranseder I Ortho . . . — 9 II 16 18 =
Kodak Infra-Red-Special. Ss 10 13 21 25 40 i
Es bleibt noch übrig, die experimentellen Resultate mit der
theoretischen Deduktion zu vergleichen. Abgesehen von der Anfangs-
Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof 179
krümmung der Durchmesserkurve, verläuft diese bis zu den höchsten
Expositionen linear:
I En ee HE
z D=r=a+blogt oder Tigr ~? 5SN.
Der Übergang vom Durchmessergesetz zum zugehörigen Intensitäts-
gesetz erfolgt mit der S. 163 abgeleiteten Formel
dr dr P
Fn)=e de Sa HE erg E 3
Solange der Wert des Schwarzschildfaktors nicht aus besonderen
Versuchen bestimmt wird, läßt sich der genaue Betrag des Streuungs-
oder Trübungsexponenten 1/5 nicht angeben. Schreitet man zu
immer kleineren Werten von r fort, so gelangt man in das Gebiet
der Anfangskrümmung der Durchmesserkurve (r < 15 u), wo b nicht
mehr als konstant angesehen werden darf, sondern gleichsinnig mit
r abnimmt: d.h. für kleine r ist die aus den Beobachtungen ab-
geleitete Intensitätsfunktion des D-Lichthofes stets größer als die
bei großen Werten von r gültige Exponentialfunktion und der
Intensitätsabfall ist steiler. Zu den gleichen qualitativen Resultaten
hatte die theoretische Ableitung des Intensitätsverlaufs im D-Licht-
hof aus der Schefferschen Hypothese geführt (S. 161). Ein quan-
titativer Unterschied besteht nur in der Größenordnung von r, für
die der Übergang in die einfache Exponentialfunktion stattfindet.
In dem theoretischen Intensitätsgesetz tritt dieser Fall ein, wenn c?
gegen r? verschwindet, in dem empirischen Intensitätsgesetz da-
gegen schon, wenn r=c wird (die Emulsionsschichtdicke einer
photographischen Platte beträgt durchschnittlich etwa 154). Die
theoretische Intensitätsfunktion nimmt also für kleine r zu große
Werte an. Eine bessere quantitative Übereinstimmung ließe sich
vielleicht erzielen, wenn man an Stelle der Lambertschen Extink-
tionsformel einen genaueren Ansatz für den Abstand der Isophoten
machen würde (siehe S. 159). Im ganzen läßt sich sagen, daß die
Scheffersche Hypothese über die Art der Lichtausbreitung in
grob dispersen Medien hoher Konzentration der Wirklichkeit nahe
kommt.
Bemerkungen zur Entstehung fokaler photographischer Sternscheibchen
Die Anregung zu der vorangehenden Untersuchung über den
photographischen Diffusionslichthof ergab sich bei einer Diskussion
der Ursachen, die für die Verbreiterung photographischer Stern-
scheibchen verantwortlich zu machen sind. Precht und Englisch
haben gezeigt (26), daß eine rein chemische Irradiation — Schwärzung
Eh
180 Wılat
unbelichteter Bromsilberkörner im Entwickler unter dem Einfluß
benachbarter belichteter — nicht stattfindet. Der Zunahme des
Durchmessers fokaler photographischer Sternscheibehen mit wach-
sender Belichtungszeit muß daher eine objektive Lichtvertcilung
in der Umgebung des primären Sternscheibehens zugrunde liegen.
Beim Durchgang des Sternlichts durch die verschiedenen optischen
Medien:
I. die Atmosphäre der atmosph. Lichthof
Il. das Kameraobjektiv entstehen | das Fokalbild
HL die Emulsionsschicht der Platte der D-Lichthof
Die Summierung dieser drei Effekte liefert die beobachtete Ver-
breiterung der Scheibehendurchmesser. Der Anteil der einzelnen
Effekte an der Summe wird von Fall zu Fall recht verschieden sein.
Die Dimensionen des Beugunesbildes in Winkelmaß sind der Objektiv-
öffnung umgekehrt proportional, und der atmosphärische Lichthof
besitzt natürlich cine feste Winkelgröße. Die Wirkung des D-Licht-
hofes auf die Scheibehenverbreiterung ist der reziproken Brennscite
proportional, da die Streuungserscheinungen in der Emulsionsschicht
stets die gleiche lineare Größe haben. Außerdem spielt die Be-
lichtungszeit eine Rolle. Bei kurzen Belichtungen findet nur eine
Abbildung des zentralen Beugungsbildes statt, das in der Ober-
fläche der Emulsionsschicht liegt. Die weitere Belichtung ergibt
eine Vergrößerung des Bilddurchmessers infolge Streuung des Lichts
ın der Schicht und erst bei hohen Belichtungszeiten kommt es zur
Abbildung der lichtschwachen atmosphärischen Halo.
„Atmosphärische Störungen‘ zog schon Bond (1857) in den
Kreis seiner Betrachtungen zur Erklärung des Durchmesserwachstums
der Sternscheibehen. Der Einfluß der Luftunruhe ist später von
Scheiner und Trepied (27) behandelt worden. Neuerdings konnte
H. Rosenberg gewichtige Gründe dafür ins Feld führen, daß ın
der Umgebung cines Sterns stets eine gewisse Erleuchtung ces
Himmelsgrundes stattfindet (28). Man darf diese Erscheinung sinn
gemäß den atmosphärischen ‚Tyndallkegel‘ nennen, seitdem W. Ost-
wald (Licht und Farbe in Kolloiden, 1924) für unsere Atmosphäre
die Bezeichnung ‚„Himmelsdispersoid‘‘ geprägt hat, so weit es sich
um ihre Eigenschaften als trübes Medium handelt. Aus der Beob-
achtung von Schiller (29), daß der in Winkelmaß ausgedrückte
Durchmesser der photographischen Sternscheibchen um so schneller
anwächst, je größer das Öffnungsverhältnis des benutzten Objektiv:
ist, schloß Rosenberg, daß es sich hier um die Abbildung einer
Untersuchungen über den photographischen Difusionslichthof ISI
flächenhaften Lichtquelle handelt. Diese fand er in dem Lichthof,
der sich um jeden Stern infolge der diffusen Reflexion an Staub-
tcilchen und Eiskristallen und der Rayleıghschen Beugung an den
Molekülen der atmosphärischen Gase bilden muß. Rosenberg hat
selbst photometrische Messungen des Intensitätsabfalls in der Um-
gebung heller Gestirne ın Angriff genommen (30) und auch angedeutet,
daß er das Problem auf Grund der Theorie von Rayleigh weiter
zu verfolgen beabsichtigt.
Die ersten theoretischen Untersuchungen über die Intensitäts-
verteilung in den Fokalbildern astronomischer Objektive gehen auf
G. B. Airy zurück (31). Seine Formel für ideale Objektive ist be-
kannt als Aıryscheibehen. Schließlich ist die Intensitätsverteilung
in Sternscheibehen sehr ausführlich von Conrady, Buxton,
Martin u.a. (32) behandelt und auf recht spezielle Fälle ausgedehnt
worden (Koma und sphärische Aberration verschiedener Ordnung
und deren Kompensation durch extrafokale Lage der Bildebene).
Die Ergebnisse dieser beugungstheoretischen Arbeiten lassen sich
nur schwierig auf praktische Fälle übertragen. Infolge der chro-
matischen Restfchler überlagern sich die verschiedenen mono-
chromatischen Beugungsbilder nach Maßgabe der Farbenkurve des
Objektivs und es kann eine stark abweichende Intensitätsverteilung
für „weißes Licht‘ entstehen. Die letzten Jahre brachten viel ver-
sprechende Ansätze zu einer experimentellen Bestimmung des
Intensitätsverlaufs im Fokus photographischer Objektive (33).
Hier bleibt der Zukunft dıe Anwendung dieser Methoden auf punkt-
förmige Lichtquellen und solche Objektive vorbehalten, wie sie für
astrophotographische Zwecke benutzt werden. Der Einfluß der
chromatischen Aberration ıst von Newall (38) an verschiedenen
Refraktoren untersucht worden, doch hat er ihre Bedeutung wohl
überschätzt. Die von Scheiner vorgeschlagene Erklärung der
Scheibehenverbreiterung durch die unregelmäßigen Fehler der Ob-
jektive dürfte in dem Umfange auch kaum haltbar sein. Wilsing (34)
äußert sich zu diesen Arbeiten Scheiners wie folgt: „Bemerkens-
werterweise wurden damals die durch systematische Änderungen des
Brechungsexponenten des Glases bewirkten Mängel in der Strahlen-
vereinigung überhaupt nicht in Betracht gezogen.‘ Schließlich
spielt bei den modernen mchrlinsigen Systemen kurzer Brennweite
(Triplet — Astrotessar — Ernostar) die Erhellung des Gesichtsfeldes
durch wiederholte Reflexion des Lichts im Objektiv eine merkliche
Rolle. Nach Versuchen von Goldberg (39) kann die Flächenhellig-
keit in der Umgebung das 107%- bis 10-3fache der Intensität des
182 Wildt
Lichtpunktes betragen. Ein Effekt ähnlicher Größenordnung ergibt
die Zerstreuung des Lichts durch Staub und Schmutz auf den Linsen.
Bei visuellen Beobachtungen tritt übrigens eine ganz analoge
Lichtzerstreuung im Auge des Beobachters wie in den photo-
graphischen Objektiven auf, die Pokrowski sogar messend verfolgen
konnte (37).
Scheiner hat zuerst auf die Bedeutung hingewiesen (40), die
die diffuse Reflexion des Lichts innerhalb der Emulsionsschicht
hat. Von ihm rührt aber auch der Nachweis her, daß dieser Effekt,
der D-Lichthof, zur Erklärung des Durchmesserwachstums der Stern-
scheibchen nicht ausreicht. Die vorstehende Untersuchung des Ver-
fassers galt der Bestimmung des Durchmessergesetzes des D-Licht-
hofes unter exakt definierten Bedingungen (monochromatisches
Licht, Kontaktkopien, Zeitskalen) für Bilder von den Dimensionen
fokaler Sternscheibchen. Es ergab sich, daß die Durchmesserkurve
(abgesehen von der Anfangskrümmung beim Schwellenwert) bis zu
den höchsten Belichtungszeiten linear verläuft.
Mees hatte schon bei seinen Laboratoriumsversuchen über
das Durchmessergesetz des D-Lichthofes aarauf hingewiesen (15),
daß sich dieses wesentlich von der Durchmesserformel von Christie(35)
(VD = a + blog t), die sich bei Himmelsaufnahmen am besten be-
währt hat, unterscheidet. Es ist nun bezeichnend, daß F. E. Ross (18)
im Laboratorium unter Benutzung eines Objektivs das Durchmesser-
gesctz von Christie auch für den D-Lichthof bestätigt findet, während
der Verfasser mit Hilfe von Kontaktkopien zu einer Bestätigung der
linearen Durchmesserformel gelangt. Es hat danach fast denAnschein,
als ob das Wurzelzeichen in der Formel von Christie auf das Gesetz
des Intensitätsverlaufs im Fokus photographischer Objektive zurück-
zuführen sei. Allerdings fand A. H. Farnsworth (36) an einem
Reflektor von 18 und einem UV-Petzvalobjektiv von 4 Zoll Öffnung
die lineare Durchmesserformel für relative Belichtungszeiten von I
bis zu 700 erfüllt.
Zusammenfassung
I. Die Diskussion der Eigenschaften der photographischen
Emulsion als eines trüben Mediums führt auf Grund einer Hypothese
von Scheffer über die Form der Isophoten in trüben Medien zu
einem Integral, das das Gesetz des Intensitätsabfalls im D-Lichthof
darstellt. Eine strenge Lösung dieses Integrals ist nicht möglich.
Für große Entfernungen vom Rand des primären Bildes geht das
Gesetz des Intensitätsabfalls in die einfache Exponentialfunktion
Untersuchungen über den photographischen Difjusionslichthof 183
über. Für kleinere Entfernungen ist die Intensitätsfunktion stets
größer als die ebunkton — Mit Hilfe des photographischen
Schwärzungsgesetzes werden Formeln abgeleitet für den Übergang
von einem beliebigen Intensitätsgesetz J= JọF (r) zu dem ent-
sprechenden Durchmessergesetz des D-Lichthofes und umgekehrt
von einem empirischen Durchmessergesetz zu dem zugrunde liegenden
Intensitätsgesetz.
2. Das Durchmessergesetz des D-Lichthofes wurde im mono-
chromatischen Licht an Kontaktkopien untersucht. Die relativen
Belichtungszeiten varıierten von I bis zu 10%, die Anfangsdurch-
messer der Loch- und Spaltbilder von 0,03—1,6 mm. Abgesehen
von der Anfangskrümmung der Durchmesserkurve dicht oberhalb
des Schwellenwertes der Platte verläuft die Kurve linear bis zu den
höchsten Belichtungszeiten. Die Steilheit der Durchmesserkurve
(Trübungsfaktor) wechselt stark mit der Wellenlänge des Lichts
und wenig mit dem Anfangsdurchmesser der Bilder.
3. Die Anfangskrümmung der Durchmesserkurve beim Schwellen-
wert der Platte läßt sch weder aus der Form des Schwärzungs-
gesetzes noch aus der Gelatinekontraktion (Rosseffekt) erklären und
scheint daher auf einer Modifikation des Intensitätsgesetzes ın der
Nähe des primären Bildrandes zu beruhen. Diese Auffassung wird
durch die Deduktion des Intensitätsgesetzes aus der Schefferschen
Hypothese gestützt.
4. Die von Goldberg gefundene Zunahme des Trübungsfaktors
bei sehr hohen Expositionen mit „weißem Licht" wird durch die
Eigenempfindlichkeit der nicht sensibilierten Platte für die grünen
und roten Strahlen des weißen Lichts erklärt und experimentell
bestätigt.
5. Die Bestimmung der Trübungsfaktoren wurde für die vier
Hauptlinien des visuellen Hg-Spektrums sowie für ein ultraviolettes
und ein ultrarotes Spektralgebiet durchgeführt.
6. Die Entstehung fokaler photographischer Sternscheibchen
und die Rolle des D-Lichthofs dabei werden kurz besprochen.
Die vorliegende Arbeit wurde in der Zeit vom Mai 1926 bis
August 1927 im Photochemischen Laboratorium der Technischen
Hochschule Berlin (Geh. Rat Miethe }) ausgeführt. Der gänzlich
unerwartete Tod meines verehrten Lehrers nahm mir die Möglich-
keit, ihm für das große Interesse an dem Fortgang meiner Arbeit und
mir persönlich zu danken. Ich kann daher nur an dieser Stelle meinen
Gefühlen aufrichtiger Dankbarkeit Ausdruck geben.
184 Wildt. Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof
Literatur
1) Photographische Korrespondenz 1910, S. 469.
2) Philosophical Magazine 80. 46. — Comptes rednus 110. 551. — Eders Jahr-
buch 4. (1890).
3) Zeitschr. f. wiss. Photogr. 1. 183.
4) Sheppard, Colloid Symposion Monograph und Lüppo-Cramer, Grund-
lagen des photographischen Negativverfahrens. Halle 1927.
5) Zeitschr. f. wiss. Photogr. 28. 60.
6) Kolloidzeitschr. 18. 241.
7) Philosophical Magazine 41. 107, 274.
8) Zeitschr. f. Physik 38. 633.
9) Comptes rendus 112. 1431; 128. 1226.
10) Sitzungsberichte d. Preuß. Akad. d. Wissenschaften 1923, S. 118.
11) Photographische Korrespondenz 1911, S. 20.
12) Zeitschr. f. Reproduktions-Technik 14.
13) Zeitschr. f. Physik 31. 14, 514.
14) Kron, Ann. d. Physik 41. 751. — Jones und Huse, Journ. Opt. Soc. Ame-
rica 14. 223. — Hnatek, Zeitschr. f. wiss. Photogr. 22. 177.
15) Astrophysical Journ. 38. Sı.
16) Zeitschr. f. wiss. Photogr. 12. 77.
17) Astrophysical Journ. 42. 334.
18) Monographs on the Theory of Photography from the Research Laboratory of
the Eastman Kodak Co. Nr. 5.
19) Journ. d. Russ. Phys. Chem. Ges. 47. 918.
20) Physikalische Zeitschr. 18. 288.
21) Publikationen d. Astrophys. Obs. Potsdam 26 I.
22) Astron. Nachr. 125. 321.
23) Astrophysical Journ. 42. 321.
24) Günther, Liebigs Ann. 440. 203. — Eggert und Noddack, Physikal
Zeitschr. 22. 673. — Zeitschr. f. Physik 20. 299.
25) Zeitschr. f. wiss. Photogr. 24. 265.
26) Archiv f. wiss. Photogr. 2. 179.
27) Bull. Comité Carte du Ciel 2.
28) Vierteljahrsschrift d. Astron. Ges. 49. 217.
29) Publ. d. Astrophys. Obs. Königstuhl Heidelberg 2. 138.
30) Sirius A, 26.
31) Trans. Cambridge Soc. 6. 379.
32) Monthly Notices of the Royal Astr. Soc. 79. Bit,
33) J. Flügge, Zeitschr. f. Instr.-Kunde 1926, S. 333.
34) Vierteljahrsschrift d. Astr. Ges. 49. 29.
35) Monthly Notices R. A. S. 53. 125.
36) Publ. Yerkes Obs. (IV) D
37) Zeitschr. f. Physik 38. 776.
38) Monthly Notices R. A. S. al, 515.
39) Der Aufbau des photographischen Bildes. Halle 1926.
40) J. Scheiner, Photographie der Gestirne. Leipzig 1897.
(Eingegangen am 25. Dezember 1927)
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen
Zeitschrift
- wissenschaftliche Photographie
- Photophysik und Photochemie
Unter Mitwirkung. befreundeter Fachgenossen
insbesondere von
pia
E H. Kayser
E o,em. Professor an der Universität Bonn
K
E herausgegeben von
K K. Schaum
oO Professor an der Universität Gießen
K Mit dem Bildnis von Heinrich Kayser
y 15 Figuren im Text und einer Tafel
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e VON JOHANN AMBROSIUS BARTH
i en werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuchhandlung
er Abonnementspreis beträgt pro Band im In- u. Ausland Rm. 24.—, bei direkter
ichließlich Porto im Inland Rm. ae i, Ausland, re? 25.20.
by d März 1928
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KG Inhaltsve
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EV SC F l dk.
Heinrich Kayser, zum 75. Geburtstage, Mit Bildnis | ANS? Eis vs
C. Neuweiler, Über die Vertretbarkeit von Zinkoxyd Så Farbstoffen bei i
der optischen Sensibilierung. Mit 6 Figuren im Text . . . . » . BI `
Lüppo-Cramer, Zur Solarisation des Bromsilbers. Mit 4 Figuren im Test 224
Chr. Winther, GE der ER von WEE en Mit 2 Figuren
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Kurt Baukloh, Die a Sensibilisierung von "Toaster Mit 3 ZA
im Text und einer Tafel . ein e 233
H Beck und J. Eggert, Erwiderung . . . . TEE.
Emil Baur, Berichtigung zu der Mitteilung von V. Sihvonen „Über die
Natur der Desensibilierung“ . e hb Deus € ie ei
Anfragen und Manuskriptsendungen sind.zu richten an
"Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr, 14.
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige
Berichterstattung möglich ist.
Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden,
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Zeitichrift für willenidhaftlidie Photographie,
Photophyfik und Photodiemie
XXV. Band 1928 Heft 7 u. 8
HEINRICH KAYSER
zum 75. Geburtstage
Ae 16. März dieses Jahres vollendete der Altmeister der deutschen
Spektroskopiker seinen 75. Geburtstag. Ein Zufall hat es gefügt, daß
gleichzeitig 25 Jahre vergangen sind, daß sein Name als der des einen
Herausgebers das Titelblatt dieser Zeitschrift schmückt. So kann es
keinen bessern Platz geben, als diese Blätter für die Glückwünsche, die
die zahlreichen Schüler des verehrten Meisters und mit ihnen die Sach-
verständigen des In- und Auslandes Kayser darbringen. Als 1923
der 70. Geburtstag gefeiert wurde und zahlreiche Freunde aus vielen
Ländern Beiträge zu einer Festschrift für Kayser beisteuerten, litt die
internationale Zusammenarbeit noch sehr stark unter den Folgen der
entsetzlichen Katastrophe, deren Zeugen wir gewesen sind. Nunmehr,
nachdem ein weiteres Lustrum verflossen ist, kann Kayser, dessen
Blick stets auf die hohen Ziele gerichtet war, die der ganzen Mensch-
heit gemeinsam sind, deutliche Zeichen einer Wiedererstarkung einer
weltumspannenden wissenschaftlichen Zusammenarbeit erkennen. Kein
Zweifel, daß unser Senior hierin die glückliche Wiederkehr eines Zu-
standes freudig begrüßen wird, an dessen Schaffung und Erhaltung er
zeitlebens mit besonderer Liebe mitgearbeitet hat. In der Tat ist wohl
auf keinem Gebiete der Physik die internationale Zusammenarbeit stärker
gewesen als auf demjenigen der Spektroskopie. Seitdem Fraunhofer
seine fundamentalen Messungen; ausführte, haben Schweden und die
Vereinigten Staaten, Deutschland, England und Frankreich gewetteifert
in spektroskopischen Messungen; die Fackel unserer schönen Wissen-
schaft ist nicht nur von Hand zu Hand, sondern von Land zu Land
gewandert, immer erneut Licht verbreitend in das geheimnisvolle Dunkel,
das die Natur der Materie umgab. So gibt es keinen besseren Glück-
wunsch für Kayser als die Tatsache, daß derselbe Kreis, der vor Jahren
gemeinsamen Zielen zustrebte, sich wieder vereinigt, um dem verehrten
Meister, der immer noch in bewundernswerter Frische und mit unerschöpf-
lich scheinender Arbeitskraft seiner Forschung nachgeht, seine Verehrung
auszusprechen.
Kaysers Werk gehört der Geschichte der Physik an und ist jedem
bekannt, der spektroskopisch arbeitet, insbesondere den Lesern dieser
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25 13
186 Heinrich Kayser zum 75. Geburtstage
Zeitschrift, in deren Bänden zahlreiche Schüler Kaysers ihre Arbeiten
veröffentlicht haben. Als Kayser sich 1883 fast zufällig der Spektro-
skopie zuwandte und im Anschluß an ein Kolleg, das er als Privatdozent
in Berlin gehalten hatte, ein Lehrbuch der Spektroskopie — es hieß
damals noch Lehrbuch der Spektralanalyse und war das erste wissen-
schaftliche Werk in deutscher Sprache — schrieb, das ihn für immer
mit dieser Wissenschaft verbinden sollte, schien die Spektroskopie bereits
durch zahlreiche hervorragende Forscher zu einem hohen Grade der Voll-
endung gebracht zu sein. Zwar spricht der Verfasser des Lehrbuchs
von 1883 mit einer hoffinungsvollen und prophetischen Begeisterung von
den Erfolgen, die er von der damals noch jungen Disziplin erwartete.
Allein es kann keinem Zweifel unterliegen, daß weder Kayser selbst
noch irgend jemand sonst ahnen konnte, wie ungeheuer und umstürzend
die Einwirkung sein würde, die die Spektroskopie auf die gesamte Atom-
physik und Chemie, die Astrophysik wie die Physik des leeren Raumes
ausüben sollte. Das halbe Jahrhundert wissenschaftlicher Arbeit, auf das
Kayser jetzt zurückblickt, hat in Wahrheit kaum seinesgleichen in der
Geschichte der Naturforschung, ohne daß es scheint, als ob wir mit
geringerer Erwartung in die nächste Zukunft blicken dürften, als es
Kayser 1883 tat. An der Entwicklung der letzten Jahrhunderthälfte
hat nun Kaysers Arbeit einen wesentlichen Anteil. Das Fundament
seiner Messungen ist der sichere Grund gewesen, auf dem sich die hoch-
ragenden Bauten der Spektroskopie erheben konnten. Die mit unvergleich-
licher Sachkunde und Kritik von ihm gelieferte Zusammenfassung der
überwältigenden Fülle von Einzeltatsachen ist die Quelle gewesen, aus
der Theoretiker wie Experimentatoren immer wieder geschöpft haben.
Aus Kaysers Schule ist ein Kreis begeisterter Schüler aus aller Herren
Länder hervorgegangen, denen die Unbestechlichkeit und Strenge Kayser-
scher Methode Vorbild war, und die danach strebten, dem hohen Ideale
geistiger Kultur nachzueifern, das von Helmholtz’ Schülern ausgehend,
gleichsam aus der Hand des großen Meisters überliefert war.
So kann der Mitbegründer dieser Zeitschrift an seinem 7 5. Geburtstage
wohl glücklich geschätzt werden. Von hoher Warte gesehen verschwindet
das Einzelne und das Unbedeutende, Erfolge und Mißerfolge, Glück und
Leid. Nur das Große und Bleibende vermag den Blick dessen zu feseln,
der auf 75 Jahre eines reichen Lebens und einer außerordentlichen Zeit-
epoche zurückblickt. Möge es Kayser vergönnt sein, sich bis zur Grenze
dessen, was die Natur vermag, daran zu erfreuen, daß er mit Befriedigung
zurückzuschauen vermag, und daß der Baum immer neue und reiche Früchte
trägt, den er mit seinen Freunden vor mehr als 50 Jahren gepflanzt hat.
„Veuwerler. Die Vertretbarkeit von Zinkoxyd und Farbstoffen usw. 187
= — — —_ _ u m a na ——
Über die Vertretbarkeit von Zinkoxyd und Farbstoffen
bei der optischen Sensibilierung
Von
C. Neuweiler
Mit 6 Figuren im Text
Einleitung
Unter optischer Sensibilierung verstehen wir allgemein die
Übertragung der Lichtenergie von einem lichtempfindlichen Stoff
auf ein für sich lichtunempfindliches System (Akzeptor), wobei der
Sensibilator aus der Photolyse grundsätzlich unverändert hervor-
gehen soll.
In neuerer Zeit wurden Versuche zur Erklärung der Sensibi-
lierungsvorgänge unternommen von Franck), Cario?) und Chr.
Winther.®) Ich verweise auf die diesbezüglichen Erörterungen in
der Arbeit von A. Perret‘) über das Zinkoxyd als optischer
Sensibilator. Als Nachtrag sei eine Abhandlung von F. Schanz’)
erwähnt, in der die physikalischen Vorgänge bei der optischen
Sensibilierung folgendermaßen zu erklären versucht werden. In dem
lichtabsorbierenden Molekül werde Fluoreszenz und lichtelektrischer
Effekt ausgelöst. Das Fluoreszenzlicht kann nun gegebenenfalls
vom Akzeptor verschluckt werden, während das erregende Licht
etwa von ihm durchgelassen wird. Da, wo lichtelektrischer Effekt
(nach Stark und Steubing®) mit der Fluoreszenz verknüpft ist,
werden nun die aus dem lichtabsorbierenden Molekül heraus-
geschleuderten Elektronen vom Nachbarmolekül aufgefangen. Auf
diesem Wege können Lichtstrahlen Moleküle verändern, die das
Licht direkt gar nicht zu absorbieren vermögen. Denselben Ge-
danken, nämlich daß der Sensibilator nach der Bestrahlung bei
seinem Rückgang zum Dunkelzustand eine Strahlung aussende, die
m E m m
1) Zeitschr. Physik 9. 259. 1922.
3) Zeitschr. Physik. 10. 185. 1922.
3) Zeitschr. wiss. Phot. 21. 175. 1921.
4) Journal chim. phys. 23. 97. 1926.
5 Pflügers Archiv f. Physiologie 1%. 311. 1921.
D Zitiert nach F. Schanz: Pflügers Arch. f. Physiologie 1%. 311. 1920.
(Ek
188
Neuweiler
vom Akzeptor absorbiert werden kann, finden wir auch bei Winther,
so daß die Theorie beider Forscher vieles gemein hat.
Die angeführten Theorien vermögen indessen nur in bestimmten
Fällen den Vorgang der Sensibilierung zu erklären, gerade die
wichtigsten Sensibilierungen, wie die der Silberhaloide in der
Trockenplatte durch organische Farbstoffe oder die Sensibilierung
des Assimilationsprozesses durch Chlorophyll, bleiben unaufgeklärt.
Der Chemismus der durch Sensibilatoren ausgelösten Photolysen
verlangt eine einheitliche Deutung des Reaktionsverlaufes. In der
Theorie von E. Baur!), die im Jahre 1918 entwickelt wurde, fußend
auf Untersuchungen über den Becquereleffekt durch G. Trümpler?),
E. Hatt?) und E. Stähelin*), ist uns eine solche in die Hand ge-
geben worden. Nach E. Baur ist jede sensibilierte Photolyse als
eine molekulare Elektrolyse aufzufassen. Zu diesem Schlusse ge-
langte E. Baur durch die augenfällige Übereinstimmung der Produkte
der Photolysen mit denen der Elektrolysen. So gibt z. B. die
Edersche Flüssigkeit bei der Elektrolyse an der Kathode Kalomel,
an der Anode Kohlensäure, ganz ebenso wie bei der Photolyse
unter dem sensibilierenden Einfluß von Eosin; oder es gibt z. B.
Giyoxalsäure, durch Uranylsalz sensibiliert, im Licht CO +CO,,
ganz ebenso wie bei anodischer Oxydation. 6)
Durch Aufnahme eines Lichtquantums wird im Molekül des
Sensibilators ein negatives Elektron verlagert, dieses wirkt nun als
Kathode, der positive Molekülrumpf als Anode, was gleichbedeutend
mit dem Auftreten einer Potentialdifferenz innerhalb des Moleküls
ist. Indem das verlagerte negative Elektron von einem reduziblen
Stoff (kathodischer Depolarisator) gebunden wird, und von einem
oxydablen Stoff (anodischer Depolarisator) ein anderes negatives
Elektron an den positiven Molekülrumpf des Sensibilators abgegeben
wird, kehrt letzterer in seinen Dunkelzustand zurück. Diesen Zustand
der photochemischen Polarisation eines Sensibilators Æ bezeichnet
E. Baur durch das Symbol:
CO?
|e
1) Helv. Chim. Acta. 1. 186. 1918; Zeitschrift für Elektrochemie 29. 105. 1923.
D Zeitschr. phys. Chem. 90. 385. 1915.
3) Zeitschr. phys. Chem. 92. 513. 1917.
4) Zeitschr, phys. Chem. 94. 542. 1920.
5) Zeitschr. Elektrochemie 29. 105. 1923.
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 189
Auf der Quantentheorie aufgebaut, ist es uns sofort möglich,
die Größe der Potentialdifferenz zu berechnen!), so erhält man z. B. für:
die Na-Linie à = 589 puu (gelb) E = 2,4 Volt
die Hg-Linie 2 = 435 up (blau) E = 3,2 Volt
die Hg-Fluoreszenz-Linie A = 253,6 uu (ultraviolett) Æ = 5,5 Volt usw.
Wie wir aus diesen Daten ersehen können, erhalten wir Span-
nungen, die z. B. für eine Wasserphotolyse (mit Erzeugung von
Knallgas) unter dem Einfluß eines sensibilierenden Farbstofles aus-
reichen müßten.?) Trotzdem scheinen solche Photolysen mit großer
Energiezufuhr selten zu sein, was man zum Teil wohl Energie-
verlusten durch Überführung in Wärme oder in Fluoreszenzstrahlung
zuschreiben muß, so daß nur ein kleiner Teil für die Elektrolyse
verwertbar wird. Weiterhin ist zu beachten, daß die Photolysen-
produkte sich gegenseitig depolarisieren können, wie bei der
Wechselstrom-Elektrolyse.?) Durch Zusatz geeigneter Depolarisatoren
haben wir es jedoch in der Hand, das anodische oder kathodische
Reaktionsprodukt abzufangen und so die Photolyse nach bestimmter
Richtung zu leiten. Es ist uns auf diesem Wege neuerdings auch
gelungen, die Wasserphotolyse sichtbar zu machen; die diesbezüg-
liche Erörterung findet sich weiter unten.
Im Sinne der Theorie ist die Reaktionsgleichung einer sen-
sibilierten Photolyse in bestimmter Form zu schreiben, z. B. die
Zersetzung der Ederschen Lösung durch Eosin) im Lichte
folgendermaßen: S
, f®+4C,0,”=Co
ESCH | O+ a Her) + CH
Es sei hinzugefügt, daß die nichtsensibilierte Photolyse insofern nur
einen Sonderfall der sensibilierten darstellt, als bei ersterer der
Sensibilator auf sich selbst wirkt, eine Anschauung, die für die
Erklärung der Lichtunechtheit organischer Farbstoffe bedeutungsvoll
ist. Von besonderem Interesse mag sein, daß die von Lüppo-
Cramer?) entdeckte Desensibilierungserscheinung auch als ein be-
sonderer Fall von Sensibilierung verstanden werden kann. Wie
_—
I) Helv. Chim. Acta 1. 188. 1918.
23) Vgl. E. Baur, Schweiz. Chem-.Zeitg. 2. 40. 1918.
3 Helv. Chim. Acta $. 256. 1921.
4) O. Gros, Zeitschr. phys. Chemie. 37. 192. 1901; v. Tappeiner, Ber. 38,
2602. 1905.
D Lüppo-Cramer, Negativentwicklung bei hellem Lichte. 2. Auflage, Leipzig
1922, E. Liegegang Verlag.
LO Neuweiler
kürzlich von V. Sihvonen!) gezeigt wurde, bildet in diesem Falle
das Silberbromid den Sensibilator, während der Farbstoff die Rolle
des Akzeptors übernimmt. Wir haben hier dieselbe Wirkung des
Silberbromids auf den „Desensibilatorfarbstoff‘, wie sie A. Perret)’
bei der durch Zinkoxyd sensibilierten Photolyse von Methylenblau
feststellen konnte.
Die Baursche Theorie verlangt im allgemeinen, daß sowohl
die Oxydationsreduktionskomponenten, wie auch die Sensibilatoren
in mehr oder weniger weitem Umfang variiert werden können
Unter diesem Gesichtspunkte steht meine Arbeit. Sie zerfällt in
zwei Abschnitte. Im ersten (A) wird untersucht, wie Zinkoxyd die
Oxydation oder Reduktion von Farbstoffen sensibiliert. Im zweiten
Abschnitt (B) wird untersucht, ob und mit welchen Erfolge man
in eben diesen Systemen das Zinkoxyd durch sensibilierende Farb-
stoffe ersetzen kann.
A. Zinkoxyd als optischer Sensibilator
Vereinzelte Nachrichten über die photolytische Wirksamkeit
von Zinkoxyd reichen weit zurück; es ist aber erst durch die Mit-
teilungen von A. Eibner?°), aus der Münchner Versuchsanstalt für
Maltechnik, das Interesse für das merkwürdige Verhalten des Zink-
oxyds geweckt worden. Eibner stellte fest: Zinkweiß vermehrt
die Lichtunechtheit von Malerfarben, und zwar tritt die Erscheinung
bei Belichtung von Anstrichen der betreffenden Mischung mit
arabischem Gummi unter Glas am störendsten auf. Sie zeigt sich
sowohl bei vielen mineralischen Farbstoffen wie Berlinerblau, Cad-
miumgelb, Zinnober, als auch bei organischen Farbstoffen wie
Helioechtfarben, Thioindigorot BA, Hansarot, Algolblau 3R und
den sonst so lichtechten Indanthrenfarben. Eibner stellt weiter
fest, daß dem Anstrich beigemengtes Glyzerin die Lichtunechtheit
der Farbstoffe außerordentlich begünstige. Auf eine ähnliche Wir-
kung des Glyzerins beim Ausbleichen organischer Farbstoffe hatte
O. Limmer*) schon hingewiesen. Angeregt durch diese Ent-
deckungen untersuchte Chr. Winther’) die optischen Eigenschaften
des Zinkoxyds, wobei er fand, daß dessen Lichtabsorption ein
1) Zeitschr, wiss. Phot. 25. 1. 1927.
"IA. a. O.
3) Chem.-Zeitg. 35. 753, 774, 786. 1911.
*) Zeitschr. angew. Chemie 1909, S 1715.
°) Zeitschr. wiss. Phot. 21. 45, 141. 1921—22.
Vertreibarkeil von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung IQI
Maximum bei 366—313 um hat, und daß eine Lumineszenz
(Fluoreszenz) sichtbar wird. Neben einer schwachen und kurz an-
dauernden Phosphoreszenz konstatiert Winther ferner das Auftreten
des Becquereleflektes durch Bestrahlung einer mit Zinkoxydgelatine
überzogenen Platinelektrode im Lichte der Quarzquecksilberlampe.
Aus der Prüfung der photochemischen Wirksamkeit des Zinkoxyds
zieht Winther dann. die wichtigen Schlußfolgerungen: ı1.*das Zink-
oxyd verläßt den Photolysenprozeß chemisch unverändert, 2. die unter-
suchten Reaktionen verlaufen unabhängig vom basischen Charakter
des Zinkoxyds.
Nun unterwarf E. Baur die Zinkoxydphotolysen seiner Theorie.
Mit A. Perret?!) wurden die Systeme: ZnO + AgNO, und
ZnO + HgCl, untersucht, sowie Zinkoxyd + Methylenblau. In bezug
auf dieses letzte System wird gefunden: bei Gegenwart eines
anodischen Depolarisators (Glyzerin, Glucose). unter Luftabschluß
vollzieht sich die Photolyse nach dem Schema:
& + Glucose —> Oxydationsprodukt
© + Methylenblau ——> Leukoverbindung
Wird aber Methylenblau allein luftfrei mit Zinkoxyd belichtet,
so entstehen neben dem Leukokörper noch Oxydationsprodukte
des Farbstoffes (H,SO,). Nach Wiederbläuung des Farbstoffes an
der Luft findet man, daß etwa 20°/, fehlen; dieser Anteil ist offenbar
gerade der Oxydation anheimgefallen. Das Schema der Photolyse
lautet dann folgendermaßen:
ZnO l
ZnO i
& + Methylenblau —> Oxydationspropukt
© + Methylenblau —> Reduktionsprodukt (Leukokörper)
Ein orientierender Versuch Perrets betraf das System Zink-
oxyd + Safranin. Es ergab sich hier kein Effekt, d. h. das Zink-
oxyd versagte bei der Photolyse des Safranins und zwar auch
dann, wenn ein anodischer Depolarisator zugegen war. Man hätte
aus diesem Ergebnis auf einen Zusammenhang schließen können
zwischen dem Reduktionspotential der Farbstoffe und dem Vermögen
des Zinkoxyds, bei diesen Farbstoffen eine Photolyse zu verursachen.
Wenn man die von M. Blumenthal?) gemessenen Reduktions-
potentiale obiger Farbstoffe vergleicht, so findet man, daß dasjenige
1) Journ. chim. phys. 23. 97. 1926; Helv. chim. Acta 7. 910. 1924; Zeitschr.
phys. Chemie 120. 278. 1926; Trans. Faraday Soc. 21, No. 63. 1925.
DM Blumenthal, Diss. Zürich 1924 (Lab. f. analyt. Chem. Prof. Dr. W.
D. Treadwell).
192 Neuweiler
von Safranin (+ 0,15 Volt) bedeutend negativer ist, als das von
Methylenblau (+ 0,420 Volt).!) Ob hier eine Gesetzmäßigkeit vor-
liegt, war durch weitere Versuche zu prüfen. In Fortsetzung der
Versuche Perrets waren daher die folgenden Punkte umfänglicher
zu untersuchen:
I. Ist obiges Photolysenschema, das auf den Fall Methylenblau
exakt stimmt, auch auf andere Farbstoffe zu übertragen?
2. Inwieweit erstreckt sich die Sensibilierungskraft des Zink-
oxyds auf verschiedene Farbstoffklassen?
3. Besteht tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Reduktions-
potential der Farbstoffe und der Wirkung des Zinkoxyds?
Versuche
Das verwendete Zinkoxyd war ein chemisch reines Präparat,
geliefert von der Firma Siegfried in Zofingen. Von einer ein-
gehenden Analyse wurde abgesehen, da Perret?) dieselbe sowohl in
qualitativer wie in quantitativer Hinsicht mit demselben Präparat
schon durchgeführt hatte und die Daten also aus jener Arbeit zu
ersehen sind. Das Produkt gelangte als feines Pulver (gemahlen auf
einer Kugelmühle) zur Anwendung. Die Farbstoffe wurden stets in
wäßriger Lösung (1:1000) verwendet; bei alkoholischen Lösungen
hätte die photolytische Mitwirkung des Lösungsmittels vielleicht
verwirrend sein können. Die Photolysen wurden im allgemeinen
luftfrei durchgeführt, um bei Küpenfarbstoffen eine Rückoxydation
der Küpe durch den Luftsauerstoff zu verhindern. In einigen Fällen
fällt jedoch diese depolarisierende Wirkung des Luftsauerstoffs weg,
so daß auch lufthaltig belichtet werden konnte, was jeweils bei den
entsprechenden Versuchen bemerkt ist. Zur Entlüftung wurde das
System: Farbstoff + Zinkoxyd + Wasser oder einem anodischen
Depolarisator in ein zylindrisches Gefäß (250 ccm Inhalt) mit ein-
geschliffenem Hahnstopfen gegeben, der Schliff mit Wachs-Kolo-
phonium zur Dichtung umgossen, und das Ganze hierauf an der
Wasserstrahlpumpe bei ıı mm Druck etwa ı Stunde lang entlüftet.
Dann wurde noch etwa Io Minuten in ein Wasserbad von 40°C
eingestellt, der Hahn geschlossen und mit Wachs gedichtet und auf
einer Drehvorrichtung im Abstand von 120 cm mittels einer Osram-
1) Nach Mansfield Clark (Public Health Reports June 5, 1925, pages 1131/1201)
ist das Normalpotential des Methylenblaues + 0,51 Volt.
2) A. a. O.
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 193
Nitralampe (3000 Kerzen) belichtet. Der Vergleich zwischen diffusem
Tageslicht und Nitralampe ergab qualitativ die gleiche Wirkung der
beiden Lichtquellen, nur war der Umsatz quantitativ bei diffusem
Tageslichte bis zu 20 mal größer. Die Lufttemperatur bei der
Belichtung schwankte in der Flaschennähe zwischen 22—29°C. Um
den Einfluß der Wärme gesondert zu prüfen, habe ich Gegenproben
im Dunkeln erhitzt; es sei jedoch gleich vorweggenommen, daß dies
stets zu negativen Befunden führte. Nach erfolgter Belichtung wurden
die Flaschen am Manometer auf Dichtheit während der Belichtung
geprüft, was notwendig ist, um sich vor Täuschungen durch zu-
fällige Undichtheiten zu schützen. Die Versuche wurden stets doppelt
durchgeführt. Quantitative Messungen finden sich einzeln verzeichnet;
da jedoch in der nämlichen Farbstofiklasse analoge Verhältnisse
obwalten, sind häufig nur qualitative Beobachtungen gemacht worden.
Als anodische Depolarisatoren eignen sich Traubenzucker, Rohr-
zucker, Glyzerin und das von K. Noack!) vorgeschlagene Benzidin.
Um den Gang der Photolysen charakterisieren zu können, ist es
natürlich wichtig, die einzelnen Reaktionsprodukte nach erfolgter
Belichtung festzustellen. Die anodischen Depolarisatoren werden
nach dem Schema
ZnO Je + anod. Depolarisator ——> Oxydationsprodukt
© + Farbstoff —— Reduktionsprodukt
als oxydierte Produkte sich im Gemische vorfinden, was man nach-
weisen muß. Im Falle des Benzidin gelingt das besonders leicht,
da dessen Verhalten bei der Oxydation in einer für die vorliegenden
Zwecke ausreichenden Weise klargestellt worden ist.?) Die blaue
oder violette Stufe des oxydierten Benzidin, die Noack’) durch
Photooxydation mittels Eosin und MnCl, beobachten konnte, habe
ich nicht erhalten, hingegen ist die braunrote Stufe im Gemische
leicht vom Auge sichtbar. Auch im Falle des Glyzerins konnte das
Oxydationsprodukt erfaßt werden. Ich bekam Farbenreaktionen*)
auf Glyzerose und Dioxyaceton; die nach E. Fischer?) und
E. Fischer und Tafel®) auch durch Oxydation von Glyzerin mit
ı) Zeitschr. f. Botanik 10. 561. 1918; 17. 481. 1925.
23 Willstätter, Ber. 39. 3476. 1906; 41. 3245. 1908; Liebigs Ann. 1908.
S. 313. 363.
3) A.2.0.
H Vgl. Rosenthaler, Nachweis org. Verb. 1. Aufl. S. 187.
D Ber. 20. 1088. 1887.
©) Ber. ZL 2634. 1888.
194 Neuweiler
Brom in wechselnden Verhältnissen gewonnen werden. Dagegen
stößt beim Rohrzucker und Traubenzucker der Nachweis eines Oxy-
dationsproduktes auf Schwierigkeiten, um so mehr, als man nicht
genau weiß, nach welchen Oxydationsprodukten man zu suchen bat)
ß-Naphtol als anodischen Depolarisator zu verwenden, wie es Ed-
lefsen?) getan, erwies sich als ungeeignet, da der Nachweis des
daraus entstehenden Naphtochinons, wie ihn der Autor angibt, nach
meinen Versuchen recht zweifelhaft ist, indem unbelichtetes $-Naphtol
dieselbe, oder täuschend ähnliche Farbreaktion mit Resorzin-Am-
moniak liefert. Ungünstig für die Photolyse erwiesen sich Natrium-
sulfit und Natriumhydrosulfit, da hier oft starke Dunkelreaktionen
eintreten können.
Küpenfarbstoffe
a) Thioindigo (Ciba) (C ,H,0,S;-SO,H)
Nach unveröffentlichten Messungen von H Schuster?) beträgt
das Reduktionspotential (Normalpotential) dieses Farbstoffes, bestimmt
nach der Methode der Elektrotitration, & = + 0,30 Volt. Thioindigo
ist also schwerer zu reduzieren als Methylenblau.
Qualitative Versuche:
Ansätze:
A. 5 ccm Thioindigolösung 1:1000 + I g ZnO
+ 150 ccm Wasser (dest.).
B. 5 ccm Thioindigolösung 1:1000 + I g ZnO
+ 150 ccm Benzidinwasser.
C. 5 ccm Thioindigolösung 1:1000 + ı g ZnO
+ 5occm Traubenzuckerlösung — + 100 ccm Wasser.
D. 5 ccm Thioindigolösung 1:1000 + I g ZnO
+ 50 ccm Rohrzucker — + 100 ccm Wasser.
E. 5 ccm Thioindigolösung 1:1000 + I g ZnO
+ 70 ccm Glyzerinlösung — + 100 ccm Wasser.
Die qualitativen Versuchsergebnisse finden sich in Tab. 1.
—. = mu mg
1) Vgl. Tollens, Handbuch der Kohlehydrate. 3. Aufl. S. 391.
D Münch. med. Wochenschrift 1904. S. 1585.
3 Aus dem analyt. Laboratorium der E.T. H. (Prof. Dr. W. D. Treadwell)
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 1095
Tabelle ı
Licht
mit ZnO
t
Dunkel
| ohne ZnO mit ZnO
Anodischer
Depolarisator
ausgebleicht in keine Wirkung keine keine A
etwa 20 Stunden |in derselben Zeit Wirkung Wirkung
I 2 3 4 Wasser
ausgebleicht in | j f
etwa 18 Stunden ` keine keine B
oxydiertes Benzid. m Wirkung Wirkung Benzidin-
fällt aus wasser
5 | 6 7 Í 8
ausgebleicht in keine Wirkung keine keine e
etwa 6 Stunden in derselben Zeit | Wirkung Wirkung
9 10 11 12 Traubenzucker
ausgebleicht in i keine keine D
etwa 10 Stunden wie 10 Wirkung Wirkung
13 14 15 16 Rohrzucker
ausgebleicht in , keine keine E
etwa 12 Stunden | wie ro und 14 Wirkung Wirkung A
A 8 e | Glyzerin
Da Traubenzucker zur Verküpung von Indigo verwandt wird,
war zu befürchten, daß die große Wirkung bei Versuch 9 allein dem
Traubenzucker zuzuschreiben ist. Daß dem nicht so ist, und daß
auch die Alkalinität des Zinkoxyds keine Rolle spielt, zeigen uns
die Versuche Io, ıı und 12.
Wurden die Flaschen nach erfolgter Belichtung geöffnet und
an der Luft stehen gelassen, so kehrte die Farbe fast augenblicklich
bei den ausgebleichten Proben zurück. Kolorimetrisch gemessen
ergab sich folgendes: |
Tabelle 2
Zurückgekehrte Zurückgekehrte
Versuch Farbstärke rach Farbstärke nach
Nr. í
10 Min.
Versuche 5, 9, 13 und 17 zeigen, daß tatsächlich die Küpe ent-
standen ist, der Verlust von 33°/, an Farbstoff bei Versuch ı ergibt
den Anteil, der bei der Photolyse ohne anodischen Depolarisator
196
EE
der ar anheim gefallen ist. Wir dürfen also hier wie beim
Methylenblau schreiben:
oO + Thioindigo
(1) m = + Thioindigo
(2) & + Glucose
EES D + Thioindigo
—— Oxydationsprodukt
—— Küpe
—— Oxydationsprodukt
—— Küpe.
Quantitative Versuche:
Zur Aufnahme von Zeitkurven der Ausbleichgeschwindigkeit
war es nötig, den jeweiligen Farbstoffgehalt der Lösung zu be-
stimmen. Da die Küpe sich an der Luft sofort wieder oxydiert,
konnte diese Bestimmung weder titrimetrisch (mittels TiCl,) noch
im Kolorimeter durchgeführt werden. Es wurden deshalb in gleichen
Gefäßen mit der gleichen Menge Zinkoxyd versetzte Typenlösungen
hergestellt und die belichteten Flaschen in geschlossenem Zustand
(nach dem Absitzenlassen des Zinkoxyds) mit diesem Standard ver-
glichen. Der Gehalt dieser Lösungen an Farbstoff war abgestuft
von !/, zu !/, Milligramm, die Fehlergrenze beträgt also bei diesem
Verfahren etwa 10°/, Die Messungen ergaben (Ansätze dieselben
wie bei den qualitativen Versuchen):
Tabelle 3
WW l Versuch I Versuch 9 i Versuch 13 Versuch 17
le | nn ausgebleicht ausgebleicht ausgebleicht
GË mg mg
2 Wa 2,0 1,5
4 i 3-5 2,5
8 in 6 hs St. 5,0 g 4,5 4,0
e in 10 St. 5,0 | in ı2!j, St 5,0
20 A wé 5 9 | — 7
= Kurve 4 | = Kurve C | = Kurve D | = Kurve Z
Das Kurvenbild der Figur ı veranschaulicht die Messungen.
Die Geschwindigkeit des Ausbleichens ist ein Maß der Wirk-
samkeit des anodischen Depolarisators. Am schwächsten wirkt der
Farbstoff selbst, danach kommt Glyzerin, dann Rohrzucker, dann
Traubenzucker. Dieser wirkt am besten. In der Folge wird man
diese Reihe immer wiederkehren sehen. Im übrigen lehren die
Umsatzzeitkurven, daß die Photolysen angenähert mit gleich-
bleibender Geschwindigkeit fortschreiten, erst gegen das Ende tritt
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbsioffen bei der optischen Sensibilierung 197
naturgemäß Verlangsamung ein. Stationäre Zustände, hervorgerufen
durch gegenseitige Depolarisation der Photolysenprodukte, kommen
nicht zur Geltung, im Gegensatz zu den von K. Burgherr!) unter-
È a oi $ A
Ri o -
jl
| i
2 © 6
"ch
bebe
ausgebleichte Farò
—> S/unden
DENE EEE TEE TED WG. o D Kë Wë. e,
Fig. 1. Umsatz-Zeitkurven ZuO->Thioindigo
suchten Systemen, an denen glatt umkehrbare lonisationen
(Ag + ıF Ag‘) beteiligt sind. Das hier Bemerkte gilt auch für
die nachfolgend mitzuteilenden Umsatzzeitkurven.
b) Indigocarmin
Entsprechende Versuche wurden mit einem weitern Vertreter
dieser Farbstofiklasse, dem Indigocarmin (Di- oder Monosulfosäure
des Indigos) durchgeführt. Der Farbstoff hat nach unveröffent-
lichten Messungen von H. Schuster?) ein Reduktionspotential von
&, = 0,23 Volt, also noch negativer als Thioindigo. Die Resultate
gleichen sich bei diesen beiden Indigoiden; beim Indigocarmin tritt
auffallenderweise die Entfärbung in reiner wässeriger Lösung be-
deutend schneller ein, als mit anodischen Depolarisatoren, eine
Erscheinung, die vielleicht zurückzuführen ist auf die Anwesenheit
eines Beschwerungsmittels im Farbstoff. Versuche zur Fassung des
Beschwerungsmittels nach der Anilinölmethode?) ergaben jedoch
keinerlei Resultate, d. h. das Präparat erwies sich danach doch als
rein. Der Farbstoff scheint also in diesem Falle ein guter anodischer
Depolarisator zu sein.
1) Zeitschr. wiss. Phot. 24. 393. 1927.
D Aus dem Laboratorium für analyt. Chemie (Prof. Dr. W. D. Treadwell).
D Zeitschr. angew. Chemie. 18. 585. 1905; Journ. Am. Chem, Soc. 573. 1904,
198 Neuweiler
a) Safranin T
Gemisch von C,,H,.N,Cl und C, H,,N,C1!) Reduktionspotential
nach M. Blumenthal?) e = + 0,15 Volt.
Im Gegensatz zu der Angabe bei Perret’), auf die ich schon
oben Bezug genommen habe, fand ich ein positives Resultat,
vgl. die Tabelle 4.
Ansätze:
A. 4 ccm Safraninlösung 1:1000 + I g ZnO
+ 150 ccm Wasser.
B. 4 ccm Safraninlösung I1:1000 + I g ZnO
+ 50 ccm Traubenzuckerlösung + 150 ccm Wasser.
C. 4 ccm Safraninlösung 1:1000 + I g ZnO
+ 150 ccm Benzidinwasser.
Tabelle 4
Licht = Dunkel EE
mit ZnO ohne ZnO mit ZnO | ohne ZnO | Depolarisator
bleicht nur wenig keine Wirkung keine keine A
in 24 Stunden in 24 Stunden Wirkung Wirkung Ww
asser
I 2 3 4
bleicht aus keine Wirkung keine keine B
in 24 Stunden in 24 Stunden Wirkung Wirkung Trauben-
5 6 7 8 zucker
bleicht etwa zur keine Wirkung keine keine | C
Hälfte in 24 Stunden | in 24 Stunden Wirkung Wirkung | Benzidin-
wasser
9 10 II | 12
In Versuch 9 wird die Lösung bräunlich von oxydiertem Benzidin.
An der Luft kehrt in den geöffneten Flaschen nach !/, stündigem
Stehen die Farbe wieder zurück und zwar bei Versuch ı = 76h,
5 = 102°), und 9=97°/,. Das Safranin verhält sich demnach
genau wie Thioindigo und Methylenblau, d. h. auch hier ist das
dort angeführte Photolysenschema anzuwenden. Der negative Be-
fund Perrets muß also auf einem Irrtum beruhen, vielleicht hat
1) Vgl. Schultz und Julius: Künstl. org. Farbst. 4. Aufl., S. 244. Jabr-
gang 1902, l
DA. a O.
3) A: a. O.
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 199
die Luftleere nicht gehalten. Die Photoreduktion des Safranins ist
deswegen von Bedeutung, weil es schwer zu reduzieren ist. Wir
sehen, daß wir mit dem Kathodenpotential bis in die Nähe des
Wasserstoffpotentials herankommen. Vom Benzidin wissen wir aus
den Arbeiten von Mansfield Clark", daß sein Oxydationspotentia],
bestimmt nach der Methode der elektrometrischen Titration (mit
Chlorwasser), bei + 0,92 Volt (in saurer Lösung) liegt. Wenn dieser
Wert auch nicht ein Gleichgewichtspotential im strengen Wortsinn
ist, so darf doch angenommen werden, daß die Oxydation bei
tieferem Potential ausbleibt. Sonach hätte das Licht im Versuch C
eine Arbeit von etwa 0,77 Volt geleistet.
b) Phenosafranin
(Erzeugnis der Farbwerke Höchst für photographischen Gebrauch)
Konstitutionsformel:
N
=N= N
Komon
Cl
SÉ
NS.
Nach den Versuchen von V. Sihvonen?) läßt sich Pheno-
safranin in Übereinstimmung mit der theoretischen Vorhersage
durch Silberbromid reduzieren, ganz ebenso sollte auch Zinkoxyd
auf den Farbstoff wirken. Ich fand in der Tat folgendes: im binären
System (Phenosafranin + ZnO + Wasser) erfolgt nach 26 stündiger
Belichtung eine sehr schwache Ausbleichung; die Messung im
Kolorimeter zeigt einen Verlust von 6°/, Farbstoff an. Im ternären
System (Farbstoff + ZnO + anodischer Depolarisator) tritt während
derselben Zeit gänzliche Entfärbung ein; der Leukokörper oxydiert
sich ziemlich langsam an der Luft. Nachdem die Rückoxydation
an der Luft beendet ist, werden 97 °/, des Farbstoffes unverändert
zurückerhalten. Sihvonens Befunde lassen sich also ohne weiteres
auch auf diesen Fall übertragen, der Zusammenhang zwischen
Sensibilierung und Desensibilierung ist durch den Zinkoxydversuch
völlig bestätigt geworden. Messungen der Ausbleichgeschwindigkeit,
DM Clark, Supplement No. 54 to the Public Health Reports. Wash. 1926.
3) Zeitschr. wiss. Phot. 25. 1. 1927.
200 Neuweıler
die wieder durch Vergleich mit Typenlösungen gemacht wurden,
sind aus Tabelle 5 und Fi igur 2 ersichtlich.
Ansätze:
A. 4 ccm Phenosafraninlösung 1: Gees I g ZnO
+ 100 ccm Wasser.
B. 4 ccm Phenosafraninlösung 1:1000 + I g ZnO
+ 50 ccm Traubenzucker + 100 ccm Wasser.
D. 4 ccm Phenosafraninlösung 1:1000 + ı g ZnO
+ 50 ccm Rohrzuc'ier + 100 ccm Wasser.
Merkwürdigerweise geht die Reaktion mit Benzidinwasser nicht.
ER VE a a a Er Te a ae a
R
d
N 8
S/ |
S D
R o
“2
7
3
| zë S/unden
2 4 6 8 7 72 RM 5 RB 2 22 a g
Fig. 2. Umsatz-Zeitkurven ZnO —> Phenosafranin
Tabelle 5
e Versuch A | Versuch B Versuch D
oo. a ausgebleicht ausgebleicht ausgebleicht
mg | mg mg
2 nicht genau me. 0,5
4 bar 1,0
8 0,5 2,0
12 nicht genau me. 2,5
16 bar 3,0
20 1,0 3,0 (?)
26 1,5 4,0
= Kurve 4 | = Kurve B | =æ Kurve D
c) Pinakryptolgrün
(Erzeugnis der Farbwerke Höchst für photographischen Gebrauch)
Die Verhältnisse bei diesem im Handel befindlichen Desensibilator
sind die gleichen wie .«. Phenosafranin. Die genauere chemische
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 201
Konstitution des Farbstoffes ist noch nicht sichergestellt. Nach
einer von B. Homolka!) veröffentlichten Arbeit sind es Azinfarb-
stoffe der Phenanthrenreihe, entstanden durch Einführung auxo-
chromer Gruppen in den Phenanthrenkern des Flavindulins.. Auf
jeden Fall scheint der Farbstoff einen Leukokörper zu bilden,
worauf auch Lüppo-Cramer?) hinweist. Die Zeitdauer bis zum
gänzlichen Ausbleichen dieses Farbstoffes ist jedoch bedeutend
kleiner und betrug z. B. bei der Mischung mit Traubenzucker nur
ı8 Stunden, d. h. Pinakryptolgrün wirkt besser als Phenosafranin,
was auch mit den photographischen Erfahrungen übereinzustimmen
scheint.
d) Indulin Z, konz. (Geigy)
Konstitutionsformel):
ar LIO
Ka
6)
Qualitative Ergebnisse:
Binäres System: ZnO + 4 ccm Indulinlösung + 150 ccm Wasser
becht nach 28 stündiger Belichtung gänzlich aus, nach Rück-
oxydation an der Luft wird ein Fehlbetrag an Farbstoff bis 47 2,
gefunden, die größte, bisher gemessene anodische Oxydation des
Farbstoffes.
Ternäres System: ZnO + 4 ccm Indulinlösung + anodischer
Depolarisator (Ansätze wie bei den frühern Versuchen) bleicht schon
in 8 Stunden aus, Verlust an Farbstoff nach der Rückoxydation
nur 1°/,, d. h. aller Farbstoff ist hier wieder zur Leukostufe
reduziert worden. Die Umsetzungen gehen immer nach den
Schemata ı und 2, S. 196.
Die vorstehenden Versuche wurden noch lufthaltig durchgeführt,
wobei die Systeme in flache Medizinalflaschen (220 ccm Inhalt) ein-
gefüllt wurden, dieselben dann lufthaltig mit Gummistopfen ver-
schlossen und an der gleichen Drehvorrichtung, unter denselben
1) Phot. Ind. 1925, S. 347.
3) Vgl. Lüppo-Cramer, Zeitschr. angew.. Chemie 1927. S. 1226.
3) Nach einer Mitteilung von Herrn Prof. Iṣe H. E. Fiers,
Zeitschr. f. wiss, Phot 25. 14
202 Neuwenler
Verhältnissen, wie die „Luftfreien“, belichtet wurden. Hier bekommt
= man im binären System bei gleicher Belichtungszeit keine Aus-
bleichung. Die ternären Systeme bleichten nach 45 stündiger Be-
lichtung schwach aus, wobei die Lösung, mit Kaliumjodidstärke-
lösung versetzt, aktiven Sauerstoff aufwies. Dieser Effekt deutet auf
Hydroperoxyd, das aus kathodisch primär gebildetem Wasserstoff
entstanden ist. D.h. der Luftsauerstoff hat die photolytische Kathode
depolarisiert. Dies tritt bei den mit Zinkoxyd sensibilierten luft-
haltigen Systemen stets ein und ist ein Anzeichen für die verborgene
Wasserphotolyse, auf die in der Einleitung (Seite 189) Bezug ge-
nommen wurde. Im übrigen sei auf die Untersuchung von
E. Baur und C. Neuweiler!) über ‚„photolytische Bildung von
Hydroperoxyd“ verwiesen.
Oxazine
Nilblau (B.A.S.F.)
Konstitutionsformel:
N = IN c
N ar Oo K A CHA
verhält sich bei der Photolyse ebenso wie die Azinfarbstoffe und
die Küpenfarben.
Thiazine
a) Methylenblau
Sein Verhalten wurde bereits von Perret beschrieben. Es
lieferte das Vorbild für die gegenwärtige Untersuchung.
d) Neumethylenblau N (Ciba)
Konstitutionsformel:
CHs S
C,H,- a a
LL
Es verhält sich ebenso wie Methylenblau.
1) Helv, chim Acta 10. 901. 1927.
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstofen bei der optischen Sensibilierung 203
Xanthenfarbstoffe
Coerulein, Konstitutionsformel:
Se O
Die Photolyse verläuft nach dem Schema der vorigen Systeme.
Antrachinonfarbstoffe
Pseudopurpurin (Farbwerke Leverkusen), Konstitutionsformel:
Pi: OH
IL OOH
co OH
Bei genügend langer Belichtung verschwindet der Farbstoff aus der
Lösung, sowohl beim binären wie auch beim ternären System,
anscheinend jedoch nicht wegen Ausbleichung, sondern wegen Lack-
bildung am Zinkoxyd. Der Bleicheffekt sollte allerdings auch in
fester Phase eintreten, wie im System Berlinerblau + Zinkoxyd nach
Eibner. Wahrscheinlich umhüllt der Pseudopurpurinlack die Zink-
oxydteilchen, so daß der Sensibilator vom erregenden Licht ab-
geschlossen ist.
Triphenylmethanfarbstoffe
Malachitgrün (Marke Kahlbaum, Chlorid)
Qualitative Versuche:
Ansätze:
A. 4 ccm Malachitgrünlösung + e ZnO + 150 ccm Wasser.
B. 4 ccm Malachitgrünlösung + e ZnO + 50 ccm Traubenzucker
0,I-m + 100 H,O.
C. 4 ccm Malachitgrünlösung + I g ZnO + soccm Rohrzucker
o,1-m + 100 ccm Wasser.
D. 4 ccm Malachitgrünlösung + te ZnO + 150 ccmBenzidinwasser.
14”
Tabelle 6
Licht Dunkel Anodische
m m Ze ee er | Zieler
mit ZnO | ohne ZnO mit ZnO ohne ZnO satoren
bleicht etwa zu !/, | keine Wirkung keine keine | A
ia ı2 Stunden in derselben Zeit Wirkung Wirkung ` ` w
I 2 3 4 |
ausgebleicht keice Wirkung i keine keine B
in 7 Stunden in derselben Zeit Wirkung Wirkung Trauben-
5 6 | 7 8 zucker
ausgebleicht wie 6 keine keine C
in o Stunden Wirkung Wirkung Rohr-
9 10 11 12 zueker
ausgebleicht ee keine keine D
in ı2 Stunden Wirkung Wirkung Benzidin-
13 14 15 16 wasser
Werden die Flaschen nach erfolgter Ausbleichung geöffnet, so
tritt langsame Rückoxydation des Leukokörpers ein (Leukokörper des
Malachitgrüns bekanntlich ziemlich luftbeständig). Kolorimetrische
Messung ergibt:
Tabelle 7
Versuch Zurückgekehrte Farbstärke nach
Nr 10 Min. | 2 Stunden | ı8 Stunden
Im Versuch ı ist zuviel vom Farbstoff zurückgefunden worden, Es
war zu erwarten, daß 1ı0—ı5°/, durch photolytische Oxydation
verschwunden wären. Man muß wohl annehmen, daß das Oxy-
dationsprodukt selber noch Farbstoff ist.
Die Messung des zeitlichen Fortschrittes der Photolyse (siehe
Tab. 8) wurde gleich durchgeführt wie bei Thioindigo und Pheno-
safranin, die Ansätze sind dieselben wie oben.
In Fig. 3 sind die Werte der Tab. 8 graphisch dargestellt. Die
Wirksamkeit der anodischen Depolarisatoren steigt in der Reihen-
folge: Malachitgrün-Benzidin-Rohrzucker-Traubenzucker. Obwohl
Benzidin den Eintritt der Photolyse rasch dem Auge kenntlich
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensiöllierung 205
macht durch die braunen Flocken seines Oxydationsproduktes, so
wird es doch in der Schnelligkeit übertroffen von den Zuckern.
Tabelle 8
; Versuch ı Versuch 5 Versuch 9 Versuch 13
Belicht.-Dauer ; : 8 :
à f ausgebleicht ausgebleicht ausgebleicht ausgebleicht
in Stunden mg
= | men
I nicht meßbar | 1,5 | 1,0 1,0
2 0,5 | 2,0 1,5 —
4 = i ` 35 2,5 1,5
8 1,0 in 7 Std. 4,0 3,5 2,5
12 1,5 | — | in 9'/, Std. 4,0 4,0
=Kuve 4 | =Kuve 3 | =KumeC | =Kume D
D GENEE EC PERE nana
r SZ
È C A
$
oJ
N
A A =
R A
Si
X
| —> Siunden
1 2 d 4 5 6 7 8 3 7% N" R2
Fig. 3. Umsatz-Zeitkurven ZnO -> Malachitgrūün
Azofarbstoffe
Die Reduktion der Azofarbstofle ist in einer umfangreichen
Literatur beschrieben worden, da sie oft zur Konstitutionsbestimmung
dieser Farbstoffe benützt wird!) Wichtige, diesbezügliche Arbeiten
stammen von Witt?) und Grandmougin?), die Reduktionskinetik
der Azoverbindungen wurde besonders von H. Goldschmidt und
A. Braanaast) aufgeklärt. Danach steht fest, daß wir durch vor-
1) Siehe A. Peter, M., Wegmann, H. Mayer, Diss. Zürich 1926. Aus dem
Laboratorium von Hrn. Prof. Dr. H. E. Fierz.
2) Ber. 26. 3460. 1888,
3) Journ. prakt. Chem. 76. 124. 1907.
*) Zeitschr. phys. Chem. 96. 180. 1920.
206 Neuweiler
sichtige Reduktion der Azokörper zuerst die Hydrazoderivate er-
halten:
R-N=N-R' + H, =R.NH-NH.R.
Diese gehen dann bei energischer Reduktion in zwei Spalt-
stücke über, von denen jedes eine Aminogruppe enthält:
R < NH-NH RB + H, = RNH, + R'NH,.
Man erhält also die Aminkomponente (bzw. Diazokomponente) un-
verändert zurück, während in die zweite Azokomponente (die sog.
passive Komponente) eine Aminogruppe eingeführt wird. Diese
reduzierende Spaltung kann mit den verschiedensten sauren Reduk-
tionsmitteln durchgeführt werden; im Laboratorium haben sich be-
sonders die Zinnsalz- und Hydrosulfitmethode bewährt. Es war
nun von Interesse zu sehen, ob diese Art von Reduktion auch durch
eine mittels Zinkoxyd verursachte Photolyse zustande gebracht werden
konnte. Zu diesem Zwecke war es nötig, im ausgebleichten Gemisch
eine der Spaltkomponenten nachzuweisen. Die zweite Aminkompo-
nente nachzuweisen, erschien analytisch undurchführbar (zu kleine
Mengen); offen stand noch die Möglichkeit, die unveränderte Diazo-
komponente durch Diazotieren und Kuppeln erneut in einen Farb-
stoff überzuführen. Praktisch ließ sich jedoch auch dieser Nachweis
nicht mit Sicherheit durchführen, wahrscheinlich infolge zu geringer
Empfindlichkeit der Reaktion. Der Beweis mußte also auf einem
Umwege erbracht werden.
Als besonders geeignet erschienen mir für diesen Zweck die
sog. Diazinfarben. Das sind Azofarbstoffe, die als Diazokomponente
Safranin enthalten, gekuppelt mit Naphtol oder Dimethylanilin usw,
In diesem Farbstoff sollte nun bei der Reduktion die Azogruppe
zerstört, die Safraninkomponente aber nur bis zur Leukostufe (nach
den früheren Versuchen) reduziert werden, so daß an der Luft eine
Rotfärbung durch das sich rückoxydierende Safranin sichtbar werden
müßte. Die Versuche zeigten folgendes:
a) Diazinblau B (Kalle)
Der Farbstoff ist eine Kombination von Safranin mit A-Naphtol.
Qualitative Versuche:
Ansätze: Wie immer mit 5 ccm Diazinblaulösung I: 1000.
x
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstofjen bei der optischen Sensibilierung 207
Tabelle 9
|
Licht | Dunkel Auödiecher
mit ZnO | ohne ZnO | mit ZnO | ohne ZnO | Depolarisator
EIER er 1 en
nach 10 Std. violett | keine Wirkung | _ keine keine A
we Wirkung w
: 2 | 4 asser
nach 8 Std. rot, e ; | f
: bleicht wenig keine keine B
SE 287510. bleibt blau i Wirkung Wirkung
farblos Traubenzucker
5 6 7 8
Werden die belichteten Proben an die Luft gebracht, so ändert
sich I nicht, die farblose Lösung von 5 wird fast momentan rot
und nach längerem Stehen dunkler und bräunlich (herrührend von
anwesendem Aminonaphtol, dessen freie Base bekanntlich sehr leicht
an der Luft sich unter Schwarzfärbung und Verharzung oxydiert).
Der violette Farbton bei I entsteht durch Mischung des blauen,
unveränderten Farbstoffes, und dem Farbstoffanteil, der schon zur
Safraninstufe reduziert wurde.
Die beiden Azokomponenten können sich an der Luft nicht
mehr zum ursprünglichen Farbstoff rückoxydieren. Im Gegensatz
zu den vorangegangenen Farbstoffgruppen ist es daher hier gleich-
gültig, ob die Photolyse luftfrei oder lufthaltig durchgeführt wird.
Ein Unterschied besteht nur darin, daß wir bei. den lufthaltigen
Versuchen nur bis zur Spaltung der Azogruppe gelangen, d. h. wir
erhalten Safranin, das sich bei Gegenwart von Luft nicht zur Küpe
reduzieren läßt.
Das Verhalten des Diazinblaus bestätigt die ausgesprochenen
Erwartungen: die Azofarbstoffe werden tatsächlich photolytisch so
reduziert, daß die Reduktion bei der Azogruppe eintritt, wie bei der
gewöhnlichen Reduktion mittels Zinnsalz usw. Darüber hinaus kann
man eine stufenweise Reduktion des Diazinblaus feststellen, zuerst
zum Safranin, dann zu dessen Küpe, so daß die Photolyse geradezu
zur Konstitutionsaufklärung derartig zusammengesetzter Farbstoffe
dienen könnte,
Ganz entsprechend verhält sich das
b) Janusgrün
eine Kombination von Dimethylanilin-Diazosafranin, nur wird hier
das Gemisch 5 an der Luft nicht dunkler, Amidodimethylanilin ist
wohl luftbeständiger.
208 Neuwesler
Für die Photolyse der Azofarbstoffe schreiben wir also das
Schema: |
ZnO & + Azofarbstoff — > Oxydationsprodukt
È + Azofarbstoff —— Reduktionsprodukt (Amin)
ZnO l & + anod. Depolarisator —— Oxydationsprodukt
© + Azofarbstoff ——> Reduktionsprodukt (Amine)
c) Victoriaviolett 4 BS
Konstitutionsformel:
OH OH
NH _ SO,Na | O,Na
WyLr— -—— S SS Se
D
C 8
Ww
Ca
(e et
N
Q
wN
QO
D 3 S/unden
7 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1 12 OG 14 15 16 17 8 19 20
— > gusgebleichte Farbstofimenge tn mgr
Fig. 4. Umsatz-Zeitkurven ZnO—-Victoriaviolett 4 BS
Ansätze: I g ZnO +4 ccm Farbstoffllösung auf 150 ccm
Lösung.
Depolarisatoren: A. Wasser, B. Benzidin, C. Traubenzucker,
D. Rohrzucker.
Kontrollversuche: r. ohne Zinkoxyd, 2. im Dunkeln mit und
ohne Zinkoxyd verlaufen sämtliche negativ.
Zur kolorimetrischen Bestimmung des Umsatzes nach erfolgter
Belichtung werden die Flaschen geöffnet und vom ZnO abfitriert.
Resultate siehe in Tabelle 10 und Figur 4.
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 209
Tabelle 10
| ; Farbstoff Ausgebleichte o
van Belichtungsdauer ur noch in Lösung | Farbstoffmenge
Nr. in Stunden
mg Io mg
| 2 ER, an
A 4 3,3 0,7
= Kurve 4 j 2,9 e
13 2,8 1,2
19 2, 6 1,4
I 3,2 0,8
B 2 2,9 1,1
= Kurve B 8 1,5 2,5
NP 0,0 4,0
I Ä 3,0 1,0
C 2 | 2,6 1,4
Mi 1,8 | 2,2
SZ Kurve C 8 i 0,9 | 3,1
12 0,0 4,0
2 2,6 1,4
D U ENER U
4 2,1 1,9
= Kurve D 12 VU 2,9
17 0,0 | 4,0
Auffallend ist die starke Hemmung im System A, für die ich keine `
ausreichende Erklärung zu geben wüßte.
d) Kitonechtrot GL (Ciba)
Genaue Konstitutionsformel ist mir nicht bekannt.
Auch dieser Azofarbstoff wird leicht reduziert. In diesem Falle
versuchte ich im ternären Gemische: ZnO + Farbstoff + Glyzerin
das Oxydationsprodukt zu identifizieren. Dies ließ sich durchführen,
da das System nach der Ausbleichung in Berührung mit der Luft
farblos bleibt und deshalb Farbreaktionen anzustellen möglich war.
Im Filtrat wurde mit den folgenden Reagenzien auf die Oxydations-
produkte geprüft (siehe Tabelle ı1):
Tabelle ıı
Phloroglueinreaktion | nr esorcin-HCI
nach
Wheeleru. Tollens
Orcinreaktion
nach
Allen u, Tollens reaktion
Mischung gibt: schung gibt: | ge gelblich | gelb-grün | Kinschrot (stark) ` kirschrot (stark)
Glyzerose
sollte geben: blau-grüne Färbung rote Färbung —
Dioxyaceton | |
er | z= rote Färbung
sollte geben:
210 Neuweiler
Dioxyaceton ist also mit Sicherheit nachgewiesen worden,
Glyzerose fraglich. Dieselben Reaktionen erhält man auch im
System Zinkoxyd-Glyzerin (neben Wasserstoffperoxyd).!)
e) Benzolichtblau 4 BL (By)
ist ein Trisazofarbstoff von großer Lichtechtheit. Wird durch Zink-
oxyd leicht im Lichte analog den vorhergehenden Farbstoffen
photolysiertt. Reaktionen auf Glyzerose verlaufen gleich wie bei
Kitonechtrot, es scheint demnach, daß auf jeden Fall mehr
Dioxyaceton entsteht; die Reaktion auf Glyzerose fällt nie nach
Vorschrift aus.
Negative Versuche
Keinerlei Photolyse erlitten, sowohl im binären wie im ternären
System, die folgenden Farbstoffe: Chrysoidin, Auramin 00, Chinolin-
gelb und Alizarinviridin. Gerade die gelben Farbstoffe scheinen
der Photolyse zu entgehen, diese absorbieren in blau und violett,
überdecken wahrscheinlich die Absorptionsbanden des Zinkoxyds
-im nahen Ultraviolett gerade an der maßgebenden Stelle und
vermögen so eine Art Schirmwirkung hervorzurufen. Es wurde
noch versucht, Bismarckbraun zu photolysieren, das eine mehr
blaue Absorptionsbande aufweist. Doch trat hier die Erscheinung
der Adsorption an das Zinkoxyd auf, wie beim Pseudopurpurin,
und vereitelte die Prüfung.
Zusammenfassung für Teil A
I. Zinkoxyd wirkt im Licht auf wässerige Lösungen von orga-
nischen Farbstoffen der verschiedensten Klassen ein. In reiner (luft-
freier) wässeriger Lösung werden die Farbstoffe zugleich oxydiert und
reduziert. Wird ein anodischer Depolarisator zugesetzt, so werden
die Farbstoffe ausschließlich reduziert.
2. Bei den verküpbaren Farbstoffen läßt sich nachweisen, daß auch
bei den höchsten Reduktionspotentialen (Safranin mit e. = +0,15 Volt `
die Photolyse noch eintritt. Erhebliche Potentialdifferenzen (bis zu
etwa 0,8 Volt) zwischen dem anodischen und kathodischen Photo-
lysenvorgang werden vom Licht überwunden.
1) Vgl. E. Baur und C. Neuweiler, Helv. chim. Acta 10. 902. 1927; siebe
auch Chr. Winther, Zeitschr. wiss. Phot. 21. 141. 1922.
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilerung 211
3. Bei den Azofarbstoffen ist die photolytische Reduktion nicht
umkehrbar; d. h. die Reduktionsprodukte werden durch den Luft-
sauerstoff nicht regeneriert zum Farbstoff.
4. Die Alkalität des Zinkoxyds spielt in den untersuchten Pro-
zessen keine Rolle, ebensowenig die Wärme.
B. Farbstoffe als optische Sensibilatoren
Die Entdeckung der optischen Sensibilierung durch Farbstoffe
geht auf H.W. Vogel zurück, der hierauf die farbenrichtige photo-
graphische Platte herstellte. Seither sind sowohl die Anzahl der
tauglichen Farbstoffe, wie auch die Anwendungsgebiete mannigfaltig
erweitert worden. Unter dem Begriffe der „photodynamischen Er-
scheinungen“ sind z. B. die Lichtwjrkungen solcher Farbstoffe bei
biologischen Prozessen, besonders von H. v. Tappeiner!) und seinen
Schülern, studiert worden. Neuere Arbeiten auf diesen oder ähn-
lichen Gebieten stammen von K. Noack®, H Gaffron’ und
F. Lieben.) Besonders erwähnt sei noch die Arbeit von O. Gros),
der feststellte, daß die Oxydation von Leukoverbindungen im Licht
durch Farbstoffe beschleunigt wird.
In der Arbeit von K. Burgherr‘) wurde nun festgestellt, daß
die durch Zinkoxyd im Lichte verursachte Photolyse von Silbernitrat,
die A. Perret untersucht hatte, ebenso durch organische Farbstoffe
sensibiliert wird. Es sollte daher auch möglich sein, das Zinkoxyd
in den Versuchen von Teil A durch solche Farbstoffe zu ersetzen.
Ich werde zeigen, daß dies grundsätzlich in der Tat möglich ist.
Der in Rede stehende Effekt ist für die Praxis der Färbungen nicht
belanglos, da viele technisch verwendete Farbstoffe aus Gemischen
zweier Farbstoffe bestehen, technisch ausgedrückt, auf einen be-
stimmten Farbton „gestellt“ sind oder sog. Mischfärbungen direkt
auf die Faser gefärbt werden. Wirklich liegen aus der Färberei-
1) Siehe H. v. Tappeiner und A. Jodlbauer, Die sensibilierende Wirkung
fluoreszierender Substanzen. Gesammelte Untersuchungen über die photodynamische
Erscheinung. Leipzig 1907.
DA a. O., Biochem. Zeitschr. 1927. S. 135 u. 153.
3) Ber. 1927. Nr. 9. S. 2229; Biochem. Zeitschr. 179. 157. 1926.
4) Biochem. Zeitschr. 184. 453. 1927. Anmerkung bei der Korrektur:
A. Windaus berichtet in der Pharm. Zentralhalle 1928, S. 22 über Photo-Oxydation
deg Ergosterins mit Eosin usw. mit und ohne Luft.
5) Zeitschr. phys. Chem. 37. 192. 1901.
D Zeitschr. wiss. Phot. 24. 393. 1927.
212 Neuwesıler
praxis Mitteilungen vor, die sich auf das Verhalten solcher Mischungen
beziehen. Angeblich gibt es Gemische, die sich gegenseitig günstig
beeinflussen !)2) neben sog. „unverträglichen Farbmischungen“.
H. W. Vogel?) machte schon die Beobachtung, daß die Gegen-
wart lichtempfindlicher Farbstoffe oft die Zersetzung anderer, weniger
lichtempfindlicher, nach sich ziehe. Die erste, genauere Angabe
dieser Art stammt jedoch von Geiger, welcher fand, daß Ge-
mische von Phosphin extra und Fuchsin (im Handel unter der Be-
zeichnung Cardinal), schneller ausbleichen, als jeder Farbstoff für
sich allein. Ebenso sollen sich Gemische von Thioindigo und In-
danthrenblau im Lichte äußerst ungünstig beeinflussen.>)
K. Gebhard) untersuchte die gleiche Erscheinung an einer
Anzahl von Farbstoffgemischen, angeblich teils mit bejahendem, teils
mit verneinendem Erfolg. Er verwirft jedoch die schon von Gros
erörterte Möglichkeit einer Sensibilierung mit der Begründung, daß
die Verdünnung allein schon die Lichtbeständigkeit eines Farbstoff
verändern könne. In neuester Zeit stellte K. Noack’) fest, daß
fluoreszierendes Chlorophyll im Licht die Karotine in kurzer Zeit
zerstört, wobei diese Ablenkung der Lichtenergie auf die Karotine
einen gewissen Schutz für das Chlorophyll selbst bedeute, eine
durchaus zutreffende Auslegung, die durch meine Versuche mit Eosin
zu belegen sein wird. Diese sensibilierende Eigenschaft des Chloro-
phylis wurde übrigens schon von F. Neuhauss®) bewußt angewandt
bei seiner Methode der direkten Farbenphotographie mittels des
Ausbleichverfahrens.. Auch Worel®) hat bei seiner Methode der
Farbenphotographie die sensibilierende Eigenschaft des Cyanins an-
gewendet, obwohl anscheinend unbewußt.
Versuche
Die Vorbereitung der Ansätze (Luftentleerung) geschah auf die
gleiche Art, wie unter A beschrieben. Die Farbstoffe wurden in
wäßriger Lösung I: 1000 angewendet und in denselben Flaschen und
1) W. W. Paddon, Journ, Phys. Chem, 26. 288. 1922; zitiert: C. 1922. S. I.
D Melliands Textilberichte 6. 183. 1925.
3) Zitiert: Phot. Korrespondenz 1902. S. 100.
4) Phot. Mitt. 21. 132. 1885.
5) Schminkes mahltechn. Mitt. Nr. 9; zitiert: Chem.-Ztg. 35. 753. 191r.
6) Inaug.-Diss. Marburg 1908.
?) Zeitschr. für Botanik 17. 487. 1925.
3) Phot. Korrespondenz 1902. S. 100.
D Phot. Korrespondenz 1902, S. 346.
bei der gleichen Lichtquelle (wie unter A) belichtet. Da aber in
diesem Falle keine feste Phase zugegen ist, wurden die Flaschen
nicht in Umdrehung gebracht, sondern während des Belichtens an
einem weitmaschigen Drahtnetz befestigt in eine von fließendem
Wasser durchströmte gläserne Wasserwanne untergetaucht. Der
Abstand zwischen Reaktionsgefäßen und Lampe betrug in diesem
Falle nur 30 cm. Ansätze mit dem gleichen Farbstoff wurden neben-
einander belichtet, Vergleichsproben zu gleicher Zeit im Dunkeln
beobachtet. Die Lichtempfindlichkeit verschiedener Präparate des-
selben Farbstoffs ist oft recht verschieden, schon das Alter der
Lösung kann ihr Verhalten verändern, nämlich bei Farbstoffen, die
sich im Dunkeln mit der Zeit zersetzen, wie ich es bei Indigocarmin
und Methylgrün beobachtete. Die angewandten Farbstoffe wurden
aufReinheit untersucht; das Vorhandensein eines zweiten zugemengten
Farbstoffes wird am besten und raschesten mittels der Kapillaranalyse
festgestellt. Untersucht wurden außer den als photodynamisch
wirksam bekannten Farbstoffen der Eosingruppe vielfach die bereits
` unter A gebrauchten Farbstoffe; auch die anodischen Depolarisatoren
blieben dieselben.
Azofarbstoffe
Victoriaviolett 4 BS (By)
Ansätze (luftfrei):
A. 2ccm Victoriaviolettlösung + ı ccm Eosinlösung blaustichtig
. Kahlbaum (Erythrosin) + 150 ccm H,O
B. 2 ccm Victoriaviolettlösung + ı ccm Eosinlösung
+ 150 ccm Benzidinwasser (gesättigt)
C. 2 ccm Victoriaviolettlösung + ı ccm Eosinlösung
+ 50 ccm 0,01 mg Traubenzucker
+ 100 ccm Wasser.
Nach etwa 30 Stunden Belichtung wird gefunden (im Dunkeln
keine Änderung):
Tabelle 12.
mit Eosin | ohne Eosin | Anod. Depolarisator
bleicht wenig, Eosin verliert die
D 2 A
Fluoreszenz keine Wirkung | Wasser
Victoriaviolett wird völlig entfärbt; e
Eosin bleibt erhalten
Oxyd. Benzidin fällt aus
bleicht ganz wenig aus
Benzidinwasser
C
Traubenzucker
Victoriaviolett wird völlig entfärbt; nn a
Eosin bleibt erhalten e ganz wenig aus
214 Neuweiler
Es zeigt sich also der erwartete Effekt. Eosin bläulich (Ery-
throsin) im Licht reduziert den Azofarbstoff, wie bei den Zinkoxyd-
versuchen. Ein gewisser Unterscheid tritt nur bei Versuch A hervor.
Das Eosin wird hier mitverändert, es übernimmt die Rolle des
anodischen Depolarisators und wird oxydiert.) Daß das Eosin tat-
sächlich diese Rolle übernimmt, zeigt uns der Vergleich mit Bund C.
Durch die Anwesenheit eines anodischen Depolarisators wird der
Sensibilator vor einer oxydativen Einwirkung geschützt, wie in dem
erwähnten Versuch von K. Noack und in den zahlreichen, von
K. Burgherr bearbeiteten Photolysen. Nach dem Öffnen der
Flaschen tritt keine Rückoxydation auf, d. h. als Spaltprodukte er-
scheinen hier wieder zwei Amine. Die Schemata wären zu schreiben
wie folgt:
OO + Eosin —-> Oxydation
© + Victoriaviolett —— Reduktion
CO + Benzidinwasser ——> Oxydation
© + Victoriaviolett —-> Reduktion (Amine).
Eosin l
Eosin d
Der zeitliche Gang des Ausbleichens läßt sich in Farbstoff-
gemischen kolorimetrisch nicht verfolgen, da das Farbgemisch seinen
Farbton erheblich verändert; auch Messungen mit dem Keilkolori-
meter von Bjerrum erwiesen sich als undurchführbar. Die An-
wendung des Spektralphotometers von Martens und Grünbaum
stieß ebenfalls auf Schwierigkeiien.”) Es wurde deshalb eine Typen-
skala hergestellt mit wechselndem Gehalt an Victoriaviolett, die
Abstufungen betrugen !/ọ mg, Fehlergrenze also 5°/ Auch bei
Versuch A konnte die Messung so vollzogen werden, denn obwohl
das Eosin seine Fluoreszenz verliert, so bleibt doch die Farbqualität
des Eosins erhalten. Die Ansätze sind dieselben wie bei den quali-
tativen Versuchen. Tabelle 13 und Fig. 5 enthalten die Messungen.
In A und vielleicht auch in B hört die Photolyse auf, bevor
der Azofarbstoff aufgebraucht ist. Es ist schwer, diesen Stillstand
als stationären Zustand, wie in den Systemen Burgherrs, zu ver-
stehen. Es scheint sich um ein Unwirksamwerden des Eosins zu
handeln, dessen Oxydationsprodukte dem übrigen Eosin die Flores-
zenz zu benehmen scheinen. Bei der photodynamischen Wirkung
1) Über die Produkte, die bei der Oxydation des Eosins mit Luft im Licht
entstehen, vgl. A, Heffter, Ber. 38. 3633. 1905.
"In ähnlichen Fällen auch von anderer Seite bemerkt, vgl. J. Plotnikow,
Zeitschr. phys. Chem. 79. 357. 1912.
Vertretbarkeit von Zınkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 215
Tabelle 13.
Versuch Nr. Belichtungsdauer ausgebleicht
in Stunden in g
À | e | 0,0002
4 i 0,0005
| 28 0,0007
| 2 0,0003
4 0,0006
B 8 0,0009
= Kurve B 15 | 0,0013
23 0,0016
28 | 0,0016
| 2 0,0004
C 3 0,0009
| 8 0,0014
= Kurve C 16 | 0,0017
24 0,0020
KS — mMM Te E en ER
R
S
N > > o cm o em
Ss 8
S
S
KR
D
Š
US 70
o
.S A
D D ER
Kä - 0
Di '
20,5 d
N o
| —> S/unden
2 4 6 8 0 72 14 TE 18 20 22 24 26 28 30
Fig. 5. Umsatz-Zeitkurven Erythrosin-> Victoriaviolett A BS
des Eosins ist bereits schon Ähnliches beobachtet worden.!) Im
übrigen bieten die Umsatz-Zeitkurven keine besonderen Unterschiede
1) v. Tappeiner, Deutsch. Archiv für klin. Med. 86. 468. 1904; J. Weiss,
Über die Jodreaktion bei fluoreszierenden Stoffen. Diss. München 1904.
216 Neuweiler
gegen die entsprechenden mit Zinkoxyd (Teil AL Ich verzichte
daher weiterhin auf deren Wiedergabe,
Das Interesse wurde auf einen andern Punkt hingelenkt. Es
stellte sich heraus, daß die photolytische Wirkung des einen
Farbstoffes auf den andern sowohl im binären, wie im
ternären System, an optische Bedingungen geknüpft ist.
Von diesen wird im folgenden vorzugsweise zu handeln sein.
Mit Hilfe eines Zeiss’schen Gitterspektroskopes mit Wellen-
längentrommel!), wurden die Absorptionsbänder der Farbstoffe für
sich und im Gemisch in denselben Verdünnungen und Schichtdicken,
die im Photolysenversuch zur Anwendung kamen, in üblicher Weise
bestimmt und graphisch aufgezeichnet. In Fig. 6 sind die Absorptions-
bänder wiedergegeben. Ein senkrechter Strich in der Absorptions-
kurve kennzeichnet das Absorptionsmaximum des betr. Farbstoffes
nach Formänek.?) Man sieht, daß Eosin kurzwelliger absorbiert und
daß sein Band dasjenige des Victoriavioletts berührt.
Nun wurde gefunden, daß, wenn Rhodamin B als Sensibilator
an Stelle von Eosin genommen wird, keinerlei photolytische Wirkung
weder im binären, noch im ternären System eintritt, obwohl das-
selbe in Burgherrs Systemen sehr wohl sensibilierend wirkte. Hier
überdecken sich die Absorptionsbänder der beiden Farbstoffe gegen-
seitig. Hierdurch tritt sicher eine gewisse Schirmwirkung ein, die
den Effekt schwächen, aber nicht ganz aufheben sollte. Es scheint
vielmehr, daß der erregende Farbstoff kurzwelliger absorbieren
muß, als der passive. Im Verlaufe der weitern Untersuchung wird
sich dies bestätigen.
Triphenylmethanfarbstoffe
a) Neufuchsin (Farbwerke Öhler)
Der Farbstoff wird durch Erythrosin (Eosin blaustichig) im
binären und ternären System photolysiert. Die Absorptionskurven
berühren sich deutlich, wenn auch locker. Erythrosin absorbiert
kurzwelliger.
1 Hrn. Prof. Dr. H. E. Fierz möchte ich für die Überlassung des Instrumentes
an dieser Stelle bestens danken,
" Formánek, Untersuchung und Nachweis org. Farbstoffe auf spektrosko-
pischem Wege. Berlin, Verlag von J. Springer 1911.
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 217
+
578 521
570| 50 eat SW 510
kA
566 578
530 520 50 500 990 #80, 470
A
532 477
3570| 560 SD 540 520 50 500 ve 470
566 547 532 477
550, 520 570 | 500 | 490 | %0 470
527 505 495 %5
506 7 482
Fig. 6. Absorptionskurven
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25.
u. —
2 ccm Victoriaviolett 4 BS
+ Leem Erythrosin
2 ccm Victoriaviolett 4 BS
+ ı ccm Rhodamin B
2ccm Neufuchsin
+ 1 ccm Erythrosin
2 ccm Methylviolett
+ ı ccm Erythrosin
2 ccm Pseudopurpurin
+ ı ccm Erythrosin
2 ccm Pseudopurpurin
+ ı ccm Rhodamin B
ı ccm Pseudopurpurin
+ ı ccm Fluorescin
6ccm Neutralblau B
+ 2ccm Erythrosin
4 ccm Gallocyanin
+ ı ccm Rhodamin B
15
218 Neuweiler
b) Methylviolett 6 B extra (Kahlbaum)
Photolyse durch Erythrosin. Gegenseitige Lage der Absorptions-
bänder wie unter a) (siehe immer Fig. 6).
c) Fuchsin mit Phosphin extra
Nach einer oben erwähnten Angabe von Geiger sollte dieses
System lichtempfindlich sein und zwar so, daß das Fuchsin aus-
bleicht. Ich habe diesen Effekt nicht wieder erhalten, weder luftfrei,
noch lufthaltig, auch nicht bei Abänderung der Mengenverhältnisse
der beiden Farbstoffe. Das Systen erwies sich im Gegenteil als
sehr lichtecht, nur kann bei längerer Belichtung mit Luft zusammen
ein rötlich-brauner Niederschlag entstehen. Vermutlich war in der
von Geiger als ‚„Cardinal“ bezeichneten Fuchsinmarke irgendeine
Verunreinigung enthalten. Nun liegt bei meinem Versuch die Sache
so, daß die Absorptionsbänder des Fuchsins und Phosphins durch
einen weiteren Zwischenraum getrennt sind. Wie sich weiter zeigen
wird, bleibt die Sensibilieruisg immer dann aus, wenn ein weiter
Zwischenraum zwischen den beiden Absorptionsbändern liegt.
Anthrachinonfarbstoffe
Pseudopurpurin (Farbwerke Leverkusen)
Eine Photolyse mittels Erythrosin (binär und ternär) tritt nicht
ein. Es ist wieder so, wie bei Victoriaviolett + Rhodamin; das
Absorptionsspektrum des Sensibilators fällt mit demjenigen des
Akzeptors zusammen und zwar auf der langwelligen Seite. Gleich-
falls negativ sind die Ergebnisse bei Anwendung folgender, sonst
wirksamer Sensibilatoren:
Rhodamin B mit Absorption von 570—550 uu (siehe Fig. 6),
Phosphin mit einer Absorption des blauen Teiles des Spektrums,
Chininsulfat, Absorption im Ultraviolett,
Cyanin, Absorption 'm Rot.
Keine der Absorptionskurven dieser Farbstoffe berührt diejenige
des Pseudopurpurins: in allen Fällen ist die Absorption des Pseudo-
purpurins durch einen leeren Zwischenraum getrennt von der des
photodynamischen Farbstoffes. In der Vermutung, daß die relative
Lage der Absorptionsbänder für einen positiven Effekt ähnlich liegen
müßten, wie in dem positiv verlaufenden Versuchen mit Erythrosin,
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 219
suchte ich einen Farbstoff, der ein ausgeprägtes Absorptionsband
aufweist, das mehr gegen das blaue Ende des Spektrums liegt und
das Band des Pseudopurpurins berührt oder schwach überkreuzt.
Dabei ist es noch von Wichtigkeit, auf den richtigen Verdünnungs-
grad der Farbkomponenten einzustellen, um die Schirmwirkung klein
zu halten. Ein solcher Farbstoff war Fluorescein (mit ı Tropfen
Natronlauge alkalisch gemacht); und wirklich fand ich, daß dieser
Sensibilator die Photolyse einzuleiten vermag, besonders bei An-
wendung geringer Mengen. Die Absorptionsverhältnisse sind wie-
derum aus Fig. 6 ersichtlich.
Es sieht also so aus, als’!ob eine bestimmte Abhängigkeit
zwischen den Banden des Sensibilators und des Akzeptors besteht,
ein Zusammenhang, der wie eine „Resonanzwirkung“ aufzufassen
sein möchte. Damit der Sensibilator auf den Akzeptor photolytisch
wirken kann, scheint es nötig zu sein, daß das Molekül des Akzep-
tors eine vorbereitende Einwirkung erfährt, die in der resonanz-
artigen Übertragung eines vom Sensibilator absorbierten Lichtquants
an den Akzeptor besteht. Damit diese Übertragung stattfinden kann,
scheint es nötig zu sein, daß der Sensibilator ein etwas größeres
Quantum absorbiert, als der Akzeptor. Ist es zu groß, so findet
die „Resonanz“ nicht mehr statt; ist es gleich oder kleiner, als das
vom Akzeptor zu absorbierende Quantum, so scheint seine Energie
nicht mehr hinzureichen. Wir sehen also, daß, um photolytische
Einwirkung eines photodynamischen Farbstoffes auf einen andern Farb-
stoff hervorzubringen, eine Vorbedingung zu erfüllen ist, die durch
die optische Beschaffenheit der beiden Farbstoffe gekennzeichnet
ist. Zuerst muß Energie auf den Akzeptor übertragen werden, erst
dann erleidet er nachträglich photolytische Zersetzung nach dem in
dieser Arbeit beständig herangezogenen elektrochemischen Schema,
unter erneuter Einwirkung des Sensibilators. Die neue — ganz
unerwartete und eigenartige — Erfahrung ist die, daß jene vor-
bereitende Einwirkung — eine Aktivierung — an eine gewisse
optische Resonanz gebunden ist.
Küpenfarbstoffe
Unter Küpenfarbstoffen verstehe ich hier die umkehrbar, bei
bestimmtem Reduktionspotential zur Leukoverbindung reduzierbaren
Farbstoffe, wie Methylenblau, Safranin usw. Ich fand zwei Fälle,
wo, sei es im binären oder im ternären System (natürlich luftfrei
(Ch
220 MNeuweıler
arbeitend) ein Küpenfarbstoff sich durch einen photodynamischen
Farbstoff sensibilieren ließ. Diese Farbstoffe waren:
a) Neutralblau B men
N.
(CH,),N , LA
gibt mit Erythrosin sowohl im binären wie im ternären System,
d. h. mit Glucose oder Benzidin, photolytische Ausbleichung. Der
positive Ausfall des Versuches steht wiederum im Einklang mit der
Regel, daß das Absorptionsband dasjenige des Akzeptor berühren
muß und zwar auf der kurzwelligen Seite, vgl. Fig. 6. Verwenden
wir in diesem Falle Rhodamin B als Sensibilator, so erleidet Neutral-
blau keinerlei Photolyse. Vergleicht man die Absorptionsbänder, so
sehen wir beide zusammenfallen in erneuter Bestätigung der auf-
gestellten Regel.
b) Gallocyanin (Durand-Huguenin, gereinigt)
Konstitutionsformel:
COOH
(CH3) JET,
l ÖH
Cl
Das Gallocyanin löst sich in Wasser nur kolloidal, gibt man
einen Tropfen Natronlauge zu, so erhält man eine schöne violette
Lösung. Im binaren Versuch: Gallocyanin + Rhodamin B + Wasser
bleicht Gallocyanin nicht aus, wohl aber im ternären System (mit
Glucose oder Benzidin) Der Vergleich der Absorptionsbanden zeigt,
daß das Rhodaminband dasjenige des Gallocyanins auf der lang-
welligen Seite berührt. Es ist diese photolytische Reduktion gegen
meine Regel, wonach die Berührung auf der kurzwelligen Seite statt-
finden soll. Vielleicht liegt irgendeine Besonderheit vor. Im all-
gemeinen scheint doch zur Erregung des Akzeptors ein größeres
vom Sensibilator absorbiertes Quantum nötig zu sein.
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 221
Gallocyanin (wie auch weiter oben Pseudopurpurin) wurden zu
einem speziellen Zweck herangezogen. Es galt hier nachzusehen,
ob die photolytische Reduktion an der Carboxylgruppe angreift, im
besondern, ob Formaldehyd entstehen möchte. Die Prüfung fiel
negativ aus.!)
Die ziemlich zahlreich untersuchten andern Küpenfarbstoffe
haben versagt, allerdings lagen in allen diesen Fällen die Absorptions-
bänder nicht richtig, d. h. so, wie in den beschriebenen Fällen
positiven Ausfalls.. Es wären weitere positive Fälle wohl wünschens-
wert gewesen, da gerade die Küpenfarbstoffe für die Sensibilierung
durch Zinkoxyd (siehe Teil A) die besten Fälle darboten.
Der negative Ausfall belegt die Regel, wonach berührende
Absorption Voraussetzung des Erfolges ist. An und für sich aber
ist der negative Ausfall schwer zu verstehen, wenn man damit zu-
sammenhält einerseits die Sensibilierung der Küpenfarbstoffe durch
Zinkoxyd, anderseits die Sensibilierung der Silbersalze durch photo-
dynamische Farbstoffe (nach Burgherr). Es sieht so aus, als ob
Zinkoxyd eine größere wirksame Potentialdifferenz der Photolyse zur
Verfügung stellte als die photodynamischen Farbstoffe, so daß diese
zwar z. B. Silberion reduzieren können, nicht aber Methylenblau
oder Safranin oder gar einen andern, schwer zu reduzierenden Farb-
stoff, wie etwa einen Azofarbstoff und dergleichen. Dies wird, so
muß man es sich wohl vorstellen, erst möglich, nachdem durch die
Resonanzwirkung die Molekel des Akzeptors energiereicher geworden
ist und damit leichter reduzierbar (oder „positiver“ in elektro-
chemischer Bezeichnung), Das weiter oben für Victoriaviolett an-
geschriebene Photolysenschema wäre also dahin zu vervollständigen,
daß unter dem der Reduktion unterliegenden Farbstoff solche
Molekeln desselben zu verstehen sein sollen, die sich in einem
Bohrschen Zustand befinden. Bezeichnen wir diesen durch *, so
müssen wir genauer schreiben:
. f® + Benzidin —— Oxydationsprodukt
Sry © + Victoriaviolett* —> Reduktionsprodukt
Wenn man fragt, ob sich ein Farbstoff (der keine photodynamischen
Eigenschaften hat) nicht durch seine eigene Lichtabsorption in den
*.Zustand versetze, so gibt die Erfahrung, die wir beigebracht haben,
3) Vgl. E. Baur, Versuch zur Reduktion der Kohlensäure im Licht, Zeitschr.
f. physik. Chem. 181. 152. 1927.
222 Neuweiler
darauf die Antwort, daß dem nicht so sei, daß vielmehr das er-
regende Quantum größer als das von dem betreffenden Farbstoff
absorbierte sein müsse.
Gelbe Farbstoffe
Die vorhergehenden Erfahrungen weisen darauf hin, daß man
in diesem Falle einen im Violett und Ultraviolett absorbierenden
Sensibilator anwenden müßte. Diesbezügliche Versuche wurden
unternommen mit Chininsulfat, Äskulin und Amido-G-Säure 2,5,7,
doch stets mit negativem Erfolg. Wir haben dies wohl dahin zu
verstehen, daß den gelben Farbstoffen fast allgemein die Eigenschaft
zukommt, nicht selektiv zu absorbieren und z. B. das gesamte rechte
Ende des sichtbaren Spektrums auszulöschen, so daß gegenüber
den Erregern wahrscheinlich der Fall des Überdeckens der beiden
Absorptionsgebiete vorliegt, welcher — nach dem frühern — die
photodynamische Sensibilierung ausschließt. Übrigens müßten diese
Systeme noch im kurzwelligeren Licht untersucht werden.
Statistik der Farbstoffsensibilierung
Es ist verhältnismäßig schwer, geeignete Farbstoffkombinationen
ausfindig zu machen, d. h. Fälle, wo der Absorptionsstreifen des
photodynamischen Farbstoffes gerade nach der Seite der kürzern
Tabelle 14.
Absorptionsstreifen des Absorptionsstreifen des e if
Sensibilators, an der Sensibilators, an der geen 7 eds
S ; Sensibilators, vom
kurzwelligen Grenze den | langwelligen Grenze den Ab a s
S e : sorptionsstreifen des
Absorptionsstreifen des Absorptionsstreifen des Akzentors überdeckt
Akzeptors berührend Akzeptors berührend P
Sensibilierung Sensibilierung Sensibilierung
positiv positiv negativ negativ
Victoriaviolett — Gallocyanin—| Pho-phin — | Victoriaviolett —
Erythrosin | RhodaminB | Eosin gelbl. Rhodamin B
Neufuchsin — Neutralblau —
Erythrosin Rhodamin B
Methylviolett — Safranin T —
Erythrosin Erythrosin
Neutralblau — Phenosafranin —
Erythrosin
Pseudopurpurin — Pseudopurpurin —
Fluorescin in
Safranin T —
Fluorescein
Phenosafranin —
Fluorescein
Nilblau — Cyanin B
Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung
Absorptionstreifen des Sensibilators
Tabelle 14 (Fortsetzung)
vom Absorptionsstreifen des Akzeptors
durch Zwischenraum getrennt
Absorption Absorption
des Sensibilators, des Sensibilators,
kurzwellig langwellig
Sensibilierung
negativ negativ
Pseudopurpurin — | Victoriaviolett —
Chininsulfat Cyanin B
Pseudopurpurin — | Safranin T —
Äskulin Cyanin B
Victoriaviolett — Phenosafranin —
l Chininsulfat Cyanin B
Victoriaviolett — Pseudopurpurin —
Auramin 00 Cyanin B
Neutralblau —
Chininsulfat
Methylenblau —
Erythrosin
Methylenblau —
Fluorescein
Nilblau —
Eosin
Bismarckbraun
Auramin 00
Neufuchsin —
Phosphin
Safranin T
Chininsulfat
Nigrosin —
223
Absorptionsstreifen des
Sensibilators und des Akzeptors,
im Ultraviolett wahrscheinlich sich
völlig überdeckend
Sensibilierung
negativ
Chrysoidin — Chininsulfat
Chrysoidin — Āskulln
Chrysoidin _ Amido-G-Säure
Phosphin — Chininsulfat
Phosphin — Āskulin
Phosphin — Amino-G-Säure
Naphtolgelb S — Chininsulfat
Naphtamingelb — Chininsulfat
Naphtamingelb — Amido-G-Sãure
Xylengelb 3 G — Chininsulfat
Xylengelb 3 G — Askulin
Anilin-Resorcylsäure
Chininsulfat
Anilin-Resorcylsäure —
Anilin-Rosorcylsäure —
Amido-G-Säure
Wellen an das Absorptionsgebiet des akzeptierenden Farbstoffes
grenzt. Unbeständigkeit, Unverträglichkeit saurer mit basischen Farb-
stoffen, Unlöslichkeit und andere Umstände schränken die freie Wahl
ein. Ich kann daher eine nur bescheidene Liste von positiven Fällen
einer sehr viel längeren von negativen gegenüberstellen, Natürlich
sind diese letzteren für die aufgefundene Regel ebenfalls begründend.
In der vorstehenden Tabelle 14 sind alle von mir durchgeprüften Kom-
binationen aufgeführt und nach ihrem spektroskopischen Verhalten
klassifiziert. Die Überschriften der Spalten bedürfen wohl keiner
weiteren Erläuterung.
Die Farbstoffpaare sind so geschrieben, daß
der Akzeptor links und der Sensibilator rechts steht.
Man sieht aus Tabelle 14, daß mit einer Ausnahme (das Paar
Gallocyanin—Rhodamin B) der positive Ausfall der Farbstoffsensi-
bilierung gebunden ist an die Berührung der beiderseitigen Absorp-
224 Lüppo-Cramer
tionsstreifen, und zwar so, daß der Aktor kurzwelliger absorbieren
muß als der Akzeptor. Überdeckung, Berührung an der langwelligen
Grenze oder Trennung der Absorptionsgebiete verhindert den Effekt.
Zusammenfassung für Teil B
I. Die als photochemische Sensibilatoren bekannten Farbstofle
vermögen unter Umständen dieselbe photolytische Einwirkung auf
organische Farbstoffe auszuüben wie das Zinkoxyd.
2. Als Bedingung der Farbstoffsensibilierung wird gefunden:
Die Sensibilatoren müssen auf die Akzeptoren optisch in bestimmter
Weise abgestimmt sein.
3. Die wirksame Kombination ist dadurch gekennzeichnet, daß
das Absorptionsgebiet des Sensibilators dasjenige des Akzeptors auf
der Seite der kurzwelligen Grenze berührt.
Die vorliegende Arbeit wurde auf Anregung und unter Leitung
von Herrn Prof. Dr. E. Baur im Physikalisch-chemischen Labora-
torium der Eidg. Techn. Hochschule in Zürich ausgeführt. Es ist
mir eine angenehme Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer an dieser
Stelle für sein reges Interesse und seine allzeitig bereitwillige Unter-
stützung besten Dank auszusprechen.
Zürich, November 1927.
(Eingegangen am 1. Dezember 19327.)
Zur Solarisation des Bromsilbers
Von
Lüppo-Cramer
Mit 4 Figuren im Text
Wenn man Versuche über das immer noch strittige Phänomen
der Solarisation anstellen will, so stößt man sehr leicht auf die
Schwierigkeit, kein geeignetes Material dafür zu finden. Nach den
Erfahrungen des Verfassers war es vor etwa zehn Jahren noch viel
leichter, passende, d. h. verhältnismäßig leicht und weitgehend
solarisierende Platten zu finden als heute. Denn seither haben sich
die Fabrikanten, die ihre Platten ja nicht für wissenschaftliche Fest-
stellungen, sondern für praktische Zwecke herstellen, mit Erfolg
Zur Solarisation des Bromsilbers 225
bemüht, sei es direkt durch geeignete Emulsionsverfahren, sei es
durch Mischung verschieden empfindlicher, bzw. verschieden gra-
duierter Emulsionen die Gradationskurve so zu beeinflussen, daß
die Solarisation möglichst spät und wenig aufdringlich einsetzt (1).
Um die wenig bekannte große Verschiedenheit der modernen
Platten des Handels in bezug auf Eintritt und Verlauf der Solarisation
Fig. ı
IN
INT
BENENNEN:
52 253 35 4
o 05 1 3 45
Fig. 2
zu demonstrieren, gebe ich in den Figg. ı bis 3 die Solarisations-
kurven einer Anzahl willkürlich herausgegriffener Trockenplatten
des Marktes wieder, die alle unter gleichen Verhältnissen (3 Minuten
diffuses Tageslicht an einem hellen Oktobertage unter dem Gold-
bergschen Graukeil) belichtet und alle in Metolhydrochinon 3 Minuten
lang entwickelt und darauf densographiert wurden.
226 Lüppo- Cramer
In den Figg. ı und 2 finden wir zunächst ganz horizontal ver-
laufende Linien, die den neutralen Zustand darstellen, der bei diesen
Platten außerordentlich lange unverändert anhält. Erst dann biegen
die Kurven in verschieden hohem Grade nach unten um, d. h. die
Platten solarisieren. Einen ähnlichen lang anhaltenden neutralen
Zustand finden wir in den in Fig 3 zusammengestellten Kurven
überhaupt nicht, wir haben hier noch einen erheblichen Anstieg der
Schwärzungskurve, die dann ohne einen eigentlichen neutralen Zu-
stand nach unten umbiegt.
Die verschiedenen Fabrikate sind:
In Fig. ı:
. Agfa Positiv-Kinefilm ortho.
. Herzog Röntgen.
. Herzog Jotha.
. Matter Reproduktion.
. Mimosa Portrait ortho.
. Selbst hergestellte Ammoniak-Emulsion.
ana GA Nm
In Fig. 2:
Verax Ultra.
. Verax normal.
. Verax Synkromal.
. Verax mit Stern.
. Mimosa Ultra Portrait.
. Perutz Tiefdruck.
DUN APUN”
In Fig. 3:
. Imperial Eclipse ortho.
. Imperial Eclipse ortho soft.
. Jahr Röntgen.
. Herzog Ortho Isodux.
A U Nm
Ähnlich gebogen wie die Kurven in Fig. 3 verlauten auch Agfa-
Chromoisorapid, Agfa-Kinenegativfiilm, Hauff Ultrarapid, Gevaert-
Studioflm, Kranz ortholichthoffrei, Lignose Planflm. Im übrigen
sprechen die Kurven für sich selbst, sie zeigen den außerordentlich
verschiedenen Verlauf im Gebiete der Solarisation.
Vor einiger Zeit hat J. M. Eder (2) erneut die Aufmerksamkeit
auf die seit Abney bereits bekannte, von einigen neueren Autoren
aber teils ignorierte, teils falsch gedeutete Tatsache gelenkt (3), dad
die Solarisation durch Imprägnierung der Platte mit Nitrit verhindert
wird, eine Reaktion, die von Eder mit Recht als das experimentum
crucis der Solarisation angesehen wird.
Zur Solarisation des Bromsilbers 227
Á EE
Das Nitrit wurde von jeher wohl deswegen mit Vorliebe für
diesen Fundamentalversuch verwendet, weil man bei seiner An-
wendung am wenigsten mit sekundären Reaktionen zu rechnen
braucht. Andere Bromakzeptoren wirken indessen ganz ähnlich wie
Nitrit. Meine Versuche wurden an der oben als besonders gut
0 05 1 %5 2 235 3 35 4 45
Fig. 3
d 05 11 2 25 3 35 4 45
Fig. 4
solarisierend befundenen Veraxplatte „mit Stern“ angestellt. In Fig. 4
stellen dar:
Kurve ı: Solarisation der nicht imprägnierten Platte.
Kurve 2: Aufhebung der Solarisation durch Imprägnierung mit
den 2°/ igen Lösungen von Natriumsulfit, Natriumnitrit oder Hydro-
chinon; die 3 Kurven fallen praktisch zusammen.
Kurve 3: Stellt den Schwärzungsrest nach primärem (alkalischen)
Fixieren der mit Sulfit imprägnierten Platte dar, der ebenso wie der
in Eders Versuchen auf der Nitritplatte erhaltene Rest minimal ist,
so daß er nicht etwa, wie H. Arens angenommen hatte, eine etwa
228 Lüppo-Cramer
auch hier vorhandene Solarisation verdeckt. Auch die übrigen ge-
nannten Bromakzeptoren hinterlassen nur ähnlich geringe Reste beim
primären Fixieren.
Kurve 4: Während Kurve 2 noch einen Bogen nach oben macht
ist 4 eine gerade Linie, sie stellt die Aufhebung der Solarisation
dar durch Imprägnierung mit Kaliummetabisulfit, Ferrozyankalium
und Natriumarsenit, deren Kurven fast zusammenfallen.
Kurve 5: Imprägnierung mit Resorzin wirkt der Solarisation
ebenfalls entgegen, aber in bedeutend weniger durchgreifender Weise
als die genannten andern Bromakzeptoren.
Ein fast genau gleiches Bild wie Kurve 2 gibt auch die Im-
prägnierung mit Azeton-Semikarbazon, einem Bromakzeptor, der
mir von Herrn A. P. H. Trivelli in Rochester gütigst empfohlen und
zur Verfügung gestellt wurde. Natriumhypophosphit und Tannin
zeigten gegen meine Erwartung keine erhebliche Wirkung gegen
die Solarisation; es spielen hier wohl die Reaktionsgeschwindigkeiten
zwischen Brom und Akzeptor eine Rolle.
Kurve 3 in Fig. 4 zeigt, daß selbst in Gegenwart von Brom-
akzeptoren nur eine sehr geringfügige direkte Silberbildung bei der
solarisierenden Belichtung stattfindet. In Abwesenheit der Akzep-
toren ist der Rückstand noch weitaus geringer, ja die Solarisation
ist bei leicht solarisierenden Platten längst eingetreten, ehe man
noch eine direkte Schwärzung erkennen kann. Eggert und Nod-
dack (4) heben sogar auch hervor: „daß die kleinste zur Zeit ana-
Iytisch bestimmbare Silbermenge auf einer Bromsilberplatte längst
Solarisation hervorruft. Das heißt: der Beginn der direkten
Schwärzung liegt bereits auf dem absteigenden Ast der photo-
graphisch entwickelten Schwärzung.“
Die in den letzten Jahren von verschiedenen Seiten mit viel
Mühe und Geschick unternommenen Bestimmungen des auf der
photographischen Platte direkt photolytisch gebildeten Silbers können
sich also natürlich auch nur auf Belichtungen beziehen, die meist
sehr weit in das Gebiet der verwickelten Umkehrungsphänomene
hineinragen. Analytische Feststellungen des hierbei gebildeten
Silbers haben daher auch für die Erkenntnis des besonders inter-
essierenden latenten Bildes keine erhebliche Bedeutung. Und
wenn die Solarisation, wie aus den oben gegebenen Ausführungen
erneut hervorgeht, auf einer Umkehrung des normalen photoche-
mischen Prozesses der Bromsilberzersetzung beruht, so ist es auch
unstatthaft, die Bestimmung der direkten Silberabscheidung nach
Zur Solarısation des Bromsilbers 229
unten hin, d. h. für das latente Bild zu extrapolieren. In diesem
Sinne sagte auch schon Fr. Weigert (5) in einer Diskussion der von
Eggert und Noddack angestellten Untersuchung über die Gültig-
keit des Einsteinschen photochemischen Äquivalenzgesetzes (6) für
die Bromsilberplatte:
„Die Diskussion der bekannten photographischen Schwärzungs-
kurve zeigt, daß die photochemische Wirkung sehr schnell mit der
Erregung abnimmt. Das System wurde aber unter Bedingungen
untersucht, welche weit oberhalb der normalen Expositionen lagen
und bei denen die als Solarisation bekannten Umkehrungen schon
deutlich sind. Im Anfangsstadium der Belichtung muß also die
Empfindlichkeit sicher viel größer sein als zur Zeit der Messung.
Wenn hier also das Gesetz gilt, kann es bei den besonders
wichtigen kurzen Belichtungen nicht gültig sein (7).“
Ähnliche Erwägungen stellte auch T. Slater Price (8) an.
W. Meidin ger (9) zieht dagegen zugunsten der Gültigkeit des Äqui-
valenzgesetzes merkürdigerweise einen umgekehrten Schluß, indem
er behauptet, daß die Regressionstheorie der Solarisation „in krassem
Widerspruch“ dazu stehe, daß „auch“ im Solarisationsgebiet ein
Äquivalent ein Silberatom ausscheide.
Literatur
"E ı) Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. Negativverf. (Eders Handb.
Bd. II, ı) Halle 1927. S. rot,
J. M. Eder, Zeitschr. wiss. Phot. 23. 383. 1925; Lüppo-Cramer, Grund-
lagen usw. S. 585.
3) Vgl. auch Lüppo-Cramer, Beziehungen zwischen Solarisation und Herschel-
Effekt, Phot. Industrie 1927. Nr. 26.
4) Eggert und Noddack, Zeitschr. Physik. 31. (Heft 12.) 945. 1925.
5) Fr. Weigert, Zeitschr. phys. Chem. 99. (Heft 6.) 500. 1921.
6) Vgl. die zusammenfassende Darstellung von Eggert und Noddack in
Lüppo-Cramer, Grundlagen usw. S. 243, dazu auch Weigert, ebenda S. 247.
7) Gesperrt von L.-C,
8) T. Slater Price, Phot. Journ. 65. 310. 1925.
9) W. Meidinger, Handb. d. phys. Optik, Leipzig 1927. S. 50.
(Eingegangen am 29. November 1927)
230 Winther
Messung der Absorption von Ultraviolettgiäsern
Von
Chr. Winther
Mit 2 Figuren im Text
(Aus dem Photochemisch-photographischen Laboratorium der Technischen Hochschule
zu Kopenhagen)
Während der letzten Zeit hat sich die Frage der Durchlässig-
keit von Fenstergläsern große Aufmerksamkeit zugezogen, und es
sind von verschiedenen Seiten Glassorten in den Handel gebracht
worden, welche für das Ultraviolett besonders durchlässig sein sollen.
An und für sich sind solche Glassorten ja schon lange bekannt
gewesen, wie z. B. das Uviolglas, das aber bekanntlich ziemlich
weich ist und für praktische Zwecke zu geringe chemische und
physikalische Widerstandsfähigkeit besitzt.
Von seiten der Fabriken, die solche Gläser darstellen, wird
gewöhnlich nur ein einzelnes Spektrogramm gegeben, das nicht viel
mehr besagt oder besagen kann, als daß das betreffende Glas etwas
mehr Ultraviolett durchläßt als gewöhnliches Spiegelglas. Oftmals
wird nicht einmal die Dicke der beiden verglichenen Gläser an-
gegeben. Für den praktischen Gebrauch ist es aber von Bedeutung
zu wissen, wie die quantitative Transmission im Gebiete zwischen
den Wellenlängen 350 und 300 un verläuft, wo die Sonnenstrahlung
nur geringe Energie besitzt und deshalb möglichst ungeschwächt
durchgehen muß.
Bei Messungen dieser Art verwende ich dasselbe Drahtnetz,
das auch früher(1) für die Extinktionsmessung von Lösungen be-
nutzt wurde. Da es aber im allgemeinen nicht möglich ist, eine
Reihe von Schichtdicken des betreffenden Glases herzustellen (wegen
der unvermeidlichen Reflexionsverluste), muß diese Methode hier
mit derjenigen von Henri (2) kombiniert werden, wobei die Änderung
der Expositionszeit an Stelle derjenigen der Schichtdicke tritt. Die
hierzu notwendige Messung des Exponenten o in der Schwarz-
schildschen Formel 7,4? = :,4,P wird mit Hilfe des Netzes auf
der gleichen Platte vorgenommen.
Die Messung wird also folgendermaßen ausgeführt. Als Licht-
quelle dient wie gewöhnlich der kontinuierliche Grund des Spektrums
Messung der Absorption von Ultravioletigläsern 231
der (Juarz-Quecksilber-Lampe. Jeder dritte Spektralstreifen wird
hinter dem Netz (ohne Glas) z. B. in 20 Sekunden aufgenommen.
Die dazwischen liegenden Streifen werden hinter dem Glase (ohne
100
40
80
70
60 Oft:
50
40
30 \
20
10 N
360 350 wo 330 320 310 300 2%0 280 210 260 An
Fig. ı
AA
10
N 3
360 350 340 330 320 310 300 290 280 270 D 250 un
Fig. 2
Netz) während steigenden Expositionszeiten aufgenommen. Eine
brauchbare Reihe ist z. B. die folgende, wo N = Netz.
8, N, 10, 12, N, 16, 20, N, 28, 36, N, 52, 68, N, 100, 132, N,
196 Sekunden.
232 Winther. Messung der Absorption von Ultravioleligläsern
Unten auf der Platte wird dann folgende Serie (ganz ohne Glas)
aufgenommen: 8, N, 9, 10, N, 11, wobei die Netzaufnahmen
20 Sekunden exponiert werden. Aus der bekannten Transmission
des Netzes (rtl und der Exposition-zeit desjenigen Streifen, dessen
Schwärzung mit derjenigen des benachbarten Netzstreifens überein-
stimmt, erhält man den Exponenten a nach
log (ra)
Pe Toy 4320)
Auf dem Haupt-Spektrogramm findet man diejenigen Punkte,
wo die Netzstreifen und die angrenzenden „Glasstreifen“ gleiche
Schwärzung aufzeigen, und bestimmt mit Hilfe der bekannten
Wellenlängen der Quecksilberlinien die entsprechenden Wellen-
längen. Die Transmission des Glases für jede dieser Wellenlängen
wird dann nach
20
dis
gefunden, wo 3, die bekannte Transmission des Netzes (die für alle
Wellenlängen gleich ist) und 4 die Expositionszeit des betreflenden
Streifens bedeutet.
Fig. ı zeigt die Transmissionskurven für verschiedene Sorten
von Ultraviolettglas und gewöhnlichem Spiegelglas (Nr. ı und 2).
Nr. 5 ist das altbekannte Uviolglas.
In Fig. 2 sind sämtliche Transmissionen auf eine gemeinsame
Schichtdicke von zwei Millimeter umgerechnet worden,
Literatur
ı) Diese Zeitschrift. 22. 129. 1923. Siebe auch F. Weigert, Optische Methoden
der Chemie, Tafel XII, Fig. 34.
2) Phys. Zeitschr. 14. 515. 1913; Ber. 45. 2819. 1912; 46. 1804. 1913.
(Eingegangen am 20. November 1927)
Baukloh. Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 233
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber
Von
Kurt Baukloh
Mit 3 Figuren im Text und einer Tafel
Einleitung
Seit der Entdeckung der optischen Sensibilisatoren für photo-
graphische Schichten (speziell für Bromsilberkollodium- und Brom-
silbergelatineschichten) durch H. W. Vogel 1873 gilt es als unmög-
lich, Jodsilberschichten optisch zu sensibilisieren, d. h. für den lang-
welligen Teil des sichtbaren Spektrums lichtempfindlich zu machen.
H.W. Vogel macht zwar in den Veröffentlichungen seiner Ent-
deckung!) sowie in seinem Handbuch der Photographie?) nirgends
Angaben über Sensibilisierungsversuche an Jodsilber, er berichtet
nur, daß auch auf Jodsilber die gedachten Farbstoffe (er meint Naph-
thalinrot und Fuchsin) einwirken, aber nicht entfernt in so aus-
gesprochenem Maße wie auf die übrigen Photohaloide, Auch Ac-
worth?), der auf Grund der Entdeckung Vogels eine große Anzahl
Farbstoffe in bezug auf ihre sensibilisierende Wirkung auf die ver-
schiedenen Photohaloide und deren Gemische eingehend untersuchte,
berichtet von einer Sensibilisierung an reinem Jodsilber nichts. Er
bringt nur die Tatsache, daß mit zunehmendem Jodgehalt die Sen-
sibilisierungsfähigkeit von Jodbromsilberschichten abnimmt und
schließlich gänzlich aufhört. Ebenso bestätigt Eder in seinem
Handbuch der Photographie®), daß das Jodsilber merkwürdigerweise
der Wirkung der Farbensensibilisatoren nicht oder fast nicht zu-
gänglich sei, so daß man es zur Herstellung farbenempfindlicher
Platten nicht verwenden könne.
Eder versucht auch eine Erklärung für das abweichende Ver-
halten des Jodsilbers gegenüber den beiden anderen Photohaloiden
in bezug auf die Sensibilisierungsfähigkeit zu geben.)
1) Poggendorfs Ann. 158. 235. 1374.
2» H. W. Vogel, Handb. d. Phot. Bd. I, S. 202ff.; Bd. II, S. 135ff.
3 Wiedemanns Ann. 42. 371. 1891.
4) Eder, Handb. d. Phot. Bd. I, Teil 2, S. 269. 1906; Bd. I, Teil 3, S. 249. 1912.
5) Eder, Handb. d. Phot. Bd. I, Teil 3, S. 270f. 1912.
Zeitschr. f. wi:s. Phot. 25. 16
234 ` Baukloh
Er nimmt an, daß, wenn eine eintreffende Lichtwelle mit der
inneren Eigenschwingung des Moleküls im Einklange schwingt, die
Lichtwelle auf das Molekül einwirkt, die Amplitude der schwingenden
Moleküle vermehrt und so eine Zersetzung derselben hervorruft.
Wenn nun bei der Belichtung des Photohaloidmoleküls noch ein
Farbstoff zugegen ist, so wirkt das Licht zunächst auf diesen in der
beschriebenen Art ein, und durch die gesteigerten Schwingungen des
Farbstoffes wird nun das Haloidmolekül mitgerissen und ein Zer-
fall desselben bewirkt. Beim Jodsilber glaubt er nun, daß die Wir-
kung der beigemengten absorbierenden Farbstoffe zu schwach ist,
um die träge Bewegung der Jodsilbermoleküle bis zur Zerreißung
des Atomkomplexes zu steigern.
Diese Erklärung steht im Widerspruch mit den modernen Auf-
fassungen über die physikalischen Vorgänge bei der Absorption und
bei den chemischen Wirkungen des Lichtes, die nicht schwingende
Moleküle, sondern schwingende Elektronen für diese Vorgänge ver-
antwortlich machen.
Der einzige, der über Sensibilisierungsversuche an Jodsilber
berichtet, ist Lüppo-Cramer.!) Er hat ohne Erfolg versucht,
Jodsilbergelatineschichten mit Erythrosin zu sensibilisieren. Nach
neueren Veröffentlichungen?) ist es nun Lüppo-Cramer gelungen,
unter gewissen Bedingungen (in der Umkehrung, nicht in der un-
mittelbaren Schwärzung) eine Sensibilisierung an Jodsilbergelatine-
schichten zu erzielen. Er gibt ferner noch an, daß es ihm auch ge-
glückt sei, Jodsilbergelatineschichten mit Phenosafranin zu de-
sensibilisieren.?) Aber auch in diesen Werken betont Lüppo-
Cramer, daß es unmöglich sei, Jodsilber auf dem üblichen Wege wie
Brom- und Chlorsilber zu sensibilisieren. Am Schlusse dieser Arbeit
wird von den Lüppo-Cramerschen Versuchen noch zu sprechen sein.
Die vorliegende Untersuchung macht es sich nun zur Aufgabe,
klarzustellen, ob das Jodsilber wirklich der optischen Sensibilisierung
unzugänglich ist, oder ob sich doch eine solche erreichen läßt. Sollte
es sich als unmöglich erweisen, so sollte wenigstens versucht werden,
über das von den anderen Photohaloiden abweichende Verhalten
des Jodsilbers Aufschlüsse zu erhalten. Schließlich durfte man noch
hoffen, in der Erklärung der Vorgänge, die für die optische Sensi-
1) Eder, Jahrb. d. Phot. 1903, S. 40.
2 Lüppo-Cramer, Kolloidchemie und Photographie. Verl. Steinkopff 1921.
3) Lüppo-Cramer, Negativ-Entwicklung bei hellem Licht (Safraninverfahren).
Liesegangs Verl. Leipzig 1921.
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 235
bilisierung photographischer Schichten verantwortlich zu machen
sind, einen Schritt weiter zu kommen. ;
Aus diesem Grunde sollten, um möglichst einfache Versuchs-
bedingungen zu haben, zunächst reine, bindemittelfreie Jodsilber-
schichten nach Art der Daguerreplatten auf ihre Sensibilisierungs-
fähigkeit untersucht werden.
L Sensibilisierungsversuche an reinen Jodsilberschichten
I. Als Ausgangsmaterial für die reinen Jodsilberschichten wurden
versilberte Glasplatten benutzt, die durch chemische Versilberung
oder kathodische Zerstäubung hergestellt wurden.
a) Die chemisch versilberten Spiegel wurden nach einer Vor-
schrift von Miethe erzeugt.!) Auf die Sauberkeit der dazu ver-
wandten Glasplatten mußte dabei besonderer Wert gelegt werden,
wenn saubere und gleichmäßige Silberspiegel erzielt werden sollten.
Zu diesem Zweck wurden die Glasplatten, nachdem sie einige Tage
in Salpetersäure gelegen hatten, kurze Zeit in Ammoniak gelegt
und mit destilliertem Wasser abgespült. Dann wurden sie mit einer
Mischung von Ammoniak, Alkohol und Schlämmkreide geputzt
und mit einem weichen Lederlappen poliert. Die so vorbehandelten
Platten wurden nun in die frisch bereitete Versilberungsflüssigkeit
gebracht. Letztere bestand nach der Vorschrift von Miethe aus
einer ammoniakalischen, mit etwas Ätznatron versetzten Silbernitrat-
lösung, der unmittelbar vor dem Gebrauch als Reduktionsmittel eine
50/,ige Traubenzuckerlösung zugesetzt wurde. In dieser Lösung
wurden die Platten so lange unter dauerndem Schwenken der Schale
belassen, bis das Silber anfing, sich kristallin auszuscheiden. Dann
wurden die Platten mit destilliertem Wasser abgespritzt und in einer
Schale mit Wasser so lange mit einem fettfreien Wattebausch poliert,
bis die Silberschicht das Wasser abstieß. Waren die Spiegel noch
nicht genügend dicht, dann wurde die Versilberung noch ein- oder
zweimal wiederholt. Zum Schluß wurden die Platten mit Fließ-
papier getrocknet und zur Aufbewahrung in einen Exsikkator ge-
bracht, der mit Bleiacetatpapier ausgeschlagen war.
b) Die Herstellung der Silberspiegel durch kathodische Zer-
stäubung wurde in einer im hiesigen Institut üblichen Vakuum-
anlage vorgenommen.?) Das Zerstäubungsgefäß bestand aus zwei
aufeinander geschliffenen Glasglocken, wovon die untere über ein
1) Eder, Jahrb. d. Phot. 1913, S. 191.
H Rother, Deutsche Optische Wochenschrift 1921, S. 578.
16*
236 Baukloh
Gasabsorptionsgefäß und die notwendigen Hähne zum Absperren
und Einlassen der Luft an ein Leyboldsches Pumpenaggregat,
bestehend aus einer Gaedeschen Kapselluftpumpe und einer
rotierenden Quecksilber-Gaedepumpe, angeblasen war. Als Kathode
wurde ein kreisförmiges Silberblech von I6 cm Durchmesser benutzt,
um Spiegel bis zum Format 9: 12 cm herstellen zu können, denn zur
Erzielung einwandfreier Vergleichsversuche mußten die Spiegel nach
dem Jodieren in zwei oder drei Teile zerschnitten werden. Als Anode
diente eine Kupferscheibe von 5cm Durchmesser. Zum Dichten
der Schliffe wurde zuerst Vakuumfett benutzt. Es zeigte sich aber,
daß dieses immer noch genügend Dämpfe im Vakuum abgab und
so die Oberfläche der Spiegel veränderte. Aus diesem Grunde wurden
schließlich die Schliffe durch Siegellack von außen gedichtet. Es wurde
dabei wie folgt verfahren. Die beiden Teile der Glocke wurden mit
den sauber gereinigten Schliffen aufeinandergesetzt und durch Ab-
pumpen in der Anlage ein Unterdruck erzeugt, damit die beiden
Schliffe fest aufeinander gedrückt wurden. In die Rille zwischen
den Schliffen wurden nun einige Windungen Nickelindraht möglichst
straff hineingewickelt. Durch den Unterdruck in der Glocke wurde
verhindert, daß sich dabei der Draht zwischen die beiden Schlifflächen
legte. Durch diesen wurde dann ein Strom von etwa 2 Ampere ge-
schickt, bis der Schliff gleichmäßig erwärmt war und der Siegellack
beim Bestreichen desselben weich wurde und rund um den Schliff
verstrichen werden konnte. Das Sinken des Manometers an der
Quecksilber-Gaedepumpe bzw. die Entladung in dem Geisslerrohr
zeigte an, wenn das Vakuumgefäß dicht war. Dadurch, daß der
Siegellack von außen an den Schliff herangebracht wurde, konnte
er nur wenige Millimeter zwischen die Schlifflächen eindringen und
nicht in das Innere des Vakuumgefäßes gelangen, und so war die
Möglichkeit verringert, daß er trotz seines niedrigen Dampfdruckes
noch Gasreste in das Vakuum abgeben konnte.
Das Öffnen der Glocke erwies sich ebenfalls als äußerst einfach, und
zwar noch einfacher als das Öffnen der mit Fett gedichteten Glocke.
Es wurde dabei durch Abwickeln des Nickelindrahtes der größte
Teil des Siegellacks entfernt, so daß nur die kapillare Schicht zwischen
den beiden Schlifflächen das Gefäß zusammenhielt. Wenn nun beim
Einlassen von Luft in die Anlage der auf der Glocke lastende Luft-
druck nachließ, sprang die spröde Siegellackschicht mit einem leichten
Knacken und die Glocke konnte mühelos abgehoben werden. Statt des
Siegellacks wurde mit gleich gutem Erfolg auch Kolophonium verwandt.
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 237
Das beschriebene Verfahren erwies sich als gut brauchbar, und
es zeigte sich, daß sich in der mit Siegellack gedichteten Anlage ein
höheres Vakuum erzielen ließ, als bei der Anwendung von Vakuumfett,
Zerstäubt wurde in einer Atmosphäre von reinem Wasserstoff,
der durch Erhitzen eines an die Anlage angeblasenen Palladium-
röhrchens mit einer Wasserstoffflamme in das weitgehend aus-
gepumpte Zerstäubungsgefäß diffundieren konnte. Der zur Zer-
stäubung erforderliche hochgespannte Gleichstrom wurde durch
Gleichrichtung von hochgespanntem Wechselstrom mittels eines
Glühventils erzeugt. Um Quecksilberdämpfe usw. von dem Zer-
stäubungsgefäß zurückzuhalten, wurde das Gasabsorptionsgefäß mit-
tels flüssiger Luft gekühlt.
2. Um die Silberspiegel oberflächlich in Jodsilber überzuführen,
wurden sie in einen Exsikkator gebracht, auf dessen Boden sich ein
Schälchen mit einigen Jodkristallen befand. Im oberen Teil des
Exsikkators waren etwa Icm unter dem oberen Rand vier Glas-
streifen so an die Wandung angekittelt, daß eine Platte vom For-
mat 9: 12cm gerade mit ihren Ecken auf die Glasstreifen zu liegen
kam. Die Platten wurden mit der Silberschicht nach unten in den
Exsikkator hineingelegt. Die Jodierung dauerte je nach der Zimmer-
temperatur und der gewünschten Anlauffarbe 5—30 Minuten.
3. Für die Sensibilisierungsversuche mußten die Jodsilber-
schichten in Farbstofflösung gebadet werden. Sie wurden zu diesem
Zweck ungefähr 10 Minuten in die betreffende Lösung gelegt. Dann
wurden sie zum Entfernen der anhaftenden Farbstofflösung mit
destilliertem Wasser abgespritzt und durch vorsichtiges Abtupfen
mit Fließpapier getrocknet. An einem so behandelten Spiegel war
keinerlei Veränderung im Vergleich zu einem unbehandelten zu
bemerken. Das Jodsilber färbt sich also in diesem Zustand nicht
sichtbar an. Auch ein vollkommen durchjodierter Spiegel, bei dem
also die ganze Silberschicht in Jodsilber umgewandelt war, zeigte
nach dem Baden in Farbstofflösung keine Spur von Färbung im
Gegensatz zu Jodsilbergelatineschichten, in denen das Jodsilber
so viel Farbstoff aufzunehmen vermag, daß cine verhältnismäßig
stark gefärbte Lösung (I : 10000 bis I : 20000) bei längerem Belassen
der Schicht in derselben vollkommen entfärbt wird.
4. Die Belichtung der Jodsilberspiegel wurde unter einem
Graukeil-Sensitometer nach Eder-Hecht vorgenommen.!) Diese
1) Eder, Ein neues Graukeil-Photometer. Verl. W. Knapp, Halle a. S. 1920.
238 Baukloh
Art der Belichtung wurde deshalb gewählt, weil sie am leichtesten
gestattet, die Empfindlichkeit der Jodsilberschichten für die ein-
zelnen Spektralbezirke, d.h. unter den einzelnen Farbfiltern des
Sensitometers mit genügender Genauigkeit abzulesen und mit-
einander bzw. mit der Gesamtempfindlichkeit (Schwärzung unter
dem Graukcil ohne Filter) zu vergleichen. Zur Belichtung diente
cine 3000kerzige Osram-Nitralampe, die in einem Blechkasten ein-
gebaut war. Er hatte vorn eine Öffnung, auf die der Rahmen, in
dem sich der Graukeil mit der zu belichtenden Platte befand, auf-
gelegt wurde, so daß für alle Versuche ein konstanter Abstand der
Lichtquelle vom Graukeil gewährleistet war. Er betrug etwa 35 cm.
Die Lichtstärke der Lampe bzw. die Stromstärke, mit der sie be-
trieben wurde, wurde mit einem Amperemeter geprüft und genügend
gleichförmig gehalten.
5. Zur Entwicklung wurden die belichteten Jodsilberspiegel
in einen Exsikkator gebracht, auf dessen Boden sich etwas Queck-
silber befand (Daguerre). Es wurden auch Versuche gemacht, die
Spiegel mit einem anderen physikalischen Entwickler, wie Metol-
silbernitrat oder Pyrogallolsilbernitrat, zu entwickeln. Dies ergab
die gleichen Ergebnisse wie die Entwicklung durch Quecksilberdampf,
erzeugte aber leichter Schleier und Flecke. Deshalb erhielt die
Quecksilberdampfentwicklung den Vorzug. Sie wurde zumeist bei
Zimmertemperatur durchgeführt und dauerte dann immer ein bis
zwei Tage, was den Vorteil hatte, daß ihr Fortschreiten von Zeit zu
Zeit geprüft werden konnte. So war nicht so leicht zu befürchten,
daß die Spiegel fleckig wurden. Sollte die Entwicklung beschleunigt
werden, dann brauchte der Exsikkator nur an einen mäßig warmen
Ort (in der Nähe der Heizung) gebracht zu werden. Sie dauerte
dann je nach der Temperatur eine halbe bis zwei Stunden.
Fiert wurden die belichteten Platten im allgemeinen nicht,
da ihre Lichtempfindlichkeit nicht übermäßig groß war und sich
außerdem dabei leicht die Silberschicht vom Glase ablöste. Sollten
die Platten dennoch fixiert werden, so wurde durch einen kleinen
Kunstgriff das Ablösen der Schicht verhindert. Die zu fixierende
Platte wurde auf eine Glasplatte gelegt, die ein etwas größeres Format
hatte als der Spiegel. Dann wurden beide Platten mit einer heißen
50/,igen Gelatinelösung übergossen, so daß sie mit einer zusammen-
hängenden Gelatinehaut überzogen waren. Wenn nun die Gelatine
getrocknet war, saß die obere Platte fest auf der unteren und das
Ganze wurde nun in ein gewöhnliches Fixierbad gebracht, das durch
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 239
die Gelatineschicht hindurch das unbelichtete Jodsilber auflösen
konnte. Die Unterlage war notwendig, denn wenn nur die obere
Platte überzogen worden wäre, hätte das Fixierbad doch noch an
den Rändern unter die Silberschicht gelangen können und sie mit-
samt der Gelatinehaut abgelöst. So waren auch die Ränder über-
zogen, wodurch das Ablösen der Schicht verhindert wurde. Ein
bloßes Eintauchen der Platte in Gelatinelösung hätte aber keinen
genügend sicheren Überzug der Ränder ermöglicht.
6. Ergebnisse der Sensibilisierungsversuche
an reinen Jodsilberschichten
Schon die ersten Versuche mit chemisch versilberten Spiegeln,
die bis zur ersten gelben Interferenzfarbe jodiert und unter dem
Eder-Hechtgraukeil belichtet wurden, zeigten, daß eine optische
Sensibilisierung an reinen Jodsilberschichten mit Silberunterlage
möglich war. Als Sensibilisierungsfarbstoff wurde dabei zunächst
Phenosafranin benutzt, das auf Grund der Versuche Lüppo-
Cramers?!) und eigener Versuche an Jodsilbergelatine?) am ge-
eignetsten erschien. | |
Die an einem solchen Spiegel erhaltenen Werte sollen hier wieder-
gegeben werden. Ein bis zur goldgelben Anlauffarbe jodierter, auf
chemischem Wege hergestellter Silberspiegel wurde in zwei Teile
zerlegt und der eine Teil in wäßriger Phenosafraninlösung I: 2000
5 Minuten lang gebadet. Beide Teile wurden dann unter dem Grau-
keil gleich lange Zeit belichtet und in einem physikalischen Ent-
wickler (Pyrogallolsilbernitrat) nebeneinander entwickelt. Die Werte
für die Schwärzungen unter den einzelnen Filtern waren folgende:
Unter dem | ungebadeter | gebadeter Spiegel
Graufilter. ...... 56° (100°/,) 64° (100°/,)
Rotiilter . . 22 .2.. — 20° (1,75°/0)
Gelbfilter . . ..... — 28° (3,6°/0)
Grünfilter. . . .... — 20° (1,75°/0)
Blaufilter. ...... 40° (23/0 36° (7,5°/0)
Hierbei bedeuten die eingeklammerten Zahlen die Empfindlichkeit
der Schicht unter den einzelnen Farbfiltern in Prozenten der Gesamt-
D Lüppo-Cramer, Kolloidchemie und Photographie. Verl. Steinkopff, Dresden
und Leipzig 1921, S. 88ff.
Da S. 246.
240 Baukloh
empfindlichkeit (Empfindlichkeit für weißes Licht unter dem Grau-
keil ohne Filter). Diese Werte wurden aus der jedem Eder-Hecht-
graukeil beiliegenden Tabelle für die relative Empfindlichkeit be-
zogen auf die Skalengrade des Graukeils ermittelt. Die Tabelle ist
nachstehend wiedergegeben.
Angezeigte relative Lichtempfindlichkeit photographischer Platten im
Eder-Hechtschen Graukeil-Sensitometer
(Keilkonstante = 0,40137)
Belichtungszeit: ı Minute mit 1-Meter-Kerze
Relative Relative Relative Relative
Skalen- Emp- Skalen- Emp- Skalen- Emp- Skalen- Emp-
grade findlich- | grade findlich- | grade findlich- | grade findlich-
keit keit | keit keit
2 0,47 32 7,64 62 122,2 92 1955
4 0,57 34 9,19 64 147,0 94 2352
6 0,69 36 11,05 66 176,8 96 2829
S 0,83 38 13,3 68 212,8 08 3404
10 1,00 40 16,0 70 256,0 100 4094
12 1,203 42 19,3 72 308,0 102 4926
14 1,45 44 23,2 74 370,5 104 5926
16 1,74 46 27,9 76 445,7 1006 7 130
18 2,09 48 33,5 78 536 108 8 580
20 2,52 50 40,3 80 645 110 10320
22 3,03 52 | 48,5 82 776 112 12411
24 3,65 54 | 58,3 84 934 114 14930
26 4,39 56 | 70,2 86 1123 116 17961
28 5,28 s8 | B44 88 1351 118 21607
30 0,35 60 | 101,6 90 1625 120 | 25993
Man sieht, daß außer der verhältnismäßig weitgehenden pan-
chromatischen Sensibilisierung auch eine Steigerung der Gesamt-
empfindlichkeit auf das Doppelte stattgefunden hat, während die
Eigenempfindlichkeit (Blauempfindlichkeit) des Jodsilbers bei dem
sensibilisierten Spiegel auf ein Drittel heruntergegangen ist.
Zu den weiteren Versuchen wurden durch kathodische Zer-
stäubung hergestellte Spiegel benutzt, da von diesen sauberere und
einwandfreiere Ergebnisse zu erwarten waren. Es gelang auch sehr
gute Ergebnisse mit diesen Spiegeln zu erzielen, allerdings ergaben
sich dabei auch ganz erhebliche Schwierigkeiten und Unregelmäßig-
keiten, die erst beseitigt werden mußten. So kam es ‚häufig vor, daß
Spiegel, die ein ganz einwandfreies Aussehen hatten, nach dem Baden
in der Farbstofflösung und der Belichtung gerade die entgegen-
gesetzte Wirkung zeigten; d. h. der ungebadete Spiegel war bereits
sensibilisiert, während der mit Farbstofflösung behandelte als de-
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 241
sensibilisiert erschien. An anderer Stelle soll noch darauf zurück-
gekommen werden.
Sensibilisierungsversuche wurden gemacht mit Phenosafranin,
Erythrosin und Pinacyanol.
Im folgenden wird ein Versuch (1) beschrieben, bei dem ein mit
Phenosafranin (b) und ein mit Erythrosin (c) behandelter Jodsilber-
spiegel neben einem unbehandelten (a) belichtet wurde.
Der dazu benutzte Silberspiegel im Format 9:ı2cm wurde
durch kathodische Zerstäubung bei einer Stromstärke von 60 Milli-
ampere hergestellt. Die Dauer des Stromdurchgangs betrug 50 Mi-
nuten. Der Spiegel wurde nun in drei Teile zerschnitten (4:9 cm),
wovon der erste (1a) unbehandelt blieb, während der zweite (Ib)
in Phenosafraninlösung I : 2000 und der dritte Teil (Ic) in Erythrosin-
lösung 1: 2000 10 Minuten gebadet wurde. Die drei Teile wurden
dann nacheinander je 100 Minuten unter dem Graukeil mit der be-
schriebenen Osram- Nitralampe belichtet. Dann wurden die Spiegel
zur Entwicklung drei Tage der Einwirkung von Quecksilberdämpfen
bei Zimmertemperatur ausgesetzt. Dabei zeigte sich, daß bei der
Entwicklung der ungebadete Spiegel immer eine unsaubere, matte
Oberfläche aufwies, während die mit Farbstofflösung behandelten
Platten an den unbelichteten Stellen stets blank blieben. Auch
ein Vorbaden der jodierten Spiegel konnte diesem Übelstande nicht
abhelfen. Auf die vermutlichen Gründe für dieses Verhalten wird
an späterer Stelle noch zurückzukommen sein.!)
Es folgen nun die Werte für die Schwärzungen unter den ein-
zelnen Skalen des Graukeils.
1a 1 Ic
in Phenosafranin in Erythrosin
Unter gem ungebadeter I : 2000 gebadeter l: a
Spiegel Spiegel Spiegel
Graufilter. . . 54° (100°/,) 80° (100°/,) 70° (100°/,)
Rotfilter . . . — 70° (40°%/,) 580 (33/9)
Gelbfilter. . . — 74° (580/0) 54° (Gallo)
Grünfilter . . — 64° (23°/,) 48° (13°/,)
Blaufilter. . . 46° (509/0) 66° (27°/,) 56° (27°/,)
Die Gesamtempfindlichkeit (Empfindlichkeit unter dem Grau-
filter) der drei Platten verhält sich wie 1:11:4,5. Man sieht, daß
auch hier eine Steigerung der Gesamtempfindlichkeit stattgefunden
1) s. S. 257.
242 Baukloh
hat, während die Blauempfindlichkeit, verglichen mit der Gesamt-
empfindlichkeit der betreffenden Platte, durch die Sensibilisierung
auf die Hälfte gesunken ist. Die sensibilisierende Wirkung des Pheno-
safranins auf das Jodsilber übertrifft bei weitem die Wirkung der
besten panchromatischen Sensibilisatoren, wie Pinachrom und Pina-
cyanol, auf Bromsilbergelatine. Ferner ist durch diesen Versuch
nachgewiesen, daß auch Erythrosin ein Sensibilisator für reine Jod-
silberschichten ist.
Am besten wird die Wirkung der Sensibilisatoren auf das Jod-
silber durch die Empfindlichkeitskurve bzw. die Sensibilisierungs-
kurve veranschaulicht. Um den ungefähren Verlauf dieser Kurven
zu zeigen, genügt es, wenn die durch das Belichten unter dem Grau-
keil erhaltenen Werte der Empfindlichkeit (s. o.) als Ordinaten und
als Abszissen die Wellenlängen, für die die entsprechenden Filter
am durchlässigsten sind, in ein Koordinatensystem eingetragen werden.
Dabei muß noch die restliche Absorption der Filter für die Farbe,
für die sie am durchlässigsten sind, berücksichtigt werden. Dies ist
für das Rotfilter, das für ein Licht von der Wellenlänge = 685 ou
am durchlässigsten ist, eine Absorption von 50°/,, entsprechend 8°
der Eder-Hechtskala; für das Gelbfilter, das für å = 550 uu am durch,
lässigsten ist, 40°/,, entsprechend 6° der Skala; für das Grünfilter,
das für A= 500 uu am durchlässigsten ist, 87°/,, entsprechend 22°
der Skala, und für das Blaufilter, das für å = 420 uu am durch,
lässigsten ist, 70°/,, entsprechend 12° der Skala.!) Diese Skalen-
werte müssen also den durch die Belichtung unter dem Graukeil
erhaltenen, abgelesenen Werten noch hinzugefügt werden, um ein
annähernd richtiges Bild der Empfindlichkeitskurven zu erhalten.
Die so gezeichneten Kurven sind nebenstehend wiedergegeben.
Kurve Ia zeigt die Empfindlichkeitskurve der unbehandelten Jod-
silberplatte, Kurve ıb die der Phenosafraninplatte und Kurve Ic
die der Erythrosinplatte. An dem annähernd wagerechten Verlauf
der beiden Kurven Ib und Ic erkennt man deutlich die panchro-
matische Sensibilisierung der beiden gebadeten Platten. Sie sind
für alle Teile des Spektrums gleich stark empfindlich.
Als weiterer Farbstoff wurde nun das obenerwähnte Pinacyanol
untersucht. Der dazu benutzte Spiegel war unter den gleichen Be-
1) Die hier angegebenen Werte der Absorption und der maximalen Durchlässig-
keit der Filter sind den Absorptionskurven, die in dem Ederschen Werk angegeben
sind, entnommen (s. Eder, Ein neues Graukeilphotometer. Halle a. S. 1920). Die
Umrechnung der Absorptionswerte in Skalengrade erfolgte nach der Tabelle auf S. 240.
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 243
dingungen hergestellt worden, wie der zu dem vorerwähnten Ver-
such benutzte. Auch die Jodierung war die gleiche in bezug auf Zeit,
Temperatur und Anlauffarbe. Der jodierte Spiegel wurde wieder
in drei Teile zerlegt, von denen der erste (3a) unbehandelt blieb,
während der zweite (3b) in Erythrosin I: 10000 und der dritte
Teil (Gel 10 Minuten in Pinacyanol 1:50000 gebadet wurde. Die
Belichtung erfolgte wiederum wie bei dem vorher beschriebenen
Versuch für alle drei Platten je 100 Minuten unter dem Graukeil.
700°
90°
80° 7b
70°
60°
50°
490
300
20°
10°
700 650 800 550 500 450 400
Fig. ı
Die Entwicklungsdauer im Exsikkator vermittels Quecksilberdampf
dauerte vier Tage. Die abgelesenen Werte unter den einzelnen
Skalen des Graukeils waren folgende:
3a 3b 3c
: in Erythrosin in Pinacyanol
ii unbehandelter I : 10000 gebadeter 1 : 50000 gebadeter
Spicgel Spiegel Spiegel
Graufilter. . . 62° (100°/,) 84° (100°/,) 46° (100°/,)
Rotfilter . . . — 80° (709/0) 20° (99/0)
Gelbfilter. . . — 84° (100°/,) | 14° (5°/0)
Grünfilter — 80° (ole) | =
Blaufilter. . 54° (500/9) 80° (70°/,) ` "67 Gë
Die für die Erythrosinplatte angegebenen Werte haben keinen An-
spruch auf Genauigkeit, da sie am Rande des Spiegels abgelesen
wurden. Der Rand war hier weitgehender jodiert und die Jodsilber-
schicht daher dicker und unempfindlicher als in den mittleren Teilen
244 Baukloh
der Platte.!) Das Resultat ist hier nur wiedergegeben, um die er-
staunlich sensibilisierende Wirkung des Farbstoffs zu zeigen.
Die Kurve 3c in Fig. I, S. 243 gibt die Empfindlichkeitskurve
dieser Platte wieder. Man sieht an diesem Versuch und auch an
der gezeichneten Kurve, daß Pinacyanol wohl die Jodsilberschicht
etwas sensibilisiert hat, d. h. für Rot und Gelb empfindlich gemacht
hat, im übrigen aber die Gesamtempfindlichkeit auf den fünften
Teil herabgedrückt hat, und zwar auf Kosten der Blauempfindlich-
keit, die gegenüber der unsensibilisierten Vergleichsplatte auf Jl
gesunken ist. Pinacyanol ist also für die reine Jodsilberschicht ein
Desensibilisator in bezug auf weißes und blaues Licht, für rotes und
gelbes Licht sensibilisiert es, eine ähnliche Erscheinung, wie sie das
Phenosafranin in bezug auf Bromsilbergelatine zeigt.
7. Abhängigkeit der Empfindlichkeit sensibilisierter
Jodsilberschichten von der Dicke
Schon Daguerre stellte fest, daß seine Platten dann die größte
Empfindlichkeit hatten, wenn er die Silberplatten bis zur ersten
goldgelben Interferenzfarbe jodierte. O. Wiener und H Scholl?)
erklärten diese Erscheinung dahin, daß die Daguerreplatte dann eine
maximale Empfindlichkeit besitzt, wenn die Bedingungen für die
Reduktion des Jodsilbers zu Silber möglichst günstig sind, d. h. wenn
ein Bauch der stehenden Lichtwellen, die durch die Interferenz des
einfallenden mit dem an der Silberunterlage reflektierten Licht
entstehen, in der Oberfläche der Jodsilberschicht liegt. Da nun die
maximale Empfindlichkeit des Jodsilbers im Blau-Violett liegt,
sind die genannten Bedingungen dann am besten erfüllt, wenn für
das blaue Licht der Bauch der stehenden Lichtwelle in der Ober-
fläche der Jodsilberschicht liegt; und das tritt dann ein, wenn die
gewöhnlichen Interferenzen ein Minimum für Blau aufweisen, d.h.
wenn die Anlauffarbe des Jodsilbers im weißen Licht betrachtet
gelb erscheint.
Es fragt sich nun, wie sich die sensibilisierten Schichten, die
ja auch für längerwelliges Licht empfindlich sind, in dieser Be-
ziehung verhalten. Da diese für alle Farben des Spektrums ziemlich
dieselbe Empfindlichkeit besitzen, müßte bei diesen, Belichtung
1) Um die starke Sensibilisierung der Platte 3b zu zeigen, ist die Platte 3b
als Abb. ı auf Tafel II wiedergegeben. Die übrigen Platten waren zur Reproduktion
ungeeignet,
2) O. Wiener u. H. Scholl, Wied. Ann. 68. 145. 150. 1899.
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 245
mit weißem Licht vorausgesetzt, nach der vorausgegangenen Er-
klärung die Anlauffarbe gleichgültig sein. Nach den Erfahrungen,
die mit diesen Schichten gemacht wurden, war das auch der Fall.
Wenn aber einer sensibilisierten Jodsilberschicht eine maximale
Empfindlichkeit für gelbes Licht erteilt werden sollte, müßte der
Silberspiegel bis zur blauen Anlauffarbe jodiert werden. Dies konnte
auch durch einen Versuch gezeigt werden.
Es wurden dazu keilförmig jodierte Spiegel benutzt, die also
alle möglichen Interferenzfarben aufwiesen. Hergestellt wurden
diese keilförmigen Schichten, indem die Silberspiegel während des
Jodierens schräg auf eine Glasplatte gestellt wurden, so daß die
Joddämpfe je nach dem Abstand des Spiegels von der Unterlage
verschieden stark einwirkten. Die Keilkante der Schicht fiel dann
mit einer Plattenkante zusammen. Zwei derartig hergestellte
Schichten wurden nun zu einem Vergleichsversuch benutzt. Die
eine wurde ohne Vorbehandlung eine Stunde unter der Grauskala
des Graukeils mit der Osram-Nitralampe belichtet, während die
andere 5 Minuten in einer Phenosafraninlösung 1:2000 gebadet
und dann zwei Stunden!) wie die erste belichtet wurde, mit dem
Unterschied, daß in den Gang der Lichtstrahlen ein strenges Tar-
trazinfilter geschaltet war. Beide Spiegel wurden dann durch Queck-
silberdampf entwickelt. An den Stellen der keilförmigen Schicht, wo
die Skala des Graukeils am weitgehendsten abgebildet erschien, bestand
maximale Empfindlichkeit. Dies war für die unsensibilisierte Platte
in der ersten gelben Interferenzfarbe der Fall. Die Skala war hier
bis 60° entwickelt, während sie in der blauen Zone nur bis 40° reichte.
Dies entspricht einer sechsfachen Empfindlichkeit der gelben Anlauf-
farbe im Vergleich zur blauen. Ganz anders war nun das Bild bei der
sensibilisiertten und mit gelbem Licht bestrahlten Schicht. Hier
erstreckte sich das Bild der Skala deutlich zungenförmig in den
blau angelaufenen Teil der keilförmigen Schicht hinein. Sie reichte
hier bis 50°, während sie im gelben Teil nur bis 20° sichtbar war,
Dies entspricht einem Empfindlichkeitsverhältnis von I : 16 zugunsten
der blauen Schicht.
Durch diesen Versuch wurde gezeigt, daß tatsächlich bei den
Daguerreplatten die Reduktion des Jodsilbers dann am günstigsten
verläuft, wenn ein Bauch der bei der Belichtung entstehenden
stehenden Lichtwellen in der Oberfläche der Jodsilberschicht liegt.
D Da das Tartrazinfilter ungefähr 50°/, des auffallenden gelben Lichtes absorbiert,
wurde diese Platte die doppelte Zeit belichtet wie die Vergleichsplatte.
246 Baukloh
Es konnte dies bisher nur für blaues Licht gezeigt werden, da eine
Sensibilisierung derartiger Schichten bisher unbekannt war. Um
für die auf S. 242 beschriebenen Versuche möglichst günstige Be-
dingungen für die Sensibilisierung der Platten zu schaffen, wurde
aus den oben angeführten Gründen auch die blaue Anlauffarbe
gcwählt.
II. Sensibilisierungsversuche an Jodsilbergelatineschichten
Im Anschluß an die Sensibilisierungsversuche an reinen Jod-
silberschichten wurden nun auch Jodsilberemulsionen, und zwar
Jodsilbergelatineemulsionen in bezug auf ihre Sensibilisierungs-
fähigkeit untersucht. Dadurch sollte festgestellt werden, ob ein
wesentlicher Unterschied zwischen reinen, bindemittelfreien Schichten
und den Emulsionen besteht.
I. Zu den Versuchen wurden Jodsilbergelatincplatten benutzt,
die durch Umwandeln von Bromsilbergelatineplatten hergestellt
waren. Es fanden dabei photomechanische sowie gewöhnliche Trocken-
platten des Handels Verwendung.!) Die Umwandlung wurde durch
eine von F. F. Renwick angegebene Lösung von sg Jodkalium,
10g Natriumsulfit und 10g Natriumthiosulfat in 500 ccm Wasser
bewirkt.?2) Die Bromsilberplatten wurden durch Baden in dieser
Lösung vollständig in Jodsilber übergeführt. Die Badedauer betrug
10 Minuten. Dann wurden die Platten eine halbe Stunde in fließendem
Wasser gewaschen. Es wurde immer eine Platte größeren Formates
(13:18) umgewandelt und diese dann für die Vergleichsversuche in
kleinere Platten zerschnitten.
2. Die einzelnen Teile wurden dann, mit Ausnahme der Ver-
glcichsplatte, in den betreffenden Farbstofflösungen gebadet und
dann mehrere Stunden gewässert, um allen Farbstoff aus der Gela-
tine zu entfernen. An Farbstoffen wurden benutzt Phenosafranın,
Erythrosin, Pinakryptolgrün, Pinachrom und Pinacyanol. Nach
dem Trocknen wurden dann die Platten zusammen mit der Ver-
gleichsplatte gleich lange unter demselben Graukeil mit der Osram-
Nitralampe belichtet.
1) Es wurden meistens photomechanische Platten der Firma Unger & Hoffmann
und Bromsilbertrockenplatten der Firma O.Kirschten, Eisenberg benutzt. Versuche
mit Platten anderer Herkunft ergaben aber die gleichen Ergebnisse.
2) Brit. Journ. of Phot. 1920, Nr. 3143, S. 463,
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 247
3. Entwickelt wurden die Platten in einem von Lüppo-Cramer
angegebenen alkalischen Amidolentwickler!), also chemisch. Der
gewöhnliche Amidolentwickler, der für Bromsilbergelatine ohne
jeden Alkalizusatz (die schwach alkalische Reaktion des zugesetzten
Natriumsulfits genügt bereits) ein Rapidentwickler ist, muß noch
mit einem stärkeren Alkali (Pottasche) versetzt werden, um das
schwer reduzierbare Jodsilber zu schwärzen Dabei ist die erzielte
Schwärzung eine sehr schwache. Unbelichtetes Bromsilber würde
ein derartiger Entwickler augenblicklich schwärzen. Es wurde auch
versucht, die Jodsilbergelatineschichten physikalisch zu entwickeln
(Metol-Silbernitrat), Dies ergab zwar eine größere Schwärzung,
aber keinen größeren Schwellenwert (die letzte noch erkennbare
Schwärzung bei Belichtung unter dem Graukeil) als die chemische
Entwicklung, erzeugte aber leichter Schleier und Flecke. Aus diesem
Grunde wurde die chemische Entwicklung bevorzugt. Die zu einem
Versuch gehörigen Platten wurden stets zusammen entwickelt. Die
fertig entwickelten Platten wurden dann nach kurzem Waschen in
einem gewöhnlichen Fixierbad fixiert, gewässert und getrocknet.
Die Fixierdauer der Platten betrug infolge der Schwerlöslichkeit des
Jodsilbers 8—10 Stunden.?)
4. Ergebnisse der Sensibilisierungsversuche
an Jodsilbergelatineschichten
Durch die Versuche konnte gezeigt werden, daß Phenosafranin
und auch Erythrosin für Jodsilbergelatine genau wie für die binde-
mittelfreien Schichten optische Sensibilisatoren darstellen, während
die panchromatischen Sensibilisatoren für Bromsilbergelatine, wie
Pinachrom und Pinacyanol, Jodsilbergelatine desensibilisieren. Pina-
kryptolgrün (ein moderner Desensibilisator für Bromsilbergelatine-
platten an Stelle von Phenosafranin) wirkt wie bei Bromsilbergelatine
auch für Jodsilbergelatine als Desensibilisator.
Fs wurde dazu eine photomechanische Bromsilberplatte benutzt,
dıe nach dem im vorigen Abschnitt beschriebenen Verfahren in Jod-
silber umgewandelt und dann in vier Teile zerlegt wurde (a, b, c, d).
Ein Teil (5a) blieb als Vergleichsplatte unbehandelt, während die
1) Eder, Jahrb. d. Phot. 1903, S. 40.
"3 In einem Cyankalifixierbade geht die Fixage erheblich schneller. Ein solches
Fixierbad zerstört aber sehr leicht das ohnchin schwache Silberbild.
248 Baukloh
übrigen drei vor der Belichtung 15 Minuten in folgenden Farbstoff-
lösungen gebadet wurden:
5b in wäßriger Phenosafraninlösung I : 20000,
SC in wäßriger Erythrosinlösung 1: 10000 und
5d in wäßriger Pinakryptolgrünlösung I: 5000.
Nach dem Waschen und Trocknen dieser Platten wurden alle vier
Platten nacheinander je 200 Minuten unter dem Eder-Hechtgraukeil
mit der hochkerzigen Lampe belichtet, gemeinsam in alkalischem
Amidolentwickler entwickelt, fixiert, gewässert und getrocknet. Es
ergaben sich für die Schwärzungen unter den einzelnen Skalen des
Graukeils folgende Werte:
5a 5b 5c sd
Unter dem un- in Phenosafranin | in Erythrosin | in Pinakryptol-
Dun behandelte 1: 20000 1: 10000 grün 1: 5000
Platte gebadete Platte | gebadete Platte | gebadete Platte
Graufilter. . | 400 (100°/,) 40° (100°/,) 40° (100°/,)
Rotfilter . . | — 18° (13°/,) —
Gelbfilter. . |! — 36° (69°/,) 26° (37°/o) |
Grünfilter . | —
Blaufilter. . — — — |
TESE
Aus diesen Ergebnissen ist deutlich zu ersehen, daß eine ein-
wandfreie Sensibilisierung von Jodsilbergelatine möglich ist. Die
Gesamtempfindlichkeit ist für die Platten 5a, 5b und 5c dieselbe,
während an 5d überhaupt noch keine Schwärzung zu sehen ist.)
Pinakryptolgrün ist also auch für Jodsilbergelatine ein Desensibili-
sator genau wie für Bromsilbergelatine, während Phenosafranin,
das ja für Bromsilbergelatine einen ebenso guten Desensibilisator
darstellt wie Pinakryptolgrün, und Erythrosin für Jodsilbergelatine
Sensibilisatoren sind.
Nach diesen Ergebnissen erscheint es zunächst schwer ver-
ständlich, daß es, wie schon in der Einleitung bemerkt, Lüppo-
Cramer nicht gelungen ist, Jodsilbergelatine mit Erythrosin zu
sensibilisieren, und das um so mehr, als er die Platten auf dieselbe
Weise wie hier beschrieben herstellte und entwickelte.) Ferner
stehen die hier geschilderten Versuchsergebnisse im Widerspruch
mit der Behauptung Lüppo-Cramers, daß Phenosafranin bei
‚Jodsilbergelatine eine ähnliche Empfindlichkeitsverringerung hervor-
1) Eder, Jahrb. d. Phot. 1903, S. 40.
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 249
ruft wie für Bromsilbergelatine, und zwar gibt Lüppo-Cramer 10
bis 12 Skalenteile des Eder-Hechtschen Graukeilsensitometers für
diese Verringerung an.t) Er macht nun leider keine näheren Angaben,
wie er zu diesem Ergebnis gekommen ist. Vielleicht hat er die Jod-
silbergelatineschichten nur in der unmittelbaren Schwärzung unter-
sucht, also ohne sie zu entwickeln. Wenn nämlich eine in Pheno-
safranin gebadete Platte in bezug auf ihre unmittelbare Schwärzung
mit einer ungebadeten verglichen wird (natürlich gleich starke und
gleich lange Belichtung unter dem Graukeil vorausgesetzt), so ist
tatsächlich bei der gefärbten Platte die Schwärzung um (o bis
12 Skalenteile geringer als bei der ungefärbten. Dies ändert sich aber
sofort, wenn die Platte entwickelt wird. Die Schwärzung ist dann bei
der gefärbten Platte (bei Belichtung mit weißem Licht, also unter
der Grauskala) genau so weitgehend (bei vielen Versuchen war sie
sogar noch weitreichender) als bei der ungefärbten, dabei aber be-
deutend intensiver, was ja auch an der Platte 5b deutlich zu schen war.
Weiter sieht man an diesen Ergebnissen, daß der Blaustreifen
bei keiner der vier Platten hervorgetreten ist, während bei den sen-
sibilisierten der Gelbstreifen ziemlich weitgehend geschwärzt er-
scheint. D.h. durch die Sensibilisierung ist die Empfindlichkeit
für längerwelliges Licht größer als für kurzwelliges (siche die Unter-
suchungen an den Jodsilberspiegeln), eine Tatsache, die bisher noch
bei keiner optischen Sensibilisierung beobachtet wurde; diese be-
wirkte immer nur eine Zusatzempfindlichkceit für einen anderen
Spektralbereich.. Die Eigenempfindlichkeit behält dabei immer
annähernd ihre alte Größe (z. B. bei der Sensibilisierung gewöhn-
licher Trockenplatten) oder ist zum mindesten größer als die durch
die Sensibilisierung erzielte Farbenempfindlichkeit (daher die An-
wendung des Gelbfilters in der orthochromatischen Photographie).
Außer den erwähnten Farbstoffen wurden nun noch Pinachrom
und Pinacyanol untersucht, Farbstoffe, die für Bromsilbergelatinc
als die besten bekannten Sensibilisatoren gelten. Diese erwiesen
sich für Jodsilbergelatine als vollkommen ungeeignet. Bei den damit
angestellten Versuchen bewirkten sic eine schwache Herabdrückung
der Gesamtempfindlichkeit ungefähr auf die Hälfte. Es konnte
keinerlei Sensibilisierung für langwelliges Licht festgestellt werden.
Aus diesen Versuchen ergibt sich also, daß Phenosafranin, das
für Bromsilbergelatine einen Desensibilisator darstellt, Jodsilber-
gelatine sensibilisiert. Erythrosin ist für beide ein Sensibilisator
1) Lüppo-Cramer, Negativ-Entwicklung bei hellem Licht. Leipzig 1921. S. 55.
Zeitschr. f. wiss. Phot, 25. 17
250 Baukloh
und Pinakryptolgrün für beide ein Desensibilisator, Pinachrom
und Pinacyanol, die Bromsilbergelatine sensibilisieren, desensibili-
sieren Jodsilbergelatine. Aus diesen Ergebnissen geht ferner noch
hervor, daß in bezug auf die Sensibilisierungsfähigkeit kein grund-
sätzlicher Unterschied zwischen den reinen Jodsilberschichten und
den Jodsilbergelatineschichten besteht, der Zustand der Emulsion
ist also keine Bedingung für die Sensibilisierungsfähigkeit einer
Silberhaloidschicht.
II Quecksilberdampf als Sensibilisstor für Jodsilber-
und Bromsilbergelatine
I. Sehr merkwürdige Sensibilisierungserscheinungen wurden an
Jodsilbergelatineplatten erzielt, bei denen als Ausgangsmaterial keine
frischen Bromsilbertrockenplatten Verwendung fanden, sondern ge-
wöhnliche, hochempfindliche Bromsilbergelatineplatten, die längere
Zeit (etwa 2 Jahre) in einem Schranke des Arbeitszimmers gelagert hatten.
Nachdem diese Platten wie bisher in Jodsilber umgewandelt
und dann unter dem Graukeil belichtet worden waren, konnte eine
Farbenempfindlichkeit bis in das äußerste Rot festgestellt werden, wie
sie wohl bisher noch bei keiner photographischen Schicht erzielt worden
ist. Abb. 2 auf Taf. II gibt das Ergebnis eines solchen Belichtungs-
versuches wieder. Die Platte, die zu diesem Versuch benutzt wurde,
war eine gewöhnliche, nicht farbenempfindliche Porträtplatte, ein
Fabrikat der Firma Kranseder, München. Sie hatte, wie bereits
erwähnt, etwa 2 Jahre in den Originalkartons verpackt in einem
Schrankschubfach gelegen. In einem dieser Kartons befanden sich
noch einige Platten vom Format 6:9 lose verpackt und in das übliche
schwarze Papier eingewickelt. Zwei dieser Platten wurden wie bisher
in Jodsilber umgewandelt, 100 Minuten unter dem Graukeilsensito-
meter wie bei den übrigen Versuchen belichtet, mit alkalischem
Amidol entwickelt, fixiert und gewaschen.
Die Schwärzungen unter den einzelnen Farbfiltern hatten fol-
gende Werte:
Unter dem | Plitte 6a | Platte 6b
4
Graufilter
Rotfilter
Gelbfilter
Grünfilter
Blaufilter
1) Unter diesen Filtern konnte der Schwellenwert nicht abgelesen werden, da
die Schwärzung die ganze Länge der Platte einnahm (Abb. 2, Taf. II).
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 251I
In Fig.2 sind die zu diesen Werten gehörigen Empfindlichkeits-
kurven wiedergegeben (Kurve 6a und 6b).
Man sieht an den Kurven! sowie an den angegebenen Werten, daß
bei diesen Platten die Farbenempfindlichkeit mit abnehmender
Wellenlänge abnimmt, während ja sonst bei allen photographischen
Schichten das Umgekehrte der Fall ist, und selbst bei panchromatisch
sensibilisierten Schichten die ursprüngliche Blauempfindlichkeit er-
Fig. 2
Die mit 6a und 6b bezeichneten Kurven stellen die Sensibilisierungskurven der auf
S. 250 und 251 besprochenen Platten dar. ob und oc sind die auf S. 254 besprochenen,
durch Hg-Dämpfe sensibilisierten Platten (9b 3 Tage und 9c 4 Wochen Hg-Dämpfen
ausgesetzt). — Kurve 10a und 10b gehören zu dem auf S. 255 besprochenen Versuch,
bei dem eine Bromsilberplatte, die Hg-Dämpfen ausgesetzt war, vor der Umwand-
lung (10b) und nach der Umwandlung (10a) in Jodsilber auf ihre Farbenempfindlich-
keit geprüft wurde.
halten bleibt. Das ganz Eigenartige und zunächst Unerklärliche
bei diesen Ergebnissen ist aber, daß die Schwärzung unter dem Rot-
streifen bedeutend weiter geht als unter dem freien Graukeil, bei dem
doch alle Farben des Spektrums gl:ichmäßig zur Wirkung kommen.
Eine andere Platte aus dem gleichen Karton im Format 4,5: 6
wurde in einem Steinheilschen .Prismenspektrographen belichtet,
um zu sehen, wie sich die Farbenempfindlichkeit in bezug auf ein
natürliches Spektrum verhält. Zur Beleuchtung diente eine starke
Projektionsbogenlampe mit vorgeschalteter Kondensorlinse, die ein
Abbilden des Kraters auf dem Spalt des Kollimators ermöglichte.
17°
252 Baukloh
Die Kassette des Spektrographen war verschiebbar angebracht, so
daß mehrere Aufnahmen auf eine Platte gemacht werden konnten.
Im ganzen wurden fünf Aufnahmen auf der Platte gemacht, vier
mit der Bogenlampe als Lichtquelle, und zwar mit den Belichtungs-
zeiten I0, 20, 40 und 80 Minuten, und die fünfte mit einer Queck-
silberquarzlampe, um neben dem kontinuierlichen des Bogenlichtes
zum Vergleich ein Linienspektrum zu erhalten. Nach der Belichtung
wurde die Platte in alkalischem Amidolentwickler entwickelt, fixiert
und gewaschen. Abb. 3 Taf. II gibt das Resultat wieder. Man sieht,
daß die Schwärzung ungefähr bei der Linie 435 beginnt, ein Maximum
zwischen den Quecksilberlinien 546 und 579 hat und sich von da
noch weit bis in das äußerste Rot, ja vielleicht bis in den unsicht-
baren Teil des Spektrums erstreckt. Ein Vergleich mit einer mit
Pinachrom sensibilisierten Bromsilberplatte gab deutlich die über-
legene Rotempfindlichkeit der Jodsilberplatte zu erkennen.
Die auf dieser Platte im Blau und Violett zu beobachtenden
Linien sind umgekehrt (hell auf dunklem Grunde) erschienen. Es ist
dies nicht eine Folge von Überbelichtung (Solarisation). Derartig um-
gekehrte Bilder treten an Jodsilbergelatineschichten immer dann auf,
wenn als Ausgangsmaterial Bromsilberplatten Verwendung finden,
die bei normaler Entwicklung schleiern würden (infolge hohen Alters
oder durch diffuse Vorbelichtung). Wenn man derartige Bromsilber-
platten in Jodsilber umwandelt, belichtet und entwickelt, erhält man
an den schwächer belichteten Stellen (z. B. bei Belichtung unter
einem Graukeil) umgekehrte Bilder und erst bei stärkerer Belichtung
die normale Schwärzung. (Siehe die auf S. 258 besprochenen Ver-
suche Lüppo-Cramers.) Auch die Platten 6a und 6b, die aus
demselben Plattenmaterial hergestellt wurden wie 8a, zeigen diese
Erscheinung.
2. Es galt nun zunächst einmal festzustellen, woher die starke
Farbenempfindlichkeit dieser Platten rührte. Da neue Platten des-
selben Fabrikats diese Eigenschaft nicht zeigten, so war es nahc-
liegend, das lange Lagern für die Veränderung der Platten ver-
antwortlich zu machen und es erschien wahrscheinlich, daß die ver-
ändernden Einflüsse in der Zusammensetzung der Atmosphäre,
ın der sie lagerten, zu suchen waren. Da ja bekanntlich gewisse
in der Luft enthaltenen Gase (wie Schwefelwasserstoff, Leucht-
gas usw.) einen schädigenden Einfluß auf photographische Schichten
auszuüben vermögen (z. B. Schleierbildung), erschien zunächst in
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 253
diesem Falle Quecksilberdampf als verdächtig, da dieser durch das
Arbeiten mit einer Quecksilberpumpe, Quecksilberunterbrechern usw.
immer in Spuren im Zimmer vorhanden war.
Diese Vermutung erwies sich als richtig. Als frisch bezogene
Bromsilberplatten einige Tage in einen Exsikkator gebracht wurden,
in dem sich Quecksilber befand, und sie dann in Jodsilber um-
gewandelt und belichtet wurden, zeigte sich schon nach dreitätigem
Liegen in dem Exsikkator eine deutliche Veränderung. Die Platten
erwiesen sich für denselben Spektralbereich sensibilisiert wie die
oben beschriebenen. Vergleichsplatten aus demselben Stück, die dem
Quecksilberdampf nicht ausgesetzt waren, zeigten keine Spur von
Farbenempfindlichkeit.
Eine hochempfindliche Porträtplatte (13:18) wurde in vier
Teile zerlegt. Zwei Teile wurden in einem Exsikkator, dessen Boden
mit Quecksilber bedeckt war, gebracht, während die beiden anderen
als Kontrollplatten zurückgehalten wurden. Nach 20 Stunden wurde
eine der beiden Platten aus dem Exsikkator genommen und dann
neben einer der beiden Kontrollplatten in Jodsilber umgewandelt,
gewässert und getrocknet. Beide wurden dann nacheinander unter
dem Graukeil 100 Minuten wie bei den bisherigen Versuchen be-
lichtet, dann nebeneinander in alkalischem Amidol entwickelt,
fixiert und gewaschen.
Die Schwärzung ging bei beiden Platten unter dem Graustreifen
bis 30°, während unter den Farbfiltern keine Schwärzung zu sehen
war. Zwischen beiden Platten bestand also zunächst kein Unterschied.
Nachdem nun die andere Platte drei Tage in dem Exsikkator
gelegen hatte, wurde auch diese herausgenommen und mit der zweiten
Kontrollplatte wie oben behandelt.
Hier war nun das Ergebnis bereits ein anderes. Es war eine
deutliche Sensibilisierung durch die Quecksilberdämpfe eingetreten,
die der an den alten Platten beobachteten genau glich, nur daß die
Farbenempfindlichkeit (für Rot und Gelb) im Vergleich zur Gesamt-
empfindlichkeit nicht so weitgehend war wie bei diesen, was sich
aber durch die kurze Einwirkungsdauer erklären läßt.
Es wurde daher noch eine weitere Platte aus demselben Stück
wie die vorher benutzten in den Exsikkator gebracht und dieser
4 Wochen an einem mäßig warmen Ort (Durchschnittstemperatur
30—40°) stehen gelassen. Dann wurde die Platte wie die vorigen
umgewandelt, belichtet und entwickelt.
254 Baukloh
Sie zeigte eine gute Übereinstimmung mit den an den alten
Platten erzielten Ergebnissen. Sie war für Rot und Gelb weitgehend
sensibilisiert, und zwar waren auch hier, wie bei den alten Platten,
die Schwärzungen unter dem Rot- und Gelbfilter weitgehender als
unter der Grauskala.t)
Die Werte für die Schwärzungen der drei Platten waren folgende:
9a ob 9c
3 Tage 4 Wochen
Unter dem Unbehandelte Hg-Dämpfen Hg-Dämpfen
Platte
ausgesetzt ausgesetzt
Graufilter. . Fi ES 35° (100°/,) 35° (100°;,)
Botter... | — 20° (25°/,) 45° (250°;,)
Gelbfilter. . . | — 22° (33°/,) 60° (1000°;,,)
Grünfilter . . | — Së E
Blaufilter. . . |
Die erhaltenen Werte sind in Fig. 2 als Kurven unter den betreffenden
Nummern eingezeichnet.
Man sieht an den Werten der Platte oc, daß die Empfindlichkeit
für rotes Licht 2,5mal und für gelbes Licht IOmal so groß ist als
für weißes Licht. Außerdem ist zu erkennen, daß nicht allein die
Empfindlichkeit für langwelliges Licht gesteigert wird, sondern
auch die Gesamtempfindlichkeit, und zwar bei diesem Versuch auf
das 1,5fache.
Hiermit dürfte der Beweis erbracht sein, daß tatsächlich Queck-
silberdämpfe die sensibilisierende Wirkung an den Jodsilbergelatine-
schichten hervorgerufen haben. Quecksilber ist demnach ein bisher
unbekannter Sensibilisator für die bisher als unsensibilisierbar gel-
tenden Jodsilberschichten.
Durch den eben beschriebenen Versuch wurde gezeigt, daß eine
Jodsilbergelatineschicht durch Einwirkung von Quecksilberdämpfen
auf eine Bromsilberschicht und folgender Umwandlung in Jodsilber
optisch sensibilisiert werden kann. Es fragt sich nun, ob bereits
die Bromsilberschicht durch die Quecksilberdämpfe in bezug auf
ihre Farbenempfindlichkeit verändert war.
3. Es war dies in der Tat der Fall, wie nachstehend beschriebener
Versuch zeigte. Eine ältere Bromsilbertrockenplatte im Format
13:18, derselben Herkunft wie die zu Versuch 6 verwendeten (nur aus
einem anderen Karton, der etwas später bezogen worden war), wurde
halbiert. Die eine Hälfte wurde in Jodsilber umgewandelt, ge-
1) Abb. 4 auf Tafel II zeigt diese Platte,
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 255
waschen und getrocknet und dann wie bei den bisherigen Versuchen
100 Minuten unter dem Graukeil mit der hochkerzigen Lampe be-
lichtet, in alkalischem Amidol entwickelt, fixiert und gewässert.
Die andere wurde in einem Kopierapparat eine Sekunde unter dem
Graukeil belichtet, in gewöhnlichem Metol-Hydrochinonentwickler
(Agfa) entwickelt, fixiert und gewässert.
Die Schwärzungen hatten folgende Werte:
Unter dem ur er
Jodsilberplatte!) Bromsilberplatte
Graufilter. ...... 50° (100°/,) 120° (100°/,) D
Rotfilter ....... go? (100°/,) go? (0,16°/,)
Gelbfilter ....... 50° (100°/,) 90° (6,3/0)
Grünfilter. ...... 20° (6,30/,) 80° (2,50/,)
Blaufilter.. ..... ! 30° Ce, Bäll 84° (3,6°/,)
Die erhaltenen Werte sind in Fig. 2 als Kurven unter den be-
treffenden Nummern eingezeichnet.
An diesem Ergebnis sieht man, daß die Bromsilberplatten, die
das Ausgangsmaterial für die Jodsilbergelatineplatten darstellten,
bereits eine Farbenempfindlichkeit aufwiesen, die aber relativ geringer
war als die der nachher in Jodsilber umgewandelten Platte.
4. Bemerkt soll noch werden, daß durch Baden von Bromsilber-
platten in verdünnter Quecksilbersalzlösung (untersucht wurde
HgCl, 1 : 1000) und nachfolgender Umwandlung in Jodsilber keinerlei
Sensibilisierung eintritt, sondern im Gegenteil eine starke Ver-
minderung der Empfindlichkeit. Bei den Versuchen, bei denen eine
Bromsilbergelatineplatte in der oben angegebenen Sublimatlösung
gebadet und dann in Jodsilber umgewandelt wurde, zeigte nach der
Belichtung und Entwicklung eine ungebadete Kontrollplatte bereits
eine weitgehende Schwärzung, während an der vorgebadeten Platte
noch keine Spur einer solchen zu sehen war.
5. Eigenartige Ergebnisse wurden erhalten, wenn die stark
rotempfindlichen Platten, die zu dem auf S. 251 (Abb. 2, Taf. II) be-
1) Daß die Werte hier etwas andere sind, als bei Versuch 6, mag seinen Grund in
der besseren Verpackung der Platten haben, denn diese befanden sich in einem vollen
Paket, während bei den zu dem ersten Versuch verwendeten Platten nur einige lose
mit schwarzem Papier umhüllt im Karton lagen.
2) Dieser Wert wurde nur roh geschätzt, da die Platte Randschleier zeigte, was
ein genaues Ablesen unmöglich machte.
256 Baukloh
schriebenen Versuch verwandt worden waren, vor der Belichtung
in Phenosafranin- oder auch Erythrosinlösung gebadet wurden. Die
Schwärzung unter den einzelnen Farbfiltern war dann geringer als
bei den ungefärbten Platten, während die Schwärzung unter dem
Graustrcifen größer war.
Die Platte war aus derselben Platte herausgeschnitten wie die
zu Versuch 6a IG 251) verwendete.!) Vor der Belichtung wurde
sie in einer Phenosafraninlösung I: 20000 10 Minuten gebadet und
dann wie die ungebadete 100 Minuten unter dem Graukeil belichtet.
ba
17 o
700 650 800 550 S00 40 0
Fig. 3
Die Werte für die Schwärzungen unter den einzelnen Filtern
waren folgende (zum Vergleich sind die auf S. 251 unter Ga an-
gegebenen Werte noch einmal wiedergegeben):
| — [| o
Unter d z k
DPE SED Phenosafraninplatte ungefärbte Platte
1
u
Graufilter. .. .... S 54° (100°/,) 46°
Rotfilter . . . 2.2... WË 44° (40°/,) 90°
Gelbfilter . . . . .. . ! 520 (830/0) 56°
Grünfilter. ...... | 20° (4,3%/0) | 20°
Blaufilter . . ..... 12%. E 16°
|
Die Werte sind in Fig. 3 als Kurve 11 eingezeichnet.
Hieraus ergibt sich, daß bei der gebadeten Platte die Empfind-
lichkeit für weißes Licht doppelt so groß ist als bei der ungebadeten,
1) Und auch mit ihr zusammen in Jodsilber umgewandelt worden.
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 257
während die Rotempfindlichkeit ungefähr 70mal kleiner, die Gelb-
empfindlichkeit ı,5mal kleiner, die Grünempfindlichkeit die gleiche
und die Blauempfindlichkeit 1,5mal kleiner ist.
6. Durch die Feststellung der sensibilisierenden Eigenschaften
von Quecksilberdampf für Jodsilbergelatine fanden auch eine Reihe
von unbeabsichtigten und zunächst unerklärlichen Sensibilisierungs-
erscheinungen, wie sie an reinen bindemittelfreien Jodsilberschichten
beobachtet wurden, ihre Erklärung.
Es kam des öfteren vor, daß sich die durch kathodische Zer-
stäubung hergestellten Spiegel nach der Jodierung und Belichtung
bereits als sensibilisiert erwiesen, ohne daß sie in einer Farbstoff-
lösung gebadet worden wären. Bei der Behandlung solcher Spiegel
mit Farbstofflösung und nachfolgender Belichtung blieb dann der
Sensibilisierungseffekt aus oder es trat sogar eine geringe Desensibili-
sierung ein. Es war zunächst keine Erklärung für diese Erscheinung
zu finden, es war aber wohl klar, daß dieses Verhalten der Jodsilber-
schichten durch die Art der Herstellung der Spiegel bedingt war,
also wahrscheinlich durch die Anwesenheit irgendwelcher Dämpfe
im Vakuum (bei den chemisch versilberten Spiegeln wurde diesen
Erscheinung nicht beobachtet). Als solche konnten nur Kohlen-
wasserstoffe, die vom Dichtungsfett herrührten, oder Quecksilber-
dämpfe (Quecksilberpumpe) in Frage kommen. Durch die Beob-
achtung derselben Erscheinung an Jodsilbergelatineschichten, die
sich als durch Quecksilberdampf sensibilisiert erwiesen, kann wohl
für die reinen Jodsilberschichten derselbe Grund angenommen
werden, zumal da die Anwesenheit von Quecksilberdämpfen in dem
Zerstäubungsgefäß eine sichere ist, wenn sie nicht durch Kühlung
mit flüssiger Luft von diesem zurückgehalten werden.
IV. Schlußbetrachtungen
I. In den vorstehend beschriebenen Untersuchungen ist gezeigt
worden, daß es möglich ist, Jodsilber in reinen, bindemittelfreien
Schichten sowie als Jodsilbergelatineschicht optisch zu sensibili-
sieren. Es muß daher verwunderlich erscheinen, daß dies bisher
als unmöglich galt. Schon H W. Vogel stellte die Unmöglichkeit
der optischen Sensibilisierung von Jodsilberemulsionen fest, ohne
näher auf diese Frage einzugehen.!) Der einzige, der sich näher mit
1) Poggendorffs Ann. 158. 235. 1874; H. W. Vogel, Handb. d. Phot. Bd. I,
S. 202ff.; Bd. II, S. 153ff. S. a. Einleitung.
258 Baukloh
diesem Problem befaßt, ist Lüppo-Cramer. Er berichtet, daß es
ihm nicht gelungen sei, Jodsilber (Gelatineplatten) optisch zu sen-
sibilisieren, selbst wenn er die kornlosen Emulsionen, wie sie beim
Lippmannschen Farbenverfahren benutzt werden, anwandte.!)
Auch nach neueren Veröffentlichungen hat er sich mit der Sensibili-
sierung von Jodsilber befaßt, aber immer mit negativem Erfolg.?)
Nur unter einer Bedingung ist es ihm geglückt, eine Sensibilisierung
an Jodsilbergelatine zu erzielen.?)
Er hatte diffus vorbelichtete Bromsilberdiapositivplatten in
Jodsilber umgewandelt, dann in Farbstofflösungen gebadet und nach
dem Trocknen neben einer farbstofffreien Vergleichsplatte unter
einem Eder-Hechtgraukeil belichtet. Nach der Entwicklung dieser
Platten zeigten diese Umkehrungserscheinungen, d.h. die unter
den Skalen des Keils belichteten Stellen erschienen nach der Ent-
wicklung durchsichtig und die unbelichteten Stellen geschwärzt.
Dabei erwiesen sich die mit Erythrosin und Phenosafranin gefärbten
Platten als panchromatisch sensibilisiert. Im Widerspruch zu den
Ergebnissen der vorliegenden Arbeit steht ferner noch die in seinem
Werk über das Safraninverfahren?) gemachte Angabe, daß es ihm
gelungen sei, Jodsilbergelatine ähnlich wie Bromsilbergelatine mit
Phenosafranin zu desensibilisieren. Aus diesen Angaben geht deut-
lich hervor, wie wenig geklärt die Frage der optischen Sensibilı-
sierung von Jodsilber bisher war.
2. Als weiteres Ergebnis der Untersuchungen ist die Tatsache
zu bezeichnen, daß die reinen, bindemittelfreien Jodsilberspiegel
sich in bezug auf die Sensibilisierungsfähigkeit genau so verhalten
wie die Gelatineschichten. Der kolloid-disperse Zustand ist also
keine Bedingung für die Sensibilisierungsfähigkeit, obwohl sie bei
den Silberhaloidemulsionen stark von dem Dispersitätsgrad des
Haloids abhängt. So tritt bei den sog. kornlosen Schichten, wie sie
zur Interferenzfarbenphotographie nach Lippmann benutzt werden,
durch die Sensibilisierung eine ganz außerordentliche Steigerung der
!) Eder, Jahrb. d. Phot. 1903, S.40.
2) Lüppo-Cramer, Kolloidchemie und Photographie. Verl. Steinkopff 1921.
S. 88ff.; Lüppo-Cramer, Negativentwicklung bei hellem Licht, Leipzig 1921. S. 55.
®) Lüppo-Cramer, Kolloidchemie und Photographie.
t) Siehe Anm. 2 auf dieser Seite. Bemerkenswert ist noch, daß bereits J. Ac-
worth die desensibilisierende Wirkung der Safraninfarbstoffe erkannt hat (Wied.
Ann. 42. 371. 1891), die von Lüppo-Cramer durch dieses Werk als neu festgestellt
wurde.
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 259
Gesamtempfindlichkeit ein, während sie bei den höchstempfindlichen
und grobkörnigen Trockenplatten im allgemeinen etwas zurückgeht.
Hier hängt also die Sensibilisierungsfähigkeit von der spezifischen
Oberfläche des betreffenden Haloids ab.
Es entsteht nun die Frage, was für eine Änderung der Farbstoff
an der dünnen Jodsilberschicht der jodierten Spiegel hervorruft,
um dieser eine Empfindlichkeit für längerwelliges Licht zu erteilen.
Wie schon erwähnt, tritt eine sichtbare Anfärbung der Schicht nicht
ein. Selbst an einer verhältnismäßig dicken Jodsilberschicht mit
Glasunterlage (ein undurchsichtiger Silberspiegel, der so lange Jod-
dämpfen ausgesetzt wurde, bis alles Silber in Jodsilber umgewandelt
war) konnte keinerlei Anfärbung festgestellt werden. Auch eine
Änderung der Dicke der Schicht durch das Baden in Farbstofflösung
war nicht zu beobachten. Um dies festzustellen, wurde ein keilförmig
jodierter Silberspiegel (hergestellt durch Auflegen des Spiegels auf
ein Glasrohr während der Jodierung) senkrecht zur Keilkante bis
zur Hälfte in die Farbstofflösung getaucht und einige Minuten darin
belassen. Eine Dickenänderung von der Größenordnung einer sicht-
baren Lichtwellenlänge hätte sich dann durch eine Verschiebung
der Interferenzstreifen auf der keilförmigen Schicht offenbaren
müssen. Eine solche war aber nicht zu bemerken.
Es bleibt daher nur noch die eine Möglichkeit, daß der Farbstoff
sich in einer äußerst dünnen, vielleicht molekularen Schicht an die
Oberfläche der Jodsilberschicht anlagert. Für die Erklärung der
starken Anfärbbarkeit des Jodsilberkorns in den Gelatineschichten
ist allerdings damit zunächst noch nicht viel gewonnen. Vielleicht
verhält es sich hier so, daß sich in diesem Falle der Farbstoff an der
Oberfläche des Korns anlagert. Die große spezifische Oberfläche der
gesamten Jodsilberpartikeln in den Gelatineschichten würde dann
die große Farbstoffaufnahme bedingen. Auch die Tatsache, daß
das Anfärben einer hochdispersen Bromsilbergelatineemulsion eine
stark verzögernde Wirkung auf deren Reifung (Teilchenvergrößerung)
ausübt, spricht für die gemachte Annahme. Wie schon auf S. 241
erwähnt, wurde bei der Entwicklung der Jodsilberspiegel die Er-
fahrung gemacht, daß sich die mit Farbstofflösung behandelten
Spiegel bei der Entwicklung mit Quecksilberdampf stets sauberer
entwickelten als die ungebadeten, bei denen sich das Quecksilber
mehr oder weniger auch an den unbelichteten Stellen anlagerte.
Auch dies mag daran liegen, daß die dünne Farbstoffschicht die un-
belichteten Stellen vor der Einwirkung der Quecksilberdämpfe schützt.
260 Baukloh
3. Versucht man nun für die in der vorliegenden Arbeit experi-
mentell festgestellten Tatsachen eine Erklärung zu finden, so wäre
wohl folgender Weg gangbar, Es ist schon von vielen Forschern
die Ansicht vertreten worden, daß die photographischen Reaktionen
auf elektrische Vorgänge zurückzuführen seien. Die mannigfach
angestellten Untersuchungen haben auch gezeigt, daß photochemische
Reaktionen zumeist auch mit lichtelektrischen Strömen verbunden
sind. Für das vorliegende Problem sind vor allem die Arbeiten von
H. Scholl und A. Goldmann von Bedeutung. H.Scholl stellte
1899!) fest, daß beim Belichten einer Jodsilberschicht eine elektro-
motorische Kraft entsteht, die dem einfallenden Licht entgegen-
gerichtet ist. In einer späteren Arbeit kommt er zu dem Schluß,
daß im violett bestrahlten Jodsilber unter der Einwirkung oszil-
lierender elektrischer Kräfte freie Elektronen entbunden werden H
Diese wandern in die Jodsilberschicht hinein und bedingen die auf-
tretende Leitfähigkeit desselben. Er schreibt nun den bewegten
Elektronen alle Eigenschaften der Kathodenstrahlen zu, also auch
deren chemische Wirkungen, in diesem Falle die Dissoziation des
Jodsilbers.
Von Goldmann wurde die elektronische Auffassung durch
experimentelle Untersuchungen an Farbstofflösungen weiter aus-
gebaut.?2) Er kommt zu dem Ergebnis, daß aus den lichtabsorbieren-
den Farbstoffmolekeln diejenigen Elektronen, die in Resonanz mit
der sie treffenden Lichtwelle schwingen, aus dem molekularen Ver-
band ausgelöst werden. Er spricht auch bereits die Vermutung aus,
daß die sensibilisierende Wirkung der Farbstoffe in der orthochro-
matischen Photographie dadurch zu erklären sei, daß die licht-
elektrische Farbstoffempfindlichkeit sich über die vorhandene licht-
elektrische Empfindlichkeit des Silberhaloids überlagert.
Als weitere Bestätigung für die Annahme einer lichtelektrischen
Wirkung bei der optischen Sensibilisierung sind die Arbeiten von
Moser und Abney zu bezeichnen.?) Diese stellten fest, daß sie
eine Verstärkung des lichtelektrischen Stromes in ihren elektro-
chemischen Aktinometern erhielten, wenn sie die zu bestrahlende
Elektrode in einer Farbstofflösung badeten. Moser benutzte als
1) Wied. Ann. 68. 150. 1899 u. Ann. d. Phys. 16. 193, 417. 1905.
2) Ann. d. Phys. 27. 528. 1908.
3) J. Moser, Eder Jahrb. d. Phot. 1888, S. 296; W.de Abney, ebenda 1889,
S. 147.
Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 261
Elektrode jodierte Silberplatten, die er in Erythrosin badete. Er
berichtet aber nur von einer Verstärkung des lichtelcktrischen Stromes
ım allgemeinen, während Abney auch die sensibilisierende Wirkung
des Farbstoffes für langwelliges Licht feststellte.
Hiernach könnte man also für die sensibilisierende Wirkung der
Farbstoffe an den Daguerreplatten folgende Vorgänge verantwortlich
machen. Durch die Belichtung wird die äußerst dünne Farbstoff-
schicht auf der Oberfläche der Jodsilberschicht lichtelektrisch erregt,
es werden Elektronen frei. Diese wirken wie Kathodenstrahlen auf
die darunterliegende Jodsilberschicht und bedingen dadurch eine
Dissoziation des Jodsilbers.
Was nun die sensibilisierende Wirkung von Quecksilber an-
betrifft, so ist hier wahrscheinlich die Bildung von Spuren von Queck-
silberjodid bzw. Quccksilbersilberjodid als Sensibilisator anzunehmen.
Quecksilberjodid ist lichtelektrisch erregbar und zeigt dabei die
Eigenschaft, daß die lichtelektrische Empfindlichkeit für rotes Licht
bedeutend größer ist als für blaues. Es ist dies dieselbe Erscheinung,
wie sie bei den mit Quccksilberdampf sensibilisierten Jodsilber-
schichten in bezug auf die photographische Empfindlichkeit beob-
achtet wurde, denn auch hier war die Empfindlichkeit für rotes Licht
bedeutend größer als für blaues. Diese Analogie spricht auch für
die oben gemachte Annahme eines Zusammenhangs der Vorgänge
bei der optischen Sensibilisierung mit den lichtelektrischen Er-
scheinungen.
Zusammenfassung
Reine Jodsilberschichten mit Silberunterlage nach Art der
Daguerreplatten lassen sich durch Baden in verschiedenen Farb-
stofflösungen optisch sensibilisieren. Bei den so behandelten Platten
ist die Empfindlichkeit ziemlich gleichmäßig über das gesamte sicht-
bare Spektrum verteilt. Durch diese Versuche wurde zum erstenmal
gezeigt, daß es möglich ist, Jodsilber optisch zu sensibilisieren und
daß sich ferner eine bindemittelfrcie Silberhaloidschicht durch Baden
in einer Farbstofflösung farbenempfindlich machen läßt.
Die von Wiener und Scholl aufgestellte Behauptung. daß die
Daguerresche Platte dann eine maximale Empfindlichkeit besitzt,
wenn ein Bauch der stehenden Lichtwelle in der Oberfläche der
Jodsilberschicht liegt, konnte an sensibilisierten Platten für gelbes
Licht bestätigt werden.
262 Beck und Eggert. Erwiderung
Jodeiberselacneschichten lassen sich durch dieselben Farb-
stoffe wie die reinen Jodsilberschichten sensibilisieren. Es besteht
also in bezug auf die Sensibilisierungsfähigkeit kein grundsätzlicher
Unterschied zwischen den reinen, bindemittelfreien und den Jod-
silbergelatineschichten.
Bromsilbergelatineschichten, die Hanse Zeit gelagert hatten,
erwiesen sich nach der Umwandlung in Jodsilber als hervorragend
sensibilisiert. Die sensibilisierende Wirkung reichte dabei bis in
das äußerste Rot. Es konnte nachgewiesen werden, daß diese Sensi-
bilisierung auf die Einwirkung von Quecksilberdämpfen zurück-
zuführen war. Vor der Umwandlung in Jodsilber zeigten diese Brom-
silbergelatineplatten bereits eine schwache Sensibilisierung. Queck-
silber ist demnach ein Sensibilisator für Brom- und Jodsilber.
Die vorliegende Arbeit wurde im Physikalischen Institut der
Universität Leipzig ausgeführt. Meinem hochverehrten Lehrer,
Herrn Geheimrat Prof. Dr. O. Wiener, möchte ich auch an dieser
Stelle für die Bereitstellung der Mittel sowie für das rege Interesse
an dieser Arbeit meinen verbindlichsten Dank aussprechen. Ebenso
danke ich Herrn Dr. F. Rother, auf dessen Anregung die vorliegende
Arbeit ausgeführt wurde.
Erwiderung
Von
H. Beck und J. Eggert
Im Anschluß an eine kürzlich von uns publizierte Untersuchung
über den Brennvorgang des Blitzlichtes stellten wir zwei beiläufige
Betrachtungen an:
I. Um einige weitere Anwendungsmöglichkeiten unseres Appa-
rates vorzuführen, verglichen wir die Intensität einiger anderer
Lichtquellen mit derjenigen des Blitzlichtes.
2. Wir brachten eine kurze energetische Gegenüberstellung der
beiden oft zu Augenblicksaufnahmen praktisch verwendeten Licht-
quellen: Blitzlicht und Sonne.
Zu diesen beiden Punkten hat Eder ausführlich Stellung ge-
Dommen, H
1) Diese Zeitschr. 24. 423. 1927.
Baur. Bericht. zu d. Mitt. v. V. Sihvonen „Über d Natur d Desensibilierung‘“ 263
Zu 1. Eder beanstandet unseren Gebrauch des Wortes
„Aktinität“ und vermißt gewisse, besonders die klassischen Literatur-
nachweise. Wir bemerken hierzu: Wir sprechen einwandfrei von
dem Verhältnis der aktinischen Intensität zur psychologischen
Helligkeit der betreffenden Lichtquellen, bezogen auf die verwendete
Bromsilberemulsion. — Der Umfang der Literaturangaben ist An-
sichtssache; wir folgten dem Grundsatz: Hauptthema — Original-
arbeiten; Nebenfragen — Sammelreferate. Übrigens lehrt Eders
Tabelle, daß unsere Messungen zutreffen. Wir können also Eders
Einwendungen nicht anerkennen.
Zu 2. Eder erhebt Bedenken gegen die von uns im Ver-
gleich zur Sonnenstrahlung angegebene Farbtemperatur des Blitz-
lichtes (240° abs) und folgert aus unseren übrigen Angaben
durchaus zutreffend, daß die Farbtemperatur zu 2900° bis 3000° abs.
angenommen werden muß. In der Tat ist uns hier ein Versehen
unterlaufen, das deshalb von uns unbemerkt blieb, weil wir aus
dieser nur nebenbei gemachten Bemerkung keinerlei weitere Schlüsse
zogen. Auch gegen die Mahnung Eders, „daß die Verbrennungs-
temperatur des Magnesiums nicht mit der Farbtemperatur zusammen-
geworfen werden darf“, ist nichts einzuwenden, wir haben auch
keine Behauptung in dieser Richtung aufgestellt. Nur möchten
wir unsererseits bemerken, daß man auch nicht die Temperatur-
zählungen zusammenwerfen darf. Normalerweise spricht man
z. B. entweder von der Temperatur 3000° abs. oder 2727° C;
der Sprachgebrauch Eders: „3000°C abs.“ ist ungewöhnlich und
auch irreführend.
(Eingegangen am 20. November 1927)
Berichtigung zu der Mittellung von V. Sihvonen
„Über die Natur der Desensibilierung“
Von
Emil Baur
Wie Herr A. Steigmann mir mitteilt, ist er der Ansicht, daß
die Zeile, in welcher in der Arbeit von V. Sihvonen?) auf die
Mitteilung von G. Koegel und A. Steigmann?) Bezug genommen
ist, verbesserungsbedürftig se. Bei Sihvonen heißt es: „Die
1) Z. wiss. Phot. 25. 1. 1927.
DZ wiss. Phot. 2%. 18. 1926.
264 Baur. Bericht. zu d. Mitt. v. V. Sihvonen „Über d. Natur d Desensibilierung“‘
Gelatine reagiere photochemisch mit dem desensibilierenden Küpen-
farbstoff und fange so dasjenige Licht ab, welches sonst auf Brom-
silber wirken würde.“ Dagegen heißt es bei Koegel und Steig-
mann: „Die Desensibilierung kommt vermutlich dadurch zustande,
daß der vom Bromsilber aktivierte Wasserstoff, der aus der sen-
sibilierenden Gelatine kommt, vom Desensibilator abgefangen wird,
so daß eine Reduktion des Halogensilbers nicht eintreten kann.“
Ich bedaure, daß die gekürzte Wiedergabe dieses Textes insofern
irreführen kann, als man aus ihr nicht ersieht, daß das Bromsilber
als eigentlicher Täter gemeint war.
Herr A. Steigmann ist der Ansicht, daß die Darlegung, die
in der Arbeit Sihvonens die Desensibilierung erfährt, durch ihn
(Steigmann) vorweggenommen sei. Wir, Sihvonen und ich,
vermögen diese Ansicht zwar nicht ganz zu teilen, doch lag es uns
fern, irgend jemand verkürzen zu wollen. Insbesondere nehme ich
die Gelegenheit wahr, um ausdrücklich anzuerkennen, daß auch
H. H. Schmidt?!) im Halogensilber den Täter der Desensibilierung
erblickt hat („wird meines Erachtens durch die Energie bewirkt,
die vom Halogensilber quantenmäßig aufgenommen und wieder ab-
gegeben wird, also nicht zu photochemischen Umsetzungen im
Halogensilber führt“, a. a. O., Seite 227) Indessen dürfen wir,
Sihvonen und ich, doch behaupten, daß die bisherigen Autoren
nicht in der Lage waren, zutreffend anzugeben, durch welchen
Prozeß die Desensibilierung zustande kommt.
Zürich, 25. November 1927.
1) A. a. O. 24. 223. 1926.
(Eingegangen am 26. November 1927)
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen
Stee
Zeitschr. f. wiss. Phot. Bd. XXV Tafel II
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K. Baukloh
Verlag von Johann Ambrosius Barth in Leipzig
Zeitschrift
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` wissenschaftliche Photographie
-Photophysik und Photochemie
Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen
insbesondere von
H. Kayser
o. em, Profrssor an der Universität Bonn
herausgegeben von
K. Schaum
o. 6. Professor an der Universität Gießen
Mit 15 Figuren im Text
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VERLAG VON ESCHER AMBROSIUS BARTH
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| en auf die Zeitschrift werden von allen Buchhandlungen und von def Verlagsbuchhandlung
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Mai 1928 E E TE O
O?
Inhaltsverzeichnis `
Onsinsiartieiter | 2 ner
L. A. Jones, Photographische Ra im ultravioletten Gebiet.
Mit 7 Figuren im Text . . , BE. A > .. 265
Lüppo-Cramer, Zur Bildzerstörung durch Desensibilisatoren. Mit 5 gem
im Text ee 282 ,
W. Dziobek, Die F arbtemperatur des Magnesiumlichts, Mit 3 Rz im Text 287
— DU. nn
Kleine Mitteilungen, Ultramikroskopische Beobachtungen an Halogen-
lberkristallen a <. a Lt Tab a RN Te ee AE MEEN
Bücherbesprechung Aw "KA gn Bn EEN Ate ee AM
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Photophylik und Photodiemie
XXV. Band 1928 Heft 9
Photographische Spektraiphotometrie im ultravioletten Gebiet
Von
L. A. Jones
Mit 7 Figuren im Text
(Mitteilung Nr. 314 des Forschungslaboratoriums der Eastman Kodak Co.
Veröffentlicht durch die Technische Abteilung der Kodak A. G. Berlin)
Es wird angenommen, daß der Zuhörerkreis, für welchen dieser
Vortrag bestimmt ist!), hauptsächlich für die Anwendung der photo-
graphischen Spektralphotometrie auf die Messung der Energie-
verteilung in der Sonnenstrahlung interessiert ist. Der Autor trägt
einige Bedenken, eine Arbeit über diesen Gegenstand vorzutragen,
da er keine eigentliche Erfahrung über Messungen der Sonnen-
strahlung besitzt. Es wurden aber in unserm Laboratorium eine
große Anzahl von Arbeiten über die Anwendung photographischer
Methoden zur Bestimmung der Ultraviolettabsorption ausgeführt,
welche charakteristisch für Farbstoffe und andere selektiv ab-
sorbierende Medien ist, und zur Messung der spektralen Verteilung
der Empfindlichkeit in photographischen Materialien (1). Obgleich
die Anwendung solcher Methoden auf die Messung der Sonnen-
strahlung zweifellos gewisse Probleme darbietet, welche in dem
Arbeitsgebiet, auf welchem wir die meiste Erfahrung besitzen, nicht
vorkommen, so sind doch viele der Grundprinzipien beiden Arten
von Arbeitsgebieten gemeinsam. Es ist zu hoffen, daß eine Dis-
kussion einer Anzahl von Methoden, welche wir als brauchbar er-
funden haben, und der Art und Weise, in welcher man photo-
graphische Materialien anwenden sollte, um gewisse häufig vor-
kommende Irrtümer auszuschließen, nützlich für diejenigen ist,
welche ganz besonderes Interesse für die Messung der Sonnen-
strahlung haben.
mm m
1) Vortrag, gehalten bei der 1927 stattgehabten Versammlung der Meteorologischen
Sektion der American Geophysical Union. Abdruck aus Bulletin of the National
Research Council No. 61, Washington D. C., 1927.
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 18
266 Jones
Die photographische Platte wird bereits seit etlichen Jahren
für spektralphotometrische Arbeiten verwendet, und infolge ihrer
Empfindlichkeit für Strahlungen von Schwingungszahlen außerhalb
des sichtbaren Spektrums wurde sie praktisch unentbehrlich in den
Fällen, wo es notwendig ist, in Gebieten zu arbeiten, die wenig
oder vollkommen unsichtbar sind. Unglücklicherweise wurden viele
Methoden für den Gebrauch der photographischen Platten zu dieser
Art von Arbeiten ohne ausreichende Kenntnisse oder genügende
Berücksichtigung der den photographischen Materialien innewohnen-
den Eigenschaften ersonnen, was zur Folge hatte, daß die erhaltenen
Resultate mehr oder weniger vom Standpunkt der Reproduzierbar-
keit und Präzision als mißlungen angesehen werden müssen. Fehl-
ergebnisse hinsichtlich der gewünschten Genauigkeit, welche gewöhn-
lich auf eine ungeeignete Anwendung oder auf Unkenntnis der
fundamentalen Eigenschaften der photographischen Materialien zu-
rückzuführen sind, sollten noch nicht als ausreichende Begründung
für eine ungerechtfertigte Verurteilung angesehen werden. Verfasser
hat die starke Empfindung, daß mit sauberer experimenteller Technik
und verständiger Interpretation der Resultate die photographische
Methode befähigt ist, spektrophotometrische Daten im ultravioletten
Gebiet zu liefern, welche in bezug auf Präzision den mit Hilfe irgend-
einer radiometrischen Methode erhaltenen gleichwertig oder über-
legen sind. Diese Bemerkungen sollten nicht so ausgelegt werden,
daß der Eindruck erweckt wird, als seien keine ausreichenden Me,
thoden entwickelt; dies ist nicht der Fall. Einige recht gute In-
strumente sind angegeben worden und befriedigende Resultate wurden
bei ihrem Gebrauch erzielt. Die Literatur über die photographische
Spektralphotometrie ist umfangreich, und es soll in dieser Arbeit
nicht der Versuch gemacht werden, einen Rückblick auf die auf
diesem Gebiet geleistete Arbeit zu geben oder eine vollständige
Bibliographie über diesen Gegenstand vorzulegen.
Bevor wir fortfahren mit einer Diskussion der Instrumente und
Methoden, dürfte es ratsam sein, in Kürze einige der Eigentümlich-
keiten photographischer Materialien darzulegen, welche den Anlaß
zu Irrtümern geben können, wenn diese Materialien zur Messung
von Strahlungsintensitäten gebraucht werden.
Der Intermittenzeffekt. Die photographische Platte sum-
miert im allgemeinen nicht streng intermittierende Expositionen.
Eine Exposition (Exposition Æ = Intensität Z mal Zeit Z) von de-
finierter Größe, welche als eine Reihe von intermittierenden Blitzen
Photographische Spektralphotometrie im ultravioletten Gebiet 267
stattgefunden hat, gibt im allgemeinen nach der Entwicklung eine
geringere Schwärzung als eine gleich große, kontinuierlich an-
gewandte Exposition. Deshalb müssen unter gewissen Bedingungen
die erhaltenen Intensitätswerte korrigiert werden, wenn der Ex-
positionsmechanismus von intermittierender Art ist. Dieser Inter-
mittenzeffekt ist von Abney (2), Schwarzschild (3), Sheppard
nnd Mees(4) und vielen anderen studiert. Die neueste Arbeit ist
diejenige von Davis (5), in welcher er zeigt, daß die Differenz
zwischen der durch kontinuierliche und intermittierende Exposition
hervorgerufenen Schwärzung je nachdem positiv oder negativ sein
kann, was davon abhängig ist, ob der Intensitätsfaktor der Ex-
position / größer oder kleiner ist, als die optimale Intensität /, des
verwandten photographischen Materials. Für präzise Arbeiten auf
dem Gebiet der photographischen Photometrie ist es daher un-
erwünscht, Methoden mit intermittierenden Expositionen zu ver-
wenden.
Abweichungen vom Reziprozitätsgesetz. Die durch eine
gegebene Exposition E hervorgerufene Schwärzung hängt nicht nur
ab von dem Werte der Exposition Z=/.?:, sondern von den
Größen der Intensität Z und der Expositionszeit 4 Die Beziehung
zwischen den Werten des Intensitäts- und des Zeitfaktors bei der
Exposition und der Größe der resultierenden Schwärzung wurde
von zahlreichen Forschern auf diesem Gebiet untersucht, und die
Literatur über diesen Gegenstand ist sehr umfangreich. Vielleicht
ist die bekannteste dieser Arbeiten diejenige von Schwarzschild (6),
welcher das allgemein unter seinem Namen bekannte Gesetz formulierte:
E=]. P,
Hierin ist p eine Konstante. Kron (7) führte im Jahre 1913 eine
ausgedehnte Untersuchung über diesen Gegenstand aus und erhielt
aus seinen Resultaten die folgende Gleichung:
-a l AN gi
E=ż.1.-10 vr) ;
Diesem Gegenstand wurde in unserem Laboratorium während eines
Zeitraums von 10 Jahren große Aufmerksamkeit zugewendet, und
mehrere Arbeiten, welche über unsere Resultate berichten, wurden
publiziert (8). Es hat sich zum Schluß ergeben, daß die Schwarz-
schildsche Gleichung nicht streng gültig ist, und daß der Exponent p
keine Konstante ist. Unsere Resultate, welche sich auf viele Tau-
sende von Beobachtungen gründen, stimmen nicht gut mit der oben
(Eh
268 Jones
gegebenen, von Kron stammenden Gleichung überein. Eine andere
Gleichung, welche von Kron vorgeschlagen war, die aber seine
Resultate nicht befriedigend wiedergaben, gab nach unseren Beob-
achtungen präzisere Werte als jeder andere analytische Ausdruck,
soweit wir versucht haben. Die Kurve, welche man erhält, wenn
man die erhaltenen Werte in die Form von „Kurven konstanter
Schwärzung“ bringt, ist vom Kettentyp und läßt sich ausdrücken
durch die Gleichung
dl EEN
worin /, (optimale Intensität) und a Konstanten für jedes photo-
graphische Material sind.
Beziehung zwischen Gamma und der Wellenlänge.
Wenn die Schwärzung D, welche durch die Gleichung
D = log, z
definiert wird, in welcher 7 der Transmissionskoeffzient des vor-
liegenden Silberniederschlags ist, als Funktion von log Exposition
dargestellt wird, so wird eine Kurve erhalten, wie sie A in Fig. ı
vorstellt. Ein Teil dieser Kurve stellt, abgesehen von den Versuchs-
fehlern, eine gerade Linie dar. Die Neigung (2) dieser Linie in bezug
auf die Ä-Achse wird definiert durch tang e, wo e der Winkel ist,
welchen die gerade Linie mit der X-Achse bildet. Die Kurve Æ
in der gleichen Figur ist die charakteristische D- log Z-Kurve, die
man erhält, wenn man bei dem gleichen Material eine längere Ent-
wicklungszeit anwendet, als im Falle der Kurve A. Es folgt hieraus,
daß die Neigung der geraden Linie d D/d log E von dem Maße der
Entwicklung abhängt.
Überdies ist für eine gegebene Entwicklungszeit y eine Funktion
der Wellenlänge der Strahlung, mit welcher die Exposition aus-
geführt wird. Diese Abhängigkeit der Neigung von der Wellen-
länge ist in Fig. 2 graphisch dargestellt, welche Gamma als Funtion
der Wellenlänge für verschiedene Entwicklungszeiten darstellt, wobei
Eastman D. C.-Orthoplatten verwendet wurden. Es muß bemerkt
werden, daß wenn die Entwicklungszeit kurz ist, der geringe Kon-
trast y in seinem Werte gut konstant ist im Bereiche von 3000
bis 4000 AE., wenn aber die Entwicklung zunimmt, so ist das er-
haltene y bei 3000 viel kleiner als das bei 4000. Diese Beziehung
zwischen y und der Wellenlänge der einwirkenden Strahlung ist
verschieden für verschiedene photographische Materialien, und in der
Photographische Spektralphotometrie im ultravioletien Gebiet 269
Log. Expositionszeit
Fig, 1. Schwärzungs-log Z-Kurve einer photographischen Platte
photographischen Spektralphotometrie muß diese Beziehung bestimmt
werden, es sei denn, daß gewisse Methoden angewandt werden, welche
diesen Effekt automatisch ausschalten. In einer Arbeit, welche von
3,00
o 20 mm. Entw.
2,50 ` y 10 min. Entw.
1,00 i i e 25min. Entw.
3000 3500 4000 4500 5000 5500 6000 63500 1000
Wellenlänge
Fig. 2. Beziehung zwischen Wellenlänge und Gamma
für verschiedene Entwicklungszeiten
270 Jones
den sensitometrischen Charakteristiken photographischer Materialien
im Ultraviolett handelt, hat Harrison (9) Kurven publiziert, welche
die Beziehung zwischen 7 und der Wellenlänge für mehrere ver-
schiedene Emulsionen von photographischen Platten zeigt. Seine Re-
sultate zeigen, daß für gewisse Plattensorten Gamma praktisch unab-
hängig von der Wellenlänge im Bereich zwischen 2500 und 3500 AE.
ist, während für andere Materialien eine bedeutende Änderung inner-
halb des gleichen Wellenlängenbereiches stattfindet. Verfasser hält
es für unklug, die Konstanz von y in Beziehung zur Wellenlänge
anzunehmen, selbst für Materialien von der gleichen Natur, wie sie
Harrison verwandt hat, ohne jedoch eine genaue Angabe über die
speziell verwandte Emulsionsnummer zu machen. Es ist wohl be-
kannt, daß verschiedene Güsse einer Emulsion kleine Abweichungen
in ihren Charakteristiken zeigen können; wenn auch diese Ab-
weichungen der Qualität für praktische Zwecke ohne Belang sind,
so können sie doch leicht groß genug sein, um unzulässige Fehler
bei der photographischen Spektralphotometrie zu bewirken.
Ungleichförmigkeit der wirksamen Empfindlichkeit.
Selbst sehr sorgfältig hergestellte photographische Materialien können
meßbare Unterschiede in der Empfindlichkeit an verschiedenen Stellen
zeigen, auch wenn die verwendete Fläche verhältnismäßig klein ist.
Diese Schwankungen in der Empfindlichkeit können durch Faktoren
hervorgerufen sein wie: Ungleichmäßigkeit in der Dicke des Gusses,
Schwankungen in der spezifischen Empfindlichkeit der Emulsion oder
geringe Unterschiede in der Art, wie die Entwicklung an ver-
schiedenen Stellen der Platte angreift. Während gewöhnlich diese
Ungleichmäßigkeiten zu geringfügig sind, um bei praktischen Arbeiten,
zu welchen diese Materialien gewöhnlich verwendet werden, sich be-
merkbar zu machen, so können sie von großer Bedeutung werden
und eine ausreichende Größe besitzen, um ernsthafte Fehler hervor-
zurufen, wenn sie für Zwecke quantitativer Messungen benutzt werden.
Fehler bei der Entwicklung. Es ist recht schwierig, zwei
Proben eines photographischen Materials in genau gleichem Mate
zu entwickeln. Dies ist auf zahlreiche Faktoren zurückzuführen wie
Schwankungen in dem Maße der Zirkulation der Entwicklungs-
flüssigkeit über der Oberfläche der Platten oder der Films, Schwan-
kungen der Temperatur und der Zeit der Entwicklung usw. Von
allen Methoden, soweit solche angegeben sind, zur Erzielung einer
gleichmäßigen Entwicklung einer relativ großen Fläche ist wahr-
scheinlich die sogenannte „Pinsel“-Methode, welche von Bloch (10)
Photographische Spektralphotometrie im ultravioletten Gebiet 271
und Clark (11) vorgeschlagen und beschrieben worden ist, die beste.
Messungen, welche in unserem Laboratorium ausgeführt worden sind,
zeigen, daß die Fehler, welche einer mangelnden Gleichmäßigkeit
der Entwicklung zuzuschreiben sind, und auftreten, wenn die Platten
in einem Behälter oder in einer Schale entwickelt werden, durch
Anwendung der Pinsel-Methode erheblich vermindert werden.
Kriterien der Intensitätsgleichheit. Unter Beachtung dieser
Charakteristiken mögen nun die Bedingungen streng definiert werden,
unter denen zwei Strahlungsintensitäten gleich sind. Wenn man zwei
unmittelbar aneinander grenzende kleine Flächen A und 2 auf der
Oberfläche eines photographischen Materials den beiden zu ver-
gleichenden Intensitäten aussetzt, und wenn man ein so exponiertes
Material in der Weise entwickelt, daß die zwei Flächen genau die
gleiche Behandlung bezüglich Entwicklung, Fixierung, Auswaschung,
Trocknung usw. erfahren, und wenn man die resultierende Schwärzung
unter identischen Bedingungen der Beleuchtung und Beobachtung
ausmißt, so mögen die verschiedenen eingehenden Faktoren zur
Verständigung folgendermaßen bezeichnet werden:
Flächen. 2 2, 2m Ee e A B
Intensität der einfallenden Strahlung ... A 4
Wellenlänge der einfallenden Strahlung. . A, 2,
Expositionszeit . .... : 2222er een l h
Dichte cieve E ee 33a D, D,
Im allgemeinen ist / nur dann gleich /,, wenn beide Expositionen
nichtintermittierend ausgeführt werden, und wenn
se fa,
=, und
D, = D; ist.
Für den Fall, daß die zwei Strahlungen, welche verglichen
werden sollen, nicht monochromatisch sind, muß die Bedingung,
daß y, = y, sein soll, durch die Forderung ersetzt werden, daß die
zwei heterogenen Strahlungen von identischer spektraler Zusammen-
setzung sind. Jegliche photographisch-spektrophotometrische Me-
thode, welche jeder Kritik standhalten soll, müßte die im vor-
stehenden aufgestellten Bedingungen erfüllen. Der Wert der durch
eine Methode erhaltenen Resultate, welche nicht diese Bedingungen
erfüllt, muß so lange kritisch beurteilt werden, bis sorgfältig geprüft
worden ist, daß der durch Nichtberücksichtigung der theoretischen
Forderungen eingegangene Fehler in jedem einzelnen Falle inner-
272 Jones
halb der zugelassenen Fehlergrenzen liegt, wie sie durch die er-
forderliche Präzision gegeben sind.
0,0 Log-E für A
1,8 Log-E für B
I
1,7 Log- E für €
i 1 t
ve 13 1209 06 03 0 Skala der Dichte des Ab-
46 vw 25 wë ——Skalader EHER. ee
Fig. 3, Diagramm zur Veranschaulichung der Methode zur Messung
der Strahlungsintensität
Eine Methode zur Ausführung von spektralen Absorptions-
messungen im sichtbaren Gebiet (12) ist in unserm Laboratorium
entwickelt worden, sie erfüllt sämtliche im vorstehenden aufgestellten
Bedingungen. Man hat daran gedacht, diese Methode mit Nutzen
auf die Messung der Sonnenstrahlung im Ultravioletten auszudehnen.
Das Grundprinzip kann am besten an Hand der Fig. 3 dargelegt
werden. Die schmale rechtwinklige Fläche A stellt die Schwärzung
dar, welche dadurch hervorgebracht wurde, daß man das photo-
graphische Material in der Weise exponierte, daß der Zeitfaktor £
konstant gehalten wurde, und der Intensitätsfaktor Z logarithmisch
anwuchs von log Æ =o am rechten Ende bis zu log £ = 1,8 am linken
Ende. Die Beziehung zwischen der Schwärzung und dem Loga-
rithmus der Exposition auf dieser Fläche ist dargestellt durch die
Kurve A. Der schmale Streifen B stellt eine Exposition auf dem
gleichen Material und von der gleichen Lichtquelle dar, wobei
log ZE so vom linken Ende her bis zu log Ee 1,8 am rechten
Ende anwächst. Diese Schwärzungsverteilung entspricht der Kurve 2.
Photographische Spektralphotometrie im ultravioletten Gebiet 273
Es ist klar, daß sich die zwei Kurven in einem Punkte in der Mitte
zwischen den Nullpunkten der zwei Streifen schneiden, wobei dieser
Schnittpunkt demjenigen Punkte entspricht, wo die Dichte der einen
derjenigen der anderen gleich ist. Wenn nun noch ein dritter
Streifen C unter genau den gleichen Bedingungen exponiert worden
ist, mit der Ausnahme jedoch, daß ein Lichtfilter von unbekanntem
Absorptionsvermögen zwischen Lichtquelle und photographische
Platte eingeschaltet wurde, so entspricht die durch die Fläche C
dargestellte Schwärzung der Kurve C. Der Punkt, in welchem
Schwärzungsgleichheit zwischen den Streifen C und 2 eintritt, ist
gegeben durch den Schnittpunkt der Kurve C mit B und die seit-
liche Verschiebung desselben in bezug auf den Schnittpunkt der
Kurven A und 2 ist dann ein direktes Maß für das Absorptions-
vermögen des unbekannten Filters. Dehnt man dies auf die Messung
der Intensität einer Strahlung aus, so ist es nur notwendig, die
Fläche C: einer Lichtquelle unbekannter Intensität zu exponieren;
diese muß aber die gleiche Wellenlänge oder doch die gleiche
spektrale Zusammensetzung haben wie die zur Exposition des
Streifens 3 verwendete. Die Verschiebung des Punktes z, in wel-
chem Schwärzungsgleichheit auftritt, von der Lage des Punktes o
ist ein direktes Maß für die Intensität der unbekannten Lichtquelle
verglichen mit der, welche beim Streifen 3 verwendet wurde. Es
wurde Nachdruck darauf gelegt, daß das Kriterium der Intensitäts-
gleichheit darin besteht, daß unmittelbar aneinandergrenzende Stellen
auf dem gleichen photographischen Material gleiche Schwärzungen
für gleiche Expositionszeiten ergeben.
Offensichtlich muß die Entwicklung sehr nahe gleich für die
zwei Flächen sein, und überdies gilt, als Folge einer geometrischen
Überlegung an der Figur, daß die Lage des Gleichheitspunktes un-
abhängig von dem Ausmaß ist, bis zu welchem die Entwicklung
getrieben wird. Außerdem ist es auch nicht nötig, daß der
Schwärzungswert auf dem geradlinigen Stück der charakteristischen
Kurve liegt. Es ist offenbar, daß wegen der Annahme, daß A, =4,
ist, die Kurven C und B gleiche Form haben müssen; deshalb ist
die seitliche Verschiebung der Kurve C direkt proportional der
relativen Intensität der zwei Lichtquellen, ohne Rücksicht darauf, ob
sich die Kurven in ihren geradlinigen Stücken schneiden oder nicht.
Die Anwendung dieser Arbeitsmethode auf das sichtbare Gebiet
ist in Fig. 4 veranschaulicht, deren oberer Teil einen schematischen
Horizontalschnitt durch das Instrument zeigt. Der Spalt S ist durch
274 Jones
eine geeignete Lichtquelle beleuchtet. Das Licht wird durch eine
Linse Z gesammelt, durch das Diffraktionsgitter G dispergiert und
in der Ebene des Spektrums CD durch die Linse L, abgebildet,
wobei die photographische Platte in der Ebene des Spektrums auf-
gestellt ist. Eine Parallellinien-Rasterplatte, wie in der linken Ecke
der Fig. 4 dargestellt, wird in Kontakt mit der lichtempfindlichen
Schicht in der Ebene des Spektrums aufgestellt, wobei die Raster-
streifen vertikal zu liegen kommen. Photographische Platte und
Aufriß durch C-D
Schlitz- Platte
Wellenlängen - Skala
q — — -r
Fig. 4. Schematische Zeichnung des photographischen Spektralphotometers
Raster sind auf einem Halter montiert, welcher senkrecht zur Zeichen-
ebene hinter einem flachen Spalt auf und ab bewegt werden kann.
Dieser hat horizontale Ausdehnung durch das Spektrum und zwar
innerhalb der Zeichenebene. Zwischen den Linsen Z und Z, ist
ein justierbares Sektorendiaphragma aufgestellt, mit Hilfe dessen die
Intensität der auf die photographische Platte einfallenden Strahlung
kontrolliert werden kann.
Die Expositionen wurden folgendermaßen ausgeführt: Die photo-
graphische Platte, mit dem Raster bedeckt, wird vertikal mit einer
konstanten geradlinigen Geschwindigkeit bewegt, während zur gleichen
Photographische Spektralphotometrie im ultravioletten Gebiet 275
Zeit das Sektorendiaphragma in der Weise verkleinert wird, daß die
auf die photographische Platte auftreffende Intensität logarithmisch
abnimmt. Auf diese Weise wird eine Exposition erzielt, wie sie
dem Streifen B in Fig. 3 entspricht. Die Rasterplatte wird nun
seitlich um eine Strecke bewegt, welche der Breite des undurch-
lässigen Streifens entspricht, indem sie auf diese Weise die zuvor
unbedeckten exponierten Teile vor einer weiteren Exposition schützt,
dagegen diejenigen Flächen freigibt, welche zuvor nicht exponiert
waren. Nun wird das zu untersuchende absorbierende Material ein-
geschoben, die Platte vertikal in entgegengesetzter Richtung mit
500 520 540 560 580 600 620
Wellen-Längen-Skala (pyu)
Fig. 5. Aufzeichnung eines Versuchsresultates mit dem photographischen
Spektralphotometer
konstanter gleichförmiger Geschwindigkeit bewegt, das Diaphragma
in der Weise geöffnet, daß es eine logarithmisch wachsende Ex-
position ergibt, wobei sich eine Exposition durch das Filter hindurch
ergibt, wie sie im Streifen C dargestellt ist. Für Arbeiten im sicht-
baren Gebiet wird ein Diffraktionsgitter mit normaler Dispersion
verwendet. Daher entspricht einem konstanten Strichabstand eine
konstante Wellenlängendifferenz. Der verwandte Gitterstreifen ist
von einer Weite, welche einem Wellenlängenband von 5 u entspricht.
Das Aussehen der resultierenden Platte nach der Entwicklung ist
dargestellt in Fig. 5. Eine Verbindungslinie der Punkte gleicher
276 Jones
Schwärzung gibt direkt die Wellenlängen-Schwärzungskurve der ab-
sorbierenden Substanz. In Fig. 6 zeigt die schematische Zeichnung
die zur Bewegung der photographischen Platte nach oben und unten
mit konstanter linearer Geschwindigkeit verwendete Methode, ebenso
die zum Öffnen oder Schließen des Sektordiaphragmas zwecks Ver-
stärkung oder Abschwächung der Intensität nach der logarithmischen
Beziehung. Die Führungsplatten 15 und 14 werden mit konstanter
linearer Geschwindigkeit getrieben mit Hilfe eines Synchronmotors
und einer sorgfältig geschnittenen Führungsschraube.
Um die volle Breite der photographischen Platte auszunutzen,
ist es in der Praxis vorteilhaft, den Gleichheitspunkt Null so zu ver-
legen, daß er in der Nähe einer Ecke der Platte liegt, denn eine
Abnahme der Intensität, hervorgerufen durch die absorbierende Sub-
stanz, gibt Punkte gleicher Schwärzung, welche zwischen o und
der oberen Ecke der Platte liegen (Fig. 5).
Die Bestimmung der Punkte gleicher Schwärzung zwischen an-
einandergrenzenden Streifen und Linien kann mit großer Präzision
mit Hilfe eines Mikroschwärzungskomparators erfolgen, welcher ge-
eignet ist, eine schmale Fläche auf jedem Streifen nahe an der
Trennungslinie getrennt zu messen. Es ist nicht nötig, absolute
Schwärzungsmessungen zu machen, da nur dieLage der Schwärzungs-
gleichheit von Belang ist. Der Mikroschwärzungskomparator kann
entweder vom subjektiven oder objektiven Photometertyp sein.
Bei der Modifizierung dieser Methode zur Erfüllung der An-
forderungen bei der Sonnenstrahlungsmessung wird es möglicher-
weise nötig sein, das Diffraktionsgitter durch ein Quarzprisma zu
ersetzen, und selbstverständlich müssen dann auch alle Linsen aus
Quarz hergestellt sein. Fernerhin muß eine Standardlichtquelle ver-
wandt werden, um die Vergleichsexposition herzustellen. Setzt man
die Standardlichtquelle in eine geeignete Stellung außerhalb der
optischen Achse und verwendet man ein total-reflektierendes Prisma
gegenüber der Eintrittsöffnung, welches nach Belieben ein- und aus-
geklappt werden kann, so kann die erste Serie von Expositionen
mit Hilfe der Sonnenstrahlung und die zweite Serie mit Hilfe der
Strahlen der Standardlichtquelle ausgeführt werden. Es ist wahr-
scheinlich, daß für das Gebiet zwischen 450 und 350 un die
beschriebene Rasterplattenmethode voraussichtlich dazu verwandt
werden kann, um eine Energiebestimmung innerhalb eines beträcht-
lichen Wellenlängengebiets aus einer Exposition zu erhalten. Im
Gebiet von Wellenlängen unter 350 un, wo das Maß der Änderung
Pholographische Spektralphotometrie im ultravioletten Gebiet 277
der Sonnenstrahlenintensität mit der Wellenlänge groß ist, ist es
wahrscheinlich, daß das abgebeugte Licht ernstlich in Betracht
kommt, wenn man versucht, die Strahlungsintensität über ein
Wellenlängengebiet von meßbarer Ausdehnung zu bestimmen. Fabry
und Buisson (13) benutzten zwei Spektroskope in Serie, um eine
monochromatische Strahlung frei von Störungen zu erhalten, die
durch Beugungsvorgänge im optischen System hervorgerufen werden.
Dies ist zweifellos die beste Methode zur Erzielung einer hohen
Reinheit bei Spektren, obwohl eine recht gute Annäherung zur Er-
P
zum justierbaren Diaphragma
Aufriß durch o-c
Fig. 6. Diagramm zur Veranschaulichung der Methode zur Bewegung
der photographischen Platte und zum Antrieb des Intensitätsreglers
zielung einer befriedigenden Reinheit durch den Gebrauch möglichst
engbegrenzter monochromatischer Filter erreicht werden kann, welche
eine Strahlung von der Wellenlänge durchlassen, welche gemessen
wird. In unserer Arbeit (a. a. O.) über die Empfindlichkeit photo-
graphischer Materialien im ultravioletten Gebiet fanden wir es völlig
unmöglich, durch irgendeine andere Methode eine ausreichende
Reinheit zu erzielen, ausgenommen die Methode des doppelt mono-
chromatischen Illuminators. Die Verwendung monochromatischer
Filter verbot sich bei dieser Arbeit von selbst, wegen der Not-
wendigkeit, die Transmission des Filters selbst für die verschiedenen
Wellenlängen zu bestimmen. Bei Messung der Sonnenstrahlung
jedoch, wenn das Filter sowohl während der Sonnenlichtexposition
278 Jones
als auch während derjenigen durch die Vergleichslichtquelle da-
zwischen gesetzt wird, ist es nicht nötig, die Durchlässigkeit des
Filters für die in Betratht kommende Wellenlänge zu kennen.
Benutzt man einen monochromatischen Illuminator zur Lieferung
der Strahlung für das’'Spektrophotometer, wie in Fig. 6 gezeigt wurde,
so kann man eine hohe Reinheit des Spektrums erzielen. Es dürfte
nötig sein, frei mit dem Raster umzugehen und ein paar abgestufte
Expositionen auszuführen, eine mit der Sonnenstrahlung und eine
mit der Standardlichtquelle für jede einzelne Wellenlänge. In diesem
Falle muß der Spalt Fig. 4 durch ein kleines Quadrat ersetzt werden,
dessen Öffnung in Richtung der Dispersion eine Abmessung äqui-
valent zu einem sehr engen Wellenlängengebiet hat. Das auf diese
Weise erhaltene Resultat besteht aus einem einzelnen Paar von
Schwärzungsstreifen, welche in entgegengesetzten Richtungen ab-
gestuft sind, wobei die Lage des Punktes gleicher Schwärzung be-
nutzt wird, um die relative Intensität der Sonnenstrahlung und der
Vergleichslichtquelle zu bestimmen.
Die mechanische Konstruktion des Instrumentes, das man zur
Anwendung dieser Methode benötigt, kann beträchtlich vereinfacht
werden durch Anwenuung einer stufenweise veränderlichen Ex-
positionsmethode an Stelle der beschriebenen kontinuierlich ver-
änderlichen. Schwärzungsmessungen, welche nach dieser Methode
ausgeführt werden, dürften eine sensitometrische Kurve für die
Sonnenstrahlung und für die Strahlung der Vergleichslichtquelle für
jede Wellenlänge ergeben. Der Schnittpunkt der beiden Kurven,
welcher dem Schnittpunkt der Kurven Z und C in Fig. 3 entspricht,
bestimmt dann die relative Intensität der zwei Strahlungen. Die
photographische Platte kann von Hand aus bewegt werden oder
mit Hilfe eines automatischen Mechanismus, entsprechend dem für
die diskontjnuierliche Veränderung des Diaphragmenhalters. Eine
Serie von festen Diaphragmen vom radialen Sektortyp dürfte wahr-
scheinlich besser sein, als ein Satz von variablem Durchmessertyp,
da der erstere unabhängig ist von jeglicher zonaler Aberration im
optischen System. Die Intensität kann mit Vorteil mit Hilfe von
Blättchen reguliert werden,’ welche aus einem Platinniederschlag,
hergestellt durch Kathodenzerstäubung, auf dünnen Quarzplatten
bestehen. Dieses Material ist verhältnismäßig nonselektiv in dem
Gebiet zwischen 250 und 450 uu, wie durch die spektrophotometrische
Schwärzungskurve in Fig. 7 gezeigt wird. Solche Blättchen können
ausgemessen werden durch irgendein beliebiges radio-mikrophoto=
Photographische Spektralbhotometrie im ultravioletien Gebiet 279
graphisches Verfahren. Wenn diese nicht diffus sind, so ist ihre
Ausmessung nicht so gestört wie bei Blättchen, welche durch
Verwendung entwickelter photographischer L chteindrücke hergestellt
werden. Im Falle der letztgenannten Materialien ist es wesentlich,
sie in der Lage auszumessen, in welcher sie verwandt werden sollen,
um sicher zu sein, daß der gemessene Schwärzungswert dem wirk-
samen Schwärzungswert äquivalent ist.
e Doppelmonochromatische Quarzilluminatoren sind nicht im
Handel erhältlich; ein ausgezeichnetes Exemplar wurde von Carl
Zeiss, Jena, hergestellt. Durch Hinzufügung eines geeigneten Satzes
schwächender Diaphragmen zu einem dieser Instrumente und An-
1,4
200 300
400
Wellenlänge
Fig. 7
bringung eines Plattenhalters an der Austrittsëffnung des Instruments
dürfte es möglich sein, das Prinzip der oben ausgeführten Methode
anzuwenden. Diese besteht im wesentlichen in der Herstellung einer
Serie von sensitometrischen Schwärzungen mit Hilfe der Strahlung
von unbekannter Intensität und einem völlig ähnlichen Satz mit
einer Strahlung von bekannter Intensität, ausgeführt für jede Wellen-
länge. Die sensitometrische Exposition kann entweder kontinuier-
lich abgestuft sein, wie bei dem Instrument für die Arbeit im sicht-
baren Gebiet, oder diskontinuierlich (Stufe für Stufe), was zweck-
mäßiger ist. Im Falle kontinuierlicher. Veränderung der Exposition
wird die relative Energie bestimmt durch die Auffindung der In-
tensitätsgleichheit zwischen den zwei sensitometrischen Streifen, wo-
durch die Notwendigkeit von Schwärzungsmessungen fortfällt. Im
Falle der stufenweisen Methode muß man Schwärzungsmessungen
ausführen und die resultierende charakteristische Kurve für die Be-
280 Jones
ziehung zwischen Schwärzung und log Æ aufstellen. Der Schnitt-
punkt zwischen so erhaltenen charakteristischen Kurven bestimmt
den gesuchten relativen Intensitätswert.
Als Vergleichslichtquelle dürfte wahrscheinlich ein streifen-
förmiger Wolframfaden in einer Quarzbirne das beste sein. Eine
solche Lichtquelle, gespeist mit einem Strom von einer Akkumu-
latorenbattrie und geregelt mit einer potentiometrischen Methode,
dürfte über eine sehr lange Zeitperiode mit einer sehr beträchtlichen
Präzision konstant bleiben. Die relative Intensität der emittierten
Strahlung bei verschiedenen Wellenlängen kann für einen Wolfram-
draht bei bekannter Temperatur nach der bekannten Strahlungs-
formel berechnet werden. Die Konstanten für Wolfram sind mit
hoher Präzision bestimmt worden. Ein Wolframdraht entsendet bei
einer Temperatur von 2960°K genügend Strahlung im Gebiete
zwischen 290 und 400 uu, um als äußerst befriedigende Standard-
lichtquelle zum Vergleich mit der Sonnenstrahlung zu dienen. Der
streifenförmige Wolframdraht in einer Quarzbirne wurde in unserm
Laboratorium als Strahlungsstandard in diesem Gebiet im Zusammen-
hang mit unserer Arbeit über die Messung der photographischen
Empfindlichkeit verwendet. Benutzt man einen doppelten Mono-
chromator von relativ hoher Apertur und gewöhnliche photo-
graphische Materialien des Handels, so kann man Expositionen bis
herab zu 300 uu in ziemlich kurzer Zeit erhalten.
Empfindlichkeit photographischer Materialien. Die Emp-
findlichkeit photographischer Materialien erstreckt sich weit ins Ultra-
violett hinein und eine gewisse Schwierigkeit hat sich bei spektro-
photometrischen Arbeiten in diesem Gebiete herausgestellt, nämlich für
praktische Zwecke eine ausreichende Empfindlichkeit zu erzielen. Wie
oben festgestellt wurde, ist Gamma in den meisten Fällen relativ
klein bei Wellenlängen zwischen 2500 und 3000 AE. so daß maximal
Schwärzungen resultieren, welche verhältnismäßig gering sind. Die
oben erwähnte Arbeit von Harrison (9) orientiert uns über die Emp-
findlichkeitsverteilung für zahlreiche wohlbekannte photographische
Materialien. Derselbe Autor hat auch eine Arbeit veröffentlicht (14),
welche von der Wirkung verschiedener fluoreszierender Öle auf die
Steigerung der Empfindlichkeit photographischer Materialien gegen-
über der ultravioletten Strahlung handelt. Dieser Kunstgriff dürfte
vorteilhaft sein beim Arbeiten im extremen Ultraviolett bei Wellen-
längen unter 250 uu, aber es ist nicht wahrscheinlich, daß er irgend-
einen besonderen Vorteil bei Messung der Sonnenstrahlen bietet.
Photographische Spektraipholometrie im ultravioletten Gebiet 231
Zum Schluß ist es erwünscht, nochmals zu betonen, daß ge-
wisse definierte Bedingungen im Auge behalten werden müssen,
wenn man photographische Materialien zur Messung von Strahlungs-
intensitäten verwendet. Diese sollen kurz dahin zusammengefaßt
werden, daB im allgemeinen zwei Strahlungsintensitäten nur dann
gleich sind, wenn für gleiche Expositionszeiten gleiche Schwärzungen
erzielt werden, wobei vorausgesetzt ist, daß beide Expositionen nicht
intermittierend sind, daß die zwei Strahlungen gleiche Wellenlänge
besitzen oder, wenn sie heterogen sind, von gleicher spektraler Zu-
sammensetzung, daß ferner die zwei Schwärzungen durch identisches
Arbeiten bei Entwicklung, Fixierung, Auswaschen und Trocknen usw.
hergestellt worden sind. Es ist vorzuziehen, daß die zwei zu ver-
gleichenden Schwärzungen auf der gleichen photographischen Platte
unmittelbar aneinander angrenzen, um die möglichen lokalen Schwan-
kungen in der Empfindlichkeit der Materialien möglichst herabzusetzen.
Rochester, N.Y., Research Laboratorium Eastman Kodak Co.
Literatur
1) L. A. Jones und O. Sandvik, J. O. S. A. 12 (4) 401, April 1926.
2) W. de W. Abney, Phot. J. 18. 56. 1893.
3) K. Schwarzschild, Astroph. J. 11. 92. 1900.
4) Sheppard und Mees, Untersuchungen über die Theorie der photographischen
Prozesse. S. 222. 1907.
5) Raymond Davis, Bur. Standards Sci. Paper No. 528, 1926.
6) K. Schwarzschild, Phot. Korr. S. 171, 1899; Astroph. J. 11. 89. 1900.
Beitr. z. phot. Photom. d. Gestirne.
7) Kron, Eders Jahrbuch, S. 6. 1914.
8) L. A. Jones und E. Huse, J. O. S. A. 7. 12, 1079, Dez. 1923; 11. (4) 319,
Okt. 1925; L. A.Jones, E. Huse und V. C. Hall, J. O. S. A. 12. (4) 321, April 1926;
L. A. Jones und V. C. Hall, J. O. S. A. 13. (4) 443, Okt. 1926; L. A. Jones,
V.C. Hall und R. M. Briggs, J. O. S. A. 14. (3) 223, März 1927.
9) G. R. Harrison, J. O. S. A. 11. 341. 1925.
10) O. Bloch, Phot. J. 61. 425. 1921.
11) W. Clark, Phot. J. 65. 76. 1925.
12) L. A. Jones, J. O. S. A. 10. 561. 1925.
13) Ch. Fabry und H. Buisson, Astroph. J. 54. 297. 1921.
14) G. R. Harrison, J. O.S. A. 11. 113. 1925.
(Eingegangen am 25. November 1927)
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 19
282 Lüppo-Cramer
Zur Bildzerstörung durch Desensibilisatoren
Von
Lüppo-Cramer
Mit 5 Figuren im Text
Unvorsichtige Behandlung hochempfindlicher Platten mit dem
roten Dunkelkammerlichte äußert sich bekanntlich in einer zunehmen-
den Schleierbildung. Indessen geht aus verschiedenen neueren Arbeiten
des Verfassers(1) hervor, daß bestimmte Gaslichtpapiere, die an sich
auch gegen helles rotes Licht praktisch unempfindlich sind, nach
stattgehabter Exposition eine sehr starke Rotempfindlichkeit besitzen,
die sich aber nicht etwa in Schleierbildung äußert, sondern darin,
daß das bereits vorhandene latente Bild durch rotes Licht mehr
oder weniger weitgehend zerstört wird, ohne daß dabei auch nur
eine Spur von Schleier auftritt. Diese abschwächende Wirkung des
Rotlichtes ist bei manchen Gaslichtpapieren so stark, daß man in
der Praxis darauf Rücksicht nehmen muß.
Nun haben andere Untersuchungen (2) über den Herscheleffekt
gezeigt, daß man auf den meisten Plattensorten bei Belichtungen
mit „gewöhnlichem“ roten Dunkelkammerlichte, d. h. bei Benutzung
von Filtern, die nicht allzu extrem nur die längsten Wellen durch-
lassen, einen doppelten Effekt erzielt. Es tritt hier nämlich sowohl
eine Verschleierung, als auch eine aufhellende Wirkung in
vorher stärker belichteten Bildteilen ein.
Fig. ı, die ich meiner zitierten Abhandlung nochmals entnehme,
illustriert einen solchen Effekt des roten Lichts. Sie zeigt die ur-
sprüngliche Schwärzungskurve (I) der besonders hergestellten sehr
feinkörnigen, aber bereits Keime enthaltenden Platte, die durch halb-
stündige Nachbelichtung mit einer ı2okerzigen Lampe in 75 cm
Entfernung durch das Rotfilter in Kurve 2 überging. Diese stellt in
ihrem ersten Teile bis zum Schnitt mit der Kurve ı die schwärzende,
im oberen Teile die aufhellende Komponente des Herscheleffekts
dar. Die Abschwächung des latenten Bildes tritt also unter diesen
Umständen erst oberhalb einer bestimmten latenten Schwärzung ein.
(Erst eine Imprägnierung der Platte mit Bromkaliumlösung [3°/,)
läßt unter gleichen Verhältnissen aus der ursprünglichen Kurve 3
die Kurve 4 entstehen, die stark gebogene Kurve 2 ist also infolge
Zur Bildzerstörung durch Desensibilisatoren 283
der Bromionenwirkung in die überwiegend gerade ÄAusbleichkurve 4
übergegangen.)
Ganz analoge Verhältnisse treten nun unter gewissen Bedingungen
auch bei der Anwendung von Desensibilisatoren ein, was sowohl
für die Praxis der Hellichtentwicklung wie auch für die weitere
theoretische Erkenntnis des Zusammenhanges zwischen Herschel-
effekt und der photochemischen Keimzerstörung in Gegenwart jener
Farbstoffe von Bedeutung ist.
Es wurden für diese Versuche verschiedene Trockenplatten-
marken benutzt, die zuerst alle gleichmäßig unter Graukeilen be-
0 e BR
Fig. ı
lichtet, dann in den Lösungen der Desensibilisatoren 2 Minuten lang
gebadet und getrocknet wurden. Je eine solcher Plattenpaare wurde
sodann mit einer übermäßig starken Lichtquelle (120kerzige Lampe
in nur 33 cm Entfernung) diffus belichtet und zwar teils unter einer
gewöhnlichen Dunkeikammerscheibe (3) 2 Minuten, teils unter einem
besonders dunkelroten Filter (4) 10 Minuten lang und dann neben
der nicht nachbelichteten Kontrolliplatte 3 Minuten lang in Metol-
hydrochinon entwickelt und densographiert.
Um die einzelnen Densogramme nicht allzu unübersichtlich zu
gestalten, wurde jeweils nur eine Kontrollplatte (X) mit eingezeichnet
und zwar die mit Phenosafranin eingetrocknete (aber nicht rot nach-
belichtete) Platte; die ursprünglichen Kurven der nicht gefärbten
und der mit den andern Farbstoffen gefärbten Platten weichen so
wenig voneinander und von A ab, daß der Unterschied zwischen
| 19*
284 Lüppo-Cramer
ihnen gegenüber der starken Wirkung der Rotnachbelichtung in
diesem Zusammenhange ohne Interesse ist,
Densogramm 2 bezieht sich auf Hauff-Ultrarapid, 3 Agfa-Ultra-
Special, 4 Eastman Process, 5 Imperial 1200. Die Kurvennummern
- )
FEZ
EPE
E477
Fig. 2
bedeuten übereinstimmend, soweit sie nicht zugunsten der Über-
sichtlichkeit weggelassen wurden, in den Figg. 2—5:
K) Kontrollplatte (nicht rot nachbelichtet),
1) Phenosafranin 1:20000, einfaches Rotfilter,
2) Pinakryptolgrün 1:20000, einfaches Rotfilter,
3) Phenosafranin 1:20000, dunkelrotes Filter,
4) Pinakryptolgelb ı: 5000, einfaches Rotfilter,
5) Pinakryptolgelb ı: 5000, dunkelrotes Filter.
Für unser Thema besonders beachtenswert ist die Tatsache, daß
vor allem das Phenosafranin (Kurve ı) unter dem einfachen Rotfilter
in den Densogrammen 2—4 im ersten Teile der Kurve zwar noch
eine sehr starke Schwärzung zuließ, daß aber im oberen Teile der
Kurve eine starke Ausbleichung erfolgte. Auch Pinagrün (Kurve 2)
zeigt noch neben der Ausbleichung die Schleierwirkung, wenn auch
in geringerem Grade in Fig. 2. Unter der dunkelroten Scheibe
entsteht auch auf der Safraninschicht kein Schleier mehr (Kurve 3),
Pinagelb verhindert aber in allen Fällen auch schon den Schleier
durch das helle Rotfilter (Kurve A Auf der Platte in Fig. 5 hat
schon das Safranin die Schleierbildung auch durch das helle Rot-
filter vollkommen verhindert. Die oft diskutierte Individualität des
Plattenmaterials tritt also auch hier recht stark hervor. Diese ist
im vorliegenden Falle wohl wieder in der mehr oder weniger hohen
Zur Bildzerstörung durch Desensibilisatoren 285
Bromionenkonzentration der Schichten begründet, denn nach vor-
herigem Auswaschen der Platte verlief die Phenosafraninkurve der
Imperialplatte wie ıb in Fig. 5. Andererseits ging auch die starke
0 05 1 15 2 25 3 35 4 45
Fig. 3
schwärzende Komponente der Kurve ı in Fig. 2 vollkommen ver-
loren, wenn der Safraninlösung noch ı°/, KBr zugefügt wurde; die
Kurve fiel in diesem Falle fast vollkommen mit der Kurve 5 zu-
sammen.
Die Wirkung des roten Lichts in Gegenwart besonders von
Phenosafranin, aber auch noch von Pinagrün, verläuft also unter
E EE
Fig. 4
den näher bezeichneten Verhältnissen ganz wie die des Herschel-
effektes unter ähnlichen Bedingungen, was wieder auf den nahen
Zusammenhang der Phänomene hindeutet. Es sei auch noch darauf
286 Lüppo-Cramer. Zur Bildzerstörung durch Desensibilisatoren
hingewiesen, daß das Pinagelb sicherlich noch keinerlei optische
Sensibilisierung für Rot zur Folge haben kann, daß also in dieser
Beziehung auch wieder, ganz wie beim Herscheleffekt, nur die
Silberkeime als Sensibilisatoren für das längerwellige Licht wirken
können. |
Die im vorstehenden beschriebenen Versuche sollten vor allem
nur die nahe Verwandtschaft zwischen dem Herscheleffekt und der
Bildzerstörung durch rotes Licht in Gegenwart von desensibilisieren-
den Farbstoffen erneut dartun. Von Bedeutung für die Praxis sind
die Resultate natürlich ohne weiteres nicht, weil — wenigstens bei
ITT
Siler 17
u B
0 05 1 Zë 2 25 3 35 # 45
Fig. 5
den noch zu Verschleierungen führenden Farbstoffen Safranin und
Pinagrün — deren Konzentration viel geringer war als sie in der
Praxis angewendet werden, andererseits, weil es sich um Licht-
intensitäten handelte, die auch einem ‚‚narkotisierten“ Negativmaterial
niemand zumuten wird. Grundsätzlich haben wir aber auch bei der
Desensibilisierung stets natürlich mit dem Ausbleicheffekt zu rechnen.
Es wurde dies auch zuerst von mir bei meinen Jodsilber-Ausbleich-
schichten (5) in Betracht gezogen und hier festgestellt, daß bei diesen
Schichten die Tendenz zur Ausbleichung im langwelligen Lichte
schon ohne Farbstoff größer ist, sie also einer geringeren Licht-
menge bedürfen als gewöhnliche Trockenplatten zum Eintritt der
normalen Schwärzung im roten Lichte. Bei einer Imprägnierung
mit Desensibilisatoren hatte sogar die Rotempfindlichkeit der Jod-
silber-Ausbleichschichten in mehreren Fällen bis zu 50° E.-H. weiter
gereicht als die der gewöhnlichen Trockenplatten.
L. M. Dundon und J. I. Crabtree(6) haben ferner darauf hin-
gewiesen, daß ein Ausbleichen des latenten Bildes in Gegenwart
von Pinagrün im roten Lichte unter bestimmten praktisch vor-
Dziobek. Die Farbtemperatur des Magnestumlichts 287
kommenden Bedingungen tatsächlich stattfand (7). Das eingangs er-
wähnte Verhalten gewisser Gaslichtpapiere gegenüber dem Herschel-
effekt stellt hierzu wieder das Analogon dar. Bei derartigen relativ
einfach konstruierten feinkörnigen Schichten verlaufen aber be-
greiflicherweise die Prozesse weniger kompliziert als bei den im
vorstehenden untersuchten Negativschichten.
Literatur
1) Photogr. Rundschau 1928, noch im Druck ; Phot. Korr. 1928, noch im Druck;
Atelier des Photogr. 1928, noch im Druck.
2) W. Leszynski, Zeitschr. wiss. Phot. 24. 275. 1926; Lüppo-Cramer,
Photogr. Industrie 1928, noch im Druck.
3) E.König, Das Arbeiten mit farbenempfindl. Platten, II. Aufl. Berlin 1921, S.70.
4) Kombination von Rot mit Blaufilter nach E. König, Farbenphotographie,
4. Aufl. Berlin 1921, S. 99.
5) Photogr. Industrie 1926, Nr. 3; Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr.
Negativverfahren (Eders Handb. Bd. II, 1). Halle 1927, S. 572.
6) Dundon und Crabtree, Photogr. Industrie 1926, Nr. 39.
7) Siehe hierzu auch meine Bemerkungen Photogr. Industrie 1926, Nr. 44.
(Eingegangen am 24. Februar 1928)
Die Farbtemperatur des Magnesiumlichts
Von
W. Dziobek
Mit 3 Figuren im Text
(Mitteilung aus der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt)
In dieser Zeitschrift!) weist J. M. Eder darauf hin, daß die hohe
photographische Aktinität des Magnesiumlichts (etwa 15 für Brom-
silbergelatine, auf die Hefnerkerze bezogen) in Widerspruch steht zu
der in der Literatur mit 2400° absolut angegebenen Farbtemperatur
des Magnesiumlichts.
Es wurde die Farbtemperatur des Magnesiumlichts nach fol-
gender Methode bestimmt. Bei A (Fig. 1) befand sich eine Nitra-
lampe handelsüblichen Typs; die Nitralampe beleuchtete durch ein
passend ausgesuchtes Kobaltblaufilter 3 die eine Seite des Photo-
I) Zeitschr. wiss. Phot. 24. 423. 1927.
285 Dziobek
meterschirmes eines Lummer-Brodhunschen Kontrastphotometers;
die andere Seite des Photometerschirmes wurde von dem brennenden
Magnesiumband beleuchtet.
Der Beobachter am Photometer stellte durch Widerstands-
änderung im Stromkreis der Nitralampe auf Farbgleichheit im
Na r
|
Fig. ı
Photometerfeld ein; derartige Einstellungen lassen sich mit einem
mittleren Fehler von + 5° Farbtemperatur machen. Im vorliegenden
Fall betrug der mittlere Fehler wegen des unruhigen Brennens des
Magnesiumbandes etwa 20°.
Durchlassighet in %
—— Wellenlänge » mp
Fig. 2
Nach jeder Einstellung wurde Spannung und Stromstärke der
Nitralampe durch Kompensation ermittelt; es stellten vier ver-
schiedene Beobachter ein; die Einstellungen der verschiedenen
Beobachter zeigten keine systematische Differenz.
Aus dem Mittelwert der eingestellten elektrischen Daten und
dem bei diesen Werten gemessenen Gesamtlichtstrom der Nitra-
Die Farbtemperatur des Magnesiumichts 289
lampe ergab sich auf Grund der im Nela Research Laboratory })
aufgenommenen Kurve der Farbtemperatur in Abhängigkeit von der
Ökonomie die Farbtemperatur der benutzen Nitralampe zu 2720°
absolut.
Die spektrale Durchlässigkeitskurve D, des benutzten Blau-
filters wurde mit dem Spektralphotometer von König-Martens
aufgenommen (Fig. 2). Bezeichnet man mit Ar 1, Zei und Ķp,1
die Grundempfindungskurven der Helmholtz-Youngschen Farben-
KE
` a= 1000 g= 2500
Re? b = 1400 h = 3000
\Y/N/N | c = 1600 ?= 3500
EN | d = 1800 Š = 4000
IT, e = 2200 l= 4500
KN : f = 2400 m = 5000
- | 6000
10000
20000
= 28000
theorie, so ergibt sich die Lage der Strahlung des Magnesiumbandes
durch die Integrale
700 700 GI
fDi Era Ei ar; f Di ën di und (EE
400 400 400
worin mit Æ, die Energieverteilung des schwarzen Körpers bei
2720° absolut bezeichnet ist. Die Integration erfolgte numerisch;
!) Transactions Illuminating Engeneering Soc. 17. 366. 1922; vgl. auch das
Sonderheft „Temperatur und Lichtstrahlung‘‘ der Technisch-Wissenschaftl, Berichte
der Osramgesellschaft (herausgegeben von E. Lax und M. Pirani).
290 Kleine Mitteilungen
zur Rechnung wurde die Ivessche Modifikation der Königschen
Werte der Grundempfindungskurven benutzt.!)
Die Integration ergab
Rot = 7,67,
Grün = 7,29,
Blau = 5,03.
In Fig. 3 sind im Farbdreieck die spektralen Farben sowie die
Kurve der Farbtemperaturen eingezeichnet. Bei A liegt der Farb-
punkt des Magnesiumlichts. Es ist also die Farbtemperatur?) des
Magnesiumlichts 3700°; die Unsicherheit der Messung ist auf + 75°
zu veranschlagen. Dieser Wert für die Farbtemperatur des Magnesium-
lichts fügt sich auch zwanglos in die Edersche Aktinitätstabelle ein.?)
1) Ives, Journ. Franklin Inst. 195. 25. 1923; vgl. auch Gehrcke, Handbuch
der Physik. Optik, Bd. I S. 47 (Leipzig 1927).
2) Im vorstehenden ist unter Farbtemperatur stets die Temperatur verstanden,
bei der der schwarze Körper in derselben Farbe erscheint wie der betreffende Strahler.
Das schließt Unterschiede in der Energieverteilung nicht aus. Jedoch wird selbst
bei unstetiger Energieverteilung, wie im Falle des Magnesiumlichts, der Charakter
der Energieverteilung durch die Angabe der Farbtemperatur mit einer für photo-
graphische Zwecke genügenden Genauigkeit dargestellt.
$) Zeitschr. wiss. Phot. 2$. 425. 1927.
(Eingegangen am 1. Februar 1928)
Kleine Mitteilungen
Ultramikroskopische Beobachtungen
an Halogensilberkristallen
Die ultramikroskopische Untersuchung fester Stoffe ist aus bekannten
Gründen bisher fast ausschließlich mit Hilfe des Spalt-Ultramikroskops
geschehen. Sehr dünne Plättchen, wie sie z. B. durch geeignete Krn-
stallisationsverfahren erhalten werden können, gestatten nach unseren
Versuchen befriedigende Beobachtungen mit Hilfe der gewöhnlichen
Dunkelfeldkondensoren. Durch Verdunstenlassen ammoniakalischer Ha-
logensilberlösungen auf einem ÖObjektträger gelang es uns, sehr dünne
Kristalle zu züchten. Sie zeigten auch bei Herstellung im Dunkeln meist
Beugungsscheibchen, konnten aber durch Behandlung mittels Halogens
optisch leer gemacht werden. Bei Bestrahlung mit weißem Licht traten
in dem optisch leeren Kristall Beugungsscheibchen auf, deren Farbe all-
mählich von Violett über Rot nach Gelb und schließlich Weiß ging, also
die normale, von der Teilchenvergrößerung der Silberultramikronen be-
dingte Reihenfolge aufwies (vgl. z. B. K. Schaum und H. Lang, Kol.-
Bücherbesprechung 291
Zeitschr. 28, 243. 1921). Bei Bestrahlung mit langwelligem Licht (grün
bis rot) zeigten optisch leere Kristalle keine Veränderung; dagegen nimmt
in vorbelichteten Kristallen die Zahl der Beugungsscheibchen langsam
zu (Photographischer Becquerel-Eflekt). Bei sehr langer Belichtung mit
weißem Licht konnten wir Umkehrung der Farbenfolge beobachten (So-
larisation?); bei Rotbelichtung wurde eine Farbänderung von Weiß nach
Rot festgestellt (Herschel-Effekt?). Die Erscheinungen waren am deut-
lichsten bei Bromsilberkriställchen.
Die Lichtempfindlichkeit der einzelnen Kristalle gleicher Herkunft
erwies sich als sehr verschieden; auch zeigte bisweilen ein bestimmter
Kristall Zonen unterschiedlichen Verhaltens. Anomalien im Kristallbau
(s K. Schaum, Ambronn-Festschrift 1926, S. 84) sowie Adsorption von
Fremdstoffen dürften hierbei eine wesentliche Rolle spielen. Diese Um-
stände bilden wohl auch die Veranlassung, daß die im allgemeinen von
der Kristallmitte nach außen sich verbreiternde Zersetzung mitunter ganz
unregelmäßig fortschreitet.
Es ist zu beachten, daß bei der Beleuchtung mittels Dunkelfeld-
kondensors die Unterseite des Kristallplättchens infolge der wachsenden
Silberabscheidung eine zunehmende Schirmwirkung ausübt, so daß die
ständige Verminderung der Beleuchtungsstärke in den zur Beobachtung
gelangenden höher gelegenen Schichten bei der Beurteilung der Er-
scheinungen zu berücksichtigen ist. Besonders muß man sich vor Fehl-
urteilen über die Farbe der Beugungsscheibchen hüten, die durch Kon-
trastwirkungen bei geringer Lichtstärke leicht hervorgerufen werden
können (s. K. Schaum und H. Lang, a. a. O.; — und Th. Marx,
Koll.- Zeitschr. 31, 64. 1922) Es erschien deshalb zweckmäßig, die
Kristalle, besonders im vorgeschrittenen Zersetzungsstadium, bei nahezu
streifender Beleuchtung mit Hilfe eines geeigneten Opak-Illuminators
(s. B. K. Schaum, Zeitschr. f. wiss. Mikr. 41, 94. 1924) zu beleuchten.
Man kann auch die photochemische Zersetzung nach einer derartigen
Beleuchtung der obersten Kristallschicht mit Hilfe des Dunkelfeld-
kondensors untersuchen.
Bei Hellfeldbeleuchtung zeigen Kristalle, die im Dunkelfeld dicht
gehäufte weiße Beugungsscheibchen erkennen lassen, an den gleichen
Stellen dunkle, aus einzelnen Pünktchen sich zusammensetzende Flecke.
Wir werden demnächst mikrophotographische Aufnahmen unter ein-
gehender Erörterung und Vergleichung mit den Untersuchungen von
R. Lorenz, W. Eitel und K.Hiege, von A. P. H. Trivelli, SE
Sheppard u.a. veröffentlichen. K. Schaum. F. Kolb.
Bücherbesprechung
(Ref.: K. Schaum)
I. Lifschitz, Kurzer Abriß der Spektroskopie und Kolori-
metrie. 2. Auflage. (Handbuch der angewandten physikalischen
Chemie, herausgeg. von G. Bredig, Band V.) 324 Seiten mit
292 Dücherbesprechung
112 Abbildungen im Text und ı Doppeltafel. Leipzig 1927.
Johann Ambrosius Barth. M. 27.— geb.
Vor 20 Jahren erschien die von E. Baur bearbeitete erste Auflage
dieses Werkes, welche unter erfreulicher Erweiterung des in den früheren
Leitfäden der Spektralanalyse besprochenen Stoffes nicht das Haupt-
gewicht auf die Spektroskopie leuchtender Gase legte, sondern auch die
Strahlung fester Körper sowie die Absorptionsspektroskopie einer gründ-
lichen, die theoretische Seite eingehend berücksichtigenden Erörterung
unterzog. Entsprechend den ungeheuren Fortschritten, welche die ge-
samte Spektroskopie in den inzwischen verflossenen Jahrzehnten erfahren
hat, ist der Umfang der von J. Lifschitz bearbeiteten Neuauflage
gegenüber der Erstausgabe fast auf das Dreifache gestiegen, was vielleicht
sogar noch gering erscheinen mag angesichts der überwältigenden Fülle
von Material, welches die durch Bohr geschaffene, wohlbegründete
theoretische Spektroskopie gezeitigt hat; es war aber ohne Zweifel eine
recht schwere Aufgabe, aus der kaum übersehbaren Literatur das für
den Chemiker wichtigste herauszusuchen und in einer ihm zugänglichen,
nicht zu breiten Form darzustellen. Das gilt nicht nur für die Emissions-,
sondern auch ganz besonders für die Absorptionsspektroskopie mit ihrem
überaus umfangreichen, oft nicht leicht zu verwertenden Schrifttum. Dem
Verf. muß man aufrichtige und dankbare Anerkennung zollen für die
mühsame, sorgfältige Arbeit, die er geleistet hat, und die ihn instand
setzte, sowohl die schwierige theoretische Seite, wie ferner die experi-
mentellen Gesichtspunkte und schließlich die Ergebnisse für die Systematik
in ausgezeichneter Weise klarzulegen. Kein Chemiker, der seine physiko-
chemischen Kenntnisse zu vertiefen sucht, darf an dem schönen Buch
vorübergehen, und jeder, der sich mit einem die theoretisch-physikalischen
Grundlagen ausführlicher erörternden Werk befassen will, handelt in
seinem eigensten Interesse, wenn er die leichtfaßliche und bei aller
Reichhaltigkeit knappe Darstellung der betreffenden Gebiete zunächst im
Lifschitz studiert.
VII. Internationaler Kongreß für Photographie. London,
9.— 14. Juli 1928.
Der Kongreß umfaßt drei Sektionen: ı. Wissenschaftliche und tech-
nische Photographie; 2. Bildmäßige Photographie; 3. Bibliographie, Ge-
schichte der Photographie, Rechtsfragen usw.
Nähere Auskünfte durch Prof. Dr. R. Luther, Dresden-A, 24,
Nürnberger Str. 59 oder, sofern sie die Gruppe Kinematographie betreflen,
durch Prof. Dr. E. Lehmann, Berlin-Charlottenburg 2, Carmerstr. 6.
we —
— no
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen.
en — om
Heft 10
Zeitschrift
für
wi
wissenschaftliche Photographie
Photophysik und Photochemie
Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen:
insbesondere von
H. Kayser
o em. Professor an der Universität Bonn
herausgegeben von
K. Schaum
0,6, Professor an der Universität Gießen
Mit 7Figuren im Text
VERLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH |
— — e ge mm — — —— _— mn = gg
= 1 igen aufdie Zeitschrift werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuchhandlung
jenommen. Der Abonnementspreis beträgt pro Dang Y im In- u. Ausland Rm. 24.—, bei direkter
> Zusendung einschließt Porto im Inland Rm. 25.—, im Ausland Rm. 25.20,
Juni 1928
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Da FE vr m š J A éi „JUL 5: 313290 PERN e d Was
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eher
Originalarbeiten Seite
H. H. Schmidt und F. Pretschn er, Zur Photochemie der Halogensilber,
Gravimetrische Bestimmung von überschüssigem Silber in photographischen
Schichten, insbesondere in Emulsionsnudeln. (Einwände gegen den ana-
lytischen Teil der Arbeit von Noddak, Eggert und Leszynski über
die Gültigkeit der Quantentheorie bei sensibilisierten und nicht sensibilisierten
Trockenplatten). Mit einer Figur DR ER we lee
Lüppo-Cramer, Der Herscheleffekt bei i kurzwelliger Belichtung. Mit 4 Fi-
guren im Text . . . e FECHTEN "`
EES Cramer, Der eege auf Chlorsilber. Mit 2 Figuren im Text . 316
—— me mm M e mn nd E r E UL m E E I maamme
E E nn
Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14.
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren
Verleger um Zusendung von EE damit eine schnelle und vollständige
Berichterstattung möglich ist.
Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden.
Die Zeitschrift für bildmäßige Photographie:
DASLICHTBILD
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ist die einzige maßgebende Photo-Zeitschrift der Sudetendeutschen
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Zeitichrift für wiilenichaftlidie Photographie,
Photophyfik und Photodiemie
XXV. Band 1928 Heft 10
Zur Photochemie der Halogensilber
I. Mitteilung:
Gravimetrische Bestimmung von überschüssigem Silber in photo-
graphischen Schichten, insbesondere in Emulsionsnudeln
(Einwände gegen den analytischen Teil der Arbeit von Noddak,
Eggert und Leszynski über die Gültigkeit der Quantentheorie
bei sensibilisierten und nicht sensibilisierten Trockenplatten)
Von
H. H. Schmidt und F. Pretschner
(Wissenschaftliches Laboratorium der Fa. Otto Perutz, G. m. b. H., München)
Mit einer Figur im Text
Der wichtigste Weg zur Erforschung der Vorgänge, die an
in Kolloidschichten eingebetteten Halogensilbern durch Licht be-
wirkt werden oder auf Einwirkung von Farbstofflösungen, Salzen,
Säuren usw. vor oder nach dem Belichten zurückzuführen sind,
besteht bis jetzt darin, daß man die durch die angeführten Agenzien
hervorgerufenen Veränderungen durch irgendein Entwicklungsver-
fahren bis zur direkten Sichtbarkeit verstärkt. Aus den so erhaltenen
Befunden schließt man rückwärts auf die reinen Primäreffekte. Diese
rein photographische Methode hat sich durchaus bewährt und führt
sehr rasch und verhältnismäßig einfach zu wichtigen Ergebnissen
und Folgerungen. Daneben sind auch rein chemische oder besser
gesagt kolloidchemische Methoden zur Anwendung gekommen. So
hat z.B. Lüppo-Cramer (1) aus dem chemischen Verhalten der
von ihm nach kolloidchemischen Gesichtspunkten synthetisch her-
gestellten Photohaloiden wichtige Schlüsse über die Natur des la-
tenten Bildes ziehen können. In neuerer Zeit hat man auch rein
analytisch versucht, die Vorgänge bei der Bildung des latenten
Bildes und die Veränderung desselben durch die oben erwähnten
Agenzien klarzulegen. Auch rein physikalische und physiko-
chemische Betrachtungsweisen finden mehr und mehr Eingang. Es
sei z. B. auf die Arbeiten von Fajans und seiner Schüler (2), von
Baur und seiner Schüler (3) und auf eine Arbeit von Lambert
und Wightmann (4) verwiesen. Man ist bestrebt, die Primäreffekte
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 20
294 Schmidt und Preischner
direkt zu erfassen und den komplizierenden Faktor der Entwicklung
auszuschalten. Der entscheidende Schritt in dieser Richtung wurde
von Noddak und Eggert (5) und ihren Schülern getan, als es sich
darum handelte, die Gültigkeit der Quantentheorie beim Belichtungs-
prozeb der nicht sensibilisierten Trockenplatten nachzuweisen, also
zu zeigen, daß wirklich für jedes zur Wirkung gekommene Energie-
quantum ein Silberatom gebildet wird. Diese Methoden wurden
weiterhin von Leszynski (6) angewandt, um den Belichtungsvorgang
bei der sensibilisierten Trockenplatte aufzuklären und hat dort zu
unerwarteten Resultaten geführt. Leszynski findet (a. a. O. S. 273),
„daß die Zahl der durch Grünbelichtung entstandenen, durch Ti-
tration bestimmten Ag-Atome um ein Vielfaches (bei Erythrosin
mindestens 20mal) größer ist als die Zahl der insgesamt vorhandenen
Farbstoffmolekeln, die die Sensibilisation bewirken und die von der
Herstellung der Platten bekannt sind“. Es wird also für jedes in
Reaktion getretene Farbstoffmolekül mehr als ein Atom Silber ge-
bildet, ein Befund, der nur durch besondere Annahmen mit der
Quantentheorie in Einklang zu bringen ist. Wir werden im Laufe
der Arbeit auf diesen Befund noch öfter zurückkommen, da unsere
Versuchsergebnisse eine rein analytische Deutung dieses merk-
würdigen Ergebnisses ermöglichen. Die von Noddak und Eggert
ausgearbeitete Mikro-Titrationsmethode wurde in der Folgezeit von
Arens (7) usw. zur analytischen Erforschung der Vorgänge bei der
Solarisation, Desensibilisierung und des Herscheleffektes herangezogen.
Die Versuche in dieser Richtung scheinen noch nicht abgeschlossen
zu sein. Diese Titrationsmethode erscheint uns aber nicht über jeden
Zweifel erhaben, denn man bestimmt mit ihr erstens die Silberkeime
mit, die in mehr oder weniger erheblicher Zahl auf Grund unserer Unter-
suchungen in jeder Emulsion vorhanden sind. Weiterhin erscheint es
uns wichtig, in der belichtet fixierten und ausgewaschenen Gallerte nicht
nur eine Silberbestimmung, sondern auch eine Halogenbestimmung
zu machen, um dem Einwand begegnen zu können, daß doch noch
spurenhaft Halogensilberkomplexverbindung in der Gallerte zurück-
geblieben ist. Unsere eigenen Versuche in dieser Richtung haben
ergeben, daß es ungemein schwierig ist, das alkalische Fixierbad
aus der durch das Alkali gequollenen Gallerte restlos heraus-
zuwaschen. In neuester Zeit ist eine vorläufige Arbeit von Weigert
und Lühr (8) erschienen und eine ausführliche Arbeit angekündigt
worden, die die Silberkeimbestimmung in photographischen Schichten
ebenfalls durch die Titration zum Ziele hat. Wir glauben dieser
Zur Photochemie der Halogensilber. T. 205
ausführlichen Veröffentlichung der beiden Autoren vorgreifen zu
können, da wir uns nachweislich seit Wintersemester 1925/26 mit
demselben Problem allerdings auf gravimetrischer Basis befassen
und bereits im Wintersemester 1926/27 hat der eine von uns Herrn
Prof. Fajans bei einer Besprechung der oben erwähnten Arbeit von
Leszynski mitgeteilt, daß die von Leszynski gefundenen Silber-
werte auf Grund unserer eigenen Versuche sicher um die Silber-
keime zu hoch sind. Außerdem hat der eine von uns auf der
Kieler Tagung des Vereins der Chemiker (Mai 1926, Refer. Phot.
Ind. 1926, S. 606) bereits die Grundzüge dieser Methode ausgeführt.
Allerdings soll nicht verschwiegen werden, daß die Methode damals
noch unvollkommen war, da wir, wie sich nachträglich herausgestellt
hat, unter Störungen durch die Gelatine zu leiden hatten. Durch
die Reduktionswirkung der Gelatine selbst in Gegenwart der damals
verwendeten Abbausäure, fanden wir bei einer großen Anzahl von
Emulsionen im Filtrat nicht überschüssige Silber-, sondern Halogen-
ionen, was uns zur Aufstellung des sog. Bromfaktors veranlaßte.
Diese Arbeit halten wir heute nicht mehr aufrecht. Die damaligen
Resultate sind durch die jetzigen als überholt zu betrachten. Die
von Weigert und Lühr angeführte Titrationsmethode übertrifft
die von Eggert und Noddak benutzte um das Fünffache und ge-
stattet noch 0,001 mg Silber nachzuweisen. Die beiden Autoren finden
z. B. in normalen Handelssorten 1,88-.10°* bis 2,80-10°*mg Ae ocm,
Diese Werte sind wahrscheinlich viel zu niedrig, da in der vor-
läufigen Mitteilung nichts darauf hinweist, daß das in jeder Handels-
platte zur Erhöhung der Haltbarkeit in verschiedenen Mengen ent-
haltene Erd- oder Alkalihalogenide berücksichtigt worden ist. Diese
Halogenide setzen sich beim Abbau mit Salpetersäure mit dem aus
den Silberkeimen entstandenen Silbernitrat wieder zu Halogensilber
um und die Silberkeime verringern sich um diesen Wert. Auch
die Untersuchung des Rückstandes scheint nicht durchgeführt worden
zu sein und es ist auf Grund unserer Erfahrungen nicht unmöglich,
daß je nach den Abbaubedingungen Silberkeime adsorbiert am Korn
bleiben, die der Größenordnung nach die Genauigkeitsgrenze dieser
Titrationsmethode sicher überschreiten.
Über die Höhe der in photographischen Schichten des Handels
enthaltenen Halogenmengen orientiert eine einfache Überschlags-
rechnung. Eder empfiehlt z. B. und kommt der Wahrheit damit
ziemlich nahe, der gußfertigen Emulsion 10—20 ccm Bromammon-
lösung 1:100 pro Liter zuzusetzen (Eder, Ausführl. Lehrbuch der
20*
296 Schmidt und Pretschner
Photochemie, 3. Teil, S. 446, 5. Aufl. Halle 1903) Von ı Liter
Emulsion kann man günstigenfalls 3 qm Handelsplatte gießen, so
daß auf ı qcm des fertigen Materials 0,2: 30000 = etwa 0,7-10 mg
Bromammon kommen, die etwa 1,2-10?mg Ag zu binden ver-
mögen. Dieser Wert übertrifft bei weitem die von den Autoren ge-
fundenen Silberkeimmengen. Plotnikow hat einmal pessimistisch
geäußert, daß die photographische Platte wohl Hilfsmittel, aber nie
Zweck der Forschung sein kann und er hat darin vollkommen
recht, denn das denkbar ungünstigste Forschungsobjekt ist die im
Handel befindliche oder für den Handel bestimmte Trockenplatte.
Bei der Handelsware ist eben nicht nur die Allgemein-, die Farben-
empfindlichkeit, die Gradation usw. maßgebend, sondern genau so
wichtig ist, daß sie eine längere Haltbarkeit besitzt, denn nur so
kann sie den Hersteller vor größtem Schaden bewahren.
Diese Haltbarkeit kann aber nur durch Zusätze der verschiedensten
Art zur gießfertigen Emulsion erzielt werden. Diese Zusätze sind
sehr verschieden und nicht einmal bei allen Erzeugnissen ein und
derselben Firma gleich und sie sind sicher schon mehr als einmal
der Grund gewesen, daß die Ergebnisse verschiedener Forscher
nicht recht zusammenstimmen wollten. Die Photochemie der in
Kolloiden eingebetteten Halogensilber würde sicher auf eine ratio-
nellere Basis gestellt werden, wenn man sich, wie es der eine von
uns schon einmal vorgeschlagen hat (9), auf Standardemulsionen
einigen würde, die einfach in ihrem Aufbau sind und deren Her-
stellung allgemein bekannt sein sollte, Wenn auch damit das Ideal
noch nicht erreicht ist, weil der ungewisse und proteusartige Faktor
Gelatine noch nicht ausgeschaltet ist und ebenfalls standartisiert
werden müßte, so wäre doch die Einführung der Standardplatten
ein wichtiger Schritt zur Erreichung dieses Zeles Die Selbst-
herstellung der Emulsionen und die Reinigung der Handelsorten
durch Waschen halte ich für sehr problematische Beginnen. Die
Abweichungen der in Kolloidschichten eingebetteten Halogensilber
von dem stöchiometrischen Verhältnis und die Veränderung der-
selben durch Licht und der verschiedenen Agenzien sind so gering-
fügig, daß es schon als nicht unbedeutende analytische Leistung
zu betrachten ist, wenn man überhaupt einen deutlichen und ins-
besondere immer wieder reproduzierbaren Effekt erhält. Wenig
angenehm macht sich bei allen diesen Arbeiten die Gelatine und
ihre Abbauprodukte bemerkbar, die so ziemlich alle Reaktionen
und Indikator-Umschläge störend beeinflussen. Noddak, Eggert
Zur Photochemie der Halogensilber. T. 297
und Weigert, Lühr versuchten durch Ausarbeitung von empfind-
lichen Titrationsanalysen, die bei der geringen Menge des Unter-
suchungsmaterials notwendig sind, zum Ziele zu kommen. Wir
waren von Anfang an bestrebt, eine Methode ausfindig zu machen,
die gestattet größere Mengen photographischen Materials zu ver-
arbeiten. Damit steigerte sich natürlich auch die Größe des Primär-
eflektes, den wir dann bereits gravimetrisch zu fassen vermögen. Ein
Arbeiten mit Trockenplatten auf dieser Basis ist aber sehr umständ-
lich und wir sind dazu übergegangen, mit den sogenannten Emul-
sionsnudeln, also mit der zerkleinerten gewaschenen Gallerte zu
arbeiten. Das hat noch den Vorteil, daß der Trocknungsprozeß,
mit dem ebenfalls Veränderungen der Schicht verbunden sind, aus-
geschaltet ıst. Die in der Literatur beschriebenen gravimetrischen
Silberbestimmungsmethoden sind eigentlich nur zu dem Zwecke
ausgearbeitet worden, Anhaltspunkte über den Silbergehalt der
photographischen Materialien zu bekommen. An die Genauig-
keit der Methode brauchen daher keine zu hohen Anforderungen
gestellt werden. Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht nur
um Silber-, sondern auch um Halogenbestimmungen und weiterhin
müssen nicht nur die überschüssigen Silberwerte, sondern auch alle
durch die Säure bedingten Oxydationsprozesse und die Löslichkeit
des Halogensilbers unter dem Einfluß der Säure mit berücksichtigt
werden. So schreibt z. B. Valenta (10) 20 °;,ige Salpetersäure vor.
Auf die Nachteile dieses Verfahrens haben schon Lehmann und
Bohnert (11) hingewiesen und wir können ihre Einwände voll be-
stätigen. Aber auch das von Lehmann und Bohnert empfohlene
Essig-Salpetersäuregemisch haben wir wieder verlassen, weil es bei
uns ja nicht nur auf die Untersuchung des abfiltrierten Rückstandes
ankam, sondern wir sind gezwungen, auch das Filtrat weiter zu
verarbeiten und dabei stört die Essigsäure. Die Zerstörung der
Gelatine durch Benzoat und Naphtholinsulfosäure, die Leistner(12)
empfiehlt, wird sich selbst bei kleineren Mengen nicht bewähren.
Die Filtration dieser Lösung ist wegen der nicht genügend zer-
störten Gelatine sehr erschwert. Bei hoher Konzentration der Salze
muß umgekehrt wieder mit der Löslichkeit des Halogensilbers ge-
rechnet werden. Nachdem wir die gebräuchlichsten Säuren orga-
nischer und anorganischer Natur durchgeprüft hatten, sind wir
wieder zur Salpetersäure zurückgekehrt, und haben versucht die
Fehlerquellen (Oxydation, Löslichkeit usw.) analytisch zu fassen
oder was noch besser ist, sie durch Anwendung genügend ver-
298 Schmidt und Preischner
dünnter Säure unter Verlängerung der Abbauzeit ganz auszuschalten.
Um überhaupt zu wägbaren Silberwerten zu kommen, ist es wie
schon erwähnt notwendig, die Menge des Untersuchungsmaterials zu
steigern. Die für unsere Zwecke am besten geeignete gravimetrische
Untersuchungsmethode, die natürlich nicht nur auf Emulsionsnudeln,
sondern auch auf alle photographischen Materialien angewandt
werden kann, ist im folgenden ausführlich wiedergegeben.
I. Der Abbau der Halogensillsrgelatineemulsionen mit verdünnter
Salpetersäure
Die mit gewöhnlichem Leitungswasser 10 Stunden gewaschenen
Emulsionsnudeln wurden mit destilliertem Wasser so lange nach-
gewaschen, bis eine größere Menge Waschwasser (2 Liter) mit Silber-
nitrat keine sichtbare Trübnng :nehr gab, bis also das überschüssige
Alkalihalogenid, herrührend von der Darstellung und dem Leitungs-
wasser, quantitativ entfernt ist. Z ` Sicherheit wurde dann noch
3—5 Stunden nachgewaschen. Der gesamte Waschprozeß mit
destillierttem Wasser dauerte meist 24 Stunden. Bei Chlorsilber-
emulsionen bleibt auch nach dieser Waschdauer eine kleine Trü-
bung, bedingt durch die größere Löslichkeit dieses Halogensilbers,
bestehen. Wir haben daher auch hier nach 24 Stunden den Wasch-
prozeß unterbrochen, die so vorhereiteten Emulsionsnudeln wurden
dann geschmolzen und 700 ccm .davon in einem Erlenmeyerkolben
mit 25 ccm Salpetersäure s = 1,40 durch 4- bis Östündiges Erhitzen
in einem Glyzerinbad abgebaut. Um Säure- und Flüssigkeitsverlust
zu vermeiden, wurde mit Rückflußkühlung gearbeitet. Zur Sicher-
heit wurde außerdem noch eine Vorlage mit alkalischem Wasser-
stoffsuperoxyd (200ccm H,O + 5 ccm NaOH rof, + 5ccmH,O, soi
vorgeschaltet, um ev. durch Zersetzung freigewordenes Halogen zur
Absorption zu bringen. Bei useren sämtlichen Versuchen haben
wir aber nie Halogenionen in der Vorlage nachweisen können, ein
Beweis, daß die von uns angewandte Salpetersäurekonzentration
(etwa 1:30) nicht zur Zersetzung ausreicht. Wir haben uns weiter-
hin durch Versuche an reinem Jodsilber überzeugt, daß durch diese
Säurekonzentration auch keine Oxydation des Jodsilbers zu Silber-
jodat eintritt. Die Abbauzeit wird durch die Emulsionsart bestimmt.
Merkwürdigerweise benötigen Emulsionen, die nach dem sauren
Verfahren hergestellt sind, längere Abbauzeiten, als neutral oder
alkalisch hergestellte Emulsion Die Säurekonzentration ist hoch
genug, um Reduktion durch u. Gelatineabbauprodukte zu ver-
Zur Photochemie der Halogensilber. T. 299
hindern. Bei einer Säurekonzentration 1:100 macht sich diese
Reduktion bereits störend bemerkbar, während höhere Säurekon-
zentrationen bereits zu Oxydationsprozessen Anlaß geben. Diese
Säurekonzentration 1:30 scheint somit ein Optimum darzustellen.
Nicht unerwähnt soll auch bleiben, daß sämtliche Operationen bei
geprüftem rotem Dunkelkammerlicht durchgeführt wurden. Alle zur
Anwendung gekommenen Reagenzien wurden auf ihren Halogen-
ionengehalt untersucht, der da n ev. bestimmt werden muß. Nach
dem Abbau läßt man abkühlen, fil*riert durch ein gewogenes Jenaer
Glasfilter, wäscht kurz mit salpetersäurehaltigem Wasser nach und
vereinigt Filtrat und Waschwasser. Das so erhaltene Filtrat ist
meist noch schwach getrübt und muß zwecks vollständiger Klärung
noch durch einen Porzellantiegel mit filtrierendem Boden filtriert
werden.
II. Verarbeitung des Filtrates
Die Weiterverarbeitung des kiltrates, in dem Silberionen und
auch in, Lösung gegangenes Halogunsilber enthalten sind, wird durch
die große Menge von Gelatineabbauprodukten etwas erschwert,
weil dieselben so ziemlich in jede Reaktion störend eingreifen. Sie
begleiten außerdem hartnäckig das Halogensilber durch mehrere
Phasen und können erst durch Glühen zerstört werden. Ursprünglich
hatten wir das Filtrat in zwei gleiche Teile geteilt und die eine
Hälfte auf Silber-, die andere Hälfte auf Halogenionen geprüft. Es
hat sich aber sehr bald herausgestellt, daß diese Teilung nicht not-
wendig ist, da die Filtrate aller von uns untersuchten Emulsionen
nur Silberionen enthielten. Als sehr vorteilhaft hat sich, wegen der
großen Übersichtlichkeit und wegen der mehrfachen Kontrolle des
einmal gefundenen Resultates, nachstehende Methode bewährt.
Das Filtrat (etwa 800 ccm) wird mit einer gewogenen Menge
Kaliumchlorid (etwa 0,1 g), dessen Halogengehalt durch besondere
Analyse bestimmt wurde, versetzt. Der ausgefallene Niederschlag
wird durch ein gewogenes Porzellanfilter mit filtrierendem Boden
filtriert, quantitativ ausgewaschen und mit alkalischem Hydrazin-
sulfat reduziert. Nach neuerlichem quantitativen Auswaschen wird
der Niederschlag geglüht und zur Wägung gebracht. Der so ge-
fundene Silberwert, den wir als „Silberwert I“ bezeichnen, ist auf
die im Filtrat vorhandenen Silberionen und auf das gelöste Halogen-
silber, das gemäß dem Massenw‘ kungsgesetz durch die überschüs-
sigen Halogenionen ausgefäll’ ..rd, zurückzuführen. Zum Filtrat
300 Schmidt und Preischner
vom Silberwert I wird nun eine genau gewogene Silbernitratmenge
(etwa 0,4 g) von bekanntem Silbergehalt zugegeben und ebenso ein
sog. Silberwert II bestimmt. Die Differenz zwischen dem Silber-
wert des zugesetzten Kaliumchlorids und dem Silberwert II ergibt
die Menge der im Filtrat enthaltenen Silberionen. Die Menge des
in dem Filtrat gelösten Halogensilbers ergibt sich aus der Differenz
Silberwert I minus Wert der Silberionen. Zur Sicherheit haben
wir in ähnlicher Weise, wie vorher im Filtrat vom Silberwert II,
das noch vorhandene Silbernitrat bestimmt und einen sog. Sılber-
wert III erhalten, der, wenn keine Störung im Analysengang ein-
getreten ist, immer der Differenz vom Silberwert des zugesetzten
Silbernitrates minus Silberwert II gleich sein muß. Durch diesen
Analysengang kann eine einwandfreie und sichere Bewertung der
Silberionen im Emulsionsfiltrat unter Berücksichtigung der Löslich-
keit des Halogensilbers durchgeführt werden.
DL Die Verarbeitung des Rückstandes
Der auf dem gewogenen Jenaer Glasfilter befindliche Rückstand
wird bei etwa 100° getrocknet. Da er nicht nur aus reinem Halogen-
silber, sondern meist aus Mischungen zweier Halogensilber besteht
und außerdem eine beträchtliche Menge organischer Substanzen
adsorbiert enthält, so wurde er, um ev. noch vorhandene adsorbierte
Silberionen festzustellen, je nach der Art des Halogensilbers, wie
folgt weiter behandelt.
I. Der Rückstand von Chlorsilber und Bromsilbergelatine-
emulsionen und deren Mischungen
Ein aliquoter Teil des Rückstandes (z. B. 5—10 g), der meist
20—30 g wog, wird in konzentriertem Ammoniak gelöst, die Lösung
mit destilliertem Wasser verdünnt und das Halogensilber mit ver-
dünnter Salpetersäure wieder ausgefällt. Nach dem Abkühlen der
Flüssigkeit wird durch ein gewogenes Jenaer Glas filtriert, kurz
nachgewaschen und bei 95—I0o0o°C etwa 12 Stunden im Trocken-
schrank getrocknet und dann gewogen. Eine höhere Trocknung
ist zu vermeiden, da sonst Verkohlung der adsorbierten Gelatine-
abbauprodukte, die trotz des Umfällens aus Ammoniak noch vor-
handen sind, eintritt. Ein Trocknen bis zur Gewichtskonstanz ist
bei diesen Temperaturen kaum möglich und auch nicht notwendig,
da von einer gewogenen Menge des Rückstandes (1—2 g) eine ge-
Zur Photochemie der Halogensilber. T. 301
naue Silberbestimmung gemacht wird und so der Gesamtsilberwert
mit genügender Genauigkeit durch Rechnung festgestellt werden
kann. Das nach der Ausfällung des Halogensilbers mit verdünnter
Salpetersäure erhaltene Filtrat wird mit einer gewogenen Menge
Silbernitrat (etwa 0,1! g) vom bekannten Silbergehalt versetzt, man
erhitzt dann zum Sieden und filtriert nach dem Abkühlen von dem
ausgeschiedenen Halogensilber ab. Dieses Halogensilber wurde
durch die beträchtliche Menge Ammoniumnitrat gelöst und nach
dem Massenwirkungsgesetz durch die überschüssigen Silberionen
wieder ausgefällt. In dem so erhaltenen Filtrat wird das zu-
gesetzte Silbernitrat zurückbestimmt. Wir erhielten in allen Fällen
das zugesetzte Silbernitrat innerhalb der Fehlergrenze der quanti-
tativen Analyse zurück, ein Beweis dafür, daß der durch diese Ab-
baumethode gewonnene Rückstand keine adsorbierten Silber- oder
Halogenionen mehr enthält.
2. Die Untersuchung des Rückstandes von reinen Jod-
silbergelatineemulsionen und deren Mischungen mit
Bromsilber
Wegen der geringen Löslichkeit versagt in diesen Fällen die
Ammoniakmethode. Wir reduzierten daher eine gewogene Menge
(2—3 g) des getrockneten und gewogenen Rückstandes mit alka-
lischen Hydrazinsulfatlösung in der Siedehitze und filtrierten vom aus-
geschiedenen Silber ab. Das Silber wird in verdünnter Salpeter-
säure gelöst, das Filtrat mit —H,SO, neutralisiert und dann ganz
schwach angesäuert, Nun werden beide Lösungen zusammen-
gegossen und vom ausgeschiedenen Halogensilber, von dem dann
noch eine genaue Silberbestimmung gemacht wird, abfiltriert. Das
Filtrat wird nach dem Versetzen mit einer gewogenen Silbernitrat-
menge wie vorhin weiter verarbeitet. Auch diese Rückstände er-
wiesen sich frei von adsorbierten Ionen.
Für die Analyse der Chlorsilbergelatineemulsion erhält man
z. B. folgende Resultate:
Vorgelegte Kaliumchloridmenge: .... 0,1476
Silberwert dieser Kaliumchloridmenge: . 0,2129 g Ag
Silberwert I}. eo enpo su se 0,1070 g
Silberwert des vorgelegten Silbernitrates: 0,1902 g
Silberwert II 2.2428. ern 0,1106 g
302 Schmidt und Pretschner
Überschüssige Silberionen: ........ 0,2129 g
(Silberwert d KCl-Silberwert II) .... 0,1106 g
0,1023 g
Gelöstes Halogensilber: .......... 0,1070 8
0,1023 g
0,0047 8
Theoretischer Silberwert III: ...... 0,1902 g
0,1106 g
0,0796 g
Praktischer Silberwert III: ....... 0,0790 g
Differenz: 0,0006 g
Die Rückstandsanalyse ist so übersichtlich, daß auf die Wieder-
gabe eines Beispieles verzichtet werden kann. Wir haben nun diese
Methode auf die verschiedensten Halogensilbergelatineemulsionen
angewandt und dabei die Halogensilberart (AgCl, AgBr, AgJ), die
Darstellungsmethode (sauer, neutral, alkalisch) und den Reifungs-
grad variiert. Die erhaltenen Resultate sind in folgender Tabelle
übersichtlich zusammengestellt.
Art der Ungefähre | Siberwerte auf
Darstellun | Empfindlichkeit 20g Silber des Rück-
SC | (Eder-Hecht) standes bezogen
Art des Halogensilbers
sauer | 30° 5 0,1252 g
Chlorsilber | neutral 30° | 0,1006 g
sauer 500 | 0,0182 g
Bromsilber | neutral 50° 0,0201 g
| alkalisch , | 600 | 0,0166 g
Bromjodsilber (etwa 1°/a Jod- ; | o oe TI,
Ke große ve ae | 70 O O: ; IE
Bromjodsilber (etwa 3°’, Jod- 1, Jod | waan | |
J silber, (ewa 39 oJ | alkalisch KS 80‘ | 0,0151 g
gh, ve RESCELFEEHERENBIIEREN. Se IR
eh Fr GE
0 z
Bromjodsilber n lo Jod alkalisch di 110° | 0,0169 g
EEE ER ES a
DI
en 10°/, Jod- | alkalisch Hä 900 | 0,0110 8
Todsiiber alkalisch ch 0,0000 g
neutral 10° 0,0000 £g
Ergebnis
ı. Es wird ein gravimetrischer Analysengang angegeben, der
genaue Silber- und Halogenbestimmungen in photographischen
Materialien gestattet.
Zur Photochemie der Halogensilber. T. 303
2. Diese Methode erlaubte zum erstenmal auf rein gravi-
metrischem Wege nachzuweisen, daß in photographischen Schichten
nicht genau stöchiometrische Verhältnisse zwischen Silber und Halogen
bestehen, sondern daß vielmehr ein Überschuß an Silber vorhanden
ist, obwohl alle Emulsionen bei einem Überschuß an Halogenid
hergestellt werden.
3. Über die Art dieses überschüssigen Silbers kann nichts Ge-
naues gesagt werden, es kann atomar vom bestimmten Verteilungs-
zustand, ionogen oder auch organisch gebunden vorliegen. Die
Silberwerte zeigen keinen eindeutigen Zusammenhang mit der
Empfindlichkeit, dem Reifungsgrad und der Darstellung der Emul-
sion. Sie scheinen vielmehr eine Funktion der Reduzierbarkeit des
Halogensilbers zu sein und sind daher bei AgCl extrem hoch und
bei Jodsilber praktisch Null. Die höchstempfindlichsten Emulsionen
liegen mit ihren Silberwerten in der Mitte. Auch die Darstellung
(sauer, neutral, alkalisch) drückt sich demnach nur wenig in den
Silberwerten aus. Die Silberwerte von AgBr mit 3°/, AgJ gereift,
sind wohl etwas höher als die Silberwerte der gleichen Emulsion
ungereift, doch reicht diese geringe Erhöhung des Wertes nicht
aus, um sichere Schlüsse zu ziehen.
Den Zusammenhang zwischen Empfindlichkeit und Silberwerten
haben wir der besseren Übersicht halber in Fig. ı graphisch dar-
gestellt. Erwähnen möchten wir noch, daß wir die Methode auch
auf ortho- und panchromatische Emulsionen ausgedehnt haben.
Leider stört der Halogengehalt der Farbstoffe noch den Gang der
Analyse, so daß wir diese Resultate vorerst nicht veröffentlichen
können.
4. Im Filtrat läßt sich also das dem überschüssigen Silber
äquivalente Halogen in ionogener Form nicht nachweisen. Es wäre
noch möglich, wenn es auch nicht wahrscheinlich ist, daß das
fehlende Halogen während der Darstellung durch Reduktion durch
die Gelatine in atomarer Form frei wird und mit der Gelatine eine
organische Verbindung eingeht, in der es mit Silbernitrat nicht
mehr nachgewiesen werden kann. Wir haben daher einen Teil ('/,)
des Filtrates einer Chlorsilberemulsion mit Soda versetzt und in
einem Nickeltiegel zur Trockne eingedampft und nach weiterem
Zusatz von Soda durch Schmelzen vollständig aufgeschlossen. Die
Schmelze wurde in Wasser gelöst, vom Silber und Kohleteilchen
abfiltriert, mit Schwefelsäure neutralisiert und angesäuert. Die
schwefelsaure Lösung ließen wir 48 Stunden stehen, um das bei
304 Schmidt und Pretschner
der Schmelze entstandene Cyanid zu zerstören. Außer den Ver-
unreinigungen durch die Soda konnten wir kein weiteres Halogen
finden, so daß an der Existenz dieses überschüssigen Silbers kaum
mehr zu zweifeln ist.
5. Dieses überschüssige Silber scheint demnach durch Reduktion
des Halogensilbers unter dem Einfluß der Gelatine während der
Darstellung zu entstehen, während das äquivalente Halogen durch
den folgenden Waschprozeß entfernt wird.
1. Kurve der Empfindlichkeit 2. Kurve der Silberwerte
140
100
D Zë H H
d
. AgCl sauer hergestellt 6. AgBr mit 1°/, AgJ
. AgCl neutral hergestellt 7. AgBr mit 3°/, AgJ, ungereift
AgBr sauer hergestellt 8. AgBr mit 3°/, AgJ, gereift
. AgBr neutral hergestellt 9. AgBr mit 10°/, AgJ
. AgBr alkalisch hergestellt 10. AgJ neutral und alkalisch hergestellt
vn Pe UN nm
Wir kommen jetzt nochmals auf die Arbeit von Noddak,
Eggert und Leszynski (a. a. O.) über die Anwendung der Quan-
tentheorie auf sensibilisierte und nicht sensibilisierte Trockenplatten
zurück und wollen durch eine einfache Rechnung zu zeigen ver-
suchen, daß die von uns gefundenen überschüssigen Silberwerte die
Genauigkeitsgrenze der Titrationsmethode um ein Vielfaches über-
steigen, die somit zu nicht eindeutigen Resultaten führen kann.
Dabei wird natürlich vorausgesetzt, daß die Agfa-Emulsionen eben-
falls gravimetrisch faßbare „Silberkeime“ enthalten, was höchstwahr-
scheinlich ist. Nehmen wir einen mittleren Wert von 0,010 g
Zur Photochemie der Halogensiber. T. 305
Silberkeime auf Io g Silber an, so ergäbe sich z.B. für die Agfa-
Reproduktionsplatte, die 0,00042 400 = 0,168 g Silber pro 400 qcm
enthielt, ein „Silberkeimwert‘“ von 0,000168 g = 0,168 mg/400 qcm.
Die Titrationsanalyse lieferte z. B. für die Agfa-Reproduktions-
platte nach dem Belichten Silberwerte von 0,108 bis 0,511 mg,
während bei Annahme obigen Wertes (0,01og pro rog Silber)
bereits 0,168 mg „Silberkeime“ in der Emulsion sein können. Jeden-
falls ist sehr wahrscheinlich, daß durch die Titrationsanalyse die
„Silberkeime“ mitbestimmt wurden und daß deren Zahl die von den
Autoren angegebene Genauigkeitsgrenze von 0,005 mg Silber, auch
wenn das zur Untersuchung verwendete Agfa-Material weniger „Silber-
keime“ enthalten sollte als die von uns untersuchten Emulsionen,
mit größter Wahrscheinlichkeit überschreitet und unter Umständen
der Größe nach die durch Belichtung entstandene Silbermenge
erreicht. Die insbesondere in der Arbeit von Leszynski (a. a. O.)
enthaltenen hohen Silberwerte pro Farbstoffmolekül, finden durch
die mitbestimmten „Silberkeime“ eine einwandfreie Erklärung, so
daß kein Grund zur besonderen Annahme über den Belichtungs-
vorgang bei sensibilisierten Halogensilbergelatineschichten vorliegt.
| Uns scheint demnach, daß über die Gültigkeit des Einstein-
schen Äquivalentgesetzes bei sensibilisierten und nicht sensibili-
sierten Halogensilbergelatineschichten noch nicht das letzte Wort
gesprochen ist.
Die von Weigert und Lühr (a. a. O.) gefundenen Silberkeim-
werte sind im Durchschnitt niedriger als die von uns erhaltenen,
was, wie schon am Anfang dieser Arbeit auseinandergesetzt wurde,
darauf zurückzuführen ist, daß diese beiden Autoren, die in den
Handelsplatten enthaltenen Halogenionen nicht berücksichtigt haben.
Es wäre natürlich naheliegend, die von uns gefundenen überschus-
sigen Silberwerte mit den von Lüppo-Cramer (13) durch die
Dichromatmethode nachgewiesenen Silberkeimen zu identifizieren.
Wir wollen diesen Schluß nicht ziehen, da, wie schon erwähnt,
zwischen diesen Silberwerten und der Empfindlichkeit nicht der von
der Dichromatmethode geforderte Zusammenhang besteht. Bekannt-
lich werden durch Dichromatschwefelsäure gerade die hochempfind-
lichen Emulsionen in ihrer Empfindlichkeit stark beeinflußt, man
müßte also bei ihnen auch die höchsten überschüssigen Silberwerte
erwarten. Die oben angegebene Tabelle lehrt aber etwas anderes.
Zur analytischen Untersuchung photographischer Schichten
stehen also zwei Wege, der gravimetrische unter Anwendung größter
306 Schmidt und Preischner
Emulsionsmengen in Form von Emulsionsnudeln, und der titri-
metrische bei Benützung kleiner Mengen zur Verfügung. Wir
glauben, daß die gravimetrische Methode den titrimetrischen
Methoden in vielen Fällen mindestens ebenbürtig ist.
Zusammenfassung
A. Methodisches
Es wird eine quantitativ gravimetrische Untersuchungsmethode
angegeben, die gestattet, größere Mengen photographischen Materials
auf überschüssige Silber- und Halogenionen zu untersuchen. Auch
Gesamtsilber- und Halogenbestimmungen sind möglich. Mit dieser
Methode wurden hauptsächlich Emulsionsnudeln untersucht. Als
Abbausäure diente Salpetersäure 1:30. Durch diese Säurekonzen-
tration treten keine Oxydationsprozesse (Jodatbildung, Zersetzung)
ein. Durch einen besonderen Analysengang ist es möglich, im
Filtrat gelöstes Halogensilber und überschüssige Silberionen zu be-
stimmen. Dieselbe Methode wurde auch zur Untersuchung des
Rückstandes angewandt, der aber in allen Fällen nur noch Halogen
und Silber im stöchiometrischen Verhältnis neben organischer Sub-
stanz enthielt. Die Abbauzeit betrug entsprechend der geringen
Säurekonzentration 4—6 Stunden. Die Säurekonzentration ist groß
genug, um Reduktion durch die Gelatineabbauprodukte zu ver-
hindern.
B. Ergebnisse
I. In sämtlichen untersuchten Emulsionen besteht keine genaue
Äquivalenz zwischen Silber und Halogen, sondern es ist immer ein
mehr oder weniger großer Überschuß an Silber vorhanden, obwohl
die Emulsionen durchwegs mit Halogensalzüberschuß hergestellt
wurden.
2. Dieses überschüssige Silber, das somit zum ersten Male
gravimetrisch bestimmt wurde, ist in erster Linie von der Art des
Halogensilbers abhängig und bei Chlorsilber extrem hoch und bei
Jodsilber extrem niedrig. Weiter besteht bis jetzt noch kein er-
kennbarer Zusammenhang zwischen überschüssiger Silbermenge und
Empfindlichkeit, Reifungsgrad und Darstellung; Chlor- und Jod-
silber haben bei nicht stark verschiedener Empfindlichkeit stark
differierende Silberwerte.
Zur Photochemie der Halogensiber. T. 307
C. Folgerungen
I. Es wird darauf hingewiesen, daß in den Arbeiten von
Eggert, Noddak und Leszynski über die Gültigkeit des Äqui-
valentgesetzes bei sensibilisierten und nichtsensibilisierten Halogen-
silbergelatineschichten diese beträchtlichen, wahrscheinlich auch in
den Agfa-Emulsionen enthaltenen Silbermengen nicht berücksichtigt
wurden, so daß noch nicht entschieden ist, ob dieses Gesetz bei
diesen Systemen überhaupt Gültigkeit besitzt. Insbesondere finden
die von Leszynski gefundenen relativ hohen Silberwerte pro Farb-
stoffmolekül eine einfache Erklärung.
2. Weigert und Lühr haben eine titrimetrische Methode zur
Bestimmung des überschüssigen Silbers angegeben. Es wird darauf
aufmerksam gemacht, daß in der vorläufigen Veröffentlichung alles
darauf hinweist, daß die beiden Autoren den Gehalt der Handels-
platten an Halogeniden nicht berücksichtigt haben, so daß die ge-
fundenen Silberwerte wahrscheinlich noch einer Korrektur bedürfen.
3. Auf den Wert von Standardemulsionen fur das wissenschaft-
liche Arbeiten wird erneut hingewiesen.
Literatur
ı) Lüppo-Cramer, Kolloidchemie u. Photogr. 2. Aufl., Steinkopff 1921, S. 22.
2) K. Fajans u. Beckerath, Zeitschr. phys. Chemie 97. 478; K. F. u.
Frankenburger 105. 255; K. F. u. Hossel, Zeitschr. Elektrochemie 29. 495;
K.F. u. Wolff, Zeitschr. anorg. u. allg. Chemie 137. 221; K.F. u. W. Steiner,
Zeitschr. phys. Chemie 125. 307; Frankenburger, Zeitschr. phys. Chemie. 105. 273;
O. Hossel, Kolloid-Zeitschr. 34. 304; W. Steiner, Zeitschr. phys. Chemie 125. 275.
3) Sihvonen, Zeitschr. wiss. Phot. 25, Heft 1, Sr: Burgherr, Zeitschr.
wiss. Phot. 24, Heft 12, S. 393.
4) Lambert u. Wightmann, Zeitschr. wiss. Phot. 25, Heft 1, S. 10.
5) Eggert u. Noddak, Zeitschr. Physik 20. 299; 31. 922; Sitzungsber. d.
Preuß. Akad. 1923, S. 116.
6) Leszynski, Zeitschr. wiss. Phot. 24, Heft 8, S. 261.
7) Arens, Zeitschr. phys. Chemie 114. 337 und Eggert, zusammenfass. Vor-
trag, Zeitschr, Elektrochemie 32, Heft 10, S. 491.
8) Weigert u. Lühr, Naturw. 1927, Heft 38, S. 788.
9) H. Schmidt, Zeitschr. wiss. Phot. 23, Heft 7, S. 211.
10) Valenta, Phot. Korr. 1914, S. 122.
11) Lehmann u. Bohner, Phot. Ind. 1922, S. 408.
12) K. Leistner, Diplomarbeit, Dresden 1924.
13) Lüppo-Cramer, Grundlagen S. 9.
(Eingegangen am 27. März 1928)
308 Lüppo-Cramer
Der Herscheleffekt bei kurzweiliger Belichtung
Von
Lüppo-Cramer
Mit 4 Figuren im Text
Der Umstand, daß in neuerer Zeit der Herscheleffekt haupt-
sächlich nur an hochempfindlichen Bromsilberschichten studiert
wurde, führte zu der Anschauung, daß die Bildumkehrung im Sinne
des Herscheleffektes nur im Gebiete des langwelligen Rot, ja
sogar nur im Ultrarot auftreten könne. Der Verfasser (1) zeigte
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nun vor kurzem, daß das photographische Material hier die Voraus-
setzungen völlig verändern kann. Denn nicht nur jedes für eine
normale Dunkelkammerbeleuchtung ausreichende Rotfilter, sondern
auch orangegelbe und selbst rein gelbe Filter genügen, um auf
bestimmten Brom- und Chlorsilberschichten nach einer kurzen
diffusen Vorbelichtung jene umgekehrten Bilder zu erzielen, die
man bisher als eine ausschließliche Wirkung sehr langwelliger Licht-
strahlen anzusehen gewohnt war. Es kommt in der Tat hier alles
nur auf die photographische Schicht an.
Die ausbleichende Wirkung hellroten Lichtes auf bestimmten
vorbelichteten Gaslichtpapieren ist so intensiv und so leicht re-
produzierbar, daß man sie mit den einfachsten Mitteln erhalten kann.
Fig. ı zeigt ein solches Bild, das nicht etwa durch Umkopierungs-
Der Herschelefjekt bei kurzwelliger Belichtung 309
kunststücke verbessert wurde, sondern die getreue Reproduktion des
Originals darstellt. Es handelt sich um Satrox-Gaslichtpapier, das
zuerst einige Sekunden lang, bis zu einer mittleren latenten Schwär-
zung, diffus vorbelichtet war und darauf unter einer gewöhnlichen
roten Scheibe und einem ganz normalen Negativ mit einer 120kerzigen
Lampe in !/, m Abstand 5 Minuten lang belichtet und wie üblich
entwickelt wurde. Es entsteht also von dem Negativ ein Duplikat-
negativ auf Papier. An dem unteren Rande des Bildes erkennt
man noch die durch die diffuse Belichtung erzeugte erste Schwär-
zung, die nach Maßgabe der Durchlässigkeit des Negativs durch das
rote Licht ausgebleicht wurde Daß unter diesen Umständen das
latente Bild auf derartigen Papieren durch das rote Licht der üb-
lichen Dunkelkammerlampen abgeschwächt wird und daß deshalb
Fig. 2
auf den Herscheleffekt auch in der Praxis Rücksicht zu nehmen ist,
habe ich a. a. O. näher ausgeführt.
Ganz ähnlich wie rote Filter verhalten sich auch orange-
farbene, so das Filter 104 der Agfa, das auf Grund der Unter-
suchungen von H. Arens und J. Eggert (2) für die Sonderzwecke
der Röntgenographie in den Handel gebracht wird. Nimmt man
dagegen die bildgebende Belichtung des diffus vorbelichteten Papieres
durch ein rein gelbes Filter (Tartrazin) vor, so erhält man zwar auch
ein Ausbleichbild, aber nur dann, wenn die Intensität des wirkenden
Gelblichtes nicht zu groß ist; auf intensiver belichteten Teilen der
Kopie entsteht eine „zweite Umkehrung“, d. h. eine Schwärzungs-
zunahme. Ich habe einen derartigen durch gelbes Licht erzielten
Herscheleffekt mit zweiter Umkehrung bereits Phot. Rundschau 1928
S. 143 reproduziert (3). Als Ergänzung zeigt Fig. 2 die entsprechende
Wirkung der Belichtung durch ein ziemlich dichtes Grünfilter (4)
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25 21
310 Lüppo- Cramer
(Belichtung 2 Stunden, doch war eine weitgehende Ausbleichung
schon nach re Minuten vorhanden).
Ich war nun anfänglich durchaus nicht geneigt, anzunehmen,
daß eine im Prinzip ähnliche Ausbleichung des latenten Bildes sogar
auch durch ein blaues Filter hindurch erfolgen würde, ja hätte
einen dahinzielenden Versuch vielleicht gar nicht so bald unter-
nommen, wenn mich nicht eine sekundäre Beobachtung dazu ge-
führt hätte.
Gegen das rote Dunkelkammerlicht sind das Satrox-Papier und
ähnliche Gaslichtschichten an sich so gut wie unempfindlich. Die
durch die primäre Belichtung auf ihnen entstandenen Silberkeime
machen aber diese Schichten in hohem Grade für die weniger brech-
baren Strahlen empfindlich. Doch äußert sich diese Empfindlich-
keit im roten Lichte ausschließlich als Ausbleichung des ersten
"US? "BR
latenten Eindruckes ohne jede Schleierbildung. Versucht man
nun, wie sich unter Verhältnissen der Praxis latente Bildkopien
gegen gelbes Licht verhalten, so tritt hier die schleierbildende
Wirkung ganz in den Vordergrund und nur unter besonders ge-
leiteten Versuchsbedingungen kann man auch hier eine Ausbleichung
beobachten. Fig. 3 zeigt die Wirkung der durch eine dem Chapman-
Jones-Tester nachgebildete Skala abgestuften Gelbbelichtung auf
eine latente Kopie auf Satrox-Papier nach einer Stunde. Man sieht,
daß hier von Feld 1—12 eine erhöhte Schwärzung, unter den stärker
gedeckten Skalenfeldern aber eine Ausbleichung eingetreten ist. Die
Felder 1—3 waren übrigens schon vor der Entwicklung deutlich
sichtbar.
Bei diesem Bilde wie auch schon in Fig. 2 forderte nun eine
Nebenerscheinung zunächst zu einer besonderen Untersuchung heraus.
Man bemerkt hier nämlich um die Skalentelder der „zweiten Um-
Der Herschelefjekt bei kurzwelliger Belichtung 3II
kehrung“ herum scharf abgegrenzte helle Streifen, die bei der nor-
malen Belichtung unter der Skala wie auch bei den durch rotes
Licht ausgebleichten Herschelbildern mir nie aufgestoßen waren.
Außerlich ähneln diese Höfe denjenigen, wie sie als Nebenerscheinung
bei der Sabatierschen Umkehrung auf gewöhnlichen Trockenplatten
bei Zutritt aktinischen Lichtes während der Entwicklung entstehen
können und die man durch Desensibilisierung bekämpfen kann. Ich
habe einen derartigen Vergleich an anderer Stelle (5) reproduziert
und dort auch das Zustandekommen dieser Art von Höfen zu er-
klären versucht. Da die in Rede stehenden hellen Streifen aber
auch bei Anwendung desensibilisierender Entwickler sowie bei Aus-
schluß jeglichen Lichtes entstanden, so schien ihr Auftreten eine
andere Erklärung zu verlangen. Auch mit dem Eberhardeffekt
(„Nachbareffekt‘) (6) scheint hier kein Zusammenhang zu bestehen,
Fig. 4
da die Höfe sich auch bei der Hervorrufung im Eisenoxalat aus-
bilden.
Wenn nun auch nicht anzunehmen war, daß die Wellenlänge
des Lichtes als solche für jene Hofbildung mitentscheidend sein
könnte, so versuchte ich doch, ob sich bei der Nachbelichtung des
diffus vorbelichteten Papieres durch ein blaues Filter hindurch das
Phänomen etwa ändern würde. Die Hofbildung trat jedoch auch
unter diesen Verhältnissen auf. Gleichzeitig machte ich hierbei aber
die viel wichtigere Beobachtung, daß unter bestimmten Bedingungen
auch durch blaues Licht eine Ausbleichung des latenten Lichtbildes,
also ein „Herscheleffekt durch blaues Licht“ auftrat. Satrox-
Papier wurde nach der diffusen Vorbelichtung wie oben durch vier
aufeinandergelegte Blauscheiben nach E. König (7) in 75 cm Ent-
fernung von der Lampe 15 Minuten lang belichtet und gab das in
Fig. 4 reproduzierte Bild, das sich von dem durch Gelb- oder Grün-
21"
312 Lüppo-Cramer
filter erhaltenen grundsätzlich nicht unterscheidet. Man erkennt auch
hier die hellen Höfe um die stärker belichteten Skalenfelder herum,
die wohl dadurch zustande kommen, daß der Entwickler auch an
diesen Stellen zunächst für die Hervorrufung des Skalenfeldes selbst
mit verbraucht wird. Er hinterläßt dann eine schmale Zone um
das Feld herum, an der bei der erst etwas später einsetzenden
Entwicklung des vorbelichteten Grundes die Reduktion verzögert
wird (8).
Da im ungefilterten Lichte wohl nur die blauen Strahlen wirk-
sam sein können, so war anzunehmen, daß auch ohne Farbfilter
der Herscheleffekt auf dem Satrox-Papier auftreten würde. Dies ist
auch in der Tat der Fall, wenn man mit nicht zu starken
Lichtintensitäten arbeitet. Bei der großen Intensität der zu
den Versuchen mit Farbfiltern angewendeten Lichtquelle erhält
man nur dann eine der Fig. 4 ähnliche Ausbleichung ohne Filter,
wenn man infolge eines genügenden Abstandes des vorbelichteten
Papieres von der Lichtquelle die Belichtungszeit bis zu etwa einer
Stunde ausdehnen kann. Es treten hier also ähnliche Verhältnisse
ins Spiel, wie ich sie bei Untersuchungen über den Schwarzschild-
effekt bei anderen Ausbleichreaktionen beobachtete (9).
Wir haben also das interessante Ergebnis zu verzeichnen, dai
unter den beschriebenen Verhältnissen der Herscheleffekt im
Lichte aller Spektralregionen auftritt und es erhebt sich er-
neut die Frage, worin denn eigentlich unter diesen Bedingungen
der Unterschied zwischen dem Herscheleffekt und der gewöhnlichen
Solarisation besteht. Wir sahen, daß nur in rotem und orange-
farbenem Lichte eine Ausbleichung sämtlicher Felder der Skala
eintritt, daß dagegen sowohl im gelben, wie im grünen und blauen
Lichte eine Ausbleichung nur bei schwächeren Intensitäten erfolgt,
während diese Strahlen bei genügender Intensität eine Schwär-
zungszunahme veranlassen. Die längerwelligen Strahlen unter-
scheiden sich in ihrer Wirkung auf das latente Bild also dadurch
von den kürzerwelligen, daß sie ceteris paribus auch noch bei
stärkeren Intensitäten keine Schwärzungszunahme veranlassen, son-
dern ausschließlich bildzerstörend wirken.
Ein Verständnis dieser Verhältnisse ergibt sich, wenn man an-
nimmt, daß die kürzerwelligen Strahlen tiefer in das Halogensilber-
korn eindringen als die langwelligen. Daß ganz allgemein das
Licht um so tiefer in das Korn eindringt, je intensiver es ist, darf
man wohl voraussetzen. Die „zweite Umkehrung“ aber, die im
Der Herscheleffekt bei kurzwelliger Belichtung 313
vorstehenden nur bei der Wirkung kürzerwelligen Lichtes beobachtet
wurde, beruht wohl darauf, daß das intensivere Licht an diesen
Stellen sofort größere Keime erzeugt, die sich weiter ins Korninnere
erstrecken, während bei den weniger intensiv nachbestrahlten Bild-
teilen sich an der Kornoberfläche zunächst nur die Regression, die
Wiedervereinigung des Halogens mit dem Silber auswirkt, wodurch
die Entwicklung verhindert wird.
Die längerwelligen Strahlen beschränken aber offenbar ihren
Wirkungsbereich verhältnismäßig viel mehr auf die Kornoberfläche,
auch dann, wenn ihre Intensität größer ist. Dies braucht nicht
auf einer speziellen etwa optisch feststellbaren veränderten Absorp-
tion der Strahlen zu beruhen, sondern ist indirekt darauf zurück-
zuführen, daß die Tendenz zur Regression mit Zunahme der Wellen-
länge wächst. Denn gerade wegen dieser Tendenz bewirkt das
langwellige Licht an der Kornoberfläche noch die Rückbildung des
Bromsilbers, erzeugt aber weiter im Innern keine neuen Keime
mehr, weil hier der Bromdruck dem Dissoziationsdruck des Brom-
silbers viel leichter das Gleichgewicht halten kann als außen.
Fassen wir die also im Lichte aller Wellenlängen eintretende
Ausbleichung des latenten Bildes unter den beschriebenen beson-
deren Verhältnissen ins Auge, so verwischt sich hier der Unter-
schied zwischen der Umkehrung im Rot, die wir ausschließlich als
Herscheleffekt anzusprechen pflegen, und der Solarisation in der
Tat sehr weitgehend. Indessen möge noch auf folgendes aufmerk-
sam gemacht werden. Die geschilderte Ausbleichung auch im
blauen Lichte unterscheidet sich dadurch von der bisher meist an
hochempfindlichen Trockenplatten studierten Solarisation, daß die
auszubleichende erste latente Schwärzung sich noch durchaus im
aufsteigenden Aste der normalen Schwärzungskurve befindet und
daß bei jeder Belichtung (eine nicht zu hohe Intensität voraus-
gesetzt!) sogleich eine Ausbleichung stattfindet, ohne daß —
wie bei der gewöhnlichen Solarisation — noch eine zeitlich relativ
weitreichende Schwärzungszunahme mit einem meist noch aus-
gedehnten „neutralen Zustande“ vorhergeht. Man darf daher die
in Fig. 4 dargestellte Ausbleichung nicht ohne weiteres als ‚‚nor-
male“ Solarisation deuten, wenn auch die Verwandtschaft, ja grund-
sätzliche Wesensgleichheit der Phänomene bei diesen feinkörnigen
Schichten unverkennbar zum Ausdruck kommt.
Nicht ohne Interesse ist auch der Einfluß von Bromakzep-
toren auf die Ausbleichung des Satrox-Papieres im blauen Lichte.
314 Lüppo- Cramer
Während bekanntlich die gewöhnliche Solarisation hochempfind-
licher Platten durch bromabsorbierende Agenzien aufgehoben wird,
der Herscheleffekt auf denselben Schichten aber fast indifferent
gegen Bromakzeptoren ist, wird die Ausbleichung der feinkörnigen
Satroxschicht auch im blauen Lichte durch eine Imprägnierung mit
Nitrit kaum beeinflußt. Es steht dies ganz im Einklang mit früheren
Ausführungen des Verfassers (10) über die Wirkung der Bromak-
zeptoren auf Solarısation und Herscheleffekt. Hiernach wirken
bromabsorbierende Substanzen erst dann gegen die Bildumkehrung.
wenn sich während der Belichtung ein bestimmtes Minimum an
Brom abspaltet. Bei der Solarisation hochempfindlicher Platten
wird dieses Minimum überschritten, nicht aber, oder doch nur un-
wesentlich beim Herscheleffekt, bei den feinkörnigen aber wird das
Minimum auch im kurzwelligen Lichte noch nicht erreicht.
Die Verhältnisse bei der Bildumkehrung liegen bei hoch-
empfindlichen Bromsilberplatten wesentlich anders als bei der im
vorstehenden hauptsächlich in Betracht gezogenen sehr feinkörnigen
Schicht des Gaslichtpapieres Satrox. Das ist verständlich, wenn
man auch nur in groben Umrissen die außerordentlich viel kom-
pliziertere Struktur der gereiften Schichten in Erwägung zieht.
Denn zunächst besteht die Schicht der Negativplatten aus Brom-
silberkörnern sehr verschiedener Größe, was bei den Gaslichtpapieren
kaum in erheblichem Grade der Fall ist. Das gereifte Bromsilber
enthalt zudem immer Jodsilber, das sich in den einzelnen Körnern
verschiedener Größe nicht nur in prozentual verschiedenen Mengen,
sondern auch topographisch verschieden verteilt vorfindet. Ferner
schließt das sogenannte Korn trotz seiner kristallinischen Form in
seinem Innern höchstwahrscheinlich Spuren von Gelatine ein, die
auch wieder je nach dem sich herausbildenden Korn wieder ver-
schieden verteilt sind. Das „Korn“ hat also eine sehr komplizierte
Struktur, in der auch chemische Vorgänge anders verlaufen werden
als in einem homogenen System. Während weiter bei den un-
gereiften Schichten sich noch kaum rein chemische Einflüsse der
Gelatine bemerkbar machen werden, bildet die Gelatine in den
hochempfindlichen Schichten durch Reduktionswirkung kolloides
Silber und nach Sheppard infolge ihres Gehaltes an Thiokarb-
amiden auch Schwefelsilber. Infolge der Anwesenheit des kolloiden
Silbers als eines sehr stark wirksamen panchromatischen Sensi-
bilisators ist aber die gereitte Bromsilberschicht schon von vorn-
herein in verhältnismäßig hohem Grade farbenempfindlich und dies
Der Herscheleffekt bei kurzwelliger Belichtung 315
muß jedenfalls das Auftreten des Herscheleffektes stark beeinflussen,
ja wird vielleicht die starke spektrale Begrenzung des Herschel-
effektes auf das sehr langwellige Licht verursachen. Auch die sich
hierbei unter Umständen überlagernden Vorgänge, die ich in einer
vorhergehenden Abhandlung in dieser Zeitschrift (Ir) berührte,
werden hierdurch verständlicher.
Bei den ungereiften Schichten fehlen jene die Farbenempfind-
lichkeit verursachenden Keime nun zunächst vollständig. Die in
diesem Falle erst bei der Belichtung entstehenden Keime können
daher viel wirksamer sein, weil die relative Farbenempfindlichkeit
sich aus der Differenz der spektralen Empfindlichkeiten einerseits
des ursprünglichen, andererseits des belichteten Haloids ergibt.
Dies muß aber auch eine wesentlich geringere spektrale Begren-
zung des Herscheleffektes zur Folge haben, wie aus den oben be-
schriebenen Versuchen ja tatsächlich auch hervorgeht.
Nach den heutigen Anschauungen finden sich die bei der
Reifung entstehenden Keime nicht etwa einigermaßen gleichmäßig
an der Kornoberfläche verteilt, sondern sie treten als sporadisch
verteilte Zentren auf, an denen das latente Lichtbild seine Ent-
stehung beginnt. Begreiflicherweise wird dies gerade auch bei den
Umkehrungsreaktionen von bedeutendem, natürlich im einzelnen
nicht zu übersehenden Einflusse sein. Sicherlich werden sich aber
jene Keime gegenüber dem regressiven Wiederbromierungsprozeß
wieder wesentlich anders verhalten als das latente Bild auf einem
ungereiften Korn, an dessen Oberfläche sich aller Wahrscheinlich-
keit nach zahlreichere, aber kleinere und daher leichter chemisch
angreifbare, d. h. leichter wieder regenerierbare Keime bilden werden,
die zudem kaum schon Schwefelsilber enthalten.
Was hier von Extremen gesagt wurde, kann wohl auch teil-
weise seine Anwendung finden, um die sehr großen Unterschiede
in bezug auf die Bildausbleichung zu erklären, die sich auch unter
den verschiedenen Fabrikaten von Gaslichtpapieren vorfinden, selbst
dann, wenn diese bei der Verarbeitung für praktische Zwecke
keinerlei auffallende Verschiedenheiten zeigen.
Literatur
1) Lüppo-Cramer, Phot. Rundschau 1918, S. 142; Phot. Korr. 1928, S. 108;
Atelier des Photogr. 1928, S. 38.
2) H. Arens und J. Eggert, Zeitschr. wiss. Phot. 24 229. 1926.
3) Auch in bezug auf die Ausbleichung durch gelbes Licht erwies sich das
Satrox-Papier allen andern von mir geprüften Gaslichtpapieren weit überlegen, doch
316 Lüppo-Cramer
erhielt ich auch auf Lupex, Senvela, Mimosa-Velotyp und Lumarto gute Ausbleichungen
unter gelbem Filter; bei Lupex und einem selbst hergestellten Chlorsilberpapier blieb
indessen die „zweite Umkehrung“ unter den angegebenen Verhältnissen aus.
4) E. König, Farbenphotogr. 4. Aufl. Berlin 1921, S. 100. Die Farben-
felder der reproduzierten Skalen mögen hier außer Betracht bleiben, da sie nur für
praktische Zwecke mit der Grauskala verbunden wurden und keine einwandfrei de-
finierte spektrale Begrenzung besitzen.
5) Lüppo-Cramer, Negativentwicklung bei hellem Lichte. II. Aufl. Leipzig
1922, S. 50.
6) G. Eberhard, Publik. d. astrophysikal. Observator. Potsdam, Bd. 26, Heft 1,
S. 45 (Potsdam 1926, im Verlag des Observator.); Phot. Korr. 1922, S. 15.
7) E. König, Farbenphotogr. S. 99. Die Ausbleichung im blauen Lichte er.
hielt ich in der aus der Fig. A ersichtlichen Intensität nur auf Satrox; Mimosa- Velotyp
lieferte aber auch ein sehr deutliches, Senvela ein schwaches, aber doch deutlich er-
kennbares’ Ausbleichbild durch das Blaufilter.
8) Vielleicht genügt diese Erklärung doch auch für die a. a. O. beschriebene
ältere Beobachtung.
9) Zeitschr. wiss. Phot. 24. 380. 1927.
10) Lüppo-Cramer, Phot. Industrie 1927, Nr. 3.
11) Lüppo-Cramer, Zeitschr. wiss. Phot. 25. 282. 1928.
(Eingegangen am 15. März 1928)
Der Sterryeffekt auf Chlorsilber
Von
Lüppo-Cramer
Mit 2 Figuren im Text
In einer vor kurzem in dieser Zeitschrift (I) erschienenen Ab-
handlung: „Abschwächung des latenten Bildes“ wurde bereits die als
Sterryeffekt bekannte Erscheinung berührt, daß das latente Bild auf
Bromsilber durch gewisse das Silber chemisch angreifende Agenzien
an den stärker belichteten Stellen außerordentlich viel weitgehender
zerstört wird als in der Nähe des Schwellenwertes.
J. Sterry(2) machte zuerst die Beobachtung, daß Entwicklungs-
papiere und Diapositivplatten weichere Bilder liefern, wenn man
sie vor der Entwicklung kurz in ein verdünntes Bad von Kalium-
bichromat eintaucht und kurz abspült.e. Bei den Nachprüfungen
dieser Versuche durch verschiedene Forscher (3) wurde besonders
hervorgehoben, daß die infolge des Calliereffektes (4) bei Vergröße-
rungen auf Brumsilberpapier sehr leicht entstehenden Harten und
Detaillosigkeiten in den Tiefen vermieden werden, wenn man das
Bichromatvorbad anwendet.
Der Sterryeffekt auf Chlorsilber 317
Von einer größeren Serie von Plattensorten habe ich vor einiger
Zeit (5) Schwärzungskurven über den Sterryeffekt veröffentlicht, die
alle eine sehr geringe, in einzelnen Fällen überhaupt keine Wirkung
des Bichromatbades auf den Beginn der Kurve, aber eine mit
steigender ursprünglicher Belichtung immer mehr zunehmend ab-
schwächende Wirkung auf das latente Bild zeigen. In der ange-
führten Arbeit an dieser Stelle illustrierte ich auch die im Sinne
des Sterryeffektes abschwächende Wirkung einiger anderer oxydie-
render Agenzien, wobei gleichzeitig die schleierbildende Komponente
einiger dieser Vorbäder mit in die Erscheinung trat.
Auch auf Chlorsilber erhält man den Sterryeffekt sowohl
mit Bichromat, wie auch mit andern silberangreifenden Substanzen.
Die Figg. ı und 2 geben derartige Schwärzungskurven wieder. Ä ist
in beiden Fällen die nicht behandelte Kontrollplatte, während die
andern Kurven nach 2 Minuten langer Einwirkung der verschiedenen
Agenzien auf die belichtete Chlorsilberschicht mit nachfolgender
Waschung und Entwicklung in Metolhydrochinon entstanden.
. Bichromat 1°),
. Ferricyankalium 0,2°/,
. Kaliumpermanganat 0,1°/,
. Chinon 1°/
. Kupferchlorid ı1°/,
. Eisenchlorid 1°),
. Ammoniumpersulfat 1°/,
. Ammoniumpersulfat ı°/,, 10 Minuten lang.
CO N OAU AU N m
In allen Fallen ist auch hier die Wirkung der silberangreifenden
Agenzien auf den Schwellenwert sehr gering und die flachen Kurven
zeigen den mit zunehmender Belichtung stärker werdenden chemischen
Angriff auf das latente Bild. Besonders beachtenswert ist die von
den übrigen Kurven abweichende starke Durchbiegung der Kurven
von Ferricyankalium (2) und Kupferchlorid (5).
Was die Erklärung des Sterryeffektes anlangt, so habe ich
sie in meiner erwähnten Mitteilung an dieser Stelle nur kurz ange-
deutet und es ist daher vielleicht angebracht, sie auch hier etwas
austührlicher mitzuteilen.
Die Wirkung des Sterryeffektes beruht wohl auf dem Verhalten
der Adsorptionsverbindungen bzw. fester Lösungen ganz allgemein.
Bei allen derartigen Verbindungen ist nur ein bestimmter, geringerer
Teil des Adsorbendums besonders fest mit dem Adsorbens ver-
Der Sterrveflekt auf Chlorsilber 319
bunden und daher relativ schwer von ihm zu trennen. Bei der Be-
lichtung des Brom- bzw. Chlorsilbers sind offenbar die zuerst ent-
stehenden Silberkeime so fest gelöst, daß sie den relativ schwachen
Angriffen der oxydativen Agenzien bei den beschriebenen Versuchen
widerstehen. Bei weiter fortgesetzter Belichtung wachsen diese
Keime, der Bau des Halogensilberkornes wird dabei gelockert, der
Schutz des umhüllenden Haloides nimmt ab und die Keime werden
leichter zerstörbar. Genauer studiert wurde diese Erscheinung vom
Verfasser bei den synthetischen Photohaloiden und als „anomale
Adsorption“ gedeutet (6). Auch die Tatsache, daß die Verringerung
der Lichtempfindlichkeit des (gereiften) Bromsilbers durch Oxy-
dationsmittel einen erheblich größeren Betrag annimmt, wenn die
Platte schon vorher ziemlich stark belichtet war (7), ist offenbar
nahe mit dem Sterryeffekt verwandt. Daß auch der Vorgang der
Abschwächung entwickelter Negative mit Persulfat u. a. letzten Endes
mit dem Sterryeffekt nahe Beziehungen hat, wurde bereits in meiner
Arbeit an dieser Stelle ausgeführt.
Literatur
I1) Zeitschr. wiss. Phot. 25. 129. 1928.
2) Eders Jahrb. 1904, S. 462, ausführlicher 1908, S. 509.
3) Ackland, Eders Jahrb. 1905, S. 408; O. Mente, Phot. Korr. 1910, S. 603;
R. Namias, Eders Jahrb. 1914, S. 103; Fr. Schmidt, Vortrag im Frankfurter
Verein 1915.
Al A. Callier, Zeitschr. wiss. Phot. 7. 268. 1909; Eders Jahrb. 1910, S. 153,
323, 452; 1911, S. 341; 1912, S. 468, 497.
5) Lüppo-Cramer, Phot. Rundschau 1927, S. 384.
6) Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. Negativverf.(Eders Handb. Bd. II, 1).
Halle 1927, S. 35.
7) Lüppo-Cramer, Phot. Industrie 1924, Nr. 34.
(Eingegangen am 8. April 1928)
320 Lüppo- Cramer
Zur optischen Sensibilisiorung des Jodsilbers
Von
Lüppo-Cramer
Zur Frage der optischen Sensibilisierung des Jodsilbers be-
schreibt K. Baukloh (I) eine Reihe von interessanten neuen Ver-
suchen, zu denen nach seiner Ansicht frühere Angaben im Wider
spruch stehen. Nach Baukloh erscheint es „schwer verständlich“
und „verwunderlich“, daß es Lüppo-Cramer und andern nicht
gelungen sei, Jodsilbergelatine mit Erythrosin und Phenosafranin zu
sensibilisieren und er sucht den Widerspruch zu meiner ‚„Behaup-
tung“, daß Phenosafranin das Jodsilber nicht sensibilisiere, sondern
desensibilisiere, durch die Annahme zu erklären, daß ich die Platte
überhaupt nicht entwickelt, sondern deren direkte Schwärzung be-
urteilt hätte! Bei einem Autor, der sich seit 30 Jahren mit solchen
Fragen befaßt, sollte man derartige Kunstfehler eigentlich nicht
mehr voraussetzen.
Studiert man die Arbeit von Baukloh genauer, so erscheint
es gar nicht mehr so schwer verständlich, daß er zu wesentlich
andern Resultaten über die optische Sensibilisierbarkeit des Jod-
silbers gelangte als andere vor ihm. Denn die experimentellen
Voraussetzungen liegen hier ganz verschieden. Die älteren Ver-
suche über optische Sensibilisierung des Jodsilbers sind so gut wie
immer mit Schichten angestellt worden, in denen das Jodsilber durch
Emulgierung entstanden war, während Baukloh einerseits mit
unvollständig jodierten Silberspiegeln arbeitete, Schichten,
die also noch mit metallischem Silber als „Sensibilisator‘‘ in Be-
rührung waren, andererseits seine Jodsilbergelatine auf dem Um-
wege über käufliche Bromsilberplatten herstellte.
Die an sich besonders interessanten Ergebnisse, die Baukloh
an den Silberspiegeln erzielte, scheiden als widerspruchbildend zu-
nächst vollständig aus. Aber auch die Tatsache, daß die durch
Umwandlung von Bromsilber in Jodsilber mit der Thiosulfat und
Sulfit enthaltenden Renwickschen Jodierungslösung erhaltenen
Platten bei gewissen Reaktionen zu andern Resultaten führen können
als einfach emulgiertes Jodsilber, ist eigentlich kaum schwer verständ-
lich, zumal man aus Bauklohs Angaben die Schlußfolgerung ziehen
darf, daß die Alterungskeime in den von ihm angewendeten ur-
sprünglichen Platten hier eine Rolle gespielt haben.
Zur optischen Sensibilisierung des Jodsilbers 32I
Im übrigen ist aber auch die normale optische Sensibilisierung
des Jodsilbers, das auf dem Umwege über das Bromsilber hergestellt
worden war, nicht erst von Baukloh neu entdeckt worden, sondern
findet sich schon eingehend beschrieben in einer Abhandlung von
mir (2): „Zur Sensibilisierung des Jodsilbers“. Hier wurde das
Rhodamin B als ein ganz besonders stark wirkender optischer Sensi-
bilisator für Jodsilber erkannt und seine Wirkung auch bildlich dar-
gestellt. Auch die von Baukloh S. 249 hervorgehobene Tatsache,
daß bei Jodsilber die Sensibilisierung für längerwelliges Licht größer
werden kann als die normale Empfindlichkeit für kurzwelliges, wurde
von mir schon in jener Arbeit an Reproduktionen von Eder-Hecht-
Skalen illustriert. Ferner ergab Phenosafranin auf derartigen Schichten
bei gleichzeitiger Gegenwart von Jodakzeptoren nicht nur eine starke
Farbenempfindlichkeit, sondern, wie das Rhodamin, auch eine be-
deutende Steigerung der Gesamtempfindlichkeit. Ich schloß daher
aus meinen Untersuchungen a. a. O.: „Geeignete chemische Sensi-
bilisatoren sind also unter Umständen fähig, die sonst desensibili-
sierende Wirkung des Safranins in das Gegenteil zu verkehren.“
Nehmen wir nun an, daß bei den von Baukloh verwendeten
unvollständig jodierten Silberspiegeln das metallische Silber und bei
seinen Gelatineschichten die von ihm selber vermuteten Reifungs-
oder Alterungskeime die Rolle des chemischen Sensibilisators über-
nahmen, so sind die vermeintlichen Widersprüche nicht mehr allzu
schwer verständlich.
Für bemerkenswert hält es auch Baukloh (S. 258), daß bereits
J. Acworth die desensibilisierende Wirkung der Safraninfarbstofte
erkannt habe, „die von Lüppo-Cramer als neu festgestellt wurde“.
Daß viele Farbstoffe die Empfindlichkeit des Bromsilbers verringern,
ist in der Tat zahlreichen Forschern bei ihren Untersuchungen über
optische Sensibilisierung aufgefallen. Das ist aber auch in meinen
Untersuchungen über die Desensibilisierung nicht etwa verschwiegen
worden (3). Das Entscheidende und psychologisch Interessante ist
aber, daß, soweit bisher bekannt wurde, niemand vor mir die
praktische Konsequenz aus der Tatsache jener Empfindlichkeits-
verringerung zog.
Die Arbeit von Baukloh veranlaßt mich, eine schon vor
längerer Zeit von mir angestellte aber nicht veröffentlichte Zu-
sammenstellung der Wirkung verschiedener Farbstoffe auf die Ge-
samtempfindlichkeit des Jodsilbers hier anzufügen.
322 Lüppo- Cramer
Die Jodsilberemulsion wurde in folgender Weise hergestellt:
Zu 150 ccm ı0°/,iger Gelatinelösung + 50 ccm ıo°/,iger Jod-
kaliumlösung von 60° werden rasch 50 ccm 10°/,iger Silbernitrat-
lösung zugegeben. Es bleibt hierbei ein kleiner Überschuß an Jod-
kalium in der Emulsion. Es entsteht zunächst eine ganz trans-
parente, außerordentlich hochdisperse Emulsion, die sehr wenig deckt
und sehr unempfindlich ist, die aber nach 16 Stunden langer Di-
gestion bei 65° eine enorme Zunahme der Empfindlichkeit und
Deckkraft erfährt. Die gereifte (ungewaschene) Emulsion wurde auf
Glasplatten gegossen und in erstarrtem Zustande gründlich ge-
“waschen und dann getrocknet.
Die Farbstoffe wurden in der bei Bromsilber üblichen Ver-
dünnung 1:50000 verwendet, die getrockneten Jodsilberplatten
darin 2 Minuten lang gebadet und wiederum getrocknet. Die Be-
lichtung erfolgte mit einer ızokerzigen Lampe in 30cm Entfernung
unter Eder-Hecht-Skalen ı Minute lang. Entwicklung in Amidol-
Pottasche. Fixiert wurden diese Platten nicht. Sie haben, wie die
Tabellen zeigen, eine ungleich höhere Empfindlichkeit als die von
Baukloh benutzten, der mit einer 3000kerzigen Lampe 200 Minuten
lang belichtete und selbst hierbei nur 40° E.-H. erzielte. Schon
dieser gewaltige Unterschied in der Empfindlichkeit des verwendeten
Jodsilbermaterials deutet auf wesentlich verschiedene Verhältnisse in
den Versuchsbedingungen.
Tabelle ı
Empfindlichkeits- | Differenz gegen-
Ohne Nitrit Mit Nitrit steigerung über der ursprüng-
durch Nitrit lichen Platte
Kontrollplatte........ 84 90 6 —
Pinaflavolnitrat ....... 86 86 o +2
Pinachromviolett ...... 74 74 o 10
Erythrosin ......... 72 84 12 12
Pinachrom ......... 68 76 8 16
Pinacyanol ......... 68 82 14 16
Athyleyanin ........ 60 74 14 24
RhodaminB ........ 60 72 12 24
Isochinolinrot ........ 58 72 14 26
Pinakryptolgrün ...... 58 64 6 26
Pinakryptolgelb....... 5o 74 24 34
Methylenblau ........ so 62 12 34
Phenosafranin........ 30 68 38 S4
In Tabelle ı findet sich auch die Empfindlichkeit bei gleich-
zeitiger Anwendung von Nitrit als chemischem Sensibilisator, die
Zunahme der Empfindlichkeit durch dieses, die sich allerdings be-
Zur optischen Sensibilisierung des Jodsilbers 323
deutend mehr in der Steigerung der Deckung als in einer Ver-
änderung des Schwellenwertes äußert, sowie die Differenz in der
Gesamtempfindlichkeit gegenüber der nicht gefärbten Kontrollplatte
angegeben. Mit Ausnahme des Pinaflavolnitrates, das wie in andern
Fällen (4) als ausgesprochener Halogenakzeptor eine geringe Emp-
findlichkeitszunahme bewirkte, zeigten alle untersuchten Farbstoffe
eine teilweise enorme Decsensibilisierung. Bei gleichzeitiger Gegen-
wart des Jodakzeptors erfolgt bei einer Reihe der gefärbten Platten
eine Zunahme der Gesamtempfindlichkeit, die bedeutend höher ist
als die Empfindlichkeitssteigerung der ungefärbten Platte. Eine op-
tische Sensibilisierung wurde in keinem Falle beobachtet; stets
erschien nur der Blaustreifen der Skala. Man sieht auch, daß die
Desensibilisierung des Jodsilbers mit den ausgesprochenen Brom-
silbersensibilisatoren Äthylcyanin, Rhodamin B und Isochinolinrot
ebenso stark ist wie die mit Pinakryptolgrün, während allerdings
auch Pinakryptolgelb und Methylenblau, besonders aber auch Pheno-
safranin sich noch durch eine ganz besonders weitgehende De-
sensibilisierung auszeichnen.
Tabelle 2 zeigt die Desensibilisierung des Jodsilbers (einer andern
Emulsion) noch an einigen weiteren Farbstoffen.
Tabelle 2
Kontrollplatte `... 84 Differenz
Dijodfiuorescein ....... 80 4
Äthylrot `... errs 72 12
Akridingelb ......... 72 12
Dibromdinitrofluorescein. . . 70 12
Methylgrün. ......... 70 14
Orthochrom T ........ 66 18
Malachitgrün. ........ 58 26
Bnillantrhodulinrot ...... 54 30
Es bestätigen und erweitern diese Versuche die von mehreren
älteren Autoren beobachtete Tatsache, daß emulgiertes Jodsilber
sich nicht ohne weiteres optisch sensibilisieren läßt und gleichzeitig
auch die Feststellung des Verfassers, daß auch bromsilbersensibili-
sierende Farbstoffe das Jodsilber zu desensibilisieren pflegen.
Die entgegengesetzten Resultate von Baukloh sind also offenbar
darauf zurückzuführen, daß er mit ganz andern Jodsilbermaterialien
arbeitete. |
Es möge hier noch folgendes registriert werden. Die de-
sensibilisierende Wirkung der Farbstoffe auf das Jodsilber setzt nicht
324 Lüppo-Cramer. Zur optischen Sensibilisierung des Jodsübers
etwa, wie man annehmen könnte, überschüssige Jodionen in der
Schicht voraus, vielmehr erlitten Jodsilberemulsionen der oben an-
gegebenen Herstellungsart auch dann noch eine starke Desensibili-
sierung durch Farbstoffe, wenn bei der Emulgierung bis zu 5°/, der
ursprünglichen Jodionen durch Bromionen ersetzt wurden. Erst
bei weiterem Ersatz des Jodsilbers durch Bromsilber (10°;,) tritt
eine deutliche optische Sensibilisierbarkeit auf. Behandelt man die
reinen Jodsilberplatten mit einer sehr verdünnten Lösung von freiem
Brom, wie früher von mir angegeben wurde (5), so tritt trotz der
hier noch sehr wenig weitgehenden Umwandlung des Jodsilbers ın
Bromsilber eine beträchtliche Steigerung der Gesamtempfindlichkeit
und vor allem der Deckkraft, aber gleichzeitig auch eine starke
optische Sensibilisierbarkeit ein (durch Erythrosin, Rhodamin B,
Pinachrom, Pinacyanol, Orthochrom T). In diesem Falle findet sich
das Bromsilber natürlich an der äußersten Kornoberfläche des Jod-
silbers und kann hier seine eigene Sensibilisierbarkeit leichter in
die Erscheinung treten lassen als bei den Jodbromsilberkomplexen,
wie sie beim Emulgieren entstehen. Das Gegenstück hi . bildet
die Tatsache, daß durch sehr stark verdünnte Jodsalzlosung nur
kornoberflächlich in Jodsilber umgewandeltes Bromsilber seine ur-
sprüngliche Fähigkeit zur optischen Sensibilisierung so gut wie voll-
ständig wieder verliert (6).
Literatur
1) K. Baukloh, Zeitschr. wiss. Phot. 25. 233. 1928.
2) Lüppo-Cramer, Phot. Industrie 1921, Nr. 21.
3) Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. Negativverf.(Eders Handb. Bd. II, 1}
Halle 1927, S. 688.
4) Lüppo-Cramer, Grundlagen usw. S. 576.
5) Lüppo-Cramer, Grundlagen usw. S. 553; Phot. Industrie 1927, Nr. 32.
6) Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1917, S. 92.
(Eingegangen am 8, April 1928)
Druckfehlerberichligung: Zeitschr. f. wiss. Phot. Bd. XXV, S. 161 Zeile von
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I Helmuth Brauns, Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie De Röntgen-
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A? ! Werner Meyn, Über die ton ani an UE PA:
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Kë A. Steigmann, Keine durch Parbetoßle 2 Ate Zéit e Ek
. H H, Schmidt und F. Pretschner, Zur Photochemie der Halogensilber.
| II. Mitteilung: Der Abbau photographischer Schichten mit neutralem, saurem
W- und alkalischem RS und mit ammoniakalischem Schwefel-
ammonium . . . RER Ge? pea raa
K. Schaum und E, A. Scheidt; Ober die Beskäcktäni eines FOREN l
Effekts mit Hilfe des Zeiss-Löweschen Flüssigkeitsinterferometers . „ . 362
Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an
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Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige
A Berichterstattung möglich ist,
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Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden,
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Verkleinerungs-Apparate
für Technik ` di
Industrie und Wissenschaft
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Forma. nn
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Senkrechte Arbeitsweise!
Direktes, zerstreutes Licht!
—
Druckschriften frei
DKOLI-GESELLSCHAFT
Fabrik photographischer Apparate, Stadtilm (Thür.) 64
II
kä
Zeitichrift für willenichaftlidie Photographie,
Photophylik und Photodtemie
XXV. Band 1928 Heft 11
Neuere Messungen im Gebiete der Z-Serie der Röntgenspektren
Von
Helmuth Brauns
(Mitteilung aus dem Physikalischen Institut der Universität Bonn)
Mit 7 Figuren im Text
Die L-Serie der schwereren Elemente ist schon oft gemessen
worden. Unter Führung von Siegbahn haben Coster (1), Hjal-
mar (2) und Friman (3) in Lund und Upsala Absolutmessungen nach
der Siegbahnschen Umlegemethode gemacht. Weber (4), Lang (5)
Fig. ı
und Schrör (6) haben hauptsächlich in, Bonn relative Messungen nach
der Seemannschen Schneidemethode ausgeführt. In Schweden
wurde zuerst nach der Braggschen Anordnung gearbeitet (Fig. 1),
indem ein enges Röntgenstrahlbüschel durch zwei Spalte auf den
drehbaren Kristall geleitet wurde. Der Plattenhalter wurde auf einem
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 22
326 Brauns
_ - - _— —— — Gef, — — _— _ — - = 8 ES
Präzisionsteilkreis dahin eingestellt, wo nach dem Braggschen Ge-
setz die Linie zu erwarten ist. Nach einmaliger Belichtung wurde der
Plattenhalter um den Winkel Ae plus a geschwenkt, wobei a ein be-
liebiger aber genau gemessener Winkel ist. Nach nochmaliger Be-
lichtung zeigten sich auf der Platte zwei Linien, deren Abstand aus-
gemessen wurde. Aus der Differenz dieses Wertes von a wurde der
Reflexionswinkel korrigiert. Die neueren Messungen der Schweden
wurden nach der Seemannschen Lochkameramethode kombiniert
mit der Siegbahnschen Umlegemethode gemacht. Der Unterschied
besteht darın, daß nach Seemann nur ein Spalt verwendet
wird, und zwar zwischen Kristall und Platte. Von der Licht-
Fig. 3
quelle L (Fig. 2) fällt cin stark gestreutes Strahlenbündel auf den
Kristall Æ. Dieser ist mit Hilfe des Präzisionsteilkreises unter dem
Winkel e gegen die Nullinie des Spektrographen geneigt. Der Spalt $
ist starr mit dem Plattenhalter P verbunden und wird um 29 gegen
die Nullinie des Spektrographen verschoben. Ist der Winkel e genau
der Reflexionswinkel der gesuchten Spektrallinie, so ist der Strahlen-
gang mit der in der Figur ausgezogenen Linie identisch. Ist der
Reflexionswinkel kleiner, so nimmt der Strahlengang den in der
Figur gestrichelt gezeichneten Verlauf. Aus dem Abstand der beiden
Linien bei doppelseitiger Aufnahme und dem Abstand Spalt— Platte
wird der wahre Reflexionswinkel berechnet. Durch diese Anordnung
des Spaltes wird bewirkt, daß die Linienverbreiterung, die durch de
Eindringungstiefe der Röntgenstrahlen in den Kristall hervorgerufen
wird, auf der Platte nicht zur Wirkung kommt.
Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspekiren 327
Die Messungen von Weber, Lang und Schrör wurden nach
der von Vogel (7) und Weber ausgearbeiteten Scemannschen
Schneidemethode ausgeführt. Es steht einem Kristall X (Fig. 3)
eine stumpfwinklig geschliffene Schneide in geringem Abstand
gegenüber und bildet mit ihm den Spalt des Spektrographen. Der
Plattenhalter ist starr mit dem drehbaren Kristallschneideblock ver-
bunden. Während einer Aufnahme wird das ganze System um eine
ın der Verlängerung der Schneide liegende Achse geschwenkt. Durch
cine doppelseitige Aufnahme der Kupfer-Ä «,-Linie, die als Normale
diente, wurde der Abstand Schneide— Platte und die Dispersion des
Apparates ausgerechnet. Auf jeder Platte wurde die Kupfer-K œ-
Linie mit aufgenommen und der Abstand der gesuchten Linie von
dieser aus gemessen. Es zeigte sich die Theorie bestätigt, nach der
die Linien nach der langwelligen Seite scharf begrenzt sind, infolge
der hohen Absorption der stumpfwinkligen Wolfram- bzw. Gold-
schneide, nach der kurzwelligen dagegen einen langsameren Inten-
sitätsabfall haben durch die Eindringung der Strahlen in den Kristall.
Beim Ausmessen der Platten wurde auf die langwellige, scharfe Kante
eingestellt, an der das Schwärzungsmaximum liegt. Nach der Sce-
mannschen Schneidemethode ist die Ä-Serie der Elemente von
Eisen (26) bis Zinn (50) durch Lang und von Chrom (24) bis Rho-
dium (45) durch Schrör gemessen worden. Dieses entspricht einem
Wellenlängengebiet von 2288—480 XE. Die L-Serie von Osmium
bis Wismut durch Lang, von Samarıum bis Uran durch Schrör,
entsprechend einem Wellenlängengebiet von 2205—612 XE. Sämt-
liche Linien sind auch im Siegbahnschen Laboratorium nach den
dortigen Methoden gemessen worden. Beim Vergleich der Resultate
stellte sich heraus, daß in der K-Serie gute Übereinstimmung herrscht.
Die Differenzen der Werte für die K -Linien liegen im Durchschnitt
unter 0,03 XE. In der L-Serie aber ergaben sich konstante Ab-
weichungen, die mit 0,50XE die angegebenen Meßfehlergrenzen
weit überschreiten. Von Vielen sind Erklärungen für diese Diffe-
renzen gesucht worden. Weber schreibt, daß sie nur durch tieferes
Eindringen der Röntgenstrahlen in den Kristall und die hierdurch
bedingte Linienverlagerung bei der Braggschen Methode herrühren
kann. Diese geht bei den Absolutmessungen nach der Siegbahn-
schen Methode in doppeltem Betrage in die Rechnung ein. Die Linien
liegen nämlich bei einer doppelscitigen Aufnahme mit ihrer kurz-
welligen Kante einander zugekehrt, nach der sich die Verlagerung
auswirkt. Ihr Abstand wird also kleiner und täuscht cine kürzere
22”
328 Brauns
Wellenlänge vor. Dies kann aber nicht der Grund der Differenzen
sein, denn warum sollte eine Linie der K-Serie von ungefähr gleicher
Härte diese Verlagerung nicht ın gleichem Maße erfahren. Friman
dagegen rechnet es als Fehler an, daß bei der Seemannschen
Schneidemethode bei der Ausmessung der Platten auf die langwellige
Kante der Spektrallinie eingestellt wird. Aber auch dieser Vorwurf
ist unbercechtigt, wie Weber ausführlich nachgewiesen hat. Um die
Ursachen der Differenzen zu ermitteln, wurde in Bonn ein Spektro-
graph der Braggschen Drehkristallmethode gebaut.
Bevor wir auf die neueren Untersuchungen cingehen, ist es nötig,
die grundsätzlichen Bedingungen zur Messung von Röntgenwellen-
langen zu erörtern. Zwar haben Weber und Lang schon auf die
hier vorwaltenden Bedingungen hingewiesen, aber bei der Bedeutung
des Gegenstandes lohnt sich eine umfassende Darstellung um so
mehr, als offenbar gewisse Gesichtspunkte, die auf optischem Gebiet
schon längst Allgemeingut geworden sind, nur langsam auf dem
Gebiet der röntgenspektroskopischen Wellenlängenbestimmung sich
durchzusetzen vermögen.
In der Spektroskopie unterscheiden wir zwischen Absolut-
messungen und Relativmessungen. Wir nennen eine Linie absolut
gemessen, wenn ihrer Wellenlängenbestimmung das Urmeter zu-
grunde liegt. Wenn irgendeine andere Größe angenommen wird,
die nicht genau in Teilen des Urmeters bestimmt ist, haben wm
relative Messungen vorliegen. Um in der Röntgenspektroskopie
wirklich absolut gemessene Werte zu erhalten, müßte, da der direkte
Anschluß an den sichtbaren Spektralbereich fehlt, eine Methode
gefunden werden, die es gestattet, das Urmeter in Röntgenwellen-
langen auszumessen. Da die Größenordnung der Wellenlänge der
Röntgenstrahlen ım Mittel 3-10"? cm beträgt, also tausendmal
kleiner ist als Licht von 3000 A, ist die Anwendung der gewöhnlichen
optischen Hilfsmittel ausgeschlossen. Da es andererseits nicht gelang.
auf mechanischem Wege Gitter herzustellen, deren Furchenabstand
jener Größenordnung entspricht, so sind wir in der Röntgenspektro-
skopie auf die Kristallgitter angewiesen. Die Wellenlängen der
Röntgenstrahlen werden mit Hilfe des Braggschen Sinusgesetzes
nA=2d'sing gewonnen. Wir können die Messung also auf die
Gitterkonstante und eine Winkelmessung zurückführen. Die wesent-
liche Schwierigkeit liegt in der Bestimmung der Gitterkonstanten.
Auf optischem Wege, z.B. mit dem Mikroskop, ist ihr nicht bi
zukommen. Sie wird aus mehreren physikalisch-chemischen Daten
Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspektren 329
nach der Formel d = 5)" berechnet. In der Formel be-
zoV/Sc
deuten: M = Molekulargewicht, e = elektrische Elementarladung,
E = Äquivalentgewicht, ọ = Dichte des Kristalls, V = Elementar-
volumen des Gitters, S = Atomgewicht des Silbers, C = Licht-
geschwindigkeit. Die Zahlen, die aus den Berechnungen resultieren,
sind auf vier Dezimalen genau zu bestimmen. Hingegen kann mit der
spektroskopischen Apparatur im allgemeinen eine um zwei Stellen
höhere Genauigkeit erreicht werden. Jeder Wellenlängenangabe auf
röntgenspektroskopischem Gebiete legt man daher nach Übereinkunft
mit einer gewissen Willkür den von Moseley 1914 berechneten Wert
der Gitterkonstante für Steinsalz zugrunde. Relativ zu dieser sind
wieder die Gitterkonstanten für Kalkspat, Gips und andere Kristalle
spektroskopisch ermittelt worden. Wir haben also in der ganzen
Röntgenspektroskopie noch keine Absolutmessungen, sondern nur
Messungen, die auf die angenommene Gitterkonstante des Stein-
salzes zurückgeführt werden können. Dennoch findet man in der
Literatur häufig die Bezeichnung ‚„Absolutmessung‘‘, und zwar wird
diese Bezeichnung den Messungen beigelegt, die die Wellenlänge
einer Linie aus einem Winkel und der Gitterkonstanten berechnen,
gegenüber denjenigen Messungen, die die Wellenlänge einer Linie
relativ zu der vorher bestimmten Wellenlänge einer anderen Linie
berechnen.
Zu diesen sogenannten Absolutmessungen sind nicht alle drei
oben in ihren Grundzügen beschriebenen Methoden gleich geeignet.
Die Braggsche Drehkristallmethode und die Seemannsche Loch,
kameramethode sind von Siegbahn speziell für diese Art Messungen
umgearbeitet worden. Die Braggsche Sinusgleichung sagt uns,
daß Licht von einer bestimmten Wellenlänge nur unter einem be-
stimmten Winkel von der Kristallfläche reflektiert wird. Wenn wir
einen, durch enen Spalt eingeengten, parallelen Lichtstrahl ein-
farbigen Lichtes auf einen sich drehenden Kristall fallen lassen, so
erhalten wir in einer beliebigen Entfernung vom Kristall cın scharfes
Bild des Spaltes. Da es aber äußerst schwierig ist, ein streng paralleles
Röntgenstrahlbüschel zu erzeugen, hat Bragg eine Bedingung auf-
gestellt, unter der auch ein divergentes Strahlenbündel nach Re
flexion an einem sich drehenden Kristall cin scharfes Spaltbild er-
zcugt. Wenn Spalt und Platte auf einem Kreise liegen, durch dessen
Mittelpunkt die Reflexionsfläche geht, und wenn der Kristall während
einer Aufnahme um einen kleinen Winkel gedreht wird, so werden
330 Brauns
alle Strahlen einer Wellenlänge in einem Punkte der Platte ge-
sammelt. Fig. 4 zeigt deutlich die geometrischen Verhältnisse.
Während der Kristall aus der Stellung -4-.1 in die Stellung B-P
gedreht wird, haben nacheinander alle Punkte zwischen C und P
die Reflexion bewirkt. Es wird durch diese Fokusierungsbedingung
noch ein zweites erreicht: Wenn der Kristall um einen genügend
großen Winkel gedreht wird, geht der Leitstrahl über die ganze
Kristallfläche hinweg. Hierdurch werden die schädlichen Einflüsse,
die kleine Unebenheiten der reflektierenden Kristallfläche hervor-
rufen, eliminiert. Der Nachteil der Braggschen Drehkristallmethodt
ist der, daß die Eindringung der Röntgenstrahlen ın den Kristall,
Sp
A PL
B
X
EN
i A
l
!
|
|
!
l
)
|
Fig. 4
die wir bisher nicht berücksichtigt haben, cme Linienverlagerung
hervorruft. Die Reflexion ist nicht cine reine Oberflächeneigenschaft,
sondern erfolgt auch an tiefer ım Kristall gelegenen Netzebenen.
Welchen Anteil die Oberfläche und welchen die tieferen Schichten
haben, ist nicht exakt festzustellen, so daß sich auch die Größe der
Verlagerung nicht berechnen läßt. Das ist der Grund, weswegen
die Braggsche Methode in neuerer Zeit durch die Seemannschte
Lochkameramethode verdrängt worden ist. Die Hauptbestandteile
eines solchen Spektrographen sind cin großer Kristall und ein Tubus.
dessen Achse mit Hilfe eines Teilkreises unter einem genau ablesbaren
Winkel auf die Reflexionsebene des Kristalls gerichtet werden kann.
Die Röntgenröhre mit einem flächenhaften Brennfleck wird möglichst
nahe an den Kristall gebracht, der mit dem mittleren Strahl an-
nähernd den Winkel e einschließen soll. Durch die Reflexion wird
Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspektren 331
das divergente weiße Strahlenbündel in einfarbige parallele Strahlen-
bündel von der Breite des Brennfleckes zerlegt. Aus diesem wird
durch den Spalt, der an dem einen Ende des Tubus angebracht ist,
nur ein schmaler Streifen durchgelassen. Man mißt nun den Winkel,
den der parallele Lichtstrahl mit der Achse des Tubus bildet, aus
dem Abstand der Linien nach doppelseitiger Belichtung und dem
Abstand Spalt—Platte. Dieser Winkel wird entweder zu dem am
Teilkreis abgelesenen Winkel zwischen Kristall und Tubus addiert,
oder von ihm subtrahiert, je nachdem ob wir eine „direkte“ oder
„gekreuzte‘‘ Aufnahme vor uns haben. Der Vorteil der Lochkamera-
methode beruht darın, daß der Spalt erst nach der Reflexion in den
Strahlengang geschaltet wird und daher durch die Reflexion an den
tieferen Netzcebenen keine Verbreiterung der Linien mehr hervor-
gerufen wird. Der Vorteil, daß kleine Kristallfehler eliminiert werden,
ist ıhr aber nicht zu cigen, denn bei feststehendem Kristall bewirkt
immer nur ein kleines Flächenelement die Reflexion einer bestimmten
Wellenlänge. Beide Methoden haben es gemeinsam, daß für die Be-
rechnung der Wellenlänge einer Linie zwei Winkelablesungen am
Teilkreis und die Ausmessung der Platte erforderlich sind. Außerdem
ist für die Lochkameramethode noch die Kenntnis des Abstandes
Platte— Spalt erforderlich.
Die dritte Methode ist bisher noch wenig zu sogenannten abso-
luten Messungen verwandt worden. Es ist dies die von Vogel und
Weber umgearbeitete Seemannsche Schneidenx thode, die wegen
ihrer Einfachheit große Vorteile hat. Auch hier wird die Strahlen-
quelle möglichst nahe an den Kristall gebracht, der während der
Aufnahme gedreht wird. Von der Schneide, die dem Kristall in der
Drehachse in ganz geringer Entfernung gegenübersteht, werden alle
Strahlen abgeblendet, die nicht direkt gegenüber der Schneide auf
den Kristall treffen. Der Kristallschneideblock hat eine Vorrichtung,
mittels derer er, nachdem eine Belichtung vorgenommen worden ist,
um 180° geschwenkt werden kann. Nach nochmaliger Belichtung
haben wir auf der Platte zwei Bilder derselben Linie. Der Abstand
der beiden Linien dividiert durch die Entfernung der Platte von der
Schneide ergibt den Tangens des Reflexionswinkels, Diese Methode
hat den Vorteil, daß wir keinen Teilkreis benötigen, und nur kleine
Kristalle erforderlich sind, da die Größe, der die Reflexion bewirkenden
Fläche, nur wenige Quadratmillimeter beträgt. Die Eindringungs-
tiefe der Röntgenstrahlen in den Kristall kommt auf der Platte wohl
zur Wirkung, aber nicht in schädlicher Weise. Durch die Zusammen-
332 Brauns
wirkung der an der Oberfläche und an den tieferen Netzebenen reflek-
tierten Strahlen erhalten wir, wie Fig. 5 veranschaulicht, an der
langwelligen Kante ein Intensitätsmaximum. D'e Lage der lang-
welligen Kante ist aber von der Eindringungstiefe unbeeinflußt.
Nach der kurzwelligen Seite hingegen haben wir einen langsameren
Intensitätsabfall, dessen Ausdehnung von der Härte der Strahlen
und dem Einfallswinkel abhängig ist. Wir haben bei der letzten
Methode nur zwei Längenmessungen vorzunehmen, um den Re-
flexionswinkel eines beliebigen Lichtstrahls bestimmen zu können.
Bei allen bisher beschriebenen Methoden ist, nachdem der
Reflexionswinkel bestimmt ist, die Gitterkonstante in die Rechnung
einzusetzen, um die Wellenlänge der Linie zu erhalten. Hierdurch
kommt die Relativität m die Bestimmung, denn die Gitterkonstante
ist nicht mit der nötigen Genauigkeit bestimmt, sondern nach Über-
einkunft legt man einen Wert mit den nötigen Dezimalen zugrunde.
Fig. 5
Es gibt noch einen zweiten Weg, Wellenlängen zu bestimmen,
indem man nicht die Gitterkonstante den Berechnungen zugrunde
legt, sondern eine Linie als genau bestimmt annımmt und die neuen
Linien relativ zu dieser berechnet. Auf optischem Gebiet ist durch
internationalen Beschluß bestimmt worden, daß cine Linie als
Primärnormale angeschen werden soll, und alle weiteren Messungen
auf diese Linie bezogen werden sollen. Die ausgezeichnete Über-
cinstimmung der Werte, die verschiedene Forscher auf verschiedenen
Wegen für die rote Kadmiumlinie erreicht haben, gab Veranlassung,
diese als Primärnormale anzuerkennen. Es standen dann zwei
Methoden zur Aufstellung eines Systems von sekundären Normalen
zur Verfügung. Sowohl das Gitter, zumal unter Anwendung der
Koinzidenzmethode, als auch die Interferenzerscheinung an plan-
parallelen Platten lieferten auf optischem Gebiet gute Resultate.
‚Veuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspektren 333
Auch auf röntgenspektroskopischem Gebiet ist es erforderlich, daß
cine Linie als Primärnormale anerkannt und relativ zu dieser ein
System von sekundären Normalen aufgestellt wird. Die Verhältnisse
sind allerdings komplizierter. Die Interferenzmethode scheidet ın
der Röntgenspektroskopie vollkommen aus, und die Gittermethode
bleibt auf die erste Ordnung beschränkt, da in höheren Ordnungen
das Braggsche Gesetz nicht mehr exakt gilt. Hierdurch wird auch
die Verwendung der Koinzidenzmethode ausgeschlossen. Wenn wir
eine Linie als Normale wählen, und nennen ihre Wellenlänge Ze, so
haben wir für die gesuchte Linie A, die einfache Beziehung
Ag: Ay = sin gy:sing, bei der Konstanz der übrigen Bedingungen.
Bei dieser Berechnung bleibt also die Gitterkonstante unberück-
sichtigt. Zu solchen relativen Messungen ist bisher meist die See-
mannsche Schneidemethode angewandt worden. Um die Winkel
zu bestimmen, ist es nötig, den Abstand der Linien bei einer doppel-
seitigen Aufnahme auszumessen, und die Entfernung der Platte von
der Schneide genau zu bestimmen. Als Primärnormale wurde wegen
ihrer hervorragenden Eigenschaften die Ka,-Linie des Kupfers ge-
wählt. Es ist nun nicht zweckmäßig, mit Hilfe dieser einen Normalen
und oben erwähnter Beziehung möglichst viele Linien auszumcessen,
sondern es müßte cin geordnetes System sckundärer Normalen auf-
gestellt werden. In Intervallen von ungefähr 50 XE müßten leicht
reproduzierbare Linien mit größtmöglicher Genauigkeit relativ zur
Kupfer-K a,-Linie ausgemessen werden. Es herrscht in der Röntgen-
spektroskopie nicht ein solcher Linienreichtum wie im sichtbaren
Gebiet, so daß wahrscheinlich cin solches System ausreichend wäre,
und wir nicht tertiäre Normalen benötigten. An Hand eines Normalen-
systems ergibt sich dann eine bedeutende Vereinfachung der röntgen-
spektrographischen Methoden. Wenn wir auf einer Platte z. B. drei
Linien haben, von denen zwei bekannt sind, so können wir die Wellen-
länge der dritten durch Interpolation finden.
Besonders geeignet für solche relative Messungen ıst die Bragg-
sche Drehkristallmethode unter Verwendung einer gebogenen Film-
kassette. Bei ihr ist es möglich, Linien, die über einem größeren
Spektralbereich verteilt sind, auf einem Film scharf abgebildet zu
bekommen. Die Eindringungstiefe der Röntgenstrahlen in den
Kristall, die, wie wir oben gesehen haben, die Braggsche Methode
für Absolutmessungen ungeeignet erscheinen läßt, verliert bei rela-
tiven Messungen ihre Bedeutung dadurch, daß auch die Bezugslinien
eine Verlagerung erfahren. Die Eindringungsticfe hängt erstens von
334 Brauns
der Härte der Strahlen ab, und zweitens von dem Winkel, unter dem
sie auf den Kristall auftreffen. Je härter die Strahlen sind, eine um
so größere Findringungstiefe haben sie bei gleichem Einfallswinkel.
Je steiler die Strahlen auf den Kristall treffen, desto tiefer dringen
sie ein bei gleicher Härte. Nun werden die harten Strahlen bei
flacherem Einfallswinkel, die weicheren bei spitzerem reflektiert, so
daß sich beide Wirkungen in etwa gegenseitig aufheben. Der größe
Vorteil der relativen Messungen mit zwei Bezugslinien ist der, daß
wir keinerlei Ablesungen während der Aufnahmen vornehmen müssen,
und bei der Ausrechnung unabhängig von allen Apparatekonstanten
sind, wofern nur während der Zeit der Aufnahmen die Bedingungen
die gleichen geblieben sind, was leicht zu erreichen ist. So spielt die
Temperatur, die während der Aufnahme geherrscht hat, bei der Be-
rechnung keine Rolle, und die Umrechnung der Wellenlänge auf die
Temperatur von 18° ist nicht nötig, wenn die Wellenlänge der Be-
zugslinie bei 18° eingesetzt wird.
Wenn wir die Genauigkeit der relativen Messungen mit der der
absoluten Methoden vergleichen, wollen wir für beide Methoden
Justierungsfehler von unseren Betrachtungen ausschließen, die von
anderen Autoren schon zur Genüge behandelt worden sind. Der Fehler
eines Resultats läßt sich aus der Zahl und der Größe der cınzelnen
möglichen Fehler berechnen. Einer Wellenlängenbestimmung nach
der Braggschen Drehkristallmethode unter Anwendung des Sieg-
bahnschen Unilegeverfahrens liegen zwei Winkelablesungen, die
Ausmessung des Abstandes Drehachse— Platte und die Ausmessung
der photographischen Platte, zugrunde. Bei der Seemannschen
Lochkameramethode wird statt der Kenntnis des Abstandes der
Drehachse von der Platte die Entfernung des Spaltes von der Platte
benötigt. Die Winkelbestimmung durch zwei Ablesungen am Teil-
kreis kann auf 2” genau erfolgen. Da der Winkel, um den die Kassette
geschwenkt wird, aber gleich dem vierfachen Reflexionswinkel
ist, so beträgt die Unsicherheit in der Bestimmung des Rce-
flexionswinkels nur 0,5 Sckunden. Der Abstand der Platte von der
Drehachse bzw. vom Spalt kann auf 0,05 mm genau ausgemessen
werden. Der hieraus entstehende Fehler ist ungefähr von gleicher
Größe wie der vorige. Als dritte Fehlerquelle kommt die Ungenausg-
keit beim Ausmessen der Platte in Betracht. Unter günstigen Um-
ständen ist es möglich, den Abstand der beiden Linien auf 0,001 mm
genau zu ermitteln, was je nach der Dispersion des benutzten Appa-
rates 0,005—0,05 XE entspricht. Durch diese drei Faktoren wird
Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspektren 335
die Fehlergrenze des Resultats bestimmt und dürfte wohl im
günstigsten Falle 0,05 XE betragen.
Bei den relativen Messungen spielt die Genauigkeit, mit der
die Bezugslinien bestimmt sind, eine ausschlaggebende Rolle. Da
wir noch keine allgemein anerkannten Normalen besitzen, sind öfters
Umrechnungen nötig, wenn der Wert der zugrunde gelegten Normalen
nicht mit einem anderweitig angenommenen Werte derselben Nor-
malen übereinstimmt. Es ist daher notwendig, Tabellen aufzustellen,
die schnell eine Umrechnung der Wellenlängen auf einen anderen
Wert der Normalen erlauben. Tabelle ı ist für relative Messungen
mit einer Bezugslinie, und zwar der Kupfer-X a,-Linic, aufgestellt.
Tabelle I
| | Wellenlänge | a \
10 $ 6 2 E 2 6 8 10
el j |2 ae K = 1537,30 | | È | | |
13 10 | 8 5 2 500 2 4 7 9 II
12 Qi F 5 2 1000 2 4 6 8 II
10 8 | 6 4 2 1500 2 4 6 8 10
9 | 7 | 6 4 2 2000 2 4 5 7 9
In der obersten Horizontalreihe sind die Unterschiede zwischen dem
zugrunde gelegten Wert 1537,30 und der anderweitig benutzten Nor-
malen in Hundertstel XE angegeben, die Zahlen darunter geben die
Änderung der Wellenlängen in den entsprechenden Spektralbereich
an. Haben wir relative Messungen vorliegen, denen zwei Bezugslinien
zugrunde liegen, und sind für einen oder beide Werte der an-
genommenen Normalen Korrekturen nötig, so geschicht dies am
einfachsten an Hand einer graphischen Darstellung, wie sie Fig. 6
zeigt. Eswerden auf der Horizontalachse die Wellenlängen des unter-
suchten Spektralbereiches aufgetragen, und m den Punkten, die den
zugrundegelegten Normalen entsprechen, Senkrechte errichtet, und
auf diesen nach oben und unten gleiche Abstände eingetragen. Werden
nun die Differenzen zwischen den anderweitig angenommenen und
den hier zugrundegelegten Normalen nach oben positiv und nach
unten negativ in geeignetem Maßstab eingetragen und die Ver-
bindungslinie gezogen. so gibt die Entfernung von der Horizontal-
achse die Korrektionsgröße an. In der Figur ıst ein möglicher Fall
eingezeichnet. Es sei die Kupfer-K a,-Linie mit 1537,30 XE und
die Selen-A a,-Linie mit 1102,41 XE den Wellenlängenbestimmungen
zugrunde gelegt. Anderweitig sei für die gleichen Linien 1537,28 und
1102,45 angenommen worden. So finden wir für eine Linie mit der
336 Brauns
Wellenlänge 1200 in der Figur die Korrektionsgröße + 2,7, für die
Wellenlänge 1600 — 2,9 Hundertstel XE. Die übrigen Fehlerquellen
sind bei Messungen mit Hilfe zweier Normalen nur noch Fehler beim
Ausmessen der Platten. Bei relativen Messungen mit ener Bezugs-
linie kommt noch die Ausmessung des Abstandes der Platte von
der Schneide hinzu. Die Größe der möglichen Fehler beträgt dem-
gemäß je nach der Dispersion des benutzten Apparates 0,005 —0,05
bzw. 0,03—0,06 XE.
Für die neuen Untersuchungen wurde ein Goniometer aus der
Sammlung des Instituts, das durch scine kräftige und erwiesen exakte
Konstruktion besonders geeignet war, zu diesem Zwecke in der
Wellenlängen
1700 7600 7500 1400 7300 1200 7700 7000 200
SE DEET D ee EG E
i CuK = SeK =
Fig. 6
mechanischen Werkstatt des Instituts umgearbeitet. An emem
schweren Dreifuß befindet sich cin kräftiger Teilkreis. Auf diesem
gleiten zwei um die Mittelachse schwenkbare Arme, die das Fernrohr
und das Kollimatorrohr trugen. Der Fernrohrarm wurde unverändert
gchassen und als Spaltträger benutzt. In die Muffe, in der das Fern-
rohr festgehalten wird, wurde ein Rohrstutzen eingepaßt, der an
seinem äußeren Ende den Spalt trägt. Die Muffe in die zur Justierung,
des Apparates das Fernrohr festgeklemmt wird, ist auf einem
Schlitten montiert, der durch eine Mikrometerschraube tangential
zum Teilkreis verschoben werden kann, so daß die Verlängerung
der Fernrohrachse genau auf die Drehachse des Spektrographen ge-
richtet werden kann. Durch einen Kreisscktor kann die Muffe weiter-
Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspekiren 337
hin so festgestellt werden, daß die Fernrohrachse mit der Drehachse
einen rechten Winkel bildet. Der Spalt besteht aus zwei 2 mm dicken
quadratischen Wolframstücken von 20mm Seitenlänge. Die eine
Spaltbacke ist zur Variierung der Spaltbreite in zwei Gleitschienen
mikrometrisch verschiebbar. Durch keilförmiges Abschleifen ist die
Dicke der Spaltflächen in der Mitte auf einer Länge von 5 mm von
2 mm auf emm verringert. Auf einer Spicgelglasplatte sind dann
die Spaltflächen eben poliert. Der Kristalltisch ist ın der ausgebohrten
Mittcelachse des Spektrographen mittels eines konischen Schliffes
drehbar angeordnet. Die Grundplatte besteht aus einer kreisförmigen
20 mm dicken Rotgußscheibe, die zur Drehung am Umfang cinen
Schneckengang besitzt und mit ener groben Teilung versehen ist.
Diese gestattet, den Winkel zwischen der Kristalloberfläche und der
Verbindungslinie Spalt—Drehachse abzulesen. Auf der Grundplatte
ist mittels dreier Zug- und Druckschrauben eine zweite Platte be-
festigt, die den senkrecht zur Drehachse verschiebbaren Kristall-
halter trägt. Der Kristall wird innerhalb cines Messingringes durch
vier angepaßte Korkstückchen festgehalten. Die Drehung des Kristall-
tisches erfolgt durch cinen umsteuerbaren Elektromotor über ein
Vorgelege so langsam, daß der Kristall in vier Minuten um einen
Grad gedreht wird. Motor und Vorgelege sind zur Vermeidung von
Erschütterungen auf einem Nebentisch montiert und durch einen
kurzen Gummischlauch mit der Antriebspindel des Spektrographen
gekuppelt. Auf dem zweiten, um die Drehachse schwenkbaren Arm
wurde die Filmkassette aufgebaut. In die Grundplatte ist em
Schlitten eingelassen, der eine Verschiebung ın radialer Richtung
gestattet. Auf diesem ist mittels dreier Zug- und Druckschrauben
eine zweite Platte befestigt, auf der die Kassette aufgeschraubt ist.
Diese ist aus Duraluminium und maschinell auf einen Krümmunes-
radius von 183 mm gebogen. Auf der Innenseite ist sie mit Blei aus-
gekleidet, um den Film gegen Streustrahlung zu schützen. Die Film-
anliegefläche ist 5cm breit und in der Mitte nur 5 mm ausgefräßt,
um cin Durchbicgen des Films zu vermeiden. Die 4 cm breiten Film-
streifen werden mittels einer Schablone an ihren Enden mit je zwei
Löchern versehen und durch zwei Federn über die Änliegefläche ge-
spannt. .
Die Justierung des Spektrographen wurde wie folgt durchgeführt.
Zuerst wurde mit Hilfe eines Kathetometers die Kristall- und Film-
haltermitte in die gleiche IIöhe über dem Teilkreis gebracht wie die
unveränderliche Spaltmitte. Der Spalt wurde gegen das Fernrohr mit
338 Brauns
Gaussschem Okular ausgewechselt, der Kristall gegen eim plan-
paralleles Glas. So konnte das Fernrohr und der Spalthalter senk-
recht zur Drehachse des Spektrographen gestellt werden. Dann
wurde mit Hilfe des Fernrohrs und cines kleinen ebenen Glases der
Filmhalter parallel zur Drehachse gebracht. Der Filmhalter wurde
mit Hilfe cines Mikroskopes in die dem Krümmungsradius gleiche
Entfernung von der Drehachse gebracht. Dies geschah innerhalb
cines Bogens von 20 Grad auf 0,002 mm genau. Nachdem der Kristall
in den Kristallhalter eingesetzt und seine Reflexionsebene mittels
des Fernrohrs parallel zur Drehachse eingestellt war, mußte dafür
gesorgt werden, daß seine Spiegelungsebene in die Drehachse fällt.
Dies geschah nach bekannter Weise, indem eine Nadel auf der Platte
des Kristalltisches aufgestellt und ihre Spitze unter Umdrehen mit
Hilfe des Fadenkreuzes eines Mikroskopes genau in die Drehachse
gebracht wurde. Darauf wurde der Kristall vorgeschoben, bis er die
Nadelspitze berührte, welcher Moment unter dem Mikroskop beob-
achtet wurde. Zuletzt wurde das Fernrohr gegen den Spalt aus-
gewechselt, und dabei beobachtet, daß die Entfernung Spalt-Drehachse
gleich der Entfernung Drehachse-Filmanliegefläche ist zur Einhaltung
der Braggschen Fokusierungsbedingung.
Zu den Aufnahmen wurde die von Lang beschriebene Ionen-
röhre verwandt. Es handelt sich um cine gasgefüllte Metallröntgen-
röhre nach Hadding. In der sonstigen Apparatur wurden einige
Verbesserungen angebracht. Zwischen Röhre und Quecksilber-
rotationspumpe wurde noch eine Diffusionspunpe eingeschaltet, und
es daher ermöglicht, die Röhre schon zehn Minuten nach Aufrciben
eines neuen Stoffes auf die Antikathode in Betrieb zu nehmen. Die
dreifache Funkenstrecke wurde durch eine Gundelach-Ventilröhre
ersetzt, die geräuschlos und sicher arbeitet. Der Röhrenstrom betrug
3—5 Milliampere. Die zu untersuchenden Stoffe wurden in Pulver-
form auf die geritzte Kupferantikathode aufgericben. Zu den Auf-
nahmen wurde Agfa-Röntgenfilm von 4 cm Breite benutzt, der nach
dem Trocknen zwischen dünne Spiegelglasscheiben gelegt wurde. Daß
trotz der vielen Einwendungen, die gegen die Verwendung von Filmen
zu spektroskopischen Aufnahmen erhoben worden sind, doch Filme
verwandt.wurden, hat scinen Grund darin, daß nur durch die Ver-
wendung einer gebogenen Kassette cine gute Fokusierung über einen
großen \Wellenlängenbereich vorhanden ist, und die Genauigkeit
durch den Fortfall der Apparatekonstanten erhöht wird. Bei Ab-
solutmessungen mag vielleicht die Verwendung von Filmen nicht
Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspektren 339
einwandfrei sein, bei relativen Messungen kann man aber aus der
Gleichmäßigkeit des Materials auf gleiche Dehnung schließen, die
bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen ist. Um die Expositions-
dauer zu beschränken, wurde nur Wert auf gute Belichtung der
Bezugslinien und der Lxa,-Linien der zu untersuchenden Elemente
gelegt. Die Belichtungsdauer schwankte zwischen (ll: und 3 Stunden.
Es wurden Versuchsaufnahmen mit verschiedenen Kristallen gemacht,
und cin Gipsspaltungsstück von Dr. Steeg und Reuter gewählt.
Mit ihm ist die Dispersion des Apparates derart, daß 0,001 mm auf
dem Film 0.04 XE entsprechen.
Die Genauigkeit der Resultate ist bei der angewandten Methode
der relativen Messungen nur von zwei Faktoren abhängig. Erstens
von der Güte der benutzten Normalen und zweitens von der relativ
zur Dispersion des Apparates großen Schärfe der Linien. Was das
erste betrifft, so stehen unter Berücksichtigung der oben auseinander-
gesetzten Bedingungen in den Linien der X-Scrie viele gut gemessenen
Linien zur Verfügung, die über einen großen Wellenlängenbereich
verteilt sind. Die Schärfe der Linien hängt von der Güte des Apparates
ab, und ist beim Ausmessen der Filme aus den mittleren Fehlern der
einzelnen Einstellungen zu beurteilen. Im Zusammenhang damit ist
darauf zu achten, daß die entsprechenden Linien der verschiedenen
Elemente auf einem Film möglichst gleiche Intensitäten haben. Das
Ausmessen der Filme geschah mit dem Zeissschen Komparator, indem
auf jede Linie 8—10mal eingestellt und der Mittelwert genommen
wurde. Es ist dabei hervorzuheben, daß auf das Schwärzungsmaximum
der Linien eingestellt wurde.
Als Normale wurde bei den Filmen Nr. 26—63 die Kupfer-
Ax,-Linie und die Kupfer-Aß,-Linie genommen. Die erste Linie wird
allgemein als vorzügliche Normale anerkannt und für sie der Sieg-
bahnsche Wert 1537,30 XE cingesetzt. Die zweite Linie kann, wie
Leide (8) in seiner letzten Veröffentlichung schreibt, in höherer Ord-
nung in zwei Komponenten Offs aufgelöst werden, deren Mittelwert
mit dem in erster Ordnung gemessenen Wert der sich überlagernden
Linien übereinstimmt, woraus man schließen kann, daß beide Kompo-
nenten gleiche Intensitäten haben. Bei der Dispersion des von mir
benutzten Spcektrographen und der Linienbreite erwies sich die Kupfer-
Afßjs-Linie doch als brauchbare Normale, denn sie zeigte cin aus-
geprägtes Schwärzungsmaximum und ihre Verbreiterung war un-
bedeutend. Bei 0,03 mm Spaltweite und normaler Belichtung betrug
die Breite der Kupfer-Äa,-Linie 0,035 mm, die der Kupfer-Aß,-Linie
340 Brauns
0,040 mm. Die a,-Linien der L-Serie hatten auch die Breite der
Kupfer-KP,-Linie. Um etwaigen Einwendungen wegen der Benutzung
der Cu AÄß,-Linie zu entgehen und die Werte oner nochmaligen Prüfung
zu unterziehen, wurde cine andere Normale gesucht, deren Wellenlängt
auf Grund der Übereinstimmung verschiedener Messungen als genau
bestimmt angenommen werden kann, und deren Wellenlänge die
Interpolation der meisten untersuchten Linien gestattet. Bei den
Filmen Nr. 65—72 wurde deshalb statt der Kupfer-Ap,-Linie die
Ka,-Linie des Selen gewählt. Ihre Wellenlänge ist von Siegbahn
nach der Braggschen Drehkristallmethode zu 1102,41 XE absolut
gemessen worden. Schrör hat nach der Scemannschen Schneide-
Fig. 7
methode 1102,44 gefunden. Der neueste Wert, von Leide nach der
Seemannschen Lochkameramethode absolut gemessen, beträgt
1102,42. Diesen Wert legte ich meinen Berechnungen zugrunde.
Einen weiteren Beweis für die Brauchbarkeit der benutzten
Normalen geben die Photometerkurven einer meiner Filme (Nr. 66.
die ich Herrn Brodersen, Bonn, verdanke. In Fig. 7 folgen von
links nach rechts dem A&,s-Dublett des Kupfers die Aß,-Linie des
Kupfers und die La,-Linie des Blei. Die Kurven zeigen, daß die
Linien einen symmetrischen Intensitätsverlauf und ein deutliche:
Intensitätsmaximum haben. Auch bei der Kupfer-Aß,-Linie ist von
der Auflösung, die sie in höherer Ordnung zeigt, nichts zu bemerken.
Die benutzte Apparatur mit der kreisbogenförmig gestalteten
Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspektren 341
Kassette und die Verwendung von Filmen gestattet es, die Wellen-
längen direkt den linearen Abständen proportional zu setzen. Da bei
der Berechnung keine Apparatur- oder Kristallkonstanten berück-
sichtigt werden, ist keinerlei Korrektur, wie zum Beispiel die Berück-
sichtigung des Temperaturausdehnungskoeffizienten berechtigt.
Es wurden in der Zeit vom Juli 1926 bis zum Januar 1927 ins-
gesamt 53 Aufnahmen gemacht, von denen sich 16 zu Messungen
eigneten. Diese geringe Ausbeute hat einzig seinen Grund darin, daß
die obenerwähnte Bedingung, wonach die entsprechenden Linien
der verschiedenen Elemente möglichst gleiche Intensitäten haben
sollen, sehr schwer zu erfüllen ist. Alle Filme, d’e dieser Bedingung
nicht genügten, wurden von der Messung ausgeschlossen. Aus anderen
Gründen wurde ein Film nicht ausgemessen. Um einen eventuellen
Einfluß der Justierung festzustellen, wurde der Spektrograph im Laufe
der Zeit mehrmals auseinander genommen und vollkommen neu
justiert. Dies geschah zwischen den Aufnahmen 43 und 44 und
zwischen 55 und 56.
In Tabelle 2 bringe ich die von mir bei den einzelnen Filmen
gefundenen Werte. An erster Stelle steht die Xa-Linie von Zink,
die zur Prüfung des Spektrographen aufgenommen wurde. Sie stimmt
schr gut mit den von Siegbahn, Schrör und Leide gefundenen
Werten überein. Wie aus der Rubrik I ersichtlich ist, stimmen die
Werte der verschiedenen Aufnahmen, bei denen gleiche Bezugslinien
benutzt wurden, gut überein, also je nachdem die CuÄß,- oder die
Ka,-Linie des Selen als zweite Normale diente. Zwischen diesen
beiden Gruppen sind aber größere Differenzen festzustellen, die mit
abnehmender Wellenlänge wachsen. Eine Erklärung hierfür gab die
Arbeit von Leide, der für die CuÄf-Linie einen Wert gefunden hat,
welcher von dem benutzten Siegbahnschen um 0,04 XE abweicht.
Indem dieser neueste Wert den Berechnungen zugrunde gelegt wird,
verändern sich die Werte für Blei um 0,08, für Wismut um 0,10 und
für Uran um 0,17. Nach dieser Umrechnung stimmen die Werte,
wie Rubrik 2 zeigt, im allgemeinen gut überein, nur bei Film 36 sind
größere Abweichungen festzustellen. Eine sichere Begründung dieser
Unregelmäßigkeit war nicht zu finden. Ich nehme an, daß sie von
einer Schichtverzerrung während der nassen Behandlung des Filmes
herrührt, da am Tage der Aufnahme die Temperatur von 26 Grad
Celsius im Zimmer herrschte. Deshalb ist dieser Film bei der Mittelung
der Werte nicht berücksichtigt worden.
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25 23
342
Tabelle 2
e Welle Wellenlänge
Film Nr. Element Cu K B, = 1389,33 | Cu K B, = 1389,29
62 1432,10 1432,07
63 1432,08 1432,05
55 1518,75 1518,74
Së 1518,86 1518,85
55 1323,94 1323,91
56 1323,97 1323,88
66 1437,31 1437,31
72 1437,44 1437,44
3I 1172,63 1172,55
32 1172,67 1172,59
(36 1172,96 1172,88)
66 1172,56 1172,56
69 1172,47 1172,47
70 1172,55 1172,55
zı 1172,55 1172,55
27 1141,69 1141,59
28 1141,75 1141,65
69 1141,49 1141,49
70 1141,57 1141,57
71 1141,46 1141,46
26 909,20 909,03
(36 909,60 909,43)
60 909,07 908,90
61 909,13 908,96
Brauns
In Tabelle 3 habe ich die Ergebnisse der verschiedenen Forscher
zum Vergleich zusammengestellt. Zwar ist das Material nicht sehr
groß, da nur wenige Elemente nach allen Methoden gemessen sind;
Tabelle 3
Eement 2 3 4
Tantal 1518,25 | 1518,77 +0,52 1518,79 +0,54 +0,02
Wolfram | 1473,48 | 1473,99 +0,51 | 1473,36 — 0,12 — 0,63 | 1473,37 — 0,11 — 0,62 +0,01
Platin 1310,08 | 1310,58 +0,50 | 1310,33 +0,25 — 0,25
Thallium | 1204,71 | 1205,16 +0,45 | 1204,93 +0,22 — 0,23
Blei 1172,02 | 1172,63 +0,61 | 1172,58 +0,56 — 0,05 | 1172,55 +0,53 — 0,08 — 0,03
Wismut | 1141,15 | 1141,60 +0,45 | 1141,50 +0,35 — 0,10 | 1141,55 +0,40 — 0,05 +0,05
Thorium | 953,42 | 953,93 +0,51 | 954,05 +0,63 +0,12
Uran 908,33 | 908,91 +0,58 | 908,74 +0,41 — 0,17 | 908,96 +0,63 +0,05 +0,22
doch können wir auch in diesem Bereich schon das Wesentliche fest-
stellen. Rubrik ı gibt die von Coster 1921 gefundenen Werte,
Rubrik 2 die von Schrör 1925 gemessenen an. In der nächsten
Spalte stehen die Differenzen der beiden Meßreihen. Wie man sieht,
sind sie sehr groß, und betragen im Mittel 0,50XE. Da diese Differenzen
Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspekiren 343
so konstant sind, kann man die Annahme verstehen, daß sie von der
Verschiedenheit der Methode oder der Meßart herrühren könnten.
In Rubrik 3 sind die Frimanschen Werte (1926) wiedergegeben.
Die nächsten zwei Spalten enthalten die Differenzen gegen Coster
bzw. Schrör. Eine Regelmäßigkeit der Differenzen zwischen Coster
und Friman ist nicht zu finden. Der Wert für Wolfram, der schon
vor Coster oft gemessen worden ist, stimmt am besten überein. Die
übrigen Differenzen sind so schwankend, daß man nicht auf
methodische Fehler schließen kann, sonst müßten, wenn man zum
Beispiel an die Eindringungstiefe der Röntgenstrahlen in den Kristall
denkt, die Differenzen mit steigender Ordnungszahl der Elemente
(fallender Wellenlänge) zunehmen. Friman lehnt in seiner Arbeit
einen Vergleich seiner Messungen mit den Schrörschen als unmöglich
ab, da Schrör nach einer anderen Methode seine Linien ausgemessen
hat. Ein Vergleich der beiden Messungen ergibt aber ein sehr interes-
santes Resultat. Die Differenz der Wolframwerte ist um ein
vielfaches größer als die übrigen. Diese liegen zwar mit 0,20 teilweise
außerhalb der angegebenen Fehlergrenzen, sind aber in der Mehrzahl
bedeutend kleiner als die vorher besprochenen. Das Interessante an
ihnen aber ist, daß sıe keinerlei Regelmäßigkeit zeigen und also nicht
auf methodische Fehler zurückzuführen sind. In Rubrik 4 sınd endlich
meine Werte eingetragen und in den nächsten Spalten die Differenzen
zu Coster, Schrör und Friman. Die Abweichungen gegen Coster
sind die größten und betragen meist eine halbe XE. Nur Wolfram
bildet wieder eine Ausnahme, indem es geringere Differenz bei um-
gekehrten Vorzeichen zeigt. Zwischen den Schrörschen und meinen
Werten herrscht die beste Übereinstimmung, da sich die Differenzen
innerhalb der Meßfehler halten. Nur Wolfram bildet eine beachtens-
werte Ausnahme, da hier eine Differenz von 0,63 XE besteht, indem
mein Wert mit dem von Friman gefundenen fast zusammenfällt.,
Gegen Friman besteht nur bei Uran eine Differenz, die über das ge-
wöhnliche hinausgeht.
Zusammenfassend können wir also sagen, daß durch die neucn
Messungen in der L-Serie der schweren Elemente nach der Braggschen
Drehkristallmethode und Vergleich mit anderen Messungen jetzt
einwandfrei nachgewiesen ist, daß die verschiedenen Methoden bei
richtiger Anwendung gleiche Resultate ergeben. Die von Friman be-
nutzte Seemannsche Lochkameramethode ergibt teilweise dieselben
Werte wie die von mir angewandte Drehkristallmethode. Diese er-
gibt wiederum Werte, die mit den von Schrör nach der Seemann-
23”
344 Brauns. Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspektren
schen Schneidemethode gewonnenen gut übereinstimmen. Die noch
bestehenden Abweichungen sind meiner Ansicht nach auf einzelne
Aufnahme- oder Meßfehler zurückzuführen. So kann die Differenz
in den Wolframwerten dadurch erklärt werden, daß Schrör em
Fehler unterlaufen ist. Daß man sich auf Messungen an einem einzigen
Film oder Platte nicht verlassen kann, zeigt mein Film 36.
Herrn Prof. Konen, nach dessen Anregung diese Arbeit ent-
stand, danke ich auch an dieser Stelle. Ebenso der Notgemeinschaft
der deutschen Wissenschaft, aus deren Mitteln ein Teil der benutzt.:
Apparate beschafft wurde.
Literatur
1) Coster, Die Präzissionsmessungen in der L-Serie der schweren Elemente.
Zeitschr. f. Physik 6. 185. 1921.
2) Hjalmar, Zeitschr. f. Physik 15. 65. 1923.
3) Friman, Zeitschr. f. Physik 89. 813. 1926.
4) A. Weber, Zeitschr. f. Physik 4. 149. 1921.
5) K. Lang, Annalen d. Physik 75. 489. 1924.
6) J. Schrör, Annalen d. Physik 80. 297. 1926.
7) Vogel, Zeitschr. f. Physik 4. 257. 1921.
8) A. Leide, Zeitschr. f. Physik 89. 686. 1926.
(Eingegangen am 26. April 1928)
W. Meyn. Alterungserscheinungen an Quarsquecksilberdampflampen 345
Über die Alterungserscheinungen an Quarzquecksilberdampflampen
Von
Werner Meyn
(Mitteilung aus dem Physikalischen Institut der Universität Bonn)
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Quarzquecksilber-
dampflampen, deren Alterungserscheinungen Anlaß zu verschiedenen
Untersuchungen gaben. Bekanntlich versteht man unter dem „Altern“
der Lampen eine allmähliche Abnahme der ultravioletten Strahlen
bei längerem Gebrauch der Lampe. Diese Abnahme im Ultraviolett
wird immer stärker und gestattet schließlich eine wirtschaftliche
Ausnutzung der Lampe in diesem Teil nicht mehr. Einen Grund
für diese Abnahme der ultravioletten Strahlung glaubten Bordier,
Courmont und Nogier?) darin zu finden, daß eine Lampe, die bei
hohen Temperaturen tätig ist, im Laufe der Zeit sehr an Intensität
im Ultravioletten infolge Änderung des Quarzglases verliere, während
Henry?) angibt, keine Änderung gefunden zu haben. Eine andere
Ursache, auf die mehrfach als möglicher Grund für die Verschlechterung
der Ausbeute hingewiesen worden ist, ist ein Eindringen von Fremd-
gasen in die hocherhitzte Lampe. Unter anderen hat Schultz- Jena?)
diese Ansicht vertreten, während Retschinskyt) in einer Arbeit,
die erschien, als meine Untersuchungen bereits abgeschlossen waren,
wieder auf Änderungen der Lampe selbst zurückkommt, nämlich
auf die Bildung eines dunklen Beschlages, den, wie wir sehen werden,
in erster Linie auch ich, ganz unabhängig von Retschinsky, unter-
sucht habe. Im späteren Alter der Lampe kommt noch die Ent-
glasung des Quarzes dazu.
1) Jules Courmont et Ch. Nogier, Diminuation progressive rendement en
ultraviolet des lampes en quartz à vapeur de mercure fonctionnant à haute tem-
perature. Compt. Rend. 152. 1746. 1911.
2) Victor Henry, Influence de diverses conditions physiques sur le rayonne-
ment ultraviolet des lampes à vapeur de mercure en quartz. Compt. Rend. 158. 426. 1911.
3) P. A. Schultz, Über ein einfaches Mittel bei der Strahlentherapie. Phys.
Ztschr. 25. 573. 1924.
DT Retschinsky, Gold in der Quecksilberlampe, Phys. Ztschr. 6. 281. 1925.
346 Meyn
Von diesen beiden möglichen Ursachen halte ich, wie sogleich
vorweg bemerkt sein möge, die erstere für die wichtigere. Man kann
leicht feststellen, daß sich bei längerem Gebrauche auf der Innen-
seite des Quarzes ein dunkler Niederschlag bildet, dessen Farbe und
Intensität, außer von der Länge der Benutzung der Lampe von
Verunreinigungen abhängt, wenn sie auch nur spurenweise vorhanden
sind, und dessen Stärke besonders groß ist, wenn fremde Gase in das
Lampeninnere eintreten, so daß man sogar aus der Art des Be-
schlages ziemlich sicher auf das Alter der Lampe, bzw. die Zahl der
Brennstunden schließen kann. Die Bedeutung der Entglasung tritt
demgegenüber zurück. Zwar kann man feststellen, daß sich an
gewissen Teilen, insbesondere an den Kathoden älterer Brenner, das
Quarzglas trübt. Allein dies trifft keineswegs immer zu und ins-
besondere nicht bei Quarzlampen, die mit gewöhnlichen Belastungen
betrieben werden, so daß die Entglasung m. E. höchstens eine se-
kundäre Rolle spielt.
Zum Verständnis der Besonderheiten des Brenners der Quarz-
lampe ist es nötig, die von Küch und Retschinsky gefundenen
Ergebnisse kurz anzuführen. Es geschieht dies im Anschluß an
Pflüger?):
„Die elektrische Charakteristik der Lampe ist abhängig von der
aus den Elektroden entwickelten Dampfmenge und diese von der
Kühlung der Elektroden. Schaltet man den Vorschaltwiderstand
aus, so kann man durch starke Kühlung bewirken, daß der Dampf-
druck und die Klemmenspannung konstant bleiben und nur die Strom-
stärke wächst. Umgekehrt wachsen Spannung und Dampfdruck
stark, die Stromstärke bleibt konstant, wenn man die Kühlung
entsprechend schwächer wählt. In beiden Fällen steigt mit wachsender
Wattbelastung die Temperatur zu sehr hohen Werten an. Sorgt
man für gleichmäßige Kühlung, so kann man die Lampe stundenlang
bei beliebig gewählter Stromstärke und Spannung ziemlich konstant
brennen lassen. Die Empfindlichkeit der Lampe gegen einen Wechsel
der Kühlung ist indessen sehr groß und daher selten vollkommene
Konstanz zu erreichen.
Bei niedriger Belastung erfüllt der Lichtbogen den ganzen
Lichtbogen des Lampenrohres, bei hoher Belastung zieht er sich
auf einen Faden von etwa 5 mm zusammen.“
1) A. Pflüger, Die Gesetze der Temperaturstrahlung und Intensitätsverteilung
im Spektrum der Quecksilberlampe. Ann. d. Phys. 26. 791 ff. 1908.
Alterungserscheinungen an Quarzquecksiberdampflampen 347
Die wesentlichsten, von Küch und Retschinsky!) gefundenen
Resultate der Strahlungsmessungen sind folgende: ‚Mit wachsender
Temperatur (wachsender Wattbelastung) wächst die ultraviolette
Gesamtstrahlung schneller als die sichtbare. Die Messung wurde
photoelektrisch ausgeführt.
Im kontinuierlichen (?) Grunde des sichtbaren Spektrums wächst
die Intensität kürzerer Wellen schneller als die der längeren (photo-
metrische Messung).
Im Linienspektrum zeigen die Linien ein gruppenweise ver-
schiedenes Anwachsen der Intensität (photometrische Messung).
Die Linien werden verschieden stark innerhalb des leuchtenden
Hg-Dampfes absorbiert, und zwar ergibt sich eine deutliche Gesetz-
mäßigkeit, indem in allen Serien die Linien kleinerer Wellenlängen
weniger absorbiert werden als diejenigen großer.
Erhöht man die Belastung, so kann man das Wachstum der In-
tensität mit steigender Temperatur verfolgen, vorausgesetzt, daß man
den Dampfdruck durch gute Kühlung konstant hält, um die Ver-
breiterung der Linien zu verhindern. Dann wächst die Intensität
der kurzen Wellenlängen schneller als die der langen.“
Diese Angaben sind nun freilich mehr summarischer Natur.
Das Spektrum einer Quarzdampflampe stellt bekanntlich ein Gemisch
einer Reihe sehr verschiedenartiger Spektren dar. Neben den Linien-
spektren verschiedener IJonisationsstufen, die noch keineswegs rein
geschieden sind, unterscheiden wir noch mehrere Bandenspektra
und ein kontinuierliches Spektrum.
Es wäre nun zunächst vielleicht gut denkbar, daß, ähnlich wie
man dies bei anderen Lichtquellen gefunden hat, mit wechselnden
Anregungsbedingungen die Verteilung der Gesamtemission auf die
verschiedenen Einzelspektra sich ändert, etwa in der Weise, daß ein
Spektrum oder ein Teil eines selben die ultraviolette Emission dar-
stellte, soweit dies von technischem Interesse ist. Aus diesem Grunde
erscheint es nützlich, über die bisher bekannten Spektren eine kurze
Übersicht vorauszuschicken, soweit diese in einem Quecksilberbogen
nachgewiesen worden sind.?)
1) R. Küch und T. Retschinsky, Photometrische und spektralphotometrische
Messungen am Quecksilberlichtbogen bei hohem Dampfdruck. Ann. d. Phys. 20. 563
bis 583. 1906.
D Für eine genaue Beschreibung diene H. Kayser u. H. Konen, Handbuch
der Spektroskopie 7 (Forts.).
348 Meyn
2. Die Linienspektra
Wegen der außerordentlichen Leichtigkeit, mit der sich das
Quecksilberspektrum erzeugen läßt, bildet es den Gegenstand zahl-
reicher Untersuchungen und ist wohl eines der am meisten behandelten
Spektren. Es sind viele Emissionsspektra des Quecksilbers bekannt,
wenn auch über die Zahl der Spektren keine Einigkeit herrscht und
eine Abgrenzung nach lonisationsstufen noch nicht genau erforscht
ist. Unter den fünf, die F. Horton!) angibt, sind das kontinuierliche
bzw. die Bandenspektra mit einbegriffen.
Es ist bemerkenswert, daß das Spektrum der Quecksilberbogen-
lampe, so oft es untersucht ist, keineswegs völlig bekannt ist und die
Angaben hierüber auseinander gehen. Die Hauptmasse der Emission
wird gebildet durch das Linienspektrum des Quecksilbers, das
zweifellos aus dem Gemisch der Spektra von verschiedenartigen
Ionisationsstufen besteht, wenn auch eine Trennung der Stufen
noch nicht erfolgt ist. Das Linienspektrum der Quecksilberlampe
steht zwischen dem Spektrum des Bogens und dem Spektrum des
Funkens. Hinzu kommt ein zuerst von Stark?) angegebenes, aus
Banden bestehendes Spektrum in Fällen langer Exposition, wogegen
die von Eder und Valenta?) entdeckten und seitdem so vielfach
untersuchten Banden jedenfalls unter normalen Verhältnissen fehlen.
Daß auch die von Stark gefundenen Banden ebenfalls bei der Emission
an der Quecksilberlampe in technischer Hinsicht eine untergeordnete
Rolle spielen, geht daraus hervor, daß ich sie bei meinen zahlreichen
Aufnahmen, bei denen ich mich aus anderen Gründen auf eine
mäßige Expositionszeit beschränkte, überhaupt nicht bekommen habe.
Ebensowenig spielt das kontinuierliche Spektrum, das zuerst
von Küch und Retschinsky angegeben worden ist, eine praktische
Rolle, da seine Intensität an dem Strahlungsanteil der wirksamen
Gesamtstrahlung gering ist. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß
die Emission der Quecksilberlampe für die Zwecke der technischen
Anwendung sich auf jenes Linienspektrum beschränkt, so daß die Frage
nach einer möglichen Änderung in dem Sinne der Zusammensetzung
des Lichtes der in Rede stehenden Lampen hinauskommt auf eine
Untersuchung der Veränderung der Zusammensetzung dieses Spek-
trums selbst. Es liegt nahe anzunehmen, daß neben der Emission
1) F. Horton, On the origin of spectra. Phil. Mag. 22. 214. 1911.
2) J. Stark, Über zwei Linienspektra des Quecksilbers. Ann. d. Phys. 16. 490
bis 515. 1905.
®) J. M. Eder und E. Valenta, Atlas typischer Spektren. S. 72.
Alterungserscheinungen an Quarzquecksilberdampflampen 349
des Quecksilberdampfes sich möglicherweise die Emission von in
das Rohr eingedrungenen Fremdgasen würde nachweisen lassen,
vorausgesetzt, daß sie die Ausbeute an ultraviolettem Licht be-
einflußten.
Es sei gleich vorweg bemerkt, daß ich in keinem Falle bei meinen
zahlreichen Untersuchungen, selbst bei stark gealterten Lampen,
auch nur Spuren eines quecksilberfremden Gases spektroskopisch
nachweisen konnte. Freilich ist dies auf Grund wohlbekannter
spektroskopischer Erfahrung wohl nicht ein zwingender Beweis
dafür, daß nicht doch ganz geringe Spuren von Gasen gegenwärtig
waren, die bei der Masse des überwiegenden Quecksilberdampfes
spektroskopisch nicht in Erscheinung traten. Im ganzen spricht
die Tatsache, daß niemals auch nur Spuren eines quecksilberfremden
Spektrums nachgewiesen werden konnten, durchaus gegen die An-
nahme, daß durch Eindringen eines fremden Gases meine Lampen
in merklicher Weise beeinflußt worden sind.
3. Untersuchender Teil
Das Quecksilberspektrum ist bekannt von 7092,32—1212,15.
Es interessiert uns hier in erster Linie der ultraviolette Teil des-
selben. Wenn auch in mancher Hinsicht Meinungsverschieden-
heiten über eine scharfe Begrenzung des ultravioletten Teiles vorliegen,
kann man doch im großen und ganzen übereinstimmend mit dem
Techniker behaupten, daß es der Teil unter 4000 sei, der tech-
nisch und physiologisch wichtig ist. Von diesem Gesichtspunkte
aus wurde nun folgende Anordnung gewählt. Zur Photographie
des Quecksilberspektrums diente ein Hilgerscher Quarzspektro-
graph gewöhnlicher Ausführung; an dem aber insofern einige
Änderungen getroffen wurden, als man berücksichtigen mußte, daß
das Spektrum in seiner ganzen Ausdehnung auf derselben Platte
scharf erhalten werden sollte. Bekanntermaßen erhält man nur
dann eine scharfe Abbildung der Linien bei Verwendung einfacher
Linsen und mit einem Einzelprisma, wenn die Öffnung auf einen
sehr geringen Bruchteil reduziert wird. Geschieht dies nicht, so liegt
das Spektrum auf einer gekrümmten Fläche, deren Fokalkurve
von Eagle!) theoretisch, in einer Dissertation von Frl. Pleus?)
experimentell untersucht wurde. Hiernach wurde die theoretische
Kurve berechnet und die Platte auf diese Kurve gekrümmt, indem
1) W. H. Eagle, B. Sc. Optical Convention. Notes on spectrographs. Sep,
2) H. Pleus, Über den Bau und die Justierung von Quarzspektrographen. Disser-
tation Münster. 1913.
350 Meyn
sie auf eine Unterlage gebracht wurde, die nach der Krümmung
der theoretischen Kurve gearbeitet war. Auf diese Weise war es
möglich, das Spektrum in seiner ganzen Ausdehnung scharf zu er-
halten. Als Minimum der Ablenkung wurde die Linie 3000 eingestellt
und deren Ablenkungswinkel ô = 44 Grad 11 Minuten 14 Sekunden
bestimmt mit einem Brechungsindex n = 1,578.
Für die übrigen Linien wurde die Formel angewandt:
ng, — i
har
Es ergab sich für die Wellenlängen
8000 eine Brennweite von f = 57,13
4000 ?9 ?9? 33 J= 55,13
3000 ,, j „ J= 53,18
1800 31) 33 (H J= 44,69
Durch Einsetzen der gefundenen Brennweiten in die Polar-
gleichung des Kreises:
r? + Arcos®+Brsn9+C=o,
der durch die Brennpunkte der einzelnen Wellenlängen geht, ergibt
sich dann für den Radius:
r= yV}(4+ BC.
Zahlenmäßig wurde ein Radius von 349,6 cm ermittelt. Durch
weitere Berechnung ergab sich, daß die 24 cm lange Kassetteneinlage
in der Mitte eine Überhöhung von 2,00 mm erhalten mußte.
Die zu untersuchenden Lampen sind Erzeugnisse der Heraeus-
Gesellschaft in Hanau, deren Benutzung ich Herrn Prof. Dr. Evers-
heim verdanke. Es standen mir fünf dem Alter nach verschiedene
Lampen zur Verfügung, während die sechste, eine noch neue, als
Vergleich- und Normallampe diente.
Zwecks gleichmäßiger Beleuchtung des Spaltes wurde die Re-
flexion einer um 45 Grad gegen die Kollimatorachse geneigte Gips-
fläche gewählt, die eine ausreichende Reflexion im Ultravioletten
ermöglichte. Durch diese Maßnahme der indirekten Beleuchtung
ergab sich allerdings eine etwa 6ofache Mehrbelichtungszeit. Die
Lampen wurden mit 220 Volt gespeist; zur Konstanthaltung der
Stromstärke und Spannung war eine normale Regulierung möglich.
4. Ergebnisse der Aufnahmen
Da mit die Zeit der Brennstunden bekannt war, wurden die
Lampen hiernach geordnet und Vergleichsaufnahmen derart gemacht,
Alterungserscheinungen an Quarzquecksilberdampflampen 351
daß ich die verlorene Intensität im Ultravioletten der einzelnen
Lampen mit der einer neuen als Normale verglich. Die Methode
bestand darin, daß durch Verlängerung der Expositionszeit die gleiche
Schwärzung erhalten wurde. Dies geschah durch stufenweise
Steigerung der Expositionszeit der älteren Lampen und Stufen-
schätzung gegen die Normallampe. Als Beispiel sei angeführt Lampe
Nr. 127087, bei der erst 32fache Mehrbelichtung den Intensitäts-
verlust in der Gegend von 2500 ausglich. Man sieht hieraus, daß von
einer vollständigen Absorption der Linien im ultravioletten Teile
nicht gesprochen werden kann, sondern nur von einer Schwächung.
Oberhalb 4348 läßt diese nach.
In einem anderen Falle glich sich für die Linien 2652/53/54
bereits bei I6facher Mehrbelichtung der Intensitätsverlust aus,
während die Linie 2535/37 32fache Zeit erforderte. Die Linien bis
3028 waren hier schon stark überexponiert, wozu paßt, daß die hier
in Frage stehende Lampe nur etwa 600 Stunden brannte. Je jünger
die Lampe ist, desto mehr treten diese Erscheinungen hervor. Selbst-
verständlich liefert die Expositionszeit nur ein angenähertes Maß
für die Intensität der Wellenlängen, das jedoch für die erste Orien-
tierung genügt. Besondere Aufmerksamkeit wurde der Linie 2535/37
gewidmet, da sie in Verbindung mit dem Triplett 2652/53/54 den
Hauptteil der therapeutisch verwendeten ultravioletten Strahlen
liefert. Im ganzen zeigt sich, daß je älter die Lampe ist, desto größere
Expositionszeiten erforderlich sind, um den Intensitätsabfall unter
3000 auszugleichen und er um so größer ist, desto kürzer die Wellen-
länge ist, um die es sich handelt.
Meine nächsten Versuche galten nun der Frage nach der Ursache
der Intensitätsabnahme. Die nächstliegende Annahme, daß eine
Entglasung oder chemische Veränderung des Quarzes eintritt, die
unterhalb 3000 das Licht des Quecksilberdampfes absorbiert, dürfte
wohl auszuschließen sein, da der Quarz nach den Untersuchungen
von Küch und Retschinsky höhere Temperaturen verträgt, als
sie hier in Frage kommen, ohne zu entglasen, und sich wie weiterhin
zu zeigen sein wird, an Bruchstücken alter Lampen nachweisen läßt,
daß jedenfalls die Hauptmasse des Quarzes ihre Durchsichtigkeit
nicht eingebüßt hat. Weiterhin ist darauf hingewiesen worden,
daß möglicherweise Gase in die Lampen eindringen. Sei es an den
Einschmelzstellen der Drähte, sei es durch Diffusion durch das Quarz-
glas selbst.
Das letztere dürfte wiederum auszuschließen sein, obwohl
352 Meyn
Schulz- Jena das Gegenteil behauptet. Er nimmt dabei an, daß
Wasserstoff, Helium und möglicherweise auch andere Edelgase bei
etwa 800 Grad in das Innere der Lampe diffundieren und ihr Spek-
trum ändern könnten. Allen abgesehen davon, daß die Vorstellung
von dem Eindringen nennenswerter Mengen aus der Atmosphäre
angesichts des geringen Vorkommens an Edelgasen kaum annehmbar
erscheint, wurden bei meinen Untersuchungen niemals auch nur
Spuren solcher Gase wahrgenommen. Für die Annahme, daß sich
aber Verbindungen zwischen Quecksilber und den eingetretenen
Gasen gebildet haben sollten, fehlt es bisher noch an Beweisen.
Ich habe auch eine neue sogenannte Wiusol-Lampe benutzt, die nach
den Angaben von Schulz- Jena konstruiert ist und ein Eindringen
von Fremdgasen verhindert. Indes ist ein direkter Vergleich mit der
Heraeuslampe nicht möglich wegen des verschiedenen Wattverbrauches
und es muß daher noch abgewartet werden, ob bei längerem Gebrauch
doch ein Altern auch dieser Lampen stattfindet.
Die spektrale Zusammensetzung beider Lampen ist natürlich
dieselbe.
Mit Rücksicht auf die Natur der Schwärzung sind nach dem
Vorausgeschickten Proben von Bruchstücken alter Lampen ent-
scheidend. Es standen mir solche Bruchstücke zur Verfügung, deren
Absorptionsverhältnisse in Vergleich zu alten und neuen Lampen
von mir in der Weise verwandt wurden, daß als Lichtquelle eine neue
Lampe diente, während die Bruchstücke der verschiedensten Lampen
als „Filter“ in den Strahlengang gebracht und die Methode der
Beobachtung dic gleiche war, wie oben beschrieben. Eine Prüfung
zeigt, daß im Innern der gealterten Lampen ein grauer Überzug
auf der Innenfläche des Quarzes sich befindet, der die Ursache der
Absorption ist und beispielsweise bei einem meiner Versuche die
Linie 2536 bis auf cin Zweiunddreißigstel schwächte. Der Beschlag
besteht aus zwei Teilen; ein Teil sitzt auf der Oberfläche und kann
durch Reiben oder chemische Prozesse entfernt werden. Der wesent-
liche Bestandteil, auf den die Absorption zurückzuführen ist, ist
jedoch im Quarz selbst enthalten und läßt sich durch Säuren nicht
völlig entfernen. Durch Schleifversuche, bei denen mit Pariser Rot
die Oberfläche allmählich entfernt wurde, ließ sich nachweisen, daß
nach Entfernung von ot mm die ursprüngliche Durchlässigkeit
nahezu vollständig wiederhergestellt wurde.
Ich sche davon ab, alle einzelnen Versuche anzuführen. In ein-
deutiger Weise ergibt sich auf Grund der Absorptionserscheinung
Alterungserscheinungen an Quarzquecksilberdampflampen 353
die Annahme einer absorbierenden Schicht, die sich bis auf ot mm
in das Quarz hinein erstreckt. Woraus diese Schicht besteht, bleibt
zunächst unentscheiden. Über einige Versuche in dieser Richtung
ist noch anzugeben, daß zunächst keine selektive Absorption, etwa
im Sinne der von Wood!) an feinverteilten Quecksilberflächen
stattfindet; denn Vergleichsversuche mit anderen Lichtquellen
zeigen durchaus das gleiche Verhalten. Dasselbe ergibt sich auch
durch Versuche mit dem kontinuierlichen Spektrum des Aluminium-
unterwasserfunkens. Hierdurch geht unzweideutig hervor, daß die
Absorption an der Quarzwand eine allgemeine ist, die mit kürzeren
Wellenlängen rasch zunimmt. Dieser Umstand in Verbindung mit
anderen Eigentümlichkeiten der Absorption legt es nahe anzunehmen,
daß es sich um eine in das Quarz feinverteilte Substanz metallischen
Charakters handelt, die die Ursache der Absorption ist. Hier bieten
sich zwei Möglichkeiten für deren Annahme. Die eine, daß aus dem
Quarz unter dem Einfluß der ultravioletten Strahlung und der hohen
Temperatur sich metallisches Silicium ausgeschieden hat, das schr
stark im Ultravioletten wirkt. Die andere Möglichkeit spricht für
ein Eindringen feinverteilten Quecksilbers in die hocherhitzte Glas-
masse.2) Mir persönlich scheint die letztere Annahme die größte
Wahrscheinlichkeit zu haben, wenngleich es mir auch nicht gelungen
ist, eine sichere Beweisführung hierfür zu liefern. Für die Praxis
der Lampenbenutzung sind beide Möglichkeiten gleichwertig, da
weder eine Reduktion des Quarzes noch ein Eindringen des Queck-
silbers in das Quarz vermeidbar ist.
Zusammenfassung
Mittels einer einfachen photometrischen Methode wird die
Intensitätsabnahme technischer Quarzlampen untersucht. Es wird
der Nachweis geführt, daß der Grund der Absorption, die mit kürzeren
Wellen rasch zunimmt, von der Zahl der Brennstunden der Lampe
abhängt. Die Absorptionserscheinung hat ihren Sitz in einer 0,1 mm
dicken Schicht der Innenfläche der Quecksilberlampe und besteht
aus gefärbtem Quarz.
1) R. W. Wood, Absorption, Fluoreszenz, magnetische Rotation und anormale
Dispersion des Quecksilberdampfes. Phys. Ztschr. 10. 466. 1909.
2?) Ein Vorgang, der näher bekannt ist durch Arbeiten von Kundt, Warburg,
Kopfermann, Heydweiller u.a.
(Eingegangen am 26. April 1928)
354 Schmidt und Pretschner
Keimvergiftung durch Farbstoffe
Von
A. Steigmann
In einer gleichbetitelten Arbeit!) bestätigt Herr Lüppo-Cramer
meine Theorie von der Keimvergiftung durch Farbstoffe und von
der Löslichkeitsherabsetzung von Silber durch adsorbierte Farb-
stoffe.
Ich möchte auf meine dort nicht erwähnte Abhandlung hin-
weisen. In der Photogr. Industrie?) schrieb ich, „daß die Silber-
teilchen durch Anlagerung molekularen Silbers nicht mehr wachsen
und daß die silberlösenden Agenzien des Entwicklers kein reduziertes
Silber mehr auflösen“, wenn vom Silber Farbstoffe adsorbiert worden
sind. Auch in meiner Dissertation?) bin ich auf diese Dinge ein-
gegangen, was ich nur der Vollständigkeit halber anführe.
1) Zeitschr. wiss. Phot. 25. 133 ff. 1928.
D Photogr. Ind. Heft 50—51. 1922.
3) Dissertation, Frankfurt a. M. 1923.
(Eingegangen am 5. April 1928)
Zur Photochemie der Halogensilber
IL Mitteilung:
Der Abbau photographischer Schichten mit neutralem, saurem
und alkallschem Wasserstoffsuperoxyd und mit ammonlakalischem
Schwefelammonlum
Von
H. H. Schmidt und F. Pretschner
(Wissenschaftliches Laboratorium der Fa. Otto Perutz, G. m. b. H., München)
Die Analyse photographischer Materialien ist, solange es sich
nur um Gesamtsilber- und Halogenbestimmungen handelt, verhältnis-
mäßig einfach durchzuführen. Die Schwierigkeiten steigern sich aber
ganz bedeutend, wenn man in den feineren Bau der photographischen
Emulsionen eindringen will. In einer I. Mitteilung (1) haben wir
neben anderem eine Untersuchungsmethode angegeben, die zum
ersten Male den gravimetrischen Nachweis gestattete, daß in photo-
graphischen Emulsionen keine Äquivalenz zwischen Silber und
Zur Photochemie der Halogensüber. II. 355
Halogen besteht, sondern daß vielmehr in jeder Emulsion nach dem
Abbau überschüssige Silberionen nachzuweisen sind. Als Abbau-
säure hat sich die Salpetersäure am besten bewährt, weil sie die
einzige Säure ist, die zu klaren Filtraten führt und bei genügender
Konzentration die Reduktion durch die Gelatine und ihre Abbau-
produkte unterdrückt. Die Säurekonzentration darf aber wiederum
auch nicht zu hoch sein, weil sonst Zersetzungen und bei silberjodid-
haltigen Emulsionen die Jodatbildung den Analysengang unnötig
erschweren. Als sehr brauchbar hat sich eine Säurekonzentration
von 1:30 erwiesen. Die Abbauzeit muß dabei, um filtrierbare Lö-
sungen zu bekommen, allerdings auf 4—6 Stunden ausgedehnt
werden. Bei unseren Versuchen, ein geeignetes Agens zum Abbau
photographischer Schichten zu finden, haben wir naturgemäß syste-
matisch die gebräuchlichsten anorganischen und organischen Säuren,
die verschiedensten Alkalien und auch das Wasserstoffsuperoxyd
ausprobiert. Es hat sich gezeigt, daß das Wasserstoflsuperoxyd
unter Umständen ein sehr bequemes Abbaureagens darstellt, wenn
man beachtet, daß der Verlauf der Abbaureaktion eine interessante
Funktion der Wasserstoflionenkonzentration ist.
1. Der Abbau photographischer Emulsionen
mit saurem Wasserstoffsuperoxyd
Der Abbau mit saurem, am besten natürlich wieder salpeter-
saurem Wasserstoffsuperoxyd verläuft genau so, wie mit Säuren
allein. Das Wasserstoffsuperoxyd erleichtert nur den Abbau, indem
es zerstörend auf die Gelatine wirkt. Man kann daher die Säure-
konzentration bis auf I1:100 reduzieren ohne die Abbauzeit ver-
längern zu müssen. Die Lösung klärt sich sehr rasch und ist gut
zu filtrieren, der Rückstand besteht aus reinem Halogensilber und
enthält, wie immer bei derartigen Analysen, eine nicht unbeträcht-
liche Menge von organischer Substanz adsorbiert. Der Abbau mit
saurem Wasserstoflsuperoxyd (700 ccm Emulsion + 70NO,H 1:10
+ 30H,0,) ist sehr bequem, wenn man nur eine Analyse des Rück-
standes durchführen will. Die Untersuchung des Filtrates ist aller-
dings nicht nach dem in der I. Mitteilung angegebenen Schema
möglich, denn es hat sich gezeigt und wird durch die unten an-
gegebenen Versuche experimentell belegt, daß es nur unter Be-
achtung besonderer Kautelen in einer sauren Wasserstoffsuperoxyd-
lösung, die Gelatineabbauprodukte enthält, möglich ist, Halogen-
ionen durch Ausfällen mit Silbernitrat quantitativ nachzuweisen.
356 Schmidt und Pretschner
Die gefundenen Werte sind immer bedeutend niedriger als die
theoretisch zu erwartenden. Um feststellen zu können, an welche
Faktoren dieses eigenartige Phänomen gebunden ist und welche
Ursache es hat, haben wir nachfolgende Versuche ausgeführt.
a) Kaliumchlorid + Gelatine + Salpetersäure,
300 ccm 5°/,ige, halogenfreie Gelatinelösung,
15 ccm Salpetersäure s = 1,40 und 0,1774 g KCI
wurden 3 Stunden am Rückflußkühler im Glyzerinbad zum Sieden
erhitzt und nach dem Abkühlen und vorherigem Filtrieren mit
Silbernitrat versetzt und der Niederschlag quantitativ als Silber be-
summi Theoretischer Silberwert: 0,2559 g.
Gefundener Silberwert: 0,2550 g.
Auch bei Anwesenheit von Gelatine ist es, was ja auch schon lange
bekannt ist, möglich, Halogenionen in salpetersaurer Lösung mit
Silbernitrat quantitativ zu bestimmen. Die durch den Salpetersäure-
abbau entstehenden Abbauprodukte stören die Umsetzung nicht.
b) Kaliumchlorid + Salpetersäure + Wasserstoffsuperoxyd.
In dieser Lösung verläuft die Umsetzung ebenfalls quantitativ.
Das saure Wasserstoffsuperoxyd wirkt demnach nicht störend auf
den Ablauf des Prozesses ein. Die Entscheidung muß demnach
der nächste Versuch bringen.
c) Kaliumchlorid + Gelatine + Salpetersäure
+ Wasserstoffsuperoxyd,
300 ccm 5°/,ige gereinigte Gelatinelösung,
15 ccm Salpeterssäure s = 1,40,
35 ccm H,O, (30°/,) und 0,1582 Kaliumchlorid
wurden wie unter a) erhitzt und nach dem Abkühlen mit 1,0000 g
Silbernitrat (= 0,6340 g Ag) versetzt und die entstandene Fällung
quantitativ als Silber bestimmt.
Theoretischer Silberwert: 0,2282 g.
Gefundener Silberwert: 0,0992 g.
Es ist also unmöglich, in einer salpetersauren Lösung, die
Gelatineabbauprodukte neben Wasserstoffsuperoxyd enthält, Halogen-
ionen mit Silbernitrat quantitativ zu bestimmen, weil wahrscheinlich
ein Teil des gebildeten Halogensilbers in Lösung gehalten wird
und nicht ausfällt. Entfernt man aber das Wasserstoflsuperoxyd
nachdem man die Lösung ammoniakalisch gemacht hat, durch
längeres Kochen, so fällt nach dem Ansäuren das fehlende Halogen-
Zur Photochemie der Halogensilber. II. 357
silber quantitativ aus. Interessant ist weiter, daß man Silberionen
in einer solchen Lösung durch Alkalihalogenide ohne weiteres quanti-
tativ nachweisen kann. Die überschüssigen Halogenionen verhindern
also die Verzögerung der Ausfällung.
Zusammenfassend kann man also sagen, daß es unmöglich ist,
in einer salpetersauren Lösung, die Gelatineabbauprodukte und
Wasserstoffsuperoxyd enthält, Halogenionen durch Silbernitrat quanti-
tativ nachzuweisen, solange das H,O, nicht durch Kochen, am besten
in der ammoniakalischen Lösung entfernt ist. Silberionen dagegen
lassen sich auch in dieser Lösung quantitativ mit Alkalihalogenid
bestimmen.
Der in der I. Mitteilung angegebene Analysengang ist daher
nur durchführbar, wenn im Filtrat vor der Weiterverarbeitung das
H,O, durch Kochen in ammoniakalischer Lösung quantitativ ent-
fernt wird. Dieser Prozeß dauert aber auf Grund unserer Erfahrungen
sehr lange, weshalb wir diese Methode wieder verlassen und ohne
H,O, gearbeitet haben.
2. Der Abbau photographischer Emulsionen
mit neutralem Wasserstoffsuperoxyd
Auch das neutrale Wasserstoffsuperoxyd allein zerstört bei
längerer Einwirkung in der Siedehitze die Gelatine so vollkommen,
daß das Halogensilber sich zusammenbalit und gut abfiltrieren läßt.
Zu beachten ist allerdings, daß der Rückstand nicht aus reinem
Halogensilber besteht, sondern noch durch die reduzierende Wirkung
der Gelatine entstandenes Silber adsorbiert enthält, während das
äquivalente Halogen sich im Filtrat befindet. Der Abbau mit neu-
tralem H,O, ist dort angebracht, wo es sich nur um reine Silber-
bestimmungen handelt. Angenehm ist, daß außer den Gelatine-
abbauprodukten keine weiteren Fremdstoffe in das Abbaugemisch
gelangen, da das Wasserstoffsuperoxyd nach Beendigung des Ab-
baues durch Kochen, unter Umständen in ammoniakalischer Lösung,
wieder entfernt werden kann.
3. Der Abbau photographischer Emulsionen
mit alkalischem Wasserstoffsuperoxyd
Der Abbau mit alkalischem Wasserstoffsuperoxyd verläuft wesent-
lich anders als der mit neutralem und saurem Wasserstoffsuperoxyd.
Die Gelatine wird ebenfalls rasch zerstört, das Halogensilber aber
bei Anwendung kleiner Emulsionsmengen quantitativ reduziert, so
Zeitschr. f. wiss. Phot. a5. 24
358 Schmidt und Pretschner
daß sich im Rückstand das gesamte Silber und im Filtrat das ge-
samte Halogen als Alkalihalogenid befinden.
Angenehm ist, daß durch das H,O, die sonst durch das Alkali
bedingte Braunfärbung der Lösung verhindert wird. Das alkalische
Wasserstoffsuperoxyd zersetzt natürlich nicht nur die Halogensilber-
gelatineemulsionen, sondern auch das bindemittelfreie Halogensilber,
und zwar bei Anwendung analytisch üblicher Mengen quantitativ
nach folgenden Gleichungen:
2 AgBr + 2 NaOH => Ag,O + 2NaBr + H,O,
Ag,O + H,O, ——> 2Ag + H,O + 0,.
Diese Reaktion ist bei allen drei Halogensilbern vorhanden, nur ist
die Reaktionsgeschwindigkeit verschieden und nimmt vom Chlor-
silber bis Jodsilber ab. Das Wasserstoffsuperoxyd entfernt immer
wieder das spurenhaft gebildete Ag,O aus dem Gleichgewicht und
der Prozeß verläuft quantitativ. Nur bei Jodsilber greift das ge-
bildete Nal störend in den Verlauf des Prozesses ein, indem es das
gebildete Ag wieder in AgJ überführt und so zur Ausbildung eines
neuen Gleichgewichtes führt, das nur durch Entfernen des gebildeten
Nal durch Abfiltrieren gestört und zugunsten der Reduktion ver-
schoben werden kann.
a) Reduktion von bindemittelfreiem AgCl, AgBr und AgJ
durch Natronlauge und Wasserstoffsuperoxyd
Im Jahre 1895 hat Le Roy (2) beobachtet, daß alkalisches
Wasserstoffsuperoxyd imstande ist, das latente Bild auf Chlor- und
Bromsilbergelatineschichten zu entwickeln. Das belichtete Halogen-
silber wird also unter dem Einfluß von alkalischem Wasserstofl-
superoxyd wenigstens zum Teil in metallisches Silber übergeführt.
Diese Reaktion verläuft, wie normalerweise zu erwarten ist, auch
im Reagenzglas und zwar mit bei den drei Halogensilbern ver-
schiedener Geschwindigkeit. Das Chlorsilber wird bereits in der
Kälte rasch und quantitativ reduziert, beim Bromsilber verläuft
dieser Prozeß, wenn auch erst nach längerem Erwärmen, ebenfalls
noch quantitativ, beim Jodsilber ist aber nur noch teilweise Re-
duktion auch nach längerem Erhitzen zu erreichen und es scheint
durch das gebildete Nal, das auf das Jodsilber stark lösend ein-
wirkt, die Reduktion zum Stillstand zu kommen. Filtriert man das
ausgeschiedene Silber und das unzersetzte Jodsilber ab, so kann
in diesem Rückstand durch neuerlichen Zusatz von alkalischem
Zur Photochemie der Halogensilber. IT. 359
Wasserstoftsuperoxyd die Reduktion weiter fortgesetzt werden. Bei
drei- bis viermaliger Wiederholung des eben geschilderten Prozesses
erhält man auch beim Jodsilber quantitative Reduktion zu Silber.
Um einen genauen Silberwert zu bekommen, muß natürlich noch
das durch Nal gelöste Ag] in den Filtraten am besten durch Re-
duktion mit Hydrazinsulfat bestimmt werden. Die Reduktion von
bindemittelfreiem Halogensilber mit alkalischem Wasserstoffsuperoxyd
verläuft also nur bei Chlorsilber und Bromsilber quantitativ, während
bei Jodsilber durch das entstehende Natriumjodid, das silberlösend
wirkt, sehr bald ein Gleichgewichtszustand
2 AgJ + H,O, + 2NaOH zZ 2 Ag + 2NaJ]J + 2H,O + O,
kommt, der nur durch fortwährendes Entfernen des gebildeten Na],
durch Abfiltrieren zugunsten der Reduktion verschoben werden
kann. Diese silberlösende Wirkung von Nal bei Ausschluß und
bei Gegenwart von Licht ist ja schon länger bekannt und gleich-
zeitig die Ursache mancher interessanter photographischer Phä-
nomene (3).
b) Die Reduktion von Halogensilbergelatineemulsionen
mit alkalischem Wasserstoffsuperoxyd
Das alkalische H,O, ist, wie schon erwähnt, nicht nur imstande,
reine Halogensilber zu reduzieren, sondern man kann auch Halogen-
silberemulsionen bei Anwendung analytisch üblicher Mengen bequem
abbauen. Dabei findet gleichzeitig Reduktion des Halogensilbers
zu Silber statt, während das gesamte Halogen als Alkalihalogenid
im Filtrat zu finden ist. Das Wasserstoffsuperoxyd unterdrückt
außerdem mit Sicherheit die Braunfärbung der Lösung, die sonst
beim Arbeiten mit Alkalien immer auftritt. Der Abbau mit al-
kalischem Wasserstoffsuperoxyd ist dem Abbau mit Säuren eben-
bürtig an die Seite zu stellen, allerdings mit der Einschränkung,
daß nur bei Chlor- und Bromsilbergelatineemulsionen und deren
Mischungen die Reduktion zu Silber quantitativ verläuft. Bei jod-
silberhaltigen Emulsionen ist die Reduktion zu Silber aus den schon
vorher näher angegebenen Gründen nicht vollständig. Der Rück-
stand enthält neben Silber noch unverändertes Jodsilber, das nach-
träglich durch alkalisches Hydrazinsulfat reduziert werden muß.
Leider wird ein Teil des Jodsilbers ebenfalls beim Abbau reduziert,
sonst würde durch das alkalische Wasserstoffsuperoxyd eine be-
queme Brom- und Jodsilberbestimmung in Bromjodsilbergelatine-
24°
360 Schmidt und Pretschner
emulsionen möglich sein. Bei unseren Versuchen haben wir (og
Emulsionsnudeln mit 5soccm H,O und ıoccm H,O, (30°/,) versetzt
und durch Erwärmen (meist 30°) so weit abgebaut, bis Ausflockung
des Halogensilbers eintrat. Erst jetzt wurden 30 ccm alkoholische
Natronlauge (25°/,) zugegeben, wobei augenblickliche Reduktion zu
Silber eintritt. Die alkoholische Lauge haben wir deshalb ver-
wendet, um zu starkes Schäumen zu vermeiden.
Die Weiterverarbeitung des Rückstandes und des Filtrates kann
nach den verschiedensten Methoden erfolgen.
Wie schon erwähnt, hat le Roy das alkalische Wasserstoff-
superoxyd zur Entwicklung des latenten Bildes empfohlen und es
war naheliegend, die von Russel (5) beobachtete Verschleierung
photographischer Schichten durch Wasserstoflsuperoxyd auf diese
Reduktion zurückzuführen. Lüppo-Cramer (6) hat aber durch
eingehende Studien festgestellt, daß die Verschleierung mit dem
Reduktionsvermögen desH,O, in alkalischer Lösung nicht zusammen-
hängt. Wir haben uns durch eigene Versuche von der Richtigkeit
der Lüppo-Cramerschen Beweisführung überzeugt.
Bestände ein direkter Zusammenhang zwischen Verschleierung
und Reduktionsvermögen des alkalischen Wasserstoflsuperoxyds, so
müßte auf Grund der oben angeführten Experimente die Verschleie-
rung bei Chlor- und Bromsilber sehr rasch erfolgen, weil bei diesen
Halogensilbern die Reduktion mit großer Geschwindigkeit quantitativ
verläuft. Mit zunehmendem Gehalt der Emulsion an Jodsilber müßte
weiterhin die verschleiernde Wirkung des H,O, abnehmen. Das
Gegenteil ist aber der Fall. Die Wirkung des H,O, ist bei den
hochempfindlichen Bromjodsilberemulsionen am größten.
Die Verschleierung durch H,O, ist, wie auch schon Lüppo-
Cramer gefunden hat, keine Funktion des Reduktionsvermögens
des alkalischen H,O, und der Reduzierbarkeit des jeweiligen Halogen-
silbers, sondern eine direkte Funktion der Empfindlichkeit des photo-
graphischen Materials und daher bei hochempfindlichen Schichten
größer als bei unempfindlichen.
4. Der Abbau von Halogensilbergelatineemulsionen
mit alkalischem Schwefelammonium
Bei unserer Suche nach geeigneten Abbaumethoden von photo-
graphischen Schichten haben wir auch den Schwefelwasserstoff und
das Schwefelammonium ausprobiert und gefunden, daß mit diesen
beiden Agenzien bei Einhaltung bestimmter Bedingungen das Silber
Zur Photochemie der Halogensilber. 11. 361
photographischer Schichten leicht als Silbersulfid zur Abscheidung
zu bringen ist.
10 g Emulsionsnudeln + 20 ccm NaOH (25°/,) werden bis zur
starken Braunfärbung erhitzt, dann wird 40 ccm konz. Ammoniak
zugegeben und in der Siedehitze Schwefelwasserstoff eingeleitet.
Auch Zugabe von Ammonsulfid führt zu dem gleichen Ergebnis.
Nach weiterem Kochen fällt das Silbersulfid grobkörnig aus und
läßt sich leicht von der nunmehr klargewordenen Lösung abfıltrieren.
Zum Auswaschen muß, um Peptisation zu vermeiden, Ammoniak 1:10
verwendet werden. Das Silbersulfid wird nach bekannten Methoden
weiter verarbeitet. Der Abbau mit Alkali bis zur Braunfärbung der
Lösung und der Ammoniakzusatz ist erforderlich, um die Bildung
von kolloidalem Silbersulid zu vermeiden. Interessant ist, daß das
Schwefelammon genau wie das Wasserstoflsuperoxyd die durch das
Alkali hervorgerufene Braunfärbung zum Verschwinden bringt.
Der sonst wenig gebräuchliche und wegen der starken Braun-
färbung der Lösung gemiedene Abbau photographischer Schichten
mit Alkali führt bei Anwendung von Wasserstoflsuperoxyd oder
Schwefelammon zu befriedigenden Resultaten.
Zusammenfassung
ı. Der Abbau photographischer Schichten mit Wasserstoff-
superoxyd ist eine Funktion der Wasserstoffionenkonzentration.
a) In saurer Lösung (am besten salpetersaurer Lösung) verläuft
der Abbau wie mit Säure allein. Das Wasserstoffsuperoxyd unter-
stützt die Wirkung der Säure, so daß die Konzentration derselben
stark herabgesetzt werden kann. Die Verarbeitung des Filtrates
bietet aber Schwierigkeiten, da es unmöglich ist, in einer Lösung,
die Gelatineabbauprodukte und H,O, enthält, Halogenionen quanti-
tativ mit Silbernitrat zu bestimmen. Das H,O, muß erst durch
Kochen in ammoniakalischer Lösung entfernt werden. Silberionen
können dagegen mit Alkalihalogenid quantitativ bestimmt werden.
b) Neutrales Wasserstoffsuperoxyd zerstört sehr rasch die Ge-
latine und das Halogensilber flockt gut filtrierbar aus, Unter dem
Einfluß der Gelatineabbauprodukte findet aber schon teilweise Re-
duktion statt. Der Rückstand enthält daher Silber neben Halogen-
silber, im Filtrat sind die äquivalenten Halogenionen.
c) Alkalisches Wasserstoflsuperoxyd reduziert bindemittelfreie,
als auch in Bindemittel eingebettete Halogensilber leicht zu me-
tallischem Silber, während sich im Filtrat das äquivalente Alkali-
362 K. Schaum und E A. Scheidt
halogenid befindet. Dieser Prozeß verläuft quantitativ bei Chlor-
und Bromsilber und führt bei Jodsilber zu einem Gleichgewicht,
weil das entstehende NaJ lösend auf das durch Reduktion ent-
stehende Silber wirkt. Durch Entfernen des Nal läßt sich aber
auch hier das Gleichgewicht bis zur vollständigen Reduktion ver-
schieben.
2. Die Verschleierung photographischer Schichten durch H,O,
ist keine Funktion des Reduktionsvermögens des alkalischen H,O,,
sondern eine Funktion der Empfindlichkeit.
3. Auch mit Hilfe von alkalischem Schwefelammon ist bequemer
Abbau und Silberbestimmung in photographischen Materialien möglich.
4. Die durch Alkali bedingte Braunfärbung der Abbaulösung ver-
schwindet mit Wasserstoffsuperoxyd und ammoniakalischem Schwefel-
ammon.
Literatur
1) H. H. Schmidt u. F. Pretschner, Zeitschr. wiss. Phot. 25. 293. 1928.
2) Le Roy, Jahrbuch 1895, S. 415.
3) Lüppo-Cramer, Grundlagen des Negativverfahrens, S. 572 (Lassaigne).
4) Lüppo-Cramer, Grundlagen des Negativverfahrens, S. 673.
5) Russel, Jahrbuch 1900, S. 338.
6) Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1902, S. 563; 1915, S. 135; Zeitschr. wiss.
Phot, 25. 23. 1927. Weitere Literatur siehe Clark Phot. Ind. 1926, S. 358 und auch
Wightman u. Quirk, Journ. Franklin Institut 1927, S. 261 — 287.
(Eingegangen am 6. Mai 1928)
Über die Beobachtung eines elektrooptischen Effekts mit Hilfe des
Zeiss-Löweschen Flüssigkeitsinterferometers
Von
K. Schaum und E. A. Scheidt
Vor einigen Jahren (I) beobachteten wir mit Hilfe des Zeiss-
Löweschen Interferometers eine eigenartige Einwirkung des elek-
trischen Feldes auf das optische Verhalten von Aceton: wurde an
zwei in die Flüssigkeit der einen Kammer tauchenden Elektroden
eine Spannung von 440 V. gelegt, so trat eine ziemlich schnelle
Verschiebung der Interferenzstreifen im Sinne einer Abnahme des
Brechungsexponenten ein; nach dem Ausschalten kehrte das Inter-
Über die Beobachtung eines elektrooptischen Efekts usw. 363
ferenzbild verhältnismäßig langsam bis zur Nullstellung zurück.
Chemische (elektrolytische) Wirkungen erschienen angesichts der
Reversibilität ausgeschlossen, und wir waren damals der Ansicht, daß
die Erscheinung auf eine Wärmewirkung zurückzuführen sei. Neuer-
dings angestellte Versuche lieferten folgende Ergebnisse: Der
Effekt tritt bei freier wie auch isolierend überzogener Elektroden-
oberfläche ein; er nimmt bei niederen und mittleren Spannungen
proportional deren Logarithmus zu; bei 50000 V. betrug die
Streifenverschiebung am Nitrobenzol 850, am Acetylaceton 400, am
Diäthylketon 310, am Pyridin 170 Skalenteile.e Der Maximaleffekt
wird nach einigen Sekunden erreicht und zwar um so schneller, je
höher die Spannung ist; das Abklingen erfolgt innerhalb von 2 bis
3 Minuten nach der für einen Vorgang L Ordnung geltenden
Gleichung; es wird durch Umrühren stark beschleunigt, ebenso
durch Kurzschließen der Zelle nach dem Ausschalten; alsdann ist
die Zeit des Abklingens gleich der des Anklingens.
Da der Kerreffekt fast zeitlos ist und Dipolorientierung und
-desorientierung auch sehr rasch erfolgen, dürfte die Erscheinung
wohl auf eine Elektrophorese eingelagerter Fremdteilchen, oder —
da solche in den sorgfältig gereinigten Flüssigkeiten kaum in aus-
reichender Menge vorhanden sein können — von Assoziations-
produkten, eventuell Raumgitterbruchstücken zurückzuführen sein.
Die zuletzt erwähnte Vermutung erscheint uns aus folgendem Grunde
durchaus diskutabel: Wir hatten vor längerer Zeit(2) Andeutungen
für eine Begünstigung der Kristallisation im elektrischen Feld an
der Grenze Elektrode/Schmelze gefunden. Neuere Versuche, über
die im folgenden kurz berichtet wird, haben diese Andeutungen in
den Bereich reproduzierbarer Vorgänge erhoben.
Erzeugt man zwischen zwei völlig in die Schmelze eintauchenden
Elektroden, deren eine geerdet ist, mittels eines Induktoriums ein
starkes Feld (50o—80000 V.), so werden Stoffe mit erheblicher
Neigung zur Unterkühlung, wie Salol, Urethan, Benzophenon, Nitro-
benzol u.a. zu baldiger Kristallisation gebracht, die stets an der
nicht geerdeten Elektrode, ohne Rücksicht auf deren Ladungs-
vorzeichen, eintrat; es scheint, daß stärkere Erhitzung auch unter
diesen Umständen die Kristallisationsneigung (infolge Zerstörung der
Raumgitterbruchstücke) vermindert.
Bei Versuchen, die mit Hilfe einer Influenzmaschine (bis
15000 V.) sowie mit Hilfe eines Teslatransformators (2— 300000 V.),
in beiden Fällen unter Zuhilfenahme starker Kapazitäten, angestellt
364 K. Schaum und E A. Scheidt. Elcktrooptischer Effekt
wurden, erhielten wir ebenfalls eine starke Begünstigung der Kri-
stallbildung; hier spielen aber Gasionen eine ganz wesentliche Rolle (3)
wie Versuche mit Funken- und Büschelentladungen zeigten; beim
Funkenübergang außerhalb oder innerhalb der unterkühlten Schmelze,
sowie beim Auftreffen von Büschelentladung auf unterkühlte Flüssig-
keitsproben trat sehr bald in der Nähe der Entladungsgebiete (meist
an der negativen Elektrode) Kristallisation ein; auch das Aufblasen
eines Stromes von ionisiertem Sauerstoff war in gleichem Sinne
‚wirksam.
Vor kurzem hat W. Kondöguri(4) Versuche über die Er-
höhung der Kernzahl unter dem Einfluß eines elektrischen Feldes
besonders an unterkühltem Salol veröffentlicht. Wenn wir die An-
gaben des Autors richtig verstinden haben, hat er unterkühlte
Saloltröpfchen während langer Zeiträume — bis zu 16 Tagen —
beobachtet und die Zunahme der Kristallisationszentren festzustellen
versucht. Es ist uns nicht verständlich, wie das möglich sein sollte,
da die Kristallisationsgeschwindigkeit des Salols bei der eingehaltenen
Beobachtungstemperatur (23°) von der Größenordnung 2 mm/Min. ist.
Von der Fortführung der Interferometerversuche versprechen
wir uns wertvolle Aufschlüsse über die Natur reiner Flüssigkeiten,
über das Verhalten kolloiderf Systeme, besonders im Gebiet der
Amikronen, u. a. vk
Giessen, Physikalisch-chemisches Institut, Juni 1928.
Anmerkungen
ı) W. Rummel, Giessener Diss. 1925.
2) K. Schaum und E. Riffert, Zeitschr. f. anorg. Chem. 120. 257. 1922.
3) Vgl. dazu L. Frischauer, C. R. 148. 1251. 1909; W. D. Kusnezow
und M. A. Bolschanina, Z. russ, phys. Ges. (B) 57. 1925. Heft 1/2; K. Schaum,
diese Zeitschr. 25. 64. 1927. Die beiden vorgenannten Abhandlungen waren mir
zur Zeit der Niederschrift dieser Notiz noch nicht bekannt.
4) Zeitschr. f. Phys. 47. 589. 1928.
F ür die Redaktion verantwortlich: Prof, K. Schaum, Gießen
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lungen n auf die Zeitschrift werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuchhandlung
Gs men. Der Abonnementspreis beträgt pro Band im In- u. Ausland Rm, 24.—, bei direkter
endung einschließlich Porto im Inland Rm. 25.—, im Ausland d? 25.20.
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August 1928 Digitized by Goog -
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K. Wurm, Über eine von A. v. Wuerekuerf "Mir 1 Fig |
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C. Richter, Über das KR rd, des Germaniums . 2 2 2 22 aia 380°
G.O.’t Hooft, Methode der Sensibilisierung von Chromgelatine für Orange und
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LAM. Eder, Chloramin zur age der letzten Reste des Fixiernatrons in
photographischen Platten oder Papieren . . 2 s s 2 2 s nur. 40i
J. M. Eder, Antwort auf die „Erwiderung* . nm. 2% 2 2. . 402
H,Beck und J. Eggert, Schlußwort `". ` ven un ue An Ed gn Eé "a CC HEEN
Titel, Inhaltsverzeichnis, Namen- und Sachregister des XXV, Bandes.
Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an E
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. de.
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige
Berichterstattung möglich ist.
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Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden.
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Zeitichrift für willenidiaftlitie Photographie,
Photophylik und Photodtemie
XXV. Band 1928 Heft ı2
Über eine von A. von Welsbach angegebene Lichtquelle "
Von
K. Wurm
(Mitteilung aus dem Physikalischen Institut der Universität Bonn)
Mit ı Figur im Text
Die untersuchte Lichtquelle gründet sich auf das Phänomen des
Öffnungsfunkens und wurde von Herrn Baron Auer von Welsbach
dem Bonner Institut in freundlicher Weise zur Verfügung gestellt.
A. v. W. benutzt bereits seit vielen Jahren diese Lichtquelle bei
seinen chemischen Arbeiten; eine Beschreibung einer älteren Kon-
struktion derselben ist bereits in Kaysers Handbuch der Spektro-
skopie Band 1 zu finden, wo auch kurz die Frage nach der Art ihrer
Emission gestreift wird. Eine eingehende Untersuchung ist, soweit
bekannt, bisher noch nicht erfolgt. Mit der Feststellung der weit-
gehenden Übereinstimmung der elektrischen Ausgleichserscheinung
mit der im Bogen wird man keineswegs die Frage als erledigt betrachten
können, da die Erfahrung gezeigt hat, daß durch anscheinend nur
unbedeutende Abänderung der Entladungsbedingungen der Charakter
der dabei auftretenden Lichtemission oft wesentlich geändert wird.
Es sei an die neuerdings in der Spektroskopie bedeutungsvoll ge-
wordenen verschiedenen Formen der Entladung in verdünnten Gasen
erinnert.?) |
Da eine Beschreibung des im folgenden verwandten Apparates
bisher nicht vorliegt, so sei cine solche vorausgeschickt. Man ver-
gleiche Figur I.
.a) Ein vertikaler Trieb zur Verschiebung des ganzen Apparates
nach der Höhe.
b) Ein Elektromagnet.
!) C. Auer von Welsbach, Ann. d. Physik, 4. Folge, 71. 7. 1923.
3) F. Paschen, Ann. d. Physik, 4. Folge, 71. 142. 1923; H. Schüler, Physikal.
Zeitschr. 22. 264. 1921; R. Frerichs, Zeitschr. Physik 85. 683. 1926.
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 25
366 Wurm
c) Der Anker des Elektromagneten; derselbe ist an einem Hebel
befestigt.
d) Ein zweiarmiger Schwingungshebel auf einer Tragstütze. Am
linken Ende des Schwingungshebels befindet sich die Polklemme des
positiven Pols; in der Mitte des rechten Hebelarmes der vorhin er-
wähnte Anker.
e) Der Träger des negativen Pols in Form eines Triebes mit
einer darauf sitzenden Welle, die in axialer Richtung zwecks Ein-
führung des negativen Pols durchbohrt ist.
Fig. ı
f) Ein Klemmkissen zur Regulierung der Periode des Schwingungs-
hebels,
g) Die beiden Pole.
h) Ein Kommutator.
j) Zuleitungsklemmen.
Als Stromquelle dient eine Gleichstromquclle von etwa 50 bis
150 Volt mit den nötigen Sicherheitsvorrichtungen.
Der Strom tritt bei einer auf der Holzplatte isoliert befestigten
Klemmschraube ein, durchflicßt die Windungen des Elektromagneten,
gelangt von dort durch die Tragstütze des Schwingungshebels und
den Schwingungshebel selbst zu den Polen, geht von da über den
Trieb zu einer zweiten Klemmschraube und von dort zur Stromquelle
zurück.
Das selbsttätige Öffnen und Schließen des Stromes beruht nun
darauf, daß der im Stromkreise liegende Elektromagnet im Augen-
blicke des durch die Berührung der Pole erfolgten Stromschlusses
Über eine von A. von Welsbach angegebene Lichtquelle 367
den am rechten Arm des Schwingungshebels angebrachten Anker an
sich reißt, und somit die beiden Pole voneinander entfernt, zwischen
denen dann der Öffnungsfunke überspringt. Infolge der überwiegenden
Schwere des linken Hebelarms und der sich lösenden Federspannung
des rechten Hebelarms schnellt der obere Pol wieder nach unten;
somit ist der Stromkreis wieder geschlossen und der beschriebene
Vorgang beginnt von neuem. Die Geschwindigkeit der Bewegung
kann durch die den rechten Hebelarm begrenzenden Schraubenkissen
in weiten Grenzen reguliert werden.
Besondere Erwähnung verdient ihrer Zweckmäßigkeit halber
eine von Herrn Baron Aucr von Welsbach angegebene Form der
Pole.?)
Ein rundes Metallscheibchen von etwa 2 cm Durchmesser und
0,5—ı mm Dicke wird in der Mitte durchbohrt und dort an einen
Stahldraht festgelötet. Der Draht wird so in die Welle eingeführt
und festgeklemmt, daß das Scheibchen noch etwa I cm von der Welle
absteht. Ein Drahtstück in der aus der Figur ersichtlichen Verbiegung
bildet den anderen Pol.
Läßt man nun den oberen Pol etwas tangential auf das Scheibchen
schlagen, so wird dasselbe mitsamt der Welle gleichmäßig gedreht.
Taucht der untere Rand des Scheibchens in einen Becher mit Lösung,
so gelangt auf diese Weise die gelöste Substanz in den Funken. Er-
sichtlich eignet der Auersche Apparat sich vorzüglich zur Unter-
suchung solcher Substanzen, bei deren Verbrauch man auf äußerste
Sparsamkeit zu achten hat.
Das Ziel der Arbeit war nun, durch eine Reihe von Übersichts-
aufnahmen verschiedener Elemente und Vergleich derselben mit
Bogen und Funken einen Aufschluß über die Emission des Auerschen
Apparates zu erhalten. Bei der Wahl des Spektrographen mußte
sich ein solcher am geeignetsten erweisen, der einerseits dem Anspruche
hinreichend großer Dispersion genügte und anderseits gestattete, mit
einer Aufnahme einen großen Wellenlängenbereich zu erfassen. Ein
im hiesigen Institute vorhandenes Konkavgitter von 3 m Krümmungs-
radius und ciner Dispersion von 5,5 Angströmeinheiten pro Millimeter
in erster Ordnung wurde dementsprechend aufgestellt und justiert.
Die Anordnung von Gitter, Spalt und Kassctte und die Konstruktion
der beiden letzteren geschah in Anlehnung an die bereits seit langer
Zeit hier in Gebrauch befindlichen beiden größeren Gitter in der
1) C. Auer von Welsbach, Ann. d. Physik (4) 71. 7. 1923.
25
Li
368 Wurm
modifizierten Abneyschen Aufstellung. Die Blende wurde so an-
gebracht, daß auf eine Platte drei Spektra übereinander photographiert
werden konnten.
Nebenbei dienten zur ersten Orientierung noch Aufnahmen mittels
eines Hilgerschen Quarzprismenapparates und fürs sichtbare Gebict
solche eines Steinheilschen Glasprismenspektrographen.
Untersucht wurden nun die Spektra von sämtlichen Alkalıen,
Erdalkalien und den Elementen Kupfer, Cadmium, Zink, Bor und
Kohle. Die Aufnahmen wurden in der Art gemacht, daß jedesmal das
Bogenspektrum, das des Auerschen Apparates und das Funken-
spektrum in der angeführten Reihenfolge übereinander auf eine Platte
photographiert wurden. Jede Platte umfaßt ein Gebiet von etwa
2000 Angströmeinheiten. Insgesamt wurde der Bereich von 2000 bis
6000 untersucht.
Entgegen den Erwartungen, die man auf Grund früherer An-
gaben!) hätte haben können, ergab der Auersche Apparat kein
Spektrum, in dem Linien enthalten waren, die nicht bereits in Bogen
und Funken beobachtet sind. Im Falle der Alkalien sowie bei den
Elementen Bor und Kohle und Zink konnte überhaupt keine Ab-
weichung vom Bogenspektrum festgestellt werden. Dagegen zeigte
sich in den anderen Fällen ausnahmslos eine Annäherung an die
Emission des Funkens. Die Art dieser Annäherung und die somit
bestimmte Stellung des Auerschen Öffnungsfunkenapparates zu
Bogen und Funken verdient besonderes Interesse, wie im folgenden
ausführlich gezeigt werden soll. Eine genaue Einsicht in die Emissions-
verhältnisse in den drei genannten Lichtquellen liefern die beigefügten
Tabellen.
Den Wert und die Gewinnung der Intensitätsangaben betreffend
scien folgende Bemerkungen vorausgeschickt.
Da die Intensitäten der Linien im Aucrschen Apparate mit denen
in Bogen und Funken verglichen werden, liegt cs nahe, den Bogen
als Normale zu verwenden. Natürlich ist diese Festsetzung nicht
hinreichend eindeutig, da auch das Bogenspektrum in Abhängigkeit
von den Stromkreisbedingungen und der Abbildung auf den Spalt
schr variabel ist. Um nun den Bogen als Normale möglichst eindeutig
und reproduzierbar festzulegen, wurde stets die Spannung 150 Volt
1) H. Kayser, Handbuch der Spektroskopie, Bd. 1; C. Auer von Welsbach,
Ann. d. Physik (4) 71. 7. 1923.
Über eine von A. von Weisbach angegebene Lichtquelle 369
und die Stromstärke 3 Ampere benutzt, und allemal der ganze
Bogen mit Einschluß der Pole abgebildet. Es wäre vielleicht vor-
zuziehen gewesen, eine mittlere Partie des Bogens zu benutzen,
doch stößt man bei den relativ langen Belichtungszeiten und der
Verwendung leichtflüchtiger Substanzen auf zu große Schwierig-
keiten. Besonders wurde stets darauf geachtet, wiederholtes Zünden
zu vermeiden. Um einen Begriff von den bei diesen Bedingungen er-
haltenen Bogenspektra zu geben, möge kurz das Magnesiumspektrum
charakterisiert werden, das bekanntlich sehr häufig untersucht ist,
da es große Variabilität aufweist. Das Magnesiumbogenspektrum
ist ein Gemisch von Bogen- und Funkenlinien. Es treten aber
vorherrschend die reinen Bogcenlinien auf. Die Linien des Einfach-
liniensystems 2P—mD gehören zu den stärksten im Spektrum.
Sehr charakteristisch ist, daß das relativ schwache Bogentriplet
2P,—4s das dicht dancben liegende Funkendublet 29,—2s an Inten-
sıtät ums Doppelte übertrifft. Das Funkendublet 4481,1; 4481,3 er-
scheint überhaupt nicht. Anschließend sei noch etwas über das zum
Vergleich herangezogene Funkenspektrum gesagt. Der Funke wurde
mittels eines Resonanzinduktoriums, mit 110 Volt Wechselstrom ge-
speist, und einer an Klemmen des Induktoriums liegenden Batterie
Leydener-Flaschen von 30000 cm gewonnen; jede Selbstinduktion
des Sekundärkreises war vermieden. Die Bedingungen der Ent-
ladung waren somit die günstigsten für die Emission der Funken-
linien.
Bei der Festlegung der Intensitäten schied die Methode mittels
Vergleich der Belichtungszeiten von vornherein aus, da zwei der
Lichtquellen intermittierende Entladungsform besitzen. Es wurde
nun so verfahren, daß von jedem Element in demselben Intervall
mehrere Aufnahmen mit gecignet steigenden Belichtungszeiten an-
gefertigt wurden, um so alle Teile des Spektrums in den normalen
Schwärzungsbereich zu bekommen. Von jeder Aufnahme wurden die
Partien zur Schätzung benutzt, die innerhalb des Normalbereiches
lagen. In den meisten Fällen fanden sich stets mehrere Linien, die
den Anschluß der einzelnen Partien der verschiedenen Platten er-
möglichten. Für die schwächsten Linien wurde auch die Methode der
Restlinien zur Unterstützung herangezogen. Allgemein zeigt sich,
daß eine vernünftige Stufenschätzung auf diese Weise durchaus mög-
lich ist. Die Ungenauigkeiten, die Verbreiterung und Umkehr mit sich
bringen, gehen natürlich mit in die Schätzung cin.
370 Wurm
Cadmium
| Intensität
Terme A ses
| Bogen | Auerfunke | Flaschenfunke
2 p —4s 2868,3 | 6 o o
3080,9 | 8 4 3
3133.2 7 4 3
3252.5 8 4 3
2pı3Pı 3729,0 4 2 I
2 P—4 D 4002,2 5 3 2
2 P—4,5 S 4307.7 2 I I
2Pg 2.55 4413,0 3 2 I
1,5s—2 fg 3201,0 8 7 7
25—2Pz 4678,3 8 8 | S
3403,0 10 10 10
3400,2 10 10 | 10
3467,6 S 8 5
2 Pu—3 dn 3010,5 10 10 | 10
3612,9 $ S | 5
3614,4 6 6 | 6
2981,73 4 4 | 2
2980,6 8 7 3
2850,7 8 S | 3
2Pg—dg 3250,0 d A ! 6
2 Pıdz 3535.6 o 5 | 6
2pı—3dı 2312,8 4 10 15
1,5s—6 p 5339.5 o 5 i 10
5378,2 o 5 12
Magnesium
2 P—4D 5528,7 4 I I
2 P—5D 4703,3 8 3 I
2 P—6 D 4352,1 8 3 2
2 P—7 D 4167,8 4 2 l
5183,8 10 6 5
2S—2 De | 5172,8 10 6 4
5167,5 8 4 4
3097,0 Io 8 $
2 Pu—4d 3093,1 e 6 6
3091,1 8 6 6
2942,2 6 4 3
45—2 Pn , 2938,0 5 3 5
2936,9 3 2 2
3838.44 10 10 Io
2Ppn —3d 3832.4 10 8 8
3829,5 10 8 S
1 S—2 pz 45713 4 4 3
3336,8 6 6 6
3332,2 5 5 5
3330,0 5 5 5
2852,2 12 10 6
2Pu—5d | 2848,5 4 4 2
2846,9 4 4 2
2783,0 5 5 4
| 2751,5 5 5 4
2 pr m Pj 2779,9 7 7 5
| 2778.3 5 5 4
2776,3 5 5 4
Über eine von A. von Welsbach angegebene Lichtquelle 371
Magnesium (Fortsetzung)
T 3 Intensität
ki i Bogen | Auerfunke Flaschenfunke
2p—Is 795.6 , 10 15 | 20
TE 2803,8 | 8 12 18
2 p—2s 2936.6 | 4 6 | Io
2 py —2s 2928,5 3 | 5 8
2pı—3d 798.0 3 | 5 10
2 py—3d 790.8 3 | 5 Io
3d—4f 4481,3 o | 3 20
3dy—4f 4481,1 o | 3 20
Calcium
3 D—4 P 5041,9 8 4 4
4878,1 10 6 6
2 P—§ D 5188,8 6 4 6
3D—5 4526,9 6 5 5
5270,2 9 8 10
5265,5 5 5 S
5264, 4
Ekel 5262,2 | 6 5 6
5261,6 6 5 6
5260,3 4 2 4
4318,6 8 7 8
4307,7 8 7 8
—3p 4302,5 9 8 10
d 4298,9 6 | 5 8
4280,3 8 7 5
4283, 8 | 6 8
15—2P 4226,7 de | 10 8
4456,6 3 3 4
4455,8 5 4 8
2 Par AE 4454.7 9 9 12
4435,6 8 8 10
4434,9 9 9 10
4425,4 9 9 10
4585,9 10 8 10
| 4581,4 8 7 8
4578.5 8 6 8
Ge KE 3972,5 I 2 3
29, —2s 3908,4 10 25 so
CT Bb 3933,0 12 30 80
Zeg E 3736,9 4 10 30
2 Pyr —3s 3706,0 2 8 20
4355.0 6 8 S
4526,9 6 7 7
Strontium
3 D—4 P 5330.0 | 3 I I
3D—4F 4078,3 | 4 | 2 o
5156.3 3 | I Oo
4892.4 | 2 o Ä Oo
5504.4 6 3 3
5522,0 6 3 | 3
4019,4 | 4 | 2 | o
372 Wurm
Strontium (Fortsetzung)
Intensität
- Bogen 5 | Auerfunke Flaschenfunke
Bien: 4813,3
| 4743,3
4723,7
5535,0
5540,2
5586, 1
5504,4
5451,0
5481,1
4019,4
5257,1
5238,7
5229,5
5225.3
5222,4
5213,2
4438.2
4301,8
4326,6
38065,5
7
6
7
6
4
5
4
A
3d—md; S
5
6
A
6
6
5
5
5
3
4
4
3
4
3807,5 4
3
4
5
6
7
6
6
4
3
3
3
3
3
6
4
4
4
6
6
5
4
| Ga Lei w -n NNN a ABUU
3di—3 Pj
Ode E
2Ppn 45
3780,5
4971,8
4968,1
4902,4
4870,2
4872,6
4832,2
4030,4
4032,5
4033.2
3970,1
3909,4
3940,9
4007.5
4592.8
4508,9
4855.2
2 Pa 4 de
2 De de
1 S—2 P
3 du—4f
nn ku Lei WW Lei P Ln Ch ChLnLn a MM Gah MG MM Loi Lal Loi db bb M Geh DD | NNN ra La Ba Lei Lei
WM ra NM ra MM ra ra Loi MNMLaih MM Ma hW MM NM NM ra Lei N N Lei Loi
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M
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3 D—4 P 4720,4 8
37947 5
4599.7 | 6
4431,1 Ä 7
4402,5 6
4350,5 | 6
Lei Lei Lal N "mw
Loi NM Le MG WM
Über eine von A. von Welsbach angegebene Lichtquelle 373
Barium (Fortsetzung)
Intensität
Terme H ne en a
2 Pr—4s 4239,5 3 I (e)
2 Pa —3 ds 5535-5 10 5 5
2 Ps Aë 5519,9 8 5 1
2Ps—4d; 5424,8 7 3 a
Ä 4493.3 5 2 2
4488,8 7 3 2
d Ch 4332,2 3 a 5
4323,3 4 I I
4264,3 4 I I
3 dg—4fz 3544,6 6 3 o
3ds—4fs 3247.7 4 2 o
Eat 3937, 5 4
3da—4fa SE
3997.9 3 2 1
4899,9 3 2 o
4573,8 6 6 o
4692,6 6 5 4
4505,5 8 7 6
4467,7 3 3 I
t $—4F 3501,1 8 8 7
e 4934,2 8 12 15
SE 4554,2 12 20 30
n 4524,9 8 I 20
u 4900, 1 5 e 15
4161,2 6 12 15
2p —4d | 4130,8 8 20 30
3891,7 4 10 15
Kupfer
d E EE Gruppe
Bogen Auerfunke Flaschenfunke nach King
C a aa a SEN
3021,6 2 o l
2263,0 6 3 I
2319,6 6 3 Se
2635,4 2 I len
2637,3 1 o a
2723,9 2 1 KEN
2751,2 2 I SE
277 5,8 2 I z
2763,7 I Oo EN
2768,8 2 1 E
2858,7 2 N i
2887,9 1 o =
2891,6 2 1 =
2890,8 1 o bag
2238,4 3 2 ëch
2260,4 4 3 ð |
374
2400,1
2689,4
2242,5
Bogen
t
mt p
pm O MO n OO mm = NU Ob AD Ch OC A ACACA C bb SE O ODWENNENN PO ANA bt BORN OO
Wurm
Kupfer (Fortsetzung)
Intensität
Auerfunke | Flaschenf unke
6
Jeng
OO OO Gah un Lë Më OO DANNAU A NU Ch Ch
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Gruppe
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II
III
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II
II
II
H
u
Über eine von A. von Welsbach angegebene Lichtquelle 375
Cadmium
Die im Öffnungsfunken auftretenden Cadmiumlinien können in
drei Klassen eingcordnet werden. In die erste Klasse gehören solche,
deren Intensitäten gegenüber den entsprechenden im Bogen ge-
schwächt sind; die zweite Klasse enthält die Linien gleicher
Schwärzung, während die dritte Klasse die im Öffnungsfunken ver-
stärkten Linien aufweist. Dieser Einteilung entsprechend sind die
Linien in den Tabellen der Reihe nach aufgeführt. Die Term-
bezeichnungen sind Paschen-Goetze, Scriengesctze der Linien-
spektra, entnommen.
Wie die Tabelle zeigt, sind geschwächte Linien ausnahmslos
solche, die dem neutralen Atom zugesprochen sind; verstärkt er-
scheinen die Linien des ionisierten Atoms. Letztere gehören nach
Finger?) zugleich zu den Linien, die im Unterwasserfunken gegen-
über dem Luftfunken noch eine Intensitätssteigerung erfahren. King,
der den Einfluß der Selbstinduktionsvergrößerung auf das Cadmium-
spektrum des Funkens zwischen Metallelektroden untersuchte, stellt
fest?2), daß die Linien 2312,8, 4415,0; 3535,6; 5378,2; 5338,5 bei
Steigerung der Selbstinduktion am stärksten geschwächt werden.
Es sind dies gerade diejenigen, die im Öffnungsfunken auffallende
Verstärkung aufweisen. Dagegen werden nach Kings Angaben
4678,3 und 3261,0 im Vergleich mit den vorhergehenden nur wenig
durch Selbstinduktion geschwächt, wie entsprechend dieselben m
unserem Falle in etwa ihre Intensität behaupten. Die Linien der
ersten Klasse zeigen keine Schwächung durch Selbstinduktion. Ver-
mutlich wird deren Auftreten durch Selbstinduktion begünstigt.
Magnesıum
Im Gegensatz zum Cadmium erscheint beim Magnesium ein
großer Teil der Funkenlinien bereits sm Bogen mit beträchtlicher
Stärke. Dieser Umstand erklärt sich durch die Verschiedenheit der
Ionisationspotentiale.
Das lIonisationspotential des Cadmiums ist 8,92 Volt, das des
Magnesiums nur noch 7,75 Volt.?) Das lonisationspotential eines
1) Finger, Zeitschr. f. wiss. Photogr. 7. 369. 1904.
3) A. S. King, Astroph. Journ. 19. 225. 1904.
3) P. D. Foote und F. L. Mohler, Phil. Mag. 87. 33. 1919; J. Tate und
P. D. Foote, Phil. Mag. 86. 64. 1918.
Elementes fällt in etwa zusammen mit dem Anregungspotential des
Grundnivcaus des ionisierten Atoms. Nach den Angaben von Russel
ist das Anrcegungspotential der Linien np—ms und np—md des
ionisierten Magnesiumatoms zu 9,95 Volt bestimmt.!) Die Linien
nd—mf besitzen ein etwas höheres. Während im Bogen wie cin Blick
in die Tabelle zeigt, die Linien 2p—1s, 2p—2s und 29,—3d schon
stark erscheinen, ist von 3d,—4f und 3d,—4f keine Spur zu
schen. Im Öffnungsfunken besitzt das letztgenannte Dublet die
Intensität 3 und wird im kondensierten Funken zur stärksten Linien-
kombination. Besondere Beachtung verdienen auch die Linien
2P—-mD. Die Glieder dieser Serie erscheinen zuerst bei den höheren
Temperaturen des elektrischen Ofens, erreichen im Bogen ihre maxi-
male Intensität um beim Übergang zum Funken fast zu verschwinden.
Stellen wir uns auf den Standpunkt der rein thermischen Anregung,
so können wir deren Verhalten dahin charakterisieren, daß im Gegen-
satz zu den meisten anderen Bogenlinien ihr Erscheinen von einem
nur kleinen Temperaturintervall begünstigt wird. Ein ganz gegen-
sätzliches Verhalten zeigen die Linien 29,—3d. Dieselben sind von
King in die zweite Klasse seiner bekannten Einordnung unter-
gebracht, erscheinen bereits bei den niederen Temperaturen des
elektrischen Ofens und zwar sehr stark; im Bogen bilden sie das
stärkste Triplet und besitzen noch im Funken auffallende Intensität.
Calcıum
Bei einem lonisationspotential von 6,01 Volt?) beim Calcium er-
scheinen dessen Resonanzlinien 2P—2s des ionisierten Atoms bereits
im Bogen mit überwiegender Stärke. In etwa ist die Resonanzlınıe
1S—2D des neutralen Atoms noch von derselben Intensität. Letztere
ist im Öffnungsfunken ausnahmsweise nicht merklich geschwächt,
obwohl alle andern beobachteten Glieder der Einfachlinien-Serien den
stärksten Rückgang aufweisen. Die ausgezeichnete Stellung der
Resonanzlinien 1S—mx ist durchgehend bei allen Elementen zu
beobachten, was seine Erklärung in der Natur der intermittierenden
Entladung im Öffnungsfunken findet. Nach jeder erfolgten Öffnung
des Stromkreises kehren sämtliche angeregten Atome in den Grund-
1) H. N. Russel, Astroph. Journ. 61. 96. 1925.
2) F. L. Mohler, P. D. Foote und B. Stimson, Bur. of Stand. Nr. 368, 1920;
Phys. Rev. 14. 534. 1920.
Über eine von A. von Welsbach angegebene Lichtquelle 377
zustand zurück und müssen dabei notwendigerweise eine Linie 1IS—mx
emittieren. Bei der kondensierten Funkenentladung liegen die Ver-
hältnisse ganz ähnlich, wie auch die Zahlen der Tabellen zeigen, daß
die Schwächung der in Frage stehenden Linien nicht in dem Maße
auftritt, wie bei den übrigen Bogenlinien. Im Zusammenhang damit
sei darauf hingewiesen, daß in den Explosionsspektra?!) neben den
Linien des ionisierten Atoms einzig die Bogenlinien 1S—m P beob-
achtet sind.
Strontium
An der Spitze der Tabelle stehen die größte Schwächung auf-
weisend die Linien 3D—4 P und 3D—4F. Es folgen dann eine Reihe
von Linien, die bisher noch nicht eingeordnet sind, die aber fraglos
dem neutralen Atom angehören. Von den übrigen Bogenlinien be-
haupten sich wiederum neben der Resonanzlinie 1 5—2 P am besten
die Glieder der Bergmannserie 3d,—mf. Das Verhalten der Funken-
linien 2%,—ms entspricht den vorhergehenden Fällen.
Barıum
Die Tabelle liefert im wesentlichen dasselbe Bild wie bei den
anderen Elementen. Die Intensitätsunterschiede treten allgemein
etwas stärker hervor. Eine Reihe von noch nicht eingeordneten Ele-
menten scheinen wieder ausnahmslos dem Bogenspektrum an-
zugchören.
Kupfer
Da von den in der Tabelle aufgeführten Linien nur eine geringe
Anzahl eingeordnet ist, wurde von der Beifügung der Term-
bezeichnungen abgesehen. Außerdem sind cinige beobachtete Linien
nicht aufgeführt worden, weil über deren Intensitäten nichts Be-
stimmtes ausgesagt werden konnte. Es sind dieses namentlich Linien
stärkster Schwärzung.
Von den zahlreichen experimentellen Untersuchungen, die sich
eine Klassifizierung der Linien des Kupferspektrums zum Ziel gc-
setzt hatten, sei nur die Arbeit von King herangezogen?), da sie am
umfassendsten ist. King ordnet in seiner Untersuchung, die sich
1) R. A Sayer und A. L. Becker, Astroph. Journ. 57. 98. 1923.
DAS King, Astroph. Journ. 18. 129. 1903.
378 Wurm
leider auch nur auf eine beschränkte Anzahl von Linien erstreckt,
diese in drei Gruppen.
In Gruppe L sind diejenigen Linien untergebracht, welche nur
im Funken auftreten und solche, die durch Bedingungen eines starken
Funkens besonders begünstigt werden. Dieselben werden stark ge-
schwächt durch Selbstinduktion, durch heiße Elektroden und durch
Sauerstoff und Wasserstoffatmosphäre.. Gruppe I—2 und 3 ent-
halten Linien, die im Bogen und Funken auftreten. Gruppe 2 wird
durch Selbstinduktion geschwächt, wogegen Gruppe 3 durch Selbst-
induktion verstärkt wird.
In der Tabelle der Kupferlinien ist jedesmal die Kingsche
Gruppe angegeben, zu der die betreffende Linie gehört. Es zeigt
sich, daß die Anordnung, die wir allgemein bei der Aufführung der
Linien eines Elementes gewählt haben, zusammenfällt mit der Reihen-
folge der Gruppen 3—2—1.
Es liegt nahe, in der Kingschen Gruppeneintcilung eine An-
regungsanordnung zu suchen. Die Linien der Gruppe I werden dem
ionisierten Atom, Gruppe 2 den höheren Niveaus des neutralen Atoms
und Gruppe 3 den niederen Niveaus des letzteren zuzuschreiben sein.
Zum Schluß mögen noch die Beobachtungen über den Einfluß
der Änderungen der einzelnen Variablen des Stromkreises erwähnt
werden. Es zeigte sich, daß die Einschaltung einer Selbstinduktion
in den Stromkreis einzig das Funkenbild vergrößerte, auf die Inten-
sitätsverhältnisse im Spektrum jedoch keinen Einfluß ausübte. Des-
gleichen blieb auch die Parallelschaltung einer Kapazität zur Funken-
strecke ohne Wirkung. Jedoch brachte eine kontinuierliche Steigerung
der angelegten Spannung von 60 auf 450 Volt bei einer gleichzeitigen
Verminderung der Stromstärke von 2 auf 0,3 Ampere eine weitere
kontinuierliche Annäherung an den kondensierten Funken. Die
schwache Isolation der Windungen des Elektromagneten ließ leider
cine weitere Verfolgung dieses Effektes nicht zu. Wie die Vergrößerung
der Selbstinduktion im Stromkreise des kondensierten Funkens vom
Funkenspektrum führt, so erlaubt der Auersche Apparat in um-
gckehrter Weise bei Steigerung der Spannung die kontinuierliche
Überführung des Bogenspektrums ins Funkenspektrum.
Zusammenfassung
Es wurde die Emission einer Lichtquelle, die sich auf die Ent-
ladungsart des Öffnungsfunkens gründet, untersucht und mit der
Über eine von A. von Welsbach angegebene Lichtquelle 379
Emission im Bogen und Funken verglichen. Es zeigt sich, daß die
Linien dieser Lichtquelle sich zusammensetzen aus den Linien des
Bogens und Funkens. Ein eingehender Vergleich der Intensitäten
der einzelnen Linien in den drei Lichtquellen ergibt, daß der Auersche
Apparat eine Annäherung vom Bogen zum Funken darstellt, die bei
Steigerung der Spannung kontinuierlich weitergeführt werden kann.
Zum Schluß spreche ich dem Direktor des hiesigen Institutes,
Herrn Professor Dr. Konen, für die allscitige Hilfe, die derselbe mir
während der Arbeit angedeihen ließ, meinen aufrichtigsten Dank aus.
Desgleichen bin ich Herrn Baron Auer von Welsbach für die Bereit-
stellung der untersuchten Lichtquelle zum Danke verpflichtet.
(Eingegangen am 26. April 1928)
Über das Bogenspektrum des Germaniums
Von |
C. Richter
(Mitteilung aus dem Physikalischen Institut der Universität. Bonn)
Das optische Spektrum des Germaniums ist seit der Entdeckung
des Elements durch Clemens Winkler(1) im Jahre 1886 mehrfach
untersucht worden. Zuerst hat Kobb(2) das Funkenspektrum mit
einem großen Induktor zwischen einer Germanium- und einer Platin-
elektrode erregt und mit einem Sechsprismenapparat im sichtbaren
Spektralgebiet untersucht. Gramont(3) gibt nahezu die gleichen
Werte. Rowland und Tatnall(4) nehmen bei ihren systematischen
Spektraluntersuchungen auch das Germaniumbogenspektrum bis
4600 mit ihrem Konkavgitter von 21,5 engl Fuß Radius auf. Sie
nehnien als Substanz das seltene germaniumhaltige Mineral: Argyrodit.
Sie geben bei ihren Messungen die AE. mit den Tausendstel an,
schließen aber selbstverständlich ihre Messungen an das Rowland-
sche Normalensystem an. An dieses System sind auch die Messungen
von Exner und Haschek(5) angeschlossen die mit Material von
Clemens Winkler sowohl das Bogen- wie auch das Funken-
spektrum untersucht haben. Eder und Valenta(6) veröffentlichten
in ihrem Atlas typischer Spektren zwei Bogen- und zwei Funken-
aufnahmen, die mit einem Gitter von 146 cm Radius hergestellt sind.
Als Material benutzten sie ein Präparat von Prof. Scraub, für die
Bogenaufnahmen und für die Funkenaufnahmen reines Germanium,
das sie von Auer von Welsbach erhalten hatten. Das sichtbare
Funkenspektrum ist wegen der geringen Substanzmenge, die ihnen
zur Verfügung stand, nach ihrer Ansicht unterbelichtet und enthält
nicht alle bis dahin bekannten Linien. Gramont(7) gibt bei seinen
Untersuchungen über Restlinien die drei starken Germaniumlinien:
3264, 3039 und 2651,4 an. Da die meisten neueren Arbeiten über
das Germanium in ausländischen Zeitschriften stehen und schwerer
zugänglich sind, soll hier eine kurze Übersicht gegeben werden. An
experimentellen Arbeiten liegt eine Arbeit von Lunt vor, der mit
einem Hilgerschen Vier-Prismen-Glasspektrograph das Spektrum
einer mit Germaniumtetrachlorid gefüllten Geisslerröhre und das
Über das Bogenspektrum des Germaniums 381
des Funkens in Luft aufnimmt und im Anschluß an Rowlands
Eisenlinien ausmißt.
Er gibt eine Einteilung der von ihm erhaltenen Spektrallinien
in drei Klassen auf Grund ihres Verhaltens und der Anregungs-
bedingungen. In Klasse I faßt er die mit erhaltenen Bogenlinien
und die stets auftretenden Funkenlinien zusammen. Für eine Gruppe
von Funkenlinien auf der blauen Seite der D-Linien stellt er fest,
daß sie bei hohen Temperaturen, die erreicht werden, wenn keine
Selbstinduktion im Stromkreis vorhanden ist, nicht angeregt werden.
Diese Linien bilden die Klasse II. Vielleicht ist so auch das Aus-
bleiben dieser Linien bei den Aufnahmen von Eder und Valenta
zu erklären. In der Klasse III vereinigt er eine Anzahl blauer
Linien, die stets nur an den Polen entstehen und durch eine Selbst-
induktion im Stromkreis unterdrückt werden. Er nennt sie „enhanced
lines“. Beim Aufsuchen von Gesetzmäßigkeiten findet er für die
Linien der Klasse I, deren Funkenlinien drei Paare mit der Wellen-
zahldifferenz 360 und für die Linien der Klasse III je zwei Paare
mit der Wellenzahldifferenz 168 und 459. Seiner Arbeit sind zwei
Spektralaufnahmen beigefügt. Er bespricht noch die Möglichkeit
der Anwesenheit des Elementes in der Sonne, die Rowland einmal
vorübergehend erwogen hat. Er kommt zu einer Verneinung, weil
die stärksten Bogenlinien im Sonnenspektrum nicht anwesend sind.
In einer zweiten Arbeit(9) berichtet er über große Wellen-
längenverschiebungen bis zu 1,5 AE., die einzelne Linien erleiden.
Er glaubt sie auf Temperatureinflüsse zurückführen zu können.
Weiter hat Ireton(10) das Germaniumfunkenspektrum im äußersten
Ultraviolett — 2260 AE. ausgemessen. Er photographierte das Spek-
trum mit einem Hilgerschen Quarzspektrographen vom Typus A
und unterhalb 2000 AE. mit einem Gittervakuumspektrographen. Als
Lichtquelle benutzte er einen Funken, der zwischen Elektroden, die
aus einem Gemisch von Germaniumdioxyd und Aluminium gepreßt
waren, übersprang. Die Spannung im Sekundärkreis betrug 10000 V.
Als Normalen benutzte er die Al-Linien. Er erreicht eine Ge-
nauigkeit von 0,3 AE.
Um eine vollständige Übersicht der Arbeiten über das optische
Spektrum des Germaniums zu geben, sei noch die Arbeit von
Carroll(r1) genannt, der in einer Untersuchung über das Vakuum-
spektrum ionisierter Atome das Verhalten der Cu'Hg'Au' ähnlichen
Elementen untersucht. Darunter fällt auch das dreifach ionisierte
Germanium. Er nimmt das Spektrum zwischen 600 und 1900 AE.
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 26
382 Richter
auf Schumannplatten mit dem 1 m-Vakuumgitter des Mount Wilson-
Observatoriums auf. Als Elektroden nimmt er Aluminiumstangen,
die mit Germaniumdioxyd gefällt sind. Im Sekundärstromkreis war
eine Spannung von 25000 V. vorhanden. Die Entladung wurde
durch parallel geschaltete Leidener Flaschen kondensiert. Er erhält
eine große Zahl Germaniumlinien, die er im Anschluß an bekannte
miterhaltenen AL, O-, N- und C-Linien mit einer Genauigkeit von
0,1 AE. ausmißt. In der gleichen Weise wie die Natrium und
Lithium ähnlichen Elemente untersucht worden sind, vermag er nun
aus den bekannten Daten des Cu-Spektrums die ersten Glieder der
Serien
Is—2p,; I1Ss—2P,;5 2, —25;5 2, — 2s; 2, d
Zë — 3d; Zë Kos 3d,; 3d, — Af 3d, — 4f
zu berechnen und zu identifizieren. Schließlich sei noch einer Arbeit
von W. Scott(12) Erwähnung getan, der im Spektrum englischer
Zinkmineralien die Hauptgermaniumlinien gefunden hat.
Bis jetzt sind also fast alle Messungen, insbesondere die des
sichtbaren Spektralbereichs noch nicht direkt an das internationale
Normalensystem angeschlossen. Eine gründliche Durchmessung des
ganzen Spektrums erscheint deshalb heute, wo die Gesetzmäßigkeiten
innerhalb der Kohlenstoffgruppe Gegenstand vieler Untersuchungen
geworden sind, mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln und
dem Anschluß an internationale Einheiten für geboten, um die not-
wendige Sicherheit beim Aufsuchen von Gesetzmäßigkeiten zu be-
sitzen. 8
Auf Veranlassung von Herrn Prof. Konen wurde in der vor-
liegenden Arbeit das Bogenspektrum erneut untersucht. Eine gründ-
liche Untersuchung des Funkenspektrums ist für die nächste Zeit
ebenfalls in Aussicht genommen.
Für die Untersuchung überließ Herr Professor Dede liebens-
würdigerweise 2,55 g reines Germaniumdioxyd, das neben einer
kleinen Menge nicht so reinen Germaniumdioxyds und Germanit-
pulvers das Augangsmaterial zu dieser Untersuchung bildete.
Als Spektralapparat wurde ein großes, 6,34 m Konkaygitter von
Rowland in der bekannten Bonner Aufstellung (13) benutzt. Aus
Rücksicht auf die geringen Germaniummengen wurden die Aut-
nahmen in der ersten Ordnung gemacht, um die größte Lichtstärke
auszunutzen. Die Dispersion betrug 1,97 AE. pro Millimeter,
Über das Bogenspektrum des Germaniums 383
Als Lichtquelle diente eine kleine Bogenlampe, wie sie bei
ähnlich geringen Substanzmengen früher im Institut verwandt worden
ist. Als Elektroden wurden reine Graphitstangen von 13 und 6 mm
Durchmesser genommen, die von der Firma Siemens & Schuckert
bezogen waren. Wie Versuche feststellten, wiesen sie die wenigsten
Verunreinigungen auf, selbst weniger als in Königswasser gekochte
und geglühte Kohlen. Störend wirkte allerdings das Auftreten der
Cyanbanden. Um sie auszuschalten, wurden Versuche mit Cu-Elek-
troden angestellt. Sie schlugen fehl, da sich das Germanium mit
dem Kupfer zu einer Art „Glas“ verband. Dies wirkte als Isolier-
material und machte jede neue Zündung unmöglich, wenn nicht die
Elektroden neu abgefeilt wurden. Bei dem häufigen Erlöschen wäre
eine zu große Menge Substanz verbraucht worden. Ungefähr alle
10 Minuten wurde mit einem kleinen Hornlöffelchen die Substanz
in den positiven unteren Krater eingeführt.
Bei jeder Aufnahme wurde als Normalspektrum das Eisen-
spektrum, durch Blenden von den übrigen Linien kenntlich gemacht,
auf die Platten photographiert. Die Pole des Eisenbogens waren
weit auseinandergezogen und abzeblendet.
Der kleine Bogen wurde mit einer Spannung von 220 Volt und
einer Stromstärke von 1,3—1,5 Amp. betrieben, der Eisenbogen mit
150 Volt.
Die Expositionszeiten dauerten je nach dem Spektralbereich
2—6 Stunden.
In jeder Gegend wurden mindestens vier Aufnahmen gemacht,
eine Blindauinahme, d. h. mit reinen Graphitelektroden, eine Auf-
nahme mit Germanitpulver und je eine Aufnahme mit den beiden
Germaniumdioxydpräparaten. Die einzelnen Gebiete wurden so an-
einandergesetzt, daß sie sich zum Teil überschnitten.
Zur Ausmessung der Platten stand mir leider noch nicht die
neue große, von der Notgemeinschaft gestiftete Meßmaschine des
Instituts zur Verfügung. Ich war daher auf den Gebrauch der
älteren Maschinen angewiesen und wählte eine von Wolz nach den
Angaben von Herrn Geh. Rat Kayser gebaute, die bisher immer
für die beste des Instituts galt.
Die Schraube hat eine Ganghöhe von !/, mm. Der Schrauben-
kopf gestattet eine sichere Abschätzung der Tausendstel Rotationen.
Die für Meßzwecke ausnutzbare Schraubenlänge beträgt 14,5 cm.
Zur Beobachtung ist ein ı0!/,-fach vergrößerndes Zeisssches
Prismenfernrohr mit Fadenkreuz eingebaut. Da sie schon viel be-
26*
384 Richter
nutzt worden war, mußte die Schraube vor der Verwendung für
Präzisionsmessungen genau auf ihren fortschreitenden Fehler hin
untersucht werden.
Dies geschah nach einer Methode wie sie von Zurhellen (14)
angegeben und später noch einmal von Papenfuß(ı5) beschrieben
worden ist. Deshalb sei hier auf eine Angabe der Methode ver-
zichtet. Das Verfahren wurde auf das ganze für Messungen ver-
fügbare Schraubenstück von 14,5 cm angewandt. Als Vergleichs-
skala diente ein 14 cm langes Stück einer Zeissschen Glasskala.
Die Resultate sind in Tabelle ı zusammengestellt. Als Einheit
ist Y/ 000 Rot. genommen. In der zweiten Spalte sind die Werte an-
gegeben, wie sie sich aus der ersten Spalte bei Anwendung eines
auch von Zurhellen angegebenen Näherungsverfahrens ergeben.
Wie die Tabelle zeigt, ist der fortschreitende Fehler der
Schraube außerordentlich groß. Er beträgt in Maximo über die
ganze Schraubenlänge von 450 Rot. = 14,5 cm etwa II u.
Tabelle ı
Einheit: 0,001 R
Stellung Korrektion | II. Näher. | Stellung | Korrektion | U. Näher.
0,5 | 7,5 a T
o + I
1,0 +4 +2 8,0 — I — 17
1,5 +3 +1 8,5 — l4 —12
2,0 +10 -+10 9,0 - 4 — 2
2,5 — I -3 9,5 ze. -4
3,0 — I + I 10,0 — D — b
EI — 4 + ı 10,5 sl -15
4,0 -5 5 -4 11,0 -9 ` -9
4,5 - 7 — 7 11,5 el E | 12
5,0 - 9 — 8 12,0 — 8 i — 7
55, - 9 = 8 12,5 = 5 — 6
6,0 15 —14 13,0 | — 4 -4
6,5 SE —18 13,5 | — 3 -3
7,0 | — 21 — 21 14,0 | o — I
Bei der Ausmessung der Germaniumplatten wurden daher stets
nur Stücke von I bis höchstens 2,5 cm ausgemessen. Hauptsächlich
benutzt wurde das Schraubenstück von 2,5—5,5 cm, das einen
nahezu geradlinigen fortschreitenden Fehler aufweist und daher ohne
Anbringung einer Korrektur verwandt werden kann.
Die vier Platten eines gleichen Spektralbereichs wurden zuerst
genau miteinander verglichen. Es zeigte sich, daß die mit dem
Dedeschen Germaniumdioxyd aufgenommenen Platten außer den
Über das Bogenspektrum des Germaniums 385
Linien, die auch die Blindaufnahmen zeigen, nur die Germanium-
linien aufweisen. Die Substanz war also spektroskopisch rein.
Zwei ganz feine, schlecht meßbare Linien 2751,87 und 3639,56
wiesen alle Germaniumplatten, auch die mit reinem Germanium-
dioxyd erhaltenen auf, während sie auf der Blindaufnahme nicht
vorhanden waren. Sie wären vielleicht mit der Cr-Linie 2751,87
und der Bleilinie 2639,58 zu identifizieren. Gleich starke andere
Linien dieser Elemente sind aber nicht vorhanden. Deshalb er-
scheint die Identifizierung fraglich. Vielleicht sind die Linien doch
auf das Ge zurückzuführen.
Das andere Germaniumdioxydpräparat, das im Gegensatz zum
schneeweißen Dedeschen Material eine graugrüne Farbe hatte, ließ
starke Molybdänlinien erscheinen und verstärkte die Kupferlinien.
Die Germanitplatten zeigten natürlich viele Verunreinigungslinien,
außer den Graphitlinien: Fe, Mn, Zn, Mo, Cu, Pb, Ga, As, Si, Na
und Ca.
Angeschlossen wurden die Messungen an Eisenlinien, soweit inter-
nationale Normalen vorhanden waren an diese, sonst an Eisenlinien,
für die mehrere Beobachter nahezu die gleichen Werte angeben und
für die in den Eisentabellen von Kayser-Konen, Handbuch der
Spektroskopie VII, Mittelwerte angegeben sind. Bevorzugt wurden
die Linien der Klasse III, die nicht vom Druck abhängig sind, und
von den Intensitäten 4,5 und 6. Zwischen zwei Normalen wurden
neben den Germaniumlinien stets einige Verunreinigungslinien mit-
gemessen, wo solche nicht vorhanden sind, wenigstens einige Eisen-
linien, um eine Kontrolle für die Genauigkeit zu besitzen. Das
Mittel aus vier Einstellungen, zwei von rechts und zwei von links,
ergab eine Messung. Um den periodischen Fehler zu eliminieren,
wurde, wie es üblich ist, die Messung mit einer Verschiebung von
einer halben Schraubenrotation wiederholt. Es ergaben sich stets
nur Abweichungen in der üblichen Fehlergrenze. Schließlich wurde
jede Platte um 180° gedreht auf die gleiche Weise erneut gemessen.
Bei zwei Platten fand sich zwischen dem Eisen- und dem Germanium-
graphitspektrum eine konstante Verschiebung. Diese häufig beob-
achtete Erscheinung ist wahrscheinlich auf eine Erschütterung der
Kassette beim Umstellen der Blenden zurückzuführen.
Diese Platten wurden ausgeschaltet. Alle Linien wurden auf
verschiedenen Platten gemessen, teils auf zwei, teils auf drei, bis
auf die Linien 2644 und 2556, die nur auf den Platten mit reinem
386
Richter
Tabelle 2
Germaniumoxyd meßbar waren.
Neue Messung
4685,841
226,565
3269,503
3124,831
3039,086
2829,01 2
2793,935
2754,596
2740,436
2709,631
2691,351
2651,580
2651,184
2644,182
2592,548
2589,201
2556,288
2533,241
2497974
2417,375
-6
p
(e AN O DO ra On Cës-t CD Ch OH MO
*
| Rowland u, Taluall
4226,724
3626,202
3269,628
3124,945
3067,138
3039,198
28209,102
2794,045
.2754,698
2740,535
2709,734
2691,446
2651,709
2651,219
2644,297
2592,636
2589,274
2556,404
2533,331
2498,081
2417,450
2397,999
2394,185
2379,234
2338,732
2328,014
2314,305
cb Lë N Co
3269,62
3124,97
3039,22
2829,11
2794,04
2754,69
2740,52
2709,70
2691,45
2651,69
2651,28
2644,30
2592,04
2589,25
2556,43
2533,34
2498,08
2493,65
2417,40
2398,01
2394,20
2389,54
2379,24
2338,74
2328,00
2314,30
Exner u. Basche
20
ee ba Lei Led ra Lei
In Tabelle 2 sind die Werte neben
denen von Rowland und Tatnall und Exner und Haschek
zusammengestellt.
geben, seien für einzelne Linien Einzelresultate gegeben:
2651185
184
185
186
186
182
184
181
184
2651577
580
581
582
582
583
578
577
580
2740438
436
434
436
437
436
438
436
436
Um ein Bild der Genauigkeit der Messung zu
Außerdem seien mitgemessene Verunreinigungslinien neben den
von anderen Beobachtern angegebenen Werten, mitgeteilt.
Abweichungen bleiben in der üblichen Grenze.
Die
Über das Bogenspektrum des Germaniums 387
Tabelle 3
Elemente | Messung | Alte Messung
IN are ae 2435,160 | 2435,159
eg E EE 2506,903 2506,904
Sea 2514,323 | 2514,322
Da 2516,119 2516,119
SU... 2519,209 2519,212
ee 4226,732 4226,728
Cé EEE 4680,143 4680,140
Mge EE 2795,539 | 2795,540
Mg...... 2802,712 | 2802,712
Müs ër 2593,729 | 2593,733
Mn...... 2605,695 2605,69
MI. Ae CR | 2798,209 2798,271
Ma. oiko 2801,08%0 | 2801,080
Die zum Vergleich mitgeteilten alten Messungen sind den
Wellenlängentabellen von Kayser entnommen. Die stärksten Linien
hatten Geister. Bei einzelnen starken Linien waren rechts und links
unsymmetrische nahegelegene Trabanten zu beobachten, die auf
den Platten mit reinem Germaniumdioxyd am deutlichsten hervor-
traten. Scharf erkennbar sind sie bei den Linien 3269 und 30309.
Die Linien 4226, 2754, 2709, 2691, 2651,5, 2651,1 und 2592 er-
scheinen diffus. Möglicherweise sind sie auch von Trabanten um-
geben, die bei der angewandten Belichtung und Dispersion noch
nicht klar hervortreten. Die Trabanten sind auch bei andern Ele-
menten beobachtet worden (Cu und Hg u. a. m.) H. Stücklen (17)
versucht sie als instabile Molekülbanden zu deuten.
In dem bearbeiteten Gebiet, dem durch die Luftabsorption eine
Grenze gesetzt ist, liegen so wenige Germaniumbogenlinien, daß es
fraglich erscheint, ob sich Gesetzmäßigkeiten auffinden lassen. Es
ist zu erwarten, daß das Spektrum des Germaniums große Ähnlich-
keit mit den Spektren der homologen Elemente Silizium, Blei und
Zinn aufweist. In diesen sind auf Grund der ausgeführten Messungen
konstante Wellenzahldifferenzen gefunden worden, die das Vor-
handensein, wenn auch nicht die Werte von fünf Grundtermen fest-
legt. Auf Grund der Annahme, daß das Atom im Grundzustand
unmagnetisch ist und die innere Quantenzahl o hat, hat H.Sponer(18)
unter Berücksichtigung des Auswahlprinzips für die fünf /-Grund-
terme des Zinns die inneren CJuantenzahlen O, I, 2, 2, O und für
vier dieser Grundterme im Bleispektrum die inneren Quantenzahlen
O, I, 2, 2, gefunden und sie auch für eine Anzahl höherer Terme
festgelegt. Auch F. Back (19) erhielt auf Grund von exakten
388 Richter
Zeemaneffektmessungen im Bleispektrum das gleiche Resultat und
ordnete dem fünften Grundterm die innere Quantenzahl o zu. Mit
diesen Befunden übereinstimmend sind die Aussagen einiger theo-
retischer Arbeiten, die von der Komplexstruktur der Terme aus-
gehen. Von Pauli (20) ist angegeben worden, daß bei den Ele-
menten der Kohlenstoffgruppe fünf Grundterme mit den inneren
(Juantenzahlen o, ı, 2, 2, o vorhanden seien. Goudsmith (21)
vermochte auf Grund einer etwas anderen Berechnungsweise zu
sagen, daß diese Terme zu einem Singulett-Triplettsystem gehören
und als 1S, 1D, °P, 3P °P, in der Bezeichnungsweise von Russell
Saunders anzusprechen seien. Dasselbe ergeben theoretische Ar-
beiten von Heisenberg (22) und Hund (23), von denen der letztere
noch nähere Voraussagen für die Spektren dieser Gruppe machte,
denen sich die höhere Terme des Siliziums, die Mc Lennan,
Shaver und Fowler fanden, gut einfügen, wie auch Gesetzmäßig-
keiten, die Gieseler und Grotrian (24) im Bleibogenspektrum auf-
deckten. Es sei noch gesagt, daß Gieseler und Grotrian für die
Terme eine neue Bezeichnungsweise einführen, um die Schwierig-
keit der verschiedenen Klassifikationen, die in den verschiedenen
Untersuchungsmethoden begründet ist, zu heben. Die Klassifikation
erfolgt bei Untersuchungen nach Auswahlprinzip und Kombinationen
nach der (Juantenzahl ZG des Leuchtelektrons und bei Untersuch-
ungen, die auf der Theorie der Komplexstruktur der Terme fußen,
nach der (CJuantenzahl /, die dem resultierenden Drehimpuls aller
äußeren nicht impulslos abgeschlossenen Elektronen entspricht. Sie
führen nun eine zusammengesetzte Bezeichnungsweise, ähnlich der
von Grimm und Sommerfeld vorgeschlagenen a, "P, für einen
P-Term, ein, so daß die fünf Grundterme der Kohlenstoffgruppe
jetzt als 915,» P'Da» PPa: PP, °P, angeben lassen, wo der kleine
Buchstabe die ZS und der große die /-Klassifikation gibt.
Will man nun aus den hier zusammengestellten Resultaten in
der Kohlenstoffgruppe Schlüsse auf die zu erwartenden Gesetzmäßig-
keiten beim Germanium ziehen, so ist jedenfalls zu erwarten, dai
auch hier fünf Grundterme vorhanden sind. Um darüber Anhalts-
punkte zu gewinnen, wurden sämtliche dr aufgestellt. Es ergaben
sich die auf der nächsten Seite folgenden gleichen Differenzen (vgl.
Tabelle 4).
Daß die Differenzen, die die Linie 4226 enthalten weniger gut
übereinstimmen, dürfte darin liegen, daß die Messung durch die
starke nahe Ca-Linie 4226,7 beeinträchtigt worden ist. Später fand
2497974
2532,241
2651,580
2691,351
2533,241
2589,201
2592,548
265 1,184
2691,351
2754,596
2389,201
3039,086
2651,184
3124,831
2754,596
3269,503
3039,086
4226,565
Über das Bogenspektrum des Germaniums
40020,37
39463,26
37702,15
37145.05
39463,26
38610,41
38560,56
3770779
37145.05
36292,2606
38610,41
32895,09
37707,79
31992,49
36292,26
30576.90
32895,09
23653.24
5715.32
9241,85
Tabelle 4
3209,503
4685,84 1
2533,241
2592,548
2589,201
2651,184
3039,086
3124,831
2592.548
2691,35 1
2651,184
2754,596
3124,831
3269,503
247,974
2651,580
4226,565
4085,84 1
l
a EE nn m an
30576,90
21334,93
39463,26
38560,56
38610,41
37707,79
32895,09
31992,49
38560,56
37145,05
37707,79
36292,26
31992,49
30576,90
40020,37
37702,15
23053,24
21334,93
389
9241,97
902,70
902,62
902,60
1415,51
1415,53
1415,59
21318,22
21318,31
sich, daß die letzten drei konstanten Differenzen schon von Paul-
son (16) angegeben worden sind, der auf eine mechanische Weise
eine große Zahl konst. ðv in den alten Messungen vieler Elemente
aufstellte.e Sie erwiesen sich zum großen Teil reell wie auch in
diesem Fall, können aber erst durch exakte Messungen gesichert
werden.
Die in Tabelle 4 verknüpften Linien ließen sich in ein Schema
ordnen.
Tabelle 5
4 d 4 4
9241,91 5715,31 95280 557,11]
2 Fan E y SE il REESEN EE EN 5 SC Ins | SE 7
A 4685,841 ki 3269,503 à 2754,506 à 2691,351, ji 2551,580
v21334,93 Ir 3057,690, 7 36292,26 | ‚v 37145.05 | u 37702,15
A ` | | | |
1415,54 | | |
i- | A 3124,831) à 2651.184 A 2592,548 TEE
v — v 31992,49 | v 37707.79 v 38560,56 | H
J | | | | |
002,64 | |
A 4226,565 Å 3039,086 À 2589,201 À 2533,241 À 2497,979
v 23653,24 v 32805,09 y 338610,41 ` v 39463,26 | i» 40020,37
Auch beim Germanium sind also fünf Grundterme vorhanden
mit den Schwingungsdifferenzen: 557,11, 852,80, 5715,31 und
9241,91, die wie die bei Blei und Zinn als p!S, Gil °P»
GI, °P, anzusprechen sind. Aus den hier gemachten Messungen
ließen sich keine weiteren Schlüsse ziehen.
390 Richter
Als eine kurze Notiz hierüber in den Naturwissenschaften er-
schien, wurde hier eine Arbeit von Prof. McLennan und McLay (25)
bekannt, die auf Grund der Hundschen Theorie und Vergleichen
mit dem Homologen des Germaniums das Spektrum entwirrten.
Sie stellten dabei schon mit den alten Messungen von Exner und
Haschek dasselbe Schema auf, das sie mit Wellenzahlen aus den
Funkenmessungen von Ireton ergänzten. Außer den fünf Grund-
termen legten sie noch die damit kombinierenden Terme °7?,,, und
1/ fest und identifizierten noch einen Triplett-D-Term.
Um näheren Aufschluß über die Terme zu erlangen, wurde
hier versucht, den Zeemaneffekt der stärksten Linien zu beobachten.
Die Aufnahmen wurden in der von Wiihelmy (26) beschriebenen
Anordnung gemacht. Als Lichtquelle diente der von Back für
Zeemanuntersuchungen eingeführte Vakuumabreißbogen. Schwierig-
‘ keiten bereitete das Elektrodenmaterial, da nur pulverförmiges
Germaniumdioxyd zur Verfügung stand. Dies wurde im Verhältnis
zu 1:2 Gewichtsteilen mit Aluminiumpulver gemischt und in einer
Kruppschen Legierungspresse zu kleinen runden Plättchen von
4 mm Radius und etwa 0,6 mm Dicke gepreßt. Diese Plättchen
wurden fein durchbohrt und mit Kupferdraht auf Kupferfolie auf-
geheftet, die durch eine kleine Verbiegung stabil gemacht wurde.
Als Gegenpol diente eine Cu-Elektrode. Wie beim Luftfunken mit
mit Cu-Elektroden bildete sich auch hier bisweilen eine die Zündung
erschwerende Isolierschicht, die aber längst nicht so störend wirkte.
Alle 10 Minuten mußte eine neue Elektrode eingesetzt werden. Das
Interferrikum betrug annähernd 1,3—1,5 mm. Als Feldnormalen
diente das Zinktriplet 4680, 4722 und 4810. Die Feldstärke betrug
32440 Gauss. Die Aufnahmen sind in zweiter Ordnung mit einer
Dispersion von 1,22 AE. pro Millimeter gemacht. In zwei Stunden
erschienen die stärksten Linien, hauptsächlich die sechs von Mc
Lennan und Mc Lay zu einem //-Triplett geordneten Linien:
en
| sp, | sp | sp,
SR ! ai N = = E SS ae E aa "ës Ze
I = | 2709,631 =
1, 2754,596 2691,35 1 2651,580
°P, | 2651,134 2592,548 =
Fast alle erhaltenen Linien haben das gleiche eigentümliche
Aufspaltungsbild. Es besteht aus drei scharfen Linien, von denen
die langwelligste klar liegt, während die beiden anderen auf einem
Über das Bogenspektrum des Germaniums 391
kontinuierlichen Untergrund liegen. Dieser ist nicht erkennbar ge-
gliedert. Er reicht noch ein Stück ins kurzwelligere Gebiet herein
und bricht dort scharf in einer feinen Grenze ab. Um einen Pseudo-
typus wird es sich jedoch nicht handeln, da die drei starken Linien
sehr schmal und scharf sind und durch den kontinuierlichen Unter-
grund das Aufspaltungsbild unsymmetrisch würde. Vielleicht ist
der kontinuierliche Untergrund auf die Wirkung von Trabanten
zurückzuführen, die bei den Aufnahmen ohne Magnetfeld bei einzelnen
Linien scharf hervortreten und bei den Triplettlinien vermutet
werden.
Die drei scharfen Linien wurden als Backscher Grundtypus VII
aufgefaßt. In Tabelle 6 sind die erhaltenen Aufspaltungen ge-
geben.
Tabelle 6
Deutung
À Aufspaltung nach Mc Lennan u.
Mc Lay
2709,631 7 (0) + 1,470 CP, SP
2754,596 7 (0) + 1,500 CP, ®P,)
2691,351 7 (0) + 1,438 CP, SP
2651,580 7 (0) £ 1,421 GË ®P,)
2651,184 7 (0) £ 1,455 OG, SPa)
2592,548 7 (0) + 1,486 CP, SP
3039,086 7 (0) + 0,995 CP, ’D,)
Die Linie 3269,503 ließ vier Komponenten erkennen, die je-
doch nicht ausmeßbar waren. Die Messung war durch den konti-
nuierlichen Untergrund erschwert.
Eine Deutung der Aufspaltungen ist schwer, da das Germanium
als Element der Kohlenstoffgruppe Multipletts II. Stufe erwarten
läßt, und die Theorie hier noch keine sichere Fühlung bietet. Nach
Back ist auch der zweite Satz der Prestonschen Regel: „Homologe
Elemente haben gleichen Zeemaneffekt“ in der Kohlenstoffgruppe
durchbrochen, so daß keine direkten Analogieschlüsse mit den Blei-
messungen zu ziehen sind.
Um ganz sichere Angaben machen zu können, wäre eine Ver-
feinerung der Aufnahmen durch Verkleinerung des Interferrikums
und Beschränkung des Bogens auf einen noch schmaleren Raum
notwendig. Diese zu erzielen, soll später versucht werden. Nur
so ist auch eine sichere Aufklärung über den Schatten, der den
drei Zeemankomponenten überlagert ist, zu erlangen.
392 Richter
Zusammenfassung
Das Bogenspektrum des Germaniums wurde mit großer Dis-
persion aufgenommen und mit einer Genauigkeit von I—2 Tausendstel
AE. ausgemessen. Die Wellenzahlen der starken Linien ließen sich
in ein Schema ordnen, das wie bei den homologen Elementen
Silizium, Blei, Zinn die Existenz von fünf Grundtermen festlegt.
Die stärksten Linien zeigten Trabanten. Eine Anzahl Linien wurden
im Zeemaneflekt aufgenommen und ausgemessen. Die Aufnahmen
zeigen Tripletts. Diese sind von einem unsymmetrischen Schatten
umgeben, der vielleicht als Einwirkung von Trabanten zu deuten
ist. Eine Deutung der Zeemanaufspaltungen ist bis jetzt nicht ge-
geben.
Herrn Professor Konen, auf dessen Anregung diese Arbeit
entstand, danke ich auch an dieser Stelle aufs beste; ebenso der
Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, aus deren Mitteln ein
Teil der benutzten Apparate beschafft wurde.
Literatur
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Chemie 34. 177. 1886.
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670. 1886.
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phys. Journal I, 149.
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Tabellen der Bogenspektra, Wien 1904; Tabellen der Spektra der Elemente bei nor-
malem Druck, Wien ott,
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dans les spectres de dissociation C. R. 144. 1102. 1902.
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Astron. Soc. LXXXV. No. I. 1924.
9) J. Lunt, On large Displacements in the spectrum of Germanium and
Chlorine under different conditions of temperature. Monthley notices of Roy. Astron.
Soc. LXXXV. 148. 1924.
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Scandium. Transactions of the Royal Soc. of Canada XVIII. 103. 1924.
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Über das Bogenspektrum des Germaniums 393
14) W. Zurhellen, Die Untersuchung von Mikrometerschrauben in der Praxis.
Astron. Nachrichten 172. ı. 1906.
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Phot. 9. 332. rot,
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45. 419. 1914.
17) H. Stücklen, Das Linien- und Bandenabsorptionsspektrum d. Cu. Zeitschr.
f. Phys. 34. 562. 1925.
18) H.Sponer, Zeitschr. f. Physik 32. 19. 1925.
19) Back, Zeitschr. f. Physik 37. 193. 1926.
20) W. Pauli, Zeitschr. f. Physik 31. 765. 1925.
21) S. Goudsmith, Zeitschr. f. Physik 32. 794. 1925.
22) W. Heisenberg, Zeitschr. f. Physik 23. 841. 1925.
23) Hund, Zur Deutung verwickelter Spektren. Zeitschr. f. Physik 33. 345.
1925; 34. 296. 1925.
24) Gieseler und Grotrian, Zeitschr. f. Physik 39. 377. 1926.
25) I. C. Mc Lennan und A. B. Mc Lay, On the Structure of the arc spectra
of Germanium with a note of that of Carbon. Transactions of the Roy. Soc. of
Canada XX. 355. 1926.
26) E. Wiihelmy, Zeemaneffekt am Bogen und Funkenspektrum von Molybdän.
Ann. d. Physik $0. 305. 1926.
(Eingegangen am 26. April 1928)
394 | Hooft
Methode der Sensibilisierung
von Chromgelatine für Orange und Rot
Von
G. O. ’t Hooft
Mit 4 Figuren im Text
Scit der Erfindung der Grundlagen des Pigmentdrucks durch
Alphons Louis Poitevin (1855) ist es noch nicht gelungen, dic
allgemeine Lichtempfindlichkeit der Chromgelatine bedeutend zu
erhöhen, während die Empfindlichkeit der Bromsilbergelatineplatte
sich, besonders in den letzten Jahren, erstaunlich gehoben hat,
bis ungefähr 1200 H. und D. Vorausgesetzt, daß es möglich wäre,
die allgemeine Empfindlichkeit der Chromgelatine zu steigern, so
würde der Gedanke an eine panchromatische Chromgelatinesubstanz
geradezu absurd sein. Sollte es aber in der Zukunft gelingen, auch
die allgemeine Empfindlichkeit der Chromgelatine erheblich zu
steigern, und wäre cs möglich, die Chromgelatineplatte in der Camera
für Aufnahmen anzuwenden, dann würde die Geschichte der Chrom-
gelatincplatte gerade umgekehrt verlaufen, im Vergleich zu der
der photographischen Platte, weil letztgenannte schon eine erhebliche
Empfindlichkeit besaß im Jahre 1873, als es H. W. Vogel gelang,
die Lichtempfindlichkeit der Silberhaloidsalze für bestimmte Farben
durch gewisse Farbstoffe zu steigern. Meine Experimente zeigen
dagegen, daß cs tatsächlich möglich ist, die Empfindlichkeit der
Chromgclatine bedeutend zu erhöhen für Orange und Rot, während
es mir bis jetzt noch nicht gelungen ist, die Empfindlichkeit auch
für Violett und Blau zu steigern. Über das Wesen der Sensibili-
sierung von Bromsilbergelatineplatten wissen wir nur sehr wenig.
Um eine Sensibilisierung zu erzielen, muß das Bromsilberkorn an-
gefärbt werden.
Unter den sensibilisierenden Farbstoffen gibt es manche, wie
Pinachromblau und Pinacyanolblau, deren Farbe komplementär ıst
mit der Farbe, für welche man die Empfindlichkeit der Platte zu
steigern wünscht, etwa für Orange und Rot. Man konnte also be-
haupten, daß neben der chemischen Wirkung auch eine optische,
nämlich die Absorption, eine Rolle spielt. Das Problem ist aber
Methode der Sensibilisierung von Chromgelatine für Orange und Rot 395
zu kompliziert, um diese Frage entscheidend beantworten zu können,
und jedenfalls kann es nicht als Regel gelten, daß man das Brom-
silberkorn nur in komplementärer Farbe anzufärben braucht, um
die Platte für gewisse Wellenlängen zu sensibilisieren. Der Plan
meiner Experimente war, zu versuchen, eine optische Sensibili-
sierung für die Chromgelatinepräparate zu erzielen. Beim Ausbleich-
verfahren, z. B. beim Utopapier für Autochromabdrucke, spielt
neben der chemischen Zersetzung auch eine optische Wirkung,
d.h. die Absorption, eine Rolle. Bekanntlich besteht die schwarze
Schicht aus einer Mischung von roten, grünen und blauvioletten
lichtunechten Farbstoffen. Beim Exponieren unter einem viel-
farbigen Diapositiv passieren die farbigen Strahlen die gleichfarbigen
Körner, während die zerstörende Lichtenergie sich in den kom-
plementär gefärbten Körnern anhäuft und letztere ausbleicht. Etwas
Gleichartiges wollte ich an Chromgelatine versuchen, weil ich ver-
mutete, daß dieselbe in gewissem Grade für Orange und Rot emp-
findlich sei, daß aber diese Strahlen in zu geringem Maße durch
das gelbe Präparat absorbiert würden. Ich suchte also eine optische
Sensibilisierung zu erzielen durch Anfärben der Chromgelatine in
der Komplementärfarbe zu der Farbe, für welche man die Platte
zu sensibilisieren wünscht. Färbt man die Chromgelatineplatte mit
Blaugrün an, so müßten die sonst passierenden orangen und roten
Strahlen absorbiert und gezwungen werden, eine chemische Reaktion
hervorzurufen, die Gelatine also zu gerben und zu härten. Mein
erstes Experiment schien diese Auffassung wohl zu bestätigen,
obwohl spätere Versuche feststellten, daß meine Resultate tat-
sächlich auf einer chemischen Reaktion beruhten, also einem wirk-
lichen chemischen Sensibilisator zu verdanken sind. Zunächst stellte
ich ein 9 X ı2-Rotfilter mittels Pinatypicrot D her. Auf die eine
Hälfte klebte ich einen aus schwarzem Papier ausgeschnittenen
Buchstaben R und auf die andere Hälfte ein schwarzes Kreuz.
Zur Vorsicht bedeckte ich dieses Rotfilter mit einem Tartrazin-
gelbfilter zwecks Absorbierung der blauen Strahlen. Eine nur aus
weicher Gelatine bestehende Platte 9x 12 wurde sensibilisiert,
und zwar auf der einen Hälfte durch 15 Minuten langes Anfärben
mittels Pinatypierot D, auf der anderen Hälfte mittels Pinatypie-
grün D der Höchster Farbwerke. Mit Fließpapier entfernt man
anhängende Tropfen der Farbstofflösungen, und in feuchtem Zu-
stande bedeckt man die Platte mit einer vierprozentigen Lösung
von Kaliumbichromat. Nach dem Trocknen exponiert man die
DL nn en
Platte im Kopierrahmen, so daß die grüne Hälfte unter R und die
rote Hälfte unter das Kreuz abdruckt. Zehn Minuten exponierte
ich in hellem Sonnenlicht, legte dann die Platte 2 Minuten in Wasser,
und nun zeigte es sich, daß der Buchstabe R deutlich im Relief
wahrnehmbar war, das Kreuz aber nicht. Nach Anfärben mit
Pinatypierot D entstand ein deutlich roter Buchstabe R auf grünem
Blau Grün Orange Rot
Blau Grün Orange Rot
Fig. 2
Untergrund, indem das Kreuz unsichtbar war, weil die nicht ge-
härtete rote Gelatine sich mit Pinatypiegrün M stark braun an-
färbte. Mit meinen weiteren Versuchen wünschte ich zu entscheiden,
ob dieses Resultat zu verdanken war einer optischen oder einer
chemischen Wirkung, wobei das Grün D als Sensibilisierungsmittel
wirkt. Das Grün D, das man jetzt von den Höchster Farbwerken
bezicht, ist aber on anderer Farbstoff und für diesen Zweck nicht
zu gebrauchen. Meine Resultate erzielte ich mit Grün DA 88778,
Methode der Sensibilisierung von Chromgelatine für Orange und Rot 397
das schon vor vielen Jahren geliefert wurde. Ferner sensibilisiert,
allerdings in geringerem Maße, eine einprozentige Lösung von Kiton-
grün der Gesellschaft für Chemische Industrie zu Basel
für Orange und Rot. Mein nächstes Experiment sollte zeigen, ob
das optische Prinzip konsequent durchzuführen ist mit einem Grün-
filter, welches ich mit einem schwarzen Buchstaben G und einem
Kreuz versah. Von der rot-grün gefärbten Chromgelatineplatte
wurde die rote Hälfte unter G und die grüne Hälfte unter dem Kreuz
belichtet. Die rote Hälfte absorbiert die grünen Filterstrahlen,
die grüne Hälfte läßt diese passieren. Buchstabe G sollte also
deutlich erscheinen. während das Kreuz unsichtbar bleiben mußte.
Dieser Versuch versagte, und dies ist ein deutlicher Hinweis, daß
die Sensibilisierung mit Grün D tatsächlich chemischer und nicht
optischer Art ist. Weitere Versuche bestätigten diese Auffassung.
Für Versuche im Sonnenspektrum ist das Chromgelatinepräparat
zu unempfindlich; also bemühte ich mich, ein Filter anzufertigen,
welches ich mit den vier primären Farben Blau, Grün, Orange und
Rot nebeneinander versah. Zur Unterscheidung auf dem Abdruck
wurde auf jedes angefärbte Viertel der Anfangsbuchstabe der Farbe
aufgeklebt, also B, G, O, R. Exponiert man nun eine nicht sen-
sibilisierte Chromgelatineplatte 10 Minuten im Sonnenlicht unter
dem vierfarbigen Filter, so kann man feststellen, daß B und G,
also Blau und Grün, auch nach Pinatypiebehandlung deutlich
sichtbar sind; O und R dagegen, also Orange und Rot, vollständig
fehlen (Fig. ı). Bei Wiederholung mit einer mittels Grün D über
der ganzen Oberfläche sensibilisierten 9 x 12-Chromgelatine-
platte entstand nach 30 Minuten Exposition im Sonnenlicht eine
Abbildung von der ganzen Reihe der vier Buchstaben. Die
Fig. 2 zeigt die Reproduktion des Originals,
Die strengste Prüfung zeigt Fig. 3. Die untere Hälfte der Platte
wurde sensibilisiert, die obere Hälfte nicht. Die präparierte Platte
wurde also 10 Minuten unter dem vierfarbigen Filter im Sonnen-
licht exponiert. Überdies bedeckte ich bei allen Experimenten
das Ganze mit dem Tartrazingelbfilter. Nach Anfärben mittels
Pinatypieverfahrens sind die Buchstaben B und G, Blau und Grün,
deutlich auf beiden Hälften sichtbar. Von O und R, Orange und
Rot, fehlen die oberen Hälften vollständig, weil nur die
grüne untere Hälfte der Platte sensibilisiert war für Rot und Orange.
Dieses Experiment liefert also unstreitbar den Beweis, daß mit
dem Grün D A 88778 auf Chromgelatine eine starke Sensibilisierung
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25 27
398 Hooft
zu erzielen ist für Orange und Rot. Zum Schluß wollte ich die
Sensibilisierung mit einem speziell für diesen Zweck angefertigten
Graukeil prüfen. Auf eine 9 x ı2-Glasplatte klebte ich aufeinander
einige Streifen mit Dextrin präpariertes, dünnes Papier, mit un-
gefähr I cm Unterschied in der Länge. Das Ende von jedem Papier-
streifen versah ich mit einer Zahl 1—9 von schwarzem Papier. Die
Zahlenreihe muß eine doppelte sein. Diesen Doppelgraukeil legte
Blau Grün Orange Rot
Fig. 3
Doppel-Graukeil
Obere
Zahlenreihe
Untere
Zahlenreihe
Fig. 4
ich in den Kopierrahmen, und unter dem Rot- und Gelbfilter be-
lichtete ich eine Chromgelatineplatte, deren untere Hälfte mit
Grün D, deren obere Hälfte nicht präpariert war. Nach 30 Minuten
Exposition im Sonnenlicht legte ich die Platte einige Minuten m
Wasser. Sofort erwies es sich, daß die Zahlen auf der mit Grün D
präparierten Hälfte deutlich in Relief wahrnehmbar waren bis zur 9,
während die nicht sensibilisierte Hälfte nach 30 Minuten Exposition
im hellen Sonnenlicht keine einzige Zahl zeigte. Fig. 4 zeigt die
Reproduktion der Originalplatte nach Pinatypiebehandlung.
Methode der Sensibilisierung von Chromgelatine für Orange und Rot 399
Es kam mir interessant vor, einige grüne Farbstoffe mittels
des doppelten Graukeils zu prüfen. Ein Versuch mit Pinatypie-
grün D, welches man heute von den Höchster Farbwerken bezieht,
zeigte keine sensibilisierende Wirkung. Auch das Pinatypiegrün M
ließ keine Wirkung erkennen. Bessere Resultate gibt das Kitongrün
der Gesellschaft für Chemische Industrie zu Basel in einprozentiger
Lösung. Die Zahlenreihe erschien jetzt auf beiden grünen Hälften
bis zur Zahl o Die Kitonzahlen zeigten sich etwas weniger deutlich.
Auch prüfte ich die allgemeine Empfindlichkeit der mit Grün D
sensibilisierten Chromgelatineplatte unter einem blaugrünen Filter.
Infolge Überposition habe ich noch kein Resultat erreicht, welches
entscheidend ist; aber vorläufig zeigt es sich, daß die allgemeine
Empfindlichkeit wenig gesteigert wird.
Die Resultate mit Grün D veranlassen uns, zu vermuten, daß
es vielleicht auch Farbstoffe gibt, mittels deren man mit Erfolg
die allgemeine Empfindlichkeit der Chromgelatine erhöhen kann.
Hier eröffnet sich ein reiches Feld zum Experimentieren. Um Miß-
lingen zu verhüten, muß die angefärbte Platte nach Abtropfen
noch im nassen Zustande chromiert werden, wonach man die Platte
ohne Anwendung von Wärme trocknen läßt.
Ob diese Resultate auch praktische Verwendung finden werden,
ist nicht zu sagen, aber jedenfalls machen sie Anspruch auf wissen-
schaftliches Interesse. Die Experimente geschahen alle mit Sonnen-
licht. Die elektrischen ‚Arga‘‘-Lampen sind reich an roten Strahlen,
und es würde sich der Mühe lohnen, zu untersuchen, ob die höhere
Empfindlichkeit für Rot und Orange einen Vorteil beim Lichtdruck
und Pigmentverfahren bedeutet, wenn man bei elektrischem Licht
arbeitet.
Nachtrag
Weitere Versuche zeigten, daß die bekannten Farbstoffe Dia-
mantgrün und Brillantsäuregrün!) (Bayer-Leverkusen) für
Orange und Rot sensibilisieren. Merkwürdig ist es, daß die in diesem
Aufsatz genannten Sensibilisatoren alle stark in einer Lösung von
Natriumsulfit ausbleichen (mit Ausnahme von Brillantseidenblau),
während die nicht sensibilisierenden Farbstoffe, also Pinatypie-
grün D und Grün M, welches Höchst jetzt liefert, nur sehr wenig
empfindlich sind gegen Natriumsulfit. Möglich ist es, daß die Farb-
1) Die Lieferung der Farbstoffe geschah durch Vermittlung von E. Merck,
Darmstadt,
27°
400 Hooft. Methode der Sensibilisierung von Chromgelatine für Orange und Rot
stoffe, welche in Natriumsulfit stark ausbleichen, sich speziell zur
Erzielung von Sensibilisierung eignen. Am einfachsten kann man
den Versuch wiederholen mit dem überall zu beziehenden Diamant-
grün. Nach 45 Min. Exposition in der Sonne unter dem mit dem
Rot- und Gelbfilter bedeckten Doppelgraukeil und kurzem Ab-
spülen in Wasser erscheinen die Zahlen hell auf grünem Hinter-
grund, wonach man sofort die Platte mit Fließpapier abtrocknet.
Wünscht man die Zahlen etwas deutlicher, dann bleicht man die
Platte erst in einer Natriumsulfitlösung. Nach gründlichem Ab-
spülen und Trocknen wird die Platte 30 Sekunden mit Pinatypie-
grün M angefärbt und abgetrocknet. Unter einem rosa angefärbten
Deckglas erscheinen die grünen Zahlen noch deutlicher. Die besten
Resultate wurden aber bis jetzt erzielt mit Grün D 88778A.
Daß die Sensibilatoren nicht speziell grün zu sein brauchen,
bestätigen die Resultate mit Fuchsinrot, Brillantscidenblau
(Agfa) und-Methylenblau, wovon letzteres am besten für Orange
und Rot sensibilisiert. Nach 30 Minuten Exposition im Sonnen-
licht bleicht man die Platte in Natriumsulfit, bis die Zahlen sichtbar
werden, oder man blcicht die Platte ganz aus, wonach man mittels
Pinatypie die Platte anfärbt, wodurch die Zahlen deutlicher er-
scheinen.
Amsterdam, März 1928.
(Eingegangen am 10. April 1928)
Eder. Chloramın zur Zerstörung der leizten Reste des Fixiernatrons usw. 4Ol
Chloramin
zur Zerstörung der letzten Reste des Fixiernatrons
in photographischen Platten oder Papieren
Von
J. M. Eder in Wien
Das Chloramin ist ein in wäßriger Lösung gutes, nicht
ätzendes Oxydationsmittel, das einem Hypochlorit entspricht. Es
ist in seiner Zusammensetzung nach das Natriumsalz des Para-
Toluolsulfonchloramid und ist nach der Formel
C,H ES 3H,O
gei Na 2
NSO, N-i
zusammengesetzt. Es wird von der Chemischen Fabrik von Heyden
in Radebeul-Dresden erzeugt und hauptsächlich pharmazeutisch
zu äußerlichen Spülungen (ähnlich wie Kaliumpermanganat) verwendet,
Z. B. in 0,2- bis 2prozentigen Lösungen.
Die oxydierende Wirkung der wäßrigen Lösung beruht auf
einer hydrolytischen Zersetzung, bei welcher aktiver Sauerstoff frei
wird:
l `
INSO, NLA
—
CH,
+ H,O = C,H, + NaCl + O.
SO, - NH,
Diese Wirkung wird in neuester Zeit in der analytischen Chemie
zur Titrierung von schwefliger Säure, arseniger Säure, Antimon-
und Zinnsalzen usw. benützt. Die rasche Oxydation von Natrium-
thiosulfat veranlaßte mich, die Zerstörung der letzten Reste von
Fixiernatron in photographischen Platten und Papieren mittels
402 Eder
Chloramin im Sinne der sogenannten „Antihypo-Mittel“) zu
versuchen, was mit Erfolg gelingt.
Es genügt eine o,2prozentige wäßrige Lösung von Chloramin,
vielleicht eine noch stärker verdünnte Lösung, um rasch zum Ziele
zu kommen. Starke Konzentration oder sehr lange Einwirkung des
Chloramin schwächt die Silberbilder und zwar im Auskopierverfahren
mehr, als die Entwicklungsbilder. Aber immerhin hat das Chloramin
manche Vorteile vor dem Eau de Javelle, Permanganat usw. voraus.
1) Die verschiedenen Arten von Fixiernatron-Zerstörern für photographische
Zwecke sind in E. Valentas „Photographischer Chemie“, 2. Auflage 1921 (W. Knapp
in Halle a. d, S.) genau beschrieben.
(Eingegangen am 11. April 1928)
Antwort auf die „Erwiderung‘“
Von
J.M. Eder in Wien
In meiner Mitteilung über „Die relative Aktinität verschiedener
Lichtquellen und die Farbtemperatur des Magnesiumlichtes“ (diese
Zeitschr. 24. 423. 1927) machte ich die wohlbegründete Bemerkung,
daß die Herren H. Beck und J. Eggert die Farbtemperatur des
Magnesiumlichtes viel zu niedrig angegeben hatten. Darauf sandten
die Genannten eine „Erwiderung“ (diese Zeitschr. 25. 262. 1928), in
der sich Mißverständnisse vorfinden, auf die ich zurückkommen will.
Ich hatte über die Gepflogenheiten für Literaturnachweise in
einem „Haupt- oder Nebenthema“ überhaupt nichts geschrieben
und nichts bemängelt, sondern nur die auffällige Tatsache erwähnt,
daß man in einem Thema über photographische Photometrie den
von Schwarzschild seinerzeit sehr präzise geprägten Begriff der
„relativen Aktinität“ ignoriert und dadurch dem Leser die Er-
kenntnis des Zusammenhanges der Befunde der genannten Autoren
mit den Angaben anderer Forscher auf diesem Gebiete erschwert.
Antwort auf die ,, Erwiderung‘‘ 403
Andererseits zeigte ich, daß die Farbtemperatur des Magnesium-
Blitzlichtes mit 2400° absolut von den Herren Beck und Eggert
viel zu niedrig angegeben worden war. Diese Feststellung wurde
von denselben als sachlich berechtigt anerkannte — Meine Ein-
wendungen stützten sich auf die in der physikalischen Forschung
festgestellten Farbtemperaturen verschiedener elektrischer Glüh-
lampen. Die in meiner Notiz gebrauchte Schreibweise der ab-
soluten Temperaturgrade wird in der „Erwiderung“ als „ungewöhn-
lich“ bezeichnet. Aber über die Sache selbst und über diese ab-
soluten Temperaturgrade habe ich so deutlich geschrieben, daß für
den einigermaßen aufmerksamen Leser ein Mißverständnis oder eine
Verwechslung mit gewöhnlichen Celsius-Graden ausgeschlossen er-
scheint. — Die Herren Beck und Eggert selbst haben dies ja auch
sofort ganz richtig zu lesen gewußt und meine darauf gegründeten
Einwendungen als berechtigt gewürdigt.
Ich hielt es für notwendig, ihre irrtümliche, viel zu niedrige An-
gabe der Farbtemperatur des Magnesiumlichtes richtigzustellen, trotz-
dem die Herren Autoren in ihrer, im übrigen sehr interessanten,
Abhandlung daraus „keine weiteren Schlüsse“ gezogen hatten.
Aber ich wollte vorbeugen, daß diese irreführende Zahl für die
Farbtemperatur des Magnesium-bBlitzlichtes sich in der Fachliteratur
festsetzen und andere zu unzutreffenden Schlußfolgerungen veran-
lassen würde.
Nachtrog. Mittlerweile wurde die Farbtemperatur des Magnesium-
lichtes von W. Dziobek in der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin
neu bestimmt (Zeitschr. wiss. Phot. 25. 287. 1928) und gleich 3700° absol. gefunden,
gegenüber den Angaben von H. Beck und J. Eggert (Zeitschr. wiss. Phot. 24. 377. 1927)
mit nur 2400° absol. Die Temperaturangabe derselben ist somit um mehr als 1000°
zu niedrig und sie bleibt falsch, gleichgültig ob man die absolute Temperatur in einer
gebräuchlichen oder nicht gebräuchlichen Schreibweise kennzeichnet. — Diese sach-
liche Richtigstellung war der Zweck meiner Kritik und die Feststellungen aus der
Physikalischen Reichsanstalt bestätigen die Berechtigung meiner Einwendungen. Æ.
(Eingegangen am 3. April 1928)
404 l Beck und Eggert. Schlußwort
Schlußwort `
Von `
H. Beck und J. Eggert
Nach unserer Meinung liegen keine Mißverständnisse vor:
ı. Das Wort „relative Aktinität“ haben wir vermieden, weil
dadurch nicht zum Ausdruck kommt, daß der Begriff Aktinitat
eigentlich in doppelter Hinsicht relativiert wird, nämlich einmal be-
züglich der Lichtempfindlichkeit des Auges und zweitens hinsichtlich
derjenigen der verwendeten lichtempfindlichen Substanz. Verständnis-
erschwerend scheint auch die von uns statt dessen gewählte ein-
deutige Ausdrucksweise nicht zu sein, denn Herr Eder und andere
haben unsere Ergebnisse auch in durchaus richtigem Zusammenhang
mit dem (übrigens gleichen) Befunde früherer Autoren gebracht.
2. Wir haben nicht die absolute Temperaturzählung als un-
gebräuchlich bezeichnet, wie es Herr Eder jetzt darstellt, sondern
wir haben nur daran erinnert, daß die Angabe 2400°C abs. irre-
führt, weil hier die Celsiuszählung mit der absoluten zusammen-
geworfen wird; in seinen letzten Zeilen schreibt jetzt auch in der
Tat Herr Eder korrekt 2400° abs.
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