Skip to main content

Full text of "Zeitschrift für wissenschaftliche Photographie, Photophysik und Photochemie 24.1926-27 - 25.1927-28"

See other formats


Google 


Über dieses Buch 


Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. 


Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun Öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, 
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann 
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles 
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. 


Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei — eine Erin- 
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 


Nutzungsrichtlinien 


Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. 


Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 


+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese 
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 


+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen 
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen 
unter Umständen helfen. 


+ Beibehaltung von Google-Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über 
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. 


+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, 
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA 
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 


Über Google Buchsuche 


Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen. 


Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|http: //books.google.comldurchsuchen. 


B 398640 "" 


If ut OH UI 
m — e 


DU 


IM) 


i 
3 
3 
3 
AR 
4 
4 
H 
Ti 
4 
2 
LS 


Digitized by Google 


Digitized by Google 


E ET 8 
SE ab E ie 
DS | Ge? 
E É 


I | wissenschaft iche Photo graphie | 
Photophysik und Photochemie. 


oe, Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen 
e | insbesondere von 


H. Kayser 


. em, Professor an der Universität Bonn 
herausgegeben von 


K. Schaum 


o. 6, Professor an der Universität Gießen 
` 


r d. 
Be" 1926 
Bach: Verlag von i Johann Ambrosius Barth in Leipzig 
A KE: - Salomonstraße 18b 


ee min de Zeits ZS t werden von allen Buchhandlungen und von der rg 
u "— Abonnementspreis beträgt pro’ Band im In- und Ausland Rm. 24.— 

PE Ze mg è schließlich Porto zm die Rm. 24:80, im Ausi ınd Rm, 25.20. 
ot Ol 


Februar 1926 Digitizedby Xo 


A? 
5 E ` 
Ka ar Oniginalarbalten. | Sk 
h Toppo- TR Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung .-. . . E 
A. Steigmann, Silberbestimmung in RER? Emulsionen . . . . I5 
W. Meidinger, Erwiderung . . 16 
G. Kögel und A. Steigmann, Über dis Wesen der oiia ‘Sensibilisierung 
und der Desensibilisierung . . . . De NZ E 
Ludwig Bertele, Ein neues lichtstarkes Objektiv. Mit 9 Figuren im Text. 31 
e A Ee Y A e der A - > 


Inhaltsverzeichnis. 


Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an 


Professor Dr. K, Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. 


Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren 


Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige 
Berichterstattung möglich ist. 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere 
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden. 


GLOBOSKOP 


Modell 1925! 


Ein neuer Apparat 
mit 2 tausendkerzigen Glühlampen 
zur Projektion von 
Papierbildern 
(namentlich Buchabbildungen u. dergl.) $ 

von geradezu 


glänzender Leistung! 


Dieser EE weist eine erstaunliche Bild- 
helligkeit bei geringem Stromverbrauch, ein- 
fachster Handhabung und mäßigem Preis auf. 
$ Er kann auch in größeren Hörsälen als über- 
Z legener Ersatz für ein großes Bogen- 
lampen-Episkop Verwendung finden. 


= 
Srrsgsgsrgsprzgertttrggtttttgegtrëerssgtgtttrtrtresrtrtsggertrtggttggëengg 


©... ...„.„..... 


"ez Ed kKiesegang, Düsseldorf rz 


g Digitized by Google 


ZEITSCHRIFT 


für 


wissenschaftliche Photographie 
Photophysik und Photochemie 


Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen 
insbesondere von 


H. Kayser 


o. em. Professor an der Universität Bonn 
herausgegeben von 


K. Schaum 


o ð. Professor an der Universität Gießen 


BAND XXIV 


Mit 2 Tafeln. 


Leipzig / Verlag von Johann Ambrosius Barth: 


Inhalt des XXIV. Bandes. 


(Februar 1926 bis September 1927.) 


Originalarbeiten. 


Arens, H. und Eggert, J., Über Dunkelkammerbeleuchtung unter besonderer 
Berücksichtigung der psychologischen Empfindlichkeit des menschlichen 
Auges. Mit ı3 Figuren im Text . gi a ee E e 

Barth, W., Studien zur Interferometrie. I. Über das Zeiss-Löwesche Flüssig- 
Beitsinterferometer. Mit 2 Figuren im Text ; we a wi 

Barth, W., II. Die Untersuchung sehr verdünnter use Mit 2 Figuren 

im Text DECHE S éi 

Beck, H. und Eggert, J., Eine Methode zur seitlichen Koomen ichin Ver. 
folgung des Verbrennungsvorganges von Blitzlicht. Mit 4 Figuren im Text 

Bertele, L., Ein neues lichtstarkes Objektiv. Mit 9 Figuren im Text. . 

Burgherr, K., Über optische E mit Farbstoffen. Mit 6 Figuren 
im Text. . . . . 

Eder, J.M., Vergleichende Tabelle de Ee Farbenempfindlichkeit von 
Broms Jod- und Chlorsilber und der Wirkung der wichtigsten Farben- 


sensibilisatoren . . al 
Eder, J. M., Die relative Aktinität Ee Lichtquellen und die Farb- 
ees des Magnesiumlichtes . . . e 5. SA 


Eggert, J. und Reitstötter, J., Beiträge zur Kent des latentes Bildes, 
Mit einer Figur im Text i 

Gronow, H. E. v., Zur Mikrophotographie SE Gepenslände bei schwächer 
Versroberunen A Bere ege Kar "e air et 08 

Hnatck, A., Einiges über die EE EEN ge TE S 

Hübl, A., Die Desensibilisierung farbenempfindlicher Platten. Mit ı Figur 
im Text. . . . à 

Jenisch, W., Zur Kenntnis de Reifung Sioiestaphlscher Silberhaloidemulsionen 

Kahler, F. "ber Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher Ver- 
GE Mit 6 Figuren im Text ; 

Kellner, H. M., Photographische Photometrie mit intermitent Belichtung 
vom Standpunkt eines neuen Schwärzungsgesetzes, Mit 3 Figuren im Text 

Kellner, H. M., Der Einfluß starker Erhitzung auf die Eigenschaften photo- 
graphischer Trockenplatten. Mit ı Figur im Text und 5 Figuren auf 


Tafel I ; 

Kellner, HM. EEN einer andre; Ahotegrarhischen Spektral- 
BE E 2 y 

Kögel, G. und BEE, CS Über das Wesen der optische Sensibilisierung 
und der Desensibilisierung . . Bo $ 


Kögel, G. und Steigmann, A., Über das Wesen e optischen Sensibilisierung: 
II. Teil. Wasser als Sensibilisator . 

Kögel, G., Zu den Primärwirkungen der Sneschemmehen Absorption: "(Optisch- 

© ` photochemische Transformation der Strahlung). . . . 2 2 22. 


Seite 


229 
145 
158 


367 
31 


393 


139 
423 
350 


426 
310 


133 


361 


Leszynski, W. Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. Mit 
I Figur im Test . . 2 o a.s’ Gi a Eee a 
Leszynski, W., Studien über den Herscheleffekt, Mit 3 Figuren im Text . 
Lüppo-Cramer, Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung . 
Lüppo-Cramer, Zur Kenntnis des Reifungsprozesses. (Sechste Mitteilung.) 
Lüppo-Cramer, Der Zeiteffekt bei den Ausbleichreaktionen. Mit 2 Figuren 
im Teat. è wa . r 
Lüppo-Cramer, Zur Schleierbildung durch Farbstoffe, Mit. 2 Fi iguren im Text 
Medinger, W., Erwiderung . . . 
Miethe, A. f vr ZEECHNEN 
Plotnikow,]J., Ein Beitrag. zur ra über die Lichtverteilung bei zwei ab- 
sorbierenden Medien und über die Intensitätsauffassung in der Photochemie 
Sandvik, O., Über die Messung des Auflösungsvermögens photographischer 
Schichten. Mit 7 Figuren im Text . . . . è SR 
Schaum,K.und Kellner, H. M., Photometrische und sBektralnhotometrische 
Studien. V. Ein Röhrenphotometer für die Spektralphotometrie im Ultra- 
violett, Mit 7 Figuren im Text. . . BE ee ar 
Schaum, K. und Barth, W., II. Die Verfolgung des Verlaufs chemischer 
Reaktionen mit dem Zeiss-Löweschen Flüssigkeitsinterferometer . . . . 
Schaum, K., Über einfache Spektralapparate mit großer Lichtstärke I. Über 
die Spektralphotographie lichtschwacher Leuchterscheinungen. Bearbeitet 
von Wilhelm Kraemer . . . . ; aota Ea een a 
Schaum, K., und Trautluft, R., Photometrische und spektralphotometrische 
Studien VI. Lichtstärkemessungen bei der stillen elektrischen Entladung, 
Mit 2 Figuren im Text . . 2 2 2 02. a E e 
Schmidt, H H., Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der De- 
sensibilisierung. Hierzu Tafel II . . . . R 
Schoen, A. L., Eine photographische Methode der Spektralphotometrie i im Rot 
nod Infrarot, Mit ọ Figuren im Text . . ... ES : 
Schultze-Naumburg, B., Eine rechnerische Methode zur E der 
Belichtungszeit in der Photographie: Mit 3 Figuren im Text . 
Steigmann, A., Silberbestimmung in photographischen Emulsionen . ; 
Strub, J., Spektrophotométriache Untersuchung einiger Blutfarbstoffe, Mit 
7 Figuren im Text . . . . e e 


Trautz, M. und Scheifele, B., Einige EECH an der Photolyse ds 
Jodwasserstoffgases im Licht je Quarzlampe . . e 

Wiegel, E., Farbe und Lichtempfindlichkeit von Silbersolen Mit I Figur ia 
Text . 

Wiener, UI, A TE SEENEN 

Winther, Ch. und Mynster, E. H., Einn neues Ultraviolettfilter. Mit 3 Figuren 
im Text. 


Winther, Ch. und Mynster, E. H, Ein EE T Mit 
5 Figuren im Text. . . 2 2 2 0.0 


85 


166 


219 


309 
90 


298 


Bücherbesprechungen . . . > 2 2 22 2202.39, 257, 308, 347, 390 
mM 4 VK 


IV 


Namen- und Sachregister. 
(Über Bücherbesprechungen sehe man den vorstehenden Abschnitt.) 


Absorption v. zwei Medien, Plotnikow 305. 

Aktinität verschied. Lichtquellen, Eder423. 

Arens und Eggert, Dunkelkammer- 
beleuchtung 229. 


Auflösungsvermögen der Schichten, Sand- 


vik 336. 

Ausbleichreaktion, Lüppo-Cramer 380. 

Barth, Interferometrie 145, 158, (und 
Schaum) 166. 

Beck und Eggert, Photometrie der 
Verbrennung von Blitzlicht 367. 

Belichtungszeit, Schultze- Naumburg 385. 

Bertele, Lichtstarkes Objektiv 31. 

Blutfarbstoffe, Strub 96. 

Burgherr, Sensibilisierung 393. 

Desensibilisierung, Kögel und Steigmann 
18; Hübl 133; Schmidt 223. 

Dunkelkammerbeleuchtung, Arens 
Eggert 229. 

Eder, Farbenempfindlichkeit der Silber- 
haloide; Sensibilisatoren 139. Aktinität 
verschiedener Lichtquellen 423. 

Eggertu.Arens, Dunkelkammerbeleuch- 
tung 229; und Reitstötter, Latentes 
Bild 350; und Beck, Blitzlicht 367. 

Elsner v. Gronow, Mikrophotographie 


und 


427. 

Empfindlichkeit, spektrale, der Silber- 
haloide, Eder 139. 

Entwicklung, Lüppo-Cramer 1, 

Farbstoffe, Schleierbildung, Lüppo-Cramer 
408. 

Herscheleffekt, Leszynski 275. 

Hnatek, Graukeilphotometer 310. 

Hübl, Desensibilisierung 133. 

Interferometer von Zeiss-Löwe, Barth 145, 
158, (und Schaum) 166. 

Jenisch, Reifung 248. 

Kahler, Mikrophotographie 361. 

Kellner, Photographische Photometrie; 
Schwärzungsgesetz 41; Einfluß der Er- 
hitzung auf photographische Platten 63; 
Spektralphotometrie79,(u.Schaum)8;s. 

Kögel, Photochemische Absorption2 216; 
und Steigmann, Sensibilisierung und 
Desensibilisierung 18, 171. 

Kraemer und Schaum, Spektralphoto- 
graphie 219. 

Latentes Bild, Eggert und Reitstötter 350. 

Leszynski, Sensibilisation 26; Herschel- 
effekt 275. 

Lüppo-Cramer, Topographische Ver- 
hältnisse bei der Entwicklung 1; Rei- 
fungsprozeß 291; Ausbleichreaktion 380; 
Schleierbildung 408. 

Lumineszenz, Spektren, Schaum und 
Kraemer 219; Helligkeitsmessung, 
Schaum und Trautluft 416. 

Magnesiumlicht, Beck und Eggert 367; 
Eder 423. 


Meidinger, Erwiderung 16. 

Mikrophotographie, Kahler 361; Elsner 
v. Gronow 426. 

Objektiv, lichtstarkes, Bertele 31. 

Photochemie des Jodwasserstofls, Trautz 
und Scheifele 177. 

Photochemische Absorption, Kögel 216; 
Plotnikow 305. 

Photographische Platte, Einfluß der Er- 
hitzung, Kellner 63; Auflösungsver- 
mögen, Sandvik 336. 

Photometrie, Kellner 41; Schaum und 
Keliner 85; Honatek 310; Beck und 
Eggert 367; Schaum und Trautluft 416. 

Plotnikow, Lichtverteilung bei zwei 
absorbierenden Medien 305. 

Quarzlampe, Trautz und Scheifele 177. 

Reifung, Jenisch 248; Lüppo-Cramer 2gı, 

Reitstötteru.Eggert, Latent. Bild 350. 


Sandvik, Auflösungsvermögen der 
Schichten 336. 
Schaum, Lichtstarke Spektralapparate 


219; u. Kellner, Spektralphotometrie 
85; und Barth, Interferometrie 166; 
u.Kraemer, Spektralphotographie 219; 
und Trautluft, Lichtstärkemessung bei 
der stillen Entladung 416. 

Scheifele und Trautz, Photolyse des 
Jodwasserstoffs 177. 

Schleierbildung, Lüppo-Cramer 408, 

Schmidt, Sensibilisierung und Desensi- 
bilisierung 223. 

Schoen, Spektralphotometrie im Rot 
und Infrarot 326. 

Schultze- Naumburg, Belichtungszeit 
385. 

Schwärzungsmesser für Papiere, Winther 
und Mynster 298. 

Sensibilisierung, Kögel und Steigmann 
18, 171; Eder 139; Schmidt 223; 
Leszynski 261; Burgherr 393. 

Silberbestimmung, Steigmann 15; 
dinger 10. 

Silberhaloide, Farbenempfindlichkeit, Eder 


Mei- 


139. 

Silbersole, Wiegel 316. 

Spektralphotometrie, Kellner 79; Schaum 
und Kellner 85; Strub 96; Schoen 326. 

Steigmann. Silberbestimmung 15; und 
Kögel, Sensibilisierung 18; 171. 

Strub, Spektralphotometrie einiger Blut- 
farbstoffe 96. 

Trautz und Scheifele, Photolyse des 
Jodwasserstoffs 177. 

Ultraviolett, Spektralphotometrie, Schaum 
und Kellner 85; Filter, Winther und 
Mynster 90. 

W iegel, Silbersole 316. 

Wintherund Mynster, Ultraviolettfilter 
90; Papierschwärzungsmesser 298. 


Zeitichrift für willenichaftlidie Photographie, 
Photophyfik und Photodiemie 


XXIV. Band. 1926. Heft ı. 


Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung. 
Von 
Lüppo-Cramer. 


Je nach der Art, wie sich das Silber des entwickelten Negativs 
innerhalb des Bromsilberkornes verteilt findet, kann man, wie Bd. 23, 
S. 371 ausgeführt wurde, unterscheiden zwischen einer Korntiefen- 
und einer Kornoberflächenentwicklung. 


Die gewöhnliche chemische Entwicklung ist als Korntiefenent- 
wicklung anzusprechen, da sie das Korn mehr oder weniger voll- 
ständig reduzieren kann, während die physikalische Hervorrufung in 
ihren reinsten Formen natürlich eine reine Kornoberflächenentwick- 
lung ist, da das außen abgeschiedene Silber sich ja nur an der 
Oberfläche des belichteten Bromsilberkornes anlagern kann. Zwischen 
diesen beiden Extremen gibt es sehr viele Übergänge, insofern als 
auch zahlreiche Entwicklungsvarianten, die kein Silber von außen 
(aus der Entwicklerlösung) zuführen, doch als Kornoberflächen- 
entwickler anzusehen sind. Hierin gehört vor allem die farbige, 
praktisch nur bei Chlorsilber übliche Entwicklung, bei der mit zu- 
nehmender Verdünnung des Entwicklers die normale Tiefenentwick- 
lung immer mehr in die Kornoberflächenentwicklung übergeht. 


Eine einfache Überlegung zeigt nun, daß mit der Veränderung 
des Reduktionsvorganges je nach der Verschiedenheit in bezug auf 
die einzelnen Körner auch eine andere Verteilung des Bild- 
materials nach der Tiefendimension der Gesamtschicht zu ein- 
treten muß. Denn die erforderliche Deckkraft des Bildes ist in 
erster Linie von der Gesamtmenge des Silbers pro Flächeneinheit 
abhängig und, wenn die einzelnen Körner nur an ihrer Oberfläche 
reduziert werden, so sind zur Deckung ebensoviel mehr Körner 
erforderlich, als wenn eine weitergehende Reduktion der einzelnen 
Körner eintritt. Diese Verhältnisse lassen sich auch mikroskopisch 
direkt einsehen, wie ich an einigen Mikrophotogrammen der Korn- 

Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. I 


2 Lippo- Cramer. 


strukturen zeigte, die einerseits bei der gewöhnlichen Entwicklung, 
andererseits durch typische Kornoberflächenentwicklung erhalten 
wurden (I). 

Nun gibt es aber auch Hervorrufungsvarianten, deren hervor- 
stechendes Merkmal eine topographisch verschiedene Verteilung der 
Bildsubstanz nach der Tiefendimension der Gesamtschicht 
ist. Eine solche „Schichttiefenentwicklung“ wurde zuerst von 
G. Balagny beschrieben (2). 

Balagny benutzt folgenden sauren Amidolentwickler: 
Wasser 1000 ccm, Bisulfitiauge des Handels 100 ccm, Na, GC 20 g. 
Von dieser Vorratslösung verwendet er 7—8 ccm und setzt dazu 
1,5 g Amidol, gelöst in 150 ccm Wasser. | 

Lest man in diese Lösung eine sehr reichlich belichtete ge- 
wöhnliche Trockenplatte, so erscheint längere Zeit in der Aufsicht 
keine Andeutung einer Entwicklung, während in der Durchsicht 
bereits eine ziemlich erhebliche Deckung des Bildes zu erkennen 
ist. Es stellt sich tatsächlich heraus, daß die Entwicklung von der 
Glasseite der Schicht aus beginnt. Erst bei längerer Hervor- 
rufung (etwa to Minuten) zeigt sich auch ein Bild auf der Schicht- 
seite, das jedoch eine beträchtlich geringere Schwärzung aufweist 
als auf der Glasseite.e Man erhält auf diese Weise ein Bild von 
eigenartigem Aussehen, relativ geringe Deckung in den Lichtern, 
einen hellen, in der Aufsicht reflektierenden Silberniederschlag. Die 
Notwendigkeit einer starken Überexposition über die für eine normale 
Hervorrufung erforderliche Zeit und der ganze Habitus des Bildes 
lassen den Schluß zu, daß wir es hier neben einer offenbaren Schicht- 
tiefenentwicklung mit einer typischen Kornoberflächenentwick- 
lung zu tun haben. 

Es fragt sich nun: wie kommt diese neuartige Entwicklung 
von der Tiefe der Schicht aus zustande? 

Balagny selbst und einige Referenten seiner Abhandlung 
suchten die Erklärung des Phänomens in der Wirkung des Bisul- 
fites bzw. der bei dessen Umsetzung mit dem salzsauren Diamido- 
phenol freiwerdenden schwefligen Säure, die an der Schichtseite 
die Entwicklung verhindern sollte. Es ist indessen nicht notwendig, 
eine besondere Mitwirkung der schwefligen Säure zur Erklärung 
heranzuziehen, denn ich stellte fest, daß weder Bisulfit noch Sulfit 
für das Zustandekommen der Schichttiefenentwicklung mit Amidol 
ausschlaggebend sind. Man erhält vielmehr die von Balagny ent- 
deckte Entwicklung von der Glasseite aus auch in mindestens ebenso 


Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung. 3 
charakteristischer Weise mit einer einprozentigen Lösung von 
Amidol ohne jeden weiteren Zusatz. 

Von den üblichen Entwicklersubstanzen scheint ausschließlich 
das Amidol jenen anormalen und überraschenden Entwicklungs- 
mechanismus zu vollführen und auch dieses nur dann, wenn es in 
rein wäßrigen Lösungen oder — wie bei Balagny — mit be- 
stimmten Mengen von Bisulfit versetzt, angewendet wird. 

Im einfachsten Falle, bei der Verwendung der Lösung des salz- 
sauren Diamidophenols ohne weitere Zusätze, muß die Erklärung der 
eigenartigen topographischen Wirkung in folgendem gesucht werden. 

Schon der Altmeister der Kolloidchemie, I. M. van Bemmelen (3), 
sprach den allgemeinen Satz aus, daß Kolloide durch ihr Adsorp- 
tonsvermögen chemische Zersetzungen von Salzen zustande bringen 
xönnen, eine Tatsache, die der Verfasser bei seinen Untersuchungen 
über Gerbung und Adsorptionsverbindungen der Gelatine(4) auch 
besonders in bezug auf die photographischen Phänomene innerhalb 
der Gelatineschicht eingehend erörterte. Hiernach spaltet die Ge- 
latine das leicht hydrolysierbare salzsaure Diamidophenol in HCl, 
die es adsorbiert, und in die freie Base. Die Folge dieser Disso- 
ziation ist, daß mit der Entfernung von der Schichtoberfläche, also 
nach der Tiefe zu, die Lösung weniger sauer wird, wodurch ihr 
Reduktionsvermögen natürlich erhöht wird. An der Grenzfläche 
der Gelatine gegen die Lösung befindet sich dagegen das Amidol 
in so großem Überschuß, daß die Dissoziationsvermittlung der Gela- 
tine hier nicht so zur Geltung kommen kann. Der Entwickler bleibt 
hier also saurer und besitzt daher ein geringeres Entwicklungs- 
vermögen. 

Die Balagnysche Schichttiefenentwicklung wurde später auch 
von E.Lehmann(5) näher untersucht. Lehmann bestätigte meine 
Befunde und schloß sich meiner Erklärung an. Lehmann fand 
u.a. auch bei der Entwicklung mit dem Chlorhydrat des Tri- 
amidophenols, daß der für die neutrale Lösung dieser Substanz 
charakteristische Schleier ganz typisch an der Glasseite auftrat, 
während die Oberfläche vollkommen klar blieb. Ähnliche Beob- 
achtungen machte der Verfasser auch bei Untersuchungen über die 
Entwicklungsbeschleunigung durch Bleisalze (6. Auch folgender 
Versuch ist für das Verhalten der Gelatine als Säureadsorptions- 
mittel charakteristisch. 

Legt man eine mit reiner Gelatine in der Schichtdicke normaler 
Trockenplatten überzogene Glasplatte in eine Mischung von 50 ccm 


ı* 


4 Lüppo- Cramer. 


2 proz. Metollösung, 0,5 ccm 10 proz. Schwefelsäure + IOccm IOproz, 
Silbernitratlösung, so färbt sich die Gelatine tiefblaugrau, ehe noch 
sich die Lösung selbst sichtbar getrübt hat. Ähnlich verhält sich 
Pyrogallol unter gleichen Verhältnissen. (Man vergleiche hierzu auch 
Phot. Korr. 1914, S. 188.) 

Die Schichttiefenentwicklung von Balagny stellt nun aber nur 
einen besonders extremen Fall dar. Man braucht nicht derartige 
abnorme Verfahren heranzuziehen, um räumliche Unterschiede in 
der Entwicklung feststellen zu können. So ist auch die Abstimm- 
barkeit der Entwickler durch lösliche Bromide zum Teil 
einer Beeinflussung der topographischen Verteilung des Silbers im 
Negativ zugeschrieben worden. 

Von R, Ed. Liesegang(7) und A. von Hübl(8) wurde zu- 
erst darauf hingewiesen, daß die Fähigkeit der langsam arbeitenden 
Entwickler, sich an größere Überexpositionen anpassen zu lassen, 
darauf zurückzuführen ist, daß solche Lösungen im Gegensatz zu 
denen der Rapidentwickler genügende Zeit haben, um erst in die 
Tiefe der Gelatineschicht einzudringen, ehe an der Oberfläche der 
Schicht eine zu weitgehende Reduktion stattfindet. Lüppo-Cramer(9) 
gab einen recht anschaulichen Beweis für die Abhängigkeit der 
Silberverteilung von der Entwicklungsart. Entwickelt man nämlich 
ein reichlich exponiertes Bild mit starken Schwärzungsunterschieden, 
am besten also eine Sensitometerskala, z. B. im Metolsodaentwickler 
ohne KBr-Zusatz etwa 3—4 Minuten lang, so beobachtet man von 
der Glasseite der Platte eine zuerst recht auffällige Erscheinung. 
Bevor noch die schwächer belichteten höheren Zahlenreihen durch- 
entwickelt sind, erscheinen die ersten Zahlenfelder auf der Glas- 
seite heller als der doch offenbar von weniger Licht getroffene 
Lichthof und später auch als die schwächer belichteten höheren 
Zahlenreihen. 

Entwickelt man dagegen ein gleiches Bild mit Glyzin bei 
Gegenwart von KBr, so daß die Hervorrufung etwa eine Viertel- 
stunde dauert, so erhält man keine Spur jener Erscheinung, sondern 
die Schwärzungsskala scheint auf der Glasseite der auf der Vorder- 
seite ganz analog. 

Die abnorme Erscheinung im ersteren Falle ist darauf zurück- 
zuführen, daß bei der raschen Hervorrufung der Entwickler in den 
stark belichteten Feldern schon in den oberen Lagen der Gelatine- 
schicht verbraucht wurde, ehe noch durch Nachdiffusion die redu- 
zierende Lösung durch neue ersetzt werden konnte. In den letzten 


Ti opographische Verhältnisse bei der Entwicklung. 5 


Skalenreihen wurde hingegen der Entwickler weniger beansprucht, 
die Lösung wurde also nicht zu rasch schon in den oberen Lagen 
der Gelatineschicht verbraucht, so daß sie auch noch in den tieferen 
Kornschichten genügende Reduktionskraft entfalten konnte. Durch 
die langsame Hervorrufung in dem bromidhaltigen Glyzin wird da- 
gegen die Entwicklung in dem von Liesegang und von Hübl 
angedeuteten Sinne verändert: der Entwickler wird in den stark 
belichteten Feldern nicht schon an der Oberfläche verbraucht, son- 
dern er hat Zeit, in die Tiefe zu dringen, ehe die „Schatten“ über- 
entwickelt sind, das Bild „verschleiert‘“ wird. 

Zweifellos spielt die topographisch differenzierte Verteilung des 
Negativsilbers bei jenen Entwicklungsvarianten eine Rolle. Man darf 
diese aber nicht überschätzen. 

Wenn nämlich die Liesegangsche Erklärung in ihrer Einfach- 
heit richtig wäre, so sollte es bei der Entwicklung überexponierter 
Aufnahmen lediglich darauf ankommen, die Entwicklung lang- 
samer zu gestalten. Ich stellte aber fest, daß bloße Verlang- 
samungen der Entwickler, wie z. B. durch Bikarbonatzusatz, durch 
relative Erhöhung der Entwicklersubstanzmenge bzw. Verringerung 
der Alkalität oder auch starke Verdünnung bis zu einer Stand- 
entwicklung von mehreren Stunden Dauer niemals zu einem Effekte 
führen, der auch nur im entferntesten das Resultat eines Bromsalz- 
zusatzes zu einem abstimmungsfähigen Entwickler erreichen läßt. 
Vielmehr ist eine durchgreifende Anpassung des Entwicklers an 
Überexposition nur durch Bromsalzverzögerung zu erzielen, 
denn nur Bromionen halten die verhältnismäßig kürzer belichteten 
Bildteile so lange zurück, bis die Lichter die genügende Deckung 
erreicht haben. Der hypothesenfreie Ausdruck dieser Tatsache 
würde sein: die Gradationsskala kann bei einer überexponierten Auf- 
nahme nur durch Zusatz von Bromkalium zum (geeigneten) Ent- 
wickler derart verändert werden, daß sie wieder in das Gebiet der 
normalen Belichtung verschoben wird. Letzten Endes beruht diese 
Verzögerung bekanntlich auf der Verringerung der Silber- 
ionenkonzentration durch die Bromionen (Abbegg, Schaum u.a.). 

Nun kann allerdings nicht bestritten werden, daß infolge der 
Lichtabsorption in der Bromsilbergelatine lokale Differenzierungen 
des latenten Bildes auftreten, derart, daß schwächer belichtete Bild- 
teile hauptsächlich an der Oberfläche liegen, während bei starken 
Belichtungen das latente Bild bis auf die Glasseite reicht. Für die 
Lösung der Frage aber, ob auch bei der Entwicklung stark über- 


6 Lüppo-Cramer. 
exponierter Aufnahmen diese topographischen Unterschiede noch 
ausschlaggebend sind, kommt es nicht auf das theoretische Prinzip 
an sich, sondern darauf an, ob auch bei starken Belichtungen die 
Unterschiede in der Verteilung des latenten Bildes nach der Tiefen- 
dimension der Schicht zu so groß bleiben, daß sie noch beim fertigen 
Bilde zum Ausdruck kommen. 

In welchem Maße die Absorption des Lichtes durch die photo- 
graphische Schicht stattfindet, läßt sich in einem sehr einfachen 
Versuche zeigen. Man legt drei Zelluloidfiilms übereinander und 
belichtet sie zusammen unter einer Sensitometerskala. Es zeigt sich 
bei der Entwicklung, daß zwar die schwächeren Lichteindrücke durch 
die erste oder die ersten beiden Folien zurückgehalten worden sind, 
daß aber bei Belichtungen, die noch nicht einmal weit in das Gc- 
biet der Überexposition fallen, die Absorption nicht mehr so stark 
ist, daß sie die Schwärzung der hinten liegenden Folien verhindert. 
Ähnliche Versuche wurden übrigens auch schon von Hurter und 
Driffield(10) angestellt. 

Viele Angaben in der Fachliteratur zeigen, daß die Bedeutung 
der Verteilung des Bildes nach der Tiefendimension der Schicht für 
manche photographische Reaktionen erheblich überschätzt wird (11). 
Selbst beim solarisierten Bilde wollte man gewisse Reaktionen da- 
durch erklären, daß das solarisierte Bild mehr an der Schichtober- 
fläche als an der Glasseite sich befände. Ich zeigte demgegenüber 
in einer Abhandlung: „Aufhebung der Solarisation durch Keim- 
bloßlegung“ (12), daß es bei solarisierender Belichtung keine Rolle 
spielt, ob man von der Schichtseite oder von der Glasseite belichtet 
und daß auch der Effekt einer Nachbehandlung mit Bromsilber- 
lösungsmitteln (Vidaleffekt) mit diesen lokalen Unterschieden nichts 
zu tun hat. 

Gerade die Belichtungen von der Schichtseite einerseits, von 
der Rückseite andererseits sind nun auch geeignet, einen Prüfstein 
dafür abzugeben, ob bei der Entwicklung überexponierter Auf- 
nahmen die lokale Verteilung des Bildes nach der Tiefendimension 
der Gelatineschicht die große Rolle spielt, die man ihr bisher oft 
zugeschrieben hat. 

Ich belichtete eine größere Serie von Platten normaler Schicht- 
dicke einerseits von der Schichtseite, andrerseits von der Glasseite 
in der Kamera (Innenaufnahme) mit aufsteigenden Expositionszeiten 
und entwickelte sie in Metolhydrochinon. Bei den kürzer belich- 
teten Aufnahmen blieben, natürlich besonders im Anfange der Ent- 


Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung. 7 


wicklung, die Schatten auf der glasseitig belichteten Platte stark 
zurück, weil sich das latente Bild hier mehr oder weniger aus- 
schließlich an der dem Lichte zugekehrten, aber dem eindringenden 
Entwickler erst allmählich zugänglich werdenden Seite der Schicht 
befindet. Sobald man aber das Gebiet der Normalexposition über- 
schreitet und nur einige wenige Male überexponiert, hören die 
Unterschiede der Bilder, ob von vorn oder von hinten belichtet 
so gut wie vollständig auf. Dies scheint mir doch ein Beweis zu. 
sein, daß die lokale Verteilung des latenten Bildes bei Überexposi- 
tionen keine so große Rolle mehr spielt, daß man den Unterschied 
in der Wirkungsweise zwischen Rapid- und Zeitentwickler allein 
dadurch erklären kann. 


Einen besonders interessanten Fall der photographischen Topo- 
graphie bietet die Schichtoberflächenentwicklung beim Jod- 
silber. 

Von den „nassen“ Jodsilberkollodiumplatten ist allgemein be- 
kannt, daß der bei der physikalischen Entwicklung entstehende Silber- 
niederschlag sich zum großen Teil außen auf der Schicht be- 
findet. Vom Verfasser wurde nun beobachtet, daß bei Jodsilber- 
gelatine die Verhältnisse ebenso liegen, daß es sich also hier nicht 
hauptsächlich um einen Einfluß des Bindemittels handelt, wie man 
meistens annahm, sondern daß die Eigenart des Jodsilbers die 
tiefere Ursache der anormalen topographischen Verteilung des ent- 
wickelten Bildes sein muß. 

Nach dem Fixieren der physikalisch entwickelten Jodsilber- 
gelatineplatten macht man die Beobachtung, daß das feuchte Bild 
oft zum größten Teile mit dem Finger abreibbar ist. Es besteht 
aus dem hellen grauweißen Silber, wie es den nassen Kollodium- 
platten eigentümlich ist. Nach dem Trocknen nehmen die stark 
belichteten, auffallend matten Bildteile beim Reiben mit dem Finger 
Silberglanz an. Auf einer analog behandelten Bromsilberplatte 
ist von diesen Erscheinungen nichts zu bemerken, sondern man hat 
ein mehr oder weniger rein blau gefärbtes Bild, das offenbar ziem- 
lich gleichmäßig in der Gelatineschicht verteilt ist (13). 

Es ist zu erwähnen, daß der geschilderte eigenartige Silber- 
niederschlag eine Eigentümlichkeit aller Jodsilberplatten ist, die 
im (stark sauren) Metolsilberverstärker entwickelt wurden. Sie wurde 
an etwa 20 verschiedenen Jodsilbergelatineemulsionen sehr verschie- 
dener Herstellungsart von mir ausnahmslos wiedergefunden, so daß 


8 Lüppo- Cramer. 


man sie wohl als ein Charakteristikum derartiger Schichten ansehen 
darf. In der Durchsicht ist das Silber dieser Platten absolut 
deckend und rein schwarz in allen Skalenteilen, während das mit 
dem gleichen Metolsilberverstärker entwickelte Bild auf Brom- oder 
Chlorsilbergelatine stets infolge des adsorbierten blauen Oxydations- 
produktes des Metols blau gefärbt ist. Es weist dies schon auf den 
verhältnismäßig geringen Dispersitätsgrad des auf der Jodsilberplatte 
niedergeschlagenen Silbers hin: das Silber muß sehr kompakt sein. 
Eine Behandlung der Platten mit Quecksilberbromidlösung zeigt 
diesen Unterschied besonders deutlich. Während das physikalisch 
entwickelte blaue Bild auf Chlorsilbergelatine in weniger als einer 
Minute völlig ausbleichte, ist das grauweiße Silber auf der Jod- 
silberplatte sehr lange widerstandsfähig. Man beobachtet auch viel- 
fach, daß es von der Glasseite eher ausbleicht als von der Schicht- 
seite, offenbar weil das in der Tiefe der Schicht verteilte Silber 
nicht so kompakt ist wie das außen abgelagerte. 

Bei einzelnen besonders feinkörnigen Jodsilberemulsionen ist 
die schichtoberflächliche Ablagerung des Silbers sehr überraschend: 
man konnte hier fast das ganze Silber im nassen Zustande der 
Platte abreiben, so zwar, daß die Skalenfelder ganz hell waren 
gegenüber dem dunklen leicht verschleierten Grunde. Daß das 
Silber in den stärker belichteten Bildteilen viel weniger weit nach 
der Tiefe der Schicht zu sich befindet, als in den nur durch das 
zerstreute Licht oder leichte chemische Reduktion bekeimten Platten- 
teilen, zeigte sich bei vielen Versuchen auch besonders deutlich auf 
der Glasseite der Platten. Diese Schichten zeigten nach der Ent- 
wicklung von der Glasseite aus ein umgekehrtes Bild, ganz 
analog demjenigen, das, wie oben geschildert, bei der chemischen 
Rapidentwicklung einer gewöhnlichen Trockenplatte unter Umständen 
erhalten wird. 

Als Ursache der eigenartigen schichtoberflächlichen Ablagerung 
des Silbers auf den Jodsilberplatten bleibt nach den Untersuchungen 
des Verfassers(14) keine andere übrig als die Eigenart des schon 
latenten Bildes auf Jodsilber. Aus den oben mitgeteilten Reak- 
tionen über die Eigenart des Jodsilberbildes geht schon deutlich 
hervor, daß das latente Bild auf Jodsilber sich wesentlich anders 
verhält als das auf Bromsilber; das latente Bild auf Jodsilber ist 
viel aktiver als das auf Bromsilber, es besteht zwar aus kleineren, 
aber zahlreicheren Amikronen. Für das Ergebnis der physika- 
lischen Entwicklung spielt aber die Zahl der ursprünglichen Keime 


Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung. 9 
eine viel größere Rolle als die Größe derselben. Es erfolgt also 
bei den Jodsilberschichten eine außerordentlich viel raschere Ver- 
stärkung als bei den Brom- und Chlorsilberschichten, in denen das 
Silber viel mehr durch das stärker adsorbierende Halogensilber 
„verdünnt“ ist. Bei diesem raschen Anwachsen zahlreicher Teilchen 
wird sehr viel naszierendes Silber verbraucht. Da nun der Ent- 
wickler an den stark belichteten Bildstellen nicht rasch genug durch 
neue nachdiffundierende Lösung ersetzt werden kann und das zu- 
erst in die Schicht eingedrungene Quantum der Lösung sehr rasch 
siberarm geworden ist, so können hier in der Tiefe der Schicht 
keine wesentlichen Mengen von Silber zur Ablagerung kommen. 
An den schwächer belichteten oder auch unbelichteten Bildstellen 
ist dagegen Zeit für eine allerdings geringe Silberablagerung nach 
der ganzen Tiefendimension der Schicht. Hierdurch kommt die 
erwähnte Umkehrungserscheinung zustande, die nicht nur in ihrem 
Endeffekt, sondern auch in ihrem Wesen eine völlige Analogie zu 
den Vorgängen bei der chemischen Rapidentwicklung gewöhn- 
licher Bromsilberschichten darstellt. 

Wertvolle Ergebnisse in bezug auf die topographischen Ver- 
hältnisse in den Jodsilberkollodiumschichten hatte auch die Arbeit 
von E. Lehmann und H. Winzer: „Zur Bildbildung auf der nassen 
Jodsilberkollodiumplatte“, Phot. Industrie 1923, Nr. 47/48. 


Nebenbei bemerkt zeigen auch die Jodsilbergelatineschichten, 
ähnlich wie die nassen Kollodiumplatten, ein außerordentlich gutes 
photographisches Auflösungsvermögen, was wohl durch das 
gleichzeitige Zusammentreffen verschiedener günstiger Umstände zu 
erklären ist. Einerseits waren die von mir für diese Zwecke ver- 
wendeten Jodsilberemulsionen gleichmäßig feinkörnig und bei nicht 
zu langer Entwicklung völlig frei von Schleierkeimen, andrerseits 
führt die außerordentliche Deckkraft des physikalisch entwickelten 
Jodsilberbildes bei der ungewöhnlichen Steilheit der Gradationsskala 
zu enormen Kontrasten. Die Reproduktion von Rasterlinien auf 
solchen Jodsilbergelatineplatten vollzog sich daher so vollkommen, 
daß die Schärfe und Intensität der Linien bei 5sofacher Vergröße- 
rung kaum noch etwas zu wünschen übrig ließ. 

Einen besonderen Fall der Beeinflussung des Bildes durch topo- 
graphisch differenzierte Entwicklung stellt auch die Tiefenentwick- 
lung von farbenempfindlichen Platten dar, die mit einem 
Gelbfilter in der Schicht versehen sind. Da ein solches Filter 


IO Lüppo-Cramer. 
um so stärker wirkt, je tiefer das latente Bild sich in der Schicht 
befindet, so kann man durch geeignete Tiefenentwicklung die rela- 
tive Farbenempfindlichkeit bedeutend erhöhen (15). 


Der topographisch differenzierte Sitz des Keimmaterials im 
einzelnen Korn wurde bereits gelegentlich der Keimbloßlegungs- 
reaktion auf S. 12 3, Bd. 23 erörtert. Eine besondere Beachtung ver- 
dienen nun auch die topographischen Verhältnisse des solarisiert 
belichteten Bildes. 

Es gehörte lange zu den strittigen Fragen, ob auch das pri- 
mär fixierte latente Bild der Solarisation zugänglich ist. 

Während Kogelmann (16), Homolka (17) und Weiß (18 
keinerlei Umkehrung des primär fixierten Bildes konstatieren 
konnten, haben Sterry(19) unter Eder(20) Umkehrungen des 
primär fixierten, also sekundär entwickelten Bildes erhalten. Lüppo- 
Cramer(21) hatte zuerst bei zahlreichen Versuchen in dieser Rich- 
tung an hochempfindlichen Platten auch bei sehr weitgehenden 
Belichtungen niemals Umkehrungen nach dem primären Fixieren 
beobachtet, erhielt aber später(22) Umkehrungserscheinungen beim 
sekundären Entwickeln gerade solcher feinkörnigen Schichten, die 
bei der normalen Hervorrufungsmethode außerordentlich schwer, 
d h. unvollkommen solarisierten. Auf Grund weiterer Unter- 
suchungen (23) hielt ich die gerade nur in einem bestimmten physi- 
kalischen Entwickler beobachtete Umkehrung nach dem primären 
Fixieren auf wenig gereiften Schichten für eine nur scheinbare, 
die durch die Art des Silberniederschlags vorgetäuscht werde. Auch 
Angaben Eders(24) deuten darauf hin, daß die Umkehrungserschei- 
nungen, die er nach dem Fixieren auf Bromsilberkollodium erhielt, 
nicht ganz normal zu verlaufen scheinen. Eder sagt hierüber 
a. a. O.: „Das Natriumthiosulfat vermag also beim primären Fixieren 
des latenten Lichtbildes bald ein solarisiertes Lichtbild zur nor- 
malen Entwicklung zu bringen oder auch das normale latente Biid 
zur solarisierten Entwicklung zu veranlassen; es gelang mir aber 
nicht, in diesen Prozessen eine Gesetzmäßigkeit zu finden, 
da sie nicht regelmäßig verlaufen.“ 

Spätere Untersuchungen von Lüppo-Cramer(25) hatten das 
Ergebnis, daß auf bestimmten feinkörnigen Bromsilberdiapositiv- 
platten nicht nur eine unzweifelhafte Umkehrung nach dem primären 
Fixieren eintritt, sondern daß diese auch in quantitativer Beziehung 
genau so verläuft, wie die Solarisation vor dem Fixieren bei gleicher 


Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung. II 


physikalischer Hervorrufung. Man kann hiernach nicht mehr das 
Verhalten dieser Schichten als Ausnahmefall ansehen, sondern muß 
vielmehr annehmen, daß umgekehrt das Ausbleiben der Solari- 
ston nach dem primären Fixieren auf den hochempfind- 
lichen Schichten auf eine sekundäre Ursache zurückzuführen 
ist. Das Produkt der solarisierenden Belichtung wird als solches von 
dem Fixiermittel anscheinend überhaupt nicht merklich verändert. 
Auf den grobkörnigen Schichten (oder vielleicht auch auf Emul- 
sionen mit feinerem Korn, aber anderer innerer Struktur) finden 
sich aber im Inneren der Körner noch Keime, die bei der Fixie- 
rung bloßgelegt werden und die dann auslösend auf die physika- 
lische Entwicklung wirken, was zu einem normalen, d. h. nicht mehr 
umgekehrten Bilde führt. Bei feinkörnigen Schichten sind dagegen 
im allgemeinen verständlicherweise viel weniger Keime im Korn- 
innern vorhanden, so daß das ursprüngliche Solarisationsbild durch 
eine beim Fixieren erfolgende Bloßlegung von Keimen im Innern 
und eine darauffolgende Verstärkung bei der Entwicklung nicht 
überdeckt wird. 

Für den Eintritt der normalen Solarisation ist weniger die 
Korngröße als solche entscheidend als vielmehr die innere Struktur 
des Kornes, gleichzeitig aber auch die Art der Entwicklung. 
So geben relativ feinkörnige Bromsilberkollodiumtrocken- 
platten (26) ganz besonders leicht Solarisation, und die ebenfalls 
feinkörnigen Schichten aus peptisiertem Bromsilbergel (27) liefern 
die Erscheinung bis in das Gebiet der zweiten Umkehrung in ganz 
einzigartig dastehender Prägnanz, in beiden Fällen bei gewöhnlicher 
chemischer Entwicklung. Anderseits liefern auch feinkörnige Brom- 
silberdiapositivplatten, die bei gewöhnlicher Entwicklung nur un- 
vollkommene Solarisationsbilder ergeben, oft gute Umkehrungen, 
wenn man die chemische Entwicklung sehr langsam gestaltet und 
rechtzeitig unterbricht. Auch die zweite Periode der Solari- 
sation beobachtet man auf manchen Sorten gewöhnlicher Trocken- 
platten schon nach relativ kurzen Belichtungen, wenn man mit stark 
verzögerten Entwicklern arbeitet und die Hervorrufung nicht 
zu lange fortsetzt. 

In all diesen Fällen handelt es sich offenbar hauptsächlich 
darum, daß die Entwicklung vorwiegend auf die Kornoberfläche 
beschränkt wird, an der das Solarisationsbild sich befindet, das 
aber leicht überdeckt wird, wenn die Hervorrufung auch durch 
Keime ausgelöst werden kann, die sich weiter im Inneren des Korns 


12 Lüppo-Cramer. Topographische Verhältnisse bei der Entwicklung. 


befinden, Es lehren auch diese Erscheinungen aufs neue, wie man 
bei photographischen Vorgängen vor allem auch die räumlichen 
Verhältnisse immer im Auge halten muß. 


Literatur. 


ı) Phot. Korr. 1913, S. 17. 

2) Phot. Wochenbl. 1912, S. 284; Phot. Chronik 1912, S. 455. 

3) J. M. van Bemmelen, Landwirtschaftl, Versuchsstationen, 35. 136. (Berlin 
1888); vgl. H. Freundlich, Kapillarchemie, Leipzig 1909, S. 168. 

4) Lüppo-Cramer, Kolloidchemie u. Photogr., Dresden 1908, S. 121; Kol- 
loidzeitschr. 1. 353. 1906. 

5) Phot. Rundschau 1913, Heft 4. 

6) Phot. Korr. 1913, S. 313. 

7) R. Ed. Liesegang, Photogr. Physik, Leipzig 1899, S. 55. 

8) A. von Hübl, Entwicklung bei zweifelhaft richtiger Exposition, 3. Aufl. 
Halle 1907, S. 21. 

9) Phot. Industrie 1911, S. 1453; Phot. Korr. 1912, S. 383. 

10) Eders Jahrb. 1893, S. 371. 

I1) Siehe z. B. Idzerda, Phot. Korr. 1909, S. 520. 

12) Phot. Korr. 1915, S. 340. 

13) Daß das physikalisch entwickelte Bild in der Schicht einer Bromsilbergelatine- 
platte gleichmäßig verteilt ist, geht aus einem Querschnittsmikrophotogramm von 
W. Scheffer (zitiert nach E. Lehmann, Zeitschr. f. Reprod.-Technik 1912, S. 157) 
hervor. Douglas Fawcett (Brit. Journ. of Phot. 40. 645. 1900; zitiert nach Archiv 
wiss. Phot. 2. 295) entwickelte Lippmannsche Photochromien physikalisch zu vollen 
Farben; die Notwendigkeit der Bildung Zenkerscher Lamellen beweist zur Genüge 
das Vorhandensein der Bildsubstanz durch die ganze Schicht hindurch. 

14) Phot. Korr. 1914, S. 402. 

15) Lüppo-Cramer, Phot. Rundschau 1915, S. 225. 

16) F. Kogelmann, Die Isolierung der Substanz des latenten photogr. Bildes 
Graz 1894, S. 23 u. 24. 

17) Phot. Korr. 1907, S. 168. 

18) Zeitschr. physikal. Chem. 54. 342. 

19) Eders Jahrb. 1899, S. 289; Photogr. Journal 1898, 22. 264. 

20) J. M. Eder, Photochemie, Halle 1906, S. 293. 

21) Lüppo-Cramer, Photogr. Probleme, Halle 1907, S. 149. 

22) Phot. Korr. 1906, S. 439. 

23) Phot. Wochenbl. 1909, S. 303. 

24) Eder, Photochemie, S. 293, Fußnote, 

25) Phot. Industrie 1917, Nr. 35 u. 37. 

26) Kolloidzeitschr. 16. 160. 1915. 

27) Phot. Korr. 1910, S. 441; E. Stenger, ebenda S. 443. 


Lüppo-Cramer. Entwicklungsparadoxien. 13 


Entwicklungsparadoxien. 
Von 
Lüppo-Cramer. 


Es gilt im allgemeinen als selbstverständlich, daß ein Entwickler 
um so rascher wirkt und unr so mehr leistet, je konzentrierter 
er ist. In der Tat ist des auch das normale Verhältnis, doch 
können besondere Umstände die Sache vollständig umkehren. 

Gelegentlich meiner Versuche über die praktische Brauchbar- 
keit der Empfindlichkeitsverringerung von Bromsilberplatten durch 
Bäder von Amidol(1) wurde beobachtet, daß eine sehr verdünnte 
Lösung von Amidol (reines salzsaures Diamidophenol) ohne jeden 
Zusatz in 0,05 proz. Lösung) sehr viel rascher entwickelt als eine 
zehnfach stärkere Lösung und daß bei weiterer Konzentration 
auf ı oder gar 2 Prozent der Unterschied noch eklatanter wird. 
Schon nach einer Entwicklungsdauer von nur ı Minute ist in der 
0,05proz. Lösung ein deutliches Bild hervorgerufen, das innerhalb 
5 Minuten zu beträchtlicher Deckung steigt. In der ıproz. Lösung 
beginnen dann erst die stärkst belichteten Bildteile hervorzutreten 
und zwar auf der Rückseite der Schicht, während die verdünnte 
Lösung das Bild ziemlich normal von der Schichtseite aus hervor- 
ruf. Die „Schichttiefenentwicklung“ des Amidols wurde oben S. 3 
von mir so gedeutet, daß das salzsaure Diamidophenol infolge der 
adsorbierenden Wirkung der Gelatine eine Spaltung in HCl und 
Amidolbase erfährt. Die Gelatine adsorbiert die Salzsäure und es 
entsteht daher nach der Tiefe der Gelatineschicht zu eine weniger 
saure und daher stärker reduzierende Lösung, während an der 
Schichtoberfläche die Lösung viel stärker sauer bleibt. Die Reduk- 
tion macht sich daher zunächst nur in der Tiefe der Schicht geltend. 

In verwandter Weise wird man auch die beschriebene Paradoxie 
deuten müssen, daß eine verdünntere Amidollösung außerordentlich 
viel rapider wirkt als eine konzentriertere: in verdünnteren Lösungen 
ist das salzsaure Salz stärker hydrolytisch gespalten als in der kon- 
zentrierteren. Im vorliegenden Falle spielt aber auch die Gelatine 
keine große Rolle mehr bei dem Prozeß, denn es zeigte sich, dal 
auch Kollodiumplatten, deren Schicht keine Säure absorbiert (2), 
doch in ähnlicher Weise rascher durch die verdünnten Lösungen 
des Amidols hervorgerufen werden als durch die konzentrierteren. 


14 Lüppo-Cramer. Entwicklungsparadoxien. 


Ganz ähnlich wie das Amidol verhalten sich die salzsauren 
Salze von Triamidobenzol, Triamidotoluol und Diami- 
doresorzin. | 

Triamidophenol verhält sich besonders interessant. Die Her- 
vorrufung in der verdünnten Lösung erfolgt sehr rasch: schon nach 
2 Minuten war ein ziemlich kräftiges Bild auf der Schichtseite, wäh- 
rend in der ıproz. Lösung eine ausgesprochene Schichttiefenent- 
wicklung (Gelatineplatte) stattfand. Das Bild in der verdünnten 
Lösung macht den Eindruck einer Überexposition, während das in 
der konzentrierten deutlich unterexponiert erschien, weil, wie im vorher- 
gehenden Artikel beschrieben, die eigentliche Schichttiefenentwick- 
lung gleichzeitig sich der Kornoberflächenentwicklung nähert und 
daher auch längere Belichtungszeit voraussetzt. 

Selbst mit den wäßrigen Lösungen von Metol läßt sich die 
beschriebene Entwicklungsparadoxie beobachten, nur erfolgt die 
Entwicklung sehr langsam. Nach ı5 Minuten langer Entwicklung 
wurde in einer 0,05 proz. Lösung ein leidlich kräftiges Bild erhalten, 
während in der I proz. Lösung nach gleicher Zeitdauer noch keine 
Spur erschienen war. 

Das Entwicklungsvermögen außerordentlich stark verdünnter 
Amidollösungen ist besonders überraschend. Selbst Lösungen 
1:200000 entwickelten innerhalb vo Minuten auf Diapositivplatten 
noch ein ziemlich kräftiges Bild. Vergleicht man die Wirkung einer 
Lösung 1:10000 mit der einer zehnfach konzentrierteren, so sind 
beide Bilder im Endeffekt ziemlich gleich; das in der stärkeren 
Lösung hervorgerufene Bild sitzt aber unverkennbar schon etwas 
mehr an der Glasseite als bei der anderen, es zeigen sich also sogar 
noch bei derartig starken Verdünnungen Andeutungen der Schicht- 
tiefenentwicklung. 

Während unter normalen Konzentrationsverhältnissen bekannt- 
lich das Entwicklungsvermögen des Amidols durch Sulfitzusatz erst 
eigentlich ausgelöst wird, wirkt der Zusatz von Sulfit, ja auch der 
von Sulfit und Alkalikarbonat zusammen, in den abnorm stark ver- 
dünnten Lösungen paradoxerweise gegen das Entwicklungsvermögen. 
Während bei einem Parallelversuch die Lösung 1: 100000 noch ein 
leidlich gedecktes Bild innerhalb 5 Minuten hervorrief, erschienen in 
der gleichzeitig ı proz. Na, GC, enthaltenden Lösung überhaupt keine 
Bildspuren, auch leistete die Lösung 1:100000 beträchtlich mehr 
als eine 1:20000, der noch das Sulfit zugegeben war. Auch bei 
Triamidobenzol und Triamidotoluol zeigten sich ähnliche Er- 


Steigmann. Süberbestimmung in photographischen Emulsionen. I5 


scheinungen. Bei diesen letztgenannten Substanzen wurde auch be- 
obachtet, daß sie in zusatzfreier Lösung kräftig entwickeln, bei 
Gegenwart von KBr aber das Lichtbild zerstören. Recht 
paradox erscheint auch folgendes: 

Versetzt man eine Amidollösung 1:100 mit 1 proz. KBr und 
verdünnt einen Teil dieser Lösung auf das ıoofache, so entwickelt 
die verdünnte Lösung ein latentes Bild innerhalb weniger Minuten, 
während in der konzentrierteren überhaupt kein Bild auftritt, son- 
dern bei nachfolgender normaler Entwicklung mit Metolhydrochinon 
fast vollständig zerstört erscheint gegenüber dem nur verhältnis- 
mäßig wenig abgeschwächten in der anderen. In der abschwächen- 
den Wirkung ist also die konzentriertere, in der ent- 
wickelnden die verdünnte Lösung überlegen! Ähnlich ver- 
hielten sich Triamidobenzol und selbst Metol, wenn auch nicht 
in so auffallendem Grade wie das Amidol. 

Eine Andeutung der beschriebenen Entwicklungsparadoxie liefert 
auch Eisenvitriollösung. ıproz. Eisenvitriollösung entwickelt 
reichlich belichtete Bromsilberdiapositivplatten rascher und kräftiger 
als eine 3 0 prozentige! 


Anmerkungen. 


1) Phot. Industrie 1912, S. 1446. 
2) Phot. Korr. 1913, S. 281. 
Eingegangen am 2. Oktober 1925. 


Silberbestimmung in photographischen Emulsionen. 
Von 
A. Steigmann. 


Herr Meidinger spricht in einem jüngst erschienenen Aufsatz?) 
von einem Liebigschen Verfahren zur Silberbestimmung in photo- 
graphischen Emulsionen. 

Liebig lag es ferne, das cyanometrische Verfahren zur Silber- 
bestimmung in photographischen Emulsionen oder überhaupt zur Be- 
stimmung von Halogensilber anzuwenden. Erst nachdem Steigmann 
ın der Photogr. Industrie 1921, Seite 839, das Liebigsche Verfahren 
zur Silberbestimmung in photographischen Emulsionen empfohlen 
und E. Lehmann erfolgreiche Versuche damit angestellt hatte, er- 


1) Zeitschr. f. wissenschaftl. Photogr. H. 8—10, S. 282, 1925. 


16 Meıdinger. Erwiderung. 


schien auch eine Publikation über das später sogenannte Eggert- 
sche Verfahren zur Silberbestimmung in photographischen Emul- 
sionen, das, soweit die technische photographische Analyse in Frage 
kommt, eine nützliche Verbesserung des Steigmannschen, in be- 
zug auf die gewöhnliche Silbersalzanalyse eine Verbesserung des 
Liebigschen Verfahrens darstellt. 

Trotzdem ich ganz offensichtlich der Begründer der photo- 
graphischen Cyanometrie bin, werde ich von Herrn Eggert und 
Herrn Meidinger nicht im geringsten erwähnt. Herr Meidinger 
übergeht meinen Namen bei der zweiten Publikation!) und spricht 
von einem Liebigschen Verfahren. Ein solches hat aber für die 
Photographie, also für den ganz besonderen und eigenartigen Zweck 
nicht bestanden, bevor mein Vorschlag zu seiner Anwendung ge- 
macht wurde. Das Liebigsche Verfahren hat erst durch die Idee 
von Steigmann photographisch-technische Bedeutung erlangt. 

Um die technische Nutzanwendung handelt es sich aber bei 
den Publikationen von Eggert und Meidinger in erster Linie und 
diese kommt ursprünglich von Steigmann und von Lehmann, 
der meinen Vorschlag als erster praktisch realisierte. 


1) Zeitschr. f. wissenschaftl. Photogr. H. 8—10, S. 282, 1925. 
(Eingegangen am 24. September 1925.) 


Erwiderung. 
l Von 
W. Meidinger. 


Die obigen Bemerkungen des Herrn Steigmann lassen er- 
kennen, daß er seine Prioritätsansprüche trotz einer längeren Dis- 
kussion in der photographischen Industrie, aus der die Sachlage 
bereits hervorging, noch immer aufrecht erhält. Da die Frage jetzt 
vor einem neuen Leserkreis aufgerollt wird, sehe ich mich zu 
meinem Bedauern genötigt, den Stand der Angelegenheit noch- 
mals ausführlich klar zu stellen, und zwar in zweifacher Hinsicht: 

ı. Historisch betrachtet ergibt sich folgende Übersicht: 

1851 Liebig veröffentlicht sein bekanntes Titrationsverfahren 
zur Silberbestimmung (Ann. d. Chem. 77. 102. 1851). 

1917 Eggert wendet seine neue Methode zum ersten Mal (nicht 
auf photographischem Gebiet) an. (Zeitschr. f. Elektrochem. 


23. 8. 1917.) 


Erwiıderung. 17 

1919 Eggert beschreibt und diskutiert seine Methode näher. 
(Ber. d. d. chem. Ges. 52. 11707. 1919.) 

1921 Steigmann spricht in einem Artikel von der Möglichkeit 

einer vorteilhaften Anwendung des Liebigschen Verfahrens 

in photographischen Präparaten. (Phot. Ind. 1921. S. 839.) 

1922 E. Lehmann weist nach, daß das Liebigsche Verfahren 

bei der von Steigmann vorgeschlagenen Anwendung auf 

photographische Präparate mit Fehlern arbeitet, die das 

zulässige Maß überschreiten. (Phot. Ind. 1922, S. 467 u. 491; 
Zeitschr. f. angew. Chem. 35. 377. 1922.) 

1923 Eggert überträgt seine Methode (1917 bzw. 1921) auf 

photographisches Gebiet (Zeitschr. f. wiss. Phot. 22. 210. 1923). 

2. Die nähere Bezeichnung eines Arbeitsverfahrens durch den 
Namen des Urhebers geschieht nach den bisher in der Wissenschaft 
üblichen Bräuchen, wie an einem naheliegenden Beispiel erörtert 
sei, folgendermaßen: 

Die Benennungen Liebigsches, Volhardtsches und Eggert- 
sches!) Silberbestimmungsverfahren sollen die drei Methoden, welche 
alle das allgemeine Ziel: Silberbestimmung haben, in knapper 
Form hinsichtlich der Grundlagen kennzeichnen, auf denen die Ver- 
fahren aufbauen. Das Gebiet, auf dem sie in dem einen oder an- 
dern besonderen Falle angewendet werden, ist dabei durchaus 
nebensächlich. Man würde daher infolgedessen auch nicht von 
enem Sheppard und Meesschen Verfahren der Silberbestimmung 
sprechen, weil diese Autoren zuerst das entwickelte Silber in photo- 
graphischen Präparaten nach der Methode von Volhardt bestimmt 
haben und nicht von einem Steigmannschen Verfahren, weil dieser 
zuerst das Liebigsche Verfahren zur Silberbestimmung in photo- 
graphischen Präparaten empfahl. Wohl aber ist man m. E. be- 
rechtigt, von einer Eggertschen Methode zu reden, weil Eggert 
weder wie Liebig noch wie Volhardt arbeitet. — Wenn nun aber 
Herm Steigmann die durchgreifende Abänderung des Liebig- 
schen Verfahrens, die Eggert bei der Ausarbeitung seiner Methode 
vornahm, zu geringfügig erscheint, um die Bezeichnung „Eggert- 
sches Verfahren“ zu rechtfertigen, so liegt deshalb noch keine Ver- 
anlasung vor, den Namen Steigmann bei der Benennung der 
Methode hervorzuheben. 


1) z.B. so bezeichnet bei Marasco, Industrial and Engineering Chemistry, 
16. 9. 945—46. 1924. 


Zeitschr. f. wiss. Phot. 34. 2 


18 Kögel und Steigmann. 


Über das Wesen der optischen Sensibilisierung 
und der Desensibilisierung. 


Von 
G. Kögel und A. Steigmann. 


(Mitteilung aus dem photochemischen Institut der Technischen Hochschule Karlsruhe.) 


Unter den vielen rätselhaften Komponenten der photographischen 
Emulsionen befinden sich als unbekannte Größen auch die optischen 
Sensibilisatoren. Ihre Wirkung stellt ein wissenschaftliches Problem 
erster Bedeutung dar. 

Es besteht vielfach die Ansicht, die sensibilisierenden Farb- 
stoffe wären, wenigstens in dem sie erregenden Wellenbereich, 
Halogenakzeptoren, wie die chemischen Sensibilisatoren (Weigert) 
Doch deckt sich diese Annahme nicht mit der Tatsache, daß ent- 
gegen der Gebhardschen Auffassung, Eosin, Flavindulin, Methylen- 
blau usw. im Lichte reduziert (hydriert) werden und daß die 
hierdurch bewirkte Ausbleichung durch sogenannte Sensibilisatoren 
(nicht zu verwechseln mit den optischen Sensibilisatoren), welche 
z. T. recht kräftige Reduktionsmittel mit wenigstens einem labilen 
Wasserstoffatom sind, begünstigt wird. (Vgl. die demnächst er- 
scheinende Spezialarbeit von G. Kögel und Herta Schneider.) 

Weigert hat aber zweifellos richtig vermutet, wenn er an- 
nimmt, daß die sensibilisierenden Farbstoffe erst durch das sie er- 
regende Licht bzw. im Erregungszustand zu Sensibilisatoren 
werden, wenn auch nicht zu chemischen im Sinne von Halogen- 
akzeptoren, wie Weigert annimmt. 

Dadurch würde auch im langwelligen Licht eine Primärreaktion 
des Halogensilbers vorausgesetzt, während unsere noch zu be- 
sprechenden Versuche an Farbstoffen, wie Methylenblau, eine Primär- 
reaktion der Farbstoffe beweisen. 

Betrachten wir einc panchromatische und eine nicht sensibili- 
sierte Trockenplatte und ferner die Tatsache, daß durch den sensi- 
bilisierenden Farbstoff z. B. Pinacyanol, das höchstunaktinische rote 
Licht plötzlich wirksam und das Halogensilber entwickelbar wird 
und denken wir uns die Erde nur von dunkelrotem Licht erleuchtet, 
so würden wir ohne Bedenken zu dem Schluß kommen, daß Pina- 
cyanol nicht nur rotempfindlich macht, sondern im roten Licht 


Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der Desensibilisierung. 19 


viel empfindlicher ist als selbst gereiftes Halogensilber. Wir wüßten, 
wäre die Erde quasi eine roterleuchtete Dunkelkammer, nichts von 
der hohen Empfindlichkeit des Bromsilbers und wir würden zweifellos 
allgemein sagen, das Pinacyanol ist viel empfindlicher als Bromsilber 
und das Bromsilber ist lediglich ein sehr feines Reagens zum Nach- 
weis der hohen Lichtempfindlichkeit des Pinacyanols. 

Diese äußerst primäre Überlegung ist auch kein Fehlschluß. 
Denn tatsächlich sind die Farbstoffe außerordentlich lichtempfind- 
lich und es gibt eine große Reihe organischer Körper, welche, zu- 
folge ihrer Konstitution, mindestens dieselben diskreten Licht- 
veränderungen erfahren, wie das Bromsilber im Blauviolett, und 
ebenso rasch. 

Es fehlen uns nur, bzw. fehlten uns bislang die Mittel, in ähn- 
licher Weise wie beim Bromsilber, die latente Lichtreaktion mittels 
einer Dunkelreaktion (Entwicklung) bis zur Erzielung sichtbarer 
Bilder fortzusetzen, sie also erkennbar zu machen. Wohl hat 
Ch. Winther!) die Entstehung latenter Eosinsilberbilder durch Ent- 
wicklung mit Merkuronitrat nachgewiesen, da er jedoch mit einem 
eigentlichen Silbersalz gearbeitet hat, war mit diesem Versuch kein 
Beweis für die Entstehung von latenten Eindrücken auf völlig silber- 
salzfreien Farbstoffschichten erbracht und obschon Winther (loc. cit.) 
an Gemischen von Akridin oder Cyanin mit Oxalaten eine er- 
staunliche Lichtempfindlichkeit nachgewiesen hat, wie früher schon 
von Hübl?) bei seinen Farbstoffausbleichversuchen mit Brom- 
silber, so war dadurch doch noch nicht in genügendem Maße 
der Zusammenhang zwischen dieser hohen Farbstoffempfindlich- 
keit und der optischen Sensibilisierung erbracht, zumal von den 
wichtigen optischen Sensibilisatoren der Isochinolingruppe nicht be- 
kannt ist, daß sie, wie die Farbstoffe der Eosingruppe, mit Halogen- 
silber, eine Silberfarbstoffverbindung bilden. Da Winther und 
auch von Hübl eine wirklich hohe Farbstoffempfindlichkeit, sowie 
die Entstehung latenter Farbstoffbilder unabhängig von Silbersalzen 
nicht festgestellt haben und Winther nur auf Eosinsilberschichten 
latente Lichteindrücke nachgewiesen hat, sind die erwähnten Unter- 
suchungen für die Deutung der optischen Sensibilisierung im all- 
gemeinen nicht hinreichend gewesen. Sie haben scheinbar aus 
diesem Grunde bedauerlicherweise nicht die ihnen zukommende hohe 
Beachtung gefunden. Das System Silbersalz-Farbstoff ist schon 


D Ch. Winther, Zeitschr. f. wiss. Phot. 9. 219—20, 225. IQII. 


3) v. Hübl, Die Photographie mit Colludiumschichten, Halle 1899. 
at 


20 Kögel und Steigmann. 


ziemlich komplex und es gestattet nicht zu entscheiden, welcher 
der beiden Körper im Lichte primär reagiert, welcher von beiden 
der lichtempfindlichste ist und ob der Farbstoff überhaupt für sich 
allein im Vergleich mit photographischen Emulsionen als eigentlich 
hochempfindlich zu betrachten ist. 

Aber auch mit der Feststellung der Primärreaktion der Farb- 
stoffe ist die optische Sensibilisierung des Halogensilbers noch nicht 
gedeutet. Denn wie Eder schon in Nachprüfung einer Hypothese 
von Abney (Eder, Jahrbuch 1898) gezeigt hat, reagieren die außer- 
halb der Halogensilberschicht gewonnenen Lichtreaktionsprodukte 
der Farbstoffe nicht mit dem Bromsilber, was auch unsere Versuche 
bestätigten. 

Bevor wir zu den Farbstoff-Silbersalzsystemen gehen und die 
optische Sensibilisierung deuten konnten, waren daher weitere Er- 
wägungen und Untersuchungen an silberfreien Farbstoffsystemen 
unerläßlich. 

Von hervorragender wissenschaftlicher und gleichzeitig tech- 
nischer Bedeutung sind die von G. Kögel im Ozalidlichtpaus- 
papier durch Kalle verwerteten hochempfindlichen Chinondiazide, 
die von Kögel zu einem experimentellen Paradigma (integrale 
Lichtbilder, Phot. Ind., 1925, 860) benutzt werden. Der ein- 
fachste Repräsentant der Chinondiazide ist das p-Chinondiazid 
N=N, Die Chinondiazide spalten sich im Lichte schon bei Gegen- 

wart geringster Feuchtigkeitsmengen der Luft oder des 
| || DBindemittels auf. Der Stickstoff setzt sich in Freiheit und 
( aus den Chinondiaziden entstehen Phenole, die, bei Gegen- 
Ò wart von Ammoniak oder sonstigen Alkalien, mit den un- 
zersetzten Chinondiazidbestandteilen zu bildgebenden Azofarbstoffen 
gekoppelt werden. Dabei bleiben die stark belichteten Stellen, in 
denen das Chinondiazid völlig zerstört ist, weiß und erweisen sich 
als vollständig fixiert. 

Es können also ohne chemische Entwicklung und Fixage, 
lediglich durch die Wirkung des Lichtes, „integrale Lichtbilder‘‘ 
hergestellt werden, indem man einfach in der Camera exponiert 
(10 Min. bei lichtstarker Optik), evtl. bei Anwesenheit von Ammoniak, 
und dann in der normalen Atmosphäre und am vollen Tageslicht 
weiterbelichtet, d. h. fixiert. Theoretisch betrachtet sind die Chinon- 
diazide demnach die idealsten lichtempfindlichen Körper, so daß 
auch in praktischer Hinsicht, soweit es sich um Kameraaufnahmen 
handelt und um das integrale Lichtbild, noch weitere Fortschritte 


Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der Desensibilisierung. 21 


sich aufzwingen. Da sich schon relativ kurz belichtete latente 
Chinondiazidbilder mit Ammoniak hervorrufen lassen, ist auch 
eine Weiterentwicklung auf anderem Wege zu erwarten. 

Diese interessanten Tatsachen seien erwähnt, um zu zeigen, 
dab zunächst hinsichtlich der sichtbaren photochemischen 
Wirkungen organische, den Farbstoffen nahestehende Körper 
nicht hinter diesen und dem Bromsilber zurückstehen. Wichtig ist 
bei den Versuchen mit den Chinondiaziden, daß sie auf Gelatine- 
papier bei Sekundenbelichtung latente Lichteindrücke empfangen, 
die mit Silbernitrat und Metolsulfit kräftig entwickelbar sind. Die 
Annahme, daß auch die Farbstoffe, genau wie das Halogensilber, bei 
kurzer Belichtung latente Veränderungen erleiden, wird im folgen- 
den erwiesen. Die eingangs aufgestellte Behauptung von der Photo- 
reduktion der Ausbleichfarbstoffe (darunter besonders wichtige 
photographische Sensibilisatoren und Desensibilisatoren) bedarf ihrer 
besonderen Begründung. Da Eosin, Erythrosin, Methylenblau usf. 
nur dann gut gebleicht werden, wenn ein Sensibilisator mit wenigstens 
einem beweglichen Wasserstoffatom Verwendung findet (s. die später 
folgende Spezialarbeit Kögel-Schneider), wenn also wenigstens 
ein hydrierendes reduzierendes Wasserstoffatom im Molekül der 
Sensibilisatoren vorhanden ist, und da das Belichtungsprodukt des 
Methylenblaus und des Trypaflavins auf Gelatine Silbernitrat schon 
nach Sekundenbelichtung reduziert, so muß man notwendig als 
Ursache der Farbstoffausbleichung eine Reduktion bzw. Hydrierung 
annehmen, sowohl für die photographisch-sensibilisierenden als auch 
desensibilisierenden Farbstoffe, die mehr oder weniger gut die 
Gelatine unter dem Einfluß des Lichtes dehydrieren und sie dadurch 
gerben, selbst aber hydriert, also reduziert werden. 

Bei der Belichtung von Farbstoffsensibilisatorsystemen spielen 
sich also in bezug auf den Farbstoff Hydrierungen, in bezug auf 
den Sensibilisator, als welcher sehr gut auch Gelatine funktionieren 
kann, Dehydrierungen ab, wofür entschieden auch neuere Unter, 
suchungen sprechen. 

Während nun die Lichtreduktionsprodukte des Methylenblaus 
und des Trypaflavins und der Chinondiazide Reduktionsmittel für 
Silbernitrat sind, vielleicht gar photographische Entwickler, scheinen 
die Lichtreduktionsprodukte der übrigen untersuchten Farbstoffe, 
z} B. von Eosin, Erythrosin, Rhodamin B, Pinachrom, Pinaflavol, 
Phenosafranin weniger kräftig oder gar nicht zu reduzieren. Die 
auf ihnen durch Belichtung bewirkten Veränderungen lassen sich 


22 ~- Kögel und Steigmann. 


deshalb durch ein Silbernitratnachbad und physikalische Entwicklung 
nicht nachweisen, was natürlich nicht zu verhindern braucht, daß 
sie im langwelligen Licht empfindlicher sind als gereiftes Bromsilber 
und dieses durch eine Primärreaktion affızieren. 

Für die hohe Lichtempfindlichkeit der Farbstoffe spricht ein 
einfacher, in diesem Zusammenhange notwendig zu erwähnender 
fundamentaler Versuch mit Methylenblaugelatine, der beweist 

I. daß den Farbstoffen eine ganz beträchtliche Lichtempfind- 
lichkeit zukommt, 

2. daß sie vollkommen unsichtbare latente Eindrücke durch 
relativ sehr kurze Belichtungen ohne Mithilfe eines besonderen Sen- 
sibilisators (neben Gelatine) oder Silbersalzes in entwickelbarer Form 
aufnehmen. 

Wird ein Methylenblaugelatinestreifen (Methylenblaulösung 
1: 5000) vollem Sonnenlicht 5 Sek. (Aug., vormittags 9 Uhr) unter 
einer Eder-Hechtskala ausgesetzt, in Silbernitratlösung 1:100 ge- 
bracht, dann mit silberfreier Metolsulfitlösung ohne Alkali (Metol 
1:100, Sulfit 5: 100) entwickelt, so schießen ca. 40 Eder-Hechtgrade 
aus dem anscheinend völlig unveränderten, belichteten Papier in 
sehr guter Gradation heraus, während in nachhinkender Reaktion 
der unbelichtete Teil des Methylenblaupapiers verschleiert. Zieht 
man in Betracht, daß die entstehenden Silberkeime durch das über- 
schüssige Methylenblau gelöst werden können (Crabtree), zumal 
sie frei liegen und nicht in Bromsilber eingebettet sind, so ist 
es unschwer, eine greifbare Vorstellung von der großen Licht- 
empfindlichkeit reiner Farbstoffgelatineschichten zu gewinnen. Wir 
gingen dazu über, das Methylenblau auf Halogensilberschichten 
zu belichten, setzten also unsere Versuche an desensibilisierten 
Halogensilberschichten fort, um daran zu zeigen, daß das Methylen- 
blau gänzlich unabhängig vom Halogensilber im Lichte reduziert 
wird, Zwei gleiche Streifen Velotyppapier (Mimosa A.-G.) wurden 
nach dem Methylenblaubad 1:5000 unter den Farbenskalen des 
Eder-Hechtphotometers bei voller Augustmorgensonne 2 Sek. be- 
lichtet und einer der beiden Streifen nach erfolgter Belichtung in 
Silbernitratlösung 1:100 gebadet. Die Entwicklung der beiden 
Streifen erfolge im ganz schwach sodaalkalischen Metolsulfit- 
entwickler. Dabei zeigte sich, daß an der Stelle des Gelb- und 
Rotstreifens der Eder-Hechtskala nur auf dem mit Silbernitrat nach- 
behandelten Papier eine Schwärzung entstand. Es kann also unter 
dem Einfluß des gelben und roten Lichtes nur der Farbstoff, nicht 


Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der Desensibilisierung. 23 


—_— 


aber das Halogensilber sich verändert haben, da es sonst auch 
ohne das Silbernitratnachbad entwickelbar sein müßte. Wie wir 
am silberfreien Methylenblaugelatinepapier gezeigt haben, spricht 
das Silbernitrat, indem es sich reduziert, auf das Lichtreduktions- 
produkt des Methylenblaues an. Es ist also bei unserem Versuch 
nicht das latente Bild auf Halogensilber, das auch ohne Silber- 
nitratnachbehandlung entwickelbar sein müßte, sondern das latente 
Bild auf Methylenblau, welches, umgesetzt in ein latentes Silber- 
bild, auf das Halogensilber übertragen wird und dieses entwickel- 
bar macht. 

In weiteren Versuchen mit dem Methylenblau, ausgedehnt auf 
Momentemulsionen, fanden wir unsere Vermutung von der außer- 
ordentlichen Hochempfindlichkeit des Methylenblaus für langwelliges 
Licht in bisher unerreichter Weise bestätigt. Die Trockenplatte 
wurde, wie früher die Velotyppapiere, in einer Methylenblaulösung 
1:5000 gebadet und dem Licht einer 32 kerzigen Metallfaden- 
lampe im Abstand 40 cm Io Sek. lang oder direktem Sonnenlicht 
während Sekundenbruchtzilen ausgesetzt (etwa somal kürzer als 
das methylenblaudesensibilisierte Velotyppapier), dann in Silber- 
nitratlösung gebadet, in Kochsalzlösung ı: 100 gewässert!) und in 
einem schwach sodaalkalischen Metolsulfitentwickler, neben der 
nichtgesilberten, metlıylenblaugefärbten Kontrollplatte hervorgerufen. 
Dabei wurde gefunden, daß auch bei dieser kurzen Belichtung 
durch künstliches Licht das Methylenblau zu einem mit Silbernitrat 
nachweisbaren Reduktionsprodukt reduziert wurde, denn anders ist 
der für Methylenblau typische Gelb-Rotsensibilisierungseffekt der 
nachträglich gesilberten (und nur der gesilberten) Methylenblau- 
trockenplatte nicht zu verstehen, zumal die Silbernitratreaktion 
gegenüber belichtetem Methylenblau bei kurzer Belichtung schwer- 
lich eine andere Ursache haben kann als bei langer. Wenn das 
Methylenblau auf feinkörnigem Chlorbromsilberpapier unempfind- 
licher scheint als auf dem gereiften Bromjodsilber einer Trocken- 
platte, so kann das unmöglich auf eine verschiedene Empfindlich- 
keit des Methylenblaus gegenüber langwelligem Licht, je nachdem 
es auf ungereiftem oder gereiftem Halogensilber fixiert ist, zurück- 
geführt werden, sondern die Ursache für die scheinbar verschiedene 
Empfindlichkeit des Methylenblaus liegt darin, daß gereiftes Ha- 


D Das Kochsalzbad ist zur Verhütung allzustörender Verschleierungen nötig, 
obgleich es in Gemeinschaft mit Methylenblau die entstandenen Silberkeime weit- 
gebend zerstört, zumal in hoher Konzentration. 


24 Kögel und Steigmann. 


logensilber bei der Entwicklung höchstwahrscheinlich viel feiner auf 
allergeringste Keimspuren (wie sie z. B. aus dem Methylenblau- 
belichtungsprodukt und Silbernitrat entstehen) anspricht als un- 
gereiftes. Im ungereiften Korn scheinen die Keime — und diese 
Annahme ist nach unseren kolloidchemischen Kenntnissen durchaus 
berechtigt — durch allzustarke Adsorption seitens des Halogen- 
silbers oder bzw. und der Gelatine (Lüppo-Cramer) stark in- 
aktiviert zu werden, so daß sie viel unwirksamer sind als auf dem 
weniger gelatinegeschützten und weniger stark die Silberkeime ad- 
sorbierenden, gereiften Halogensilber. Und daher kommt es wohl 
auch zu einem guten Teil, daß gereifte Emulsionen, also grob- 
disperse Systeme, die sonst weniger reaktionsfähig sind, so vielmals 
lichtempfindlicher erscheinen als ungereiftes Halogensilber. Der 
Empfindlichkeitsvorsprung gereifter Emulsionen gegenüber un- 
gereiften beruht demnach, wenigstens zu einem beträchtlichen Teil, 
auf einem Entwicklungsphänomen, wie das R. E. Liesegang schon 
1898 angenommen hat. 

Nach von Hübls Versuchen (Die orthochromatische Photo- 
graphie 1920, 22) wäre eine Mitwirkung des Bromsilbers bei der 
Entstehung des Methylenblaulichtreaktionsproduktes nicht aus- 
geschlossen. von Hübl hat aber seine Bleichversuche auf Brom- 
silber bei direktem Sonnenlicht angestellt, er hat also die Wirkung 
des ultravioletten und blauen Lichtes nicht ausgeschaltet. Daß im 
kurzwelligen Licht das nichtsensibilisierte Halogensilber reagiert, be- 
weist die Entwickelbarkeit nach Empfang eines Eindruckes durch 
kurzwelliges Licht. Auch Methylenblau verändert sich im kurz- 
welligen Licht, z. B. im Quarzlicht, wenn auch langsamer als 
im ungeteilten Sonnenlicht. Der Hüblsche Versuch läßt also 
nicht entscheiden, ob zuerst das Bromsilber das Methylenblau 
oder zuerst das Methylenblau das Bromsilber beeinflußt, auch 
läßt er nicht erkennen, ob es nur das kurzwellige oder auch 
das langwellige Licht ist, welches die Farbstoffausbleichung durch 
Bromsilber begünstigt und das ist doch bei der Frage nach 
der Hochempfindlichkeit der reinen Farbstoffe von erheblichem In- 
teresse. Wir haben daher folgende Versuche angestellt, zunächst 
reine Methylenblaulösung, neben einer bromsilberhaltigen (!/, g AgBr 
auf 30 ccm Methylenblaulösung) in der Sonne gebleicht und dabei 
von Hübls Angabe für Methylenblau bestätigt. Bromsilber be- 
schleunigte in hohem Maße das Ausbleichen von Methylenblau. 
Das Licht einer Quecksilberlampe zeigt sich besonders wirksam. 


Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der Desensibilisierung. 25 


3occm einer eng molekularen Methylenblaulösung werden von 
ke methylenblaugesättigtem Bromsilber in 2 Minuten ausgebleicht, 
eine reine Methylenblaulösung verändert sich bei doppelter Be- 
lichtungszeit überhaupt nicht merkbar und eine Methylenblaulösung 
"soo m) mit einem Zusatz von 2 ccm einer Jaen molekularen 
Hydrazincarbonsäurehydrazidlösung war erst in AT Minuten so weit 
wie das bromsilberhaltige Methylenblau in 2 Minuten. Das um- 
gekehrte Bild zeigt sich, wenn das bromsilberhaltige und carbo- 
hydrazidhaltige Methylenblauglas in ein oben lichtdichtverschlossenes 
gelbes Überfangglas gebracht und der Sonne ausgesetzt werden. 
Schon nach !/, Stunde zeigt sich ein Vorsprung des carbohydrazid- 
haltigen Methylenblaus gegenüber dem bromsilberhaltigen. Da 
beim Methylenblau die Hauptabsorption in den langwelligen Spektral- 
teil (gelb, rot) fällt, konnte ohne streng spektrale Begrenzung des 
Lichtes gearbeitet werden. Im allgemeinen, besonders bei Ver- 
suchen mit gelben und roten Farbstoffen, wird es aber nützlich 
sein, die beschriebenen Versuche einerseits im kurzwelligen Ultra- 
violett, andererseits im begrenzten Gelb oder Rot vorzunehmen. 
Die Versuche mit Methylenblau zeigen jedenfalls auch so deutlich 
genug, daß Bromsilber wesentlich erst im kurzwelligen Licht die Ver- 
änderung des Methylenblaus beeinflußt. Bromsilber sensibilisiert durch 
seine höhere Blau- und Ultraviolettempfindlichkeit das Methylenblau 
bzw. sonstige Farbstoffe für die kurzen Wellenbereiche des Lichtes, 
für welche die Farbstoffe nicht empfindlich sind. Im langwelligen 
Licht, bei den für die Photographie in Frage stehenden kurzen 
Belichtungszeiten, tritt jedoch der z. B. durch Gelatine sensibilisierte 
Farbstoff vor dem Halogensilber in Reaktion und reagiert im wesent- 
lichen unabhängig von diesem, wofür schon früher unsere Methylen- 
blauversuche gesprochen haben und jetzt unsere Ausbleichversuche bei 
verschiedenwelligem Licht. Wenn unter dem gelben Überfangglas 
das System Bromsilber-Methylenblau beim Ausbleichen hinter dem 
System Carbohydrazid-Methylenblau zurückbleibt und im ultra- 
violetten Licht eine Umkehrung eintritt, so ist damit bewiesen, 
daß für das Bleichen im vorwiegend kurzwelligen Quarzlicht, das 
blau- und ultraviolettempfindliche Bromsilber, für das Bleichen im 
langwelligen gelben Licht, das stark gelbempfindliche Methylenblau 
selbst, verantwortlich zu machen ist. 

Wie wir nachher sehen werden, hat belichtetes Bromsilber in 
starkem Maße die Fähigkeit, im kurzwelligen Licht Wasserstoff zu 
aktivieren, sich dadurch zu reduzieren und andere Körper zu oxy- 


26 ` Kögel und Steigmann. 


— 


deren (dehydrieren. Die Wasserstoffaktivierung im kurzwelligen 
Licht scheint eine sehr energische zu sein, so daß auch von dem 
aktivierten, reduzierenden Wasserstoff ein Teil an das Methylenblau 
kommt, das dadurch ebenfalls reduziert und gebleicht wird. Im 
langwelligen Licht aktiviert sich das Methylenblau den Wasserstoff 
des Sensibilisators (z. B. der Gelatine) selbst, wodurch es ebenfalls 
bleicht, ohne jedoch von evtl. anwesendem Bromsilber unterstützt 
zu werden. 

Die Beschleunigung der Farbstoffausbleichung durch Brom- 
silber im Sonnenlicht, kommt also durch eine Sensibilisierung des 
Farbstoffs für das kurzwellige Licht zustande. Die Sensibilisierung 
der Farbstoffe durch Bromsilber, fällt jedoch, nach unseren Methylen-. 
blauversuchen, im langwelligen Licht fort. 

Was wir als optische speziell panchromatische Sensibilisierung 
des Halogensilbers bezeichnen, wird also lediglich durch eine primäre 
Lichtreaktion der Farbstoffe, ohne wesentliche Mithilfe einer Licht- 
reaktion des für langwelliges Licht praktisch wenig empfindlichen 
Halogensilbers, bedingt. 

Haben wir durch unsere Versuche feste Anhaltspunkte für die 
außerordentlich hohe Lichtempfindlichkeit der Farbstoffe und für die 
Aufnahme latenter Momentlichteindrücke durch die Farbstoffe ge- 
wonnen, so bleibt jetzt noch die wesentliche Frage zu beantworten: 
Wie kommt die Sensibilisierung und die Desensibilisierung über- 
haupt zustande, wenn es nicht, wie schon eingangs erwähnt wurde, 
die Lichtreduktionsprodukte der Farbstoffe sind, die zu Keimsilber 
führen? Nach H. Wieland!) muß man Reduktionsoxydationsvor- 
gänge, wie sie sich bei der Belichtung von Farbstoffsensibilisator- 
systemen abspielen, als Hydrierungs-Dehydrierungsvorgänge auffassen. 


Wielands grundlegende Arbeiten, die sich nur auf Dunkel- 
reaktionen beziehen, konnten für die Photographie erst Bedeutung 
erlangen durch die Ausbleichversuche von G. Kögel und Herta 
Schneider, welche uns zeigten, daß unter dem Einflusse des 
Lichtes der labile Wasserstoff des Sensibilisators photochemisch 
aktiviert und unter Dehydrierung des Sensibilisators der Farbstoff 
hydriert, also reduziert wird. Mit dieser Erkenntnis war der Weg 
für das Wesen der optischen Sensibilisierung und der Desensibili- 
sierung geebnet. Der unter dem Einflusse des Lichtes durch den 
Farbstoff aktivierte Wasserstoff wird vermutlich nicht nur vom Farb- 


1) B. 55. 3639. 1922. 


Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der Desensibilisierung. 27 


stoff, sondern auch vom Bromsilber unter Reduktion desselben ver- 
braucht, was um so mehr verständlich ist, als der sensibilisierende 
Farbstoff vom Bromsilber adsorbiert sein muß (Eder), wenn er 
überhaupt sensibilisieren soll. Während die Farbstoffe den Wasser. 
stoff in dem von ihnen absorbierten Licht aktivieren, also im lang- 
welligen Licht, aktiviert das Bromsilber den Wasserstoff im kurz- 
welligen Licht (Blau-ultraviolett), wie schon unsere Ausbleichversuche 
an dem System Bromsilber-Methylenblau zeigten. 

Sehr deutlich tritt die wasserstoffaktivierende Fähigkeit des 
belichteten Bromsilbers auch noch durch folgenden naheliegenden 
Versuch zutage: Reine Metollösung über Bromsilber wird besonders 
im Quarzlicht viel rascher dehydriert (oxydiert), als reines Metol 
ohne Bromsilber, oder als reines Metol über Bromsilber, das nicht 
belichtet wird. Nachdem gezeigt wurde, daß auch Bromsilber 
Wasserstoff aktiviert, kann auch die Desensibilisierung gedeutet 
werden. Die Desensibilisatoren sind Körper, die sich leicht redu- 
zıeren oder besser gesagt hydrieren und vermutlich leichter hydrieren 
als die Sensibilisatoren. Die Desensibilisatoren werden also gierig 
aktivierten Wasserstoff an sich reißen und die Desensibilisierung 
kommt vermutlich dadurch zustande, daß der vom Bromsilber aktivierte 
Wasserstoff, der aus der sensibilisierenden Gelatine kommt, vom De- 
sensibilisator abgefangen wird, so daß eine Reduktion des Halogen- 
silbers nicht eintreten kann. Geht man von einem Hydrierungs- 
produkt des Desensibilisators, also von der Leukobase des Desensi- 
bilisators aus, so kann begreiflicherweise, wie auch die Lüppo- 
Cramerschen Versuche zeigen, keine Desensibilisierung mehr ein- 
treten, sondern höchstens eine Sensibilisierung. Aber auch andere 
Versuchsergebnisse von Lüppo-Cramer, lassen sich mit unserer 
neuen Theorie der Desensibilisierung deuten. So die Umkehrungs- 
erscheinungen auf vorbelichteten und nachher in Jodsilber ver- 
wandelten Bromsilber. Durch die Vorbelichtung wird Halogen frei 
gemacht, aus diesem bildet sich im Jodkaliumbad Jod. Wird 
nun zum zweiten Male belichtet, bei Anwesenheit eines Farb- 
stoffes, so wird der durch den Farbstoff auch im langwelligen 
Lichte aktivierte Wasserstoff an das freie Jod gehen. (Evtl. bildet 
sch das freie Jod auch aus dem energiereicheren Lichtkörper 
[s. Schlußbem.] und dem adsorbierten Jodkalium) In Spuren 
wird sich Jodwasserstoff bilden, wodurch man vermutlich in toto zu 
folgendem außerordentlich energischen Rehalogenisierungsgemisch 
kommt 


28 Kögel und Stegmann. 


ı) Jodkalium (adsorbiert geblieben) 
+ 2) Jodwasserstoffsäure 
+ 3) freies unverbrauchtes Jod. 


Dazu kommt noch, daß die Silberkeime durch die Umwandlung 
des Bromsilbers in Jodsilber sehr gelockert, d. h. „bloßgelegt“ wurden 
(Lüppo-Cramer). Es sind also alle Bedingungen für eine ge- 
wöhnliche Rehalogenisierung und bei Anwesenheit von Sensibili- 
satoren oder Desensibilisatoren, für eine orthochromatische oder 
panchromatische Rehalogenisierung geschaffen. 

Versuche von M. Volmer!), die früher schon von Liesegang 
angestellt wurden, aber bei letzterem negativ ausfielen und die zeigen, 
daß fein verteiltes metallisches Silber, ähnlich wie fein verteilte Platin- 
metalle, die Oxydation, oder besser gesagt, die thermische Dehydrie- 
rung der Entwickler beschleunigen, veranlaßten uns, zu untersuchen, 
ob die photochemisch beschleunigte Dehydrierung der Entwickler 
durch Silber noch weiter beschleunigt würde. Wir setzten daher 
I prozentige reine Metollösungen mit und ohne Silber dem Licht einer 
Quecksilberlampe aus. Um nicht schon durch adsorbiertes Alkali 
eine irreführende Beschleunigung der Entwickleroxydation zu er- 
zielen, wurde das Silber mit saurem Hydrosulfit bei Silbernitrat- 
überschuß gefällt, dann das Silber gut ausgewaschen, mehrmals 
mit heißem, reinem Metol durchgeschüttelt, !/, Stunde vom Quarz- 
licht bestrahlt, nochmals ausgewaschen und mit reinem Metol über- 
schichtet. Der Vorsprung gegenüber dem gleichlang belichteten 
(5 Min.) silberfreien, reinen Metol ohne Alkali war sehr beträchtlich, 
doch reichte die Wirkung des Silbers, besonders wenn es mit über- 
schüssigen Hydrosulfit gefällt war, in bezug auf die photochemische 
Beschleunigung der Entwickleroxydation (Dehydrierung), nicht an 
diejenige des Halogensilbers heran. Daraus ist zu schließen, daß 
das von kurzwelligem Licht getroffene Bromsilber an wasserstoff- 
aktivierender Kraft dem reinen Silber überlegen ist. 


Trotzdem ist es sehr wohl denkbar, daß Reifungsreduktions- 
und bereits vorhandene Belichtungssilberkeime des Bromsilbers 
stark sensibilisieren, wenn man z. B. annimmt, daß zwischen dem 
Silber und Halogensilber chemische Kräfte (Restvalenzen) wirksam 
sind, welche auf eine Lockerung des Bromsilbermoleküls abzielen. 
An diesen geschwächten Stellen wird das Licht bzw. die durch das 
Licht eintretende Reaktion (Hydrierung) besonders leicht angreifen, 


1) M. Volmer, Zeitschr. f. wiss, Phot. 19. 275. 1920. 


Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der Desensibilisierung. 29 


ähnlich wie bei organischen Verbindungen an den Stellen der 
Doppelbindung (Steigmann, Diss. Fft. 1923). Als wichtige Kom- 
ponente photographischer Emulsionen wurde auch noch die Gelatine 
in orientierenden Versuchen in die vorliegende Arbeit einbezogen. 
Wir sind aber mit unseren Untersuchungen aus vorläufigem Mangel 
an den notwendigen verschiedenartigsten Emulsionsgelatinen noch 
nicht zum Abschluß gekommen. Da es in den Komponenten der 
Gelatine an aktivierbarem Wasserstoff nicht fehlt und da die Ge- 
latine ganz besonders stark vom Halogensilber adsorbiert wird, ist 
sie als sehr wirksamer Sensibilisator zu betrachten, aus welchem 
sich das blauviolett bzw. ultraviolett erregte Halogensilber den 
zu seiner Lichtreduktion nötigen Wasserstoff holt. Die Eigen- 
empfindlichkeit der Gelatine steht aber hinter derjenigen wichtiger 
sensibilisierender Farbstoffe, z. B. hinter der des Pinaflavols, zurück, 
wofür beweisend ist, daß die Allgemeinempfindlichkeit reiner Silber- 
nitratgelatine, hinter derselben Silbernitratgelatine mit Pinaflavol 
zurücksteht. Wenn man also schon annehmen möchte, Gelatine 
würde durch ihre hohe Eigenempfindlichkeit das Silbernitrat sensi- 
bilisieren, so ınüßte man dennoch zugeben, daß der Farbstoff seiner- 
seits wieder empfindlicher ist als die Gelatine. 

Nun ist aus den photochemischen Gerbeversuchen der Gelatine 
mit sensibilisierenden und desensibilisierenden Farbstoffen zu 
schließen, daß die Gelatine dehydriert wird. Sie verhält sich also 
wie ein AÄusbleichsensibilisator, dessen Wasserstoff vom licht- 
empfindlicheren Silbernitrat aktiviert wird, wobei sich der be- 
sonders energiereiche Silbernitratlichtkörper reduziert. Die Richtig- 
keit dieser Anschauung wird durch die Untersuchungen von 
S. F. Sheppard (Eastman Labor 1925) über den sensibili- 
sierenden Bestandteil der Gelatine bestätigt, insofern als der von 
Sheppard gefundene sensibilisierende ammoniakalische Gelatine- 
bestandteil (Allylthioharnstoff) ein vorzüglicher Ausbleichsensibili- 
sator ist. 

Wenn Gelatine oder einzelne ihrer Bestandteile besonders 
günstigen Einfluß auf die Empfindlichkeit einer Halogensilber- 
emulsion haben, so scheint das nach unseren bisherigen Versuchen 
nicht an einer hohen Eigenempfindlichkeit der genuinen oder mit 
Ammoniak behandelten Gelatine zu liegen, sondern an der mehr 
oder minder ausgeprägten Fähigkeit der Gelatine bzw. ihrer Ammo- 
niak- oder Siedeabbauprodukte, die empfindlichkeitssteigernden 
Reifungsreduktionskeime in der richtigen Art und Dosierung zu 


30 Kögel und Steiomann. 
bilden. Die von uns fortgeführten Untersuchungen werden wir in 
einer Spezialarbeit besprechen. 


In weiteren Überlegungen haben wir versucht, uns über das 
Wesen der Wasserstoffaktivierung und der Lichtempfindlichkeit 
Klarheit zu verschaffen und wir sind zu der berechtigten Vermutung 
gekommen, daß die Lichtempfindlichkeit erst zum Ausdruck kommt, 
wenn ein Sensibilisator vorhanden ist, von dessen Wasserstoffatomen 
wenigstens eines aktiviert werden kann. Damit die volle Licht- 
empfindlichkeit eines Körpers voll zur Geltung kommt, scheint es 
weiterhin nötig zu sein, daß der sensibilisierende Körper seinen 
Wasserstoff an den belichteten Körper sehr leicht abgibt. Ob der 
Wasserstoff leicht abgegeben wird, scheint jedoch nicht allein vom 
Sensibilisator, sondern auch vom lichtempfindlichen sensibilisierten 
Körper abzuhängen. Es scheinen zwischen beiden ähnliche Be- 
ziehungen bestehen zu müssen, wie zwischen Ferment und fermen- 
tiertem Substrat. Je mehr Sensibilisator und sensibilisierte Substanz 
in ihrem Bau einander angepaßt sind, „wie Schloß und Schlüssel“, 
um so leichter werden sie im Lichte miteinander reagieren, um so 
lichtempfindlicher wird sich das System praktisch erweisen. Durch 
den Versuch ist diese Anschauung insofern gestützt, als ein guter 
Sensibilisator für Methylenblau, beim Ausbleichen von Eosin von 
einem weniger guten Methylenblausensibilisator übertroffen werden 
kann. P 


Nach allen bisherigen Betrachtungen bleibt immer noch die 
Frage offen: Wie kommt die Wasserstoffaktivierung durch die licht- 
empfindlichen Substanzen zustande? Wir müssen annehmen, daß 
der lichtempfindliche Körper im Licht, das er absorbiert in einen 
energiereicheren Lichtkörper übergeht. Dabei ist es nicht aus- 
geschlossen, daß in manchen Fällen vorübergehend sehr labile, 
wenigstens bei Anwesenheit von Sensibilisatoren sehr labile, Per- 
oxyde entstehen, z. B. aus Bichromat Überchromsäure?). Unmöglich 
scheint es uns allerdings, auch für belichtetes Bromsilber und 
Farbstoffe, die Bildung analytisch und konstitutionell unbekannter 
Peroxyde anzunehmen. Wir bescheiden uns daher mit der Be- 
zeichnung „Lichtkörper“, die besagen soll, daß aus lichtempfindlichen 
Stoffen durch Bestrahlung energiereichere und besonders reaktions- 
fähige, zur Reduktion (Hydrierung) disponierte Körper entstehen, die 


1) Kögel, Photogr. Korresp. 57. 88. 1920. 
3) Ch. Winther, Zeitschr. f. wiss. Photogr. 9. 231. 1911. 


Bertele. Ein neues lichtstarkes Objektiv. 31 


mangels anderer Sensibilisatoren den zur Hydrierung nötigen 
Wasserstoff auch dem Wasser (Feuchtigkeit) oder den Hydroxylionen 
wäbriger Alkalilösungen entnehmen werden. Daß es gerade der 
Wasserstoff der Hydroxylgruppe des Wassers ist, schließen wir 
daraus, daß es bei der Dehydrierung der Alkohole zu Aldehyden 
(Wielandsche Studien) und der Aldehyde zu Säuren, stets der 
Wasserstoff der Alkoholgruppe bzw. der Hydroxylgruppe des not- 
wendig feuchten, hydratisierten Aldehydes, z. B. des Acetalde- 
hydes ist, der von der hydrierbaren Substanz, als welche ebensogut 
wie Sauerstoff auch ein anderer hydrierbarer Körper, z. B. Chinon 
oder Methylenblau fungieren kann, fortgenommen wird. Die photo- 
chemische Sensibilisierung von Silbersalzen durch Alkalien und die 
von Fajans und Frankenburger beobachtete Rotsensibilisierung 
durch Alkalihydroxyde dürfte wohl ebenfalls eine Bestätigung 
unserer Anschauung sein, daß es beim Wasser die Wasserstoffatome 
der Hydroxylgruppe sind, welche von den Lichtkörpern der 
lichtempfindlichen Substanzen aktiviert werden. 


Eingegangen am 8. September 1925. 


Ein neues lichtstarkes Objektiv. 
Von 
Ludwig Bertele. 
Mit 9 Figuren im Text. 


Die Ernemann-Werke, Dresden, fabrizieren seit kurzem ein 
Objektiv höchst erreichbarer Lichtstärke, das im Gegensatz zu an- 
deren, früher bekannt gewordenen lichtstarken Objektiven infolge: 
der gleichzeitig erreichten, einwandfreien Bildqualität sich vorzüglich 
für photographische und mikrophotographische Zwecke, sowie für 
Projektion, speziell Mikroprojektion eignet. Das Objektiv kommt 
unter dem Namen Ernostar in den Handel und ist durch ver- 
schiedene In- und Auslandspatente geschützt. 

Im folgenden soll der Aufbau des Objektivs und sein Korrek- 
tonszustand dargelegt werden. 

Von einem Objektiv höchster Lichtstärke mit universeller Ver- 
wendbarkeit muß man verlangen: l 


32 Bertele. 


I. eine vorzügliche Bildschärfe über das ganze Plattenformat 
ohne jeden Randabfall; 

2. bei Abblendung eine Bildschärfe, die mindestens ebenso groß 
ist, wie bei den besten Objektiven in der der Abblendung ent- 
sprechenden Lichtstärke. | 

Bei der Lichtstärke 1: 1,8 und 1:2,0 bilden die von einem 
Objektpunkt ausgehenden Büschel nach dem Durchgang durch das 
Objektiv einen Konvergenzwinkel von etwa 30°, woraus sich ergibt, 
daß der Zerstreuungskreis gleich der Hälfte der Längsaberration ist, 
während z. B. bei der Öffnung 1:4,5 die Büschelkonvergenz etwa 
12,50 ist und somit der Zerstreuungskreis nur mehr !/, der Längs- 
aberration beträgt. Um auf dieselbe Bildschärfe zu gelangen wie 
bei lichtschwächeren Objektiven, war es also notwendig, einen Ob- 
jektivtyp zu schaffen, mit dem bedeutend geringere Längsaberration 
erreicht werden konnte, als dies bis jetzt mit irgendeinem Objektiv- 
typ möglich war. 


In den Grundzügen ist dieser Objektivtyp durch vier in Luft 
stehende Glieder gekennzeichnet, wovon eines zerstreuend wirkt und 
von den übrigen drei sammelnden Gliedern derart umfaßt wird, daß 
zwei sammelnde vor dem Negativglied und ein sammelndes Glied 
hinter demselben angebracht sind. Zur vollkommenen Korrektion 
sind Kittflächen in den einzelnen Gliedern angebracht. Dieser neue 
Objektivtyp (Fig. I) weist acht Flächen gegen Luft auf im Gegen- 
satz zu lichtschwächeren Objektiven, wie z. B. solchen, die nach dem 
Tessar- und Triplettyp gebaut sind. M. E. ist es nicht möglich, bei 
Anwendung von Kugelflächen ein aus drei in Luft stehenden Glie- 
dern bestehendes Objektiv so zu korrigieren, daß eine einwandfreie 
Bildqualität herbeigeführt wird, wie man sie von den lichtschwächeren 
Objektiven gewöhnt ist. Wenn auch durch Hinzufügen einer in Luft 
stehenden Linse sich die Zahl der Reflexe vermehrt und ein Licht- 
verlust von 9°/, eintritt gegenüber einem Objektiv derselben Licht- 
stärke, welches nur aus sechs Flächen besteht, so wird dieser geringe 
Lichtverlust doch um ein Vielfaches wieder ausgeglichen durch die 
bessere Strahlenvereinigung in dem neuen Typ und durch die da- 


Ern neues lichtstarkes Objektiv. 33 


— e EE Un LE nn EE nn nn aà 


mit hervorgerufene Bildbrillanz. Ganz abgesehen davon, ist es voll- 
kommen bedeutungslos für die Lichtstärke eines Objektives, ob es 
oi. mehr oder weniger durchläßt. Im Öffnungsverhältnis ausgedrückt 
würde das Objektiv in seiner Lichtstärke durch das Hinzufügen dieser 
vierten freistehenden Linse gegenüber einem dreigliedrigen Objektiv 
in der Lichtstärke von 1:1,8 auf 1: 1,88 herabgedrückt sein. 


Mit dem soeben beschriebenen Objektivtyp ist es gelungen, 
nach Einfuhrung einer sammelnden Kittfläche, welche im ersten, 
zweiten oder dritten Glied untergebracht sein kann und so gelegt 
bzw. gekrümmt ist, daß die achsenparallelen Randstrahlen an ihr 


Ny Ng 
ge HÄ ar D , 
, / —— Sphär. Aberration 
| | -- Sinusbedingung 
-4-1:27 En GT 


»0,6 .oS. -O08 +08 .oS +05 
Sphär.Aberration-Sinusbedingung. 


Der Schnittpunkt des parallelen Achsenstrohlen- 
büschels is! der Moordinatennullpunkf. 


eine stark sammelnde Brechung bei geringer Exponentendifferenz 
erfahren, die sphärische Aberrationskurve vollkommen gestreckt ohne 
die geringsten seitlichen Ausbuchtungen zu erhalten, d. h. die Längs- 
aberration ist für jede Einfallshöhe und für jede Farbe annähernd 
Null (Fig. 2 und 3) Durch diese Korrektion der sphärischen Aber- 
ration wird eine einwandfreie Abbildung in der Bildmitte erzielt und 
de größtmöglichste Schärfe bei jeder Abblendung erreicht, die über- 
haupt durch ein photographisches Objektiv erzielt werden kann. 
Vom Standpunkt der geometrischen Optik aus, ist es sehr interessant, 
dab es möglich ist, die sphärische Aberrationskurve zu strecken, 
denn dies hat bis jetzt kein Objektivtyp bei dieser Öffnung und bei 


Anwendung von Kugelflächen gestattet. In den nebenstehenden 
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 3 


34 Bertele, 


Figuren, die sich, wie alle folgenden, auf die Brennweite roo be- 
ziehen, soll schematisch gezeigt werden: Der Verlauf der sphärischen 
Aberration beim Ernostar (Fig. 2 und 3) und bei einem Objektiv 
nach dem Triplettyp (Fig. 4). Die Ausbuchtungen der Kurve bei 
dem Triplet betragen etwa 6°/,, der Brennweite und ergeben bei 
dem Öffnungsverhältnis 1:4,5 einen Zerstreuungskreis von 1°/,, der 
Brennweite. Würde dagegen der Ernostar mit seiner Öffnung 1: 1,8 
dieselbe Aberrationskurve aufweisen, so würde infolge des größeren 
Konvergenzwinkels der Büschel der Zerstreuungskreis 3°/,, der Brenn- 
weite betragen, also bei einer Brennweite von 100 0,3 mm, eine 
Abweichung, die nicht mehr zulässig ist. 


Eine weiter zu überwindende Schwierigkeit war die Beseitigung 
der Bildwölbung, was bei zunehmendem Öffnungsverhältnis äußerst 


a de a fe 
Astigmatismus 
---- merid. Abweichung 


sagittale e 


große Schwierigkeiten bereitet. Die Erzielung einer Bildebnung be- 
dingt den eigenartigen Bau des Ernostars, welcher darin besteht, 
daß vor dem Negativglied zwei stark sammelnde Glieder angebracht 
sind, welche eine kräftige Einschnürung der Lichtbüschel an der 
Negativlinse bewirken. Durch diesen Aufbau ist trotz der großen 
Öffnung die Bildebnung genau so streng durchgeführt wie bei den 
lichtschwachen Objektiven. In der Erzielung einer Bildebnung unter- 
scheidet sich der Ernostar am auffälligsten gegenüber anderen licht- 
starken Objektivtypen. Die Bildebnung erstreckt sich bei dem 
Ernostar 1:2 auf 45°, bei dem Ernostar 1:1,8 auf Sol, d. h. eine 
Brennweite von 85 genügt, um ein Format von 4!/, X 6 auszu- 
zeichnen, das Format 6!/, x 9 benötigt eine Brennweite von 125 
und 9X ı2 eine Brennweite von 165. Im Anschluß daran soll be- 
sonders betont werden, daß die Neuartigkeit der Konstruktion nicht 
in der Erzielung einer großen Lichtstärke zu suchen ist, denn diese 


Ein neues lchistarkes Objektiv. 35 


hat Zinken-Sommer bei Voigtländer im Jahre 1870 bereits er- 
reicht, sondern in der Kombination: große Lichtstärke, vorzügliche 
Mittenschärfe und durch Beseitigung der Bildwölbung Randschärfe 
bis ın die äußersten Ecken. Fig. 5 illustriert den Verlauf der Bild- 
wolbung im meridionalen und sagittalen Schnitt. 

Der eigenartige Aufbau des Objektivs, welcher, wie schon er- 
wähnt, zur Beseitigung der Bildwölbung notwendig ist, bedingt bei 


HKomakurve für 12° 


den größten Öffnungen die Einführung einer weiteren stark chroma- 
tisch uberkorrigierenden Kittfläche möglichst in einem der beiden 
sammelnden Vorderglieder, da sonst die alleinstehende Negativlinse 
unmöglich die von beiden sammelnden Vordergliedern erzeugte 
chromatische Unterkorrektion aufheben und eine chromatische Über- 


1 Komakurve für 16,7° 


korrektion im dritten Luftraum herbeiführen könnte, was notwenig 
ist, um den Farbenvergrößerungsfehler zu beseitigen. 

Auf die Korrektion der Koma ist großer Wert gelegt worden, 
da die Beseitigung des Astigmatismus für den Hauptstrahl allein 
bei dieser großen Öffnung keine Gewähr bietet, daß die Randschärfe 
genügend gut ist. Fig. 6 und 7 zeigen den Verlauf der Koma- 
strahlen für einen Neigungswinkel von 12,0° und 16,7° in der Weise, 
dab der Koordinatennullpunkt den Durchstoßungspunkt des Haupt- 

3" 


36 Bertele. 


strahles np mit der Bildebene darstellt und dann nach rechts und 
links als Abszisse die Tangenten der Austrittswinkel der schiefen 
Strahlen mit der optischen Achse nach dem Durchgang durch das 
Objektiv eingetragen sind. Als Ordinate ist die Abweichung der 
Durchstoßungspunkte der oberen bzw. unteren Komastrahlen vom 
Durchstoßungspunkt des Hauptstrahls eingetragen. Rechts von der 
Ordinate ist der Verlauf der unter dem Hauptstrahl einfallenden 
Strahlen gekennzeichnet. Diese Art der Aufzeichnung gibt einen 
sehr anschaulichen Verlauf der Koma und gleichzeitig gibt sie Auf- 
schluß über den Astigmatismus jedes einzelnen schiefen Strahls, da 
der Tangens des Winkels, den die an einen Punkt der Kurve ge- 


Fig. 8. 


legte Tangente mit der Abszisse bildet, die Entfernung des meri- 
dionalen Schnittpunktes von der Einstellebene darstellt. 

Die Tiefenschärfe nimmt naturgemäß mit wachsender Öffnung 
ab. Es liegt dies an der zunehmenden Konvergenz der Büschel, 
die bei gleicher Verschiebung der Mattscheibe gegenüber einem 
lichtschwachen Objektiv die Zerstreuungskreise ungleich mehr an- 
steigen läßt. Man kann der Verlängerung der Tiefenschärfe in- 
sofern entgenarbeiten, als man sich auf die kleineren Brennweiten 
beschränkt. Diese Aufnahmen lassen sich dann mehrmals ver- 
größern, ohne große Unschärfe mit in Kauf nehmen zu müssen, da 
der Ernostar infolge des großen Auflösungsvermögens den Bildern 
eine große Brillanz verleiht. Wird eine sehr große Tiefenschärfe 
verlangt, so muß das Objektiv abgeblendet werden, und dann äußert 
sich der gewaltige Vorzug der Korrektion des Ernostars gegenüber 
anderen lichtstarken Objektiven durch die Erzielung einer Bild- 
brillanz, die durch kein Objektiv, auch nicht durch lichtschwächere 


Ein neues lchistarkes Objektiv. 37 


Objektivtypen, mehr zu überbieten ist, weil, wie wir vorher erwähnt 
haben, die Aberrationsreste durch Streckung der Aberrationskurve 
vollkommen beseitigt sind. Ein Ernostar 1:2,0 und 1:1,8 auf 
1:4,5 abgeblendet, ergibt eine Bildschärfe, die qualitativ ebenso 
sein muß, wie die Bildschärfe von jedem anderen Objektiv mit 
dem größten Öffnungsverhältnis 1:4,5. Aus diesem Grunde muß 
der Ernostar 1: 1,8 und 1:2,0 als ein Universalobjektiv betrachtet 
werden, da in einem einzigen Objektiv die vorzüglichsten Objektive 
jeder Lichtstärke vereinigt sind. Die Tiefe selbst ist bei dieser 
Korrektion bei voller Öffnung relativ größer als beim Vergleich 
mit anderen Objektivtypen derselben Lichtstärke, da infolge der 


vollkommen beseitigten Aberrationsreste keine Zerstreuungskreise 
bei Scharfeinstellung vorhanden sind. Somit kann eine bestimmte 
Objekttiefe bereits vorhanden sein, bis die Unschärfe die Größe er- 
reicht, die den anderen Objektiven infolge der Aberrationsreste 
schon von vornherein anhaftet. Es ist selbstverständlich, daß die 
Tiefenschärfe bei Abblendung des Ernostars der eines der Abblendung 
entsprechenden Objektivs größter Öffnung mindestens gleichkommt. 
Die Tiefenschärfe muß eher größer sein, infolge des Wegfalls der 
Äberrationsreste aus dem schon oben angeführten Grunde. 

Die Verzeichnung hält sich in den üblichen Grenzen und ihr 
Korrektionszustand bietet kein weiteres Interesse. 

Die starke Einschnürung der Lichtbüschel durch die beiden 
vorderen sammelnden Glieder gestattet, die beiden letzten Linsen, 
welche durch einen großen Luftraum getrennt sind, ohne Auftreten 
einer Vignettierung sehr klein zu machen, wodurch es ermöglicht 


38 Bertele. 


wird, das Objektiv in gewöhnliche Handkameras einzubauen, da es 
nicht notwendig ist, den Schneckengang in dem Durchmesser der 
Vorderlinsen herzustellen. Eine erhöhte Stabilität der Kamera als 
jetzt üblich, ist nicht notwendig, da bei der kurzen Schnittweite 
des Objektivs die Auszugslängen sehr kurz werden. 

Das Anwendungsgebiet des Ernostars ist zunächst das Feld 
der allgemein üblichen photographischen Betätigung, da er infolge 
seiner weitgehendsten Bildfehlerkorrektion bei entsprechender Ab- 
blendung jedes lichtschwächere Objektiv ersetzen kann. Bei voller 
Öffnung erschließen sich neue Aufnahmemöglichkeiten. So lassen 
sich viele Aufnahmen, bei denen es nicht auf allzu große Tiefe an- 
kommt oder wo geringe Tiefenschärfe künstlerische Wirkungen 
hervorruft, als Momentaufnahmen bei schwachem Licht bewerk- 
stelligen. Weiter werden die Belichtungszeiten in Innenräumen bei 
trübem Tageslicht oder bei künstlicher Beleuchtung auf ein kleines 
Maß herabgedrückt. 

Neuartig ist das Gebiet der Theateraufnahmen. Bei einer 
hell erleuchteten Bühne ist es möglich, während der Vorstellung 
das Spiel der Schauspieler im Moment auf der Platte festzuhalten. 

Die größte Anregung wird die Photographie in natürlichen 
Farben durch den Ernostar erhalten. Infolge seiner hohen Licht- 
stärke, der exakten chromatischen Korrektur eignet sich das Ob- 
jektiv ganz besonders dazu. Im Sommer bei Sonnenschein gelingt 
es damit, Momentaufnahmen von !/iẹ bis !/,, Sekunde in natür- 
lichen Farben zu bewerkstelligen. Es ist nun möglich, das bunte 
Leben auf den Straßen, Kinder oder Tiere im Freien ohne Gefahr 
einer Unschärfe durch Verwackeln aufzunehmen. 

Die Kinematographie wird durch Anwendung des Ernostars 
ebenfalls sehr gefördert. Die hohe Lichtstärke gestattet noch 
dann Aufnahmen, wenn die anderen Objektive wegen schlechter 
Lichtverhältnisse versagen. Auf die Tiefenschärfe braucht infolge 
der kurzen Brennweite keine so große Rücksicht genommen zu 
werden. 

Für die Mikroskopie ist der Ernostar von Bedeutung, und zwar 
für die Beobachtung ausgedehnter Objekte. Die photographische 
Darstellung war bei den augenblicklichen Hilfsmitteln nicht gut 
möglich, weil die üblichen Mikroobjcktive ein zu stark gewölbtes 
Bildfeld besitzen und ferner die den Objektiven anhaftenden 
ÄAberrationsreste bei einer derart starken Vergrößerung kein ge- 
nügend scharfes und kontrastreiches Bild erzeugen. 


Ein neues lichtstarkes Objektiv. — Bücherbesprechungen. 39 


Beide Bildfehler, das stark gewölbte Bildfeld und störende 
Aberrationsreste sind bei dem Ernostar beseitigt, weshalb es jetzt 
ohne weiteres möglich ist, bei Anwendung einer hohen numerischen 
Apertur ein vollkommen ebenes und scharfes Bild auch bei einer 
starken Vergrößerung zu erhalten. 

Neue Perspektiven öffnen sich durch den Ernostar 1:1,8 und 
1:2,0 auf dem Gebiet der Röntgenphotographie und Röntgenkine- 
matographie. Die hohe Lichtstärke bietet die Möglichkeit, das 
Fluoreszenzbild auf dem Schirm in kürzester Zeit photographisch 
zu erfassen. 


Dresden, den 5. November 1925. 


Eingegangen am 8. November 1925. 


Bücherbesprechungen. 
Photographie. 


Hans Harting, Photographische Optik. 2. Aufl. des „Optischen 
Hilfsbuchs für Photographierende“. Berlin 1925, Union Deutsche 
Verlagsgesellschaft. 


Die vorliegende neue Bearbeitung des bekannten und beliebten 
Hartingschen Hilfsbuchs bildet einen Teil der im Erscheinen be- 
griffenen Neuauflage des Vogelschen „Handbuchs der Photographie“, 
Oe Erich Lehmann herausgibt. Den Abschnitten über geometrische 
Optik, über die Leistungsfähigkeit der Objektive und über deren Prüfung, 
die von der ersten Auflage her allgemein bekannt sind und hier in 
sorgsam durchgearbeiteter Form erscheinen, sind neu angeschlossen ein 
Kapitel über den optischen Vorgang bei der Vergrößerung sowie ein 
Anhang, der die zur Durchrechnung eines optischen Systems erfurder- 
lichen Formeln enthält, mit deren Hilfe der Leser selbst sich rechnerisch 
über die Leistungsfähigkeit eines Objektivs informieren kann. Des Ver- 
fassers überaus klare Darstellungsweise, die schon in der ersten Be- 
arbeitung allenthalben zu Tage trat, wird dieser Neuauflage den Inter- 
essentenkreis bewahren und erweitern. K.Schaum. 


R. Ed. Liesegang, Der photographische Prozeß; Photo- 
graphie und Röntgenographie. Frankfurt a/M. 1925, Keim 
und Nemrich. 

Dieses dem Sammelwerk „Radiologische Praktika“ angehörende 
küchlein bringt von dem um die photograplissche Forschung hoch- 
verdienten Verf. in allgemeinverständlicher Ausdrucksweise gehaltene 
Darstellungen für den Negativ- und Positivprozeß, die geeignet sind, 


40 Bücherbesprechungen. 


den nachdenklichen Praktiker zu sachgemäßem Arbeiten und gegebenen- 
falls zur Verbesserung seiner Methoden anzuleiten, sowie den Forscher 
zur Bearbeitung der zahlreichen noch ungelösten photographischen 
Probleme anzuregen. K. Schaum. 


F. E. Ross, The Physics of the developed photographic 


image, New York and Rochester 1924, van Nostrand Co., Eastman 
Kodak Co. ze 


Der bekannte wissenschaftliche Mitarbeiter der Kodak-Werke hat 
in diesem der Sammlung „Monographs on the theory of photography 
(herausgeg. von C. E. K. Mees und Elsic L. Garvin) angehörenden 
sand (Nr. 5) die besonders im Kodak-Laboratorium gewonnenen For- 
schungsergebnisse über das Silberkorn, über die Kornstruktur des Nega- 
tivs, über photographische Photometrie in der Astronomie, über Ab- 
bildungsschärfe und Auflösungsvermögen, über die gegenseitige Beein- 
flussung benachbarter Schwärzungen, über Schichtverziehungen u. a. 
unter Beifügung wertvollen Materials an Mikrophotographien, Tabellen 
und Kurven zusammengestellt. K. Schaum. 


Angewandte Optik. 


Fritz Löwe, Optische Messungen des Chemikers und des 
Mediziners. Dresden und Leipzig 1925, Th. Steinkopfl. 


Es ist dem Berichterstatter eine ganz besondere Freude, die vor- 
liegende ausgezeichnete Schrift, die den 6. Band der von B. Rassow 
herausgegebenen „Technischen Fortschrittsberichte‘“ darstellt, anzeigen 
zu können; sie stellt ohne Frage eine der wertvollsten Erscheinungen 
der Neuzeit auf dem Gebiet der angewandten Optik dar. In dem Ab- 
schnitt „Spektroskopie“ werden vornehmlich die quantitativen Methoden, 
besonders die für Emissionsspektralanalysen in Frage kommenden Ver- 
fahren von Hartley, Leonard, Pollok und de Gramont eingehend 
erörtert; dadurch wird dem Chemiker, in erster Linie dem Mineral- 
analytiker, dem Metallographen u. a. eine Arbeitsweise erschlossen, die 
bisher — wenigstens in Europa — fast unbekannt geblieben war, aber 
bei sachgemäßer Anwendung die besten Ergebnisse erwarten läßt. Ein 
weiterer Abschnitt behandelt die „Refraktometrie“, der dritte und letzte 
die „Interferometrie“. In allen Kapiteln erörtert der Verf., gestützt auf 
eigene Forschertätigkeit und auf reichste Erfahrungen, die seine erfolg- 
reichen Arbeiten im Zeiß-Werk ihm vermittelt haben, die theoretischen 
Grundlagen, die Konstruktionseinzelheiten der Apparate und die An- 
wendbarkeit der Verfahren auf den verschiedensten Gebieten chemischer 
Untersuchungen. Wenn auch dem Charakter der Sammlung ent- 
sprechend die technischen Aufgaben eine vorzugsweise Behandlung er- 
fuhren, so ist doch für den rein wissenschaftlich Arbeitenden eine solche 
Fülle von Anregungen in dem vorliegenden Buche enthalten, daß es 
ein unentbehrliches Hilfsbuch auch für Physiker und Physikochemiker 
werden wird. K. Schaum. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen, 


Heft 2 u. 3. 


$ 0 ZEITSCHRIFT 


| wissenschaftliche Photographie 
Photophysik und Photochemie 


| Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen 
insbesondere von 


H. Kayser 


o em, Professor an der Universitat Bonn 
herausgegeben von 


K. Schaum 


o 6, Professor an der Universität Gießen 


Mit einer Tafel 


1926 
Verlag von Johann Ambrosius Barth in Leipzig 


- | Salomonstraße 18b 


AED 
W 8 e 


ER 


Ká 7 hrift werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuch- 
ro Sea, , Abonnementspreis beträgt pro Band im In- und Ausland Rm. 24:—, 
aun Cremmer Porto im Inland Rm. 24.80, im Ausland Rm, 25.20. 


März 1926 


u ET E EE Onainaldrbeiisn, 


Hugo. Maria Kellner; Photographische Photometrie mit intermittierender 
Belichtung vom RENGER eines neuen NENNEN Mit 3 Figuren WI 
be Beat... U), N e LN 
Hugo Maria Klee) Der Einfluß ua Erhitzung auf die Kigadachaiten ` 
photographischer Trockenplatten, Mit ı Figur im Text und 5 Figuren a 
ER el er Ke e ` éi er a OSER 
Hugo Maria Kellner. Voraussetzungen einer award phötberaphischie 
Spektralphotometrie , . . Dee ET, 
 Photometische und Weiber eg Studien. V. 
Karl Schaum und Hugo Maria Kellner, Ein Röhrenphotometer für dä 
die Spektralphotometrie im Ultraviolett, Mit 7 Figuren im Text. . . . 85 
Chr. Winther und E. H, Mynster, Ein neues Ultraviolettfilter. Mit 3 Figuren 
RE N de Narr a E Me Auer ENTE Ra ee er, ab, ee 


—m_ Z——— i aM gegen — ———__ 


Anfragen und TERN RETEN sind zu richten an 
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. a 
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie € er S 
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständig 
Berichterstattung möglich ist, 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere 
ENGEREN welche vom E EE werden, 


aam — _  — ng —— <- 
m E — — pu ` ~ e a SES J e E —— Zus 


GLOBOSKO 


Modell 1925! 


Ein neuer Apparat 
mit 2 tausendkerzigen Glühlampen 
zur Projektion von 


Papierbildern 
(namentlich Buchabbildungen u. dere) E 
von geradezu 


glänzender Leistung! 1 


„....„......... “.......——......nn..„...en.s 


Dieser Apparat weist eine erstaunliche Bild- 
helligkeit bei geringem Stromverbrauch, ein- 
fachster Handhabung und mäßigem Preis auf. 
Er kann auch in größeren Hörsälen als über 7° 
legener Ersatz für ein großes Bogen- f 
lampen-Episkop Verwendung finden, — 1 
“......,.,.nnnn.nnnn..nntnetee RN A $ A > 


Listen 


“een 


H 


Digitized by Google i 


Zeiticrift für willenichaftlidie Photographie, 
Photophylik und Photodiemie 


XXIV. Band. 1926. Heft 2 u. 3. 


Photographische Photometrie mit Intermittisrender Belichtung 
vom Standpunkt eines neuen Schwärzungsgesetzes. 


Von 
Hugo Maria Kellner. 
Mit 3 Figuren im Text. 


L Die Stellung intermittierender Belichtung im Rahmen eines 
allgemeinen Schwärzungsgesetzes. 

Intermittierende Belichtung wird gewöhnlich mit Hilfe eines 
rotierenden Sektors erreicht. Ein solcher besteht im wesentlichen 
aus einer in den Strahlengang eingeschalteten, sich drehenden 
Scheibe, die einen sektorförmigen Ausschnitt trägt, dessen Größe 
verändert werden kann oder in einer Kombination mehrerer Aus- 
schnitte. Seine ausgedehnte Verwendung bei den subjektiven Me- 
thoden der Photometrie verdankt er dem Umstand, daß die durch 
ihn für das Auge erreichte Lichtschwächung nach einer von Talbot 
gewonnenen Erkenntnis der einfachen Beziehung 

J geschwächt a 


Ja ungeschwäichtt 360° 

(x ist der Öffnungswinkel des Sektors) folgt, was bedeutet, daß das 
Auge den Lichteindruck' von A, den es doch tatsächlich nur während 
der Zeit erleidet, während welcher der Strahlengang durch den 
Ausschnitt freigelassen wird, so empfindet, als wenn die während 
einer Periode ins Auge gelangte Lichtmenge über die ganze Periode 
gleichmäßig verteilt gewesen wäre. Das für den vorliegenden Zweck 
in Frage stehende Problem war nun folgendes, ob dieses für den 
physiologischen Sehprozeß gültige Gesetz der Wirkungsweise inter- 
mittierender Belichtung auch für den EISES Licht- 
wirkungsprozeß Gültigkeit habe. 

Die hierüber in der Literatur(1) geäußerten Ansichten gehen 
weit auseinander. 

Keine, gegenüber kontinuierlicher Beiichtung abweichende 


Wirkung stellen die Gebrüder Lumiere(2), Weber(3), Simon(4), 
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 4 


42 Kellner. 


Scheiner(5) und Howe(6) fest. Dagegen finden beträchtliche, mit 
der Art der Versuchsbedingungen wechselnde Unterschiede Abney(7), 
Englisch(8), Schwarzschild(g), Eder(r0),, Sheppard und 
Mees(11) und Odencrants(ı2. Doch erklärte keiner dieser 
Forscher die gefundenen Resultate von einem einheitlichen Gesichts- 
punkt aus. Schon ihre Ausgangsfragestellung war meist eine schiefe, 
indem sie nachzuweisen oder zu widerlegen suchten, daß inter- 
mittente Belichtung gegenüber kontinuierlicher eine Schwächung 
hervorruft, was, wie wir später sehen werden, das Wesen der Sache 
gar nicht erfaßt. 


Was nun die Ansicht der zuerst angeführten Autoren betrifft, 
so wäre zunächst zu prüfen, was allerdings in den meisten Fällen 
mangels genauerer Angaben nicht möglich ist, ob sie auch mit der 
nötigen Genauigkeit gearbeitet haben, um die in gewissen Fällen 
nur geringen Unterschiede sicher erkennen zu können, was von 
vornherein nicht unbedingt zu bejahen ist, da der Martenssche 
Dichtenmesser, mit dem genauere Schwärzungsmessungen ausgeführt 
werden können, noch nicht lange existiert. 

Die zweite Ansicht umfaßt jedenfalls den allgemeineren Fall, 
aus der sich in Spezialfällen die erste ergeben kann. An diese und 
die Prüfung ihrer Ergebnisse hat man sich also zu halten, will man 
eine allgemeine Gesetzmäßigkeit finden. 

Am systematischsten sind die Untersuchungen von Eng- 
lisch(8) und Schwarzschild (9). 

Englisch faßt seine Resultate folgendermaßen zusammen: 

I. Intermittente Belichtung gibt weniger Effekt als kontinuierliche. 

2. Der Wirkungsgrad, d h. das Verhältnis 


Zeit bei kont, Belichtung 
Zeit bei intermitt. Belichtung ’ 


um gleiche Schwärzung zu erzielen, nimmt ab 
mit der Intensität des wirkenden Lichtes, 
mit der Zunahme der Pausenlänge zwischen den Partialbelich- 
tungen, 
mit der Vermehrung der Partialbelichtungen bei gleichbleibender 
Gesamtbelichtungsdauer, 
mit der Abnahme der Empfindlichkeit der Platte, 
3. Die Empfindlichkeit einer Emulsion besitzt keinen bestimmten 


Wert, denn sie ist eine Funktion der zugeführten Lichtmenge. 
Schwarzschild findet: 


Photographische Photometrie mit iniermiltierender Belichtung usw. 43 


1. bei bestimmtem Verhältnis g = 


suchsdauer von wenig Einwirkung, 

2. die Schwächung wächst mit g, 

3. wenn g sich ı nähert, ist nur wenig Schwächung zu be- 
merken, 

4. für g = 23 (entspricht einem Sektor von 15%) erhält man 


eine bedeutende Schwächung, die um so größer wird, je kürzer die 
Zeit für eine Belichtung + eine Pause und je kleiner die wirkende 
Intensität ist. Ist die Energiemenge dem Schwellenwert nahe, so 
findet man nur wenig Schwächung. 

Eine Diskussion dieser Resultate wird erst später erfolgen. 
Wie wir dann sehen werden, haben die betreffenden Autoren als 
Unterscheidungsmaßstab kontinuierlicher und intermittenter Be- 
lichtung Größen gewählt („Schwächung‘“, „Wirkungsgrad‘“‘), die recht 
komplexer Natur sind, woran es liegen mag, daß sie zu einer ein- 
heitlichen Erklärung ihrer Ergebnisse nicht gelangt sind. 

Eine solche ist eben nur dann möglich, wenn die allgemeine 
Gesetzmäßigkeit aufgefunden ist, die die Beziehung zwischen einer 
wirkenden Lichtintensität f und einer angewandten Belichtungs- 
dauer # und der dadurch hervorgerufenen photographischen Schwär- 
zung in allen Fällen, also unabhängig von der speziellen Versuchs- 
anordnung, regelt; kontinuierliche und jede Art intermittenter Be- 
lichtung müssen sich demnach in gleicher Weise diesem Gesetze 
fügen Umgekehrt können uns Beobachtungen über die Ver- 
anderung einer Variablen, z. B. der Schwärzung, mit der Versuchs- 
anordnung, die eben in Wirklichkeit einer Änderung einer oder aller 
andern Variablen entspricht, die Mittel an die Hand geben, das 
allgemeine Gesetz zu erschließen. Dies war nun der Weg, auf dem 
im folgenden vorgegangen wurde. 

Ein Faktor der Versuchsanordnung, der die Schwärzung bei 
intermittierender Belichtung unter sonst gleichbleibenden Umständen 
beeinflußt, ist die Anzahl der Touren, die der Sektor pro Minute 
macht, die gleichbedeutend mit der Anzahl der Teilbelichtungen ist 
und die wir mit z bezeichnen wollen.”) 

Eine genaue zahlenmäßige Beziehung zwischen diesen beiden 
Größen liegt nun bei Sheppard und Mees (L c. S. 248) vor. Diese 


Pause ; : 
Belichtung ist die Gesamtver- 


°) Scheiner, Le, und Weber unter gewissen Umständen bestreiten dies zwar, 
doch stehen dem für den allgemeinen Fall die einwandfreien Versuche der andern 
angeführten Autoren gegenüber. 


4° 


44 Kellner. 


verwenden einen stufenförmig ausgeschnittenen Sektor, wobei den 
einzelnen Stufen Öffnungswinkel von folgender Größe entsprechen: 


Nr. | Öffnungswinkel | Nr. | Öffnungswinkel 


Als Lichtquelle diente ihnen ein Acetylenbrenner, als Platten 
Wratten ordinary. Die Versuchsanordnung war nun die, daß sie 
bei konstanter Beleuchtung (z = 2,65 Meterkerzen) je eine Platte 
gleich lang (f = 300 Sekunden) hinter dem Sektorrad belichteten, 


Leg 


Fig. ı. 


das eine Mal bei 1520, das andere Mal bei 9,5 Umdrehungen. 
Die bei beiden Versuchsreihen gewonnenen Ergebnisse sind in 
folgender Tabelle angegeben: 


Nr. | lg (iċ) Dichte bei 
n = 1520 n = 9,5 
I 2,60 1,906 1,816 
2 2,30 1,630 1,520 
3 2,00 1,363 1,337 
4 1,70 0,988 1,004 
5 1,40 0,632 0,725 
6 1,10 0,307 0,470 
7 0,80 0,105 0,245 
8 0,50 0,023 0,0713 
9 0,20 — 0,021 


Trägt man die Werte der Dichten gegen Ig(zZ) in der üblichen 
Darstellungsweise auf und zieht die entsprechenden Mittelwerts- 
kurven, so erhält man die Kurven der Fig. 1. Die beträchtliche 


Fhotographische Photometrie mit intermittierender Belichtung usw. 45 


Abweichung der beiden ersten Punkte von der Mittelwertskurve 
erklärt sich wohl zwanglos aus der stark mit Fehlern behafteten 
Messung so hoher Dichten. Wie man ersieht, liegen bei hohen 
Dichten die bei z = 1520 gewonnenen Werte über denen der mit 
Se Ob erhaltenen. Bei mittleren Dichten nähern sich die 
Werte bis zu einem Schnittpunkt, unterhalb dessen die Werte 
beider Versuchsreihen eine umgekehrte gegenseitige Lage ein- 
nehmen. Sheppard und Mees nehmen an, daß man bei einer 
Umdrehungszahl von nicht mehr als 100 den durch intermittierende 
Belichtung bedingten Fehlern vernachlässigen könne; ein Vergleich 
gegen eine kontinuierliche Belichtung liegt aber nicht vor; die oben 
mitgeteilten Zahlen zeigen denn auch, daß jene Annahme nicht 
zutrifft. 

Wohl aber läßt sich aus der Verschiedenheit beider Kurven 
der allgemeine Schluß ziehen, daß die Darstellung der Schwärzung 
in Abhängigkeit von Ig(z?), wie sie Sheppard und Mees und die 
ganze, bisherige photographische Photometrie vornimmt, nicht dem 
Wesen des photographischen Schwärzungsgesetzes entsprechen kann 
und daher unzweckmäßig ist, da man bei richtiger Wahl der Vari- 
ablenkombination von zZ und 7 — vorausgesetzt natürlich, daß die 
Variablen 2 und / stets in einer solchen und stets in der nämlichen 
Kombination im Schwärzungsgesetz vorkommen, also die Möglich- 
keit der Darstellung des Gesetzes in einer Ebene überhaupt vor- 
handen ist — verlangen muß, daß die Dichtigkeitswerte beider 
Versuchsreihen in eine Kurve sich einreihen lassen. 

Es lag nun nahe, als diese Variablenkombination den aus der 
Schwarzschildschen Beziehung 

S = f (it) 
bekannten Ausdruck z7? zu wählen, wobei allerdings wegen der 
von einer ganzen Reihe von Forschern (12—25) betonten Ver- 
änderlichkeit von Vorsicht geboten war. 

Wir denken uns nun die Schwärzung als Funktion der Summie 
der einzelnen Teilbelichtungen 


A es ZUS, it’), 
wo t die Dauer einer Teilbelichtung bedeutet. Diese ist 
= a I 
360 n? 


also 


46 Kellner. 


Dann ist 
det =i LZ Zfer- itni- ESE 
360 n 360 
Es ist also 
= ' ml- D ? A 
SES: ( ge Ee 


Die Schwärzung würde also nach diesem Ausdruck von der 
Tourenzahl abhängig sein, was obigen Versuchsergebnissen ent- 
sprechen würde. 


Rechnet man nun diesen Klammerausdruck für die beiden 
Versuchsserien unter Annahme eines bestimmten, willkürlich ge- 
wählten o Wertes aus und trägt die Logarithmen der so erhaltenen 


95-48 


2,0 


lgtitP) 


-4 0 1 2 3 4 5 
Fig. 2. 


Zahlen gegen die zugehörigen Schwärzungen an, so findet man, 
daß sich die Punkte beider Serien auch dann nicht in eine Kurve 
einreihen lassen. Ebensowenig gelingt dies, wenn man irgendeinen 
anderen, bestimmten p-Wert annimmt. Doch lassen sich schließ- 
lich solche, für je zwei, zu verschiedenen Serien, aber zum näm- 
lichen Ig (27) gehörige gleiche, aber untereinander verschiedene e. 
Werte finden, daß die mit ihrer Hilfe errechneten Klammerwerte 
beider Serien auf eine einzige Kurve zu liegen kommen. Diese 
p-Werte waren: 


für lg(z/) = 2,60 2,30 2,00 1,70 
pP = 9917 0,942 0,9725 1,008 
für lg (zZ) = 1,40 de 0,80 0,50 0,20 


p = 1,0475 1,085 dis 1,145 1,1606 


Photographische Photometrie mit intermittierender Belichtung usw. 47 


Die sich so ergebende Schwärzungskurve ist in Fig. 2 als 
Mittelstück einer, in später angegebener Weise nach oben und 
unten noch verlängerten Kurve dargestellt. 

Dieses zunächst roh empirisch gewonnene Ergebnis läßt sich nun 
in die Form einer mathematisch strengen Gesetzmäßigkeit bringen. 


IL Die Abhängigkeit des sogenannten Schwarzschild schen 
Exponenten p von der wirkenden Liehtmenge. 
I. Aufstellung der Gleichung. 
Die -Werte der eben angedeuteten Eigenschaft, daß sich mit 
ihrer Hilfe die mit verschiedenen Tourenzahlen gewonnenen Dichten 
in eine Schwärzungskurve einreihen lassen, wurden in einer Kurve 


igit 


Fig. 3. 


gegen die zugehörigen Werte der Lichtmenge bzw. deren Loga- 
rithmen angetragen, die das Mittelstück der in Fig. 3 dargestellten 
Kurve bildet. Wie man sieht, machte es die Form dieser Kurve 
wahrscheinlich, daß sie einer e-Funktion genügen würde und zwar, 
da sie sich mit unendlich werdendem Ig(z7) offenbar einer Kon- 
santen nähert, einer solchen von der speziellen Form 

p=a+ best, 

wo a, ó und c Konstanten und e die Basis der natürlichen Loga- 
rithmen bedeuten, lg (87) der dekadische Logarithmus der Lichtmenge 
in Sekundenmeterkerzen. 

Unter der zunächst hypothetischen Annahme der Gültigkeit dieser 
Gleichung haben wir zur Ermittlung der Zahlenwerte von a, d und e 
drei zusammengehörige, der empirischen Kurve entnommene Werte- 
paare von 5 und Ig(5?) in diese einzusetzen und finden so leicht 

& m 0,86 Z m 0,3036 c es 0,2470, 


48 Kellner. 


so daß also die spezielle Form der 9-Gleichung für die betreffende 
Plattensorte folgendermaßen lautet: 
p = 9,86 + 0,3036 e -92476 [g GO 

Berechnet man nach dieser Formel, um sie auf ihre Richtig- 
keit zu prüfen, für verschiedene Werte von Ig(i2) die zugehörigen 
p-Werte, so ergeben sich die in der folgenden Tabelle angegebenen 
Zahlen, die sich in vorzüglicher Übereinstimmung mit den empi- 
risch gefundenen Zahlen befinden: 


ep | 2 we | 2 | ed Ż 
0,00 1,1636 1,395 1,0475 3,00 0,8927 
0,20 1,1606 1,85 0,99 3,50 0,8746 
0,50 1,145 2,00 0,9725 4,00 0,8658 
0,80 1,119 2,30 0,942 5,00 0,8606 
1,10 1,085 2,60 0,917 oo 0,8600 


Die Kurve Fig. 3 wurde durch berechnete Punkte über das 
empirisch gefundene Intervall hinaus nach oben und unten ver- 
längert. 

Bei der mathematischen Diskussion der allgemeinen Gleichüng 
p=a+be-elsun 

ergibt sich leicht für 
p im Maximum = a + b 


fp im Minimum = a 
1 


p im Wendepunkt = a + ġe ?. 


2. Physikalische Bedeutung der Gleichung in der Theorie 
des photographischen Prozesses. 

Da p in dem für die Lichtwirkung maßgebenden Ausdruck eg 
als Exponent der Zeit auftritt, so kann er als ein Maß der zeit- 
lichen Aufnahmefähigkeit der empfindlichen Schicht für die auf- 
treffende Lichtmenge gelten, d. h. als ein Maß der Geschwindigkeit, 
mit der eine bestimmte Lichtmenge von der Schicht aufgenommen 
und zu einer chemischen Arbeit verwendet wird, die sich schließ- 
lich bei bestimmten Entwicklungsbedingungen in einer bestimmten 
Schwärzung äußert. 

Um die in der Gleichung sich ausdrückende Gesetzmäßigkeit 
möglichst einfach diskutieren zu können, wollen wir annehmen, 
die wirkende Lichtintensität sei konstant und nur die Zeit ändere 
sich in dem Ausdruck ca Bei sehr kleinen Werten von €, die 


FPhotographische Photometrie mil ıntermittierender Belichtung usw. 49 


in der Nähe von lg (iz) = o liegen, haben wir dann einen Wert für 
p von a + ġ, GO ist also dann ott Vergrößern wir nun £ um 
t, so sagt die Gleichung aus, daß wir nun nicht eine, dem Aus- 
druck z(£+2)*+? entsprechende Schwärzung bekommen, sondern 
eine, dem Ausdruck "Le Leg entsprechende, wo 2’ <a+d der 
nun wirkenden Lichtmenge viet) entspricht. Um also die gleiche 
Schwärzung wie bei z(2+?’)®+? zu erhalten, müßten wir eine ent- 
sprechend größere Belichtungszeit wählen, d. h. die Geschwindigkeit 
der Lichtaufnahme, der chemisch wirksamen Absorption, nimmt 
von einem Maximalwert dauernd ab und nähert sich asymptotisch 
einem Minimalwert. Bei sehr großen Lichtmengen wird die Auf- 
nahmefähigkeit konstant. 

Wir haben hier also eine gewisse Analogie zu dem bekannten 
Vorgang, wo ein Körper mit einer bestimmten Geschwindigkeit auf 
eine Flüssigkeitsoberfläche auftrifft und in dieser infolge der seiner 
kinetischen Energie entgegenwirkenden Reibungswiderstände rasch 
an Geschwindigkeit verliert bis diese konstant geworden ist. 

Wollte man sich in Fortsetzung dieser Analogie eine Vor- 
stellung von der Art dieses Widerstandes, den die Absorption findet, 
machen, so scheint folgende Hypothese über den Mechanismus des 
photographischen Prozesses bis zur Entstehung des latenten Bildes 
wohl diskutabel. 

Die Ionen der Verbindung AgBr, wie sie ja auch im Kristall- 
gitter vorhanden sind, hat man sich so vorzustellen, daß das Ag- 
Atom ein Elektron verloren und dafür das Br-Atom beim Über- 
gang in den Ionenzustand ein solches aufgenommen hat. Nun hat 
schon Chr. Winther(26), gestützt auf experimentelles Material, die 
Ansicht vertreten, daß bei lichtempfindlichen Oxydations-Reduktions- 
vorgängen das eigentlich Lichtempfindliche der Oxydationsvorgang 
sei, was durch einen lichtelektrischen Effekt plausibel erklärt wird. 
In Übertragung dieser Ansicht auf den photographischen Prozeß 
würde dies heißen, daß der Vorgang zunächst in der Ablösung 
eines Elektrons von einem Br-Ion besteht. Die Lichtempfindlich- 
keit gerade des AgBr gegenüber z. B. NaBr würde eben dann da- 
rin bestehen, daß bei ersterem die elektrostatischen Kräfte derartig 
sind, daß einerseits das Valenzelektron aus der Elektronenhülle des 
Br-Ions leicht herausgelöst, andrerseits leicht vom Ag-Ion aufge- 
nommen wird, das sich so zum Ag-Atom zurückergänzt und nun 
als „Keim“ wirkt(27). Eine Stütze findet diese Ansicht übrigens in 
meiner Beobachtung, daß das Empfindlichkeitsmaximum der Platte 


50 Kellner. 


im kurzwelligen Gebiet mit dem Absorptionsmaximum einer alko- 
holischen Br,-Lösung übereinzustimmen scheint, das dem der Bro- 
mide nahe liegt (28). 


Es wird nun die Annahme gemacht, daß das Licht in den 
Mengen, die zur Erzeugung eines latenten Bildes notwendig sind, 
nur bei solchen Br-Ionen imstande ist, das Valenzelektron heraus- 
zulösen, die bereits eine deformierte Elektronenhülle aufweisen. Die 
Höhe dieses „Anregungs“zustandes wird sich nun auf die einzelnen 
Br-Ionen nach Maßgabe des Maxwellschen Satzes verteilen (20), 
so daß Ionen in einem sehr hoch angeregten Zustand nur in ganz 
geringer Anzahl vorhanden sein werden, deren Zahl indeß mit 
der Abnahme des Anregungszustandes rasch zunimmt. Die hoch 
angeregten Br-Ionen werden also von einem auftreffenden Licht- 
strom viel rascher in Resonanzschwingung von einer derartigen 
Amplitude versetzt werden, die zur Dissoziation des Br-Ions in das 
Elektron und das Br-Atom hinreicht als weniger angeregte, woraus 
sich die viel größere Aufnahmefähigkeit für die ersten Lichtanteile 
durch die empfindliche Schicht ergibt. Diese Aufnahmefähigkeit 
wird schließlich dann einem konstanten Wert zustreben, wenn nur 
mehr Ionen von einem solchen mittleren Energiezustand vorhanden 
sind, wie er nach dem Maxwellschen Verteilungssatz der Mehrzahl 
der Ionen zukommt. Zur sichtbaren Schwärzung des Bromsilbers 
hat das Licht die, diesem mittleren Energiezustand entsprechende, 
viel größere Trennungsarbeit zu leisten. 


Der Vorgang wird natürlich zunächst an der Oberfläche eines 
Korns einsetzen. 


Bemerkenswert ist, daß die durch die Größe p ausgedrückte 
Lichtaufnahmefähigkeit gerade in demselben Gebiet konstant wird, 
in dem dies auch die Schwärzung tut. 


Wäre nicht ein Vorgang der obengenannten Art maß- 
gebend, so wäre nicht einzusehen, warum nicht die ganze licht- 
empfindliche Substanz momentan reagieren sollte. Übrigens beob- 
achten wir ja solche Vorgänge auch in der sonstigen chemischen 
Kinetik. 

Der sogenannte „Reifungsprozeß“ photographischer Emulsionen, 
der ja immer mit einer Energiezufuhr verbunden ist, und eine ganz 
außerordentliche Steigerung der Lichtempfindlichkeit zur Folge hat, 
würde nach obiger Auffassung in der Ausbildung deformierter 
Elektronenhüllen bestehen. 


Photographische Photometrie mit intermittierender Belichtung usw. SI 


Bei all diesen Vorgängen dürfte, vielleicht nach der Franken- 
burgerschen Auffassung, auch das Bindemittel eine wichtige Rolle 
spielen. 

Nach obigen Darlegungen haben wir nun in dem Maximalwert 
von p, der Größe (a +), die den Anfangszustand des lichtempfind- 
lichen Systems charakterisiert, ein rationelles Maß der Licht- 
empfindlichkeit zu erblicken, zu dessen praktischer Brauchbar- 
keit allerdings noch gewisse Festsetzungen über die Bedingungen 
der Entwicklung getroffen werden müssen, von denen ja die er- 
zielte Schwärzung noch sekundär abhängig ist. 


Der Verlauf der Funktion a-+de-:TstN) charakterisiert die 
Energieverteilung der Valenzelektronen, die Größe æ die Mittel- 
wertsenergie. 

Da das c der Funktion diejenige Größe ist, die deren Steilheit, ` 
also den Grad des Abfallens der Energie der Valenzelektronen und 
somit auch den der chemisch wirksamen Lichtabsorptionsfähigkeit 
bedingt, so kann unter dem oben gemachten Vorbehalt c als ra- 
tionelles Maß der „Gradation“ der lichtempfindlichen Schicht gelten, 
womit also auch der Wendepunktsordinate für Ig(-2), die ja nur 
von c abhängt, eine physikalische Bedeutung zukommt. 


Unsere bisherigen Schlüsse bezogen sich alle auf die Ver- 
wendung nicht spektral zerlegten weißen Lichtes. 


Nun hat Hnatek(30) nach vielen älteren Arbeiten (31—3 5) 
in neuerer Zeit die Abhängigkeit des Exponenten p von der 
Wellenlänge des verwendeten Lichtes untersucht. Wenn auch 
seine Zahlen in ihrer absoluten Höhe wahrscheinlich erhebliche 
Fehler aufweisen, indem er, wie wir später sehen werden, eine nicht 
einwandfreie Untersuchungsmethode anwendet, so können doch 
wohl seine Resultate nach ihrer qualitativen Seite hin als zutreffend 
angenommen werden. Er findet, daß die Maxima der Lichtempfind- 
lichkeit und von p übereinstimmen, was mit obigen Anschauungen 
konform geht; ferner, daß der Wert von p für weißes Licht gleich 
dem arithmetischen Mittel der für die verschiedenen A geltenden 
?-Werte ist. Der von uns bisher benutzte -Wert wäre also ein 
solcher Mittelwert. 


Weiters kommt Hnatek zu dem Resultat, daß der Ausdruck 


A 
foan 
à 


52 Kellner. 


für eine bestimmte Plattensorte konstant und unabhängig von einer 
eventuellen optischen Sensibilisierung ist. Da aber durch eine 
solche der Wellenlängenbereich der Empfindlichkeit vergrößert wird, 
so ist dies mit dem eben angeführten Satz nur dann verträglich, 
wenn die -Werte für den Empfindlichkeitsbereich vor der Sensi- 
bilisierung durch diese entsprechend sinken, was eben Hnatek 
findet. 

Um nun die Tatsache mit den oben dargelegten Anschauungen 
und zugleich mit den Befunden von Weigert(36) und Franken- 
burger(27) zu vereinigen, kann man sich vorstellen, daß der Sensi- 
bilisator gerade an den Stellen der Kornoberfläche angelagert wird 
(die Art des dabei wirksamen Mechanismus muß allerdings noch 
offen gelassen werden), wo eine Anhäufung von Energie vorhanden 
ist, also an den Stellen hochangeregter Bromionen, was schon an 
sich recht wahrscheinlich ist. Letztere fallen also als Absorbens 
für die auftreffende Lichtenergie weg und damit muß auch die Auf- 
nahmefähigkeit für Licht, von der, der Absorption des Bromions 
eigentümlichen Wellenlänge sinken, dafür aber in gewisser Äqui- 
valenz eine, für das neu entstandene System eigentümliche Licht- 
absorptionsfähigkeit eintreten, indem nun nach dem von Franken- 
burger gegebenen Schema der Farbstoffkomplex dem Silberion 
ein Elektron liefert und so einen „Keim“ bildet. 


3. Literaturangaben über die Eigenschaften von 2. 


Eine gute Zusammenstellung und Besprechung der ziemlich 
umfangreichen Literatur findet sich wieder bei Arvid Oden- 
crants(I) 

Die grundlegende Arbeit stammt von K. Schwarzschild (37). 

Leimbach, Schell, Brotherus und Vegard (31,32, 33, 35) 
untersuchen die Abhängigkeit von p von der Wellenlänge und 
finden e im Gegensatz zu der schon besprochenen Arbeit von 
Hnatek, konstant. Vegard gibt auch an, daß sich ée nicht mit 
dem Schwärzungsgrade, also mit der wirkenden Lichtmenge, ändert. 
Sieht man jedoch seine Arbeitsweise genauer nach, so findet man, 
daß er die Lichtmengen nur in sehr geringem Maße geändert hat, 
so daß ihm die dabei auftretenden geringen Unterschiede leicht 
entgehen konnten, namentlich bei Verwendung einer Platte, die 
vielleicht an sich schon eine geringe Variabilität von p aufweist. 
Genaue Angaben über die verwendeten Lichtmengen und die er- 
haltenen Schwärzungen, die eine Nachprüfung seiner Resultate er- 


Photographische Photometrie mit intermillierender Belichtung usw. 53 


möglichen würden, sind in seiner Arbeit nicht enthalten, ebenso- 
wenig übrigens wie in den meisten anderen, diesen Gegenstand 
betreffenden Arbeiten. 

Eine ganze Reihe von Forschern (12—25) hat hingegen in über- 
zeugender Weise die Veränderlichkeit von p mit der Lichtmenge 
dargetan; dabei halten sich die angegebenen Zahlenwerte für a 
durchaus in den, in der obigen Arbeit angegebenen Grenzen. 

Die wertvollste Arbeit auf diesem Gebiete verdankt man wohl 
E.Kron, der bei der Betrachtung von Kurven gleicher Schwärzung 
zu der Vermutung kommt, daß für p bestimmte Grenzwerte exi- 
stieren. Für Schleußner-Blau-Etikettplatte nimmt er als solche 0,8 
und 1,2 an. 

Doch ist mir bis jetzt noch keine Arbeit bekannt geworden, 
die eine gesetzmäßige Beziehung zwischen 5% und der wirkenden 
Lichtmenge aufstellt und die physikalische Bedeutung dieses Expo- 
nenten diskutiert. 


OL Ein photographisches Schwärzungsgesetz. 


I. Ableitung der mathematischen Beziehung zwischen S, i 
und Z aus der empirischen, wahren Schwärzungskurve. 


Wir haben schon eingangs die Forderung erhoben, daß bei 
einem allgemeinen Schwärzungsgesetz, wenn wir als die eine Variable 
die Schwärzung S wählen, der aus den anderen Variablen 2 und £ 
bestehende Komplex von solcher Beschaffenheit sein muß, daß die 
in ihm ausgedrückten Versuchsbedingungen, gegen die erhaltene 
Schwärzung S angetragen, in allen Fällen, ohne Rücksicht auf die 
Art der Belichtung, ein und dieselbe Kurve liefern muß. Wir haben 
bereits gesehen, daß ein solcher Komplex nicht der gewöhnlich ver- 
wendete: Jet a ist, daß aber, wenigstens zunächst für die inter- 
mittente Belichtung durch den rotierenden Sektor, obige Darstel- 
Jungsmöglichkeit durch den Ausdruck 


de) 


bei Annahme der Veränderlichkeit von p in der angegebenen Weise 
gegeben ist. 

Nun stellt aber, wie dadurch deutlich wird, daß man in diesem 
Ausdruck die Tourenzahl az soweit sinken läßt, daß sie nur mehr 
(Ur ist, also 


g d d SS 
Itn!-? LZ) = 7 er d = Z Zë 


54 Kellner. 


wird, dieser Ausdruck nur den, auf die speziellen Verhältnisse bei 
der Belichtung durch den rotierenden Sektor übertragenen Fall der 
allgemeinen Beziehungen o dar; die mit den Ordinaten S und z eg 
bzw. lg(57?) gewonnene Schwärzungskurve stellt also die wahre, 
allerdings zunächst nur empirisch gewonnene Schwärzungskurve von 
der geforderten Eigenschaft dar. 

Gelingt es nun, das Gesetz ausfindig zu machen, dem diese 
Kurve gehorcht, so haben wir damit das allgemeine Schwärzungs- 
gesetz gewonnen. 

Zunächst sei bemerkt, daß sich eine Anzahl Interpolations- 
formeln aufstellen lassen, die in sehr guter Weise in einem be- 
trächtlichen Intervall die experimentellen Ergebnisse ausdrücken. 
Solche Formeln sind z. B. 

S=In[»— (u — 1) sA , 
wo u = ca. 0,61, eine Formel, die der von Hurter und Drieffield 
aufgestellten ähnlich ist; oder 
S = u(ig (i29), 
wo u = 0,52 und v = 1,26. 

In einem weiteren Intervall versagen aber diese Formeln voll- 
kommen, weil sie eben gewisse Grenzforderungen nicht erfüllen, die 
man an das wahre Schwärzungsgesetz stellen muß. 

Diese Forderungen sind, daß einerseits bei verschwindendem 
dE auch die Schwärzung verschwinden muß, andererseits, daß mit 
unendlich werdendem 37 die Schwärzung konstant wird. Diesen 
Bedingungen genügt augenscheinlich eine e-Funktion vom allge- 


meinen Typus y =ae *, der wir für unsern Fall die spezielle Form 


E 
3 


Virt 


S=me 
geben wollen und von der wir zunächst hypothetisch annehmen, sie 
stelle unsere empirisch gewonnene Funktion vollkommen dar. Durch 
Einsetzen zusammengehöriger, der empirischen Kurve entnommenen 
Wertpaare von A und eg berechnen sich die Konstanten zu 

g= 3,60 und m = 2,748, 


woraus die spezielle Gleichung 
3,60 


S = 2,748e Vie 
folgt. Ihre Richtigkeit hat sie nun zunächst dadurch zu erweisen, 
daß sie die experimentell gefundenen Werte richtig wiedergibt. 


Photographische Photometrie mit intermittierender Belichtung usw. 55 


2. Prüfung der Schwärzungsgleichung an den experimentell 
gewonnenen Ergebnissen. 

Zu diesem Zwecke berechnen wir für eine Anzahl gewählter 

Werte von Jett ai nach der Formel die zugehörigen Schwärzungen 

und erhalten so die in der folgenden Tabelle angegebenen Werte: 


tg (z1) s ig (e #9) s we) | s 

—0,401 0,0205 1,277 | 0,7119 2,888 1,857 

—0,318 0,0277 1,50 0,88 3,00 1,918 

— 1,00 0,0185 1,661 1,005 3,50 2,150 
0,001 0,0754 1,679 1,019 4,00 2,326 
0,164 0,1148 2,00 1,265 4,50 2,452 
0,426 0,2052 2,049 1,302 5,00 2,543 
0,50 0,236 2,110 1,347 7,00 2,703 
0,670 0,3193 2,390 1,547 10,00 2,744 
0.857 0,4258 2,50 1,619 Gë 2,748 
1,00 0,513 2,519 1,633 o o 
1,169 0,633 2,705 1,750 


Vergleicht man die einschlägigen Zahlen dieser Tabelle mit 
den entsprechenden experimentell gewonnenen Ergebnissen an Hand 
der Kurve, so findet man vollkommene Übereinstimmung. 

Dieses Resultat im Verein mit den obigen allgemeinen Be- 
trachtungen berechtigen wohl zu dem Schluß, daß die oben ange- 
gebene Formel tatsächlich das allgemeine Schwärzungsgesetz 
derstellt. 


3. Diskussion des Schwärzungsgesetzes. 


Was die rein formale Seite der Gleichung betrifft, so sieht man, 
dab sie aus drei unabhängigen Variablen besteht, einfach also nur 
in einem dreidimensionalen Koordinatensystem darstellbar ist. Da 
dies aber in praxi schwierig ist, so kann man dadurch, daß man die 
eine Funktion in zwei Systeme teilt, zu einer Darstellungsmöglich- 
keit in einer Ebene gelangen. Zu diesem Zweck stellt man die 
f-Funktion gesondert dar und gewinnt so den zu jedem zZ ge- 
hörigen Wert von p und kann nun einfach S in Abhängigkeit von 
1# bzw. lg(# 7?) auftragen. Diese Art der Darstellung ist von uns 
bereits verwendet worden. 

Die Schwärzungskurve, von einem Wert o bei € = O aus- 
gehend, steigt anfangs bei kleinen Werten von Ig(£7?) nur schwach 
an, die Steigung nimmt aber rasch zu, durchläuft einen Wende- 
punkt und nimmt dann wieder rasch ab, um sich bei unendlich 
groß werdendem ep asymptotisch einem konstanten Wert zu nähern. 
Dieser ist bestimmt durch die Größe der Konstante m, die unmittel- 


56 Kellner. 


bar die maximale Schwärzung angibt, die bei der betreffenden 
Plattensorte unter gegebenen Entwicklungsbedingungen erreichbar 
ist. Für die Steilheit der Kurve ist die Konstante g maßgebend. 

Wie man aus der Kurve ersieht, kann von einem einheitlichen 
Mittelstück keine Rede sein, weil ein solches eben nicht im Wesen 
der Schwärzungsfunktion liegt. Alle hierüber angestellten Speku- 
lationen sind deshalb unzweckmäßig. 

Die Annahme der Allgemeingültigkeit des angegebenen Schwär- 
zungsgesetzes findet eine weitere Stütze in dem Umstand, daß es 
die Teilvorgänge der Entstehung der photographischen Schwärzung 
klar zum Ausdruck bringt. Diese bestehen 

I. aus der durch das Licht verursachten Veränderung des Brom- 
silbers, die die Entstehung des latenten Bildes zur Folge hat. Sie 


wird allein durch den Ausdruck Zeetie" "Ter geregelt. Man kann 
diesen Ausdruck daher unter Verwendung eines von E. Kron (25) 
gebrauchten Begriffes auch als das Gesetz der „latenten Schwärzung“ 
bezeichnen; 

2. aus der „Entwicklung“, die zur sichtbaren Schwärzung führt, 
die wieder in komplizierter Weise von der „latenten“ Schwärzung 
abhängt. 

Zu untersuchen wäre noch, in welcher Weise sich die Kon- 
stanten 2907 und „g“ mit den Entwicklungsbedingungen ändern. 

Keinen Aufschluß gibt das Schwärzungsgesetz über das bei sehr 
starker Belichtung beobachtete Rückgängigwerden der maximalen 
Schwärzung, die sogenannte Solarisation. Man muß wohl an- 
nehmen, daB diese nicht im Wesen des durch die obige Formel 
ausgedrückten Primärprozesses liegt, sondern eine Wirkung von 
Folgereaktionen darstellt, wie ja auch sonst schon angenommen 
worden ist. 


4. Prüfung des Schwärzungsgesetzes an einer weiteren 
Versuchsreihe. 

Gewählt wurde wieder eine solche von Sheppard und 
Mees (38), 

Als Lichtquelle diente wieder ein Acetylenbrenner. Die Hellig- 
keit wurde auf 84,5 Meterkerzen konstant gehalten und nur die Be- 
lichtungszeit geändert. Da als Platten ebenfalls Wratten ordinary 
gewählt wurden, so kann zur Berechnung der %-Werte unsere frühere 
Kurve dienen. Umgekehrt kann dann, wenn mit diesen Werten 
richtige Resultate erhalten werden, die Richtigkeit obiger Auffassung 


Fhotographische Photometrie mit intermittierender Belichtung usw. 57 


bestätigt werden. Entwickelt wurde 5 Min. mit n/ıo Ferrooxalat 
bei 20°C. Die Entwicklungsart dieser Versuchsreihe war offenbar 
anders als bei der früher benutzten, bei der sie leider nicht an- 
gegeben ist; denn wir haben nun andere Werte für „m“ und „ge“, 
die sich leicht aus zwei Messungen berechnen lassen: 
m = 3,189 g = 3,258. 
Unter Benutzung dieser Werte und der Versuchsdaten errechnen 
sich aus dem Schwärzungsgesetz die in folgender Tabelle angegebenen 
Dichten, neben denen die beobachteten ausgeführt sind. 


2 | $ we | wen asfare 1 | Pie | mann A | Dichte | Dichte 
AT, | i | f lg A) aus Kurve Sé) | | abs ber. beob, 

I | 84,5 2,07 ” 2,25 0,947 2,23 1,760 1,724 

2 | 84,5 1,054 1,95 0,9785 1,95 1,537 1,520 

3 84,5 0,528 1,65 1,0143 1,65 1,269 1,330 

4 | 845 0,265 1,35 1,0525 1,32 0,997 1,020 + 
5 84,5 0,133 1,05 1,092 0,97 0,678 0,707 

6 Bus 0.067 0,75 1,1235 0,61 0,412 0,43 2 

7 84,5 0,033 0,45 1,1435 0,23 0,209 0,232 

8 ı 84,5 0,017 0,15 1,1618 | —0,14 | 0,085 0,065 


Wie man aus der graphischen Darstellung (Fig. 2, kürzere Kurve) 
ersieht, weicht nur der dritte beobachtete Punkt erheblicher von der 
berechneten Kurve ab, sonst herrscht gute Übereinstimmung. 


5. Folgerungen aus dem Schwärzungsgesetz 
für die praktische photographische Photometrie. 


Da die angegebene Schwärzungsgleichung fünf Konstante er- 
halt, so sind zu ihrer Bestimmung fünf einwandfreie Messungen not- 
wendig. 


Bisherige falsche Anwendung des Schwärzungsgesetzes. 


In der Literatur (30) findet man nicht selten die Meinung ver- 
treten, es sei 
A ss Zë, 
wobei man sich p noch womöglich konstant denkt. Die Unrichtig- 
keit dieser, wohl von einer falschen Auffassung der Beziehung 
S = flitP) 
herrührenden Ansicht, die ja, wenn wir an dem definierten Schwär- 
zungsbegriff festhalten, an und für sich schon klar ist, wird natürlich 
durch das explicite Schwärzungsgesetz erst recht deutlich. 
Gewarnt muß auch werden von einer falschen, aber bisher 


meist verwendeten Methode (30) den Wert für p so zu bestimmen, 
Zeitschr, f. wiss. Phot. 24. 5 


58 Kellner 


daß man mit verschiedenen Belichtungszeiten und entsprechend 
geänderten Lichtintensitäten Aufnahmen macht, die zu gleichen 
Schwärzungen gehörigen Versuchsdaten in der Weise 
i ss fe ef 

in Beziehung setzt und daraus 
Ss lieh- ligi 
berechnet. zA- ign 

Wie man aus der Schwärzungsgleichung ersieht, ist bei gleicher 
Schwärzung nur der Ausdruck 

biss Ze fr = const., 

wo f, #2} Nach der obigen Methode kann man also nur Mittel- 
werte von in einem bestimmten Intervall berechnen. Streng gültig 
ist diese Methode nur bei sehr großen oder sehr kleinen Ig(z7), da 
man sich dann in den Gebieten bewegt, wo sich p nur wenig ändert. 


Man erhält so die Grenzwerte von p. 


Diskussion der Verwendung rotierender Sektoren in der 
photographischen Photometrie und Sensitometrie. 


Unsere Schwärzungsgleichung setzt uns nunmehr auch in den 
Stand unser Ausgangsproblem, die Verwendungsmöglichkeit rotieren- 
der Sektoren in der photographischen Photometrie, erfolgreich zu 
diskutieren und die von anderen Autoren, namentlich von Englisch 
und Schwarzschild, bei intermittierender Belichtung gewonnenen 
Resultate näher zu prüfen. 

Da, wie wir gesehen haben, die intermittierende Belichtung in 
ihrer Wirkung, weil ihrem Wesen nach, völlig identisch mit der 
kontinuierlichen Belichtung ist, so steht selbstversändlich der Ver- 
wendung rotierender Sektoren kein prinzipielles Bedenken entgegen. 
Man hat nur dafür Sorge zu tragen, daß der für die Lichtwirkung 


verantwortliche Ausdruck z#=et5e" le CAP eine den Umständen 
dieser Belichtungsart angepaßten Anwendung erfährt, indem man ihn 
durch den wesensgleichen Ausdruck 
éi FAJ 

ersetzt, also die Tourenzahl des Sektors, den Offnungswinkel und 
die Variabilität von p entsprechend berücksichtigt. Dies ist nun bisher 
nirgends geschehen, so daß alle älteren Angaben mit mehr oder 
weniger großen Fehlern behaftet sein müssen. 

Da nun die Herstellung einer bekannten und konstanten Touren- 
zahl nicht gerade leicht ist, zum mindesten die an sich schon nicht 


Photographische Pholometrie mit iniermittierender Belichtung usw. ` So 


einfache Apparatur noch mehr kompliziert, so sind rotierende Sek- 
toren gerade nicht sonderlich empfehlenswert und kontinuierliche 
Belichtung entschieden vorzuziehen, bei der auch die Rechnung sich 
etwas einfacher gestaltet. 

Um zu zeigen, welch beträchtliche Unterschiede nach der alten 
Darstellungsweise zwischen kontinuierlicher und intermittierender Be- 
lichtung auftreten, haben wir diejenige Kurve berechnet, die Shep- 
pard und Mees erhalten hätten, wenn sie zu ihren beiden Ver- 
suchsreihen mit 1520 und 9,5 Touren noch eine solche von 

FEUERS 

-~ 200 
hinzugefügt hätten, was bei einer Versuchsdauer von 300 Sekunden 
eben der kontinuierlichen Belichtung entspricht. Wir haben diese 
Kurve auf Fig. ı neben die anderen gezeichnet. Wie man durch 
Vergleich sieht, verursachen im Gegensatz zu gegenteiligen An- 
sichten gerade langsame Touren die relativ größten Unterschiede 
gegenüber kontinuierlicher Belichtung (selbstverstandlich nur bei der 
alten Darstellungsweise), was besonders bei dem von Hand und 
notwendigerweise ungleichmäßig betriebenen Scheiner-Sensitometer 
zu beachten ist. 

Die einer Intensitätsschwächung bei einer kontinuierlichen 
Belichtung gleichkommende Wirkung des Sektorausschnittes be- 
rechnet sich in folgender Weise, wobei wir uns die Verhältnisse an 
enem Fall der photographischen Spektralphotometrie, wo diese 
Frage hauptsächlich interessiert, klar machen wollen: 

Gegeben seien zwei vollkommen gleiche Strahlenbündel, die der 
Einfachheit der Betrachtung halber von einer gleichmäßig flächenhaft 
ausgebreiteten, monochromatischen Lichtquelle geliefert seien. Sie 
würden, wenn sie frei auf die Platte auftreffen würden, beide mit 
der Intensität s, auf diese wirken. Schalten wir nun in den einen 
Strahlengang eine Farbstofflösung von der Transparenz 

2 
JI = Fr 
so wirkt nun auf die Platte in diesem Strahlengang die Inten- 
st d In den anderen Strahlengang sei ein rotierender Sektor von 
bestimmter Tourenzahl » eingeschaltet. Die in diesem Strahlengang 
wirkende Lichtintensität z, wird dadurch natürlich nicht geändert, 
sondern nur ihre zeitliche Wirksamkeit durch den Sektorausschnitt 
beschränkt. Es werde nun die Platte beiden Strahlengängen gleich- 
mäßig lange ausgesetzt. Durch die Wahl eines bestimmten Sek- 
5* 


60 Kellner. 


torauschnittes können wir es nun erreichen, daß wir mit beiden 
Strahlengängen gleiche Schwärzung erzielen. Für diesen Fall gilt 
aber nach der Schwärzungsgleichung allgemein die Beziehung 
bi = fa h, 

was in unserem speziellen Falle die Gleichheit der Ausdrücke 

A T tô = fo 14 E n\—Pı 
bedingt. Es ist also 

— a-a, [© Br 
en ES 


nI-?e, 


Die einer Intensitätsschwächung gleichkommende Wirkung 


des Sektorausschnittes wird also nur dann gleich SC entsprechend 


dem physiologischen Talbotschen Satz, wenn 6, = 2} = I wird, was 
in manchen Fällen mit gewisser Annäherung, sicherlich aber nicht 
allgemein der Fall sein kann. So wird auch in dieser Form der 
Unterschied zwischen der physiologischen Lichtaufnahmefähigkeit 
und der photographischen Platte deutlich. 


Gleichzeitig ist aus dieser Gleichung ersichtlich, daß die bei be- 
stimmten Werten von z, und £ erzielte Gleichheit der Schwärzungen 
bei Änderung eines oder der beiden Faktoren bei gleicher Sektor- 
stellung durchaus nicht erhalten bleibt, da sich ja die p-Werte än- 
dern. Ohne genaue Kenntnis der /-Gleichung ist deshalb die Ver- 
wendung rotierender Sektoren für Zwecke der photographischen 
Spektralphotometrie nicht einwandfrei. 


Zur Prüfung der S. 42 mitgeteilten, von Englisch für inter- 
mittente Belichtung gefundenen Resultate müssen wir uns vor allem 
klar machen, was der „Wirkungsgrad“, an den Englisch seine 
Untersuchungen anknüpft, nach unserer Schwärzungsgleichung be- 
deutet. Englisch (39) bestimmt für jeden Abstand der Hefner- 
lampe, also für ein bestimmtes z, die Belichtungszeiten bei konti- 
nuierlicher (4) und intermittierender Belichtung (4), die gleiche 
Schwärzung ergeben und nennt dann den Quotienten 

f 
r 
den „Wirkungsgrad“ der intermittierenden Belichtung. 

Bei gleicher Schwärzung und gleicher Lichtintensität ist nun 

nach unserer Schwärzungsgleichung: 


a Lëx 
1 u Zn 1 ve 


Photographische Photomeirie mit intermittierender Belichtung usw. 61 


und 


p= - = A3 ay Bin 
í 


Führt man noch das Verhältnis 


Pause 360 — a = 
. Belichtung ES a = 
ein, so daß 
ER | 
360 Sei (E z S 


so erhält man schließlich 
y = AT (=) 

Vergleicht man diese Gleichung mit den Resultaten von Eng- 
lisch, so sieht man, daß dieser die „y“ bestimmenden Faktoren richtig 
erkannt hat, daß Maß ihrer Wirkung jedoch nur unvollständig, da 
dieses eben von den jeweils geltenden p-Werten abhängt, nament- 
lich davon, ob diese > ı oder < I sind. 

Auch Schwarzschilds (S. 42 zitierte) Resultate sind so zu 
beurteilen. 

Lange schon haben photographische Methoden Eingang in die 
wissenschaftliche Forschung gefunden und ungewöhnlith starke Ver- 
breitung erfahren, da die Photographie ein hervorragendes Mittel ist 
dauernde und objektive Dokumente oft nur einmaliger, komplizierter 
und sonst nur der subjektiven Beobachtung mit ihren großen An- 
forderungen an die augenblickliche Disponiertheit zugänglicher Er- 
eignisse zu schaffen. Nicht oder nur unvollkommen anwendbar 
waren aber bisher solche Methoden, wo eine genaue Beziehung 
zwischen photographischer Schwärzung, wirkender Lichtintensität und 
Belichtungsdauer verlangt wurde. 

Sollte diese Lücke durch das angegebene Schwärzungsgesetz 
ausgefüllt werden, so wäre damit ein Problem gelöst, um das sich 
die photographische Photometrie von jeher bemüht hat: es be- 
deutete die Einführung der Photographie als exaktes photometri- 
sches Meßprinzip. 


Literatur. 


ı) Eine gute Literaturzusammenstellung und Besprechung findet sich bei Arvid 
Odencrants, Zeitschr. f. wiss. Phot. 16. Heft 4, 5, 6. 1916. 

2) A, u. L. Lumière, Moniteur de la Photogr. 27. 1887. Handbuch II, 26. 

3) L. Weber, Photogr. Mitteilungen 31. 71. 1894; Jahrbuch 9. 408. 1895. 


62 Kellner. Photographische Photometrie mit intermittierender Belichtung usw. 


4) H. Th. Simon, Hab.-Schr. Erlangen 1896; Ann. d. Physik (3) 59. 91. 1896. 

5) J. Scheiner, Zeitschr. f. Instr. 14. 201. 1894. 

6) H. E. Howe, Physical Review Ser. II. 8. 674. 1916. 

7) W.de W. Abney, Phot. J. 18. 56. 1893; Jahrb. 8. 374. 1894, 9. 123. 1895. 

8) E. Englisch, Arch. f. wiss. Phot. 1. 117. 1899. 

9) K. Schwarzschild, Phot. Korr. 36. 109, 171. 1899. 

10) J. M. Éder, Handbuch II, 231. 

11) Sheppard und Mees, Investigations S. 222 (deutsch 248). Hinkünftig 
wird nur nach der deutschen Ausgabe zitiert. 

12) K. Schwarzschild, Photogr. Korr. 36. 398. 1899; Jahrb. 14. 161. 1900. 

13) J. Precht, Arch. f. wiss. Phot. 1. 187 1899. 

14) E. Englisch, Le 

15) A. Becker u. A. Werner, Zeitschr. f. wiss. Phot. 5. 382. 1907. 

16) A. Werner, Diss. Kiel 1907; Zeitschr. f. wiss. Phot. 6. 25. 1908; Ann. 
d. Ph. (4) 24. 164. 1907. 

17) Sheppard und Mees, Unters. Sang, 

18) Turner, Rep. Brit. Ass. Dublin 1908, 604; Monthly Notices 69. 69. t908. 
The Observatory 32. 166. 1909. 

19) Tikhoff, Mitt. Pulbowo 3. 31. 1909; C. R. 148. 266. 1909. 

20) J. A. Parkhurst, Astroph. J. 30. 33. 1909. 

21) H. E. Ives, Phys. Rev. 30. 272. 1910; Astroph. J. 31. 157. 1910. 

22) J. Precht und E. Stenger, Zeitschr. f. wiss. Phot. 3. 67. 1905. 

23) R. W. Wallace und H. B, Lemon, Astroph. J. 29. 146. 1909. 

24) P.P. Koch, Ann. d. Ph. (4) 80. 841. 1909. 

25) E. Kron, Publ. Astroph. Obs. Potsdam 67, Band 22. 5; Ann. d. Ph. (4) 
41. 751. 1913. 

26) Chr. Winther, Zeitschr. f. wiss. Phot. 9, 229. 1911. 

27) Eine ähnliche Anschauung wird auch bei Frankenburger, Zeitschr. f. 
phys. Chemie 106. 273. 1923 vertreten. 

28) F. F. Martens, Verh. Phys. Ges. A 138—166. 1902. 

29) Im Gegensatz zu der Annahme von Frankenburger (l.c.) und Herzfeld, 
ebenda. 

30) A. Hnatek, Zeitschr. f. wiss, Phot. 22. 177. 1923. 

31) G. Leimbach, Zeitschr. f. wiss. Phot. 7. 157, 181. 1909. 

32) C. Schell, Diss. Leipzig 1910. 

33) Hj. V. CECR Diss. Helsingfors 1912; Phys. Zeitschr. 12. 193. 1911. 

34) E. Baisch, Diss. Würzburg 1911; Ann. d. Phys. (4) 38. 543. ıgıı. 

35) L. Vegard, Ann. d. Phys. (4) 39 111. 1912. 

36) Weigert, Sitzungsber. d. kgl. preuß. Akad. d. Wiss. Belin 641, 1921. 

37) K. Schwarzschild, Publ. d. v, Kufinerschen Sternwarte V, 1897. 

38) 1. c. S. 245. 

39) L. c. S. 119. 

Eingegangen am 20. Oktober 1925. 


Kellner. Der Einfluß starker Erhitzung usw. 63 


Der Einfluß starker Erhitzung auf die Eigenschaften 
photographischer Trockenplatten. 


Von 
Hugo Maria Kellner. 
Mit ı Figur im Text und 5 Figuren auf ı Tafel. 


Bei Nachprüfung einer Arbeit von Osamu Masaki (1), der an- 
gibt, daß photographische Trockenplatten durch Erhitzen während 
der Belichtung für Ultrarot empfindlich gemacht werden können, 
fand ich, daß dadurch zwar keine weitere Ausdehnung der Empfind- 
lichkeit gegen Ultrarot stattfindet, wohl aber eine bedeutende allge- 
meine Empfindlichkeitszunahme, wie dies auch schon Abney (2) 
festgestellt hatte. Auch durch Erhitzen der Platten vor der Be- 
lichtung war in Übereinstimmung mit den Beobachtungen von Toth (3), 
Schumann (4), Henderson (5), Acworth (6) eine Empfindlich- 
keitssteigerung, wenn auch in kleinerem Maße, wahrzunehmen. 
Neu erscheint jedoch die Beobachtung des Verfassers zu sein, daß 
auch durch ein Erhitzen der Platten nach der Belichtung eine 
Empfindlichkeitssteigerung (7) eintreten kann. Die Erscheinung er- 
halt dadurch einen viel umfassenderen Charakter, so daß es wünschens- 
wert schien den Einfluß der Erhitzung vor wie nach der Belich- 
tung einer systematischen, möglichst quantitativen Untersuchung 
zu unterziehen. 


A. Experimentelle Ergebnisse. 


L Einfluß der Erhitzung auf die Beziehung zwischen 
wirksamer Lichtmenge und Schwärzung. 


Die Untersuchung wurde in der Weise vorgenommen, daß in 
enem Schefferschen Röhrenphotometer (8) mit doppelter Loch- 
reihe je zwei Trockenplattenstreifen gleichzeitig belichtet wurden, 
wovon je einer entweder vor oder nach der Belichtung erhitzt wurde. 
Das Erhitzen erfolgte auf einer elektrischen Heizplatte meist 4 Mi- 
nuten lang bei verschiedenen Temperaturen, wobei teils die Schicht- 
seite, teils die Glasseite der Trockenplatte auf der Heizfläche auf- 
lag. Erweitert wurden die Erhitzungsbedingungen noch dadurch, 
daß die Platten während des Erhitzens teilweise auf der von der 


64 Kellner. 


Heizfläche abgewendeten Seite durch einen in einiger Entfernung 
aufgestellten Ventilator gekühlt wurden. Im übrigen wurden Ver- 
suchs- und Vergleichsplatten vollkommen gleichmäßig behandelt. 


Die quantitative Bestimmung einer Schwärzungs- bzw. Emp- 
findlichkeitsänderung durch Erhitzen erfolgte durch die Feststellung 
der Anzahl der Felder, die auf der erhitzten Platte mehr bzw. 
weniger vorhanden waren als auf der unerhitzten Vergleichsplatte. 
Zwischenwerte wurden geschätzt. 


Zur Untersuchung gelangten folgende Plattensorten: Perutz 
Silbereosin, Schleußner Panchroma, Viridin und Gelbetikett, Ilford 
Special Rapid Panchromatic, Perutz Uvachrom, Lomberg Ortho- 
Elur 22, Herzog Isodux-Sonja E. W. lichthoffrei, Agfa extra rapid, 
Hauff Ultrarapid und Kirschten Eisenberger Reform. 


An Stelle des umfangreichen Materials führen wir als Beispiel 
aus unseren Laboratoriumsprotokollen nur die Versuchsreihe mit 
Hauff Ultrarapid-Platten an, wobei die Zahlen der Empfindlichkeits- 
steigerung Vielfache der „mpfindlichkeit der Vergleichsplatte be- 
deuten: 


Erhitzung 
vor, nach 
Belichtg. 


Empfind- 
lichkeits- 
steigerung 


Temp. d. 
Heizplatte 


x X X X AS AS X 
x X X 
= 
A AS AS AS AS AS NS NN 
AS SS NN AS NS 
ùn 


Ge 
i 
00 
N) 

X X XX 


*) nur 2 Minuten erhitzt. 


Wie sich aus unseren Versuchen ergab, ist die Größe des Er- 
hitzungseffektes verschieden je nach dem 
I. Zeitpunkt des Erhitzens relativ zur Belichtung. 


Ein Erhitzen vor der Belichtung wirkt stärker empfindlichkeits- 
steigernd bei folgenden Plattensorten: 


eg — we: E 


Der Einfluß starker Erhitzung usw. 65 


Maximum d er- 


Unter gleich. Maximum d. über- 


reichten Empf.- Bedingungen er- haupt erreichten 
Ant. Steigerung bei reichte Empf.-St. Ste, bei 
Vorerhitzung b. Nacherhitzung Nacherhitzung 
Silbereosin ..... 2,5 minimal 1,5 
Panchroma ..... 3,4 keine 1,5 
Isodux-Sonja .... 2,25 1,5 1,9 
Ultrarapidd...... 3,4 minimal 1,5 
Reform ....... 2,25 | minimal 1,3 


Bei einer der Belichtung nachfolgenden Erhitzung zeigten die 
größere Empfindlichkeitssteigerung folgende Platten: 


Maximum d. er- Unter gleich. Maximum d. über 
reichten Empf.- | Umständen erreichte | haupt erreichten 
Vater Steigerung bei Empf.-St. bei Empf.-St. bei 
Nacherhitzung Vorerhitzung Vorerhitzung 
Virdin `... 1,8 Eë 1,5 
Gelbetikett `... . . 1,5 keine 1,3 
Liord Panchr. .. . 2,25 = 1,5 
Ortho-Elur 22 ... 2 1,4 1,5 


Eine bei Vor- und Nacherhitzen zi ...lieh gleichbleibende Emp- 
findlichkeitssteigerung zeigen Uvachrom [2] und Agfa extra rapid [1,5]. 

Die erste Gruppe umfaßt nur minder- bis sehr schlecht allge- 
mein empfindliche Platten, während zur zweiten nur sehr hoch- 
empfindliche gehören. 

Der Nacherhitzungseffekt ist durchschnittlich bedeutend kleiner 
als die Wirkung der Vorerhitzung. 

2. Art des Erhitzens. 

Die Größe des Erhitzungseffektes ist bei den einzelnen Platten- 
sorten verschieden, je nachdem sie mit der Glasseite oder mit der 
Schichtseite auf der Heizplatte liegend erhitzt worden waren, ferner 
je nachdem der Ventilator tätig war oder nicht. Im allgemeinen 
scheint beim Nacherhitzen die Kombination Schichtseite auf Heiz- 
fläche günstiger zu wirken; nur bei dünnen Emulsionen (Panchroma 
und Reform) ist das Umgekehrte der Fall. 

3. Höhe der Temperatur. 

Meist erfolgt bei gleichbleibender Erhitzungsdauer mit steigender 
Temperatur eine Zunahme der Empfindlichkeitssteigerung bis zu 
einem gewöhnlich um 90° liegenden Optimum, worauf sie dann 
wieder geringer wird bis zu der rasch darauf folgenden Temperatur 
der Schleierbildung. Bei einigen Plattensorten nimmt die Empfind- 
lichkeitssteigerung bis zu dieser Temperatur zu, ohne ein Optimum 
zı zeigen. 


66 Keliner. 


4. Dauer des Erhitzens. 

Zur Untersuchung dieses Einflußes wurden Platten, die in der 
früher beschriebenen Weise belichtet worden waren, in eine Blech- 
dose eingeschlossen und in einem Thermostaten bei 78° 30, 60, 
120 und 240 Minuten erhitzt. Dabei ergaben sich folgende Resultate: 


Empfindlichkeitssteigerung bei 


Vorerhitzung von Nacherhitzung von 
Piattensörte 30 | 60 | 120 | 240 30 | 60 | 120 | 240 
Minuten Minuten 
Panchroma ...... mioim.| I, 3 5,0 keine | 1,5 | 1,5 | keine 
Vindin u... 204% % keine | 1,4 1,4 (1,3) 1,5 1,5 1,5 | (1,25) 
Gelbetikett ..... . keine | 1,4 1,3 | (1,5) 1,5 1,5 2 keine 


Die eingeklammerten Werte sind wegen Schleiers nicht ein- 
wandfrei. 

Die Nacherhitzungswirkung scheint ein zeitliches Optimum zu 
durchlaufen. 

5. Feuchtigkeitsgehalt der Luft. 

Wie Vergleiche von in gewöhnlicher und mit Phosphorpentoxyd 
getrockneter Luft erhitzten Platten zeigten, wirkt hohe Trockenheit 
im allgemeinen vermindernd auf den Erhitzungseffekt ein und zwar 
anscheinend stärker bei der Vorerhitzung. Das steht im Wider- 
spruch zu der Ansicht von Lüppo-Cramer(o). Auffallend ist, daß 
die mit P,O, erhitzten Platten bedeutend klarer bleiben als die ohne 
Trockenmittel erhitzten. 


Im Gegensatz zu den bisher besprochenen Fällen zeigte die 
Kranzeder Deutsche Imperial-Platte nach Lüppo-Cramer einen 
geringen, aber ausgesprochen negativen Erhitzungseffekt. Es handelt 
sich hier um eine flau arbeitende und leicht zu Schleier neigende 
sehr hoch empfindliche Platte. Auch bei Viridin, Gelbetikett und 
Ortho-Elur 22 konnte unter Umständen ein negativer Effekt be- 
obachtet werden und zwar immer in Kombination Glasseite der 
Platte auf Heizfläche beim Vorerhitzen, auf das diese hochempfind- 
lichen Platten überhaupt wenig reagieren. 


Versuche bei spektral zerlegtem Licht mit Agfa extra 
rapid, Lomberg Ortho-Elur 22 und Ilford Special Rapid Pan- 
chromatic Platten, die ın der Weise angestellt wurden, daß Spektral- 
aufnahmen bei abgestuften Lichtintensitäten mit Hilfe eines Scheffer- 
schen Stufenspaltes (Verhältnis der Spaltbreiten und damit der Licht- 
intensitäten 2:4:8:16:32:64:123) mit un-, vor- und nacherhitzten 


Der Einfluß starker Erhitzung usw. 67 


Platten gemacht, diese ausphotometriert und in Kurven mit Wellen- 
längen und Schwärzungen De =) als Ordinaten dargestellt wurden, 
0 


zeigten, daß der Empfindlichkeitsbereich und die Lage der Haupt- 
maxima im allgemeinen erhalten bleiben, wenn auch die Höhe der 
letzteren meist eine bedeutende Steigerung erfährt. Zu beobachten 
war ferner das Verschwinden von Nebenmaxima und das Auftreten 
von neuen Wendepunkten sowie teilweise ein deutlicher Unterschied 
zwischen Vor- und Nacherhitzungseffekt. 

In Fig. ı sind die auf eben angegebene Weise gewonnenen 
Schwärzungskurven der Agfa extra rapid Platte (—— unerhitzt, 
«+ vorerhitzt, - - - nacherhitzt) abgebildet. Wie diese besonders inter- 


550 500 450 400 


Fig. 1. 


essante Versuchsreihe zeigt, haben die einander ähnlichen Kurven der 
erhitzten Platten gegenüber den der unerhitzten Platte insofern ein 
stark verändertes Aussehen, als einerseits der gegen das rote Ende zu 
gelegene Wendepunkt, der offenbar ein zweites Empfindlichkeits- 
maximum anzeigt, durch das Erhitzen verschwunden ist, während 
andererseits auf der violetten Seite der nach einwärts gebogene 
konkave Kurvenzug in einen konvexen übergegangen ist. Durch 
diese Veränderungen wurde die Lage des Schwerpunktes der von 
der größten Kurve der unerhitzten Platte umschriebenen Fläche 
von 476,5 mu nach ungefähr 467 mu verschoben. 

Bei entsprechend im Ultraviolett angestellten Versuchen mit 
Schleußner Gelbetikett-Platten war bemerkenswert, daß das ohne 
Erhitzen und bei Nacherhitzen bei 420—430 mu liegende Empfind- 
lichkeitsmaximum durch Vorerhitzen nach 440—450 mu verschoben 
wurde. 


68 Kellner. 


U. Einfluß der Erhitzung auf das latente Bild. 


Die diesbezügliche Untersuchungsmethode bestand darin, daß 
Photometeraufnahmen, die in der früher beschriebenen Weise her- 
gestellt und erhitzt worden waren, vor dem Entwickeln fixiert wurden, 
so daß alles unveränderte Bromsilber aus der Platte weggelöst wurde. 
Die durch nachfolgende physikalische Entwicklung (10) hervorge- 
rufene Schwärzung ist dann direkt proportional der vorhandenen 
Substanzmenge des latenten Bildes. Zur Erhitzung wurden die 
Platten in einer Blechdose in einen elektrisch geheizten Trocken- 
schrank gebracht. Die Resultate sind in folgender Tabelle angegeben: 

Empfindlichkeitssteigerung bei der Temp. von 88° 


und einer Erhitzungsdauer von 
Plattensorte 


30 Minuten 60 Minuten 
nacherh. vorerh. nachcrh. | vorerh. 
Viridin „ae. 8% | minimal 1,5 negativ 1,5 
Agfa extra rapid... — 1,5 keine keine 
Silhereosin ...... 3 1,5 1,5 3,3 
Panchroma ...... 1,5 1,5 1.3 3 


Die latente Bildsubstanz hat also im allgemeinen durch Er- 
hitzen zugenommen. Bei der längeren Erhitzungsdauer ist jedoch 
in allen Fällen ein Zurückgehen des Nacherhitzungseffektes zu be- 
obachten, also eine Wiederverminderung der Keimsubstanz, was mit 
den schon erwähnten Versuchen bei chemischer Entwicklung 
parallel geht. 


II. Einfluß derErhitzung auf dieGröße des Bromsilberkorns. 


Unbehandelte Schichten photographischer Platten (Schleußner 
Panchroma, Perutz Silbereosin und Agfa extra rapid) wurden mit 
einer Rasierklinge bis auf eine äußerst dünne Schicht abgeschabt 
und diese mit Hilfe der großen mikrophotographischen Einrichtung 
von Zeiss bei einer Vergrößerung von 3400 (num. Äpertur 1,25) 
unerhitzt und re, 75 und 225 Minuten bei 100° erhitzt an iden- 
tischen Stellen aufgenommen (s. Fig. 2 u. 3, Tafel I, Agfa Extrarapid un- 
erhitzt und 225 Min. erhitzt). Bei jeder Serie wurde nun eine An- 
zahl identischer Bromsilberkörner auf dem Mikrophotogramm aus- 
gewählt, deren Größe eine von den kleinsten bis zu den größten 
beobachteten Körnern aufsteigende Reihe bildeten, und mit einem 
Vergrößerungsapparat auf Bromsilberpapier noch weiter bis auf das 
40000fache vergrößert, während gleichzeitig ein Maßnetz mit ein- 
kopiert wurde, das die Dimensionen unmittelbar in o abzulesen 
gestattete. 


Der Einfluß starker Erhitzung usw. 69 


Wie sich herausstellte, sind die durch Erhitzen hervorgerufenen 
Korngrößenänderungen sehr gering. Beim Ausmessen der einzelnen 
Körner, das naturgemäß mit großen Fehlern behaftet ist, da die Be- 
grenzungen der Körner auf den Aufnahmen verwaschen sind, war nur 
bei der Panchroma-Serie eine einheitliche Linie zu beobachten und zwar 
in dem Sinne, daß die großen Körner durch Erhitzen zugenommen 
hatten, die mittleren ungefähr gleichgeblieben und die kleineren ab- 
genommen hatten, also ganz im Sinne der auch sonst beobachteten 
Sammelkristallisation. Die größte beobachtete Zunahme in der Fläche 
bewegte sich in der Größenordnung e, 1077 mm, die größte Abnahme 
3-.10""mm?. Im Mittel sind die Größenänderungen sehr viel kleiner. 
Gegenüber dieser auf so reichhaltiges Material gestützter Feststellung 
muß die Beobachtung von Bellach (11), daß bei mehrtägigem Trocknen 
‚unsere Manipulation wirkt doch wahrscheinlich noch energischer) eine 
mittlere Zusammenziehung der Korngröße um 0,67 - (OP mm? statt- 
finde, wohl als irrtümlich bezeichnet werden. 

Ob es sich übrigens bei den Bromsilberkörnern in allen Fällen 
um Kristallindividuen handelt, wie vielfach angenommen wird, kann 
aus unseren Aufnahmen nicht geschlossen werden, da nur die großen 
Körner der Agfa-Emulsion in größerer Zahl einen ausgesprochen 
krıstallinen Habitus aufwiesen. 


IV. Einfluß der Erhitzung auf die Dicke der Bromsilber- 
schicht und die Verteilung der Körner in ihr. 


Von unerhitzten und verschieden lang erhitzten, sonst unbe- 
handelten Schichten von Schleußner Panchroma und Agfa extra 
rapid wurden Mikrotomschnitte quer zur Dicke der Schicht an- 
gefertigt und mikrophotographisch aufgenommen. Die Temperatur 
der Heizplatte betrug 78—79°. Die Schichtdickenänderungen sind 
in nachfolgender Tabelle angegeben: 


Präparierte Emulsion | Erkitzungs- Schichtbreite 
Art Dauer 

nicht erhitzt — 66,8 u 
Sch] Glass. auf Heizplatte ro Min. 79,4 u 
eu Panic botia Schichts. auf Heizplatte 90 y» 54,2 H 
Glass. auf Heizplatte 90 y 61,1 u 
nicht erhitzt — 149 u 
Schichts. auf Heizplatte 10 Min. 149 H 
Agfa extra rapid Glass. auf Heizplatte IO on 153 H 
Schichts. auf Heizplatte 90 p 122 u 
Glass. auf Heizplatte 90 y» 142 u 


70 Kellner. 


Die Erhitzung erfolgte in allen Fällen bei tätigem Ventilator. 

Auffallend ist, daß in beiden Fällen bei der Kombination Glass. 
auf Heizplatte eine Dickenzunahme erfolgte gerade bei der Er- 
hitzungsdauer, die für die Empfindlichkeitssteigerung besonders in 
Frage kommt. | 

Auf den Mikrophotogrammen der länger erhitzten Schichten 
war infolge der starken, wahrscheinlich durch Wasserabgabe er- 
folgten Schrumpfung eine Konzentrationserhöhung der Bromsilber- 
körner zu beobachten. Beachtlich ist in diesem Zusammenhang 
das Zurückgehen der Empfindlichkeitssteigerung bei längerem Er- 
hitzen und bei Anwendung eines Trockenmittels. 


V. Einfluß der Erhitzung auf die Verteilung der Silber- 
körner in den entwickelten Schichten. 


Die diesbezügliche Untersuchung erfolgte dadurch, daß bei 
einigen der früher erwähnten, unerhitzten und erhitzten Photometer- 
aufnahmen (Hauff Ultrarapid, Agfa extra rapid und Kranseder 
Imperial) mit Hilfe des Mikroskops durch entsprechendes Verstellen 
der Feinmeßschraube die Anzahl der Silberkörner in verschiedenen 
Schichtniveaus in bezüglich empfangener Lichtmenge und erreichter 
Schwärzung zusammengehörigen Feldern bestimmt wurde Die 
Versuchsdaten für Hauff Ultrarapid waren folgende: 


Aufn. | Feld Art | Erhitzungs- Tem Wirks. gewes, rell Gemessene 
Nr. Nr. | dauer P. Lichtmenge Schwärzung 
I I unerh. — = 3:4 0,194 
2 I Vorerh. 2 Min. 89° 3,4 0,471 
2 IV si 2 Min. 89° 1 0,188 


Das Erhitzen war mit der Schichtseite auf der Heizfläche bei tätigem 
Ventilator erfolgt. 

Die Auszählung der Körner erfolgte an je zwei verschiedenen 
Stellen jedes Feldes in einem Quadrat von 2500 u? Fläche. Ein 
Intervall der Feinmeßschraube entsprach 2u. Die Resultate waren 
bei Hauff Ultrarapid die in folgender Tabelle angegebenen. 

Neben dieser Untersuchung in horizontalen Schichten wurde 
noch eine solche in vertikaler Richtung in der Weise angestellt, 
daß von den eben angegebenen Feldern Mikrotomschnitte quer zur 
Schicht angefertigt und mikrophotographisch aufgenommen wurden 
(Vergrößerung 830, num. Apertur 0,65) Die Aufnahmen sind in 
den Figuren 4—6 dargestellt. 


Der Einfluß starker Erhilzung usw. 7I 


Feinst. 17,5 16 145 13 115 
Körnerz. 20 52 42 Bi o 290 


Feinst. 17,5 16 145 13 11,5 
Körnerz. 23 so EI 82 88 294 


Körnerz. 100 109 


Feinst. 18,5 18,0 17,0 15,5 14,0 
Körmerz. 54 183 133 58 24 352 


| f Feinst. 17,3 15,8 14,3 12,8 11,3 
70 
I 


Feinst. 19,5 18 165 IS 135 12 
Kömerz, 74 43 38 28 32 28 806 


I 
IV 
| A Feinst. 19 17,5 16 14,5 13 11,5 
Körnerz. 83 73 49 41 38 22 


Wie aus obiger Tabelle ersichtlich ist, befindet sich die Haupt- 
masse der Körner bei der unerhitzten Platte auf der Glasseite 
der Schicht, während dagegen bei Feld I der vorerhitzten Platte 
die Ansammlung auf der Luftseite der Schicht stattgefunden hat, 
was auch durch das Mikrophotogramm bestätigt wird. 


Trotz gleicher wirksamer Lichtintensitäten hat die Zahl der 
Körner durch Vorerhitzen zugenommen, im Mittel von 292 auf 341 
pro 2500 u?, doch weitaus nicht in dem Verhältnis der beobachteten 
Dichtenzunahme (0,94 :0,471} Dies hat darin seinen Grund, daß 
bei der vorerhitzten Platte die Silberkörner in einer viel dichteren 
Packung sich befinden und dadurch, trotz verhältnismäßig geringer 
Kornzahlzunahme, eine viel stärker blendende Wirkung auf das 
durchtretende Licht ausüben. 


Feld IV der vorerhitzten Platte zeigt ungefähr die gleiche 
Kornzahl wie die unerhitzte Platte, trotzdem nur !/,, der Licht- 
intensität gewirkt hat. Die geringere Lichtintensität hat, wie man 
aus dem Vergleich mit Feld I ersieht, die Bildung einer relativ viel 
größeren Kornzahl bewirkt. Daß hier Kornzahl und Dichte nahezu 
parallel gehen, hat seine Ursache darin, daß bei der unerhitzten 
Platte und Feld IV der vorerhitzten die Packungsdichte der Körner 
analog ist, wie ein Blick auf die Photographien lehrt. 

Stellt man aus den Zahlen der obigen Tabelle die Körner- 
verteilungskurven mit Schichthöhe und Kornzahl als Ordinaten auf, 
so weisen diese mehrere Maxima auf, wofür auch auf den Aufnahmen 
vielleicht gewisse Andeutungen vorhanden sind. 


72 Kellner. 


Bei Feld I der vorerhitzten Platte hat, bei der starken Dichten- 
zunahme gegenüber der unerhitzten Platte wider Erwarten, die 
mittlere Korngröße sogar abgenommen, wie ein Vergleich der 
Figuren 4 und 5 zeigt. 

In analoger Weise mit Agfa extra rapid-Platten angestellte 
Versuche ließen eine Zunahme der schon bei der unerhitzten Platte 
vorhandenen Kornanhäufung an der Luftseite der Schicht durch 
Erhitzen erkennen. 


B. Zusammenfassung und Deutung der experimentellen Ergebnisse. 

Die Resultate unserer Experimente lassen sich kurz folgender- 
maßen wiedergeben: 

I. Die Erhitzung photographischer Trockenplatten hat im all- 
gemeinen eine Erhöhung der optischen Dichte (Schwärzung) des 
entwickelten Negatives zur Folge. 

2. Die Größe des Effektes ist abhängig 

a) vom Zeitpunkt des Erhitzens relativ zur Belichtung; 
Erhitzen während der Belichtung wirkt besonders stark. 
Erhitzen vor der Belichtung wirkt besonders empfindlich- 
keitssteigernd bei schlechtempfindlichen Platten. 

Erhitzen nach der Belichtung ist bei allen Plattensorten in 
ungefähr gleicher Stärke wirksam, jedoch geringer als Er- 
hitzen vor der Belichtung. 

b) von der Art des Erhitzens. Die Heizung mit Temperatur- 
gefälle von der Luft- zur Glasseite der Schicht ist, mit 
Ausnahme dünner Emulsionen, bei Erhitzen nach der Be- 
lichtung besonders wirksam. 

c) von der Temperatur und Dauer des Erhitzens, wobei 
teilweise ein Optimum zu erkennen ist. 

d) vom Feuchtigkeitsgehalt der Gelatine derart, daß bei 
scharfer Trocknung die Empfindlichkeitssteigerung zurück- 
geht. 

3. Durch Erhitzen tritt unter Umständen eine Veränderung der 
spektralen Empfindlichkeit der Platte ein. 

4. Nennenswerte Größenänderungen der Bromsilberkörner treten 
nicht auf. | 

5. Die Bromsilberschicht scheint im empfindlichkeitssteigernden 
Zeitintervall durch Erhitzen an Dicke zuzunehmen. 

6. Die Zahl der Silberkörner nimmt durch Erhitzen zu, relativ 
stärker bei geringen Lichtintensitäten. 


Der Einfluß starker Erhüzung usw. ‘73 


7. Durch Erhitzen tritt meist eine dichtere Packung der Silber- 
körner in der Oberflächenschicht ein. 

Fassen wir die bei der Erhitzung auftretenden Erscheinungen 
als Ganzes ins Auge, so kann es nicht zweifelhaft sein, daß wir es 
hier mit dem Endstadium des sogenannten Reifungsprozesses photo- 
graphischer Emulsionen zu tun haben, mit unseren Beobachtungen 
also neues Material zur Aufklärung dieses in seinem Wesen immer 
noch rätselvollen Vorgangs haben. 

Die Reifung besteht bekanntlich darin, daß frisch hergestellte 
Halogensilberemulsionen, die einen geringen Grad von Empfind- 
lichkeit zeigen, durch gewisse Zusätze in der Kälte (meist Ammoniak) 
oder durch Erhitzen empfindlicher gemacht werden, wobei äußerlich 
sichtbar eine Vergrößerung der Halogensilberkörner einhergeht. Das 
Maß für das Fortschreiten des Prozeßes bildet also die Zunahme 
der „Empfindlichkeit“. Man versteht darunter die Beziehung zwischen 
wirksamer Lichtmenge und erreichter Schwärzung, die angibt, 
welche Lichtmenge notwendig ist, um eine bestimmte bzw. eine 
eben noch sichtbare Schwärzung hervorzurufen. Die so definierte 
Empfindlichkeit ist nun aber äußerst komplexer Natur; denn die 
Schwärzung hängt außer von der wirksamen Lichtmenge noch von der 
Art der Belichtung (kontinuierlich, intermittierend), den Bedingungen 
des Entwickelns und Trocknens und in besonders komplizierter Weise 
von der Art der lichtempfindlichen Emulsion ab, so von deren quali- 
tativer und quantitativer chemischer Zusammensetzung bezüglich Ge- 
latine, Halogensilber und sonstigen Zusätzen, namentlich aber von deren 
physikalischer Beschaffenheit. Von letzterer und deren Änderungen 
hangt also, wenn wir die Belichtungs- und Entwicklungsbedingungen 
konstant halten und auch die chemische Zusammensetzung der 
Emulsion durch die erfolgte Mischung der Komponenten gegeben 
ist, die Empfindlichkeitszunahme bei der Reifung ab. 

Die physikalische Natur der photographischen Emulsion ist 
nun gegeben durch ihre Besonderheit als kolloides System, ihren 
Feuchtigkeitsgehalt, die Verteilung der Halogensilberkörner nach 
verschiedenen Schichtniveaus, die Zahl und Größe der Körner, die 
an ihrer Oberfläche wirkenden Kräfte, die Struktur dieser Körner 
selbst und endlich den Zustand der kleinsten und für den eigent- 
lichen photochemischen Vorgang entscheidenden Einheiten, der 
Moleküle, Ionen und Elektronen. 

Die Frage ist nun, welcher dieser Faktoren, die wohl alle mehr 
oder weniger wirksam sein werden, die Reifung in ihrer empfind- 

Zeitschr. f. wiss, Phot. 24. 6 


74 ° Kellner. 


lichkeitssteigernden Wirkung entscheidend beeinflußt. — Aus 
unseren Versuchen geht hervor, daß, wenigstens für deren letztes 
Stadium, eine Zunahme der Korngröße, so wichtig diese in der 
vorhergehenden Periode sein mag, nicht ausschlaggebend sein 
kann, eine Ansicht, die auch von Lüpo-Cramer(12) und Storr(13) 
geteilt wird. 

Die Bildung von Adsorptionsverbindungen der Gelatine oder 
anderer, in der Emulsion enthaltener Ionen an der Oberfläche des 
Korns(14), die bei Belichtung leichter als das Bromion ein Elektron 
an ein Silberion abgeben und somit eine erhöhte Lichtempfindlich- 
keit zur Folge hat, mag wohl in manchen Fällen stattfinden, erklärt 
aber nicht eine Reifungsmöglichkeit auch nach der Belichtung, die 
wir in der empfindlichkeitssteigernden Wirkung der Erhitzung nach 
der Exposition verwirklicht sehen müssen, da sich diese weder 
mikro- noch makroskopisch prinzipiell von dem Effekt der Er- 
hitzung vor der Belichtung unterscheidet. 

Auch sonst ist bei der Heranziehung der Wirksamkeit der 
Gelatine beim Reifungsprozeß Vorsicht geboten. Denn Schaum 
undBraun(15) haben nachgewiesen, daß auch gelatinefreies Halogen- 
silber reifungsfähig ist, und damit übereinstimmend hat Acworth (16) 
gefunden, daß bindemittelfreies Chlor-, Brom- und Jodsilber durch 
Erhitzen an Empfindlichkeit zunimmt. 

In diesem Zusammenhang und in Anlehnung an unsere Ver- 
suche möchten wir die Richtigkeit der zuerst von Eder geäußerten 
und neuerdings von Lüppo-Cramer(17) vertretenen Auffassung 
der Reifung als Bildung von durch die Gelatine reduzierten Silber- 
keimen, die den „Belichtungskeimen die Entstehung erleichtern 
sollen“, in dieser Form stark in Zweifel ziehen. Denn einmal findet 
schon Eder, daß Emulsionen trotz beginnenden Schleiers sehr un- 
empfindlich sein können und aus unseren Versuchen geht hervor, 
daß in vielen Fällen das Maximum der Empfindlichkeitssteigerung 
bei einer Temperatur eintritt, die unterhalb derjenigen liegt, bei 
der Schleier auftritt, während doch nach obiger Auffassung ein 
kontinuierlicher Anstieg der Empfindlichkeit bis zu letzterer Tem- 
peratur ohne Optimumbildung stattfinden müßte. Im Gegensatz 
dazu und in Übereinstimmung mit Eder konnten wir im Gebiete 
des Wärmeschleiers häufig ein Zurückgehen der Empfindlichkeit 
feststellen. Durch ihre bloße Gegenwart können übrigens die von 
Lüppo-Cramer angenommenen Reduktions-Silberkeime auch nicht 
wirken. Dies wäre wohl bei Auslösung eines Übersättigungszustandes 


Der Einfluß starker Erhitzung usw. 75 


möglich; um einen solchen handelt es sich aber bei der Lichtwirkung 
gar nicht. Die katalytische Wirksamkeit müßte also in der wenigstens 
intermediären Bildung von Zwischenverbindungen liegen. Daß die 
Lüppo-Cramersche Auffassung auch den von uns beobachteten 
Nacherhitzungseffekt nicht erklärt, braucht wohl kaum erwähnt zu 
werden. 

Eine Hypothese, die geeignet ist, die Beobachtungen in viel 
umfassenderer Weise wiederzugeben, schließt sich an eine Beobach- 
tung von R. Zsigmondy an (18), daß bei Fällung eines Kolloids 
die Teilchenvergrößerung unter Umständen dadurch zustande kommen 
kann, das mehrere kleine Teilchen, die „Primärteilchen“ nach Mecklen- 
burg (19), ohne ihre Individualität einzubüßen, zu größeren Kom- 
plexen, den „Sekundärteilchen‘‘, sich vereinigen. In Übertragung 
dieser Anschauung auf den photographischen Reifungsprozeß faßt 
K. Mees(20) diesen in der Weise auf (21), daß kleine Kristalle von 
Halogensilber unter Einschluß von Gelatine zu einem größeren 
Korn zusammentreten. Gleichzeitig geht aber ein anderer Prozeß 
vor sich, der darin besteht, daß innerhalb des Korns unter Aus- 
scheidung von Gelatine kleinere Primärteilchen zu größeren zu- 
sammenwachsen, wodurch natürlich die Zahl der Primärteilchen im 
Korn sinkt. Die kleinste, die Entwicklung begrenzende Einheit 
bidet ein Primärteilchen, das, um entwickelbar zu sein, mindestens 
an einem Punkt vom Licht affıziert sein muß. Daraus folgt un- 
mittelbar die größere Lichtempfindlichkeit der im allgemeinen aus 
größeren Primärteilchen bestehenden Körner und andererseits die 
Möglichkeit einer Reifungszunahme nach Beendigung des eigent- 
lichen Kornwachstums und auch nach erfolgter Belichtung. Auch 
ein Einfluß der Feuchtigkeit ist so vorherzusehen. 

Einer maßgebenden Rolle der Gelatine im obigen Sinne, wie 
sie auch besonders von Quincke (22) vertreten wird, können wir 
aber nicht zustimmen, da sich so große Veränderungen der inneren 
Struktur des Korns auch in dessen äußerer Form und Größe be- 
merkbar machen müßten, was aber nach unseren Versuchen nicht 
der Fall ist. Es könnte sich höchstens um gewisse Kontaktver- 
besserungen der Primärteilchen handeln, die ohne größere Volum- 
und Formänderungen vor sich gehen. 

Daß die eben angeführte Hypothese nicht ausreichend ist; geht 
schon daraus hervor, daß wir mit der Empfindlichkeitssteigerung 
auch eine Vermehrung der Silberkörner und eine Zunahme der 


iatenten Bildsubstanz feststellten, die eine Folge einer Zunahme der 
ch 


76 Kellner. 


primären Lichtreaktionen durch den Reifungsvorgang darstellt, was 
nur möglich ist, wenn auch der Energiezustand der den eigentlichen 
Lichtvorgang bestimmenden Moleküle, Ionen und Elektronen durch 
die Reifung beeinflußt worden ist, also eine Lichtempfindlichkeits- 
zunahme im wahren Sinne stattgefunden hat. 

Wie wir durch eine Überschlagsrechnung mit Hilfe der Wien- 
schen Formel feststellten, kam bei unseren Versuchen Wärme- 
strahlung als Energiequelle nicht in Frage, eine Energiezufuhr 
konnte also nur in Form von Wärme im kinetischen Sinne erfolgen. 
Über den dabei wirksamen Mechanismus machen wir uns folgende 
Vorstellung, wobei wir uns wohl bewußt bleiben, daß ihr von Seiten 
des Äpuivalentgesetzes, falls dieses in der bis jetzt diskutierten Form 
strenge Gültigkeit haben sollte, gewisse Schwierigkeiten im Wege 
stehen. 

Wir nehmen an, daß für das Valenzelektron des Bromions mehrere 
Bahnen von mehr oder weniger großer Stabilität entsprechend ver- 
schiedenen Energieinhalten des Elektrons existieren, von denen 
normalerweise die innerste, dem niedrigsten Energieinhalt ent- 
sprechende, besetzt ist. Durch strahlende Energie kann das Valenz- 
elektron aus dieser herausgehoben werden und zwar wird bei ge- 
nügend großem Energiequantum völlige Dissoziation erfolgen. Das 
entweichende Elektron findet ein Silberion als Akzeptor und damit 
ist ein „Keim“ des latenten Bildes geschaffen. Ist nun aber das 
zugeführte Energiequantum nicht groß genug, so findet nur eine 
Hebung des Elektrons auf eine, vom Kern weiter entfernte, energie- 
reichere Bahn statt. 

Dieser Vorgang kann auch durch Wärme erfolgen, entweder 
durch Zusammenstoß oder durch Nähewirkung. Der Reifungsvor- 
gang würde dann in der Ausbildung einer Anzahl aktivierter Brom- 
ionen bestehen, ohne daß bereits merkliche Mengen völlig oxydierter 
Bromionen gebildet werden, was allerdings bei zu lange fortgesetztem 
Reifen eintritt und in Schleierbildung beim Entwickeln auch ohne 
Belichtung sich äußert. 

Wie man sieht, haben diese Gedankengänge Ähnlichkeit mit 
der Lenardschen Phosphortheorie. 

Nun ist es klar, daß eine geringere Lichtmenge hinreichen 
wird, um ein durch Reifen aktiviertes Elektron abzudissoziieren und 
umgekehrt die Möglichkeit besteht, daß die Wärme ein durch die 
Belichtung aktiviertes Bromion nachträglich dissoziiert. Damit wäre 
der beobachtete Wärmeeffekt vor und nach der Belichtung erklärt. 


Der Einfluß starker Erhitzung usw. 77 


Die Zahl der aktivierten Bromionen braucht übrigens im Ein- 
klang mit dem Maxwellschen Energieverteilungssatz nur äußerst 
gering zu sein, entsprechend der geringen Substanz des latenten 
Bildes. Zur sichtbaren, nicht entwickelten Schwärzung wäre dann 
die dem oben definierten normalen Energieinhalt entsprechende viel 
größere Lichtenergie notwendig. Die Art der Energieverteilung 
findet ihren Ausdruck in der „Gradation“ der Platte. 

Die eben gegebene Deutung des Reifungsprozesses findet eine 
wichtige Stütze in der Besonderheit der Lichtaufnahme durch die 
photographische Platte, die wir anläßlich der Aufstellung eines 
photographischen Schwärzungsgesetzes dargetan haben (23). 

Da durch unsere Hypothese ja nur die eigentliche Empfind- 
lichkeitszunahme durch Steigerung der Zahl der primären Licht- 
reaktionen in Betracht gezogen wird, so haben nach ihr auch die 
oben angeführten Reifungsfaktoren, Korngröße und Konstruktur, 
noch ihre volle Bedeutung. Denn diese sind ja dafür ausschlag- 
gebend, zu welchem Grade der Schwärzung eine bestimmte Zahl 
von Primärreaktionen durch die Entwicklung führt. So können wir 
uns, um zwei extreme, in Wirklichkeit zwar kaum vorkommende 
Fälle herauszugreifen, vorstellen, daß eine primäre Lichtreaktion an 
einem, von Gelatine umgebenen, isolierten Molekül stattgefunden 
habe. Infolge der ungeheueren Kleinheit des gebildeten Silberatoms 
und der dadurch nach den Erkenntnissen der Kolloidchemie außer- 
ordentlich großen Schutzwirkung der Gelatine wird nın an diesem 
Silberatom bei der Entwicklung gar keine weitere Silberabscheidung 
erfolgen, so daß die Primärreaktion in diesem Falle überhaupt nichts 
zur Schwärzung beiträgt. Andererseits kann eine Primärreaktion 
innerhalb eines großen, einheitlichen Korns die Entwickelbarkeit 
dieses ganzen Komplexes zur Folge haben und so einen bedeuten- 
den Beitrag zur Schwärzung liefern. 

Der mögliche Einfluß, den die Gelatine schon bei den Elek- 
tronenvorgängen haben kann, geht daraus hervor, daß z. B. fluores- 
zerende Lösungen durch Gelatinezusatz zu sekundenlanger Phos- 
phoreszenz gebracht werden können (24, Daß dabei auch die 
Feuchtigkeit eine wichtige Rolle spielt, ist zu erwarten (25). 

Identifiziertt man übrigens die in der Theorie von Eder und 
Lüppo-Cramer angenommenen Reduktionskeime mit den von uns 
wahrscheinlich gemachten, aktivierten Bromionen, die ja schließlich 
ein Reduktionsstadium darstellen, so gehen beide Auffassungen in- 
einander über. 


78 Kellner. Der Einfluß starker Erhitzung usw. 


Die in vorstehender Arbeit erwähnten Photometer, Spektro- 
graphen, mikroskopischen und photographischen Einrichtungen ent- 
stammten dem Laboratorium der Lifa in Augsburg. Bei dem 
mikrophotographischen durfte ich mich der lebhaften Unterstützung 
durch meinen Vater, Herrn Max Kellner, erfreuen, wofür ich ihm 
auch an dieser Stelle bestens danke. 


Literatur. 


1) Osamu Masaki, Chem. Centralbl. 1924, II 1889; Japan. Journ. of Phy- 
sics, Vol. II 163. 

2) Abney, Brit. Journ. of Phot. 1884, S. 306. 

3) Tóth, Phot. Korresp. 1884, S. 205. 

4) Schumann, Photogr. Wochenblatt 1884, S. 205. 

s) Henderson, Phot. News 1884, S. 447. 

6) Acworth, Phot. Journal 1892, S. 20. 

7) Eine dadurch hervorgerufene Förderung der Solarisation wurde von H,Schef- 
fers (Ztschr. f. Physik 20. 116) beobachtet, 

8) Eders Jahrbuch 1913, S. 175. 

9) Lüppo-Cramer, Ztschr. f. Physik 29, 387. 1924. 

10) Verwendet wurden die Vorschriften von Lüppo-Cramer, Photogr. In- 
dustrie 1915 Nr. 44. 1921, Nr. 40. 1924, Nr. 37 und 1923 Nr. 39/40. 

11) Bellach, Die Struktur d. phot. Negative (Knapp, Halle). 

12) Lüppo-Cramer, Zeitschr. f. wiss. Phot. 23. 86. 1925. 

13) Storr, Transact, Faraday Soc. Vol. XIX, Part 2, Nov. 1923. 

14) Im Sinne von Frankenburger, Ztschr. f. phys. Chemie 105. S. 319 und 
Weigert, Sitzgsber. d. preuß. Akad. d. Wiss. Berlin 641. 1921. 

15) Schaum und Braun, Ztschr. f. wiss. Photogr. 1. 377. 1904. 

16) Acworth, Phot. Journal 1892, S. zo, 

17) Eder Handbuch III, 1. S. 85; Lüppo-Cramer, Photogr. Mitteilungen 
1909. S. 328; Ztschr. f. wiss. Phot. 23. 86 und 184. 1925. 

18) Zsigmondy, Zur Kenntnis der Kolloide, Jena 1905. 

19) Mecklenburg, Ztschr. f. anorg. Chemie 74. 261. 

20) Mees, Scient. Publ. Research Lab. Eastman Kodak Co. 1913/14. S. 75. 

21) Diskutiert von Lüppo-Cramer, Ztschr. f. wiss. Photogr. 23. 141. 1925. 

22) Quincke, Ann. d. Phys. (4) 2. 1000. 

23) Kellner, Ztschr, f. wiss. Photogr. 24. 41. 1926. 

24) Pringsheim, Fluoreszenz und Phosphoreszenz, Berlin (Springer) 1921. 

25) Pospielow, Verh. d. d. phys. Ges. 16. 411. 1914. 


Eingegangen am 28. Oktober 1925. 


Kellner. Voraussetzungen einer einwandfreien, photograph. Spektralphotometrie. 79 


Voraussetzungen einer einwandfreien, photographischen Spektral- 
photometrie. 


Von 
Hugo Maria Kellner. 


Das Prinzip der photographischen Spektralphotometrie besteht 
darin, daß man von zwei identischen, gleichzeitig oder hintereinander 
wirksamen Strahlenbündeln das eine durch ein zu messendes ab- 
sorbierendes Medium auf unbekannte Weise, das andere durch 
irgendwelche Veranstaltung auf bekannte Weise schwächt, so daß 
dann, wenn auf der Aufnahme an korrespondierenden Stellen gleiche 
Schwärzung im Absorptions- und Vergleichsspektrum vorhanden 
ist, das Maß der Absorption für die betreffende Wellenlänge ge- 
geben ist Wie daraus hervorgeht, sind die Haupterfordernisse 
dieser Methode: 

I. Die Herstellung zweier identischer Strahlenbündel für das 
Absorptions- und Vergleichsspektrum, 

2. die Messung derLichtschwächung im Vergleichsstrahlenbündel, 

3. der Vergleich zweier Schwärzungen auf gleiche Dichtigkeit. 

Der Grad der Genauigkeit und Einfachheit, mit der diese 
Forderungen erfüllt werden können, sind bestimmend für die Brauch- 
barkeit der verschiedenen in Frage kommenden speziellen Formen 
der photographischen Methode. 

Die unter ı. und 3. erwähnten Punkte finden in einfacher 
Weise nur dann eine einwandfreie Lösung, wenn die beiden Strahlen- 
bündel gleichzeitig wirken und von einer einzigen Lichtquelle ge- 
speist werden und die beiden Spektren unmittelbar übereinander 
u liegen kommen, weil nur so die Inkonstanz besonders der für 
das Ultraviolett in Betracht kommenden Lichtquellen, Bogenlicht 
und Funkenstrecken, gleichgültig und eine bequeme Feststellung 
der Punkte gleicher Schwärzung mit dem Auge möglich ist. 

Besondere Sorgfalt ist bei der Wahl der Lichtschwächungs- 
verfahren zu üben, da diese Anlaß zu ganz erheblichen Fehlern 
bieten können. 

Die Schwächung einer Lichtmenge kann, da diese durch das 
Produkt Intensität mal Zeit (#7) gegeben ist, durch Intensitäts- und 
keitschwächung erfolgen. 


80 Kellner. 


Das absorbierende Medium bringt eine Intensitätsschwächung 
hervor, so daß zunächst nur die Anwendung einer solchen im Ver- 
gleichsstrahlengang in ihrer Wirkung auf die photographische Platte 
mit der des Absorbens unmittelbar verglichen werden kann. 

Die Verwendung der Zeitschwächung ist allerdings deswegen 
bestechend, da diese, nur in einer entsprechenden Variation der 
Belichtungszeit bestehend, keinerlei Apparatur bedarf. Doch stehen 
ihr um so größere theoretische Schwierigkeiten im Wege, die ihren 
Grund in der eigenartigen Abhängigkeit der erzielbaren photo- 
graphischen Schwärzung S von der wirksamen Lichtintensität € und 
der angewandten Belichtungszeit € haben und, wie ich wahrschein- 
lich gemacht habe, ihren Ausdruck in folgender Beziehung finden: 


g 


EE 
e ai Ae" AEN) 
S= me Va i (1) 
wo a, ë c, m, g Konstanten und e die Basis der natürlichen Log- 
arithmen bedeuten. 
Wie man hieraus ersieht, ist zur Erzielung gleicher Schwärzung 
die Gleichheit der Produkte 


- ei (lg (%2? - allg (1 GIE 


r al + bie 
u (hd ` 


= 1.1; a) + bze 
wo sei i >i 
notwendig. Die einer Intensitätsschwächung dl, entsprechende 
Zeitschwächung ist daher gegeben durch die Gleichung 


m r H 
p atore” "` CEt 
1 


„are aliy e 

Die einwandfreie Anwendung der Zeitschwächung setzt also 
die genaue Kenntnis der.mit der Lichtmenge und der Wellenlänge 
sich ändernden Exponenten der Zeit voraus, die etwa zwischen 
0,75 und 1,25 liegen und von Plattensorte zu Plattensorte ver- 
schieden sind. 

Nimmt man für eine bestimmte Plattensorte unter Nicht- 
beachtung dieses Umstandes die Zeitexponenten für alle Licht- 
mengen und Wellenlängen als gleich an, wie dies in der meist üb- 
lichen Bezeichnung dieses Exponenten als der sogenannten Schwarz- 
schildschen „Konstanten“ zum Ausdruck kommt, so sind unter 
Umständen ganz bedeutende Fehler nicht zu vermeiden. Um einen 
Begriff zu geben, um welche Größenordnung es sich dabei handeln 
kann, sei ein praktisch mögliches Beispiel angeführt: 


Voraussetzungen einer einwandfreien, photographischen Spektralphotometrie. ȘI 


An einer, einer bestimmten Wellenlänge entsprechenden Stelle 
des Spektrums würde auf die Platte ohne Schwächung die Inten- 
sität 4 = I Meterkerze wirken. Wir schalten nun eine Lösung in 


den Strahlengang, die eine Intensitätsschwächung von 3 = 0,25 
1 


hervorruft, so daß dann die Intensität z, = 0,25 auf die Platte 
wirkt Die Belichtungszeit betrage für das Absorptionsspektrum 
f = 100,4 Sekunden. Verwendet wird eine Platte, die bezüglich 
der Abhängigkeit des Zeitexponenten p für die betreffende Wellen- 
länge dem Gesetz 

pi = a, + bene! 


= 0,86 + 0,3036 e - %2476 (Is di? 


gehorchen soll [was unter gewissen Voraussetzungen der von 
mir (l. c.) betrachteten Wratten ordinary Platte entspricht]. Es ist 
dann 


1, ës = 0,25 » 100,4":975 = 31,59, 


was bei der betreffenden Platte unter bestimmten Entwicklungs- 
bedingungen etwa einer Schwärzung von 1,1—1,2 entspricht. 
Wollen wir nun die gleiche Schwärzung im Vergleichsstrahlen- 


gang durch Zeitschwächung erzielen, also die einer Intensitäts- 


schwächung von 2 = 0,25 entsprechende Belichtungszeit $, finden, 
1 
so haben wir zu setzen: 


their 


- VAA 
p gatie ENT 0.25 . 100,4475 
— 0,2476 (lg 4)? 
f 0,86 + 0,3036 @ = 31,59; 
daraus: 
is A = 27,3; 
3 27,3 1,0424 
Kä = 0,25 = U Keen e 
A 100,4 1:9473 


Würden wir nun aber p konstant gleich z. B. 0,9 (2) wählen, 
so würden wir bei der Belichtungszeit von 27,3 Sekunden nach der 


Rechnung 
m Va SC 
100,4 i 
fälschlicherweise ein Lichtschwächungsverhältnis von 0,3097 an dieser 


Stelle des Spektrums annehmen, was dem beträchtlichen Fehler 
von 23,8°/, entspricht. 


82 Kellner. 


m nn ae ae 


Unter die Kategorie der Zeitschwächungen gehört auch die 
Wirkung eines rotierenden Sektors. Unter der praktisch stets 
erfüllten Voraussetzung, daß der Absorptions- und der Vergleichs- 
strahlengang mit dem Sektor die gleich lange Zeit 2 tätig sind, be- 
trägt die einer Intensitätsschwächung dl, gleichkommende Wirkung 
des rotierenden Sektors nach Gl. (2): 

$ a Vë 

Zee ey sz 
wo z die Tourenzahl des Sektors, œ seinen Öffnungswinkel in Graden be- 
deutet und 9,,/, Exponenten der oben erwähnten Art sind, wobei 2, 
der im Absorptionsstrahlengang auf die Platte wirkenden Licht- 
menge df und J, der im Vergleichsstrahlengang wirkenden Je 
entspricht. Diese Schwächungsart trägt also einen sehr kompli- 
zierten Charakter. 

In allen Fällen, in denen bisher’ der rotierende Sektor auf die 
oben beschriebene Weise für die Ultraviolettphotometrie zur An- 
wendung gelangte, wo es sich also um intermittente Belichtung 
handelt, wurde jedoch die gänzlich unzulässige Annahme gemacht, 
die Lichtschwächung gehorche dem physiologischen Talbot- 
schen Satz 

u o 


KN 
——— 


A 360 ’ 


d.h. die Lichtschwächung sei unmittelbar durch das Öffnungs- 
verhältnis des Sektors gegeben. Dies ist indessen, wie aus der 
obigen Formel hervorgeht, nur der Fall, wenn a ef, = I ist. 

Um die Unrichtigkeit dieser Annahme darzutun und zu zeigen, 
welch starke, die ganze Methode unbrauchbar machende Fehler 
dabei auftreten können, wollen wir wieder ein praktisches Beispiel 
durchrechnen, dessen Versuchsbedingungen sich in durchaus nor- 
malen Grenzen halten: 

An derselben Stelle im Spektrum, die wir schon bei dem 
vorigen Beispiel herausgegriffen hatten, sei wiederum die Inten- 
sität des ungeschwächten Strahlengangs z, = I Meterkerze, die Be- 
lichtungszeit für beide Strahlengänge betrage 100,4 Sekunden. 
Auch sei wiederum die gleiche Plattensorte verwendet. Die Touren- 
zahl des Sektors betrage » = 1000/Min. Im Vergleichsstrahlengang 
soll nun dann gleiche Schwärzung mit dem Absorptionsstrahlen- 


gang eingetreten sein, wenn œ = 90°, also SE = 0,25 ist. 


Voraussetzungen einer einwandfreien, pholographischen Spektralphotometrie. 83 


Da 
D = 0,86 + 0,3036 e — +76 US (100,4 . 0,25))* 
= 1,0475 
und Pd; = 0,86 + 0,3036 e - 0,2476 (1g (200,4 AIR 


so erhalten wir aus unserer Formel 


S 100,4 e 0,25 1,0475 m 1000! — 1,0475 
E ee ae nn Eee Me 


— 0,2476 (Ig 100,4 %4)" 
Ki 100, 4588 + 0,3036 € 


Hieraus berechnet sich 
Dn = 1,0917, 
Zo = 0,1105. 
Die wirkliche Lichtschwächung beträgt also 0,1105. Würden 
wir dagegen mit dem Talbotschen Satz arbeiten, so würden wir 
erhalten: 


J = 0,25 

t 

und dabei einen Fehler von 126°/, machen. Folgt nun aber die 
Lichtschwächung nicht dieser einfachen Beziehung, so kann ein 
rotierender Sektor, besonders, da er noch eine ziemlich kostspielige 
und zu erschütterungsfreiem Arbeiten nicht gerade leicht auf- 
zustellende Apparatur darstellt, als Lichtschwächungsmittel nicht 
empfohlen werden. 

Wie man sieht, setzen die Methoden der Zeitschwächung, sollen 
sie zu einwandfreien Resultaten führen, eine genaue Kenntnis der 
Eigenschaften der verwendeten Platte voraus, die in den wenigsten 
Fällen vorliegt und erfordern, selbst wenn dies der Fall ist, nicht 
unerhebliche Rechenarbeit. Alle diese Schwierigkeiten fallen hinweg 
bei den Methoden der Intensitätsschwächung. 

Von den hierfür in Frage kommenden Verfahren hat die häufig 
in Anwendung gekommene Entfernungsänderung der Lichtquelle 
die Nachteile, daß eine sehr lange optische Bank zur Verfügung 
stehen muß, um eine hinreichend große Variation der Lichtintensität 
zu erzielen, daß die Justierung sehr leicht verloren gehen kann und 
bei räumlicher Ausdehnung der Lichtquelle das einfache quadratische 
Entfernungsgesetz nicht ohne weiteres anwendbar ist. 

Da ferner Nicolsche Prismen und trübe Medien im Ultraviolett 
wegen zu geringer Lichtdurchlässigkeit versagen, so bleibt als ein- 
wandfreieste und im Gebrauch bequemste Art der Lichtschwächung 
die Benutzung ausphotometrierter Blenden und von Drahtnetzen 
verschiedener Maschenweite. 


84 Kellner. Voraussetzungen einer einwandfreien, photograph. Spektralphotometrie. 


Von den bisher in Übung gekommenen, hauptsächlich von 
Houstoun(3), T. R. Merton(4), Victor Henri(5), Eckert und 
Pummerer(6), Fabry und Buisson(8), Chr. Winther(38), G. M. 
Pool(g), H. Th. Simon (10), H. E. Howe(11), K. Schaefer (12), 
G. Scheibe(13) und F. R. Lankshear (14) ausgebildeten Verfahren 
erfüllt eigentlich nur die Methode von Lankshear alle oben er- 
hobenen Forderungen. Doch verursacht diese wegen des umfang- 
reichen optischen und mechanischen Apparates ganz erhebliche 
Kosten und eine sehr umständliche Justierung. 

Zur Beseitigung auch dieser letzten Mängel schien die Aus- 
arbeitung einer Methode für das Ultraviolett geeignet, die von 
Schaum und Hen8ß (15) bereits im sichtbaren Spektrum verwendet 
worden war. 


Literatur. 

1) H. M. Kellner, Zeitschr. f. wiss. Phot, 24. 41. 1926. 

2) Eine sehr „beliebte“ Zahl. Vgl. V. Henri, Phys. Zeitschr. 14. 515; 
A. Castille, Journal de Pharm. de Belgique, Nos, 34—38 (1924); F. R. Lank- 
shear, Manchester Memoirs 60. No. 10. 1916. 

3) Houstoun, Proc. Roy. Soc. Edinb. 31. 521. 1911. 

4) T. R. Merton, Journ. Chem. Soc. 103. 124. 

5) V. Henri, Phys. Ztschr. 14. 515. 1913; nach der gleichen Methode arbeitet 
Castille, Le 

6) Eckert und Pummerer, Zeitschr. f. phys. Chem. 87. 599. 1914. 

7) Fabry und Buisson, Journ. de Phys. 3. 196; C. R. 156. 1913; ebenso 
arbeitet M. Ferrières, CR 178. No. 2. 202. 1924. 

8) Chr. Winther, Zeitschr. f. wiss. Phot. 22. 33. 1922. 

9) G. M. Pool, Zeitschr. f. Physik 29. 311. 1924. 

10) H. Th. Simon, Wiedem. Ann. 1896 und Eders Jahrb. 1897. Er be- 
schreibt die erste quantitative Methode. 

11) H. E. Howe, Phys. Rev. Ser. II, 8. 674. 1916. 

12) K., Schaefer, Zeitschr. f. angew. Chem. 1920 (I) 25. 

13) G. Scheibe, Zeitschr. f. angew. Chem. 1923. S. 450. 

14) F. R. Lankshear (2). 

15) K. Schaum und W. Heng, Zeitschr. f. wiss. Phot. 23. 7; Henß, Diss. 
Gießen 1924. 


Schaum und Kellner. Ein Röhrenphotometer für die Spektralphotometrie usw. 85 


Photometrische und spektralphotometrische Studien. V. 


Ein Röhrenphotometer für die Spektralphotometrie im Ultraviolett. 
Von 
Karl Schaum und Hugo Maria Kellner. 
Mit 7 Figuren im Text. 


In dem Bestreben, eine möglichst billige und in der Hand- 
habung einfache Vorrichtung zur Spektralphotometrie im Ultra- 
violett zu konstruieren, haben wir das von K. Schaum und 
W. Henß (1) ausprobierte Röhrenphotometer mit Quarzoptik her- 


F | 
mm 


Wl 


gestell. Die Vorrichtung wurde auf einer optischen Bank direkt 
vor dem Spalt eines großen Quarzspektrographen von Steinheil 
angebracht; die Versuchsanordnung ist im Aufriß durch Fig. ı 
dargestellt. 

Die Röhren I und I sind auf beiden Seiten durch Matt- 
scheibcchen aus Quarz verschlossen. Eine Lichtquelle beleuchtet 
gleichmäßig die ihr zugekehrten Mattscheibchen, die dann ihrerseits 
eine gleichmäßige Beleuchtung der dem Spalt zugekehrten Matt- 
scheibchen bewirken. Ein Paar an diese sich anreihende Fresnel- 
sche Parallelepipede aus Quarz bewirkt eine derartige Beleuchtung 
der beiden Spalthälften, daß auf der Platte zwei, ohne störende 
Trennungslinie unmittelbar übereinanderliegende Spektren entstehen. 


86 Schaum und Kellner. 


In den einen Strahlengang wird die Lösung geschaltet, in den an- 
dern das Lösungsmittel. Das dem letztgenannten Strahlengang ent- 
sprechende Lichtbündel wird durch ausphotometrierte Blenden ge- 
schwächt. Die konstruktiven Einzelheiten sind aus den Figg. 1—3 
ersichtlich. | 

Die Justierung auf gleiche Helligkeit der beiden Strahlengänge 
erfolgte in der Weise, daß an Stelle des Spaltrohrs des Spektro- 
graphen der Kopf des Martensschen Photometers in Einstellung 
für gleiche Helligkeit beider Vergleichsfelder gesetzt wurde, so daß 
dessen eines Feld vom oberen, das andere vom unteren Strahlen- 
bündel Licht empfing. Durch entsprechendes Heben und Senken 


Fig. 2. 


der Lichtquelle wurden dann beide Strahlenbündel gleich hell ge- 
macht. 

Mit der gleichen Versuchsanordnung wurden auch die Blenden 
ausphotometriert. 

Als Lichtquelle wurde ein Aluminiumfunke unter Wasser 
verwendet (2—10)., Die konstruktiven Einzelheiten des Funken- 
gehäuses sind aus Fig. 4 ersichtlich und lehnen sich an die Angaben 
von F. Schmidt(6) an. Auf der dem Spektrographen zugewendeten 
Seite des Gehäuses befindet sich ein Quarzfenster, auf der gegen- 
überliegenden ein Beobachtungsfenster aus gewöhnlichem Glas. Die 
Schaltung ist in Fig. 5 angegeben und scheint nach der Beschreibung 
von Chr. Strasser (4) der Henrischen ähnlich zu sein: 

Durch einen kleinen Umformer der A.E.G. (Unterseebootstyp), 
der primär 15 Ampere Gleichstrom von 220 Volt aufnahm, wurde 
- Wechselstrom von 50 Perioden erzeugt, der über einen Widerstand 


Ein Röhrenphotometer für die Spektralpholometrie im Ultraviolett. 87 


in den Primärkreis eines von den Veifa-Werken stammenden 
Röntgenöltransformators Type „Heliodor“ gesandt (Klemmen- 
spannung 75 Volt) und dort auf etwa 60000 Volt transformiert 
wurde. Die Hauptmenge der Elektrizität gleicht sich zwischen 
den Elektroden einer Luftfunkenstrecke L aus. Es wird dadurch 
ein aus der Kapazität C und der Selbstinduktion S bestehender 
Schwingungskreis erregt. Die so erzeugten Hochfrequenzschwin- 
gungen entladen sich in der Aluminiumfunkenstrecke unter Wasser. 
Die Kapazität bestand aus 10 Kondensatorplatten mit Belegungen 
von 40/40 cm und 0,6 cm Glasdicke, die parallel geschaltet waren, 
so daß sie wie eine große Platte wirkten. Die Selbstinduktion war 
regulierbar und hatte 38 Windungen von 5 cm Durchmesser aus 


U 
Fig. 4. Fig. 5. 


3mm dickem Kupferdraht. Sie war ganz eingeschaltet. Die Luft- 
funkenstrecke hatte Kupferelektroden mit einem Abstand von 
10—15 mm. 

Messungen. 

Die Arbeitsweise bestand darin, daß zunächst mit der zu unter- 
suchenden Lösung bei annähernd bekannter Konzentration und be- 
stimmter Schichtdicke durch Einschalten in den einen Strahlengang 
Vorversuche angestellt wurden, die zeigten, in welchen Spektral- 
gebieten überhaupt Absorption stattfindet und die auch das un- 
gefihre Maß der Absorption abzuschätzen gestatteten. Je nach 
dem Befunde wurden nun die Konzentrationen festgesetzt, in denen 
die Lösung endgültig untersucht werden sollte, diese nach vorher- 
gegangener möglichster Reinigung der Substanz genau hergestellt 


88 Schaum und Kellner. 


und nun unter systematischer Änderung der Schichtdicken und 
Blenden so oft photographiert, daß auf der fertigen Platte genügend 
viele, über das ganze Absorptionsgebiet verteilte Stellen gleicher 
Schwärzung im Absorptions- und Vergleichsspektrum vorhanden 
waren, um mit ihrer Hilfe die Absorptionskurve mit den molekularen 
Extinktionskoeffizienten und Wellenlängen als Ordinaten zeichnen 
zu können. 

Die Feststellung der Schwärzungsgleichheit erfolgte meist mit 
freiem Auge oder mit Hilfe einer Binokularlupe, was namentlich 
bei steilen Absorptionsbanden mit großer Genauigkeit gelingt. Bei 
sehr flach verlaufenden Absorptionsbanden, bei denen die Fest- 
stellung des Punktes gleicher Schwärzung für das bloße Auge un- 
sicher wird, wurde ein mit einer Spezialeinrichtung für kleine Meß- 
bereiche versehener Martensscher Dichtenmesser zu Hilfe genommen. 
Die Messungen wurden natürlich nur in der Umgebung des schon 
ungefähr mit dem Auge festgestellten Gleichheitspunktes ausgeführt. 

Um einen Vergleich der Genauigkeit unserer Methode mit fremden 
Messungen zu ermöglichen, wurde die Absorption ven KNO, unter- 
sucht, und unsere Befunde mit denen von B. Glatzel(11) verglichen. 

Unsere Versuchsbedingungen und Ergebnisse sind in folgender 
Tabelle zusammengestellt: 


Transparenz (°/,) 


Nr. Molarität | Schicht- | je en Wellenlänge 
d. Aufn. | d. verw. Blende |d. Lösung | dicke d. a Gleichh. 

I | 53,55 | 1/100 | 0,15 cm | 2,257 237,7 Mu 
2 53,55 dE | 0,9 0,479 275,0 u. 255,4 
3 53,55 1/10 | 0,75 0,558 281,6 u. 253,9 
4 38,04 1/10 0,9 0,669 286,8 
5 53,55 1/10 0,5 | 0,734 291,0 
6 25,73 1/10 1,0 | 0,760 295,3 


*) a = molekularer Extinktionskoeffizient, 


Zum bequemen Vergleich haben wir in und neben die aus 
den Zahlen von Glatzel gewonnene Absorptionskurve (Fig. 6) un- 
sere eigenen Punkte eingetragen. Wie man ersieht, besteht nur 
bei à = 255 mu eine erheblichere Differenz. 

Mit Hilfe der angegebenen Methode soll in unserem Institut 
die besonderes Interesse beanspruchende Ultraviolettabsorption einer 
Reihe physiologisch wichtiger Substanzen, z. B. der Kohlehydrate, 
untersucht werden. 

Bereits gemessen wurde die Absorption des Rohrzuckers. Als 
Präparat diente von mechanischen Verunreinigungen befreiter 


Ein Röhrenphotometer für die Spektralphotometrie im Ultraviolett. 89 


Handelsrohrzucker. Zur Prüfung auf eventuelle Verunreinigung 
durch Ultramarin wurde eine kleine Probe auf einem Piatinblech 
verbrannt, was ohne Rückstand geschah. Zur Messung wurde eine 
ı/ı molare, mit Leitfähigkeitswasser hergestellte Lösung verwendet. 
Die Versuchsbedingungen und Ergebnisse sind in folgender Tabelle 
angegeben: | 


2» Är 


300 280 280 270 260 250 240 230 mu 
Fig. 6. 


A 


340 360 30 220 300 230 260° 240 mu 


Fig. 7. 
EE 
Nr. Transparenz DAN Schichtdicke ec Wellenlänge 
d Aufn. |d. verw. Blende der Schwärzg. Gleichh. 
1 53,55 1,9 — 0,8453 383,0 m H 

2 38,04 1,9 — 0,6558 356,2 

3 38,04 1,5 — 0,5531 321,9 

4 53,55 1,5 — 0,7427 367,0 

5 38,04 1,0 — 0,3770 298,5 

i 53,55 0,75 — 0,4417 306,5 

7 53,55 0,4 — 0,1687 242,5 

Zeitschr. f. wiss, Phot. 24. 7 


90 Winther und Mynster. 


Fig. 7 stellt die aus diesen Zahlen gewonnene Absorptions- 
kurve dar. 

Über weitere Messungen, die im Gange sind, hoffen wir 
nächstens berichten zu können. 


Anmerkungen. 

1) K. Schaum und W.Henß, Zeitschr. f. wiss. Phot. 23. 7. 1925. 

2) H. Konen, Ann. d. Phys. 9. 766. 1902; Phys. Zeitschr. $. 537. 1902; 
s. terner L. Ciechomski, Diss. Freiburg (Schweiz) 1910. 

3) V. Henri, Phys. Ztschr. 14. 516. 1913. 

4) Christine Strasser, Zeitschr. f. wiss. Phot. 14. 281. 1915. 

5) H. E. Howe, Phys. Rev. Ser. II, 8. 674. 1916. 

6) F.Schmidt, Ann. der Phys. 63. 271. 1920. 

7) Léon und Eugène Bloch, C. R. 174. 1456. Nr. 23. 

8) Witold Kasperowicz, Elektrochem. Zeitschr. 27. 24. 1920. 

9) W. H. Fulweiler und James Barnes, Journ. Franklin Inst. 194. 83. 

10) A. Castille, J. de Pharm. de Belgique, 1924, Nr. 34—38. 

11) B. Glatzel, Phys. Zeitschr. 1. 173. 1899; Landolt-Börnstein, 5. Aufl., 
1923, S. 897. 

Gießen, Physikalisch-chemisches Institut, Dezember 1925. 


Ein neues Ultravioiettfliter. 
Von 


Chr. Winther und E.H. Mynster. 


(Aus dem photochemisch-photographischen Laboratorium der technischen Hochschule 
zu Kopenhagen.) 


Mit 3 Figuren im Text. 


Für die Lumineszenzanalyse wird wohl stets entweder ein 
Monochromator oder das Filter aus Kupfersulfat, Nitrosodimethyl- 
anilin und Blau-Uviolglas benutzt, wie es z. B. von H. Lehmann (1) 
angegeben worden ist. Dieses Filter ist ohne jeden Zweifel für 
diesen Zweck sehr brauchbar, hat aber den Nachteil, daß das Blau- 
Uviolglas nicht sehr widerstandsfähig ist, so daß die Küvette, aller 
Sorgfalt zum Trotz, nach und nach angegriffen wird, Außerdem 
ist es ziemlich teuer. 

Im hiesigen Laboratorium haben wir seit Jahren (2) ein Ultra- 
violettfilter benutzt, das sowohl für Demonstrationszwecke, als auch 
für die eigentliche Lumineszenzanalyse sehr geeignet erscheint und 
dazu sehr leicht und billig herstellbar ist. Neuerdings haben wir 
die Extinktionskoeffizienten für die einzelnen Filterlösungen nach 


Ein neues Ultraviolettfilter. QI 


der von dem einen von uns angegebenen, quantitativen photo- 
graphischen Methode (3) wieder gemessen und bringen im folgenden 
die betreffenden Daten. 

Die Tabellen 1—4 und die Figur ı enthalten die Größen ec, 
wo & den dekadischen Extinktionskoefhizienten bedeutet, c die Kon- 
zentration (Mol/Liter) für eine 2,6-proz. Lösung von CuSO,, 5H,O 
(c = 0,104), die zugleich enthält: 


Tabelle 1—4. 
TEE: 

1 ı | x | m | w 
260 29,6 21,4 21,4 | 17,6 
265 17,3 12,0 12,0 9,0 
270 11,3 7,8 63 | 53 
275 8,25 5,2 3,9 3,0 
280 | 7,2 3,6 2,55 1,85 
285 | 6,7 2,8 1,8 | 1,2 
290 6.4 2,45 1,3 | 0,85 
295 — 2,3 0,95 | 0,6 
300 sr 2,25 0, i 0,5 
310 er Fr een | 0,35 
320 = 2,25 — | 0,3 
325 — 2,15 — Ä 0,25 
330 _ 2,05 — l 0,2 
335 — 1,9 _ | 0,2 
340 6,0 1,7 — — 
345 4,7 1,5 Re | Sa 
350 3:9 1,25 zu A 
355 3:3 0,9 sias = 
360 2,7 0,7 = | = 
365 2,2 u RE | = 
370 1,8 = i 0,17 
375 1,4 — — — 
380 1,1 = = Së 
385 0,85 SC E m 
390 0,7 — — 0,13 
395 0,55 — = Sa 
400 0,45 == -= => 

430 = — > 0,13 
440 SE Kam Se 0,1 7 
450 E — — 0,22 
460 E E - 0,3 
470 — == = 0,37 
475 SES -= = 0,49 
480 0,6 0,6 0,6 | 0,6 
500 0,95 1,05 1,05 1,05 
520 1,6 1,8 1,8 
540 2,4 2,6 2,6 2,6 
560 3,2 3,4 3,4 3,4 
580 3,8 4,0 4,0 4,0 


in Tabelle ı und Fig. ı, Kurve I: die eben notwendige Menge 
NH, um das Cu (OH), wieder aufzulösen, 
ën 


92 Winther und Mynster. 


in Tabelle 2 und Fig. 1, Kurve II: das Zweifache dieser Menge NH,, 
in Tabelle 3 und Fig. 1, Kurve III: das Vierfache dieser Menge NH,, 
in Tabelle 4 und Fig. 1, Kurve IV: das Sechsfache dieser Menge NH. 
Man sieht, daß die Lösung bei steigendem Überschuß an 
Ammoniak immer transparenter wird, und zwar ganz besonders im 
Ultraviolett. Die maximale Transparenz wird schon bei der vier- 


LOsN. 
ee aa 
Zu Stv Ha LI 


Fig. 1. 


fachen Menge Ammoniak erreicht und erstreckt sich dann von un- 
gefähr 450 bis ungefähr 300 uu. Diese stark ammoniakalische 
Lösung scheint uns deshalb sehr geeignet zu sein für die Darstellung 
einer Normallichtquelle für die photographische Sensitometrie, wie 
sie neulich von verschiedenen Seiten vorgeschlagen worden ist (4). 
Es folgt von selbst, daß diese Lösungen in sehr gut verkorkten 
Flaschen aufbewahrt werden müssen. 

Die Tabelle 5 und Fig. 2 (ausgezogene Kurve) enthält die 
Größe ec für eine 0,045-proz. Lösung von Diamantfuchsin in Wasser. 


Ein neues Ultraviolettflier. 93 
ES E E A ee E 


= Diese Lösung ist etwas instabil. In einzelnen Fällen ist sie 
jahrelang unverändert geblieben, während sie in anderen Fällen 
schon nach wenigen Tagen ausgeflockt ist, und diese Ausflockung 
kann bisweilen ganz plötzlich eintreten, was vermutlich durch be- 


ur 7777 
Fig. 2. 


Tabelle 5. 


94 Winther und Mynster. 


stimmte Verunreinigungen verursacht wird. Wenn das Filter für 
Demonstrationszwecke benutzt werden soll, tut man aber gut, mit 
dieser Unbeständigkeit zu rechnen. 


Tabelle 6. 
H Durchlässigkeit in Proz. 
in Quarz | in Glas 

310 0,01 — 
315 0,02 -— 
320 0,08 — 
325 0,2 0,01 
330 0,45 0,04 
335 0,75 0,15 
340 1,2 0,4 
345 1,8 0,8 
350 2,85 1,35 
355 4,65 2,45 
360 6,5 3,75 
365 7,85 4,85 

% 

10 

9 

8 

7 

6 

5 

4 

3 

Z 

1 

300 350 ap 

Fig. 3. 


Das Ultraviolettfilter wird aus diesen beiden Lösungen (die Kupfer- 
lösung mit der sechsfachen Menge von NH,), beide in ı cm Schichtdicke, 
kombiniert. Werden dafür Küvetten mitQuarzwänden benutzt, so lassen 
sich die Extinktionskoeffizienten für das Filter natürlich direkt aus den- 
jenigen für die beiden Lösungen und aus der Reflexion der vier Wände 
berechnen. Die entsprechenden Transparenzen, in Prozenten aus- 
gedrückt, sind in Tabelle 6 und Fig. 3 (obere Kurve) aufgeführt. 


Ein neues Ultraviolettplter. 95 


Die maximale Transparenz liegt hiernach bei 375 uu, und die 
Durchlässigkeit streckt sich von ungefähr 405 bis ungefähr 320 up, 

also im oberen Ultraviolett. Infolgedessen ist es möglich, auch 
gtwöhnliches Glas für die Küvetten zu benutzen, wobei das Filter 
schr billig in der Herstellung wird. 

Für unsere Versuche dienten gewöhnliche Leyboldsche Tröge. 
Die gesamte Dicke der vier Glaswände war in unserem Fall I,4 cm. 
Die Extinktion des Glases wurde in folgender Weise gemessen. 
Auf die Platte wurde aufgenommen: 

1. Netz (3) und Lösung, Schichtdicke O. 

2. Fuchsinlösung, bekannte Schichtdicke. 

3. Zwei Glasküvetten mit Wasser; Lösung, Schichtdicke O. 

4. Fuchsinlösung, andere bekannte Schichtdicke. 

5. Netz, Lösung, Schichtdicke O usw., 
so daß jede „Schichtdicke der Lösung“ sowohl an die Aufnahmen 
hinter dem Netze als hinter den Küvetten grenzt. Der Extinktions- 


Tabelle 7. Tabelle 8. 


630 | 0,23 
bt 0,23 
599 | 0,34 
589 Toi 
564 | 0,26 
497:5 | 0,39 
Ah | 0,42 
4o | 0,38 
430 | 034 
420 0,28 
410 0,25 
400 0,23 
390 0,24 
380 0,25 
e 0,28 
o 
SC 
35 | 0,6 
322 2,0 
315 A 
a TI 


koeffizient des Glases für eine gegebene Wellenlänge wird dann 
gefunden als Produkt der bekannten Extinktion der Fuchsinlösung 
für diese Wellenlänge und der Schichtdicke, die bei dieser Wellen- 
länge eben die gleiche Schwärzung ergibt, wie der Streifen hinter 
dem Glase. In einer zweiten Reihe von Aufnahmen benutzten wir 
anstatt der Fuchsinlösung eine 0,1215-proz. Lösung von Kalium- 


096 Winther und Mynster. Ein neues Ultravioletthlter. 


chromat als Vergleichsflüssigkeit. Die Tabelle 7 enthält die Mittel- 
werte aus beiden Reihen für die Extinktion + Reflexion des Glases 
(Schichtdicke 1,4 cm, vier Grenzflälchen an der Luft) und die 
gleichen Werte sind in Fig. 2 punktiert eingezeichnet. Tabelle 8 
enthält die Extinktionen der verwendeten Lösung von Kalium- 
chromat. Endlich sind die aus der Extinktion des Glases berech- 
neten Durchlässigkeiten des gesamten Filters in Glasküvetten in 
Tabelle 6 und Fig. 3 (untere Kurve) aufgeführt. 

Obwohl die maximale Durchlässigkeit des Filters in dieser 
Form nicht sehr groß ist (6,15 °/,), lassen sich doch mit seiner Hilfe 
sehr schöne Lumineszenzerscheinungen hervorrufen. Da die Durch- 
lässigkeit bei so hohen Wellenlängen liegt, kommt man mit einer 
gewöhnlichen Kohlenbogenlampe aus, was viel einfacher und an- 
genehmer ist als die Verwendung von „Kohlenstäbe für Eisenlicht“, 
wie sie für das Filter von Zeiss empfohlen werden. Die Durch- 
lässigkeit des letztgenannten Filters liegt bekanntlich bei ungefähr 
313 pu. Der Unterschied in den Durchlässigkeitsgebieten der beiden 
Filter läßt sich für einige sehr hübsche Demonstrationsversuche 
ausnutzen. So leuchtet z.B. eine Mischung von Zinkoxyd und 
Glyzerin hinter beiden Filtern grün, eine Mischung von Kalomel 
und Glyzerin dagegen rot. Wegen der verschiedenen Lage der 
Absorptionskurven (5) leuchtet aber eine Mischung von Zinkoxyd, 
Kalomel und Glyzerin rot bei 313 un, dagegen grün bei 375 um. 
Porzellan sieht auch hinter unserem Filter ebenso schwarz aus wie 
hinter dem anderen. Außer Porzellan finden sich übrigens eine 
Anzahl von Blei-, Wismut- und Quecksilberverbindungen, sowie 
einzelne andere (6), welche gar keine Lumineszenz aufzeigen, und 
folglich hinter diesen Ultraviolettfiltern schwarz aussehen. 


Literatur. 


1) Verh. d. Deutsch. Physik. Ges. XII, Nr. 21. 1910, 

2) Das hier beschriebene Filter wurde schon 1918 von dem einen von uns 
(C. W.) in einer dänischen Zeitschrift beschrieben. 

3) Chr. Winther, Zeitschr. f. wiss. Phot. 22. 125. 1923. 

4) The Photographic Journ. 65. 52. 1925; Brit. Journ. of Phot. 72. 518. 1925. 

5) Chr. Winther, Zeitschr. f. wiss. Phot. 21. 151. 1922. 

6) Chr. Winther, Zeitschr. fe wiss. Phot. 21. co 1921. 


Kopenhagen, Dezember 1925. 


Eingegangen am 10. Dezember 1925. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen. 


Ba. XXIV. 


Zeitschr. f. wiss. Phot. 


sch 


Wl 
py 


Er e % i AR = 
DE M AS. tre, ée 


D Ce Za 
gé ` 

Yar ei - 

m. 2 
% A y 
Eat" 


D 


H. Kellner. 


Verlag von Johann Ambrosius Barti 


IC 


Digitizeg D 


Lee e uge LE 


BS et e 
z eier f E E 4 
RK EI rn u "OR N Ba, b ` 
p 2 ` KL? d , ELT . i 
= ZEITSCHRIFT 
a eg 


für 


D 
wë Ir 
EI 


RN um 


, 4 | insbesondere von 


H. Kayser 


D em, Professor an der Universität Bonn 


” 


herausgegeben von 


Ben K. Schaum 
éi P 0, 6, Professor an der Universität Gießen 


Ss 1926 


` 


Salomonstraße 18b 


vissenschaftliche Photographie | ` 
j  Photophysik und Photochemie 5 


Ziel Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen 


A Gut u 
nr E a d 
d E wv 
Heft 4. 
Ki — 
KC 
b l GK 
zi 
4 
reise. 
Cf? 
Kr A 
ON 
"H 
A 
tya 
| 
u! 


a 


E 


von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuch- 
ementspreis beträgt pro Band im In- und Ausland Rm. 24.—, 
A Porto im Inland Rm, 24.80, im Ausland Rm: 25.20. 


Mai 1926 Bigitized by N 


KW ET DE KA N dE DER 
S Pr 4 v d + E 3 WW s h ok Fy) ei MI dp "Ce 

éi Wi X s TEEN EEN Z Sé 
äi % a‘ J ` T SÉ f V , may Ce 6 

E ie SS? D “i; “ ` A AEE A T ar x, 
EEN a wé i Aina ML ee If Ze 
ee ae ee scshirah eye: (Gap | 

e Men rn N, | l i A5 ah 

er, d, s A | i ( e e T 
BEA i | Originalerbeiten. P ETE CH a 
Dat), Ga NET i d 
GC 2 Josef Strub, ACHEN ER Wd einiger, Blutfarbstofe, Mit : 
un, EEE 7 Figuren im Text . . . e ee 96 
Kc Gi De, A. Hübl, Die Desensiblisiorung (benempindicher à Platten, Mit ı e i 

Lo 2 Bake bt "et EW FRRZEA : 7 ERR 

f 24: E e ZOE Prof. Dr, Joseph Maria Eder. Vergleiibende Tabelle der EENEG Farben- 

e E empfindlichkeit von Brom-, Jod- und Chlorsilber und der Wirkung der 
Mer wichtigsten Farbensensibilisatoren `, . 1 Si S T a Ne A DE 
Mët: T” N 
i r 

x i 
E i 


Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an 
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr, 14. 
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie Ka 
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige 
Berichterstattung möglich ist. d 


i Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere 
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden, 


DŘ e e Lu nn We mg 
bebe ag 


GLOBOSKOPT 


Modell 1925! 


—— Ein neguet Apparti 
ni nt tausendkerzigen Glühlampen 
zur Projektion von 
Papierbildern 
(namentlich Buchabbildungen u. GEN 
von geradezu 


glänzender Leistung! 


Listen 
frei! 


Lë D 


! Bier Apparat weist eine erstaunliche Bild- $ 
; helligkeit bei geringem Stromverbrauch, ein- 7 
; fachster Handhabung und mäßigem Preis auf. $ 
: Er kann auch in größeren Hörsälen als über- į 
: legener Ersatz für ein großes Bogen- 
Ge Tee Episkop Verwendung finden. H 


Ze - R "ko $ 
wi s.e (ETETETT TTETETTEET] E 


CT Aen, et A 


onen Et "emmer Düsseldori e 


. > ` bk ER - 
II Fir ` I a c r gw we 
Digitized by L- 008 E: ZA fw d e ën 


ww - 
P An 


-AR 


Zeitidrift für willenichaftlidie Photographie, 
Photophylik und Photodiemie 


XXIV. Band. 1926. Heft 4. 


Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstoffe. 
Von ~ 
Josef Strub, Emmendingen. 
Mit 7 Figuren im Text. 
In der folgenden Arbeit wird die spektrophotometrische Untersuchung von Oxy- 


hämoglobin, Kohlenoxyhämoglobin und saurem Hämatoporphyrin gegeben; ferner 
wird eine Methode angedeutet zur Bestimmung des Alters von Blutflecken. 


I. Einleitung. 

Der Farbstoff des Blutes ist das Hämoglobin, früher Häma- 
globin, Hämaglobulin, Hämatoglobulin, Hämokristallin, Hämato- 
kristallin, Chromatin, Cruorin genannt Nach der heutigen Ansicht 
der Blutforscher?) hat man im Blut nur ein Hämoglobin [symbo- 
lisch geschrieben = Hb?) anzunehmen, welches mit Tierspezies und 
Individuum nicht wechselt, eine konstante Lichtextinktion hat, 
dessen übrige Eigenschaften aber mit dem Milieu schwanken. 

Die kleinste (weil Anzahl der Fe-Molekeln = ı genommen) 
Summenformel‘) für das Hämoglobin nach Hüfners besten Ana- 
lysen ist: 

Criss Hr3080218N19595F€ . 

„seiner chemischen Natur nach ist das Hämoglobin ein Proteid. 
Es kommt normalerweise in Verbindung mit O, als O,-Hb (= Oxy- 
hiämoglobin}, ohne O, als Hb (auch reduziertes Hb genannt) vor 
und besteht aus zwei Komponenten: einem Protein, dem Globin, 
das 95°/, der Verbindung ausmacht, und einem farbigen, Fe-haltigen 
Baustein, der sauerstofffrei ‚Hämachromogen‘, sauerstoffhaltig ‚Hä- 
matin‘ genannt wird. Über die Natur der Bindung beider Bestand- 
teile herrscht noch keine völlige Übereinstimmung.“ 5) 
=) Tiegerstedt, Handb, d. physiol. Meth. Zu. 68 (1911). 

2) Fr. Müller in Oppenheimers Handb. d. Biochem. Erg.-Bd. 131. Jena (1912). 

*) Oppenheimers Handb. d. Bioch, 1. 405. Anmerkung (1924). (Aus dieser 
Abhandlung sind sämtliche symbolischen Bezeichnungen vorliegender Arbeit ent- 
nommen.) 

4) Handwörterb. d. Naturwiss. 2. 55. 


+ F. Müller u. W. Biehler in Oppeneimers Handb. d. Bioch. 1. 423 (1924). 
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 8 


98 Strub. 


Die neuere Forschung!) hat einen Zusammenhang zwischen 
Chlorophyll, Blut- und Gallenfarbstoff und Urobilin festgestellt. 

Die Wichtigkeit des Blutes für das Leben der Menschen und 
der Tiere erklärt die ins Riesenhafte gewachsene wissenschaftliche 
Literatur über diesen Körper. In den letzten Jahren entstand selbst 
eine Zeitschrift über die Blutforschung: Folia Haematologia.?) 

Spektroskopisch wurde der Blutfarbstoff zuerst von Hoppe- 
Seyler 1861°), von Vierordt und dann von Hüfner und seinen 
Mitarbeitern genauer untersucht. Von späteren Forschern seien aus 
der großen Anzahl nur die folgenden genannt: Vogel*, L. Lewin® 
und besonders Formänek.®) Rost, Franz und Heise?) führten 
eine systematische Photographie der Blutspektra durch, indem sie 
zur Orientierung das darüber photographierte Spektrum des Heliums 
benutzten. Aus der Arbeit von F. L. Naumann?) wurden manche 
Methoden zur Herstellung der Farbstofflösungen entnommen. Weiteres 
spektroskopisches Material lieferte das chronologisch geordnete Lite- 
raturverzeichnis 1829—1909 in Tiegerstedts Handb. d. physiol. 
Meth. Bd. 21. 313—446. 

In der Literatur, die sich mit der spektralen Seite der Blut- 
untersuchung befaßt, findet man oft halbquantitative Zeichnungen 
von Absorptionskurven, welche das Verhältnis der absorbierten Licht- 
menge zur durchgelassenen als Funktion der Wellenlänge geben 
sollen. Diese zumeist im Vergleichsspektroskop aus bloßem Schätzen 
durch das Auge erhaltenen Kurven geben aber ein falsches Bild 
der tatsächlichen Absorption. Die vorliegende Arbeit hatte den 
Zweck, Kurven und Zahlen, die den wirklichen Verhältnissen besser 
entsprechen, mit Hilfe eines Spektralphotometers zu liefern und an 
den Ergebnissen das Beersche Gesetz zu prüfen. 


II. Versuchsanordnung. 


Der benutzte Apparat war das Spektralphotometer nach König- 
Martens der Firma Schmidt u. Hänsch mit kleiner Beleuchtungs- 


1) Bes. Willstätter, Ztschr. phys. Chem. 87. 430. 1912; ebenda: H. Fischer 
u. Reindel 127. 300. 1923. 

2) Leipzig, Verlag Dr. Werner Klinkhardt. 

5) Virchow, Arch. f. pathol. Anat. 23. 446ff. 1862. 

4) Praktische Spektralanalyse irdischer Stoffe 2. Aufl. I. Teil. 467 ff. 1889. 

8) Arch. d. Pharm. 235. 1897. 

ê) Ztschr. f. anal. Chem. 40. sogff. 1901. 

1) Beitr. z. Photogr. d. Blutspektra. Arb. d. Kaiserl. Ges. Amts 30. 1909. 

8) Über d. spektrosk. Verhalt, d. Blutfarbstoffe. Diss. Leipzig bei Georgi. 


Spektrophotomelrische Untersuchung einiger Blutfarbstofe. 99 


einrichtung. Bei diesem Apparat werden im Prinzip von zwei in 
einer Wagrechten liegenden Spalte, die durch dieselbe Mikrometer- 
schraube meßbar verstellt werden können, durch ein Kalkspat- und 
ein Zwillingsprisma je vier Lichtbündel entworfen. Alle, bis auf 
zwei zueinander senkrecht polarisierte, werden durch Blenden ver- 
nichtet. Die zwei übrigbleibenden treten durch einen Nicol mit 
Gradteilkreis. Durch Drehen dieses Analysators können sie auf 
gleiche Helligkeit gebracht werden. Bezüglich genauerer Kon- 
struktionsdetails und Handhabung des Photometers sei auf die Lite- 
ratur verwiesen. ?) 


Weil die beiden Spalte kleine Distanz haben, wurden aus Glas 
von alten, gesäuberten photographischen Platten, welche gut plan- 
parallel sind, mit weißem Siegellack Tröge zusammengekittet, deren 
cine Seitenwand aber aus Deckglas bestand, so daß der Lichtstrahl 
mindestens ı mm weit von der Wandung die Lösung durchlief. 
Der Durchmesser („Licht“) des Absorptionstroges war 0,983 cm. 
Um Reflexions- und Absorptionsverluste durch die Glaswände und 
das Lösungsmittel auszugleichen, wurden während der Messung vor 
beide Spalte gleichgebaute Tröge aufgestellt, von welchen der eine 
mit dem Lösungsmittel, der andere mit der Farblösung gefüllt war. 
Die Anwendung solcher Tröge, deren Weite mit dem Mikroskop 
oder einer feinen Mikrometerschraube gemessen werden kann, ist 
bequemer als ein Trog mit dem Schulzschen Glaswürfel, weil zur 
Eliminierung von Reflexions- und Absorptionsverlusten keine Doppel- 
messungen ausgeführt werden müssen. Als Lichtquelle diente eine 
Nitra-Halbwattlampe aus Milchglas (150 Watt), die mit 220 Volt be- 
trieben wurde. Die Lampe, „Gazota“ (Fabrik inzwischen eingegangen), 
war im Verhältnis zur Kerzenstärke kleiner als die sonst gebräuch- 
lichen, also spezifisch heller. Über die Birne wurde eine kreisrunde 
Blechbüchse von 9,5 cm Durchmesser geschoben, aus der eine 
quadratische Blende von 2,5 cm Seitenlänge geschnitten war. Lampe 
und Blechbüchse wurden auf dem Tisch unveränderlich befestigt. 
Über das Ganze wurde ein großer Pappkasten mit Ventilation ge- 
stülpt, welcher an der dem Apparat zugekehrten Seite mit einer 
Asbestplatte ausgekleidet war und ein kreisrundes Loch hatte, das 
gerade über das Beleuchtungsrohr des Photometers paßte. So war 


1) Katalog der Firma Schmidt u. Hänsch: F. F. Martens, Verh. phys. Ges. 1. 
280 (1899); F. F. Martens u. Grünbaum, W. 12. 984. 1903; F. Grünbaum 
W. 12. 1004. 1903. 
Ch 


100 Strub. 


der Apparat möglichst gegen Erwärmung und die Umgebung 
gegen Licht geschützt. Der Arbeitsraum wurde vollständig ver- 
dunkelt. 

Am Okularende des Photometers war ein viereckiger, mit vier- 
fachem schwarzen Tuch lose bespannter Holzrahmen (45/30 cm) 
auf dem Tisch befestigt. In das Tuch waren zwei genau über den 
Okulartubus und die Fassung der Ableselupe des Teilkreises pas- 
sende Löcher geschnitten, so daB das Auge vollständig gegen jedes 
seitliche Licht geschützt war. Dies ist wichtig, da die Genauigkeit 
der Ablesung durch seitliches Licht stark herabgesetzt wird. Der 
Teilkreis des Nicols und das Schreibheft war durch eine 6 Volt- 
lampe mit Akkumulatoren schwach, aber genügend beleuchtet. 

Die Messung geschieht, wie schon bemerkt, dadurch, daß zwei 
zueinander senkrecht polarisierte Lichtbündel, von denen das eine 
durch die Farbstofflösung, das andere durch das Lösungsmittel ge- 
gangen ist, durch Drehung des Nicols auf gleiche Helligkeit gebracht 
werden. Die optische Achse des Nicols liegt bei den Apparaten 
nicht immer genau in der 0°—ı80°-Richtung. Die genaue Lage 
muß durch sorgfältige Beobachtung im I. und IV. Quadranten fest- 
gestellt werden. Bei dem von mir benutzten Apparat ist die Winkel- 
differenz +0,65°, also im ersten CJuadranten 0°—90°, Hat man 
keine Lösungen im Strahlengang, so kann man zwar eine Reihe 
von Stellungen der Lampe finden, wo der Nicol bei 45° gleiche 
Helligkeit der Gesichtshälften anzeigt. Diese Stellungen liegen alle 
auf einer zur Achse des Photometers schiefen Geraden, da die Re- 
flexionsverluste im Innern des Apparates für beide Lichtbündel nicht 
gleich sind. Die Aufstellung der Lampe auf dieser Geraden ergibt 
zwar große Ersparnisse an Rechenarbeit, doch wurde sie bald 
fallen gelassen, weil die Genauigkeit nur in Gelb und Grün ebenso 
groß ist, wie wenn die Lampe in der Achse des Apparates steht. 
Sämtliche Zahlenangaben beziehen sich auf Messungen in dieser 
Stellung. Die Lampe war 6,8 cm vom Beleuchtungsspalt 
entfernt. i 

Die beiden Eintrittsspalte waren unverändert auf 0,200 mm 
Breite, der Okularspalt, welcher einen Spektralstreifen ausblendet, 
auf 0,14 mm. Leider kann man diesen Spalt wegen Fehlens einer 
Mikrometerschraube während der Messung nicht meßbar verstellen. 
Dadurch wird, da kein normales, sondern ein verzerrtes Spektrum 
vorliegt, z. B. im Rot bei 660 un ein Streifen von 8 up, bei 560 pu 
von 5 uu, im Violett bei 420 up von 2 uu ausgeschnitten. Folgende 


Spektropkotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstofe. IOI 


Tabelle gibt den Ausschnitt des Spaltes in Mikromillimeter als Funk- 
tion der Wellenlänge. Die Genauigkeit der Messungen im Blau ist 
zum Teil auch deshalb am kleinsten, im Rot größer, da sie stark 
von der Intensität und diese von der Breite des ausgeschnittenen 
Streifens im Spektrum abhängt. 


Ausschnitt: | Bereich: 


2 D 440 up 
4 520 
6 600 
8 660 
10 690 


Die Temperatur war bei sämtlichen Versuchen innerhalb des 
Intervalles 20 + °/,°C. 


III. Bezeichnungen. 


Bezeichnet man die Intensität des einfallenden Bündels mit A 
die des durchgegangenen mit /,, so ergibt die Überlegung, da das 
absorbierende Medium immer vor dem gleichen Spalte stand: 

Jı sie 
J tge Fo ` 

wenn @,, bzw. e der Drehwinkel des Nicols ist, um von der Stel- 
lung einseitiger Dunkelheit zur Stellung gleicher Helligkeit zu ge- 
langen, wenn kein absorbierendes Medium, bzw. wenn sich ein 
solches im Troge befindet. Die Winkel e, und oe können am Teil- 
kreis bis auf Zehntelgrade abgelesen werden. In den vorliegenden 
Untersuchungen waren g, und œ immer die Mittel aus 10 Ab- 
lesungen, welche nur im Quadranten 0°—90° gemacht wurden. 
Das Auge ermüdet nach 2—3 Stunden, deshalb konnten die Ab- 
lesungen wegen der längeren Zeitdauer nicht in allen vier Qua- 
dranten gemacht werden. œ, ist nur dann über das gesamte sicht- 
bare Spektrum konstant, wenn das Lösungsmittel farblos ist, also 
keine Absorption zeigt. Dies war bei destilliertem Wasser und 
konzentrierter reinster Schwefelsäure der Fall. e, änderte sich nicht 
merklich durch das Spektrum, und es wurde deshalb oe, im Gelb, 
wo die Augenempfindlichkeit am größten war, für die Messung 
jeder einzelnen Lösung festgestellt und dieser Wert für jede 
Wellenlänge benutzt. Im weiteren sind die Bezeichnungen, welche 
Kayser?!) vorschlägt, gebraucht. Es bedeutet: 


1) H. Kayser, Handb. d. Spektroskopie Bd. DI. 11. 13. 


102 Sirub. 


J = die auffallende Lichtmenge, 
J = die einfallende (d. h. von Reflexionsverlusten befreite) 
Lichtmenge, 
A = die durchgegangene Lichtmenge, 
d = die Dicke der Schicht. 
Dann heißt: 
Durchlässigkeit = I 
Durchlässigkeitsfaktor D = SS (meist mit 100 multipliziert 
in Proz.) 
Absorptionskoeffhizient a definiert durch: A = Zei, 
Absorptionskonstante $ definiert durch A =Je-*%, 
Bunsensche oder dekadische Absorptionskonstante« 
definiert durch A = Zon? für eine bestimmte Kon- 
zentration und Wellenlänge. 


Zur Berechnung von e, a, D dienen also folgende Formeln: 


«= (logtg p, — logtg ol, 
(Ge 
CT 

a = 1075., 


IV. Versuchsergebnisse. 


I. Das Oxyhämoglobin. 


Das Oxyhämoglobin ist der rote Farbstoff des frischen Blutes 
und war wohl der erste Eiweißkörper, dessen Kristallısation 
gelang.!) Symbolisch bezeichnet man ihn mit O,-Hb. Nach der 
neuesten Forschung?) ist das O,—Hb eine Säure von der Stärke der 
CO,. Seine Dissoziationskonstante ist 5-1077 (die des reduzierten 
Hb 7,5-10”9), | 

Das Material zu den Untersuchungen war frisches, gesundes 
Rinderblut, welches nie älter war als 2—3 Stunden, bis die Lösungen 
hergestellt wurden. Das Blut wurde im Schlachthaus in Flaschen 
gefüllt, die mit einer Bodendecke Glaskügelchen beschickt waren. 
Durch sofortiges, einige Minuten dauerndes Schütteln, wurde das 
Defebrinieren erreicht. Sowohl Glaskugeln, als auch Gefäße, waren 
jedesmal sorgfältig sterilisiert worden. 


I) W. Preyer: Die Blutkristalle. Jena 1871. 
3) A. V. Hill: The acid nature of oxyhämoglobin. Bioch. Jl. 17. 544. 1924. 


Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstojfe. 103 


Bei der Herstellung der Lösungen ging ich von 50 ccm Blut 
aus. Die Verdünnung auf das Doppelte geschah durch Zugeben 
von 50 ccm destilliertem Wasser. So entstand die Lösung 1:2. 
SO ccm dieser Lösung wurden wieder mit 50 ccm Wasser versetzt. 
Es entstand Lösung 1:4 und so fort. Die Abmessung wurde immer 
mit der gleichen bei 15° normalen Pipette vorgenommen. Für 
ausgeglichene Temperatur wurde gesorgt durch zwei bis dreistündiges 
Stehenlassen des Blutes und des Lösungsmittels im gleichen Raum. 
Da immer die gleiche Pipette benutzt wurde, bleibt der Volum- 
fehler bei der Verdünnung wohl unter 0,05 °/,. 

Es entstanden folgende Lösungen, wenn unverdünntes Blut als 
„relative“ Konzentration I bezeichnet wird („relative“ Konzentration 
als Unterscheidung von der noch später zu definierenden „absoluten“ 
Konzentration, d. h. wirklichen Konzentration. Die Bezeichnungen 
sind hier gleichsam nur eine Numerierung der Lösungen, welche 
auch zugleich den Verdünnungsgrad angibt): 
rel. Konzentration: 

271 = 27! ccm Blut pro ccm Lösung 
C E 


A3 23 28 39 2 


SE „ nm nm nm nm 
Wegen der Ermüdung der Augen beim Photometrieren konnten 

an einem Tage höchstens zwei Konzentrationen untersucht werden. 
Deshalb mußte zu zwei weiteren „relativen“ Konzentrationen immer 
wieder frisches Blut verwendet werden, das gewöhnlich von Tier 
zu Tier im O,—Hb-Gehalt nicht unbeträchtlich verschieden ist. Es 
verhalten sich also immer nur zwei relative Konzentrationen genau 
wie 1:2; nämlich die folgenden: 

27) und 272; 

274 und 275; 

27° und 277; 

278 und 27?; 

2711 und 272, 
Die relative Konzentration 21° wurde allein an einem Tag ge- 
messen. Lösung 273, welche mit 2”! und 2”? zusammen hergestellt 
wurde, ist durch einen unglücklichen Zufall zerstört worden. Einige 
weitere Lösungen 27°, die aus anderem Blut hergestellt wurden, 
zeigten einen so großen Unterschied im O,—Hb-Gehalt, daß sie 
gar nicht recht in die Reihe der untersuchten Lösungen paßten. 


104 


Strub. 


Deshalb ist diese Konzentration in den Tabellen und Zeichnungen | 
weggelassen. 
Das Photometer wurde geeicht mit den bekannten Wellen- 
längen eines Messingbogens, so daß zu jeder Fernrohrstellung aus 
der Eichkurve die Wellenlänge bekannt war. 


Tabelle ı 


Das Absorptions- 


KEES 


EE EE EE 0,2558/0,139510,07197I0,0458 |o,0274710,01955l0,0101 110,008760. 


683,0 


674,9 
665,0 


+45 
+ 4,3 
+ 41! 
+ 40 
+ 3,9 
+ 3,8 
+ 3,7 
+ 3,5 
+ 3,4 
+ 3,3 
+ 3,2 
+ 3,15 
+31 
+ 3,0 
+ 3,9 
+ 2,8 
+ 2,7 
+ 2,65 
+ 2,6 
2,5 
+ 2,45 
+ 2,4 
+ 2,35 
+ 2,25 
+ 2,15 
+ 2,1 
+ 2,0 
+ 1,95 
+ de 
+ 1,8 
+ 1,75 
+ 1,65 
+ 1,6 
+ 1,55 
+ 1,45 
+ 1,4 
+ 1,35 
3 
+ 1,25 
+ 115 
+11 
+ LI 
+ 1,05 
+ 1,00 


1,026 0,6867 
1,04 3|0,6778 
1,046|0,7035 

1,07110,7168 

1,080|0,7391 

I 1146 0,7641 

1,253.0,8150 

1,406/0,9123 
1,585/0,9956 
1,787|1,120 
2,161|1,303 
2,657|1,606 
2,133 
2,590 


Da Ku Eu u Eu En En u 


a DB De DD u a BE a EB En 
| 


og Bu Be a DE En gà 


Oxybämoglobin: 


0,2643.0,1435 
0,2825|0,1481 
0,2860|0,1538 
0,31140,1682 
0,34880,1892 
0,3827|0,2105/0,0954 
0,4200|0,2337,0,1042 
0,4860/0,2680j0,1180 
0,5964|0,3160|0,1378 
0,7886/0,4091|0,1659 
0,9914|0,5047/0,1856 
1,318 |0,72560,3072 


1,924 


0,2558/0,1395/0,07197 0,0458 0,02747 0,01955 0,01011 0,00876 0.004 
0,2563|0,1395/0,07197.0,0458 |0,02747|0,01955|0,0101 1|0,00876,0,004 
0,2615/0,1410|0,07197|0,0458 |0.,02747|0,01955 0,01011 0,00876/0.004 


0,07217|0,04688|0,02747|0,01955|0,01011 0,00876 0,004 
0,0728 |0,0478 |0,02047|0,019550,0101 1|0,00876|0,004 
0,07406 0,04794/0,02747'0,01955j0,0101 1|0,00876|0,004 
0,0500 |0,02757/0,01955|0,0101 1|0,00876|0,004 
0,05422|0,03009 0,0195 5|0,0101 I [0,0087 6j0,004 
0,0575 |0,0328 |0,01955/0,01011!0,00876|0,004 
0,06049|0,03902'0,0210 |0,0101 1|0,00876|0,004 
0,0671 [0,0410 |0,0213 |0,0124 |0,00876]0,004 
0,07717|0,0479410,02482 0,01630,0,00876 0,004 


0,0778 
0,0867 


1,105 
1,660 
1,773 
1,668 
1,320 
1,099 
1,073 
1,118 
1,351 
1,666 
1,743 
1,703 
1,337 
1,113 
0,8257 


7 |0,7380 


0,6599 
0,6599 
0,6710 
0,7015 
0,7490 
0,8123 
0,8905 
0,9819 
1,165 
1,328 
1,550 
an 
GO 


0,09954|0,06259 0,03115|0,02210 


0.1217 
0,1672 
0,4574 
0,8424 
0,8911 
0,8450 
0,6669 
0,5554 
0,5390 
0,5665 
0,6779 
0,8231 
0,8646 
0,8476 
0.7056 
0,5649 
0,4161 
0,3794 
0,3388 
0,3378 
0,3450 
0,3600 
0,3818 
O,4115 
0,4475 
0,4990 
0,5934 
0,6820 
0,7934 
1,072 

1,789 


0,0766 
0,1032 
0,2773 
0,5095 
0,5411 
0,5128 
0,4051 
0,3408 
0,3279 
0,3424 
0,4187 
0,4884 
0,5286 
0,5128 
0,4293 
0,3398 
0,2562 
0,2260 
0,2007 
0,2073 
0,2080 
0,2208 
0,2374 |, 
02557 
0,2813 
0,3090 
0,3624 
0,4230 
0.4870 
0,6733 
0,9585 


0,0395 
0,0513 
0,1151 
0,2536 
0,2670 
0,2546 
0,1945 
0,1677 
0,1631 
0,1703 
0,2068 
O 2531 
0,2608 
0,2567 
:0,2145 
0,1744 
0,1290 
(0,1127 
0,1011 
0,0993 
‚0,1008 
0,1027 
0,1140 
o, 1240 
0,1368 
0,1520 
9,1794 
‚0,2040 
(0,2456 
0,3627 
94753 


Dekadische Absorptionskonstante æ. 


0,0100 |0,000 
0,0260 |0,0105 [0,007 
0,03526,0,01406|0,00° 
0,08389)0,03508|0,016 
0,1393 0,0614 [0,025 
0,1434 |0,06277|0,02; 
0,1393 |0,06016[0,03€ 
0,1195 j0,05012]0.022 
0,095 32)0,0386 [0,019 
0,09325|0,03508|o 018 
0,09636 0,04244|0,0:° 
0,1195 0,05 546|0,022 
0,1331 [0,0655 |0,0°7 
0,1397 |0,0685 |0,023 
0,1362 (0,0669410, ‚028 
0,1181 |0,05443 0,027 
0,08 336!0,04659 0,022 
0,0703410,0389 JO, ou 
oObatOo0O1b8 DÉI 
0,06199|0,0325 001? 
0,0602 |0,02930]0.012 
0,0613 [0,0286 Gäil 
0,0640 |0,0275 Got) 
0,0693 |0,0288 [0.01 
0,07557!0,0325 |0,01? 
0,0823 |0,0378 0,015 
0,0933 0,0448 |0.0?° 
0,1110 [0,0575 |0,03° 
0,1274 |0,0694 |0038 
0,1491 0,0840 |0,049 
0,2036 [0,1184 |0,073 
0,2680 |0,1586 [0,10 


Spektrophotomeirische Untersuchung einiger Blutfarbstofe. 


105 


spektrum des O,-Hb wurde an etwa 65 immer gleichen Stellen 
gemessen und für diese Punkte zuerst die dekadischen Absorptions- 
konstanten und daraus die zugehörigen Durchlässigkeitsfaktoren 
gerechnet. Die Zahlen zu 44 dieser Stellen sind in den Tabellen 
Die erstere enthält die dekadischen Ab- 


Iı und 2 aufgezeichnet: 


Ba ee in ee 2. 


Welienlänge | an BT | 25 

TPE | | 
dn — 4,5 |9,412|20,57 55,5 172,6 
72.9 — 4,3 |9.062120,4 5,4 172,6 
Go — 4,1 19,00 |19,8 54,8 172,3 
ES + 4,0 18,492|18,76 4 71,87 
Ki 239 7,80 18,23 52,2 |7 TI 
453 — 3,8 |7,143;17,21 51,76 70,18 
325 +37 5,591 15,30 48,82 |67,89 
213 43,5 [3,835|12,24 448 164,7 
gin 3,4 |2,60 |10,10 41,4 |61,6 
"3% + 3,3 [1,633] 7,591 38,03 |58,39 
nag + 3,2 10,707| 4977 32,66 |54,00 
1:9 + 3,15)0,202| 2,480 25,33 148,31 
wo — 3,1 |0,000| 0,7364 16,27 |39,0 
“2230| — | 0,257 10,20 [31,28 
= 29 | — 0,000 4,804|18,81 
NET RW | — — 0,000| 1,190 
WEE — — — 0,000 
L Gel me 2,63 — m Prag — 
nud — 2,6 | — — == — 
t — 2,5 — =x — 0,000 
GET E DU — — 0,156 
xo +24 | — — — | 0,117 
a 02 235, = — | 9,100 
WC + 2,25; — == == 0,000 
4.) = 2,15| — = = EN 
7-21 — — > = 
54 20 — Se — — 
R20 — 1,93] — — — 0,000 
me -185| — _ — | 0,108 
22-18 | — — — | 0,846 
"60-175 — = = 1,253 
Pi: = 1,65) — — — 2,328 
1 = 1,6 — Së E 2,095 
LX = 1,55 — — == 1,723 
EA DU == e? ‚503 
a ET | — — — 1,006 
Bän — | — — | 0,671 
Kern. | SES SE aa EE 
p= 2s — | — — | 0,134 
Bi - 115| — — — 0,000 
EG — 1,1 — — — eege 
BA 1,1 — _ — mg 
MN: E 1,95, Leon = — — 
WE 1.00 0,0001 0,000 | 0000 | 0,000| 0,000 
i 


Oxyhämoglobin: 


Durchlässigkeitsfaktoren in Prozenten. 


84,73 
84.73 
84,73 
84,69 
84,6 
84,32 
83,6 
81,9 
80,3 
78,67 
76,20 
72,81 
68, „25 
65,25 
49,30 
7,85 
2,187 
1,687 
3,146 
4,790 
7,958 
8,445 
7,614 
4,446 
2,160 
1,807 
1,981 
4,60 
7,704 
14,94 
18,28 
21,88 
21,88 
21,33 
19,88 
17,83 
15,41 
12,87 
10,43 
6,893 
4,696 
2,820 
0,000 
0,000 


90,0 


90,0 
90,0 
89,77 
89,6 
89,55 
89,2 
88,27 
87,6 
87,00 
85,70 
83,72 
79,52 
75,6 
68,05 
34,88 
14,37 
12,85 
14,29 
21,53 
27,83 
28,91 
27,13 
20,99 
15,03 
13,66 
14,20 
19,70 
27,24 
38,36 
41,74 
45,84 
45,94 
45,2 
43,7 
41,55 
38,80 
35:7 
31,7 
25,5 
20,8 
16,09 
8,47 
1,62 


ae A R R e E SEa A Raia Ea Ta FF 


meenemen e 


95,60 
95,60 
95,60 
95,60 
95,60 
95,60 
95,60 
95,60 
95,060 
95,48 
95,2 
94,45 
93,08 
91,30 
88,9 
76,72 
5577 
54,08 
55,64 
63,90 
67,96 
68,69 
67,56 
62,11 
55,83 
54,85 
55,37 
61,02 
66,92 
74,30 
77,20 
79,24 
79,6 
d 79:3 
78,95 
77,00 
75,2 
73,1 
70,5 
66,2 
62,5 
56,8 
43,38 
33:5 


106 Strub. 


sorptionskonstanten, die zweite die Durchlässigkeitsfaktoren in Pro- 
zenten. An den extremen Stellen der Kurven wurde eine größere 
Anzahl sehr benachbarter Punkte gemessen. Diese sind aber in 
den Tabellen bis auf die der Maxima und Minima weggelassen, zu 
deren genaueren Bestimmung sie dienten. Die in der linken Spalte 
der Tabellen angegebenen Zahlen sind Spektralausschnitte, deren 
Breite insbesondere von der Weite des Okularspaltes abhängt. Es 
sind deshalb die Schwerpunkte der Spektralbereiche gegeben und 
dazu mit Vorzeichen + die halben Breiten in Mikromillimeter zu- 
gefügt, welche, da das Spektrum verzerrt ist, von Rot bis Blau 
stetig abnehmen, wie auch aus der Tabelle Seite 101 zu sehen ist. 

Das Molekulargewicht des Rinderhämoglobins wird mit 16321!) 
angenommen, ist aber noch nicht so sicher bestimmt, daß man 
Konzentrationen darauf beziehen kann. Besonders wird die Zahl 
nach neuerer Ansicht?) wegen der Dissoziation und Aggregierung 
der Molekeln zu modifizieren sein, Man definiert daher in der 
Blutforschung als Konzentration: die Anzahl Gramm Farbstoff 
in einem ccm Lösung. Im unverdünnten, frischen und gesunden Blut 
sind durchschnittlich 0,14 g O,-Hb pro ccm enthalten. Es hat 
also die Konzentration 0,14. 

Die „absoluten‘‘ Konzentrationen der untersuchten Lösungen sind: 


„rel. Konz. absol. Konz. 

27} 0,0408 g O,-Hb pro ccm Lösung 
272 0,0246 „ „ „ 3) „ 
273 

274 0,00918 ,„, ji 5 j D 
2° 0,00506 „ » » a » 
27 0,002227 ,„, ™ an um „ 
277 000015 „ č » » oo» » 
278 0000676 „ » ng „ ” 
27? 0,000337 „ j) o „ n 
2-10 ooootës „ „ nm „ „ 
2 0,000080 3 39 „ „ d 7? 
ae 0,0000373 » nm „ ” d 


Die Konzentration wurde mit der von Hüfner’) angegebenen 
Vierordschen Konstanten A gerechnet, welche mit dem vom eben 


1) G. Hüfner u. E. Ganser: Arch. (Anat. u.) Phys. p. 209. 1907. 

3) W. M. Bayliss: Interfac. phenom. with. espec. ref. to colloids and enzymes. 
Bull, of the Johns Hopkins hosp. 33. 307. 1922. 

3) Du Bois Reymonds Arch. f. Physiol. p. 138. 1897. 


Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstoffe. 107 


genannten Forscher angegebenen Fehler + 2,5°/, behaftet ist. 
Diese Zahlen sind für 535 un bis 542,5 un: 


A = 0,001312 
für 554 uu bis 565 un 
A’ = 0,002070. 
Es ist ja als Konsequenz aus dem Beerschen Gesetz — = A kon- 


stant für eine bestimmte Wellenlänge, wenn c die Konzentration, 
a die dekadische Absorptionskonstante bedeutet. A und A’ wurde 
von Hüfner für eine etwa auf das ıoofache verdünnte Blutlösung 
bestimmt. Es wird später noch gezeigt werden, daß das Beersche 
Gesetz bei O,—Hb nicht stimmt, bzw. nicht angewendet werden darf. 
Deshalb werden wohl die aus A errechneten Konzentrationen ober- 
halb und unterhalb der Lösungen 2° und 277 (= etwa Ia Blut) 
noch mehr als 2,5 °/, falsch sein. (Für die erste Konzentration etwa 
30°.) Die Zahlen werden als Behelf jedoch angegeben, da über 
die Konstanz des A anscheinend noch keine Sicherheit erzielt ist. 
Sobald dies endgültig der Fall ist, können die genaueren „absoluten“ 
Konzentrationen mit leichter Mühe aus der Tabelle der dekadischen 
Absorptionskonstanten der „relativen“ Konzentrationen errechnet 
werden. 

Sehr übersichtlich gestalten sich die Tabellen in der Dar- 
stellung als Kurven. Dazu eignen sich die dekadischen Absorptions- 
konstanten nicht gut, weil sie von O nach œ gehen. Besser sind 
die Durchlässigkeitsfaktoren darzustellen, weil sie nur zwischen 
O und 100 liegen. Fig. ı zeigt für die untersuchten 11 Oxyhämo- 
globinlösungen die Durchlässigkeitsfaktoren von unten nach oben 
in Prozenten. Kehrt man die Skala von 0—100 um und liest von 
oben nach unten, so hat man die Absorption in Prozenten, welche 
auch oft angegeben wird. Die Abszissenachse gibt die Wellen- 
langen in un. 

Die Figur ı zeigt den starken und raschen Anstieg der Ab- 
sorption im Orange und die für das Oxyhämoglobin so charakte- 
nistischen (e und 8 genannten), und deutlichen Maxima bei œ = 575,4 un 
und f = 541,7 um, (Formänek') « = 578,1 puu und ĝ = 541,7 un. 
Schumm: 2) spektrogrammetrisch e = 576,9 uu Ë = 542,4 up, okular: 
œ = 57715 ß = 541,7). 

!) Ztschr. f. anal. Chem. 40. 505. 1901. 


%) O. Schumm: Bilutspektroskopie. Abderhaldens Handb. d. biol. Arb. 
Meth. Lief. 43. 


108 Strub. 


Ferner ist die gute Durchlässigkeit für rote und die schlechte 
Durchlässigkeit für violette Strahlen zu sehen. Beide Eigenschaften, 
die Durchlässigkeit für Wärmestrahlen, sowie die Undurchlässigkeit 
für die physiologisch schädlichen ultravioletten Strahlen, scheinen 


. WoNauosgy-z — ENEE 
e e" i 


BA 


450 


Tin wem 


Fig. ı 
Oxyhämoglobin: Durchlässigkeit in Prozenten. 


für die Blutfarbstoffe charakteristisch zu sein. Augenscheinlich ist 
bis weit ins Ultrarote kein größeres Absorptionsmaximum zu er- 
warten. Jedoch ist die Empfindlichkeit der Augen nicht mehr 
groß im Hochrot, so daß schwache Banden nicht festgestellt 
werden können. Ebenso müssen im Ultravioletten ein oder 


Spektrophotometrische Untersuchung einiger Biutfarbstofe. 109 


mehrere sehr starke Maxima liegen. Schumm!) gibt ein Band y 
(Soretband) für O,—Hb in einer ı°/,igen Sodalösung bei 414 uu 
an. In wäßriger Lösung von 407,9—411,5 schwankend. Ein wei- 
teres, von Soret bei 330 uu festgestelltes, aber Verunreinigungen 
zugeschriebenes Band y’, wird von Peygrega und Vles?) dem 
O,-Hb zugeschrieben. 


In neuerer Zeit zeigt sich immer deutlicher die Aussicht, in 
die gesetzmäßigen Zusammenhänge zwischen chemischer Konstitution 
und spektralen Eigenschaften einzudringen. Für Blut liegen auf 
diesem Gebiet nur einige ältere Arbeiten von Vles?) vor. Dieser 
versucht eine mathematische Analyse der Körper mit spektraler 
Struktur der Hämoglobinklasse und gibt folgende Formel an: 


A = A + na, 


wo à, die Wellenlänge irgendeines Bandes, A, die des ultravioletten 
Bandes y, a ein bestimmter Modul (e, =45, a, = 35) und n 
(= 1,2, 3...) eine ganze Zahl bedeutet. Man hat also das O,—Hb- 
Spektrum als Überlagerung von zwei Serien aufzufassen, eine für 
den Modul «,, die andere für e, Dies scheint auf die Pyrrol- 
struktur des Farbstoffmoleküls hinzudeuten. 


Es scheint mir nicht befriedigend, bei der Angabe des Fehlers 
bei Absorptionskurven zu sagen: er beträgt so und soviel Prozent; 
‘denn man hat einen doppelten Gang des Beobachtungsfehlers zu 
unterscheiden: 


ı. Abhängigkeit von der Wellenlänge. 
2. Abhängigkeit von der Absorption. 


Der erstere Gang wurde durch das ganze sichtbare Spektrum 
am leeren Photometer untersucht bei Nicolstellung von 52°. Die 
Empfindlichkeit der Augen wurde am größten im Gelb und Hell- 
grün gefunden, die geringste Empfindlichkeit im Violett. Der 
Fehler konnte durch eine einfache nach unten konvexe Kurve 
dargestellt werden, wenn nach oben seine Größe und wag- 
recht die Wellenlänge aufgetragen war. Die verschiedenen An- 
gaben über die Lage des Empfindlichkeitsmaximums sind jeden- 


I) Ebenda. 
» C. R. 15Ł 133. 
3» C. R. 158. 1206. 1914; Soc. Biol. 74. 751. 1914; ebenda 74. 655. 1914. 


IIO 


Strub. 


falls zum Teil auf die verschiedenen Intensitätsverteilungen der 
von verschiedenen Untersuchern verwendeten Lichtquellen zurück- 


zuführen. 


Die zweite Abhängigkeit des Fehlers wurde untersucht an der 
Kurve der Lösung 2”° des Oxyhämoglobins. Die Kurve des Fehlers 


500 450 


550 


Fig. 2. 
Mittlerer Fehler der Absorptionskurve 2°® von Oxyhämoglobin. 


600 


ist für etwa 20 Punkte in Fig. 2 
als Funktion der Wellenlänge 
dargestellt. Im allgemeinen ist 
der Charakter der unter ı ge- 
nannten Kurve noch zu sehen. 
Aber die Abhängigkeit von der 
Absorption gibt sich durch das 
ziemlich starke Maximum an 
Stelle des stärksten Steigens 
der Fig. 1, bei etwa 595 pu, 
kund. Dort wird das Gesichts- 
feld eben durch den scharfen 
Anstieg inhomogen, so daß die 
Einstellung auf gleiche Hellig- 
keit schwieriger, also mit größe- 
rem Fehler behaftet wird. Der 
Okularspalt ist für diesen Teil 
des Spektrums zu breit. Die 
beste Empfindlichkeit liegt am. 
Absorptionsmaximum 575,1 up. 
Darauf wird sie beim Absorp- 
tionsminimum 560 uu wieder 
etwas kleiner, ein wenig besser 
am zweiten Absorptionsmaxi- 
mum 541,7 un. Jetzt tritt noch 
einmal, wenn auch weniger 
deutlich, da der Spektralaus- 
schnitt hier schon enger ist, 
die Erscheinung der Abhängig- 
keit vom Anstieg der Absorp- 
tion ein: Der Fehler steigt bei 


500 pp bis 0,9°/,, bleibt im Blau ein Stück auf etwa gleicher 
Höhe und nimmt (von 475 uu ab) sehr rasch im Violett zu. 
Folgende Tabelle 2a gibt die Größe der Fehler für verschiedene 


Wellenlängen: 


Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbsto fe. III 


Tabelle 2a. 


Wellenlänge | Fehler in Wellenlänge | Fehler in 
up %e up "e 


Bei jeder anderen Kurve wird der Fehler wieder etwas anders 
liegen, entsprechend den zwei genannten Abhängigkeitsbedingungen. 
Aber auch noch schlecht kontrollierbare physiologische Einflüsse 
spielen mit, welche man am besten durch gutes Ausruhen der 
Augen und durch mäßig langes Arbeiten klein hält. Von Wichtig- 
keit ist es auch, daß man zwei bis drei Monate lang Probemessungen 
mit dem Photometer ausgeführt hat. Es wurde nämlich im vor- 
liegenden Fall festgestellt, daß nach dieser Zeit die Fehler durch 
Übung der Augen auf ein Drittel herunter gegangen waren, von 
da an aber die Empfindlichkeit nur noch wenig zunahm. 

Hüfner?) gibt zur qualitativen Bestimmung von O,—-Hb für die 
Wellenlängenbereiche A, = 534—542 uu und A, = 556,5 —564,5 uu 
die Zahl 


S = 1,578 T 2,5 °/o - 


Es ist nämlich, als Folge des Lambertschen Gesetzes für jedes 
Spektrum desselben, in allen Lösungen unveränderlichen Farbstoffes 
@1z 
er 


konstanten für zwei bestimmte Wellenlängen bedeuten. Die beiden 
von Hüfner angegebenen Spektralbereiche liegen im Minimum 
zwischen den Absorptionsbanden e und ĝ und im Maximum £. 
Für das König-Martenssche Spektralphotometer nimmt man, 
der größeren Empfindlichkeit entsprechend, besser das Maximum oe 
bei 4 = 578,4 DD + 2,6 pu und das schon von Hüfner benutzte 
Minimum A, = 560 pu + 2,5 up. Für diese Bereiche ist für 128fach 
verdünntes Blut 


= constans, worin gi, und Ge die dekadischen Absorptions- 


@ 
a — 
e = 1,651 +0,5°/,. 


ı) Du Bois Reymonds Arch. f. Physiol. 1897. S. 137. 


112 Strub. 


! a 
Bei steigender Verdünnung scheint -a abzunehmen. Aus vor- 
d 


liegenden Beobachtungen wurden folgende Zahlentabelle gewonnen. 


Tabelle 3. 
„relative‘‘ ki „relative“ ki 
Konzentr, a, Konzentr. ei 
SCH 1,652 2, 1,538 
SC 1,651 2 1,788 
28 1,648 an 1,520 
2» 1,638 | 


Sieht man durch eine ziemlich starke Blutlösung nach einer 
Lichtquelle, so erkennt man einen Lichthof, verursacht durch eine 
Trübung. Diese stört natürlich das Photometrieren, denn es ent- 
stehen durch innere Reflexion und außerdem durch Beugung Licht- 
verluste.e In der Literatur werden verschiedene chemische Mittel 
angegeben, die Trübung zu beseitigen. Diese Art des Arbeitens 
wurde jedoch als unzweckmäßig vermieden, weil es durchaus nicht 
sicher ist, daß beim Zusatz von auch neutralen Chemikalien die 
Konstitution des komplizierten Farbstoffes erhalten bleibt. Ein 
weiteres Mittel, das Filtrieren, hilft auch nicht. (Nach Einsendung der 
Arbeit wurden mit Porzellanfiltern bessere Ergebnisse erzielt.) Die 
Suspension geht durch das gewöhnliche Filter fast restlos hindurch. 
Ferner hat das Filtrieren den Nachteil, Farbstoffverluste zu ver- 
ursachen, welche sich nicht meßbar verfolgen lassen. 


Bei weiteren Versuchen wurden neue Blutlösungen bis zu 
anderthalb Stunden in eine Zentrifuge gebracht, welche pro Minute 
6000 Touren machte. Es setzt sich während der ersten 40 Minuten 
ein weißlicher, kräftiger, aber nur geringer Bodensatz ab. Schüttet 
man die Lösungen ab und zentrifugiert sie wieder (bis zu ro Mi- 
nuten), so wiederholt sich das Absetzen nicht mehr. Trotzdem 
aber ist die Trübung, wenn auch viel geringer, noch vorhanden. 
Diese Versuche sind mit Blut von etwa 1oofacher Verdünnung ge- 
macht worden. Die spektralphotometrische Untersuchung einer 
solchen zentrifugierten Lösung ergab das Bild der Fig. 3. Kurve I 
gibt als Funktion der Wellenlänge die Durchlässigkeitsfaktoren der 
unzentrifugierten etwa 100fach verdünnten Blutlösung, Kurve II das 
der 45 Minuten auf 6200 Touren gebrachten Lösung. Fig. 3 läßt 
darauf schließen, daß das wagrechte Stück der Absorptionskurven 
in Fig. 2 im Rot nach Ultrarot auf die oben besprochene Trübung 


Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstoffe. 113 


allein zurückzuführen ist. Das gleiche läßt auch das später ge- 
brachte Bild des Kohlenoxyhämoglobins vermuten, welches, da dort 
keine Trübung vorhanden, im Rot vollständige Durchlässigkeit zeigt 
(siehe Fig. 4). 


BLOER ——> a dE NÉIER 


530 500 450 


> 
600 


Fig. 3. 
Oxyhämoglobin: unzentrifugierte (L) und zentrifugierte (IL) Lösung. 


A— 00 u 
650 un 


Le elo e eeemeeee 


Auf der unteren Hälfte der Fig. 3 sind noch die Differenzen 
der beiden Kurven (also der Durchlässigkeiten) aufgetragen. 

Tabelle 4 gibt die Durchlässigkeitsfaktoren in Prozenten und 
die dekadischen Absorptionskonstanten zu Fig. 3, ferner die Diffe- 
tenzen der beiden Kurven. 

Zeitschr. í. wise. Phot. 24. 9 


114 Strub. 


Beim Vergleich der von Formánek, Lewin und anderen 
Forschern gegebenen Darstellungen der Absorptionsspektren der 
Blutfarbstoffe, welche nur durch Schätzung der Intensitäten neben 
einem Vergleichsspektrum entstanden sind, und der bildlichen Dar- 


uUoOdJOSQY —> —— /aybisse/ysung 5 


Oxyhämoglobin und Kohlenoxyhämoglobin: Durchlässigkeit in Prozenten. 


stellungen dieser Arbeit ist erkenntlich, wie schlecht man sich bei 
solchen Intensitätsschätzungen allein auf das Auge verlassen kann. 
Die Minima, wo zu 50°/, noch Absorption herrscht, sind in jenen 
Zeichnungen z.B. als vollkommen durchlässige Stellen angegeben, 
so sehr wirkte der Kontrast fehlerhaft ein. Es ist deshalb klar, daß 
nur mit Hilfe des Photometerapparates der Wirklichkeit tatsächlich 


Spektrophotomeirische Untersuchung einiger Blutfarbstoffe. I15 


Tabelle 4. 


0,02710 

645,3 0,03186 7,8 
627,3 0,04223 6,7 
604,9 0,0603 1 6,1 
600,0 0,0755 6,8 
593,4 0,0235 6,1 
584,8 0,3444 4,0 
578,4 0,6432 2,3 
575,4 0,6765 1,7 
572,8 0,6376 1,3 
567,5 0,4969 2,7 
560,0 0,4028 3,4 
557,5 0,4117 3,1 
551,0 0,5008 3,6 
543,4 0,6518 2,0 
541,7 0,6598 2,0 
538,4 0,6478 1,6 
532,0 0,5281 2,4 
527,0 0,4180 4,0 
521,0 0,3074 5,0 
512,7 0,2508 6,4 
505,5 0,2504 6,8 
489,0 0,3052 3,3 
477,4 0,3663 2,9 
467,8 0,4293 2,7 
454:9 0,5576 2,5 


Zentrifugiertes und unzentrifugiertes Blut. 
Durchlässigkeitsfaktoren in Prozenten (D, bzw. DÄ 
Dekadische Absorptionskonstanten (a, bzw. Gel 


entsprechende Intensitätskurven gegeben werden können, und diese 
müssen wieder eine sehr große Anzahl von Punkten des Spektrums 
ausmessen, ein Umstand, der die Spektralphotometrie so ermüdend 
und zeitraubend macht. 


2. Kohlenoxyhämoglobin. 


Kohlenoxyhämoglobin heißt der Farbstoff, welcher aus dem 
Oxyhämoglobin entsteht, wenn Kohlenoxydgas mit Blut in innige Be- 
rührung kommt. Das Kohlenoxyd verdrängt den Sauerstoff. Sym- 
bolisch wird dieser Farbstoff CO-Hb geschrieben. Der Entdecker 
des CO-Hb war ein Arzt des Waldenburger Kohlengebietes, welcher 
den Farbstoff zuerst bei in Gruben verunglückten Bergleuten fand. 
Er teilte seine Entdeckung Hoppe-Seyler mit, dem wir die ersten 
genaueren Kenntnisse darüber verdanken D Die Entstehung von 


1) Arch. Pathol. (Virchow) XI, 288. 1857. 


ch 


116 Strub. 


CO-Hb ist bekanntlich die Ursache des Todes jener Menschen, 
welche durch das Gas nicht gut „ziehender“ Öfen vergiftet worden 
sind, und seine Untersuchung ist für die Medizin eben wegen dieser 
häufigen Unglücksfälle wichtig. Die Banden des Kohlenoxyhämo- 
globins sind im Vergleich zu jenen des Oxyhämoglobins gegen das 
blaue Ende des Spektrums mehr oder weniger (bis etwa 8 up) ver- 
schoben, je nachdem der Sättigungsgrad der Lösung mit CO größer 
oder kleiner ist. Der Tod tritt, wie Formänek!) bei Tieren (Meer- 
schweinchen) zeigte, schon vor Sättigung des Blutes mit CO ein. 
Die kleine Verschiebung ist die Ursache des geringen Farb- 
umschlages, der sich in einem rosavioletten Schimmer zeigt. Nach 
den Spektrophotographien von Rost, Franz u. Heise?) liegen 
Banden bei 570, 542 und 416 up. 

Die Darstellung des Farbstoffes zu den folgenden Unter- 
suchungen geschah auf diese Weise: Frisches Blut wurde mit destil- 
liertem Wasser auf das ı20fache verdünnt. Ein Teil dieser Blut- 
lösung wurde in eine Waschflasche gebracht und durch diese eine 
Stunde lang Leuchtgas, etwa 3—4 Blasen pro Sekunde, durch- 
getrieben. Man darf wohl annehmen, daß die Lösung danach mit 
CO gesättigt war. Während des Durchleitens tritt in der Blut- 
lösung eine Koagulation ein. Es setzen sich einige Zeit nach Be- 
endigung des Durchleitens von Gas aus der Lösung rosarote Flöck- 
chen ab. Nachdem die Lösung filtriert ist, erscheint sie im durch- 
fallenden Licht vollständig klar: Die beim Oxyhämoglobin durch 
Lichthof sich anzeigende Trübung ist verschwunden. 


Es wurde nun die O,-Hb-Lösung, die als Ausgangsmaterial 
diente, photometriert und ebenso die dargestellte CO—-Hb-Lösung. 
In Tabelle 5 sind die Zahlenwerte der Durchlässigkeitsfaktoren und 
der dekadischen Absorptionskonstanten für 33 Stellen des Spektrums 
für beide Lösungen aufgezeichnet. Fig. 4 zeigt die betreffenden 
Durchlässigkeitsfaktoren in Prozenten als Kurven aufgetragen. Man 
sieht in der Abbildung deutlich die Verschiebung der Maxima nach 
dem blauen Ende des Spektrums. Die beiden Banden liegen bei 
567,5 pu und bei 538 pu (beim O,-Hb: 575,4 au und 541,7 up). Die 
Verschiebung ist also nicht gleich stark, die beiden Maxima liegen 
näher beieinander als beim O,-Hb, das Minimum daher (als Addi- 
tion der beiden dort übereinander liegenden Absorptionsbeträge) 


1) Ztschr. f. anal. Chem. 40. 520. 1901. 
3) Arb. d. Kaiserl. Ges.-Amts 80. 1909. 


Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstofje. 117 


entsprechend höher. Daß die Banden des CO-Hb etwas schwächer 
sind, als die zugehörigen des O,-Hb, rührt wohl von dem durch 
die Koagulation und Filtration bedingten Verlust an absorbierendem 
Material her. 


Tabelle 5. 
o : Kohlen- 
Wellen Oxyhämoglobin | ER Mi 
In au D- 100 | D. 100 
645,3 0,02478 | 94,45 0,0000 100,0 
627,3 0,0293 93,4 0,00367 | 99,20 
615,5 0,0400 91,2 0,01374 | 96,89 
604,9 0,06147 | 86,80 0,03268 | 92,75 
600,0 0,08800 | 81,66 0,05291 88,53 
593,4 0,1650 | 68,39 | 0,1015 79,34 
584,8 0,5414 28,75 0,2597 54,99 
578,4 0,9876 10,29 0,5222 30,05 
575,4 1,042 7,868 | 0,6506 22,35 
571,5 0,9685 10,75 0,7901 16,21 
569,0 0,8358 14,6 0,8372 14,55 
567,5 0,7609 17,03 0,8447 14,3 
565,0 0,6830 20,5 0,8301 14,79 
560,0 0,6056 24,8 0,7250 18,84 
557,5 0,6179 24,10 0,6918 20,35 
554,5 0,6787 20,96 | 0,6787 20,96 
551,0 0,7845 16,43 0,7094 19,53 
545,0 0,9685 10,75 0,7820 16,52 
541,7 3,010 7:93 0,8430 14,35 
538,0 1,018 9,60 0,8594 | 13,82 
533,0 0,8240 15,00 0,8122 15,41 
527,0 0,6279 23,56 0,6704 21,36 
521,0 0,4432 36,04 0,5026 | 31,43 
512,7 0,3598 43,68 0,3600 | 43,65 
505,5 0,3424 | 4545 0,3026 | 49,82 
495,4 0,3516 44,50 0,2825 52,19 
489,0 0,3788 41,8 0,2825 52,19 
477,4 0,4794 | 33,15 0,3128 | 48,67 
467,8 0,6063 24,75 0,3955 40,24 
454,9 0,9155 12,15 0,5288 29,60 
446,0 1,497 3,19 0,7352 18,40 
438 w 0,000 0,1156 6,98 
432 œ 0,000 œ 0,000 


Durchlässigkeitsfaktoren in Prozenten (D. 100) 


und dekadische Absorptionskonstanten (e) 
von Oxyhämoglobin und Kohlenoxyhämoglobin. 

Die Durchlässigkeiten erreichen beim CO-Hb ab 638 pu nach 
dem roten Ende hin den Wert 100°/ Auch hier ist die starke 
Absorptionsbande im Ultraviolett aus dem starken Absorptions- 
anstieg im Blau zu vermuten. 

Das Kohlenoxyhämoglobin zersetzt sich schon nach 5—6 stün- 
digem Stehen langsam, indem Sauerstoff wieder das CO verdrängt. 


113 Strub. 


Auch in vollständig gefüllten und verschlossenen Gefäßen konnte 
es nicht konstant gehalten werden. Deshalb wurde darauf verzichtet, 
mehrere durch Verdünnung mit H,O auseinander hervorgehende 
Lösungen photometrisch durchzumessen, weil sie sich wegen der 
Veränderlichkeit des Farbstoffes doch nicht aufeinander beziehen 
lassen, | 

| 3. Hämatoporphyrin. 

Das Hämatoporphyrin, symbolisch Hp, entsteht aus dem 
Oxyhämoglobin durch Abspaltung des eisenhaltigen Teils der 
Molekel unter Einwirkung von konzentrierter Schwefelsäure. Das 
Hämatoporphyrin ist mit dem Gallen- und Blattgrünfarbstoff ver- 
wandt und bildet so die Brücke zwischen pflanzlichen und tierischen 
Farbstoffen. Von Nencki!) wurde es zuerst beschrieben. Seine 
Zusammensetzung ist nach H. Fischer): 

Laeblaet ON, 

Die Ausgangssubstanz zu den Lösungen wurde im vorliegen- 
den Falle folgendermaßen hergestellt: 8,75 ccm Blut wurden mit 
100 ccm reinster, konzentrierter Schwefelsäure versetzt, Die 
Mischung wird heiß und stößt schwache Chlorwasserstoffdämpfe 
aus, die vom Kochsalzgehalt des Blutes herrühren. Die kleinen 
entstehenden Fetzchen und Klümpchen lösen sich nach einem Tag 
Stehens vollständig auf, so daß eine klare Flüssigkeit erhalten wird. 
Die Konzentration und Nummer dieser Lösung wurde willkürlich 
mit ı bezeichnet. 20 ccm dieser Ursubstanz wurden nun mit 
zweimal 20 ccm derselben Schwefelsäure verdünnt und diese Lösung 
mit 2, ihre Konzentration mit } = 3”! bezeichnet; davon wurden 
wieder 20 ccm mit zweimal 20 ccm Schwefelsäure gemischt usw. 
Die Konzentrationen zweier aufeinanderfolgender Lösungen verhalten 
sich also wie 1:3. Die wirklichen Konzentrationen c können nicht 
angegeben werden, da ich zu deren Bestimmung nirgends die 


Vierordsche Konstante A = — finden konnte. Die Verdünnung 


mit konzentrierter Schwefelsäure ist deshalb geboten, weil unter 
gewissen Bedingungen der Farbstoff im Wasser in amorphen 
Klümpchen ausfällt. Es wurden insgesamt 6 Lösungen hergestellt. 
Die ersten sind prachtvoll purpurrot; je verdünnter sie sind, desto 
mehr gehen sie gegen Rotgrün. Die Verdünnung geschah mit 


1) Arch, f. exp. Path. 24. 442. 1900. 
D Oppenh. Handb. d. Biochem. 1. 359. 1924. 


Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstofje. 119 

einer 20 ccm Pipette normal bei 15°. Der Verdünnungsfehler ist 

höchstens 0,15 ®/, da für ausgeglichene Temperatur gesorgt wurde. 
Es entstand folgende Reihe von Konzentrationen. 


Nr. Konzentr 
I 3° 0,0875 ccm Blut pro ccm Lösung 
2 371 00296 „ aw » » i 
3 372 0,00972 „ a nm m 
4 3? 0,00324 „n » » » j 
5 3° 0001008 „ ao » » 5 
6 375° 0,00036 „ oh n 


Besondere Mühe machte 


hier 


die 


Herstellung von haltbaren 


Trögen, da mehrere verwendete Kitte der zerstörenden Wirkung 
Tabelle 6. 


667,0 0,08661 | 0,03580 | 0,01785 
660,0 0,0888 | 0,0374 | 0,0182 
651,0 1,733 0,09017 | 0,0379 | 0,01905 
645,0 1,824 0,0926 | 0,0385 | 0,0200 
636,5 2,068 0,1003 | 0,0399 | 0,02249 
630,0 2,097 0,1120 | 0,0434 | 0,0215 
a z oe 
13, u 0,1049 V d 

604,9 — 0,2117 | 0,0736 | 0,0350 
602,5 — 0,2212 | 0,08119 | 0,03690 
599,0 = 0,2308 0,0846 0,0364 
595,5 CS 0,2235 0,0822 0,03534 
592,0 E 0,2172 0,07682 | 0,03433 
590,0 = 0,2168 0,0746 0,0348 
587,0 — 0,2217 | 0,07815 | 0,0356 
583,0 — 1,954 0,6617 | 0,2378 0,0863 0,03791 
577,0 = | 2,222 0,7448 | 0,2695 0,0962 0,0412 
571,5 — 12,592 0,8537 | 0,3019 0,1065 0,04663 
560,0 = | 5 1,284 0,4320 | 0,1509 | 0,0575 
557,5 = mr SS 1,338 0,4582 0,1598 0,05892 
552,0 7 © 1,276 | 0,4332 | 0,1459 | 0,05636 
545,4 = 2,700 0,9065 | 0,2973 0,1011 0,04613 
535,0 = 1,824 0,6537 | 0,2323 0,08424 | 0,03690 
527,0 => 1,794 0,6067 | 0,2235 0,0813 0,0345 
521,0 = 1,747 0,6000 | 0,2208 | 0,08133 | 0,03433 
512,7 — 1.1719 0,5935 | 0,2200 | 0,08133 | 0,03386 
499,0 — 1,756 0,6053 | 0,2265 | 0,08169 | 0,0386 
486,5 == 1,897 0,6417 | 0,2368 | 0,0990 | 0,0460 
475,0 = 2,149 0,7461 | 0,2610 0,1105 0,0580 
464,9 — o 0,9295 | 0,3100 | 0,1345 | 0,0730 
454,9 - | + 1,1730 | 0,4357 0,1635 0,0940 
446,0 — — 1,70 0,6580 | 0,2096 | 0,119 
438,0 | SS | ke SS 1,051 0,3759 0,149 


Hämatoporphyrin (sauer): Dekadische Absorptionskonstanten (a). 


‚120 Strub. 


der konzentrierten Schwefelsäure nicht standzuhalten vermochten. 
Endlich gelang es, mit reinem Paraffin Glaströge, von denen der das 
absorbierende Medium enthaltende an den beiden Durchtrittsstellen 
des Lichtes einen Durchmesser von 1,005 cm hatte, zusammen- 
zukitten, welche nicht angegriffen wurden, jedoch wegen der leichten 
Deformierbarkeit des Bindemittels sorgfältig behandelt werden 
mußten. Das Glas muß zum Kitten mit Paraffin gut trocken sein, 
da sonst die Schwefelsäure zwischen Glas und Kitt eindringt und 
dann die Gefäße auseinanderfallen. Am besten überzieht man die 
Tröge außen und innen mit einer dünnen Haut von Paraffın und 
läßt nur zwei gegenüberliegende Stellen frei, welche dem Licht- 
bündel gerade eben den Durchtritt gestatten. Das Glas darf dazu 


Tabelle 7. 
62,89 81,92 92,09 95,97 
62,40 81,50 91,80 95,90 
61,89 81,25 91,65 95,51 
59,80 80,80 91,60 95,50 
56,30 79,38 91,22 94,95 
52,60 71,35 90,50 95,20 
45,47 73,77 89,41 95,16 
36,25 68,41 87,44 93,90 
25,22 61,42 84,42 92,25 
602,5 = 1,34 23.44 60,09 82,95 91,85 
599,0 — 1,40 22,40 58,80 82,50 92,00 
595,5 Se 1,33 22,94 59,80 82,75 92,18 
592,0 = 1,63 24,61 60,65 83,79 92,40 
590,0 — 1,70 25,20 60,75 84,25 92,30 
587,0 — 1,51 24,61 60,02 83,53 92,15 
583,0 = 1,11 21,79 57,84 82,40 91,64 
577,0 — 0,600 18,0 53,8 80,2 01,0 
571,5 — 0,256 14,01 49,90 78,25 89,82 
560,0 — 0,000 5,20 37,00 70,64 87,60 
557,5 = en 4,60 34,82 69,25 87,31 
552,0 = 0,000 5,29 36,89 71,47 87,83 
543,4 = 0,200 | 12,4 50,43 79,23 89,92 
535,0 Ce 1,50 22,2 58,58 82,37 91,85 
527,0 = 1,61 24,73 59,8 83,0 92,4 
531,0 — 1,79 25,12 60,2 82,92 92,40 
512,7 E 1,91 25,50 60,3 82,92 92,50 
499,0 — 1,75 24,8 59,4 82,85 91,5 
486,5 = 1,27 22,82 57,97 80,5 90,0 
475,0 = 0,71 17,94 54,83 77,6 87,5 
464,9 = 0,000 | 11,76 49,0 73,4 84,5 
454,9 > — 6,71 36,67 68,62 80,5 
446,0 = = 1,99 21,98 61,7 7 
438,0 0,000 0,000 0,00 8,90 42,08 7I 


Hämatoporphyrin (sauer): Durchlässigkeitsfaktoren in Prozenten. 


Spektropholometrische Untersuchung einiger Blutfarbstoffe. 121 


nicht warm gemacht werden, da sich sonst das Paraffın über die 
ganze Oberfläche rasch ausbreitett. Am besten nimmt man ein 
Stück ziemlich dicken Kupferdrahtes, das erhitzt wird und als 
„Lötkolben““ dient. 


, Gë bg d, d A, MA 


r 
S 


450 


e £ 
WIES g 
A 
E 
2 
vi 
3 
a = 
Say 
| å 
T 
A 
Is £ 
db 
Q 
E 
E 
S 
S 
O 
Le 
RK 


Die Hämatoporphyrinpräparate wurden alle am 22. 7. 1924 
hergestellt. Konzentration 3°, 31, 3”? wurden am 24. 7., 373 und 
A? am 26. 7., Konzentration 37* am 31. 7. photometriert. Auch 
hier wurde vor den immer gleichen Spalt das Absorptionsmedium, 
vor dem andern ein Trog mit konzentrierter reiner Schwefelsäure 


122 Sirub. 


gestellt. Die Ergebnisse der Messungen sind in den Tabellen 6 und 7 
für 33 Punkte des Spektrums aufgeführt. Tab. 6 enthält die deka- 
dischen Absorptionskonstanten, Tab. 7 die zugehörigen Durchlässig- 
keitsfaktoren in Prozenten. Fig. 5 stellt die letzteren für alle 6 Kon- 
zentrationen als Kurven dar. Das Bild zeigt die zwei an Intensität 
verschiedenen Maxima. Das schwächere liegt bei 599uu, das 
stärkere bei 557,5 op, (Formanek'): 604,5—599 un, 568—553 u; 
je nach Herstellung verschieden). Endlich ist auch hier wieder ein 
sehr starkes Maximum im Ultravioletten durch den Anstieg im Blau 
gekennzeichnet. Das starke Zurückgehen der beiden erstgenannten 
Bänder beim Verdünnen, während jenes im Violett noch stark 
bleibt, erklärt das Auftreten des rotgrünen Tones bei den verdünnten 
Lösungen, ähnlich wie bei den dichroitischen Kristallen. 


4. Methämoglobin. 


Läßt man Blut einige Tage stehen, so wird seine Farbe dunkler, 
bis sie schließlich ins Kaffeebraune übergeht. Deutlicher sieht man 
das bei Blutflecken auf hellen Stoffen. Der neu entstehende Farb- 
stoff im alternden Blut ist das Methämoglobin, symbolisch Methb. 
Es. entsteht auch in kürzerer Zeit durch Einwirkung vieler Gifte 
auf den Körper, z. B. gewisser Chinoline, der Nitro-Aniline usw. 
Sehr schnell läßt sich das Methämoglobin durch Auflösen eines. 
kleinen Kristalls Ferrizyankalium in einer Blutlösung darstellen. 
Der Umschlag erfolgt fast augenblicklich. Jedoch wirkt das stark 
färbende Blutlaugensalz störend auf die Photometrie der auf diesem 
Weg hergestellten Lösungen, weil dadurch die EEN besonders 
im Blau viel stärker wird. 

Der Entdecker des Methämoglobins war Hoppe-Seyler.?) 
Das Methämoglobin hat die gleiche Zusammensetzung wie das 
O,-Hb, enthält aber den Sauerstoff in anderer Bindung. Das 
wissen wir durch die Arbeiten von A. Gamgee’, G. Hüfnert), 
A. Jäderholm.’) 

Bei der Untersuchung dieses Farbstoffes wurden die beiden 
Eintrittspalten des Photometers auf 0,250 mm gestellt. Der Okular- 
spalt blieb unverändert auf 0,14 mm. 


1) Ztschr. f. anal. Chem, 40. 515. 1901. 

23) Zentralbl. Med. Wiss., S. 834. 1864. 

3) Phil. Trans. Roy. Lond. 158. 589. 1868. 

*) Ztschr. phys. Chem. 7. 65. 1882 und 8. 366. 1884. 
5) Ztschr, f. Biol. 16. 1. 1880. 


Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstoffe. 123 


Extrahiert man alte Blutflecken an Kleiderstoffen und unter-- 
sucht das Absorptionsspektrum der erhaltenen Lösungen, so bemerkt 
man zu den zwei Streifen des O,-Hb noch zwei neue, einen 
schwächeren im Rot bei 627. pp, einen stärkeren bei 499 un. 
(Formänek?): 634 ua und 500,8 pu.) Es ist schwierig, die beiden 
Maxima genau zu bestimmen, da sie bei weitem nicht so scharf 
sind, wie die des O,-Hb und weil das Band bei 499 upu in einem 
Gebiet liegt, wo für das König-Martenssche Photometer keine 
sehr gute Empfindlichkeit herrscht. Ist das Blut bloß einige Tage 
alt, so sind die beiden Streifen des Methämoglobins schwach, die 
des Oxyhämoglobins stark. Ist das Blut älter, so werden die Banden 
des Methämoglobins immer stärker, die des Oxyhämoglobins immer 
schwächer. Es muß also eine Umwandlung des einen Farbstoffes 
in den andern vorliegen. Man nimmt an, daß sich der Sauerstoff, 


o?) 
welcher beim O,-Hb (ähnlich wie bei einem Peroxyd:) Hb , 


gebunden gedacht wird, in die festere Bindung ul” übergeht. 
Die Figur 6 gibt die Entwicklung des einen Spektrums in das 
andere bei mehreren Blutlösungen, welche durch Extraktion von 
Blutflecken verschiedenen Alters auf Leinwand gewonnen wurden. 
Es sind Blutflecken von 7, 13 und 25 Tagen Alter extrahiert und 
photometrier. Am roten Ende des Spektrums sind jeweils kleine 
Stücke der Bezugsachsen gezeichnet, weil die Kurven zur besseren 
Übersicht vertikal verschoben sind. Man erkennt das Wachsen 
der Methämoglobin- und das Schwinden der Oxyhämoglobinbanden. 
Bei der sieben Tage alten Lösung sind die O,-Hb-Banden noch 
groß, die des Methämoglobins noch klein. Bei dreizehn Tagen ist 
das Band im Blau des Methämoglobins bereits größer als das 
O,-Hb-Band. Die vier Bänder wachsen und verschwinden an- 
scheinend nicht gleichmäßig. Die O,—Hb-Bänder sind durch Über- 
lagerung mit den Methämoglobin-Banden an Intensität verschieden 
geworden. Nach 25 Tagen sind die beiden Streifen des O,-Hb 
nurmehr kleine „Wellen“ in der Intensitätskurve. Die Kurven der 
Fig. 6 sind alle etwas verzerrt, weil die Ordinaten nur der Quadrat- 
wurzel aus der Durchlässigkeit proportional sind. Ferner ist zu 
bemerken, daß die Lösungen wegen der kleinen extrahierten Mengen 


D Ztschr. f. anal. Chem. 40. 508. 1901. 
N) K.Bürker in Tiegerstedts Handb. d. phys. Meth. 2 (1). 71. tert, 


124 Strub. 


an Konzentration bis zu 10 °/, verschieden sein können. Die Kurven 
der Fig. 6 wären vielleicht zu einer Methode der Altersbestimmung 
von Blut zu gebrauchen; denn es ist anzunehmen, daß zwischen 
der Menge der beiden Farbstoffe, also zwischen der Stärke ihrer 


500 430 


JIO 


Fig. 6. 
Entwicklung von Methämoglobin in Oxyhämoglobinlösungen. 


600 


650 


-> 
| 


— 4/94 bISSBJIUN 


Aa 


Absorptionsbanden, von der Zeit (vielleicht auch noch von andern 
Umständen) abhängige Gleichgewichtsbedingungen herrschen. Das 
Verhältnis der dekadischen Absorptionskonstanten der Maxima des 
Methämoglobins zu denen der Maxima des O,-Hb muß eine Zeit- 
funktion sein. Zu ihrer Bestimmung wurden die Streifen bei 


Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blulfarbsiofe. 125 


627 ua und 575,4 ua gewählt, wegen der guten Empfindlichkeit 
des Auges für diese Spektralgegenden. Auf Grund verschiedener 
Experimente wurde auch 
eine solche Zeitfunktion ge- 
funden, aber ihre Reproduk- 
tion läßt, wie gleich zu An- 
nfang gesagt sein soll, zu 
wünschen übrig. Sie kann 
deshalb nur das Prinzip 
zu einer Methode zur Alters- 
bestimmung des Blutes dar- 
stellen. Im folgenden sei 
diese Methode an Hand 
der Experimente, welche 
angestellt wurden, etwas 
näher beschrieben. 

Am 19.8. 1924 wurden 
eine Anzahl von etwa hand- 
großen Baumwoll-Läppchen 
(Serie 1) mit je 1 ccm frischem 
Blut betropft und im La- 
boratorium, wo ziemlich 
gleichmäßige Temperatur 
herrschte, an Drähten frei 
aufgehängt. Am 2.9. wurde 
eine weitere Serie 2 solcher 
Läppchen hergestellt. Von 
Serie ı wurde nun je ein 
Stück nach 13, 15, 17, 21, 
23, 25, 28, 29 Tagen unter- 
sucht; von Serie 2 je ein 
Stück nach I, 3, 7, 9 
11 Tagen. Zu diesem Zweck 
wurde je ein Läppchen in 
100 ccm destilliertem Was- 
ser extrahiert, die jüngeren 
eine halbe Stunde bis zu den 
ältesten zweieinhalb Stunden und hier und da mit einem Glasstab ge- 
führt. Nach dieser Zeit hatte sich sämtlicher Farbstoff im Wasser auf- 
gelöst, Die Lösungen wurden darauf noch filtriert und dann photo- 


Fig. 7. 


Kurve zur Bestimmung des Alters von Biutflecken. 


Alter inTegen 


126 Strub. 


metriert. Sodann wurden die œ, d. h. die dekadischen Absorptions- 
konstanten, für die Stellen 627 pu und 575,4 uu gerechnet und die 


Quotienten Fr gebildet und als Funktionen der Zeit aufgetragen. 


Die Zeit: ein Tag wurde als Einheit der Abszissenachse benützt. 
Fig. 7 gibt ein Bild der von Serie ı und 2 erhaltenen zwei Kurven- 
stücke, welche sich ziemlich gut aneinander anschließen. Das erste 
von links, von Abszisse 1—11, gehört zu Serie 2, das von 13—29 
zu Serie ı. Fig. 7 zeigt, daß offenbar der Umwandlung der Farb- 
stoffe ineinander ein ganz bestimmtes Zeitgesetz zugrunde liegt. 
Die Bedingungen, unter welchen in diesem Fall der Prozeß vor 
sich ging, sind allerdings möglichst konstant gehalten: Aufhängen 
in einem Zimmer des Laboratoriums, gleiche Temperatur, Beleuch- 
tung, Lüftung usw. Die aus Kurve 7 interpolierten Werte für die 


Zu der einzelnen Tage, die das Blut alt ist, sind in folgender 
576,4 


Tabelle festgelegt: 


Tabelle 8. 


OD ON On 2 WW DD m 


Eine weitere Reihe von Versuchen unter anderen Bedingungen 
(Aufhängen der Läppchen im Garten, in einem Vestibül mit in- 
konstanter Temperatur usw.) gaben aber durchaus keine gute Über- 
einstimmung mit vorigem Ergebnis. 

Es kann sich bei der Umwandlung der Farbstoffe nur um 
zwei Dinge, welche .einzeln oder zusammen wirken, handeln: 

I. Innere Molekularumwandlung der Konstitution ohne äußere 
Einflüsse, 

2. Umwandlung rein nur durch EE von außen, z.B. 
durch Licht, Gase, Temperatur. 

Um diese beiden Umstände zu untersuchen, wurden mit Blut 
befleckte weiße Leinenstückchen in mit Paraffin verschlossene. Glas- 


D ëmmer fren ` mm pn VE Vë 


Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutifarbstoffe. 127 


röhren gebracht. Vier dieser Gefäße wurden mit Wasserstoff, 
welcher elektrolytisch hergestellt war, gefüllt; vier mit Sauerstoff 
aus einer Bombe. Ferner wurden noch vier unverschlossen ge- 
lassene Läppchen präpariert. Die Hälfte aller genannten Präparate 
wurden in völlige Dunkelheit gebracht, die andere Hälfte an ein 
Fenster mit nordöstlicher Lage gelegt. Nach 17 Tagen wurden 
sämtliche Läppchen extrahiert und dann die Lösungen photo- 
metriert. Die Ergebnisse lassen sich nicht eindeutig zusammen- 
fassen, weil der Versuche offenbar zu wenig waren. Aber es scheint 
doch sicher zu sein, daß die Beleuchtung keinen Einfluß hat. Das 
ging auch aus folgendem hervor. 


o Leinen und ro Baumwollstreifen (weiß, wie alle verwendeten 
Stoffe) wurden mit Blut betropft, die Hälfte in vollkommene Dunkel- 
heit, die andere Hälfte an ein Fenster mit Östrichtung gehängt. 
Nach dem Messen ergab sich, daß die Stoflart und Belichtung 
keinen merkbaren Einfluß hatte. Wohl aber scheint es nicht gleich- 
gültig zu sein, wie die Verteilung des Blutes ist; ob man es auf 
eine einzige Stelle getropft hat, so daß ein kräftig benetzter Fleck 
entstand, oder ob man es in kleinen Tröpfchen, welche voneinander 
durch unbenetztes Tuch getrennt sind, über das ganze Läppchen 
verspritzte. Die Temperatur spielt anscheinend auch eine Rolle, 
wurde aber gar nicht weiter verfolgt. 


Um Eindeutigkeit und volle Kenntnis zu erreichen und so der 
Gerichtsmedizin nützlich zu sein, muß hier eine eingehende Einzel- 
untersuchung einsetzen, welche aber außerhalb des Rahmens dieser 
Arbeit liegt. Eine langdauernde, systematische Untersuchung über 
die Verwandlung von Oxyhämoglobin in Methämoglobin wäre nötig, 
um die Einflüsse des Lichts, der Temperatur, der Verteilung, der 
Gase, der Feuchtigkeit zu studieren. Je weniger Faktoren außer 
der Zeit mitspielen, desto besser wäre es für die Ausarbeitung einer 
Methode in dieser Richtung, da bei Gerichtsfällen die wenigsten 
Bedingungen kontrolliert werden können. Es wäre aber neben der 
Immunitätsforschung wohl noch diese physikalische Methode zu 
wünschen: jene gibt die Blutart, diese das Blutalter. Zur weiteren 
Festlegung einer Zeitfunktion könnten natürlich auch noch die 
anderen Verhältnisse heranzogen werden, welche sich aus den vier 
dekadischen Absorptionskonstanten der Maxima bilden lassen, um 
z B. vier verschiedene Kurven zu erhalten, die sämtlich der Zeit- 
bestimmung dienen könnten. 


128 Sirub. 


5. Prüfung des Beerschen Gesetzes. 
Ist / die Stärke eines Lichtstromes, so erleidet dieser im ab- 
sorbierenden Medium auf der Strecke dx den Verlust 
—d]= E: fe dE, 
k, die Absorptionskonstante, ist vom Medium und von der Wellen- 
länge abhängig. Ändert sich auf der Strecke d die Anfangsstärke / 


in A, so gilt 
Ge d 
-f 7 =k faz 
J o 
woraus: 
lognat J— lognat A = E, d 

oder 

J=Je-*t 
oder 


J=J- 10.8. 

Dieser Ausdruck ist das Lambertsche Gesetz. Für Lösungen 
erhält man auf ähnliche Weise die Abhängigkeit von Konzentra- 
tion c und Schichtdicke d durch das allgemeinere Beersche Gesetz 

J =J- 107 .%e. 
Daraus folgt für die gleiche Schichtdicke d (also gleiche Tröge): 
mn _ o 
o o 
Die dekadischen Absorptionskonstanten müssen sich also wie die 
Konzentrationen verhalten. 

Bei den beschriebenen Untersuchungen des Oxyhämoglobins 
verhalten sich zwei aufeinander folgende Konzentrationen wie 2:1, 
beim Hämatoporphyrin wie 3:1. Es müßte also sein im ersten Fall: 


e o 
a 


Über die Gültigkeit und Berechtigung des Beerschen Gesetzes 
ist im dritten Band des Kayserschen Handbuches der Spektrokopie 
umfangreich diskutiert, und es wurde deshalb seine Anwendung 
auf die vorliegenden Messungen untersucht. Aus den Tabellen 
wurden die Quotienten der dekadischen Absorptionskonstanten ge- 
bildet, und zwar so, daß aus Tabelle ı für jede Wellenlänge zwei 


Spektrophotometrische Untersuchung einiger  Blusfarbstoße. 129 
Tabelle 9. 
Prüfung des Beerschen Gesetzes bei O,-Hb. 

EE 5 HT a Se? | "AC | 2%/2°% | z’il/a”!® | Farbmittel 
er | a, | ` 
683,0 1,49 1,83 157 | 142 1,92 | 
6749 1,54 1,84 =s e em 
665,0 1,49 I ‚85 | 1,57 = Kë 
657,5 1,52 1,84 1,54 = Ss 
651,5 1,46 1,91 1,52 u — 

645.3 1,46 1,86 1,55 — cn 1,69 
636,5 1,54 | 1,86 1,55 1,42 | er 

627 E 1,54 1 ‚34 1,60 1,54 | SS | 

621,0 141 1,82 1,66 1,68 | — |l 

615,5 1,60, 1,80 GR f Së — ] 

610,5 1,66 1,81 ‚6 k eg 1 BI 3 

Rot (Mittel) | (Mittel) | 1,52 | 1,84 | 160 | 155 | 192 | Bu 
604,9 1,66 SE 1,88 | 1,179 1,93 a: 2" 

600,0 1,93 1,67 2,01 1,88 
597,0 1,96 | 1,52 1,94 | 146 
593,4 | 1,82 1,84 2,01 1,60 1.86 
584,8 Bal | 217 V 
CH | | 1,97 | 201 2,44 | 
5754 1,99 2,02 | 2.06 | 

8 572,8 l 1,97 | 2,02 2,3 t | 

Gelb (Mittel | 1,66 | 1,90 | 1,74 | 204 | 200 | 
567,5 | | | 1,98 2,08 | 2,18 
562,8 ! 1,98 203 | 1,99 
560,0 | 1,99 2,01 | 1,92 | 
555,9 1,98 | 2,02 2,03 
545,1 2,02 1,93 | 2,38 
541,7 | 2,01 2,02 2,43 2,04 
538,4 2,01 2,00 2,39 
532,0 1,90 2,00 1,96 
527,0 | 1,97 1,95 2,06 
521,0 | 1,98 1,99 2,07 
517,9 | 1,94 2,00 2,12 
sı27 | | 1,95 | 199 | 2,08 ] 

Grün (Mittel) | | | 208 I ee LE ee i o 
505,5 | t95 | 208 | 
502,0 | | 594 | 2,06 | 
VE | | GE wä | 

o 1,9 2,0 
en i | 1,97 2,06 | | ol 
477,4 | | 1,99 2,06 
472,0 | 1,96 2,03 | 
464,9 | | 1,96 | 2,02 J 

Blau (Mittel) | ( 1596 | 206 | | 
460,0 1,95 | 2,06 | Kr 
454,9 1,95 | 1,98 i 

446,0 | 1,86 | 9 

Lob | | 2,02 

Violett (Mittel | 1,95 | 198 | | 
Mitt 1,53 ' | 1,90 | 202 | 

S = constans (æ = dekadische Absorptionskonstante). — Gesamtmittel 1,88. 


Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 


Io 


130 Strub. 
Tabelle 10. 
e des Beerschen Gesetzes bei E 
"wa I ' IN. 2 Nr. 2/Nr. än 3/Nr. 1.4 [Nr air. d, s/Nr.6| Farbmittel 
667,0 2 ae T 248 2,32 u 2,42 | 2,00 
660,0 3,01 2,57 231 | 237 | 203 
651,5 3,00 2,77 2,31 | 2,37 1,90 
645,0 2,82 2,89 241 , 213 | 1,92 E 
636,5 2,89 ' 2,87 2,42 252 , 1,7 S 
630,0 2,55 2.94 ‚49 2,58 2,02 | 
622,5 2,89 2,59 2,72 2,25 
6130 | 2,99 2,68 2,83 2.14 GG 
ER (Mittel) | 2,85 | 2,80 | 2,44 | 2,49 2,02 
6049 | 2,89 2,83 2,87 2,10 = 
602,5 | 2,97 2,85 2,73 2,19 ` 
599,0 2,85 2,81 2,73 2,32 
595,5 2,93 2,86 2,72 2,33 
592,0 2,94 2,80 2,83 224 | „on 
590,0 2,95 2,76 2,91 1,95 S 
587,0 2,98 2,74 2,84 2,19 
583,0 2,96 2,78 2,76 2,27 
577,0 2,98 2,76 2,80 | 2,33 | 
57155 iSS I 303 | 2,82 2,84 1.229 | 
Gelb (Mittel) elb Mitte) | | 2,95 | 2,80 2,80 | 2,22 
5600 Io i | 2,97 2,86 | 262 | = 
557,5 | 2,92 2,86 | 271 
552,0 | 2,94 2,97 2,59 
543,4 | 2,98 | 3,05 | 2,94 | 2,49 2,7 
535,0 2,79 Ä 2,81 ] 2,76 | 2,02 | KI 
527,0 2,96 2,72 2,75 2,35 
521,0 | 2,91 2,72 2,71 2,36 
512,7 2,90 2,69 2,70 2,40 
Grün (Mittel) | 2,91 | 2,85 | 2,82 | 2,44 | 
499,0 | | 2,90 | 2,67 | 2,77 | | u 
486,5 2,96 2,70 2,52 | 
475,0 | | 2,88 2,85 2,36 | (Zr 
464, 9 . BRETT 2,65 2,30 | ER. S 
(Blau (Mittel) | | 2,91 | 272 | 2.49 | | 
4549 | g 2,69 2,66 | = 
4400 2,58 3,14 Lë ` 27 
438. O GES | 2,79 | RESTE 
Violett(Mittel)| o | = p | 2,64 2,86 | 
2,85 | 288 | 2,70 | 270 Zen ' 


a; _ . . 
ZI = const. (e = dekadische Absorptionskonstante). 


i 


Gesamtmittel 2,67. 
Zahlen derjenigen Seite 103 genannten Konzentrationen genommen 
wurden, welche sich wie 1:2 verhielten. Aus Tabelle 6 konnten 
sämtliche Konzentrationen benutzt werden, da ja immer eine aus 


Spektropholometrische Untersuchung einiger Blutfaröstofe. 131 


der andern durch Verdünnen hervorging. In den Tabellen o und 10 
sind diese Quotienten eingetragen. Die erste Spalte gibt jeweils die 


Wellenlängen in Mikromillimeter, die folgenden die ==}, die letzte 


D 


die Gesamtmittel der Quotienten der ungefähr nach den Farben 
Rot, Gelb, Grün, Blau, Violett gebildeten und durch Querstriche 
getrennten Spektralbezirke. Die mit Rot, Gelb usw. bezeichneten 
Querspalten geben die Mittel der zugehörigen Farbenbezirke der 
senkrechten Spalten. Die unterste Querspalte gibt die Gesamtmittel 
der Einzelspalten, also über das ganze sichtbare Spektrum. Das 
Gesamtmittel der Tabelle 9 (Oxyhämoglobin) ist 1,88 (anstatt 2), 
das der Tabelle 10 (Hämatoporphyrin) ist 2,67 (anstatt 3), das gibt 
eine bzw. Unstimmigkeit von 6 bzw. ı1°/, während die Beob- 
achtungsfehler im Durchschnitt nicht über ı°/, gehen. 

Aber diese Gesamtmittel geben aus verschiedenen Gründen 
(wie ein Gesamtfehler) kein übersichtliches Bild: 

t. Es haben in verschiedenen Farben wegen des Ganges des 
Beobachtungsfehlers die Einzelmessungen verschiedenes Gewicht; 

2. sind Zahlen aus den Bezirken geringer und starker Absorp- 
sion nicht als gleichwertig zu betrachten; 

3. läßt sich ein Gang der Quotienten auf diese Art nicht 
zeigen. 

Deshalb wurden ausführlich die Einzelresultate und Teilmittel 
der Tabellen 9 und 10 gegeben. 

Die Abweichungen von 6 bzw. ı1°/, können aus drei Gründen 
zu erklären sein: 

1. Beobachtungsfehler; 

2. Veränderung des Farbstoffes mit wechselnder Konzentration 
iz. B. Dissoziation); 

3. Nicht allgemeine Gültigkeit des Beerschen Gesetzes. 

Zur Wertung dieser drei Gründe ist folgendes zu sagen: Der 
Beobachtungsfehler könnte vielleicht infolge von Temperatureinflüssen 
oder sonstigen nicht genau gleichzuhaltenden Bedingungen etwas 
größer sein, aber erreicht gewiß nicht 6 oder gar ı1°),. Denkbar wäre 
einzig Fall 2 und 3. Eine Entscheidung zwischen diesen kann bei 
einem so kompliziert gebauten Molekel, wie bei dem des O,-Hb 
und der damit verbundenen großen Möglichkeit der Veränderung, 
nicht leicht gewagt werden. Doch hat Fall 3 gewisse Gründe für 
sich: Im Rot sind die kleinsten Werte der Quotienten und also die 


größten Abweichungen vom Beerschen Gesetz; sie steigen und 
10* 


132 Strub. Spektrophotometrische Untersuchung einiger Blutfarbstoffe. 


erreichen im Gebiet starker Absorption die besten Werte, fallen 
dann wieder gegen Blau etwas, was aber gut mit dem dortigen 
großen Beobachtungsfehler erklärt sein mag, also ohne Bedeutung 
ist. Der kleine Wert für die Gebiete geringer Absorption ist auf- 
fällig. In solchen Gebieten ist zuerst eine Unstimmigkeit des Beer- 
schen Gesetzes zu erwarten, da es ja als ‚„Molekulargesetz‘‘“ mit 
großer Zahl von absorbierenden Individuen rechnet, und geringe 
Absorption ja ungefähr gleichwertig mit kleiner Anzahl von Molekeln 
ist. Die Durchschnittswerte der einzelnen Konzentrationen wachsen 
beim O,-Hb mit der Verdünnung, beim Hp fallen sie. Dieser Um- 
stand jedoch kann sowohl für den Molekelzerfall, als auch gegen 
das Beersche Gesetz sprechen. 

Ein weiterer, vorerst nicht zu kontrollierender Einfluß könnte 
auch von der Zerstreuung des Lichtes durch große Molekelkomplexe 
herrühren, welche sich in den wahrscheinlich wagrechten roten Enden 
der Absorptionskurven von O,—Hb kenntlich macht. Möglich, daß 
dieser Zerstreuungsverlust, welchen ich einfach als Absorption ver- 
rechnete, nicht nach dem e-Gesetz geht. Jedenfalls kann eine Ent- 
scheidung hier so lange nicht gefällt werden, bis man genaueste 
Kenntnis des Blutfarbstoffinolekels besitzt. 


6. Zusammenfassung. 


L Es wird die quantitative spektrophotometrische Ausmessung 
in Zahlen und Abbildungen gegeben von: 

I. einerer wäßrigen Oxyhamoglobin- bzw. Blutlösung in 12 Kon- 
zentrationen an 33 Stellen des sichtbaren Spektrums; 

2. einer 45 Nlinuten auf 6200 Touren zentrifugierten, wäßrigen 
Blutlösung und derselben vor Zentrifugieren an 26 Stellen des 
Spektrums; 

3. einer wäßrigen Kohlenoxydhämoglobinlösung und der ent- 
sprechenden Oxyhämoglobin- bzw. Blutlösung an 33 Stellen; 

4. einer Hämatoporphyrinlösung in konzentrierter, reinster 
Schwefelsäure in 6 Konzentrationen an 33 Stellen des Spektrums. 

II. Es wird die Größe des Beobachtungsfehlers und seine Ab- 
hängigkeit von Absorption, Intensität und Wellenlänge beim Photo- 
metrieren mit einem König-Martensschen Spektralphotometer 
studiert an Hand einer Fehlerkurve der spektralphotometrischen Beob- 
achtung einer Oxyhämoglobin-Absorptionskurve. 

III. Es wird das Prinzip einer noch näher zu studierenden 
spektralphotometrischen Methode zur Feststellung des Alters von 


Hübl. Die Desensibilisierung farbenempfindlicher Platten. 133 


Blutflecken auf Kleiderstoffen angegeben, beruhend auf der Um- 
wandlung von Oxyhämoglobin in Methämoglobin. 

IV. Die Prüfung des Beerschen Gesetzes an den dekadischen 
Absorptionskonstanten der unter I, ı. genannten Oxyhämoglobin- 
und der Hämatoporphyrinlösungen unter L, 4. ergibt 6 bzw. ı1°/, Ab- 
weichungen; und zwar absorbieren beim Oxyhämoglobin die ver- 
dünnteren Lösungen mehr, als zu erwarten, nähern sich aber, mit 
Verdünnung fortschreitend, immer mehr dem theoretischen Wert 
und überschreiten bei den verdünntesten (1:4000) Lösungen diesen 
um ein Geringes, beim sauren Hämatoporphyrin absorbieren die 
verdünnten Lösungen ebenfalls mehr als zu erwarten, aber der ge- 
messene Wert weicht mit fortschreitender Verdünnung immer mehr 
vom theoretischen Wert ab. 


Zum Schlusse sei es mir erlaubt, meinem hochverehrten Lehrer, 
Herrn Prof. Dr. Aug. Hagenbach, für die Anregung zu dieser 
Arbeit, für das Interesse, welches er mir während deren Fertig- 
stellung ständig entgegenbrachte, sowie für seine mannigfachen Rat- 
schläge herzlich zu danken. Desgleichen möchte ich Herrn Kantons- 
chemiker Prof. Dr. Kreis, Basel, für die Überlassung der Zentri- 
fuge, Herrn Prof. Dr. Metzner, Basel, für das Besorgen schwer zu- 
gänglicher Literatur, der Direktion des Baseler Schlacht- 
hauses für den kostenfreien Bezug vieler Blutproben, und dem 
Herrn Hallenmeister der Großhalle Basel für die große Mühe und 
Sorgfalt beim Abfüllen und Defebrinieren des Blutes meinen besten 
Dank sagen. 


Basel, Physikalische Anstalt im Bernoullianum, Februar 1925. 


(Eingegangen am 2. Januar 1926.) 


Die Desensibilisierung farbenempfindlicher Platten. 


Von 
Dr. A. Hübl. 


Mit ı Figur im Text. 


Wenn auch die Theorie der Desensibilisatoren noch keineswegs 
geklärt ist, so scheint doch die von Dr. Lüppo-Cramer aus- 
gesprochene Annahme, daß die Wirksamkeit dieser Substanzen 


134 Hübl. 


durch ihr oxydatives Verhalten bedingt ist, berechtigt zu sein und 
auch Dr. Kögel!) bezeichnet, in Übereinstimmung mit dieser An- 
schauung, die Desensibilisatoren als außerordentlich ,wasserstoff- 
begierig“. 

Sie zeigen also eine gewisse gegensätzliche Ähnlichkeit mit den 
chemischen und nicht mit den optischen Sensibilisatoren. 


Dabei ist es aber nicht ausgeschlossen, daß der desensibili- 
sierende Farbstoff auch als Sensibilisator wirken kann und Pheno- 
safranin z. B. macht tatsächlich die photographische Platte schwach 
erünempfindlich. Das ist aber eine Eigentümlichkeit des Farbstoffes, 
die mit seiner Wirksamkeit als Desensibilisator gar nichts zu tun 
hat, denn für einen Farbensensibilisator ist sein Verhalten im Lichte 
maßgebend, während für den Desensibilisator nur sein chemischer 
Charakter in Betracht kommt. Um das Bromsilber farbenempfind- 
lich zu machen, ist unbedingt ein Farbstoff erforderlich, ein De- 
sensibilisator kann aber auch farblos sein, wie das z.B. beim Pina- 
kryptolgelb der Fall ist, das zu den besten Desensibilisatoren zählt, 
die wir kennen. 


Die Farbe ist also nur eine zufällige, nebensächliche Eigen- 
tümlichkeit der Desensibilisatoren und ihre Wirksamkeit kann daher 
auch nicht spektral begrenzt sein. 


Auch Stammreich und Thüring”) konnten bei einer Reihe 
von Versuchen mit farbenempfindlichen Platten kein mit der Farbe 
der Desensibilisatoren im Zusammenhang stehendes spektrales 
Wirkungsmaximum konstatieren, sie fanden vielmehr, daß sich die 
Wirksamkeit aller dieser Substanzen nur im spektralen Blau und 
Ultraviolett bemerkbar macht. Bei der Desensibilisierung würde also 
lediglich die Eigenempfindlichkeit des Bromsilbers verringert werden, 


während die relative Farbenempfindlichkeit, das ist das Verhältnis 


Farbenempfindlichkeit 


Blauen findlichkeit > das mit v bezeichnet werden soll, ungeändert 


bliebe. 

Es erscheint jedoch mehr als fraglich, ob diese Beobachtungen 
tatsächlich zutreffend sind, denn eine ganze Reihe von Versuchen 
hat mir gezeigt, daß die Farbenempfindlichkeit einer Platte, gleich- 
gültig, durch welchen Sensibilisator sie bedingt wird, bei der De- 
sensibilisierung fast immer viel mehr herabgesetzt wird, als die Blau- 


1) Photographische Industrie 1925, S. 1143. 
3) Zeitschr. f. wiss. Photogr. 1925, S. 363. 


Die Desensibilisierung farbenempfindhcher Platten. 135 


empfindlichkeit, und daß daher die relative Farbenempfindlichkeit v 
eine sehr bedeutende Verkleinerung erfahrt.!) 

Man kann für solche Versuche entweder einen Spektrographen 
oder besser ein Keilsensitometer benutzen, das man mit einer blauen 
und gelben Folie belegt hat" Die Farbenempfindlichkeit vor und 
nach der Desensibilisierung läßt sich aus Sensitometerversuchen leicht 
und sicher rechnen, während photographische Aufnahmen des Spek- 
trums eigentlich nur qualitative Vergleiche ermöglicht, wobei auclı 
grobe Täuschungen nicht ausgeschlossen sind.?) 

Die vorstehende Figur zeigt die Resultate eines Sensitometer- 
versuches, der die Abnalıme der relativen Farbenempfindlichkeit bei 
der Desensibilisierung deutlich erkennen läßt. 

Es wurden Streifen einer Pinacyanolplatte benutzt, die vor und 
nach der Behandlung mit verschiedenen Desensibilisatoren beim 
Lichte einer Halbwattlampe unter dem Keilsensitometer exponiert 
wurden und 5 entspricht der Schwärzung unter dem Blaufilter, 
g jener unter dem Gelbfilter. 

Vor der Desensibilisierung ist die Platte, wie man sieht, über- 
wiegend gelbempfindlich; nach der Desensibilisierung ist die Schwär- 
zung unter der Gelbfolie bedeutend kürzer und die Gelbempfindlich- 
keit hat daher viel mehr abgenommen als die Blauempfindlichkeit. 

Aus der Längendifferenz der beiden Schwärzungen ergeben sich 
die nachstehenden Farbenempfindlichkeiten: 

Vor der Desensibilisierung war v = 1,8. 

Nach der Desensibilisierung mit Phenosafranin 1:5000 ist v = 0,35. 
„ Pinakryptolgrün 1:5000 „ v = 0,15. 

„» Pinakryptolgelb 1:2000 „ v = 0,00. 


Da ein Phenosafranin- oder Pinakryptolgrün-Vorbad die Blau- 
empfindlichkeit der Platte auf etwa Tan restringiert, so wird, wie 
diese Zahlen zeigen, die absolute Gelbempfindlichkeit durch 

Phenosafranin auf Ten und durch 
Pinakryptolgrün „ soo herabgesetzt 
und Pinakryptolgelb vernichtet sie gänzlich. 

Diese Tatsachen stehen in vollen Einklange mit der von 
Dr. Kögel und Dr. Steigmann‘) aufgestellten Theorie der optischen 
Sensibilisierung, der die Annahme zugrunde liegt, daß die sensibili- 


et — 


— 


1,2) Photographische Rundschau 1925, S. 197. 
D Dr. Hübl, Die orthochromatische Photographie S. 32. 
*) Photographische Industrie 1925, S. 1143. 


136 Hübl. 


sierenden Farbstoffe an und für sich einen so hohen Grad von 
Lichtempfindlichkeit besitzen, daß sie bei der Exposition der photo- 
graphischen Platte durch die langwelligen Strahlen direkt eine 
chemische Veränderung erfahren, wodurch das mit ihnen im innigen 
Kontakt stehende Bromsilber entwicklungsfähig wird. 

Man kann nun weiter annehmen, daß durch die Gegenwart 
eines Desensibilisators nicht nur die Lichtempfindlichkeit des Brom- 
silbers, sondern auch die des sensibilisierenden Farbstoffes herab- 
gesetzt wird, wodurch er seine Wirksamkeit mehr oder weniger einbüßt 
oder, wie das beim Pinakryptolgelb der Fall ist, auch ganz verliert. 


Daß die Lichtempfindlichkeit der als Sensibilisatoren benutzten 
Farbstoffe durch die Desensibilisatoren verringert oder auch ganz 
aufgehoben wird, läßt sich leicht zeigen. So bleicht z. B. eine mit 
Pinakryptolgelb vesetzte sehr verdünnte Lösung von Pinachrom im 
Sonnenlichte viel langsamer als eine solche ohne diesen Zusatz und 
mit Pinachrom gefärbtes Bromsilber, das durch Tageslicht fast 
momentan, und auch durch rotes Licht allerdings langsamer ent- 
färbt wird, wird nach dem Übergießen mit einer Pinakryptolgelb- 
lösung vollkommen lichtbeständig.') 

Wenn es auch im allgemeinen nicht zulässig ist, aus der sicht- 
baren Veränderung, welche eine Substanz im Lichte erfährt, auf 
ihr Verhalten bei schr kurzer Belichtung zu schließen, so kann diesen 
Versuchen eine gewisse Bedeutung für die Theorie der Farben- 
desensibilisierung doch nicht abgesprochen werden. 

Die Bromsilber- und Farbstotfdesensibilisierung sind voneinander 
unabhängig und das erklärt die Tatsache, daß, wie das obige Bei- 
spiel zeigt, verschiedene Desensibilisatoren, welche die Blauempfind- 
lichkeit auf den gleichen Bruchteil herabsetzen, die Farbenempfind- 
lichkeit sehr verschieden beeinflussen können. 

Noch besser werden diese Verhältnisse durch das nachstehende 
Beispiel illustriert: Pinakryptolgrün, Phenosafranin und Scharlach N?) 
als Vorbad I: 5000 benutzt, verringern die Blauempfindlichkeit einer 
Pinachromplatte auf etwa (lag während für die Farbenempfindlich- 
keit nach der Desensibilisierung folgende Werte gefunden wurden: 


Pinakryptolgrün . v = 0,02 
Phenosafranin. . v = 0,07 
Scharlach N . . v = 0,20 


wë e —- en 


1) Photographische Rundschau 1925, S. 72. 
2) Photographische Industrie 1925, S. 129 


Die Desensibilisierung farbenempfindlicher Platten. 137 


Die drei Desensibilisatoren bewirken die gleiche Verringerung 
der Blauempfindlichkeit des Bromsilbers, verhalten sich aber als 
Farbstoffdesensibilisatoren sehr verschieden, denn das Pinakryptol- 
grün ist in dieser Beziehung ıomal, das Phenosafranin 3mal so 
wirksam wie der Scharlach N. 

Gewiß gibt es auch Substanzen, die nur auf das Bromsilber, 
nicht aber auf den Farbstoff empfindlichkeitsverringernd wirken. 


Für eine mit Pinachromviolett sensibilisierte Platte ist das z. B. bei 
der Desensibilisierung mit Scharlach N der Fall. Die Blauempfind- 
lichkeit sinkt dabei auf Teo die Gelbempfindlichkeit erfährt da- 
durch die gleiche Verringerung und die relative Farbenempfindlich- 
keit v bleibt daher ungeändert. In solchen Fällen würden die Beob- 
achtungen von Stammreich und Thüring zutreffend sein. 

Die relative Farbenempfindlichkeit v kann aber durch einen 
Desensibilisator niemals eine Steigerung erfahren und es ist nicht 
recht verständlich, daß Stammreich und Thüring in gewissen 


138 Hibil. Die Desensibilisierung farbenempfindlicher Platten. 


Fällen eine solche doch beobachtet haben wollen. Die Grün- 
empfindlichkeit einer Erythrosinplatte soll z. B. durch Methylgrün, 
Kristallviolett, Phenosafranin usw. auf das Doppelte gesteigert werden, 
doch zeigt der Versuch, daß das durchaus nicht der Fall ist, denn 
diese Farbstoffe, auch in äußerst verdünnten Lösungen benutzt, 
verringerten, wie zu erwarten stand, die Grünempfindlichkeit be- 
deutend mehr als die Blauempfindlichkeit. 

So restringiert ein Kristallviolettvorbad 1:200000 die Blau- 
empfindlichkeit einer Erythrosinplatte auf !/,, die Grünempfindlich- 
keit aber auf IG, und für ein Phenosafraninvorbad I: 1000000 
wurden die Zahlen !/, und !/, gefunden. 


Die vorstehenden Ausführungen sollten den Beweis erbringen, 
daß bei der Desensibilisierung einer orthochromatischen oder pan- 
chromatischen Platte die Verringerung der relativen Farbenempfind- 
lichkeit v einer direkten Desensibilisierung des Farbstoffes, einer 
Steigerung seiner Lichtbeständigkeit zuzuschreiben ist und daß daher 
die Abnahme der Farbenempfindlichkeit unabhängig von jener des 
Bromsilbers erfolgt. 

Allerdings ließe sich diese Unabhängigkeit auch durch die An- 
nahme erklären, daß der sensibilisierende Farbstoff durch den De- 
sensibilisator vom Bromsilber abgedrängt wird, etwa so, wie das 
z. B. Bromsalze tun. Dafür bestehen aber keinerlei Anhaltspunkte, 
denn das z,B. mit Pinachrom gefärbte Bromsilber erfährt durch 
eine Lösung von Pinakryptolgelb keine sichtbare Veränderung. 

Man könnte aber auch eine chemische Veränderung der Sensi- 
bilisatoren durch den Desensibilisator, etwa die Bildung von Kolloid- 
komplexen, annehmen, und tatsächlich vereint sich das saure 
Erythrosin mit dem basischen Pinakryptolgelb zu einer wasser- 
unlöslichen Verbindung und die Lösungen der Isocyanine wechseln 
beim Zusatz von Pinakryptolgelb sehr merkbar den Farbenton. 

Dieser Annahme widerspricht aber die Tatsache, daß die Ab- 
nahme der Farbenempfindlichkeit von der Konzentration des De- 
sensibilisators abhängt. So wurden z. B. für eine Pinachromviolett- 
platte v = 1,6 bei der Desensibilisierung mit 

Pinakryptolgrün I: 2000. . v = 0,26 
e I: 500. . v= 0,55 
S 1:10000., . = 1,23 gefunden. 

Da die Bromisilberschicht doch nur Spuren des sensibilisierenden 

Farbstoffes enthält, so müßte schon die Lösung 1: 10000 zu seiner 


Eder. Vergleichende Tabelle der spektralen Farbenempfindlichkeit usw. 139 


chemischen Veränderung genügen und die Maximaldesensibilisierung 
bewirken. Das ist aber nicht der Fäll, denn die Farbendesensibili- 
sierung folgt dem gleichen Gesetz wie die Abnahme der Brom- 
silberempfindlichkeit; in beiden Fällen sinkt die Lichtempfindlich- 
keit proportional mit der Konzentration des Desensibilisators.!) 
Weder das Bromsilber noch der Farbstoff erleiden durch den De- 
sensibilisator eine chemische Veränderung, seine Gegenwart macht 
sich, ebenso wie die eines chemischen Sensibilisators, erst bei der 
Belichtung der Platte geltend. Die erwähnte Proportionalität gilt 
selbstverständlich nur für sehr verdünnte Lösungen, wie man sie 
in der Praxis benützt; wächst die Konzentration über ein bestimmtes 
Maß, so wird die Empfindlichkeitsabnahme immer geringer und 
nahert sich allmählich einem bestimmten Grenzwert, der von der 
Natur des Desensibilisators und der lichtempfindlichen Substanz — 
Silbersalz oder Farbstoff — abhängt. 


Eingegangen am 27. Dezember 1925. 


Vergleichende Tabelle der spektralen Farbenempfindlichkeit von 
Brom-, Jod- und Chlorsilber und der Wirkung der wichtigsten 
Farbensensibilisatoren. 

Von 


Prof. Dr. Joseph Maria Eder, Wien. 


Die Kenntnis der relativen Farbenempfindlichkeit der gebräuch- 
lichen photographischen Platten spielt eine wichtige Rolle bei der prak- 
tischen orthochromatischen Photographie, bei Dreifarbenaufnahmen, 
der Spektrumphotographie für Zwecke der Spektralanalyse, in der 
Reproduktionstechnik im allgemeinen und bei der Wahl der Dunkel- 
kammerbeleuchtung. 

Ich habe im Laufe der Jahre oft und oft spektrographische 
Untersuchungen der verschiedenartigsten photographischen Schichten, 
sowohl mit Glas-, Quarz- und Konkavgitter-Spektrographen unter 
Benutzung verschiedener Lichtquellen vorgenommen. 

Die spektrale Empfindlichkeit gab ich nicht nur in Wellen- 
langen des wirkenden Lichtes an, sondern belegte das so charakte- 
ristische Aussehen der Empfindlichkeits- und Sensibilisierungsbänder 
in verschiedenen Veröffentlichungen durch getreue Faksimile der 
Spektrum-Photographien, und zwar zuerst im Jahre 1884 in meiner 
Abhandlung „Über das Verhalten der Haloidverbindungen des Silbers 

1) Photographische Rundschau 1925, S. 73. 


140 Eder. 


gegen das Sonnenspektrum und die Steigerung ihrer Empfindlich- 
keit durch Farbstoffe“ (Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wissensch. 
vom 4. Dezember 1884). Die Aufnahmen waren mittels dreier Glas- 
prismen gemacht und in Lichtdruck reproduziert. Später veröffent- 
lichte ich derartige Faksimile-Spektrumphotographien in dem Werke 
Eder und Valenta, „Beiträge zur Photochemie und Spektralanalyse“, 
Wien 1904, ferner in meinem ÄAusführlichen Handbuch der Photo- 
graphie, Bd. I, 3, 1912 und zuletzt in der zweiten Auflage von 
Eder und Valenta, „Atlas typische Spektren“, Wien 1924, in welchem 
auf Tafel 25 zuerst das vollständige prismatische Sonnenspektrum 
im sichtbaren Teil, geschlossen von A bis zu Beginn des Ultra- 
violetts in einer Länge von 24 cm abgebildet wurde, ferner mittels eines 
Quarzspektrographen in ebensolcher Länge das ultraviolette Sonnen- 
spektrum. Auch findet sich dort die Wirkung des Sonnenspektrums auf 
Chlor-, Jod-, und Brom-Bromjodsilber heliographisch abgebildet, des 
gleichen die wichtigsten Farbensensibilisatoren der Eosin-, Zyanin-, 
Pinachrom- und Pinazyanolreihe, während ähnliche Tafeln in Brom- 
silber-Gelatinekopien in einer ausführlichen Abhandlung (Eder, 
Sitzungsberichte d. Akad. d. Wissenschaften in Wien, Mai 1915) publi- 
ziert worden waren, welche die grundlegenden Eigenschaften der in 
den Farbwerken von Meister, Lucius & Brüning in Höchst am Main 
hergestellten Sensibilisatoren in Abbildungen, schematischen Kurven 
und Wellenlängenmessungen klar machte. 

Aber diese Abhandiungen und Tafelwerke sind schr zerstreut, 
ebenso die Untersuchungsergebnisse zahlreicher anderer Forscher, 
so daß es schwer ist, rasch einen Überblick über die praktisch 
wichtigsten Eigenschaften gewöhnlicher und farbenempfindlicher 
Platten im Bedarfsfalle zu gewinnen. 

Deshalb nahm ich eine Neubearbeitung über die Farben- 
empfindlichkeit der wichtigsten photographischen Silberhaloidschichten 
vor, welche in knapper Form in tabellarischer Übersicht diese Ver- 
hältnisse der verschiedenen Lichtempfindlichkeit in einheitlicher Be- 
handlung klar macht. 

Die Prüfung der Farbenempfindlichkeit wurde von mir im 
Sonnenspektrum vorgenommen und die Angaben beziehen sich auf 
die in der praktischen Photographie gebräuchlichen Belichtungs- 
zeiten innerhalb des normalen Spielraumes der Exposition. 

Die Lage der Empfindlichkeitsmaxima und der Schwärzungs- 
streifen im Sonnenspektrum ist allerdings nicht völlig konstant. Die 
Lage der Maxima variiert mit der Art der verwendeten Lichtquelle (je 


Vergleichende Tabelle der spektralen Farbenempfindlichkeit usw. 141 


nachdem diese mehr oder weniger von reinem Weil des Sonnenlichtes 
entfernt ist). Als Beispiel führe ich an, daß ich bei Verwendung einesGlas- 
spektrographen mit ein und derselben Bromsilber-Gelatineplatte 
folgende Schwankungen der Empfindlichkeitsmaxima im Spektrum fand. 
Maximum der Empfindlichkeit 


Bromsilber - Gelatine, Sonnenlicht . . . . . . . 45E up 
pe 2 Auer-Gasglühlicht . . . . . 454 „ 
s s Gas-Argandbrenner . . . . . 456 „ 
Ge o Petroleum-Flachbrenner . . . 457 » 


Darauf hatte ich bereits in den Sitzungsberichten der Akad. d. 
Wissenschaften in Wien am 11. Juli 1901 {abgedruckt auch in: Eder 
und Valenta, Beiträge zur Photochemie, 1904, II, S. 132) hingewiesen. 

Die photographischen Maxima der Spektralwirkung aufBromsilber- 
Gelatineplatten treten stets als breite Bänder auf und lassen sich deshalb 
schwer festlegen, jedoch entsprechen oben angegebene Zahlen gut den 
tatsächlichen Verhältnissen bei kurzen Belichtungen mit guter Glasoptik. 

Unter sonst gleichen Umständen erleiden aber diese Maxima 
eine kleine Veränderung bei Anwendung von Konkavgittern oder 
Quarzspektrographen in der Zone der kurzwelligen Strahlen. Z. B. 
gibt der Gitterspektrograph das Maximum der Sonnenwirkung auf 
Bromsilbergelatine (mit Entwicklung) bei 447—445 uu, also etwas 
niedriger als mit Glasapparaten. 

Überdies variieren die Maxima der Sensibilisierungsbänder auch 
ein wenig mit verlängerter Belichtungszeit. Normal soll man die 
kürzeste zulässige Belichtungszeit wählen; bei steigender Belichtung 
verbreitern sich meistens die Schwärzungsstreifen langsam gegen das 
rote Ende des Spektrums, dagegen viel rascher gegen das violette 
Ende. In solchen Fällen rückt der Schwerpunkt des Schwärzungs- 
bandes von Bromsilbergelatineplatten im Glasspektrographen von 
451 nach 443 und im Gitterspektrographen verschiebt sich das 
richtige Maximum von 446 auf das scheinbare Maximum von 436. 

Diese Schwankungen und ihre Ursachen muß man kennen, um 
die differierenden Angaben verschiedener Autoren zu verstehen; prak- 
tisch sind sie allerdings für die Beurteilung der effektiven Farben- 
empfindlichkeit in der Reproduktionstechnik von geringem Einfluß. 

Bei Chlorsilbergelatine ist die Bestimmung des Maximunıs 
der Empfindlichkeit in besonders hohem Grade von den optischen 
Apparaten abhängig, weil es in jenem kurzwelligen Teile liegt, in 
dem die Glasabsorption eine sehr große Rolle spielt. Bei Verwen- 
dungvonGlasprismen und Linsen scheint das Maximum der Wirkung des 
Sonnenspektrums bei 395 pu zu liegen (Grenze von Violett und Ultra- 


Eder. 


142 


se be age wu tue Ype py ASUS ) bk AU) Puszuwsijiog m (09% vA) 
d pun q usyssımz upg 065 umunxey "E Jä ot ut S95 sto UGuaätoueuu) A/a siq ouuo Agen 
-nvjg pun unıdjayung wI S99 wnunmxumw ʻI Sou ws (S94) Y 10a uudag| (o12) joy ue ydeu sesi 


(yorsqau,] 1ənejq) 
nejqworypvutd 


i 


puəjmeja umžqy | 
sur 06$ 19008 19ypgayps “qrən| (099 esə) A8, q siq zoom | 
(usssopy>sad pun "ag apıaq) Taiueug 1əqy oy wr (SzZ)| pun yoldurıg siq ($zL) 
d pun q usyJsımz Leo wnwixep 'z € o pueg sadıygıy ‘ogg 1əpo| Joy W! e att ay9sı13J0Uy (yosqieg nequ) 


upne ‘unıg ‘qey | 289-002 wnunxew 'ı jot6rsqjoreyup'puuidsgwo‘ -uneıg ap qp sung uge iz 
Ge | 3unzas | ! Sunset 1919dur] E Junya | | SC 
dunyıza ep gopsandert -[IqIsUaS 19p wnumxeW | təq puegsöungsisigtsuss | at 13Zıny og Nalsıptqısusg | Hd 


təq usydesdonyadsıayın yu yajoıa 
papur N pun afoıA uoa! -en sur Zug uadadep 
joy sıq neg uə3ə3 | 3zusır, ıapurS6f ‘ea yysıluau | oa ofp wma siq yoemyos 3unpgPtAayusT 


yaıpuydwaun yasyyeı] -uos pun uszeieddesern mm | 201 puwgsdunzigmyss seq Ort təq ayyjadun uardag  1ay9stways tw 4lsqgtsiong,) 


 matouenin wr SSE 1q 
| 
pəjornenn uə3ə3 mu | 


Joy sıq Deman səp Ip uI9puos ‘Ioa uyg Zonta2ta 1 -Jeypns 
a20a10 1əp uoa ƏY PUY pun nejqHg uə3ə3 yypıu LEb ag Ogay | -uasi um ayerdumıp 
Out aıp yasıyyeıd al SA ozd—Szt wg wei 34m1 Zunzigmuyu2S att AdunzemysS 1əp uudag | -o[jjo’[-ıaqjıspof 3sseN 

nejgodtpuf ur Ob 1əpo | 
osusqT negqodipuf m oft Go ysyuge yas Jeyrsa ogł (ou aygyadun uudag ‚ WRIPOJJON-I9quısworg 

| YaporLenN 
og# og ıaypjadun Jjeyad | punyysjotaneig uadad ıayırıs 
1104  Aauitspol wəiəggı3 eeaia | [ala ısqe oa qjan) pun uug YSJOLAEHIN surt puaynej 

-yaıpuydwajoyy pun op, yw ` auetan - asqiswoig | usdad yoemyos pun uresduep Aa ‘neq H ot ogb 10po | 

‘uyg aıp yasıyyeid yyə eg og — "(SE yoyuyoməg 19201 puegsdunziemyds seq 005 (od Ayejadun uudag ` Syerdsunepsg-ısqgisworg 
E —— Zn nn e H ne - = — EE EE 
au pogdu d op dunysag sunyyprag | 
Zon, ep uolssardacı nuit 1313dur] GO JIOyysıpuaydwuf 1əzıny Lo MOXysıpayduz | 


"swnny2adsusuuog səp uur 3yds13 JO yunLıJ usYnapaq usgejsysng at "usqadadur (132W ru ago pl gn ut purs sa1yarT səp usdugguaga Ay A 


{Ə PA'W '[ y3eu) wn174>dsusauuog or 1aqjiswolg Ing usloyesijıgisuag 
UƏUƏJpƏJIYISIƏA UOA pun uapıojeylsgfIisS uoa Nayyaıypuydwag usjeiyyads 1əp sıuyaıazıa A 


| pusjnej1aa uyg sap ap ! 


een usdad wnumxem uəyprmyos (yonsnejg pu 

<+ | usy1amz yu wesdue] "Dag yoysyaeg 13301) (unuu 

ja S6b—zoS nq wnw -qe q9 usdad Voie gan uni) pun qp uoa unın -urəzsəzony polen L) 
101 ‘unıdnegg ur INT i "uiz 095— #95 wnunxep ` obS—oo9 13po 019 uoa | w; gbS—o¿S uoa pueg ulsoiyJÄis] 


(yorsyıe,y 199011 


pueg səy unin ur Sgt umy (wnıyeuuiszsalony 
| ` ouuänerg ur IVT auige otS—ztS wnwıxey Em’ siq 095 1əpo 0/5 uoy | ur orS—StS uoa pueg -WOIg-€NəƏ L) UISOSI 


Ma a a ie 
unıdneg pun umy 
| any Joyesılgısuas Aaifatzade ` 


Woa nejg ue 1a[or A pun neg 'upiy 1900 | 'NƏJorA Dun neg ue gns | (Uuois 
| -nn sur neg pun umy | pusgamfydsue purg eaitaig | uassoyasa3 Zeg “adusıo | -uy pu ‘(oES) upip siq (685) -qae zayasıseq 19999) 
qY dap uoa Hassotuneagp | ofS—6gS wnwixew -Q99 4əp0 q9 w; uutog | q 14 q9 uoa pueg söjlaıg | joaejjeuid 
| sne upnidneigg ut NOT 
| PAOA ərp m3 ayas Jna ‘nrg siq 
sojlstafyds sıapuosag | pusyadıaqn Jop | Peru nejg uw pusgarydsur ` pueg wausssojy9sad ur ung 


"OOLLENI(] siq Sue uoa | -uwursur yaılzsınuyuoy seg ‘ug ‘qg ‘urio qp ; -1əa'n Zuge1g ıyas(06°)q ou 
yIsyewolysueg "unıdneig ooS—otS wnwixew e | uauam0uuog pun Zeg , q9 wıjsıa parm ‘(SEO emg) | (Yyorsqır,y 13401101A) 
ur uossəidəq əuləy SVA o¿S—ogS wnunxew TI |uuep ‘(099) J 104 uug |q pun J uaydsımz uutäag | jopıaaeurg 


Nəm St ION | (06%’poooS) 1’, zen pusyuis| pusjnejısa (005 | 
uoa yasıyewolydueT — "10219 pusgatyıapueutau] (Zz$) umo pun q9 ‘Buro, sıq emp) ug wt q sg | 
-sne ydıs Zunyypprpg Aaiaäugt obtS—oSS wnwıxew E aan ypgıy‘(oLg)y 'n g uəyəs| ug pun Watt pun SEg ou 
oO ap "d PUN Juayssımz pi) "Düaingta VI syIasıapIaq -MZ puadlajsue ae) ‘puəuu:3]| Zug ‘(059 1əpo 559) 301 | 
-nejg ur Gotseaidact əƏZuuən 019—029 nuch TI -2qlozZlsg)joyguirıoasumg;?]| -3durIO ut) 1341y uudag | 


(yoqiq 13))3[01A) 
wo4ıy>deulg 


+ 


oSS emy sq umy | 
wp ` Page ` vattugug 


Vergleichende Tabelle der spektralen Farbenempfindlichkeit usw. 


pu>gaıy qJ loa 025 PH sıq əBurio Jon Lego 
Jo1geutitsuae (ap pun -4oy | -uswwesnz pun (ai apiag | 1əpo ZzS sıq puəjmepəa , Baa) Joy ut q Ioa uug 
Iəərzədç upne pun apa3 | ogS wnwixem "$ yırıs pun Mai ‘pusuudag ` mato1AuIOI02EUL/ Se Dau? (yosqirq neq) 
-[axung w uopssaadoq age | SSo wnwıxup ‘1 (of) y pun vw Gaga? | -191 yo yf sur ayom Juon 014 ourázeui dq 
| SS 1əpo 095 sių o9 uoa 
osje "Ta Ti q)UMD uoa [OL 
| uoau ut qo pun adug1O 
| an 1953 soy ot g mal 
$ wm 104 upit ouaäu Junya A — 'TOUVA4 
TOPs MZ a ei uyst os PE "E E WEE es Ä a a ne woagpwupt (yorsqaut amoo) 
poyuncg ut te ln 23 is Leet ent vun | OS MUX Doms tp Seg pq H roa unio su Jop uf HOM aorhuo A 970 AWOSLIRUN,T 
(EEE ee amg a & S 


SCH cÉ — E 
- = u+ ar aip epii A, be ie mm m Kerner 


| 
| 


144 Euer. Vergleichende Tabelle der spektralen Farbenempfindlichkeit usw. 


violett), während das Konkavgitter das Maximum weiter im Ultraviolett, 
bei 355 uu ergibt; dies ist auch in der folgenden Tabelle registriert. 

Es bleibt noch zu erwähnen, daß die Bromsilberkollodien 
das Maximum der Empfindlichkeit bei etwa 430 uu, also nicht an 
derselben Stelle wie Bromsilbergelatine, aufweisen. Die „Brom- 
silberkollodien“ der Reproduktionstechniker enthalten häufig einen 
kleinen Gehalt an Chlorsilber (etwa refl: sie verändern das Emp- 
findlichkeitsmaximum nicht und werden nur zu dem Zwecke ge- 
macht, den Reifungsvorgang zu regulieren und das Verhalten gegen 
Farbensensibilisation günstig zu beeinflussen. 

Die in meiner Tabelle gemachten Angaben über die Wirkung 
der Farbstoffzusätze gelten sowohl für die in der Emulsion gefärbten 
Schichten als für die mit dem Badeverfahren hergestellten Platten. 
Allerdings geben die Badeplatten stets etwas bessere Farbensensibili- 
sierung und meist etwas breiter ausgedehnte Sensibilisierungsbänder, 
aber die Lage der Maxima und der Schwärzungsstreifen ist an- 
nähernd dieselbe, so daß diese Tabelle zur Orientierung in beiden 
Fällen dient. Die Badeplatten kann man sich bekanntlich selbst 
herstellen, wenn man ı Teil des Farbstoffes ın 1000 Teilen Alkohol 
löst und etwa 6 ccm dieser Farblösung mit 100 ccm Alkohol und 
200 ccm Wasser verdünnt. Badezeit der Bromsilbergelatineplatten 
4 Minuten im Finstern und rasches Trocknen, womöglich in einem 
gut ventilierten Trockenschrank. — Spült man die Platten un- 
mittelbar nach dem Baden in der Farbstofflösung kurz mit Wasser 
ab (bis es gleichmäßig fließt), so geht nur wenig von der Farben- 
empfindlichkeit verloren, aber die Platten gewinnen an Haltbarkeit. 

Ammoniakzusatz zum Farbbad ist nur bei der Verwendung 
von Eosin, Erythrosin und Dizyanın von Vorteil, bei den anderen 
genannten Farben aber nicht. 

Die Farbensensibilisatoren wirken auf Bromsilbergelatine, Brom- 
silberkollodium und Chlorsilberemulsion nicht nur quantitativ ver- 
schieden, sondern einigermaßen auch qualitativ; die Sensibilisierungs- 
maxima differieren in ihrer spektralen Lage mitunter um mehrere 
Milliontelmillimeter der Wellenlänge des wirkenden Lichtes, jedoch 
ist die allgemeine Konfiguration und der Ort der Maximalwirkung 
der sensibilisierenden Wirkung ungefähr gleich. 

Die Kinofilms der deutschen, amerikanischen und französischen 
Großindustrie, sowie die meisten Roll- und Planfilms des Handels, 
sind mit Erythrosin orthochromatisch gemacht. 


Eingegangen am 8, Januar 1926, 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof, K. Schaum in Gießen. 


senschaftliche Photo graphie 
` Photophysik und Photochemie 


Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen 
E, | | | | insbesondere von 


H. Kayser 


O, em, Professor an der Universität Bonn 
herausgegeben von 


K. Schaum- 


i E? Gen 0, d, Professor aù der Universität Gießen 


' 


> 
an 


`" "E 1926 


7€ n Johann Ambrosius Barth in Leipzig 


A mi Ga P ~  Salomonstraße 18b | 


tt werden von allen Buchhandlungen und von der e E 
De er Abonnementspreis beiträgt pro Band ip In; und Ausland Rm. 24,— 
einschließli E Porio im Inland AWII, a Akt alt Rm, 25.20. 


ST 
Juni 1926 


A 


se e nl i =a à 
` | f T e Sp Lë, DZ 
SÉ N i s e et 
N ie, AN Sadt i | KC "ex 
LS | | Inhaltsverzeichnis. Ra Ta 
x ca | ri Eu Zi an ~ 
As BE, _ 'Originalarbeiten, | EE, 
| de Walther Barth, Studien zur Interferometrie. I. Über das Zeiss:Löwesche 
| Flüssigkeitsinterferometer. Mit 2 Figuren im Text , . GEN DT 
Walther Barth, II. Die Wees sehr verdünnter Lösungen, Mit 2 Fi- 
guren im Text . . - del ch a re. 
Karl Schaum und Walther Barth, UL Die Verka des Verlaufs che- 
“ mischer Reaktionen mit dem Zeiss-Löweschen Flüssigkeitsinterferometer . 
G. Kögel und, A. Steigmann, Über das Wesen der optischen Sensibilisierung. 
II. Teil. Wasser als Sensibilisator . 


Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an 
Professor Dr, K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. 


Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren Š 
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige > 
. Berichterstattung möglich ist. 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten ne 
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden. 


DE A a Wr wi.‘ äi 3 buh k e WE 3 ST 5 Za e m . — Ei 
il E - er — EEN d 


GLOBOSKOP| 


Modell 1925! 


Ein neter Apparat f 
mit 2 tausendkerzigen Glühlampen $ 
zur Projektion von . 


Papierbildern 
(namentlich Buchabbildungen u. deg) . 
von geradezu 


glänzender Leistung! 


m... .—.......-. KAELL CH 


: Dieser Apparat weist eine erstaunliche Bild- $ 
: heiligkeit bei geringem Stromverbrauch, ein, $ 
: fachster Handhabung und mäßigem Preis auf. - 
$ Er kann auch in größeren Hörsälen als über- 
i legener Ersatz für ein großes Bogen-; E 
- lampen-Episkop Verwendung finden. 8 


m......nn.u.n.......u.n.n...u €. .............2,0 


i 


KIT 


1. 


A 
k 


Listen 


frei!’ 


A 


=. fs" Cd, kiesegang, Düsseldorf ponet 


l p II | 4 3 a 

, i d d WA, C 8 

y Digitized By Google A FE 
œ Eb 


Wë? 
(RW —e 


Zeiticirift für wilienichaftlidie Photographie, 
Photophylik und Photodiemie 


XXIV. Band. 1926. Heft 5. 


Studien zur Interferometrie. 


L Über das Zeiss-Löwesche Flüssigkeitsinterferometer. 
Von 


Walther Barth. 
Mit 2 Figuren im Text, 


Inhalt: 
Einleitung; Literatur. 
1. Das Einstellen. 
2. Die Eichkurve, 
Einleitung. 


Das Zeiss-Löwesche Flüssigkeitsinterferometer ist an vielen 
Stellen in der Literatur?!) beschrieben; es ist auf vielen Gebieten 
benutzt worden, so z.B. in der analytischen Chemie), Kolloidchemie?), 
Biologie‘), Agrikulturchemie®°), zur Untersuchung von Nahrungs- und 


N F, Haber u. F. Löwe, Zeitschr. f. angew. Chem. 23. 1393. 1910; F. Löwe, 
Phys, Zeitschr. 11. 1047. 1910; Zeitschr. f. Instrkde, 30. 321. 1910; Zeitschr, f. 
Kolloidchem. 11. 226. 1912; Chem. Ze, 45. 405. 1921; F. Löwe, Technische 
Fortschrittsber. VI (bei Steinkopff 1925) (mit ausführlichem Literaturverz.), Dieses 
Buch kam dem Verfasser erst nach Vollendung dieser Arbeit zu Gesicht. Er wurde 
dadurch auf die Arbeit von R. Gans und M. Bose, Zeitschr. f. Instrkde. 86. 137. 
1916 aufmerksam, die einige Ergebnisse dieser Arbeit entbäl. Arndt, Physikal, 
chem. Technik 1915, S. 739—744. 

7 Leason H. Adams, Journ. Americ. Soc. 37. 1181. (C. 1915. II. 517); 
G. Piazza, Zeitschr. f. phys. Chem. 93. 191. 1917; E.Cohen und R., Bruins, 
Zeitschr. f. phys. Chem. 108. 339 u. 387. 1923; H Schmeel, Ber. d. Naturforsch. 
Ges. Freiburg i. B. XXI 1915. 

3 R. Marc, Chem. Ze 36. 537. 1912; Zeitschr. f. Kolloidchem. 11. 195. 
1912; Zeitschr. phys. Chem. 81. 644. 1913; R. Marc und K. Sack, Kolloidchem, 
Beih, 5. 375. 1914; O. Wolff, Zeitschr. f. Kolloidchem. 82. 17. 1922. 

D P. Hirsch, Naturwiss. 10. 525. 1922 (Zusammenfassung und Literatur); C 1922, 
IV, 211; R. Doerr, Zeitschr. f. Kolloidchem. 27. 277. 1921; C. 1922. I. 156; 
W. Bachmann, C. 1922. L 780; O. Germann, C. 1923. II. 299. 

’ H. Kappen, C. 1914. II. 727. 

Zeitschr. f. wiss, Phot. 24. 11 


146 Barth. 


Genußmitteln!), ferner in der Physik.?) Sein Vorläufer ist das Gas- 
interferometer von Haber und Löwe.?) 
| Ebenso findet man vielerorts Angaben über die allgemeine 
Arbeitsweise mit diesem Apparat? Die Erfahrungen, die über 
dessen Handhabung gemacht worden sind, scheinen jedoch stets 
individueller Natur gewesen zu sein — wenigstens waren die Schwie- 
rigkeiten, die es im Verlauf dieser Arbeit zu überwinden galt, andere 
als in der Literatur beschrieben, während wiederum in der Literatur 
angegebene Hemmnisse in der Arbeitsweise hier nicht auftraten — 
daher wird auf die Mitteilung der im hiesigen Institut gemachten 
Erfahrungen in der Behandlung des Apparates verzichtet. 

Der vorliegende erste Teil der Arbeit handelt von der Technik 
des Einstellens; in einem zweiten Abschnitt wird die allgemeine 
Eichung des Apparates beschrieben werden; der zweite Teil wird die 
spezielle Anwendung des Interferometers auf die Untersuchung sehr 
verdünnter wäßriger Lösungen behandeln. 


1. Das Einstellen.?) 


Mit den beiden genannten Interferometern mißt man Unter- 
schiede von Brechungsexponenten zweier Medien (Gase oder Flüssig- 
keiten). Zwei kohärente Lichtstrahlenbündel durchsetzen die beiden 
Medien, die sich in Glaskammern mit Parallelfenstern befinden. Die 
Verschiebung der Interferenzstreifen der beiden Lichtbündel ist ein 
Maß für die Differenz der Brechungsexponenten des Inhalts der 
Kammern. Die Methode ist daher eine Differenzenmethode. Um die 
Verschiebung der Interferenzstreifen zu messen, kann man beim Gas- 
interferometer das Prinzip des Vorüberwanderns der Streifen‘) an- 
wenden, da sich ein Gas kontinuierlich durch ein anderes ersetzen läßt. 

Nicht so beim Flüssigkeitsinterferometer; hier wird die Ver- 
schiebung der Interferenzstreifen kompensiert durch Drehen einer in 


2) R, Marc, a.a. O.; R. Marc und K. Sack, a.a. O; L. Adler und H.Lüers, 
C. 1916. I. 1276; O. Wolff, a. a. O. 

DL. van Doren, H. R. Parker und P. Lotz, C. 1922. II, 83; F. Himstedt 
und J. Wertheimer, Ann. d. Phys. 67. 395. 1922; J. Eisele, Ann. d. Phys. 76, 
396. 1925. 

DG Werner, Zeitschr. f. angew. Chem, 88. 911. 1925 und F. Löwe, Techn. 
Fortschrittsber. (bei Steinkopff, Dresden 1925) (daselbst ausführliche Literaturangaben). 

4) E. Cohen und R. Bruins, a a. O.; H. Schmeel, a.a. O.; P. Hirsch, 
a. a. O.; K. Langenstraß, Fermentforschung III, 1—43 1920. 

5) Vgl. dazu die zitierten Arbeiten von Hirsch, Marc und Schmeel, ferner 
R. Gans u. M. Bose, Zeitschr. f. Instrkde 86. 137. 1916. 

6) Vgl. die Literatur zum Gasinterferometer bei O. Werner a. a. O., besonders 
die Arbeiten von Berl. 


Z. Über das Zeiss-Löwesche Flüssigkeitsinterferometer. 147 


dem Strahlengang des einen Büschels befindlichen Glasplatte mittels 
einer mit willkürlicher Skala versehenen Schraube, wodurch der 
optische Lichtweg in der Glasplatte (Kompensatorplatte) geändert 
wird. Um stets auf das richtige Minimum einzustellen, muß zur 
Beleuchtung weißes Licht angewandt werden, dessen Interferenz- 
streifen sich durch verschieden gefärbte und verschieden stark ge- 
färbte Ränder der Minima voneinander unterscheiden lassen. Inter- 
ferenzstreifen von monochromatischem Licht, das bei Aufstellung 
der allgemeinen Eichkurve benutzt wurde?) unterscheiden sich in 
nichts vonaneinder und bilden sich in unbegrenzter Anzahl nebenein- 
ander; Interferenzstreifen von weißem Licht sind untereinander ver- 
schieden und entstehen nur in beschränkter Anzahl. 

Bei den am Flüssigkeitsinterferometer auftretenden Interferenz- 
streifen liegen die Dinge folgendermaßen: 

Nach dem Einschalten des Interferometerlämpchens sieht man 
im Okular zwei übereinander liegende farbige Lichtbänder, bestehend 
aus verschiedenfarbigen Interferenzstreifen. Das untere Band ist 
praktisch stets dasselbe, einerlei ob man Luft oder eine beliebige 
Flüssigkeit als Badmedium benutzt, und dient gewissermaßen als 
Einstellmarke. Das obere Interferenzbild, in dessen einem Strahlen- 
gang die Kompensatorplatte eingeschaltet ist, läßt sich mit der Ein- 
stellschraube verändern, so daß durch Drehen der Schraube die 
Streifen über das Gesichtsfeld hinwandern. 

Für das Einstellen kommen nur solche Stellungen der Mikro- 
meterschraube in Frage, bei denen die mittleren Minima der beiden 
Streifen, je zwei oben und unten, genau übereinander stehen. 

Läßt man durch Drehen der Einstellschraube die Streifen des 
oberen Lichtbandes am Gesichtsfeld vorbeiwandern, so zählt man un- 
gefähr 8—ıo Minima.?) Ihr Aussehen ändert sich während des Vor- 
überwanderns.. Nur in der Mitte des Gesichtsfeldes, über dem 
schwarzen Minimum des unteren Bandes, sind sie gut zu erkennen, 
so daß nur in dieser Stellung ihre Randfarbe in Betracht kommt.?) 

Bringt man die Minima des oberen Streifens nach und nach 
senkrecht über das eine (etwa das linke) schwarze Minimum des 
unteren Streifens, so erkennt man, daß zwei, nämlich die beiden 

1) Vgl. den 2. Abschnitt. 

2) Die Zahl der Minima ist für verschiedene Stellen der Skala verschieden und 
wächst mit zunehmenden Skalenteilen bis auf 20 an. 

D Man erkennt die Randfarben der Minima am leichtesten bei horizontaler 
Kopfhaltung, wenn Augenlinie und Interferenzstreifen in einer Ebene, d. h. beide 


Augen senkrecht übereinander liegen. 
(ée 


148 Barth. 


mittelsten Minima der Reihe, am wenigsten gefärbte Ränder haben. 
Die Ränder der Minima rechts von diesen beiden sind links rot 
rechts blau, die auf der entgegengesetzten Seite haben links blaue 
und rechts rote Ränder. Man hat also folgendes Schema: 


Schema I. 
Minima 
links Mitte links 
Rand links blau wenig gefärbt Rand links rot 
rechts rot rechts blau 


Bewegt man das Auge vor dem Okular seitlich hin und her, 
so daß man einmal die Randfarben an der linken Seite, dann an der 
rechten Seite des Okulars beobachtet, so werden diese teils intensiver, 
teils schwächer!), Die Verhältnisse zeigt folgendes Schema: 


Schema IL 
e Minima 
links rechts 
linke Seite des Okulars: Farbe intensiver schwächer 
rechte Seite des Okulars: : schwächer intensiver. 


Bewegt man also das Auge vor dem Okular nach den mittleren 
Minima hin, so werden die Randfarben der äußeren Minima schwächer; 
bewegt man das Auge von den mittleren Minima weg, so werden 
die Randfarben intensiver. Für die beiden mittleren Minima sind 
die Randfarben meist wie folgt: | 


Schema Illa. 


Minimum links rechts 
linke Seite des Okulars; òr ff 
rechte Seite des Okulars: IF r ò 
wofür man in leicht verständlicher Weise schreiben kann: 
Schema IlI. 
Minimum links rechts 
lör f! J roj. 
Hier bedeutet 5 = blau; > = rot; f = nahezu farblos; dr: linker Rand 
blau, rechter Rand rot usw. Das Zeichen — | deutet die Seiten 


des Okulars an, von denen aus beobachtet wird. 

Man findet also stets (bzw. fast immer, wie aus den Ausfüh- 
rungen weiter unten hervorgeht) zwei Minima, die bei geeigneter 
Augenhaltung farblos bzw. nahezu farblos erscheinen. Von diesen 
Minima wurde hier stets das linke gewählt, am zweckmäßigsten ist 
es — auch aus dem weiter unten ersichtlichen Grunde — stets die 


1) Infolge der Chromasie der Okularlupe. Vgl. dagegen Schmeel, a. a. O. 
S. 27, der stets ein Intensiverwerden beobachtet haben will. 


I. Über das Zeiss-Löwesche Flüssigkeitsinterferometer. 149 


beiden mittleren Minima und noch deren Nachbarn, mindestens 
aber im ganzen drei nebeneinander liegende Minima zur Ein- 
stellung benutzen, was freilich bei gewissen Versuchen!) unmög- 
lich ist. 

Man hat also folgende Regel für die Auswahl des richtigen 
Minimums bzw. der richtigen Minima: man läßt durch Drehen der 
Eiostellschraube die Minima am Gesichtsfeld vorbeiwandern, bis man 
einen Umschlag in den Randfarben bzw. deren Verschwinden er- 
kennt; das so erhaltene Minimum ist eines der beiden mittleren, 
das zweite ist das diesem benachbarte farblosere Minimum. 

Bei längerer Übung ist es ein leichtes, nach dieser Regel die 
Minima voneinander zu unterscheiden und einander entsprechende 
Minima verschiedener Einstellungen als solche zu erkennen. 

Auf diese Weise wäre eine stets eindeutige Festlegung der 
Einstellminima möglich, wenn die Rändfarben desselben Minimums 
stets dieselben wären. Das ist nicht der Fall, wie zuerst von Marc?) 
berichtet wurde. 

Am besten wird diese Erscheinung verständlich an Hand einer 
schematischen Darstellung: 

Angenommen, es wird der Brechungsindex des Mediums in der 
linken Kammer langsam vergrößert, etwa durch Zusatz einer Salz- 
lösung zu Wasser als Kammerinhalt; diese Änderung wird messend 
verfolgt. Es werden stets die Einstellungen mit den beiden mitt- 
leren und den diesen benachbarten, im ganzen also mit 4 Minima, 
benutzt. Man erhält dann für die Randfarben der Minima folgen- 
des Bild: 


Schema IV: 
Konzentration Skalenteil Randfarben 
C ~ 100 (ër r| jòr el |F rb| |rö rb] 
G=G+4C, m 200 |ör ör| |ör foj |b röj |rd ròl 
Ge Got d CG ~ 300 lör r| Le fol |öf séi |rd réi 
Ce Got d Co ~ 400 lör Ari Jg röj |rd vb| |rd vB] 
C, = Dt AG ~ 500 jèr F! |Ø roj |r roj |rd rö] 


Bei Skalenteil 500 ist also das nächste Minimum links an die 
Stelle des Minimums bei Skalenteil 100 getreten. Wäre ohne 
Zwischenmessung bei 100 und 500 abgelesen worden, so hätte man 
einen Fehler gemacht gleich dem Abstand zweier Minima, das sind 


1) Vgl. den III. Teil. 
2?) Chem. Ztg. 36. 538. 1912. Vgl. auch die oben zitierte Arbeit von R. Gans 
und M. Bose. 


150 Barth. 


etwa 20 Skalenteile, der Fehler bei einmaligem Überspringen be- 
trägt also eil, 

Fährt man mit der Messung fort, so verschiebt sich das ur- 
sprüngliche mittlere Minimum immer weiter nach links, es wird zum 
"Einstellen immer ungeeigneter und verschwindet schließlich ganz. 

Die Fig. ı veranschaulicht diese Veränderung der Minima für 
verdünnte Jodkaliumlösung. Das linke mittlere Minimum ist durch 


/ 


Wahre Skala (unkorrigiert) 
300 500 1000 7500 
Fig. 1. 


0,015 


0,01 


Konzentration ın Mol/Uter 


0,005 


stärkere Zeichnung kenntlich gemacht. Diese Änderung der Rand. 
farben trat am sinnfälligsten in Erscheinung bei der Beobachtung 
der chemischen Reaktionen!), wobei die Minima sozusagen unter 
den Augen des Beobachters ihr Aussehen änderten. 

Das Intervall, innerhalb dessen sich die Ränder der Minima 
derart ändern, daß jedes Minimum an Stelle seines Nachbars ge- 
treten ist, bezeichnet man nach Marc?) als Periodenlänge. 


1) Vgl. Anm. 1. Seite 149. 
2) a, a. O. 


I. Über das Zeiss-Löwesche Flüssigkeitsinterferometer. Di 


Diese Periodenlänge ist für verschiedene Substanzen verschieden 
und nimmt außerdem mit wachsenden Skalenwerten zu.!) | 
Als Beispiel mögen folgende Zahlen dienen. Vergleichsflüssig- 
keit war stets destilliertes Wasser. Verdünnte Lösung von Kalium- 
chlorid: 
Intervall Zahl der Perioden Durchschnittl. Periodenlänge 


610—3270 i 8 330 

610—1760 4 290 

1760—3270 4 380 

Für andere Lösungen entsprechend: 
Mittel um 1000 um 2500 

KNO, 270 240 310 
KJ 150 130 ` 160 
Harnstoff 300 280 330 


Eine genaue Angabe, wann im einzelnen Fall zum nächst- 
folgenden Minimum überzugehen ist, läßt sich nicht machen, da 
die Farbenunterschiede desselben Minimums beispielsweise für ein 


Intervall von + 7 zu fein sind, um sinnfällig in Erscheinung zu 


treten. Deshalb läßt sich auch die Periodenlänge nicht genau an- 
geben. 
Der Grund, weshalb die Minima ihre Randfarben bei Änderung 
des einen Kammermediums ändern, ist die verschiedene Dispersion 
der Vergleichsflüssigkeiten, der Kompensatorplatte und der unter- 
suchten Flüssigkeit.?) 

Im nächsten Abschnitt wird gezeigt werden, daß sich der 
Brechungsindex mit dem Skalenteil nicht linear ändert, eine Eich- 
kurve also niemals eine Gerade sein kann. In der Literatur sind 
bisweilen jedoch geradlinige Eichkurven angeführt?), eine Tatsache, 
die nur durch Verwechslung der Minima aus den oben angeführten 
Gründen erklärt werden kann. 

Die Anwendung des Interferometers zu statischen Messungen 
über größere Intervalle von Skalenteilen hin stößt also auf Schwierig- 
keiten, wenn man die Empfindlichkeit des Interferometers voll aus- 
nutzen will. Jedenfalls wird eine genaue Messung nicht ohne 


1) Wahrscheinlich ändert sich die Periodenlänge z nach derselben Funktion mit 
den Skalenteilen x, wie die Weite y (2. Abschnitt), so daß die Beziehung besteht 
nmKe.y. 
wo X eine Konstante ist. 
» R. Gans und M. Bose, a. a. O. 
D Langenstraß, a.a. O., Schmeel, a. a. O. 


152 Barth. 


Zwischenablesungen gemacht werden können, eine Forderung, die 
jedoch bei den im II. Teil beschriebenen Anwendungen von vorn- 
herein erfüllt ist. 

2. Die Eichkurve. 

Eine weitere Schwierigkeit bei dem Gebrauch des Interferometers 
bot die Aufstellung der Eichkurve und damit das Erkennen des 
Zusammenhangs zwischen Brechungsindex und Skalenteil. Bisher 
wurden — wenigstens für das Flüssigkeitsinterferometer — stets 
spezielle Eichkurven aufgestellt!) die zum Teil über größere Inter- 
valle der Skala die Beziehung benutzten 

dn = k- dx, (1) 
wo dn die Änderung des Brechungsindex, X eine Konstante, dr 
die Änderung der Skalenteile bedeutet. Es wurde also die Ände- 


rung des Brechungsindex proportional der Änderung der Skala ge- 
setzt. 
Daß das zunächst überhaupt nicht zu erwarten ist, geht schon 


aus dem Mechanismus der Einstellvorrichtung hervor. Man erhält 
nämlich für den Zusammenhang zwischen Brechungsindex x und 
Skalenteil x eine komplizierte Funktion von der Form?): 


Ste, o 


hier bedeuten a und g, die Brechungsindices der beiden Kammer- 
medien, C, a und d sind Konstanten. 

Es fragt sich, ob man nicht angenähert über ein größeres Inter- 
vall hin die Beziehung (1) gelten lassen kann. Bei dem hiesigen 
Instrument war das größte Intervall, innerhalb dessen die Gleichung 
(1) benutzt werden konnte, 400 Skalenteile. 

Es gelingt nun, eine allgemein gültige Eichkurve aufzustellen?) 
auf Grund folgender Tatsache: Die Änderung in der Einstellung um 
den Abstand zweier benachbarter Minima bedeutet stets die Ände- 
rung des optischen Lichtwegs in dem Strahlengang des einen Licht- 
bündels um die Wellenlänge des benutzten Lichtes, 

Dieser Streifenabstand, kurz als „Weite“ y$) bezeichnet, ist an 
verschiedenen Stellen der Skala verschieden, denn wäre er stets 
gleich, so gälte offenbar die Beziehung (1), was nicht der Fall ist. 

1) Vgl. die Arbeiten von Schmeel, Langenstraß, Marc; Gans und Bose 
leiteten auf andere Art als hier beschrieben eine Eichkurve ab. 

2) Vgl. Langenstraß, aa O., S. 12, die Bemerkung von Löwe. 


3) Vgl. Berl und Andreß, Zeitschr. f. angew, Chemie 34. 370. 1921. 
II Bei Langenstraß, a. a. O., „Wert eines Streifenpaares“., 


I. Über das Zeiss.Löwesche Flüssigkeitsinterferometer. 153 


Man hat also zunächst einen funktionalen Zusammenhang zwischen 
Weite y und Skalenteil z: 


y =f (x), (3) 
wo f (x) eine Funktion unbekannter analytischer Form ist, deren 
Verlauf jedoch durch Versuche ermittelt werden kann. 

Mißt man nun nicht in willkürlichen Einheiten der Skala, 
sondern in den Weiten y als Einheit, die dann an jeder Stelle der 
Skala einen anderen Wert hat, so erhält man an Stelle von Glei- 
chung (1) jetzt die für sämtliche Werte von x streng gültige Beziehung 


du ss KE, = (4) 
durch Integration e S 
IO 
erhält man: z = r 
d 
n= n = K f SH f (5) 


In dieser Gleichung bedeutet: 2 


n den Brechungsindex des zu untersuchenden Mediums; 
n, den Brechungsindex des Vergleichmediums; 
x, den Skalenwert der Nullstellung (liegt am hiesigen Instrument 
bei 300). 
Für die Konstante Ķ läßt sich noch folgende Festsetzung machen: 
bezeichnet y, die Weite für x = x, d. h. für die Nullstellung, so kann 
man setzen K=k-.y, 


und für (5) 


k = d Ep y R (6) 
Man mißt dann nicht in Einheiten der Weite, sondern benutzt als 


Maßeinheit jeweils den Quotienten ed wählt also den Skalenteil der 
Nullstellung zur Einheit. ` 

Die Funktion (3) der Weite ist offenbar für verschiedene Wellen- 
längen verschieden. Daß trotzdem das Integral (6) für verschiedene 
Wellenlängen stets denselben Wert liefert, ergibt sich aus folgendem: 
es besteht die Gleichung 

d'A eent: 

worin y die zur Wellenlänge A, y’ die zur Wellenlänge A’ gehörige 
Weite für dasselbe x bedeutet. Daraus folgt sofort: 


NEN 


154 Barth. 


und daher 


» y 
woraus unmittelbar die Unabhängigkeit des Integrals in (6) von der 
Wellenlänge folgt. 

Die genaue Bestimmung der Abhängigkeit der Weite y von der 
Skala x, d. h. des Verlaufs der Funktion v = f(x), stieß anfänglich 
auf Schwierigkeiten. Die Weite schwankt nämlich zwischen ı8 und 
28 Skalenteilen, die größte Genauigkeit in der Einstellung beträgt 
aber + 0,5 Skalenteile; da die Weite stets als Differenz zweier Ab- 
lesungen ermittelt wird, ist der Fehler bei ihrer Bestimmung gleich 
+ I Skalenteil oder relativ 4°/,. 

Um diesen Fehler zu verkleinern, mußte an Stelle von weißem 
Licht monochromatisches Licht verwendet werden, und zwar aus 
zwei Gründen: erstens setzen die bei weißem Licht auftretenden 
Ränder die Genauigkeit der Einstellung herab, besonders wenn zwei 
Minima des oberen und unteren Interferenzbildes mit verschiedenen 
Randfarben aufeinander eingestellt werden: 


|rd rb] 


was nicht zu vermeiden ist, da das Minimum des unteren Inter- 
ferenzbildes stets dieselben, die oberen Minima aber verschiedene 
Randfarben haben. — Daraus erklärt sich auch, daß mit dem rechten 
und linken Auge ganz verschiedene Einstellungen erhalten wurden, 
die oft um mehr als ı Skalenteil differierten (verschiedene Farben- 
empfindlichkeit der Augen). — Bei monochromatischem Licht (es 
genügt, daß das Licht nahezu monochromatisch ist) ist eine genauere 
Einstellung auf die fast schwarzen Ränder der Minima möglich, 
außerdem kann man, da hier eine unbegrenzte Anzahl genau gleicher 
absolut schwarzer Minima auftreten, statt y immer die Größe 3y 
oder 4y messen, d. h. den Abstand entfernterer Minima messen. 
Dadurch wird der unvermeidliche Beobachtungsfehler, der offenbar 
in gleicher Größe an jeder Beobachtung, ob y oder »-y, haftet, 
auf den sten, hier also 3. oder A Teil heruntergedrückt. Eine 
derartige Ermittlung des Wertes y ist natürlich nur gestattet, 
solange im Intervall »-y der Gitterwert als lineare Funktion vom 
Skalenwert x angesehen werden kann; das ist für ein Intervall von 
mehr als 100 Skalenteilen der Fall, also sicher für 3y bis 5y, wie 
das Versuchsresultat gezeigt hat, zulässig. 

Als nahezu monochromatisches Licht diente einmal das Licht 
der CJuecksilberpunktlampe von Heräus, dann das Licht des elek- 


I. Über das Zeiss-Löwesche Flüssigkeitsinterferometer. 155 


trischen Bogens, dessen Anode ausgebohrt und mit Soda und etwas 
Wasserglas gefüllt war!) Das Licht wurde durch einen kleinen 
Spiegel, der an Stelle des Glühlämpchens eingesetzt war, in das 
Interferometer gebracht. Die Interferenzstreifen waren dann mindestens 
ebenso genau zu sehen, wie bei Glühlämpchenbeleuchtung. Das 
Interferometer wurde vor der Hitze der Quecksilberlampe und des 
Lichtbogens durch eine Asbestscheibe geschützt, in die ein kleines 
Fenster geschnitten war, das durch eine Glasplatte geschützt wurde. 
Die äußere Lichtquelle mußte ganz dicht, bis auf ı bis 2 cm, an 
das Fenster des Interferometers gebracht werden. Die Ergebnisse 
einer Messungsreihe und deren Berechnung sind in Tabelle ı ver- 
zeichnet. Es wurden für Na-Licht Messungen für verschiedene 
Kammermedien — destilliertes Wasser, Kochsalzlösung, ohne Kam- 
mer — ausgeführt, die stets dasselbe Resultat zeigten. Die ge- 


Tabelle ı. 


Berechnung der absoluten Eichkurve. 
Erläuterungen: 
x = Skalenwert. 
y’ = unkorrigierte Weite, durch den Versuch ermittelt. 
y” = graphisch korrigierte Weite. 
y = endgültige Weite, graphisch und numerisch korrigiert. 
Fag = Korrektion aus Hg-Licht. 
F = Korrektion, dem experimentell ermittelten Skalenteil x abzuziehen. 
Hg-Licht 


D Himstedt, a. a. O. 


Ki 


156 Barth. 


Tabelle ı (Fortsetzung). 
Berechnung der absoluten Eichkurve., 
Na-Licht 


el (2X 51,0) | 51,0 — 3,2 


o|-3 | S 
100 101,3 50,7 98,5 I —I i 
200 100,7 50,4 199,6 2 o 5 
300 100,0 | 50,0 300,0 3 o o 
400 99,3 | 49,7 399,7 4 o o 
500 98,6 | 49,3 498,7 5 1 S 
600 97,8 | 48,9 596,9 6 3 3 
700 97,0 | 48,5 694,3 7 6! 3 
800 96,3 | 48,1 790,9 8 Gë Eller 
900 95,5 | 47,8 886,8 9 13 | 5 
1000 94,7 | 47,4 982,0 10 8:1 5 
100 93,9 | 47,0 1076,4 1 | 24 | i 
200 93,1 | 46,5 1169,9 12 E 8 
300 92,2 | 46,1 1262,5 13 39 | 8 
400 91,4 45,7 1354,3 14 47 | 9 
500 90,6 | 45,3 1445,3 15 56 | io 
600 89,7 | 44,8 1535,4 16 66 i ir 
700 88,8 | 44,4 1624,6 17 E E 
800 88,0 | 44,0 1713,0 18 89 j i 
900 87,1 43,6 1800,6 19 101 SE 
2000 86,2 43,1 1887,3 20 115 i4 
100 85,4 | 42,7 1973,1 21 129 | re 
200 84,5 | 42,2 2058,0 22 144 | 16 
300 83,6 | 41,8 2142,0 23 160 17 
400 82,7 41,4 2225,2 24 177 17 
500 81,8 | 40,9 2307,5 25 | 194 ve 
600 81,0 | 40,5 2388,9 26 213 20 
700 80,1 | 40,0 2469,4 27 | 233 SS 
900 78,4 | 39,2 2627,8 29 | 274 | 32 
3000 77:5 | 38,8 2705,8 30 | 296 | 23 
100 76,7 | 38,4 2782,9 31 E, Ze 
200 75,8 | 37,9 2859,1 32 | 343 | 24 
300 750 | 37,5 2934,5 33 | 367 | ze 
400 74,1 | 37,0 3009,1 34 392 26 
500 73,3 | 36,6 3082,9 35 | 418 | ze 
3600 | (2% 36.3) | 36,3 3155,9 36 445 


naueste Meßreihe ist die in Tabelle I angeführte, die mit Hg-Licht 
ausgeführt wurde. 

Zur genauen Berechnung der Funktion (6) wurde folgender 
Weg eingeschlagen: die durch den Versuch ermittelten Werte y 
wurden graphisch korrigiert, indem mit der freien Hand eine mög- 
lichst eng an die gefundenen Werte sich anschließende Kurve ge- 
zeichnet wurde; die so erhaltenen Werte sind in der Tabelle mit 
y” bezeichnet. Die Differenzen Ay” erster Ordnung der y” wurden, 


Z. Über das Zeiss-Löwesche Flüssigkeitsinterferometer. 157 


da die Kurve y” im Sinne wachsender Abszissen einen immer stei- 
leren Verlauf nimmt, entsprechend ausgeglichen zu den Werten Ay 
und mit diesen Differenzenwerten die nun wahrscheinlichsten 
Werte y ermittelt. Die so erhaltenen Werte ergeben die Kurve 
Fig. 2, während die rar gefundenen Weiten durch O o 
dargestellt sind. 

Die numerische Berechnung des Integrals (6) erfolgte, wie aus 
Tabelle ı ersichtlich ist, durch ein Treppenintegral nach der Formel 


Skalartfeile 


E 
Gen ES 


Wahre Skala (unkorrigiert) 
C A8 590 1009 2000 3009 


Fig. 
Lois 
dr I I I I ) fi 
— — —- N: — ür r > 
J x nl ° J300 + Yıw + I 500 + + 2 ° Yz.10 3 


Seen tzst to) froces. 


Ser ° Jane J100 2 » Yz.100 
Damit ist die Funktion 


n — n dx 


fi = Kéi — (6) 


bestimmt. Setzt man nun 


0 =] z> vi ) 
Za 
so stellt o offenbar einen reduzierten Skalenwert dar, der die ur- 
sprüngliche Gleichung (1) 
dn = k. do (8) 
erfüllt. Die Größe 


F=r-—oc 


158 Barth. 


ist dann die Korrektion, die von dem abgelesenen Skalenwert x ab- 
gezogen werden muß, um zum reduzierten Skalenwert e zu gelangen. 
Diese Größe F ist in ihrer Abhängigkeit von z am Schluß von 
Tabelle ı angegeben, als Mittelwert aus den Werten Zoe und Aa 
deren Übereinstimmung im Vergleich zu der Unsicherheit, mit der 
die ursprünglich erhaltenen Gitterwerte behaftet waren, ganz vor- 
züglich ist. 

Die Konstante £ aus Gleichung (8), die für jedes Interferometer 
einen anderen Wert hat, jedoch stets von derselben Größenordnung 
ist, wurde bestimmt für das hiesige Instrument zu 

k, = (3,80 + 0,03) 10°” für die 4-cm-Kammer, 
mithin 

k, = (1,52 + 0,02) 10°® für die ı-cm-Kammer. 
Sie hat keine besondere Bedeutung, da es unmöglich ist, den 
Brechungsindex absolut auf sieben oder gar acht Dezimalen an- 
zugeben. 


IL Die Untersuchung sehr verdünnter Lösungen. 
Von 
Walther Barth. 


Mit 2 Figuren im Text. 


Da durch die allgemein gültige Eichkurve der Zusammenhang 
zwischen der Skala des Interferometers und der Änderung des 
Brechungsindex exakt festgelegt ist, vermag man nun, von Lösungen 
bekannten Gehaltes ausgehend, den Zusammenhang zwischen Kon- 
zentration und Brechungsindex sehr verdünnter Lösungen zu unter- 
suchen. 

Die letzten Arbeiten über dieses Thema stammen von Heyd- 
weiller!), Rüttig und Keller?) und Dieterici®). In allen diesen 
Arbeiten wird zur Bestimmung des Brechungsindex das Eintauch- 
refraktometer benutzt. Die Messungen erstrecken sich von etwa 
OI normalen Lösungen an aufwärts bis zu höheren Konzentrationen. 

Die hier beschriebene Anwendung des Interferometers gestattet, 
Lösungen kleinerer Konzentrationen zu untersuchen und zwar bis 
zu Konzentrationen von 0,001 Mol/Liter mit großer Genauigkeit. 

1) Zeitschr. f. Phys. 26. 526. 1925. 


2) Zeitschr. f. Elektrochemie 31. 390. 1925. 
3) Ann. d. Phys. 70. 558. 1923. 


II. Die Untersuchung sehr verdünnter Lösungen. 159 


Die Empfindlichkeit des Interferometers ist mindestens ıoomal so 
groß als die des Eintauchrefraktometers!), die hier beschriebene Unter- 
suchungsmethode fast ebenso bequem wie die mit jenem Instrument. 


Es wurde folgendermaßen verfahren: In beiden Kammern be- 
fand sich zunächst destilliertes Wasser; die Menge in der einen 
Kammer war genau bestimmt, z, B. 4,00 ccm, abgemessen mit einer 
Bürette von 2,00 ccm Gesamtinhalt und "ae ccm Teilung. Der 
Fehler für 2,00 ccm betrug höchstens + 0,005 ccm, also für 4,co ccm 
+0,01 ccm. Zu dieser Wassermenge wurden nach und nach genau 
abgemessene Volumina einer etwa !/,, normalen Salzlösung gegeben, 
mit einer Bürette derselben Art abgemessen. Dann ließ sich stets 
die Konzentration der Kammerflüssigkeit, die stets in Mol/Liter aus- 
gedrückt wurde, berechnen. Die Titrationsfehler bei dem Zusatz der 
Lösung zum Wasser glichen sich dabei derart aus, daß der Ge- 
samtfehler für eine Bürettenfüllung wieder nicht größer als + 0,005 ccm 
der Salzlösung war. 


Genau ebenso wurde verfahren, indem zuerst in die Kammer 
4,00 ccm der Salzlösung gegeben wurden und dann durch Wasser- 
zusatz Lösungen verschiedener Konzentration in abnehmender Größe 
hergestellt wurden. Diese beiden Messungsreihen wurden, die eine 
im Sinne zunehmender, die andere im Sinne abnehmender Kon- 
zentration, soweit fortgesetzt, bis sie sich zum Teil überlagerten. 
Auf diese Weise konnten größere und systematische Fehler ent- 
deckt werden. Daß sich die beiden Messungsreihen z.B. bei Lösungen 
von Harnstoff (und ebenso für die anderen untersuchten Substanzen) 
vollkommen überdecken, geht aus der Fig. ı hervor; die Punkte 
der Messungsreihe zunehmender Konzentration sind durch Kreise 
(0 ok die abnehmender Konzentration durch Kreuze (x x) gekenn- 
zeichnet. Gleichzeitig ist dies ein Beweis für die Brauchbarkeit dieser 
„litrationsmethode“, was bei der großen Empfindlichkeit des Inter- 
ferometers (gegen Verdunstungserscheinungen, Temperatureinfluß 
usw.) keineswegs von vornherein zu erwarten war.?) 


1) Vgl. Schmeel, Le 

3) Volumänderungen beim Vermischen sehr verdünnter Lösungen mit Wasser 
spielen fast gar keine Rolle, wie aus den Daten der Landolt-Börnsteinschen Tabellen 
hervorgeht. Danach hat eine Änderung in der Konzentration von 0,2 Mol/Liter für 
verdännte Kaliumchloridisg. eine Änderung des Volumens von 0,009°/, zur Folge. 
Dies bedeutet, auf Skalenteile umgerechnet, da eine ot molare Kaliumchloridisg. 
gegen Wasser eine Differenz von 3000 Skalenteilen zeigt, einen Fehler kleiner als 
0,6 Skalenteile, 


160 Barth. 


Für die Untersuchung von Lösungen hoher Konzentration kommt 
das Interferometer deshalb noch nicht in Frage — prinzipiell steht 
dem bei Anwendung entsprechender Vergleichsflüssigkeiten nichts 
im Wege —, weil noch nicht die Gültigkeit der allgemeinen Eich- 
kurve hier bewiesen ist. Andere Versuche mit Flüssigkeiten hoher 
Brechungsexponenten (bis zu z = 1,6) sprechen sogar dafür, daß 
für solche Kammermedien andere Eichkurven Gültigkeit haben (da 
hier anscheinend die Kurve der Weite y=/ (x) steiler verläuft und 
die für niedrige Konzentrationen erhaltene Gberschnedet Diese 
Verhältnisse aufzuklären bleibt späteren Untersuchungen vorbehalten. 


7800 


1700 
1600 3 
5 
7500 & 
Į 
y 
1400} D 
S 
x 
1300 
1200, 
Konzentration in Mol/Liter 
U 1} ` 
Wed 0,059 2,955 0,960 0,955 0773 . 0075 


Fig. ı 


Speziell für die Arbeitsweise bei solchen Versuchen, die aus 
einer großen Zahl fortlaufender Messungen bestehen, sei noch fol- 
gendes bemerkt: 

Die benutzten Büretten wurden in hohe Stative eingespannt 
mittels Klammern, die eine Drehung der Bürette um eine vertikale 
Achse gestatteten. Zur Titration wurden dann einfach die Büretten 
über die Kammer geschwenkt, nachdem das Stativ entsprechend 
dicht am Interferometer aufgestellt war, nach dem Titrieren wurde 
die Bürette nach außen geschwenkt, die Kammerflüssigkeit stets mit 
demselben Glasstab aus nicht angreifbarem Glas, der niemals ab- 
gewischt wurde, umgerührt und abgelesen, So ließen sich in kurzer 
Folge, etwa innerhalb einer Stunde, bequem dreißig Messungen 
ausführen, und die Fehler, die infolge Verdunstung usw. bei längerem 
Offenhalten der Kammer oft während anderer Versuche auftraten, 
wurden dadurch derart beschränkt, daß sie nicht ins Gewicht fielen. 
Zu jeder Einstellung wurden drei bis vier verschiedene Ablesungen 


AA 


II. Die Untersuchung sehr verdünnter Lösungen. 


Tabelle L 
Eichkurve für verdünnte wäßrige Harnstofflösung. 
ko Eiser rechts: destilliertes Wasser; links: I. (2,00 + 2,00) ccm destilliertes Wasser; Zusatz von 
wäßriger Harnstoff lösung (Konzentration !/, Molj/Liter). 


Zeitsche, f. wiss. Phot. 24. 


161 


ne 3; 4. 5. 6. 7. 
a) | b) 
Ai 0,00 315 |296 | | 278 0,000 o | 296 0 | 0,000000 
N N 
déi 387 __| 367 _|347|0,00305] 9| „ | 71 27 
al 477 |457 |438 595| ©0|316| 141 53 
30, 546 526 506 872| I| „ 209 78 
40 613 \ 593 \ 573 0,0114 | 3| » | 274 | 0,000104 
50| 676 | 656 | 636 139 | 5| » | 335 127 
60 754 [734 |714 163 | 7|335| 392 148 
' 70! 814 \ 794 W 186 | 9| » | 450 171 
Ja 848 \ 828 0,0208 | ı1| „ | 502 190 
WI oa e 882 230 | 13| „ | 554 209 
1,00 974 | eet | 933 250 | 16| „ | 602 228 
20 1093 | 1072 | 1051 288 | 22 |355 | 695 266 
40! ës ` 1164 ` 1143 0,0324 | 28| „ | 78r 296 
b0 1293 | 1272 [1251 357 | 37| » | 86: 333 
e 1374 1332 388 | 43|374 | 936 357 
2,00 | 1450 1408 0,0417 | 50| „ |1005 380 
58'j 20} 1541 | 1520 444 | 58 |394 | 1068 407 
Iw 1610 1588 1567 469 | 65) „ |1129 429 
| bo | 1673 \ 1651 \ 1630 493 | 72| „ |1185 452 
ı Bo! 1734 1712 1690 0,0515 | 78| „ | 1240 471 
‘3,00 | 1791 | 1769| 1747 536 | 85| „ |1290 490 
| ew 1867 | 1846 | 1824 556 | 95 |413 | 1338 509 
| = 1969 | 1947 | 1926 592 | 108| „ | 1426 543 
‚4,00 | 2060 | 2037 |2015 0,0625 |120| „ |1504 570 
I |ör Seit vö|rb ròl 
| 440 2165 | 2143 SE 0,0655 | 135 |433 | 1575] 0,000 599 
ı do, 2243 \ 2221 \ 2199 682 | 147 | „ |1641 623 
540 | 2345 | 2323 | 2301 0,0718 |164 | „ | 1726 657 
ei ee 2460 | 2438 I 2415 750 |184 | 452 | 1802 684 
e (200 42,00)ocm wäßrige Harnstofflösung (Konzentration !/, Mol/Liter); Zusatz von destilliertem Wasser. 
gd 1691 |1669| 1647 0,0500 | 74 | 394 | 1201 | 0,0004 56 
' 4,80 1899 1856 568 | 98 |413 |1367 521 
‚4,00 2057 |2035 | 2013 0,0625 |120| „ |1502 570 
| | ör dr | af fo | rb ròl 
13,60 2171 en 2126 0,0658 | 136 | 433 | 1580 | 0,00060 
| 20 2277 |2255| 2232 694 | 153| „ | 1669 65 
2,80 2396 |2373| 2351 0,0735 |172| „ | 1768 67 
| 40 2552 [2529] 2506 781 | 200 |452| 1877 zı 
‚1,00 2707 |2684| 2660 0,0833 | 229 | vw | 2003 76 
lo! 2910 [2887| 2863 893 |271 |472 | 2144 81 
| 40 3013 |2989| 2965 926 | 294| , |2223 84 
20 3150 |3125| 3100 0,0962 | 325 | 491 | 2309 88 
1,00 3270 sl 3220 0,1000 |352| „ |2402 St 
"obs 3403 [3378] 3353 1042 |387| „ | 2500 95 
0,60 3572 |3547| 3521 1087 | 431 | sıı | 2605 99 


162 Barth. 


gemacht und die Ränder der Minima in der oben (I. Teil) angegebenen 
Weise notiert. 

Als Beispiel für die Berechung einer derartigen Untersuchung 
ist die Tabelle I angefügt. 

Die erste Spalte gibt die Temperatur des Bades und damit der 
Kammerflüssigkeit an. Die Temperatur ist während eines Versuches 
möglichst konstant zu halten. Eine Änderung der Temperatur um 
0,4° ändert den Wert der Einstellung um weniger als 4 Skalenteile.') 

Die zweite Spalte gibt die zum ursprünglichen Kammerinhalt 
zugesetzte Menge der zweiten Flüssigkeit an, unter I die zugesetzte 
Menge der Harnstofflösung, unter II des Wassers. 

Die breite Spalte 3 enthält die Einstellwerte; die einander ent- 
sprechenden Werte stehen in schräger Spalte untereinander. Die 
zur Berechnung verwendeten Zahlen, jeweils die mittelsten, sind 
umrandet. Außerdem sind für die Konzentration 0,0625 Mol/Liter, 
die sowohl unter I wie unter II vorkommt, die Randfarben ange- 
gegeben, so daß sich die hier untereinander gestellten Werte ent- 
sprechen: 


2060 2037 2015 
(ër dör| |öf rò] |rò röj 
2057 2033 2013 


(ër Gel |df fèl |rò rbl 


Die Übereinstimmung der beiden Reihen bis auf 3 Skalenteile 
bedeutet einen prozentualen Fehler von weniger als 3/3000 Di = O1 Yo 
Bei den anderen Versuchen ist die Übereinstimmung zum Teil etwas 
schlechter, der größte Fehler ist aber stets kleiner als to Skalen- 
teile; der dem entsprechende prozentuale Fehler von !/, °/, wurde 
dann als Maximalfehler festgesetzt. Darin sind die sämtlichen Fehler- 
quellen (Temperaturänderung, Titrationsfehler, Verdunstungsfehler) 
enthalten. 

In der vierten Spalte ist die Konzentration in Mol/Liter ange- 
geben, berechnet aus der Spalte 2. 

In der fünften Spalte sind die aus der allgemeinen Eichkurve 
abgeleiteten Korrektionswerte unter z verzeichnet, berechnet nach 
Tabelle I für die umrandeten Ablesungen der Spalte 3. 

Spalte 55 enthält die Summe der Korrektionen für den Wechsel 
der Minima (o. 19,5, wo g die Anzahl der Wechsel, 19,5 den Gitter- 
wert für die Nullstellung 300 ist) und der Korrektion, die alle Werte 
auf den Anfangswert Null bezieht, so daß diese Spalte den Ausdruck 


1) Vgl. dazu Langenstraß, a.a., O., Seite 14. 


II. Die Untersuchung sehr verdünnier Lösungen. 163 


(296 Lu, 19,5) angibt. Sämtliche Korrektionen der beiden Spalten 
5a und 55 sind von den abgelesenen Werten abzuziehen. 
Spalte 6 enthält die endgültigen Werte der Skalenteile c, für 
die die Beziehung 
dn = E, do 
Gültigkeit hat. 


Tabelle II. 


Eichkurven für Kaliumchlorid und -nitrat; für Quecksilberzyanid. 


164 Barth. 


Spalte 7 enthält schließlich die Größe 
An = 3,80 - LO Tell, 
d. h. die Differenz der Brechungsindizes von Harnstofflösung und 
Wasser. 

In der Tabelle II sind die den Spalten 4 und 6 von Tabelle I 
entsprechenden Werte für Kaliumchlorid-, Magnesiumsulfat- und 
Merkurizyanidlösung angegeben. 

Trägt man die so erhaltenen Werte für die verschiedenen 
Salze graphisch auf, so stellen sich die Eichkurven für Harnstoff 
und Merkurizyanid als gerade Linien dar; dies spricht wieder für 
die Richtigkeit der Korrektionswerte F, die im 2. Abschnitt des I. Teiles 
erhalten wurden. 


Qa--------- -NS 


Fig. 2. 


Dagegen folgt aus der graphischen Darstellung der Eichkurven 
für Kaliumchlorid und mehr noch für Magnesiumsulfat, daß diese 
in der Nähe des Nullpunktes gekrümmt sind und zwar konkav nach 
der Achse der Konzentrationen c. 

Dieser Unterschied im Verhalten wurde auch rechnerisch be- 
stätigt. 

Nach der graphischen Darstellung liegen die Verhältnisse, über- 
trieben gezeichnet, wie in Fig. 2. Die Eichkurve wird dargestellt 
durch den Kurvenzug OWG; vom Nullpunkt O an beginnend ist 
sie gekrümmt bis zum Punkte W; von hier ab läuft sie in eine 
Gerade aus. 


t) Vgl. diese Zeitschrift 1926, S. 158. 


II. Die Untersuchung sehr verdünnter Lösungen. 165 


Es wird die Gerade gesucht, die sich nach der Methode 
der kleinsten Quadrate ergibt für alle Wertepaare (c, o), die 
nicht „dicht“ bei dem Nullpunkt O liegen, also für alle ce > AO, 
ez OB, wo OA und OB die Koordinaten des Punktes W sind. 

Die Gleichung der gesuchten Geraden CDG sei 


ar 4 b— y m 0O. 
Sind (2,, Yo) je zwei zusammengehörige, experimentell bestimmte 
Werte, die mit gewissen Fehlern behaftet sind, so wird 

“xy rd, Y, 


wo v eine von Null verschiedene Zahl bedeutet. Es seien a, und A. 
die aus zwei beliebigen Wertepaaren (z, Yoh u. (2, oh bestimmten 
Konstanten, deren nach der Methode der kleinsten Quadrate wahr- 
scheinlichsten Werte a und A gesucht sind. Man setzt dann 


amd & 
a (1) 
und es folgt: 
(aa + e)z tb d: Eft ZK 
Dies quadriert, über alle (z,, y,) summiert und partiell nach e und 
3 differentiert ergibt die beiden in e und £ linearen Gleichungen: 


L.A _ ta sde + [28 - [200 — aen — Al 
E er = De + 8 — D da to — Al 


wo in bekannter Weise die eckign Klammern [] die Summation 


ausdrücken: 
[4 =Z A4. 


Setzt man nach der Theorie diese beiden Gleichungen gleich Null, 
so läßt sich im allgemeinen aus ihnen e und £ in einfacher Weise 
berechnen. Dann folgen sofort mit Hilfe der Gleichungen (1) die 
wahrscheinlichsten Werte für a und A 

Falls die Eichkurve in der Nähe des Nullpunktes nicht ge- 
krimmt ist, wird 


b= OU. 


Für den Fall, daß die Eichkurve so wie in Fig. 2 gezeichnet ver- 
läuft — dies sollte nach der graphischen Darstellung für Kalium- 
chlorid und Magnesiumsulfat der Fall sein —, wird 


ő > 0. 


166 Schaum und Barth. 


Es ergab sich in der Tat: 
KCI: 0,02 < c < 0O,I; = 10 
MgSO,: 0,02 < c < 0,05; Č = 40 
CONNH,),: 0,02 < c < 0,1; ġ=2 
Hg (CN): 0,02 < c < 0,05; d=-1. 

Eine Erklärung für dieses auffällige Verhalten, das offenbar 
seinen Grund in der Unterscheidung Elektrolyt — Nichtelektrolyt 
hat, abzugeben, scheint erst dann zweckmäßig, wenn mehr Beob- 
achtungsmaterial, insbesondere über die zwischen starken Elektro- 
lyten und Nichtelektrolyten stehenden Salzarten, vorliegt. 

Es sollte hier lediglich gezeigt werden, eine wie einfache und 
genaue Methode man in der interferometrischen zur Untersuchung 
sehr verdünnter wäßriger Lösungen zur Verfügung hat. 


Ill. Die Verfolgung des Veriaufs chemischer Reaktionen mit dem 
Zeiss-Löweschen Flüssigkeitsinterfoerometer. 


Von 
Karl Schaum und Walther Barth. 


Daß es mit dem Interferometer möglich ist, den Verlauf che- 
mischer Umsetzungen zu beobachten und zu verfolgen, folgt sofort 
aus den Ergebnissen der Mitteilungen I und II. Es wurde dort ge- 
zeigt, daB mit Hilfe der allgemeinen Eichkurve zwischen der Kon- 
zentration c und dem reduzierten Skalenteil e die Beziehung 

Ces E, 

gültig ist, und zwar ganz exakt für Nichtelektrolyte, mit sehr großer 
Annäherung für Elektrolyte. Setzt man das Gesetz von Biot und 
Arago, daß die Brechkräfte sich addieren, voraus — und die Er- 
gebnisse des vorigen Abschnittes sind gewissermaßen eine Be- 
stätigung dieses Gesetzes —, so kann man in die Gleichungen des 
Massenwirkungsgesetzes, die den Verlauf chemischer Reaktionen 
regeln, an Stelle der Konzentration c die Größe E, co, d.h. den 
reduzierten Skalenwert einführen, ohne daß sich damit der alge- 
braische Charakter der betreffenden Gleichungen, abgesehen vom 
Auftreten der neuen Konstanten $, ändert. Somit. kann man aus 
der Änderung des reduzierten Skalenwertes o mit der Zeit auf die 
Ordnung der betreffenden Reaktion schließen. 


III. Die Verfolgung des Verlaufs chemischer Reaktionen usw. 167 


Zur Methode selbst sei folgendes bemerkt: 

Das Zusammenbringen der beiden Flüssigkeiten, das die Reak- 
tion auslöst, erfolgt stets in der Kammer. 

Die Vergleichsflüssigkeit, die annähernd denselben Brechungs- 
index wie die Reaktionsflüssigkeit haben muß, damit eine Ein- 
stellung möglich ist, muß stets vorher ausprobiert werden; am zweck- 
mäßigsten wählt man hierzu die Grundlösung, die in die Reaktions- 
kammer kommt, natürlich ohne die eine der reagierenden Substanzen 
zuzusetzen.!) 

Als andere Vergleichsflüssigkeiten kommen besonders in Betracht 
Lösungen von Kalium-, Natriumchlorid, Salpeter u. a. 

Die die Reaktion auslösende Flüssigkeit wird erst zugesetzt, 
nachdem völliger Temperaturausgleich erfolgt ist. 

Der Beginn der Reaktion kann nie beobachtet werden, denn 
bei Zusatz der die Reaktion auslösenden Flüssigkeit treten infolge 
der zunächst herrschenden Temperaturungleichheit, bewirkt durch 
die stets vorhandene Temperaturdifferenz zwischen der in der Kammer 
befindlichen und der zugesetzten Flüssigkeit, ferner durch das Auf- 
treten von Mischungs-, Verdünnungswärme usw., stets gekrümmte, 
undeutliche Interferenzstreifen auf, so daß brauchbare Ablesungen erst 
nach ein bis drei Minuten möglich sind. 

Der Anfangswert der Reaktion in Skalenteilen ist daher nie 
zu ermitteln.?) 

Geht man jedoch von bekannten Anfangskonzentrationen c), 
Co Cu... aus, und sind o,, Gan Oz ... die entsprechenden unbekannten 


}) Beispiel: Verseifung. 

linke (Reaktions-) Kammer rechte 
2,00 ccm Lauge + 4,00 cm dest, Wasser 2,00 ccm Lauge + 6,00 ccm dest. Wasser 
Nach Temperaturausgleich: + 2,00 ccm Esterlösung. 

3) Bei dem einen Beispiel, der Verseifung, gelang die Ermittelung eines schein- 
baren Anfangswertes, der jedoch für die Berechnung nicht benutzt wurde, auf folgende 
Art: Während der Reaktion waren die Kammern wie folgt gefüllt: 

links: ı ccm Lauge rechts: ı ccm Lauge 
ı ccm Esterlösung 7 ccm dest. Wasser 
6 ccm dest. Wasser 

Setzt man das Gesetz von Biot und Arago voraus, so erhält man als An- 

fangswert offenbar den Skalenwert für die folgende Kombination: 
Kammer links: ı ccm Esterlösung rechts: dest, Wasser 
7 ccm dest, Wasser 

Der so ermittelte Wert stimmte ganz gut zu den ersten Ablesewerten. 

In anderen Fällen ist diese Schlußweise nicht gestattet, so z. B. wenn bei dem 
Vermischen der Lösungen eine Ionenreaktion erfolgt (Beispiel Nitroäthan). 


168 Schaum und Barth. 


Anfangswerte in reduzierten Skalenteilen, bezogen auf den Endwert 
der Reaktion als den Skalenwert Null, so ist offenbar 
Ca Cgil e e m ii dain, 

Der Endwert der Reaktion läßt sich stets ermitteln, indem man, 
wenn die Reaktion nur noch langsam fortschreitet, die Kammer mit 
der Reaktionsflüssigkeit längere Zeit einer höheren Temperatur 
(40—50°) aussetzt.!) Ändert sich der Einstellwert nicht mehr, so ist 
der Endwert erreicht, Man bezieht dann sämtliche Ablesungen auf 
den Endwert als den Wert o. 

Reaktionen, die zu schnell verlaufen”, können nicht gemessen 
werden, trotzdem sie bisweilen deutlich erkannt werden. Den er- 
haltenen Zahlen aber scheint, da sich Anfangs- und Endwert nur 
um wenig (20 Skalenteile) unterscheiden, eine zu große Ungenauig- 
keit anzuhaften, wenigstens ließen sich derartige Versuche, z. B. 
die thermische Beeinflussung wäßriger Lösungen von Acetessigester, 
nicht zu einwandfreien Schlüssen gebrauchen.’) 

Zu langsam. verlaufende Reaktionen sind ebenfalls zur Unter- 
suchung ungeeignet, infolge der äußeren Temperaturschwankungen, 
die nie ganz abzustellen sind. 

Für derartige Untersuchungen chemischer Reaktionen ist natür- 
lich während eines Versuchs die Temperatur möglichst konstant zu 
halten. Ferner können nur bei gleicher Temperatur verlaufende 
Reaktionen verschiedener Konzentration miteinander verglichen 
werden. 

Untersucht wurden zwei Reaktionen: die Umlagerung des Nitro- 
äthans 


HCI 
CH,- CH = WEE CH, + CH, NO, 


!) Um in diesem Falle ein Verdunsten zu vermeiden, müssen die Kammern 
dicht verschlossen werden, was man erreicht, wenn die Deckel mit Vaseline ab- 
gedichtet werden. Außerdem füllt man die Kammer stets bis fast zum Rande. Bevor 
die Kammer, nachdem sie längere Zeit einer höheren Temperatur ausgesetzt war, 
wieder in das Interferometer gebracht wird, schüttelt man kräftig um. 


2) Z. B. die Reaktion 


CH, - CH, WO, g2 


3) Immerhin kann man als Praktikumsaufgabe den monomolekularen Verlauf 
der Acetessigester-Umlagerung mit Hilfe der ı cm- und der 4 cm-Kammer an Lö- 
sungen mit der Konzentrationen 4 und 1 feststellen lassen. Thermische Nach- 
wirkungen zeigt auch deutlich das Acetylaceton, nicht aber Aceton, Dimethylketon u. &. 


JI Die Verfolgung des Verlaufs chemischer Reaktionen usw. 169 


und die Verseifung von Methylacetat durch Natronlauge. Benutzt 
wurden stets einander äquivalente Lösungen. 

Zur Bestimmung der Ordnungen dieser Reaktionen — die übrigens 
längst bekannt sind — wurde die von W. A. Noyes zuerst benutzte 
Beziehung angewandt: bezeichnen € und 2, die Zeiten, für die bei 
zwei Versuchen mit den Anfangskonzentrationen Ca, und Ca, die 
gleichen Bruchteile umgesetzt sind, so ist die Ordnung der Reaktion 

In te/t, N 


Für die unimolekulare Reaktion sind diese Zeiten 6 und 4, un- 

abhängig von den Anfangskonzentrationen; hier gilt 
Ca,:Ca,=(,:6,, 

wo C und C, die noch vorhandenen bzw. die umgesetzten Mengen 

für gleiche Zeiten bedeuten. 


Tabelle I. 

Nitroäthan. 
Kammer: I cm 4cm 
Ca: 0,0708 0,0223 


Ca, D 0,0708 


Ge 4x0 — 0765 


wenn man die verschiedenen Kammerlängen berücksichtigt. Der 
Quotient C/C, ist in der vierten Spalte angegeben. Die Über- 
) Vgl. R. Kremann, Wiener Monatsh. 27. 620. 1906. 


D Logischer wäre das Festhalten an Konzentrationen, unter Division der C,-Werte 
durch 4. 


170 Schaum und Barth. 


einstimmung ist eine sehr gute, abgesehen für große Werte 
von £. 
Für die bimolekulare Reaktion erhält man aus der Beziehung 


von Noyes 
Ca, :Ca, = rh, 


wo 4 und 4 die Zeiten sind, nach denen gleiche Bruchteile der 
Anfangskonzentrationen Ca, und Ca, umgesetzt bzw. noch vorhanden 
sind. Bei den in Tabelle II angeführten Versuchen ist 


0,111 
„ Ca, /Ca, = Sossi T 2O. 

In der Tabelle [I sind die Zeiten 4 und 4 für die gleichen 
noch vorhandenen Mengen C angegeben, die sich natürlich wie die 
Arifangskonzentrationen, also wie 2:1, verhalten. Der Quotient je, 
kommt für ein sehr großes Zeitintervall sehr dicht an die geforderte 
Größe 2 heran. 


Tabelle II. 
Verseifung. 
Kammer: 4 cm 4 cm 
Ca: O,III 0,0551 
Zeit 
(Minuten) | C | Cs 


Damit ist gezeigt, daß sich auf `rund interferometrischer Ver- 
suche die Umlagerung von NitroätHan als eine unimolekulare, die 
Verseifung von Methylacetat als bimolekulare Reaktion ergibt. Bei 
Benutzung der von van’t Hoff aufgestellten Formel!) erhält man 


1) Kremann, 2.2.0. 


Kögel und Steigmann. Über das Wesen der optischen Sensibilisierung. 171 


das gleiche; da diese Formel jedoch keine strenge Gültigkeit hat, 
wenigstens in der Form, wie sie angewendet wird, so wurde hier 
die Noyessche Formel vorgezogen. 

Versucht man die Reaktionskonstante für verschiedene Zeiten 
zu bestimmen, so zeigt sich, daß diese Größe einen Gang aufweist. 


Gießen, Physikalisch-chemisches Institut, Januar 1926. 


Über das Wesen der optischen Sensibilisierung. 
II. Teil.!) 
Wasser als Sensibilisator. 
Von 
G. Kögel und A. Steigmann. 


Die photographische Dehydrierungs-Hydrierungstheorie von 
G.Kögel u. A. Steigmann?) fand ihre Grundlage in dem Me- 
thylenblaueffekt, der sehr deutlich nicht nur bei den Thiazinfarb- 
stoffen, sondern auch bei verschiedenen Akridinfarbstoffen, ferner 
bei Flavindulin, Dizyanin, Orthochrom I, Thioflavin I, Erythrosin, 
Eosin, Rose Bengale und Phenosafranin nach Eingang geeigneter 
Gelatinen beobachtet wurde. Die reinen, silbersalzfreien Thiazin- 
farbstoffe zeichnen sich vor allen anderen erwähnten Farbstoffen 
durch ihre eminente Lichtempfindlichkeit aus. Da Methylenblau, 
mit dem hauptsächlich gearbeitet wurde, nach den Arbeiten von 
G. Kögel und den späteren von A. Steigmann (Entdeckung 
des Methylenblaueffektes) durch Licht unzweifelhaft beschleunigt 
hydriert wird und diese Hydrierung bereits sehr gut und deut- 
lich durch den labilen Wasserstoff von Gelatinemolekülen bzw. 
Gelatinebestandteilen bewirkt wird, und zwar bei allerkürzesten 
Sekundenbelichtungen, so war damit nicht nur die hohe Emp- 
fndlichkeit des Methylenblaus bewiesen, sondern gleichzeitig auch 
das Sensibilisierungsvermöger -r Gelatine’), das von Gelatine 


1) Diese Zeitschr. 24. 18. 1926 

2} Phot. Ind. Heft 42, 43 u. t 1925). 

3) Nach vorläufigen Versuchen kaum oder völlig unabhängig von den py-Werten 
der Gelatinen. Der sensibilisierende aktive Wasserstoff kommt jedoch schwerlich von 
den Thiocarbamiden, die Sheppard entdeckte, da der Methylenblaueffekt auch in 
halogensilberhaltiger Gelatine auftritt, wo durch Reaktion mit dem Halogensilber 
(Sheppard) die Thiocarbamide längst verbraucht sind, 


172 Kögel und Steigmann. 


zu Gelatine wechselt und in Beziehung zu deren photographi- 
scher Güte stehen kann. — Da wir die früher beschriebene Oxy- 
dationsbeschleunigung von alkalifreien Entwicklern?) durch belich- 
tetes Bromsilber ohne Bedenken als Dehydrierung auffassen dürfen ?), 
wir also annehmen können, daß die Silbersalze ebenfalls, und zwar 
im Lichte beschleunigt, Wasserstoff aktivieren, so war damit die 
Brücke vom Farbenausbleichverfahren zur Silbersalzphotographie 
geschlagen. Inzwischen haben sich neue Stützpunkte für die Fähig- 
keit, besonders der belichteten Silbersalze, Wasserstoff gegebener 
Sensibilisatoren zu aktivieren, auffiinden lassen. Es ist bereits be- 
kannt, daß die Leukobasen vieler Desensibilisatoren nach Lüppo- 
Cramer nicht mehr desensibilisieren, sondern im Gegenteil wenig 
gereiftes Halogensilber in seiner praktischen Empfindlichkeit steigern. 
Sie sensibilisieren also. Fragen wir uns nach der Ursache der 
Sensibilisierung, so stoßen wir unbedingt auf den labilen Wasser- 
stoff der Leukobase, ‘durch dessen Aufnahme aus dem Farbstoff- 
desensibilisator (Lüppo-Cramerscher Desensibilisator) ein Sensibili- 
sator wird. Es ist also ziemlich offensichtlich, daß es nur der labile 
Wasserstoff der Leukobase sein kann, welcher sensibilisiert, indem 
er das Halogensilber gemäß der Formel 


2 Ag Hal + 2H (aktiv) = Ag, + 2H Hal 
reduziert.?) 

Wir haben nun gesehen, daß belichtetes Methylenblau den 
Wasserstoff der Gelatinesensibilisatoren aktiviert und akzeptiert, und 
zwar bei verschiedenen Gelatinen in so ausgiebigem Maße, daß ein 
deutliches Ausbleichen bemerkbar wird. Da die belichteten Silber- 
salze ebenfalls Wasserstoff aktivieren und akzeptieren (s. obige Formel), 
ist nicht daran zu zweifeln, daß der Gelatine nicht nur gegenüber 
den Farbstoffen, sondern ganz besonders auch gegenüber den Silber- 
salzen die Rolle eines wasserstoffliefernden, also reduzierenden Sen- 
sibilisators zufällt. 


Die bisher kurz skizzierten, teilweise rekapitulierten Fälle sind 
als direkte Sensibilisierungen anzusprechen, während die optische 
Sensibilisierung bei gleichem Chemismus 


2 Ag Hal + 2H(aktiv) = Ag, + 2H Hal 


1) Zeitschr f, wiss. Phot, 24. 1. 18. 1926. 

2) Sie tritt auch cei halogenfreien Silberverbindungen auf, kommt also nicht 
etwa durch abgespaltenes Halogen zustande. 

3) Siehe auch R, E, Liesegang, Phot. Archiv 86. 17. 1925. 


Über das Wesen der optischen Sensibilisierung. 173 


als durch die optischen Sensibilisatoren vermittelt aufzufassen ist. 
Nach unserer Theorie der optischen Sensibilisierung aktiviert der 
belichtete Farbstoff labile Wasserstoflatome der Gelatinesensibilisa- 
toren. Einen Teil derselben verbraucht er zu seiner eigenen Hy- 
drierung, einen großen Teil gibt er jedoch an das Halogensilber 
weiter, das sich dabei reduziert. Dieser Vorgang der vermittelten 
Sensibilisierung erscheint zunächst ziemlich hypothetisch. Berück- 
sichtigt man aber, daß Adsorption des desensibilisierenden Farb- 
stoffes durch das Bromsilber (Eder), also sehr innige gegenseitige 
Berührung, Erfordernis für eine gute Sensibilisierung ist, so scheint 
eine vom lichtempfindlichen Farbsensibilisator angeregte Reaktion 
sehr wohl das Halogensilber in Mitleidenschaft ziehen zu können. 
Daß die belichteten Farbstoffe den von ihnen aktivierten Wasser- 
stoff zu einem großen Teil an andere Wasserstoflakzeptoren weiter- 
geben, ist aus Versuchen mit farbenempfindlichen (also nicht nur 
schlechthin lichtempfindlichen) Leukobasen, z. B. dem grünempfind- 
lichen Leukorhodamin 69, ersichtlich. Die reine, weiße Leukobase 
ist zweifellos nicht farbenempfindlich. Was ihr die Farbenempfind- 
lichkeit verleiht, sind sicher Rhodaminspuren. Durch grünes Licht 
aktivierbar ist also" our der in Spuren vorhandene Farbstoff, das 
Rhodamin 69. Im belichteten aktivierten Zustand aktiviert es seiner- - 
seits den Wasserstoff der Leukobase, den es zu einem wesentlichen 
Teil an den Sauerstoff der Luft oder sonst einen Wasserstoffakzeptor 
weitergibt. Wäre das nicht der Fall, würde der Farbstoff allen 
aktivierten Wasserstoff selbst akzeptieren, so würde eine sichtbare 
Reaktion der Leukobase im Licht nicht stattfinden. Es würde 
ebensoviel Leukobase aus dem in Spuren vorhandenen Farbstoff 
neugebildet, als Farbstoff aus der Leukobase entstehen würde. Das 
ist nicht der Fall: Die Farbstoffbildung herrscht unter dem Einfluß 
des Lichtes entschieden vor, da der im Überschuß aktivierte Wasser- 
stoff nicht zur Rückbildung der Leukobase aus dem vorhandenen 
und entstandenen Farbstoffe verbraucht wird, sondern zur Reduk- 
tion des Luftsauerstoffs oder eines anderen Wasserstoffakzeptors. 
Wenn wir also hören, daß ein Farbstoff, z. B. ein optischer Sensi- 
bilisator, andere mit ihm adsorptiv verbundene Körper in die von 
ihm angeregten photochemischen Reaktionen einbezieht, so werden 
wir das durchaus begreiflich, mindestens erwägungswert finden. 
Merkwürdigerweise führt von der optischen Sensibilisierung photo- 
graphischer Schichten ein vorgezeichneter Weg zur Kohlensäure- 
assimilation der Pflanzen. Auch Chlorophyll ist nach den Unter- 


174 Kögel und Steigmann. 


suchungen, hauptsächlich von Eder, ein guter optischer Sensibili- 
sator für Bromsilberkollodion, aktiviert also, in konsequenter Ver- 
folgung unserer Theorie, Wasserstoff, den es auf das Bromsilber 
überträgt. Gerade im farbigen Licht kann der Wasserstoff von der 
selbst photoaktiven Nitrozellulose kaum herrühren. Er dürfte also 
höchstwahrscheinlich vom Wasser der Luft (Feuchtigkeit) ent- 
nommen sein. Damit komme ich zu der Schlußfolgerung, daß 
auch das Wasser ein Sensibilisator ist. Bevor ich den einfachen, 
experimentellen Beweis antrete, möchte ich meine Vorstellung über 
die Kohlensäureassimilation vervollständigen. Das Chlorphyli nimmt 
mit der Bestrahlung Lichtenergie auf und aktiviert mit dieser Energie 
den Wasserstoff des Wassers, dessen pp sicher eine wesentliche 
Rolle spielt. Wir kommen zunächst zu folgender Vorstellung: 

I. Chlorophyll (lichtaktiviert) + 2H,O = Chlorophyll (inaktiv) 
+ 2H (aktiv) + H,O,. 

2. (Chlorophyll + adsorbierte) HCO, + 2H aktiv = H +H,0,. 

3. 2 H,O, (+ Katalasen) = 2H,0 +0, 
oder H,CO, +2H,0 HO + 2H,0 + O,. 
E verlangt (Willstätter), 
wird mit der Reduktion von ı Molekül Kohlensäure ı Molekül 
Sauerstoff entbunden. Lassen sich die vorgetragenen Anschauungen 
endgültig bestätigen, so erlangen damit die alten „Assimilations- 
modelle“ — ultraviolett bestrahlte Systeme von Kohlensäure und 
Wasser, die in schlechter Ausbeute ebenfalls zu Formaldehyd führen, — 
erneut Bedeutung, besonders wenn es gelingt, einen ebenfalls Kohlen- 
säure adsorbierenden ev. an Lipoide gebundenen Farbstoff zu finden, 
der in gewissen Spektralgebieten die Stelle des kolloiden Chloro- 
phylis vertreten kann und auf Wasser als Sensibilisator reagiert. 

Was berechtigt nun zur Behauptung, daß Wasser ein Sensibili- 
sator ist? Gerade für das biologisch so äußerst interessante Chloro- 
phyli konnte der direkte Beweis noch nicht erbracht werden. Seine 
wichtigsten Funktionen, z. B. die der Kohlensäurebindung, sind 
außerhalb des organischen Kolloidverbandes alteriert. Der Wasser- 
stoff, den das reine Chlorophyll im ersten Augenblick der Belich- 
tung aus dem Wasser frei machen kann, findet keine ebenso zu- 
gängliche Kohlensäure vor, wie im lebenden Blatt, er wird sich 
also gar nicht von der OH-Gruppe des Wassers losreißen bzw. 
wieder spontan mit ihr unter Wasserbildung reagieren. Nach dem 


Wie es der Assımilationskoefhizient 


Über das Wesen der optischen Sensibilisierung. 175 


über andere Farbstoffe Mitgeteilten wäre an eine Hydrierung des 
Chlorophylis selbst zu denken. Die Ausbleichversuche sprechen 
jedoch keineswegs für eine solche Annahme, da Chlorophyll ganz 
außerordentlich schwer auszubleichen ist. Es scheint mit dem von 
ihm aktivierten Wasserstoff selbst überhaupt kaum zu reagieren!), wie 
dies viele andere photoaktive Farbstoffe tun; es verbraucht also keine 
Energie für Eigenreaktionen und gibt scheinbar den ganzen akti- 
vierten Wasserstoff an die von ihm adsorbierte Kohlensäure weiter. 
Es wird dadurch wahrscheinlich, daß durch die Chlorophylisensi- 
bilisierung im lebenden Blatt die bestmögliche Ausbeute an Licht- 
energie erzielt wird. Daß die kolloidchemischen Verhältnisse im 
Blatt eine ganz außerordentliche Rolle spielen, ist anzunehmen. 
Auch bei der optischen Sensibilisierung durch Chlorophyll ist Ad- 
sorption durch das zu reduzierende Halogensilber erforderlich. Da 
diese, wie Eder vermutet, durch Gelatine verhindert wird, sind 
Gelatinehalogensilberemulsionen mit Chlorophyll nicht oder nur sehr 
schwer sensibilisierbar. Weiter auf diese interessanten Aufgaben 
und Probleme einzugehen, wäre verfrüht. Vorläufig war ich mit den 
Experimenten auf das so außerordentlich interessante und äußerst 
photoaktive Methylenblau angewiesen, von dem ich zeigen konnte, daß 
es mit Leitungs- und Leitfähigkeitswasser reagiert. Eine Betrachtung 
unterer Rongalit-Neosalvarsansensibilisierungen des Methylenblaus, 
also der Sensibilisierung mit Körpern, die unumstritten bereits im 
Dunkeln zur Leukobase führen, beweist, daß aus Methylenblau die 
Leukobase auch im Lichte entsteht.) Der Methylenblaueffekt (a. a. O.) 
zeigt weiter, daß die Leukobase des Methylenblaus ein gutes Reduk- 
tionsmittel ist. Wird also Methylenblau durch Wasser sensibilisiert, 
so muß bei Belichtung die Leukobase desselben entstehen. Wird 
derselben sofort Silbernitrat zugesetzt, so bilden sich Silberkeime 
und diese Silberkeime müssen, wie eine außerordentlich feine, von 
Steigmann?) ausgearbeitete Methode angibt, selbst wenn sie in 
geringsten Mengen vorhanden sind, durch Reduktion des über- 
schüssigen Silbernitrats mit Metolsulfit nachweisbar sein. Die be- 


!) Bei 6stündiger Belichtung in strahlender Sonne konnte nach Behandlung in 
Silbernitrat ev. bei Entwicklung mit Metolsulfit, auf Chlorophyligelatine der „Methylen- 
blaueffekt“ sehr flau, aber deutlich bis zu 30° Eder-Hecht beobachtet werden. Die 
teine Gelatine gab den Effekt nicht. Es sind jedoch weitere Versuche mit 
reinem Chlorophyll abzuwarten. 

H Phot. Ind. 1925, Heft 43. 

3) Chemikerzeitung 423, 1925. 


176 Kögel und Steigmann. Über das Wesen der optischen Sensibilisierung. 


lichtete Methylenblaulösung muß der unbelichteten im Kontrollglas 
in der Reduktionsgeschwindigkeit vorauseilen bzw. im Verlauf der 
Reduktion eine längere Farbenskala liefern. Da dies für das System 
Methylenblau—Wasser bei kurzen Belichtungen von 5o Sek. in 
nächster Nähe des Quarzbrenners zutrifft, ist der Beweis für die 
Sensibilisierungsfähigkeit des als Biosensibilisator so außerordentlich 
wichtigen Wassers erbracht. Für die Richtigkeit der Deutung spricht 
folgendes: Die Leukobase des Methylenblaus ist nicht nur, wie wir 
fanden, ein Reduktionsmittel schlechthin, sondern, wie Otto E. 
Langer später bestätigte, ein regelrechter photographischer Ent- 
wickler. Selbst bei starken und ausgedehnten Sonnenbelichtungen 
entsteht aus Gelatine-Methylenblauschichten oder in Salvarsan- 
Methylenblaulösungen ein Bleichprodukt, das im Dunkeln wieder 
seine ursprüngliche Farbe erhält. Diese beiden Reaktionen sind 
typisch für die Leukobase des Methylenblaus.. Das reduzierende 
Belichtungsprodukt, welches ich bei kurzer Belichtung von Methylen- 
blau—Wasser erhielt, kann also ebenfalls nur die Leukobase ge- 
wesen sein, nicht ein ganz und gar hypothetisches Spaltprodukt, 
dessen Entstehung selbst bei langen und intensivsten Belichtungen 
nicht beobachtet werden konnte. 

Für den angegebenen Versuch wurden verwendet Methylen- 
blau medicinale Höchst in Lösung 1:25000. Auf 2 (QJuarzreagier- 
gläser wurden je 5 ccm dieser Lösung entnommen, worauf eines 
der Gläser belichtet wurde, Nach der Belichtung erfolgte Zu- 
satz von I ccm einer !/ ,°/,igen Silbernitratlösung unmittelbar 
nach der Belichtung aus einer bereits gefüllten Pipette (im 
Dunkeln nach dem Löschen der Quarzlampe). Schließlich kommt 
Gelatine in die Reagenzgläser (3 ccm einer 5°/ igen Lösung) und 
nach erfolgtem Temperaturausgleich in fließendem Wasser wird den 
Röhren Metolsulfit zugegeben, I ccm einer Lösung mit ı g Metol 
und ı g Natriumsulfit (entwässert) auf 500 ccm Wasser. 

Eine Nachprüfung des nur „vorläufig“ mitgeteilten, sehr wich- 
tigen Versuches mit peinlichst gereinigtem Methylenblau wäre 
wünschenswert. 


Photochem. Institut Techn. Hochschule Karlsruhe. 


Eingegangen am 7. März r926. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K, Schaum in Gießen. 


$ r 3 Ah d ? ° 
j s & Pa Ee, $ 2, 4 Da A d 
f e y ` ww Wil d yW pa 5 E 
x f aus À W f az Gel Le 
N / y dANT a r Ex -AN F 
Aa, A b > 
Lat) La . k à 
R 


AT a 25 Kä SE 
Kr CASN 2Y IR AC 


ee 


E ZEITSCHRIFT 


wissenschaftliche Photographie 
Photophysik und Photochemie 


2 Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen 
Ge 
insbesondere von 
| H. Kayser 
a E o em, Professor an der Universität Bonn 
P 
) 
£ herausgegeben von 
K. Schaum 
` O, Ö, Professor an der Universität Gießen 


d Mit einer Tafel 


S 1926 
Fiss von Johann Ambrosius Barth in Leipzig 


Salomonstraße 18b 


De. (ne - i 
leda SE werden von allen Buchhandlungen und von der V.: a ee 


Ge x 7 Der Abonnementspreis beträgt pro Band im In- und Ausland Rm. 24. 
ei | er Portö im Inland Km. 24.80, im et Mere Ra} 125.20. 


August 1926 


7 E TE Sa \ 7 ET ei Fp PE be "ZS Lë CW 
ak ée RE Z SE Pr x BOTN ee CT A RE, 
t . e - Š Se Log 

ef ) EE e eh, 

et zg Fer O A ar KA 
zef, A l ! L Ce? O Er Pei 
T - . EN HS, E sm om s 
Si y e A , a d'Ex 5 vA 7 
Wes En ae aS = ; STS 
EN AAR, CH EE 


SET Ke | Orleineikrbaiten. | 
Max Trautz und Bernhard Scheifele, Einige Erfahrungen an der Photo- 

lyse des Jodwasserstoffgases im Licht der Quarzlampe . = «cs e s > 
NG, Kögel, Zu den Primärwirkungen der photochemischen Absorption. ge 

photochemische Transformation der Strahlung). . . © + ar a 
Karl Schaum, Über einfache Spektralapparate mit großer Lichtstärke‘IL. Über 
E | die Spektralphotographie lichtschwacher ee Bearbeitet 
E POET von Wilhelm Kraemer l 


$ 


H. H. Schmidt, Über das Wesen der ege EE und der De- 
sensibilisierung. Hierzu Tafel II 


en nn dE 


Anfragen und Manusktripisendangen sind zu richten. an 
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. 


Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren ` 
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle ‚und vollständige _ 
Berichterstattung möglich ist. 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere 77 
een welche vom Verlag EE werden, 1 5S3 


— e e E eeng d 


GLOBOSKOP] 


Modell 1925! , 


Ein neuer Apparat 
mit 2 tausendkerzigen Glühlampen 
zur Projektion von 


Papierbildern 
(namentlich Buchabbildungen u. dergl.) ` 
von geradezu | 


glänzender Leistung! 


„......... „....n.............. 


Dieser Apparat weist eine TE Bild- H 
helligkeit bei geringem Stromverbrauch, ein- Y 
fachster Handhabung und mäßigem Preis a 
: Er kann auch in größeren Hörsälen als über- 
: legener Ersatz für ein großes Bogen- 
` lampen-Episkop Verwendung finden. ` 


„........ vn... ee 


R 
SE — 


EEE pr 


$9 


m... ...... 


e 


Li 
EE E EE TE emm 


AN? 


2 


“w Ed, kiesegang, Düsseldorf Ca | 


II 


Digitized by Google a 


NM 7, 


Ben. © 


Zeitidhrift für willenichaftlidie Photographie, 
Photophylik und Photodiemie 


XXIV. Band. 1926. Heft 6. 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases 
im Licht der Quarziampe. 


Von 
Max Trautz und Bernhard Scheifele. 


Seit den wertvollen und mit reichsten Mitteln durchgeführten 
Messungen Herrn Warburgs und seiner Mitarbeiter an der Photolyse 
von Gasen sind Meßarbeiten auf diesem Gebiet für uns wenig dankbar, 
denn die Ausstattung mit den notwendigen Meßinstrumenten fehlt uns 
und ist doch zur Erzielung wesentlicher Fortschritte unentbehrlich. 

Wir haben die Photolyse des Jodwasserstoffgases zu einer Zeit 
zu untersuchen begonnen, wo eine nachträgliche Gewinnung der 
nötigen Hilfsmittel noch in Aussicht stand, und planten eine Ver- 
folgung des jedenfalls kleinen Temperaturkoeffizienten. Was wir 
an neuem gefunden haben oder was vielleicht als Vorarbeit für 
besser Ausgestattete von Wert sein kann, teilen wir im folgenden mit. 

Die Zerfallsgeschwindigkeit von HJ ohne Zusätze und mit 
solchen (H, N,, Jodabsorbentien, Jod) im nicht zerlegten Licht 
ger Quarzquecksilberlampe wurde im planparallelen Quarz- 
gefäß gemessen, die Abhängigkeit von Konzentration, Temperatur 
und einigermaßen auch von anderen Faktoren (andere Lichtart, 
Lampenentfernung usf.) verfolgt. 


A. Meßmethode. 


1. Prinzip der Messung. 


dem Nach titrimetrischen Vorversuchen mit strömendem oder ruhen- 

Ge diente zu Messungen nur die manometrische Methode. Bei 
TERN @mperatur verdichtet sich Jod bis auf den Dampfdruck von 
völligen, so daß der anfängliche Atmosphären-Druck im Gefäß bei 
Jod Zerfall auf die Hälfte sinkt. Bei höherer Temperatur bleibt das 
trisch = orori in höherer Konzentration; hier wurde manome- 
pech a Stuessen, indem das Quarzgefäß unmittelbar vor der Messung 


tica E Zimmertemperatur gekühlt wurde, so daß die Bedingungen 


` f, wiss. Phot. 24. 13 


178 Trautz und Scheifele. 


—_— nn 


die vorigen waren. Zwischen Hg-Manometer und Reaktionsgefäß ward 
eine N,-Säule in die Kapillare gelegt, um HJ vom Hg fernzuhalten. 


2. Apparat und Darstellung der Ausgangsstoffe. 


HJ aus elektrolytisch (an Ni aus Kalilauge) entwickeltem, 
reinstem H, erhöhten Drucks und Joddampf (Bodenstein, Z. f. 
physikal. Chemie 13. 1894) durch Überleiten über Pt-Asbest ge- 
wonnen, ward im Wasser zu einer Säure vom spez. Gew. 2 gelöst. Das 
Jod wurde auf 180° erhitzt, der Pt-Kontakt an der heißesten Stelle 
auf 300—400°. Aus der wäßrigen Säure ward dann später das 
HJ-Gas entnommen. H, selbst stammte aus der elektrolytischen 
Zelle; N, aus einem Entwicklungskolbeu, worin Jodlösung auf Azid- 
lösung nach Raschig einwirkte, oder aus Stahlflaschen der BASF, 
wobei aber Reinigung mit Natriumhyposulfit und Überleiten über 
glühendes Cu stattfand. 

Das Reaktionsgefäß war eine Quarzdose von 60 mm Durch- 
messer der planparallel geschliffenen und dann auf den 23 mm langen 
Zylinder aufgeschmolzenen, 7 mm dicken, vollkommen durchsichtigen 
Quarzplatten. 2 an den Enden eines Durchmessers angesetzte I mm 
weite Quarzkapillaren führten die Gase dem 69,65 ccm fassenden 
Reaktionsraum zu. 

Ein Luftthermostat von 250:200:100 mm Abmessung, aus 
Weißblech, mit Rheotan-Heizung (für 120° 4 Amp.), Asbest- und 
Filzverpackung, zwei If Thermometer, umgab das Gefäß. Zwei 
kreisrunde Öffnungen von go mm Durchmesser, mit 2 mm dicken, 
senkrecht zur Achse geschnittenen Quarzplatten von 60 mm Durch- 
messer unter Abdichtung mit Asbestringen verschlossen, lagen den 
Fenstern der Dose gegenüber. 

Das Röhrensystem oder Kreuzstück aus ı mm weiten Röhren 
verband die Manometer (mit Spiegelskale und Lupe auf or mm 
ablesbar) und Volumeter, ferner die Schwefelsäure-Gasbehälter, die 
Strahlpumpe, den HJ-Entwicklungskolben und das Reaktionsgefäß 
und war tunlichst kurz gehalten, seine Temperatur, durch einen 
Ventilator tunlichst ausgeglichen, ward mit besonderen !/,,°-Thermo- 
metern gemessen. Alle Hähne und Schliffe enthielten mit HJ vor- 
behandeltes Paraffin-Vaselin-Schmierfett. Der HJ strömte nach grober 
Reinigung durch Glaskugeln, die auf — 30° abgekühltes reines festes KJ 
enthielten und gab dabei den letzten Rest Wasser und Jod praktisch ab. 

Strahlungsquelle war meist die Hg-Stirnlampe von Heraeus, 
mit ı5 cm langem Leuchtrohr, in Achsenrichtung benutzt, meist 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 179 


mit 3,5 Amp. bei 9go—ı00 Volt Klemmenspannung belastet. Die 
Stromstärke ward auf 3°/,, die Spannung auf ı Volt genau über- 
wacht. Die Strahlung fiel durch ein 60 mm weites Rohr (für ein Ab- 
sorptionsrohr) von 100 mm Länge aufs Reaktionsgefäß. Der Lampen- 
abstand von der verdunkelbaren Einlaßblende zum Rohr ließ sich an 
einer Skale der Bank verfolgen, die die Lampe trug. Andere 
Strahlungsquellen siehe weiter unten. 


3. Arbeitsmethode. 


Nach Dichtigkeitsprobe wurden Manometer, Gefäß und zu- 
gehöriger Kreuzstückteil rein mit H, beschickt, die Vorlagen des 
Entwicklungskolbens gekühlt, er selbst mit H, gefüllt, Druck und 
Temperatur im Reaktionsgefäß bestimmt, dieses abgeschlossen und 
nunmehr Kreuzstück und Manometer mit N, gefüllt. Ins Volu- 
meter kam eine für das spätere N,-Polster geeignete N,-Füllung, 
die dann auf den geeigneten Druck gebracht ward, worauf man 
Druck und Temperatur des N,-Polsters bestimmte. Jetzt ward der 
ganze Teil der HJ-Kolbenleitung bis zum Hahn des Reaktions- 
gefäßes bis auf ı mm Druck entleert, die Hg-Pumpe abgeschlossen, 
und durch Einlassen von HJ-Säure mit der Entwicklung begonnen. 
Dabei ward der Druck mehrmals ins Reaktionsgefäß entlastet, bis 
er eine geeignete Höhe erreicht hatte, die man nach Abschalten 
des HJ-Entwicklungskolbens maß. Das Manometer mußte dabei 
natürlich langsam und vorsichtig angeschlossen werden, damit der 
N, als Polster wirken konnte. Der Druck ward dabei alles in allem 
von HJ, H, und N, ausgeübt. Man schloß nun wieder den Mano- 
meterhahn und den zum Reaktionsgefäß und zog die Schutzblende 
von der schon längere Zeit vorher eingebrannten Lampe weg. 

Bei Zimmertemperatur ward das Gefäß je nach 10—30 Minuten 
mit dem Manometer verbunden und nach r Minute Druck, Tempe- 
ratur, Stromstärke und Spannung abgelesen. Übrigens war ein 
Überdruck während der Belichtung, der bei Verdunkelung schnell 
verschwindet, ein Buddeeffekt, der im Quarzgefäß nicht ganz zu 
fehlen scheint, nicht nachzuweisen, als eine mit HJ gefüllte und 
durch einen Faden konz. HJ-Lösung verschlossene Kugel aus dünnem 
Glas der Bestrahlung ausgesetzt ward. Die Zeit vom Augenblick 
des Abblendens bis zum Beginn der Weiterbestrahlung ward mit 
der Rennuhr bestimmt, der Barometerstand stündlich abgelesen. Das 
Jod schied sich, jedenfalls wegen etwas tieferer Temperatur, auf der 
Zylinderfläche der Dose und auf der lichtabgewandten Planfläche ab. 

13* 


180 Trautz und Scheifele. 


Bei 120° („Hochtemperatur“) konnte erst etwa Io Minuten nach 
Fertigstellung der wie sonst gehandhabten Gasfüllung mit der Be- 
strahlung begonnen werden, weil das Anheizen so lange dauerte. 
Alle 60 Minuten ward abgeblendet, alles mit schwarzem Tuch ver- 
dunkelt, der Deckel des Luftbads abgenommen, das unbeschadet 
seiner dauernden Weiterbeheizung heruntergefahren und durch ein 
Eisbad ersetzt ward, worin ein kräftiger Luftstrom die Kühlwirkung 
beschleunigte. Thermometer auf !/,’ gaben die erzeugte Tem- 
peratur an. Jetzt wurden Reaktionsgefäfß und Manometer ver- 
bunden, der Druck und die Temperaturen abgelesen, die Hähne 
wieder geschlossen und nach 2 Minuten abermals geöffnet, um sicher 
zu gehen, daß die erste Ablesung auch wirklich schon nach aus- 
reichendem Temperaturausgleich stattgefunden hatte. Das Eisbad 
ward herabgefahren, das Reaktionsgefäß mit Alkohol und Äther be- 
gossen, um anhaftendes Wasser zu entfernen, das Heizbad wieder 
heraufgeschoben und nach Herstellung der hohen Temperatur weiter- 
belichtet. Diese ganze Messung dauerte jeweils etwa 10—20 Mi- 
nuten. Die Versuchsdauer betrug 3—14 Stunden. 

Am Ende einer Anzahl Versuche wurden Jod und HJ titriert. 
An den einen Auslaßhahn des Reaktionsgefäßes ward ein Quarzrohr 
mit Schliff angesetzt, das die mit H, aus dem erwärmten Reaktions- 
gefäß ausgetriebenen Gase in eine ans Quarzrohr anschließende 
Vorlage mit alkalischer KJ-Lösung führte. Zur Titration des Jods 
diente ot n-Thiosulfat, zu der des HJ or n-Sodalösung. Das Reak- 
tionsgefäß ward nach jedem Versuch gereinigt durch Erwärmen des 
Gefäßes auf 300° unter Durchsaugen eines trockenen Luftstroms, 
dem dann beim Abkühlen ein H,-Strom folgte. Nach Wieder- 
einsetzung des Gefäßes ins Röhrensystem ward das Ganze zehnmal 
mit trockener Luft und dann mehrmals mit H, gespült, dann min- 
destens 12 Stunden lang aufDichtigkeit geprüft bei Wasserstrahlvakuum. 


B. Die Messungen. 


Die manometrische Methode erlaubte den Zerfall von Anfang 
bis zu Ende zu verfolgen. Variiert wurden dabei folgende Größen: 

I. Die HJ-Konzentration zwecks Feststellung der Reaktions- 
ordnung im Gesamtlicht der Quarzlampe. 

2. Die Lichtabsorption in Wasserstoff und in Joddampf 
durch Vorschalten eines mit diesen Stoffen gefüllten Absorptions- 
rohrs (84 mm Länge, zur Hälfte 30, zur anderen Hälfte 50 mm 
Durchmesser. Quarzfenster) in das Blendenrohr. 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstofisases usw. 181 


3. Die Strahlungsintensität durch Veränderung der Ent- 
fernung zwischen Lichtquelle und Reaktionsgefäß oder durch völlige 
Verdunkelung. 

4. Die Lichtart durch Vorlegung einer Glasplatte bekannter 
Dicke oder eines planparallelen Trogs mit Wasser oder 20°/,iger 
CuSO,-Lösung oder durch Vertauschung der Quarzlampe gegen 
eine Neonbogenlampe oder eine roookerzige Wotanlampe. 

5. Die Temperatur zwischen Zimmertemperatur und 120°. 
Dabei konnte durch Einbringen von RbJ oder CsJ ins Reaktions- 
gefäß Trijodidbildung hervorgerufen, und dadurch der Joddampf- 
druck nieder und leidlich konstant erhalten werden. Ohne die Salze 
fielen die Versuche anders aus. 

6. Der Lichtweg durch Versuche mit dahintergelegtem Pd- 
Spiegel. 

7. Die Zusammensetzung desGasinhalts durch Anwendung 
von H,-J,-Gemischen, die völligem Zerfall oder Gleichgewichten mit 
merklichen Teilen aller Stoffe entsprachen, um Rückbildung oder 
Lichtgleichgewichte festzustellen. Diese Versuche wurden bei beiden 
Temperaturen gemacht. 


C. Berechnung der Messungen. 

Für die Druckberechnungen war das bestrahlte Volumen noch 
um das Gesamtvolumen der Zuleitungen bis zu den betreffenden 
Hähnen zu vergrößern; Auswägung mit Hg ergab zusammen 
70,78 ccm. 

Der Anfangsdruck P setzte sich dann bei Voraussetzung des 
Daltonschen Teildruckgesetzes zusammen nach 


P. H 
RZ T” + gn, + nn,- 


Die Molzahl se ergibt sich aus dem nach Auspumpen mit 
der Strahlpumpe übrigen Wasserstoffrestdruck a, wozu 7” gehört, 
nach 

'y 
nm, = RT ` 

Die Molzahl N, bei Versuchsbeginn im Reaktionsgefäß ist 
gleich der Gesamtmolzahl des N,-Polsters minus der bei Versuchs- 
beginn im Kreuzstück befindlichen; das Kreuzstückvolumen v, be- 
betrug dabei 6,63 ccm. Es beziehen sich 7, und P auf das 
N,-Polster. P bedeutet den Druck (auch im Kreuzstück) bei Ver- 
suchsbeginn. 7, blieb gleich. 


182 Trautz und Scheifele. 


NN, = GE e (2 — P). 
Damit gibt obige Gleichung, nach zgj aufgelöst, die HJ-Molzahl 
und somit auch die HJ-Konzentration und HJ-Druck. 

Nimmt der Druck um AP, ab (der Weiser o drückt aus, daß 
die Reduktion des Drucks auf eine Gefäßtemperatur von 0° durch- 
geführt ist), so braucht man diese Differenz nur zu verdoppeln, um 
die Abnahme des HJ-Drucks entsprechend der Gleichung 


2HJ = H, + (festes Jod) 


zu erhalten. 
Bei der Druckabnahme 4P, dringt aber die N,-Molzahl 7: 


aus dem Kreuzstück ins Reaktionsgefäß nach. Dadurch a Se 


ZA =+ 


N,-Druck in diesem um Aën, = z . AP,. Diese Zunahme des N,- 


Drucks ist durch eine doppelt so große Abnahme des HJ-Drucks 
bedingt; also wird die berichtigte HJ-Druckabnahme: 


ap}, = 24P,(1+ 2 


An den in den Tafeln stehenden HJ-Drucken und -Konzentrationen 
ist diese Berichtigung durchgeführt. 


D. Die Versuchsfehler. 


I. Adsorption des HJ im Quarzgefäß und Abweichung des 
Gases vom idealen Gaszustand sind vernachlässigt. Bei ausreichend 
genauer Messung sähe man zu langsame Druckabnahme, nament- 
lich im Beginn des Versuchs; HJ ist etwa so unvollkommen wie 
Cl, so daß also seine Konzentration bei ı Atm. rund 1,5°/, über 
der idealen liest. 

2. Wenn auch das Schmiermittel Paraffın-Vaseline sich auf die 
Dauer etwas braun färbte, so änderte doch seine Ersetzung durch 
neues Schmiermittel nichts in den Versuchsergebnissen. Hier scheint 
also kein merklicher Fehler vorzuliegen. 

3. Ebensowenig kam eine Volumenänderung des Quarzgefäßes 
in Frage. 

4. Undefiniertheit der Temperatur des Reaktionsgefäßes war 
durch das beschriebene Verfahren der Messung vermieden; solche 
beim Kreuzstück war auf ?/,,° vermeidbar. Jedoch blieb die Tem- 
peraturdifferenz zwischen Kreuzstück und Reaktionsgefäß unberück- 
sichtigt; sie betrug nach besonderen Messungen höchstens ı° und 
machte deshalb, weil das Volumen des Kreuzstücks nur !/,, von 


Emige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 183 


dem des Reaktionsgefäßes betrug, keinesfalls einen Unterschied, der 
die sonstigen Versuchsfehler überstieg. 

5. Eine geringe Undefiniertheit bedingt der im HJ-Entwicklungs- 
apparat nach dem Auspumpen mit der Hg-Pumpe verbleibende H. Rest, 
Sein gemessener Druck darin betrug ungefähr ı mm Hg; das Volumen 
des gesamten Entwicklungsapparats kam auf etwa das dreifache des 
Reaktionsvolumens. Unter dereinleuchtenden Annahme,daßderschwere 
HJ allen H, ins Reaktionsgefäß drängt, kommt es im letzteren zu einem 
H,-Druck von beiläufig 3 mm. Die prozentuale Unsicherheit dieses 
Drucks wird kaum 20°/,, also die absolute kaum 0,6 mm erreichen. 

6. Die Belastungsschwankungen der Lampe betrugen höchstens 
0,3°/,, so daß die Intensitätsschwankungen gleichfalls gering ge- 
wesen sind. Doch verringerte sich die Helligkeit der Lampe selbst, 
teils durch langsames Trübwerden des Quarzes der Lampe, teils 
durch Verschmutzen des Hg; dieser Fehler ist durch Vergleichs- 
versuche ausgeschieden worden (vgl. W.W. Coblentz, The decrease 
ın ultra-violet and total radiation with usage of quartz mercury vapor 
lamps. Journ. Amer. Chem. Soc. 43. 1921), Schwankungen der Be- 
strahlungsrichtung — Leuchtrohr senkrecht zur Gefäßfläche — wurden 
durch eine Visiervorrichtung vermieden. 

7. Der Dunkelraum des Reaktionsgefäßes betrug 1,53 ccm von 
70,78 ccm, war also mit 2°/, anzusetzen. Durch diesen Fehler 
kann also die Konstante höchstens um 2°/, zu klein werden. Eine 
Verdunkelung durch abgeschiedenes Jod war kaum anzunehmen, 
weil es sich nicht oder kaum auf der Lichtseite abschied. Das 
diffuse Licht, das bei den Hochtemperaturversuchen während des 
Auswechselns der Bäder die Zelle traf, war fast oder ganz wirkungslos; 
denn selbst die Wirkung der Ioookerzigen Lampe war gering. 

8. Die Drucke sind bis auf 0,2 mm, die Volumina auf 0,01 ccm, 
die Temperaturen auf !/,,° genau gemessen. 

9. Die Ablesezeiten ließen sich auf 5 sec angegeben, obschon 
die Rennuhr !/, sec noch festzustellen erlaubte. Doch ist die Überein- 
stimmung von Sollzeit und Ablesezeit nicht über 5 sec zu bringen gewesen. 


E. Die Messungsergebnisse. 
1. Messungen bei Zimmertemperatur. 


Die Temperaturen 7, und 7,’ wurden rechts und links un- 
mittelbar am Reaktionsgefäß gemessen, 7, im Mittelteil des Kreuz- 
stücks und 7; zwischen den Quecksilbersäulen des Manometers. 


Die Zeiten sind in Minuten angegeben; die Drucke / sind 


184 


Trauiz und Scheifele. 


die abgelesenen. Di, Ist der berichtigte, wirkliche HJ-Druck. Da- 
neben steht seine Abnahme in dem betreffenden Zeitraum. 
Spannungen sind in Volt, Stromstärken in Ampere (Weber) angegeben, Kon- 


zentrationen in Mol/Liter. 


Bar. std. 5 = 752,2 mm 
ff = 10,2 mm 


Du = 720,4 mm 
Z = 498,5 mm 
Żyj = 467,4 mm 


Versuch 1. 
Ty, Ty = 18,87°C 
Tn Ty = 18,77 
7 = 17,2 
Ze = 17,5 
7 = 18,35 


Bestrahlungsdauer 140’ 

ng, = 3,987-10”® Mol 

ga, = 8,078.10% „ 

sm = 181,7:10® „ 
CH, = 2567.107% MoljLiter 


Belichtungszeit beob. k k 
z min Pam | PHJ | 4 HJ 


498,5 467,4 
498,5 467,4 
497,9 466,1 
496,6 463,3 
495,2 460,3 
493,9 457,5 
492,0 453,4 
490,9 451,0 
489,3 447,5 
487,5 443,6 
485,0 438,1 
483,2 434,2 
481,7 430,3 
479,6 426,4 
47735 421,8 
475:9 418,3 
474,3 414,8 
471,3 408,3 
469,8 405,0 
466,9 398,7 
464,9 | 394,3 
463,2 390,6 
Versuch 2. 


Tr, ZA = 19,5° 


wo 
Ù 


Bestrahlungsdauer 144,25’ 


ZS = 100 7,77 =19,17 ny, = 3,898.10°° Mol 
Po = 658,9 Séi z 18,0 RN, = 4,891 i 1078 Lé 
Pa = 524,5 Ta = 18,5 “HI = 194,98-10° „ 
Zu = 501,9 7, = 19,0 CHj, e 2755: 107% Mol/Liter 
| k k 

H 524,5 501,9 ; 3 

9 523,1 498,9 24 

15 | 522,0 496,5 d 

sI 520,5 493,2 A 

26,5 519,6 491,2 Si 

33,5 518,1 487,9 Se 

40,25 515,6 482,4 = 

46,25 513,1 476,9 > 

52,25 512,1 474,7 f 


in m 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 135 


Versuch 2 (Fortsetzung). 


z Pam Ph | dëi 
52,25 512,1 | 4747 4,6 
59,75 | 510,0 | 470,1 To 
66,25 | 508,6 467,1 i, i 
7325 | 506,7 4630 | Sa 
80,25 5047 | 458,6 W 
87,25 502,5 | 453,8 3,3 
93,25 501,0 450,5 4,6 

100,75 498,9 445,9 48 
107,25 496,7 441,1 so 
115,25 494,4 436,1 Se 
115,25 491,9 | 430,6 > 
115,25 490,3 427,1 3,9 
123,25 488,5 | 423,2 e 
130,25 486,7 419,3 Sé 
137,25 484,0 413,4 SÉ 
144,25 482,4 409,9 f 


Zwischen 107,25 und 115,25 war die Lichtquelle abgeblendet. Die Druck- 
abnahme ist größer, als oben angegeben, weil die Blende nicht ganz lichtdicht war. 
Außerdem sank der Druck nach Verdunkelung immer etwas (0,3 mm in 10 Min.), 
um nach spätestens 30 Min. ganz konstant zu werden. Dies deutet auf kleine Tem- 
peraturdifferenzen vermöge Bestrahlung. 


Versuch 3. 
4 = 753,3 mm Th Tk = 20,5 Bestrahlungsdauer 158’ 
$ = 107 To T; = 20,4 an, = 4,131-10°® Mol 
Pd = 819,6 7” = 20,7 ny, = 2,908.10% „, 
P = 739,2 T,  =20,8 ngj = 278,8 -105 „, 
Puj = 721,0 Ke = 20,8 Cuj, = 3932-10°% Mol/Liter 


| Pam | Pu) | APH 


27,5 729,1 699,0 | F 
35,0 725,6 691,4 | e 
42,5 722,1 683,8 so 
49,5 719,8 678,8 i KE 
56,75 715,2 668,8 i 68 
64,0 712,1 662,0 | D 
71,5 709,8 657,0 j 
78,25 707,5 652,0 Se 
85,75 704,4 645,2 P 
93,75 702,4 640,8 8.9 
101,75 698,3 631,9 ` 6,3 
109,75 695,4 625,6 D 
117,5 691,8 617,7 65 
125,5 689,0 611,6 Dé 
133,5 685,1 603,1 87 
142,0 681,1 594,4 | SCC 
150,0 676,5 5844 | 70 
158,0 6733 | 5774 | i 


186 Trautz und Scheifele. 


Versuch 4. 
= ‚o mm Zu Zx = 21,0° Bestrahlungsdauer 401,5 
g = Ge 7, T; = 20,7 A, Se le Mol 
do = 716,2 7: = 19,8 iy, = Eo ar 
Pa = 442,6 To = 20,I ny = ‚9° ERBE. en 
Zum = 407,0 7, = 21,0 Cuj = 2221-10 5 Mol/Liter 
LU | | 7 
o 442,6 | 407,0 1,3 
9 442,0 405,7 2,6 
17 440,8 403. i 3,5 
24 439,2 399; 3,9 
3I 437,4 3957 4,6 
39 435,3 391,1 6,1 
46 432,5 3250 4,8 
53,5 430,3 350,2 3,9 
60,0 428,5 376,3 SÉ 
67 426,1 371,1 Aë 
74 424,0 366,5 3,3 
80 422,5 363,2 so 
86,5 420,2 358,2 3,3 
93,5 418,7 354,9 6i 
101,0 415,9 348,8 3,9 
108,5 414,1 344,9 4,6 
115,5 412,0 340,3 5,2 
122,5 409,6 335,1 3,0 
129,5 408,2 332,1 10,6 
147,25 403,3 co 3,5 
154,25 401,7 | 318,0 3,0 
160,75 400,3 | 315,0 3,9 
168,25 398,5 | 311,1 4,8 
175,25 396,3 , 306,3 3,9 
182,25 394,5 | 302,4 3,3 
189,25 3930 | 299,1 | 3,7 
196,75 391,3, 295,4 a 
204,25 389,3 | 291,0 | 17,9 
214,25 381,1 0 , 273,1 10,0 
221,25 376,5 | 263,1 | 14,6 
228,25 369,8  : 248,5 De 
235,75 3633 | 243 | reg 
241,75 i 358,3 | 223,4 | 1,7 
241,75 0 | 3575 | 2217 Ge 
241,75 357,0 į 2206 | 06 
241,75 356,7 | 220,0 | 0,0 
241,75 356,7 | 220,0 | 13,5 
248,75 | 350,5 | 206,5 10,3 
254,75 3458 ' 196,2 | 8.7 
262,25 341,8 187,5 | Se 
269,25 336,2 i 1753 10,9 
276,25 331,2 164,4 SC 
283,25 3255 152,0 7,2 
350,25 293,3 81,8 | 2.2 
357,0 292,3 79,6 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 187 


Versuch 4 (Fortsetzung). 


3 Pam 


401,5 288,8 | 


Zwischen 196,75 und 204,25 Minuten wurde die Lichtintensität geändert. Nach 
235,75 Min. und 241,75 Min. ward die Lichtquelle abgeblendet, zwischen 233,25 und 
350,25 Min. ununterbrochen belichtet. 


Versuch 5. 
b =75,ımm 7,7, = 20,7° DBestrahlungsdauer 221 
Ż = 86 Za 7; = 20,3 ap, = 3,33-10°° Mol 
Že = 5753 7” =s 20 ny, = 10,065:10% „ 
F, = 297,0 7, = 206 sn = 101,2:10° „ 
Pu) = 262,3 T, = 21 Cy= 1433: 10°5 Mol/Liter 
Mittlere Stromstärke = 3,65 Amp. Mittlere Spannung = 92 Volt. 
| 
70,75 | 236,3 129,9 SE 
77375 | 2314 119,3 SE 
85,75 | 225,7 106,9 Gre 
94,75 220,9 96,4 EN 
101,75 215,9 85,5 e 
109,5 211,6 76,1 = 
117,5 207,1 66,3 SC 
126,5 203,4 58,2 6 3 
133,5 200,5 51,9 68 
141,5 197,5 45,1 
148,5 195,8 41,6 2 
156,5 194,2 38,1 > 
164,5 192,5 34,4 = 
172,5 191,6 32,4 Së 
181 190,6 30,2 Sep 
183,25 190,1 29,1 op 
197,75 189,7 28,3 S 
205,75 189,1 27,0 > 
214,5 188,6 25,9 ka 
223 188,6 25,9 ’ 


Traulz und Scheifele. 


7, 7, = 20,2 
7” = 20,5 
2. = 21,0 
7, = 21,0 


— e — o c. E EE nn m mn 


Versuch 6. 


Tr Tr = 20,3’ à 
e 


Bestrahlungsdauer 237,25’ 
gn, = 4,677 10°°® Mol 
"y, 6,235-.10° „ 
n = 174,49 -10% „ 
Cuj = 2465,2 Mol/Liter 


Mittlere Stromstărke 3,35 
Mittlere Spannung 101 


3 | Pam | ai | Ati 


752,5 mm 
11,1 


616,6 
197,3 
147,0 


480,5 | 452,2 17,2 
472,6 | 435,0 19.4 
463,7 | 4156 12.4 
458,0 403,2 ËCH 
450,6 387,1 22,5 
440,3 364,6 17.0 
432,5 3476; 194 
423,6 328,2 19.4 
414,7 308,8 ' 168 
407,0 2920 | 185 
398,5 2735 | 161 
391,1 257,4 | 18s 
382,6 238,9 177 
374,5 221,2 | Cé 
366,1 202,9 ibi 
358,7 186,8 | 168 
351,0 170,0 | i 40 
m BET 1 13 
336,9 139,2 Ko D 
330,0 124,3 | 140 
323,6 110,2 14.6 
316,9 956 | 1113 
311,7 | 84,3 10,9 
306,7 EI | 87 
302,7 64,7 g'i 
299,0 58,6 | 6; 
296,1 52,3 4.6 
294,0 47,7 3,5 
292,4 44,2 3,0 
291,0 41,2 | SCH 
290,1 39,2 | SCH 
289,6 38,1 | 0,4 
289,4 337 | j 
Versuch 7. 


7,, 7% = 21,0° 
Ze 7; = 20,4 


= 20,6 
= 21,4 
= 20,8 


Bestrahlungsdauer 150,5’ 

gn, = 4,289. 107% Mol 

an, = 1515 ‚10° „ 

nuj = 56,795:10°® „ 

Cuj = 802,42. to" Malte 


Mittlere Stromstärke 3,47 
Mittlere Spannung 98 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 189 


Versuch 7 (Fortsetzung). 


z | Pam | Zur | Afty 
i S aaa l aa O 
0 197,3 147,0 
11 | 189,8 130,6 | i Du 
16 185,7 | 121,7 2 
23 | 181,2 111,9 4 
o | me 103,2 e? 
36,5 I 173,7 95,6 7 
43,5 | 170,3 | 88,2 7 4 
50,5 166,9 | 80,8 4 
58,5 164,3 75,1 57 
5 1623 70,7 a 
725, 160,3 66,3 ar 
795 | 159,2 63,9 E 
87,5 1578 | 609 > 
95,5 156,9 58,9 36 
Dip 155,7 563 Së 
13050101549 1 546 Se 
150,5 | 154,9 | 54,6 
Versuch 8. 
d = 752,9 mm Tr, Tk = 20,6° Bestrahlungsdauer 250,25’ 
= 12,1 7, 7; = 20,3 "X, = 4,685-10°® Mol 
A, = 605,5 Ké = 20 N, = 7,306 - 10" an 
= 403,7 T, = 20,6 2), = 144,0510% „ 
Pu) = 372,7 T, = 20,3 Co = 2035+10% Mol/Liter 
2 Pan Su | dëi 


188,75 253,3 44,8 = 
196,75 251,5 40,9 28 
204,0 250,2 38,1 3, 7 
220,75 248,5 34,4 57 
235,25 | 245,9 28,7 0.0 
255,235 | 2459 28,7 


190 Traulz und Scheifele. 


Versuch 9 
b = 750,0 mm Te Ty =21,1° Bestrahlungsdauer 138,5’ 
Pf = 128 T, 7; = 20,5 gn, = 4,946-10°° Mol 
D, > 621,1 Kä = 20,6 ny, = 14,18 .10° „ 
Pa = 228,3 T = 21,5 ny = 68,96 -ı0° „ 
Pu) = 178,7 T, = 21,0 Cuj = 974,3: 10°% Mol/Liter 


Stromstärke Mittel 3,6 
Spannung Mittel 93 


— 
o a | | geen 
d 222,7 7° | 1665 12,4 
16,5 217,0 | 154,1 | 10,3 
24,0 212,3 | 143,8 13,5 
31,5 | 206,1 130,3 Sr 
38,0 202,7 122,2 GG 
46.25 194,8 | 1056 ` 35 
52,75 193,2 102,1 | SÉ 
60.75 189,2 | 934 al 
68,75 | 184,7 | Dé ` e? 
75,75 181,2 76,0 Gi 
85,75 178,4 | 699 | SR 
91,75 176,1 649 | 7.4 
99.75 172,7 575 | 44 
109,50 170,7 53,1 Ni 
115,5 169,8 ft 24 
124,5 168,7 48,7 Se 
132,5 168,7 48,7 SC 
138,5 168,7 48,7 j 


2. Bestimmung der Reaktionsordnung. 


Diese Messungen genügen zur Beantwortung der Frage nach 
der Reaktionsordnung. Bereits die Versuche 1—4 deuten durch 
die weitgehende Konstanz der HJ-Druckabnahmen innerhalb je emes 
Versuchs auf die nullte und damit nach Ausscheidung der Absorp- 
tion auf die I. Ordnung. Man entnimmt dazu die Druckdifferenzen 
aus den Kurven, die den Umsatz gegen die Zeit enthalten, und 
dividiert diese Differenzen durch den im betreffenden Zeitraum 
(hier stets 10%) gerade herrschenden mittleren HJ-Druck (4, I. Ord- 
nung) oder durch sein Quadrat Lë, II. Ordnung), So erhält pa 
die folgenden Tafeln. E ist mit ob multipliziert, ZS mit 10 
multipliziert. 


Einige Erfahrung gen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. IO) 


Versuch 6 


Versuch 5 Versuch 7 Versuch 8 


Versuch 9 


428,5| 572| 133 


404,0 607| 150 


452,2! 534 r6 | | 
| 


| | 
| 
| | 
„5| 632| 167 I 1 Iascl 582) 156 | 
355,5! 689) 194 | 351,0) 621| 177 
331,0| 725| 219 329,2| 644| 196 
307,0: 782| 255 308,0) 708| 230 
283,01 795| 281 286,2! 678| 237 
262,3 546; 208 | 260,5! 787; 302 | 266,8| 705| 264 
248.0 726, 293 | 240,0| 896| 373 248,0| 726| 293 
230,0: 826' 359 230,0) 783| 340 
211,0 829, 393 | 218,5! 915| 419 | 212,0’ 826| 389 
193.5} 904 467 | 198,5/1020| 515 | | 194.5) 900| 463 
176,0 994: 565 | 178,2)1077| 605 177,0, 949| 536] 178,7) 767| 429 
158,5, 978 617 | 159,0 1160| 732 160,2 1010| 631| 165,0| 849 514 
143,0 979. 685 | 141,5|1170: 824 | 147,0| 939.639 | 144,0! 972| 675| 151,0) 927! 614 
129,0 1087, 8411 ı25,0/1120| 896 133,2|1006755 | 130,0) 962| 740] 137,0| 971| 709 
1150 1087] 945 | 111,0|1000| 909 | 119,8| 1110 927 | 117,5! 979| Baal 123,7) 962, 778 


111,8; 966) 864 


102,511122) 1094 | 100,0| 950| 950 | 106,5; 986,926 | 106,0,1038| 979] 101,0| 1089 1078 


91,0 1154 1208| 90,5] 807| 891 | 96,0| 9381977 | 95,0| 926| 975| 90,0) 889| 983 
| 83,2| 625| 751 | 87,0! 805/925 | 86,2| 835| 969] 82,0] 8291013 
80,5,1118| 1389 | 78,0! 474 608 | Soo 688:859 | 79,0. 785| 994 
537|721 | 75,2| 758 1008 
| 72,0, 181 72,8: 7281000 
70,7! 99 70,5) 426.604 
i 70,01 7I 
l 69,5! 72 69,5| 676| 973 
| 69,0, 29 67,5) 3561527 | 67,5) 548| 812 l 
64,2! 810' 1263 65,1 2461378 64,8| 617| 953 
| | 63,51 2361372 | 63,8; 439| 688 


129/1208] 61,0 
58,0 
57,0 


62,0 492| 806| Gob 461| 753 
173| 297| 58,0) 397; 684 


176| 308 


59.0 678| 1149 | 
55,0] 546 992 | 
49,2 224| 454 | 
48.1] 229) 475 


47,0, 453 
46,0| 174: 378 
45,2, III 248 
44,71 157, 350 


71,5 1021 1428| 74,3] 3101417 | 74,5 


fei m ba N 
2 O OP Lon 
MP MO ra 


| | 
| | 

Bei allen diesen Versuchen geht die Konstante durch ein Maxi- 
mum. Es wird von um so kleineren Werten aus und um so später 
erreicht, je höher die Konzentration des HJ beim Versuch anfangs 
ist. Fast konstant ist 4 im Anfang von Versuch 7. Der Betrag 
der Maxima ist immer ungefähr derselbe 2, = rund 10°? min”! 
= 1,7.10”* sec=!, soomal so groß als Hr. Bodenstein im Sonnen- 
licht in Glasgefäßen beobachtet hatte. Die Konstante II. Ordnung 
steigt noch steiler an. Man hat auf eine unter die erste herab- 
gesetzte Reaktionsordnung zu schließen, wie sie durch merkliche 


192 Trauiz und Scheifele. 


den gewählten Versuchsbedingungen bis zur Zeit konstanter Kon- 
stanten nur ein mäßiger oder kleiner Bruchteil des wirksamen Lichts 
hinter der Zelle austritt. Bei den folgenden Versuchen ward die 
Temperatur in der Nähe des Reaktionsgefäßes mit größerer Genauig- 
keit verfolgt, weil sie sich da wegen Jahreszeit usf. nicht mehr kon- 
stant hielt. Um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, wurden die 
Drucke auf die angenommene Temperatur 0° des Reaktionsgefäßes 
umgerechnet (Index o: die anderen Größen, auch 7, und Gen be- 
halten ihre alte Bedeutung). 


Versuch ıo. 


ò = 740,0 mm Tu Tk = 13,3 Bestrahlungsdauer 445,85’ 

ef = 72 T, steigt von 12,5 bis 18° aen = 2,861.10°° Mol 

fu = 695,8 2" = 12,5 nn, = 0,917-.10° „ 

P, = 720,5 bei 125° 7, = 13,6 l gut = 283,74 10° „ 
Żyj = 683,1 auto ber, 7, = 12,6 Cuj = 4008,8. 10% Mol/Liter 


Mittlere Stromstärke 3,45 


bstand 
Mittlere Spannung 96 } Lampenabstand 15 cm 


z P | T, P, AP; Sat | 4 tu | ën: 105 
o 720,5 12,5 689,0 | 683,1 166i 27 
9 714,3 | 13,2 | 681,4 Sé 666,5 127 Si 
15 | 7097 | 138 | 675,6 Br Ge 319 
22 704,3 | 14,4 | 669,0 62 6394 | 136 345 
28,25 698,7 14,8 662,8 D 625,8 = 262 
35,15 694,1 15,1 657,7 14,5 614,6 31,7 zı1 
52,15 680,4 15,8 643,2 5,1 582,9 j 11.2 299 
58,65 | 675,2 | 15,9 | 638,1 13,5 5717 | 295 Dt 
75,65 661,7 16,2 624,6 64 542,2 14.0 374 
82,65 654,8 | 16,2 618,2 9,3 528,2 | 20,3 | 24 
98,65 | 645,2 ' 16,3 | 608,9 47 5079 . 103 342 
104,65 640,3 ' 16,3 604,2 14,8 497,6 | 30,6 362 
122,15 626,1 | 16,6 590,2 58 467,0 ı 127 381 
129,4 620,3 16,7 | 584,4 12,3 454,3 26.9 400 
1465 | 60714 | 16,9 | 572,1 di 1 ing 1 bie 368 
151,9 602,2 17,0 566,9 9.9 416,0 217 305 
169,4 592,0 17,2 557,0 120 394,3 26,3 432 
185,4 575,7 | 17,4 545,0 12,3 368,0 269 | 39 
204,4 566,6 | 17,4 | 532,7 12,4 341,1 27,1. 460 
222,4 553,8 17,6 520,3 ioo 314,0 21,9 490 
237,15 543,4 17,7 510,3 | 17,8 292,1 38,9 | 509 
265,15 524,6 17,8 492,5 11,5 253,2 25,2 ` Don 
282,65 512,5 17,9 481,0 | 17,3 228,0 37,8 | 646 
310,65 494,2 18,0 463,7 sg 190,2 192 601 
328,35 | 484,7 | 17,9 | 4549 14.2 171,0 31,5 713 
356,85 | 469,3 | 17,7 | 440,7 127 139,5 27.8 | 804 
384,35 | 455,7 | 17,7 | 428,0 106 111,7 219 | 8 
410,85 | 445,2 | 17,8 | 418,0 D 89,8 129 | 86 
428,85 | 438,9 | 17,8 | qı2,1 44 76,9 | 9,6 784 
41585 | 4343 , 17,8 | 407,7 i 673 1? 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstofgases usw. 193 


Versuch 11. 
5 = 743,6 mm 7% Ty = 142° Bestrahlungsdauer 657’ 
ff = 81, T, steigt von 14,7 auf 19° y, = 3,196. 10°® Mol 
o = 7527 » Ze të gw, = 5,692-10° „ 
P, = 598,7 „ bei 1,7° 7 = 14,7 ny = 227,3 10% „ 
Paj = 547,3 o auf 0° ber. 7, = 14,4 Cyj = 3212. 10°®Mol/Liter 


Mittlere Stromstärke 3,7 

Mittlere Spannung 100 

Bis zur 65 Minute war eine Wasserstoffkammer zwischen Lichtquelle und 
Zelle gesetzt. 


Lampenabstand 18 cm 


Eine Wirkung der Wasserstoffschicht, die doch weit dicker und 
dichter ist als die im Reaktionsgefäß, läßt sich, wie zu erwarten war, 
nicht feststellen. 

Die nächsten Versuche wandten sich den „End‘“gemischen zu, 
die bisher erhalten wurden. Es war zweifelhaft geblieben, ob der 
zeitlich konstante Restdruck bei ihnen nur einem Erlahmen der 
Reaktion oder einem echten Lichtgleichgewicht, also der erstarkten 
Gegenreaktion, oder endlich der Undefiniertheit des aus dem Ent- 
wicklungskolben stammenden H,-Drucks, der alsdann bei der Be- 
rechnung immer erheblich unterschätzt worden wäre, sein Dasein 
verdankt. 


Versuch 12. 
Cu, = 1177:10% Mol/Liter 


i g Stromstärke 3,47 Cuj = 466,6- o" nm 
.. Spannung 95 Etwa Gleichgewichtsgemisch von 
fy, = 2095 r- 12,5 7,7% = 15,0 Versuch 8 entsprechende Zu- 


g = 831 T= 12,3 Lampenabstand 15cm sammensetzung 


k A 
| Zu | du, Ři e 10% 


186 | 266,8 ` 
Zeitschr. f. wiss. Phot, 24. 14 


194 | Trautz und Scheifele. 


Versuch 13. 
Stromstärke 3,5 Cu, = 1211 ig" Mol/Liter 
b = 738,2 Spannung 91 Cuj = 474,810 e 
du, = 216,1 T = 12,5 Ta, Ty = 14,0° Etwa Gleichgewichtsgemisch 


Żyj = 84,7 T= 13,0 Lampenabstand 18 cm von Versuch 6 entsprechend 


dë Cuj | k 10 


 Irirtalan lé 


300,8 700 
40 294,0 3580 | „066 
126 | 276,7 133,2 
Versuch 14. 
Stromstärke 3,49 Cu = 180,5910 Mol/Liter 
bo m 738,5 Spannung 03 Cy = 5510? m 
Pu, = 3225 T= 13,2 Tr Tk = 15,5° Etwa Gleichgewichtsgemisch 
Pu) = 98,2 T= 13,0  Lampenabstand 18 cm von Versuch 10 
s |z |a| z | ar | Ar | ar | Gw er 
o 420,7 13,2 401,3 93,7 550,1 
32 | 4116 | ua | 3012 | vie | 756 | frg |4225 | = 
70 403,1 15,7 381,2 6.9 49,7 15,1 291,7 944 
108 | 396,6 | 16,3 | 3743 48 | 346 ros |2031 | 813 
152 392,2 | 16,8 | 369,5 24 24,1 2 | 14145] s36 
194 | 390,1 | 17,1 | 367,1 ' 18,9 S 111,0 
Versuch 15. 
Stromstärke 3,48 C H, = 114,1. 10°% Mol/Liter 
b = 738,7 Spannung 96 Cou = 45,93 10°  » 
Ze =” 248,2 T= 13,5 Zu TK = 15,2° Etwa Gleichgewichtsgemisch 
Pu) = 82,1 T= 13,4 Lampenabstand ı8cm von Versuch 11 


nn nn mn en 


5 
s | P] n| A |4P | ur Las om er 
n DD a EE 


oO | 330,3 | 13,5 | 314,8 i 78,25 6 4593 | 927 
44 | 318,6 | 14,3 | 302,7 | "A | 51,8 | $ Se 304,0 | 939 
82 311,8 15,1 295,5 6,3 36,1 13,8 211,9 1190 
138 | 305,8 | 15,7 | 289,2 25 | 223 1 | 130,9 | 769 
176 305,0 16,2 286,7 4 16,6 5» | 97,43 
Versuch 16. 
ò = 738,9 8 EI = 7,6 T” = 16,0 Dauer A 
nH, = 2,983.10 Mol Du, = 396,0 7, = 16,5 Stroms 
AN, — 1,103-10° „ D = 426,0 Ti = 16,0 Spannung a 
nn) = 165,3 10° „ oyj = 398,2 T, Tk = 15,6 Abstand 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 195 


Versuch 16 (Fortsetzung). 


o | 426,0 16,0 402,4 
| 
| 
| 
| 


19 419,8 | 18,3 | 393,4 378,5 o | 2221 

36,5 | 406,7 19,4 | 379,7 = 348,5 378 2045 SE 
545 | 394,1 20,2 367,0 12,0 320,7 26.2 1363 532 

las | 381,77 | 206 | 3550 | 267 | 2965 | 584 |1728 | 579 
108,5 353,6 | 21,1 | 328,3 | igo | 2361 30,6 |1386 | 729 
127,5 | 338,8 | 21,3 | 3143 | 166 | 2055 i 1206 


6 Gs 
1535 Es 21,6 | 297,7 vs | 1692 363 | 993 745 
| 


171,5 | 309,2 | 21,7 | 286,5 144,7 849,2 
8435 | 247,4 22,2 228,8 5737 Ke 2202 108,6 230 
Versuch 17. 
b = 748,2 PP = OI T” =ı180 Dauer 115,5 


ms 3548-10 Mol f, =534,3 7% =18,5 Stromstärke 3,48 


y 7 7195105 „ di = 554,0 T, = 18,0 Spannung 91 
"gj = 213,2 -10° „ Pony = 513,2 7,7, = 17,5 Abstand 17,5 cm 


EE rn ERBEN: et 


o 5540 | 18,0 

30 540,2 20,4 

46,5 530,1 21,0 

63,5 | 516,9 21,3 

80,5 505,7 | 214 

98,5 489,1 21,6 

115,5 | 480,0 | 21,5 

Versuch 18. 

b = 746,8 
f = 76 Zu Tk = 19,5 go, = 2,978.10% Mol 
A = 625,3 T = 16,4 an, = 7,448.10 „ 
D = 422,1 7, = 18,4 Ayy = 154,7 ‘10 
An = 3674 Abstand 17,5 cm Cuj = 2156-10% Mol/Liter 


Mittlere Stromstärke 3,47 
Mittlere Spannung 90 Volt 


Von £ = 95—163 und 282—347 steht das Luftfilter zwischen Lichtquelle und 
Reaktionsgefäß, von £ = 163—282 das Wasserstofälter. 


o 367,4 | 2156,2 
I 
i 29 3355 | Ze 1969,0 
450 | 4 309,7 | 227 | 18175 
63 287,0 2 1684,5 
553 ; 25,8 
| 80 261,2 1533,0 


14* 


196 Tyautz und Scheifele. 


Versuch 18 (Fortsetzung). 


be 108 | z | P | Z7 | P | Ap 


k k 
WT | Any Co 


80 | 377,9 | 22,2 | 349,5 
512 95 366,9 | 20,9 | 340,8 eh | 2419 19,3 1419,7 


261,2 1533,0 


Mittel |353 | 113 | 358,9 | 20,4 | 334,0 227,0 | TN | 13323 


» 6 
270 Ser? 128 355.6 | 20,3 | 331,0 = 220,4 Se 1293,5 
Luft 294 146 351,4 | 20,6 | 326,8 47 211,2 10,3 1239,5 
163 346,9 | 21,0 | 322,1 . 200,9 ? 1179,1 


15,5 
195 339,9 | 21,6 | 315,0 6 185,4 x 1088,2 
250 Ro 232 333,6 22,3 308,5 5 171,2 14 1004,8 


3,3 

247 330,3 | 22,5 | 305,2 164,0 962,6 
H, er 264 327.1 22,5 302,2 = 157,4 2 923,8 
= 282 323,0 | 22,8 | 299,0 > 150,4 a 882,7 
294,5 | 320,6 | 22,9 | 295,8 = 143,4 A 841,7 
SH 311,5 316,1 22,7 291,9 3.9 134,9 e? 791,8 
I 2 288 ’ 126 , 1,8 

a EE ee? | 34 | | 


347,5 | 307,5 | 22,0 | 284,6 698,4 
Be 364,5 303,6 23,0 280.0 4,6 108,9 Ge 639,2 


670 382,5 295,9 23,5 272,5 de 92,5 i0 5 542,9 
1131 400,0 | 291,0 23,7 267,7 66 82,0 14.4 481,5 
951 417,0 | 283,7 | 23,7 | 261,1 46 67,6 nn 396,5 
1061 | 451 | 2743 | 23,5 | 252,6 | 3% 49,9 SC 287,6 
468 270,3 | 23,5 | 248,9 : 40,9 , 240,05 
Versuch ro, 

d = 740,9 

f = 70 Tu T¥ = 21,0 nn, = 2,731.10% Mol 

Po = 53599 T = 17,7 nN, = 0,74 dE 

Dh >= 556,2 Ty = 18,0 su = 2145 10° „ 

Bopi = 516,3 Abstand 17,5 cm Cuy = 3030.10 Mol, Liter 


Mittlere Stromstärke 3,45 
Mittlere Spannung 93 
Von £ = 213,5 — 276,0 Luftfilter. 
276,0—376,2 Joddampffilter 
69 —1ı47,5 Neonbogenlampe von der einen, Hg-Lampe von der 
andern Seite des Reaktionsgefäßes her einstrahlend. 


k k 
PH) | 42 | Ca | e Sech 


98,5 | 492,3 | 24,3 | 452,1 365,1 | 232 |2143 u n 
115,5 | 480,2 25,0 440,0 Er 338,6 > 1987 E 401 Neo 
131 0, 2 0,0 I 1 
FAR | age | ioe | "ga | Biez | aa filsa lien 
164,5 | 449,7 25,8 410,9 Ve 274,9 22,1 1613,5 455 Mittel 

l Se 24,3 ? 578%473 ohne 
180,5 | 437,0 | 25,4 | 399,8 13,7 250,6 30.0 1471 386 
213,5 | 418,4 | 22,9 | 386,1 220,6 © 1295 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffeases usw. 197 


Versuch ı9 (Fortsetzung). 


213,5 ' 418,4 | 22,9 | 386,1 | 220,6 1295 
2245 | 412,7 | 22.2 | 3817 44 211.0 Ke 1238 e 
242,5 406,7 | 2211 376,3 | 37% | 199,2 | ais fg (3900352 Lunt 
2395 402,2 | 22,2 | 372,0 56 | 189,8 : 22 1114 402 
as ss lese | one ea as Zem 
Sai Lëns | 218 | 3er] BE | reco | 90 | 2o97 13531447 Jod 
‚5 | 394,5 ) 350, 7,6 55, 16,6 909, 708 
330,5 ; 376,2 | 21,7 | 348,5 138,4 812,3 
Versuch 20. 
b = 743,4 
f = 65 Za, 7y = 20,8 ny, = 2,515.10% Mol 
o = 619,5 Tr = 20,0 ny, = 0,304° 10° o 
pi = 627,9 Ze = 23,4 grut = 239,8 10% „ 
Ben) = 57753 Abstand 17,5 cm Cut = 3388. 10% Mol/Liter 


Mittlere Stromstärke 3,46 
Mittlere Spannung 95 
Von £ = 99 —181,5 und 335,5—364,5 Luftfilter 
181,5—264,5 Joddampffilter (von Jodkristallen in Zimmertemperatur) 


o 627,9 | 20,3 | 584,1 577,3 3387,8 

40 . 608,3 | 23,0 SCH: 23,0 527,0 59,3 3093,0 al 
21,2 46,4 ’ 1368 

65 587,1 | 23,9 | 539,9 ? 480,6 ? 2820,7 


I 

82 571,6 | 24,4 | 524,7 > 447,4 SC 20257: E 

99 155733 | 249 | 510,7 | sei | 4168 | San | 24463 ey 

i4 5439 23,6 500,6 | Se 3997 | vue 2316,5 258| 

32 ' 533,3 | 22,8 | 492,4 376, Luftfilt 
146,5 526,4 | 224 | 486,5 | $3 | 3639 | i27 | 21358 el Kat 
181,5 | 513,0 22,0 474,8 : 338,3 : 1985,5 


a i 508,6 | 21,8 un ee 330,0 CS E Ge 

oa 501,9 | 21,7 | 405,0 310,9 15600 

228,5 | 497,1 21,7 | 460,5 = 307,1 | 9 1802,4 Ss EE 
246,5 491,5 | 21,8 | 4552 | 36 | 2955 | ior | 17343 as 

264,5 ` 486,6 | 21,8 | 450,6 WW 285,4 127 1675 268 

281,5 ‚482,4 | 23,1 | 444,8 9,3 272,7 20,3 | 1600,5 430 

299,5 473,9 | 24,1 | 435,5 es 252,4 24.1 1481,3 557 

317,5 | 462,6 ı 24,5 | 424,5 SE 228,3 22,3 1340 69 

i 4519 24,8 4163 8,0 nn i 75 Se Sp 

50,5 | 440, 23,1 400, 185,5 1100,3 

364,5 433,9 | 22,4 | 401,0 a 176,9 1038,2 453 |Tunäie 
381,5 | 430,1 | 23,4 | 396,2 ’ 166,4 976,6 


Aus diesen Versuchen geht die Belanglosigkeit der Absorp- 
tion der Strahlung in Luft oder Wasserstoff und der nur wenig 
schwächende Einfluß des Joddampffilters unzweifelhaft hervor. Ebenso 
auch die Wirkungslosigkeit des Neonlichts, die angesichts seiner 


198 Trautz und Scheifele. 


Zusammensetzung und geringen Energiestromstärke, sowie seiner 
äußerst geringen Absorption im HJ nicht wunder nimmt. 

Die weiteren Versuche sind bei der höheren Temperatur an- 
gestellt, dazwischen sind Vergleichsversuche bei Zimmertemperatur 
eingeschoben. 


Die Reduktion der Drucke auf 0° des Reaktionsgefäßes ist auch hier durch- 
geführt. Die Temperaturdifferenz zwischen Kreuzstück und Reaktionsgefäß beträgt 
jetzt 15s—20° (wegen des Eisbads), ist aber für die Berechnung nicht in Rücksicht 
gezogen; vielmehr wurde für das Ganze die Temperatur des Reaktionsgefäßes ein- 
gesetzt. Dadurch wird an den diesem Fehler proportionalen Zahlen eine Abweichung 
im Betrag von etwa 1°/, bedingt. Denn die absolute Temperatur ist um 5—8°;, 
am Kreuzstück zu tief gegriffen, und sein Volumen macht etwa (en des Reaktions- 
gefäßvolumens aus, 


Versuch 21. 


5 m 748,2 

S = 63 nHı = 2,607.10°° Mol 

Po = 689,1 Tr, Tk = 20,5 nn, = 1,341.19°° „ 

dio = 654,6 z” = 1,0 nuy = 267,9 d'W „ 

Êo HJ = 645,1 Abstand 16 cm Cuy = 3786.10% Mol/Liter 


Mittlere Stromstärke 3,5 
Mittlere Spannung 92 


o 654,6 645,1 3786 | 645,1 
059 | gigs | 1300 | za | 502,9 


142,2 | 225 


r95 | 5544| Dre | 44m7 ı 70% | 2500 | 4259 | 779 | 195 
295 532,9 21,5 401,7 43,0 2222 378,6 47,3 117 
i 10,7 ` 21,4 j 23,4 70,I 
386 522,2 380,3 2084 355,2 V 
Versuch 22. 

6 = 753,6 

A = 71 De 2,987-10°® Mol 

Poo =5274 Tu Ty = 208 ny, = 2066:10% „, 

Pıo = 5805 T = 193 nu = 290,2 -l0® „ 

onj = 578,3 Abstand 16 cm Co = 3394-10% Mol/Liter 


Mittlere Stromstärke 3,45 
Mittlere Spannung 92 


3 | Zo | AP; | Pony | Az | Cu al | Ans | kg. 10° 


78,3 
92,1 194 
| 3a | 8 
423,1 26,3 102 
23,2 97,2 


399,9 | 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 199 


Versuch 23. 
b = 761,8 
A = 73 nur = 2,850-10°° Mol 
Poo = 642,4 Th 7% = 193 ny, = 142 10% „ 
Die = 277,4 2? = 17,5 Sur = 98,18 -10° „ 
dan = 236,4 Abstand 16 cm Cuj = 1387 Of Mol/Liter 


Mittlere Stromstärke 3,49 
Mittlere Spannung 92 


An der Schattenseite und den Zylinderwänden im Gefäß befand sich ein Überzug 
von RbJ, aus Lösung erzeugt, zwecks Herabsetzung des Joddampfdrucks. 


a ee Maren 

z | 2 | AP, | ëm | 42o | Cu | ën | Aën | A. 10 

o 2 236, 138 236, 

69 | SE 26,8 182 $ 53,6 a. en S 58,6 410 
129 | 234,4 16,2 150,4 32,4 834 6 1424 35,4 369 
| a | as 
249 | 209,7 9,1 101,0 i 8, 518,8 88,4 19.9 26 
313 | 200,6 82,8 402,0 | 68,5 

Versuch 24. 
A == 762,1 
5 = 47 Tk, 7, = 18,0 Su, = 1,830.10 Mol 
so = 418,6 T = 18,2 ny, = 3,99610% „ 
io = 315,9 Abstand 16 cm wall = 125,4 .10”5 ge 
Bun = 301,9 RbJ-Belag Cu = 1572+10% Mol/Liter 


Mittlere Stromstärke 3,47 
Mittlere Spannung 92 


Pony Ana | Cuj | 2 AP u 


200 Trautz und Scheifele. 
Versuch 25. 
4 = 763,3 
f = Sei Tr, Ty = 19,2 ny, = 1,983.10% Mol 
oo = 596,3 2° = 18,7 "N, = 2,144 -10°° T 
dio = 541,2 Abstand 16cm nyj = 220,7 .105 „ 
Dany = 531,3 RbJ-Belag Cu = 3118.10” MoljLiter 


Mittlere Stromstärke 3,49 
Mittlere Spannung 95 


Bis £ = 146 Zimmertemperatur, darauf Hochtemperatur 


z | Po | dr, | Zon Ann | Cuj | Za dëi ae 


531,3 3118,5 | 531,3 


j 8,6 86, 22 
79 | song Zi | a527 | Zoo | 26135 | 4453 | sin | 29 
96 | 491,9 ai | 4327 | i62 | 24850 | 4234 | az 237 
114 483, 7 416,5 | ieg | 2381 405,7 | 77,3 272 
130 475,9 e 400,7 Se 2279,5 | 388,4 14,9 244 
146 469,1 ao 387,1 42,0 3192 373,5 45,9 222 
205 | 4451 | i8 345,1 Jo | 1923 327,6 Eé 249 
258 429,6 di 308,1 37 1685 287,1 40, 
Versuch 26. 

b = 765,9 

f = Su Trs, Tk = 19,0 ny, = 1,988. 107% Mol 

fue = 509,1 Za ny, = 8,731.10% „ 

Pio = 284,7 Abstand 16 cm gut = 107,5 "10% „ 

Ža Hj 7 258,9 RbJ-Belag Cju = 1519.107% Mol/Liter 


Mittlere Stromstärke 3,35 
Mittlere Spannung 98 


k 
Po)H | dät | CH) | Pony | 4200, korto 


258,9 


258,9 1519 5 
218,1 49,3 1258 214,3 a Oe 
191,1 = 1084 184,8 95 6 
160,3 Se 886,8 | ı51,1 el e 
133,7 i 774,7 | 132,0 i 


Versuch 27. 


b = 753,4 

3 = 65 Tys Tk = 18,2 

oo = 491,1 7” = 14,6 au, = 2,563.10% Mol 
Dio = 482,0 Abstand 16 cm RN, = 0,444 DG N 
oyj = 4748 RbJ-Belag gur = 197,2 10° „ 


Mittlere Stromstärke 3,35 
Mittlere Spannung 98 


Bis £ = 87 Zimmertemperatur, dann Hochtemperatur. 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 201 


Versuch 27 (Fortsetzung). 


Bop) | dën 


o 482,0 | 474,8 2786,8 
19 | 469,7 | 123 i aso2 | 240 | 2628,8 
36 ag | Ze | 4306 | 12, | 25285 
53 ann | Ss | A202 | vw | 24356 
JO | 447,5 6.9 405,8 13,8 2343,0 
87 | 4406 | sun | 3920 = 2254,3 
135 | 4194| ein | 3496 t3 | 1982 
159 | 410,1 331,0 1863 
l 
Versuch 28. 
b = 755,2 Tz, Tk = 18,4 
Dua = 236,7 Abstand 16 cm 
Zant = 221,1 CsJ-Belag 


Cuj es 1298-10% Mol/Liter 


Mittlere Stromstärke 3,36 
Mittlere Spannung 98 


k k 
z P, | AR, | PH) ApHJ | Cuj kj. 10° 
o 236,7 221,1 1298 
> 2057 ge r598. | Zu 937,9 e 
124 195,2 3,5 130,3 SE 764,8 H 
164 185,7 ES 109,5 i 642,7 434 
Versuch 29. 
Ty Kë = 19,5 
L = 758,4 Abstand 16 cm 
ia = 299,4 CsJ-Belag 
Puh) = 279,2 Cuj = 1638- to" Mol/Liter Zimmertemperatur 
Mittlere Stromstärke 3,46 
Mittlere Spannung 93 
o 299,4 20,4 279,2 45,8 1638,5 H 
59 279,0 fe? 233,4 SE 1370,0 SE 
o 267,1 = 207,3 2 7 1216,6 3 
119 255,9 3 182,8 45 1072,8 az 
132 251,5 44 173,1 EE 1016,0 in 
151 245,6 5,9 160,1 3» 939,6 4 
Versuch 30. 
A = 755,2 Tz, Tk m 19,3 Mittlere Stromstärke 3,34 
Pio = 392,7 Abstand 16 cm Mittlere Spannung 99 
Pony = 383,1 CsJ-Belag Cuj = 2248. 10°° Molj/Liter 


202 Trautz und Scheifele. 


Versuch 30 (Fortsetzung). 


2 | Ei | 4P, | Lat Aën | CHJ | Ai 10° 
o 392,7 383,1 2248 | 
40 | 372,6 in 338,8 | E | 1988 307 
89 350,4 ? 290,2 ? 1703 3! 
124 335,4 as 257,3 32,9 1510 343 
167 319, 5» 222,8 345 1308 334 


Die folgenden Versuche sind auf Grad und Art der wirksamen 
Absorption wirksamen Lichts gerichtet und auf seine Variation 
durch Abstandsvergrößerung der Lichtquelle. Zur Anwendung 
kamen ferner: 

Pd-Spiegel hinter dem Reaktionsgefäß, 
Lichtfilter, 
andere Lichtquelle (1000-Kerz.-Wotanlampe). 

Der Pd-Spiegel ward außerhalb des Luftbads, 3 cm hinter der 
hinteren Planfläche des Reaktionsgefäßes aufgestellt. Diese An- 
ordnung bedingte erhebliche Reflexionsverluste des Lichtstrahls beim 
zweimaligen Durchlaufen je zweier Bergkristallplatten; die Anordnung 
ist daher sehr wenig empfindlich gewesen. Immerhin wären große 
Mengen noch übrigen wirksamen Lichts nach einmaliger Durch- 
laufung der Zelle so nachzuweisen gewesen. 


Versuch 31. 


b = 760,6 
f = (Dä gn, = 4,758-10°° Mol 
Bun = 625,2 Tk, Ty = 21,5 y, = 5,163.10 „ 
Da = 492,5 T = 15,4 nuj = 194,610% „, 
onj = 468,6 Abstand 16 cm Cuj = 2750:10" Mol/Liter 
Mittlere Stromstärke 3,48 
Mittlere Spannung 96 
Auen 
Spiegel , vo 
j | Po | Afo | Pony Maa Cay | eingeschaltet | Zany | 42 (D "9 
o |492,5 468,6 28 
19 |4851 443:7 | Zä 290 
35 | 4719 423,6 i 7 297 
st | 462,9 403,9 | 22°, | 365 
68 | 451,8 3796 | SE | 349 
85 | 441,8 357,7 | 203 | 365 
tor | 432,5 337,4 c 7 391 
ı18 | 422,6 315,7 a o 365 
135 | 413,9 296,7 | 1.9 | 408 
152 | 404,8 276,8 SE 384 
169 | 396,8 259,3 | in | 469 
186 | 387,7 239,4 f 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 203 


Versuch 31 (Fortsetzung). 


Spiegel (S) 
eingeschaltet 


APH) 


k 
Ż,HJ k» 10° 


Versuch 32. 
b = 763,5 3 
p = 53 gu, pm 2,0878. 10°® Mol 
oo = 620,7 Tı, 7, = 18,3 ny, = 12,54 "I0 „ 
io = 298,4 T = 16,2 yj = 109,3 dw 
Żyj = 263,2 Abstand 16 cm Co = 1545 .10° „ 
Mittlere Stromstärke 3,47 
Mittlere Spannung 98 
Spiegel LS) k k a 
2 | % | 4P | Zony [džon Cuj | eingeschaltet | Sp) |4Fony | Ži 0 
o | 298,4 263,2 1544,8 S 263,2 | 
19 | 285,3 | 131 | 237,0| 282 | 1376,3 S 234,5 | 207 GE 
s5 | 265,9 | "P4 | 198,2 | Zei | 1127,4 S Ee e 
72 | 256,9 I 180,2 rag | T01 1,8 A 172,4 SC SE 
89 | 249,5 165,4 = 916,8 ! 156,2 18 > x 
106 | 241,1 > 1486|, et 808,8 137,8 i di ke 
123 | 234,1 D 134,6 Ge 719,0 122,5 = SC 
140 | 228,0 6 122,4 36 641,0 A 109,2 > 7 
157 | 221,7 e 109,8 ie | 560,0 S ERT “iÀ > 
217 | 204,8 I 76,0 2 342,0 A 58,4 37, 5 
232 |201,3| 95 ' 6g,0| D9 | 297,6 äre, SE 
250 | 200,2 e 66,8 Si 283,5 S 48,3 Se S 
267 | 200,2 , 668| ” 283,5 48,3 i 
> 98,2 2 196,4 
D ge Versuch 33. 
Po = 65 nu, e 2,551.10°° Mol 
Bee = 483,2 Tk, Tk = 1735 EN 4,887.10 „ 
dio = 357,6 Zr = 16,0 ryj = i411 .105 „ 
Pony) = 3397 Abstand variiert Cuj = 1994-10" Mol/Liter 


Mittlere Stromstärke 3,50 
Mittlere Spannung 93 


204 Trauts und Scheifele. 


Versuch 33 (Fortsetzung). 


Entfernung 
Lichtqg.—R.G. 


o | 357,6 | | 339,7 8 | 1993,6 55,5 
19 3554 es a E 196515 55,5 Ar 
lee al | 
70 | 3522 | 4 | 3278 | Ai | 19238 45,5 eh 
88 ; 1,6 DR 26,5 13 | 1916, Ss 
SC 220 1,2 SE 2,6 Gi e SE Wei 
i d ` 2,4 86. $ 43, 
allem] E 
158 6r | 2$ | zus | 35 | 1845,8 15,5 SC 
e d 6,6 | | SR 335 
207 325.8 7,5 270,1 16,4 1585,2 25,5 d 
a23 | 32a | DE | 2633 | Mee 25,5 = 
241 I 32 2 6,3 70 | i5042 2 i 132 
4 3 > 2,8 nn 6,1 a 5,5 134 
259 316,7 1,3 > ) 2,8 d E 45,5 70,4 
275 | 315,4 ri 47,4 24 | 1452 45,5 54I 
293 314,3 ro | 2450 22 | 1438 45,5 50,1 

311 313,3 ? 242,8 1425 4555 


Versuch 34. 


bo = 758,4 Cy = 3284. 107% Mol/Liter 
onj = 559,2 Ir, 7% = 18,7 Mittlere Stromstärke 3,48 
Duo = 572,3 Abstand wird variiert Mittlere Spannung 99 
-e 
t | P; | AP, | Zon | dën | CH | Abstand | ky. 10° 
een en = A 2 = m nn en Dee 
o 572,3 559,2 3284 15,5 26 
46 | 542,5 er a941 | fo | 2900 | 45,5 eg 
92 539,3 25 487,2 Dis 2859 45,5 30,7 
129 536,8 44 481,7 9,6 2827 555 25,8 
207 532,4 8,7 472,1 19,1 2771 25,5 86,0 
255 523,7 7.2 453,0 15,8 2659 25,5 88,8 
295 516,5 i 437,2 ` 2566 25,5 
Versuch 35. 
b = 758,1 
P = 42 gu, ss 1,593-10°° Mol 
oo = 515,6 Zu, 7% = 21,0 AN, = 179 dw 
div = 561,6 T” = 26,0 Spo = 233,5 DOT „ 
suj = 513,8 Abstand variiert CHj =  301,5-10°5 MoJ/Liter 


Mittlere Stromstärke 3,48 
Mittlere Spannung 95 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 205 


Versuch 35 (Fortsetzung). 


L—R.G. i _ din 


. 108 
geschaltet GEES 


| | Entfernung | 
| 


o | 561,6 s138 | an [30155 | 1515 


l 2 345 
19 2824 15,5 16 
36 | 5352 | "or |as6o| vis [26765 | 15,5 Glasplatte | 2. 

143 | 526,1 20 436,1 6,3 2559,5 15,5 Glasplatte 6 D 3 

166 | 523,2 | ee | 429,8 14,9 2522,5 155 220 

182 [5164| 3'2 |4149 ren | 24350 15,5 227 

199 | 509,2 | 38 |39%2| 83 | 2343,0 15,5 Glasplatte 33,4 

262 | 505,4 45 390,9 9,8 2294,2 20,5 169° 

277 |5009 | vi |381| ao | 223655 20,5 141 

294 ! 496,8 % 372,1 : 2184 20,5 Glasküvette 

mit H,O 
6 
us 14936 | ©? | 3651| 79 |21427| 205 i 
Versuch 36. 

b = 759,3 
ff = Tz, Tx = 20,2 
fio = 289,4 Abstand 20,5 cm Mittlere Stromstärke 3,46 
Bn = 283,2 Cuj = 1662. 10°® Mol/Liter Mittlere Spannung 98 


Pu | Aën | Cor | | Vorschaltung von 


o | 289,4 i 283,2 1662,2 
7:9 39,2 198 = 
75 271,5 244,0 1432 
ae | eg [uor | aa | Ware 
66 ? ! 6 ) 
dE HEET 
Versuch 37. 
ò = 759,6 
f! = 55 gu, = 3,157-10°® Mol 
Poe = 556,7 Tu Ti = 18,0 ny, = 1,576-.10% „ 
io = 506,2 7’ =æ 16,1 "yj = 206,5 ‘10 „ 
oyj = 497,2 Abstand 30 cm Cuj we 2918.1078 Mol/Liter 
| k k 
x | Ze | AP, | PH) | dën | C | ki e 105 
o 506,2 497,2 2918 
e | aons | di | ube | 125 2807 E 
281 491,2 2.9 464,4 6,3 27255 11.8 
398 488,3 i 458,1 j 2688,5 ) 


206 Trautz und Scheifele. 


An sich ist es schon auf Grund der bisherigen Untersuchungen 
anderer Forscher fast sicher, daß eine Rückbildung von HJ im Licht 
bei Zimmertemperatur nicht eintritt. Nur bei 270° fanden die 
Herren Cohen und Stuckardt (a.a. O.) im Quarzultraviolett Bildung 
von 7,6°/, HJ. 

Bei unseren Versuchen war eine Rückbildung um so weniger 
wahrscheinlich, als das Jod die Gasphase bis auf einen geringen 
Rest (0,2 mm Druck oder wenig mehr) verläßt. Trotzdem haben 
wir Versuche darüber angestellt; schienen sie HJ-Rückbildung an- 
zuzeigen, so war daraus im Gegenteil zu schließen, daß eine Fehler- 
quelle vorläge, die solches vortäuscht. 


Versuch 38. 
A = 743,2 T,, 7, = 19,5 ny = 226,5 IO" Mol 
Pet, = 545,3 Abstand 15 cm géi s 85,32-10° „ 
Teildruck festen Jods 0,2 mm Bei Versuch 20 gebildetes Jod 
Mittlere Stromstärke 3,43 Mittlere Spannung 99 
2 Ze | AR, | Pont | A Pony | Cor 
o o 
99 549,2 SS 7,4 Zo 43,43 
256. 550,4 08 9,8 6 57,52 
412 551,2 11,4 ? 66,91 


Das Gasgemisch nach Versuchsende in eine KJ-Lösung über- 
geführt, zeigte ganz schwach saure Reaktion, durch 2 Tropfen 
n/i\o-Na,CO, neutralisierbar. Dem entsprechen (oh Mol, also (recht 
genau) die berechnete Molzahl HJ. 

Der nächste Versuch aber ergab keine HJ-Bildung. Hier war 
der H. Druck kleiner, und die Jodmenge war die von Versuch 38. 


Versuch 39. 


LV = 743,4 Abstand 15 cm 
Zon, = 357,0 Mittlere Stromstärke 3,40 
gu, = 148,6-10"® Mol Zu Tk = 20,0 Mittlere Spannung 97 

$ Fa A P; 

H 357,7 

109 358,7 nn 

166 358,5 SS 

254 358,3 a 


Ebensowenig zeigte beim nächsten mit derselben Jodmenge unternommenen 


Versuch das Gasgemisch saure Reaktion, i 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 207 


Versuch 40. 


T, Tk = 18,5 nn. E 257,7 -1075 Mol 
b= 746,2 Abstand 15 cm Piy, = 620,5 


Mittlere Stromstärke 3,42 
Mittlere Spannung 95 


z ZE, | AP; 
o 620.7 ö 
122 620,7 Soi 
185 620,6 403 
233 620,8 5 
720 621,2 +94 
Versuch 41. 
b = 763,0 Zu Ty = 24,0 Mittlere Stromstärke 3,45 
Po), = 98,2 Abstand 15 cm Mittlere Spannung 96 
Poy, = 136,6 sn, = 56,74-10°° Mol Jod vom Versuch 32 
z | P, | AP, 
o 136,8 
59 138,6 2 
118 139,6 Se 
169 139,6 g 
Versuch 42. 
ò = 756,2 Tks Tx = 23,2 
Poh vom Versuch Ai Abstand 15 cm 
vn, = 158,3 sn, = 657,6-10°% Mol 
Z 2 AE," 
o 158,5 j 
65 160,5 Ka 
133 161,0 2 
176 161,0 5 
212 161,5 5 
Versuch 43. 
Zu Ti = 22,5 
b = 756,9 Abstand 15,5 cm 
Pa = 48,4 ny, = 184,1. 107 Mol Mittlere Stromstärke 3,48 


Von Versuch 33 Pu = 443,2 mm Mittlere Spannung 94 


208 Trautz und Scheifele. 


Versuch 43 (Fortsetzung). 


Du Due 
z Bee P, AP, 
= | 
"a |o oag | = 
174 446,6 5 4 
238 447,0 i 


Diese Versuche beweisen, daß eine Rückbildung von HJ höchstens 
im Betrag von Io mm in Frage kommt, daß aber selbst dies noch 
sehr unwahrscheinlich und wahrscheinlich nur durch Versuchsfehler 
bedingt ist. Ein Drittel davon, 3 mm mindestens, stammt von Gas- 
unvollkommenheit. Eine Belastung der Versuche mit Schlüssen, 
die unter 7 mm hinausgehen, ist also unzulässig. 


Im selben Sinn ergaben auch die Blindversuche, die bei tun- 
lichst vollkommener Verdunkelung — die aber wegen Reflexion des 
herrschenden Glühlampenlichts nicht vollständig war — vorgenommen 
wurden, keine merkliche HJ-Zersetzung. 


An die Versuche 1—9 schließen die Versuche 44—47, an 10—20 
die Versuche von 48—51 an, alle mit vorhergehender Belichtung. 
Dazu kommen 52 und 53 ohne vorherige Belichtung: 

Es bedeuten ?,, den reduzierten Anfangsdruck, P, den redu- 
zierten Enddruck: 1. T. bedeutet, daß die Temperatur des Reaktions- 
gefäßes lokal erhöht war. 


3h diff. Tageslicht 


2h diff. Tageslicht 
2h diff. Tageslicht 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 209 


Die folgenden Versuche sind bei 120° angestellt worden. 


54 | 330,3 352,5 27,8 10 2,78 
55 320,4 308,2 12,2 ı1 1,11 
56 242,8 233,8 9,0 11 0,82 


Um endlich noch die Einflußlosigkeit des N, durch den Ver- 
such zu sichern, sind die beiden letzten Versuche angestellt worden. 


Versuch 57. 
A = 753,2 
Pın, = 335,7 Tı, Ty = 15,2 Mittlere Stromstärke 3,42 
une 752 Abstand ı8cm Mittlere Spannung 96 


Es lag ein Gemisch von HJ und N, vor. 


Versuch 58. 
ò = 762,5 7, Tx = 17,8 Mittlere Stromstärke 3,45 
Pon, = 470,2 Abstand 18 cm Mittlere Spannung 95 


ZS, J durch festes Jod von Versuch 32 bedingt. 


z F; AP; Bemerkungen 
o 470,2 — 04 Zimmertemp. 
I > 469,8 + 0,6 LE 
20 470,4 +07 Hochtemp. 
278 471,1 So. d 
315 471,0 i nm 


F. Betrachtung der Ergebnisse. 


Die Ergebnisse sind folgende: Qualitativ: 
Im unzerlegten Licht der mit rund 350 Watt belasteten 10 bis 


Socm entfernten Quarzlampe zerfällt HJ von einigen Zentimeter 
Zeitschr. f. wiss, Phot. 24. 15 


210 Trautz und Scheifele. 


Schichtdicke bei gewöhnlichem oder vermindertem Druck in Quarz- 
glasgefäßen innerhalb mehrerer Minuten merklich, d. h. mit bequem 
meßbarer Geschwindigkeit. 


Die Bestrahlung ruft zunächst auf dem Weg über Erwärmung 
einen geringen Überdruck hervor (Buddeeffekt), von kaum einem 
Millimeter. 

Daran schließt sich ein Bereich konstanter Zerfallsgeschwindig- 
keit des HJ (nullte Ordnung). Sie sinkt dann und gehorcht einiger- 
maßen oder auch glatt dem monomolekularen Zeitgesetz. Dann 
sinkt sie weiter. 


Der Endzustand lag stets innerhalb der Fehlergrenze bei völligem 
Zerfall. Rückbildung aus H, + J, im Licht ward ebensowenig beob- 
achtet wie Zerfall im Dunkeln bei den Versuchstemperaturen. 


Die Zerfallsgeschwindigkeit hängt nicht merklich ab von 
der Temperatur oder von der Vorschaltung von Wasserstoffiltern 
oder von der Beimischung von Stickstoff (57), oder von einem hinter 
die Zelle geschalteten Pd-Spiegel. 

Die Zerfallsgeschwindigkeit fällt aber stark mit wachsender 
Entfernung von der Lichtquelle, mit sinkender Belastung der Lampe, 
mit Vorschaltung von Glas (Wasser oder CuSO,-Lösung machen 
kaum etwas aus), mit Vorschaltung oder Beimischung von Joddampf, 
anscheinend auch durch Beimischung von mehr Wasserstoff. 
Sie ist bei der Benutzung der Neonbogenlampe oder der 1000 HK- 
Wotanlampe praktisch Null und wird durch gleichzeitige Wirkung 
dieser Lichtquellen neben der Quarzlampe gegenüber deren alleiniger 
Wirkung nicht geändert. 


Beträge und funktionale Abhängigkeit dieser Einflüsse stellen 
wir nunmehr zusammen. 


I. Bereich konstanter Anfangsgeschwindigkeit. 


Die Konstanz der Anfangsgeschwindigkeit ist aus den Ver- 
suchen 1—4 (ohne Belastungsangaben) zu sehen. Ferner aus 8. 


Der Betrag der Anfangsgeschwindigkeit bei 15 cm Lampen- 
abstand und 332—340 Watt Belastung liegt zwischen ı und 3 mm 
Druckabnahme/min. 


Die Abhängigkeit der Anfangsgeschwindigkeit von der 
anfänglichen HJ-Konzentration geht aus 5, 6, 7, 9, 10 hervor. 
Die Anfangsgeschwindigkeit wächst ungefähr der Anfangskonzentra- 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstofgases usw. ZII 


tion des HJ proportional. Doch ist die Effektmessung des Be- 
lastungsstroms der Lampe nicht genau genug, um diesen Schluß 
als bindend zu rechtfertigen. 


Die Bedeutung der Anfangsgeschwindigkeit ist = 


die Lambert-Beersche Absorptionskonstante, D die Schichtdicke, 
keine Konstante), wenn man Proportionalität zwischen Lichtintensität J, 
des eindringenden Lichts und Reaktionsgeschwindigkeit oder anders 
gesprochen Proportionalität des Umsatzes zur absorbierten Licht- 
menge annimmt. Da nun letztere wenigstens für einige Spektral- 
gebiete durch Herrn E. Warburgs klassische Untersuchung sicher- 
gestellt ist, so kann man für /,/x den Mittelwert der wirksamen 
Wellenlängen benutzen. Die Schichtdicke D beträgt 2,3 cm. 


Über die wirksamen Lichtarten, deren J, und x einzusetzen ist, 
geben die Versuche mit Lichtfiltern Auskunft. 


Zunächst wirkt wachsende Entfernung ausreichend nach dem 
einfachen Quadratgesetz. Nimmt man das Leuchtrohr zu 15 cm 
Länge an und wählt seine Mitte als den Punkt, von dem ab bis zur 
Vorderfläche des Reaktionsgefäßes zu rechnen ist, so zeigt Versuch 33, 
daß das QJuadratgesetz zutrifft. Daß an sich keine erhebliche Absorp- 
tion wirksamer Strahlung in Luft zustande kommt, beweist der Ver- 
such mit eingeschaltetem Wasserstoff- oder Luftfilter (18). 


wo x 


Daß es sich nicht um Lichtarten handelt, die von einer 2 cm 
dicken Schicht oi, e, CuSO, absorbiert werden, beweist Versuch 35. 
Daß mindestens zu etwa ?/,, Quarzglasultraviolett wirken muß, geht 
aus demselben Versuch hervor. Wir nehmen also als wirksamste 
Lichtarten jedenfalls die zwischen 300 und 220 uu an. Das Licht- 
quant wird dann rund ob cal pro Mol. Pro Min. werden etwa 
2.10%, pro Sek. also rund 3.10°® Mol umgesetzt. Es wird also: 


J (l — e- *?2). g. z= rund 3. 10° cal. 


Der Querschnitt g beträgt 28,3 qcm. Über x läßt sich eine Größen- 
ordnungsangabe gewinnen, wenn man den Bereich konstanter Zer- 
fallsgeschwindigkeit verläßt. 


2. Die monomolekulare Zerfallsgeschwindigkeit mit aus- 
reichend konstanter Konstante schließt asymptotisch an die konstante 
Zerfallsgeschwindigkeit an. Die Konstante ist für alle Versuche be- 
rechnet. Sie muß natürlich anfangs zu klein erscheinen — wo die 


Zerfallsgeschwindigkeit konstant ist — weil hier gewissermaßen 
15* 


212 Trautz und Scheifele. 


hintereinandergesetzt Schichten zersetzt werden, deren vorderste die 
größte Belichtungsintensität genießt, während die tiefer liegenden 
immer schwächeres Licht aufnehmen. Dafür rücken sie mit fort- 
schreitender Reaktion immer tiefer, werden also immer durchsichtiger; 
die mittlere Lichtintensität im ganzen System steigt, die Konstante 
steigt mit. Sie wird dann zunächst in einem von den Bedingungen 
abhängigen Bereich konstant. 


Die Geschwindigkeitskonstante beträgt im allgemeinen rund 
10°? rez. Min., bzw. 10` rez. Sekunden. Sie wird erst beim HJ-Druck 
von etwa 80—150 mm erreicht. Hier also ist die Absorption so 
gering, daß eine Schicht von 23 mm Dicke ausreichend homogen 
durchlichtet ist. Diese Absorptionsgrenze hängt vom Druck ab. 
Das erklärt sich wohl so, daß das inhomogene Licht einer Filtration 
durch den Joddampf (und durch eine, wenn auch schwache Adsorp- 
tionshaut) unterliegt. Sie bewirkt, daß bei hohem HJ-Anfangsdruck 
alsbald eine erhebliche Jodkonzentration Sich einstellt. Das trotzdem 
durchgehende Licht ist nicht so absorbierbar, wie das bei geringerer 
Jodkonzentration durchgehende und deshalb wird bei höherer An- 
fangskonzentration schon bei höheren HJ-Drucken ausreichend homo- 
gene Durchlichtung erreicht. Nimmt man ausreichend homogene 
Durchlichtung an, wenn die Schwächung auf 23 mm Weglänge 
10°/, ausmacht, so berechnet man daraus mit Angabe der Konzen- 
tration in Mol/cm, der Schichtdicke in cm für 80—150 mm HL 
Druck % = rund 10% gqem/Molzahl. 


Setzen wir jetzt voraus, daß nur chemische Absorption statt- 
findet, so kann man zufolge 


x Jo 
ki = -37 


aus der absorbierten Lichtmenge 47 und dem Schätzungswert von x 
unter Beiziehung der Konstante %; die Intensität / im Einklang mit 
einer an die Belastung der Quarzlampe anschließenden Überschlags- 
rechnung bestimmen. Da M gleich rund 10% cal, x gleich rund ro 
und ZS gleich rund 10°* ist, so wird J = 10°° cal/sec. Die Gesamt- 
energie, die pro sec in die Lampe geht, beträgt 330 Watt/sec œ 80 cal 
Sie verteilt sich (streng natürlich keineswegs gleichmäßig) auf eine 
Kugel von 23 cm Radius, also rund 7.10 qcm Fläche. 3.10! qcm 
Fläche hat das Reaktionsgefäß. Also fällt rund 4. (OH von der 
Gesamtenergie auf seine Fläche. Das macht 3-10"! cal/sec, Da 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 213 


nur etwa "ie überhaupt in Strahlung umgewandelt wird und 
davon nur !/,, absorbiert wird, so ist somit rund !/, der gesamten 
Strahlungsenergie, die bei kugelmäßiger Ausbreitung nach dem 
Reaktionsgefäß kommen könnte, umgesetzt worden. Nun ist aber 
die Emission in Richtung des Leuchtrohrs relativ kleiner. Die 
Größenordnungsübereinstimmung der Berechnung ist also befriedi- 
gend. Die Voraussetzungen der Überschlagsrechnung werden daher 
mit den Tatsachen hinreichend übereinstimmen. 


Soviel über den Betrag der Geschwindigkeitskonstante dort, 
wo sie konstant ist. Bemerkenswert ist es aber, daß sie nicht kon- 
stant bleibt, sondern alsbald fällt, äußerstenfalls auf !/„—!/,, des 
Werts. 


3. Da weder Zerfall im Dunkeln, noch Rückbildung im Licht 
beobachtet werden konnte, so kann die Gegenreaktion nicht der 
Faktor sein, von dem das Fallen der Geschwindigkeit herrührt. 
Die zwei nächstliegenden Erklärungsversuche knüpfen an die Ab- 
sorption des Lichts durch Reaktionsprodukte oder an eine „negative 
Katalyse“ durch die letzteren, an eine „Aktivierungs-Schädigung“ an. 


Absorption des wirksamen Lichts im H, wird durch die Versuche 
widerlegt. Absorption im Joddampf ist nachgewiesen: Einmal durch 
Vorschalten eines Joddampfgefäßes. Doch ist hier der Einfluß klein, ja 
fast zweifelhaft. Und doch tritt die Verzögerung der Reaktion eben bei 
den Zimmertemperaturversuchen stark hervor. Also kann auch eine 
vermöge Bestrahlung erhöhte Verdampfung des Jods nicht an unserem 
Effekt schuld sein. Zweitens werden die Versuche bei 120° (21 
und 22) offenbar durch steigende Jodkonzentrationen, namentlich 
im Anbeginn, bis Sättigung vorliegt, stark verzögert. Daß also 
Joddampf wirklich verzögert, ist hier zweifellos; und zwar deshalb, 
weil sich diese Verzögerung bei 120° durch Zugabe von RbJ oder 
Cs] ins Reaktionsgefäß sehr weitgehend beheben ließ. Dabei bildete 
sich Trijodid, der Joddampfdruck ward auf eine ähnliche Kleinheit 
wie bei den Zimmertemperaturen herabgedrückt, und Versuch 28 
und 29 zeigen besonders schön, daß die Temperatur bei Gegen- 
wart von Cs] nur den einen Unterschied ausmacht, daß bei Zimmer- 
temperatur zuerst ein Anstieg der Konstanten vorkommt, daß dieser 
aber bei 120° fehlt. Der Betrag bei Hochtemperatur ist inner- 
halb der leider noch zu weiten Fehlergrenzen derselbe wie bei der 
Zimmertemperatur. Versuch 24 zeigt aber, daß auch bei den Hoch- 
temperaturversuchen ein Steigen zum Maximum und danach ein 


214 Trauiz und Scheifele. 


Fallen eintritt, bloß beides weniger steil. Auch geht das Fallen 
erst von tieferen Drucken des HJ an, soweit die Versuche das be- 
urteilen lassen. Und ferner ist der Abfall, wo er überhaupt sicher 
ist, verglichen mit dem bei Zimmertemperatur, im Betrag sehr un- 
bedeutend. 


Es gibt noch eine Deutung, die unmittelbar aus der Warburgschen Auf- 
fassung der HJ-Photolyse folgt. Deshalb können unsere Versuche einen unabhängigen 
Beleg für jene Auffassung liefern, 

Nach ihr folgt auf den Primärprozeß (Lichtaktivierung einer Molekel HJ) eine 
Zweierreaktion zwischen dem aktiven HJ und einer nicht aktiven Molekel. Geht diese 
Reaktion sehr rasch, verglichen mit der Aktivierung, so läuft die ganze Reaktion 
monomolekular, Geht sie langsam, verglichen mit jener, so muß ein bimolekularer 
Verlauf herauskommen. Wird aber das Primärprodukt durch Fremdstöße allenfalls 
wieder inaktiviert, dann muß eine Anhäufung inaktivierenden Fremdgases den Vor- 
gang beliebig verzögern können. N, wirkt offenbar nicht störend (Versuch 57). Ver- 
dächtig bleibt also nur noch stoßender Wasserstoff. Seine Stoßzahl wächst nur sehr 
wenig mit der Temperatur. Nimmt man an, daß auch seine störende Wirkung nicht 
viel mit der Temperatur wächst, daß sie also prozentual gute Ausbeute schon hat, 
weiter, daß die Sekundärreaktion zwischen aktivem und inaktivem HJ noch relativ 
langsam, also mit kleinerer Ausbeute läuft, daher einen großen Temperaturkoeffizienten 
hat, so wird die Verarmung an HJ, mit der eine Anreicherung des annahmeweise 
störenden H, Hand in Hand geht, bei tiefer Ee merklich verzögern, bei 
höherer aber nicht. 


Will man nur die Erfahrungstatsache angeben, die von der 
Messung dargeboten wird, so hat man zu sagen: 


Statt daß auch gegen Ende des H]J-Zerfalls bei konstanten 
äußeren Bedingungen stets ein konstanter Bruchteil des noch an- 
wesenden HJ vom Licht zerlegt wird, sinkt dieser Bruchteil bei 
unserer Anordnung mit wachsendem Umsatz, merklich bei 120°, 
stark bei Zimmertemperatur, am meisten und am zeitigsten, je höher 
die Anfangskonzentration an HJ. Mindestens ein Teil dieser Wir- 
kung ist durch steigende Jodbildung und ihre Folgen bedingt. 


Ob man die Verzögerung durch inaktivierende Stöße von H, oder von J, auf 
HJ oder noch anders deuten will, bleibt zunächst unentschieden, wird auch immer 
mit der Unsicherheit aller derartigen Korrektionsannahmen behaftet sein, die sich im 
allgemeinen durch andere ersetzen lassen. 


Zusammenfassung. 


I. Unter Kondensation freiwerdenden Jods an kälteren Stellen 
oder an RbJ bzw. Cs] (zu Trijodiden) ward HJ-Gas im planparallelen 


Einige Erfahrungen an der Photolyse des Jodwasserstoffgases usw. 215 


Quarzglasgefäß im unzerlegten Quarzlampenlicht (330 Watt Be- 
lastung) in meßbaren Zeiten manometrisch meßbar zersetzt. 


2. Der Zerfall lief quantitativ ab, Weder Rückbildung im Licht, 
noch Zerfall bei den Versuchstemperaturen im Dunkeln ward 
beobachtet. Das Lichtgleichgewicht lag also hier bei völligem 
Zerfall. 


3. Das wirksame Licht lag wesentlich zwischen 300 und 
220 up. Eine gewöhnliche Glasscheibe setzte die Wirkung auf IL? 
herab. 


4. Vorgeschaltete Gefäße mit Wasserstoff, Wasser oder 10°/ iger 
CuSO,-Lösung setzten die Wirkung nicht herab. 


5. Zusatz von viel N, im Gefäß störte nicht. 


6. Die Geschwindigkeit des Zerfalls war stets im Anfang kon- 
stant, ging dann in monomolekularen Verlauf über mit der Kon- 
stante rd. 10°% sec”! (15 cm Abstand von der Stirn der axial be- 
nutzten Lampe) und fiel zuletzt dauernd. 


7. Dieser Verlauf zusammen mit der Erfahrung, daß Hinter- 
schaltung eines Pd-Spiegels praktisch wirkungslos war, führt zu der 
Erkenntnis, daß das wirksame Licht im Anfang stark, von dem Be- 
ginn der Konstanz der monomolekularen Konstanten aber nur noch 
wenig absorbiert wird. Diese Auffassung führt zu dem Ungefähr- 
wert 104 qcm/Mol für die Absorptionskonstante. Unter Beiziehung 
des Quantenansatzes stimmt dann die Berechnung der Intensität der 
Quarzlampe mit den Tatsachen so weit überein, als eine derartige 
Überschlagsrechnung beanspruchen muß. Die Intensität wird zu 
rd. OT cal/qcm, sec berechnet. 


8. Die Verzögerung der Reaktion gegen Ende des Vorgangs 
ist bei Zimmertemperatur sehr erheblich und beginnt um so früher, 
je höher der anfängliche HJ-Druck und je tiefer die Temperatur. 
Sie ist bei 120° nur gering. Ein Teil geht auf Steigerung der 
Jodmenge im Gefäß zurück. Vielleicht (?) ist ein Teil auf inakti- 
vierende Stöße von H, oder J, auf die aktiven HJ-Molekeln zurück- 
zuführen. 


9. Die Temperatursteigerung auf 120° von Zimmertemperatur 
an, hat auf die Beträge konstanter Konstanten keine merkliche 
Wirkung. Daraus ist wohl zu schließen, daß sowohl die chemische 
Reaktion wie die Absorptionskonstante in diesem Temperaturbereich 


216 Kögel. 


keine unsere Messungsfehler übersteigende Veränderung erfahren. 
Da aber weder die pro Mol nötige Lichtmenge, noch die Absorp- 
tionskonstante in Strenge temperaturunabhängig sein werden, so 
darf man aus dem Messungsergebnis nicht schließen, daß hier ein 
Temperaturkoeffizient in Strenge fehlt. 


Heidelberg, Physikalisch-Chemische Abteilung des Chemischen 
Universitäts-Instituts, 15. Nov. 1924. 


(Eingegangen am 30. März 1926.) 


Zu den Primärwirkungen der photochemischen Absorption. 


(Optisch-photochemische Transformation der Strahlung.) 
Von 
G. Kögel. 


Das Problem der Primärwirkung der photochemischen Absorp- 
tion gleicht in seiner allgemeinen Form der Frage, ob die Wirkung 
des Lichtes eine intraatomistische sei, sich rein physikalisch inner- 
halb der Atome bzw. Moleküle allein abspielt, oder ob die Wirkung 
des Lichtes interatomistisch seı, eine Reaktion zwischen zwei Atomen 
bzw. Moleküle eigentätig vollbringt. Im ersten Fall würde die photo- 
chemische Reaktion sich nur sekundär und rein chemisch an die 
primäre, physikalische Wirkung des Lichtes anschließen. 

Die Umsetzung der A-v-Werte würde in diesem Falle jenen 
physikalischen Zustand der chemisch-optischen Absorption herbei- 
führen, der nur unter äußeren, chemisch zureichenden Bedingungen 
zu einer effektiven photochemischen Reaktion führen würde. Über 
diese Alternative muß das Experiment mittels einer Substanz ent- 
scheiden, die eine lichtempfindliche Gruppe enthält, die in einem 
Falle rein thermisch, im anderen Falle photochemisch reagiert, und 
zwar quantitativ. 

Zu diesem Experiment habe ich den o-Nitrobenzaldehyd ge- 
wählt. Als Vergleichssubstanz kann das Nitrobenzol dienen, das 
die Grundsubstanz des o-Nitrobenzaldehyds in bezug auf die licht- 
empfindliche Gruppe ist. 

Nitrobenzol zeigt eine geringe Lichtempfindlichkeit. Mit Alkohol 
längerer Sonnenbestrahlung ausgesetzt, bildet sich über verschiedene 


Zu den Primärwirkungen der pholochemischen Absorption. 217 


Zwischenprodukte Chinaldin u.a. (Ciamician und Silber). Anderer- 
seits entsteht bei der Zersetzung des Nitrosobenzols am Sonnen- 
licht neben anderen Verbindungen gerade Nitrobenzol (Ber. 35. 1612; 
Beilstein V. 233). Im Vergleich zum Nitrobenzol ist der o-Nitro- 
benzaldehyd eine sehr lichtempfindliche Substanz. Kailan, Wei- 
gert u.a. haben bekannt gegeben, daß in entsprechenden Lösemitteln 
der o-Nitrobenzaldehyd quantitativ in o-Nitrobenzoesäure übergeht. 
Ber. 46. 1628. 2175 (1913). Ber. 46. 1207, 1884 (1913). A.Taylor u. 
M. Lewis bestätigen diese Angaben mit der Mitteilung, daß die 
Prüfung des Einsteinschen Gesetzes am o-Nitrobenzaldehyd das 
Güteverhältnis ı gezeigt habe (Am. Soc. 1606. 1924). 


Vergleicht man die Lichtempfindlichkeit des o-Nitrobenzaldehyds 
mit der des o-Nitrozimtsäurealdehyds, so erweist sich die letztere Sub- 
stanz als sehr wenig lichtempfindlich, nach Ciamician und Silber 
„als beständig gegen Licht“ (Beilst. VII. 358). Beide Substanzen 
enthalten die Aldehydgruppe, die als Sauerstoffakzeptor mit ganz 
verschiedener Reaktionsfähigkeit wirken. 


Die Wirkung der Aldehydgruppe ist jedoch keine spezifische — 
weder chemisch, noch photochemisch —, auch andere Gruppen, die 
sich verhältnismäßig leicht oxydieren, zeigen die gleiche Wirkung. 
So entstehen "aus 2,4,6-Trinitrotoluol am Licht die entsprechenden 
o- und #-Chinoxime (Ber. 58. 702). . 

Die Lichtempfindlichkeit der NO,-Gruppe erscheint noch in 
vielen anderen Substanzen. Ihre Lichtempfindlichkeit liegt primär 
im Stickstoff, an den 2 Sauerstoffatome sekundär angeschlossen 
werden. Der Stickstoff, ob in Form von NN. R-N=N—R, 
ro: =NH—, =NO oder —NO, u. a. erweist sich stets licht- 

/ 
empfindlich, wenn die weiteren Bedingungen zu einer photochemi- 
schen Reaktion gegeben sind. 

Versuch: o-Nitrobenzaldehyd + Pyrogallol werden am Licht 
braun, im Dunkeln bleiben sie hell. Alkali ist nicht erforderlich. 


Zum Zwecke unserer Untersuchung wurde nun festgestellt, ob 
der Sauerstoff der o-Nitrogruppe des o-Nitrobenzaldehyds auf seinem 
Weg zur Aldehydgruppe als solcher abgefangen werden kann. Das 
gelingt in der Tat mit /-Phenylendiamin, Pyrogallol u. dgl, und 
zwar mit raschem Verlauf der ganzen Reaktion. Aber auch die 
o-Nitrogruppe des sonst so lichtunempfindlichen o-Nitrozimtsäure- 
aldehyds zeigt sich unter solchen Umständen plötzlich hochempfind- 


218 Kögel. Zu den Primärwirkungen der photochemischen Absorption. 


lich. Die Zahl solcher Beispiele einer durch die Akzeptoren erst 
scheinbar — aber vorher schon bestehenden — erzeugten Licht- 
empfindlichkeit ließen sich noch leicht vermehren, ohne damit 
wesentlich Neues zu zeigen. Die erreichte Lichtempfindlichkeit bei 
- solchen lichtempfindlichen Verbindungen des verschiedensten Grades 
ist so hoch, annähernd und über der des Chlorsilbers, aber auch 
so gleichmäßig, daß der Einfluß der Substituenten vielfach geradezu 
verschwindet, also photochemisch fast keine Rolle mehr spielt. Die 
Tatsache, daß diese scheinbar photochemisch trägen Substanzen 
mit oder ohne Akzeptor belichtet stets — unter sachgemäßer Be- 
rücksichtigung der Eigenabsorption der zugesetzten Akzeptor- 
substanzen — die spektral gleiche Absorption zeigen, beweist, daß 
die thermische, photoinaktive Absorption und die photochemisch 
wirksame Absorption zunächst die gleichen sind. Das Licht trifft 
nicht a priori eine Auswahl verschiedener Absorption in Hinsicht 
auf eine durch äußere Bedingungen nachträglich zu erwartende 
chemische Reaktion. Bei der thermischen Absorption arbeitet sich 
die Lichtenergie im lichtempfindlichen Molekül durch Verschiebung 
der Elektronen auf höhere Quantenbahnen auf, wobei zu einer 
Rückkehr auf die niederen Quantenbahnen durch die Drehung der 
Moleküle, die die lichtempfindlichen Gruppen vom Licht abwenden, 
bestimmte Zeitintervalle gegeben werden. 

Bei der Belichtung des o-Nitrobenzaldehyds usw. wird nun etwa 
nicht einfach Sauerstoff frei, der durch den Akzeptor nachträglich 
weggefangen wird. Solange der Akzeptor nicht im Bereiche der 
photoaktivierten NO,-Gruppe sich befindet, tritt überhaupt keine 
Reaktion ein. Daß die lichtempfindliche Gruppe durch den chemischen 
Einfluß des Akzeptors in ihrem inneren Bau für die Wirkung des 
Lichtes günstig beeinflußt werde (Lockerung, Additionsverbindungen), 
kann angenommen werden, ohne dadurch die Annahme einer anderen, 
spezifisch verschiedenen Absorption irgendwie zu begründen. 

Die thermisch-photochemische Transformation der Strahlung, 
wie sie oben dargelegt, läßt sich ebenso deutlich an organischen 
Farbstoffen zeigen, die die verschiedenste thermisch-optische Ab- 
sorption zeigen, die durch geeignete äußere Bedingung eine spektrale 
gleiche photochemische Reaktion zeigen. Solche Beispiele sollen 
in einer späteren Abhandlung genau beschrieben werden. 


(Eingegangen am ı. Mai 1926.) 


Schaum. Über einfache Spektralapparaie mit großer Lichtstärke I. 219 


Über einfache Spektralapparate mit großer Lichtstärke L 
Von 
Karl Schaum. 


Der Bau möglichst lichtstarker Spektralapparate ist für zwei 
Arten von Untersuchungen wünschenswert: 1. für die Spektroskopie 
lichtschwacher oder kurz dauernder Lichterscheinungen; 2. für die 
spektralphotochemische Untersuchung wenig lichtempfindlicher Stoffe. 

Auf die große Bedeutung lichtstarker Spektrographen für die 
unter ı. genannten Studien, deren Durchführung unsere Kenntnisse 
von den Lumineszenzvorgängen, von der zeitlichen Entwicklung der 
Spektren (Spektrokinematographie) u. a. wesentlich vermehren würde, 
habe ich bereits früher hingewiesen und in Gemeinschaft mit W. Horn- 
schu (r) die Leistungsfähigkeit einer einfachen Apparatur dargetan. 
Für die unter 2. genannten Arbeiten hat sich die von uns für 
spektroskopische Zwecke geschaffene Vorrichtung u. a. bei Ver- 
suchen über die Lichtanpassung der Photohaloide gut bewährt. (2) 

Lichtstarke Spektrographen kann man durch Verwendung von Ob- 
jektiven mit hohen Aperturen im Bunsen-Kirchhoffschen Spektro- 
skopmodell erzielen. Mit einer derartigen Vorrichtung aus Glasteilen 
haben K. Schaum und W. Hornschu (1), unter Verwendung von 
Quarzoptik K. Stuchtey (3) verschiedene Lumineszenzen gut unter- 
suchen können. Neuerdings hat in unserem Institut Frl. H. Schle- 
singer eine verbesserte Apparatur mit Glasoptik für spektralphoto- 
chemische Studien an Schwermetallsalzen zwecks Feststellung der 
nach Rot gelegenen Empfindlichkeitsgrenze und Prüfung der Ein- 
steinschen Quantenforderung benutzt; ferner hat Herr A. Imhoff 
einen ähnlich gebauten Quarzspektrographen zur Untersuchung der 
spektralen Empfindlichkeit von halogenierten Silberspiegeln verwendet. 

Einen ziemlich lichtstarken Spektrographen kann man auch aus 
einem Browningschen Spektroskop mit geradsichtigem Prisma her- 
stellen, wenn die Linse hohe Apertur besitzt. Die Lichtausbeute 
wird erhöht, wenn man auch hier Kollimator- und Abbildungslinse 
trennt, wie es z. B. bei dem J. Janssenschen geradsichtigen Spektro- 
skop geschieht. Derartige Vorrichtungen haben vor den obengenannten 
den Vorzug größerer Dispersion. Mit Hilfe eines einfachen gerad- 
sichtigen Spektrographen hat Herr W. Kraemer eine Reihe von Lu- 


220 Kraemer. 


mineszenzen untersucht, es war unsere Absicht, die Studien zunächst 
noch nach Erwerb besserer Hilfsmittel fortzusetzen; doch ver- 
anlassen uns einige inzwischen erfolgte Veröffentlichungen, die bisher 
gewonnenen Ergebnisse kurz zusammenzustellen. 


Über die Spektralphotographie lichtschwacher Leuchterscheinungen. 
Bearbeitet von 


Wilhelm Kraemer. (4) 


Der Spektrograph. 


Die Firma W., und H. Seibert in Wetzlar hat auf unsere An- 
regung hin ihr geradsichtiges Spektroskop mit einem besonders be- 
rechneten zweilinsigen Achromaten von der Apertur 0,07 als Koli- 
mator und einen dreilinsigen Achromaten von der Apertur 0,11 als 
Abbildungsobjektiv versehen und ferner mit einer kleinen photo- 
graphischen Kammer für die Plattengröße 4,5xX6 cm ausgestattet. 
Die Linsen sind verkittete Systeme; das aus fünf verkitteten Teilen 
bestehende Geradsichtsprisma nach Amici absorbiert im Ultraviolett 
bei 397 mu schon recht beträchtlich. Die lineare Größe des sicht- 
baren Spektrums beträgt etwa I cm, wenn auch dementsprechend 
die Auflösung besonders im langwelligen Teil des Spektrums gering 
ist, so fällt dies bei unseren orientierenden Versuchen an Spektren 
aus meist verwaschenen Bändern nicht sehr störend ins Gewicht. 


Die Erregung der Lumineszenzen. 


Zunächst wandten wir uns den interessanten Leuchterscheinungen 
zu, die H. Kauffmann (5) mit Hilfe von Teslaschwingungen an ge- 
sättigten Dämpfen erregt hat. Ein kleiner Teslaapparat von Arthur 
Pfeiffer in Wetzlar wurde mittels eines Induktors von 5—6 cm 
Schlagweite bei 10—ı6 Volt Primärspannung und 5—7 Ampere 
Strombelastung betrieben. Die Erregung der Dämpfe geschah in 
einem Kauffmannschen Elektrisator, dessen innere Belegung aber 
nicht aus Quecksilber, sondern aus Stanniol bestand. Die Heizung 
erfolgte auf elektrischem Wege mittels einer in die Flüssigkeit ein- 
geführten Chromnickelspirale, die von einer 18 Voltbatterie gespeist 
wurde. 

Ferner haben wir Lumineszenzen von Dämpfen in Vakuum- 
röhren untersucht; Vorversuche mit Geisslerröhren bestätigten 


Über die Spektralphotographie lichtschwacher Lichterscheinungen. 221 


die bekannte Erfahrung, daß hier sehr schnell völlige Zersetzung 
der Substanzen eintritt, so daß höchstens bei elektrodenlosen Röhren 
unter gewöhnlichen Anregungsbedingungen Ergebnisse zu erwarten 
wären. Da unsere Hilfsmittel zur Erzeugung eines elektrodenlosen 
Ringstroms nicht ausreichten, beschränkten wir uns auf die Er- 
regung der Dämpfe bei 2—10 mm Druck in Teslaröhren mittels 
eines Hochfrequenzfeldes. Ferner wurde die Lumineszenzerregung 
fester Stoffe durch Kathodenstrahlen, durch ultraviolettes Licht 
und durch Röntgenstrahlen in den Kreis unserer Studien gezogen. 
Hier interessierte besonders das Verhalten von möglichst reinen 
Stoffen, sowie von festen Lösungen bzw, isomorphen Mischungen 
wechselnder Zusammensetzung. Ausführlicheres über diese Unter- 
suchungen wird demnächst Herr A. Allendörfer berichten. 


Ergebnisse. 

Im Nachstehenden sind die von uns beobachteten Linien bzw. 
Bänder zusammmengestellt (in mu). Wir haben versucht, die Emis- 
sionen auf irgendwelche Elemente bzw. Verbindungen zurückzuführen; 
bei der geringen linearen Größe der Spektren und der oft schlechten 
Definition können die Zahlenwerte nur auf 2—ı mu genau an- 
gesehen werden; die Versuche sollen lediglich orientierenden Cha- 
rakter haben und die Brauchbarkeit des kleinen Spektrographen für 
derartige Durchmusterungen dartun. Seine Verwendbarkeit wird 
sich naturgemäß in erster Linie auf die Beobachtung von kontinuier- 
lichen und ähnlichen Spektren erstrecken; dementsprechend lag 
uns besonders daran, festzustellen, ob bei unseren Erregungs- 
bedingungen kontinuierliche oder ähnliche Eigenspektren festzustellen 
seien, was in einigen Fällen anscheinend auch gelungen ist. 


Leuchten im Elektrisator. 
Druck 760 mm; Expositionszeit !/, Stunde. 

Bei dieser Art der Lumineszenzerregung dürften vornehmlich 
die von H. v. Dechend (6) bei Spitzenentladungen unter Atmo- 
sphärendruck beobachteten Emissionen auftreten; diese sind in den 
Tabellen durch Fettdruck hervorgehoben. 

Anilin. Leuchtfarbe blau, 

473 C, Cy, CO 420 N, CO 383 C, H, CO, 


471 C, N, CO 418 H, Cy 382 C 
469 C, Cy, CO 417 N, Cy 38ı N 
467 C, CO, 415 Cy, CO, 


413 N, CO, 


222 Kraemer. Über die Spektralphotographie lichtschwacher Lichterscheinungen. 


Dimethylanilin. Leuchtfarbe blau, 


475 Cy, CO 422 Cy 385 C, N, Cy, CO, 
473 C, Cy, CO 419 N, CO 383 C, H, CO, 
470 C, CO 418 H, Cy 382 C 
467 C, CO 417 N, Cy 38ı N 

415 Cy, CO, 

410C, N 


a-Naphthylamin. Leuchtfarbe blau. 


434 N 397 H, N, CO, 
427 N, H, CO 385 C, N, Cy, CO, 
420 N, CO 384 C, H, Cy, CO, 


404 N, H, CO, 


o-Phenetidin. Leuchtfarbe weißlich blau. 
384 C, H, Cy, CO,. 
Tetralin. Leuchtfarbe grün. 
554—532; 514—504; 476—467. 
Vielleicht Eigenspektrum. 


Naphthalin. Leuchtfarbe blau, 
481—475 (schwach, verwaschen), 
Vielleicht Eigenspektrum. 


Leuchten im Teslarohr. (7) 
Druck 2—10 mm; Expositionszeit 5—10 Min. 


Anilin. Leuchtfarbe weißlich, 
478—466 wohl Eigenspektrum. 


466 N, C, NH, 420 N, CO 
460 N, Cy, NH, 418 N, Cy 
453 N, Cy, NH, 385 C, N, Cy 


447 N, NH, 384 C 
443 N 383 C 
422 N, Cy 382 N 


Dimethylanilin. Leuchtfarbe weißlichblau. 
466 N, C, NH, 
459 N, Cy, NH, 
453 N, Cy, NH, 
447 N, NH, 


a-Naphthylamin. Leuchtfarbe blau. 


462 CO, NH, 418 N, Cy 
453 N, Cy, NH, 415 Cy 
BIN ? 385 C, N, Cy 
429 N, CO 383 C 


420 N, CO 381 N 


Schmidt. Über das Wesen der optischen Sensibilisierung uw. 223 


Bemerkungen. 

1) K. Schaum, Diese Zeitschr. 9. 414. 1911; W. Hornschu, Marburger 
Diss, 1908. 

2) Näheres in der IL Mitteilung. 

3) K. Stuchtey, Diese Zeitschr. 19. 161. 1920. 

4) Gießener Dissertation 1921. 

5) H. Kauffmann, Zeitschr. f. physik. Chem. 26. 719. 1898; 28. 673. 1899. 

6) H. v. Dechend, Ann. d. Phys. 30. 719. 1909. 

7) S. dazu W. H. McVicker, J. K. Marsh und A. W. Stewart, Journ, chem. 
Soc. London und Phil. Mag. 1923—1926. 


Gießen, Physikalisch-chemisches Institut, Juni 1926. 


Über das Wesen der optischen Sensibilisierung und der 
Desensibillsierung. 


Von 
H. H. Schmidt. 
(Wiss. Lab. der Firma O. Perutz, München.) 
Mit 3 Figuren auf ı Tafel. 


Unter diesem Titel haben Kögel und Steigmann in dieser 
Zeitschrift (24, S. 18) sehr interessante Versuche über die Ausbleichung 
veröffentlicht, die unter Heranziehung der Dehydrierungstheorie die 
Grundlage zu einer zweifellos beachtenswerten Theorie der Sensi- 
bilisierung und Desensibilisierung bei Silberhalogeniden abgaben. 
Um die Brauchbarkeit dieser Theorie zu ergründen, ist es zweck- 
mäßig, die Wege zu verfolgen, auf denen nach diesen Vorstellungen 
die Übertragung der Lichtenergie überhaupt stattfindet. Nach dieser 
Theorie hat man sich energetisch den Vorgang bei der Belichtung 
so vorzustellen, daß die vom Halogensilber absorbierte Energie auf 
die Gelatine übertragen wird, dort zur Bildung von aktivem Wasser- 
stoff Anlaß gibt, der weiter bei nichtsensibilisierten Platten zur Re- 
duktion des Halogensilbers führen soll. Das ist, mit anderen Worten 
ausgedrückt, was die beiden Autoren mit „Aktivierung des Wasser- 
stoffs durch das Halogensilber“ bezeichnen. Die Desensibilisierung 


224 Schmidt. 
soll dann dadurch zustande kommen, daß die desensibilisierenden 
Farbstoffe dem Halogensilber den aktivierten Wasserstoff, den sie 
zur eigenen Reduktion verwenden, entziehen und so seine Reduktion 
erschweren. Bei der Sensibilisierung dagegen soll dem Halogen- 
silber auch noch der vom Farbstoff in seinem Absorptionsgebiet in 
ähnlicher Weise wie oben aktivierte Wasserstoff zur Verfügung stehen, 
weil die Sensibilisatoren geringere Neigung zur Reduktion haben sollen. 

Diese Vorstellungen stehen, so interessant sie sonst sind, in 
Widerspruch mit den modernen Vorstellungen über den Mechanismus 
der Lichtwirkung auf Silberhalogenide einerseits und mit den experi- 
mentellen Daten über die Ausbleichgeschwindigkeit von Sensibili- 
satoren und Desensibilisatoren andererseits. Danach befindet sich 
das Halogensilber nach erfolgter Lichtabsorption in einem reaktions- 
fähigen Zustand (für den die beiden Autoren den Ausdruck „Licht- 
körperchen‘“ neu geprägt haben), nach einem unter günstigen Um- 
ständen erfolgten Quantensprung vom Bromion zum Silberion er- 
hält man atomares Silber und Brom, die beide wahrscheinlich durch 
Adsorptionskräfte am Korn gebunden bleiben. Die Gelatine in ihrer 
Eigenschaft als Halogenakzeptor verhindert bis zu einem gewissen 
Grade den freiwillig verlaufenden Prozeß der Rekombination. Es 
besteht also zwischen dieser Auffassung und den Postulaten von 
Kögel und Steigmann eine starke Diskrepanz. Nach der mo- 
dernen Theorie kommt die Lichtenergie direkt zur Wirkung, nach 
Kögel und Steigmann macht sie einen Umweg über die Gelatine. 
Ein Vorgang, der höchst unwahrscheinlich ist und auch bei den 
bindemittelfreiem Halogensilber, z. B. bei Daguerretypplatten, nicht 
einmal möglich ist. Auch bei der Sensibilisierung erfolgt der Energie- 
transport direkt, wobei man allerdings zwischen sauren und basischen 
Farbstoffen unterscheiden muß. Sowohl bei der Sensibilisierung mit 
sauren als mit basischen Farbstoffen kommt es zur Ausbildung be- 
stimmter chemischer Verbindungen (schwerlösliche Silberfarbstoff- 
salze bei sauren, Metallhaloidfarbstoffverbindungen, verbunden mit 
Umlagerungen und Auftreten von Fluoreszenz, bei basischen Farb- 
stoffen, Figg. I u. 2). 

Dieser Vorgang ist, wie sich leicht aus der Verschiebung des 
Sensibilisierungspektrums gegen das Absorptionsspektrum berechnen 
läßt, mit bei chemischen Reaktionen üblicher Wärmetönung verknüpft 
(ca. 2000—3000 cal). Es kommt zu sehr stabilen Verbindungen, die z. B. 
durch Wasser nicht mehr spaltbar sind, in deren Innern sich der Energie- 
übergang vollzieht. Im Falle der sauren Sensibilisatoren vom Farb- 


Über das Wesen der optischen Sensibilisierung usw. 225 


stoffanion zum Gittersilberion, im Falle der basischen Farbstoffe vom 
Farbstoffkation zum Gitterbromion oder zum Gittersilberion. Diese 
Vorstellungen werden sich durch Äquivalentmessungen, ähnlich den 
von Eggert und Noddak (Z. f. Physik 20. 299; 31. 922) aus- 
geführten, vertiefen lassen und geben zum ersten Male eine Er- 
klärung, warum Sensibilisierungs- und Absorptionsspektrum eines 
Farbstoffes nie zusammenfallen. Aus energetischen Gründen und aus 
den experimentellen Befunden über die Wichtigkeit des Kations bei 
der Umlagerung möchte ich den Schluß ziehen, daß die Energie 
direkt vom Farbstoff auf das Gittersilberion übertragen wird. Mit 
der Theorie von Kögel und Steigmann diese Diskrepanz zu er- 
klären, dürfte auf große Schwierigkeiten stoßen. 


Ich möchte zur Illustration noch zwei Abbildungen aus einer 
an anderer Stelle erscheinenden Arbeit, die auch Gegenstand eines 
Vortrages anläßlich der Tagung des Vereins f. angew. Chemie in 
Kiel!) ist, wiedergeben, aus denen alles Weitere zu ersehen ist. Auch 
die Desensibilisierung ist nicht auf die größere Wasserstoffbegierde 
dieser Farbstoffe zurückzuführen, da z.B. Nilblau, ein sonst guter 
Desensibilisator, nur schwer ausbleicht, während gute Sensibilisatoren, 
wie Pinachrom, Pinaverdol usw., verhältnismäßig rasch ausbleichen., 
Die besonders günstig liegenden Verhältnisse beim Methylenblau 
dürfen nicht verallgemeinert werden. 


Um so mehr als das Grundexperiment der beiden Autoren 
über die Ausbleichung bei Methylenblauhalogensilbergelatineschichten 
durch genauere Versuche wesentlich erweitert und vertieft werden 
kann. Versuche, die sich neben dem Abklingen der latenten Bilder 
auf Farbstofigelatinescheiben auch mit der Verbesserung der Ent- 
wicklung dieser latenten Bilder beschäftigten, haben ergeben, daß 
alle gebräuchlichen sauren und basischen Sensibilisatoren und De- 
sensibilisatoren, die bekanntesten Thiazine, Oxazine, Azine, ja selbst 
Kristallviolett, Rosolsäure, Äthylviolett, Methylviolett usw. den 
Methylenblaueffekt geben. (Bis jetzt wurden etwa 25 Farbstoffe ge- 
funden.) Neuerdings haben auch Kögel und Steigmann ihre dies- 
bezüglichen Versuche erweitert (Koll.-Z. Bd. 39, H. ı). So ist z.B. 
aus Fig. 3, die einer in einiger Zeit erscheinenden Arbeit über 
Ausbleichung entnommen ist, zu ersehen, daß auch mit geeigneter 
silbersalzfreien Entwicklung bei bestimmten Halogensilberschichten 
auch ohne Silbervorbad das Halogensilber in dem Absorptions- 


1) Referat darüber: Zeitschr. f. angewandte Ch. 39, S. 698. 
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 16 


226 Schmidt. 


gebiet des Farbstoffes entwickelbar wird, obwohl die gleich- 
zeitig mitbelichtete Methylenblaugelatinescheibe, die zusammen 
mit der Halogensilberplatte in Methylenblaulösung 1:5000 an- 
gefärbt und auch sonst konform behandelt wurde, noch nicht den 
geringsten Bildeindruck gibt. Der Desensibilisator wird zum Sensi- 
bilisator und die Desensibilisierung ist der Anfang zur Sensibilisie- 
rung. Eine Ansicht, die dadurch gestützt wird, daß auch die bas. 
Desensibilisatoren ähnliche Umlagerungen als die bas. Sensibilisatoren 
durch Schwermetallhalogenide, vorwiegend Jodide, erleiden (siehe 
Fig. 2) Die Umkehrerscheinungen beim Jodsilber durch Desensi- 
bilisatoren und Sensibilisatoren sind von den Phänomen der De- 
sensibilisierung bei Silberchlorid und Silberbromid zu trennen, da 
der Desensibilisator bei Jodsilber und jodsilberreichen Schichten 
chemisch anders, und zwar fester gebunden ist, als bei den anderen 
Silberhalogeniden. Die Stabilität dieser Verbindungen wird am 
besten demonstriert durch das Verhalten sensibilisierter und de- 
sensibilisierter Schichten und Jodsilber = -Ausbleichschichten gegen 
Wasser. Die Desensibilisierung wird durch Waschen, je nach dem 
angewandten Farbstoff, mehr oder weniger stark aufgehoben (bei 
Methylenblau z. B. weniger als bei Phenosafranin), sensibilisierte 
Schichten und reine Jodsilberausbleichschichten (die Versuche er- 
streckten sich auf nichtvorbelichtete Platten) sind dagegen gegen 
Wasser beständig. Unsere Versuche über die Natur der bei der 
Sensibilisierung und Desensibilisierung entstehenden chemischen Indi- 
viduen sind noch nicht abgeschlossen und behalten wir uns dieses 
Arbeitsgebiet noch für einige Zeit vor. 


Beim Jodsilber ist z. B. der desensibilisierte Phenosafranin schon 
so fest gebunden, daß er nicht mehr ausgewaschen wird, er ist 
zum schwachen Sensibilisator geworden, was bei Methylenblau noch 
ausgeprägter in Erscheinung tritt. Diese Wasserstoffbegierde der 
Desensibilisatoren wäre also eine Funktion des Halogensilber- 
substrates, was undenkbar ist. Näheres wird aus der erwähnten 
Arbeit zu ersehen sein. 


Zusammenfassend kann man sagen, daß die Theorie von Kögel 
und Steigmann in hohem Maße unwahrscheinlich ist und teilweise 
mit den Experimenten in Widerspruch steht. 


Die Sensibilisierung der Ausbleichung der Farbstoffe in Wasser 
und in Gelatine durch Halogensilber wird meines Erachtens durch 
die Energie bewirkt, die vom Halogensilber quantenmäßig auf- 


ji 
BE Er VEREINBAREN aieeaa in _ 


Über das Wesen der optischen Sensibilisierung usw. 227 


genommen und wieder abgegeben wird, also nicht zu photo- 
chemischen Umsetzungen im Halogensilber führt. Von der Realität 
dieser Oszillationen kann man sich leicht überzeugen, wenn man 
Halogensilberschichten von geringer Dicke in der Durchsicht be- 
trachtet. Hochempfindliche Schichten sind z.B. in der Aufsicht 
gelb, in der Durchsicht dagegen stahlblau. Diese vom Halogensilber 
wieder abgegebene Energie führt zu den Erscheinungen, die Kögel 
und Steigmann beschrieben haben. Dieser Vorgang hat ein 
Analogon in der Dissoziation des Wasserstoffmoleküls durch an- 
geregte Quecksilberatome (Cario und Frank, Z. f. Physik 11. 161. 
1922). Ultraviolette Bestrahlung bestimmter Wellenlängen allein 
führt nicht zur Spaltung, die erst eintritt, wenn Quecksilberdampf 
dem Wasserstoff beigemischt wird. Die vom Quecksilber auf- 
genommene und quantenmäßig übertragene Energie führt rasch zur 
Dissoziation des Wasserstoffmoleküls. Die Rolle des Quecksilbers 
wird bei den erwähnten Ausbleichversuchen vom Silberhalogenid 
übernommen. 


(Eingegangen am 21. Mai 1926.) 


228 Schmidt. Über das Wesen der Sensibilisierung usw. 


Erklärungen zu Tafel II 
Fig. 1. 


Spektrum a: Sensibilisierungsspektrum einer Erythrosinplatte. 

Spektrum A: Absorptionsspektrum einer Erythrosingelatinescheibe auf Erythrosin- 
platte. 

Spektrum c: Absorptionsspektrum einer Erythrosinsilbergelatinescheibe auf Ery- 
throsinplatte. 

Spektrum d: Sensibilisierungsspektrum einer Pinachromplatte. 

Spektrum e: Absorptionsspektrum einer Erythrosingelatinescheibe auf Pina- 
chromplatte. 

Spektrum f: Absorptionsspektrum einer Erythrosinsilbergelatinescheibe auf Pina- 
chromplatte. 

Die Spektren d—f sind angeführt, um die Absorptionsgrenze der Erythrosin- 
silbergelatinescheibe festzustellen. Man sieht, daß diese mit der Sensibilisierungs- 
grenze (Spektr. a) zusammenfällt. Spektr. 5 läßt die Rotverschiebung deutlich erkennen. 


Fig. 2. 


Spektrum a: Sensibilisierungsspektrum einer Pinachromplatte. 

Spektrum A: Absorptionsspektrum der Pinachromlösung ı:1000 auf Pina- 
chromplatte, 

Spektrum e: Absorptionsspektrum des durch Metallhaloide umgelagerten Pina- 
chroms auf Pinachromplatte. 

Spektrum d: Sensibilisierungsspektrum einer Pinacyanolplatte. 

Spektrum e: Absorptionsspektrum der Pinachromlösung ı : 1000 auf Pinacyanol- 
platte. 

Spektrum f: Absorptionsspektrum des durch Metallhaloide umgelagerten Pina- 
chroms auf Pinacyanolplatte. 

Die Spektren d—f sind angeführt worden, um die Absorptionsgrenze der Metall- 
haloidfarbstoffverbindung festzustellen. Die Sensibilisierungsgrenze (Spektrum a) füllt 
ebenfalls mit der Absorptionsgrenze (Spektrum f) zusammenfällt.e Spektrum 5 läßt 
deutlich die große Diskrepanz zwischen Absorptions- und Sensibilisierungsgrenze er- 
kennen. Als Metallbaloide kommen neben den Silberhalogeniden besonders Zink-, 
Kadmium-, Quecksilber-, Goldhalogenide in Betracht. 


Fig. 3. 
Teil a: Methylenblaugelatinescheibe. 
Teil 5: Methylenblauhalogensilbergelatinescheibe. 
Die Sensibilisierung ist an der Ausbildung des gelben und roten Farbstreifens 
zu erkennen. Die genau gleichbehandelte Methylenblauscheibe reagiert noch nicht, 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen. 


Be le nn Kr au e 


Zeitschr. f. wiss. Phot. Ba. XXIV. 


SI vi Ar ër ON LA Aa SÉ, "e" Ex 


D 6, 


e 
el 
= 
= 
m 

3 e fa 
"E Vu A 
= m 
A Kal m 
= = m 
| D 0 
5 m 
' m d i c 
m, S u 
| PIT 
| Fig. 3. 
| 
| H. H. Schmidt, Verlag von Johann Ambrosius Barth in Leipzig. 


s E 


Tafel 11. 


PS 


` 


sem `  : 
enschaftliche Photographie 
 Photophysik und Photochemie 


KR i à 


y 
bhd G 
EN 
WK 


K: 


H 
j 


U 
A 
we 


a Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen 


hi ai 

Ki insbesondere von 

i um e 4 ` 

a | | H. Kayser 

En o, em, Professor an der Universität Bonn 


herausgegeben von 


K. Schaum 


o, ð. Professor an der Universität Gießen 


1926 


| von Johann Ambrosius Barth in Leipzig 


Gi 8alomonstraße 18b 


a 


E Ze schr werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuch- 
nommen, . der Abonnementspreis beträgt pro Band im {m> und Ausland Rm. 24.—, 
ndt up inschließlich Porto im Inland Rm 23.ëe, irnak lahk Ron, 25.20. 


4 fi ln 


~ September 1926 


s 


Ooo 0 


Inhaltsverzeichnis, 


Originalarbeiten, Ye Seite . x 
H. Arens und J. Eggert, ‘Über Dunkelkammerbeleuchtung unter besonderer 
Berücksichtigung der psychologischen tte des menschlichen . - 
Auges. Mit ı 3 Figuren im Text . sietu s š ee 220 


Waldemar Jenisch, Seelze, Zur Kenntnis der Riro photographischer 
Silberhaloidemulsionen . . » 2: 2 s s-s e, ` = A "e GE 


Beggen E E 2 


m 
GH une EE 


Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an 
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. 
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren 


Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige 
Berichterstattung möglich ist, 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere 
Re welche vom ESCH EE werden, 


Modell 1925! 


Fin neuer Apparat 
mit 2 tausendkerzigen Glühlampen 
zur Projektion von 


Papierbildern 
(namentlich Buchabbildungen u. deals 
von -geradezu 


glänzender Leistung! 


...... ........n.n.—...n.unnbesnnsnnsttteee 


ö Dieser Apparat weist eine erstaunliche Bild- 
: helligkeit bei geringem Stromverbrauch, ein- 
: fachster Handhabung und mäßigem Preis auf. 
: Er kann auch in größeren Hörsälen als über- 
: legener Ersatz für ein großes Bogen- 
lampen-Episkop Verwendung finden, 


Bes ........ „.......... .„.......—.......... 


Ap a g” ę 
Digitized ‚Google Ke DËS, Le 


ed t 


Zeitichrift für willenichaftlidie Photographie, 
Photophylik und Photodiemie 


XXIV. Band. 1926. Heft 7. 


Über Dunkelkammerbeleuchtung unter besonderer Berücksichtigung 
der psychologischen Empfindlichkeit des menschlichen Auges. 


Von 
H. Arens und J. Eggert. 


Mit ı3 Figuren im Text, 


A. Alte Anschauung. 


Bei der Herstellung einer Dunkelkammerbeleuchtung hat man 
sich bis jetzt nur durch die spektrale Empfindlichkeit der 
photographischen Platte leiten lassen: Man machte von der 
weißen Lichtquelle, mit der man die Dunkelkammerlampe aus- 
statten wollte, eine spektrographische Aufnahme auf der in der 
Dunkelkammer zu verarbeitenden Plattensorte. Die Stellen, an 
denen dieses Spektrogramm am wenigsten geschwärzt war, wurden 
für Dunkelkammerbeleuchtung als die günstigsten angesehen. 


% Durchlassigkeit 


Fig. ı. 
Durchlässigkeit eines Dunkelkammerfilters für orthochromatische Platten. 


Da sich die verschiedenen Emulsionen (unsensibilisierte, ortho- 
chromatische, panchromatische) in bezug auf ihre spektrale Emp- 
findlichkeit unterscheiden, so ergaben sich für diese auch ver- 
schiedene Dunkelkammerbeleuchtungen. 

Für orthochromatische Platten, deren unempfindlichste 


Stelle im äußersten Rot liegt, war man bestrebt, die Durchlässig- 
hr, f, wiss, Phot, 24. 17 


230 Arens und Eggert. 


keit des Dunkelkammerfilters möglichst in das langwellige Rot zu 
legen und nach dem kurzwelligen Ende des Spektrums bis höchstens 
650 mu reichen zu lassen (vgl. Fig. 1). 


% Durchlässigkeit 


Fig 2. 


— Durchlässigkeitskurve eines Dunkelkammerfilters für unsensibilisierte Emulsion. 
~- Durchlässigkeitskurve eines Dunkelkammerfilters für orthochromatische Emulsion 
(vgl. Fig. 1). 


Bei unsensibilisierten Platten liegt die unempfindlichste 
Stelle ebenfalls im äußersten Rot; man hielt daher eine Beleuchtung, 
die nur dieses Rot enthält, auch in diesem Falle für die sicherste. 


Empfindlichkeit 


Empfindlichkeit 


s NN 
ER REN 


Fig. 3a. Fig. 3b. 
Schematische Empfindlichkeitskurven der 
orthochromatischen und der unsensibilisierten 


Emulsionen für das Spektrum der Nitralampe.!) 


Man ging aber mit dem Filter für unsensibilisierte Emulsionen doch 
weiter ins Orange etwa bis 600 mu (vgl. Fig. 2), und zwar aus 
folgendem Grunde: Die Empfindlichkeit steigt nach Orange zu bis 


1) Gemeint ist eine gasgefüllte Metallfadenlampe (Halbwattlampe), die im folgenden 
mit Nitralampe bezeichnet ist. 


Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 231 


etwa 600 mu ebenso an, wie bei orthochromatischen Platten, aber 
die Empfindlichkeit ist in diesen Gebieten bei unsensibilisierten 
Platten geringer als bei orthochromatischen. Schematisch würden 
sich also die Verhältnisse durch die Figuren 3a und 3b darstellen 
lassen, in denen die Abhängigkeit der Empfindlichkeiten von den 
Wellenlängen wiedergegeben sind. Die Gebiete, welche für die be- 
treffende Dunkelkammerbeleuchtung benutzt werden, sind schraffiert. 


B. Neue Anschauung. 
I. Prinzip und Definitionen. 


Es hat sich nun herausgestellt, daß man grundsätzlich zu 
anderen Anschauungen über die notwendigen Eigenschaften einer 
geeigneten Dunkelkammerbeleuchtung gelangt, wenn man neben 
der bisher allein berücksichtigten spektralen Empfindlichkeit der 
photographischen Schichten auch die psychologischen Eigenschaften 
des Auges in Abhängigkeit von der Lichtwellenlänge in Betracht 
zieht. 

In erster Linie wollen wir den Begriff der Helligkeit betrachten. 
Ein absolutes Maß für diese Größe gibt es nicht, da man Emp- 
findungen nicht messen kann. Man kann höchstens ähnliche Emp- 
findungen (in diesem Falle Helligkeiten) miteinander vergleichen, 
wobei man bereits auf Schwierigkeiten stößt, wenn es sich darum 
handelt, die Helligkeiten von Lichtarten verschiedener Wellenlänge 
in quantitative Beziehung zueinander zu setzen. Nehmen wir aber 
einmal an, es sei photometrisch möglich, einen solchen Vergleich 
anzustellen, so läßt sich das Verhältnis zweier Helligkeiten 
definieren. Im folgenden sei unter diesem Quotienten das psycho- 
logische Helligkeitsverhältnis verstanden, bezogen auf gleiche 
Energie der beiden Strahlungen. Hat man z. B. zwei Spektral- 
linien in bezug auf ihre psychologischen Helligkeiten zu vergleichen, 
so soll man sie energetisch gleich groß machen (gemessen mit der 
Thermosäule) und das Helligkeitsverhältnis dieser beiden Licht- 
quellen auf einer Photometerbank bestimmen. Die ermittelte Zahl 
ist das gesuchte psychologische Helligkeitsverhältnis. 

Wie sich die einzelnen Spektrallinien in dieser Richtung ver- 
halten, geben die bekannten psychologischen Helligkeitskurven des 
Spektrums an (vgl. Fig. 4). 

Hier haben wir also Diagramıne vor uns, die uns zeigen, in 
welcher psychologischen Helligkeitsverteilung das menschliche Auge 


P 


232 Arens und Eggert. 

ein äquienergetisches Spektrum (d. h. ein solches, das in allen 
Spektralbezirken die gleiche Energie emittiert!)) empfindet, und zwar 
bezieht sich Kurve Æ auf starke Lichtintensitäten, Kurve d auf 
schwache; Kurve % entspricht also der Helladaptation des Auges 
und besitzt ein Maximum im Gelbgrünen (550 mu) und Kurve d 
der Dunkeladaptation des Auges (Maximum im Blaugrünen bei 
520 mu). 


t 
w 
X 
D 
S h 
_ N 
800 700 600 500 400 
A (mu) —> 
Fig. 4. 


Psychologische Helligkeitskurven (nach Schrödinger: Die Naturw. 1924. S. 925). 
h für Helladaptation, d für Dunkeladaptation. 


Wie die Sicherheit der Dunkelkammerbeleuchtung mit den 
psychologischen Eigenschaften des menschlichen Auges zusammen- 
hängt, soll an einem Beispiel erläutert werden: Wir denken uns 
gemäß Fig. 5 zwei Filter hergestellt, von denen das eine um 700 MA 
und das andere um 600 mu ihre Durchlässigkeit haben. Die Durch- 
lässigkeit (durchgelassene Strahlung dividiert durch auftreffende 
Strahlung) bei 700 mu sei gleich der bei 600 mu. Stellen Wi 
hinter diese Filter in je einer Dunkelkammerlampe Lichtquellen, die 
bei 700 mu und bei 600 mu gleiche Energie besitzen, so wird aus 
den Lampen auch gleiche Energie herauskommen. Lassen wir Dur 
diese Strahlung auf je eine photographische Platte gleiche Zeit em- 


1) Bei keiner unserer Lichtquellen ist das Spektrum äquienergetisch ; denn = 
strahlen mehr (Kunstlicht) oder weniger (Sonne) vorzugsweise ihre Energie IM Be 
aus, Immerhin erscheint auch ein Sonnenspektrum im Grün am hellsten. 


Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 233 


wirken, so werden wir, wenn man die nicht ganz zutreffende An- 
nahme macht, daß bei 700 und bei 600 mu gleiche photographische 
Empfindlichkeit herrscht, auf den Platten nach dem Entwickeln 
gleiche Schwärzungen erzielen. Nach der bis jetzt herrschenden 
Anschauung würde man also beide Lampen als gleich sicher an- 
sehen. Nun ist aber die psychologische Helligkeit bei 600 mu be- 
deutend größer als bei 700 mu, wie die aus aus Fig. 4 noch einmal 
in Fig. 5 eingetragene Helligkeitskurve % zeigt. Würden wir also 
vor die Wahl gestellt werden, eine der beiden Lampen zu wählen, 
so würden wir uns für die bei 600 mu entscheiden, weil man bei 
ihr besser schen kann. 


Durchlassigkeit 


Fig. 5. 
Schematische Durchlässigkeitskurven zweier Dunkelkammerfilter. 


— = Durchlässigkeit. — = Helligkeit. 


Wir hatten es hier mit zwei Dunkelkammerbeleuchtungen 
gleicher photographischer Wirkung, aber verschiedener Hellig- 
keit zu tun. 

Man kann aber auch umgekehrt verfahren: Steigern wir im 
obigen Beispiel die Energie bei 700 my derart, daß hier die Hellig- 
keit der bei 600 mu gleichkommt, so wird nunmehr das photo- 
graphische Material in gleicher Zeit bei 700 mu mehr verschleiert 
als bei 600 mu. Auch in diesem Fall ist die Lampe bei 600 mu 
der bei 700 mu vorzuziehen (gleiche Helligkeit, aber verschiedene 
photographische Wirkung). 

Um es zu wiederholen: Wir fanden, daß bei gleicher photo- 
graphischer Wirkung die Lampe bei 600 mu heller ist als die bei 
700 mu, und daß bei gleicher Helligkeit die Lampe bei 600 mu 
weniger schleiert als bei 700 mu. Beide Momente lassen uns die 
600 mu-Lampe besser erscheinen als die 700 mu-Lampe. 


Da die gemachte Voraussetzung, daß bei 700 mu und. bei 
600 mu die gleiche photographische Empfindlichkeit herrscht, nicht 


234 Arens und Eggert. 


ganz zutrifft, müssen wir weiter überlegen, wie sich die Verhältnisse 
gestalten, wenn die Platte bei 600 mu höher empfindlich ist als bei 
Joo mu. Es wird dann, falls aus den Lampen wieder gleiche 
Energien herauskommen, in gleicher Zeit die Platte bei 600 mu 
stärker schleiern. Die alte Anschauung verwirft also die Beleuch- 
tung bei 600 mu. Nun ist aber, wie in Fig. 5 durch die Kurve A 
angedeutet ist, die psychologische Helligkeit bei 600 mu bedeutend 
größer als bei 700 mu. Es ist daher sehr wohl möglich, daß, wenn 
wir die Energie bei 600 mu so weit herabsetzen, bis mit der bei 
700 ma photographisch gleiche Wirksamkeit erreicht ist, die Be- 
leuchtung in diesem Zustande doch noch heller ist, als bei 700 mu. 
Wir hätten dann also wieder den Fall: gleiche photographische 
Wirkung, aber größere Helligkeit bei 600 mu. 

Würden wir die Energie bei 600 mu noch weiter verringern, 
bis mit 700 mu gleiche Helligkeit erreicht wäre, so würde bei 600 mu 
nunmehr geringere photographische Wirkung vorhanden sein (gleiche 
psychologische Helligkeit, aber verschiedene Wirksamkeit). 

Das Resultat dieser Untersuchungen würde uns dazu bestimmen, 
die 600 mu-Lampe der 700 mu-Lampe vorzuziehen. 

Das Beispiel lehrt uns also: 


Für das Sicherheitsverhältnis zweier Dunkelkammer- 
beleuchtungen ist neben dem Empfindlichkeitsverhältnis 
des photographischen Materials auch das psychologische 
Helligkeitsverhältnis für die betrachteten beiden Spektral- 
bereiche zu berücksichtigen. 


Hieraus folgt als Definition für das Sicherheitsverhältnis zweier 
Dunkelkammerbeleuchtungen: Das Sicherheitsverhältnis zweier 
Dunkelkammerbeleuchtungen ist gegeben durch das Ver- 
hältnis der Zeiten, bei welchen die gleiche photographische 
Wirkung (gleicher Schleier) hervorgerufen wird, nachdem 
sie auf gleiche Helligkeit gestellt sind. 


II. Untersuchungen für die Praxis. 


a) Methode. 

Aus der soeben aufgestellten Definition, daß die in irgend- 
einem Maß ausgedrückte Sicherheit S einer Dunkelkammerbeleuch- 
tung eine Funktion F der photographischen Empfindlichkeit P und 
psychologischen Helligkeit Æ ist, folgt die Beziehung 

s=F{22). 


Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 235 


Da nun P und H beide von der Wellenlänge des betreffenden 
Spektralbezirkes abhängen, ist auch die Sicherheit eine Funktion 
in der Wellenlänge. Mit anderen Worten: Es gilt 

P=gp() 

H=yV), 
wobei die Zeichen op und y etwa die Funktionen bedeuten, die in den 
Figuren 3 und 4 graphisch dargestellt sind, Im Hinblick auf die erste 
Gleichung muß somit auch eine Funktion ® bestehen, die die Abhängig- 
keit der Sicherheit von A wiedergibt: S=®(}). Die Kurve, die 
diesen Zusammenhang für ein bestimmtes photographisches 
Material veranschaulicht, und die wir die Sicherheitskurve 
nennen wollen, gibt uns an, wie weit die Strahlung einer Wellenlänge 
zur Dunkelkarnmerbeleuchtung für jene Plattensorte brauchbar ist. 
Die Kurve der Fig. 6 zeigt z. B., daß die Sicherheit im äußersten Rot 


S 
700 A (mu )—> 600 
Fig. 6, 
Sicherheitskurve der Dunkelkammerbeleuchtung für unsensibilisierte Emulsionen. 
S = Sicherheit. 


gering ist, daß sie bis 620 mu ansteigt und bis 575 mu wieder abfällt, 
um von nun an immer sehr klein zu bleiben. Mit anderen Worten: 
Die gesuchte spektrale Energieverteilung der betrachteten Dunkel- 
kammerbeleuchtung ist durch Fig. 6 gegeben. Würden wir z.B. 
eine Lichtquelle mit äquienergetischem Spektrum benutzen, so wäre 
das Durchlässigkeitsspektrum des verwendeten Filters mit der Sicher- 
heitskurve (Fig. 6) identisch. Hieraus folgt: 


Die Sicherheitskurve einer Dunkelkammerbeleuchtung 
für eine bestimmte photographische Schicht gibt gleich- 
zeitig die Durchlässigkeitskurve des Dunkelkammer- 
filters an. 

Es ist also von großer Wichtigkeit, die Sicherheitskurve für 
jeden Emulsionstypus zu kennen. Zur Ermittlung dieser Kurve 
beschreiten wir folgenden Weg: 

Wir gehen von einem Spektrum mit gleicher Helligkeit für 
alle Spektralgebiete aus und untersuchen die photographische Wir- 


236 Arens und Eggert. 


kung. Lassen wir ein solches „gleich helles“ Spektrum auf eine 
photographische Platte einwirken, so erhält man eine bestimmte 
Schwärzungsverteilung. Spektralbezirke, bei denen die Platte wenig 
geschwärzt ist, sind für die Dunkelkammerbeleuchtung günstig, 
während Gebiete, bei denen die Platte stark geschwärzt ist, für die 
Dunkelkammerbeleuchtung ungünstig sind. 

Zu der Sicherheitskurve gelangt man in der Weise, daß man 
das gleich helle Spektrum in abgestuften Zeiten auf eine Platte ein- 
wirken läßt und an dem resultierenden Photogramm für jede Wellen- 
länge die Zeiten feststellt, für welche die gleiche Schwärzung (etwa 
die Schwelle) hervorgerufen ist. Die Zeitwerte als Funktion der 
Wellenlänge aufgetragen, ergeben die Sicherheitskurve bzw. die 
Durchlässigkeitskurve des Filters. 


N 
2 N H 
Q 
x 
D 
x 
700 A, 600 500 Au 400 
A (mu) — 
Fig. 7. 


Helligkeitsverteilung eines Spektrums der Nitralampe (N). 


Zur Ausführung dieser Methode war es zunächst unsere Aut- 
gabe, ein gleich helles Spektrum herzustellen. Die Helligkeits- 
verteilung eines Spektrums der Nitralampe ist schematisch in Fig. 7 
dargestellt (Kurve N). Um dieses Spektrum gleich hell zu machen, 
d. h. eine Helligkeitsverteilung zu schaffen, wie sie etwa durch die 
Horizontale H in Fig. 7 dargestellt ist, ist die Energie zwischen A, 
und A,, herabzusetzen, dagegen rechts von A, und links von A, zu 
erhöhen. Dies ist am einfachsten dadurch möglich, daß wir ein 
Filter vor den Spektrographen setzen, dessen Absorptionskurve (nicht 
wie bisher Durchlässigkeitskurve) die Form der Kurve N in Fig. 7 
hat. Das Filter müßte also am stärksten zwischen A, und A,, ab- 
sorbieren und im Rot und Blau durchlässig sein. Die Farbe eines 
solchen Filters ist mit Purpurblau zu bezeichnen. Die praktische 
Ausführung des Verfahrens geschah folgendermaßen: 

Vor eine geeignet eingebaute 1000-Watt-Lampe stellten wir ein 
Filter aus fließendem Wasser, um die erhebliche Wärmestrahlung 


Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 237 


zu beseitigen. Wir mußten ferner die kurzwelligen Strahlen vom 
Spektrographen fernhalten, weil diese auf die Platte infolge des Licht- 
hofes vom blauen Teil des Spektrums und durch die im Spektral- 
apparat herrschende diffuse Reflexion längst verschleiernd wirken, ehe 
die langwelligen Strahlen einen Eindruck auf der Platte hinterlassen. 
Das geschah durch ein vor den Spektralapparat gestelltes Gelbfilter. 


Um das so entstehende „Restspektrum“ von 700 mu bis 500 mu 
in allen seinen Teilen gleich hell zu machen, wurde vor den Spektral- 
apparat außerdem eine Kuvette mit einem rot durchlässigen Farb- 
stoff gesetzt. Für unseren Spektrographen (Vogel) eignete sich 
Indigotine extra. Wurde der Farbstoff sehr konzentriert gewählt, 
so erschien auf der Mattscheibe nur das äußerste Rot. Verdünnte 
man, so bildete sich allmählich das Orange, Gelb und Gelbgrün 
aus, zuerst noch dunkler als das Rot, dann aber gleichhell mit Rot 
und schließlich heller als dieses. Durch Zugabe neuen Farbstoffs 
ließ sich die zu helle Zone wieder verdunkeln. Auf diese Weise 
gelang es schließlich, die Konzentration zu bestimmen, bei der das 
Restspektrum gleich hell war. Ganz gleichhell ließ es sich nicht 
machen, denn im äußersten Rot fiel die Helligkeit stark ab. Dies ist 
wichtig für die spätere Beurteilung der S»:ktrogramme Fig. 8 und 10). 


a) Unsersibilisierte Platten. 

Das soeben beschriebene „Restspektrum“ wurde zur Beant- 
wortung der gestellten Fragen zunächst auf einer Agfa-Spezialplatte 
photographiert. Dies geschah unter fortschreitendem millimeterweisen 
Verschieben des Kassettendeckels.. Die Zeitstufen variierten um 
den Faktor 1,5. 

Das so erhaltene Zeitspektrogramm ist in Fig. 8 dargestellt. 

Es hat folgendes Aussehen: 


B 
S S 


Fig. 8. 
Spektrogramm des gleichhellen Spektrums auf einer Agfa-Spezialplatte (2 mal vergrößert). 


238 Arens und Eggert. 


von 51o mu bis etwa 560 mu starke Schwärzung 
„ BDO mu „ „ €20 mu abnehmende Schwärzung 
bei 620 mu Minimum der Schwärzung 
von 620 mu „ o 670 mu wieder zunehmende Schwärzung 


» 670 mu würde die Schwärzung noch weiter zunehmen, 


wenn man die Helligkeit im äußersten Rot den übrigen Teilen 
des Spektrums hätte angleichen können. Hiervon wurde jedoch 
abgesehen, weil sich die Energie nicht mehr entsprechend er- 
höhen ließ. 


Das Spektrogramm gibt nun die Form der Durchlässigkeit des 
Dunkelkammerfilters an und sagt aus: Das für die Agfa-Spezialplatte 
(also allgemein für hochempfindliche unsensibilisierte Emulsionen) 
geeignete Filter muß eine Durchlässigkeit besitzen, die bei 580 mu 
beginnt, bei 620 ihr Maximum hat und nach 700 mu wieder 
abfällt. 

Wir versuchten nun dieses Resultat praktisch zu bestätigen. 
Zu diesem Zwecke stellten wir uns eine Reihe von Filtern mit ver- 
schiedener Durchlässigkeit nach dem kurzwelligen Ende her; das 
erste reichte nur von 700—650 mu, das zweite von 700—600 mu 
und so fort, das letzte von 700—580 mu. 


Mit diesen Filtern rüsteten wir mehrere Lampen aus und setzten 
sie (durch Variation der Kerzenstärke und der Entfernung) so vor 
eine Fläche, daß die von den einzelnen Lampen beleuchteten 
Flächenstücke gleich hell — natürlich verschiedenfarbig waren. Unter 
diesen Bedingungen wurde je eine Platte eine bestimmte Zeitlang 
belichtet. Die so erhaltene Schwärzung war am stärksten bei der 
Lampe, die nur bis 650 mu reichte und wurde immer schwächer, 
je weiter die Filterdurchlässigkeit nach kurzen Wellen hin geöffnet 
war. Weiter als bis 675 mu durfte die Durchlässigkeit nicht reichen, 
weil sich die Lampen (immer bei Einstellung auf gleiche Helligkeit) 
wieder verschlechterten. 

Wir gingen nun dazu über, aus den genannten Filterbereichen 
durch Rot absorbierende Farbstoffe das langwellige Rot des Spek- 
trums um 700 mu von der Beleuchtung allmählich abzuschneiden 
und fanden, wie wir erwartet hatten, daß die Beleuchtung immer 
besser wurde (stets unter Innehaltung gleicher Helligkeit. Wir er- 
reichten auf diese Weise ein Filter, das sich ausgezeichnet dem 
Spektrogramm des gleich hellen Spektrums in Fig. 8 anschmiegte. 


Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 239 


— Zeg ei e m EE E e 


Die Durchlässigkeitskurve und die sich aus dem Spektrogramm er- 
gebende Kurve sind in Fig. 9 dargestellt.!) 

Wir sind somit zu dem Resultat gekommen, daß sich die 
Dunkelkammerbeleuchtungen (in gewissen Grenzen) immer 
mehr verbessern, wenn man die kurzwelligen Spektral- 
bereiche hinzuzieht, das langwellige Rot dagegen aus- 
schließt. 

Dies läßt sich nach unserer Anschauung leicht erklären: 

Im langwelligen Rot ist die Empfindlichkeit des Auges so 
gering, daß wir eine hohe Energie anwenden müssen, um eine ge- 
nügend helle Beleuchtung zu erzielen. Diese Energie ist so groß, 


BEE EP NG BEER 
HN 


5 


E 


rchlässigkeit 
La 


u 


EE 


A (mu) — 
Fig. 9. 
Gegenüperstellung der Durchlässigkeitskurve des neuen Dunkelkammerfilters für un- 
sensibilisierttee Emulsionen (---) und der aus dem Spektrogramm des gleichhellen 
Spektrums (Fig. 8) errechneten Sicherheitskurve (—). 


1) Damit die Möglichkeit besteht, die gemachten Angaben zu überprüfen, sei mit- 
geteilt, daß sich die angegebenen Zahlen auf das neue orange-rot gefärbte Agfa-Röntgen- 
dunkelkammerrhlter Nr. 104 beziehen; dieses Filter wurde nach den in der Arbeit an- 
gegebenen Prinzipien für unsensibilisierte Emulsionen ausgearbeitet. Die Bezeichnung 
„Agfa-Röntgemdunkelkammerfilter‘‘ wurde gewählt, weil das Filter vornehmlich für 
die Verwendung in Röntgendunkelkammern gedacht ist, in denen bekanntlich aus- 
schließlich unsensibilisiertes photographisches Material (Röntgenplatten und -films) 
verarbeitet wird, im Gegensatz zu den Dunkelkammern der Amateure und Berufs- 
photographen, in denen auch sensibilisierte Platten entwickelt werden. Das Filter 
ist natürlich nicht nur für Röntgenemulsionen, sondern auch für alle hochempfind- 
lichen, unsensibilisierten Platten zu gebrauchen; z. B. für Agfa-Extrarapid und Agfa- 
Spezial — nicht für sensibilisierte Materialien, zu denen z. B. Ultra-Spezial, Amateur- 
filme, wie Agfa-Rolliim und Agfa Packfilm gehören. — Das Filter ist von der 
L G. Farbenindustrie- Aktiengesellschaft (Agfa) Berlin zu beziehen. 


240 Arens und Eggert. 


daß sie die Platte trotz ihrer geringen Empfindlichkeit an dieser 
Stelle verschleiert. 

Bei 620 mu ist die psychologische Helligkeit so groß, daß nur 
eine geringe Energie nötig ist, um eine helle Beleuchtung zu schaffen 
und obwohl die Platte hier schon eine gesteigerte Empfindlichkeit 
besitzt, ist die Energie noch so gering, daß kein Schleier hervor- 
gerufen wird. 

Bei 680 mu und darüber hinaus ist zwar die psychologische 
Helligkeit hinreichend groß, um mit geringer Energie eine relativ 
helle Beleuchtung zu erzielen; die Empfindlichkeit der Platte ist 
jedoch gleichzeitig so stark geworden, daß diese geringe Energie 
bereits Schleier erzeugt. 

Unsere neuen Filter wurden nun zahlenmäßig mit den üblichen 
früheren Dunkelkammerbeleuchtungen in bezug auf ihre Sicherheit 
verglichen. Es stellte sich heraus, daß unser Filter 


etwa 25 mal besser ist, als ein solches, das nur bis 680 mu 


» IO a „8 m 9 nm » na „ 650 mu 
II 2,5, „ nn oo» II „ „»» 600 mu 
geöffnet ist. 


Das besagt z. B.: Wenn mit dem Filter bis 680 mu in einer 
Minute ein gewisser Schleier erhalten wird, so entsteht dieser 
Schleier mit dem neuen Filter bei gleicher Helligkeit erst in 
25 Minuten!) 

OI Orthochromatische Emulsionen. 

Nach diesen Erfolgen bei unsensibilisierten Emulsionen gingen 
wir zu orthochromatischen über. Genau wie dort das blaue Licht, 
mußten wir hier auch das störende gelbe Licht zwischen 500 mu und 
620 mu vom Spektrographen fernhalten; dies geschah durch ein 
geeignetes Rotfilter, welches das Spektralgebiet zwischen 700 und 
600 mu ebensogut durchläßt, wie das vorher benutzte Gelbfilter. 
Die Aufnahme des in der früher beschriebenen Weise gleich hell 
gemachten Restspektrums auf einer Agfa-Chromoplatte ist durch 
Fig. 10 dargestellt. 

Wir sehen auch hier die Forderung zum Ausdruck kommen, 
daß das letzte Rot abgeschnitten werden muß, daß wir aber 
andererseits viel weiter ins Kurzwellige gehen dürfen als früher an- 
genommen wurde. Natürlich kann man die Filter nicht ebenso weit 


1) Vgl. die Fußnote S. 239. 


Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 241 


nach kurzen Wellen zu öffnen, wie bei unsensibilisierten Platten, weil wir 
sonst mit den sensibilisierten Regionen der Schicht in Konflikt geraten. 

Leider müssen wir aus dem Spektrogramm erkennen, daß die 
Sicherheitslücke in Fig. ro bei weitem nicht so tief einschneidet, 
wie bei Fig. 8; daher haben wir auch keine so eklatante Verbesse- 
rung der bisherigen gebräuchlichen Filter zu erwarten wie vorher. 


—_650 
55 


H 


Fig. 10. 
Aufnahme des gleichhellen Spektrums auf einer Agfa-Chromoplatte. 
Man beachte die durch den Pfeil gekennzeichnete Lücke, die allerdings im Original 
deutlicher zu sehen ist als hier. 


Dazu kommt noch, daß die rot abschneidenden Farbstoffe, welche 
uns für die praktische Verwirklichung des Filters zur Verfügung 
stehen, eine zu flach ansteigende Durchlässigkeitskurve vom Rot 
nach kurzen Wellen zu besitzen. Immerhin gelingt es, ein Filter 
für orthochromatische Platten zu konstruieren, welches dreimal 


4 


% Durchläs sigkeit 


() 


700 A (m p) —> 600 
Fig. 11. 
Durchlässigkeitskurve des neuen Filters für orthochromatische Platten. 


sicherer ist, als ein solches, das nur bis 680 mp (dunkelrot) geöffnet 
ist und ı,5mal besser als ein bis 650 mu (mittelhellrot) geöffnetes 
(Die beiden Filter [680 und 650 mu] wurden nach der alten An- 
schauung als sehr gut empfohlen.) Die Durchlässigkeit ist durch 
Fig. 11 dargestellt. 


242 Arens und Eggert. 


Dieses für die Praxis sehr wichtige Ergebnis wird noch durch 
ein Weiteres ergänzt: Das neue, ursprünglich für orthochromatische 
Platten ausgearbeitete Filter ist für unsensibilisierte Emulsionen eben- 
falls sicherer, und zwar etwa 2,5mal gegenüber dem Filter von 
700—650 mu (mittelhellrot) und 4,7mal gegenüber dem Filter, das 
nur bis 780 mu (dunkelrot) geöffnet ist. Der Photograph, der ge- 
wohnt war, nur bei dem dunkelroten Filter zu arbeiten, wird beim 
Entwickeln seiner orthochromatischen Platten auch bei dem nach 
der alten Anschauung „sicheren“ roten Lichte sehr vorsichtig sein. 
Dagegen wird er (ebenfalls der alten Anschauung folgend) die un- 
sensibilisierten Platten bei der vollen dunkelroten Beleuchtung ent- 
wickeln und erlebt dabei immer die Enttäuschung, daß seine Platten 
schleiern. Benutzt er nun das neue Filter (Fig. (rk so muß er zwar 
mit orthochromatischen Platten auch jetzt noch etwas vorsichtig 
sein (wenn auch nicht so peinlich [Faktor 3 gegenüber dem Filter 
bei 680 mu bzw. 1,5 gegenüber dem bis 650 mu)), aber er wird 
für unsensibilisierte Platten längst nicht mehr die Mißerfolge erleben, 
wie früher (Faktor 4,5 beim Filter bis 680 bzw. 2,5 beim Filter 
bis 650 mu). 


y) Panchromatische Platten. 


Auch panchromatische Emulsionen wurden nach dem neuen 
Prinzip untersucht. Da es nicht befriedigend möglich ist, das ganze 
Spektrum mit Hilfe eines Filters gleich hell zu machen, verfuhren 
wir etwas anders. Wir konstruierten einen Apparat, wie ihn 
Fig. 12a, b und c darstellt. 


Zwei kleine Lochkameras A und 2 lassen sich dem Spektrum 
entlang verschieben. Durch die Löcher e und 5 konnte man die 
kreisförmige Öffnung des Objektives des Spektralapparates beobachten, 
welche bei jeder Stellung der Kamera im monochromatischen Lichte 
derjenigen Spektrallinie erschien, an welcher sich das Loch befand. 
A wird bei einer bestimmten Wellenlänge festgehalten und mit 2 
können die übrigen Stellen des Spektrums durch Verschieben eines 
Graukeils G vor dem Loch A auf gleiche Helligkeit mit a gebracht 
werden. Wir hielten bei A die Spektrallinie 690 mu fest und 
stellten der Reihe nach von IO zu 10 mu je eine andere Linie mit 
der ersteren gleich hell ein. An die Stelle des Auges setzten wir nun 
die Kassette c, wie sie in Fig. 12c dargestellt ist. Die Kassette ent- 
hielt einen 3 mm breiten Plattenstreifen einer panchromatischen Agfa- 
Platte verschiebbar, aufdem wir je eine Zeitskala für je eine Wellenlänge 


Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 
anfertigten. Wir bestimmten dann dıe Zeiten, bei denen die Schwellen 


lagen. Das Resultat ist durch Fig. 13 dargestellt (Zeiten gleichen 
Schleiers). 


Grauke:l 
G 
nrar ESES ER 
| l | 
Je rm |} SEEE] | Spektrum ~ jy -Loch 
—! , 
SEENEN | 
Platte 
p A 
apıersack 
a) b) c) 
Fig. 12. 


Apparat zur Bestimmung der Helligkeitsverteilung im Spektrum und der Sicherheits- 
kurve für panchromatische Emulsionen. 
a) Vorderansicht. b) Seitenansicht, 


c) Kassette, 

Bisher hat man für panchromatische Platten und Farbenplatten 
ein Grünfilter zur Dunkelkammerbeleuchtung empfohlen, welches 
die Sensibilisationslücke bei 490 mu („Grünlücke‘“) ausnützen sollte. 
Empirisch hat man jedoch dieses Filter gar nicht in die Grünlücke 


~% 


Sicherheit = Ceil der 
Schleierbelichtung 


Fig. 13. 


Sicherheitskurve der panchromatischen Agfa-Platte. 


selbst gelegt, sondern um 30 mu nach langen Wellen hin ver- 
schoben D Die Sicherheitskurve für die panchromatische Agfa-Platte 
(Fig. 13) zeigt die Berechtigung hierzu. Sie liegt bei 490 mu sehr 
tief, wahrend sie bei 520 mu schon größere Werte annimmt. 


1) Vgl. z. B. das Agfa-Schutzfilter Nr. 103. 


244 Arens und Eggert. 


Der bei weitem größere Wert liegt aber bei 620 mu im Orange. 
Wir stellten daher einmal eine Beleuchtung an dieser Stelle her 
und fanden in der Tat, daß von 2 Lampen (eine bei 620 mu und 
die andere bei 520 mu), die bei direkter Betrachtung gleich hell er- 
schienen, diejenige bei 620 mu nicht so stark schleierte, wie die bei 
520 mu. 


b) Psychologische Wirkungen 
der neuen Dunkelkammerbeleuchtungen. 


Wir haben auf den Seiten 239—240 die große Überlegenheit der 
neuen orange gefärbten Filter für unsensibilisierte Emulsionen gegen- 
über den alten roten Beleuchtungen dargelegt. Zu diesen Vor- 
teilen der größeren Schleiersicherheit bzw. der größeren Helligkeit 
kommen weitere Eigenschaften, die den Wert der neuen Beleuch- 
tung steigern und die auf psychologischem Gebiet liegen. 


a) Purkinjephänomen. 

Man bemerkt zunächst, daß die orange gefärbte Beleuchtung den 
Raum viel weiter ‚ausleuchtet“, als die alte rote. Die Ursache 
hierfür ist das „Purkinjephänomen“, welches sich, wie erinnerlich, 
an folgenden Versuchen zeigen läßt. Wir betrachten eine rote und 
eine blaue Fläche bei heller Beleuchtung. Die Anfärbung sei so ge- 
wählt, daß das Blau dunkler aussieht als das Rot. Setzt man jetzt 
die Beleuchtungsstärke weitgehend herab, so erscheint die blaue 
Fläche als ein mittelhelles Grau und die rote Fläche als ein tiefes 
Schwarz. Die Helligkeitswerte der beiden Farben haben sich also 
umgekehrt. Warum bei heller Beleuchtung das Rot heller erscheint 
als das Blau, bei dunkler Beleuchtung dagegen das Blau heller als 
das Rot, folgt aus den Empfindlichkeitskurven von Fig. 4, S. 232. 
Vergleichen wir nämlich die Empfindlichkeit des Auges bei A = 600 mu 
(rot) und bei A = 450 mu (blau) bei Helladaptation (%), so verhalten 
sich die Ordinaten etwa wie 4,3 (rot): ı (blau). Bei Dunkeladaptation (d) 
ist dagegen das entsprechende Verhältnis 1 (rot):6,5 (blau). Man sieht 
aus den beiden Kurven leicht, daß die eben beschriebenen Ver- 
hältnisse (rot-blau) allgemein beim Übergang von längeren zu 
kürzeren Wellen stattfinden, d. h. daß bei gleich herabgesetzter Be- 
leuchtung ein langwelligeres Licht bei weitem dunkler erscheint, als 
ein kurzwelliges. Wenden wir dies auf die alte rote (langwellig) und 
die neue orange (kurzwellig) gefärbte Beleuchtung an, so ergibt 
sich aus diesen Betrachtungen folgendes: Bei Helladaptation ist die 


Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 245 


Empfindlichkeit des Auges für die beiden Lichtarten einander gleich 
groß; bei Dunkeladaptation ist das Auge für Orange empfindlicher 
als für Rot. Hieraus folgt für die Beleuchtung der Dunkelkammer: 
Hat man zwei mit jenen Filtern ausgestattete Lampen vor sich, die 
für Helladaptation gleich hell sind, so wird man die gleiche Hellig- 
keit auch immer wieder bestätigen, sobald man in das Licht der 
Lampen direkt hineinsieht oder eine weiße Fläche betrachtet, die 
sich in geringer Entfernung von den Lampen befindet. Beleuchtet 
man dagegen mit den beiden Lampen entfernter liegende Gegen- 
stände, die schwaches Licht reflektieren, so wird man finden, daß 
die orange gefärbte Lampe den Raum viel weiter „ausleuchtet“, 
als die rot gefärbte, denn wir befinden uns in dem Gebiete der 
Dunkeladaptation, wo orange heller ist als rot. 


Besonders nach einigem Verweilen in der Dunkelkammer er- 
scheint also durch die orange Lampe bald das ganze Zimmer er- 
leuchtet, während man in einiger Entfernung der roten Lampe selbst 
mit ausgeruhtem Auge nur noch wenig sieht. 


Dieselben Verhältnisse finden wir bei den beiden Beleuchtungen 
für panchromatische Platten in der Weise vor, daß die kurzwellige 
grüne Beleuchtung eine größere Leuchtkraft als die langwellige 
orange besitzt. Der Unterschied der beiden Beleuchtungen ist sogar 
noch größer, weil sie spektral weiter voneinander entfernt liegen 
(vgl. Fig. 4} Es ergibt sich, daß wir die grün gefärbte Beleuchtung 
zur Erhellung des Raumes der orange gefärbten vorziehen müssen. 
Da das orange gefärbte Licht schon in etwa IO cm Entfernung von 
der Lampe sehr dunkel wirkt, kann man es nicht einmal zur Beob- 
achtung der Entwicklung mit heranziehen. 


Daß das Licht dieser orange gefärbten Dunkelkammerbeleuch- 
tung so wenig weit leuchtet, steht nicht etwa in Widerspruch zu 
den gegenteiligen Erfahrungen bei der spektral ungefähr an der- 
selben Stelle liegenden orange gefärbten Beleuchtung für unsensi- 
bilisierte Platten. Da die panchromatischen Platten für das ganze 
Spektrum auch in den Empfindlichkeitslücken (z. B. bei 620 mu) 
ziemlich hoch empfindlich sind, so muß die Dunkelkammerbeleuch- 
tung für sie viel dunkler eingerichtet sein, als für die in den be- 
treffenden Gebieten bedeutend weniger empfindlichen, unsensibili- 
siertten Emulsionen. Die dunkle, orange gefärbte Beleuchtung für 
panchromatische Platten leuchtet daher viel weniger weit, als die 


für unsensibilisiertes photographisches Material. 
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 18 


246 Arens und Eggert. 


Die orange gefärbte Beleuchtung für panchromatische Emulsionen 
hat gegenüber der grünen aber doch einen Vorteil, sie erhöht nämlich 
die Kontraste dessen, was sie beleuchtet, was ebenfalls eine Folge des 
Purkinjephänomens ist. Auf einer beleuchteten schwarzen Fläche ist 
gewissermaßen die Beleuchtung weitgehend herabgesetzt, bei einer be- 
leuchteten weißen Fläche nicht. Die Folge ist, daß nach dem Pur- 
kinjeeffekte die schwarze Fläche besonders dunkel erscheinen muß, 
d. h. daß die Kontraste zwischen schwarzer und weißer Fläche durch 
den Purkinjeeffekt erhöht werden. Wendet man diese Überlegung 
auf die Sichtbarkeit der schwarzen Zahlen und des weißen Ziffer- 
blattes einer Uhr an, so muß diese im orange Licht besser ablesbar 
sein, als im grünen, wo der Unterschied zwischen heller und dunkler 
Beleuchtung nicht so ausgeprägt ist. Auch hier bestätigt dies der 
Versuch dann, wenn man die Uhr sehr nahe an die beiden Lampen 
heranhält. Es wäre daher daran zu denken, eine doppelte Dunkel- 
kammerbeleuchtung zu schaffen, eine grüne zum Beleuchten des 
Zimmers und zur Beobachtung der Entwicklung, ferner eine orange 
zum Beleuchten der Uhr. 


DI Ermüdungserscheinungen. 

Von großer praktischer Wichtigkeit für die Dunkelkammer- 
beleuchtung ist schließlich noch das psychologische Phänomen der 
Ermüdung. Es ist bekannt, daß das Auge für rotes Licht sehr 
schnell ermüdet; bei längerem Aufenthalt in der Dunkelkammer 
empfindet man z. B. sehr bald ein Flimmern vor den Augen oder 
bisweilen an anderen Tagen gewöhnt man sich überhaupt sehr 
schlecht an die Beleuchtung. Das Zimmer bleibt dunkel und nur 
das, was im Lichtkegel der Lampe liegt, ist zu erkennen. Alle 
diese Nachteile fallen bei der Orangebeleuchtung für unsensibilisierte 
Emulsionen fort; da sie das Auge nicht ermüdet, wird es all- 
mählich immer heller im Raume und nach 5—10 Minuten kann 
man bei ihr alle Gegenstände deutlich sehen, auch die, welche nicht 
im Lichtkegel liegen und daher nur schwaches indirektes Licht be- 
kommen. Es werden also für die orange gefärbte Beleuchtung die 
günstigen Verhältnisse, wie sie durch das Purkinjephänomen ent- 
stehen, durch die geringen Ermüdungserscheinungen unterstützt. 

Die neue Beleuchtung zeichnet sich vor der alten dunkelroten 
schließlich noch dadurch aus, daß man beim Verlassen der mit 
orange beleuchteten Dunkelkammer durch das helle Tageslicht nicht 
so stark geblendet wird, als wenn man sich lange bei rotem Licht 


Über Dunkelkammerbeleuchtung usw. 247 


aufgehalten hat — ein Umstand, der unter gewissen Arbeits- 
bedingungen auch ins Gewicht fallen dürfte. 


Zusammenfassung. 


I. In der vorliegenden Arbeit wurde festgestellt, daß die Sicher- 
heit einer Dunkelkammerbeleuchtung nicht nur, wie früher an- 
genommen wurde, von der Plattenempfindlichkeit abhängt, sondern 
auch von der spektralen Empfindlichkeit des Auges, d. h. von der 
psychologischen Helligkeit, mit der das Auge die Dunkelkammer- 
beleuchtung empfindet. 

2. Es ließ sich zeigen, daß durch diese beide Eigenschaften für 
jede Plattensorte ein optimales Strahlengemisch gegeben ist, bei dem 
sich die betreffenden Platten mit einem Maximum an Sicherheit 
(für die Platten) und einem Maximum an Helligkeit (für das Auge) 
verarbeiten lassen. Die „Sicherheit“ zweier Dunkelkammerbeleuch- 
tungen wird an der Größe des Schleiers gemessen, den diese Be- 
leuchtung unter gleichen Versuchsbedingungen auf der Platte hervor- 
ruft. Bis auf eine Ausnahme (vgl. 5.) wurde das genannte Optimum 
von den bisher gebräuchlichen Dunkelkammerbeleuchtungen nicht 
erreicht, konnte aber in der vorliegenden Arbeit in allen Fällen 
verwirklicht werden. 

3. So ließ sich für unsensibilisierte Platten eine Beleuchtung 
herstellen, welche im Gelbgrün beginnt, ihr Maximum im Orange 
hat und von da ab nach Rot stark abfällt. Eine solche orange 
gefärbte Lampe ist (je nach der Beschaffenheit der Vergleichslampe) 
2,5—25mal sicherer als eine ebenso helle rote Lampe, die bisher 
in den Dunkelkammern normalerweise verwendet zu werden pflegte. 
Wird anderseits die neue Beleuchtung ebenso schleiersicher ein- 
gerichtet wie die alte, so wirkt sie für das Auge 2,5—25mal heller 
als die alte, 

4. Dasselbe Prinzip ließ sich auch auf orthochromatische 
Platten anwenden; in diesem Falle liegt das Optimum weiter nach 
langen Wellen zu. 

5. Bei panchromatischen Emulsionen folgt aus dem Prinzip, 
daß die grüne Beleuchtung nicht in der „Grünlücke“ der Sensi- 
bilisation liegt, sondern weiter nach langen Wellen zu. Eine solche 
optimale Grünbeleuchtung ist — ohne Erkennung der Ursachen 
für ihre spektrale Lage — schon früher empirisch gefunden worden. 
Ferner ergibt sich, daß es eine orange gefärbte Beleuchtung gibt, 


die unter Umständen sicherer ist als die grüne. 
18* 


248 Jenisch. 


6. Die neue orange gefärbte Beleuchtung für unsensibilisierte 
Platten (vgl. 3.) ermüdet das Auge weit weniger als das bisher ver- 
wendete rote Licht. Die unter 5. angeführte orange Beleuchtung 
für panchromatische Platten hat infolge des Purkinjephänomens eine 
nicht so große Leuchtkraft wie die alte grüne. Dagegen kann man 
bei der orange gefärbten Beleuchtung die Uhr besser ablesen als 
bei der grünen. 


Nach Abschluß dieser Arbeit erfuhren wir, daß Herr Prof. Luther, 
Dresden, ebenfalls das Problem das Dunkelkammerbeleuchtung ein- 
gehend bearbeitet hat, wobei er zu ähnlichen Resultaten gekommen 
ist wie wir. Da jedoch Herr Prof. Luther hierüber noch nichts 
veröffentlicht hat, konnten wir seine Ergebnisse zu keinem Vergleich 
heranziehen. 

Berlin-Treptow, aus dem photochemischen Laboratorium der 
I. G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft (Agfa), April 1926. 


Eingegangen am 21. Mai 1926, 


Zur Kenntnis der Reifung photographischer Silberhaloidemulsionen. 
Von 
Waldemar Jenisch, Seelze. 


In den letzten Jahren sind erneut mehrfach sehr bemerkens- 
werte Untersuchungen unternommen worden, die verwickelten Vor- 
. gänge beim Reifungsprozeß photographischer Silberhaloidemulsionen 
zu klären. Die Zahl der recht verstreut erschienenen Abhandlungen 
über diesen Gegenstand ist erheblich gewachsen und es würde zu 
weit führen, sie alle zu erwähnen. Es sei jedoch besonders an die 
zuletzt erschienenen Ausführungen von Lüppo-Cramer (1), Liese- 
gang (2), H Schmidt (3) und Sheppard (4) erinnert, die neben 
vielerlei Unterschiedlichem manches Gemeinsame bringen. So ist 
man heute ziemlich allgemein dazu übergegangen, für die Steige- 
rung der Lichtempfindlichkeit zwei Vorgänge verantwortlich zu 
machen, die Schmidt in seiner Arbeit (3) als Vor- und Nachreife 
bezeichnet. In der Vorreife sieht er einen Prozeß der Zugänglich- 
machung für die Nachreife, bedingt durch Veränderung der Gitter- 


Zur Kenntnis der Reifung photographischer Suberhaloidemulsionen. 249 


kräfte im Bromsilber. Die Nachreife wird nach seiner Auffassung 
durch Abwandern von adsorbierten Bromionen und dadurch be- 
dingten Gitterdeformationen, die man wohl als labile Zustände 
schaffend zu betrachten hat, bewirkt. Auffallendes Licht wirkt dann 
gleichgewichtsstörend und schafft als Endprodukt atomares Silber, 
an das der Entwickler angreift. Hierbei muß man jedoch mit 
Schmidt die Annahme machen, daß infolge des fast stets ver- 
wendeten Bromidüberschusses bei der Emulsionsbildung nur „Brom- 
körper“ entstehen, was Liesegang (2) als nicht wahrscheinlich 
ansieht. 

Auch Lüppo-Cramer gelangt in bezug auf die Zweiteilung 
zu ähnlichen Vorstellungen (1), kommt allerdings auf Grund seiner 
Versuche zu anderen Anschauungen in bezug auf den Reifungs- 
vorgang selbst. (5) Als wesentlichster Unterschied wäre zu ver- 
merken, daß die Ausscheidung der Silberkeime nicht auf Lichtreize 
zurückzuführen ist, sondern daß diese Ausscheidung bereits im 
zweiten Teil des Reifungsprozesses erfolgt, worauf noch weiter ein- 
zugehen ist. 

Ferner erschien Mitte vorigen Jahres eine sehr beachtliche 
Arbeit von S. E. Sheppard. Diese Abhandlung befaßt sich im 
wesentlichen mit der Frage, wieweit die Empfindlichkeit einer Brom- 
silbergelatine von der Anwesenheit fremder Verbindungen abhängt. 
Auf Grund eingehender Untersuchungen kommt Sheppard zu dem 
Schluß, daß der die Empfindlichkeit steigernde Körper ein Teil der 
Gelatine selbst sein muß. Es gelang Sheppard photographisch 
„aktive“ und „inaktive“ Gelatinen‘ herzustellen, d. h. solche, die 
stark empfindlichkeitserhöhend wirken und andere, denen diese 
Eigenschaften abgehen. Sheppard hat dann auch den Aktivator 
in langwierigen Untersuchungen isoliert und gefunden, daß es sich 
hierbei um Allylsenföl handelt; es gelang ihm weiter zu zeigen, daß 
nicht die Allylgruppe für die aktivierenden Eigenschaften verantwort- 
lich zu machen ist, sondern das Isothiocyanat-Radikal. Durch weitere 
Versuche wurde die Anzahl der aktivierend wirkenden organischen 
Verbindungen vergrößert und Sheppard gelangt zu der Erkenntnis, 
„daß alle Verbindungen, die Schwefel, Selen oder Tellur doppelt 
gebunden an Kohlenstoff enthalten, aktiv sind. Alle diese Körper 
geben komplexe Verbindungen mit Silberhaloiden und lösen diese, 
wenn man sie im Überschuß anwendet. Bei Zersetzung dieser 
komplexen Verbindungen scheidet sich, wie bekannt, Schwefel- 
silber aus“. 


250 Jenisch. 


Sheppard glaubt nun daraus einerseits den Schluß ziehen zu 
müssen, „daß die Sensibilisierungszentren aus Schwefelsilber oder 
dergleichen bestehen“. Andererseits erkennt er, daß es mit der 
Gegenwart von Silbersulfid allein in der Emulsion nicht getan ist 
und daß dieses, für sich zugesetzt, nicht genügt, um als Aktivator 
zu dienen, auch nicht etwa Natriumsulfid oder andere anorganische 
Sulfide. Vielmehr neigt Sheppard zu der Ansicht, daß es wesent- 
lich für den Erfolg ist, „daß das Schwefelsilber in Form eines 
Kernes im Bromsilberkern enthalten und nicht in Form einer gleich- 
mäßigen Oberfläche“ und meint, „man müsse sich die Wirkung der 
Schwefelsilberkerne so vorstellen, daß sie den photochemischen 
Zerfall gleichsam auf bestimmte Stellen hinlenken, so daß er in der 
Nähe des Schwefelsilberkernes zuerst eintritt“. 

Das wesentlichste wäre damit der im Bromsilber entstandene 
Kern, der Aktivator nur Mittel zum Zweck, den Kern zu erzeugen. 
Damit nähert sich aber Sheppard wiederum früher bereits aus- 
gesprochenen Ansichten. Die Anwesenheit eines Kernes oder Keimes 
im Bromsilber haben schon andere namhafte Forscher zur Aus- 
lösung des photochemischen Effekts bzw. zur Steigerung der Emp- 
findlichkeit als notwendig erachtet. Es sei hier an die zuerst von 
Eder aufgestellte Theorie der spurenweisen Reduktion hingewiesen, 
nach welcher in der gewöhnlich ammoniakalischen Gelatinelösung 
beim Reifungsprozeß durch Reduktion Silberkeime entstehen, die 
ihrerseits mit der Empfindlichkeitszunahme und dem Charakter der 
Emulsion in innigem Zusammenhang stehen. Es erhebt sich dem- 
nach folgende Frage: Ist das Charakteristikum für hochgereifte 
Emulsionen der entstandene Kern an sich oder sind an diesen Kern 
besondere Bedingungen zu knüpfen, beispielsweise derart, daß die 
Elemente Schwefel, Selen oder Tellur in ihm enthalten sein müssen, 
um empfindlichkeitsfördernd zu wirken. Nach den bekannten Ver- 
suchen von Lüppo-Cramer, die dieser in seinem Werkchen 
„Kolloidchemie und Photographie“ auf Seite 18 im Abschnitt „Die 
Kolloidchemie des Bromsilbers“ (6) kurz zusammenstellt, wäre der 
zweite Teil der Frage zu verneinen. Lüppo-Cramer hat sich ein- 
gehend mit der Reduktionstheorie Eders befaßt und ihre Richtig- 
keit indirekt dadurch bewiesen, daß er hochgereifte Bromsilber- 
gelatineplatten mit Silberlösungsmitteln, wie z. B. Chromsäure- 
mischungen, behandelte und nach gründlichem Auswässern fand, 
daß die Empfindlichkeit erheblich gelitten hatte. Lüppo-Cramer 
erklärt dies so, daß durch die Silberlösungsmittel die außerordentlich 


Zur Kenntnis der Reifung photographischer Süberhaloidemulsionen. 251 


kleinen Mengen freien Silbers (welches die Keime bildet) heraus- 
gelöst werden und dadurch der Platte die Hochempfindlichkeit, die 
durch die Anwesenheit der Silberkeime bedingt ist, genommen wird. 
Er erhärtet die Beweiskraft seiner Versuche weiter dadurch, daß er 
die gleiche Prozedur an ungereiften — also keimsilberfreien — Emul- 
sionen vornimmt. Hier zeigt sich, daß eine Empfindlichkeitsabnahme 
nicht festgestellt werden kann und so folgert dann Lüppo-Cramer, 
„daß der letzte höchste Grad der Steigerung der Lichtempfindlich- 
keit hauptsächlich einer spurenweisen Reduktion zuzuschreiben ist“ 
— also im Sinne Eders einer Keimbildung. Zahlreiche hier unter- 
nommene Versuche stützen die Eder-Lüppo-Cramersche Auf- 
fassung in hohem Maße und zeigen, daß der Meinung Sheppards 
insofern nicht stattgegeben werden kann, als dieser die Anwesen- 
heit etwa der Elemente Schwefel, Selen oder Tellur im Kern als 
erforderlich ansieht. — Es sei hier noch bemerkt, daß der Ver- 
fasser den in der Kinotechnik enthaltenen Auszug der Sheppard- 
schen Arbeit erst zu Gesicht bekam, als er seine hier näher zu be- 
schreibenden Versuche im wesentlichen beendet hatte. l 

Die oben kurz wiedergegebenen Versuche Lüppo-Cramers 
fordern zu einer direkten Beweisführung für die Richtigkeit der 
Keimtheorie geradezu heraus und es ist in gewissem Sinne ver- 
wunderlich, daß Lüppo-Cramer es nicht selbst unternommen hat, 
auf umgekehrtem Wege dem Problem zur Lösung zu verhelfen. 
Denn läßt es sich zeigen, daß nach dem Entfernen der bei der 
Reifung entstandenen Silberkeime die Lichtempfindlichkeit von 
Bromsilberemulsionen sinkt, sollte es sich dann nicht auch um- 
gekehrt beweisen lassen, daß durch Zufügen von Keimen Emp- 
findlichkeitserhöhungen bewirkt werden? 

Dies ist nun tatsächlich der Fall und es soll Aufgabe der im 
folgenden kurz zu schildernden Versuche sein, wie es leicht durch 
vorsichtigen, willkürlich dosierbaren Zusatz von Keimen gelingt, die 
Empfindlichkeit von Bromsilberemulsionen weitgehend zu beein- 
flussen. 

Es sei vorweggenommen, daß als Keimzusätze wäßrige Lösungen 
kolloider Metalle von verschiedenstem Dispersitätsgrad verwendet 
wurden. Auch hier zeigte sich sofort zu Beginn der Versuche, daß, 
im Sinne Sheppards gesprochen, nicht die Anwesenheit irgend- 
eines Stoffes in Form einer gleichmäßigen Oberfläche oder Ver- 
teilung genügend ist, sondern daß es auf Kernbildung ankommt. 
Es war nun nicht wahrscheinlich, daß ohne weiteres ein Zusatz von 


252 Jenisch. 


Metallkeimen irgendwelcher Art zur gießfertigen Bromsilberemulsion 
von Nutzen sein würde, da anzunehmen war, daß die als Schutz- 
kolloid wirkende Gelatine die für die Kernbildung erforderliche, 
nahe räumliche Vereinigung mit den nachträglich zugeführten Metall- 
keimen verhindern würde. Andererseits ist aus den Arbeiten von 
Ludwig Günther (7, Carrey Lea(8) und Lüppo-Cramer (9) 
bekannt, daß sich bei Vereinigung von beispielsweise einem Silbersol 
mit einem Bromsilberhydrosol unter gewissen Bedingungen Photo- 
bromide bilden, Körper, die je nach der Menge des zugesetzten 
kolloiden Silbers mehr oder weniger intensiv rotviolett gefärbt sind 
und sich mit einem photographischen Entwickler momentan auch 
ohne jede Vorbelichtung schwärzen. Mithin wäre einerseits durch 
Zusatz von Metallkeimen zur gießfertigen Emulsion gar keine Wir- 
kung in bezug auf die Steigerung der Lichtempfindlichkeit zu er- 
warten, während andererseits beim Zusatz von Keimen zur Emulsion 
in statu nascendi eine vollkommene Schwärzung der selbst un- 
belichteten Platte durch den Entwickler erfolgen würde, wenn sich nicht 
“durch besondere Maßnahmen in bezug auf die Menge der kolloiden 
Metalle und deren Dispersitätsgrad die Schleierbildung verhüten ließe. 

Die ersten Versuche verliefen vollständig wie vermutet war. 
Setzt man zu einer gießfertigen Emulsion kleine Mengen beispiels- 
weise einer kolloiden Goldlösung, so zeigt sich, daß diese ohne jede 
Wirkung auf die Emulsion bleibt, sofern man nicht gewisse Grenzen 
hinsichtlich der Mengenverhältnisse überschreitet, wodurch dann er- 
hebliche Schleierbildung entsteht. Anders liegen jedoch die Dinge, 
wenn man in Spuren kolloides Gold der Emulsion in statu nascendi 
zufügt. Dabei wurde so verfahren, daß jedesmal zwei Emulsionen 
in Parallelversuchen ganz gleichzeitig und gleichartig her- 
gestellt wurden, von denen die eine Zusätze von Spuren kolloider 
Metallösungen erhielt. Die kolloiden Metallösungen wurden in allen 
Fällen stets zur ammoniumbromidhaltigen Gelatinelösung gegeben, 
auf die dann Silbernitrat in bekannter Weise einwirkte. Es wurden 
in Parallelversuchen sowohl saure wie auch Ammoniakemulsionen 
hergestellt und diese nach dem üblichen Auswaschen der Reaktions- 
produkte sowohl in ungereiftem wie auch in schwach gereiftem Zu- 
stande auf Platten vergossen und in bekannter Weise im Eder- 
Hechtschen Sensitometer unter Verwendung der Hefnerkerze auf 
Empfindlichkeitszunahme geprüft. 

Besonderes Augenmerk wurde der Herstellung der kolloiden 
Metallösung geschenkt; vorzugsweise gelangte kolloides Gold in 


Zur Kenntnis der Reifung photographischer Sılberhaloidemulsionen. 253 


wäßriger Lösung zur Anwendung, da zu dessen Herstellung sehr 
gut ausgearbeitete Vorschriften vorliegen und es sich sowohl relativ 
leicht und haltbar, wie auch von stark wechselndem Dispersitätsgrad 
gewinnen läßt. Die zu den ersten Versuchen dienende Goldlösung 
wurde durch Reduktion mit Hydrazinhydrat folgendermaßen ge- 
wonnen: Von einer wäßrigen Chlorgoldlösung I: 1000 wurde I ccm 
abpipettiert und diese mit I ccm !/,°/,iger Gelatinelösung versetzt. 
Hierzu wurde !/, ccm Hydrazinhydrat auf 1:400 verdünnt zugegeben 
und das Ganze in einem speziell für diesen Zweck geeichten Gefäß 
auf 5 ccm verdünnt. Von dieser Lösung, die dann im Kubikzenti- 
meter etwa OI mg metallisches Gold enthielt, wurden zu den Ver- 
suchen wechselnde Mengen genommen. Es sei noch bemerkt, daß 
die jeweilige Reduktionstemperatur bei 50° lag. 

Es wurde nun zunächst eine sogen. saure Emulsion bei einer 
Reaktionstemperatur von 60° hergestellt und diese, ohne daß sie 
in irgendeiner Weise einer Nachreifung unterzogen wurde, sofort 
nach der Reaktion mit Silbernitrat in kaltes Wasser zum Erstarren 
gestellt, gewaschen und auf Platten gegossen. Die Emulsion war 
naturgemäß sehr unempfindlich und zeigte 24° E.H. Eine zu gleicher 
Zeit hergestellte Kontrollemulsion obiger Art wurde mit ı ccm kol- 
loider Goldlösung (wie oben beschrieben) versetzt und in ganz 
gleicher Weise verarbeitet. Die Empfindlichkeitszunahme bei An- 
wesenheit des Goldes war nicht bedeutend, aber deutlich nach- 
weisbar. Die „Goldemulsion“ entwickelte sich nach der Exposition 
im Eder-Hechtschen Sensitometer ebenso klar wie die erste Emul- 
sion. Die Platte zeigte 32° E.H., was einer Empfindlichkeitszunahme 
um das Doppelte entspricht. Um jede scheinbare Empfindlichkeits- 
zunahme durch ungleichmäßige Belichtung oder Entwicklung aus- 
zuschließen, wurde je eine Platte der beiden beschriebenen Emulsionen 
durchschnitten und die so gewonnenen Hälften der verschiedenen 
Platten gleichzeitig im Sensitometer exponiert, gleichzeitig und gleich 
lange entwickelt und fixiert. Diese Kontrollmessungen bestätigen 
die oben angeführten Zahlen genau. Weitere in der beschriebenen 
Weise angestellte Versuche zeigten, daß der Goldzusatz, wie zu er- 
warten war, nicht beliebig gesteigert werden konnte. Erhöht man 
ihn z.B. von ı auf 6ccm, so steigt die Empfindlichkeit um das 
7öfache. So wurden zwei Vergleichsemulsionen nach der Reaktion 
bei 60° kurze Zeit in siedendes Wasser gebracht. Die goldfreie 
Emulsion zeigte 30° E.H., die goldhaltige dagegen 52° E. H. 
was der oben angegebenen Empfindlichkeitszunahme entspricht. 


254 Jenısch. 


Allerdings wies die letzte Emulsion bereits einen merklichen 
Schleier auf. 


Anfängliche Bedenken, es könnte doch möglicherweise die Emp- 
findlichkeitserhöhung durch äußerst geringe Mengen noch freien 
Hydrazinhydrats bedingt sein, zerstreute die Tatsache, daß Ammoniak- 
emulsionen genau das gleiche Verhalten zeigten, d. h. die Empfind- 
lichkeit in demselben Maße stieg (10). Auch ließ sich dieser Ein- 
wand noch anders entkräften, wie später gezeigt wird. 


Von Einfluß ist ferner die Dispersität des verwendeten kolloiden 
Metalles. Mit zunehmender Dispersität steigt die sensibilisierende 
Keimwirkung und es kann, ohne daß Schleier zu befürchten sind, 
der Keimzusatz erhöht werden. So ließ sich mit Vorteil eine Lö- 
sung kolloiden Goldes, die nach der Zsigmondyschen Vorschrift 
durch Reduktion mit ätherischer Phosphorlösung (11) hergestellt war, 
verwenden. Der Goldgehalt der nach der Phosphormethode her- 
gestellten Goldlösung ist sehr gering und ist nur etwa halb so groß, 
wie der der vom Verfasser anfänglich benutzten; gleichfalls ist ihre 
Teilchengröße gegenüber der blaurot gefärbten mit Hydrazinhydrat 
dargestellten Goldlösung bedeutend kleiner. Auch hat die Phosphor- 
goldlösung den Vorteil, praktisch frei von Hydroxylionen zu sein, 
da die zu ihrer Herstellung dienende äußerst kleine Menge Kalium- 
karbonats zur Neutralisation der Goldchlorwasserstoffsäure ver- 
braucht wird. 


Wurden nun in Parallelversuchen Emulsionen mit soviel hoch- 
disperser Phosphorgoldlösung versetzt, daß die Menge des ver- 
brauchten Goldes etwa gleich 0,06 mg auf 130 ccm Emulsion war, 
so zeigte sich zunächst keine Wirkung. Verdreifachte man die 
Menge des Zusatzes, so stieg die Empfindlichkeit der goldhaltigen 
gegenüber der goldfreien Emulsion von 56 auf 68° E.H. (Ammoniak- 
emulsion schwach gereift), was einer Zunahme der Lichtempfindlich- 
keit um den dreifachen Betrag entspricht. Man konnte sogar bei 
weiteren Versuchen, ohne merklichen Schleier zu erzeugen, die 
Goldmenge noch weiter erhöhen, so daß auf 130 ccm Emulsion 
0,36 mg Au kommen und steigerte dadurch die Lichtempfindlich- 
keit um das 4,4fache. Goldfreie Emulsion gleich 54° E.H., gold- 
haltige 70° E. H. 

Ähnlich wie Gold verhalten sich andere Metalle in kolloider 
“ Lösung; es wurden noch die Wirkungen von Silber- und Platin- 
solen untersucht; sie zeigen gleichfalls Empfindlichkeitszunahmen in 


Zur Kenntnis der Reifung photographischer Sulberhaloidemulsionen. 255 


den angegebenen Grenzen, erreichen jedoch die des hochdispersen 
Goldsoles nicht. 

Legt man sich nun die Frage nach der Wirkungsweise der 
Metallsole vor, so ist zunächst auf frühere Arbeiten hinzuweisen; 
einmal sei an die schon im Jahre 1906 von Weisz (12) vor- 
genommenen Versuche erinnert, die unabhängig davon in ähnlicher 
Weise Thomae (13) im Zsigmondyschen Institut ausgeführt hat. 
Dieser brachte ein im Dunkeln hergestelltes dyalisiertes Bromsilbersol 
(nach Lottermoser (14)) und eine hochdisperse kolloide Goldlösung 
durch Bromkaliumlösung zum Ausflocken und zeigte, daß sich ein 
in derselben Weise ausgeflocktes goldfreies Bromsilber durch Ent- 
wicklerzusatz sehr viel später schwärzt als das goldhaltige. 

Des weiteren hat auch bereits Lüppo-Cramer Chlor- und 
Bromsilber mit kolloidem Gold versetzt, „angefärbt“ (rel Er tat 
dies gelegentlich seiner Versuche zur Stützung seiner Auffassung 
über die Photohaloide als Adsorptionsverbindungen und zeigt, daß 
nach gemeinsamem Ausflocken eines Bromsilber- und eines Goldsoles 
letzteres, soweit es vom Silberhaloid gebunden ist, nicht mehr durch 
verdünntes Königswasser gelöst wird. Diese graublauen Niederschläge 
zeigen das typische Verhalten der Photohaloidde.e Man kann zu 
diesen auch so gelangen, daß man, wie es in den oben geschilderten 
Versuchen geschah, das Goldsol einer wäßrigen Bromammonlösung 
zufügt und auf dieses Gemisch Silbernitrat einwirken läßt; das sich 
ausscheidende Bromsilber adsorbiert auch jetzt das Gold und die 
Verbindung zeigt die Reaktion der Photohaloide. Der Grad der Ver- 
dünnung ist dabei ohne Belang und es ergibt sich zwangläufig, daß 
bei den beschriebenen Emulsionen die Keimeinlagerung in das 
Bromsilberkorn (auch bei artfremden Metallen) mit dem Wesen 
des adsorbierten Silbers bei den Photohaloiden identisch ist. 

Von jeher ist der zweite Teil des Reifungsprozesses derjenige 
gewesen, an den man die meisten spekulativen Betrachtungen 
knüpfte, da äußerlich wahrnehmbare Veränderungen am Bromsilber — 
wie beispielsweise die Kornvergrößerung im ersten Teil — fehlten. 
Es vermögen nun zwar die kurz wiedergegebenen unschwer reprodu- 
zierbaren Versuche die Vorgänge beim Reifen nicht restlos zu klären, 
aber sie haben die Richtigkeit der Keimtheorie neu zu bestätigen 
vermocht. Andererseits haben sie jedoch auch dargetan, daß es 
mit der Bildung bzw. dem Hinzufügen der Keime allein nicht getan 
ist. Sonst hätte die Empfindlichkeitszunahme von ungereiften oder 

schwach gereiften Emulsionen bedeutender sein müssen. Wenn nun 


256 Jenisch. Zur Kenntnis der Reifung photographischer Sülberhaloidemulsionen. 


auch das Zurückbleiben der Empfindlichkeitszunahme hinter den 
anfänglichen Erwartungen teils darauf zurückgeführt werden muß, 
daß es nicht gelingt, das Gold oder andere Metalle in derart hoher 
Dispersität herzustellen, wie es für die räumlich günstigste Ein- 
lagerung notwendig wäre, so ist es doch andererseits als sicher an- 
zusehen, daß jede Emulsion der Praxis erst ein Reifungsstadium zu 
durchlaufen hat, das Vergrößerung des Kornes und damit gleich- 
zeitig innere Umlagerungen zeitigt. Über das Wesen dieses inneren 
Vorganges ist bis heute wenig bekannt. 

Soviel steht jedoch fest, daß ein Teil der Empfindlichkeits- 
zunahme auf Keime zurückzuführen ist, die sich im letzten Teil des 
Reifungsprozesses in unkontrollierbarer Weise bilden. Die Keim- 
wirkung ist keineswegs an Silber gebunden und der Verfasser glaubt 
mit der Verallgemeinerung nicht zu weit zu gehen, wenn er die 
Ansicht vertritt, daß jeder Silber- oder artfremde Keim entsprechender 
Größenordnung die geschilderten Wirkungen auslöst, gerade so wie 
etwa beliebige, als Kondensationskerne dienende Staubteilchen aller 
Art die Verdichtung des Nebels zu Regen bewirken können. 


Aus dem wissenschaftlichen Laboratorium der E. de Haen A.-G. 


Literatur. 


I1) Zeitschr. f. wiss. Phot, 23. 84 und 111. 1924. 

2) Photograph. Industrie 1925, S. 111. 

3) Zeitschr. f. wiss. Phot. 23. 201. 1924. 

4) Kinotechnik 1925, S. 515. 

5) Siehe auch bereits Photogr. Mitteilungen 46. 328. 1909. 

6) Verlag Th. Steinkopff Dresden und Leipzig (1921). 

7) Separatabdruck aus den Abhandlungen der Naturhistorischen Gesellschaft 
Nürnberg 15. 26. 1904. 

8) Kolloides Silber- und Photohaloid, Verlag Th. Steinkopff. 

9) Kolloidchemie und Photograpbie S. 26. 

10) Etwa noch aus dem Hydrazinhydrat vorhandene freie OH-Ionen, die be- 
kannterweise empfindlichkeitserhöhend wirken, hätten gegenüber der großen Menge 
Ammoniak nicht ins Gewicht fallen können. 

11) Kolloidforschung in Einzeldarstellungen Band 1, Zsigmondy-Thiesseh: 
„das kolloide Gold“, Leipzig akadem. Verlagsges. Kap, 6, S. 48. 

12) Weisz, Zeitschr. f. phys. Chem. 54. 305. 1906. 

13) Kolloidchemie, R. Zsigmondy, 3. Auflage, S. 298. 

14) Journ. f. prakt. Chem, 72. 39. 1905 und 73. 374. 1906. 

15) Kolloidchemie und Photographie S. 36. 


Bücherbesprechung. 257 


Bücherbesprechung. 
(Ref.: K. Schaum.) 


Walther A. Roth und Karl Scheel, Konstanten der Atom- 
physik. Herausgegeben unter besonderer Mitwirkung von E, Re- 
gener. 114 S. Leipzig 1923, J. Springer. M. 8.—. 


Das Werk stellt einen Sonderdruck aus der 5. Auflage der Landolt-Börn- 
steinschen Physikalisch-chemischen Tabellen dar; es umfaßt alle die Kon- 
stanten, welche für die moderne Atomforschung von besonderer Wichtigkeit sind, 
z. B. die Atomgewichte der Reinelemente und der Isotopengemische; die radioaktiven 
Konstanten der einzelnen Familien; die Geschwindigkeiten, Weglängen und Dimen- 
sionen der Gasmolekeln; die bisher gefundenen zuverlässigsten Werte für die Avo- 
gadro-Loschmidtsche Zahl, für das elektrische Elementarquantum, für die spe- 
ziische Ladung des Elektrons, für das Plancksche Wirkungselement, für die Strah- 
lungskonstanten u. a.; ferner ausführliche Tabellen über die Wellenlängen des gesamten 
Spektrums, vorwiegend in Serienanordnung; eingehende Zusammenstellungen der wich- 
ügsten Daten über Kristallstruktur und vieles andere. Weite Kreise von Physikern 
und Chemikern, die nicht in der Lage sind, das umfangreiche Gesamtwerk sich an- 
zuschaffen, werden dem Verlag und den Herausgebern aufrichtigen Dank dafür wissen, 
daß sie ihnen die Erwerbung wenigstens eines wichtigen Teils der wertvollen Tabellen 
ermöglichen. 


H. Kayser, Tabelle der Hauptlinien der Linienspektra aller 
Elemente nach Wellenlängen geordnet. 198S. Berlin 1926, 
J. Springer. M. 24.—. 


Der Verf. bat sich der sehr mühseligen, außerordentlich dankenswerten Aufgabe 
unterzogen, die im 6. Band seines monumentalen Handbuchs der Spektroskopie 
enthaltenen Wellenlängen-Tabelle einer gründlichen Neubearbeitung und Erweiterung 
zu unterziehen. In den verflossenen 13 Jahren hat die spektroskopische Forschung 
durch die Bohrschen Vorstellungen und ihre Folgerungen bezüglich der Erregung 
und der Mannigfaltigkeit der Spektren ganz ungemeine Förderung in theoretischer 
Hinsicht erfahren. Aber auch die zunächst mehr formale Seite der Spektroskopie hat 
durch die Einführung der Internationalen Normalen, durch Erhöhung der Meßgenauig- 
keit, durch Erschließung neuer, wichtiger Spektralgebiete, durch die Schaffung quanti- 
tativer Methoden zur Ermittelung der Intensität von Spektrallinien u. a. ganz wesent- 
liche Fortschritte gemacht, deren Rückwirkung auf die Theorie der Spektroskopie 
bereits glänzende Ergebnisse erzielt hat und noch wichtigste Erkenntnisse erwarten 
läßt. Alle diese Umstände und Errungenschaften sind von dem Altmeister der spektro- 
skopischen Forschung mit größter Sorgsamkeit bei der Neubearbeitung seines Tabellen- 
werkes berücksichtigt und verwertet worden. Die Forscher der Gegenwart werden 
mit größter Dankbarkeit das wertvolle Buch entgegennehmen, die Forscher der Zu- 
kunft mit tiefer Ehrfurcht das breite und feste Fundament bewundern, das der Verf. 
durch seine und seiner Mitarbeiter sorgsame experimentelle Studien und durch seine 
scharfsinnige kritische Tätigkeit für den Auf- und Ausbau eines der allerwichtigsten 
Gebäude menschlicher Naturerkenntnis geschaffen hat. 


H. Kayser, Tabelle der Schwingungszahlen der auf das Va- 
kuum reduzierten Wellenlängen zwischen A 2000 A und 
Å 10000 A. 106 S. Leipzig 1925, S. Hirzel. M. 13.—. 


Bekanntlich treten die Gesetzmäßigkeiten in Emissions- und Absorptionsspektren 
Dr dann oder wenigstens weit deutlicher hervor, wenn man an Stelle der Wellen- 
lingen die Schwingungszahlen oder die „Wellenzahlen“ (Zahl der Wellen pro Längen- 
einheit) einführt. Um den zahlreichen, mit spektroskopischen Arbeiten beschäftigten 
Forschern die Umrechnungen zu ersparen, hat der Verf. die reziproken Werte der 
aufs Vakuum reduzierten Wellenlängen, somit also die Wellenzahlen, des im Titel 


258 Biücherbesprechung. 


eem 


genannten Spektralgebietes berechnet und in der vorliegenden Tabelle in übersicht- 
licher und für Interpolation leicht verwendbarer Form zusammengestellt. Das Werk 
wird allen Spektroskopikern so unentbehrlich werden, wie dem exakten Naturwissen- 
schafter die Logarithmentafelu. 


E. T. Whittaker, Einführung in die Theorie der optischen 
Instrumente. 2. Aufl. Übertragen von Alfred Hay. 104 S. 
Leipzig 1926, J. A. Barth. M. 6.—. 


Von den grundlegenden Elementen der Optik ausgehend, führt der Verf. in die 
Lehre von den sogen. Fehlern optischer Systeme und von der Wirkungsweise 
optischer Instrumente ein. Die Darstellung wendet sich in erster Linie an Physiker, 
Chemiker und Astronomen, die nicht immer in der Lage sind, tiefgreifende und um- 
fangreiche Werke, wie Czapski-Eppensteins Theorie der optischen Instrumente, 
durchzuarbeiten. Neben den bekannten, z. T. stärker spezialisierten Monographien 
von Gleichen, Harting, v. Rohr, Scheffer u. a. wird die vorliegende Schrift 
ihrer streng mathematischen Fassung wegen Forschern und Studierenden willkommen 
sein. Der Übersetzer hat das Buch durch wertvolle Hinweise auf wichtigere neuere 
Bücher und Abhandlungen ergänzt, 


Carl Leiss, Die modernen optischen Instrumente des Kri- 
stallographen und Petrographen. or S. Jena 1925, Gustav 
Fischer. M. 3.60. 


Auf 35jährige praktische Erfahrung gestützt, erläutert der Verf. in der vor- 
liegenden, auch für Physiker und Chemiker sehr brauchbaren Schrift den Bau sowie 
die Prüfungs- und Justiermethoden der besonders für kristallographische und petro- 
graphische Untersuchungen wichtigen Instrumente. Den Lesern unserer Zeitschrift 
werden in erster Linie die Abschnitte über Mikroskope und über Monochromatore 
von Wert sein, 


J. Formänek und J. Knop, Untersuchung und Nachweis or- 
ganischer Farbstoffe auf spektroskopischem Wege, II. Teil, 
3. Lieferung. 2.Aufl. 574S. mit 12 Tafeln. Berlin 1926, J. Springer. 


Wenn auch das Bestreben der Phetochemiker mit Recht darauf gerichtet ist, 
die Spektroskopie der Farbstoffe quantitativ zu durchdringen, also ihre Untersuchung 
durch Ermittelung der spektralen Extinktionskurven, ihren Nachweis durch Fest- 
lerung ihrer typischen Farbkurven zu bewirken, so kann doch vorläufig noch keines- 
weus auf die mehr qualitativen Verfahren verzichtet werden; denn die quantitativen 
Meßmethoden erfordern, besonders wenn sie auf das ultraviolette Gebiet ausgedehnt 
werden sollen, recht kostspielige Vorrichtungen, oder sie stellen wenigstens ziemlich 
starke Ansprüche an das experimentelle Geschick und die Geduld des Beobachters; 
schnelle Orientierungen über das spektrale Verhalten von Farbstoffen, über ihre Eig- 
nung zu Filterzwecken u.a. sowie rasche Identifizierung eines vorliegenden Farb- 
stoffes werden daher nach wie vor am besten auf Grund des von Formänek durch- 
gearbeiteten zweckmäßigen Verfahrens ausgeführt. Die neue, vollständig umgearbeitete 
und vermehrte Auflage des ausgezeichneten Werkes bringt neben den die spektralen 
Eigenschaften der gelben Farbstoffe charakterisierenden Tabellen und Tafeln ein- 
ee Beschreibungen zahlreicher spektroskopischer Apparate, Hilfsmittel und Ver- 
fahren. 


R. Hugershoff und Otto Israel, Kartographische Aufnahmen 
und geographische Ortsbestimmungen auf Reisen. I Die 
topographischen Aufnahmen. (Sammlung Göschen, Bd. 607.) 2. Aufl. 
152S. 1925. 

Die Verf. beschreiben die Instrumente und Methoden für Winkel-, Strecken- 
und Höhenmessungen; die Verfahren zur Aufnahme des Reisewegs; die Triangulation; 


Bücherbesprechung. 259 


— 


die Geläindeaufnahme (hierbei das photogrammatische Verfahren); die Zeitbestimmung; 
die Auswertung der Beobachtungen. Ein H. Teil soll die geographischen Orts- 
bestimmungen behandeln. 


Robert Lang, Experimentalphysik IV. Lehre vom Licht. (Samm- 
lung Göschen Bd. 614.) rros. 1925. 


Eine für Studierende, besonders zum Wiederholen geeignete kurze Zusammen- 
stellung der geometrisch- und physikalisch -optischen Grundlehren. Die neueren 
Forschungsergebnisse sind, wenigstens durch kurze Hinweise, berücksichtigt. 


H Remy, Chemisches Wörterbuch. (Teubners Fachwörterbücher 
Nr. 10/11.) 416 S. 1924. 


Der Verf. hat sich mit bestem Erfolg bemüht, über die chemischen Grund- 
beeriffe, über Natur und Bedeutung der einigermaßen wichtigen Stoffe, über die ge- 
bräuchlichsten Apparate, Arbeitsverfahren und Untersuchungsmethoden usw. durch 
moglichst kurze, dabei leicht verständliche Artikel Auskunft zu geben. Die Kenntnis 
der chemischen Formelsprache und der Nomenklatur mußte dabei naturgemäß voraus- 
gesetzt werden. 


Contributions from the Princeton University Observatory 
Photometric Researches; No. 6 by Raymond Smith Dugan; No. 7 
by Richard John Mc Diarmid. Princeton 1914. 


Photometrische Studien an 10 veränderlichen Sternen, 


Josef Maria Eder, Ausführliches Handbuch der Photographie 
Bd. IV, Teil 2. 4. Aufl. 6oo S. Halle 1926, W. Knapp. M. 29.50, 


Die gänzlich umgearbeitete Auflage behandelt das Pigmentverfahren, den Öl-, 
#®romöl- und Gummidruck, die Lichtpaus-, die Einstaubverfahren mit Chromaten, die 
#inatypie, das Kodachromverfahren, die Hydrotypie, die Kopierverfahren mit farben- 
bildenden Stoffen u.a. Es würde zu weit führen, wollte man auch nur die wich- 

ügsten Abschnitte der reichhaltigen und mit größter Sorgsamkeit bearbeiteten Zu- 
Sammenstellung anführen, die für den Praktiker ein unentbehrlicher Wegweiser, für 
den Photochemiker eine Fundgrube interessanter Probleme darstellt. 


Friedrich Wentzel, Die photographisch-chemische Industrie. 
(Steinkopffs Technische Fortschrittsberichte. Herausgegeben von B. Ras- 
sow; Bd. X.) 3638. 1926. M. 20.—. 


Verlag und Herausgeber haben sich die dankenswerte Aufgabe gestellt, tüchtige 
Fachmānner zur Bearbeitung von Fortschrittsberichten über chemisch-technische Ge- 
Liete zu gewinnen, welche vor allem diejenigen Fachgenossen über die neueren Er- 
Tungenschaften orientieren sollen, denen die einschlägige Literatur nur schwer zu- 
fänglich ist. Der Verf. des vorliegenden Bandes hat, gestützt auf eigene reiche Er- 
ahrung, die seit 1913 erzielten Fortschritte auf dem Gebiet der Fabrikation und 
Prüfung der photographischen Platten, Filme und Papiere, sowie der Verarbeitung der 
lchtempfindlichen Materialien systematisch und kritisch zusammengestellt. Es wäre 
sehr zu begrüßen, wenn der Verf. das erste Kapitel seines schönen Buches durch 
einen Atlas der Platteneigenschaften ergänzen wollte, in welchem für möglichst zahl- 
reiche Plattensorten die nach einheitlichen Methoden ermittelten photometrischen und 
spektralen Eigenschaften, etwa in Form von Schwärzungs- und spektralen Empfindlich- 
keitskurven, zusammengestellt wären. 


Heinrich Kühn, Zur photographischen Technik. (Enzykl. d. 
Phot. Heft 109.) 147S. Halle 1926, W. Knapp. M. 6.30. 


Der Verf. bringt unter Berücksichtigung der neueren Fortschritte interessante 
Ausführungen über photographische Technik, über weichzeichnende Objektive, über 


260 Bücherbesprechung. 


Tonwiedergabe und über das Schlichtersche Photometer. Der Ref. befürchtet, 
daß der wünschenswerten Verbreitung des Buches sein hoher Preis im Wege stehen 
wird, der angesichts des Umstandes, daß es sich offenbar vorwiegend um Wieder- 
gaben aus der ‚„‚Photogr. Rundschau“ handelt, vielleicht niedriger hätte gehalten 
werden können. 


J. Rheden, Die Hilfsmittel zur Bestimmung der Belichtungs- 
dauer. (Enzykl. d. Phot. Heft 107.) 104 S. Halle 1926, W. Knapp. 
M. 4.50. d 

Seit fast einem Vierteljahrhundert hat der Verf. sich mit den Methoden und 

Hilfsmitteln zur Ermittelung der richtigen Belichtungszeit beschäftigt; seine reiche Er- 

fahrung findet in den Darlegungen über die optischen, die chemischen und die opt:sch- 


chemischen Belichtungsmesser, über Beliehtungstabellen u. a. einen für alle Photo- 
graphierenden höchst wertvollen Ausdruek. 


Eduard Kuchinka, Die Photoplastik. (Enzyl. d. Phot. Heft 108.) 
73S. Halle 1926, W. Knapp. M. 3.80. 
Zusammenstellung der auf „dreidimensionalem Gebiet“, d. h. zur Erzielung von 


Plastiken, Reliefs oder plastischen Effekten auf i i Wege erreichten 
Fortschritte. 


Erich Stenger, Daguerres Dioramain Berlin. 765S. Berlin 1925, 
Union. M. 2.80. 


Das Diorama, gewissermaßen ein Vorläufer des Lichtspielhauses, war eine Er- 


findung Daguerres, dem die Einkünfte aus dem Diorama die Mittel für seine Licht- 
bildversuche lieferten. 


Paul Hanneke und Aug. Arnold, Photographischer Notiz- 


kalender für das Jahr 1926. 200 S. Halle 1926, W. Knapp. 
M. 3.20. 


Der von Miethe und Stolze begründete Kalender hat sich zu einem recht 
stattlichen Taschenbuch entwickelt, das außer bestbewährten älteren Vorschriften 
auch die wichtigsten neuen Verfahren und Arbeitsweisen berücksichtigt. 


The British Journal Photographic Almanach 1926. (Diamond 
Jubilee.) 


Japan Photographic Annual 1925—1026. 


Für die Redaktion verantwortlich A Prof, K. Sc haum in Gießen. 


en der at e Lë 


ch i eg 


ée 


H wiss ssenschaftliche Photographie | 3 
i  Photophysik und Photochemie o 
GM Soe kat ! Ge 
Mi Unter SE befreundeter Fachgenossen RR hi 


TR ? - insbesondere von | PN KEN 


RR | H. Kayser N Se 


o em, Professor an der Universität Bona 


Léi | | herausgegeben von RN 


er A d - K. Schaum | 


o. 6, Professor an der Universität Gießen 


m x 


Ga ec 11926 
So Johann Ambrosius Barth in Leipzig 
| Salomonstraße 18b 


von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuch- 
Imenispreis beirägt pro Band im m und Ausland Rm. 24.—, 
h Porto im.Inland Km) sg zo, adidas lEn, 25.20. 


ne: 26 E 


"et oni ER RE Sei DW 
Gate KSE SE 4 NE 

Gë ITA ur Er Sa $ A E 
eg 2 Inhaltsverzeichnis. ARTE 
e Keck d e | — . Pa e „44, Ze Ai 
Gg y Originalarbeiten. F S 
A Werner Leszynski, Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. > 
dek, Mit ı Figur im Test 3 , . .. N a E EEN 
E | | Werner Leszynski, Studien über den See, Mit 3 Figuren im Text 

EN Lüppo-Cramer, Zur Kenntnis des Reifungsprozesses. (Sechste Mitteilung) ` 
PERE Chr. Winther und E. H. RT, Ein re Mit 

€ 5 Figuren im Text. . -n > RT De Neie e Ek eh? 
y : $ "F Plotnikow, Ein Beitrag zur Frage über die Lichtverteilung bei zwei ab- 


 sorbierenden Medien "opd über die Intensitätsauffassung in der Photochemie 
BROTHER 7. L 7 wn e Ze "ET de A.d el nie WCS 


= E70. DE. E e M 


Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an 
Professor Dr. K., Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. 
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie d 
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und Sech 
Berichterstattung möglich ist. | 
Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere — > E 


Bedingungen, welche vom gt, bekanntgegeben werden, e z 
- ne GC 


no aS 
— [TI —_—— _— 


UNIVERSAL KINE | 


ZUR MIKRO- 
KINEMATOGRAPHIE 


Er ist eingerichtet für rasche Auswechslung 
der Objektive 


Nahaufnahmen bis zu 6cm Distanz 


Mikrokinematographische Aufnahmen, ech I 
kroskopische und mikroskopische Trick 
aufnahmen 


Herstellung der Positivfilme 


Dres 139 I 


p= 


Digitized by Googles ER 
e xom GR 


Zeitidırift für willenichaftlidie Photographie, 
Photophylik und Photodiemie 


XXIV. Band. 1926. Heft 8. 


Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. 
Von 
Werner Leszynski. 
Mit ı Figur, 


Einleitung. 

H W. Vogel fand im Jahre 1873(1), daß photographische 
Trockenplatten eine Steigerung ihrer Empfindlichkeit für grünes 
und rotes Licht erfahren, wenn sie gewisse Farbstoffe enthalten; 
diese Substanzen wurden optische (2) Sensibilisatoren genannt. Seitdem 
sind von anderen Forschern (3), insbesondere von Eder und König 
weitere Substanzen aufgefunden worden, die jene Eigenschaften be- 
sitzen. Umfangreiches Material über die Chemie dieser Sensibili- 
satoren und ihrer Silbersalze verdanken wir Kieser. (4) 

Während zahlreiche ältere Versuche etwas über das Wesen der 
Sensibilisation zu erfahren, heute nur noch von historischem Interesse 
sein dürften, sind die Feststellungen von Eder von wesentlicher 
Bedeutung. Eder fand im Jahre 1884 (5) 

I. Vorbedingung für die sensibilisierende Wirkung ist, daß das 
AgBr-Korn selbst und nicht nur die Gelatine angefärbt wird. 


2. Das Absorptionsspektrum des Farbstoffs steht mit dem 
Spektralgebiet in Zusammenhang, für das die Empfindlichkeits- 
steigerung gilt; die beiden Spektren decken sich nicht völlig, die 
langwellige Grenze der Sensibilisationsbanden ist etwas ins Gebiet 
der längeren Wellen verschoben. 

Als nächstliegende und mit dem Standpunkt unserer gegen- 
wärtigen Anschauungen über die Lichtvorgänge verträglichen An- 
nahmen über den Mechanismus des Sensibilisationsprozesses wurden 
bisher die folgenden erörtert: 

1. Der eigentlich lichtempfindliche Komplex ist eine Farbstoff- 
Silberverbindung, die von der Strahlung zersetzt wird. (4) 

2. Der Farbstoff absorbiert die Lichtenergie und sendet ein 


Elektron aus, das auf AgBr einwirkt. (6) 
Zeitschr. f. wiss, Phot, 24. 19 


262 Leszynskt. 


3. Der an das AgBr adsorbierte Farbstoff absorbiert die Licht- 
energie und gibt sie an das AgBr weiter, d.h. es handelt sich nach 
der bei Gasreaktionen üblichen Bezeichnungsweise um eine Sensibili- 
sation durch Stöße zweiter Art.(7) 

Für keine der genannten Hypothesen ist bisher ein experimen- 
teller Beweis gelungen. (8) 

Durch die Arbeiten von Eggert und Noddack (9), insbesondere 
durch die Möglichkeit, die Masse des primär ausgeschiedenen Silbers 
zu bestimmen, öffnen sich neue Wege quantitativer Messung. Es 
erschien von Interesse, mit diesen Hilfsmitteln die Erscheinung der 
optischen Sensibilisation photographischer Trockenplatten durch 
organische Farbstoffe unter energetischen und molekulartheoretischen 
Gesichtspunkten erneut zu untersuchen. Dies ist das Ziel der vor- 
liegenden Arbeit. 


Experimenteller Teil. 


Problemstellung. 


L Es sollte die photographische Empfindlichkeit sensibilisierter 
und unsensibilisierter Platten für blaues und grünes Licht in ab- 
solutem Maß gemessen werden. 


2. Es sollte an Platten, die für Grün sensibilisiert waren, die 
Masse des primär durch grünes Licht ausgeschiedenen Silbers be- 
stimmt werden. Unter Benutzung der von Eggert und Noddack 
erhaltenen Werte für die Menge des primär ausgeschiedenen Silbers 
bei Blaubelichtung unsensibilisierter Platten sollten für Blau und 
Grün die Werte der photographischen Empfindlichkeitsbestimmung 
mit den Werten der Silberbestimmung in Beziehung gesetzt werden. 


3. Es sollte untersucht werden, in welchem Verhältnis die 
Menge des Sensibilisators zur Menge des ausgeschiedenen Ag steht. 


I. Messung der photographischen Empfindlichkeit 
in absolutem Maß. 


Unter photographischer Empfindlichkeit wird die Abhängigkeit 
der durch Entwicklung erreichbaren Schwärzung von der auf- 
gewandten Lichtenergie verstanden werden. (10) 

Plattenmaterial. Für diese Versuche wurden Platten einer 
reinen AgBr-Emulsion (ohne Cl- oder J-Zusatz gegossen, sowie 
Platten derselben Emulsion, die mit Erythrosin für grünes Licht 
bzw. mit Pinachromviolett für rotes Licht sensibilisiert waren. 


Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. 263 


Lichtquellen. Für die Belichtungen mit rotem und grünem 
Licht wurde eine gasgefüllte Metallfadenlampe (2000 K) verwandt. 
Das Ultrarot wurde durch Eisenammoniumsulfatlösung absorbiert, 
und das Licht durch Farbstoff-Gelatine-Filter einfarbig gemacht. 
Man erhält durch die verwandten Filter etwa 50 mu breite Bänder. 
Der Schwerpunkt des durchgelassenen Lichtbandes wurde spektro- 
graphisch festgestellt. Er liegt für das Grünfilter bei 550, für das 
Rotfilter bei 615 mu. 

Da die unsensibilisierten Platten, wie sich weiter unten ergibt, 
für blaues Licht etwa (oi mal empfindlicher sind als für grünes 
Licht, mußte gezeigt werden, daß das grüne Licht kein blaues 
enthält. Dies geschah auf folgende Weise: Hinter das Grünfilter 
wurde ein Blaufilter eingeschaltet, es blieb also nur das durch das 
Grünfilter hindurchgelassene blaue Licht übrig. Dabei zeigte es 
sich, daß das durchgelassene Licht mehr als 99°/, seiner photo- 
graphischen Wirksamkeit auf unsensibilisierte Platten verloren hatte. 
Aus der angegebenen relativen Empfindlichkeit der unsensibilisierten 
Platten für blaues und für grünes Licht ergibt sich, daß das blaue 
Licht, das durch das Grünfilter hindurchgelassen wird, bestimmt 
weniger als 107% des grünen beträgt. Das rote Licht wurde in der- 
selben Weise auf Abwesenheit von grünem und blauem Licht geprüft. 

Als Lichtquelle für blaues Licht diente eine Hg-Lampe 
(à = 436 mu). Als Lichtfilter dienten hier eine Eisenammoniumsulfat- 
lösung und eine ammoniakalische Kupfersulfatlösung. 

Belichtung. Als Belichtungsapparat diente ein langgestreckter 
Kasten (20 cmx20 cm X 40 cm), dessen Vorderseite aus einer Matt- 
scheibe bestand. In den Kasten, an dessen entgegengesetzter Seite 
sich die Kassette mit der zu belichtenden Platte befand, konnte nur 
durch die Mattscheibe Licht gelangen. Die Kassette konnte entfernt 
werden und an ihrer Stelle die Thermosäule zur Messung der 
Energie aufgestellt werden. 

Die Mattscheibe, deren Größe 64 qcm betrug, wurde für die 
Belichtungen durch Bekleben mit Blenden verkleinert. Diese Blenden 
bestanden aus siebartig durchlochtem schwarzen Papier. Die Öff- 
nungen waren durch je 4 Rasierklingen scharf begrenzt und wurden 
im Okularmikrometer ausgemessen. Sie waren von der Größen- 
Ordnung 0,5 qmm. Dadurch, daß die Öffnungen zur experimentellen 
Mittelbildung gleichmäßig auf die Oberfläche der Mattscheibe ver- 
teilt waren, war es leicht durchführbar, aus den Energiemessungen, 
die bei unbeklebter Mattscheibe ausgeführt waren, die Energie bei 

(Ech 


264 Leszynskt. 


den Belichtungen (bei aufgeklebter Blende) zu berechnen. Für die 
Aufnahmen wurden 9 x ı2-Platten der oben gekennzeichneten 
Emulsionen benutzt. Durch stufenweises Öffnen der Kassette wurden 
auf jeder Platte ro Belichtungen mit verschiedener Expositionszeit 
gemacht. Die Belichtungszeit wurde im allgemeinen nicht unter 2 
und nicht über 120 Sekunden gewählt. 

Energiemessung. ZurEnergiemessung wurde eine Rubenssche 
Thermosäule und ein Diesselhorst-Galvanometer benutzt. Die Eichung 
mit einer Hefner-Kerze geschah nach der Methode von Gerlach. 
Es wurde stets an der Stelle der Belichtung die Energie vor und 
nach dem Versuch gemessen. Die Energien betrugen für die Be- 
lichtungen mit blauem, grünem und rotem Licht im Mittel bzw. 
1,0, 4,5 und 2,5 HK. 

Entwicklung und Dichtemessung. Die Platten wurden 
10 Minuten in Rodinal (Verdünnung 1:20) bei 18 Grad entwickelt. 
Die Dichtemessung geschah im König-Martensschen Polarisations- 
apparat. 

Genauigkeit. Die Schwankungen der Messungen betrugen 
+ 15°/,. Da die Genauigkeit der Energiebestimmung zu + 5°/,, dieder 
Dichtebemessung zu + 3°/, anzusetzen ist, dürfte der hohe Wert der 
Schwankungen auf Unregelmäßigkeiten der Platten zurückzuführen 
sein. (Die benutzten Platten waren nicht auf Spiegelglas gegossen.) 

Ergebnisse. Die Ergebnisse werden durch Tabelle ı und 2 
wiedergegeben. (11) 

Hierin ist die Dichte in der üblichen Weise als D = log(),:/) 
angegeben, die Energie durch die Zahl der pro Quadratzentimeter 
aufgesandten (Juanten. 

Tabelle ı enthält die Zahl der pro Quadratzentimeter auf- 
gesandten Quanten bei Erreichung der photographischen Schwelle, 
bei Erreichung der Dichte 0,5 und bei Erreichung der Dichte 1. 


Tabelle ı. 
Spektral- Zahl der pro Quadratzentimeter aufzusendenden Quanten bei Er- 
bereich der reichung der photographischen Schwelle, der Dichte 0,5 und der 
Belichtung Dichte ı 
Mit Pinachromviolett 


Unsensibilisierte Mit Erythrosin sensi- 
Emulsion bilisierte Emulsion 


d=05|d=ı [Schwenie] d = 0,5 | d=1 |Schwelle) d=0,5 | dest 


sensibilisierte Emulsion 


Am 436 mu |8-10° |6-101% | 2.1011 |8.10° 16.1019 |2,4-10!!l 8-10° |6-10!° |2,4-101! 
À == 55omu te toif |2,5.1012| 6.1013 I1,5-10!!1,1-.1012]3.1018 — — — 
à = 615 mu |1,5-.10156.1015 | 3s106 | — — — |4.:10” |3,5-1013]8. 10! 


Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. 265 


Tabelle 2 zeigt die nach den Schwellenwerten der Tabelle ı 
berechnete relative Farbenempfindlichkeit der einzelnen Emulsionen, 
wobei die Blauempfindlichkeit der unsensibilisierten Emulsion = I 
gesetzt wurde. Es ergibt sich eine etwa 60fache Steigerung der 
Grünempfindlichkeit durch Erythrosin und eine etwa 400fache Steige- 
rung der Rotempfindlichkeit durch Pinachromviolett. 


Tabelle 2. 


Relative Empfindlichkeit (berechnet auf eingestrahlte Quanten) 


Spektral- 
bereich der | Unsensibilisierte Emul-| Mit Erythrosin sensi- | Mit Pinachromviolett 
sion bilisierte Emulsion | sensibilisierte Emulsion 


à = 436 my 
À = 550 mu 
Am 615 mu 


2. Die Masse des primär ausgeschiedenen Silbers. 
Die Abhängigkeit der Masse des primär ausgeschiedenen Silbers 
von der Zahl der aufgesandten Quanten wurde für die Grünbelich- 


tung der mit Erythrosin sensibilisierten Platten bestimmt. 
Belichtung und Energiemessung geschah wie oben. 


Zahl der pro cm? ausgeschiedenen Ag -Atome 
oa a ð 8 a 


N 


© 


1 2 3 4 
Zahl der pro cm? aufgesandten Quanten 
Fig. 1. 
Die Silbermenge wurde nach der Methode von Eggert und 
Noddack (9) bestimmt. Die Ergebnisse werden durch Tabelle 3 
und Fig. 1. wiedergegeben. 


266 Leszynskt. 


Tabelle 3. 
I II III IV 
Reziproke Quanten- 
Zahl der pro Zahl der pro ausbeute, 1/9, d.h. 
Quadratzentimeter GEELEN ı Quadratzentimeter geg EE SES 
Quadratzentimeter i saiaren: Quante 
aufgesandten ausgeschiedenen pro ausgeschiedenes 
Quanten titrierten Ag Ag-Atome Ag-Atom 
36 + 101° 275. 10}? 130 
48 275 17 
54 440 120 
72 275 270 
90 550 160 
96 550 170 
108 715 150 
114 825 140 
114 550 210 
138 1265 110 
150 1155 130 
162 825 200 
174 990 180 
180 975 185 
180 1265 140 
186 1210 150 
210 1320 160 
216 1395 155 
234 1375 170 
234 1100 210 
270 1430 195 
288 1375 210 
360 1595 225 
384 1705 225 
384 1710 225 
474 1540 310 
492 1485 330 
492 1650 300 


Spalte ı gibt die Anzahl z der pro Quadratzentimeter auf- 
gesandten Quanten. Die Berechnung aus der Zahl der energe- 
tischen HK an der Belichtungsstelle geschieht nach der Formel 
22,6. 10°9.4,189 - 10°. Of 

hy 
z = Zahl der aufgesandten Quanten, 
/ = Zahl der energetischen HK, 
€ = Belichtungsdauer in Sekunden. 


Spalte II gibt die titrierte Ag-Menge in Gramm/Quadratzenti- 
meter. Hieraus ergibt sich die Zahl der Silberatome (Spalte II) 


= —£_6.1028 
108 À 


Spalte IV gibt die Zahl der aufgesandten Quanten pro aus- 
geschiedenes Ag-Atom, das ist die reziproke Quantenausbeute. 


Z = 


Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. 267 


Bei den Versuchen mit kurzer Belichtungszeit beträgt diese 
Zahl im Mittel etwa 150. 


3. Masse des Farbstoffs in sensibilisierten Platten. 

Zur Bestimmung der Masse des Farbstoffs in sensibilisierten 
Platten wurde eine kolorimetrische Methode ausgearbeitet, deren 
Genauigkeit an Platten, die bekannte Farbstoffmengen enthielten, 
kontrolliert werden konnte. Man läßt die Platten zuerst in 20°/,iger 
Na,5,0O,-Lösung aufquellen, dann wird die Schicht abgekratzt und 
zusammen mit der benutzten Lösung auf 33—35? erwärmt; nach- 
dem sich die Gelatine gelöst hat, wird mit Lösungen von bekanntem 
Farbstoffgehalt kolorimetrier. Bei unbelichteten, mit Erythrosin 
sensibilisierten Platten läßt sich so die Erythrosinmenge mit einer 
Fehlergrenze von + 10°/, bestimmen. 

Bei intensiv belichteten Platten ist der Farbton der erhaltenen 
Lösung etwas ins Gelbe verschoben. Es kann noch nicht mit Be- 
stimmtheit gesagt werden, ob diese Verschiebung auf kolloides Ag 
oder auf die Anwesenheit einer Verbindung zurückzuführen ist, 
die durch Einwirkung von Brom auf Erythrosin entsteht. (Eine 
Erythrosinlösung wird durch Zusatz von Bromwasser gelb) Es 
scheint, als ob die Erythrosinmenge bei unbelichteten und belichteten 
Platten die gleiche ist, und nur im letztgenannten Fall durch Zusatz 
einer schwachgefärbten Substanz der Farbton geändert ist. Die 
exakte Klärung dieser Frage wurde zunächst zurückgestellt; es 
hätte nämlich auch eine einwandfrei nachgewiesene Gleichheit der 
Erythrosinmengen in den aus belichteten und aus unbelichteten 
Platten erhaltenen Lösungen keine Schlüsse erlaubt, da es möglich 
ist, daß der Farbstoff durch Belichtung in eine Form übergeführt 
wird, aus der er durch die oben geschilderte Behandlung wieder 
zurückerhalten wird. Für die Deutung der Versuche wird daher 
lediglich von der Gesamtmenge des Erythrosins in der benutzten 
Emulsion Gebrauch gemacht werden. Die untersuchten Platten 
enthielten 1,1. 10° g Erythrosin cm“. 


Deutung der Versuche. 
Es soll gezeigt werden, welche Schlüsse aus den drei experi- 
mentellen Teilen 
I. Messung der photographischen Empfindlichkeit; 
2. Messung der Menge des primär ausgeschiedenen Ag; 
3. Messung der Erythrosinmenge 
auf das Wesen der Sensibilisation zu ziehen sind. 


268 Leszynski. 


I. Silbermenge und Erythrosinmenge. 


Wie Tabelle 3 zeigt, steigt die Ag-Menge bis zu 3 - 10° gem’? 
an, das sind 1,6 - 101° Ag-Atome. 

Die Menge des Erythrosins betrug 1,1. 10 gem”. 

Erythrosin hat das Molekulargewicht 882 (C,,H,O,N,J,), also 
entspricht 1,1-10°°g etwa 7,5 - 101% Molekeln. 

Die Zahl der durch Licht entstandenen und durch Titration 
bestimmten Ag-Atome ist also 20mal so groß als die Zahl der 
insgesamt vorhandenen Erythrosinmolekeln. 

Da die Farbstoffmolekeln nicht quantitativ an den AgBr-Körnern 
absorbiert sein werden, und da die in der Gelatine sitzenden 
Molekeln unwirksam sind, wird das Verhältnis der Zahl der Ag-Atome 
zur Zahl der wirksamen Farbstoffmolekeln sicher größer sein. 


Es soll nun untersucht werden, was dieser Befund über die 
Wahrscheinlichkeit der in der Einleitung aufgezählten drei Hypo- 
thesen aussagt: 

I. Bildung und Photolyse eines Farbstoff-Silbersalzes. Hier 
wäre anzunehmen, daß nach der Photolyse der Farbstoff wieder 
zurückgebildet wird und dann mit einem weiteren AgBr von neuem 
dieselbe Farbstoff-Silberverbindung eingeht. Dieser Prozeß müßte 
sich mindestens 20 mal, wahrscheinlich weit öfter wiederholen, ehe 
mit der Farbstoffmolekel etwas anderes geschieht. Es kann wohl 
gesagt werden, daß diese Vorstellung nicht allzu befriedigend ist. 

2. Die lichtelektrische Hypothese. Auch die Annahme, daß 
die Sensibilisation in dem Aussenden eines Elektrons durch den 
Sensibilisator besteht, wird durch unseren Befund schwer vorstellbar. 
Man müßte annehmen, daß eine Erythrosinmolekel nach jedem 
einzelnen Elementarvorgang wieder ein Elektron aufnimmt. Auch 
dieses ist nicht undenkbar, jedoch wohl wenig wahrscheinlich. 

3. Sensibilisation durch Stöße zweiter Art. Die Anschauung, 
daß der Farbstoff das absorbierte Lichtquant an die AgBr-Molekel 
weitergibt, an die er absorbiert ist, läßt sich jetzt nur unter der 
Annahme aufrecht erhalten, daß der Farbstoff nach Spaltung eines 
AgBr von einem weiteren AgBr adsorbiert wird. Diese Annahme 
erscheint nun durch die von Volmer(r1) und seinen Mitarbeitern 
festgestellte Beweglichkeit der Molekeln in Adsorptionsschichten 
berechtigt. Es erscheint also möglich, die Hypothese der Sensi- 
bilisation durch Stöße zweiter Art ohne weitere Zusatzhypothese 
aufrecht zu erhalten (vgl. S. 273). 


Studien über die Sensibilisation photographischer Platten, 269 


An dieser Stelle erscheint es notwendig eine weitere Hypothese 
zu diskutieren, nämlich die Anschauung, daß der Farbstoff nur zur 
Bildung des ersten Ag-Atoms notwendig ist, und daß dann der ent- 
standene Ag-Keim weiter sensibilisierend wirkt, im Sinne der Keim- 
körper von Fajans und Frankenburger(13) Es ist nicht möglich, 
diese Vorstellung experimentell zu stützen: Eine mit blauem Licht 
vorbelichtete AgBr-Platte zeigt keine derartige Steigerung der Grün- 
empfindlichkeit, weder für die entwickelbare noch für die direkte 
Schwärzung. Auch wird eine für grünes Licht sensibilisierte Platte 
durch Grünbelichtung nicht rotempfindlich, und eine für rotes Licht 
sensibilisierte Platte durch Rotbelichtung nicht grünempfindlich. Es 
it wohl nicht anzunehmen, daß durch Belichtung mit einer be- 
stimmten Farbe erhaltene Keime nur für diese Farbe sensibilisierend 
wirken können. 

Zusammenfassend kann an dieser Stelle wohl gesagt werden, 
daß zunächst die Annahme einer Sensibilisation durch Stöße zweiter 
Art als die wahrscheinlichste erscheint. 


2. Photographische Empfindlichkeit und Silbermenge. 


Aus Tabelle 3 ergibt sich, daß im Gebiet kürzerer Belichtungs- 
zeiten auf etwa 150 aufgesandte Ouanten ein Ag-Atom frei wird. 

Tabelle ı zeigt, daß zur Entwicklung der Dichte ı bei Grün- 
belichtung 3 - 10!? Quanten auf die untersuchte Platte aufgesandt 
werden müssen. 

Nimmt man nun an, daß auch im photographischen Gebiet 
(darunter soll das Gebiet von Belichtungszeiten verstanden werden, 
die in der praktischen Photographie verwandt werden) auf 150 
eingestrahlte Quanten ein Ag-Atom frei wird (14), so ergibt sich 
für die Dichte ı eine primär entstandene Anzahl von 

3 1012: 150 = 2 - 10!° Ag-Atome em", 

Aus Tabelle ı ergibt sich ferner, daß zur Entwicklung der 
Dichte ı bei Blaubelichtung auf dieselbe Emulsion 2,4 - 101! Quanten 
aufgesandt werden müssen. Eggert und Noddack hatten bei 
ihren Titrationen im Blau eine aktive Absorption von 20°/, ge- 
funden. Das Verhältnis aufgesandte Quanten pro frei gewordene 
Ag-Atome ist hier also = 5. Der Größenordnung nach wird dies 
Verhältnis auch für die hier benutzte Emulsion zutreffend sein. 
Das ergäbe bei Blaubelichtung für die Dichte ı eine primär ent- 
standene Anzahl von 

2,4-101!:5 = 4,8 - 101° Ag-Atome om", 


270 Leszynskt. 


Es zeigt sich also, daß für eine bestimmte Dichte die Menge 
des primär ausgeschiedenen Silbers für Blau- und Grünbelichtung 
zumindest der Größenordnung nach gleich ist. 

Nun hat man sich im Sinne der neueren Vorstellungen (9), (13) 
den Primärvorgang bei der Blaubelichtung einer unsensibilisierten 
Platte folgendermaßen vorzustellen: 

Ein Quant wird im AgBr-Gitter absorbiert. Als Folge dieses 
Absorptionsprozesses geht ein Elektron von einem Br-Ion zu einem 
Ag-Ion über, wodurch ein ungeladenes Ag als Keim entsteht. Man 
kann nun durch den folgenden Versuch zeigen, daß diese ent- 
standenen Keime teils auf der Kornoberfläche, teils im Korninnern 
sitzen. 

Bei der chemischen Entwicklung, d. h. bei der Entwicklung 
vor dem Fixieren, kann der Entwickler nur zu den Keimen an der 
Oberfläche des Korns gelangen. Daher sind diese allein für die 
Entwicklung vor dem Fixieren maßgebend. 

Unter Kornoberfläche sei die Grenzfläche zwischen Korn und 
Gelatine verstanden. Sollte das Korn in irgendeiner Form Gelatine 
enthalten, so wird die Grenzfläche der Kanäle mit zur Kornober- 
fläche gerechnet. 

Ein Oxydationsmittel, z.B. K,Cr,O,, in dessen Lösung die Platte 
gebadet wird, kann nun bei kurzer Einwirkungsdauer nur zu diesen 
Keimen an der Oberfläche gelangen. Es werden also bei kurzer 
Einwirkungsdauer nur die Keime an der Oberfläche oxydiert und 
damit unwirksam werden. 

Entwickelt man dagegen nach dem Fixieren, so werden, da 
das umhüllende AgBr weggelöst ist, auch die Keime im Innern 
wirksam sein. Hat man also die Platte vorher in K,Cr,O, gebadet, 
wodurch die Keime an der Oberfläche unwirksam geworden sind, 
so wird man durch Entwicklung nach dem Fixieren doch noch 
ein Bild hervorrufen können, wenn im Korninnern Keime vor- 
handen sind. 

Diese Überlegung konnte bekanntlich durch das Experiment 
bestätigt werden (15) Eine Platte wird in K,Cr,O, so lange gebadet, 
daß die Platte nach gründlichem Auswaschen gegen Entwicklung 
vor dem Fixieren völlig unwirksam geworden ist. Diese Platte 
zeigt bei Entwicklung nach dem Fixieren ein Bild, das gegen das 
Bild einer nichtoxydierten Platte scheinbar ungeschwächt ist. Es 
müssen also im Innern des Korns so viel Keime vorhanden sein, 
daß bei der Entwicklung nach dem Fixieren, wobei die Gesamt- 


- a em met vm mb Eër 


Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. 271 


menge der Keime wirksam ist, die Zahl der Keime an der Ober- 
fäche nicht gegen die Gesamtzahl ins Gewicht fällt. 


In der Tat konnte Noddack (16), der für diese Versuche FeCl, 
als Oxydationsmittel benutzte, eine Abnahme der Silbermenge um 
Uu bis Jee durch Titrationen feststellen. An der Oberfläche des 
Korns sitzt also nur etwa !/,, bis "La der Gesamtmenge der ent- 
standenen Keime. 


Diese Schlußweise hat man bisher scheinbar nur auf unsensi- 
bilisierte. Platten angewandt. Wenn nun eine blaubelichtete un- 
sensibilisierte Platte und eine grünbelichtete für Grün sensibilisierte, 
vor dem Fixieren entwickelt, dieselbe Dichte ergeben, muß man 
annehmen, daß bei beiden Schichten an der Kornoberfläche, die für 
die chemische Entwicklung allein maßgebend ist, gleichviel Keime 
sitzen. Da nun aber gezeigt wurde, daß bei beiden Platten auch 
die Gesamtmenge des primär ausgeschiedenen Silbers der Größen- 
ordnung nach dieselbe ist, ergibt sich, daß auch bei grünbelichteten, 
für Grün sensibilisierten Platten die Hauptmenge des Silbers im 
Innern des Korns sitzt. 


Erinnert man sich, daß der Farbstoff erst nach Bildung der 
AgBr-Körner der Emulsion zugesetzt wird, so muß man andrer- 
seits erwarten, daß die sensibilisierenden Moleküle sich an der Ober- 
fläche der Körner befinden, und desgleichen die Keime. 


Man hat also folgenden überraschenden Befund: Im Innern 
des Korns entstehen Keime durch den Sensibilisator, der sich an 
der Oberfläche des Korns befindet. 

Dieses Resultat mußte sich nun auch durch rein photographische 
Versuche zeigen lassen. 


Zunächst wurde der oben für unsensibilisierte Platten geschilderte 
Versuch an der für Grün sensibilisierten Emulsion wiederholt. Eine 
grün belichtete Platte wurde in K,Cr,O, gebadet, bis sie vor dem 
Fixieren nicht mehr entwickelbar war. Eine ebenso behandelte 
Platte läßt sich nach dem Fixieren scheinbar ungeschwächt ent- 
wickeln. 

Einfacher noch ist folgender Versuch: Eine sensibilisierte Platte 
wird zur Hälfte blau, zur Hälfte grün belichte. Vor dem Fixieren 
entwickelt ergibt sich ein bestimmtes Verhältnis Blauschwärzung zu 
Grünschwärzung. Eine ebenso belichtete Platte, nach dem Fixieren 
entwickelt, zeigt dasselbe Verhältnis Blauschwärzung zu Grünschwär- 
zung. (Bei diesem Versuch ist es notwendig, die Verschiedenheit 


272 Leszynski. 


der Schwärzungskurven bei Entwicklung vor und bei Entwicklung 
nach dem Fixieren zu berücksichtigen.) | 

Auch aus diesen Versuchen ergibt sich dasselbe Resultat: daß 
bei blaubelichteten unsensibilisierten und bei grünbelichteten sensi- 
bilisierten Platten das Verhältnis der Zahl der Keime an der Ober- 
fläche zur Gesamtzahl der Keime dasselbe ist. 

Diese Versuche wurden mit dem gleichen Erfolg an Platten 
der reinen AgBr-Emulsion wiederholt, die nach dem Rezept von 
Eder nachträglich durch Baden in Erythrosinlösung sensibilisiert 
und unmittelbar nach dem Trocknen belichtet waren. Auch die 
Tatsache, daß mehr Ag-Atome durch Belichtung in Freiheit gesetzt 
werden, als die Zahl der gesamten Farbstoffmoleküle, konnte an 
diesen Badeplatten reproduziert werden. Titrationen ergaben hier 
ein Ansteigen der Masse des primär ausgeschiedenen Ag bis auf 
2,6. 10g Ag pro cm?, und durch Kolorimetrieren wurde die Ge- 
samtmenge des Erythrosins zu 2,2 - 108g Erythrosin pro cm? fest- 
gestellt, d. h. auf eine Farbstoffmolekel kommen (o Ag-Atome. 

Es soll versucht werden, den experimentellen Befund zu deuten, 
daß der sensibilisierende Farbstoff, der die Energie absorbiert, an der 
Oberfläche des Korns sitzt, daß aber die Mehrzahl der entstandenen 
Keime sich im Innern des Korns befindet. 

Wie bereits oben angeführt, entsteht ein Keim durch den Über- 
gang eines Elektrons von einem Br-Ion zu einem Aelon Wir 
können unseren Befund daher auch folgendermaßen formulieren: 
Ein Ag-Ion im Innern des Korns hat von einem Br-Ion ein Elektron 
erhalten, als Folge der Energieabsorption, die an der Oberfläche 
des Korns vor sich gegangen ist. 

Nun erhebt sich die Frage, ob das Elektron von einem Br.Ion 
aus der Nachbarschaft des Ag im Innern oder aus der Nachbar- 
schaft des Sensibilisators an der Oberfläche stammt. Wenn das 
Elektron von einem Br-Ion im Innern stammt, müßte man an- 
nehmen, daß die zur Ablösung nötige Energie vom Sensibilisator 
zu diesem Br-Ion im Innern in irgendeiner Form weitergegeben 
wurde. Da dieser Energietransport schwer vorstellbar ist, er- 
scheint vielleicht die Annahme eines Elektronentransportes 
wahrscheinlicher. Man muß sich vorstellen, daß der Sensibilisator 
von einem Br-Ion an der Oberfläche des Korns ein Elektron ab- 
trennt, und daß dieses Elektron nicht bei einem benachbarten 
Ag-Ion bleiben muß, sondern zu einem Ag-Ion im Innern weiter- 
gehen kann, 


Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. 273 


Die Tatsache, daß auf eine Sensibilisatormolekel 20 frei- 
gewordene Ag-Atome kommen, ordnet sich in diese Anschauungs- 
weise bei Annahme der Beweglichkeit von Adsorptionsschichten 
gut ein. 

Es wäre infolge der gefundenen Tiefenwirkung vielleicht mög- 
lich gewesen, dieses Verhältnis zu deuten, ohne die von Volmer 
entdeckte Beweglichkeit in den Adsorptionsschichten heranzuziehen. 


Zusammenfassung. 


I. Die Blau-, Grün- und Rotempfindlichkeit einer unsensibili- 
sierten, einer für grünes Licht und einer für rotes Licht sensibilisierten 
Emulsion wird in absolutem Maß ermittelt. 


2. Die Masse des primär ausgeschiedenen Silbers einer mit 
Erythrosin sensibilisierten grün belichteten Emulsion wird titriert 
und mit der Zahl der aufgesandten Quanten in Beziehung gesetzt. 


3. Aus diesen zwei Versuchen ergibt sich: Das primär aus- 
geschiedene Silber besitzt bei Blau- und Grünbelichtung die gleiche 
Verteilung zwischen der Oberfläche und dem Innern des Korns. 

Dieser Befund kann durch von den angegebenen Versuchen 
unabhängige, photographische Versuche bestätigt werden. 


4. Aus den unter 2 angegebenen Versuchen folgt, daß die 
Zahl der durch Grünbelichtung entstandenen, durch Titration be- 
stimmten Ag-Atome um ein Vielfaches (bei Erythrosin mindestens 
20 mal) größer ist, als die Zahl der insgesamt vorhandenen Farbstoff- 
molekeln, die die Sensibilisation bewirken, und die von der Her- 
stellung der Platten her bekannt sind. 


5. Nach diesen Versuchen ergibt sich für die Sensibilisation 
mit Erythrosin folgende Deutung: 

Der Farbstoff ist an der Oberfläche des AgBr-Korns adsorbiert, 
besorgt den primären Lichtabsorptionsvorgang, wodurch ‚bewirkt 
wird, daß ein Elektron von einem Br-Ion zu einem Ag-Ion übergeht. 

Zur Erklärung der Anwesenheit von Keimen im Innern des 
Korns (Punkt 4) muß man annehmen, daß ein losgelöstes Elektron 
imstande ist, bis zu einem räumlich entfernt liegenden Ag-Ion 
weiterzugehen. 


274 Leszynski. Studien über die Sensibilisation photographischer Platten. 


Literatur. 


1) Ursprünglich hatte Vogel die Farbstoffe zugesetzt, um die Lichthofbildung 
zu vermeiden. Ber. d. Deutsch. Chem. Ges. VI, 


2) Im Verlauf dieser Arbeit wird der Zusatz „optisch“ unterlassen werden, da 
es sich hier stets um spektrale Sensibilisation, nicht aber um eine der zahlreichen 
anderen Möglichkeiten handelt, photographische Schichten lichtempfindlicher zu 
machen. 

3) Vgl. Vogel-König, Photochemie 1906. 318. 

4) Inaugural-Diss. Freiburg i. B. 1904. 

5) Sitz.-Ber. d. Akad. Wien 90. 1907. 


6) Sheppard u. Mees, Untersuchungen über die Theorie photogr. Pro- 
zesse. Halle 1912. 301. 


7) Eine gewisse Modifikation dieser Vorstellung geht bereits auf Vogel zurück, 
welcher die Wirkung der Sensibilisatoren mit dem Phänomen der Fluoreszenz in 
Zusammenhang brachte. Eder widerlegte diese Ansicht mit der Auffindung sensi- 
bilisierender Farbstoffe, die nicht fluoreszieren. Später ist die Vogelsche Vorstellung 
von Chr. Winther aufgegriffen worden, und durch eine Reihe analoger Reaktionen 
gestützt worden. Luther und Röderer haben neuerdings, allerdings nur in einem 
Falle, gezeigt, daß die Vogel-Winthersche Auffassung nicht haltbar ist. Gegen 
die Vorstellung, daß die Sensibilisation durch Stöße zweiter Art verursacht wird, 
bietet das Versagen der Fluoreszenzhypothese keinen Einwand, Vgl. die Diskussion 
über den Vortrag von Eggert, Bunsengesellschaft 1926, Zeitschr. f. Elektro- 
chemie 32. 499. 1926. 


8) Allerdings machen Kiesers Ergebnisse (4) die Photolyse einer Farbstoff- 
silberverbindung unwahrscheinlich. Er untersucht die Verschiebung der Sensibilisa- 
tionsbanden gegen das Absorptionsspektrum des Farbstoffs. Er findet, daß die Banden 
sich in einzelnen Fällen mit dem Spektrum des festen Farbstoffs decken, in einzelnen 
Fällen mit dem Spektrum des Farbstofisilbersalzes. Da man bestrebt sein muß, eine 
einheitliche Erklärung zu finden, liegt es nahe, zu schließen, daß die Sensibilisation 
durch einfache Adsorption einmal der Farbstoffmolekel, einmal der primär gebildeten 
Farbstoffsilbermolekel zustande kommt, 


9) Zeitschr. f. Phys. 20. 299. 1923. 
10) In diesem Sinne wurde die photographische Empfindlichkeit sehr genau von 


Leimbach gemessen, der allerdings nicht Platten ein und derselben Emulsion un- 
sensibilisiert und sensibilisiert untersucht hat. Zeitschr. f. wiss. Phot. VII. 157. 1907. 


11) Aus der Tabelle lassen sich die aktiven Absorptionen berechnen, wie dies 
in der Darstellung von Eggert geschehen ist. Bunsengesellschaft 1926. Zeitschr. f. 
Elektrochemie 32. 499. 1926. 


12) Volmer u. Estermann, Zeitschr. f. Phys. 7. 13. 1921; Volmer u. 
Adhikari, Zeitschr. f. Phys. 35. 170. 1926. 

13) Frankenburger, Zeitschr. f. phys. Chemie 105. 273. 1923. 

14) Dies wird der Größenordnung nach sicher zutreffen, wenn auch naturgemäß 
der Reifungszustand im photographischen Gebiet von größerem Einfluß sein wird als 
im titrierten Gebiet, in dem die eingestrahlte Energie etwa ıo°mal größer ist. Im 


Leszynski. Studien über den Herscheleflekt. 275 


ütrierten Gebiet wird nämlich die Menge des Reifsilbers gegen die Menge des 
bereits durch Licht entstandenen Silbers nicht mehr ins Gewicht fallen. 

15) Dies Experiment und seine Deutung ist unseres Wissens zuerst von Kogel- 
mann angegeben („Die Isolierung der Substanz des latenten photogr. Bildes.“ 
Graz 1894). 

16) Nach privater Mitteilung. 


Studien über den Herscheleffekt. 
Von 
Werner Leszynski. 


Mit 3 Figuren im Text, 


Belichtet man eine photographische Platte so lange mit schwär- 
zendem Licht, bis sie nach Entwicklung eine mittlere Schwärzung 
etwa D = I) zeigen würde, und bestrahlt man diese belichtete Platte 
mit ultrarotem Licht, so zeigt sie nunmehr nach der Entwicklung 
eine geringere Schwärzung. Dieser sogenannte Herscheleffekt ist bei 
einzelnen Emulsionen bereits im kurzwelligen Rot zu beobachten. 
Um die in der vorstehenden Arbeit begonnenen Versuche über die 
photographische Sensibilisation auf rotsensibilisierte Platten aus- 
dehnen zu können, mußte daher festgestellt werden, wieweit bei 
diesen Versuchen der Herscheleffekt zu berücksichtigen ist. Infolge 
des Umfanges dieser Untersuchungen wurde die Arbeit über rot- 
sensibilisierte Platten zunächst zurückgestellt. 


Historische Einleitung. 


In den im Jahre 1839 von John Herschel(t) begonnenen 
Versuchen wurde festgestellt, daß eine durch Belichtung entwickel- 
bar gewordene Daguerreotypie durch Bestrahlung mit gelbem, rotem 
oder ultrarotem Licht ihre Entwickelbarkeit wieder verliert. 

Diese Tatsache stand in den Jahren 1841—1847 bei der 
Diskussion der Becquerelschen Theorie von den „rayons excitateurs“ 
und den „rayons continuateurs“ im Mittelpunkt des Interesses. (2) 

1879 veröffentlichte Abney (3) Versuche mit dem nassen Brom- 
und Jodsilber-Kollodiumverfahren. Er setzt vorbelichtete Platten 


276 Leszynski. 


in K,CrO,, K,Cr,0,, HNO, oder H,O,-Lösungen dem Spektrum 
aus und findet Aufhellung im langwelligen Ende des Spektrums. 
Er nimmt eine Oxydation im ganzen Spektrum an, die aber nur 
im Langwelligen so stark ist, daß sie über gleichzeitige Schwärzung, 
die im Langwelligen schwach ist, überwiegt. Auch ohne Anwendung 
der oxydierenden Lösungen findet Abney Aufhellung, die er den 
stets in der Umgebung anwesenden Oxydationsmitteln zuschreibt. 

1902 bestreitet Lüppo-Cramer(4) das Vorhandensein des 
Effektes an gewöhnlichen Trockenplatten. Bis 1909 wird in Deutsch- 
land über das Vorhandensein des Effektes gestritten, bis Schaum 
1909 darauf aufmerksam macht, daß Millochau (5) in Frankreich 
das ultrarote Sonnenspektrum schon 1906 nach dieser Methode 
aufgenommen hat. Millochau nahm an, daß die Vorbelichtung 
auch in die Tiefe der Platte eindringt, während Ultrarot-Nachbelich- 
tung nur an der Oberfläche wirksam ist. Er färbt deshalb die 
Platte mit Farbstoffen an, die den schwärzenden Teil des Spektrums 
absorbieren, Ultrarot dagegen durchlassen, Er empfiehlt besonders 
Malachitgrün. Er erhält Aufnahmen bis zur Grenze der Durch- 
lässigkeit seiner Apparatur jenseits 800 mu. 

1910 erscheint die Dissertation von Volmer. Er findet Auf- 
hellung ohne Verwendung von Farbstoff. Er stellt fest, daß die 
Platten ihre Empfindlichkeit gegen schwärzendes Licht nach der Auf- 
hellung wiedererlangt haben, und daß solarisierte Stellen der Platte 
durch die Ultrarot-Belichtung neu geschwärzt werden. In Arbeiten 
von Volmer und Schaum (1914) und von Schaum und Langer- 
hanns (1924) werden die Beziehungen des Herscheleffekts zu anderen 
photographischen Aufhellungseffekten untersucht. (6) 

1923 veröffentlicht Terenin (7) Aufnahmen, die er nach dem 
Verfahren von Millochau gemacht hat. Er wendet die Farbstoffe 
in solcher Verdünnung an (er badet 3 Min. in Lösungen 1:25000), 
daß von einer Schirmwirkung im Sinne Millochaus keine Rede 
sein kann. Er empfiehlt als Farbstoff besonders Jodgrün. Die 
langwellige Grenze des Bereiches, in dem der Effekt auftritt, ist 
vom Farbstoffbad nicht beeinflußt, die kurzwellige verschiebt sich 
durch das Bad weiter ins Kurzwellige. Beide Grenzen sind von 
der Emulsion bedingt. 

1924 erscheinen die Versuche von Arens.(8) Er findet die 
Aufhellung abhängig von der KBr-Konzentration. Er extrapoliert 
auf den Wert o der Br-Ionenkonzentration und findet hier keine 
Aufhellung. Da nach Lüppo-Cramer ein Bad in NaNO, vor der 


Studien über den Herscheleflekt. 277 


Ultrarotbelichtung ohne Einfluß auf den Effekt ist, und da in diesem 
Fall das bei der Primärbelichtung abgespaltene Br sich in Ionen- 
form befinden soll, nimmt Arens als Grundlage des Herscheleffekts 
eine Oxydation des Keimsilbers unter Mitwirkung der Br-Ionen an, 
eine Gleichgewichtsreaktion, die dann durch den Br-Ionengehalt 
bestimmt ist. Arens badet Gelatineplatten, in denen sich nur 
dispers verteiltes Ag befindet, in KBr und belichtet sie ultrarot; 
da er an diesen Platten durch physikalische Entwicklung keinen 
Effekt nachweisen kann, glaubt er die Reaktion an die Anwesen- 
heit von unzersetztem AgBr gebunden. Arens benutzt Filter, die 
von etwa 700 mu an Rot und Ultrarot durchlassen. 


Vorversuche. 


Die zu schildernden Versuche knüpfen an die von Arens an. 
Zunächst wurde wie von Arens ein Filter benutzt, das von etwa 
700 mu an Rot und Ultrarot durchließ. Bei den untersuchten 
Emulsionen konnte ein meßbarer Effekt überhaupt nur an Platten 
festgestellt werden, die in KBr gebadet waren. Dies steht in Über- 
einstimmung mit dem Befund von Arens Ohne KBr-Bad war 
der Effekt äußerst schwach und überhaupt nur zu bemerken, wenn 
— bei gleichem z - 2 (Intensität x Belichtungszeit, also bei der gleichen 
aufgesandten Gesamtenergie) — schwache Intensitäten angewandt 
wurden. Bei starken Intensitäten zeigte sich dagegen Zunahme 
der Schwärzung. Ebenso wurde in Übereinstimmung mit Arens 
an unvorbelichteten Platten durch das gekennzeichnete Filter 
Schwärzung erhalten. 

Hieraus ergibt sich, daß bei den geschilderten Versuchen nur 
ein Teil der Aufhellung gemessen wurde. Die gemessene Auf- 
hellung ist gleich der Gesamt-Aufhellung minus der gleichzeitig 
erzeugten neuen Schwärzung. Diese Schwärzung gehorcht dem 
Schwarzschildschen Gesetz, d. h. bei gleichem z-z erhält man 
bei stärkerer Intensität eine größere Schwärzung als bei schwächerer 
Intensität. Wenn nun angenommen wird, daß für den Herschel- 
effekt kein Gesetz besteht, das dem Schwarzschildschen Gesetz 
analog ist, mit anderen Worten: wenn angenommen wird, daß die 
Stärke der Aufhellung — für gleiche 7-2 — unabhängig von der 
Größe der angewandten Intensität ist, so wird es verständlich, daß 
der gemessene Teil der Aufhellung bei schwacher Intensität — 
immer für gleiches 2-2 — stärker ist; denn es wurde Gesamt- 
Aufhellung minus Schwärzung gemessen, und da diese Schwärzung 

Zeitschr. f. wiss. Phot, 24. 20 ; 


278 Leszynski. 


dem Schwarzschildschen Gesetz gehorcht, ist der abzuziehende 
Betrag bei schwacher Intensität kleiner. 

Um für die weiteren Versuche einfachere Verhältnisse zu 
schaffen, wurde ein Filter und eine Emulsion gesucht, bei deren 
Verwendung an unvorbelichteten Platten keine entwickelbare Schwär- 
zung erhalten wurde. In diesem Falle konnte also gemessene und 
Gesamt-Aufhellung gleichgesetzt werden. Als Filter erwies sich 
am geeignetsten eine Kombination des Agfa-Rotfilters Nr. 102 und 
einer einfachen Schicht des Agfa-Grünfilters Nr. 103. Diese Kom- 
bination läßt die rote Na-Linie 766 mp nicht durch, dagegen ist 
die Sonnenscheibe schwach sichtbar, so daß die kurzwellige Grenze 
der Durchlässigkeit zwischen 766 und 800 mu liegt. Durch dieses 
Filter entsteht auf einer Agfa-Reproduktionsplatte nach einer Be- 
lichtung mit 3 - 10° optischen sec-m-Kerzen noch keine entwickel- 
bare Schwärzung. 

Über die absoluten Energieverhältnisse, d. h. über die Zahl der 
von der Platte absorbierten Quanten kann nichts ausgesagt werden, 
da mit den zur Verfügung stehenden Mitteln die ultrarote Grenze 
einerseits der Durchlässigkeit des benutzten Filters, andererseits der 
Empfindlichkeit der Platte nicht bestimmt werden konnte. 

Die Aufhellungsschwelle, d. h. die erste meßbare Aufhellung erhält 
man bei Agfa-Reproduktion bei einer Bestrahlung mit 2,5 - 10% opt. sec- 
m-K. Bei Agfa-Tiefdruck liegt die Aufhellungsschwelle bei e, 10° sec- 
m-K., doch erhält man bei eg, 10° sec-m-K. bei dieser Emulsion schon 
eine Schwärzung an unvorbelichteten Platten. Da diese Schwärzung 
bei anderen untersuchten Emulsionen (9) bereits gleichzeitig mit der 
Aufhellungsschwelle vorhanden ist, erwies sich Agfa-Reproduktion als 
die geeignetste Emulsion für die weiteren Versuche. (17) 

Die kurzwellige Grenze des Effekts für Agfa-Reproduktion wurde 
mit Hilfe des von Pfund (10) gemessenen Absorptionsspektrums des 
Neodyms bei etwa 730 mu bestimmt. Bei den anderen untersuchten 
Emulsionen liegt sie weiter im Langwelligen. 

Mit diesem Material zeigte sich — bei gleichem e — Un- 
abhängigkeit von der Intensität der Ultrarotbelichtung bei Varia- 
tionen der Intensität im Verhältnis 1:75. Dies spricht für die an- 
gegebene Erklärung der Abhängigkeit von der Intensität bei Ver- 
wendung von Filtern, die gleichzeitig noch schwärzendes Licht durch- 
lassen. Hieraus ergibt sich also, daß — bei Variationen der Inten- 
sität im Verhältnis 1:75 — für den Herscheleffekt kein dem Schwarz- 
schildgesetz analoges Gesetz besteht. 


Studien über den Herscheleffekt. 279 


Weiter ergibt sich mit dem gekennzeichneten Material Unab- 
hängigkeit von der Br-Ionenkonzentration. Die Argumente für die 
Arenssche Annahme fallen also fort. Der Befund von Arens ist 
ungezwungen so zu erklären, daß die Br-Ionen die Schwärzung 
herabsetzen. (11) 

Analog dem Einfluß der Br-Ionen ist auch der Einfluß der von 
Millochau und Terenin benutzten Farbstoffe zu deuten. Eine 
angenommene Sensibilisation des Herscheleffekts analog der be- 
kannten Sensibilisation für die schwärzende Komponente, kommt 
nicht in Frage, da die von Millochau verwandten Farbstoffe unter 
dem Gesichtspunkt ausgesucht sind, daß sie gerade den in Frage 
kommenden Teil des Spektrums nicht absorbieren. Auch der von 
Terenin empfohlene Farbstoff Jodgrün absorbiert Grün und das 
kurzwellige Rot; er läßt dagegen das langwellige Rot durch. Die 
einfachste Erklärung ist also, daß die Farbstoffe schwärzungshemmend 
(desensibilisierend) wirken. In der Tat zeigten mit Jodgrün gebadete 
Platten bei dem gekennzeichneten Material keine Verstärkung des 
Effekts. 

Da Lüppo-Cramer in Versuchen, die auch für die hier be- 
nutzte Emulsion bestätigt werden konnten, gezeigt hatte, daß in 
NaNO, gebadete Platten auch den Herscheleffekt ergeben, glaubte 
Arens, die Oxydationshypothese zur Erklärung des Effekts nur 
dadurch aufrecht erhalten zu können, daß er den Br-Ionen eine die 
Oxydation bedingende Rolle zuwies. 

Da die Argumente für diese Hypothese oben widerlegt sind, 
wird die Annahme einer Oxydation außerordentlich unwahrscheinlich. 


Zusammenfassend kann also gesagt werden, daß die Ergebnisse 
der bisher geschilderten Versuche es notwendig erscheinen ließen, 
zur Erklärung des Herscheleffekts neues experimentelles Material 
zu schaffen. 


Experimenteller Teil. 


I. Figg. ı und 2 zeigen die Abhängigkeit der Stärke der Auf- 
hellung von der Zeit der Ultrarotbelichtung. An der Abszisse o 
sind die Schwärzungen durch Vorbelichtung in der üblichen Weise 
eingetragen. Die Zeit der Nachbelichtung ist in Fig. ı logarithmisch, 
in Fig. 2 arithmetisch eingetragen. 

Aus den Figuren ergibt sich, daß die Aufhellungsfähigkeit, 
also die Empfindlichkeit der Platte für Ultrarot, mit der Zeit der 
Belichtung abnimmt. 


20* 


280 
Mit anderen Worten: Eine bestimmte Schwärzung, die nur 
durch Vorbelichtung entstanden ist, läßt sich wesentlich leichter auf- 


2 


Schwärzung (D=log 
E 
Ka 


Am) 
La 


j BB 3 


1 2 4 8 1 
Relative Zeit der UltrarotBelichtung 
Fig. ı. 


hellen, als dieselbe Schwärzung, die durch Aufhellung einer stärkeren 


Vorbelichtung erhalten wurde. 


Schwärzung GË sel 


d 12 4 8 16 
Relative Zeit der Ultrarot-Belichtung 


Fig. 2. 


Schwache Schwärzungen lassen sich vollständig aufhellen. Starke 
Schwärzungen lassen sich praktisch nicht soweit aufhellen, da für 
die letzten Reste eine im Vergleich zur Haltbarkeit der Platten 


zu lange Zeit hierzu nötig wird. 


Studien über den Herschelefekt. 281 


2. Da sich eben gezeigt hat, daß für die Empfindlichkeit eines 
latenten Bildes gegen Aufhellung die Vorgeschichte dieses latenten 
Bildes entscheidend ist, mußte untersucht werden, ob die Emp- 
findlichkeit einer Platte mit einem definierten latenten Bilde gegen 
weiter schwärzendes Licht von der Vorgeschichte dieses latenten 
Bildes abhängig ist. 

Dies ist nicht der Fall. Neue Schwärzung addiert sich zu 
gleichen Schwärzungen in der gleichen Weise, unabhängig davon, 
ob diese nur durch Vorbelichtung oder durch Vorbelichtung 
und nachfolgende Aufhellung entstanden sind. Eine zo mal ab- 
wechselnd bis etwa zur Dichte ı geschwärzte und wieder auf- 
gchel te Platte zeigte eine unveränderte Empfindlichkeit gegen 
schwärzendes Licht. 

Diese letztgenannten Versuche wurden außer mit dem end- 
gültig benutzten Material schon angestellt, ehe mit den Filtern ge- 
arbeitet wurde, die keine Schwärzung mehr zuließen. Dabei wurde 
eine Abnahme der Empfindlichkeit festgestellt. Der einzige Unter- 
schied der beiden Versuchsreihen liegt darin, daß im letztgenannten 
Fall kurzwelliges rotes Licht vorhanden war, das — gleichzeitig 
mit der Aufhellung durch langwelliges rotes Licht — schwärzend 
wirkte. Es wurde untersucht, ob Schwärzung durch kurzwelliges 
Rot allein auch die Empfindlichkeit für schwärzendes Licht herab- 
setzt. Dies ist der Fall: Eine mit rotem Licht bis zu einer be- 
stimmten Schwärzung vorbelichtete Platte ist gegen weitere Schwär- 
zung wesentlich unempfindlicher geworden, als eine solche, bei der 
dieselbe Schwärzung mit blauem Licht erzielt wurde. Nun liegt 
die Empfindlichkeit der benutzten Platten gegen Rot und Blau um 
etwa 5 Zehnerpotenzen auseinander. Es wurde also untersucht, ob 
durch blaues Licht verschiedener Intensität bis zur selben Schwär- 
zung vorbelichtete Platten verschiedene Empfindlichkeit gegen 
weiter schwärzendes Licht zeigen. In der Tat zeigte es sich, 
daß Platten, die in 16 Stunden bis zu einer bestimmten 
Schwärzung vorbelichtet waren, wesentlich unempfind- 
lichergegen schwärzende Nachbelichtung sind als solche, 
die in etwa I Sek. bis zur selben Schwärzung vorbelichtet 
waren. 

3. Die enge Verknüpfung des Herscheleffekts mit dem Schwarz- 
schildeffekt, den die eben geschilderten Versuche zeigen, und damit 
die Bedeutung des Herscheleffekts für das Problem des latenten 
Bildes, wird durch den folgenden Befund besonders deutlich: Es 


282 Leszynski. 


ergab sich, daß die Stärke der Aufhellung von der Inten- 
sität der Vorbelichtung abhängig ist. 


Belichtet man eine Platte mit so schwachem blauen 
Licht, daß man eine mittlere Schwärzung erst nach meh- 
reren Stunden erreicht, so läßt sich diese Schwärzung 
überhaupt nicht aufhellen. 

Diese Versuche ergeben, wie notwendig es war, mit Filtern 
zu arbeiten, die keine Schwärzung mehr zuließen, da die Intensität 
des gleichzeitig schwärzenden Lichts von solcher Größenordnung ist, 
daß eine wenig oder praktisch gar nicht aufhellbare Schwärzung 
entstehen mußte. 

4. Solange der Größenordnung nach gleiche Intensitäten ver- 
wandt wurden, zeigte sich die Stärke der Aufhellung unabhängig 
von der Wellenlänge der Vorbelichtung. 


5. Daß der Herscheleffekt unmittelbar mit dem latenten Bild 
zusammenhängt und nicht auf einen Entwicklungseffekt zurück- 
zuführen ist, wird dadurch klar, daß man die Aufhellung auch beim 
Entwickeln nach dem Fixieren erhält. 


6. Ein Einfluß der Gelatine wird dadurch unwahrscheinlich, daß 
die fast bindemittelfreien Schumannplatten den Effekt ebenfalls 
zeigen. 

7. Eine zuerst ultrarot belichtete Platte zeigt gegen schwärzende 
Nachbelichtung eine allerdings schwache Verminderung der Emp- 
findlichkeit. Dies läßt auf eine Verminderung des Reifsilbers 
schließen und spricht dafür, daß das Reifsilber sich in einem den 
Silberkeimen, die durch Belichtung entstehen, ähnlichen Zustand 
befindet. 


8. Volmer hat festgestellt, daß solarisierte Platten durch ultra- 
rotes Licht neu geschwärzt werden. Fig. 3 gibt den Verlauf dieses 
Effekts. 

Die ausgezogene Linie zeigt die Schwärzungskurve vor die ge- 
strichelte nach der Ultrarotbelichtung. Das ursprüngliche Maximum 
ist nicht verändert, nur nach dem Gebiet längerer Vorbelichtung 
hin verbreitert. Da Agfa-Reproduktion keine ausgeprägte Solarisation 
zeigt, mußte für diese Versuche eine andere Platte gewählt werden. 
Am geeignetsten war Agfa-Chromo-Isolar. Doch da bei dieser 
Platte durch die Anwesenheit von Farbstoffen die Verhältnisse be- 
sonders kompliziert sind, wurde Wert auf die Feststellung gelegt, 
daß das Verhalten von Agfa-Tiefdruck qualitativ dasselbe ist. (17) 


Studien über den Herscheleffekt. 283 


9. Die direkte Schwärzung, die etwa gleichzeitig mit der So- 
larısation auftritt, konnte auch durch intensive Belichtung (bis zu 
10° opt. sec-m-K.) nicht aufgehellt werden, trotzdem so belichtete 
Platten entwickelt bereits eine starke neue Schwärzung des solari- 
sierten Bildes geben.(12) 

Bei Agfa-Tiefdruck wird durch Ultrarotbelichtung einer direkten 
Schwärzung diese Schwärzung verstärkt. Der Effekt ist allerdings 
nur schwach. (An ungeschwärzten Stellen kann durch diese Ultra- 
rotbelichtung keine direkte Schwärzung erzeugt werden.) Dieser 
Effekt war nur an Agfa-Tiefdruck zu beobachten, obwohl diese 


Schwärzung 


Schwärzungskurve vor der 
Ultrarot-Belichtung 


Loea ===- Schwärzungskurve nach der 
Ultrarot-Belichtung 


0 1 2 4 8 %  32Relaħve Zet der Vorbehchtung 


Fig. 3. 


Platte bei Entwicklung, wie die anderen Platten, eine Vermehrung 
der Schwärzung solarisierter Stellen durch Ultrarotbelichtung zeigt. 

10. Durch «-Strahlen und durch H,O, erzeugte Schwärzungen 
lassen sich aufhellen. 


Deutung der Versuche. 


Die vorliegenden Untersuchungen haben einen so engen Zu- 
sammenhang des sogenannten Herscheleffekts mit den anderen 
Problemen des latenten Bildes ergeben, daß man eine restlose 
Erklärung erst dann erwarten kann, wenn man eingehendere Kennt- 
nisse von der Struktur des latenten Bildes hat. 


284 Leszynski. 


Die Oxydationshypothese hat sich als schwer haltbar erwiesen. 
Durch die Tatsache, daß NaNO, den Effekt nicht schwächt, scheint 
das Br-Atom als Oxydationsmittel auszuschalten (allerdings ist die 
Rolle des NaNO, in der Photographie noch nicht ganz klargestellt, 
so daß dieser Schluß nicht unbedingt zwingend ist, Durch das 
Vorhandensein des Effekts an Schumannplatten schaltet wohl auch 
ein Bestandteil des Bindemittels als Oxydationsmittel aus. Hierzu 
kommt, daß die Verhältnisse an solarisierten Platten sich durch 
Oxydation nicht ungezwungen erklären lassen. 

Es soll im folgenden eine neue Arbeitshypothese gesucht 
werden, 

Die erste Frage, die gestellt werden soll, ist die, durch welchen 
Körper das Quant absorbiert wird. Terenin fand, daß die kurz- 
wellige Grenze des Wellenlängenbereiches, in dem der Effekt auf- 
tritt, sich gleichzeitig mit der Verstärkung des Effekts durch Farb- 
stoff nach dem Kurzwelligen hin verschiebt. Wenn wir, wie wir 
oben ausführten, die Verstärkung des Effekts durch Farbstoff als 
eine Ausschaltung der schwärzenden Komponente des Lichts an- 
sehen, muß man annehmen, daß bei Platten, die nicht im Farbstoff 
gebadet sind, in der Gegend der kurzwelligen Grenze ein und die- 
selbe Wellenlänge schwärzen und aufhellen kann. An Stellen im 
Grenzgebiet, an denen ohne Farbstoffbad der schwärzende Teil 
überwiegt, bleibt, wenn dieser durch das Farbstoffbad fortfällt, nur 
die aufhellende Komponente übrig. Diese verschiedene Wirksam- 
keit ein und derselben Wellenlänge wird durch die Annahme ver- 
schiedener absorbierender Körper erklärt. Wird ein Quant vom 
AgBr absorbiert, so kann ein neuer Keim entstehen. Tritt Auf- 
hellung ein, so muß als Adsorbens entweder freies Ag gewirkt 
haben, oder eine Adsorptionsverbindung, zwischen Ag und AgBr, 
ähnlich der Adsorptionsverbindung, die Eggert und Noddack (13) 
bei der Valentaemulsion angenommen haben. Die Entscheidung 
zwischen diesen beiden Möglichkeiten bleibt zunächst offen. 

Um weiter zu kommen, muß das Augenmerk auf den engen 
Zusammenhang zwischen Solarisation und Herscheleffekt gerichtet 
werden, den die Versuche ergeben haben. Während der Zusammen- 
hang zwischen Herscheleffekt und Schwarzschildeffekt nicht weiter 
führen konnte, da der Schwarzschildeffekt selbst noch nicht geklärt 
ist, liegen hier die Verhältnisse anders. Die Solarisation ist von 
Noddack und Scheffers(14) einerseits und von Arens(I5) un- 
abhängig davon andererseits als eine Keimänderung erklärt worden 


e egen ep o a zen me 


Studien über den Herschelefekt. 285 


in dem Sinne, daß bei fortgesetzter Belichtung durch Zusammen- 
treten der Keime eine Verminderung der aktiven Oberfläche 
eintritt. 

Hiermit muß die Tatsache in Einklang gebracht werden, daß 
sich Schwärzungen des aufsteigenden Astes der normalen Schwärzungs- 
kurve durch Ultrarotbelichtung aufhellen, Schwärzungen des ab- 
steigenden Astes neu schwärzen lassen. Dies gelingt 'auf folgende 
Weise: Man muß annehmen, daß auch im aufsteigenden Teil der 
Schwärzungskurve ein Zusammentreten der Keime stattfindet, dies 
aber zunächst schwärzungsfördernd wirkt, erst von einem bestimmten 
Punkt, nämlich vom Beginn der Solarisation, an schwärzungs- 
hemmend. Diese Annahme scheint plausibel, da man sich vorstellen 
kann, daß die Keime erst eine bestimmte Größe erreicht haben 
müssen, ehe sie als Entwicklungszentren wirken können. Erst 
wenn die Keime, die diese Größe bereits erreicht haben, weiter 
zusammentreten, fällt die Verminderung der aktiven Oberfläche ins 
Gewicht. 

Bei der gemachten Voraussetzung stößt man auf keinen Wider- 
spruch, wenn man sich den Herscheleffekt als einen Dispersions- 
vorgang vorstellt, der dem Zusammentreten der Keime entgegen- 
wirkt. Im aufsteigenden Ast der Schwärzungskurve, wo das Zu- 
sammentreten schwärzungsfördernd wirkt, wird man durch Ultrarot- 
bestrahlung eine Aufhellung, im absteigenden Ast, wo das Zusammen- 
treten aufhellend wirkt, eine Schwärzung erzielen. 

Experimentell wird diese Vorstellung durch Versuche von 
Arens gestützt. Bei Untersuchungen über die Solarisation und 
den Villardeffekt zeigte er, daß von K,Cr,O, um so mehr Ag gelöst 
wird, je disperser das Ag verteilt ist. Sei S, die Schwärzung einer 
unbehandelten Platte, S die Schwärzung einer nach gleicher Be- 
lichtung in K,Cr,O,-Lösung gebadeten Platte, so nimmt S,:.S; vom 
aufsteigenden Teil der Schwärzungskurve zum solarisierten Teil hin 
dauernd ab. In analoger Weise findet Arens beim Villardeffekt, 
daß da, wo man disperseres Ag annimmt, K,Cr,O, auch wirksamer 
ist. Bei der Untersuchung des Herscheleffekts verfolgt Arens 
wieder S, : Se von Zeiten kürzerer zu Zeiten längerer Ultrarot- 
belichtung. Er stellt fest, daß S,:S, nicht abnimmt und schließt 
daraus, daß bestimmt keine Keimvergrößerung stattfindet. Aus den 
von Arens veröffentlichten Zahlen, die bestätigt werden konnten, 
geht aber hervor, das S, : S, sogar zunimmt. Dies spricht natürlich 
für eine Keimverkleinerung. 


286 Leszynskt. 


Wie hat man sich nun den Mechanismus des Dispersions- 
vorganges vorzustellen’ Da es sich hier um eine Dispersion von 
Ag-Teilchen handelt, die innerhalb eines AgBr-Gitters verstreut sind, 
kann man die Dispersion auf einen Elektronentransport zurück- 
führen. Neutrale Ag-Atome an der Oberfläche eines größeren 
Ag-Teilchens gehen in Ionenform über, indem sie ihr Elektron 
abgeben, daß ein vom ursprünglichen Komplex entfernt liegendes 
Ion zum neutralen Atom macht. 


Aus dem Gedankengang geht hervor, daß die Änderungen der 
Keimgröße, die der Solarisation zugrunde liegen, von anderer 
Größenordnung sind als die dem Herscheleffekt zugrunde liegenden. 
Als Solarisation wird lediglich die Vergrößerung von Keimen be- 
obachtet, die bereits eine bestimmte Größe erreicht haben, während 
für den Herscheleffekt auch die Dispersion kleinerer Teile eine 
Rolle spielt. Bei der Erklärung der Solarisation kommt man daher 
mit dem Begriff Keimvergrößerung aus, während man sich für 
die Erklärung aller den Herscheleffekt berührenden Punkte von 
dem Mechanismus der zugrunde liegenden Keimverkleinerung 
eine nähere Vorstellung machen muß. Dies kann erst dann ge- 
lingen, wenn man mehr über die verwandten Probleme des latenten 
Bildes weiß, da jede ad hoc ohne Berücksichtigung der benachbarten 
Gebiete aufgestellte Hypothese in der Luft schweben würde. 


Es soll nunmehr untersucht werden, wie sich das experimentelle 
Material in die Hypothese einordnen läßt. 


Die Form der Aufhellungskurve zeigt, daß es mehr und weniger 
für die Dispersion geeignete Keime gibt. Die Zahl der für Ultrarot 
empfindlichen Keime nimmt während der Ultrarotbelichtung ab 
und so wird die Aufhellungsgeschwindigkeit mit der Belichtungs- 
dauer kleiner. Dies wird leicht verständlich, denn man muß an- 
nehmen, daß das Zusammentreten der Keime während der Belich- 
tung nicht immer gleichmäßig erfolgt, sondern von der relativen 
Lage der freigewordenen Atome abhängig ist. 


Wenn wir die an Hand der Befunde an solarisierten Platten 
aufgestellte Dispersionshypothese auf die Tatsache anwenden, daß 
mit schwacher Intensität erreichte Schwärzungen nicht aufhellbar 
sind, kommen wir zu dem Schluß, daß bei Belichtungen mit 
schwacher Intensität Keime entstehen, die nicht dispergiert werden 
können. Dies können zunächst besonders widerstandsfähige große 
Keime sein, oder aber es sind bereits dispers verteilte Keime. Diese 


Studien über den Herschelefjekt. 287 


Schlußweise kann für die Erklärung des Schwarzschildeflfekts von 
Bedeutung sein. 


Einige Schwierigkeit macht zunächst die Tatsache, daß die 
direkte Schwärzung nicht aufgehellt wird, während Noddack 
und Scheffers gezeigt haben, daß die direkte Schwärzung gerade 
durch die der Solarisation zugrunde liegende Keimvergrößerung 
bedingt ist. Hier muß man sich vorstellen, daß bei der Solarisa- 
tion eine Anzahl mehr oder weniger gleich großer Teile zu- 
sammentreten, während bei der Ultrarotbelichtung solarisierter 
Platten von einem großen Teil kleinere abgespalten werden, die 
zwar groß genug sind, um als selbständige Entwicklungszentren zu 
wirken, aber gegen den ursprünglichen Teil so klein, daß dessen 
Größe nicht wesentlich beeinflußt wird. 


Der Unterschied zwischen der Oxydationshypothese und der 
Dispersionshypothese läßt sich folgendermaßen formulieren: In beiden 
Fällen wird primär von einem ungeladenen Ag ein Elektron ab- 
gespalten. Von der Oxydationshypothese wird angenommen, daß 
dieses Elektron von einem ungeladenen Br aufgenommen wird, 
während die Dispersionshypothese die Aufnahme durch ein Ag-Ion 
annimmt. 


Bei dieser Betrachtungsweise wird eine gewisse Parallele deutlich 
mit den photo-elektrischen Versuchen von Gudden und Pohl.(16) 
Gudden und Pohl finden bei ihren Versuchen, daß durch kurz- 
welliges Licht Elektronen abgespalten werden (je Quant ı Elektron), 
während durch rote bis ultrarote Bestrahlung („Ausleuchtung“) die 
entfernten Elektronen wieder ergänzt werden können. Auch hier 
ist unklar, wo die Strahlung absorbiert wird, dagegen besteht kein 
Zweifel darüber, daß es sich um einen Transport von Elektronen 
handelt. 


Zu ganz ähnlichen Vorstellungen gelangte schon vor langer 
Zeit Lenard bei seinen bekannten Versuchen über die CaS-Phos- 
phore. Kurzwelliges Licht vermag Elektronen aus der Normallage 
zu entfernen, langwellige Strahlung schickt sie — im Anschluß an 
einen noch unbekannten Absorptionsakt — in die unerregte Bahn 
zurück. 

Wenn auch vorläufig der exakte Zusammenhang zwischen diesen 
einzelnen Erscheinungen fehlt, so sind doch gewisse Analogien be- 
reits vorhanden, die den gemachten Hinweis auf eine mögliche 
Verwandtschaft der genannten Phänomene nahelegten. 


288 Leseynski. 


Zusammenfassung. 


I. Es wird gezeigt, daß bei früheren Versuchen über den 
Herscheleffekt mit falsch begrenzten Spektralbereichen gearbeitet 
worden ist. Es werden geeignete Versuchsbedingungen gegeben, 
unter denen mit reinem, aufhellendem Licht gearbeitet ` werden 
kann. 


2. Unter diesen Versuchsbedingungen können folgende Eigen- 
schaften photographischer Schichten aufgezeigt werden: 


a) Ultrarotbelichtung führt zur Aufhellung von Schwärzungen, 
die durch schwärzendes Licht, Röntgenstrahlen, «-Strahlen oder 
durch H,O,-Einwirkung entstanden sind. (Eine Ausnahme stellen 
die in Punkt d) dargestellten Belichtungsbedingungen dar.) 


b) Die Aufhellung wird sowohl bei Entwicklung vor dem 
Fixieren, wie auch bei Entwicklung nach dem Fixieren gefunden, 
dagegen konnte an AgBr-Emulsionen keine Aufhellung der direkten 
Schwärzung erzielt werden. 


c) Die Stärke der Aufhellung ist unabhängig von der Wellen- 
länge des schwärzenden Lichts und — bei gleichem z-/ (Inten- 
sität X Belichtungszeit) — unabhängig von der Intensität der Ultra- 
rotbelichtung bei Variationen der Intensität im Verhältnis 1:75. 

d) Die Aufhellungsfähigkeit ist dagegen abhängig von der 
Intensität der Vorbelichtung. Mit extrem schwacher Intensität er- 
zielte Schwärzungen lassen sich überhaupt nicht aufhellen. 


e) Die Empfindlichkeit der Platte für das aufhellende Licht 
nimmt mit der Dauer der Ultrarotbelichtung ab. 


f) Eine Platte, die bereits ein latentes Bild enthält, bleibt in 
ihrer Empfindlichkeit gegen schwärzendes Licht durch voran- 
gegangene Ultrarotbelichtung unbeeinflußt. Dagegen zeigt eine 
Platte, die noch kein latentes Bild enthält, eine schwache Verminde- 
rung der Empfindlichkeit durch vorangegangene Ultrarotbelichtung. 


g) Der in früheren Arbeiten beobachtete Einfluß der Br-Ionen, 
sowie der Einfluß der von Millochau und Terenin benutzten 
Farbstoffe wird als Schwärzungshemmung (Desensibilisation) für die 
in diesen Arbeiten nicht ausgeschaltete schwärzende Komponente 
des Lichts gedeutet. 

h) Mit dem Herscheleffekt nur in mittelbarem Zusammenhang 
steht folgende Beobachtung: Eine Platte, die in etwa 16 Stunden bis 


Studien über den Herschelefjekt. 289 


zu einer bestimmten Schwärzung vorbelichtet wird, ist gegen weitere 
Schwärzung wesentlich unempfindlicher als eine solche, bei der die- 
selbe Schwärzung durch eine Belichtung von etwa ı Sekunde er- 
reicht wurde. Es wird auf die Bedeutung dieses Befundes für die 
Erklärung des Schwarzschildeffekts hingewiesen. 


3. Das experimentelle Material macht die bestehende Oxy- 
dationshypothese zur Deutung des Herscheleffekts, die sich für 
eine Silberverminderung ausspricht, zweifelhaft. Dagegen sprechen 
folgende Punkte: 


a) Durch die NaNO,-Versuche von Lüppo-Cramer schaltet 
das Br, und durch den Befund an Schumannplatten ein Bestandteil 
des Bindemittels als Oxydationsmittel aus. Es kann also nicht an- 
gegeben werden, welcher Körper hier die Rolle des Oxydations- 
mittels spielen könnte. 


b) Die Befunde an solarisierten Platten lassen sich durch die 
Oxydationshypothese nicht üngezwungen deuten. 


Es ist dagegen betont worden, daß diese gegen die Oxydations- 
hypothese sprechenden Punkte nicht unbedingt zwingend sind, ins- 
besondere deshalb, weil die Rolle des NaNO, in der Photographie 
noch nicht hinreichend geklärt erscheinen, 


4. Der Oxydationshypothese wird daher eine Arbeitshypothese 
gegenübergestellt, die den Herscheleffekt als Dispersionsvorgang 
bei unveränderter Silbermenge auffaßt. 


5. Bei dem Vergleich dieser beiden Hypothesen an Hand des 
neu gewonnenen experimentellen Materials scheint der Dispersions- 
vorstellung der Vorrang zuzukommen. Allerdings ist der unmittel- 
barste Beweis, daß die Ag-Menge bei Ultrarotbelichtung konstant 
bleibt, wegen der Unvollständigkeit der bisher angestellten Versuche 
nicht erbracht worden. 


6. Analoga zu dem Herscheleffekt bei anderen Lichtvorgängen 
werden erörtert, und es wird auf die mögliche Verwandtschaft der 
in Betracht kommenden Erscheinungen hingewiesen. 


290 Leszynski. Studien über den Herschelefekt. 


Die beiden vorstehenden Arbeiten wurden in der Zeit von April1923 
bis August 1925 im Physikalisch-Chemischen Institut der Universität 
Berlin angefertigt. Ich danke Herrn Professor Dr. Bodenstein 
dafür, daß mir die Mittel des Instituts für meine Arbeiten zur Ver- 
fügung standen. 


Meinen verehrten Lehrern, Herrn Prof. Dr. Eggert und Herm 
Regierungsrat Dr. Noddack, danke ich für die Anregung zu den 
vorliegenden Arbeiten, für ihr lebhaftes Interesse, für zahlreiche Rat- 
schläge und Unterstützungen. 


Ich danke Herrn Regierungsrat Dr. Noddack dafür, daß es 
mir durch seine Vermittlung möglich war, in den Institutsferien in 
der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt meine Versuche fort- 
zusetzen. 


Der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft danke ich 
für die Anschaffung der benötigten Quecksilberlampe. 


Der I. G. Farbenindustrie-A.-G. (Agfa), insbesondere Herm 
Direktor Dr. Ollendorff, bin ich zu Dank verpflichtet, da mir von 
dieser Seite in großzügigster Weise das Material für meine photo- 
graphischen Versuche zur Verfügung gestellt wurde. Ein Teil der 
Versuche wurden im dortigen Photochem. Laborat. ausgeführt. 


Literatur. 


1) Athenaeum 1839 no. 621. 

2) Zahlreiche Arbeiten in C. R. 25. 1847. 
3) Phot. Mitt. 15. 116. 

4) Phot. Korr. 1909. 383. 399. 

5) C. R. 142. 1407. 1906. 


6) Inaugural-Diss. Leipzig 1910. Volmer und Schaum, Zeitschr. f. wiss. 
Phot. 14. 1. 1914. Schaum und Langerhanns, Zeitschr. f. wiss. Phot. 28, 1. 1924 


7) Zeitschr. f. Phys. 23. 294. 1924. 

8) Zeitschr. f. phys. Chem. 114. 337. 1925. 

9) Agfa-Spezial, Agfa-Ultra-Spezial, Agfa-Extra-Rapid, Agfa-Röntgen. 
10) Zeitschr. f. wiss. Phot. 12. 341. 1912, 


Lüppo-Cramer. Zur Kenntnis des Reifungsprozesses. 291 


11) Nach privater Mitteilung ist Herr Dr. Arens mit dieser Deutung einver- 
standen. Aus gemeinsamen Diskussionen mit Herrn Dr. Arens ergaben sich man- 
cherlei Anregungen, wofür ich ihm an dieser Stelle meinen Dank aussprechen 
möchte, 

12) Idzerda identifiziert den Herscheleffekt mit dem sogen. Rittereffekt (Phot. 
Korr. 1909. 283} Ritter fand ı801 (Intell.-Bl. d Erlanger Lit.-Ztg.), daß durch 
Licht geschwärztes, auf Papier gebrachtes AgCl sich im kurzwelligen Teil des Spek- 
tums weiter schwärzt, sich dagegen im langwelligen Teil aufhellt. Da bei reinen 
AgCl-Emulsionen überhaupt kein Herscheleffekt zu erhalten war, scheint es sich bei 
den Ritterschen Versuchen um eine sogen. Photochromie zu bandeln. Es liegt 
zunächst kein zwingender Grund vor, diese mit dem Herscheleffekt zu identifizieren. 

13) Zeitschr. f. Phys. 31. 922. 1925. 

14) Berichte der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt 1924; Zeitschr. f. Phys, 
20. 109. 1923. 

15) Ztschr. f. phys. Chem. 114. 337. 1925. 


16) Vgl. das Referat von Gudden, Ergebnisse der exakten Naturwissen- 
schaften III. 


17) Die Agfa-Platten Reproduktion und Tiefdruck führen neuerdings die Namen: 
Phototechnische Platten A und B. 


Zur Kenntnis des Reifungsprozesses. 
(Sechste Mitteilung.) 


Von 
Lüppo-Cramer. 


In einer vorhergehenden Mitteilung (1) wurde ausgeführt, daß 
die Art des Bromsalzes, ob Bromkalium oder Bromammonium, bei 
der Reifung eine nicht unerhebliche Rolle spielt. 

Wenn nun anstatt des Bromkaliums eine titrimetrisch genau 
bestimmte äquivalente Menge von Bromkadmium bei der Her- 
stellung einer ammoniakfreien 3 °/, AgJ enthaltenden Positivemulsion 
benutzt wurde, so resultierte eine ganz abnorm geringe Empfindlich- 
keit. Bei Vergleichen unter Eder-Hechtskalen mit willkürlicher 
Lichtquelle zeigte die KBr-Emulsion 76°, die mit CdBr, hergestellte 
nur 28°. Bei variierender Belichtung zeigte sich die KBr-Platte 
etwa 8omal höher empfindlich als die mit CdBr, entstandene. 


292 Lüppo-Cramer. 

Die mikroskopische, ja schon die bloße makroskopische Be- 
trachtung klärt über die abweichende Wirkung des Kadmiumbromids 
auf: die Emulsion hat ein außerordentlich feines Korn gegenüber 
der mit Bromkalium erhaltenen; sie ist (auch als fertige Platte) 
gelblich durchscheinend gegenüber der blaugrauen mit Bromkalium 
oder Bromammonium hergestellten. Offenbar bildet das Kadmium- 
salz unter den im Emulsionsprozeß herrschenden Bedingungen, wenn 
überhaupt, so doch nur in geringem Maße ein lösliches Komplexsalz 
mit dem Bromsilber und ein erhebliches Kornwachstum kann daher 
nicht eintreten. Auch das fertig entwickelte Bild der mit Kadmium- 
bromid hergestellten Emulsion wies in seinem stark braun nuancierten 
Silberniederschlag gegenüber dem schwarzen bei der KBr-Emulsion 
auf die Feinkörnigkeit des Bromsilbers hin. 

Besonders lehrreich war auch der Vergleich bei kornlosen 
Emulsionen. Hier schien zunächst keinerlei Unterschied in der 
Wirkung der Bromsalze des Kaliums und des Kadmiums zu be- 
stehen, denn es trat bei längerer Erwärmung weder ein Unterschied 
in der Empfindlichkeit, noch in der Korngröße auf. Als aber in 
beiden Fällen ein Bromsalzüberschuß in natürlich wieder äquivalenten 
Mengen genommen wurde, trat sofort auch hier der bei den zuerst 
gekennzeichneten Emulsionen große Unterschied in Kornwachstuni 
und Empfindlichkeit auf. Bei der mittelempfindlichen Emulsion 
war zwar auch kein erheblicher Überschuß der Bromsalze verwendet 
worden, aber bei den Emulsionen mit Bromkalium war dadurch 
ein beträchtliches Kornwachstum zustandegekommen, daß der Silber- 
einlauf eine halbe Stunde gedauert hatte(2), während bei den korn- 
losen Emulsionen die Silbersalzgelatine in die Bromidgelatine in 
einem Gusse zugegeben worden war. In diesem Falle konnte das 
Bromkalium seine Überlegenheit gegenüber dem Kadmiumsalze nur 
dann hervortreten lassen, wenn die nachträgliche Reifung in Gegen- 
wart eines erheblichen Bromsalzüberschusses stattfand. Ähnlich wie 
Bromkadmium verhielt sich auch das Bromzink. Schon Eder und 
Pizzighelli(3) stellten fest, daß unter den Chloriden die des Zinks 
und des Kadmiums bei Chlorsilberemulsionen die geringste Emp- 
findlichkeit geben. 

Jedenfalls scheint aus diesen Versuchen hervorzugehen, daß 
der Unterschied in der Wirkungsweise verschiedener Bromsalze bei 
der Emulgierung wenigstens in der Hauptsache auf die verschiedene 
Löslichkeit des Bromsilbers in den betreffenden Bromsalzlösungen 
zurückzuführen ist. 


om ni 


Zur Kenntnis des Reifungsprozesses. 293 


Es sei hier auch erwähnt, daß auch die Art des Silbersalzes 
von großer Bedeutung ist. In den ersten Kriegsjahren trat in 
Deutschland vorübergehend ein Mangel an Salpetersäure ein. Es 
wurde daher zeitweilig kein Silbernitrat freigegeben und man mußte 
sich in der Trockenplattenfabrikation mit Silbersulfat behelfen. 
Silbersulfat ist in Wasser sehr schwer löslich, man konnte Brom- 
siberemulsionen daher nur mittels seiner ammoniakalischen Lösung 
herstellen. Hierbei traten allerhand Schwierigkeiten auf, die aller- 
dings möglicherweise auf Verunreinigungen des nicht umkristallisier- 
baren Silbersulfates zurückzuführen waren. Doch ist es .nicht 
unwahrscheinlich, daß auch hier die Verschiedenheit des Anions 
der Silbersalze eine Rolle mitgespielt hat. Wurde doch auch bei 
bestimmten höher konzentrierten Emulsionen beobachtet, daß 
Koagulationen der Gelatine eintraten, wenn Silbersulfat ver- 
wendet wurde, 

T. Slater Price(4) weist im Anschlusse an die grundlegenden 
Arbeiten von Tammann darauf hin, daß im Bromsilber der 
Emulsionen wohl immer Bromsalze eingeschlossen seien. Er 
sagt: „Die Empfindlichkeit wird abhängen von der Menge des ein- 
geschlossenen Bromkaliums, und da der Kombinationsradius des 
Kaliums stark von dem des Silbers abweicht, wird das Gitter ge- 
stört und leichter von der Lichtwirkung zersetzt. Die sensibilisierende 
Wirkung eines kleinen Quantums von KBr wird daher nach dieser 
Theorie sehr groß sein. Wird andererseits Bromnatrium benutzt, 
so wird die Empfindlichkeit geringer sein, da das Gitter des Brom- 
silbers nicht gestört wird und dies stimmt mit dem überein, was 
aus der Emulsionsbereitung bekannt sein soll.“ 

Veranlaßt durch diese Ausführungen von Slater Price stellte 
ich Emulsionen mit verschiedenen andern Bromsalzen unter denselben 
Bedingungen her, wie sie bei den oben beschriebenen Versuchen 
mit Kadmiumbromid innegehalten wurden. In der Tat lieferten 
die ersten Versuche mit Bromnatrium entsprechend der Angabe 
des englischen Forschers eine beträchtlich geringere Empfindlichkeit 
als die Bromkaliumemulsionen. Dies bestätigte sich weiterhin 
aber nur dann, wenn ein handelsübliches Bromnatrium im guten 
Glauben auf seine Reinheit angewendet wurde. Wurde die Lösung 
des Bromnatriums genau titrimetrisch auf die Äquivalenz mit 
dem Bromkalium eingestellt, so traten keine Empfindlichkeits- 
differenzen mehr auf. Das, was nach Slater Prices Angabe „aus 
der Emulsionsbereitung bekannt sein soll“, bezieht sich daher 

Zeitschr. f. wiss, Phot. 24. 2I 


294 Lüppo- Cramer. 


möglicherweise auch nur auf handelsübliche Präparate, die, wenn 
sie auch nicht im eigentlichen chemischen Sinne „unrein“ gewesen 
zu sein brauchen, doch oft einen verschiedenen Wassergehalt 
zeigen und so das Äquivalenzverhältnis wesentlich beeinflussen 
können. Diese Fehlerquelle tritt natürlich besonders leicht dann 
auf, wenn es sich um stark hygroskopische Salze handelt, wie beim 
Lithiumbromid. Trotz genauester Einstellung des Lithiumbromides 
auf seinen Bromgehalt nach erfolgter Lösung erhielt ich indessen 
mit diesem Bromid erhebliche Schleier von 0,5—0,7, und es ist 
mir nicht gelungen, hierbei etwaige Fehlerquellen aufzudecken. 
Diese Schleierbildung ist aber nur die Folge einer beschleunigten 
Reifung, denn sie blieb bei verminderter Digestionszeit aus, Barium-, 
Strontium- und Magnesiumbromid zeigten im Verlaufe ihrer 
Schwärzungskurve keine größeren Abweichungen von der des 
Bromkaliums, als sie innerhalb der Fehlerquellen des Emulsions- 
prozesses liegen. 

Mit diesen Ausführungen soll aber nicht gesagt sein, daß ich 
die theoretischen Erörterungen von Slater Price für un- 
berechtigt halte. Mein Hinweis auf eine Fehlerquelle bei derartigen 
Vergleichen wird aber vielleicht für spätere Nachprüfungen der 
Frage nützlich sein können. Übrigens fügt Slater Price seinen 
oben wiedergegebenen Ausführungen noch folgenden Passus hinzu: 

„Diese Theorie erwähne ich, weil sie einen neuen Gesichts- 
punkt aufstellt und nicht, weil sie etwa viel Wahrscheinlichkeit für 
sich hätte. Es soll aber erwähnt werden, daß der Gedanke, die 
Störung desKristallgitters erhöhe die Empfindlichkeit der Emulsionen, 
schon früher geäußert worden ist, um die Tatsache zu erklären, daß 
die Zufügung eines kleinen Prozentsatzes an Jodid zum Bromid not- 
wendig ist, um eine sehr hochempfindliche Emulsion zu erzeugen.“ 

Eine große Störung des Reifungsprozesses verursachen Blei- 
salze. Fügt man bei der Mischung einer der oben bei den Ver- 
suchen mit Kadmiumbromid erwähnten Siedeemulsionen zu der 
Lösung des Silbersalzes ı0°/, Bleinitrat hinzu, so entsteht eine 
ungewöhnlich hochdisperse, gelblich durchscheinende Emulsion, die 
weiter keine Kornvergrößerung erkennen läßt, und die nach gleicher 
Reifungsdauer nur etwa den hundertsten Teil der Empfindlichkeit 
der ohne Bleizusatz hergestellten Parallelemulsion besitzt. Auch 
bei Beschränkung des Bleizusatzes auf ı°/, war die Platte um 
16° E.-H. weniger empfindlich als die Kontrollplatte.e Auch bei 
diesen Emulsionen ist das entwickelte Silber stark nach Braun 


Zur Kenntnis des Reifungsprozesses. 205 


nuanciert. Offenbar spielen hier auch Vorgänge mit, wie sie bei 
den Versuchen mit Kadmiumbromid beschrieben wurden: einerseits 
die Verhinderung des Kornwachstums infolge der Mischkristallbildung 
bzw. Komplexbildung von Silberhaloid und Bleisalz, andererseits 
aber auch die photochemische Wirkung des Bleibromids, die schon 
Niepce de St. Victor um 1850 bekannt war und die von den alten 
Photochromisten benutzt wurde, um ihre Bilder lichtbeständig zu 
machen. (5) 

Für die Beurteilung des Einflusses von Kristalleinschlüssen aut 
das Kristallwachstum des Bromsilbers gibt auch eine Abhandlung 
von F. Sekera, „Kolloidchemie und Radiumforschung‘“, (6) wertvolle 
Hinweise. Sekera berichtet a. a. O. über sehr wichtige Adsorptions- 
probleme in der Radiochemie. Der Radiochemiker verfügt im 
allgemeinen nur über äußerst geringe Mengen seiner seltenen Stoffe 
und um diese kleinen Mengen aus einer Lösung zu konzentrieren, 
benutzt er das „Mitreißen‘“ dieser Substanzen durch Niederschläge. 
Dieser Adsorptionsvorgang ist der Vorläufer von innigeren Ver- 
eingungen, und nach Sekera spielen die Einlagerungsverhältnisse 
der adsorbierten Substanzen in das Raumgitter des Adsorbens eine 
große Rolle. Der Forscher sagt a. a. O., S. 152: 

„ist nun einmal das Adsorbendum in das Raumgitter des 
Adsorbens aufgenommen, so kommt es darauf an, ob dadurch eine 
Störung der Kristallstruktur bedingt ist oder nicht. Isotope und 
isomorphe Körper bedingen eine solche Störung nicht; der Kristall 
wächst ungehindert weiter und schließt dabei das Adsorbendum in 
sein Raumgitter ein (feste Lösung). Die Ausfällung von ThB durch 
einen Pb-Niederschlag stellt einen solchen Fall dar. Anders ver- 
halt sich die Sache, wenn das Adsorbendum mit dem Adsorbens 
in keiner kristallographischen Beziehung steht. (Beispielsweise bei 
der Adsorption von ThB durch einen AgCl-Niederschlag.) Das 
regulär kristallisierende AgCl vermag ThB, dessen Chlorid analog 
dem Bleichlorid rhombisch kristallisiert, nicht in das Raumgitter 
dauernd aufzunehmen. An der Oberfläche werden wohl die Lücken 
im Kristallgitter auch vom ThB ausgefüllt, aber dieser Fremdkörper 
stört das Gittersystem, so daß ein Wachstum des Kristalls unmög- 
lich wird.“ 

Man erinnere sich in diesem Zusammenhange auch des störenden 
Einflusses von Farbstoffen auf die Kristallisation des Chlorsilbers, 
wie er besonders eingehend von W. Reinders (7) studiert wurde, 


sowie der Ausführungen in der dritten Mitteilung dieser Serie. (8) 
The 


296 Lüppo-Cramer. 

Vor kurzem haben W. D. Baldsiefen, V. B. Sease und F.F. 
Renwick (9) eine außerordentlich wichtige Arbeit über die Rolle 
des Jodsilbers in den Bromsilberemulsionen veröffentlicht. Die ge- 
nannten Forscher bringen überzeugendes experimentelles Material 
für die unerwartete Erkenntnis, daß getrennt emulgiertes Jodsilber 
noch mit fertig gebildetem Bromsilber reagieren kann. Allerdings 
geht diese Tatsache auch schon aus einer älteren Beobachtung von 
J. M. Eder (10) hervor, der mehrfach das Auftreten zweier spek- 
traler Maxima bei derartig gemischten Jod- und Bromsilberemul- 
sionen feststellte. Dabei trat anfänglich ein Empfindlichkeitsverlust 
gegenüber dem reinen Bromsilber ein, worauf bei weiterer Reifung 
aber eine Empfindlichkeitszunahme mit einem geschlossenen spek- 
tralen Bande auftrat. 

Baldsiefen, Sease und Renwick bereiteten eine reine Jod- 
silberemulsion, deren Rezept sie bekannt geben und die eine ziem- 
lich stark variierende Korngröße ergab, die sie nach ihrem in einer 
früheren Mitteilung an dieser Stelle von mir geschilderten Sedi- 
mentationsverfahren in Einzelteile von verschiedener Korngröße zer- 
legten. Von solchen Jodsilberemulsionen ließen sie nun jeweils ein 
Quantum während der Bildung einer Bromsilberemulsion von Anfang 
an zugegen sein und fanden dann, daß die entstehenden Bromjod- 
silberemulsionen sich weder voneinander, noch von einer mit der 
äquivalenten Jodkaliummenge hergestellten Emulsion unter- 
schieden, daß es überhaupt nur auf die Quantität des Jodsilbers 
und gar nicht auf dessen Korngröße ankam. Die Forscher nahmen 
zuerst an, daß während der Emulgierung die größeren Jodsilber- 
teilchen, die nach ihren Mikrophotogrammen ausgeprägte Kristall- 
struktur erkennen lassen, durch das Bromsalz zu kleineren Teilchen 
peptisiert worden seien, sie konnten aber hiervon nichts entdecken. 
Wenn man indessen zu einer fertigen Bromsilberemulsion das Jod- 
silber zufügte, so fand ein Empfindlichkeitsverlust statt, was ja in 
Übereinstimmung mit der oben wiedergegebenen Beobachtung von 
Eder stehen würde. 

Baldsiefen, Sease und Renwick schreiben: „Wir müssen 
also schließen, daß, wenn emulgiertes Jodsilber zu einer frisch her- 
gestellten Bromsilberemulsion zugefügt wird, die letztere imstande 
ist, die Jodsilberkörner zu peptisieren und mit ihnen gemischte Jod- 
bromsilberkörner zu bilden. Diese Peptisation ist, wie wir gesehen 
haben, nicht dem überschüssigen Alkalibromid zuzuschreiben und 
das angegebene Resultat, bei dem das Jodid der fertigen Emulsion 


Cer deu ee u 


Zur Kenntnis des Reifungsprozesses. 297 


— 


zugegeben worden war, weist darauf hin, daß während des Reifungs- 
prozesses diese peptisierende Wirkung rasch zerstört wird.“ 

„Diese Ergebnisse und Schlußfolgerungen haben eine wichtige 
Bedeutung für die Theorie des Emulsionsprozesses und werden 
zweifellos noch eingehende Untersuchung erfahren müssen, um an- 
genommen zu werden, aber wir möchten doch die Aufmerksamkeit 
darauf lenken wegen ihrer allgemeineren wissenschaftlichen Be- 
deutung, da wir keinen andern Fall kennen, in dem die Oberflächen- 
kräfte neu gebildeter Partikel groß genug befunden worden wären, 
um eine andere feste Suspension zu peptisieren.“ 

Bezüglich der vielen interessanten Einzelheiten der Arbeit von 
Baldsiefen, Sease und Renwick möchte ich auf das Original 
verweisen. Erwähnt möge aber noch werden, daß die Autoren 
ihrer Abhandlung eine ausführliche Literaturzusammenstellung über 
die bisherigen Untersuchungen auf diesem Gebiete vorausschicken. 
Aus dieser ist besonders interessant eine schon 1885 von A. L. 
Henderson veröffentlichte Zusammenstellung aller möglichen Vari- 
anten in der Art der Jodsilberbildung innerhalb einer Bromsilber- 
emulsion und als erster Fall wird sogar schon die früher erwähnte 
Möglichkeit aufgezählt, daß man zuerst das Jodsilber und dann erst 
das Bromsilber erzeugen kann. 

Anschließend an den Vortrag, den Renwick in der Royal 
Photographic Society am ro Januar 1926 über die in Gemeinschaft 
mit Baldsiefen und Sease ausgeführte Arbeit hielt, fand eine rege 
Diskussion statt, an der sich u.a. T. Slater Price lebhaft beteiligte. 
Dieser Forscher brachte besonders die Vermutung zum Ausdruck, 
daß es sich bei jenen Versuchen weniger um eine Peptisierung des 
Jodsilbers durch das Bromsilber, sondern um einen Einfluß der 
Bromionen des überschüssigen Alkalibromides gehandelt haben 
müsse, 

Renwick hat weitere Mitteilungen in Aussicht gestellt, denen 
man mit Spannung entgegensehen muß. Wenn sich die Auffassung 
von Baldsiefen, Sease und Renwick weiter bewährt, so sind 
manche bisher anerkannte Vorstellungen über die Rolle des Jod- 
silbers in den photographischen Emulsionen zu revidieren. 


298 Winther und Mynster. 


Literatur. 


1) Diese Zeitschr. 23. 290. 1925. 

2) Diese Zeitschr. 23. 112 u.f. 1925. 

3) Eders Handb. III. 5. Aufl. S. 719. Halle 1903. 

4) Photogr. Journ. 1925. S. 303. | 

5) W. Zenker, Lehrb. d. Photochromie, Neuausgabe von B. Schwalbe, 
Braunschweig 1900. S. 70. 

6) Kolloid-Zeitschr. 27. 145. 1920. 

7) Zeitschr. physikal. Chem. 57 (6). 677. 

8) Diese Zeitschr. 23. 137. 1925. 

9) Photogr. Journ. 1926. S. 163. 

10) Eders Handb. Il. S. 117? u. 145. 


(Eingegangen am 25. August 1926.) 


Ein Papierschwärzungsmesser. 
Von 
Chr. Winther und E. H. Mynster. 


Mit 5 Figuren im Text. 


(Aus dem photochemisch-photographischen Laboratorium der Technischen Hochschule 
zu Kopenhagen.) 

Die neueste Entwicklung der wissenschaftlichen Photographie 
hat bekanntlich die Schwärzungsmessung der photographischen 
Papiere in den Vordergrund des Interesses gerückt. Infolgedessen 
ist eine Anzahl von Instrumenten für diesen Zweck vorgeschlagen 
worden, und eine noch viel größere Anzahl von Instrumenten, die 
noch nicht beschrieben sind, wird vermutlich in den verschiedenen 
Laboratorien verwendet. Voraussichtlich wird aus dieser Mannig- 
faltigkeit nach und nach, je nach den verschiedenen Zwecken, eine 
kłeine Anzahl von bewährten Typen auskristallisieren, und von 
diesem Gesichtspunkte aus dürfte es zulässig sein, auch ein Met, 
instrument zu beschreiben, das seit einer Reihe von Jahren beim 
hiesigen wissenschaftlich-photographischen Praktikum gute Dienste 


Ein Papierschwärzungsmesser. 2099 


geleistet hat und auch für genauere Messungen sehr brauchbar 
erscheint. Das Instrument ist neulich, auf Grund der inzwischen 
gemachten Erfahrungen, neukonstruiert worden und die folgende 
Beschreibung bezieht sich auf diese neue Form. 

Das Prinzip des Instrumentes ist schon mehrfach benutzt worden. 
Es beruht auf der Vergleichung der zu messenden Schwärzung mit 
derjenigen eines Goldbergkeiles. In Fig. ı ist das Instrument in wage- 
rechtem Schnitt dargestellt worden, während Fig. 2 sein Äußeres zeigt. 


Fig. ı. 


A ist eine Halbwattlampe in Opalglas, C eine Grauplatte, 
2. B. eine gleichmäßig belichtete und entwickelte Trockenplatte, 
D eine Opalglasscheibe, die dicht hinter dem Goldbergkeil Æ liegt. 
Der Keil läßt sich mittelst der Zahnstange Z und des Knopfes H 
Auf- und abbewegen. Auf der Zahnstange / ist eine Millimeterteilung 
@ingeschnitten. Æ ist ein Doppelprisma. Die eine Hypotenusen- 
D Zche ist versilbert worden, und die Belegung auf dem mittleren 
Drittel in einem senkrechten Streifen entfernt worden. 

B ist eine weiß reflektierende Fläche. Als solche benutzen 
Wir mit großem Vorteil einen belegten Glasspiegel, dessen nicht 
belegte vordere Fläche gerade so stark matt geschliffen wurde, daß 
die spiegelnde Reflexion eben verschwunden ist. Die diffuse Reflexion 
ist dann innerhalb eines gewissen Winkels weit stärker als von einer 


300 Winther und Mynster. 


der gewöhnlich verwendeten reflektierenden Flächen. Die Messung 
der Reflexion wird am Schluß dieser Abhandlung beschrieben. 

G ist ein Ausschnitt an der Wand des Kastens, hinter welchem 
ein Streifen (2,5 cm Breite) des zu messenden Papieres von oben 
her eingeschoben wird. Das Papier wird durch Friktion von den 
beiden Trommeln X auf- und abgeführt. Z ist eine eingeteilte 


Fig. 2. 


Trommel, die auf der gleichen Achse wie die beiden Ķ sitzt und 
mittelst des Drahtes a abgelesen wird. M ist ein Okular. Die 
Ablesung der beiden Skalen wird dadurch ermöglicht, daß der 
Deckel des Lampengehäuses um die linke Kante drehbar angeordnet 
ist. Wenn dieser Deckel, der innen blank vernickelt ist, geöffnet 
wird, liefert die Lampe genügend reflektiertes Licht für die Ab- 
lesungen. Im Gesichtsfeld sieht man rechts und links einen Teil 
des Graukeils, dazwischen einen Teil des zu messenden Papieres. 
Quer über die Mitte des Gesichtsfeldes geht ein dünner Faden, der 


Ein Papierschwärzungsmesser. 301 


dicht vor dem Prisma ausgespannt ist, und die Messung bezieht 
sich auf Gleichheit der Schwärzung an dieser Stelle. 


Wenn es sich darum handelt, die Schwärzungskurve eines 
Kopiepapieres aufzunehmen, wird gewöhnlich zunächst eine Kopie 
unter einem Graukeil mit bekannter Keilkonstante verfertigt, aus 
dieser Kopie ein Streifen von 2,5 cm Breite ausgeschnitten und im 
Instrumente durchgemessen, wobei der Streifen derart eingesetzt 
wird, daß die Schwärzung von oben nach unten verläuft, entgegen 
derjenigen des Graukeiless. Ein unbelichtetes, ausfixiertes Stück 
desselben Papieres ergibt nachher den Nullpunkt der Schwär- 
zung. 

In dieser Weise wurden z. B. die folgenden Werte erhalten. 
Auf dem Graukeile, nach welchem die zu messende Kopie gemacht 
wird, befindet sich eine Reihe von Marken, zwischen welchen die 
Schwärzung um je 0,25 ansteigt. Bei der Messung des Papierkeiles 
wird gewöhnlich auf diese Marken oder, bei besonders steiler 
Gradation, auch in der Mitte zwischen denselben eingestellt. 


Tabelle ı enthält: ı. Die Nummer der Marken I—VII sowie 
des unbelichteten Papieres (ol 2. Die Mittelwerte aus je zehn auf- 
einander folgenden Ablesungen. 3. Die mittleren Fehler des Mittel- 
wertes. 4. Die Differenzen gegen das unbelichtete Papier. 5. Die 
daraus berechneten Schwärzungen. Die Keilkonstante war 0,22. 
6. Die mittleren Fehler der Schwärzungen. 7. Die prozentische 
Unsicherheit der Schwärzungswerte. 


Tabelle ı. 

Ma 
BEREREIERBAREN 
l 

I | 2,07 0,009 0,21 4 0,05 0,005 
u 2,67 0,009 0,81 | 0,18 0,005 Se 
III 4,05 0,013 | 2,19 p 0,48 0,006 I,2 
IV 6,42 0,026 4,56 | 1,00 0,009 0,9 
v 8,34 0,033 | 6,48 1,43 0,011 | 0,7 
VI 8,93 0,018 | 7,07 1,56 o ‚006 0,4 
VII 8,90 0,016 7,04 1,55 0,006 | 0,4 
o 1,86 0,013 | — — | — 


Tabelle 2 zeigt die Vergleichung zweier unabhängiger Messungs- 
reihen an einem anderen Papier. In jeder Reihę wurden bei jeder 
Marke vier Einstellungen gemacht. 


302 Winther und Mynster. 


Tabelle 2. 
Prozentischer 
wn | I | f Unterschied 
Iı | o o 9 
II | o 0,03 100 
III 0,08 0,09 12 
IV | 0,23 0,25 8 
vV l 0,45 0,465 3.3 
VI 0,73 0,75 2,7 
VII 1,16 1,19 2,6 
VIII 1,64 1,64 S 


Die Genauigkeit scheint hiernach im allgemeinen genügend 
groß zu sein. Um auch der absoluten Werte sicher zu sein, haben 
wir einen Papierkeil teils mit unserem Instrument, teils mit dem 
Polarisationsphotometer von Martens in der Anordnung von Gold- 
berg!) gemessen, wobei das Papier in beiden Fällen mit der gleichen 
Lampe beleuchtet wurde. Für jede Marke auf dem Papierkeil 
wurden in jeder Messungsreihe 6 Ablesungen gemacht. 


Schwärzungen 
nach Goldberg nach W. und M. 
0,03 0,04 
0,04 0,06 
0,09 0,12 
0,24 0,22 
0,52 0,53 
0,94 0,95 
1,29 1,33 
1,46 1,50 


Das neue Instrument ergibt also offenbar keine systematischen 
Fehler. Dabei ist es übersichtlicher im Bau und einfacher in der Kon- 
struktion als die verschiedenen Instrumente, welche ein Polarisations- 
photometer verwenden, und möchte sich deshalb besonders für das 
Praktikum empfehlen. 


Die Reflexion des oben genannten mattierten Spiegels wurde 
mit einem Instrument gemessen, das in Fig. 3 in wagerechtem Schnitt 
dargestellt ist, während Fig. 4 das Äußere desselben darstellt. 


Auf den Halbkreis SS, in dessen Zentrum die Mitte der reflek- 
tierenden Fläche R liegt, wird ein Film ausgespannt. Die Lampe L 
sendet durch zwei feine Löcher (sowie einem Loch im Film) ein sehr 


1) „Der Aufbau des photographischen Bildes“, I. Teil. 2. Aufl. 1925. S. 64. 


Ein Papierschwärzungsmesser. 303 


dünnes Lichtbündel zu R, wovon das Licht auf den Film reflektiert 
wird. Auf den gleichen Film wurden durch Abdeckung der oberen 


Fig. 3. 


oder unteren Hälfte zwei Aufnahmen gemacht, wobei einmal ein 
Stück weißes Papier, das andere Mal der mattierte Spiegel als re- 


Fig. 4. 


flektierende Fläche benutzt wurde. Außerdem wurde auf den gleichen 
Film ein Graukeil einkopiert, um die Schwärzungen in relative 
Lichtmengen umrechnen zu können. Das Ergebnis wird in Fig. 5 


304 Winther und Mynster. Ein Papierschwärzungsmesser. 


gezeigt. Die untere Figur ist mit polaren Koordinaten gezeichnet. 
In der oberen Figur sind die Reflexionswinkel als Abszissen ver- 
wendet. Beide Figuren zeigen, daß der mattierte Spiegel innerhalb 


Fig. 5. 


eines Winkels von etwa 40° eine sehr gleichmäßige Reflexion ergibt, 
die weit stärker ist als diejenige des weißen Papieres. Der mattierte 
Spiegel dürfte sich folglich als reflektierende Fläche für viele photo- 
metrische Zwecke empfehlen. 


Kopenhagen, September 1926. 


(Eingegangen 4. September 1926.) 


Plotnikow. Ein Beürag zur Frage über die Lichlvertelung usw. 305 


Ein Beitrag zur Frage über die Lichtverteilung bei zwei 
absorbierenden Medien und über die Intensitätsauffassung 
in der Photochemie. 


Von 
J. Plotnikow. 


Die Frage nach der Lichtverteilung zwischen zwei oder mehreren 
lichtabsorbierenden Komponenten ist für die photochemische For- 
schung von grundlegender Bedeutung, denn erst nach ihrer be- 
friedigenden Lösung wird es möglich sein, die komplizierteren Licht- 
reaktionen, bei denen mehrere Komponenten, die gleichzeitig das 
einwirkende Licht absorbieren, auftreten, quantitativ zu untersuchen. 
Mit derartigen Fällen hat man in der Praxis viel zu tun, besonders 
bei pflanzenphysiologischen Untersuchungen, bei technischen Reak- 
tionen, bei photochemischen Katalysen, Sensibilisierung der photo- 
graphischen Platten und Farbenphotographie. Da aber hierüber 
keine Einigkeit bei den Forschern herrscht, so ist meines Erachtens 
jeder Beitrag, der zur Klärung dieser Frage beiträgt, von Wichtig- 
keit, und deshalb möchte ich auch meinen Standpunkt dazu be- 
kanntgeben. Der Einfachheit halber nehmen wir zwei lichtabsor- 
bierende Komponenten an. Bezeichnen wir mit d und z, die Licht- 
absorptionskonstanten, mit c, und c, die Konzentrationen und mit p 
die Schichtdicke der beiden lichtabsorbierenden Komponenten, so 
ist die Lichtabsorption jeder von diesen Komponenten einzeln 
nach dem Beerschen Gesetze gleich a, =J/[1ı —e-'@] und 
a, = JIı = erde), 


Die Mischung der beiden Komponenten wird nicht die Summe 
& +a, sondern eine andere Gesamtabsorption, nämlich 4 = J 
[1 — e- ña- he] ergeben. 


Nun entsteht die Frage, wie wird sich das absorbierte Licht 
auf beide Komponenten im Gemische verteilen? Bezeichnen wir 
die Absorption der einzelnen Komponenten im Gemische durch 4, 
und A,. Die bisherige Meinung war die, daß man A im Verhältnis 


zu — ie bp ei ie Kë _ 
Vers bzw. re teilt, d.h. daß für die erste Kompo 


306 Plotnikow. 


nente die Absorption A, = J- — [I -ersPa-s?e) und für 
: ac + ca 


la 


die zweite A, = J — ' *;— [I — e-"/a-ra/] sein wird. 
hatra 

Das ist aber eine willkürliche Annahme, obgleich Langedijk? 
sie experimentell und theoretisch zu bekräftigen versucht. Seine 
Experimente sind bei weitem nicht einwandfrei und werden von 
mir nachgeprüft, und seine theoretische Ableitung ist rein speku- 
lativ, und man kann an einigen Spezialfällen zeigen, daß diese 
Formel zu unmöglichen Resultaten führen muß. 


Spezialfall I: Die beiden Komponenten absorbieren das Licht 
enorm stark; in Wirklichkeit heißt das, daß wir z, = z, = œ nehmen 
können. In diesem Fall erhält man fur die Teilabsorptionen einen 


unbestimmten Ausdruck, nämlich A, = 4, = Ee der praktisch keinen 


reellen Sinn hat. 


Spezialfall Il: z, = oo und z, — sehr klein. Dann erhalten wir 


3 e ee 
wieder denselben sinnlosen Ausdruck A = ri 


Spezialfall III: 2, = 00 und :, — klein; dann erhalten wir für 
A, = 0, was auch keinen Sinn hat, denn, mag die Absorption auch 
sehr klein sein, so können wir, falls die Komponente sehr photo- 
aktiv ist, wie es bei der Photokatalyse stets der Fall ist, auch bei 
sehr schwacher Absorption und sehr kleinen Konzentrationen oe. 
bare, mitunter starke photochemische Wirkung erhalten. Dies alles 
hat mich zur Überzeugung gebracht, daß diese Formel nicht die 
richtige sein kann, wenn sie auch in bestimmten Absorptionsgebieten 
im Bereich der Versuchsfehler mit dem Experiment übereinstimmende 
Resultate ergeben kann. Es mußte ein anderer Weg zur Lösung 
des Problems eingeschlagen werden. Als Basis dafür habe ich 
den Gedanken gefaßt, daß die Gesamtabsorption A, im Verhältnis 
der Absorption der einzelnen Komponenten a, und a, zu der 
Summe ihrer Absorptionen a, Le, zu nehmen ist, d. h. daß 


a e .. H 
A = — “— A und A, = —- "2A sein müssen, oder in voller Form 
a, + a a, + a 
geschrieben: 
; [i = e" ën , 
Ss EE EE SCH wl. pc — tfc 
A Jr — e ën! [i ern d und 


[i NW ende] 


ER p-upa-wPe), 
[2 TE EE Ir e h 1 3 ] 


A ss P 


EN 


1) S. Langedijk, Rec. Trav, chim. d. Pays-Bas 44. 173. 933. 1925. 


Ein Beitrag zur Frage über die Lichtvertellung usw. 307 


Versuchen wir an diesen Formeln die oben angeführten spe- 
ziellen Fälle nachzuprüfen. 

L z,=:,= 00; dann erhält man für A = A, = $; was heißt 
das? Das heißt, daß wenn beide Absorptionen sehr groß sind, sich 
die Unterschiede ihrer absoluten Werte so ausgleichen, daß wir 
praktisch eine gleiche Verteilung der Absorption auf beide Kompo- 
nenten bekommen, was nichts Unnatürliches darstellt. 


II. iso und z, — klein; dann erhalten wir für A, = Be j 
Zoé ™ 
oder, falls z, sehr klein ist, nach der Reihenentwicklung A, = Ge SC 
3 


[1 — e7 het] 


und für 4, = ei also ganz reelle Werte. 


| 
S 


Il. ie © und z, — sehr klein, dann erhalten wir für 
fu pc o I 
A = Io und für A = Jr 
Das Experiment muß entscheiden, inwiefern diese Formeln 
richtig sich erweisen werden oder muß noch eine andere Lösung 
gesucht werden. Die nähere Betrachtung dieser Formel ergibt 
uns noch, daß in gewissen Bereichen der Absorption ihre Werte 
von denen nach der üblichen Formel berechneten sich wenig unter- 
scheiden werden, was natürlich nicht zu Mißverständnissen führen darf. 


wieder ganz reelle Werte. 


Zum Schluß möchte ich noch auf eine Frage eingehen, die 
schon zu Mißverständnissen geführt hat, nämlich auf die Intensitäts- 
auffassung in der Photochemie und speziell auf die Deutung des 
Vorlesungsversuchs von Lasareff.!} Bekanntlich war das Absorp- 
tionsgesetz von Grotthuss in Vergessenheit geraten und deshalb 
war es verständlich, daß man das zu damaligen Zeiten schon be- 
kannte Massenwirkungsgesetz fur die Lichtreaktionen anzuwenden 
versucht hatte, dessen Formeln bekanntlich in bestimmtem Absorp- 
tionsbereiche mit den Formeln, die aus dem Absorptionsgesetz ab- 
geleitet sind, zusammenfallen, was auch irrtümlicherweise als Be- 
stätigung dieser Auffassung betrachtet wurde D Als van't Hoff, 
der tiefdenkende Experimentator, erkannte, daß bei Lichtreaktionen 
nur die absorbierte Energie der ausschlaggebende Faktor sein muß, 
war dem Grotthussschen Gesetze das quantitative Gewand gegeben 
und der Intensitätsauffassung in der Photochemie kein Platz mehr 
übrig geblieben. Lasareff hatte vor etwa 20 Jahren zwei schöne 


1) P. Lazarett, Ann, d. Phys. 24. 661. 1907. 
"IL Plotnikow, Lehrb. d. allgem. Photoch. 1920, S. 147. 


308 ZPiotnikow. Ein Beitrag zur Frage usw. — Bücherbesprechung. 


Vorlesungsversuche für die beiden Gesetze gegeben, die bisher bei 
keinem Photochemiker Anlaß zum Zweifeln gegeben hatten. Denn 
auch der mögliche Einwand, daß die Lichtintensität, ähnlich dem 
Potential bei der Elektrolyse, eine spezifische photochemische Wir- 
kung ausüben könnte, wird durch den zweiten Versuch behoben, 
denn sonst könnten die Produkte / 4 und /, á nicht gleich sein. 
Eben dieser innere tiefe Sinn und Bedeutung dieses Versuchs für 
die damalige Zeit der Kristallisierung der Grundgesetze ist manchen 
Forschern!) der Neuzeit entgangen und hat sie auch zu falschen 
Schlußfolgerungen geführt. 


1) Vgl S. Langedijk, aa O. und Zeitschr. f. phys. Chem. 120. 301. 1926; 
Trans. Faraday Soc. 21. 524. 643. 1926: nach dem Kongreß beim Druck eingeschoben! 
R. Wegscheider, Rec. d. Trav. chim. d. Pays-Bas 44. 1118. 1925. 


Zagreb, Physiko-chem. Institut der Technischen Fakultät der 
Königl, Universität, 7. Oktober 1926. 


Eingegangen am 10. Oktober 1926. 


Bücherbesprechung. 


Handbuch der physikalischen Optik. Herausgegeben von E. Gehrcke. 
Band I, erste Hälfte. 470 S. mit 223 Abb. im Text. Leipzig 1926, 
J. A. Barth. M. 40.—. 


Bei den Vorarbeiten zur 3. Auflage von Winkelmanns „Handbuch der 
Physik“ erwies sich angesichts des überaus umfangreichen Stoffes die Zerlegung des 
Gesamtwerkes in einzelne Handbücher als notwendig. Dem die geometrische Optik 
umfassenden Band „Grundzüge der Theorie der optischen Instrumente“ folgt nun- 
mehr das auf zwei umfangreiche Bände berechnete „Handbuch der physikalischen 
Optik“. Die soeben erschienene erste Hälfte des I Bandes umfaßt die Allgemeine 
Photometrie (Walter Dziobek), die Regıstrierphotometrie (P. P. Koch), die Ge 
schwindigkeit des Lichts (Felix Auerbach), die Mes-.ung der Brechungsindices 
(Carl Pulfrich), Allgemeines über die Brechungsindices (Felix Jentzsch), die 
Brechungsindices in physikalisch-chemischer Beziehung (Georg Jaeckel), die Di- 
optrik in Medien mit kontinuierlich variablem Brechungsindex (Rudolph Straubel), 
die astronomische und terrestrische St'ahlenbrechung (Azeglio Bemporad und 
Friedrich Wünschmann), Anomalien der terrestrischen Strahlenbrechung (Ewoud 
van Everdingen), die Extinktion des Lichtes in der Erdatmosphäre (Azeglio 
Bemporad und Friedrich Wünschmann), die Interferenz Wilhelm Feussner 
und Ludwig Janicki) — Bei der Vielseitigkeit der physikalischen Optik, die eben 
im Vordergrund nicht nur der physikalischen Forschung, sondern der ganzen exakten 
Naturwissenschaften steht, war die Heranziehung möglichst vieler ausgezeichneter Fach- 
männer geboten, da auf diesem Wege eine weit gründlichere Bearbeitung des ganzen ` 
Stoffes, als bei der Darstellung durch einen einzigen Gelehrten, zu erwarten war. Der 
Berichterstatter muß sich vorerst auf diese kurze Anzrige des hervorragenden Werkes 
beschränken; nach Erscheinen der weiteren Teile soll von den für unsere Leser be- 
sonders wichtigen Abschnitten ausführlicher gesprochen werden. Karl Schaum. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen. 


A 


Tv i 
3 ZK i 


— SE 


für 


senschaftliche Photo graphie | 
u; und Photochemie Ye S i S 


ro 

P vi 

e n f 5 y 

"9 Unt itwi | a | A BERNIA 

K. nter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen | T AAR 

kb: " e we“ 

KI ) insbesondere von e | | | CR 

Ki s ; ` AT 

w- | H. Kayser Kei 
KA o. em, Professor an der Universität Bonn 

i j - L 


herausgegeben von | RT 


K. Schaum RODEA A N 


ô, 5, Professor am der Universität Gießen 


D 


T ma KÉ va Wi ep 


5 ` | ~ 
| Ee N 

| FE 1927 

| Verlag von Johann Ambrosius Barth in Leipzig 
| d Ja Ni IE OG Salomonstraße 18b 


> 


t werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuch- 
wi ee beträgt pro Band im In- "und Ausland Rm. 24.— 


ri Zeg dei 
ng e eins Buch Porto im Inland Km, 29-20. 79. Á CO 25.20. 


2 d. März 1927 


Ve deif aa al deg 
TERN ar et 
GE SE Ke Zar d ECK 
max va ey ! d'Ae f u. 4 
' Inhalts 
3 d attert, >: 
| Otto Wienerf S = p e = = D : Ki e . Se 3 er e 2 


"Adolf Hnatek (Wien), Einiges ZS die Graukeitpliotminter x E EE 
Ernst Wiegel, Farbe und SE EE von Silbersolen, Mit D ER 


im Text. ..... Sr FA UE E 
A.L.Schoen, Eine D Methode der Spekriotomeie i im Rot 
und Infrarot, Mit 9 Figuren im Text . . . .: 58 


Br Otto Sandvik, Über die Messung des E GE EE, 3 
Bad | Schichten. Mit 7 Figuren im Text e "eh ra er E) 
d 


er S, Bücherbespfechung ;, ! "e "d" E. wl "éier te EE EE GE 


d Anfragen und REEL sind zu richten an 
P Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr, 14. > 
` Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie d 

| ~“ Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und 
Berichterstattung möglich ist. 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere he 
BEER, welche vom ST eko werden. ` 


eg E nn ui 


fer 


zur Grmittelung von. 
Schwärzungskurven 
photographischer 
Platten und Zeg 
nach Prof. Dr. och 


> 7a d E 
.Unentbehrlich ` E S 

für wissenschaftlich Z d 
Forschungen u. Prüfu 
in der Fabrik 


PROSPEKT KOSTENLO E 


Feiss IRen A.-G. Dresden 13 


Vereinigte Werke : Contessa-Weitel, örnermann,Soerz, 


ae ` 


zl 


II 


Digitized d Googl 


Zeiticdırift für willenichaftlidie Photographie, 
Photophylik und Photodiemie 


XXIV. Band. 1927. Heft 9. 


OTTO WIENER? 


Aus rastlosem Schaffen und segensreichem Wirken wurde 
am 18. Jan. 1927 der ord. Professor der Physik an der Uni- 
versität Leipzig, Dr. phil., Dr. med. h. c. OTTO WIENER, 
unser hochverehrter Mitarbeiter, im Alter von 64 Jahren 
abberufen. Ein Forscher von Weltruf, ein begeisternder 
Lehrer, ein Mensch von vornehmster Gesinnung ist mit ihm 
dahingegangen. Allen, die ihn näher kannten, war er das 
leuchtende Vorbild eines wohlwollenden und selbstlosen 
Hochschullehrers, dessen Fühlen und Handeln von fein- 
stem Verständnis für die Lage und die Bestrebungen des 
akademischen Nachwuchses, der Untergebenen und der 


Studierenden durchdrungen und geleitet war. 


WIENER s klassische Untersuchungen über stehende 
Lichtwellen und über Farbenanpassung, welche neben 
ihrer hohen wissenschaftlichen Bedeutung sich auch in 
praktischer Hinsicht wichtig erwiesen, indem sie die 
Grundlagen für zwei Verfahren der Farbenphotographie 
schufen, haben seinen Namen für alle Zeiten unlösbar 


mit der Geschichte der physikalischen Optik verbunden. 


Zeitsche. L wiss, Phot. 24. 22 


. 310 | Hinatek. 


Einiges über die Graukeilphotometer. 
Von ` 
Adolf Hnatek (Wien). 


Gelegentlich einiger photometrischer Arbeiten, bei denen neben 
dem Röhrenphotometer versuchsweise auch ein Graukeilsensitometer 
von Eder-Hecht benutzt worden ist, haben sich Unstimmigkeiten 
ergeben, die schließlich zu einer genaueren Untersuchung des von 
mir verwendeten Graukeilinstrumentes geführt haben. Über die 
Ergebnisse der bezüglichen Untersuchung soll hier kurz berichtet 
werden. 

Zunächst kann schon die Art und Weise, wie die ganze Keil- 
fläche nicht nur beim Eder-Hechtschen Instrument, sondern auch 
bei den anderen Graukeilsensitometern für die verschiedenen Auf- 
gaben, die von diesen Photometern gelöst werden sollen, aus- 
genutzt wird, kaum eine besonders glückliche genannt werden. 
Stets sind die einzelnen Schwärzungsfelder nur durch schmale un- 
belichtete Linien oder durch Zwischenstreifen getrennt, deren Breite 
nur einen kleinen Bruchteil der Breite der geschwärzten Felder 
ausmacht, und zum Überfluß nehmen noch die für rein sensito- 
metrische Messungen bestimmten Schwärzungen einen derart breiten 
Raum ein (beim Eder-Hecht-Sensitometer hat dieser Schwärzungs- 
kel über 2 cm Breite!), daß eine Verfälschung aller Schwärzungen 
durch das Eberhard-Phänomen sicher ist. Einige Versuche haben 
denn auch den Einfluß dieses Eberhard-Effektes leicht nach- 
weisen lassen. 

Nachdem sich zunächst ergeben hatte, daß der Graukeil seiner 
ganzen Breite nach genügend homogen ist, um überall bei gleichen 
Keilziffern auch gleiche Absorptionen auszuüben, also gleiche Schwär- 
zungen zu ergeben, wurde derselbe zum Nachweis der Wirkung des 
Eberhard-Phänomens mit einer schwarzen Maske bedeckt, die mit 
einer größeren rechteckigen Öffnung versehen war, zur Verwendung 
der ganzen für Sensittometermessungen vorgesehenen Keilfläche, und 
die außerdem eine Reihe kleiner quadratischer Öffnungen von nur 
I qmm Fläche enthielt, welche auch noch die Keilstellen gleich- 
zeitig in Verwendung nehmen ließen, wo am Sensitometer die 


m mer gie y er wat 8 pn rëm ` rn "er aer "ze D 


Einiges über die Graukeilphotometer. 311 


Ziffernfelder ausgespart sind. Diese Löcherreihe verlief damit 
parallel zur danebenliegenden Kante des Sensitometerkeiles in etwa 
6 mm Abstand, und, da nur auf jeden zehnten Eder-Hecht-Grad 
ein Loch entfiel, betrug ihre gegenseitige Distanz Io mm. Es 
konnte also danach angenommen werden, daß die durch diese 
Löcherreihe gewonnenen Schwärzungen, so gut als es bei der Art 
der Einteilung des Sensitometers eben möglich war, von der Wir- 
kung des Eberhard-Effektes befreit sein werden. 


Die folgende Tabelle gibt für eine Reihe von Aufnahmen, die 
mit verschiedenen Plattensorten ausgeführt worden sind, die Diffe- 
renzen der Mikrophotometerablesungen, wie sie sich zwischen den 
mit dem Eberhard-Effekt behafteten Schwärzungen des breiten 
Sensittometerkeils und den Schwärzungen in der Lochreihe von 
10 zu 10 EH-Graden im Sinne „Lochschwärzung minus Keil- 
schwärzung ergeben haben. 


Schwärzungsdifferenz „Loch — Keil“ 


EH Deutsche Agfa Hauff Seed 2 Flavin * Lumière 
Imperial | Ultra Spezial | Ultrarapid 7 Sans écran“ 
Bo + 0,1 + 0,3 — 
70 0,3 2,6 + 0,1 
60 0,5 0,9 0,6 
50 0,8 1,1 1,0 
40 1,1 1,2 1,3 
30 1,3 0,8 1,4 
20 1,0 0,4 0,9 
10 + 0,6 + 0,2 + 0,4 


Die Wirkung, die das Eberhard-Phänomen auf die Schwär- 
zungen des breiten Sensitometerkeils genommen hat, ist in diesen 
Zahlen deutlich erkennbar. Wertet man die gegebenen Schwärzungs- 
differenzen in EH-Grade oder in Helligkeitslogarithmen um, was ja 
durch Konstruktion der Schwärzungskurve mit den Mikrophoto- 
meterlesungen leicht möglich ist, so ergibt sich, daß einer Differenz 
in den Schwärzungzziffern von 1,0 im Durchschnitt etwa 2—3° EH 
oder rund ot im Helligkeitslogarithmus gleichkommt. Bei Ver- 
wendung des von mir untersuchten Graukeilsensitometers traten 
also durch das Eberhard-Phänomen Fälschungen der Schwär- 
zungen auf, die, in Helligkeiten umgerechnet, maximal bis auf 3 bis 
4° EH oder auf etwa 0,14 im Helligkeitslogarithmus angestiegen 
sind. Es ist klar, daß sich die Verwendung der Graukeilsensito- 


EA 


312 Hinatek. 


meter zu exakten Untersuchungen über den Verlauf der Schwärzungs- 
kurve wenigstens in ihrer jetzigen, auf die Wirkung des Eberhard- 
Phänomens in keiner Weise Rücksicht nehmenden Form unter 
solchen Umständen durchaus nicht empfiehlt. 

Die Zahlen der obigen Tabelle lassen übrigens noch ein anderes 
interessantes Verhalten bemerken. Die Differenzen „Lochschwärzung 
minus Keilschwärzung“ wachsen zunächst mit fortschreitender Schwär- 
zung durchwegs an, ein Umstand, der auf die schon von Eber- 
hard konstatierte Tatsache zurückzuführen ist, daß die Wirkung 
des Eberhard-Effektes von der Tiefe der Schwärzung abhängt, 
mit der Schwärzung wächst. Bei einem für alle benutzten Platten- 
sorten ziemlich gleich hohen Maximalwert beginnen diese Differenzen 
aber wieder abzufallen. Bei einer Platte, Seed 27, wird die Diffe- 
renz „Lochschwärzung minus Keilschwärzung“ schließlich sogar 
negativ, d. h. in den ganz starken Schwärzungen ist eine Umkehrung 
der normalen Verhältnisse eingetreten. Die mit dem Eberhard- 
Effekt behafteten Keilschwärzungen sind bei ganz tiefen Schwär- 
zungen dichter geworden als die vom Eberhard-Effekt freien 
Lochschwärzungen. 

Konstruiert man aus den in der Tabelle gegebenen Differenzen 
über den zugehörigen Schwärzungsziffern, wie sie die Ablesung am 
Mikrophotometerkeil ergeben hatte, Kurven, so erhält man für die 
einzelnen Plattensorten folgende Keilziffern, bei denen die Maxima 
der Differenzen „Lochschwärzung minus Keilschwärzung“ auf- 
getreten sind: 


Deutsche Imperialplatte . . . . 451 
Agfa, Ultra-Spezil. . . . . . 46,7 
Hauff, Ultrarapid . . . . . . 43,3 
Seed 27 2: e u ar EE 
Flavinplatte (Hauf) . . . . . 49,8 
Lumière „Sans écran“ . . . . 442 


Es zeigt sich also, daß das Maximum im Unterschied der 
Schwärzungen von Loch und Keil für alle Platten bei fast derselben 
mittleren Schwärzung eingetreten ist. 

Eine Erklärung für diese eigentümliche Erscheinung, die übrigens 
schon bei direkter Betrachtung der Platten, also ohne Schwärzungs- 
messung, auffällt, ist nicht leicht zu geben. Allerdings zeigt gerade 
der auf den Platten abgebildete Sensitometerkeil von etwa 30° EH 
abwärts eine zunehmende, nicht unbeträchtliche Lichthofbildung, 


Einiges über die Graukeilphotometer. 313 


durch welche die Löcher aber kaum beeinflußt werden und an der 
sie auch wenigstens nicht im gleichen Maße teilzunehmen scheinen, 
und es wäre somit denkbar, daß der allgemeine, im Sensitometer- 
keilt mit besonderer Kraft aufgetretene Lichthofschleier die Schwär- 
zungen im Sensitometerkeil besonders stark vertieft hat. Ob aber 
diese Erklärung wirklich richtig ist, muß wohl durch weitere Ver- 
suche entschieden werden. 

Die eingangs erwähnten Unterschiede zwischen den am Röhren- 
photometer und mit dem Eder-Hechtschen Graukeilsensitometer 
erhaltenen Bestimmungen waren aus der Wirkung des soeben nach- 
gewiesenen Eberhard-Effektes nur zum Teil erklärlich. Es wurde 
daher noch versucht, Röhrenphotometer und Graukeilsensitometer 
direkt miteinander in Vergleiche zu bringen dadurch, daß unter Ver- 
wendung derselben Lichtquelle und unter Einhaltung gleicher Ex- 
positionszeit Aufnahmen mit beiden Instrumenten auf derselben 
Platte ausgeführt und untereinander verglichen wurden. Es war 
damit möglich, die Keilkonstante, deren Logarithmus auf allen Eder- 
Hechtschen Instrumenten ganz gleich und auf 5 Dezimalen(!) mit 
0,40137 angegeben wird, zu überprüfen. 

Die Bestimmung der Keilkonstante durch Vergleich mit der 
Röhrenphotometerskala erfolgte dabei immer zwischen je 10° EH, 
und zwar sowohl im Sensitometerkeil selbst als auch in der Loch- 
reihe. Im folgenden sind die Resultate zusammengestellt: 


Bereich Flavin Lumière S.E. | Deutsche Hauff Englischer 
EH? ortholicht. |Imperialplatte | Ultrarapid | Imperialfilm 
Keilkonstanten im Sensitometerkeil (logarithmisch) 
70—60 0,36 0,32 0,37 nr ne 
60—50 0,34 0,30 0,35 0,32 = 
50—40 0,31 0,26 0,30 0,30 0,35 :: 
40—30 — — — 0,29 0,35 
Mitel | 037 | 023 | 030 | oan | 035 
Keilkonstanren in der Löcherreihe (logarithmisch) 
70—60 0,37 0,33 0,36 = — 
60-50 0,36 0,31 0,36 0,35 — 
50—40 0,31 0,28 0,31 0,31 0,34 :: 
40—30 _ _ == 0,31 0,34 
Mittel | aa | 0307 | 0343 | 0323 | 034 


Für die ersten vier Platten kam als Lichtquelle eine Kreide- 
fläche in Verwendung, die von einer sokerzigen Metallfadenlampe 
beleuchtet war, bei der letzten Aufnahme auf Imperialfilm wurde 


314 Anatek. 
Magnesiumlicht benutzt, das von derselben Kreidefläche diffus reflek- 
tiert wurde. 

Nach den Zihlänergebaisien der obigen Tabelle haben die Ver- 
suche somit folgendes ergeben: 


I. Die Keilkonstante ist durchwegs wesentlich kleiner als 0,40137, 
wie auf dem Instrument angegeben wird. 


2. Nicht alle Plattensorten haben dieselben Werte für die Keil- 
konstante geliefert und allem Anschein nach spielt ebenso auch 
die Farbe der Lichtquelle eine Rolle. 


3. Die Keilkonstante ist bei kleineren Schwärzungen (größeren 
EH-Graden) größer, bei größeren Schwärzungen, also kleineren EH- 
Graden dagegen kleiner herausgekommen. 


4. Aus den Messungen an den Lochschwärzungen haben sich 
in der Regel größere Keilkonstanten ergeben, als aus den Mes- 
sungen im Sensitometerkeil. 


Letzteres (Punkt 4) ist ohne weiteres begreiflich, da die Keil- 
konstante durch das Auftreten des Eberhard-Phänomens im Sen- 
sitometerkeil gedrückt wird. 


Die unter 2. und 3. angeführten Eigenfümlichkeiten dürften 
jedenfalls auf die merkbare Grundfärbung des Graukeils zurück- 
zuführen sein. Denkt man sich den Keil nämlich zusammengesetzt 
aus einem wirklich neutralen Graukeil, der im Spektrum keinerlei 
selektive Absorption ausübt, und aus einem darübergelegten Grün- 
keil, so wird durch den Letzteren nicht nur die Wirkung ver- 
schiedener Emulsionen von nicht ganz gleicher Farbenempfindlich- 
keit verschieden beeinflußt, sondern auch Licht verschiedener Licht- 
quellen anders getönt; und des weiteren wird die selektive Absorp- 
tion des Grünkeils bei den niederen EH-Graden, also dort, wo der 
Keil dünner, die Farbe daher weniger konzentriert ist, geringer sein, 
als an den dickeren Stellen des Keils mit den größeren EH-Zahlen, 
wo die Farbdichte größer ist. Den größeren EH-Graden werden 
also folgerichtig auch die größeren Keilkonstanten zukommen 
müssen. 

Was die unter ı. angeführte Eigentümlichkeit betrifft, daß die 
Keilkonstante aus dem Vergleich mit dem Röhrenphotometer durch- 
wegs kleiner erhalten worden ist als 0,401, wie auf dem Instrument 
angegeben, so ist nicht gerade ausgeschlossen, daß auch diese Dis- 
krepanz ihre Ursache in der starken Grünfärbung des Keiles hat. 
Da nämlich der auf dem Instrument vermerkte Wert von 0,401 


Einiges über die Graukeilphotometer. 315 


aus Messungen am Martensschen Polarisationsphotometer, also auf 
visuellem Wege abgeleitet worden sein soll, während hier der photo- 
graphische Weg eingeschlagen worden ist, wäre nicht unmöglich, 
daß die Nuance der Grünfärbung gerade derart ist, daß sie die 
Gradation der verwendeten photographischen Emulsionen etwas 
weniger beeinflußt als die Messung mit dem Auge. Wahrschein- 
licher erscheint mir allerdings, daß bei den Messungen am Martens- 
Photometer auf den Callier-Effekt nicht genügend Rücksicht ge- 
nommen worden ist, der bekanntlich dahin wirkt, daß die Messung 
der Absorption von Emulsionen im parallelen Strahlengang (visuelle 
Messung am Martensschen Polarisationsphotometer) immer größere 
Werte für die Absorptionskonstante liefert, als die Messung mit un- 
gesträhltem Licht (photographische Bestimmung). Vielleicht haben 
auch beide Möglichkeiten, Grünfärbung und Callier-Effekt, zu- 
sammen gewirkt. 

Ob es überhaupt so leicht sein dürfte, einen wirklich gänzlich 
neutral gefärbten Gelatinekeil durch Emulsionierung von Tusche und 
Beigabe irgendeines (blauen), die Färbung dieser Emulsion neu- 
tralisierenden Farbstoffes zu erzielen, erscheint mir nach meinen 
vielfachen Untersuchungen über die Absorptionsspektren verschie- 
dener Farbstoffe fraglich; zum mindensten dürfte die fabriksmäßige, 
also nicht mehr rein individuelle Herstellung solcher Keile Schwierig- 
keiten bereiten. Das mahnt aber dann bei der Verwendung von 
solchen Graukeilen bei genauen photometrischen Bestimmungen 
immer zu größter Vorsicht. Es wird sich daher kaum empfehlen, 
Graukeile irgendwelcher Herkunft ohne vorherige eingehende, und 
zwar auf photographischem Wege mit der später zu verwendenden 
Lichtquelle vorgenommene Prüfung zu genauen photometrischen 
Messungen und Untersuchungen zu verwenden. 


Wien, im Sept. 1926. 


Eingegangen am 8. Oktober 1926. 


316 Wiegel. 


Farbe und Lichtempfindiichkeit von Silbersolen. 
Von 


Ernst Wiegel. 


Mit ı Figur im Text. 


1. Die langsame Koagulation der Dextrinsilbersole. 


Bei Versuchen mit!) Carey Leaschen Dextrinsilbersolen 
machte ich die Beobachtung, daß sie ihre zunächst braungelbe 
Durchsichtsfarbe mit der Zeit über Orange, Purpurrot, Violett nach 
Blau verändern, und zwar sind die dabei auftretenden Farben von 
großer Reinheit. Zum Schluß schlägt sich das kolloide Silber als 
Niederschlag zu Boden. Die Sole zeigten die folgenden Konzen- 
trationsverhältnisse. Das aus einem Reaktionsgemisch von 


7,0 cm? ı0°/,iger Dextrinlösung 2), 
7,0 cm? ı0°/,iger Natronlauge, 

5,0 cm? ı0°/,iger Silbernitratlösung, 
16,0 cm? dest. Wasser 


entstehende konzentrierte Sol wurde !/, Stunde nach dem Eintreten 
vollständiger Peptisation des entstehenden hochdispersen Silbers auf 
1000 cm? verdünnt. Die Mengenverhältnisse entsprechen der 
Carey Leaschen Vorschrift, vgl. Fußnote. An den so erhaltenen 
Solen von braungelber Durchsicht und schwarzer Aufsicht wurden 
die erwähnten Farbänderungen beobachtet. Der Farbumschlag bis 
zur orangen Durchsichtsfarbe erfolgte bei Solen von der oben- 
stehenden Konzentration innerhalb eines Zeitraums von 3!/, Monaten 
bei Zimmertemperatur und Stehen im Dunkeln. Die Vermutung, 
daß diese Erscheinung durch eine langsame Koagulation durch die 
in den Solen von der Herstellung her enthaltenen Elektrolyte be- 


1) Hergestellt nach Vorschrift, vgl. Carey Lea, Übersetzung von Lüpp°° 
Cramer, S. 131. Sie lautet dort folgendermaßen: „Man löst in zwei Liter Wasser 
40 g Ätznatron und 40 g Dextrin und filtriert, wenn nötig. Dann löst man 28 g Silber- 
nitrat in sehr wenig Wasser und setzt dieses nach und nach dem vorigen ZU. Es 
tritt sofort vollständige Lösung ein“, 

2) Benutzt wurde z. B. Dextrin gelb des Handels, aber es eignen sich auch die 
weiter unten erwähnten anderen Dextrinsorten. 


Farbe und Lichtempfindlichkeit von Sulbersolen. 317 


dingt sei, wurde durch die weiter unten beschriebenen systematischen 
Versuche bestätigt. 


Vorher sei noch einiges zur Darstellung der Dextrinsilbersole 
selbst bemerkt. Der Carey Leaschen Dextrinmethode liegen 
folgende Vorgänge zugrunde. Durch Zusatz einer stark alkalischen 
Dextrinlösung zu einer konzentrierten Silbernitratlösung wird primär 
graubraunes Silberoxyd ausgefällt, das sekundär zu elementarem 
Silber reduziert wird. Infolge der peptisierenden Wirkung der Dex- 
trinlösung geht das in hochdisperser Form entstehende Silber sofort 
als Kolloid in Lösung. Da zur Umsetzung des Silbernitrates in 
Silberoxyd nur der sechste Teil der von Carey Lea vorgeschrie- 
benen Natronlauge verbraucht wird, so ist der größte Teil noch als 
freies Hydroxyd in den Solen enthalten und verleiht diesen alka- 
beschen Charakter. 


Zur Darstellung ist es zweckmäßig, nur frisch hergestellte Natron- 
lauge zu verwenden. Denn wie ich beobachten konnte, wird die 
Natronlauge durch längeres Stehen in den Flaschen, wobei sich 
gewöhnlich ein weißer, flockiger Niederschlag ausscheidet, zur Dar- 
stellung des kolloiden Silbers immer ungeeigneter. Die Peptisation 
ist dann unvollständig, d. h. das Silber setzt sich ganz oder teilweise 
als nicht peptisierbarer Niederschlag ab. Es ist dies sicher darauf 
zurückzuführen, daß unter dem Einfluß der Natronlauge aus der 
Glasmasse mehrwertige Kationen in Lösung gehen, die Auf das 
kolloide Silber stark flockend wirken und so die Peptisation ver- 
hindern. 


Untersuchungen des Verfassers bezüglich des Einflusses der bei 
der Darstellung verwandten Natronlaugemenge auf die Solbildung, 
führten bei Verwendung vier verschiedener!) Dextrinsorten von Merck, 
Darmstadt, zu dem Ergebnis, daß ein geringerer Natronlaugezusatz 
als nach Carey Lea der Solbildung wie auch der Stabilität (vgl. 
hierzu Tab. 2) weit günstiger ist. Während bei einigen Dextrinen 
bei einem NaOH-Gehalt des Reaktionsgemisches entsprechend der 
Carey Leaschen Angabe bzw. bei einem noch höheren die Pepti- 
sation des reduzierten Silbers unvollständig war, ging bei einem 
niedrigeren NaOH-Gehalt, entsprechend der folgenden Vorschrift, bei 
allen Dextrinen das Silber vollständig in Lösung. Das Reaktions- 
gemisch bestand aus: 


D Es waren dies: Deztrin gelb, D. weiß, D. purum, D. puriss. alcohol prae- 
cipitat, 


318 Wiegel. 


7,0 cm? 10°/,iger Dextrinlösung, 

3,0 cm? ı0°/,iger Natronlauge, 

5,0 cm? 10°/ iger Silbernitratlösung, 
20,0 cm? H,O dest. 


Die hieraus entstehende Solmenge wurde wie vorher !/, Stunde 
nach dem Eintreten vollständiger Peptisation stets auf 1000 cm? 
verdünnt. 

Zur Untersuchung des Einflusses des Elektrolytgehaltes der Sole 
auf die eingangs erwähnten Farbänderungen wurden drei Sole mit 
gelbem Dextrin nach der letztgenannten Vorschrift hergestellt. Beim 
Verdünnen der Sole wurde zweien noch eine bestimmte Menge 
Natronlauge zugesetzt, so daß die Sole im Liter 3,0 cm? bzw. 6,7 cm? 
bzw. 15,0 cm 10°/, ige Natronlauge enthielten. Um eventuelle Licht- 
wirkungen festzustellen, wurden die Solmengen noch einmal geteilt. 
Die eine Hälfte, bezeichnet mit Ia, IIa, IIIa wurde im Dunkeln 
aufbewahrt, die andere, bezeichnet mit Ib, IIb, IIIb, im diffusen Tages- 
licht stehen gelassen. Bereits nach zwei Monaten zeigte das dem 
Licht ausgesetzte Sol IIIb mit 15,0 cm? ı0°/,iger Natronlauge im 
Liter eine starke Veränderung der braungelben Durchsichtsfarbe nach 
Orange. Nach AL Monaten ergab sich folgendes Bild. 


Tabelle ı. 
ul cm? 10°/ ige NaOH | Durchsichts- . e : Extinktions- 
Sol E | farbe Ultramikroskopisches Bild 


Ia 3,0 cm? braungelb sehr viele lichschwache | — 
Ib 3,0 braungelb blaue Teilchen II 
sehr viele lichtschwache 
Ia 6,7 » orangegelb blaue, wenige gelbgrüne III 
Teilchen 
überwiegend gelbgrüne 
IIb 6,7 » purpurrot | Teilchen | IV 
III a 15,0 y» rötlich violett | meist grüngelbe Teilchen N 
viele gelbweiße licht- 
> Se biau l starke Teilchen } Er 


Die Sole Ia und Ib zeigten nach dem erwähnten Zeitraum von 
3'%/, Monaten noch keine makroskopisch beobachtbare Farbverän- 
derung. Erst nach 5!/, Monaten hatte sich bei Sol Ia die Durch- 
sichtsfarbe bis zum Orange verändert. Zusammenfassend sei in der 
folgenden Tabelle noch einmal die Abhängigkeit der Zeitdauer der 
Farbänderung bis zum Orange von dem NaOH-Gehalt dargestellt 


Farbe und Lichtempfindlichkeit von Sılbersolen. 319 


Tabelle 2. 
Sol cm? 10°/ ige NaOH Zeitdauer bis zur 
in 1000 cm? Farbänderung n. Orange 
Ia 3,0 cm? il Monate 
Ila 67 » 4 „ 
Dia 15,0 „ CNR e 


Aus dieser wie auch aus Tab. ı ergibt sich, daß die Farb- 
änderung um so schneller erfolgt, je höher die Konzentration der 
Natronlauge innerhalb des Soles ist. Daß nicht ein spezifischer Ein- 
fug der Natronlauge vorliegt, sondern daß sie lediglich als Elek- 
trolyt eine koagulierende Wirkung auf die Teilchen des Sols ausübt, 
geht daraus hervor, daß der Zusatz von andern Elektrolyten wie 
KNO,, Sr(NO,), ebenfalls diese Farbänderungen bewirkt. Bei Solen 
nach der vom Verfasser abgeänderten Vorschrift hat man etwa die 
gleichen Flockungszeiten wie bei den Solen Ila und Ia bei einer 
KNO,-Konzentration = n/50 bzw, n/100 oder einer Sr(NO,),-Konzen- 
tration == n/5000 bzw. n/10000. 

Hiernach kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die lang- 
samen Farbveränderungen der ungereinigten Dextrinsilbersole durch 
die von der Darstellung her in ihnen enthaltenen Elektrolyte bedingt 
sind, d. h. daß die Farben als Flockungsfarben des kolloiden Silbers 
betrachtet werden müssen. Ergänzend konnte festgestellt werden, 
daß gereinigte, d. h. von Elektrolyt größtenteils befreite Sole diese 
Farbänderungen noch nicht innerhalb eines Jahres zeigen. 


2. Die Lichtempfindlichkeit der Dextrinsilbersole. 


Vergleicht man in Tabelle ı die Durchsichtsfarben der im 
Dunkeln aufbewahrten Sole Ia, IIa, Dia mit den Durchsichtsfarben 
der dem Tageslicht ausgesetzten Sole Ib, IIb, IIIb (vgl. auch die 
Extinktionskurven), so ersieht man hieraus ohne weiteres die be- 
schleunigende Wirkung des Lichtes auf diesen Flockungsvorgang. 
Dieser Unterschied in den Durchsichtsfarben wurde vom Verfasser 
stets beobachtet, wenn von demselben Sol der eine Teil dem diffusen 
Tageslicht ausgesetzt blieb und der andere im Dunkeln aufbewahrt 
wurde. Immer war das belichtete Sol weitergehend geflockt als das 
im Dunkeln aufbewahrte. Es liegt zweifellos ein Einfluß des Lichtes 
vor. Besonders leicht beobachtbar wird die flockende Wirkung des 
Lichtes auf diese Sole bei Betrachtung im Beleuchtungskegel des 


320 Wiegel 


Kardioidultramikroskops. Um Wärmewirkungen auszuschalten, wurde 
zur Absorption der Wärmestrahlen eine Küvette mit verd. CuSO,- 
Lösung zwischen Beleuchtungsbogenlampe und Ultramikroskop ein- 
geschaltet. Als besonders lichtempfindlich erwiesen sich die Sole 
im orangefarbigen Stadium. Die Lichtwirkung tritt folgendermaßen 
in Erscheinung. Das Sol zeigt in den ersten Sekunden blaues Ge- 
sichtsfeld; bei schärferer Beobachtung bemerkt man sehr viele licht- 
schwache blaue Teilchen von starker Brownscher Bewegung. Inner- 
halb von 10—20 Sekunden nimmt die belichtete Stelle grüne, dann 
gelbe und schließlich gelbweiße Farbe an. Inmitten des blauen 
Gesichtsfeldes entsteht in kurzer Zeit an der belichteten Stelle ein 
lichtstarker gelbweißer Fleck von Ag-Teilchen, die sich bei starker 
Vergrößerung (Leitz Ok. 18 Objektiv. 5.) als Sekundärteilchen er- 
kennen lassen. Durch Einschaltung von verschiedenen Lifa-Licht- 
filtern wurde festgestellt, daß die kurzwelligen Strahlen am wirk- 
samsten sind; während bei violetten und blauen Strahlen die Er- 
scheinung innerhalb 40—60 Sekunden auftritt, rufen die lang- 
welligen roten Strahlen innerhalb von 10—ı5 Minuten noch keinen 
deutlich sichtbaren Effekt hervor. 


Ein weiterer Beweis für die Lichtempfindlichkeit dieser Dextrin- 
silbersole ist folgende Tatsache. Es konnte mehrfach beobachtet 
werden, daß Dextrinsilbersole, die längere Zeit bei einseitiger Be- 
leuchtung dem diffusen Tageslicht ausgesetzt waren, an der dem Licht 
zugekehrten Seite der Glaswand einen Belag von kolloidem Silber 
absetzten. Gezahnte Etiketten, die sich eventuell an der Lichtseite 
befanden, wurden hierbei von der Silberschicht glatt abgebildet, 
indem sich an den bedeckten Stellen kein Silber ausschied. Es ist 
diese Erscheinung zweifellos auf eine Koagulation unter dem Ein- 
fluß des Lichtes zurückzuführen. 


3. Spektralphotometrische Messungen. 


Zur genaueren Festlegung der bei der langsamen Koagulation 
der Dextrinsilbersole auftretenden Durchsichtsfarben wurden von den 
in Tabelle ı erwähnten farbigen Solen mit Hilfe des König-Mar- 
tensschen Spektralphotometers die Extinktionskurven gemessen. 
Da jedes einzelne Sol die Farbenfolge von Gelb über Orange, Pur- 
purrot, Violett nach Blau durchläuft, so gelten die hier an mehreren 
Solen in verschiedenem Flockungsstadium gemessenen Kurven auch 
für jedes einzelne. Die Kurven stellen der Reihe nach die Flockungs- 


Farbe und Lichtempfindlichkeit von Subersolen. 321 


farben des kolloiden Silbers bei der langsamen Koagulation dar. 
Die Sole sind für die Messungen sehr gut geeignet. Zur Erreichung 
der günstigsten Verdünnung kann man sie einfach mit destilliertem 
Wasser verdünnen, ohne daß man dabei eine Änderung des Dis- 
persitätsgrades zu befürchten braucht. Auch ist es nicht nötig, zu 
einer eventuellen Stabilisierung Gelatine zuzusetzen, wie es bei den 
spektralphotometrischen Messungen von Schaum und Marx!) sich 
als zweckmäßig erwies, als sie die Flockungsfarben von Carey Lea- 
schen Dextrinsilbersolen bei schneller Koagulation studierten. 


Die in der folgenden Tabelle angegebenen Extinktionskoefh- 
zienten e sind alle auf die gleiche Ag-Konzentration c = 0,076 g 
pro Liter und dieselbe Schichtdicke d = 1,0 cm bezogen. Es ergeben 
sich hieraus für die einzelnen Sole die in nachstehendem Diagramm 
eingezeichneten Extinktionskurven. Kurve I entspricht einem nach 
der angegebenen Vorschrift hergestellten braungelben Sol kurz nach 
der Darstellung. Die Kurven II—VI beziehen sich auf die in Tabelle ı 
erwähnten Sole. 


Sol I II HI IV Vi VI 
À up) ursprüngl. | braungelb | orangegelb | purpurrot violett 


3:57 2,59 1,59 
4,06 2,83 1,64 
4,80 3,14 1,73 
4,99 3,50 1,89 
3,73 3,96 2,09 
1,93 415 2,29 
1,06 3,62 2,47 
0,665 2,67 2,52 
0,491 1,86 2,40 
0,383 1,39 2,01 
0,302 1,04 1,57 
0,268 0,857 1,33 


Die Kurven IV—VI zeigen ein ausgeprägtes Absorptionsmaxi- 
mum, das der Sole I—III liegt im Ultraviolett. Wie bei den nach 
der Verstärkungsmethode hergestellten Solen verschiebt es sich mit 
zunehmender Teilchengröße nach größeren Wellenlängen. Es gilt 
demnach auch für die durch langsame Koagulation entstehenden 
farbigen Silbersole die Ostwaldsche Farbenregel. Die Kurven 
zeigen sogar eine auffallende Ähnlichkeit mit den aus der Mieschen ?) 


1) K, Schaum u, Th, Marx, Koll,-Zeitschr. 31, 67. 
"E Müller, Ann. d. Phys. 85. 500. 1911. 


2322 Wiegel. 
Theorie folgenden Kurven für die Strahlung von Silbersolen. Im 
Gegensatz zu den violetten und blauen Solen, wie sie von Schaum 
und Marx!) durch schnelle Koagulation von Carey Leaschen 
Dextrinsilbersol erhalten wurden, zeigen die Kurven der durch lang- 
same Koagulation entstehenden Sole nur ein Maximum. Wie aus 


€ 
5 


480 20 560 600 640 


Fig. ı. 


der Arbeit von Schaum und Marx ersichtlich, zeigen die durch 
schnelle Koagulation entstehenden violetten und blauen Sole 1 
ihren Extinktionskurven mehrere Absorptionsmaxima. Es ist dies 
zweifellos auf Unterschiede in dem Flockungsvorgang zurückzuführen. 
Bei der schnellen Koagulation durch größeren Elektrolytzusatz trete? 


1) K. Schaum und Th. Marx, a. a, O. 


æ -r e Cem pm 


Farbe und Lichtempfindiichkeit von Silbersolen. 323 


lokal stärkere Flockungen ein, solange der Elektrolyt noch nicht 
vollkommen gleichmäßig verteilt ist. Hierdurch wird die Hetero- 
dispersität dieser Sole und damit auch das Auftreten mehrerer Ab- 
sorptionsmaxima bedingt. Die langsame Koagulation verläuft im 
Gegensatz zu der schnellen äußerst gleichmäßig, besonders beim 
Stehen im Dunkeln, und hierauf ist die Homodispersität dieser Sole 
und damit das Auftreten von nur einem Ätsorptionsmaximum zu- 
rückzuführen.- Besonders die purpurroten Sole erweisen sich von 
äußerster Farbkrafe Die von The Svedberg?) eingeführte 
Größe ı/lim 2 dürfte nach Überschlagsrechnungen kleiner als 6- 10° 
sein, d. h. die durch langsame Koagulation entstehenden purpurroten 
Silbersole würden an Farbkraft sogar die rubinroten Goldsole über- 
treffen. 


4. Die Aufsichtsfarben der Dextrinsilbersole. 


Wohl am auffallendsten unterscheiden sich die hier beschriebenen, 
durch langsame Koagulation entstehenden, farbigen Silbersole von 
den nach der Zsigmondyschen Verstärkungsmethode?) gewonnenen 
durch ihre Aufsichtsfarbe. Während die letzteren eine Aufsichts- 
farbe zeigen, die etwa die Komplementärfarbe zu ihrer jeweiligen 
Durchsichtsfarbe darstellt, zeigen die hier beschriebenen Sole alle 
eine dunkle, schwarze bis braune Aufsichtsfarbe, trotzdem ihre 
Durchsichtsfarben von großer Reinheit sind (vgl. die gemessenen 
Extinktionskurven). Zur Erläuterung seien die Aufsichtsfarben der 
auf die beiden genannten Arten entstehenden farbigen Sole in der 
folgenden Tabelle nebeneinander gestellt. 


Tabelle 3. 


gelb bräunlich schwarz | bräunlich schwarz | —_— 
orange blaugrau schwarzbraun blaugrün 

purpurrot dunkel olivgrün dunkelbraun dunkelgrün Ba 
violett hell olivgrün braun hellgrün glänzend 
blau olivgelb braun gelb 


— 


N The Svedberg, Koll.-Zeitschr. A 168. 1909. 

3) wie sie zuerst Lüppo-Cramer zur Darstellung von farbigen Silbersolen be- 
nutzte, vgl. Lüppo-Cramer, K.-Z. 7. 99. 

wie sie später in modifizierter Form auch Schaum und Lang anwandten, 
vg. Schaum und Lang, K.-Z. 28. 243. 


324 Wiegel. 


un Áe o- E? E 


Bemerkenswert ist, daß das Sol von gelber Durchsichtsfarbe 
als Ursprungssol für beide Solarten in Spalte II und III der Tabelle 
genau dasselbe ist. Für Sole nach der Verstärkungsmethode wird 
dieses hoch disperse Sol als Keimsol verwandt; für Sole der anderen 
Art ist es das Ausgangssol, das im Laufe der langsamen Koagula- 
tion allmählich seinen Dispersitätsgrad verringert. 


Die durch Verstärkung erzeugten farbigen Silbersole haben die 
typische Aufsichtsfärbe der Metallsole, indem sie infolge der starken 
seitlichen Ausstrahlung den sog, „Metallschimmer“!) zeigen. Im 
Gegensatz hierzu macht die Aufsichtsfarbe der durch langsame 
Koagulation entstehenden Sole mehr den Eindruck einer Trübungs- 
farbe. Durch zunehmende Trübungsstärke bei weitergehender Koagu- 
lation wird eine Aufhellung der bräunlich schwarzen Aufsichtsfarbe 
des ursprünglichen Sols bedingt. Besonders auffallend wird der 
Unterschied bei den Solen von violetter und blauer Durchsichts- 
farbe. Die Ungleichheit der Aufsichtsfarben bei sonst gleicher Durch- 
sichtsfarbe ist zweifellos in einer verschiedenen Struktur der Teilchen 
begründet. 


Bei den durch Verstärkung, d.h. durch Anlagerung von Silber 
in statu nascendi an schon vorhandene Silberkeime, entstehenden 
Teilchen muß man ihrer Bildung nach schon einen kompakteren 
Aufbau annehmen. Die Anlagerung des Silbers wird hierbei ziem- 
lich dem Raumgitter des massiven Metalls entsprechen, und hieraus 
erklärt sich auch die starke Reflexion des Lichtes. Hingegen werden 
die Teilchen der durch langsame Koagulation entstehenden Sole 
mehr Sekundärteilchencharakter haben, d. h. sie werden mehr oder 
weniger dicht gelagerte Aggregate von Ag-Primärteilchen sein, die 
sich im Solzustand noch nicht völlig im optischen Kontakt befinden. 
Erst wenn man das kolloide Silber am Ende der langsamen Koagu- 
lation, nachdem es also vollkommen ausgeflockt ist, abfiltriert und 
auf dem Filter eintrocknen läßt, tritt der Metallcharakter der Teil- 
chen hinsichtlich ihrer Aufsichtsfarbe in Erscheinung. Das in feuchtem 
Zustande noch dunkelbraune Gel nimmt nämlich beim Eintrocknen 
starken Metallglanz an, der je nach der Durchsichtsfarbe des kol- 
loiden Silbers noch eine bestimmte Eigenfarbe zeigt; insofern wäre 
es wohl richtiger, von einem farbigen Metallschiller zu sprechen, 
Zeigte das ausgeflockte Silber beim Suspendieren im Dispergens 
blaue Durchsichtsfarbe, wie dies bei weitgehendster Koagulation der 


1) Vgl. hierzu Wo. Ostwald, Licht und Farbe in Kolloiden S. 66. 


Farbe und Lichtempfindlichkeit von Silbersolen. 325 


Sole stets der Fall war, so ist die eingetrocknete Schicht auf dem 
Filter von gelbem Metallglanz. Unter Umständen kam es auch vor, 
daß das Sol bei violetter bzw. roter Durchsichtsfarbe teilweise sich 
absetzte.!) Solches Silber zeigte beim Eintrocknen dann hellgrüne 
bzw. tief dunkelgrüne Aufsicht, wie dies auch aus Tabelle 3, Spalte IIb) 
zu entnehmen ist. Dabei erinnert die tief dunkelgrüne, metallisch 
e änzende Substanz lebhaft an organische Farbstoffe, so daß man 
Carey Lea?), der ebenfalls solche metallisch glänzenden Oberflächen- 
farben beobachtete, verstehen kann, wenn er schreibt: „Wenn man 
diese Effekte beobachtet, wird man lebhaft an gewisse Teerfarben 
erinnert, sowohl was die intensive Färbefähigkeit betrifft, als auch 
deren metallisch glänzende Oberfläche. Ich wüßte nicht, daß irgend- 
eine anorganische Substanz diese Ähnlichkeit in so bemerkbarem 
Grade besäße.“ 

Das Auftreten der verschiedenen Aufsichtsfarben beweist, daß 
die Unterschiede im Dispersitätsgrad beim Eintrocknen der Schicht 
erhalten bleiben. Das Gesetz, daß Aufsichtsfarbe und Durchsichts- 
farbe komplementär sind, gilt für das durch langsame Koagulation 
entstehende farbige Silber nicht in der Solform, wohl aber für das 
eingetrocknete Gel. Die Unterschiede in den Aufsichtsfarben sind 
auf verschiedene Teilchengrößen zurückzuführen, und in diesem Sinne 
snd auch die von Carey Lea in seinen Arbeiten zitierten ver- 
schiedenfarbigen Formen des Silbers zu verstehen. 

Weitere Veröffentlichungen werden in meiner demnächst er- 
scheinenden Dissertation erfolgen. 


1) Das letztere scheint offenbar stets bei den von Carey Lea selbst her- 
gestellten Dextrinsilbersolen der Fall gewesen zu sein. Es geht dies aus seiner 
folgenden Äußerung hervor (vgl. hierzu Carey Lea, Übersetzung von Lüppo- 
Cramer, S, 131): „Zuweilen wird aber das Silber spontan unlöslich, wenn die alka- 
Iische Flüssigkeit ein oder zwei Monate steht, wobei der größte Teil herausfällt und 
als tiefrote Substanz am Boden liegt und ein Teil mit ziegelroter Farbe suspendiert 
bleibt.“ Aus der Tatsache, daß seine Sole schon nach ein bzw. zwei Monaten bis 
zur roten Durchsichtsfarbe geflockt waren, ergibt sich, daß die Carey Leaschen Sole 
(wahrscheinlich infolge der starken Alkalität) relativ unbeständig waren (vgl. 1., 
Tabelle 2), So ist es auch zu erklären, daß er nicht den weiteren Verlauf dieser 
langsamen Koagulation beobachtete. 

?) Carey Lea, Übersetzung von Lüppo-Cramer, S. 132. 


Gießen, Physikalisch-chemisches Institut, Dezember 1926. 


Zeitschr. L wiss, Phot. 24. 23 


326 Schoen. 


Eine photographische Methode der Spektraiphotometrie im Rot und 
Infrarot. 


Von 
A. L. Schoen. 


Mit 9 Figuren im Text. 


(Mitteilung Nr. 293 des Forschungslaboratoriums der Eastman-Kodak Co. Veröffentlicht 
durch die Technische Abteilung der Kodak G. m. b. H., Berlin.) 


Die Vorteile der photographischen Methoden der Spektral- 
photometrie sind in mehreren kürzlich erschienenen Arbeiten kritisch 
erörtert worden. In den Berichten des O. S. A. Progress Kommitees 
über Spektralphotometrie (1) wurden die Vorzüge von allen Ver- 
fahren, die für die Praxis von Bedeutung sind, aufgezählt und Jones 
hat in seiner vor kurzem veröffentlichten Arbeit über „Eine neue 
Methode der photographischen Spektralphotometrie“ (2) eine ge- 
drängte Übersicht über die Vorsichtsmaßregeln gegeben, die bei der 
Verwendung photographischen Materials zu spektralphotometrischen 
Messungen getroffen werden müssen. 


Den Messungen im sichtbaren und ultravioletten Gebiet des 
Spektrums hat man viel Beachtung zugewendet, doch hat man 
meines Wissens der Verwendung photographischen Materials für 
Messungen im Infrarot sehr wenig oder überhaupt keine Auf- 
merksamkeit geschenkt. Zweifellos ist das auf die Tatsache zurück- 
zuführen, daß photographisches Material von für diesen Zweck aus- 
reichender spektraler Empfindlichkeit erst seit kurzem zur Verfügung 
steht. Man hat zum Photographieren von Spektren mit Dicyanin 
sensibilisierte Platten benutzt, doch behalten dieselben nur eine 
relativ kurze Zeit hindurch ihre maximale Empfindlichkeit bei und 
sind beträchtlichen Schwankungen in der Empfindlichkeit unter- 
worfen, sofern man nicht in der Technik der Sensibilisierung eine 
gewisse Übung besitzt. Mit der Einführung des neuen Sensibili- 
sators Neocyanin (3) wurde es möglich, Spektren ohne Schwierigkeit 
bis zur Wellenlänge 900 mu (Fig. I) aufzunehmen, auf hypersensi- 
bilisiertten Schichten bis zur Wellenlänge 1000 mu. Diese Platten 


Eine photographische Methode der Spektralphotometrie im Rot und Infrarot. 327 


sınd im Handel erhältlich, sie halten sich gut und erfordern bei der 
Entwicklung keine spezielle Behandlung. 

Die spektralphotometrischen Charakteristiken einer großen An- 
zahl gefärbter Gelatinefilter wurden in diesem Laboratorium ge- 
messen; diese Daten sind in der Broschüre „Wratten Lichtfilter“ 
veröffentlicht worden. Die Daten umfassen einen spektralen Bereich 
von 200—700 mu. In der Literatur sind diesbezügliche Daten zu 
finden, die sich auf verschiedene Arten gefärbten Glases beziehen, 
das im Handel erhältlich ist, und auf einige farbige Lösungen, die 
zum Absorbieren gewisser Wellenlängen Verwendung finden. Im 
allgemeinen erstrecken sich diese Angaben auf ungefähr denselben 
Bereich wie die oben erwähnten und über die Absorptionscharakte- 
ristiken derartigen Materials in dem Gebiet zwischen 700 mp und 
1000 mu ist sehr wenig bekannt. 


Fig. ır. 


Auf einer mit Neocyanin sensibilisierten Platte aufgenommenes Keilspektrum. 


Die ständige Zunahme der Verwendung von panchromatischenı 
photographischen Material (4), das eine nutzbare Empfindlichkeit 
bis 760 mu hat, und speziellen für Infrarot empfindlichen Materials 
laßt es wünschenswert erscheinen, die Daten bezüglich der selektiven 
Absorption der Filter in dem Bereich der längeren Wellenlängen 
zu kennen. Derartige quantitative Messungen sind für manche Auf- 
gaben von Wichtigkeit, wie die Erzielung von „Nacht“- oder Mond. 
lichteffekten“ beim Photographieren von durch Sonnenlicht beleuchtete 
Szenen (5), für biologische Versuche über die Strahlung verschiedener 
Organismen (6), die Verwendung der infraroten Strahlen auf dem 
Gebiete des Signalwesens, die Lichtabsorption im Zusammenhang 
mit der chemischen Konstitution usw. 

Wichtige Daten über die Durchlässigkeit von Farbstoffen und 
Filtern für infrarote Strahlen wurden mit einem Hilger-Spektro- 

23” 


328 Schoen. 


meter erhalten, das mit einer Thermosäule und einem hochempfind- 
lichen Galvanometer ausgerüstet war. Diese Methode erfordert 
jedoch viel Arbeit und der Raum und die Umgebung müssen mehr 
oder weniger frei von Störungen sein. Bei dichteren Filtern war 
es notwendig, eine Lichtquelle von hoher Intensität zu verwenden, 
um in der Nähe von 700 mu eine ausreichende Energie zu erhalten, 
die einwandfreie Galvanometerablesungen ermöglicht. Diese Inten- 
sität verursachte eine starke Erhitzung des zu untersuchenden Ma- 
terials, insbesondere bei Farbstofflösungen, und bisweilen trat ein 
Ausbleichen der Farbstoffe ein, bevor der Versuch beendet war. 
Es ist klar, daß mit photographischem Material, das für das 
infrarote Gebiet (700—1000 mu) empfindlich ist, spektralphoto- 


i 
FOUN e 


e — u 


Fig. 2. 


Anordnung des Spektrographen, des Photometers und der Bogenlampe 
von hoher Intensität für die Spektralphotometrie. 


metrische Messungen in diesem Gebiet auf photographischem Wege 
ausgeführt werden können. Den Apparat, der für diesen Zweck 
konstruiert wurde, zeigen Figg. 2 und 3. Er besteht aus einem 
Drei-Prismenspektrographen (S), der von Heele hergestellt wurde, 
an dessen Kollimatorspalt ein von Bellingham und Stanley (7) 
fabriziertes Polarisationsphotometer angeordnet ist. Die optischen 
Achsen der Polarisationsprismen (A und B) sind geneigt und in 
ihrem Schnittpunkt ist die Lichtquelle aufgestellt. Mittels eines 
total reflektierenden Prismas wird das Strahlenbündel 3 dem Strahlen- 
bündel A parallel gemacht, und auf diese Weise der untere Teil 
des Spaltes durch das Licht beleuchtet, das durch das System Æ 
hindurchgegangen ist. Das optische System des Spektrographen 
entwirft daher auf der Plattenebene zwei Spektren, die neben- 


l 


Eine photographische Methode der Spektralphotometrie im Rot und Infrarot. 329 


einander liegen und von denen das eine durch die durch das System A 
hindurchgegangenen Strahlen entsteht, das andere durch die des 
Systems Æ. Durch Drehen des Nicols in dem System A um seine 
optische Achse kann die Intensität des Spektrums A’ verändert und 
auf jeden gewünschten Wert in bezug auf die Helligkeit des Spek- 
tums Æ eingestellt werden. 


Um spektralphotometrische Messungen in diesem Gebiete in 
befriedigender Weise ausführen zu können ist es notwendig, ein 
optisches System zu verwenden, das eine relativ hohe Dispersion 
besitzt, damit die Strahlen von verschiedener Wellenlänge so ge- 
trennt werden können, daß die Messungen genügend genau sind. 
Wenn man ein System von großer Dispersion verwendet, so ist es 
schwierig, in dem Spektrum eine ausreichende Energiedichte zu er- 


Prismen 


Ber 
CR ` GT e a S CG 


Fig. 3. | 
Schema des Spektralphotometers. 


halten. Der Erfolg beim Arbeiten mit der hier beschriebenen Me- 
thode hängt in hohem Maße davon ab, daß man eine Lichtquelle 
von äußerst hoher Flächenhelle verwendet, die in dem durch die 
dispergierte Strahlung gebildeten Spektrum eine relativ hohe Energie- 
dichte ergibt. Die Lichtquelle Z (Fig. 4) ist eine Sperry-Submarin- 
lampe Type D für ı1ıo Volt und einer Stromstärke von 35 Ampere, 
die einen Lichtbogen von hoher Intensität hat. Sie arbeitet voll- 
kommen automatisch und nach Bassett (9) übertrifft der Krater 
dieses Bogens die Sonnenscheibe etwas an Flächenhelle; der für 
dessen Wert angegebene Faktor beträgt 920 Kerzen pro Quadrat- 
millimeter. Diese Lichtquelle hat sich als vollkommen befriedigend 
erwiesen, obgleich sich die Helligkeit mit der Zeit etwas verändert. 
Messungen haben ergeben, daß die Helligkeit des Kraters um an- 
nahernd + 5°/, variiert. Die Periode dieser Helligkeitsveränderung 
ist jedoch relativ kurz, so daß, wenn man die Helligkeit während 
einer Zeitdauer von mehreren Sekunden mißt, und das Mittel nimmt, 


330 Schoen. 


der Durchschnittswert von einer Exposition zur anderen konstanter 
ist, als es der obige Wert angibt. 

Die Arbeitsweise bei der Messung der spektralen Absorption 
ist im wesentlichen die gleiche, wie sie von Howe (10) und anderen 
angegeben wurde, die das Hilgersche Spektrometer und den Quarz- 
spektrographen verwendeten. Die zu messenden Lösungen oder 
Filter werden in das Strahlenbündel 32° eingeschaltet, und man 
macht nun eine Reihe von Aufnahmen des Spektrums. Vor der 
Einschaltung des Objektivs wird das System so adjustiert, daß, wenn 
die Ebene des polarisierenden Nicols A der Ebene des Analysators 
in dem Strahlenbündel AA’ parallel ist, die beiden Spektren, die 


Fig. 4. 


Polarisationsphotometer von Bellingham und Stanley. 


Seite an Seite auf der photographischen Platte entstehen, von 
gleicher Helligkeit sind. Nun kann durch Drehen des Polarisations- 
prismas A die Intensität des Absorptionsspektrums in jedem ge- 
wünschten Grade verringert werden. Das Drehen des Polarisations- 
prismas A ist also der Einschaltung einer bekannten Dichte in das 
Strahlenbündel 4.4’ gleichwertig. Nachdem man das zu messende 
Objekt in das Strahlenbündel 32’ eingeschaltet hat, macht man 
eine Reihe von Aufnahmen, indem man das Polarisationsprisma A 
so einstellt, daß es einer Reihe von genau bekannten Dichtigkeits- 
werten äquivalent ist. Die Einstellungen für jede gewünschte Reihe 
von Dichtigkeitswerten werden mit Hilfe der Formel 
D = log ze 


cos? A 


Eine photographische Methode der Spektralphotometrie im Rot und Infrarot. 331 


berechnet, in der D die Dichte und A den Winkel zwischen den 
Ebenen des Polarisators und des Analysators bezeichnet. Die 
Dichte wird durch die folgende Gleichung definiert: 


D = log -= , 


in der 7 der Durchlässigkeitsfaktor ist. 

In der folgenden Tabelle ist ein typischer Bericht über die 
Untersuchung einer Kryptocyaninlösung wiedergegeben, die die 
Daten einer Versuchsreihe mit dem Photometer zeigt. 


Einstellung des Photometers ` 

Dichte - Belichtung 

korrigiert für die Absorption im Photometer 

o 36,0 i 5 Sek 
0,1 43,5 5 
0.2 49 8 10 
0,3 54,9 20 
0,4 59,1 40 
0,8 71,2 60 
1,2 78,3 90 
1,6 82,6 120 
2,0 85,3 | 180 


Nach der Entwicklung der Platten werden die Wellenlängen 
bestimmt, bei denen die photographische Dichte in jedem Paar der 
aneinander grenzenden Spektren gleich groß ist (Fig. 5), und dann 
gegen die entsprechenden Dichten aufgetragen. Beachtenswert ist, 
daß dieses Verfahren frei von Fehlern ist, die sich daraus ergeben 
können, daß das Reziprozitätsgesetz nicht gilt, oder eine Folge der 
Wirkung einer intermittierenden Belichtung sind. Ferner wird die 
Gleichheit der Dichte an Punkten bestimmt, die auf der photo- 
graphischen Platte unmittelbar aneinander grenzen und so wird jeder 
mögliche Fehler ausgeschaltet, den Unterschied in der Einpfindlich- 
keit der photographischen Platte an ihrer Oberfläche und Unter, 
schiede in dem Grade, bis zu dem die einzelnen Belichtungen ent- 
wickelt werden, zur Folge haben können. 


Es könnte sich nun die Frage ergeben, ob das Kalzitprisma 
des Photometers eine selektive Absorption besitzt. Nach unseren 
Untersuchungen scheint man dieselbe vernachlässigen zu können, 
da sich stets eine ausgezeichnete Übereinstimmung ergab, wenn die 
photographischen Messungen mit denjenigen verglichen wurden, die 
nach visuellen oder radiometrischen Methoden ausgeführt wurden. 


332 Schoen. 


S. B. Nicholsen und C. Pettit (11) vom Mount Wilson -Obser- 
vatorium verdanken wir Angaben über die Durchlässigkeit von 
Kalzit, die zeigen, daß es bis zur Wellenlänge 2000 mu nicht 
selektiv ist. 


Die in Fig. 6 wiedergegebenen Absorptionskurven von fünf 
Farbstoffen, die zum Sensibilisieren von Emulsionen für Rot und 


Fig. 5. 


Absorptionsspektrum einer Lösung von Filter-Blaugrün (1 : 1500); die weißen Punkte 
geben die Wellenlänge von gleicher photographischer Dichte an. 


Infrarot Verwendung finden, wurden aut Grund der Daten kon- 
struiert, die in der oben beschriebenen Weise erhalten wurden. Sie 
sind insofern von besonderem Interesse, als sie den Zusammenhang 
zwischen dem Absorptionsband und dem Gebiet der maximalen 
Empfindlichkeit zeigen (12). Die Ergebnisse früherer Messungen, 
die mittels radiometrischer Methoden zur Bestimmung der Wellen- 
länge der maximalen Absorption ausgeführt wurden, waren un- 
befriedigend, und zwar zumindest bei der Konzentration der Farb- 


Eine photographische Methode der Spektralphotometrie im Rot und Infrarot. 333 


stoffe, in der diese zweckmäßig Verwendung finden, da die in der 
Nähe der Endpunkte des Absorptionsbandes durchgelassene Energie 
für genaue Messungen bei weitem zu gering war. 


AAAA 
AKA EN 


SE EZ Ei Ze io 


Dichte 


Fig. 6. 
Absorptionskurven von für Rot und Infrarot sensibilisierenden Farbstoffen. 


Typische grüne und blaue Farbstoffe haben die in Figg. 7 und 8 
wiedergegebenen Absorptionskurven; Fig. 9 zeigt die Kurven ver- 


Dichte 


70O 
Wellenlänge in mu 


Fig. 7. 
Absorptionskurven von typischen blauen Farbstoffen. 


schiedener Wratten-Filter, die für die Zwecke der unsichtbaren 
Signalisierung und die Photographie infraroter Strahlungen (13) her- 
gestellt wurden. Um beim Photographieren mit infraroten Strahlen 


Dichte 


600 700 800 900 
Wellenlänge in mu 
Fig. 8. 


Absorptionskurven von typischen grünen Farbstoflen- 


Wellenlänge in mu 


Fig. 9. 
Absorptionskurven von Wratten-Rot- und -Infrarotfilterz? ~ 


Eine photographische Methode der Spektralphotometrie im Rot und Infrarot. 335 


die maximale Wirkung zu erreichen, ist es notwendig, Filter zu ver- 
wenden, die scharf begrenzte Bezirke herausfiltern, d.h. auf der 
infraroten Seite des Absorptionsbandes steile Absorptionskurven auf- 
weisen. Bei unseren Untersuchungen haben wir gefunden, daß eine 
Neocvaninlösung in Verbindung mit dem Wratten-Filter Nr. 87 
zur Absorption der sichtbaren und ultravioletten Strahlen beim Photo- 
graphieren infraroter Strahlen von der Wellenlänge 800— 1000 mu 
gute Dienste leistet. 


Abschließend kann gesagt werden, daß das Verfahren von den 
meisten Nachteilen der photographischen Methode frei zu sein 
scheint und in Verbindung mit Methoden, die früher in der Literatur 
beschrieben wurden, es ermöglicht, photographische Platten für 
spektralphotometrische Messungen innerhalb eines Gebietes, das sich 
von 200—000 mu erstrekt, zu verwenden. 


Literatur. 


1) Spectrophotometry. J. O. S. A. 10, 222, 1926; 11, 359, 1925. 

2) L. A. Jones, A New Method for Photographic Spectrophotometry J. O. 
S. A. 10, 561, 1925. 

3) M. L. Dundon, A. L. Schoen, R. M. Briggs, Neocyanine. A New 
Sensitizer for the Infrared. J. O. S. A. 12, 397, 1926. 

4) L. A. Jones and J. I. Crabtree, Panchromatic Negative Film for Motion 
Pictures. Trans. S. M. P. E., Oct. 1926. 

5) J- A. Ball, Trans. S. M. P. E. No. 22, 21, 1925. 

6) Luckiesh & Pacini, Light and Health, Pub. by the Williams & Wil- 
kirs Co., 1926. 

7) Spectrometric Apparatus. Bellingham & Stanley Ltd. 7r Hornsey Rise, 
London N. 19. 

8) Made by the Sperry Gyroscope Co., Brooklyn, N. Y. 

9) P. R. Bassett, The High Power Arc in Motion Pictures. Trans. S. M. 
P. E. No. 11, 79, 1920. 


10) H. E. Howe, On a Modification of the Hilger-Sector Photometer Method 
for Mezsuring Ultraviolet Absorption and Its Application in the case of Certain Deri- 
vatives of Fluoran. Physical Review S, 674, 1916; Bureau of Standards. Sci. paper 
No 440: Tech. paper No. 148. 


336 Sandvik. 


11) S. B. Nicholsen and E. Pettit, Physical Rev. 22, 199; ferner eine un- 
verðffentlichte Mitteilung der Autoren. 
12) M. L. Dundon, Color Sensitizing Photographic Plates by Bathing. 


13) C. E. K. Mees, The Color Sensitivity of Photographic Materials. J. Frank. 
Inst. 201, 545, 1926. 


Oktober 1926. 


Eingegangen am 14. Dezember 1926. 


Über die Messung des Auflösungsvermögens photographischer 
Schichten. 


Von 
Otto Sandvik. 


Mit 7 Figuren im Text. 


(Mitteilung Nr. 289 des Forschungslaboratoriums der Eastman-Kodak Co. Veröffentlicht 
durch die technische Abteilung der Kodak G. m. b. H. Berlin.) 


Das Auflösungsvermögen einer photographischen Schicht kann 
qualitativ definiert werden als ihre Fähigkeit, feine Details im Bilde 
wiederzugeben. Viele Methoden, die auf direkter Messung beruhen 
oder auch durch allgemeine Definitionen begründet waren, wurden 
angewandt, um bestimmte qualitative Angaben über das Auflösungs- 
vermögen zu erhalten. Eine sehr umfassende Abhandlung darüber 
stammt von F. E. Ross (1). 

Im allgemeinen nimmt man heute irgendein Testobjekt ver- 
kleinert auf und beobachtet dann das Verhalten des photographi- 
schen Materials. 

Das Sektoren-Test, auch Fächer-Testobjekt genannt (fan-test), 
besteht aus Sektoren, die abwechselnd dunkel und hell sind, dabei 
gleiche Breiten zeigen (2). Das Parallel-Linien-Testobjekt(3) hat eine 


Über die Messung des Auflösungsvermögens pholographischer Schichten. 337 


Reihe paralleler Linienpaare von verschiedenen Abständen. Das 
Auflösungsvermögen wird durch die Anzahl der pro Millimeter auf- 
gelösten Linien bestimmt. Es wird verschiedentlich angenommen, 
daß nur die Periodizität, d. h. die Entfernung zwischen den Mittel- 
achsen der Linien, nicht das Verhältnis der Breite der Linien zu 
den Zwischenräumen, die Auflösbarkeit der Linienpaare bedingt. 
Diese Zeilen geben Resultate der Versuche mit parallelen Linien- 
paaren wieder, die angestellt wurden, um die Gültigkeit obiger An- 


UND 
I II II IN 
II DAN DIN I 
"EE 


Fig. ı. 


nahme zu prüfen. Fig. ı zeigt das Testobjekt, das aus 16 Gruppen 
von parallelen Linien besteht. Jede Gruppe hat drei dunkle Linien 
und zwei helle Zwischenräume. Die Entfernung zwischen den Längs- 
achsen einer Linie und eines angrenzenden Zwischenraumes sei mit d 
bezeichnet, dabei ist das Maß von d in allen Gruppen des Test- 
objektes dasselbe. 

Das Verhältnis der Breite des Zwischenraumes zu den Linien 
ist für jede Gruppe verschieden. A soll dieses Verhältnis be- 
zeichnen und es ist 


A Breite des Zwischenraumes 
== Breite der Linie 


338 Sandvik. 

Tabelle ı zeigt die Werte von A, die von 10,7—0,13 reichen. 
Es wurde eine Anzahl von Testobjekten hergestellt, die dem in 
Fig. ı wiedergegebenen ähnlich sahen, sich jedoch in der Größe 
von ihm unterschieden. Der Wert für A für jede Gruppe Linien 
ist daher in allen Testobjekten derselbe, ungeachtet ihrer Größe, 
aber d, der Zwischenraum, ist verschieden, ist nämlich der Größe 
des gesamten Objektes direkt proportional. In den einzelnen Test- 
objekten ist d also für alle Liniengruppen konstant. Der Wert 
für d wurde bei den Testobjekten von verschiedener Größe inner- 
halb weiter Grenzen variiert, so daß man alle photographischen 
Schichten vom feinsten bis zum gröbsten Auflösungsvermögen 
untersuchen konnte. 


Tabelle ı. 


Eastman-Platte 33. 


Testobjekt Auflösungsvermögen 
A | log 4 Ta=1 | Ta=2 | n=4 7, e H 
10,7 1,03 14 | 14 14 | 20 
7,94 0,90 20 = 20 | = 
5,75 0,76 28 20 = u 
4,68 0,67 — = | _— 28 
4,27 0,63 — — 28 — 
3,72 0,57 SE 28 | CS 
2,51 0,40 42 | — — SES 
2,30 0,36 — — Ä 42 42 
1,82 0,26 53 42 — =$ 
1,20 0,08 — — | 53 53 
1,00 0,00 — 53 — — 
0,79 1.90 70 — | — — 
0,55 1,74 sa ES E 70 
0,40 | T,60 83 70 | 70 wg 
0,21 | T,32 83 83 83 
0,13 ` 1,10 — — =s SS 
| 


Die vom Testobjekt gemachten Aufnahmen auf photographischen 
Schichten wurden mit einer Verkleinerungskamera hergestellt, die 
eine zwanzigfache Verkleinerung gestattete.e Die mikroskopische 
Untersuchung einer Serie von Aufnahmen dieser Testobjekte mit 
verschiedener Periodizität, d, ergab die Werte für A, das Auflösungs- 
vermögen des jeweiligen Materials für Liniengruppen verschiedener 
Abwessungen. Wenn d (in Millimetern angegeben) die Zwischen- 
raumkonstante für die jeweilige Tabelle ist, die gerade aufgelöst 


Über die Messung des Auflösungsvermögens photographischer Schichten. 339 


wurde, so ergibt sich R (das Auflösungsvermögen) durch folgende 
Formel: 


K. H use (4) hat nachgewiesen, daß das Auflösungsvermögen in 
hohem Maße von der Belichtung abhängt. Bei kurzen und langen 
Belichtungszeiten ist es verhältnismäßig gering, erreicht aber bei 
Mittelwerten ein deutliches Maximum; kann jedenfalls um 60°/, 
oder mehr) des Maximums differieren. Es ist üblich, das Auf- 
losungsvermögen eines Materials mit dem Maximalwert anzugeben, 
der bei der Optimalbelichtung gewonnen wird, Um experimentell 
die mit I bezeichnete Belichtungszeit zu bestimmen, muß man 
logischerweise bei der Herstellung der verkleinerten Aufnahme des 
Testobjektes verschiedene Bilder herstellen, deren Belichtungszeiten 
einen verhältnismäßig großen Spielraum umfassen. 


Nach Huse hat auch die Entwicklungszeit einen großen Einfluß 
auf das Auflösungsvermögen. Weil es wünschenswert ist, zu prüfen, 
ob das Verhältnis zwischen Autlösungsvermögen und der Periodizität 
des bei der Messung benutzten Testobjektes von der Entwicklungs- 
zeit abhängt, muß man entsprechende Messungen an Negativen an- 
stellen, die verschieden lange entwickelt wurden. Der Grad, bis zu 
dem ein photographisches Material entwickelt wurde, wird gewöhn- 
lich mit genügender Genauigkeit in Gammawerten ausgedrückt, der 
Steilheit der charakteristischen Kurve (D = f [log EI Das Auf- 
lösungsvermögen hängt jedoch noch von weiteren Entwicklungs- 
faktoren ab, wie z. B. von der reduzierenden Substanz, auch von 
der Zusammensetzung der Entwicklerlösungen usw. 


Diese Entwicklungsbedingungen werden für unsere Zwecke am 
zweckmäßigsten durch die Angabe der Zusammensetzung des Ent- 
wicklers, durch die Temperatur und durch die Entwicklungszeit 
festgelegt. Es wurde bei diesen Versuchen ein Ansatz nach folgender 
Formel benutzt (bei 20° C): M.O-Entwickler: 


Elon . . 
Hydrochinon . 
Sulfit . 
Pottasche . 
Bromkalium Rm 
Wasser, auffüllen bis 1000 ccm 


MS? 


Ig 
98 
58 
AR 
58 
O 


Die Arbeitsweise bei der Untersuchung eines bestimmten Ma- 
terials bestand darin, von den Testobjekten von verschiedener Größe 


340 Sandvik. 


eine Reihe von Aufnahmen zu machen. Bei der Aufnahme eines 
jeden Testobjektes wurde eine Reihe von 9 verschiedenen Be- 
lichtungszeiten gemacht, derart, daß jede nächste doppelt so lang 
war. Vier solcher Serien wurden auf jedem Material mit jedem 
Testobjekt gemacht, eine davon wurde dann eine Minute lang ent- 
wickelt, die anderen 2, 4 und 8 Minuten lang. 


Fig. 2 zeigt die Vergrößerung eines Negativs aus einer Serie 
der angeführten Belichtungen. Die Gruppe unten links zeigt das 


LE S 
TE z | 
EE S 


CET HI 
CITT 
(ITT) 
EIEN) 


RS 
Hut 
CET 
CU 
ti 


Ergebnis bei einer Minimalbelichtung und soll willkürlich mit Nr. I 
bezeichnet werden. Die Gruppe daneben hat die doppelte, die 
nächste die vierfache usw., so daß die Gruppe oben rechts 256mal 
so lange wie die in der oberen rechten Ecke belichtet wurde. 
Fig. 2 wurde auf Eastman-Platte 40 erhalten, sie zeigt die erheb- 
lichen Unterschiede im Auflösungsvermögen bei Belichtungsände- 
rungen; diese Figur zeigt aber auch deutlich, daß die Optimal- 
belichtung — mit Rücksicht auf die Erzielung eines Maximums 
des Auflösungsvermögens — zum großen Teil von A abhängt, 


Über die Messung des Auflösungsvermögens photographischer Schichten. 341 


also dem Verhältnis von Linie und Zwischenraum des benutzten 
Testobjektes. 


Jede Stufe wurde auf den in der beschriebenen Weise erhaltenen 
Negativen mikroskopisch untersucht und auf diese Weise das Auf- 
lösungsvermögen des Materials für Gruppen von parallelen und ge- 
raden Linien mit verschiedenen Werten von A bestimmt; das Er- 
gebnis für die Eastman-Platte 33 zeigt die Tabelle ı. In der Spalte 
unter „Testobjekt“ sind die relativen Werte des Verhältnisses von 
Linie und Zwischenraum angegeben. In der Spalte unter „Auf- 
lösungsvermögen“ zind Zahlen verzeichnet, die pro Millimeter die 
auflösbaren Linien angeben, entsprechend den verschiedenen Werten 


log Breite der Linien 
Breite des Zwischenraumes 


10 72 ou Ze 18 00 02 0% 06 08 10 12 14 16 18 20 


Fig. 3. 


von A bei Platten, die verschieden lang entwickelt wurden. Man 
kann nun das Verhältnis zwischen Auflösungsvermögen (für eine 
bestimmte Entwicklungszeit) und A (dem Verhältnis von Linie und 
Zwischenraum) bestimmen. In Fig. 3 sind die Daten von Tabelle 2 
graphisch dargestellt, wobei zu beachten ist, daß dabei das Auf- 
lösungsvermögen als eine Funktion von log A als gerade Linie er- 
scheint. Die Kurven in Fig. 3 entsprechen den verschiedenen Ent- 
wicklungszeiten. Um Irrtümer zwischen den Werten für verschiedene 
Entwicklungszeiten zu vermeiden, sind sie seitlich angeordnet; das 
wirkliche Verhältnis zu der log A-Skala ist dann durch kurze verti- 
kale Striche gekennzeichnet, die durch jede Kurve gehen und mit 


0,0 bezeichnet sind. So kann durch Ablesen des Ordinatenwertes 
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 24 


342 Sandvik. 


der Kurve, wo A = 0,0 (A = 1,0) das Auflösungsvermögen des be- 
treffenden Materials erhalten werden, und zwar in der Anzahl der 
pro Millimeter aufgelösten Linien, wenn die Breite der Linie gleich 
der des Zwischenraumes ist. Diese Werte sind in der ersten Reihe 
der Tabelle 6 wiedergegeben. 


Tabelle 2. 


Eastman-Platte 40. 


Testobjekt Auflösungsvermögen 


14 | 14 | 14 | 14 
20 — | Sieg er 
— 20 20 20 
28 — | 28 28 
Zs Ä 28 = = 
42 E , = ES: 
— | 42 42 42 
53 == | = FE 
Ja = | 53 53 
70 -= — = 
= 70 u 70 
Bier ei 
Tabelle 3. 


Eastman-Speedway-Platte. 


Testobjekt l Auflösungsvermögen 


A | g4 | Zen 


5.75 0,77 14 | = 
468 0,57 20 20 14 
2,20 0,34 28 _ ag 
1,20 0,08 — 28 = 
0,79 1,90 De == 28 
0,55 1,74 42 SR = 
0,38 1,58 53 42 i — 
0,28 T,44 — — 42 
0,13 1,10 — 53 53 


Die anderen Tabellen 2—5 zeigen diese Daten für andere 
photographische Schichten. Diese Daten sind in Fig. 4—7 graphisch 
dargestellt. In allen Fällen ist das Verhältnis des Auflösungs- 
vermögens für bestimmte Entwicklungszeit zu log Æ durch eine 
gerade Linie klar wiedergegeben. Die Steilheit der Linien unter- 


Über die Messung des Auflösungsvermögens photographischer Schichten. 343 


Tabelle 4. 
Eastman Superspeed Portrait Film. 
Testobjekt Auflösungsvermögen 
A | jee 4 Ta=2 | Tam 4 T,=8 


Auffösungsvermögen 


Brei der Linien 


ei Breite des Zwischenraumes 


10 12 


4 16 18 00 02 0% 06 08 10 12 14 16 18 20 22 24 


Fig. Ae 


Tabelle 5. 


Eastman Process-Platte. 


Testobjekt | Auflösungsvermögen 


10,7 1,03 KR 

5,75 0,76 P 

2,51 0,40 42 
1,20 0,08 53 
0,55 1,74 | 70 
0,21 T,32 | 83 


scheidet sich bei verschiedenen Materialien bei verschiedenen Ent- 
wicklungszeiten nicht sehr, aber in einigen Fällen ist eine gewisse 
Neigung zu beobachten, daß bei kürzeren Entwicklungszeiten steilere 


24" 


344 Sandvik, 


Eastman Speedway . 
Superspeed Portrait. 


Tabelle 6. 
| Auflösungsvermögen für 4 = 1,0 
Material ——— — Sg 
|n=ı|n=2| Ta=4 | Taes | Mittel 
Eastman 33... ... | b5 | 
Eastman Process . 58 
Eastman 40 | 57 


100 
90 


80 
70 
60 
50 


Auflösungsvermögen 


40 
30 
20 
10 


Preis der Limen ` ` 
log Breie des Zwischenraumss 


vo 12 Tu Ze 78 00 02 04 06 08 10 12 14 16 18 20 22 24 
Fig. 5. 
Dt 
90 5 
SOL ai 
D 
ga RE 4Min H 
50 S Se 


40 
30 
20 


log Breite der Linien ` 
10 Breite des Zwischenreunes 


0 12 Im 16 18 00 02 og 06 08 10 12 1% 16 18 20 22 


Fig. 6. e 


Kurven als bei längerer Entwicklungsdauer entstehen. Es erscheint 
nötig, diese Veränderung der Steilheit der Linien des näheren ZU 


de œ 


Über die Messung des Auflösungsvermögens photographischer Schichten. 345 


untersuchen, um Genaueres festzustellen und ihre Bedeutung zu er- 
mitteln. 


Aus den Daten scheint also hervorzugehen, daß Schichten von 
hoher Empfindlichkeit steilere Kurven (R = /[log A]) ergeben, als 
solche von geringerer Empfindlichkeit. Es ist wahrscheinlich, daß 
diese Veränderung der Steilheit in gewisser Weise von der Körnig- 
keit abhängt und von der Verteilung der Korngrößen und der 
Empfindlichkeit des Kornes. 


Bevor man endgültige Beziehungen zwischen der Steilheit dieser 
Kurven und der Lichtempfindlichkeit, den Korneigenschaften oder 


2Mn. 


vermögen 


Auflòsungs 


jog et der Linien — 
09 Breite des Zwischenraumes 


70 72 Is 76 18 00 02 04 06 08 10 12 1N 16 18 20 22 


Fig. 7. 


der Steilheit der charakteristischen Kurve (D = /[log EI bestimmt, 
müssen eingehende Untersuchungen die Materie klären. 


In der Tabelle 6 wird der Wert des Auflösungsvermögens für 
ein Testobjekt gezeigt, in dem A= 1,0 ist. Diese Werte sind 
direkt von der Kurve in Fig. 3—7 abzulesen. Wie schon erwähnt, 
besteht bei kürzerer Entwicklung die Neigung, daß ein höheres Auf- 
lösungsvermögen erhalten wird als bei längerer Entwicklung. In 
der Praxis, wo hohe Kontraste notwendig sind, ist es gewöhnlich 
unmöglich, dieses hohe, durch kurze Entwicklung bedingte Auf- 
lösungsvermögen auszunutzen. 


Die Daten legen also endgültig die direkte Beziehung fest 
zwischen den Werten des Auflösungsvermögens und dem (in den 


346 Sandvik. 


betreffenden Testobjekten) benutzten Verhältnis von Linie und 
Zwischenraum. Diese Unterschiede des Auflösungsvermögens sind 
beträchtlich, zeigen sie doch in einigen Fällen bei Verhältniswerten 
von 0,1—10,0 das Achtfache (10:80). Es ist deshalb einleuchtend, 
daß jeder Auflösungswert, der durch irgendeine Testmethode der 
Linientype (konvergierendes „fan“-Test oder parallele Linien) sinnlos 
ist, wenn er nicht durch eine genaue Bestimmung des Verhältnis- 
wertes A ergänzt wird. 


Der Mangel an Übereinstimmung (5) zwischen Auflösungswerten, 
die mit dem Fan-Testobjekt und dem aus parallelen Linien ge- 
bildeten Testobjekt erhalten wurden, ist zum Teil dem Umstand 
zuzuschreiben, daß in dem letzteren die Breite der Linie häufig viel 
geringer als die der Zwischenräume war. Dies allein genügt aber 
nicht, um die gewaltigen Unterschiede zu erklären, die beobachtet 
wurden. 


Das Fan-Testobjekt ist das praktischere zur Bestimmung von 
Auflösungswerten, aber das Testobjekt mit parallelen Linien (bei 
der die Linien und Zwischenräume von gleicher Breite sind) erweist 
sich als Standard zweckmäßiger. Ein Sektoren-Testobjekt könnte 
so gezeichnet werden, daß die schwarzen Sektoren breiter sind als 
die hellen, so daß die Ergebnisse der beiden Testobjekte gleich 
werden. 


Beträchtliche Schwierigkeiten ergaben sich bei der Herstellung 
von kleinen Testobjekten, die genügende Genauigkeit hatten. Es 
wird jetzt eine neue Kamera konstruiert, die eine 6ofache Ver- 
kleinerung gestattet, statt der bisherigen zofachen. Beim Arbeiten 
mit dieser neuen Kamera können die Testobjekte deshalb dreimal 
größer gezeichnet werden. Die Untersuchungen mit diesem neuen 
Hilfsmittel werden das Problem weiter klären. 


Figurenerklärungen. 
Fig. 1. Testobjekt mit parallelen Linien. 
Fig. 2. Eine Reihe von Aufnahmen dieser Testobjekte auf Eastman-Platten 40, 
bei denen die Belichtung ums Doppelte: steigt. 
Fig. 3—7. Kurven, die die Beziehung zeigen zwischen Auflösungsvermögen 
und dem Logarithmus des Verhältnisses: Breite der hellen Linien zu der der dunklen 


Über die Messung des Auflösungsvermögens usw. — Bücherbesprechung. 347 


Zwischenräume, und zwar für verschiedene Entwicklungszeiten. Die vertikale, mit 
0,1 bezeichnete Linie gibt den Punkt der Kurve an, wo der Wert des Logarithmus 
dieses Verhältnisses gleich null ist. 


Literatur. 


I) Ross, F. E., The Physics of the Developed Photographic Image, Chap. IV, 
Monograph No. 3 from the Research Laboratory of the Eastman Kodak Company. 

2) Mees, C. E. K., Physics of the Photographic Process. J. Frank. Inst. 179. 
141. I9IS. 

3) Ross, F. E., aa O., S. 146, 

A Huse, K., Photographic Resolving Power. J. O. S. A. ]. 119, 1917. 

5) Ross, F. K., a.a. O., S. 146. 


Oktober 1926. 


Eingegangen am 19. Dezember 1926. 


Bücherbesprechung. 


Handbuch der physikalischen Optik. Herausgegeben von E.Gehrcke. 
Band II, erste Hälfte. 480 S. mit 166 Abb. im Text. Leipzig 1927, 
LA Barth. M. 37,50. 


Schnell ist dem auf S. 308 angezeigten Band Ir ein weiterer statt- 
licher Teil des Handbuches gefolgt. Er umfaßt die chemischen Wir- 
kungen des Lichts (K. F. Bonhoeffer), die Bromsilberplatte (W. Mei- 
dinger), die technischen Reproduktionsverfahren (O. Mente), die Farben- 
photographie (E. Lechmann), die Spektralanalyse (E. Einsporn), die 
Feinstruktur der Spektrallinien (G. Hansen), die Lumineszenz: Phos- 
phoreszenz, Fluoreszenz, chemisches Reaktionsleuchten (R. Tomaschek), 
die Anregungsspannungen von Spektrallinien und die Ionisierungspotentiale 
E. Einsporn), die Seriengesetze der Linienspektren (K.W. Meissner). — 
Der Ref. muß sich vorerst auf einige kurze Bemerkungen beschränken. 
Zunächst ist mit Genugtuung festzustellen, daß in einem physikalischen 
Handbuch der wissenschaftliichen und der angewandten Photographie 
ein solch breiter Raufh (fast !/, des Bandes) zur Verfügung gestellt 


348 Bücherbespre®hung. 


worden ist. Der Ref. hofft, daß die übersichtlichen Darlegungen die 
Erkenntnis von der Wichtigkeit wissenschaftlich-photographischer Unter- 
suchungen verbreiten und vertiefen werden: daß es an dieser Er- 
kenntnis in Deutschland noch mangelt, zeigt das Fehlen unserer Zeit- 
schrift in vielen Büchereien physikalischer und physikalisch-chemischer 
Institute, ein Umstand, der die unerfreulichen Erscheinungen zeitigt, daß 
einerseits in unserer Zeitschrift veröffentlichte Abhandlungen oft un- 
berücksichtigt bleiben, andererseits die Fachgenossen ihre einschlägigen 
Untersuchungen unter Umgehung der eigentlichen Sammelstätte in den 
verschiedenartigsten anderen Zeitschriften unterbringen. Die deutsche 
photographische Forschung hat aber angesichts der wohlorganisierten 
Arbeit und Publizistik des Auslandes alle Veranlassung zur Konzentra- 
tion. — Sodann soll zunächst auf das bei aller Kürze klare und reich- 
haltige Kapitel „Chemische Wirkungen des Lichts“ hingewiesen werden, 
das in einem physikalischen Werk durchaus am Platze ist, nachdem 
wichtige theoretische Grundlagen und experimentelle Methoden von 
Physikern geschaffen und ausgezeichnete Spezialuntersuchungen von solchen 
durchgeführt worden sind. — Schließlich möchte der Ref. noch den 
schönen Abschnitt über die Lumineszenzvorgänge hervorheben; er laßt 
mit Deutlichkeit erkennen, daß die theoretische Deutung dieser Leucht- 
erscheinungen, die lange „im Dunkel“ lagen, in den letzten Jahren dank 
der modernen Elektronik wesentliche Fortschritte gemacht hat. Von 
Wichtigkeit wäre es wohl, festzustellen, ob allgemein auch in flüssigen 
und festen Systemen beim Hinzutritt eines Elektrons zu einem Ion eine 
(ev. im Unsichtbaren gelegene) Emission stattfindet; gewisse Reaktions- 
strahlungen, Lumineszenzen bei der Elektrolyse u. a. lassen diese Vor- 
stellungen als nicht ausgeschlossen erscheinen. Bei der Tribolumineszenz 
stellt der Verf. zwei Erklärungsmöglichkeiten zur Diskussion: ı. Erregung 
der Kristalle bzw. des umgebenden Mediums durch elektrische Ent- 
ladungen; 2. Rückkehr gehobener Elektronen durch mechanische Er- 
schütterung; vielleicht können Versuche, die Entladungen im Verstärker- 


kreis nachweisbar zu machen, eine Entscheidung bringen. — Über die 
spektroskopischen Abschnitte wird nach Erscheinen der weiteren Bände 
näher berichtet werden. K. Schaum. 


_ Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Sch aum in Gießen. 


RE ie s Ke 

ZA bett? SE FA ER 

BE EN ai zn 

ZEITSCHRIFT AR 

Br ur? | für | J i = 
iss senschaftliche Photographie | en 
4 PH E oiy und Photochemie | w 
` h Wits Mitwirkukie befreundster Fachgenossen | ji % 


insbesondere von 


s i H. Kayser EEN aaa 


o em, Professor an der Universität Bonn 


herausgegeben von è 
er RK, Schaum ` eur 
n : o A Professor an der Universität Gießen | =N 


k i 
Ä è 
> f gd 
K Ge 2 ` 
- Pag 
e AA Gel. x - 
NES E) » 3 1927 


(e 


Verlag von Johann Ambrosius Barth in Leipzig 


PET e "Salomonstraße 18b 


Ka 


t werden von allen Buchhandlungen und von der P er 
Be anementspreis beträgt pro Band im In- und gt Ffm. 24.— 
ich Porto im Inland Rm, 24.89. Cer Anstand Ko 


ar Juli 1927 


s A : ] STI u Ze f 
A D SE E Jk LS 
d ee K N ech 7 le SCH JC. AE > a > Fe 
8 "Col Made) D U y Va ir oi gt d au s NI en Pr Rn KI s 
| d Ce EK Kë AN ° x a dr? Kr P A M "e a Ph ar St o 
EE wf Ai NET ne t ; R en, ge? x dk? 
ECKE EM  Inhaltsver rzeic Dee Ce 
"E Ar Ze, a 
07% uw Leg) i — A 7T E 
Lia WC: Au ah 7 F 
SCH dE E | Originalarbeiten, a 5 
AR Low, ‚Adolf Mietkét rer N Ka RN 
A db Eggert und J. Reitstötter, Beiträge zur ei Kenntnis des Iatenten Bildes. 
tees EIN Au Mit einer Figur im Text . . . E EN, EN A 
NEE Friedrich Kahler, Über Mikrophotographie ia Gegenstände bei schwacher ~ 
$ Gë aN, f js Vergrößerung. Mit d Figuren im Text > — $ TE . $ — _ — — e SÉ 
AR Wei, H Beck und J. Eggert, Eine Methode zur zeitlichen photometrischen Ver ` 
Mee e folgung des Verbrennungsvorganges von Blitzlicht, Mit A Figuren im Text 3 
= "` 0 ,Lüppo-Cramer, Der Zeiteffekt bei den Ausbleichreaktionen, Mit 2 Figuren — 
SEL . im Text . " S S " " gt e " a ie e D e ai . : bé ap 3 
Torre Bernhard Schultze- ‘Naumburg, Eine rechnerische Methode zur Bestimmung ` 
WEN, wé u2- der Belichtungszeit in der Photographie. Mit 3 Figuren im Text . . . 3 
ud a d ^ Bücherbesprechung . " Ss S " " S Ss S a S S S S S Die fw té S D 3 
LEN \ d we 
Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an 
> Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. 
ik? Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien 
nv; Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und volls 
AN Berichterstattung möglich ist. ` m? 
$ Für die Aufnahme von Dissertationen gelten bester 
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden. 
er 
Registrier- tpparat 
zur Ĝrmrittelung von ` 
Schwärzungskurven 
photographischer ` 
| Platten und Papiere 
nach Prof. Dr. Goldi T, g 
- bh 
Unentbehrlih ` ` 
für ea 
Forschungen u. Prüfunger 
in der Fabrik 
PROSPEKT oh | 
| Zeiss IRen A.-G. Dresde n / 
e Vereinigte Werke ` Contessa-Wettel, gi verz 


II 


Zeifichrift für willenichaftlidie Photographie, 
Photophyfik und Photodiemie 


AXIV. Band. 1927. Heft IO u. II. 


ADOLF MIETHE 3 


Am 5. Mai, morgens 2!/, Uhr, verschied nach längerem Kranksein, dennoch 
völlig unerwartet, infolge Herzschwäche der Geheime Regierungsrat Dr. phil. 
ADOLF MIETHE, ordentlicher Professor an der Technischen Hochschule in 
Berlin-Charlottenburg. Die Folgen eines fast zwei Jahre zurückliegenden Eisen- 
bahnunfalls hatten den körperlich und geistig gleich rüstigen, lebhaften Mann 
seit 10 Wochen ans Bett gefesselt, ohne hindern zu können, daß der regsame 
Geist täglich arbeitete und Arbeitspläne für die Zukunft schmiedete, bis das 
versagende Herz diesem einzigartig arbeitsreichen Leben das Ziel setzte. 

Es sind gerade 5 Jahre verflossen, seitdem wir in ausführlicher Form der 
Verdienste MIETHEs gedachten (Zeitschr. f. wiss. Phot. 21. 193. 1922). Da- 
mals galt es, dem 6ojährigen durch ein Sonderheft unserer Zeitschrift dankbare 
Verehrung zu beweisen. Seitdem war die Arbeitskraft dieses Mannes nicht 
erlahmt, und nur eine Verkettung unglücklicher Umstände hat sein Leben 
beendet. 

Inzwischen sind aus MIETHEs Feder einige kleinere Lehrbücher, photo- 
graphischen Sonderzwecken angepaßt, hervorgegangen, und die Reihe seiner 
schöngeistigen Schriften ist durch die Bücher „Spitzbergen, das Alpenland im 
Eismeer‘‘ (1925) und „Das Land der Pharaonen‘ (1925) bereichert worden, 
beide Werke ausgestattet mit Dreifarbendrucken nach eigenen Aufnahmen und 
mit farbigen Bildern nach Pastellmalereien von seiner Hand. 

MIETHEs wissenschaftliches Denken und Arbeiten der letzten Jahre er- 
streckte sich auf das Problem der Gewinnung von Gold aus Quecksilber; diese viel- 
fach besprochenen Arbeiten waren beim Tode MIETHES noch in vollem Gange. 

Seine letzte Veröffentlichung befaßte sich mit der Photographie von Fos- 
silien bei ihrem eigenen Fluoreszenzlicht (Photogr. Korresp. 1927, S. 69 und 
demnächst Paläontologische Zeitschrift); mit Hilfe des Lichtes der Analysen- 
quarzlampe konnte MIETHE neue Untersuchungsmöglichkeiten an Versteine- 
rungen angeben. Diese, wie viele andere Arbeiten wurden durch seinen jähen 
Tod unterbrochen. 

Das Lebensbild MIETHEs wäre nur einseitig, wenn wir ihn nur als erfolg- 
reichen Wissenschaftler und Gelehrten betrachten wollten; denn gleich wertvoll 
war MIETHE auch als Mensch; er war niemals der strenge Vorgesetzte, der 
einseitige, weltfremde Dozent; seine Natur war Leben und Freude, sein Wesen 
Güte und Freundschaft, er verstand jeden und alles, und niemand kam zu 
ihm, der nicht einen wertvollen Rat von ihm mitnahm. Seine Mitarbeiter 
und Schüler stehen an seinem Grabe, sie können es nicht fassen, daß dieses 
reiche, glückliche Leben ein so schnelles Ende gefunden, sie verlieren in 
MIETHE ihren unvergeßlichen Lehrer und Freund. 


ERICH STENGER. 


Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 25 


350 Eggert und Reitstölter. 


Beiträge zur Kenntnis des latenten Bildes. 
Von 
J. Eggert und J. Reitstötter. 


Mit einer Figur im Text. 


I. 


In letzter Zeit ist von verschiedenen Seiten, besonders von 
S. E. Sheppard, festgestellt worden, daß die bei der Reifung photo- 
graphischer Emulsionen erfolgende Empfindlichkeitssteigerung der- 
selben zum großen Teil auf der Einwirkung schwefelhaltiger Sub- 
stanzen auf das Bromsilberkorn beruht, die sich in der Gelatine in 
geringen Mengen befinden (1). Gegen diese experimentellen Befunde 
sind mehrfache Einwände (2) erhoben worden, die S. E. Sheppard 
jedoch entkräften konnte (3). 


Die Deutung dieser Erscheinung ist auf verschiedene Weise ver- 
sucht worden. Daß die Wirkung der schwefelhaltigen Substanzen, 
die an der Oberfläche des Bromsilberkorns schwefelhaltige Silber- 
verbindungen, z. B. Ag,S, bilden, nicht auf einer Erhöhung des 
Lichtabsorptionsvermögens von AgBr beruht, daß sie auch nicht 
im Sinne einer spektralen Sensibilisation aufzufassen ist, wurde schon 
von S. E. Sheppard, A. P. H. Trivelli und R. P. Loveland nach- 
gewiesen (4) Als einzig mögliche Wirkungsweise der schwefelhaltigen 
. Substanzen betrachtet daher Sheppard die folgende: Die vom 
Bromsilber absorbierten Lichtquanten scheiden im Sinne des Äqui- 
valentgesetzes pro I hv ı Silberatom ab. Befindet sich an der Ober- 
fläche des lichtabsorbierenden Bromsilberkristalls ein Ag,S-Keim der 
genannten Art, so vermag dieser zu bewirken, daß die Ag-Atome 
in seiner Nähe zur Abscheidung gelangen und sich nicht regellos 
über den ganzen Kristall verteilen, wie es nach den Gesetzen der 
Wahrscheinlichkeit zu erwarten wäre. Die Lichtabsorption selbst 
findet natürlich völlig regellos statt. 


Diese Vorstellung Sheppards von der „zentripetalen“ Wirk- 
samkeit der Reifungskeime schließt sich befriedigend an eine Reihe ' 
von Anschauungen an, die auf Grund anderer Erscheinungen ent- 
standen. 

Einmal vertrat The Svedberg den Standpunkt, daß. ein Kom 
erst entwicklungsfähig wird, wenn sich durch die Belichtung ein 


Beiträge zur Kenntnis des latenten Bides. 351 


Entwicklungszentrum bestimmter, minimaler, kritischer Größe ge- 
bildet hat(5). 

Ferner wiesen H. Scheffers und unabhängig H. Arens(6) nach, 
daß die Solarisation auf einem Verteilungs-(Koagulations-Effekt im 
Silberkeim beruht, wenn dieser beim Belichten des Korns eine ge- 
wisse Größe erreicht. Auf weitere Folgerungen dieser Erscheinungen 
wurde in anderem Zusammenhange aufmerksam gemacht (7). 

Allen diesen Annahmen kommt die Vorstellung von K. Fa- 
jans(8) zu Hilfe, nach der bei Absorption eines hv ein Elektron in 
Freiheit gesetzt wird, das nunmehr nahezu beliebig entfernt von 
dem Orte der Absorption ein Silberion entladen und damit ein 
Silberatom bilden kann. 

In der Reifungstheorie von Sheppard laufen alle diese An- 
schauungen zusammen: 

Fehlen einem Bromsilberkorn die Ag,S-Keime, so wird die 
Bildung des für die Entwickelbarkeit des Korns erforderlichen kri- 
Dechen Keims erst durch erheblich größere Lichtmengen erzielt, als 
bei solchen Körnern, die mit koagulationsfördernden Ag,S-Keimen 
ausgestattet sind. Daß in der Tat die Möglichkeit einer Aggregation 
des Silbers besteht, geht einerseits aus den Befunden von Schef- 
fers und Arens, andererseits aus der Vorstellung von Fajans 
hervor. 

Es sei nicht verschwiegen, daß dieser Deutung andere Er- 
klärungsversuche gegenüberstehen. M. P. E. Henry (9) setzt die Wir- 
kung der schwefelhaltigen Substanzen in Parallele mit derjenigen 
von Jodsilber, das bei der Bildung von Mischkristallen mit Brom- 
silber Störungen in dem gemeinschaftlichen Gitter hervorruft; die 
„Desorientierung“ oder ‚„Heterogenisierung“ des Gitters, die durch 
das Schwefelsilber verursacht wird, sollen dessen Zersetzung durch 
Licht, d. h. die Bildung von metallischem Silber erleichtern, wo hin- 
gegen ein ungestörtes Bromsilbergitter infolge seiner größeren Starr- 
heit der zersetzenden Lichtwirkung mehr widersteht. Abgesehen 
davon, daß diese Anschauung dem photolytisch unveränderten Ver- 
halten des Bromsilbers im emulsionierten und bindemittelfreien Zu- 
stand, d. h. bei Gegenwart und Abwesenheit von schwefelhaltigen 
Substanzen widerspricht(10), hat Sheppard(11) selbst seine Ansicht 
diesen Einwänden gegenüber verteidigt. Eine andere Ansicht ist 
auch von F. S. Toy(12) ausgesprochen worden, der die Vorstellung 
hat, daß die S-Keime als Katalysatoren bei der direkten Zerlegung 


des Bromsilbers durch Licht wirksam sind. 
25” 


352 Eggert und Reıtstötter. 


II. 


Da, wie man aus dieser Übersicht erkennt, gegenwärtig die 
Meinungen noch nicht als übereinstimmend geklärt zu betrachten 
sind, möchten wir in folgendem durch die Mitteilung einiger Ver- 
suche dazu beitragen, die (an mehreren Stellen unabhängig von- 
einander aufgestellte) Koagulationstheorie des latenten Bildes weiter 
zu stützen. Wir greifen hierbei zurück auf eine Untersuchung der 
photographischen Wirkung des Methylenblaus, bei der wir auch 
bereits Gelegenheit hatten, auf die besondere photographische Wirk- 
samkeit des Schwefels in dieser Verbindung hinzuweisen, die sich in 
diesem Falle allerdings in anderer Weise auswirkt(13). An Hand 
von früheren Versuchen Lüppo-Cramers(14) ließ sich zeigen, daf 
die schleiernde Wirkung dieser Substanz, sowie ihr Desensibilisations- 
vermögen auf die Empfindlichkeit der verwendeten Emulsion nahe 
bei der gleichen Menge anwesenden Farbstoffs einsetzt, nämlich dann, 
wennsich unter den benutzten Versuchsbedingungen 3,5 - to Ze Methylen- 
blau pro Quadratzentimeter Schichtoberfläche oder 5. 10° Farbstofl- 
molekeln pro Korn, entsprechend einer Kornoberflächenbedeckung 
von 0,4°/, befinden(15). Mit anderen Worten bedeutet dies: Wenn 
die Bromsilberkörner im Mittel zu 0,4°/, mit Methylenblau bedeckt 
sind, zeigt sich an der Emulsion unter den gleichen Entwicklungs- 
bedingungen ein eben merklich größerer Schleier gegenüber der 
Platte ohne Farbstoffzusatz. Gleichzeitig beobachtet man einen ge- 
ringen Rückgang der Schwellenempfindlichkeit. Zur Illustration 
dieser Erscheinung sei auf beifolgende Abbildung verwiesen, die 
einige wenige Emulsionen, die ganz willkürlich aus einer großen 
Anzahl vorgenommener Versuche herausgegriffen sind, enthält; Ab- 
szisse: lg (je Abschnitt Faktor 2) Ordinate: Schwärzung. Die Kurvel 
kennzeichnet die Uremulsion, die übrigens ihrem Charakter nach 
derjenigen unserer früheren Untersuchung ähnelt. Die Kurve Il 
entspricht den soeben genannten Farbstoffzusätzen; man erkennt die 
vergrößerte Schleierwirkung, sowie den Rückgang der Schwellen- 
empfindlichkeit um den Faktor 8. Bei Kurve III endlich ist der 
Farbstoffgehalt der Emulsion auf das 1Ofache gesteigert. Dem- 
entsprechend erhöht sich die schleiernde Wirkung der Schicht, sowie 
der Empfindlichkeitsrückgang letzterer abermals um den Faktor 8. 


Die schleiernde Wirkung des Methylenblaus ist wohl so ZU 
deuten, daß dieses in der nötigen Menge ebenso wirkt wie ein 
Silberkeim. Aus der gleichzeitig stattfindenden Desensibilisation ef- 


Beiträge zur Kenntnis des latenten Bildes. 353 


kennt man jedoch, daß dieser Keim nicht imstande ist, mit Silber- 
keimen einen gemeinsamen Katalysator für die Entwicklung ab- 
zugeben. Dieses Verhalten stellt sich besonders kraß dar, wenn wir 
es in geeigneter Weise mit der reinen Lichtwirkung vergleichen. 
Belichtet man nämlich die Uremulsion (Kurve I) so stark vor, daß 
auf der ganzen Platte ein Schleier entsteht, wie er etwa gemäß 


Schwärzungskurven von: 
I. Uremulsion, 
II. Uremulsion + 3,5 - 10°” g Methylenblau cm’*, 
III. Uremulsion + 3,5 - 1078 g Methylenblau cm’*, 
IV. Vorbelichtete Uremulsion. 
V. Nachträglich gebadete (gemäß III.) Uremulsion. 


Kurve III durch Methylenblau eintritt, und bestrahlt man dann die 
so vorbelichtete Schicht im Stufenphotometer, so erhält man die 
Kurve IV, an der man deutlich erkennen kann, daß in diesem Fall 
die beiden Lichtwirkungen streng additiv verlaufen. Die hierbei ein- 
tretende, der Berechnung genau entsprechende Gradationsänderung 
der Schicht I, die mit einer Erhöhung der Schwellenempfindlichkeit 
verbunden ist, steht in grellem Gegensatz zu dem Verhalten von 
Kurve III, aus der zu schließen ist, daß die Farbstoffkeime und die 
nachträglich erzeugten Lichtkeime keineswegs additiv sind. Die 
durch das Licht erzeugte Wirkung vermag sich vielmehr neben dem 


354 Eggert und Rertstötter. 


Farbstoff erst von einer bestimmten Intensität ab durchzusetzen, die 
höher gelegen ist als die Schwellenintensität der Uremulsion. Im 
vorliegenden Falle zeigt z. B, wie aus Kurve II im Vergleich zu 
Kurve I ersichtlich ist, erst die etwa 8fache Lichtintensität eine selb- 
ständige Wirkung. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß eine 
Vermehrung der Farbstoffmenge gegenüber einer vermehrten Licht- 
menge in gleichem Sinne wirksam ist. 

Ein anderes Verhalten zeigt sich nun, wenn Methylenblau und 
Licht in der umgekehrten Reihenfolge aufeinander einwirken. 

Bisher haben wir stets, wie schon in unserer früheren Arbeit 
bemerkt, fertige Emulsionen mit Methylenblau versetzt und sodann 
Platten gegossen. Diese Arbeitsweise gab uns die Gewähr dafür, 
daß sämtliches angewandtes Methylenblau auch tatsächlich in der 
belichteten Emulsion (ja sogar wahrscheinlich an der Oberfläche der 
Körner) vorhanden war. Dieser Weg der Herstellung war jedoch 
bei den weiteren Versuchen, bei denen zuerst Licht auf eine 
methylenblaufreie Schicht einwirken soll, die nachher mit Methylen- 
blau versetzt wird, nicht möglich. Wir waren daher gezwungen, 
diese Emulsionen nach erfolgter Belichtung in bestimmten Mengen 
Methylenblau-Lösung zu baden. Die Konzentration der wäßrigen 
Methylenblau-Bäder wählten wir hierbei so, daß die Effekte etwa 
denen von Kurve II bzw. denen zwischen Platte 2 und 3 auf S. 299 
unserer früheren Mitteilung entsprechen. 

Verfuhren wir in dieser, später noch eingehender geschilderten 
Weise, so zeigte sich, daß der Farbstoff, nach der Belichtung an- 
gewandt, auf das latente Bild keinen Einfluß besitzt (vgl. Kurve V). 
Die Desensibilisation ist also aufgehoben, während die schleiernde 
Wirkung auf das unbelichtete Bromsilber natürlich nach wie vor 
bestehen bleibt. Das Methylenblau vermag also auf das Silber 
lediglich in statu nascendi einzuwirken, nicht aber auf bereits ge- 
bildete Silberkeime (vgl. Kurve V). 

Dasselbe gilt nun ferner für die physikalische Entwicklung vor 
dem Fixieren, obgleich in diesem Falle das Methylenblau im Gegen- 
satz zur chemischen Entwicklung nicht imstande ist, einen Ent- 
wicklungskeim abzugeben. Obgleich also, wie schon von Lüppo*- 
Cramer(16) früher betont, die Schicht bei der physikalischen Ent- 
wicklung nicht schleiert, tritt die desensibilisierende Wirkung den- 
noch zutage. Die Effekte sind zwar etwas schwächer als vorher, 
bewegen sich aber in der gleichen Größenordnung. Auch hier wird 
also den Silberkeimen die Eigenschaft des Methylenblaus auf- 


Beiträge zur Kenntnis des latenten Bildes. 355 


gezwungen, und auch hier vermag das Licht erst bei einer viel- 
fachen Intensität die Schwelle zu erreichen. Wenn andererseits das 
Methylenblau erst nach der Belichtung zugefügt wird, ist es auf 
die schon gebildeten Silberkeime wieder wirkungslos. 

Wir kommen nun zur Deutung unserer Versuche Als 
wichtigstes Ergebnis zeigte sich: der Farbstoff wirkt nur auf Silber 
in statu nascendi, nicht auf fertig gebildete Silberkeime, und 
zwar sowohl bei chemischer als auch bei physikalischer Entwicklung 
(vor dem Fixieren. Diese Eigenschaft teilt das Methylenblau mit 
einer Reihe von anderen Desensibilisatoren; denn es ist bekannt, 
daß ein photographisches Negativ, das man vor dem Entwickeln 
in solcher Farbstofflösung gebadet hat, einerseits eine unveränderte 
Entwicklung der belichteten Stellen gestattet, während andererseits 
die unbelichteten Stellen gegen Licht so unempfindlich geworden 
sind, daß die Entwicklung in relativ hellem gelbem Licht erfolgen 
kann(17); zum Unterschied vom Methylenblau erzeugen diese prak- 
tisch angewendeten Substanzen auf die chemisch entwickelte Schicht 
allerdings keinen Schleier. Auch zu den die Reifung fördernden, 
schwefelhaltigen Stoffen besteht ein gewisser Parallelismus; denn 
ebenso wie sich der empfindlichkeitsvermindernde Einfluß der De- 
sensibilisatoren nur vor und nicht nach der Belichtung der Schicht 
geltend macht, wirken die schwefelhaltigen Stoffe nur dann emp- 
findlichkeitssteigernd, wenn sie — in geeigneter Weise — vor der 
Belichtung mit dem Bromsilber zusammentreffen, und niemals nach 
erfolgter Bestrahlung der Schicht. 

Fragen wir nun in unserem besonderen Falle nach der Er- 
klärung für die desensibilisierende Wirkung des Methylenblaus, so 
wäre zunächst an eine chemische (oxydierende) Einwirkung des- 
selben auf die bei der Belichtung entstehenden Silberatome zu 
denken, eine Ansicht, die besonders Lüppo-Cramer vertreten 
hat(18) Aus dieser Annahme, deren Zutreffen Lüppo-Cramer 
selbst noch nicht für erwiesen hält (19), würde wegen der ver- 
schiedenen Wirkung des Farbstoffs auf entstehende und fertig ge- 
bildete Silberkeime folgen, daß sich das Silber in diesen beiden 
Fällen in einem verschiedenen Dispersitätsgrad befindet. Atomar 
disperses Silber wird vom Farbstoff oxydiert, während das zu 
gröberen Teilchen koagulierte Keimsilber dem Angriff des Farb- 
stoffs widersteht. 

Werden wir schon bei Benutzung dieser einfachsten Vorstellung 
zu dem Schluß geführt, daß die Silberkeime Koagulationsprodukte 


356 Eggert und Reitstölter. 


sind, so geschieht dies erst recht, wenn wir die Mengen der auf- 
einander wirkenden Substanzen berücksichtigen, was in dem von 
uns untersuchten Fall im Gegensatz zu den früheren Versuchen 
möglich wird. Wie schon berichtet, befinden sich z. B. bei Kurve Il 
im Mittel e. rof Methylenblau-Molekeln in der Kornoberfläche; 
andererseits ist die Empfindlichkeit der verwendeten Emulsion in 
vorliegendem Falle so beschaffen, daß im Sinne der Ausführungen 
von W. Meidinger(20) und unter Zugrundelegung des Quanten- 
äquivalentgesetzes an der Schwelle statistisch etwa ein Silberatom 
auf ein Bromsilberkorn entfällt. Es stehen sich also in der Gegend 
der zur Erreichung der Schwelle erforderlichen Lichtmenge 5 » 10° Farb- 
stoffmolekeln und ı Ag-Atom gegenüber. Bedenkt man nun, daß 
nur maximal 0,4°/, der Kornoberfläche mit Farbstoff bedeckt ist, 
so muß es überraschen, daß das eine Silberatom (bzw. Elektron) 
seinen Weg gerade bis zu jenen seltenen Stellen der Kornoberfläche 
zu finden vermag, an denen Farbstoff adsorbiert ist. Andererseits 
liegen offenbar die Verhältnisse hier ganz ähnlich wie bei der An- 
wesenheit von Schwefelsilberkeimen, die gleichfalls in nur geringer 
Anzahl oder Öberflächenbedeckung vorhanden sind. In beiden 
Fällen liegt es in der Tat nahe, anzunehmen, daß die beiden Stoff- 
arten als Koagulationszentren wirken, sei es, daß sie mit einer be- 
sonderen Anziehungskraft für das Silber in statu nascendi aus- 
gestattet sind (wie Sheppard annimmt) oder sei es, daß sich das 
bei Absorption eines hv gebildete Elektron so lange ungehindert 
bewegt, bis es zufällig beim Zusammentreffen mit dem Fremdkörper 
am benachbarten Silberion festgehalten wird. Auch bei dieser Be- 
trachtungsweise bleibt bestehen, daß Silberkeime, die sich durch 
Belichtung einmal gebildet haben, vom nachträglich zugefügten Farb- 
stoff unbeeinflußt bleiben, offenbar infolge ihres weniger dispersen 
Zustandes. 

Soweit erhalten wir also durch die Koagulationstheorie des 
latenten Bildes eine recht befriedigende Vorstellung. Einer weiteren 
Klärung durch neue Versuche muß aber noch die Frage unterworfen 
werden, welcher Art die Einwirkung des Farbstoffes auf atomares 
Silber ist. Am nächstliegenden ist, wie schon gesagt, die Annahme 
einer oxydativen Einwirkung. Hiergegen sprechen indessen ver- 
schiedene Umstände. Einmal ist an und für sich nicht einzusehen, 
warum ein so edles Metall wie das Silber durch Methylenblau der- 
artig leicht oxydierbar sein soll, und wenn man andererseits die 
Annahme macht, daß der Vorgang dennoch stattfindet, sobald es 


Beiträge zur Kenntnis des latenten Bildes. 


357 


sich um atomar disperses Silber handelt, so bleibt wieder un- 
verständlich, daß die Oxydation bereits erlahmt, wenn das Silber 
sich zu koagulieren begonnen hat, d. h. wenn es in der immer noch 
äußerst fein verteilten Form des latenten Bildes vorliegt. Es bleibt 
also in diesem Punkt vorläufig nichts anderes übrig, als den Be- 
fund festzustellen: In Anwesenheit von Methylenblau — und das 
gilt offenbar auch für die übrigen Desensibilisatoren — wird ein 
Teil des durch die Belichtung gebildeten Silbers so abgeschieden, 
daß er sich bei der nachfolgenden Entwicklung so verhält, als sei 
nur der Farbstoff allein zugegen. Sieht man aber von der Erklä- 
rung dieses speziellen Prozesses ab, so glauben wir doch nach- 
gewiesen zu haben, daß sich die übrigen Vorgänge am zwang- 
losesten durch die Koagulationstheorie des latenten Bildes deuten 
lassen. 

Der Ausdruck „Koagulationstheorie des latenten Bildes“ soll be- 
grifflich folgende zwei Anschauungen zusammenfassen: 1. Das Silber- 
atom kann an einer anderen Stelle entstehen als dort, wo die Ab- 
sorption des Lichtquants stattfindet. 2. An bevorzugten Stellen der 
Kornoberfläche erfolgt eine Ansammlung von Silberatomen, und 
zwar an solchen Orten, die mit gewissen Fremdstoffen adsorptiv 
oder chemisch) besetzt sind, wie z. B. durch reifungsfördernde 
schwefelhaltige organische Substanzen oder wie im vorliegenden 
Falle durch Methylenblau. 


HI. 


Um den textlichen Zusammenhang nicht zu stören, haben wir 
im vorhergehenden Abschnitt auf die Beschreibung der einzelnen 
Versuche verzichtet, was hier nun nachgeholt werden soll. Soweit 
wir die Wirkung des Methylenblaus auf die photographische Emul- 
sion vor der Belichtung — die wir mittels eines Röhrenphotometers 


vom Faktor V2 durchführten — studierten, arbeiteten wir in der 
gleichen Weise, wie schon früher beschrieben (21). Wurde aber erst 
belichtet und dann Methylenblau auf die Emulsion einwirken ge- 
lassen, so konnte die bisherige Arbeitsweise nicht mehr angewandt 
werden. Wir mußten vielmehr diese fertig gegossenen und bereits 
belichteten Platten in Methylenblau-Lösungen baden. Die Konzen- 
tration der Methylenblaubäder wählten wir für diese Versuche 1:10, 
(oi, 1:10®, ... 1:109%, wobei die Platten zu verschleiern begannen, 
wenn die Badekonzentration zwischen 1:10° und 1:107 lag. Die 
Kurve II von Abbildung ı ergab sich z. B., wenn eine 9/12-Platte 


358 Eggerti und Reitstölter. 


in 100 ccm einer Methylenblau-Lösung von der Konzentration 1: 10’ 
(10 Minuten) gebadet wurde. Bedenkt man, daß von dem gelösten 
Farbstoff etwa 10°/, durch die Schicht aufgenommen wird, so er- 
gibt sich eine Menge von 107° g Methylenblau pro 9/12-Platte; dies 
ist etwa die gleiche Menge, die den Schleier bei unseren früheren 
Zusatzversuchen verursachte. Nach dem Baden wurden die Platten 
in fließendem Wasser kurz abgespült und dann in gut bewegter 
Luft bei Zimmertemperatur getrocknet. 

Gegenüber den früheren Versuchen ergaben sich auch noch 
darin Unterschiede, als damals die Größe des Empfindlichkeits- 
rückganges, der übrigens meist etwas vor Eintritt des Schleiers er- 
folgt, etwas geringer war, was an sich wenig ins Gewicht fallt und 
seinen Grund darin hat, daß der Desensibilisationseffekt von der 
Herstellung der Emulsion abhängig ist. Die Größe der Desensibili- 
sation hängt nämlich, wie zu erwarten, von der Oberflächenbeladung 
des Korns mit Bromionen ab in dem Sinne, daß vermehrte Brom- 
ionenbeladung die Adsorption des Methylenblaus am Korn erschwert 
und damit dessen Wirkung verringert, von welcher Erscheinung wir 
uns durch besondere Versuche mit Emulsionen verschiedenen Ge- 
halts an Bromionen überzeugt haben. 

Hierzu standen uns drei verschiedene Typen zur Verfügung: 

I. eine Bromsilberemulsion mit geringem Br’-Gehalt; 

2. eine feinkörnige Bromsilberemulsion mit größerer Adsorption 
an Br’ als ı.; 

3. eine grobkörnige Bromsilberemulsion mit starker Adsorption 
an Br. 

Sämtliche Emulsionen verhielten sich, was die Richtung des 
Effektes anlangt, gleichartig, seine Stärke nahm jedoch mit wachsen- 
der Menge adsorbierter Bromionen ab. 

Schließlich seien noch die folgenden Versuche erwähnt: Als wir 
den Einfluß des Methylenblaus bei der physikalischen Entwicklung 
nach dem Fixieren studieren wollten, zeigte es sich, daß die Effekte 
unsauber wurden, da die Schicht stets noch Natriumthiosulfat ent- 
hält und das Methylenblau bekanntlich in Gegenwart von Natrium- 
thiosulfat das latente Bild vernichtet (22). Entsprechend beob- 
achteten wir einen starken Empfindlichkeitsrückgang, wenn wir wie 
folgt verfuhren: Gegossene Platten normaler Emulsion wurden wie 
gewöhnlich belichtet, mit einem Gemisch von Methylenblau und 
Natriumthiosulfat fixiert, gut gewässert und dann physikalisch ent- 
wickelt. Wird andererseits nach der Belichtung fixiert, dann gut 


Beiträge zur Kenntnis des latenten. Bildes. 359 


gewässert und jetzt erst in Methylenblau gebadet, so wird der vor- 
her beobachtete Effekt des Empfindlichkeitsrückganges nahezu wieder 
aufgehoben, und die Schicht unterscheidet sich nicht charakteristisch 
von der nach dem Belichten und Fixieren gut gewässerten und 
physikalisch entwickelten Standardplatte. 


Entwicklervorschriften. 
a) Chemische Entwicklung: 
Wasser . 2 2 2220202. ocem 
Metol. . 2 2 2 2 2 Dud 8 
Hydrochinon . . e... . 0 „ 
Natriumsulfit, krist. . . . . . I20 „ 
Pottasche . © . .. DA „ 
Kaliumbromid. . . . . . . 028, 


Vor Gebrauch mit Wasser 1:3 verdünnen, 
Entwicklungszeit 5 Minuten bei 18° C. 
Fixiert wurde mit dem sauren „Agfa‘-Schnellfixierbad des Handels. 
b) Physikalische Entwicklung (23): 
Lösung a) Natriumsulfit, wasserfrei. . . 180g 
ı0°/ ige Silbernitratlösung . . 75 ccm 
werden mit Wasser auf 1000 ccm aufgefüllt. 


Lösung b) Natriumsulfit, wasserfrei. . . 20g 
p-Pbenylendiamin D D e D . 20 „ 
werden mit Wasser auf 1000 ccm aufgefüllt. 


Zum Gebrauch werden 100 ccm der Lösung a) mit 30 ccm der Lösung b) gemischt. 
Entwicklungszeit Go Minuten bei 18° C. 


Fixiert wurde in einem alkalischen Fixierbad der Zusammensetzung: 


Wasser. . 2 2... . 1400 ccm 
Natriumthiosulfat, kret, . 600g 


Auf 100 ccm dieser Lösung werden 20 ccm 1,0n.-NaOH gegeben. 
Fixierzeit 20 Minuten bei 18°C. 


Zusammenfassung. 


I. Es wird die photographische Wirkung bekannter Methylen- 
blaumengen auf das entstehende und das fertige latente Bild bei 
chemischer und bei physikalischer Entwicklung vor dem Fixieren 
bestimmt; das entstehende latente Bild wird durch den Farbstoff 
beeinflußt, das fertige nicht; das Ag liegt also beim Aufbau des 
latenten Bildes in disperserer Gestalt vor als im endgültigen 
Zustand. 

2. Aus dem Vergleich zwischen der Anzahl der pro Brom- 
silberkorn wirksamen Methylenblaumolekeln und der Anzahl der 


360 Eggert und Reıtstötter. 


durch das Licht abgeschiedenen Silberatome ergibt sich im Verein 
mit den Feststellungen zu I. ein neuer Beitrag zur „Koagulations- 
theorie des latenten Bildes“. Diese Vorstellung schreibt den Silber- 
atomen die Fähigkeit zu, sich an gewissen bevorzugten Kornstellen 
zu sammeln, die durch äußere (z. B. adsorptive) Einflüsse entstanden 
sind und nicht mit den Orten der eigentlichen Lichtabsorption zu- 
sammenfallen. 


Literatur. 


1) S. E. Sheppard, Phot. Journ. 65. 380. 1925; Phot. Ind. 1925, S. 1032, 
1927, 412 (daselbst auch ausführliche Angaben früherer Literatur); vgl. ferner Eastman 
Kodak Comp. D.R.P. 433043, 439372; A.P. 1574943, 1574944, 1591499, 1600736, 
Brit.P. 235209, 235210, 235211, Franz.P. 599932, 599933 u. a.; I. G. Farben- 
industrie A.G., Brit P. 255846. — Auch: A. u. L.Lumière u. A. Seyewetz, Rev. 
franç. phot. 6. 291. 1925; Phot. Ind. 1925. S. 1219; ferner Brit. Journ. Phot. 72. 634. 
1925. — R. Luther, Phot. Ind. 25. 494. 1927. 

2. H. H. Schmidt, Phot. Ind. 1925. S. 1192, 1415; P. Knoche, ebendort 
1925. S. 1139. 

3) S. E. Sheppard, Phot. Ind. 1925, S. 1414. 

4) S. E. Sheppard, A. P. H. Trivelli u. R. P. Loveland, Journ. Franklin 
Inst. 200. 51. 1925; Science ind. phot. 5. 29. 1925. 

5) The Svedberg, Phot. Journ. 61. 329. 1921. 

6) H. Scheffers, Z. Phys. 20. 109. 1923; H. Arens, Phys. Chem. 114. 
337. 1925. Verwandte Vorstellungen finden sich auch bei Schaum, Z. L wiss. 
Phot. 28. 6, Anmerkung 5. 1925. Vgl. dagegen: Lüppo-Cramer, Z. Phys. 9. 
387. 1924. 

7) J. Eggert, Z. Echem. 32. 491. 1925; W.Leszynski, Z. f. wiss. Phot. 4. 
261—274. 1926; J. Eggert u. W. Noddack, Naturw. 15. 57. 1927. 

8) K. Fajans, Z. Echem. 29. 343. 1923. 

9) M. P. E. Henry, Rev. franç. phot. 6. 292. 1925; Science ind. phot. 9. 159. 
1925; Phot. Ind. 1925, S. 1032. 

10) J. Eggert, Z. Echem. 32. 493. 1926. 

11) S. E. Sheppard, Brit. Journ. Phot. 78. 33. 1926. 

12) F.C. Toy, Brit. Journ. Phot. 73. 295. 1926; daselbst weitere Literatur. 
Einzelheiten der Kontroverse siehe im Original. 

13) J. Eggert u. J. Reitstötter, Koll.-Z. (Zsigmondy-Festschrift) 36. 298. 1926. 

14) Lüppo-Cramer, Safraninverlahren 2. Aufl. (Leipzig 1922), S. 161 ff. 

I5) In unserer früheren Arbeit ist in Tabelle II (S. 302) ein geringerer Wert 
angeführt; die neue Angabe beruht auf einer genaueren Abschätzung der Größe der 
Methylenblaumolekel. 

16) Lüppo-Cramer, Koll.-Z. 30. 115. 1922. Safraninverfahren S. 163. 

17) Lüppo-Cramer, aa O. (14). 

18) Lüppo-Cramer, Kolloidchemie u. Photographie (Leipzig 1921) S. 83 fl. 

19) Lüppo-Cramer, Die Grundlagen der phot. Negativverfahren (Halle 1927) 
S. 223, 683. 


Lem 2 rr mmm een 


Kahler. Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher Vergrößerung. 361 


20) W. Meidinger, Phys. Chem. 114, 89. 1925. 

21) J. Eggert u. J. Reitstötter, a. a. O., S. 299. 

22) J. L Crabtree, Abr. Scient. Publ. Res. Labor. Eastman Kodak Comp. A 
198. 1920. 

23) A.u. E. Lumière u. A. Seyewetz, Phot. Ind. 1924, S. 552. 


Berlin-Treptow, Photochemisches Laboratorium d LG Farben- 
industrie A.-G. (Agfa), Dezember 1926. 


(Eingegangen am 28. März 1927.) 


Über Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher 
Vergrößerung. 
Von 


Friedrich Kahler. 
Mit 6 Figuren im Text. 


Zur Photographie undurchsichtiger Gegenstände bei schwächerer 
Vergrößerung kann zweckmäßig ein einfaches Verfahren angewendet 
werden, auf das schon mehrmals aufmerksam gemacht wurde 2. 
wenn auch im Rahmen anderer Gedanken, und das auf folgenden 
Prinzipien beruht: Befindet sich ein Gegenstand vor einer positiven 
Linse, und zwar außerhalb der doppelten Brennweite, so wird von 
ihr ein verkehrtes, verkleinertes, aber reelles Bild entworfen. Dieses 
Bildchen wird mit einem System (Lupe oder Mikroskop) so ver- 
größert, daß die gewünschten Einzelheiten sichtbar werden. 

Diese scheinbar umständliche optische Methode befremdet im 
ersten Augenblick etwas, da man die Wirkung des Projektions- 
systems, wie wir die erste Linse fortan nennen wollen, nicht recht 
einsehen will. 

Die Einführung dieser Linse ist bedingt durch die Tiefenschärfe, 
die man bei Aufnahmen auf diesem Gebiete verlangen muß. Die 
Mikroskopobjektive sind bekanntlich genau auf eine Brennebene 
korrigiert, während dies in solcher Strenge bei den Objektiven vom 
photographischen Typus nicht der Fall ist. Man denke nur z. B. 


1) Mikrokosmos XVII, 1923/2, S. 29. — S. auch W. Scheffer, diese Zeitschr. 
l, 18, 149, 1903. 
’) Ebenda XVIII, 1924/2, S. 36. 


362 Kahler. 


an die sehr erhebliche Tiefenschärfe bei Aufnahmen mit auf „Un- 
endlich“ eingestelltem System. Diese Verhältnisse verschlechtern 
sich stark, wenn man, ev. auch noch unter Benutzung sogenannter 
Weitwinkel-Vorsatzlinsen, zu Abbildungen schreitet, die den Gegen- 
stand in natürlicher Größe oder etwas vergrößert darstellen sollen. 
Auf nebenstehender Figur ı ist wohl der Vanadinitkristall gut ab- 
gebildet, aber schon seine Umgebung ist ganz unkenntlich und 
die Aufnahme so gut wie unbrauchbar. 


Fig. ı. 


Vanadinit vom Hochobir, Kärnten. 4fach. 
Steinheil-Orthostigmat mit Vorsatzlinsen. Blende "lag, 


Es werden wohl von den optischen Firmen Systeme gebaut 
(Luminare — Winkel, Planare — Zeiss, Altine — Voigtländer, 
Summare — Leitz usw.) die den gestellten Anforderungen voll- 
kommen gerecht werden, doch ist das nachstehend beschriebene 
Verfahren insoweit vorzuziehen, als es mit Mitteln arbeitet, die jedem 
Mikroskopiker zur Verfügung stehen und außerdem einen weitgehenden 
Wechsel der Vergrößerung zuläßt. 


Die auch bei stärkeren Vergrößerungen recht erhebliche Tiefen- 
schärfe resultiert lediglich aus dem Umstand, daß das Bild, welches 
vom Projektionssystem geliefert wird, sehr klein ist. Wenn auch 


Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher Vergrößerung. 363 


das Mikroobjektiv genau korrigiert ist, so ist es doch imstande, 
Punkte abzubilden, die um sehr kleine Beträge von der mathema- 
tischen Brennebene abweichen. Da diese Punkte nur durch die 
zuerst erzielte Verkleinerung des Bildes nahe aneinander gerückt 
wurden, ergibt sich in Summa eine ganz genügende Tiefenabbildung 
auf der Platte, Zu beachten ist nur die Wahl der Optik, die für 
solche Zwecke verwendet werden soll. Der gewöhnliche Abbesche 
Beleuchtungsapparat ist weder sphärisch noch chromatisch genügend 
korrigiert, so daß von seiner Verwendung für photographische Zwecke 
Abstand genommen werden muß. Die korrigierten Systeme, die 
z.B. Zeiss und Leitz liefern, sind selbstverständlich brauchbar. In 
Ermangelung dieser Apparate lassen sich aber die schwachen und 
mittleren Mikroskopobjektive selbst, wie schon Herzog!) angegeben 
hat, mit Vorteil verwenden. Zeiss liefert für seine Stative zentrier- 
bare Fassungen, die an Stelle des Kondensors eingesteckt werden. 
In vielen Fällen ist am unteren Ende des Auszugtubus ein Gewinde 
angebracht, an welches ein Objektiv angeschraubt werden kann. 
Das Projektionsobjektiv wird dann am Revolver befestigt. Diese 
Anordnung hat lediglich den Nachteil, daß man die Entfernung 
Gegenstand—Projektionssystem nicht klein genug machen kann, 
und daß ferner die optische Tubuslänge für das Mikroskop nicht 
mehr eingehalten wird, was eine Verschlechterung des Bildes zur 
Folge hat. Angenehm ist dagegen bei dieser Anordnung, daß die 
Linsensysteme gut zentriert sind und daß zwischen dem Projektions- 
system und dem Objektiv eine Verbindung besteht, die störendes 
Seitenlicht abhält. 


Ausgezeichnet bewährt haben sich die aplanatischen Lupen 
nach Steinheil, wie sie z. B. Reichert-Wien in sehr zweckmäßiger 
Fassung liefert. Sie lassen sich sehr einfach in den Blendhülsen 
befestigen, die statt des Beleuchtungsapparates eingeschoben werden, 
Da sie in jeder Hinsicht gut korrigiert sind, kann man mit ihnen 
ganz ausgezeichnete Bilder erhalten. 

Die Wahl des Objektivs hängt von der des Projektionssystems, 
sowie von der in Anwendung kommenden Gegenstandsweite ab. 
Jedenfalls muß die Apertur des letzteren Systems größer sein, als 
die des ersteren, sonst sind die Bilder wie in Nebel eingehüllt. Je 
größer der Aperturunterschied ist, desto schöner werden die Bilder, 
allerdings auf Kosten der Vergrößerung. Die Verwendung von 


1) a. a. O. 


364 Kahler. 


Um 


Okularen ist für photographische Zwecke nicht sehr vorteilhaft, man 
projiziert am besten direkt, auch ohne Photo-Optik, auf die Platte. 
Die Änderung der Vergrößerung läßt sich auf zwei Arten bewerk- 
stelligen: 


t. Durch Änderung des Projektionssystems und ev. auch des 
Objektivs. 


2. Durch Änderung der Entfernung des Objektes vom Projek- 
tionssystem. 


Die durch den letzteren Vorgang hervorgerufene Aperturände- 
rung des Projektionssystems fordert oft einen zwangsläufigen Wechsel 
des Objektivs. 


Da es sich bei vorliegenden Aufnahmen gewöhnlich um kleinere 
Gegenstände handelt, ist es aus verschiedenen, namentlich optischen, 
Gründen besser, das Objekt auf einen wagrechten Tisch zu legen. 
Dieser muß sehr vielseitig beweglich sein, um dem Gegenstande die 
gewünschte Lage geben zu können. Bei den folgenden Abbildungen 
wurde ein Tischchen aus hellgelben sog. Naturpapier von 40 mm 
Durchmesser benutzt. Das Mikroskop wird selbstredend umgelegt 
verwendet. Die Lampe wird bei dieser Anordnung mit einer 
Klemme auf der Unterseite des Objekttisches befestigt, derart, daß 
sie möglichst nahe der optischen Achse zu liegen kommt. Die dem 
Kondensor zugewandte Seite des Objektes muß hell erleuchtet sein. 
Die Verwendung irgendwelcher Sammellinsen als Kondensoren ist 
keineswegs zu empfehlen, da hierdurch, wie aus Fig. 2 ersichtlich, 
überaus starke Kontraste zwischen Licht und Schatten hervorgerufen 
werden. 


Als Lichtquelle hat sich die skerzige Osramlampe für 8 Volt 
bestens bewährt, die ein V-förmigen Glühfaden hat, so daß aus- 
gesprochene Zentralbeleuchtung vermieden wird. Als Stromquelle 
dient ein Kleintransformator, die Lampe wird unter Benutzung eines 
30-Ohm-Widerstandes eingeschaltet (Radioheizwiderstand, Es hat 
sich nämlich herausgestellt, daß die Bestrahlung des Objekts während 
der ganzen Aufnahmsdauer mit vollem Licht starke Glanzlichter 
hervorruft, die die Aufnahme so aussehen lassen, als ob sie un- 
scharf wäre (Fig. 3). Beim näheren Betrachten erkennt man, daß 
dies durch die starke Überstrahlung des Objekts hervorgerufen 
wurde. 


Man belichtet daher (bei 17 Schein-Film Kodak „Ortlio“) nur 
etwa 40 Sekunden bei 8 Volt Spannung, sodann etwa 70--80 bei 


une 


Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher Vergrößerung. 365 


3, oder so Sekunden bei 4 Volt. Bei Anwendung dieses Kniffes 
geben selbst ausgesprochen stark glänzende Gegenstände erträg- 
liche Glanzlichter (Fig. 4). 


ig. 2. Fig. 3. 

Murex (Trophon) vaginatus, Miocän, en , 

Baden b. Wien, 2,9 fach. Alvaria cimex L. (Adria). 6,2fach. 
Projektionssystem: Winkel Obj. A. Proj.: Winkel Obj. B. 
Objektiv: Winkel oo, Obj.: Winkel Obj. A. 


Fig. 4. Fig. 5. 
i i fach Pal. fontinalis Kck. 7,9fach. 
Panonia EE Proj.: Reichert 30fach Steinheil. 


Proj.: Reichert 30fach Steinheil. Obj.: Winkel AB. 
Obj.: Winkel AB. Hintergrund: Dunkelrotes Naturpapier. 
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 26 


366 Kahler. Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher Vergrößerung. 


Bei ganz kleinen Objekten ist man oft versucht, sie mit kleinen 
Mengen eines Klebemittels an Papier zu befestigen und diesem dann 
eine senkrechte Lage zu geben. Wie Fig. 5 lehrt, führt dies zu 
keinen annehmbaren Resultaten, da die Gegenstände gewöhnlich 
durchscheinend sind, so daß die feinere Struktur nicht sichtbar wird, 
und außerdem verringert die allseitige Reflexion vom Papier die 
sonst erhebliche Plastizität. 

Nur falls starke Vergrößerungen in Frage kommen, wie dies 
in Fig. 6 der Fall ist, ist diese Art der Montierung vorzuziehen. 


Fig. 6. 
Neritina maleagris L. Kuba. 48fach. Proj.: Winkel 3. Obj.: Winkel A. 
Die feinen Farbstreifen erweisen sich als zusammengesetzt. 


Dabei macht die gleichmäßige Ausleuchtung schon Schwierigkeiten und 
die Anwendung anderer Aufnahmeverfahren !) wäre zweckmäßiger. 
Die nach dem Verfahren hergestellten Aufnahmen erreichen 
an Güte nicht das, was die eingangs erwähnten Spezialobjektive ver- 
mögen; aber sie ermöglichen jedem Mikroskopiker, Aufnahmen aus 
einem Gebiete anzufertigen, das bis jetzt etwas vernachlässigt war. 
| 1) Mikrokosmos XVII, 1923, Heft 3/4, S. 33. 
Graz, März 1927. 


(Eingegangen am 25. März 1927.) 


Beck u. Eggert. Methode zur Verfolgung des Verbrennungsvorganges usw. 367 


Eine Methode zur zeitlichen photometrischen Verfolgung des 
Verbrennungsvorganges von Blitzlicht. 


Von 
H Beck und J. Eggert. 


Mit 4 Figuren im Text. 


Die Güte eines Blitzpulvers wird, abgesehen von seinen spek- 
tralen Eigenschaften und von der Rauchentwicklung, nach der 
Brenndauer und nach der entwickelten Lichtmenge beurteilt. Die 
Brenndauer kann nach Krebs!) aus der Länge der Bildspur eines 
in freiem Fall mit Blitzlicht photographierten Gewichtes, nach Londe?) 
mit Hilfe einer elektrisch angeregten, im Blitzlicht vor einer rotierenden 
Platte photographierten Stimmgabel, nach Rheden’) mit Hilfe einer 
rotierenden Scheibe mit durchsichtiger Gradeinteilung und Schlitzen, 
oder mit der bekannten Meßuhr von Hesekiel bestimmt werden. 
Zur Ermittlung der Gesamtlichtmenge dient meist das Photo- 
meter von Eder. In dieser Weise stellte z. B. Novak Vergleiche 
über das Verhalten verschiedener Blitzlichtmischungen an.) 

Zur Verfolgung des Brennvorganges in seinen einzelnen Phasen 
gab bereits 1891 Hruza°) eine geeignete Einrichtung an, verzichtete 
jedoch auf eine rechnerische Auswertung seiner Versuche, sowie auf 
quantitative Intensitätsmessungen. Ohne diesen Apparat zu kennen, 
konstruierten wir vor einiger Zeit eine ähnliche Anordnung, da die 
quantitative Kenntnis des zeitlichen Verlaufs der Blitzpulververbren- 
nung in verschiedener Hinsicht von Interesse schien P 


1) Eder, Jahrb. f. Phot. 1901, S. 139. 

?) Bull. Soc. franç. Ph. 1901, S. 345. 

3) Phot. Korr. 40. 115. 1903. 

t) Phot. Korr. 44. 388. 1907. 

5) Eders Jahrb. f. Phot. 1891, S. 76. 

a Über die Apparatur und die Auswertung der mit ihr gewonnenen Ergebnisse 
hat Dr. W. Urban auf der 39. Hauptversammlung des Vereins deutscher Chemiker 
in Kiel (26.—30. Mai 26) vorgetragen (Z. f. angew. Chem. 39. 22. 698. 1926). Erst 
nachträglich erfuhren wir von der Existenz der in der einschlägigen Literatur an- 
scheinend in Vergessenheit geratenen Arbeit von Hruza durch den freundlichen Hin- 
weis von Dr. M. Andresen. (Vgl.z.B. Novak, Ullmanns Enzyklopädie d. techn. 
Chem. 9. 109; Beck, Die Blitzlichtphotographie S. 56; der Hinweis in Eders Handb. 
d. Phot. L, 3, S. 611, 3. Aufl, ist so unvollständig, daß er uns irregeführt hat. 

26* 


368 | Beck und Eggert. 


1. Apparatur. 


Der Apparat (Fig. ı) besteht aus einer Walze von 16,5 cm 
Durchmesser, die in einem lichtdichten Kasten eingeschlossen ist 
und durch einen Motor in meßbare, gleichmäßige Umdrehungen 
versetzt werden kann. Sie bewegt sich an einem in der Stirnseite 


Fig. ı. 
Apparatur zur Messung des zeitlichen Ablaufes der Blitzlichtverbrennung. 


des Kastens angebrachten schmalen Schlitz von 10 cm Länge und 
0,5 cm Breite vorbei. Der Schlitz ist in 11r Felder (0,7 x 0,5 cm) 
geteilt und ist 2 cm tief; die nach der Walze gerichtete Seite des 
Schlitzes ist an den Rändern mit einem auf der Schicht schleifenden 
Sammetband zur Erzielung eines lichtdichten Abschlusses versehen. 
Das erste von den ıı Feldern läßt man unbedeckt, so daß das 
Licht ungeschwächt zur Schicht hindurchgeht, die folgenden Felder 
versieht man an den Außenseiten mit Dämpfungsfiltern aus Stücken 
von geschwärztem Film, deren gemessene Opazität in geometrischer 
Reihe ` ansteigt. Den Faktor der Reihe wählt man je nach der 
Stärke der zu untersuchenden Lichtquelle. 

Für Blitzlicht hat sich zunächst folgende Skala der Schwärzungs- 
filter für den Schlitz als geeignet erwiesen: 


log = d = 00 06 1,2 18 24 30 36 42 48 54 D 


Die Dichte nimmt also in einer arithmetischen Reihe mit der Diffe- 
renz 0,6 zu, entsprechend dem Faktor 4 in der Opazität. 

Die Walze wird mit einem Streifen Bromsilberpapier oder noch 
besser mit Negativfilm (s. S. 375) bespannt. Beim Abbrennen des 
Blitzpulvers wird die an dem Schlitz vorbeistreichende Schicht je 


Methode zur Verfolgung des Verbrennungsvorganges von Blitzlicht. 369 


nach der Stärke der vorgelegten Filter verschieden stark belichtet. 
Nach Entwicklung der belichteten Schicht, die das in Fig. 2 wieder- 
gegebene Aussehen zeigt, kann man aus der Verteilung und der 
Größe der Schwärzung einen Rückschluß auf die Stärke der an- 
gewandten Lichtquelle und auf den Verlauf des Brennvorganges 
ziehen. Die Empfindlichkeit der zur Messung benutzten photo- 
graphischen Registrierschicht muß natürlich durch eine Eichung mit 
einer Normalkerze nach Hefner-Alteneck bestimmt werden. 


2. Zeitmessnng. 


Wir unterscheiden: ı. die totale Brenndauer des Blitzlichtes, 
das ist die Zeit, die vom ersten Aufglimmen bis zum vollständigen 
Verlöschen des Blitzes verstreicht, und 2. die praktische Brenn- 
dauer, das ist die Zeit, die für die photographische Belichtung 
hauptsächlich ausgenutzt wird. Wir beschäftigen uns zunächst mit 
der totalen Brenndauer. Durch das erste offene Feld des Schlitzes fallt 
das Licht vom ersten Aufflammen bis zum Abglimmen des Blitzlichtes 
auf die Schicht; man braucht also nur die Länge des hinter diesem Feld 
entstandenen geschwärzten Streifens (unterster Streifen in Fig. 2) ab- 
zumessen, um die Brenndauer zu berechnen, wobei von der ge- 
messenen Länge noch die Breite des Schlitzes abzuziehen ist. 
Bezeichnet s, die Länge des geschwärzten ersten Feldes, 5 die 
Schlitzbreite, a den Umfang der Walze (alle drei, Werte in cm), 
t die Tourenzahl der Walze pro Sekunde, so ist ur die Schicht- 
geschwindigkeit pro sec und die totale Brenndauer z, des Blitzlichtes 
(ın Sekunden): 


zz D 


ez ur (1) 


Beispiel: Es wurden fünfmal nacheinander je ı g Agfa-Blitzpulver 
in e = 1,0 m Entfernung abgebrannt. Aus den Größen s,! = 15,0 cm, 
s”=14,5 cm, Dies 15,0cm, s’=14,0cm, s= 15,5 cm, ġ = 0,5 cm, 
u = 51 cm, T = 1,54 sec’! berechnen sich für die Brenndauer dann 
folgende Werte: 


Versuch I 2 3 4 5 
Sekunden 0,185 0,180 0,185 0,172 0,192 


Als Mittelwert für die totale Brenndauer von ı g Agfa-Blitzpulver 
ergibt sich dann 
Z, = 0,153 sec. 


370 Beck nnd Eggert. 


3. Intensitätsmessung. 


Zur Bestimmung der Intensität, d.h. der Kerzenstärke des 
Blitzpulvers in Hefnerkerzen (HK) müssen wir folgende Betrachtung 
anstellen: Die Lichtmenge in Meterkerzensekunden (MKS), die not- 
wendig ist, um auf dem verwandten Negativmaterial eben eine sichtbare 
Schwärzung (Schwellenschwärzung) hervorzurufen, betrage /, MKS. 
Wird diese Schwellenschwärzung durch eine beliebige, zunächst als 
mit konstanter Intensität brennend betrachtete Lichtquelle von der 
Kerzenstärke Z HK erzeugt, wenn diese £ Sekunden lang in der 
Entfernung e (in m) auf das Negativmaterial einwirkt, so besteht . 
zwischen diesen Größen die Beziehung 


I= La 


OH 
ei V 

In unserem Falle, bei dem das Negativmaterial hinter dem Schlitz 
von der Breite 5 mit der Geschwindigkeit ar vorbei bewegt wird, 


beträgt 


t= ”, 
ur 
also ist 
L. 
ea 3 


Hierbei ist angenommen, daß sich noch kein Dämpfungsfiter vor 
dem Negativmaterial befindet; die Gleichung gilt also für das erste 
Feld. Für das zweite Feld ist natürlich die Lichtmenge /,, die 
für die Schwellenschwärzung erforderlich ist, die gleiche wie im 
ersten Felde. Da aber vor dem zweiten Feld ein Dämpfungsfiter 
mit der Opazität 4 liegt, besteht hier für die Lichtmenge /,, de 
nötig ist, um wieder die Schwelle zu erreichen, und für die unter 
gleichen Bedingungen hierfür erforderliche Lichtintensität Z die 
Beziehung 

(4) 


Entsprechend ändert sich diese Formel für die weiteren Felder 
jeweils um den Faktor 4, so daß sich für das »-te Feld die 
Gleichung ergibt: 
Leò 
L= 4mh he D 
eutr 


Für die Intensität Z des Blitzlichtes in HK folgt somit allgemein 

= "tl. hesui. (6) 
b 

Zur zahlenmäßigen Bestimmung von Z ist zunächst die Kenntnis 

der Größe /, erforderlich. Zum Zwecke dieser Bestimmung wurde 


Methode zur Verfolgung des Verbrennungsvorganges von Blitzlicht. 371 


bei ruhender Walze eine (dauernd auf gleichmäßiges und richtiges 
Brennen beobachtete) Hefnerlampe vor den Apparat gestellt D Es 
ergab sich als Mittel aus verschiedenen Versuchsbedingungen (Ent- 
#ernung, Belichtungszeit) für /, die Energie, die zur Erreichung der 
Schwellenschwärzung des verwendeten Registrierfilms erforderlich 


ist, der Wert: I = 20MKS. 


Mit Hilfe dieses Wertes läßt sich jetzt die Registrieraufnahme (Fig. 2) 
hinsichtlich der Intensität des Blitzlichtes auswerten. Beispiel: Beim 


Lë 2 
€ 3 8 
Ao 
Ke 
ro 
Vë 


Fig. 2. 
Registrierphotogramm einer Blitzlichtflamme, hergestellt mit Apparatur Fig. ı. 


Abbrennen von Blitzpulver vor dem Apparat wird zuerst die 
Schwellenschwärzung des ersten Feldes erreicht. Nach Gleichung (6) 
beträgt (für z = I) unter Benutzung der schon genannten Zahlenwerte 


Te WE BEST EUST 2 310HK. 
L 0,5 


1) Zu diesen Eichversuchen ist ausdrücklich zu bemerken, daß sich für den 
Schwellenwert der (hochempfindlichen) Registrieremulsion eine beträchtlich niedrigere 
Zahl ergibt, wenn man die Messung in üblicher Weise mit dem Eder-Hecht-Keil 
vornimmt. Die Diskrepanz erklärt sich leicht aus der Tatsache, daß die Belichtungs- 
verhältnisse beim Keilphotometer andere sind als in unserem Falle, wo wir es ge- 
wissermaßen mit einer Art Röhrenphotometer zu tun haben. Die Brauchbarkeit 
unserer Eichmessung wird u. a. noch durch das Beobachtungsergebnis von Fußnote !) 
auf S. 374 bestätigt. 


372 Beck und Eggert. 


Beim weiteren Aufflammen des Blitzes beginnt kurze Zeit später 
auch die Schwellenschwärzung der Registrierschicht in der zweiten, 
dritten, z-ten Schicht aufzutreten, woraus für Z ein Anwachsen auf 
die Werte 1,2 - 10°; 4,8 - 10°; 310 - 4"-!HK folgt. Der Maximal- 
wert liegt bei allen fünf Versuchen im siebenten Feld. Das Blitz- 
licht besitzt also eine Höchstintensität von 


Lunas = 1,2 - 10°HK. 


Nach Durchschreiten des Höchstwertes fällt die Intensität des Blitz- 
lichtes wieder ab, so daß das ste Feld am kürzesten, das erste 
am längsten belichtet wird. Das Auftreten der Schwellenschwärzung 
in den verschiedenen Feldern entspricht also (wohl bemerkt unter 
den genannten experimentellen Bedingungen, wie Tourenzahl, 
Walzenumfang usw.) den folgenden Lichtintensitäten: 


erstes Feld . . . ......3,1- 10? HK 
zweites ` See ee 250 y 
drittes > "22 202202 AAR e 10) „ 
viertes 5» 02 2000000. 19-108 „ 
fünftes » 2 2222. 76-108 „ 
sechstes ,, ee E EN 
siebentes — ee TO T 
achtes ,, een. AAR 10% „ usw. 


Zugleich kann man aber aus der Registrieraufnahme erkennen, 
in welchem Zeitp .nkt die betreffende Kerzenstärke erreicht wurde, 
denn da bei den gegebenen Größen a und z jeweils 7,9 mm Streifen- 
länge 0,01 sec entsprechen, kann man jeden beobachteten Intensitäts- 
wert einem bestimmten Zeitwert zuordnen oder umgekehrt. Trägt 
man in ein Koordinatensystem als Abszisse die so ermittelten Zeiten 
in 0,0I sec, die Kerzenstärken in log HK ein und verbindet die 
Punkte durch eine Kurve, so erhält man das in Fig. 3 dargestellte 
Bild. Die Aufzeichnung in log HK und nicht in HK selbst, auf 
die wir noch später zu sprechen kommen werden, geschieht zunächst 
deshalb, weil sie sich am engsten an das Aussehen der Registrier- 
aufnahme (Fig. 2) anlehnt. 


4. Messung der Gesamtlichtmenge. 


Aus Fig. 2 oder Fig. 3 läßt sich nun ferner die Gesamtlicht- 
menge Æ in MKS ableiten, die beim Abbrennen von Blitzpulver 
erzeugt wird. Zu diesem Zweck stellt man sich den Vorgang so 


Methode zur Verfolgung des Verbrennungsborganges von Bützlicht. 373 


vor, als habe er sich in Teilen abgespielt, d. h. so, als ob die von 
den verschiedenen Feldern angegebenen Intensitäten in den aus 
der Länge der Streifen ablesbaren Zeiten voneinander getrennt ge- 
wirkt hätten. Die Integration der Kurve von Fig. 3 wird also durch 


10 12 14 16 . - 1 aer. 
Fig. 3. 
Der Logarithmus der Intensität des Blitzlichtes (in HK) a’s Fur"tion der Zeit (in 10”? sec), 


eine Summation ersetzt. Wir beginnen mit der .öchsten Intensität 
im gien Feld, die nach Gleichung (6) den Wert 


—1 
E a hhur Acer HK 


besitzt. Entsprechend Gleichung (1) hat diese Intensität 


gewirkt; hierbei wurde also von der Lichtquelle die Lichtmenge 


Weg, A . ei e Lë 


E = 9 MKS 


abgegeben. Im nächstkleineren, To — (ten Feld hat entsprechend 


die Intensität 
(EK A . e? -ut 


L= 4 -HK 


gewirkt, jedoch nur so lange, als dieser Streifen den vorangehenden 
zeitlich übertrifft. Es ist somit 


D 


— $ 
Li 
ln-1 = 


LENA 


ur 


und die zugehörige Lichtmenge 


—9? 
4" "Ae e: (Sa fal 


Eu = 


374 Beck und Eggert. 


Im gleichen Sinne setzt sich die Betrachtung fort, bis 


4e Le, (s, — s) 
E = a 
und endlich 


Ae, (E 
Mer 


Die Gesamtenergie Æ des Blitzlichtes setzt sich nun additiv aus den 
abgeleiteten Einzelenergien zusammen (MKS). 


E Ae: Ir — s) dÄ: (S3 5) 4-2 eè e (Sa = sa) 
Zn r EE E EE ren 
D EE 
A e 
= - X Ja, S3) + 4 (S3 — $3) H 4°: (Sg ës, +4 äi AN 
e Wald? 


Beispiel: Setzt man hierin s = 15 cm, ,=14cm, Ze = 12,5 cm, 
S, = II CM, s$, = 9 Cm, Sẹ = 6,5 cm, s, = 4,5 cm, die übrigen Größen 
wie zuvor, dann folgt 
E = 7,6 - 10'MKS, 

die anderen vier Messungen ergeben 

8,5 - 10%; 6,7 - 10%; 5,6. 10%; 6,0 - 10$ MKS. 
Als Mittelwert erhält man somit für die von ı g Agfa-Blitzpulver 
emittierte Gesamtenergie 


E = DO: 10° MKS. 


Dieser Wert stimmt befriedigend mit den Zahlen überein, die 
Novak für verschiedene Blitzpulversorten erhalten hat.!) Will man 
die Gesamtenergie noch genauer bestimmen, als es bisher geschah, so 
ist die Verbrennungskurve (Fig. 4) zu planimetrieren. Im Gegensatz 
zu Fig. 3 ist in diesem Diagramm die Intensität in HK und nicht 
in log HK als Funktion der Zeit (wieder in 0,01 sec angegeben) 
aufgetragen. Diese Methode ist dann besonders am Platze, wenn 
das oberste Feld nicht nur die Schwellenschwärzung aufweist, 
sondern eine stärkere Dichte besitzt, da ja die Energiemenge sehr 


1) Phot. Korr. 44. 388. 1907. Verf. findet z, B. für 2 g Blitzlichtpulver 
(Magnesium und Cerinitrat zu gleichen Teilen) den Wert 17,3 + toi MKS, also 
8,7 - 10°MKS für ı g Mischung. Eigene Messungen nach der gleichen Methode er- 
geben in befriedigender Übereinstimmung den Wert von etwa 10° MKS für 1 g Agfa 
Blitzlicht. Erheblich niedriger fanden wir dagegen, wie zu erwarten, den Wert für 
IL g Magnesium band, das wir in einer geeigneten Lampe an freier Luft verbrannten: , 
2,4 - 10° MKS. 


Methode zur Verfolgung des Verbrennungsvorganges von Blitzlicht. 375 


stark von der Spitzenhelligkeit abhängt. Um diese genau zu 
ermitteln, kann man entweder die Entfernung der Lichtquelle variieren 
oder man kann die Steigerung der Opazität der Dämpfungsfiter in 
kleineren Intervallen als mit dem Faktor 4 vornehmen, oder man 
kann schließlich bei still stehender Walze die Gesamtintensität fest- 
stellen und aus der Differenz dieser Zahl mit der bei rotierender 
Walze ermittelten die erreichte Spitzenhelligkeit errechnen. Bei 
letzterem Verfahren, das wir bereits bei der Eichung des Registrier- 


Fig. 4. 
Die Intensität des Blitzlichtes (in ro" HK) als Funktion der Zeit (in 10°? sec). 


materials anwendeten, dient der Apparat gewissermaßen als Kopier- 
sensitometer mit Grauleiter. 

In diesem Zusammenhang sei noch folgende Beobachtung er- 
wähnt: Wir benutzten für unsere Versuche anfangs Bromsilber- 
papier; als wir aber zur Eichung schritten, mußten wir feststellen, 
daß dieses Material für exakte Messungen wenig geeignet ist. Das 
Papier ist nicht so gleichmäßig wie gute Negativschichten, außerdem 
ist die Schwärzung auf Papier, also in der Aufsicht, nicht so gut 
meßbar wie in der Durchsicht bei Glas oder Film als Schichtträger. 
Daher benutzten wir vorzugsweise Kinenegativfilm in 12 cm Breite 
und stellten zunächst die Schwärzungskurve der Schicht fest. Um 
zu prüfen, ob die Opazität der Dämpfungsfilter tatsächlich jeweils 


376 Beck und Eggert. 


um den Faktor 4 zunimmt, wurden Filmstreifen aus ı und 2 m 
Entfernung mit der gleichen Lichtquelle im Apparat belichtet. Die 
nach der Entwicklung ausgemessenen Schwärzungen ergaben, in 
die Schwärzungskurve der Schicht eingetragen, daß die Dämpfungs- 
filter tatsächlich mit dem Faktor 4 zunehmen, was sich auch noch 
durch Entfernungsvariation der Lichtquelle bestätigen ließ. 


5. Praktische Brenndauer. 


Als Brenndauer war bisher die Zeit betrachtet, die vom ersten 
Auflammen bis zum vollständigen Verlöschen des Blitzlichtes 
verstreicht. Dieser Wert ist jedoch für die Praxis unzutreffend. 
Dies geht besonders klar aus Fig. 4 hervor. Man erkennt, daß die 
niedrigsten Intensitätswerte zu Beginn und am Schluß des Blitzes 
neben den hohen Intensitäten während der stärksten Flammen- 
entwicklung gar nicht in Betracht kommen. Für die praktische 
Verwendung des Blitzlichtes ist daher diejenige Zeit als Brenndauer 
zu betrachten, die während der Emission der größten Lichtmenge 
verstreicht. Als größte Lichtmenge sind dabei 99 °/, der Gesamt- 
energie zu verstehen. Ein Beispiel zur Erläuterung: Stellt man 
eine Porträtaufnahme mit Blitzlicht her, so ist das Schließen der 
Augen auf dem Negativ nur dann sichtbar, wenn diese Bewegung 
noch in die wesentlich hellen Teile des Blitzes fällt. Wann diese 
auftreten, geht aus Fig. 4 hervor. Aus der angegebenen Pfeilstrecke 
ersieht man, daß die praktische Brenndauer z, (vgl. auch Fig. 3) 
nach der getroffenen Definition 7, = 0,108 sec, für die übrigen vier 
Versuche 0,122; 0,102; 0,096; 0,102 sec im Mittel, also 

£ = 0,106 sec 


beträgt. Dieser Wert, der also für die praktische Aufnahme von 
bewegten Objekten maßgebend ist, muß noch verringert werden, 
wenn die Aufnahme nicht auf einer Porträtschicht, sondern auf 
einem steiler arbeitenden Negativmaterial gemacht wird. Bei solchen 
Schichten fällt nämlich schon mehr als ı°/, der Gesamtenergie 
nicht mehr ins Gewicht, so daß ein noch größerer Teil des energiearmen 
Abklingungsastes von Fig. 4 fortfällt. Bezogen auf steileres Negativ- 
material ist somit die praktische Brenndauer noch kürzer anzusetzen. 


6. Die Intensität des Blitzlichtes im Vergleich zu derjenigen anderer 
Lichtquellen. 

Neben dem Blitzlicht haben wir endlich auch noch andere 

Lichtquellen mit unserem Apparat untersucht, und zwar eine gas- 


Methode zur Verfolgung des Verbrennungsvorganges von Blitzlicht. 377 


gefüllte Metallfadenlampe (kurz Nitralampe) von to Watt, eine 
solche von 1000 Watt und die Sonne. Bestimmt man die aktinische 
. Intensität der beiden Nitralampen, so erhält man im ersten Falle 
450 HK, im zweiten Falle 19000 HK, bezogen auf die Hefnerkerze 
als Einheit. Vergleicht man jedoch diese beiden Lampen hinsicht- 
lich ihrer psychologischen Helligkeit durch eine photometrische 
Messung mit dem Auge, wie dies z. B. die Beleuchtungsindustrie 
tut, so erhält man, ebenfalls auf die Hefnerkerze bezogen, 90 HK 
und 1900 HK. Der Widerspruch zwischen diesen beiden Angaben, 
der etwa den Faktor 5 bei der roo Watt- und den Faktor 10?) bei 
der 1000 Wattlampe ausmacht, liegt auf der Hand; denn in einem 
Fall sind es aktinische Kerzen, im anderen Helligkeitskerzen, 
nach denen gemessen wird. Dieser Vergleich gestattet uns um- 
gekehrt die sonst schwerlich meßbare Maximalhelligkeit vom Blitz- 
licht (in Helligkeitskerzen) anzugeben, denn man kann ohne großen 
Fehler annehmen, daß die spektrale Zusammensetzung des Blitz- 
lichtes und des Lichtes einer hochkerzigen Nitralampe annähernd 
dieselbe ist. (U.a. geht dies aus der Tatsache hervor, daß man 
Aufnahmen auf Agfa-Farbenplatten sowohl mit Blitzlicht als auch 
mit Nitralicht ohne Benutzung eines Vorsatzfilters herstellen kann.) 
Aus der oben angegebenen Maximalintensität des Blitzlichtes in 
aktinischen Kerzen (Z = 1,2. 10° HK) erhält man für die Maximal- 
helligkeit des Blitzlichtes durch Multiplikation mit dem erwähnten 
Bruch ot den Wert 1,2 - 10° Helligkeits-HK; dies ist also die Hellig- 
keit, mit der der Blitz dem beobachtenden Auge im Vergleich zu 
derjenigen einer normalen Kerze erscheint.?) 

Die gleiche Betrachtung haben wir schließlich für die Sonne 
durchgeführt. Wir fanden bei rotierender Walze für die Intensität 


1) In guter Übereinstimmung mit diesen Werten finden sich bei L. Bloch, 
Lichttechnik, München und Berlin, Verl. R. Oldenbourg (1921), S. 579 für das Ver- 
hältnis von aktinischer Intensität und psychologischer Helligkeit (dort „Aktinität‘‘ be- 
zeichnet) folgende Werte: für Nitralampen 7 (entsprechend unseren Faktoren 5 und 10), 
für Sonnenlicht 12—25 (entsprechend unserem Wert 20). Dagegen scheint uns die 
Angabe für Magnesiumlicht (Aktinität 20) zu hoch; im Hinblick auf unsere Messungen 
am Blitzlicht dürfte der Faktor nur höchstens 10 betragen. — Der Begriff „Aktinität“ 
bezieht sich natürlich lediglich auf die verwendete Bromsilberemulsion; die angegebenen 
Faktoren würden sich daher bei der Betrachtung anderer photochemischer Reaktionen 
ändern, 

2?) Die noch fehlende Betrachtungsweise im energetischen Male würde 
übrigens ungefähr folgende Werte für ı g Blitzlicht ergeben; Maximalintensität: 
6 Lumen energetisch; Gesamtenergie: 0,4 Lumensec energetisch. 


378 Beck und Eggert. 


des Sonnenlichtes am unbedeckten Himmel 1,5 - 10° MK, während 
sich in der Literatur die Angabe Z = 8. ı0* MK findet.’ Auch 
diese Diskrepanz (Faktor 20)?) ist wieder auf die verschiedene spek- 
trale Zusammensetzung der verglichenen Lichtarten zurückzuführen 
und andererseits folgt aus dem Vergleich der Intensität des Sonnen- 
lichtes und der Höchstintensität des Blitzlichtes, daß letzteres (1 g 
in ı m Entfernung) im Augenblick der höchsten Flammenentwick- 
lung dem Sonnenlicht nahezu äquivalent ist, 


Der Kuriosität halber sei schließlich folgende Betrachtung an- 
gestellt. Aus der gemessenen Intensität des Sonnenlichtes (1,5 - 10°MK) 
und der Entfernung der Sonne von der Erde Le = 1,5 - 10!! m) folgt, 
daß die Sonne in ım Entfernung die Intensität 1,5 - 108- 2- 10?? = 3 - 10% 
besitzt. Betrachtet man die Sonne, deren Masse etwa Loi? g beträgt, 
aus Blitzlicht bestehend, so ergibt sich hieraus eine Intensität von 
10°. 10°? = 108° HK, also ein beträchtlich höherer Wert als aus der 
Messung. Dies scheint zunächst nicht erklärlich, da ja die mittlere 
Sonnentemperatur (10 Millionen Grad) sehr viel höher ist, als die 
des Magnesiumblitzlichtes.. Bedenkt man jedoch, daß lediglich das 
Licht der Vorderseite der Sonne und hiervon auch nur das der 
äußersten Sonnenschicht zu uns gelangt, während der Rest der 
Energie durch Absorption vernichtet wird, betrachtet man also das 
Licht, das von einer Sonnenscheibe aus Blitzlichtmischung emittiert 
wird, die pro qcm Oberfläche mit ı g Mischung besetzt ist, so erhält 
man den zu der Größenordnung der erstgenannten Zahl (3 - 10°) be- 
friedigender passenden Wert von etwa 10° HK. Allerdings erscheint 
diese Gegenüberstellung gezwungen, da ı g Blitzlicht beim Ent- 
flammen nicht ı qcm, sondern 10° qcm Leuchtfläche entwickelt oder 
weil, anders betrachtet, die schwarze Sonnentemperatur (6000° abs.) 
beträchtlich höher ist als diejenige der Blitzlichtflamme (etwa 2400° abs.) 
In der Tat ist auch die aktinische Intensität, die von I gem Sonnen- 
oberfläche emittiert wird (3 - 10°: toi? = 3. 10° akt. HK em" er- 
heblich größer als diejenige, die ı qcm der Blitzlichtflamme verläßt 


!) Vgl. z. B. Littrow, Die Wunder des Himmels 1897, S. 291. Hierzu 
stimmt auch die im Phys. Handwörterbuch S. 719 angegebene Zahl von 1,35 - 10° MK 
für die Sonnenhelligkeit außerhalb der Atmosphäre; der ebenda von Gerlach an- 
gegebene Wert von 3, 10* MK, sowie die in Scheiner, Populäre Astrophysik 1912, 
S. 331 aufgeführte Zahl: 6» 10% MK führen zu einem größeren Wert für die Aktinität 
des Sonnenlichts, der an sich wahrscheinlicher ist, als die mit den anderen Angaben 
gemessenen Aktinitäten. 

2) Vgl. Anmerkung S. 377. 


Methode zur Verfolgung des Verbrennungsvorganges von Blitzlicht. 379 


(1,5. 10%: 10° = 1,5 + 10° akt. HK cm: letzterer Wert ist übrigens 
nur wenig kleiner als die aktinische Flächenintensität des Glüh- ` 
körpers einer Nitralampe (= 8- 10° akt. HK co 


Zum Schlusse möchten wir nicht verfehlen, der wertvollen 
Unterstützung dankend Erwähnung zu tun, die uns bei den Ver- 
suchen und ihrer Auswertung Herr cand. phil. W. Hunger und vor 
allem Herr Dr. W. Urban geleistet haben. 


Zusammenfassung. 


I. Es wurde eine Apparatur konstruiert, die zur zeitlichen 
photometrischen Verfolgung des Verbrennungsvorganges von Blitz- 
licht dient. Sie besteht aus einer mit photographischem Registrier- 
material beschickten, lichtdicht verschlossenen Walze, die sich wäh- 
rend des Blitzes an einem Schlitz vorbei bewegt, der mit einer 
Grauleiter von Dämpfungsfiltern versehen ist. 

2. Aus dem Registrierphotogramm lassen sich unter Berück- 
sichtigung der Versuchsbedingungen ableiten: die Intensität des 
Blitzes zu jedem beliebigen Zeitpunkt einschließlich der Höchst- 
intensität, die Gesamtenergie des emittierten Lichtes, die „totale“ 
und die „praktische“ Brenndauer des Blitzes (totale Brenndauer = Zeit 
vom ersten Aufglimmen bis zum vollständigen Verlöschen des 
Blitzes; praktische Brenndauer = Dauer der praktischen Ausnutzung 
des Blitzes). 

3. Das Blitzlicht wird mit einigen anderen Lichtquellen auf 
seine aktinische Wirkung und seine Helligkeit verglichen. 

4. Für ı g Agfa-Blitzlichtpulver in ı m Entfernung ergeben 
sich folgende Werte: 


Maximalintensitätt . . . . Lä: 10° HK 
Gesamtenergie . . . . . . 06,9-10* MKS 
Totale Brenndauer . . . . 0,183 sec 
Praktische Brenndauer . . . 0,106 sec 


Zeitlicher Verlauf des Brennvorganges Fig. 4. 


Berlin-Treptow, Photochemisches Laboratorium der I. G. 
Farbenindustrie-A.-G. (Agfa). 


Eingegangen am 12. Mai 1927. 


380 Lüppo- Cramer. 


Der Zeiteffekt bei den Ausbieichreaktionen. 
Von 


Lüppo-Cramer. 
Mit 2 Figuren im Text. 


- Die Ausbleichungen des latenten Bildes durch erneute Be- 
lichtung, z. B. in Gegenwart von Desensibilisatoren, erfolgen bei 
gleichem `, € um so weitgehender (natürlich innerhalb gewisser 
Grenzen), je größer das ? ist, d. h. je mehr Zeit dem Prozesse zur 
Verfügung steht(1) Dies ist eigentlich nicht schwer verständlich, 
da es sich bei derartigen Umkehrungsreaktionen wohl um vorwiegend 
chemische Vorgänge handelt, die an sich Zeit gebrauchen, die aber 
offenbar durch eine „katalytische“ Wirkung des Lichtes abgekürzt 
wird. Ich gab an den zitierten Orten eine Anzahl derartiger aus- 
gesprochener Zeiteffekte an, die das Gegenstück zu dem seit lange 
bekannten, aber bis vor kurzem ohne Erklärung gebliebenen 
Schwarzschild-Effekt darstellen und die dadurch indirekt auch 
meine Auffassung des Schwarzschild-Effektes als Regressions- 
erscheinung stützen. 

Im Verfolge meiner Entdeckung der Desensibilisierung hatte 
ich schon frühzeitig die Beobachtung gemacht, daß man auf diffus 
vorbelichteten Platten nach der Imprägnierung z. B. mit Pheno- 
safranin in Gegenwart von Bromkalium bei einer zweiten Belichtung 
eine vollkommene Ausbleichung erhält, eine Reaktion, die zur 
Herstellung von direkten Duplikatnegativen auch praktisch brauch- 
bar ist (2). | 

Ich hatte bei diesen Versuchen mit Phenosafranin im allgemeinen 
die Beigabe von Bromsalz zur Farblösung für unbedingt erforderlich 
gefunden, hin und wieder aber auch beobachtet, daß auch bei Ab- 
wesenheit von Bromionen eine Ausbleichung (im ungefilterten Lichte) 
eintrat. Weiter fortgesetzte Beobachtungen über den Zeiteffekt bei 
der Ausbleichung führten nun zu der Erkenntnis, daß es darauf 
ankommt, dem photochemischen Prozesse der Ausbleichung in 
Gegenwart des Safranins die nötige Zeit zu verschaffen, damit 
auch bei Abwesenheit von Bromionen im gewöhnlichen Lichte 
brauchbare Umkehrungsbilder entstehen. 

Um diese Versuche recht eklatant und zugleich auch bequem 
zu gestalten, empfiehlt es sich, mit einer intensiven Lichtquelle zu 


Der Zeitefekt bei den Ausbleichreaktionen. 331 


arbeiten, die auch bei großer Annäherung noch eine genaue Ab- 
messung der Entfernung von der Platte gestattet. Dies gelingt 
einfach mit einem (lichtsicher ventilierten) Kasten, der im Innern 
eine 120 kerzige Lampe trägt, und der nach außen durch eine 
Milchglasscheibe abgeschlossen ist. Diese Scheibe zerstreut das Licht 
vollständig und stellt somit eine ganz gleichmäßig beleuchtete Fläche 
als Lichtquelle dar. 

Wurden nun passend diffus vorbelichtete und alsdann mit 
Phenosafraninlösung I: 10000 imprägnierte Diapositivplatten unter 
Eder-Hecht-Skalen in nur IOcm Entfernung 30 Sekunden lang be- 
lichtet, so entstand bei der Entwicklung ein dunkles Bild auf dem 
verschleierten Grunde; nur der Gelbstreifen der Skala ist auch 
unter diesen Umständen stets umgekehrt, d. h. hell auf dunklem 
Grunde. Wurde dagegen in 5o cm Abstand, dem gleichen z- 
entsprechend ı2!/, Minuten lang belichtet, so entstand in allen 
Teilen der Skala ein gutes Ausbleichbild. Die Zeitvariierung hat 
hier also bei gleichem z - 7 vollständig entgegengesetzte 
Reaktionen zur Folge! 

Verlängert man unter sonst gleichbleibenden Verhältnissen die 
absoluten Bestrahlungszeiten auf das 12 fache, so wird die Ausbleich- 
skala auf der in größerer Entfernung (aber immer bei gleichem z- 7) 
belichteten Platte ganz bedeutend (bis zu 30° E.-H.!) länger, die 
in geringerer Entfernung kürzer belichtete Platte zeigt aber im 
Beginn der Skala ein dunkleres Bild auf dem verschleierten Grunde, 
während hiervon bei der anderen Platte nur eine schwache An- 
deutung zu erkennen ist. 

Die Figuren ı und 2 stellen einen solchen Vergieich dar, 
Fig. ı in to cm Entfernung 6 Minuten, Fig. 2 in 50 cm Abstand 
150 Minuten belichtet. 

Bei raschem Zuströmen der Lichtenergie entsteht also je nach 
der absoluten Bestrahlungszeit entweder ein ganz oder teilweise 
„normales“ Bild, während bei langsamerem Zuströmen ein gleich- 
mäßiges Ausbleichbild entsteht, das auch die beträchtlich größere 
„Empfindlichkeit“ der Ausbleichreaktion infolge des Zeiteffektes zeigt. 

Fig. ı zeigt eine unverkennbare Ähnlichkeit mit früher(3) von 
mir reproduzierten Ausbleichbildern auf Jodsilberplatten. In beiden 
Fällen hat anscheinend die an den einer „zweiten Umkehrung“ 
ähnlichen stärkst belichteten Stellen herrschende größere Intensität 
des Lichtes bewirkt, daß der umkehrende Prozeß gegenüber der 


normalerweise schwärzenden Wirkung des Lichtes zurücktritt. Hierbei 
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 27 


382 Lüppo- Cramer. 


spielen wahrscheinlich auch die topographischen Verhältnisse in dem 
angefärbten Bromsilberkorn eine Rolle. 


HRC 1908 ı 


Mit der im vorstehenden festgestellten auch qualitativen Ab- 
hängigkeit der Bilder von der Lichtintensität erklärt sich auch die 


<BRBLIBRBLIEGBCIERD 


bad 
wo 
r 
LA 
= 
“= 
Es 
m 
ni 
Kai 
Let 
em 
es 
D 
= 
= 
- 
E 
D 
WI 
Er 
A 
j: 


t 


IBRRSBERLIEBEL IE 


ké 

_ 
— 
=. 
ae 
"e 
Ch 
boaa 
a 
Ce 
Å- 


Fig. 2. 


oben angedeutete Unstimmigkeit bei meinen Versuchen zur Her- 
stellung von Duplikatnegativen mittels Phenosafranin im ungefilterten 


Der Zeiteffekt bei den Ausbleichreaktionen. 383 


Lichte bei Abwesenheit von Bromionen. Bei der Gewinnung eines 
gewöhnlichen Duplikatnegativs kommen natürlich noch wesentlich 
kürzere Belichtungszeiten in Frage als bei den Sensitometerbelich- 
tungen und deshalb entstanden bei jenen älteren Versuchen über- 
haupt keine Ausbleichbilder, so daß man entweder zu einem Gelb- 
filter oder zum Bromsalzzusatz bei der Imprägnierung greifen mußte. 

Das Pinakryptolgrün zeigte unter gleichen Verhältnissen bei 
Belichtungen von 30 Sekunden, bzw. ı2!/, Minuten keine ähnliche 
Anomalie wie das Phenosafranin in bezug auf Ausbildung eines 
„normalen“ Bildes, sondern gab nur eine Ausbleichung, die aber 
auch bei der lange belichteten Platte um etwa 20° E.-H. weiter 
reichte und vor allem viel intensiver war. Ebenso verhielt sich das 
Pinakryptolgelb. Ähnlich, wenn auch in verschieden hohem Grade, 
wirken auch Kristallviolett, Fuchsin, Malachitgrün, Brillantgrün, 
Brillantrhodulinrot. Auch unter strengem Blaufilter erfolgt eine 
gute Ausbleichung durch Phenosafranin (ohne KBr), wenn dem 
Prozesse genügende Zeit gewährt wird. Es ist dies vielleicht nicht 
unnötig zu erwähnen, da man aus der in den Figuren ersichtlichen 
starken Farbenempfindlichkeit derartiger Schichten schließen könnte, 
daß im weißen Lichte die langwelligeg Strahlen mit ausschlaggebend 
gewesen seien. 

W. Leszynski (4) hatte gefunden, daß unter den von ihm ein- 
gehaltenen Versuchsbedingungen das Schwarzschildsche Gesetz 
für den Herschel-Effekt innerhalb der Variationen der Intensität 
im Verhältnis 1:75 nicht nachzuweisen war. Ich suchte a. a. O. 
eine Erklärung jenes negativen Befundes von Leszynski zu liefern, 
fand indessen im Verfolge der oben wiedergegebenen neuen Ver- 
suche, daß der Zeiteffekt, d. h. das Gegenstück des Schwarzschild- 
Effektes sehr wohl auch bei dem Herschel-Effekt eine Rolle spielt. 

Um nicht gar zu unbequem lange Expositionszeiten im roten 
Lichte zu benötigen, wurde die stets von mir verwendete Bromsilber- 
Diapositivemulsion nach dem Waschen noch ı?/, Stunden bei 65° 
nachgereift. Derartige Platten wurden zuerst unter dichtem Gelb- 
filter diffus vorbelichtet (5) und dann hinter zwei übereinandergelegten 
Rotscheiben nach E. König und der Milchglasscheibe einerseits in 
Io cm, andererseits in 5o cm Entfernung skalenmäßig belichtet. 
Sehr ausgeprägte Resultate erhielt ich bei sehr langer (10 Stunden) 
Bestrahlung in der größeren Entfernung und dem gleichen z. € 
entsprechend nach 24 Minuten auf der in nur 10 cm Abstand be- 


lichteten Platte. Die erstere Platte war um mindestens 20° E.-H. 
SCH 


384 Lüppo-Cramer. Der Zeiteffekt bei den Ausbleichreaktionen. 


weiter ausgebleicht als die in kürzerer Entfernung rotbelichtete 
Platte, ihre Skala reichte annähernd so weit (über 80°) wie eine 
2!/, Stunden in ıo cm Abstand, also rund sechsmal länger als 
dem gleichen z - Z entsprechend belichtete Vergleichsplatte. 

Auch auf ungereiften und mit gewöhnlichem Lichte vorbelich- 
teten Diaplatten sowie unter Anwendung tiefdunkelroter Scheiben 
(Kombination von Rotfilter mit Blaufilter nach E. König) wurde 
eine ähnliche Überlegenheit der lange (15 Stunden) belichteten Platte 
festgestellt. 

Der Herschel-Effekt ist also doch auch weitgehend vom Zeit- 
effekt abhängig, er unterliegt aber keiner Verzögerung im Sinne 
des Schwarzschild-Effektes, sondern die Zeit arbeitet für ihn. 

Daß auch die gewöhnliche Solarisation durch den Zeiteffekt 
bedeutend gefördert wird, stellte ich bereits in den früheren Unter- 
suchungen fest. Auch bei den relativ kurzen Belichtungen, die im 
vorstehenden zur Anwendung kamen, ı2!/, Minuten gegenüber 
30 Sekunden in ro bzw. ıo cm Abstand trat diese Förderung der 
Solarisation durch den Zeiteffekt eklatant hervor. Es wurden für 
diese Versuche wieder die besonders leicht solarisierenden Platten 
verwendet, die zuerst bis zum Schwärzungsmaximum diffus vor- 
belichtet waren. Die in 50 cm Abstand nachbelichtete Platte zeigte 
ein über 20° E.-H. weiter reichendes Solarisationsbild. 


Literatur. 

ı) Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1927, Nr. 4; Phot. Industrie 1927, Nr. 20. 

2) Lüppo-Cramer, Grundl. d. photogr. Negativverf. (Eders Handb. Il. 1) 
Halle 1927, S. 577, dort frühere Literatur. 

3) Lüppo-Cramer, Negativentwicklg. bei hellem Lichte, II. Aufl., Leipzig 1922, 
S. 155. 

4) W. Leszynski, Zeitschr. wiss. Photogr. 24. 752. 1926; vgl. dazu auch 
Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1927, S. 105. 

5) Lüppo-Cramer, Camera (Luzern) 1927, Nr. 10, S. 259. 


(Eingegangen 9. Mai 1927.) 


Schwtize-Naumburg. Methode zur Bestimmung der Belichtungszeit usw. 385 


Eine rechnerische Methode 
zur Bestimmung der Belichtungszeit in der Photographie. 


Von 
Bernhard Schultze-Naumburg. 


Mit 3 Figuren im Text. 


Es ist eine bekannte Tatsache, daß die Schätzung der Belich- 
tungszeit durchaus nicht einfach ist und auch nicht ohne weiteres 
erlernt werden kann. Hilfsmittel wie Belichtungstabellen, Licht- 
messer oder der Justophot bilden keineswegs eine Anleitung hierzu, 
und zwar deshalb nicht, weil sie den Amateur über die tatsächlichen 
Verhältnisse im unklaren lassen. In mehr oder minder geheimnis- 
vollem Verfahren wird ein Wert ermittelt, welchen man als richtigen 
nun wohl hinnehmen muß, der jedoch auch einmal falsch sein kann. 


Und doch liegen die tatsächlichen Verhältnisse recht einfach: 
Nehmen wir zunächst konstante Plattenempfindlichkeit und Licht- 
stärke des Objektivs an, so verhält sich die Belichtungszeit um- 
gekehrt proportional zur Helligkeit des zu photographierenden 
Gegenstandes, und die Helligkeit des Gegenstandes!) hängt nur von 
zwei Faktoren ab: 


L der Stärke des auffallenden Lichtes, der Beleuchtung, welche 
wir in Meterkerzen (= Lux) messen, und 

2. dem Reflexionsvermögen oder der Albedo® des Gegen- 
Standes. 

Wir können für die Belichtungszeit € die Gleichung aufstellen: 


C 


de Albedo x Beleuchtung 


Der Proportionalitätsfaktor C hängt nur von der Platten- 
empfindlichkeit und der Lichtstärke des Objektivs ab, und wurde 
in nachstehender Tabelle für die in der Praxis vorkommenden 
Werte berechnet; die Zahlen sind abgerundet. 


1) Wir verstehen darunter denjenigen dunkelsten Punkt des photographischen 
Objektes, welcher im Negativ noch gerade durchgezeichnet werden soll. 
reflektiertes Licht 


?) Unter Albedo v hältnis: — s : 
) Unter Albedo versteht man das Verhältnis Suffallendes Licht 


386 Schultze- Naumburg. 


ze Plattensorte | 1:1,8 | 1:2,7 | 1:3,5 | 1:4,5 | 1:6,3 1:9 
23 | 0,12 | 0,3 | 05 ' 0,8 1,5 | 3 
20 Ultra-Rapid 0,25 0,55 I 15 3 6 
17 Extra-Rapid 0,5 1,1 | 2 | 3 6 12 
14 Normal I 2,2 4 6 12 25 
lI 2 4,5 7 12 25 50 

8 4 | 9 I5 25 50 100 


Zahlenwerte der Konstante C. 


Da sich der Amateur wohl meist auf eine Plattensorte einarbeitet 
und wohl auch das gleiche Objektiv benutzt, braucht er sich nur 
die Zahl C zu merken, welche bei Verwendung einer Gelbscheibe 
mit dem Verlängerungsfaktor derselben zu multiplizieren ist. Will 
man nicht mit voller Öffnung arbeiten, sondern abblenden, so ver- 
längert man die Belichtungszeit entsprechend; die Helligkeitswerte 
benachbarter Blendenzeichnungen verhalten sich ja meist wie 2:1, 
z.B. 1:4,5 und 1:6,3. 

Die Stärke der Beleuchtung kann mit Hilfe eines Aktinometers 
(Lichtmessers) ermittelt werden, welchen man auf „Meterkerzen“ 
eicht. Die Sonnenbeleuchtung hat bei klarem Himmel um die 
Mittagszeit eine Intensivität von 60000 Lux im Juni, 40000 Lux 
im März oder September und 5000 Lux im Dezember; die Zahlen 
gelten für das mittlere Deutschland (51%. Das diffuse Himmelslicht 
vergrößert diesen Wert noch erheblich, muß also bei der Eichung 
abgeblendet werden. Die bei der Eichung gefundene Konstante, 
nämlich die Helligkeit, welche einer Aktinometerzeit von ı Sekunde 
entspricht (bei Wynnees Infallible z. B. 160000 Lux), wird notiert 
und eine beliebige Beleuchtungsstärke gefunden, indem man obigen 
Wert durch die Aktinometerzeit dividiert. 

Man kann die Beleuchtungsstärke auch aus untenstehender 
Fig. ı!) entnehmen, in welcher sie als Funktion der Tages- und 
Jahreszeit dargestellt ist; die Werte gelten für klaren Himmel. 

Die Tagesbeleuchtung schwankt zwischen festen Grenzen, 
80000 Lux mittags im Sommer, 1500 Lux bei Sonnenuntergang; 
bei einiger Übung wird man die Helligkeit bald mit genügender 
Genauigkeit schätzen können. 

Die Albedo wird man zweckmäßigerweise nicht in jedem 
Einzelfall bestimmen. Es ist dies auch gar nicht nötig, da für ver- 
schiedene Gattungen von Aufnahmen gewisse Durchschnittswerte 


1) Nach einer Anregung in der photogr. Rundschau, Jahrg. 1911, S. 42. 


Methode zur Bestimmung der Belichtungszeit in der Photographie. 387 


Geltung haben, welche in folgendem besprochen werden sollen. 
Ich möchte vorausschicken, daß man bequemer mit dem reziproken 
Wert der Albedo rechnet, welcher dann den Helligkeitsunterschied 
zwischen hellstem?!) und dunkelstem Teil des zu photographierenden 
Gegenstandes bezeichnet und für welchen die Bezeichnung „Objekt- 
umfang“ gebräuchlich ist. Unsere Gleichung nimmt dann die 


Form an: Objektumfang 


EE: Beleuchtung ?) ` 


20 NRUhr2 4 


W nih 2 4 
Fig. rt. 


Will man den Objektumfang nicht messen (das Verfahren ist 
für die Praxis meist zu umständlich), so schätze man ihn an Hand 
folgender Durchschnittswerte: 


Offene Landschaft ohne Vordergrund . . 10 
Landschaft mit Vordergrund . . . ... 50— 100 
Landschaft mit sehr dunklen beschatteten 

Teilen im Vordergrund. . . .... 500— 1000 


1) Vorausgesetzt, daß der hellste Teil Loof, des Lichtes reflektiert, z. B. weile 
Wolken im Bilde. 
?) Darunter wird die größte Helligkeit verstanden. 


Schwärzung — 


388 Schultze- Naumburg. 


Direkte Sonnenbeleuchtung erhöht diese Werte um das 
2—4 fache. 


Porträts je nach Aufhellung der be- 
schatteten Partien. . . . , 2... 50— 100 


Bei Innenaufnahmen endlich können Werte von 1000— LO OO 
vorkommen, Helligkeitsunterschiede, welche die Platte schließlich 
nicht mehr bewältigt. Wir müssen eben außer der Empfindlich- 
keit der Platte noch eine andere Eigenschaft berücksichtigen, 
ihre Gradation, deren Besprechung hier. nicht umgangen werden 
kann. 


Perutz-Braunsiegel, Hauff Ultra-Rapid. 


3 7% 30 100 300 1000 ı 3 %0 30 10 300 1000 4000 
Belichtung —— Belichtung —» 
Fig. 2. Fig. 3. 


Stellt man in einem Koordinatensystem die Schwärzung als 
Funktion der Belichtung graphisch dar, so ergibt sich die sogenannte 
Schwärzungskurve, aus welcher alle Gradationseigenschaften der 
Platte abgelesen werden können. Ich führe nachstehend zwei ver- 
schiedene Schwärzungskurven an, von denen die Perutz-Braun- 
siegel charakteristisch für orthochromatische Platten, die Hauff 
Ultra-Rapid charakteristisch für weicharbeitende, nichtorthochro- 
matische Momentplatten ist. 


Die Güte der Detailwiedergabe (d. h. die Wiedergabe der Hellig- 
keitsunterschiede) hängt von der Neigung der Schwärzungskurve an 
der betreffenden Stelle ab; mit zunehmender Steilheit der Kurve 
nimmt auch die Detailwiedergabe zu; sinkt die Neigung der Kurve 
unter einen gewissen Grenzwert, welcher bei der Braunsiegelplatte 


‚Methode zur Bestimmung der Belichtungszeit in der Photographie. 389 


etwa im Punkt 300 erreicht ist, so werden überhaupt keine Detaills 
mehr wahrgenommen. H 

Wollen wir nun z. B. eine Landschaft mit sehr dunklem Vorder- 
grund photographieren, bei welcher der Objektumfang 1000 beträgt, 
so müssen wir auf die Wiedergabe der Wolken verzichten, da die- 
selben dann in den Punkt 1000 der Schwärzungskurve fallen. 
Oder wir verzichten den Wolken zuliebe auf Details in den dunklen 
Schatten, die, wenn sie räumlich nicht zu ausgedehnt sind, die 
Bildwirkung nicht beeinträchtigen. 

Bei Schneeaufnahmen sind die Details in der Schneefläche am 
wichtigsten; sie sind andererseits nicht stark ausgeprägt, dürfen also 
nicht verringert werden; die Neigung der Kurve darf nicht unter 
45° sinken, welches bei der Braunsiegelplatte schon im Punkt 30 
der Fall ist. 

Sehr viel bequemer macht es uns die Ultra-Rapidplatte, welche 
eine geradezu ideale Schwärzungskurve aufweist; die Kurve wird in 
den Lichtern sogar noch steiler. Mit ihr läßt sich noch ein Objekt- 
umfang von 4000 bewältigen. Allerdings ist die Anwendungs- 
möglichkeit wegen mangelnder Orthochromasie beschränkt. 

Schwärzungskurven sind leider schwer zu erhalten, es wäre zu 
wünschen, daß die Firmen für ihre verschiedenen Plattensorten 
solche herausgeben. 

Manchem Leser mag die Methode wohl etwas umständlich 
erscheinen; für den Gelegenheitsphotographen ist sie auch nicht 
erdacht, sondern für den ernsthaften Lichtbildner. Wer sich aber 
de Mühe gibt und sich in den Gedankengang vertieft, wird 
entdecken, daß die Belichtungszeit rasch und einfach im Kopf 
auszurechnen ist, und das ferner, da man sich stets Beleuchtung 
und Objektumfang klar machen muß, eine falsche Belichtungszeit 
nicht so leicht vorkommt. Das zeigt sich besonders bei außer- 
gewöhnlichen Aufnahmen, beispielsweise einer Mondscheinaufnahme, 
wo die Belichtungstabelle versagt: wir nehmen eine Platte von 
17° Sch. und eine Lichtstärke von 1:4,5 an, der Objektumfang 


sei 100; dann ist die Belichtungszeit (hellster Vollmondschein 


= 0,25 Lux) 


t= 3. 9° — 1200 Sekunden = 20 Minuten. 
0,25 


1) Es ist hier nicht möglich, näher auf die Detailwiedergabe einzugehen; ich 
verweise auf das ausgezeichnete Buch von Goldberg, „Der Aufbau des photo- 
graphischen Bildes“, Verlag Knapp, Halle a. S. 1922. 


390 Schultze- Naumburg. Methode zur Bestimmung usw. — Bücherbesprechung. 


Ähnliches gilt für Aufnahmen bei künstlichem Licht. Will man 
Zeichnungen oder Gemälde reproduzieren (Objektumfang 10—30), 
versuche man den steilsten Teil der Schwärzungskurve auszunutzen. 

Die Beispiele ließen sich beliebig vermehren, doch ist das an 
dieser Stelle nicht möglich; der Leser soll zu selbständiger ge- 
danklicher Betätigung angeregt werden. 


Eingegangen am 17. Mai 1927. 


Bücherbesprechung. 
(Ref.: K. Schaum.) 


Hermann Ambronn und Albert Frey, Das Polarisations- 
mikroskop; seine Anwendung in der Kolloidforschung und 
in der Färberei. 194 S. mit 48 Fig. und I farbigen Tafel. (Kolloid- 
forschung in Einzeldarstellungen, Bd. 5.) Leipzig 1926, Akad. Verl. 
M. 12.—. 


Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die zweckmäßige Anwendung mikro- 
skopischer Untersuchungsmethoden chemische Arbeiten sowohl wissenschaftlichen wie 
auch technischen Charakters in weit höherem Grade zu fördern vermag, als der Che- 
miker, dem die mikroskopischen Hilfsmittel meist nicht genügend bekannt sind, im 
allgemeinen annimmt. Wie der Berichterstatter aus eigener Erfahrung weil, ist die 
Beteiligung der Studierenden an besonderen mikroskopischen Übungen keine allzu 
rege, so daß es wünschenswert erscheint, die wichtigsten Methoden in das physi- 
kalisch-chemische Praktikum aufzunehmen, aus dem sich schließlich allerhand Bestand- 
teile von mehr historischem Wert zugunsten optischer, speziell mikroskopischer und 
spektroskopischer Verfahren streichen lassen. Zu den bekannten Schriften über die 
Anwendung des Mikroskops und speziell des Polarisationsmikroskops von W. Schef fer, 
O. Lehmann, E. Weinschenk, F. Rinne u.a. gesellt sich nun die vorliegende 
Anleitung, welche nach einer gründlichen Darlegung der optischen Grundlagen (Polar 
sation, Interferenz u. a.) eine ganz ausgezeichnete Zusammenfassung der Doppel- 
brechungserscheinungen in dispersoiden Systemen und eine sehr willkommene Dar- 
stellung der optischen Untersuchungsmethoden zur Erschließung des submikroskopischen 
Feinbaues dispersoider Systeme enthält. Es bedarf keiner näheren Begründung, dad 
das Werk nicht nur dem Chemiker, sondern auch dem Physiker und ganz besonders 
dem Biologen die besten Dienste zu leisten vermag. 


Ambronn-Festschrift der Kolloidchemischen Beihefte. Unter 
Mitarbeit von Freunden, Verehrern und Schülern herausgegeben von 
A. Frey und Wo. Ostwald. 376 S. Dresden 1927, Th. Steinkopfl. 
M. 18.—. 


Mit tiefer Wehmut zeigt der Berichterstatter die Festschrift an, welche Her- 
mann Ambronn unsere herzlichsten Glückwünsche zu seinem 70, Geburtstag über- 
brachte. Unsere Hoffnung, daß dem Jubilar noch eine lange Reihe froher Jahre be- 
schieden sein möge, ist nicht in Erfüllung gegangen. Doch wird die Schrift mit den 
zahlreichen Hinweisen auf Ambronns Arbeiten ein Denkmal bleiben für den hoch- 
verdienten Forscher und dazu beitragen, daß sein noch keineswegs voll gewürdigtes 
Lebenswerk die gerechte Anerkennung findet. 


Bücherbesprechung. 391 


Edmund Hoppe, Geschichte der Optik. 263 S. Leipzig 1926, 
J. J. Weber. M. 7.— geb. 


Die Optik steht dank ihrer bewundernswerten experimentellen und theoretischen 
Gestaltung und der erstaunlichen Leistungsfähigkeit ihrer Anwendungen in fast allen 
Gebieten menschlicher Forschung im Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses. 
Eine Darstellung ihres Werdeganges wird um so willkommener sein, da eine neuere 
Geschichte der Optik bisher nicht existierte. Jedes einzelne Problem wird seiner ge- 
samten Entwicklung nach geschildert; 530 Zitate ermöglichen dem Interessenten das 
Zurickgehen auf die Quellen. Die Darlegungen sind bei aller Kürze von großer 
Sachlichkeit und Klarheit. Dem schönen Buch ist eine möglichst große Verbreitung 
zu wünschen; Dozenten und Lehrer sollten es bei den Vorbereitungen für Vor- 
lesungen und ÜUnterrichtsstunden eingehend berücksichtigen. Die Geschichte der 
Naturwissenschaften (auch die der Mathematik) wird im Unterricht viel zu wenig be- 
achtet, zumal an den Mittelschulen; wenn auch die Kulturgeschichte jetzt mehr ge- 
pflegt wird als in früheren Zeiten, in denen die Kriegsgeschichte vorherrschend war, 
so scheint doch dem Berichterstatter eine Vertiefung des naturwissenschaftlich-mathe- 
matischen Unterrichts nach der historischen Seite sehr wünschenswert. Hoppes 
Geschichte der Optik sollte in jeder Schulbücherei neben Dannemanns bekanntem 
Werk über die Entwickelung der Naturwissenschaften stehen, das doch dort hoffentlich 
nicht fehlt?! 


E. Vogel, Taschenbuch der Photographie. 246.—260. Tausend. 
Bearbeitet von Karl Weiss. 298S. mit 258 Abb. Berlin 1927, 
Union. 

Die Neuauflage des weitverbreiteten Taschenbuchs berücksichtigt die Fort- 


schritte, welche die photographische Technik in den letzten zwei Jahren gemacht hat. 
Aufnahme, Negativ- und Positivverfahren werden in bewährter Weise geschildert. 


Ludwig David, Ratgeber im Photographieren. 206.—215. Aufl. 
266 S. mit 102 Textbildern, 31 Bildertafen u. a. Halle 1927, 
W. Knapp. M. 2.40. 

Davids Ratgeber hat sich einen so großen Freundeskreis erworben, daß es 
einer besonderen Empfehlung der Neuauflage nicht bedarf. Daß der Preis trotz der 


zahlreichen Tafeln so niedrig gehalten wurde, wird besonders dankenswert empfunden 
werden. 


J. M. Eder, Rezepte, Tabellen und Arbeitsvorschriften für 
Photographie und Reproduktionstechnik. 12.— 13. Aufl. 387 S. 
Halle 1926, W. Knapp. M. 6.50. 


Eders beliebtes Rezeptenbuch liegt in völlig neuer Bearbeitung vor; es umfaßt 
nunmehr das Gesamtgebiet der Photographie. Die Arbeitsvorschriften sind auf Grund 
der Ergebnisse wissenschaftlicher Forschungen näher begründet worden. Besonders 
wertvoll werden den Interessenten die Abschnitte über Sensitometrie und über Sensi- 
bilisierung sein, 


Photographischer Notizkalender für das Jahr 1927. 30. Jahr- 
gang; bearbeitet von P. Hanneke. Mit einem Anhang über gewerb- 
liche Bestimmungen, bearbeitet von A. Arnold. 214 S. Halle 1927, 
W. Knapp. M. 3.50 geb. 

Die bekannte Sammlung von Rezepten und Tabellen berücksichtigt in der 


neuen Ausgabe alle wesentlichen Neuerscheinungen in Vorschriften und im Gebrauchs- 
material für Berufs- und Liebhaberphotographie. 


392 Biücherbesprechung. 


Hilfsbuch für den Kameramann. (Enzykl. d. Photographie u. Kine- 
matographie, Heft 111.) 51 S. mit 74 Abb. Halle 1926, W. Knapp. 
M. 1.50. 


Eine kurze Anleitung für die Handhabung kinematographischer Apparate bei 
der Aufnahme. 


arl Albert, Lexikon der graphischen Techn en. 3128. 
Halle 1927, W. Knapp. M. 13.00. 


Das Werk stellt die Fortsetzung des vom gleichen Verfasser bearbeiteten 
„Führer durch die Reproduktionsverfahren‘“ (1908) dar; die in den vergangenen 
beiden Dezennien gemachten Fortschritte sind eingehend berücksichtigt. Jedem Schlag- 
wort sind die entsprechenden Literaturnachweise hinzugefügt. ` , 


Max Schirner, Sportphotographie. (Bücherei der Liebhaber- 
photographen; herausg. von W. Warstadt. I. Reihe, Heft 7.) 285. 
mit 22 Abb. Halle 1927, W. Knapp. M. 1.80. 


Eine kurze Anleitung für Ausrüstung und Arbeitsweisen des Sportphotograpben, 
die alle Arten sportlicher Betätigung berücksichtigt. 


L. Moholy-Nagy, Malerei, Photographie, Film. (Bauhausbücher, 
herausg. von Walter Gropius und L. Moholy-Nagy; Heft 8. 
133 S. mit zahlreichen Abb. und Tafeln. 


Die vorliegende Schrift will zeigen, daß die Photographie keineswegs nur ein 
mechanisches Notierverfahren ist, sondern auch schöpferisches Ausdrucks- und Ge: 
staltungsmittel sein kann, 


Julius v. Ries, Einige okkulte Phänomene und ihre physi- 
kalische Deutung. ı6S. mit 6 Abb. Bern 1927, P. Haupt. M. 1.20. 


Zahlreiche Menschen, die ernsten religiösen Gedanken und Empfindungen ab- 
lehnend gegenüberstehen, begeistern sich für okkulte Phänomene zweifelhaften In- 
haltes und noch zweifelhafterer Herkunft. Ihnen sei die vorliegende kleine Schrift 
empfohlen, in welcher die seelische Beeinflussung des Pulsschlags (durch einen in die 
Achselhöhle gedrückten Apfel), die magnetische Wirkung eines Mediums auf eine 
Kompaßnadel (durch magnetisierte Korsettstangen), die Telekinese eines Totenschädels 
(durch einen in ihm versteckten Maulwurf) u. a. beschrieben werden. Verf. berichtet 
ferner über die bekannten sog. „‚Eftluviographien“, welche durch Temperaturdiflerenzen 
der photographischen Schicht während des Entwicklungsvorganges hervorgerufen 
werden; wenn auch diese natürlich nichts Okkultes darstellen, können sie nach An- 
sicht des Verf. vielleicht diagnostische Bedeutung gewinnen, 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K.Schaum in Gießen, 


ES ZI GBITSSCHRIFT E 
K es für | DÉI, 
Sa 2 Ze Se 
1" enschaftliche Photographie Se 

` Photophysik und Photochemie | 


Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen. 
ORANAN von 


H. Kayser 


"a, em; Professor aa. dër Universiúl. Bond 


herausgegeben von 


K. Schaum 


Wi O, A. Professor an der Universität Gießen 


Mit 8 Figuren im Text 


i bai - 
D 


1927 
. Verlag von Johann. Ambrosius Barth in Leipzig 


Salomonstraße 18b 


ft werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuch- 


er men. Der Abonnemenispreis beirägt pro Band im In- und Ausland Rm. 24.—; 
ung einschließlich Porto im Inland Rm. 25. Cem imi CRRI dp 25.20. 


September 1927 


N re EA, Re et i 
DEN BEN E T S A 
E: ey rs FA G Br e d A TES e N Ra 
a KT P jeh A EG Sé es t SES een 
, Ch $ Fa y La e D 
GE  Inhaltsverzeich 1 EE 2 
ii i d t 2  / 
NR fs Mike FEN 
EJ: N ' 
SA Kë, K. Burgherr, Über ECH E mit Farbstoffen, Mit 6 Figuren 
ee en, Jet hen la ; SÉIER Ee 393 
ig / Mia: Lüppo- -Cramer, Zur Schleierbildung LER Farbstoffe. Mit 2 Figuren i im Test 408 
2.00.90. Karl Schaum und Rudolf Trautluft, Photometrische und spekträlphoto- ke 
OK Kach, metrische Studien VI, Lichtstärkemessungen bei der stillen TEE ee, 
Ac RER Entladung. Mit 2 Figuren im Text ; . x 2 2m... ei SE) 
a J. M.’Eder, Die relative Aktinität verschiedener Lichtquellen und dis Firb- i 
TR AE temperatur des Magnesiumlichtes , niis y 2.0. e "e 
dé a H Elsner v. Gronow, EE ee opaker Gegenstände bi schwacher 
Wi ‚Vergrößerung » . | e SR am RER 


r d . J n 


S E E — 


- IN ni Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an 
7 Professor Dr, K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. 

Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren 
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollstän 


nage 
Berichterstattung möglich ist. | een 


kb 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere Hr. 
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden, 


— [02000 —— ŘŮ _ — — — a 
< — L Ge se Ges ma 


DENSOGRAPH 3 


Registrier äi 
5 

zur Ĝrmittelung von ` 
Schwärzungskurven 
photographischer ` 
Platten und Bonne : 
nach Prof. Dr. Goldber. 


—_— 


Unentbehrlich ` ` 
für ang ` 
Forschungen u. Prüfungen 

in der Fabrik Kr 


PROSPEKT KOSTENLOS A 
Le | 


Feiss SRENT.-G. Dresden 139° 


Vereinigte Werke : Contessa-Wettel, 6 örnemann, : 


ES, II | Wen 


us m 
= t- Te" i 
Digitized by Goo gle = 
fg oe ei 


Bar, F 


pP? SM u | 


Zeitichrift für willenichaftlidie Photographie, 
Photophyfik und Photodiemie 


XXIV. Band. 1927. Heft 12. 


Über optische Sensibilierung mit Farbstoffen. 
Von 


K. Burgherr. 
Mit 6 Figuren im Text. 


1. Einleitung. 

Im Jahre 1873 entdeckte H. W. Vogel, daß das Bromsilber- 
korn der Kollodiumplatte durch Baden in Farbstofflösungen licht- 
empfindlich wird für die von Farbstoffen absorbierten Spektral- 
gebiete. — Diese als „optische Sensibilierung“ bezeichnete Wir- 
kung fand sich alsbald auch bei der Bromsilbergelatineplatte. — 
Sowohl saure, wie basische Farbstoffe, sowohl künstliche, wie natür- 
liche, darunter vor allem nach Edm. Becquerel das Chlorophyll, be- 
sitzen diese Eigenschaft, vorzugsweise danu, wenn sie fluoreszieren.!) 

Die optische Sensibilierung ist schon immer als eine kata- 
lytische Wirkung angesehen worden, insofern, als anzunehmen war, 
daß den Farbstoffen die Funktion zukommt, die von ihnen absor- 
bierte Lichtenergie auf das Bromsilber zu übertragen, um sodann 
chemisch unverändert aus dem Prozeß hervorzugehen. Indessen 
blieb es bei der Annahme, bis kürzlich von J. Eggert?) durch 
quantitative Messungen nachgewiesen wurde, daß bei einer be- 
stimmten Belichtung eine bestimmte in der Schicht vorhandene 
Menge Erythrosin ungeändert erhalten blieb, während gleichzeitig 
auf jedes Molekül Erythrosin zwanzig Moleküle Silberbromid redu- 
ziert wurden.) Die optische Sensibilierung blieb nicht beschränkt 


1) Vgl. J. M. Eder, Die Photographie mit Bromsilbergelatine, Halle 1890 
S. 154, (3. Heft des ausführl, Handbuches der Photographie). Derselbe, Handbuch 
der Photographie II, 2. Aufl., Halle 1898, S. 447. 

9) Zeitschr. f. Elektroch. 32, 496, 1926. 

3 Anmerkung: Es sei an dieser Stelle daran erinnert, daß W. Reinders 
(Zeitschr. f. physik. Chem. 77, 677—699, 1911) nachgewiesen hat, daß Silberchlorid, 
sowohl als Gel, wie als Kristall, von Erythrosin und von anderen Farbstoffen homogen 
durchgefärbt wird. Es ist sonach nicht weiter merkwürdig, daß, wie Eggert be- 
richtet, das sensibilierte Bromsilberkorn nach der Belichtung in seinem Innern 
Silberkerne erkennen läßt. Besondere Annahmen über Elektronenwanderung sind 
nach Meinung von Prof. Baur zur Erklärung dieses Befundes nicht nötig. 

Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 28 


394 Burgherr. 


auf die photographische Platte. Es wurden in der Folge nicht nur 
zahlreiche Photolysen gefunden, die durch Farbstoffe in Gang ge- 
bracht werden, sondern auch viele andere, bei denen der Sensi- 
bilator anderen Stoffklassen angehört. Von besonderem Belang er- 
schienen die biologischen Lichtwirkungen fluoreszierender Farbstoffe, 
bekannt unter dem Namen der ‚„photodynamischen Erscheinung“) 

Von anderen Sensibilierungen durch Farbstoffe seien nur er- 
wähnt die Photolyse der Ederschen Lösung (Ammoniumoxalat und 
Quecksilberchlorid) durch Eosin?) und die neuen Arbeiten von 
K. Noack?) über die Oxydation von Natriumsulfit, Benzidin und 
pflanzlichen Chromogenen mit Luftsauerstoff unter dem Einfluß von 
Eosin und anderen Farbstoffen und ganz besonders von Chlorophyll. 

Wie erwähnt, sind optische Sensibilierungen nicht nur auf 
Farbstoffe beschränkt. Ausführlicher untersucht von hierher ge- 
hörenden Fällen sind die Photolysen durch Uranylsalze*), sowie 
einige Photolysen unter dem Einfluß von Zinkoxyd?), auf die in 
neuerer Zeit wegen ihrer maltechnischen Bedeutung das Interesse 
hingelenkt wurde. Nachdem es sich also erwiesen hat, daß die 
optische Sensibilierung eine Erscheinung ist, die sowohl sehr ver- 
breitet als auch vielgestaltig ist, bedürfen wir einer Theorie, welche 
das Gemeinsame und das Unterscheidende daran mit einer gewissen 
Treue wiederzugeben vermag. Eine solche Theorie hat E. Baur‘) 
im Jahre 1918 entwickelt, indem er annahm, daß der phototrope 
Zustand, in den ein Molekül gerät, wenn es ein Lichtquant absor- 
biert hat, einer elektrischen Polarisation gleichkommt, welche einen 


1) H. v. Tappeiner, ie photodynamische Erscheinung“, Ergebnisse der 
Physiol. 8, 698—741, 1909. Derselbe, Methoden beim Arbeiten mit sensibili- 
sierenden fluoreszierenden Stoffen, in Abderhaldens Handbuch der biolog. Arbeits- 
methoden, Lieferung 98, S. 1071—1082, 1923. Hermann Pfeiffer, Der Nach- 
weis photodynamischer Wirkungen fluoreszierender Stoffe am lebenden Warmblüter. 
Ebenda, Lieferung 98, S. 1081—1102. 

3) O. Gros, Zeitschr. f. physik. Chem. 87, 192, 1901 und Chr. Winther und 
Oxholt Howe, Zeitschr. f. wiss. Phot. 13, 89, 1913. 

3) K. Noack, Zeitschr. f. Botanik 10, 561, 1918; 12, 273, 1920; 14, 1, 1922. 
Derselbe, Naturwiss. 14, 383, 1926. 

t) E. Baur und A. Rebmann, Helv. Chim. Acta 5, 221, 1922; E. Baur, 
Zeitschr. f. Elektrochem, 25, 102, 1919; 29, 105, 1923; P. Büchi, Zeitschr. f. physik. 
Chem. 111, 269, 1924. 

5) A. Eibner, Chem. Ztg. 35, 753, 774, 786, 1911; 87, 137, 178, 197, 1913; 
Chr. Winther, Zeitschr. f. wiss, Phot. 21, 147—167, 175—185, 1922; A. Perret, 
Journ. chim. phys. 28, 97, 1926; E. Baur, Zeitschr. phys, Chem. 120, 278, 1926. 

H Hel. Chim. Acta 1, 186, 1918. 


Optische Sensibilierung mit Farbstoffen. 395 


positiven und einen negativen Pol schafft. Der eine wirkt als Anode, 
der andere als Kathode einer molekularen Elektrolyse, deren Er- 
gebnis einerseits die Rückkehr des Sensibilators in den Dunkel- 
zustand, anderseits die zu beobachtende Photolyse ist. 

Die Theorie nahm ihren Ausgang von den Erscheinungen des 
Becquerel-Effektes.!) Sie stellt die nicht sensibilierte Photolyse 
als einen Sonderfall der sensibilierten hin, der dann eintritt, wenn 
der Sensibilator auf sich selbst wirkt; und sie betrachtet die Photo- 
lyse überhaupt als eine Art Elektrolyse, indem sie einen Parallelismus 
zwischen Elektrolyse und Photolyse fordert. Als Beispiel für die 
Anwendung der Theorie, und zwar als ein solches, welches nahe 
Beziehungen zu dem praktischen Fall der photographischen Sensi- 
bilierung hat, werden nachfolgend Untersuchungen mitgeteilt an 
Systemen, die aus Farbstoff, Silbernitrat und Reduktionsmitteln be- 
stehen. 

2. Plan der Untersuchung. 


Nennen wir den Lichtempfänger E und stellen wir den photo- 
tropen Zustand, in dem er sich befindet, nachdem er ein Licht- 
quantum absorbiert hat, dar, durch das Symbol 

de 
womit ausgedrückt sein soll, daß er auf seine Umgebung gleich- 
zeitig als Oxydator und als Reduktor zu wirken imstande ist. Es 
ist dann nach E. Baur die optische Sensibilierung eine Abgabe 
des verlagerten negativen Elektrons etwa an ein Kation und seine 
Wiederanlagerung auf stabiler Bahn, nachdem es etwa einem Anion 
entrissen worden ist. Nehmen wir als Lichtempfänger z. B. Eosin 
und als System, auf das gewirkt werden soll, die Edersche Lösung, 
so ist die Photolyse zu schreiben: 
© +400,” = CO, , 
© +HgCl, = HgCl + Cl 
Die Theorie sieht vor, daß sowohl der Anoden- wie der Kathoden- 
prozeß, wie auch der Lichtempfänger auf das mannigfaltigste variiert 
werden kann. Z.B. nahm E. Baur?) 1918 als kathodischen De- 
polarisator Silbernitrat und als anodischen Depolarisator Rohrzucker 
und als Farbstoffe Rhodamin und Chininsulfat. 


Eosin 


1) Vgl. G. Trämpler, Zeitschr. phys. Chem. 90, 385, 1915; E. Hatt, ebenda 
92, 513, 1917; E. Staechelin, ebenda 94, 542, 1920, 
?) Helv. Chim. Acta 1, 194, 1918. 
28* 


396 Burgherr. 

Solche Systeme sollten nun genauer untersucht werden. Es 
sollte gezeigt werden, daß die Wahl der anodischen Depolarisatoren 
grundsätzlich frei bleibt, daß die Farbstoffe, die aus der photo- 
graphischen Praxis als Sensibilatoren bekannt sind, grundsätzlich 
auch ein Lösungssystem wie Silbernitrat und Rohrzucker zur Reak- 
tion bringen, daß der Farbstoff grundsätzlich erhalten bleibt usf. 
Nun war damit zu rechnen, daß das Silbersalz und das Reduktions- 
mittel einen gewissen Umsatz schon ohne den Sensibilator er- 
geben würden, ebenso, daß der Farbstoff mit dem Silbersalz auch 
für sich allein reagieren würde. Als Maß der Sensibilierung ist 
‘ dann die Beschleunigung des Umsatzes im zusammengesetzten, ter- 
nären System gegenüber den beiden binären Systemen zu betrachten. 

Weiter war die folgende Frage aufzuklären. Nimmt man das 
Reduktionsmittel im Überschuß, so sollte die Photolyse, wenn sie 
störungsfrei nach jenem Schema verläuft, linear mit der Zeit bis 
zur Erschöpfung des Silberionengehaltes weitergehen. Nun wissen 
wir aber, daß die Photolysen sehr oft durch das Reaktionsprodukt 
gehemmt werden, Auch in der photographischen Platte geht die 
Silberausscheidung nur im Beginn der Belichtung mit konstanter 
Geschwindigkeit vor sich.!) Sehr genau ist die Hemmung unter- 
sucht und erörtert von E. Hatt?) bei der Photolyse des Uranyl- 
formiats. Vom Standpunkt der Theorie Baurs ist diese Hemmung 
einfach als gegenseitige Depolarisation zu verstehen. Diese muß zu 
einem stationären Zustand führen. 

Im vorliegenden Fall ist zu bedenken, daß das Silber in äußerst 
feiner, fast kolloider Zerteilung entsteht und also in der Lösung 
fast homogen verteilt ist. Es kann selbst anodisch depolarisieren, 
so daß wir einen Reaktionszirkel bekommen mit der Gesamtwirkung 
Null, entsprechend dem Schema 

E © + Ag = Ag` 
O + Ag = Ag 
Eine solche Wirkung hat sich in meinen Versuchen auch durch- 
gängig gezeigt. Ich bekam immer stationäre Zustände, lange bevor 
eine starke Konzentrationsabnahme des Silbernitrats eingetreten war. 

Im binären System Farbstoff-Silbernitrat fand sich ebenfalls 
Umsetzung. Hier galt es festzustellen, ob der Farbstoff so wirken 
kann, wie E. Baur und A. Perret’) beim Zinkoxyd gefunden haben, 
O Dyg], Eggert, Zeitschr. f. Elektrochem,. 32, 496, 1926. 


23) Zeitschr. phys. Chem. 92, 513, 1917. 
D Helv. Chim. Acta 7, 910, 1924. 


Optische Sensibilierung mit Farbstofen. 397 


nämlich so, daß anodisch Silberperoxyd oder Sauerstoff aufträte. 
Es geschieht das nicht, vielmehr wird der Farbstoff selber in die 
anodische Oxydation hineingezogen. Er wirkt also als reiner, sich 
‚selbst erhaltender Sensibilator nur dann, wenn er durch Gegen- 
wart eines besser wirkenden anodischen Depolarisators geschützt ist, 
ein Umstand, der für die Richtigkeit der ganzen Auffassung mit- 
beweisend ist. 

Hier stellte sich die Frage ein, ob die Luft kathodisch de- 
polarisieren kann, d.h. ob bei Gegenwart gelösten Sauerstoffs die 
Silberausscheidung herabgedrückt wird. Daher wurden die meisten 
Messungen, sowohl mit lufthaltigen wie mit luftfreien Lösungen durch- 
geführt. Oft ergab sich, daß Sauerstoffspuren mit dem Silberion 
deutlich in Wettbewerb treten. Überdies hat Sauerstoff auf eine 
Nebenwirkung Einfluß. 

Wie von K. Gebhard!) bemerkt wurde, geben Farbstoffe, wenn 
sie beim Zutritt von Luft belichtet werden, Reaktionen auf aktiven 
Sauerstoff. Es ist anzunehmen, daß sich Farbstoffperoxyde bilden. 


Vom Standpunkt der hier festgehaltenen Auffassung der Photo- 
lyse kann das Peroxyd Anodenprodukt sein (wie Silberperoxyd bei 
Baur und Perret), dann ist der Sauerstoff kathodischer Depolari- 
sator nach dem Schema 


E | & + Farbstoff + H,O — > Farbstoffperoxyd 
© + Sauerstoff + H,O —» OH’ 


oder der Farbstoff wird kathodisch reduziert (verküpt), worauf die 
Küpe mit Sauerstoff das Peroxyd gibt, ähnlich wie man an einer 
mit Sauerstoff depolarisierten Kathode Hydroperoxyd erhält. 


Im ersten Fall brauchte gar kein Sauerstoff zugegen sein, da 
der Kathodenprozeß ja auch irgendein anderer sein könnte, während 
im zweiten Fall, der chemisch weit plausibler ist, Sauerstoff nicht 
entbehrt werden kann. 

Es wurden daher sowohl lufthaltige wie luftfreie Systeme auf 
Peroxyd untersucht. Nur die lufthaltigen geben positiven Ausfall 
der Probe. Dies scheint für den zweiten Weg zu sprechen.?) 


1) Wirkung des Lichtes auf Farbstoffsysteme, Zeitschr. f. angew. Chem. 22, 1890, 
2484, 1909; 23, 820, 1910. Vgl. auch Diss. Marburg a. L. 1908, „Über die Ein- 
wirkung des Lichtes auf Farben“. 


DM. Traube, Ber. d. d. chem. Ges. 15, 2434, 1882. 


398 Burgherr. 


Die Variation der anodischen Depolarisatoren hat sich nicht 
sehr weit ausdehnen lassen. Rohrzucker erwies sich als vorzugs- 
weise geeignet. Annähernd dasselbe Bild erhält man mit Glyzerin 
und Glykokoll. Bei anderen in Betracht kommenden Reduktions- 
mitteln stört entweder Niederschlagsbildung mit Silberion oder Re- 
duktion im Dunkeln oder beides. So bei Oxalsäure oder Natrium- 
sulfit, Hydrochinon und bei Benzidin, dem von K. Noack!) für die 
Untersuchung der durch Farbstoffe sensibilierten Photolysen be- 
nutzten, sehr geeigneten Depolarisator. Auch Glukose gibt schon 
zuviel Dunkelreaktion. Indessen dürfte der Vergleich der Wirkung 
des Rohrzuckers mit Glyzerin und Glykokoll genügend zeigen, dab 
bei der sensibilierten Photolyse der Anodenvorgang ganz unabhängig 
ist vom Kathodenvorgang, in demselben Sinne nämlich, in dem 
diese Unabhängigkeit für die Elektrolyse besteht. 


3. Versuchsanordnung. 


Die Lösungen wurden in verschlossenen, flachen Medizinal- 
flaschen von 225 ccm Inhalt dem Lichte einer Glühlampe von 
3000 Kerzen im Abstand von etwa !/, m ausgesetzt. Die Flaschen 
waren an einem passenden Gestell (weitmaschiges Drahtnetz) be- 
festigt und in eine große gläserne Wasserwanne (Akkumulatoren- 
gefäß) versenkt, die von Leitungswasser durchströmt war, so dab 
die Temperatur in den Belichtungsgefäßen nur wenige Grade über 
die Raumtemperatur stieg. Gemessen wird die Silberausscheidung 
in Abhängigkeit von der Zeit. Es werden, wo immer möglich, so- 
viele Flaschen gleichzeitig exponiert, als zur Aufnahme einer Zeit- 
kurve benötigt werden. Wo erforderlich, wird die Farbstoffabnahme 
kolorimetrisch bestimmt. 

Für die Belichtung entlüfteter Lösungen kamen zylindrische Ge- 
fäße (4 cm Durchmesser, 18 cm lang, gefüllt mit 150 ccm Lösung) 
zur Verwendung, mit eingeschliffenem Glasstopfen und einer Krempe 
um den Rand des Gefäßes. In der so geschaffenen Höhlung über 
dem Schliff wird zur Dichtung Paraffın eingegossen. Zur Entlüftung 
werden die Lösungen, nachdem sie in das Gefäß eingefüllt sind, an 
der Wasserstrahlpumpe etwa eine Stunde lang ausgepumpt, dann 
noch etwa ro Minuten bei 30—40° durch Einstellen in ein Wasser- 
bad. Hierauf wird der Hahn geschlossen und unter Wasser, wie 
oben, belichtet. 


1) Zeitschr, f. Botanik 10, 561, 1918. 


Optische Sensibllierung mil Farbstoffen. 399 


Zur Bereitung der Lösungen wurde, wo weiter unten nichts 
anderes bemerkt ist, genommen: 
a) für die ternäre Lösung 


50 ccm n/ı0-AgNO, + 50 ccm m/5-Rohrzucker 
+2 ccm Farbstofflösung (1 g/Lit), 


aufgefüllt mit Wasser zu 225 ccm für die lufthaltigen und 


40 ccm n/10-AgNO, + 40 ccm m/5-Rohrzucker 
+ 2 ccm, Farbstofflösung (1 g/Lit), 


aufgefüllt zu 150 ccm für die luftfreien Versuche; 
b) für binäre Lösung: Dasselbe ohne Rohrzucker. 


Beschaffenheit und Herkunft der Präparate 


a) des Rohrzuckers: chemisch rein, klare Lösung, unfiltriert ver- 
wendet; 
b) der Farbstoffe. 


Es kamen folgende Farbstoffe in Anwendung: 


Name | Formel | Farbe [Absorptionsband| Fluoreszenz | Fluoreszenz 


C,H, —N(C,H,} | EE Ge 
O 
555, 517 ni gelb 


| 
Rhodamin B | C=C,H,=N(C,H,)Cl 
C,H, COOH 
CHBr, —OK u 
(0) 
Eosin gelb- ü 
stichig C=C,H Br, =O rot grün 
C‚,H,COOK 
Safranin G | | rot 528, 500 
ES 
Phenosafranin NH,C,H,< | Jeff P, rot 
N 
VG NCH, 
C,H,0H | 
>O 
Fluorescein C=C,H, = gelb 496 grün 
C,H,COOH | 
Methyiviolett | | violett | 541, 592 | 
1,8 Dioxynaphthalin 
ne 3,6 Disulfosäure und rot 504, 542 
f Anilin 


400 Burgherr. 


Zur Silberbestimmung wird die Lösung durch einen Porzellan- 
filtertiegel filtriert, das Silber vom Filter mit Salpetersäure abgelöst 
und mit n/20-Rhodanlösung unter Verwendung einer in !/, CCM 
geteilten Mikrobürette (1 Tropfen = 0,04 ccm = 0,2 mg Ag) mit Ferri- 
salz als Indikator titriert. Zum Eintritt des Umschlags im Null- 
versuch war ı Tropfen nötig. Somit Genauigkeit der Silber- 
bestimmung: 0,2 mg. 

Zur Prüfung auf Peroxydsauerstoff wurde folgendermaßen ver- 
fahren. Da eine angesäuerte Kaliumjodidstärkelösung sich schon 
durch den Luftsauerstofl, wenn auch langsam, bläut, so muß, um 
klare Prüfungen auszuführen, die Luft ausgeschlossen werden. Ich 
habe daher die zu prüfenden belichteten Lösungen, die sich in Ge- 
fäßen mit Schliff und Hahn befanden, nach der Belichtung etwa 
2 Stunden an der Wasserstrahlpumpe entlüftet. Dann ließ ich durch 
den Hahn Kaliumchlorid, zur Ausfällung des Silbernitrats und auch, 
um genügende Salzkonzentration zu bekonımen!), einsaugen, hierauf 
gab ich Kaliumjodid mit gelöster Stärke in schwach salzsaurer Lö- 
sung auf gleiche Art zu. Endlich wurde die mit den Reagenzien 
eingeführte Luft durch erneute Entlüftung an der Pumpe wieder 
entfernt. Im Leerversuch (nämlich in demselben System, aber un- 
belichtet) bekommt man bei diesem Vorgehen auch nach einer 
Stunde keine Bläuung, während die belichteten Lösungen unter 
Umständen — und zwar gerade immer dann, wenn während der 
Belichtung Luft zugegen war — alsbald eine deutliche, wenn auch 
nicht sehr tiefe Bläuung erkennen ließen, die als Anzeige von Per- 
oxyd zu gelten hat. 


4, Die Messungen. 

Vorangestellt sei der Leerversuch: 

50 ccm n/ı0-Silbernitrat + 50 ccm m/5-Rohrzucker zu 225 ccm 
aufgefüllt. Es stellte sich bei der Belichtung eine leichte Trübung 
ein, die aber später nicht zunahm. Der Silberniederschlag betrug 
in ccm n/20-Rhodanlösung 


nach 17 Stunden 0,4I ccm 
2) I7 2 0,44 LE 
» 25 > 0,40 o 
» 42 „ 0,38 „ 


1) Vgl. E. Abel, Kinetik der Wasserstoffsuperoxyd-Jodreaktion, Zeitschr. phys. 
Chem. 96, 1, 1920. 


Optische Sensibilierung mit Farbstofen. 40I 


Im Dunkeln tritt keine meßbare Reduktion ein. 


Man könnte diese praktisch konstante Menge irgendeiner Ver- 
unreinigung des Rohrzuckers zuschreiben und sagen, nachdem die- 
selbe photolytisch beseitigt ist, hört jede weitere Einwirkung auf. 
Wir sind aber geneigt, anzunehmen, daß zuerst, etwa auf dem Um- 
weg über eine Spur von Chlorid etwas Photochlorid oder farbiges 
kolloides Silber entsteht, das seinerseits als optischer Sensibilator, 
nämlich wie ein Farbstoff, wirkt und durch den folgenden Reaktions- 


zirkel 
.. [Ð +Ag = Aë 
Photochlorid | O4 Ace. Ag 


zu einem stationären Zustand hinführt. 


Wir glauben daher nicht, daß man in den ternären (rohr- 
zuckerhaltigen) Lösungen von den dort zu messenden Effekten, die 
hier für den Leerversuch (ohne Farbstoff) gefundenen 0,4 ccm ab- 
zuziehen hat. Die dort auftretenden stationären Zustände ent- 
sprechen einem viel stärkeren Umsatz, sie wurden durch den hier 
vorhandenen geringen Umsatz wahrscheinlich nicht fühlbar gestört. 
Deswegen haben wir die Titrationswerte der ternären Lösungen für 
den Betrag im Leerversuch nicht korrigiert. 


Es folgen nun in Gestalt von Tabellen und Kurvenbildern die 
Messungsergebnisse für die verschiedenen Farbstoffe. Auf jedem 
Kurvenbild finden sich 4 Kurven, 2 für das binäre System Farb- 
stoff-Silbernitrat (mit 3 bezeichnet) und 2 für das ternäre System 
Farbstoff-Silbernitrat-Rohrzucker (mit 7 bezeichnet). Je eine Kurve 
bezieht sich auf die luftfreie (mit v bezeichnet) und eine auf die 
lufthaltige Lösung (mit Z bezeichnet), Diese beiden Kurven sind 
zwar nicht streng vergleichbar, da sowohl Oberfläche wie Volumen 
der Lösungen nicht gleich sind. Immerhin kann man erkennen, 
daß größere Abweichungen einen von diesem Unterschiede un- 
abhängigen Grund haben. 


Wir nehmen vorweg, daß stets Kontrollen der B- und 7-Systeme 
ım Dunkeln vorgenommen wurden. Diese aber ergaben weder 
Silberausscheidung, noch Veränderung des Farbstoffs. Ebenfalls 
wurde geprüft, daß die Farbstoffe mit Rohrzucker im Licht für die 
Versuchszeit vollkommen beständig waren. 


402 Burgherr. 


Fig. ı. Fig. 2. 


Rhodamin B. Fluorescein. 


a o =t 
.... 
Go. 


Fig. 3. Fig. 4. 
Safranin G. Phenosafranin. 


5 T 


| nn ef zm e ER a. 


| 
BETTEL Abbe 
BET A 


Fig. 5. Fig. 6. 
Methylviolett. Chromotrop 2R. 


Optische Sensibilierung mit Farbstoffen. | 403 


L Systeme mit Rohrzucker. 


Ausbleichung des Farbstoffs 


ccm n/20-Rhodanammonium S 
in °/, 


Zeit 
in | lufthaltig (2) | luftfrei (v) l | v 
Stdn. | binär terai; binär Iesse! 1 p| |z 
(5) | (8) | (7) | 
o 
U 
I 
I 
IA 10581 — | — | — |keine*); keine |keine*)| keine keine |keine*)| keine 
Fluorescein 5 _ — 0,18 0,90 are leere | TEE 
Fig. 2 6 0,50 | 0,84 | — P E 
12 == = 0,52 es E 3 
14 — 1,20 | 0,44 | — g = 
15 0,56 | — = 147 | Ze SÉ 
| — | — | o0) — | ER E 
18 0,50 | 1,30 | — — 3 2 22 
1 | -|-|o5| — | 47 ck 
2 | — |- ! > |a| SP 5 ™ 
24 — — -— 1,60 | £ P 
28 0,56 | 1,46 — — 5 G 
40 | 054 | — — | 1,62 
4I Lat | oso] 147| 054| — |  |keine| | keine keine keine 
Safranin G 4 — _ — 0,82 
Fig. 3 7 —_ — 0,70 | — 44 26 63 22 
8 ea rg 0,75 ME 
9 SA GE KS 1,56 
| 10 0,62 | 0,75 | — — 30 67 30 
17 — 1,18 | 084 ı — 
20 0,95 — — | — 68 44 80 46 
23 1,02 | — 0,75 į 2,05 
25 E 1,52| — em 
29 | 05] — | — = 76 53 
43 = — | 0,80 | 2,27 | 
45 — 1,62 | — —_ | 
Phenosafranin 6 0,50 | 1,20 | 0,50 | 1,30 
Fig. 4 17 0,65 | 2,10 | 0,70 | 1,35 
201 ane 2,16 geg 1,98 
28 — — 0,80 | — 
40 0,80 | 2,40 | 0,80 | 1,96 |keine*)| keine keine”) keine 


*) Bemerkung: Die B-Versuche hätten eine Aufhellung zeigen sollen. — Man 
muß annehmen, daß das entstehende Oxydationsprodukt merklich dieselbe Farbe hat, 
wie der ursprüngliche Farbstoff. 


404 Burgherr. 


Ausbleichung des Farbstofis 


ccm n/20-Rhodanammonium in % 
Zeit ea a nu ll ee er I 
in | lufthaltig (2) | luftfrei (v) l | v 


Le ER EE DEENEN dE DEENS e ee 
° | binär | ternär | binär | ternär | 
(8) | (7) | (8) | (7) B| crier 


Methylviolett 7 — = Sch 
Fig. 5 8 | 0,58 | 1,05 = 5 = E 
er ET a: et 
16 0,65 | 1,20 CR 3 
| 18 9,55 1,20| — — < = < s 
19 — | — | 105|. E ES 
22 — — 0,60 | 1,18 & “ S 5 
23 0,70 | 1,28 | — — | äm KL 
32 _ — — |120| $ z S = 
o | 46 | 064 I 1,55 | 0,70 | 1,18 | Gi Ge keine 
Chromotrop 2R 4 — — — 0,96 
Fig. 6 6 — 1,05 | 0,40 | Tip: 
8 | 0490| — | 035 | — 
10 SR 1,50 | 0,43 | Km = SS 65 m 
12 — — — 1,20 
17 0,47 | 1,64 — 1,18 57 22 66 30 
22 0,45 | — 0,40 | — 59 25 me 
2 _ 1,6 _ — — — 68 | 30 
43 0,52 | 1,731 — = 61 32 = = 


Von einer Anzahl Farbstoffe, die weiterhin geprüft wurden, aber 
irgendwie nicht geeignet waren, sei das Folgende erwähnt: 


x 
Acridinorang RANGER, |ZOFLNICH nc, 


War nicht verwendbar, weil es ein unlösliches Silbersalz bildet. 


Ponceau 2R (m-Xylidin-8-naphtoldisulfosäure) hatte zwar starke 
Wirkung, die Silberausscheidung erfolgte jedoch in kolloider un- 
filtrierbarer Form. Die starke Dunkelung im Licht schuf unkonstante 
Verhältnisse. 


Nigrosin (Nebenprodukt der Fuchsinschmelze). 


GC u ‚N(CH,), 
Malachitgrün N H INICH,), 


und 
Chininsulfat (Gala N:0:} HSO, 
hatten nur sehr schwache sensibilierende Wirkung. 
C‚HBr,—OK 
O 
Eosin C=C,HBr;=0 
C,H, COOK 
gibt ein schwerlösliches Silbersalz. Immerhin konnten Lösungen 
mit ı ccm Eosin (rell auf 225 ccm Lösung (Zusammensetzung 


Optische Sensibilierung mit Farbstoffen. 405 


wie oben) ohne Niederschlagsbildung hergestellt werden. Die binäre 
Lösung bleichte aber in 20 Stunden völlig aus; die ternären in 
derselben Zeit zwar nicht vollständig, aber doch zum größten Teil. 
Eine sensibilierende Wirkung, d.h. eine Vermehrung der Silber- 
ausscheidung im ternären System, ist wohl zu erkennen, doch für 
unsere Zwecke, wegen der starken Ausbleichung, nicht voll aus- 
wertbar. 
Die Titrationen gaben folgendes Bild: 


BE EE 


3 Stunden 0,48 ccm 0,66 ccm 
6 „ 0,56 „ 0,94 o 
22 ,„ 0,65 » | 1,14 » 


Den Niederschlag von Silbereosinat kann man vermeiden, wenn 
man durch Zusatz von Ammoniumkarbonat für schwach alkalisches 
Mittel sorgt. Allein im Verlaufe der Belichtung geht dann die 
Fluoreszenz verloren und, wie es scheint, auch damit die Sensibi- 
lierung, d. h. die Silberausscheidung ist im ternären System nicht 
wesentlich anders als im binären. 


II. Systeme mit Glykokoll und Glyzerin. 


Die folgende Tabelle gibt für zwei Farbstoffe Messungen an 
Systemen wieder, wo Glykokoll und Glyzerin die Stelle von Rohr- 
zucker einnehmen. Die Lösungen enthielten auf 150 ccm 40 ccm 
n/20-Silbernitrat und 30 ccm (Lige Lösung von Glykokoll bzw. 
10 ccm reines Glyzerin. Farbstoffkonzentration wie unter L Es 
wurde nur luftfrei gearbeitet. Bezeichnungen wie unter L 


Glykokoll Glyzerin 
Zeit Safranin € | Chromotrop 2 R Chromotrop 2R 
2 ee E WE EEGEN 
Stunden Reduktion |Ausbleichg.| Reduktion |Ausbleichg.! Reduktion |Ausbleichg. 


gege 


SI z 


EE, EA E 


B| T 


m ee e 


— 0,65 | 
0,40 | 0,70 
0,43 0,90 | 64 | 39 | 0,43 


4 —_— — 

6 0,70 | 0,70 
10 SH SS 
15 — 1,37 
18 BR Ee 
23 0,75 | 1,46 


— 10,98! 65 | 52 | — 
0400| — | — | — 0,40 
— |1,00| 72 | 53| — 


Da die zugehörigen Kurven denen ganz ähnlich sehen, die 
unter I. gebracht wurden, kann von deren Wiedergabe abgesehen 


406 Burgherr. 


werden. Beim Glykokoll ist die Schutzwirkung auf das Chromotrop 
kleiner, beim Glyzerin ist der Zuwachs an Reduktion verhältnis- 
mäßig gering. Variation der Glyzerinkonzentration im Verhältnis 
von 1,5—15 ccm Gilyzerin ändert das Reduktionsmaß im stationären 
Zustand nicht. | 

Rhodamin und Fluorescein brachten im System Glykokoll- 
Sılbernitrat keinen Reduktionszuwachs hervor. 


UL Die Reaktion auf Peroxyd. 
Dieselbe wurde ausgeführt 


a) mit Lösungen von 
Malachitgrün 
Safranin G 
Fluorescein 
Alizarinrot S 


in der Konzentration von 1: 100000 (I ccm Farbstofflösung 1 g/Lit. 
auf 100 ccm Wasser); 


b) mit den gleichen Lösungen unter Zusatz von Silbernitrat. 


Beiderlei Lösungen wurden sowohl lufthaltig, als auch sorg- 
fältig entlüftet, etwa 20 Stunden belichtet und hierauf, wie weiter 
oben beschrieben, auf aktiven Sauerstoff untersucht. Mit Malachit- 
grün fiel die Probe negativ aus, mit den anderen drei Farbstoffen 
stets positiv in den lufthaltigen Lösungen und stets negativ in den 
luftfreien. Die Bläuung durch Jodstärke war entschieden vorhanden, 
aber bei dem Versuch, das Jod mit n/ıo-Thiosulfat zu titrieren, 
zeigte sich, daß ein Tropfen zur Entbläuung genügte, so daß ge- 
nauere quantitative Bestimmungen sich erübrigten. Mit Ausnahme 
des Malachitgrüns stimmen meine Befunde mit den entsprechenden 
Angaben von K. Gebhard!) überein, auf die schon vorher Bezug 
genommen wurde. 


5. Erörterung der Ergebnisse. 


Es ist gezeigt worden, daß in Lösungen aus Silbernitrat und 
einem Reduktionsmittel, wie Rohrzucker, Glyzerin, Glykokoll durch 
Farbstoffe eine Photolyse eingeleitet wird, bestehend in Abscheidung 
von Silber und einer zugehörigen Oxydation. Bei dieser Photolyse 


1) Diss. Marburg a. L. 1908, Über die Einwirkung des Lichtes auf Farben. 


Optische Sensibilierung mit Farbstofen. 407 


wird der Farbstoff nur wenig angegriffen.!) Der Farbstoff wirkt also 
der Hauptsache nach als optischer Sensibilator, obwohl der Farb- 
stoff mit Silbernitrat allein der Oxydation anheim fällt, unter gleich- 
zeitiser Reduktion des Silberions. Diese Wirkung tritt zurück bei 
Gegenwart eines leichter oxydablen Depolarisators und wir be- 
merken, daß nicht nur der Farbstoff geschont, sondern auch der 
Umsatz vergrößert wird. 


Das Bemerkenswerteste ist nun, daß sich sehr bald ein statio- 
närer Zustand einstellt, sowohl im ternären als im binären System. 
Wir müssen diesen stationären Zustand entweder dahin deuten, daß 
der Farbstoff selbst als zweiter kathodischer Depolarisator neben 
dem Silberion in Tätigkeit tritt. Es würde dann aus dem Farb- 
stoff dessen Reduktionsprodukt, die Küpe, entstehen. Oder es wird 
durch die Photolyse selbst ein neuer anodischer Depolarisator ge- 
schaffen, der mit dem von vornherein vorhandenen in Wettbewerb 
tritt. Dies könnte nur das fein verteilte, aus der Photolyse her- 
rührende Silber sein. Den dritten Fall, daß das Oxydationsprodukt 
des organischen Depolarisators seinerseits kathodisch depolarisierte, 
dürfen wir ausschließen. Die nächsten Oxydationsprodukte des 
Zuckers, Glyzerins oder Glykokolls sind selber wieder Reduktions- 
mittel und werden einfach weiter oxydiert. 


Zwischen dem ersten und zweiten Fall führen wir eine Ent- 
scheidung zugunsten des letzteren herbei, indem wir beachten, daß 
das lufthaltige und das luftfreie System sich wenig verschieden von- 
einander verhalten. Die Küpe müßte durch Sauerstoff sofort wieder 
oxydiert werden und es wäre dann in den ersten Stunden der Be- 
lichtung eine viel deutlichere Verlangsamung der Silberausscheidung 
im lufthaltigen Versuch, gegenüber dem luftfreien, zu erwarten, als 
tatsächlich beobachtet wird. In der Tat bewirkt die Luft, zwar 
nicht ausnahmslos, aber doch mehrheitlich, eine Verlangsamung der 
Silberausscheidung, die eben die Sauerstoffzehrung erkennen läßt. 
Sollte dieselbe aber den Weg über die Küpe einschlagen, so wäre 
doch wohl eine verstärkte Peroxydreaktion zu erwarten. Da diese 
nur eben merklich ist, so dürfen wir wohl schließen, daß im statio- 
nären Zustand der Reaktionszirkel hauptsächlich durch gegenseitige 
Depolarisation von Silber und Silberion zustande kommt, wie schon 
weiter oben behauptet wurde. 


1) Größenordnung (of, von der Silberausscheidung, wenn das Molekulargewicht 
des Farbstoffs zu rund 400 angenommen und dem Atom Silber äquivalent gerechnet wird. 


408 Lüppo- Cramer. 


Was die Peroxydbildung anbelangt, so hat sich gezeigt, daß 
sie sowohl in der reinen Farbstofflösung, wie in den zusammen- 
gesetzten Systemen nur bei Gegenwart von Sauerstoff beobachtet 
werden kann, Es sei hier wiederholt, was schon weiter oben be- 
rührt wurde, daß wir aus diesem Umstande schließen müssen, daß 
das Peroxyd nicht aus der anodischen Oxydation des Farbstofts 
hervorgeht, sondern eben auf dem Umweg über die Küpe entsteht. 


6. Zusammenfassung. 

Es wird die Sensibilierung der Photolyse von Silbernitrat und 
organischen Reduktionsmitteln durch Farbstoffe untersucht und fest- 
gestellt, daß durch das Ineinandergreifen von anodischen und katho- 
dischen Prozessen, welche das Wesen der Photolyse ausmachen, ein 
stationärer Zustand entsteht. 


Diese Arbeit wurde im physikalisch-chemischen Institut der 
Eidgen. Techn. Hochschule in Zürich ausgeführt. Es ist mir eine 
angenehme Pflicht, Herrn Prof. E. Baur für seine Förderung meinen 
besten Dank auszusprechen. 


Zürich, Juni 1927. 


Eingegangen am 7. Juli 1927. 


Zur Schleierbildung durch Farbstoffe 
Von 
Lüppo-Cramer 
Mit 2 Figuren im Text 


Zu den zahlreichen noch ganz ungenügend geklärten Reaktionen 
der photographischen Platte gehört auch die Schleierbildung durch 
Farbstoffe, die auch praktisch wichtig ist, da sie sowohl bei der 
Sensibilisierung wie bei der Desensibilisierung auftreten kann. Sie 
zeigt sich bei den früher so gut wie ausschließlich zur Sensibilisierung 
benutzten sauren Eosinfarbstoffen nicht und wurde erst beobachtet, 
als die (basischen) Isozyanine in die Praxis eingeführt wurden. 


Zur Schleierbldung durch Farbstoffe. 409 


Da diese Farbstoffe auch für rot sensibilisierten, so mag man Miß- 
erfolge durch Schleierbildung oft für eine Folge von unachtsamem 
Operieren mit rotem Lichte, gelegentlich wohl auch von , Ver- 
unreinigungen‘ gehalten haben. Mehrfach machte man auch das 
bisweilen bei der Sensibilisierung gleichzeitig verwendete Ammoniak 
für die Schleierbildung verantwortlich. 

Die theoretisch interessante Frage, auf welchen physikalisch- 
chemischen Vorgängen die merkwürdige Wirkung der Farbstoffe, das 
unbelichtete Bromsilber der Trockenplatte entwickelbar zu machen, 
beruhe, wurde erst vom Verfasser in zahlreichen Arbeiten untersucht (1). 
Als Vorbedingung der Schleierbildung wurde gefunden, daß nur be- 
stimmte basische Farbstoffe in Frage kommen, daß die Platten im 
allgemeinen schon von Haus aus eine geringe Neigung zur Schleier- 
bildung haben müssen, die Konzentration der Sensibilisierungslösung 
nicht allzu gering sein darf und in der Emulsion gefärbte Schichten 
stärker zur Schleierbildung neigen als durch Baden nachträglich ge- 
färbte.e Auch die Verhältnisse beim Trocknen, der Alkoholgehalt 
der Lösungen usw. spielen eine große Rolle. Angaben über Einzel- 
heiten, Dosierung usw. findet man in einer Arbeit des Verfassers: 
„Über Schleierbildung durch Farbstoffe“ (2). In dieser Untersuchung 
wurde nun auch schon festgestellt, daß die Schleierbildung auch in 
hohem Grade von der Art des verwendeten Entwicklers ab- 
hängt und daß im allgemeinen das Hydrochinon und auch seine 
beliebten Kombinationen mit Metol diese gefürchtete Erscheinung 
am meisten begünstigen. Während das Entwicklungsvermögen für 
das latente Lichtbild beim Hydrochinon in der üblichen karbonat- 
alkalischen Lösung zumal in Gegenwart von Bromionen geringer 
ist als das des Metols, ist die Schleierbildung durch sensibilisierende 
Farbstoffe bei Anwendung jenes langsamer arbeitenden Entwicklers 
ganz beträchtlich stärker, Ein Parallelismus zwischen dem Ent- 
wicklungsvermögen und der Hervorrufung des durch Farbstoffe ver- 
anlaßten sekundären latenten Schleiers besteht also nicht (3). 

Die Verschleierung durch optisch sensibilisierende basische Farb- 
stoffe war also schon hinreichend bekannt, ziemlich eingehend studiert 
und auch Erklärungsversuchen unterzogen worden, als der Verfasser 
im Verfolge seiner Entdeckung der Plattennarkose auch bei den 
desensibilisierenden Farbstoffen auf deren Schleierbildung stieß (4). 
Sie erwies sich als ganz besonders ausgeprägt bei Methylenblau, 
Janusgrün, Capriblau, Binschedlersgrün, Nilblau und vielen andern 


basischen Desensibilisatoren, während bis heute weder bei sen- 
Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 29 


410 Lüppo- Cramer. 


sibilisierenden noch bei desensibilisierenden sauren Farbstoffen eine 
derartige Reaktion bekannt geworden ist. Gerade die Tatsache, daß 
ceteris paribus nur basische Farbstoffe die Entwicklung zu be- 
schleunigen und Schleierbildung zu veranlassen schienen, gab mir 
den Anlaß, die Hypothese aufzustellen, daß die Koagulation von 
Silberteilchen durch basische Farbstoffe hier mitspiele (5), 
zumal ich später fand, daß auch die Solgemische von Bromsilber 
und Silber durch basische Farbstoffe aller Art unter Bildung eines 
regelrechten Photobromids koaguliert werden (6) Diese Hypothese 
ließ sich allerdings nicht halten, da später zahlreiche Ausnahmen 
gefunden wurden (7). 

Beim Methylenblau studierte ich (1920) die Schleierbildung ge- 
nauer. Ich fand, daß Bäder noch in der Verdünnung ı:ı Million 
hochempfindliche Trockenplatten weitgehend verschleiern können. 
Die gerade beim Methylenblau naheliegende Vermutung, daß es 
sich hier um eine Wirkung des Schwefels im Molekül des Farb- 
stoffes selbst oder eine Verunreinigung mit schwefelhaltigen Sub- 
stanzen von seiner Fabrikation her handeln könne, wurde bereits 
damals von mir entkräftet, der Verdacht wurde auch schon dadurch 
gegenstandslos, daß zahlreiche andere schwefelfreie Farbstoffe sich 
ganz wie das Methylenblau verhalten. 

Wie bei der schleierbildenden Wirkung der Isozyanine, so spielt 
nun auch bei der analogen Reaktion des Methylenblaus die Art 
des Entwicklers eine entscheidende Rolle. Bei physikalischer 
Entwicklung tritt der Schleier nicht auf, und auch wenn man che- 
misch in alkalifreiem Metol-Sulfit-Entwickler hervorruft (3), bleibt 
diese Nebenerscheinung aus, während aber die stark desensibilisierende 
Wirkung erhalten bleibt. Dies wurde auch neuerdings von J. Eggert 
und J. Reitstötter(g9) bestätigt. Aber selbst bei Anwendung der 
üblichen alkalischen Entwickler hatte ich schon 1921 gefunden (10), 
daß auch hier offenbar die Entwicklersubstanz von entscheidender 
Bedeutung ist. Ich schrieb a. a O:: 

„Die überaus große Bedeutung der Entwicklerart für die Sichtbar- 
machung des durch Methylenblau erzeugten latenten Schleiers zeigte 
sich in geradezu glänzender Weise bei folgenden Versuchen. Es 
wurden Platten in Metylenblau ı:ı Million eine Minute lang ge- 
badet und getrocknet. Im reinen Hydrochinonentwickler der üb- 
lichen Zusammensetzung trat eine tiefe Verschleierung ein, während 
im reinen Metolentwickler (d. h. ohne Zusatz von Hydrochinon), 
aber auch in sulfitfreiem Hydrochinonentwickler bei sonst gleicher 


Zur Schleierbildung durch Farbstoffe. 4lI 


Zusammensetzung keine Spur von Schleier auftrat. In bezug- auf 
das Lichtbild war aber der (sulfithaltige) Hydrochinonentwickler 
weniger leistungsfähig als die andern beiden Hervorrufer. Bezüglich 
der Eigenart des Hydrochinonentwicklers und der hier so besonders 
sinnfälligen Wirkung des Sulfits sei auf meine ausführliche Unter- 
suchung hierüber (11) verwiesen.“ 

7 


35 


eren Le} 
0 05 1 Zë 2 25 A AA 4 AA 
Fig. 2. 


In den beiden Abbildungen ı und 2 sind die Schwärzungs- 
kurven densographisch wiedergegeben, die durch die Behandlung 
einer Kranz-Diapositivplatte mit einem 2 Minuten lang währenden 
Bade von Methylenblau ı: 100000 (dann abspülen und trocknen) und 
bei verschiedener Entwicklung erhalten wurden. Es ist in Abb. ı: 

Kurve ı ohne Methylenblau, 2 mit Farbstoff, beide in reinem 
Metolentwickler 3 Min. hervorgerufen: keine erhebliche Schleier- 

29” 


412 Lüppo-Cramer. 


bildung. Kurve 3 ohne, 4 mit Farbstoff, in Hydrochinon 3 Min. ent- 
wickelt: sehr starke Schleierbildung. 


In Abb. 2 ist: 

Kurve 5 ohne, 6 mit Farbstoff, beide in Metolhydrochinon 
3 Min. entwickelt: ebenso starke Schleierbildung wie in reinem Hydro- 
chinon. Kurve 7 ohne, 8 mit Farbstoff, beide in sulfitfreiem Hydro- 
chinon 3 Min. entwickelt: keine Schleierbildung. 


Im Gegensatz zu der Schleierbildung wird die Desensibilisierung 
in keinem Falle entscheidend von dem Entwickler beeinflußt, 
Schleierbildung und Desensibilisierung haben also nichts miteinander 
zu tun (12). 


Auch Glyzin erzeugt unter gleichen Umständen auf Methylen- 
blauplatten nur geringen Schleier (0,2), Amidol (neutral) 0,25, Neol 
und Brenzkatechin 0,35. Dagegen übertrifft der alte Eisenoxalat- 
entwickler alle andern in bezug auf die Schleierbildung, die bis 
1,5 reichte. 


Einen auch praktisch wichtigen Fall von Farbstoffschleierbildung 
in Abhängigkeit von der Entwicklerart bildet auch die Tatsache, daß 
die sehr prägnante Verschleierung durch Isozyaninfarbstoffe in Gegen- 
wart von Bisulfit(13) ausbleibt, wenn man sie im sauren Amidol- 
entwickler hervorruft. Auch wenn man ungefärbte Platten vorher 
in Amidollösung badet und wieder wäscht, wird jene Verschleierung 
durch Farbstoff + Bisulfit verhindert (14). 


Auch der Luftschleier, dessen Studium wir in erster Linie 
E. Fuchs(t5) verdanken und der ebenfalls in der Praxis, besonders 
in der Kinematographie eine große Rolle spielt, in seiner Entstehung 
aber besonders durch Cu-Ionen enorm beschleunigt wird (16), tritt 
ausgesprochen nur in hydrochinonhaltigen Entwicklern auf. Das 
steht wohl damit im Zusammenhang, das ganz bestimmte, bei starkem 
Luftzutritt sich bildende Oxydationsprodukte des Hydrochinons in 
einer allerdings noch ganz unbekannten Weise in den Entwicklungs- 
prozess mit eingreifen. 


Besonders interessant ist auch die schleierbildende Wirkung des 
Neols (p-Amidosalizylsäure), die vor allem nur in Gegenwart be- 
stimmter Katalysatoren (Mn, Fe, Cu)(17) und paradoxerweise gerade 
bei gleichzeitiger Anwesenheit von desensibilisierenden Farbstoffen 
auftritt. Andererseits verhindern aber Spuren von Desensibilisatoren 
(Phenosafranin und Pinakryptolgrün in der Verdünnung 1: ı Million!) 
die Luftschleierbildung in praktisch sehr bedeutungsvoller Weise. 


Zur Schleierbildung durch Farbstoffe. 413 


Sie wirken auch gegen eine infolge Alterns bereits eingetretene Ver- 
schleierung panchromatischer Platten noch im Entwickler (18). 

Die Substanz des angewendeten Entwicklers spielt nach dem 
vorstehenden also eine große Rolle bei der Verschleierung durch 
Farbstoffe. Es ist wohl anzunehmen, daß die Adsorption der Ent- 
wicklersubstanz bzw. die ihrer kolloiden Oxydationsprodukte durch 
das Bromsilber, die ihrerseits wieder von den benutzten ebenfalls 
adsorbierbaren Farbstoffen beeinflußt wird, für die Reaktionen aus- 
schlaggebend ist. Zu beachten ist in diesem Zusammenhange viel- 
leicht auch die vom Verfasser beobachtete Tatsache, daß die Desen- 
sibilisatoren Phenosafranin und Pinakryptolgrün insbesondere auch 
wieder nur mit dem Hydrochinon schwerlösliche Verbindungen 
bilden (19). Aus der Existenz derartiger Verbindungen kann man 
jedenfalls schließen, daß möglicherweise auch Reaktionen oder 
wenigstens lockere Additionsprodukte zwischen Entwicklersubstanz 
und den Farbstoffen entstehen können, die neben Austausch- 
adsorptionen vielleicht zur Erklärung der geschilderten Wechsel- 
wirkungen mit heranzuziehen wären. Auch das Neol scheint unter 
Umständen mit Farbstoffen wie dem Pinachrom in eine Art Reaktion 
einzutreten (20). 

Sieht man einmal von den angedeuteten zahlreichen Unklar- 
heiten ab, so darf doch wohl erneut auf den Versuch zur Erklärung 
der verschleiernden Wirkung der Farbstoffe hingewiesen werden, die 
ich bei meinen ersten Arbeiten über die verschleiernde Wirkung 
der Isozyanine bereits 1916 aussprach (21), aber zurückstellte, da 
weitere Ergebnisse über die Entwicklungsbeschleunigung durch 
Neutralsalze und Farbstoffe damals darauf hinzudeuten schienen, daß 
die notorische Koagulierung der Silberultramikronen durch diese 
Agenzien die Ursache der Reduktionsbeschleunigungen sein könnte. 
Ich schrieb damals Le: 

„Es ist bekannt, daß das bindemiittelfreie, aus wäßrigen Lö- 
sungen ausgefällte Bromsilber durch die üblichen Entwickler auch 
im unbelichteten Zustande rasch reduziert wird und daß die Differenz 
zwischen belichtetem und unbelichtetem Bromsilber, die die praktische 
Photographie erst möglich macht, hauptsächlich erst dadurch zustande 
kommt, daß das Schutzkolloid Gelatine die Auskristallisation des 
Silbers aus der übersättigten Lösung im Entwickler beträchtlich ver- 
verlangsamt. Erst unter diesen veränderten Umständen erlangen die 
durch die Belichtung entstandenen Keime ihre Auslösungsfähigkeit: 
die Reduktion wird an diesen Stellen beschleunigt, ehe sie an den 


414 Lüppo- Cramer. 


unbelichteten Teilen der Schicht einsetzen kann. Ganz ähnlich, wenn 
auch viel schwächer als die Belichtungskeime wirken auch die Re- 
duktionskeime, die schon bei der Reifung entstanden sind und auf 
deren Gegenwart ein erheblicher Teil der Empfindlichkeitssteigerung 
der Emulsion bei der Reifung zurückgeführt werden muß (22). Auf 
stark gereiften Schichten ist also auch ohne vorherige Belichtung 
für die Auslösung einer Silberreduktion Gelegenheit geboten, während 
auf wenig gereiften Schichten derartige Keime praktisch fehlen. Für 
die optische Sensibilisierung ist nun die erste Voraussetzung, daß 
der Farbstoff das Bromsilberkorn anfärbt. Es könnten daher auch 
an der Grenzfläche zwischen Bromsilber und Gelatine an- 
dere Verhältnisse eintreten, wenn das Bromsilberkorn an- 
gefärbt wird und man könnte sich vielleicht vorstellen. 
daß dadurch die Schutzkolloidwirkung der Gelatine zu- 
rückgedrängt und die Auskristallisation des Silbers wieder 
mehr oder weniger beschleunigt würde.“ 

Wie die Farbstoffe werden nun aber auch die Entwickler- 
substanzen bzw. deren kolloide Oxydationsprodukte vom Bromsilber 
adsorbiert. S. E. Sheppard(23) ist der Ansicht, daß eine sehr 
wichtige Phase der Entwicklung in der Bildung eines Adsorptions- 
komplexes zwischen Bomsilber und dem Reduktionsmittel besteht, 
wobei dieser unbeständige Zwischenkomplex eine innere Umlagerung 
und Zersetzung zu metallischem Silber (das vom unzersetzten Brom- 
silber adsorbiert wird), oxydiertem Reduktionsmittel und Bromionen 
erfährt. 

Es ist denkbar, daß bei gleichzeitiger Gegenwart von Farb- 
stoffen und Entwicklersubstanzen an der Grenzfläche des Brom- 
silbers verschieden leichte Umlagerungen derartiger Adsorptions- 
komplexe im Sinne Sheppards möglich sind und dabei auch so- 
wohl Austauschadsorptionen zwischen Farbstoff und Entwickler- 
substanz als auch eine mehr oder weniger weitgehende Adsorptions- 
verdrängung der normalerweise schützenden Gelatine eintreten können. 
So würde man sich von den oben geschilderten, höchst verwickelten 
Vorgängen wenigstens insoweit eine einigermaßen beruhigende Vor- 
stellung machen können, als man auch die Individualität der ein- 
zelnen Fälle begreift. Zum Schematisieren ist aber das Material 
antürlich noch in keiner Weise ausreichend. 


Zur Schleierbildung durch Farbstoffe. 415 


Literatur. 


ı) Literatur in: Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. Negativverf. 
(Eders Handb. II, ı) Halle 1927. S. 344, Fußnote 2. 

2) Lüppo-Cramer, Photogr. Rundschau 1916. S. 221. 

3) Läppo-Cramer, Kolloid-Zeitschr. 19. 17. 1916. 

4) Lüppo-Cramer, Negativentwicklg. bei hellem Lichte, 2. Aufl. (Leipzig 1922), 
S. 161. Grundlagen S. 687. 

5) Lüppo-Cramer, Kolloidchemie u. Photogr., 2. Aufl. (Dresden 1921), S. 59. 

6) Lüppo-Cramer, Photogr. Industrie. 1922. Nr. 1. Grundlagen S. 180. 

7) Lūppo-Cramer, Grundlagen S. 377. 

8) Die Photographie, Stäfa-Zürich 1922. Nr. 4. 

9) J. Eggert und J. Reitstötter, Zeitschr. wiss. Photogr. 24. 354. 1927. 

10) Die Photographie. 1921. Nr. 3. 

11) Lüppo-Cramer, Negativentwicklg. usw. S. ot, 

12) Siehe auch Grundlagen S. 688. 

13) Lüppo-Cramer, Photogr. Industrie 1916. Nr. 20 u. 27. 

14) Lüppo-Cramer, Kolloid-Zeitschrift 19. 18. 1916. 

15) E. Fuchs, Photogr. Industrie 1924. Nr. 3/4 u. 5,6. Lüppo-Cramer, Die 
Photographie (Stäfa-Zürich 1924. Nr. 10. Dundon und Crabtree, Literatur in 
Grundlagen S. 338 u. f. 

16) Neuerdings hat S. F. Cook (Referat in Kolloid-Zeitschrift 42. 188, 1927) die 
Bedeutung bestimmter Metallionen als Oxydationskatalysatoren bei Pyrogallol be- 
stimmt, wobei er Cu etwa 10co mal wirksamer fand als Co und Mn. 

17) Lüppo-Cramer, Negativentwicklg. usw. S. 165 u. f. 

18) Lüppo-Cramer, Negativentwicklg. usw. S. 79. 

19) Lüppo-Cramer, Die Photographie 1921. Nr. 6. Photogr. Rundschau 
S. 275. 1926. 

20) Lüppo-Crager, Die Photographie. 1922. Nr. 2. 

21) Lüppo-Cramer, Kolloid-Zeitschrift 18. 164. 1916. 

22) Lüppo-Cramer, Photogr. Mitteilungen. S. 328. 1909. 

23) S. E. Sheppard, Phot. Korresp. S. 76. 1922. 


(Eingegangen am 20. Juli 1926.) 


416 Schaum und Trautiuft. 


Photometrische und spektralphotometrische Studien VI. 
Lichtstärkemessungen bei der stllien elektrischen Entladung. 
Von 
Karl Schaum und Rudolf Trautluft.') 


Mit 2 Figuren im Text. 


Bei seinen grundlegenden Untersuchungen über die durch 
stille elektrische Entladungen bewirkten chemischen Vorgänge hat 
Emil Warburg?) gezeigt, daß der Herd der eigentlichen Reaktion 
die bei der Entladung auftretende Leuchtbahn ist, und zwar je nach 
den Versuchsbedingungen vorzugsweise das negative oder das posi- 
tive Lichtbüschel. Es erschien wünschenswert, den Zusammenhang 
zwischen der Lichtstärke der Elektrolumineszenz, den elektrischen 
Größen und den chemischen Vorgängen zu ermitteln. Im folgenden 
soll zunächst über unsere Versuche, mit einfachen Hilfsmitteln die 
Lichtstärke bei Entladungen im Siemens-Rohr festzustellen, be- 
richtet werden. 

Das Siemens-Rohr. 

Durch Ineinanderstellen zweier zylindrischer Glasgefäße, deren 
äußeres in bekannter Weise mit einem Zu- und einem Ableitungs- 
rohr verbunden, und deren inneres unten zugeschmolzen war, wurde 
ein Siemens-Rohr gebildet; die Abdichtung erfolgte unter möglichst 
genauer Zentrierung mittels Glaskittes oder Pizeins. Die inneren 
Oberflächen der Glasgefäße, deren zweckmäßigster Abstand auf 
2,8 mm bestimmt wurde, müssen möglichst glatt sein und durch 
zweistündige Trocknung bei etwa 120°C unter Evakuierung von 
Feuchtigkeit befreit werden. Bei derartiger Anordnung und Vor- 
behandlung tritt die ungünstig wirkende Büschellichtbildung nicht ein.?) 

Das innere Gefäß wurde mit Wasser + wenig H,SO, beschickt, 
das äußere trug einen Belag von Al-Folie, aus welchem für 
die Photometrierung des Lumineszenzlichtes ein Fenster heraus- 
geschnitten war. 


1) Auszug aus der Dissertation von R. Trautluft, Gießen 1923. 

*) Zusammenstellung s. Handbuch d. Physik XIV, Kap. 4. 

H Über die Theorie des Siemens-Rohres vgl. E. Warburg, Anm. 2; M. Möller, 
Das Ozon (Sammlung Vieweg, Heft 52. 1921). — Ich möchte erwähnen, daß man 
mit Hilfe kleiner Siemens-Röhren recht gut Dielektrizitätskonstanten, auch an Stoffen 
mit clektrischem Leitvermögen, ermitteln kann, z. B. nach dem Glimmbrücken- 
Verfahren (s. die demnächst erscheinende Dissertation von E. Wagner). K.S. 


Photomelrische und spektralphotometrische Studien VT. 417 


Die elektrische Erregung. 


Die in das angesäuerte Wasser eintauchende Elektrode sowie 
die Al-Folie wurden mit der Sekundärspule eines Induktoriums ver- 
bunden, dessen Primärspule (0,3 2) durch eine Akkumulatorenbatterie 
von 18 Volt unter Einschaltung eines Voltmeters, eines Hitzdraht- 
amperemeters und eines Regulierwiderstandes gespeist wurde. Die 
Unterbrechung geschah mittels eines Rotaxunterbrechers, der mit 
einer Spannung von 70 Volt betrieben wurde; die Unterbrechungs- 
zahl ließ sich ziemlich konstant halten. Das Übersetzungsverhältnis 
ermittelten wir zu etwa 5000. 


Die verwendeten Gase. 


Sauerstoff. — Der etwa 99,5 °/,ige Bombensauerstoff wurde unter 
Durchleiten durch zwei Waschflaschen mit konz. H,SO, und durch 
Überleiten über P,O, getrocknet. 

Kohlenoxyd. — Die Darstellung geschah durch Eintropfen- 
lassen von Ameisensäure in heiße konz. H,SO,; nach mit KOH- 
Lösung durchgeführtem Waschprozeß wurde das Gas unter Ver- 
wendung von sorgfältig ausgekochtem Wasser als Sperrflüssigkeit 
aufbewahrt. Das Gas enthielt etwa 99°/, CO, etwas N,, Spuren 


von O 
bo 
Kohlendioxyd. — Das aus Bicarbonat entwickelte Gas wurde 
in bekannter Weise gereinigt. 
Ammoniak. — Das einer Bombe entnommene Ammoniak ent- 


hielt etwa 1,5 VoL-Proz. O, + N,. Die Trocknung geschah durch 
Überleiten über KOH und Natronkalk, sowie durch Abkühlen des 
Gases mittels einer Kältemischung bei Anwesenheit von CaO. 


Die Minimum- und die Kontinuitätsspannungen. 


Bekanntlich!) erfolgt der Elektrizitätsdurchgang durch ein Gas, 
genauer gesagt, die Ausbildung eines meBbaren Stromes erst bei 
einer von der Natur des Gases und der Apparatur abhängigen, be- 
stimmten Minimumspannung (MSL Beim Siemens-Rohr ist zur 
Erzielung gleicher Stromdichte im ganzen Entladungsraum, die sich 
durch ruhiges, gleichmäßiges Leuchten zu erkennen gibt, eine er- 
heblich oberhalb der M.S. liegende Kontinuitätsspannung (K.S.) er- 


1) S. bes. E. H. Riesenfeld, Sitzungsber. Heidelb. Akad. 1911, 19. Abh.; 
Ber. Naturf.-Ges. Freiburg 20, 13, 1913; Nernst-Festschrift 1912, 374. 


418 Schaum und Trautluft. 


U Um nn nn eegener Ze EE EE m a S 


forderlich. Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die im Primär- 
kreis gemessene M.S. sowie K.S. für verschiedene Gase. 


co | co, | NH 
M.S. KS MS K.S. | M.S. K.S. 


I. Wandabstand 2,8 mm 
Wirksame Länge 200 mm 


U. Wandabstand 14,1 mm N A 
Wirksame Länge 200mm 4, 7; 


Lumineszenzfarbe weißlich- blau! rotviolett | blaßblau | blaßblau 


Siemens-Rohr O; | Tun 


M.S. K.S. 


8 3,0 


6,0 8,0 | 7.0 10,0 | 6,5 10,0 | 2,8 4,5 


fahlgelb 


Aus dem Übersetzungsverhältnis etwa 5000 erhalten wir für 
den Sekundärkreis mit dem Siemens-Rohr von 2,8 mm Wand- 
abstand etwa folgende Werte: 


M.S. K.S. LS. 

O, 10000 20000 9,5 

CO 20000 40000 14,5 

CO, 15000 30000 12,5 
wobei zum Vergleich die Ionisationsspannungen (LS) beigefügt sind. 
Daß die nur angenähert ermittelten Spannungswerte erheblich größer 
sind als die von Riesenfeld beim Arbeiten mit Wechselstrom- 
Dynamomaschine und Transformator gefundenen, beruht vor allem 

auf der Verschiedenheit der \Vechselzahlen. 


Vol. % 0; 
5,0 


45 


45 2,0 2,5 3,0 35 Aen, #0 
Fig. 1. 


Die zur Erreichung einer gleichmäßigen Lumineszenz im ganzen 
Entladungsraum erforderliche K.S. stellt noch keineswegs die zweck- 
mäßigste Spannung, die Optimalspannung (O.S.), dar. Die Fig. I 
zeigt die Abhängigkeit der Ozonausbeute von der Betriebsspannung 
bzw. von der im Primärkreis herrschenden (besser zu messenden) 
Stromstärke bei konstant gehaltener Strömungsgeschwindigkeit des 
Sauerstoffs. Über die Durchführung der in Fig. ı dargestellten 
Versuche sei folgendes bemerkt: Da im abgeschlossenen Raum sich 


Pholometrische und spektralphotometrische Studien VI. 419 


sehr schnell ein stationärer Zustand herstellt, wurden die Versuche 
an strömendem Sauerstoff durchgeführt; bei geeigneter Strömungs- 
geschwindigkeit kann man einen gewissen Abstand von dem statio- 
nären Zustand einhalten. Die Strömungsgeschwindigkeit wurde durch 
Messen und Zählen der in der Zeiteinheit durch eine Waschflasche 
durchtretenden Gasblasen ermittelt, es wurde eine Geschwindigkeit 
von 3 L/St eingehalten. Zwischen die Entwicklungs- und Reinigungs- 
apparatur und das Siemens-Rohr wurde ein an letzteres an- 
geschmolzenes U-Rohr gelegt, das mit Natronkalk beschickt war, um 
zurückdiffundierendes Ozon unschädlich zu machen, welches die 
Schlauchverbindungen schnell zerstören würde. Das ozonisierte Gas 
wurde in KJ-Lösung geleitet, das durch ein bestimmtes Gasvolumen 
ausgeschiedene Jod maßanalytisch bestimmt und daraus der Gehalt 
des Gases an Ozon in Volumprozenten berechnet. Für Überführung 
des nach Abstellen des Stromes im Entladungsraum enthaltenen 
Ozons und für geeignete Auffangung und Berücksichtigung der be- 
kannten Nebel wurde Sorge getragen. | 

Wie aus Fig. ı hervorgeht, kommt also unter den sonstigen 
gegebenen Bedingungen oberhalb 3 Amp. die Gegenreaktion immer 
mehr zur Geltung. 


Die Helligkeitsmessung. 


Da ein Schwachlichtphotometer nicht zur Verfügung stand, wurde 
die Ermittelung der Lumineszenzstärke auf folgendem Wege vor- 
genommen. Der Photometerkopf eines Martensschen Schwärzungs- 
messers nahm durch die eine Öffnung das aus dem Fenster in der 
Al-Folie tretende Licht auf; die andere, mit einem Reflexionsprisma 
bedeckte Öffnung wurde durch eine 4 Volt-Glühlampe unter Zwischen- 
schaltung einer Mattscheibe und eines geeigneten Lichtfilters be- 
leuchtet; diese Vergleichslampe wurde mittels einer Akkumulatoren- 
batterie unter genauer Konstanthaltung der Belastung gespeist. 

notometer, Siemens-Rohr und Vergleichslampe waren fest mon- 

tiert. Die Meßgenauigkeit war bei mittlerer und starker Belastung 
des Siemens-Rohres befriedigend (m. F. einige Prozent); wegen der 
zu geringen Helligkeit bei schwacher Belastung war es jedoch er- 
forderlich, als innere Elektrodenflüssigkeit eine Uraninlösung zu ver- 
wenden, deren durch die Elektrolumineszenz im Gasraum erregte 
Fluoreszenz besser photometriert werden konnte. Es ließ sich die 
Helligkeitsbestimmung auf diesem Wege abwärts bis zu einer Span- 
nung durchführen, welche wenig oberhalb der K.S. lag. 


420 Schaum und Trautluft. 


Da die Unterbrechungszahl nach G. Lechner!) von Einfluß auf 
die Ozonausbeute ist, haben wir festgestellt, daß die durch die ge- 
ringen Spannungsschwankungen an der Batterie bewirkten Störungen 
bei unseren Versuchen ohne Einfluß blieben. 


Wie zu erwarten war (s. ul erwies sich die Helligkeit der Lu- 
mineszenz in strömendem Gas größer als inruhendem. Die Messungen 
wurden demnach in strömenden Gasen unter möglichster Einhaltung 
vergleichbarer Bedingungen durchgeführt. 


Reaktionsmechanismus und Lumineszenz. 


Die Ozonbildung beruht, wie allgemein angenommen wird’), 
auf einer primären Anregung von O,-Molekeln durch Elektronenstoß 


O,+Ar> Ö, (1) 


und auf sekundärer Reaktion der angeregten Molekel nach einem 
der folgenden Schemata: 


Ò, -+ 20; O, + O> O, (Warburg) 
Ö, +20,>0,>20, (Eucken) 
Ô, + O, >O, + O; 2(0, +0)>20, (Stern und Volmer) 


m 
LA 
— 


Findet während der Anregungsdauer der Ö,-Molekel (etwa 107° sec) 
kein Zerfall bzw. kein wirksamer Zusammenstoß mit einer anderen 
Molekel statt, so wird die gespeicherte Energie als Lumineszenz- 
strahlung wieder abgegeben. 

Der Ozonzerfall erfolgt durch Anregung von O,-Molekeln nach 
einer der nachstehenden Gleichungen: 


Ò, >O, + O usf. (Warburg, Brewer) P 
Ô, + O> 30, (Stern und Volmer) 


Man würde für die Bildungsgeschwindigkeit des Ozons in ruhendem 
O, folgende Gleichung aufstellen können: 
d C, 
Re bh Cò, Co, a Cò, Co, » VI 
die mit der von Warburg bestätigten Formel 
d Co, 
di 


= ki Co, = Roi Co, ze 2 (A, Co, = ka Co.) (4a) 


1) Z. Echem. 17. 414. IQII. 
2) S. bes. E. Warburg, a.a. O., S. 416. 


Photometrische und spektralbhotometrische Studien VI. 421 


übereinstimmt, wenn man die Konzentration der angeregten Mo- 
* %* 
lekeln O, bzw. O, der Stromstärke ö proportional annimmt. In 


ruhendem O, ist also die Reaktionsgeschwindigkeit der Stromstärke 
proportional; ferner ergibt sich aus der für den stationär gewordenen 
Zustand (Wert des Klammerausdruckes = o) geltenden Beziehung 


k’ 
Co, = g7 CO 


die Unabhängigkeit dieses stationären Zustandes von der Strom- 
stärke. In strömendem O, liegen verwickelte Verhältnisse vor, wie 
Warburg zeigte; doch können die oben angeführten Formeln zur 
ersten Orientierung dienen. Es ist ersichtlich, daß auch hier die 
Reaktionsgeschwindigkeit, somit die Ausbeute an O, in der Zeit- 
einheit mit der Stromstärke steigen muß. Da bei ruhendem O, 
die Stromstärke ohne Einfluß auf den stationären Zustand ist, in 
äußerst schnell strömendem Gas die O,-Ausbeute offenbar mit der 
Stromstärke wachsen wird, darf man schließen, daß bei mittlerer 
Geschwindigkeit eine „Grenzkonzentration“ an O, bei bestimmter 
optimaler Stromstärke erreicht werden wird, was auch tatsächlich 
zu beobachten ist (s. Fig. 1). 
Man kann fragen, ob nicht auch Vorgänge wie 


%* Li A 8 
0,+20,>20,, 0,+0,>30, 


in Betracht zu ziehen sind. Dies dürfte tatsächlich der Fall sein, 
doch können derartige Zusammenstöße im allgemeinen angesichts 
der verhältnismäßig geringen Konzentration der angeregten Molekeln 
bei einer vorläufigen Überlegung außer Betracht bleiben. Ebenso soll 
auf die Vorgänge, welche sich an das Auftreten von O, Ò, O, und ot 
anschließen, nicht eingegangen werden. Die Lichtintensität nimmt 
nun bei Steigerung der Stromstärke über den optimalen Wert hinaus 
noch weiter zu, d. h. die Zahl der lumineszenten Einzelprozesse 
wächst. Als emittierende Vorgänge für sichtbare Strahlung kommen 
natürlich Änderungen der Rotations- und der Schwingungsenergie 
allein nicht in Frage; vielmehr müssen Elektronensprünge von 
höherem zu niederem Niveau mitwirken. In diesem Sinne wären 
die Übergänge angeregter Molekeln in unangeregte unter Energie- 
abgabe entsprechend den Schemata 


Ô, +O, + Ar, | 


Ö, +0, +hr, (5) 


zu deuten. 


422 Schaum u. Trautlufl. Photometrische und spektralphotometrische Studien VI. 


Emittierend würde auch die Wiederanlagerung abgetrennter 
Elektronen, z. B. die Vorgänge 
0,+0>0, 
Ot +9>0 


wirken; doch dürfte es sich hierbei um die Emission eines konti- 
nuierlichen Spektralstreifens im kurzwelligen Gebiet handeln. 


H 
40 


2,2 i CL 


02 Og (W.A. tmm) 


O ne] 
5 A B A Eomp 
Fig. 2. 


Die Lumineszenz dürfte nach dem Gesagten um so stärker aus- 
fallen, je häufiger in der Volum- und Zeiteinheit ‚ger Vorgang 
Ö, + O, + 4r, erfolgt; die Bedeutung des Prozesses Ö, +0, +4’ 
tritt angesichts der relativ geringen O,-Konzentration daneben zurück 
Diese Vorgänge sind nach Gl. (1) zunächst um so häufiger, je höher 
die Stromstärke und je geringer die Wahrscheinlichkeit für die in 
Gl. (2) angedeuteten chemischen Vorgänge ist. Die höheren Werte 


Eder. Die relative Aktinität verschiedener Lichtquellen usw. 423 


der Lumineszenzstärke in strömendem gegenüber derjenigen in 
ruhendem O, sind wohl auf die ständige Hereinführung von größeren 
Mengen noch unangeregter Molekeln in die Leuchtbahn, vielleicht 
auch auf eine günstige Beeinflussung des Potentialgradienten infolge 
der Strömung und der damit verbundenen Verminderung der Raum- 
ladung zurückzuführen. Wird der Wandabstand stark vermindert, 
so nimmt die Lumineszenz stark ab, wie aus Fig. 2 zu ersehen ist 
(die drei oberen Kurven beziehen sich auf einen Wandabstand von 
2,8 mm, die unterste auf einen solchen von 1,0 mm); hier dürfte 
eine Beeinträchtigung der wirksamen Glimmschicht eintreten. Da 
die in der Volum- und Zeiteinheit erfolgende Anzahl chemischer 
Elementarprozesse [s. Gl.(2)] die Lumineszenzstärke vermindern muß, 
verläuft die Helligkeitskurve bei der stillen Entladung in O, ver- 
hältnismäßig flach; in Gasen, deren elektrische Anregung zu keinen 
(wesentlichen) Umsetzungen führt, steigt die Lumineszenzstärke in 
erheblich stärkerem Maße mit der Stromstärke an, wie unsere an 
CO und an CO, ausgeführten Messungen (s. Fig. 2) zeigen. 


Gießen, Physikalisch-chemisches Institut, 1923/27. 


Die relative Aktinität verschiedener Lichtquellen 
und die Farbtemperatur des Magnesiumlichtes. 
Von 
J. M. Eder in Wien 


Unter „Aktinität“ einer Lichtquelle versteht man ihre che- 
mische (photographische) Wirksamkeit im allgemeinen. Als ‚relative 
Aktinität“ bezeichnet man das Verhältnis der aktinischen Inten- 
sität zur visuellen Helligkeit. Diesen Begriff und diese Bezeichnung 
hat der Astronom K. Schwarzschild im Jahre 1900 geschaffen?) 
und zu astrophotometrischen Zwecken verwendet. Er sagt ganz klar: 
„Die relative Aktinität zweier Lichtquellen ist das Verhältnis ihrer 
photographischen (chemischen) Helligkeit, wenn sie auf gleiche op- 
tische (visuelle) Helligkeit gebracht wurden“, was er weiter ausführte. 

Dieser Begriff der relativen Aktinität hat sich in der photo- 


1) K, Schwarzschild, Über die photographische Vergleichung der Helligkeit 
verschiedener Sterne, (Sitzungsberichte d. kais. Akad. d. Wissensch, in Wien, 1900. 
Mathem.-naturw, Klasse Abt. IIa, Bd. 119; ist auch in die photographische Fach- 
literatur übergegangen, z. B. Eders Aust, Handb. d. Phot., Jahrbuch usw. 


424 Eder. 


— 


chemischen und astronomischen Literatur eingebürgert und es liegt 
nicht der geringste Grund vor, davon abzugehen.!) 

Von diesem Gesichtspunkte aus untersuchte ich die relative 
Aktinität verschiedener Lichtquellen,?) die für photographische und 
sentitometrische Zwecke in Betracht kommen, und ging hierbei von 
der Hefner-Kerze aus, die ich als Hefner-Kerzen-Sekunden in Rech- 
nung setzte. Dabei untersuchte ich das frei einstrahlende Licht 
mittels eines Scheiner-Sensitometers, dem ich später Versuche mit 
dem Eder-Hecht-Sensitometer anschloß. In der Folge beschäftigten 
sich noch andere Experimentatoren mit diesem Gegenstande, deren 
wichtigsten Befunde ich neben meinen Messungen in der nach- 
folgenden Tabelle übersichtlich zusammenstelle. 

Hierzu ist zu bemerken, daß die Größe der relativen Aktinität 
von der Kurve ihrer spektralen Energie und von der Spektralkurve 
der Plattenempfindlichkeit abhängt (weshalb die Stromstärke bei 
elektrischem Licht eine große Rolle spielt), sowie von der Farben- 
empfindung des menschlichen Auges. 

Man beachte, daß die spektrale Farbenverteilung von der sog. 
Farbtemperatur der Lichtstrahler abhängt und sich das Photomaterial 
sehr verschieden verhält; so ist die relative Aktinität für Licht mit 
großer Violett- und Ultraviolett-Emission (Magnesiumlicht usw.) für 
Chlorsilber größer als für reine Bromsilbergelatine, für ortho- 
chromatische und panchromatische Platten kleiner. 

In der oben erwähnten Abhandlung von Beck und Eggert 
wird die „schwarze Temperatur“ des Magnesium-Blitz-Lichtes mit 
2400°C absolut angegeben (S. 378), allerdings ohne Mitteilung, wie 
die Autoren zu dieser Zahl gekommen sind. Die spektrale Zu- 
sammensetzung des Magnesiumlichtes und der hochkerzigen Nitra- 


1) Allerdings wurde in letzter Zeit die Bezeichnung „Aktinität“ mit jener der 
„relativen Aktinität‘ konfundiert, z. B. von H Beck und J. Eggert (Zeitschr. 
f. wissensch. Photogr. 1927. Bd. 24, S. 377), welche die Literaturangaben über „Ak- 
tinität“ sehr unvollkommen bringen, sich nur an Bloch anlehnen, und die klassischen 
Arbeiten Schwarzschilds überhaupt nicht erwähnen. — Die grundlegende Arbeit 
Schwarzschilds „Über die photographische Vergleichung der Helligkeit verschiedener 
Sterne‘ und die daran anschließenden Arbeiten sind in der Abhandlung von Beck 
und Eggert nicht berücksichtigt. 


23) J.M. Eder, System der Sensitometrie photographischer Platten (Sitzungsberichte 
der kais. Akademie d. Wissensch. in Wien. 2. Abhandlung vom 3. Dezember 1900; 
3. Abhandlung vom 11. Juli 1911). — Überdies ist diese Abhandlung vielfach in die 
Fachliteratur übergegangen, wie in die Photogr. Korrespondenz, Jahrbuch f. Phot. — 
In extenso in Eder u. Valenta, Beiträge zur Photochemie u, Spektralanalyse. 1904. 


Die relative Aktinität verschiedener Lichtquellen usw. 425 


Relative Aktinität verschiedener Lichtquellen 
für Bromsilbergelatine. 


e Relative 
Lichtquelle Aktinität Beobachter 


Hefner-Kerze, frei einstrahlend `, 2.2 2222200 I Eder 
Englische Wallratkerze frei einstrahlend 0,83 H 
Scheiners Benzinkerze ` en 0,85 e 
Gaslicht, Argandbrenner mit Glaszylinder 1,7 we 
Auers Gasglühlicht „ „ 2,6 ei 
Azetylenlicht ......... ee ee 2,3 Fabry 
Metallfadenlampe „Monowatt“ .... 2.2202. esse 2,6 Se 
Ge e E EE EE 3,3 ji 
Magnesiumband, frei einstrahlend!)... „2.2... 15 Eder 
2 durch Glas. u, owiane 80% 9—10 o 
Nitra Lampe) en a EEN (7) L. Bloch 
Elektrisches Bogenlicht, Reinkohle, offen brennend 3 10—12 Eder 
Tageslicht, bewölkt ..... EE eg 7—8 ”» 
se Mittleres‘) aa u ee er II Fabry 
2 blauer Himmel iere E AE e 15—18 Eder 
Sonnenlicht?) ...... SE ee 12—25 L. Bloch 


lampe (gasgefüllte Metallfadenlampe) wird daselbst als „annähernd 
dieselbe“ angegeben. Aber die oben angegebene Zahl erweckt 
Bedenken, denn sie steht im Widerspruch mit den eigenen An- 
gaben der Herren Beck und Eggert, ebenso mit den exakten 
Messungen anderer Forscher. 

Nach den genauen Messungen von W. E. Forsythe (1923) be- 
sitzt eine solche gasgefüllte Wolframfadenlampe mit 1000 Watt eine 
Farbtemperatur (Strahlung eines glühenden schwarzen Körpers) von 
2980° C absolut. — Wenn aber nach den Angaben von Beck und 


!) Bei einer älteren Versuchsreihe hatte ich für an der Luft brennendes, frei 
einstrahlendes Magnesiumband unter Verwendung des Scheiner-Sensitometers die re- 
lative Aktinität etwas höher gefunden (etwa 20), was in der Unsicherheit der Be- 
stimmung der visuellen Helligkeit begründet ist, während die photographische Wirk- 
samkeit sicherer zu ermitteln ist. Meine später (1922) angestellten Versuche ergaben 
einen Wert der relativen Aktinität = 15. Beck und Eggert gaben für Magnesium- 
blitzpulver (Agfa) den Wert 10 an. (Zeitschr. f. wissensch. Phot. 1927, Bd. 24, S. 377). 

2) Nach L. Bloch, Lichttechnik. 1921, S. 579. — Beck und Eggert fanden 
für eine gasgefüllte Metallfadenlampe („kurz Nitralampe‘‘) bei 100 Watt die relative 
Aktinität = 5, bei 1000 Watt aber = 10 (a. a. O.). 

D Nach Eders Messungen 1903 zeigt der elektrische Kohlenbogen die relative 
Aktinität 10. Eder, Handbuch d. Phot. I. Bd., 3. Teil, S. 618, 3. Auflage. 

4) Nach Michalke hat gedämpftes Tageslicht die rel, Aktinität 10 für Brom- 
silber (Phot. Mitt. 1890, Bd. 24, S. 195). — Fabry setzt sie æ 11. (Internat, Kon- 
greb f. Phot. April 1925. Rapport 1926, S. 82). 

D Nach L Bloch, Lichttechnik. 1921, S. 579. 

Zeitschr. f. wiss, Phot, 24. 30 


426 Elsner v. Gronow. 


Eggert (auf Grund ihrer photographischen Farbenaufnahmen mit 
Agfa-Farbplatten) das Magnesiumlicht und die 1000-Watt-Lampe 
dieselbe spektrale Energieverteilung haben, dann kann die Farb- 
temperatur des Magnesiumlichtes nicht gleich 2400° C absol. sein; 
sie müßte vielmehr etwa 3000° sein. — Hätte das Magnesiumlicht 
wirklich die angebliche Farbtemperatur von 2400°C absol., so wäre 
sie spektral und photographisch gleich einer 10-Watt-Vakuum-Metall- 
fadenlampe von der Farbtemperatur = 2400° C absol., die eine der- 
artig niedrige Farbtemperatur besitzt; aber es wird niemand be- 
haupten wollen, daß das etwas gelblich nuancierte Licht einer solch 
kleinen elektrischen Glühlampe dem Effekte einer 1000-Watt- 
Nitralampe oder dem weißen Magnesiumblitzlicht gleichzusetzen ist. 
Oder sollten Verbrennungstemperaturen des Magnesiums ge- 
meint sein (?), so wäre diese Angabe erst recht unverständlich, denn 
jene darf nicht mit der Farbtemperatur zusammengeworfen werden. 
Jedenfalls ist die in Rede stehende Temperaturangabe irre- 
führend und kann nicht als zutreffend bezeichnet werden. 


Zusammenfassung. 

I. Verf. bespricht die relative Aktinität von Lichtquellen im 
Sinne der von Schwarzschild (1900) gegebenen Definition als das 
Verhältnis der aktinischen Intensität zur visuellen Helligkeit. In einer 
Tabelle sind solche Messungen für verschiedene Lichtquellen mitgeteilt. 

2. Der Zusammenhang der relativen Aktinität mit der Farb- 
temperatur wird vom Verf. besprochen und die von Beck und 
Eggert (Zeitschr. f. wiss. Phot. 1927, S. 378) angenommene Farb- 
temperatur des Magnesiumblitzlichtes mit 2400° C absolut als viel 
zu niedrig befunden; die zu kleine Zahl steht auch mit den eigenen 
Versuchsbeschreibungen der Autoren in Widerspruch. 


(Eingegangen am 27. Juli 1927.) 


Zur Mikrephotographie 


opaker Gegenstände hei schwacher Vergrößerung. 
Von 
H. Elsner v. Gronow. 


Kürzlich hat F. Kahler (D) dieses Thema behandelt. Im 
folgenden soll nicht von neuem ausführlich Stellung zu dieser 
interessanten Frage genommen werden, die übrigens schon vielfach 
behandelt wurde (u. a. 2, 3), sondern es werden nur als Ergänzung 


Zur Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher Vergrößerung. 427 


zur Kahlerschen Arbeit einige dem Praktiker nützliche Winke 
gegeben. — Bei der Mikrophotographie opaker Gegenstände bei 
schwacher Vergrößerung können gewöhnliche photographische Ob- 
jektive kürzerer Brennweite recht gute Dienste leisten. Zu bevor- 
zugen sind die symmetrisch gebauten Konstruktionen, die nicht nur 
für den Abbildungsmaßstab ı:ı (Abbildung in natürlicher Größe) 
streng richtig zeichnen, sondern praktisch auch noch für alle anderen 
Maßstäbe, was erwiesenermaßen bei den Objektiven unsymmetrischer 
Anlage nicht der Fall ist, worauf schon A. Miethe bei der Ein- 
führung der Taylorschen Drillingslinse in die photographische 
Praxis in Deutschland hinwies (4): „Die Unsymmetrie der Kon- 
struktion (der Triplets) bedingt natürlich, daß ...... die Objektive 
naturgemäß nicht mit allen Vollkommenheiten für jeden beliebigen 
Objektabstand korrigiert werden können.“ Gewiß soll dabei nicht ver- 
kannt werden, daß man bei nicht allzu hohen Anforderungen an die 
Schärfe der Zeichnung bei schwacher Vergrößerung in vielen Fällen 
Triplets, oder solche mit einer oder mehreren Kittflächen (z.B. Tessar 
und Heliar) benutzen kann, auch eventuell unter Verwendung von 
Vorsatzlinsen zur Verkürzung der Brennweite. Freilich darf der 
Brechwert dieser Vorsatzlinsen nicht allzu groß gewählt werden, da 
sonst wieder die Schärfe zu sehr leidet; d. h. man kann die Brenn- 
weite einer Aufnahmelinse, in deren Besitz man vielleicht zufällig 
ist, nicht beliebig verkürzen, um so zu kürzerem Kameraauszug, 
bzw. zu einer stärkeren Vergrößerung zu gelangen. Keinesfalls darf 
man aber „zur Erhöhung der Schärfe“, wie F. Kahler es a.a. O 
angibt, auf /:136 abblenden, denn bei Blenden, die kleiner als 
etwa /:70 sind, machen sich bereits die Beugungserscheinungen, 
wie sie an so engen Öffnungen auftreten, bildverschlechternd be- 
merkbar. Aus den genannten Gründen ergibt sich, daß es un- 
zweckmäßig ist, ein Objektiv symmetrischer Anlage, wie z. B. den 
Steinheilschen Orthostignaten, in der Mikrophotographie mit Vor- 
satzlinsen zu verwenden, da diese ja gerade die Symmetrie be- 
seitigen, und somit die Korrektheit der Zeichnung zunichte machen, 
die, wie wir sahen, gerade dem symmetrischen Objektiv eigentüm- 
lich ist. — Der einzige Fall, wo m. W. das Triplet ausdrücklich 
für Mikrophotographie empfohlen wurde, sind die Rüo-Anastigmate, 
die bis zu der relativen Öffnung f:2 in kurzen Brennweiten im 
wesentlichen für Kinozwecke angefertigt werden. 

Beträgt der Auszug der Kamera ein Vielfaches (etwa Zehnfaches) 


der Brennweite des angewendeten unsymmetrischen Objektivs, so 
An" 


428 Elsner v. Gronow. Zur Mikropholographie opaker Gegenstände usw. 


liegt es nahe, dieses umgekehrt zu benutzen, d. h. mit der Front- 
linse der Mattscheibe zu. In diesem Fall verlassen fast parallele 
Strahlenbündel die „Frontlinse“, die Abbildungsgüte muß also jetzt 
wegen der Umkehrbarkeit der Strahlenwege genau so gut sein, als 
wenn man ein Objekt in Entfernung der zehnfachen Brennweite 
photographieren würde. Da die photographischen Objektive für 
auf die Frontlinse fallendes paralleles Licht korrigiert zu werden 
pflegen, so wird die Abbildungsgüte für fast paralleles Licht, wie 
in dem angeführten Falle, auch noch sehr gut sein müssen, wenn 
das Objektiv überhaupt für alle Zwecke der gewöhnlichen Photo- 
graphie brauchbar sein soll. 

Für die Mikrophotographie wäre m. E. die Verwendung von 
Teleobjektiven besonders geeignet. Es ergeben sich hier vorteilhaft 


kurze Schnittweiten, die wiederum bei beschränktem Kameraauszug 


stärkere Vergrößerungen erlauben, während der Abstand Objekt — 
vordere Linsenfläche bei Teleobjektiven bemerkenswert groß ist, 
was das Arbeiten sehr erleichtern würde. Im Handel gibt es aber 
für derartige Zwecke geeignete Telelinsen noch nicht, d. h. Tele- 
insen, die für einen derartig geringen Objektabstand optimale 
Korrektion besitzen. 

Wenn die optische Industrie, dieser Anregung folgend, etwas 
Geeignetes auf den Markt bringen würde, so würde sie dem Prak- 
tiker damit einen großen Dienst erweisen. 


Literatur. 


ı) F. Kahler, Über die Mikrophotographie opaker Gegenstände bei schwacher 
Vergrößerung, diese Zeitschr. 24. 361 ff. 1927. 

2) W. Gebhardt, Über Mikrophotographie mit einfachen Hilfsmitteln, Intern. 
Photograph. Monatsschrift f. Medizin, 4. 34—40, 49—54. 1897. 

3) J. Butterworth, Photomicrographic Camera, designed chiefly to facilitate 
the Study of opaque Objects usw.; Journal of the Royal Mikroscopical Society, 
595. 1896. 

4) A. Miethe, Die Tripel-Anastigmate der Firma Voigtländer & Sohn, Eders 
Jahrbuch 205. 1898, 


Eingegangen am 29. Juli 1927. 


ee ee EEE 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen, 
Druck von Metzger & Wittig in Leipzig. 


— et ` a ee omm-fgfemmffffeg 


Ss 


N 


x 
N 


a 
2 
A 
= 
SÉ 
e 
as 

— 


S | 
N 


V 
y 


2 KANN 


N 


N 


N 


N 


> \ AAAA 
\ RN ANN 


NY 


À 


We 
Ba! 
? | 


$pektrograph speziell für Aufnahmen des ultra- 


violetten Spektrums zu kaufen ge- 
sucht. Offerten unter W. Ph. 26 an den Verlag dieser Zeitschrift erbeten; 


Grundzüge der Theorie 


der optischen Instrumente 
nachAbbe 


Von 
Dr. Siegfried Czapski und Dr. Otto Eppenstein 
Jena Jena 
Dritte Auflage 


bearbeitet von den wissenschaftlichen Mitarbeitern der Zeissischen Werkstätte 
Dr. Häns Boegehold, Dr. Otto Eppenstein, Dr. Heinrich Erfle, 
Dr, Albert König, Prof. Dr. Moritz v. Rohr 


herausgegeben von 
Dr. Heinrich Erfle und Dr. Hans Boegehold 
Jena Jena 
XX, 747 Seiten mit 316 Abbildungen. 1924. 8°. 
Rm. 30.—, geb. Rm. 33.— 


Zeitschrift für wissenschaftliche Photographie: Das bewundernswert reichhaltige und aufs 
sorglältigste dürchgearbeitete Werk stellt ein Denkmal deutscher Geistestätigkeit dar, auf 
das wir stolz sein dürfen, 


JOHANN AMBROSIUS BARTH / VERLAG / LEIPZIG 


UI 


L fe, gf Ba 1 


Reproduktions-Optik 


Apochromat-Tessare und Planare 
Filter - Müvetten - Prismen - Spiegel 
Einstell - Mikroskope 


Druckschriften und jede gewünschte Auskunft kostenfrei von Carl Zeiss, Jena | 


Rund 70000 Exemplare des 
„Deutschen Kamera-Almanachs“ 


sind bis jetzt in den Händen begeisterter Anhänger der 
Lichtbildkunst. — Ende Oktober erscheint, bereits der 
18. Band dieses vorzüglichen und bewährtesten Jahrbuches 
für künstlerische Photographie. — Mit beinahe 200 sorg- 
fältig ausgewählten Photographien des In- und Auslandes 
im vergangenen Jahre ist der Almanach 


eine Revue der besten 

Te TE En VE 
photographischen Leistungen 
EE EEN 


Im textlichen Teil wird das Jahrbuch Aufsätze und Beiträge 
von nur ersten Kennern der Lichtbildkunst bringen. — Der 
Preis für das auf vorzüglichem Papier gedruckte Werk, 
das in diesem Jahre erstmalig im neuen Format (Großoktav) 
herausgegeben wird,” beträgt 

in vornehmem Ganzleinenband Rm. 6.80 

in modernem Büttenkarton . . . Rm. 550 
Vorbestellungen auf den Deutschen Kamera- Almanach 

Band 18 nehmen alle Buchhandlungen entgegen - 


Union Deutsche Verlagsgesellschaf. 
Zweigniederlassung Berlin SW 19 E 


à 


Zeitschrift 


A d = 3 | für | 
äissenschaftliche Photographie || 


> ze E ! 


P Photophysik und Photochemie 


Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen 


. insbesondere von 
ze H. Kayser 
Reef. - o. em, Professor an der Universität: Bonn 
ur, herausgegeben von - 
a RK Schaum 


oO Professor an der Universität Gießen 


Mit 3 Figuren im Text 


€ Zei ei isch rift werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuchhandlung 
er ` ementspreis beträgt pro Band im In- u. Ausland Rm. 24:—, bei direkter 
eplich Porto im Inland Rm. 25-5 im Ausland Ro @5.20. 


Oktober 1927 


KZ d 


N re 'Originalarbeiten, 


WERT“: u + , 

d AC KE v. NE RAON Über die Natur der Desensibilierung . 2 Aa e E 
di Cat WO R H. Lambert und Ep Wightman, Thermodynamische- Möglichkeiten 
WE i ED einer Hypothese über das Silbersulfid als Bromacceptor bei der Entstehung É 
CG: i oi o des latenten Bildes, Mit einer Figur im Text. e 8 
Ce KE Ke, Lüppo- Cramer, Verstärkung des latenten Bildes: . » . . . TE N 


L ,Lüppo-Cramer, Photochemische Keimzerstörung. Mit 2 Figuren im Test. 25 


"SL Langedijk, Die Lichtverteilung bei zwei absorbierenden Medien. (Herrn d 
Ve Tech Zo a Bietoikoeg zur Abwehr). nur fa, Kr A KE 
Go | 

k ' e ENTE TE EEE 

(Ga: `, b Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an j 


We, Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr, 14. 
| Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie « 
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vol 
Berichterstattung möglich ist. - 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere 
Bedingungen, weiche vom Verlag bekanntgegeben werden. 


Di 


DENSOGRAPH| 


Registrier-Apparat H 
zur Grmitielung von iv 
Schwärzungskurven || 

photographischer | 
Platten und Papiere 
nach Prof. Dr. Goldberg 
LG ef 
Unentbehrlich ` ` 
für wissenschaftliche 

Forschungen u. Lrüfungen | 

in der Fabrik | = 


PROSPEKT KOS TENLOS 


Feiss IRen A.-G. Dresden 43 


Vereinigte Werke: Contessa: Mettel, 6cnemann.9oerz, 


H 


H 


b, “ark 
; ` Digitized by Google k 


ZEITSCHRIFT 


für 


wissenschaftliche Photographie 
Photophysik und Photochemie 


. Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen 
insbesondere von 


H. Kayser 


o. em. Professor an der Universität Bonn 


herausgegeben von 


K. Schaum 


o ö. Professor an der Universität Gießen 


BAND XXV 


Mit 2 Tafeln und 1 Bildnis 


a EE 
Leipzig / Verlag von Johann Ambrosius Barth 


Inhalt des XXV. Bandes 


(Oktober 1927 bis August 1928) 


Originalarbeiten 


Baukloh, Kurt, Die optische San ID.) von mann Mit 3 Fi an 
im Text und einer Tafel . 


Baur, Emil, Berichtigung zu der Mitteilung von v. "Sihvonen Über "die 
Natur der Desensibilierung“ . . . . g a EE Ar e a a 


Beck H., und Eggert, J., Erwiderung 
Beck, H. und Eggert, J., Schlußwort 


Brauns, Helmuth, Neuere Messungen im Gebiete der L- Serie der Röntgen- 
spektren. Mit 7 Figuren im Text. 


Dziobek, W. Die Farbtemperatur des Magnesnumlichts, Mit 3 Figuren e Text 


Eder, J. M., Chloramin zur Zerstörung der letzten Reste des Fixiernatrons in 
photographischen Platten oder Papieren . . . 2 2 2 2 2 2 2 0. 


Eder, J. M., Antwort auf die „Erwiderung‘“ e E er CR . 
Fesefeldt, H., Messungen von Sauerstoff banden im violetten und E detien 


Spektralgebiet . 
v. Halban, H., und eeh, J. Über die Messung der Lichtabsorption. 
Mit 2 Figuren im Text . . . 


Hooft, G. O. 't Methode der Sensibilisierung von Chromgelatine für Orange und 
Rot. Mit 4 Figuren im Text . . . Sr ebe 


Jones, L. A., Photographische Spektralphotometrie im ultravioletten Gebiet. 
Mit 7 Figuren im Text y EgO ét Ce 


Kayser, Heinrich, zum 75. Geburtstage, Mit Bildnis . 


Lambert, R. H., und Wightman, E. P., Thermodynamische Möglichkeiten 
einer Hypothese über das Silbersulfid als Bromacceptor bei der a 
des latenten Bildes. Mit einer Figur im Text. 


Langedijk, S. L., Die Lichtverteilung bei zwei absorbierenden Medien, (Herma 
J. Plotnikow zur Abwehr) . . . .. e e 2 e, CN SE 


Lüppo-Cramer, Verstärkung des latenten Bildes e : : 
Lüppo-Cramer, Photochemische Keimzerstörung. Mit 2 Figuren i im Text. 
Lüppo-Cramer, Zur intermittierenden Belichtung . 


Lüppo-Cramer, Farbstoff ea bei Schleierreaktionen. Mit 6 nn, 
im Text. . 


Lüppo-Cramer, E des Gates Bildes, "Mit 3 Fi iguren im Text 
Lüppo-Cramer, Keimvergiftung durch Farbstoffe. Mit einer Figur im Text 
Lüppo-Cramer, Zur Solarisation des Bromsilbers. Mit 4 Figuren im Text 


Lüppo- -Cramer, Zur Pens durch Desensibilisatoren. Mit 5 Fi tes 
im Text . ...% 


Lüppo- Cramer, Der Herscheleffekt bei Kurzwelige Belichtung Mit 4 Fi- 
guren im Text 


Lüppo-Cramer, Der Sterryeffekt auf ‘Chlorsilber. Mit 2 Figuren ir im Text . ; 
Lüppo-Cramer, Zur optischen Sensibilisierung des Jodsilbers i 
Meyn, Werner, Über die u een an Quarzquecksiberdampf 
lampen . . . . d a 
Neuweiler, C., Über die "Vertretbarkeit von Zinkosyd und Farbstoffen bei 
der optischen Sensibilierung. Mit 6 Figuren im Text . . » 2. 2 l. 


Seite 

Pritchard, H. A., Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen. Eine 
sensitometrische Untersuchung. Mit ro Figuren im Text . . . . 79 
Richter, C, Über das Bogenspektrum des Germaniums . . . . 380 


Schaum, K., Eine Wirkung von Gasionen auf unterkühlte Flüssigkeiten . . 64 


Schaum, K., und Scheidt, E A., Über die Beobachtung eines elektrooptischen 
Effekts mit Hilfe des Zeiss-Löweschen Flüssigkeitsinterferometerss . . . 362 


Schmidt, H. H. und Pretschner, F, Zur Photochemie der Halogensilber. 
I. Mitteilung: Gravimetrische Bestimmung von überschüssigem Silber in 


photographischen Schichten, insbesondere in Emulsionsnudeln, 


(Einwände 


gegen den analytischen Teil der Arbeit von Noddak, Eggert und 
Leszynski über die Gültigkeit der Quantentheorie bei sensibilisierten und 


nicht sensibilisierten Trockenplatten) Mit einer Figur im Text . . 293 
Schmidt, H. H., und Pretschner, F., Zur Photochemie der Halogensilber. 

IL Mitteilung: Der Abbau photographischer Schichten mit neutralem, saurem 

und alkalischem beet und mit ammoniakalischem Schwefel- 

ammonium . e , 354 
Sheppard, S. E., SÉ Hudson, H, Additionsverbindungen des Allyl- tee 

stoffes mit Silberhaloiden, "Mit einer Figur im Text und einer Figur auf 

Tafel I . . .. e ee 2 GEES 
Sihvonen, V., Über die Natur der Desensibilierung E E E Aë I 
Steigmann, A., Keimvergiftung durch Farbstoffe. . . e a . 354 
Trivelli, A. P. H., Versuch zu einer ie des ienien Bildes. Mit 

2 Figuren im Text X wv w 65 
Wildt, Rupert, Untersuchungen über je  photographischen Diffusionslichthof. 

Mit 5 Figuren im Text d Dr 8 153 
Winther, Chr., DER der Absorption von Ultravioletigläsern. Mit : 2 Fi an 

im Text. . . . Së Së E 5 e. og % 230 


Wurm, K, Über eine von Ss von Welsbach angegebene Lichtquelle Mit 


einer Figur im Text . . 2... 


Kleine Mitteilungen . 
Bücherbesprechungen . 


Be . > 365 
. . 64, 290 
. . 64, 128, 291 


Namen- und Sachregister 


(Über Bücherbesprechungen sehe man den vorstehenden Abschnitt) 


Abbau photographisch. Schichten, Schmidt 
und Pretschner 354. 

Absorption, v. Halban und Eisenbrand 138; 
Langedijk 29; von Ultraviolettgläsern, 
Winther 230. 

Allyl-thioharnostoffl, Sheppard und Hudson 


113. 


Baukloh, Sensibilisierung von Jodsilber 


2373. 
Baur, Berichtigung zu Sihvonen „De- 
sensibilierung‘‘ 263. 
Beck und Eggert, 
Schlußwort 404. 
Brauns,Z-Serie der Röntgenspektren 325. 


Erwiderung 262; 


Chloramin zur Zerstörung von Fixier- 
natron, Eder 401. 
Chromgelatine, Sensibilisierung, Hooft 394. 


Desensibilierung, Sihvonen ı; Baur 263; 
Lüppo-Cramer 282. 

Diffusionslichthof, Wildt 153. 

Dziobek,Farbtemperatur des Magnesium- 
lichts 287. 

Eder, Antwort 402; Chloramin zur Zer- 
störung von Fixiernatron 401. 

Eggert und Beck, Erwiderung 262; 
Schlußwort 404. 

Eisenbrand und v, Halban, Messung 
der Lichtabsorpt.on 138. 

Elektrooptischer Effekt, 
Scheidt 302. 

Farbtemperatur des 
Dziobek 287. 

Farbstoffe bei Schleierreaktionen, Lüppo- 
Cramer 121; bei der Sensibilierung, 
Neuweiler 187. 


Schaum und 


Magnesiumlichts, 


Fesefeldt, Sauerstoffbanden im violetten 
und ultravioletten Spektralgebiet 33. 
Fixiernatron, Zerstörung, Eder 401. 


Germanium, Bogenspektrum, Richter 380. 


v. Halban und Eisenbrand, Messung 
der Lichtabsorption 138. 

Halogensilber, Schmidt und Pretschner 
293, 354. 

Herscheleffekt, Lüppo-Cramer 308. 

Hooft, Sensibilisierung von Chrom- 
gelatine 394. 

Hudson und Sheppard, Additions- 
verbindungen des Allyl-thioharnstoffs 
mit Silberhaloiden 113. 


Interferometrische Beobachtung eines elek- 
trooptischen Effektes, Schaum und 
Scheidt 362. 

Intermittierende Belichtung, Lüppo-Cra- 
mer 61. 


Jodsilber, Sensibilisierung, Baukloh 233. 
Jones, Photometrische Spektralphoto- 
metrie 265. 


Kayser, H., Zum 75. Geburtstage 185. 

Keimvergiftung, Lüppo-Cramer 133; Steig- 
mann 354. 

Keimzerstörung, Lüppo-Cramer 25. 


Lambert und Wightman, Hypothese 
über dasSilbersulfid als Bromacceptor 10. 

Langedijk, Lichtverteilung bei zwei ab- 
sorbierenden Medien 29. 

Latentes Bild, Lambert und Wightman 10; 
Lüppo-Cramer 23, 129, 282; Trivelli 65. 

Lichtabsorption, Messung, v. Halban und 
Eisenbrand 138. 

Lichthof, Wildt 153. 

Lichtquelle nach v. Welsbach, Wurm 365. 

Lüppo-Cramer, Verstärkung des la- 
tenten Bildes 23; Abschwächung des 
latenten Bildes 129; Keimzerstörung 25; 
Keimvergiftung 133; Bildzerstörung 
durch Desensibilisatoren 282; inter- 
mittierende Belichtung 61; Farbstoff- 
wirkungen bei Schleierreaktionen 121; 
Solarisation 224; Herscheleffekt 308; 
Sterryeffekt 316; Sensibilisierung des 
Jodsilbers 320. 


Magnesiumlicht, Farbtemperatur, Dziobek 
287. 

Meyn, Alterungserscheinungen an Queck- 
silberdampflampen 345. 


Neuweiler, Vertretbarkeit von Zink- 
oxyd und Farbstoffen bei der optischen 
Sensibilierung 187. 


Photochemie der Halogensilber, Schmidt 
und Pretschner 293, 354. 


Photographische Spektralphotometrie, Jo- 
nes 265. ` 

Pretschner und Schmidt, Zur Photo- 
chemie der Halogensilber 293, 354. 

Pritchard, Schleierkorrektion photo- 
graphischer Schwärzungen 79. 

Quantentheorie, Gültigkeit bei Trocken- 
platten, Schmidt und Pretschner 293. 

Quecksilberdampflampen, Alterungser- 
scheinungen, Meyn 345. 

Richter, Bogenspektrum des Germa- 
niums 380. 

Röntgenspektren, Z-Serie, Brauns 325. 

Sauerstoffspektrum, Fesefeldt 33. 

Schaum, Wirkung von Gasionen 64; 
— und Scheidt, Elektrooptischer 
Effekt 362. 

Schleierkorrektion photographisch. Schwär- 
zungen, Pritchard 79. 

Schleierreaktionen, Lüppo-Cramer 121. 

Schmidt und Pretschner, Zur Photo- 
chemie der Halogensilber 293, 354. 

Sensibilisierung von Jodsilber, Baukloh 223; 
Lüppo-Cramer 320; von Chromgelatine, 
Hooft 394; durch Zinkoxyd und Farb- 
stoffe, Neuweiler 187. 


Sensitometrie, Lüppo-Cramer 61; Prit- 
chard 79. 
Sheppard und Hudson, Additions- 


verbindungen des Allyl-thioharnstoffes 
mit Silberhaloiden 113. 
Sihvonen, Natur der Desensibilierung 1. 
Silberbestimmung in Emulsionen, Schmidt 
und Pretschner 293. 
Silberhaloide, Schmidt und Pretschner 
293, 354; Sheppard und Hudson 113. 
Silbersulfid als Bromacceptor, Lambert 
und Wightman 10. 
Solarisation, Lüppo-Cramer 224. 
Spektralphotometrie, Jones 265. 
Spektren: Absorptionsspektren, v. Halban 
und Eisenbrand 138; Bandenspektram 
des Sauerstoffs, Fesefeldt 33; Bogen- 
spektrum des Germaniums, Richter 380. 
Sterryeffekt, Lüppo-Cramer 316. 
Trivelli, Versuch zu einer Hypothese 
des latenten Bildes 65. 
Ultraviolettgläser, Winther 230. 
Wightman und Lambert, Hypothese 
über dasSilbersulfid als Bromacceptor 10. 


Wildt, Über den photographischen Dif- 


fusionslichthof 153. 

Winther, Absorption von Ultraviolett- 
gläsern 230. 

Wurm, Eine von v. Welsbach angegebene 
Lichtquelle 365. | 

Zinkoxyd bei der Sensibilierung, Neu- 
weiler 187. 


Zeiticrift für wilienichaftlihe Photographie, 
Photophylik und Photodiemie 


XXV. Band 1927 Heft ı 


Über die Natur der Desensibilierung 
Von 
V. Sihvonen 


Unter Desensibilierung versteht man die Herabsetzung der 
Lichtempfindlichkeit der Haloide des Silbers durch gewisse Farb- 
stoffe, z. B. Phenosafranin. Das Bromsilberkorn der üblichen photo- 
graphischen Platten wird in einem Bade dieses und verschiedener 
anderer Farbstoffe so lichtunempfindlich, daß die Entwickelung bei 
Lampen- oder mäßigem Tageslicht vorgenommen werden kann. 

Als Ursache dieses von Lüppo-Cramer!) entdeckten und für 
die photographische Praxis verwerteten Effektes wird von Lüppo- 
Cramer?) „eine oxydierende Wirkung des Lichtes auf höchst- 
disperses Silber in Gegenwart jener Farbstoffe“ angenommen. 
J. Eggert?) hat neuerdings dem Gedanken Ausdruck gegeben, daß 
die Desensibilierung „eine Wirkung der Koagulation“ der Silber- 
keime im belichteten Korn sein möchte. G. Kögel und A. Steig- 
mann‘) meinen, die Gelatine reagiere photochemisch mit dem 
desensibilierenden Küpenfarbstoff und fange so dasjenige Licht ab, 
welches sonst auf Bromsilber wirken würde. H. H. Schmidt?) lehnt 
aus chemischen Gründen — mangelnder Parallelismus zwischen 
Reduzierbarkeit und desensibilatorischer Wirkung — die Erklärung 
der vorgenannten Autoren ab. Keine der geäußerten Vermutungen 
scheint das Wesen der Sache zu treffen. 

Durch die folgenden Versuche will ich zeigen, daß die Desen- 
sibilierung ein besonderer Fall von Sensibilierung ist, der auf Grund 
der Theorie. von Emil Baur) leicht verstanden werden kann. 
Wichtig für die Beurteilung der Desensibilierung ist vor allem, daß 
sie gilt für das blaue, also das vom Bromsilber absorbierte, Licht 

I) Lüppo-Cramer, Negativentwicklung bei hellem Lichte. Safraninverfahren. 
2. Aufl. Leipzig 1922, E. Liesegangs Verlag. Photogr. Bücherschatz Bd. 18. 

2) A. a. O., Seite 132. 

3) J. Eggert, Zusammenfassender Bericht über die Vorgänge bei der Belich- 
tung der Silberhalogenide, Z. Echem. 32. 499. 1920. 

4) Z. wiss, Phot. 24. 18. 1926. 

5) Z. wiss Phot. 24. 223. 1926. 

H Helv. chim. Acta 1. 186. 1918; Z. f. Echem. 25. 102. 1919; 27. 72. 1921; 
29. 105. 1923; Z. physik. Chem. 111. 315. 1924; 120. 278. 1926. 

Zeitschr, f. wiss. Phot. 25 I 


2 Sihvonen 


und nicht für die von den Farbstoffen absorbierten Lichtarten.') 
Daraus geht hervor, daß ‚das Bromsilber der Lichtempfänger ist 
und der Farbstoff derjenige Stoff, auf den gewirkt wird. Die 
Desensibilierung tritt an die Seite der Wirkung des belichteten 
Zinkoxyds auf Methylenblau, die durch die Reaktionsbilder wieder- 
gegeben wird: | 

Gap E + Methylenblau ——> Oxydation 


© + Methylenblau —> Küpe 
oder 
& + Rohrzucker —> Oxydation 


© + Methylenblau —> Küpe 


Statt Rohrzucker kann auch irgendein anderer anodischer 
Depolarisator dienen. Zinkoxyd ist der Sensibilator; er sensibiliert 
die Photolyse des Farbstoffes. Der Farbstoff wird verküpt; unter 
Umständen zum Teil auch oxydiert. Dieser Umsatz findet außer 
mit Methylenblau mit zahlreichen anderen Farbstoffen statt, worüber 
eine demnächst erscheinende Arbeit aus E. Baurs Laboratorim Auf- 
schluß geben wird. 

Demgemäß wird die Desensibilierung so aufgefaßt: Bromsilber 
ist der Sensibilator der Photolyse des Farbstoffes, z. B. 

Ag Br = + Gelatine —— Oxydation 
© + Phenosafranin —- Küpe 

Das Bromsilber wird dadurch, daß es seinen Lichtinhalt auf 
seine Umgebung ablädt, geschont. Ohnedem müßte es auf sich 
selbst wirken und zerfallen. Jene Schonung ist die Desensibilierung. 

Um diese Auffassung zu beweisen, muß man zeigen, daß unter 
sonst gleichen Umständen eine Bromsilberemulsion ohne Desensi- 
bilator mehr Silber im Lichte ausscheidet, als eine Emulsion mit 
Desensibilator, und daß für den Ausfall eine äquivalente Menge 
Desensibilator zersetzt, gegebenenfalls verküpt wird. Da die Küpe 
durch Luft im allgemeinen rückoxydiert wird, so ist der Versuch 
bei Ausschluß der Luft anzustellen. 

Eine gewisse Verwicklung könnte entstehen, worauf schon 
Stenger und Stammreich?) aufmerksam machen, wenn sich über 
die Desensibilierung noch eine Sensibilierung lagert, nach dem 
Schema: 


Farbstoff l 


ZnO | 


@® + anodischer Depolarisator —— Oxydation 
O + Ag — Ag 
1) Vgl. Stammreich u. Thüring, Z. wiss. Phot. 28. 363 1925; Stenger 


u. Stammreich, ebenda 28. 11. 1924. 
2) A. a. O. 


Die Natur der Desensibilierung 3 


Diesen Effekt kann man klein halten, wie meine Messungen 
zeigen werden. 

Folgendes war die Versuchsanordnung: Zylindrische Glasgefäße 
von etwa 200 ccm Inhalt mit eingeschliffenem Hahnstopfen nahmen 
die zu belichtende Emulsion nebst Zusätzen auf und wurden auf 
einer Aluminiumblechscheibe befestigt, die in 60 cm Abstand von 
einer 3000-Kerzenlampe aufgestellt und während der Belichtung in 
Drehung versetzt wurde, Zuvor werden die Emulsionen an der 
Wasserstrahlpumpe entlüftet, wobei die Gefäße in warmes Wasser 
eingestellt sind. Der Stopfen wird über dem Schliff mit Wachs- 
kolophon umgossen, um zu verhindern, daß der Schliff bei den 
Umdrehungen undicht wird. 

Die Emulsion wird bei Raumtemperatur im roten Licht der 
Dunkelkammer bereitet darch Eintropfen von Silbernitratlösung in 
eine genau äquivalente Lösung von Kaliumbromid bei starker 
Rührung. Diese wird zuvor mit dem anodischen Depolarisator, 
der zugleich emulsifizierendes Bindemittel ist, versetzt. Als Binde- 
mittel wurden gebraucht: Gelatine, Gummi arabicum, Rohrzucker und 
Traubenzucker. Zu je 149 ccm der so bereiteten Emulsion kommt 
dann noch I ccm einer 0,1°/ igen Lösung eines der Farbstoffe, die 
auf ihre (sensibilierende oder desensibilierende) Wirkung geprüft 
werden sollen. Zur Verwendung kamen: Methylenblau, Pinakryptol- 
grün, Phenosafranin, Auramin G. 

Nach der Art der Darstellung war das erzeugte Sol wahr- 
scheinlich ein negatives'), da das Bromion in der fertigen Emulsion 
wohl spurenweise im Überschuß sein mußte. 

Bei einigen Versuchen bediente ich mich doppelwandiger 
Flaschen. In den Zwischenraum, 3 mm dick, konnte eine Farbstoff- 
lösung (0,005 °/,ig), die als Strahlenfilter diente, eingefüllt werden. 

Durch Leerversuche wurde vorgängig geprüft: ı. daß Binde- 
mittel mit Farbstoff allein bei Belichtung während der in Betracht 
kommenden Zeiten nach kolorimetrischer Prüfung so gut wie keine 
Veränderung erleiden; 2. daß Bromsilberemulsion allein — ohne 
Bindemittel und ohne Farbstoff — in 15 Stunden Belichtung noch 
keine sichtbare Schwärzung erkennen läßt. 

Das binäre System: Bromsilber mit Farbstoff erleidet je nach 
Fall Schwärzung und Aufhellung der Farbstoffe oder auch nicht, 
was im einzelnen zu schildern sein wird. 

Im ternären System — dem Hauptversuch —: Bromsilber, 


1) Vgl. A. Lottermoser, Zeitschr. physik. Chem. 70. 239. 1910. 


(bh 


4 Sihvonen 


ne tn ee S R mn Sa m ne pe = de ee? eg 


Bindemittel, Farbstoff sieht man stets Schwärzung und Verbrauch 
des Farbstoffes. Mit Gummi arabicum bleibt die Emulsion gut er- 
halten, mit dem Zuckern, und schwerer mit Gelatine, tritt eine teil- 
weise Ausflockung ein, welcher Umstand auch das kolloidale Silber 
betrifft und für die Durchführung der kolorimetrischen Prüfung 
einen gewissen Unterschied macht. | 

Jeweils gleichzeitig und unter sonst gleichen Umständen wird 
neben dem ternären System das binäre: Bromsilber, Bindemittel 
belichtet und der Umsatz in beiden Fällen gemessen. 

Die Analyse vollzieht sich folgendermaßen: Nach der Belichtung 
wird das überschüssige Bromsilber durch Zusatz einer bestimmten, 
verhältnismäßig großen Menge von festem Natriumthiosulfat auf- 
gelöst, hierbei bleibt das Silber, wenigstens zum Teil, kolloid gelöst 
zurück. Hierauf wird kolorimetriert. Diese Messung ist allerdings 
mit Verlässigkeit nur dann ausführbar, wenn die vom kolloiden 
Silber herrührende Trübung im binären und im ternären System 
annähernd gleich sind. Nach dem kolorimetrischen Vergleich der 
beiden Systeme setzt man dem binären System eine passende be- 
kannte Farbstoffmenge zu und vergleicht diese Lösung im Kolori- 
meter mit der ternären, woraus man die in dieser verschwundene 
Farbstoffmenge berechnet. ?) 

Hierauf wird das kolloide Silber durch Ultrafiltration abgetrennt. 
Geeignete Ultrafiltra machte ich mir, indem ich in einen weiten 
Saugtrichter ein gewöhnliches feuchtes Papierfilter einlegte, dasselbe 
zweimal mit 3°/,igem Kollodium übergoß, ablaufen ließ, sogleich 
mit Wasser wusch und unmittelbar darauf die Lösung mit dem 
kolloiden Silber absaugte. Nach gründlichem Auswaschen mit 
Wasser wird das Filter samt Niederschlag getrocknet, hierauf vor- 
sichtig im Porzellantiegel verascht, das Silber mit Salpetersäure 
aufgenommen und mit n/20-Rhodanammoniumlösung aus einer 
Mikrobürette titriert. Die Fehlergrenze der Titration betrug 
0,5 Mikroäquivalente. Ich verstehe darunter op, (OT Grammäqui- 
valente. In dieser Einheit werde ich sämtliche Werte ausdrücken. 

Ich will nun zunächst die Versuche im binären System — 


Bromsilber, Farbstoff —, hierauf die im ternären System — Brom- 
silber, Farbstoff, Bindemittel — schildern. 


I) Anmerkung: Eine Kontrolle erhält man, wenn man nur den einen Teil 
des binären Systems mit dem Farbstoff versetzt und diese Lösung bei einer dritten 
Bestimmung mit dem ursprünglichen binären System vergleicht. Wenn die Färbung 
der ursprünglichen Farbstoffmenge mit ı, die des Restes mit x und die der Silber- 
trübung mit y bezeichnet wird, hat man drei verschieden kombinierte Bestimmungs- 
stücke zwischen den Werten (x + y):y:(y +1). 


Die Natur der Desensibilierung 5 


I. Binäres System 


Hier können sich die sensibilierende und desensibilierende 
Wirkung durchkreuzen. 

Es wurde folgendes festgestellt: 

a) Methylenblau mit Bromsilber — (e AgBr auf 150 ccm 
Emulsion — gibt nach 15 Stunden keinen erkennbaren Umsatz. 
Keine sichtbare Schwärzung und keine Ausbleichung. Eine Sensi- 
bilierung im Sinne von 

CO + Methylenblau —— Oxydation 
Methylenblau { SEE 


findet also sicher nicht statt, und eine Desensibilierung im Sinne von 


As Br [e + Methylenblau —-> Oxydation 
S © + Methylenblau —> Küpe 


auch nicht in erkennbarem Maße. Das letztere wohl deswegen 
nicht, weil die Küpe sofort anodisch depolarisiert und somit einen 
geschlossenen Reaktionszirkel schafft. 

b) Auramin mit Bromsilber (1 gr Ag Br auf 150 ccm). 

Der Farbstoff wird in 15 Stunden zu 90°/, entfärbt. Gleich- 
zeitig tritt ein schwarzer Niederschlag auf, der aus Silber besteht. 
Hier haben wir Sensibilierung nach dem Schema 


® + Auramin —> Oxydation 

O + Ag —> Ag 

Eine Reihe weiterer Beispiele dieses Typus und deren genauere 

Untersuchung enthält eine jüngst in dieser Zeitschrift erschienene 

Arbeit von K. Burgherr aus E. Baurs Laboratorium. Auramin 

it ein aus der photographischen Technik bekannter Sensibilator. 
c) Pinakryptolgrün, bzw. Phenosafranin, mit Bromsilber (1 g 

AgBr auf 150 ccm). Nach 7 Stunden wird Entfärbung sichtbar, 

die nach 15 Stunden etwa auf 30 °/, vorgeschritten ist. Hier haben 

wir Densibilierung nach dem Scherma: 


AgBr d & + Phenosafranin —— Oxydation 


© + Phenosafranin —> Küpe 
Allein es gibt noch eine Nebenreaktion. Es bilden sich nämlich 
geringe Mengen eines schwarzen Niederschlages, der ganz oder 
größtenteils aus Silberoxyd zu bestehen scheint. Wenn man nämlich 
die mit Thiosulfat versetzten Lösungen durch gewöhnliche Papier- 
filter filtriert und auswäscht, so löst sich der Rückstand (nicht ganz 
vollständig) in Ammoniak. Aus dieser Lösung fällt mit Salzsäure 
Chlorsilber. Nach Analogie zu den Befunden von E. Baur und 


Auramin l 


6 Sihvonen 


A. Perret?) ist wohl zu vermuten, daß sich anodisch zunächst Silber- 
peroxyd bildet, aus dem durch sekundäre Zersetzung Silberoxyd 
entsteht. Um deutlich zu machen, wie es gemeint ist, schreibe ich 
schematisch: 


Ag sl 


Diese halbquantitativen Erhebungen sollen den nun folgenden Haupt- 
versuchen nur zur Ergänzung und Gegenüberstellung dienen. 


® + OH’ —— Peroxyd (des Silbers) 
© + Phenosafranin —— Küpe 


2. Ternäres System 


Hier war in Parallelversuchen die Bromsilberreduktion mit und 
ohne Farbstoff zu messen und, wo angängig, die Farbstpfireduktion. 
Letztere sollte ein Äquivalent des Reduktionsausfalles am Bromsilber 
sein. Wie weit dies nachzuweisen gelungen ist, mag aus den 
folgenden Versuchen hervorgehen: 

a) Methylenblau: I. 150 ccm Lösung, enthaltend 0,5 g Ag Br, 


Z reinster Rohrzucker; II. 150 ccm Lösung, dasselbe enthaltend, 


plus ı ccm o,1°/, Methylenblau, C,H ,N,SCl = 3,1 Mikromole. 
L und II. werden gleichzeitig auf der Drehscheibe exponiert. Nach 
3 Stunden enthält I. 18,2 und II. 12,0 Mikroatome Silber. Der Aus- 
fall beträgt 6,2 Mikroatome. Dafür muß eine äquivalente Menge 
Methylenblau reduziert sein. Nach 3 Stunden ist das Methylenblau 
in II. annähernd völlig entfärbt. Vorhanden waren 3,1 Mikromole, 
welche zur Reduktion zur Leukoverbindung (der Küpe) gerade 
6,2 Mikroäquivalente Wasserstoff verbrauchen. Die Bilanz zwischen 
I. und Il. stimmt also genau. Daß sich tatsächlich der Leukokörper 
gebildet hat, war daran ersichtlich, daß in Berührung mit Luft die 
blaue Farbe allmählich zurückkehrt. 

Belichtet man I. und II. weiter, so zeigt sich, daß I. nicht mehr 
viel zunimmt, und daß II. sich dem Zustand von I. annähert. 
Nach 7 Stunden wurde gefunden: 

I. 18,7 Mikroatome Ag; II. 18,2 Mikroatome Ag. D.h. II. holt 
nach Ausbleichen des Desensibilators I. ein, indem sich ein stationärer 
Zustand ausbildet. Dieser stationäre Zustand ist derselbe, der auch 
in der Arbeit von Burgherr immer gefunden wurde, worauf ver- 
wiesen sei, und der dort als Depolarisation durch das Photolysen- 
produkt — eine ganz allgemeine Erscheinung der Photochemie — 
beschrieben wurde. Die Formel dafür ist: 

®@+Ag — Ag 
AgBr| + Ag — Ag 
1) Helv. chim, Acta 7. 910. 1924; A. Perret, Dissertation, Zürich 1925. 


Die Natur der Desensibilierung 7 


b) Pinkryptolgrün. I. 150 ccm Lösung, enthaltend ı g Ag Br, 
1 °/, Gummi arabicum, IL 150 ccm, dasselbe enthaltend, plus ı ccm 
0,1. °/, Pinakryptolgrün. In Vorversuchen mit Rohr- und Trauben- 
zucker zeigte sich, daß nach 3 Stunden der Farbstoff zu etwa 80 °/, 
verblichen war. Im Versuch mit Gummi arabicum kann man die 
Kolorimetrie nicht gut ausführen wegen der tieferen Schwärze des 
kolloid gelöst bleibenden Silbers. Es ergab sich 


I II 
nach ı Stunde . . 15,4 10,1 Mikroatome Ag 
nach 3 Stunden . . 38,4 25,4 Mikroatome Ag. 


Der Unterschied ist das Maß der Desensibilierung durch Pina- 
kryptolgrün. 

c) Phenosafranin. — Während die blauen und grünen Lösungen 
unter a) und b) das auf Bromsilber wirkende Licht nahe ungeschwächt 
durchlassen, so daß eine Ummantelung von I mit den entsprechenden 
Farbstofflösungen praktisch nichts ausmacht, liegen die Verhältnisse 
für die rote Lösung des Phenosafranins anders. Es muß deren Schirm- 
wirkung besonders festgestellt werden. Hierzu dienen die eingangs 
erwähnten Mantelgefäße. Es wird mit folgenden Lösungen gearbeitet: 


“L 150 ccm, enthaltend 0,5 g AgBr, Z Rohrzucker, II. 150 ccm, 


dasselbe enthaltend, plus 1 ccm ot 9. Phenosafranin, CH, NC, 
= 3,1 Mikromole. 
Nach 3 Stunden wurde erhalten: 


Ohne Mantel | Mit Martel 
Er re 26,0 Mikroatome Ag 18,7 Mikroatome Ag 
I ee 11,0 a4 e 12,0 R e 


Das Rotfilter des Mantels (3 mm Sichtdicke) enthielt eine 0,005 /,ige 
Lösung von Phenosafranin. 

Die Reduktion in II ist merklich gleich mit und ohne Mantel, 
d. h. die Schirmwirkung der nicht ummantelten, mit Farbstoff ver- 
setzten Lösung wird durch den Mantel nicht merkbar vermehrt. 
Die Größe der reinen Desensibilierung beträgt 18,7 — 12 = 6,7 Mikro- 
atome. Mit diesem Wert ist die verbrauchte Farbstoffmenge in 
Beziehung zu setzen. Das Phenosafranin wurde nun zu etwa 95 °/, 
verbraucht. Vorhanden waren 3,1 Mikromole. Also sind auf ı Mol 
Farbstoff 2,3 Äquivalente Wasserstoff aufgenommen worden, nur 
wenig mehr, als der Überführung in den Leukokörper entspricht. 

Ohne Mantel ist der Unterschied zwischen I und Il etwa doppelt 
so groß. Der einfacheren Handhabung halber sind weitere Versuche 


5 Sihvonen 


ohne Mantel ausgeführt worden. Ich habe Grund anzunehmen, 
daß die eben festgestellte Verdoppelung des reinen Desensibilierungs- 
effektes auch für diese weiteren Versuche in Geltung geblieben ist, 
so daß die Vergleichbarkeit der Messungen untereinander erhalten 
bleibt. 

Mit den gleichen Lösungen, wie oben, wurde zunächst der 
zeitliche Gang der Desensibilierung untersucht. Die folgende Tabelle 
enthält die Bestimmungen: 


f f Mikromole 
Stunden Mikroatome Ag Diff. von I und II Farbstoff cl 
x verbraucht 
r| = 
! ESA z 
I 13,4 6,2 7.2 1,7 4,3 
: e 14,0 2,9 48 
7 25,4 15,4 10,0 3,0 Pe 
20 24,4 16,8 8,6 3,0 — 


Das Umsatzverhältnis x /y gibt an, wieviel Wasserstoffäquivalente, 
brutto gerechnet, auf ı Mol ausgebleichten Farbstoffs kommen. Nach 
dem vorigen wäre diese Zahl, netto gerechnet, halb so groß. 
Außerdem sieht man, daß schon nach 3 Stunden die Desensibilierung 
infolge nahe völligen Verbrauches des Desensibilators (vorhanden 
3,1 Mikromole) ihr Ende findet. Zu derselben Zeit ist in I schon 
der stationäre Zustand erreicht. In II wird dieser schwer nachgeholt, 
offenbar weil die Leukoverbindung an dem stationären Zustand 
noch mitbeteiligt ist. 

Bei einer weiteren Serie von Bestimmungen habe ich den 
Rohrzucker ersetzt durch Gelatine. Die Lösungen enthielten auf 
150 ccm I. ı g Ag Br, 0,1 °/, Gelatine; II. dasselbe, plus 3,1 Mikro- 
mole Phenosafranin. Es zeigte sich folgender Gang der Umsetzung: 


Mikromole 
Farbstoff 
verbraucht 


Mikroatome Ag Diff. von Iund U 
| 


Stunden 


I5 
Das Bild ist ganz ähnlich, wie mit Rohrzucker. Am Ende, bei nahe 
völligem Verbrauch des Desensibilators, wird in I und II etwa 
derselbe stationäre Zustand erreicht. Das Umsatzverhältnis z/y ist, 
brutto gerechnet, wieder 4; netto gerechnet — siehe oben — käme 
wahrscheinlich 2 heraus, entsprechend der Reduktion des Pheno- 
safranins zum Leukokörper. 


e Fe eg 


Die Natur der Desensibilierung 9 


Als merkwürdige, nebenbei gemachte Beobachtung möge noch 
angeführt werden, daß eine Belichtung im System Bromsilber, 
Rohrzucker, Phenosafranin auch ohne Ausschluß der Luft ebenso 
verlief wie mit Ausschluß derselben. (Nach ı Stunde: 14,4 bzw. 
5,8 Mikroatome Ag und 54 °/, Ausbleichung.) Es muß irgendeine 
Hemmung der Rückoxydation der Küpe obgewaltet haben. 

d Auramin. — Des Gegensatzes halber sei den beschriebenen 
Desensibilierungen ein diesen genau vergleichbarer Sensibilierungs- 
versuch an die Seite gestellt. Die Lösungen enthalten: I. 150 ccm 


mit 0,5 g AgBr und = Rohrzucker; II, dasselbe, plus I ccm 


01°, Auramin = 3,3 Mikromole laut der Formel C ,H,N,Cl. 
Nach !/, Stunde Belichtung wurde gefunden: L 12,9; II. 23,0 Mikro- 
atome Ag. Ausbleichung des Auramins 90°/,. Dieses wird hier 
nicht reduziert, sondern oxydiert (anodisch verbraucht), Merkwürdig 
ist, daß das Auramin durch den anderen, im Überschuß gegen- 
wärtigen, anodischen Depolarisator — den Rohrzucker — nicht 
besser geschützt wird. Nach Burgherrs Erfahrungen (an Systemen 
mit Silbernitrat) pflegt Rohrzucker den Sensibilator gewöhnlich wirk- 
samer zu schützen. Was die Sensibilierung selber betrifft, so ist 
sie mit einer beiläufigen Verdoppelung des Effektes durchaus deut- 
lich. Wohlbemerkt, liegt der Ausschlag nach der entgegengesetzten 
Richtung als bei der Desensibilierung. 


Zusammenfassung 


Es werden Emulsionen von Bromsilber mit anodischen De- 
polarisatoren (organischen Reduktionsmitteln) bei Anwesenheit und 
Abwesenheit von Farbstoffen belichtet, die in der photographischen 
Praxis als Desensibilatoren gebraucht werden, und es wird gezeigt, 
durch welchen Prozeß die Desensibilierung zustande kommt. 


Diese Arbeit ist im Physikalisch-chemischen Laboratorium der 
Eidgen. Techn. Hochschule in Zürich auf Anregung von Herrn 
Prof. E. Baur ausgeführt worden, und ich will für sein stets freund- 
schaftliches Entgegenkommen, sowie für seine fördernde Anteil- 
nahme meinen tiefgefühlten Dank aussprechen. 


Zürich, Juli 1927. 


(Eingegangen am 2, August 1927) 


IO Lambert und Wightman 


Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese über das 
Silbersulfid als Bromacceptor bei der Entstehung des latenten Bildes 
Von 


R. H. Lambert und E. P. Wightman!) 
Mit einer Figur im Text 


(Mitteilung Nr. 312 des Forschungslaboratoriums der Eastman-Kodak Co. Veröffentlicht 
durch die technische Abteilung der Kodak G. m. b. H. Berlin) 


Einleitung 

Als empfindlichkeitssteigernde Substanz in der Gelatine hoch- 
gereifter Emulsionen wurden von Sheppard organische schwefel- 
haltige Verbindungen ausfindig gemacht, welche unter gewissen 
Bedingungen mit Silberhalogeniden unter Bildung von Silbersulfid 
reagieren (1,2). Solches Silbersulfid ist offenbar lokalisiert in kleinen 
Sprenkeln (Keimen) auf oder innerhalb der Oberfläche der Haloid- 
körner (3, 4). 

Die empfindlichkeitssteigernde Wirkung dieser Zentren ist der 
Gegenstand interessanter Spekulation geworden. Interessenten seien 
auf die Arbeiten von Sheppard und seinen Mitarbeitern über die 
Hypothese der Orientierung und der Kristallgitterstörung (I, 3, 5) 
hingewiesen und auf die früheren Arbeiten anderer, ehe die Natur 
der Keime bekannt war.?) 

Neuerdings wurde ein neuer Gedanke hinsichtlich der Rolle 
der Keime bei der Sensibilisierung von Hickman(6) vorgebracht. 
Er nahm an, daß Silbersulfid als Halogenacceptor wirkt und da- 
durch auch zum Vermittler für die Abscheidung einer größeren 
Menge metallischen Silbers wird, als normalerweise durch die ein- 
fache Lichtwirkung auf Silberhaloid gebildet werden würde. Mit 
anderen Worten: er schlägt eine chemische Theorie vor, welche 
die Orientierungs- und Störungstheorie entweder ergänzen oder so- 
gar ersetzen dürfte. 

Der Mechanismus nach der Hickmanschen Hypothese ist im 
wesentlichen der folgende: Wenn Licht auf Silberbromid einwirkt, 
so greift wahrscheinlich das in Freiheit gesetzte Brom zunächst im 
atomaren Zustand den Silbersulidkeim oder einen anderen Halogen- 


1) Die Arbeit wurde vorgelegt bei der Sitzung der American Chemical Society 
in Richmond im April 1927. 

2) Bezieht sich auf die oben erwähnten Arbeiten von Sheppard und Mit- 
arbeitern. 


Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese über das Sılbersulfid usw. 11 


acceptor an, bevor es in der Lage war, in den molekularen Zu- 
stand überzugehen, da es in dem Zwischenraum zwischen dem 
festen Silberhaloid und dem empfindlichen Keim in Freiheit gesetzt 
worden ist. Zwei alternative Reihen von Reaktionen wurden als 
mögliches Resultat dieses Angriffs in Vorschlag gebracht: 


Reihe ı Reihe 2 
2AgBr 2AgBr 
+ 2E A +2zE 
2Ag + 2Br 2Ag + 2Br 
+ 2Ag,S A +4AgS 
4Ag + S,Br, 2AgBr+S 
+ 8H,0 + 4H,0 
10H + 2H,SO, + 2HBr 6H + HSO, 
y+ 10AgBr d +6AgBr 
10 Ag + ıoHBr 6 Ag + 6HBr 
Sa = 16 Ag metall. Sa = 8 Ag metall. 


Reihe ı sieht er als die wahrscheinlichere an, da es unwahr- 
scheinlich ist, daß unter der Einwirkung des Lichtes Silberbromid 
zurückgebildet wird, selbst vermittelst der Sulfideinwirkung. 

Im Gegensatz zu dem Gedanken einer Schwefelbildung führt 
Renwick (7) in einer Kritik der Hickmanschen Arbeit aus, daß 
Schwefel tatsächlich als Desensibilisator wirkt. Wir werden nicht 
den Versuch machen, uns mit dieser Kritik zu befassen, sondern 
wollen hier etwas mehr als nur die Wahrscheinlichkeit der oben 
genannten Reihen von Reaktionen erwähnen. 

Hickman behauptet nicht, daß diese partikulären Ketten- 
reaktionen die einzig möglichen sind; er betrachtet die vorstehenden 
Formulierungen lediglich als symbolisch. Jedoch führt er experi- 
mentelle Beweise an, welche zeigen, daß das Sulfid als Acceptor 
wirken kann, und daß überdies eine größere Menge von Silber ge- 
bildet wird, als man aus der photochemischen Zersetzung des Silber- 
haloides an sich erwarten sollte. 

Er findet, daß ein photographischer Film oder ein Papier, 
welche er mit einem löslichen Sulfid behandelt und dann so lange 
dem Licht aussetzt, bis sich ein starker Bildeindruck bildet, eine 
größere Menge sichtbaren Photoproduktes ergeben als solche ohne 
Behandlung. Er zeigt ferner, daß dies nicht durch die Zersetzung 
des Sulfids durch Licht verursacht ist, sondern daß der in Sulfid 
verwandelte Anteil durch das Licht ausgebleicht wird. Dies ist, 
so schließt er, hervorgerufen durch die Wirkung des durch die 
photochemische Zersetzung des umgebenden Silberbromids in Frei- 
heit gesetzten Broms. 

Da eine Abnahme der freien Energie die Möglichkeit einer 
fortschreitenden Reaktion anzeigt, und da, in einigen Fällen wenigstens, 


12 Lambert und Wightman 


die Größe der Abnahme ein Maß für die Richtung der sich ab- 
spielenden Reaktion ist, haben wir die Änderung der freien Energie 
der oben genannten Reaktionen und auch einiger anderer an- 
genommener Vorgänge berechnet, um ausfindig zu machen, welche 
überhaupt möglich sind oder nicht, und wenn sie möglich sind, 
welche am wahrscheinlichsten vorkommen werden. 


Freie Energiedaten 


Die freien Bildungsenergien der in Betracht kommen- 
den Substanzen. Die meisten Daten über die Bildungsenergien, 
welche wir benutzt haben, sind entnommen aus der Thermodynamik 
von Lewis und Randall(8). Diese sowohl als auch einige andere 
zur Diskussion herangezogene sind in der Tabelle ı zusammen- 
gestellt. 


Tabelle ı 
Freie Bildungsenergien 

Substanz A Fapa in cal | Substanz | AF in cal 
Hy (Eyer waa aia o!) Sgrhomb. (f)... oi 
HB) u 2 e a 37730!) Su). ...... 93!) 
FON). — 56560!) Sl) ae 30240!) 
HBr AG): 24% e — 24595) (Sail. 18280!) 
HBrO (Aq)... — 19680!) S Br (M oare — 3040?) 
HJ Ee — 12361!) SJ ee 4316?) 
Br, LEE o!) H,S Léo, e — 6490!) 
Br, (ED): 4er 0 755) H,SO, (Ag). .... — 126330!) 
Br(g)....:s00% 18250!) H,SO, (Ag)... .. — 176500!) 
Br; (Ag) 2.34% #4 9771) AgBr (fl. ...... — 23730°) 
I I) 23:53 aa o AgJ (f) 2:0 — 15767°) 
Tee a a 15470!) AgS Mora — 6355$) 
Jead) eu... 3926!) N. len ge 76900°) 


Freie Energie der Bildung von S,Br, und SL, Sehr 
kleine Werte findet man zur Berechnung der freien Energie für 
Schwefelbromid und -jodid. Spring und Lacranier(o) stellten 
fest, daß im Gleichgewichtszustand und bei Zimmertemperatur in 
einem Gemisch der Verbindungen mit ihren Komponenten Schwefel- 
bromid zu 27°/, und Schwefeljodid zu g0°/, dissoziiert sind. 


In der Reaktion 
Sa + !/,aBr, = !/,aS,Br, (1) 


1) Lewis und Randall, siehe (8). 

*) Berechnet nach den Werten der Dissoziation von Spring und Lacranier, 
siehe (9). : 

3) T.J. Webb, siehe (11). 

t) Berechnet nach den von Noyes und Freed gegebenen Daten, siehe (13). 

D Berechnet nach der photochemischen Äquivalenzbeziehung, d.h. ein Mol- 
quantum der Lichtenergie, 


Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese über das Sılbersulfid usw. 13 


sind alle Substanzen flüssig. Lewis und Randall!) nehmen an, 
daß flüssiger Schwefel bei 25° gewöhnlich eine Gleichgewichts- 
mischung von S, und S, darstellt, welche sie als S, „ bezeichnen. 
Da nach ihrer Angabe nur 0,8%, S,, d.h. Sẹ, in der Mischung 
enthalten ist, können wir diesen vernachlässigen und a=8 an- 
nehmen. So erhalten wir für die Bildungskonstante der Reaktion (I) 
den Wert 198. 

Da AF=—- RTink (2) 
ist, wo E die Bildungskonstante bedeutet und R und 7 ihre übliche 
Bedeutung haben, so kann der Wert von AF leicht berechnet 
werden. Für S,Br, zu AF,,= — 3133 cal und für S,J, zu AF,,= 
5143 cal, wobei die Elemente im flüssigen Zustand angenommen sind. 

Die freie Energie des Überganges von Du. P in S(rhombisch) 1St 
von Lewis und Randall zu AF,,, = 93 cal angegeben. Hieraus 
ergibt sich die freie Energie von S,Br, aus flüssigem Brom und 
festem Schwefel bei 25°C zu — 3040 cal. 

Da die freie Energie des Überganges von flüssigem zu festem 
Jod nach Angabe derselben Autoren — 920 cal beträgt, so beläuft 
sich die freie Energie der Bildung von S,J, aus den festen Ele- 
menten auf 4316 cal. 

Ogier(1o) erhielt — 2000 cal und o cal bzw. für die Bildungs- 
wärme von Schwefelbromid und -jodid; man kann infolgedessen 
annehmen, daß die freie Energie der Bildung des Bromids, wie 
oben berechnet, keinen größeren Fehler enthält. Der Wert für das 
Jodid erscheint jedoch ziemlich hoch. Aber in Ermangelung irgend- 
welcher zuverlässiger Angaben wollen wir ihn übernehmen. 

Tatsächlich würde ein Fehler bei dem Wert für das Bromid 
von 50, ja sogar von 100°/,, wie wir unten sehen werden, die end- 
gültigen Resultate und Schlüsse, zu welchen wir gekommen sind, 
nicht ernstlich ändern. 

Freie Energie der Bildung von AgBr und AgJ. Die 
Werte der freien Energie für Silberbromid und -jodid sind von 
T.J. Webb(11) angegeben. Der Wert für das erstere wurde von 
ihm aus den Angaben von Lewis und Storch(12) und Lewis 
und Randall(8) berechnet. Derjenige des letzteren ist ein sehr 
zuverlässiger, zu welchem er durch Mittelnehmen aus fünf unab- 
hängigen, sehr nahe übereinstimmenden Werten gelangte. Beide 
Werte sind in der Tabelle ı angegeben. 

FreieEnergie der Bildung von Ag,S. Noyes und Freed(13) 


2) a.a. O., S. 525. 


14 Lambert und Wightman 


bestimmten die elektromotorische Kraft der Ketten Wasserstoff-Silber- 


sulfid und Wasserstoff-Silberjodid. Hieraus kann die freie Energie 
der Bildung von Silbersulid berechnet werden. Dies ergibt den 
Wert von — 6355 cal. 

Die Werte der Löslichkeit und der spezifischen Wärme, welche 
zugänglich sind, können ebenfalls zur Berechnung der freien Ener- 
gien verwendet werden, aber der so erhaltene Wert ist viel weniger 
zuverlässig als der oben angegebene. 

Freie Energie eines Molquantums Licht. Endlich wollen 
wir die Energie des Lichts betrachten, welche die photochemische 
Zersetzung des Silberhaloids bewirkt. 

Die Energie für ein Lichtquantum wird durch die Gleichung 
gegeben: Kö 

Se, (3) 
in welcher A die Plancksche Konstante ist, nämlich 6,547 x 10” ??erg 
sec; c ist die Lichtgeschwindigkeit mit 2,999 x (of cm/sec; und A 
ist die Wellenlänge des Lichts. Wählt man A = 370 un, eine Wellen- 
länge, bei welcher sowohl Silberbromid als auch -jodid unter ge- 
wöhnlichen Bedingungen höchst empfindlich sind, so wird ¿= 
5,307 x 107}? erg oder 1,268 x Io" 1° cal. 

Wenn wir, wie Hickman dies getan hat, annehmen, daß eine 
Molekel Silberhaloid (d. i. !/, einer Kristallmolekel nach Bragg) für 
den Zerfall ein Lichtquantum braucht, so ist AN die Energie, welche 
nötig ist, um ein Gramm-Mol zu zersetzen, und da N, die Avo- 
gadrosche Zahl, 6,062 x 10? beträgt, wird AN = 76903 càl, oder 
in runden Zahlen 76900 cal. 


Änderung der freien Energie bei den verschiedenen Reaktionen 


Die photochemische Zersetzung des Silberhaloids. Bei 
der Bestimmung der Änderung der freien Energie während der 
photochemischen Zersetzung des Silberbromids oder -jodids wurden 
zwei wesentliche Annahmen gemacht. Erstens, daß mindestens ein 
Paar von AgBr in dem Silberbromidgitter — und dasselbe gilt für 
das Jodid — für jedes absorbierte Lichtquantum zersetzt wird, wie 
dies von Eggert und Noddak(14) angenommen wurde, und 
zweitens, daß die photochemische Energie die freie Energie der 
Zersetzung, für den Fall der Anwesenheit einer lichtempfindlichen 
Substanz wie Bromsilber, ersetzen kann. 

Lassen wir diese Annahmen gelten, so erhalten wir dann 


AgBr(f) + N,s = Ag(f) + Br (g); AF =— 34920 cal (4) 
2AgBr (f) + 2 N.31 = 2Ag(f) + Br, (f); AF,, = — 106330 cal (5) 


Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese über das Silbersulfid usw. 15 


je nachdem, ob wir die Bildung gasförmiger Atome oder flüssiger 
Moleküle von Brom annehmen. 
Die entsprechenden Reaktionen für Silberjodid sind 


AgJ) + Now Agf) +J (g); Fs =— 45663 cal (6) 
2AgJ (f) + 2N,s10 = 2Ag (f) + Ja (f); AFzs =— 122266 cal (7) 


Hieraus geht hervor, daß Silberjodid empfindlicher gegenüber 
dem Licht sein sollte als Silbetbromid. Dies trifft bekanntlich zu, 
aber die relative Entwickelbarkeit in gewöhnlichen Entwicklern ver- 
läuft in entgegengesetzter Richtung. 

Wenn angenommen wird, daß Brom oder Jod nach ihrer Ab- 
spaltung unmittelbar in dem Wasser der Emulsion in Lösung gehen 
(das gewöhnlich in einer Menge von 5—ı0°/, des Gewichtes der 
trockenen Emulsion zugegen ist), bevor sie von einem Acceptor 
aufgenommen werden können, so nimmt die freie Energie der Reak- 
tion, gemäß der Gleichung (1, um — 52682 cal ab. Diese An- 
nahme erscheint jedoch ziemlich unwahrscheinlich, wenn ein Halogen- 
acceptor wie Silbersulfid in unmittelbarer Berührung mit dem Silber- 
haloidgitter zugegen ist. 

Die Ag,S-Bromacceptorreaktionen. Wir sind nun vor- 
bereitet zur Prüfung der Hickmanschen und anderer Reihen von 
Reaktionen oder Postulaten. 


Postulat 1, über S,Br, 


2AgBr(f) +2N, =2Ag(f)+2Br(g); AF,.»=—- 69840.cal (a) 
2Ag,S (f) + 2Br (g) = 4 Ag (f) + S,Br, (f); A Fs — 26830cal (b) 
SsBr, (f)+ 8 H,O (f) = 2 HBr (Aq) +2 H SO, (Aq)+ 10H (g); 4 F 9s = +430630 cal (c) 
10H(g)+10AgBr(f)= 10Ag(f) + 1oHBr (Aq); AF,s= — 385 950 cal (d) 


Durch Addition dieser vier Gleichungen und Division durch 2 
erhält man: 


6AgBr (f) + AgS (f) + 4 H,O (f) 
+ N, = HSO, (Aq) + 6HBr (Aq) + 8 Ag (f); AF =— 25995 cal (8) 


Postulat 2, über Siaomar) 
2 AgBr (f) + 2N, = 2Ag(f) + 2Br(g); AF = — 69840 cal (a) 
AgS (f) + 2Br(g) = 2 AgBr (f) + S (g); A Fs =— 47365 cal (b) 
S(g) + 4H,0O(f) = HSO, (Aq) + 6H (g); 4 Fos = + 245880 cal (c) 
6H (g) + 6 AgBr (f) = 6 Ag (f) + 6HBr (Aq); AF = - 231570 cal (d) 

6 AgBr (f) + AgS (f) + 4H,0 (f) + 2N, 

= H,SO, (Aq) + 6 HBr (Aq) + 8 Ag (f); AF ss = — 102895 cal (9) 
Vor allem sieht man, daß in den Postulaten ı und 2 von 
Hickman die Reaktion (c) in jedem Fall einen enormen Betrag 
von positiver freier Energie ergibt, welche sogar größer ist als die 


16 Lambert und Wightman 


Summe der negativen freien Energien der beiden ersten Reaktionen. 
Es erscheint daher unwahrscheinlich, daß die Entstehung des latenten 
Bildes sich nach einem solchen Vorgang abspielen sollte. Selbst 
wenn der atomare Wasserstoff in jedem Falle zuerst molekularen 
Wasserstoff bilden sollte, bevor er auf das Silberhaloid einwirkt, 
so würde die freie Energie doch stark positiv werden, nämlich 
+ 53330 cal für Postulat ı und + 19609 cal für Postulat 2. Wir 
diskutieren diesen Gegenstand unten noch ausführlicher. 
Hickman war so vorsichtig, zu erklären, daß er sich nicht auf 
diese zwei Reihen von Reaktionen beschränke, aber er erwähnt auch 
keinerlei andere mit genauer Bezeichnung, er äußert lediglich, daß 
die Oxydation nicht bis zur Schwefelsäure vordringen, sondern daß 
sie bei der schwefligen Säure Halt machen dürfte. Selbst das er- 
gibt keine negative freie Energie. Slater Price(I5) erwähnt in 
einer Kritik der Hickmanschen Hypothese die Tatsache, daß Brom 
mit Wasser unter Bildung von unterbromiger Säure reagiert. Auf 
Grund dieser Annahme kommen wir zu einem dritten Postulat. 


Postulat 3, über HBrO 
8AgBr(f)+8N,  =8 Ag (f) + 8 Br (g); AF,» = — 279 360cal (a) 
8Br(g) +4H,O(l) =4ĦHBr (Aq) + 4 HBrO (Aq); AFsos = — 96860cal (b) 
Ag S( +4 HBrO(Aq=2 AgBr(f)+2HBr(Aq)+ HSO, (Aq); AF = — 188075 cal (c) 
6 AgBr (f) + AgS (f) + 4 H,O (f) 
+ 8N, = H,SO, (Aq) + 6HBr (Aq) + 8Ag (f); AFz98=—564 295 cal (10) 
Da hier alle Zwischenreaktionen eine Abnahme der freien 
Energie zeigen, so erscheint der Vorgang als thermodynamisch 
möglich, Es muß jedoch bemerkt werden, daß Silber nur aus- 
schließlich durch die photochemische Zersetzung entsteht, was natür- 
lich von Bedeutung ist im Hinblick auf eine reichliche Nachlieferung 
von Brom für den Fortgang der Reaktion. Mit anderen Worten, 
nur lange Expositionen dürften zu diesem Resultat führen. In diesem 
Falle dient also die in der Platte enthaltene Feuchtigkeit als Brom- 
absorbens und das Silbersulfid wirkt nur indirekt. Es gibt natürlich 
noch andere Modifikationen dieses Vorganges. So ist es beispiels- 
weise unwahrscheinlich, daß soviel Brom auf einmal gebildet wird 
und im atomaren Zustande verbleibt, bevor es zur Reaktion ge- 
langt. Dies würde bedingen, daß die Reaktion (b) eine positive 
freie Energie besitzt, so kommt man zu 


Postulat 3a, über HBrO und flüssiges Brom 


8AgBr(f) + 8N, = 8Ag(f) + 4Br, (f); A Fs = — 425360 cal (a) 
4 Br; (f) + 4H,0 (f) = 4HBr (Aq) + 4HBrO (Aq); AF =+ 49140cal (b) 


Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese über das Sılbersulfhid usw. 17 


Da die Reaktionen (b) der Postulate 1ı und 2 beide möglich 
sind, wollen wir versuchen, einen anderen Weg zu finden, auf welchem 
das Schwefelbromid oder der Schwefel mit Wasser oder Silber- 
bromid reagieren können, welche Reaktionen hierfür die wahrschein- 
lichsten wären. 

Wir haben keine Angaben in der Literatur gefunden, um zu 
entscheiden, wie Schwefelbromid mit Wasser reagiert, obwohl wir 
wissen, daß es dies tut. Das folgende Postulat 4 ergibt sich von selbst. 


Postulat 4, über S,Br, und H,S 


2AgBr (f) + SN =2Ag(f) + 2Bri(g); A F9s= — 69840cal (a) 
2 AgS (f) + 2Br (g) = 4 Ag (f) + S,Br, (f); AF = — 26830cal (b) 
S,Br, (f) + 3 H,O (fl) = H S (Aq) + HSO, (Aq) +2 HBr(Aq); AF,s= — 9290cal (c) 
H,S (Aql+ 2 AgBr (f)= Ag,S (f) + 2 HBr (Aq); AFg=— 1595cal (d) 


4 AgBr (f) + Ag,S(f) + 3 H,O (fi) 
+ 3N, = H,SO, (Aq) + 4HBr (Aq) + 6 Ag (f); A Fr = — 107 555 cal (11) 


und in ähnlicher Weise, wenn zuerst Schwefel gebildet wird: 


Postulat 5, über S und S,Br, 


6AgBr (f) +6N, =6Ag(f) + 3Br, (f); A Fw = — 319020 cal (a) 
2Ag,S (f) + 2 Br, (f) = 4AgBr (f) + S, (g); A F= — 63930cal (b) 
S, (2) + Br, (fi) = S Br, (f); AF =— 21320cal (c) 
SBr,(fl) + 3 H:O (f) = H S(Aq)+H,SO,(Aq)+2HBr(Aq); A F= — 9290cal (d) 
H,S(Aq)+ 2 AgBr(f) = AgS (N) + 2 HBr (Aq); A F= — I595cal (e) 


4AgBr (f) + AgS (f) + 3 H,O (f) 
+ 6N, = HSO, (Aq) +4HBr (Aq) GAS (A; AFya= 415155 cal. (12) 


In einer Atmosphäre von Sauerstoff wird die gebildete schweflige - 
Säure wahrscheinlich bald zu Schwefelsäure oxydiert sein, nämlich: 


2H,SO, (Aq) + O, (g) = 2H,SO, (Ag); SAFa = — 100340cal (f) 
Hickman ist der Meinung, daß selbst bei einer Kettenreaktion 
wie in Postulat 4 oder 5 HS nicht gebildet werden kann (wenn auch 
nur momentan in Gegenwart von schwefliger Säure), sondern daß 


freier Schwefel gebildet wird. Wenn dies zutrifft, dann sollten wir 
eine der folgenden Gleichungen haben. 


25,Br, (fl) + 3H,O (fl) = 35 (g) + 4HBr (Aq) + H,SO, (Ag); 
AF =+41777cal (c) 
2S,Br, (f) + 3H,O (f) = Di S, chomb.) (f) + 4HBr(Ag) + H,SO, (Aq); 
AF, = — 48950cal ei 
Reaktion (c^) ergibt eine positive freie Energie und ist daher un- 
wahrscheinlich, und (c”) scheint unwahrscheinlich, außer für den Fall, 


Zeitschr. f. wiss. Phot. 25 2 


18 Lambert und Wightman 


daß genügend S,Br, gebildet wird, um eine vollständige, und nicht 
den Bruchteil einer Schwefelmolekel zu ergeben. 


Die Wirkung atomaren Schwefels auf Wasser haben wir schon 
in Betracht gezogen. Es gibt auch noch andere Möglichkeiten, die 
wir aber hier nicht anführen wollen. 


Man beachte, daß im Fall des Postulates 4, vier Atome 
Silber aus zwei Molekülen Silbersulfid entstehen, dagegen keine 
aus Silberbromid, mit Ausnahme derer, welche von der Licht- 
wirkung herrühren, wobei etwas Silbersulfid regeneriert wird. 
Alle Zwischenreaktionen zeigen eine Abnahme der freien Energie. 


In Postulat 5, welches eine Variation von 2 darstellt, haben 
wir dagegen eine Abnahme der freien Energie für den ganzen Ver- 
lauf, aber Silber wird nur durch die Lichtwirkung gebildet. 


Wir waren bisher nicht imstande, irgendwelche Reihen von 
Zwischenreaktionen ausfindig zu machen, welche Silber neben dem 
von der photochemischen Zersetzung selbst herrührenden entstehen 
ließen; eine Ausnahme macht Postulat 4, eine andere soll weiter unten 
erwähnt werden. Die Tatsache, daß alle Zwischenreaktionen in den 
Postulaten 3, 4 und 5 eine recht beträchtliche negative freie Energie 
aufweisen, zeigt, daß sie thermodynamisch zulässig sind, und daß 
infolgedessen diese Postulate plausibler als die Postulate ı und 2 sind. 


Wenn molekularer Wasserstoff bei der Reaktion (c) des Postu- 
lates 2 momentan gebildet wird, und wenn schweflige Säure an 
Stelle der Schwefelsäure entsteht, müßte sicher die durch die photo- 
chemische Zersetzung von Bromsilber und die durch die Bildung 
von S,Br, oder von Schwefel hinzugefügte Energie in jedem Fall 
größer sein als die der Reaktion (c) (die Oxydation des S,Br, oder S. 
Außerdem müßte die Summe der freien Energien der zwei ersten 
Reaktionen ausreichend sein, um das Eintreten der Reaktion (c) zu 
erzwingen, insbesondere dann, wenn der so gebildete Wasserstoff 
momentan gemäß der Reaktion (d) fortgeschafft wird (die Reduktion 
von Silberbromid). 


Postulat 6, über S,Br, und HSC, 


2 AgBr (f) + 2N, =2zAgif) + 2Br (g); A Fps = —69 840 cal (a) 
2 AgS (f) + 2Brig) =4Ag (f) + S,Br, (fl); A Fp, = — 26830 cal (b) 
S,Br, (f) + 6 H,O 701 = 2 HBr(Aq) +2 H SO, (Aq) +3 H,(g); SFs = +41550cal ic) 
3Ha ig) + 6AgBr (f) = 6 Ag (f) + 6 HBr (Aq); AF =— 5Sıgocal (d) 


8 AgBr (f) + 2 Ag,S (f) + 6H,0 (f) + 2N, 
= H SO, (Aq) + 6HBr (Aq) + 12Ag (f); AF — 60310 cal (13) 


Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese über das Sılbersulfid usw. 19 


Postulat 7, über S(aomar) und H,SO, 


2AgBr (f) + 2N, =2Ag(f) + 2Br(g); AF,s=—- 69840cal (a) 
AgS(f) + 2Br(g) = 2AgBr(f) +S(g); AF =— 47365 cal (b) 
S()+3H,0fl) =H,SO, (Aq) + 2H, (g); AF s= + 13110cal (c) 
2H, (g) + 4AgBr (f) = 4Ag (f) + 4 HBr (Aq); AF s= — 3460cal (d) 


6 AgBr (f) + AgS (f) + 3HO (f) + 2X, 
= H,SO, (Aq) + 4HBr (Aq) + 6 Ag (f); AF9 — 107 555 cal (14) 


Es gibt noch einen von Hickman vorgeschlagenen Weg, bei 
welchem Silber aus Bromsilber außerhalb der photochemischen Zer- 
setzung gebildet werden kann. Dies geschieht mit Hilfe der Oxy- 
dation von Schwefliger- zu Schwefelsäure. 


Reduktion von AgBr durch H,80,(Aq) 


H,SO, (Aq) + H,O (f) = H SO, (Aq) + H, (g); AF ss = + 6390 cal (a) 
Hg) + 2 AgBr (f) = 2 Ag (f+ 2 HBr (Aq); AF, = — 1730 cal (b) 


Wenn die schweflige Säure im molekularen Zustand Aus- 
sicht hat, in den ionisierten Zustand überzugeben, bekommen wir 
an Stelle von (a) 
2H* + 280,77 + H,O(f) = 

2H* + 250,7"+2H(g); AF, = — 3260 cal (a’) 


Die positive freie Energie von (a) ist nicht groß und dürfte leicht 
durch die bei den vorausgehenden Zwischenreaktionen freigemachte 
Energie überkompensiert werden. 

Wir können diesen Effekt, welcher auch auf die Bildung von H 
in den Postulaten 6 und 7 zutrifft, mit dem des fallenden Wassers 
vergleichen. Im Falle A (Figur ı) fällt das Wasser immer von 
einer Stufe zur nächsten. Im Falle B fällt es zunächst zwei Stufen, 
aber es kommt wahrscheinlich nicht über die dritte Stufe hinweg, 
bevor der Druckverlust wieder aufgefüllt ist, da es eine zu große 
Steigung zu überwinden hat; im Falle C dagegen hält die Steigung 
bei der dritten Stufe das Wasser nur nieder und vermindert seine 
Kraft, hindert es aber nicht daran, den Rest seines Weges herab- 
zufallen. Wenn der Buckel im Falle B höher ist als das Ausgangs- 
niveau, kann überhaupt kein Wasser herabfallen, und in gleicher 
Weise können die Reihen von Reaktionen sich nicht abspielen. 

Es muß erwähnt werden, daß bei der Entstehung des latenten 
Bildes die reagierenden Substanzmengen meist von der Größen- 
ordnung weniger Moleküle sind; es wäre also möglich, daß die 
thermodynamischen Beziehungen, welche auf der Basis des Gramm- 
moleküls aufgestellt sind, wo also Millionen von Molekülen beteiligt 

2* 


20 Lambert und Wightman 


sind, sich von den obigen einigermassen unterscheiden. Jede Be- 
hauptung betreffs der Möglichkeit oder Unmöglichkeit eines Re- 
aktionsverlaufes muß daher mit der größten Vorsicht aufgestellt 
werden. 

Es soll noch erwähnt werden, daß Hickman fand, dab das 
in einer photographischen Emulsion vorgebildete Silbersulfid durch 
die Lichtwirkung ausgebleicht wird, und daß eine größere Menge 
Silber entsteht als in einer Probe der Emulsion, welche kein Sulfid 
enthält. Dies kann man sich leicht mit Hilfe eines solchen Vor- 
ganges wie in Postulat 4 erklären, bei welchem Schwefelbromid 


aus Silbersulfid entsteht und dies fortgeschafft wird mit Hilfe von 


Reaktionen, welche alle eine Abnahme der freien Energie aufweisen. 


B C 


Fig. ı 


Wir wollen noch eine andere Annahme in Vorschlag bringen, 
welche auf den ersten Blick zulässig erscheint, denn sie ist offenbar 
thermodynamisch möglich. Sie lautet, daß Licht auf Silbersulfhid 
genau so einwirkt, wie auf Silberbromid; Sheppard hat bereits 
dargelegt, daß Ag,S eine kleinere Elektronenaffinität hat als AgBr. 
In diesem Falle bekommen wir etwa die folgenden Gleichungen: 


2Ag,S(f)+2N,=4Aglff)+2S(Q); SFs = — 80620 cal (a) 
2 Ag Br(f) + 2 S (g) = 2 Ag (f) + S,Br, (fl); Aar — 16060 cal (b) 


und das S,Br, verhält sich wie in einem der vorstehenden Postulate. 
Hier werden in beiden Fällen beträchtliche Mengen an Ag,S und 
AgBr zersetzt, und es entsteht Silber in noch größerem Umfange 
als wenn AgBr die lichtempfindliche Substanz ist. 


e -— ënn st 


Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese über das Silbersulfid usw. 2I 


Hiergegen läßt sich einwenden, daß die spektrale Verteilung 
der Lichtenergie bei der Entstehung des latenten Bildes offenbar 
genau diejenige ist, welche durch eine von Silberbromid bewirkte 
Absorption hervorgerufen wird. Die spektrale Verteilung im Blau- 
violett bleibt dieselbe für sensibilisierte wie für desensibilisierte 
Platten, und Toy und Edgerton(16) fanden, daß die Zahl der pro 
Korn gebildeten Zentren proportional zur Lichtabsorption von 
Silberbromid bei dieser Wellenlänge ist. Die einzige Möglichkeit 
diesem Einwand zu begegnen, wäre die Annahme, daß das Silber- 
bromid sich wie ein optischer Sensibilisator(1) gegenüber dem 
Silbersulfid verhält, während gleichzeitig das letztere als chemischer 
Sensibilisator gegenüber dem Silberbromid auftritt. 


Zusammenfassung und Ergebnisse 

Auf Grund der Werte, welche wir gegeben haben, erscheint 
die Hickmansche Hypothese, daß das Silbersulfid als Halogen- 
acceptor bei der Entstehung des latenten photographischen Bildes 
auftreten kann, als thermodynamisch wohlbegründet. Die zwei ge- 
nannten Reaktionen, welche er versuchsweise für den Mechanismus 
vorschlägt, mit dessen Hilfe man zum latenten Bild gelangt, ent- 
halten, während ihre Summierung eine Abnahme der freien Energie 
zeigt, in jedem Falle eine Reaktion mit einer positiven freien Energie, 
welche höher ist als die Summe der freien Energien der voraus- 
gehenden Reaktionen. 

Dies läßt Zweifel aufkommen bezüglich der hier in Frage 
stehenden partikulären Zwischenreaktionen, kann aber die Gültigkeit 
der Hypothese als ganzer nicht abschwächen, mit anderen Worten, 
auf welchem Wege wir auch immer zum Endresultat gelangen, 
dieses Endresultat erscheint thermodynamiseh zulässig. Im Anschluß 
an die Absorption des Broms durch das Silbersulfid gibt es zahl- 
reiche Reihen von Reaktionen, welche zu einer endgültigen Gleich- 
gewichtsbedingung führen können. Eine der fundamentalsten An- 
nahmen Hickmans ist die, daß mehr Silber gebildet wird, als sich 
aus der photochemischen Zersetzung allein erklären ließe. Die 
meisten untersuchten Reaktionen geben keinen Anlaß zu einer größeren 
Silbermenge, als sie durch die photochemische Zersetzung hervor- 
gebracht wird oder aus dem Sulfid durch Absorption von Brom 
entsteht. Hickman hat uns jedoch die Reduktion des Silberbromids 
mit Hilfe der schwefligen Säure vorgeschlagen. Dies scheint thermo- 
dynamisch möglich, wenn der Energieüberschuß der vorausgehenden 
Reaktionen in Rechnung gesetzt wird. 


22 Lambert u. Wightman. Thermodynamische Möglichkeiten einer Hypothese usw. 


Schließlich wurde der Vorschlag gemacht, daß das Silbersulfid 
selbst in Gegenwart von Silberbromid photochemisch zersetzt wird, 
wobei das Silberbromid in diesem Falle wahrscheinlich als optischer 
Sensibilisator für das Sulfid dient, wie Sheppard vorher schon 
angenommen hatte, und als Schwefelacceptor Schwefelbromid und 
Silber entstehen läßt. In diesem Falle dürfte sehr viel mehr Silber 
entstehen als auf andere Weise. Die freien Energien der Bildung von 
Silbersulid und Schwefelbromid wurden berechnet, für ersteres mit 
Hilfe der elektrochemischen Werte von Noyes und Freed, für 
letzteres aus der Arbeit von Spring und Lacranier über die 
Dissoziation von Schwefelbromid. Die diesbezüglichen Werte sind 
— 6355 und — 3040 cal. 


Rochester, New York, 17. März 1927. 


Literatur 


ı) S.E.Sheppard, Colloid Symp. Monog. 8. 76. 1925. 

2) S. E. Sheppard, Phot. J. 65. 380. 1925; ibid. 66. 505. 1926. 

3) S. E. Sheppard und H. Hudson (wird in Kürze veröffentlicht). 

4) S.E.Sheppard, A.P.H.Trivelli u. E.P. Wightman, (in Druck) io 
dieser Arbeit ist Bezug genommen auf vorhergehende, einschließlich derjenigen von 
Svedberg, Toy u. a. welche von der Existenz der Empfindlichkeitskeime handeln. 

5) S. E. Sheppard, A. P. H. Trivelli und R. Loveland, J. Franklin Inst. 
200. 51. 1925. 

6) K. C. D. Hickman, Phot. J. 67. 34. 1927. 

7) F.F. Renwick, Phot. J. 67. 41. 1927. 

8) G. N. Lewis und Merle Randall, Thermodynamics and Free Energie o 
Chemical Substances, Mc Graw. Hill, 1923. 

9) W. Spring und A. Lacranier, Bull, soc. chim. 45. 867. 1886. 

10) Ogier, Compt. rend. 92. 923. 1881. 

11) T.J. Webb, J. Phys. Chem. 29. 816. 1925. 

12) G. N. Lewis und H. Storch, J. Am. Chem. Soc. 39. 2544. 1917. 

13) A. A. Noyes und E. S. Freed, ibid. 42. 476. 1920. 

14) J. Eggert und W. Noddack, Sitzb. d. Preuss. Akad. d. Wiss. 39. 631. 
1921; 41. 116. 1923; W. Nernst und W. Noddack, ibid. 41. r10. 1923. 

15) T. Slater Price, Phot. J. 67. 40. 1927. 

16) F.C. Toy und J. A. Edgerton, Phil. Mag. 48. 947. 1924. 


Lüppo-Cramer. Verstärkung des latenten Bildes 23 


Verstärkung des latenten Bildes 
Von 
Lüppo-Cramer 


Unter diesem Titel veröffentlichten unlängst E. P. Wightman 
und R. F. Quirk (1) eine sehr eingehende und interessante Unter- 
suchung über die Wirkung des Wasserstoffsuperoxyds auf das 
latente Bild, wobei sie fanden, daß das latente Bild durch das 
Peroxyd verstärkt wird. Sie illustrieren ihre Versuche durch eine 
große Anzahl von Schwärzungskurven und haben die Versuchs- 
bedingungen auch an zahlreichen verschiedenen Plattensorten stu- 
diert, so daß das Thema weitgehend erschöpft wird. 


Ich möchte aber doch darauf aufmerksam machen, daß ich 
unter dem Titel „Wasserstoffsuperoxyd und Lichtwirkung“ bereits 
im Jahre 1915 (2) analoge Versuche angestellt habe und dabei auch 
schon zu ähnlichen Resultaten kam wie Wightman und Quirk. 
Das soll keinen Vorwurf gegen die amerikanischen Autoren be- 
deuten, sondern vor allem nur ihre Versuche bestätigen. Ich 
schrieb a. a. O.: 

„Nach den Untersuchungen des Verfassers (3) ist die Ver- 
schleierung durch H,O, wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß 
infolge einer Anätzung der in der Schicht vorhandenen, bei der 
Reifung reduzierten Silberteilchen intermediär eine Lösung von 
Silber gebildet und bei der darauffolgenden Reduktion infolge 
feinerer Verteilung des Keimmaterials eine erhöhte Auslösungs- 
wirkung erzielt wird. Da nun auch bei der Belichtung neben dem 
vom Bromsilber adsorbierten Silber stets auch mehr oder weniger 
„freies“ Silber gebildet wird (4), so lag es nahe, Versuche darüber 
anzustellen, ob das Peroxyd auch auf das durch Belichtung ent- 
standene Silber einen analogen Einfluß ausüben würde wie auf den 
Schleier, wodurch dann voraussichtlich eine Beschleunigung der 
Entwicklung stattfinden würde. | 

Es wurden für diese Versuche wenig gereifte Bromsilber-Dia- 
positivplatten ausgewählt, weil die Wirkung des H,O, auf die un- 
belichtete hochempfindliche Platte gleich so stark ist, daß der 
Schleier hier alles verdeckt. Die Platten wurden paarweise gleich- 


24 Lüppo-Cramer. Verstärkung des latenten Bildes 


zeitig unter Jonesskalen belichtet und dann von je einem Paar die 
eine Platte über Petrischalen mit 3°/,ig. H,O, gelegt. Nach durch, 
schnittlich 10 Minuten wurde die Platte gewaschen und neben der 
ebenso lange in Wasser gequollenen Kontrollplatte in Metolsoda 
entwickelt. Es zeigte sich dann, daß infolge der Behandlung mit 
Wasserstofisuperoxyd ein bis zwei Zahlenfelder mehr entwickelt 
wurden und daß auch die Deckung in den schwächer belichteten 
Skalenteilen größer geworden war. Auch auf die unbelichteten 
Plattenteile hat das Peroxyd bei diesen Schichten deutlich gewirkt, 
d. h. einen schwachen, aber deutlich erkennbaren Schleier erzeugt. 
Dagegen ist eine Wirkung auf die Zahlenfelder mittlerer und stärk- 
ster Belichtung gar nicht zu erkennen. 

Immerhin ist also die positive, d. h. die entwicklungsbeschleu- 
nigende Wirkung des H,O, auf das durch Belichtung entstehende 
Silber nicht schr groß und selbst diese geringe Wirkung ist mög- 
licherweise noch indirekt auf eine Veränderung der schon von der 
Reifung her auch in diesen wenig empfindlichen Schichten vor- 
handenen Schleierkeime zurückzuführen. 

Andererseits wird auch bei der Versuchsanordnung mit dampf- 
formigem H,O, das latente Lichtbild bei längerer Einwirkungs- 
dauer weitgehend abgeschwächt, so zwar, daß nach drei Stunden 
statt starker Schwärzungen nur noch ganz dünne Bildreste sich 
entwickelten.“ 

Im wesentlichen stimmen diese alten Versuche von mir mit 
den neuen von Wightman und Quirk überein, wenn auch die 
genannten Forscher die Reaktion mannigfach modifiziert und wesent- 
lich genauer untersucht haben. 

Von den neuen Mitteilungen von Wightman und Quirk ist 
noch von besonderem Interesse, daß sie auch eine Verstärkung des 
latenten Bildes durch Silbernitrat fanden und daß sie hervor- 
heben, daß der Effekt beider Substanzen, des H,O, wie des Silber- 
nitrates, der Größenordnung nach ungefähr derjenigen entspreche, 
wie man sie bei einer kurzen Vor- oder Nachbelichtung erziele. 
Die große Übereinstimmung aber, die die amerikanischen Forscher 
in der Wirkung zwischen H,O, und Silbernitrat finden, steht ganz 
im Einklange mit meiner Auffassung, daß die Verschleierung durch 
Peroxyd wie die durch Silbernitrat (und auch durch Säuren) im 
Wesen dieselbe ist und auf der intermediären Bildung sehr hoch- 
dispers verteilter Silberkeime beruht. 

Erwähnenswert ist noch, daß Wightman und Quirk bei 
ihren Versuchen auch mehrfach eine Verstärkung des latenten Bildes 


Lüppo-Cramer. Photochemische Keimzerstörung 25 


durch bloßes Wasser beobachteten, was sie als „Wassereflfekt“ be- 
zeichnen. Ein solcher Effekt, den ich auch als Wassereffekt be- 
zeichnete, wurde von mir vor einigen Jahren besonders ausgeprägt 
bei Jodsilbergelatine gefunden (5), aber auch neuerdings bei meinen 
Untersuchungen über den Schwarzschildeffekt an gewöhnlichen 
Trockenplatten mehrfach beobachtet (6). 


Literatur 


ı) Wightman und Quirk, Journ. Franklin Institut. Febr. 1927, S. 261— 287. 

2) Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1915, S. 135. 

3) Lüppo-Cramer, Phot. Industrie 1914, S. 234 und die dort angeführte 
Literatur. 

4) Lüppo-Cramer, Das latente Bild. Halle ıgıı, S. 23—29. 

5) Lüppo-Cramer, Grundlagen der photographischen Negativerfahren (Eders 
Handbuch Bd. II. 1) Halle 1927. S. 583. 

6) Phot. Industrie 1927, Nr. 14 und 15. 


(Eingegangen am I1. September 1927) 


Photochemische Keimzerstörung 
Von 
Lüppo-Cramer 


Mit 2 Figuren im Text 


Meine Erklärung der Desensibilisierung des Bromsilbers durch 
Farbstoffe als photochemischer Oxydationsprozeß hatte sich anfäng- 
lich hauptsächlich darauf gestützt, daß das Phenosafranin in Ge- 
meinschaft mit Bromionen das latente Bild im Lichte wieder aus- 
bleicht. Als ich aber später fand, daß auch bestimmte sensibili- 
sierende Farbstoffe, wie Äthylcyanin und Isochinolinrot, in Gegenwart 
von Bromionen eine ganz analoge Ausbleichung vollführen (1), konnte 
jene Keaktion natürlich nicht mehr zugunsten der Oxydationshypo- 
these ggedeutet werden. Es stellte sich vielmehr heraus, daß bei 
dieser Ghotochemischen Ausbleichung die Wirkung der Farbstoffe 


26 Lüppo-Cramer 


auf einer Keimisolierung durch diese beruht, einer Reaktion, die 
darin besteht, daß die betreffenden Farbstoffe durch Austausch- 
adsorption das Silber aus dem Adsorptionsbereiche des schützenden 
Bromsilbers verdrängen und so dem chemischen Angriffe von Brom- 
und Wasserstoffionen zugänglich machen. Die kolloidchemische 
Folge dieser Adsorptionsverdrängung überwiegt in diesen Fällen die 
rein chemische Wirkung der Farbstoffe so sehr, daß die Natur der 
Desensibilisierungsfarbstoffe ganz in den Hintergrund tritt. 

Neuere Versuche führten indessen zur Erkenntnis, daß beim 
Phenosafranin und andern älteren Desensibilisatoren eine photo- 
chemische Ausbleichung auch bei Abwesenheit von Bromionen stets 
dann erfolgt, wenn die Lichtintensität nicht zu hoch ist, so 


0 RER legt 
Fig. ı 


daß dem chemischen Angriffe eines oxydierenden Farbstoffes ge- 
nügend Zeit zur Verfügung steht. (2) Die Unkenntnis der Bedeu- 
tung des Zeiteffektes bei dieser Reaktion war nun auch die Ur- 
sache, daß ich ursprünglich ganz richtig angestellte Versuche, bei 
denen die photochemische Ausbleichung durch Phenosafranin auch 
bei Abwesenheit von Bromionen eingetreten war (3), später nicht 
mehr genügend würdigte, weil ich sie nicht unter allen Bedingungen 
einwandfrei wieder erhalten hatte. In der erwähnten Arbeit wurde 
nun die Bedeutung des Zeitfaktors für jene Ausbleichungsreaktion 
mit Phenosafranin und einigen andern Desensibilisatoren beschrieben 
und ich fügte auch Abbildungen bei, aus denen man ersieht, dab 
außer der photochemischen Ausbleichung durch Safranin, zumal 
bei reichlicher Lichtintensität, in den Skalenteilen stärkerer Be- 
lichtung wieder ein „normales“ Bild, d. h. eine erneute Schwärzung 


Photochemische Keimzerstörung 27 


eintritt. Diese „zweite Umkehrung“, wie man den Effekt nach 
Analogie der zweiten Umkehrung der Solarisation nennen könnte, 
tritt nun gerade bei der Anwendung des Phenosafranins sehr leicht 
ein, während ich sie bei Pinakryptolgrün und Pinakryptolgelb nie 
beobachtet habe. 

Fig. I zeigt eine Reihe von densographischen Kurven, die das 
Phänomen besonders deutlich veranschaulichen. Selbst hergestellte 
ungereifte Bromsilberdiapositivplatten wurden passend diffus vorbe- 
lichte, dann in Phenosafraninlösung 1:10000 2 Minuten lang ge- 
badet, je eine dieser Platten in Wasser (Kurve ı), eine in 0,02 
(Kurve 2), eine in 0,1 (Kurve 3) und eine in ı°/,iger KBr-Lösung 
2 Minuten lang nachgebadet und dann getrocknet. Die Platten 


ER 


wurden alsdann unter Graukeilen mit einer ızokerzigen Lampe in 
`m Entfernung 5 Minuten lang belichtet und alle nebeneinander 
in Metolhydrochinon entwickelt. 

Das Diagramm zeigt, daß die Ausbleichkurven sich bei ge- 
nügender Belichtung alle wieder beträchtlich erheben und daß bei 
Abwesenheit des Bromsalzes (Kurve I) die Schwärzung sogar er- 
heblich über die ursprüngliche wieder hinausgeht, ein Effekt, der 
sich bei der Herstellung von Duplikatnegativen als nicht mehr 
umgekehrtes Bild bemerkbar macht, sobald man unter ähnlichen 
Intensitätsverhältnissen der Belichtung in dieses Gebiet gelangt. 
Aber auch bei Anwesenheit von Bromionen zeigt sich überall die 
„zweite Umkehrung“: sehr ausgeprägt, wenn auch die größten 
Schwärzungen immer noch als beträchtliche Ausbleichungen gegen- 
über der durch die diffuse Vorbelichtung allein erzielten zurück- 


28 Lüppo-Cramer. Photochemische Keimzerstörung 


bleiben. Eine direkte Abschwächung infolge der Imprägnierung, 
d.h.ohne Lichtwirkung tritt nur bei der größten versuchten 
Konzentration an KBr (1°/,) ein (Kurve 4). 

Fig. 2 zeigt die entsprechenden Kurven, wenn bei der zweiten 
Belichtung noch ein intensives Gelbfilter eingeschaltet wird: hier 
erfolgt nur die Ausbleichung, ohne erneute Schwärzung, wie 
dies auch aus meinen früheren Versuchen hervorgeht. 

Die „zweite Umkehrung“ bei diesen Ausbleichreaktionen, die 
ja auch bei den Jodsilber-Ausbleichschichten auftritt (4), ist wohl 
darauf zurückzuführen, daß das Licht an diesen Stellen tiefer in 
das Korn eindringt, wo die Wirkung des Desensibilisators nicht 
mehr vorhanden ist, so daß tiefer gelegene (ungefärbte) Teile des 
Kornes der photochemischen Reaktion unterliegen. 

Es wurde schon oben erwähnt, daß die zweite Umkehrung 
bei der Verwendung von Pinakryptolgrün und -gelb nicht auftritt. 
Vielmehr erfolgt hier im ungefilterten oder auch im blauen Lichte 
die Ausbleichung ganz wie in Fig. 2. 

Die Tatsache aber, daß bei gewissen Versuchsanordnungen die 
Ausbleichung gerade mit Phenosafranin ohne Bromsalzzusatz nicht 
zustandekommt, weil eben die zweite Umkehrung vorherrscht und 
also anstatt des Umkehrbildes ein „normales“ entsteht, war lange 
Zeit ein Stein des Anstoßes für die Oxydationshypothese der De- 
sensibilisierung, der nunmehr auch weggeräumt ist. 


Literatur 


1) Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. Negativverfahren (Eders Handb. 
Bd. II, 1) Halle 1927, S. 579. Phot. Industrie 1926, Nr. 48. 

2) Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 380. 1927. Fr 

3) Lüppo-Cramer, Negativentwicklung bei hellem Lichte. I. Aufl. Leipzig 
1922, S. 134. 

4) Lüppo-Cramer, Negativentwicklung usw. S. 155. 


(Eingegangen am 11. September 1927) 


Langedijk. Die Lichtverteilung bei zwei absorbierenden Medien 29 


Die Lichtverteilung bei zwei absorblerenden Medien 
(Herrn J. Plotnikow zur Abwehr) 


Von 
S. L. Langedijk 


In einem in dieser Zeitschrift (1) erschienenen Aufsatz, der leider 
erst ziemlich spät zu meiner Kenntnis kam, versucht Herr Plot- 
nikow zu zeigen, daß eine von mir (2) ausgearbeitete, übrigens 
schon von Luther und Weigert (3) empfohlene Lichtverteilungs- 
formel zu unmöglichen Schlüssen führen muß. Dieser Versuch ist, 
wie ich weiter unten zeigen werde, vollkommen mißlungen, obgleich 
dem mathematisch weniger geübten Leser nicht gleich die Un- 
richtigkeit der Plotnikowschen Ableitungen aufgefallen sein wird. 
Irn demselben Aufsatz bespricht Herr Plotnikow seine eigene Ver- 
teilungsformel, von der ich schon vor zwei Jahren (4) gezeigt habe, 
daß sie bei Anwendung auf variable Schichtdicken nicht brauch- 
bar ist. 

Gern hätte ich dem Leserkreis eine weitere Diskussion dieser 
zwei antagonistischen Verteilungsformeln erspart; die Argumente 
des Herrn Plotnikow können aber nicht unbeantwortet bleiben. 
Hoffentlich kann diese Abwehr einen Schluß der Diskussion bilden; 
ich selbst werde auf weitere unbegründete Angriffe des Herrn 
Plotnikow keinesfalls mehr antworten. 

Im nachfolgenden werde ich die zwei Verteilungsformeln, die 
ja aus den Publikationen von Plotnikow (5), Luther und Wei- 
gert(6) und mir (4) genügend bekannt sind, nur betrachten in ihrer 
Abhängigkeit von dem Verhältnis der Absorptionskonstanten und 
von der Schichtdicke. 

Sind c, und c, die Konzentrationen,. z, und z, die Absorptions- 
konstanten zweier absorbierender Substanzen, beide in demselben 
Mediurm anwesend, und fällt Licht von einer Intensität / durch eine 
Schichtdicke p dieses Mediums, dann wird die Lichtmenge 4, die 
von Sıuzbstanz I absorbiert wird, gegeben durch die Formeln: 


30 Langedijk 


<e a ae nn i e e 


(PS: A=J - [1 —e-4?a-4#a] nach Plotnikow. 


a. erf AE e VA: 


bL“): A=)J- i —[1— e=%74=#?@] nach Luther-Weigert 
eye und Langedijk. 


Herr Plotnikow hat nun versucht (I) zu zeigen, daß für ge- 
wisse Extremfälle die ‚„L‘“-Formel unbrauchbar ist und wählte dazu 
sehr große, bzw. sehr kleine Absorptionskonstanten. 


Betrachten wir z. B. seinen Spezialfall I: die beiden Kompo- 
nenten absorbieren das Licht enorm stark, d.h. z, und d sind sehr 
groß. Natürlich ist es unberechtigt, jetzt d = 2, = œ zu nehmen 
(wie Herr Plotnikow in seiner Beweisführung einschaltet), weil 4 
und z, immer reell bleiben und selbst sehr große Zahlen immer 
noch ein bestimmtes Größenverhältnis haben werden. Man darf 
also auch nicht setzen: 


e DEER E? 
ckt 00 
ohne reellen Sinn, sondern 
Be l 
hc +20 A JD ’ 


das für jeden reellen Wert von d und z,, auch wenn diese sehr 
groß oder schr klein sind, vollkommen reell bleibt. 


, oder beide Absorptionskonstanten sehr groß 
sind, ist es natürlich wohl erlaubt ı — e-/a-#/a= I zu nehmen, 
Die „L“-Formel gibt für die drei von Herrn Plotnikow angeführten 
Spezialfälle also drei reelle Werte, und zwar 


Wenn 2, bzw. z 


AE 
i c 

Das Verhältnis der zwei Teilabsorptionen A, und A, bleibt 
dann auch für jede Schichtdicke 


DEE SE 


Sollte nun wirklich 7, =, Ze ss O sein, dann wird A =), A,=0, 
und ein photochemischer Effekt, von der Zufügung der Substanz 2 
herrührend, kann nicht einer direkten Lichteinwirkung auf Sub- 
stanz 2 zugeschrieben werden, ohne daß man mit den gewöhnlichen 


Die Lichtvertelung bei zwei absorbierenden Medien 31 


photochemischen Gesetzen in Widerspruch geriete. Hiermit hoffe 
ich ein zweites Argument Plotnikows widerlegt zu haben. 

Es ist nun unschwer zu zeigen, daß die „P“-Formel in den von 
Herrn Plotnikow selbst angeführten Extremfällen eine Abhängigkeit 
von der Schichtdicke zufolge hat, die zu eigentümlichen Schlüssen 
Veranlassung gibt. 


Nimmt man z.B. Spezialfall II: Absorptionskonstante z, sehr 
groß, :, sehr klein. Nach der „P“-Formel darf man setzen: 


= J 
A, BEA 


Für sehr kleine Schichtdicken wird dieses 4, = Z =), in Worten: 


fast alles einfallende Licht wird von Substanz ı absorbiert. Für 
größere Schichtdicken ist in der Reihenentwicklung die Abbrechung 
nicht erlaubt, man erhält jetzt aber 


Man würde also finden, daß in großen Schichtdicken viel 
weniger Licht von Substanz ı absorbiert wird als in einer dünnen 
Schicht, aber außerdem findet man durch zweimalige Differentiation 
nach e, daß für kleine Werte von 9 (kleine Schichtdicken) A, im 
Werte ansteigt, für große Werte von p dagegen abnimmt, d.h. daß 
sich mit der „P“-Formel ein Absorptionsmaximum für die stärkst 


absorbierende Komponente bei einer gewissen Schichtdicke be- 
rechnen läßt. 


Schon früher (4) habe ich auf diese Konsequenz der Plotnikow- 
schen Betrachtungen hingewiesen und selbst ein Zahlenbeispiel zur 
Bestätigung hinzugefügt, aber leider vergebens. Ich erreichte nur, 
daß Herr Plotnikow (6) meine theoretischen Betrachtungen als 
„Spekulativ“ und meine damals noch nicht einmal publizierten Ver- 
suche als „nicht einwandfrei“ bezeichnete. Vielleicht will Herr 
Plotnikow sich folgenden einwandfreien Versuch doch einmal 
überlegen. Eine dünne Küvette, mit einer Mischung einer stark 
absorbierenden und einer schwach absorbierenden Substanz gefüllt, 
wird durchleuchtet. Wir werden darüber ganz und gar einig sein, 
daß jetzt die stark absorbierende Substanz fast alles auffallende 
Licht absorbiert hat. Stellt man eine große Zahl dieser Küvetten 
hintereinander, dann sollten nach der „P“-Formel die zwei ab- 
sorbierenden Substanzen das Licht genau in zwei gleichen Teilen 


32 Langedik. Die Lichtverteilung bei zwei absorbierenden Medien 


untereinander verteilt haben. Wenn Herr Plotnikow glaubhaft 
machen kann, daß Substanz ı in den auf die erste folgenden Küvetten 
wieder die Hälfte des schon absorbierten Lichtes an Substanz 2 ab- 
gegeben hat, dann werde ich die Pe Formel für richtig erklären. 


Da aber Herr Plotnikow sich so weit zu gehen erlaubt, daß 
er(7) die auf dem Faraday-Kongreß 1925 von meinem Freunde Prof. 
Ornstein in meinem Namen eingereichten Bemerkungen als eine 
nachträgliche Einschiebung verdächtigt, kann ich leider fernerhin 
nicht mehr mit ihm diskutieren. Auf seine weiteren Versuche, seine 
Verteilungsformel aufrecht zu erhalten, wird der Leser dieser Zeit- 
schrift sich auch ohne nachträgliche Ausführungen meinerseits ein 
Urteil bilden können. 


Delft (Holland), Laboratorium für organische Chemie der techn. 
Hochschule, August 1927. 


Literatur 


ı) J. Plotnikow, Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 305. 1926. 

2) S.L. Langedijk, Rec. trav. chim. 44. 173. 1925; 44. 931. 1925. 
3) Luther und Weigert, Zeitschr. phys. Ch. 583. 408. 1905. 

4) S.L. Langedijk, Rec. trav. chim. 44. 931. 1925. 

5) J. Plotnikow, Allgemeine Photochemie, S. 162. Berlin 1920, 

6) J. Plotnikow, Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 306. 1926. 

7) J. Plotnikow, a.a. O. 308 (Fußnote). 


Anmerkung der Redaktion: Die Schriftleitung ist erst durch die Mitteilung des 
Herrn Langedijk auf den bedauerlichen Passus aufmerksam geworden; in dem 
Manuskript des Herrn Plotnikow war er nachweislich nicht enthalten; andern- 
falis würde die Schriftleitung unbedingt eine Verständigung herbeigeführt haben. 


(Eingegangen am 17. August 1927) 


wi 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen 


Zeitschrift 


für 


wissenschaftliche Photographie 
Photophysik und Photochemie 


Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen 


insbesondere von 


e | H. Kayser 


o. em. Professor an der Universität Bonn 
herausgegeben von 


K. Schaum 


0.6. Professor an der Universität Gießen 


ft werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuchhandl ung 
nementspreis beträgt pro Band im In- u. Ausland Rm. 24.—, bei direkter 
chli Woh Porto im Inland Rm. 25.— „im 1 Ausiand Rm. T: 20. 


Dezember 1927 in 


z4 
2 


mn: 


d 

Ze 

Lee T ha A So R K ) j Ye}: 

RER BR - 

e ee taren Inhal sverzeichnis ` 

d MISE Se TK, ns o ng REN i | 
Eege e i ne CR dch ! 
x G Kick: ` A SE Sie LEE Ka 

deg T sur HE Berdi Messungen von Sanerstoffbanden im violetten und ulravioletten ` 

a RE Shektinigeblet.:i. ` wi a ehr» A en Wa L 

E Ae A N n ` E 4 i ? p 
fr 4 AË 


| Lüppo-Cramer, Zur intermitiierenden Belichtung . biet A Gar E 


e E mg 
i 


Kg) Wee 2 | Kleine Mitellingen- 
Mag KC ZE Schaum, Eine Wirkung von Gasionen auf unterkühlte Flüssigkeiten - - 64 
a Vë | WückerBösprächung „nn. ı 81, MA ee he 
u H X 
Bei 7) enee eg Eege 
d Ar A a Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an 
ERBEN . .. Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. | N 
bt Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie ( we 2 
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und lf" O 
‚Berichterstattung möglich ist, ) 
Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere | 


Bedingungen, welche vom Watt EEN werden, 


Gi u en = a IT me 


o 

- DIr? 
Reproduktions-Optik 3 
Apochromat-Tessare und Planare |] 
Filter - Hüvetten - Prismen - Spiegel D E 
Einstell - Mikroskope Ben 3 

Druckschriften und jede gewünschte Auskunft kostenfrei von Carl Zeiss, Jı ne | ` 
A a A s 


Digitized by Goog A le 


ss 


Zeitichrift für wilienichaftlidie Photographie, 
Photophylik und Photodiemie 


XXV. Band 1927 Heft 2 


Messungen von Sauerstoffbanden 
im violetten und ultravioletten Spektralgebiet') 


Von 
H. Fesefeldt 


Im folgenden sind die Meßresultate der von C. Runge und 
W. Grotrian entdeckten Sauerstoffbanden im Bereich von A 3140 
bis A 4450 AE. wiedergegeben.) Die Aufnahmen wurden von 
C. Runge und W. Grotrian am großen Konkaygitter (6,5 m Radius) 
im Physikalischen Institut zu Göttingen in erster und zweiter Ord- 
nung gemacht.) Als Lichtquelle diente nach dem Verfahren von 
Schönherr*) ein hochgespannter Gleichstromlichtbogen, der in 
einem Sauerstofistrom brannte. Die Elektroden befanden sich dabei 
in einem Rohr, in das man von unten tangential das zu unter- 
suchende Gas blies. Die Spannung betrug 5000 Volt. In der Mitte 
des schraubenförmig aufsteigenden Wirbels brannte der Bogen ruhig. 

Die Messungen wurden ausgeführt mit einem Abbeschen Kom- 
parator. Die Platte befindet sich dabei auf einem gegen zwei feste 
Mikroskope verschiebbaren Schlitten, auf dessen anderer Seite ein 
feiner Maßstab angebracht ist. Mit dem einen Mikroskop stellt 
man auf die Spektrallinie ein und liest mit dem anderen mit Hilfe 
einer Mikrometerschraube die Zehntelmillimeterteilung der Skala ab. 
Dann verschiebt man den Schlitten bis zur nächsten Linie, liest 
wiederum ab und hat damit die Differenz der Spektrallinien in 
Millimetern gefunden usw. Es werden also die Zahlen nicht an 


1) Göttinger Dissertation. 

?, W.Grotrian und C. Runge, Phys. Zeitschr. 15. 545. 1914; C. Runge, 
Physica 1. 254. 1921. 

3) Über die Gitteraufstellung vergleiche: Phys. Zeitschr. 6. 890—892. 1905; 
E. Riecke, Das neue physikalische Institut der Universität Göttingen, 

*) Schönherr, Die Fabrikation des Luftsalpeters nach dem Verfahren der 
Bad. Anilin- u. Sodafabrik, E.T.Z. 1909, S. 365; vgl. auch Zenneck, Die Ver- 
wertung des Luftstickstoffs mit Hilfe des elektrischen Flammenbogens, Vortrag der 
Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte, Königsberg 1910. Mit 29 Figuren 
im Text, Leipzig, S. Hirzel 1911. 

Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 3 


34 Fesefeldt 


der Trommel einer den Schlitten bewegenden Schraube abgelesen, 
wie es bei den Schraubenmeßmikroskopen der Fall ist, sondern an 
einem festen Maßstab. Die üblichen Schraubenfehler gehen also 
nicht in die Messung ein. 


Die Länge der Platten betrug 12 cm, die des Maßstabes aber 
nur 10cm. Es war daher nötig, die Aufnahmen in mindestens 
zwei Teilen auszumessen. In diesen kleinen Stücken von maximal 
7 cm Länge (in erster Ordnung etwa 140 AE. in zweiter Ordnung 
etwa 70 AE.) ist aber das Spektrum normal, die Abhängigkeit der 
Wellenlänge mithin eine lineare Funktion des Linienabstandes.!) 
Um die Wellenlänge zu bestimmen, geht man von einer bekannten 
Linie aus, multipliziert die Differenzen der folgenden gegen diese 
mit einem geeigneten konstanten Faktor und findet die „genäherte 
Wellenlänge“.?2) Diese genäherten Wellenlängen wurden nach der 
Gaussschen Ausgleichsmethode der kleinsten Quadrate korrigiert. 
Zur Festlegung von Sauerstoffnormalen wurde auch eine Aufnahme- 
serie von Sauerstoff- und Eisenlinien benutzt, die H. Falkenhagen 
unter den erwähnten Versuchsbedingungen machte und für die vor- 
liegende Arbeit freundlichst zur Verfügung stellte. Der mittlere 
Meßfehler bei diesen Aufnahmen ist mit sorm. bezeichnet. 


Die Eichung geschah mit den Eisennormalen von John und 
Babcock’; wo diese nicht ausreichten (unterhalb 4 3400), wurde 
die Tabelle aus dem Handbuch von Kayser) benutzt. Alle in 
ÄE. angegebenen Wellenlängen beziehen sich auf das Internationale 
Wellenlängensystem. Die Reduktion auf Vakuum geschah nach 
Angaben von Meggers und Peters.) Die Intensitäten / der 
Linien wurden geschätzt. Die Intensität 0,5 bedeutet, daß die 
Schwärzung so gering war, daß die Linie nicht einwandfrei, wenn 
überhaupt gemessen werden konnte. Jedes Plattenstück wurde von 
links nach rechts und von rechts nach links gemessen, damit etwaige 
Wärmeeinflüsse während der Messung nach Möglichkeit von vorn- 
herein kompensiert wurden. Das Mittel aus den Ablesungen wurde 
zur Umrechnung in Wellenlängen benutzt. 


DH Kayser, Handbuch der Spektroskopie Bd. I; vgl. Artikel von C. Runge, 
Die Theorie des Konkaygitters. 

3) Vgl. z, B. C. Runge, Praxis der Gleichungen. S. 25ff. V. W. V., Berlin 
und Leipzig 1921. 

3) Ch. E. St. John und H. D. Babcock, Astroph. Journ. Bd. 55, Mai 1921. 

DH Kayser, Handbuch der Spektroskopie Bd. 6. 

5) W. F. Meggers und C. G. Peters, Astroph. Journ. 50. 62. 1919. 


Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletten Spektralgebiel 35 


Der mittlere Meßfehler der Sauerstoffaufnahmen ist mit s be- 
zeichnet. Außer ihm ist noch zum Vergleich &orm. in den Tabellen 
angegeben worden, also der mittlere Meßfehler der Aufnahmen, die 
für die endgültige Messung als richtig angenommen wurden. Alle 
Fehlerangaben verstehen sich in ÄE. Die benutzten Sauerstoff- 
normalen sind durch ‚‚Norm.“ gekennzeichnet. 

Die Wellenlänge im Vakuum ist auf die zweite Dezimale in 
AE. beschränkt, während bei der in cm’! gemessenen Schwingungs- 
zahl die den Tausendsteln AE. entsprechenden Hundertstel » noch 
mit angegeben sind. 


Ayak. | A Vak. 8 ®norm. | 
2 0,5 22436,39 0,005 0,005 
53,04 4 53,55 
53,33 4 55,09 
52,89 0,5 57,34 
49,83 5 72,76 
48,35 1? 80,26 
? | I ? verschwommen 
46,05 3 91,88 Norm. 
45:64 ; 3 93,96 
44,82 | 5 98,11 
43,57 | 2 22504,41 breit 
43,00 I 07,31 
42,59 | 1 09,39 
41,21 5 16,40 
40,71 | 4 18,94 Norm. 
40,15 I 21,76 | 
39,46 | 0,5 es 
? O, 
? | > ? 
36,54 : 4 40,11 
E | 3 5444 
3,13 4 57,41 
32,56 I 60,33 Norm. 
32,14 0,5 62,48 
28,78 4 75,57 | kaum zu 
28,55 4 80,77 trennen 
28,15 2 82,82 
25,59 5 95,85 Norm. 
23,98 3 22604,06 breit 
23,45 2 06,77 
21,97 2 14,38 Norm. 
21,56 5 16,48 
18,57 5 31,78 Norm. 
See 1 35,87 Norm. 
„00 3 39,02 
16,56 2 42,05 
13,87 4 55,83 
12,06 4 65,14 
11,73 I 66,86 
11,37 I 68,70 


36 


Fesefeldt 


ae || me | 2 el _ | 


4411,00 
10,73 
09,88 
08 67 
06,04 

? 


? 
04,67 
03,58 
02,96 
00,58 
00,10 

4399.77 
97,74 
97,51 
97,06 
95,58 
93,67 
93,06 
91,56 
91,14 
89,94 
89,58 
88,88 
87,14 
86,45 
85,60 
85,18 
84,99 
83,71 
82,76 
81,98 
80,77 
80,37 
79,31 
78,65 
78,26 
77,52 
76,85 
76,23 
75,39 
74.84 
73,91 
73,39 
71,22 
69,44 
68.93 
67.36 
67,02 

? 


63,21 
62,73 
60,58 
60.07 
59,92 
57:95 


k 


22670,58 
71,98 
76,34 


82,59 
96,10 
? 


? 
22703.20 
08,81 
11,99 
24,27 
26 78 
28,45 
38,94 
40,17 
42.49 
50,14 
60.02 
63,17 
70,97 
73,14 
79.38 
81,23 
84,87 
93,90 
97.48 
22801,89 
04,10 


05,07 
11,75 


Gu 


16,67 
20,71 
27,06 
29,15 
34,66 
38,08 
40.10 
43 99 
47 50 
50,72 
55,13 
57.97 
02,84 
65,54 
76,91 
86,24 
88,88 
97,15 
98,98 
? 


OA NUWUN NA mA NANUN A ANAN Om PR PN. Bab- Bak AR 


ün 


22918,91 
21,43 
32.76 
35,41 
36,20 
46,56 


„un D Rum ta ob tan Main ro ON 
in 


0,005 0,005 


Norm. 
Norm. 
Norm. 


unscharf 


Messungen von Sauerstoffbanden im violetien u. ullravioletten Spektralgebiet 37 


4357,00 4 2295 1,56 0,005 | 0,005 
56,54 2 54,02 
54,71 3 63,66 | 
5443 I 65, LA 
b 0,5 
53,16 I 71,81 
52,61 2 74 7I 
52,: 2 70,00 
52,01 3 As SE 
51,1 5 2,2 orm. 
50,31 3 86,85 
47:12 H 23003,75 Norm, 
46,73 2 05,80 
44,27 2 18,83 
43,84 5 21,12 
40,89 I 3675 
40,62 3 Sen 
49,15 5 40, 
39,07 2 46,43 
38,56 I 49,11 
u. 5 5 7,23 ask 
30,30 3 1,12 orm 
35,81 4 63,76 
SCH H 5 25,64 Norm. 
0,5 
? 0,5 ? 
30,75 4 90,71 Norm, 
Sr 2 94,78 
0,5 
27,55 3 23107,79 
25,97 3 16,22 
25,34 2 19,55 
24,89 6 21 E = 
24,33 5 25,00 orm. 
2 Ser 4 37:73 
20,57 3 43,49 
20,64 3? 44,71 kaum 
zu trennen 
20,30 3? 46,55 
20,08 1? 47,74 
19,60 5 50,31 
e I 52,31 
18,90 0,5 54,05 
18,44 0,5 56,53 
16,9 À 2 ga : Norm. 
14,7 4 70,2 
12,82 I 86,66 
12,14 5 e 3 breit 
10,40 2 99 
10,08 2 | 2 3201.44 
9,75 5, 03,23 
SA 4 05,03 
08,82 4 08,26 
08,30 5 11,02 Norm. 
07,82 4 13,62 
07,27 2 16,55 | Norm. 
06,54 4 20,47 | 


38 Fesefeldt 


dyak. | J | ak. ° Snorm. 
4305,54 | 3? | 23225,87 0,005 0,005 | 
05,31 3 27,14 
05,01 3 28,74 
04,72 2 30,31 
03,23 5 38,37 
02,79 I 40,75 Norm. 
00,61 I 52,54 
00,41 6 53,59 
4298,97 I 61,38 
97,90 5 67,18 
97,30 5 . 70,42 
96,86 2 72,79 
96,15 3 76,65 Norm. 
95,91 I 77:97 
95,14 5 82,13 
94,66 3 84,72 
93,60 I 90,50 Norm. 
93,10 I 93,19 
91,52 2 23301,77 
91,17 5 03,70 unscharf 
? 2 ? verschwommen 
89,97 2? 10,16 
89,40 5 13,28 
? 0,5 ? 
88,70 2 17,07 verschwommen 
87,54 3 23,42 
? 3 ? verschwommen 
85,34 6 35,37 
84,85 I 38,05 verschwommen 
83,20 | 2 47,06 
82,96 I 48,33 
81,25 5 57,69 Norm. 
80,72 2 60,55 
79:43 2 67,63 
78,91 4 70,45 
77,13 4 80,15 
76,67 3 82,68 
75,96 4 86,58 
75,37 2 89,82 
7477 4 93,08 Norm. 
74,32 2 95,56 
71,83 2 23409,18 
71,57 I 10,60 
69,96 5 19,42 Nom. 
69,50 I 21,97 
69,21 r? 23,53 
68,93 6 25.08 
68,61 2 26,84 
? 2 ? verschwommen 
67,75 6 31,57 
67,32 3 33,91 Norm, 
? 0,5 ? 
? 0,5 ? 
66,12 6 40,49 unscharf 
65,02 1 46,53 | 
64,71 2 48,28 Norm. 


Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletten Spektralgebiet 39 


vak. | J | YYak. | E | Beer, | 
4264,44 | 2 23449,75 0,005 0,005 | 
63,81 D 53,20 Norm. 
63,39 2 55,49 unscharf 
? 2 ? verschwommen 
61,19 I 67,62 
59,46 4 77,17 
58,90 2 80,27 
58,48 I 82,53 
58,08 I 84,77 
57,82 0,5 86,20 
56,76 4 92,03 
54,84 5 23502,63 Norm. 
54,15 3 06,45 breit 
53,74 2 08,70 Norm 
51,93 I 18,76 
51,69 0,5 20,06 
51,04 4 23,67 
50,54 5 26,44 Norm 
49,76 3? 30,75 
? 2? ? verschwommen 
49,20 I 33,83 
48,96 I 35.19 
47,93 5 40,86 
? 2? ? verschwommen 
46,80 1 47,14 
46,38 3 49,49 2 Linien ? 
45,97 0,5 51,76 
44,92 1? 57,60 | 
44,20 I 61,54 breit 
43,59 5 64,95 Norm. 
42,98 I 68,33 
42,53 5 70,85 
42,11 4 73,15 
? 2 ? | verschwommen 
41,13 2 78,63 
40,91 0,5 79,87 
39,64 4 86,91 
38,93 6 90,86 breit 
38,56 6 92,95 breit 
36,45 2 23604,68 
34,10 5 17,76 Norm. 
? 2 ? verschwommen 
32,26 2 28,02 
31,94 2 29,83 
28,96 3 46,48 0,007 Norm. 
28,55 3 48,80 
28,00 2 51,82 
27,22 3 56,23 
26,79 5 58,61 
25,77 2 64,35 
25,21 3 67,44 
24,52 5 71,31 Norm 
24,02 I 74,13 
22,80 1 80,98 
22,27 I 83,95 
19,95 3 96,96 | Norm 


40 Fesefeldt 
Ayak | J | Yyak. | 8 | © Jorm. IN 
4219,50 3 | 23699,50 0,007 0,005 

19,07 2 23701,89 breit 
17,80 3 09,02 

16,04 3 18,94 

15,68 I 20,96 breit 
14,77 3 20,10 

14,40 2 28,20 

13,43 4 33,66 

12,84 | 3 3695 Nom: 
12,32 | 2 39:89 

11,52 3 | 44,40 

1039 | 4 | 50,77 2 
08,64 | 3 | 60,64 

08,40 | 2 j 61,98 

07,49 3 Gau Nm 
05,71 | 4 | 77,21 

05,46 4 Ä 78,59 

05,11 2 | 80,60 

02,64 1 | 94,56 

02,08 4 Ä 97,74 Norm 
01,15 3 | 23802,98 Norm 
081 | i 04,96 

0043 | 3 07.11 

4198,52 | 4 17,89 Norm. 

98,21 1? 19,68 

96,49 2 29,42 

95,62 3 34:39 

95,35 | 5 35,94 

d 3? ? verschwommen 
9330| ı 47,59 

92,64 4 51,35 mn: 
92,49 J 52,17 

91,31 3 58,90 

88,81 4 73,14 

88,61 4 74,25 

88,11 3 | 77,12 

87,76 1 | 79,10 

87,47 3 80,77 a 
86,22 3 | 87,92 

85,79 4 90,36 

85,45 2 92,31 

85,11 2 | 9423 

84,04 5 | 23900,35 Norm 
83,60 2 | 02,88 

83,21 I | 05,09 breit 
82,71 I 07,95 

82,10 2 | 11,41 Norm 
81,24 3 16,37 Norm 
79,64 4 25,51 

78,82 2 30,19 

78,47 2 32,19 breit 
77:97 2 35,05 

77,46 I 37,99 

76,78 5 41,88 


Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletten Spektralgebiet 41 


— 


Ayak. 


417645 


J Pak. 


23943,76 


? 

? 
55,29 
58,16 
71,36 
73,61 
75:04 
76,60 
82,97 
86,36 
90,83 
95,20 
97,92 

24012,65 
15,56 
17,34 
19,23 
22,10 
25,76 
28,36 
37,20 
39,63 
41,45 
43,09 
59,45 
65,39 
80,82 
83,46 
85.34 

24100,12 
02,70 
05,13 
08,24 
? 


Ki 
Lë 


17,45 
18,99 
21,62 
? 

31,15 
39,52 
41,78 
44,54 
47,08 
48,57 
59,94 
61,34 
67,96 
69,95 
83,62 
an I 


ob Lab Ob toi Hoi ME ra Mia Ltb NU bh Loi bh MM NUAN A nb a ann 


Ku 
Lë 


Kn 
Lë 


24202,16 
04,54 
07,74 


ANU CO P P ra Më Loi Lë ra pa MM 


bilden eine 
verschwommene 


Schwärzung 
Norm. 
Norm. 
Norm. 


Norm. 
Norm. 


Norm. 
Norm. 


Norm. 
im Lichthof 
verschwommen 


verschwommen 
verschwommen 


breit 

Norm. 
Norm. 
Norm. 


Norm. 
Norm. 


Norm. 
Norm. 
Norm. 


42 


Ayak. | J | Yyak. 


4130,59 
29,29 
28,90 
28,45 
27,44 
27,17 
24,00 
23,82 
23,22 
22,80 
22,30 
21,64 
21,47 
20,99 
20,69 
19,82 
18,19 
17,68 
17,41 
16,95 
16,52 
14,91 
14,52 
14,02 
13,48 
12,88 
11,97 
11,55 
11,32 
10,98 
09,76 
08,72 
08,41 
08,11 
07,58 
06,87 
06,52 
04,63 
03,72 
03,01 
02,65 
02,41 
02,13 
01,83 
01,37 
00,59 
00,12 

4099,63 
99,44 
98,63 
98,19 
97,17 
96,66 
96,33 
95,69 
95,24 


Loi P WM Ch OR Got Ota m etnLnb Loi a RAN PU Moi NUM MP MGÄ ML MM ra man HMM N N NUN ra 


24209,59 
17,27 
19,52 
22,15 
28,07 
29,65 
48,31 
49,34 
52,90 
55,34 
58,28 
62,17 
63,19 
66,02 
67,77 
72,90 
82,49 
85,54 
87,13 
89,84 
92,35 

24301,88 
04,16 
07,11 
10,32 
13,89 
19,23 
21,73 
23,11 
25,08 
32,33 
38,49 
40,32 
42,09 
45,22 
49,42 
51,54 
62,73 
68,14 
72,34 
74,52 
75,91 
77:59 
79,35 
82,08 
86,75 
89,52 
92,44 
93,58 
98,41 

24401,01 
07,07 
10,13 
12,11 
15,93 
18,59 


Fesefeldt 


Norm. 


Norm. 
Norm. 


Norm. 


Norm. 
Norm. 


Norm. 


Nom. 


Norm. 
Norm. 


Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletten Spektralgebiet 43 


ya. | J Pak. 
4092,32 4 | 24436,03 
92,10 2 37,34 
91,38 4 41,64 Norm 
g1,11 2 43,26 
89,63 5 52,11 
89,15 4 54,99 
88,10 2 61,27 
87,22 5 66,50 Norm. 
86,78 3 69,16 
86,29 4 72,06 
86,06 2 73,48 
83,57 4 88,38 
83,33 2 89,84 Norm. 
82,91 4 92,35 
82,42 3 95,26 Norm. 
81,97 2 98,00 
81,58 05 24500,32 
80,67 3 05,77 Norm. 
80,02 5 09,69 Norm. 
7954 4 12,59 Norm. 
78,80 3 17,03 Norm. 
78,56 3 18,44 Norm. 
76,77 5 29,20 
76,27 5 32,25 
7599 2 33,89 
7438 4 43,60 
73,97 3 46,06 Norm. 
71,81 4 59,11 
71,59 2 60,43 
69,44 5 73,41 
69,20 Ga 74,88 
67,76 5 83,55 Norm. 
67,37 3 85,92 Norm. 
65,28 3 98,57 
64,85 3 24601,17 
64,44 4 03,65 
63,38 3 10,07 
63,05 4 12,06 
62,84 2 13,34 
62,09 4 17,90 
61,72 3 20,09 
61,38 2 22,15 
E 3 24,93 
‚15 3 29,62 
59,69 2 32,44 
59,30 5 34,81 breit 
57:14 4 47:89 Norm. 
56,93 2 49,17 
53,91 4 69,39 
53,14 4 72,24 Norm. 
52,71 6 74,83 
52,31 2 77,31 
51,73 3 80,85 Norm. 
51,43 2 82,66 Norm, 
50,33 6 89,33 Norm. 
49,91 3 91,93 


44 Fesefeldt 
Ava. J Yyak, 8 Baere. 
4048,50 3 | 24700,53 0,007 | 0,005 nach Rot verbreitert 

46,76 4 11,15 

46,55 2? 12,43 

45,86 0,5 16,62 

45,34 4 19,82 

44,79 0,5 23,15 

43,83 5 29,01 Norm. 
42,22 5 38,89 

41,39 4 43,96 Norm. 
41,07 2 45,90 Norm. 
40,34 3 50,40 Norm, 
39,89 3 53,15 

3953 3 55,39 

39,19 5 57:45 

38,72 3? 00,34 

38,20 4 63,50 Norm. 
37,39 2? 68,50 

36,87 4 71,66 Norm. 
36,26 4 75,39 Norm. 
35,85 4 77:93 , 
35,13 3 82,35 nach Rot verbreitert 
32,50 2 98,53 Norm. 
3 1,64 2 24803,78 

31,39 3 05,32 

30,66 4 09,86 

30,40 4 11,45 

29,62 2 16,22 Norm. 
28,55 5 22,83 Norm. 
28,11 2 25,53 Norm. 
27,24 2 30,88 

26,42 2 35,94 Norm. 
25,55 5 41,32 Norm, 
25,22 3 43,36 

24,61 2 47,11 

24,38 2 48,53 

23,72 U 52,6 1 

23,25 1 55,50 

22,82 4 58,20 

22,42 3 60,63 

21,86 I 64,11 

21,11 4 68,75 

20,71 2 71,25 

20,43 4 72,99 

20,14 4 74,77 

19,87 0,5 76,41 

19,67 0,5 77,67 

18,75 2 83,37 

18,34 5 85,92 

17,99 3 88,08 Norm. 
15,90 I 24901,02 

14,38 I 10,45 

12,72 2 14,52 

13,64 4 15,02 Norm. 
13,17 I 17,96 

12,59 5 21,58 

12,26 3 23,59 


Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletien Spektralgebiet 45 


Avak. | J | YvVak. | a | 8 norm. | 
4011,78 2 24926,57 | 0,007 0,005 Norm. 

11,39 I 29,00 

11,07 I 31,00 

10,65 5 33,61 

09,90 D 38,22 Norm. 

09,52 3 40,64 

09,03 2 43,71 

08,64 4 46,10 

08,32 2 48,12 

05,00 I 68,79 0,007 

02,73 2 82,98 

02,27 I 85,83 

01,57 4 90,17 

01,25 4 92,20 

00,22 4 98,61 Norm. 
3999,92 2 25000,50 

99,58 3 02,60 

99,29 1? 04.44 

98,65 2 08,43 breit 

98,02 I 12,36 

97,58 3 15,13 Norm. 

97,24 2 17,24 

95,77 2 26,48 

95,26 2 29,64 

? 0,5 

92,71 3 45,66 

92,46 | I 47,21 , verschwommen 

90,89 3 57,09 | 

? | 2 : breit 

88,25 3 73,67 Ä Norm. 

87,96 2 75,45 | 

85,69 3 89,78 | 

85,33 | 2 92,01 | 

84,70 , 2 96,01 

? | 4 ? verschwommen 

8356 |! 3 25103,19 

83,08 | 2 06,19 

8267 ! 4 08,78 Norm. 

82,38 | 2 10,59 

80,16 ` 1 24,64 

7972 | I 27,41 

79,233, 1 30,46 

78.77 | I 33,43 

76,80 5 45,87 | 

76,46 5 47,99 

74,93 4 57,65 | 

? 05 ? | 

7433 ` 4 61,51 ; Norm. 

73,99 ' 2 63,62 Norm. 

69,28 | 5 93,50 | 

68,29 | 2 99,80 i 

67,70 4 25203,51 | 

67,37 4 05,61 | 

66,93 2 08,44 

66,15 3 13,36 

6587| 4 15,15 


46 Fesefeldt | 


3965,63 4 25216,68 0,007 0,007 
65,1 I 19,56 
64,73 I 22,42 
64,40 2 24,47 breit 
63,45 4 30,54 Norm 
63,1 5 | 2 32,47 
62,40 4 37,22 
? | 0,5 
60,90 i 4 46, 79 Norm 
60,65 | I 48,40 
5600 | 3 78,03 Norm 
? 0,5 
55,44 | 4 81,67 Norm 
55,16 2 83,42 
54,60 | 4 87,01 
53,09 ; 4 96,66 Norm 
52,78 2 98,63 
50,60 4 25312,64 Norm 
5012: 4 15,69 
4930 | 4 20,98 
43,79 | 4 24,23 
? | 0,5 ? 
? 108 y 
46,64 3 38,02 breit 
46,15 2 41,14 
45,49 4 45,41 Norm 
45,22 2 47,15 Norm. 
44,57 | 4 51,31 breit, 
43,24 | 4 59,88 a Linien 
42,93 : 2 61,84 
? 0,8 ? 
3954 | 4 83,70 
38,42 4 90,88 Norm. 
36,81 | 1 25401,29 
? 0,5 ? 
36,03 4 06,32 
35,78 4 07,90 Norm. 
34:99 3 13,05 
34,39 | 3 16,90 Norm. 
33,92 5 19,91 
33,59 2 22,09 
33,09 2 25,31 
32,68 2 27,93 Norm. 
30,84 3 39,86 Norm. 
29,92 3 45,83 
27,05 4 64,38 
26,81 2 65,98 
26,38 3 68,78 
25,66 2 73,42 Norm. 
25,23 I 76,25 
24,96 4 77:97 Norm. 
24,70 2 79,65 
23,89 2 84,90 
23,46 2 87,69 
23,16 4 89,68 
22,41 I 94,56 


Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletten Spektralgebiet 47 


‚a e ee E E a EE ge 


30894 
07,14 


18,15 
20,05 
21,33 
28,22 
29,55 
33,50 
35,02 
42,42 
45,09 
48,34 
51,70 
72,29 
73,66 
78,18 
? 


ar Mai ZS Own © 


= 
un 


84,75 
86,36 
98,21 
25601,46 
05,74 
08,66 
16,69 
18,98 
22,11 
23,39 
25,53 
28,06 
33,84 
35,41 
51,97 
54,04 
59,13 
61,67 
68,98 
79,17 
80,19 
81,70 
25701,03 
04,65 
12,70 
14,36 
21,36 
23,64 
24,92 
29,68 
31,97 
2? 35,12 
? 


wu “unwwun en WP MP en WM ra Lu Mr LA P MP Lo P NU ra ra Méih OD MM MM ra MM 


2? 37,97 
5 54:24 
5 55,35 
2 63,91 


2 Linien? 


Norm. 


Norm. 


Norm, 
Norm. 


Norm. 


Norm, 
Norm. 


Norm. 


Norm. 
Norm. 


Norm. 


2 Linien? 


Norm. 


nach Rot verschoben 


kaum 
zu trennen 


Norm. 


Norm. 


e alle nn 1 EE, a 


J Wéi 


2576515 
92,24 


25801,43 
04,33 
06,56 
11,25 
13,71 
16,09 
27,58 
36,11 
37,42 

? 


60,51 

63,87 

67,96 
5 ? 


SÉ 


75,81 
77,82 
83,08 
85,27 
89,80 
93,94 
96,55 
25903,33 
05,61 
16,67 
23,07 
40,65 
44,64 
46.34 

| 51,66 
53,90 

64,83 
66,82 
80,38 
82,64 
84,22 
86.72 
89,96 
92,28 
95.54 
98,96 
26008, 12 
10,57 

p 12,71 
17,63 
19,75 
25,98 
29,23 
64,45 
66,42 
73,80 
76,11 


WM Lal Swen ma P ra Na NUA MP LA Lët La Loi Dana dh LL Lu LLJ LA ra M pa La OD M Ch M ra d Aw a WM LA LI DB m dëi 


80,02 
82,38 


ih ine e e m EE E E A LEE 


im Lichthot 
Norm. 
Norm. 


Norm, 
Norm. 


Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletien Spektralgebiet 49 


Àvak. J Vak. | 8 ® orm. 

3831,27 3 26101,02 0,007 0,007 breit 
3080 , 5 04,24 Norm, 
30,47 | 3 06,43 
26,43 | 4 34,05 
? 2 ? verschwommen 
25,81 0,5 38,26 
25:44 3 40,78 
25,16 3 42,68 
24.73 5 45,64 Norm. 
24,49 4 47,28 
23.45 5 54,39 Norm. 
23,03 4 57,28 
22,65 2 59,89 
22,15 2 63,26 
18,08 5 91,16 Norm. 
17,85 2 92,74 
17,11 5 97,86 
16,86 2 99,57 
14,00 3 26219,22 
13,61 5 21,92 
13,33 5 23,81 Norm. 
13,11 2? 25,33 
11,79 5 34,41 
I 1,67 2 35,25 
1017 5 | 45,54 
09,26 5 , 51,82 Norm. 
04,65 2 | 83,61 
04,16 I 87,00 
02,74 3 96,81 
02,44 5 98,92 
02,17 2 26300,77 
01,13 2 07,99 Norm. 
01,10 5 08,21 Norm. 
00,80 3 | 10,26 

3797.33 | 3 | 34,32 
97,00 5 36,55 
96,67 | 2 | 38,87 
95,78 | 5 45,00 
? 0,5 ? 

94,93 5 50,98 Norm. 
? 0,5 ? 
92,05 4 70,94 
91,81 2 72,63 
90,73 4 | 80.12 Norm, 
90,46 2 82,05 
89,23 Ss | 90,59 u 
88,42 5 96,23 mehrere Linien? 
83,66 2 | 26429,45 
83,11 3 33,25 
? 4 ! ? verschwommen 
80,90 4 | 48,75 0,010 0,008 
? 3 ? verschwommen 
77:57 3 | 72,50 
76,85 3 77,97 
72,63 4 26506,70 
72,36 4 08,59 Norm. 


Zeitschr. f. wiss. Phot. 25 4 


so Fesefeldt 
Leah, J 
3771,45 2 26515,02 
71,38 4 15,47 
71,12 2 17,33 
67,49 2 42,87 
66,88 | 2 47,20 
65,67 4 55,71 
65,33 3 58,13 
63,61 4 79,09 
63,41 2 71,63 
63,11 2 73,80 
GR 4 78,72 
2,15 2 0,53 
60,62 2 91,35 
2I 2 94,29 
59,22 2 26601,26 
58,69 2 05,00 
55,69 3 27.00 
55,28 2 a 
55,07 4 30, 
54,85 2 32,26 
53,87 | 4 39,19 
53,44 3 42,21 
53,09 | I 44,70 
52,62 I Vë 
52,23 2 50,03 
50,73 4 61,50 
50,40 4 63,84 
49:99 2 SI 
49 2 9,09 
48,14 0,5 79,93 
47,76 I A 
47,4 I 4,01 
46,94 4 88.44 
46,75 2 89,83 
45,79 | 4 96,64 
45,59 | 2 6 GR 
44,40 I 20700,54 
? 0,5 ` 
43,42 3 13,55 
43,01 2 16,45 
41,22 2 29,2 
40,81 2 32,17 
39,27 4 43,18 
39,09 2 44,46 
38,18 4 51,01 
37,96 2 52,57 
36,31 5 64,38 
35,99 4 66,46 
32,25? 4 en ? 
31,59 I 90,09 
31,60 0,5 98,14 
31,01 4 26802,40 
30,81 2 03,83 
30,37 I 07,03 
25,26 4 43,47 
? 0,5 H 


Messungen von Sauerstoffbanden im violetien u. ultravioletien Spektralgebiet 51 


3724,28 | 4 26850,81 0,010 0,006 Norm. 
24,07 | L 52,37 
22,46 | 5 63,73 Norm. 
2208 | 3 66,71 
20,35 | 0,5 79,18 
18,92 | 4 80,53 Norm. 
18,78 ` 2 90,55 | 
18,02 | 4 96,05 | Norm 
17,83 | 2 26905,05 
13,02 | 4 32,22 0,008 
123,14 | 4 38,61 
09,5 I 57:34 breit 
09,17 4 60,24 
08,99 4 61,55 | 
08,65 I 64,02 | 
07,53 104 72,14 Norm. 
06,72 4 78,05 
06,53 3 79,42 
06,13 I 82,33 
04,35 2 95,25 Norm. 
03,97 I 98,07 Norm. 
02,46 4 37009,04 
01,70 ! 4 14,59 Norm 

3699,31 I 39,41 breit 
97,81 4 43,07 Norm. | 
97,12 4 48,06 Norm. 
96,38 4 53,52 
96,12 4 55,38 
95,83 2 57:53 Norm 
93,21 4 76,72 
92,95 4 78,66 Norm 
89,76 3 27102,02 Norm. 
89,20 | 4 06,13 Norm. 
88,82 ; I 08,93 | 
88,40 I 12,01 
86,79 2 23,89 
86,40 4 26,76 Norm 
85,46 4 33,65 
84,07 4 43,92 
83,79 4 45,99 Norm. 
83,44 4 48,58 
82,94 4 52,22 Norm. 
80,81 3 67,91 
80 3 70,66 
78,65 2 83,91 
78,33 3 86,24 
76,87 2 97,03 
76,63 3 98,83 
75,35 3 27208,30 
7448 2 14,74 
74,02 2 18,18 
72,23 4 31,42 
71,95 4 33,52 Norm. 
71,63 3 35,89 Norm. 
71,26 2 38,62 
69,66 3 50,23 


52 Fesejeldt 
Ayak. | J 
3669,50 2 

65,07 0,5 

64,61 0,5 

62,93 I 

62,74 I 

60,89 4 15,75 Norm. 

60,58 4 18,08 

60,26 3 20,45 Norm. 

55,07 3 59,28 2 Linien? 

54,75 3 61,63 Norm. 

53,45 3 7 l ‚39 Norm. 

53.11 2 73,90 Norm. 

50,03 4 97.01 Norm. 

49,7 ! 5 99.46 Norm. 

49,38 3 27401,92 

48,86 0,5 05,85 

47,46 2 16,34 

47,22 3 18,12 

46,24 I 25,52 

44,61 2 37.80 

44,29 2 40,16 

40,35 2 69.88 

40,13 | 2 71,56 

39,64 4 73,25 

39,24 4 78,26 

39,01 3 80,00 

38,80 l 8 d ‚56 

37,65 4 90,31 Norm. 

37,31 3 92,87 

36,36 0,5 27500,05 

35,14 I 09.24 

33,70 2 20,18 

33.48 2 21,79 

29,72 4 se er 
2 unscha 

29,30 4 53,53 Norm, 

29,05 3 55,40 

27,49 2 67,25 

27,23 3 69,28 

25,61 I 81,59 breit 

24.85 2 87,34 

24.49 3 90,12 

23,76 3 95.68 Norm. 

23,40 3 98,40 

22 37 4 27606,11 

22,07 3 08,51 

2',68 2 11,48 

21,49 2 12,02 Norm. 

20,26 4 22,35 

20,06 2 23,89 unscharf 

19,85 4 25,48 Norm, 

19,60 3 27,36 

? 2 ? verschwommen 

? I ? verschwommen 

11,29 4 90,96 

11,06 2 92,73 unscharf 


Messungen von Sauerstoffbanden im violetien u. ultravioletten Spektralgebiet 53 


Ayak. J IVak. e | Tasen, 

3610,85 4 27694,32 0,010 | 0,008 
10,62 3 96,11 i 
09,95 I 27701.25 i 
09,50 I 04.64 
08,98 4 08,67 
08,64 2 11,28 
07,73 4 18,24 Norm. 
07,41 2 20,72 
06,8 1 I 24,82 verschwommen 
06,70 I 26,18 verschwommen 
05,79 2 33,19 breit 
05,46 I 35,72 
04.76 I 41,08 verschwommen 
02,74 4 56,66 Norm, 
02,54 2 58,19 
02,32 4 59,91 
02,09 3 61,68 

3598,91 2 86,17 verschwommen 
96,40 I 27805,56 
95.62 3 11,62 
94,64 5 19,17 Norm, 
94,43 3 20,81 
94,20 4 22,61 
93,99 2 24,24 Norm, 
93,59 4 27,35 
93,29 2 29,68 
92,74 2 33,94 breit 
91,20 2 45 82 
90.83 | 2 48,73 
90,25 , 2 53,22 
88,16 2 69,47 
87,42 | 2 75,18 
86,95 | 4 78,88 Norm. 
86,53 4 82,12 Norm. 
86,33 | 2 83,69 
85,19 I 92,54 
84,28 | I 99,61 
80,97 3 27925.36 
80,65 2 27,88 Norm, 
79:97 3 33,22 
79.69 4 35,40 
79,28 4 38,56 
79,08 2 40,18 
78,61 1l 43,79 
72,85 4 88,86 
72,45 4 91,98 Norm. 
12,27 2 93,44 
71,41 2 28000,17 
70,76 0,5 05,21 
69,62 3 14,22 
69,27 2 16,95 l Norm. 
67,74 3 28,98 
67,44 2 31,34 
66,82 3 36,15 
66,44 4 39,16 Norm. 
66,02 4 42,43 


N rd Lë Lë Lui in web KKK E: m ra ML Loi Lu NM D Jh ra sa M 
Lë 


së Pr LA P Wa nu NU 


229 
Lë Lë 


NU MG Lui Lë Lë Lë Lt Lët AA P PN 


28043,69 
58,88 
64,20 
86,92 
90,70 
91,09 

28133,23 
36,84 
38,84 
41,24 
53:47 
56,21 
75,71 
78,44 

28214,06 
16,80 

? 


30,63 
32,97 
36,12 
38,77 
49,27 
51,71 
61,94 
65:09 


? 

? 
81,36 
83,61 
87,05 
89,77 

28310,44 


0,009 


Norm. 


Linie? 


Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioletten Spektralgebiel 55 


d 


own a ML dr Lë ML m es Lal ra WM La ra ën Lë 


22 
nun 


Lë dp dp P Gah MM La Li Aw mm Mai Loi LD MM ra ra La Gi DB NU NU Mai un > 


28509,29 
11,20 


95,47 

28647,03 
49,87 
67,81 
71,64 
74,96 
77,01 
82,46 
? 


? 
28750,39 
53,12 
54,97 
66,57 
68,88 
71,52 
88,62 
9107 
28825,80 
28,18 
30,00 
47,11 
56,94 
87,30 
89,96 
98,01 
28900,14 
01,98 
05,80 
08,22 
? 
? 
24,35 
66,86 
68,81 
70,48 
86,25 
98,32 
29002,41 
05,16 
19,23 
22,18 
32,60 
35,21 


56 Fesefeldt 
det, | J Yyak. 8 © orm. 
3444,01 3 29035,89 0,009 0,008 | 

42,54 I 48,37 

42,18 0,5 51,34 

40,09 I 68,98 

36,82 | 6 96,70 0,007 Norm. 
34,75 4 29114,18 

34,45 3 I 6,7 I | 

33,36 2 25,96 

32,82 4 30,54 

32,54 3 32,91 Norm. 
32,14 2 36,35 

29,92 6 55,24 

25,76 2 90,64 

25,41 2 93,59 

25,04 2 96,72 

24,63 3 29200,21 

23,33 6 11,36 Norm. 
22,00 3 22,68 

21,70 3 33,81 

20,19 4 38,63 Norm. 
19,93 3 40,43 

18,53 2 52,33 

17,49 2 61,20 

17,15 6 64,18 Norm. 
13,12 I 98,73 

12,76 I 29301,83 

11,75 2 10,48 

11,37 6 13,72 Norm. 
10,81 2 18.55 

09,72 3 27,95 

09,44 3 30,34 

08,83 2 35:59 

08,48 2 38,56 

08,03 3 42,46 

07,77 3 44,69 

06,00 6 59,94 Norm. 
05,43 2 64,85 

04,53 3 72,61 

01,02 6 29402,95 Nom. 

3399,48 2 16,28 

98,74 3 22,64 

97,92 4 29,78 

9764 3 32,19 

96,85 Ä 2 39,02 

96,42 6 42,80 Norm. 
96,10 3 45,53 

93,92 ` 2 64,45 

93,20 2 70,69 

92,78 2 74,31 

92,23 6 79,17 Norm 
88,82 3 29508,81 

88,40 6 12,44 Norm 
86,58 3 28,36 

86,30 3 30,72 

E a 3 ? unscharf 

84,94 6 42,58 


Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u. ultravioleiten Speklralgebiet 


~ 


d 


Vak. 


a Om eU mU m MM Loi MP H NU DW vw Lë ra N pa ti PL = NN Mai La Fa LL Lä P Lë Ma ON ON m= COANN 


| 
| 


29550, 10 


89,33 
29803,81 
05,90 
14,14 
15,89 
40,74 
41,69 
60,49 
71,83 
88,84 
90,74 
98,48 
29900,13 
66,21 
71,15 
73,09 
93,74 
96,19 
30048,83 
50,37 
56,19 
58,72 
88 40 
91,01 
30115,66 


0,008 


` ` ng m en ee rn nt 


Norm, 
Norm. 


unscharf 
Norm. 


Norm, 


57 


58 Fesefeldt 
gek, | J | Y ak. | 8 | Norm | 
3320,27 I 30118,06 | 0,008 0,007 

19,62 3 23,93 Norm. 
19,41 I 25,82 | 

18,76 3 31,71 | Norm 
18,59 I 33:29 | 

11,732 3 95,80 | Norm. 
11,53 I 97:57 | 

10,93 3 30203,03 Norm. 
10,76 I 04,58 

10,40 I 07,84 | 

10,08 0,5 10,75 

07,54 2 33,99 

07,28 I 36,37 l 

04,23 3 64,27 Norm 
04,06 I 65,75 

03,49 3 70,98 Norm 
03,36 I 72,24 

3297,69 I 30324,23 verschwommen 

97,15 3 29,26 Norm. 
96,97 l 30,91 

96,47 3 35:44 Norm, 
96,35 I 36,56 

94,99 I 49,10 verschwommen 
90,45 3 90,96 Nom. 
90,26 I 92,75 

89.83 3 96,69 Norm, 
85,50 I 36,80 

85,24 0,5 39,19 

84,14 4 49,41 ! Norm. 
83,57 4 54,67 Norm. 
82,98 2 60,27 

82,73 1 62,44 

78,20 5 30504,55 

7769 5 09,26 

74,92 6 35,13 Kupfer 
73,75 3 45,98 0,006 

73,50 I 48,35 

72,69 4 55,95 Norm. 
73,21 4 64,40 Norm. 
71,37 2 68,09 

71,15 I 70,32 

67,52 4 30604,21 Norm 
67,10 4 08,15 

62,76 4 48,89 

62,37 4 52,53 

60,23 3 72,71 

60,01 1 74,72 

58,33 4 90,58 Norm. 
57,97 4 | 93,95 Norm. 
54,29 4 30728,66 Norm, 
53,96 4 31,78 

52,95 I 41,30 verschwommen 
51,60 3 54,06 

51,36 I 56,37 

50,61 4 63,43 Norm. 


Messungen von Sauerstoffbanden im violetten u, ultravioletien Spektralgebiet 59 


mm ma be Nun 
Lët 


-< 
Lë 


Lei m Léi Léi pa Loi Lei pa Lei ON Lei ra Lab Lei 


e EE EE a AER EE EE EE AE EE EE WE E nn 


30774,08 
75,98 
83,50 
94,70 
97,10 

30814,62 
22,90 
25,40 
48,14 
49,80 
5354 
55,79 
68,21 
69,52 
71,05 
72,57 
74,42 
87,52 

30901,99 
12,97 
20,53 
24,90 
48,83 
51,01 
60,74 
63,79 
66,70 
68,55 

31040,81 
42,85 
57,60 
>> 


31129,40 
31,17 
45,29 
46,84 


31214,17 
16,08 
23,61 
26,06 
29,19 
95,69 
97,53 

rue 


73,74 
75 57 
86,95 
31448,27 
49,93 
60,78 
31519,41 
2 1,12 
31,03 


Kupfer 


Norm, 


Norm. 


Norm. 


Norm. 


Norm. 
Norm, 


Norm. 
Norm. 


Norm. 
Norm., 


Norm. 


60 Fesefeldt. Messungen von Sauerstoffbanden usw. 


Ayak, | J | WO? | e | Enorm. | 
3165,89 2 31586,69 | 0,008 0,005 Norm. 

? 0,5 ? 

64.79 3 97.66 Norm. 
59,47 4 316.0,87 | Norm. 
58,45 |! 4 61,06 | | Norm, 
54,03 3135,50 | 

53,44 4 11,37 | 

52,51 4 20,76 | | Norm, 
47,78 4 | 68,40 | Norm, 
46,01 4 86,35 Norm, 
? See / ? | 

42,97 I 31817,03 unscharf 
42,48 | 2 | 22,01 | | Norm. 


Herrn Geheimrat Runge schulde ich großen Dank für An- 
leitung, Rat und Unterstützung bei der Arbeit. Die Messungen 
wurden durchgeführt mit Mitteln des II. Physikalischen Instituts. 
Für die Genehmigung zu ihrer Benutzung habe ich Herrn Prof 
J. Franck bestens zu danken. 


Göttingen, IL. Physikalisches Institut. 


(Eingegangen am 9. August 1927) 


Lüppo-Cramer. Zur intermittierenden Belichtung 61 


TUT mm mm m aa  aaŘ— —— EE E E — 


Zur intermittierenden Belichtung 
Von 
Lüppo-Cramer 


Zu den Abweichungen vom Reziprozitätsgesetze, die neuer- 
dings vielfach unter dem Namen „Schwarzschild-Gesetz“ zu- 
sammengefaßt werden, zahlte schon von jeher auch die Tatsache, daß bei 
intermittierender Belichtung der photographische Effekt kleiner wird 
als bei gleich lange währender kontinuierlicher Belichtung. Diese Ab- 
weichungen sp:elen bekanntlich eine große Rolle beim Gebrauch der 
Sensitometer mit Sektorenausschnitt nach Art des Scheiner- 
Sensitometers, bei denen ja die Lichtwirkung durch die dunklen 
Stellen der Sektorenscheibe fortwahrend unterbrochen wird. Der 
Effekt dieser Belichtungsart ist daher vielfach studiert worden. Zu 
den wichtigsten Publikationen auf diesem Gebiete muß man eine 
neuere Abhandlung von Raymond Davis (1) zählen, die meines 
Wissens in der deutschen Literatur bis jetzt kaum bekannt ist 
und für deren Zusendung ich dem Direktor des Washingtoner 
Bureau of Standards, Herrn George K. Burgess zu Danke ver- 
pfichtet bin. 


Die Arbeit von Davis bringt ein außerordentlich reichhaltiges 
Versuchsmaterial zur Stütze der Tatsache, daß auch bei der inter- 
mittierenden Belichtung die Verhältnisse nicht so einfach liegen, wie 
man bisher meistens annahm, sondern daß auch hier eigentlich in 
der Mehrzahl der Fälle das Umgekehrte des bisher meist an- 
genommenen, d. h. eine stärkere photographische Wirkung bei 
intermittierender Belichtung gegenüber der bei kontinuierlicher 
eintritt. 


Wenn wir in Kürze die Arbeit von Davis referieren, finden wir 
schon in der als Einleitung vorausgeschickten Übersicht der Resultate, 
dab, ganz wie nach neueren Forschungen vom Schwarzschild- 
Effekt bekannt geworden ist, je nach der Intensität des wirkenden 
Lichtes sowohl ein geringerer als auch ein größerer Effekt 
der intermittierenden Belichtung gegenüber der kontinuierlichen vor- 
kommt und daß unter Umständen auch beide Wirkungen gleich werden. 


62 Lüppo-Cramer 

In seiner historischen Übersicht hebt Davis hervor, daß alle 
früheren Autoren gefunden hätten, die intermittierende Belichtung 
sei weniger wirksam und daß die Forscher, — er erwähnt speziell 
auch Schwarzschild, — in allen Fällen, in denen die Versuche 
das Gegenteil ergaben, einfach Versuchsfehler angenommen 
hätten! Davis betont demgegenüber wiederholt, daß die große 
Zahl voneinander unabhängiger Variationen seiner Versuchsbe- 
dingungen mit Sicherheit erwiesen habe, daß die beobachteten von 
der alten Vorstellung abweichenden Effekte nicht etwa in System- 
fehlern seiner sensitometrischen Anordnung ihre Ursache haben 
können. 

Davis untersuchte 5 verschiedene Emulsionstypen, von denen 
nur eine (Seed-Progress) die bisher meistens angenommene geringere 
Wirkung der intermittierenden Belichtung ergab, während alle andern 
eine größere Wirkung als die kontinuierliche Bestrahlung zeigten. 
Nach Davis scheinen die Ergebnisse darauf hinzudeuten, daß die 
durch das Licht bewirkte Veränderung in dem Bromsilber, d. h. die 
Ausbildung des latenten Bildes noch nach beendigter Exposition eine 
Weile fortdauert und er nimmt an, daß bei diesen Versuchen zwei 
Effekte (während der Pausen der Belichtung) in Frage kommen, 
nämlich eine steigernde (growing), den Eindruck verstärkende und 
ein Abklingen (fading). Beide sind wahrscheinlich in allen Teilen 
der Schwärzungskurve wirksam, der Abklingungsverlust hat aber ein 
Maximum in der Nähe des Schwellenwertes, während die Steigerung 
des latenten Eindruckes ihr Maximum in den höchsten Dichtigkeiten 
zeigt. Die Variierung von den schwächsten zu den höchsten Inten- 
sitäten läßt annehmen, daß bei Intensitäten über 4 Sekunden-Meter- 
kerzen die Steigerung das Abklingen in allen Fällen überkompensiert. 

Interessant ist, daß der Unterschied zwischen intermittierender 
und kontinuierlicher Belichtung noch größer wurde, wenn warme 
feuchte Witterung herrschte, daß also der Wassergehalt der photo- 
graphischen Schicht einen Einfluß auf die Verhältnisse ausübt. Es 
erinnert dies an früher mitgeteilte Versuche von Lüppo-Cramer (2) 
über den Wassereffekt bei dem Schwarzschild-Phänomen auf 
bestimmten Platten. 

Zur Erklärung der von ihm entdeckten Phänomene zieht Davis 
auch die topographischen Verhältnisse in der Schicht heran, indem 
er sagt: 

„Wenn wir diese Prinzipien auf den Fall einer Emulsion von 
bestimmter Dicke anwenden, so haben wir bei der Entstehung des 


Zur intermillierenden Belichtung 63 


latenten Bildes Licht, das vom Bromsilber absorbiert wird; folglich 
vermindert sich seine Intensität, wenn es durch die Schicht hindurch- 
geht. Bei Belichtungen, die stärker an der Oberfläche, in der Tiefe 
aber geringer als der kritische Wert sind, müßte eine Überlagerung 
von Steigerung und Abklingen zustandekommen.“ 


Eine ausgesprochen chemische Erklärung für die Effekte ver- 
sucht Davis nicht, er drückt sich vielmehr vorsichtig aus, indem 
er schreibt: 


„Das Vorhandensein sowohl des Abklingungs- wie des Steigerungs- 
effektes beim latenten Bilde deutet stark darauf hin, daß die Reaktion 
zwischen Licht und Bromsilber nicht in einer einzigen Phase, bzw. 
einer bloßen Umwandlung in das besteht, was wir als latentes Bild 
bezeichnen, sondern daß ein Zwischenstadium zwischen der ersten 
Wirkung des Lichtes und dem eigentlichen latenten Bilde besteht. 
Der Zeiteffekt, der bei diesen Phänomenen gefunden wurde, unterstützt 
diese Anschauung. Möglicherweise besteht das erste Produkt der Re- 
aktion in einer naszierenden Form, die unter dem fortgesetzten Ein- 
flusse des Lichtes die Reaktion beendet und das latente Bild ent- 
stehen läßt. Wenn jedoch während dieses Prozesses die Lichtwirkung 
aussetzt, so geht jenes naszierende Produkt im Dunkeln teilweise zu 
seinem früheren Zustand zurück, teilweise aber vollendet es die Re- 
aktion, wobei der Grad jeder Teilreaktion von der angewendeten 
Intensität abhängt.“ 


Die Ergebnisse von Davis stellen eine vollkommene Parallele 
dar zu den teilweise bereits früher bekannten und auch vom Referenten 
zum Teil an dieser Stelle (3) mitgeteilten Anomalien beim Schwarz- 
schild-Effekt in kontinuierlicher Bestrahlung, aber bei variierten 
Intensitäten. Es sei gestattet, bei dieser Gelegenheit auch auf eine 
Stelle aus einer alten Arbeit von E. Englisch (4) hinzuweisen. Bei 
einer Besprechung von Abklingungs- und Induktionsverlust stellte 
Englisch einen Deutungsversuch für die Verluste bei intermittierender 
Belichtung auf, wie folgt: 


„Die Lichtwirkung führt das Bromsilber aus dem normalen Zu- 
stande N in einen andern A über, ehe der entwicklungsfähige Zu- 
stand E erreicht wird. Die Veränderung N>A vermöge abzuklingen; 
die ihr entsprechende Arbeit stellt sich in unserer Betrachtung dar 
als Abklingungsverlust. Ist nun ein Teil der Arbeit von der Licht- 
welle geleistet, so vermögen Wellen, welche vermöge ihrer Ampli- 
tude oder ihrer Schwingungsdauer das unveränderte Bromsilber aus 


64 Bücherbesprechung — Kleine Mitteilungen 


dem Zustande N nicht in den Zustand E überzuführen vermöchten, 
doch wohl aus dem Zustand A in E zu verändern; somit muß sich 
der Induktionsverlust kleiner ergeben als der Abklingungsverlust.“ 


Literatur 


1) Raymond Davis, Scientific Papers of the Bureau of Standards, No. 528, 
Washington 1926, S. 95 bis 139. 

3) Lüppo-Cramer, Phot, Industrie 1927, Nr. 14 und ı5. 

3) Lüppo-Cramer, Phot. Industrie 1927, Nr. 14, 15, 20, 33; Phot. Korr. 1927, 
Nr. 4; Zeitschr. f. wiss. Phot. 24. 380. 1927, Phot. Rundschau 1927, S. 259. 

4) E. Englisch, Archiv wiss. Phot. 2. 131. 1901. 


(Eingegangen am 9. Oktober 1927) 


Kleine Mitteilungen 


Eine Wirkung von Gasionen auf unterkühlte Flüssigkeiten. 
Bei der Fortsetzung älterer Versuche (Zeitschr. f. anorg u. allg. Chem. 120. 241. 1922) 
über etwaige Beeinflussung der Kristallbildur.g durch elektrische Felder und Ent- 
ladungen beobachtete ich mit Herrn E. A, Scheidt einen deutlichen, begünstigenden 
Einfluß von Funken, welche dicht über der Oberfläche einer unterkühlten Flüssigkeit 
übersprangen; sie führten mit ziemlicher Regelmäßigkeit bei einer gewissen Unter- 
schreitung des Erstarrungspunktes zur Aufhebung der Unterkühlung, wobei direkt 
unter der Funkenstrecke die Kristallbildung begann. In erster Linie kommt wohl 
eine Wirkung von Gasionen in Frage, welche durch Kondensation Veranlassung zur 
Bildung wirksamer Kerne gibt. Über die Variierung und Durchführung der Versuche 
werden wir später eingehend berichten. K.Schaum. 


Bücherbesprechung 
(Rei: K. Schaum) 


Josef Maria Eder, Ausführliches Handbuch der Photographie. 
3. Aufl. Bd. II, 2. Teil: Die Photographie mit dem Kollodiumverfahren. 
354 S. mit 69 Abb. Halle 1927, W. Knapp. M. 19.20 geb. 


Trotz der außerordentlichen Leistungsfähigkeit moderner Trockenplatten ist das 
nasse Kollodiumverfahren auch heute noch für die Reproduktion von Strichzeichnungen 
unentbehrlich, da nasse, mit Jodsilber in bekannter Weise imprägnierte Kollodium- 
schichten das beste Auflösungsvermögen zeigen. Ebenso besitzen die mit trockenen 
Bromsilber-Kollodiumplatten durchführbaren Verfahren, besonders orthochromatische 
Aufnahmeprozesse, sowie Aufnahmen für Autotypie und Verwandtes, noch immer! 
erhebliche Bedeutung. Auf gründliche eigene Erfahrungen gestützt, hat der hoch- 
verdiente Verfasser das umfangreiche Material in völlig neuer Bearbeitung zusammen: 
gestellt. In erster Linie wendet sich das Buch an den Praktiker, doch gibt es dem 
Forscher mancherlei Anregung zu systematischer Bearbeitung der grundlegenden Vorgänge. 


Joseph Maria Eder und Eduard Kuchinka, Ausführliches 
Handbuch der Photographie. 3. Auf. Band II, 3. Teil. 885. 
mit 43 Abb. Halle 1927, W. Knapp. M. 6.20 geb. 


Während der Inhalt des oben angezeigten zweiten Teils von vorwiegend prak- 
tischer Bedeutung ist, behandeln die Ausführungen der Verfasser über die Daguerreo- 
typie, die Talbotypie (Negativphotographie auf Papier) und die Niepgotypie 
(Negative mit Eiweiß, Stärke u. a.) Arbeitsmethoden, die in erster Linie historische? 
Wert haben und vielfach zu physikochemischer Vertiefung der Probleme anregen. 
ETHERNET _ Le 

Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen 


— nn mn mn 


Lon SE Ca s 
4 
Sa 


wen nen, l $ green? 


ff A Ca 


Zeitschrift 


für 


 wissenschaftliche Photographie 
Photophysik und Photochemie ` 


Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen 


insbesondere von 


H. Kayser 


0. em. Professor an der Universität Bonn 


herausgegeben von 


K. Schaum 


0. Ö. Professor an der Universität Gießen 


Mit 39 Figuren im Text und einer Tafel 


VE RLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH 


ie Zeitschrift werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuchhandlung 
reis beträgt pro Band fm In- u. Ausland Rm. 24.—, bei direkter 
orto im Inland Rm. 25.—, im. Ausland Ga RS, 20. 


Januar 1928 


Inhaltsverzeichnis | 


PEST ES, | TR A 

A P. H. Trivelli, Versuch zu einer EPOP x latenten Bildes, Mit 
3 Figuren im Det u i eegen 
H A, Pritchard, Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen. Eine: onn 
‚ sensitometrische Untersuchung. Mit ro Figuren im Text . . . á 


S. E. Sheppard und H. Hudson, Additionsverbindungen des Allyl-tbioharn- 
stoffes mit Silberhaloiden, Mit einer Fi igur im Text und einer ER auf 


N EGN VER 
Lüppo-Cramer, Farbstofwirkungen bei Schleed, Mit 6 ege 

im ext. . -. - e (äer? aa, CN e 
Rütcherbesgprëebneag > e ug An er WE Be ER 


Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an 
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr, 14. 


Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren 
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständi e 
Berichterstattung möglich ist. 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere 
RER welche vom Verlag bekanntgegeben werden. 


Zr 
E ig ` i 
j _ D E y - 
- u u d A è 
’ - , b éj B 
` e, - X jr E! 
A T - ` E - * f 
b a I D 
WW 
KM \ 
D VM 
U 
+ 
= i 
a ` 
8 
Be VE 


Reproduktions-Optik | 

Apochromat-Tessare und Planare | 

Filter - Müvetten - Prismen - Spiegel 
Einstell - Mikroskope 


Druckschriften und jede gewünschte Auskunft kostenfrei von Carl Zeiss, J 


Digitized by Go SÉ 


d, 


Zeitichrift für willenichaftlidie Photographie, 
Photophylik und Photodiemie 


XXV. Band 1928 Heft 3 u.4 


Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes 
Von 
A.P.H. Trivelli 
Mit 2 Figuren im Text 


(Mitteilung Nr. 313 des Forschungslaboratoriums der Eastman Kodak Co., 
mitgeteilt durch die Technische Abteilung der Kodak A.G. Berlin) 


Um die höhere Lichtempfindlichkeit der größeren Silberbromid- 
körner in ein und derselben Emulsion zu erklären, stellten Sheppard, 
Trivelli und Loveland (1) eine sogenannte Keimanreicherungs- 
theorie auf, welche etwas modifiziert wurde, um mit neu auf- 
gefundenen Tatsachen in Übereinstimmung gebracht zu werden. 
Nach dieser Hypothese ist die Wirkung der Silbersulfidzentren (2) 
„darauf beschränkt, daß ihre Größe durch Anlagerung von photo- 
chemisch reduzierten Silberatomen wächst, wobei sie Kerne bilden, 
welche groß genug sind, um die Entwickelbarkeit hervorzurufen. 
Es ist klar, daß je größer der Keim ist, da er von einer gewissen 
Grenze ab spontane Entwickelbarkeit ergibt, die Zahl der hin- 
zukommenden Silberatome, welche erforderlich ist, um das Korn 
entwickelbar zu machen, um so kleiner ist. Daher ist auch die 
erforderliche Expositionszeit für dieses um so kleiner und die schein- 
bare Empfindlichkeit um so größer.“ Die Anwesenheit von Silber- 
sulfidkeimen [Silber kann auch als Keim dienen (3)] bedingt eine 
Störung in dem Silberhaloidgitter, was bereits von Sheppard und 
Verfasser (4) im Falle der gemeinsamen Kristallisation von Silber- 
jodid mit Silberbromid angenommen war. Diese Störung im Kristall- 
gitter, und besonders in unmittelbarer Nachbarschaft der Silbersulfid- 
empfindlichkeitskeime, beruht auf einer gewissen Desorientierung des 
Gitters und einer Deformation der Ionen des Gitters in dem um 
den Keim sich ausbreitenden Raum, wobei die Deformation mit zu- 
nehmendem Abstand von dem Keim geringer wird. Die Energie- 
absorption, welche in der Nachbarschaft eines Silbersulfidkeimes 
erfolgt, findet wahrscheinlich in diskreten Quanten statt (el Wir 
fassen die photochemische Reduktion des Silberhaloids so auf, daß 
sie im Grunde in dem Übergange eines Valenzelektrons vom 

Zeitschr. f. wiss, Phot, 25. 5 


66 Trivelli 


Haloidion zum Silberion des Kristallgitters besteht (6). Die Elek- 
tronenbahn, deren Deformation von diesem Standpunkt aus grund- 
sätzliche Bedeutung haben dürfte, ist die des Valenzelektrons des 
Bromons, Wir nehmen an, daß in unmittelbarer Nähe eines 
Silbersulfidkeimes die Deformation dieser Bahn am stärksten ist, 
und daß sie in dem Maße abnimmt, wie wir uns von dem Keim 
entfernen. Wenn Licht auf ein Korn fällt, welches einen empfind- 
lichen Keim enthält, so findet ein Übergang von Energie nach dem 
Keime statt, wobei eine Reduktion von Silber rund um den Reifungs- 
keim resultiert. 

Es sei bemerkt, daß die Bedingungen für einen Zerfall an der 
Grenze zwischen dem „Keim“ und dem Silberhaloid, sowohl optisch 
wie chemisch sehr günstig sind. Wir haben eine Diskontinuität 
im Brechungsindex an der Grenze, wobei bekanntlich in hetero- 
genen Systemen eine katalytische Beschleunigung der Reaktion an 
der Grenze der beiden Phasen eintritt (7), Die Hypothese, daß die 
Silbersulfidreifungskeime in der Weise wirken, daß sie das photo- 
chemische Produkt in ihrer Umgebung anreichern und die Ent- 
wicklung einleiten, wenn sie eine gewisse Größe erreichen, scheint 
gesichert zu sein. Mikroskopische Untersuchungen über die sicht- 
bare photochemische Zersetzung reiner Silberbromidkristalle einer 
photographischen Emulsion, in welcher Reifungskeime von Silber- 
sulfid von mikroskopisch sichtbarer Größe erzeugt worden waren (8), 
zeigten bei einer Vergrößerung von 1:2500, daß rund um den Keim 
herum Silber im metallischen Zustande gebildet worden war. An 
anderen Stellen der Kristalloberfläche erschien Photohaloid in Ge- 
stalt kleiner Pünktchen in blauer und blaugrüner Farbe. Dies kann 
als ein Beweis angesehen werden, daß in der Umgebung der Silber- 
sulidkeime die photochemische Zersetzung konzentrierter und in- 
folgedessen vollständiger stattfindet, als an anderen Stellen. Außer 
dieser direkten Vermehrung von Silber nimmt Hickman(g) an, daß 
das Silbersulfid als Akzeptor für das frei gewordene Halogen dient, 
und infolgedessen zu einer stärkeren Silberbildung führt als bei der 
photochemischen Zersetzung des Silberbromids. Es besteht kein 
Gegensatz zwischen der Hickmanschen Hypothese und der im 
vorstehenden vorgeschlagenen. 

Der vorgeschlagene Mechanismus für den Orientierungseffekt 
ist schwer quantitativ zu behandeln. Ich schlage nun eine weitere 
Hypothese vor, welche sich auf den Energieübergang von der Stelle 
der Absorption zum Silbersulfidkeim bezieht, welche bessere Möglich- 


Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes 67 


keiten für quantitative Untersuchungen eines Teiles des Mechanis- 
mus der Entstehung des latenten Bildes zu eröffnen scheint. 

Im Jahre 1868 wurde von Becquerel(Io) ein photoelektrisches 
Phänomen beschrieben. Eine Platinplatte wurde mit dem Chlorid, 
Bromid oder Jodid des Silbers überzogen. Wenn diese Platte in 
angesäuertes Wasser oder in eine Lösung des entsprechenden Alkali- 
halogenids eingetaucht wurde, so beobachtete er, daß das Potential 
des Platins gegen die Flüssigkeit durch Belichtung anstieg. Im 
Licht war die Platte stärker positiv als im Dunkeln. Becquerel 
entdeckte auch, daß der Effekt bei metallischem Silber kleiner ist 
als beim Platin. 

Wenn wir dieses photoelektrische Phänomen auf die Silbersulfid- 
zentren im Silberhaloidkristall übertragen, wobei das Silbersulid an 
die Stelle des Platins tritt, dann sollte man erwarten, daß während 
der Belichtung eine zunehmende Potentialdifferenz zwischen dem 
Silbersulid und dem Silberbromid der Umgebung aufträte; diese 
Potentialdifferenz ist beim Silberbromid diskontinuierlich, wie nun 
ausgeführt werden soll. 

Der Silberbromidkristall zeigt bekanntlich ein hohes Adsorptions- 
vermögen für fremde Substanzen, und wenn er in Berührung mit 
solchen Substanzen wächst, so verteilen sich diese mehr oder 
weniger regelmäßig, aber diskontinuierlich in ihm. W. Reinders(11) 
hat z. B. gezeigt, daß in Silberbromidkristallen die Gelatine in kleinen 
molekularen Komplexen durch den ganzen Kristall verteilt ist. So 
ist die Struktur des Bromsilberkristalles analog derjenigen der 
Lenardschen inhomogenen kristallisierten Phosphore mit ihren 
molekularen Einschlüssen fremder Substanzen, die er „Zentren“ (12) 
nennt, und welche die Stellen sind, an welchen die Elektronen los- 
gelöst werden. Lenard und Sealand (13) haben diese Substanzen 
einer eingehenden Prüfung hinsichtlich ihrer photoelektrischen Eigen- 
schaften unterzogen. Während der Belichtung lädt sich die Ober- 
fläche positiv auf. Es wurde gefunden, daß wenn die Oberfläche 
aufhört weitere Elektronen zu emittieren, nur ein Zehntel der Ober- 
fläche wirklich geladen ist. Dies berechtigt jene Autoren zu der 
Ansicht, daß der photoelektrische Effekt nicht über die ganze Ober- 
fläche verteilt ist, sondern daß er in diesen „Zentren“ lokalisiert 
ist, welche in phosphoreszierendem Sinne wirksam sind. Beim Ge- 
brauch gefärbter Gläser als Lichtfilter wurde festgestellt, daß die- 
jenigen Lichtsorten, welche keine Phosphoreszenz bewirken, auch 
keinen photoelektrischen Effekt ergeben. Sie äußern ihre Auffassung 

Lë 


68 Trıvelli 


dahin, daß Elektronen die „Zentren“ verlassen und daß die Phos- 
phoreszenz dadurch hervorgerufen wird, daß die Elektronen nach 
Aufhören der Belichtung auf die geladenen Zentren zurückfallen. 
Obwohl es durchaus wahrscheinlich ist, daß eine Loslösung von 
Elektronen in der Grenzschicht zwischen den Zentren und dem 
Silberbromid der Umgebung stattfindet, so sind doch Fälle bekannt, 
wo Elektronen von Stellen ausgesandt werden, an denen wir kaum 
die Existenz von Verunreinigungen im Kristall annehmen können. 
So vermindern z. B. im Diamant, in welchem Verunreinigungen sehr 
leicht durch ihre Absorptionsspektra nachweisbar sind, diese die 
Stärke des photoelektrischen Stromes etwa um 10—20°/, (14). 
Dasselbe gilt für Zinksulfidkristalle unter gewissen Bedingungen. 
Unter anderen Bedingungen jedoch, wenn die Verunreinigungen auf 
eine bestimmte andere Weise hineingebracht werden, zeigen Diamant 
und Zinksulfid eine starke Phosphoreszenz. Das heißt, die Methode 
der Einbringung der Verunreinigungen ist der allerwichtigste Faktor 
bei der Verstärkung oder Abschwächung der Phosphoreszenz und 
der photoelektrischen Eigenschaften. In ganz ähnlicher Weise ist 
die optische Sensibilisierung des Silberbromids im Effekt stark ab- 
hängig von der angewandten Technik. Lescynski (15) hat gezeigt, 
daß die normalerweise als Sensibilisatoren verwandten Farbstoffe 
nicht die ganze Oberfläche der Silberhaloidkörner bedecken müssen, 
mit anderen Worten, sie befinden sich als Sprenkel auf oder in der 
Nähe der Oberfläche. Auch hat E. R. Bullock (16) gezeigt, dab 
wenn Silbersulfid im Silberhaloidkorn auf eine ganz andere Weise 
gebildet wird, als bei der chemischen Sensibilisierung mittels Allyl- 
thioharnstoff, und zwar mit verdünnter Thiosulfatlösung, ein völlig 
abweichender optischer Sensibilisierungseffekt erzielt wird, welcher 
durch den Umstand erklärt werden könnte, daß hier eine andere 
Modifikation von Silbersulfid entstanden ist als mit Allylthioharn- 
stoff. Wightman, Trivelli und Sheppard (17) haben gezeigt, 
daß Photohaloidemulsionen, welche nach verschiedenen Methoden 
hergestellt wurden, eine optisch verschiedene photographische Emp- 
findlichkeit ergeben. Es erscheint also durchaus verständlich anzu- 
nehmen, daß die Silberhaloidkörner in ihrer Struktur den Lenard- 
schen Phosphoren gleichen. In beiden Fällen ist nicht nur die 
Natur der Verunreinigung, sondern auch die Art ihrer Einführung 
in das Kristallgitter von großer Bedeutung im Hinblick auf die Los- 
lösung der Photoelektronen. Unter den verschiedenen Arten von 
Verunreinigungen in den Silberhaloidkristallen der hochempfindlichen 


Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes 69 


photographischen Emulsionen sind die Silbersulfidkeime von spe- 
ziellem Interesse, 

Es wird angenommen, daß unter dem Einfluß der Belichtung, 
hervorgerufen durch die entstandene Potentialdifferenz, eine An- 
zahl elektrischer Elementarströme zwischen den Silbersulidkeimen 
und der diskontinuierlich in dem umgebenden Silberbromidgitter (18) 
verteilten Ladung auftritt, in welches Fremdsubstanzen eingebettet 
sind. Diese Ströme dürften sich von dem Silbersulfidkeim nach 
den verschiedenen Sprenkeln in dem umgebenden Silberbromid 
ausbreiten. 

Toy und Edgerton (19) haben gezeigt, daß bei Wellen- 
längen unter A = 280,0 un Silbersulfid, welches durch Abdampfen 
metallischen Silbers mit Schwefelwasserstoff hergestellt war, zwei- 
bis dreimal so stark photoelektrisch aktiv ist als Silberjodid, das 
auf ähnliche Weise hergestellt wurde, und sogar 25mal so aktiv 
als Silberbromid. Spuren von Silbersulfid im Silberbromid haben 
bei der angewandten Herstellungsmethode keinen anormalen sensi- 
bilisierenden Einfluß in photoelektrischer Hinsicht. Es wurde noch 
nicht von der Differenzierung zwischen den zwei Modifikationen 
von Silbersulid gesprochen. Wir wissen bis jetzt noch nicht, 
welche von den beiden bekannten Formen die sensibilisierende 
Wirkung ausübt; oder, wenn sie beide einen Sensibilisierungseffekt 
ergeben, welcher Unterschied, wenn überhaupt, besteht. Wenn wir 
aber annehmen, daß Toy und Edgerton die gleiche Modifikation 
von Silbersulfid in das Silberbromidgitter eingeführt haben, welche 
bei der alkalischen Behandlung der Doppelverbindung von Silber- 
bromid mit Allylthioharnstoff gebildet wird, dann dürfte dieser 
photoelektrische Effekt dennoch nur ein Faktor bei der Entstehung 
des latenten Bildes sein, im Hinblick auf die Tatsache, daß sich 
kein Parallelismus zwischen den photoelektrischen Eigenschaften von 
reinem Silberhaloid und den photographischen Eigenschaften von 
Silberhaloidemulsionen finden ließ. Dieser photoelektrische Effekt 
könnte teilweise die Ursache für die Änderung der Potential- 
differenzen in und auf der Oberfläche der Silberbromidkörner 
während der Belichtung sein, und die Existenz von photoelektrischen 
Strömen in den Silberhaloiden während der Belichtung ist in gleicher 
Weise möglich (20). Wir wissen jedoch nicht genau, wie sie fließen. 
Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Lösung des Problems des latenten 
Bildes mit seiner Kompliziertheit im Hinblick auf die Umkehr- 
erscheinungen von der Kenntnis dieser photoelektrischen Elementar- 


70 Trivelli 


ströme abhängt. Bei dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse 
ist alles was wir darüber sagen können, daß es sehr wahrscheinlich 
ist, daß die Silbersulfidkeime während der Belichtung Elektronen 
an das umgebende Silberbromid abgeben. Aber so ein Vorgang 
sollte sehr schnell durch die Zunahme der positiven Ladung der 
Silbersulfidkeime zu einem Gleichgewichtszustand führen. Auf alle 
Fälle dürfte so ein Strom sehr schön die Ablagerung von Silber- 
atomen an der Grenze zwischen den Silbersulfidkeimen und dem 
Silberbromidkristallgitter erklären, wenn wir nur wissen, wie die Elek- 
tronen zu dem Keim wieder zurückkehren. In diesem Falle könnten 
wir die orientierende Wirkung der Keimanreicherung wie die einer 
Elektrode (Kathode) bei der Elektrolyse (21) ansehen. Die Elektro- 
lyse der kristallisierten Silberhaloide und ihrer Mischungen ist von 
verschiedenen Forschern untersucht worden. Kohlrausch (22) und 
Lehmann (23) stellten fest, daß ein elektrischer Strom durch festes 
kubisches Silberjodid zur elektrolytischen Abscheidung von Silber 
und Jod führt. Kohlrausch untersuchte auch die Leitfähigkeit von 
Silberbromid und Silberchlorid. Lorenz und Czepinski (24) waren 
in der Lage, das Vorhandensein meßbarer Polarisationsströme bei 
Temperaturen vom Schmelzpunkt bis herab auf 320°C nachzu- 
weisen. Tubandt und E. Lorenz und Tubandt und F. Lorenz (25) 
haben die Elektrolyse der kristallisierten Silberhaloide und ihrer 
Mischungen untersucht und vermochten zu zeigen, daß in allen 
Fällen das Faradaysche Gesetz gilt. Auch die Untersuchungen 
von Benrath und Wainoff (26) über die Elektrolyse von festem 
Silberchlorid wurden beachtet. 

Lehmann (27) stellte durch mikroskopische Beobachtungen bei 
der Elektrolyse von kubischem Silberjodid fest, daß nur die Silber- 
ionen sich im Kristallgitter fortbewegen, während die Anionen un- 
beweglich stehen bleiben. Tubandt, Eggert und Schibbe (28) 
haben diese Untersuchungen fortgesetzt an den Silberhaloiden und 
am gœ- und f-Silbersulfid und bestätigten Lehmanns Resultate. 
Silbersulfid, in der -Modifikation stabil unter 179°C, zeigt eine 
kompliziertere Leitfähigkeit als die &-Modifikation. Hexagonales 
Silberjodid hat eine viel geringere Leitfähigkeit als das reguläre 
Silberjodid mit dem Diamantgitter. Sie fanden, daß an der Kathode 
metallisches Silber in der Form feiner Fäden und Dendriten ent- 
steht, welche bereits von Le Blanc und Kirschbaum (29) im 
Silberchlorid und von Hittorf (30) im Silbersulfid beobachtet worden 
waren. Tammann (31) fand, daß Silberjodid bei hohen Drucken 


in Antennen d, a FE DEE. RE ee De | i 


Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes 7I 


(3000 Atmosphären) in eine kubische Kristallform umgewandelt wird, 
welche mit der hexagonalen in einem weiten Bereich koexistiert. 


Barth und Lunde (32) führten eine erschöpfende Untersuchung 
über die Mischungen von Silberbromid und Silberjodid aus. Sie 
fanden auch durch röntgenographische Untersuchungen, daß Silber- 
jodid in das Silberbromidgitter übergehen kann, wenn seine Kon- 
zentration nicht zu hoch ist, was auch schon durch frühere Kristall- 
strukturuntersuchungen von R. Wilsey in unserem Laboratorium (33) 
bekannt war. Sie konnten zeigen, daß die Tammannsche Modi- 
fikation des Silberjodids aller Wahrscheinlichkeit nach kubisch ist 
und die Struktur des Silberbromids hat. Nun fand Graetz (34), 
daß die Leitfähigkeit von Silberjodid bei Drucken, unter denen sich 
die Tammannsche Modifikation bildet, etwa 200 mal größer ist 
als die des regulären Jodids. Daher könnten wir in den Silberbromid- 
Silberjodidmischkristallen bei niedrigen Konzentrationen des Silber- 
jodids ein starkes Anwachsen der Leitfähigkeit mit zunehmendem 
Gehalt an Jodid erwarten. Aber die Untersuchungen von Tubandt 
und seinen Mitarbeitern ergaben kein merkliches Anwachsen der 
Leitfähigkeit des Silberbromids, wenn es kleine Mengen von Silber- 
jodid enthielt. Aber alle die oben erwähnten Leitfähigkeitsmessungen 
wurden bei verschieden hohen Temperaturen nahe am Schmelzpunkt 
ausgeführt mit Rücksicht auf die sehr geringe Leitfähigkeit der 
Silberhaloide bei normalen Temperaturen. Dies erscheint als ein 
starker Einwand gegen die Möglichkeit eines photoelektrischen 
Elementarstromes in den Silberhaloiden während der Belichtung, 
welcher die Entstehung des latenten Bildes verursachen soll, wenn 
nicht die Silberhaloide eine wesentlich verschiedene elektrische Leit- 
fähigkeit im Licht gegenüber derjenigen im Dunkeln besitzen. 

Die Untersuchungen von Arrhenius(35) haben gezeigt, daß die 
elektrische Leitfähigkeit von Chlor-, Brom- und Jodsilber auf Glas- 
platten in dünnen trockenen Schichten zwischen Silberelektroden 
bei der Belichtung merklich anwächst, speziell bei blauer und 
violetter Bestrahlung. Er faßte dieses Verhalten auf als eine Photo- 
leitfähigkeit, ähnlich der im Selen. Scholl(36) wiederholte diese 
Versuche an Silberjodid und erhielt bei Belichtung mit å = 430 pu 
eine Leitfähigkeit welche 40—50 mal größer war als im Dunkeln. 
Mit Bädeker (37) schreibt er diese Leitfähigkeitszunahme der Bil- 
dung von metallischem Silber im Lichte zu. Im Dunkeln sollte 
die entgegengesetzte Reaktion einen großen Teil des Widerstandes 
wiederherstellen. Wilson (38) untersuchte gleichzeitig den photo- 


72 Trivelli 


elektrischen Effekt und die Leitfähigkeitszunahme bei der Belichtung 
von Silberjodid. Eine Änderung in der Leitfähigkeit stellte sich 
ein, sowohl bei violettem als auch bei ultraviolettem Licht, wobei 
der Effekt bei dem letzteren nur 8—ıo°/, von dem des ersteren 
betrug. Eine Emission von Photoelektronen trat nur bei Anwendung 
von ultraviolettem Licht auf. Wilson schlägt auf Grund einer An- 
zahl von Experimenten die folgende beachtenswerte Erklärung vor. 
Violettes Licht veranlaßt die Atome zur Emission von Elektronen 
mit geringen Geschwindigkeiten. Diese führen durch die angelegte 
elektromotorische Kraft zu einem Ansteigen der Leitfähigkeit. Ul- 
traviolettes Licht löst Elektronen von höherer Geschwindigkeit ab, 
welche viel weniger durch die elektromotorische Kraft gerichtet 


1000 


750 
S 
SD 
x 
o 500 
N 
e 
250 
O 
(0) 5 tO 15 20 25 
Zeit in Min. 
Fig. ı 


werden, und infolgedessen ist die Änderung in der Leitfähigkeit 
geringer. Mit anderen Worten, die langsamen Photoelektronen 
werden weniger leicht als die schnelleren Photoelektronen in freie 
Elektronen verwandelt, die ja die Leitfähigkeit bestimmen. Die 
Vorgänge sind unglücklicherweise viel komplizierter, wie durch 
neuere Untersuchungen von Gudden und Pohl (39) gezeigt worden 
ist. Diese Forscher kamen zu den folgenden allgemeinen Schlu$- 
folgerungen bezüglich der Photoleitfähigkeit. 

í. Der photoelektrische Strom steigt zu Beginn und fällt am 
Ende einer Belichtung. Fig. ı zeigt eine solche Kurve. Diese 
Kurve wurde erhalten mit Cadmiumsulfid, welches eine sehr große 
„inertia‘“ besitzt. Eine ähnliche Kurve für Silberjodid ist von 


Scholl (40) veröffentlicht worden und zeigt auch eine beträcht- 
liche „inertia“, 


Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes 73 


2. Der photoelektrische Strom wächst schwächer als proportional 
mit der Lichtintensität. Für verschiedene Wellenlängen und ver- 
schiedene angewandte Potentiale wurden verschiedene Kurven er- 
halten. 

3. Verschiedene Arten von Beziehungen zwischen dem photo- 
elektrischen Strom und dem angewandten Potential werden in Ab- 
hängigkeit von der Lichtintensität und der Wellenlänge erhalten. 

4. Bei konstanter Lichtenergie und konstantem Potential hängt 
der lichtelektrische Strom von der Wellenlänge des Lichtes ab. 

5. Die Verteilung der spektralen Empfindlichkeit ändert sich 
bei längerer Einwirkung bestimmter Wellenlängen. Bisherige Maxima 
verschwinden und neue treten auf. 

Gudden und Pohl gelang es bei Anwendung sehr schwacher 
Belichtung und kurzer Expositionen, den photoelektrischen Strom 
in zwei Komponenten zu zerlegen: ein primärer Strom, welcher 
sofort beginnt, ein Maximum erreicht und proportional 
per absorbierten Energie ist, und ein sekundärer elektro- 
Iytischer Strom, welcher anfänglich proportional der Be- 
lichtungszeit anwächst. 

Der Effekt intermittierender Belichtung bei der photographischen 
Platte und andere Phänomene zeigen deutlich, daß der photographische 
Effekt nicht zu den augenblicklich einsetzenden gehört. Mit anderen 
Worten, der augenblicklich einsetzende photoelektrische Effekt ist 
ungeeignet für eine photoelektrische Theorie des latenten Bildes. 
Dies bedeutet, daß für die Entstehung des latenten Bildes die 
Aufmerksamkeit auf den elektrolytischen Sekundärstrom gerichtet 
werden muß. Dieser Strom wächst mit dem Potential und mit der 
Energiedichte des Lichtes und ist der Grund für die große 
Kompliziertheit der Phänomene der lichtelektrischen Leitfähigkeit. 

Wenn wir Fig. ı ansehen und aus der Kurve die Konsequenzen 
ziehen für eine intermittierende Exposition, so erhalten wir mit zu- 
nehmender Unterbrechung einen kleineren photoelektrischen Strom, 
welcher bis zu einer Grenze abnimmt, wenn die Leitfähigkeit so 
weit abgenommen hat, daß sie den Wert der Dunkelleitfähigkeit 
erreicht (Fig. 2). Die Beziehung zwischen den beiden Phänomenen 
müßte experimentell bestimmt werden. 

Es ist leicht möglich, daß wir auf diese Weise instand gesetzt 
werden, eine Erklärung für das Versagen des Reziprozitätsgesetzes 
von Bunsen und Roscoe zu finden. Man sieht sehr leicht, daß 
bei geringer Intensität der elektrische Widerstand ansteigt, so daß 


74 Trivelli 


der photochemische Effekt kleiner wird. Mit ansteigender Licht- 
intensität wächst der photochemische Effekt. Herr V.C. Hall in 
unserem Laboratorium hat gezeigt, daß es sogar möglich ist, bei 
gewissen Intensitäten und Expositionszeiten eine Beziehung zwischen 
der Leitfähigkeit und dem Maximum der Schwärzung zu erhalten. 
Bei geringer Intensität wird das Maximum der elektrischen Leit- 
fähigkeit in lichtelektrisch leitenden Materialien schneller erreicht 


Amperes x 10" 


500 


(0) 5 tO EI 20 25 
Zeit m Min. 
Fig. 2 


als bei höheren Intensitäten, bei welchen es eine längere Zeitdauer 
entsprechend der Natur der Substanz erfordert. Bei der Erforschung 
des Reziprozitätsgesetzes wird zur Bestimmung der Dichte der photo- 
graphischen Platte Z x Z konstant gehalten. Infolgedessen wird für 
zunehmende Werte von / die Zeit Z entsprechend immer kürzer 
und kürzer. Daher wird bei derjenigen Intensität, bei welcher / 
kleiner als die zur Erreichung des Leitfähigkeitsmaximums notwen- 
dige Expositionszeit zu werden beginnt, dann das erreichte Maximum 


Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes 75 


des photoelektrischen Stromes kleiner (und infolgedessen auch der 
Wert der photographischen Schwärzung). 

Sheppard (41) hat bereits im Jahre 1924 eine Beziehung 
zwischen dem Herscheleffekt und dem Abklingen der Phosphor- 
eszenz im extremen Rot und Infrarot angegeben. Dr. E. P. Wight- 
man in unserem Laboratorium hat mich auf diese Beziehung (42) 
ebenfalls hingewiesen. In diesem Zusammenhang muß die Auf- 
merksamkeit auf den actinodielektrischen Strom von Lenard und 
Sealand (43) gerichtet werden, welcher durch Rotbestrahlung her- 
vorgerufen wird. Eine ähnliche Untersuchung wurde von Ram- 
sauer und Hausser (44) ausgeführt. Eine Untersuchung über den 
Herscheleffekt in dieser Richtung dürfte wohl befriedigendere Resultate 
geben als die gegenwärtige chemische Oxydationstheorie. Verfasser 
hat gemeinsam mit Herrn R. P. Loveland Untersuchungen über 
die Umkehrerscheinungen begonnen, welche sich teilweise noch in 
 qualitativem Zustande befinden, aber sie zeigen, daß Halogenakzep- 
toren wie Natriumnitrid, Aceton, Semicarbazon usw., welche die 
Solarisation kräftig verhindern, den Herscheleffekt beschleunigen. Dies 
stimmt nicht mit den Erfordernissen der Oxydationstheorie überein. 

In der oben erwähnten Arbeit diskutiert Sheppard auch vom 
photoelektrischen Standpunkt aus den Becquereleffekt, über welchen 
H. Scholl (45) eine sehr ausgedehnte photoelektrische Untersuchung 
durchgeführt hat. 

Was die Rolle des Silberjodids in den Silberjodobromidkristallen 
anlangt, so wurde früher eine Hypothese aufgestellt (46), daß infolge 
einer Störung des Raumgitters, welche in den röntgenographischen 
Untersuchungen von Wilsey (47) dargelegt war, die Empfindlich- 
keit zunimmt. 

Graetz (48) hatte bereits im Jahre 1836 gefunden, daß eine 
Störung im festen Chlor- und Bromsilber deren elektrische Leit- 
fahigkeit anwachsen läßt. Dies führt zu einer Ähnlichkeit zwischen 
der Keimanreicherungstheorie und der photoelektrischen Erklärung 
der orientierenden Wirkung in dieser Theorie. Infolge der Störung 
des Kristallgitters in der Umgebung des Silbersulfidkeimes wird 
eine zunehmende elektrische Leitfahigkeit nach dem Keime zu auf- 
treten. Bis zu welchem Ausmaße die Photoleitfähigkeit sich mit 
der Störung ändert, muß untersucht werden. 

Von allergrößter Bedeutung ist die Untersuchung der Photo- 
leitfähigkeit von Silberhaloiden, in welche Fremdstoffe eingeführt 
worden sind (Gelatine, Silbersulid, die Doppelverbindung Thio- 


76 Trivelli 


harnstoff-Silbersulfid, Silber usw... Röntgen (49) zeigte, daß eine Sub- 
stanz wie Natriumchlorid, welche in reinem Zustand nicht das geringste 
Anzeichen von Photoleitfähigkeit zeigt, nach einer Bestrahlung mit 
Röntgenstrahlen (welche eine Blaufärbung hervorruft) oder nach 
Einführung von Fremdstoffen in einem höchst dispersen Zustand 
lichtelektrische Leitfähigkeit bekommt. Wir kennen in der Photo- 
graphie die Bedeutung, welche die Methode der Einbringung von 
Fremdstoffen in die Silberhaloide besitzt. Tatsächlich scheint im 
allgemeinen die Photoleitfähigkeit von der Einführungsmethode der 
Fremdstoffe in empfindlicher Weise abhängig zu sein. 

Eine Reihe von Untersuchungen über die photoelektrische Leit- 
fähigkeit der Silberhaloide und des Silbersulfids im Zusammenhang 
mit den photographischen Eigenschaften sowohl der geschmolzenen 
Stoffe als auch der Einkristalle sind in unserem Laboratorium ge- 
plant. Es ist von Interesse zu bemerken, daß im Zusammen- 
hang mit dem photographischen Effekt der intermittierenden Be- 
lichtung und dem Versagen des Reziprozitätsgesetzes Untersuchungen 
aufgenommen worden sind, um eine Beziehung zu der lichtelek- 
trischen Leitfähigkeit zu finden. Wenn eine solche Beziehung be- 
steht, so kann sie als ein strenger Beweis für die einstweilen noch 
hypothetischen photoelektrischen Elementarströme angesehen werden, 
von denen man annimmt, daß sie im Silberhaloidkristall während 
der Belichtung fließen. Das andere Erfordernis ist daher die Unter- 
suchung der Potentialdifferenzen im Silberbromid und im Silber- 
jodo-bromid zwischen den Fremdsubstanzen und den Silber-haloid- 
kristallen während der Belichtung, das heißt ganz allgemein die 
Verteilung der Potentiale. 


Zusammenfassung. 


I. Die Tatsache, daß Selen und verschiedene andere Stofte 
einschließlich der Silberhaloide und des Silbersulfids sowohl photo- 
elektrische Leitfähigkeit als auch einen photoelektrischen Effekt 
zeigen, zusammengenommen mit den Tatsachen, daß in den Silber- 
haloidkörnern Silbersulfid und vielleicht Silber vorkommt, und dab 
diese offenbar stärker photoelektrisch sind als das umgebende Silber- 
haloid, haben zu dem Schlusse geführt, daß der photoelektrische 
Effekt und die Photoleitfähigkeit einen Anteil an der Entstehung 
des latenten Bildes haben. 


2. Es wurde angenommen, daß wenn Licht auf das Silberhaloid- 
korn auftrifft, in welchem Empfindlichkeitskeime von Silbersulfid 


Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes 77 


oder Silber enthalten sind, daß der größere photoelektrische Effekt 
des Silbersulids oder Silbers gegenüber demjenigen des Silber- 
haloids eine Potentialdifferenz zwischen diesen erzeugt und daß in 
gewisser noch unbekannter Weise die durch Lichtwirkung hervor- 
gerufene Photoleitfähigkeit eine elektrolytische Ablagerung von Silber 
in der Nachbarschaft der Keime bedingt. Infolgedessen nimmt deren 
Größe und daher auch die Entwickelbarkeit des Kornes zu. Ein 
solcher Effekt schließt nicht die einfache photochemische Zersetzung 
des Silberhaloids durch Licht zu Silber noch die Möglichkeit, daß 
das Silbersulid als Halogenakzeptor dient, aus. 

3. Der Mechanismus dieses photoelektrischen Effekts und der 
Photoleitfähigkeit ist noch ungeklärt und erfordert zur Aufklärung 
seiner Natur noch erhebliche Experimentalarbeit. Qualitativ scheint 
jedoch eine Beziehung zwischen dem Effekt intermittierender Be- 
bchtung und auch dem Versagen des Reziprozitätsgesetzes einerseits 
und der Entstehung des latenten Bildes andrerseits zu bestehen. 


Anmerkungen 


1) S. E. Sheppard, A. P. H. Trivelli und R. P. Loveland, J. Frank, Inst, 
200. 51. 1925. 

2) S. E. Sheppard, Coll. Symp. Monogr. 3. 76. 1925; Phot. J. 65. 380. 1925. 

3) E. P. Wightman und R. F. Quirk (wird in Kürze veröffentlicht). 

Al A. P. H. Trivelli und S. E. Sheppard, „The Silver Bromide Grain‘“‘ 
S, 121. 1921. 

5) G. B. Gudden und R. Pohl, Physik, Zeitschr. 21. 529. 1921. J. Eggert 
ud W, Noddack, Die Naturwiss. 15. 57. 1927, die eine sehr vollständige Biblio- 
graphie des Gegenstandes gegeben haben. 

6) S. E. Sheppard und A. P. H. Trivelli, Phot. J. 61. 303. 1921, unabhängig 
davon vorgeschlagen von R. Fajans, Zeitschr. Elektrochem. 28. 499. 1922. 

7) H. S. Taylor, „A Treatise on Physical Chemistry“, Vol. II. 952. 1925. 

8) S. E. Sheppard, A. P. H. Trivelli und E. P. Wightman, „The Pro- 
duction of Sensitizing Specks on Silver Halide Grains“ (wird in Kürze veröffentlicht). 

9) K. C. D. Hickman, Phot. J. 67. 34. 1927; vgl. auch R. Lambert und 
E. P. Wightman (eine Arbeit, die Hickmans Hypothese diskutiert), Zeitschr, f. 
wiss, Phot. 25. 10. 1927. 

10) E. Becquerel, La Lumière 2. 121. 1868. 

11) W. Reinders, Zeitschr. Phys. Chem. 77. 213, 356, 677. 1911. 

12) P. Lenard. Zeitschr. Phys. 3. 98. 1920; 4. 206. 1921. 

13) P. Lenard und P. Sealand, Ann.d. Phys. 28. 476. 1909. 

14) B. Gudden und R. Pohl, Zeitschr. Phys. 3. 123. 1920. 

15) W. Leszynski, Zeitschr. Wiss. Phot. 24. 261. 1926. 

16) S. E. Sheppard, B. J. 73. 33. 1926. 

17) E. P. Wightman, A. P. H. Trivelli und S. E. Sheppard, „Preparation 
and Properties of Experimental Photohalide Emulsions“ (wird bald veröffentlicht). 


78 Trivelli. Versuch zu einer Hypothese des latenten Bildes 


18) Die Absorption der strahlenden Energie soll nach den Wahrscheinlichkeits- 
gesetzen stattfinden. 

19) T. C. Toy und H. A. Edgerton, Phil. Mag. [7] 8. 482. 1927. 

20) C. Ries, „Das Licht in seinen elektrischen und magnetischen Wir- 
kungen“. 1909. 

21) Die Kompliziertheit des photoelektrischen Phänomens ist gut beschrieben 
in A. L. Hughes’ Photo Electricity (1914) und W. Hallwachs’ Die Lichtelektrizität. 
Marx’ Handbuch der Radiologie Bd. III. (1916). 

22) W. Kohlrausch, Ann. d. Phys. 17. 642. 1882. 

23) O.Lehmann, Ann. d. Phys. 24. 1. 1885. 

24) R. Lorenz und V.Czepinski, Zeitschr. anorg. u. allg. Chem. 19. 208. 1909. 

25) C. Tubandt und E Lorenz, Zeitschr. phys. Chem. BN. 513. 1914; 
CG Tubandt und F. Lorenz, Zeitschr. phys. Chem. 87. 542. 1914. 

26) A. Benrath und J. Wainoff, Zeitschr. phys. Chem. 77. 257. 1911. 

27) O. Lehmann, Ann. d. Phys. 24. 1. 1885. 

28) C. Tubandt und P. Eggert, Zeitschr. anorg. u. allg. Chem. 110. 106. 1920. 
C. Tubandt, Zeitschr. anorg. u. allg. Chem. 115. 105. 1920. C. Tubandt, S. Eg- 
gert und G. Schibbe, Zeitschr. anorg. u. allg. Chem. 117. 1. 48. 1921. 

29) M. Le Blanc und F, Kirschbaum, Zeitschr. Elektrochem. 16. 242. 1910. 

30) Hittorf, Pogg. Ann. 84. 1. 1851. 

31) C. Tammann, Zeitschr. phys. Chem. 75. 733. 1911. 

32) T. Barth und G. Lunde, Norsk. Geol. Tidsk. 8. 293. 1925. 

33) R. B. Wilsey, J. Frank. Inst. 739. 1925. 

34) Graetz, Ann. d. Phys. 29. 314. 1886. 

35) S. Arrhenius, Sitz.-Ber. Akad. Wiss. Wien. 96. 831. 1887. 

36) H. Scholl, Ann. d. Phys. 14. 193, 417. 1905. 

37) R. Bädeker, Ann. d. Phys. 29. 566. 1909. 

38) W. Wilson, Ann. d. Phys. 23. 107. 1907. 

39) B. Gudden und R. Pohl, Zeitschr. Phys. 6. 248. 1921; 7. 65. 1921; 
Physik. Zeitschr. 22. 529. 1921. 

40) H. Scholl, Ann. d. Phys. 14. 193, 417. 1905. 

41) S. E. Sheppard, Arbeit über „Antagonism of Radiations in Photochemical 
and Photographic Reactions“, vorgetragen in der Sitzung der Am. Chem. Soc, in 
Washington 1924 (wird in den Chemical Reviews veröffentlicht werden). 

42) P. Auger, Ann. Phys. 6. 183. 1926. 

43) P. Lenard und I. Sealand, Ann. d. Phys. 28. 476. 1909. 

44) C. Ramsauer und P. Hausser. Ann. d. Phys. 34. 445. I9IL. 

45) H. Scholl, Ann. d. Phys. 14. 193, 417. 1905. 

46) A. P. H. Trivelli, Rec. trav. chim. 8. 714. 1923. 

47) R. B. Wilsey, J. Frank. Inst. 739. 1925. 

48) L. Graetz, Wied. Ann. 29. 314 1886. 

49) W. C. Röntgen, Ann. d. Phys. 64. ı. 1921. 


Rochester, N. Y., 3. Mai 1927. 


(Eingegangen am 16. Juni 1927) 


Pritchard. Die Schleierkorrektion photographischer Schwärsungen 179 


Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen 
Eine sensitometrische Untersuchung 
Von 
H. A. Pritchard 


Mit ıo Figuren im Text 


(Mitteilung Nr. 310 des Forschungslaboratoriums der Eastman-Kodak Co., 
mitgeteilt durch die Technische Abteilung der Kodak A.G. Berlin) 


Es ist bei sensitometrischen Untersuchungen an photographischen 
Materialien höchst erwünscht, die störende Wirkung des Schleiers 
zu eliminieren, um diejenigen Dichten zu erhalten, welche nur von 
der Entwicklung solcher Körner herrühren, welche vom Licht ge- 
troffen worden sind, aber keine Körner in sich begreifen, welche 
auch ohne die Belichtung entwickelt worden wären. 

Eine Methode zur Korrektion photographischer Dichten im 
Hinblick auf den Schleier hat kürzlich Wilsey (1) vorgeschlagen. 
Diese ist eine Modifikation der Methode von Meidinger (2), bei 
welcher der letztere annimmt, daß der Abzug für den Schleier 
proportional zu der Zahl der nicht als Bildkörner entwickelten 
Körner ist. Wilsey führt aus, daß es korrekter wäre, der von 
Sheppard und Mees (3) sowie von Hurter (4) geäußerten Annahme 
zu folgen, daß der über den Bildeindruck hinausgehende Schleier 
proportional der Masse des nicht vom Lichte getroffenen Silbers 
ist. Unter der Annahme, daß die Masse des vom Lichte affızierten 
Silbers genau dargestellt wird durch D_, der Grenzdichte bei voll- 
ständiger Entwickelung des Bildes, und daß die Masse des als 
Schleier entwickelbaren Silbers proportipnal der Schleierdichte'!) ist, 
wurde die Formel für den das Bild überlagernden Schleier folgen- 


dermaßen abgeleitet: 
| Di Pamay (1) 
F D 


wo D, die das Bild überlagernde Schleierdichte, D, die maximale 
Dichte (der größte Wert von D_, wenn alle entwickelbaren Körner 


der Emulsion durch die Exposition entwickelbar gemacht und ent- 


D Aus der Form von Gleichung (1) ist es ersichtlich, daß es nicht nötig ist, 
daß das photometrische Äquivalent für den Schleier das gleiche ist wie dasjenige 
für die Bilddichte. 


80 Pritchard 


wickelt worden sind), und Æ die Schleierdichte an einer nicht ex- 
ponierten Stelle der Emulsion bedeuten. D. und EF werden ex- 
perimentell bestimmt; ein angenäherter Wert von D, für jede 
Expositionszeit wird aus experimentellen Daten nach der Methode, 
welche Wilsey angegeben hat, bestimmt. 

Wilsey gibt an, daß diese Korrektion verschiedene Faktoren 
außer acht läßt, welche in bestimmbarer Weise die Entwicklung 
und Verteilung des Schleiers berühren. Einer von diesen ist der 
Einfluß der Reaktionsprodukte der Entwicklung. Bloch (5) hat 
eine Methode beschrieben, um diesem Faktor Rechnung zu tragen; 
eine kleine Fläche in der Mitte jeder Schwärzung, in welche hinein 
Reaktionsprodukte diffundieren können, wird gegen die Exposition 
geschützt und der Schleier an dieser Stelle gemessen; auf diese 
Weise hat jede Schwärzung ihren eigenen Schleierwert 7 zur Ver- 
wendung in Gleichung (I) an Stelle eines konstanten Schleierwertes 
eines Sensitometerstreifens. 

Ein anderer Faktor, welcher die Genauigkeit der Gleichung (1) 
beeinflussen könnte, ist der Fehler, der dadurch bedingt wird, daß 
die Dichten proportional zu der entsprechenden Masse von Silber 
angenommen werden. 

Es wurde auch ausgeführt, daß die am meisten zu Schleier 
neigenden Körner auch die für die Exposition empfindlichsten sind, 
in welchem Falle die geringeren Expositionen vorzugsweise die 
meisten der Schleierkörner auswählen dürften, so daß die übrig 
bleibenden Körner eine geringere Wahrscheinlichkeit besitzen dürften, 
als Schleier entwickelt zu werden. Die Existenz eines solchen 
Effektes wurde durch eine Untersuchung von Trivelli, Wightman 
und Sheppard (6) dargetan, in welcher gefunden wurde, daß der 
„zusätzliche Schleier“ eine Größenhäufigkeitsverteilung ähnlich der- 
jenigen der exponierten Körner hat. 

Im Hinblick auf diese verschiedenen Faktoren, welche diese 
Methode der Schleierkorrektion nicht in Rechnung setzt, hebt 
Wilsey hervor, daß die Methode nur dann angewandt werden darf, 
wenn der Schleier nicht übermäßig groß ist, und wenn keine be- 
sonderen ungewöhnlichen Faktoren den Schleier beeinflussen. 

Unter Verwendung von Werten, welche aus einer mäßig langen 
Reihe von Entwicklungszeiten (bis zu 16 oder 32 Minuten) erhalten 
wurden, ergab die Gleichung von Wilsey eine zusammenhängende 
Reihe charakteristischer Kurven, aus welchen der Effekt des Schleiers 
im großen ganzen eliminiert zu sein schien. Bei den längsten Ent- 


Die Schleierkorrektion. photographischer Schwärzungen 81 


wicklungszeiten jedoch, wo der Schleier am stärksten war, zeigten 
sich gewisse Anzeichen einer Überkorrektion, was darauf hindeutet, 
daß die bei dieser Methode vernachlässigten Faktoren doch nicht 
ganz vernachlässigt werden dürfen. Es schien erwünscht, einen: 
Versuch zur Modifikation dieser Art von Korrektion zu unternehmen, 
um dem Einfluß dieser Faktoren Rechnung zu tragen, so daß die 
Methode noch genauer und über einen ausgedehnteren Bereich von 
Schleierwerten anwendbar würde, Man mußte ausfindig machen, 
welche Angaben man aus sensitometrischen Daten erhalten konnte, 
um eine brauchbarere Funktion für die Schleierkorrektion zu ge- 
winnen. Um die Materie der Schleierkorrektion auf eine feste Grund- 
lage zu stellen, sollten die den Schleier beeinflussenden Faktoren 
mit Hilfe der direktesten möglichen Methoden untersucht werden. 
Dies dürfte die Bestimmung der Beziehung der Masse des Silbers 
zur Dichte über einen großen Bereich von Versuchsbedingungen 
in sich schließen, sowie eine Untersuchung über den selektiven 
Einfluß der Exposition auf die Schleierkörner und eine allgemeine 
Untersuchung über die Art der Entwicklung von Silberhaloidkörnern 
sowohl im unbelichteten wie im belichteten Zustand mit wechselnden 
Lichtmengen. Die gewöhnlichen sensitometrischen Methoden ließen 
keine quantitativen Aufschlüsse über diese Faktoren erwarten; da- 
gegen wurde als richtig unterstellt, daß sensitometrische Daten ge- 
wisse Aussagen über die Verteilung des dem Bilde überlagerten 
Schleiers machen können, trotzdem die Methode der Ableitung 
der Resultate indirekt ist und notwendigerweise Annahmen in sich 
birgt, die nicht direkt bewiesen worden sind. 

Nietz (7) erhielt Daten über die Verteilung des dem Bilde 
überlagerten Schleiers auf zwei Methoden. In dem einen Falle 
wurde die charakteristische Kurve, die bei Anwendung eines un- 
reinen Entwicklers erhalten war, wobei ein starker Schleier entstand, 
verglichen mit derjenigen Kurve, welche wahrscheinlich erhalten 
worden wäre, wenn keine Schleierbildung eingetreten wäre. Diese 
letztere Kurve wurde konstruiert auf Grund der Annahme, daß bei 
höheren Dichten kein Schleier überlagert und daß der Punkt des 
Maximalkontrastes ohne Schleier der gleiche wie der für kurze Ent- 
wicklungszeiten wäre. Im anderen Falle wurden charakteristische 
Kurven, welche bei Zusatz von Thiocarbamid zum Entwickler er- 
halten waren, verglichen mit solchen, die der gleiche Entwickler 
ohne Thiocarbamid ergeben hatte. Der überlagerte Schleier wurde 
in Beziehung zur Dichte des Bildes in einer Kurve aufgezeichnet, für 

Zeitschr. f. wiss, Phot, 25 6 


82 Ä Prischard 


deren größten Teil sich die Beziehung ableiten ließ D, = K (D; — DÄ 
wo D; die Bilddichte, D, der Wert ist, bei welchem der gerade 
Kurventeil die Achse der Dichte schneidet und X eine Proportionali- 
tätskonstanite ist. Die Werte weichen von dieser linearen Beziehung 
bei den höheren Bilddichten ab. 


Neuerdings hat Sheppard (8) über sensitometrische Unter- 
suchungen berichtet, welche er an einer Reihe von Emulsionen mit 
wechselndem Gehalt an Allyl-thioharnstoff angestellt hat. Er kommt 
zu dem Schluß, daß die Daten besser der Gleichung von Nietz 
als der von Wilsey für die Dichte des übergelagerten Schleiers 
entsprechen. Diese Deutung stützt sich auf die Konstanz von 
Gamma über einen beträchtlichen Bereich von Schleierwerten für 
verschiedene Emulsionen in diesen Serien. 


Die in dieser Untersuchung befolgte Methode bestand darin, 
daß man das Anwachsen der Dichte bei langen Entwicklungszeiten 
untersuchte, nach deren Ablauf die Bilddichte praktisch vollständig 
entwickelt worden war; in der Regel erscheint die Bilddichte in 
einem Zeitraum von 30 Minuten nahezu vollständig entwickelt zu 
sein, während die Entwicklung des Schleiers mehrere Stunden fort- 
dauert. Während der letzten Entwicklungsperiode sollte das An- 
wachsen der Dichte mit wechselnden Expositionszeiten im großen 
und ganzen das gleiche sein wie beim Schleier, und das Maß ihres 
Wachsens sollte einen Anhaltspunkt für die Menge des mit dem 
Bilde vermengten Schleiers abgeben. Emulsionen und Entwickler 
waren von vorbildliichem und normalen Typ und gaben bei gewöhn- 
lichen Entwicklungszeiten keinen übermäßigen Schleier. Weiterhin 
wurde der überlagerte Schleier bei Entwicklungszeiten untersucht, 
bei denen das Versagen der Wilseyschen Korrektion am dent- 
lichsten ist. Die Blochsche Methode der Schleiermessung wurde 
verwandt, um in der bestmöglichen Weise dem Effekt der Reaktions- 
produkte des Entwicklungsprozesses Rechnung zu tragen. 


Experimentelle Methoden. . 


Die vorliegenden Untersuchungen wurden an drei Emulsionen 
von verschiedenem Typus ausgeführt, ein Positivilm (wenig empfind- 
lich), ein Röntgenfilm (mittel empfindlich) und ein Porträtfilm (hoch- 
empfindlich, Sensitometrische Expositionen sowohl mit Röntgen- 
strahlen wie mit weißem Licht wurden auf allen drei Filmsorten 
ausgeführt. Die Expositionszeiten waren so bemessen, daß sie unter 


Die Schleierkorrektion photegraphischer Schwärzungen 83 


allen Umständen die charakteristischen Kurven praktisch in Ihrem 
ganzen Verlauf ergaben. 

Die Expositionen mit weißem Licht wurden in einem Sektor- 
scheibensensitometer ausgeführt, welches für jede Exposition eine 
Umdrehung macht.(9) Die Lichtquelle war eine Wolframlampe in 
einem Lampengehäuse, das mit einem Fenster von Matt-Glas 
versehen war. Die Farbtemperatur der Lichtquelle war 2500° C. 
Die Filme wurden mit folgenden Intensitäten exponiert: Positivfilm 
7,94 m.c., Röntgenflm 1,99 m.c. und Porträtfilm 1,99m.c., jede 
Intensität war angenähert die optimale für den entsprechenden Film. 
ı8 Stufen von Expositionszeiten, welche sich durch den Faktor 2 
unterschieden, wurden erhalten, indem zwei Reihen von Expositionen 
unter Verwendung einer jeweils verschiedenen Anzahl von Um- 
drehungen der Scheibe hergestellt wurden. Die Filme wurden 
hinter Glas exponiert, wie bei der Diskussion der Blochschen Me- 
thode der Schleiermessung erklärt werden soll. 

Die Röntgenstrahlenexposition, bestehend aus 16 Stufen mit 
dem Faktor 2, wurde ausgeführt mit einem nicht intermittierenden 
Sensitometer von dem von Jones (10) angegebenen Typus. Die 
Strahlenquelle war eine Coolidgeröhre vom Universaltyp, betrieben 
mit 60 Kilovolt durch einen geschlossenen Transformator mit me- 
chanischem Gleichrichter. 

Der Schleier wurde für jede Expositionsstufe beim Positiv- und 
Röntgenfilm nach der Blochschen Methode bestimmt. Bei dieser 
Methode wird in der Mitte jeden Feldes einer Expositionsstufe eine 
kleine Fläche vor der exponierenden Strahlung geschützt. Man 
konnte natürlich erwarten, daß die bei der Entwicklung der ex- 
ponierten Flächen entstehenden Reaktionsprodukte nicht nach den 
geschützten Stellen diffundieren können und die Entwicklung der 
Schleierkörner in dem gleichen Maße verzögern, wie sie dies bei 
den Schleierkörnern tun, welche durch die exponierten Teile der 
Emulsion verteilt sind. Ferner ist die Blochsche Methode mit 
dem Einfluß der Irradiation (während der Exposition) von den um- 
gebenden Körnern nach dieser Stelle hin behaftet. Je kleiner die 
Fläche, um so kleiner ist die Strecke für die Diffusion und um so 
näher sollte die Konzentration der Reaktionsprodukte derjenigen in 
der umgebenden exponierten Fläche sich angleichen. Aber je größer 
gleichzeitig der Irradiationseffekt wird, um so kleiner wird die ge- 
schützte Fläche. Das Experiment hat gezeigt, daß das Minimum 
an Schleier bei der Blochschen Methode gegeben ist bei einer 

ch 


84 Pritchard 


geschützten Fläche von ungefähr !/, Inch im Durchmesser. Um 
den Effekt in dieser vorläufigen Untersuchung zu verstärken, wurde 
das Bromid im Entwickler fortgelassen; ein besonders starker Effekt 
der Reaktionsprodukte auf den Schleier wurde bei Anwendung 
eines kräftigen Hydrochinonentwicklers ohne Bromid erhalten, Für 
die Expositionen mit weißem Licht waren kreisförmige Stückchen 
von schwarzem Papier von !/, Inch Durchmesser auf einer Glas- 
platte befestigt. Der Film wurde hinter dieser Platte exponiert und 
in gutem Kontakt mit den schwarzen Papierstücken mit Hilfe 
einer dicken Glasplatte (bedeckt mit dunklem Papier zur Verhinde- 
rung der Reflexion) gehalten, welche auf die Rückseite des Filmes 
aufgepreßt wurde. Für die Röntgenstrahlenexpositionen waren 
Löcher von !/, Inch Durchmesser in eine !/, Inch dicke Bakelit- 
platte gebohrt und durch Blei ausgefüllt, wobei Vorkehrungen ge- 
troffen waren, daß die Enden dieser Bleizylinder eben und glatt 
abschließend mit der Oberfläche der Platte gemacht wurden. Der 
rückwärtige Verschluß des Filmhalters übte einen festen Druck auf 
den Film aus, um ihn in gutem Kontakt mit der Platte zu halten, 
und er war auch mit Bleifolie bedeckt, um den Film gegen Streu- 
strahlung aus dem Hintergrunde zu schützen. Die Blochsche Me- 
thode wurde nicht bei den Expositionen von Porträtfilm angewandt, 
weil die Ergebnisse mit den beiden andern Filmsorten gezeigt hatten, 
daß dies unnötig war. 

Die Entwicklung der Sensitometerstreifen wurde in einem Trog 
aus Monelmetall mit Doppelboden als Wassermantel in folgendem 
Röntgenfilmentwickler ausgeführt: 


Blons s coro e s ee 23g 
Hydrochinon . . . . . 9,2g 
Natriumsulft . . . . . 50 g 
Natriumcarbonat >». 50 g 
Kaliumbromid . .. . 2 g 
Wasser, aufgefüllt zu 1000 ccm 


Die Temperatur des Entwicklers wurde auf 18°C. konstant ge- 
halten mit Hilfe eines Thermostatenbades, und der Entwicklungstrog 
wurde kontinuierlich geschaukelt, mit Ausnahme bei den langen 
Entwicklungszeiten, wo er in Intervallen von 5 oder ro Minuten 
bewegt wurde. Die Entwicklungszeiten hatten einen Spielraum von 
ı Minute bis zu 2 Stunden für Positiv- und Röntgenfilms, und bis 
zu 5 Stunden für Porträtfilms, wobei die längste Zeit ausreichte, um 


Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen 85 


eine vollständige Entwicklung sowohl für die Schleier- als auch für 
die Bildschwärzungen zu erzielen. Drei Streifen wurden entwickelt 
für jede Zeit und: ihre Dichten wurden für die Konstruktion der 
Sensitometerkurven gemittelt. 


Die charakteristischen Kurven wurden aufgezeichnet und dann 
nach folgendem Verfahren ausgeglichen: Bei jedem Expositionswert 
wurden die Dichte-Entwicklungszeit-Kurven durch die Dichtewerte ge- 
zogen, welche von den charakteristischen Original-Kurven entnommen 
waren; von diesen Entwicklungszeit-Kurven wurden die Dichten 
genommen, um die charakteristischen Kurven wiederzuzeichnen. 
Diese ausgeglichenen Kurven wurden in der folgenden Untersuchung 
über die Schleierkorrektion verwandt. 


Ergebnisse und Diskussion. 


Zur Prüfung der Genauigkeit der Schleierkorrektion können 
mit Hilfe der sensitometrischen Methoden nur wenig Beweise er- 
halten werden. Es ist daher nötig, die Brauchbarkeit einer solchen 
Korrektion nach dem Charakter der korrigierenden Kurven, als 
Gruppe zusammengefaßt, zu beurteilen. Wenn die Gruppe in sich 
geschlossen ist und nicht gegen die allgemein gültigen Anschauungen 
über die Entwicklung der Bildschwärzung verstößt, so kann sie als 
einwandfrei korrigiert angesehen werden. Dies ist ein etwas will- 
kürlicher Maßstab, der zum Teil auf die Erfahrung des Experimen- 
tators gegründet ist, aber er ist gegenwärtig der beste Standard, 
den man anwenden kann. Die allgemeine Annahme, mit welcher 
die korrigierten Kurven in Einklang stehen müssen, ist die, daß 
für jede Expositionszeit die Schwärzung kontinuierlich mit der Ent- 
wicklung zunehmen muß bis zu einem Maximum, bei welchem sie 
bei weiterer Entwicklung merklich konstant bleibt. Dieselbe Regel 
dürfte normalerweise ebensogut auch für Gamma gelten. 


In Fig. ı sieht man die Scharen von ausgeglichenen charakte- 
ristischen Kurven für Röntgenfilm, belichtet mit Röntgenstrahlen 
und weißem Licht, Dichte-Entwicklungszeit-Kurven für eine Anzahl 
von Expositionszeiten sind angegeben. Es sei erwähnt, daß im Ge- 
biet beträchtlicher Expositionen die Dichte rapid mit der Ent- 
wicklungszeit anwächst und in den meisten Fällen in relativ wenigen 
Minuten ihr Maximum erreicht. Für geringere Expositionen ist die 
für eine vollständige Entwicklung erforderliche Zeit viel größer. Die 
größte Schleierdichte wurde in allen Fällen beträchtlich kleiner als 


‚die maximale Bilddichte gefunden, wobei ihr relativer Wert von 
dem Typ des Filmes abhängt. Die nach der Blochschen Methode 
für jede Expositioastufe bestimmten Schleierwerte wurden aut- 
gezeichnet in ihrer Beziehung zu den gleichen Expositionsskalen wie 


e Licht 


1 Min. Entwicklung 


— = 
FA Exwositionszeif 2 
Fig. ra 


Schlererdichte 


20 SC 
Log. Expositionszeit 
Fig. ıb 


2 57 


in den entsprechenden charakteristischen Kurven (Figg. ıb u. Ie) 
Positivfilm (Fig. 2) zeigt eine beträchtliche Umkehr im Gebiete kleiner 
Expositionszeiten für lange Entwicklungszeiten, ein Effekt, welchen 
man unter solchen Bedingungen häufig findet. 


FW dëser air -| E 


Die Schleierkorrektion pholegraphischer Schwärzungen 87 


Die Unstimmigkeiten zwischen den existierenden Methoden der 


Schleierkorrektion sind in Fig. 3 illustriert, in welcher die Kurven 
für Röntgeafiim, nach drei verschiedenen Methoden korrigiert, ein- 
gezeichnet sind. Der Abzug eines gleichmäßigen Schleierwertes 


30 


Dichte 


C) Licht 
39 
DA 
2,1 
1,8 
| 15 
g 0,9 
0,0 
| Schleier 


30 60 90 120 
Entwicklungszeit m Min. 


Fig. Ic 


€) Aöntgenstrahlen 


Min. Entwicklung 


CH 30 H 
Log. Expositonszeit ú S 


Fig. ıd 


von allen Dichten einer gegebenen Kurve führt zu einer völlig 
sinnlosen Schar von korrigierten Kurven. Wie die charakteristischen 
Kurven in Fig. ı zeigen, entwickelt sich der Schleier noch weiter, 
lange nachdem die maximale Dichte des Films für hohe Expositions- 


38 Pritchard 


zeiten erreicht worden ist. Der Abzug eines anwachsenden Schleier- 
wertes von der gleichen maximalen Bilddichte führt zu einer Ver- 
minderung von Dmax in den korrigierten Kurven, wo hingegen kein 


30 ! 
(€) Äöntgenstrahlen 
6 
4 
zen 3 
RT E9 —G 
E dee rl 
S 2 
S 
>40 
1 Min. | 
16 Entwicklung | 
11 | 
O 10 20 BW: 40 50 
Log. Expositionszert 
Fig. 1e 
aa (f) Aöntgenstrahlen 
7 45 
sc 
2A 
2, 
2p 1,8 
è == et? 
R L ei vil 
S 7 
10 | Schleier 
60 90 120 
Entwicklungszeif in Min. 
Fig. ıf 


‘Grund vorliegt, weder in der Theorie noch im Experiment, zu ET 
warten, daß die Dichte mit der Entwicklungszeit abnimmt, wen? 
sie einmal ihren Maximalwert erreicht hat. 


Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen 89 


Min, Entwicklung 


KR "e O 
Log. D Ü = 


Fig. 2a 


Schleierdichte 


O 9 20 ` 28 40 50 
Log. Expositionszeit 


Fig. 2b 


Ein ähnlicher Effekt, aber schwächer in seinem Ausmaß, zeigt 
sich bei Verwendung der Meidingerschen Formel. Es zeigt sich 


Digitized by Google 


(OQ Licht 


30 60 90 
Entwicklungszeif in Min. 


Fig. 2c 


Röntgenstrahlen 


30 40 
Log. Expositionszeit 


Fig. 2d 


nn 


> I 
or: OL LL NNOTIO 
Digitized by Xa O IQ IX 

O 


120 


Die Schleierkorrektion pholographischer Schwärsungen QI 


deutlich eine Überkorrektion bei Entwicklungsseiten über 16 Minuten. 
Diese Überkorrektion tritt bei kleineren Expositionen stärker hervor. 


(©) Aöntgenstrahlen 11 | 
8 
6 
LED 4 
S 
$ S 
nt 
S10 e 
1 Min. 
22 Entwicklung 
O 10 20 E e 40 50 
Log. Expositionszeit 
Fig. 2e 
20 Se 
30 
2,7 
30 
| 24 
"O OO Schleier 
KE 
zj e 
e SE Ve 
Log. E15 
10 Schleier 
(f) Aöntgenstrahlen 
30 60 90 120 
Entwicklungszert in Min. 
Fig. 2f 


Wenn die Wilseysche Gleichung angewandt wird, so sind die 
Unstimmigkeiten zwischen den korrigierten Kurven kleiner als ia 


92 Pritchard 


den Fällen der beiden anderen Korrektionsmethoden. Aber hier 
tritt statt dessen eine Überkorrektion auf, wenn hohe Schleierwerte 
bestehen. Eine Überkorrektion der charakteristischen Kurven für 
lange Entwicklungszeiten zeigte sich in ähnlicher Weise bei Positiv- 


"TT e i 
EE 
2p GG 
IA „es er 
A A et 
S (4 se 
S ds S 
A Lë SE aana 
1) SE S 
A Be Mın. Entwicklungszeit 
Be / Dag 
S "797 a 9 20 50 
Log Expositonszeit 
Fig. 38 
(b) Licht PO ser 
ech 
U 
Au 
A 
S 
Q 
O 
45 Ee Mm. Entwicklung 
120 
BD / 
Fr Da 
Log. Exposihionszert 


Fig. 3b 


und Porträtfiilm und war besonders groß für Positivfilm, welcher 
mit Röntgenstrahlen belichtet war. Das Versagen der Wilsey sch e 
Gleichung liegt offensichtlich begründet in Faktoren, welche € Ve 
nachlässigt und welche bereits diskutiert worden sind. 


Schleiers ist veranschaulicht durch die Schleierkurven der Figg. ıb 
und 1e. Diese Kurven zeigen im allgemeinen, daß der Schleier an 
den geschützten Stellen nahezu konstant und bis zu demjerisen 


(O Licht 


A 
$ 
S 
10 ; ; 
1 Min. Entwicklung 
S P P a9 50 
Log Exposihonszert 
Fig’ 3c 
O 
E) ARöntgenstrahlen 
l- ---------16 
A 
- A = ------ 32 
9S 
REI isch 120 


1 Mn. Entwicklung 


0 p y% 40 50 
Log Expositionszeit 


Fig. 3d 


Punkte unabhängig von der Dichte der Umgebung ist, wo die Licht- 
hofbildung und die Irradiation zu einem Anwachsen der Dichte führt; 
von diesem Punkt der Schleierkurven leitet sich praktisch die Ge- 
stalt der charakteristischen Kurven ab. Man sollte erwarten, daß 


94 Pritchard 


der Effekt der Reaktionsprodukte am größten in der Gegend des 
Rückens der charakteristischen Kurve ist. Ein Vergleich mit den 
entsprechenden Schleierwerten zeigt, daß der Schleier hier ebenso 
stark ist, als an unexponierten Stellen des Films. Die Schleier- 


(©) Aöntgenstrahlen 


ch 
Ki e 
S 
S 
10 
Mın. Entwicklung 
O 
9% ə 4 5p 
Log. Erposıhlonszert 
Fig. 3e 
” (f) Aöntgenstrahlen 
U 


Dichte 


Min. Entwicklung 


TT m E 20 Sé 
Log. Expositionszeit 


Fig. 3f 


dichten auf Röntgenfilm, welcher weißem Licht ausgesetzt wurde, 
zeigen einen kleinen Buckel in der Nähe der geradlinigen Strecke 
der charakteristischen Kurve (vgl. Fig. ıb), aber die Abnahme ist 
so geringfügig, da man sie für die Zwecke der Korrektion ver- 


Die Schleierkorrektion n pheisgrophischer Schwärzungen . 95 


nachlässigen kann. Diese Resultate beweisen nicht, daB die Reaktions- 
produkte keinen Einfluß auf den Schleier ausüben, sondern sie zeigen 
nur, daß wenn ein solcher vorhanden ist, er bei diesen Versuchs- 
anordnungen zu klein ist, um mit Hilfe der Blochschen Methode 
aufgefunden zu werden. Ein Vergleich mit verschiedenen andern 
Entwicklern hat ergeben, daß die in diesen Untersuchungen ver- 
wandte Formel ganz besonders frei von den Einflüssen der Reaktions- 
produkte ist. Dies ist wahrscheinlich zwei Faktoren zuzuschreiben: 
ı. der Entwickler ist ausreichend stark, um der Einwirkung der 
Reaktionsprodukte zu widerstehen, und 2. die hemmende Wirkung 
der Reaktionsprodukte ist im Vergleich zu derjenigen des Bromids 
im Entwickler klein. 

Der Umkehreffekt, welcher bisweilen in der Gegend geringer 
Expositionszeiten auftritt, wenn die Entwicklung hinreichend lang 
ausgedehnt wird, ist am Positivfilm dargelegt (Fig. 2). Dieser ist 
ähnlich dem durch Zugabe von Thiocarbamid zum Entwickler her- 
vorgerufenen Effekt. Mees und Pieper (11) erklären den Umkehr- 
effekt durch Thiocarbamid durch die hemmende Wirkung der 
Reaktionsprodukte auf die benachbarten Schleierkörner. Die Ur- 
sache für die Umkehr im vorliegenden Falle dürfte eine andere 
sein als beim Thiocarbamid. Auf alle Fälle deutet die Tatsache, 
daß die Blochsche Methode der Schleiermessung in diesem Falle 
keine Erklärung für den Umkehreffekt gestattet, darauf hin, daß die 
Reaktionsprodukte nicht die primäre Ursache desselben sind; an den 
Stellen (A), wo die Umkehr am größten ist, ist der Schleier (bei A" 
praktisch noch der gleiche wie am Ende des Sensitometerstreifens 
und zwar stärker als die Dichte der Umgebung. 

Die punktierten Linien unter den charakteristischen Kurven 
zeigen die Schleierwerte für die längste Expositionszeit und ver- 
anschaulichen die Konstanz des Schleiers in diesem Gebiet. Dieses 
Resultat war zu erwarten, da bei diesen Untersuchungen eine Um- 
kehr nur bei sehr langen Entwicklungszeiten auftritt, wenn die 
Bildung von Reaktionsprodukten sehr langsam vor sich geht. Wenn 
die Umkehr durch eine einfache Bremswirkung hervorgerufen wird, 
wie sie lösliche Bromide ausüben, 'so sollte man erwarten, daß der 
Umkehreffekt bei fortgesetzter Entwicklung eventuell verschwinden 
sollte. Versuche, bei welchen die Entwicklungszeiten bis zu acht 
Stunden betrugen, zeigten, daß die Umkehr bestehen bleibt und daß 
die ganze Kurve ungeändert bleibt. 

Neuerdings wurde der Thiocarbamideffekt durch Rawling (12) 


96 Pritchard 


auf folgende Weise erklärt. Thiocarbamid bildet unlösliche Komplex- 
verbindungen mit Silberbromid, welche auf der Oberfläche der Körner 
zurückbleiben; diese Komplexe haben das Bestreben, in Silber- 
sulfid zu zerfallen, wodurch die Körner entwickelbar gemacht werden. 
In Gegenden, wo die exponierten Körner sich zu entwickeln be- 
ginnen, sind die Reaktionsprodukte bestrebt, den Zerfall der Kom- 
plexe zu Silbersulfid und auf diese Weise die Entwicklung der 
nicht exponierten Körner zu verhindern. Rawling fand, daß der 
Umkehreffekt bei verlängerter Entwicklung abnimmt, was besagt, 
daß wenn die Konzentration der Reaktionsprodukte in der Emulsions- 
schicht infolge der langsameren Entwicklungsweise abgenommen 
hatte, die Entwicklung des Schleiers wieder fortschreiten konnte. 
Da die Blochsche Methode keinen meßbaren Effekt der Reaktions- 
produkte bei den vorliegenden Versuchen anzeigt, und da die be- 
obachtete Umkehr nicht bei fortgesetzter Entwicklung verschwindet, 
so ist es offenbar, daß in diesem Falle die Reaktionsprodukte nicht 
für den Umkehreffekt verantwortlich sind, Es würde von erheb- 
lichem Interesse sein, die Blochsche Methode auf die Versuche 
anzuwenden, bei welchen die Thiocarbamidumkehr erhalten wurde, 
um festzustellen, ob der Effekt direkt oder indirekt durch die Wir- 
kung der Reaktionsprodukte hervorgerufen wird. 

Die Tatsache, daß die Reaktionsprodukte offenbar nicht für 
das Versagen der Wilseyschen Gleichung bei einer guten Korrektion 
der Kurven bei langen Entwicklungszeiten verantwortlich gemacht 
werden dürfen, deutet darauf hin, daß der eine oder der andere 
der Faktoren, welche er vernachlässigt, den tatsächlichen überlagerten 
Schleier kleiner werden läßt als die berechneten Werte. Diese übrig- 
bleibenden Faktoren sind: ı. Der Fehler bezüglich der Dichten, be- 
dingt durch den Umstand, daß die Korrektion proportional der 
Masse des diese ausmachenden Silbers berechnet wird, und 2. die 
selektive Wirkung der Exposition auf die Schleierkörner. Falls der 
letztere Effekt existiert, werden die übrigbleibenden Schleierkörner 
nach der Exposition sich nicht in dem Maße wie die Schleierkörner 
an nicht exponierten Stellen entwickeln lassen. Wenn etwas Der- 
artiges eintritt, so wird die Funktion der Schleierkorrektion mit 
der Entwicklungszeit variieren. Eine solche Variation zeigen die 
Resultate der vorliegenden Versuche, aber es kann noch nicht fest- 
gestellt werden, bis zu welchem Ausmaße sie von dem soeben er- 
wähnten Effekt oder durch die Schwankungen der Deckkraft des 
Silbers hervorgerufen wird. 


Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen 97 


Sowohl die Meidingersche als auch die Wilseysche Gleichung 
ist von der Form D, =«.F, worin e ein Bruch ist, welcher bei 


zunehmender Bilddichte abnimmt. In der ersteren ist «= Ge 
und eine geradlinige Funktion der gesamten Dichte D. In der letz- 


teren ist & = Zr? 
= D 


£ und eine geradlinige Funktion der vollständig 
entwickelten Bilddichte D_. Die ausgezogene Linie in Fig. 4 zeigt 
diese Änderung von e mit D... Die Endpunkte dieser Linie sind 
sicher richtig, d.h. bei der Exposition Null ist der vollständige 
beobachtete Schleierwert # abgezogen, und wenn die maximale 
Dichte erreicht wird, welche die Gesamtheit des entwickelbaren 
Silbers in dem Film darstellt, darf kein Abzug für den Schleier 
gemacht werden; wenn aber die Exposition einen selektiven Ein- 


O Qo 


Fig. 4. 


fluß auf die Schleierkörner hat, dann dürfte der übergelagerte 
Schleier im allgemeinen kleiner sein als der nach der Wilseyschen 
Gleichung berechnete, und die Kurve für den Bruch e wird dann 
unterhalb der geraden Linie der Fig. 4 zu liegen kommen, aber die 
gleichen Endpunkte besitzen. Weiterhin können, wie später gezeigt 
werden soll, Änderungen in dem photometrischen Äquivalent einen 
ähnlichen Effekt hervorrufen. Der wahre Verlauf der Schleier- 
korrektion dürfte ähnlich demjenigen der punktierten Kurve sein. 
Dieser Typ einer Beziehung war von Nietz experimentell gefunden; 
seine Werte geben für den ersten Teil der Kurve eine gerade Linie, 
welche die Dichteachse bei einem Wert schneidet, welcher kleiner 
ist als D. 

In Übereinstimmung mit den im vorhergehenden diskutierten 
Gedankengängen wurden Schleierwerte für den Bruch e aus sensito- 
metrischen Kurven für lange Entwicklungszeiten nach folgender Me- 

Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 7 


98 Pritchard 


thode abgeleitet. In Fig. 5 möge Kurve ı eine charakteristische 
Kurve darstellen, bei welcher sowohl der Schleier als auch das Bild 
vollständig entwickelt worden sind; Kurve 3 ist eine hypothetische 
Kurve für die Bilddichte allein, d h. die D„-log Z-Kurve. Durch 
Korrektion jeder Dichte D, um die wahre Bilddichte D, zu er- 
halten, muß eine Schleierdichte entsprechend D,— D abgezogen 
werden. Auf diese Weise erhält man 
= Do 


D 
Do D- Da; Da e 


F. F=«a:F. 


Betrachten wir nun die experimentell erhaltene Kurve 2, bei welcher 
angenommen worden ist, daß das Bild vollständig entwickelt worden 


Dichte 


Log.  Expositionszeit 
Fig. 5. 


ist, daß aber kein Schleier vorhanden ist. Wenn dies der Wirklich- 
keit entspricht, und wenn alle Schleierdichten nach der gleichen 
Proportion zunehmen, nach welcher die Entwicklung hinsichtlich 
der Bilddichten fortschreitet, zu welchen sie gehören, dann stehen 
die Differenzen zwischen den drei Kurven in einer direkten Pro- 
portion. Wir erhalten 


man sieht, daß œ in diesem Falle von der Differenz der Dichten 
zweier Kurven abhängt für Zeiten, welche zur vollständigen Ent- 
wicklung des Bildes ausreichen. 

Wenn die Exposition die zur Schleierbildung geeignetsten 
Körner auswählt und wenn die übrig bleibenden Körner sich in 


Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen 99 


einem Maße entwickeln lassen, welches von dem der Körner an 
den nicht exponierten Stellen abweicht, dann wird der Bruch œ mit 
der Entwicklungszeit variieren. Eine Abweichung von der Pro- 
portionalität zwischen Dichte und Masse des Silbers für verschiedene 
Entwicklungszeiten kann auch eine Variation von œ mit dem Grade 
der Entwicklung hervorrufen. Dies ist also dazu angetan, eine ge- 
wisse Unsicherheit in die Beurteilung hineinzubringen, gerade wenn 
das Bild vollständig entwickelt ist. Daß ein Teil oder alle diese 
Faktoren in diesen Untersuchungen wirksam waren, ist ersichtlich 
aus den beobachteten Variationen von «œ in Abhängigkeit von den 
Entwicklungszeiten, für welche es berechnet war. Dennoch dürfte 
die Schleierkorrektion wahrscheinlich hinreichend genau für die 


Fig. 6 


meisten Zwecke sein, wenn ein effektiver oder mittlerer Wert für « 
zu erhalten ist. Nach der vorliegenden Methode wurde er für 
lange Entwicklungszeiten abgeleitet, für welche der Schleier stark 
ist; eine Anwendung des gleichen Bruches auf kurze Entwicklungs- 
zeiten, wo der Schleier gering ist, dürfte nicht zu einem ernstlichen 
Fehler führen. Auf alle Fälle entschied man sich zu dem Versuch, 
die Werte von «œ aus sensitometrischen Daten abzuleiten und solche 
Werte für die Schleierkorrektion anzuwenden. 

Der Bruch e wurde für alle drei Typen von Filmen berechnet 
und zwar für Expositionen mit weißem Licht und mit Röntgen- 
strahlen. Die mit weißem Licht auf Röntgenfilm erhaltenen Ex- 
positionen sind in Fig. 6 gezeigt. Jede Kurve stellt die Variation 
von e mit D. dar, berechnet aus einem Paar charakteristischer 
Kurven, von denen die eine eine Kurve für vollständige Entwicklung 

7 x 


100 Pritchard 


u. 
(Q Licht 
Positiv film 
30 

éi 

S20 

q 

Min. Entwicklung 


O DD ‘>, 30 20 
Log. Exposihonszeit 


Fig. 7a 


40 
(b) Aöntgenstrahlen 
Positiv film‘ 
KEN 
D 
Ki ech 
S 
4 Min. Entwicklung 
O 
O Se 2 


ep 30 
Log. Expositionszerf 


Fig. 7b 


Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen IOI 


sowohl für Bild wie für Schleier war. Um die verschiedenen 
«-Kurven für jede Reihe von Werten auf einer gemeinsamen Basis 
zu vergleichen, wurden die «-Werte aufgezeichnet in Beziehung zu 
den angenäherten D. -Werten, welche beim Gebrauch der Wilsey- 


O Licht 


Röntgen film EE BRT 
GB 
N 32 L O p 


T D 
A 
N 

10 

Mın. Entwicklung 
GR 25 30 A0 59 
Log. Exrpositionszeit 
Fig. 7c 
ES 
Kl) Aöntgenstrahlen 
Röntgenfilm 

CL 
S 

10 


Min. Entwicklung 


» 20 30 40 50 
Log. Expositionszeit 
Fig. 7d 


schen Methode der Schleierkorrektion erhalten wurden. Die gerade 
punktierte Linie von (0,1) bis LI. cs 0) gibt die «-Werte für die 
Wilseysche Korrektion. 

Es ist offenbar, daß die Werte von e beträchtliche Variationen 
in Abhängigkeit von dem Paar sensitometrischer Kurven zeigen, 


102 Pritchard 


AC 
30 
© al j 
orträtfim GL“, 
SC 
D e 
Sep 32, A 
60 — 
120— 
300 
H Min. Entwicklung 
o— ip SE 50 
Log Exposihonszeit 
Fig. 7e 
A 
3p 
(f) Aöntgenstrahlen 
Portraitfilm 
D $ 
S 2p 32 dé d 
S / 
10 
Min. Entwicklung 
O -10 20 30 40 5p 
Log. Expositionszeit 
Fig. 7f 


nach welchem sie berechnet sind. Die verschiedenen œ-Kurven 
jeder Reihe wurden zur Schleierkorrektion der entsprechenden sen- 
sitometrischen Werte verwandt und diejenige «-Kurve als die ver- 


Die Schleierkorrektion. photographischer Schwärzungen 103 


mutlich zuverlässigste ausgewählt, welche die geschlossenste Reihe 
korrigierter Dichten ergab; als Maßstab für die Geschlossenheit galt 
die Forderung, daß die korrigierte Bilddichte mit der Entwicklungs- 
zeit bis zu einem konstanten Grenzwert anwachsen müsse, ohne bei 
einer weiteren Fortsetzung der Entwicklung abzunehmen. 

Die Reihen von korrigierten charakteristischen Kurven sind in 
Fig. 7 zu sehen. Man kann sehen, daß gut in sich geschlossene 
Resultate im Falle des Röntgen- und Porträtfilms erhalten werden; 


(1) Positivfiim, Licht 
(2) Posıtivfiim, Röntgenstrahlen 

N (3) Aöntgenfilm, Li 

` (4) Röntgenfilm, Röntgenstrahlen 

\ (5) Portraitfiim, Licht 

x © Portraitfilm, Röntgenstrahlen 

N Punktierte Linie =Wilsey’s Gleichung 


Dm 


Fig. 8 


Positivfilm zeigt geringere Regelmäßigkeit infolge der Eigentümlich- 
keiten der experimentellen Kurven im Gebiete kleiner Expositionen. 
Diese Kurven sind im allgemeinen besser in sich geschlossen als 
diejenigen, welche nach der Wilseyschen Korrektionsmethode er- 
halten werden. 


In Fig. 8 sind die endgültig ausgewählten «-Werte gegen D. (D. 
für die verschiedenen Reihen von Beobachtungen aufgezeichnet, wo- 
bei hier der Wert von D. unter Verwendung des entsprechenden « 
erhalten worden ist. Diese D -Werte sind diejenigen für voll- 
ständige Entwicklung, wie sie in den korrigierten Kurven der Fig.7 


Dm 


Dichte 


(ef) Pritchard 


dargestellt sind. Um eine solche Kurve für die Schleierkorrektion 
an experimentell erhaltenen Werten zu verwenden, ist es nötig, zu- 
nächst eine vorläufige D „~ Kurve für die in Frage stehenden Werte 
zu finden. Die von Wilsey für seine Schleierkorrektion verwandte 
Methode muß für die Anwendung der Funktionen für die Schleier- 
korrektion nach Fig. 8 modifiziert werden. Es ist nötig, die Ent- 
wicklung so lange auszudehnen, daß sie ausreicht, das Bild nahezu 
vollständig zu entwickeln, sagen wir etwa 30 Minuten unter den 
Bedingungen der vorliegenden Versuche. Als erste Annäherung sei 


Deo, 


Y 
A 


Log E 
Fig. 9 


angenommen, daß die längste angewandte Entwicklungszeit die Bild- 
schwärzung vollständig hervorgerufen hat. In der beobachteten 
charakteristischen Kurve für die längste Entwicklungszeit möge D 
die gesamte Dichte bedeuten. Dann ist D = Da + D Do +8:F, 
wo F die beobachtete Schleierdichte für die längste Entwicklungs- 
zeit ist. In der Kurve von e, D„/D,), welche aus Fig. 8 ent- 
nommen ist, sind die «-Werte multipliziert mit F, um g F zu er- 
halten, und die entsprechenden Werte von D [PD sind multipliziert 
mit dem beobachteten Wert von D. Dann kann gemäß der 
Gleichung D = D. + e. F der zu jedem D-Wert gehörige Wert von 
Da bestimmt werden. Kurve A der Fig. 9 möge die D -Werte in 


Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen 105 


Beziehung zu log Æ graphisch darstellen; diese Kurve möge nun 
benutzt werden, um eine zweite Annäherung an die D, -log Æ- 
Kurve zu erhalten. Ein log Z-Wert wurde in der Nähe des Endes 
des geradlinigen Teiles der Kurve ausgewählt. Der &«-Wert, welcher 
der Dichte an dieser Stelle entspricht, wurde zur Berechnung der 
Schleierkorrektion verwendet für verschiedene Dichten, die von 
gleicher Expositionszeit, aber von verschiedenen Entwicklungszeiten 
herrühren. Diese korrigierten Dichten wurden gegen die Ent- 
wicklungszeit aufgezeichnet. Die zweite Annäherung von D„ wurde 
abgeleitet durch Extrapolation aus dieser Kurve unter Verwendung 
der Nietzschen Entwicklungsgleichung 


D= GJ — e- Kos 3 u 

H 
Dieser zweite Wert von D„ liegt ein wenig über der Kurve (A). 
Darauf wurde eine gerade Linie durch diesen Punkt und durch den- 
jenigen Punkt gezogen, wo der geradlinige Teil der Kurve (A) die 
log E Achse schneidet. Der Fußpunkt und der Rücken der zweiten 
Annäherung der D, -log E- Kurve (B) können gezeichnet werden, 
indem man der Form der ersten Approximationskurve (A) folgt. 
Diese Prozedur kann, wenn nötig, wiederholt werden, um eine dritte 
Annäherung zu erhalten. Falls die Kurve (A) keine geradlinige 
Strecke besitzt, muß man ihrer Form im ganzen Verlauf folgen, um 
geeignete Annäherungskurven zu zeichnen. 


Aus Fig. 8 ist ersichtlich, daß die Kurven je, D„,/D,) etwas 
variieren, je nach der angewandten Emulsion und der Strahlen- 
sorte der Exposition, und diese Kurven fallen auch leicht verschieden 
aus für verschiedene Entwicklertypen. Wenn solche Kurven er- 
wünscht sind für die Schleierkorrektion sensitometrischer Werte, 
welche unter anderen Bedingungen als die in den vorliegenden 
Untersuchungen obwaltenden erhalten wurden, so dürfte es not- 
wendig sein, die Funktion für die Korrektion im wesentlichen nach 
der hier angewandten Methode zu erhalten. Verfasser ist nicht in 


TI Wendet man auf solche Kurven für Positivfilm die Nietzsche Formel an, 
so ergibt diese einen D. Wert, der beträchtlich höher ist als der experimentelle, bei 
verlängerter Entwicklung erhaltene Wert von Da, woraus ersichtlich ist, daß die 
Formel für diesen Film nicht exakt anwendbar ist. Die Schleierwerte bei diesem 
Film waren bei gewöhnlichen Entwicklungszeiten sehr niedrig, so jedoch, daß bei vor- 
Sichtiger Wahl eines zur Befriedigung der Formel so klein wie möglich gemachten D, 
kein ernsthafter Fehler in den korrigierten Werten resultieren kann, 


106 Pritchard 


der Lage, irgendeine einfachere Methode zur Ableitung solcher 
Kurven anzugeben. Eine Annäherung von der Form 


eine lineare Beziehung nach Art der von Nietz beobachteten, dürfte 
ausreichend genau sein für die Schleierkorrektion, wenn es eine 
brauchbare Methode zur Bestimmung von Dæ, gibt. Überlegungen, 
welche weiter unten diskutiert werden sollen, besagen, daß wenn 
die den verschiedenen Dichten entsprechenden Silbermassen bekannt 
sind, dann das Problem der Autffindung der am meisten geeigneten 
Funktion für die Schleierkorrektion beträchtlich vereinfacht werden 
würde. 

Ein Vergleich von charakteristischen Kurven, welche nach der 
Wilsey schen Gleichung korrigiert worden sind, und solcher, welche 
mit Hilfe der Je, D,/D,)-Kurven nach Fig. 8 korrigiert sind, zeigt 
einen sehr kleinen Unterschied, falls nicht der Schleier stark war. 
In fast jedem Falle sind für Entwicklungszeiten bis zu 16 Minuten 
einschließlich die Differenzen in den Resultaten dieser beiden Glei- 
chungen zu vernachlässigen und liegen sicherlich innerhalb der 
Fehler der experimentellen Daten. Selbst bei 32 Minuten Ent- 
wicklung sind die Differenzen zwischen den mit Hilfe der beiden 
Funktionen korrigierten charakteristischen Kurven gewöhnlich klein, 
mit Ausnahme für Röntgenfilm, wo der Schleier groß war und den 
Wert von 1,0 der Dichte überschritt. Nach diesen Experimenten 
zu urteilen gibt die Wilseysche Schleierkorrektion, falls die Bild- 
dichte nahezu bis zur Vollständigkeit entwickelt werden kann, bevor 
die Schleierdichte den Betrag von 0,5 überschreitet, nur wenig ver- 
schiedene Resultate als die (e, D,/D,)-Kurven der Fig. 8. Bei den 
vorliegenden Versuchen wurde nahezu vollständige Entwicklung der 
Bilddichte in 32 Minuten erreicht; der verwandte Entwickler arbeitete 
sehr rapid und viele Formeln dürften wahrscheinlich längere Zeiten 
zur Erreichung einer vollständigen Entwicklung der Bilddichte ver- 
langen. 

Der bei kleinen Expositionszeiten am Positivfilm beobachtete 
Umkehreffekt bei längeren Entwicklungszeiten ist ein Phänomen, 
welches wenig aufgeklärt ist und beträchtliche Unsicherheit für das 
Problem mit sich bringt, wie man die Materie der Schleierkorrektion 
behandeln soll. Die Anwendung der («, D,/D,)-Kurven in Fig. 8 
bringt gewisse Unregelmäßigkeiten in die korrigierten Kurven für 


Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen 107 


lange Entwicklungszeiten (vgl. Fig. 7b} Vielleicht war es nicht zu- 
lässig, die fe, 2 $/D,)-Kurven aus Daten zu bestimmen, welche den 
Umkehreffekt zeigen. Wenn die Entwicklung nicht über 32 Minuten 
fortgesetzt worden ist, wie dies gewöhnlich der Fall ist, so wurde 
eine Umkehr nicht beobachtet. Da der Schleier bei dieser Ent- 
wicklungszeit kleiner als 0,5 ist, kann die Wilseysche Korrektion 
ohne ernstlichen Fehler angewandt werden. Diese Korrektion ergibt 
Kurven, welche keine solchen Unregelmäßigkeiten aufweisen und 
welche mit den üblichen Ansichten über die Art und Weise, in 
welcher Bildschwärzungen entwickelt werden dürften, im Einklang 
stehen. Wenn die letztere Prozedur zulässig ist, dann muß man 
schließen, daß der Umkehreffekt bei den längsten Entwicklungszeiten 
keine Beziehung zur Bilddichte, sondern zur Schleierdichte hat, Da 
der Umkehreffekt offenbar nicht von den Reaktionsprodukten der 
Entwicklung herrührt, wie die Blochsche Methode gezeigt hat, so 
muß er dann von der Wirkung der Exposition kommen und die 
gleichen Körner verschleiern. Dies schließt die Annahme in sich, 
daß in einigen Fällen es wenigstens bei kleinen Expositionszeiten 
Körner gibt, die zwar nicht ausreichend affıziert worden sind, um 
sie in der für Bildkörner üblichen Weise entwickelbar zu machen, 
welche aber wohl eine hinreichende Exposition erhalten haben, um 
sie in einem von den unexponierten Körnern abweichenden Grade 
entwickelbar zu machen. Mit andern Worten, es gibt kein scharfes 
Unterscheidungsmerkmal zwischen Schleierkörnern und Bildkörnern 
bei niedriger Expositionszeit, und es wird Körner geben in einem 
Zwischenzustand, in welchem sie ein abweichendes Verhalten sowohl 
von den unexponierten als auch von den Bildkörnern zeigen. Nietz 
zeigte, daß für die gleiche Expositionszeit verschiedene Entwickler 
verschiedene Werte der Grenzdichte D„ hervorrufen; und Wight- 
man, Trivelli und Sheppard (13) fanden, daß eine Behandlung 
mit Wasserstoffsuperoxyd nach der Exposition und vor der Ent- 
wicklung die Zahl der als Bildkörner entwickelbaren Körner ver- 
mehrt. Auch diese Tatsachen deuten auf eine Existenz von Körnern 
hin, welche gerade eben hinreichend durch die Exposition affıziert 
sind, um ihren Zustand ziemlich unbestimmt zu gestalten, so daß 
sie in gewissen Fällen als Bildkörner zur Entwicklung gelangen und 
unter anderen Umständen nicht. Diese Überlegungen führen zu der 
Notwendigkeit einer Nachprüfung unserer fundamentalen Annahmen 
darüber, woraus sich ein Bildkorn und woraus sich ein Schleierkorn 
zusammensetzt. Eine mikroskopische Untersuchung über den Ent- 


108 Pritchard 


mme 


— Ze a eigene 


wicklungsmodus individueller Körner unter wechselnden Versuchs- 
bedingungen dürfte mehr Licht auf diese Fragen werfen. 

Natürlich zeigen die sensitometrischen Daten das Vorhanden- 
sein eines Unterschiedes zwischen Schleierkörnern und Bildkörnern 
an, wenn er auch nicht sehr scharf hervortritt. Bei gewöhnlichen 
Entwicklungszeiten verläuft die Schleier-Entwicklungszeit-Kurve ge- 
wöhnlich konvex gegen die Zeitachse. Nur eine kurze Exposition 
ist nötig, um die resultierende Dichte-Zeit-Kurve konkav zur Zeitachse 
zu gestalten, so wie alle Dichte-Zeit-Kurven für höhere Expositions- 
zeiten verlaufen. Daher verursacht eine Exposition, welche nur 
eine kleine Anzahl der Körner zu affızieren vermag, eine merkliche 
Änderung im Charakter der Entwicklungsfunktion. Fernerhin hängt 
die Berechtigung einer Schleierkorrektion vom Vorhandensein eines 
wohl definierten Unterscheidungsmerkmals zwischen Schleier- und 
Bildkörnern ab. Es müssen jedoch mehr Umstände über die Natur 
des Schleiers bekannt sein, bevor eine Entscheidung bezüglich des 
Unterscheidungsvermögens zwischen Schleier- und Bilderkörnern 
getroffen werden kann. 

Die Frage danach, wann die Entwicklung der exponierten 
Körner vollständig ist, ist eine der wichtigsten vom Standpunkt 
der Theorie, und die Kriterien für die vollständige Entwicklung 
waren gewöhnlich sehr wenig streng. Bei Expositionszeiten, welche 
das Höchstmaß der Entwicklung ergeben, wird die komplette Ent- 
wicklung des Bildes in einer sehr kurzen Zeit sichergestellt, aber 
es wurde noch nicht bestimmt, welche Entwicklungszeiten nötig 
sind, um bei kurzen Expositionszeiten die vollkommene Entwicklung 
der Bildschwärzung hervorzurufen. Eine Prüfung der vorliegenden 
Beobachtungsdaten (ohne Schleierkorrektion) zur Bestimmung der 
Zunahme des Kontrastes im Fußpunkt der charakteristischen Kurve 
mit fortschreitender Entwicklung zeigt, daß der Kontrast bei den 
kleinsten Expositionszeiten fortgesetzt anwächst bis zu Entwicklungs- 
zeiten von 30—60 Minuten. Das Anwachsen der Bilddichte bei 
niedrigen Expositionszeiten hält unzweifelhaft bis zu längeren Zeiten 
an, da der beobachtete Kontrast in dieser Gegend beträchtlich durch 
den Schleier verdeckt ist. Es wurde daher gefunden, daß der 
Einfluß der Exposition auf den Verlauf und den Grad der Ent- 
wicklung, wie er von Wilsey und Pritchard (14) für die höheren 
Expositionszeiten beschrieben wurde, in den vorliegenden Unter- 
suchungen sich bis zu den niedrigsten verwendeten Expositionszeiten 
ausdehnt. 


Die Schleierkorreklion photographischer Schwärzungen 109 


Wie vorher erwähnt, ist es bei der Anwendung der Wilseyschen 
Schleierkorrektion nicht notwendig, daß das photometrische Äqui- 
valent für den Schleier das gleiche ist wie für die Bilddichte, und 
vorläufige Untersuchungen haben gezeigt, daß es in der Tat nicht 
das gleiche ist. Die Werte zeigen, daß die maximale Schleierdichte 
wenigstens angenähert die vollständige Entwicklung des gesamten 
Silbers in dem Film bedeutet, auch wenn die Dichte kleiner war 
als die maximale Bilddichte. Eine unabhängige Bestimmung diese 


Log Expositionszeit 


Fig. 10 


Frage wurde kürzlich von Sheppard (15) dargelegt, welcher fand, 
daß in einem Falle der maximale Schleier den gleichen Silbergehalt 
zeigte wie die maximale Bilddichte, obgleich die Schleierdichte nur 
ungefähr !/, des Wertes der Bilddichte besaß. 


Um diese Frage bei den vorliegenden Versuchen zu prüfen, 
war es erforderlich, andere Dichten der vollständig entwickelten 
charakteristischen Kurve mit einzubeziehen, Dichten, wie sie im Ge- 
biete der Umkehr bei kleinen Expositionen und in dem geradlinigen 
Verlauf der Kurve vorkommen. Fig. 10 zeigt eine charakteristische 
Kurve mit vollständiger Entwicklung (2?/, Stunden) auf Positivhilm 


IIO Pritchard 


mit Röntgenstrahlen belichtet. !) Films von der Größe 13 x 18 wurden 
bestimmte Zeiten exponiert, welche durch Marken angegeben wurden, 
und wurden vollständig ausentwickelt. Analysen des Silbergehaltes 
wurden durch Herrn Albert Ballard ausgeführt mit den in der 
folgenden Tabelle verzeichneten Resultaten, 


H 


Blättchen | Log Exposition, wie in ı Mittlere Masse des Silbers| Photometrisches 


Nr. der Kurve der Fig. 14 | Dichte pro 100 cm? | Äquivalent 
I Schleier (keine Exposition) 2,11 0,0503 0,0238 

2 PR 2,09 0,0503 | 0,0241 

3 1,5 1,52 0,0507 | 0,0333 
4 | 1,5 1,51 0,0495 | 0,0328 

5 | 2,4 2,50 0,0495 0,0198 
6 | 2,4 2,46 0,0503 0,0204 

7 | 4,0 3,93 0,0513 | 0,0130 
8 4,0 3,93 0,0508 | 0,0129 


Man sieht, daß die Silberbestimmungen innerhalb der Meßfehler und 
der Variationen, welche leicht beim Gießen der Emulsion auf ver- 
schiedenen Filmunterlagen vorkommen können, konstant sind. Die 
ganze charakteristische Kurve der Fig. 10 einschließlich der Umkehr 
bei kleineren Expositionszeiten ist bedingt durch Variationen im 
Deckungsvermögen des Silbers, da die Masse des Silbers pro Flächen- 
einheit bei allen Dichten die gleiche ist. 


Der Umstand, daß die bei der Bestimmung der Schleier- 
korrektion eingehenden Dichten nicht genau die entsprechenden 
Silbermassen darstellen, ist von größter Bedeutung vom Standpunkt 
der Schleierkorrektion. Das gesamte Silberhaloid scheint in Bild- 
schwärzung umgewandelt zu sein bei Expositionen, die geringer 
sind als diejenigen, welche das Erreichen der maximalen Dichte 
anzeigen, woraus folgt, daß der das Bild überlagernde Schleier den 
Wert Null bei Dichten erreicht, welche kleiner sind als die maxi- 
male Dichte. Es scheint leicht möglich zu sein, daß die beträcht- 
liche Variation, welche für das photometrische Äquivalent gefunden 
wurde, in starkem Maße verantwortlich zu machen ist für das Ver- 
sagen der Wilseyschen Gleichung zur Erzielung einer zufrieden- 


!) Diese Films wurden mit dem Röntgenentwickler hervorgerufen, dessen Zu- 
sammensetzung oben angegeben wurde, aber mit einem steigenden Zusatz von Kalium- 
bromid bis zu 6g pro Liter. Es wurde gefunden, daß der maximale Schleier mit 
zunehmender Bromidkonzentration im Entwickler abnimmt und auch dann etwas 
schwankt, wenn alle Bedingungen offensichtlich die gleichen waren. 


Die Schieierkorrektion photograplnischer Schwärzungen III 


stellenden Korrektion bei starkem Schleier. Die Abnahme der 
Deckkraft des Silbers bei gleichzeitiger Abnahme der Dichte und 
die selektive Einwirkung der Exposition auf die Schleierkörner 
dürften beide eine Verminderung der Schleierkorrektion verursachen, 
welche geringer ist als die nach der Wilseyschen Gleichung be- 
rechnete. Die Arbeit von Sheppard und Ballard über die Silber- 
bestimmung in photographischen Dichten dürfte quantitative Auf- 
schlüsse über den Einfluß der Variation des photometrischen Äqui- 
valentes auf die Schleierkorrektion geben. 


Zusammenfassung 


Die Wilseysche Schleierkorrektion, welche auf der Annahme 
aufgebaut ist, daß die Masse des sich als Schleier entwickelnden 
Silbers proportional der Masse des von der Exposition nicht affı- 
zierten Silbers ist, vernachlässigt einige Faktoren, welche einen 
merklichen Einfluß haben außer im Falle eines kleinen Schleiers. 
In der vorliegenden Arbeit werden experimentelle Funktionen für 
die Schleierkorrektion ermittelt mit Hilfe des Studiums der Zunahme 
des Schleiers bei langen Entwicklungszeiten über den Zeitpunkt 
hinaus, in welchem die Bilddichte praktisch vollständig ausentwickelt 
worden ist. Dies gab besser in sich geschlossene Reihen von 
korrigierten sensitometrischen Daten als die früheren Methoden der 
Schleierkorrektion. 


Die Wilseysche Methode der Schleierkorrektion gibt offenbar 
befriedigendere Resultate unter der Voraussetzung, daß die Bild- 
dichte praktisch vollständig entwickelt werden kann, bevor der 
Schleier einen Wert von 0,5 erreicht. 


Die Blochsche Methode der Messung des Schleiers auf einer 
kleinen geschützten Stelle in der Mitte jeder Schwärzungsstufe führt 
zu dem Ergebnis, daß der Einfluß der Reaktionsprodukte auf die 
Entwicklung bei dem verwandten Entwickler (Elon-Hydrochinon- 
Röntgenstrahlen-Rezept) praktisch vernachlässigt werden kann. 


Es wurde gefunden, daß es möglich ist, mit Hilfe verlängerter 
Entwicklung das gesamte in dem Film vorhandene Silber als Schleier 
zu entwickeln; jedoch war die Dichte des maximalen Schleiers be- 
trächtlich kleiner als die maximale Bilddichte. 


Der Umkehreffekt, der bei kleineren Expositionszeiten auf Positiv- 
flm bei langen Entwicklungszeiten beobachtet werden kann, bleibt 


112 Prichard. Die Schleierkorrektion photographischer Schwärzungen 


bestehen, wenn das gesamte in dem Film enthaltene Silber völlig 
ausentwickelt wird. 

Die starken Schwankungen im photometrischen Äquivalent 
tragen sicherlich beträchtlich zu dem Versagen der Wilseyschen 
Schleierkorrektion unter extremen Bedingungen bei. 


Rochester, N. Y., März 1927. 


Anmerkungen 


1) R. B. Wilsey, Phot. J. 66. 454. 1925. 

2) W. Meidinger, Z. phys. Chem. 114. 89. 1924. 

3) Sheppard u. Mees, Theory of the Photographic Process. S. 36 u. 37. 1907. 

4) Hurter und Driffield, Memorial Volume of Photographic Researches. 
S. 39/40. 1920. 

5) O. Bloch, Trans. Far. Soc. 29. 327. 1923. 

6) Trivelli, Wightman und Sheppard, Phot. J. 65. 134. 1925. 

7) A. H. Nietz, Theory of Development. S. 146—149. 1922. 

8) S. E. Sheppard, Phot. J. 66. 399. 1926. 

oi L. A. Jones, J. O.S. A. u. R.S. I. 7. 305. 1923. 

10) L. A. Jones, J. Frankl. Inst. 189. 303. 1920. 

11) Mces und Piper, Phot. J. 51. 226. 1911. 

12) S.O. Rawling, Phot. J. 66. 343. 1926. 

13) E. P. Wightman, A. P. H. Trivelli und S. E. Sheppard, J. Frankl. 
Inst. 200. 335. 1925. 

14. Wilsey und Pritchard, J. O. S. A u. R.S. I. 12. 661. 1926. 

15. S. E. Sheppard, Phot. J. 66. 470. 1926. 


Erläuterungen zu den Figuren 


Fig. 1. Röntgenfilm (Einzelguß). Charakteristische Kurve für Expositionen mit 
weißem Licht und Röntgenstrahlen. (b) und (e) zeigen Schleierdichten, bestimmt nach 
der Blochschen Methode; die Kurve für den Maximalschleier ist als punktierte Linie 
über jeder Reihe von charakteristischen Kurven gezogen. 

Fig. 2. Positivfilm. Charakteristische Kurven für Expositionen mit weibem 
Licht und Röntgenstrahlen. 

Fig. 3. Charakteristische Kurven von Röntgenfilm mit Schleierkorrektio: 
a) und (d) durch direkte Subtraktion, (b) und (e) mit Hilfe der Meidingersch® 
Gleichung, (c) und (f) mit Hilfe der Wilseyschen Gleichung. Einige der Kurt? 
sind zur Vermeidung von Verwechslungen punktiert gezeichnet. 

Fig. 6. Werte des Schleierquotienten «= D,] F, abgeleitet aus Paaren expeti: 
mentell bestimmter charakteristischer Kurven. Die Zahlen neben den Buchstaben 


Sheppard u. Hudson. Adastionsverbindungen des Allyl-thioharnstoffes usw. 113 


bezeichnen die Entwicklungszeiten der zur Berechnung verwendeten charakteristischen 
Kurven. Die %-Kurve bedeutet die als beste erkannte und zur endgültigen Kor- 
rektion der Werte gebrauchte, 


Fig. 7. Charakteristische Kurven mit Schleierkorrektion mit Hilfe der am besten 
zufriedenstellenden Werte von «a. Es ist von Interesse zu bemerken, daß in allen 
obigen Reihen von Kurven die geradlinigen Strecken das Bestreben haben, bei längeren 
Entwicklungszeiten parallel zu verlaufen, und sich daher nicht in einem gemeinsamen 
Punkte schneiden. 


Fig. 8. Der Schleierquotient æ als Funktion von D,/Dm; die Do- Werte 
wurden durch die Anwendung der entsprechenden o -Werte auf die experimentellen 
Daten erhalten. 

Fig. 10. Charakteristische Kurve von Positivfilm mit Röntgenstrahlenexposition 
und vollständiger Entwicklung mit Röntgenentwickler bei Zusatz von 6 g KBr pro 
Liter. Die Marken bedeuten die angewandten Expositionszeiten auf Blättchen von 13 X 18, 
präpariert zur Silberanalyse; in den Kreisen die mittlere Dichte auf diesen Blättchen bei 
vollständiger Entwicklung. 


(Eingegangen am 16. Juni 1927) 


Additionsverbindungen des Allyl-thioharnstoffes mit Silberhailoiden ') 
Von 
S. E. Sheppard und H Hudson 


Mit einer Figur im Text und einer Figur auf Tafel I 


(Mitteilung No. 303 des Forschungslaboratoriums der Eastman Kodak Co. Veröffentlicht 
durch die Technische Abteilung der Kodak A. G. Berlin) 


In einer Untersuchung über photographische Gelatine(I) hatte 
man gefunden, daß die photographische Wirksamkeit gewisser 
Gelatinesorten von der Gegenwart von Spuren von Senföl oder 
Allyl-isothiocyanat abhängt, und daß der Thioharnstoff (Allyl- 
thiocarbamid, Thiosinamin) sich von diesem ableitet. Ferner war 
gezeigt worden, daß dieses photographische Sensibilisierungsvermögen 
eine generelle Eigenschaft der Thioharnstoffe und einer Anzahl ver- 
wandter Körper (2) ist, hervorgerufen durch die Bildung von kleinen 
Spuren von Silbersulid in den Silberhaloidkörnern. Diese Spuren 


1) Vorgetragen im Auszug bei dem Regional Meeting der American Chemical 
Society, Januar 1926. 
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25 8 


114 Sheppard und Hudson 


von Silbersulid sollen nach dieser Auffassung die sogenannten 
„Empfindlichkeitszentren“ der photographischen Theorie darstellen. 


Die chemischen Reaktionen in diesem Sensibilisierungsprozeß 
sind im wesentlichen 


en. d d k m 
L mAgX Lat Ag X 
NAR, NAs, /, 
wo m und x einfache ganze Zahlen sind. 
/NHR 
I. 2AgBr + CS —> Ag,S 
NH, (Silbersulfid) 


HBr 
+ (Bromwasserstoffsäure) 


N 
L 
+ CÑ NHR 
(R-Cyanamid) 


Im Zustand II ist eine hinreichende Alkalinität notwendig, um 
die Bromwasserstoffsäure und das Cyanamid zu neutralisieren. 

Die vorliegende Untersuchung befaßt sich mit der Bildung und 
den Eigenschaften der Doppel-Zwischenverbindungen von Silber- 
haloid und Thioharnstoff gemäß Gleichung I. Bisher kann man 
nur wenig in der Literatur über derartige Körper finden. J. Emerson 
Reynolds (J. Chem. Soc. 58. 857. 1888) beschreibt eine definierte 
kristallisierte Verbindung von Silberbromid mit Thioharnstoff 


(CSN,H,), - AgBr 


erhalten durch die Einwirkung von Silbernitrat auf (CND ND 
in äquimolekularen Mengen. Er stellte ferner fest, daß man analoge 
Verbindungen mit anderen Silbersalzen erhalten kann und später 
beschrieb er diese (J. Chem. Soc. 61. 249. 1892). Beim Silbernitrat 
ergab sich als allgemeines Resultat die Identifizierung folgender 
Verbindungen: 

(CSN,H,), © AgNO, 

(CSN,H,) - AgNO,,, 


während eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Existenz der 
Zwischensubstanz 

(CSN,H,), ° AgNO, 
erhalten wurde. 


Addıitionsverbindungen des Allyl-thioharnstofes mit Süberhaloidn 115 


Beim Übergang zu den Silberhaloiden fand er, daß Silber- 
bromid zwei Verbindungen mit Thioharnstoff eingeht 


(CSN,H,), : AgBr 
(CSN,H,) - AgBr . 


Mit Silberchlorid erhielt er nur die Verbindung 2:1, aber keinen 
Nachweis für die Verbindung 1:1; mit Silberjodid nur die Ver- 
bindung 1:1. Es sei noch erwähnt, daß, während Reynolds mit 
Silbercyanid lediglich eine 2: ı-Verbindung erhielt und feststellte, daß 
„so wie mit Silberchlorid eine ı:ı-Verbindung nicht zu erhalten 
war“, Rosenheim und Löwenstamm(3) bei Behandlung von frisch 
gefälltem Silbercyanid in einer wäßrigen Lösung von Thioharnstoff 
weißglänzende Schuppen einer ı:1-Verbindung erhielten, welche 
sie als „außerordentlich unstabil, bei wiederholter Kristallisation 
Silbersulid abscheidend“ beschreiben. 


Wenden wir uns nun substituierten Thioharnstoffen zu, so sind 
ältere Angaben noch spärlicher vorhanden. Eine Dissertation von 
G. Falke(4), die uns nicht zugänglich war, enthält einige ältere 
Arbeiten über Verbindungen von Metallsalzen mit Thiosinamin 
(Allyl-thiocarbamid). In dieser wird eine 1:1-Verbindung mit Silber- 
chlorid erwähnt, welche in „weißen gefiederten Nadeln“ vorkommt. 


Silberchlorid und Thiosinamin. 


Die Verbindung wurde hergestellt durch Mischung äquimole- 
kularer Mengen von Allyl-thiocarbamid, Kaliumchlorid und Silber- 
nitrat, jede in !/,,molarer Konzentration. Es bildete sich zunächst 
ein mikro-kristalliner Niederschlag, welcher abfiltriertt und durch 
Waschen von löslichen Salzen befreit wurde. Die Analyse hiervon 
ergab Schwefel und Silberchlorid im Verhältnis der ı:1-Verbindung 


NHC,H 
cas ° °. AgCl. 
Ka 


Hiervon wurden Löslichkeitsbestimmungen gemacht durch Kolieren 
des Pulvers mit destilliertem Wasser bei verschiedenen Temperaturen, 
bis auf analytischem Wege die Sättigungswerte der überschwimmen- 
den Flüssigkeit nachgewiesen waren. 

8 x 


116 Sheppard und Hudson 


Tabelle ı 
Temperatur Gramm Gramm-mole 
oC per 1000 ccm per 1000 ccm 
I5 | 0,0517 2,0 x IO? 
25 | 0,0816 3,1x Io? 
35 0,1313 | 5,0 X IG? 
50 | 0,4578 | 17,6 x 10‘ 


Silberbromid und Thiosinamin. 


Zur Herstellung der ı:ı-Verbindung wurde eine Portion gut- 
gewaschenen Silberbromids in einem Porzellantigel geschmolzen. 
Man ließ zwei Glasstäbe in der Schmelze erstarren, welche nach 
Zerbrechen des Tiegels als Halter dienten. Die geschmolzene Masse 
wurde durch Eintauchen in eine Lösung von Natrium-thiosulfat 
und Wasser gereinigt und dann in einer wäßrigen Lösung von 
Allyl-thiocarbamid (Thiosinamin), ein Teil in tausend Teilen Wasser, 
suspendiert. Über Nacht entwickelten sich an der Oberfläche des 
Silberbromids Büschel von schmalen, spitzen Kristallnadeln (vgl. Fig. 1, 
Taf. I. Man ließ auf diese Weise eine gewisse Menge von Kristallen 
wachsen, wusch mit destilliertem Wasser und trocknete über Schwefel- 
säure. Der Silbergehalt wurde analytisch festgestellt durch Behand- 
lung mit Ammoniumsulfid, das Silbersulfid filtriert, getrocknet und 
gewogen. Zur Illustration diene folgendes Beispiel: 


0,1534 g von der Verbindung genommen, 
0,0626 g Ag,S erhalten 

= 0,05446 g Ag 

= 0,15341 g AgBr - C,N,H,S. 


Kontrollanalysen des Stickstoffgehaltes bestätigten dies Resultat. 
Der Stickstoff wurde nach der Methode von Kjeldahl bestimmt 
und entsprach 97,4°/, der für AgBr - C,N,H,S notwendigen 
Menge. Diese Verbindung entspricht also der ı:1-Verbindung 
von Silberbromid und Thioharnstoff, wie sie Reynolds beschreibt, 
und der ı:1-Verbindung von Silberchlorid und Thiosinamin nach 
Falke. 

Von der ı:1-Silberbromid-Verbindung wurden Löslichkeits- 
messungen bei 15, 25, 35 und 50°C ausgeführt. Portionen dieser 
Verbindung wurden in bekannte Volumina von Wasser gebracht 


Additionsverbindungen des Allyl-thioharnstoffes mit Sılberhaloiden 117 


und in einem Thermostaten, welcher auf 0,1° konstant gehalten 
wurde, 48 Stunden lang geschüttelt und hierauf die gelöste Menge 
durch Überführung in Silbersulfid bestimmt. Die erhaltenen Werte 
waren: 


Tabelle U. 
(AgBr) - (C,N,H,S) 


Temperatur | Gramm Gramm-mole 
°C | per 1000 ccm per 1000 ccm 
15,0 0,0446 1,46 x 10 * 
25,0 0,071 2,33 X 107$ 
35,0 0,120 | 3,94 x Lo? 
50,0 0,293 | 9,63 x 1074 


Silberjodid und Thiosinamin. 


Obgleich offensichtlich eine verdünnte Thiosinaminlösung auf 
geschmolzenes Silberjodid einwirkte, gelang es nicht, in der gleichen 
Weise wie beim Silberbromid Kristalle zu gewinnen. Ein Ver- 
such, die Verbindung 1:1 herzustellen, wurde auf folgendem Wege 
unternommen. ı11,6g Allyl-thiocarbamid und 16,6 g Kaliumjodid 
wurden in 500 ccm Wasser gelöst. Hierzu wurden langsam unter 
Umrühren 17,0 g Silbernitrat in Wasser gegeben, Ein voluminöser 
Niederschlag entstand und setzte sich zu Boden, wo er sich zu 
einer zähen, plastischen Masse verdickte. Die darüber schwimmende 
Flüssigkeit gab beim Erhitzen mit Ammoniak keine Silbersulfid- 
Reaktion. Hieraus ergibt sich, daß die 1:1-Verbindung entstanden 
ist und daß ihre Löslichkeit bei Zimmertemperatur von der Größen- 
ordnung des Silberjodids oder des Silbersulfids ist. 


Der feste Körper zersetzt sich sehr schnell unter Entstehung 
von Silbersulfid, so daß sich wahrscheinlich die folgende Reaktion 
abgespielt hat: 


AgNO, + C,N,H,S + KJ = Ael- C,N,H,S + KNO,. 


Die Verbindung war schwer in reinem Zustande zu isolieren, da sie 
eine glasige anstatt einer kristallinen Masse bildete. Sie scheint 
jedoch etwas löslich in Alkohol zu sein, aus welchem sie durch 
Zugabe von Wasser in einem semikolloidalen Zustand ausgefällt 
werden kann. 


118 Sheppard und Hudson 


Eine Löslichkeitsbestimmung bei 50°C wurde mit folgendem 
Resultat ausgeführt: 


Tabelle III. 
Temperatur Gramm | Gramm-mole 
°C per 1000 ccm per 1000 ccm 
25 — ca. 2,5 Xx I0 
so 0,0778 2,21 x 10 * 


Löslichkeit der Silber -Haloid- 
Ally! -Thiocarbamid -Verbindung 
ın Wasser. 


Gramm-Mol x 10°* per 100ccm 


5 IO 15 20 25 30 35 40 45 50 
Temperatur 


Fig. 2. 


Der Einfluß löslicher Haloide. 

Vorläufige Messungen hatten gezeigt, daß ein Überschuß lös- 
licher Haloide die Löslichkeit der Doppelverbindungen in Wasser 
vermindert. Sowohl dieser Effekt als auch der Einfluß eines Über- 
schusses löslicher Haloide und anderer Salze auf die Bildung und 
Zersetzung der Doppelverbindungen wurden studiert. 


Zusammensetzung und Konstitution. 


Beim Vergleich unserer Beobachtungen mit denen früherer 
Beobachter möchten wir bemerken, daß wenn auch bei einigen 


Adaitionsverbindungen des Allyl-thioharnstoffes mit Silberhaloiden 119 


unserer Experimente ein beträchtlicher Überschuß von Allyl-thio- 
carbamid über das molare Verhältnis ı:ı von Silberhaloid : Allyl- 
thiocarbamid angewandt wurde, und sogar bis zu ein Mol Silberhaloid 
auf zwei Mol Allyl-thiocarbamid, so wurde doch kein Beweis für 
die Existenz anderer Doppelverbindungen, z.B. 1 AgBr:2C,H,N,S, 
es sei denn in Lösung, erhalten. Es ist daher möglich, daß die 
Doppelverbindung des Allyl-thiocarbamids 1:2 schwieriger zu iso- 
lieren ist als die des Thiocarbamids selber; dies wird untersucht. 

Die Verbindungen von Thioharnstoffen mit Metallsalzen wurden 
von Rosenheim und Löwenstamm (5) vom Standpunkte der 
Wernerschen Koordinationstheorie betrachtet. Die Art der Bindung 
des Silberhaloids hängt ab von der Konstitution, die man den 
Thioharnstoffkörpern zuschreibt. Lecher und seine Mitarbeiter (6) 
geben in einer wichtigen Abhandlung über „die Konstitution von 
Thioharnstoff und Thioharnstoffsalzen“ einen strengen Beweis für 
den amphoteren Charakter des Thioharnstoffes nach folgendem 
allgemeinen Schema: 

R bedeutet H oder Alkyl 


Basen Anhydrobasen Bemerkungen 
- + 
+ NR _ NR, starke Basen und starke 
d ce kp sc Normaler um Säuren (Wasserstoffionen 
NR, NR, und daher offenbar sehr 
schwache Basen) 
NR, 
S=C 2 PEY e keine Basen 


JSR Ester der 
Tri-thio- keine Basen 


Nach dieser Auffassung dürfte die 1:1-Doppelverbindung fol- 
gende Konstitution haben: 
NHC,H, 
- +- + 
Hal CLS Ag 
Die Nähe des Silberions und des negativen Schwefelatoms ist in 
Übereinstimmung mit der leichten Bildung von Silbersulfid. 


Beziehung zur photographischen Empfindlichkeitssteigerung 


Die Isolierung und die beobachteten Löslichkeitsverhältnisse 
dieser Doppelverbindungen haben wichtige Beziehungen zur photo- 
graphischen Empfindlichkeitssteigerung, welche an anderer Stelle 


diskutiert werden sollen. Es mag jedoch darauf hingewiesen sein, 
daß die viel geringere Löslichkeit der Silberjodid-Verbindung im 
Vergleich zu dem ı:1-Silberbromidkörper, der ersteren eine wich- 
tige Zwischenrolle bei dem Prozeß zuweist. 


Es ist nicht nur bekannt, daß Silberjodid in kleinen Mengen 
(weniger als 3°/,) einen beträchtlichen Einfluß auf die photo- 
graphische Empfindlichkeit ausübt, sondern man weiß auch, daß in 
gewissen hochgereiften Emulsionen der Gehalt von Jodid in den 
größeren Körnern ein höherer ist als in den kleineren (7). Es wurde 
ferner von Sheppard, Wightman und Trivelli(8) und von 
W. Clark(9) gezeigt, daß die größeren Körner der Desensibilisierung 
stärker widerstehen als die kleineren. Dies mag daher kommen, 
daß die Silbersulfidkeime tiefer oder fester „eingewurzelt“ sind, und 
daß sie durch Silberjodid besser als durch Silberbromid in den 
größeren Körnern geschützt werden. 


Rochester, N. Y., 15. Januar 1926. 


Literatur 


1) S. E. Sheppard, „Photographische Gelatine‘, Phot. J. 65. 380. 1925. 

2) a. a. O, 

3) Z. f. anorgan. u. allg. Chem. 34. 62. 1903. 

4) Dissert. Marburg 1893. Beilstein, Handb. IV. 210. 1922. 

5) a.a. O. 

6) Liebigs Ann. d. Chem. 445. 35. 1925. 

7) F.F. Renwick, W. D. Baldsiefen u. V. B. Sease, Phot, J. 66. 163. 1926. 
8) Trans. Farad. Soc. 19. 296. 1923. 

9) Phot. J. 64. 91. 1924. 


(Eingegangen am 16. Juni 1927) 


Lüppo-Cramer. Farbstoffwirkungen bei Schleierreaktionen 121 


Farbstoffwirkungen bei Schleierreaktionen 
Von 
Lüppo-Cramer 
Mit 6 Figuren im Text 


Vor kurzem veröffentlichte W. Clark (1) eine Notiz über die 
verschleiernde Wirkung des Persulfats, in der er diese von Lüppo- 
Cramer(2) 1902 zuerst beschriebene, gegen jede damals herrschende 
Theorie verstoßende Reaktion bestätigte und auch quantitativ ver- 
folgte Veranlaßt durch die Mitteilung von Clark machte dann 
E. P. Wightman (3) darauf aufmerksam, daß Lüppo-Cramer (4) 
auch eine schleiererzeugende Wirkung des freien Broms beob- 
achtet habe und daß andererseits lösliche Bromide mit Persulfat in 
saurer Lösung unter Bildung von freiem Brom reagieren. Da nun 
alle Platten des Handels lösliches Bromid zu enthalten pflegten und 
zwar nach den Analysen von R. F. Quirk Mengen, die sich bis 
auf ı°/, vom Bromsilber beziffern, so könne die verschleiernde 
Wirkung des Persulfates, sowie auch die der Säuren (5) und des 
Wasserstoffsuperoxyds einheitlich auf eine Wirkung des Broms 
zurückgeführt werden. Diese Bromwirkung bringt dann Wightman 
in Beziehung zu einer neuen von Hickman aufgestellten „Schwefel- 
Bromsilber-Adsorptionstheorie‘“, die zwar als „thermodynamisch ge- 
sund“ angesehen wird, uns hier aber doch deshalb noch nicht zu 
beschäftigen braucht (5 a). 

Daß die Verschleierung der Bromsilberplatte durch Säuren, 
Wasserstoffperoxyd sowie durch Ozon in hohem Grade durch Brom- 
ionen (auch in der Schicht) unterstützt wird, wurde schon vor 
einigen Jahren (6) von mir beschrieben, doch zeigte sich wie bei fast 
allen derartigen Versuchen, daß die Eigenart der Platte hierbei von 
großer Bedeutung ist. Ich schrieb a. a. O.: 

„Da es bei all diesen Versuchen begreiflicherweise sehr auf die 
Art der Platte, d.h. den Zustand ihrer Keime ankommt, so kann 
man hier vielleicht keine allgemein gültigen Regeln angeben, doch 
sei erwähnt, daß bei den von mir angewendeten selbsthergestellten 
Emulsionen von den stärkeren Säuren (Schwefel-, Salz- und Salpeter- 
säure) die üblichen konzentrierten Säuren auf das 1000fache ver- 
dünnt insofern die markantesten Unterschiede gaben, als sie für 


122 Lüppo-Cramer 


sich allein noch kaum Schleier bildeten, während sie bei Gegenwart 
von 2°/, KBr intensive latente Schwärzungen ergaben. Von der 
schwächeren Essigsäure wurde die Konzentration I: 100, von 
Zitronensäure 1:10 als geeignet befunden.“ 

Als ich, neu angeregt durch die Arbeit von Wightman, vor 
kurzem unter Anwendung einer großen Serie von ganz willkürlich 
herausgegriffenen Plattenmarken des Handels jene Versuche wieder- 
holte, fand ich wieder, daß die Wirkung der angesäuerten Bromid- 
lösung auf verschiedene Plattensorten zwar außerordentlich ver- 
schieden ist, daß aber auffallenderweise die zufällig in der geprüften 
Serie auch vorhandenen orthochromatischen Platten die Reaktion 
entweder überhaupt nicht, oder doch nur in sehr geringem Grade 
zeigten. Die Platten wurden 2 Minuten lang in folgender Lösung 


gebadet: 
I Liter Wasser, 20 g KBr, ı ccm konz. Schwefelsäure. 


In dieser Lösung ließ sich übrigens auch nach mehrtägigem Stehen 
kein freies Brom nachweisen. Die Platten wurden dann einige 
Minuten lang gewaschen und darauf in Metolhydrochinon entwickelt. 
Die vorher im Höchstfalle 0,25 aufweisenden Schleier der unter- 
suchten Platten stiegen zum Teil nach der Behandlung, geordnet 
nach zunehmendem Schleiergrade, in folgender Weise: 


Kranz photomechanisch . 0,05 Hauff Ultrarapid... . . 0,3 
Verax Synkromal, .... 0,1 Kranz Ultra ....... 0,5 
Herzog Reform `. ... 01 Eastman 40 ........ 0,65 
Hauff Flavin....... 0,1 Herzog Röntgen... ... 0,65 
Sigurd Portrait ortho . . 0,1 Eastman 33....... 0,8 
Kranz Röntgen ..... 0,1 Eigene Siedeemulsion. . . 0,8 
Münchener Reform .. 0,2 Lumière Röntgen.... 1,6 
Gevaert Supersensima . . 0,25 Matter Röntgen... .. 1,7 


Von diesen Platten wurden die mit dem geringsten Schleier 
(in der linken Kolumne) auch noch mit einer stärker sauren Bromid- 
lösung (10 ccm anstatt ı ccm Schwefelsäure pro Liter) behandelt, 
sie gaben aber auch dann keinen Schleier. Auch wenn diese Platten 
durch Vorbehandlung mit verdünnter Natronlauge „aktiviert“ worden 
waren (7), gaben sie keinen erheblichen Schleier infolge der Wirkung 
der sauren Bromidlösung. 

Da die Platten in der linken Reihe größtenteils orthochromatisch 
sind, tauchte der Verdacht auf, daß die Anfärbung mit sensibili- 
sierenden Farbstoffen die Ursache ihrer Indifferenz gegen saure 
Bromidlösung sein könnte. Diese Vermutung bestätigte sich zu- 


Farbstoffwirkungen bei Schleierreaktionen 123 


nächst, wenn die als „eigene Siedeemulsion‘ bezeichnete Platte, die 
übrigens kein lösliches Bromsalz enthielt, in den Lösungen von 
Rhodamin B und Erythrosin 1:10000 zwei Minuten lang gebadet, 
wieder getrocknet und alsdann der Behandlung mit der sauren 
Bromidlösung unterworfen wurde. Der ohne diese Anfärbung ent- 
stehende Schleier 0,8 reichte auf den gefärbten Platten nur bis 0,15, 
d. h. der Schleier war unverändert geblieben. Es wurden darauf die 
am stärksten durch die saure Bromidlösung verschleiernden Platten 
in der rechten Reihe der gleichen Anfärbung mit Erythrosin unter- 
worfen und es zeigte sich bei gleicher Bromidbehandlung und Ent- 
wicklung eine Abnahme der Schleier in folgender Weise: 


Schleier Schleier 

vor der Anfärbung nach der Anfärbung 
Eastman 33...... OE neh 0,15 
Eastman 40...... Le De era . 0,2 
Lumière Röntgen .. 1,3 2... 2020000 0,4 
Herzog Röntgen ... 0,95 2... 22200000. 0,4 
Matter Röntgen ... IŞ 2.2.2000 0,65 


Auch gegen die Verschleierung durch Wasserstoffperoxyd 
erwiesen sich die wie oben gefärbten Platten fast indifferent. Die 
Platten wurden zwei Minuten lang in 0,1°/,iger Perhydrollösung 
gebadet, kurz gewaschen und sogleich entwickelt. Die ursprüng- 
lichen Platten gaben alsdann einen Schleier von durchschnittlich 1,2, 
während die mit Erythrosin und Rhodamin B gefärbten praktisch 
schleierfrei waren. 


Zur Kontrolle, ob dieses Ergebnis auch einigermaßen allgemein- 
gültig sei, wurden noch einige andere Plattensorten teils mit Ery- 
throsin, teils mit Phenosafranin 1: 10000 imprägniert und dann der 
Wasserstoflperoxydwirkung unterworfen. Es ergaben sich hierbei 
folgende Schleierzahlen: 


Plattensorte: ungetärbt: Wale Ss GH mn a... 
Eastman 40 ...... 0,8. eh 0,2 u ae 0,1 
Eastman 33 ...... 06° ua E 0,2. Eee OI 
Matter Röntgen. ... 0,3 .... 2.0.0. 0,26. Ee e 0,2 
Imperial Eclipse. ... 07 e OS ea 0,15 
Lumière Röntgen... 045... 222.20. 0525, ie Ka as 0,15 
Herzog Röntgen ... 04 sasssa.. e GEN 0,15 


Wegen der schweren Auswaschbarkeit des Erythrosins aus den 
Gelatineschichten, die die Schleiermessung etwas unsicher gestaltete, 


124 Lüppo-Cramer 
wurde noch eine weitere Serie der Platten mit Rhodamin B gefärbt, 
das sich leicht völlig auswaschen läßt: 


Plattensorte: ungefärbt: m a. 
Eastman 40 ....... OS Fan 0,3 
Eastman 33... OI, DEEM 0,3 
Matter Röntgen... .. O5 Aa ee ee 0,45 
Imperial Eclipse .... 08... 2.222000. 0,5 
Lumière Röntgen. ... on, 0,25 
Herzog Röntgen .... 05 .. 2... ..e 2.0... 0,3 


Aus der Gesamtheit dieser Versuche geht hervor, daß zwar 
Phenosafranin durchgreifender gegen die Schleierbildung durch 


RER eg 
ER ER EEE BER VA HE BE 
BE EEE EEE BERN 
II TA 
ICT CKI 
Aa 


ALLA 
IA || 


H 05 1 15 2 25 3 35 4 45 
Fig. ı 


4 


Wasserstoffperoxyd wirkt als Erythrosin und Rhodamin B, daß aber 
auch diese sensibilisierenden Farbstoffe weitgehend die Verschleierung 
hintanhalten. Es besteht also auch kein zureichender Grund mehr 
zur Annahme (8), daß gerade nur die spezifisch desensibilisieren- 
den Farbstoffe die Verschleierung durch H,O, verhindern, denn 
der Unterschied ist nur graduell. Damit würde aber auch diese 
Stütze der von Fuchs sowie von Sheppard und Wightman (9) 
noch vertretenen Hypothese, daß die Peroxydwirkung auf einer 
Lumineszenz beruhe, fortfallen. 

Aus allen bisher über die Verschleierung durch Säuren und 
oxydierende Agenzien bekannt gewordenen Tatsachen geht hervor, 
daß diese Art von Schleierbildung eine Vorstufe der Keim- 
zerstörung ist (10) Denn bei länger fortgesetzter Einwirkung 


Farbstoffwirkungen bei Schleierreaktionen 125 


jener Agenzien oder wesentlich höherer Konzentration tritt anstatt 
der Schleierbildung stets eine Zerstörung selbst des ursprünglichen 
Schleiers der Platte ein. Unter den Versuchsbedingungen, die bei 
der im vorstehenden hauptsächlich herangezogenen Verschleierung 


Lë 7 152 253 35 4 45 
Fig. 2 


j D 
CI 
jENEREREE 


EPa 
A E? 


VAAR 
LA 


CREZ 
Fig. 3 


durch angesäuerte Bromidlösung herrschten, läßt sich auch eine 
gleichzeitige teilweise Zerstörung des latenten Bildes leicht nach- 
weisen. 

Unter Graukeilen belichtete Diapositivplatten wurden, wie oben 
beschrieben, mit der sauren Bromidlösung behandelt und nach dem 


126 Lüppo-Cramer 


Waschen neben der nur mit Wasser behandelten Kontrollplatte ent- 
wickelt. Es ergab sich dabei eine sehr weitgehende Abschwächung, ' 
die durch Kurve 2 in Fig. ı gegenüber der ursprünglichen Schwärzungs- 
kurve ı dargestellt wird. Wurde die Schicht (nach der Belichtung) 


Wes 
ERRERA = 


Fig. 4 


0 05 1 15 2 25 3 354 45 
Fig. 5 


zuerst noch in Phenosafraninlösung 1:10000 zwei Minuten lang 
gebadet, so entstand nach der Bromidbehandlung die Kurve A P 
ähnlicher Effekt ließ sich aber nicht durch Anfärben mit Rhodamin B 
oder Erythrosin erzielen, die Kurven der mit diesen Farbstoffen 
vorher behandelten Platten liefen vielmehr ganz mit der Kurve i 


Farbstoffwirkungen bei Schleierreaktionen 127 


zusammen. In diesem Falle wirkt also der Desensibilisator 
wieder spezifisch. 


Bei hochempfindlichen Platten verläuft die Kurve nach der Be- 
handlung des latenten Bildes mit saurer Bromidlösung sehr merk- 
würdig, wie in den Figg. 2—6 dargestellt ist. (Die Belichtung 
steht hier in keinem Zusammenhange mit der in Fig. 1.) Kurve ı 
ist jeweils die nach dem Exponieren nur in Wasser gebadete Kon- 
trollplatte, Kurve 2 nach der Behandlung mit der sauren Bromid- 
lösung, Kurve 3 nach der Belichtung erst in Phenosafranin gebadet 
und dann behandelt wie 2. 


0 05 1 15 2 25 3 35 4 45 
Fig. 6 


Es tritt hier, vor allem in den Figg. 2, 4 und auch 6, die be- 
sonders interessante Tatsache in die Erscheinung, daß die saure 
Bromsalzlösung nicht nur starken Schleier erzeugt, sondern auch 
das latente Bild im weiter fortgeschrittenen Teil der Schwärzungs- 
kurve recht weitgehend zerstört hat. Der Verlauf dieser Zerstörungs- 
kurven erinnert im Prinzip sehr an den Sterry-Effekt und dürfte 
vielleicht auch in derselben Weise zu erklären sein, wie ich es in 
einer kürzlich erschienenen Untersuchung (11) über diesen Effekt 
versucht habe. Aber von ganz besonderer Wichtigkeit ist die aus 
den Densogrammen klar hervorgehende Tatsache, daß ein und 
dieselbe Lösung Schleier erzeugen und auf derselben 
Platte gleichzeitig auch Keime zerstören kann. Die verwendeten 


128  Lüppo-Cramer. Farbstoffwirkungen usw. — Bücherbesprechung 


Plattensorten sind: Fig. 2 Herzog Röntgen, Fig. 3 Eastman 33, 
Fig. 4 Imperial Eclipse, Fig. 5 eigene Siedeemulsion, Fig. 6 Kranz 
Röntgen. 


Literatur 

1) W. Clark, Brit. Journ, Phot. 1927, S. 121. 

2) Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1902, S. 563. 

3) E. P. Wightman, Brit. Journ. Phot. 1927, S. 447. 

4) Lüppo-Cramer, Phot. Probleme, Halle 1907, S. 132. 

5) Lüppo-Cramer, a.a. O. Es ist gegenüber der Annahme von Wightman 
vielleicht nicht unwichtig zu erwähnen, daß auch schweflige Säure, in deren Gegen- 
wart doch kein freies Brom bestehen kann, die Platte verschleiert. Ich machte hierüber 
in meiner Praxis vor vielen Jabren einmal eine sehr betrübliche Beobachtung. Ein 
großes Quantum von Trockenplatten wurde durch Dämpfe von SO,, die aus einer 
undicht gewordenen Kühlanlage stammten, vollständig verschleiert. 

5a) Vgl. die nach Niederschrift dieser Arbeit erschienene Abhandlung von 
R. H. Lambert und E. P. Wightman: „Thermodynamische Möglichkeiten der 
Silbersulfid-Bromid-Akzeptorhypothese der latenten Bildentstebung“. Journ. Physic. 
Chem. 31. 1249. 1927; Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 10. 1927. 

6) Lüppo-Cramer, Camera (Luzern), III. Jahrgg. 1924. Nr. ı. 

7) Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. Negativverfahren (Eders Hand- 
Handbuch Bd. II, 1). Halle 1927, S. 228. 

8) E. Fuchs, Phot, Industrie 1914, Nr. 3/4 und 5/6. Lüppo-Cramer, Grund- 
lagen usw. S. 338. Phot. Ind. 1924, Nr. 13 und 23. 

9) Lüppo-Cramer, Grundlagen usw. S. 338. 

10) Lüppo-Cramer, Grundlagen usw. S. 340. 

11) Lüppo-Cramer, Photogr. Rundschau 1927, S. 384. 


(Eingegangen am 9. Oktober 1927) 


Bücherbesprechung 
(Ref.: K. Schaum) 


J. Formänek und J. Knop, Untersuchung und Nachweis 
organischer Farbstoffe auf spektroskopischem Wege. 2. Aufl. 
II. Teil, 4. Lief. 200 S. mit 2 Fig. und 5 Taf. Berlin 1927, J. Springer. 
M. 39.—. 

Angesichts der großen Anerkennung, welche die erste Auflage und die früheren 
Lieferungen des ausgezeichneten spektralanalytischen Werkes von Formänek gefunden 
haben, darf der Berichterstatter sich auf eine kurze Anzeige dieser eben erschienenen 
Lieferung beschränken. Er möchte dabei der Hofinung weiter Kreise Ausdruck ver- 
leihen, daß die vergriffenen Teile möglichst bald neu aufgelegt werden! 


Emil Mayer, Bromöldruck und -Umdruck. to und 11. Avf. 
(Enzykl. d. Phot. und Kin., Heft 81), 140S. Halle 1927. W. Knapp. 
M. 4.90 geb. 

Die Tatsache, daß in etwa anderthalb Jahrzehnten elf Auflagen der vorliegenden 

Monographie nötig wurden, zeugt von dem Interesse an dem behandelten Gegenstand 


und von der Güte der Darlegungen. 
TE ER 
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen 


Zeitschr. f. wiss. Phot. Ba. XXV Tafel I 


Fig. ı 


Kristalle von Allyl-thiocarbamid-Silberbromid 


Vergrößerung 8 x 


S. E. Sheppard und H. Hudson 


Verlag von Johann Ambrosius Barth in Leipzig 


—— m- | ie 


P F d wh En ’ l 2 sr) RUN K p | D D 
AA Lo 2: 3 AR HR A elt, "ée | e" OI Eh al Bes ell e 
E ` va UR : E pa t ` : De 

` WC? Ei ER P le K e 


A 
Å 
- 


7 dr Zeitschrift 


A für 


` wissenschaftliche Photographie 
- Photophysik und Photochemie 


209 Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen 
k 
bh insbesondere von 
K H. Kayser 
ae o, em. Professor an der Universität Bonn 
CG: herausgegeben von 
K. Schaum 
d o. ü. Professor an der Universität Gießen 
/ D i 
In Mit 11 Figuren im Text 
V 
AN 
Ku 


VERLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH 
ANS? 


ec | 
=- — e 


i ungen auf die Zeitschrift werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuchhandlung 


pai A EE rmensspreis beträgt pro Band im In- u. Ausland Rm. 24:—, bei direkter 
$ Ge dun, l elnschlieplich Porto im Inland Rm. 25.—, im ı Ausland, ef 25.20. 


` ze Februar 1928 fi O 


Inhaltsverzeichnis 


Originalarbeiten Seite 
Lüppo-Cramer, Abschwächung des latenten Bildes, Mit 3 Figuren im Text 129 
Lüppo-Cramer, Keimvergiftung durch Farbstoffe. Mit einer Figur im Text 133 
H. v, Halban und J. Eisenbrand, Über die Messung der Guter 


Mit 2 Figuren im Text . . . ; x . 138 
Rupert Wildt, Untersuchungen über den he ah Diffasionslichthof 
Mil s Figuren im Let A .. own wee et Eee Ze 
E — oo — ET I SE 


Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an 
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. 


Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren 
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige 
Berichterstattung möglich ist. 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere 
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden, 


Reproduktions-Optik 


Apochromat-Tessare und Planare | 
Filter - Hüvetten - Prismen -» Spiegel 
Einstell - Mikroskope 


Druckschriften und jede gewünschte Auskunft kostenfrei von Carl Zeiss, Jen 1 | 


we Se: 208 


Zeiticdrift für willenichaftlidie Photographie, 
Photophylik und Photodiemie 


XXV. Band 1928 Heft 5 u. 6 


Abschwächung des latenten Bildes 
Von 
Lüppo-Cramer 


Mit 3 Figuren im Text 


W. Scheffer verglich vor Jahren einmal sehr zutreffend die 
Persulfatabschwächung der Negative mit einer idealen progres- 
siven Einkommensteuer, die die stärksten Schultern auch am 
stärksten belastet. Denn das Persulfat schwächt bekanntlich das 
Negativ am weitgehendsten an den dichtesten Stellen ab, während 
wir vom Farmerschen Abschwächer gewohnt sind, daß zuerst die 
schwachen Bildstellen verschwinden. Wir pflegen die Wirkungsart 
der Farmerschen Lösung für verständlicher und die Persulfatab- 
schwächung einigermaßen für paradox zu halten. 

Wie nun das Persulfat auf das Negativ, so wirkt bei der vor- 
sichtigen Abschwächung des noch latenten Bildes beim Sterry- 
Effekt das Bichromat auch am stärksten auf die am intensivsten 
belichteten Bildstellen, so daß weichere Bilder entstehen. Ich habe 
diese interessante Reaktion vor kurzem (I) in einer Reihe von Denso- 
grammen illustriert. 

Ich machte nun schon vor mehr als zwanzig Jahren (2) darauf 
aufmerksam, daß eigentlich der Persulfatabschwächer keine besondere 
Ausnahme bildet, daß vielmehr alle Oxydations- bzw. Silberlösungs- 
mittel ähnlich „weich“ abschwächen, wenn nur nicht gleichzeitig auch 
ein Lösungsmittel für das vom Negativsilber adsorbierte Halogen- 
silber zugegen ist, das den Prozeß in eine andere Bahn lenkt und 
zwar in die von der Farmerschen Lösung (Ferricyankalium + Thio- 
sulfat) bekannte, 

So nimmt nun auch das Bichromat bei seiner Wirkung auf das 
latente Bild im Sterry-Effekt keine Sonderstellung ein, vielmehr 
wirken auch andere das Silber angreifende Agenzien stets in der 
Art, daß sie am meisten die stärkst belichteten Stellen der Platte 
angreifen. Die beigegebenen Abbildungen zeigen die abschwächende 
Wirkung von Ammoniumpersulfat (1°/,, 2 Minuten), Kaliumper- 

Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 9 


130 Liüppo-Cramer 


manganat (0,02°/,, 3 Minuten), Kupferchlorid (1°/,, 2 Minuten) und 
Eisenchlorid (1°/,, 2 Minuten) auf das latente Bild. 

In Fig. 1 beziehen sich die Kurven ı und 2 auf Agfa-Kine- 
Negativfilm Spezial, ı Kontrollfilm, 2 mit Permanganat abgeschwächt, 


- 
E 
= 
S 
ew 
MËTT: 


— 

Br 

en nn u 

o 05 1 15 2 25 3 354 4 
Fig. 2 


5 


3 und 4 sind eigene Siedeemulsion, 3 Kontrolle, 4 mit Kupfer- 
chlorid abgeschwächt. 

In Fig. 2: Kurven ı und 2 eigene Siedeemulsion, ı Kontrolle, 
2 mit Eisenchlorid abgeschwächt, 3 und 4 eigene Ammoniakemulsion, 
3 Kontrolle, 4 mit Persulfat abgeschwächt. 

Wir haben auch hier in allen Fällen einen analogen Kurven- 
verlauf wie beim Sterry-Effekt, doch tritt bei Kupferchlorid und 


Abschwächung des latenten Bildes 131 


Te emm 


Persulfat gleichzeitig noch deren schleierbildende Wirkung mit 
in die Erscheinung. Die Platten wurden alle in Metolhydrochinon 
entwickelt, bei der Hervorrufung der mit Kupferchlorid behandelten 
Platte wurde durch Verwendung eines übermäßig großen Entwickler- 
quantums und nicht zu starke Bewegung der Schale dafür Sorge 
getragen, daß keine günstigen Bedingungen für den Luftschleier 
auftreten, der ja so stark von Kupferionen katalysiert wird (3). 
Immerhin muß bemerkt werden, daß bei der Hervorrufung in Glyzin, 
das ja auch keinen Luftschleier bildet, der Schleier auch unter den 
vorliegenden Verhältnissen fortfällt (gestrichelte Kurve 5 in Fig. 1). 


Beachtenswert ist auch der außerordentlich flache Verlauf der 
Persulfatkurve bei gleichzeitiger Erhöhung des Schleiers, was aber 
in völliger Übereinstimmung steht mit kürzlich von mir berichteten 
Befunden (4) über den Verlauf der Schwärzungskurven nach der Be- 
handlung mit saurer Bromidlösung. 


Auch Ferricyankalium (0,1°/,), sowie Sublimat (0,1°/,) und Chinon 
geben den ganz typischen Sterry- Effekt. 


Während bei der Behandlung von Negativplatten mit Persulfat 
gleichzeitig starke Schleierbildung auftritt, bleibt diese Nebener- 
scheinung wie in andern Fällen auf wenig gereiften Schichten aus. 
Man erhält daher auf Bromsilberpapieren den reinen Sterry-Effekt. 
Daß für diesen Zweck das Persulfat auch praktisch zu empfehlen ist, 
hat Adriaan Boer (5) beschrieben. Boer benutzt zur Beseitigung 
der störenden Härten bei Vergrößerungen eine Ammoniumpersulfat- 
lösung 1:1000, die er eine Minute lang auf das belichtete Papier 
wirken läßt. Er fand, daß diese Lösung sicherer arbeite als das Bi- 
chromat und nicht, wie der normale Sterry-Effekt, eine Verlängerung 
der Exposition voraussetze. Nach persönlichen Mitteilungen des Herrn 
Adriaan Boer bewährt sich das Persulfat besonders in solchen Fällen 
besser als das Bichromat, wenn es sich um das Ausgangsmaterial für 
den Bromöldruck handelt. Möglicherweise könnte dies mit der 
gerbenden Wirkung des beim Sterry-Effekt entstehenden Chrom- 
oxydsalzes zusammenhängen. 


Nach Niederschrift des vorstehenden wurden noch einige inter- 
essante Ergebnisse bei der Einwirkung des Wasserstoffsuper- 
oxyds auf die belichtete Platte gewonnen, die ich in einem besonders 
instruktiven Diagramm wiedergeben möchte (Fig. 3). Es wurden hoch- 
empfindliche Platten (Kranz-Ultrarapid) unter dem Graukeil belichtet 
und dann in Glasröhren gestellt, die mit Peroxydlösung gefüllt waren. 


9* 


132 Lüppo-Cramer. Abschwächung des Jatenten Bildes 


Nach beendigter Einwirkung wurden die Platten gewaschen und in 
Metolhydrochinon entwickelt. Die Kurven stellen dar. 


I. Nichtbehandelte Kontrollplatte, 
2. 15 Minuten in ı°/,iger H,O,-Lösung gebadet, 

3 bis 7 in 5°/,iger H,O,-Lösung gebadet, und zwar: 
3. 15 Minuten, 
4. 30 Minuten, 
5. 60 Minuten, 
6. ı!/, Stunden, 
7. 3!/, Stunden. 


0 05 1 75 2 25 3 35 4 45 
Fig. 3 


Schon in Kurve 2, besonders ausgepragt aber in 3 finden wir 
neben der intensiven Schleierbildung im Beginn des Kurvenanstieges 
schon im Prinzip dasselbe, was ich bereits 1915 nachwies (6), neuer- 
dings von Wightman und Quirk (7) bestätigt und als „Verstärkung 
des latenten Bildes“ bezeichnet wurde. In Kurve 3 finden wir 
in ihrem oberen Verlaufe bereits eine Abschwächung des latenten 
Bildes neben der gewaltigen Schleierbildung. Kurve 4 bringt den 
Beginn der „Umkehrung“ der Peroxydwirkung zum Ausdruck, die 
in 5 und 6 sich weiter fortsetzt und in 7 sich sogar schon als eine 
Abschwächung des ursprünglichen Schleiers der Ausgangsplatte 
äußert. Im übrigen verlaufen die Kurven 3 bis 7 fast parallel, alle 
aber zeigen gegenüber der Originalkurve I in ausgeprägtem Maße 
auch den Sterry-Effekt. Im Prinzip ähnliche Ergebnisse wurden 
auch an andern Plattensorten gewonnen, wenn auch nicht so ausge- 


Lüppo-Cramer. Keimvergiftung durch Farbstoffe 133 


sprochen wie in dem reproduzierten ausgesuchten Falle, auch ist 
die erforderliche Einwirkungsdauer des Wasserstoffperoxyds bei den 
verschiedenen Plattensorten sehr verschieden. Auch durch Behand- 
lung mit Persulfatlösung (0,5°/,) ließen sich ganz ähnliche Kurven 
erzielen. 

Einen Erklärungsversuch für die Wirkungsweise der oxydierenden 
Agenzien auf das latente Bild im Sinne des Sterry-Effektes habe 
ich in meiner zitierten ersten Arbeit über diese Frage mitgeteilt. Er be- 
ruht, kurz gesagt, auf der Vorstellung, daß im latenten Bilde wie bei 
allen Adsorptionsverbindungen und festen Lösungen besonders die 
letzten Reste des adsorbierten oder fest gelösten Körpers durch 
Lösungsmittel schwerer zu entfernen sind als größere Mengen dieser 
Substanzen. 


Literatur 

ı) Lüppo-Cramer, Photogr. Rundschau 1927, S. 384. Vgl. auch die vorher- 
gehende Abhandlung (Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 121. 1928). 

2) Photogr. Korrespondenz 1907, S. 231. 

3) E. Fuchs, Phot. Industrie 1924, Nr. 3/4 und 5/6; Lüppo-Cramer, Die 
Photogr. Stäfa-Zürich re So: Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. Nee 
gativverf. (Eders Handb. Bd. II, ı) Halle 1927, S. 338. 

4) Siehe die vorhergehende Abhandlung (Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 121r. 1928), 

5) Adrian Boer, ‚‚Vergrooten, een practische Handleiding‘‘, Bloemendaal N.H. 
1926, S. 133; Focus 1915, S. 160. 

6) Lüppo-Cramer, „Wasserstoffsuperoxyd und Lichtwirkung“, Phot. Korr. 


1915. S. 135. 
7) Wightman und Quirk, Journ. Franklin Institut. Febr. 1927, S. 261—287. 
Vergl. hierzu auch Läpp amer, Zeitschr, wiss. Phot, 25. 23. 1927. 


(Eingegangen am 9. Oktober 1927) 


Keimvergiftung durch Farbstoffe 
Von 
Lüppo-Cramer 
Mit einer Figur im Text 


Als Vergiftung oder Lähmung bezeichnete G. Bredig in seinen 
klassischen Arbeiten über die heterogene Katalyse die Erscheinung, 
daß die katalytische Wirkung kolloider Metallsole durch sehr geringe 
Mengen fremder Substanzen vernichtet oder doch stark verzögert wird. 

Wie Bredig und W. Reinders (1) fanden, verzögert Schwefel- 
wasserstoff schon in äußerst geringen Konzentrationen — in einer 


134 Lüppo- Cramer 


Verdünnung ı: 300 Millionen! — deutlich die Metallkatalyse. Blau- 
säure setzt schon bei Verdünnungen von 0,0014 mg pro Liter die 
Geschwindigkeit der Katalyse durch kolloides Platin auf die Hälfte 
herab; ähnliche „Vergiftungs“-Erscheinungen ließen sich für die Gold- 
und Platinhydrosole bei Anwendung von Halogen, Arsenwasserstoff, 
Kohlenoxyd und vielen andern Substanzen erkennen. Nach Bredig 
faßt man die bezeichneten Wirkungen als die Folge einer Be- 
deckung wirksamer Oberflächen auf. 

Auch bei photographischen Vorgängen, in denen wir immer 
ein Material mit großer spezifischer Oberfläche antreffen, äußert sich 
die „Lähmung“ dieser Substanzen durch andere, die sie bedecken, 
einschließen oder adsorbieren, vielfach in einem Versagen der nor- 
malen chemischen Reaktionen. Die Photohaloide und das latente 
Lichtbild bieten hier das klassische Beispiel. Aber auch das Ne- 
gativsilber, das ja kein kompaktes Metall, sondern ein Gebilde 
von sehr hoher innerer Dispersität darstellt, zeigt bei zahlreichen 
Reaktionen, daß es durch Adsorption von Fremdkörpern seine nor- 
malen chemischen Reaktionen weitgehend beeinflussen läßt. Die 
Folge der Adsorption von Thiosulfat und Halogensilberkomplex- 
verbindungen mit diesem durch das Negativsilber, dessen Dispersität 
und damit Adsorptionsvermögen von den Schatten zu den Lichtern 
eines Negativs abnimmt, sind der paradoxe Abschwächungsvorgang 
mit Persulfat (2) und viele ähnliche Reaktionen. 

Daß das Bromsilber auch Farbstoffe adsorbiert, ist aus der 
optischen Sensibilisierung lange bekannt. Aber auch das Negativ- 
silber adsorbiert Farbstoffe und seine Reaktionen werden hierdurch 
stark „gelähmt“. Ich beobachtete etwas derartiges zuerst bei einer 
Abschwächung von Negativen, die mit Phenosafranin als Desensi- 
bilisator entwickelt worden waren, durch Persulfat.(3) Das Negativ 
zeigte einen nicht unerheblichen Farbstoffrückstand im Bilde selbst, 
ein Zeichen, daß die Bildsubstanz den Farbstoff adsorbiert hält. 

Die Adsorption von Farbstoffen durch das Silber hat nun eine 
sehr starke Wirkung auf die Geschwindigkeit der Abschwächung 
mit Persulfat, die von vielen Farbstoffen beträchtlich verlangsamt 
wird. Es wurden photomechanische Platten (Eastman Process) unter 
dem Goldbergkeil gleichmäßig kräftig belichtet, in Metolhydrochinon 
entwickelt, in frischem sauren Fixierbade gründlich fixiert und ge- 
waschen. Nach dem Waschen wurden die Streifen zum Teil in 
Farbstofflösungen I: 1000 zwei Minuten lang gebadet, kurz abgespült 
und getrocknet. Darauf wurden sie der Abschwächung in einer 


Keimverziftung durch Farbstoffe 135 


zweiprozentigen Lösung von Ammoniumpersulfat, durchschnittlich 
vier Minuten lang, unterworfen, die Abschwächung in bekannter 
Weise durch ein Sulfitbad unterbrochen und dann getrocknet und 
densographiert. 


H 05 1 75 2 25 3 35 4 45 
Fig. ı 


Die Abbildung gibt die Resultate eines solchen Versuches 
wieder. Die Kurven bedeuten: 


1) unveränderte Kontrollplatte, 

2) ungefärbt abgeschwächt, 

3) vorher mit Pinakryptolgelb gefärbt, 

4) vorher mit Rhodamin B gefärbt (füllt mit ı zusammen), 
5) vorher mit Pinakryptolgrün gefärbt, 

6) vorher mit Isochinolinrot gefärbt. 


Die starke Abschwächung durch das Persulfat (Kurve 2 gegen- 
über ı) wurde also durch Rhodamin voliständig verhindert, durch 
Pinagelb und Pinagrün sowie Isochinolinrot in der aus den Kurven 
ersichtlichen Weise verlangsamt. Außer den in ihrer Wirkung dar- 
gestellten wurden noch weitere Farbstoffe untersucht, wenn auch 
nicht in das Netz eingezeichnet, da es dieses unübersichtlich ge- 
stalten würde. Phenosafranin wirkt ungefähr in demselben Grade 
wie Isochinolinrot, sehr starke Schutzwirkung üben auch aus Ery- 
throsin und Pinaflavolnitrat, weniger stark, aber immerhin deutlich, 
Pinachrom. Man sieht, daß der Charakter der Farbstoffe, ob Sensi- 
bilisator oder Desensibilisator, bei dieser Reaktion ohne Bedeutung 


136 Lüppo-Cramer 


ist und die Wirkung des Erythrosins zeigt, daß es auch nicht ent- 
scheidend ist, ob basische oder saure Farbstoffe vorliegen. 

Eine Inaktivierung des Silbers durch Farbstoffe, die den Bredig- 
schen Vergiftungserscheinungen noch wesentlich ähnlicher ist als die 
im vorstehenden beschriebene Wirkung auf eine rein chemische 
Reaktion, ist eine von Lumière und Seyewetz entdeckte Ver- 
hinderung der physikalischen Entwicklung des latenten 
Bildes nach primärem Fixieren durch Farbstoffe Die Er- 
scheinung wurde auf eine recht originelle Weise entdeckt. 

British Journal (4) teilte zu der von Lumière und Seye- 
wetz angegebenen Vorschrift für die physikalische Entwicklung nach 
dem Fixieren unter Anwendung von Paraphenylendiamin und Silber- 
sulfit mit, daß einer seiner Leser mit dieser Vorschrift Versuche an- 
gestellt habe, die einen glatten Mißerfolg zeitigten. Die französischen 
Autoren, denen die Redaktion des Blattes die Versuchsergebnisse 
ihres Lesers unterbreitete, bemerkten hierzu, daß die Sorte pan- 
chromatischer Platten, die bei diesen Versuchen verwendet worden 
war, tatsächlich nur ein recht schwaches Bild gibt. Der Grund für 
diesen Mißerfolg sei anscheinend die Adsorption des Sensibili- 
sierungsfarbstoffs durch die Bromsilberkörner. Die Reduktions- 
zentren seien auf diese Weise vollkommen eingehüllt gewesen und 
hätten daher die Abscheidung des Silbers nicht mehr bewirken 
können. In ähnlicher Weise habe eine gewöhnliche Rapidplatte, 
die im Normalfalle nach dem Fixieren befriedigend entwickelte, kein 
Bild gegeben, wenn sie vorher mit Safranin desensibilisiert wurde, 
wenigstens wenn nicht der Farbstoff vollkommen ausgewaschen 
war (5). 

Diese interessante Verzögerung der physikalischen Entwicklung 
erhielt ich auch durch nachheriges Baden der primär fixierten Platte 
in Isochinolinrot und Pinagrün. Es scheint aber notwendig zu sein, 
daß man die sekundäre Entwicklung in dem alkalisch-physikalischen 
Entwickler nach Lumière und Seyewetz vornimmt, wenigstens 
versagten bei mir Versuche mit dem sauren Metol-Silberverstärker, 
dessen starker Säuregehalt hier möglicherweise ausschlaggebend ist. 

Die Tatsache, daß das Silber Farbstoffe adsorbiert, die seine 
Reaktionen wesentlich beeinflussen können, ist also in das so schon 
recht große und wenig geklärte Gebiet der Farbstoffreaktionen bei 
der Entwicklung (6) einzureihen, wenn auch wohl vorläufig aus dem 
geringen Tatsachenmaterial noch keinerlei Gesetzmäßigkeiten sich 
zu ergeben scheinen. 


Keimvergiftung durch Farbstoffe 137 


Von besonderem Interesse scheint mir die Beeinflussung der 
Reaktion des Persulfats auf das Silber durch Farbstoffe, weil sie ein 
Analogon zu der recht merkwürdigen Tatsache darstellt, daß das 
latente Bild auf Bromsilber-Kollodium im Gegensatz zu dem auf 
Bromsilber-Gelatine durch Bromionen beträchtlich abgeschwächt 
wird (7). Man wird hier wohl eine ähnlich schützende Wirkung der 
Gelatine annehmen dürfen, wie sie bei den Farbstoffen im vor- 
stehenden nachgewiesen wurde. 


Literatur 
OG Bredig und W. Reinders, Zeitschr. phys. Chem. 37. 323—341. 1901; 
Bredig und K. Ikeda, aa O. S. 1—68. 


2) Lüppo-Cramer, Kolloidchemie u. Photogr. 1. Aufl. Dresden 1908. S. 108; 
Phot. Korr. 1909, S. 159; 1912, S. 118; 1914, S. 241; Grundlagen der photogr, 
Negativverf. (Eders Handb. Bd. II, 1) Halle 1927; S. 360. 


3) Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1921, S. 141. 
4) Brit. Journal of Phot. Nr. 3360, 1924. 
5) Referiert nach Phot. Industrie 1924, S. 934. 


6) Vgl. auch meine neue Arbeit: Farbstoffwirkungen bei Schleierreaktionen, 
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 121. 1928. 


7) Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1902, S. 635; Grundlagen der photogr. Ne- 
gativverf. (Eders Handb. Bd. II, 1) Halle 1927, S. 521. 


(Eingegangen am 9. November 1927) 


138 v. Halban und Eisenbrand 


Über die Messung der Lichtabsorption 
Von 
H. v. Halban und J. Eisenbrand)) 


Mit 2 Figuren im Text 


Während die Messung der Lichtabsorption unter den ver- 
schiedenen physikalischen Methoden, die zur Bearbeitung chemischer 
Probleme herangezogen werden, in wachsendem Maße an Bedeutung 
gewinnt, sind die Meinungen über die Leistungsfähigkeit der ver- 
schiedenen Methoden und über die Zuverlässigkeit der Resultate 
noch sehr geteilt. Diese Unsicherheit geht so weit, daß sie nicht 
selten die Berechtigung der aus den Messungen gezogenen Schlüsse 
in Frage stellt, und daß gelegentlich nach verschiedenen Methoden 
ausgeführte Untersuchungen zu wesentlich verschiedenen Ergebnissen 
führen. 

Dies gilt insbesondere für die photographische und die photo- 
elektrische Methode der Messung der Lichtabsorption im Ultra- 
violett.?) 

Zunächst ist zu sagen, daß bei der Beurteilung der in Betracht 
kommenden Methoden der Zweck der beabsichtigten Untersuchungen 
berücksichtigt werden muß. Es kann sich in der Hauptsache um 
drei Fälle handeln: Die möglichst genaue Ermittlung des Extinktions- 
koeffizienten für eine bestimmte Wellenlänge, die Aufnahme des Ab- 
sorptionsspektrums und schließlich — und diese Art der Anwendung 
gewinnt für den Physiko-Chemiker immer mehr an Interesse — der 
Nachweis von Veränderungen, welche ein System unter gewissen 
Bedingungen erleidet (Gleichgewichtsverschiebungen, die mit einer 
Änderung der Lichtabsorption verbunden sind, Beeinflussung der 
Lichtabsorption durch verschiedene Faktoren, Prüfung der Gültig- 
keit des Beerschen Gesetzes usw.). 

Wir werden sehen, daß die oben angedeuteten Meinungs- 
verschiedenheiten teils daher kommen, daß zwischen diesen ver- 
schiedenen Anwendungen nicht unterschieden wird, teils aber auch 


1) Der Inhalt der vorliegenden Abhandlung ist der Würzburger Dissertation von 
J. Eisenbrand entnommen und wurde zum Teil bereits in den Proc. Roy. Soc. A. 116. 
153. 1927 veröffentlicht. 

23) Vgl. E. C. C. Baly, R. A. Morton and R. W. Riding, Proc. Roy. Soc. 
A. 113. 709, 717. 1927. 


Die Messung der Lichlabsorption 139 


daher, daß meist ohne scharfe Definition von der „Genauigkeit“ der 
verschiedenen Verfahren gesprochen wird. 

Man muß zunächst, gerade in den vorliegenden Fällen, zwischen 
der Reproduzierbarkeit und der Richtigkeit der Messungs- 
ergebnisse sorgfältig unterscheiden. Für die oben an dritter Stelle 
genannten Aufgaben ist nämlich die absolute Richtigkeit häufig ohne 
jede Bedeutung, die Reproduzierbarkeit bzw. Empfindlichkeit dagegen 
ausschlaggebend. Wenn man etwa den Dissoziationsgrad einer Säure, 
deren Ion in einem bestimmten Spektralgebiet stark absorbiert, 
während die Absorption des nichtdissoziierten Anteils zu vernach- 
lässigen ist, auf Grund dieser Eigenschaft ermitteln will, ist es durch- 
aus nicht notwendig, den richtigen Wert des Extinktionskoeffizienten 
bei einer bestimmten Wellenlänge zu kennen. Die Aufgabe kann 
ja auch kolorimetrisch gelöst werden D Es genügt etwa ein Ver- 
gleich zwischen der Lichtabsorption einer Lösung der Säure und 
des Salzes, und die Genauigkeit der Ergebnisse hängt nur von der 
Reproduzierbarkeit und der Empfindlichkeit der Methode ab.?) 

Wenn etwa die Gültigkeit des Beerschen Gesetzes für ein be- 
stimmtes System geprüft werden soll, spielt die Genauigkeit, mit 
der die Wellenlänge des verwendeten Lichtes definiert ist, keine 
Rolle, wenn dieses Licht nur für den vorliegenden Zweck rein genug 
ist, Wird etwa das Beersche Gesetz in der Form geprüft, daß das 
Produkt aus Konzentration und Schichtdicke konstant gehalten wird, 
kann das Licht sogar ziemlich unrein sein! Trotzdem kann man mit 
einer geeigneten Methode dann die Unabhängigkeit der Extinktion 
von der Konzentration mit großer Genauigkeit nachweisen. 

Häufig wird nun angegeben, daß eine bestimmte Methode 
„auf z°/, genau“ sei. Diese Angabe hat keinen eindeutigen Sinn; 
es sind vielmehr in ihr verschiedene Aussagen miteinander verquickt. 

Wenn wir im folgenden den molekularen Extinktionskoeffizienten 
mit e, die Konzentration mit c, die Schichtdicke mit d und die Licht- 
intensität mit / bezeichnen, gilt bekanntlich die Gleichung 


TERM; 
Bo CS 


Der Ausdruck log = , die sogenannte Extinktion, sei im folgenden 


mit Æ bezeichnet. Die Genauigkeit, d. h. der relative Fehler von e, 
ist also unter sonst gleichen Bedingungen von der absoluten Größe 


1) Vgl. z.B. F.G. Donnan, Zeitschr. f. pbys. Ch, 19. 465. 1896. 
2) Vgl. H. v. Halban und L Ebert, Zeitschr. f. phys. Ch. 112. 373. 1924. 


140 v. Halban und Eisenbrand 


ae? — 


dE 
E 


vorliegenden photographischen Messungen und Erfahrungen zeigt 
nun, daß man meist mit einem absoluten Fehler in Æ von 0,04 
rechnen muß.!) Dann ergibt sich z. B., daß bei Æ = ı der relative 
Fehler 4°/, beträgt, für E = 2 2°/, usw. Andererseits nimmt natür- 
lich der relative Fehler mit abnehmendem Z sehr stark zu.?) 

Theoretisch könnte man die Genauigkeit von Æ bzw. e durch 
Erhöhung von E sehr weit treiben. Dies scheitert aber, abgesehen 
von den so entstehenden langen Expositionszeiten, auch daran, daß 
so große Extinktionen sehr große Anforderungen an die Reinheit 
des Lichts stellen. 

Aus dem hier Gesagten ergibt sich also, daß man mit einer 
guten photographischen Methode grundsätzlich e mit einer Genauig- 
keit von wenigen Prozenten bestimmen kann, aber nur, wenn mit 
genügend großer Extinktion gearbeitet wird. 

Da man bei der spektrographischen Methode mit schwachem 
Licht arbeiten kann, läßt sich im allgemeinen genügende Reinheit 
und Definition der Wellenlänge erreichen. Von dieser Seite kommt 
also keine weitere Unsicherheit in das Resultat. 

Wendet man die spektrographische Methode auf die dritte der 
obengenannten Aufgaben an, kann man, entsprechend der Beziehung 
ecd = E, die Konzentration des absorbierenden Stoffes 
keinesfalls genauer bestimmen als Z, d.h. auf einige Prozente 
und dies nur bei genügend großem Z. 

Man wird z. B. zwei Lösungen des absorbierenden Stoffes, deren 
Konzentration um 2°/, differiert, selbst bei größter Sorgfalt nicht 
unterscheiden können; bei einer Differenz der Konzentrationen 
um 5°, wird man höchstens qualitativ die Richtung des Unter- 
schiedes feststellen, keinesfalls seine Größe ermitteln können. 

Gehen wir nun zu den photoelektrischen Methoden über, 
so finden wir vor allem einen grundsätzlichen Unterschied: 
während die Unterschiedsempfindlichkeit bei den photographischen 


von E abhängig: m = - Eine kritische Durchmusterung der 


D Die Reproduzierbarkeit der durch gleiche Belichtung hervorgebrachten Schwär- 
zuug benachbarter Stellen einer photographischen Platte entspricht unter günstigsten 
Bedingungen 5°/, der Lichtintensität (vgl. z.B. F. Weigert, „Optische Methoden in 
der Chemie“, S. 237, Leipzig 1927). Das würde einer absoluten Unsicherheit in Z 
von 0,02 entsprechen. Tatsächlich scheint aber eine solche Genauigkeit nur sehr selten 
erreicht zu werden. 

D Vgl. die Tabellen in Ostwald-Luther, Hand- und Hilfsbuch physiko- 
chemischer Messungen, 4. Aufl., S. 716, und in dem erwähnten Buch von Weigert. 


u éi Leben P ` 3 


- — a -r a -= -> 


Die Messung der Lichtabsorption I4I 


(und okularen) Methoden durch den relativen Unterschied zweier 
Lichtstärken und damit durch einen absoluten Unterschied von Æ 
gegeben ist (e. ol und infolgedessen durch eine Erhöhung der Licht- 
intensität nicht gesteigert werden kann, reagiert das Elektro- 
meter bei einer Kompensationsmethode auf den absoluten 
Wert von d/. Daraus geht zunächst hervor, daß die Empfindlich- 
keit gegen die relative Änderung von / durch die Erhöhung der 
Lichtintensität (lichtstarke Optik, stärkere Lichtquelle, weiter Spalt) 
grundsätzlich immer weiter gesteigert werden könnte.!) Ist /, und 
das kleinste df gegeben, auf welches die Anordnung noch reagiert, 
ergibt sich, daß die Genauigkeit, mit der E bestimmt werden kann, 
ein Maximum wird, wenn Z = 0,4343. ° 

Da nun aber, wie erwähnt, die Unterschiedsempfindlichkeit in Æ 
von der Lichtintensität abhängt, ist sie höher bei intensiven als bei 
weniger intensiven Spektrallinien. 

Da zur Prüfung zweier Systeme auf Gleichheit der Absorption 
bzw. Gleichheit der Konzentration eines absorbierenden Bestandteils 
das Licht nicht besonders rein sein muß, kann man hier durch 
Steigerung der Lichtintensität auf Kosten der Reinheit des Lichts 
viel erreichen.) In der Veröffentlichung von H. v. Halban und 
K. Siedentopf*) findet sich ein Beispiel einer Ermittlung eines 
kleinen Konzentrationsunterschiedes: Es wurden zwei alkalische 
Kaliumchromatlösungen verglichen, deren Konzentrationen sich um 
ı °/ unterschieden. Die photoelektrische Messung ergab einen Unter- 
schied von 1,04°/,., Der Fehler betrug also, auf die Konzentration 
der Lösung bezogen, 0,04 °/,. Wir haben auf Grund der inzwischen 
gemachten Erfahrungen sogar noch etwas weiterkommen können: 


1) Wird nicht mit Kompensation gearbeitet, geht dieser Vorteil meist verloren. 
Das ist insbesondere bei der häufig verwendeten Methode der Messung der Auflade- 
zeit mit der Stoppuhr der Fall! 

2) Vgl. H. v. Halban und L. Ebert, Zeitschr. f. phys. Ch. 112. 333. 1924. 
Praktisch sind aber die Voraussetzungen, unter denen dieses Ergebnis abgeleitet wurde, 
nicht erfüllt: Die Empfindlichkeit ist häufig nicht durch ein bestimmtes d Z begrenzt 
sondern durch ein bestimmtes dE weil man kleinere Keilverschiebungen als 0,01 mm 
nicht messen kann. Infolgedessen liegt die optimale Empfindlichkeit meist bei höheren 
Extinktionen als 0,4343 und die Empfindlichkeit der photoelektrischen Anordnung 
läßt sich nicht ausnützen. Im übrigen muß auf die oben zitierte Abhandlung ver- 
wiesen werden, 


3) Vgl. H. v. Halban und L. Ebert, Zeitschr. f. phys. Ch. 112. 359. 1924, 
wo die Anwendung dieser als „Feinkolorimetrie‘ bezeichneten Methode beschrieben ist. 
*) Zeitschr. f. phys. Ch. 100. 208. 1922. 


142 v. Halban und Eisenbrand 


Wir haben bei 436 mu (einer besonders günstigen Linie des Queck- 
silberspektrums) zwei Lösungen, deren Konzentration sich um 0,30°/, 
unterschied, verglichen und es konnte nicht nur die Richtung des 
Konzentrationsunterschiedes deutlich erkannt werden, sondern seine 
Größe ließ sich noch ungefähr ermitteln: Die Messung ergab 0,28 °/,. 
Andererseits gelang es auch, derartige Bestimmungen dann noch 
relativ genau durchzuführen, wenn es sich um eine Extinktion von 
absolut kleinem Wert handelte. So wurde z. B. die Konzentration 
einer alkalischen Kaliumchromatlösung, die tatsächlich 1,121. 10”® 
war, durch „Eingabeln“ zwischen Lösungen von den Konzentrationen 
1,180 - r075 und 1,062 » 10”"® „feinkolorimetrisch“ bestimmt und 
(1,120 + 0,002) - (Oh gefunden.!) Der Fehler in der Konzentrations- 
bestimmung, bei der ja, wie oben dargelegt, die Unreinheit des 
Lichts nicht stört, betrug also nur 2°/,,.. Dagegen ergab die ab- 
solute Bestimmung dieser kleinen Extinktion den Wert 0,0532, 
während sich bei reinem Licht, berechnet aus dem Extinktions- 
koeffizienten, der Wert 0,0519 ergeben sollte. Der Fehler ist hier 
größer, nämlich 2,5°/,, aber immer noch sehr klein für eine so 
kleine Extinktion. 

Bei schwächeren Linien bzw. Linien, die von dem Material der 
Zellwand merklich absorbiert werden, wird, entsprechend dem Oben- 
gesagten, die Differenzempfindlichkeit geringer. Immerhin wird man, 
selbst unter sehr ungünstigen Bedingungen (z.B. bei der Hg-Linie 289), 
eine Extinktionsdifferenz von 0,01 noch wahrnehmen, was bei der 
Extinktion ı ı°/, entspräche.?) 

Aus dem Gesagten geht hervor, daß die photoelektrische 
Kompensationsmethode den photographischen Methoden in der 
Differenzempfindlichkeit und damit überall dort weit überlegen ist, wo 
es sich darum handelt, kleine Veränderungen der Lichtabsorption 
oder der Konzentration eines absorbierenden Bestandteiles nachzu- 
weisen oder gar quantitativ zu bestimmen. 

Die photoelektrische Methode wird also vor allem als Hilfs- 
mittel in der chemischen Dynamik vorzuziehen sein. Dies ist auch 
deshalb der Fall, weil diese Methode gestattet, eine Messung bei 
einer einzelnen Wellenlänge relativ rasch auszuführen. | 

1) Die Schichtdicke betrug 0,998 cm. Diese Messung wurde bei 366mu aus- 
geführt. Es muß betont werden, daß sich, wenigstens mit der uns zur Verfügung 
stehenden Optik, die Differenzempfindlichkeit nur bei so starken Linien so weit 
(0,0001 in Z!) treiben läßt. 


3) Das besagt nicht, daß man bei dieser Wellenlänge den absoluten Wert 
von 8 auf 1°% genau bestimmen könnte! (vgl. u. S. 144). 


Die Messung der Lichtabsorplion 143 
Dagegen ist die Reinheit des Lichts und die Definition der 
Wellenlängen viel schlechter als bei den photographischen Me- 
thoden!), weil man auf die lichtstarken Linien des Quecksilber- 
spektrums und das Arbeiten mit relativ weitem Spalt angewiesen ist.?) 
Die photographische Methode hat ferner vor der photoelek- 
trischen den Vorzug, daß ein ganzes Absorptionsspektrum rascher 
ermittelt werden kann. Auch wird gerade für diese zuletzt genannte 
Aufgabe häufig die verhältnismäßig geringe Zahl der Linien des 
Quecksilberspektrums, die vorläufig?) allein für die photoelektrische 
Methode in Betracht kommen, einen empfindlichen Nachteil be- 
deuten. Da, wie oben dargelegt, die photographische Methode eine 
für die Aufnahme von Absorptionsspektren immer ausreichende Ge- 
nauigkeit zu erreichen gestattet, ist sie hierfür unbedingt vorzuziehen. 
Das bisher Gesagte läßt geringe Differenzen erklärlich erscheinen, 
die gelegentlich zwischen den Ergebnissen der photoelektrischen und 
der photographischen Methode auftreten, nicht aber solche, die einige 
Prozente überschreiten. Das auffallendste Beispiel großer Differenzen 
war der Verlauf des Absorptionsspektrums der Nitrate unterhalb 300 mu. 
Während oberhalb 300 mu die Ergebnisse der beiden Methoden be- 
friedigend miteinander übereinstimmten, ergab unterhalb 300 mu 
die photoelektrische Methode Werte, die mit abnehmender Wellen- 
länge von den photographischen immer stärker nach unten ab- 
weichen, und, statt ein Minimum zu durchlaufen, auch von 265 my 
nach 254 mu weiter abfielen. Bei der zuletzt genannten Wellen- 
länge betrug die Differenz 75°/,, bezogen auf den photographischen 
Wert.) 
Nach dem bisher über die photoelektrische Methode Gesagten 
schienen zunächst so große Fehler der photoelektrischen Werte 
nicht in Betracht zu kommen. Baly, Morton und Riding halten 


1) Vgl. hierzu G. Rössler, Ber. d. D. Chem. Ges. 59. 2609. 1926. Wir haben 
der Einfachheit halber stets die Wellenlänge der stärksten Linie der betreffenden 
Liniengruppe des Hg-Spektrum auf ganze mu abgerundet angegeben. 

2?) Durch Anwendung von Verstärkerröhren würde man wahrscheinlich hier 
wesentlich weiterkommen können (vgl. H. Rosenberg, Nature, 9. 359. 1921). Bei 
einzelnen Linien läßt sich übrigens die Reinheit des Lichts durch Einschaltung von 
Lichtfiltern genügend weit treiben, ohne dabei die Stärke des Lichts zu sehr herab- 
zusetzen. 


>) Vgl. G. Scheibe, Ber. d. D. Chem. Ges. 59. 2616. 1926. E. C. C. Baly, 
R. A. Morton and R., W. Riding, Proc. Roy. Soc. A. 118. 709. 1927. Ferner: 
Ch. Winther, Zeitschr. f. wiss. Phot. 22. 125. 1923; H. Ley u. F. Volbert, 
Zeitschr. f. wiss. Phot. 28. 41. 1924. 


144 v. Halban und Eisenbrand 


es deshalb auch für wahrscheinlicher, daß irgendein noch un- 
bekannter Effekt diese Differenz hervorrufe, 

Nun sind die betreffenden photoelektrischen Werte bei uns, wie 
stets, wiederholt gemessen worden und ließen sich durchaus re- 
produzieren. Es schien deshalb schwer verständlich, daß sie voll- 
kommen falsch sein sollten. Eine systematische Nachprüfung hat 
aber zur Auffindung einer Fehlerquelle geführt. Zu jenen Messungen 
waren Zellen verwendet worden, deren Glas verhältnismäßig wenig 
durchlässig für kurzwelliges Licht war, Da die Zellen aber bei ge- 
nügender Höhe der angelegen Spannung genügenden Photostrom 
lieferten, erschien uns die Durchlässigkeit des Glases für den prak- 
tischen Zweck genügend. 

Bei näherer Überlegung ergibt sich aber, daß dadurch sehr 
bedeutende Fehler in die Ergebnisse gelangen können. Eine Nach- 
prüfung ergab, daß selbst dünnes (0,5 mm) Uviolglas von dem Licht 
der Hg-Linie 254 mu nur 10°/, durchläßt. Die Durchlässigkeit des 
Glases der Zelle, die bei den Messungen von H. v. Halban und 
L. Ebert verwendet wurde, war noch wesentlich kleiner und die 
Wand ziemlich stark, so daß kaum mehr als 0,1 °/, des auffallenden 
Lichts von der Wellenlänge 254mu auf die Kaliumfläche gelangte. 

Das aus dem Monochromator austretende Licht enthält aber 
stets „falsches“ Licht beigemischt (das ist bei den vielen reflek- 
tierenden Flächen eines solchen Instruments und der nie ganz voll- 
kommenen Klarheit der Quarzprismen und -linsen nie ganz zu 
vermeiden. Wenn nun dem Licht von der Wellenlänge 254 mu 
z. B. nur 0,001°/, von der Wellenlänge 436 mp beigemischt ist, er- 
gibt sich aus der Tatsache, daß dieses Licht weder von dem Glas 
der Zelle noch von der untersuchten Nitratlösung merklich absorbiert 
wird und überdies auf die Kaliumfläche viel stärker wirkt als das 
kurzwellige Licht’), daß hierdurch ein um so größerer Fehler ent. 
stehen muß, je größer die Extinktion der untersuchten Nitratlösung ist. 
Aus diesen Voraussetzungen ergibt sich schätzungsweise ein Fehler, 
der der Differenz zwischen unseren alten photoelektrischen und den 
photographischen Messungen bei 254 mu entspricht, Die Richtigkeit 
dieser Erklärung konnte nun experimentell bewiesen werden. 

Erstens ergab eine Nachprüfung, daß oberhalb 300 my alle 
Zellen übereinstimmende Werte lieferten, während von 300 um ab- 
wärts (immer an Nitratlösungen) sich zunehmende Unterschiede 


1) Der selektive photoelektrische Effekt steigt vom Ultraviolett zum Blau sehr 
stark an und ist bei 436 mu rund zwei Zehnerpotenzen höher als bei 254 mu! 


Die Messung der Lichtabsorption 145 


zwischen den mit verschiedenen Zellen erhaltenen Werten ergaben. 
Dagegen wurden mit zwei Zellen aus dünnwandigem Uviolglas und 
einer solchen aus Quarzglas, die wir inzwischen erhalten hatten, 
bis 265 mu herab Werte erhalten, die sowohl untereinander als auch 
mit den auf photographischem Wege von G. Scheibe erhaltenen 
gut übereinstimmen. ?) Bei 254 mu wurden dann keine zu kleinen 
Werte erhalten, wenn ein Chlorfilter vorgeschaltet wurde, welches 
das schädliche Licht absorbiert. 7 

Es läge nun nahe, anzunehmen, daß auch bei beliebigen anderen 
Stoffen die gleichen Fehler auftreten müßten wie bei dem Nitrat. 
Das trifft aber nicht zu. Denn in der oben angestellten Überlegung 
wurde vorausgesetzt, daß das „falsche“ Licht viel weniger absorbiert 
wird als das „richtige“. Wenn der untersuchte Stoff für das falsche 
Licht eine Absorption von ähnlicher Größenordnung zeigt wie für 
das richtige, wird der Fehler sehr klein, und wenn das falsche Licht 
sehr viel stärker absorbiert wird als das richtige, kann man ge- 
legentlich auch zu große Werte erhalten. So erklärt es sich, daß 
die Fehler bei Kaliumchromat, dessen Absorptionsspektrum erst 
oberhalb des Maximums des selektiven photoelektrischen Effekts 
abfällt, viel kleiner sind. Immerhin hat eine Nachprüfung ergeben, 
daß auch hier die bei 265 und 254 mu von v. Halban und Sieden- 
topf gefundenen Werte etwas zu niedrig sind. Wir erhielten nun 
bei 254 mu für den Extinktionskoeffizienten 2,57 10% und bei 265 mu 
3,16- 10° Werte, die mit den von Scheibe?) aufgestellten sehr gut 
übereinstimmen. 

Ein kritischer Vergleich der verschiedenen Zellen hat aber noch 
zu weiteren Ergebnissen geführt, aus denen hervorgeht, daß die 


1) Unsere neuen Werte wurden bereits von G. Scheibe im Zusammenhang mit 
seinen eigenen Messungen veröffentlicht, vgl. Ber. d. Dtsch. Chem. Ges. 59. 2616. 1926, 
Auch die Werte von H. Ley und F. Volbert, Zeitschr. f. wiss. Phot. 23. 41. 1924, 
fügen sich gut ein (vgl. Fig. ı). Von der späteren Veröffentlichung von H. Ley und 
F. Volbert, Zeitschr. f. phys. Ch. 130. 308. 1927 erhielten wir erst nach Absendung 
des Manuskripts Kenntnis. 

9) Vgl. H. v. Halban und K. Siedentopf, Zeitschr. f. phys. Ch. 108. 71. 1922; 
O. Oldenberg, Zeitschr. für Physik 29. 328. 1924; D. St. Villars, Journ. Amer. 
chem. Soc. 48. 1974. 1926. 

3) Vgl. G. Rössler, Ber. d. Dtsch. Chem. Ges. 59. 2606. 1926. Von der früher 
von Scheibe veröffentlichten Kurve (Ber. d. Dtsch. Chem. Ges. 57. 1330. 1924) haben 
wir nur zur Ergänzung einen Punkt in der Nähe des Minimums bei 313 mp über- 
nommen, da Rösslers Kurve dort keine Punkte bringt. Übrigens enthält die von 
Scheibe im Chemiker-Kalender 1927, III, S. 324 gegebene Kurve zwei Punkte, die 
unserer Kurve an dieser Stelle entsprechen. 


Zeitschr. L wiss. Phot. 25 10 


146 v. Halban und Eisenbrand 


Eigenschaften der einzelnen Zellen viel stärker variieren als zu er- 
warten war.!) 

Es wurde die relative Empfindlichkeit der verschiedenen Zellen 
bei den Wellenlängen der Hg-Linien geprüft. Zu diesem Zwecke 
wurde, durch entsprechende Einstellung des rotierenden Sektors, die 
Lichtschwächung so lange variiert, bis die Zellen stets den gleichen 
absoluten Photostrom zeigten. (Gemessen durch Ermittlung der 
Aufladezeit mit der Stoppuhr.) Die reziproken Werte der Sektor- 
öffnungen geben dann einen relativen Wert für die Empfindlichkeit 
der verschiedenen Zellen. Es wird hier darauf verzichtet, diese 
Zahlen auf gleiche Energie zu reduzieren, einerseits, weil die An- 
gaben über die relative Energie der Hg-Linien noch schwanken und 
die in der Literatur vorhandenen Angaben natürlich für eine schon 
durch längere Zeit gebrauchte Lampe, wegen der Bräunung des 
Rohres, nicht zutreffen, andererseits, weil es hier nur darauf an- 
kommt, festzustellen, ob und in welcher Weise die relative Emp- 
findlichkeit verschiedener Zellen sich mit der Wellenlänge ändert. 

In der folgenden Tabelle sind die erhaltenen Werte für zwei 
QJuarzzellen und die beste Uviolzelle zusammengestellt. Alle Zellen 
waren Kaliumzellen mit Argonfüllung und stammten von der Firma 
Günther & Tegetmeyer in Braunschweig. 


Tabelle ı 
Material | Quarz Nr. I | Quarz Nr. II | Uviol 4956 
8 mu E E E 
436 100 20 20 
366 100 10,0 30 
334 3 8,8 4 
313 20 KA 44 
303 6,6 25 16 
297 3 14 9,1 
289 1,0 7,0 4,4 
280 2,0 11 BI 
265 2,5 14 3,7 
254 2,5 17 0,7 
248 0,5 4 — 
237 0,1 2 — 


Bei der Betrachtung dieser Zahlen erscheint vor allem das 
Verhalten der Quarzzelle I auffallend: Der Photostrom fällt mit ab- 
nehmender Wellenlänge viel stärker ab als bei der Uviolzelle! Da 
für die Lichtabsorption der Hülle das Umgekehrte gilt, folgt daraus, 

1) Daß verschiedene Exemplare in ihrer absoluten Empfindlichkeit beträcht 


lich verschieden sind, ist bekannt (vgl. z.B. Ostwald-Luther, Hand- und Hilf- 
buch, 4. Aufl, S. 701). 


Die Messung der Lichtabsorplion 147 


daß, bezogen auf das auf den Belag auftreffende Licht, die 
Empfindlichkeit der Quarzzelle Nr. I, im Vergleich zu derjenigen der 
Uviolzelle 4956, außerordentlich stark abfällt! !) 

Diese überraschend großen Verschiedenheiten im Verhalten der 
einzelnen Zellen haben zur Folge, daß ihre Brauchbarkeit für Mes- 
sungen mit nicht ganz reinem Licht in hohem Grade von der 
Wellenlänge abhängt oder umgekehrt: Man muß, wenigstens soweit 
es sich um absoiute Messungen handelt, die Empfindlichkeitskurve 
einer Zelle kennen, um sie richtig verwenden zu können. 

Es ist klar, daß das „falsche“ Licht einen um so kleineren 
Fehler verursachen wird, je größer die Empfindlichkeit gegen die 
in Betracht kommende Linie, verglichen mit der gegen die übrigen 
Linien, ist, wobei unter Empfindlichkeit schon der durch die Linien 
in ihrer vollen Stärke bewirkte Photostrom verstanden sei. 

Man kann sich eine genügende Vorstellung von der Brauchbar- 
keit einer Zelle für Messungen bei einer bestimmten Linie machen, 


wenn man den Ausdruck 
Photostrom bei der Meßlinie 
Summe der Photoströme bei den übrigen Linien 


bildet. ?) 
Im folgenden sind diese Zahlen für einige unserer Zellen zu- 
sammengestellt: 


Tabelle 2 
Material | Quarz Nr. I Quarz Nr. II Uviol 4956 Glas 4736 
mu E E E E 
i 

579 | 0,4 | er Zu | wes 
546 | 0,9 0,9 Sage 
436 | 43 8 15 58 
405 = (8) = | — 
360 |© 43 40 | 23 39 
334 1,3 3:35 i 3 — 
313 8,5 16,5 32,6 2,3 
303 2,8 4 12,1 0,6 
297 1,3 5,8 6,9 0,2 
289 | 0,4 3,0 HK 0,06 
280 | 0,85 j 4,2 3,83 0,04 
265 1,06 5,5 2,6 0,02 
254 | 1,06 6,7 0,6 0,006 


1) Dieser Gegensatz ist so überraschend, daß wir die Möglichkeit in Betracht 
zogen, es liege ein Irrtum bezüglich des Materials der Hülle vor. Man konnte aber 
durch seitliches Belichten und Prüfen mit einer Fluoreszenzplatte leicht feststellen, 
daß tatsächlich die Hülle der Zelle I im Ultraviolett durchlässiger ist, als diejenige 
der Zelle 4956. Übrigens fällt die Photostromstärke bei der Quarzzelle ja bereits ober- 
halb 300 mu im Vergleich zu derjenigen der Uviolzelle stark ab, und in diesem Ge- 
biet spielt die Lichtabsorption der Hülle keine große Rolle. 

2) Diese „Wirkungszahlen‘‘ haben natürlich nur praktische Bedeutung, 

10* 


148 ~ v. Halban und Eisenbrand 


Ihre Bedeutung liegt vor allem darin, daß tatsächlich für die 
Brauchbarkeit einer Zelle nicht ihre absolute Empfindlichkeit maß- 
gebend ist. Bei 303 mp z.B. eignet sich die Uviolzelle 4956 am 
besten, obwohl ihr Photostrom (vgl. Tabelle 2) seinen absoluten Be- 
trägen nach geringer ist als derjenige der Quarzzelle IL 


Bei den bisherigen Betrachtungen wurde stets von den Be- 
dingungen ausgegangen, wie sie bei einfacher Lichtreinigung durch 
den Zeissschen Monochromator gegeben sind. Abgesehen davon, 
daß wir bisher mit diesem Instrument gearbeitet haben, wird sehr 
häufig nur ein solcher einfacher Monochromator, vielleicht sogar 
ein weniger geeignetes Instrument, zur Verfügung stehen. Es be- 
darf aber auch noch der Untersuchung, ob man bei der Verwendung 
doppelter Lichtreinigung!) noch genügend starkes Licht behält, um 
den entscheidenden Vorteil der photoelektrischen Methode, die hohe 
Differenzempfindlichkeit, auszunutzen. 


Denn wenn man weitgehende Reinheit des Lichts durch starke 
Verringerung der Lichtintensität erkauft, vermeidet man zwar die 
systematischen Fehler, welche durch falsches Licht bewirkt werden, 
die erreichbare Genauigkeit wird aber dann vielleicht kaum mehr 
diejenige der besten spektrographischen Messungen übertreffen. 
Hier wird man nur durch Verwendung von empfindlicheren Elektro- 
metern oder durch Anwendung von Verstärkerrohren weiterkommen.?) 


Die großen Differenzen zwischen den photoelektrischen und 
photographischen Ergebnissen sind also nun aufgeklärt. Wir geben 
hier, um einen guten Überblick zu ermöglichen, die Absorptions- 
spektren der verdünnten Alkalinitratlösungen und der alkalischen 
Kaliumchromatlösungen wieder. Auf der Abszissenachse sind die 
Wellenlängen bzw. Schwingungseinheiten, auf der Ordinatenachse 
der Logarithmus des Extinktionskoeffizienten aufgetragen.°) Diese 


1) Vgl. R. Pohl, Nature. 15. 433. 1927, wo die Notwendigkeit der Ver- 
wendung eines Doppel-Monochromators betont wird. Allerdings dürfte die dort be- 
schriebene Methode der Messung zwar frei von durch Unreinheit des Lichts bedingten 
Fehlern sein, aber eine wesentlich geringere Unterschiedsempfindlichkeit haben als die 
unsrige. Bei dem in der genannten Veröffentlichung von Pohl behandelten Beispiel 
handelt es sich um so große Änderungen der Lichtabsorption, daß auch eine photo- 
graphische Methode zu ihrer Feststellung völlig ausgereicht hätte. 

») Vgl. H. Rosenberg, Naturw. 9. 359. 1921. 

3) Es wäre sehr zu wünschen, daß alle Autoren sich dieser Darstellung bedienten, 
die viele Vorzüge hat (vgl. F. Weigert, Ber, d. Dtsch. Chem. Ges. 49. 1510. 1916). 
Die Auftragung des Extinktionskoefhizienten selbst statt seines Logarithmus läßt den 


Die Messung der Lichtabsorption 149 


Kurven zeigen, daß unsere Werte nun mit den photographischen 
Werten Scheibes sehr gut übereinstimmen.!) Die Abweichungen 
von den Werten von Baly, Morton und Riding sind im all- 


x v. Halban -Eisenbranc 


250 275 300 325 
Fig. ı 


gemeinen ebenfalls klein, nur bei 313 mu besteht eine große 
Differenz. Diese dürfte aber wahrscheinlich darauf beruhen, daß 


gleichen relativen Fehler, je nach der absoluten Größe des Extinktionskoefhzienten 
selbst, ganz verschieden groß erscheinen. Vor allem aber ist die logarithmische Kurve 
unabhängig von etwaigen Fehlern in den absoluten Größen der Konzentration und 
des Extinktionskoefhizienten. 

1) Bei 303 mp besteht noch eine Diskrepanz, die zweifellos darauf beruht, daß 
bei unserer Anordnung die Linien 297 und 303 nicht genügend weitgehend getrennt 
werden. Tatsächlich hat eine Nachprüfung ergeben, daß der erhaltene Wert hier 
merklich von der Spaltweite abhängt. 


De v. Halban und Eisenbrand 


von den genannten Autoren eine zu kleine Extinktion gemessen 
wurde. Es wurde!) eine 0,000075 n Lösung verwendet. Falls bei 
dieser Messung mit der gleichen Schichtdicke gearbeitet wurde wie 
bei den übrigen Messungen (4 cm), beträgt Æ nach unserem Wert 
von & 0,0586, nach dem von Baly, Morton und Riding an- 
gegebenen Wert von s 0,087. Die Differenz 0,028 liegt nach dem 
Obengesagten durchaus innerhalb der Fehlergrenzen der photo- 
graphischen Methoden. 


Joen 273 300 335 350 373 00 ses 


875 309 325 330 375 489 25 


Einer kurzen Erörterung bedürfen noch einige Daten aus der 
Veröffentlichung von Morton und Riding.?) Diese Autoren fanden 
beträchtliche Unterschiede zwischen den Absorptionsspektren ver- 
dünnter Lösungen verschiedener Nitrate. Unsere eigenen Messungen, 
die demnächst ausführlich in der Zeitschrift für physikalische Chemie 
veröffentlicht werden sollen, haben ergeben, daß die Absorptions- 
spektren verdünnter Lösungen der Nitrate der Alkalimetalle und 


) Vgl. E. C. C. Baly, R. A. Morton and R. W. Riding, Proc. Roy. Soc 
A. 113. 717. 1927. 
?) Proc. Roy. Soc. 113. 717. 1927. 


Die Messung der Lichtabsorption 151 


der alkalischen Erdmetalle vollkommen miteinander übereinstimmen. 
Für das Silbernitrat gelangten H. Ley und F. Volbert!) zu dem 
gleichen Ergebnis. Die „Persistenz‘“ beträgt also auf Grund unserer 
Daten stets 6,91 — 1,56 = 5,35. Morton und Riding finden aber 
Werte, die sich zwischen 5,36 und 6,92 bewegen. Ein derartiger 
Fehler unseres Ergebnisses erscheint ganz ausgeschlossen. Wir 
möchten noch betonen, daß das Maximum bei 300 mu gegen Ver- 
unreinigungen außerordentlich empfindlich ist. So haben wir z. B. 
mit dem reinsten käuflichen Präparat?) den Wert 7,39 erhalten und 
erst nach viermaligem Umkristallisieren aus Leitfähigkeitswasser ge- 
langten wir zu dem früher von L. Ebert gefundenen Wert von 6,91. 


Auch bei der Salpetersäure besteht noch keine volle quanti- 
tative Übereinstimmung zwischen den Werten von Morton und 
Riding und unseren noch unveröffentlichten Messungen. 


Zusammenfassung 


Es wurden die Faktoren, die für die Beurteilung einer Methode 
der Lichtabsorptionsmessung maßgebend sind, kritisch diskutiert. 
Bei der Anwendung der photographischen Methode ist zu be- 
achten, daß für sie ein bestimmter absoluter Fehler bzw. eine be- 
stimmte absolute Differenz in der Extinktion und nicht ein be- 
stimmter relativer Fehler in der Extinktion bzw. im Extinktions- 
koeffizienten charakteristisch sind. Die Genauigkeit, mit der sich 
der Extinktionskoeffizient bestimmen läßt, hängt vielmehr von der 
absoluten Größe der verwendeten Extinktion ab. Bei Verwendung 
einer genügend großen Extinktion läßt sich mit den photographischen 
Methoden der Extinktionskoeffizient auf wenige Prozente genau be- 
stimmen. Zur Ermittlung kleinerer Differenzen von Extinktionen, 
bzw. von Konzentrationen absorbierender Stoffe, wie auch zur ab- 
soluten Messung kleiner Extinktionen, eignet sich die photographische 
Methode nicht, dagegen ist sie zur quantitativen Aufnahme der Ab- 
sorptionsspektren vollkommen geeignet und wegen der größeren 
Schnelligkeit, mit der die Resultate erreicht werden, für diesen 
Zweck der photoelektrischen Methode unbedingt vorzuziehen. 


Bei der photoelektrischen Methode ist vorläufig noch keine 
untere Grenze des Fehlers bzw. der Differenzempfindlichkeit in bezug 


1) Zeitschr. f. wiss. Phot. 23. 41. 1924. 
D Kahlbaums Präparat „zur Analyse mit Garantieschein‘, 


152 v. Halban und Eisenbrand. Die Messung der Lichtabsorption 


auf die Extinktion zu erkennen. Selbst praktisch läßt sich die Unter- 
schiedsempfindlichkeit in bezug auf die Extinktion unter günstigen 
Bedingungen (bei starken Linien) um etwa zwei Zehnerpotenzen 
weitertreiben als bei der photographischen Methode. Die photo- 
elektrische Methode eignet sich deshalb vor allem zur Messung 
kleiner Extinktionen oder kleiner Differenzen von Extinktionen 
bzw. Konzentrationen. Bei absoluten Messungen läßt sich ihre 
Empfindlichkeit nicht voll ausnützen, weil die zur Erreichung einer 
so hohen Empfindlichkeit notwendige hohe Intensität des Lichts 
nicht gestattet, mit der Reinheit des Lichts und der Definition der 
Wellenlängen so weit zu kommen wie mit der photographischen 
Methode. Bei der Aufnahme ganzer Absorptionsspektren macht sich 
übrigens die verhältnismäßig geringe Anzahl der für diese Methode 
verwendbaren Linien störend bemerkbar. 


Die großen Differenzen, welche zwischen den Ergebnissen der 
beiden Methoden bei Wellenlängen unterhalb 300 mu, insbesondere 
bei Nitratlösungen bestanden, konnten auf einen systematischen 
Fehler der betreffenden photoelektrischen Messungen zurückgeführt 
werden. Die Ergebnisse der beiden Methoden stimmen nun im 
allgemeinen befriedigend miteinander überein. 


Ein systematischer Vergleich verschiedener Zellen hat ergeben, 
daß diese unerwartet große Unterschiede in der Abhängigkeit der 
Empfindlichkeit von der Wellenlänge aufweisen, die noch der Er- 
klärung bedürfen. Die genaue Kenntnis der Eigenschaften der ver- 
wendeten Zellen ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn mit 
nicht ganz reinem Licht absolute Messungen ausgeführt werden sollen. 


(Eingegangen am 13. November 1927) 


Wildt. Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof 153 


Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof 
R Von 
Rupert Wildt 


Mit 5 Figuren im Text 


Einleitung 

Der Sprachgebrauch der photographischen Literatur unter- 
scheidet meist nicht scharf zwischen den beiden Formen des Licht- 
hofes‘‘, dem Reflexions- und dem Diffusionslichthof [abgekürzt R- und 
D-Lichthof nach dem Vorschlage von Scheffer (1)]. Der erstere 
ist wegen seiner für die photographische Praxis überwiegenden Be- 
deutung der Lichthof schlechthin. Mit seiner Entstehung und Ver- 
hütung beschäftigten sich insbesondere die Arbeiten von Abney, 
Cornu und v. Gothard (2). Zur Bildung des R-Lichthofes gibt 
derjenige Teil des einfallenden Lichts Anlaß, welcher die Emulsions- 
schicht durchlaufen hat und nun von dem Schichtträger (Glasplatte 
oder Zelluloidfilm) reflektiert wird. Auf Grund dieser Anschauung 
leitete Drecker (3) die Intensitätsverteilung im R-Lichthof aus der 
Fresnelschen Theorie ab. Die Übereinstimmung zwischen Theorie 
und Beobachtung scheint gut zu sein. 

Die Entstehung des Diffusionslichthofes ist auf die Streuung 
des Lichtes durch die Halogensilberpartikel der Emulsionsschicht 
zurückzuführeh. Obwohl sich diese Erscheinung auf gewöhnlichen 
photographischen Aufnahmen kaum bemerkbar macht, wird der 
D-Lichthof sehr störend, sobald es sich um die Wiedergabe feiner 
Strukturen handelt. Die photographische Technik hat auch hier Ab- 
hilfe geschaffen. Durch Anfärbung der Emulsion mit Farbstoffen, die 
das aktinische Licht absorbieren, läßt sich die diffuse Ausbreitung 
des Lichts stark herabsetzen. Die Zahl der Untersuchungen über 
den D-Lichthof hinsichtlich seiner Bedeutung für das Auflösungs- 
vermögen photographischer Platten (z. B. Mikrophotographie) ist 
beträchtlich. Einen guten Überblick über die Literatur dieses Ge- 
bietes findet man in der Monographie von F. E. Ross, ‚The physics 
of the developed photographic image‘‘ (18). 


154 Wildt 


Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage der Inten- 
sitätsverteilung im D-Lichthof und versucht durch Beibringung 
neuen Versuchsmaterials die Widersprüche zu klären, die die Er- 
gebnisse der bisherigen Experimentaluntersuchungen zeigen. Voran- 
gestellt ist ein Abschnitt über die photographische Emulsion als 
trübes Medium und die theoretische Deduktion der Intensitäts- 
verteilung im D-Lichthof. Ein Schlußabschnitt bringt einige Be- 
merkungen über die Entstehung fokaler photographischer Stern- 
bilder. Wenn diese Gedanken auch nur in lockerem Zusammenhang 
mit dem eigentlichen Thema zu stehen scheinen, so bildeten sie doch 
die Anregung und den Ausgangspunkt für diese Arbeit. 


Die photographische Emulsion als trübes Medium 


Die optische Heterogenität photographischer Schichten, ihre 
Trübung, beruht auf ihrer Mikrostruktur. Die Emulsion besteht aus 
dem Bindemittel wie Gelatine, Kollodium usw. (Dispersionsmittel) 
und den Kristallen des Silberhaloids (disperse Phase). Die umfang- 
reichen statistischen Untersuchungen über die Korngrößen und ıhre 
Häufigkeitsverteilung in den verschiedenartigsten Emulsionen, wie 
sie von Sheppard, Trivelli und deren Mitarbeitern im Kodak- 
laboratorium, von Svedberg und anderen im letzten Jahrzehnt 
ausgeführt wurden, haben schon ein ziemlich eingehendes Bild von 
dem Aufbau dieser komplizierten kolloiden Systeme ergeben (4). 
Das Häufigkeitsgesetz der Korndurchmesser läßt sich durch folgende 
Formeln darstellen: 

KEE Zeit? Vene [2] 
y bedeutet die beobachtete Häufigkeit (auf 1000 Körner), ua den 
Schnittpunkt der Kurve mit der y-Achse für [1] und die Maximum- 
ordinate für [2], z ist der spezielle Korndurchmesser und e eine Kon- 
stante, die die Lage der Maximumordinate auf der z Achse charakte- 
risiert. Die einfache Exponentialfunktion [1], die nur bei sehr fein- 
körnigen Emulsionen auftritt, ist offenbar weiter nichts als der rechte 
Ast der Gaussschen Fehlerfunktion [2], deren linker Ast nicht ge- 
messen werden konnte, weil die betreffenden Körner zu klein sind. 
Für die optische Charakterisierung der Schicht sind die Brechungs- 
exponenten ihrer Komponenten von Wichtigkeit. Schaum und 
Stoess haben für eine Anzahl von Bindemitteln photographischer 
Emulsionen die Brechungsindizes bestimmt (5). Walpole unter- 
suchte speziell wässerige Gelatinelösungen verschiedener Kon- 


Untersuchungen über den photographischen Difusionslichthof 155 


zentration (6). Der Brechungsindex ist unabhängig davon, ob sich 
de Gelatine im Sol- oder Gel-Zustand befindet, und wird durch die 
Anwesenheit von Säuren, Alkalien oder Neutralsalzen nicht ver- 
ändert. Ross berechnete die relativen Brechungsindizes der Silber- 
haloide gegen Gelatine (a. a. O.). Bemerkenswert ist das Reflexions- 
vermögen der Silberhaloide für senkrecht auffallendes Licht in 
Gelatine (bezogen auf die D-Linie), das sich aus den vorigen Werten 


ED AgBr 3,50, AgJ 2,9% AgCl 2,0%, 


Man ist noch weit davon entfernt, die Gesetze der Lichtaus- 
breitung in solch komplizierten dispersen Systemen zu beherrschen. 
Die Schwierigkeiten des rechnerischen Ansatzes liegen darin, daß 
das streuende Medium aus Partikeln sehr verschiedener Größe be- 
steht, die noch dazu oft unregelmäßig gestaltet sind. In den photo- 
graphischen Emulsionen sind die kleineren AgBr-Körner nahezu 
kugelig, die größeren sind dagegen fast immer polyedrisch ausgebildet. 
Das räumlich unregelmäßige Wachstum der Kristalle während der 
Reifung der Emulsion ist durch die Lage der Hauptachsen der Kri- 
stalle und durch die Adsorption von Ionen aus der umgebenden 
Lösung bedingt. Für die Rechnung kann man versuchen die Polyeder 
durch Kugeln zu ersetzen, wie es Abney in einem speziellen Fall 
getan hat. Wesentlich bleibt jedoch der Dispersitätsgrad des Kolloids. 
Teilchen, deren Durchmesser unterhalb der Wellenlänge des Lichts 
liegen, verursachen die sogenannte Beugungstrübung, deren Theorie 
von Rayleigh herrührt (7) und sich bei der Lichtstreuung in Gasen 
und der Opaleszenz von Flüssigkeiten in der Nähe des kritischen Zu- 
standes (Einstein-Smoluchowski) vortrefflich bewährt hat. 
Das Problem vereinfacht sich hier, da alle Teilchen, die Moleküle, 
als gleich angesehen werden können und ihre Dimensionen klein 
gegen die Wellenlänge des Lichts sind. Bei grob dispersen Systemen 
— Teilchendurchmesser größer als die Wellenlänge des Lichts — 
treten die Beugungseffekte gegen die Reflexion und Brechung des 
Lichts zurück. Für die strenge Theorie dieser Spiegelungs- und 
Brechungstrübung, der auch die photographischen Emulsionen unter- 
worfen wären, liegen bisher kaum Ansätze vor. 

Wo. Ostwald beschränkt sich in seinem Werk ‚Licht und 
Farbe in Kolloiden‘‘ auf einige knappe Betrachtungen zu diesem 
Punkt. Der Betrag der Spiegelungstrübung soll proportional scin 
der Gesamtoberfläche der dispersen Phase, muß also bei konstantem 
Dispersitätsgrad proportional der Konzentration zunehmen und bei 


156 Wildt 


variablem Dispersitätsgrad, wenn die Konzentration konstant ge- 
halten wird, mit dem reziproken Teilchenradius wachsen. Für die 
Brechungstrübung soll eine analoge Überlegung gelten. Die theo- 
retischen und experimentellen Arbeiten der letzten Jahre beschränken 
sich fast ausschließlich auf hochdisperse Systeme. Über Licht- 
zerstreuung in grob dispersen Medien ist mir nur eine Untersuchung 
von Woronkoff und Pokrowski bekannt geworden (8). Die Ver- 
fasser untersuchten die Intensität des Streulichts hinter der streuenden 
Schicht in Abhängigkeit vom Winkel, den die Richtung der betrach- 
teten Strahlung mit der Normalen einschließt. Die planparallel be- 
grenzte streuende Schicht wird senkrecht von vorn beleuchtet. Die 
Beobachtungen lassen sich durch folgende Formel darstellen: 
H=Ke-’’+M, 

wo H die Intensität des Streulichts, 9 der Winkel zwischen der Beob- 
achtungsrichtung und der Normalen, p ein ‚Trübungsexponent“ 
und X und M Konstanten für eine bestimmte Schicht sind. Über 
die Variabilität der Größen dieser Gleichung mit der Konzentration C 
bzw. Schichtdicke L machen die Verfasser folgende Angaben: 


dp dp dp 
dl <o, dC <0, din, — Sal <0, 
d K dK d A 


Tr << ez Hi EICH Ze 


nı — n, ist die Brechungsdifferenz zwischen disperser Phase und Dis- 
persionsmittel. Diese rein experimentellen Ergebnisse befinden sich 
in guter Übereinstimmung mit Wo.Ostwalds theoretischen An- 
schauungen. In seiner in der Einleitung bereits zitierten Arbeit bringt 
Abney einige Rechnungen zur Helligkeit des D-Lichthofes. Doch 
betrachtet er nur ein einzelnes Bromsilberkorn, das als kugelförmig 
angenommen wird. Außerdem beschränkt er sich auf die Reflexions- 
effekte, die Brechung innerhalb des Kornes wird nicht behandelt. 
Es sei die Richtung des einfallenden Lichts die x-Achse, dann liegt 
die y-Achse parallel zur Oberfläche der Emulsionsschicht. Das be- 
trachtete Korn befindet sich im Ursprung. Die Intensität des reflek- 
tierten Lichts, das ein Punkt mit den Koordinaten y und x empfängt, 
ist dann: 
r? y 
A o a pe 

Der maximale Lichtstrom geht parallel zur Oberfläche der Emulsions- 
schicht (x = 0) und durch die weiteren Körner, die sich ihm auf 


Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof 157 


seinem Wege entgegenstellen, wird er dann nach dem einfachen 
Exponentialgesetz geschwächt: 


Je Anen, 


Auf die Betrachtung eines Systems von Körnern und der wieder- 
holten Reflexion an diesen verzichtet der Autor. Diese Betrachtung 


müßte immer zu einer Summierung über sämtliche Körner sl 
führen, d.h. der Betrag der Spiegelungstrübung dürfte wie oben 
bei Ostwald proportional der Gesamtoberfläche der dispersen 
Phase sein. Obgleich sich die Betrachtung Abneys anfechten läßt, 
ist sie doch bemerkenswert, da sie die Abhängigkeit der Spiegelungs- 
trübung vom Korndurchmesser vor Augen führt. 

Was die spektrale Zusammensetzung des Streulichts anbetrifft, 
so wird das Reflexions- und Brechungsvermögen einer Substanz 
durch ihren Brechungsindex charakterisiert, der in erster Annäherung 
eine reziprok-quadratische Funktion der Wellenlänge ist. Die Stärke 
der Spiegelungs- und Brechungstrübung nimmt, wenigstens bei nicht- 
metallischen Dispersoiden, gleichsinnig mit der Brechungsdifferenz 
zwischen disperser Phase und Dispersionsmittel zu, und daher beim 
Fortschreiten zur größeren Wellenlänge ab. Entsprechend muß die 
Intensität des nichtgestreuten, d.h. in der Einfallsrichtung durch- 
gelassenen Lichts mit wachsender Wellenlänge größer werden. In 
der Tat zeigen die Messungen von Hurion und Compan an ver- 
schiedenen dispersen Systemen diesen Effekt (9). Der Absorptions- 
koeffizient ist umgekehrt proportional A? bei Ruß und Magnesium- 
oxyd (auf Glasplatten) und bei Tusche und Bariumsulfat (wässerige 
Suspensionen), dagegen umgekehrt proportional A8 bei Chlorsilber-, 
Mastix- und Kupfersulfid-Hydrosolen. Dieser Wert 4, der nur bei 
höher dispersen Kolloiden auftritt, befriedigt die Rayleighsche 
Theorie der Beugungstrübung, während A? nur bei gröberen Dis- 
persoiden gilt. Die obigen Überlegungen setzen voraus, daß sowohl 
Dispersionsmittel als disperse Phase frei von selektiver Absorption 
sind. Diese Bedingung ist aber bei photographischen Emulsionen nicht 
erfüllt. Gelatine ist bekanntlich für kurzwelliges Ultraviolett (Schu 
mannstrahlen) ganz undurchlässig und absorbiert auch schon im 
längerwelligen Teil des ultravioletten Spektrums kräftig. ` Visuelle 
Absorptionsmessungen an zwei verschiedenen Sorten von Emulsions- 
gelatine stellten Eggert und Noddack an (10). Die Durchlässigkeit 
nimmt von Rot nach Violett beträchtlich ab. Die gleichen Verfasser 
untersuchten die Absorption von reinem, geschmolzenem Bromsilber. 


158 | Wildt 


Sie ist im weniger brechbaren Teil des Spektrums nicht nennenswert, 
setzt jedoch steil bei etwa 4460 uu ein. Bei diesen komplizierten 
Absorptionsverhältnissen — es wäre noch die Anfärbung der Emulsion 
mit sensibilierenden Farbstoffen zu berücksichtigen — läßt sich 
von vornherein nicht erwarten, daß eine einfache Beziehung zwischen 
Trübungseffekt und Wellenlänge besteht. Auf die experimentellen 
Ergebnisse von Ross und die betreffenden eigenen Messungen des 
Verfassers wird weiter unten eingegangen. 


Die Intensitätsverteilung im D-Lichthof 


Einer rechnerischen Ableitung der Intensitätsverteilung ım 
D-Lichthof müssen gewisse Annahmen über die Art der Licht- 


Fig. ı 


ausbreitung in der Emulsionsschicht zugrunde gelegt werden. Als 
solche sollen hier die Überlegungen dienen, die Scheffer gelegent- 
lich seiner Untersuchungen über den D-Lichthof angestellt hat (11). 
Er betrachtet enen idealisierten Lichtstrahl, d.h. ein sehr enges 
Bündel parallelen Lichts, das senkrecht auf die Grenzfläche des trüben 
Mediums fällt. Bei den zahlreichen Reflexionen und Brechungen 
durch die ganz zufällig angeordneten und gestalteten Teilchen des 
trüben Mediums wird offenbar keine Richtung vor der anderen 
bevorzugt. So gelangt Scheffer zu der Überzeugung, daß im Inneren 
des streuenden Mediums die Intensität des Lichtstroms ganz un- 
abhängig von dem Winkel ist, den seine Richtung mit der Normalen 
bildet, oder mit anderen Worten, die Isophoten, die Flächen gleicher 
Lichtintensität, sind Kugelflächen um den Schnittpunkt des ein- 
fallenden Strahles mit der Grenzfläche des trüben Mediums als Mittel- 
punkt. Fig. ı veranschaulicht dies an einem Achsenschnitt durch 
die Ebene des einfallenden Strahls. Im allgemeinsten Fall sollen 


Untersuchungen über den pholographischen Difjusionslichthof 159 


die Isophoten Oberflächen von Rotationsellipsoiden sein, deren große 
Achsen in der Richtung des einfallenden Strahls liegen. Nur wenn 
die Konzentration der streuenden Teilchen groß genug ist, daß nicht 
wesentliche Mengen des einfallenden Lichts ohne gestreut zu werden 
zwischen ihnen hindurchgehen, ist der Spezialfall der kugelförmigen 
Isophoten gegeben. Scheffer hält diesen Spezialfall bei den hoch- 
empfindlichen Bromsilber-Negativ-Emulsionen für hinreichend reali- 
siert. Goldberg hat diese Anschauungen Scheffers bei seinen Unter- 
suchungen über das Auflösungsvermögen photographischer Platten 
diskutiert und ihnen beigepflichtet (12). 

Eine weitere Festsetzung betrifft das Gesetz, nach dem dic 
Intensität des einfallenden Lichtes mit wachsender Schichtdicke 


Fig.2 


abnimmt. Es soll hier als einfache Exponentialfunktion (Extinktions- 
formel von Lambert oder Bouguer) angesetzt werden: 
JmJe**. 

In Fig. 2 ist der einfallende Lichtstrahl durch einen Pfeil dargestellt. 
Er schneidet die Grenzfläche des trüben Mediums in dem Flächen- 
element dF. Infolge der Streuung des Lichts erhält dann cin Punkt 
mit den Koordinaten x/y/z (in bezug auf dF als Ursprung) von dem 
(scheinbar selbst leuchtenden) Flächenelement d F die Intensität 


zugestrahlt. Für Yx?-+ y? + 3? = const erhält man die Isophoten, 
die sich als Halbkugeln erweisen. Es darf nicht verschwiegen werden, 
daß die Verwendung der Lambertschen Extinktionsformel für den 
Abstand der Isophoten eine nicht ganz gereclitfertigte Vereinfachung 


160 Wildt 
darstellt. Die Lambertsche Formel ist nämlich streng nur für die 
Absorption des Lichts in echten Lösungen gültig. Pokrowski unter- 
suchte experimentell die Lichtabsorption in optisch inhomogenen 
Medien (13). Seine Messungsergebnisse lassen sich gut durch eine 
dreigliedrige Formel darstellen: 

J me-a Kli-erer)e-fz=erae + Ke-Pfz— Ke-lerbz, 


v 


Da der Koeffizient & bedeutend größer als ß ist, verschwinden de 
Glieder mit æ schon für verhältnismäßig geringe Schichtdicken und 
es bleibt die einfache Exponentialformel. Betreffs der theoretischen 
Deutung der Formel muß auf die Originalarbeit verwiesen werden. 

Im folgenden sei r der Abstand des betrachteten Punktes P 
vom Rande der direkt beleuchteten Fläche und x seine Entfernung 
von der Oberfläche der Emulsionsschicht. Die betrachtete Fläche 
soll der Einfachheit halber als Rechteck von der Breite b und unend- 
licher Länge angenommen werden. Dem entspricht bei den Ver- 
suchen des Verfassers die Anwendung eines Spaltes, dessen Länge 
groß gegen seine Breite ist. Die Summe des Lichts, das der be- 
trachtete Punkt P durch Streuung von der beleuchteten Fläche 
empfängt, ergibt sich durch Integration über sämtliche Flächen- 
elemente: 


+o r+b Di © éd y 
-a Væ tyt z -ay tyt? S 
J Je V+) dedy di Jr ) dz dy 


Da sich bei der Betrachtung einer photographischen Platte in der 
Aufsicht oder Durchsicht die vorderen und hinteren Teile der Schicht 
überlagern, muß noch über x von o bis c (Schichtdicke) integriert 
werden. Das vollständige Integral lautet dann: 


e œ r+b 


—eFn=2[| [(e-V7*7*+?) ds dydx. 
Ur 


Es stellt die Intensität des Streulichts um das betrachtete Feld 
(unendlich langes Rechteck) als Funktion der Entfernung r vom 
Rande des Rechtecks dar, wobei Jọ die Intensität des direkt be 
leuchteten Feldes ist. Dies Integral ist durch einfache Funktionen 
nicht lösbar. Der Verfasser ist Herrn cand. math. H. Wäsche zu 
großem Dank verpflichtet für seine Versuche, das Integral mit Hilfe 
von Gamma-Funktionen darzustellen. Dies war jedoch nicht mög- 
lich, da die Theorie der Gamma-Funktionen für so spezielle Fälle 


Birke m m 2 mei ee Be m 


- = 


Untersuchungen über den Photographischen Diffusionslichthof 161 


noch nicht ausgebildet ist (vgl. Nielsen, Handbuch der Theorie 
der Gammafunktionen). Es läßt sich nur angeben, daß F (r) für 
große Werte von r in eine einfache Exponentialfunktion übergeht 
und für kleine r stets größer ist als diese. Auch die Ermittlung der 
Größenordnung von r, für die der Übergang zur e-Funktion statt- 
findet, ist leider nicht streng möglich. Schätzungsweise tı tritt dieser 
Fall ein, wenn e gegen x? verschwindet. 


Das Schwärzungsgesetz und das Durchmessergesetz des D-Lichthofes 


Die theoretisch errechnete Intensitätsverteilung im D-Lichthof 


e E 
Jo 
doch fixiert sie sich als latentes Bild in der Emulsionsschicht und 


kann durch Entwicklung der Platte als Schwärzungsverteilung sicht- 
bar gemacht werden. Dabei geht dann das photographische Schwär- 
zungsgesetz ein, das die Funktionalbeziehung zwischen eingestrahlter 
Lichtenergie und erzeugter Schwärzung darstellt. Die Schwärzung 
eines photographischen Negativs wird definiert als Logarithmus der 
Öpazität, d.h. des Verhältnisses von auffallender zu durchgelassener 


Lichtmenge: S = log O = log E 


(r) ist natürlich der direkten Beobachtung nicht zugänglich, 


Man pflegt mit logarithmischem 


Maß der Belichtungszeit und Lichtintensität zu rechnen. Das 
Schwärzungsgesetz S = Ø (log Jt) wird zweckmäßig durch Ein- 
führung der sogenannten latenten Schwärzung s auf die Form 
gebracht: 


S=®(s); s=g(log Jt) = log fft =q log J + logt. 


Die Funktion Ø (s) läßt sich formelmäßig schwer darstellen. Über 
einen beträchtlichen Bercich von s (normale Belichtung) darf 
Ø (s) = a+ bs gesetzt werden (geradliniger Teil der Schwärzungs- 
kurve). Für größere bzw. kleinere Werte von s nähert sich die Funk- 
tion langsamer einem konstanten Grenzwert (maximale Schwärzung) 
bzw. null (Schwellenwert). Die genaue Form der Funktion Ø (s) 
ist für die folgenden Betrachtungen nicht von Wichtigkeit. Der 
Faktor q in der zweiten Funktion ọ (s) variiert mit der absoluten 
Lichtintensität und der Wellenlänge des Lichts, doch kann hier nicht 
näher darauf eingegangen werden (14). Sein reziproker Wert 1/4 = p 
wird in der photographischen Literatur als Schwarzschildfaktor 
bezeichnet. 


Mit Hilfe des Schwärzungsgesetzes ließe sich also aus der beob- 
achteten Schwärzungsverteilung im D-Lichthof die zugrunde liegende 
Zeitschr, f, wiss. Phot. as. 11 


162 Wildt 

Intensitätsverteilung berechnen und mit dem theoretisch deduziertem 
Intensitätsgesetz vergleichen. Die praktische Schwierigkeit liegt 
jedoch in der Messung des Schwärzungsverlaufs im D-Lichthof. Denn 
die Strecke, auf der der starke Schwärzungsabfall stattfindet, be- 
trägt bestenfalls etwa O,I mm und es versagt die Auflösungskraft 
der Mikrophotometer. Dagegen ist einer experimentellen Bestimmung 
sehr leicht zugänglich das ‚Durchmessergesetz‘‘ des D-Lichthofes, 
das den Durchmesser als Funktion der Belichtungszeit bzw. der 
Lichtintensität angibt: D = y (log Jt). Die graphische Darstellung 
des Gesetzes liefert eine „Durchmesserkurve‘, Die Steilheit dieser 
Kurve ist dann gegeben durch 


dD 
dlog SE ER er 


dD 


aoei abi? a y (Zeitskalen) 


7 (Intensitätsskalen) , 


Diese Differentialquotienten lassen sich für ein beliebiges Intensitäts- 
gesetz £ F (r) mit Hilfe des Schwärzungsgesetzes berechnen. 
Der ‚„Rand‘‘ des D-Lichthofes ist charakterisiert durch eine kon- 
stante kleine Schwärzung: 

S = Ø (s) = const ; s = q log J + log t = const . 
In diese Schwärzungsformel substituiert man jetzt für J den Aus- 
druck JF (r), wo Jo die Intensität des gleichmäßig beleuchteten 


geometrischen Bildes und F(r) das Gesetz des Lichtabfalls mit 
der Entfernung r vom Rand des geometrischen Bildes ist. 


q log Jo + 4 log F (r) + log t = const . 


Beachtet man, daß dlog F (r) = u Ze dr ist, so ergibt die Diffe- 
rentiation 
dr Fin dr LE Eil _ Sid 
diogh Ei dlogt ug Fe) OFF 
Intensitätsskalen für d log Z =0; Zeitskalen für dlog A = 0. 


In dem Ausdruck für Intensitätsskalen hebt sich der Schwarzschild- 
faktor weg, für Zeitskalen bleibt er stehen. Nun bezieht sich zwar 
eine Zeitskale auf eine konstante Intensität Jo doch findet innerhalb 
des D-Lichthofes noch ein Intensitätsabfall F (r) statt, so daß p sich 
streng genommen mit r ändern müßte. Dieser Schluß ist nicht zu- 
lässig. Denn die obenbeschriebene Form des Schwärzungsgesetzes 
ist abgeleitet aus Messungen an Feldern von mindestens mehreren 
Millimetern Durchmesser. Es ist sehr fraglich, wieweit dieses makro- 
skopische Schwärzungsgesetz noch auf kleinen Arealen in dem starken 


Untersuchungen über den photographischen Difusionslichthf 163 


Intensitätsabfall des D-Lichthofes gültig ist. Auf den großen Photo- 
meterfeldern wird die beobachtete Schwärzung durch viele hundert- 
tausend Bromsilberkörner erzeugt, die eine sehr verschiedene Eigen- 
empfindlichkeit besitzen und dadurch eine feine Nuancierung der 
entstehenden Schwärzung möglich machen. Im D-Lichthof liegen 
auf der Strecke des starken Lichtabfalls vielleicht nur wenige hundert 
Körner und das Schwärzungsgesetz muß hier als statistisches Gesetz 
entsprechend der geringeren Zahl der Elemente einfacher ausfallen. 
Praktisch darf also der Schwarzschildfaktor in der Formel für Zeit- 
skalen unbedenklich konstant gesetzt werden, wie die Erfahrung 
auch bestätitgt. Goldberg führte für die Steilheit der Durchmesser- 
kurve die Bezeichnung Trübungsfaktor ein, die im folgenden völlig 
synonym mit dem ersten Ausdruck gebraucht wird. 


Es bleibt noch übrig anzugeben, wie man von einem empirischen 
Durchmessergesetz auf das erzeugende Intensitätsgesetz zurückgeht. 
Die Steilheit einer empirischen Durchmesserkurve sei 


dr FE (ri 
Tor TP u te 


Durch Integration der Identität dlog F (r) = Ze n 
Site 


Eil e ed E 


dr ergibt sich 


E 
EF (r) Jo’ 
Ausdruck wird in das Integral eingesetzt und liefert die gesuchte 
Formel: 


Nach dem empirischen Durchmessergesetz ist Dieser 


Å Sö dr 
Eil ee 7”, 


Frühere Untersuchungen über den D-Lichthof 


Die ersten quantitativen Messungen am D-Lichthof stellten 
ziemlich gleichzeitig und unabhängig voneinander W. Scheffer (1) 
und C. E. K. Mees (15) an. Die Lichtquelle bildeten bei Mees recht- 
eckige Spaltöffnungen verschiedener Größe, die von hinten diffus 
erleuchtet und mittels eines Objektivs auf der photographischen 
Platte abgebildet wurden. Die relativen Belichtungszeiten variierten 
von eins bis zu fünfhundert. Es ergab sich, daß der Zuwachs der 
Bilddurchmesser bei steigender Expositionszeit deren Logarithmus 
proportional ist: D = a + b logt. Scheffer bediente sich bei seinen 

11° 


164 Wildt 
Versuchen der kreisförmigen Felder eines Röhrenphotometers und 
gelangte zu dem gleichen Resultat. 

Gelegentlich seiner Untersuchungen über das Auflösungsvermögen 
photographischer Platten stellte E. Goldberg Kontaktdrucke feiner 
Öffnungen her (16). Eine Metallplatte mit sorgfältig gebohrten 
Löchern wurde gegen die Emulsionsschicht gepreßt und mit nahezu 
parallelem Licht beleuchtet. Bei konstanter Belichtungszeit ließ sich 
die Intensität der Lichtquelle vom Schwellenwert der Platte bis 
zu dessen 10°-fachen durch Abstandänderung und mit Hilfe von 
Absorptionskeilen variieren. Die Durchmesser der kopierten Scheib- 
chen wurden als Ordinaten gegen dic zugehörigen logarithmischen 
Lichtintensitäten als Abszissen graphisch aufgetragen. Die so er- 
haltenen Kurven bezeichnet Goldberg als Trübungskurven und 
ihre Steilheit als Trübungsfaktor. "Nach besonderen Versuchen ist 
die Form der Trübungskurven unabhängig von der Größe des Loch- 
durchmessers (zwischen 0,3 und 1,8 mm) sowie von der Art der Ent- 
wicklung und sonstige Nachbehandlung. Die Trübungskurven zeigen 
folgendes Verhalten.. Vom Schwellenwert bis zu dessen 10-fachem 
verlaufen sie nur ganz schwach gegen die Abszissenachse geneigt, 
d. h. der Durchmesser wächst kaum. Dann nimmt die Steilheit der 
Kurven rasch zu. Vom 10- bis zum IO°-fachen Schwellenwert sind 
die Kurven nahezu geradlinig. Die Steilheit der Kurven in diesem 
Gebiet ist der Trübungsfaktor im engeren Sinne des Wortes und dent 
zur Charakteristik der einzelnen Plattensorten, die hier bedeutende 
Unterschiede aufweisen. Bei sehr großen Intensitäten (10%-facher 
Schwellenwert und darüber) nimmt der Trübungsfaktor wieder zu, 
d.h. die Kurven verlaufen immer steiler. Goldbergs Definition 
des Trübungsfaktors ist von Tugman kritisiert worden (17). Diese 
Kritik ist aber hinfällig, denn sie beruht auf einer Verwechslung der 
Intensität Jọ des gleichmäßig beleuchteten geometrischen Bildes 
mit der Intensität J, in der Entfernung r vom geometrischen Rand. 
Zusammenfassend ist als bedeutsam zu nennen, daß Goldberg 
das photographische Objektiv verwarf und Kontaktkopien her- 
stellte, und daß sich seine Versuche über ein Expositionsintervall 
von I bis zu 10” erstreckten. 

Im letzten Jahrzehnt hat sich F.E. Ross in mehreren Ar- 
beiten mit dem Problem des D-Lichthofes beschäftigt, die gesammelt 
in seiner oben zitierten Monographie erschienen sind (18). Ross 
griff wieder auf die Benutzung eines photographischen Objektivs 
zurück und photographierte künstliche Sternbilder (Lochblenden 


Untersuchungen über den photographischen Difusionslichthof 165 


vor der Lichtquelle) in einer „Präzisionskamera‘‘. Die geometrischen 
Durchmesser der künstlichen Sternbilder betrugen 0,005—0,06 mm, 
Die lineare Durchmesserformel D = a + b logt stellt die Beob- 
achtungen nur in dem Intervall von 1—500 Sek. Belichtungszeit 
dar (Bilder von 0,05 mm Anfangsdurchmesser).. Darüber hinaus 
wachsen die Bilddurchmesser schneller als die Formel erlaubt. Besser 


genügt den Beobachtungen eine neue Formel: V D = a’ + b' logt. 
‚Jedoch fallen dann die Werte für die kurzen Belichtungszeiten heraus, 
Für kleinere Bilder (Anfangsdurchmesser 0,005—0,02 mm) wird die 
lineare Formel in einem Intervall von ı bis zu 2000 Sek. befriedigt. 
Die Verhältnisse sind also recht kompliziert. Interessant sind die 
Befunde von Ross über die Abhängigkeit des Trübungsfaktors von 
der Wellenlänge des Lichts. Bei allen untersuchten orthochro- 
matischen und panchromatischen Platten nimmt die Steilheit der 
Durchmesserkurven von Violett nach Rot zu, und zwar bis zum 
Doppelten und Dreifachen. Der Theorie nach sollte man das Gegen- 
teil erwarten, nämlich daß das violette Licht stärker gestreut wird 
als das rote. Diese auffallende Diskrepanz ist wahrscheinlich auf 
die Änderung des Schwarzschildexponenten mit der. Wellenlänge 
des Lichts zurückzuführen. Weiterhin machte Ross bei seinen 
Versuchen über die gegenseitige Einwirkung benachbarter Bilder 
(Doppelsterne, enge Spektrallinien) eine wichtige Entdeckung: 
Durch die Entwicklungsprodukte (ausgeschiedenes Silber, oxydierte 
Entwicklersubstanz) wird eine Veränderung des Quellungsvermögens 
der Gelatine hervorgerufen, so daß beim Trocknen der Platte 
in den Grenzlinien zwischen belichteten und unbelichteten Feldern 
Spannkräfte entstehen, die sich durch eine Kontraktion der be- 
lichteten Felder ausgleichen. Wird also dieselbe Platte einmal 
naß, wie sie aus dem Waschwasser kommt, und dann nach dem 
Trocknen ausgemessen, so zeigt sich eine Kontraktion der Bild- 
durchmesser (Rosseffekt). Für Bilder kleiner als 0,5 mm ist die 
Kontraktion proportional dem Durchmesser. Ihr Betrag hängt 
sehr von der organischen Komponente des Entwicklers ab und 
kann sich bei stark gerbenden Entwicklern auf 10—20°, be- 
laufen. Da die Kontraktion für kleine Bilder dem Durchmesser 
proportional ist, so ändert sich nur die Steilheit des geradlinigen 
Teils der Durchmesserkurve. Bei Bildern von mehreren Millimetern 
Durchmesser sind die Erscheinungen ganz verwickelt. Hier ist der 
absolute Betrag der Schrumpfung so groß, daß er den Durchmesser- 
zuwachs infolge verlängerter Belichtungszeit anfänglich kompensiert 


166 Wildt 


oder gar übertrifft, so daß die Bilddimensionen bei geringen Schwär- 
zungen trotz verlängerter Belichtung kleiner werden können. Ross 
hat also scine Versuche auf sehr kleine Bilder ausgedehnt, hat als 
erster den Einfluß der Wellenlänge des Lichts studiert und einen 
neuen wichtigen Entwicklungseffekt entdeckt. 


Es ist sehr schwierig, die Ergebnisse der besprochenen Arbeiten 
gegeneinander abzuwägen, da diese Arbeiten ihrer ganzen Anlage 
nach in wesentlichen Punkten inkommensurabel sind. Mees und 
Ross untersuchten die Durchmesserkurven für geometrisch ansteı- 
gende Belichtungszeiten (Zeitskalen), Goldberg dagegen für in 
geometrischer Progression wachsende Lichtintensitäten (Intensitäts- 
skalen). Goldbergs Beschreibung seiner Arbeitsweise zur Erlangung 
der Trübungskurven ist leider lückenhaft. Doch scheint aus ihr mit 
Sicherheit hervorzugehen, daß außer Intensitäts- auch Zeitvariationen 
vorgenommen wurden, um einen Expositionsspielraum von 1:10' 
zu erzeugen. Aus Mangel an den notwendigen Zahlenangaben läßt 
sich nicht nachprüfen, ob die Krümmung der Goldbergschen Kurven 
für hohe Expositionen nur auf den Wechsel der Belichtungszeit (ge- 
mischte Zeit- und Intensitätsskalen) zurückzuführen ist. Weiter 
lassen sich Einwände geltend machen gegen die Benutzung eines 
Objektivs zur optischen Abbildung der Objekte (Loch- und Spalt- 
blenden), an denen das Durchmesserwachstum der photographischen 
Bilder studiert werden soll. Auf diese Weise erhält man keine gleich- 
mäßig beleuchteten Flächen mit geometrisch scharf begrenzten 
Rändern, wie sie den theoretischen Berechnungen über die Intensitäts- 
verteilung im Streuungsfeld zugrunde liegen, sondern Beugungs- 
bilder mit kompliziertem Intensitätsabfall an den Rändern, der 
überdies noch schr stark von der Fokussierung des Objektivs ab- 
hängt. Die unklaren Ergebnisse von Ross (a.a.O., S. 99/100) 
dürften im wesentlichen auf die Verwendung eines Objektivs zurück- 
zuführen sein. Für eine exakte Untersuchung des D-Lichthofes 
sollten daher nur Kontaktkopien verwandt werden. Ross hat gezeigt. 
daß die Streuungseffekte schr stark mit der Wellenlänge des Lichts 
variieren. Abgesehen von den Bemühungen, diese Unterschiede im 
monochromatischen Licht nachzuweisen, wurden bisher die syste- 
matischen Versuchsreihen nur bei ‚weißem‘ Licht angestellt. Dic 
durchgehende Verwendung von monochromatischem Licht erscheint 
daher schr wünschenswert. Diese Überlegungen bildeten die Grund- 
lage für die eigenen Versuche des Verfassers. 


Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof 


167 


Beschreibung der Versuchsanordnung 


Lochplatte und Spalt. — Wichtig ist der von Goldberg an- 
gegebene Kunstgriff, die benutzte Messingplatte an drei Punkten 
leicht durchzubeulen und die Löcher durch die so entstandenen drei 
Buckel zu bohren. Auf diese Weise wird ein einwandfreier Kontakt 
der Lochplatte mit der Emulsionsschicht gewährleistet, da cine Ebene 
auf drei Punkten immer fest aufliegen muß. Goldbergs Löcher 
hatten einen Durchmesser von 1,8—0,3 mm (feinste im Handel 
erhältliche Spiralbohrer). Nach zahlreichen vergeblichen Versuchen, 
Löcher von wesentlich kleinerem Durchmesser, als sie Goldberg 
benutzte, herzustellen, führte folgendes Verfahren zum Ziel. In die 
durchgebeulten Stellen der Messingplatte wurde ein Senker cin- 
gesetzt und dessen Spitze mit vorsichtigem Hammerschlag bis fast 
zur gegenüberliegenden Seite durchgetrieben. An der Spitze der 
konischen Versenkung blieb dann eine kaum ot mm starke Messing- 
schicht stehen. Diese wurde mit einer angeschliffenen Nähnadel- 
spitze durchstoßen. So entstanden Öffnungen von etwa 0,05 mm 
Durchmesser, die sich auch leicht erweitern licßen. Der stets vor- 
handene Grat wurde durch Betupfen mit konz. Salpetersäure und 
schnelles Nachspülen entfernt. Die Löcher waren vorzüglich scharf 
begrenzt und ergaben guten optischen Kontakt. Leider überstanden 
sie aber kaum cin halbes Dutzend Aufnahmen. Sie wurden schartig 
und staubig, und Schmutz und Grat ließen sich nicht ohne erhebliche 
Erweiterung des Lochdurchmessers beseitigen. Ich wurde dann 
auf eine große Berliner Firma der feinmechanischen Industrie auf- 
merksam gemacht, die besondere Erfahrungen in der Herstellung 
solch feiner Öffnungen besitzen sollte. Diese Firma konnte zwar 
nach einigen Vorversuchen saubere Löcher von nur 0,02 mm Durch- 
messer bohren, jedoch waren diese ebenso wie die größeren bis 
0,1mm genau so verletzlich wie die von mir selbst hergestellten. 
So war ich gezwungen, auf die Verwendung feinster Löcher zu ver- 
zichten, und führte meine Versuche mit einem verstellbaren Spalt 
aus. Die Backen waren aus dicken Kupferstreifen geschliffen und in 
parallelen Schienen auf einer Messingplatte befestigt, die vor dem 
Spalt einen kreisrunden Ausschnitt trägt. Die Schienen konnten 
durch Schräubchen angezogen und dadurch die Stellung der Spalt- 
backen fixiert werden. Die Messingplatte wurde in die Vorderwand 
einer Kassette eingesetzt und die photographische Platte mit sanftem 
Federdruck gegen den Spalt gepreßt. Nach Regulierung des Feder- 


168 Wildt 


drucks war der optische Kontakt zwischen Emulsionsschicht und 
Spalt völlig befriedigend. 

Lichtquellen und Belichtung. — Der größte Teil der Aufnahmen 
wurde im monochromatischen Licht der Hauptlinien des Queck- 
silberbogens gemacht. Die Quarzlampe war lichtdicht in einem 
größeren, gut ventilierten Kasten eingebaut. Ein Spalt (3 x 20 mm) 
in der Vorderwand des Gehäuses blendete den mittleren Teil des Licht- 
bogens aus. Mit Hilfe eines Fernrohrobjektivs und eines großen 
Amiciprismas (etwa 2 x 3cm Öffnung) wurde das Spaltbild in die 
einzelnen Wellenlängen zerlegt und auf der Vorderwand der Kassette 
abgebildet. Der Kasscttenträger war beweglich angeordnet, so daß 
die Kassette nacheinander in die einzelnen monochromatischen 
Spaltbilder gebracht und dort senkrecht zur Richtung des ein- 
fallenden Lichts fixiert werden konnte. Im übrigen sorgte eine 
dauerhafte Verbindung mit dem Laboratoriumstisch für die un- 
verrückbare Stellung der Apparatur während derselben Aufnahme- 
serie. Mit dieser Anordnung wurden die Aufnahmen im Lichte der 
Wellenlängen 4 575/578 — 546 — 435 — 405/408 uu gewonnen. 
Außerdem versuchte ich die Beobachtungen auf das ultraviolette 
und ultrarote Spektralgebiet auszudehnen. Metallisches Silber ist 
bekanntlich zwischen den Wellenlängen 4 310 und 330 uu stark 
durchlässig, so daß sich Silberfilter zur Isolierung der hellen Queck- 
silberlinie A 313 uu eignen. Ich verdankte der Liebenswürdigkeit 
von Prof. Scegert-Charlottenburg ein geeignetes Silberfilter, das 
aus einer dreimal versilberten Quarzplatte mit einer Zaponlack- 
schutzschicht besteht. Dieses Filter wurde unmittelbar vor der 
Spaltöffnung des Lampengehäuses angebracht und das oben erwähnte 
Fernrohrobjektiv durch eine Flußspatlinse ersetzt. Das Prisma 
kommt dann natürlich in Wegfall. Zur Einstellung diente eine 
Fluoreszenzscheibe. Auf diese Weise erhielt ich einige Aufnahmen 
im Lichte der Wellenlänge 313 ua. Ein Versuch, auch die Queck- 
silberlinie 4254 u» zu benutzen, mißlang. Nach Angaben von 
v. Peskoff (19) soll ein Gemisch von gasförmigem Chlor und Brom 
geeigneter Konzentration ein brauchbares Filter ergeben. Da mir 
aber nur Quarzküvetten für Flüssigkeiten zur Verfügung standen, 
mußte ich mich auf wäßrige Lösungen von Chlor und Brom be- 
schränken, deren Durchlässigkeit und Selektivität so viel schlechter 
ist, daß ich brauchbare Resultate nicht erzielen konnte. Als Licht- 
quelle für die Ultrarotaufnahmen diente eine Wolframbogenlampe 
(Osram „Punktlicht‘“) in Verbindung mit einem Gelatine-Farbstoff- 


Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof 169 


filter (Agfa-Ultrarotfilter).. Von strenger Monochromasie kann man 
hier natürlich nicht mehr sprechen. Jedenfalls ist das sichtbare 
Spektrum ausgeschaltet und das wirksame Spektralgebiet wird 
durch das Sensibilierungsmaximum der benutzten Plattensorte 
bestimmt. Dieses liegt bei den von mir verwandten Kodak-Infrared- 
Special-Platten (mit Neozyanin-Kodak sensibiliert) zwischen A 800 
und 850 uu. Es wurden nur wenige Ultrarotplatten aufgenommen. 
Schließlich hatte ich noch eine kleine Osram-4-Voltlampe in Ge- 
brauch. Mit ihr wurden einige Aufnahmen mit sehr geringer Licht- 
intensität erhalten. Die Beleuchtungsstärke der Kassettenvorder- 
wand betrug hier etwa 0,01 m-HK. Vergleichsweise sei genannt, 
daß ich die Beleuchtungsstärke im Lichte der grünen Quecksilber- 
linie (erste oben beschriebene Anordnung) auf 20—30 m-HK schätzte. 
Die Belichtung erfolgte durch einen Fallverschluß, der sich unmittel- 
bar vor der Kassette befand und mit der Hand betätigt wurde. Jede 
Platte bekam eine Reihe von Aufnahmen mit in geometrischer Pro- 
gression ansteigenden Belichtungszeiten. Jedoch wurde stets mit 
der längsten Exposition begonnen. Vor Beginn der Aufnahmen 
ließ ich die Lampen so lange einbrennen, bis der Stromverbrauch 
konstant geworden war, wozu beiläufig die Quarzlampe etwa I bis 
(Ui Stunden und die kleine Osramglühlampe etwa 1/ Stunde be- 
nötigten. Was die Genauigkeit anbetrifft, mit der die vorgeschrie- 
benen Expositionszeiten sich einhalten lassen, so ist bei Belichtungen 
von etwa I0 Sek. an ein Fehler nicht zu befürchten. Anders dagegen 
bei den kürzesten von mir benutzten Expositionszeiten von 5 Sek. 
und I Sek. Hier bedeutet ein Fehler von einer fünftel Sekunde, wie 
er gelegentlich trotz des Gebrauchs einer Stoppuhr eintreten kann, 
schon Ain bzw. 20°, der Gesamtexposition. Da aber der Fehler 
nur mit seinem Logarithmus in das Resultat eingeht, dürften nur 
die kürzesten Expositionen von einer. Sekunde mit einem merklichen 
Fehler behaftet sein. 

Entwicklungseffekte und -verfahren. — Die Platten wurden in 
völliger Dunkelheit unter ständigem Bewegen 5 Minuten lang mit 
folgendem Entwickler hervorgerufen, der jedesmal frisch angesetzt 


Sue 5ccm Rodinal Agfa 


50 ccm dest. Wasser Temperatur 18°C 
2ccm Bromkalilösung (10°/,) 


Vor dem Fixieren wurden die Platten 15 Minuten in fließendem 
Wasser ausgewaschen, nach dem Fixieren und gründlichen Wässern 
in 10°/,igem Formalin gehärtet und stehend getrocknet. Um den 


170 Wildt 
Einfluß der Entwicklungsdauer auf den Durchmesser der entstehenden 
Bilder festzustellen, wurde einc Platte, die eine größere Anzahl genau 
gleicher Expositionen erhalten hatte, in einzelne Streifen zerschnitten 
und diese verschieden lange in dem genannten Normalentwickler 
hervorgerufen. Das Resultat findet sich in folgender Tabelle: 


Entwicklungszeit 
30 Sek. ıMin. 2Min. 4Min. 8Min. 
Bilddurchmesser — 161 162 167 167 


862 865 868 871 871 


Nach diesem Befund genügt also eine Entwicklungszeit von 5 Minuten. 
Bei meinen Vorversuchen machte sich vielfach der Eberhardeffekt 
recht störend bemerkbar. Man versteht darunter die 1912 von Eber- 
hardentdeckte und von ihm Nachbareffekt genannte Erscheinung (20), 
daß verschiedene gleich lang exponierte Felder auf derselben photo- 
graphischen Platte sich um so stärker im Entwickler schwärzen, je 
kleiner ihr Durchmesser ist, und daß auf ein und demselben Feld dıe 
Schwärzung nicht konstant ist, sondern nach den Rändern hın 
schwach zunimmt. Wenn auch über die Ursachen des Eberhard- 
effekts noch keine völlige Klarheit herrscht, so sind diese doch keines- 
wegs in den Eigenschaften der Bromsilberemulsion zu suchen, sondern 
in der komplizierten Wirkungsweise des Entwicklers (Diffusion des 
unverbrauchten Entwicklers und Rückdiffusion der Entwicklungs- 
produkte). Ich arbeitete anfangs mit einer Lochplatte (Lochdurch- 
messer 0,3—0,8—1,6 mm) und mit einem ziemlich verdünnten Ent- 
wickler (Rodinal 1:30, Metolhydrochinon 1:5). Meine Aufnahmen 
zeigten dann um einen ziemlich gleichmäßig schwarzen Kern einen 
dunkleren Ring. Mit dem Eberhardeffekt darf eine andere Er- 
scheinung nicht verwechselt werden, die Scheffer bereits beschrieb 
und Goldberg auch abbildete. Exponiert man nämlich so lange, 
daß in dem direkt belichteten Feld starke Solarisation eintritt, so 
wird der innere Tcıl des D-Lichthofes um das Feld sich stärker 
schwärzen als dieses. Denn im Gebiet der Solarisation fällt die 
Schwärzungskurve und den kleineren (!) Intensitäten entsprechen 
die größeren Schwärzungen. Es entstehen also ebenfalls Felder mit 
dunklerem Rand. Ich untersuchte nun verschiedene andere Ent- 
wickler auf ihren Eberhardeffekt, ich variierte die übrigen De 
dingungen wie Bromkaligehalt, Konzentration, Entwicklungszeit 
(Standentwicklung ergab besonders schlechte Resultate!) und ent- 
schloß mich dann zur Verwendung von ziemlich konzentriertem 
Rodinal mit viel Bromkali. Die damit entwickelten Platten zeigten 


Untersuchungen über den photographischen Difjusionslichthof 171 


jedenfalls bei aufmerksamer Musterung mit der Lupe keine Zunahme 
der Schwärzung nach dem Rand der Felder hin. Damit ist natürlich 
nicht gesagt, daß feinere photometrische Messungen nicht doch 
noch einen geringen Eberhardeffekt nachweisen ließen. Erst nach 
Abschluß der betreffenden Versuche erhielt ich Kenntnis von einer 
neuen Publikation Eberhards über den Nachbareffekt, die das 
Problem ziemlich erschöpfend nach allen Richtungen behandelt (21). 
Ich fand meine Beobachtungen bestätigt und den Gebrauch eines 
Entwicklers der von mir gewählten Zusammensetzung insofern 
gerechtfertigt, als der Eberhardeffekt dann ziemlich klein ist. Ganz 
vermeiden läßt er sich nach den neuen Beobachtungen Eberhards 
nur durch die Benutzung des sauren Eisenoxalatentwicklers. Da 
die Anwendung dieses Entwicklers aber mit verschiedenen Unzu- 
träglichkeiten (lange Entwicklungsdauer, Kalkschleier) verknüpft ist, 
blieb ich bei der Verwendung von Rodinal konz. 

Messung der Bilddurchmesser. — Für alle Messungen diente 
ein dem Institut gehöriger Längenmeßapparat. Die Meßschraube 
ist vor einigen Jahren von anderer Seite einer ausführlichen Unter- 
suchung unterzogen worden, deren Resultate mir zur Verfügung 
standen. Der fortschreitende Fehler ergab sich über die ganze Länge 
der Schraube hin als fast unmerklich klein. Eine Korrektion für 
ihn war unnötig, da sich meine Messungen im Höchstfalle über vier 
Schraubenumdrehungen erstreckten. Der Schraubenwert, bezogen 
auf einen glasgeteilten Normalmaßstab von Carl Zeiss, beträgt ı® = 
0,50034 mm. Die Trommel ist in 250? geteilt, zwischen denen sich 
0,1 P noch bequem schätzen läßt, so daß die Ablesung auf 0,0002 mm 
erfolgt, eine Größenordnung, die für die vorliegende Aufgabe mehr 
wie ausreichend ist. Dagegen war eine Verbesserung der Schrauben- 
ablesungen wegen des periodischen Fehlers der Schraube notwendig. 
Bezeichnet man mit w die zu korrigierende Ablesung, mit e (w) die 
gesuchte Korrektion, so genügen zur Darstellung der nach der Bessel- 
schen Methode bestimmten Fehler die ersten beiden Glieder der 
Fourierreihe: e (w) = — 1,20? cos w— 0,60?” sin w. Nach dieser Formel 
wurde ein Täfelchen gerechnet und sämtliche Ablesungen für den 
periodischen Schraubenfehler korrigiert. Bei den Messungen benutzte 
ich die Schraube stets nur in derselben Drehungsrichtung, obwohl 
nach einer Arbeit von Knorre (22) bei Mikrometerschrauben mit 
horizontal gelagerter Drehungsachse, wie sie der hiesige Meßapparat 
aufweist, beide Drehungen als gleichwertig betrachtet werden müssen. 
Bei seiner Bewegung im Gesichtsfeld nähert sich der Meßfaden beim 
ersten Kontakt vor dem hellen Plattengrund der geschwärzten Fläche, 


172 Huet 


beim zweiten Kontakt hebt er sich wenig von dem geschwärzten 
Feld ab und tritt dann plötzlich auf den hellen Plattengrund über. 
Physiologisch ist dadurch ein gewisser Auffassungsunterschied der 
beiden Kontakte bedingt, der leider unvermeidlich ist. Versuchsweise 
wurden einige Platten in zwei um 180° verschiedenen Lagen aus- 
gemessen. Es ergaben sich nur Unterschiede, die innerhalb der 
Grenzen der Beobachtungsfehler liegen. Dies war eigentlich auch 
zu erwarten, da ja die gemessenen Felder (Spalt- und Lochaufnahmen) 
symmetrisch sind. Streng genommen enthalten die so bestimmten 
Durchmesser noch die Dicke des Meßfadens (schätzungsweise 1—2 u). 
Eine Korrektion konnte unterbleiben, da eine formelmäßige Wieder- 
gabe der Beobachtungsresultate nicht in Frage kam. Bei der von 
mir gewählten graphischen Darstellung der Messungen würde sich 
die Korrektur für die Fadendicke nur als eine Parallelverschiebung 
der ganzen Durchmesserkurve parallel zur Durchmesserachse zeigen. 
Von Bedeutung ist noch die benutzte Vergrößerung, da die Auf- 
fassung der Bildkonturen von ihr merklich abhängt. Anfänglich 
gebrauchte ich eine ziemlich starke Vergrößerung (etwa 50 mal), die 
bei wenig geschwärzten (S < 1,0) und verhältnismäßig scharfen 
Bildern sicher ihre Vorteile hat. Bei stark geschwärzten Bildern 
und diffusen Konturen verschlechtert die hohe Vergrößerung die 
Auffassung beträchtlich. Für die endgültigen Messungen bediente ich 
mich daher durchgehend einer schwächeren Vergrößerung (etwa 
ı2 mal). Ich bemühte mich, den Meßfaden stets auf den Ort ein- 
zustellen, wo die Schwärzung des belichteten Feldes in den gleich- 
mäßigen Plattenschleier übergeht. Bei der Auffassung der Bild- 
grenzen ist es unmöglich, sich von einer gewissen Willkür freit- 
zumachen, und es ist Sache des Beobachters, sich eine möglichst 
konstante Auffassung anzueignen. Jeder Durchmesser wurde 4mal 
eingestellt, die Schraubenkorrektionen angebracht und die Werte 
gemittelt. Der mittlere Fehler des Mittels aus 4 Einstellungen beträgt 
etwa e=+0,5P= + Ipu und steigt nur selten bei sehr schlecht 
begrenzten Bildern auf 0,8? oder 1,0? an. Ross gibt die untere 
Grenze des mittleren Fehlers seiner Messungen ebenfalls zu +Iu 
an. Goldberg teilt über die Messungsfehler nichts mit. Mees 
gebrauchte on Okularmikromceter, dessen Skalenwert 1? = 0,0075 mm 
war. Die Ablesungsgenauigkeit des Durchmessers betrug nur einen 
Skalenteil. Danach ist die Ansicht von Mees irrig, daß der Gebrauch 
des Okularmikrometers vor dem der Mikrometerschraube den Vorzug 
größerer Genauigkeit hat. 

Von großem Interesse wäre es, nicht nur den Durchmesser, 


Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof 173 


sondern auch den Schwärzungsverlauf quer über die Felder an aus- 
gewählten Aufnahmen zu messen. Die Benutzung des selbstregi- 
'strierenden Mikrophotometers ist naheliegend.. Doch führte sie 
nach Versuchen von Tugman an einem Apparat des Kochschen 
Typs nicht zum Ziel, weil das Auflösungsvermögen nicht ausreichte (23). 
Es darf nicht vergessen werden, daß die Strecke, auf der der starke 
Schwärzungsabfall stattfindet, nur etwa 0,05—0,I mm beträgt. 
-Probeweise ließ ich einige meiner Aufnahmen mit 5ofacher Über- 
setzung in der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt registrieren. 
Das Ergebnis war wenig erfolgversprechend. Diese Versuche mußten 
aufgegeben werden, da die Reichsanstalt wegen Reparaturen an 
den Instrumenten, die sich längere Zeit hinzogen, nicht in der Lage 
war, weitere Registrierungen zu übernehmen. Anmerkungsweise sei 
erwähnt, daß sich ein ganz anderer Weg vielleicht in der Methode 
der Silberkornzählung (24) eröffnet, die in der Röntgenspektroskopic 
zu photographischen Intensitätsbestimmungen mit Erfolg angewandt 
wurde und sich womöglich auf das vorliegende Problem übertragen 
läßt. Schwierig bleibt immer die Frage, wieweit es erlaubt ist, aus 
der Schwärzungsverteilung in so kleinen Arealen auf die erzeugende 
Intensitätsverteilung im latenten Bild zurückzuschließen. Den 
‚Bedenken gegen die Gültigkeit des makroskopischen Schwärzungs- 
gesetzes in diesen Mikroregionen wurde oben schon Ausdruck ge- 
geben. Dazu kommen noch der Eberhard- und Rosseffekt, deren 
Einfluß sich nur schwer abschätzen läßt. 


Versuchsergebnisse 


Die Fragestellung, die meinen Versuchen zugrunde lag, lautete: 
Welches ist die Form des Durchmessergesetzes bzw. der Durch- 
messerkurve des D-Lichthofes unter exakt definierten Bedingungen 
(monochromatisches Licht, Zeitskalen, Kontaktdrucke)? Um die 
Antwort vorweg zu nehmen: abgesehen von der von Goldberg ent- 
deckten Anfangskrümmung der Durchmesserkurve dicht oberhalb 
des Schwellenwertes der Platte verläuft diese Kurve bis zu den 
höchsten Belichtungszeiten linear. Die von Goldberg und Ross 
gefundenen Abweichungen von der Geraden für hohe Lichtintensi- 
täten bzw. Belichtungszeiten ließen sich unter den obigen Bedingungen 
nicht nachweisen. Dieses Ergebnis befindet sich in erfreulicher Über- 
einstimmung mit der theoretischen Deduktion der Intensitäts- 
'verteilung im D-Lichthof auf Grund der Hypothese von Scheffer, 

Für die ersten Aufnahmen diente die erwähnte Lochplatte mit 
drei Löchern von etwa 0,3 — 0,8 — 1,6 mm Durchmesser, Die benutzte 


174 Wildt 


Plattensorte war Kranseder I (orthochromatisch-lichthoffrei, Em.- 
Nr. 15325). Jede Platte erhielt 5 Expositionen von I, 10, 10, 10? 
und 10% Sekunden. Infolge der großen Lichtintensität der Quarz- 
lampe und den langen Belichtungszeiten (10% Sek. = 3 Stunden) 
genügte die Lichthofschutzschicht dieser Plattensorte nicht, um 
die Entstehung des Reflexionslichthofes zu verhindern. Daher 
wurden sämtliche Platten, auch die der später genannten anderen 
Fabrikate, in bekannter Weise auf der Glasseite mit einem Licht- 


hofschutzlack hintergossen. 
Fig. 3 zeigt die graphische 
Darstellung der Messungsresul- 
tate für die ausgewählten 
= 4 Wellenlängen des Hg-Spek- 
trums und die drei verschie- 


denen Lochdurchmesser. Auf 


der Abszissenachse entspricht 
ein Schritt von I cm nach 
rechts einer Verzehnfachung 
der Belichtungszeit (A log t 
de = LOLD Die Ordinaten sind 
die Bilddurchmesser, ausge- 
drückt in Parswerten des Meß- 
apparates (1 mm = 1P). Die 
beigesetzten Zahlen geben für 
0 jede Serie den Absolutwert der 
Ordinate an. Zunächst zeigt 


die Figur, daß in dem Inter, 


830 
À gie 
vall von I: 10% die Beziehung 
= = zwischen Bilddurchmesser und 
logarithmischer Belichtungs- 
Fig. 3 zeit mit größter Annäherung 


linear ist, wie die durchgelegten Geraden andeuten. Außerdem wurde 
eine rechnerische Ausgleichung nach der Methode der kleinsten 
Quadrate mit folgendem Resultat vorgenommen: 


2 405/408 D=B8ı5s,5+ 9,1logt D=4259+ 87legt D = 162,5 + $2logt 
A435 D = 828,3 + 11,0logt D = 432,1 + ı14legt D = 172,6 + 11,1 logt 
1546 D = 817,0 + 158logt D = 425,9 + ı5,7logt D = 167,6 + 16,3 log 
A 575/578 D = 818,0 + 17,1 log: D = 415,0 + 17,3 log t) D= 156,0 + 18,3 logt 


D Die Reproduktionen der Abbildungen sind gegen die Originale auf !/, vet- 
kleinert. Die Angaben über den Skalenwert der Figg. 3, 4, 5 im Text sind daher 
entsprechend zu korrigieren. 

3) Bei dieser Ausgleichung wurde der offenbar stark fehlerhafte Wert (siehe 
Fig. 3) für die Belichtung von ı Sekunde ausgeschlossen. 


NNN’ 


Untersuchungen über den photographischen Dijjusionslichthof 175 


Die Steilheit der Durchmesserkurven variiert mit der Wellenlänge 
des Lichts (Ross), ist aber für die gleiche Wellenlänge unabhängig 
vom Bilddurchmesser (Goldberg zwischen 0,3 und 1,8 mm). Jeden- 
falls sind die kleinen Schwankungen des Koeffizienten von logt 
nicht als reell, sondern als durch die unvermeidlichen Versuchsfehler 
verursacht anzusehen. Denn sie zeigen bei den einzelnen Wellen- 
längen einen ganz verschiedenen Gang mit dem absoluten Bild- 
durchmesser. Die Helligkeit der Quarzlampe ist so groß, daß bei 
der kürzesten angewandten Belichtung von einer Sekunde die Bilder 
bereits völlig geschwärzt sind. Diese kürzeste Exposition dürfte 
schätzungsweise mindestens den IOoofachen Betrag des Schwellen- 
wertes der Platte ausmachen. Die längste Belichtungszeit von 
10? Sekunden beträgt demnach etwa das Io®fache des Schwellen- 
wertes. Der Kern dieser Bilder ist schon schr kräftig solarisiert. 
Bei Expositionen von dieser Größenordnung fand Goldberg starke 
Abweichungen vom linearen Verlauf der Durchmesserkurven. Leider 
fehlen in seiner Arbeit Angaben über die Helligkeit der Lichtquelle 
und die Belichtungszeiten, so daß sich nicht nachprüfen läßt, wieweit 
die Krümmung der Kurven nur auf die Verwendung gemischter Zeit- 
und Intensitätsskalen zurückzuführen ist. 

Schließlich ließ sich die Krümmung der Goldbergkurven bei 
sehr hohen Expositionen mit großer Wahrscheinlichkeit folgender- 
maßen deuten. Goldberg verwandte ‚weißes‘ Licht und gewöhn- 
liche, nichtorthochromatische Platten. Die Steilheit der Durch- 
messerkurven nimmt nach den Untersuchungen von Ross und den 
Resultaten des Verfassers mit wachsender Wellenlänge stark zu. 
Nun sind bei geringen Expositionen nur die violetten und blauen 
Strahlen des „weißen“ Lichts wirksam. Bei Goldbergs sehr hohen 
Expositionen (bis zum 10’fachen Schwellenwert) üben auch die 
grünen, ja vielleicht sogar die roten Strahlen des weißen Lichts 
eine photochemische Wirkung auf die nicht sensibilierte Platte 
aus und — vergrößern damit die Steilheit der Durchmesserkurve. 
Maßgebend für den Anteil der längerwelligen Strahlung an der 
photochemischen Gesamtwirkung ist die spektrale Energieverteilung 
bzw. Strahlungstemperatur der Lichtquelle und die spektrale 
Empfindlichkeitskurve der photographischen Platte. Beispielsweise 
sei erwähnt, daß Leszynski (25) die relative Strahlungsempfind- 
lichkeit einer nicht sensibilierten Platte für die Wellenlängen 
A435 — 550 — 615 uu zu 1:8,0-10*: 5,3-10 bestimmte. 

Diese Überlegungen ließen sich experimentell bestätigen. Es 
wurden die Agfa-Ultraspecialplatte (Em.-Nr. C 1227) und der oben- 


176 Wildt 


beschriebene verstellbare Spalt benutzt. Nach Entfernung des 
Amiciprismas fiel das unzerlegte (!) Licht der Quarzlampe auf die 
Vorderwand der Kassette. Die ultraviolette Strahlung kam nicht 
zur Wirkung, da sie in dem Glas des Fernrohrobjektivs absorbiert 
wurde. Die wirksame Strahlung umfaßte also die vier Hauptlinien 
des visuellen Hg-Bogenspektrums, deren Intensität bei den normalen 
Anregungsbedingungen von gleicher Größenordnung ist. Fig.4 
zeigt zwei Durchmesserkurven A und B, die mit dem unzerlegten 
Licht des Quecksilberbogens aufgenommen wurden. Die Kurve P 
bezieht sich auf die ungeschwächte Intensität der Quarzlampe, beı 
Kurve A war die Intensität durch 
Einschaltung einer Dämpfungs- 


scheibe stark herabgesetzt, so 
daß die Anfangskrümmung der 
Durchmesserkurve sichtbar wird. 
Bemerkenswert ist, daß die 
[ Kurve B sehr viel steiler ver- 
läuft als A. Die Kurven C und D, 
die ganz unter denselben Be- 
dingungen aufgenommen sind, 


S beziehen sich auf monochro- 
matisches Licht der Wellen- 
längen 405/408 und 575/578 un. 
Wie ersichtlich, verlaufen die 

E e Kurven A und C einerseits und 
e 


ee EE B und D andererseits nahezu 

Fig. 4 parallel, d.h. bei unzerlegtem 
Hg-Bogenlicht wird die Steilheit der Durchmesserkurve für kleine 
Intensitäten durch das kurzwellige Licht bestimmt, für hohe In- 
tensitäten dagegen durch den langwelligen Anteil, der dann auch 
zur photochemischen Wirksamkeit gelangt. 

Die Kurven E und F auf Fig. 4 zeigen die Anfangskrümmung 
der Durchmesserkurve für Agfa-Ultraspecial- und Chromoisolar- 
platten nach Aufnahmen mit dem Spalt. Der Deutlichkeit‘ halber 
sind die Ordinaten verdoppelt, so daß 2 mm = IP sind. In der 
Abszisse entspricht ein Schritt von Icm nach rechts einer Ver- 
doppelung der Belichtungszeit (A log t = 0,30). Bei der Hellig- 
keit der Quarzlampe wären merkliche Fehler in den sehr kleinen 
Belichtungszeiten zu befürchten gewesen. Diese Aufnahmen wurden 
daher mit der klcinen Osramlampe hergestellt. Der Schwellenwert 
der Platten betrug dann etwa 30 Sekunden. Die Bilddurchmesser 


Untersuchungen über den pholographischen Difusionslichthof 177 


für die beiden kürzesten Expositionen ließen sich nicht mit Sicher- 
heit messen, da die Schwärzungen zu gering waren. Diese Werte 
sind durch Kreuze bezeichnet. Die Steilheit der Kurven kann mit 
der der übrigen nicht genau verglichen werden, weil sie sich ja nicht 
auf monochromatisches Licht beziehen. Die Anfangskrümmung 
der Durchmesserkurve muß auf einer Modifikation des Intensitäts- 
abfalls in unmittelbarer Nähe des Bildrandes beruhen, denn auf 
sekundäre Wirkungen des photographischen Prozesses läßt sie sich 
nicht zurückführen. Als solche kämen in Betracht der Rosseffekt 
und der nicht lineare Verlauf der Schwärzungskurve dicht oberhalb 
des Schwellenwertes. Wie jedoch die Berechnung der Differential- 


: dr dr e ; , kala 
quotienten iss £ H Fr gezeigt hat, sind diese ganz unabhängig 
von der speziellen Form der Funktion ®(s)=S für schr kleine 
Schwärzungen. Damit fällt dieser Einwand fort. Der Rosscffekt 


verschwindet gerade für geringe Schwärzungen und kann daher 
auch nicht zur Erklärung herangezogen werden. 


Bilddurchmesser Platte Nr. 66 (Figur 4, Kurve E enthält die Werte für trocken) 


aD 5: au nd as 83.5 69,6 55,8 48,1 45,7 41,0 39,0 
trocken. 25 24... 4% Bos 66,6 53,3 47,2 44,5 41,0 38,5 
Kontraktion (Rosscffekt) 3,0 3,0 2,5 0,9 1,2 — — 


Zur Frage der Abhängigkeit des Trübungsfaktors von der Bild- 
sröße bringt Fig. 5 weiteres Material für Agfa-Ultraspecial- und 
Chromoisolarplatten. Die Ordinaten sind wieder iI mm=1?. Die 
den einzelnen Kurven beigesetzten Zahlen geben den Absolutwert 
der Ordinate an. In der Abszisse entspricht ein Schritt nach rechts 


um 2cm der 5fachen Belichtungszeit (A log t = 0,70). Die drei 
obersten Kurven für Chromoisolar (Em.-Nr. H 1302) sind mit der 
Lochplatte hergestellt, alle übrigen mit dem Spalt. Beide Platten- 
sorten zeigen eine Zunahme des Trübungsfaktors mit wachsender 
Bildgröße, doch scheint sich dieser einem konstanten Grenzwert 
zu nähern (siehe die Kurven mit 160P, 405? und 790? Anfangs- 
durchmesser für Chromoisolar). Damit würden die Beobachtungen 
von Goldberg an verschiedenen Plattensorten und die Resultate 
des Verfassers für Kranz I-Platten (Fig. 3) übereinstimmen, nach 
denen zwischen 0,3 und 1,8 mm der Trübungsfaktor unabhängig von 
der Bildgröße ist. Wichtiger als die geringen Variationen des Trübungs- 
faktors ist aber die Tatsache, daß auch für sehr kleine Bilder (Durch- 
messer 15?= 30 u) die lineare Durchmesscrformel für Belichtungs- 
zeiten von I bis 3125 (A log t œ 3,5) gültig ist. 

Zum Schluß sind in einer Tabelle die Trübungsfaktoren für 


Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 12 


178 Wildt | 


sämtliche untersuchten Plattensorten und Wellenlängen zusammen- 
gestellt, und zwar bedeuten die Zahlen den Zuwachs des Bildhalb- 


messers in # für die verzehnfachte Belichtungszeit (A log £ = 1,0). 

dr __ ES (ri 
Zig: Pre 
dieser den mit der Wellenlänge veränderlichen Schwarzschild- 


Da nach der Definition des Trübungsfaktors 


exponenten p enthält, lassen die so bestimmten Trübungsfaktoren 
keinen Schluß auf die Variation des Intensitätsgesetzes J = JąF (r) 
mit der Wellenlänge zu. 
Trübungsfaktor und Wellenlänge 
313 405/408 435 546 575/578 etwa 820 


Agfa Chromoisolar. . . . 10 14 16 30 35 > 
Agfa Ultraspecial . . .. 10 14 18 25 30 => 
Agfa Panchromatisch . . — 10 14 22 30 SS 
Kranseder I Ortho . . . — 9 II 16 18 = 
Kodak Infra-Red-Special. Ss 10 13 21 25 40 i 


Es bleibt noch übrig, die experimentellen Resultate mit der 
theoretischen Deduktion zu vergleichen. Abgesehen von der Anfangs- 


Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof 179 


krümmung der Durchmesserkurve, verläuft diese bis zu den höchsten 
Expositionen linear: 


I En ee HE 
z D=r=a+blogt oder Tigr ~? 5SN. 


Der Übergang vom Durchmessergesetz zum zugehörigen Intensitäts- 
gesetz erfolgt mit der S. 163 abgeleiteten Formel 
dr dr P 
Fn)=e de Sa HE erg E 3 

Solange der Wert des Schwarzschildfaktors nicht aus besonderen 
Versuchen bestimmt wird, läßt sich der genaue Betrag des Streuungs- 
oder Trübungsexponenten 1/5 nicht angeben. Schreitet man zu 
immer kleineren Werten von r fort, so gelangt man in das Gebiet 
der Anfangskrümmung der Durchmesserkurve (r < 15 u), wo b nicht 
mehr als konstant angesehen werden darf, sondern gleichsinnig mit 
r abnimmt: d.h. für kleine r ist die aus den Beobachtungen ab- 
geleitete Intensitätsfunktion des D-Lichthofes stets größer als die 
bei großen Werten von r gültige Exponentialfunktion und der 
Intensitätsabfall ist steiler. Zu den gleichen qualitativen Resultaten 
hatte die theoretische Ableitung des Intensitätsverlaufs im D-Licht- 
hof aus der Schefferschen Hypothese geführt (S. 161). Ein quan- 
titativer Unterschied besteht nur in der Größenordnung von r, für 
die der Übergang in die einfache Exponentialfunktion stattfindet. 
In dem theoretischen Intensitätsgesetz tritt dieser Fall ein, wenn c? 
gegen r? verschwindet, in dem empirischen Intensitätsgesetz da- 
gegen schon, wenn r=c wird (die Emulsionsschichtdicke einer 
photographischen Platte beträgt durchschnittlich etwa 154). Die 
theoretische Intensitätsfunktion nimmt also für kleine r zu große 
Werte an. Eine bessere quantitative Übereinstimmung ließe sich 
vielleicht erzielen, wenn man an Stelle der Lambertschen Extink- 
tionsformel einen genaueren Ansatz für den Abstand der Isophoten 
machen würde (siehe S. 159). Im ganzen läßt sich sagen, daß die 
Scheffersche Hypothese über die Art der Lichtausbreitung in 
grob dispersen Medien hoher Konzentration der Wirklichkeit nahe 
kommt. 


Bemerkungen zur Entstehung fokaler photographischer Sternscheibchen 


Die Anregung zu der vorangehenden Untersuchung über den 
photographischen Diffusionslichthof ergab sich bei einer Diskussion 
der Ursachen, die für die Verbreiterung photographischer Stern- 
scheibchen verantwortlich zu machen sind. Precht und Englisch 
haben gezeigt (26), daß eine rein chemische Irradiation — Schwärzung 


Eh 


180 Wılat 


unbelichteter Bromsilberkörner im Entwickler unter dem Einfluß 
benachbarter belichteter — nicht stattfindet. Der Zunahme des 
Durchmessers fokaler photographischer Sternscheibehen mit wach- 
sender Belichtungszeit muß daher eine objektive Lichtvertcilung 
in der Umgebung des primären Sternscheibehens zugrunde liegen. 
Beim Durchgang des Sternlichts durch die verschiedenen optischen 
Medien: 


I. die Atmosphäre der atmosph. Lichthof 
Il. das Kameraobjektiv entstehen | das Fokalbild 
HL die Emulsionsschicht der Platte der D-Lichthof 


Die Summierung dieser drei Effekte liefert die beobachtete Ver- 
breiterung der Scheibehendurchmesser. Der Anteil der einzelnen 
Effekte an der Summe wird von Fall zu Fall recht verschieden sein. 
Die Dimensionen des Beugunesbildes in Winkelmaß sind der Objektiv- 
öffnung umgekehrt proportional, und der atmosphärische Lichthof 
besitzt natürlich cine feste Winkelgröße. Die Wirkung des D-Licht- 
hofes auf die Scheibehenverbreiterung ist der reziproken Brennscite 
proportional, da die Streuungserscheinungen in der Emulsionsschicht 
stets die gleiche lineare Größe haben. Außerdem spielt die Be- 
lichtungszeit eine Rolle. Bei kurzen Belichtungen findet nur eine 
Abbildung des zentralen Beugungsbildes statt, das in der Ober- 
fläche der Emulsionsschicht liegt. Die weitere Belichtung ergibt 
eine Vergrößerung des Bilddurchmessers infolge Streuung des Lichts 
ın der Schicht und erst bei hohen Belichtungszeiten kommt es zur 
Abbildung der lichtschwachen atmosphärischen Halo. 


„Atmosphärische Störungen‘ zog schon Bond (1857) in den 
Kreis seiner Betrachtungen zur Erklärung des Durchmesserwachstums 
der Sternscheibehen. Der Einfluß der Luftunruhe ist später von 
Scheiner und Trepied (27) behandelt worden. Neuerdings konnte 
H. Rosenberg gewichtige Gründe dafür ins Feld führen, daß ın 
der Umgebung cines Sterns stets eine gewisse Erleuchtung ces 
Himmelsgrundes stattfindet (28). Man darf diese Erscheinung sinn 
gemäß den atmosphärischen ‚Tyndallkegel‘ nennen, seitdem W. Ost- 
wald (Licht und Farbe in Kolloiden, 1924) für unsere Atmosphäre 
die Bezeichnung ‚„Himmelsdispersoid‘‘ geprägt hat, so weit es sich 
um ihre Eigenschaften als trübes Medium handelt. Aus der Beob- 
achtung von Schiller (29), daß der in Winkelmaß ausgedrückte 
Durchmesser der photographischen Sternscheibchen um so schneller 
anwächst, je größer das Öffnungsverhältnis des benutzten Objektiv: 
ist, schloß Rosenberg, daß es sich hier um die Abbildung einer 


Untersuchungen über den photographischen Difusionslichthof ISI 


flächenhaften Lichtquelle handelt. Diese fand er in dem Lichthof, 
der sich um jeden Stern infolge der diffusen Reflexion an Staub- 
tcilchen und Eiskristallen und der Rayleıghschen Beugung an den 
Molekülen der atmosphärischen Gase bilden muß. Rosenberg hat 
selbst photometrische Messungen des Intensitätsabfalls in der Um- 
gebung heller Gestirne ın Angriff genommen (30) und auch angedeutet, 
daß er das Problem auf Grund der Theorie von Rayleigh weiter 
zu verfolgen beabsichtigt. 

Die ersten theoretischen Untersuchungen über die Intensitäts- 
verteilung in den Fokalbildern astronomischer Objektive gehen auf 
G. B. Airy zurück (31). Seine Formel für ideale Objektive ist be- 
kannt als Aıryscheibehen. Schließlich ist die Intensitätsverteilung 
in Sternscheibehen sehr ausführlich von Conrady, Buxton, 
Martin u.a. (32) behandelt und auf recht spezielle Fälle ausgedehnt 
worden (Koma und sphärische Aberration verschiedener Ordnung 
und deren Kompensation durch extrafokale Lage der Bildebene). 
Die Ergebnisse dieser beugungstheoretischen Arbeiten lassen sich 
nur schwierig auf praktische Fälle übertragen. Infolge der chro- 
matischen Restfchler überlagern sich die verschiedenen mono- 
chromatischen Beugungsbilder nach Maßgabe der Farbenkurve des 
Objektivs und es kann eine stark abweichende Intensitätsverteilung 
für „weißes Licht‘ entstehen. Die letzten Jahre brachten viel ver- 
sprechende Ansätze zu einer experimentellen Bestimmung des 
Intensitätsverlaufs im Fokus photographischer Objektive (33). 
Hier bleibt der Zukunft dıe Anwendung dieser Methoden auf punkt- 
förmige Lichtquellen und solche Objektive vorbehalten, wie sie für 
astrophotographische Zwecke benutzt werden. Der Einfluß der 
chromatischen Aberration ıst von Newall (38) an verschiedenen 
Refraktoren untersucht worden, doch hat er ihre Bedeutung wohl 
überschätzt. Die von Scheiner vorgeschlagene Erklärung der 
Scheibehenverbreiterung durch die unregelmäßigen Fehler der Ob- 
jektive dürfte in dem Umfange auch kaum haltbar sein. Wilsing (34) 
äußert sich zu diesen Arbeiten Scheiners wie folgt: „Bemerkens- 
werterweise wurden damals die durch systematische Änderungen des 
Brechungsexponenten des Glases bewirkten Mängel in der Strahlen- 
vereinigung überhaupt nicht in Betracht gezogen.‘ Schließlich 
spielt bei den modernen mchrlinsigen Systemen kurzer Brennweite 
(Triplet — Astrotessar — Ernostar) die Erhellung des Gesichtsfeldes 
durch wiederholte Reflexion des Lichts im Objektiv eine merkliche 
Rolle. Nach Versuchen von Goldberg (39) kann die Flächenhellig- 
keit in der Umgebung das 107%- bis 10-3fache der Intensität des 


182 Wildt 


Lichtpunktes betragen. Ein Effekt ähnlicher Größenordnung ergibt 
die Zerstreuung des Lichts durch Staub und Schmutz auf den Linsen. 
Bei visuellen Beobachtungen tritt übrigens eine ganz analoge 
Lichtzerstreuung im Auge des Beobachters wie in den photo- 
graphischen Objektiven auf, die Pokrowski sogar messend verfolgen 
konnte (37). 

Scheiner hat zuerst auf die Bedeutung hingewiesen (40), die 
die diffuse Reflexion des Lichts innerhalb der Emulsionsschicht 
hat. Von ihm rührt aber auch der Nachweis her, daß dieser Effekt, 
der D-Lichthof, zur Erklärung des Durchmesserwachstums der Stern- 
scheibchen nicht ausreicht. Die vorstehende Untersuchung des Ver- 
fassers galt der Bestimmung des Durchmessergesetzes des D-Licht- 
hofes unter exakt definierten Bedingungen (monochromatisches 
Licht, Kontaktkopien, Zeitskalen) für Bilder von den Dimensionen 
fokaler Sternscheibchen. Es ergab sich, daß die Durchmesserkurve 
(abgesehen von der Anfangskrümmung beim Schwellenwert) bis zu 
den höchsten Belichtungszeiten linear verläuft. 


Mees hatte schon bei seinen Laboratoriumsversuchen über 
das Durchmessergesetz des D-Lichthofes aarauf hingewiesen (15), 
daß sich dieses wesentlich von der Durchmesserformel von Christie(35) 


(VD = a + blog t), die sich bei Himmelsaufnahmen am besten be- 
währt hat, unterscheidet. Es ist nun bezeichnend, daß F. E. Ross (18) 
im Laboratorium unter Benutzung eines Objektivs das Durchmesser- 
gesctz von Christie auch für den D-Lichthof bestätigt findet, während 
der Verfasser mit Hilfe von Kontaktkopien zu einer Bestätigung der 
linearen Durchmesserformel gelangt. Es hat danach fast denAnschein, 
als ob das Wurzelzeichen in der Formel von Christie auf das Gesetz 
des Intensitätsverlaufs im Fokus photographischer Objektive zurück- 
zuführen sei. Allerdings fand A. H. Farnsworth (36) an einem 
Reflektor von 18 und einem UV-Petzvalobjektiv von 4 Zoll Öffnung 
die lineare Durchmesserformel für relative Belichtungszeiten von I 
bis zu 700 erfüllt. 


Zusammenfassung 


I. Die Diskussion der Eigenschaften der photographischen 
Emulsion als eines trüben Mediums führt auf Grund einer Hypothese 
von Scheffer über die Form der Isophoten in trüben Medien zu 
einem Integral, das das Gesetz des Intensitätsabfalls im D-Lichthof 
darstellt. Eine strenge Lösung dieses Integrals ist nicht möglich. 
Für große Entfernungen vom Rand des primären Bildes geht das 
Gesetz des Intensitätsabfalls in die einfache Exponentialfunktion 


Untersuchungen über den photographischen Difjusionslichthof 183 


über. Für kleinere Entfernungen ist die Intensitätsfunktion stets 
größer als die ebunkton — Mit Hilfe des photographischen 
Schwärzungsgesetzes werden Formeln abgeleitet für den Übergang 
von einem beliebigen Intensitätsgesetz J= JọF (r) zu dem ent- 
sprechenden Durchmessergesetz des D-Lichthofes und umgekehrt 
von einem empirischen Durchmessergesetz zu dem zugrunde liegenden 
Intensitätsgesetz. 

2. Das Durchmessergesetz des D-Lichthofes wurde im mono- 
chromatischen Licht an Kontaktkopien untersucht. Die relativen 
Belichtungszeiten varıierten von I bis zu 10%, die Anfangsdurch- 
messer der Loch- und Spaltbilder von 0,03—1,6 mm. Abgesehen 
von der Anfangskrümmung der Durchmesserkurve dicht oberhalb 
des Schwellenwertes der Platte verläuft die Kurve linear bis zu den 
höchsten Belichtungszeiten. Die Steilheit der Durchmesserkurve 
(Trübungsfaktor) wechselt stark mit der Wellenlänge des Lichts 
und wenig mit dem Anfangsdurchmesser der Bilder. 

3. Die Anfangskrümmung der Durchmesserkurve beim Schwellen- 
wert der Platte läßt sch weder aus der Form des Schwärzungs- 
gesetzes noch aus der Gelatinekontraktion (Rosseffekt) erklären und 
scheint daher auf einer Modifikation des Intensitätsgesetzes ın der 
Nähe des primären Bildrandes zu beruhen. Diese Auffassung wird 
durch die Deduktion des Intensitätsgesetzes aus der Schefferschen 
Hypothese gestützt. 

4. Die von Goldberg gefundene Zunahme des Trübungsfaktors 
bei sehr hohen Expositionen mit „weißem Licht" wird durch die 
Eigenempfindlichkeit der nicht sensibilierten Platte für die grünen 
und roten Strahlen des weißen Lichts erklärt und experimentell 
bestätigt. 

5. Die Bestimmung der Trübungsfaktoren wurde für die vier 
Hauptlinien des visuellen Hg-Spektrums sowie für ein ultraviolettes 
und ein ultrarotes Spektralgebiet durchgeführt. 

6. Die Entstehung fokaler photographischer Sternscheibchen 
und die Rolle des D-Lichthofs dabei werden kurz besprochen. 


Die vorliegende Arbeit wurde in der Zeit vom Mai 1926 bis 
August 1927 im Photochemischen Laboratorium der Technischen 
Hochschule Berlin (Geh. Rat Miethe }) ausgeführt. Der gänzlich 
unerwartete Tod meines verehrten Lehrers nahm mir die Möglich- 
keit, ihm für das große Interesse an dem Fortgang meiner Arbeit und 
mir persönlich zu danken. Ich kann daher nur an dieser Stelle meinen 
Gefühlen aufrichtiger Dankbarkeit Ausdruck geben. 


184 Wildt. Untersuchungen über den photographischen Diffusionslichthof 


Literatur 


1) Photographische Korrespondenz 1910, S. 469. 
2) Philosophical Magazine 80. 46. — Comptes rednus 110. 551. — Eders Jahr- 
buch 4. (1890). 
3) Zeitschr. f. wiss. Photogr. 1. 183. 
4) Sheppard, Colloid Symposion Monograph und Lüppo-Cramer, Grund- 
lagen des photographischen Negativverfahrens. Halle 1927. 
5) Zeitschr. f. wiss. Photogr. 28. 60. 
6) Kolloidzeitschr. 18. 241. 
7) Philosophical Magazine 41. 107, 274. 
8) Zeitschr. f. Physik 38. 633. 
9) Comptes rendus 112. 1431; 128. 1226. 
10) Sitzungsberichte d. Preuß. Akad. d. Wissenschaften 1923, S. 118. 
11) Photographische Korrespondenz 1911, S. 20. 
12) Zeitschr. f. Reproduktions-Technik 14. 
13) Zeitschr. f. Physik 31. 14, 514. 
14) Kron, Ann. d. Physik 41. 751. — Jones und Huse, Journ. Opt. Soc. Ame- 
rica 14. 223. — Hnatek, Zeitschr. f. wiss. Photogr. 22. 177. 
15) Astrophysical Journ. 38. Sı. 
16) Zeitschr. f. wiss. Photogr. 12. 77. 
17) Astrophysical Journ. 42. 334. 
18) Monographs on the Theory of Photography from the Research Laboratory of 
the Eastman Kodak Co. Nr. 5. 
19) Journ. d. Russ. Phys. Chem. Ges. 47. 918. 
20) Physikalische Zeitschr. 18. 288. 
21) Publikationen d. Astrophys. Obs. Potsdam 26 I. 
22) Astron. Nachr. 125. 321. 
23) Astrophysical Journ. 42. 321. 
24) Günther, Liebigs Ann. 440. 203. — Eggert und Noddack, Physikal 
Zeitschr. 22. 673. — Zeitschr. f. Physik 20. 299. 
25) Zeitschr. f. wiss. Photogr. 24. 265. 
26) Archiv f. wiss. Photogr. 2. 179. 
27) Bull. Comité Carte du Ciel 2. 
28) Vierteljahrsschrift d. Astron. Ges. 49. 217. 
29) Publ. d. Astrophys. Obs. Königstuhl Heidelberg 2. 138. 
30) Sirius A, 26. 
31) Trans. Cambridge Soc. 6. 379. 
32) Monthly Notices of the Royal Astr. Soc. 79. Bit, 
33) J. Flügge, Zeitschr. f. Instr.-Kunde 1926, S. 333. 
34) Vierteljahrsschrift d. Astr. Ges. 49. 29. 
35) Monthly Notices R. A. S. 53. 125. 
36) Publ. Yerkes Obs. (IV) D 
37) Zeitschr. f. Physik 38. 776. 
38) Monthly Notices R. A. S. al, 515. 
39) Der Aufbau des photographischen Bildes. Halle 1926. 
40) J. Scheiner, Photographie der Gestirne. Leipzig 1897. 


(Eingegangen am 25. Dezember 1927) 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen 


Zeitschrift 
- wissenschaftliche Photographie 
- Photophysik und Photochemie 


Unter Mitwirkung. befreundeter Fachgenossen 


insbesondere von 
pia 
E H. Kayser 
E o,em. Professor an der Universität Bonn 
K 
E herausgegeben von 
K K. Schaum 


oO Professor an der Universität Gießen 


K Mit dem Bildnis von Heinrich Kayser 
y 15 Figuren im Text und einer Tafel 


mn 
f 


A — — — 


e VON JOHANN AMBROSIUS BARTH 


i en werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuchhandlung 
er Abonnementspreis beträgt pro Band im In- u. Ausland Rm. 24.—, bei direkter 
ichließlich Porto im Inland Rm. ae i, Ausland, re? 25.20. 


by d März 1928 


Ki 


Za Gaart ës EE 
KG Inhaltsve 
Er u 

EV SC F l dk. 

Heinrich Kayser, zum 75. Geburtstage, Mit Bildnis | ANS? Eis vs 
C. Neuweiler, Über die Vertretbarkeit von Zinkoxyd Så Farbstoffen bei i 
der optischen Sensibilierung. Mit 6 Figuren im Text . . . . » . BI ` 
Lüppo-Cramer, Zur Solarisation des Bromsilbers. Mit 4 Figuren im Test 224 
Chr. Winther, GE der ER von WEE en Mit 2 Figuren 
m TE ee 20 


Kurt Baukloh, Die a Sensibilisierung von "Toaster Mit 3 ZA 
im Text und einer Tafel . ein e 233 


H Beck und J. Eggert, Erwiderung . . . . TEE. 


Emil Baur, Berichtigung zu der Mitteilung von V. Sihvonen „Über die 
Natur der Desensibilierung“ . e hb Deus € ie ei 


Anfragen und Manuskriptsendungen sind.zu richten an 
"Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr, 14. 


Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren 


Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige 
Berichterstattung möglich ist. 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere 
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden, 


ER 


Kb A a } 
sg 


A 
> 


Reproduktions-Optik | 

Apochromat-Tessare und Planare | 

Filter - Müvetten - Prismen - Spiegel 
Einstell- Mikroskope 


Druckschriften und jede gewünschte Auskunft kostenfrei von = Zeie, 


Digitized by KAOORIE 


Zeitichrift für willenidhaftlidie Photographie, 
Photophyfik und Photodiemie 


XXV. Band 1928 Heft 7 u. 8 


HEINRICH KAYSER 
zum 75. Geburtstage 


Ae 16. März dieses Jahres vollendete der Altmeister der deutschen 
Spektroskopiker seinen 75. Geburtstag. Ein Zufall hat es gefügt, daß 
gleichzeitig 25 Jahre vergangen sind, daß sein Name als der des einen 
Herausgebers das Titelblatt dieser Zeitschrift schmückt. So kann es 
keinen bessern Platz geben, als diese Blätter für die Glückwünsche, die 
die zahlreichen Schüler des verehrten Meisters und mit ihnen die Sach- 
verständigen des In- und Auslandes Kayser darbringen. Als 1923 
der 70. Geburtstag gefeiert wurde und zahlreiche Freunde aus vielen 
Ländern Beiträge zu einer Festschrift für Kayser beisteuerten, litt die 
internationale Zusammenarbeit noch sehr stark unter den Folgen der 
entsetzlichen Katastrophe, deren Zeugen wir gewesen sind. Nunmehr, 
nachdem ein weiteres Lustrum verflossen ist, kann Kayser, dessen 
Blick stets auf die hohen Ziele gerichtet war, die der ganzen Mensch- 
heit gemeinsam sind, deutliche Zeichen einer Wiedererstarkung einer 
weltumspannenden wissenschaftlichen Zusammenarbeit erkennen. Kein 
Zweifel, daß unser Senior hierin die glückliche Wiederkehr eines Zu- 
standes freudig begrüßen wird, an dessen Schaffung und Erhaltung er 
zeitlebens mit besonderer Liebe mitgearbeitet hat. In der Tat ist wohl 
auf keinem Gebiete der Physik die internationale Zusammenarbeit stärker 
gewesen als auf demjenigen der Spektroskopie. Seitdem Fraunhofer 
seine fundamentalen Messungen; ausführte, haben Schweden und die 
Vereinigten Staaten, Deutschland, England und Frankreich gewetteifert 
in spektroskopischen Messungen; die Fackel unserer schönen Wissen- 
schaft ist nicht nur von Hand zu Hand, sondern von Land zu Land 
gewandert, immer erneut Licht verbreitend in das geheimnisvolle Dunkel, 
das die Natur der Materie umgab. So gibt es keinen besseren Glück- 
wunsch für Kayser als die Tatsache, daß derselbe Kreis, der vor Jahren 
gemeinsamen Zielen zustrebte, sich wieder vereinigt, um dem verehrten 
Meister, der immer noch in bewundernswerter Frische und mit unerschöpf- 
lich scheinender Arbeitskraft seiner Forschung nachgeht, seine Verehrung 
auszusprechen. 

Kaysers Werk gehört der Geschichte der Physik an und ist jedem 
bekannt, der spektroskopisch arbeitet, insbesondere den Lesern dieser 

Zeitschr. f. wiss. Phot. 25 13 


186 Heinrich Kayser zum 75. Geburtstage 


Zeitschrift, in deren Bänden zahlreiche Schüler Kaysers ihre Arbeiten 
veröffentlicht haben. Als Kayser sich 1883 fast zufällig der Spektro- 
skopie zuwandte und im Anschluß an ein Kolleg, das er als Privatdozent 
in Berlin gehalten hatte, ein Lehrbuch der Spektroskopie — es hieß 
damals noch Lehrbuch der Spektralanalyse und war das erste wissen- 
schaftliche Werk in deutscher Sprache — schrieb, das ihn für immer 
mit dieser Wissenschaft verbinden sollte, schien die Spektroskopie bereits 
durch zahlreiche hervorragende Forscher zu einem hohen Grade der Voll- 
endung gebracht zu sein. Zwar spricht der Verfasser des Lehrbuchs 
von 1883 mit einer hoffinungsvollen und prophetischen Begeisterung von 
den Erfolgen, die er von der damals noch jungen Disziplin erwartete. 
Allein es kann keinem Zweifel unterliegen, daß weder Kayser selbst 
noch irgend jemand sonst ahnen konnte, wie ungeheuer und umstürzend 
die Einwirkung sein würde, die die Spektroskopie auf die gesamte Atom- 
physik und Chemie, die Astrophysik wie die Physik des leeren Raumes 
ausüben sollte. Das halbe Jahrhundert wissenschaftlicher Arbeit, auf das 
Kayser jetzt zurückblickt, hat in Wahrheit kaum seinesgleichen in der 
Geschichte der Naturforschung, ohne daß es scheint, als ob wir mit 
geringerer Erwartung in die nächste Zukunft blicken dürften, als es 
Kayser 1883 tat. An der Entwicklung der letzten Jahrhunderthälfte 
hat nun Kaysers Arbeit einen wesentlichen Anteil. Das Fundament 
seiner Messungen ist der sichere Grund gewesen, auf dem sich die hoch- 
ragenden Bauten der Spektroskopie erheben konnten. Die mit unvergleich- 
licher Sachkunde und Kritik von ihm gelieferte Zusammenfassung der 
überwältigenden Fülle von Einzeltatsachen ist die Quelle gewesen, aus 
der Theoretiker wie Experimentatoren immer wieder geschöpft haben. 
Aus Kaysers Schule ist ein Kreis begeisterter Schüler aus aller Herren 
Länder hervorgegangen, denen die Unbestechlichkeit und Strenge Kayser- 
scher Methode Vorbild war, und die danach strebten, dem hohen Ideale 
geistiger Kultur nachzueifern, das von Helmholtz’ Schülern ausgehend, 
gleichsam aus der Hand des großen Meisters überliefert war. 

So kann der Mitbegründer dieser Zeitschrift an seinem 7 5. Geburtstage 
wohl glücklich geschätzt werden. Von hoher Warte gesehen verschwindet 
das Einzelne und das Unbedeutende, Erfolge und Mißerfolge, Glück und 
Leid. Nur das Große und Bleibende vermag den Blick dessen zu feseln, 
der auf 75 Jahre eines reichen Lebens und einer außerordentlichen Zeit- 
epoche zurückblickt. Möge es Kayser vergönnt sein, sich bis zur Grenze 
dessen, was die Natur vermag, daran zu erfreuen, daß er mit Befriedigung 
zurückzuschauen vermag, und daß der Baum immer neue und reiche Früchte 
trägt, den er mit seinen Freunden vor mehr als 50 Jahren gepflanzt hat. 


„Veuwerler. Die Vertretbarkeit von Zinkoxyd und Farbstoffen usw. 187 


= — — —_ _ u m a na —— 


Über die Vertretbarkeit von Zinkoxyd und Farbstoffen 
bei der optischen Sensibilierung 
Von 


C. Neuweiler 


Mit 6 Figuren im Text 


Einleitung 

Unter optischer Sensibilierung verstehen wir allgemein die 
Übertragung der Lichtenergie von einem lichtempfindlichen Stoff 
auf ein für sich lichtunempfindliches System (Akzeptor), wobei der 
Sensibilator aus der Photolyse grundsätzlich unverändert hervor- 
gehen soll. 

In neuerer Zeit wurden Versuche zur Erklärung der Sensibi- 
lierungsvorgänge unternommen von Franck), Cario?) und Chr. 
Winther.®) Ich verweise auf die diesbezüglichen Erörterungen in 
der Arbeit von A. Perret‘) über das Zinkoxyd als optischer 
Sensibilator. Als Nachtrag sei eine Abhandlung von F. Schanz’) 
erwähnt, in der die physikalischen Vorgänge bei der optischen 
Sensibilierung folgendermaßen zu erklären versucht werden. In dem 
lichtabsorbierenden Molekül werde Fluoreszenz und lichtelektrischer 
Effekt ausgelöst. Das Fluoreszenzlicht kann nun gegebenenfalls 
vom Akzeptor verschluckt werden, während das erregende Licht 
etwa von ihm durchgelassen wird. Da, wo lichtelektrischer Effekt 
(nach Stark und Steubing®) mit der Fluoreszenz verknüpft ist, 
werden nun die aus dem lichtabsorbierenden Molekül heraus- 
geschleuderten Elektronen vom Nachbarmolekül aufgefangen. Auf 
diesem Wege können Lichtstrahlen Moleküle verändern, die das 
Licht direkt gar nicht zu absorbieren vermögen. Denselben Ge- 
danken, nämlich daß der Sensibilator nach der Bestrahlung bei 
seinem Rückgang zum Dunkelzustand eine Strahlung aussende, die 


m E m m 


1) Zeitschr. Physik 9. 259. 1922. 

3) Zeitschr. Physik. 10. 185. 1922. 

3) Zeitschr. wiss. Phot. 21. 175. 1921. 

4) Journal chim. phys. 23. 97. 1926. 

5 Pflügers Archiv f. Physiologie 1%. 311. 1921. 

D Zitiert nach F. Schanz: Pflügers Arch. f. Physiologie 1%. 311. 1920. 
(Ek 


188 


Neuweiler 


vom Akzeptor absorbiert werden kann, finden wir auch bei Winther, 
so daß die Theorie beider Forscher vieles gemein hat. 


Die angeführten Theorien vermögen indessen nur in bestimmten 
Fällen den Vorgang der Sensibilierung zu erklären, gerade die 
wichtigsten Sensibilierungen, wie die der Silberhaloide in der 
Trockenplatte durch organische Farbstoffe oder die Sensibilierung 
des Assimilationsprozesses durch Chlorophyll, bleiben unaufgeklärt. 
Der Chemismus der durch Sensibilatoren ausgelösten Photolysen 
verlangt eine einheitliche Deutung des Reaktionsverlaufes. In der 
Theorie von E. Baur!), die im Jahre 1918 entwickelt wurde, fußend 
auf Untersuchungen über den Becquereleffekt durch G. Trümpler?), 
E. Hatt?) und E. Stähelin*), ist uns eine solche in die Hand ge- 
geben worden. Nach E. Baur ist jede sensibilierte Photolyse als 
eine molekulare Elektrolyse aufzufassen. Zu diesem Schlusse ge- 
langte E. Baur durch die augenfällige Übereinstimmung der Produkte 
der Photolysen mit denen der Elektrolysen. So gibt z. B. die 
Edersche Flüssigkeit bei der Elektrolyse an der Kathode Kalomel, 
an der Anode Kohlensäure, ganz ebenso wie bei der Photolyse 
unter dem sensibilierenden Einfluß von Eosin; oder es gibt z. B. 
Giyoxalsäure, durch Uranylsalz sensibiliert, im Licht CO +CO,, 
ganz ebenso wie bei anodischer Oxydation. 6) 


Durch Aufnahme eines Lichtquantums wird im Molekül des 
Sensibilators ein negatives Elektron verlagert, dieses wirkt nun als 
Kathode, der positive Molekülrumpf als Anode, was gleichbedeutend 
mit dem Auftreten einer Potentialdifferenz innerhalb des Moleküls 
ist. Indem das verlagerte negative Elektron von einem reduziblen 
Stoff (kathodischer Depolarisator) gebunden wird, und von einem 
oxydablen Stoff (anodischer Depolarisator) ein anderes negatives 
Elektron an den positiven Molekülrumpf des Sensibilators abgegeben 
wird, kehrt letzterer in seinen Dunkelzustand zurück. Diesen Zustand 
der photochemischen Polarisation eines Sensibilators Æ bezeichnet 
E. Baur durch das Symbol: 

CO? 
|e 


1) Helv. Chim. Acta. 1. 186. 1918; Zeitschrift für Elektrochemie 29. 105. 1923. 
D Zeitschr. phys. Chem. 90. 385. 1915. 

3) Zeitschr. phys. Chem. 92. 513. 1917. 

4) Zeitschr, phys. Chem. 94. 542. 1920. 

5) Zeitschr. Elektrochemie 29. 105. 1923. 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 189 


Auf der Quantentheorie aufgebaut, ist es uns sofort möglich, 
die Größe der Potentialdifferenz zu berechnen!), so erhält man z. B. für: 
die Na-Linie à = 589 puu (gelb) E = 2,4 Volt 
die Hg-Linie 2 = 435 up (blau) E = 3,2 Volt 
die Hg-Fluoreszenz-Linie A = 253,6 uu (ultraviolett) Æ = 5,5 Volt usw. 


Wie wir aus diesen Daten ersehen können, erhalten wir Span- 
nungen, die z. B. für eine Wasserphotolyse (mit Erzeugung von 
Knallgas) unter dem Einfluß eines sensibilierenden Farbstofles aus- 
reichen müßten.?) Trotzdem scheinen solche Photolysen mit großer 
Energiezufuhr selten zu sein, was man zum Teil wohl Energie- 
verlusten durch Überführung in Wärme oder in Fluoreszenzstrahlung 
zuschreiben muß, so daß nur ein kleiner Teil für die Elektrolyse 
verwertbar wird. Weiterhin ist zu beachten, daß die Photolysen- 
produkte sich gegenseitig depolarisieren können, wie bei der 
Wechselstrom-Elektrolyse.?) Durch Zusatz geeigneter Depolarisatoren 
haben wir es jedoch in der Hand, das anodische oder kathodische 
Reaktionsprodukt abzufangen und so die Photolyse nach bestimmter 
Richtung zu leiten. Es ist uns auf diesem Wege neuerdings auch 
gelungen, die Wasserphotolyse sichtbar zu machen; die diesbezüg- 
liche Erörterung findet sich weiter unten. 

Im Sinne der Theorie ist die Reaktionsgleichung einer sen- 
sibilierten Photolyse in bestimmter Form zu schreiben, z. B. die 
Zersetzung der Ederschen Lösung durch Eosin) im Lichte 
folgendermaßen: S 

, f®+4C,0,”=Co 
ESCH | O+ a Her) + CH 


Es sei hinzugefügt, daß die nichtsensibilierte Photolyse insofern nur 
einen Sonderfall der sensibilierten darstellt, als bei ersterer der 
Sensibilator auf sich selbst wirkt, eine Anschauung, die für die 
Erklärung der Lichtunechtheit organischer Farbstoffe bedeutungsvoll 
ist. Von besonderem Interesse mag sein, daß die von Lüppo- 
Cramer?) entdeckte Desensibilierungserscheinung auch als ein be- 
sonderer Fall von Sensibilierung verstanden werden kann. Wie 


_— 


I) Helv. Chim. Acta 1. 188. 1918. 

23) Vgl. E. Baur, Schweiz. Chem-.Zeitg. 2. 40. 1918. 

3 Helv. Chim. Acta $. 256. 1921. 

4) O. Gros, Zeitschr. phys. Chemie. 37. 192. 1901; v. Tappeiner, Ber. 38, 
2602. 1905. 

D Lüppo-Cramer, Negativentwicklung bei hellem Lichte. 2. Auflage, Leipzig 
1922, E. Liegegang Verlag. 


LO Neuweiler 


kürzlich von V. Sihvonen!) gezeigt wurde, bildet in diesem Falle 
das Silberbromid den Sensibilator, während der Farbstoff die Rolle 
des Akzeptors übernimmt. Wir haben hier dieselbe Wirkung des 
Silberbromids auf den „Desensibilatorfarbstoff‘, wie sie A. Perret)’ 
bei der durch Zinkoxyd sensibilierten Photolyse von Methylenblau 
feststellen konnte. 

Die Baursche Theorie verlangt im allgemeinen, daß sowohl 
die Oxydationsreduktionskomponenten, wie auch die Sensibilatoren 
in mehr oder weniger weitem Umfang variiert werden können 
Unter diesem Gesichtspunkte steht meine Arbeit. Sie zerfällt in 
zwei Abschnitte. Im ersten (A) wird untersucht, wie Zinkoxyd die 
Oxydation oder Reduktion von Farbstoffen sensibiliert. Im zweiten 
Abschnitt (B) wird untersucht, ob und mit welchen Erfolge man 
in eben diesen Systemen das Zinkoxyd durch sensibilierende Farb- 
stoffe ersetzen kann. 


A. Zinkoxyd als optischer Sensibilator 


Vereinzelte Nachrichten über die photolytische Wirksamkeit 
von Zinkoxyd reichen weit zurück; es ist aber erst durch die Mit- 
teilungen von A. Eibner?°), aus der Münchner Versuchsanstalt für 
Maltechnik, das Interesse für das merkwürdige Verhalten des Zink- 
oxyds geweckt worden. Eibner stellte fest: Zinkweiß vermehrt 
die Lichtunechtheit von Malerfarben, und zwar tritt die Erscheinung 
bei Belichtung von Anstrichen der betreffenden Mischung mit 
arabischem Gummi unter Glas am störendsten auf. Sie zeigt sich 
sowohl bei vielen mineralischen Farbstoffen wie Berlinerblau, Cad- 
miumgelb, Zinnober, als auch bei organischen Farbstoffen wie 
Helioechtfarben, Thioindigorot BA, Hansarot, Algolblau 3R und 
den sonst so lichtechten Indanthrenfarben. Eibner stellt weiter 
fest, daß dem Anstrich beigemengtes Glyzerin die Lichtunechtheit 
der Farbstoffe außerordentlich begünstige. Auf eine ähnliche Wir- 
kung des Glyzerins beim Ausbleichen organischer Farbstoffe hatte 
O. Limmer*) schon hingewiesen. Angeregt durch diese Ent- 
deckungen untersuchte Chr. Winther’) die optischen Eigenschaften 
des Zinkoxyds, wobei er fand, daß dessen Lichtabsorption ein 


1) Zeitschr, wiss. Phot. 25. 1. 1927. 

"IA. a. O. 

3) Chem.-Zeitg. 35. 753, 774, 786. 1911. 

*) Zeitschr. angew. Chemie 1909, S 1715. 

°) Zeitschr. wiss. Phot. 21. 45, 141. 1921—22. 


Vertreibarkeil von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung IQI 


Maximum bei 366—313 um hat, und daß eine Lumineszenz 
(Fluoreszenz) sichtbar wird. Neben einer schwachen und kurz an- 
dauernden Phosphoreszenz konstatiert Winther ferner das Auftreten 
des Becquereleflektes durch Bestrahlung einer mit Zinkoxydgelatine 
überzogenen Platinelektrode im Lichte der Quarzquecksilberlampe. 
Aus der Prüfung der photochemischen Wirksamkeit des Zinkoxyds 
zieht Winther dann. die wichtigen Schlußfolgerungen: ı1.*das Zink- 
oxyd verläßt den Photolysenprozeß chemisch unverändert, 2. die unter- 
suchten Reaktionen verlaufen unabhängig vom basischen Charakter 
des Zinkoxyds. 

Nun unterwarf E. Baur die Zinkoxydphotolysen seiner Theorie. 
Mit A. Perret?!) wurden die Systeme: ZnO + AgNO, und 
ZnO + HgCl, untersucht, sowie Zinkoxyd + Methylenblau. In bezug 
auf dieses letzte System wird gefunden: bei Gegenwart eines 
anodischen Depolarisators (Glyzerin, Glucose). unter Luftabschluß 
vollzieht sich die Photolyse nach dem Schema: 
& + Glucose —> Oxydationsprodukt 
© + Methylenblau ——> Leukoverbindung 

Wird aber Methylenblau allein luftfrei mit Zinkoxyd belichtet, 
so entstehen neben dem Leukokörper noch Oxydationsprodukte 
des Farbstoffes (H,SO,). Nach Wiederbläuung des Farbstoffes an 
der Luft findet man, daß etwa 20°/, fehlen; dieser Anteil ist offenbar 
gerade der Oxydation anheimgefallen. Das Schema der Photolyse 
lautet dann folgendermaßen: 


ZnO l 


ZnO i 


& + Methylenblau —> Oxydationspropukt 
© + Methylenblau —> Reduktionsprodukt (Leukokörper) 


Ein orientierender Versuch Perrets betraf das System Zink- 
oxyd + Safranin. Es ergab sich hier kein Effekt, d. h. das Zink- 
oxyd versagte bei der Photolyse des Safranins und zwar auch 
dann, wenn ein anodischer Depolarisator zugegen war. Man hätte 
aus diesem Ergebnis auf einen Zusammenhang schließen können 
zwischen dem Reduktionspotential der Farbstoffe und dem Vermögen 
des Zinkoxyds, bei diesen Farbstoffen eine Photolyse zu verursachen. 
Wenn man die von M. Blumenthal?) gemessenen Reduktions- 
potentiale obiger Farbstoffe vergleicht, so findet man, daß dasjenige 


1) Journ. chim. phys. 23. 97. 1926; Helv. chim. Acta 7. 910. 1924; Zeitschr. 
phys. Chemie 120. 278. 1926; Trans. Faraday Soc. 21, No. 63. 1925. 

DM Blumenthal, Diss. Zürich 1924 (Lab. f. analyt. Chem. Prof. Dr. W. 
D. Treadwell). 


192 Neuweiler 


von Safranin (+ 0,15 Volt) bedeutend negativer ist, als das von 
Methylenblau (+ 0,420 Volt).!) Ob hier eine Gesetzmäßigkeit vor- 
liegt, war durch weitere Versuche zu prüfen. In Fortsetzung der 
Versuche Perrets waren daher die folgenden Punkte umfänglicher 
zu untersuchen: 

I. Ist obiges Photolysenschema, das auf den Fall Methylenblau 
exakt stimmt, auch auf andere Farbstoffe zu übertragen? 

2. Inwieweit erstreckt sich die Sensibilierungskraft des Zink- 
oxyds auf verschiedene Farbstoffklassen? 

3. Besteht tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Reduktions- 
potential der Farbstoffe und der Wirkung des Zinkoxyds? 


Versuche 


Das verwendete Zinkoxyd war ein chemisch reines Präparat, 
geliefert von der Firma Siegfried in Zofingen. Von einer ein- 
gehenden Analyse wurde abgesehen, da Perret?) dieselbe sowohl in 
qualitativer wie in quantitativer Hinsicht mit demselben Präparat 
schon durchgeführt hatte und die Daten also aus jener Arbeit zu 
ersehen sind. Das Produkt gelangte als feines Pulver (gemahlen auf 
einer Kugelmühle) zur Anwendung. Die Farbstoffe wurden stets in 
wäßriger Lösung (1:1000) verwendet; bei alkoholischen Lösungen 
hätte die photolytische Mitwirkung des Lösungsmittels vielleicht 
verwirrend sein können. Die Photolysen wurden im allgemeinen 
luftfrei durchgeführt, um bei Küpenfarbstoffen eine Rückoxydation 
der Küpe durch den Luftsauerstoff zu verhindern. In einigen Fällen 
fällt jedoch diese depolarisierende Wirkung des Luftsauerstoffs weg, 
so daß auch lufthaltig belichtet werden konnte, was jeweils bei den 
entsprechenden Versuchen bemerkt ist. Zur Entlüftung wurde das 
System: Farbstoff + Zinkoxyd + Wasser oder einem anodischen 
Depolarisator in ein zylindrisches Gefäß (250 ccm Inhalt) mit ein- 
geschliffenem Hahnstopfen gegeben, der Schliff mit Wachs-Kolo- 
phonium zur Dichtung umgossen, und das Ganze hierauf an der 
Wasserstrahlpumpe bei ıı mm Druck etwa ı Stunde lang entlüftet. 
Dann wurde noch etwa Io Minuten in ein Wasserbad von 40°C 
eingestellt, der Hahn geschlossen und mit Wachs gedichtet und auf 
einer Drehvorrichtung im Abstand von 120 cm mittels einer Osram- 


1) Nach Mansfield Clark (Public Health Reports June 5, 1925, pages 1131/1201) 
ist das Normalpotential des Methylenblaues + 0,51 Volt. 
2) A. a. O. 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 193 


Nitralampe (3000 Kerzen) belichtet. Der Vergleich zwischen diffusem 
Tageslicht und Nitralampe ergab qualitativ die gleiche Wirkung der 
beiden Lichtquellen, nur war der Umsatz quantitativ bei diffusem 
Tageslichte bis zu 20 mal größer. Die Lufttemperatur bei der 
Belichtung schwankte in der Flaschennähe zwischen 22—29°C. Um 
den Einfluß der Wärme gesondert zu prüfen, habe ich Gegenproben 
im Dunkeln erhitzt; es sei jedoch gleich vorweggenommen, daß dies 
stets zu negativen Befunden führte. Nach erfolgter Belichtung wurden 
die Flaschen am Manometer auf Dichtheit während der Belichtung 
geprüft, was notwendig ist, um sich vor Täuschungen durch zu- 
fällige Undichtheiten zu schützen. Die Versuche wurden stets doppelt 
durchgeführt. Quantitative Messungen finden sich einzeln verzeichnet; 
da jedoch in der nämlichen Farbstofiklasse analoge Verhältnisse 
obwalten, sind häufig nur qualitative Beobachtungen gemacht worden. 

Als anodische Depolarisatoren eignen sich Traubenzucker, Rohr- 
zucker, Glyzerin und das von K. Noack!) vorgeschlagene Benzidin. 
Um den Gang der Photolysen charakterisieren zu können, ist es 
natürlich wichtig, die einzelnen Reaktionsprodukte nach erfolgter 
Belichtung festzustellen. Die anodischen Depolarisatoren werden 
nach dem Schema 

ZnO Je + anod. Depolarisator ——> Oxydationsprodukt 

© + Farbstoff —— Reduktionsprodukt 


als oxydierte Produkte sich im Gemische vorfinden, was man nach- 
weisen muß. Im Falle des Benzidin gelingt das besonders leicht, 
da dessen Verhalten bei der Oxydation in einer für die vorliegenden 
Zwecke ausreichenden Weise klargestellt worden ist.?) Die blaue 
oder violette Stufe des oxydierten Benzidin, die Noack’) durch 
Photooxydation mittels Eosin und MnCl, beobachten konnte, habe 
ich nicht erhalten, hingegen ist die braunrote Stufe im Gemische 
leicht vom Auge sichtbar. Auch im Falle des Glyzerins konnte das 
Oxydationsprodukt erfaßt werden. Ich bekam Farbenreaktionen*) 
auf Glyzerose und Dioxyaceton; die nach E. Fischer?) und 
E. Fischer und Tafel®) auch durch Oxydation von Glyzerin mit 


ı) Zeitschr. f. Botanik 10. 561. 1918; 17. 481. 1925. 

23 Willstätter, Ber. 39. 3476. 1906; 41. 3245. 1908; Liebigs Ann. 1908. 
S. 313. 363. 

3) A.2.0. 

H Vgl. Rosenthaler, Nachweis org. Verb. 1. Aufl. S. 187. 

D Ber. 20. 1088. 1887. 

©) Ber. ZL 2634. 1888. 


194 Neuweiler 


Brom in wechselnden Verhältnissen gewonnen werden. Dagegen 
stößt beim Rohrzucker und Traubenzucker der Nachweis eines Oxy- 
dationsproduktes auf Schwierigkeiten, um so mehr, als man nicht 
genau weiß, nach welchen Oxydationsprodukten man zu suchen bat) 
ß-Naphtol als anodischen Depolarisator zu verwenden, wie es Ed- 
lefsen?) getan, erwies sich als ungeeignet, da der Nachweis des 
daraus entstehenden Naphtochinons, wie ihn der Autor angibt, nach 
meinen Versuchen recht zweifelhaft ist, indem unbelichtetes $-Naphtol 
dieselbe, oder täuschend ähnliche Farbreaktion mit Resorzin-Am- 
moniak liefert. Ungünstig für die Photolyse erwiesen sich Natrium- 
sulfit und Natriumhydrosulfit, da hier oft starke Dunkelreaktionen 
eintreten können. 


Küpenfarbstoffe 
a) Thioindigo (Ciba) (C ,H,0,S;-SO,H) 


Nach unveröffentlichten Messungen von H Schuster?) beträgt 
das Reduktionspotential (Normalpotential) dieses Farbstoffes, bestimmt 
nach der Methode der Elektrotitration, & = + 0,30 Volt. Thioindigo 
ist also schwerer zu reduzieren als Methylenblau. 


Qualitative Versuche: 
Ansätze: 


A. 5 ccm Thioindigolösung 1:1000 + I g ZnO 
+ 150 ccm Wasser (dest.). 

B. 5 ccm Thioindigolösung 1:1000 + I g ZnO 
+ 150 ccm Benzidinwasser. 

C. 5 ccm Thioindigolösung 1:1000 + ı g ZnO 


+ 5occm Traubenzuckerlösung — + 100 ccm Wasser. 
D. 5 ccm Thioindigolösung 1:1000 + I g ZnO 

+ 50 ccm Rohrzucker — + 100 ccm Wasser. 
E. 5 ccm Thioindigolösung 1:1000 + I g ZnO 

+ 70 ccm Glyzerinlösung — + 100 ccm Wasser. 


Die qualitativen Versuchsergebnisse finden sich in Tab. 1. 


—. = mu mg 


1) Vgl. Tollens, Handbuch der Kohlehydrate. 3. Aufl. S. 391. 
D Münch. med. Wochenschrift 1904. S. 1585. 
3 Aus dem analyt. Laboratorium der E.T. H. (Prof. Dr. W. D. Treadwell) 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 1095 


Tabelle ı 


Licht 


mit ZnO 


t 


Dunkel 


| ohne ZnO mit ZnO 


Anodischer 
Depolarisator 


ausgebleicht in keine Wirkung keine keine A 
etwa 20 Stunden |in derselben Zeit Wirkung Wirkung 
I 2 3 4 Wasser 
ausgebleicht in | j f 
etwa 18 Stunden ` keine keine B 
oxydiertes Benzid. m Wirkung Wirkung Benzidin- 
fällt aus wasser 
5 | 6 7 Í 8 
ausgebleicht in keine Wirkung keine keine e 
etwa 6 Stunden in derselben Zeit | Wirkung Wirkung 
9 10 11 12 Traubenzucker 
ausgebleicht in i keine keine D 
etwa 10 Stunden wie 10 Wirkung Wirkung 
13 14 15 16 Rohrzucker 
ausgebleicht in , keine keine E 
etwa 12 Stunden | wie ro und 14 Wirkung Wirkung A 
A 8 e | Glyzerin 


Da Traubenzucker zur Verküpung von Indigo verwandt wird, 
war zu befürchten, daß die große Wirkung bei Versuch 9 allein dem 
Traubenzucker zuzuschreiben ist. Daß dem nicht so ist, und daß 
auch die Alkalinität des Zinkoxyds keine Rolle spielt, zeigen uns 
die Versuche Io, ıı und 12. 

Wurden die Flaschen nach erfolgter Belichtung geöffnet und 
an der Luft stehen gelassen, so kehrte die Farbe fast augenblicklich 
bei den ausgebleichten Proben zurück. Kolorimetrisch gemessen 
ergab sich folgendes: | 


Tabelle 2 
Zurückgekehrte Zurückgekehrte 
Versuch Farbstärke rach Farbstärke nach 
Nr. í 
10 Min. 


Versuche 5, 9, 13 und 17 zeigen, daß tatsächlich die Küpe ent- 
standen ist, der Verlust von 33°/, an Farbstoff bei Versuch ı ergibt 
den Anteil, der bei der Photolyse ohne anodischen Depolarisator 


196 


EE 


der ar anheim gefallen ist. Wir dürfen also hier wie beim 


Methylenblau schreiben: 

oO + Thioindigo 
(1) m = + Thioindigo 
(2) & + Glucose 


EES D + Thioindigo 


—— Oxydationsprodukt 
—— Küpe 
—— Oxydationsprodukt 
—— Küpe. 


Quantitative Versuche: 


Zur Aufnahme von Zeitkurven der Ausbleichgeschwindigkeit 
war es nötig, den jeweiligen Farbstoffgehalt der Lösung zu be- 
stimmen. Da die Küpe sich an der Luft sofort wieder oxydiert, 
konnte diese Bestimmung weder titrimetrisch (mittels TiCl,) noch 
im Kolorimeter durchgeführt werden. Es wurden deshalb in gleichen 
Gefäßen mit der gleichen Menge Zinkoxyd versetzte Typenlösungen 
hergestellt und die belichteten Flaschen in geschlossenem Zustand 
(nach dem Absitzenlassen des Zinkoxyds) mit diesem Standard ver- 
glichen. Der Gehalt dieser Lösungen an Farbstoff war abgestuft 
von !/, zu !/, Milligramm, die Fehlergrenze beträgt also bei diesem 
Verfahren etwa 10°/, Die Messungen ergaben (Ansätze dieselben 
wie bei den qualitativen Versuchen): 


Tabelle 3 
WW l Versuch I Versuch 9 i Versuch 13 Versuch 17 
le | nn ausgebleicht ausgebleicht ausgebleicht 
GË mg mg 
2 Wa 2,0 1,5 
4 i 3-5 2,5 
8 in 6 hs St. 5,0 g 4,5 4,0 
e in 10 St. 5,0 | in ı2!j, St 5,0 
20 A wé 5 9 | — 7 
= Kurve 4 | = Kurve C | = Kurve D | = Kurve Z 


Das Kurvenbild der Figur ı veranschaulicht die Messungen. 


Die Geschwindigkeit des Ausbleichens ist ein Maß der Wirk- 
samkeit des anodischen Depolarisators. Am schwächsten wirkt der 
Farbstoff selbst, danach kommt Glyzerin, dann Rohrzucker, dann 
Traubenzucker. Dieser wirkt am besten. In der Folge wird man 
diese Reihe immer wiederkehren sehen. Im übrigen lehren die 
Umsatzzeitkurven, daß die Photolysen angenähert mit gleich- 
bleibender Geschwindigkeit fortschreiten, erst gegen das Ende tritt 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbsioffen bei der optischen Sensibilierung 197 


naturgemäß Verlangsamung ein. Stationäre Zustände, hervorgerufen 
durch gegenseitige Depolarisation der Photolysenprodukte, kommen 
nicht zur Geltung, im Gegensatz zu den von K. Burgherr!) unter- 


È a oi $ A 
Ri o - 
jl 

| i 
2 © 6 


"ch 
bebe 


ausgebleichte Farò 


—> S/unden 
DENE EEE TEE TED WG. o D Kë Wë. e, 


Fig. 1. Umsatz-Zeitkurven ZuO->Thioindigo 


suchten Systemen, an denen glatt umkehrbare lonisationen 
(Ag + ıF Ag‘) beteiligt sind. Das hier Bemerkte gilt auch für 
die nachfolgend mitzuteilenden Umsatzzeitkurven. 


b) Indigocarmin 


Entsprechende Versuche wurden mit einem weitern Vertreter 
dieser Farbstofiklasse, dem Indigocarmin (Di- oder Monosulfosäure 
des Indigos) durchgeführt. Der Farbstoff hat nach unveröffent- 
lichten Messungen von H. Schuster?) ein Reduktionspotential von 
&, = 0,23 Volt, also noch negativer als Thioindigo. Die Resultate 
gleichen sich bei diesen beiden Indigoiden; beim Indigocarmin tritt 
auffallenderweise die Entfärbung in reiner wässeriger Lösung be- 
deutend schneller ein, als mit anodischen Depolarisatoren, eine 
Erscheinung, die vielleicht zurückzuführen ist auf die Anwesenheit 
eines Beschwerungsmittels im Farbstoff. Versuche zur Fassung des 
Beschwerungsmittels nach der Anilinölmethode?) ergaben jedoch 
keinerlei Resultate, d. h. das Präparat erwies sich danach doch als 
rein. Der Farbstoff scheint also in diesem Falle ein guter anodischer 
Depolarisator zu sein. 


1) Zeitschr. wiss. Phot. 24. 393. 1927. 
D Aus dem Laboratorium für analyt. Chemie (Prof. Dr. W. D. Treadwell). 
D Zeitschr. angew. Chemie. 18. 585. 1905; Journ. Am. Chem, Soc. 573. 1904, 


198 Neuweiler 


a) Safranin T 


Gemisch von C,,H,.N,Cl und C, H,,N,C1!) Reduktionspotential 
nach M. Blumenthal?) e = + 0,15 Volt. 

Im Gegensatz zu der Angabe bei Perret’), auf die ich schon 
oben Bezug genommen habe, fand ich ein positives Resultat, 
vgl. die Tabelle 4. 


Ansätze: 
A. 4 ccm Safraninlösung 1:1000 + I g ZnO 
+ 150 ccm Wasser. 
B. 4 ccm Safraninlösung I1:1000 + I g ZnO 
+ 50 ccm Traubenzuckerlösung + 150 ccm Wasser. 
C. 4 ccm Safraninlösung 1:1000 + I g ZnO 
+ 150 ccm Benzidinwasser. 


Tabelle 4 
Licht = Dunkel EE 
mit ZnO ohne ZnO mit ZnO | ohne ZnO | Depolarisator 
bleicht nur wenig keine Wirkung keine keine A 
in 24 Stunden in 24 Stunden Wirkung Wirkung Ww 
asser 
I 2 3 4 
bleicht aus keine Wirkung keine keine B 
in 24 Stunden in 24 Stunden Wirkung Wirkung Trauben- 
5 6 7 8 zucker 
bleicht etwa zur keine Wirkung keine keine | C 
Hälfte in 24 Stunden | in 24 Stunden Wirkung Wirkung | Benzidin- 
wasser 


9 10 II | 12 


In Versuch 9 wird die Lösung bräunlich von oxydiertem Benzidin. 
An der Luft kehrt in den geöffneten Flaschen nach !/, stündigem 
Stehen die Farbe wieder zurück und zwar bei Versuch ı = 76h, 
5 = 102°), und 9=97°/,. Das Safranin verhält sich demnach 
genau wie Thioindigo und Methylenblau, d. h. auch hier ist das 
dort angeführte Photolysenschema anzuwenden. Der negative Be- 
fund Perrets muß also auf einem Irrtum beruhen, vielleicht hat 


1) Vgl. Schultz und Julius: Künstl. org. Farbst. 4. Aufl., S. 244. Jabr- 
gang 1902, l 

DA. a O. 

3) A: a. O. 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 199 


die Luftleere nicht gehalten. Die Photoreduktion des Safranins ist 
deswegen von Bedeutung, weil es schwer zu reduzieren ist. Wir 
sehen, daß wir mit dem Kathodenpotential bis in die Nähe des 
Wasserstoffpotentials herankommen. Vom Benzidin wissen wir aus 
den Arbeiten von Mansfield Clark", daß sein Oxydationspotentia], 
bestimmt nach der Methode der elektrometrischen Titration (mit 
Chlorwasser), bei + 0,92 Volt (in saurer Lösung) liegt. Wenn dieser 
Wert auch nicht ein Gleichgewichtspotential im strengen Wortsinn 
ist, so darf doch angenommen werden, daß die Oxydation bei 
tieferem Potential ausbleibt. Sonach hätte das Licht im Versuch C 
eine Arbeit von etwa 0,77 Volt geleistet. 


b) Phenosafranin 
(Erzeugnis der Farbwerke Höchst für photographischen Gebrauch) 


Konstitutionsformel: 
N 


=N= N 
Komon 
Cl 
SÉ 


NS. 


Nach den Versuchen von V. Sihvonen?) läßt sich Pheno- 
safranin in Übereinstimmung mit der theoretischen Vorhersage 
durch Silberbromid reduzieren, ganz ebenso sollte auch Zinkoxyd 
auf den Farbstoff wirken. Ich fand in der Tat folgendes: im binären 
System (Phenosafranin + ZnO + Wasser) erfolgt nach 26 stündiger 
Belichtung eine sehr schwache Ausbleichung; die Messung im 
Kolorimeter zeigt einen Verlust von 6°/, Farbstoff an. Im ternären 
System (Farbstoff + ZnO + anodischer Depolarisator) tritt während 
derselben Zeit gänzliche Entfärbung ein; der Leukokörper oxydiert 
sich ziemlich langsam an der Luft. Nachdem die Rückoxydation 
an der Luft beendet ist, werden 97 °/, des Farbstoffes unverändert 
zurückerhalten. Sihvonens Befunde lassen sich also ohne weiteres 
auch auf diesen Fall übertragen, der Zusammenhang zwischen 
Sensibilierung und Desensibilierung ist durch den Zinkoxydversuch 
völlig bestätigt geworden. Messungen der Ausbleichgeschwindigkeit, 


DM Clark, Supplement No. 54 to the Public Health Reports. Wash. 1926. 
3) Zeitschr. wiss. Phot. 25. 1. 1927. 


200 Neuweıler 


die wieder durch Vergleich mit Typenlösungen gemacht wurden, 
sind aus Tabelle 5 und Fi igur 2 ersichtlich. 
Ansätze: 
A. 4 ccm Phenosafraninlösung 1: Gees I g ZnO 
+ 100 ccm Wasser. 
B. 4 ccm Phenosafraninlösung 1:1000 + I g ZnO 
+ 50 ccm Traubenzucker + 100 ccm Wasser. 
D. 4 ccm Phenosafraninlösung 1:1000 + ı g ZnO 
+ 50 ccm Rohrzuc'ier + 100 ccm Wasser. 


Merkwürdigerweise geht die Reaktion mit Benzidinwasser nicht. 


ER VE a a a Er Te a ae a 
R 
d 
N 8 
S/ | 
S D 
R o 
“2 
7 

3 
| zë S/unden 

2 4 6 8 7 72 RM 5 RB 2 22 a g 

Fig. 2. Umsatz-Zeitkurven ZnO —> Phenosafranin 
Tabelle 5 
e Versuch A | Versuch B Versuch D 
oo. a ausgebleicht ausgebleicht ausgebleicht 
mg | mg mg 

2 nicht genau me. 0,5 

4 bar 1,0 

8 0,5 2,0 

12 nicht genau me. 2,5 

16 bar 3,0 

20 1,0 3,0 (?) 

26 1,5 4,0 

= Kurve 4 | = Kurve B | =æ Kurve D 


c) Pinakryptolgrün 
(Erzeugnis der Farbwerke Höchst für photographischen Gebrauch) 
Die Verhältnisse bei diesem im Handel befindlichen Desensibilator 
sind die gleichen wie .«. Phenosafranin. Die genauere chemische 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 201 


Konstitution des Farbstoffes ist noch nicht sichergestellt. Nach 
einer von B. Homolka!) veröffentlichten Arbeit sind es Azinfarb- 
stoffe der Phenanthrenreihe, entstanden durch Einführung auxo- 
chromer Gruppen in den Phenanthrenkern des Flavindulins.. Auf 
jeden Fall scheint der Farbstoff einen Leukokörper zu bilden, 
worauf auch Lüppo-Cramer?) hinweist. Die Zeitdauer bis zum 
gänzlichen Ausbleichen dieses Farbstoffes ist jedoch bedeutend 
kleiner und betrug z. B. bei der Mischung mit Traubenzucker nur 
ı8 Stunden, d. h. Pinakryptolgrün wirkt besser als Phenosafranin, 
was auch mit den photographischen Erfahrungen übereinzustimmen 
scheint. 


d) Indulin Z, konz. (Geigy) 
Konstitutionsformel): 


ar LIO 


Ka 


6) 


Qualitative Ergebnisse: 


Binäres System: ZnO + 4 ccm Indulinlösung + 150 ccm Wasser 
becht nach 28 stündiger Belichtung gänzlich aus, nach Rück- 
oxydation an der Luft wird ein Fehlbetrag an Farbstoff bis 47 2, 
gefunden, die größte, bisher gemessene anodische Oxydation des 
Farbstoffes. 

Ternäres System: ZnO + 4 ccm Indulinlösung + anodischer 
Depolarisator (Ansätze wie bei den frühern Versuchen) bleicht schon 
in 8 Stunden aus, Verlust an Farbstoff nach der Rückoxydation 
nur 1°/,, d. h. aller Farbstoff ist hier wieder zur Leukostufe 
reduziert worden. Die Umsetzungen gehen immer nach den 
Schemata ı und 2, S. 196. 

Die vorstehenden Versuche wurden noch lufthaltig durchgeführt, 
wobei die Systeme in flache Medizinalflaschen (220 ccm Inhalt) ein- 
gefüllt wurden, dieselben dann lufthaltig mit Gummistopfen ver- 
schlossen und an der gleichen Drehvorrichtung, unter denselben 


1) Phot. Ind. 1925, S. 347. 
3) Vgl. Lüppo-Cramer, Zeitschr. angew.. Chemie 1927. S. 1226. 


3) Nach einer Mitteilung von Herrn Prof. Iṣe H. E. Fiers, 


Zeitschr. f. wiss, Phot 25. 14 


202 Neuwenler 


Verhältnissen, wie die „Luftfreien“, belichtet wurden. Hier bekommt 
= man im binären System bei gleicher Belichtungszeit keine Aus- 
bleichung. Die ternären Systeme bleichten nach 45 stündiger Be- 
lichtung schwach aus, wobei die Lösung, mit Kaliumjodidstärke- 
lösung versetzt, aktiven Sauerstoff aufwies. Dieser Effekt deutet auf 
Hydroperoxyd, das aus kathodisch primär gebildetem Wasserstoff 
entstanden ist. D.h. der Luftsauerstoff hat die photolytische Kathode 
depolarisiert. Dies tritt bei den mit Zinkoxyd sensibilierten luft- 
haltigen Systemen stets ein und ist ein Anzeichen für die verborgene 
Wasserphotolyse, auf die in der Einleitung (Seite 189) Bezug ge- 
nommen wurde. Im übrigen sei auf die Untersuchung von 
E. Baur und C. Neuweiler!) über ‚„photolytische Bildung von 
Hydroperoxyd“ verwiesen. 


Oxazine 
Nilblau (B.A.S.F.) 
Konstitutionsformel: 
N = IN c 


N ar Oo K A CHA 


verhält sich bei der Photolyse ebenso wie die Azinfarbstoffe und 
die Küpenfarben. 
Thiazine 
a) Methylenblau 


Sein Verhalten wurde bereits von Perret beschrieben. Es 
lieferte das Vorbild für die gegenwärtige Untersuchung. 


d) Neumethylenblau N (Ciba) 


Konstitutionsformel: 


CHs S 


C,H,- a a 
LL 


Es verhält sich ebenso wie Methylenblau. 


1) Helv, chim Acta 10. 901. 1927. 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstofen bei der optischen Sensibilierung 203 


Xanthenfarbstoffe 
Coerulein, Konstitutionsformel: 
Se O 


Die Photolyse verläuft nach dem Schema der vorigen Systeme. 


Antrachinonfarbstoffe 
Pseudopurpurin (Farbwerke Leverkusen), Konstitutionsformel: 


Pi: OH 


IL OOH 


co OH 


Bei genügend langer Belichtung verschwindet der Farbstoff aus der 
Lösung, sowohl beim binären wie auch beim ternären System, 
anscheinend jedoch nicht wegen Ausbleichung, sondern wegen Lack- 
bildung am Zinkoxyd. Der Bleicheffekt sollte allerdings auch in 
fester Phase eintreten, wie im System Berlinerblau + Zinkoxyd nach 
Eibner. Wahrscheinlich umhüllt der Pseudopurpurinlack die Zink- 
oxydteilchen, so daß der Sensibilator vom erregenden Licht ab- 
geschlossen ist. 


Triphenylmethanfarbstoffe 
Malachitgrün (Marke Kahlbaum, Chlorid) 


Qualitative Versuche: 
Ansätze: 


A. 4 ccm Malachitgrünlösung + e ZnO + 150 ccm Wasser. 
B. 4 ccm Malachitgrünlösung + e ZnO + 50 ccm Traubenzucker 
0,I-m + 100 H,O. 
C. 4 ccm Malachitgrünlösung + I g ZnO + soccm Rohrzucker 
o,1-m + 100 ccm Wasser. 
D. 4 ccm Malachitgrünlösung + te ZnO + 150 ccmBenzidinwasser. 
14” 


Tabelle 6 
Licht Dunkel Anodische 
m m Ze ee er | Zieler 
mit ZnO | ohne ZnO mit ZnO ohne ZnO satoren 
bleicht etwa zu !/, | keine Wirkung keine keine | A 
ia ı2 Stunden in derselben Zeit Wirkung Wirkung ` ` w 
I 2 3 4 | 
ausgebleicht keice Wirkung i keine keine B 
in 7 Stunden in derselben Zeit Wirkung Wirkung Trauben- 
5 6 | 7 8 zucker 
ausgebleicht wie 6 keine keine C 
in o Stunden Wirkung Wirkung Rohr- 
9 10 11 12 zueker 
ausgebleicht ee keine keine D 
in ı2 Stunden Wirkung Wirkung Benzidin- 
13 14 15 16 wasser 


Werden die Flaschen nach erfolgter Ausbleichung geöffnet, so 
tritt langsame Rückoxydation des Leukokörpers ein (Leukokörper des 
Malachitgrüns bekanntlich ziemlich luftbeständig). Kolorimetrische 
Messung ergibt: 


Tabelle 7 
Versuch Zurückgekehrte Farbstärke nach 
Nr 10 Min. | 2 Stunden | ı8 Stunden 


Im Versuch ı ist zuviel vom Farbstoff zurückgefunden worden, Es 
war zu erwarten, daß 1ı0—ı5°/, durch photolytische Oxydation 
verschwunden wären. Man muß wohl annehmen, daß das Oxy- 
dationsprodukt selber noch Farbstoff ist. 

Die Messung des zeitlichen Fortschrittes der Photolyse (siehe 
Tab. 8) wurde gleich durchgeführt wie bei Thioindigo und Pheno- 
safranin, die Ansätze sind dieselben wie oben. 

In Fig. 3 sind die Werte der Tab. 8 graphisch dargestellt. Die 
Wirksamkeit der anodischen Depolarisatoren steigt in der Reihen- 
folge: Malachitgrün-Benzidin-Rohrzucker-Traubenzucker. Obwohl 
Benzidin den Eintritt der Photolyse rasch dem Auge kenntlich 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensiöllierung 205 


macht durch die braunen Flocken seines Oxydationsproduktes, so 
wird es doch in der Schnelligkeit übertroffen von den Zuckern. 


Tabelle 8 
; Versuch ı Versuch 5 Versuch 9 Versuch 13 
Belicht.-Dauer ; : 8 : 
à f ausgebleicht ausgebleicht ausgebleicht ausgebleicht 
in Stunden mg 
= | men 
I nicht meßbar | 1,5 | 1,0 1,0 
2 0,5 | 2,0 1,5 — 
4 = i ` 35 2,5 1,5 
8 1,0 in 7 Std. 4,0 3,5 2,5 
12 1,5 | — | in 9'/, Std. 4,0 4,0 
=Kuve 4 | =Kuve 3 | =KumeC | =Kume D 
D GENEE EC PERE nana 
r SZ 
È C A 
$ 
oJ 
N 
A A = 
R A 
Si 
X 
| —> Siunden 


1 2 d 4 5 6 7 8 3 7% N" R2 
Fig. 3. Umsatz-Zeitkurven ZnO -> Malachitgrūün 


Azofarbstoffe 


Die Reduktion der Azofarbstofle ist in einer umfangreichen 
Literatur beschrieben worden, da sie oft zur Konstitutionsbestimmung 
dieser Farbstoffe benützt wird!) Wichtige, diesbezügliche Arbeiten 
stammen von Witt?) und Grandmougin?), die Reduktionskinetik 
der Azoverbindungen wurde besonders von H. Goldschmidt und 
A. Braanaast) aufgeklärt. Danach steht fest, daß wir durch vor- 


1) Siehe A. Peter, M., Wegmann, H. Mayer, Diss. Zürich 1926. Aus dem 
Laboratorium von Hrn. Prof. Dr. H. E. Fierz. 

2) Ber. 26. 3460. 1888, 

3) Journ. prakt. Chem. 76. 124. 1907. 

*) Zeitschr. phys. Chem. 96. 180. 1920. 


206 Neuweiler 


sichtige Reduktion der Azokörper zuerst die Hydrazoderivate er- 


halten: 
R-N=N-R' + H, =R.NH-NH.R. 


Diese gehen dann bei energischer Reduktion in zwei Spalt- 
stücke über, von denen jedes eine Aminogruppe enthält: 


R < NH-NH RB + H, = RNH, + R'NH,. 


Man erhält also die Aminkomponente (bzw. Diazokomponente) un- 
verändert zurück, während in die zweite Azokomponente (die sog. 
passive Komponente) eine Aminogruppe eingeführt wird. Diese 
reduzierende Spaltung kann mit den verschiedensten sauren Reduk- 
tionsmitteln durchgeführt werden; im Laboratorium haben sich be- 
sonders die Zinnsalz- und Hydrosulfitmethode bewährt. Es war 
nun von Interesse zu sehen, ob diese Art von Reduktion auch durch 
eine mittels Zinkoxyd verursachte Photolyse zustande gebracht werden 
konnte. Zu diesem Zwecke war es nötig, im ausgebleichten Gemisch 
eine der Spaltkomponenten nachzuweisen. Die zweite Aminkompo- 
nente nachzuweisen, erschien analytisch undurchführbar (zu kleine 
Mengen); offen stand noch die Möglichkeit, die unveränderte Diazo- 
komponente durch Diazotieren und Kuppeln erneut in einen Farb- 
stoff überzuführen. Praktisch ließ sich jedoch auch dieser Nachweis 
nicht mit Sicherheit durchführen, wahrscheinlich infolge zu geringer 
Empfindlichkeit der Reaktion. Der Beweis mußte also auf einem 
Umwege erbracht werden. 

Als besonders geeignet erschienen mir für diesen Zweck die 
sog. Diazinfarben. Das sind Azofarbstoffe, die als Diazokomponente 
Safranin enthalten, gekuppelt mit Naphtol oder Dimethylanilin usw, 
In diesem Farbstoff sollte nun bei der Reduktion die Azogruppe 
zerstört, die Safraninkomponente aber nur bis zur Leukostufe (nach 
den früheren Versuchen) reduziert werden, so daß an der Luft eine 
Rotfärbung durch das sich rückoxydierende Safranin sichtbar werden 
müßte. Die Versuche zeigten folgendes: 


a) Diazinblau B (Kalle) 


Der Farbstoff ist eine Kombination von Safranin mit A-Naphtol. 


Qualitative Versuche: 


Ansätze: Wie immer mit 5 ccm Diazinblaulösung I: 1000. 


x 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstofjen bei der optischen Sensibilierung 207 


Tabelle 9 
| 
Licht | Dunkel Auödiecher 
mit ZnO | ohne ZnO | mit ZnO | ohne ZnO | Depolarisator 
EIER er 1 en 
nach 10 Std. violett | keine Wirkung | _ keine keine A 
we Wirkung w 
: 2 | 4 asser 
nach 8 Std. rot, e ; | f 
: bleicht wenig keine keine B 
SE 287510. bleibt blau i Wirkung Wirkung 
farblos Traubenzucker 
5 6 7 8 


Werden die belichteten Proben an die Luft gebracht, so ändert 
sich I nicht, die farblose Lösung von 5 wird fast momentan rot 
und nach längerem Stehen dunkler und bräunlich (herrührend von 
anwesendem Aminonaphtol, dessen freie Base bekanntlich sehr leicht 
an der Luft sich unter Schwarzfärbung und Verharzung oxydiert). 
Der violette Farbton bei I entsteht durch Mischung des blauen, 
unveränderten Farbstoffes, und dem Farbstoffanteil, der schon zur 
Safraninstufe reduziert wurde. 

Die beiden Azokomponenten können sich an der Luft nicht 
mehr zum ursprünglichen Farbstoff rückoxydieren. Im Gegensatz 
zu den vorangegangenen Farbstoffgruppen ist es daher hier gleich- 
gültig, ob die Photolyse luftfrei oder lufthaltig durchgeführt wird. 
Ein Unterschied besteht nur darin, daß wir bei. den lufthaltigen 
Versuchen nur bis zur Spaltung der Azogruppe gelangen, d. h. wir 
erhalten Safranin, das sich bei Gegenwart von Luft nicht zur Küpe 
reduzieren läßt. 

Das Verhalten des Diazinblaus bestätigt die ausgesprochenen 
Erwartungen: die Azofarbstoffe werden tatsächlich photolytisch so 
reduziert, daß die Reduktion bei der Azogruppe eintritt, wie bei der 
gewöhnlichen Reduktion mittels Zinnsalz usw. Darüber hinaus kann 
man eine stufenweise Reduktion des Diazinblaus feststellen, zuerst 
zum Safranin, dann zu dessen Küpe, so daß die Photolyse geradezu 
zur Konstitutionsaufklärung derartig zusammengesetzter Farbstoffe 
dienen könnte, 

Ganz entsprechend verhält sich das 


b) Janusgrün 
eine Kombination von Dimethylanilin-Diazosafranin, nur wird hier 
das Gemisch 5 an der Luft nicht dunkler, Amidodimethylanilin ist 
wohl luftbeständiger. 


208 Neuwesler 


Für die Photolyse der Azofarbstoffe schreiben wir also das 
Schema: | 


ZnO & + Azofarbstoff — > Oxydationsprodukt 
È + Azofarbstoff —— Reduktionsprodukt (Amin) 

ZnO l & + anod. Depolarisator —— Oxydationsprodukt 
© + Azofarbstoff ——> Reduktionsprodukt (Amine) 


c) Victoriaviolett 4 BS 
Konstitutionsformel: 


OH OH 
NH _ SO,Na | O,Na 
WyLr— -—— S SS Se 
D 
C 8 


Ww 
Ca 
(e et 


N 
Q 


wN 
QO 


D 3 S/unden 
7 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1 12 OG 14 15 16 17 8 19 20 


— > gusgebleichte Farbstofimenge tn mgr 


Fig. 4. Umsatz-Zeitkurven ZnO—-Victoriaviolett 4 BS 


Ansätze: I g ZnO +4 ccm Farbstoffllösung auf 150 ccm 
Lösung. 

Depolarisatoren: A. Wasser, B. Benzidin, C. Traubenzucker, 
D. Rohrzucker. 


Kontrollversuche: r. ohne Zinkoxyd, 2. im Dunkeln mit und 
ohne Zinkoxyd verlaufen sämtliche negativ. 


Zur kolorimetrischen Bestimmung des Umsatzes nach erfolgter 


Belichtung werden die Flaschen geöffnet und vom ZnO abfitriert. 
Resultate siehe in Tabelle 10 und Figur 4. 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 209 


Tabelle 10 


| ; Farbstoff Ausgebleichte o 
van Belichtungsdauer ur noch in Lösung | Farbstoffmenge 


Nr. in Stunden 
mg Io mg 
| 2 ER, an 

A 4 3,3 0,7 

= Kurve 4 j 2,9 e 
13 2,8 1,2 
19 2, 6 1,4 
I 3,2 0,8 

B 2 2,9 1,1 
= Kurve B 8 1,5 2,5 
NP 0,0 4,0 
I Ä 3,0 1,0 
C 2 | 2,6 1,4 
Mi 1,8 | 2,2 

SZ Kurve C 8 i 0,9 | 3,1 
12 0,0 4,0 
2 2,6 1,4 

D U ENER U 
4 2,1 1,9 
= Kurve D 12 VU 2,9 
17 0,0 | 4,0 


Auffallend ist die starke Hemmung im System A, für die ich keine ` 
ausreichende Erklärung zu geben wüßte. 


d) Kitonechtrot GL (Ciba) 


Genaue Konstitutionsformel ist mir nicht bekannt. 

Auch dieser Azofarbstoff wird leicht reduziert. In diesem Falle 
versuchte ich im ternären Gemische: ZnO + Farbstoff + Glyzerin 
das Oxydationsprodukt zu identifizieren. Dies ließ sich durchführen, 
da das System nach der Ausbleichung in Berührung mit der Luft 
farblos bleibt und deshalb Farbreaktionen anzustellen möglich war. 
Im Filtrat wurde mit den folgenden Reagenzien auf die Oxydations- 
produkte geprüft (siehe Tabelle ı1): 


Tabelle ıı 


Phloroglueinreaktion | nr esorcin-HCI 
nach 
Wheeleru. Tollens 


Orcinreaktion 
nach 


Allen u, Tollens reaktion 


Mischung gibt: schung gibt: | ge gelblich | gelb-grün | Kinschrot (stark) ` kirschrot (stark) 
Glyzerose 
sollte geben: blau-grüne Färbung rote Färbung — 
Dioxyaceton | | 


er | z= rote Färbung 


sollte geben: 


210 Neuweiler 


Dioxyaceton ist also mit Sicherheit nachgewiesen worden, 
Glyzerose fraglich. Dieselben Reaktionen erhält man auch im 
System Zinkoxyd-Glyzerin (neben Wasserstoffperoxyd).!) 


e) Benzolichtblau 4 BL (By) 


ist ein Trisazofarbstoff von großer Lichtechtheit. Wird durch Zink- 
oxyd leicht im Lichte analog den vorhergehenden Farbstoffen 
photolysiertt. Reaktionen auf Glyzerose verlaufen gleich wie bei 
Kitonechtrot, es scheint demnach, daß auf jeden Fall mehr 
Dioxyaceton entsteht; die Reaktion auf Glyzerose fällt nie nach 
Vorschrift aus. 


Negative Versuche 


Keinerlei Photolyse erlitten, sowohl im binären wie im ternären 
System, die folgenden Farbstoffe: Chrysoidin, Auramin 00, Chinolin- 
gelb und Alizarinviridin. Gerade die gelben Farbstoffe scheinen 
der Photolyse zu entgehen, diese absorbieren in blau und violett, 
überdecken wahrscheinlich die Absorptionsbanden des Zinkoxyds 
-im nahen Ultraviolett gerade an der maßgebenden Stelle und 
vermögen so eine Art Schirmwirkung hervorzurufen. Es wurde 
noch versucht, Bismarckbraun zu photolysieren, das eine mehr 
blaue Absorptionsbande aufweist. Doch trat hier die Erscheinung 
der Adsorption an das Zinkoxyd auf, wie beim Pseudopurpurin, 
und vereitelte die Prüfung. 


Zusammenfassung für Teil A 


I. Zinkoxyd wirkt im Licht auf wässerige Lösungen von orga- 
nischen Farbstoffen der verschiedensten Klassen ein. In reiner (luft- 
freier) wässeriger Lösung werden die Farbstoffe zugleich oxydiert und 
reduziert. Wird ein anodischer Depolarisator zugesetzt, so werden 
die Farbstoffe ausschließlich reduziert. 


2. Bei den verküpbaren Farbstoffen läßt sich nachweisen, daß auch 
bei den höchsten Reduktionspotentialen (Safranin mit e. = +0,15 Volt ` 
die Photolyse noch eintritt. Erhebliche Potentialdifferenzen (bis zu 
etwa 0,8 Volt) zwischen dem anodischen und kathodischen Photo- 
lysenvorgang werden vom Licht überwunden. 


1) Vgl. E. Baur und C. Neuweiler, Helv. chim. Acta 10. 902. 1927; siebe 
auch Chr. Winther, Zeitschr. wiss. Phot. 21. 141. 1922. 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilerung 211 


3. Bei den Azofarbstoffen ist die photolytische Reduktion nicht 
umkehrbar; d. h. die Reduktionsprodukte werden durch den Luft- 
sauerstoff nicht regeneriert zum Farbstoff. 

4. Die Alkalität des Zinkoxyds spielt in den untersuchten Pro- 
zessen keine Rolle, ebensowenig die Wärme. 


B. Farbstoffe als optische Sensibilatoren 


Die Entdeckung der optischen Sensibilierung durch Farbstoffe 
geht auf H.W. Vogel zurück, der hierauf die farbenrichtige photo- 
graphische Platte herstellte. Seither sind sowohl die Anzahl der 
tauglichen Farbstoffe, wie auch die Anwendungsgebiete mannigfaltig 
erweitert worden. Unter dem Begriffe der „photodynamischen Er- 
scheinungen“ sind z. B. die Lichtwjrkungen solcher Farbstoffe bei 
biologischen Prozessen, besonders von H. v. Tappeiner!) und seinen 
Schülern, studiert worden. Neuere Arbeiten auf diesen oder ähn- 
lichen Gebieten stammen von K. Noack®, H Gaffron’ und 
F. Lieben.) Besonders erwähnt sei noch die Arbeit von O. Gros), 
der feststellte, daß die Oxydation von Leukoverbindungen im Licht 
durch Farbstoffe beschleunigt wird. 


In der Arbeit von K. Burgherr‘) wurde nun festgestellt, daß 
die durch Zinkoxyd im Lichte verursachte Photolyse von Silbernitrat, 
die A. Perret untersucht hatte, ebenso durch organische Farbstoffe 
sensibiliert wird. Es sollte daher auch möglich sein, das Zinkoxyd 
in den Versuchen von Teil A durch solche Farbstoffe zu ersetzen. 
Ich werde zeigen, daß dies grundsätzlich in der Tat möglich ist. 
Der in Rede stehende Effekt ist für die Praxis der Färbungen nicht 
belanglos, da viele technisch verwendete Farbstoffe aus Gemischen 
zweier Farbstoffe bestehen, technisch ausgedrückt, auf einen be- 
stimmten Farbton „gestellt“ sind oder sog. Mischfärbungen direkt 
auf die Faser gefärbt werden. Wirklich liegen aus der Färberei- 


1) Siehe H. v. Tappeiner und A. Jodlbauer, Die sensibilierende Wirkung 
fluoreszierender Substanzen. Gesammelte Untersuchungen über die photodynamische 
Erscheinung. Leipzig 1907. 

DA a. O., Biochem. Zeitschr. 1927. S. 135 u. 153. 

3) Ber. 1927. Nr. 9. S. 2229; Biochem. Zeitschr. 179. 157. 1926. 

4) Biochem. Zeitschr. 184. 453. 1927. Anmerkung bei der Korrektur: 
A. Windaus berichtet in der Pharm. Zentralhalle 1928, S. 22 über Photo-Oxydation 
deg Ergosterins mit Eosin usw. mit und ohne Luft. 

5) Zeitschr. phys. Chem. 37. 192. 1901. 

D Zeitschr. wiss. Phot. 24. 393. 1927. 


212 Neuwesıler 


praxis Mitteilungen vor, die sich auf das Verhalten solcher Mischungen 
beziehen. Angeblich gibt es Gemische, die sich gegenseitig günstig 
beeinflussen !)2) neben sog. „unverträglichen Farbmischungen“. 

H. W. Vogel?) machte schon die Beobachtung, daß die Gegen- 
wart lichtempfindlicher Farbstoffe oft die Zersetzung anderer, weniger 
lichtempfindlicher, nach sich ziehe. Die erste, genauere Angabe 
dieser Art stammt jedoch von Geiger, welcher fand, daß Ge- 
mische von Phosphin extra und Fuchsin (im Handel unter der Be- 
zeichnung Cardinal), schneller ausbleichen, als jeder Farbstoff für 
sich allein. Ebenso sollen sich Gemische von Thioindigo und In- 
danthrenblau im Lichte äußerst ungünstig beeinflussen.>) 

K. Gebhard) untersuchte die gleiche Erscheinung an einer 
Anzahl von Farbstoffgemischen, angeblich teils mit bejahendem, teils 
mit verneinendem Erfolg. Er verwirft jedoch die schon von Gros 
erörterte Möglichkeit einer Sensibilierung mit der Begründung, daß 
die Verdünnung allein schon die Lichtbeständigkeit eines Farbstoff 
verändern könne. In neuester Zeit stellte K. Noack’) fest, daß 
fluoreszierendes Chlorophyll im Licht die Karotine in kurzer Zeit 
zerstört, wobei diese Ablenkung der Lichtenergie auf die Karotine 
einen gewissen Schutz für das Chlorophyll selbst bedeute, eine 
durchaus zutreffende Auslegung, die durch meine Versuche mit Eosin 
zu belegen sein wird. Diese sensibilierende Eigenschaft des Chloro- 
phylis wurde übrigens schon von F. Neuhauss®) bewußt angewandt 
bei seiner Methode der direkten Farbenphotographie mittels des 
Ausbleichverfahrens.. Auch Worel®) hat bei seiner Methode der 
Farbenphotographie die sensibilierende Eigenschaft des Cyanins an- 
gewendet, obwohl anscheinend unbewußt. 


Versuche 


Die Vorbereitung der Ansätze (Luftentleerung) geschah auf die 
gleiche Art, wie unter A beschrieben. Die Farbstoffe wurden in 
wäßriger Lösung I: 1000 angewendet und in denselben Flaschen und 


1) W. W. Paddon, Journ, Phys. Chem, 26. 288. 1922; zitiert: C. 1922. S. I. 
D Melliands Textilberichte 6. 183. 1925. 

3) Zitiert: Phot. Korrespondenz 1902. S. 100. 

4) Phot. Mitt. 21. 132. 1885. 

5) Schminkes mahltechn. Mitt. Nr. 9; zitiert: Chem.-Ztg. 35. 753. 191r. 

6) Inaug.-Diss. Marburg 1908. 

?) Zeitschr. für Botanik 17. 487. 1925. 

3) Phot. Korrespondenz 1902. S. 100. 

D Phot. Korrespondenz 1902, S. 346. 


bei der gleichen Lichtquelle (wie unter A) belichtet. Da aber in 
diesem Falle keine feste Phase zugegen ist, wurden die Flaschen 
nicht in Umdrehung gebracht, sondern während des Belichtens an 
einem weitmaschigen Drahtnetz befestigt in eine von fließendem 
Wasser durchströmte gläserne Wasserwanne untergetaucht. Der 
Abstand zwischen Reaktionsgefäßen und Lampe betrug in diesem 
Falle nur 30 cm. Ansätze mit dem gleichen Farbstoff wurden neben- 
einander belichtet, Vergleichsproben zu gleicher Zeit im Dunkeln 
beobachtet. Die Lichtempfindlichkeit verschiedener Präparate des- 
selben Farbstoffs ist oft recht verschieden, schon das Alter der 
Lösung kann ihr Verhalten verändern, nämlich bei Farbstoffen, die 
sich im Dunkeln mit der Zeit zersetzen, wie ich es bei Indigocarmin 
und Methylgrün beobachtete. Die angewandten Farbstoffe wurden 
aufReinheit untersucht; das Vorhandensein eines zweiten zugemengten 
Farbstoffes wird am besten und raschesten mittels der Kapillaranalyse 
festgestellt. Untersucht wurden außer den als photodynamisch 
wirksam bekannten Farbstoffen der Eosingruppe vielfach die bereits 
` unter A gebrauchten Farbstoffe; auch die anodischen Depolarisatoren 
blieben dieselben. 
Azofarbstoffe 
Victoriaviolett 4 BS (By) 
Ansätze (luftfrei): 
A. 2ccm Victoriaviolettlösung + ı ccm Eosinlösung blaustichtig 
. Kahlbaum (Erythrosin) + 150 ccm H,O 

B. 2 ccm Victoriaviolettlösung + ı ccm Eosinlösung 

+ 150 ccm Benzidinwasser (gesättigt) 
C. 2 ccm Victoriaviolettlösung + ı ccm Eosinlösung 

+ 50 ccm 0,01 mg Traubenzucker 


+ 100 ccm Wasser. 
Nach etwa 30 Stunden Belichtung wird gefunden (im Dunkeln 


keine Änderung): 
Tabelle 12. 


mit Eosin | ohne Eosin | Anod. Depolarisator 


bleicht wenig, Eosin verliert die 


D 2 A 
Fluoreszenz keine Wirkung | Wasser 
Victoriaviolett wird völlig entfärbt; e 


Eosin bleibt erhalten 
Oxyd. Benzidin fällt aus 


bleicht ganz wenig aus 


Benzidinwasser 


C 
Traubenzucker 


Victoriaviolett wird völlig entfärbt; nn a 
Eosin bleibt erhalten e ganz wenig aus 


214 Neuweiler 

Es zeigt sich also der erwartete Effekt. Eosin bläulich (Ery- 
throsin) im Licht reduziert den Azofarbstoff, wie bei den Zinkoxyd- 
versuchen. Ein gewisser Unterscheid tritt nur bei Versuch A hervor. 
Das Eosin wird hier mitverändert, es übernimmt die Rolle des 
anodischen Depolarisators und wird oxydiert.) Daß das Eosin tat- 
sächlich diese Rolle übernimmt, zeigt uns der Vergleich mit Bund C. 
Durch die Anwesenheit eines anodischen Depolarisators wird der 
Sensibilator vor einer oxydativen Einwirkung geschützt, wie in dem 
erwähnten Versuch von K. Noack und in den zahlreichen, von 
K. Burgherr bearbeiteten Photolysen. Nach dem Öffnen der 
Flaschen tritt keine Rückoxydation auf, d. h. als Spaltprodukte er- 
scheinen hier wieder zwei Amine. Die Schemata wären zu schreiben 
wie folgt: 
OO + Eosin —-> Oxydation 
© + Victoriaviolett —— Reduktion 
CO + Benzidinwasser ——> Oxydation 
© + Victoriaviolett —-> Reduktion (Amine). 


Eosin l 
Eosin d 


Der zeitliche Gang des Ausbleichens läßt sich in Farbstoff- 
gemischen kolorimetrisch nicht verfolgen, da das Farbgemisch seinen 
Farbton erheblich verändert; auch Messungen mit dem Keilkolori- 
meter von Bjerrum erwiesen sich als undurchführbar. Die An- 
wendung des Spektralphotometers von Martens und Grünbaum 
stieß ebenfalls auf Schwierigkeiien.”) Es wurde deshalb eine Typen- 
skala hergestellt mit wechselndem Gehalt an Victoriaviolett, die 
Abstufungen betrugen !/ọ mg, Fehlergrenze also 5°/ Auch bei 
Versuch A konnte die Messung so vollzogen werden, denn obwohl 
das Eosin seine Fluoreszenz verliert, so bleibt doch die Farbqualität 
des Eosins erhalten. Die Ansätze sind dieselben wie bei den quali- 
tativen Versuchen. Tabelle 13 und Fig. 5 enthalten die Messungen. 

In A und vielleicht auch in B hört die Photolyse auf, bevor 
der Azofarbstoff aufgebraucht ist. Es ist schwer, diesen Stillstand 
als stationären Zustand, wie in den Systemen Burgherrs, zu ver- 
stehen. Es scheint sich um ein Unwirksamwerden des Eosins zu 
handeln, dessen Oxydationsprodukte dem übrigen Eosin die Flores- 
zenz zu benehmen scheinen. Bei der photodynamischen Wirkung 


1) Über die Produkte, die bei der Oxydation des Eosins mit Luft im Licht 
entstehen, vgl. A, Heffter, Ber. 38. 3633. 1905. 

"In ähnlichen Fällen auch von anderer Seite bemerkt, vgl. J. Plotnikow, 
Zeitschr. phys. Chem. 79. 357. 1912. 


Vertretbarkeit von Zınkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 215 


Tabelle 13. 


Versuch Nr. Belichtungsdauer ausgebleicht 
in Stunden in g 


À | e | 0,0002 
4 i 0,0005 
| 28 0,0007 
| 2 0,0003 
4 0,0006 
B 8 0,0009 
= Kurve B 15 | 0,0013 
23 0,0016 
28 | 0,0016 
| 2 0,0004 
C 3 0,0009 
| 8 0,0014 
= Kurve C 16 | 0,0017 
24 0,0020 
KS — mMM Te E en ER 
R 
S 
N > > o cm o em 
Ss 8 
S 
S 
KR 
D 
Š 
US 70 
o 
.S A 
D D ER 
Kä - 0 
Di ' 
20,5 d 
N o 
| —> S/unden 


2 4 6 8 0 72 14 TE 18 20 22 24 26 28 30 


Fig. 5. Umsatz-Zeitkurven Erythrosin-> Victoriaviolett A BS 


des Eosins ist bereits schon Ähnliches beobachtet worden.!) Im 
übrigen bieten die Umsatz-Zeitkurven keine besonderen Unterschiede 


1) v. Tappeiner, Deutsch. Archiv für klin. Med. 86. 468. 1904; J. Weiss, 
Über die Jodreaktion bei fluoreszierenden Stoffen. Diss. München 1904. 


216 Neuweiler 


gegen die entsprechenden mit Zinkoxyd (Teil AL Ich verzichte 
daher weiterhin auf deren Wiedergabe, 


Das Interesse wurde auf einen andern Punkt hingelenkt. Es 
stellte sich heraus, daß die photolytische Wirkung des einen 
Farbstoffes auf den andern sowohl im binären, wie im 
ternären System, an optische Bedingungen geknüpft ist. 
Von diesen wird im folgenden vorzugsweise zu handeln sein. 


Mit Hilfe eines Zeiss’schen Gitterspektroskopes mit Wellen- 
längentrommel!), wurden die Absorptionsbänder der Farbstoffe für 
sich und im Gemisch in denselben Verdünnungen und Schichtdicken, 
die im Photolysenversuch zur Anwendung kamen, in üblicher Weise 
bestimmt und graphisch aufgezeichnet. In Fig. 6 sind die Absorptions- 
bänder wiedergegeben. Ein senkrechter Strich in der Absorptions- 
kurve kennzeichnet das Absorptionsmaximum des betr. Farbstoffes 
nach Formänek.?) Man sieht, daß Eosin kurzwelliger absorbiert und 
daß sein Band dasjenige des Victoriavioletts berührt. 


Nun wurde gefunden, daß, wenn Rhodamin B als Sensibilator 
an Stelle von Eosin genommen wird, keinerlei photolytische Wirkung 
weder im binären, noch im ternären System eintritt, obwohl das- 
selbe in Burgherrs Systemen sehr wohl sensibilierend wirkte. Hier 
überdecken sich die Absorptionsbänder der beiden Farbstoffe gegen- 
seitig. Hierdurch tritt sicher eine gewisse Schirmwirkung ein, die 
den Effekt schwächen, aber nicht ganz aufheben sollte. Es scheint 
vielmehr, daß der erregende Farbstoff kurzwelliger absorbieren 
muß, als der passive. Im Verlaufe der weitern Untersuchung wird 
sich dies bestätigen. 


Triphenylmethanfarbstoffe 


a) Neufuchsin (Farbwerke Öhler) 


Der Farbstoff wird durch Erythrosin (Eosin blaustichig) im 
binären und ternären System photolysiert. Die Absorptionskurven 
berühren sich deutlich, wenn auch locker. Erythrosin absorbiert 
kurzwelliger. 


1 Hrn. Prof. Dr. H. E. Fierz möchte ich für die Überlassung des Instrumentes 
an dieser Stelle bestens danken, 


" Formánek, Untersuchung und Nachweis org. Farbstoffe auf spektrosko- 
pischem Wege. Berlin, Verlag von J. Springer 1911. 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 217 


+ 
578 521 
570| 50 eat SW 510 
kA 
566 578 


530 520 50 500 990 #80, 470 


A 
532 477 


3570| 560 SD 540 520 50 500 ve 470 
566 547 532 477 


550, 520 570 | 500 | 490 | %0 470 
527 505 495 %5 


506 7 482 
Fig. 6. Absorptionskurven 


Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 


u. — 


2 ccm Victoriaviolett 4 BS 


+ Leem Erythrosin 


2 ccm Victoriaviolett 4 BS 
+ ı ccm Rhodamin B 


2ccm Neufuchsin 
+ 1 ccm Erythrosin 


2 ccm Methylviolett 
+ ı ccm Erythrosin 


2 ccm Pseudopurpurin 
+ ı ccm Erythrosin 


2 ccm Pseudopurpurin 
+ ı ccm Rhodamin B 


ı ccm Pseudopurpurin 
+ ı ccm Fluorescin 


6ccm Neutralblau B 
+ 2ccm Erythrosin 


4 ccm Gallocyanin 
+ ı ccm Rhodamin B 


15 


218 Neuweiler 


b) Methylviolett 6 B extra (Kahlbaum) 


Photolyse durch Erythrosin. Gegenseitige Lage der Absorptions- 
bänder wie unter a) (siehe immer Fig. 6). 


c) Fuchsin mit Phosphin extra 


Nach einer oben erwähnten Angabe von Geiger sollte dieses 
System lichtempfindlich sein und zwar so, daß das Fuchsin aus- 
bleicht. Ich habe diesen Effekt nicht wieder erhalten, weder luftfrei, 
noch lufthaltig, auch nicht bei Abänderung der Mengenverhältnisse 
der beiden Farbstoffe. Das Systen erwies sich im Gegenteil als 
sehr lichtecht, nur kann bei längerer Belichtung mit Luft zusammen 
ein rötlich-brauner Niederschlag entstehen. Vermutlich war in der 
von Geiger als ‚„Cardinal“ bezeichneten Fuchsinmarke irgendeine 
Verunreinigung enthalten. Nun liegt bei meinem Versuch die Sache 
so, daß die Absorptionsbänder des Fuchsins und Phosphins durch 
einen weiteren Zwischenraum getrennt sind. Wie sich weiter zeigen 
wird, bleibt die Sensibilieruisg immer dann aus, wenn ein weiter 
Zwischenraum zwischen den beiden Absorptionsbändern liegt. 


Anthrachinonfarbstoffe 


Pseudopurpurin (Farbwerke Leverkusen) 


Eine Photolyse mittels Erythrosin (binär und ternär) tritt nicht 
ein. Es ist wieder so, wie bei Victoriaviolett + Rhodamin; das 
Absorptionsspektrum des Sensibilators fällt mit demjenigen des 
Akzeptors zusammen und zwar auf der langwelligen Seite. Gleich- 
falls negativ sind die Ergebnisse bei Anwendung folgender, sonst 
wirksamer Sensibilatoren: 

Rhodamin B mit Absorption von 570—550 uu (siehe Fig. 6), 

Phosphin mit einer Absorption des blauen Teiles des Spektrums, 

Chininsulfat, Absorption im Ultraviolett, 

Cyanin, Absorption 'm Rot. 


Keine der Absorptionskurven dieser Farbstoffe berührt diejenige 
des Pseudopurpurins: in allen Fällen ist die Absorption des Pseudo- 
purpurins durch einen leeren Zwischenraum getrennt von der des 
photodynamischen Farbstoffes. In der Vermutung, daß die relative 
Lage der Absorptionsbänder für einen positiven Effekt ähnlich liegen 
müßten, wie in dem positiv verlaufenden Versuchen mit Erythrosin, 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 219 


suchte ich einen Farbstoff, der ein ausgeprägtes Absorptionsband 
aufweist, das mehr gegen das blaue Ende des Spektrums liegt und 
das Band des Pseudopurpurins berührt oder schwach überkreuzt. 
Dabei ist es noch von Wichtigkeit, auf den richtigen Verdünnungs- 
grad der Farbkomponenten einzustellen, um die Schirmwirkung klein 
zu halten. Ein solcher Farbstoff war Fluorescein (mit ı Tropfen 
Natronlauge alkalisch gemacht); und wirklich fand ich, daß dieser 
Sensibilator die Photolyse einzuleiten vermag, besonders bei An- 
wendung geringer Mengen. Die Absorptionsverhältnisse sind wie- 
derum aus Fig. 6 ersichtlich. 


Es sieht also so aus, als’!ob eine bestimmte Abhängigkeit 
zwischen den Banden des Sensibilators und des Akzeptors besteht, 
ein Zusammenhang, der wie eine „Resonanzwirkung“ aufzufassen 
sein möchte. Damit der Sensibilator auf den Akzeptor photolytisch 
wirken kann, scheint es nötig zu sein, daß das Molekül des Akzep- 
tors eine vorbereitende Einwirkung erfährt, die in der resonanz- 
artigen Übertragung eines vom Sensibilator absorbierten Lichtquants 
an den Akzeptor besteht. Damit diese Übertragung stattfinden kann, 
scheint es nötig zu sein, daß der Sensibilator ein etwas größeres 
Quantum absorbiert, als der Akzeptor. Ist es zu groß, so findet 
die „Resonanz“ nicht mehr statt; ist es gleich oder kleiner, als das 
vom Akzeptor zu absorbierende Quantum, so scheint seine Energie 
nicht mehr hinzureichen. Wir sehen also, daß, um photolytische 
Einwirkung eines photodynamischen Farbstoffes auf einen andern Farb- 
stoff hervorzubringen, eine Vorbedingung zu erfüllen ist, die durch 
die optische Beschaffenheit der beiden Farbstoffe gekennzeichnet 
ist. Zuerst muß Energie auf den Akzeptor übertragen werden, erst 
dann erleidet er nachträglich photolytische Zersetzung nach dem in 
dieser Arbeit beständig herangezogenen elektrochemischen Schema, 


unter erneuter Einwirkung des Sensibilators. Die neue — ganz 
unerwartete und eigenartige — Erfahrung ist die, daß jene vor- 
bereitende Einwirkung — eine Aktivierung — an eine gewisse 


optische Resonanz gebunden ist. 


Küpenfarbstoffe 


Unter Küpenfarbstoffen verstehe ich hier die umkehrbar, bei 
bestimmtem Reduktionspotential zur Leukoverbindung reduzierbaren 
Farbstoffe, wie Methylenblau, Safranin usw. Ich fand zwei Fälle, 


wo, sei es im binären oder im ternären System (natürlich luftfrei 
(Ch 


220 MNeuweıler 


arbeitend) ein Küpenfarbstoff sich durch einen photodynamischen 
Farbstoff sensibilieren ließ. Diese Farbstoffe waren: 


a) Neutralblau B men 


N. 


(CH,),N , LA 


gibt mit Erythrosin sowohl im binären wie im ternären System, 
d. h. mit Glucose oder Benzidin, photolytische Ausbleichung. Der 
positive Ausfall des Versuches steht wiederum im Einklang mit der 
Regel, daß das Absorptionsband dasjenige des Akzeptor berühren 
muß und zwar auf der kurzwelligen Seite, vgl. Fig. 6. Verwenden 
wir in diesem Falle Rhodamin B als Sensibilator, so erleidet Neutral- 
blau keinerlei Photolyse. Vergleicht man die Absorptionsbänder, so 
sehen wir beide zusammenfallen in erneuter Bestätigung der auf- 
gestellten Regel. 


b) Gallocyanin (Durand-Huguenin, gereinigt) 


Konstitutionsformel: 
COOH 
(CH3) JET, 
l ÖH 


Cl 


Das Gallocyanin löst sich in Wasser nur kolloidal, gibt man 
einen Tropfen Natronlauge zu, so erhält man eine schöne violette 
Lösung. Im binaren Versuch: Gallocyanin + Rhodamin B + Wasser 
bleicht Gallocyanin nicht aus, wohl aber im ternären System (mit 
Glucose oder Benzidin) Der Vergleich der Absorptionsbanden zeigt, 
daß das Rhodaminband dasjenige des Gallocyanins auf der lang- 
welligen Seite berührt. Es ist diese photolytische Reduktion gegen 
meine Regel, wonach die Berührung auf der kurzwelligen Seite statt- 
finden soll. Vielleicht liegt irgendeine Besonderheit vor. Im all- 
gemeinen scheint doch zur Erregung des Akzeptors ein größeres 
vom Sensibilator absorbiertes Quantum nötig zu sein. 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 221 


Gallocyanin (wie auch weiter oben Pseudopurpurin) wurden zu 
einem speziellen Zweck herangezogen. Es galt hier nachzusehen, 
ob die photolytische Reduktion an der Carboxylgruppe angreift, im 
besondern, ob Formaldehyd entstehen möchte. Die Prüfung fiel 
negativ aus.!) 

Die ziemlich zahlreich untersuchten andern Küpenfarbstoffe 
haben versagt, allerdings lagen in allen diesen Fällen die Absorptions- 
bänder nicht richtig, d. h. so, wie in den beschriebenen Fällen 
positiven Ausfalls.. Es wären weitere positive Fälle wohl wünschens- 
wert gewesen, da gerade die Küpenfarbstoffe für die Sensibilierung 
durch Zinkoxyd (siehe Teil A) die besten Fälle darboten. 

Der negative Ausfall belegt die Regel, wonach berührende 
Absorption Voraussetzung des Erfolges ist. An und für sich aber 
ist der negative Ausfall schwer zu verstehen, wenn man damit zu- 
sammenhält einerseits die Sensibilierung der Küpenfarbstoffe durch 
Zinkoxyd, anderseits die Sensibilierung der Silbersalze durch photo- 
dynamische Farbstoffe (nach Burgherr). Es sieht so aus, als ob 
Zinkoxyd eine größere wirksame Potentialdifferenz der Photolyse zur 
Verfügung stellte als die photodynamischen Farbstoffe, so daß diese 
zwar z. B. Silberion reduzieren können, nicht aber Methylenblau 
oder Safranin oder gar einen andern, schwer zu reduzierenden Farb- 
stoff, wie etwa einen Azofarbstoff und dergleichen. Dies wird, so 
muß man es sich wohl vorstellen, erst möglich, nachdem durch die 
Resonanzwirkung die Molekel des Akzeptors energiereicher geworden 
ist und damit leichter reduzierbar (oder „positiver“ in elektro- 
chemischer Bezeichnung), Das weiter oben für Victoriaviolett an- 
geschriebene Photolysenschema wäre also dahin zu vervollständigen, 
daß unter dem der Reduktion unterliegenden Farbstoff solche 
Molekeln desselben zu verstehen sein sollen, die sich in einem 
Bohrschen Zustand befinden. Bezeichnen wir diesen durch *, so 
müssen wir genauer schreiben: 


. f® + Benzidin —— Oxydationsprodukt 
Sry © + Victoriaviolett* —> Reduktionsprodukt 


Wenn man fragt, ob sich ein Farbstoff (der keine photodynamischen 
Eigenschaften hat) nicht durch seine eigene Lichtabsorption in den 
*.Zustand versetze, so gibt die Erfahrung, die wir beigebracht haben, 


3) Vgl. E. Baur, Versuch zur Reduktion der Kohlensäure im Licht, Zeitschr. 
f. physik. Chem. 181. 152. 1927. 


222 Neuweiler 


darauf die Antwort, daß dem nicht so sei, daß vielmehr das er- 
regende Quantum größer als das von dem betreffenden Farbstoff 
absorbierte sein müsse. 

Gelbe Farbstoffe 


Die vorhergehenden Erfahrungen weisen darauf hin, daß man 
in diesem Falle einen im Violett und Ultraviolett absorbierenden 
Sensibilator anwenden müßte. Diesbezügliche Versuche wurden 
unternommen mit Chininsulfat, Äskulin und Amido-G-Säure 2,5,7, 
doch stets mit negativem Erfolg. Wir haben dies wohl dahin zu 
verstehen, daß den gelben Farbstoffen fast allgemein die Eigenschaft 
zukommt, nicht selektiv zu absorbieren und z. B. das gesamte rechte 
Ende des sichtbaren Spektrums auszulöschen, so daß gegenüber 
den Erregern wahrscheinlich der Fall des Überdeckens der beiden 
Absorptionsgebiete vorliegt, welcher — nach dem frühern — die 
photodynamische Sensibilierung ausschließt. Übrigens müßten diese 
Systeme noch im kurzwelligeren Licht untersucht werden. 


Statistik der Farbstoffsensibilierung 
Es ist verhältnismäßig schwer, geeignete Farbstoffkombinationen 
ausfindig zu machen, d. h. Fälle, wo der Absorptionsstreifen des 
photodynamischen Farbstoffes gerade nach der Seite der kürzern 


Tabelle 14. 
Absorptionsstreifen des Absorptionsstreifen des e if 
Sensibilators, an der Sensibilators, an der geen 7 eds 
S ; Sensibilators, vom 
kurzwelligen Grenze den | langwelligen Grenze den Ab a s 
S e : sorptionsstreifen des 
Absorptionsstreifen des Absorptionsstreifen des Akzentors überdeckt 
Akzeptors berührend Akzeptors berührend P 
Sensibilierung Sensibilierung Sensibilierung 
positiv positiv negativ negativ 
Victoriaviolett — Gallocyanin—| Pho-phin — | Victoriaviolett — 
Erythrosin | RhodaminB | Eosin gelbl. Rhodamin B 
Neufuchsin — Neutralblau — 
Erythrosin Rhodamin B 
Methylviolett — Safranin T — 
Erythrosin Erythrosin 
Neutralblau — Phenosafranin — 
Erythrosin 
Pseudopurpurin — Pseudopurpurin — 
Fluorescin in 
Safranin T — 
Fluorescein 
Phenosafranin — 
Fluorescein 


Nilblau — Cyanin B 


Vertretbarkeit von Zinkoxyd u. Farbstoffen bei der optischen Sensibilierung 


Absorptionstreifen des Sensibilators 


Tabelle 14 (Fortsetzung) 


vom Absorptionsstreifen des Akzeptors 
durch Zwischenraum getrennt 


Absorption Absorption 
des Sensibilators, des Sensibilators, 
kurzwellig langwellig 
Sensibilierung 
negativ negativ 
Pseudopurpurin — | Victoriaviolett — 
Chininsulfat Cyanin B 
Pseudopurpurin — | Safranin T — 
Äskulin Cyanin B 
Victoriaviolett — Phenosafranin — 
l Chininsulfat Cyanin B 
Victoriaviolett — Pseudopurpurin — 
Auramin 00 Cyanin B 
Neutralblau — 
Chininsulfat 
Methylenblau — 
Erythrosin 
Methylenblau — 
Fluorescein 
Nilblau — 
Eosin 
Bismarckbraun 
Auramin 00 
Neufuchsin — 
Phosphin 
Safranin T 
Chininsulfat 
Nigrosin — 


223 


Absorptionsstreifen des 
Sensibilators und des Akzeptors, 
im Ultraviolett wahrscheinlich sich 
völlig überdeckend 


Sensibilierung 
negativ 

Chrysoidin — Chininsulfat 
Chrysoidin —  Āskulln 
Chrysoidin _ Amido-G-Säure 
Phosphin — Chininsulfat 
Phosphin —  Āskulin 
Phosphin — Amino-G-Säure 
Naphtolgelb S — Chininsulfat 
Naphtamingelb — Chininsulfat 
Naphtamingelb — Amido-G-Sãure 
Xylengelb 3 G — Chininsulfat 
Xylengelb 3 G — Askulin 
Anilin-Resorcylsäure 

Chininsulfat 
Anilin-Resorcylsäure — 
Anilin-Rosorcylsäure — 

Amido-G-Säure 


Wellen an das Absorptionsgebiet des akzeptierenden Farbstoffes 
grenzt. Unbeständigkeit, Unverträglichkeit saurer mit basischen Farb- 
stoffen, Unlöslichkeit und andere Umstände schränken die freie Wahl 
ein. Ich kann daher eine nur bescheidene Liste von positiven Fällen 
einer sehr viel längeren von negativen gegenüberstellen, Natürlich 
sind diese letzteren für die aufgefundene Regel ebenfalls begründend. 
In der vorstehenden Tabelle 14 sind alle von mir durchgeprüften Kom- 
binationen aufgeführt und nach ihrem spektroskopischen Verhalten 
klassifiziert. Die Überschriften der Spalten bedürfen wohl keiner 


weiteren Erläuterung. 


Die Farbstoffpaare sind so geschrieben, daß 
der Akzeptor links und der Sensibilator rechts steht. 


Man sieht aus Tabelle 14, daß mit einer Ausnahme (das Paar 
Gallocyanin—Rhodamin B) der positive Ausfall der Farbstoffsensi- 
bilierung gebunden ist an die Berührung der beiderseitigen Absorp- 


224 Lüppo-Cramer 


tionsstreifen, und zwar so, daß der Aktor kurzwelliger absorbieren 
muß als der Akzeptor. Überdeckung, Berührung an der langwelligen 
Grenze oder Trennung der Absorptionsgebiete verhindert den Effekt. 


Zusammenfassung für Teil B 


I. Die als photochemische Sensibilatoren bekannten Farbstofle 
vermögen unter Umständen dieselbe photolytische Einwirkung auf 
organische Farbstoffe auszuüben wie das Zinkoxyd. 


2. Als Bedingung der Farbstoffsensibilierung wird gefunden: 
Die Sensibilatoren müssen auf die Akzeptoren optisch in bestimmter 
Weise abgestimmt sein. 


3. Die wirksame Kombination ist dadurch gekennzeichnet, daß 
das Absorptionsgebiet des Sensibilators dasjenige des Akzeptors auf 
der Seite der kurzwelligen Grenze berührt. 


Die vorliegende Arbeit wurde auf Anregung und unter Leitung 
von Herrn Prof. Dr. E. Baur im Physikalisch-chemischen Labora- 
torium der Eidg. Techn. Hochschule in Zürich ausgeführt. Es ist 
mir eine angenehme Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer an dieser 
Stelle für sein reges Interesse und seine allzeitig bereitwillige Unter- 
stützung besten Dank auszusprechen. 


Zürich, November 1927. 
(Eingegangen am 1. Dezember 19327.) 


Zur Solarisation des Bromsilbers 
Von 


Lüppo-Cramer 
Mit 4 Figuren im Text 


Wenn man Versuche über das immer noch strittige Phänomen 
der Solarisation anstellen will, so stößt man sehr leicht auf die 
Schwierigkeit, kein geeignetes Material dafür zu finden. Nach den 
Erfahrungen des Verfassers war es vor etwa zehn Jahren noch viel 
leichter, passende, d. h. verhältnismäßig leicht und weitgehend 
solarisierende Platten zu finden als heute. Denn seither haben sich 
die Fabrikanten, die ihre Platten ja nicht für wissenschaftliche Fest- 
stellungen, sondern für praktische Zwecke herstellen, mit Erfolg 


Zur Solarisation des Bromsilbers 225 


bemüht, sei es direkt durch geeignete Emulsionsverfahren, sei es 
durch Mischung verschieden empfindlicher, bzw. verschieden gra- 
duierter Emulsionen die Gradationskurve so zu beeinflussen, daß 
die Solarisation möglichst spät und wenig aufdringlich einsetzt (1). 

Um die wenig bekannte große Verschiedenheit der modernen 
Platten des Handels in bezug auf Eintritt und Verlauf der Solarisation 


Fig. ı 


IN 
INT 
BENENNEN: 

52 253 35 4 


o 05 1 3 45 


Fig. 2 


zu demonstrieren, gebe ich in den Figg. ı bis 3 die Solarisations- 
kurven einer Anzahl willkürlich herausgegriffener Trockenplatten 
des Marktes wieder, die alle unter gleichen Verhältnissen (3 Minuten 
diffuses Tageslicht an einem hellen Oktobertage unter dem Gold- 
bergschen Graukeil) belichtet und alle in Metolhydrochinon 3 Minuten 
lang entwickelt und darauf densographiert wurden. 


226 Lüppo- Cramer 


In den Figg. ı und 2 finden wir zunächst ganz horizontal ver- 
laufende Linien, die den neutralen Zustand darstellen, der bei diesen 
Platten außerordentlich lange unverändert anhält. Erst dann biegen 
die Kurven in verschieden hohem Grade nach unten um, d. h. die 
Platten solarisieren. Einen ähnlichen lang anhaltenden neutralen 
Zustand finden wir in den in Fig 3 zusammengestellten Kurven 
überhaupt nicht, wir haben hier noch einen erheblichen Anstieg der 
Schwärzungskurve, die dann ohne einen eigentlichen neutralen Zu- 
stand nach unten umbiegt. 


Die verschiedenen Fabrikate sind: 


In Fig. ı: 

. Agfa Positiv-Kinefilm ortho. 

. Herzog Röntgen. 

. Herzog Jotha. 

. Matter Reproduktion. 

. Mimosa Portrait ortho. 

. Selbst hergestellte Ammoniak-Emulsion. 


ana GA Nm 


In Fig. 2: 

Verax Ultra. 

. Verax normal. 

. Verax Synkromal. 

. Verax mit Stern. 

. Mimosa Ultra Portrait. 
. Perutz Tiefdruck. 


DUN APUN” 


In Fig. 3: 

. Imperial Eclipse ortho. 

. Imperial Eclipse ortho soft. 
. Jahr Röntgen. 

. Herzog Ortho Isodux. 


A U Nm 


Ähnlich gebogen wie die Kurven in Fig. 3 verlauten auch Agfa- 
Chromoisorapid, Agfa-Kinenegativfiilm, Hauff Ultrarapid, Gevaert- 
Studioflm, Kranz ortholichthoffrei, Lignose Planflm. Im übrigen 
sprechen die Kurven für sich selbst, sie zeigen den außerordentlich 
verschiedenen Verlauf im Gebiete der Solarisation. 


Vor einiger Zeit hat J. M. Eder (2) erneut die Aufmerksamkeit 
auf die seit Abney bereits bekannte, von einigen neueren Autoren 
aber teils ignorierte, teils falsch gedeutete Tatsache gelenkt (3), dad 
die Solarisation durch Imprägnierung der Platte mit Nitrit verhindert 
wird, eine Reaktion, die von Eder mit Recht als das experimentum 
crucis der Solarisation angesehen wird. 


Zur Solarisation des Bromsilbers 227 


Á EE 


Das Nitrit wurde von jeher wohl deswegen mit Vorliebe für 
diesen Fundamentalversuch verwendet, weil man bei seiner An- 
wendung am wenigsten mit sekundären Reaktionen zu rechnen 
braucht. Andere Bromakzeptoren wirken indessen ganz ähnlich wie 
Nitrit. Meine Versuche wurden an der oben als besonders gut 


0 05 1 %5 2 235 3 35 4 45 
Fig. 3 


d 05 11 2 25 3 35 4 45 
Fig. 4 


solarisierend befundenen Veraxplatte „mit Stern“ angestellt. In Fig. 4 
stellen dar: 

Kurve ı: Solarisation der nicht imprägnierten Platte. 

Kurve 2: Aufhebung der Solarisation durch Imprägnierung mit 
den 2°/ igen Lösungen von Natriumsulfit, Natriumnitrit oder Hydro- 
chinon; die 3 Kurven fallen praktisch zusammen. 

Kurve 3: Stellt den Schwärzungsrest nach primärem (alkalischen) 
Fixieren der mit Sulfit imprägnierten Platte dar, der ebenso wie der 
in Eders Versuchen auf der Nitritplatte erhaltene Rest minimal ist, 
so daß er nicht etwa, wie H. Arens angenommen hatte, eine etwa 


228 Lüppo-Cramer 


auch hier vorhandene Solarisation verdeckt. Auch die übrigen ge- 
nannten Bromakzeptoren hinterlassen nur ähnlich geringe Reste beim 
primären Fixieren. 

Kurve 4: Während Kurve 2 noch einen Bogen nach oben macht 
ist 4 eine gerade Linie, sie stellt die Aufhebung der Solarisation 
dar durch Imprägnierung mit Kaliummetabisulfit, Ferrozyankalium 
und Natriumarsenit, deren Kurven fast zusammenfallen. 

Kurve 5: Imprägnierung mit Resorzin wirkt der Solarisation 
ebenfalls entgegen, aber in bedeutend weniger durchgreifender Weise 
als die genannten andern Bromakzeptoren. 

Ein fast genau gleiches Bild wie Kurve 2 gibt auch die Im- 
prägnierung mit Azeton-Semikarbazon, einem Bromakzeptor, der 
mir von Herrn A. P. H. Trivelli in Rochester gütigst empfohlen und 
zur Verfügung gestellt wurde. Natriumhypophosphit und Tannin 
zeigten gegen meine Erwartung keine erhebliche Wirkung gegen 
die Solarisation; es spielen hier wohl die Reaktionsgeschwindigkeiten 
zwischen Brom und Akzeptor eine Rolle. 

Kurve 3 in Fig. 4 zeigt, daß selbst in Gegenwart von Brom- 
akzeptoren nur eine sehr geringfügige direkte Silberbildung bei der 
solarisierenden Belichtung stattfindet. In Abwesenheit der Akzep- 
toren ist der Rückstand noch weitaus geringer, ja die Solarisation 
ist bei leicht solarisierenden Platten längst eingetreten, ehe man 
noch eine direkte Schwärzung erkennen kann. Eggert und Nod- 
dack (4) heben sogar auch hervor: „daß die kleinste zur Zeit ana- 
Iytisch bestimmbare Silbermenge auf einer Bromsilberplatte längst 
Solarisation hervorruft. Das heißt: der Beginn der direkten 
Schwärzung liegt bereits auf dem absteigenden Ast der photo- 
graphisch entwickelten Schwärzung.“ 

Die in den letzten Jahren von verschiedenen Seiten mit viel 
Mühe und Geschick unternommenen Bestimmungen des auf der 
photographischen Platte direkt photolytisch gebildeten Silbers können 
sich also natürlich auch nur auf Belichtungen beziehen, die meist 
sehr weit in das Gebiet der verwickelten Umkehrungsphänomene 
hineinragen. Analytische Feststellungen des hierbei gebildeten 
Silbers haben daher auch für die Erkenntnis des besonders inter- 
essierenden latenten Bildes keine erhebliche Bedeutung. Und 
wenn die Solarisation, wie aus den oben gegebenen Ausführungen 
erneut hervorgeht, auf einer Umkehrung des normalen photoche- 
mischen Prozesses der Bromsilberzersetzung beruht, so ist es auch 
unstatthaft, die Bestimmung der direkten Silberabscheidung nach 


Zur Solarısation des Bromsilbers 229 


unten hin, d. h. für das latente Bild zu extrapolieren. In diesem 
Sinne sagte auch schon Fr. Weigert (5) in einer Diskussion der von 
Eggert und Noddack angestellten Untersuchung über die Gültig- 
keit des Einsteinschen photochemischen Äquivalenzgesetzes (6) für 
die Bromsilberplatte: 

„Die Diskussion der bekannten photographischen Schwärzungs- 
kurve zeigt, daß die photochemische Wirkung sehr schnell mit der 
Erregung abnimmt. Das System wurde aber unter Bedingungen 
untersucht, welche weit oberhalb der normalen Expositionen lagen 
und bei denen die als Solarisation bekannten Umkehrungen schon 
deutlich sind. Im Anfangsstadium der Belichtung muß also die 
Empfindlichkeit sicher viel größer sein als zur Zeit der Messung. 
Wenn hier also das Gesetz gilt, kann es bei den besonders 
wichtigen kurzen Belichtungen nicht gültig sein (7).“ 

Ähnliche Erwägungen stellte auch T. Slater Price (8) an. 
W. Meidin ger (9) zieht dagegen zugunsten der Gültigkeit des Äqui- 
valenzgesetzes merkürdigerweise einen umgekehrten Schluß, indem 
er behauptet, daß die Regressionstheorie der Solarisation „in krassem 
Widerspruch“ dazu stehe, daß „auch“ im Solarisationsgebiet ein 
Äquivalent ein Silberatom ausscheide. 


Literatur 

"E ı) Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. Negativverf. (Eders Handb. 
Bd. II, ı) Halle 1927. S. rot, 

J. M. Eder, Zeitschr. wiss. Phot. 23. 383. 1925; Lüppo-Cramer, Grund- 
lagen usw. S. 585. 

3) Vgl. auch Lüppo-Cramer, Beziehungen zwischen Solarisation und Herschel- 
Effekt, Phot. Industrie 1927. Nr. 26. 

4) Eggert und Noddack, Zeitschr. Physik. 31. (Heft 12.) 945. 1925. 

5) Fr. Weigert, Zeitschr. phys. Chem. 99. (Heft 6.) 500. 1921. 

6) Vgl. die zusammenfassende Darstellung von Eggert und Noddack in 
Lüppo-Cramer, Grundlagen usw. S. 243, dazu auch Weigert, ebenda S. 247. 

7) Gesperrt von L.-C, 

8) T. Slater Price, Phot. Journ. 65. 310. 1925. 

9) W. Meidinger, Handb. d. phys. Optik, Leipzig 1927. S. 50. 


(Eingegangen am 29. November 1927) 


230 Winther 


Messung der Absorption von Ultraviolettgiäsern 
Von 


Chr. Winther 


Mit 2 Figuren im Text 


(Aus dem Photochemisch-photographischen Laboratorium der Technischen Hochschule 
zu Kopenhagen) 


Während der letzten Zeit hat sich die Frage der Durchlässig- 
keit von Fenstergläsern große Aufmerksamkeit zugezogen, und es 
sind von verschiedenen Seiten Glassorten in den Handel gebracht 
worden, welche für das Ultraviolett besonders durchlässig sein sollen. 
An und für sich sind solche Glassorten ja schon lange bekannt 
gewesen, wie z. B. das Uviolglas, das aber bekanntlich ziemlich 
weich ist und für praktische Zwecke zu geringe chemische und 
physikalische Widerstandsfähigkeit besitzt. 

Von seiten der Fabriken, die solche Gläser darstellen, wird 
gewöhnlich nur ein einzelnes Spektrogramm gegeben, das nicht viel 
mehr besagt oder besagen kann, als daß das betreffende Glas etwas 
mehr Ultraviolett durchläßt als gewöhnliches Spiegelglas. Oftmals 
wird nicht einmal die Dicke der beiden verglichenen Gläser an- 
gegeben. Für den praktischen Gebrauch ist es aber von Bedeutung 
zu wissen, wie die quantitative Transmission im Gebiete zwischen 
den Wellenlängen 350 und 300 un verläuft, wo die Sonnenstrahlung 
nur geringe Energie besitzt und deshalb möglichst ungeschwächt 
durchgehen muß. 

Bei Messungen dieser Art verwende ich dasselbe Drahtnetz, 
das auch früher(1) für die Extinktionsmessung von Lösungen be- 
nutzt wurde. Da es aber im allgemeinen nicht möglich ist, eine 
Reihe von Schichtdicken des betreffenden Glases herzustellen (wegen 
der unvermeidlichen Reflexionsverluste), muß diese Methode hier 
mit derjenigen von Henri (2) kombiniert werden, wobei die Änderung 
der Expositionszeit an Stelle derjenigen der Schichtdicke tritt. Die 
hierzu notwendige Messung des Exponenten o in der Schwarz- 
schildschen Formel 7,4? = :,4,P wird mit Hilfe des Netzes auf 
der gleichen Platte vorgenommen. 

Die Messung wird also folgendermaßen ausgeführt. Als Licht- 
quelle dient wie gewöhnlich der kontinuierliche Grund des Spektrums 


Messung der Absorption von Ultravioletigläsern 231 


der (Juarz-Quecksilber-Lampe. Jeder dritte Spektralstreifen wird 
hinter dem Netz (ohne Glas) z. B. in 20 Sekunden aufgenommen. 
Die dazwischen liegenden Streifen werden hinter dem Glase (ohne 

100 

40 

80 

70 

60 Oft: 

50 

40 


30 \ 


20 


10 N 


360 350 wo 330 320 310 300 2%0 280 210 260 An 


Fig. ı 


AA 


10 
N 3 
360 350 340 330 320 310 300 290 280 270 D 250 un 
Fig. 2 


Netz) während steigenden Expositionszeiten aufgenommen. Eine 
brauchbare Reihe ist z. B. die folgende, wo N = Netz. 

8, N, 10, 12, N, 16, 20, N, 28, 36, N, 52, 68, N, 100, 132, N, 
196 Sekunden. 


232 Winther. Messung der Absorption von Ultravioleligläsern 


Unten auf der Platte wird dann folgende Serie (ganz ohne Glas) 
aufgenommen: 8, N, 9, 10, N, 11, wobei die Netzaufnahmen 
20 Sekunden exponiert werden. Aus der bekannten Transmission 
des Netzes (rtl und der Exposition-zeit desjenigen Streifen, dessen 
Schwärzung mit derjenigen des benachbarten Netzstreifens überein- 
stimmt, erhält man den Exponenten a nach 


log (ra) 
Pe Toy 4320) 


Auf dem Haupt-Spektrogramm findet man diejenigen Punkte, 
wo die Netzstreifen und die angrenzenden „Glasstreifen“ gleiche 
Schwärzung aufzeigen, und bestimmt mit Hilfe der bekannten 
Wellenlängen der Quecksilberlinien die entsprechenden Wellen- 
längen. Die Transmission des Glases für jede dieser Wellenlängen 


wird dann nach 
20 


dis 
gefunden, wo 3, die bekannte Transmission des Netzes (die für alle 
Wellenlängen gleich ist) und 4 die Expositionszeit des betreflenden 
Streifens bedeutet. 

Fig. ı zeigt die Transmissionskurven für verschiedene Sorten 
von Ultraviolettglas und gewöhnlichem Spiegelglas (Nr. ı und 2). 
Nr. 5 ist das altbekannte Uviolglas. 

In Fig. 2 sind sämtliche Transmissionen auf eine gemeinsame 
Schichtdicke von zwei Millimeter umgerechnet worden, 


Literatur 


ı) Diese Zeitschrift. 22. 129. 1923. Siebe auch F. Weigert, Optische Methoden 
der Chemie, Tafel XII, Fig. 34. 
2) Phys. Zeitschr. 14. 515. 1913; Ber. 45. 2819. 1912; 46. 1804. 1913. 


(Eingegangen am 20. November 1927) 


Baukloh. Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 233 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 
Von 
Kurt Baukloh 


Mit 3 Figuren im Text und einer Tafel 


Einleitung 


Seit der Entdeckung der optischen Sensibilisatoren für photo- 
graphische Schichten (speziell für Bromsilberkollodium- und Brom- 
silbergelatineschichten) durch H. W. Vogel 1873 gilt es als unmög- 
lich, Jodsilberschichten optisch zu sensibilisieren, d. h. für den lang- 
welligen Teil des sichtbaren Spektrums lichtempfindlich zu machen. 
H.W. Vogel macht zwar in den Veröffentlichungen seiner Ent- 
deckung!) sowie in seinem Handbuch der Photographie?) nirgends 
Angaben über Sensibilisierungsversuche an Jodsilber, er berichtet 
nur, daß auch auf Jodsilber die gedachten Farbstoffe (er meint Naph- 
thalinrot und Fuchsin) einwirken, aber nicht entfernt in so aus- 
gesprochenem Maße wie auf die übrigen Photohaloide, Auch Ac- 
worth?), der auf Grund der Entdeckung Vogels eine große Anzahl 
Farbstoffe in bezug auf ihre sensibilisierende Wirkung auf die ver- 
schiedenen Photohaloide und deren Gemische eingehend untersuchte, 
berichtet von einer Sensibilisierung an reinem Jodsilber nichts. Er 
bringt nur die Tatsache, daß mit zunehmendem Jodgehalt die Sen- 
sibilisierungsfähigkeit von Jodbromsilberschichten abnimmt und 
schließlich gänzlich aufhört. Ebenso bestätigt Eder in seinem 
Handbuch der Photographie®), daß das Jodsilber merkwürdigerweise 
der Wirkung der Farbensensibilisatoren nicht oder fast nicht zu- 
gänglich sei, so daß man es zur Herstellung farbenempfindlicher 
Platten nicht verwenden könne. 

Eder versucht auch eine Erklärung für das abweichende Ver- 
halten des Jodsilbers gegenüber den beiden anderen Photohaloiden 
in bezug auf die Sensibilisierungsfähigkeit zu geben.) 


1) Poggendorfs Ann. 158. 235. 1374. 

2» H. W. Vogel, Handb. d. Phot. Bd. I, S. 202ff.; Bd. II, S. 135ff. 

3 Wiedemanns Ann. 42. 371. 1891. 

4) Eder, Handb. d. Phot. Bd. I, Teil 2, S. 269. 1906; Bd. I, Teil 3, S. 249. 1912. 
5) Eder, Handb. d. Phot. Bd. I, Teil 3, S. 270f. 1912. 


Zeitschr. f. wi:s. Phot. 25. 16 


234 ` Baukloh 


Er nimmt an, daß, wenn eine eintreffende Lichtwelle mit der 
inneren Eigenschwingung des Moleküls im Einklange schwingt, die 
Lichtwelle auf das Molekül einwirkt, die Amplitude der schwingenden 
Moleküle vermehrt und so eine Zersetzung derselben hervorruft. 
Wenn nun bei der Belichtung des Photohaloidmoleküls noch ein 
Farbstoff zugegen ist, so wirkt das Licht zunächst auf diesen in der 
beschriebenen Art ein, und durch die gesteigerten Schwingungen des 
Farbstoffes wird nun das Haloidmolekül mitgerissen und ein Zer- 
fall desselben bewirkt. Beim Jodsilber glaubt er nun, daß die Wir- 
kung der beigemengten absorbierenden Farbstoffe zu schwach ist, 
um die träge Bewegung der Jodsilbermoleküle bis zur Zerreißung 
des Atomkomplexes zu steigern. 

Diese Erklärung steht im Widerspruch mit den modernen Auf- 
fassungen über die physikalischen Vorgänge bei der Absorption und 
bei den chemischen Wirkungen des Lichtes, die nicht schwingende 
Moleküle, sondern schwingende Elektronen für diese Vorgänge ver- 
antwortlich machen. 

Der einzige, der über Sensibilisierungsversuche an Jodsilber 
berichtet, ist Lüppo-Cramer.!) Er hat ohne Erfolg versucht, 
Jodsilbergelatineschichten mit Erythrosin zu sensibilisieren. Nach 
neueren Veröffentlichungen?) ist es nun Lüppo-Cramer gelungen, 
unter gewissen Bedingungen (in der Umkehrung, nicht in der un- 
mittelbaren Schwärzung) eine Sensibilisierung an Jodsilbergelatine- 
schichten zu erzielen. Er gibt ferner noch an, daß es ihm auch ge- 
glückt sei, Jodsilbergelatineschichten mit Phenosafranin zu de- 
sensibilisieren.?) Aber auch in diesen Werken betont Lüppo- 
Cramer, daß es unmöglich sei, Jodsilber auf dem üblichen Wege wie 
Brom- und Chlorsilber zu sensibilisieren. Am Schlusse dieser Arbeit 
wird von den Lüppo-Cramerschen Versuchen noch zu sprechen sein. 

Die vorliegende Untersuchung macht es sich nun zur Aufgabe, 
klarzustellen, ob das Jodsilber wirklich der optischen Sensibilisierung 
unzugänglich ist, oder ob sich doch eine solche erreichen läßt. Sollte 
es sich als unmöglich erweisen, so sollte wenigstens versucht werden, 
über das von den anderen Photohaloiden abweichende Verhalten 
des Jodsilbers Aufschlüsse zu erhalten. Schließlich durfte man noch 
hoffen, in der Erklärung der Vorgänge, die für die optische Sensi- 


1) Eder, Jahrb. d. Phot. 1903, S. 40. 

2 Lüppo-Cramer, Kolloidchemie und Photographie. Verl. Steinkopff 1921. 

3) Lüppo-Cramer, Negativ-Entwicklung bei hellem Licht (Safraninverfahren). 
Liesegangs Verl. Leipzig 1921. 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 235 


bilisierung photographischer Schichten verantwortlich zu machen 
sind, einen Schritt weiter zu kommen. ; 

Aus diesem Grunde sollten, um möglichst einfache Versuchs- 
bedingungen zu haben, zunächst reine, bindemittelfreie Jodsilber- 
schichten nach Art der Daguerreplatten auf ihre Sensibilisierungs- 
fähigkeit untersucht werden. 


L Sensibilisierungsversuche an reinen Jodsilberschichten 

I. Als Ausgangsmaterial für die reinen Jodsilberschichten wurden 
versilberte Glasplatten benutzt, die durch chemische Versilberung 
oder kathodische Zerstäubung hergestellt wurden. 

a) Die chemisch versilberten Spiegel wurden nach einer Vor- 
schrift von Miethe erzeugt.!) Auf die Sauberkeit der dazu ver- 
wandten Glasplatten mußte dabei besonderer Wert gelegt werden, 
wenn saubere und gleichmäßige Silberspiegel erzielt werden sollten. 
Zu diesem Zweck wurden die Glasplatten, nachdem sie einige Tage 
in Salpetersäure gelegen hatten, kurze Zeit in Ammoniak gelegt 
und mit destilliertem Wasser abgespült. Dann wurden sie mit einer 
Mischung von Ammoniak, Alkohol und Schlämmkreide geputzt 
und mit einem weichen Lederlappen poliert. Die so vorbehandelten 
Platten wurden nun in die frisch bereitete Versilberungsflüssigkeit 
gebracht. Letztere bestand nach der Vorschrift von Miethe aus 
einer ammoniakalischen, mit etwas Ätznatron versetzten Silbernitrat- 
lösung, der unmittelbar vor dem Gebrauch als Reduktionsmittel eine 
50/,ige Traubenzuckerlösung zugesetzt wurde. In dieser Lösung 
wurden die Platten so lange unter dauerndem Schwenken der Schale 
belassen, bis das Silber anfing, sich kristallin auszuscheiden. Dann 
wurden die Platten mit destilliertem Wasser abgespritzt und in einer 
Schale mit Wasser so lange mit einem fettfreien Wattebausch poliert, 
bis die Silberschicht das Wasser abstieß. Waren die Spiegel noch 
nicht genügend dicht, dann wurde die Versilberung noch ein- oder 
zweimal wiederholt. Zum Schluß wurden die Platten mit Fließ- 
papier getrocknet und zur Aufbewahrung in einen Exsikkator ge- 
bracht, der mit Bleiacetatpapier ausgeschlagen war. 

b) Die Herstellung der Silberspiegel durch kathodische Zer- 
stäubung wurde in einer im hiesigen Institut üblichen Vakuum- 
anlage vorgenommen.?) Das Zerstäubungsgefäß bestand aus zwei 
aufeinander geschliffenen Glasglocken, wovon die untere über ein 


1) Eder, Jahrb. d. Phot. 1913, S. 191. 
H Rother, Deutsche Optische Wochenschrift 1921, S. 578. 
16* 


236 Baukloh 


Gasabsorptionsgefäß und die notwendigen Hähne zum Absperren 
und Einlassen der Luft an ein Leyboldsches Pumpenaggregat, 
bestehend aus einer Gaedeschen Kapselluftpumpe und einer 
rotierenden Quecksilber-Gaedepumpe, angeblasen war. Als Kathode 
wurde ein kreisförmiges Silberblech von I6 cm Durchmesser benutzt, 
um Spiegel bis zum Format 9: 12 cm herstellen zu können, denn zur 
Erzielung einwandfreier Vergleichsversuche mußten die Spiegel nach 
dem Jodieren in zwei oder drei Teile zerschnitten werden. Als Anode 
diente eine Kupferscheibe von 5cm Durchmesser. Zum Dichten 
der Schliffe wurde zuerst Vakuumfett benutzt. Es zeigte sich aber, 
daß dieses immer noch genügend Dämpfe im Vakuum abgab und 
so die Oberfläche der Spiegel veränderte. Aus diesem Grunde wurden 
schließlich die Schliffe durch Siegellack von außen gedichtet. Es wurde 
dabei wie folgt verfahren. Die beiden Teile der Glocke wurden mit 
den sauber gereinigten Schliffen aufeinandergesetzt und durch Ab- 
pumpen in der Anlage ein Unterdruck erzeugt, damit die beiden 
Schliffe fest aufeinander gedrückt wurden. In die Rille zwischen 
den Schliffen wurden nun einige Windungen Nickelindraht möglichst 
straff hineingewickelt. Durch den Unterdruck in der Glocke wurde 
verhindert, daß sich dabei der Draht zwischen die beiden Schlifflächen 
legte. Durch diesen wurde dann ein Strom von etwa 2 Ampere ge- 
schickt, bis der Schliff gleichmäßig erwärmt war und der Siegellack 
beim Bestreichen desselben weich wurde und rund um den Schliff 
verstrichen werden konnte. Das Sinken des Manometers an der 
Quecksilber-Gaedepumpe bzw. die Entladung in dem Geisslerrohr 
zeigte an, wenn das Vakuumgefäß dicht war. Dadurch, daß der 
Siegellack von außen an den Schliff herangebracht wurde, konnte 
er nur wenige Millimeter zwischen die Schlifflächen eindringen und 
nicht in das Innere des Vakuumgefäßes gelangen, und so war die 
Möglichkeit verringert, daß er trotz seines niedrigen Dampfdruckes 
noch Gasreste in das Vakuum abgeben konnte. 

Das Öffnen der Glocke erwies sich ebenfalls als äußerst einfach, und 
zwar noch einfacher als das Öffnen der mit Fett gedichteten Glocke. 
Es wurde dabei durch Abwickeln des Nickelindrahtes der größte 
Teil des Siegellacks entfernt, so daß nur die kapillare Schicht zwischen 
den beiden Schlifflächen das Gefäß zusammenhielt. Wenn nun beim 
Einlassen von Luft in die Anlage der auf der Glocke lastende Luft- 
druck nachließ, sprang die spröde Siegellackschicht mit einem leichten 
Knacken und die Glocke konnte mühelos abgehoben werden. Statt des 
Siegellacks wurde mit gleich gutem Erfolg auch Kolophonium verwandt. 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 237 


Das beschriebene Verfahren erwies sich als gut brauchbar, und 
es zeigte sich, daß sich in der mit Siegellack gedichteten Anlage ein 
höheres Vakuum erzielen ließ, als bei der Anwendung von Vakuumfett, 

Zerstäubt wurde in einer Atmosphäre von reinem Wasserstoff, 
der durch Erhitzen eines an die Anlage angeblasenen Palladium- 
röhrchens mit einer Wasserstoffflamme in das weitgehend aus- 
gepumpte Zerstäubungsgefäß diffundieren konnte. Der zur Zer- 
stäubung erforderliche hochgespannte Gleichstrom wurde durch 
Gleichrichtung von hochgespanntem Wechselstrom mittels eines 
Glühventils erzeugt. Um Quecksilberdämpfe usw. von dem Zer- 
stäubungsgefäß zurückzuhalten, wurde das Gasabsorptionsgefäß mit- 
tels flüssiger Luft gekühlt. 


2. Um die Silberspiegel oberflächlich in Jodsilber überzuführen, 
wurden sie in einen Exsikkator gebracht, auf dessen Boden sich ein 
Schälchen mit einigen Jodkristallen befand. Im oberen Teil des 
Exsikkators waren etwa Icm unter dem oberen Rand vier Glas- 
streifen so an die Wandung angekittelt, daß eine Platte vom For- 
mat 9: 12cm gerade mit ihren Ecken auf die Glasstreifen zu liegen 
kam. Die Platten wurden mit der Silberschicht nach unten in den 
Exsikkator hineingelegt. Die Jodierung dauerte je nach der Zimmer- 
temperatur und der gewünschten Anlauffarbe 5—30 Minuten. 


3. Für die Sensibilisierungsversuche mußten die Jodsilber- 
schichten in Farbstofflösung gebadet werden. Sie wurden zu diesem 
Zweck ungefähr 10 Minuten in die betreffende Lösung gelegt. Dann 
wurden sie zum Entfernen der anhaftenden Farbstofflösung mit 
destilliertem Wasser abgespritzt und durch vorsichtiges Abtupfen 
mit Fließpapier getrocknet. An einem so behandelten Spiegel war 
keinerlei Veränderung im Vergleich zu einem unbehandelten zu 
bemerken. Das Jodsilber färbt sich also in diesem Zustand nicht 
sichtbar an. Auch ein vollkommen durchjodierter Spiegel, bei dem 
also die ganze Silberschicht in Jodsilber umgewandelt war, zeigte 
nach dem Baden in Farbstofflösung keine Spur von Färbung im 
Gegensatz zu Jodsilbergelatineschichten, in denen das Jodsilber 
so viel Farbstoff aufzunehmen vermag, daß cine verhältnismäßig 
stark gefärbte Lösung (I : 10000 bis I : 20000) bei längerem Belassen 
der Schicht in derselben vollkommen entfärbt wird. 


4. Die Belichtung der Jodsilberspiegel wurde unter einem 
Graukeil-Sensitometer nach Eder-Hecht vorgenommen.!) Diese 


1) Eder, Ein neues Graukeil-Photometer. Verl. W. Knapp, Halle a. S. 1920. 


238 Baukloh 


Art der Belichtung wurde deshalb gewählt, weil sie am leichtesten 
gestattet, die Empfindlichkeit der Jodsilberschichten für die ein- 
zelnen Spektralbezirke, d.h. unter den einzelnen Farbfiltern des 
Sensitometers mit genügender Genauigkeit abzulesen und mit- 
einander bzw. mit der Gesamtempfindlichkeit (Schwärzung unter 
dem Graukcil ohne Filter) zu vergleichen. Zur Belichtung diente 
cine 3000kerzige Osram-Nitralampe, die in einem Blechkasten ein- 
gebaut war. Er hatte vorn eine Öffnung, auf die der Rahmen, in 
dem sich der Graukeil mit der zu belichtenden Platte befand, auf- 
gelegt wurde, so daß für alle Versuche ein konstanter Abstand der 
Lichtquelle vom Graukeil gewährleistet war. Er betrug etwa 35 cm. 
Die Lichtstärke der Lampe bzw. die Stromstärke, mit der sie be- 
trieben wurde, wurde mit einem Amperemeter geprüft und genügend 
gleichförmig gehalten. 

5. Zur Entwicklung wurden die belichteten Jodsilberspiegel 
in einen Exsikkator gebracht, auf dessen Boden sich etwas Queck- 
silber befand (Daguerre). Es wurden auch Versuche gemacht, die 
Spiegel mit einem anderen physikalischen Entwickler, wie Metol- 
silbernitrat oder Pyrogallolsilbernitrat, zu entwickeln. Dies ergab 
die gleichen Ergebnisse wie die Entwicklung durch Quecksilberdampf, 
erzeugte aber leichter Schleier und Flecke. Deshalb erhielt die 
Quecksilberdampfentwicklung den Vorzug. Sie wurde zumeist bei 
Zimmertemperatur durchgeführt und dauerte dann immer ein bis 
zwei Tage, was den Vorteil hatte, daß ihr Fortschreiten von Zeit zu 
Zeit geprüft werden konnte. So war nicht so leicht zu befürchten, 
daß die Spiegel fleckig wurden. Sollte die Entwicklung beschleunigt 
werden, dann brauchte der Exsikkator nur an einen mäßig warmen 
Ort (in der Nähe der Heizung) gebracht zu werden. Sie dauerte 
dann je nach der Temperatur eine halbe bis zwei Stunden. 
Fiert wurden die belichteten Platten im allgemeinen nicht, 
da ihre Lichtempfindlichkeit nicht übermäßig groß war und sich 
außerdem dabei leicht die Silberschicht vom Glase ablöste. Sollten 
die Platten dennoch fixiert werden, so wurde durch einen kleinen 
Kunstgriff das Ablösen der Schicht verhindert. Die zu fixierende 
Platte wurde auf eine Glasplatte gelegt, die ein etwas größeres Format 
hatte als der Spiegel. Dann wurden beide Platten mit einer heißen 
50/,igen Gelatinelösung übergossen, so daß sie mit einer zusammen- 
hängenden Gelatinehaut überzogen waren. Wenn nun die Gelatine 
getrocknet war, saß die obere Platte fest auf der unteren und das 
Ganze wurde nun in ein gewöhnliches Fixierbad gebracht, das durch 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 239 
die Gelatineschicht hindurch das unbelichtete Jodsilber auflösen 
konnte. Die Unterlage war notwendig, denn wenn nur die obere 
Platte überzogen worden wäre, hätte das Fixierbad doch noch an 
den Rändern unter die Silberschicht gelangen können und sie mit- 
samt der Gelatinehaut abgelöst. So waren auch die Ränder über- 
zogen, wodurch das Ablösen der Schicht verhindert wurde. Ein 
bloßes Eintauchen der Platte in Gelatinelösung hätte aber keinen 
genügend sicheren Überzug der Ränder ermöglicht. 


6. Ergebnisse der Sensibilisierungsversuche 
an reinen Jodsilberschichten 


Schon die ersten Versuche mit chemisch versilberten Spiegeln, 
die bis zur ersten gelben Interferenzfarbe jodiert und unter dem 
Eder-Hechtgraukeil belichtet wurden, zeigten, daß eine optische 
Sensibilisierung an reinen Jodsilberschichten mit Silberunterlage 
möglich war. Als Sensibilisierungsfarbstoff wurde dabei zunächst 
Phenosafranin benutzt, das auf Grund der Versuche Lüppo- 
Cramers?!) und eigener Versuche an Jodsilbergelatine?) am ge- 
eignetsten erschien. | | 

Die an einem solchen Spiegel erhaltenen Werte sollen hier wieder- 
gegeben werden. Ein bis zur goldgelben Anlauffarbe jodierter, auf 
chemischem Wege hergestellter Silberspiegel wurde in zwei Teile 
zerlegt und der eine Teil in wäßriger Phenosafraninlösung I: 2000 
5 Minuten lang gebadet. Beide Teile wurden dann unter dem Grau- 
keil gleich lange Zeit belichtet und in einem physikalischen Ent- 
wickler (Pyrogallolsilbernitrat) nebeneinander entwickelt. Die Werte 
für die Schwärzungen unter den einzelnen Filtern waren folgende: 


Unter dem | ungebadeter | gebadeter Spiegel 


Graufilter. ...... 56° (100°/,) 64° (100°/,) 
Rotiilter . . 22 .2.. — 20° (1,75°/0) 
Gelbfilter . . ..... — 28° (3,6°/0) 
Grünfilter. . . .... — 20° (1,75°/0) 
Blaufilter. ...... 40° (23/0 36° (7,5°/0) 


Hierbei bedeuten die eingeklammerten Zahlen die Empfindlichkeit 
der Schicht unter den einzelnen Farbfiltern in Prozenten der Gesamt- 


D Lüppo-Cramer, Kolloidchemie und Photographie. Verl. Steinkopff, Dresden 
und Leipzig 1921, S. 88ff. 
Da S. 246. 


240 Baukloh 

empfindlichkeit (Empfindlichkeit für weißes Licht unter dem Grau- 
keil ohne Filter). Diese Werte wurden aus der jedem Eder-Hecht- 
graukeil beiliegenden Tabelle für die relative Empfindlichkeit be- 
zogen auf die Skalengrade des Graukeils ermittelt. Die Tabelle ist 
nachstehend wiedergegeben. 


Angezeigte relative Lichtempfindlichkeit photographischer Platten im 
Eder-Hechtschen Graukeil-Sensitometer 
(Keilkonstante = 0,40137) 
Belichtungszeit: ı Minute mit 1-Meter-Kerze 


Relative Relative Relative Relative 


Skalen- Emp- Skalen- Emp- Skalen- Emp- Skalen- Emp- 
grade findlich- | grade findlich- | grade findlich- | grade findlich- 

keit keit | keit keit 

2 0,47 32 7,64 62 122,2 92 1955 

4 0,57 34 9,19 64 147,0 94 2352 

6 0,69 36 11,05 66 176,8 96 2829 

S 0,83 38 13,3 68 212,8 08 3404 
10 1,00 40 16,0 70 256,0 100 4094 
12 1,203 42 19,3 72 308,0 102 4926 
14 1,45 44 23,2 74 370,5 104 5926 
16 1,74 46 27,9 76 445,7 1006 7 130 
18 2,09 48 33,5 78 536 108 8 580 
20 2,52 50 40,3 80 645 110 10320 
22 3,03 52 | 48,5 82 776 112 12411 
24 3,65 54 | 58,3 84 934 114 14930 
26 4,39 56 | 70,2 86 1123 116 17961 
28 5,28 s8 | B44 88 1351 118 21607 
30 0,35 60 | 101,6 90 1625 120 | 25993 


Man sieht, daß außer der verhältnismäßig weitgehenden pan- 
chromatischen Sensibilisierung auch eine Steigerung der Gesamt- 
empfindlichkeit auf das Doppelte stattgefunden hat, während die 
Eigenempfindlichkeit (Blauempfindlichkeit) des Jodsilbers bei dem 
sensibilisierten Spiegel auf ein Drittel heruntergegangen ist. 


Zu den weiteren Versuchen wurden durch kathodische Zer- 
stäubung hergestellte Spiegel benutzt, da von diesen sauberere und 
einwandfreiere Ergebnisse zu erwarten waren. Es gelang auch sehr 
gute Ergebnisse mit diesen Spiegeln zu erzielen, allerdings ergaben 
sich dabei auch ganz erhebliche Schwierigkeiten und Unregelmäßig- 
keiten, die erst beseitigt werden mußten. So kam es ‚häufig vor, daß 
Spiegel, die ein ganz einwandfreies Aussehen hatten, nach dem Baden 
in der Farbstofflösung und der Belichtung gerade die entgegen- 
gesetzte Wirkung zeigten; d. h. der ungebadete Spiegel war bereits 
sensibilisiert, während der mit Farbstofflösung behandelte als de- 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 241 


sensibilisiert erschien. An anderer Stelle soll noch darauf zurück- 
gekommen werden. 

Sensibilisierungsversuche wurden gemacht mit Phenosafranin, 
Erythrosin und Pinacyanol. 

Im folgenden wird ein Versuch (1) beschrieben, bei dem ein mit 
Phenosafranin (b) und ein mit Erythrosin (c) behandelter Jodsilber- 
spiegel neben einem unbehandelten (a) belichtet wurde. 

Der dazu benutzte Silberspiegel im Format 9:ı2cm wurde 
durch kathodische Zerstäubung bei einer Stromstärke von 60 Milli- 
ampere hergestellt. Die Dauer des Stromdurchgangs betrug 50 Mi- 
nuten. Der Spiegel wurde nun in drei Teile zerschnitten (4:9 cm), 
wovon der erste (1a) unbehandelt blieb, während der zweite (Ib) 
in Phenosafraninlösung I : 2000 und der dritte Teil (Ic) in Erythrosin- 
lösung 1: 2000 10 Minuten gebadet wurde. Die drei Teile wurden 
dann nacheinander je 100 Minuten unter dem Graukeil mit der be- 
schriebenen Osram- Nitralampe belichtet. Dann wurden die Spiegel 
zur Entwicklung drei Tage der Einwirkung von Quecksilberdämpfen 
bei Zimmertemperatur ausgesetzt. Dabei zeigte sich, daß bei der 
Entwicklung der ungebadete Spiegel immer eine unsaubere, matte 
Oberfläche aufwies, während die mit Farbstofflösung behandelten 
Platten an den unbelichteten Stellen stets blank blieben. Auch 
ein Vorbaden der jodierten Spiegel konnte diesem Übelstande nicht 
abhelfen. Auf die vermutlichen Gründe für dieses Verhalten wird 
an späterer Stelle noch zurückzukommen sein.!) 

Es folgen nun die Werte für die Schwärzungen unter den ein- 
zelnen Skalen des Graukeils. 


1a 1 Ic 
in Phenosafranin in Erythrosin 
Unter gem ungebadeter I : 2000 gebadeter l: a 
Spiegel Spiegel Spiegel 
Graufilter. . . 54° (100°/,) 80° (100°/,) 70° (100°/,) 
Rotfilter . . . — 70° (40°%/,) 580 (33/9) 
Gelbfilter. . . — 74° (580/0) 54° (Gallo) 
Grünfilter . . — 64° (23°/,) 48° (13°/,) 
Blaufilter. . . 46° (509/0) 66° (27°/,) 56° (27°/,) 


Die Gesamtempfindlichkeit (Empfindlichkeit unter dem Grau- 
filter) der drei Platten verhält sich wie 1:11:4,5. Man sieht, daß 
auch hier eine Steigerung der Gesamtempfindlichkeit stattgefunden 


1) s. S. 257. 


242 Baukloh 


hat, während die Blauempfindlichkeit, verglichen mit der Gesamt- 
empfindlichkeit der betreffenden Platte, durch die Sensibilisierung 
auf die Hälfte gesunken ist. Die sensibilisierende Wirkung des Pheno- 
safranins auf das Jodsilber übertrifft bei weitem die Wirkung der 
besten panchromatischen Sensibilisatoren, wie Pinachrom und Pina- 
cyanol, auf Bromsilbergelatine. Ferner ist durch diesen Versuch 
nachgewiesen, daß auch Erythrosin ein Sensibilisator für reine Jod- 
silberschichten ist. 

Am besten wird die Wirkung der Sensibilisatoren auf das Jod- 
silber durch die Empfindlichkeitskurve bzw. die Sensibilisierungs- 
kurve veranschaulicht. Um den ungefähren Verlauf dieser Kurven 
zu zeigen, genügt es, wenn die durch das Belichten unter dem Grau- 
keil erhaltenen Werte der Empfindlichkeit (s. o.) als Ordinaten und 
als Abszissen die Wellenlängen, für die die entsprechenden Filter 
am durchlässigsten sind, in ein Koordinatensystem eingetragen werden. 
Dabei muß noch die restliche Absorption der Filter für die Farbe, 
für die sie am durchlässigsten sind, berücksichtigt werden. Dies ist 
für das Rotfilter, das für ein Licht von der Wellenlänge = 685 ou 
am durchlässigsten ist, eine Absorption von 50°/,, entsprechend 8° 
der Eder-Hechtskala; für das Gelbfilter, das für å = 550 uu am durch, 
lässigsten ist, 40°/,, entsprechend 6° der Skala; für das Grünfilter, 
das für A= 500 uu am durchlässigsten ist, 87°/,, entsprechend 22° 
der Skala, und für das Blaufilter, das für å = 420 uu am durch, 
lässigsten ist, 70°/,, entsprechend 12° der Skala.!) Diese Skalen- 
werte müssen also den durch die Belichtung unter dem Graukeil 
erhaltenen, abgelesenen Werten noch hinzugefügt werden, um ein 
annähernd richtiges Bild der Empfindlichkeitskurven zu erhalten. 
Die so gezeichneten Kurven sind nebenstehend wiedergegeben. 
Kurve Ia zeigt die Empfindlichkeitskurve der unbehandelten Jod- 
silberplatte, Kurve ıb die der Phenosafraninplatte und Kurve Ic 
die der Erythrosinplatte. An dem annähernd wagerechten Verlauf 
der beiden Kurven Ib und Ic erkennt man deutlich die panchro- 
matische Sensibilisierung der beiden gebadeten Platten. Sie sind 
für alle Teile des Spektrums gleich stark empfindlich. 

Als weiterer Farbstoff wurde nun das obenerwähnte Pinacyanol 
untersucht. Der dazu benutzte Spiegel war unter den gleichen Be- 


1) Die hier angegebenen Werte der Absorption und der maximalen Durchlässig- 
keit der Filter sind den Absorptionskurven, die in dem Ederschen Werk angegeben 
sind, entnommen (s. Eder, Ein neues Graukeilphotometer. Halle a. S. 1920). Die 
Umrechnung der Absorptionswerte in Skalengrade erfolgte nach der Tabelle auf S. 240. 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 243 


dingungen hergestellt worden, wie der zu dem vorerwähnten Ver- 
such benutzte. Auch die Jodierung war die gleiche in bezug auf Zeit, 
Temperatur und Anlauffarbe. Der jodierte Spiegel wurde wieder 
in drei Teile zerlegt, von denen der erste (3a) unbehandelt blieb, 
während der zweite (3b) in Erythrosin I: 10000 und der dritte 
Teil (Gel 10 Minuten in Pinacyanol 1:50000 gebadet wurde. Die 
Belichtung erfolgte wiederum wie bei dem vorher beschriebenen 
Versuch für alle drei Platten je 100 Minuten unter dem Graukeil. 

700° 

90° 

80° 7b 

70° 

60° 

50° 

490 

300 

20° 

10° 


700 650 800 550 500 450 400 
Fig. ı 


Die Entwicklungsdauer im Exsikkator vermittels Quecksilberdampf 
dauerte vier Tage. Die abgelesenen Werte unter den einzelnen 
Skalen des Graukeils waren folgende: 


3a 3b 3c 
: in Erythrosin in Pinacyanol 
ii unbehandelter I : 10000 gebadeter 1 : 50000 gebadeter 
Spicgel Spiegel Spiegel 

Graufilter. . . 62° (100°/,) 84° (100°/,) 46° (100°/,) 
Rotfilter . . . — 80° (709/0) 20° (99/0) 
Gelbfilter. . . — 84° (100°/,) | 14° (5°/0) 
Grünfilter — 80° (ole) | = 
Blaufilter. . 54° (500/9) 80° (70°/,) ` "67 Gë 


Die für die Erythrosinplatte angegebenen Werte haben keinen An- 
spruch auf Genauigkeit, da sie am Rande des Spiegels abgelesen 
wurden. Der Rand war hier weitgehender jodiert und die Jodsilber- 
schicht daher dicker und unempfindlicher als in den mittleren Teilen 


244 Baukloh 


der Platte.!) Das Resultat ist hier nur wiedergegeben, um die er- 
staunlich sensibilisierende Wirkung des Farbstoffs zu zeigen. 

Die Kurve 3c in Fig. I, S. 243 gibt die Empfindlichkeitskurve 
dieser Platte wieder. Man sieht an diesem Versuch und auch an 
der gezeichneten Kurve, daß Pinacyanol wohl die Jodsilberschicht 
etwas sensibilisiert hat, d. h. für Rot und Gelb empfindlich gemacht 
hat, im übrigen aber die Gesamtempfindlichkeit auf den fünften 
Teil herabgedrückt hat, und zwar auf Kosten der Blauempfindlich- 
keit, die gegenüber der unsensibilisierten Vergleichsplatte auf Jl 
gesunken ist. Pinacyanol ist also für die reine Jodsilberschicht ein 
Desensibilisator in bezug auf weißes und blaues Licht, für rotes und 
gelbes Licht sensibilisiert es, eine ähnliche Erscheinung, wie sie das 
Phenosafranin in bezug auf Bromsilbergelatine zeigt. 


7. Abhängigkeit der Empfindlichkeit sensibilisierter 
Jodsilberschichten von der Dicke 


Schon Daguerre stellte fest, daß seine Platten dann die größte 
Empfindlichkeit hatten, wenn er die Silberplatten bis zur ersten 
goldgelben Interferenzfarbe jodierte. O. Wiener und H Scholl?) 
erklärten diese Erscheinung dahin, daß die Daguerreplatte dann eine 
maximale Empfindlichkeit besitzt, wenn die Bedingungen für die 
Reduktion des Jodsilbers zu Silber möglichst günstig sind, d. h. wenn 
ein Bauch der stehenden Lichtwellen, die durch die Interferenz des 
einfallenden mit dem an der Silberunterlage reflektierten Licht 
entstehen, in der Oberfläche der Jodsilberschicht liegt. Da nun die 
maximale Empfindlichkeit des Jodsilbers im Blau-Violett liegt, 
sind die genannten Bedingungen dann am besten erfüllt, wenn für 
das blaue Licht der Bauch der stehenden Lichtwelle in der Ober- 
fläche der Jodsilberschicht liegt; und das tritt dann ein, wenn die 
gewöhnlichen Interferenzen ein Minimum für Blau aufweisen, d.h. 
wenn die Anlauffarbe des Jodsilbers im weißen Licht betrachtet 
gelb erscheint. 

Es fragt sich nun, wie sich die sensibilisierten Schichten, die 
ja auch für längerwelliges Licht empfindlich sind, in dieser Be- 
ziehung verhalten. Da diese für alle Farben des Spektrums ziemlich 
dieselbe Empfindlichkeit besitzen, müßte bei diesen, Belichtung 

1) Um die starke Sensibilisierung der Platte 3b zu zeigen, ist die Platte 3b 
als Abb. ı auf Tafel II wiedergegeben. Die übrigen Platten waren zur Reproduktion 
ungeeignet, 

2) O. Wiener u. H. Scholl, Wied. Ann. 68. 145. 150. 1899. 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 245 


mit weißem Licht vorausgesetzt, nach der vorausgegangenen Er- 
klärung die Anlauffarbe gleichgültig sein. Nach den Erfahrungen, 
die mit diesen Schichten gemacht wurden, war das auch der Fall. 
Wenn aber einer sensibilisierten Jodsilberschicht eine maximale 
Empfindlichkeit für gelbes Licht erteilt werden sollte, müßte der 
Silberspiegel bis zur blauen Anlauffarbe jodiert werden. Dies konnte 
auch durch einen Versuch gezeigt werden. 

Es wurden dazu keilförmig jodierte Spiegel benutzt, die also 
alle möglichen Interferenzfarben aufwiesen. Hergestellt wurden 
diese keilförmigen Schichten, indem die Silberspiegel während des 
Jodierens schräg auf eine Glasplatte gestellt wurden, so daß die 
Joddämpfe je nach dem Abstand des Spiegels von der Unterlage 
verschieden stark einwirkten. Die Keilkante der Schicht fiel dann 
mit einer Plattenkante zusammen. Zwei derartig hergestellte 
Schichten wurden nun zu einem Vergleichsversuch benutzt. Die 
eine wurde ohne Vorbehandlung eine Stunde unter der Grauskala 
des Graukeils mit der Osram-Nitralampe belichtet, während die 
andere 5 Minuten in einer Phenosafraninlösung 1:2000 gebadet 
und dann zwei Stunden!) wie die erste belichtet wurde, mit dem 
Unterschied, daß in den Gang der Lichtstrahlen ein strenges Tar- 
trazinfilter geschaltet war. Beide Spiegel wurden dann durch Queck- 
silberdampf entwickelt. An den Stellen der keilförmigen Schicht, wo 
die Skala des Graukeils am weitgehendsten abgebildet erschien, bestand 
maximale Empfindlichkeit. Dies war für die unsensibilisierte Platte 
in der ersten gelben Interferenzfarbe der Fall. Die Skala war hier 
bis 60° entwickelt, während sie in der blauen Zone nur bis 40° reichte. 
Dies entspricht einer sechsfachen Empfindlichkeit der gelben Anlauf- 
farbe im Vergleich zur blauen. Ganz anders war nun das Bild bei der 
sensibilisiertten und mit gelbem Licht bestrahlten Schicht. Hier 
erstreckte sich das Bild der Skala deutlich zungenförmig in den 
blau angelaufenen Teil der keilförmigen Schicht hinein. Sie reichte 
hier bis 50°, während sie im gelben Teil nur bis 20° sichtbar war, 
Dies entspricht einem Empfindlichkeitsverhältnis von I : 16 zugunsten 
der blauen Schicht. 

Durch diesen Versuch wurde gezeigt, daß tatsächlich bei den 
Daguerreplatten die Reduktion des Jodsilbers dann am günstigsten 
verläuft, wenn ein Bauch der bei der Belichtung entstehenden 
stehenden Lichtwellen in der Oberfläche der Jodsilberschicht liegt. 


D Da das Tartrazinfilter ungefähr 50°/, des auffallenden gelben Lichtes absorbiert, 
wurde diese Platte die doppelte Zeit belichtet wie die Vergleichsplatte. 


246 Baukloh 


Es konnte dies bisher nur für blaues Licht gezeigt werden, da eine 
Sensibilisierung derartiger Schichten bisher unbekannt war. Um 
für die auf S. 242 beschriebenen Versuche möglichst günstige Be- 
dingungen für die Sensibilisierung der Platten zu schaffen, wurde 
aus den oben angeführten Gründen auch die blaue Anlauffarbe 
gcwählt. 


II. Sensibilisierungsversuche an Jodsilbergelatineschichten 


Im Anschluß an die Sensibilisierungsversuche an reinen Jod- 
silberschichten wurden nun auch Jodsilberemulsionen, und zwar 
Jodsilbergelatineemulsionen in bezug auf ihre Sensibilisierungs- 
fähigkeit untersucht. Dadurch sollte festgestellt werden, ob ein 
wesentlicher Unterschied zwischen reinen, bindemittelfreien Schichten 
und den Emulsionen besteht. 


I. Zu den Versuchen wurden Jodsilbergelatincplatten benutzt, 
die durch Umwandeln von Bromsilbergelatineplatten hergestellt 
waren. Es fanden dabei photomechanische sowie gewöhnliche Trocken- 
platten des Handels Verwendung.!) Die Umwandlung wurde durch 
eine von F. F. Renwick angegebene Lösung von sg Jodkalium, 
10g Natriumsulfit und 10g Natriumthiosulfat in 500 ccm Wasser 
bewirkt.?2) Die Bromsilberplatten wurden durch Baden in dieser 
Lösung vollständig in Jodsilber übergeführt. Die Badedauer betrug 
10 Minuten. Dann wurden die Platten eine halbe Stunde in fließendem 
Wasser gewaschen. Es wurde immer eine Platte größeren Formates 
(13:18) umgewandelt und diese dann für die Vergleichsversuche in 
kleinere Platten zerschnitten. 


2. Die einzelnen Teile wurden dann, mit Ausnahme der Ver- 
glcichsplatte, in den betreffenden Farbstofflösungen gebadet und 
dann mehrere Stunden gewässert, um allen Farbstoff aus der Gela- 
tine zu entfernen. An Farbstoffen wurden benutzt Phenosafranın, 
Erythrosin, Pinakryptolgrün, Pinachrom und Pinacyanol. Nach 
dem Trocknen wurden dann die Platten zusammen mit der Ver- 
gleichsplatte gleich lange unter demselben Graukeil mit der Osram- 
Nitralampe belichtet. 


1) Es wurden meistens photomechanische Platten der Firma Unger & Hoffmann 
und Bromsilbertrockenplatten der Firma O.Kirschten, Eisenberg benutzt. Versuche 
mit Platten anderer Herkunft ergaben aber die gleichen Ergebnisse. 


2) Brit. Journ. of Phot. 1920, Nr. 3143, S. 463, 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 247 


3. Entwickelt wurden die Platten in einem von Lüppo-Cramer 
angegebenen alkalischen Amidolentwickler!), also chemisch. Der 
gewöhnliche Amidolentwickler, der für Bromsilbergelatine ohne 
jeden Alkalizusatz (die schwach alkalische Reaktion des zugesetzten 
Natriumsulfits genügt bereits) ein Rapidentwickler ist, muß noch 
mit einem stärkeren Alkali (Pottasche) versetzt werden, um das 
schwer reduzierbare Jodsilber zu schwärzen Dabei ist die erzielte 
Schwärzung eine sehr schwache. Unbelichtetes Bromsilber würde 
ein derartiger Entwickler augenblicklich schwärzen. Es wurde auch 
versucht, die Jodsilbergelatineschichten physikalisch zu entwickeln 
(Metol-Silbernitrat), Dies ergab zwar eine größere Schwärzung, 
aber keinen größeren Schwellenwert (die letzte noch erkennbare 
Schwärzung bei Belichtung unter dem Graukeil) als die chemische 
Entwicklung, erzeugte aber leichter Schleier und Flecke. Aus diesem 
Grunde wurde die chemische Entwicklung bevorzugt. Die zu einem 
Versuch gehörigen Platten wurden stets zusammen entwickelt. Die 
fertig entwickelten Platten wurden dann nach kurzem Waschen in 
einem gewöhnlichen Fixierbad fixiert, gewässert und getrocknet. 
Die Fixierdauer der Platten betrug infolge der Schwerlöslichkeit des 
Jodsilbers 8—10 Stunden.?) 


4. Ergebnisse der Sensibilisierungsversuche 
an Jodsilbergelatineschichten 


Durch die Versuche konnte gezeigt werden, daß Phenosafranin 
und auch Erythrosin für Jodsilbergelatine genau wie für die binde- 
mittelfreien Schichten optische Sensibilisatoren darstellen, während 
die panchromatischen Sensibilisatoren für Bromsilbergelatine, wie 
Pinachrom und Pinacyanol, Jodsilbergelatine desensibilisieren. Pina- 
kryptolgrün (ein moderner Desensibilisator für Bromsilbergelatine- 
platten an Stelle von Phenosafranin) wirkt wie bei Bromsilbergelatine 
auch für Jodsilbergelatine als Desensibilisator. 


Fs wurde dazu eine photomechanische Bromsilberplatte benutzt, 
dıe nach dem im vorigen Abschnitt beschriebenen Verfahren in Jod- 
silber umgewandelt und dann in vier Teile zerlegt wurde (a, b, c, d). 
Ein Teil (5a) blieb als Vergleichsplatte unbehandelt, während die 


1) Eder, Jahrb. d. Phot. 1903, S. 40. 
"3 In einem Cyankalifixierbade geht die Fixage erheblich schneller. Ein solches 
Fixierbad zerstört aber sehr leicht das ohnchin schwache Silberbild. 


248 Baukloh 


übrigen drei vor der Belichtung 15 Minuten in folgenden Farbstoff- 
lösungen gebadet wurden: 

5b in wäßriger Phenosafraninlösung I : 20000, 

SC in wäßriger Erythrosinlösung 1: 10000 und 

5d in wäßriger Pinakryptolgrünlösung I: 5000. 


Nach dem Waschen und Trocknen dieser Platten wurden alle vier 
Platten nacheinander je 200 Minuten unter dem Eder-Hechtgraukeil 
mit der hochkerzigen Lampe belichtet, gemeinsam in alkalischem 
Amidolentwickler entwickelt, fixiert, gewässert und getrocknet. Es 
ergaben sich für die Schwärzungen unter den einzelnen Skalen des 
Graukeils folgende Werte: 


5a 5b 5c sd 
Unter dem un- in Phenosafranin | in Erythrosin | in Pinakryptol- 
Dun behandelte 1: 20000 1: 10000 grün 1: 5000 


Platte gebadete Platte | gebadete Platte | gebadete Platte 


Graufilter. . | 400 (100°/,) 40° (100°/,) 40° (100°/,) 
Rotfilter . . | — 18° (13°/,) — 
Gelbfilter. . |! — 36° (69°/,) 26° (37°/o) | 


Grünfilter . | — 
Blaufilter. . — — — | 


TESE 


Aus diesen Ergebnissen ist deutlich zu ersehen, daß eine ein- 
wandfreie Sensibilisierung von Jodsilbergelatine möglich ist. Die 
Gesamtempfindlichkeit ist für die Platten 5a, 5b und 5c dieselbe, 
während an 5d überhaupt noch keine Schwärzung zu sehen ist.) 
Pinakryptolgrün ist also auch für Jodsilbergelatine ein Desensibili- 
sator genau wie für Bromsilbergelatine, während Phenosafranin, 
das ja für Bromsilbergelatine einen ebenso guten Desensibilisator 
darstellt wie Pinakryptolgrün, und Erythrosin für Jodsilbergelatine 
Sensibilisatoren sind. 

Nach diesen Ergebnissen erscheint es zunächst schwer ver- 
ständlich, daß es, wie schon in der Einleitung bemerkt, Lüppo- 
Cramer nicht gelungen ist, Jodsilbergelatine mit Erythrosin zu 
sensibilisieren, und das um so mehr, als er die Platten auf dieselbe 
Weise wie hier beschrieben herstellte und entwickelte.) Ferner 
stehen die hier geschilderten Versuchsergebnisse im Widerspruch 
mit der Behauptung Lüppo-Cramers, daß Phenosafranin bei 
‚Jodsilbergelatine eine ähnliche Empfindlichkeitsverringerung hervor- 


1) Eder, Jahrb. d. Phot. 1903, S. 40. 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 249 


ruft wie für Bromsilbergelatine, und zwar gibt Lüppo-Cramer 10 
bis 12 Skalenteile des Eder-Hechtschen Graukeilsensitometers für 
diese Verringerung an.t) Er macht nun leider keine näheren Angaben, 
wie er zu diesem Ergebnis gekommen ist. Vielleicht hat er die Jod- 
silbergelatineschichten nur in der unmittelbaren Schwärzung unter- 
sucht, also ohne sie zu entwickeln. Wenn nämlich eine in Pheno- 
safranin gebadete Platte in bezug auf ihre unmittelbare Schwärzung 
mit einer ungebadeten verglichen wird (natürlich gleich starke und 
gleich lange Belichtung unter dem Graukeil vorausgesetzt), so ist 
tatsächlich bei der gefärbten Platte die Schwärzung um (o bis 
12 Skalenteile geringer als bei der ungefärbten. Dies ändert sich aber 
sofort, wenn die Platte entwickelt wird. Die Schwärzung ist dann bei 
der gefärbten Platte (bei Belichtung mit weißem Licht, also unter 
der Grauskala) genau so weitgehend (bei vielen Versuchen war sie 
sogar noch weitreichender) als bei der ungefärbten, dabei aber be- 
deutend intensiver, was ja auch an der Platte 5b deutlich zu schen war. 
Weiter sieht man an diesen Ergebnissen, daß der Blaustreifen 
bei keiner der vier Platten hervorgetreten ist, während bei den sen- 
sibilisierten der Gelbstreifen ziemlich weitgehend geschwärzt er- 
scheint. D.h. durch die Sensibilisierung ist die Empfindlichkeit 
für längerwelliges Licht größer als für kurzwelliges (siche die Unter- 
suchungen an den Jodsilberspiegeln), eine Tatsache, die bisher noch 
bei keiner optischen Sensibilisierung beobachtet wurde; diese be- 
wirkte immer nur eine Zusatzempfindlichkceit für einen anderen 
Spektralbereich.. Die Eigenempfindlichkeit behält dabei immer 
annähernd ihre alte Größe (z. B. bei der Sensibilisierung gewöhn- 
licher Trockenplatten) oder ist zum mindesten größer als die durch 
die Sensibilisierung erzielte Farbenempfindlichkeit (daher die An- 
wendung des Gelbfilters in der orthochromatischen Photographie). 
Außer den erwähnten Farbstoffen wurden nun noch Pinachrom 
und Pinacyanol untersucht, Farbstoffe, die für Bromsilbergelatinc 
als die besten bekannten Sensibilisatoren gelten. Diese erwiesen 
sich für Jodsilbergelatine als vollkommen ungeeignet. Bei den damit 
angestellten Versuchen bewirkten sic eine schwache Herabdrückung 
der Gesamtempfindlichkeit ungefähr auf die Hälfte. Es konnte 
keinerlei Sensibilisierung für langwelliges Licht festgestellt werden. 
Aus diesen Versuchen ergibt sich also, daß Phenosafranin, das 
für Bromsilbergelatine einen Desensibilisator darstellt, Jodsilber- 
gelatine sensibilisiert. Erythrosin ist für beide ein Sensibilisator 


1) Lüppo-Cramer, Negativ-Entwicklung bei hellem Licht. Leipzig 1921. S. 55. 
Zeitschr. f. wiss. Phot, 25. 17 


250 Baukloh 


und Pinakryptolgrün für beide ein Desensibilisator, Pinachrom 
und Pinacyanol, die Bromsilbergelatine sensibilisieren, desensibili- 
sieren Jodsilbergelatine. Aus diesen Ergebnissen geht ferner noch 
hervor, daß in bezug auf die Sensibilisierungsfähigkeit kein grund- 
sätzlicher Unterschied zwischen den reinen Jodsilberschichten und 
den Jodsilbergelatineschichten besteht, der Zustand der Emulsion 
ist also keine Bedingung für die Sensibilisierungsfähigkeit einer 
Silberhaloidschicht. 


II Quecksilberdampf als Sensibilisstor für Jodsilber- 
und Bromsilbergelatine 

I. Sehr merkwürdige Sensibilisierungserscheinungen wurden an 
Jodsilbergelatineplatten erzielt, bei denen als Ausgangsmaterial keine 
frischen Bromsilbertrockenplatten Verwendung fanden, sondern ge- 
wöhnliche, hochempfindliche Bromsilbergelatineplatten, die längere 
Zeit (etwa 2 Jahre) in einem Schranke des Arbeitszimmers gelagert hatten. 

Nachdem diese Platten wie bisher in Jodsilber umgewandelt 
und dann unter dem Graukeil belichtet worden waren, konnte eine 
Farbenempfindlichkeit bis in das äußerste Rot festgestellt werden, wie 
sie wohl bisher noch bei keiner photographischen Schicht erzielt worden 
ist. Abb. 2 auf Taf. II gibt das Ergebnis eines solchen Belichtungs- 
versuches wieder. Die Platte, die zu diesem Versuch benutzt wurde, 
war eine gewöhnliche, nicht farbenempfindliche Porträtplatte, ein 
Fabrikat der Firma Kranseder, München. Sie hatte, wie bereits 
erwähnt, etwa 2 Jahre in den Originalkartons verpackt in einem 
Schrankschubfach gelegen. In einem dieser Kartons befanden sich 
noch einige Platten vom Format 6:9 lose verpackt und in das übliche 
schwarze Papier eingewickelt. Zwei dieser Platten wurden wie bisher 
in Jodsilber umgewandelt, 100 Minuten unter dem Graukeilsensito- 
meter wie bei den übrigen Versuchen belichtet, mit alkalischem 
Amidol entwickelt, fixiert und gewaschen. 

Die Schwärzungen unter den einzelnen Farbfiltern hatten fol- 
gende Werte: 


Unter dem | Plitte 6a | Platte 6b 
4 


Graufilter 
Rotfilter 
Gelbfilter 
Grünfilter 
Blaufilter 


1) Unter diesen Filtern konnte der Schwellenwert nicht abgelesen werden, da 
die Schwärzung die ganze Länge der Platte einnahm (Abb. 2, Taf. II). 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 251I 


In Fig.2 sind die zu diesen Werten gehörigen Empfindlichkeits- 


kurven wiedergegeben (Kurve 6a und 6b). 


Man sieht an den Kurven! sowie an den angegebenen Werten, daß 


bei diesen Platten die Farbenempfindlichkeit mit abnehmender 
Wellenlänge abnimmt, während ja sonst bei allen photographischen 
Schichten das Umgekehrte der Fall ist, und selbst bei panchromatisch 
sensibilisierten Schichten die ursprüngliche Blauempfindlichkeit er- 


Fig. 2 


Die mit 6a und 6b bezeichneten Kurven stellen die Sensibilisierungskurven der auf 

S. 250 und 251 besprochenen Platten dar. ob und oc sind die auf S. 254 besprochenen, 

durch Hg-Dämpfe sensibilisierten Platten (9b 3 Tage und 9c 4 Wochen Hg-Dämpfen 

ausgesetzt). — Kurve 10a und 10b gehören zu dem auf S. 255 besprochenen Versuch, 

bei dem eine Bromsilberplatte, die Hg-Dämpfen ausgesetzt war, vor der Umwand- 

lung (10b) und nach der Umwandlung (10a) in Jodsilber auf ihre Farbenempfindlich- 
keit geprüft wurde. 


halten bleibt. Das ganz Eigenartige und zunächst Unerklärliche 
bei diesen Ergebnissen ist aber, daß die Schwärzung unter dem Rot- 
streifen bedeutend weiter geht als unter dem freien Graukeil, bei dem 
doch alle Farben des Spektrums gl:ichmäßig zur Wirkung kommen. 


Eine andere Platte aus dem gleichen Karton im Format 4,5: 6 
wurde in einem Steinheilschen .Prismenspektrographen belichtet, 
um zu sehen, wie sich die Farbenempfindlichkeit in bezug auf ein 
natürliches Spektrum verhält. Zur Beleuchtung diente eine starke 
Projektionsbogenlampe mit vorgeschalteter Kondensorlinse, die ein 
Abbilden des Kraters auf dem Spalt des Kollimators ermöglichte. 

17° 


252 Baukloh 
Die Kassette des Spektrographen war verschiebbar angebracht, so 
daß mehrere Aufnahmen auf eine Platte gemacht werden konnten. 


Im ganzen wurden fünf Aufnahmen auf der Platte gemacht, vier 
mit der Bogenlampe als Lichtquelle, und zwar mit den Belichtungs- 
zeiten I0, 20, 40 und 80 Minuten, und die fünfte mit einer Queck- 
silberquarzlampe, um neben dem kontinuierlichen des Bogenlichtes 
zum Vergleich ein Linienspektrum zu erhalten. Nach der Belichtung 
wurde die Platte in alkalischem Amidolentwickler entwickelt, fixiert 
und gewaschen. Abb. 3 Taf. II gibt das Resultat wieder. Man sieht, 
daß die Schwärzung ungefähr bei der Linie 435 beginnt, ein Maximum 
zwischen den Quecksilberlinien 546 und 579 hat und sich von da 
noch weit bis in das äußerste Rot, ja vielleicht bis in den unsicht- 
baren Teil des Spektrums erstreckt. Ein Vergleich mit einer mit 
Pinachrom sensibilisierten Bromsilberplatte gab deutlich die über- 
legene Rotempfindlichkeit der Jodsilberplatte zu erkennen. 


Die auf dieser Platte im Blau und Violett zu beobachtenden 
Linien sind umgekehrt (hell auf dunklem Grunde) erschienen. Es ist 
dies nicht eine Folge von Überbelichtung (Solarisation). Derartig um- 
gekehrte Bilder treten an Jodsilbergelatineschichten immer dann auf, 
wenn als Ausgangsmaterial Bromsilberplatten Verwendung finden, 
die bei normaler Entwicklung schleiern würden (infolge hohen Alters 
oder durch diffuse Vorbelichtung). Wenn man derartige Bromsilber- 
platten in Jodsilber umwandelt, belichtet und entwickelt, erhält man 
an den schwächer belichteten Stellen (z. B. bei Belichtung unter 
einem Graukeil) umgekehrte Bilder und erst bei stärkerer Belichtung 
die normale Schwärzung. (Siehe die auf S. 258 besprochenen Ver- 
suche Lüppo-Cramers.) Auch die Platten 6a und 6b, die aus 
demselben Plattenmaterial hergestellt wurden wie 8a, zeigen diese 
Erscheinung. 


2. Es galt nun zunächst einmal festzustellen, woher die starke 
Farbenempfindlichkeit dieser Platten rührte. Da neue Platten des- 
selben Fabrikats diese Eigenschaft nicht zeigten, so war es nahc- 
liegend, das lange Lagern für die Veränderung der Platten ver- 
antwortlich zu machen und es erschien wahrscheinlich, daß die ver- 
ändernden Einflüsse in der Zusammensetzung der Atmosphäre, 
ın der sie lagerten, zu suchen waren. Da ja bekanntlich gewisse 
in der Luft enthaltenen Gase (wie Schwefelwasserstoff, Leucht- 
gas usw.) einen schädigenden Einfluß auf photographische Schichten 
auszuüben vermögen (z. B. Schleierbildung), erschien zunächst in 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 253 


diesem Falle Quecksilberdampf als verdächtig, da dieser durch das 
Arbeiten mit einer Quecksilberpumpe, Quecksilberunterbrechern usw. 
immer in Spuren im Zimmer vorhanden war. 


Diese Vermutung erwies sich als richtig. Als frisch bezogene 
Bromsilberplatten einige Tage in einen Exsikkator gebracht wurden, 
in dem sich Quecksilber befand, und sie dann in Jodsilber um- 
gewandelt und belichtet wurden, zeigte sich schon nach dreitätigem 
Liegen in dem Exsikkator eine deutliche Veränderung. Die Platten 
erwiesen sich für denselben Spektralbereich sensibilisiert wie die 
oben beschriebenen. Vergleichsplatten aus demselben Stück, die dem 
Quecksilberdampf nicht ausgesetzt waren, zeigten keine Spur von 
Farbenempfindlichkeit. 


Eine hochempfindliche Porträtplatte (13:18) wurde in vier 
Teile zerlegt. Zwei Teile wurden in einem Exsikkator, dessen Boden 
mit Quecksilber bedeckt war, gebracht, während die beiden anderen 
als Kontrollplatten zurückgehalten wurden. Nach 20 Stunden wurde 
eine der beiden Platten aus dem Exsikkator genommen und dann 
neben einer der beiden Kontrollplatten in Jodsilber umgewandelt, 
gewässert und getrocknet. Beide wurden dann nacheinander unter 
dem Graukeil 100 Minuten wie bei den bisherigen Versuchen be- 
lichtet, dann nebeneinander in alkalischem Amidol entwickelt, 
fixiert und gewaschen. 


Die Schwärzung ging bei beiden Platten unter dem Graustreifen 
bis 30°, während unter den Farbfiltern keine Schwärzung zu sehen 
war. Zwischen beiden Platten bestand also zunächst kein Unterschied. 


Nachdem nun die andere Platte drei Tage in dem Exsikkator 
gelegen hatte, wurde auch diese herausgenommen und mit der zweiten 
Kontrollplatte wie oben behandelt. 


Hier war nun das Ergebnis bereits ein anderes. Es war eine 
deutliche Sensibilisierung durch die Quecksilberdämpfe eingetreten, 
die der an den alten Platten beobachteten genau glich, nur daß die 
Farbenempfindlichkeit (für Rot und Gelb) im Vergleich zur Gesamt- 
empfindlichkeit nicht so weitgehend war wie bei diesen, was sich 
aber durch die kurze Einwirkungsdauer erklären läßt. 


Es wurde daher noch eine weitere Platte aus demselben Stück 
wie die vorher benutzten in den Exsikkator gebracht und dieser 
4 Wochen an einem mäßig warmen Ort (Durchschnittstemperatur 
30—40°) stehen gelassen. Dann wurde die Platte wie die vorigen 
umgewandelt, belichtet und entwickelt. 


254 Baukloh 


Sie zeigte eine gute Übereinstimmung mit den an den alten 
Platten erzielten Ergebnissen. Sie war für Rot und Gelb weitgehend 
sensibilisiert, und zwar waren auch hier, wie bei den alten Platten, 
die Schwärzungen unter dem Rot- und Gelbfilter weitgehender als 
unter der Grauskala.t) 

Die Werte für die Schwärzungen der drei Platten waren folgende: 


9a ob 9c 

3 Tage 4 Wochen 

Unter dem Unbehandelte Hg-Dämpfen Hg-Dämpfen 
Platte 

ausgesetzt ausgesetzt 

Graufilter. . Fi ES 35° (100°/,) 35° (100°;,) 

Botter... | — 20° (25°/,) 45° (250°;,) 
Gelbfilter. . . | — 22° (33°/,) 60° (1000°;,,) 

Grünfilter . . | — Së E 


Blaufilter. . . | 


Die erhaltenen Werte sind in Fig. 2 als Kurven unter den betreffenden 
Nummern eingezeichnet. 

Man sieht an den Werten der Platte oc, daß die Empfindlichkeit 
für rotes Licht 2,5mal und für gelbes Licht IOmal so groß ist als 
für weißes Licht. Außerdem ist zu erkennen, daß nicht allein die 
Empfindlichkeit für langwelliges Licht gesteigert wird, sondern 
auch die Gesamtempfindlichkeit, und zwar bei diesem Versuch auf 
das 1,5fache. 

Hiermit dürfte der Beweis erbracht sein, daß tatsächlich Queck- 
silberdämpfe die sensibilisierende Wirkung an den Jodsilbergelatine- 
schichten hervorgerufen haben. Quecksilber ist demnach ein bisher 
unbekannter Sensibilisator für die bisher als unsensibilisierbar gel- 
tenden Jodsilberschichten. 

Durch den eben beschriebenen Versuch wurde gezeigt, daß eine 
Jodsilbergelatineschicht durch Einwirkung von Quecksilberdämpfen 
auf eine Bromsilberschicht und folgender Umwandlung in Jodsilber 
optisch sensibilisiert werden kann. Es fragt sich nun, ob bereits 
die Bromsilberschicht durch die Quecksilberdämpfe in bezug auf 
ihre Farbenempfindlichkeit verändert war. 

3. Es war dies in der Tat der Fall, wie nachstehend beschriebener 
Versuch zeigte. Eine ältere Bromsilbertrockenplatte im Format 
13:18, derselben Herkunft wie die zu Versuch 6 verwendeten (nur aus 
einem anderen Karton, der etwas später bezogen worden war), wurde 
halbiert. Die eine Hälfte wurde in Jodsilber umgewandelt, ge- 


1) Abb. 4 auf Tafel II zeigt diese Platte, 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 255 


waschen und getrocknet und dann wie bei den bisherigen Versuchen 
100 Minuten unter dem Graukeil mit der hochkerzigen Lampe be- 
lichtet, in alkalischem Amidol entwickelt, fixiert und gewässert. 
Die andere wurde in einem Kopierapparat eine Sekunde unter dem 
Graukeil belichtet, in gewöhnlichem Metol-Hydrochinonentwickler 
(Agfa) entwickelt, fixiert und gewässert. 


Die Schwärzungen hatten folgende Werte: 


Unter dem ur er 
Jodsilberplatte!) Bromsilberplatte 
Graufilter. ...... 50° (100°/,) 120° (100°/,) D 
Rotfilter ....... go? (100°/,) go? (0,16°/,) 
Gelbfilter ....... 50° (100°/,) 90° (6,3/0) 
Grünfilter. ...... 20° (6,30/,) 80° (2,50/,) 
Blaufilter.. ..... ! 30° Ce, Bäll 84° (3,6°/,) 


Die erhaltenen Werte sind in Fig. 2 als Kurven unter den be- 
treffenden Nummern eingezeichnet. 


An diesem Ergebnis sieht man, daß die Bromsilberplatten, die 
das Ausgangsmaterial für die Jodsilbergelatineplatten darstellten, 
bereits eine Farbenempfindlichkeit aufwiesen, die aber relativ geringer 
war als die der nachher in Jodsilber umgewandelten Platte. 


4. Bemerkt soll noch werden, daß durch Baden von Bromsilber- 
platten in verdünnter Quecksilbersalzlösung (untersucht wurde 
HgCl, 1 : 1000) und nachfolgender Umwandlung in Jodsilber keinerlei 
Sensibilisierung eintritt, sondern im Gegenteil eine starke Ver- 
minderung der Empfindlichkeit. Bei den Versuchen, bei denen eine 
Bromsilbergelatineplatte in der oben angegebenen Sublimatlösung 
gebadet und dann in Jodsilber umgewandelt wurde, zeigte nach der 
Belichtung und Entwicklung eine ungebadete Kontrollplatte bereits 
eine weitgehende Schwärzung, während an der vorgebadeten Platte 
noch keine Spur einer solchen zu sehen war. 

5. Eigenartige Ergebnisse wurden erhalten, wenn die stark 
rotempfindlichen Platten, die zu dem auf S. 251 (Abb. 2, Taf. II) be- 


1) Daß die Werte hier etwas andere sind, als bei Versuch 6, mag seinen Grund in 
der besseren Verpackung der Platten haben, denn diese befanden sich in einem vollen 
Paket, während bei den zu dem ersten Versuch verwendeten Platten nur einige lose 
mit schwarzem Papier umhüllt im Karton lagen. 


2) Dieser Wert wurde nur roh geschätzt, da die Platte Randschleier zeigte, was 
ein genaues Ablesen unmöglich machte. 


256 Baukloh 

schriebenen Versuch verwandt worden waren, vor der Belichtung 
in Phenosafranin- oder auch Erythrosinlösung gebadet wurden. Die 
Schwärzung unter den einzelnen Farbfiltern war dann geringer als 
bei den ungefärbten Platten, während die Schwärzung unter dem 
Graustrcifen größer war. 

Die Platte war aus derselben Platte herausgeschnitten wie die 
zu Versuch 6a IG 251) verwendete.!) Vor der Belichtung wurde 
sie in einer Phenosafraninlösung I: 20000 10 Minuten gebadet und 
dann wie die ungebadete 100 Minuten unter dem Graukeil belichtet. 


ba 


17 o 
700 650 800 550 S00 40 0 
Fig. 3 


Die Werte für die Schwärzungen unter den einzelnen Filtern 
waren folgende (zum Vergleich sind die auf S. 251 unter Ga an- 
gegebenen Werte noch einmal wiedergegeben): 


| — [| o 


Unter d z k 
DPE SED Phenosafraninplatte ungefärbte Platte 


1 
u 


Graufilter. .. .... S 54° (100°/,) 46° 
Rotfilter . . . 2.2... WË 44° (40°/,) 90° 
Gelbfilter . . . . .. . ! 520 (830/0) 56° 
Grünfilter. ...... | 20° (4,3%/0) | 20° 
Blaufilter . . ..... 12%. E 16° 


| 


Die Werte sind in Fig. 3 als Kurve 11 eingezeichnet. 
Hieraus ergibt sich, daß bei der gebadeten Platte die Empfind- 
lichkeit für weißes Licht doppelt so groß ist als bei der ungebadeten, 


1) Und auch mit ihr zusammen in Jodsilber umgewandelt worden. 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 257 


während die Rotempfindlichkeit ungefähr 70mal kleiner, die Gelb- 
empfindlichkeit ı,5mal kleiner, die Grünempfindlichkeit die gleiche 
und die Blauempfindlichkeit 1,5mal kleiner ist. 

6. Durch die Feststellung der sensibilisierenden Eigenschaften 
von Quecksilberdampf für Jodsilbergelatine fanden auch eine Reihe 
von unbeabsichtigten und zunächst unerklärlichen Sensibilisierungs- 
erscheinungen, wie sie an reinen bindemittelfreien Jodsilberschichten 
beobachtet wurden, ihre Erklärung. 

Es kam des öfteren vor, daß sich die durch kathodische Zer- 
stäubung hergestellten Spiegel nach der Jodierung und Belichtung 
bereits als sensibilisiert erwiesen, ohne daß sie in einer Farbstoff- 
lösung gebadet worden wären. Bei der Behandlung solcher Spiegel 
mit Farbstofflösung und nachfolgender Belichtung blieb dann der 
Sensibilisierungseffekt aus oder es trat sogar eine geringe Desensibili- 
sierung ein. Es war zunächst keine Erklärung für diese Erscheinung 
zu finden, es war aber wohl klar, daß dieses Verhalten der Jodsilber- 
schichten durch die Art der Herstellung der Spiegel bedingt war, 
also wahrscheinlich durch die Anwesenheit irgendwelcher Dämpfe 
im Vakuum (bei den chemisch versilberten Spiegeln wurde diesen 
Erscheinung nicht beobachtet). Als solche konnten nur Kohlen- 
wasserstoffe, die vom Dichtungsfett herrührten, oder Quecksilber- 
dämpfe (Quecksilberpumpe) in Frage kommen. Durch die Beob- 
achtung derselben Erscheinung an Jodsilbergelatineschichten, die 
sich als durch Quecksilberdampf sensibilisiert erwiesen, kann wohl 
für die reinen Jodsilberschichten derselbe Grund angenommen 
werden, zumal da die Anwesenheit von Quecksilberdämpfen in dem 
Zerstäubungsgefäß eine sichere ist, wenn sie nicht durch Kühlung 
mit flüssiger Luft von diesem zurückgehalten werden. 


IV. Schlußbetrachtungen 


I. In den vorstehend beschriebenen Untersuchungen ist gezeigt 
worden, daß es möglich ist, Jodsilber in reinen, bindemittelfreien 
Schichten sowie als Jodsilbergelatineschicht optisch zu sensibili- 
sieren. Es muß daher verwunderlich erscheinen, daß dies bisher 
als unmöglich galt. Schon H W. Vogel stellte die Unmöglichkeit 
der optischen Sensibilisierung von Jodsilberemulsionen fest, ohne 
näher auf diese Frage einzugehen.!) Der einzige, der sich näher mit 


1) Poggendorffs Ann. 158. 235. 1874; H. W. Vogel, Handb. d. Phot. Bd. I, 
S. 202ff.; Bd. II, S. 153ff. S. a. Einleitung. 


258 Baukloh 


diesem Problem befaßt, ist Lüppo-Cramer. Er berichtet, daß es 
ihm nicht gelungen sei, Jodsilber (Gelatineplatten) optisch zu sen- 
sibilisieren, selbst wenn er die kornlosen Emulsionen, wie sie beim 
Lippmannschen Farbenverfahren benutzt werden, anwandte.!) 
Auch nach neueren Veröffentlichungen hat er sich mit der Sensibili- 
sierung von Jodsilber befaßt, aber immer mit negativem Erfolg.?) 
Nur unter einer Bedingung ist es ihm geglückt, eine Sensibilisierung 
an Jodsilbergelatine zu erzielen.?) 


Er hatte diffus vorbelichtete Bromsilberdiapositivplatten in 
Jodsilber umgewandelt, dann in Farbstofflösungen gebadet und nach 
dem Trocknen neben einer farbstofffreien Vergleichsplatte unter 
einem Eder-Hechtgraukeil belichtet. Nach der Entwicklung dieser 
Platten zeigten diese Umkehrungserscheinungen, d.h. die unter 
den Skalen des Keils belichteten Stellen erschienen nach der Ent- 
wicklung durchsichtig und die unbelichteten Stellen geschwärzt. 
Dabei erwiesen sich die mit Erythrosin und Phenosafranin gefärbten 
Platten als panchromatisch sensibilisiert. Im Widerspruch zu den 
Ergebnissen der vorliegenden Arbeit steht ferner noch die in seinem 
Werk über das Safraninverfahren?) gemachte Angabe, daß es ihm 
gelungen sei, Jodsilbergelatine ähnlich wie Bromsilbergelatine mit 
Phenosafranin zu desensibilisieren. Aus diesen Angaben geht deut- 
lich hervor, wie wenig geklärt die Frage der optischen Sensibilı- 
sierung von Jodsilber bisher war. 


2. Als weiteres Ergebnis der Untersuchungen ist die Tatsache 
zu bezeichnen, daß die reinen, bindemittelfreien Jodsilberspiegel 
sich in bezug auf die Sensibilisierungsfähigkeit genau so verhalten 
wie die Gelatineschichten. Der kolloid-disperse Zustand ist also 
keine Bedingung für die Sensibilisierungsfähigkeit, obwohl sie bei 
den Silberhaloidemulsionen stark von dem Dispersitätsgrad des 
Haloids abhängt. So tritt bei den sog. kornlosen Schichten, wie sie 
zur Interferenzfarbenphotographie nach Lippmann benutzt werden, 
durch die Sensibilisierung eine ganz außerordentliche Steigerung der 


!) Eder, Jahrb. d. Phot. 1903, S.40. 

2) Lüppo-Cramer, Kolloidchemie und Photographie. Verl. Steinkopff 1921. 
S. 88ff.; Lüppo-Cramer, Negativentwicklung bei hellem Licht, Leipzig 1921. S. 55. 

®) Lüppo-Cramer, Kolloidchemie und Photographie. 

t) Siehe Anm. 2 auf dieser Seite. Bemerkenswert ist noch, daß bereits J. Ac- 
worth die desensibilisierende Wirkung der Safraninfarbstoffe erkannt hat (Wied. 
Ann. 42. 371. 1891), die von Lüppo-Cramer durch dieses Werk als neu festgestellt 
wurde. 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 259 


Gesamtempfindlichkeit ein, während sie bei den höchstempfindlichen 
und grobkörnigen Trockenplatten im allgemeinen etwas zurückgeht. 
Hier hängt also die Sensibilisierungsfähigkeit von der spezifischen 
Oberfläche des betreffenden Haloids ab. 

Es entsteht nun die Frage, was für eine Änderung der Farbstoff 
an der dünnen Jodsilberschicht der jodierten Spiegel hervorruft, 
um dieser eine Empfindlichkeit für längerwelliges Licht zu erteilen. 
Wie schon erwähnt, tritt eine sichtbare Anfärbung der Schicht nicht 
ein. Selbst an einer verhältnismäßig dicken Jodsilberschicht mit 
Glasunterlage (ein undurchsichtiger Silberspiegel, der so lange Jod- 
dämpfen ausgesetzt wurde, bis alles Silber in Jodsilber umgewandelt 
war) konnte keinerlei Anfärbung festgestellt werden. Auch eine 
Änderung der Dicke der Schicht durch das Baden in Farbstofflösung 
war nicht zu beobachten. Um dies festzustellen, wurde ein keilförmig 
jodierter Silberspiegel (hergestellt durch Auflegen des Spiegels auf 
ein Glasrohr während der Jodierung) senkrecht zur Keilkante bis 
zur Hälfte in die Farbstofflösung getaucht und einige Minuten darin 
belassen. Eine Dickenänderung von der Größenordnung einer sicht- 
baren Lichtwellenlänge hätte sich dann durch eine Verschiebung 
der Interferenzstreifen auf der keilförmigen Schicht offenbaren 
müssen. Eine solche war aber nicht zu bemerken. 

Es bleibt daher nur noch die eine Möglichkeit, daß der Farbstoff 
sich in einer äußerst dünnen, vielleicht molekularen Schicht an die 
Oberfläche der Jodsilberschicht anlagert. Für die Erklärung der 
starken Anfärbbarkeit des Jodsilberkorns in den Gelatineschichten 
ist allerdings damit zunächst noch nicht viel gewonnen. Vielleicht 
verhält es sich hier so, daß sich in diesem Falle der Farbstoff an der 
Oberfläche des Korns anlagert. Die große spezifische Oberfläche der 
gesamten Jodsilberpartikeln in den Gelatineschichten würde dann 
die große Farbstoffaufnahme bedingen. Auch die Tatsache, daß 
das Anfärben einer hochdispersen Bromsilbergelatineemulsion eine 
stark verzögernde Wirkung auf deren Reifung (Teilchenvergrößerung) 
ausübt, spricht für die gemachte Annahme. Wie schon auf S. 241 
erwähnt, wurde bei der Entwicklung der Jodsilberspiegel die Er- 
fahrung gemacht, daß sich die mit Farbstofflösung behandelten 
Spiegel bei der Entwicklung mit Quecksilberdampf stets sauberer 
entwickelten als die ungebadeten, bei denen sich das Quecksilber 
mehr oder weniger auch an den unbelichteten Stellen anlagerte. 
Auch dies mag daran liegen, daß die dünne Farbstoffschicht die un- 
belichteten Stellen vor der Einwirkung der Quecksilberdämpfe schützt. 


260 Baukloh 


3. Versucht man nun für die in der vorliegenden Arbeit experi- 
mentell festgestellten Tatsachen eine Erklärung zu finden, so wäre 
wohl folgender Weg gangbar, Es ist schon von vielen Forschern 
die Ansicht vertreten worden, daß die photographischen Reaktionen 
auf elektrische Vorgänge zurückzuführen seien. Die mannigfach 
angestellten Untersuchungen haben auch gezeigt, daß photochemische 
Reaktionen zumeist auch mit lichtelektrischen Strömen verbunden 
sind. Für das vorliegende Problem sind vor allem die Arbeiten von 
H. Scholl und A. Goldmann von Bedeutung. H.Scholl stellte 
1899!) fest, daß beim Belichten einer Jodsilberschicht eine elektro- 
motorische Kraft entsteht, die dem einfallenden Licht entgegen- 
gerichtet ist. In einer späteren Arbeit kommt er zu dem Schluß, 
daß im violett bestrahlten Jodsilber unter der Einwirkung oszil- 
lierender elektrischer Kräfte freie Elektronen entbunden werden H 
Diese wandern in die Jodsilberschicht hinein und bedingen die auf- 
tretende Leitfähigkeit desselben. Er schreibt nun den bewegten 
Elektronen alle Eigenschaften der Kathodenstrahlen zu, also auch 
deren chemische Wirkungen, in diesem Falle die Dissoziation des 
Jodsilbers. 

Von Goldmann wurde die elektronische Auffassung durch 
experimentelle Untersuchungen an Farbstofflösungen weiter aus- 
gebaut.?2) Er kommt zu dem Ergebnis, daß aus den lichtabsorbieren- 
den Farbstoffmolekeln diejenigen Elektronen, die in Resonanz mit 
der sie treffenden Lichtwelle schwingen, aus dem molekularen Ver- 
band ausgelöst werden. Er spricht auch bereits die Vermutung aus, 
daß die sensibilisierende Wirkung der Farbstoffe in der orthochro- 
matischen Photographie dadurch zu erklären sei, daß die licht- 
elektrische Farbstoffempfindlichkeit sich über die vorhandene licht- 
elektrische Empfindlichkeit des Silberhaloids überlagert. 


Als weitere Bestätigung für die Annahme einer lichtelektrischen 
Wirkung bei der optischen Sensibilisierung sind die Arbeiten von 
Moser und Abney zu bezeichnen.?) Diese stellten fest, daß sie 
eine Verstärkung des lichtelektrischen Stromes in ihren elektro- 
chemischen Aktinometern erhielten, wenn sie die zu bestrahlende 
Elektrode in einer Farbstofflösung badeten. Moser benutzte als 


1) Wied. Ann. 68. 150. 1899 u. Ann. d. Phys. 16. 193, 417. 1905. 
2) Ann. d. Phys. 27. 528. 1908. 
3) J. Moser, Eder Jahrb. d. Phot. 1888, S. 296; W.de Abney, ebenda 1889, 


S. 147. 


Die optische Sensibilisierung von Jodsilber 261 
Elektrode jodierte Silberplatten, die er in Erythrosin badete. Er 
berichtet aber nur von einer Verstärkung des lichtelcktrischen Stromes 
ım allgemeinen, während Abney auch die sensibilisierende Wirkung 
des Farbstoffes für langwelliges Licht feststellte. 


Hiernach könnte man also für die sensibilisierende Wirkung der 
Farbstoffe an den Daguerreplatten folgende Vorgänge verantwortlich 
machen. Durch die Belichtung wird die äußerst dünne Farbstoff- 
schicht auf der Oberfläche der Jodsilberschicht lichtelektrisch erregt, 
es werden Elektronen frei. Diese wirken wie Kathodenstrahlen auf 
die darunterliegende Jodsilberschicht und bedingen dadurch eine 
Dissoziation des Jodsilbers. 

Was nun die sensibilisierende Wirkung von Quecksilber an- 
betrifft, so ist hier wahrscheinlich die Bildung von Spuren von Queck- 
silberjodid bzw. Quccksilbersilberjodid als Sensibilisator anzunehmen. 
Quecksilberjodid ist lichtelektrisch erregbar und zeigt dabei die 
Eigenschaft, daß die lichtelektrische Empfindlichkeit für rotes Licht 
bedeutend größer ist als für blaues. Es ist dies dieselbe Erscheinung, 
wie sie bei den mit Quccksilberdampf sensibilisierten Jodsilber- 
schichten in bezug auf die photographische Empfindlichkeit beob- 
achtet wurde, denn auch hier war die Empfindlichkeit für rotes Licht 
bedeutend größer als für blaues. Diese Analogie spricht auch für 
die oben gemachte Annahme eines Zusammenhangs der Vorgänge 
bei der optischen Sensibilisierung mit den lichtelektrischen Er- 
scheinungen. 


Zusammenfassung 


Reine Jodsilberschichten mit Silberunterlage nach Art der 
Daguerreplatten lassen sich durch Baden in verschiedenen Farb- 
stofflösungen optisch sensibilisieren. Bei den so behandelten Platten 
ist die Empfindlichkeit ziemlich gleichmäßig über das gesamte sicht- 
bare Spektrum verteilt. Durch diese Versuche wurde zum erstenmal 
gezeigt, daß es möglich ist, Jodsilber optisch zu sensibilisieren und 
daß sich ferner eine bindemittelfrcie Silberhaloidschicht durch Baden 
in einer Farbstofflösung farbenempfindlich machen läßt. 


Die von Wiener und Scholl aufgestellte Behauptung. daß die 
Daguerresche Platte dann eine maximale Empfindlichkeit besitzt, 
wenn ein Bauch der stehenden Lichtwelle in der Oberfläche der 
Jodsilberschicht liegt, konnte an sensibilisierten Platten für gelbes 
Licht bestätigt werden. 


262 Beck und Eggert. Erwiderung 

Jodeiberselacneschichten lassen sich durch dieselben Farb- 
stoffe wie die reinen Jodsilberschichten sensibilisieren. Es besteht 
also in bezug auf die Sensibilisierungsfähigkeit kein grundsätzlicher 
Unterschied zwischen den reinen, bindemittelfreien und den Jod- 
silbergelatineschichten. 

Bromsilbergelatineschichten, die Hanse Zeit gelagert hatten, 
erwiesen sich nach der Umwandlung in Jodsilber als hervorragend 
sensibilisiert. Die sensibilisierende Wirkung reichte dabei bis in 
das äußerste Rot. Es konnte nachgewiesen werden, daß diese Sensi- 
bilisierung auf die Einwirkung von Quecksilberdämpfen zurück- 
zuführen war. Vor der Umwandlung in Jodsilber zeigten diese Brom- 
silbergelatineplatten bereits eine schwache Sensibilisierung. Queck- 
silber ist demnach ein Sensibilisator für Brom- und Jodsilber. 


Die vorliegende Arbeit wurde im Physikalischen Institut der 
Universität Leipzig ausgeführt. Meinem hochverehrten Lehrer, 
Herrn Geheimrat Prof. Dr. O. Wiener, möchte ich auch an dieser 
Stelle für die Bereitstellung der Mittel sowie für das rege Interesse 
an dieser Arbeit meinen verbindlichsten Dank aussprechen. Ebenso 
danke ich Herrn Dr. F. Rother, auf dessen Anregung die vorliegende 
Arbeit ausgeführt wurde. 


Erwiderung 
Von 
H. Beck und J. Eggert 


Im Anschluß an eine kürzlich von uns publizierte Untersuchung 
über den Brennvorgang des Blitzlichtes stellten wir zwei beiläufige 
Betrachtungen an: 

I. Um einige weitere Anwendungsmöglichkeiten unseres Appa- 
rates vorzuführen, verglichen wir die Intensität einiger anderer 
Lichtquellen mit derjenigen des Blitzlichtes. 

2. Wir brachten eine kurze energetische Gegenüberstellung der 
beiden oft zu Augenblicksaufnahmen praktisch verwendeten Licht- 
quellen: Blitzlicht und Sonne. 

Zu diesen beiden Punkten hat Eder ausführlich Stellung ge- 
Dommen, H 


1) Diese Zeitschr. 24. 423. 1927. 


Baur. Bericht. zu d. Mitt. v. V. Sihvonen „Über d Natur d Desensibilierung‘“ 263 


Zu 1. Eder beanstandet unseren Gebrauch des Wortes 
„Aktinität“ und vermißt gewisse, besonders die klassischen Literatur- 
nachweise. Wir bemerken hierzu: Wir sprechen einwandfrei von 
dem Verhältnis der aktinischen Intensität zur psychologischen 
Helligkeit der betreffenden Lichtquellen, bezogen auf die verwendete 
Bromsilberemulsion. — Der Umfang der Literaturangaben ist An- 
sichtssache; wir folgten dem Grundsatz: Hauptthema — Original- 
arbeiten; Nebenfragen — Sammelreferate. Übrigens lehrt Eders 
Tabelle, daß unsere Messungen zutreffen. Wir können also Eders 
Einwendungen nicht anerkennen. 

Zu 2. Eder erhebt Bedenken gegen die von uns im Ver- 
gleich zur Sonnenstrahlung angegebene Farbtemperatur des Blitz- 
lichtes (240° abs) und folgert aus unseren übrigen Angaben 
durchaus zutreffend, daß die Farbtemperatur zu 2900° bis 3000° abs. 
angenommen werden muß. In der Tat ist uns hier ein Versehen 
unterlaufen, das deshalb von uns unbemerkt blieb, weil wir aus 
dieser nur nebenbei gemachten Bemerkung keinerlei weitere Schlüsse 
zogen. Auch gegen die Mahnung Eders, „daß die Verbrennungs- 
temperatur des Magnesiums nicht mit der Farbtemperatur zusammen- 
geworfen werden darf“, ist nichts einzuwenden, wir haben auch 
keine Behauptung in dieser Richtung aufgestellt. Nur möchten 
wir unsererseits bemerken, daß man auch nicht die Temperatur- 
zählungen zusammenwerfen darf. Normalerweise spricht man 
z. B. entweder von der Temperatur 3000° abs. oder 2727° C; 
der Sprachgebrauch Eders: „3000°C abs.“ ist ungewöhnlich und 


auch irreführend. 
(Eingegangen am 20. November 1927) 


Berichtigung zu der Mittellung von V. Sihvonen 
„Über die Natur der Desensibilierung“ 
Von 
Emil Baur 


Wie Herr A. Steigmann mir mitteilt, ist er der Ansicht, daß 
die Zeile, in welcher in der Arbeit von V. Sihvonen?) auf die 
Mitteilung von G. Koegel und A. Steigmann?) Bezug genommen 
ist, verbesserungsbedürftig se. Bei Sihvonen heißt es: „Die 


1) Z. wiss. Phot. 25. 1. 1927. 
DZ wiss. Phot. 2%. 18. 1926. 


264 Baur. Bericht. zu d. Mitt. v. V. Sihvonen „Über d. Natur d Desensibilierung“‘ 


Gelatine reagiere photochemisch mit dem desensibilierenden Küpen- 
farbstoff und fange so dasjenige Licht ab, welches sonst auf Brom- 
silber wirken würde.“ Dagegen heißt es bei Koegel und Steig- 
mann: „Die Desensibilierung kommt vermutlich dadurch zustande, 
daß der vom Bromsilber aktivierte Wasserstoff, der aus der sen- 
sibilierenden Gelatine kommt, vom Desensibilator abgefangen wird, 
so daß eine Reduktion des Halogensilbers nicht eintreten kann.“ 
Ich bedaure, daß die gekürzte Wiedergabe dieses Textes insofern 
irreführen kann, als man aus ihr nicht ersieht, daß das Bromsilber 
als eigentlicher Täter gemeint war. 

Herr A. Steigmann ist der Ansicht, daß die Darlegung, die 
in der Arbeit Sihvonens die Desensibilierung erfährt, durch ihn 
(Steigmann) vorweggenommen sei. Wir, Sihvonen und ich, 
vermögen diese Ansicht zwar nicht ganz zu teilen, doch lag es uns 
fern, irgend jemand verkürzen zu wollen. Insbesondere nehme ich 
die Gelegenheit wahr, um ausdrücklich anzuerkennen, daß auch 
H. H. Schmidt?!) im Halogensilber den Täter der Desensibilierung 
erblickt hat („wird meines Erachtens durch die Energie bewirkt, 
die vom Halogensilber quantenmäßig aufgenommen und wieder ab- 
gegeben wird, also nicht zu photochemischen Umsetzungen im 
Halogensilber führt“, a. a. O., Seite 227) Indessen dürfen wir, 
Sihvonen und ich, doch behaupten, daß die bisherigen Autoren 
nicht in der Lage waren, zutreffend anzugeben, durch welchen 
Prozeß die Desensibilierung zustande kommt. 


Zürich, 25. November 1927. 


1) A. a. O. 24. 223. 1926. 


(Eingegangen am 26. November 1927) 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen 


Stee 


Zeitschr. f. wiss. Phot. Bd. XXV Tafel II 


BEUR 


8 
d 


IBBREAN 


A, 
E 
CH 


Ze 
REKT 


E 

Xx 
= 
Fei 
LG 


E a” 
rn p> 


DCA 


Abb. 


Qə 
> 
g’ 
Er 

+ 


K. Baukloh 


Verlag von Johann Ambrosius Barth in Leipzig 


Zeitschrift 


` ew 


` wissenschaftliche Photographie 
-Photophysik und Photochemie 


Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen 
insbesondere von 


H. Kayser 


o. em, Profrssor an der Universität Bonn 
herausgegeben von 


K. Schaum 


o. 6. Professor an der Universität Gießen 


Mit 15 Figuren im Text 


E e ei kä EE ARE ét 
VERLAG VON ESCHER AMBROSIUS BARTH 


? 


EE EE En Wm EH 


| en auf die Zeitschrift werden von allen Buchhandlungen und von def Verlagsbuchhandlung 
genommer Der Abonnementspreis beträgt pro Band im In- u. Ausland Rm. 24.—, bei direkter 
| geir plich Porto im Inland Rm. 25.—, im Ausland Rm. 25.20, 
Mai 1928 E E TE O 


O? 


Inhaltsverzeichnis ` 


Onsinsiartieiter | 2 ner 
L. A. Jones, Photographische Ra im ultravioletten Gebiet. 
Mit 7 Figuren im Text . . , BE. A > .. 265 
Lüppo-Cramer, Zur Bildzerstörung durch Desensibilisatoren. Mit 5 gem 
im Text ee 282 , 


W. Dziobek, Die F arbtemperatur des Magnesiumlichts, Mit 3 Rz im Text 287 


— DU. nn 


Kleine Mitteilungen, Ultramikroskopische Beobachtungen an Halogen- 
lberkristallen a <. a Lt Tab a RN Te ee AE MEEN 


Bücherbesprechung Aw "KA gn Bn EEN Ate ee AM 


— — — -~ a ee 
—- — — = — — = E x _ L  — 


Anfragen und d'Meteo sind zu richten an 


Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr, 14. 


Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren 
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige ` 
Berichterstattung möglich ist, 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere 
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden. 


pe 


Reproduktions-Optik 


Apochromat-Tessare und Planare 
Filter - Müvetten - Prismen - Spiegel 
Einstell- Mikroskope r 


Druckschriften und jede gewünschte Auskunft kostenfrei von Carl Zeiss. Jena 


ei 
ww T e 


Digitized By Google KL 
>e na e 


Zeitichrift für willenichaftlidie Photographie, 
Photophylik und Photodiemie 


XXV. Band 1928 Heft 9 


Photographische Spektraiphotometrie im ultravioletten Gebiet 
Von 


L. A. Jones 


Mit 7 Figuren im Text 


(Mitteilung Nr. 314 des Forschungslaboratoriums der Eastman Kodak Co. 
Veröffentlicht durch die Technische Abteilung der Kodak A. G. Berlin) 


Es wird angenommen, daß der Zuhörerkreis, für welchen dieser 
Vortrag bestimmt ist!), hauptsächlich für die Anwendung der photo- 
graphischen Spektralphotometrie auf die Messung der Energie- 
verteilung in der Sonnenstrahlung interessiert ist. Der Autor trägt 
einige Bedenken, eine Arbeit über diesen Gegenstand vorzutragen, 
da er keine eigentliche Erfahrung über Messungen der Sonnen- 
strahlung besitzt. Es wurden aber in unserm Laboratorium eine 
große Anzahl von Arbeiten über die Anwendung photographischer 
Methoden zur Bestimmung der Ultraviolettabsorption ausgeführt, 
welche charakteristisch für Farbstoffe und andere selektiv ab- 
sorbierende Medien ist, und zur Messung der spektralen Verteilung 
der Empfindlichkeit in photographischen Materialien (1). Obgleich 
die Anwendung solcher Methoden auf die Messung der Sonnen- 
strahlung zweifellos gewisse Probleme darbietet, welche in dem 
Arbeitsgebiet, auf welchem wir die meiste Erfahrung besitzen, nicht 
vorkommen, so sind doch viele der Grundprinzipien beiden Arten 
von Arbeitsgebieten gemeinsam. Es ist zu hoffen, daß eine Dis- 
kussion einer Anzahl von Methoden, welche wir als brauchbar er- 
funden haben, und der Art und Weise, in welcher man photo- 
graphische Materialien anwenden sollte, um gewisse häufig vor- 
kommende Irrtümer auszuschließen, nützlich für diejenigen ist, 
welche ganz besonderes Interesse für die Messung der Sonnen- 
strahlung haben. 


mm m 


1) Vortrag, gehalten bei der 1927 stattgehabten Versammlung der Meteorologischen 
Sektion der American Geophysical Union. Abdruck aus Bulletin of the National 
Research Council No. 61, Washington D. C., 1927. 

Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 18 


266 Jones 


Die photographische Platte wird bereits seit etlichen Jahren 
für spektralphotometrische Arbeiten verwendet, und infolge ihrer 
Empfindlichkeit für Strahlungen von Schwingungszahlen außerhalb 
des sichtbaren Spektrums wurde sie praktisch unentbehrlich in den 
Fällen, wo es notwendig ist, in Gebieten zu arbeiten, die wenig 
oder vollkommen unsichtbar sind. Unglücklicherweise wurden viele 
Methoden für den Gebrauch der photographischen Platten zu dieser 
Art von Arbeiten ohne ausreichende Kenntnisse oder genügende 
Berücksichtigung der den photographischen Materialien innewohnen- 
den Eigenschaften ersonnen, was zur Folge hatte, daß die erhaltenen 
Resultate mehr oder weniger vom Standpunkt der Reproduzierbar- 
keit und Präzision als mißlungen angesehen werden müssen. Fehl- 
ergebnisse hinsichtlich der gewünschten Genauigkeit, welche gewöhn- 
lich auf eine ungeeignete Anwendung oder auf Unkenntnis der 
fundamentalen Eigenschaften der photographischen Materialien zu- 
rückzuführen sind, sollten noch nicht als ausreichende Begründung 
für eine ungerechtfertigte Verurteilung angesehen werden. Verfasser 
hat die starke Empfindung, daß mit sauberer experimenteller Technik 
und verständiger Interpretation der Resultate die photographische 
Methode befähigt ist, spektrophotometrische Daten im ultravioletten 
Gebiet zu liefern, welche in bezug auf Präzision den mit Hilfe irgend- 
einer radiometrischen Methode erhaltenen gleichwertig oder über- 
legen sind. Diese Bemerkungen sollten nicht so ausgelegt werden, 
daß der Eindruck erweckt wird, als seien keine ausreichenden Me, 
thoden entwickelt; dies ist nicht der Fall. Einige recht gute In- 
strumente sind angegeben worden und befriedigende Resultate wurden 
bei ihrem Gebrauch erzielt. Die Literatur über die photographische 
Spektralphotometrie ist umfangreich, und es soll in dieser Arbeit 
nicht der Versuch gemacht werden, einen Rückblick auf die auf 
diesem Gebiet geleistete Arbeit zu geben oder eine vollständige 
Bibliographie über diesen Gegenstand vorzulegen. 

Bevor wir fortfahren mit einer Diskussion der Instrumente und 
Methoden, dürfte es ratsam sein, in Kürze einige der Eigentümlich- 
keiten photographischer Materialien darzulegen, welche den Anlaß 
zu Irrtümern geben können, wenn diese Materialien zur Messung 
von Strahlungsintensitäten gebraucht werden. 

Der Intermittenzeffekt. Die photographische Platte sum- 
miert im allgemeinen nicht streng intermittierende Expositionen. 
Eine Exposition (Exposition Æ = Intensität Z mal Zeit Z) von de- 
finierter Größe, welche als eine Reihe von intermittierenden Blitzen 


Photographische Spektralphotometrie im ultravioletten Gebiet 267 


stattgefunden hat, gibt im allgemeinen nach der Entwicklung eine 
geringere Schwärzung als eine gleich große, kontinuierlich an- 
gewandte Exposition. Deshalb müssen unter gewissen Bedingungen 
die erhaltenen Intensitätswerte korrigiert werden, wenn der Ex- 
positionsmechanismus von intermittierender Art ist. Dieser Inter- 
mittenzeffekt ist von Abney (2), Schwarzschild (3), Sheppard 
nnd Mees(4) und vielen anderen studiert. Die neueste Arbeit ist 
diejenige von Davis (5), in welcher er zeigt, daß die Differenz 
zwischen der durch kontinuierliche und intermittierende Exposition 
hervorgerufenen Schwärzung je nachdem positiv oder negativ sein 
kann, was davon abhängig ist, ob der Intensitätsfaktor der Ex- 
position / größer oder kleiner ist, als die optimale Intensität /, des 
verwandten photographischen Materials. Für präzise Arbeiten auf 
dem Gebiet der photographischen Photometrie ist es daher un- 
erwünscht, Methoden mit intermittierenden Expositionen zu ver- 
wenden. 

Abweichungen vom Reziprozitätsgesetz. Die durch eine 
gegebene Exposition E hervorgerufene Schwärzung hängt nicht nur 
ab von dem Werte der Exposition Z=/.?:, sondern von den 
Größen der Intensität Z und der Expositionszeit 4 Die Beziehung 
zwischen den Werten des Intensitäts- und des Zeitfaktors bei der 
Exposition und der Größe der resultierenden Schwärzung wurde 
von zahlreichen Forschern auf diesem Gebiet untersucht, und die 
Literatur über diesen Gegenstand ist sehr umfangreich. Vielleicht 
ist die bekannteste dieser Arbeiten diejenige von Schwarzschild (6), 
welcher das allgemein unter seinem Namen bekannte Gesetz formulierte: 


E=]. P, 
Hierin ist p eine Konstante. Kron (7) führte im Jahre 1913 eine 


ausgedehnte Untersuchung über diesen Gegenstand aus und erhielt 
aus seinen Resultaten die folgende Gleichung: 


-a l AN gi 
E=ż.1.-10 vr) ; 


Diesem Gegenstand wurde in unserem Laboratorium während eines 
Zeitraums von 10 Jahren große Aufmerksamkeit zugewendet, und 
mehrere Arbeiten, welche über unsere Resultate berichten, wurden 
publiziert (8). Es hat sich zum Schluß ergeben, daß die Schwarz- 
schildsche Gleichung nicht streng gültig ist, und daß der Exponent p 
keine Konstante ist. Unsere Resultate, welche sich auf viele Tau- 
sende von Beobachtungen gründen, stimmen nicht gut mit der oben 
(Eh 


268 Jones 


gegebenen, von Kron stammenden Gleichung überein. Eine andere 
Gleichung, welche von Kron vorgeschlagen war, die aber seine 
Resultate nicht befriedigend wiedergaben, gab nach unseren Beob- 
achtungen präzisere Werte als jeder andere analytische Ausdruck, 
soweit wir versucht haben. Die Kurve, welche man erhält, wenn 
man die erhaltenen Werte in die Form von „Kurven konstanter 
Schwärzung“ bringt, ist vom Kettentyp und läßt sich ausdrücken 
durch die Gleichung 


dl EEN 


worin /, (optimale Intensität) und a Konstanten für jedes photo- 
graphische Material sind. 

Beziehung zwischen Gamma und der Wellenlänge. 
Wenn die Schwärzung D, welche durch die Gleichung 


D = log, z 

definiert wird, in welcher 7 der Transmissionskoeffzient des vor- 
liegenden Silberniederschlags ist, als Funktion von log Exposition 
dargestellt wird, so wird eine Kurve erhalten, wie sie A in Fig. ı 
vorstellt. Ein Teil dieser Kurve stellt, abgesehen von den Versuchs- 
fehlern, eine gerade Linie dar. Die Neigung (2) dieser Linie in bezug 
auf die Ä-Achse wird definiert durch tang e, wo e der Winkel ist, 
welchen die gerade Linie mit der X-Achse bildet. Die Kurve Æ 
in der gleichen Figur ist die charakteristische D- log Z-Kurve, die 
man erhält, wenn man bei dem gleichen Material eine längere Ent- 
wicklungszeit anwendet, als im Falle der Kurve A. Es folgt hieraus, 
daß die Neigung der geraden Linie d D/d log E von dem Maße der 
Entwicklung abhängt. 

Überdies ist für eine gegebene Entwicklungszeit y eine Funktion 
der Wellenlänge der Strahlung, mit welcher die Exposition aus- 
geführt wird. Diese Abhängigkeit der Neigung von der Wellen- 
länge ist in Fig. 2 graphisch dargestellt, welche Gamma als Funtion 
der Wellenlänge für verschiedene Entwicklungszeiten darstellt, wobei 
Eastman D. C.-Orthoplatten verwendet wurden. Es muß bemerkt 
werden, daß wenn die Entwicklungszeit kurz ist, der geringe Kon- 
trast y in seinem Werte gut konstant ist im Bereiche von 3000 
bis 4000 AE., wenn aber die Entwicklung zunimmt, so ist das er- 
haltene y bei 3000 viel kleiner als das bei 4000. Diese Beziehung 
zwischen y und der Wellenlänge der einwirkenden Strahlung ist 
verschieden für verschiedene photographische Materialien, und in der 


Photographische Spektralphotometrie im ultravioletien Gebiet 269 


Log. Expositionszeit 
Fig, 1. Schwärzungs-log Z-Kurve einer photographischen Platte 


photographischen Spektralphotometrie muß diese Beziehung bestimmt 
werden, es sei denn, daß gewisse Methoden angewandt werden, welche 
diesen Effekt automatisch ausschalten. In einer Arbeit, welche von 


3,00 


o 20 mm. Entw. 


2,50 ` y 10 min. Entw. 


1,00 i i e 25min. Entw. 


3000 3500 4000 4500 5000 5500 6000 63500 1000 
Wellenlänge 


Fig. 2. Beziehung zwischen Wellenlänge und Gamma 
für verschiedene Entwicklungszeiten 


270 Jones 


den sensitometrischen Charakteristiken photographischer Materialien 
im Ultraviolett handelt, hat Harrison (9) Kurven publiziert, welche 
die Beziehung zwischen 7 und der Wellenlänge für mehrere ver- 
schiedene Emulsionen von photographischen Platten zeigt. Seine Re- 
sultate zeigen, daß für gewisse Plattensorten Gamma praktisch unab- 
hängig von der Wellenlänge im Bereich zwischen 2500 und 3500 AE. 
ist, während für andere Materialien eine bedeutende Änderung inner- 
halb des gleichen Wellenlängenbereiches stattfindet. Verfasser hält 
es für unklug, die Konstanz von y in Beziehung zur Wellenlänge 
anzunehmen, selbst für Materialien von der gleichen Natur, wie sie 
Harrison verwandt hat, ohne jedoch eine genaue Angabe über die 
speziell verwandte Emulsionsnummer zu machen. Es ist wohl be- 
kannt, daß verschiedene Güsse einer Emulsion kleine Abweichungen 
in ihren Charakteristiken zeigen können; wenn auch diese Ab- 
weichungen der Qualität für praktische Zwecke ohne Belang sind, 
so können sie doch leicht groß genug sein, um unzulässige Fehler 
bei der photographischen Spektralphotometrie zu bewirken. 
Ungleichförmigkeit der wirksamen Empfindlichkeit. 
Selbst sehr sorgfältig hergestellte photographische Materialien können 
meßbare Unterschiede in der Empfindlichkeit an verschiedenen Stellen 
zeigen, auch wenn die verwendete Fläche verhältnismäßig klein ist. 
Diese Schwankungen in der Empfindlichkeit können durch Faktoren 
hervorgerufen sein wie: Ungleichmäßigkeit in der Dicke des Gusses, 
Schwankungen in der spezifischen Empfindlichkeit der Emulsion oder 
geringe Unterschiede in der Art, wie die Entwicklung an ver- 
schiedenen Stellen der Platte angreift. Während gewöhnlich diese 
Ungleichmäßigkeiten zu geringfügig sind, um bei praktischen Arbeiten, 
zu welchen diese Materialien gewöhnlich verwendet werden, sich be- 
merkbar zu machen, so können sie von großer Bedeutung werden 
und eine ausreichende Größe besitzen, um ernsthafte Fehler hervor- 
zurufen, wenn sie für Zwecke quantitativer Messungen benutzt werden. 
Fehler bei der Entwicklung. Es ist recht schwierig, zwei 
Proben eines photographischen Materials in genau gleichem Mate 
zu entwickeln. Dies ist auf zahlreiche Faktoren zurückzuführen wie 
Schwankungen in dem Maße der Zirkulation der Entwicklungs- 
flüssigkeit über der Oberfläche der Platten oder der Films, Schwan- 
kungen der Temperatur und der Zeit der Entwicklung usw. Von 
allen Methoden, soweit solche angegeben sind, zur Erzielung einer 
gleichmäßigen Entwicklung einer relativ großen Fläche ist wahr- 
scheinlich die sogenannte „Pinsel“-Methode, welche von Bloch (10) 


Photographische Spektralphotometrie im ultravioletten Gebiet 271 


und Clark (11) vorgeschlagen und beschrieben worden ist, die beste. 
Messungen, welche in unserem Laboratorium ausgeführt worden sind, 
zeigen, daß die Fehler, welche einer mangelnden Gleichmäßigkeit 
der Entwicklung zuzuschreiben sind, und auftreten, wenn die Platten 
in einem Behälter oder in einer Schale entwickelt werden, durch 
Anwendung der Pinsel-Methode erheblich vermindert werden. 

Kriterien der Intensitätsgleichheit. Unter Beachtung dieser 
Charakteristiken mögen nun die Bedingungen streng definiert werden, 
unter denen zwei Strahlungsintensitäten gleich sind. Wenn man zwei 
unmittelbar aneinander grenzende kleine Flächen A und 2 auf der 
Oberfläche eines photographischen Materials den beiden zu ver- 
gleichenden Intensitäten aussetzt, und wenn man ein so exponiertes 
Material in der Weise entwickelt, daß die zwei Flächen genau die 
gleiche Behandlung bezüglich Entwicklung, Fixierung, Auswaschung, 
Trocknung usw. erfahren, und wenn man die resultierende Schwärzung 
unter identischen Bedingungen der Beleuchtung und Beobachtung 
ausmißt, so mögen die verschiedenen eingehenden Faktoren zur 
Verständigung folgendermaßen bezeichnet werden: 


Flächen. 2 2, 2m Ee e A B 
Intensität der einfallenden Strahlung ... A 4 
Wellenlänge der einfallenden Strahlung. . A, 2, 
Expositionszeit . .... : 2222er een l h 
Dichte cieve E ee 33a D, D, 


Im allgemeinen ist / nur dann gleich /,, wenn beide Expositionen 
nichtintermittierend ausgeführt werden, und wenn 


se fa, 
=, und 
D, = D; ist. 


Für den Fall, daß die zwei Strahlungen, welche verglichen 
werden sollen, nicht monochromatisch sind, muß die Bedingung, 
daß y, = y, sein soll, durch die Forderung ersetzt werden, daß die 
zwei heterogenen Strahlungen von identischer spektraler Zusammen- 
setzung sind. Jegliche photographisch-spektrophotometrische Me- 
thode, welche jeder Kritik standhalten soll, müßte die im vor- 
stehenden aufgestellten Bedingungen erfüllen. Der Wert der durch 
eine Methode erhaltenen Resultate, welche nicht diese Bedingungen 
erfüllt, muß so lange kritisch beurteilt werden, bis sorgfältig geprüft 
worden ist, daß der durch Nichtberücksichtigung der theoretischen 
Forderungen eingegangene Fehler in jedem einzelnen Falle inner- 


272 Jones 


halb der zugelassenen Fehlergrenzen liegt, wie sie durch die er- 
forderliche Präzision gegeben sind. 


0,0 Log-E für A 
1,8 Log-E für B 


I 
1,7 Log- E für € 


i 1 t 
ve 13 1209 06 03 0 Skala der Dichte des Ab- 
46 vw 25 wë ——Skalader EHER. ee 


Fig. 3, Diagramm zur Veranschaulichung der Methode zur Messung 
der Strahlungsintensität 


Eine Methode zur Ausführung von spektralen Absorptions- 
messungen im sichtbaren Gebiet (12) ist in unserm Laboratorium 
entwickelt worden, sie erfüllt sämtliche im vorstehenden aufgestellten 
Bedingungen. Man hat daran gedacht, diese Methode mit Nutzen 
auf die Messung der Sonnenstrahlung im Ultravioletten auszudehnen. 
Das Grundprinzip kann am besten an Hand der Fig. 3 dargelegt 
werden. Die schmale rechtwinklige Fläche A stellt die Schwärzung 
dar, welche dadurch hervorgebracht wurde, daß man das photo- 
graphische Material in der Weise exponierte, daß der Zeitfaktor £ 
konstant gehalten wurde, und der Intensitätsfaktor Z logarithmisch 
anwuchs von log Æ =o am rechten Ende bis zu log £ = 1,8 am linken 
Ende. Die Beziehung zwischen der Schwärzung und dem Loga- 
rithmus der Exposition auf dieser Fläche ist dargestellt durch die 
Kurve A. Der schmale Streifen B stellt eine Exposition auf dem 
gleichen Material und von der gleichen Lichtquelle dar, wobei 
log ZE so vom linken Ende her bis zu log Ee 1,8 am rechten 
Ende anwächst. Diese Schwärzungsverteilung entspricht der Kurve 2. 


Photographische Spektralphotometrie im ultravioletten Gebiet 273 


Es ist klar, daß sich die zwei Kurven in einem Punkte in der Mitte 
zwischen den Nullpunkten der zwei Streifen schneiden, wobei dieser 
Schnittpunkt demjenigen Punkte entspricht, wo die Dichte der einen 
derjenigen der anderen gleich ist. Wenn nun noch ein dritter 
Streifen C unter genau den gleichen Bedingungen exponiert worden 
ist, mit der Ausnahme jedoch, daß ein Lichtfilter von unbekanntem 
Absorptionsvermögen zwischen Lichtquelle und photographische 
Platte eingeschaltet wurde, so entspricht die durch die Fläche C 
dargestellte Schwärzung der Kurve C. Der Punkt, in welchem 
Schwärzungsgleichheit zwischen den Streifen C und 2 eintritt, ist 
gegeben durch den Schnittpunkt der Kurve C mit B und die seit- 
liche Verschiebung desselben in bezug auf den Schnittpunkt der 
Kurven A und 2 ist dann ein direktes Maß für das Absorptions- 
vermögen des unbekannten Filters. Dehnt man dies auf die Messung 
der Intensität einer Strahlung aus, so ist es nur notwendig, die 
Fläche C: einer Lichtquelle unbekannter Intensität zu exponieren; 
diese muß aber die gleiche Wellenlänge oder doch die gleiche 
spektrale Zusammensetzung haben wie die zur Exposition des 
Streifens 3 verwendete. Die Verschiebung des Punktes z, in wel- 
chem Schwärzungsgleichheit auftritt, von der Lage des Punktes o 
ist ein direktes Maß für die Intensität der unbekannten Lichtquelle 
verglichen mit der, welche beim Streifen 3 verwendet wurde. Es 
wurde Nachdruck darauf gelegt, daß das Kriterium der Intensitäts- 
gleichheit darin besteht, daß unmittelbar aneinandergrenzende Stellen 
auf dem gleichen photographischen Material gleiche Schwärzungen 
für gleiche Expositionszeiten ergeben. 

Offensichtlich muß die Entwicklung sehr nahe gleich für die 
zwei Flächen sein, und überdies gilt, als Folge einer geometrischen 
Überlegung an der Figur, daß die Lage des Gleichheitspunktes un- 
abhängig von dem Ausmaß ist, bis zu welchem die Entwicklung 
getrieben wird. Außerdem ist es auch nicht nötig, daß der 
Schwärzungswert auf dem geradlinigen Stück der charakteristischen 
Kurve liegt. Es ist offenbar, daß wegen der Annahme, daß A, =4, 
ist, die Kurven C und B gleiche Form haben müssen; deshalb ist 
die seitliche Verschiebung der Kurve C direkt proportional der 
relativen Intensität der zwei Lichtquellen, ohne Rücksicht darauf, ob 
sich die Kurven in ihren geradlinigen Stücken schneiden oder nicht. 

Die Anwendung dieser Arbeitsmethode auf das sichtbare Gebiet 
ist in Fig. 4 veranschaulicht, deren oberer Teil einen schematischen 
Horizontalschnitt durch das Instrument zeigt. Der Spalt S ist durch 


274 Jones 


eine geeignete Lichtquelle beleuchtet. Das Licht wird durch eine 
Linse Z gesammelt, durch das Diffraktionsgitter G dispergiert und 
in der Ebene des Spektrums CD durch die Linse L, abgebildet, 
wobei die photographische Platte in der Ebene des Spektrums auf- 
gestellt ist. Eine Parallellinien-Rasterplatte, wie in der linken Ecke 
der Fig. 4 dargestellt, wird in Kontakt mit der lichtempfindlichen 
Schicht in der Ebene des Spektrums aufgestellt, wobei die Raster- 
streifen vertikal zu liegen kommen. Photographische Platte und 


Aufriß durch C-D 
Schlitz- Platte 


Wellenlängen - Skala 


q — — -r 


Fig. 4. Schematische Zeichnung des photographischen Spektralphotometers 


Raster sind auf einem Halter montiert, welcher senkrecht zur Zeichen- 
ebene hinter einem flachen Spalt auf und ab bewegt werden kann. 
Dieser hat horizontale Ausdehnung durch das Spektrum und zwar 
innerhalb der Zeichenebene. Zwischen den Linsen Z und Z, ist 
ein justierbares Sektorendiaphragma aufgestellt, mit Hilfe dessen die 
Intensität der auf die photographische Platte einfallenden Strahlung 
kontrolliert werden kann. 

Die Expositionen wurden folgendermaßen ausgeführt: Die photo- 
graphische Platte, mit dem Raster bedeckt, wird vertikal mit einer 
konstanten geradlinigen Geschwindigkeit bewegt, während zur gleichen 


Photographische Spektralphotometrie im ultravioletten Gebiet 275 


Zeit das Sektorendiaphragma in der Weise verkleinert wird, daß die 
auf die photographische Platte auftreffende Intensität logarithmisch 
abnimmt. Auf diese Weise wird eine Exposition erzielt, wie sie 
dem Streifen B in Fig. 3 entspricht. Die Rasterplatte wird nun 
seitlich um eine Strecke bewegt, welche der Breite des undurch- 
lässigen Streifens entspricht, indem sie auf diese Weise die zuvor 
unbedeckten exponierten Teile vor einer weiteren Exposition schützt, 
dagegen diejenigen Flächen freigibt, welche zuvor nicht exponiert 
waren. Nun wird das zu untersuchende absorbierende Material ein- 
geschoben, die Platte vertikal in entgegengesetzter Richtung mit 


500 520 540 560 580 600 620 
Wellen-Längen-Skala (pyu) 


Fig. 5. Aufzeichnung eines Versuchsresultates mit dem photographischen 
Spektralphotometer 


konstanter gleichförmiger Geschwindigkeit bewegt, das Diaphragma 
in der Weise geöffnet, daß es eine logarithmisch wachsende Ex- 
position ergibt, wobei sich eine Exposition durch das Filter hindurch 
ergibt, wie sie im Streifen C dargestellt ist. Für Arbeiten im sicht- 
baren Gebiet wird ein Diffraktionsgitter mit normaler Dispersion 
verwendet. Daher entspricht einem konstanten Strichabstand eine 
konstante Wellenlängendifferenz. Der verwandte Gitterstreifen ist 
von einer Weite, welche einem Wellenlängenband von 5 u entspricht. 
Das Aussehen der resultierenden Platte nach der Entwicklung ist 
dargestellt in Fig. 5. Eine Verbindungslinie der Punkte gleicher 


276 Jones 


Schwärzung gibt direkt die Wellenlängen-Schwärzungskurve der ab- 
sorbierenden Substanz. In Fig. 6 zeigt die schematische Zeichnung 
die zur Bewegung der photographischen Platte nach oben und unten 
mit konstanter linearer Geschwindigkeit verwendete Methode, ebenso 
die zum Öffnen oder Schließen des Sektordiaphragmas zwecks Ver- 
stärkung oder Abschwächung der Intensität nach der logarithmischen 
Beziehung. Die Führungsplatten 15 und 14 werden mit konstanter 
linearer Geschwindigkeit getrieben mit Hilfe eines Synchronmotors 
und einer sorgfältig geschnittenen Führungsschraube. 

Um die volle Breite der photographischen Platte auszunutzen, 
ist es in der Praxis vorteilhaft, den Gleichheitspunkt Null so zu ver- 
legen, daß er in der Nähe einer Ecke der Platte liegt, denn eine 
Abnahme der Intensität, hervorgerufen durch die absorbierende Sub- 
stanz, gibt Punkte gleicher Schwärzung, welche zwischen o und 
der oberen Ecke der Platte liegen (Fig. 5). 

Die Bestimmung der Punkte gleicher Schwärzung zwischen an- 
einandergrenzenden Streifen und Linien kann mit großer Präzision 
mit Hilfe eines Mikroschwärzungskomparators erfolgen, welcher ge- 
eignet ist, eine schmale Fläche auf jedem Streifen nahe an der 
Trennungslinie getrennt zu messen. Es ist nicht nötig, absolute 
Schwärzungsmessungen zu machen, da nur dieLage der Schwärzungs- 
gleichheit von Belang ist. Der Mikroschwärzungskomparator kann 
entweder vom subjektiven oder objektiven Photometertyp sein. 

Bei der Modifizierung dieser Methode zur Erfüllung der An- 
forderungen bei der Sonnenstrahlungsmessung wird es möglicher- 
weise nötig sein, das Diffraktionsgitter durch ein Quarzprisma zu 
ersetzen, und selbstverständlich müssen dann auch alle Linsen aus 
Quarz hergestellt sein. Fernerhin muß eine Standardlichtquelle ver- 
wandt werden, um die Vergleichsexposition herzustellen. Setzt man 
die Standardlichtquelle in eine geeignete Stellung außerhalb der 
optischen Achse und verwendet man ein total-reflektierendes Prisma 
gegenüber der Eintrittsöffnung, welches nach Belieben ein- und aus- 
geklappt werden kann, so kann die erste Serie von Expositionen 
mit Hilfe der Sonnenstrahlung und die zweite Serie mit Hilfe der 
Strahlen der Standardlichtquelle ausgeführt werden. Es ist wahr- 
scheinlich, daß für das Gebiet zwischen 450 und 350 un die 
beschriebene Rasterplattenmethode voraussichtlich dazu verwandt 
werden kann, um eine Energiebestimmung innerhalb eines beträcht- 
lichen Wellenlängengebiets aus einer Exposition zu erhalten. Im 
Gebiet von Wellenlängen unter 350 un, wo das Maß der Änderung 


Pholographische Spektralphotometrie im ultravioletten Gebiet 277 


der Sonnenstrahlenintensität mit der Wellenlänge groß ist, ist es 
wahrscheinlich, daß das abgebeugte Licht ernstlich in Betracht 
kommt, wenn man versucht, die Strahlungsintensität über ein 
Wellenlängengebiet von meßbarer Ausdehnung zu bestimmen. Fabry 
und Buisson (13) benutzten zwei Spektroskope in Serie, um eine 
monochromatische Strahlung frei von Störungen zu erhalten, die 
durch Beugungsvorgänge im optischen System hervorgerufen werden. 
Dies ist zweifellos die beste Methode zur Erzielung einer hohen 
Reinheit bei Spektren, obwohl eine recht gute Annäherung zur Er- 


P 


zum justierbaren Diaphragma 


Aufriß durch o-c 


Fig. 6. Diagramm zur Veranschaulichung der Methode zur Bewegung 
der photographischen Platte und zum Antrieb des Intensitätsreglers 


zielung einer befriedigenden Reinheit durch den Gebrauch möglichst 
engbegrenzter monochromatischer Filter erreicht werden kann, welche 
eine Strahlung von der Wellenlänge durchlassen, welche gemessen 
wird. In unserer Arbeit (a. a. O.) über die Empfindlichkeit photo- 
graphischer Materialien im ultravioletten Gebiet fanden wir es völlig 
unmöglich, durch irgendeine andere Methode eine ausreichende 
Reinheit zu erzielen, ausgenommen die Methode des doppelt mono- 
chromatischen Illuminators. Die Verwendung monochromatischer 
Filter verbot sich bei dieser Arbeit von selbst, wegen der Not- 
wendigkeit, die Transmission des Filters selbst für die verschiedenen 
Wellenlängen zu bestimmen. Bei Messung der Sonnenstrahlung 
jedoch, wenn das Filter sowohl während der Sonnenlichtexposition 


278 Jones 

als auch während derjenigen durch die Vergleichslichtquelle da- 
zwischen gesetzt wird, ist es nicht nötig, die Durchlässigkeit des 
Filters für die in Betratht kommende Wellenlänge zu kennen. 

Benutzt man einen monochromatischen Illuminator zur Lieferung 
der Strahlung für das’'Spektrophotometer, wie in Fig. 6 gezeigt wurde, 
so kann man eine hohe Reinheit des Spektrums erzielen. Es dürfte 
nötig sein, frei mit dem Raster umzugehen und ein paar abgestufte 
Expositionen auszuführen, eine mit der Sonnenstrahlung und eine 
mit der Standardlichtquelle für jede einzelne Wellenlänge. In diesem 
Falle muß der Spalt Fig. 4 durch ein kleines Quadrat ersetzt werden, 
dessen Öffnung in Richtung der Dispersion eine Abmessung äqui- 
valent zu einem sehr engen Wellenlängengebiet hat. Das auf diese 
Weise erhaltene Resultat besteht aus einem einzelnen Paar von 
Schwärzungsstreifen, welche in entgegengesetzten Richtungen ab- 
gestuft sind, wobei die Lage des Punktes gleicher Schwärzung be- 
nutzt wird, um die relative Intensität der Sonnenstrahlung und der 
Vergleichslichtquelle zu bestimmen. 

Die mechanische Konstruktion des Instrumentes, das man zur 
Anwendung dieser Methode benötigt, kann beträchtlich vereinfacht 
werden durch Anwenuung einer stufenweise veränderlichen Ex- 
positionsmethode an Stelle der beschriebenen kontinuierlich ver- 
änderlichen. Schwärzungsmessungen, welche nach dieser Methode 
ausgeführt werden, dürften eine sensitometrische Kurve für die 
Sonnenstrahlung und für die Strahlung der Vergleichslichtquelle für 
jede Wellenlänge ergeben. Der Schnittpunkt der beiden Kurven, 
welcher dem Schnittpunkt der Kurven Z und C in Fig. 3 entspricht, 
bestimmt dann die relative Intensität der zwei Strahlungen. Die 
photographische Platte kann von Hand aus bewegt werden oder 
mit Hilfe eines automatischen Mechanismus, entsprechend dem für 
die diskontjnuierliche Veränderung des Diaphragmenhalters. Eine 
Serie von festen Diaphragmen vom radialen Sektortyp dürfte wahr- 
scheinlich besser sein, als ein Satz von variablem Durchmessertyp, 
da der erstere unabhängig ist von jeglicher zonaler Aberration im 
optischen System. Die Intensität kann mit Vorteil mit Hilfe von 
Blättchen reguliert werden,’ welche aus einem Platinniederschlag, 
hergestellt durch Kathodenzerstäubung, auf dünnen Quarzplatten 
bestehen. Dieses Material ist verhältnismäßig nonselektiv in dem 
Gebiet zwischen 250 und 450 uu, wie durch die spektrophotometrische 
Schwärzungskurve in Fig. 7 gezeigt wird. Solche Blättchen können 
ausgemessen werden durch irgendein beliebiges radio-mikrophoto= 


Photographische Spektralbhotometrie im ultravioletien Gebiet 279 


graphisches Verfahren. Wenn diese nicht diffus sind, so ist ihre 
Ausmessung nicht so gestört wie bei Blättchen, welche durch 
Verwendung entwickelter photographischer L chteindrücke hergestellt 
werden. Im Falle der letztgenannten Materialien ist es wesentlich, 
sie in der Lage auszumessen, in welcher sie verwandt werden sollen, 
um sicher zu sein, daß der gemessene Schwärzungswert dem wirk- 
samen Schwärzungswert äquivalent ist. 

e Doppelmonochromatische Quarzilluminatoren sind nicht im 
Handel erhältlich; ein ausgezeichnetes Exemplar wurde von Carl 
Zeiss, Jena, hergestellt. Durch Hinzufügung eines geeigneten Satzes 
schwächender Diaphragmen zu einem dieser Instrumente und An- 


1,4 


200 300 


400 
Wellenlänge 
Fig. 7 


bringung eines Plattenhalters an der Austrittsëffnung des Instruments 
dürfte es möglich sein, das Prinzip der oben ausgeführten Methode 
anzuwenden. Diese besteht im wesentlichen in der Herstellung einer 
Serie von sensitometrischen Schwärzungen mit Hilfe der Strahlung 
von unbekannter Intensität und einem völlig ähnlichen Satz mit 
einer Strahlung von bekannter Intensität, ausgeführt für jede Wellen- 
länge. Die sensitometrische Exposition kann entweder kontinuier- 
lich abgestuft sein, wie bei dem Instrument für die Arbeit im sicht- 
baren Gebiet, oder diskontinuierlich (Stufe für Stufe), was zweck- 
mäßiger ist. Im Falle kontinuierlicher. Veränderung der Exposition 
wird die relative Energie bestimmt durch die Auffindung der In- 
tensitätsgleichheit zwischen den zwei sensitometrischen Streifen, wo- 
durch die Notwendigkeit von Schwärzungsmessungen fortfällt. Im 
Falle der stufenweisen Methode muß man Schwärzungsmessungen 
ausführen und die resultierende charakteristische Kurve für die Be- 


280 Jones 


ziehung zwischen Schwärzung und log Æ aufstellen. Der Schnitt- 
punkt zwischen so erhaltenen charakteristischen Kurven bestimmt 
den gesuchten relativen Intensitätswert. 

Als Vergleichslichtquelle dürfte wahrscheinlich ein streifen- 
förmiger Wolframfaden in einer Quarzbirne das beste sein. Eine 
solche Lichtquelle, gespeist mit einem Strom von einer Akkumu- 
latorenbattrie und geregelt mit einer potentiometrischen Methode, 
dürfte über eine sehr lange Zeitperiode mit einer sehr beträchtlichen 
Präzision konstant bleiben. Die relative Intensität der emittierten 
Strahlung bei verschiedenen Wellenlängen kann für einen Wolfram- 
draht bei bekannter Temperatur nach der bekannten Strahlungs- 
formel berechnet werden. Die Konstanten für Wolfram sind mit 
hoher Präzision bestimmt worden. Ein Wolframdraht entsendet bei 
einer Temperatur von 2960°K genügend Strahlung im Gebiete 
zwischen 290 und 400 uu, um als äußerst befriedigende Standard- 
lichtquelle zum Vergleich mit der Sonnenstrahlung zu dienen. Der 
streifenförmige Wolframdraht in einer Quarzbirne wurde in unserm 
Laboratorium als Strahlungsstandard in diesem Gebiet im Zusammen- 
hang mit unserer Arbeit über die Messung der photographischen 
Empfindlichkeit verwendet. Benutzt man einen doppelten Mono- 
chromator von relativ hoher Apertur und gewöhnliche photo- 
graphische Materialien des Handels, so kann man Expositionen bis 
herab zu 300 uu in ziemlich kurzer Zeit erhalten. 

Empfindlichkeit photographischer Materialien. Die Emp- 
findlichkeit photographischer Materialien erstreckt sich weit ins Ultra- 
violett hinein und eine gewisse Schwierigkeit hat sich bei spektro- 
photometrischen Arbeiten in diesem Gebiete herausgestellt, nämlich für 
praktische Zwecke eine ausreichende Empfindlichkeit zu erzielen. Wie 
oben festgestellt wurde, ist Gamma in den meisten Fällen relativ 
klein bei Wellenlängen zwischen 2500 und 3000 AE. so daß maximal 
Schwärzungen resultieren, welche verhältnismäßig gering sind. Die 
oben erwähnte Arbeit von Harrison (9) orientiert uns über die Emp- 
findlichkeitsverteilung für zahlreiche wohlbekannte photographische 
Materialien. Derselbe Autor hat auch eine Arbeit veröffentlicht (14), 
welche von der Wirkung verschiedener fluoreszierender Öle auf die 
Steigerung der Empfindlichkeit photographischer Materialien gegen- 
über der ultravioletten Strahlung handelt. Dieser Kunstgriff dürfte 
vorteilhaft sein beim Arbeiten im extremen Ultraviolett bei Wellen- 
längen unter 250 uu, aber es ist nicht wahrscheinlich, daß er irgend- 
einen besonderen Vorteil bei Messung der Sonnenstrahlen bietet. 


Photographische Spektraipholometrie im ultravioletten Gebiet 231 


Zum Schluß ist es erwünscht, nochmals zu betonen, daß ge- 
wisse definierte Bedingungen im Auge behalten werden müssen, 
wenn man photographische Materialien zur Messung von Strahlungs- 
intensitäten verwendet. Diese sollen kurz dahin zusammengefaßt 
werden, daB im allgemeinen zwei Strahlungsintensitäten nur dann 
gleich sind, wenn für gleiche Expositionszeiten gleiche Schwärzungen 
erzielt werden, wobei vorausgesetzt ist, daß beide Expositionen nicht 
intermittierend sind, daß die zwei Strahlungen gleiche Wellenlänge 
besitzen oder, wenn sie heterogen sind, von gleicher spektraler Zu- 
sammensetzung, daß ferner die zwei Schwärzungen durch identisches 
Arbeiten bei Entwicklung, Fixierung, Auswaschen und Trocknen usw. 
hergestellt worden sind. Es ist vorzuziehen, daß die zwei zu ver- 
gleichenden Schwärzungen auf der gleichen photographischen Platte 
unmittelbar aneinander angrenzen, um die möglichen lokalen Schwan- 
kungen in der Empfindlichkeit der Materialien möglichst herabzusetzen. 


Rochester, N.Y., Research Laboratorium Eastman Kodak Co. 


Literatur 


1) L. A. Jones und O. Sandvik, J. O. S. A. 12 (4) 401, April 1926. 

2) W. de W. Abney, Phot. J. 18. 56. 1893. 

3) K. Schwarzschild, Astroph. J. 11. 92. 1900. 

4) Sheppard und Mees, Untersuchungen über die Theorie der photographischen 
Prozesse. S. 222. 1907. 

5) Raymond Davis, Bur. Standards Sci. Paper No. 528, 1926. 

6) K. Schwarzschild, Phot. Korr. S. 171, 1899; Astroph. J. 11. 89. 1900. 
Beitr. z. phot. Photom. d. Gestirne. 

7) Kron, Eders Jahrbuch, S. 6. 1914. 

8) L. A. Jones und E. Huse, J. O. S. A. 7. 12, 1079, Dez. 1923; 11. (4) 319, 
Okt. 1925; L. A.Jones, E. Huse und V. C. Hall, J. O. S. A. 12. (4) 321, April 1926; 
L. A. Jones und V. C. Hall, J. O. S. A. 13. (4) 443, Okt. 1926; L. A. Jones, 
V.C. Hall und R. M. Briggs, J. O. S. A. 14. (3) 223, März 1927. 

9) G. R. Harrison, J. O. S. A. 11. 341. 1925. 

10) O. Bloch, Phot. J. 61. 425. 1921. 

11) W. Clark, Phot. J. 65. 76. 1925. 

12) L. A. Jones, J. O. S. A. 10. 561. 1925. 

13) Ch. Fabry und H. Buisson, Astroph. J. 54. 297. 1921. 

14) G. R. Harrison, J. O.S. A. 11. 113. 1925. 


(Eingegangen am 25. November 1927) 


Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 19 


282 Lüppo-Cramer 


Zur Bildzerstörung durch Desensibilisatoren 


Von 
Lüppo-Cramer 


Mit 5 Figuren im Text 


Unvorsichtige Behandlung hochempfindlicher Platten mit dem 
roten Dunkelkammerlichte äußert sich bekanntlich in einer zunehmen- 
den Schleierbildung. Indessen geht aus verschiedenen neueren Arbeiten 
des Verfassers(1) hervor, daß bestimmte Gaslichtpapiere, die an sich 
auch gegen helles rotes Licht praktisch unempfindlich sind, nach 
stattgehabter Exposition eine sehr starke Rotempfindlichkeit besitzen, 
die sich aber nicht etwa in Schleierbildung äußert, sondern darin, 
daß das bereits vorhandene latente Bild durch rotes Licht mehr 
oder weniger weitgehend zerstört wird, ohne daß dabei auch nur 
eine Spur von Schleier auftritt. Diese abschwächende Wirkung des 
Rotlichtes ist bei manchen Gaslichtpapieren so stark, daß man in 
der Praxis darauf Rücksicht nehmen muß. 

Nun haben andere Untersuchungen (2) über den Herscheleffekt 
gezeigt, daß man auf den meisten Plattensorten bei Belichtungen 
mit „gewöhnlichem“ roten Dunkelkammerlichte, d. h. bei Benutzung 
von Filtern, die nicht allzu extrem nur die längsten Wellen durch- 
lassen, einen doppelten Effekt erzielt. Es tritt hier nämlich sowohl 
eine Verschleierung, als auch eine aufhellende Wirkung in 
vorher stärker belichteten Bildteilen ein. 

Fig. ı, die ich meiner zitierten Abhandlung nochmals entnehme, 
illustriert einen solchen Effekt des roten Lichts. Sie zeigt die ur- 
sprüngliche Schwärzungskurve (I) der besonders hergestellten sehr 
feinkörnigen, aber bereits Keime enthaltenden Platte, die durch halb- 
stündige Nachbelichtung mit einer ı2okerzigen Lampe in 75 cm 
Entfernung durch das Rotfilter in Kurve 2 überging. Diese stellt in 
ihrem ersten Teile bis zum Schnitt mit der Kurve ı die schwärzende, 
im oberen Teile die aufhellende Komponente des Herscheleffekts 
dar. Die Abschwächung des latenten Bildes tritt also unter diesen 
Umständen erst oberhalb einer bestimmten latenten Schwärzung ein. 
(Erst eine Imprägnierung der Platte mit Bromkaliumlösung [3°/,) 
läßt unter gleichen Verhältnissen aus der ursprünglichen Kurve 3 
die Kurve 4 entstehen, die stark gebogene Kurve 2 ist also infolge 


Zur Bildzerstörung durch Desensibilisatoren 283 
der Bromionenwirkung in die überwiegend gerade ÄAusbleichkurve 4 
übergegangen.) 

Ganz analoge Verhältnisse treten nun unter gewissen Bedingungen 
auch bei der Anwendung von Desensibilisatoren ein, was sowohl 
für die Praxis der Hellichtentwicklung wie auch für die weitere 
theoretische Erkenntnis des Zusammenhanges zwischen Herschel- 
effekt und der photochemischen Keimzerstörung in Gegenwart jener 
Farbstoffe von Bedeutung ist. 

Es wurden für diese Versuche verschiedene Trockenplatten- 
marken benutzt, die zuerst alle gleichmäßig unter Graukeilen be- 


0 e BR 


Fig. ı 


lichtet, dann in den Lösungen der Desensibilisatoren 2 Minuten lang 
gebadet und getrocknet wurden. Je eine solcher Plattenpaare wurde 
sodann mit einer übermäßig starken Lichtquelle (120kerzige Lampe 
in nur 33 cm Entfernung) diffus belichtet und zwar teils unter einer 
gewöhnlichen Dunkeikammerscheibe (3) 2 Minuten, teils unter einem 
besonders dunkelroten Filter (4) 10 Minuten lang und dann neben 
der nicht nachbelichteten Kontrolliplatte 3 Minuten lang in Metol- 
hydrochinon entwickelt und densographiert. 

Um die einzelnen Densogramme nicht allzu unübersichtlich zu 
gestalten, wurde jeweils nur eine Kontrollplatte (X) mit eingezeichnet 
und zwar die mit Phenosafranin eingetrocknete (aber nicht rot nach- 
belichtete) Platte; die ursprünglichen Kurven der nicht gefärbten 
und der mit den andern Farbstoffen gefärbten Platten weichen so 
wenig voneinander und von A ab, daß der Unterschied zwischen 

| 19* 


284 Lüppo-Cramer 


ihnen gegenüber der starken Wirkung der Rotnachbelichtung in 
diesem Zusammenhange ohne Interesse ist, 

Densogramm 2 bezieht sich auf Hauff-Ultrarapid, 3 Agfa-Ultra- 
Special, 4 Eastman Process, 5 Imperial 1200. Die Kurvennummern 


- ) 
FEZ 
EPE 


E477 


Fig. 2 


bedeuten übereinstimmend, soweit sie nicht zugunsten der Über- 
sichtlichkeit weggelassen wurden, in den Figg. 2—5: 

K) Kontrollplatte (nicht rot nachbelichtet), 

1) Phenosafranin 1:20000, einfaches Rotfilter, 

2) Pinakryptolgrün 1:20000, einfaches Rotfilter, 

3) Phenosafranin 1:20000, dunkelrotes Filter, 

4) Pinakryptolgelb ı: 5000, einfaches Rotfilter, 

5) Pinakryptolgelb ı: 5000, dunkelrotes Filter. 


Für unser Thema besonders beachtenswert ist die Tatsache, daß 
vor allem das Phenosafranin (Kurve ı) unter dem einfachen Rotfilter 
in den Densogrammen 2—4 im ersten Teile der Kurve zwar noch 
eine sehr starke Schwärzung zuließ, daß aber im oberen Teile der 
Kurve eine starke Ausbleichung erfolgte. Auch Pinagrün (Kurve 2) 
zeigt noch neben der Ausbleichung die Schleierwirkung, wenn auch 
in geringerem Grade in Fig. 2. Unter der dunkelroten Scheibe 
entsteht auch auf der Safraninschicht kein Schleier mehr (Kurve 3), 
Pinagelb verhindert aber in allen Fällen auch schon den Schleier 
durch das helle Rotfilter (Kurve A Auf der Platte in Fig. 5 hat 
schon das Safranin die Schleierbildung auch durch das helle Rot- 
filter vollkommen verhindert. Die oft diskutierte Individualität des 
Plattenmaterials tritt also auch hier recht stark hervor. Diese ist 
im vorliegenden Falle wohl wieder in der mehr oder weniger hohen 


Zur Bildzerstörung durch Desensibilisatoren 285 


Bromionenkonzentration der Schichten begründet, denn nach vor- 
herigem Auswaschen der Platte verlief die Phenosafraninkurve der 
Imperialplatte wie ıb in Fig. 5. Andererseits ging auch die starke 


0 05 1 15 2 25 3 35 4 45 
Fig. 3 


schwärzende Komponente der Kurve ı in Fig. 2 vollkommen ver- 
loren, wenn der Safraninlösung noch ı°/, KBr zugefügt wurde; die 
Kurve fiel in diesem Falle fast vollkommen mit der Kurve 5 zu- 
sammen. 

Die Wirkung des roten Lichts in Gegenwart besonders von 
Phenosafranin, aber auch noch von Pinagrün, verläuft also unter 


E EE 
Fig. 4 
den näher bezeichneten Verhältnissen ganz wie die des Herschel- 


effektes unter ähnlichen Bedingungen, was wieder auf den nahen 
Zusammenhang der Phänomene hindeutet. Es sei auch noch darauf 


286 Lüppo-Cramer. Zur Bildzerstörung durch Desensibilisatoren 


hingewiesen, daß das Pinagelb sicherlich noch keinerlei optische 
Sensibilisierung für Rot zur Folge haben kann, daß also in dieser 
Beziehung auch wieder, ganz wie beim Herscheleffekt, nur die 
Silberkeime als Sensibilisatoren für das längerwellige Licht wirken 
können. | 

Die im vorstehenden beschriebenen Versuche sollten vor allem 
nur die nahe Verwandtschaft zwischen dem Herscheleffekt und der 
Bildzerstörung durch rotes Licht in Gegenwart von desensibilisieren- 
den Farbstoffen erneut dartun. Von Bedeutung für die Praxis sind 
die Resultate natürlich ohne weiteres nicht, weil — wenigstens bei 


ITT 
Siler 17 
u B 


0 05 1 Zë 2 25 3 35 # 45 
Fig. 5 


den noch zu Verschleierungen führenden Farbstoffen Safranin und 
Pinagrün — deren Konzentration viel geringer war als sie in der 
Praxis angewendet werden, andererseits, weil es sich um Licht- 
intensitäten handelte, die auch einem ‚‚narkotisierten“ Negativmaterial 
niemand zumuten wird. Grundsätzlich haben wir aber auch bei der 
Desensibilisierung stets natürlich mit dem Ausbleicheffekt zu rechnen. 
Es wurde dies auch zuerst von mir bei meinen Jodsilber-Ausbleich- 
schichten (5) in Betracht gezogen und hier festgestellt, daß bei diesen 
Schichten die Tendenz zur Ausbleichung im langwelligen Lichte 
schon ohne Farbstoff größer ist, sie also einer geringeren Licht- 
menge bedürfen als gewöhnliche Trockenplatten zum Eintritt der 
normalen Schwärzung im roten Lichte. Bei einer Imprägnierung 
mit Desensibilisatoren hatte sogar die Rotempfindlichkeit der Jod- 
silber-Ausbleichschichten in mehreren Fällen bis zu 50° E.-H. weiter 
gereicht als die der gewöhnlichen Trockenplatten. 

L. M. Dundon und J. I. Crabtree(6) haben ferner darauf hin- 
gewiesen, daß ein Ausbleichen des latenten Bildes in Gegenwart 
von Pinagrün im roten Lichte unter bestimmten praktisch vor- 


Dziobek. Die Farbtemperatur des Magnestumlichts 287 


kommenden Bedingungen tatsächlich stattfand (7). Das eingangs er- 
wähnte Verhalten gewisser Gaslichtpapiere gegenüber dem Herschel- 
effekt stellt hierzu wieder das Analogon dar. Bei derartigen relativ 
einfach konstruierten feinkörnigen Schichten verlaufen aber be- 
greiflicherweise die Prozesse weniger kompliziert als bei den im 
vorstehenden untersuchten Negativschichten. 


Literatur 


1) Photogr. Rundschau 1928, noch im Druck ; Phot. Korr. 1928, noch im Druck; 
Atelier des Photogr. 1928, noch im Druck. 

2) W. Leszynski, Zeitschr. wiss. Phot. 24. 275. 1926; Lüppo-Cramer, 
Photogr. Industrie 1928, noch im Druck. 

3) E.König, Das Arbeiten mit farbenempfindl. Platten, II. Aufl. Berlin 1921, S.70. 

4) Kombination von Rot mit Blaufilter nach E. König, Farbenphotographie, 
4. Aufl. Berlin 1921, S. 99. 

5) Photogr. Industrie 1926, Nr. 3; Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. 
Negativverfahren (Eders Handb. Bd. II, 1). Halle 1927, S. 572. 

6) Dundon und Crabtree, Photogr. Industrie 1926, Nr. 39. 

7) Siehe hierzu auch meine Bemerkungen Photogr. Industrie 1926, Nr. 44. 


(Eingegangen am 24. Februar 1928) 


Die Farbtemperatur des Magnesiumlichts 
Von 
W. Dziobek 


Mit 3 Figuren im Text 
(Mitteilung aus der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt) 


In dieser Zeitschrift!) weist J. M. Eder darauf hin, daß die hohe 
photographische Aktinität des Magnesiumlichts (etwa 15 für Brom- 
silbergelatine, auf die Hefnerkerze bezogen) in Widerspruch steht zu 
der in der Literatur mit 2400° absolut angegebenen Farbtemperatur 
des Magnesiumlichts. 

Es wurde die Farbtemperatur des Magnesiumlichts nach fol- 
gender Methode bestimmt. Bei A (Fig. 1) befand sich eine Nitra- 
lampe handelsüblichen Typs; die Nitralampe beleuchtete durch ein 
passend ausgesuchtes Kobaltblaufilter 3 die eine Seite des Photo- 


I) Zeitschr. wiss. Phot. 24. 423. 1927. 


285 Dziobek 


meterschirmes eines Lummer-Brodhunschen Kontrastphotometers; 
die andere Seite des Photometerschirmes wurde von dem brennenden 
Magnesiumband beleuchtet. 

Der Beobachter am Photometer stellte durch Widerstands- 
änderung im Stromkreis der Nitralampe auf Farbgleichheit im 


Na r 


| 
Fig. ı 


Photometerfeld ein; derartige Einstellungen lassen sich mit einem 
mittleren Fehler von + 5° Farbtemperatur machen. Im vorliegenden 
Fall betrug der mittlere Fehler wegen des unruhigen Brennens des 
Magnesiumbandes etwa 20°. 


Durchlassighet in % 


—— Wellenlänge » mp 


Fig. 2 


Nach jeder Einstellung wurde Spannung und Stromstärke der 
Nitralampe durch Kompensation ermittelt; es stellten vier ver- 
schiedene Beobachter ein; die Einstellungen der verschiedenen 
Beobachter zeigten keine systematische Differenz. 

Aus dem Mittelwert der eingestellten elektrischen Daten und 
dem bei diesen Werten gemessenen Gesamtlichtstrom der Nitra- 


Die Farbtemperatur des Magnesiumichts 289 


lampe ergab sich auf Grund der im Nela Research Laboratory }) 
aufgenommenen Kurve der Farbtemperatur in Abhängigkeit von der 
Ökonomie die Farbtemperatur der benutzen Nitralampe zu 2720° 
absolut. 

Die spektrale Durchlässigkeitskurve D, des benutzten Blau- 
filters wurde mit dem Spektralphotometer von König-Martens 
aufgenommen (Fig. 2). Bezeichnet man mit Ar 1, Zei und Ķp,1 
die Grundempfindungskurven der Helmholtz-Youngschen Farben- 


KE 


` a= 1000 g= 2500 
Re? b = 1400 h = 3000 
\Y/N/N | c = 1600 ?= 3500 
EN | d = 1800 Š = 4000 
IT, e = 2200 l= 4500 
KN : f = 2400 m = 5000 
- | 6000 
10000 

20000 

= 28000 


theorie, so ergibt sich die Lage der Strahlung des Magnesiumbandes 
durch die Integrale 
700 700 GI 
fDi Era Ei ar; f Di ën di und (EE 
400 400 400 


worin mit Æ, die Energieverteilung des schwarzen Körpers bei 
2720° absolut bezeichnet ist. Die Integration erfolgte numerisch; 


!) Transactions Illuminating Engeneering Soc. 17. 366. 1922; vgl. auch das 
Sonderheft „Temperatur und Lichtstrahlung‘‘ der Technisch-Wissenschaftl, Berichte 
der Osramgesellschaft (herausgegeben von E. Lax und M. Pirani). 


290 Kleine Mitteilungen 


zur Rechnung wurde die Ivessche Modifikation der Königschen 
Werte der Grundempfindungskurven benutzt.!) 
Die Integration ergab 


Rot = 7,67, 
Grün = 7,29, 
Blau = 5,03. 


In Fig. 3 sind im Farbdreieck die spektralen Farben sowie die 
Kurve der Farbtemperaturen eingezeichnet. Bei A liegt der Farb- 
punkt des Magnesiumlichts. Es ist also die Farbtemperatur?) des 
Magnesiumlichts 3700°; die Unsicherheit der Messung ist auf + 75° 
zu veranschlagen. Dieser Wert für die Farbtemperatur des Magnesium- 
lichts fügt sich auch zwanglos in die Edersche Aktinitätstabelle ein.?) 


1) Ives, Journ. Franklin Inst. 195. 25. 1923; vgl. auch Gehrcke, Handbuch 
der Physik. Optik, Bd. I S. 47 (Leipzig 1927). 

2) Im vorstehenden ist unter Farbtemperatur stets die Temperatur verstanden, 
bei der der schwarze Körper in derselben Farbe erscheint wie der betreffende Strahler. 
Das schließt Unterschiede in der Energieverteilung nicht aus. Jedoch wird selbst 
bei unstetiger Energieverteilung, wie im Falle des Magnesiumlichts, der Charakter 
der Energieverteilung durch die Angabe der Farbtemperatur mit einer für photo- 
graphische Zwecke genügenden Genauigkeit dargestellt. 

$) Zeitschr. wiss. Phot. 2$. 425. 1927. 


(Eingegangen am 1. Februar 1928) 


Kleine Mitteilungen 


Ultramikroskopische Beobachtungen 
an Halogensilberkristallen 


Die ultramikroskopische Untersuchung fester Stoffe ist aus bekannten 
Gründen bisher fast ausschließlich mit Hilfe des Spalt-Ultramikroskops 
geschehen. Sehr dünne Plättchen, wie sie z. B. durch geeignete Krn- 
stallisationsverfahren erhalten werden können, gestatten nach unseren 
Versuchen befriedigende Beobachtungen mit Hilfe der gewöhnlichen 
Dunkelfeldkondensoren. Durch Verdunstenlassen ammoniakalischer Ha- 
logensilberlösungen auf einem ÖObjektträger gelang es uns, sehr dünne 
Kristalle zu züchten. Sie zeigten auch bei Herstellung im Dunkeln meist 
Beugungsscheibchen, konnten aber durch Behandlung mittels Halogens 
optisch leer gemacht werden. Bei Bestrahlung mit weißem Licht traten 
in dem optisch leeren Kristall Beugungsscheibchen auf, deren Farbe all- 
mählich von Violett über Rot nach Gelb und schließlich Weiß ging, also 
die normale, von der Teilchenvergrößerung der Silberultramikronen be- 
dingte Reihenfolge aufwies (vgl. z. B. K. Schaum und H. Lang, Kol.- 


Bücherbesprechung 291 


Zeitschr. 28, 243. 1921). Bei Bestrahlung mit langwelligem Licht (grün 
bis rot) zeigten optisch leere Kristalle keine Veränderung; dagegen nimmt 
in vorbelichteten Kristallen die Zahl der Beugungsscheibchen langsam 
zu (Photographischer Becquerel-Eflekt). Bei sehr langer Belichtung mit 
weißem Licht konnten wir Umkehrung der Farbenfolge beobachten (So- 
larisation?); bei Rotbelichtung wurde eine Farbänderung von Weiß nach 
Rot festgestellt (Herschel-Effekt?). Die Erscheinungen waren am deut- 
lichsten bei Bromsilberkriställchen. 

Die Lichtempfindlichkeit der einzelnen Kristalle gleicher Herkunft 
erwies sich als sehr verschieden; auch zeigte bisweilen ein bestimmter 
Kristall Zonen unterschiedlichen Verhaltens. Anomalien im Kristallbau 
(s K. Schaum, Ambronn-Festschrift 1926, S. 84) sowie Adsorption von 
Fremdstoffen dürften hierbei eine wesentliche Rolle spielen. Diese Um- 
stände bilden wohl auch die Veranlassung, daß die im allgemeinen von 
der Kristallmitte nach außen sich verbreiternde Zersetzung mitunter ganz 
unregelmäßig fortschreitet. 

Es ist zu beachten, daß bei der Beleuchtung mittels Dunkelfeld- 
kondensors die Unterseite des Kristallplättchens infolge der wachsenden 
Silberabscheidung eine zunehmende Schirmwirkung ausübt, so daß die 
ständige Verminderung der Beleuchtungsstärke in den zur Beobachtung 
gelangenden höher gelegenen Schichten bei der Beurteilung der Er- 
scheinungen zu berücksichtigen ist. Besonders muß man sich vor Fehl- 
urteilen über die Farbe der Beugungsscheibchen hüten, die durch Kon- 
trastwirkungen bei geringer Lichtstärke leicht hervorgerufen werden 
können (s. K. Schaum und H. Lang, a. a. O.; — und Th. Marx, 
Koll.- Zeitschr. 31, 64. 1922) Es erschien deshalb zweckmäßig, die 
Kristalle, besonders im vorgeschrittenen Zersetzungsstadium, bei nahezu 
streifender Beleuchtung mit Hilfe eines geeigneten Opak-Illuminators 
(s. B. K. Schaum, Zeitschr. f. wiss. Mikr. 41, 94. 1924) zu beleuchten. 
Man kann auch die photochemische Zersetzung nach einer derartigen 
Beleuchtung der obersten Kristallschicht mit Hilfe des Dunkelfeld- 
kondensors untersuchen. 

Bei Hellfeldbeleuchtung zeigen Kristalle, die im Dunkelfeld dicht 
gehäufte weiße Beugungsscheibchen erkennen lassen, an den gleichen 
Stellen dunkle, aus einzelnen Pünktchen sich zusammensetzende Flecke. 
Wir werden demnächst mikrophotographische Aufnahmen unter ein- 
gehender Erörterung und Vergleichung mit den Untersuchungen von 
R. Lorenz, W. Eitel und K.Hiege, von A. P. H. Trivelli, SE 
Sheppard u.a. veröffentlichen. K. Schaum. F. Kolb. 


Bücherbesprechung 
(Ref.: K. Schaum) 


I. Lifschitz, Kurzer Abriß der Spektroskopie und Kolori- 
metrie. 2. Auflage. (Handbuch der angewandten physikalischen 
Chemie, herausgeg. von G. Bredig, Band V.) 324 Seiten mit 


292 Dücherbesprechung 


112 Abbildungen im Text und ı Doppeltafel. Leipzig 1927. 
Johann Ambrosius Barth. M. 27.— geb. 


Vor 20 Jahren erschien die von E. Baur bearbeitete erste Auflage 
dieses Werkes, welche unter erfreulicher Erweiterung des in den früheren 
Leitfäden der Spektralanalyse besprochenen Stoffes nicht das Haupt- 
gewicht auf die Spektroskopie leuchtender Gase legte, sondern auch die 
Strahlung fester Körper sowie die Absorptionsspektroskopie einer gründ- 
lichen, die theoretische Seite eingehend berücksichtigenden Erörterung 
unterzog. Entsprechend den ungeheuren Fortschritten, welche die ge- 
samte Spektroskopie in den inzwischen verflossenen Jahrzehnten erfahren 
hat, ist der Umfang der von J. Lifschitz bearbeiteten Neuauflage 
gegenüber der Erstausgabe fast auf das Dreifache gestiegen, was vielleicht 
sogar noch gering erscheinen mag angesichts der überwältigenden Fülle 
von Material, welches die durch Bohr geschaffene, wohlbegründete 
theoretische Spektroskopie gezeitigt hat; es war aber ohne Zweifel eine 
recht schwere Aufgabe, aus der kaum übersehbaren Literatur das für 
den Chemiker wichtigste herauszusuchen und in einer ihm zugänglichen, 
nicht zu breiten Form darzustellen. Das gilt nicht nur für die Emissions-, 
sondern auch ganz besonders für die Absorptionsspektroskopie mit ihrem 
überaus umfangreichen, oft nicht leicht zu verwertenden Schrifttum. Dem 
Verf. muß man aufrichtige und dankbare Anerkennung zollen für die 
mühsame, sorgfältige Arbeit, die er geleistet hat, und die ihn instand 
setzte, sowohl die schwierige theoretische Seite, wie ferner die experi- 
mentellen Gesichtspunkte und schließlich die Ergebnisse für die Systematik 
in ausgezeichneter Weise klarzulegen. Kein Chemiker, der seine physiko- 
chemischen Kenntnisse zu vertiefen sucht, darf an dem schönen Buch 
vorübergehen, und jeder, der sich mit einem die theoretisch-physikalischen 
Grundlagen ausführlicher erörternden Werk befassen will, handelt in 
seinem eigensten Interesse, wenn er die leichtfaßliche und bei aller 
Reichhaltigkeit knappe Darstellung der betreffenden Gebiete zunächst im 
Lifschitz studiert. 


VII. Internationaler Kongreß für Photographie. London, 
9.— 14. Juli 1928. 

Der Kongreß umfaßt drei Sektionen: ı. Wissenschaftliche und tech- 
nische Photographie; 2. Bildmäßige Photographie; 3. Bibliographie, Ge- 
schichte der Photographie, Rechtsfragen usw. 

Nähere Auskünfte durch Prof. Dr. R. Luther, Dresden-A, 24, 
Nürnberger Str. 59 oder, sofern sie die Gruppe Kinematographie betreflen, 
durch Prof. Dr. E. Lehmann, Berlin-Charlottenburg 2, Carmerstr. 6. 


we — 
— no 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen. 


en — om 


Heft 10 


Zeitschrift 


für 


wi 


 wissenschaftliche Photographie 
Photophysik und Photochemie 


Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen: 
insbesondere von 


H. Kayser 


o em. Professor an der Universität Bonn 
herausgegeben von 


K. Schaum 


0,6, Professor an der Universität Gießen 


Mit 7Figuren im Text 


VERLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH | 


— — e ge mm — — —— _— mn = gg 


= 1 igen aufdie Zeitschrift werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuchhandlung 
jenommen. Der Abonnementspreis beträgt pro Dang Y im In- u. Ausland Rm. 24.—, bei direkter 
> Zusendung einschließt Porto im Inland Rm. 25.—, im Ausland Rm. 25.20, 


Juni 1928 


MOO) 


Digitized k DV Sie Jl 


Da FE vr m š J A éi „JUL 5: 313290 PERN e d Was 


we TER 


eher 


Originalarbeiten Seite 
H. H. Schmidt und F. Pretschn er, Zur Photochemie der Halogensilber, 
Gravimetrische Bestimmung von überschüssigem Silber in photographischen 
Schichten, insbesondere in Emulsionsnudeln. (Einwände gegen den ana- 
lytischen Teil der Arbeit von Noddak, Eggert und Leszynski über 
die Gültigkeit der Quantentheorie bei sensibilisierten und nicht sensibilisierten 


Trockenplatten). Mit einer Figur DR ER we lee 
Lüppo-Cramer, Der Herscheleffekt bei i kurzwelliger Belichtung. Mit 4 Fi- 
guren im Text . . . e FECHTEN "` 


EES Cramer, Der eege auf Chlorsilber. Mit 2 Figuren im Text . 316 


—— me mm M e mn nd E r E UL m E E I maamme 
E E nn 


Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an 
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. 


Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren 
Verleger um Zusendung von EE damit eine schnelle und vollständige 
Berichterstattung möglich ist. 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere 
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden. 


Die Zeitschrift für bildmäßige Photographie: 


DASLICHTBILD 


Verlag Jos. F. Rimpler, Haida, Böhmen 47 


ist die einzige maßgebende Photo-Zeitschrift der Sudetendeutschen 


EN Offizielles Organ 


des „Deutschen Lichtbildner-Verbandes in der 
Tschechoslowakei“, 


Allgemeiner Anzeiger 
für Photo-Industrie, Photohandel und Optik, 


Kunstdruck-Beilagen 

Kleinbilder-Kritik, Anfänger-Ecke. 

Zu beziehen durch die Post, den Buchhandel oder direkt 

vom Verlag in Haida (Zweigstelle Prag X, Krälovskä 24) 

Vierteljährlich nur Rm. 2.40 

inklus. Porto u. Verpackung. 

EE De: IV. Jahrgang beginnt mit der August-Folge! 
Überzeugen Sie sich vonder Hochwertigkeit 

durch eine Probenummer! 


Zeitichrift für wiilenichaftlidie Photographie, 
Photophyfik und Photodiemie 


XXV. Band 1928 Heft 10 


Zur Photochemie der Halogensilber 
I. Mitteilung: 

Gravimetrische Bestimmung von überschüssigem Silber in photo- 
graphischen Schichten, insbesondere in Emulsionsnudeln 
(Einwände gegen den analytischen Teil der Arbeit von Noddak, 
Eggert und Leszynski über die Gültigkeit der Quantentheorie 
bei sensibilisierten und nicht sensibilisierten Trockenplatten) 


Von 


H. H. Schmidt und F. Pretschner 
(Wissenschaftliches Laboratorium der Fa. Otto Perutz, G. m. b. H., München) 


Mit einer Figur im Text 


Der wichtigste Weg zur Erforschung der Vorgänge, die an 
in Kolloidschichten eingebetteten Halogensilbern durch Licht be- 
wirkt werden oder auf Einwirkung von Farbstofflösungen, Salzen, 
Säuren usw. vor oder nach dem Belichten zurückzuführen sind, 
besteht bis jetzt darin, daß man die durch die angeführten Agenzien 
hervorgerufenen Veränderungen durch irgendein Entwicklungsver- 
fahren bis zur direkten Sichtbarkeit verstärkt. Aus den so erhaltenen 
Befunden schließt man rückwärts auf die reinen Primäreffekte. Diese 
rein photographische Methode hat sich durchaus bewährt und führt 
sehr rasch und verhältnismäßig einfach zu wichtigen Ergebnissen 
und Folgerungen. Daneben sind auch rein chemische oder besser 
gesagt kolloidchemische Methoden zur Anwendung gekommen. So 
hat z.B. Lüppo-Cramer (1) aus dem chemischen Verhalten der 
von ihm nach kolloidchemischen Gesichtspunkten synthetisch her- 
gestellten Photohaloiden wichtige Schlüsse über die Natur des la- 
tenten Bildes ziehen können. In neuerer Zeit hat man auch rein 
analytisch versucht, die Vorgänge bei der Bildung des latenten 
Bildes und die Veränderung desselben durch die oben erwähnten 
Agenzien klarzulegen. Auch rein physikalische und physiko- 
chemische Betrachtungsweisen finden mehr und mehr Eingang. Es 
sei z. B. auf die Arbeiten von Fajans und seiner Schüler (2), von 
Baur und seiner Schüler (3) und auf eine Arbeit von Lambert 
und Wightmann (4) verwiesen. Man ist bestrebt, die Primäreffekte 


Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 20 


294 Schmidt und Preischner 


direkt zu erfassen und den komplizierenden Faktor der Entwicklung 
auszuschalten. Der entscheidende Schritt in dieser Richtung wurde 
von Noddak und Eggert (5) und ihren Schülern getan, als es sich 
darum handelte, die Gültigkeit der Quantentheorie beim Belichtungs- 
prozeb der nicht sensibilisierten Trockenplatten nachzuweisen, also 
zu zeigen, daß wirklich für jedes zur Wirkung gekommene Energie- 
quantum ein Silberatom gebildet wird. Diese Methoden wurden 
weiterhin von Leszynski (6) angewandt, um den Belichtungsvorgang 
bei der sensibilisierten Trockenplatte aufzuklären und hat dort zu 
unerwarteten Resultaten geführt. Leszynski findet (a. a. O. S. 273), 
„daß die Zahl der durch Grünbelichtung entstandenen, durch Ti- 
tration bestimmten Ag-Atome um ein Vielfaches (bei Erythrosin 
mindestens 20mal) größer ist als die Zahl der insgesamt vorhandenen 
Farbstoffmolekeln, die die Sensibilisation bewirken und die von der 
Herstellung der Platten bekannt sind“. Es wird also für jedes in 
Reaktion getretene Farbstoffmolekül mehr als ein Atom Silber ge- 
bildet, ein Befund, der nur durch besondere Annahmen mit der 
Quantentheorie in Einklang zu bringen ist. Wir werden im Laufe 
der Arbeit auf diesen Befund noch öfter zurückkommen, da unsere 
Versuchsergebnisse eine rein analytische Deutung dieses merk- 
würdigen Ergebnisses ermöglichen. Die von Noddak und Eggert 
ausgearbeitete Mikro-Titrationsmethode wurde in der Folgezeit von 
Arens (7) usw. zur analytischen Erforschung der Vorgänge bei der 
Solarisation, Desensibilisierung und des Herscheleffektes herangezogen. 
Die Versuche in dieser Richtung scheinen noch nicht abgeschlossen 
zu sein. Diese Titrationsmethode erscheint uns aber nicht über jeden 
Zweifel erhaben, denn man bestimmt mit ihr erstens die Silberkeime 
mit, die in mehr oder weniger erheblicher Zahl auf Grund unserer Unter- 
suchungen in jeder Emulsion vorhanden sind. Weiterhin erscheint es 
uns wichtig, in der belichtet fixierten und ausgewaschenen Gallerte nicht 
nur eine Silberbestimmung, sondern auch eine Halogenbestimmung 
zu machen, um dem Einwand begegnen zu können, daß doch noch 
spurenhaft Halogensilberkomplexverbindung in der Gallerte zurück- 
geblieben ist. Unsere eigenen Versuche in dieser Richtung haben 
ergeben, daß es ungemein schwierig ist, das alkalische Fixierbad 
aus der durch das Alkali gequollenen Gallerte restlos heraus- 
zuwaschen. In neuester Zeit ist eine vorläufige Arbeit von Weigert 
und Lühr (8) erschienen und eine ausführliche Arbeit angekündigt 
worden, die die Silberkeimbestimmung in photographischen Schichten 
ebenfalls durch die Titration zum Ziele hat. Wir glauben dieser 


Zur Photochemie der Halogensilber. T. 205 


ausführlichen Veröffentlichung der beiden Autoren vorgreifen zu 
können, da wir uns nachweislich seit Wintersemester 1925/26 mit 
demselben Problem allerdings auf gravimetrischer Basis befassen 
und bereits im Wintersemester 1926/27 hat der eine von uns Herrn 
Prof. Fajans bei einer Besprechung der oben erwähnten Arbeit von 
Leszynski mitgeteilt, daß die von Leszynski gefundenen Silber- 
werte auf Grund unserer eigenen Versuche sicher um die Silber- 
keime zu hoch sind. Außerdem hat der eine von uns auf der 
Kieler Tagung des Vereins der Chemiker (Mai 1926, Refer. Phot. 
Ind. 1926, S. 606) bereits die Grundzüge dieser Methode ausgeführt. 
Allerdings soll nicht verschwiegen werden, daß die Methode damals 
noch unvollkommen war, da wir, wie sich nachträglich herausgestellt 
hat, unter Störungen durch die Gelatine zu leiden hatten. Durch 
die Reduktionswirkung der Gelatine selbst in Gegenwart der damals 
verwendeten Abbausäure, fanden wir bei einer großen Anzahl von 
Emulsionen im Filtrat nicht überschüssige Silber-, sondern Halogen- 
ionen, was uns zur Aufstellung des sog. Bromfaktors veranlaßte. 
Diese Arbeit halten wir heute nicht mehr aufrecht. Die damaligen 
Resultate sind durch die jetzigen als überholt zu betrachten. Die 
von Weigert und Lühr angeführte Titrationsmethode übertrifft 
die von Eggert und Noddak benutzte um das Fünffache und ge- 
stattet noch 0,001 mg Silber nachzuweisen. Die beiden Autoren finden 
z. B. in normalen Handelssorten 1,88-.10°* bis 2,80-10°*mg Ae ocm, 
Diese Werte sind wahrscheinlich viel zu niedrig, da in der vor- 
läufigen Mitteilung nichts darauf hinweist, daß das in jeder Handels- 
platte zur Erhöhung der Haltbarkeit in verschiedenen Mengen ent- 
haltene Erd- oder Alkalihalogenide berücksichtigt worden ist. Diese 
Halogenide setzen sich beim Abbau mit Salpetersäure mit dem aus 
den Silberkeimen entstandenen Silbernitrat wieder zu Halogensilber 
um und die Silberkeime verringern sich um diesen Wert. Auch 
die Untersuchung des Rückstandes scheint nicht durchgeführt worden 
zu sein und es ist auf Grund unserer Erfahrungen nicht unmöglich, 
daß je nach den Abbaubedingungen Silberkeime adsorbiert am Korn 
bleiben, die der Größenordnung nach die Genauigkeitsgrenze dieser 
Titrationsmethode sicher überschreiten. 

Über die Höhe der in photographischen Schichten des Handels 
enthaltenen Halogenmengen orientiert eine einfache Überschlags- 
rechnung. Eder empfiehlt z. B. und kommt der Wahrheit damit 
ziemlich nahe, der gußfertigen Emulsion 10—20 ccm Bromammon- 


lösung 1:100 pro Liter zuzusetzen (Eder, Ausführl. Lehrbuch der 
20* 


296 Schmidt und Pretschner 


Photochemie, 3. Teil, S. 446, 5. Aufl. Halle 1903) Von ı Liter 
Emulsion kann man günstigenfalls 3 qm Handelsplatte gießen, so 
daß auf ı qcm des fertigen Materials 0,2: 30000 = etwa 0,7-10 mg 
Bromammon kommen, die etwa 1,2-10?mg Ag zu binden ver- 
mögen. Dieser Wert übertrifft bei weitem die von den Autoren ge- 
fundenen Silberkeimmengen. Plotnikow hat einmal pessimistisch 
geäußert, daß die photographische Platte wohl Hilfsmittel, aber nie 
Zweck der Forschung sein kann und er hat darin vollkommen 
recht, denn das denkbar ungünstigste Forschungsobjekt ist die im 
Handel befindliche oder für den Handel bestimmte Trockenplatte. 
Bei der Handelsware ist eben nicht nur die Allgemein-, die Farben- 
empfindlichkeit, die Gradation usw. maßgebend, sondern genau so 
wichtig ist, daß sie eine längere Haltbarkeit besitzt, denn nur so 
kann sie den Hersteller vor größtem Schaden bewahren. 

Diese Haltbarkeit kann aber nur durch Zusätze der verschiedensten 
Art zur gießfertigen Emulsion erzielt werden. Diese Zusätze sind 
sehr verschieden und nicht einmal bei allen Erzeugnissen ein und 
derselben Firma gleich und sie sind sicher schon mehr als einmal 
der Grund gewesen, daß die Ergebnisse verschiedener Forscher 
nicht recht zusammenstimmen wollten. Die Photochemie der in 
Kolloiden eingebetteten Halogensilber würde sicher auf eine ratio- 
nellere Basis gestellt werden, wenn man sich, wie es der eine von 
uns schon einmal vorgeschlagen hat (9), auf Standardemulsionen 
einigen würde, die einfach in ihrem Aufbau sind und deren Her- 
stellung allgemein bekannt sein sollte, Wenn auch damit das Ideal 
noch nicht erreicht ist, weil der ungewisse und proteusartige Faktor 
Gelatine noch nicht ausgeschaltet ist und ebenfalls standartisiert 
werden müßte, so wäre doch die Einführung der Standardplatten 
ein wichtiger Schritt zur Erreichung dieses Zeles Die Selbst- 
herstellung der Emulsionen und die Reinigung der Handelsorten 
durch Waschen halte ich für sehr problematische Beginnen. Die 
Abweichungen der in Kolloidschichten eingebetteten Halogensilber 
von dem stöchiometrischen Verhältnis und die Veränderung der- 
selben durch Licht und der verschiedenen Agenzien sind so gering- 
fügig, daß es schon als nicht unbedeutende analytische Leistung 
zu betrachten ist, wenn man überhaupt einen deutlichen und ins- 
besondere immer wieder reproduzierbaren Effekt erhält. Wenig 
angenehm macht sich bei allen diesen Arbeiten die Gelatine und 
ihre Abbauprodukte bemerkbar, die so ziemlich alle Reaktionen 
und Indikator-Umschläge störend beeinflussen. Noddak, Eggert 


Zur Photochemie der Halogensilber. T. 297 


und Weigert, Lühr versuchten durch Ausarbeitung von empfind- 
lichen Titrationsanalysen, die bei der geringen Menge des Unter- 
suchungsmaterials notwendig sind, zum Ziele zu kommen. Wir 
waren von Anfang an bestrebt, eine Methode ausfindig zu machen, 
die gestattet größere Mengen photographischen Materials zu ver- 
arbeiten. Damit steigerte sich natürlich auch die Größe des Primär- 
eflektes, den wir dann bereits gravimetrisch zu fassen vermögen. Ein 
Arbeiten mit Trockenplatten auf dieser Basis ist aber sehr umständ- 
lich und wir sind dazu übergegangen, mit den sogenannten Emul- 
sionsnudeln, also mit der zerkleinerten gewaschenen Gallerte zu 
arbeiten. Das hat noch den Vorteil, daß der Trocknungsprozeß, 
mit dem ebenfalls Veränderungen der Schicht verbunden sind, aus- 
geschaltet ıst. Die in der Literatur beschriebenen gravimetrischen 
Silberbestimmungsmethoden sind eigentlich nur zu dem Zwecke 
ausgearbeitet worden, Anhaltspunkte über den Silbergehalt der 
photographischen Materialien zu bekommen. An die Genauig- 
keit der Methode brauchen daher keine zu hohen Anforderungen 
gestellt werden. Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht nur 
um Silber-, sondern auch um Halogenbestimmungen und weiterhin 
müssen nicht nur die überschüssigen Silberwerte, sondern auch alle 
durch die Säure bedingten Oxydationsprozesse und die Löslichkeit 
des Halogensilbers unter dem Einfluß der Säure mit berücksichtigt 
werden. So schreibt z. B. Valenta (10) 20 °;,ige Salpetersäure vor. 
Auf die Nachteile dieses Verfahrens haben schon Lehmann und 
Bohnert (11) hingewiesen und wir können ihre Einwände voll be- 
stätigen. Aber auch das von Lehmann und Bohnert empfohlene 
Essig-Salpetersäuregemisch haben wir wieder verlassen, weil es bei 
uns ja nicht nur auf die Untersuchung des abfiltrierten Rückstandes 
ankam, sondern wir sind gezwungen, auch das Filtrat weiter zu 
verarbeiten und dabei stört die Essigsäure. Die Zerstörung der 
Gelatine durch Benzoat und Naphtholinsulfosäure, die Leistner(12) 
empfiehlt, wird sich selbst bei kleineren Mengen nicht bewähren. 
Die Filtration dieser Lösung ist wegen der nicht genügend zer- 
störten Gelatine sehr erschwert. Bei hoher Konzentration der Salze 
muß umgekehrt wieder mit der Löslichkeit des Halogensilbers ge- 
rechnet werden. Nachdem wir die gebräuchlichsten Säuren orga- 
nischer und anorganischer Natur durchgeprüft hatten, sind wir 
wieder zur Salpetersäure zurückgekehrt, und haben versucht die 
Fehlerquellen (Oxydation, Löslichkeit usw.) analytisch zu fassen 
oder was noch besser ist, sie durch Anwendung genügend ver- 


298 Schmidt und Preischner 


dünnter Säure unter Verlängerung der Abbauzeit ganz auszuschalten. 
Um überhaupt zu wägbaren Silberwerten zu kommen, ist es wie 
schon erwähnt notwendig, die Menge des Untersuchungsmaterials zu 
steigern. Die für unsere Zwecke am besten geeignete gravimetrische 
Untersuchungsmethode, die natürlich nicht nur auf Emulsionsnudeln, 
sondern auch auf alle photographischen Materialien angewandt 


werden kann, ist im folgenden ausführlich wiedergegeben. 


I. Der Abbau der Halogensillsrgelatineemulsionen mit verdünnter 
Salpetersäure 

Die mit gewöhnlichem Leitungswasser 10 Stunden gewaschenen 
Emulsionsnudeln wurden mit destilliertem Wasser so lange nach- 
gewaschen, bis eine größere Menge Waschwasser (2 Liter) mit Silber- 
nitrat keine sichtbare Trübnng :nehr gab, bis also das überschüssige 
Alkalihalogenid, herrührend von der Darstellung und dem Leitungs- 
wasser, quantitativ entfernt ist. Z ` Sicherheit wurde dann noch 
3—5 Stunden nachgewaschen. Der gesamte Waschprozeß mit 
destillierttem Wasser dauerte meist 24 Stunden. Bei Chlorsilber- 
emulsionen bleibt auch nach dieser Waschdauer eine kleine Trü- 
bung, bedingt durch die größere Löslichkeit dieses Halogensilbers, 
bestehen. Wir haben daher auch hier nach 24 Stunden den Wasch- 
prozeß unterbrochen, die so vorhereiteten Emulsionsnudeln wurden 
dann geschmolzen und 700 ccm .davon in einem Erlenmeyerkolben 
mit 25 ccm Salpetersäure s = 1,40 durch 4- bis Östündiges Erhitzen 
in einem Glyzerinbad abgebaut. Um Säure- und Flüssigkeitsverlust 
zu vermeiden, wurde mit Rückflußkühlung gearbeitet. Zur Sicher- 
heit wurde außerdem noch eine Vorlage mit alkalischem Wasser- 
stoffsuperoxyd (200ccm H,O + 5 ccm NaOH rof, + 5ccmH,O, soi 
vorgeschaltet, um ev. durch Zersetzung freigewordenes Halogen zur 
Absorption zu bringen. Bei useren sämtlichen Versuchen haben 
wir aber nie Halogenionen in der Vorlage nachweisen können, ein 
Beweis, daß die von uns angewandte Salpetersäurekonzentration 
(etwa 1:30) nicht zur Zersetzung ausreicht. Wir haben uns weiter- 
hin durch Versuche an reinem Jodsilber überzeugt, daß durch diese 
Säurekonzentration auch keine Oxydation des Jodsilbers zu Silber- 
jodat eintritt. Die Abbauzeit wird durch die Emulsionsart bestimmt. 
Merkwürdigerweise benötigen Emulsionen, die nach dem sauren 
Verfahren hergestellt sind, längere Abbauzeiten, als neutral oder 
alkalisch hergestellte Emulsion Die Säurekonzentration ist hoch 
genug, um Reduktion durch u. Gelatineabbauprodukte zu ver- 


Zur Photochemie der Halogensilber. T. 299 


hindern. Bei einer Säurekonzentration 1:100 macht sich diese 
Reduktion bereits störend bemerkbar, während höhere Säurekon- 
zentrationen bereits zu Oxydationsprozessen Anlaß geben. Diese 
Säurekonzentration 1:30 scheint somit ein Optimum darzustellen. 
Nicht unerwähnt soll auch bleiben, daß sämtliche Operationen bei 
geprüftem rotem Dunkelkammerlicht durchgeführt wurden. Alle zur 
Anwendung gekommenen Reagenzien wurden auf ihren Halogen- 
ionengehalt untersucht, der da n ev. bestimmt werden muß. Nach 
dem Abbau läßt man abkühlen, fil*riert durch ein gewogenes Jenaer 
Glasfilter, wäscht kurz mit salpetersäurehaltigem Wasser nach und 
vereinigt Filtrat und Waschwasser. Das so erhaltene Filtrat ist 
meist noch schwach getrübt und muß zwecks vollständiger Klärung 
noch durch einen Porzellantiegel mit filtrierendem Boden filtriert 
werden. 


II. Verarbeitung des Filtrates 


Die Weiterverarbeitung des kiltrates, in dem Silberionen und 
auch in, Lösung gegangenes Halogunsilber enthalten sind, wird durch 
die große Menge von Gelatineabbauprodukten etwas erschwert, 
weil dieselben so ziemlich in jede Reaktion störend eingreifen. Sie 
begleiten außerdem hartnäckig das Halogensilber durch mehrere 
Phasen und können erst durch Glühen zerstört werden. Ursprünglich 
hatten wir das Filtrat in zwei gleiche Teile geteilt und die eine 
Hälfte auf Silber-, die andere Hälfte auf Halogenionen geprüft. Es 
hat sich aber sehr bald herausgestellt, daß diese Teilung nicht not- 
wendig ist, da die Filtrate aller von uns untersuchten Emulsionen 
nur Silberionen enthielten. Als sehr vorteilhaft hat sich, wegen der 
großen Übersichtlichkeit und wegen der mehrfachen Kontrolle des 
einmal gefundenen Resultates, nachstehende Methode bewährt. 


Das Filtrat (etwa 800 ccm) wird mit einer gewogenen Menge 
Kaliumchlorid (etwa 0,1 g), dessen Halogengehalt durch besondere 
Analyse bestimmt wurde, versetzt. Der ausgefallene Niederschlag 
wird durch ein gewogenes Porzellanfilter mit filtrierendem Boden 
filtriert, quantitativ ausgewaschen und mit alkalischem Hydrazin- 
sulfat reduziert. Nach neuerlichem quantitativen Auswaschen wird 
der Niederschlag geglüht und zur Wägung gebracht. Der so ge- 
fundene Silberwert, den wir als „Silberwert I“ bezeichnen, ist auf 
die im Filtrat vorhandenen Silberionen und auf das gelöste Halogen- 
silber, das gemäß dem Massenw‘ kungsgesetz durch die überschüs- 
sigen Halogenionen ausgefäll’ ..rd, zurückzuführen. Zum Filtrat 


300 Schmidt und Preischner 


vom Silberwert I wird nun eine genau gewogene Silbernitratmenge 
(etwa 0,4 g) von bekanntem Silbergehalt zugegeben und ebenso ein 
sog. Silberwert II bestimmt. Die Differenz zwischen dem Silber- 
wert des zugesetzten Kaliumchlorids und dem Silberwert II ergibt 
die Menge der im Filtrat enthaltenen Silberionen. Die Menge des 
in dem Filtrat gelösten Halogensilbers ergibt sich aus der Differenz 
Silberwert I minus Wert der Silberionen. Zur Sicherheit haben 
wir in ähnlicher Weise, wie vorher im Filtrat vom Silberwert II, 
das noch vorhandene Silbernitrat bestimmt und einen sog. Sılber- 
wert III erhalten, der, wenn keine Störung im Analysengang ein- 
getreten ist, immer der Differenz vom Silberwert des zugesetzten 
Silbernitrates minus Silberwert II gleich sein muß. Durch diesen 
Analysengang kann eine einwandfreie und sichere Bewertung der 
Silberionen im Emulsionsfiltrat unter Berücksichtigung der Löslich- 
keit des Halogensilbers durchgeführt werden. 


DL Die Verarbeitung des Rückstandes 


Der auf dem gewogenen Jenaer Glasfilter befindliche Rückstand 
wird bei etwa 100° getrocknet. Da er nicht nur aus reinem Halogen- 
silber, sondern meist aus Mischungen zweier Halogensilber besteht 
und außerdem eine beträchtliche Menge organischer Substanzen 
adsorbiert enthält, so wurde er, um ev. noch vorhandene adsorbierte 
Silberionen festzustellen, je nach der Art des Halogensilbers, wie 
folgt weiter behandelt. 


I. Der Rückstand von Chlorsilber und Bromsilbergelatine- 
emulsionen und deren Mischungen 


Ein aliquoter Teil des Rückstandes (z. B. 5—10 g), der meist 
20—30 g wog, wird in konzentriertem Ammoniak gelöst, die Lösung 
mit destilliertem Wasser verdünnt und das Halogensilber mit ver- 
dünnter Salpetersäure wieder ausgefällt. Nach dem Abkühlen der 
Flüssigkeit wird durch ein gewogenes Jenaer Glas filtriert, kurz 
nachgewaschen und bei 95—I0o0o°C etwa 12 Stunden im Trocken- 
schrank getrocknet und dann gewogen. Eine höhere Trocknung 
ist zu vermeiden, da sonst Verkohlung der adsorbierten Gelatine- 
abbauprodukte, die trotz des Umfällens aus Ammoniak noch vor- 
handen sind, eintritt. Ein Trocknen bis zur Gewichtskonstanz ist 
bei diesen Temperaturen kaum möglich und auch nicht notwendig, 
da von einer gewogenen Menge des Rückstandes (1—2 g) eine ge- 


Zur Photochemie der Halogensilber. T. 301 


naue Silberbestimmung gemacht wird und so der Gesamtsilberwert 
mit genügender Genauigkeit durch Rechnung festgestellt werden 
kann. Das nach der Ausfällung des Halogensilbers mit verdünnter 
Salpetersäure erhaltene Filtrat wird mit einer gewogenen Menge 
Silbernitrat (etwa 0,1! g) vom bekannten Silbergehalt versetzt, man 
erhitzt dann zum Sieden und filtriert nach dem Abkühlen von dem 
ausgeschiedenen Halogensilber ab. Dieses Halogensilber wurde 
durch die beträchtliche Menge Ammoniumnitrat gelöst und nach 
dem Massenwirkungsgesetz durch die überschüssigen Silberionen 
wieder ausgefällt. In dem so erhaltenen Filtrat wird das zu- 
gesetzte Silbernitrat zurückbestimmt. Wir erhielten in allen Fällen 
das zugesetzte Silbernitrat innerhalb der Fehlergrenze der quanti- 
tativen Analyse zurück, ein Beweis dafür, daß der durch diese Ab- 
baumethode gewonnene Rückstand keine adsorbierten Silber- oder 
Halogenionen mehr enthält. 


2. Die Untersuchung des Rückstandes von reinen Jod- 
silbergelatineemulsionen und deren Mischungen mit 
Bromsilber 

Wegen der geringen Löslichkeit versagt in diesen Fällen die 
Ammoniakmethode. Wir reduzierten daher eine gewogene Menge 
(2—3 g) des getrockneten und gewogenen Rückstandes mit alka- 
lischen Hydrazinsulfatlösung in der Siedehitze und filtrierten vom aus- 
geschiedenen Silber ab. Das Silber wird in verdünnter Salpeter- 


säure gelöst, das Filtrat mit —H,SO, neutralisiert und dann ganz 


schwach angesäuert, Nun werden beide Lösungen zusammen- 
gegossen und vom ausgeschiedenen Halogensilber, von dem dann 
noch eine genaue Silberbestimmung gemacht wird, abfiltriert. Das 
Filtrat wird nach dem Versetzen mit einer gewogenen Silbernitrat- 
menge wie vorhin weiter verarbeitet. Auch diese Rückstände er- 
wiesen sich frei von adsorbierten Ionen. 


Für die Analyse der Chlorsilbergelatineemulsion erhält man 
z. B. folgende Resultate: 


Vorgelegte Kaliumchloridmenge: .... 0,1476 
Silberwert dieser Kaliumchloridmenge: . 0,2129 g Ag 
Silberwert I}. eo enpo su se 0,1070 g 
Silberwert des vorgelegten Silbernitrates: 0,1902 g 
Silberwert II 2.2428. ern 0,1106 g 


302 Schmidt und Pretschner 


Überschüssige Silberionen: ........ 0,2129 g 
(Silberwert d KCl-Silberwert II) .... 0,1106 g 
0,1023 g 
Gelöstes Halogensilber: .......... 0,1070 8 
0,1023 g 
0,0047 8 
Theoretischer Silberwert III: ...... 0,1902 g 
0,1106 g 
0,0796 g 
Praktischer Silberwert III: ....... 0,0790 g 


Differenz: 0,0006 g 


Die Rückstandsanalyse ist so übersichtlich, daß auf die Wieder- 
gabe eines Beispieles verzichtet werden kann. Wir haben nun diese 
Methode auf die verschiedensten Halogensilbergelatineemulsionen 
angewandt und dabei die Halogensilberart (AgCl, AgBr, AgJ), die 
Darstellungsmethode (sauer, neutral, alkalisch) und den Reifungs- 
grad variiert. Die erhaltenen Resultate sind in folgender Tabelle 
übersichtlich zusammengestellt. 


Art der Ungefähre | Siberwerte auf 
Darstellun | Empfindlichkeit 20g Silber des Rück- 
SC | (Eder-Hecht) standes bezogen 


Art des Halogensilbers 


sauer | 30° 5 0,1252 g 
Chlorsilber | neutral 30° | 0,1006 g 
sauer 500 | 0,0182 g 
Bromsilber | neutral 50° 0,0201 g 
| alkalisch , | 600 | 0,0166 g 
Bromjodsilber (etwa 1°/a Jod- ; | o oe TI, 
Ke große ve ae | 70 O O: ; IE 
Bromjodsilber (etwa 3°’, Jod- 1, Jod | waan | | 
J silber, (ewa 39 oJ | alkalisch KS 80‘ | 0,0151 g 
gh, ve RESCELFEEHERENBIIEREN. Se IR 
eh Fr GE 
0 z 
Bromjodsilber n lo Jod alkalisch di 110° | 0,0169 g 
EEE ER ES a 
DI 
en 10°/, Jod- | alkalisch Hä 900 | 0,0110 8 
Todsiiber alkalisch ch 0,0000 g 
neutral 10° 0,0000 £g 
Ergebnis 


ı. Es wird ein gravimetrischer Analysengang angegeben, der 
genaue Silber- und Halogenbestimmungen in photographischen 
Materialien gestattet. 


Zur Photochemie der Halogensilber. T. 303 


2. Diese Methode erlaubte zum erstenmal auf rein gravi- 
metrischem Wege nachzuweisen, daß in photographischen Schichten 
nicht genau stöchiometrische Verhältnisse zwischen Silber und Halogen 
bestehen, sondern daß vielmehr ein Überschuß an Silber vorhanden 
ist, obwohl alle Emulsionen bei einem Überschuß an Halogenid 
hergestellt werden. 

3. Über die Art dieses überschüssigen Silbers kann nichts Ge- 
naues gesagt werden, es kann atomar vom bestimmten Verteilungs- 
zustand, ionogen oder auch organisch gebunden vorliegen. Die 
Silberwerte zeigen keinen eindeutigen Zusammenhang mit der 
Empfindlichkeit, dem Reifungsgrad und der Darstellung der Emul- 
sion. Sie scheinen vielmehr eine Funktion der Reduzierbarkeit des 
Halogensilbers zu sein und sind daher bei AgCl extrem hoch und 
bei Jodsilber praktisch Null. Die höchstempfindlichsten Emulsionen 
liegen mit ihren Silberwerten in der Mitte. Auch die Darstellung 
(sauer, neutral, alkalisch) drückt sich demnach nur wenig in den 
Silberwerten aus. Die Silberwerte von AgBr mit 3°/, AgJ gereift, 
sind wohl etwas höher als die Silberwerte der gleichen Emulsion 
ungereift, doch reicht diese geringe Erhöhung des Wertes nicht 
aus, um sichere Schlüsse zu ziehen. 

Den Zusammenhang zwischen Empfindlichkeit und Silberwerten 
haben wir der besseren Übersicht halber in Fig. ı graphisch dar- 
gestellt. Erwähnen möchten wir noch, daß wir die Methode auch 
auf ortho- und panchromatische Emulsionen ausgedehnt haben. 
Leider stört der Halogengehalt der Farbstoffe noch den Gang der 
Analyse, so daß wir diese Resultate vorerst nicht veröffentlichen 
können. 

4. Im Filtrat läßt sich also das dem überschüssigen Silber 
äquivalente Halogen in ionogener Form nicht nachweisen. Es wäre 
noch möglich, wenn es auch nicht wahrscheinlich ist, daß das 
fehlende Halogen während der Darstellung durch Reduktion durch 
die Gelatine in atomarer Form frei wird und mit der Gelatine eine 
organische Verbindung eingeht, in der es mit Silbernitrat nicht 
mehr nachgewiesen werden kann. Wir haben daher einen Teil ('/,) 
des Filtrates einer Chlorsilberemulsion mit Soda versetzt und in 
einem Nickeltiegel zur Trockne eingedampft und nach weiterem 
Zusatz von Soda durch Schmelzen vollständig aufgeschlossen. Die 
Schmelze wurde in Wasser gelöst, vom Silber und Kohleteilchen 
abfiltriert, mit Schwefelsäure neutralisiert und angesäuert. Die 
schwefelsaure Lösung ließen wir 48 Stunden stehen, um das bei 


304 Schmidt und Pretschner 


der Schmelze entstandene Cyanid zu zerstören. Außer den Ver- 
unreinigungen durch die Soda konnten wir kein weiteres Halogen 
finden, so daß an der Existenz dieses überschüssigen Silbers kaum 
mehr zu zweifeln ist. 

5. Dieses überschüssige Silber scheint demnach durch Reduktion 
des Halogensilbers unter dem Einfluß der Gelatine während der 
Darstellung zu entstehen, während das äquivalente Halogen durch 
den folgenden Waschprozeß entfernt wird. 


1. Kurve der Empfindlichkeit 2. Kurve der Silberwerte 


140 


100 


D Zë H H 


d 
. AgCl sauer hergestellt 6. AgBr mit 1°/, AgJ 
. AgCl neutral hergestellt 7. AgBr mit 3°/, AgJ, ungereift 
AgBr sauer hergestellt 8. AgBr mit 3°/, AgJ, gereift 
. AgBr neutral hergestellt 9. AgBr mit 10°/, AgJ 
. AgBr alkalisch hergestellt 10. AgJ neutral und alkalisch hergestellt 


vn Pe UN nm 


Wir kommen jetzt nochmals auf die Arbeit von Noddak, 
Eggert und Leszynski (a. a. O.) über die Anwendung der Quan- 
tentheorie auf sensibilisierte und nicht sensibilisierte Trockenplatten 
zurück und wollen durch eine einfache Rechnung zu zeigen ver- 
suchen, daß die von uns gefundenen überschüssigen Silberwerte die 
Genauigkeitsgrenze der Titrationsmethode um ein Vielfaches über- 
steigen, die somit zu nicht eindeutigen Resultaten führen kann. 
Dabei wird natürlich vorausgesetzt, daß die Agfa-Emulsionen eben- 
falls gravimetrisch faßbare „Silberkeime“ enthalten, was höchstwahr- 
scheinlich ist. Nehmen wir einen mittleren Wert von 0,010 g 


Zur Photochemie der Halogensiber. T. 305 


Silberkeime auf Io g Silber an, so ergäbe sich z.B. für die Agfa- 
Reproduktionsplatte, die 0,00042 400 = 0,168 g Silber pro 400 qcm 
enthielt, ein „Silberkeimwert‘“ von 0,000168 g = 0,168 mg/400 qcm. 

Die Titrationsanalyse lieferte z. B. für die Agfa-Reproduktions- 
platte nach dem Belichten Silberwerte von 0,108 bis 0,511 mg, 
während bei Annahme obigen Wertes (0,01og pro rog Silber) 
bereits 0,168 mg „Silberkeime“ in der Emulsion sein können. Jeden- 
falls ist sehr wahrscheinlich, daß durch die Titrationsanalyse die 
„Silberkeime“ mitbestimmt wurden und daß deren Zahl die von den 
Autoren angegebene Genauigkeitsgrenze von 0,005 mg Silber, auch 
wenn das zur Untersuchung verwendete Agfa-Material weniger „Silber- 
keime“ enthalten sollte als die von uns untersuchten Emulsionen, 
mit größter Wahrscheinlichkeit überschreitet und unter Umständen 
der Größe nach die durch Belichtung entstandene Silbermenge 
erreicht. Die insbesondere in der Arbeit von Leszynski (a. a. O.) 
enthaltenen hohen Silberwerte pro Farbstoffmolekül, finden durch 
die mitbestimmten „Silberkeime“ eine einwandfreie Erklärung, so 
daß kein Grund zur besonderen Annahme über den Belichtungs- 

vorgang bei sensibilisierten Halogensilbergelatineschichten vorliegt. 

| Uns scheint demnach, daß über die Gültigkeit des Einstein- 
schen Äquivalentgesetzes bei sensibilisierten und nicht sensibili- 
sierten Halogensilbergelatineschichten noch nicht das letzte Wort 
gesprochen ist. 

Die von Weigert und Lühr (a. a. O.) gefundenen Silberkeim- 
werte sind im Durchschnitt niedriger als die von uns erhaltenen, 
was, wie schon am Anfang dieser Arbeit auseinandergesetzt wurde, 
darauf zurückzuführen ist, daß diese beiden Autoren, die in den 
Handelsplatten enthaltenen Halogenionen nicht berücksichtigt haben. 
Es wäre natürlich naheliegend, die von uns gefundenen überschus- 
sigen Silberwerte mit den von Lüppo-Cramer (13) durch die 
Dichromatmethode nachgewiesenen Silberkeimen zu identifizieren. 
Wir wollen diesen Schluß nicht ziehen, da, wie schon erwähnt, 
zwischen diesen Silberwerten und der Empfindlichkeit nicht der von 
der Dichromatmethode geforderte Zusammenhang besteht. Bekannt- 
lich werden durch Dichromatschwefelsäure gerade die hochempfind- 
lichen Emulsionen in ihrer Empfindlichkeit stark beeinflußt, man 
müßte also bei ihnen auch die höchsten überschüssigen Silberwerte 
erwarten. Die oben angegebene Tabelle lehrt aber etwas anderes. 

Zur analytischen Untersuchung photographischer Schichten 
stehen also zwei Wege, der gravimetrische unter Anwendung größter 


306 Schmidt und Preischner 


Emulsionsmengen in Form von Emulsionsnudeln, und der titri- 
metrische bei Benützung kleiner Mengen zur Verfügung. Wir 
glauben, daß die gravimetrische Methode den  titrimetrischen 
Methoden in vielen Fällen mindestens ebenbürtig ist. 


Zusammenfassung 
A. Methodisches 


Es wird eine quantitativ gravimetrische Untersuchungsmethode 
angegeben, die gestattet, größere Mengen photographischen Materials 
auf überschüssige Silber- und Halogenionen zu untersuchen. Auch 
Gesamtsilber- und Halogenbestimmungen sind möglich. Mit dieser 
Methode wurden hauptsächlich Emulsionsnudeln untersucht. Als 
Abbausäure diente Salpetersäure 1:30. Durch diese Säurekonzen- 
tration treten keine Oxydationsprozesse (Jodatbildung, Zersetzung) 
ein. Durch einen besonderen Analysengang ist es möglich, im 
Filtrat gelöstes Halogensilber und überschüssige Silberionen zu be- 
stimmen. Dieselbe Methode wurde auch zur Untersuchung des 
Rückstandes angewandt, der aber in allen Fällen nur noch Halogen 
und Silber im stöchiometrischen Verhältnis neben organischer Sub- 
stanz enthielt. Die Abbauzeit betrug entsprechend der geringen 
Säurekonzentration 4—6 Stunden. Die Säurekonzentration ist groß 
genug, um Reduktion durch die Gelatineabbauprodukte zu ver- 
hindern. 


B. Ergebnisse 


I. In sämtlichen untersuchten Emulsionen besteht keine genaue 
Äquivalenz zwischen Silber und Halogen, sondern es ist immer ein 
mehr oder weniger großer Überschuß an Silber vorhanden, obwohl 
die Emulsionen durchwegs mit Halogensalzüberschuß hergestellt 
wurden. 


2. Dieses überschüssige Silber, das somit zum ersten Male 
gravimetrisch bestimmt wurde, ist in erster Linie von der Art des 
Halogensilbers abhängig und bei Chlorsilber extrem hoch und bei 
Jodsilber extrem niedrig. Weiter besteht bis jetzt noch kein er- 
kennbarer Zusammenhang zwischen überschüssiger Silbermenge und 
Empfindlichkeit, Reifungsgrad und Darstellung; Chlor- und Jod- 
silber haben bei nicht stark verschiedener Empfindlichkeit stark 
differierende Silberwerte. 


Zur Photochemie der Halogensiber. T. 307 


C. Folgerungen 


I. Es wird darauf hingewiesen, daß in den Arbeiten von 
Eggert, Noddak und Leszynski über die Gültigkeit des Äqui- 
valentgesetzes bei sensibilisierten und nichtsensibilisierten Halogen- 
silbergelatineschichten diese beträchtlichen, wahrscheinlich auch in 
den Agfa-Emulsionen enthaltenen Silbermengen nicht berücksichtigt 
wurden, so daß noch nicht entschieden ist, ob dieses Gesetz bei 
diesen Systemen überhaupt Gültigkeit besitzt. Insbesondere finden 
die von Leszynski gefundenen relativ hohen Silberwerte pro Farb- 
stoffmolekül eine einfache Erklärung. 

2. Weigert und Lühr haben eine titrimetrische Methode zur 
Bestimmung des überschüssigen Silbers angegeben. Es wird darauf 
aufmerksam gemacht, daß in der vorläufigen Veröffentlichung alles 
darauf hinweist, daß die beiden Autoren den Gehalt der Handels- 
platten an Halogeniden nicht berücksichtigt haben, so daß die ge- 
fundenen Silberwerte wahrscheinlich noch einer Korrektur bedürfen. 

3. Auf den Wert von Standardemulsionen fur das wissenschaft- 
liche Arbeiten wird erneut hingewiesen. 


Literatur 


ı) Lüppo-Cramer, Kolloidchemie u. Photogr. 2. Aufl., Steinkopff 1921, S. 22. 

2) K. Fajans u. Beckerath, Zeitschr. phys. Chemie 97. 478; K. F. u. 
Frankenburger 105. 255; K. F. u. Hossel, Zeitschr. Elektrochemie 29. 495; 
K.F. u. Wolff, Zeitschr. anorg. u. allg. Chemie 137. 221; K.F. u. W. Steiner, 
Zeitschr. phys. Chemie 125. 307; Frankenburger, Zeitschr. phys. Chemie. 105. 273; 
O. Hossel, Kolloid-Zeitschr. 34. 304; W. Steiner, Zeitschr. phys. Chemie 125. 275. 

3) Sihvonen, Zeitschr. wiss. Phot. 25, Heft 1, Sr: Burgherr, Zeitschr. 
wiss. Phot. 24, Heft 12, S. 393. 

4) Lambert u. Wightmann, Zeitschr. wiss. Phot. 25, Heft 1, S. 10. 

5) Eggert u. Noddak, Zeitschr. Physik 20. 299; 31. 922; Sitzungsber. d. 
Preuß. Akad. 1923, S. 116. 

6) Leszynski, Zeitschr. wiss. Phot. 24, Heft 8, S. 261. 

7) Arens, Zeitschr. phys. Chemie 114. 337 und Eggert, zusammenfass. Vor- 
trag, Zeitschr, Elektrochemie 32, Heft 10, S. 491. 

8) Weigert u. Lühr, Naturw. 1927, Heft 38, S. 788. 

9) H. Schmidt, Zeitschr. wiss. Phot. 23, Heft 7, S. 211. 

10) Valenta, Phot. Korr. 1914, S. 122. 

11) Lehmann u. Bohner, Phot. Ind. 1922, S. 408. 

12) K. Leistner, Diplomarbeit, Dresden 1924. 

13) Lüppo-Cramer, Grundlagen S. 9. 


(Eingegangen am 27. März 1928) 


308 Lüppo-Cramer 


Der Herscheleffekt bei kurzweiliger Belichtung 
Von 


Lüppo-Cramer 
Mit 4 Figuren im Text 


Der Umstand, daß in neuerer Zeit der Herscheleffekt haupt- 
sächlich nur an hochempfindlichen Bromsilberschichten studiert 
wurde, führte zu der Anschauung, daß die Bildumkehrung im Sinne 
des Herscheleffektes nur im Gebiete des langwelligen Rot, ja 
sogar nur im Ultrarot auftreten könne. Der Verfasser (1) zeigte 


| 


| 
` 
a | 


E 
e . A ? E D Pr} = 
~e t 
E è , wegl 
EE gt 
Rb ST 
A . 
H 17 
ZS 
E sin 
~ 2 
La 


nun vor kurzem, daß das photographische Material hier die Voraus- 
setzungen völlig verändern kann. Denn nicht nur jedes für eine 
normale Dunkelkammerbeleuchtung ausreichende Rotfilter, sondern 
auch orangegelbe und selbst rein gelbe Filter genügen, um auf 
bestimmten Brom- und Chlorsilberschichten nach einer kurzen 
diffusen Vorbelichtung jene umgekehrten Bilder zu erzielen, die 
man bisher als eine ausschließliche Wirkung sehr langwelliger Licht- 
strahlen anzusehen gewohnt war. Es kommt in der Tat hier alles 
nur auf die photographische Schicht an. 

Die ausbleichende Wirkung hellroten Lichtes auf bestimmten 
vorbelichteten Gaslichtpapieren ist so intensiv und so leicht re- 
produzierbar, daß man sie mit den einfachsten Mitteln erhalten kann. 
Fig. ı zeigt ein solches Bild, das nicht etwa durch Umkopierungs- 


Der Herschelefjekt bei kurzwelliger Belichtung 309 


kunststücke verbessert wurde, sondern die getreue Reproduktion des 
Originals darstellt. Es handelt sich um Satrox-Gaslichtpapier, das 
zuerst einige Sekunden lang, bis zu einer mittleren latenten Schwär- 
zung, diffus vorbelichtet war und darauf unter einer gewöhnlichen 
roten Scheibe und einem ganz normalen Negativ mit einer 120kerzigen 
Lampe in !/, m Abstand 5 Minuten lang belichtet und wie üblich 
entwickelt wurde. Es entsteht also von dem Negativ ein Duplikat- 
negativ auf Papier. An dem unteren Rande des Bildes erkennt 
man noch die durch die diffuse Belichtung erzeugte erste Schwär- 
zung, die nach Maßgabe der Durchlässigkeit des Negativs durch das 
rote Licht ausgebleicht wurde Daß unter diesen Umständen das 
latente Bild auf derartigen Papieren durch das rote Licht der üb- 
lichen Dunkelkammerlampen abgeschwächt wird und daß deshalb 


Fig. 2 


auf den Herscheleffekt auch in der Praxis Rücksicht zu nehmen ist, 
habe ich a. a. O. näher ausgeführt. 

Ganz ähnlich wie rote Filter verhalten sich auch orange- 
farbene, so das Filter 104 der Agfa, das auf Grund der Unter- 
suchungen von H. Arens und J. Eggert (2) für die Sonderzwecke 
der Röntgenographie in den Handel gebracht wird. Nimmt man 
dagegen die bildgebende Belichtung des diffus vorbelichteten Papieres 
durch ein rein gelbes Filter (Tartrazin) vor, so erhält man zwar auch 
ein Ausbleichbild, aber nur dann, wenn die Intensität des wirkenden 
Gelblichtes nicht zu groß ist; auf intensiver belichteten Teilen der 
Kopie entsteht eine „zweite Umkehrung“, d. h. eine Schwärzungs- 
zunahme. Ich habe einen derartigen durch gelbes Licht erzielten 
Herscheleffekt mit zweiter Umkehrung bereits Phot. Rundschau 1928 
S. 143 reproduziert (3). Als Ergänzung zeigt Fig. 2 die entsprechende 
Wirkung der Belichtung durch ein ziemlich dichtes Grünfilter (4) 


Zeitschr. f. wiss. Phot. 25 21 


310 Lüppo- Cramer 


(Belichtung 2 Stunden, doch war eine weitgehende Ausbleichung 
schon nach re Minuten vorhanden). 

Ich war nun anfänglich durchaus nicht geneigt, anzunehmen, 
daß eine im Prinzip ähnliche Ausbleichung des latenten Bildes sogar 
auch durch ein blaues Filter hindurch erfolgen würde, ja hätte 
einen dahinzielenden Versuch vielleicht gar nicht so bald unter- 
nommen, wenn mich nicht eine sekundäre Beobachtung dazu ge- 
führt hätte. 

Gegen das rote Dunkelkammerlicht sind das Satrox-Papier und 
ähnliche Gaslichtschichten an sich so gut wie unempfindlich. Die 
durch die primäre Belichtung auf ihnen entstandenen Silberkeime 
machen aber diese Schichten in hohem Grade für die weniger brech- 
baren Strahlen empfindlich. Doch äußert sich diese Empfindlich- 
keit im roten Lichte ausschließlich als Ausbleichung des ersten 


"US? "BR 


latenten Eindruckes ohne jede Schleierbildung. Versucht man 
nun, wie sich unter Verhältnissen der Praxis latente Bildkopien 
gegen gelbes Licht verhalten, so tritt hier die schleierbildende 
Wirkung ganz in den Vordergrund und nur unter besonders ge- 
leiteten Versuchsbedingungen kann man auch hier eine Ausbleichung 
beobachten. Fig. 3 zeigt die Wirkung der durch eine dem Chapman- 
Jones-Tester nachgebildete Skala abgestuften Gelbbelichtung auf 
eine latente Kopie auf Satrox-Papier nach einer Stunde. Man sieht, 
daß hier von Feld 1—12 eine erhöhte Schwärzung, unter den stärker 
gedeckten Skalenfeldern aber eine Ausbleichung eingetreten ist. Die 
Felder 1—3 waren übrigens schon vor der Entwicklung deutlich 
sichtbar. 

Bei diesem Bilde wie auch schon in Fig. 2 forderte nun eine 
Nebenerscheinung zunächst zu einer besonderen Untersuchung heraus. 
Man bemerkt hier nämlich um die Skalentelder der „zweiten Um- 


Der Herschelefjekt bei kurzwelliger Belichtung 3II 


kehrung“ herum scharf abgegrenzte helle Streifen, die bei der nor- 
malen Belichtung unter der Skala wie auch bei den durch rotes 
Licht ausgebleichten Herschelbildern mir nie aufgestoßen waren. 
Außerlich ähneln diese Höfe denjenigen, wie sie als Nebenerscheinung 
bei der Sabatierschen Umkehrung auf gewöhnlichen Trockenplatten 
bei Zutritt aktinischen Lichtes während der Entwicklung entstehen 
können und die man durch Desensibilisierung bekämpfen kann. Ich 
habe einen derartigen Vergleich an anderer Stelle (5) reproduziert 
und dort auch das Zustandekommen dieser Art von Höfen zu er- 
klären versucht. Da die in Rede stehenden hellen Streifen aber 
auch bei Anwendung desensibilisierender Entwickler sowie bei Aus- 
schluß jeglichen Lichtes entstanden, so schien ihr Auftreten eine 
andere Erklärung zu verlangen. Auch mit dem Eberhardeffekt 
(„Nachbareffekt‘) (6) scheint hier kein Zusammenhang zu bestehen, 


Fig. 4 


da die Höfe sich auch bei der Hervorrufung im Eisenoxalat aus- 
bilden. 

Wenn nun auch nicht anzunehmen war, daß die Wellenlänge 
des Lichtes als solche für jene Hofbildung mitentscheidend sein 
könnte, so versuchte ich doch, ob sich bei der Nachbelichtung des 
diffus vorbelichteten Papieres durch ein blaues Filter hindurch das 
Phänomen etwa ändern würde. Die Hofbildung trat jedoch auch 
unter diesen Verhältnissen auf. Gleichzeitig machte ich hierbei aber 
die viel wichtigere Beobachtung, daß unter bestimmten Bedingungen 
auch durch blaues Licht eine Ausbleichung des latenten Lichtbildes, 
also ein „Herscheleffekt durch blaues Licht“ auftrat. Satrox- 
Papier wurde nach der diffusen Vorbelichtung wie oben durch vier 
aufeinandergelegte Blauscheiben nach E. König (7) in 75 cm Ent- 
fernung von der Lampe 15 Minuten lang belichtet und gab das in 
Fig. 4 reproduzierte Bild, das sich von dem durch Gelb- oder Grün- 


21" 


312 Lüppo-Cramer 

filter erhaltenen grundsätzlich nicht unterscheidet. Man erkennt auch 
hier die hellen Höfe um die stärker belichteten Skalenfelder herum, 
die wohl dadurch zustande kommen, daß der Entwickler auch an 
diesen Stellen zunächst für die Hervorrufung des Skalenfeldes selbst 
mit verbraucht wird. Er hinterläßt dann eine schmale Zone um 
das Feld herum, an der bei der erst etwas später einsetzenden 
Entwicklung des vorbelichteten Grundes die Reduktion verzögert 
wird (8). 

Da im ungefilterten Lichte wohl nur die blauen Strahlen wirk- 
sam sein können, so war anzunehmen, daß auch ohne Farbfilter 
der Herscheleffekt auf dem Satrox-Papier auftreten würde. Dies ist 
auch in der Tat der Fall, wenn man mit nicht zu starken 
Lichtintensitäten arbeitet. Bei der großen Intensität der zu 
den Versuchen mit Farbfiltern angewendeten Lichtquelle erhält 
man nur dann eine der Fig. 4 ähnliche Ausbleichung ohne Filter, 
wenn man infolge eines genügenden Abstandes des vorbelichteten 
Papieres von der Lichtquelle die Belichtungszeit bis zu etwa einer 
Stunde ausdehnen kann. Es treten hier also ähnliche Verhältnisse 
ins Spiel, wie ich sie bei Untersuchungen über den Schwarzschild- 
effekt bei anderen Ausbleichreaktionen beobachtete (9). 

Wir haben also das interessante Ergebnis zu verzeichnen, dai 
unter den beschriebenen Verhältnissen der Herscheleffekt im 
Lichte aller Spektralregionen auftritt und es erhebt sich er- 
neut die Frage, worin denn eigentlich unter diesen Bedingungen 
der Unterschied zwischen dem Herscheleffekt und der gewöhnlichen 
Solarisation besteht. Wir sahen, daß nur in rotem und orange- 
farbenem Lichte eine Ausbleichung sämtlicher Felder der Skala 
eintritt, daß dagegen sowohl im gelben, wie im grünen und blauen 
Lichte eine Ausbleichung nur bei schwächeren Intensitäten erfolgt, 
während diese Strahlen bei genügender Intensität eine Schwär- 
zungszunahme veranlassen. Die längerwelligen Strahlen unter- 
scheiden sich in ihrer Wirkung auf das latente Bild also dadurch 
von den kürzerwelligen, daß sie ceteris paribus auch noch bei 
stärkeren Intensitäten keine Schwärzungszunahme veranlassen, son- 
dern ausschließlich bildzerstörend wirken. 

Ein Verständnis dieser Verhältnisse ergibt sich, wenn man an- 
nimmt, daß die kürzerwelligen Strahlen tiefer in das Halogensilber- 
korn eindringen als die langwelligen. Daß ganz allgemein das 
Licht um so tiefer in das Korn eindringt, je intensiver es ist, darf 
man wohl voraussetzen. Die „zweite Umkehrung“ aber, die im 


Der Herscheleffekt bei kurzwelliger Belichtung 313 


vorstehenden nur bei der Wirkung kürzerwelligen Lichtes beobachtet 
wurde, beruht wohl darauf, daß das intensivere Licht an diesen 
Stellen sofort größere Keime erzeugt, die sich weiter ins Korninnere 
erstrecken, während bei den weniger intensiv nachbestrahlten Bild- 
teilen sich an der Kornoberfläche zunächst nur die Regression, die 
Wiedervereinigung des Halogens mit dem Silber auswirkt, wodurch 
die Entwicklung verhindert wird. 

Die längerwelligen Strahlen beschränken aber offenbar ihren 
Wirkungsbereich verhältnismäßig viel mehr auf die Kornoberfläche, 
auch dann, wenn ihre Intensität größer ist. Dies braucht nicht 
auf einer speziellen etwa optisch feststellbaren veränderten Absorp- 
tion der Strahlen zu beruhen, sondern ist indirekt darauf zurück- 
zuführen, daß die Tendenz zur Regression mit Zunahme der Wellen- 
länge wächst. Denn gerade wegen dieser Tendenz bewirkt das 
langwellige Licht an der Kornoberfläche noch die Rückbildung des 
Bromsilbers, erzeugt aber weiter im Innern keine neuen Keime 
mehr, weil hier der Bromdruck dem Dissoziationsdruck des Brom- 
silbers viel leichter das Gleichgewicht halten kann als außen. 

Fassen wir die also im Lichte aller Wellenlängen eintretende 
Ausbleichung des latenten Bildes unter den beschriebenen beson- 
deren Verhältnissen ins Auge, so verwischt sich hier der Unter- 
schied zwischen der Umkehrung im Rot, die wir ausschließlich als 
Herscheleffekt anzusprechen pflegen, und der Solarisation in der 
Tat sehr weitgehend. Indessen möge noch auf folgendes aufmerk- 
sam gemacht werden. Die geschilderte Ausbleichung auch im 
blauen Lichte unterscheidet sich dadurch von der bisher meist an 
hochempfindlichen Trockenplatten studierten Solarisation, daß die 
auszubleichende erste latente Schwärzung sich noch durchaus im 
aufsteigenden Aste der normalen Schwärzungskurve befindet und 
daß bei jeder Belichtung (eine nicht zu hohe Intensität voraus- 
gesetzt!) sogleich eine Ausbleichung stattfindet, ohne daß — 
wie bei der gewöhnlichen Solarisation — noch eine zeitlich relativ 
weitreichende Schwärzungszunahme mit einem meist noch aus- 
gedehnten „neutralen Zustande“ vorhergeht. Man darf daher die 
in Fig. 4 dargestellte Ausbleichung nicht ohne weiteres als ‚‚nor- 
male“ Solarisation deuten, wenn auch die Verwandtschaft, ja grund- 
sätzliche Wesensgleichheit der Phänomene bei diesen feinkörnigen 
Schichten unverkennbar zum Ausdruck kommt. 

Nicht ohne Interesse ist auch der Einfluß von Bromakzep- 
toren auf die Ausbleichung des Satrox-Papieres im blauen Lichte. 


314 Lüppo- Cramer 


Während bekanntlich die gewöhnliche Solarisation hochempfind- 
licher Platten durch bromabsorbierende Agenzien aufgehoben wird, 
der Herscheleffekt auf denselben Schichten aber fast indifferent 
gegen Bromakzeptoren ist, wird die Ausbleichung der feinkörnigen 
Satroxschicht auch im blauen Lichte durch eine Imprägnierung mit 
Nitrit kaum beeinflußt. Es steht dies ganz im Einklang mit früheren 
Ausführungen des Verfassers (10) über die Wirkung der Bromak- 
zeptoren auf Solarısation und Herscheleffekt. Hiernach wirken 
bromabsorbierende Substanzen erst dann gegen die Bildumkehrung. 
wenn sich während der Belichtung ein bestimmtes Minimum an 
Brom abspaltet. Bei der Solarisation hochempfindlicher Platten 
wird dieses Minimum überschritten, nicht aber, oder doch nur un- 
wesentlich beim Herscheleffekt, bei den feinkörnigen aber wird das 
Minimum auch im kurzwelligen Lichte noch nicht erreicht. 

Die Verhältnisse bei der Bildumkehrung liegen bei hoch- 
empfindlichen Bromsilberplatten wesentlich anders als bei der im 
vorstehenden hauptsächlich in Betracht gezogenen sehr feinkörnigen 
Schicht des Gaslichtpapieres Satrox. Das ist verständlich, wenn 
man auch nur in groben Umrissen die außerordentlich viel kom- 
pliziertere Struktur der gereiften Schichten in Erwägung zieht. 
Denn zunächst besteht die Schicht der Negativplatten aus Brom- 
silberkörnern sehr verschiedener Größe, was bei den Gaslichtpapieren 
kaum in erheblichem Grade der Fall ist. Das gereifte Bromsilber 
enthalt zudem immer Jodsilber, das sich in den einzelnen Körnern 
verschiedener Größe nicht nur in prozentual verschiedenen Mengen, 
sondern auch topographisch verschieden verteilt vorfindet. Ferner 
schließt das sogenannte Korn trotz seiner kristallinischen Form in 
seinem Innern höchstwahrscheinlich Spuren von Gelatine ein, die 
auch wieder je nach dem sich herausbildenden Korn wieder ver- 
schieden verteilt sind. Das „Korn“ hat also eine sehr komplizierte 
Struktur, in der auch chemische Vorgänge anders verlaufen werden 
als in einem homogenen System. Während weiter bei den un- 
gereiften Schichten sich noch kaum rein chemische Einflüsse der 
Gelatine bemerkbar machen werden, bildet die Gelatine in den 
hochempfindlichen Schichten durch Reduktionswirkung kolloides 
Silber und nach Sheppard infolge ihres Gehaltes an Thiokarb- 
amiden auch Schwefelsilber. Infolge der Anwesenheit des kolloiden 
Silbers als eines sehr stark wirksamen panchromatischen Sensi- 
bilisators ist aber die gereitte Bromsilberschicht schon von vorn- 
herein in verhältnismäßig hohem Grade farbenempfindlich und dies 


Der Herscheleffekt bei kurzwelliger Belichtung 315 


muß jedenfalls das Auftreten des Herscheleffektes stark beeinflussen, 
ja wird vielleicht die starke spektrale Begrenzung des Herschel- 
effektes auf das sehr langwellige Licht verursachen. Auch die sich 
hierbei unter Umständen überlagernden Vorgänge, die ich in einer 
vorhergehenden Abhandlung in dieser Zeitschrift (Ir) berührte, 
werden hierdurch verständlicher. 

Bei den ungereiften Schichten fehlen jene die Farbenempfind- 
lichkeit verursachenden Keime nun zunächst vollständig. Die in 
diesem Falle erst bei der Belichtung entstehenden Keime können 
daher viel wirksamer sein, weil die relative Farbenempfindlichkeit 
sich aus der Differenz der spektralen Empfindlichkeiten einerseits 
des ursprünglichen, andererseits des belichteten Haloids ergibt. 
Dies muß aber auch eine wesentlich geringere spektrale Begren- 
zung des Herscheleffektes zur Folge haben, wie aus den oben be- 
schriebenen Versuchen ja tatsächlich auch hervorgeht. 

Nach den heutigen Anschauungen finden sich die bei der 
Reifung entstehenden Keime nicht etwa einigermaßen gleichmäßig 
an der Kornoberfläche verteilt, sondern sie treten als sporadisch 
verteilte Zentren auf, an denen das latente Lichtbild seine Ent- 
stehung beginnt. Begreiflicherweise wird dies gerade auch bei den 
Umkehrungsreaktionen von bedeutendem, natürlich im einzelnen 
nicht zu übersehenden Einflusse sein. Sicherlich werden sich aber 
jene Keime gegenüber dem regressiven Wiederbromierungsprozeß 
wieder wesentlich anders verhalten als das latente Bild auf einem 
ungereiften Korn, an dessen Oberfläche sich aller Wahrscheinlich- 
keit nach zahlreichere, aber kleinere und daher leichter chemisch 
angreifbare, d. h. leichter wieder regenerierbare Keime bilden werden, 
die zudem kaum schon Schwefelsilber enthalten. 

Was hier von Extremen gesagt wurde, kann wohl auch teil- 
weise seine Anwendung finden, um die sehr großen Unterschiede 
in bezug auf die Bildausbleichung zu erklären, die sich auch unter 
den verschiedenen Fabrikaten von Gaslichtpapieren vorfinden, selbst 
dann, wenn diese bei der Verarbeitung für praktische Zwecke 
keinerlei auffallende Verschiedenheiten zeigen. 


Literatur 


1) Lüppo-Cramer, Phot. Rundschau 1918, S. 142; Phot. Korr. 1928, S. 108; 
Atelier des Photogr. 1928, S. 38. 

2) H. Arens und J. Eggert, Zeitschr. wiss. Phot. 24 229. 1926. 

3) Auch in bezug auf die Ausbleichung durch gelbes Licht erwies sich das 
Satrox-Papier allen andern von mir geprüften Gaslichtpapieren weit überlegen, doch 


316 Lüppo-Cramer 


erhielt ich auch auf Lupex, Senvela, Mimosa-Velotyp und Lumarto gute Ausbleichungen 
unter gelbem Filter; bei Lupex und einem selbst hergestellten Chlorsilberpapier blieb 
indessen die „zweite Umkehrung“ unter den angegebenen Verhältnissen aus. 

4) E. König, Farbenphotogr. 4. Aufl. Berlin 1921, S. 100. Die Farben- 
felder der reproduzierten Skalen mögen hier außer Betracht bleiben, da sie nur für 
praktische Zwecke mit der Grauskala verbunden wurden und keine einwandfrei de- 
finierte spektrale Begrenzung besitzen. 

5) Lüppo-Cramer, Negativentwicklung bei hellem Lichte. II. Aufl. Leipzig 
1922, S. 50. 

6) G. Eberhard, Publik. d. astrophysikal. Observator. Potsdam, Bd. 26, Heft 1, 
S. 45 (Potsdam 1926, im Verlag des Observator.); Phot. Korr. 1922, S. 15. 

7) E. König, Farbenphotogr. S. 99. Die Ausbleichung im blauen Lichte er. 
hielt ich in der aus der Fig. A ersichtlichen Intensität nur auf Satrox; Mimosa- Velotyp 
lieferte aber auch ein sehr deutliches, Senvela ein schwaches, aber doch deutlich er- 
kennbares’ Ausbleichbild durch das Blaufilter. 

8) Vielleicht genügt diese Erklärung doch auch für die a. a. O. beschriebene 
ältere Beobachtung. 

9) Zeitschr. wiss. Phot. 24. 380. 1927. 

10) Lüppo-Cramer, Phot. Industrie 1927, Nr. 3. 

11) Lüppo-Cramer, Zeitschr. wiss. Phot. 25. 282. 1928. 


(Eingegangen am 15. März 1928) 


Der Sterryeffekt auf Chlorsilber 
Von 
Lüppo-Cramer 


Mit 2 Figuren im Text 


In einer vor kurzem in dieser Zeitschrift (I) erschienenen Ab- 
handlung: „Abschwächung des latenten Bildes“ wurde bereits die als 
Sterryeffekt bekannte Erscheinung berührt, daß das latente Bild auf 
Bromsilber durch gewisse das Silber chemisch angreifende Agenzien 
an den stärker belichteten Stellen außerordentlich viel weitgehender 
zerstört wird als in der Nähe des Schwellenwertes. 

J. Sterry(2) machte zuerst die Beobachtung, daß Entwicklungs- 
papiere und Diapositivplatten weichere Bilder liefern, wenn man 
sie vor der Entwicklung kurz in ein verdünntes Bad von Kalium- 
bichromat eintaucht und kurz abspült.e. Bei den Nachprüfungen 
dieser Versuche durch verschiedene Forscher (3) wurde besonders 
hervorgehoben, daß die infolge des Calliereffektes (4) bei Vergröße- 
rungen auf Brumsilberpapier sehr leicht entstehenden Harten und 
Detaillosigkeiten in den Tiefen vermieden werden, wenn man das 
Bichromatvorbad anwendet. 


Der Sterryeffekt auf Chlorsilber 317 


Von einer größeren Serie von Plattensorten habe ich vor einiger 
Zeit (5) Schwärzungskurven über den Sterryeffekt veröffentlicht, die 
alle eine sehr geringe, in einzelnen Fällen überhaupt keine Wirkung 
des Bichromatbades auf den Beginn der Kurve, aber eine mit 
steigender ursprünglicher Belichtung immer mehr zunehmend ab- 
schwächende Wirkung auf das latente Bild zeigen. In der ange- 
führten Arbeit an dieser Stelle illustrierte ich auch die im Sinne 
des Sterryeffektes abschwächende Wirkung einiger anderer oxydie- 
render Agenzien, wobei gleichzeitig die schleierbildende Komponente 
einiger dieser Vorbäder mit in die Erscheinung trat. 

Auch auf Chlorsilber erhält man den Sterryeffekt sowohl 
mit Bichromat, wie auch mit andern silberangreifenden Substanzen. 
Die Figg. ı und 2 geben derartige Schwärzungskurven wieder. Ä ist 
in beiden Fällen die nicht behandelte Kontrollplatte, während die 
andern Kurven nach 2 Minuten langer Einwirkung der verschiedenen 
Agenzien auf die belichtete Chlorsilberschicht mit nachfolgender 
Waschung und Entwicklung in Metolhydrochinon entstanden. 


. Bichromat 1°), 

. Ferricyankalium 0,2°/, 

. Kaliumpermanganat 0,1°/, 

. Chinon 1°/ 

. Kupferchlorid ı1°/, 

. Eisenchlorid 1°), 

. Ammoniumpersulfat 1°/, 

. Ammoniumpersulfat ı°/,, 10 Minuten lang. 


CO N OAU AU N m 


In allen Fallen ist auch hier die Wirkung der silberangreifenden 
Agenzien auf den Schwellenwert sehr gering und die flachen Kurven 
zeigen den mit zunehmender Belichtung stärker werdenden chemischen 
Angriff auf das latente Bild. Besonders beachtenswert ist die von 
den übrigen Kurven abweichende starke Durchbiegung der Kurven 
von Ferricyankalium (2) und Kupferchlorid (5). 

Was die Erklärung des Sterryeffektes anlangt, so habe ich 
sie in meiner erwähnten Mitteilung an dieser Stelle nur kurz ange- 
deutet und es ist daher vielleicht angebracht, sie auch hier etwas 
austührlicher mitzuteilen. 

Die Wirkung des Sterryeffektes beruht wohl auf dem Verhalten 
der Adsorptionsverbindungen bzw. fester Lösungen ganz allgemein. 
Bei allen derartigen Verbindungen ist nur ein bestimmter, geringerer 
Teil des Adsorbendums besonders fest mit dem Adsorbens ver- 


Der Sterrveflekt auf Chlorsilber 319 


bunden und daher relativ schwer von ihm zu trennen. Bei der Be- 
lichtung des Brom- bzw. Chlorsilbers sind offenbar die zuerst ent- 
stehenden Silberkeime so fest gelöst, daß sie den relativ schwachen 
Angriffen der oxydativen Agenzien bei den beschriebenen Versuchen 
widerstehen. Bei weiter fortgesetzter Belichtung wachsen diese 
Keime, der Bau des Halogensilberkornes wird dabei gelockert, der 
Schutz des umhüllenden Haloides nimmt ab und die Keime werden 
leichter zerstörbar. Genauer studiert wurde diese Erscheinung vom 
Verfasser bei den synthetischen Photohaloiden und als „anomale 
Adsorption“ gedeutet (6). Auch die Tatsache, daß die Verringerung 
der Lichtempfindlichkeit des (gereiften) Bromsilbers durch Oxy- 
dationsmittel einen erheblich größeren Betrag annimmt, wenn die 
Platte schon vorher ziemlich stark belichtet war (7), ist offenbar 
nahe mit dem Sterryeffekt verwandt. Daß auch der Vorgang der 
Abschwächung entwickelter Negative mit Persulfat u. a. letzten Endes 
mit dem Sterryeffekt nahe Beziehungen hat, wurde bereits in meiner 
Arbeit an dieser Stelle ausgeführt. 


Literatur 


I1) Zeitschr. wiss. Phot. 25. 129. 1928. 

2) Eders Jahrb. 1904, S. 462, ausführlicher 1908, S. 509. 

3) Ackland, Eders Jahrb. 1905, S. 408; O. Mente, Phot. Korr. 1910, S. 603; 
R. Namias, Eders Jahrb. 1914, S. 103; Fr. Schmidt, Vortrag im Frankfurter 
Verein 1915. 

Al A. Callier, Zeitschr. wiss. Phot. 7. 268. 1909; Eders Jahrb. 1910, S. 153, 
323, 452; 1911, S. 341; 1912, S. 468, 497. 

5) Lüppo-Cramer, Phot. Rundschau 1927, S. 384. 

6) Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. Negativverf.(Eders Handb. Bd. II, 1). 
Halle 1927, S. 35. 

7) Lüppo-Cramer, Phot. Industrie 1924, Nr. 34. 


(Eingegangen am 8. April 1928) 


320 Lüppo- Cramer 


Zur optischen Sensibilisiorung des Jodsilbers 
Von 
Lüppo-Cramer 


Zur Frage der optischen Sensibilisierung des Jodsilbers be- 
schreibt K. Baukloh (I) eine Reihe von interessanten neuen Ver- 
suchen, zu denen nach seiner Ansicht frühere Angaben im Wider 
spruch stehen. Nach Baukloh erscheint es „schwer verständlich“ 
und „verwunderlich“, daß es Lüppo-Cramer und andern nicht 
gelungen sei, Jodsilbergelatine mit Erythrosin und Phenosafranin zu 
sensibilisieren und er sucht den Widerspruch zu meiner ‚„Behaup- 
tung“, daß Phenosafranin das Jodsilber nicht sensibilisiere, sondern 
desensibilisiere, durch die Annahme zu erklären, daß ich die Platte 
überhaupt nicht entwickelt, sondern deren direkte Schwärzung be- 
urteilt hätte! Bei einem Autor, der sich seit 30 Jahren mit solchen 
Fragen befaßt, sollte man derartige Kunstfehler eigentlich nicht 
mehr voraussetzen. 

Studiert man die Arbeit von Baukloh genauer, so erscheint 
es gar nicht mehr so schwer verständlich, daß er zu wesentlich 
andern Resultaten über die optische Sensibilisierbarkeit des Jod- 
silbers gelangte als andere vor ihm. Denn die experimentellen 
Voraussetzungen liegen hier ganz verschieden. Die älteren Ver- 
suche über optische Sensibilisierung des Jodsilbers sind so gut wie 
immer mit Schichten angestellt worden, in denen das Jodsilber durch 
Emulgierung entstanden war, während Baukloh einerseits mit 
unvollständig jodierten Silberspiegeln arbeitete, Schichten, 
die also noch mit metallischem Silber als „Sensibilisator‘‘ in Be- 
rührung waren, andererseits seine Jodsilbergelatine auf dem Um- 
wege über käufliche Bromsilberplatten herstellte. 

Die an sich besonders interessanten Ergebnisse, die Baukloh 
an den Silberspiegeln erzielte, scheiden als widerspruchbildend zu- 
nächst vollständig aus. Aber auch die Tatsache, daß die durch 
Umwandlung von Bromsilber in Jodsilber mit der Thiosulfat und 
Sulfit enthaltenden Renwickschen Jodierungslösung erhaltenen 
Platten bei gewissen Reaktionen zu andern Resultaten führen können 
als einfach emulgiertes Jodsilber, ist eigentlich kaum schwer verständ- 
lich, zumal man aus Bauklohs Angaben die Schlußfolgerung ziehen 
darf, daß die Alterungskeime in den von ihm angewendeten ur- 
sprünglichen Platten hier eine Rolle gespielt haben. 


Zur optischen Sensibilisierung des Jodsilbers 32I 


Im übrigen ist aber auch die normale optische Sensibilisierung 
des Jodsilbers, das auf dem Umwege über das Bromsilber hergestellt 
worden war, nicht erst von Baukloh neu entdeckt worden, sondern 
findet sich schon eingehend beschrieben in einer Abhandlung von 
mir (2): „Zur Sensibilisierung des Jodsilbers“. Hier wurde das 
Rhodamin B als ein ganz besonders stark wirkender optischer Sensi- 
bilisator für Jodsilber erkannt und seine Wirkung auch bildlich dar- 
gestellt. Auch die von Baukloh S. 249 hervorgehobene Tatsache, 
daß bei Jodsilber die Sensibilisierung für längerwelliges Licht größer 
werden kann als die normale Empfindlichkeit für kurzwelliges, wurde 
von mir schon in jener Arbeit an Reproduktionen von Eder-Hecht- 
Skalen illustriert. Ferner ergab Phenosafranin auf derartigen Schichten 
bei gleichzeitiger Gegenwart von Jodakzeptoren nicht nur eine starke 
Farbenempfindlichkeit, sondern, wie das Rhodamin, auch eine be- 
deutende Steigerung der Gesamtempfindlichkeit. Ich schloß daher 
aus meinen Untersuchungen a. a. O.: „Geeignete chemische Sensi- 
bilisatoren sind also unter Umständen fähig, die sonst desensibili- 
sierende Wirkung des Safranins in das Gegenteil zu verkehren.“ 


Nehmen wir nun an, daß bei den von Baukloh verwendeten 
unvollständig jodierten Silberspiegeln das metallische Silber und bei 
seinen Gelatineschichten die von ihm selber vermuteten Reifungs- 
oder Alterungskeime die Rolle des chemischen Sensibilisators über- 
nahmen, so sind die vermeintlichen Widersprüche nicht mehr allzu 
schwer verständlich. 


Für bemerkenswert hält es auch Baukloh (S. 258), daß bereits 
J. Acworth die desensibilisierende Wirkung der Safraninfarbstofte 
erkannt habe, „die von Lüppo-Cramer als neu festgestellt wurde“. 
Daß viele Farbstoffe die Empfindlichkeit des Bromsilbers verringern, 
ist in der Tat zahlreichen Forschern bei ihren Untersuchungen über 
optische Sensibilisierung aufgefallen. Das ist aber auch in meinen 
Untersuchungen über die Desensibilisierung nicht etwa verschwiegen 
worden (3). Das Entscheidende und psychologisch Interessante ist 
aber, daß, soweit bisher bekannt wurde, niemand vor mir die 
praktische Konsequenz aus der Tatsache jener Empfindlichkeits- 
verringerung zog. 


Die Arbeit von Baukloh veranlaßt mich, eine schon vor 
längerer Zeit von mir angestellte aber nicht veröffentlichte Zu- 
sammenstellung der Wirkung verschiedener Farbstoffe auf die Ge- 
samtempfindlichkeit des Jodsilbers hier anzufügen. 


322 Lüppo- Cramer 


Die Jodsilberemulsion wurde in folgender Weise hergestellt: 

Zu 150 ccm ı0°/,iger Gelatinelösung + 50 ccm ıo°/,iger Jod- 
kaliumlösung von 60° werden rasch 50 ccm 10°/,iger Silbernitrat- 
lösung zugegeben. Es bleibt hierbei ein kleiner Überschuß an Jod- 
kalium in der Emulsion. Es entsteht zunächst eine ganz trans- 
parente, außerordentlich hochdisperse Emulsion, die sehr wenig deckt 
und sehr unempfindlich ist, die aber nach 16 Stunden langer Di- 
gestion bei 65° eine enorme Zunahme der Empfindlichkeit und 
Deckkraft erfährt. Die gereifte (ungewaschene) Emulsion wurde auf 

Glasplatten gegossen und in erstarrtem Zustande gründlich ge- 
“waschen und dann getrocknet. 

Die Farbstoffe wurden in der bei Bromsilber üblichen Ver- 
dünnung 1:50000 verwendet, die getrockneten Jodsilberplatten 
darin 2 Minuten lang gebadet und wiederum getrocknet. Die Be- 
lichtung erfolgte mit einer ızokerzigen Lampe in 30cm Entfernung 
unter Eder-Hecht-Skalen ı Minute lang. Entwicklung in Amidol- 
Pottasche. Fixiert wurden diese Platten nicht. Sie haben, wie die 
Tabellen zeigen, eine ungleich höhere Empfindlichkeit als die von 
Baukloh benutzten, der mit einer 3000kerzigen Lampe 200 Minuten 
lang belichtete und selbst hierbei nur 40° E.-H. erzielte. Schon 
dieser gewaltige Unterschied in der Empfindlichkeit des verwendeten 
Jodsilbermaterials deutet auf wesentlich verschiedene Verhältnisse in 
den Versuchsbedingungen. 

Tabelle ı 


Empfindlichkeits- | Differenz gegen- 
Ohne Nitrit Mit Nitrit steigerung über der ursprüng- 
durch Nitrit lichen Platte 


Kontrollplatte........ 84 90 6 — 


Pinaflavolnitrat ....... 86 86 o +2 
Pinachromviolett ...... 74 74 o 10 
Erythrosin ......... 72 84 12 12 
Pinachrom ......... 68 76 8 16 
Pinacyanol ......... 68 82 14 16 
Athyleyanin ........ 60 74 14 24 
RhodaminB ........ 60 72 12 24 
Isochinolinrot ........ 58 72 14 26 
Pinakryptolgrün ...... 58 64 6 26 
Pinakryptolgelb....... 5o 74 24 34 
Methylenblau ........ so 62 12 34 
Phenosafranin........ 30 68 38 S4 


In Tabelle ı findet sich auch die Empfindlichkeit bei gleich- 
zeitiger Anwendung von Nitrit als chemischem Sensibilisator, die 
Zunahme der Empfindlichkeit durch dieses, die sich allerdings be- 


Zur optischen Sensibilisierung des Jodsilbers 323 


deutend mehr in der Steigerung der Deckung als in einer Ver- 
änderung des Schwellenwertes äußert, sowie die Differenz in der 
Gesamtempfindlichkeit gegenüber der nicht gefärbten Kontrollplatte 
angegeben. Mit Ausnahme des Pinaflavolnitrates, das wie in andern 
Fällen (4) als ausgesprochener Halogenakzeptor eine geringe Emp- 
findlichkeitszunahme bewirkte, zeigten alle untersuchten Farbstoffe 
eine teilweise enorme Decsensibilisierung. Bei gleichzeitiger Gegen- 
wart des Jodakzeptors erfolgt bei einer Reihe der gefärbten Platten 
eine Zunahme der Gesamtempfindlichkeit, die bedeutend höher ist 
als die Empfindlichkeitssteigerung der ungefärbten Platte. Eine op- 
tische Sensibilisierung wurde in keinem Falle beobachtet; stets 
erschien nur der Blaustreifen der Skala. Man sieht auch, daß die 
Desensibilisierung des Jodsilbers mit den ausgesprochenen Brom- 
silbersensibilisatoren Äthylcyanin, Rhodamin B und Isochinolinrot 
ebenso stark ist wie die mit Pinakryptolgrün, während allerdings 
auch Pinakryptolgelb und Methylenblau, besonders aber auch Pheno- 
safranin sich noch durch eine ganz besonders weitgehende De- 
sensibilisierung auszeichnen. 


Tabelle 2 zeigt die Desensibilisierung des Jodsilbers (einer andern 
Emulsion) noch an einigen weiteren Farbstoffen. 


Tabelle 2 
Kontrollplatte `... 84 Differenz 
Dijodfiuorescein ....... 80 4 
Äthylrot `... errs 72 12 
Akridingelb ......... 72 12 
Dibromdinitrofluorescein. . . 70 12 
Methylgrün. ......... 70 14 
Orthochrom T ........ 66 18 
Malachitgrün. ........ 58 26 
Bnillantrhodulinrot ...... 54 30 


Es bestätigen und erweitern diese Versuche die von mehreren 
älteren Autoren beobachtete Tatsache, daß emulgiertes Jodsilber 
sich nicht ohne weiteres optisch sensibilisieren läßt und gleichzeitig 
auch die Feststellung des Verfassers, daß auch bromsilbersensibili- 
sierende Farbstoffe das Jodsilber zu desensibilisieren pflegen. 
Die entgegengesetzten Resultate von Baukloh sind also offenbar 
darauf zurückzuführen, daß er mit ganz andern Jodsilbermaterialien 
arbeitete. | 

Es möge hier noch folgendes registriert werden. Die de- 
sensibilisierende Wirkung der Farbstoffe auf das Jodsilber setzt nicht 


324 Lüppo-Cramer. Zur optischen Sensibilisierung des Jodsübers 
etwa, wie man annehmen könnte, überschüssige Jodionen in der 
Schicht voraus, vielmehr erlitten Jodsilberemulsionen der oben an- 
gegebenen Herstellungsart auch dann noch eine starke Desensibili- 
sierung durch Farbstoffe, wenn bei der Emulgierung bis zu 5°/, der 
ursprünglichen Jodionen durch Bromionen ersetzt wurden. Erst 
bei weiterem Ersatz des Jodsilbers durch Bromsilber (10°;,) tritt 
eine deutliche optische Sensibilisierbarkeit auf. Behandelt man die 
reinen Jodsilberplatten mit einer sehr verdünnten Lösung von freiem 
Brom, wie früher von mir angegeben wurde (5), so tritt trotz der 
hier noch sehr wenig weitgehenden Umwandlung des Jodsilbers ın 
Bromsilber eine beträchtliche Steigerung der Gesamtempfindlichkeit 
und vor allem der Deckkraft, aber gleichzeitig auch eine starke 
optische Sensibilisierbarkeit ein (durch Erythrosin, Rhodamin B, 
Pinachrom, Pinacyanol, Orthochrom T). In diesem Falle findet sich 
das Bromsilber natürlich an der äußersten Kornoberfläche des Jod- 
silbers und kann hier seine eigene Sensibilisierbarkeit leichter in 
die Erscheinung treten lassen als bei den Jodbromsilberkomplexen, 
wie sie beim Emulgieren entstehen. Das Gegenstück hi . bildet 
die Tatsache, daß durch sehr stark verdünnte Jodsalzlosung nur 
kornoberflächlich in Jodsilber umgewandeltes Bromsilber seine ur- 
sprüngliche Fähigkeit zur optischen Sensibilisierung so gut wie voll- 
ständig wieder verliert (6). 


Literatur 
1) K. Baukloh, Zeitschr. wiss. Phot. 25. 233. 1928. 


2) Lüppo-Cramer, Phot. Industrie 1921, Nr. 21. 


3) Lüppo-Cramer, Grundlagen der photogr. Negativverf.(Eders Handb. Bd. II, 1} 
Halle 1927, S. 688. 


4) Lüppo-Cramer, Grundlagen usw. S. 576. 


5) Lüppo-Cramer, Grundlagen usw. S. 553; Phot. Industrie 1927, Nr. 32. 
6) Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1917, S. 92. 


(Eingegangen am 8, April 1928) 


Druckfehlerberichligung: Zeitschr. f. wiss. Phot. Bd. XXV, S. 161 Zeile von 
oben statt „e gegen if muß stehen „c gegen sii, R. Wildt. 


dës: 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen 
W 


EE 


"a für 


? wissenschaftliche Photographie 


Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen 
insbesondere von 


D H. Kayser 


| o: eni. Professor an der Universität Bonn 
H herausgegeben von 
K. Schaum 
p- po Professor an der Universität Gießen 


Mit 7Figuren im Text 


GH SS éi a en ES E 


Ad 
K. 


VERLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH 


u 


| Photophysik und Photochemie- 


stellu gen auf die Zeitschrift werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuchhandlung 


kengenommen: Der Abonnementspreis beträgt pro Band i'n In- u. Aystand SE 24.—, bei direkter 
Ce ee fer IC 


Ka @5.20. 


Zusendung einschließlich Porto im Inland Rm. 23.-Aiyiler ËI BO 
- t L Ze \ 
Wen Ze KA Tuli- 1998 


` e 


ARTE 4 
LO Ce erer ek eh DER 
| ke Ly, bé i ah rrey 
re: 8 Ae t 3 > Je 
| ÄP de ' í Di 


d eet Rx d éi ra Ai Kéi Den ` 
aka? 3. d Inhaltsver 


LG A 
a cr f 
D 4 + 
pa e > 
. v et d Á 
i d é 


d Ce ER er 


Cé | 

I Helmuth Brauns, Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie De Röntgen- 

EN ` spektren, Mit 7 Figuren im Text. . . owo a someon a so s'ona B5 | 
A? ! Werner Meyn, Über die ton ani an UE PA: 


Ba - ` lampen $ $ = S S : . — — S D — — — = : = — = — 345 
Kë A. Steigmann, Keine durch Parbetoßle 2 Ate Zéit e Ek 
. H H, Schmidt und F. Pretschner, Zur Photochemie der Halogensilber. 
| II. Mitteilung: Der Abbau photographischer Schichten mit neutralem, saurem 
W- und alkalischem RS und mit ammoniakalischem Schwefel- 
ammonium . . . RER Ge? pea raa 
K. Schaum und E, A. Scheidt; Ober die Beskäcktäni eines FOREN l 
Effekts mit Hilfe des Zeiss-Löweschen Flüssigkeitsinterferometers . „ . 362 


Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an 
| Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. 


Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren 
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige 
A Berichterstattung möglich ist, 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere 
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden, 


OKOLI 


Vergrößerungs- und ` 
Verkleinerungs-Apparate 


für Technik ` di 
Industrie und Wissenschaft 
Fach- und Amateurphotographie 


Forma. nn 


= 


u n 


Senkrechte Arbeitsweise! 
Direktes, zerstreutes Licht! 


— 


Druckschriften frei 


DKOLI-GESELLSCHAFT 


Fabrik photographischer Apparate, Stadtilm (Thür.) 64 


II 


kä 


Zeitichrift für willenichaftlidie Photographie, 
Photophylik und Photodtemie 


XXV. Band 1928 Heft 11 


Neuere Messungen im Gebiete der Z-Serie der Röntgenspektren 
Von 
Helmuth Brauns 
(Mitteilung aus dem Physikalischen Institut der Universität Bonn) 


Mit 7 Figuren im Text 


Die L-Serie der schwereren Elemente ist schon oft gemessen 
worden. Unter Führung von Siegbahn haben Coster (1), Hjal- 
mar (2) und Friman (3) in Lund und Upsala Absolutmessungen nach 
der Siegbahnschen Umlegemethode gemacht. Weber (4), Lang (5) 


Fig. ı 


und Schrör (6) haben hauptsächlich in, Bonn relative Messungen nach 
der Seemannschen Schneidemethode ausgeführt. In Schweden 
wurde zuerst nach der Braggschen Anordnung gearbeitet (Fig. 1), 
indem ein enges Röntgenstrahlbüschel durch zwei Spalte auf den 
drehbaren Kristall geleitet wurde. Der Plattenhalter wurde auf einem 


Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 22 


326 Brauns 


_ - - _— —— — Gef, — — _— _ — - = 8 ES 


Präzisionsteilkreis dahin eingestellt, wo nach dem Braggschen Ge- 
setz die Linie zu erwarten ist. Nach einmaliger Belichtung wurde der 
Plattenhalter um den Winkel Ae plus a geschwenkt, wobei a ein be- 
liebiger aber genau gemessener Winkel ist. Nach nochmaliger Be- 
lichtung zeigten sich auf der Platte zwei Linien, deren Abstand aus- 
gemessen wurde. Aus der Differenz dieses Wertes von a wurde der 
Reflexionswinkel korrigiert. Die neueren Messungen der Schweden 
wurden nach der Seemannschen Lochkameramethode kombiniert 
mit der Siegbahnschen Umlegemethode gemacht. Der Unterschied 
besteht darın, daß nach Seemann nur ein Spalt verwendet 
wird, und zwar zwischen Kristall und Platte. Von der Licht- 


Fig. 3 


quelle L (Fig. 2) fällt cin stark gestreutes Strahlenbündel auf den 
Kristall Æ. Dieser ist mit Hilfe des Präzisionsteilkreises unter dem 
Winkel e gegen die Nullinie des Spektrographen geneigt. Der Spalt $ 
ist starr mit dem Plattenhalter P verbunden und wird um 29 gegen 
die Nullinie des Spektrographen verschoben. Ist der Winkel e genau 
der Reflexionswinkel der gesuchten Spektrallinie, so ist der Strahlen- 
gang mit der in der Figur ausgezogenen Linie identisch. Ist der 
Reflexionswinkel kleiner, so nimmt der Strahlengang den in der 
Figur gestrichelt gezeichneten Verlauf. Aus dem Abstand der beiden 
Linien bei doppelseitiger Aufnahme und dem Abstand Spalt— Platte 
wird der wahre Reflexionswinkel berechnet. Durch diese Anordnung 
des Spaltes wird bewirkt, daß die Linienverbreiterung, die durch de 
Eindringungstiefe der Röntgenstrahlen in den Kristall hervorgerufen 
wird, auf der Platte nicht zur Wirkung kommt. 


Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspekiren 327 


Die Messungen von Weber, Lang und Schrör wurden nach 
der von Vogel (7) und Weber ausgearbeiteten Scemannschen 
Schneidemethode ausgeführt. Es steht einem Kristall X (Fig. 3) 
eine stumpfwinklig geschliffene Schneide in geringem Abstand 
gegenüber und bildet mit ihm den Spalt des Spektrographen. Der 
Plattenhalter ist starr mit dem drehbaren Kristallschneideblock ver- 
bunden. Während einer Aufnahme wird das ganze System um eine 
ın der Verlängerung der Schneide liegende Achse geschwenkt. Durch 
cine doppelseitige Aufnahme der Kupfer-Ä «,-Linie, die als Normale 
diente, wurde der Abstand Schneide— Platte und die Dispersion des 
Apparates ausgerechnet. Auf jeder Platte wurde die Kupfer-K œ- 
Linie mit aufgenommen und der Abstand der gesuchten Linie von 
dieser aus gemessen. Es zeigte sich die Theorie bestätigt, nach der 
die Linien nach der langwelligen Seite scharf begrenzt sind, infolge 
der hohen Absorption der stumpfwinkligen Wolfram- bzw. Gold- 
schneide, nach der kurzwelligen dagegen einen langsameren Inten- 
sitätsabfall haben durch die Eindringung der Strahlen in den Kristall. 
Beim Ausmessen der Platten wurde auf die langwellige, scharfe Kante 
eingestellt, an der das Schwärzungsmaximum liegt. Nach der Sce- 
mannschen Schneidemethode ist die Ä-Serie der Elemente von 
Eisen (26) bis Zinn (50) durch Lang und von Chrom (24) bis Rho- 
dium (45) durch Schrör gemessen worden. Dieses entspricht einem 
Wellenlängengebiet von 2288—480 XE. Die L-Serie von Osmium 
bis Wismut durch Lang, von Samarıum bis Uran durch Schrör, 
entsprechend einem Wellenlängengebiet von 2205—612 XE. Sämt- 
liche Linien sind auch im Siegbahnschen Laboratorium nach den 
dortigen Methoden gemessen worden. Beim Vergleich der Resultate 
stellte sich heraus, daß in der K-Serie gute Übereinstimmung herrscht. 
Die Differenzen der Werte für die K -Linien liegen im Durchschnitt 
unter 0,03 XE. In der L-Serie aber ergaben sich konstante Ab- 
weichungen, die mit 0,50XE die angegebenen Meßfehlergrenzen 
weit überschreiten. Von Vielen sind Erklärungen für diese Diffe- 
renzen gesucht worden. Weber schreibt, daß sie nur durch tieferes 
Eindringen der Röntgenstrahlen in den Kristall und die hierdurch 
bedingte Linienverlagerung bei der Braggschen Methode herrühren 
kann. Diese geht bei den Absolutmessungen nach der Siegbahn- 
schen Methode in doppeltem Betrage in die Rechnung ein. Die Linien 
liegen nämlich bei einer doppelscitigen Aufnahme mit ihrer kurz- 
welligen Kante einander zugekehrt, nach der sich die Verlagerung 
auswirkt. Ihr Abstand wird also kleiner und täuscht cine kürzere 

22” 


328 Brauns 


Wellenlänge vor. Dies kann aber nicht der Grund der Differenzen 
sein, denn warum sollte eine Linie der K-Serie von ungefähr gleicher 
Härte diese Verlagerung nicht ın gleichem Maße erfahren. Friman 
dagegen rechnet es als Fehler an, daß bei der Seemannschen 
Schneidemethode bei der Ausmessung der Platten auf die langwellige 
Kante der Spektrallinie eingestellt wird. Aber auch dieser Vorwurf 
ist unbercechtigt, wie Weber ausführlich nachgewiesen hat. Um die 
Ursachen der Differenzen zu ermitteln, wurde in Bonn ein Spektro- 
graph der Braggschen Drehkristallmethode gebaut. 

Bevor wir auf die neueren Untersuchungen cingehen, ist es nötig, 
die grundsätzlichen Bedingungen zur Messung von Röntgenwellen- 
langen zu erörtern. Zwar haben Weber und Lang schon auf die 
hier vorwaltenden Bedingungen hingewiesen, aber bei der Bedeutung 
des Gegenstandes lohnt sich eine umfassende Darstellung um so 
mehr, als offenbar gewisse Gesichtspunkte, die auf optischem Gebiet 
schon längst Allgemeingut geworden sind, nur langsam auf dem 
Gebiet der röntgenspektroskopischen Wellenlängenbestimmung sich 
durchzusetzen vermögen. 

In der Spektroskopie unterscheiden wir zwischen Absolut- 
messungen und Relativmessungen. Wir nennen eine Linie absolut 
gemessen, wenn ihrer Wellenlängenbestimmung das Urmeter zu- 
grunde liegt. Wenn irgendeine andere Größe angenommen wird, 
die nicht genau in Teilen des Urmeters bestimmt ist, haben wm 
relative Messungen vorliegen. Um in der Röntgenspektroskopie 
wirklich absolut gemessene Werte zu erhalten, müßte, da der direkte 
Anschluß an den sichtbaren Spektralbereich fehlt, eine Methode 
gefunden werden, die es gestattet, das Urmeter in Röntgenwellen- 
langen auszumessen. Da die Größenordnung der Wellenlänge der 
Röntgenstrahlen ım Mittel 3-10"? cm beträgt, also tausendmal 
kleiner ist als Licht von 3000 A, ist die Anwendung der gewöhnlichen 
optischen Hilfsmittel ausgeschlossen. Da es andererseits nicht gelang. 
auf mechanischem Wege Gitter herzustellen, deren Furchenabstand 
jener Größenordnung entspricht, so sind wir in der Röntgenspektro- 
skopie auf die Kristallgitter angewiesen. Die Wellenlängen der 
Röntgenstrahlen werden mit Hilfe des Braggschen Sinusgesetzes 
nA=2d'sing gewonnen. Wir können die Messung also auf die 
Gitterkonstante und eine Winkelmessung zurückführen. Die wesent- 
liche Schwierigkeit liegt in der Bestimmung der Gitterkonstanten. 
Auf optischem Wege, z.B. mit dem Mikroskop, ist ihr nicht bi 
zukommen. Sie wird aus mehreren physikalisch-chemischen Daten 


Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspektren 329 


nach der Formel d = 5)" berechnet. In der Formel be- 
zoV/Sc 


deuten: M = Molekulargewicht, e = elektrische Elementarladung, 
E = Äquivalentgewicht, ọ = Dichte des Kristalls, V = Elementar- 
volumen des Gitters, S = Atomgewicht des Silbers, C = Licht- 
geschwindigkeit. Die Zahlen, die aus den Berechnungen resultieren, 
sind auf vier Dezimalen genau zu bestimmen. Hingegen kann mit der 
spektroskopischen Apparatur im allgemeinen eine um zwei Stellen 
höhere Genauigkeit erreicht werden. Jeder Wellenlängenangabe auf 
röntgenspektroskopischem Gebiete legt man daher nach Übereinkunft 
mit einer gewissen Willkür den von Moseley 1914 berechneten Wert 
der Gitterkonstante für Steinsalz zugrunde. Relativ zu dieser sind 
wieder die Gitterkonstanten für Kalkspat, Gips und andere Kristalle 
spektroskopisch ermittelt worden. Wir haben also in der ganzen 
Röntgenspektroskopie noch keine Absolutmessungen, sondern nur 
Messungen, die auf die angenommene Gitterkonstante des Stein- 
salzes zurückgeführt werden können. Dennoch findet man in der 
Literatur häufig die Bezeichnung ‚„Absolutmessung‘‘, und zwar wird 
diese Bezeichnung den Messungen beigelegt, die die Wellenlänge 
einer Linie aus einem Winkel und der Gitterkonstanten berechnen, 
gegenüber denjenigen Messungen, die die Wellenlänge einer Linie 
relativ zu der vorher bestimmten Wellenlänge einer anderen Linie 
berechnen. 

Zu diesen sogenannten Absolutmessungen sind nicht alle drei 
oben in ihren Grundzügen beschriebenen Methoden gleich geeignet. 
Die Braggsche Drehkristallmethode und die Seemannsche Loch, 
kameramethode sind von Siegbahn speziell für diese Art Messungen 
umgearbeitet worden. Die Braggsche Sinusgleichung sagt uns, 
daß Licht von einer bestimmten Wellenlänge nur unter einem be- 
stimmten Winkel von der Kristallfläche reflektiert wird. Wenn wir 
einen, durch enen Spalt eingeengten, parallelen Lichtstrahl ein- 
farbigen Lichtes auf einen sich drehenden Kristall fallen lassen, so 
erhalten wir in einer beliebigen Entfernung vom Kristall cın scharfes 
Bild des Spaltes. Da es aber äußerst schwierig ist, ein streng paralleles 
Röntgenstrahlbüschel zu erzeugen, hat Bragg eine Bedingung auf- 
gestellt, unter der auch ein divergentes Strahlenbündel nach Re 
flexion an einem sich drehenden Kristall cin scharfes Spaltbild er- 
zcugt. Wenn Spalt und Platte auf einem Kreise liegen, durch dessen 
Mittelpunkt die Reflexionsfläche geht, und wenn der Kristall während 
einer Aufnahme um einen kleinen Winkel gedreht wird, so werden 


330 Brauns 

alle Strahlen einer Wellenlänge in einem Punkte der Platte ge- 
sammelt. Fig. 4 zeigt deutlich die geometrischen Verhältnisse. 
Während der Kristall aus der Stellung -4-.1 in die Stellung B-P 
gedreht wird, haben nacheinander alle Punkte zwischen C und P 
die Reflexion bewirkt. Es wird durch diese Fokusierungsbedingung 
noch ein zweites erreicht: Wenn der Kristall um einen genügend 
großen Winkel gedreht wird, geht der Leitstrahl über die ganze 
Kristallfläche hinweg. Hierdurch werden die schädlichen Einflüsse, 
die kleine Unebenheiten der reflektierenden Kristallfläche hervor- 
rufen, eliminiert. Der Nachteil der Braggschen Drehkristallmethodt 
ist der, daß die Eindringung der Röntgenstrahlen ın den Kristall, 


Sp 
A PL 
B 
X 
EN 
i A 
l 
! 
| 
| 
! 
l 
) 
| 
Fig. 4 


die wir bisher nicht berücksichtigt haben, cme Linienverlagerung 
hervorruft. Die Reflexion ist nicht cine reine Oberflächeneigenschaft, 
sondern erfolgt auch an tiefer ım Kristall gelegenen Netzebenen. 
Welchen Anteil die Oberfläche und welchen die tieferen Schichten 
haben, ist nicht exakt festzustellen, so daß sich auch die Größe der 
Verlagerung nicht berechnen läßt. Das ist der Grund, weswegen 
die Braggsche Methode in neuerer Zeit durch die Seemannschte 
Lochkameramethode verdrängt worden ist. Die Hauptbestandteile 
eines solchen Spektrographen sind cin großer Kristall und ein Tubus. 
dessen Achse mit Hilfe eines Teilkreises unter einem genau ablesbaren 
Winkel auf die Reflexionsebene des Kristalls gerichtet werden kann. 
Die Röntgenröhre mit einem flächenhaften Brennfleck wird möglichst 
nahe an den Kristall gebracht, der mit dem mittleren Strahl an- 
nähernd den Winkel e einschließen soll. Durch die Reflexion wird 


Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspektren 331 


das divergente weiße Strahlenbündel in einfarbige parallele Strahlen- 
bündel von der Breite des Brennfleckes zerlegt. Aus diesem wird 
durch den Spalt, der an dem einen Ende des Tubus angebracht ist, 
nur ein schmaler Streifen durchgelassen. Man mißt nun den Winkel, 
den der parallele Lichtstrahl mit der Achse des Tubus bildet, aus 
dem Abstand der Linien nach doppelseitiger Belichtung und dem 
Abstand Spalt—Platte. Dieser Winkel wird entweder zu dem am 
Teilkreis abgelesenen Winkel zwischen Kristall und Tubus addiert, 
oder von ihm subtrahiert, je nachdem ob wir eine „direkte“ oder 
„gekreuzte‘‘ Aufnahme vor uns haben. Der Vorteil der Lochkamera- 
methode beruht darın, daß der Spalt erst nach der Reflexion in den 
Strahlengang geschaltet wird und daher durch die Reflexion an den 
tieferen Netzcebenen keine Verbreiterung der Linien mehr hervor- 
gerufen wird. Der Vorteil, daß kleine Kristallfehler eliminiert werden, 
ist ıhr aber nicht zu cigen, denn bei feststehendem Kristall bewirkt 
immer nur ein kleines Flächenelement die Reflexion einer bestimmten 
Wellenlänge. Beide Methoden haben es gemeinsam, daß für die Be- 
rechnung der Wellenlänge einer Linie zwei Winkelablesungen am 
Teilkreis und die Ausmessung der Platte erforderlich sind. Außerdem 
ist für die Lochkameramethode noch die Kenntnis des Abstandes 
Platte— Spalt erforderlich. 

Die dritte Methode ist bisher noch wenig zu sogenannten abso- 
luten Messungen verwandt worden. Es ist dies die von Vogel und 
Weber umgearbeitete Seemannsche Schneidenx thode, die wegen 
ihrer Einfachheit große Vorteile hat. Auch hier wird die Strahlen- 
quelle möglichst nahe an den Kristall gebracht, der während der 
Aufnahme gedreht wird. Von der Schneide, die dem Kristall in der 
Drehachse in ganz geringer Entfernung gegenübersteht, werden alle 
Strahlen abgeblendet, die nicht direkt gegenüber der Schneide auf 
den Kristall treffen. Der Kristallschneideblock hat eine Vorrichtung, 
mittels derer er, nachdem eine Belichtung vorgenommen worden ist, 
um 180° geschwenkt werden kann. Nach nochmaliger Belichtung 
haben wir auf der Platte zwei Bilder derselben Linie. Der Abstand 
der beiden Linien dividiert durch die Entfernung der Platte von der 
Schneide ergibt den Tangens des Reflexionswinkels, Diese Methode 
hat den Vorteil, daß wir keinen Teilkreis benötigen, und nur kleine 
Kristalle erforderlich sind, da die Größe, der die Reflexion bewirkenden 
Fläche, nur wenige Quadratmillimeter beträgt. Die Eindringungs- 
tiefe der Röntgenstrahlen in den Kristall kommt auf der Platte wohl 
zur Wirkung, aber nicht in schädlicher Weise. Durch die Zusammen- 


332 Brauns 
wirkung der an der Oberfläche und an den tieferen Netzebenen reflek- 
tierten Strahlen erhalten wir, wie Fig. 5 veranschaulicht, an der 
langwelligen Kante ein Intensitätsmaximum. D'e Lage der lang- 
welligen Kante ist aber von der Eindringungstiefe unbeeinflußt. 
Nach der kurzwelligen Seite hingegen haben wir einen langsameren 
Intensitätsabfall, dessen Ausdehnung von der Härte der Strahlen 
und dem Einfallswinkel abhängig ist. Wir haben bei der letzten 
Methode nur zwei Längenmessungen vorzunehmen, um den Re- 
flexionswinkel eines beliebigen Lichtstrahls bestimmen zu können. 


Bei allen bisher beschriebenen Methoden ist, nachdem der 
Reflexionswinkel bestimmt ist, die Gitterkonstante in die Rechnung 
einzusetzen, um die Wellenlänge der Linie zu erhalten. Hierdurch 
kommt die Relativität m die Bestimmung, denn die Gitterkonstante 
ist nicht mit der nötigen Genauigkeit bestimmt, sondern nach Über- 
einkunft legt man einen Wert mit den nötigen Dezimalen zugrunde. 


Fig. 5 


Es gibt noch einen zweiten Weg, Wellenlängen zu bestimmen, 
indem man nicht die Gitterkonstante den Berechnungen zugrunde 
legt, sondern eine Linie als genau bestimmt annımmt und die neuen 
Linien relativ zu dieser berechnet. Auf optischem Gebiet ist durch 
internationalen Beschluß bestimmt worden, daß cine Linie als 
Primärnormale angeschen werden soll, und alle weiteren Messungen 
auf diese Linie bezogen werden sollen. Die ausgezeichnete Über- 
cinstimmung der Werte, die verschiedene Forscher auf verschiedenen 
Wegen für die rote Kadmiumlinie erreicht haben, gab Veranlassung, 
diese als Primärnormale anzuerkennen. Es standen dann zwei 
Methoden zur Aufstellung eines Systems von sekundären Normalen 
zur Verfügung. Sowohl das Gitter, zumal unter Anwendung der 
Koinzidenzmethode, als auch die Interferenzerscheinung an plan- 
parallelen Platten lieferten auf optischem Gebiet gute Resultate. 


‚Veuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspektren 333 


Auch auf röntgenspektroskopischem Gebiet ist es erforderlich, daß 
cine Linie als Primärnormale anerkannt und relativ zu dieser ein 
System von sekundären Normalen aufgestellt wird. Die Verhältnisse 
sind allerdings komplizierter. Die Interferenzmethode scheidet ın 
der Röntgenspektroskopie vollkommen aus, und die Gittermethode 
bleibt auf die erste Ordnung beschränkt, da in höheren Ordnungen 
das Braggsche Gesetz nicht mehr exakt gilt. Hierdurch wird auch 
die Verwendung der Koinzidenzmethode ausgeschlossen. Wenn wir 
eine Linie als Normale wählen, und nennen ihre Wellenlänge Ze, so 
haben wir für die gesuchte Linie A, die einfache Beziehung 
Ag: Ay = sin gy:sing, bei der Konstanz der übrigen Bedingungen. 
Bei dieser Berechnung bleibt also die Gitterkonstante unberück- 
sichtigt. Zu solchen relativen Messungen ist bisher meist die See- 
mannsche Schneidemethode angewandt worden. Um die Winkel 
zu bestimmen, ist es nötig, den Abstand der Linien bei einer doppel- 
seitigen Aufnahme auszumessen, und die Entfernung der Platte von 
der Schneide genau zu bestimmen. Als Primärnormale wurde wegen 
ihrer hervorragenden Eigenschaften die Ka,-Linie des Kupfers ge- 
wählt. Es ist nun nicht zweckmäßig, mit Hilfe dieser einen Normalen 
und oben erwähnter Beziehung möglichst viele Linien auszumcessen, 
sondern es müßte cin geordnetes System sckundärer Normalen auf- 
gestellt werden. In Intervallen von ungefähr 50 XE müßten leicht 
reproduzierbare Linien mit größtmöglicher Genauigkeit relativ zur 
Kupfer-K a,-Linie ausgemessen werden. Es herrscht in der Röntgen- 
spektroskopie nicht ein solcher Linienreichtum wie im sichtbaren 
Gebiet, so daß wahrscheinlich cin solches System ausreichend wäre, 
und wir nicht tertiäre Normalen benötigten. An Hand eines Normalen- 
systems ergibt sich dann eine bedeutende Vereinfachung der röntgen- 
spektrographischen Methoden. Wenn wir auf einer Platte z. B. drei 
Linien haben, von denen zwei bekannt sind, so können wir die Wellen- 
länge der dritten durch Interpolation finden. 

Besonders geeignet für solche relative Messungen ıst die Bragg- 
sche Drehkristallmethode unter Verwendung einer gebogenen Film- 
kassette. Bei ihr ist es möglich, Linien, die über einem größeren 
Spektralbereich verteilt sind, auf einem Film scharf abgebildet zu 
bekommen. Die Eindringungstiefe der Röntgenstrahlen in den 
Kristall, die, wie wir oben gesehen haben, die Braggsche Methode 
für Absolutmessungen ungeeignet erscheinen läßt, verliert bei rela- 
tiven Messungen ihre Bedeutung dadurch, daß auch die Bezugslinien 
eine Verlagerung erfahren. Die Eindringungsticfe hängt erstens von 


334 Brauns 

der Härte der Strahlen ab, und zweitens von dem Winkel, unter dem 
sie auf den Kristall auftreffen. Je härter die Strahlen sind, eine um 
so größere Findringungstiefe haben sie bei gleichem Einfallswinkel. 
Je steiler die Strahlen auf den Kristall treffen, desto tiefer dringen 
sie ein bei gleicher Härte. Nun werden die harten Strahlen bei 
flacherem Einfallswinkel, die weicheren bei spitzerem reflektiert, so 
daß sich beide Wirkungen in etwa gegenseitig aufheben. Der größe 
Vorteil der relativen Messungen mit zwei Bezugslinien ist der, daß 
wir keinerlei Ablesungen während der Aufnahmen vornehmen müssen, 
und bei der Ausrechnung unabhängig von allen Apparatekonstanten 
sind, wofern nur während der Zeit der Aufnahmen die Bedingungen 
die gleichen geblieben sind, was leicht zu erreichen ist. So spielt die 
Temperatur, die während der Aufnahme geherrscht hat, bei der Be- 
rechnung keine Rolle, und die Umrechnung der Wellenlänge auf die 
Temperatur von 18° ist nicht nötig, wenn die Wellenlänge der Be- 
zugslinie bei 18° eingesetzt wird. 

Wenn wir die Genauigkeit der relativen Messungen mit der der 
absoluten Methoden vergleichen, wollen wir für beide Methoden 
Justierungsfehler von unseren Betrachtungen ausschließen, die von 
anderen Autoren schon zur Genüge behandelt worden sind. Der Fehler 
eines Resultats läßt sich aus der Zahl und der Größe der cınzelnen 
möglichen Fehler berechnen. Einer Wellenlängenbestimmung nach 
der Braggschen Drehkristallmethode unter Anwendung des Sieg- 
bahnschen Unilegeverfahrens liegen zwei Winkelablesungen, die 
Ausmessung des Abstandes Drehachse— Platte und die Ausmessung 
der photographischen Platte, zugrunde. Bei der Seemannschen 
Lochkameramethode wird statt der Kenntnis des Abstandes der 
Drehachse von der Platte die Entfernung des Spaltes von der Platte 
benötigt. Die Winkelbestimmung durch zwei Ablesungen am Teil- 
kreis kann auf 2” genau erfolgen. Da der Winkel, um den die Kassette 
geschwenkt wird, aber gleich dem vierfachen Reflexionswinkel 
ist, so beträgt die Unsicherheit in der Bestimmung des Rce- 
flexionswinkels nur 0,5 Sckunden. Der Abstand der Platte von der 
Drehachse bzw. vom Spalt kann auf 0,05 mm genau ausgemessen 
werden. Der hieraus entstehende Fehler ist ungefähr von gleicher 
Größe wie der vorige. Als dritte Fehlerquelle kommt die Ungenausg- 
keit beim Ausmessen der Platte in Betracht. Unter günstigen Um- 
ständen ist es möglich, den Abstand der beiden Linien auf 0,001 mm 
genau zu ermitteln, was je nach der Dispersion des benutzten Appa- 
rates 0,005—0,05 XE entspricht. Durch diese drei Faktoren wird 


Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspektren 335 


die Fehlergrenze des Resultats bestimmt und dürfte wohl im 
günstigsten Falle 0,05 XE betragen. 

Bei den relativen Messungen spielt die Genauigkeit, mit der 
die Bezugslinien bestimmt sind, eine ausschlaggebende Rolle. Da 
wir noch keine allgemein anerkannten Normalen besitzen, sind öfters 
Umrechnungen nötig, wenn der Wert der zugrunde gelegten Normalen 
nicht mit einem anderweitig angenommenen Werte derselben Nor- 
malen übereinstimmt. Es ist daher notwendig, Tabellen aufzustellen, 
die schnell eine Umrechnung der Wellenlängen auf einen anderen 
Wert der Normalen erlauben. Tabelle ı ist für relative Messungen 
mit einer Bezugslinie, und zwar der Kupfer-X a,-Linic, aufgestellt. 


Tabelle I 


| | Wellenlänge | a \ 
10 $ 6 2 E 2 6 8 10 
el j |2 ae K = 1537,30 | | È | | | 


13 10 | 8 5 2 500 2 4 7 9 II 
12 Qi F 5 2 1000 2 4 6 8 II 
10 8 | 6 4 2 1500 2 4 6 8 10 
9 | 7 | 6 4 2 2000 2 4 5 7 9 


In der obersten Horizontalreihe sind die Unterschiede zwischen dem 
zugrunde gelegten Wert 1537,30 und der anderweitig benutzten Nor- 
malen in Hundertstel XE angegeben, die Zahlen darunter geben die 
Änderung der Wellenlängen in den entsprechenden Spektralbereich 
an. Haben wir relative Messungen vorliegen, denen zwei Bezugslinien 
zugrunde liegen, und sind für einen oder beide Werte der an- 
genommenen Normalen Korrekturen nötig, so geschicht dies am 
einfachsten an Hand einer graphischen Darstellung, wie sie Fig. 6 
zeigt. Eswerden auf der Horizontalachse die Wellenlängen des unter- 
suchten Spektralbereiches aufgetragen, und m den Punkten, die den 
zugrundegelegten Normalen entsprechen, Senkrechte errichtet, und 
auf diesen nach oben und unten gleiche Abstände eingetragen. Werden 
nun die Differenzen zwischen den anderweitig angenommenen und 
den hier zugrundegelegten Normalen nach oben positiv und nach 
unten negativ in geeignetem Maßstab eingetragen und die Ver- 
bindungslinie gezogen. so gibt die Entfernung von der Horizontal- 
achse die Korrektionsgröße an. In der Figur ıst ein möglicher Fall 
eingezeichnet. Es sei die Kupfer-K a,-Linie mit 1537,30 XE und 
die Selen-A a,-Linie mit 1102,41 XE den Wellenlängenbestimmungen 
zugrunde gelegt. Anderweitig sei für die gleichen Linien 1537,28 und 
1102,45 angenommen worden. So finden wir für eine Linie mit der 


336 Brauns 
Wellenlänge 1200 in der Figur die Korrektionsgröße + 2,7, für die 
Wellenlänge 1600 — 2,9 Hundertstel XE. Die übrigen Fehlerquellen 
sind bei Messungen mit Hilfe zweier Normalen nur noch Fehler beim 
Ausmessen der Platten. Bei relativen Messungen mit ener Bezugs- 
linie kommt noch die Ausmessung des Abstandes der Platte von 
der Schneide hinzu. Die Größe der möglichen Fehler beträgt dem- 
gemäß je nach der Dispersion des benutzten Apparates 0,005 —0,05 
bzw. 0,03—0,06 XE. 

Für die neuen Untersuchungen wurde ein Goniometer aus der 
Sammlung des Instituts, das durch scine kräftige und erwiesen exakte 
Konstruktion besonders geeignet war, zu diesem Zwecke in der 


Wellenlängen 
1700 7600 7500 1400 7300 1200 7700 7000 200 
SE DEET D ee EG E 
i CuK = SeK = 


Fig. 6 


mechanischen Werkstatt des Instituts umgearbeitet. An emem 
schweren Dreifuß befindet sich cin kräftiger Teilkreis. Auf diesem 
gleiten zwei um die Mittelachse schwenkbare Arme, die das Fernrohr 
und das Kollimatorrohr trugen. Der Fernrohrarm wurde unverändert 
gchassen und als Spaltträger benutzt. In die Muffe, in der das Fern- 
rohr festgehalten wird, wurde ein Rohrstutzen eingepaßt, der an 
seinem äußeren Ende den Spalt trägt. Die Muffe in die zur Justierung, 
des Apparates das Fernrohr festgeklemmt wird, ist auf einem 
Schlitten montiert, der durch eine Mikrometerschraube tangential 
zum Teilkreis verschoben werden kann, so daß die Verlängerung 
der Fernrohrachse genau auf die Drehachse des Spektrographen ge- 
richtet werden kann. Durch einen Kreisscktor kann die Muffe weiter- 


Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspekiren 337 


hin so festgestellt werden, daß die Fernrohrachse mit der Drehachse 
einen rechten Winkel bildet. Der Spalt besteht aus zwei 2 mm dicken 
quadratischen Wolframstücken von 20mm Seitenlänge. Die eine 
Spaltbacke ist zur Variierung der Spaltbreite in zwei Gleitschienen 
mikrometrisch verschiebbar. Durch keilförmiges Abschleifen ist die 
Dicke der Spaltflächen in der Mitte auf einer Länge von 5 mm von 
2 mm auf emm verringert. Auf einer Spicgelglasplatte sind dann 
die Spaltflächen eben poliert. Der Kristalltisch ist ın der ausgebohrten 
Mittcelachse des Spektrographen mittels eines konischen Schliffes 
drehbar angeordnet. Die Grundplatte besteht aus einer kreisförmigen 
20 mm dicken Rotgußscheibe, die zur Drehung am Umfang cinen 
Schneckengang besitzt und mit ener groben Teilung versehen ist. 
Diese gestattet, den Winkel zwischen der Kristalloberfläche und der 
Verbindungslinie Spalt—Drehachse abzulesen. Auf der Grundplatte 
ist mittels dreier Zug- und Druckschrauben eine zweite Platte be- 
festigt, die den senkrecht zur Drehachse verschiebbaren Kristall- 
halter trägt. Der Kristall wird innerhalb cines Messingringes durch 
vier angepaßte Korkstückchen festgehalten. Die Drehung des Kristall- 
tisches erfolgt durch cinen umsteuerbaren Elektromotor über ein 
Vorgelege so langsam, daß der Kristall in vier Minuten um einen 
Grad gedreht wird. Motor und Vorgelege sind zur Vermeidung von 
Erschütterungen auf einem Nebentisch montiert und durch einen 
kurzen Gummischlauch mit der Antriebspindel des Spektrographen 
gekuppelt. Auf dem zweiten, um die Drehachse schwenkbaren Arm 
wurde die Filmkassette aufgebaut. In die Grundplatte ist em 
Schlitten eingelassen, der eine Verschiebung ın radialer Richtung 
gestattet. Auf diesem ist mittels dreier Zug- und Druckschrauben 
eine zweite Platte befestigt, auf der die Kassette aufgeschraubt ist. 
Diese ist aus Duraluminium und maschinell auf einen Krümmunes- 
radius von 183 mm gebogen. Auf der Innenseite ist sie mit Blei aus- 
gekleidet, um den Film gegen Streustrahlung zu schützen. Die Film- 
anliegefläche ist 5cm breit und in der Mitte nur 5 mm ausgefräßt, 
um cin Durchbicgen des Films zu vermeiden. Die 4 cm breiten Film- 
streifen werden mittels einer Schablone an ihren Enden mit je zwei 
Löchern versehen und durch zwei Federn über die Änliegefläche ge- 
spannt. . 

Die Justierung des Spektrographen wurde wie folgt durchgeführt. 
Zuerst wurde mit Hilfe eines Kathetometers die Kristall- und Film- 
haltermitte in die gleiche IIöhe über dem Teilkreis gebracht wie die 
unveränderliche Spaltmitte. Der Spalt wurde gegen das Fernrohr mit 


338 Brauns 


Gaussschem Okular ausgewechselt, der Kristall gegen eim plan- 
paralleles Glas. So konnte das Fernrohr und der Spalthalter senk- 
recht zur Drehachse des Spektrographen gestellt werden. Dann 
wurde mit Hilfe des Fernrohrs und cines kleinen ebenen Glases der 
Filmhalter parallel zur Drehachse gebracht. Der Filmhalter wurde 
mit Hilfe cines Mikroskopes in die dem Krümmungsradius gleiche 
Entfernung von der Drehachse gebracht. Dies geschah innerhalb 
cines Bogens von 20 Grad auf 0,002 mm genau. Nachdem der Kristall 
in den Kristallhalter eingesetzt und seine Reflexionsebene mittels 
des Fernrohrs parallel zur Drehachse eingestellt war, mußte dafür 
gesorgt werden, daß seine Spiegelungsebene in die Drehachse fällt. 
Dies geschah nach bekannter Weise, indem eine Nadel auf der Platte 
des Kristalltisches aufgestellt und ihre Spitze unter Umdrehen mit 
Hilfe des Fadenkreuzes eines Mikroskopes genau in die Drehachse 
gebracht wurde. Darauf wurde der Kristall vorgeschoben, bis er die 
Nadelspitze berührte, welcher Moment unter dem Mikroskop beob- 
achtet wurde. Zuletzt wurde das Fernrohr gegen den Spalt aus- 
gewechselt, und dabei beobachtet, daß die Entfernung Spalt-Drehachse 
gleich der Entfernung Drehachse-Filmanliegefläche ist zur Einhaltung 
der Braggschen Fokusierungsbedingung. 

Zu den Aufnahmen wurde die von Lang beschriebene Ionen- 
röhre verwandt. Es handelt sich um cine gasgefüllte Metallröntgen- 
röhre nach Hadding. In der sonstigen Apparatur wurden einige 
Verbesserungen angebracht. Zwischen Röhre und Quecksilber- 
rotationspumpe wurde noch eine Diffusionspunpe eingeschaltet, und 
es daher ermöglicht, die Röhre schon zehn Minuten nach Aufrciben 
eines neuen Stoffes auf die Antikathode in Betrieb zu nehmen. Die 
dreifache Funkenstrecke wurde durch eine Gundelach-Ventilröhre 
ersetzt, die geräuschlos und sicher arbeitet. Der Röhrenstrom betrug 
3—5 Milliampere. Die zu untersuchenden Stoffe wurden in Pulver- 
form auf die geritzte Kupferantikathode aufgericben. Zu den Auf- 
nahmen wurde Agfa-Röntgenfilm von 4 cm Breite benutzt, der nach 
dem Trocknen zwischen dünne Spiegelglasscheiben gelegt wurde. Daß 
trotz der vielen Einwendungen, die gegen die Verwendung von Filmen 
zu spektroskopischen Aufnahmen erhoben worden sind, doch Filme 
verwandt.wurden, hat scinen Grund darin, daß nur durch die Ver- 
wendung einer gebogenen Kassette cine gute Fokusierung über einen 
großen \Wellenlängenbereich vorhanden ist, und die Genauigkeit 
durch den Fortfall der Apparatekonstanten erhöht wird. Bei Ab- 
solutmessungen mag vielleicht die Verwendung von Filmen nicht 


Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspektren 339 
einwandfrei sein, bei relativen Messungen kann man aber aus der 
Gleichmäßigkeit des Materials auf gleiche Dehnung schließen, die 
bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen ist. Um die Expositions- 
dauer zu beschränken, wurde nur Wert auf gute Belichtung der 
Bezugslinien und der Lxa,-Linien der zu untersuchenden Elemente 
gelegt. Die Belichtungsdauer schwankte zwischen (ll: und 3 Stunden. 
Es wurden Versuchsaufnahmen mit verschiedenen Kristallen gemacht, 
und cin Gipsspaltungsstück von Dr. Steeg und Reuter gewählt. 
Mit ihm ist die Dispersion des Apparates derart, daß 0,001 mm auf 
dem Film 0.04 XE entsprechen. 

Die Genauigkeit der Resultate ist bei der angewandten Methode 
der relativen Messungen nur von zwei Faktoren abhängig. Erstens 
von der Güte der benutzten Normalen und zweitens von der relativ 
zur Dispersion des Apparates großen Schärfe der Linien. Was das 
erste betrifft, so stehen unter Berücksichtigung der oben auseinander- 
gesetzten Bedingungen in den Linien der X-Scrie viele gut gemessenen 
Linien zur Verfügung, die über einen großen Wellenlängenbereich 
verteilt sind. Die Schärfe der Linien hängt von der Güte des Apparates 
ab, und ist beim Ausmessen der Filme aus den mittleren Fehlern der 
einzelnen Einstellungen zu beurteilen. Im Zusammenhang damit ist 
darauf zu achten, daß die entsprechenden Linien der verschiedenen 
Elemente auf einem Film möglichst gleiche Intensitäten haben. Das 
Ausmessen der Filme geschah mit dem Zeissschen Komparator, indem 
auf jede Linie 8—10mal eingestellt und der Mittelwert genommen 
wurde. Es ist dabei hervorzuheben, daß auf das Schwärzungsmaximum 
der Linien eingestellt wurde. 

Als Normale wurde bei den Filmen Nr. 26—63 die Kupfer- 
Ax,-Linie und die Kupfer-Aß,-Linie genommen. Die erste Linie wird 
allgemein als vorzügliche Normale anerkannt und für sie der Sieg- 
bahnsche Wert 1537,30 XE cingesetzt. Die zweite Linie kann, wie 
Leide (8) in seiner letzten Veröffentlichung schreibt, in höherer Ord- 
nung in zwei Komponenten Offs aufgelöst werden, deren Mittelwert 
mit dem in erster Ordnung gemessenen Wert der sich überlagernden 
Linien übereinstimmt, woraus man schließen kann, daß beide Kompo- 
nenten gleiche Intensitäten haben. Bei der Dispersion des von mir 
benutzten Spcektrographen und der Linienbreite erwies sich die Kupfer- 
Afßjs-Linie doch als brauchbare Normale, denn sie zeigte cin aus- 
geprägtes Schwärzungsmaximum und ihre Verbreiterung war un- 
bedeutend. Bei 0,03 mm Spaltweite und normaler Belichtung betrug 
die Breite der Kupfer-Äa,-Linie 0,035 mm, die der Kupfer-Aß,-Linie 


340 Brauns 


0,040 mm. Die a,-Linien der L-Serie hatten auch die Breite der 
Kupfer-KP,-Linie. Um etwaigen Einwendungen wegen der Benutzung 
der Cu AÄß,-Linie zu entgehen und die Werte oner nochmaligen Prüfung 
zu unterziehen, wurde cine andere Normale gesucht, deren Wellenlängt 
auf Grund der Übereinstimmung verschiedener Messungen als genau 
bestimmt angenommen werden kann, und deren Wellenlänge die 
Interpolation der meisten untersuchten Linien gestattet. Bei den 
Filmen Nr. 65—72 wurde deshalb statt der Kupfer-Ap,-Linie die 
Ka,-Linie des Selen gewählt. Ihre Wellenlänge ist von Siegbahn 
nach der Braggschen Drehkristallmethode zu 1102,41 XE absolut 
gemessen worden. Schrör hat nach der Scemannschen Schneide- 


Fig. 7 


methode 1102,44 gefunden. Der neueste Wert, von Leide nach der 
Seemannschen Lochkameramethode absolut gemessen, beträgt 
1102,42. Diesen Wert legte ich meinen Berechnungen zugrunde. 

Einen weiteren Beweis für die Brauchbarkeit der benutzten 
Normalen geben die Photometerkurven einer meiner Filme (Nr. 66. 
die ich Herrn Brodersen, Bonn, verdanke. In Fig. 7 folgen von 
links nach rechts dem A&,s-Dublett des Kupfers die Aß,-Linie des 
Kupfers und die La,-Linie des Blei. Die Kurven zeigen, daß die 
Linien einen symmetrischen Intensitätsverlauf und ein deutliche: 
Intensitätsmaximum haben. Auch bei der Kupfer-Aß,-Linie ist von 
der Auflösung, die sie in höherer Ordnung zeigt, nichts zu bemerken. 

Die benutzte Apparatur mit der kreisbogenförmig gestalteten 


Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspektren 341 


Kassette und die Verwendung von Filmen gestattet es, die Wellen- 
längen direkt den linearen Abständen proportional zu setzen. Da bei 
der Berechnung keine Apparatur- oder Kristallkonstanten berück- 
sichtigt werden, ist keinerlei Korrektur, wie zum Beispiel die Berück- 
sichtigung des Temperaturausdehnungskoeffizienten berechtigt. 


Es wurden in der Zeit vom Juli 1926 bis zum Januar 1927 ins- 
gesamt 53 Aufnahmen gemacht, von denen sich 16 zu Messungen 
eigneten. Diese geringe Ausbeute hat einzig seinen Grund darin, daß 
die obenerwähnte Bedingung, wonach die entsprechenden Linien 
der verschiedenen Elemente möglichst gleiche Intensitäten haben 
sollen, sehr schwer zu erfüllen ist. Alle Filme, d’e dieser Bedingung 
nicht genügten, wurden von der Messung ausgeschlossen. Aus anderen 
Gründen wurde ein Film nicht ausgemessen. Um einen eventuellen 
Einfluß der Justierung festzustellen, wurde der Spektrograph im Laufe 
der Zeit mehrmals auseinander genommen und vollkommen neu 
justiert. Dies geschah zwischen den Aufnahmen 43 und 44 und 
zwischen 55 und 56. 


In Tabelle 2 bringe ich die von mir bei den einzelnen Filmen 
gefundenen Werte. An erster Stelle steht die Xa-Linie von Zink, 
die zur Prüfung des Spektrographen aufgenommen wurde. Sie stimmt 
schr gut mit den von Siegbahn, Schrör und Leide gefundenen 
Werten überein. Wie aus der Rubrik I ersichtlich ist, stimmen die 
Werte der verschiedenen Aufnahmen, bei denen gleiche Bezugslinien 
benutzt wurden, gut überein, also je nachdem die CuÄß,- oder die 
Ka,-Linie des Selen als zweite Normale diente. Zwischen diesen 
beiden Gruppen sind aber größere Differenzen festzustellen, die mit 
abnehmender Wellenlänge wachsen. Eine Erklärung hierfür gab die 
Arbeit von Leide, der für die CuÄf-Linie einen Wert gefunden hat, 
welcher von dem benutzten Siegbahnschen um 0,04 XE abweicht. 
Indem dieser neueste Wert den Berechnungen zugrunde gelegt wird, 
verändern sich die Werte für Blei um 0,08, für Wismut um 0,10 und 
für Uran um 0,17. Nach dieser Umrechnung stimmen die Werte, 
wie Rubrik 2 zeigt, im allgemeinen gut überein, nur bei Film 36 sind 
größere Abweichungen festzustellen. Eine sichere Begründung dieser 
Unregelmäßigkeit war nicht zu finden. Ich nehme an, daß sie von 
einer Schichtverzerrung während der nassen Behandlung des Filmes 
herrührt, da am Tage der Aufnahme die Temperatur von 26 Grad 
Celsius im Zimmer herrschte. Deshalb ist dieser Film bei der Mittelung 
der Werte nicht berücksichtigt worden. 

Zeitschr. f. wiss. Phot. 25 23 


342 


Tabelle 2 
e Welle Wellenlänge 
Film Nr. Element Cu K B, = 1389,33 | Cu K B, = 1389,29 

62 1432,10 1432,07 
63 1432,08 1432,05 
55 1518,75 1518,74 
Së 1518,86 1518,85 
55 1323,94 1323,91 
56 1323,97 1323,88 
66 1437,31 1437,31 
72 1437,44 1437,44 
3I 1172,63 1172,55 
32 1172,67 1172,59 

(36 1172,96 1172,88) 
66 1172,56 1172,56 
69 1172,47 1172,47 
70 1172,55 1172,55 
zı 1172,55 1172,55 
27 1141,69 1141,59 
28 1141,75 1141,65 
69 1141,49 1141,49 
70 1141,57 1141,57 
71 1141,46 1141,46 
26 909,20 909,03 

(36 909,60 909,43) 
60 909,07 908,90 
61 909,13 908,96 


Brauns 


In Tabelle 3 habe ich die Ergebnisse der verschiedenen Forscher 
zum Vergleich zusammengestellt. Zwar ist das Material nicht sehr 
groß, da nur wenige Elemente nach allen Methoden gemessen sind; 


Tabelle 3 


Eement 2 3 4 


Tantal 1518,25 | 1518,77 +0,52 1518,79 +0,54 +0,02 
Wolfram | 1473,48 | 1473,99 +0,51 | 1473,36 — 0,12 — 0,63 | 1473,37 — 0,11 — 0,62 +0,01 
Platin 1310,08 | 1310,58 +0,50 | 1310,33 +0,25 — 0,25 

Thallium | 1204,71 | 1205,16 +0,45 | 1204,93 +0,22 — 0,23 

Blei 1172,02 | 1172,63 +0,61 | 1172,58 +0,56 — 0,05 | 1172,55 +0,53 — 0,08 — 0,03 
Wismut | 1141,15 | 1141,60 +0,45 | 1141,50 +0,35 — 0,10 | 1141,55 +0,40 — 0,05 +0,05 
Thorium | 953,42 | 953,93 +0,51 | 954,05 +0,63 +0,12 

Uran 908,33 | 908,91 +0,58 | 908,74 +0,41 — 0,17 | 908,96 +0,63 +0,05 +0,22 


doch können wir auch in diesem Bereich schon das Wesentliche fest- 
stellen. Rubrik ı gibt die von Coster 1921 gefundenen Werte, 
Rubrik 2 die von Schrör 1925 gemessenen an. In der nächsten 
Spalte stehen die Differenzen der beiden Meßreihen. Wie man sieht, 
sind sie sehr groß, und betragen im Mittel 0,50XE. Da diese Differenzen 


Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspekiren 343 


so konstant sind, kann man die Annahme verstehen, daß sie von der 
Verschiedenheit der Methode oder der Meßart herrühren könnten. 
In Rubrik 3 sind die Frimanschen Werte (1926) wiedergegeben. 
Die nächsten zwei Spalten enthalten die Differenzen gegen Coster 
bzw. Schrör. Eine Regelmäßigkeit der Differenzen zwischen Coster 
und Friman ist nicht zu finden. Der Wert für Wolfram, der schon 
vor Coster oft gemessen worden ist, stimmt am besten überein. Die 
übrigen Differenzen sind so schwankend, daß man nicht auf 
methodische Fehler schließen kann, sonst müßten, wenn man zum 
Beispiel an die Eindringungstiefe der Röntgenstrahlen in den Kristall 
denkt, die Differenzen mit steigender Ordnungszahl der Elemente 
(fallender Wellenlänge) zunehmen. Friman lehnt in seiner Arbeit 
einen Vergleich seiner Messungen mit den Schrörschen als unmöglich 
ab, da Schrör nach einer anderen Methode seine Linien ausgemessen 
hat. Ein Vergleich der beiden Messungen ergibt aber ein sehr interes- 
santes Resultat. Die Differenz der Wolframwerte ist um ein 
vielfaches größer als die übrigen. Diese liegen zwar mit 0,20 teilweise 
außerhalb der angegebenen Fehlergrenzen, sind aber in der Mehrzahl 
bedeutend kleiner als die vorher besprochenen. Das Interessante an 
ihnen aber ist, daß sıe keinerlei Regelmäßigkeit zeigen und also nicht 
auf methodische Fehler zurückzuführen sind. In Rubrik 4 sınd endlich 
meine Werte eingetragen und in den nächsten Spalten die Differenzen 
zu Coster, Schrör und Friman. Die Abweichungen gegen Coster 
sind die größten und betragen meist eine halbe XE. Nur Wolfram 
bildet wieder eine Ausnahme, indem es geringere Differenz bei um- 
gekehrten Vorzeichen zeigt. Zwischen den Schrörschen und meinen 
Werten herrscht die beste Übereinstimmung, da sich die Differenzen 
innerhalb der Meßfehler halten. Nur Wolfram bildet eine beachtens- 
werte Ausnahme, da hier eine Differenz von 0,63 XE besteht, indem 
mein Wert mit dem von Friman gefundenen fast zusammenfällt., 
Gegen Friman besteht nur bei Uran eine Differenz, die über das ge- 
wöhnliche hinausgeht. 

Zusammenfassend können wir also sagen, daß durch die neucn 
Messungen in der L-Serie der schweren Elemente nach der Braggschen 
Drehkristallmethode und Vergleich mit anderen Messungen jetzt 
einwandfrei nachgewiesen ist, daß die verschiedenen Methoden bei 
richtiger Anwendung gleiche Resultate ergeben. Die von Friman be- 
nutzte Seemannsche Lochkameramethode ergibt teilweise dieselben 
Werte wie die von mir angewandte Drehkristallmethode. Diese er- 
gibt wiederum Werte, die mit den von Schrör nach der Seemann- 

23” 


344 Brauns. Neuere Messungen im Gebiete der L-Serie der Röntgenspektren 


schen Schneidemethode gewonnenen gut übereinstimmen. Die noch 
bestehenden Abweichungen sind meiner Ansicht nach auf einzelne 
Aufnahme- oder Meßfehler zurückzuführen. So kann die Differenz 
in den Wolframwerten dadurch erklärt werden, daß Schrör em 
Fehler unterlaufen ist. Daß man sich auf Messungen an einem einzigen 
Film oder Platte nicht verlassen kann, zeigt mein Film 36. 

Herrn Prof. Konen, nach dessen Anregung diese Arbeit ent- 
stand, danke ich auch an dieser Stelle. Ebenso der Notgemeinschaft 
der deutschen Wissenschaft, aus deren Mitteln ein Teil der benutzt.: 
Apparate beschafft wurde. 


Literatur 


1) Coster, Die Präzissionsmessungen in der L-Serie der schweren Elemente. 
Zeitschr. f. Physik 6. 185. 1921. 

2) Hjalmar, Zeitschr. f. Physik 15. 65. 1923. 

3) Friman, Zeitschr. f. Physik 89. 813. 1926. 

4) A. Weber, Zeitschr. f. Physik 4. 149. 1921. 

5) K. Lang, Annalen d. Physik 75. 489. 1924. 

6) J. Schrör, Annalen d. Physik 80. 297. 1926. 

7) Vogel, Zeitschr. f. Physik 4. 257. 1921. 

8) A. Leide, Zeitschr. f. Physik 89. 686. 1926. 


(Eingegangen am 26. April 1928) 


W. Meyn. Alterungserscheinungen an Quarsquecksilberdampflampen 345 


Über die Alterungserscheinungen an Quarzquecksilberdampflampen 
Von 
Werner Meyn 


(Mitteilung aus dem Physikalischen Institut der Universität Bonn) 


1. Einleitung 

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Quarzquecksilber- 
dampflampen, deren Alterungserscheinungen Anlaß zu verschiedenen 
Untersuchungen gaben. Bekanntlich versteht man unter dem „Altern“ 
der Lampen eine allmähliche Abnahme der ultravioletten Strahlen 
bei längerem Gebrauch der Lampe. Diese Abnahme im Ultraviolett 
wird immer stärker und gestattet schließlich eine wirtschaftliche 
Ausnutzung der Lampe in diesem Teil nicht mehr. Einen Grund 
für diese Abnahme der ultravioletten Strahlung glaubten Bordier, 
Courmont und Nogier?) darin zu finden, daß eine Lampe, die bei 
hohen Temperaturen tätig ist, im Laufe der Zeit sehr an Intensität 
im Ultravioletten infolge Änderung des Quarzglases verliere, während 
Henry?) angibt, keine Änderung gefunden zu haben. Eine andere 
Ursache, auf die mehrfach als möglicher Grund für die Verschlechterung 
der Ausbeute hingewiesen worden ist, ist ein Eindringen von Fremd- 
gasen in die hocherhitzte Lampe. Unter anderen hat Schultz- Jena?) 
diese Ansicht vertreten, während Retschinskyt) in einer Arbeit, 
die erschien, als meine Untersuchungen bereits abgeschlossen waren, 
wieder auf Änderungen der Lampe selbst zurückkommt, nämlich 
auf die Bildung eines dunklen Beschlages, den, wie wir sehen werden, 
in erster Linie auch ich, ganz unabhängig von Retschinsky, unter- 
sucht habe. Im späteren Alter der Lampe kommt noch die Ent- 
glasung des Quarzes dazu. 


1) Jules Courmont et Ch. Nogier, Diminuation progressive rendement en 
ultraviolet des lampes en quartz à vapeur de mercure fonctionnant à haute tem- 
perature. Compt. Rend. 152. 1746. 1911. 

2) Victor Henry, Influence de diverses conditions physiques sur le rayonne- 
ment ultraviolet des lampes à vapeur de mercure en quartz. Compt. Rend. 158. 426. 1911. 

3) P. A. Schultz, Über ein einfaches Mittel bei der Strahlentherapie. Phys. 
Ztschr. 25. 573. 1924. 

DT Retschinsky, Gold in der Quecksilberlampe, Phys. Ztschr. 6. 281. 1925. 


346 Meyn 


Von diesen beiden möglichen Ursachen halte ich, wie sogleich 
vorweg bemerkt sein möge, die erstere für die wichtigere. Man kann 
leicht feststellen, daß sich bei längerem Gebrauche auf der Innen- 
seite des Quarzes ein dunkler Niederschlag bildet, dessen Farbe und 
Intensität, außer von der Länge der Benutzung der Lampe von 
Verunreinigungen abhängt, wenn sie auch nur spurenweise vorhanden 
sind, und dessen Stärke besonders groß ist, wenn fremde Gase in das 
Lampeninnere eintreten, so daß man sogar aus der Art des Be- 
schlages ziemlich sicher auf das Alter der Lampe, bzw. die Zahl der 
Brennstunden schließen kann. Die Bedeutung der Entglasung tritt 
demgegenüber zurück. Zwar kann man feststellen, daß sich an 
gewissen Teilen, insbesondere an den Kathoden älterer Brenner, das 
Quarzglas trübt. Allein dies trifft keineswegs immer zu und ins- 
besondere nicht bei Quarzlampen, die mit gewöhnlichen Belastungen 
betrieben werden, so daß die Entglasung m. E. höchstens eine se- 
kundäre Rolle spielt. 


Zum Verständnis der Besonderheiten des Brenners der Quarz- 
lampe ist es nötig, die von Küch und Retschinsky gefundenen 
Ergebnisse kurz anzuführen. Es geschieht dies im Anschluß an 
Pflüger?): 

„Die elektrische Charakteristik der Lampe ist abhängig von der 
aus den Elektroden entwickelten Dampfmenge und diese von der 
Kühlung der Elektroden. Schaltet man den Vorschaltwiderstand 
aus, so kann man durch starke Kühlung bewirken, daß der Dampf- 
druck und die Klemmenspannung konstant bleiben und nur die Strom- 
stärke wächst. Umgekehrt wachsen Spannung und Dampfdruck 
stark, die Stromstärke bleibt konstant, wenn man die Kühlung 
entsprechend schwächer wählt. In beiden Fällen steigt mit wachsender 
Wattbelastung die Temperatur zu sehr hohen Werten an. Sorgt 
man für gleichmäßige Kühlung, so kann man die Lampe stundenlang 
bei beliebig gewählter Stromstärke und Spannung ziemlich konstant 
brennen lassen. Die Empfindlichkeit der Lampe gegen einen Wechsel 
der Kühlung ist indessen sehr groß und daher selten vollkommene 
Konstanz zu erreichen. 

Bei niedriger Belastung erfüllt der Lichtbogen den ganzen 
Lichtbogen des Lampenrohres, bei hoher Belastung zieht er sich 
auf einen Faden von etwa 5 mm zusammen.“ 


1) A. Pflüger, Die Gesetze der Temperaturstrahlung und Intensitätsverteilung 
im Spektrum der Quecksilberlampe. Ann. d. Phys. 26. 791 ff. 1908. 


Alterungserscheinungen an Quarzquecksiberdampflampen 347 


Die wesentlichsten, von Küch und Retschinsky!) gefundenen 
Resultate der Strahlungsmessungen sind folgende: ‚Mit wachsender 
Temperatur (wachsender Wattbelastung) wächst die ultraviolette 
Gesamtstrahlung schneller als die sichtbare. Die Messung wurde 
photoelektrisch ausgeführt. 


Im kontinuierlichen (?) Grunde des sichtbaren Spektrums wächst 
die Intensität kürzerer Wellen schneller als die der längeren (photo- 
metrische Messung). 


Im Linienspektrum zeigen die Linien ein gruppenweise ver- 
schiedenes Anwachsen der Intensität (photometrische Messung). 


Die Linien werden verschieden stark innerhalb des leuchtenden 
Hg-Dampfes absorbiert, und zwar ergibt sich eine deutliche Gesetz- 
mäßigkeit, indem in allen Serien die Linien kleinerer Wellenlängen 
weniger absorbiert werden als diejenigen großer. 


Erhöht man die Belastung, so kann man das Wachstum der In- 
tensität mit steigender Temperatur verfolgen, vorausgesetzt, daß man 
den Dampfdruck durch gute Kühlung konstant hält, um die Ver- 
breiterung der Linien zu verhindern. Dann wächst die Intensität 
der kurzen Wellenlängen schneller als die der langen.“ 


Diese Angaben sind nun freilich mehr summarischer Natur. 
Das Spektrum einer Quarzdampflampe stellt bekanntlich ein Gemisch 
einer Reihe sehr verschiedenartiger Spektren dar. Neben den Linien- 
spektren verschiedener IJonisationsstufen, die noch keineswegs rein 
geschieden sind, unterscheiden wir noch mehrere Bandenspektra 
und ein kontinuierliches Spektrum. 


Es wäre nun zunächst vielleicht gut denkbar, daß, ähnlich wie 
man dies bei anderen Lichtquellen gefunden hat, mit wechselnden 
Anregungsbedingungen die Verteilung der Gesamtemission auf die 
verschiedenen Einzelspektra sich ändert, etwa in der Weise, daß ein 
Spektrum oder ein Teil eines selben die ultraviolette Emission dar- 
stellte, soweit dies von technischem Interesse ist. Aus diesem Grunde 
erscheint es nützlich, über die bisher bekannten Spektren eine kurze 
Übersicht vorauszuschicken, soweit diese in einem Quecksilberbogen 
nachgewiesen worden sind.?) 


1) R. Küch und T. Retschinsky, Photometrische und spektralphotometrische 
Messungen am Quecksilberlichtbogen bei hohem Dampfdruck. Ann. d. Phys. 20. 563 
bis 583. 1906. 

D Für eine genaue Beschreibung diene H. Kayser u. H. Konen, Handbuch 
der Spektroskopie 7 (Forts.). 


348 Meyn 


2. Die Linienspektra 


Wegen der außerordentlichen Leichtigkeit, mit der sich das 
Quecksilberspektrum erzeugen läßt, bildet es den Gegenstand zahl- 
reicher Untersuchungen und ist wohl eines der am meisten behandelten 
Spektren. Es sind viele Emissionsspektra des Quecksilbers bekannt, 
wenn auch über die Zahl der Spektren keine Einigkeit herrscht und 
eine Abgrenzung nach lonisationsstufen noch nicht genau erforscht 
ist. Unter den fünf, die F. Horton!) angibt, sind das kontinuierliche 
bzw. die Bandenspektra mit einbegriffen. 

Es ist bemerkenswert, daß das Spektrum der Quecksilberbogen- 
lampe, so oft es untersucht ist, keineswegs völlig bekannt ist und die 
Angaben hierüber auseinander gehen. Die Hauptmasse der Emission 
wird gebildet durch das Linienspektrum des Quecksilbers, das 
zweifellos aus dem Gemisch der Spektra von verschiedenartigen 
Ionisationsstufen besteht, wenn auch eine Trennung der Stufen 
noch nicht erfolgt ist. Das Linienspektrum der Quecksilberlampe 
steht zwischen dem Spektrum des Bogens und dem Spektrum des 
Funkens. Hinzu kommt ein zuerst von Stark?) angegebenes, aus 
Banden bestehendes Spektrum in Fällen langer Exposition, wogegen 
die von Eder und Valenta?) entdeckten und seitdem so vielfach 
untersuchten Banden jedenfalls unter normalen Verhältnissen fehlen. 
Daß auch die von Stark gefundenen Banden ebenfalls bei der Emission 
an der Quecksilberlampe in technischer Hinsicht eine untergeordnete 
Rolle spielen, geht daraus hervor, daß ich sie bei meinen zahlreichen 
Aufnahmen, bei denen ich mich aus anderen Gründen auf eine 
mäßige Expositionszeit beschränkte, überhaupt nicht bekommen habe. 

Ebensowenig spielt das kontinuierliche Spektrum, das zuerst 
von Küch und Retschinsky angegeben worden ist, eine praktische 
Rolle, da seine Intensität an dem Strahlungsanteil der wirksamen 
Gesamtstrahlung gering ist. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß 
die Emission der Quecksilberlampe für die Zwecke der technischen 
Anwendung sich auf jenes Linienspektrum beschränkt, so daß die Frage 
nach einer möglichen Änderung in dem Sinne der Zusammensetzung 
des Lichtes der in Rede stehenden Lampen hinauskommt auf eine 
Untersuchung der Veränderung der Zusammensetzung dieses Spek- 
trums selbst. Es liegt nahe anzunehmen, daß neben der Emission 


1) F. Horton, On the origin of spectra. Phil. Mag. 22. 214. 1911. 

2) J. Stark, Über zwei Linienspektra des Quecksilbers. Ann. d. Phys. 16. 490 
bis 515. 1905. 

®) J. M. Eder und E. Valenta, Atlas typischer Spektren. S. 72. 


Alterungserscheinungen an Quarzquecksilberdampflampen 349 


des Quecksilberdampfes sich möglicherweise die Emission von in 
das Rohr eingedrungenen Fremdgasen würde nachweisen lassen, 
vorausgesetzt, daß sie die Ausbeute an ultraviolettem Licht be- 
einflußten. 

Es sei gleich vorweg bemerkt, daß ich in keinem Falle bei meinen 
zahlreichen Untersuchungen, selbst bei stark gealterten Lampen, 
auch nur Spuren eines quecksilberfremden Gases spektroskopisch 
nachweisen konnte. Freilich ist dies auf Grund wohlbekannter 
spektroskopischer Erfahrung wohl nicht ein zwingender Beweis 
dafür, daß nicht doch ganz geringe Spuren von Gasen gegenwärtig 
waren, die bei der Masse des überwiegenden Quecksilberdampfes 
spektroskopisch nicht in Erscheinung traten. Im ganzen spricht 
die Tatsache, daß niemals auch nur Spuren eines quecksilberfremden 
Spektrums nachgewiesen werden konnten, durchaus gegen die An- 
nahme, daß durch Eindringen eines fremden Gases meine Lampen 
in merklicher Weise beeinflußt worden sind. 


3. Untersuchender Teil 

Das Quecksilberspektrum ist bekannt von 7092,32—1212,15. 
Es interessiert uns hier in erster Linie der ultraviolette Teil des- 
selben. Wenn auch in mancher Hinsicht Meinungsverschieden- 
heiten über eine scharfe Begrenzung des ultravioletten Teiles vorliegen, 
kann man doch im großen und ganzen übereinstimmend mit dem 
Techniker behaupten, daß es der Teil unter 4000 sei, der tech- 
nisch und physiologisch wichtig ist. Von diesem Gesichtspunkte 
aus wurde nun folgende Anordnung gewählt. Zur Photographie 
des Quecksilberspektrums diente ein Hilgerscher Quarzspektro- 
graph gewöhnlicher Ausführung; an dem aber insofern einige 
Änderungen getroffen wurden, als man berücksichtigen mußte, daß 
das Spektrum in seiner ganzen Ausdehnung auf derselben Platte 
scharf erhalten werden sollte. Bekanntermaßen erhält man nur 
dann eine scharfe Abbildung der Linien bei Verwendung einfacher 
Linsen und mit einem Einzelprisma, wenn die Öffnung auf einen 
sehr geringen Bruchteil reduziert wird. Geschieht dies nicht, so liegt 
das Spektrum auf einer gekrümmten Fläche, deren Fokalkurve 
von Eagle!) theoretisch, in einer Dissertation von Frl. Pleus?) 
experimentell untersucht wurde. Hiernach wurde die theoretische 
Kurve berechnet und die Platte auf diese Kurve gekrümmt, indem 

1) W. H. Eagle, B. Sc. Optical Convention. Notes on spectrographs. Sep, 


2) H. Pleus, Über den Bau und die Justierung von Quarzspektrographen. Disser- 
tation Münster. 1913. 


350 Meyn 


sie auf eine Unterlage gebracht wurde, die nach der Krümmung 
der theoretischen Kurve gearbeitet war. Auf diese Weise war es 
möglich, das Spektrum in seiner ganzen Ausdehnung scharf zu er- 
halten. Als Minimum der Ablenkung wurde die Linie 3000 eingestellt 
und deren Ablenkungswinkel ô = 44 Grad 11 Minuten 14 Sekunden 
bestimmt mit einem Brechungsindex n = 1,578. 

Für die übrigen Linien wurde die Formel angewandt: 

ng, — i 
har 
Es ergab sich für die Wellenlängen 
8000 eine Brennweite von f = 57,13 


4000 ?9 ?9? 33 J= 55,13 
3000 ,, j „ J= 53,18 
1800 31) 33 (H J= 44,69 


Durch Einsetzen der gefundenen Brennweiten in die Polar- 
gleichung des Kreises: 
r? + Arcos®+Brsn9+C=o, 


der durch die Brennpunkte der einzelnen Wellenlängen geht, ergibt 
sich dann für den Radius: 


r= yV}(4+ BC. 


Zahlenmäßig wurde ein Radius von 349,6 cm ermittelt. Durch 
weitere Berechnung ergab sich, daß die 24 cm lange Kassetteneinlage 
in der Mitte eine Überhöhung von 2,00 mm erhalten mußte. 

Die zu untersuchenden Lampen sind Erzeugnisse der Heraeus- 
Gesellschaft in Hanau, deren Benutzung ich Herrn Prof. Dr. Evers- 
heim verdanke. Es standen mir fünf dem Alter nach verschiedene 
Lampen zur Verfügung, während die sechste, eine noch neue, als 
Vergleich- und Normallampe diente. 

Zwecks gleichmäßiger Beleuchtung des Spaltes wurde die Re- 
flexion einer um 45 Grad gegen die Kollimatorachse geneigte Gips- 
fläche gewählt, die eine ausreichende Reflexion im Ultravioletten 
ermöglichte. Durch diese Maßnahme der indirekten Beleuchtung 
ergab sich allerdings eine etwa 6ofache Mehrbelichtungszeit. Die 
Lampen wurden mit 220 Volt gespeist; zur Konstanthaltung der 
Stromstärke und Spannung war eine normale Regulierung möglich. 


4. Ergebnisse der Aufnahmen 
Da mit die Zeit der Brennstunden bekannt war, wurden die 
Lampen hiernach geordnet und Vergleichsaufnahmen derart gemacht, 


Alterungserscheinungen an Quarzquecksilberdampflampen 351 


daß ich die verlorene Intensität im Ultravioletten der einzelnen 
Lampen mit der einer neuen als Normale verglich. Die Methode 
bestand darin, daß durch Verlängerung der Expositionszeit die gleiche 
Schwärzung erhalten wurde. Dies geschah durch stufenweise 
Steigerung der Expositionszeit der älteren Lampen und Stufen- 
schätzung gegen die Normallampe. Als Beispiel sei angeführt Lampe 
Nr. 127087, bei der erst 32fache Mehrbelichtung den Intensitäts- 
verlust in der Gegend von 2500 ausglich. Man sieht hieraus, daß von 
einer vollständigen Absorption der Linien im ultravioletten Teile 
nicht gesprochen werden kann, sondern nur von einer Schwächung. 
Oberhalb 4348 läßt diese nach. 

In einem anderen Falle glich sich für die Linien 2652/53/54 
bereits bei I6facher Mehrbelichtung der Intensitätsverlust aus, 
während die Linie 2535/37 32fache Zeit erforderte. Die Linien bis 
3028 waren hier schon stark überexponiert, wozu paßt, daß die hier 
in Frage stehende Lampe nur etwa 600 Stunden brannte. Je jünger 
die Lampe ist, desto mehr treten diese Erscheinungen hervor. Selbst- 
verständlich liefert die Expositionszeit nur ein angenähertes Maß 
für die Intensität der Wellenlängen, das jedoch für die erste Orien- 
tierung genügt. Besondere Aufmerksamkeit wurde der Linie 2535/37 
gewidmet, da sie in Verbindung mit dem Triplett 2652/53/54 den 
Hauptteil der therapeutisch verwendeten ultravioletten Strahlen 
liefert. Im ganzen zeigt sich, daß je älter die Lampe ist, desto größere 
Expositionszeiten erforderlich sind, um den Intensitätsabfall unter 
3000 auszugleichen und er um so größer ist, desto kürzer die Wellen- 
länge ist, um die es sich handelt. 

Meine nächsten Versuche galten nun der Frage nach der Ursache 
der Intensitätsabnahme. Die nächstliegende Annahme, daß eine 
Entglasung oder chemische Veränderung des Quarzes eintritt, die 
unterhalb 3000 das Licht des Quecksilberdampfes absorbiert, dürfte 
wohl auszuschließen sein, da der Quarz nach den Untersuchungen 
von Küch und Retschinsky höhere Temperaturen verträgt, als 
sie hier in Frage kommen, ohne zu entglasen, und sich wie weiterhin 
zu zeigen sein wird, an Bruchstücken alter Lampen nachweisen läßt, 
daß jedenfalls die Hauptmasse des Quarzes ihre Durchsichtigkeit 
nicht eingebüßt hat. Weiterhin ist darauf hingewiesen worden, 
daß möglicherweise Gase in die Lampen eindringen. Sei es an den 
Einschmelzstellen der Drähte, sei es durch Diffusion durch das Quarz- 
glas selbst. 

Das letztere dürfte wiederum auszuschließen sein, obwohl 


352 Meyn 


Schulz- Jena das Gegenteil behauptet. Er nimmt dabei an, daß 
Wasserstoff, Helium und möglicherweise auch andere Edelgase bei 
etwa 800 Grad in das Innere der Lampe diffundieren und ihr Spek- 
trum ändern könnten. Allen abgesehen davon, daß die Vorstellung 
von dem Eindringen nennenswerter Mengen aus der Atmosphäre 
angesichts des geringen Vorkommens an Edelgasen kaum annehmbar 
erscheint, wurden bei meinen Untersuchungen niemals auch nur 
Spuren solcher Gase wahrgenommen. Für die Annahme, daß sich 
aber Verbindungen zwischen Quecksilber und den eingetretenen 
Gasen gebildet haben sollten, fehlt es bisher noch an Beweisen. 
Ich habe auch eine neue sogenannte Wiusol-Lampe benutzt, die nach 
den Angaben von Schulz- Jena konstruiert ist und ein Eindringen 
von Fremdgasen verhindert. Indes ist ein direkter Vergleich mit der 
Heraeuslampe nicht möglich wegen des verschiedenen Wattverbrauches 
und es muß daher noch abgewartet werden, ob bei längerem Gebrauch 
doch ein Altern auch dieser Lampen stattfindet. 

Die spektrale Zusammensetzung beider Lampen ist natürlich 
dieselbe. 

Mit Rücksicht auf die Natur der Schwärzung sind nach dem 
Vorausgeschickten Proben von Bruchstücken alter Lampen ent- 
scheidend. Es standen mir solche Bruchstücke zur Verfügung, deren 
Absorptionsverhältnisse in Vergleich zu alten und neuen Lampen 
von mir in der Weise verwandt wurden, daß als Lichtquelle eine neue 
Lampe diente, während die Bruchstücke der verschiedensten Lampen 
als „Filter“ in den Strahlengang gebracht und die Methode der 
Beobachtung dic gleiche war, wie oben beschrieben. Eine Prüfung 
zeigt, daß im Innern der gealterten Lampen ein grauer Überzug 
auf der Innenfläche des Quarzes sich befindet, der die Ursache der 
Absorption ist und beispielsweise bei einem meiner Versuche die 
Linie 2536 bis auf cin Zweiunddreißigstel schwächte. Der Beschlag 
besteht aus zwei Teilen; ein Teil sitzt auf der Oberfläche und kann 
durch Reiben oder chemische Prozesse entfernt werden. Der wesent- 
liche Bestandteil, auf den die Absorption zurückzuführen ist, ist 
jedoch im Quarz selbst enthalten und läßt sich durch Säuren nicht 
völlig entfernen. Durch Schleifversuche, bei denen mit Pariser Rot 
die Oberfläche allmählich entfernt wurde, ließ sich nachweisen, daß 
nach Entfernung von ot mm die ursprüngliche Durchlässigkeit 
nahezu vollständig wiederhergestellt wurde. 

Ich sche davon ab, alle einzelnen Versuche anzuführen. In ein- 
deutiger Weise ergibt sich auf Grund der Absorptionserscheinung 


Alterungserscheinungen an Quarzquecksilberdampflampen 353 


die Annahme einer absorbierenden Schicht, die sich bis auf ot mm 
in das Quarz hinein erstreckt. Woraus diese Schicht besteht, bleibt 
zunächst unentscheiden. Über einige Versuche in dieser Richtung 
ist noch anzugeben, daß zunächst keine selektive Absorption, etwa 
im Sinne der von Wood!) an feinverteilten Quecksilberflächen 
stattfindet; denn Vergleichsversuche mit anderen Lichtquellen 
zeigen durchaus das gleiche Verhalten. Dasselbe ergibt sich auch 
durch Versuche mit dem kontinuierlichen Spektrum des Aluminium- 
unterwasserfunkens. Hierdurch geht unzweideutig hervor, daß die 
Absorption an der Quarzwand eine allgemeine ist, die mit kürzeren 
Wellenlängen rasch zunimmt. Dieser Umstand in Verbindung mit 
anderen Eigentümlichkeiten der Absorption legt es nahe anzunehmen, 
daß es sich um eine in das Quarz feinverteilte Substanz metallischen 
Charakters handelt, die die Ursache der Absorption ist. Hier bieten 
sich zwei Möglichkeiten für deren Annahme. Die eine, daß aus dem 
Quarz unter dem Einfluß der ultravioletten Strahlung und der hohen 
Temperatur sich metallisches Silicium ausgeschieden hat, das schr 
stark im Ultravioletten wirkt. Die andere Möglichkeit spricht für 
ein Eindringen feinverteilten Quecksilbers in die hocherhitzte Glas- 
masse.2) Mir persönlich scheint die letztere Annahme die größte 
Wahrscheinlichkeit zu haben, wenngleich es mir auch nicht gelungen 
ist, eine sichere Beweisführung hierfür zu liefern. Für die Praxis 
der Lampenbenutzung sind beide Möglichkeiten gleichwertig, da 
weder eine Reduktion des Quarzes noch ein Eindringen des Queck- 
silbers in das Quarz vermeidbar ist. 


Zusammenfassung 


Mittels einer einfachen photometrischen Methode wird die 
Intensitätsabnahme technischer Quarzlampen untersucht. Es wird 
der Nachweis geführt, daß der Grund der Absorption, die mit kürzeren 
Wellen rasch zunimmt, von der Zahl der Brennstunden der Lampe 
abhängt. Die Absorptionserscheinung hat ihren Sitz in einer 0,1 mm 
dicken Schicht der Innenfläche der Quecksilberlampe und besteht 
aus gefärbtem Quarz. 


1) R. W. Wood, Absorption, Fluoreszenz, magnetische Rotation und anormale 
Dispersion des Quecksilberdampfes. Phys. Ztschr. 10. 466. 1909. 

2?) Ein Vorgang, der näher bekannt ist durch Arbeiten von Kundt, Warburg, 
Kopfermann, Heydweiller u.a. 


(Eingegangen am 26. April 1928) 


354 Schmidt und Pretschner 


Keimvergiftung durch Farbstoffe 
Von 
A. Steigmann 


In einer gleichbetitelten Arbeit!) bestätigt Herr Lüppo-Cramer 
meine Theorie von der Keimvergiftung durch Farbstoffe und von 
der Löslichkeitsherabsetzung von Silber durch adsorbierte Farb- 
stoffe. 

Ich möchte auf meine dort nicht erwähnte Abhandlung hin- 
weisen. In der Photogr. Industrie?) schrieb ich, „daß die Silber- 
teilchen durch Anlagerung molekularen Silbers nicht mehr wachsen 
und daß die silberlösenden Agenzien des Entwicklers kein reduziertes 
Silber mehr auflösen“, wenn vom Silber Farbstoffe adsorbiert worden 
sind. Auch in meiner Dissertation?) bin ich auf diese Dinge ein- 
gegangen, was ich nur der Vollständigkeit halber anführe. 


1) Zeitschr. wiss. Phot. 25. 133 ff. 1928. 
D Photogr. Ind. Heft 50—51. 1922. 
3) Dissertation, Frankfurt a. M. 1923. 


(Eingegangen am 5. April 1928) 


Zur Photochemie der Halogensilber 
IL Mitteilung: 

Der Abbau photographischer Schichten mit neutralem, saurem 
und alkallschem Wasserstoffsuperoxyd und mit ammonlakalischem 
Schwefelammonlum 
Von 
H. H. Schmidt und F. Pretschner 
(Wissenschaftliches Laboratorium der Fa. Otto Perutz, G. m. b. H., München) 


Die Analyse photographischer Materialien ist, solange es sich 
nur um Gesamtsilber- und Halogenbestimmungen handelt, verhältnis- 
mäßig einfach durchzuführen. Die Schwierigkeiten steigern sich aber 
ganz bedeutend, wenn man in den feineren Bau der photographischen 
Emulsionen eindringen will. In einer I. Mitteilung (1) haben wir 
neben anderem eine Untersuchungsmethode angegeben, die zum 
ersten Male den gravimetrischen Nachweis gestattete, daß in photo- 
graphischen Emulsionen keine Äquivalenz zwischen Silber und 


Zur Photochemie der Halogensüber. II. 355 


Halogen besteht, sondern daß vielmehr in jeder Emulsion nach dem 
Abbau überschüssige Silberionen nachzuweisen sind. Als Abbau- 
säure hat sich die Salpetersäure am besten bewährt, weil sie die 
einzige Säure ist, die zu klaren Filtraten führt und bei genügender 
Konzentration die Reduktion durch die Gelatine und ihre Abbau- 
produkte unterdrückt. Die Säurekonzentration darf aber wiederum 
auch nicht zu hoch sein, weil sonst Zersetzungen und bei silberjodid- 
haltigen Emulsionen die Jodatbildung den Analysengang unnötig 
erschweren. Als sehr brauchbar hat sich eine Säurekonzentration 
von 1:30 erwiesen. Die Abbauzeit muß dabei, um filtrierbare Lö- 
sungen zu bekommen, allerdings auf 4—6 Stunden ausgedehnt 
werden. Bei unseren Versuchen, ein geeignetes Agens zum Abbau 
photographischer Schichten zu finden, haben wir naturgemäß syste- 
matisch die gebräuchlichsten anorganischen und organischen Säuren, 
die verschiedensten Alkalien und auch das Wasserstoffsuperoxyd 
ausprobiert. Es hat sich gezeigt, daß das Wasserstoflsuperoxyd 
unter Umständen ein sehr bequemes Abbaureagens darstellt, wenn 
man beachtet, daß der Verlauf der Abbaureaktion eine interessante 
Funktion der Wasserstoflionenkonzentration ist. 


1. Der Abbau photographischer Emulsionen 
mit saurem Wasserstoffsuperoxyd 


Der Abbau mit saurem, am besten natürlich wieder salpeter- 
saurem Wasserstoffsuperoxyd verläuft genau so, wie mit Säuren 
allein. Das Wasserstoffsuperoxyd erleichtert nur den Abbau, indem 
es zerstörend auf die Gelatine wirkt. Man kann daher die Säure- 
konzentration bis auf I1:100 reduzieren ohne die Abbauzeit ver- 
längern zu müssen. Die Lösung klärt sich sehr rasch und ist gut 
zu filtrieren, der Rückstand besteht aus reinem Halogensilber und 
enthält, wie immer bei derartigen Analysen, eine nicht unbeträcht- 
liche Menge von organischer Substanz adsorbiert. Der Abbau mit 
saurem Wasserstoflsuperoxyd (700 ccm Emulsion + 70NO,H 1:10 
+ 30H,0,) ist sehr bequem, wenn man nur eine Analyse des Rück- 
standes durchführen will. Die Untersuchung des Filtrates ist aller- 
dings nicht nach dem in der I. Mitteilung angegebenen Schema 
möglich, denn es hat sich gezeigt und wird durch die unten an- 
gegebenen Versuche experimentell belegt, daß es nur unter Be- 
achtung besonderer Kautelen in einer sauren Wasserstoffsuperoxyd- 
lösung, die Gelatineabbauprodukte enthält, möglich ist, Halogen- 
ionen durch Ausfällen mit Silbernitrat quantitativ nachzuweisen. 


356 Schmidt und Pretschner 


Die gefundenen Werte sind immer bedeutend niedriger als die 
theoretisch zu erwartenden. Um feststellen zu können, an welche 
Faktoren dieses eigenartige Phänomen gebunden ist und welche 
Ursache es hat, haben wir nachfolgende Versuche ausgeführt. 


a) Kaliumchlorid + Gelatine + Salpetersäure, 
300 ccm 5°/,ige, halogenfreie Gelatinelösung, 
15 ccm Salpetersäure s = 1,40 und 0,1774 g KCI 
wurden 3 Stunden am Rückflußkühler im Glyzerinbad zum Sieden 
erhitzt und nach dem Abkühlen und vorherigem Filtrieren mit 
Silbernitrat versetzt und der Niederschlag quantitativ als Silber be- 


summi Theoretischer Silberwert: 0,2559 g. 


Gefundener Silberwert: 0,2550 g. 


Auch bei Anwesenheit von Gelatine ist es, was ja auch schon lange 
bekannt ist, möglich, Halogenionen in salpetersaurer Lösung mit 
Silbernitrat quantitativ zu bestimmen. Die durch den Salpetersäure- 
abbau entstehenden Abbauprodukte stören die Umsetzung nicht. 


b) Kaliumchlorid + Salpetersäure + Wasserstoffsuperoxyd. 
In dieser Lösung verläuft die Umsetzung ebenfalls quantitativ. 
Das saure Wasserstoffsuperoxyd wirkt demnach nicht störend auf 
den Ablauf des Prozesses ein. Die Entscheidung muß demnach 
der nächste Versuch bringen. 


c) Kaliumchlorid + Gelatine + Salpetersäure 
+ Wasserstoffsuperoxyd, 
300 ccm 5°/,ige gereinigte Gelatinelösung, 
15 ccm Salpeterssäure s = 1,40, 

35 ccm H,O, (30°/,) und 0,1582 Kaliumchlorid 
wurden wie unter a) erhitzt und nach dem Abkühlen mit 1,0000 g 
Silbernitrat (= 0,6340 g Ag) versetzt und die entstandene Fällung 
quantitativ als Silber bestimmt. 


Theoretischer Silberwert: 0,2282 g. 
Gefundener Silberwert: 0,0992 g. 


Es ist also unmöglich, in einer salpetersauren Lösung, die 
Gelatineabbauprodukte neben Wasserstoffsuperoxyd enthält, Halogen- 
ionen mit Silbernitrat quantitativ zu bestimmen, weil wahrscheinlich 
ein Teil des gebildeten Halogensilbers in Lösung gehalten wird 
und nicht ausfällt. Entfernt man aber das Wasserstoflsuperoxyd 
nachdem man die Lösung ammoniakalisch gemacht hat, durch 
längeres Kochen, so fällt nach dem Ansäuren das fehlende Halogen- 


Zur Photochemie der Halogensilber. II. 357 


silber quantitativ aus. Interessant ist weiter, daß man Silberionen 
in einer solchen Lösung durch Alkalihalogenide ohne weiteres quanti- 
tativ nachweisen kann. Die überschüssigen Halogenionen verhindern 
also die Verzögerung der Ausfällung. 

Zusammenfassend kann man also sagen, daß es unmöglich ist, 
in einer salpetersauren Lösung, die Gelatineabbauprodukte und 
Wasserstoffsuperoxyd enthält, Halogenionen durch Silbernitrat quanti- 
tativ nachzuweisen, solange das H,O, nicht durch Kochen, am besten 
in der ammoniakalischen Lösung entfernt ist. Silberionen dagegen 
lassen sich auch in dieser Lösung quantitativ mit Alkalihalogenid 
bestimmen. 

Der in der I. Mitteilung angegebene Analysengang ist daher 
nur durchführbar, wenn im Filtrat vor der Weiterverarbeitung das 
H,O, durch Kochen in ammoniakalischer Lösung quantitativ ent- 
fernt wird. Dieser Prozeß dauert aber auf Grund unserer Erfahrungen 
sehr lange, weshalb wir diese Methode wieder verlassen und ohne 
H,O, gearbeitet haben. 


2. Der Abbau photographischer Emulsionen 
mit neutralem Wasserstoffsuperoxyd 


Auch das neutrale Wasserstoffsuperoxyd allein zerstört bei 
längerer Einwirkung in der Siedehitze die Gelatine so vollkommen, 
daß das Halogensilber sich zusammenbalit und gut abfiltrieren läßt. 
Zu beachten ist allerdings, daß der Rückstand nicht aus reinem 
Halogensilber besteht, sondern noch durch die reduzierende Wirkung 
der Gelatine entstandenes Silber adsorbiert enthält, während das 
äquivalente Halogen sich im Filtrat befindet. Der Abbau mit neu- 
tralem H,O, ist dort angebracht, wo es sich nur um reine Silber- 
bestimmungen handelt. Angenehm ist, daß außer den Gelatine- 
abbauprodukten keine weiteren Fremdstoffe in das Abbaugemisch 
gelangen, da das Wasserstoffsuperoxyd nach Beendigung des Ab- 
baues durch Kochen, unter Umständen in ammoniakalischer Lösung, 
wieder entfernt werden kann. 


3. Der Abbau photographischer Emulsionen 
mit alkalischem Wasserstoffsuperoxyd 
Der Abbau mit alkalischem Wasserstoffsuperoxyd verläuft wesent- 
lich anders als der mit neutralem und saurem Wasserstoffsuperoxyd. 
Die Gelatine wird ebenfalls rasch zerstört, das Halogensilber aber 
bei Anwendung kleiner Emulsionsmengen quantitativ reduziert, so 
Zeitschr. f. wiss. Phot. a5. 24 


358 Schmidt und Pretschner 


daß sich im Rückstand das gesamte Silber und im Filtrat das ge- 
samte Halogen als Alkalihalogenid befinden. 

Angenehm ist, daß durch das H,O, die sonst durch das Alkali 
bedingte Braunfärbung der Lösung verhindert wird. Das alkalische 
Wasserstoffsuperoxyd zersetzt natürlich nicht nur die Halogensilber- 
gelatineemulsionen, sondern auch das bindemittelfreie Halogensilber, 
und zwar bei Anwendung analytisch üblicher Mengen quantitativ 
nach folgenden Gleichungen: 


2 AgBr + 2 NaOH => Ag,O + 2NaBr + H,O, 

Ag,O + H,O, ——> 2Ag + H,O + 0,. 
Diese Reaktion ist bei allen drei Halogensilbern vorhanden, nur ist 
die Reaktionsgeschwindigkeit verschieden und nimmt vom Chlor- 
silber bis Jodsilber ab. Das Wasserstoffsuperoxyd entfernt immer 
wieder das spurenhaft gebildete Ag,O aus dem Gleichgewicht und 
der Prozeß verläuft quantitativ. Nur bei Jodsilber greift das ge- 
bildete Nal störend in den Verlauf des Prozesses ein, indem es das 
gebildete Ag wieder in AgJ überführt und so zur Ausbildung eines 
neuen Gleichgewichtes führt, das nur durch Entfernen des gebildeten 
Nal durch Abfiltrieren gestört und zugunsten der Reduktion ver- 
schoben werden kann. 


a) Reduktion von bindemittelfreiem AgCl, AgBr und AgJ 
durch Natronlauge und Wasserstoffsuperoxyd 


Im Jahre 1895 hat Le Roy (2) beobachtet, daß alkalisches 
Wasserstoffsuperoxyd imstande ist, das latente Bild auf Chlor- und 
Bromsilbergelatineschichten zu entwickeln. Das belichtete Halogen- 
silber wird also unter dem Einfluß von alkalischem Wasserstofl- 
superoxyd wenigstens zum Teil in metallisches Silber übergeführt. 
Diese Reaktion verläuft, wie normalerweise zu erwarten ist, auch 
im Reagenzglas und zwar mit bei den drei Halogensilbern ver- 
schiedener Geschwindigkeit. Das Chlorsilber wird bereits in der 
Kälte rasch und quantitativ reduziert, beim Bromsilber verläuft 
dieser Prozeß, wenn auch erst nach längerem Erwärmen, ebenfalls 
noch quantitativ, beim Jodsilber ist aber nur noch teilweise Re- 
duktion auch nach längerem Erhitzen zu erreichen und es scheint 
durch das gebildete Nal, das auf das Jodsilber stark lösend ein- 
wirkt, die Reduktion zum Stillstand zu kommen. Filtriert man das 
ausgeschiedene Silber und das unzersetzte Jodsilber ab, so kann 
in diesem Rückstand durch neuerlichen Zusatz von alkalischem 


Zur Photochemie der Halogensilber. IT. 359 


Wasserstoftsuperoxyd die Reduktion weiter fortgesetzt werden. Bei 
drei- bis viermaliger Wiederholung des eben geschilderten Prozesses 
erhält man auch beim Jodsilber quantitative Reduktion zu Silber. 
Um einen genauen Silberwert zu bekommen, muß natürlich noch 
das durch Nal gelöste Ag] in den Filtraten am besten durch Re- 
duktion mit Hydrazinsulfat bestimmt werden. Die Reduktion von 
bindemittelfreiem Halogensilber mit alkalischem Wasserstoffsuperoxyd 
verläuft also nur bei Chlorsilber und Bromsilber quantitativ, während 
bei Jodsilber durch das entstehende Natriumjodid, das silberlösend 
wirkt, sehr bald ein Gleichgewichtszustand 


2 AgJ + H,O, + 2NaOH zZ 2 Ag + 2NaJ]J + 2H,O + O, 


kommt, der nur durch fortwährendes Entfernen des gebildeten Na], 
durch Abfiltrieren zugunsten der Reduktion verschoben werden 
kann. Diese silberlösende Wirkung von Nal bei Ausschluß und 
bei Gegenwart von Licht ist ja schon länger bekannt und gleich- 
zeitig die Ursache mancher interessanter photographischer Phä- 
nomene (3). 


b) Die Reduktion von Halogensilbergelatineemulsionen 
mit alkalischem Wasserstoffsuperoxyd 


Das alkalische H,O, ist, wie schon erwähnt, nicht nur imstande, 
reine Halogensilber zu reduzieren, sondern man kann auch Halogen- 
silberemulsionen bei Anwendung analytisch üblicher Mengen bequem 
abbauen. Dabei findet gleichzeitig Reduktion des Halogensilbers 
zu Silber statt, während das gesamte Halogen als Alkalihalogenid 
im Filtrat zu finden ist. Das Wasserstoffsuperoxyd unterdrückt 
außerdem mit Sicherheit die Braunfärbung der Lösung, die sonst 
beim Arbeiten mit Alkalien immer auftritt. Der Abbau mit al- 
kalischem Wasserstoffsuperoxyd ist dem Abbau mit Säuren eben- 
bürtig an die Seite zu stellen, allerdings mit der Einschränkung, 
daß nur bei Chlor- und Bromsilbergelatineemulsionen und deren 
Mischungen die Reduktion zu Silber quantitativ verläuft. Bei jod- 
silberhaltigen Emulsionen ist die Reduktion zu Silber aus den schon 
vorher näher angegebenen Gründen nicht vollständig. Der Rück- 
stand enthält neben Silber noch unverändertes Jodsilber, das nach- 
träglich durch alkalisches Hydrazinsulfat reduziert werden muß. 
Leider wird ein Teil des Jodsilbers ebenfalls beim Abbau reduziert, 
sonst würde durch das alkalische Wasserstoffsuperoxyd eine be- 
queme Brom- und Jodsilberbestimmung in Bromjodsilbergelatine- 

24° 


360 Schmidt und Pretschner 


emulsionen möglich sein. Bei unseren Versuchen haben wir (og 
Emulsionsnudeln mit 5soccm H,O und ıoccm H,O, (30°/,) versetzt 
und durch Erwärmen (meist 30°) so weit abgebaut, bis Ausflockung 
des Halogensilbers eintrat. Erst jetzt wurden 30 ccm alkoholische 
Natronlauge (25°/,) zugegeben, wobei augenblickliche Reduktion zu 
Silber eintritt. Die alkoholische Lauge haben wir deshalb ver- 
wendet, um zu starkes Schäumen zu vermeiden. 

Die Weiterverarbeitung des Rückstandes und des Filtrates kann 
nach den verschiedensten Methoden erfolgen. 

Wie schon erwähnt, hat le Roy das alkalische Wasserstoff- 
superoxyd zur Entwicklung des latenten Bildes empfohlen und es 
war naheliegend, die von Russel (5) beobachtete Verschleierung 
photographischer Schichten durch Wasserstoflsuperoxyd auf diese 
Reduktion zurückzuführen. Lüppo-Cramer (6) hat aber durch 
eingehende Studien festgestellt, daß die Verschleierung mit dem 
Reduktionsvermögen desH,O, in alkalischer Lösung nicht zusammen- 
hängt. Wir haben uns durch eigene Versuche von der Richtigkeit 
der Lüppo-Cramerschen Beweisführung überzeugt. 

Bestände ein direkter Zusammenhang zwischen Verschleierung 
und Reduktionsvermögen des alkalischen Wasserstoflsuperoxyds, so 
müßte auf Grund der oben angeführten Experimente die Verschleie- 
rung bei Chlor- und Bromsilber sehr rasch erfolgen, weil bei diesen 
Halogensilbern die Reduktion mit großer Geschwindigkeit quantitativ 
verläuft. Mit zunehmendem Gehalt der Emulsion an Jodsilber müßte 
weiterhin die verschleiernde Wirkung des H,O, abnehmen. Das 
Gegenteil ist aber der Fall. Die Wirkung des H,O, ist bei den 
hochempfindlichen Bromjodsilberemulsionen am größten. 

Die Verschleierung durch H,O, ist, wie auch schon Lüppo- 
Cramer gefunden hat, keine Funktion des Reduktionsvermögens 
des alkalischen H,O, und der Reduzierbarkeit des jeweiligen Halogen- 
silbers, sondern eine direkte Funktion der Empfindlichkeit des photo- 
graphischen Materials und daher bei hochempfindlichen Schichten 
größer als bei unempfindlichen. 


4. Der Abbau von Halogensilbergelatineemulsionen 
mit alkalischem Schwefelammonium 
Bei unserer Suche nach geeigneten Abbaumethoden von photo- 
graphischen Schichten haben wir auch den Schwefelwasserstoff und 
das Schwefelammonium ausprobiert und gefunden, daß mit diesen 
beiden Agenzien bei Einhaltung bestimmter Bedingungen das Silber 


Zur Photochemie der Halogensilber. 11. 361 


photographischer Schichten leicht als Silbersulfid zur Abscheidung 
zu bringen ist. 

10 g Emulsionsnudeln + 20 ccm NaOH (25°/,) werden bis zur 
starken Braunfärbung erhitzt, dann wird 40 ccm konz. Ammoniak 
zugegeben und in der Siedehitze Schwefelwasserstoff eingeleitet. 
Auch Zugabe von Ammonsulfid führt zu dem gleichen Ergebnis. 

Nach weiterem Kochen fällt das Silbersulfid grobkörnig aus und 
läßt sich leicht von der nunmehr klargewordenen Lösung abfıltrieren. 
Zum Auswaschen muß, um Peptisation zu vermeiden, Ammoniak 1:10 
verwendet werden. Das Silbersulfid wird nach bekannten Methoden 
weiter verarbeitet. Der Abbau mit Alkali bis zur Braunfärbung der 
Lösung und der Ammoniakzusatz ist erforderlich, um die Bildung 
von kolloidalem Silbersulid zu vermeiden. Interessant ist, daß das 
Schwefelammon genau wie das Wasserstoflsuperoxyd die durch das 
Alkali hervorgerufene Braunfärbung zum Verschwinden bringt. 

Der sonst wenig gebräuchliche und wegen der starken Braun- 
färbung der Lösung gemiedene Abbau photographischer Schichten 
mit Alkali führt bei Anwendung von Wasserstoflsuperoxyd oder 
Schwefelammon zu befriedigenden Resultaten. 


Zusammenfassung 


ı. Der Abbau photographischer Schichten mit Wasserstoff- 
superoxyd ist eine Funktion der Wasserstoffionenkonzentration. 

a) In saurer Lösung (am besten salpetersaurer Lösung) verläuft 
der Abbau wie mit Säure allein. Das Wasserstoffsuperoxyd unter- 
stützt die Wirkung der Säure, so daß die Konzentration derselben 
stark herabgesetzt werden kann. Die Verarbeitung des Filtrates 
bietet aber Schwierigkeiten, da es unmöglich ist, in einer Lösung, 
die Gelatineabbauprodukte und H,O, enthält, Halogenionen quanti- 
tativ mit Silbernitrat zu bestimmen. Das H,O, muß erst durch 
Kochen in ammoniakalischer Lösung entfernt werden. Silberionen 
können dagegen mit Alkalihalogenid quantitativ bestimmt werden. 

b) Neutrales Wasserstoffsuperoxyd zerstört sehr rasch die Ge- 
latine und das Halogensilber flockt gut filtrierbar aus, Unter dem 
Einfluß der Gelatineabbauprodukte findet aber schon teilweise Re- 
duktion statt. Der Rückstand enthält daher Silber neben Halogen- 
silber, im Filtrat sind die äquivalenten Halogenionen. 

c) Alkalisches Wasserstoflsuperoxyd reduziert bindemittelfreie, 
als auch in Bindemittel eingebettete Halogensilber leicht zu me- 
tallischem Silber, während sich im Filtrat das äquivalente Alkali- 


362 K. Schaum und E A. Scheidt 


halogenid befindet. Dieser Prozeß verläuft quantitativ bei Chlor- 
und Bromsilber und führt bei Jodsilber zu einem Gleichgewicht, 
weil das entstehende NaJ lösend auf das durch Reduktion ent- 
stehende Silber wirkt. Durch Entfernen des Nal läßt sich aber 
auch hier das Gleichgewicht bis zur vollständigen Reduktion ver- 
schieben. 

2. Die Verschleierung photographischer Schichten durch H,O, 
ist keine Funktion des Reduktionsvermögens des alkalischen H,O,, 
sondern eine Funktion der Empfindlichkeit. 

3. Auch mit Hilfe von alkalischem Schwefelammon ist bequemer 
Abbau und Silberbestimmung in photographischen Materialien möglich. 

4. Die durch Alkali bedingte Braunfärbung der Abbaulösung ver- 
schwindet mit Wasserstoffsuperoxyd und ammoniakalischem Schwefel- 
ammon. 


Literatur 

1) H. H. Schmidt u. F. Pretschner, Zeitschr. wiss. Phot. 25. 293. 1928. 

2) Le Roy, Jahrbuch 1895, S. 415. 

3) Lüppo-Cramer, Grundlagen des Negativverfahrens, S. 572 (Lassaigne). 

4) Lüppo-Cramer, Grundlagen des Negativverfahrens, S. 673. 

5) Russel, Jahrbuch 1900, S. 338. 

6) Lüppo-Cramer, Phot. Korr. 1902, S. 563; 1915, S. 135; Zeitschr. wiss. 
Phot, 25. 23. 1927. Weitere Literatur siehe Clark Phot. Ind. 1926, S. 358 und auch 
Wightman u. Quirk, Journ. Franklin Institut 1927, S. 261 — 287. 


(Eingegangen am 6. Mai 1928) 


Über die Beobachtung eines elektrooptischen Effekts mit Hilfe des 
Zeiss-Löweschen Flüssigkeitsinterferometers 


Von 
K. Schaum und E. A. Scheidt 


Vor einigen Jahren (I) beobachteten wir mit Hilfe des Zeiss- 
Löweschen Interferometers eine eigenartige Einwirkung des elek- 
trischen Feldes auf das optische Verhalten von Aceton: wurde an 
zwei in die Flüssigkeit der einen Kammer tauchenden Elektroden 
eine Spannung von 440 V. gelegt, so trat eine ziemlich schnelle 
Verschiebung der Interferenzstreifen im Sinne einer Abnahme des 
Brechungsexponenten ein; nach dem Ausschalten kehrte das Inter- 


Über die Beobachtung eines elektrooptischen Efekts usw. 363 


ferenzbild verhältnismäßig langsam bis zur Nullstellung zurück. 
Chemische (elektrolytische) Wirkungen erschienen angesichts der 
Reversibilität ausgeschlossen, und wir waren damals der Ansicht, daß 
die Erscheinung auf eine Wärmewirkung zurückzuführen sei. Neuer- 
dings angestellte Versuche lieferten folgende Ergebnisse: Der 
Effekt tritt bei freier wie auch isolierend überzogener Elektroden- 
oberfläche ein; er nimmt bei niederen und mittleren Spannungen 
proportional deren Logarithmus zu; bei 50000 V. betrug die 
Streifenverschiebung am Nitrobenzol 850, am Acetylaceton 400, am 
Diäthylketon 310, am Pyridin 170 Skalenteile.e Der Maximaleffekt 
wird nach einigen Sekunden erreicht und zwar um so schneller, je 
höher die Spannung ist; das Abklingen erfolgt innerhalb von 2 bis 
3 Minuten nach der für einen Vorgang L Ordnung geltenden 
Gleichung; es wird durch Umrühren stark beschleunigt, ebenso 
durch Kurzschließen der Zelle nach dem Ausschalten; alsdann ist 
die Zeit des Abklingens gleich der des Anklingens. 

Da der Kerreffekt fast zeitlos ist und Dipolorientierung und 
-desorientierung auch sehr rasch erfolgen, dürfte die Erscheinung 
wohl auf eine Elektrophorese eingelagerter Fremdteilchen, oder — 
da solche in den sorgfältig gereinigten Flüssigkeiten kaum in aus- 
reichender Menge vorhanden sein können — von Assoziations- 
produkten, eventuell Raumgitterbruchstücken zurückzuführen sein. 
Die zuletzt erwähnte Vermutung erscheint uns aus folgendem Grunde 
durchaus diskutabel: Wir hatten vor längerer Zeit(2) Andeutungen 
für eine Begünstigung der Kristallisation im elektrischen Feld an 
der Grenze Elektrode/Schmelze gefunden. Neuere Versuche, über 
die im folgenden kurz berichtet wird, haben diese Andeutungen in 
den Bereich reproduzierbarer Vorgänge erhoben. 

Erzeugt man zwischen zwei völlig in die Schmelze eintauchenden 
Elektroden, deren eine geerdet ist, mittels eines Induktoriums ein 
starkes Feld (50o—80000 V.), so werden Stoffe mit erheblicher 
Neigung zur Unterkühlung, wie Salol, Urethan, Benzophenon, Nitro- 
benzol u.a. zu baldiger Kristallisation gebracht, die stets an der 
nicht geerdeten Elektrode, ohne Rücksicht auf deren Ladungs- 
vorzeichen, eintrat; es scheint, daß stärkere Erhitzung auch unter 
diesen Umständen die Kristallisationsneigung (infolge Zerstörung der 
Raumgitterbruchstücke) vermindert. 

Bei Versuchen, die mit Hilfe einer Influenzmaschine (bis 
15000 V.) sowie mit Hilfe eines Teslatransformators (2— 300000 V.), 
in beiden Fällen unter Zuhilfenahme starker Kapazitäten, angestellt 


364 K. Schaum und E A. Scheidt. Elcktrooptischer Effekt 


wurden, erhielten wir ebenfalls eine starke Begünstigung der Kri- 
stallbildung; hier spielen aber Gasionen eine ganz wesentliche Rolle (3) 
wie Versuche mit Funken- und Büschelentladungen zeigten; beim 
Funkenübergang außerhalb oder innerhalb der unterkühlten Schmelze, 
sowie beim Auftreffen von Büschelentladung auf unterkühlte Flüssig- 
keitsproben trat sehr bald in der Nähe der Entladungsgebiete (meist 
an der negativen Elektrode) Kristallisation ein; auch das Aufblasen 
eines Stromes von ionisiertem Sauerstoff war in gleichem Sinne 
‚wirksam. 

Vor kurzem hat W. Kondöguri(4) Versuche über die Er- 
höhung der Kernzahl unter dem Einfluß eines elektrischen Feldes 
besonders an unterkühltem Salol veröffentlicht. Wenn wir die An- 
gaben des Autors richtig verstinden haben, hat er unterkühlte 
Saloltröpfchen während langer Zeiträume — bis zu 16 Tagen — 
beobachtet und die Zunahme der Kristallisationszentren festzustellen 
versucht. Es ist uns nicht verständlich, wie das möglich sein sollte, 
da die Kristallisationsgeschwindigkeit des Salols bei der eingehaltenen 
Beobachtungstemperatur (23°) von der Größenordnung 2 mm/Min. ist. 

Von der Fortführung der Interferometerversuche versprechen 
wir uns wertvolle Aufschlüsse über die Natur reiner Flüssigkeiten, 
über das Verhalten kolloiderf Systeme, besonders im Gebiet der 
Amikronen, u. a. vk 


Giessen, Physikalisch-chemisches Institut, Juni 1928. 


Anmerkungen 


ı) W. Rummel, Giessener Diss. 1925. 

2) K. Schaum und E. Riffert, Zeitschr. f. anorg. Chem. 120. 257. 1922. 

3) Vgl. dazu L. Frischauer, C. R. 148. 1251. 1909; W. D. Kusnezow 
und M. A. Bolschanina, Z. russ, phys. Ges. (B) 57. 1925. Heft 1/2; K. Schaum, 
diese Zeitschr. 25. 64. 1927. Die beiden vorgenannten Abhandlungen waren mir 
zur Zeit der Niederschrift dieser Notiz noch nicht bekannt. 

4) Zeitschr. f. Phys. 47. 589. 1928. 


F ür die Redaktion verantwortlich: Prof, K. Schaum, Gießen 


us 


t A: sch f Zë 
i ` ba = Hs Ph = d = V 
Dk ia jis A A d 


Je A 
le? E gy 


det KI 


pe und Photochem 


Ra) Rt 
Unter Mitwirkung befreundeter Fachgenossen ege 
E 

insbesondere von WG 

| ar 

H. Kayser e 

o. em. Professor an der Universität Bonn WE 
e 

herausgegeben von 

K. Sc! um K 

0.6. Professor an der . ersität Gießen Ki 

aut 

ed 
d D ; 

Mit5Figuren im Text h 


lungen n auf die Zeitschrift werden von allen Buchhandlungen und von der Verlagsbuchhandlung 

Gs men. Der Abonnementspreis beträgt pro Band im In- u. Ausland Rm, 24.—, bei direkter 
endung einschließlich Porto im Inland Rm. 25.—, im Ausland d? 25.20. 

en € 


August 1928 Digitized by Goog - 


er 
i i ~ PERT ESR 
déi 5 - dat SN 
 Inbaitsge reichnis 
Sai GE, 
Originalarbeiten d'Al SA 
K. Wurm, Über eine von A. v. Wuerekuerf "Mir 1 Fig | 
im Text nu 5 } NEE a: 


C. Richter, Über das KR rd, des Germaniums . 2 2 2 22 aia 380° 
G.O.’t Hooft, Methode der Sensibilisierung von Chromgelatine für Orange und 
Rot, Mit 4 Figuren im Text- e Abe wen 6, eien Fahre) 5, SCENE 


LAM. Eder, Chloramin zur age der letzten Reste des Fixiernatrons in 
photographischen Platten oder Papieren . . 2 s s 2 2 s nur. 40i 


J. M. Eder, Antwort auf die „Erwiderung* . nm. 2% 2 2. . 402 
H,Beck und J. Eggert, Schlußwort `". ` ven un ue An Ed gn Eé "a CC HEEN 


Titel, Inhaltsverzeichnis, Namen- und Sachregister des XXV, Bandes. 


Anfragen und Manuskriptsendungen sind zu richten an E 
Professor Dr. K. Schaum, Gießen, Wilhelmstr. 14. de. 
Die Redaktion bittet die Verfasser einschlägiger Werke und Monographien sowie deren 
Verleger um Zusendung von Rezensionsexemplaren, damit eine schnelle und vollständige 
Berichterstattung möglich ist. 


Für die Aufnahme von Dissertationen gelten besondere 
Bedingungen, welche vom Verlag bekanntgegeben werden. 


_ _— I T————— 


Reproduktions-Optik 
Apochromat-Tessare und Planare | 


Filter - Hüvetten - Prismen - Spiegel 
Einstell- Er 


Zeitichrift für willenidiaftlitie Photographie, 
Photophylik und Photodtemie 


XXV. Band 1928 Heft ı2 


Über eine von A. von Welsbach angegebene Lichtquelle " 
Von 


K. Wurm 


(Mitteilung aus dem Physikalischen Institut der Universität Bonn) 


Mit ı Figur im Text 


Die untersuchte Lichtquelle gründet sich auf das Phänomen des 
Öffnungsfunkens und wurde von Herrn Baron Auer von Welsbach 
dem Bonner Institut in freundlicher Weise zur Verfügung gestellt. 
A. v. W. benutzt bereits seit vielen Jahren diese Lichtquelle bei 
seinen chemischen Arbeiten; eine Beschreibung einer älteren Kon- 
struktion derselben ist bereits in Kaysers Handbuch der Spektro- 
skopie Band 1 zu finden, wo auch kurz die Frage nach der Art ihrer 
Emission gestreift wird. Eine eingehende Untersuchung ist, soweit 
bekannt, bisher noch nicht erfolgt. Mit der Feststellung der weit- 
gehenden Übereinstimmung der elektrischen Ausgleichserscheinung 
mit der im Bogen wird man keineswegs die Frage als erledigt betrachten 
können, da die Erfahrung gezeigt hat, daß durch anscheinend nur 
unbedeutende Abänderung der Entladungsbedingungen der Charakter 
der dabei auftretenden Lichtemission oft wesentlich geändert wird. 
Es sei an die neuerdings in der Spektroskopie bedeutungsvoll ge- 
wordenen verschiedenen Formen der Entladung in verdünnten Gasen 
erinnert.?) | 


Da eine Beschreibung des im folgenden verwandten Apparates 
bisher nicht vorliegt, so sei cine solche vorausgeschickt. Man ver- 
gleiche Figur I. 

.a) Ein vertikaler Trieb zur Verschiebung des ganzen Apparates 
nach der Höhe. 


b) Ein Elektromagnet. 


!) C. Auer von Welsbach, Ann. d. Physik, 4. Folge, 71. 7. 1923. 
3) F. Paschen, Ann. d. Physik, 4. Folge, 71. 142. 1923; H. Schüler, Physikal. 
Zeitschr. 22. 264. 1921; R. Frerichs, Zeitschr. Physik 85. 683. 1926. 
Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 25 


366 Wurm 


c) Der Anker des Elektromagneten; derselbe ist an einem Hebel 
befestigt. 

d) Ein zweiarmiger Schwingungshebel auf einer Tragstütze. Am 
linken Ende des Schwingungshebels befindet sich die Polklemme des 
positiven Pols; in der Mitte des rechten Hebelarmes der vorhin er- 
wähnte Anker. 

e) Der Träger des negativen Pols in Form eines Triebes mit 
einer darauf sitzenden Welle, die in axialer Richtung zwecks Ein- 
führung des negativen Pols durchbohrt ist. 


Fig. ı 


f) Ein Klemmkissen zur Regulierung der Periode des Schwingungs- 
hebels, 

g) Die beiden Pole. 

h) Ein Kommutator. 

j) Zuleitungsklemmen. 


Als Stromquelle dient eine Gleichstromquclle von etwa 50 bis 
150 Volt mit den nötigen Sicherheitsvorrichtungen. 

Der Strom tritt bei einer auf der Holzplatte isoliert befestigten 
Klemmschraube ein, durchflicßt die Windungen des Elektromagneten, 
gelangt von dort durch die Tragstütze des Schwingungshebels und 
den Schwingungshebel selbst zu den Polen, geht von da über den 
Trieb zu einer zweiten Klemmschraube und von dort zur Stromquelle 
zurück. 

Das selbsttätige Öffnen und Schließen des Stromes beruht nun 
darauf, daß der im Stromkreise liegende Elektromagnet im Augen- 
blicke des durch die Berührung der Pole erfolgten Stromschlusses 


Über eine von A. von Welsbach angegebene Lichtquelle 367 


den am rechten Arm des Schwingungshebels angebrachten Anker an 
sich reißt, und somit die beiden Pole voneinander entfernt, zwischen 
denen dann der Öffnungsfunke überspringt. Infolge der überwiegenden 
Schwere des linken Hebelarms und der sich lösenden Federspannung 
des rechten Hebelarms schnellt der obere Pol wieder nach unten; 
somit ist der Stromkreis wieder geschlossen und der beschriebene 
Vorgang beginnt von neuem. Die Geschwindigkeit der Bewegung 
kann durch die den rechten Hebelarm begrenzenden Schraubenkissen 
in weiten Grenzen reguliert werden. 

Besondere Erwähnung verdient ihrer Zweckmäßigkeit halber 
eine von Herrn Baron Aucr von Welsbach angegebene Form der 
Pole.?) 

Ein rundes Metallscheibchen von etwa 2 cm Durchmesser und 
0,5—ı mm Dicke wird in der Mitte durchbohrt und dort an einen 
Stahldraht festgelötet. Der Draht wird so in die Welle eingeführt 
und festgeklemmt, daß das Scheibchen noch etwa I cm von der Welle 
absteht. Ein Drahtstück in der aus der Figur ersichtlichen Verbiegung 
bildet den anderen Pol. 

Läßt man nun den oberen Pol etwas tangential auf das Scheibchen 
schlagen, so wird dasselbe mitsamt der Welle gleichmäßig gedreht. 
Taucht der untere Rand des Scheibchens in einen Becher mit Lösung, 
so gelangt auf diese Weise die gelöste Substanz in den Funken. Er- 
sichtlich eignet der Auersche Apparat sich vorzüglich zur Unter- 
suchung solcher Substanzen, bei deren Verbrauch man auf äußerste 
Sparsamkeit zu achten hat. 

Das Ziel der Arbeit war nun, durch eine Reihe von Übersichts- 
aufnahmen verschiedener Elemente und Vergleich derselben mit 
Bogen und Funken einen Aufschluß über die Emission des Auerschen 
Apparates zu erhalten. Bei der Wahl des Spektrographen mußte 
sich ein solcher am geeignetsten erweisen, der einerseits dem Anspruche 
hinreichend großer Dispersion genügte und anderseits gestattete, mit 
einer Aufnahme einen großen Wellenlängenbereich zu erfassen. Ein 
im hiesigen Institute vorhandenes Konkavgitter von 3 m Krümmungs- 
radius und ciner Dispersion von 5,5 Angströmeinheiten pro Millimeter 
in erster Ordnung wurde dementsprechend aufgestellt und justiert. 
Die Anordnung von Gitter, Spalt und Kassctte und die Konstruktion 
der beiden letzteren geschah in Anlehnung an die bereits seit langer 
Zeit hier in Gebrauch befindlichen beiden größeren Gitter in der 


1) C. Auer von Welsbach, Ann. d. Physik (4) 71. 7. 1923. 
25 


Li 


368 Wurm 


modifizierten Abneyschen Aufstellung. Die Blende wurde so an- 
gebracht, daß auf eine Platte drei Spektra übereinander photographiert 
werden konnten. 


Nebenbei dienten zur ersten Orientierung noch Aufnahmen mittels 
eines Hilgerschen Quarzprismenapparates und fürs sichtbare Gebict 
solche eines Steinheilschen Glasprismenspektrographen. 


Untersucht wurden nun die Spektra von sämtlichen Alkalıen, 
Erdalkalien und den Elementen Kupfer, Cadmium, Zink, Bor und 
Kohle. Die Aufnahmen wurden in der Art gemacht, daß jedesmal das 
Bogenspektrum, das des Auerschen Apparates und das Funken- 
spektrum in der angeführten Reihenfolge übereinander auf eine Platte 
photographiert wurden. Jede Platte umfaßt ein Gebiet von etwa 
2000 Angströmeinheiten. Insgesamt wurde der Bereich von 2000 bis 
6000 untersucht. 


Entgegen den Erwartungen, die man auf Grund früherer An- 
gaben!) hätte haben können, ergab der Auersche Apparat kein 
Spektrum, in dem Linien enthalten waren, die nicht bereits in Bogen 
und Funken beobachtet sind. Im Falle der Alkalien sowie bei den 
Elementen Bor und Kohle und Zink konnte überhaupt keine Ab- 
weichung vom Bogenspektrum festgestellt werden. Dagegen zeigte 
sich in den anderen Fällen ausnahmslos eine Annäherung an die 
Emission des Funkens. Die Art dieser Annäherung und die somit 
bestimmte Stellung des Auerschen Öffnungsfunkenapparates zu 
Bogen und Funken verdient besonderes Interesse, wie im folgenden 
ausführlich gezeigt werden soll. Eine genaue Einsicht in die Emissions- 
verhältnisse in den drei genannten Lichtquellen liefern die beigefügten 
Tabellen. 

Den Wert und die Gewinnung der Intensitätsangaben betreffend 
scien folgende Bemerkungen vorausgeschickt. 


Da die Intensitäten der Linien im Aucrschen Apparate mit denen 
in Bogen und Funken verglichen werden, liegt cs nahe, den Bogen 
als Normale zu verwenden. Natürlich ist diese Festsetzung nicht 
hinreichend eindeutig, da auch das Bogenspektrum in Abhängigkeit 
von den Stromkreisbedingungen und der Abbildung auf den Spalt 
schr variabel ist. Um nun den Bogen als Normale möglichst eindeutig 
und reproduzierbar festzulegen, wurde stets die Spannung 150 Volt 


1) H. Kayser, Handbuch der Spektroskopie, Bd. 1; C. Auer von Welsbach, 
Ann. d. Physik (4) 71. 7. 1923. 


Über eine von A. von Weisbach angegebene Lichtquelle 369 


und die Stromstärke 3 Ampere benutzt, und allemal der ganze 
Bogen mit Einschluß der Pole abgebildet. Es wäre vielleicht vor- 
zuziehen gewesen, eine mittlere Partie des Bogens zu benutzen, 
doch stößt man bei den relativ langen Belichtungszeiten und der 
Verwendung leichtflüchtiger Substanzen auf zu große Schwierig- 
keiten. Besonders wurde stets darauf geachtet, wiederholtes Zünden 
zu vermeiden. Um einen Begriff von den bei diesen Bedingungen er- 
haltenen Bogenspektra zu geben, möge kurz das Magnesiumspektrum 
charakterisiert werden, das bekanntlich sehr häufig untersucht ist, 
da es große Variabilität aufweist. Das Magnesiumbogenspektrum 
ist ein Gemisch von Bogen- und Funkenlinien. Es treten aber 
vorherrschend die reinen Bogcenlinien auf. Die Linien des Einfach- 
liniensystems 2P—mD gehören zu den stärksten im Spektrum. 
Sehr charakteristisch ist, daß das relativ schwache Bogentriplet 
2P,—4s das dicht dancben liegende Funkendublet 29,—2s an Inten- 
sıtät ums Doppelte übertrifft. Das Funkendublet 4481,1; 4481,3 er- 
scheint überhaupt nicht. Anschließend sei noch etwas über das zum 
Vergleich herangezogene Funkenspektrum gesagt. Der Funke wurde 
mittels eines Resonanzinduktoriums, mit 110 Volt Wechselstrom ge- 
speist, und einer an Klemmen des Induktoriums liegenden Batterie 
Leydener-Flaschen von 30000 cm gewonnen; jede Selbstinduktion 
des Sekundärkreises war vermieden. Die Bedingungen der Ent- 
ladung waren somit die günstigsten für die Emission der Funken- 
linien. 

Bei der Festlegung der Intensitäten schied die Methode mittels 
Vergleich der Belichtungszeiten von vornherein aus, da zwei der 
Lichtquellen intermittierende Entladungsform besitzen. Es wurde 
nun so verfahren, daß von jedem Element in demselben Intervall 
mehrere Aufnahmen mit gecignet steigenden Belichtungszeiten an- 
gefertigt wurden, um so alle Teile des Spektrums in den normalen 
Schwärzungsbereich zu bekommen. Von jeder Aufnahme wurden die 
Partien zur Schätzung benutzt, die innerhalb des Normalbereiches 
lagen. In den meisten Fällen fanden sich stets mehrere Linien, die 
den Anschluß der einzelnen Partien der verschiedenen Platten er- 
möglichten. Für die schwächsten Linien wurde auch die Methode der 
Restlinien zur Unterstützung herangezogen. Allgemein zeigt sich, 
daß eine vernünftige Stufenschätzung auf diese Weise durchaus mög- 
lich ist. Die Ungenauigkeiten, die Verbreiterung und Umkehr mit sich 
bringen, gehen natürlich mit in die Schätzung cin. 


370 Wurm 
Cadmium 
| Intensität 
Terme A ses 
| Bogen | Auerfunke | Flaschenfunke 
2 p —4s 2868,3 | 6 o o 
3080,9 | 8 4 3 
3133.2 7 4 3 
3252.5 8 4 3 
2pı3Pı 3729,0 4 2 I 
2 P—4 D 4002,2 5 3 2 
2 P—4,5 S 4307.7 2 I I 
2Pg 2.55 4413,0 3 2 I 
1,5s—2 fg 3201,0 8 7 7 
25—2Pz 4678,3 8 8 | S 
3403,0 10 10 10 
3400,2 10 10 | 10 
3467,6 S 8 5 
2 Pu—3 dn 3010,5 10 10 | 10 
3612,9 $ S | 5 
3614,4 6 6 | 6 
2981,73 4 4 | 2 
2980,6 8 7 3 
2850,7 8 S | 3 
2Pg—dg 3250,0 d A ! 6 
2 Pıdz 3535.6 o 5 | 6 
2pı—3dı 2312,8 4 10 15 
1,5s—6 p 5339.5 o 5 i 10 
5378,2 o 5 12 
Magnesium 
2 P—4D 5528,7 4 I I 
2 P—5D 4703,3 8 3 I 
2 P—6 D 4352,1 8 3 2 
2 P—7 D 4167,8 4 2 l 
5183,8 10 6 5 
2S—2 De | 5172,8 10 6 4 
5167,5 8 4 4 
3097,0 Io 8 $ 
2 Pu—4d 3093,1 e 6 6 
3091,1 8 6 6 
2942,2 6 4 3 
45—2 Pn , 2938,0 5 3 5 
2936,9 3 2 2 
3838.44 10 10 Io 
2Ppn —3d 3832.4 10 8 8 
3829,5 10 8 S 
1 S—2 pz 45713 4 4 3 
3336,8 6 6 6 
3332,2 5 5 5 
3330,0 5 5 5 
2852,2 12 10 6 
2Pu—5d | 2848,5 4 4 2 
2846,9 4 4 2 
2783,0 5 5 4 
| 2751,5 5 5 4 
2 pr m Pj 2779,9 7 7 5 
| 2778.3 5 5 4 
2776,3 5 5 4 


Über eine von A. von Welsbach angegebene Lichtquelle 371 
Magnesium (Fortsetzung) 
T 3 Intensität 
ki i Bogen | Auerfunke Flaschenfunke 
2p—Is 795.6 , 10 15 | 20 
TE 2803,8 | 8 12 18 
2 p—2s 2936.6 | 4 6 | Io 
2 py —2s 2928,5 3 | 5 8 
2pı—3d 798.0 3 | 5 10 
2 py—3d 790.8 3 | 5 Io 
3d—4f 4481,3 o | 3 20 
3dy—4f 4481,1 o | 3 20 
Calcium 
3 D—4 P 5041,9 8 4 4 
4878,1 10 6 6 
2 P—§ D 5188,8 6 4 6 
3D—5 4526,9 6 5 5 
5270,2 9 8 10 
5265,5 5 5 S 
5264, 4 
Ekel 5262,2 | 6 5 6 
5261,6 6 5 6 
5260,3 4 2 4 
4318,6 8 7 8 
4307,7 8 7 8 
—3p 4302,5 9 8 10 
d 4298,9 6 | 5 8 
4280,3 8 7 5 
4283, 8 | 6 8 
15—2P 4226,7 de | 10 8 
4456,6 3 3 4 
4455,8 5 4 8 
2 Par AE 4454.7 9 9 12 
4435,6 8 8 10 
4434,9 9 9 10 
4425,4 9 9 10 
4585,9 10 8 10 
| 4581,4 8 7 8 
4578.5 8 6 8 
Ge KE 3972,5 I 2 3 
29, —2s 3908,4 10 25 so 
CT Bb 3933,0 12 30 80 
Zeg E 3736,9 4 10 30 
2 Pyr —3s 3706,0 2 8 20 
4355.0 6 8 S 
4526,9 6 7 7 
Strontium 

3 D—4 P 5330.0 | 3 I I 
3D—4F 4078,3 | 4 | 2 o 
5156.3 3 | I Oo 
4892.4 | 2 o Ä Oo 
5504.4 6 3 3 
5522,0 6 3 | 3 
4019,4 | 4 | 2 | o 


372 Wurm 


Strontium (Fortsetzung) 


Intensität 


- Bogen 5 | Auerfunke Flaschenfunke 


Bien: 4813,3 


| 4743,3 
4723,7 
5535,0 
5540,2 
5586, 1 
5504,4 
5451,0 
5481,1 
4019,4 
5257,1 
5238,7 
5229,5 
5225.3 
5222,4 
5213,2 
4438.2 
4301,8 
4326,6 
38065,5 


7 

6 

7 

6 

4 

5 

4 

A 
3d—md; S 
5 
6 
A 
6 
6 
5 
5 
5 
3 
4 
4 
3 
4 
3807,5 4 
3 
4 
5 
6 
7 
6 
6 
4 
3 
3 
3 
3 
3 
6 
4 
4 
4 
6 
6 
5 
4 


| Ga Lei w -n NNN a ABUU 


3di—3 Pj 


Ode E 


2Ppn 45 
3780,5 
4971,8 
4968,1 
4902,4 
4870,2 
4872,6 
4832,2 
4030,4 
4032,5 
4033.2 
3970,1 
3909,4 
3940,9 
4007.5 
4592.8 
4508,9 
4855.2 


2 Pa 4 de 


2 De de 


1 S—2 P 


3 du—4f 


nn ku Lei WW Lei P Ln Ch ChLnLn a MM Gah MG MM Loi Lal Loi db bb M Geh DD | NNN ra La Ba Lei Lei 


WM ra NM ra MM ra ra Loi MNMLaih MM Ma hW MM NM NM ra Lei N N Lei Loi 


TN 
M 
N 
© 


2 Pa —2s 


u 
N 
N 
© 


2 Pan 3s 


o0 
N 
© 


3 D—4 P 4720,4 8 
37947 5 
4599.7 | 6 
4431,1 Ä 7 
4402,5 6 
4350,5 | 6 


Lei Lei Lal N "mw 
Loi NM Le MG WM 


Über eine von A. von Welsbach angegebene Lichtquelle 373 


Barium (Fortsetzung) 


Intensität 
Terme H ne en a 
2 Pr—4s 4239,5 3 I (e) 
2 Pa —3 ds 5535-5 10 5 5 
2 Ps Aë 5519,9 8 5 1 
2Ps—4d; 5424,8 7 3 a 
Ä 4493.3 5 2 2 
4488,8 7 3 2 
d Ch 4332,2 3 a 5 
4323,3 4 I I 
4264,3 4 I I 
3 dg—4fz 3544,6 6 3 o 
3ds—4fs 3247.7 4 2 o 
Eat 3937, 5 4 
3da—4fa SE 
3997.9 3 2 1 
4899,9 3 2 o 
4573,8 6 6 o 
4692,6 6 5 4 
4505,5 8 7 6 
4467,7 3 3 I 
t $—4F 3501,1 8 8 7 
e 4934,2 8 12 15 
SE 4554,2 12 20 30 
n 4524,9 8 I 20 
u 4900, 1 5 e 15 
4161,2 6 12 15 
2p —4d | 4130,8 8 20 30 
3891,7 4 10 15 
Kupfer 
d E EE Gruppe 
Bogen Auerfunke Flaschenfunke nach King 
C a aa a SEN 
3021,6 2 o l 
2263,0 6 3 I 
2319,6 6 3 Se 
2635,4 2 I len 
2637,3 1 o a 
2723,9 2 1 KEN 
2751,2 2 I SE 
277 5,8 2 I z 
2763,7 I Oo EN 
2768,8 2 1 E 
2858,7 2 N i 
2887,9 1 o = 
2891,6 2 1 = 
2890,8 1 o bag 
2238,4 3 2 ëch 
2260,4 4 3 ð | 


374 


2400,1 
2689,4 
2242,5 


Bogen 


t 


mt p 


pm O MO n OO mm = NU Ob AD Ch OC A ACACA C bb SE O ODWENNENN PO ANA bt BORN OO 


Wurm 


Kupfer (Fortsetzung) 


Intensität 


Auerfunke | Flaschenf unke 


6 


Jeng 
OO OO Gah un Lë Më OO DANNAU A NU Ch Ch 


fg ` ba 


pn NM CM ba MM N A Am OS Oooh Ch DE OG SD AH 


Le p 


een EE E WE eine 


Gruppe 
nach King 


III 
HI 
II 
lII 
III 


II 


III 


III 
UI 
III 


II 


II 
II 
H 
u 


Über eine von A. von Welsbach angegebene Lichtquelle 375 


Cadmium 


Die im Öffnungsfunken auftretenden Cadmiumlinien können in 
drei Klassen eingcordnet werden. In die erste Klasse gehören solche, 
deren Intensitäten gegenüber den entsprechenden im Bogen ge- 
schwächt sind; die zweite Klasse enthält die Linien gleicher 
Schwärzung, während die dritte Klasse die im Öffnungsfunken ver- 
stärkten Linien aufweist. Dieser Einteilung entsprechend sind die 
Linien in den Tabellen der Reihe nach aufgeführt. Die Term- 
bezeichnungen sind Paschen-Goetze, Scriengesctze der Linien- 
spektra, entnommen. 


Wie die Tabelle zeigt, sind geschwächte Linien ausnahmslos 
solche, die dem neutralen Atom zugesprochen sind; verstärkt er- 
scheinen die Linien des ionisierten Atoms. Letztere gehören nach 
Finger?) zugleich zu den Linien, die im Unterwasserfunken gegen- 
über dem Luftfunken noch eine Intensitätssteigerung erfahren. King, 
der den Einfluß der Selbstinduktionsvergrößerung auf das Cadmium- 
spektrum des Funkens zwischen Metallelektroden untersuchte, stellt 
fest?2), daß die Linien 2312,8, 4415,0; 3535,6; 5378,2; 5338,5 bei 
Steigerung der Selbstinduktion am stärksten geschwächt werden. 
Es sind dies gerade diejenigen, die im Öffnungsfunken auffallende 
Verstärkung aufweisen. Dagegen werden nach Kings Angaben 
4678,3 und 3261,0 im Vergleich mit den vorhergehenden nur wenig 
durch Selbstinduktion geschwächt, wie entsprechend dieselben m 
unserem Falle in etwa ihre Intensität behaupten. Die Linien der 
ersten Klasse zeigen keine Schwächung durch Selbstinduktion. Ver- 
mutlich wird deren Auftreten durch Selbstinduktion begünstigt. 


Magnesıum 


Im Gegensatz zum Cadmium erscheint beim Magnesium ein 
großer Teil der Funkenlinien bereits sm Bogen mit beträchtlicher 
Stärke. Dieser Umstand erklärt sich durch die Verschiedenheit der 
Ionisationspotentiale. 


Das lIonisationspotential des Cadmiums ist 8,92 Volt, das des 
Magnesiums nur noch 7,75 Volt.?) Das lonisationspotential eines 


1) Finger, Zeitschr. f. wiss. Photogr. 7. 369. 1904. 

3) A. S. King, Astroph. Journ. 19. 225. 1904. 

3) P. D. Foote und F. L. Mohler, Phil. Mag. 87. 33. 1919; J. Tate und 
P. D. Foote, Phil. Mag. 86. 64. 1918. 


Elementes fällt in etwa zusammen mit dem Anregungspotential des 
Grundnivcaus des ionisierten Atoms. Nach den Angaben von Russel 
ist das Anrcegungspotential der Linien np—ms und np—md des 
ionisierten Magnesiumatoms zu 9,95 Volt bestimmt.!) Die Linien 
nd—mf besitzen ein etwas höheres. Während im Bogen wie cin Blick 
in die Tabelle zeigt, die Linien 2p—1s, 2p—2s und 29,—3d schon 
stark erscheinen, ist von 3d,—4f und 3d,—4f keine Spur zu 
schen. Im Öffnungsfunken besitzt das letztgenannte Dublet die 
Intensität 3 und wird im kondensierten Funken zur stärksten Linien- 
kombination. Besondere Beachtung verdienen auch die Linien 
2P—-mD. Die Glieder dieser Serie erscheinen zuerst bei den höheren 
Temperaturen des elektrischen Ofens, erreichen im Bogen ihre maxi- 
male Intensität um beim Übergang zum Funken fast zu verschwinden. 
Stellen wir uns auf den Standpunkt der rein thermischen Anregung, 
so können wir deren Verhalten dahin charakterisieren, daß im Gegen- 
satz zu den meisten anderen Bogenlinien ihr Erscheinen von einem 
nur kleinen Temperaturintervall begünstigt wird. Ein ganz gegen- 
sätzliches Verhalten zeigen die Linien 29,—3d. Dieselben sind von 
King in die zweite Klasse seiner bekannten Einordnung unter- 
gebracht, erscheinen bereits bei den niederen Temperaturen des 
elektrischen Ofens und zwar sehr stark; im Bogen bilden sie das 
stärkste Triplet und besitzen noch im Funken auffallende Intensität. 


Calcıum 


Bei einem lonisationspotential von 6,01 Volt?) beim Calcium er- 
scheinen dessen Resonanzlinien 2P—2s des ionisierten Atoms bereits 
im Bogen mit überwiegender Stärke. In etwa ist die Resonanzlınıe 
1S—2D des neutralen Atoms noch von derselben Intensität. Letztere 
ist im Öffnungsfunken ausnahmsweise nicht merklich geschwächt, 
obwohl alle andern beobachteten Glieder der Einfachlinien-Serien den 
stärksten Rückgang aufweisen. Die ausgezeichnete Stellung der 
Resonanzlinien 1S—mx ist durchgehend bei allen Elementen zu 
beobachten, was seine Erklärung in der Natur der intermittierenden 
Entladung im Öffnungsfunken findet. Nach jeder erfolgten Öffnung 
des Stromkreises kehren sämtliche angeregten Atome in den Grund- 


1) H. N. Russel, Astroph. Journ. 61. 96. 1925. 
2) F. L. Mohler, P. D. Foote und B. Stimson, Bur. of Stand. Nr. 368, 1920; 
Phys. Rev. 14. 534. 1920. 


Über eine von A. von Welsbach angegebene Lichtquelle 377 
zustand zurück und müssen dabei notwendigerweise eine Linie 1IS—mx 
emittieren. Bei der kondensierten Funkenentladung liegen die Ver- 
hältnisse ganz ähnlich, wie auch die Zahlen der Tabellen zeigen, daß 
die Schwächung der in Frage stehenden Linien nicht in dem Maße 
auftritt, wie bei den übrigen Bogenlinien. Im Zusammenhang damit 
sei darauf hingewiesen, daß in den Explosionsspektra?!) neben den 
Linien des ionisierten Atoms einzig die Bogenlinien 1S—m P beob- 
achtet sind. 


Strontium 


An der Spitze der Tabelle stehen die größte Schwächung auf- 
weisend die Linien 3D—4 P und 3D—4F. Es folgen dann eine Reihe 
von Linien, die bisher noch nicht eingeordnet sind, die aber fraglos 
dem neutralen Atom angehören. Von den übrigen Bogenlinien be- 
haupten sich wiederum neben der Resonanzlinie 1 5—2 P am besten 
die Glieder der Bergmannserie 3d,—mf. Das Verhalten der Funken- 
linien 2%,—ms entspricht den vorhergehenden Fällen. 


Barıum 


Die Tabelle liefert im wesentlichen dasselbe Bild wie bei den 
anderen Elementen. Die Intensitätsunterschiede treten allgemein 
etwas stärker hervor. Eine Reihe von noch nicht eingeordneten Ele- 
menten scheinen wieder ausnahmslos dem Bogenspektrum an- 
zugchören. 


Kupfer 


Da von den in der Tabelle aufgeführten Linien nur eine geringe 
Anzahl eingeordnet ist, wurde von der Beifügung der Term- 
bezeichnungen abgesehen. Außerdem sind cinige beobachtete Linien 
nicht aufgeführt worden, weil über deren Intensitäten nichts Be- 
stimmtes ausgesagt werden konnte. Es sind dieses namentlich Linien 
stärkster Schwärzung. 

Von den zahlreichen experimentellen Untersuchungen, die sich 
eine Klassifizierung der Linien des Kupferspektrums zum Ziel gc- 
setzt hatten, sei nur die Arbeit von King herangezogen?), da sie am 
umfassendsten ist. King ordnet in seiner Untersuchung, die sich 


1) R. A Sayer und A. L. Becker, Astroph. Journ. 57. 98. 1923. 
DAS King, Astroph. Journ. 18. 129. 1903. 


378 Wurm 


leider auch nur auf eine beschränkte Anzahl von Linien erstreckt, 
diese in drei Gruppen. 

In Gruppe L sind diejenigen Linien untergebracht, welche nur 
im Funken auftreten und solche, die durch Bedingungen eines starken 
Funkens besonders begünstigt werden. Dieselben werden stark ge- 
schwächt durch Selbstinduktion, durch heiße Elektroden und durch 
Sauerstoff und Wasserstoffatmosphäre.. Gruppe I—2 und 3 ent- 
halten Linien, die im Bogen und Funken auftreten. Gruppe 2 wird 
durch Selbstinduktion geschwächt, wogegen Gruppe 3 durch Selbst- 
induktion verstärkt wird. 

In der Tabelle der Kupferlinien ist jedesmal die Kingsche 
Gruppe angegeben, zu der die betreffende Linie gehört. Es zeigt 
sich, daß die Anordnung, die wir allgemein bei der Aufführung der 
Linien eines Elementes gewählt haben, zusammenfällt mit der Reihen- 
folge der Gruppen 3—2—1. 

Es liegt nahe, in der Kingschen Gruppeneintcilung eine An- 
regungsanordnung zu suchen. Die Linien der Gruppe I werden dem 
ionisierten Atom, Gruppe 2 den höheren Niveaus des neutralen Atoms 
und Gruppe 3 den niederen Niveaus des letzteren zuzuschreiben sein. 


Zum Schluß mögen noch die Beobachtungen über den Einfluß 
der Änderungen der einzelnen Variablen des Stromkreises erwähnt 
werden. Es zeigte sich, daß die Einschaltung einer Selbstinduktion 
in den Stromkreis einzig das Funkenbild vergrößerte, auf die Inten- 
sitätsverhältnisse im Spektrum jedoch keinen Einfluß ausübte. Des- 
gleichen blieb auch die Parallelschaltung einer Kapazität zur Funken- 
strecke ohne Wirkung. Jedoch brachte eine kontinuierliche Steigerung 
der angelegten Spannung von 60 auf 450 Volt bei einer gleichzeitigen 
Verminderung der Stromstärke von 2 auf 0,3 Ampere eine weitere 
kontinuierliche Annäherung an den kondensierten Funken. Die 
schwache Isolation der Windungen des Elektromagneten ließ leider 
cine weitere Verfolgung dieses Effektes nicht zu. Wie die Vergrößerung 
der Selbstinduktion im Stromkreise des kondensierten Funkens vom 
Funkenspektrum führt, so erlaubt der Auersche Apparat in um- 
gckehrter Weise bei Steigerung der Spannung die kontinuierliche 
Überführung des Bogenspektrums ins Funkenspektrum. 


Zusammenfassung 


Es wurde die Emission einer Lichtquelle, die sich auf die Ent- 
ladungsart des Öffnungsfunkens gründet, untersucht und mit der 


Über eine von A. von Welsbach angegebene Lichtquelle 379 


Emission im Bogen und Funken verglichen. Es zeigt sich, daß die 
Linien dieser Lichtquelle sich zusammensetzen aus den Linien des 
Bogens und Funkens. Ein eingehender Vergleich der Intensitäten 
der einzelnen Linien in den drei Lichtquellen ergibt, daß der Auersche 
Apparat eine Annäherung vom Bogen zum Funken darstellt, die bei 
Steigerung der Spannung kontinuierlich weitergeführt werden kann. 


Zum Schluß spreche ich dem Direktor des hiesigen Institutes, 
Herrn Professor Dr. Konen, für die allscitige Hilfe, die derselbe mir 
während der Arbeit angedeihen ließ, meinen aufrichtigsten Dank aus. 
Desgleichen bin ich Herrn Baron Auer von Welsbach für die Bereit- 
stellung der untersuchten Lichtquelle zum Danke verpflichtet. 


(Eingegangen am 26. April 1928) 


Über das Bogenspektrum des Germaniums 
Von | 
C. Richter 
(Mitteilung aus dem Physikalischen Institut der Universität. Bonn) 


Das optische Spektrum des Germaniums ist seit der Entdeckung 
des Elements durch Clemens Winkler(1) im Jahre 1886 mehrfach 
untersucht worden. Zuerst hat Kobb(2) das Funkenspektrum mit 
einem großen Induktor zwischen einer Germanium- und einer Platin- 
elektrode erregt und mit einem Sechsprismenapparat im sichtbaren 
Spektralgebiet untersucht. Gramont(3) gibt nahezu die gleichen 
Werte. Rowland und Tatnall(4) nehmen bei ihren systematischen 
Spektraluntersuchungen auch das Germaniumbogenspektrum bis 
4600 mit ihrem Konkavgitter von 21,5 engl Fuß Radius auf. Sie 
nehnien als Substanz das seltene germaniumhaltige Mineral: Argyrodit. 
Sie geben bei ihren Messungen die AE. mit den Tausendstel an, 
schließen aber selbstverständlich ihre Messungen an das Rowland- 
sche Normalensystem an. An dieses System sind auch die Messungen 
von Exner und Haschek(5) angeschlossen die mit Material von 
Clemens Winkler sowohl das Bogen- wie auch das Funken- 
spektrum untersucht haben. Eder und Valenta(6) veröffentlichten 
in ihrem Atlas typischer Spektren zwei Bogen- und zwei Funken- 
aufnahmen, die mit einem Gitter von 146 cm Radius hergestellt sind. 
Als Material benutzten sie ein Präparat von Prof. Scraub, für die 
Bogenaufnahmen und für die Funkenaufnahmen reines Germanium, 
das sie von Auer von Welsbach erhalten hatten. Das sichtbare 
Funkenspektrum ist wegen der geringen Substanzmenge, die ihnen 
zur Verfügung stand, nach ihrer Ansicht unterbelichtet und enthält 
nicht alle bis dahin bekannten Linien. Gramont(7) gibt bei seinen 
Untersuchungen über Restlinien die drei starken Germaniumlinien: 
3264, 3039 und 2651,4 an. Da die meisten neueren Arbeiten über 
das Germanium in ausländischen Zeitschriften stehen und schwerer 
zugänglich sind, soll hier eine kurze Übersicht gegeben werden. An 
experimentellen Arbeiten liegt eine Arbeit von Lunt vor, der mit 
einem Hilgerschen Vier-Prismen-Glasspektrograph das Spektrum 
einer mit Germaniumtetrachlorid gefüllten Geisslerröhre und das 


Über das Bogenspektrum des Germaniums 381 


des Funkens in Luft aufnimmt und im Anschluß an Rowlands 
Eisenlinien ausmißt. 

Er gibt eine Einteilung der von ihm erhaltenen Spektrallinien 
in drei Klassen auf Grund ihres Verhaltens und der Anregungs- 
bedingungen. In Klasse I faßt er die mit erhaltenen Bogenlinien 
und die stets auftretenden Funkenlinien zusammen. Für eine Gruppe 
von Funkenlinien auf der blauen Seite der D-Linien stellt er fest, 
daß sie bei hohen Temperaturen, die erreicht werden, wenn keine 
Selbstinduktion im Stromkreis vorhanden ist, nicht angeregt werden. 
Diese Linien bilden die Klasse II. Vielleicht ist so auch das Aus- 
bleiben dieser Linien bei den Aufnahmen von Eder und Valenta 
zu erklären. In der Klasse III vereinigt er eine Anzahl blauer 
Linien, die stets nur an den Polen entstehen und durch eine Selbst- 
induktion im Stromkreis unterdrückt werden. Er nennt sie „enhanced 
lines“. Beim Aufsuchen von Gesetzmäßigkeiten findet er für die 
Linien der Klasse I, deren Funkenlinien drei Paare mit der Wellen- 
zahldifferenz 360 und für die Linien der Klasse III je zwei Paare 
mit der Wellenzahldifferenz 168 und 459. Seiner Arbeit sind zwei 
Spektralaufnahmen beigefügt. Er bespricht noch die Möglichkeit 
der Anwesenheit des Elementes in der Sonne, die Rowland einmal 
vorübergehend erwogen hat. Er kommt zu einer Verneinung, weil 
die stärksten Bogenlinien im Sonnenspektrum nicht anwesend sind. 

In einer zweiten Arbeit(9) berichtet er über große Wellen- 
längenverschiebungen bis zu 1,5 AE., die einzelne Linien erleiden. 
Er glaubt sie auf Temperatureinflüsse zurückführen zu können. 
Weiter hat Ireton(10) das Germaniumfunkenspektrum im äußersten 
Ultraviolett — 2260 AE. ausgemessen. Er photographierte das Spek- 
trum mit einem Hilgerschen Quarzspektrographen vom Typus A 
und unterhalb 2000 AE. mit einem Gittervakuumspektrographen. Als 
Lichtquelle benutzte er einen Funken, der zwischen Elektroden, die 
aus einem Gemisch von Germaniumdioxyd und Aluminium gepreßt 
waren, übersprang. Die Spannung im Sekundärkreis betrug 10000 V. 
Als Normalen benutzte er die Al-Linien. Er erreicht eine Ge- 
nauigkeit von 0,3 AE. 

Um eine vollständige Übersicht der Arbeiten über das optische 
Spektrum des Germaniums zu geben, sei noch die Arbeit von 
Carroll(r1) genannt, der in einer Untersuchung über das Vakuum- 
spektrum ionisierter Atome das Verhalten der Cu'Hg'Au' ähnlichen 
Elementen untersucht. Darunter fällt auch das dreifach ionisierte 
Germanium. Er nimmt das Spektrum zwischen 600 und 1900 AE. 

Zeitschr. f. wiss. Phot. 25. 26 


382 Richter 


auf Schumannplatten mit dem 1 m-Vakuumgitter des Mount Wilson- 
Observatoriums auf. Als Elektroden nimmt er Aluminiumstangen, 
die mit Germaniumdioxyd gefällt sind. Im Sekundärstromkreis war 
eine Spannung von 25000 V. vorhanden. Die Entladung wurde 
durch parallel geschaltete Leidener Flaschen kondensiert. Er erhält 
eine große Zahl Germaniumlinien, die er im Anschluß an bekannte 
miterhaltenen AL, O-, N- und C-Linien mit einer Genauigkeit von 
0,1 AE. ausmißt. In der gleichen Weise wie die Natrium und 
Lithium ähnlichen Elemente untersucht worden sind, vermag er nun 
aus den bekannten Daten des Cu-Spektrums die ersten Glieder der 
Serien 
Is—2p,; I1Ss—2P,;5 2, —25;5 2, — 2s; 2, d 
Zë — 3d; Zë Kos 3d,; 3d, — Af 3d, — 4f 


zu berechnen und zu identifizieren. Schließlich sei noch einer Arbeit 
von W. Scott(12) Erwähnung getan, der im Spektrum englischer 
Zinkmineralien die Hauptgermaniumlinien gefunden hat. 


Bis jetzt sind also fast alle Messungen, insbesondere die des 
sichtbaren Spektralbereichs noch nicht direkt an das internationale 
Normalensystem angeschlossen. Eine gründliche Durchmessung des 
ganzen Spektrums erscheint deshalb heute, wo die Gesetzmäßigkeiten 
innerhalb der Kohlenstoffgruppe Gegenstand vieler Untersuchungen 
geworden sind, mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln und 
dem Anschluß an internationale Einheiten für geboten, um die not- 
wendige Sicherheit beim Aufsuchen von Gesetzmäßigkeiten zu be- 
sitzen. 8 

Auf Veranlassung von Herrn Prof. Konen wurde in der vor- 
liegenden Arbeit das Bogenspektrum erneut untersucht. Eine gründ- 
liche Untersuchung des Funkenspektrums ist für die nächste Zeit 
ebenfalls in Aussicht genommen. 

Für die Untersuchung überließ Herr Professor Dede liebens- 
würdigerweise 2,55 g reines Germaniumdioxyd, das neben einer 
kleinen Menge nicht so reinen Germaniumdioxyds und Germanit- 
pulvers das Augangsmaterial zu dieser Untersuchung bildete. 


Als Spektralapparat wurde ein großes, 6,34 m Konkaygitter von 
Rowland in der bekannten Bonner Aufstellung (13) benutzt. Aus 
Rücksicht auf die geringen Germaniummengen wurden die Aut- 
nahmen in der ersten Ordnung gemacht, um die größte Lichtstärke 
auszunutzen. Die Dispersion betrug 1,97 AE. pro Millimeter, 


Über das Bogenspektrum des Germaniums 383 


Als Lichtquelle diente eine kleine Bogenlampe, wie sie bei 
ähnlich geringen Substanzmengen früher im Institut verwandt worden 
ist. Als Elektroden wurden reine Graphitstangen von 13 und 6 mm 
Durchmesser genommen, die von der Firma Siemens & Schuckert 
bezogen waren. Wie Versuche feststellten, wiesen sie die wenigsten 
Verunreinigungen auf, selbst weniger als in Königswasser gekochte 
und geglühte Kohlen. Störend wirkte allerdings das Auftreten der 
Cyanbanden. Um sie auszuschalten, wurden Versuche mit Cu-Elek- 
troden angestellt. Sie schlugen fehl, da sich das Germanium mit 
dem Kupfer zu einer Art „Glas“ verband. Dies wirkte als Isolier- 
material und machte jede neue Zündung unmöglich, wenn nicht die 
Elektroden neu abgefeilt wurden. Bei dem häufigen Erlöschen wäre 
eine zu große Menge Substanz verbraucht worden. Ungefähr alle 
10 Minuten wurde mit einem kleinen Hornlöffelchen die Substanz 
in den positiven unteren Krater eingeführt. 

Bei jeder Aufnahme wurde als Normalspektrum das Eisen- 
spektrum, durch Blenden von den übrigen Linien kenntlich gemacht, 
auf die Platten photographiert. Die Pole des Eisenbogens waren 
weit auseinandergezogen und abzeblendet. 

Der kleine Bogen wurde mit einer Spannung von 220 Volt und 
einer Stromstärke von 1,3—1,5 Amp. betrieben, der Eisenbogen mit 
150 Volt. 

Die Expositionszeiten dauerten je nach dem Spektralbereich 
2—6 Stunden. 

In jeder Gegend wurden mindestens vier Aufnahmen gemacht, 
eine Blindauinahme, d. h. mit reinen Graphitelektroden, eine Auf- 
nahme mit Germanitpulver und je eine Aufnahme mit den beiden 
Germaniumdioxydpräparaten. Die einzelnen Gebiete wurden so an- 
einandergesetzt, daß sie sich zum Teil überschnitten. 

Zur Ausmessung der Platten stand mir leider noch nicht die 
neue große, von der Notgemeinschaft gestiftete Meßmaschine des 
Instituts zur Verfügung. Ich war daher auf den Gebrauch der 
älteren Maschinen angewiesen und wählte eine von Wolz nach den 
Angaben von Herrn Geh. Rat Kayser gebaute, die bisher immer 
für die beste des Instituts galt. 

Die Schraube hat eine Ganghöhe von !/, mm. Der Schrauben- 
kopf gestattet eine sichere Abschätzung der Tausendstel Rotationen. 
Die für Meßzwecke ausnutzbare Schraubenlänge beträgt 14,5 cm. 
Zur Beobachtung ist ein ı0!/,-fach vergrößerndes Zeisssches 
Prismenfernrohr mit Fadenkreuz eingebaut. Da sie schon viel be- 


26* 


384 Richter 
nutzt worden war, mußte die Schraube vor der Verwendung für 
Präzisionsmessungen genau auf ihren fortschreitenden Fehler hin 
untersucht werden. 

Dies geschah nach einer Methode wie sie von Zurhellen (14) 
angegeben und später noch einmal von Papenfuß(ı5) beschrieben 
worden ist. Deshalb sei hier auf eine Angabe der Methode ver- 
zichtet. Das Verfahren wurde auf das ganze für Messungen ver- 
fügbare Schraubenstück von 14,5 cm angewandt. Als Vergleichs- 
skala diente ein 14 cm langes Stück einer Zeissschen Glasskala. 

Die Resultate sind in Tabelle ı zusammengestellt. Als Einheit 
ist Y/ 000 Rot. genommen. In der zweiten Spalte sind die Werte an- 
gegeben, wie sie sich aus der ersten Spalte bei Anwendung eines 
auch von Zurhellen angegebenen Näherungsverfahrens ergeben. 

Wie die Tabelle zeigt, ist der fortschreitende Fehler der 
Schraube außerordentlich groß. Er beträgt in Maximo über die 
ganze Schraubenlänge von 450 Rot. = 14,5 cm etwa II u. 


Tabelle ı 


Einheit: 0,001 R 


Stellung Korrektion | II. Näher. | Stellung | Korrektion | U. Näher. 


0,5 | 7,5 a T 


o + I 
1,0 +4 +2 8,0 — I — 17 
1,5 +3 +1 8,5 — l4 —12 
2,0 +10 -+10 9,0 - 4 — 2 
2,5 — I -3 9,5 ze. -4 
3,0 — I + I 10,0 — D — b 
EI — 4 + ı 10,5 sl -15 
4,0 -5 5 -4 11,0 -9 ` -9 
4,5 - 7 — 7 11,5 el E | 12 
5,0 - 9 — 8 12,0 — 8 i — 7 
55, - 9 = 8 12,5 = 5 — 6 
6,0 15 —14 13,0 | — 4 -4 
6,5 SE —18 13,5 | — 3 -3 
7,0 | — 21 — 21 14,0 | o — I 


Bei der Ausmessung der Germaniumplatten wurden daher stets 
nur Stücke von I bis höchstens 2,5 cm ausgemessen. Hauptsächlich 
benutzt wurde das Schraubenstück von 2,5—5,5 cm, das einen 
nahezu geradlinigen fortschreitenden Fehler aufweist und daher ohne 
Anbringung einer Korrektur verwandt werden kann. 

Die vier Platten eines gleichen Spektralbereichs wurden zuerst 
genau miteinander verglichen. Es zeigte sich, daß die mit dem 
Dedeschen Germaniumdioxyd aufgenommenen Platten außer den 


Über das Bogenspektrum des Germaniums 385 


Linien, die auch die Blindaufnahmen zeigen, nur die Germanium- 
linien aufweisen. Die Substanz war also spektroskopisch rein. 


Zwei ganz feine, schlecht meßbare Linien 2751,87 und 3639,56 
wiesen alle Germaniumplatten, auch die mit reinem Germanium- 
dioxyd erhaltenen auf, während sie auf der Blindaufnahme nicht 
vorhanden waren. Sie wären vielleicht mit der Cr-Linie 2751,87 
und der Bleilinie 2639,58 zu identifizieren. Gleich starke andere 
Linien dieser Elemente sind aber nicht vorhanden. Deshalb er- 
scheint die Identifizierung fraglich. Vielleicht sind die Linien doch 
auf das Ge zurückzuführen. 


Das andere Germaniumdioxydpräparat, das im Gegensatz zum 
schneeweißen Dedeschen Material eine graugrüne Farbe hatte, ließ 
starke Molybdänlinien erscheinen und verstärkte die Kupferlinien. 
Die Germanitplatten zeigten natürlich viele Verunreinigungslinien, 
außer den Graphitlinien: Fe, Mn, Zn, Mo, Cu, Pb, Ga, As, Si, Na 
und Ca. 


Angeschlossen wurden die Messungen an Eisenlinien, soweit inter- 
nationale Normalen vorhanden waren an diese, sonst an Eisenlinien, 
für die mehrere Beobachter nahezu die gleichen Werte angeben und 
für die in den Eisentabellen von Kayser-Konen, Handbuch der 
Spektroskopie VII, Mittelwerte angegeben sind. Bevorzugt wurden 
die Linien der Klasse III, die nicht vom Druck abhängig sind, und 
von den Intensitäten 4,5 und 6. Zwischen zwei Normalen wurden 
neben den Germaniumlinien stets einige Verunreinigungslinien mit- 
gemessen, wo solche nicht vorhanden sind, wenigstens einige Eisen- 
linien, um eine Kontrolle für die Genauigkeit zu besitzen. Das 
Mittel aus vier Einstellungen, zwei von rechts und zwei von links, 
ergab eine Messung. Um den periodischen Fehler zu eliminieren, 
wurde, wie es üblich ist, die Messung mit einer Verschiebung von 
einer halben Schraubenrotation wiederholt. Es ergaben sich stets 
nur Abweichungen in der üblichen Fehlergrenze. Schließlich wurde 
jede Platte um 180° gedreht auf die gleiche Weise erneut gemessen. 
Bei zwei Platten fand sich zwischen dem Eisen- und dem Germanium- 
graphitspektrum eine konstante Verschiebung. Diese häufig beob- 
achtete Erscheinung ist wahrscheinlich auf eine Erschütterung der 
Kassette beim Umstellen der Blenden zurückzuführen. 


Diese Platten wurden ausgeschaltet. Alle Linien wurden auf 
verschiedenen Platten gemessen, teils auf zwei, teils auf drei, bis 
auf die Linien 2644 und 2556, die nur auf den Platten mit reinem 


386 


Richter 


Tabelle 2 


Germaniumoxyd meßbar waren. 


Neue Messung 


4685,841 
226,565 


3269,503 
3124,831 


3039,086 
2829,01 2 
2793,935 
2754,596 
2740,436 
2709,631 
2691,351 
2651,580 
2651,184 
2644,182 
2592,548 
2589,201 
2556,288 
2533,241 
2497974 


2417,375 


-6 


p 


(e AN O DO ra On Cës-t CD Ch OH MO 


* 


| Rowland u, Taluall 


4226,724 
3626,202 
3269,628 
3124,945 
3067,138 
3039,198 
28209,102 
2794,045 


.2754,698 


2740,535 
2709,734 
2691,446 
2651,709 
2651,219 
2644,297 
2592,636 
2589,274 
2556,404 
2533,331 
2498,081 


2417,450 
2397,999 
2394,185 


2379,234 
2338,732 
2328,014 
2314,305 


cb Lë N Co 


3269,62 
3124,97 


3039,22 
2829,11 
2794,04 
2754,69 
2740,52 
2709,70 
2691,45 
2651,69 
2651,28 
2644,30 
2592,04 
2589,25 
2556,43 
2533,34 
2498,08 
2493,65 
2417,40 
2398,01 
2394,20 
2389,54 
2379,24 
2338,74 
2328,00 
2314,30 


Exner u. Basche 


20 


ee ba Lei Led ra Lei 


In Tabelle 2 sind die Werte neben 


denen von Rowland und Tatnall und Exner und Haschek 


zusammengestellt. 


geben, seien für einzelne Linien Einzelresultate gegeben: 


2651185 
184 
185 
186 
186 
182 
184 


181 


184 


2651577 
580 
581 
582 
582 
583 
578 


577 


580 


2740438 
436 
434 
436 
437 
436 
438 


436 


436 


Um ein Bild der Genauigkeit der Messung zu 


Außerdem seien mitgemessene Verunreinigungslinien neben den 
von anderen Beobachtern angegebenen Werten, mitgeteilt. 
Abweichungen bleiben in der üblichen Grenze. 


Die 


Über das Bogenspektrum des Germaniums 387 


Tabelle 3 
Elemente | Messung | Alte Messung 
IN are ae 2435,160 | 2435,159 
eg E EE 2506,903 2506,904 
Sea 2514,323 | 2514,322 
Da 2516,119 2516,119 
SU... 2519,209 2519,212 
ee 4226,732 4226,728 
Cé EEE 4680,143 4680,140 
Mge EE 2795,539 | 2795,540 
Mg...... 2802,712 | 2802,712 
Müs ër 2593,729 | 2593,733 
Mn...... 2605,695 2605,69 
MI. Ae CR | 2798,209 2798,271 
Ma. oiko 2801,08%0 | 2801,080 


Die zum Vergleich mitgeteilten alten Messungen sind den 
Wellenlängentabellen von Kayser entnommen. Die stärksten Linien 
hatten Geister. Bei einzelnen starken Linien waren rechts und links 
unsymmetrische nahegelegene Trabanten zu beobachten, die auf 
den Platten mit reinem Germaniumdioxyd am deutlichsten hervor- 
traten. Scharf erkennbar sind sie bei den Linien 3269 und 30309. 
Die Linien 4226, 2754, 2709, 2691, 2651,5, 2651,1 und 2592 er- 
scheinen diffus. Möglicherweise sind sie auch von Trabanten um- 
geben, die bei der angewandten Belichtung und Dispersion noch 
nicht klar hervortreten. Die Trabanten sind auch bei andern Ele- 
menten beobachtet worden (Cu und Hg u. a. m.) H. Stücklen (17) 
versucht sie als instabile Molekülbanden zu deuten. 

In dem bearbeiteten Gebiet, dem durch die Luftabsorption eine 
Grenze gesetzt ist, liegen so wenige Germaniumbogenlinien, daß es 
fraglich erscheint, ob sich Gesetzmäßigkeiten auffinden lassen. Es 
ist zu erwarten, daß das Spektrum des Germaniums große Ähnlich- 
keit mit den Spektren der homologen Elemente Silizium, Blei und 
Zinn aufweist. In diesen sind auf Grund der ausgeführten Messungen 
konstante Wellenzahldifferenzen gefunden worden, die das Vor- 
handensein, wenn auch nicht die Werte von fünf Grundtermen fest- 
legt. Auf Grund der Annahme, daß das Atom im Grundzustand 
unmagnetisch ist und die innere Quantenzahl o hat, hat H.Sponer(18) 
unter Berücksichtigung des Auswahlprinzips für die fünf /-Grund- 
terme des Zinns die inneren CJuantenzahlen O, I, 2, 2, O und für 
vier dieser Grundterme im Bleispektrum die inneren Quantenzahlen 
O, I, 2, 2, gefunden und sie auch für eine Anzahl höherer Terme 
festgelegt. Auch F. Back (19) erhielt auf Grund von exakten 


388 Richter 


Zeemaneffektmessungen im Bleispektrum das gleiche Resultat und 
ordnete dem fünften Grundterm die innere Quantenzahl o zu. Mit 
diesen Befunden übereinstimmend sind die Aussagen einiger theo- 
retischer Arbeiten, die von der Komplexstruktur der Terme aus- 
gehen. Von Pauli (20) ist angegeben worden, daß bei den Ele- 
menten der Kohlenstoffgruppe fünf Grundterme mit den inneren 
(Juantenzahlen o, ı, 2, 2, o vorhanden seien. Goudsmith (21) 
vermochte auf Grund einer etwas anderen Berechnungsweise zu 
sagen, daß diese Terme zu einem Singulett-Triplettsystem gehören 
und als 1S, 1D, °P, 3P °P, in der Bezeichnungsweise von Russell 
Saunders anzusprechen seien. Dasselbe ergeben theoretische Ar- 
beiten von Heisenberg (22) und Hund (23), von denen der letztere 
noch nähere Voraussagen für die Spektren dieser Gruppe machte, 
denen sich die höhere Terme des Siliziums, die Mc Lennan, 
Shaver und Fowler fanden, gut einfügen, wie auch Gesetzmäßig- 
keiten, die Gieseler und Grotrian (24) im Bleibogenspektrum auf- 
deckten. Es sei noch gesagt, daß Gieseler und Grotrian für die 
Terme eine neue Bezeichnungsweise einführen, um die Schwierig- 
keit der verschiedenen Klassifikationen, die in den verschiedenen 
Untersuchungsmethoden begründet ist, zu heben. Die Klassifikation 
erfolgt bei Untersuchungen nach Auswahlprinzip und Kombinationen 
nach der (Juantenzahl ZG des Leuchtelektrons und bei Untersuch- 
ungen, die auf der Theorie der Komplexstruktur der Terme fußen, 
nach der (CJuantenzahl /, die dem resultierenden Drehimpuls aller 
äußeren nicht impulslos abgeschlossenen Elektronen entspricht. Sie 
führen nun eine zusammengesetzte Bezeichnungsweise, ähnlich der 
von Grimm und Sommerfeld vorgeschlagenen a, "P, für einen 
P-Term, ein, so daß die fünf Grundterme der Kohlenstoffgruppe 
jetzt als 915,» P'Da» PPa: PP, °P, angeben lassen, wo der kleine 
Buchstabe die ZS und der große die /-Klassifikation gibt. 

Will man nun aus den hier zusammengestellten Resultaten in 
der Kohlenstoffgruppe Schlüsse auf die zu erwartenden Gesetzmäßig- 
keiten beim Germanium ziehen, so ist jedenfalls zu erwarten, dai 
auch hier fünf Grundterme vorhanden sind. Um darüber Anhalts- 
punkte zu gewinnen, wurden sämtliche dr aufgestellt. Es ergaben 
sich die auf der nächsten Seite folgenden gleichen Differenzen (vgl. 
Tabelle 4). 

Daß die Differenzen, die die Linie 4226 enthalten weniger gut 
übereinstimmen, dürfte darin liegen, daß die Messung durch die 
starke nahe Ca-Linie 4226,7 beeinträchtigt worden ist. Später fand 


2497974 
2532,241 
2651,580 
2691,351 
2533,241 
2589,201 
2592,548 
265 1,184 
2691,351 
2754,596 
2389,201 
3039,086 
2651,184 
3124,831 
2754,596 
3269,503 
3039,086 
4226,565 


Über das Bogenspektrum des Germaniums 


40020,37 
39463,26 
37702,15 
37145.05 
39463,26 
38610,41 
38560,56 
3770779 
37145.05 
36292,2606 
38610,41 
32895,09 
37707,79 
31992,49 
36292,26 
30576.90 
32895,09 
23653.24 


5715.32 


9241,85 


Tabelle 4 


3209,503 
4685,84 1 
2533,241 
2592,548 
2589,201 
2651,184 
3039,086 
3124,831 
2592.548 
2691,35 1 
2651,184 
2754,596 
3124,831 
3269,503 
247,974 
2651,580 
4226,565 
4085,84 1 


l 


a EE nn m an 


30576,90 
21334,93 
39463,26 
38560,56 
38610,41 
37707,79 
32895,09 
31992,49 
38560,56 
37145,05 
37707,79 
36292,26 
31992,49 
30576,90 
40020,37 
37702,15 
23053,24 
21334,93 


389 


9241,97 
902,70 
902,62 
902,60 
1415,51 
1415,53 
1415,59 
21318,22 


21318,31 


sich, daß die letzten drei konstanten Differenzen schon von Paul- 
son (16) angegeben worden sind, der auf eine mechanische Weise 
eine große Zahl konst. ðv in den alten Messungen vieler Elemente 
aufstellte.e Sie erwiesen sich zum großen Teil reell wie auch in 
diesem Fall, können aber erst durch exakte Messungen gesichert 


werden. 
Die in Tabelle 4 verknüpften Linien ließen sich in ein Schema 
ordnen. 
Tabelle 5 
4 d 4 4 
9241,91 5715,31 95280 557,11] 
2 Fan E y SE il REESEN EE EN 5 SC Ins | SE 7 
A 4685,841 ki 3269,503 à 2754,506 à 2691,351, ji 2551,580 
v21334,93 Ir 3057,690, 7 36292,26 | ‚v 37145.05 | u 37702,15 
A ` | | | | 
1415,54 | | | 
i- | A 3124,831) à 2651.184 A 2592,548 TEE 
v — v 31992,49 | v 37707.79 v 38560,56 | H 
J | | | | | 
002,64 | | 
A 4226,565 Å 3039,086 À 2589,201 À 2533,241 À 2497,979 
v 23653,24 v 32805,09 y 338610,41 ` v 39463,26 | i» 40020,37 


Auch beim Germanium sind also fünf Grundterme vorhanden 
mit den Schwingungsdifferenzen: 557,11, 852,80, 5715,31 und 
9241,91, die wie die bei Blei und Zinn als p!S, Gil °P» 
GI, °P, anzusprechen sind. Aus den hier gemachten Messungen 
ließen sich keine weiteren Schlüsse ziehen. 


390 Richter 


Als eine kurze Notiz hierüber in den Naturwissenschaften er- 
schien, wurde hier eine Arbeit von Prof. McLennan und McLay (25) 
bekannt, die auf Grund der Hundschen Theorie und Vergleichen 
mit dem Homologen des Germaniums das Spektrum entwirrten. 
Sie stellten dabei schon mit den alten Messungen von Exner und 
Haschek dasselbe Schema auf, das sie mit Wellenzahlen aus den 
Funkenmessungen von Ireton ergänzten. Außer den fünf Grund- 


termen legten sie noch die damit kombinierenden Terme °7?,,, und 


1/ fest und identifizierten noch einen Triplett-D-Term. 

Um näheren Aufschluß über die Terme zu erlangen, wurde 
hier versucht, den Zeemaneffekt der stärksten Linien zu beobachten. 
Die Aufnahmen wurden in der von Wiihelmy (26) beschriebenen 
Anordnung gemacht. Als Lichtquelle diente der von Back für 
Zeemanuntersuchungen eingeführte Vakuumabreißbogen. Schwierig- 
‘ keiten bereitete das Elektrodenmaterial, da nur pulverförmiges 
Germaniumdioxyd zur Verfügung stand. Dies wurde im Verhältnis 
zu 1:2 Gewichtsteilen mit Aluminiumpulver gemischt und in einer 
Kruppschen Legierungspresse zu kleinen runden Plättchen von 
4 mm Radius und etwa 0,6 mm Dicke gepreßt. Diese Plättchen 
wurden fein durchbohrt und mit Kupferdraht auf Kupferfolie auf- 
geheftet, die durch eine kleine Verbiegung stabil gemacht wurde. 
Als Gegenpol diente eine Cu-Elektrode. Wie beim Luftfunken mit 
mit Cu-Elektroden bildete sich auch hier bisweilen eine die Zündung 
erschwerende Isolierschicht, die aber längst nicht so störend wirkte. 
Alle 10 Minuten mußte eine neue Elektrode eingesetzt werden. Das 
Interferrikum betrug annähernd 1,3—1,5 mm. Als Feldnormalen 
diente das Zinktriplet 4680, 4722 und 4810. Die Feldstärke betrug 
32440 Gauss. Die Aufnahmen sind in zweiter Ordnung mit einer 
Dispersion von 1,22 AE. pro Millimeter gemacht. In zwei Stunden 
erschienen die stärksten Linien, hauptsächlich die sechs von Mc 
Lennan und Mc Lay zu einem //-Triplett geordneten Linien: 


en 


| sp, | sp | sp, 
SR ! ai N = = E SS ae E aa "ës Ze 
I = | 2709,631 = 
1, 2754,596 2691,35 1 2651,580 
°P, | 2651,134 2592,548 = 


Fast alle erhaltenen Linien haben das gleiche eigentümliche 
Aufspaltungsbild. Es besteht aus drei scharfen Linien, von denen 
die langwelligste klar liegt, während die beiden anderen auf einem 


Über das Bogenspektrum des Germaniums 391 


kontinuierlichen Untergrund liegen. Dieser ist nicht erkennbar ge- 
gliedert. Er reicht noch ein Stück ins kurzwelligere Gebiet herein 
und bricht dort scharf in einer feinen Grenze ab. Um einen Pseudo- 
typus wird es sich jedoch nicht handeln, da die drei starken Linien 
sehr schmal und scharf sind und durch den kontinuierlichen Unter- 
grund das Aufspaltungsbild unsymmetrisch würde. Vielleicht ist 
der kontinuierliche Untergrund auf die Wirkung von Trabanten 
zurückzuführen, die bei den Aufnahmen ohne Magnetfeld bei einzelnen 
Linien scharf hervortreten und bei den Triplettlinien vermutet 
werden. 


Die drei scharfen Linien wurden als Backscher Grundtypus VII 


aufgefaßt. In Tabelle 6 sind die erhaltenen Aufspaltungen ge- 
geben. 


Tabelle 6 
Deutung 
À Aufspaltung nach Mc Lennan u. 

Mc Lay 
2709,631 7 (0) + 1,470 CP, SP 
2754,596 7 (0) + 1,500 CP, ®P,) 
2691,351 7 (0) + 1,438 CP, SP 
2651,580 7 (0) £ 1,421 GË ®P,) 
2651,184 7 (0) £ 1,455 OG, SPa) 
2592,548 7 (0) + 1,486 CP, SP 
3039,086 7 (0) + 0,995 CP, ’D,) 


Die Linie 3269,503 ließ vier Komponenten erkennen, die je- 
doch nicht ausmeßbar waren. Die Messung war durch den konti- 
nuierlichen Untergrund erschwert. 


Eine Deutung der Aufspaltungen ist schwer, da das Germanium 
als Element der Kohlenstoffgruppe Multipletts II. Stufe erwarten 
läßt, und die Theorie hier noch keine sichere Fühlung bietet. Nach 
Back ist auch der zweite Satz der Prestonschen Regel: „Homologe 
Elemente haben gleichen Zeemaneffekt“ in der Kohlenstoffgruppe 
durchbrochen, so daß keine direkten Analogieschlüsse mit den Blei- 
messungen zu ziehen sind. 


Um ganz sichere Angaben machen zu können, wäre eine Ver- 
feinerung der Aufnahmen durch Verkleinerung des Interferrikums 
und Beschränkung des Bogens auf einen noch schmaleren Raum 
notwendig. Diese zu erzielen, soll später versucht werden. Nur 
so ist auch eine sichere Aufklärung über den Schatten, der den 
drei Zeemankomponenten überlagert ist, zu erlangen. 


392 Richter 


Zusammenfassung 


Das Bogenspektrum des Germaniums wurde mit großer Dis- 
persion aufgenommen und mit einer Genauigkeit von I—2 Tausendstel 
AE. ausgemessen. Die Wellenzahlen der starken Linien ließen sich 
in ein Schema ordnen, das wie bei den homologen Elementen 
Silizium, Blei, Zinn die Existenz von fünf Grundtermen festlegt. 
Die stärksten Linien zeigten Trabanten. Eine Anzahl Linien wurden 
im Zeemaneflekt aufgenommen und ausgemessen. Die Aufnahmen 
zeigen Tripletts. Diese sind von einem unsymmetrischen Schatten 
umgeben, der vielleicht als Einwirkung von Trabanten zu deuten 
ist. Eine Deutung der Zeemanaufspaltungen ist bis jetzt nicht ge- 
geben. 


Herrn Professor Konen, auf dessen Anregung diese Arbeit 
entstand, danke ich auch an dieser Stelle aufs beste; ebenso der 
Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, aus deren Mitteln ein 
Teil der benutzten Apparate beschafft wurde. 


Literatur 


1) Clemens Winkler, Mitteilungen über das Germanium. Zeitschr. f. prakt. 
Chemie 34. 177. 1886. 

2) G.Kobb, Über das Spektrum des Germaniums. Wiedemanns Ann, 29. 
670. 1886. 

3) A.de Gramont, Annalyse spectrale directe des minéraux, Paris 1895. 

4) R. A. Rowland und R. Tatnall, The Arc. Spectra of Elements. Astro- 
phys. Journal I, 149. 

5) E. Exner und F. Haschek, Tabellen der Funkenspektra, Wien 1902; 
Tabellen der Bogenspektra, Wien 1904; Tabellen der Spektra der Elemente bei nor- 
malem Druck, Wien ott, 

6) J. M. Eder und E. Valenta, Atlas 1911. 

7) A. de Gramont, Sur les raies ultimes ou de grande sensibilité des metaux 
dans les spectres de dissociation C. R. 144. 1102. 1902. 

8) I. Lunt, On the spectrum of Germanium; Monthly notices of Roy. 
Astron. Soc. LXXXV. No. I. 1924. 

9) J. Lunt, On large Displacements in the spectrum of Germanium and 
Chlorine under different conditions of temperature. Monthley notices of Roy. Astron. 
Soc. LXXXV. 148. 1924. 

10) H. J. C. Ireton, The extreme Ultraviolet Spectrum of Germanium and of 
Scandium. Transactions of the Royal Soc. of Canada XVIII. 103. 1924. 

11) J. A. Carroll, Phil. Trans. Roy. Soc. Series A Vol. 225. 357—420 1926. 

12) W. Scott, Germ, in a British mineral, Phil. Mag. 71. 1007—1009. 1926. 

13) H. Konen, Kruppsche Gitteraufstellung, Zeitschr, wiss. Phot. 1. 325. 1903. 


Über das Bogenspektrum des Germaniums 393 


14) W. Zurhellen, Die Untersuchung von Mikrometerschrauben in der Praxis. 


Astron. Nachrichten 172. ı. 1906. 
ı5) F. Papenfus, Die Brauchbarkeit der Koinzidenzmethode. Zeitschr. wiss. 


Phot. 9. 332. rot, 
16) E. Paulson, Konstante Differenzen in den J.inienspektren. Ann. d. Phys, 


45. 419. 1914. 

17) H. Stücklen, Das Linien- und Bandenabsorptionsspektrum d. Cu. Zeitschr. 
f. Phys. 34. 562. 1925. 

18) H.Sponer, Zeitschr. f. Physik 32. 19. 1925. 

19) Back, Zeitschr. f. Physik 37. 193. 1926. 

20) W. Pauli, Zeitschr. f. Physik 31. 765. 1925. 

21) S. Goudsmith, Zeitschr. f. Physik 32. 794. 1925. 

22) W. Heisenberg, Zeitschr. f. Physik 23. 841. 1925. 

23) Hund, Zur Deutung verwickelter Spektren. Zeitschr. f. Physik 33. 345. 
1925; 34. 296. 1925. 

24) Gieseler und Grotrian, Zeitschr. f. Physik 39. 377. 1926. 

25) I. C. Mc Lennan und A. B. Mc Lay, On the Structure of the arc spectra 
of Germanium with a note of that of Carbon. Transactions of the Roy. Soc. of 


Canada XX. 355. 1926. 
26) E. Wiihelmy, Zeemaneffekt am Bogen und Funkenspektrum von Molybdän. 


Ann. d. Physik $0. 305. 1926. 


(Eingegangen am 26. April 1928) 


394 | Hooft 


Methode der Sensibilisierung 
von Chromgelatine für Orange und Rot 
Von 


G. O. ’t Hooft 


Mit 4 Figuren im Text 


Scit der Erfindung der Grundlagen des Pigmentdrucks durch 
Alphons Louis Poitevin (1855) ist es noch nicht gelungen, dic 
allgemeine Lichtempfindlichkeit der Chromgelatine bedeutend zu 
erhöhen, während die Empfindlichkeit der Bromsilbergelatineplatte 
sich, besonders in den letzten Jahren, erstaunlich gehoben hat, 
bis ungefähr 1200 H. und D. Vorausgesetzt, daß es möglich wäre, 
die allgemeine Empfindlichkeit der Chromgelatine zu steigern, so 
würde der Gedanke an eine panchromatische Chromgelatinesubstanz 
geradezu absurd sein. Sollte es aber in der Zukunft gelingen, auch 
die allgemeine Empfindlichkeit der Chromgelatine erheblich zu 
steigern, und wäre cs möglich, die Chromgelatineplatte in der Camera 
für Aufnahmen anzuwenden, dann würde die Geschichte der Chrom- 
gelatincplatte gerade umgekehrt verlaufen, im Vergleich zu der 
der photographischen Platte, weil letztgenannte schon eine erhebliche 
Empfindlichkeit besaß im Jahre 1873, als es H. W. Vogel gelang, 
die Lichtempfindlichkeit der Silberhaloidsalze für bestimmte Farben 
durch gewisse Farbstoffe zu steigern. Meine Experimente zeigen 
dagegen, daß cs tatsächlich möglich ist, die Empfindlichkeit der 
Chromgclatine bedeutend zu erhöhen für Orange und Rot, während 
es mir bis jetzt noch nicht gelungen ist, die Empfindlichkeit auch 
für Violett und Blau zu steigern. Über das Wesen der Sensibili- 
sierung von Bromsilbergelatineplatten wissen wir nur sehr wenig. 
Um eine Sensibilisierung zu erzielen, muß das Bromsilberkorn an- 
gefärbt werden. 

Unter den sensibilisierenden Farbstoffen gibt es manche, wie 
Pinachromblau und Pinacyanolblau, deren Farbe komplementär ıst 
mit der Farbe, für welche man die Empfindlichkeit der Platte zu 
steigern wünscht, etwa für Orange und Rot. Man konnte also be- 
haupten, daß neben der chemischen Wirkung auch eine optische, 
nämlich die Absorption, eine Rolle spielt. Das Problem ist aber 


Methode der Sensibilisierung von Chromgelatine für Orange und Rot 395 


zu kompliziert, um diese Frage entscheidend beantworten zu können, 
und jedenfalls kann es nicht als Regel gelten, daß man das Brom- 
silberkorn nur in komplementärer Farbe anzufärben braucht, um 
die Platte für gewisse Wellenlängen zu sensibilisieren. Der Plan 
meiner Experimente war, zu versuchen, eine optische Sensibili- 
sierung für die Chromgelatinepräparate zu erzielen. Beim Ausbleich- 
verfahren, z. B. beim Utopapier für Autochromabdrucke, spielt 
neben der chemischen Zersetzung auch eine optische Wirkung, 
d.h. die Absorption, eine Rolle. Bekanntlich besteht die schwarze 
Schicht aus einer Mischung von roten, grünen und blauvioletten 
lichtunechten Farbstoffen. Beim Exponieren unter einem viel- 
farbigen Diapositiv passieren die farbigen Strahlen die gleichfarbigen 
Körner, während die zerstörende Lichtenergie sich in den kom- 
plementär gefärbten Körnern anhäuft und letztere ausbleicht. Etwas 
Gleichartiges wollte ich an Chromgelatine versuchen, weil ich ver- 
mutete, daß dieselbe in gewissem Grade für Orange und Rot emp- 
findlich sei, daß aber diese Strahlen in zu geringem Maße durch 
das gelbe Präparat absorbiert würden. Ich suchte also eine optische 
Sensibilisierung zu erzielen durch Anfärben der Chromgelatine in 
der Komplementärfarbe zu der Farbe, für welche man die Platte 
zu sensibilisieren wünscht. Färbt man die Chromgelatineplatte mit 
Blaugrün an, so müßten die sonst passierenden orangen und roten 
Strahlen absorbiert und gezwungen werden, eine chemische Reaktion 
hervorzurufen, die Gelatine also zu gerben und zu härten. Mein 
erstes Experiment schien diese Auffassung wohl zu bestätigen, 
obwohl spätere Versuche feststellten, daß meine Resultate tat- 
sächlich auf einer chemischen Reaktion beruhten, also einem wirk- 
lichen chemischen Sensibilisator zu verdanken sind. Zunächst stellte 
ich ein 9 X ı2-Rotfilter mittels Pinatypicrot D her. Auf die eine 
Hälfte klebte ich einen aus schwarzem Papier ausgeschnittenen 
Buchstaben R und auf die andere Hälfte ein schwarzes Kreuz. 
Zur Vorsicht bedeckte ich dieses Rotfilter mit einem Tartrazin- 
gelbfilter zwecks Absorbierung der blauen Strahlen. Eine nur aus 
weicher Gelatine bestehende Platte 9x 12 wurde sensibilisiert, 
und zwar auf der einen Hälfte durch 15 Minuten langes Anfärben 
mittels Pinatypierot D, auf der anderen Hälfte mittels Pinatypie- 
grün D der Höchster Farbwerke. Mit Fließpapier entfernt man 
anhängende Tropfen der Farbstofflösungen, und in feuchtem Zu- 
stande bedeckt man die Platte mit einer vierprozentigen Lösung 
von Kaliumbichromat. Nach dem Trocknen exponiert man die 


DL nn en 


Platte im Kopierrahmen, so daß die grüne Hälfte unter R und die 
rote Hälfte unter das Kreuz abdruckt. Zehn Minuten exponierte 
ich in hellem Sonnenlicht, legte dann die Platte 2 Minuten in Wasser, 
und nun zeigte es sich, daß der Buchstabe R deutlich im Relief 
wahrnehmbar war, das Kreuz aber nicht. Nach Anfärben mit 
Pinatypierot D entstand ein deutlich roter Buchstabe R auf grünem 


Blau Grün Orange Rot 


Blau Grün Orange Rot 


Fig. 2 


Untergrund, indem das Kreuz unsichtbar war, weil die nicht ge- 
härtete rote Gelatine sich mit Pinatypiegrün M stark braun an- 
färbte. Mit meinen weiteren Versuchen wünschte ich zu entscheiden, 
ob dieses Resultat zu verdanken war einer optischen oder einer 
chemischen Wirkung, wobei das Grün D als Sensibilisierungsmittel 
wirkt. Das Grün D, das man jetzt von den Höchster Farbwerken 
bezicht, ist aber on anderer Farbstoff und für diesen Zweck nicht 
zu gebrauchen. Meine Resultate erzielte ich mit Grün DA 88778, 


Methode der Sensibilisierung von Chromgelatine für Orange und Rot 397 


das schon vor vielen Jahren geliefert wurde. Ferner sensibilisiert, 
allerdings in geringerem Maße, eine einprozentige Lösung von Kiton- 
grün der Gesellschaft für Chemische Industrie zu Basel 
für Orange und Rot. Mein nächstes Experiment sollte zeigen, ob 
das optische Prinzip konsequent durchzuführen ist mit einem Grün- 
filter, welches ich mit einem schwarzen Buchstaben G und einem 
Kreuz versah. Von der rot-grün gefärbten Chromgelatineplatte 
wurde die rote Hälfte unter G und die grüne Hälfte unter dem Kreuz 
belichtet. Die rote Hälfte absorbiert die grünen Filterstrahlen, 
die grüne Hälfte läßt diese passieren. Buchstabe G sollte also 
deutlich erscheinen. während das Kreuz unsichtbar bleiben mußte. 
Dieser Versuch versagte, und dies ist ein deutlicher Hinweis, daß 
die Sensibilisierung mit Grün D tatsächlich chemischer und nicht 
optischer Art ist. Weitere Versuche bestätigten diese Auffassung. 
Für Versuche im Sonnenspektrum ist das Chromgelatinepräparat 
zu unempfindlich; also bemühte ich mich, ein Filter anzufertigen, 
welches ich mit den vier primären Farben Blau, Grün, Orange und 
Rot nebeneinander versah. Zur Unterscheidung auf dem Abdruck 
wurde auf jedes angefärbte Viertel der Anfangsbuchstabe der Farbe 
aufgeklebt, also B, G, O, R. Exponiert man nun eine nicht sen- 
sibilisierte Chromgelatineplatte 10 Minuten im Sonnenlicht unter 
dem vierfarbigen Filter, so kann man feststellen, daß B und G, 
also Blau und Grün, auch nach Pinatypiebehandlung deutlich 
sichtbar sind; O und R dagegen, also Orange und Rot, vollständig 
fehlen (Fig. ı). Bei Wiederholung mit einer mittels Grün D über 
der ganzen Oberfläche sensibilisierten 9 x 12-Chromgelatine- 
platte entstand nach 30 Minuten Exposition im Sonnenlicht eine 
Abbildung von der ganzen Reihe der vier Buchstaben. Die 
Fig. 2 zeigt die Reproduktion des Originals, 

Die strengste Prüfung zeigt Fig. 3. Die untere Hälfte der Platte 
wurde sensibilisiert, die obere Hälfte nicht. Die präparierte Platte 
wurde also 10 Minuten unter dem vierfarbigen Filter im Sonnen- 
licht exponiert. Überdies bedeckte ich bei allen Experimenten 
das Ganze mit dem Tartrazingelbfilter. Nach Anfärben mittels 
Pinatypieverfahrens sind die Buchstaben B und G, Blau und Grün, 
deutlich auf beiden Hälften sichtbar. Von O und R, Orange und 
Rot, fehlen die oberen Hälften vollständig, weil nur die 
grüne untere Hälfte der Platte sensibilisiert war für Rot und Orange. 
Dieses Experiment liefert also unstreitbar den Beweis, daß mit 
dem Grün D A 88778 auf Chromgelatine eine starke Sensibilisierung 


Zeitschr. f. wiss. Phot. 25 27 


398 Hooft 


zu erzielen ist für Orange und Rot. Zum Schluß wollte ich die 
Sensibilisierung mit einem speziell für diesen Zweck angefertigten 
Graukeil prüfen. Auf eine 9 x ı2-Glasplatte klebte ich aufeinander 
einige Streifen mit Dextrin präpariertes, dünnes Papier, mit un- 
gefähr I cm Unterschied in der Länge. Das Ende von jedem Papier- 
streifen versah ich mit einer Zahl 1—9 von schwarzem Papier. Die 
Zahlenreihe muß eine doppelte sein. Diesen Doppelgraukeil legte 


Blau Grün Orange Rot 


Fig. 3 
Doppel-Graukeil 
Obere 
Zahlenreihe 
Untere 
Zahlenreihe 


Fig. 4 


ich in den Kopierrahmen, und unter dem Rot- und Gelbfilter be- 
lichtete ich eine Chromgelatineplatte, deren untere Hälfte mit 
Grün D, deren obere Hälfte nicht präpariert war. Nach 30 Minuten 
Exposition im Sonnenlicht legte ich die Platte einige Minuten m 
Wasser. Sofort erwies es sich, daß die Zahlen auf der mit Grün D 
präparierten Hälfte deutlich in Relief wahrnehmbar waren bis zur 9, 
während die nicht sensibilisierte Hälfte nach 30 Minuten Exposition 
im hellen Sonnenlicht keine einzige Zahl zeigte. Fig. 4 zeigt die 
Reproduktion der Originalplatte nach Pinatypiebehandlung. 


Methode der Sensibilisierung von Chromgelatine für Orange und Rot 399 


Es kam mir interessant vor, einige grüne Farbstoffe mittels 
des doppelten Graukeils zu prüfen. Ein Versuch mit Pinatypie- 
grün D, welches man heute von den Höchster Farbwerken bezieht, 
zeigte keine sensibilisierende Wirkung. Auch das Pinatypiegrün M 
ließ keine Wirkung erkennen. Bessere Resultate gibt das Kitongrün 
der Gesellschaft für Chemische Industrie zu Basel in einprozentiger 
Lösung. Die Zahlenreihe erschien jetzt auf beiden grünen Hälften 
bis zur Zahl o Die Kitonzahlen zeigten sich etwas weniger deutlich. 
Auch prüfte ich die allgemeine Empfindlichkeit der mit Grün D 
sensibilisierten Chromgelatineplatte unter einem blaugrünen Filter. 
Infolge Überposition habe ich noch kein Resultat erreicht, welches 
entscheidend ist; aber vorläufig zeigt es sich, daß die allgemeine 
Empfindlichkeit wenig gesteigert wird. 

Die Resultate mit Grün D veranlassen uns, zu vermuten, daß 
es vielleicht auch Farbstoffe gibt, mittels deren man mit Erfolg 
die allgemeine Empfindlichkeit der Chromgelatine erhöhen kann. 
Hier eröffnet sich ein reiches Feld zum Experimentieren. Um Miß- 
lingen zu verhüten, muß die angefärbte Platte nach Abtropfen 
noch im nassen Zustande chromiert werden, wonach man die Platte 
ohne Anwendung von Wärme trocknen läßt. 

Ob diese Resultate auch praktische Verwendung finden werden, 
ist nicht zu sagen, aber jedenfalls machen sie Anspruch auf wissen- 
schaftliches Interesse. Die Experimente geschahen alle mit Sonnen- 
licht. Die elektrischen ‚Arga‘‘-Lampen sind reich an roten Strahlen, 
und es würde sich der Mühe lohnen, zu untersuchen, ob die höhere 
Empfindlichkeit für Rot und Orange einen Vorteil beim Lichtdruck 
und Pigmentverfahren bedeutet, wenn man bei elektrischem Licht 
arbeitet. 

Nachtrag 


Weitere Versuche zeigten, daß die bekannten Farbstoffe Dia- 
mantgrün und Brillantsäuregrün!) (Bayer-Leverkusen) für 
Orange und Rot sensibilisieren. Merkwürdig ist es, daß die in diesem 
Aufsatz genannten Sensibilisatoren alle stark in einer Lösung von 
Natriumsulfit ausbleichen (mit Ausnahme von Brillantseidenblau), 
während die nicht sensibilisierenden Farbstoffe, also Pinatypie- 
grün D und Grün M, welches Höchst jetzt liefert, nur sehr wenig 
empfindlich sind gegen Natriumsulfit. Möglich ist es, daß die Farb- 


1) Die Lieferung der Farbstoffe geschah durch Vermittlung von E. Merck, 
Darmstadt, 
27° 


400 Hooft. Methode der Sensibilisierung von Chromgelatine für Orange und Rot 


stoffe, welche in Natriumsulfit stark ausbleichen, sich speziell zur 
Erzielung von Sensibilisierung eignen. Am einfachsten kann man 
den Versuch wiederholen mit dem überall zu beziehenden Diamant- 
grün. Nach 45 Min. Exposition in der Sonne unter dem mit dem 
Rot- und Gelbfilter bedeckten Doppelgraukeil und kurzem Ab- 
spülen in Wasser erscheinen die Zahlen hell auf grünem Hinter- 
grund, wonach man sofort die Platte mit Fließpapier abtrocknet. 
Wünscht man die Zahlen etwas deutlicher, dann bleicht man die 
Platte erst in einer Natriumsulfitlösung. Nach gründlichem Ab- 
spülen und Trocknen wird die Platte 30 Sekunden mit Pinatypie- 
grün M angefärbt und abgetrocknet. Unter einem rosa angefärbten 
Deckglas erscheinen die grünen Zahlen noch deutlicher. Die besten 
Resultate wurden aber bis jetzt erzielt mit Grün D 88778A. 

Daß die Sensibilatoren nicht speziell grün zu sein brauchen, 
bestätigen die Resultate mit Fuchsinrot, Brillantscidenblau 
(Agfa) und-Methylenblau, wovon letzteres am besten für Orange 
und Rot sensibilisiert. Nach 30 Minuten Exposition im Sonnen- 
licht bleicht man die Platte in Natriumsulfit, bis die Zahlen sichtbar 
werden, oder man blcicht die Platte ganz aus, wonach man mittels 
Pinatypie die Platte anfärbt, wodurch die Zahlen deutlicher er- 
scheinen. 


Amsterdam, März 1928. 


(Eingegangen am 10. April 1928) 


Eder. Chloramın zur Zerstörung der leizten Reste des Fixiernatrons usw. 4Ol 


Chloramin 
zur Zerstörung der letzten Reste des Fixiernatrons 
in photographischen Platten oder Papieren 


Von 
J. M. Eder in Wien 


Das Chloramin ist ein in wäßriger Lösung gutes, nicht 
ätzendes Oxydationsmittel, das einem Hypochlorit entspricht. Es 
ist in seiner Zusammensetzung nach das Natriumsalz des Para- 
Toluolsulfonchloramid und ist nach der Formel 


C,H ES 3H,O 
gei Na 2 
NSO, N-i 


zusammengesetzt. Es wird von der Chemischen Fabrik von Heyden 
in Radebeul-Dresden erzeugt und hauptsächlich pharmazeutisch 
zu äußerlichen Spülungen (ähnlich wie Kaliumpermanganat) verwendet, 
Z. B. in 0,2- bis 2prozentigen Lösungen. 


Die oxydierende Wirkung der wäßrigen Lösung beruht auf 
einer hydrolytischen Zersetzung, bei welcher aktiver Sauerstoff frei 
wird: 

l ` 

INSO, NLA 


— 


CH, 
+ H,O = C,H, + NaCl + O. 
SO, - NH, 


Diese Wirkung wird in neuester Zeit in der analytischen Chemie 
zur Titrierung von schwefliger Säure, arseniger Säure, Antimon- 
und Zinnsalzen usw. benützt. Die rasche Oxydation von Natrium- 
thiosulfat veranlaßte mich, die Zerstörung der letzten Reste von 
Fixiernatron in photographischen Platten und Papieren mittels 


402 Eder 


Chloramin im Sinne der sogenannten „Antihypo-Mittel“) zu 
versuchen, was mit Erfolg gelingt. 


Es genügt eine o,2prozentige wäßrige Lösung von Chloramin, 
vielleicht eine noch stärker verdünnte Lösung, um rasch zum Ziele 
zu kommen. Starke Konzentration oder sehr lange Einwirkung des 
Chloramin schwächt die Silberbilder und zwar im Auskopierverfahren 
mehr, als die Entwicklungsbilder. Aber immerhin hat das Chloramin 
manche Vorteile vor dem Eau de Javelle, Permanganat usw. voraus. 


1) Die verschiedenen Arten von Fixiernatron-Zerstörern für photographische 
Zwecke sind in E. Valentas „Photographischer Chemie“, 2. Auflage 1921 (W. Knapp 
in Halle a. d, S.) genau beschrieben. 


(Eingegangen am 11. April 1928) 


Antwort auf die „Erwiderung‘“ 
Von 
J.M. Eder in Wien 


In meiner Mitteilung über „Die relative Aktinität verschiedener 
Lichtquellen und die Farbtemperatur des Magnesiumlichtes“ (diese 
Zeitschr. 24. 423. 1927) machte ich die wohlbegründete Bemerkung, 
daß die Herren H. Beck und J. Eggert die Farbtemperatur des 
Magnesiumlichtes viel zu niedrig angegeben hatten. Darauf sandten 
die Genannten eine „Erwiderung“ (diese Zeitschr. 25. 262. 1928), in 
der sich Mißverständnisse vorfinden, auf die ich zurückkommen will. 


Ich hatte über die Gepflogenheiten für Literaturnachweise in 
einem „Haupt- oder Nebenthema“ überhaupt nichts geschrieben 
und nichts bemängelt, sondern nur die auffällige Tatsache erwähnt, 
daß man in einem Thema über photographische Photometrie den 
von Schwarzschild seinerzeit sehr präzise geprägten Begriff der 
„relativen Aktinität“ ignoriert und dadurch dem Leser die Er- 
kenntnis des Zusammenhanges der Befunde der genannten Autoren 
mit den Angaben anderer Forscher auf diesem Gebiete erschwert. 


Antwort auf die ,, Erwiderung‘‘ 403 


Andererseits zeigte ich, daß die Farbtemperatur des Magnesium- 
Blitzlichtes mit 2400° absolut von den Herren Beck und Eggert 
viel zu niedrig angegeben worden war. Diese Feststellung wurde 
von denselben als sachlich berechtigt anerkannte — Meine Ein- 
wendungen stützten sich auf die in der physikalischen Forschung 
festgestellten Farbtemperaturen verschiedener elektrischer Glüh- 
lampen. Die in meiner Notiz gebrauchte Schreibweise der ab- 
soluten Temperaturgrade wird in der „Erwiderung“ als „ungewöhn- 
lich“ bezeichnet. Aber über die Sache selbst und über diese ab- 
soluten Temperaturgrade habe ich so deutlich geschrieben, daß für 
den einigermaßen aufmerksamen Leser ein Mißverständnis oder eine 
Verwechslung mit gewöhnlichen Celsius-Graden ausgeschlossen er- 
scheint. — Die Herren Beck und Eggert selbst haben dies ja auch 
sofort ganz richtig zu lesen gewußt und meine darauf gegründeten 
Einwendungen als berechtigt gewürdigt. 

Ich hielt es für notwendig, ihre irrtümliche, viel zu niedrige An- 
gabe der Farbtemperatur des Magnesiumlichtes richtigzustellen, trotz- 
dem die Herren Autoren in ihrer, im übrigen sehr interessanten, 
Abhandlung daraus „keine weiteren Schlüsse“ gezogen hatten. 
Aber ich wollte vorbeugen, daß diese irreführende Zahl für die 
Farbtemperatur des Magnesium-bBlitzlichtes sich in der Fachliteratur 
festsetzen und andere zu unzutreffenden Schlußfolgerungen veran- 
lassen würde. 


Nachtrog. Mittlerweile wurde die Farbtemperatur des Magnesium- 
lichtes von W. Dziobek in der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin 
neu bestimmt (Zeitschr. wiss. Phot. 25. 287. 1928) und gleich 3700° absol. gefunden, 
gegenüber den Angaben von H. Beck und J. Eggert (Zeitschr. wiss. Phot. 24. 377. 1927) 
mit nur 2400° absol. Die Temperaturangabe derselben ist somit um mehr als 1000° 
zu niedrig und sie bleibt falsch, gleichgültig ob man die absolute Temperatur in einer 
gebräuchlichen oder nicht gebräuchlichen Schreibweise kennzeichnet. — Diese sach- 
liche Richtigstellung war der Zweck meiner Kritik und die Feststellungen aus der 
Physikalischen Reichsanstalt bestätigen die Berechtigung meiner Einwendungen. Æ. 


(Eingegangen am 3. April 1928) 


404 l Beck und Eggert. Schlußwort 


Schlußwort ` 
Von ` 
H. Beck und J. Eggert 


Nach unserer Meinung liegen keine Mißverständnisse vor: 


ı. Das Wort „relative Aktinität“ haben wir vermieden, weil 
dadurch nicht zum Ausdruck kommt, daß der Begriff Aktinitat 
eigentlich in doppelter Hinsicht relativiert wird, nämlich einmal be- 
züglich der Lichtempfindlichkeit des Auges und zweitens hinsichtlich 
derjenigen der verwendeten lichtempfindlichen Substanz. Verständnis- 
erschwerend scheint auch die von uns statt dessen gewählte ein- 
deutige Ausdrucksweise nicht zu sein, denn Herr Eder und andere 
haben unsere Ergebnisse auch in durchaus richtigem Zusammenhang 
mit dem (übrigens gleichen) Befunde früherer Autoren gebracht. 


2. Wir haben nicht die absolute Temperaturzählung als un- 
gebräuchlich bezeichnet, wie es Herr Eder jetzt darstellt, sondern 
wir haben nur daran erinnert, daß die Angabe 2400°C abs. irre- 
führt, weil hier die Celsiuszählung mit der absoluten zusammen- 
geworfen wird; in seinen letzten Zeilen schreibt jetzt auch in der 
Tat Herr Eder korrekt 2400° abs. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. K. Schaum in Gießen o 
Druck von Metzger E Wittig in Leipnz 


Robert Müller 


Buchhandlung und Antiquariat 
für Medizin und Naturwissenschalften 


BERLIN NW 6 


Karlstr. 39, Ecke Charitöstr. 8 


Die Fachbuchhandlung 


für Medizin und Naturwissenschaften 


hat ihre 


neuen Geschäftsräume 


unter obiger Adresse am 1. Juli 1928 eröffnet 


Neuerscheinungen auf medizinischem und naturwissenschaft- 
lichem Gebiete stets am Lager. Reiches Antiquariatslager 
medizinischer und naturwissenschaftlicher Bücher und Zeitschriften. 

€ 


Anfragen und Aufträge werden schnellstens erledigt, mög- 
lichst an Tage des Eingangs, 

Versand nach allen Ländern der Welt zu deutschen Original 
Verlegerpreisen ohne Aufschlag. 

Kataloge, Prospekte, Literaturzusammenstellungen auf 
Wunsch bereitwilligst und kostenlos. 


Um Einsendung von Desideratenlisten wird höflichst gebeten: 


Er e 


e ag 


Digitized by Goo gle e 


> 
EH 
= ën 29 


LR 


-a Abu 


ı 2 m TUB a a a " 


Teen eeng 
DB Nep ` Oh, NEE m "TT Ge EKE 


IA 


WË Sn 
PSN 


DATE DUE