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XXX VI. Band.
1885.
Mit. einundvierzig Tafeln.
Berlin, 1885.
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
Behren -Strasse No. 17,
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9
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Inhalt.
A. Aufsätze. & Se,
Branco. Ueber die Anfangskammer von Bactrites . . 1
ARTHUR Becker. Schmelzversuche mit Pyroxenen und Am-
pbibolen und Bemerkungen über Olivinknollen . . . 10
N Fritz Frech. Die Korallenfauna des Oberdevons in Deutsch-
land. (Hierzu Tafel I xDR: 21
THEopDor Fuchs. Die Versuche einer Gliederung des unteren
Neogen im Gebiete des Mittelmeeres . . 2.2... 131
M. Verworn. Ueber Patellites antiquus SCHLOTH. . 173
GERARD DE GEER. Ueber die zweite Ausbreitung des skandi-
navischen Landeises. (Hierzu Tafel XII — XII.) ee RT
EMANUEL Kayser. Lodanella mira, eine unterdevonische
Spongie. (Hierzu Tafel XIV.). 207
JOHANNES WALTHER. Die gesteinsbildenden Kalkalgen des
Goltes von Neapel -und die Entstehung structurloser Kalke 329
F. Hırcenporr. Die Steinheimer Gürtelechse Prospeudopus
Fraasi. (Hierzu Tafel XV - XVI.) 358
Jomannes Feuix. Kritische Studien über die tertiäre Korallen-
Fauna des Vicentins nebst Beschreibung einiger neuer
Arten. (Hierzu Tafel XVII XIX) .. 379
W. Branco. Ueber einige neue Arten von Gra hularia und
über tertiäre Belemniten. (Hierzu Tafel xx) m;
GEoRG GüÜrıcH. Ein neues fossiles Holz aus der Kreide Ar-
meniens nebst Bemerkungen über paläozoische Hölzer . 433
A. SAUER. Mineralogische und m er nee
aus dem sächsischen Erzgebirge . . 441
H. Eck. Das Lager des Ceratites iitececlins "Bevr. im schwä-
bischen Muschelkalk . . 466
H. Sanner. Beiträge zur Geologie der Balkan - Halbinsel.
(hierzu: Tafel XXI- XXI :-. 470
Franz Touza. Ueber einige von Herrn H. Sanser im Sliven-
Balkan gesammelte Fossilien. (Hierzu Tafel XXIll.) . 519
HERMAnn Kunssch. Ueber den Unterkiefer von Mastodon-
EEE SD AO EHE 21528
G. WÜRTEMBERGER. Ueber den oberen Jura der Sandgrube
ES Ta 2 Er ER ETTE PER SRH DH SPRTETRRN 559
HERMANN KuniıscHh. Dactylolepis Gogolinensis nov. gen. noVv.
spec. (Hierzu Tafel XXIV.) . 588
E. HorzarreL. Ueber die Fauna des Aachener Sandes und
seine Aequivalente . 595
C. A. Tenne. Ueber Gesteine des Cerro de las“ Navajas
(Messerberg) in Mexico . . 610
GEorG ReuTERr. Die Beyrichien der obersilurischen Diluvial-
geschiebe Ostpreussens. (Hierzu Tafel XXV—XXVl) . 621
IV
A. Arzrunı. Ueber einen Paragonitschiefer vom Ural . . . 680
HERMANN ÜREDNER. Die Stegocephalen aus dem Rothliegen-
den des Plauen’schen Grundes bei Dresden. (Hierzu
Tafel XXVII—-XXIX) .. 694
C. W. Schmipr. Die Liparite Islands in geologischer und ‘pe-
trographischer Beziehung. (Hierzu Tafel XXX XXXlIL) 737
F. J. P. van CALkER. Diluviales aus der Gegend von Neu-
Amsterdam . . 792
H. Eck. Trichasteropsis eilieia Quest. sp. aus norddeutschem
Muschelkalk. (Hierzu Tafel XAXXIV.) . . 817
Franz WINTERFELD. Ueber quartäre Mustelidenreste Deutsch-
lands. (Hierzu Tafel XXXV—AXXXVlL) . . 826
A. Arzrunti. Untersuchung einiger granitischer Gesteine des
Urals 865
F. WAHNSCHAFFE. Mittheilungen über das Quartär am 'Nord-
rande des Harzes . . 897
E. Warpschmipr. Ueber die "devonischen Schichten der Ge-
gend von Wildungen. (Hierzu Tafel XXXVII— XL.) . 906
Frırz Frech. Ueber das Kalkgerüst der Tetrakorallen. (Hierzu
Tafel AURIZ 928
Fritz FRrEcH. Nachtrag. zur „Korallenfauna des Oberdevons
in Deutschland“ . 946
J. Lemsere. Zur Kenntniss der Bildung und Umbildung \ von
Silicaten =. . 22.2 zalLal 2 8. ER ar Ss
B. Briefliche Mittheilungen.
E. Koken. Ueber Ornithocheirus hilsensis KoREN . . 214
An. SCHENK. Ueber die geologischen Verhältnisse von Anera
Pequenna . . 534
Jon. Warruer. Ueber geoloeische Beobachtungen im Golf von
Neapeli... + er Rn ne a
FR. SCHMIDT. En Mittheilungen über die Glacial-
und Postglacialbildungen in Ehstland . . . ........539
E. Darue. Ueber schlesische Culmpetrefacten . . 542
TH. Esert. Ueber ein Kohlenvorkommen im westpreussischen
Diluvium . . 803
G. BErenpt. Das unterdiluviale Alter des Joachimsthal- Oder-
berger Geschiebewalles . . . 804
RıcHArD en. Ueber neuere Versteinerungsfunde i im ı Röth
und Muschelkalk von Jena . > 807
F. Zirger. Ueber schillernden Obsidian | USE 1011
A. Remer£e. Bemerkungen über die geologische Stellung des
Joachimsthal-Lieper Geschiebewalles Be
H. Ponrıc. Ueber eine Hipparionen -Fauna von Maragha in
Nordpersien, über fossile Elephantenreste Kaukasiens und
Persiens und über die Resultate einer Monographie der
fossilen Elephanten Deutschlands und Italiens . .. . . 1092
C. Verhandlungen der Gesellschaft . . 216. 544. 811. 1028
Zugänge für die Bibliothek im Jahre 1884 . . . 2 2... ..1037
Namenreeister EE 1 MIORIERAn
Sache erlern sa anna Be.)
Zeitschrift
Deutschen geologischen Gesellschaft.
1. Heft (Januar, Februar und März 1885).
A. Aufsätze.
1. Ueber die Anfangskammer von Bactrites,
Von Herrn Braxco ın Berlın.
Während die Anfangskammer bei den Nautiliden ein Kegel-,
Näpfchen- oder Fingerhut-ähnliches Gebilde ist'), besitzt die-
selbe bei den Ammoniten und fast allen Goniatiten eine liegend
eiförmige, bei den Belemnitiden ?) und Spiruliden dagegen eine
stehend eiförmige Gestalt. Denkt man sich bei letzteren beiden
die obere Spitze des Eies durch einen horizontal geführten
Schnitt abgeschnitten, so hat man eine kreisrunde Mundöffnung
der Anfangskammer und an der Schnittstelle eine uhrglasförmig
gestaltete, also nicht gefältelte erste Querscheidewand. Denkt
man sich bei den Ammonitiden das liegende Ei durch einen
von einem Pol zum anderen geführten Horizontalschnitt auf-
geschlitzt und die Schnittränder weit klaffend, so hat man die
hier ganz anders gestaltete, liegend gestreckt-ovale Mundöff-
nung?) mit ovaler, mehrfach gebogener erster Querscheidewand.
Des Weiteren bildet die erste Lobenlinie bei den Belemnitiden
und Spiruliden eine gerade, bei den Ammonitiden dagegen
eine bereits wellig gebogene Linie‘). Schliesslich ist auch
bei ersteren beiden die Schalenröhre von der Anfangskammer
durch eine Einschnürung getrennt — eine nothwendige Folge
der aufrecht eiförmigen Gestalt der Anfangskammer — bei
den Ammonitiden aber nicht.
») Vergl. diese Zeitschr. Bd. 32, pag. 609, fig. 9.
2) Ebenda pag. 604, fig. 5 und pag. 608, fig. 7 u. 8.
Bei den Belemniten ist hier der Anfang der gekammerten Alveole gemeint.
®) Ebenda pag. 605, fig. 5b.
%) Ebenda pag. 603, fig. 1, 2, 3.
Zeite. d. D. geol. Ges. XXX VI. 1. 1
un
Bei so scharf ausgeprägten Unterschieden war es nun
schon in hohem Grade bemerkenswerth, dass ein Goniatit,
nämlich G. compressus Beyr. aus den Wissenbacher Schiefern,
gefunden werden konnte, dessen Anfangskammer, von der der
übrigen Ammonitiden sich wesentlich unterscheidend, mit der-
jenigen von Belemnites und Spirula übereinstimmt!)
Abgesehen von einigen nahe verwandten anderen Gonia-
titen, bei welchen Aehnliches beobachtet wurde’), stand diese
von dem Typus der Ammonitiden abweichende Bildung bis
jetzt vereinzelt da.
Indessen bereits im Anfange des vorigen Jahres zeigte
mir Herr Geheimrath Beyrıck freundlichst einen von ihm ge-
machten Fund einer Anfangskammer, welcher nicht nur an sich,
sondern auch durch seine Beziehungen zu dem genannten @o-
niatites compressus von hohem Interesse war. ;
Es handelt sich hierbei um die Anfangskammer eines
Bactrites aus den Wissenbacher Schiefern,. Im Hinblick auf
deren von der der Nautiliden weit abweichende, dagegen mit
der des Gon. compressus übereinstimmende Gestalt, sprach
Herr Geheimrath BEyricH seine Ansicht dahin aus:
Dass durch diesen Fund der Beweis für die enge
Verwandtschaft des Genus Bacirites mit Gon. com-
pressus°®) erbracht sei. In Bactrites liege also kein
Nautilide, sondern ein Goniatide vor*), und zwar
stehe derselbe zu @on. compressus in denselben Be-
ziehungen wie Baculites zu gewissen Ammoniten.
Neuerdings hat nun Herr Geheimrath Beyrıch etwa 38
weitere, ebenso gestaltete Anfangskammern wieder aufgefunden,
welche von ihm bereits im Jahre 1835 aus grösserem, von
Wissenbach stammenden Materiale ausgelesen worden waren.
Diese werthvollen Stücke hatte derselbe die Güte, mir behufs
Abbildung und Beschreibung zu überlassen, wofür ich auch an
dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank abstatte.
Durch das Hinzutreten dieser Exemplare zu dem oben
erwähnten, erhielt die von genanntem Herrn gemachte Beob-
achtung eine unumstössliche Bestätigung. Angesichts dieser
zahlreichen, im Typus ganz übereinstimmend gebauten Anfangs-
kammern ist die Möglichkeit, dass es sich nur um eine abnorme
Bildung handeln könnte, ausgeschlossen, dagegen das Gesetz-
mässige derselben bewiesen; "ein Umstand, welcher wegen des
später zu Sagenden besonders hervorzuheben ist.
1) Ebenda pag. 608, fig. 7, 8.
2) Palaeontographica Bd. 37, pag. 39—41.
3) Wohin Hvarr auch neuerdings Bactrites stellt. Genera of fossil
cephalopods. Proceed. Boston soc. nat. hist. Vol. 22, 1885, pag. 309.
*, Ueber die verschiedenen Ansichten der Autoren S. Palaeonto-
sraphica. Bd. 27, pag. 49.
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3
Die Beschreibung der Anfangskammer von Bactrites ist
mit wenigen Worten erledigt: Dieselbe (Fig. 1u.2) bildet ein
aufrecht stehendes Ei, ohne Narbe, in derselben Weise, wie
wir das bei @on. compressus sehen; und ebenso wie dort ist
die Anfangskammer von der übrigen Schalenröhre durch eine
Einschnürung geschieden. Bactrites gehört also in die Gruppe
der Asellati spiruliformes ').
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Vergleicht man nun mit der vorliegenden Abbildung und
Beschreibung die zuerst von BArRANDE nach Hyarr's Zeichnung)
gemachte und von mir nach dem in München befindlichen
Originale wiederholte ?) Darstellung einer Anfangskammer, welche
2) Palaeontographica, Bd. 27, pag. 35.
2) Syst. silur., Vol. II, Supplt., Taf. 490, Fig. 1.
3) Palaeontographica, Bd. 27, Taf. 9, Fig. 8.
7) Die Narbe ist nicht gut wiedergegeben. re
e
als fraglich der Gattung Pactrites zugeschrieben wurde, so
ergiebt sich ein grosser Unterschied (Fig. 3).
Jenes erwähnte Original zeigt eine entschieden nautilinische,
näpfchenähnliche Gestalt, lässt auch auf der Kuppe
derselben die wenngleich nicht deutlich ausgebildete „Narbe“
nicht verkennen. Wäre letztere nicht vorhanden, so würde
man das Exemplar für ein mittleres Stück eines gestreckten
Nautiliden halten könnnn, welches aus einigen (3'/,) Kammern
besteht. Indessen die Narbe ist vorhanden, dasselbe kann
daher nicht gut ein mittleres, sondern muss, nach Analogie
mit allen übrigen mit Narbe versehenen Cephalopoden-Gehäu-
sen, ein Anfangsstück der Schale sein.
Schon BarrAnpe, welcher dieses Stück als Bactrites?
Hyatti abbildete, äusserte seine Zweifel über die Zugehörigkeit
desselben zu dieser Gattung !.. Auch von mir wurde später
betont, dass auf Grund dieser Anfangskammer Dactrites nur
dann zu den Nautiliden gestellt werden könne, wenn das in
Rede stehende Stück wirklich diesem Geschlechte angehöre ?);
denn das Fehlen eines deutlich ausgesprochenen Aussenlobus,
obgleich kein durchgreifendes Merkmal (s. darüber weiter unten),
war immerhin verdächtig.
Auf der anderen Seite nun liegen in den von Herrn Ge-
heimrath Beyrica aufgefundenen Stücken sicher Bactriten vor,
wie das Vorhandensein des Siphonallobus im Vereine mit der
Grestalt der Schalenröhre beweisen ?°).
Um nun diese zwischen dem Münchener und den Berliner
Exemplaren auftretenden Verschiedenheiten zu erklären, stehen
uns zwei Wege offen, deren Besprechung jedoch das Folgende
vorauszuschicken ist:
Es ist wohl zu beachten, dass die Berliner Exemplare,
welche die eiförmige Anfangskammer zeigen, weit kleiner sind
als das fragliche Münchener Stück. Es zeigt ferner die Scha-
lenröhre bei ersteren eine so auffallend langsame Zunahme im
Querdurchmesser, dass dieselbe bereits eine beträchtliche Länge
erreicht haben musste, bevor ihre Dicke zu der des Münchener
Exemplares angeschwollen war.
Dies vorausgeschickt, kann man nun einmal annehmen,
dass beiderlei Formen nicht nur derselben Art angehören,
sondern auch Theile eines und desselben Individuums sein
könnten; in der Weise nämlich, dass — nach Analogie mit
gewissen Nautiloideen wie BARRANDE gezeigt hat — der Anfang
1) Oephalopodes, Etud. gener. pag. 120.
Syst. silur., Vol. II, Texte V, pag. 1373.
2) Palaeontographica, Bd. 27, pag. 50.
3) Soweit man eben dem Vorhandensein des Siphonallobus eine
Beweiskraft zuschreiben kann. Siehe darüber später.
Ben,
der Schale von Zeit zu Zeit abgestossen wurde. In den Ber-
liner Exemplaren lägen uns dann jene hinfälligen Enden der
Schale, und in Verbindung mit ihnen die eiförmige Anfangs-
kammer vor; wogegen in dem Münchener Stücke ein jener
hinfälligen Enden beraubtes Schalenstück zu sehen wäre. Das-
selbe wäre dann also keine Anfangskammer, sondern ein be-
liebiges mittleres Schalenstück.
Aber, so fragt man in diesem Falle, was bedeutet dann
die so regelmässig gestaltete „Narbe“ an letzterem Stücke?
Man könnte wohl verstehen, wie zur Heilung einer Bruchstelle
eine Callus-artige Bildung entsteht; für ein so regelmässig
gestaltetes Ding aber, wie diese „Narbe“, fehlt es bei solcher
Annahme an jeder Erklärung.
Weiter würde man dann fragen: „wenn an der Bruchstelle
sich eine derart regelmässig geformte „Narbe“ hätte bilden
können, warum hat denn BarrasorE an den mit dieser Eigen-
schaft (die Spitzen der Schale von Zeit zu Zeit abzuwerfen)
behafteten Nautiloideen nicht gleichfalls solche „Narben“ an ent-
sprechender Stelle gefunden?“
Wohl kennt man bei Orthoceren wie Nautileen diese
„Narben“; aber nicht an einer beliebigen Bruchstelle, mitten
in der Reihe der Kammern, sondern an dem äussersten An-
fange der Schale.
Es ist für diese Betrachtung völlig gleichgiltig, ob die von
Hyarı, ZıtteLn und Anderen, oder ob die von mir vertretene
Deutung dieses Schalenstückes bei den Nautiliden die richtige
ist. Jene Autoren nämlich sagen: „die äusserste Spitze der
Nautiliden-Schale, welche in vielen Fällen mit einer „Narbe“
geziert ist, stellt uns nicht die Anfangskammer, sondern erst
die zweite Kammer dar. Die wirkliche Anfangskammer hat
noch Niemand gesehen; sie war leicht zerstörbarer, vermuth-
lich häutiger Natur und konnte sich darum nicht erhalten; die
einstige Verbindung beider erhellt aber aus der „Narbe“.
Ich will die Gründe, welche mich veranlassten, in jenem
Schalenanfang der Nautiliden auch die wirkliche Anfangskammer
zu erblicken, hier nicht wiederholen. Nur eins möchte ich
hinzufügen: keineswegs alle Nautiliden besitzen eine „Narbe“ —
so unter anderen auch das von mir (pag. 609, Fig. 9a, Bd. 32
dieser Zeitschr.) abgebildete Orthoceras. Wie will man wenig-
stens in diesem Falle, bei einem Schalenanfang, der so spitz
ist, dass man sich daran stechen köunte, wie will man hier
die Ansicht vertheidigen, dass dieser Schalenanfang nicht zu-
gleich auch die Anfangskammer des Thieres sei; dass vielmehr
an dieser scharfen Spitze noch eine, etwa häutige, wahre An-
fangskammer gesessen habe?
Wie dem auch sei, ich sehe in dem Schalenanfang die
6
erste Kammer, jene Autoren sehen in demselben die zweite
Kammer; niemand aber hat bisher in demselben irgend ein
beliebiges, aus der Mitte (der Länge) der Schale stammendes
Kammerstück gesehen. Das wäre auch sogleich durch den
Augenschein zu widerlegen; denn bisher hat man die zahl-
reichen, oft mit Narbe versehenen Schalenanfänge immer nur
am Anfange der Schale beobachtet.
Jenes Münchener Stück beweist mithin durch seine Narbe,
dass es ein Schalenanfang, also entweder erste oder zweite
Kammer ist (je nachdem man dieser oder jener Ansicht bei-
pflichtet), dass es aber nicht ein mittleres Stück ist.
Die Berliner Exemplare aber sind ebenfalls Schalenanfänge;
und zwar ist hier die Anfangskammer stehend eiförmig, wäh-
rend sie bei dem Münchener Stücke näpfchenförmig ist. Bei-
derlei Bildungen können also nicht die erste Kammer einer und
derselben Art sein. Aber auch die Ansicht ist nicht haltbar,
dass das Münchener Stück die der wirklichen Anfangskammer
beraubte zweite Kammer sei, und dass uns in den Berliner
Exemplaren eben diese hinfälligen, wirklichen Anfangskammern
vorlägen; denn die zweite Kammer der Berliner Stücke gleicht
nicht jenem Münchener Exemplare, was doch der Fall sein
müsste, wenn diese Annahme richtig wäre. Ebensowenig aber
kann, wie wir sahen, das letztere ein mittleres Stück sein, und
daher können auch die Berliner Exemplare (incl. Schalenröhre)
nicht die hinfälligen Enden des in München befindlichen sein;
mithin können auch beiderlei Bildungen nicht an demselben
Individuum auftreten.
Wir werden daher zu der Annahme gedrängt, dass beide
verschiedenen Gattungen angehören. Aber welche Form wird
von der Zugehörigkeit zu Bactrites zurückstehen müssen?
Dass die Berliner Exemplare wirklich zu Bacirites gehören,
wird nach der Abbilduug auf 5. 3 Fig. 1 u. 2 wohl Niemand
bezweifeln; es muss daher das Münchener Stück zu den Nau-
tiliden verwiesen werden. Bei solcher Deutung würde immer noch
ım Belieben eines Jeden die Annahme stehen, dass die Berliner
Exemplare hinfällige Anfänge der Schale des Thieres gewesen
sind. Ja in Anbetracht ihrer grossen Feinheit und Zerbrech-
lichkeit kann man dies nicht nur vermuthen, sondern es dürfte
sogar wahrscheinlich sein, dass diese dünnen Anfänge leicht
abbrachen, und abbrechen konnten, ohne dass das Thier dabei
zu Grunde ging.
Die Ansicht, dass in dem Münchener Exemplar wirklich
ein Nautilide und nicht ein Bacirites vorliegt, wird mir nun
weiter unterstützt durch eine erneute Untersuchung, welche auf
meine Bitte Herr Prof. Zırter an demselben unternahm. Seiner
freundlichen Mittheilung entnehme ich die Worte: „ich bin
7
überzeugt, dass das Fragment (von 3'/, Kammern) nicht von
Bactrites, sondern von einem Cyrioceras oder, weniger wahr-
scheinlich, von einem Ormoceras herrührt.“ Auch ist nach
derselben Quelle der Sipho wahrscheinlich intermediär, also
nicht randlich. Das allein schon wäre, wenn es sich mit
Sicherheit feststellen liesse, endgültig entscheidend. Keineswegs
von demselben Werthe ist dagegen ein weiteres, negatives
Merkmal, das Fehlen des Aussenlobus an diesem Stücke.
Das Dasein oder Fehlen eines solchen Lobus ist nämlich
kein unumstössliches Merkmal der Gattungsdiagnose. Derselbe
erscheint nicht allein bei Bactrites, sondern bisweilen auch in-
dividuell bei gestreckten Formen der Nautiliden mit randlichem
Sipho. Schon BArRANDE giebt uns davon Nachricht !), und weitere
Bestätigung verdanke ich den mir freundlichst mitgetheilten
Beobachtungen des Herrn Horm in Upsala. Dass auch von
Atractites dasselbe gilt, beweisen die Abbildungen, welche Mos-
sısovics ?) auf Taf. 92 in Fig. 6, 7, 8 giebt. Ist doch die hier-
durch herbeigeführte Aehnlichkeit mit Bactrites so gross, dass
LauBe Atractiten von St. Cassian für Bactriten halten konnte.
Allerdings ist das Auftreten eines Siphonallobus in diesen
Fällen nicht Regel sondern Ausnahme und Mos,sısovics giebt
eine Deutung dieser Erscheinung. Derselbe meint, dass eine
theilweise Verkalkung der Siphonaldüte in diesen Fällen die
Veranlassung zur Annahme eines Siphonallobus geboten habe,
dass also nur ein scheinbarer, kein wirklicher Lobus vorliege °).
Uebrigens fasst Mo,Jsisovics auch für Bactrites die Möglichkeit
in’s Auge, dass hier gleichfalls ein auf dieselbe Weise entstan-
dener, nur scheinbarer Lobus bestehe. Zur Stütze dieser Auf-
fassung führt derselbe SAnpBERGER an, welcher selbst‘) von
hactrites angiebt, dass der Dorsallobus bisweilen fehle; nämlich
dann, wenn die Siphonaldüte weiter nach innen zu gelegen sei.
In der That giebt SAnDBERGER dieses Fehlen bei 2. cari-
natus nicht nur als zuweilen, sondern bei B. gracilis
sogar als oft vorkommend an.
Ist nun auf solche Weise dargethan, dass der Dorsallobus
einmal bei Bactrites oft fehlen, zweitens aber bei anderen
gestreckten Nautiliden bisweilen erscheinen kann, so verliert
derselbe allerdings in hohem Maasse seine Beweiskraft. In-
dessen bleibt doch mindestens so viel von derselben bestehen,
dass sein Fehlen mehr ein Kennzeichen gegen, sein Vorhan-
densein überwiegend mehr ein solches für die Zutheilung einer
1) Syst. silur., Vol. II, Texte III, pag. 670, No. 6 u. pag. 688.
2) Cephalopoden der Mediterr. Triasprovinz.
») Ebenda pag. 301.
*) Rheinisches Sch. Syst. Nassau pag. 130, 131.
8
Form zu Bactrites ist. Es wird daher wohl Niemand Einspruch
gegen die Bestimmung der Berliner Exemplare als Bactrites
machen wollen, so dass die von Herrn Geheimrath BeyYrica
bewiesene nächste Verwandtschaft derselben mit Goniatites com-
pressus für die Gattung Bactrites allgemeine Giltigkeit behält.
Ein Nautilide ist Bactrites also jedenfalls nicht. Aber ist
er ein echter Ammonitide? Diese Frage ist nicht leicht zu
beantworten; die Anfangskammern von Bactrites, Groniatites
compressus und Goniatites fecundus bilden die Gruppe von For-
men, welche ich Asellati spiruliformes nannte, weil ihre erste
Lobenlinie keinen Sattel besitzt und die Gestalt der Kammer
der von Spirula resp. Belemniies gleicht.
Nun kennen wir zwar andere Goniatiten, welche gleichfalls
eine asellate erste Sutur besitzen; allein die Gestalt der An-
fangskammer ist doch bei diesen keineswegs der von Spirula
gleich, sondern bildet einen Typus für sich — es sind die Asel-
lati ammonitiformes ').. Alle übrigen Goniatiten dagegen, sowie
die Ammonitiden haben eine mit Sattel versehene erste Loben-
linie und eine wiederum anders gestaltete Anfangskammer — es
sind die Lati- und Angustisellati.
Zu diesen, wenn wir dieselben echte Ammonitiden nennen
wollen, gehören Bactrites und Gon. compressus jedenfalls nicht.
Allein das ist auch, wenn wir die geologische Aufeinanderfolge
aller dieser Formen in’s Auge fassen, von vornherein kaum zu
erwarten; denn mit Bactrites und Gon. compressus befinden wir
uns in den ersten uns bekannten Anfängen des Ammonitiden-
Namens. Freilich bestehen schon in diesen alten Zeiten beide
Gruppen, die Asellati spiruliformes und Asellati ammonitiformes
neben einander, und die Frage muss entstehen, ob wir in
ersteren etwa mit Spirula nächst verwandte Formen vor uns
haben, welche zu den letzteren nur in ferneren Beziehungen
stehen. In einer früheren Arbeit?) wurde diese Frage bereits
erörtert, und es ergab sich, dass die Asellati spiruliformes in
Bezug auf ihre Anfangskammer eine Mittelstellung
zwischen den Ammonitiden und Spiruliden nebst Belemnitiden
einnehmen. Da nun aber die Schale des erwachsenen
Thieres durch die übrigen der Gruppe der Nautilini ange-
hörigen Goniatiten den Ammonitiden doch näher stehen dürfte
als den Spiruliden, so scheint es gerechtfertigt, die Asellati
spiruliformes den Ammonitiden als eine Unterabtheilung zu-
zurechnen.
Es sei mir zum Schlusse gestattet, Verwandtes hier anzu-
knüpfen.
1) Palaeontographica, Bd. 27, pag. 19. Hierher gehören Gon. evexus
und andere Nautilini, ferner Simplices und Primordiales.
2) Ebenda pag. 25—29.
9
In Palaeontographica Bd. 27, pag. 25 hatte ich eine von
Hyarr abgebildete erste Sutur von Goniatites diadema bespro-
chen, welche — was bei einer ersten Sutur sonst nie der Fall
ist — einen tiefen Aussenlobus aufweist. Ich suchte die Ent-
stehung dieses scheinbaren Lobus auf eine Verletzung des
Steinkernes zurückzuführen und übersah dabei zu meinem Be-
dauern, dass Hyarr dies selbst bereits im Text gethan hatte.
Hyırr beklagt sich darüber!), dass ich in meinen frü-
heren Arbeiten über die Entwickelungsgeschichte der fossilen
Cephalopoden seine Untersuchungen über denselben Gegenstand
nicht genügend hervorgehoben habe. Meine betreffenden Ar-
beiten umfassen 97 Seiten, und auf diesen ist der Name Hyarr
in Cursivschrift 29 Mal zu lesen, d.h. im Durchschnitt kommt
auf je 3'/, Seiten einmal sein Name! Freilich bin ich nicht
immer derselben Ansicht wie Hyatt gewesen, habe auch hie
und da eine von demselben aufgestellte Ansicht angegriffen.
Wenn sich übrigens einst herausstellen sollte, dass bei den
Nautiliden wirklich, wie Hyarr annimmt, der jetzt sichtbare
Anfang der Schale nicht die wahre Anfangskammer ist, so
würde mich das ausserordentlich freuen; denn die Sache steht
mir viel zu hoch, als dass persönliche Empfindungen sich dabei
in den Vordergrund drängen könnten. Daher unterlasse ich
auch eine Antwort auf diejenigen Bemerkungen Hyarr's, welche
persönlicher Natur sind.
2 21 ıS. :e,
10
2, Schmelzversuche mit Pyroxenen und Amphibolen
und Bemerkungen über Olivinknollen.
Von Herrn Artuur BECKER ın Leipzig.
Es erschien mir von Interesse, der Frage, ob das Krystall-
system der verschiedenen Pyroxene lediglich von der chemi-
schen Zusammensetzung derselben bedingt sei, experimentell
näher zu treten. Ich habe daher eine Reihe von Versuchen
in der Weise angestellt, dass ich eine Anzahl von Pyroxenen
und Amphibolen in einem Ofen nach LecLere und For-
QUIGNON zu einer Flüssigkeit schmolz, dann einen Theil der
Schmelze rasch abkühlte, um mich zu überzeugen, dass hierbei
ein vollständig amorphes Glas entstand, den Rest aber längere
Zeit (83— 36 Stunden) auf einer möglichst nahe unter dem
Schmelzpunkt liegenden Temperatur erhielt und dann langsam
erkalten liess. Auf diese Weise erreichte ich, dass fast die
ganze Schmelze krystallinisch erstarrte, nur der oberste Theil
derselben zeigte bei einigen Versuchen noch etwas amorphe
Substanz. In folgenden Zeilen will ich nun über die haupt-
sächlichsten dieser Experimente kurz berichten.
1. Rhombische Mineralien. Hypersthen von der
Pauls-Insel bei Labrador, Bronzit von Kupferberg und En-
statit von Bamle in Norwegen wurden jeder für sich im
Platintiegel einer möglichst hohen Temperatur ausgesetzt; es
gelang, diese Mineralien, auch den sehr schwer schmelzbaren
Eustatit, so weit zu verflüssigen, dass ein hineingetauchter
Drath mit einem dünnen Ueberzug geschmolzener Masse ver-
sehen wurde. Die Structur der erstarrten Schmelze ist ganz
verschieden von derjenigen der ursprünglichen Mineralien, was
ein fernerer Beweis dafür ist, dass hier Neubildungen vorliegen.
Das Erstarrungsproduct besteht meist aus einem Aggregat von
länglichen, mehr oder weniger deutlich contourirten Krystallen,
von welchen immer mehrere parallel neben einander liegen und
optisch gleich orientirt sind. Die Hypersthenkrystalle erschei-
nen ziemlich lebhaft gelblichbraun gefärbt, die Bronzite etwas
lichter, die Enstatite fast farblos. Die Schmelzproducte sind
fast durchweg doppelt brechend, mithin krystallinisch; nur
wenige Stellen der Bronzitschmelze polarisiren undeutlich und
11
in einem Präparat kommen auch spärliche Fetzen braunen
Glases vor.
Die Krystalle löschen sämmtlich deutlich parallel ihrer
Längsrichtung aus, können mithin nur als rhombisch ange-
sehen werden. Sie erscheinen im polarisirten Licht mit leb-
haften Farben; die Hypersthene zeigen mitunter einen schwa-
chen Dichroismus. Beim Bronzit und besonders beim Hyperthen
haben sich zahlreiche, meist rundlich contourirte Opacite aus-
geschieden; einzelne derselben weisen jedoch Formen auf,
welche als Octaöder-- Durchschnitte zu deuten sind und daher
wohl dem Magneteisen angehören dürften. Der Enstatit ent-
hält, seinem geringen Eisengehalt entsprechend, nur relativ
wenige bräunliche Körnchen. Diese dunkeln Partikelchen sind
bei den Schmelzproducten aller drei Mineralien häufig in Reihen
angeordnet, welche die einzelnen Pyroxenkrystalle von ein-
ander trennen, mitunter sind sie auch in den letzteren ein-
geschlossen. Andere Interpositionen wurden, abgesehen von
einigen ganz vereinzelten Glaseinschlüssen, nicht bemerkt.
Die Anthophyllite von Lancaster County in Penn-
sylvanien und von Kiennerud bei Kongsberg wurden trotz ihrer
Strengflüssigkeit mehrfach vollständig geschmolzen. Die er-
starrten Schmelzmassen, welche in 12 Schliffen untersucht
wurden, gleichen im Allgemeinen sehr den eben besprochenen;
sie bilden Aggregate von länglichen, fast farblosen, etwas
grünlichen Krystallen mit einzelnen hellbraunen Flecken. Das
Schmelzproduct des norwegischen Vorkommens enthält relatıv
zahlreiche dunkle, eisenhaltige Partikelchen, dasjenige des
amerikanischen fast gar keine. Die Schliffe, welche parallel
der Längsrichtung der Krystalle angefertigt wurden, weisen
vielfach rechtwinklig zu einander verlaufende Längs- und Quer-
sprünge auf, parallel welchen auch stets die Auslöschung
stattfindet, so dass hier wohl jedenfalls eine rhombisch kry-
stallisirte Substanz vorliegt. Die Präparate, welche ungefähr
senkrecht zu der Längsaxe der Krystalle geschliffen wurden,
zeigen vielfach augitische Spaltbarkeit, dabei häufig die auch
für Pyroxen characteristischen rauhen, etwas wellig verlaufen-
den Sprünge, und lassen ferner mehrfach achteckige Krystall-
durchschnitte erkennen, welche nur als einem augitischen Mi-
neral angehörig gedeutet werden können. Von Hornblendespalt-
barkeit, welche bei den natürlichen Vorkommnissen sehr deutlich
auftritt, ist in den Schmelzproducten keine Spur zu erblicken.
Der geschmolzene Anthophyllit ist also als rhombischer
Pyroxen erstarrt, was auch a priori zu vermuthen war, da
ja erfahrungsmässig die Amphibole nach der Schmelzung beim
Erkalten augitisch krystallisiren.
2. Monokline Mineralien. Das Schmelzproduct der
12
Augite aus dem Basalt vom Wolfsberg bei Ogernosin in
Böhmen besteht aus einem Aggregat kleiner, fast farbloser,
monokliner Augite, zwischen welchen sich viele kleine,
unregelmässig gestaltete Fetzen einer sehr dunkeln, jedenfalls
stark eisenhaltigen Substanz eingeklemmt finden.
Hornblende von demselben Fundort ergab Folgendes:
Der obere Theil der Schmelze ist als ein ziemlich dunkles, im
durchfallenden Lichte braunroth erscheinendes Glas ohne Diffe-
renzirung erstarrt, der untere Theil jedoch lässt in einer gelben,
glasigen Grundmasse zahlreiche grössere, bräunlich - violette,
scharf contourirte monokline Augite und eine sehr grosse
Menge kleiner, heller Augitmikrolithe, meist rundlicher Ge-
stalt, erkennen. Bemerkenswerth erscheint hierbei die geringe
Anzahl von braunen und die gänzliche Abwesenheit von
schwarzen, opaken, eisenhaltigen Partikelchen.
Ein anderer Versuch mit Hornblende von demselben
Vorkommen, bei welchem die Temperatur der Schmelze wäh-
rend der Krystallbildung, im Anfang wenigstens, wohl eine
etwas höhere war, ergab ein vollständig anderes Resultat:
das Erstarrungsproduct besteht aus einer bräunlichen, glasigen
Substanz, aus welcher einige vollständige und viele fragmen-
tarische Olivinkrystalle hervortreten, die vielfach Einschlüsse
der Grundmasse enthalten. Die Bildung dieses Minerals ist
hier insofern erklärlich, als sich dasselbe nach zahlreichen
Erfahrungen von mir und Anderen leicht in einem Schmelz-
flusse bildet, wenn derselbe längere Zeit in einer ziemlich hohen
Temperatur erhalten wird, vorausgesetzt natürlich, dass die
chemische Constitution des Magmas überhaupt die Bildung von
Olivin gestattet. Ausserdem hat sich eine beträchtliche An-
zahl von braunen, unregelmässig contourirten, schwach polari-
sirenden und etwas dichroitischen Blättchen ausgeschieden, wie
ich deren bereits bei einem früheren Schmelzversuch !) erhielt.
Bei einigen derselben lässt sich eine Auslöschungsschiefe von
etwa 2—9° gegen ihre Längsrichtung erkenneu. Sie sind nach
diesem Versuch unbedingt neue Ausscheidungen und nicht
„unvollkommen gelöste Mineralpartikelchen“, was ich damals
dahingestellt sein liess. Sollten hier Neubildungen von Horn-
blende vorliegen? Ganz ähnliche braune Schuppen kommen
auch mitunter in den natürlichen Basalten vor; sind sie in
diesen vielleicht dadurch entstanden, dass durch eine zufällige
nachträgliche Temperaturerhöhung die basaltische Hornblende,
welche ja leichter schmilzt als Augit°), wieder verflüssigt
wurde und sich dann bei der Erstarrung analog diesem Ver-
such in Olivin, Glas und eben diese Gebilde zerlegte?
!) N. Jahrbuch f. Min. etc. 1883, Bd. II, pag. 9.
Br
13
SOMMERLAD !) und BLeißrreu?) haben ihrer Beschreibung
nach sehr ähnliche Blättchen in Basalten beobachtet; ersterer
hält sie für Amphibol, letzterer für Biotit.
3. Von triklinen Mineralien wurden folgende zu
diesen Versuchen verwandt: Rhodonit von Jekatherinenburg
im Ural, Rhodonit von Längbaushytta in Schweden, Rho-
donit mit Hornstein verwachsen von Elbingerode im Harz,
Bustamit von Campiglia in Toscana, Fowlerit von Franklin
in New-Jersey, Babingtonit von Herbornseelbach in Nassau
und endlich Babingtonit von Arendal. Alle diese Pyroxene
lassen sich relativ leicht verflüssigen und erstarren selbst bei
ziemlich schneller Abkühlung krystallinisch. Besonders ist dies
der Fall bei den Rhodoniten und Bustamiten. Diese
beiden erscheinen nach der Schmelzung als ziemlich gut aus-
gebildete längliche Krystalle; erstere sind schwach rosa ge-
färbt, letztere gelblich, fast farblos. Sie löschen schief aus,
sind mithin nicht rhombisch, doch lässt sich ihr Krystallsystem
in den Schliffen nicht bestimmen. Der geschmolzene Fow-
lerit krystallisirt beim Erstarren nicht so leicht wie die Rho-
donite, die Schmelzproducte bestehen aber dennoch sämmtlich
aus einem Filz von kleinen Krystallen, welche derartig durch
und neben einander liegen, dass sich die Auslöschung derselben
nicht genau constatiren lässt. Dies wird noch dadurch erschwert,
dass die Spaltbarkeit bei dem natürlichen Fowlerit sowohl
als auch bei den künstlichen Erstarrungsproducten nicht sehr
deutlich ist. Daher eignen sich Dünnschliffe hier auch fast
gar nicht zu optischen Untersuchungen, wohl aber Präparate
aus fein gepulverter Substanz hergestellt, da dieselbe beim
Zerstossen meist in kleine, farblose, längliche Splitter zerfällt.
Das Schmelzproduct zeigt hierbei eine vollkommene Ueberein-
stimmung mit dem ursprünglichen Mineral, indem beide bei
einer Neigung von etwa 2—5° gegen ihre Längsaxe auslöschen.
Sie sind mithin nicht rhombisch, doch konnte ich nicht bestim-
men, ob sie dem monoklinen oder triklinen System angehören.
Beim geschmolzenen Babingtonit hat sich eine solche
Menge Eisen in kleinen, unregelmässigen Körnchen ausgeschie-
den, dass die übrig bleibende Masse nicht mehr als mit dem
natürlichen Babingtonit gleich zusammengesetzt angesehen wer-
den kann. Diese neue Substanz polarisirt sehr stark, doch
lässt sich keine Krystallform und keine Spaltbarkeit erkennen.
Auch im convergenten Licht ist bei den Schmelz-
producten der triklinen Pyroxene das System der gebildeten
Krystalle wegen der kleinen Dimensionen derselben nicht zu
) N. Jahrbuch f. Min. ete., Il. Beilageband, 1882, pag. 151 u. 154.
?) Diese Zeitschr., Bd. XXXV, 1883, pag. 542.
14
bestimmen, besonders da Anhaltspunkte fehlen, um die kry-
stallographische Lage der durch den Schliff gelieferten Durch-
schnitte festzustellen.
Wenn auch mithin nicht mit absoluter Sicherheit zu ent-
scheiden ist, ob die geschmolzenen triklinen Mineralien in
diesem oder im monoklinen System erstarren '), so spricht
doch die in den meisten Fällen sehr grosse Aehnlichkeit der
Schmelzproducte in ihrem ganzen Habitus mit den natürlichen
Vorkommnissen dafür, dass beide auch in ihrem Krystallsystem
übereinstimmen. Bezüglich der rhombischen und mono-
klinen Pyroxene und Amphibole ist aber durch meine Ver-
suche bestimmt nachgewiesen, dass dieselben, wenn sie ge-
schmolzen und in geeigneter Weise abgekühlt worden, wieder
in demselben System krystallisiren, welchem die ursprüng-
lichen Mineralien angehört haben und dass die Glieder der
Hornblendereihe dabei augitisch erstarren. —
Da die mikroskopische Structur des Babingtonits wohl
bisher noch nicht beschrieben worden ist, so dürften vielleicht
folgende Notizen darüber von einigem Interesse sein.
Der Babingtonit von Arendal besteht aus vielen einzelnen,
optisch verschieden orientirten Körnern von unregelmässiger
Begrenzung, welche zum Theil eine deutliche parallele Spaltung
aufweisen; da die beste Spaltbarkeit bei diesem Mineral die
prismatische ist, so kann man die Richtung dieser Sprünge
als ungefähr mit der Prismenkante, also mit der Vertikalaxe c
parallel laufend ansehen. Die Blättchen löschen aus, wenn
diese Spalten mit dem Nicolhauptschnitt einen Winkel von
etwa 40° bilden. Das Mineral ist sehr stark pleochroitisch
und zwar ist die Axenfarbe dunkelgrün für diejenige Elastici-
tätsaxe, welche zu der Vertikalaxe c um ungefähr 40° geneigt
liegt, braun für die in der Schliffläche normal auf ersterer
stehende Elasticitätsaxe. Da die optischen Constanten für den
Babingtonit noch nicht bestimmt sind und mir mein Material
diese Bestimmung auch nicht gestattete, so kann ich nicht
angeben, welche Elasticitätsaxen dies sind. Ferner ist noch
!) Um bezüglich der triklinen, manganhaltigen Pyroxene noch
Genaueres zu erfahren, versuchte ich, dieselben noch auf andere Weise
künstlich darzustellen, indem ich nach LecHorrier’s Angaben (CGomptes
rendues, 1878, tome LAVII, pag. 41) die Bestandtheile derselben mit
einem Ueberschuss von Ca Cl, zusammenschmolz. Ich konnte mit
meinen Apparaten jedoch nur eine etwa 10fach geringere Menge, als
LECHORTIER, anwenden und erhielt vielleicht in Folge dessen bei einer
Reihe von Experimenten nur einige krystallinische Körner, welche im
Allgemeinen augitischen Habitus zeigen, aber nichts für irgend ein
Mineral besonders Charakteristisches erkennen lassen.
19 7,
in einigen Theilen des Schliffes eine weniger deutliche, unge-
fähr den Augitwinkel zeigende Spaltbarkeit zu bemerken. An
vielen Stellen, besonders längs der Sprünge, befinden sich An-
sammlungen einer braunen, unbestimmt gestalteten Substanz,
welche wohl als ein meist aus Eisenhydroxyd bestehendes
Zersetzungsproduct anzusehen sein dürfte.
Der Babingtonit von Hernbornseelbach in Nassau, makro-
skopisch schwärzlich grau aussehend, ist fast ganz frisch. Er
weist im Allgemeinen dieselben Eigenschaften auf, wie derjenige
von Arendal, nur sind die Spaltungen bei letzterem viel zahl-
reicher und auch deutlicher erkennbar. Er enthält viele Ein-
schlüsse eines gelben Minerals, welches im Schliff theils in
länglichen, ca. 0,14—0,2 mm langen und ca. 0,05 mm breiten,
theils in undeutlich rundlich contourirten Durchschnitten auftritt,
eine leicht chagrinirte Oberfläche aufweist und schwach dich-
roitisch ist, strohgelb bis blassgelb. Die länglichen Durch-
schnitte desselben löschen ziemlich parallel ihrer längeren
Kante aus. Diesen Eigenschaften zufolge möchte ich das
Mineral für Epidot ansprechen. Uebergänge desselben in Ba-
bingtonitsubstanz konnten nicht constatirt werden. Ausserdem
sind noch Quarze interponirt, welche die Pyramide mit dem
Prisma oft gut erkennen lassen; diese werden nach dem Rande
des Handstücks zu grösser und häufiger und schliesslich geht
der Babinstonit ganz in Quarz über, an welchen sich eine
schmutzige, braune Verwitterungskruste, vermuthlich dem Mutter-
gestein angehörend, anschliesst. Einzelne der Quarze enthalten
stäbchen- und blättchenförmige Einschlüsse einer dunkelrothen
Substanz, vielleicht Eisenglanz oder Rutil; deutliche Krystall-
formen dieser Interpositionen sind nicht zu sehen.
Die in den vorstehend erwähnten Versuchen behandelte
Frage, wie geschmolzener Pyroxen erstarrt, ist nach DOoELTER
und HussaX!) „von grosser Wichtigkeit für die Kenntniss der
Entstehung der Olivin-Bronzit- Gemenge in Basalten“; sie
meinen nämlich ?) die von ihnen beobachtete Erscheinung, dass
in dem Basalttuff von Kapfenstein bei Gleichenberg Bronzit-
körner von einer Schale des braunen, basaltischen, monoklinen
Augits umgeben sind, durch die Annahme einer Umschmelzung
des rhombischen Pyroxens in basaltischen, monoklinen Augit
erklären zu können. Dies kann ja auch wohl berechtigt sein ;
denn obgleich für sich allein geschmolzener Bronzit auch
wieder rhombisch erstarrt, so ist doch nicht undenkbar, dass
ı) N. Jahrbuch f. Min. etce., 1884, Bd. I, pag. 28 ff.
zer nar. 29.
16
wenn dieses Mineral von einem basaltischen Magma umschlossen
wird, eine Randzone desselben abschmilzt, die dadurch ent-
stehende, mehr oder minder flüssige Masse aber sich mit dem
Magma vermengt und dann beim Erkalten eine Schale des
monoklinen, von dem Bronzit auch chemisch verschiedenen
Augits um jenen bildet.
Wenn ich nun auch für meinen Theil die angeblich grosse
Wichtigkeit der angeführten Erscheinung für die Kenntniss
der Genesis der Olivinknollen nicht recht anzuerkennen vermag,
so möchte ich doch bei dieser Gelegenheit einiges bezüglich
dieser letzten Frage hier hinzufügen. Von den zwei Auffassun-
gen, welche sich in dieser Oontroverse bekanntlich gegenüber-
stehen, ist in den letzten Jahren die eine, welche die Olivin-
knollen für Einschlüsse fremder Gesteinsbruchstücke hält, von
SANDBERGER !), BLEIBTREU ?) und mir?) vertreten worden, wäh-
rend sich für die andere, welche die fraglichen Gebilde für.
Ausscheidungen aus dem basaltischen Magma ansieht, kürzlich
Rosexngusch *), MüsgE°’) und DoELTER und Hussar®) ausge-
sprochen haben. Letztere zwei Autoren theilen eine Reihe
ihre Ansicht bekräftigender Beobachtungen mit, auf welche ich
etwas näher eingehen will. Sie fanden, wenn ich sie recht
verstanden habe, in dem Basalttuff von Kapfenstein ausser
Olivinknollen die verschiedenen, diese Gebilde zusammensetzen-
den Mineralien einzeln vor, ferner noch Hornblende und
Biotit, in den krystallinisch erstarrten Basalten jedoch
nur zusammenhängende Ölivinknollen und einzelne Picotit-
körner. Diese Thatsache lässt sich nun meiner Ansicht nach
so auffassen, dass die Olivinknollen im Tuff zum Theil zer-
sprengt wurden, sei es durch hohe Temperatur, sei es durch
mechanische Gewalt, im ruhig fliessenden Basalt aber nur eine
randliche Abschmelzung erlitten; eine Begründung der Theorie,
dass die Olivinknollen sich aus dem basaltischen Magma aus-
geschieden haben, vermag ich aber hierin nicht zu sehen.
Ferner führen sie an’), dass die Picotite der Knollen
öfters von einem Opacitsaum nmgeben seien, diejenigen des
Olivinfelses dagegen nicht, und sind geneigt auch in diesem
angeblichen Gegensatz einen Grund wider die Umschliessungs-
theorie zu erblicken. Dem mag aber entgegengehalten werden,
») N. Jahrbuch f. Min etc., 1866, pag. 395 ff.; 1867, pag. 172 ff. —
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1883, pag. 53 u. 99.
2) Diese Zeitschr., XXXV, 1883, pag. 489 ft.
3) Ibidem XXXII, 1881, pag. 31 ff.
%) N. Jahrbuch f. Min. ete., 1882, I, pag. 416 der Ref.
5) Ibidem 1884, II, pag. 364 der Reef.
°) Ibidem 1884, I, pag. 19.
Dale pag. 29!
ha a a rail > br a
En Gr a re TE en na an le nn an N ba ET ne
17
dass die Picotite des Olivinielses von Portet in den Pyrenäen
häufig dunkle Randpartien aufweisen, welche indessen nur
selten vollständig gleichmässige Umrandungen der Krystall-
körner bilden, sondern sich meist bloss auf einer Seite der-
selben finden oder auch längs Spalten und Sprüngen in die
Chromitsubstanz eindringen.
Dieselben Verfasser sprechen auch noch!) von einem
Olivinknollen von Picos, S. Thiago, Capverden, welcher nur
aus Olivin und Augit besteht, und bemerken dann richtig, dass
auch ich?) einen derartigen lediglich aus Augit bestehen-
den Knollen erwähnt habe, in welchem beide von mir für
Ausscheidungen gehalten worden seien; ich habe aber nur
gesagt, dass mir das für den letzeren so scheine, bezüglich
des ersteren liess ich es zweifelhaft. Inzwischen hat BLeis-
TREU?) eine ganze Reihe derartiger Gebilde beschrieben und
dabei durch Constatirung von Uebergängen nachgewiesen, dass
dieselben als stark veränderte Olivinknollen angesehen werden
müssen und nicht als Ausscheidungen, zu welchem Resultat ich,
da mir nur zwei vereinzelte Vorkommnisse vorlagen, nicht
gelangen konnte.
An einer anderen Stelle‘) erwähnen sie einen Olivinknollen
aus dem Basalttuff von Kapfenstein, welcher Hornblende ent-
hält, und fügen dann hinzu, dass dieselbe sich häufig in den
basaltischen Olivinknollen finden, aber noch in keinem anste-
henden Olivinfels bemerkt worden sei. Aus eigener Anschau-
ung kenne ich nun zwar keinen Olivinfels, welcher Hornblende
ührt, da das Mineral, welches ich°) früher irrthümlich für
Amphibol gehalten habe, sich bei genauerer Untersuchung als
stark pleochroitischer Pyroxen erwies; wohl aber erwähnt
unter Anderen Rosengusch °) mehrfach Olivin-Pyroxen-Gesteine
mit accessorischer, wenn auch nicht häufig vorkommender Horn-
blende. Uebrigens haben weder Breisrezu noch ich Amphibole
in den vielen untersuchten Olivinknollen gefunden, sie treten
also jedenfalls ziemlich selten in denselben auf.
Ferner geben DoeLrer und HussaX an’), dass bei ihren
Versuchen secundäre Glaseinschlüsse und andere Veränderungen
der Olivine und Augite der Olivinfelsbruchstücke, welche sie
in geschmolzenen Basalt brachten, nur au den Contaststellen
zu constatiren seien, während die natürlichen Olivinknollen,
D) 1. e. pag. 30.
2) Diese Zeitschr. 1881, XXXIIl, pag. 57.
?) Ibidem 1883, XXXV. pag. 542 fi.
*) N. Jahrbuch f. Min. ete., 1884, I, pag. 30.
®) Diese Zeitschr. 1881, XXXIII, pag. 33.
6) Massige Gesteine, Stuttgart, 1877, pag. 530 ff.
) N. Jahrbuch f. Min. ete., 1884, I, pag. 27.
Zeitsehr. d.D. geol. Ges. XXXV11. 1. 2
18
selbst diejenigen von Kopfgrösse, durchweg, also auch im
Inneren, ein „Angegriffensein“ aufweisen. Dies letztere würden
sie nun nach meiner Ansicht auch erreicht haben, wenn sie
den Versuch einfach eine längere Zeit fortgesetzt hätten.
Endlich heisst es !): „Becker giebt als Grund des Nicht-
vorkommens der Olivinknollen in Tephriten, Phonolithen, Tra-
chyten den höheren Schmelzpunkt der letzteren Gesteine an;
dagegen sprechen spätere Versuche von einem von uns, welche
zeigten, dass Nephelinite und olivinfreie Basaltgesteine leichter
schmelzen, als benachbarte Olivin-Basalte.“ Ich nehme an,
dass unter „olivinfreien Basaltgesteinen“ Tephrite gemeint sind,
da ich diesen Ausdruck sonst nicht verstehe; dann ist das
derselbe Einwurf, den bereits RosenguscH ?) gemacht hat und
welchem er hinzugefügt: „Vor allen Dingen aber muss man
dann fragen: wo bleibt die Magnesia “der eingeschmolzenen
Olivinfelsfragmente?“ Hierauf möchte ich Folgendes erwiedern:
Nephelinite und Tephrite spielen geologisch dieselbe Rolle wie
die Basalte und sind denselben auch in chemischer Hinsicht
ähnlich. Nun giebt es aber zahlreiche Basalte ohne Olivin-
knollen; ebensogut können doch auch Nephelinite und Tephrite
ohne dieselben vorkommen. Ferner ist es auch denkbar, dass
einige dieser Gesteine, wenn sie ein Olivinfelslager durchbrachen,
die mitgerissenen Bruchstücke zum Theil auflösten und dann,
unter Wiederausscheidung des gelösten Olivins in einzelnen
Körnern, als Basalte erstarrten, und zwar können sie dann
gerade durch die Magnesiaaufnahme etwas schwerer schmelzbar
geworden sein als sie ursprünglich waren. Uebrigens sind die
Nephelinite und Tephrite in der Literatur bisher so wenig
streng von den Basalten geschieden worden, dass wohl noch
fernere Beobachtungen nöthig sein dürften, um das Verhältniss
dieser Gesteine zu einander festzustellen, wobei leicht neues
Licht auf die hier behandelte Frege fallen könnte. So wäre
es z. B. nicht unmöglich, dass sich Nephelinite oder Tephrite
fänden, welche Olivinknollen enthalten. Was die Frage nach
dem Verbleib der Magnesia betrifft, so ist hervorzuheben, dass
der Magnesiagehalt der Trachyte nach den von Roru veröffent-
lichten Analysen zwischen 0,26°/, und 3,34°/,, derjenige der
Basalte von 0,30 bis 15,81°, schwankt, dass mithin die
chemische Zusammensetzung dieser Gesteine der Hypothese,
dass einige Trachytmagmen Olivinfelsbruchstücke eingeschmolzen
haben und dadurch SiO,-ärmer und MgÖ-reicher geworden
sind als sie erst waren, nicht widerspricht; denn nach den
eben mitgetheilten Analysen kann ein ursprünglich Mg O-armes
») N. Jahrbuch f. Min. etc. 1884, I, pag. 28.
2) Ibidem 1882, I, pag. 417 der Ref.
Trachytmagma 6—8°/, Olivinfelsbruchstücke aufnehmen und
und sich assimiliren und dann immer noch als Trachyt erstarren.
Manche ursprünglich trachytische Magmen können auch durch
reichlichere Aufnahme von Olivinfelsfragmenten derartig ver-
ändert worden sein, dass sie sich dann überhaupt nicht mehr
als normale Trachyte verfestigen konnten. Worr!) erwähnt
z. B. den Laacher Trachyt, welcher einzelne Mineralien des
Olivinfelses — jedenfalls nicht vollständig gelöste Einschlüsse
— enthält, aber auch chemisch und mineralogisch ziemlich
stark von dem benachbarten typischen Trachyt abweicht.
BLEIBTREU?) spricht sogar, allerdings unter Vorbehalt. die
Ansicht aus, die Olivinfelsbruchstücke seien wesentlich für
die Basalte; diese wären eben gar keine Basalte, wenn sie
nicht grosse Mengen von Olivinfelsmassen aufgelöst hätten;
die letzteren seien gewissermassen als Bunsen’s normalpyroxe-
nischer Heerd anzusehen. Dies dürfte indessen wohl etwas
zu weit gegangen sein.
RosEnBUSCH gegenüber möchte ich ferner noch erwähnen,
dass ich den Rath?) des geehrten Forschers befolgt habe, indem
ich Olivinfelsbruchstücke in Basaltpulver vollständig schmolz
und möglichst langsam abkühlen liess; ich erhielt bei einer
Anzahl derartiger Versuche stets eine gelbliche bis braune
Grundmasse, in welcher sich zahlreiche Olivine und kleine
eisenhaltige Partikelchen verschiedener Gestalt ausgeschieden
hatten; mitunter treten wenige bräunlich - violette, monokline
Augite und sehr wenige Feldspathleistchen hinzu. Die Elemente
des Basalts sind also vorhanden, wenn auch das Ganze durch-
aus nicht den Charakter dieses Gesteins zeigt, da die Mengen-
verhältnisse der einzelnen Mineralien und die Structur des
Schmelzproducts gar nicht mit dem natürlichen Basalt über-
einstimmen. Von Aggregationen einzelner Mineralien aber,
oder von rhombischen Pyroxenen oder Picotiten ist
nichts zu sehen.
Mücsz sagt in seinem Referat *) über BLEiereeu’s Arbeit
über basaltische Einschlüsse: „Ein stärkerer Beweis für die
Einschluss-Theorie..... würde dann vorliegen, wenn sich die
Beobachtung des Verfassers als richtig erweisen sollte, dass
kleine Basaltgänge und Kuppen in der Regel weit reicher an
Olivinknollen sind als ausgedehnte Decken, welche wegen ihrer
grösseren Masse und Dünnflüssigkeit im Stande waren, etwaige
Einschlüsse vollkommener zu resorbiren.*“ Hierzu möchte ich
1) Diese Zeitschr., Bd. XX, pag. 66.
2) Ibidem Bd. XXXV, 1883, pag. 554.
3) N. Jahrbuch f. Min. ete., 1882, II, pag. 418 der Ref.
*) Ibidem 1884, Il, pag. 364 der Ref.
20
bemerken, dass SANDBERGER !) bereits die gleiche Beobachtung
wie BLeistLeu gemacht hat und zahlreiche Beispiele dazu an-
führt, was auch schon früher von mir ?) erwähnt worden ist.
In Vorstehendem glaube ich zahlreichen Einwänden gegen
die Einschlusstheorie begegnet zu sein, andere wenigstens stark
entkräftet zu haben und wenn ich auch nicht verkenne, dass
meine Auffassung der Genesis der Olivinknollen zu ihrer Er-.
klärung manche nicht ganz einfache Voraussetzungen erfordert,
so ist doch andrerseits die Ausscheidungstheorie zu nicht minder
complieirten Annahmen genöthigt, so z. B. zu derjenigen, dass
sämmtliche olivinknollenführende Basaltmagmen gleichmässige
Temperaturschwankungen durchmachten, nämlich zunächst eine
Abkühlung, wobei sich eben die Knollen ausgeschieden haben
sollen, dann wieder eine Erwärmung, wobei dieselben corrodirt
wurden, und dass nachher erst die endliche Festwerdung erfolgte.
Ich meine, dass die theoretische Behandlung dieser Frage
überhaupt nicht der richtige Weg zu ihrer Lösung ist; die
‘Hauptsache bleiben vielmehr ausser geologischen Beobachtungen
an den Lagerstätten mikroskopische Untersuchungen und geeig-
nete Experimente. Diese haben nun sowohl BLEIBTREU als
mich zu der Ueberzeugung gedrängt, dass die Olivinknollen
Einschlüsse fremder Gesteinsbruchstücke seien, und so lange
sich nicht ganz absolut entscheidende andere Gründe dagegen
ergeben, muss ich an dieser Ansicht festhalten.
Schliesslich möchte ich noch daran erinnern, dass sich
SANDBERGER kürzlich von Neuem°) für die Einschlussnatur der
Olivinknollen erklärt hat. Derselbe fand nämlich in dem be-
kannten Limburgit-artigen Gestein von Naurod im Taunus
zahlreiche dieser Gebilde neben einer grossen Menge von Ge-
steinstrümmern, welche unbestreitbar Einschlüsse sind, wie
Serieitschiefer, Gneiss, Granit, Quarzit ete., und zwar unter
Verhältnissen, welche ihm keinen Zweifel daran lassen, dass
alle diese Fragmente auf gleiche Weise in das Gestein ge-
langt sind.
’) Sitzungsber. d. k. bayr. Akad. d. Wiss., 1872, pag. 173 ff.
?) Diese Zeitschr., XXX, 1881, pag. 63.
») Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1883, pag. 52.
2 Di a Re
21
3. Die Korallenfauna des Oberdevons in Deutschland.
Von Herrn Frırz Freca ın Berlin.
Hierzu Taf. I—XI.
Einleitung.
Die oberdevonischen Korallen Deutschlands sind bereits
mehrfach Gegenstand der Bearbeitung geworden; jedoch fehlte
es bisher an einer zusammenfassenden Darstellung, welche wohl
um so mehr begründet ist, als die betreffende Literatur zum
grösseren Theil aus älterer Zeit stammt und die Kenntniss der
palaeozoischen Korallen seitdem durch die bahnbrechenden
Arbeiten von Kuntn und NicHoLsos auf neuer Grundlage
aufgebaut ist. |
Der erste Theil vorliegender Arbeit enthält einen kurzen ge-
schichtlichen Ueberblick und Bemerkungen über die Zusammen-
_ setzung und Bildung des Kalkgerüsts bei palaeozoischen Ko-
rallen. Dann folgt die systematische Beschreibung der ver-
schiedenen Gattungen und Arten. Den letzten Theil bildet
eine Uebersicht der horizontalen und verticalen Verbreitung der-
selben in Deutschland und Europa überhaupt, sowie die daraus
zu ziehenden stratigraphischen Folgerungen; daran schliesst sich
die kurze Darstellung des geologischen Vorkommens der Ko-
rallen- und eine vergleichende Betrachtung der für die ab-
weichenden Faciesbildungen charakteristischen Faunen. Auf
die Stammesgeschichte der palaeozoischen Korallen im Zu-
sammenhang einzugehen, erscheint wegen der Lückenhaftigkeit
der vorliegenden Thatsachen nicht ausführbar.
Das bearbeitete Material stammt von folgenden Fund-
orten: Stollberg, Frankenberg und Cornelimünster bei Aachen;
Velbert im Bergischen; Langenaubach bei Haiger!), Löhren
bei Dillenburg, Sessacker und Beilstein bei Oberscheld (sämmt-
lich in Nassau); Ammenau-Oberndorf bei Marburg’); Enkeberg
bei Brilon; Martenberg bei Adorf in Waldeck; Grund und
Rübeland im Harz; Schübelhammer, Elbersreuth, Steinach
1) Ueber diesen neuen Fundort wird ein besonderer Aufsatz im
laufenden Jahrgang dieser Zeitschrift erscheinen.
2) H. Prof. von Kornen hat mich freundlichst auf dies neue Vor-
kommen aufmerksam gemacht.
22
und Geigen im Fichtelgebirge; Oberkunzendorf und Ebersdorf
in Schlesien. Von ausserdeutschen Fundorten liegen zahlreiche
Korallen aus Belgien (von Namur, Couvin, Verviers und Chaux-
fontaine) und Nordamerika (Rockford, Jowa), suwie eine reich-
haltige Sammlung von Torquay (Devonshire) zum Vergleiche vor.
Die verarbeiteten Versteinerungen habe ich zum grossen
Theile selbst bei Langenaubach, Brilon, Adorf, Grund und Rübe-
land gesammelt. Zum anderen Theile verdanke ich dieselben
der liebenswürdigen Zuvorkommenheit der Herren Professor BE-
NECKE in Strassburg, Geh. Rath Berrıch und Professor Dauss
in Berlin, Oberbergbauptmann vos DrcHzn Exc. in Bonn, Geh.
Rath Düunker in Marburg, Bergrath vox Groppeck in Clausthal,
Oberbergdirector von GüußEL in München, Professor Kayser in
Berlin, Prof. von K&sex in Göttingen, Dr. E. Kokex in Berlin,
Landesgeologe Dr. LorErz in Berlin, Obersteiger MÜrLer in Adorf,
Geh. Rath F. Reumer in Breslau, stud. rer. mont. SIEMENS in
Clausthal, cand. phil. Storrert in Grund und Professor ZITTeEL
in München. Allen diesen Herren, insbesondere Herrn Geh.
Rath F. Ramer, der mir eine reiche Sammlung von Torquay
zur Verfügung stellte, und Herrn Bergrath von GRroDDEcK, der
durch Uebersendung der A. Ramer’schen Originale die Kritik
derselben möglich machte, spreche ich hier meinen ergebensten
Dank aus. Vor allem zu Danke verpflichtet bin ich jedoch
Herrn Professor Daues für die beständige Unterstützung, die
er mir bei meiner Arbeit zu Theil werden liess.
I. Geschichtliches.
Die ersten wissenschaftlichen Beschreibungen oberdevoni-
scher Korallen stammen von Gorpruss!) und beziehen sich
auf das Vorkommen bei Aachen. Ihm schloss sich einige Jahre
später Graf Münster?) mit der Veröffentlichung der Anthozoen
aus dem Clymenienkalk des Fichtelgebirges an. Dann haben
MıLxe Epwarns und J. Hamm in den beiden grundlegenden
Werken über fossile Korallen ®) auch die Kenntniss der ober-
devonischen Formen durch die Beschreibung zahlreicher neuer
Arten und Gattungen (Endophyllum, Phillipsastrea, (lisiophyllum)
1) Petrefacta Germaniae, I, T. 17, F. 3, T 19, F. 3, 4. 1826 — 33.
>) Beiträge zur Petrefaetenkunde, I (Petraia), pag. 42 ff, T.3 und
Il (Cyathophyllum priscum) T. 9.
3) Monographie des polypiers fossiles des terrains nalen
Archives du museum d’histoire naturelle, T. V., Paris 1851 (abgekürzt:
Pol. Pal.) und a Monograph of the british fossil corals. Als besonderes
Werk und in den Abhandlungen der Palaeontographieal Soeiety. London
1850: Einleitung und Gattungsdiagnosen. 1853: Devonian Corals. Ab-
gekürzt: Brit. Foss. Cor.
23
wesentlich erweitert. Bald darauf bearbeitete Fr. A. Ranmer !)
die Anthozoen des Oberdevons von Grund und Rübeland wesent-
lich im Anschluss an MıLne Epwarpos, nachdem er schon vor-
her einzelne Arten von dort in den „Versteinerungen des
Harzgebirges“ (1843) veröffentlicht hatte.
Ganz neue Gesichtspunkte für die Auffassung der palaeo-
zoischen Korallen eröffnete Kuntu in seinen „Beiträgen zur
Kenntniss fossiler Korallen“ ?) durch den Nachweis der bilateral
symmetrischen Anordnung der Septa. Auch für die Kenntniss
der oberdevonischen Korallen ist die von ihm herrührende
Neubegrenzung der Gattungen Phillipsastrea M. E. et H. und
Fetraia Münst. von hervorragender Wichtigkeit?). Nicht zu
den geringsten Verdiensten Kunrta’s gehört die Beseitigung des
unbrauchbaren Systems von Lupwıe*). Letzterer hat |. c. auch
oberdevonische Anthozoen als neu beschrieben, die jedoch meist
mit früher bekannten Arten übereinstimmen. Wesentlich auf
Kunt#’s Forschungen fussend gab Dysowskı als Einleitung zu
seiner Monographie der baltischen Silurkorallen °) eine über-
sichtliche, wenn auch nicht immer auf richtigen Voraussetzun-
gen beruhende Darstellung von dem Aufbau des Kalkge-
rüsts bei den Tetrakorallen. Leider ist das in dieser Arbeit
aufgestellte System zu schematisch und künstlich und daher
im Ganzen nicht anwendbar, wenngleich die beiden Haupt-
abtheilungen der Tetrakorallen „Inexpleta“ und „Expleta“ wohl
beizubehalten sein dürften. Im Besondern sind die Gattungen
der stockförmigen Korallen des Oberdevons (Phillipsastrea und
Verwandte), die dem Verfasser nicht durch eigene Anschauung
bekannt waren, in der Familie „Aracknophyllidae“®) unzutreffend
abgegrenzt. Andrerseits wurden zwei bei Oberkunzendorf vor-
kommende Korallen, Spongophyllum pseudovermiculare (s. u. bei
Endophyllum priscum) und Fascicularia Kunthi (s. u. bei Cyatho-
phyllum) von ihm beschrieben. ‘)
Einige Jahre später hat dann ScaHLÜüTer®) durch Ver-
öffentlichung wichtiger neuer Formen (Darwinia) und Richtig-
stellung der Diagnosen von schon bekannten Arten die Kennt-
1) Beiträge zur geologischen Kenntniss des nordwestlichen Harz-
gebirges, III. 1855. (Als besonderes Werk und in den Palaeontogra-
phieis Bd. 5) Abgekürzt: Harz 11.
2) Diese Zeitschr. Bd. 21, 22, 1869 — 70.
3) Ibidem Bd. 22, pag. 30—42, T. 1.
+) H. Lupwıc, Corallen aus palaeolithischen Formationen. Palae-
ontogr. Bd. 14.
5) Archiv für die Naturkunde Liv-, Esth- und Kurlands, Bd. V,
Dorpat 1873.
Di ce. page: 83.
7) Diese Zeitschr. Bd. 25, 1873, pag 402, T. 13.
3) Ibidem Bd. 33, 1881, pag. 75 ff, T. 6—12.
24
niss der oberdevonischen Korallen wesentlich erweitert. Wenn
auch die von ihm gewählten Bezeichnungen (z. B. Heliophyllum
und Acervularia) nicht durchweg beibehalten werden konnten,
so bilden doch seine Beobachtungen im wesentlichen die Grund-
lage für die nachfolgende Beschreibung dieser Formenreihe.
Ungefähr gleichzeitig hat Quesstept im sechsten Bande seines
grossen Werkes „Petrefactenkunde Deutschlands“ einige Arten
aus dem Oberdevon beschrieben und abgebildet (1881). Zuletzt
(1883) gab Fern. Rormer in der „Lethaea palaeozoica“ ein
neues übersichtliches System der Tetrakorallen und benannte
zugleich einige Arten aus dem Oberdevon neu.
Ausserdem haben gelegentlich geologischer Beschreibungen
Dauss !), Tıerze?) und OH. Barroıs?) Beiträge zur Kenntniss
der oberdevonischen Korallen geliefert.
In dem systematischen Theile sind einige Bezeichnungen
angewandt, deren ausführliche Begründung durch einen im
laufenden Bande dieser Zeitschrift erscheinenden Aufsatz ge-
geben werden wird. Hier sei zum nothwendigen Verständniss
nur das Folgende bemerkt: Die Septa bilden sich bei allen
nachstehend beschriebenen Tetrakorallen aus primär angelegten,
nach innen und oben gerichteten Septaldornen (G.v. Koch),
welche durch eine nachträglich entstandene, meist heller ge-
färbte Zwischenmasse verbunden werden. Ich bezeichne die-
selbe in erweiterter Anwendung eines von Linpström herrüh-
renden Ausdrucks als Stereoplasma. Ursprünglich wurde
unter diesem Namen eine structurlose Masse verstanden, die
sich den Septen anlagert; doch ist das vorliegende Gebilde
nichts wesentlich Verschiedenes. Wenn das Stereoplasma die
Seiten des Septums umgiebt, so hebt sich meist in der Mitte
desselben ein dunkler gefärbter Primärstreif (G. v. Koch)
ab, der aus den enger verbundenen Septaldornen zu bestehen
scheint.
Verbreitern sich dagegen die Septaldornen, so entstehen
Verticalleisten auf den Seiten des Septums, die bogen-
förmig nach innen und oben gerichtet zu sein pflegen und bei
zahlreichen Gattungen, . — nicht nur bei Heliophyllum —
nachgewiesen wurden: Cyathophyllum, Phüllipsastrea, Haplothecia,
Decaphyllum, Aulacophyllum, Endophyllum, Hallia, Zaphrentis
(bei letzterer Gattung nach Kunrn).
!) Dames, über die in der Umgebung Freiburgs in Niederschlesien
auftretenden devonischen Ablagerungen. Diese Zeitschr. Bd. 20, 1868,
pag. 469—508.
?) TietzE, über die. devonischen Schichten von Ebersdorf unweit
Neudorf in der Grafschaft Glatz. Palaeontogr. Bd. 18, 1870.
>) Barrois, Recherches sur les terrains anciens des Asturies et de
la Galice. Lille 1882, pag. 205 - 210.
223
Das äussere Mauerblatt der Tetrakorallen wurde nach
dem Vorgang von MıLne Epwarps und Haıne bisher fast all-
gemein als Epithek bezeichnet. Jedoch stellt nach Lacaze-
Durniers die über der Theka liegende „Epithek* bei lebenden
Korallen nur ein zufälliges Gebilde dar, das seiner Entstehung
nach lediglich ein Schutzmittel gegen fremde Eindringlinge ist
(Bryozoen, Spongien).. Da nun in den sehr zahlreichen Dünn-
schliffen von Tetrakorallen die äussere Begrenzung stets als
einfache Schicht erscheint, so wurde dieselbe als Theka be-
zeichnet.
II. Systematische Beschreibung.
Von den vorhandenen Systemen der Tetrakorallen giebt
das neuerdings (1883) von Fern. Re&mer in der Lethaea pa-
laeozoica aufgestellte den natürlichen Verwandtschaftsbeziehungen
am besten Ausdruck. Ich habe dasselbe mit einigen gering-
fügigen Modificationen hier zu Grunde gelegt. So konnte ich
z. B. eine besondere Familie „’hillipsastreidae* (l. ce. pag. 389)
nicht aufrecht erhalten, da die Gattung Phillipsastrea Cyatho-
phyllum so nahe steht, dass die Grenze zwischen beiden (bei
©. basaltiforme und J’h. intercellulosa s. u.) sich als künstlich
erwies. Ferner schliesst sich Coelophyllum F. Ram. (l. c. p.400 ff.),
nach dem mir vorliegenden sehr bedeutenden Material zu
urtheilen, in jeder Beziehung eng an Amplexus an; z. B. ist
auch bei der letzteren Gattung die Zusammensetzung der Septa
aus Septaldornen mehrfach beobachtet worden (bei Amplexus
irregularis und helminthoides s. u... Der einzige wesentliche
Unterschied zwischen Coelophyllum und Amplexus besteht darin,
dass die Rückbildung der Septa und der Septalfurche bei dem
ersteren Genus weiter vorgeschritten ist als bei dem letzteren,
und diesen Unterschied erachte ich für zu gering, um daraufhin
eine besondere Familie aufzustellen.
Endlich dürfte es zweckmässiger sein, die Gattungen Ha-
drophyllum, Dipterophyllum, Combophylium, Microcyclus und Bary- _
phyllum (l. c. pag. 370 ff.) mit Drsowssı und ZirteL in die
Nähe von Petraia zu stellen. Allen diesen Formen fehlt eine
Endotheka vollständig, während dieselbe bei Amplerus und
Zaphrentis, an welche Ruuer sie angeschlossen hat, sehr be-
deutend entwickelt ist. Die Anordnung der Septa aber ist bei
der ersteren wie bei der letzteren Gruppe bilateral syınmetrisch.
Anhangsweise sei bemerkt, dass die von F. Rauer p. 376
aufgestellte und mit Vorbehalt bei den Zaphrentiden unter-
gebrachte Gattung Aspasmophyllum in der That dorthin gehört. \
Der Längsschnitt, . den R&mer wegen Mangels an Material
nicht‘ anfertigen konnte, zeigt die für Amplexzus und Zaphrentis
26
charakteristischen, das ganze Innere der Koralle gleichmässig
durchziehenden Böden. ?Das untersuchte Exemplar stammt
von Gerolstein.
I. Cyathophyllum GouLpruss.
= Campophyllum M Epw. et H.
= Fascieularia Dysowskı Zoanth. rug. I, pag. 80.
= Donacophyllum Id. ibid.
= Heliophyllum E. Schulz (non Dana) Eifelkalkmulde v. Hillesheim,
Jahrb. geol. Landesanst. für 1582, pag. 74
= Acanthophyllum Dysowskı Zoanth. Il, pag. 79. (Vergl. die Anm.
pag. 33).
Die oberdevonischen Cyathophyllen sind die wenig oder
gar nicht veränderten Nachkommen der im Mitteldevon auf-
tretenden Formen und stehen an Zahl und Mannichfaltigkeit
weit hinter den letzteren zurück. Ihre verwandtschaftlichen
Beziehungen und Structureigenthümlichkeiten werden daher nur
durch eingehenden Vergleich mit diesen verständlich. Die im
Nachstehenden versuchte Gruppirung !), bei der vor allem die
Zusammenfassung der phylogenetisch zusammengehörigen Formen
angestrebt wurde, beruht im Wesentlichen auf meinem Studium
der Arten des rheinischen Mitteldevons. Doch dürften sich
auch die silurischen und carbonischen Cyathophylilen den unten
angenommenen Gruppen ungezwungen einfügen. Jede dieser
Formenreihen ist übrigens noch weniger als die Gattungen nach
aussen scharf begrenzt. So stehen sich die mitteldevonischen
Arten der ersten zwei Gruppen z. Th. sehr nahe, während
die beiden oberdevonischen Vertreter derselben weit von ein-
ander abweichen.
I. Gruppe des C. helianthoides GoLDF.
Einfach oder stockförmig, Septalleisten stets entwickelt.
Böden sehr schmal, Y,—!, des gesammten Durchmessers
einnehmend. In dem flachen Kelch häufig ein die innere Grube
umgebender Wulst.
C. helianthoides GoLvr. Petr. Germ. T. 20, F. 2a—g.3)
©. planum Lupw. sp.
= 6, helianthoides GoLDF. 1. c. T.20) E. 21, KT 2872
= C. helianthoides tabulatum Quenst. Korallen T. 161, F. i.
t) Die von M. Epw. (Hist. nat. d. corall. Ill, pag. 365) gegebene
Eintheilung beruht ausschliesslich auf der äusseren Form ($ A ein-
fache — $ AA zusammengesetzte Korallen), die allerdings mit zu be-
rücksichtigen ist.
2) Aus der z. Th. sehr verwickelten Synonymik sind nur die be-
zeichnendsten Abbildungen eitirt. Sämmtliche Arten, bei denen nichts
besonderes angegeben ist, entstammen dem Mitteldevon der Eifel. Die
oberdevonischen Arten sind dagegen gesperrt gedruckt.
- Heliophyllum helianthoides E Schurz. Jahrb. geol. Landesanst.
für 1882, T. 21, F. 5.
= Heliophyllum tabulatum E. ScHuLz |. c. pag. 79.
C. spongiosum E. ScHuLz sp. l. e. T. 21, F. &.
C. tinocystis nov. Sp.
C. Stuichburyi M. E. et H. Brit. Foss. Cor. T. 31, T. 33, F. 4.
Kohlenkalk.
II. Gruppe des C. heterophyllum M. E. et H.
Einfach. Septa mehr oder weniger in der Mitte um ein-
ander gedreht. Septalleisten kaum entwickelt. Böden unregel-
mässig, '/, und mehr des gesammten Durchmessers einnehmend.
C. heterophyllum M. E. et H. Pol. Pal., T. 10, FE. 1.
= C. obtortum M. E. et H. Brit. Foss. Cor., T. 49, F. 7.
©. heterophylloides nov. sp.
III. Gruppe des (. ceratites GoLDF.
Einfach, seltener verzweigt, hornförmig oder cylindrisch
gestaltet. Böden breit, regelmässig, die Hälfte bis /,; des
Durchmessers einnehmend. Septalleisten stets vorhanden, un-
gleich entwickelt.
©. ceratites Gr. 1. e. T. 17, F.2a—f. Quenst. Korallen, T. 156,
EB. 17°90, 35-45; F. 21, 22° (C. lineatum).
C. marginatum Gr. T. 16, F.3.
Ochanthus Gr. 7. 16, E. Ib. c.d. (non. T. 15, F. 13).
= sSteiningeri M. E. et. H Pol. Pal., pag. 378.
C. Lindströmi nov. Sp.
IV. Gruppe des (C. caespitosum GoLDF.
Bündel- oder stockförmig. Böden breit, regelmässig, */;
— °/, des Durchmessers einnehmend. Septalleisten stets vor-
handen.
C. caespitosum GOLDEF.
C. minus A. Roem.
©. Kunthi Dames.
©. quadrigeminum Goupr. 1. c. T. 16, F. 6b. 6c. (cet. excl.)
C. Darwini nov. sp.
V. Gruppe des (. aquisgranense nov. sp.
Einfach, nur ausnahmsweise verzweigt. Anordnung der
Septa radiär oder unregelmässig fiederstellig.. Das Hauptseptum
liegt in einer Vertiefung des Kelches. Böden breit und regel-
mässig. Septalleisten nicht entwickelt. |
C. aquisgranense nov. sp.
C. galerum Harr. Illustrations of Devonian Fossils (Geol. Surv. New-
York, 1876), T. 31, F. 21, 22. Mitteldevon (Hamilton group).
C. validum Hart. 1. e. T. 39, F. 7-9. Unterdevon (Upper Helder-
berg group).
8
VI. Gruppe des Cyathophyllum decorticatum BıLLınas sp.
(= Blothrophylium BiıLL. ex parte).
Einfach, meist cylindrisch, mit 1 oder 2 Reihen sehr grosser
stark verlängerter Blasen. Böden. breit und regelmässig. Sep-
talleisten nicht entwickelt.
Blothrophyllum decorticatum BıLL. RominGer, Geol. Survey of Michigan,
Devonian Corals, T. 41.
Eine mit dieser Art, von der mehrere Exemplare vorliegen,
nahe verwandte, noch unbeschriebene Form findet sich ım
unteren Mitteldevon der Eifel und des Harzes.
©. conatum Harı. 1. ec. T. 31, F. 1—14. Hamilton group.
VII. Gruppe des 0. hexagonum GouLpF.
Stockförmig; Böden schmal, regelmässig. Septalleisten
meist entwickelt. Septa zuweilen spindelförmig verdickt.
©. hexagonum GoLDpF. |]. c. T. 20, F. 1 (cet. excl.).
©. hypocrateriforme GoLpr. T. 17, F. 1.
©. basaltiforme A. Rorm.
C. Boloniense M. E. et H.
©. Sedgwicki M. E. et H.
l. Cyathophyllum tinocystis!) nov. sp.
Taf. 1., Pie ele
1843 = Strombodes plicatus A. Rormer (non LonspALE, non = Cyatho-
phyllum plicatum GoLpr.). Verstein. d. Harzgeb., pag. 4, T. 1.
7.8. (non Be I RN os
1855 = Chonophyllum perfoliatum A. Rozmer (non GoLpF. sp., vergl.
M. E. et H. Pol. Pal., pag. 405). Harz lli, pag. 142, T. 21, F. 14,
= Cyathophyllum helianthoides A. RokmEr ex. manuser. Clausthal.
Meist einzeln, seltener durch Knospung vermehrt. An
einigen Exemplaren von Torquay und Rübeland finden sich
3 bez. 2 sprossende Individuen, die noch nicht durch eine
besondere Theka getrennt sind. Die Einzelkorallen haben 5
— 7 cm im Durchmesser und besitzen eine Höhe von 3 cm
bez. mehr. Die Gestalt ist stumpf kegelförmig. Die Oberfläche
ist mit starken Anwachswülsten bedeckt, ihre feinere Sculptur
war wegen ungünstiger Erhaltnng nicht zu beobachten. Bei
9 cm Durchmesser zählt man 72, bei 6,5 cm 78 Septa. Wie
bei dem nahe verwandten C. helianthoides nimmt auch hier die
Zahl der Septen nur langsam zu, nachdem die Koralle eine
bestimmte Grösse erreicht hat.
Im Querschnitt verlaufen die Septa meist gerade, seltener
sind sie in ihrem Verlauf regelmässig nach einer Richtung ge-
bogen. Stereoplasma lagert sich in wechselnder Mächtigkeit
!) Mit Bezug auf die langgezogene (z:!vw) Form der Blasen (zborıg)
29
an. Dadurch verdicken sich die Septa besonders in den rand-
lichen Theilen zuweilen so stark, dass sie breiter erscheinen
als die Interseptalräume. Mit der Verbreiterung erhalten sie ein
eigenthümlich schwammiges Aussehen und umschliessen kleine,
dunkler erscheinende Punke (x) in unregelmässiger Vertheilung.
Im Längsschnitt sind die letzteren z. Th. ebenfalls regellos
vertheilt, z. Th. ordnen sie sich in Längsreihen, treten auch
mit einander in Verbindung (x) und dürften somit als ver-
änderte Reste von Septalleisten aufzufassen sein. Die Dicke
der Septa erster und zweiter Ordnung ist in den randlichen
Theilen gleich; nach der Mitte zu werden die Secundärsepta
dünner und hören in geringer Entfernung von dem falschen
Säulchen (c) gänzlich auf. Auch von den Septen erster Ord-
nung brechen die meisten unmittelbar vor demselben ab; zu-
weilen setzen sie sich jedoch ohne Unterbrechung bis zum
Mittelpuncte fort. Im wesentlichen wird das Säulchen von den
convex aufgebogenen Böden gebildet; doch lassen sich in Quer-
und Längsschliffen ausserdem die unregelmässig verzweigten
Endigungen der Septa deutlich erkennen.
Die Endothekalgebilde gliedern sich im Längsschnitt in
Böden, Blasen und eine schwach entwickelte Zwischenzone (2).
Die Böden entsprechen in ihrer Ausdehnung ungefähr dem
falschen Säulchen. Nach aussen zu folgt dann eine schmale
Zwischenzone (z), aus einer Reihe horizontaler Blasen bestehend.
Das eigentliche peripherische Blasengewebe richtet sich für
eine kurze Strecke steil nach oben hin auf und steigt dann
allmählich nach dem Rande zu an. Die Blasen sind durchweg
stark in die Länge gezogen und machen besonders auf Quer-
brüchen ganz den Eindruck der für Chonophyllum charakte-
ristischen, ineinander geschachtelten Böden. Die den abgebil-
deten Längsschliff dnrchziehenden, matter gefärbten Zonen sind
die durchschnittenen Septa. Entsprechend der Gestalt des
Endothekalgewebes besitzt der Kelch die Form eines Trichters.
Die breite äussere Fläche senkt sich schwach nach innen; die
Kelchgrube ist von einem undeutlichen Wulst umgeben und
trägt auf ihrem Grunde eine kleine Erhöhung.
Die vorliegende Art kommt in ihrem inneren Bau der
Gattung Clisiophyllum (s. u. pag. 000) ziemlich nahe. Abge-
sehen von dem Vorhandensein eines zuweilen freistehenden
Säulchens ähnelt auch die Structur des Endothekalgewebes
der genannten Gattung in nıcht unwesentlichen Punkten. Doch
finden sich andrerseits in der Zusammensetzung der Columella
Uebergänge zu typischen Cyathophyllen; die Zwischenzone im
Endothekalgewebe, die für Clisiophyllum so charakteristisch ist,
erscheint nur schwach entwickelt, und vor allem schliesst sich
die vorliegende Art im äusseren und inneren Bau so nahe an
£
C. helianthoides an, dass eine generische Trennung unnatürlich
sein würde. Von dieser Form unterscheidet sich (. tinoeystis
durch die langgestreckte Form der Blasen, die convexe Gestalt
der Böden, das Auftreten einer endothekalen Zwischenzone und
das häufige Absetzen der Septen vor der Columella. Auf die
Verschiedenheit beider Arten hat zuerst Fern. Ramer (Leth.
palaeoz., pag. 337) hingewiesen. CC. tinocystis kommt vor bei
Torquay, Grund und Rübeland. Untersucht wurden 30 Exem-
plare, die sich in Clausthal (A. Raner’s Original), der geo-
logischen Landesanstalt, dem Berliner Museum und meiner
Privatsammlung befinden.
Gruppe des (0. heterophyllum.
2. Uyathopyllum heterophylloides nov. sp.
Tat, ID), 2 re
= ? (. humile A. Rorm. Harz Ill, T. 6, Fig. 7.8, pag. 28.)
Einfach, kreiselförmig (Durchmesser und Höhe gleich),
schlank kegelförmig bis subeylindrisch ?). Die Theka ist dünn,
die Anwachsstreifen kräftig, die Anwachsglieder 5—6 mm lang.
Im Längsschnitt bestehen die Blasenzonen aus rundlichen, wenig
in die Länge gezogenen Blasen und nehmen etwas über die
Hälfte des gesammten Durchmessers ein. Unmittelbar unter
der Theka findet sich eine Reihe horizontaler Dissepimente,
die sich scharf von den gerundeten Blasen abhebt; zuweilen
fehlt dieselbe, wie auf dem abgebildeten Längsschlif. Die Böden
sind meist regelmässig horizontal, besitzen jedoch zuweilen eine
mehr blasige Beschaffenheit; beide Abänderungen sind durch
Uebergänge verbunden. Die Grenze zwischen Böden und Blasen
ist gewöhnlich scharf, seltener gehen beide Gebilde allmählich
in einander über. Der Kelch ist wenig tief (1,1 cm bei 2,3 cm
Durchmesser) und unten enger als oben; der Boden desselben
ist horizontal.
Die Septa verlaufen geradlinig und zeigen im Mittelpunkt
die Neigung sich um einander zu drehen. Sie sind mit schwach
entwickelten Verticalleisten besetzt, im peripherischen Theile
verdickt und lassen in Querschlifen zuweilen einen feinen
1) ©. humile ist auf ein einziges kleines, schlecht erhaltenes Exem-
plar begründet, von dem nur die Hälfte vorhanden ist. Es zeigt keine
charakteristischen Merkmale und kann daher nicht berücksichtigt werden.
?) Länge Grösster Durchmesser
MSemeili, 272.2 rshrem
3,2 „ 22,
3,4 „ 2;
8, 4,
ea=hr, 22
95 I
|
|
|
31
„Primärstreifen“ wahrnehmen. Dem letzteren entsprechen in
Längsschliffen (Fig. 2 b, 2c) dunkele, bogenförmig nach oben
gerichtete Linien, die sich meist in Reihen zusammenhängender
Punkte (Fig. 2c, P) auflösen. Jede Punktreihe wird seitlich
von einer helleren Stereoplasmazone umgeben und ist von der
benachbarten gleichartig zusammengesetzten Reihe durch eine
scharfe Grenzlinie (F. 2c, G) getrennt. Nur die Septa erster
‚Ordnung erreichen den Mittelpunkt; diejenigen zweiter Ordnung
sind kaum halb so lang. Die Zahl der Septen beträgt 50
— 701).
Bei der Deutlichkeit und Regelmässigkeit der Septa liess
sich von dem Anschleifen einiger Embryonalenden Aufschluss
über die Vermehrung der Septa erwarten. Bilateral symme-
trische Anordnung zeigen die 12 Septa eines Embryonalkegels;
dieselben fangen bei 2 mm Höhe an, sich zu vermehren. Ein
bei 4 mm Höhe gemachter Querschnitt von 4 mm Durchmesser
lässt ziemlich deutlich 22 Septa erkennen. In einem Durch-
schnitt von 6 mm Durchmesser zählt man 24 gleich grosse
Septa, zwischen denen kaum Andeutungen der Septa zweiter
Ordnung vorhanden sind; 5 mm weiter aufwärts, bei 1 cm
Durchmesser, sind die Secundärsepta deutlich ausgebildet und
ausserdem hat sich neben dem einen Seitenseptum unregel-
mässig ein 49 Septum eingeschaltet. In diesem Querschnitt
treten die 4 Hauptsepta zwischen den übrigen, die schwach
fiederstellig angeordnet sind, noch ziemlich deutlich hervor.
- In grösseren Durchschnitten ist die Stellung der Septa dagegen
unregelmässig radiär.
Von dem ähnlichen (. heterophyllum aus rheinischem Mittel-
devon unterscheidet sich die vorliegende Art durch geringere
Drehung der Septa um einander, durch das Vorhandensein von
Septalleisten, die regelmässigere Form der Böden und das
Auftreten einer randlichen Zone von horizontalen Dissepimenten.
Die Abstammung der jüngeren von der älteren Art wird sehr
wahrscheinlich durch den Umstand, dass einige aus dem Elbin-
geroder Stringocephalenkalk stammende Exemplare des C. hetero-
phyllum die angeführten Unterschiede nur undeutlich erkennen
lassen, also wahre Zwischenformen darstellen.
Vorkommen: im unteren Oberdevon von Grund und viel-
leicht von Ammenau in der Nähe von Marburg. Die von
dort stammenden Stücke lassen wegen ungünstiger Erhaltung
1) Durchmesser Zahl der Septa
BIscmh 0 ua. 180
Ba mal. 1oi:. 1108
2 NE RR ©
2,2 SE N N 1
BR LO
32
keine sichere Bestimmung zu. Die Zahl der untersuchten
Exemplare beträgt 45 (5 Dünnschliffe). Dieselben befinden sich
im Berliner, Göttinger und Strassburger Museum, der geolo-
gischen Landesanstalt und in meiner Privatsaınmlung.
(Gruppe des Cyathophyllum caespitosum (XOLDF.
Fascicularia DYBowskt.
Donacophyllum DyBowskı.
el
Dysowskı hat unter dem Namen Diphyphyllinae!) eine
Unterfamilie von den Cyathophylliden abgetrennt, die sich
durch geringere Entwickelung der peripherischen Blasenzone
(in nur ein bis zwei Blasenreihen) von der Hauptfamilie unter-
scheiden soll. Dieses Merkmal ist für die Abgrenzung von
Gattungen oder Familien wenig. geeignet. Es wurde daher
auch bei der Eintheilung von (yathophylium nur in Verbindung
mit anderen Unterschieden verwendet und erwies sich nicht
einmal bei den kleinen oben angenommenen Gruppen als be-
ständig. Allein die Zahl der Blasenreihen wechselt auch bei
den verschiedenen Exemplaren derselben Art, bei den einzelnen
Individuen desselben Stockes, ja sogar innerhalb desselben
Individuums nicht unbeträchtlich. So verdickt sich die Blasen-
zone an Stellen, wo die Koralle Biegungen macht, und zwar
an der convexen Seite mehr als an der concaven; sie ist in
den jüngeren Theilen eines Individuums stärker entwickelt als
in den älteren (vergl. Endophyllum priscum Tai. X, Fig. 2).
Die Gleichförmigkeit der Blasenzone bei Cyathophyllum minus
(Taf. I, Fig. 3a.) gehört zu den Ausnahmen.
Die Abgrenzung der Gattungen der „Diphyphyllinae“ nach
der relativen Länge der Septen ist ebenfalls wenig glücklich,
da dieses Merkmal nicht minder schwankend ist als die Breite
der Basenzone, vor allem auch in seiner Wahrnehmbarkeit
wesentlich durch den Erhaltungszustand beeinflusst wird’?). Von
den drei hierher gerechneten Gattungen zeichnet sich Diphy-
phyllum durch den "Besitz einer Innenwand aus, was allerdings
Dysowskı nicht erwähnt ?). Donacophyllum soll sich durch das
Auftreten von ein bis zwei Reihen etwas grösserer Blasen und
geringere Länge der Septa, Fascicularia durch die Merkmale
der Unterfamilie von Cyathophyllum unterscheiden. Beide sind
daher zu dieser Gattung zu ziehen. Zwei zu Fascicularia ge-
1) Monogr. der Zoanth. selerod. I, pag. 76 u. 80. Il, pag. 42.
2) Wenn das Innere einer Koralle durch Kalkspath usgeftillt ist,
so oblitteriren die mittleren Theile der Septen in den zwischen den
Böden gelegenen Abschnitten stets mehr oder weniger. Ihre wirkliche
Länge ist nur an Querschnitten wahrzunehmen, die zufällig einen Bo-
den treffen.
3) Diese Zeitschr. 1869, pag. 200, T. 2, F.5 (Kunrn).
33
stellte Arten F. Kunthi und F. caespitosa (s. unten) scheinen
sich allerdings dadurch zu unterscheiden, dass die äusserste
Reihe der Blasenzone aus horizontalen Dissepimenten (a), nicht
aus convexen Blasen besteht. Jedoch finden sich bei C. cae-
spitosum neben Formen, welche diese äussere Dissepimentreihe
besitzen, ebenso so zahlreich andere, mit den ersteren völlig
übereinstimmende Exemplare, denen dieselbe fehlt. Auch bei
Ü. heterophylloides (s. o. pag. 30) und Hallia prolifera (s. u.)
ist das Auftreten der äusseren Dissepimentzone durchaus unbe-
ständig. Es kann daher auf dieses Merkmal kein Gewicht
gelegt werden.
3. ÖOyathophyllum caespitosum GoOLDF.
1826. Cyathophyllum caespitosum GoLDF. Petr. Germ. I, T. 19, F. 2.
—eahezagonum GOoLDE. ex parte. 1. e. T. 19, FE. 5a.b.c.d.
1853. — M. Epw. et H. Brit. Foss. Cor., pag. 229, T. 51, F.2.2a. 2b.
1855. — A. Rorm. Harz III, pag. 29, T. 6, F. 9.
1860. — M. Epw. Hist. nat. d. corall. III, pag. 382. (Synonyme.)
1873. — Dysowskı, Zoanth. rug.. II, pag. 14. (Hier die vollständigen
Synonyme).
1881. Fascicularia caespitosa GOLDF. Sp. SCHLÜTER, Anthoz. Dev.
Diese‘ Zeitschr. Bd. 33, T. 9, F. 6, 7, pag. 108.
1881. Oyathophyllum caespitosum. Quensr. Kor., T. 161, F.14 (v. Rübe-
land), T. 162, F. 5-9 (Mitteldevon, Bensberg).
1883. — F. Rormer, Leth. paleaoz., pag. 337, T. 26, F. 8.
Der zusammengesetzte Stock besteht meist aus lang-
gestreckten, cylindrischen Individuen. Die Vermehrung pflegt
bei den einzelnen Korallen eines Stockes in gleicher Höhe
einzutreten und erfolgt durch Tabularknospung. Die Theka ist
dünn, die Anwachsstreifen deutlich, die Septalfurchen schwach
ausgeprägt. Die benachbarten Individuen treten durch seitliche,
aus Blasengewebe gebildete Ausläufer, ähnlich wie bei Erido-
phyllum, mit einander in Verbindung. Im Querschnitt sind die
Primärsepta wesentlich länger als die Secundärsepta und
erreichen allein das Centrum. Die Septa sind in ihrem peri-
pherischen Theil oft durch Stereoplasma etwas verdickt (Brit.
Foss. Cor. T. 51, F. 2, b.). Die Zahl der Septen schwankt
zwischen 40 und 50'). Der Durchmesser beträgt 0,9—1,2 im
> Fundort Durchmesser Zahl der Septa
Grund (A. Rormer’s Orig.) . 1,2 22+22 u. 23+23
4 1,05 20-20
= 1 23+23
h 2 28428
Rübeland . ee 25+25
j 1,2 25+25
5 1,4 26-26
Torgquay 1,05 22+22
Kielce 1,05 22+22
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VIl. 1. 3
34
Durchschnitt (vergl. die Anm. auf dieser und der vorhergehen-
den Seite). Die Septa sind zuweilen mit Verticalleisten bedeckt,
die sich in ihrem oberen Theile bogenförmig aufwärts krümınen.
Im Längsschnitt sind bei geraden, regelmässig gewachsenen
Exemplaren die Böden breit und nehmen die Hälfte und mehr
von dem gesammten Durchmesser ein. Die Blasen sind huf-
eisenförmig nach oben gebogen; zuweilen liegt unter der Theka
eine Reihe horizontaler Dissepimente (s. o. pag. 33).
Bei Refrath und in der Eifel finden sich mehrere Varie-
täten von ©. caespitosum, deren eingehende Beschreibung hier
zu weit führen würde.
Die vorliegende Art ist äusserst weit verbreitet. Sie tritt
auf im oberen Calceolakalk von Gerolstein und Prüm, im unteren
Stringocephalenkalk von Refrath bei Köln und in demselben
Niveau bei Gerolstein, Soetenich, Prüm und anderen Orten
in der Eifel, im unteren Oberdevon von Rübeland, Grund,
Ammenau bei Marburg, Stollberg und Torquay!). Ferner
kommt sie nach Ch. Barroıs ?) in den Schichten mit Spirifer
Verneuili bei Candas in Ästurien vor.
Die Zahl der untersuchten Exemplare aus dem Mittel-
devon beträgt über 100, aus dem Oberdevon ca. 50. Dieselben
befinden sich in den Museen von Berlin, Göttingen, Marburg,
der geologischen Landesanstalt und in meiner eigenen Sammlung.
4. ÖOyathophyllum minus A. Ramer sp.
Taf. I, Fig. 3, 3a, 3b.
1855 = Diphyphyllum minus A. Rorm. Harz III, pag. 29, T. 6, F. 12.
Aeussere Erscheinung wie bei der vorhergehenden Art.
Der Durchmesser beträgt durchschnittlich 5 mm, zuweilen
4 mm, steigt aber auch im selben Stocke bis auf 7 mm. Die
Septa alterniren sehr deutlich; die kleineren erreichen nur 1 mm
Länge und überschreiten die Zone der Blasen nicht. Die Septa
erster Ordnung sind in diesem randlichen Theile sehr kräftig
ausgebildet, verdünnen sich aber nach innen zu allmählich; im
Fundort Durchmesser Zahl der Septa
Rene nes 20+20
\ 0,9 29.29
i 0,9 22422
: 0,9 25425
£ 1,0 22-129
\ 11 23-23
1,2 24124
!) Auch im polnischen Mittelgebirge (Charezow, Kielce) findet sich
die Art nach Stücken des hiesigen Museums; jedoch ist das Niveau
nicht genauer bestimmt.
2) Terr. anc. Astur. Gal., pag. 204, T. 8, F. 3.
Mittelpunkt tritt keine Vereinigung ein. Man zählt 16-16
— 18 + 18 Septa. ‘Andeutungen von fiederstelliger Anordnung
finden sich nicht selten. Die Septa bestehen, wie ein Längs-
schliff zeigt, aus verschmolzenen Dornen (d), die schräg nach
innen und oben gerichtet sind.
Das Endothekalgewebe besteht aus einer randlichen, meist
1 mm breiten Blasenzone und den regelmässigen, ca. °/, des
Durehmessers einnehmenden Böden. Die Blasenzone ist meist
einfach, seltener besteht sie aus 2 Reihen kleinerer, alternirend
in einander geschobener Bläschen, die sich jedoch nie zu 2 regel-
mässigen nebeneinanderstehenden Reihen ausbilden. Nach dieser
Endothekalstruetur zu urtheilen besitzt der Kelch die Gestalt
eines Bechers mit flachem Boden und senkrechten Wänden.
C. minus ist eine locale, auf das Oberdevon von Grund
beschränkte Abänderung des Ü. caespitosum, von dem es sich
durch geringere Grösse und das Vorhandensein einer einzigen
Blasenreihe unterscheidet. Die Koralle verwittert oft so günstig,
dass die innere Structur, abgesehen von den feineren Einzel-
heiten, ohne weitere Präparation hervortritt.
11 z. Th. sehr umfangreiche Stöcke und 13 dünngeschlif-
fene Individuen kamen zur Untersuchung. Dieselben befinden
sich in den Museen von Berlin, Clausthal (A. Rauer’s Origi-
nalexemplar!), Strassburg, der geologischen Landesanstalt und
meiner eigenen Sammlung.
5. Cyathophyllum Kunthi Danmss.
Taf. I, Fig. 4, 4a, 4b.
ah a caespiosum DAMEs non GoLDF. Diese Zeitschr.
1869 = oh yllum Kunthi Dames. Diese Zeitschr. 21, pag. 699
(Briefi. Mitth.).
1873 = Fascicularia Kunthi Dysowskı. Diese Zeitschr. 25, T. 13,
F. 3 u. 42), pag. 406.
zn, nn caespitosum. (UENST. Korall., pag. 512, T. 161,
Bündelförmig, aus cylindrischen, meist sehr langgestreckten
Individuen bestehend. Durchmesser 2—5 mm, selten mehr.
Zahl der Septen 14414 — 17 +17, meist 15--15. Die
Dissepimente der peripherischen Zone (a) sind doppelt so weit
wie die convexen Blasen von einander entfernt, die nach innen
zu in einfacher Reihe folgen.’) Die zuweilen etwas concaven
Böden sind nicht so regelmässig, wie sie auf Dysowskis Abbil-
dung erscheinen; sie stehen in einiger Entfernung von einander
1) Die Abbildung des Längsschnitts Fig. 3 steht auf dem Kopfe;
dem entsprecheud sind auch die Angaben der Beschreibung concav und
convex umgekehrt zu verstehen.
2) Ist auf der Abbildung Fig. 4b. nicht ganz genau wiedergegeben.
3%*
36
und nehmen °/, — °/, des Innenraumes ein. Die unregel-
mässigen senkrechten Linien sind die durchschnittenen Enden
der Septa. Im Querschnitt unterscheidet man einen breiteren
peripherischen Ring, welcher der Dissepimentzone (a), und einen
schmalen inneren (b), welcher der Blasenzone entspricht. Die
Septa zweiter Ordnung gehen über den letzteren nicht hinaus.
Die längeren Septa erster Ordnung vereinigen sich im Centrum
nicht, sondern endigen in mehr oder weniger unregelmässigen
Schlingen.
©. Kunthi steht C. caespitosum sehr nahe und ist ebenfalls
als eine locale Abänderung aufzufassen, die für Oberkunzendorf
charakteristisch ist. Es unterscheidet sich durch geringere
Grösse und bedeutendere Entfernung der Böden von einander,
sowie durch das fast regelmässige Auftreten der Dissepimentzone.
Von dem ebenfalls nahe verwandten Ü. minus entfernt sich die
vorliegende Art durch die beiden letztgenannten Unterschiede
und die geringere Grösse der Blasen.
Die Koralle tritt bei Oberkunzendorf gebirgsbildend auf;
dementsprechend ist sie in den Museen von Berlin, Göttingen
und in der geologischen Landesanstalt in beträchtlichen Massen
vorhanden. Der Beschreibung lagen 30 dünngeschliffene und
noch zahlreichere angeschliffene Individuen zu Grunde.
6. Cyathophyllum Darwini nov. nomen.
1829 = ? Columnaria sulcata GoLpr. Petr. Germ., T. 24, F. 9.)
1881 = Columniphyllum sulcatum. QuEnst. Korallen, pag. 523, T. 162,
Fl 23.
1881 = on yllum quadrigeminum SCHLÜT. Diese Zeitschr. Bd 33,
pag. 98, T. 12, F. 4.
Stockförmig, on bedeutende Massen bildend. Die einzelnen
Individuen meist regelmässig sechsseitig. Durchmesser 6—10 mm,
Septa alternirend; diejenigen zweiter Ordnung kurz, oft nur
zackenartig vorragend. Die Septa erster Ordnung lassen meist
das mittlere Drittel der Zellen frei, werden jedoch auch länger
und erreichen zuweilen beinah den Mittelpunkt; im letzteren
Falle zeigen sie eine Neigung zu spiraliger Drehung. Zahl der
Septen 16-+16 — 18--18. Böden breit und regelmässig;
die Blasen nur in einfacher Reihe entwickelt.
SCHLÜTER hat zuerst richtig erkannt, dass in Goldfuss’
©. quadrigeminum 3 verschiedene Arten enthalten seien, Spon-
ı) Der GoLpruss’sche Name sulcata konnte nicht beibehalten werden,
weil die Abbildung |. ce. ein verwittertes, fast unkenntliches Stück dar-
stellt und Gorpruss selbst mehrere nach Berlin gesandte Stücke der
vorliegenden Art bald als Oyath. quadrigeminum , bald als Columnaria
sulcata bezeichnet hat. Auch hat Goldfuss selbst (l. Suppl., pag. 345)
Col. sulcata zu Uyathophyllum quadrigeminum gezogen.
37
gophyllum Kunthi SchLür., die vorliegende Form und eine dritte,
für die der Gorpruss’sche Name beizubehalten ist. Die Be-
zeichnung Campophyllum quadrigeminum hat SCHLÜTER selbst
nur provisorisch gegeben; er hob zugleich hervor, dass eine
verschiedene Artbezeichnung nöthig würde, falls die Unterschiede
der beiden Formen sich als beständig erweisen sollten. Auch
ich habe unter einem sehr bedeutenden, von zahlreichen Fund-
orten stammenden Material keine Uebergänge finden können.
Die Gattung Cumpophyllum M. E. et H. musste eingezogen
werden, da hier, wie bei der typischen Art, Campophyllum
flexuosum M. E. et H. (non GoLpr. sp. vergl. umstehend), die
Septa sich im Mittelpunkte oft so nahe kommen, dass ein Unter-
schied von Cyathophyllum nicht mehr gemacht werden konnte !).
Öyathophyllum quadrigeminum Goldf. unterscheidet sich von
der vorliegenden Art stets durch stärkere Entwickelung der
Secundärsepta und des Blasengewebes, meist auch durch be-
deutendere Länge der Primärsepta. Gerade bei denjenigen Ex-
emplaren von ©. Darwini, deren Septa erster Ordnung sich
berühren, sind die Septa zweiter Ordnung besonders kurz.
Als Öyathophyllum flexuosum hat GoLpruss?) eine Einzel-
koralle aus dem „Uebergangskalk der Eifel“ beschrieben, deren
Fundort offenbar verwechselt worden ist. Die Originalexemplare
im Bonner Museum stammen, nach dem Erhaltungszustand und
dem umgebenden Gestein zu urtheilen, zweifellos aus dem
Oberdevon der Umgegend von Aachen. In Folge der unrich-
tigen Angabe des Fundorts haben dann MırLse Enwarns und
Haıme ?) eine in manchen Punkten nahe stehende Art aus
dem Mitteldevon der Eifel auf die Goupruss’sche Abbildung
bezogen und sie zum Typus ihrer Gattung COampophyllum
erhoben, die allerdings nicht aufrecht erhalten werden kann
(vergl. umstehend).
Lange vorher hatte schon Lınn& *) eine rasenförmige Ko-
ralle von Gotland als Madrepora flexuosa beschrieben, die nach
Mırne Enpwarnps und Ham’) zu Cyathophyllum gehört. Es
liegen demnach drei verschiedene Arten der Gattung Üyaiho-
phyllum vor, die als flexuosum bezeichnet worden sind:
1) Den einzigen Unterschied der beiden Gattungen sollte die ver-
schiedene Ausdehnung der Septa bilden. Ueber den Werth, welcher
der relativen Breite der Endothekalgebilde für die Abgrenzung von
Gattungen beizumessen ist, wurde bereits das Nähere bemerkt. Da die
neu zu benennende Art einigermassen gesicherte phylogenetische Folge-
rungen zulässt, erlaubeich mir den Namen Darwın’s dafür vorzuschlagen.
ZeEeirr Germ. 1, pag. 5%, T. 17, F. 12.
ZEBoE Pal, pag. 395, T. 8, F. 4.
*) System nat. ed. XII, pag. 1278 (nach M. E. et H.).
°) Brit. Foss. Cor., pag. 285, T. 67, F. 2. — Pol. Pal., pag. 386.
1. Cyathophyllum flexuosum L. sp. (non GoLpr., non M.
Epw. et H.).
Obersilur.
2. Cyathophyllum flexuosum GoLDF. (non. * sp., non M.
Epw. et H.).
Oberdevon.
3. Cyathophyllum („Campophyllum“) fleeuosum M. Epw. et
H. sp. (non L., non GoLpF.).
Mitteldevon.
Es sind also No. 2 und 3 neu zu benennen; für No. 2
erlaube ich mir den Namen (\ aquisgranense !), für No. 3 die
Bezeichnung (. Lindströmi vorzuschlagen. Die letztgenannte
Art geht vereinzelt auch bis ins Oberdevon hinauf.
Gruppe des Oyathophyllum ceratites GOLDF.
7. Cyathophyllum Lindströmi nov. nomen.
1851 = Campophyllum flexuosum M. Enw. et H. (non GoLpF. Sp.).
Pol. Pal. pag. 395, _T. 8, F. 4.
1881 = ? Cyathophyllum cf. explanatum. QueEnst. Korall., pag. 468,
T. 158, F. 48.
Die Gattung Campophyllum wurde von Mıuse Epwarns
und Hame ?) für solche Cyathophyllen errichtet, deren Septa
die Mitte nicht erreichen. Bereits Duxcan®?) hob hervor, dass
dies Merkmal für eine generische Abgrenzung zu gerinfügig
sei. Jedenfalls ist es unglücklich gewählt, da die mittleren
Theile der Septen sehr häufig dureh den zwischen den „Böden“
der Koralle auskrystallisirenden Kalkspath zerstört "werden.
Bei den meisten Exemplaren der vorliegenden Art nimmt man
auch in der That keine Spur der Septa im Centrum der Ko-
“alle wahr. Jedoch reichen bei wenigen besser erhaltenen
Stücken die Septa so weit, dass sie in der Mitte nur einige
Millimeter von einander entfernt bleiben und sich zuweilen auch
vollständig berühren. Es kann also kein Zweifel über die Zu-
‚gehörigkeit der vorliegenden Art zu Cyathophyllum bestehen.
Anders liegt die Sache bei dem von Kunrt# eingehend
beschriebenen Campophyllum compressum Lupw. sp.*), dessen
Original mir vorliegt. Diese Art besitzt einen leicht wahr-
nehmbaren Unterschied von (©. Lindströmi, nämlich das fast
vollständige Fehlen der Septa zweiter Ordnung. Es finden sich,
wie auch die Abbildung zeigt, nur einige schwache Andeu-
1) Die Art wurde bisher nnr bei Aachen gefunden.
2) Pol. Pal. pag. 394.
3) On the genera Heterophyllia, Battersbya, Palaeocyclus and Aste-
rosmilia Philos. Transact. Royal Soc. V. 157, (1867), pag. 652 fi.
2) Diese Zeitschr. Bd. 20, pag. 198, T. 3, F. 3.
Be.
tungen derselben. Sollte sich dies Merkmal als beständig
erweisen, so wäre die Gattung Campophyllum mit etwas ver-
änderter Diagnose aufrecht zu erhalten.
Die Koralle ist einfach, ceylindfisch und oft mannigfach
gebogen. Das grösste, vollständig erhaltene Exemplar hat
22cm Länge!) und 3—3,5 em Durchmesser; der Kelch ist
2,5 cm tief. Ein älteres, an der Kelchöfinung etwas verbrei-
tertes Individuum besitzt hier 4 cm Durchmesser, die Tiefe
des Kelches beträgt 2 cm. Die meisten Stücke nehmen sehr
schnell an Dicke zu; so hat ein junges Exemplar 3 cm von
:der Anwachsstelle entfernt schon 2,7 em Durchmesser. Die
Theka ist dünn, die Septalfurchen sind sehr deutlich, bei
älteren Individuen parallel, bei jüngeren fiederstellig angeordnet.
Auf 1cm liegen 7 — 8 Furchen. Anwachsstreifen und -wülste
sind ebenfalls wohl entwickelt.
Im Querschnitt alterniren die Septa deutlich und sind
l mm und mehr von einander entfernt; ihre Zahl beträgt bei
ausgewachsenen Exemplaren durchschnittlich 74. Septalleisteu
wurden. nicht beobachtet. Die Länge der Septa erster Ord-
nung ist aus den angegebenen Gründen wechselnd; diejenigen
zweiter Ordnung bleiben fast durchgängig kurz. Die Anord-
nung der Septa ist meist strahlenförmig, seltener undeutlich
fiederstellig. Stereoplasma ist zuweilen vorhanden.
Von den Endothekalgebilden nehmen die Böden den grössten
Raum ein?). Dieselben sind, so lange die Koralle gerade
emporwächst, horizontal, ziemlich regelmässig, 1 — 2 mm
(seltener mehr) von einander entfernt. Dagegen strahlen die
Böden an Stellen, wo die Koralle sich krümmt, von der con-
caven Seite nach aussen, oder sie stellen sich ganz unregel-
mässig, so dass z. B. die oberhalb der Biegung liegenden
Böden senkrecht auf den unteren stehen. Die kleinen, rund-
lichen, nach oben etwas gestreckten Blasen steigen steil in die
Höhe, so dass der Querschnitt des Kelches rechteckig, seine
Gestalt die eines Bechers mit flachem Boden ist. Man zählt
gewöhnlich 3—4 Reihen von Blasen an jeder Seite.
Die vorliegende Art findet sich sehr häufigim unteren Strin-
gocephalenkalk von Sötenich und zwar unmittelbar über den
Schichten mit ©. Darwini?); im selben Niveau kommt sie bei
3) Doppelt so viel als M. Enw. et H. angeben.
2) Gesammtdurchmesser Breite der Böden
2,5 cm 2,3 cm
2, 14,
1,8
3) Der untere Stringocephalenkalk zwischen Soetenich und Urft
gliedert sich folgendermassen von unten nach oben: 1. Crinoidenschicht,
2. Sch. mit C. Darwini, 3. Sch. mit ©. Lindströmi und dianthus. „Darüber
folgen compacte Kalksteinbänke mit grossen Stringocephalen.“* Vergl.
Kayser, diese Zeitschr. 1871, pag. 346.
40
Gerolstein vor (im Eisenbahneinschnitt von Pelm). Ferner wur-
den Exemplare von Dollendorf in der Eifel, Rittberg in Mähren
und Arnao in Asturien untersucht. Aus dem Oberdevon von
Stollberg liegen mehrere Stücke vor, die im inneren Bau voll-
ständig mit mitteldevonischen übereinstimmen.
Die untersuchten Exemplare, 70 an der Zahl, gehören der
geologischen Landesanstalt, dem Berliner Museum, dem natur-
historischen Verein zu Bonn und meiner eigenen Sammlung an.
Von dem in denselben Schichten vorkommenden €. diun-
thus GoLDF. unterscheidet sich die in Rede stehende Art durch
grössere Entfernung der Septa von einander, geringere Länge
der Septa zweiter Ordnung, Fehlen der Septalleisten sowie
durch viel bedeutendere Grösse. Allerdings sind Uebergangs-
formen vorhanden. |
Gruppe des ©. aquisgranense.
8. Uyathophyllum aquisgranense nov. nomen.
Taf. IX, Fig 1, 13,1b; Po7 Par X rg
1826 = Uyathophyllum flewuosum GoLpDF. non L. sp. Petr. Germ. I,
pag. 5. ı I. 17, Ran).
1835 — Bronn, Leth. geogn. I, pag. 49, T.5, F. 2 (Oopie n. GoLDF.).
1845 — Geinıtz, Versteinerungskunde, T. 23a, F. 7 (Copie n. GoLDF.).
Die Gonpruss’sche Abbildung stellt ein mittelgrosses, ge-
‚krümmtes Exemplar mit verwitterter Theka — das gewöhnliche
Vorkommen der Art — sehr charakteristisch dar. Grössere
Stücke (Taf. IX, Fig. 1), die weniger häufig vorkommen, haben
das Bestreben sich wie manche Hexakorallen seitlich auszu-
dehnen, so dass sie im Querschnitt etwa einer Balanophyllia
‚gleichen. Eine solche Verbreiterung ist für palaeozoische Ko-
rallen nicht gewöhnlich ?). Die Theka ist dünn und mit feinen
Anwachsstreifen bedeckt; Septalfurchen fehlen. Zuweilen ist
die Koralle durch wurzelförmige Ausläufer, die im Innern aus
regelmässig verlängerten Blasen bestehen, an fremde Gegen-
stände befestigt. Vermehrung durch Kelchsprossung tritt aus-
nahmsweise ein.
Die Septa sind ungewöhnlich zahlreich ?). Nur die Primär-
2) Oyath. turbinatum GoLDF. bei PhırLırs, Palaeozoic Fossils, pag. 8,
T. III, F. 9, das nach M. Epw. u. H. mit ©. Hexuosum übereinstimmen
soll, ist eine mangelhafte, fast unkenntliche Abbildung.
2) Länge Durchmesser Zahl der Septen
ca. Tcm 2,2cm
5) 2,L,
Ca 9,2, 2,1—1,8 „ 92
ca.4 „ 2,9—2,1 „ 134
6 „ 4,2—3,3 „
Sr 4—3 , 166
123 , 6,7—5,4 „
41
septa erreichen das Centrum. Die Secundärsepta endigen
gewöhnlich frei, legen sich jedoch auch zuweilen an die benach-
barten Septa erster Ordnung an und verschmelzen unter Um-
ständen vollständig mit denselben. Bei den elliptisch verbrei-
terten Formen findet eine solche Verschmelzung an verschiedenen
Puncten zugleich statt, und zwar vereinigen sich entweder auf
einer verhältnissmässig kurzen Strecke eine grössere Anzahl
von Septen auf einmal, oder es laufen zwei parallelen Haupt-
stämmen von jeder Seite d5 — 6 Septa zu; die beiden Haupt-
stämme vereinigen sich endlich auch !. In dem Querschnitt
(Taf. X, Fig. D dürften die in der längeren Axe gelegenen Ver-
einigungslinien den Seitensepten, die unpaare, in der kürzeren
Axe liegende dem Hauptseptum entsprechen. In dem Taf. IX,
Fig. 1a abgebildeten Kelch scheint in der tiefen Grube das
Hauptseptum zu liegen; die Seitensepta sind weniger deut-
lich ausgeprägt. Stereoplasma umlagert die Septen in ziem-
licher Ausdehnung. Wie bei (yathophyllum mitratum aus dem
Gotländer Obersilur, von dem mehrere Querschnitte zum Ver-
gleich vorliegen, sind auch hier nur wenige Stücke ganz frei
davon; die Septa bleiben dann fadendünn. Meist ist der mitt-
lere Theil der Septa von einer dünnen Stereoplasmaschicht
bedeckt. Iu der stark vergrösserten Abbildung Taf. IX, Fig. 1 b
bleiben die Septa bis auf 3 mm vom Rande dünn und verdicken
sich dann auf das Dreifache ihres bisherigen Durchmessers.
In dieser die ganze Koralle gleichmässig durchziehenden Ver-
dickungszone verbindet das Stereoplasma scheinbar die Septa
erster und zweiter Ordnung. Verschieden von dieser Vereini-
gung der Septa ist die oben beschriebene Verschmelzung. Das
Auftreten von Stereoplasma scheint sich bei ©. mitratum da-
durch zu unterscheiden, dass es nur in der einen Hälfte der
Koraile auftritt.
Im Längsschnitt (Taf. IX, Fig. lc) sind die Böden regel-
mässig gestaltet. Die zwischen ihnen befindlichen Einschal-
tungen von dunkler Gebirgsmasse, wie sie auf der GoLpFUss’-
schen Figur erscheinen, wurden auch an dem vorliegenden
Material beobachtet. Die Böden sind zuweilen am Rande etwas
herabgebogen. Ihre Breite beträgt bei normal gewachsenen
Exemplaren ?/, des gesammten Durchmessers, bei stark ge-
krümmten Stücken ist das Blasengewebe bedeuteuder entwickelt.
Die Blasen selbst sind klein, rundlich und nur wenig verlängert;
die Zeichnung derselben bei GoLpruss ist nicht ganz zutreffend.
Zuweilen findet man Andeutungen der nach innen und oben
gerichteten Septaldornen.
!) Dies Verhalten erinnert einigermassen an die auch bei Hadro-
phyllum sich findende Vereinigung zu zwei parallelen Hauptstämmen.,
42
Der Kelch erhält durch die Verwitterung eine trichter-
oder schüsselförmige Gestalt; jedoch besitzt derselbe ursprüng-
lich, wie die Abbildung des Längsschnittes beweist, die Form
eines Bechers mit flachem Boden und senkrechten Wänden.
Eine Septalgrube ist meist vorhanden.
Durch das letztgenannte Merkmal sowie durch die Un-
regelmässigkeit in der Anordnung der Septa und die grosse
Zahl derselben unterscheidet sich die vorliegende Art von
C©. Lindströmi, mit dem es von Mırxse Eopwarps und Hame
verwechselt wurde. Das oben angeführte ©. galerum HauL aus
der Hamilton-Gruppe von New-York steht dem (. aquisgranense
nahe und unterscheidet sich nur durch die deutliche bilateral-
symmetrische Anordnung der Septa. Ferner gehört ©. validum
Hat aus dem Unterdevon (Upper Helderberg) von New-York
und Indiana hierher, wie ein im Berliner Museum befindliches
Stück beweist; die Septa erreichen den Mittelpunkt nicht ganz,
die bilateral-symmetrische Anordnung derselben ist wie bei
©. galerum. Ü. aquisgranense wurde bisher nur bei Aachen
gefunden. 24 Exemplare und 4 Dünnschliffe aus dem Göttinger
Museum und den Berliner Sammlungen kamen zur Unter-
suchung.
Gruppe des Oyathophyllum hexagonum.
9. Cyathophyllum Sedgwicki M. E. et H.
Taf. IV, Fiß.:6.
1851. Oyathophyllum Sedgwicki M. Epw. et H. Pol. Pal., pag. 387.
1853. — Brit. Foss. Cor., pag. 231, T. 52, F. 3.
1855. — A. Rormer, Harz Ill, pag. 29, T. 6, F. 11.
Die Individuen der stockförmigen Koralle sind ungleich,
polygonal, mehr oder weniger regelmässig; ihr Durchmesser
beträgt 1—1,8 cm. Die Septa, 36-—40 an der Zahl, alter-
niren und sind bei den Harzer Stücken in ihrem randlichen
Theile stets gebogen. Rheinische Exemplare zeigen dagegen,
ähnlich der Abbildung von Mınse Epwarps, einen geradlinigen
Verlauf der Septa. Dieselben beginnen dünn am Rande des
Kelches, verdicken sich dann schwach auf °/, ihres Verlaufs
und werden kurz vor der Vereinigung im Mittelpunkte wieder
haarfein. Dieser centrale, durch die Verschmälerung der Septa
abgegrenzte Theil der Koralle entspricht dem „Innenraum“
von Phillipsastrea, der sich allerdings viel deutlicher abhebt.
Die Septa sind, mit Ausnahme dieses Innenraums, mit entfernt
stehenden Verticalleisten besetzt, die sich bogenförmig nach
innen und oben krümmen.
Die Böden nehmen ungefähr '/, des gesammten Durch-
messers ein; sie sind unregelmässig, etwas convex aufgebogen
und gehen allmählich in die randliche Blasenzone über. Die
Blasen sind rund und stehen in den angrenzenden Interseptal-
räumen ungefähr in gleicher Höhe. Die Blasen des einen
Interseptalraums sind also die Fortsetzung der Blasen des
anderen und bilden gleichsam Röhren, welche von den Septen
in verschiedene Abschnitte zerlegt werden. Diese Anordnung
des Endothekalgewebes stimmt mit der bei Phillipsastrea vor-
kommenden überein, wie sie KuxtH ausführlich geschildert hat!).
Die Art findet sich bei Rübeland, Grund, Ammenau-
Oberndorf, den Löhren bei Dillenburg und Torquay. Unter-
sucht wurden 11, z. Th. sehr umfangreiche Stöcke und 5 Dünn-
schliffe aus den Sammlungen von Berlin, Clausthal (das Original
A. Reuer's), Göttingen, Marburg und der geologischen Landes-
anstalt.
10. Oyathophyllum basaltiforme?) A. Rormer.
Bat. IV, Eig:' 8.
nie 2 basaltıformis A. RoEMER, Verst. Harzgeb., pag. 5,
1855 = — A. Rormer, Harz III, pag. 31, T. 6, F. 17.
1855 = ? Acervularıa Konincki A. RoEmer, 1. c. pag. 31, T. 6, F. 18.
In der äusseren Gestalt, der Zahl der Septen (32 — 44)
und den Grössenverhältnissen (Durchmesser der Individuen
1—1,3 em) ist die vorliegende Art dem ©. Sedgwicki ähnlich,
weicht dagegen in der Gestalt der Septen ab. Die Septalleisten
treten im Querschnitt fast ganz zurück, nur in Längsschnitten
nimmt man die charakteristischen nach innen und oben gerich-
teten Dornen wahr. Die Septa selbst verlaufen geradlinig; sie
beginnen sehr kräftig an der Theka und verschmälern sich
allmählich nach der Mitte zu. Die Septa zweiter Ordnung sind
kürzer als bei der vorher beschriebenen Art. Auch die Pri-
märsepta erreichen nicht sämmtlich die Mitte; die meisten
hören kurz vor derselben auf und nur wenige vereinigen sich
in ganz regelmässiger Weise.
Das Endothekalgewebe ist ebenso, wie bei Ü. Sedgwicki
zusammengesetzt. Die Kelche sind verhältnissmässig tief
(5 mm bei 8,5 mm Durchmesser), trichterförmig gestaltet und
durch scharf zulaufende Kämme von einander getrennt. Der
unter der trichterförmigen Verengung beginnende Kelchboden
ist flach und nimmt 1, des gesammten Durchmessers ein.
Bei der Uebereinstimmung des Endothekalgewebes mit ©. Sed-
2) Diese Zeitschr. Bd. 22, 1870, pag. 33 (Holzschnitt u. T.1,F.4d).
2) Ein von Phillips (Geol. York. T. II, pag. 202, T. 2, F. 21, 22)
beschriebenes Cyathophyllum basaltiforme gehört nach MıLne Epwarns
und HaımeE zu Lithostrotion.
44
gwicki ist anzunehmen, dass die Kelche dieser Art die gleiche
Gestalt besessen haben.
C. basaltiforme findet sich bei Rübeland, Grund und
Stollberg und varirt an den verschiedenen Fundorten ein
wenig. Das Original A. Ranmer’s von Grund (OClausthaler
Sammlung) hat neben grossen Individuen (1,5 cm) wesent-
lich kleinere von 1 cm Grösse. Noch grössere Verschiedenheiten
zeigen in dieser Beziehung zwei Stollberger Exemplare (1,2
—0,5 em) Göttingen. Ein Stück von Rübeland (Berlin)
besitzt dagegen kleinere Kelche von gleichmässiger Grösse
(l cm).
Acervularia Konincki von Couvın in Belgien, dessen Ori-
ginal in Clausthal nicht aufzufinden war, soll sich nach A. Re&nmer
(l. ec.) durch ungleiche Dicke der Septen, bedeutendere Stärke
der äusseren Mauern und weniger deutliche prismatische Ab-
sonderung der Polypen unterscheiden. Auf diese Merkmale ist
kein Gewicht zu legen, und zwar um so weniger, da sich die
mit der Abbildung und Beschreibuug von Acervularia Konincki
vollständig übereinstimmenden Stollberger Exemplare von dem
Originalexemplar des ©. basaltiforme nicht unterscheiden liessen.
Bei Öyathopkyllum Boloniense M. Epw. et H. von Ferques
und Torquay sind, wie ein vorliegendes Stück beweist, die
sämmtlichen Septa gleichmässig dünn und die Secundärsepta
den primären an Länge beinah gleich.
I. Phillipsastrea d’OrB. emend. FRrEcH.
Phillipsastrea d’ORe.
Smithia M. Epw. et N.
Acervularia M. Epw. et H. non SCHWEIGGER.
Heliophyllum ScuLür. non Dana
+++ 1
\lıune Epwarps und Haıme haben zahlreiche oberdevo-
nische Korallen wegen des Vorhandenseins einer mehr oder
weniger deutlichen Innenwand zu der Gattung _/cervularia
SCHWEIGGER gestellt, deren Typus die bekannte obersilurische
4Scervularia baltica von Gotland bildet. Die Bildung der Innen-
wand ist in der That bei beiden Gruppen dieselbe !). In einer
ringförmig den Mittelpunkt umgebenden Zone verdicken sich .
die Septa z. Th. durch stärkere Entwickelung von Verticalleisten
und bilden eine Innenwand, welche im Dünnschliff die Art
ihrer Entstehung fast immer deutlich erkennen lässt. Die
Betheiligung der Endothekalblasen an dem Aufbau der Innen-
1) SCHLÜTER, Diese Zeitschr. 1881, pag. 84.
LinpströM, RıicHTHoren’s China, Bd. IV.
G. v. Koch, Palaeontogr. Bd. 29, T. 41, F. 1-11, pag. 91.
Te WE
ER INTEEE N E, re ne EEE TE # <a a en
45
wand ist gering. Dieselben wölben sich hier wulstartig empor
oder richten sich aufwärts und erscheinen daher im Querschnitt
dichter gestellt.
Während in Bezug auf die Verdiekungszone keine Ver-
schiedenheit besteht, unterscheiden sich die oberdevonischen
Arten durch die Beschaffenheit der Endothek sehr bestimmt
von den obersilurischen. Dieselbe besteht bei Acervularia bal-
tica aus grobmaschigem, ziemlich unregelmässigem Gewebe, das
innerhalb und ausserhalb der Innenwand das gleiche Aussehen
besitzt; nur ist im Innenraum die Stellung der Dissepimente
horizontal, im randlichen Theile dagegen aufwärts gerichtet.
AÄndrerseits sind bei /hillipsastrea Böden und Blasen entwickelt
und im Aussehen leicht zu unterscheiden. Ferner sind bei
den oberdevonischen Arten fast immer deutliche Septalleisten
verhanden. Hiernach nimmt Acervularia eine etwas isolirte
Stellung ein, während Phillipsastrea sich besonders in der Ge-
stalt des Endothekalgewebes eng an Cyathophyllum anschliesst.
Anfangs schien es möglich, (so lange das vorliegende Ma-
terial noch verhältnissmässig unbedeutend war) die zahlreichen
mit deutlicher Theka versehenen Formen (= „Acervularia“ M.E.
et H.) von den eigentlichen Phillipsastreen M. E. et H.!) mit
rudimentärer Aussenwand generisch zu trennen. Doch ergab die
Untersuchung von einigen hundert selbst gesammelten Stücken,
dass ein ganz unmerklicher Uebergang stattfindet, und zwar
schliessen sich die drei verbreitetsten Phillipsastreen (im Sinne
von M. Epw. et H.) entsprechenden Formen mit entwickelter
Theka unmittelbar an. Die zusammengehörigen Arten stimmen
in Bezug auf Grösse, Zahl der Septen, Durchmesser des Innen-
raums und Gestalt der Verdickungszone vollständig mit einander
überein, nur ist bei den „Phillipsastreen“ die Aussenwand rück-
gebildet. So bildet Ph. Bowerbanki (Taf. IV, Fig. 9a) mit ru-
dimentärer Theka die Forsetzung von Ph. pentagona var. microm-
mata; in demselben Verhältniss steht /%h. irregularis zu Ph.
ananas (Taf. III, Fig.4 u.3) und Ph. Hennahi (Taf.V, Fig. 1 u. 3)
zu Ph. Roemeri (Taf. IV, Fig.3). Auch Pachyphyllum (= Medusae-
phyllum A.Ram.) Ibergense A. R. sp. zeigt Uebereinstimmung
mit manchen Abänderungen von Ph. ananas, unterscheidet sich
jedoch andrerseits sehr bestimmt. Pachyphyllum (s. u.) ist wohl
besser als Subgenus beizubehalten, während die Arten mit
rudimentärer und entwickelter Theka nicht in dieser Weise ge-
trennt werden können. Ganz analog verhalten sich die ameri-
kanischen Heliophyllen, welche Harn neuerdings beschrieben
hat; auch dort schliesst sich eine confluente Form eng an Arten
ı) = Smithia M. Epw. Vergl. Kuntu, diese Zeitschrift 1870,
pag. 35, 36.
3 46
mit erhaltenem Mauerblatte an !). Endlich haben auch MıLxe
Epwarps und Haıme Arten mit entwickelter und rückgebildeter
Theka in dieselbe Gattung Endophyllum gestellt ?).
Dass die Gattung Acervularia im Sinne von MıLnE EDWARDS
und Haıme nicht zusammengehörige Formen umschliesse, ist
allen Forschern aufgefallen, die sich mit derselben beschäftigt
haben. ScHLÜTER, der allerdings nur ein unzureichendes Ma-
terial zur Verfügung hatte, bezeichnete eine kleinzellige Art
aus dem Aachener Oberdevon als Acervularia pentagona, weil
eine deutliche Innenwand vorhanden sei?), vereinigte dagegen
Acervularia Troschei M. E. et H. und limitata M. E. et H.
wegen des Auftretens von Septalleisten mit Zeliophyllum *).
Dass diese Septalleisten ein allgemein verbreitetes Merkmal
der Cyathophylliden sind, ist Anfangs bemerkt worden. Uebri-
gens ‚hat auch ScaLürer selbst die Zurechnung zu Zeliophyllum
nur als provisorisch angesehen.
Dagegen machte Barroıs °) mit Recht darauf aufmerksam,
dass 4Jcervularia pentagona zu nahe mit ZAeliophyllum Goldfussü,
Troscheli u. s. w. verwandt sei, um eine generische Trennung
zu recht rechtfertigen. Dagegen seien die amerikanischen
Heliophyllen wegen der gleichmässigen Dicke der Septen durch-
aus von den devonischen Acervularien verschieden. BarroIs
hält es daher für das angemessenste, Acervularia mit ent-
sprechender Aenderung der Diagnose in dem Umfange aufrecht
zu erhalten, den MıLne Epwarps und Hame der Gattung
gaben. Uebersehen ist dabei die Verschiedenheit des Endo-
thekalgewebes bei den silurischen und devonischen Arten.
Ebenso hat F. Rmnmer‘) Acervularia im Sinne von MıuLnk Ep-
warDs und Haınme aufrecht erhalten, jedoch seinen Zweifeln
über die Zusammengehörigkeit der verschiedenen Formen Aus-
druck gegeben.
Nach dem Vorangegangenen lautet die veränderte Dia-
gnose von Phillipsastrea folgendermassen:
Die Individuen des massigen Korallenstockes getrennt oder
zusammenfliessend.. Die Septa verdicken sich in der Mitte
spindelförmig. Diese Verdickungen bilden eine ringförmige
Zone um den Mittelpunkt, welche die Septa zweiter Ordnung
nicht überschreiten. Die Septa sind mit Ausnahme des durch
1) Hel. confluens Harı. Dev. Foss. T. 27. — Hel. proliferum (und
andere) T. 26, F. 1, 2, 5.
2) End. abditum. Brit. Foss Cor., T. 52, F.6. — End. Bower-
bankafl.re I. 5a,rRılE
3) was keineswegs immer der Fall ist (vergl. unten)
*) Diese Zeitschr. 1881, pag. 84-91.
5) Terr. anc. Astur. Galice, pag. 205, 206.
6) Leth. palaeoz. pag. 350.
47
die Verdickungszone begrenzten Innenraums mit verschie-
den entwickelten Verticalleisten besetzt. Die Böden erfüllen
den Innenraum und sind von Blasengewebe umgeben. Die
Blasen stehen in den angrenzenden Interseptalräumen in an-
nähernd gleicher Höhe. In der Verdickungszone wölben sich
die Blasen auf, dem entsprechend sind die Kelche von einem
ringförmigen Wulst umgeben.
Die Arten von Phillipsastrea sind durch die mannigfachsten
Uebergänge verbunden, so dass ihre Abgrenzung stets künst-
lich bleiben muss und von dem persönlichen Ermessen des
Beobachters abhängt. Doch dürfte die nachfolgend geschilderte
Verknüpfung der Formen den natürlichen Verhältnissen ent-
sprechen; wo die Grenzen zu ziehen sind, ist schliesslich von
untergeordneter Bedeutung. Wie sehr dies Verhalten der Trans-
mutationstheorie entspricht, braucht kaum besonders bemerkt
zu werden. Phylogenetische Reihen konnten allerdings nicht
aufgestellt werden, da die fraglichen Formen am Harz, von
wo das Material im wesentlichen stammt, alle zusammen in
einem ungeschichteten Korallenkalk vorkommen, der keine wei-
tere Gliederung zulässt. Das nachfolgende Schema soll nur die
verwandtschaftlichen Beziehungen der verschiedenen Formen ver-
anschaulichen, aber keineswegs einen „Stammbaum“ darstellen.
Phillipsastrea findet sich in Europa nur im Oberdevon und
Kohlenkalk; die carbonischen Arten sind beide confluent. Nach
den Beschreibungen von Ronisger!) scheint die Gattung in
Amerika schon im Unterdevon (Corniferous limestone des Upper
Helderberg) vorzukommen; wenigstens stimmt die Darstellung
im Text ziemlich überein. Die Abbildungen sind allerdings
wenig deutlich.
Ausser den unten beschriebenen Formen sind zu den frag-
lichen Gattungen (/hillipsastrea und Acervularia ex parte) die
folgenden Arten gerechnet worden, deren Zugehörigkeit aller-
dings bei der Unvollständigkeit der Beschreibungen oder Ab-
bildungen nicht durchweg gesichert erscheint ?):
l. Phillipsastrea Davidsoni M. E. et H. sp. (Acervularia).
Pol. Pal., pag. 419, T. 9, F. 4. Ferques bei Boulogne.
2. Ph. Johanni Haun (Smithia). 23 Rep. Regents. Uni-
versity. New-York, 1873, pag. 234, T. 9, F. 10.
3. Ph. longiradiata |. c. pag. 234, beide von Hackberry,
Jowa. ÖOberdevon (Chemung group). Acervularia inae-
qualis 1. c. ebendaher ist ein Oyathophyllum.
1!) Dev. Corals, pag. 128.
°) Sicher zu Phillipsastrea gehören die asturischen Arten, welche
aus Schichten stammen, die mit dem deutschen Oberdevon vollständig
übereinstimmen
Br
4. Ph. Pradoana Ver. et H. sp. (Acervularia) Barroıs,
Astur. Galice, pag. 207, T. 6, F. 3.
Unt. Oberdevon, Cornellana, Asturien.
5. Ph. Torneana M. E. et H. sp. (Syringophyllum) Barroıs
1.56::pa2.,209;, R..6, BR
Am selben Fundort.
6. Ph. Verneuili M. Epw. et H., Ronmisger, Foss. Cor.
Ppa04123,: 1.2385 B.2:
Corniferous limestone (ÜUnterdevon) Ann Arbor,
Michigan.
7. Ph. gigas BıtLıngs. RoNnInGer, ibid. pag. 129, T. 37,
1
Upper Helderberg (Unterdevon) Mackinac, Michigan.
8. Ph ? Yandelli Roninger, ibid. pag. 130.
Upper Helderberg, Ohio-Fälle.
9. Ph. tuberosa M. E. et H. Brit. Foss. Cor. pag. 204.
Kohlenkalk, Derbyshire.
10. Ph. radiata M. E. et H., ibid. pag. 204, T. 37, F. 2.
Kohlenkalk, Derbyshire.
Die Phillipsastreen des deutschen @berdevons nach ihren verwandt-
schaftlichen Beziehungen geerednet
Formen Formen
mit erhaltener Theka mit rückgebildeter Theka
l. intercellulosa
'
1
2. ananas: 0... a
|
N
3. pentagona— 5. Roemeri . . . . 6. Hennahi
| .
4. var. micrommata . . . .....9. Bowerbanki
1. Kunthi
ll. Phillipsastrea intercellulosa PHiLL. sp.
1841 = Astrea intercellulosa Prınuıps. Palaeozoic Fossils of Cornwall,
ag. 2:20,06 El
1851 = Acervularia intercellulosa M. Epw. et H. Pol. Pal., pag.417.
1853 — M.E. et H. Brit. Foss. Cor., pag. 237, T. 55, F. 2
1883 — F. Rormer. Leth. palaeoz., pag. 353.
Die Art ist wegen der Grösse ihres Innenraums am nächsten
mit Oyathophyllum verwandt und zwar schliesst sie sich in der
49
äusseren Erscheinung ganz an ©. basaltiforme an. Während
aber bei der letzteren Art der Durchmesser der Septen un-
mittelbar an der Theka am bedeutendsten ist, beginnen die-
selben bei Ph. intercellulosa dünn, nehmen in geringer Entfer-
nung von der Mauer beträchtlich an Stärke zu und bilden eine
verhältnissmässig breite Verdickungszone. Dann werden sie
allmählich schwächer und schlingen sich als dünne Fäden in
der Mitte um einander, ohne sich zu vereinigen. Ausserdem
unterscheidet sich die vorliegende Art von ©, basaltiforme durch
die bedeutendere Länge der Septa zweiter Ordnung, die noch
ein wenig in den Innenraum vorragen.
Die einzelnen Zellen sind unregelmässig polygonal, ver-
schieden gross (1,3 cm — 0,7 cm) und durch ziekzackförmige
Mauern von einander getrennt. Der Durchmesser des Innen-
raums (einschl. Verdickungszone) beträgt bei den grössten
Individuen 1,05 em. Die Zahl der Septen steigt bis auf 42.
Die Böden sind dem Innenraume entsprechend breit und ziem-
lich regelmässig gestaltet. Die Blasen stehen in der Verdickungs-
zone kaum dichter als in den randlichen Theilen.
Es lag nur ein ziemlich umfangreicher Stock von 37 Indi-
viduen (in der Göttinger Sammlung) vor, der von Rübeland
stammt und mit den citirten Abbildungen vortrefflich überein-
stimmt.
Uebergänge zu der nachstehend beschriebenen Form sind
nicht bekannt geworden, jedoch wahrscheinlich vorhanden. Es
erscheint daher vorläufig geboten, die Art in der von Mıune
Epwaps und Haus gegebenen Begrenzung aufrecht zu erhalten,
obwohl sie in Umfang und Bedeutung keineswegs Phillipsas-
trea ananas oder Roemeri homolog ist.
12. Phillipsastrea ananas GoLDruss sp. (non Linn. sp.).
BZEehEundeill, Fis, I, 1a, 2;3, 5, 14: Taf. VIIE,.Big: 9.
1826 = Oyathophyllum ananas GoLDr. Petr. Germ., pag. 60, T. 19,
F. 4a und b.
1843 — A. Rormer. Verstein. Harzgeb., pag. 5, T. 2, F. 11.
1851 = Acervularia Troscheli M. Epw. et H. Pol. Pal., pag. 416.
1851 = Acervularia Battersbyi M. Eopw. et H. ibid. pag. 419.
1851 = Acervularia Goldfussi!) Vern. et H. ex parte. ibid. pag. 417.
1) Die von Mırne Epwarps und HaımE zu Acerv. Goldfussi gestell-
ten Formen bilden den Uebergang von Phill. ananas zu Phill. pentagona.
Von den Abbildungen stimmt dasjenige Stück, dem der Taf. III, Fig. 5 abge-
bildete Dünnschliff entnommen wurde, vollständig mit der Figur 4a T. 19
Petr. Germ. überein, auf welche Acerv. Goldfussi zuerst von M. E. u. H.
begründet wurde; andrerseits lässt sich Taf. Il, Fig. 8 nicht von der in
den Brit. Foss. Cor., T. 53, F. 3 abgebildeten Acerv. Goldfussi unter-
scheiden. Ich glaube Fig. 5 noch zu Ph. ananas, Fig.8 zu Ph. pentagona stellen
zu müssen, und zwar einmal wegen der Grössenverhältnisse und ferner,
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVII. 1. 4
50
1855 = Acervularia marginata A. Roem. Harz, III, pag. 32, T. VI, F. 20.
1855 = Acervularia macrommata A. Rom ibid. pag. 33, T. VI, F. 22.
1855 = Acervularia impressa A. Rorm. ibid. pag. 30, T. VI, F 15.
1855 = Acervularia tubulosa A. Roem. ibid. pag. 31, T. VI, FE. 16.
1855 = Acervularia granulosa A. Rorm. ibid. pag. 32, T. VI, F. 21.
1856 = Acervularia Goldfussi F. Roem. Leth. geogn., 11I. Auflage,
as. 196 1, 14
1860 = Acervularia Troscheli FRoMENTEL. Pol. Foss., pag 311.
1860 = Acervularia Battersbyi. Ibid. pag. 312.
1873 = Acervularia pentagona Kayser. Diese Zeitschr. 25, pag. 641.
1880 = Heliophyllum Troscheli SCHLÜTER. Sitzb. Ges. naturforsch.
Freunde. Berlin, pag. 50.
1881 — SchHrür. Diese Zeitschr., pag. 85, T. VIll, F. 3. 4.
1881 = Acervularia Battersbyi QuEnsT. Kor., pag. 535, T. 162, F. 37.
1883 = Acervularia Troscheli und Goldfussi F. Rom. Leth. palaeoz.,
pag. 352.
Es wurde der alte Gorpruss’sche Name, der allerdings
auf einer unrichtigen Identifieirung beruht, für die vorliegende
Art gewählt, um anzudeuten, dass dieselbe im Sinne von
Gorpruss, d. h. in weiterer Fassung zu nehmen sei. Die
ausserdem in Betracht kommenden Namen Battersbyi M. E. et
H. und Troscheli M. E. et H. bezeichnen ganz bestimmte Ab-
änderungen der in Rede stehenden Art, die keine Selbststän-
digkeit beanspruchen können. Dagegen hat GoLpruss einen
weit richtigeren Blick bekundet, indem er 2 oder, wie SCHLÜTER
hervorgehoben hat, 3 später mit anderen Namen belegte
Formen zu einer Species vereinigte.
Der erste, der sich wieder !) für die Zusammengehörigkeit
der Fig. 4a und 4b (Gorpruss |. ec. T. 19) aussprach, war
F. Rormer !). Derselbe betonte zugleich die Nothwendigkeit
einer gründlichen Revision der MıLne Epwarns’schen „Arten“.
Der Name Goldfussi, den F. Roruer |. c. für die vorliegende,
als ananas bezeichnete Form vorschlägt, ist aus den in der
untenstehenden Anmerkung auseinandergesetzten Gründen nicht
annehmbar.
Der Stock ist in der Jugend flach ausgebreitet und erh
erst im Alter beträchtlichere Dicke. Die grössten Exemplare
sind 3 dm lang und entsprechend breit. Der Durchmesser der
einzelnen Zellen beträgt durchschnittlich 9 mm, wechselt jedoch
zwischen 1,2 cm und 6 mm. Ebenso schwankt die Zahl der
Septen zwischen 26 und 36. Die spindelförmige Verdickung
nimmt das mittlere Drittel der Septen ein (selten weniger)
und ist meist nach innen schärfer begrenzt als nach aussen.
weil bei Fig. 5 die Verdickungszone ebenso undeutlich wie bei manchen
Abänderungen der Ph. ananas ausgebildet erscheint (vergl. unten).
Dass die Grenzen zwischen den „Arten“ nur künstlich gezogen werden
können, wurde oben bemerkt.
5) Vergleiche die Synonyma.
=
“ 1 2 Sr a nl Ta nn nz
EEE EEE URN
51
In der Verdickungszone drängen sich die Blasen infolge der
wulstartigen Aufbiegung scheinbar zusammen, so dass hier deren
5—7 zwischen je 2 Septen stehen. Nur die Septa erster Ord-
nung durchsetzen die Verdickungszone, bleiben jedoch in der
Mitte meist getrennt; zuweilen erscheinen sie hier schwach
spiralig um einander gedreht. Innenraum und Verdickungs-
zone zusammen nehmen etwa °/,, der Innenraum allein '/, des
gesammten Durchmessers ein. Andeutungen von Septalleisten
sind beinah stets zu finden, gleichmässig sind sie seltener ent-
wickelt. Zuweilen geben sie durch unregelmässige Ausbildung
den Septen ein zeriressenes Aussehen.
Der Längsschnitt (Taf. III, Fig. 14, demselben Stücke wie
Taf. II, Fig. Aa angehörend) zerfällt in 3 ziemlich gleich breite
Zonen: die mittlere wird von den horizontalen Böden, die äusseren
von dem ebenfalls horizontal angeordneten Blasengewebe einge-
nommen. In dem abgebildeten Längsschliff erscheinen die Böden
etwas unregelmässig, da der Schnitt schräg verläuft. Die An-
ordnung des Endothekalgewebes erkennt man am besten an
solchen Exemplaren, bei denen durch nachträgliche Aus-
laugung der Kalkspath entfernt ist; die Structur tritt dann so
klar wie bei lebenden Korallen hervor. Die Verticalleisten
sind im Längsschnitt stets sehr deutlich wahrnehmbar.
Entsprechend der horizontalen Anordnung des Endothekal-
gewebes ist die Oberfläche des Stockes eben (Taf. VIII, Fig. 9);
in regelmässigen Zwischenräumen senken sich Kelche mit schwach
trichterförmigen Wänden und flachen Böden ein. - Um jeden
Kelch findet sich, entsprechend der Aufbiegung der Blasen im
Längsschnitt, eine mehr oder weniger deutliche ringförmige
Erhöhung.
Da, wie aus der Synonymik ersichtlich, sieben bezw, acht
bisher als selbstständig betrachtete Arten zu einer einzigen
zusammengefasst wurden, so mag noch einmal kurz auf die
Gründe eingegangen werden, die eine Vereinigung derselben
nöthig machten. Von wie wenig Bedeutung für die Abgrenzung
der Arten die Zahl der Septen ist, beweist Taf. II, Fig. 2,
wo von zwei annähernd gleich grossen Kelchen der eine 28,
der andere 38 Septa besitzt. Taf. III, Fig. 3 zeigt die
verschiedene Grösse der Individuen in einem Stocke. Wenn
in diesem Falle auch die kleineren Individuen als jüngere Thiere
zu betrachten sind, so finden sich doch in der umfangreicheren
Colonie, der Taf. II, Fig 3, und 3, entnommen wurden, neben
grossen Individuen von 9 mn Durchmesser ganze Regionen,
in denen keine Zelle mehr als 6 mm erreicht !). Auch in der
2) Aehnliche Grössenunterschiede finden sich bei Phüllipsastrea
Ibergensis.
4*
92
Grösse des Innenraums findet sich ein allmählicher Uebergang
zwischen Taf. II, Fig. 1 und Taf. III, Fig. 3. Endlich ist her-
vorzuheben, dass sämmtliche Abänderungen, mit Ausnahme
von Taf. II, Fig. 1 und 2 am selben Fundorte (Grund) zusammen
vorkommen. Fig. 1 (von Stollberg) ist von Fig. 2 kaum ver-
schieden und letzteres stammt von Rübeland, dessen geolo-
gische Verhältnisse mit Grund durchaus übereinstimmen.
Ein vollständigeres Bild von der Art, als die nothwen-
digerweise allgemein gehaltene Diagnose giebt die nachstehende
Beschreibung der zahlreichen in einander übergehenden Abän-
derungen. Bei jedem Stück ist die Bezeichnung nach der
bisherigen Nomenclatur angegeben.
Taf. II, Fig. 1 = Acervularia Troscheli M. E. et H. Grösse
1,1 cem— 1,3 cm. 36—-40 Septa. Verhältniss vom Innen-
raum (einschliesslich Verdickungszone) zum Gesammtdurch-
messer 3:5 — 2:3 Septalleisten kaum angedeutet. Septa
gleichmässig verdickt. Die ringförmige Erhebung um die Kelch-
grube verhältnissmässig unbedeutend. Das Goupruss’sche Ori-
ginalexemplar unterscheidet sich nach der Abbildung durch
geringere Zahl der Septen, ein Merkmal, auf das kein Gewicht
zu legen ist. Fundorte: Rübeland; Frankenberg, Stollberg,
Burtscheid bei Aachen.
Taf. II, Fig.2 = 4c. marginata A. Reuer!). Durchmesser
8 mm!— 1 cm. Verhältniss der Durchmesser 1:2. 28 —
38 Septa. Septalleisten deutlich und gleichmässig. Rübeland.
Taf. II, Fig. 3, und 3, = Ac. impressa A. Ramer?). Durch-
messer 6 — 9 mm. 26 Septa. Verhältniss der Durchmesser -
5:8. Septa knotenförmig verdickt. Septalleisten undeutlich.
Ringförmige Erhebung um die Kelchgrube entsprechend der
knotenförmigen Verdickung scharf auspepicl Grund, Rübe-
land, Stollberg (Breiniger Berg.)
Taf. II, Fig. 4. Durchmesser 9 mm. Verhältniss der Durch-
messer 9:5. 28 — 30 Septa. Septalleisten ziemlich unregel-
mässig. Grund.
Hier zweigen sich Formen ab, die durch geringere Aus-
dehnung des Innenraums, mehr oder weniger undeutliche Be-
grenzung der Verdickungszone nach aussen, sowie geringere
Dichtigkeit derselben unterschieden sind.
Taf. II, Fig. 4a bezeichnet den Uebergang zu Fig. 4b. Bei
letzterer Form lässt die undeutliche Begrenzung der Verdickungs-
zone eine Angabe des Verhältnisses der Durchmesser unthun-
ı) Das Original A. Roemer’s stammt nach der Etikette von Grund,
doch habe ich weder an Ort und Stelle noch in den Sammlungen je
ein in der Erhaltung damit übereinstimmendes Exemplar gesehen. Da-.
gegen ist dasselbe von Stollberger Stücken nicht zu unterscheiden.
°®) Stimmt auch in der Erhaltung mit dem Original überein.
BB)
lich erscheinen. Septalleisten gleichmässig vertheilt. 22 —
28 Septa. Grund.
Eine dritte Abänderung Taf. III, Fig. 5 vermittelt endlich
den Uebergang zu /hill. pentagona und zeichnet sich vor allem
durch die für diesen Formenkreis charakteristische geringe
Breite der Verdickungszone aus. Allerdings ist dieselbe nur
an wenig Stellen deutlicher entwickelt und entsteht hier aus
knotenförmig angeschwollenen Septalleisten. Namur.
Taf. II, Fig. 5. Durchmesser 8—9 mm. Verhältniss der
Durchmesser 3:2. 28 Septa. Septalleisten schwach entwickelt.
Septa kräftig und gleichmässig verdickt. Grund.
Taf. U, Fig. 5a und 5b. Auch hier nimmt eine Reihe von
Abänderungen ihren Ausgangspunkt, die z. Th. vollständig mit
der Abbildung von Acervularia Battersbyi !) übereinstimmen,
z. Th. nur durch ganz geringe Grössenverschiedenheiten davon
abweichen. Zugleich bilden diese Varietäten den Uebergang
zu dem Formenkreis der Phillipsastrea Roemeri, in den sie ohne
scharfe Grenze übergehen. Durchmesser 1,0—1,5 cm. Ver-
hältniss der Durchmesser 2:1. Verdickungszone schmal. Septa
(30— 32) ungleich lang. Septalleisten schwach entwickelt.
Der Dünnschliff Taf. II, Fig. 5b lässt deutlich erkennen, dass
die, zwei Zellen trennende Wand aus zwei Schichten besteht.
Rübeland, Grund, Torquay.
Taf. III, Fig. 1. Stimmt in jeder Beziehung mit dem Ori-
ginalexemplar von Acervularia macrommata A. Rau. überein
und unterscheidet sich von Taf. II, Fig. 5 nur durch den ver-
hältnissmässig grösseren Umfang des Innenraums. Verhältniss
der Durchmesser 3:2. Gesammtdurchmesser 8 mm. Zahl der
Septen 26. Bei Rübeland und besonders bei Grund häufig.
‘Taf. III, Fig. 1 a von Namur besitzt einen verhältnissmässig
grösseren Innenraum, stimmt aber sonst völlig mit Fig. 1 überein.
Auch der Dünnschliff Taf. III, Fig. 2, der dem Originalexem-
plar von Acervularia granulosa A. Rosm. entnommen wurde,
ist abgesehen von der durchschnittlich etwas geringeren Grösse
von Acervularia macrommata A. R. nicht verschieden. Die
geringere Dicke der Septen ist ebenso wie das Hervortreten
der Septalleisten lediglich durch die eigenthümliche Erhaltung
bedingt, wie andere, für die photographische Wiedergabe weniger
geeignete Theile desselben Stockes beweisen. Wiederum etwas
kleiner als Taf. III, Fig. 2 ist Fig. 3. Beide sind bei Rübeland
und Grund überaus häufig.
Besonderes Interesse verdient diese kleinste Abänderung
dadurch, dass sie, allerdings ganz vereinzelt, in den Clymenien-
kalk hinaufgeht. Ein Dünnschliff, der dem von Kayser selbst
1) Brit. Foss. Cor, T. 54, F. 2.
54
bei Rösenbeck unweit Brilon gesammelten und als Acervularia
? pentagona eitirten (s. 0.) Exemplar entnommen wurde, stimmt
durchaus mit Taf. III, Fig. 3 überein.
Die Art ist, wie sich aus dem Vorstehenden ergiebt, in
England, Belgien, der Aachener Gegend und am Harz ver-
breitet und fast überall recht häufig. Auffallenderweise sind
aus Nassau noch keine hierher gehörigen Formen bekannt
geworden. In den entsprechenden asturischen !) Schichten
scheint sie durch Phill. cf. Pradoana (Ver. et H.) Barroıs
sp. ’) vertreten zu werden. Diese Art unterscheidet sich trotz
grosser Aehnlichkeit im Allgemeinen dadurch, dass die am
Rande der einzelnen Zellen gelegenen Dissepimente grösser
werden und zu beiden Seiten der Theka eckige Räume ab-
grenzen. Phüll. cf. Pradoana kann als vicariirende Art von
Ph. ananas aufgefasst werden.
Es kamen im Ganzen 130 Exemplare und 36 Dünnschliffe
zur Untersuchung. Dieselben befinden sich in den Museen von
Clausthal, Berlin, Göttingen, Strassburg, des naturhistorischen
Vereins zu Bonn, in der geologischen Landesanstalt und meiner
eignen Sammlung.
13. Phillipsasirea pentagona GOLDF. Sp.
Taf. IH, Fig. 6, 7, 7a, 8, 9, 10; Tas. VI Re:
Se a bulz pentagonum GoLpr. Petr. Germ., pag. 60,
d2N. 5
1845 = Acervularia pentagona MicHELm. Iconogr. zoophytol., pag. 180,
7.49. BR .1,2:
1850 = Ac. Goldfussi de Verneum et Ham ex parte. Bull. Soc.
geol. de France. 2iöme serie T. VII, pag. 161.
1851 = Ac. Goldfussi e. p. M. Eonw. et H. Pol. Pal, pag. 417.
1851 = Ac. pentagona 1. c. pag. 418.
1851 = Ae. limitata ]. ce. pag. 419.
1853 = Ac. Goldfussi M. Epw. et H. Brit. Foss. Cor., pag. 236,
T. 53, F. 3.
1853 = Ac. pentagona 1. ce. pag. 238, T. 53, F. 5.
1853 = Ac. limitata 1. c. pag. 238, T. 54, F. 1.
1860 = Ac. Goldfussi e. p. Fromenter Pol. Foss., pag. 311.
1860 = Ac. pentagona 1. c. pag. 311.
1860 = Ac. limitata 1. e. pag. 312.
1880 = Heliophyllum Goldfussi ScnLür. Ges naturf. Freunde, pag. 50.
IR Fon ef. limitatum Schrür. Diese Zeitschr pag. 87,
1881 = Acervularia pentagona Schtür. ]. ec. pag. 89, T. 9, F.5.
1881 = Ac. Goldfussi Quenst. Kor. pag. 536, T. 162, F. 403).
1882 = Ac. pentagona Barroıs. Astur. Galice, pag. 205.
1885 = Ac. Goldfussi en parte, limitata, pentagona F. Rorm. Leth.
palaeoz., pag. 352, 353.
ı) Calcaire de Candas, Barroıs. Astur. Galice, pag. 191.
2) ec paer 20L FBE6R 3.
3) Die Formation ist — durch einen Druckfehler — als „Bergkalk“
bezeichnet.
\
hE)
Die Koralle bildet stockförmige Massen, die meist flach
ausgebreitet sind unu qann einen rundlichen Umriss besitzen ;
dieselben sind auf der Unterseite durch eine gemeinsame Theka
geschützt, die kräftige concentrische Anwachswülste und feinere
Anwachsstreifen erkennen lässt. Bei vorgeschrittenem Wachs-
thum wird die Gestalt des Stockes unregelmässig. Der Umriss
der einzelnen Individuen ist bei der typischen Art fünf- bis
sechsseitig; nur die Uebergangsformen zu var. micrommata ent-
halten neben Kelchen mit regelmässiger auch solche mit un-
regelmässiger Begrenzung.
Der Verlauf der Septa ist meist gerade; ihre Zahl beträgt
20 und steigt nur selten bis auf 24. Die Septa zweiter Ord-
nung überschreiten die Innenwand nicht; die im Innenraum
beträchtlich verschmälerten Septa erster Ordnung vereinigen
sich in unregelmässiger Weise. Der Durchmesser der einzelnen
Kelche schwankt nicht unbeträchtlich, bei den Stollberger
Exemplaren zwischen 5 und 3 mm, bei den Harzer in etwas
geringeren Grenzen; die kleinsten Stücke (von 2—3 mm Durch-
messer) stammen von Langenaubach., Der Durchmesser der
Kelehe ist in demselben Stocke nicht unwesentlich verschieden,
so dass die sämmtlichen Grössenunterschiede auf die unge-
zwungenste Weise vermittelt werden. Auch der Durchmesser
des Innenraums unterliegt einigen Schwankungen; am grössten
ist derselbe bei den von Mıune Epwarps und Ham als Ac.
Goldfussi bezeichneten Stücken, am kleinsten bei Ac. limitata;
Ac. peniagona steht in der Mitte. Doch können diese geringen
Unterschiede, welche selten mehr als 0,5 mm betragen, die
Aufstellung besonderer Arten nicht rechtfertigen.
Septalleisten sind stets vorhanden aber nur selten (.4ec.
limitata) gleichmässig über den äusseren Theil der Septa
vertheilt. Meist entwickeln sich einige wenige in der Mitte
der Septa stärker und bilden so die Verdickungszone. Dieselbe
erscheint selten wegen gleichmässiger Entwickelung der Septal-
leisten nach aussen undeutlich begrenzt !), meist ist sie schmal
und schärfer als bei irgend einer verwandten Art ausgeprägt.
Niemals bildet die Verdickungszone — bei guter Erhaltung der
Exemplare und genügender Feinheit der Schliffe — eine
compacte Wand, wie sie SCHLÜTER zeichnet’). Vielmehr tritt
in Schliffen, die längs, oder besser noch schräg geführt sind,
die Zusammensetzung der Verdickungszone aus verstärkten
Septalleisten deutlich hervor. Die Betheiligung des Blasen-
gewebes an dem Aufbau der Innenwand ist untergeordnet. Die
Blasen richten sich da, wo sie an die Böden grenzen, aufwärts
und erscheinen daher im Querschnitt etwas dichter gedrängt,
1) Taf. III, Fig. 9 (Acerv. limitata).
ara 1.9. K. 5;
56
Das Blasengewebe ist horizontal ausgedehnt, die Böden
flach, aber ziemlich unregelmässig. Dementsprechend ist auch
die Oberfläche des Stockes horizontal und die Kelche sind mit
senkrechten Wänden eingesenkt. Da die horizontalen Böden
des Innenraums weniger leicht verwittern als die Blasen des
randlichen Theils, so ragt der erstere auf angewitterten Exem-
plaren als kleine knopfförmige Erhöhung in der Mitte hervor.
Dies ist der „tuberculus minimus“ in A. Rorner’s Diagnose
einer nah verwandten Varietät.
Dass Phill. pentagona generisch nicht von den verwandten
Formen getrennt werden darf, wie SCHLÜTER vorschlug, hat
bereits Barroıs (s. 0.) überzeugend nachgewiesen. Sogar die
Speciesabgrenzung erweist sich bei bedeutenderem Vergleichs-
material als künstlich. Von den grösseren Abänderungen der
Phil. ananas unterscheidet sich Phill. pentagona leicht durch
geringere Grösse. Ausserdem besitzen die kleineren und grösse-
ren Formen der ersteren Art eine wesentlich breitere Ver-
diekungszone und die Septa verschmälern sich allmählich nach
der Mitte zu. Dagegen sind bei Phill. pentagona die im Innen-
raum liegenden fadenartigen Septa scharf von der Verdickungs-
zone abgesetzt. Doch finden sich auch hier Uebergänge, auf
die bereits oben hingewiesen wurde (Ac. limitata).
Die Art ist noch weiter als hill. anınas verbreitet. Es
liegen vor Exemplare von Rübeland, Grund, Langenaubach;
Burtscheid, Stollberg, Frankenberg, Venwegen bei Aachen;
Chauxfontaine bei Lüttich, Namur und Torquay. Ausserdem
findet sich die Art bei Verviers, Ferques b. Boulogne, Shark-
ham Point, Ogwell etc. in Devonshire und Sabero in Leon.
Die Zahl der untersuchten Stücke beträgt 40, denen 16 Dünn-
schliffe entnommen wurden. Dieselben befinden sich im Ber-
liner, Göttinger, Clausthaler Museum, der geologischen Landes-
anstalt und meiner eignen Sammlung.
14. Phillipsastrea pentagona (sOLDF. Sp. var. microm-
mata FErD. RoEMER.
Taf. IH, ‚Fig. 11, 12,13, 1305: Ta NOT
1852 = Smithia micrommata F. Rorm. Leth. geognost. 3 Aufl.
Eepass I EEE 320:
1855 = Acervularia Roemeri var, 3 concinna A. RoEmEr. Harz III,
‚pag, 32016. R219.
1881 = Smithia micrommata SCHLÜLFR Diese Zeitschr. pag. 90.
1881 = Acervularia concinna ibid. pag. 90.
Phill. pentagona geht ganz allmählich in die mit vorstehendem
Namen bezeichnete Varietät über, z. B. stimmen einzelne Kelche
von Taf. III, Fig. 11 noch vollständig mit Ph. pentagona überein.
Doch unterscheiden sich andere Formen durch verhältnissmässig
57
geringeren Umfang des Innenraums und sehr unregelmässige
Begrenzung der einzelnen Individuen, die bis zur beginnenden
Rückbildung der Theka fortschreiten kann (Taf. III, Fig. 12 und
F.Roen. l.c. F.20a). Ausserdem ist die Entwickelung der Septal-
leisten im allgemeinen stärker und gleichmässiger als bei der
Stammform. Zuweilen krümmen sich die letzteren, treten mit-
einander in Verbindung und bilden ein schwammiges Gewebe,
wie bei einer Varietät der hill. Hennahi. Ausserdem wird
durch die allgemeine Verbreiterung der Septalleisten die Begren-
zung der Verdickungszone undeutlich. Alle diese Unterschiede
rechtfertigen eine besondere Bezeichnung der extrem ausgebil-
deten Formen. Die Grenze ist wie gewöhnlich eine künstliche
und hängt vom subjectiven Ermessen des Beobachters ab. Hier
mögen alle Stücke mit urregelmässiger Theka und verhältniss-
mässig kleinem Innenraum als var. micrommata bezeichnet werden.
Im Längsschnitt treten besonders die äusserst kräftig ent-
wickelten Verticalleisten hervor. Die vorkommenden Grössenver-
schiedenheiten werden durch Fig. 11 und 12 versinnbildlicht; dass
Zwischenformen vorhanden sind, bedarf kaum einer Erwähnung.
Vorkommen bei Rübeland, Grund (die abgebildeten Stücke
stammen sämmtlich daher), Frankenberg bei Aachen, Langenau-
bach bei Haiger, Couvin, Ferques (nach F. Roemer) und Torquay.
Das untersuchte Material, 60 Exemplare und 10 Dünnschliffe, be-
findet sich im Besitz des Berliner Museums, des naturhisto-
rischen Vereins zu Bonn, der geologischen Landesanstalt und
in meiner eignen Sammlung.
Smithia micrommata F. RoEMER zeigt besonders deutlich,
wie schwierig, ja unmöglich in diesem Formenkreis die Ab-
grenzung der Gattungen nach dem Vorhandensein oder Fehlen
der Theka ist. Während auf der Abbildung Leth. geogn.
F. 20a die äussere Mauer rückgebildet erscheint, ist sie be-
einem von FERD. RoEMER selbst bestimmten Stücke des Ber-
liner Museums (von Couvin) in voller Deutlichkeit vorhanden.
Beide Stücke sind auch in der That nicht zu trennen.
15. Phillipsastrea Roemeri VErn. et Haıms sp.
Taf. IV, Fig. 1—5.
1843 = Astrea Hennahi A. RoEMmEr non LonsvALe. Verst. Harzgeb.,
pag. 5, T..2,;FE! 13.
1850 = Acervularıa Roemeri VERNEUIL et Hame. Bull. Soc. geol
de France. 2itme serie, T. VII, pag. 162.
151 — M.E. et H. Pol. Pal., pag. 420.
1851 Ac. coronata M. E. et H. ibid. pag. 416.
1853 = Ac. Roemeri M. E. et H. Brit. Foss. Cor., pag. 239, T. 54, F. 3.
1855 = Ac. coronata ibid. pag. 237, T. 53, F. 4.
1860 = Ac. coronata FromEnTEL. Pol. Foss., pag. 311.
1860 = Ac. Hennahi A. Rom. sp. 1. ce. pag. 312.
1866 = Astrophloeocyclus longiradiatus LupwiıG (SAnpe. sp.). Palae-
ontogr. 14, pag. 238, T. 71, E. 1,
58
1881 = Ac. Roemeri Quenst. Kor. pag. 535, T. 162, F. 38.
1882 — Barroıss. Astur. Galice, pag. 207, T. 6, F. 2.
1883 = Roemeri und coronata F. Rormer. Leth. pal., pag. 353 u. 352.
Wie bereits erwähnt, steht ill. Roemeri durch Ueber-
gänge mit Phill. ananas einerseits und pentagona andrerseits
in Verbindung. Insbesondere ist die Trennung der Fig. 5 auf
Taf IV von den Zwischengliedern der Phill. pentagon« und var.
micrommata (Taf. III, Fig. 12) eine künstliche. Andrerseits
zeigen die „typischen“ Formen Taf. III, Fig. 1 u. 7 und Taf. IV,
Fig. 2 beträchtliche Verschiedenheiten. Es mögen als kill.
Roemeri diejenigen Exemplare bezeichnet werden, die sich durch
deutliche Begrenzung der Verdickungszone, schwache Entwicke-
lung der Septalleisten, sehr geringen Durchmesser des Innen-
raums, undeutliche Begrenzung des Innenraums und durch be-
deutendere Grösse der Individuen (bis 1,1 cm) unterscheiden.
Die Zahl der Septen beträgt 24— 28. Fig. 5 auf Taf. IV
zeichnet sich durch stärkere Ausbildung der Innenwand und
regelmässigeren Umriss der Individuen aus. Die Abbildung
wurde nur gegeben, um den Uebergang zu einer kleinzelligen
Varietät Fig. 4 zu veranschaulichen, die sich wohl am besten
hier anschliesst. Sie besitzt sehr scharf begrenzte Kelche,
unregelmässig vertheilte Septalleisten und eine gleichmässig
nach innen und aussen begrenzte Verdickungszone; die Zahl
der Septen ist 28.
Die Figuren 1 und 2 auf Taf. IV stellen die typischen
Vertreter der Art mit unentwickelten Septaldornen dar. Zwischen-
formen von Fig. 1 und 2 kommen ebenfalls bei Grund vor,
doch musste von der Wiedergabe derselben wegen Raummangels
abgesehen werden. Fig. 3 (Taf. IV) besitzt einen etwas grösseren
Innenraum und vermittelt dadurch den Uebergang zu Ph. ananas
und zwar im besonderen zu der von MıLns Epwarnps und HAIME
als Acervularia Battersbyi!) bezeichneten Form.
Das Endothekalgewebe ist bei allen beschriebenen Abän-
derungen gleich. Entsprechend dem geringen Durchmesser des
Innnenraums sind auch die Böden schmal und von horizontal
angeordnetem Blasengewebe umgeben. Die Oberfläche des
Stockes ist flach, die zerstreuten Kelche sind mit verticalen
Wänden eingesenkt und von einem schwachen Wulst umgeben.
Phillipsastrea Johanni HALL sp. (Smithia)?) aus der Chemung
group (Oberes Oberdevon) von Hackberry, Jowa, steht beson-
ders der Fig. 2 auf Taf. IV nahe und’ist wohl als der ameri-
kanische Vertreter von Phillipsastrea Roemeri aufzufassen.
Es liegen vor Exemplare von Rübeland, Grund, Langenau-
bach bei Haiger, Verviers und Torquay; nach MıuLne EpwArns
DFBrit Ross: Gors B=54 BR, 2:
2) 23 ann. rep. of the regents of the university of the state of
New-York, 1873, pag. 234, T. 9, F. 10.
59
und Hımz kommt die Art ferner bei Puerto de los Volcas
und Pola de Gordon in Leon und nach Barroıs im unteren
Öberdevon von Moniello in Asturien vor. Das untersuchte
Material, 65 Exemplare und 19 Dünnschliffe befindet sich in
den Museen von Berlin, Göttingen, Strassburg, der geologischen
Landesanstalt und in meiner eignen Sammlung.
16. Phillipsastrea Hennahi LonsDALE sp.
Taf. \V.
1840. Astrea Hennahi LonspAaLE bei MurcHison and SEDGWICK, on
the physical structure of Devonshire and the subdivisions and
geological relations of its older stratified deposits. Geol. Trans-
der a:hrser. Vol. 5, pag. 697, T. 58, R. 3.
1841 Astrea Hennahi Phill. Palaeoz. Foss., pag. 12, T. 6, F. 16, 8
Monet: 7, .E. 15 D)N.
1843 = ? Astrea parallela?). Verst. Harzgeb., pag. 5, T.3, Fl.
(non Astrea Hennahi ]. c.)
1850. Phillipsastrea Hennahi M.E. et H. Brit. Foss. Cor. Introd., pag. 70.
Typus des nach p’Orsıcny neu begrenzten Genus Philipsastrea.)
1850. Phillipsastrea cantabrica VERN. et. H. Bull. soc. g&ol. France,
T. VIII, pag. 162.
1851 =" Smithha Hennahi M. Enw. et H. Pol. Pal., pag. 421.
1851 = Smithia Pengillyi M. Eow. et H. ibid. pag. 422.
1851 = Syrıngophyllum 2 cantabricum Vern. et H. sp. ibid. pag. 451.
1855 = Smithia Hennahi. Brit. Foss. Cor., pag. 240, T. 54, F. 4.
1853 = Smithia Pengillyi ibid. pag. 241, T. 55, F. 1.
1853 = Syringophyllum cantabricum ibid. pag. 242, T. 55, F. 3.
1855 = Smithia Hennahi A. Rorm. Harz, Ill, pag. 33, T. 6, F. 25.
1860 = Smithia Hennahi und Pengillyi M. E. et H. _Hist. Nat. des
Corall., pag. 413.
1860 = Syringophyllum cantabricum ibid. pag. 438.
1860 = Smithia Hennahi und Pengillyi FroMmEnTEL. Pol. Foss., pag.308.
1860 = Syringophyllum cantabricum ibid. pag. 316.
1863 = Streptastrea longiradiata SANDBERG. Verst. Nassau, pag. 416,
Dal, 2:
1870 = Phillipsastrea cantabrica VErn. etH. Kuntn, d. Zeitschr., pag. 36.
1) Die Abbildung ist sehr mangelhaft, die 1. c. angeführte Diagnose
LonspAre’s bezieht sich allerdings nur auf den Querschnitt, ist jedoch
kurz und treffend: Kelche ohne Abgrenzung. 36 Septa mit gezackten
Rändern (crenulated structure), abwechselnd lang und kurz; die letzteren
endigen rings um den Centraltheil des Kelches und die ersteren, welche
in derselben Umgrenzungslinie anschwellen, werden wieder dünn, nach-
dem sie dieselbe überschritten haben und verlängern sich als feine
Fäden bis zu dem netzförmig gestalteten (reticulated) Centrum. Die
Septa eines Kelches vereinigen sich mit denen des benachbarten. Die
Vereinigung ist je nach der Lage mehr oder weniger regelmässig.
2) Die Frage ob die als A. parallela bezeichnete Koralle mit Phil-
Ivpsastrea Hennahi zusammenfalle, lässt A. RoemEr in den Beiträgen etc.
II, pag. 33 selbst offen, da ihm sein altes Originalexemplar abhanden
gekommen wäre. „Eine Smithia sei es jedenfalls.“ SCHLÜTER (diese
Zeitschr. 1881, pag. 90) vermuthet, das A. parallela zu Smithia Bower-
bankı zu stellen sei.
60
1881 = Smithia Hennahi ScuLürter. Anthoz. Devon. Diese Zeitschr.,
20.822 1.6. 1: :
1881 = Astrea Hennahi Quenst. Korall.. pag. 535.
1885 = Phillipsastrea Hennahi und Pengillyi F. Rorm. Leth. pal.,
ag. 390.
1883 = Syringophyllum 2? cantabricum FErD. Rormer. Leth. pal.,
pag. 392 und 528.
Die Koralle bildet ausgedehnte Stöcke. Ein Exemplar von
Torquay ist 13 cm lang und 8 cm breit, scheint aber nur das
Bruchstück einer grösseren Masse zu sein. Die Kelche zeigen
keine deutliche Abgrenzung; nur hie und da finden sich Rudi-
mente einer Theka (Fig. 1). Der Mittelpunkt eines Individuums:
ist von dem des benachbarten durchschnittlich um 1 cm ent-
fernt. Die Zahl der Septa schwankt zwischen 24 und 40;
doch sind alle Uebergänge vorhanden. Die Septalleisten sind
bogenförmig nach oben gekrümmt und geben den Septen im
Querschnitt oft ein perlschnurartiges Ansehen. Auf die ver-
schiedene Ausbildung der Septalleisten ist wenig Gewicht zu
legen, da sie auf der einen Seite desselben Kelches zuweilen
gänzlich fehlen, auf der anderen dagegen wohl entwickelt sind
(Fig. 2). In gleicher Entfernung vom Mittelpunkte schwellen
die Septa an und bilden so eine mehr oder weniger ausgeprägte
Verdickungszone, über welche die Septa zweiter Ordnung nie-
mals hinausgehen. Die Septa erster Ordnung verdünnen sich
in dem Innenraum und reichen als feine, oft kaum sichtbare
Fäden bis dicht an den Mittelpunkt, wo sie gewöhnlich mit
einer kleinen Verdickung endigen. Die Septa der benachbarten
Kelche fliessen zusammen. Jedoch zeigt an der Vereinigungs-
stelle eine Knickung oder Biegung die Lage der rudimentären
Wand an, so dass die verschiedenen Individuen stets mehr
oder weniger deutlich begrenzt erscheinen.
Im Längsschnitt bildet die Verdickungszone die Grenze
zwischen den Böden und dem coenenchymatischen Blasengewebe.
Die ersteren sind ziemlich unregelmässig gestaltet, zuweilen
etwas convex aufgetrieben und zeigen, abweichend von Pill.
Kunthi, keine Unterbrechung in der Mitte. Das Endothekal-
gewebe stimmt mit dem bei Phill. Roemeri beobachteten völlig
überein. Die Blasen eines Interseptalraums sind die Fort-
setzung der Blasen des benachbarten. Kunrtk vergleicht diese
Anordnung treffend mit nebeneinander gestellten Mauern, die
aus Hohlziegeln (den Blasen) bestehen und durch solide Scheide-
wände (den Septen) von einander getrennt werden. Auf der
selten erhaltenen Oberfläche erscheinen die Kelche als flache
abgestumpfte Kegel mit einer schüsselförmigen Einsenkung auf
der Spitze.
Die verschiedenen Abänderungen der Art, denen kaum
61
der Rang von Varietäten zusteht, mögen noch kurz besprochen
werden.
Taf. V, Fig. 1. Exemplare mit 24 — 26 Septen, sehr
schwacher Ausbildung der Verticalleisten, die genau der Ab-
bildung von Mırse Epwarns und Hame |. c. T. 54, F.4
gleichen, kommen auch in Deutschland bei Grund, Rübeland,
Dillenburg, Ammenau bei Marburg und Schaumburg bei Balduin-
stein an der Lahn vor. Der Durchmesser des Innenraums
beträgt ca. 2 mm, die Entfernung der einzelnen Kelche von
einander das Zwei- bis Vierfache ihres Durchmessers. Diese
Formen stehen Phill. Roemeri am nächsten. Das von Grund
stammende Original A. Rormer’s (Taf. V, Fig. 2) unterscheidet
sich nur durch die schärfere Abgrenzung der Verdickungszone
und die verschiedenartige Entwickelung der Septaldornen.
Den Uebergang von Fig. I zu der „Smithia Pengillyi“
bildet ein Stück von Grund mit 28 bis 32 Septen und stärker
entwickelten Septalleisteen (Fig. 3), Auch in Deutschland
(Dillenburg, Grund) kommen Formen vor, die mit der engli-
schen, in mehreren Exemplaren vorliegenden „Smithia Pengillyi“!)
übereinstimmen (Taf. V, Fig. 4). Sie unterscheiden sich nur
durch etwas bedeutendere Zahl der Septen (32— 42), ent-
sprechend grösseren Durchmesser?) und stärker entwickelte
Septaileisten, die zum Theil ein schwammiges Gewebe bilden.
Wie wenig Werth jedoch der Entwickelung der Septalleisten
beigemessen werden darf, zeigt ein von Lummaton (Devonshire)
stammendes Stück, dem dieselben gänzlich fehlen, während
der Durchmesser (5 mm) und die Zahl der Septen (42 —
46) noch grösser als bei „Smithia Pengillyi“ ist.
Es kommen demnach an allen Orten, von denen einiger-
massen vollständiges Material vorliegt, die beiden mit verschie-
denen Namen belegten Abänderungen und die Uebergangsformen
zusammen vor.
Der einzige Unterschied der vorliegenden Art von Phill.
Roemeri besteht darin, dass die Theka bei der letzteren Art
deutlicher entwickelt ist; einen Uebergang in dieser Beziehung
stellt z. B. Fig. 1 auf Taf. V dar. Im Hinblick auf solche
Formen hat bereits Qrenssteor ?) betont, dass die Grenze von
Smithia und Acervularia sehr wenig scharf sei.
Unter den Synonymen wurde Syringophyllum ? cantabricum
aufgeführt, das ursprünglich von DE Verxevin und Hasme richtiger
als Phillipsastrea*) bezeichnet worden war. Seine Zugehörig-
D) Brit. Foss. Cor., T. 55, F. 1.
2) Der Innenraum misst 4 mm.
®) Korallen, pag. 535.
#) Bull. Soc. geol. de France. 2iöme serie, T. VII, pag. 162.
62
keit zu dieser Gattung haben später F. Roeuer !) und Kuntn?)
nachgewiesen. Nach der Beschreibung und der vortrefflichen
Abbildung besteht der einzige Unterschied?) von Phill. Hennahi
in der etwas stärker ausgebildeten Verdickungszone, was im
Hinblick auf Formen wie Fig. 3 ohne Bedeutung sein dürfte.
Die Zusammengehörigkeit von hillipsastrea Hennahi und Pen-
gillyi vermuthete bereits F, RoEMER®).
Phillipsastrea Hennaki ist ein in der Korallenfacies des
unteren Oberdevons weit verbreitetes Leitfossil und findet sich
bei Rübeland, Grund, Ammenau bei Marburg, Löhren bei
Dillenburg, Balduinstein an der Lahn, Breiniger Berg bei
Aachen (nach F. Rorser), Torquay, Lnmmaton und anderen
Orten in Devonshire (nach F. Rormer). Es kamen 20 Stücke
und 11 Dünnschliffe zur Untersuchung, die sich in Berlin (beide
Sammlungen), Breslau, Clausthal und Göttingen befinden.
17. Phillipsastrea Kunthi nov. sp.
Taf. VII, Fig. 4.
= Phillipsastrea Hennahi KuntH non LoNspALE. Diese Zeitschr. 1870,
pag. 30-34, T. I, F. 4.
Im Querschnitt besitzen die Kelche 2,5—3 mm Durch-
messer und sind gleichmässig um das Doppelte ihres Durch-
messers von einander entfernt. Die 22— 26 wie bei Päill.
Hennahi alternirenden Septa verdicken sich nicht, sondern
behalten bis zur Mitte denselben Durchmesser. Sie vereinigen
sich etwas unregelmässig mit einander, ohne jedoch eine falsche
Columella zu bilden. „Sie stossen nämlich nicht sämmtlich
am Centrum zusammen, sondern schliessen sich in der Regel
uahe dem Centrum an einen durch zwei gegenüberstehende
Septen angedeuteten Durchmesser an.“ (Kunta.)
Die Abgrenzung der einzelnen Kelche von einander ist
deutlicher als bei /hill. Hennahi. Der Schein einer inneren
Wand wird dadurch hervorgerufen, dass im Querschnitt die
an die Zone der Böden anstossenden Blasen sich ziemlich regel-
mässig ringförmig anordnen und zugleich steil in die Höhe
steigen. Auf das Fehlen dieser Wand machte schon SCHLÜTER
aufmerksam.
ı) Foss. Fauna von Sapewrrz, pag. 21.
2) Diese Zeitschr. 1870, pag. 36.
3) Brit. Foss. Cor., T.55, F. 3. Allerdings soll Syring. cantabricum
eine Columella besitzen. Doch ist von derselben in den Abbildungen
‚nichts wahrzunehmeu. Es wird sich die Angabe wohl auf einen im
Kelche vorhandenen „columellarian tubercle* beziehen, der, wie KuntH
(l. ec. pag. 35) nachgewiesen hat, von M. Epw. et H. mit einer echten
Columella verwechselt worden ist.
*) Leth. Pal., pag. 390.
63
Die Böden durchziehen den Innenraum meist nicht voll-
ständig; nur einmal liess sich in einem ca. 30 Kelche um-
fassenden Dünnschliff ein vollständig durchschnittener Boden
beobachten, der wegen seiner glockenförmig aufgeblähten Form
als concentrischer Ring innerhalb des Innenraums erschien.
Meist stehen jedoch, wie Kunru es beschrieben hat, getrennte
Dissepimente in regelmässiger Entfernung in den Intersepten
des Innenraums. Im Längsschnitt brechen die Durchschnitte
dieser bodenartigen Dissepimente meist vor der \litte ab, und
durchziehen nur selten den ganzen Innenraum. Die übrigen
Charaktere sind wie bei /hill. Hennahi. Von letzterer unter-
scheidet sich die Ebersdorfer Form durch die überall gleich-
mässige Dicke der Septen, die Vereinigung derselben in der
Mitte, das Fehlen der Septalleisten und die Unregelmässigkeit
der Böden. Da Uebergänge fast vollständig fehlen, so ist ihre
Abtrennung nothwendig. KunrtH besass zur Zeit der Abfassung
seiner Arbeit, wie die hiesige Sammlung beweist, kein Exem-
plar der echten Phill. Hennahi zum Vergleich.
Die Art gehört ebenfalls dem unteren Oberdevon an und
wurde bisher nur bei Ebersdorf in der Grafschaft Glatz, im
Hauptkalk Tietzes gefunden. Sie ist daher wohl als östliche
Stellvertreterin der in West-Europa weit verbreiteten Phill.
Hennahi aufzufassen. Es lagen drei schon von Kunrtu und
SCHLÜTER untersuchte Dürnschliffe vor; ausserdem wurde einem
grossen, ebenfalls im Berliner Museum befindlichen Stück ein
umfangreicher Querschliff entnommen. Das Original zu der
Kunrt#’schen Abbildung der Kelche befindet sich in der geolo-
gischen Landesanstalt.
18. Phillipsastrea Bowerbanki M. Eow. et H. sp.
Bar IV. BKie29, JanIb.
1851 = Smithia Bowerbanki M. E. et H. Pol. Pal., pag. 423.
1852 = Acervularia seriaca QuEnst. Petrefaetenkunde, T. 60, F. 3,
pag. 664.
1853 = Smithia Bowerbanki M. E. et H. Brit. Foss. Cor., pag. 241,
55, B. 2.
1860 = Acervularia seriaca (Juvenst. M. Epw. Hist. Nat. d. Oorall.,
pag. 413. (Hier unrichtig mit Phill. Hennahi vereinigt.)
1860 = Smithia Bowerbanki ibid. pag. 414.
1870 = Phillipsastrea Bowerbanki KunrtH. Diese Zeitschr. pag. 36.
1881 = Acervularia seriaca Quenst. Korallen, pag. 536, T. 163, F.1.
1883 = Phillipsastrea Bowerbanki F. Rom. Leth. Pal,, pag. 391.
Der von einer ziemlich deutlichen Verdickungszone begrenzte
Kelch (= Innenraum) hat 1 mm Durchmesser!) und ist 4—
.. ) Ein scheinbar krankhaft veränderter Kelch ist doppelt so gross,
während die daneben liegeuden normal ausgebildet erscheinen.
64
5 mm von dem nächst gelegenen entfernt. In dem Coenenchym
erhalten sich nur selten Reste der äusseren Mauer (in Fig. 9a
oben.) Meist sind die zusammenfliessenden Septa parallel
angeordnet (Fig. 9a und z. Th. Fig. 9). Seltener wirren
sich dieselben ganz unregelmässig durcheinander (Fig. 9).
Doch kommen beide Ausbildungen im selben Stocke vor (Fig. 9.).
Man zählt 20 Septa, selten weniger. Die Septa erster Ord-
nung verlaufen im Innenraum meist ziemlich unregelmässig und
vereinigen sich nicht. Septalleisten sind vorhanden. Das fein-
maschige Blasengewebe ist, horizontal angeordnet, die Böden
sind regelmässig.
Die Art steht in demselben Verhältniss zu den kleinsten
Formen der Ph. pentayona var. micrommata, wie Ph. Hennaki
zu Ph. Roemeri: sie unterscheidet sich nur durch die Rück-
bildung der Theka und zwar findet ein allmählicher Uebergang
statt.
Ph. Bowerbanki kommt bei Grund und Torquay (nach
MıLne EpwaArns) vor. Untersucht wurden sechs zum Theil
recht umfangreiche selbstgesammelte Exemplare und 4 Dünn-
schliffe. Ein weiteres Stück in der geologischen Landesanstalt.
1
Se
Phillipsastrea irregularis A. RoEMER sp.
Taf. III, Fig. 4.
1851 = ? Smithia Boloniensis. Pol. Pal., pag. 423.
1855 = Acervularia irregularis A. Roem. Harz III, pag. 33, T. 6,
F. 23.
Die einzelnen Kelche des Korallenstockes sind mehr oder
weniger deutlich von einander getrennt; zuweilen ist die zick-
zackförmige Wand noch vollkommen erhalten, meist verlieren
sich die Septa in einem Gewirre von Lamellen, in dem man
nur hie oder da den Ueberrest einer Wand oder eines Septums
erkennt. Der Gesammtdurchmesser eines einzelnen Polypen
(an den Stellen mit erhaltener Wand gemessen) beträgt 4 —
5 mm, der des Innenraums 2— 3 mm. Die Verdickungszone
ist nicht sehr breit und wird von den Septen zweiter Ordnung
nicht überschritten. Die 10 bis 12 Septa erster Ordnung ver-
dünnen sich zu ganz feinen Fäden. Sämmtliche Septa sind
in ihrem peripherischen Theile mit mehr oder weniger ent-
wickelten Verticalleisten besetzt. Von einer Columella, die
A. Rorner als fraglich angiebt, lässt sich im Dünnschliff nichts
wahrnehmen. |
Der Innenraum ist mit horizontalen Böden angefüllt, die
Grösse und Anordnung der Coenenchymblasen ist wie bei /h.
anands.
Ausser dem in Clausthal befindlichen Original A. Roruer’s,
69
von dem zur genaueren Untersuchung Dünnschliffe angefertigt
wurden, wurde ein von Torquay stammendes Stück der Berliner
Sammlung untersucht. Dasselbe unterscheidet sich nur durch
weiteren Durchmesser der Kelche (8 — 9 mm), grössere Regel-
mässigkeit der Septen und bedeutendere Breite der Verdickungs-
zone. Diese Merkmale sind jedoch, wie der Vergleich mit
Ph. ananas zeigt, so unwesentlich, dass die beiden Stücke zur
selben Art gestellt werden können.
Wie bereits bemerkt, unterscheidet sich Ph. irregularis
von den kleineren Abänderungen der Ph. ananas nur durch
die Rückbildung der Aussenwand. Insbesondere steht sie dem
Originalexemplar von Acervularia granulosa (Taf. Ill, Fig. 2) nahe.
Mit der beschriebenen Art verwandt ist Smithia Beloniensis,
die MıLne Epwarps und Ham nach einem „abgeriebenen
Exemplare“ von Ferques bei Boulogne beschrieben aber nicht
abgebildet haben. Die Septa fliessen vollständig zusammen.
Die runden, 2,5 mm im Durchmesser haltenden Kelche sind
2,5 — 5 mm von einander entfernt. 24 — 26 alternirende
Septa. Nach dieser Diagnose zu urtheilen bestehen keine
Unterschiede von Bedeutung zwischen der französischen Art
und der kleineren vom Iberg stammenden Abänderung, so dass
dieselben wahrscheinlich zusammengezogen werden können. Doch
ist der Rormer’sche Name beizubehalten, auch wenn die Ueber-
einstimmung sicher bewiesen werden sollte, da MıuLne Epnwarns
und Haıme keine Abbildung gegeben haben.
Subgenus Pachyphyllum M. Eow. et H.
1850 — Introduct. Brit. Foss. Cor., pag. LXVI.
1851 — Pol. Pal., pag. 396.
1855 = Medusaephyllum A. Roemer. Harz Ill. pag. 33.
Nach der Diagnose von MıLne Epwarps und Haıne unter-
scheidet sich Pachyphyllum von Phillipsastrea nur durch die
stark verbreiterten und sehr deutlichen Böden, die den von
der Verdickungszone umschlossenen Raum einnehmen. Ferner
stehen die Kelche enger beisammen als bei der letztgenannten
Gattung und die Blasen des Coenenchyms sind grösser. Auch
könnte angeführt werden, dass Septalleisten nur schwach ent-
wickelt sind. Charakteristischer scheint das Auftreten einer
sich deutlich abhebenden Reihe von Blasen an der Grenze der
inneren und äusseren Eindothek zu sein. Doch sind diese
sämmtlichen angeführten Unterschiede von geringer Bedeutung;
auch die Blasenreihe geht zuweilen ohne Grenze in das gleich-
artige Coenenchym über und ebensowenig sind die übrigen
Merkmale durchgreifend. Pachyphyllum kann daher Phillipsastrea
als besonderes Genus nicht gegenübergestellt werden. Eine
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XXXV11.1. 5
66
Vorstellung von der gleichartigen Beschaffenheit der Kelche
geben die gegenübergestellten Abbildungen von Pachyphyllum
Woodmanni (Taf. VII, Fig. 8) und Ph. ananas (= tubulosa A. R.,
Tat, VII, Kie. 9).
Immerhin bilden die wenigen hierher gehörigen Formen
eine natürliche Gruppe, für die der alte Name beibehalten
werden kann. Uebrigens hat schon Roumger !) eine Trennung
der fraglichen Gattungen für künstlich und ungeeignet erklärt.
20. Phillipsastrea (Pachyphyllum) Ibergensis A.R. sp.
Taf. VI; Biss la, Ih
1855 = Medusaephyllum Ibergense A. Roemer. Harz Ill, pag. 33,
T. 6, F. 24.
Es kommen zwei durch Grösse und Zahl der Septen unter-
schiedene Abänderungen (Fig. 1, la) vor, denen man jedoch
nicht den Rang von Varietäten zusprechen kann, da sich an einem
Stück ?) die verschieden grossen Kelche nebeneinander finden. Die
kleineren Individuen, welche die eine Seite des Stockes ein-
nehmen, haben 0,6 cm Durchmesser und 24 Septen, die
grösseren Kelche der anderen Seite 30 — 32 Septa und den
doppelten Durchmesser ; die zwischenliegenden zeigen die
verschiedenen Uebergänge. Die grosszellige Abänderung ist
bei weitem häufiger; ihr gehört auch das Originalexemplar
A. Rozuer's an. Bei den grössten Exemplaren beträgt der
Durchmesser 1,3 cm und die Zahl der Septen 36.
Im Querschnitt sind die Septa kräftig ausgebildet (rayve),
die Verdiekungszone, welche die Septa zweiter Ordnung nicht
überschreiten, ist breit und gegen aussen oft undeutlich be-
grenzt. Selten sind Reste der rudimentären Theka bei ein-
zelnen Individuen vorhanden; die Septa enden entweder frei
oder verbinden sich mit denen der benachbarten Zellen. Stets
lässt sich jedoch die Umgrenzung der einzelnen Kelche an
einer Knickung deutlich erkennen, die sich an der Vereinigungs-
stelle der Septa findet. In dem durch die Verdickungszone
abgegrenzten Raum verschmälern sich die Septa erster Ordnung
schnell und bleiben im Mittelpunkt meist weit von einander
entiernt.
Die Böden (Fig. 1b) sind regelmässig und ziemlich weit
von einander entfernt, das Blasengewebe ist grobmaschig und
erscheint zwischen den Kelchen concav hinabgebogen. Inner-
halb der Verdickungszone hebt sich an der Grenze der Böden
eine regelmässige Reihe von Blasen ab (r), die auch in Quer-
schliffen als doppelter Ring hervortritt. Bei der Verwitterung
1) Foss. Oor., pag. 128.
>) Im Berliner Museum.
67
wird diese Blasenreihe schneller angegriffen als Böden und
Coenenchym und tritt daher als tief eingesenkter Ring hervor.
Das Coenenchymgewebe wird zuweilen so grossmaschig, dass
es im Aussehen nicht von den Böden zu unterscheiden ist.
Von Pach. Woodmanni White sp.!) (Taf. VIII, Fig. 8)
aus der Chemung group von Rockford, Jowa, unterscheidet
sich die vorliegende Art wesentlich durch grobmaschiges un-
regelmässiges Blasengewebe; die Blasenreihe an der Grenze
der Böden ist hier ebenfalls deutlich ausgeprägt.
Mit beiden Formen nahe verwandt ist ?. Bouchardi M.
E. et H.°’), nach den französischen Verfassern der Typus der
Gattung. Es unterscheidet sich durch die unregelmässige Ver-
zweigung des in seiner Anlage massigen Stockes, die ungleich-
mässige Vertheilung der Kelche auf der Oberfläche und das
Fehlen der die Böden begrenzenden Blasenreihe. Pach. gibbe-
rosum EiCHWALD °) hat nichts mit der in Rede stehenden Gat-
tung zu thun. Ueber P. solitarium Hauı vergl. den Schluss.
Phill. (Pachyphyllum) Ibergense kommt bei Grund und
Rübeland vor. Das untersuchte Material, 18 Exemplare und
12 Dünnschliffe, befindet sich in Clausthal, Berlin (beide Samm-
lungen) und Göttingen.
©
21. Phillipsastrea (Pachyphyllum) DevoniensisM.E. etH.
Ram Na hier 2,24.
1851 = Pachyphyllum Devoniense. Pol. Pal., pag. 397.
1853 — Brit Foss. Cor., pag. 234, T. 52, F. 5.
1860 — M. E. Hist. Nat. d. Corall., Ill, pag. 392.
1883 — F. Rorum. Leth. palaeoz., pag. 393.
Ein im Berliner Museum befindliches, von Grund stam-
mendes Stück stimint in allen wesentlichen Punkten mit der
englischen Art überein. Die Kelche sind in Bezug auf die
Zahl der Septen (44 — 50) und der Durchmesser (1 cm) der
angeführten Abbildung voilständig gleich und stehen nur etwas
weiter (6—8 mm) von einander entfernt.
Die Unterschiede von Phill. Ibergensis sind gering und
bestehen wesentlich in der beträchtlicheren Grösse, die durch
keine Uebergänge vermittelt ist. Ausserdem tritt der verhält-
mässig schmale Blasenring besonders deutlich hervor, das
Blasengewebe erscheint ziemlich feinmaschig, ferner wurden an
einer Stelle Septalleisten (s) beobachtet. Die Böden (b) sind
breit und regelmässig, die Septa erster Ordnung im Mittel-
!) Leth palaeoz., pag. 393. (Hier auch die weitere Literatur.)
SuEokPalz pag. 397, T. 7, FE. 7.
3) Leth. Ross., T. 29, F. 5.
5*
68
punkt verhältnissmässig weit von einander entfernt. Grund
und Torquay. |
Von dem einen vorliegenden, sehr umfangreichen Stück
wurden die beiden abgebildeten Dünnschliffe angefertigt.
III. Haplothecia nov. gen.
Die Septa bestehen aus breiten Verticalleisten, die im
mittleren Theil durch heller gefärbtes Stereoplasma verbunden
werden. Das Stereoplasma bildet allein!) die Theka, während
dieselbe bei Oyathophyllum und Verwandten aus Verticalleisten
und Stereoplasma zusammengesetzt wird. Die Koralle bildet
massige Stöcke und stimmt in den übrigen Beziehungen mit
Oyathophyllum überein.
Die Gattung ähnelt manchen Oyathophyllen mit stark
entwickelten Septalleisten wie ©. Sedgwicki, unterscheidet sich
jedoch durch die eigenthümliche Zusammensetzung der Theka.
Dasselbe Merkmal trennt Aaplothecia von Phillipsastrea,
insbesondere Z’h. pentagona var. micrommata;, ausserdem fehlt
die für die letztere Gattung charakteristische Verdickungszone.
Uebergangsformen irgend welcher Art sind nicht bekannt.
22. Haplothecia filata SCHLOTH. Sp.
Tai. IV;- Bios 0a
1820 = Madreporites filatus v. SCHLOTH. _ex parte?). Petrefacten-
kunde, pag. 359.
Die einzelnen Kelche sind meist etwas in die Länge ge-
zogen und haben 7 — 8 mm im Durchmesser. Die Septa,
24 — 30 an der Zahl, sind zuweilen in ihrem ganzen Ver-
lauf regelmässig gebogen und bestehen, abgesehen von dem
mittleren homogen erscheinenden Theile, aus breiten Vertical-
leisten, die in der Mitte durch heller gefärbtes Stereoplasma °)
verbunden sind. Die Entstehung der Septen aus leisten-
förmig verbreiterten Septaldornen und später gebildetem Stereo-
plasma tritt hier also besonders deutlich zu Tage. In der
Mitte tragen die Septa keine Leisten und verjüngen sich all-
mählich. Hierdurch grenzt sich ein mittlerer Raum ab, in den
die Septa zweiter Ordnung nicht eindringen. An der Wand
setzen die Septa scharf ab. Zuweilen enden sie mit einer be-
1) ankons einfach.
?2) Unter derselben Bezeichnung wurde noch Philhpsastrea Hennahi
und eine Koralle aus dem Lias von Heydenheim in Würtemberg be-
griffen, wie sich aus der SCHLOTHEIM’schen Sammlung ergiebt.
3) Diese Structur ist am deutlichsten bei x wahrzunehmen, wo der
Schliff am dünnsten erscheint. |
MR
trächtlichen Verbreiterung, die entweder aus einer rechtwinke-
ligen Umbiegung oder aus einer Y förmigen Gabelung besteht.
Die 0,5 — 0,5 mm breite Wand trennt die Septa zweier
anstossender Kelche vollständig und erscheint structurlos !).
Das Aussehen des Längsschnitts stimmt im wesentlichen
mit Phillipsastrea überein. Die bogenförmig nach innen gerich-
teten Verticalleisten verdecken das Blasengewebe oft vollständig.
Der abgebildete z. Th. schräg geführte Schliff giebt eine gute V or-
stellung von der Vertheilung der Leisten.
Die mikroskopische Structur ist der von G. v. Koch bei
Cyathophyllum (?) sp.?) beobachteten durchaus ähnlich. Die
Grenze zwischen der aus grobkörnigen Krystallen bestehenden
(anorganischen) Ausfüllungsmasse und den feinkrystallinischen
Septen verwischt sich bei stärkerer Vergrösserung. Die ver-
breiterten Septaldornen?) bestehen aus den kleinsten Krystallen
und erscheinen daher am wenigsten durchsichtig; etwas grösser
sind die Krystalle, aus denen das Stereoplasma und die Disse-
pimente bestehen. Das Aussehen der Theka stimmt auch bei
der stärksten Vergrösserung durchaus mit dem des Stereoplas-
mas überein.
Zur Untersuchung lag das Originalexemplar SCHLOTHEIM’S
und ein weiteres Stück im Berliner Museum vor; ausserdem
sammelte ich am Winterberg bei Grund) 3 Exemplare, von
denen das eine, nach den vorliegenden Resten zu schliessen,
mehrere Fuss Durchmesser besessen haben muss. 8 Dünn-
schliffe wurden angefertigt.
IV. Decaphyllum nov. gen.?)
Stockförmig; Kelche verhältnissmässig tief eingesenkt, ohne
äussere Wand. Haupt- und Gegenseptum sind schwach aus-
gebildet, die Seitensepta, in deren Richtung der Kelch elliptisch
gestreckt ist, kräftig entwickelt. Ausserdem liegen in jedem
Quadranten radiär angeordnet je 2 Septa erster und eben-
soviel zweiter Ordnung. Böden horizontal, verhältnissmässig
weit entfernt. Blasengewebe schwach entwickelt oder fehlend (?).
Auf den Septen verlaufen kräftige horizontale Leisten.
1) Feine Sprünge, welche die Wand durchsetzen, können leicht zu
Täuschungen Anlass geben An einem nur angeschliffenen Stück schien
die Structur der Theka mit Oyathophyllum übereinzustimmen; doch liess
der Dünnschliff keinen Unterschied von den übrigen Haplothecien wahr-
nehmen.
2) G. v. Koch, Palaeontogr. 28, pag. 216.
3) Die stärkste angewandte Vergrösserung betrug 340 lin.
*) Daher stammt auch das SchLoruem’sche Stück nach der Ori-
ginaletikette des Verfassers. |
5) Mit Bezug auf die vorwiegende Ausbildung von 10 Septen; die
anderen 10 treten mehr zurück,
%
MN
Decaphyllum ist zunächst mit denjenigen Gattungen zu
vergleichen, die sich durch ungleiche Ausbildung der Haupt-
septa auszeichnen. Bei Stauria sind!) 4 Septa gleichmässig
stärker entwickelt; bei Anisophyllum und Baryphylium über-
treffen 3 (ein Gegenseptum, 2 Seitensepta) die übrigen an
Grösse, das Hauptseptum ist vollständig rückgebildet. Die
meiste Aenlichkeit besitzt Pentaphyllum pe Kon. aus dem Bel-
gischen Kohlenkalk, nach dessen Analogie auch der neue Name
gebildet wurde: hier ist das Hauptseptum klein, dagegen das
Gegenseptum, die Seitensepta sowie die zwei das Hauptseptum
begrenzenden Septa kräftiger ausgebildet. Jedoch ist die
Koralle hornförmig und mit einer Septalfurche versehen. Am
nächsten dürfte sich Decaphyllum systematisch noch an Phillips-
astrea anschliessen; jedoch sind auch hier die Verschieden-
heiten beträchtlich.
Die stärkere Entwickelung zweier Septa bildet ein eigen-
thümliches Analogon zu der tertiären und lebenden Madrepora.
23. Decaphyllum Koeneni.n.g,.n. Sp.
Taf. VII, Fig. 6, 6a, 6b, 6c.
Haupt- und Gegenseptum sind schwach entwickelt; nur
ausnahmsweise tritt das Gegenseptum stärker hervor. Die
Seitensepten sind kräftig ausgebildet und durchziehen wandartig
den Kelch. Derselbe ist in der Richtung dieser Seitensepten
elliptisch gestreckt.
Zu Seiten des Gegenseptums (G) und der Seitensepta (S)
schieben sich nach dem von Kuxtu entwickelten Wachsthum-
gesetz abwechselnd grössere uud kleinere Septa ?) ein.
Als Gegenseptum wurde mit Kuxta°?) diejenige Stern-
lamelle bezeichnet, in deren Nähe sich bei etwaiger Ungleich-
heit der Septenzahl in den verschiedenen Quadranten die
orössere Menge von Septen befindet. Eine fiederstellige An-
ordnung der Septa, aus der sich sonst diese Benennungen
ergeben, konnte nirgends beobachtet werden. Die Einschiebung
neuer Septa geht alternirend vor sich und zwar erscheint,
während sich im Gegenquadranten ein kleineres Septum ein-
schaltet, im Hauptquadranten ein grösseres und umgekehrt.
Der kleinste, nur 1 mm im Durchmesser haltende Kelch
Fig. a. (umstehend) lässt 12 Septa erkennen. Zu beiden
Seiten des Haupt- und Gegenseptums liegt je ein Septum
erster, neben den Seitensepten je ein solches zweiter Ordnung.
ı) KuntH, diese Zeitschr., 1869, pag. 663.
2) = lter und 2ter Ordnung.
>) 1. e pag. 253.
71
Fig. a
G
L
S
/
Yu ?
Fig. c. Mit dem fortschreitenden
Wachsthum des Einzelkelchs
schieben sich entweder ein
oder zwei Paar Septen zu-
gleich ein. So schaltet sich
in einem etwas grösseren Kel-
che (b) zur Seite des Gegen-
septums je ein Septum !)
zweiter Ordnung ein, so dass
die Zahl der Sternlamellen
auf 14 steigt (gegen 12 bei a).
Zur Vervollständigung des
Cyelus tritt dann in Fig. c.
neben jedem Seitenseptum
eine Sternlamelle erster Ord-
nung auf (16 Septa). Der
nächste Cyclus (2 Septa
erster Ordnung neben
dem Gegenseptum, 2
solche zweiter Ordnung
neben den Seitensepten)
erscheint dann in einem
grösseren Kelch voll-
zählig auf einmal, so
dass endlich 10 grössere
und 10 kleinere Septa
vorhanden sind, — eine
Zahl, die nie über-
schritten wird. Die
geringeren Zahlen von
MH 12, 14, 16 Septen wur-
.. 1) Man muss sich für die Bezeichnung der Septen gegenwärtig halten,
dass No. 1 stets die jüngste, zuletzt gebildete Sternlamelle eines Qua-
dranten ist. Es ist also 1 in Fig. a nicht = 1 in Fig. b, sondern = 2.
72
den nur bei einzelnen Kelchen beobachtet, die meisten besitzen
deren 20.
Oft erreichen nur die zur Seite des Haupt- und Gegen-
septums gelegenen Sternlamellen erster Ordnung die Mitte,
während die übrigen 4 kürzer bleiben; zuweilen sind aber auch
alle 8 Septa erster Ordnung gleichmässig ausgebildet !). Ueber-
haupt finden sich gewisse Verschiedenheiten in der verhält-
nissmässigen Länge und Dicke der Septen, wie die beistehenden
Schemata beweisen, die genau nach bestimmten Vorbildern
gezeichnet wurden.
Die einzelnen Individuen besitzen keine Theka und sind
auf der Oberfläche, welche die wohl erhaltenen Kelche erkennen
lässt, scheinbar um ihren eignen Durchmesser (2 mm) von
einander entfernt. Jedoch lässt ein Dünnschliff erkennen, dass
die Septa sich noch wesentlich weiter in das Coenenchym
fortsetzen. Demnach besitzen die Individuen in Wahrheit
einen Durchmesser von 4 — 5 mm und liegen ähnlich wie
bei Pachyphyllum ohne trennende Wand dicht neben einander.
Als Ueberreste der Theka sind wohl concentrische Ringe zu
betrachten, die auf der angewitterten Oberfläche die Kelche
umziehen. Im Dünnschliff erscheinen diese Ringe als Kreise
von Körnchen; doch lässt die mangelhafte Erhaltung des Inneren
keine sichere Deutung zu.
Im Längsschnitt (Fig. 6b u. 6c) ist die Gattung durch
die schwache Entwickelung des Endothekalgewebes und das
Auftreten kräftiger Leisten auf den Septen ausgezeichnet °).
Horizontale sehr feine Böden erscheinen in Abständen von je
l mm; die Abbildung (Fig. 6b) giebt dieselben nicht mit
genügender Deutlichkeit an. Ausserdem scheint coenenchyma-
tisches Blasengewebe vorhanden zu sein,. dessen Beobachtung
jedoch durch den schlechten Erhaltungszustand erschwert wurde.
Die Leisten auf den Septen (F. 6c) sind kräftig ausgebildet
und alterniren in jedem Interseptalraum. Sie liegen horizontal
oder sind ein wenig aufwärts gerichtet. Infolge dieses Verlaufes
sind dieselben?) in den Kelchen nur selten wahrzunehmen,
Zur Untersuchung lag ein von Grund stammender, 7 cm
langer und 6 cm breiter Korallenstock vor, der auf seiner
Oberfläche ca. 150 kleine Kelche erkennen lässt.
!) Ausnahmsweise verkürzen sich auch die Seitensepten ein wenig,
so dass ein ziemlich regelmässiger Stern entstehen kann.
?) Ganz ähnliche Verhältnisse beschrieb NıchoLson bei Heliophyllum
(Ann. and Mag. of Natur. Hist. 1878, I, pag. 44). Es scheint demnach,
als ob starke Entwickelung von Septalleisten eine schwache Ausbildung
des Endothekalgewebes bedinge und umgekehrt.
>) Abweichend von Heliophyllum.
73
V. Darwinta DYs.
24. Darwinia rhenana ScHLÜT,
Taf. VII, Fig. 3.
1880. Darwinia rhenana SCHLÜTER. Sitzungsber. d. Ges. naturf.
Freunde, Berlin, pag. 51.
18831. — Anthoz. d. Devons. Diese Zeitschr., Bd. 33, pag. 80—84,
T. 7, F. 1-4.
1883. — Ferp. RormEr. Leth. palaeoz. pag. 40.
Der Stock ist plattenförmig ausgebreitet und verhältniss-
mässig dünn. Die Kelche sind niedrige, abgestumpfte, oben
eingesenkte Kegel von 3—5 mm Höhe und 6—7 mm Durch-
messer Sie sind um das Zwei- bis Dreifache ihres Durch-
messers von einander entfernt und durch alternirende Septen,
30 — 32 an der Zahl, mit einander — jedoch nur auf der
Oberfläche — verbunden. Die Septa sind dachförmig gestaltet
und enden in einem knopfförmigen falschen Säulchen. Von
einer deutlichen Aussenwand der Zellen ist weder auf der
Oberfläche noch in Längs- oder Querschlifien etwas wahrzu-
nehmen.
Im Längsschnitt sind die Kelche mit convexen oder hori-
zontalen, dichtgedrängten, ca. 4 mm breiten Böden ausgefüllt,
die von steil ansteigendem Blasengewebe umgeben werden.
Dasselbe ist flach ausgedehnt, sehr grobmaschig und bildet
zwischen den Kelchen ein echtes Coenenchym. Die durch-
schnittenen Blasen erscheinen in Längsschnitten zuweilen ver-
dickt und zugleich an diesen Stellen gezähnt. Diese nur auf
der oberen Seite sich findende Zähnelung') rührt von rück-
gebildeten Septen her.
Dementsprechend finden sich auch im Querschliffe nur
ausnahmsweise Reste der Septen im Coenenchym. Dieselben
sind vielmehr auf den inneren Raum der Kelche beschränkt.
Letztere erscheinen z. Th. sehr scharf durch einen gezackten
Ring begrenzt. der den oben erwähnten verdickten Lamellen
des Längsschnittes entspricht. Der Raum zwischen den Kelchen
ist in dem abgebildeten Querschlif von unregelmässig ver-
zweigten, ziemlich weit von einander entfernten Linien, den
Durchschnitten des grobmaschigen Coenenchyms erfüllt.
Die nur bei Stollberg vorkommende Art wurde von ScHLü-
TER ausführlich beschrieben und ihre Zugehörigkeit zu Darwinia
erwiesen. Die Zweifel, die Fern. Rorner |. c. an der Richtig-
l) Sie ist auf ScHLÜTERs sonst sehr charakteristischer Abbildung
T. 7, F. 12 nicht wiedergegeben und scheint daher nicht überall vor-
zukommen.
74
keit ihrer systematischen Stellung äussert '), sind nach den
mir vorliegenden Schliffen nicht aufrecht zu erhalten.
Untersucht wurden zwei Stücke des Göttinger und Ber-
liner Museums.
Die verwandtschaftlichen Beziehungen der Gattung erschei-
nen noch nicht ganz klargestelll. Bei den nur mit „Böden“
versehenen „Diaphragmatophora“?) (Dyrowskı), kann Darwinia
schon deshalb nicht stehen bleiben, weil peripherische und
centrale Dissepimente (Blasen und Böden) deutlich getrennt
sind. Sie würde daher mehr in die Verwandtschaft von Phillips-
astrea, insbesondere in die Nähe von Pachyphyllum gehören,
bei welcher letzteren Gruppe das Blasengewebe auch oft eine grob-
maschige Beschaffenheit besitzt. Die beträchtliche Rückbildung
der Septa im Inneren ?) unterscheidet Darwinia. allerdings leicht.
Ausser der von Dysowskı beschriebenen silurischen D.
speciosa*) ist noch durch ScHLÜTER eine durch bedeutende
Grösse ausgezeichnete Form’) aus dem Stringocephalenkalk
von Holthausen bei Limburg — leider ohne Abbildung be-
kannt gemacht worden.
VI. Endophyllum M. Epw. et H.
= Spongophyllum Dy». et auct., non M. Epw. et H.
MıLne Epwarnps und Hame haben in ihren bekannten
Werken‘) die durch eine einzige Art vertretene Gattung Spon-
gophyllum beschrieben, welche sich durch die dicken Wände
der verwachsenen Zellen und die schwache Entwickelung der
Septen auszeichnen soll; die letzteren scheinen die Oberfläche
der Blasen zu streifen, jedoch nicht wirklich zu durchsetzen’).
Unter Spong. Sedgwicki sind jedoch offenbar zwei wesentlich
verschiedene Arten begriffen, nämlich 1) Die Brit. Foss.
Cor., T. 56, F. 2, 2a, 2b, 2c, 2e abgebildete Form mit
dicker Theka und deutlich entwickelten, die Aussenwand errei-
chenden Septen°); 2) F. 2d ]l. c. mit dünner Aussenwand
1) Derselbe glaubt sie zu Phillipsastrea stellen zu müssen.
2) Zoanth. rug., pag. 148.
3) Dieselbe erinnert etwas an die nachfolgende Gattung Endophyllum.
*) Zoanth. rug., pag. 148, T. II, F. 8.
5) Sitzungsber. der niederrhein. Gesellsch. zu Bonn, 1881, pag. 143.
6) Pol. Pal., pag. 425; Brit. Foss. Cor., pag. XXXI.
7) strier la surface des vesicules plutöt que les traverser r&ellement.
8) Nach Untersuchung eines von Torquay stammenden Exemplars
ist die Trennung der No. 1. von Oyathophyllum kaum zu rechtfertigen.
Die Dicke der Theka ist wechselnd und die Septa sind zwar etwas
dünn, durchsetzen jedoch deutlich die Blasen und sind in nichts
von denen der Gattung Cyathophyllum verschieden; nur die Septa
zweiter Ordnung sind etwas schwach ausgebildet.
75
und schwach entwickelten Septen, die sich im peripherischen
Blasengewebe verlieren. Letztere gehört offenbar zu einer
anderen Gattung‘), ist jedoch ohne das Original nicht zu be-
bestimmen.
Nur durch diese unrichtige Vereinigung verschiedener
Formen seitens der französischen Forscher ist es zu erklären,
dass Dysowskı die ganze Gattung Endophyllum M. E. et H.
zu Spongophyllum gerechnet hat.
Endophyllum M. Epw. et H.?) ist an sich sehr wohl be-
gründet; allerdings enthält die von MıLne Epwarps und Haınz
gegebene Diagnose manche Ungenauigkeiten, wie DYBowskt |. c.
überzeugend nachgewiesen hat. Eine innere Wand ist nicht
vorhanden, vielmehr ist der von den französischen Forschern
als solche gedeutete Ring die Grenze der horizontalen Böden
und der steil aufsteigenden Blasen. Dieselbe hebt sich um so
deutlicher ab, als die Septen bei ihrem Eintritt in das Blasen-
gewebe rudimentär werden. Diese Rückbildung der Septa
unterscheidet ZEndophyllum von dem sonst übereinstimmend
gebauten Cyathophyllum.
Erst F. Rormer hat die unrichtig vereinigten Gattungen
Endophyllum und Spongophyllum wieder getrennt°); derselbe
machte zugleich darauf aufmerksam, dass die zahlreichen von
SCHLÜTER aus der Eifel beschriebenen „Spongophyllen“* zu
Endophyllum gehörten.
Endophyllum lässt sich ohne Unterbrechung vom Obersilur
bis in den Kohlenkalk erfolgen. Es gehören dazu Einzelkorallen,
bündelförmige und massige Stöcke; zuweilen erscheint die
Theka in der Rückbildung begriffen. Doch haben MıLnz Enwarps
und Haıme selbst eine Art mit wohlentwickelter und eine andere
mit rudimentärer Aussenwand *) in diese Gattung gestellt. Bisher
sind folgende Arten bekannt geworden;
a. Obersilur.
1. E. rectiseptatum Dys. Zoanth. rug., pag. 65, T. 4,
F. 3. Gotland.
2. E. contortiseplatum Dys. ibid. pag. 69, T.4, F. 2.
Oesel.
b. Unterdevon.
3. E. Oehlerti NıcnoLson. Corals from the Devonian
rocks of France. Ann. Mag. Nat. Hist. 5 ser.
T. 7, 1881, pag. 14. Montjean.
t) Vielleicht auch zu Actinocystis; ein Längsschnitt, der die Sache
entscheiden würde, ist nicht beigegeben.
2) Brit. Foss. Cor., pag. 233, T. 52, F. 6.
®) Leth. Pal., pag. 350, 354.
4) E. abditum. — E. Bowerbanki. Vergl. unten,
76
c. Mitteldevon der Eifel.
4. E. torosum ScHLÜT, sp. Diese Zeitschr. 1881, pag. 92,
TO) 2 9%
5. E. elongatum Id. ibid. pag. 94, T. 1, F. 1—5.
= 6. E. semiseptatum Id. ibid. pag. 85, T. 9, F. 1-3.
1. E. Kunthi Id. ibid.= pag. 96, T. 11, BA Anade
l2, a 12.
8. E. parvistella SchLür. (ex. manuscr.) bei E. ScHurz,
Hillesheim, pag. 51. (Ohne Beschreibung).
Mittel- oder Oberdevon.
9. E. Bowerbanki M.E. et H. Brit. Foss. Cor., pag. 233,
T.53, FE. 1. 2 Borquay:
-= 10. E. abditum Id. ibid. pag. 233, T. 52, F. 6. Torquay,
d. Oberdevon.
ll. E. priscum MsTr. sp.
e. Kohlenkalk.
12. E. ? pseudovermiculare M. Coy. sp. (vergl. unten).
13. Endophyllum nov. sp.
Durch ve Koninck ist schon vor längerer Zeit eine kleine
Koralle von Vıs£ unter anderer Bezeichnung an das hiesige
Museum gelangt, die das Vorkommen der vorliegenden Gattung
im Kohlenkalk sicher stellt und daher kurz beschrieben wer-
den mag:
Gestalt kegelförmig. Länge 2,5 cm; Durchmesser ca. 1,7 cm.
Theka mit deutlichen Septalstreifen. 32 -{- 32 alternirende
Septa, die nur 8—9 mm des gesammten Durchmessers ein-
nehmen. Nur die Septa erster Ordnung reichen bis zur Mitte.
und drehen sich hier um einander. Blasen sehr gross. Von
E. ? pseudovermiculare besonders durch die enger stehenden
Septa und das stark entwickelte Blasengewebe verschieden.
25. Endophyllum priscum Münster sp.
Taf. V]l; Fig. 25° Taf. X, Fig 2, Dpp
1841 Oyathophyllum priscum MÜNSTER. Beitr. Il, T. 9, F. 26.
1851 Campophyllum ® priscum M.-E. et H. Pol. Pal., pag. 396.
1855 = Amplexus lineatus A. Rom. (non QuEnsT. sp... Harz III,
paz 536, DEN 1:
1868 = Amplexwus lineatus Damzs. Diese Zeitschr. 20, pag. 490,
T 2.
I 11
1873 = Spongophyllum pseudovermiculare Dyzowskı (non Me. Coy sp.)
Diese Zeitschr. 25, pag. 402, T. 13, F. 1, 2.
1881 = Amplexus lineatus A. RoEMER. (uenst. Petr. Deutschl.,
Korallen, pag. 491, T. 160, F. 4—7.
Die Koralle ist einfach, meist cylindrisch, doch finden sich
seltener auch schlank kegelförmige Gestalten. Der Durchmesser
schwankt zwischen 1,6 und 3,5 cm. Kleinere Stücke sind
er
meist gerade, grössere vielfach gewunden. Das grösste vor-
liegende Exemplar von Oberkunzendorf hat bei 3,5 cm Durch-
messeı 16 cm Länge !). Im allgemeinen sind bei Oberkunzen-
dorf die grösseren, cylindrisch gestalteten Exemplare häufiger.
Die Theka ist bis zu 1 dm dick und mit deutlichen Sep-
talfurchen versehen, deren Breite nach dem Alter der Koralle
zwischen 0,5 und 1,5 mm schwankt; bei Exemplaren mittlerer
Grösse beträgt sie 1 mm. Die allmähliche Breitenzunahme
dieser Furchen zeigt Quenstepr’s Figur 8 T. 160. An einem
Stück war zu beobachten, dass sich zwischen die 1,5 mm von
einander entfernten Septalfurchen erster Ordnung solche zweiter
Ordnung einschieben; zugleich vergrössert sich der gegenseitige
Abstand der ersteren um etwa 0,5 mm. Zuweilen erscheinen
die Septen unmittelbar unter der Theka durch zahlreiche hori-
zontale Querleistehen verbunden, .die 0,25 mm von einander
entfernt stehen. Dieselben verdicken zuweilen das an und für
sich sehr dünne Mauerblatt bis auf 2 mm. Sie erscheinen in
centralen Längsschliffen als parallele, horizontal auf den Septen
verlaufende Leistchen, in Tangentialschliffen als feine horizon-
tale Verbindungslinien zwischen den verticalen Sternlamellen ?).
Die Anwachsglieder sind von gleichmässiger Höhe?). Die
Anwachsstreifen sind ausserordentlich fein und selten erhalten ?).
Im Querschnitt sind
die Septa geradlinig und
meistradiär, nur ausnahms-
weise fiederstellig (s.neben-
stehende Figur) angeordnet.
Die Septa erster Ordnung
erreichen allein die Mitte,
wo sie sich meist nicht
vereinigen; zuweilen er-
scheinen sie hier um ein-
ander gedreht. Die Septa
nehmen vielfach ihren Aus-
sang .anderäusseren Mauer,
) Ein kegelförmiges Stück von Grund ist 4,5 cm lang und besitzt
3,7 cm Durchmesser an der Mündung des Kelches. Ein anderes eben
daher stammendes Exemplar erreicht bei 1,7 em grösstem Durchmesser
li cm Länge. Bei diesen Verschiedenheiten sind weitere Massangaben
überflüssig. |
?) Dieselbe Erscheinung findet sich bei Cyathophyllum ceratites aus
der Eifel.
®) Quensr., T. 160, F. 4 zu vergleichen. Bei Stücken von 1,5 bez.
2cm Durchmesser sind die Anwachsglieder 5 bez. 9 mm hoch.
‚ ) Die Knötchen und Grübehen,, die Quenstenr T. blos Sry,
auf der Oberfläche wahrgenommen hat, sind wohl nur Verwitterungs-
erscheinungen.
78
ganz wie bei Öyathophyllum (Taf. X, Fig. 2a). Von den so
gebauten Exeinplaren findet jedoch ein allmählicher Uebergang
zu den Formen statt, welche die für Endophyllum charakte-
ristische Structur besitzen (Taf. VII, Fig. 2). Zuerst durch-
schneiden am Rande schmale Blasen kreuzförmig mehrere neben
einander stehende Septa. Dann tritt innerhalb der Blasen eine
Rückbildung der Septa auf kleine von der Mauer vorspringende
Zacken ein; zuweilen verschwinden auch diese, jedoch sind
meist Reste der Septa in den inneren Blasen zu beobachten ?).
Die Breite der Blasenzone ist auch an Stücken von gleichem
Durchmesser nicht unwesentlich verschieden. In einem lang-
gestreckten Exemplar von ca. 2 cm Durchmesser, das an 4
Stellen durchschnitten wurde, reichen unten die Septa bis an
den Rand, dann schieben sich in der beschriebenen Weise
randliche Blasen ein und am oberen Rande bilden dieselben
eine Zone von 2 mm Breite. Bei einem zweiten ebenso be-
handelten Stück von gleichen Dimensionen misst der Blasen-
kranz schon unten 2 mm und verbreitert sich nach oben all-
mählich auf 4 mm. In einem kleinen Stück von Grund reichen
unten die Septa bis an den Rand, sind dagegen 1 cm weiter
oberhalb durch eine 2 mm breite Blasenzone allseitig von dem-
selben getrennt. Da die Septa in dem unteren Theile der
Koralle stets vollständiger ausgebildet sind als in dem oberen,
so ist anzunehmen, dass dieselben eine wirkliche Rückbildung
erlitten haben.
Die Zahl der Septen schwankt nach der Grösse des Durch-
messers zwischen 60 und 70; über 70 beträgt sie nur bei den
Stücken, die über 3 cm Durchmesser besitzen®). Das Endo-
thekalgewebe besteht aus Böden und Blaser. Zuweilen fehlen
die letzteren und auf solche Stücke hin wurde die vorliegende
Art als Amplexus bestimmt. Auch hier lässt sich jedoch die
allmähliche Entwickelung des Blasengewebes zuweilen an einem
und demselben Stück verfolgen. In einem noch von KunrH
ı) Dvsowskı stellt dies allerdings 1. e. pag. 404 in Abrede; die
verschiedenen Uebergänge sind nur bei sehr reichhaltigem Material zu
verfolgen.
2) Die Vermuthung von Dvsowskı, dass in diesem Falle die Blasen
sich zwischen Theka und Fpitheka geschoben hätten, erscheint mit
Rücksicht auf die Entstehung der Epithek bei lebenden Korallen hin-
fällig (l. c. pag. 404).
3) Fundort Durchmesser Septa Fundort Durchmesser Septa
ibere 72° 2 1’5:cm 64 Oberkunzendorf 1,7 cm 60
s 1,6 64 : 64
2 1,7 60 $ 2,9 66
R 1,7 66 S 9,2 70
5 3,2 76
| Iberg . 3,3 88
angeschliffenen Exemplar des Berliner Museums (Taf. X, Fig. 2)
reichen unten die Böden bis an die äussere Mauer; nur hie
und da schiebt sich ein langgestrecktes Bläschen dazwischen.
Die letzteren erscheinen nach oben zu in immer wachsender
Zahl und Grösse und bilden am Oberrand jederseits eine Zone
von 4 mın Breite. In demselben Stück reichen die Septa
unten bis an den Rand, während sie weiter oben durch die
Blasenzone von ihm getrennt sind. Die Gestalt des oberen
Querschnitts gleicht durchaus der Fig. 2 auf Taf. VII. Im
allgemeinen nehmen die Blasen !/), der gesammten Breite ein.
Wenn die Koralle sich. krümmt, ist das Blasengewebe wie
gewöhnlich auf der convexen Seite stärker entwickelt als auf
der concaven (Taf. X, Fig. 2b).
Die einzelnen Blasen sind langgestreckt, 1—2 mm breit
und 5 mm lang. Die Böden sind entweder ganz horizontal !),
oder an den Rändern aufgebogen und in der Mitte flach ?), oder
regelmässig convex aufgewölbt®). Zwischen diesen verschie-
denen Formen finden sich alle denkbaren Uebergänge. Convexe
Böden erscheinen im Querschliff als concentrische Ringe. Ent-
sprechend der Gestaltung des Endothekalgewebes ist die Ge-
stalt des Kelches becherförmig. Die Wände steigen senkrecht
auf; der Boden ist der oberste Boden des Enndothekalgewebes,
seine Form variirt daher in derselben Weise wie bei diesem.
Von anderen Endophyllen steht das stockbildende #.
torosum* der vorliegenden Art am nächsten, insofern auch hier
die Septen zuweilen bis zur Theka reichen.
Synonymik der Art. Das Münster’sche Cyathophyllum
priscum blieb wegen der Mangelhaftigkeit der Abbildung fast
vollständig unberücksichtigt. Erst die Untersuchung der in
München befindlichen Originalexemplare erwies die Ueberein-
stimmung mit der weit verbreiteten Art des unteren Ober-
devons, die auch ihrerseits wiederum mehrfach verkannt ist.
Quensteprt beschrieb in der ersten Auflage des Handbuchs
der Petrefactenkunde ein Oyathophyllum lineatum aus der Eifel;
auf dasselbe bezog Roruer fälschlich Formen von Grund, die
er aus dem angeführten Grunde als Amplexus bestimmte. Mit
diesem „Ämplexus lineatus“ vereinigte Dames und nach ihm
Quessteot die bei Oberkunzendorf vorkommende Art. Dykowski
wies derselben zwar systematisch die richtige Stelle an, belegte
sie aber mit dem Namen einer englischen Carbonart *), ohne
ı) Taf. X, Fig. 2a und Danss |. e. pag. 491.
2) Damezs 1. c. T. X, F. 2a u. Quensr. 1. c. T. 160, F. 7a.
3) Taf. X, Fig. 2c und A. Rom. |]. c. T. 6, F. 13; überhaupt bei
Grund häufig.
*) Me. Coy, Brit. Palaeoz. Foss., pag. 85, T. III C, F. 8, 1855.
80
ihre Uebereinstiumung mit dem alten „Amplexus lineatus“ zu
kennen.
Das Cyathophyllum pseudovermiculare Me. Coy, mit dem
er sie vereinigte, ist so unvollständig bekannt, dass der Ver-
fasser selbst !), eine generische Verschiedenheit von „Spongo-
phyllum“ für möglich hält. Die Abbildung von Mc. Coy?)
zeigt in der Mitte des Querschnitts einen regelmässigen Ring
von Blasen, der bei keinem devonischen Stück beobachtet
wurde. Vor allem ist jedoch das Fehlen der Septa zweiter
Ordnung ein auffallendes Merkmal.
Endophyllum lineatum findet sich bei Oberkunzendorf, wo
es mit (yathophyllum Kunthi und einigen Tabulaten ganze
Schichten zusammensetzt, ferner sehr häufig bei Rübeland und
Grund und überaus selten bei Langenaubach. Vereinzelt geht
es in den Clymenienkalk hinauf (Schübelhammer). Untersucht
wurden 200 Exemplare, die sich in Berlin (sämmtliche Samm-
lungen), München, Clausthal, Göttingen und Strassburg be-
finden.
Endophyllum ef. Bowerbanki M. Epw. et H.
Ike aDak late, 7
1851 — Pol. Pal., pag. 394.
1853 — Brit. Foss. Cor., pag. 233, T. 53, F. 1.
1883 — Leth. palasoz., pag. 354
Koralle stockförmig, Durchmesser der Individuen 1,5 —
2 cm. Die Theka ist stets mehr oder weniger rückgebildet;
zuweilen erscheint sie im Querschnitt als unregelmässig unter-
brochene, stellenweise verdickte Linie, zuweilen ist sie voll-
ständig verschwunden. Die Zahl der dünnen, dicht gedrängt
stehenden Septen beträgt bei ausgewachsenen Exemplaren 64.
Die Septa reichen niemals bis zum Rande, sondern verlieren
sich kurz vorher in dem engmaschigen Blasengewebe, in wel-
chem man hie und da noch Reste von ihnen wahrnimmt. Nur
die Septa erster Ordnung vereinigen sich in der Mitte. Die
Böden sind nicht sehr breit und ziemlich unregelmässig, das
Blasengewebe ist stark entwickelt.
Die Art kommt zwar nicht in Deutschland vor, wurde
jedoch kurz beschrieben und abgebildet, da sie wegen der
Rückbildung der Theka interessante Analogien mit Phillipsastrea
zeigt und die Abbildung von MıLne EnwaArps wegen der schlech-
ten Erhaltung des Originalexemplars unbrauchbar is. Eine
innere Wand, welche MırLne EpwArps und Haıme in ihrer
) 1. c. pag. 405 und 406.
2]. c. F. 8b.
81
Beschreibung erwähnen, ist, wie bereits Dyrowskı nachgewiesen
hat, nicht vorhanden. Bei den vorliegenden Stücken verlaufen
abweichend von der Abbildung und Beschreibung der franzö-
sischen Verfasser die Septa geradlinig und vereinigen sich in
der Mitte. Jedoch hängt die Vereinigung der Septa häufig
von dem Erhaltungszustand ab, und auf den ınehr oder weniger
- geradlinigen Verlauf derselben ist wohl kein grosses (sewicht
zu legen.
Von dem ebenfalls stockbildenden E. abditum unterscheidet
sich die vorliegende Art vor allem durch die Rückbildung
der Theka.
Zur Untersuchung lag ein kleines Stück des Breslauer
Museums vor. Ferner befindet sich im Berliner Museum ein
grosser, 4 dm langer und 3 dm breiter, ca. 300 Individuen um-
fassender Korallenstock ohne Fundortsangabe, der jedoch in
zoologischer und petrographischer Beziehung vollständig mit
dem Breslauer Exemplar übereinstimmt und daher wohl eben-
falls von Torquay stammt.
VII. Hallia M. Epw. et H.
Die Gattung Hallia wurde von Mıune Epwarps und Ham!)
für Formen errichtet, die sich von Cyathophyllum durch die
Ausbildung eines kräftigen Primär- (Haupt-) septums unter-
scheiden, zu dessen Seiten die übrigen Septa im Kelch und
auf der Aussenseite fiederstellig angeordnet sind. F. RorMEr ?)
erkannte die Gattung an und gab zugleich ein Verzeichniss
der wenigen bisher beschriebenen Arten. Zuletzt sprach sich
Linpströn°), der selbst zwei neue, anfangs von ihm hierher
gerechnete Arten aus dem Gotländer Obersilur veröffentlicht
hat, dahin aus, dass die Verschiedenheiten von Cyathophyllum
zu gering seien, um die Gattung aufrecht zu erhalten.
Allerdings gehören von den 5 in der Leth. palaeoz. an-
geführten Arten zwei nicht hierher. ZH. Pengillyi M. Epw. et
H.*), an deren richtiger Bestimmung auch F. Roruer zweifelt,
zeigt keine Spur eines stärker entwickelten Septums, stimmt
dagegen vollständig mit einigen mir vorliegenden Exemplaren
des ÖOyathophyllum heterophyllum M. Epw. et H. aus der Eifel
überein.
!) Brit. Foss. Cor., Introd. pag. LXVII. Pol. Pal., pag. 353, Pl. 6, F. 3.
2) Leth. palaeoz., pag. 376.
») Index to the generic names appl. to the corals of the palaeoz.
formations. Bihang till. K. Svensk. Vet. Ak. Handl. Bd. 8, No. 9, 1883.
*) Brit. Foss. Cor., pag 223, T. 46, F.6. F. 6a u. 6a |. c. ge-
hören dagegen wahrscheinlich zu einer anderen Art.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVII. . 6
82
Hallia tuberculosa Dys.!) besitzt allerdings ein stärker
ausgebildetes Septum; jedoch sind die übrigen Septa regel-
mässig strahlenförmig angeordnet. Die Art ist daher zu Üya-
thophyllum zu stellen, umsomehr als bei dieser Gattung die
kräftigere Entwickelung eines Septums nicht selten vorkommt.
Vergleiche z. B. Oyath. heterophylloides, oben pag. 30.
Sieht man von diesen beiden Arten ab, so sind die fieder-
stellige Anordnung der Septen im Kelch uud die stärkere Aus-
bildung des Hauptseptums Merkmale, die eine Unterscheidung
von Oyathophyllum erfordern.
Hallia calceoloides schrieb Lıxpström anfangs (1866) °) den
Besitz eines Deckels zu, berichtigte jedoch zwei Jahre später
seine Angabe dahin, dass der fragliche Deckel zu Araepoma
gehöre. Da trotzdem Hallia mehrfach in der Literatur als
deckeltragend angeführt ist, hat Lınpström neuerdings seine
Bemerkung wiederholt °).
26. Hallia prolifera A. Roem. sp.
Taf. VII, Fig3, 3395
18537 een proliferum A. os (non Dysowskr). Beitr.
III, pag. 29, T. 6, F. 10.
Die Koralle ist es und vermehrt sich durch Kelch-
sprossung; jedoch tragen die jungen Individuen nur ausnahms-
weise noch einmal Knospen, so dass die Gestalt büschelförmig
bleibt. Die Theka ist schwach entwickelt und lässt flache,
ca. 2 mm breite Anwachsglieder erkennen. Am Kelchrande
stehen die Septa etwas über.
Der Querschnitt ist mehr oder weniger elliptisch. Die
Secundärsepta sind an Länge kaunı von den primären ver-
schieden; die letzteren erreichen nicht immer das Centrum.
Die Septa bestehen aus verbreiterten Verticalleisten, die voll-
ständig durch Stereoplasma verbunden sind; nur im centralen
Theil ist diese Zusammensetzung weniger deutlich zu erkennen.
Im Längsschnitt ist die Structur der Septa wie bei Cyath.
heterophylloides. Es erscheinen ebenfalls dunkle Septaldornen
und scharfe Grenzlinien zwischen den verschiedenen Schichten
des Stereoplasmas. Die Zahl der Septen beträgt bei 0,9 cm
Durchmesser 50, bei 1,5 em Durchmesser 72.
Die Anordnung der Septa im Querschnitt ist bilateral
symmetrisch und zwar bei jüngeren Stücken weniger deutlich
als bei älteren. Das in einer Vertiefung des Kelches liegende
Hauptseptum (H) ist etwas kräftiger als die übrigen entwickelt
!) Zoanth. rug. II, pag. 217, I: IV, Heu
2) Operkelbärande Koraller, pag. 74.
3) Geolog. Magaz. 1866, pag. 361, Pl. 14, F. 19—23.
En
und befindet sich bei erwachsenen Exemplaren stets in der
kleineren Axe des elliptischen Querschnitts.
Im Längsschnitt sind die Böden schmal, kaum , der
Breite einnehmend, die Blasen sind rundlich und ziemlich un-
regelmässig angeordnet !). Unter der Theka befindet sich eine
Lage horizontaler Dissepimente wie bei Oyath. Kunthi').
A. Rornmer giebt an, dass die Art am Iberg und bei
Elbingerode nicht selten sei; doch befinden sich in der Claus-
thaler Sammlung nur die von Grund stammenden Original-
exemplare. Ich habe die Art — im selben Gestein wie die
Rormer’schen Originale - an einer einzigen Stelle des Winter-
berges bei Grund recht häufig gefunden. Untersucht wurden
36 Exemplare und 8 Dünnschliffe.
VII. Amplexus Sow. ?)
Einfach, seltener verzweigt. Theka mit Anwachs- und
Septalstreifen, zuweilen mit wurzelförmigen Ausläufern ver-
sehen. Septa erster und zweiter Ordnung meist?) nur im rand-
lichen Theil entwickelt, die letzteren oft ganz rückgebildet.
Septalgrube schwach ausgebildet, nur im Kelche deutlicher.
Böden vollständig, meist regelmässig. Obersilur bis Kohlenkalk.
27. Amplezus hercynicus A. Rormer.
Taf. IX, Fig. 3.
= Amplexus tortuosus auct. non PHiILLırs.
1855 = Amplexus hercynicus var. aculeatus A. Roemer. Harz, Il,
Pa 133, T. 19, E. 12.
1860 = Amplexus tortuosus SANDBERGER. Verstein. Nassau, pag. 415,
ala: -5:
1863 = Ptychocyathus excelsus Lupwıc. Palaeontogr. 14, T.49, F. 2a, 2d.
1873 = Amplexus tortuosus Kayser. Fauna d. Rotheisensteins von
Brilon. Diese Zeitschr. 14, pag. 685, T. 27, F. 5.
Die Koralle ist ceylindrisch und vielfach gebogen, meist
einfach, seltener verzweigt. Zuweilen entstehen Stöcke durch
12) In dem abgebildeten Längsschliff, dessen Wiedergabe durch den
Lichtdruck nicht sehr gelungen ist, bemerkt man kaum eine Spur der
Blasen, da der Schnitt auf beiden Seiten ein Septum getroffen hat.
- >) Phmıruıps, Palaeozoie Fossils, 1841, pag. 7. Vergleiche besonders
THomson and Nicnorson. The chief generic types of the palaeozoic
Corals. Ann. and Mag. Nat. Hist., 4. ser., Bd. 16, 1875, pag. 424,
T. 12, F. 1—4.
3) Bei dem von Harı abgebildeten Ampl. intermittens (Dev. Foss ,
T. 32, F. 8-15) aus der Hamilton group, sowie bei A. appendiculatus
Lisoste. aus Chinesischem Obersilur reichen die Septa bis zur Mitte.
Jedoch spricht das Fehlen der Septa zweiter Ordnung und die schwache
Ausbildung der Septalgrube für Amplexus, nicht für Zaphrentis. Aller-
dings sind bei den übrigen Arten die Septa kürzer.
6*
84
Knospung oder Aneinanderlagerung von ursprünglich selbst-
ständigen Individuen. Der Durchmesser beträgt durchschnittlich
1,5 cm, steigt aber auch ausnahmsweise bis auf 2,5 cm. Die
Theka ist dünn und mit deutlichen, sich kreuzenden Anwachs-
streifen und Septalfurchen !) versehen. Weniger regelmässig
sind Anwachswülste entwickelt. Der untere Theil der Koralle
pflegt sich durch wurzelförmige Ausläufer an einen fremden
Gegenstand festzuheften; durch ähnliche Gebilde treten inner-
halb eines Stockes die einzelnen Individuen in Verbindung mit
einander. Ausnahmsweise finden sich dieselben Auswüchse
auch an einzelnen Korallen in grösserer Ausdehnung, jedoch
stets nur auf einer Seite).
Die Septa (26 4 26 — 80-30, selten mehr) sind sehr
schwach entwickelt, ihre Zahl ist mit Sicherheit nur an den
Septalfurchen der Theka festzustellen. Im Querschnitt sind
die Septa zweiter Ordnung nur selten als kurze Zäckchen
wahrnehmbar, auch die Septa erster Ordnung erscheinen ganz
auf den randlichen Theil beschränkt. Doch dringen sie zu-
weilen, wie die Eindrücke auf ebenen Querbrüchen beweisen,
so weit nach der Mitte vor, dass nur etwa \/, des gesammten
Durchmessers frei bleibt.
d.
c.
!) An dem von Kavser abgebildeten Exemplare sind die letzteren,
wie das Originalexemplar zeigt, nur schwach entwickelt.
2) Offenbar haben derartige Stöcke eine Stütze gesucht und sich
mit diesen Auswüchsen angeheftet. Eine besondere Varietät (var.
aculeata A. Rom.) kann auf solche zufälligen Merkmale nicht begrün-
det werden.
85
Die Böden dnrchsetzen das Innere meist vollkommen
regelmässig. Längsschnitte von gerade gewachsenen Exemplaren
sehen aus wie Leitern, deren Sprossen gleichen Abstand haben.
Bei gekrümmten Stücken ist die Anordnung unregelmässiger.
Zuweilen findet sich eine schwache Aufbiegung der Böden am
Rande. Der Abstand derselben von einander beträgt durch-
schnittlich 2 mm, zuweilen weniger, nur ausnahmsweise mehr.
Irgendwelche Varietäten lassen sich auf diese Unterschiede
nicht begründen, da die Uebergänge oft an demselben Stück
vorhanden sind. Ganz ausnahmsweise (zweimal unter 100
Stücken) wird die Gestalt der Enndothekalgebilde ganz unregel-
mässig; es kommt sogar anscheinend zur Bildung von peri-
pherischen Blasen. Doch dürfte es sich hier nur um eigen-
thümliche Missbildungen handeln, da in anderen Theilen der
betreffenden Stücke die Böden normal ausgebildet sind !) (Fig. e).
Tabularknospung findet sich, wie bemerkt, nur selten.
Sehr charakteristisch ist das auf Taf. IX, Fig. 3 abgebildete
Stück vom Büchenberg: aus einem gemeinschaftlichen Staınme
sprossen drei junge Individuen in gleichem Abstand nach der-
selben Richtung empor. Die (nicht ganz horizontale) Schliff-
fläche liegt auf der mit Sprossen bedeckten Seite. Der gemein-
same Stamm scheint im Gestein eingebettet zu sein. Die
Knospen verbreitern sich unmittelbar nach ihrem Erscheinen
beträchtlich.
r Ein zweites Stück stammt ebenfalls
aus dem oberen Stringocephalenkalk von
Bredelar im Sauerland). Gerade in
der Mitte eines wohlerhaltenen Kelches
sprosst ein junges, anfänglich sehr
schmächtiges Individuum hervor, das in
ununterbrochener Verbindung mit dem
Mutterkelch zu stehen scheint. Ausser-
dem legen sich an letzteren einige Jün-
gere Korallen seitlich an. Dieselben sind
nicht aus. der Theka emporgesprosst,
sondern haben sich selbstständig fest-
gesetzt, wie eine Schicht Gebirgsmasse beweist, die zwischen
der Ansatzstelle des jungen Individuums und der Theka des
alten liest. Möglicherweise hat sich auch die in dem Kelch
emporgewachsene jüngere Koralle erst nach dem Absterben
2) Die 5 nebenstehenden Holzschnitte sind sämmtlich in natürlicher
Grösse dargestellt; a, b, c, e stammen aus dem obersten Stringocephalen-
kalk des Büchenbergs bei Wernigerode, d aus demselben Niveau vom
Martenberg bei Adorf.
?) Ich verdanke dasselbe Herrn Dr. E. Koken,
der älteren dort festgesetzt; die etwas undeutlich erhaltene
Contactstelle lässt keine ganz sichere Entscheidung zu.
Synonymik. PnıLLips hat im Jahre 1841 einen Amplezus
tortuosus !) beschrieben, der später häufig aus englischem ?) und
deutschem Devon angeführt und abgebildet worden ist. Die
von PnırLıps veröffentlichte Art gehört jedoch zu einer anderen
Gattung, wie sich aus den Worten des Verfassers ergiebt. Es
heisst I. c.: für jeden Boden (central transverse plate) erschei-
nen am Rande zwei aufsteigende Fortsätze (two marginal as-
cending continuations), welche die Septa quer durchschneiden.
Mit diesen ascending continuations können nur die randlichen
Blasengebilde der Cyathophylliden gemeint sein, die nach oben
und aussen gerichtet zu sein pflegen. Dasselbe Merkmal lässt
auch die Abbildung erkennen. Von einer genaueren Bestim-
mung der Gattung muss wegen der Mangelhaftigkeit der Be-
schreibung und der Figur Abstand genommen werden.
Bei der Abiassung der Gattungsdiagnose für Amplexus?)
hat PnuıLLirs auf den A. coralloides Sow. des Kohlenkalks
(= Sowerbyi PhirL. ]. c.) weit mehr Rücksicht genommen, als
auf seinen kurz vorher beschriebenen A. tortuosus. Z. B. werden
die „ascending continuations“ gar nicht erwähnt.
Von den unrichtig auf Amplexus tortuosus PuıLL. bezogenen
echten -mplezus-Arten ist die in Deutschland weit verbreitete
als Amplexus hercynicus A. Roem. zu bezeichnen. A. RoEmER
hat bereits richtig hervorgehoben, dass das Fehlen der „dicken
Rindenschicht“ („ascending continuations“) die Trennung der
Harzer Art von der englischen nöthig mache. Seine Angabe
kann durch die Untersuchung des vorliegenden Originalexem-
plars nur bestätigt werden. Die Abbildung von MıLnE Epwarns
und Haınur *) gehört ebenfalls ohne Zweifel zu Amplexus, unter-
scheidet sich aber nach der Beschreibung von A. hercynicus
durch die deutliche Ausbildung von 4 „Septalgruben“ und muss
daher vielleicht neu benannt werden.
Von den weiteren aus deutschem Devon beschriebenen
Amplexus-Arten unterscheidet sich Amplexus biseptatus MAURER’)
aus dem unteren Stringocephalenkalk der Grube Haina bei
Wetzlar nach den zahlreichen vorliegenden Stücken durch be-
deutendere Grösse, weitere Entfernung der Böden von einander
und grössere Länge der Septa erster und zweiter Ordnung;
ausserdem tritt die Fiederstellung der Septalstreifen deutlicher
hervor, da die Gestalt schlank kegelförmig ist.
1) Palaeozoic Fossils, pag. 8, T. 3, F. 8.
2) M.E. et H. Brit. Foss. Cor., pag. 222, T. 49, F. 5.
>).]. .c. na0..70,
4) Brit. Foss. Cor., T. 49, F. 5, pag. 222.
5) N. Jahrb. 1875, pag. 610, T. 14, F. 2.
87
Amplexus irregularis Kayser !), dessen Original zum Ver-
gleich vorliegt, unterscheidet sich weniger durch die unregel-
mässige Anordnung der Böden, die auch bei A. hereynicus
gelegentlich vorkommt, als vielmehr durch den bedeutenderen
Durchmesser der Theka. Ferner sind, wie der Tangential-
schnitt eines zweiten Exemplars zeigt, die in zwei Ordnungen
entwickelten Septa auf der dem Mittelpunkt zugekehrten Seite
mit frei auslaufenden Septaldornen besetzt.
Von amerikanischen Devonarten besitzt A. Yandelli M. E.?)
stärker entwickelte Septen und unregelmässige, gedrängt stehende
Böden. A. annulatus M. E. et H.°) aus spanischem Oberdevon
scheint sich von allen übrigen durch stark entwickelte An-
wachswülste zu unterscheiden.
Am nächsten kommt dem A. hercynicus die bekannte Art
des Kohlenkalks*); daher hat auch A. Rosmer die am Büchen-
berg vorkommende Form zuerst als A. coralloides bezeichnet.
Derselbe unterscheidet sich von der Jevonischen Art nur durch
bedeutendere Grösse und vollständiges Zurücktreten der Septa
zweiter Ordnung. Auch ist von A. coralloides kein Fall der
ungeschlechtlichen Vermehrung bekannt.
Ein in der geologischen Landesanstalt befindliches, 5 cm
im Durchmesser haltendes Bruchstück eines grossen 4Jmplexus
aus dem Stringocephalenkalk von Delstein zeigt abgesehen
von der fiederstelligen Anordnung der langen Septa im Quer-
schnitt keine bedeutenden Verschiedenheiten von A. coralloides.
A. hercynicus liegt vor:
1. aus dem obersten Stringocephalenkalk vom Büchenberg
bei Wernigerode, wo die Art einige Schichten des eisenschüs-
sigen Kalkes gänzlich erfüllt; ferner aus dem rheinisch - west-
fälischen Bergland von Bredelar, Martenberg bei Adorf, Enke-
berg bei Brilon, überall in dem vom Oberdevon unmittelbar
überlagerten Eisenstein: endlich von Runkel an der Lahn,
Vilmar, Iserlohn und Soetenich in der Eifel (an letzterem Orte
nur ganz vereinzelt).
2. aus dem Oberdevon, wo die Art wesentlich seltener
wird, vom Enkeberg bei Brilon°) und Oberscheld.
Die Zahl der untersuchten Exemplare beträgt ca. 200
(davon die meisten vom Büchenberg); dieselben befinden sich
im Berliner und Göttinger Museum, der geologischen Landes-
anstalt und in meiner eignen Sammlung.
%) Diese Zeitschr. 24, pag. 691, T. 27, F. 7.
>) M. E et H. Pol. Pal., pag. 344, in 8, F 2. Romincer, Foss.
Vor, N. 54, FE. 2.
3) Pol Pal., pag. 345. ah Astur. Galice, pag. 19.
%) Brit. Foss. Cor., T. 36, F.
5) Unbestimmt ob unteres Ber oberes Oberdevon.
88
28. Amplexus helminthoides nov. sp.
Taf. IX, Fig. 4, 4a.
Cylindrisch, spiralig gedreht,
äussere Gestalt wurmähnlich. Durch-
messer 4—5 mm. Theka mit deut-
lichen Anwachsstreifen, ohne Spur von
N 1, Septalfurchen. 28 sehr deutlich alter-
nirende, kurze Septa, die sich im
-Längsschnitt in Reihen von Dornen
auflösen. Diese Septaldornen sind nach innen und oben ge-
richtet und an der Basis durch Stereoplasma verbunden, meist
jedoch vollständig verschmolzen. Böden vollständig, etwas
convex aufgetrieben.
Die Art liegt zwar nur in zwei Exemplaren vor, unter-
scheidet sich jedoch in der äusseren Gestalt (durch die geringe
Grösse und die spiralige Drehung) wie im inneren Bau (durch
die alternirende Stellung und die Zusammensetzung der Septen)
so bestimmt von allen bisher erwähnten Formen, dass eine
besondere Benennung. gerechtfertigt erscheint. Unter den be-
kannten Arten lässt nur Ampleaus irregularis die Septaldornen
deutlich erkennen. Am meisten erinnert die Structur der Septen
jedoch an Pholidophylium Lınpstr. von Gotland, das auch ähnlich
ausgebildete Böden besitzt. Doch fehlen der vorliegenden Art
die für die genannte Gattung charakteristischen Schuppenreihen
auf der Aussenseite.
Die beiden Exemplare stammen aus den Schichten mit
Goniatites intumescens vom Martenberg bei Adorf und befinden
sich im Besitz des Obersteigers H. MÜLLER daselbst, der sie
mir freundlichst zur Untersuchung anvertraut hat.
29. Amplezus (?) tenuicostatus MsTR. sp.
Taf. IX, Fig. 2. (Combinirte Figur.)
1839 = Petraia ienwicostata Msır. Beitr. I, pag. 44, T. 5, F. 3.
Die Art wurde von Kuntu mit Petraia semistriata ver-
einigt, was nach dem einen kleinen in Berlin befindlichen
Exemplar nicht ungerechtiertigt erscheint. Jedoch lassen die
beiden in München aufbewahrten Stücke so beträchtliche Unter-
schiede von der genannten Art erkennen, dass sie überhaupt
nicht bei Petraia belassen werden können. Dieselben sind,
was für die genannte Gattung durchaus ungewöhnlich wäre,
cylindrisch geformt und das Originalexemplar Münsrer’s lässt
am einen Ende mit ziemlicher Deutlichkeit einen Boden erken-
nen, über den der Querbruch verläuft. Ausserdem sprosst an
89
jedem der beiden Stücke eine junge Knospe hervor, die auf
der Münster’schen Figur nicht mit abgebildet worden ist.
Die Oberfläche ist mit scharfen, gedrängt stehenden Längs-
rippen bedeckt, deren Vorhandensein einen leicht wahrnehn-
baren Unterschied von A. helminthoides bildet. Die Anwachs-
streifen treten weniger hervor. Auf dem Querbruch befinden
sich,‘ wie es scheint, kurze Septen. Die Knospung tritt in
ähnlicher Weise wie bei #. hercynicus auf. Die beobachteten
Merkmale sprechen zwar sämmtlich für -“mplexus, sind jedoch
z. Th. nicht mit der genügenden Deutlichkeit sichtbar, um die
Bestimmung ausser allen Zweifel zu stellen; eine Petraia liegt
jedenfalls nicht vor.
Im oberen Oberdevon (Clymenienkalk) von Elbersreuth
im Fichtelgebirge. :
Amplezxus (?) sp.
Aus dem ÖOberdevon (Schalsteintuff) von Steinach liegt
der Ausguss eines Korallenkelches von 9 mm Durchmesser vor,
der wahrscheinlich als Amplexus zu bestimmen ist. Der Boden
ist flach, am Rande rinnenförmig vertieft, die Wände steigen
senkrecht auf. Die Septa (24-24) alterniren deutlich; die-
jenigen zweiter Ordnung sind auf den Rand beschränkt, die-
jenigen erster Ordnung lassen das mittlere Drittel des Kelch-
bodens frei. Kgl. Oberbergamt zu München.
Höchst wahrscheinlich schliessen sich hier einige der von
RıcHTer !) beschriebenen kleinen Korallen aus dem Thürin-
gischen Cypridinenschiefer an. F. 28 und 311. c. besitzt in
der äusseren Erscheinung unverkennbare Aehnlichkeit. Die
Querschnitte F. 32 und 33 l. c. lassen sich vielleicht so erklären,
dass die von Radialleisten umgebene Columella den Durch-
schnitt eines convexen Bodens darstellt, mit dem die Septa
sich im Querschnitte scheinbar verbinden. Wenigstens
liegen mir ganz ähnlich aussehende Querschnitte von Amplexus
vor. Längsschnitte, welche die Sache entscheiden würden,
sind nicht gegeben.
IX. Clisiophyllum Dana.
Im Sinne von F. Rormer (Leth. palaeoz., pag. 394).
# \
Unter den Namen Ülisiophyllum, Dibunophyllum , Aspido-
phyllum, Rhodophyllum und (arcinophyllum haben Tuomson und
NıcHoLson?) eine Reihe nahe verwandter Gruppen aus dem
1) Palaeontologie des Thüringer Waldes. Denkschr. Wiener Akad.,
Bd. 11, 1856, pag. 132, 133, T. 3, F. 28-33. „Oyathophyllum ? sp.“
?) Chief generic types palaeoz. cor. Ann. Mag. Nat. Hist. Ser. 4,
Bd. 18, 1876, pag. 68 ff. und Bd. 17, pag. 451 ff.
0
englischen Kohlenkalk beschrieben, die sich durch zahlreiche
gemeinsame Merkmale von anderen abgrenzen, selbst aber nur
durch äusserst minutiöse Unterschiede von einander zu trennen
sind. Sie besitzen sämmtlich einen Mittelraum (central area),
vor dem die Septa deutlich abschneiden. Derselbe besteht aus
senkrechten, mehr oder weniger regelmässigen Lamellen und
horizontalen Böden. Die Verticallamellen sind wohl als die
centralen Fortsätze der Septa aufzufassen, mit denen sie noch
hie und da zusammenhängen.
Drei Zonen. des endothekalen
(Gewebes sind unterscheidbar.
1. Eine äussere, aus feinen Blasewr
bestehende, die nach oben und
aussen gerichtet sind. 2. Eine
Zwischenzone von grossen, Au-
nähernd horizontalen Blasen. 3. Eine
der „central area“ entsprechende
Mittelzone aus feinen (selten grö-
Dibunophyllum Muirheadi beren) Blasen, die nach an und
Trous. and Nıcnors. (Cop. nach Oben gerichtet sind und im Längs-
Ann. and Mag. B. 17, T.24,F.3a. schnitt die Gestalt eines mehr oder
weniger steilen Bogens besitzen,
der oben zuweilen von einer kurzen, horizontalen Linie begrenzt
wird. Zone 2 und 3 sind den „Böden“ der Cyathophylliden
homolog. Der Aufbiegung des Endothekalgewebes entspricht
im Kelche ein mittlerer Wulst.
Die Unterschiede, welche die einzelnen hierhergehörigen
„Gattungen“ trennen, bestehen wesentlich in der verschiedenartigen
Ausbildung der Verticallamellen !) innerhalb der „central area“.
Dieselben sind zahlreich, ein wenig gedreht und vereinigen sich
in einer zusammengedrückten Columella bei Clisiophyllum s. str.;
weniger zahlreich, geradlinig und ebenfalls in einer Oolumelia
vereinigt erscheinen sie bei Dibunophyllum; in gleicher Zahl
wie bei dieser Gattung, aber ohne centrale Vereinigung und
ohne Oolumella, treten sie bei Aspidophyllum auf; bei Khodo-
phyllum endlich drehen sie sich so unregelmässig um einander,
702)
G
Y
ID
NN
N
NN
N SS 2 NNISIITAN
>
(4
BR
7A
7)
dass nur im äusseren Theil des Innenraums die Vertieallamellen
noch als solche erkennbar sind.
Die ganzen Unterschiede sind auf Merkmale begründet,
ähnlich denen, welche zur Abtrennnng der verschiedenen oben
angeführten Gruppen von C'yathophyllum benutzt wurden. Cyatho-
phyllum und Clisiophyllum im weiteren Sinne dürften sich in
ihrem systematischen Werthe ungefähr entsprechen. Man
‚müsste also folgerichtig entweder die Gruppen von Oyathophyllum
!) Schematische Diagramme I. c. Bd. 18, pag. 71.
-
31
mit Gattungsnamen belegen oder die mit Clisiophyllum ver-
wandten Genera nur als Gruppen betrachten. Der letztere
Weg dürfte vorzuziehen sein, da die meisten Genera palaeo-
zoischer Korallen, wie sie z.B. von F. Rormer in der Lethaea
palaeozoica angenommen werden, in ihrem Umfang mehr Clisiophyl-
lum und Cyathophyllum als etwa Olisiophyllum s. str. und Dibuno-
phyllum entsprechen. Ausserdem wird die übersichtliche Glie-
derung einer grösseren Formenmenge unmöglich, wenn auf jedes
geringfüge Merkmal hin ein „generischer Typus“ begründet wird.
Uebrigens hahen in diesem Falle schon Ferv. Rorner und
Lınpström Dibunophyllum u. s. w. als Gruppen von Okisiophyllum
betrachtet.
30. Olisiophyllum (Dibunophyllum) praecursor nov. sp.
Taf. VII, Fig. 1—le.
Einfach, cylindrisch von geringem Durchmesser (0,6 —
1,2 cm), Theka mit Anwachsstreifen. Septa (40 —54) alter-
nirend, diejenigen zweiter Ordnung an jungen Exemplaren nur
schwach entwickelt... Die Primärsepta hören zum grösseren
Theil vor der inneren Area auf, zum kleineren Theil setzen
sie sich in dieselbe fort; doch entspricht die Zahl der hier
vorkommenden Verticallamellen nicht der der peripherischen
Septa. Die zusammengedrückte Columella ist bei den grösseren
Stücken weniger deutlich wahrnehmbar als bei den kleineren,
deren Innenraum auch sonst einfacher zusammengesetzt erscheint.
Die Andeutung einer Septalgrube scheint in der Fortsetzung
der Columella nach aussen zu liegen.
Die Scheidung der 3 verschiedenen Endothekalzonen ist
entsprechend der geringeren Grösse nicht so scharf wie bei
den carbonischen Arten. Die peripherische Zone der nach
oben und aussen gerichteten Bläschen fehlt in dem einen
Längsschnitt (Fig. 1d) auffälligerweise ganz, trotzdem das
Stück vollständig erhalten ist. Auch die beiden mittleren
Zonen sind bei Fig. 1d kaum getrennt und nur schwach ent-
wickelt. Dagegen unterscheidet man bei Fig. 1b und c deut-
licher die Zwischenzone der horizontalen Blasen und das bogen-
förmig aufgetriebene Endothekalgewebe in der Mitte; jedoch
vereinfacht sich der obere Theil von Fig. lc ähnlich wie bei
Fig. 1d. Die das Endothekalgewebe in der Mitte durchsetzen-
den Linien entsprechen den Durchschnitten der Columella und
den Verticallamellen. Der Kelch wurde nicht beobachtet, dürfte
jedoch bei der im wesentlichen übereinstimmenden Beschaffen-
heit des Endothekalgewebes nicht von den durch Tuomson und
NicHoLson beschriebenen verschieden sein.
32
Vorkommen im Oberdevon von Stollberg. Die vorliegen-
den 6 Exemplare (von denen ebensoviele Dünnschliffe angefer-
tigt wurden), fanden sich auf dem grossen abgebildeten Stück
von Öyathophyllum aquisgranense und gehören der geologischen
Landesanstalt.
Von den durch Tuonmson und NıcuoLson abgebildeten
Formen unterscheidet sich die devonische Art leicht durch die
viel geringere Grösse und die dadurch bedingte Vereinfachung
des Gewebes. Im Querschnitt ähnelt ihr am meisten Dibuno-
phyllum sp. 1. ec. T. 25, F.T.
31. Clisiophyllum Kayseri nov. sp.
Taf. VII, Bie,2, 22
1882 = De hyllum ? sp. Kayser. Oberdevon und Kulm am Nord-
rande d. on Schiefergeb. Jahrb. d. geol. Landesanst. für
1881, pag. 67.
Die vorliegende Art lässt sich in keiner der von den
englischen Verfassern geschaffenen Gruppen unterbringen. Die
Beschaffenheit der Verticallamellen im Mittelraum stimmt mit
Clisiophyllum s. str. überein, d. h. die Lamellen sind zahlreich
und schwach um einander gedreht. Die Wölbung der Disse-
pimente in derselben Zone ist dagegen regelmässig gerundet,
wie bei Aspidophyllum oder Rhodophyllum, nicht spitzkegelig
wie bei der erstgenannten Gruppe. An sich ist diese Mischung
der Merkmale sehr erklärlich, da man wohl annnehmen kann,
dass die besprochenen Gruppen einen gemeinschaftlichen Ur-
sprung haben. In dieser Stammform müssten sich die Charak-
tere der verschiedenen Abtheilungen vereinigt finden.
Die Koralle ist in der Jugend hornförmig, im Alter cylin-
drisch und mannichfach gebogen. Die Theka ist mit Anwachs-
streifen und Septalfurchen versehen. Der Durchmesser beträgt
1,85—1,9 cm, die Länge des grössten Stückes ca. 9 cm. Die
Zahl der Septen ist 96. Die Septa zweiter Ordnung ragen
nur wenig über die schmale äussere Blasenreihe hervor, die
Septa erster Ordnnng sind 4 mm lang und reichen bis an den
Mittelraum heran, in den sie zum Theil übergehen. Derselbe
nimmt gerade die Hälfte des gesammten Durchmessers ein.
Die hier auftretenden Verticallamellen sind zahlreich, regel-
mässig und erscheinen ein wenig um einander gedreht.
Das Endothekalgewebe zerfällt in 3 scharf geschiedene
Zonen. Die äussere Lage der nach oben und aussen gerichteten
Bläschen ist nur 2—3 mm breit. Die aus grossen horizontalen
Blasen bestehende Zwischenzone dehnt sich nicht viel mehr
aus. Die verhältnissmässig kleinen Dissepimente des Mittel-
raums sind nicht einfach emporgewölbt, sondern lassen in ihrer
Aufbiegung einen kleinen Absatz erkennen. Die obersten
95
Dissepimente sind schwach convex. Entsprechend der ver-
schiedenen Richtung und Zahl der Blasen erscheinen dieselben
in Querschnitten nur in der Mitte und am Rande häufiger.
Der Querschnitt erinnert sehr an das auch in der Lethaea
palaeozoica abgebildete Clisiophyllum coniseptum. Der Längs-
schnitt ähnelt am meisten Aspidophyllum Koninckianum !). Doch
fehlt hier der Absatz in der mittleren Aufbiegung des Endo-
thekalgewebes, und ferner haben die obersten Dissepimente eine
concave, nicht eine convexe Form.
Die angeführten Unterschiede, insbesondere das Zusammen-
vorkommen der Merkmale von Aspidophyllum und Ülisiophyllum
s. str., lassen eine besondere Bezeichnung trotz des geringen
vorliegenden Materials gerechtfertigt erscheinen.
Die untersuchten drei Exemplare stammen aus den dunklen
Brachiopodenschiefern des oberen Oberdevons von der Prinz-
Wilhelms-Grube bei Velbert im Bergischen und befinden sich
in der geologischen Landesanstalt.
Aus den altersgleichen Schichten von Etroeungt in Belgien
sind zwei hierher gehörende Arten, Cl. Zaimei M. Epw. und
Cl. Omaliusü?) GossELET, bekannt geworden, aber leider nur
unvollständig beschrieben.
X. FPetraia Münst. emend. Kuntn.
Graf Münster hat im ersten Theil der Beiträge zur Ver-
steinerungskunde?) Reste aus dem Clymenienkalk von Elbers-
reuth beschrieben, die er als Petraia bezeichnete und zu den
(rastropoden in die Nähe von Patella stellte; jedoch machte
er zugleich darauf aufmerksam, dass sie möglicherweise zum
Theil zu den Zoophyten in die Verwandtschaft von Cyathophyllum
gehörten. Ihre Uebereinstimmung mit den letzteren wurde
zwar später allgemein anerkannt, jedoch hob erst Kunta die
eigenthümlichen Charaktere der Gattung scharf hervor*) Seiner
Diagnose wäre nur hinzuzufügen, dass die niedrigen Septa sich
zuweilen in Reihen von Septaldornen auflösen.
Die von Kuntu herrührende Revision der Arten°) gründet
sich nur auf den kleineren, in Berlin befindlichen Theil der
Münsrter’schen Originale. Andrerseits hatte GÜüuBEL°), der sich
übrigens Kuxt# vollständig anschloss, nur die Münchener Stücke
zur Verfügung. Von beiden wurden, da die Abbildungen und
anl2ier 7.23, FE. 1.
2) GossELET, Esquisse geologique du Nord de la France I, pag. 113.
>) 1839, pag. 42.
=) Diese Zeitschr. 1870, pag. 46.
Sneernag. 41: |
°) GümsEL, geognostische Beschreibung des Fichtelgebirges, pag. 506.
a
Beschreibungen .Münster’s wenig ersehen lassen, ein grosser
Theil der Arten zusammengezogen. Jedoch hat die Vergleichung
der gesammten Münster’schen Originale gelehrt, dass mit
Ausnahme der vollständig übereinstimmenden /. Kochi und
decussata die übrigen Species aufrecht zu erhalten sind. Dass
P. tenuicostata nicht hierher gehört, wurde bereits erwähnt.
32. Petraia decussata MsTR. sp.
Taf. VII, Fig. 4 (Vergrösserte Oberfläche).
1839 = Petraia decussata Mstr. Beitr. I, pag. 43, T. 3, F. 1.
= Petraia Kochi id. ibid. pag. 44, T. 3, F.5.
1865 = Taeniocyathus trochiformis Lupwic. Palaeontogr., Bd. 14. pag.
199, 7.4803:
1870 = Petraia radiata KuntH ex parte. Diese Zeitschr. 22, pag. 40.
1873 = Petraia ? radiata Kayser. Enkeberg und Nehden. Diese
Zeitschr. 25, pag. 642.
1875 = Petraia radiata Dysowskt. Zoanth. rug., I, pag. 89.
1879 = Petraia radiata GümseL. Fichtelgeb., pag. 506.
1882 = Petraia radiata F. Roem. Leth. palaeoz., pag. 506.
Die äussere Gestalt ist bei den Briloner: Stücken stumpf
kegelförmig, bei den von Ebersreuth stammenden dagegen meist
gestreckter und hornförmig gebogen. Doch ist dieser Unter-
schied keineswegs durchgreifend. Die Oberfläche ist stets mit
feinen Anwachsstreifen, zuweilen auch mit unregelmässigen
Wülsten bedeckt. Die Septalstreifen treten meist zurück; bei
den wenigen Stücken, wo sie deutlicher sind, liegen sie über
den Septen, nicht wie bei ?. radiata über den Septalräumen.
Ausgewachsene Briloner Exemplare haben ca. 25 mm Länge
und 20—25 mm Durchmesser am oberen Rande.
Die Zahl der Septen beträgt 46; dieselben zerfallen in
solche erster und zweiter Ordnung; die letzteren reichen nur
bis auf etwa ?/, der gesammten Höhe hinab. Die Anordnung
ist fiederstellig. An wohl erhaltenen Steinkernen lässt sich
meist beobachten, dass die aus schmalen Leistchen bestehenden
Septen nach innen zu in kleine Septaldornen auslaufen. Das
Innere des Kelches ist tief ausgehöhlt. Die äussere Wand ist,
wie ein Längsschnitt zeigt, selbst an der Spitze nur 3 mm,
weiter oben 1—1,5 mm dick. Von Endothekalgebilden ist
nichts wahrzunehmen.
Manche Exemplare scheinen sich durch Kelchsprossung
zu verzweigen !), doch lehrt die nähere Betrachtung, dass junge
Individuen sich selbstständig auf der inneren (oder äusseren)
Seite der Wand von abgestorbenen Korallen festgesetzt haben.
Denn der Embryonaltheil der jungen Exemplare ist, nach dem
Längsschliff zu urtheilen, gerade so gestaltet, wie bei den an
1) Z. B. ein Stück von Ebersreuth im Berliner Museum.
95
fremden Gegenständen angehefteten einzelnen Korallen. Lupwıs
hat bereits solche Exemplare richtig gedeutet und vortrefflich
abgebildet '). Ganz dieselbe Erscheinung findet sich bei Am-
plezus hercynicus.
»P, decussata liegt vor aus dem obersten Stringocephalen-
kalk (Eisenstein) des Enkeberges bei Brilon und des Büchen-
berges bei Wernigerode’), aus dem unteren Oberdevon vom
Martenberg bei Adorf und Öberscheld und aus dem oberen
Oberdevon (mit Clymenien) ebenfalls vom Enkeberg, Elbers-
reuth im Fichtelgebirge und Ebersdorf in der Grafschaft Glatz.
Ferner findet sie sich nach F. Rormer im Goniatitenkalk von
Kielce (Poln. Mittelgebirge).
Die Zahl der untersuchten Stücke beträgt über 100. Die-
selben befinden sich in Berlin (sämmtliche Sammlungen, Mün-
chen und Göttingen.
Ein aus dem Clymenienkalk von Ebersdorf stammendes
Stück der Berliner Sammlung unterscheidet sich von P. decus-
sata dadurch, dass die kräftigen, nach innen zu in Dornen
“auslaufenden Septa verhältnissmässig weit (0,5 mm) von ein-
ander entfernt stehen. Ob eine neue Art vorliegt, lässt sich
bei dem unzulänglichen Material nicht feststellen.
33. Petraia radiata MÜNSTER.
Taf. VII, Fig. 5.
1839 — Münster. Beitr. I, pag, 42, T. 3, F. 4 (sehr mangelhafte
Abbildung).
Nach einem kegelförmigen, von Münster selbst bestimmten
Stück des Berliner Museums unterscheidet sich die vorliegende
Art durch die Zeichnung der Oberfläche sehr bestimmt von
P. decussata. Bei der letzteren liegen die (übrigens selten
erhaltenen) Längsfurchen der Oberfläche über den auf der
Innenseite befindlichen Septen. Bei /. radiata fehlen die
Furchen, dagegen erheben sich in den Interseptalräumen auf
der Aussenseite deutliche Längsrippen, die ihrerseits von feinen
Anwachsstreifen überquert werden. Die Lage der Septen
zwischen den Längsrippen ist am unteren Ende der Koralle
zu beobachten, wo die ersteren etwas länger sind als am Ober-
rand und daher unter der weggebrochenen Theka sichtbar
werden.
Die beschriebene Oberflächenform ist nicht häufig; man
hat sich ihre Entstehung so zu denken, dass die gewöhnlich
vorhandenen Längsfurchen sich verflachen, während die sonst
ana. 48, E..3,88,38e.
2?) Mit Amplexus hercynicus.
96
gerundeten Interseptalräume sich zu Rippen erheben. Bei
einigen von Münster als P. Kochi!) bezeichneten Exemplaren
des Berliner Museums sind die Rippen der Theka weniger
scharf ausgeprägt, dieselben scheinen daher einen Uebergang
zu P. decussata anzubahnen. Jedoch ist die Reihe der Zwischen-
formen unvollständig und die Verschiedenheit der äussersten
Glieder zu beträchtlich, um dieselben zusammenzuziehen.
Die Höhe des abgebildeten Stückes beträgt 1,3 cm, sein
oberer Durchmesser 1,5 cm, die Zahl der Septen 28. Die
Septa haben anscheinend sämmtlich gleiche Grösse. Ausser-
dem wurden 3 Exemplare vom selben Fundort untersucht
(Berlin und München). Die sämmtlich aus der Münsrer’schen
Sammlung stammenden Stücke tragen die Fundortsangabe
Ebersreuth ohne nähere Bezeichnung ob Clymenien- oder Ortho-
cerenkalk. Die Gesteinsbeschaffenheit spricht nach der Angabe
des H. Geheimrath Beyrıcu mehr für den letzteren, der wohl
meist dem unteren Devon (Et. F, G, H. BarraxDE) zugerech-
net wird.
34. Petraia semistriata MSsTR.
1839 = P. semistriata Mstr. Beitr. I, pag. 42, T. 3, FE. 2.
1870 = P. tenuicostata KuntH ex parte |. c. pag. 41.
1874 — Dysowskt |. c. pag. W.
1879 — Günser. Fichtelgeb., pag. 506.
Die Art unterscheidet sich von /”. decussata, mit der sie
durch Uebergänge verbunden ist, durch geringere Grösse und
schlanke, subeylindrische Gestalt. Septalfurchen und Anwachs-
streifen sind ähnlich wie bei ?. decussata entwickelt, jedoch
erscheinen die ersteren schärfer ausgeprägt. Die äussere Mauer
ist verhältnissmässig dick (0,5 mm). Der grösste Durchmesser
beträgt 6 mm, die Länge 2 cm. Die Zahl der Septen ist bei
einem 4 mm im Durchmesser haltenden Stück 24.
Zur Untersuchung lagen 9 Exemplare (sämmtlich Münster-
sche Original) aus dem Clymenienkalk von Ebersreuth vor,
die dem Münchener und Berliner Museum gehören.
35. Peiraia nov. sp.
1868 = Cyathophyllum sp. indef., kleinen Exemplaren von C. ceratites
am nächsten stehend. Damess, diese Zeitschr. 20, pag. 492.
FerD. RoEMEr führt in der Lethaea palaeozoica, pag. 412
Petraia decussata („radiata“) von Oberkunzendorf an. Auch im
hiesigen Museum befinden sich zahlreiche, schlecht erhaltene
Steinkerne von dort, die zum Theil mit /etraia decussata über-
1) Die in München befindlichen Originalexemplare dieser Art sind
von P. decussata nieht zu unterscheiden.
IT.
einzustimmen scheinen. Jedoch ist an den etwas schärfer
abgedrückten Theilen der Innenseite wahrzunehmen, dass die
Septa dicht mit kurzen Querleisten bedeckt sind, die sich hie
und da in quergestellte Punktreihen auflösen. Diese eigen-
thümliche Structur der Septa, die an COyathophyllum ceratites
erinnert, erfordert jedenfalls eine specifische Trennung von
P. decussata, bei der nur einfache Septaldornen, niemals ver-
breiterte Leisten vorkommen. Vorläufig lässt sich jedoch wegen
der mangelhaften Erhaltung der Steinkerne nicht feststellen,
ob eine oder zwei Arten vorhanden sind. Die Richtigkeit der
Gattungsbestimmung beweist ein ebendaher stammendes voll-
ständig erhaltenes Exemplar, dessen Structur durchaus mit
Petraia. übereinstimmt.
36. Petraia nov. sp.
Eine von Rıcater aus dem Thüringischen Cypridinenschiefer
beschriebene Koralle !) zeichnet sich durch kragenförmige Quer-
wülste aus, die in regelmässigen Abständen auf einander folgen
und von feinen Anwachsstreifen bedeckt sind. Dieselbe dürfte
nach der Abbildung zu schliessen eine neue Art von Petraia
bilden.
Vielleicht gehört zu Petraia auch eine durch E. Kayser
als C. ceratites ? beschriebene hornförmige Koralle, welche den
die Goniatitenmergel von Büdesheim unterlagernden Oberdevon-
kalken entstammt; wenigstens weist ein kleines von mir dort
gesammeltes Stück darauf hin. Die von Kayser beschriebenen
Exemplare waren leider nicht wieder aufzufinden. KuntnH hat
ferner |. c. die von Münster als Patella subradiata und disci-
formis?) bestimmten unsicheren Reste mit Vorbehalt zu /etraia
gestellt. Jedoch erklärt Günser *), dem die Münchener Origi-
nale vorlagen, die fraglichen Reste für Gastropoden. Ebenso
erscheint ein mir vorliegendes, von Münster bestimmtes Exem-
plar der Patella disciformis an Stellen, wo die Schale fortge-
sprengt ist, vollständig glatt ohne eine Spur von Eindrücken
der Septa.
Ueber Petraia in älteren Devonschichten.
Die Untersuchung eines noch mit der Schale erhaltenen
Stückes aus den oberen Coblenzschichten von Olkenbach an
!) Richter und UnGer, Oypridinenschiefer.: Denkschr. Wien. Akad.
Bd. 11, 1856, T. 3, F. 23—2.
>) Diese Zeitschr. 1871, pag. 353.
3) Beitr. II, pag. 81, T. 14, F. 24 u. 23.
*#) ]. c. pag. 506.
Zeits. d. D. geol. Ges, XXX VI. 1. 7
98
der Mosel stellt das öfter (von Kuxtu und F. RoEmEr) ver-
muthete Auftreten der Gattung im Unterdevon ausser Frage.
Der Längsschnitt lässt keinerlei Ausfüllungsgebilde erkennen
und ähnelt im allgemeinen dem von P. decussata. Da in den
gleichen Schichten auch Steinkerne vorkommen, die zweifellos
zu dem Schalenexemplar gehören und den sonst in der Grau-
wacke so verbreiteten Steinkernen ähnlich sind, so darf man
die Bezeichnung Petraia wohl auf die meisten dieser Steinkerne
ausdehnen.
Die Mittelglieder zwischen den unter- und oberdevonischen
Formen bilden die von ScaLüTer !) aus dem Mitteldevon der
Eifel und von Quvenstepr ?) aus dem Lenneschiefer („jüngere
Grauwacke“) von Olpe beschriebenen Arten. Erstere unter-
scheidet sich von FPeiraia decussata „durch das Fehlen der
Verticalstreifen, abgeflachten Kelchrand und Stärkerwerden
der Septen vom Centrum nach aussen hin“ °).
Im Unterdevon kommen mehrere für die verschiedenen
Horizonte charakteristische Arten vor; z. B. besitzt der Taunus-
quarzit, die untere und die obere Coblenzstufe je eine eigen-
thümliche Art.
Die oben erwähnte Koralle von Olkenbach ist, soweit sich
die Literatur’) übersehen lässt, neu. Sie unterscheidet sich
von P. decussata, der sie nahe steht, durch bedeutendere Grösse
und das Fehlen der Septa zweiter Ordnung. Ferner sind auf
dem Steinkern die Interseptalräume mit einer Reihe von Körn-
chen versehen, die also Vertiefungen der Schale entsprechen
würden.
Eine zweite Art könnte vorläufig als Petraia cf. bipunctata
Quenst. sp.’) bezeichnet werden. Sie unterscheidet sich durch
das Auftreten deutlicher Septa zweiter Ordnung. Die in den
Interseptalräumen vorhanden Punktreihen sind oben einfach,
nahe der Embryonalspitze aber, wohin sie nach dem Aufhören
der Septa zweiter Ordnung fortsetzen, doppelt gestellt. Ferner
sind die Septen- unten wesentlich höher als bei £. decussata
und der Olkenbacher Art.
F. Rormer ®) zweifelt allerdings daran, dass die durch das
letztere Merkmal ausgezeichneten Formen zu Petraia gehören.
Doch dürfte die etwas grössere oder geringere Höhe der Septa
1) Sitzungsber. niederrhein. Ges. Bonn, 1882, pag. 209.
?) QuENSTEDT, Korallen, pag. 438—400: „Oyathophyllum celticum“,
T. 157, F. 25; Cyath. bipunctatum, F. 26; „Nucleus mamillatus“, F. 27.
3) Durch eigne Anschauung ist mir keine dieser Formen bekannt.
#) Lupwıc hat eine grosse Zabl hierher gehöriger Arten gemacht.
5; QUENSTEDT, ].c. T. 157, F. 29, pag. 440. Die vorliegenden Stücke
stammen aus dem Laubachthal bei Coblenz.
6) Leth. palaeoz., pag. 411.
99
im Grunde des Kelches wohl nicht eine generische Trennung
rechtfertigen,
XI. Battersbya M. Epw, et Ei
Unter diesem Namen beschrieben MıLse EpwaArps und
Haıme !) eine nach ihrer Ansicht zu den Milleporiden gehörige
devonische Koralle von Torquay, deren Kelche -von einem
schwamnmigen Coenenchym umgeben sein sollten. Dieses angeb-
liche Coenenchym ist nach den Untersuchungen von Duncan’)
eine Stromatopora, welche die bündelförmige Koralle unwachsen
hat. Die in Rede stehende Gattung ist demnach aus der Fa-
milie der Milleporiden zu entfernen; jedoch kann die Stellung
bei den Astraeiden, die ihr Duncan anweist, ebensowenig als
gesichert betrachtet werden. Allerdings verleihen die gekräu-
selten Septen der /lattersbya grandis?) ein etwas eigenthüm-
liches Aussehen, jedoch ist diese Unregelmässigkeit bei anderen
Arten, z.B. bei 3. gemmans *), weit weniger ausgeprägt, und auch
die Beschaffenheit der Endothek hat nichts für die Tetrakorallen
ungewöhnliches. Die Art der Vermehrung aber’), die Duncan
als abweichend hervorhebt. gehört zu den charakteristischen
Eigenthümlichkeiten der genannten Ordnung nnd ist als eine
Art von „Grenerationswechsel“ aufzufassen. In regelmässigem
Wechsel mit der von:G. v. Kocu ausführlich beschriebenen
„Septalknospung“ tritt nach den Angaben von Duncan, die
leider durch keine Abbildungen erläutert werden, laterale
Knospung auf, und zwar lässt jeder seitlich entstandene
Spross seinerseits wieder durch vollständige Theilung (== Septal-
knospung)) mehrere junge Individuen hervorgehen. Ferp. RoEMER
hat neuerdings°) die Gattung mit vollem Recht zu den Tetra-
korallen gestellt.
Die bei Grund vorkommenden Battersbyen sind durchweg
ungünstig erhalten; anch mehrere umfangreiche Dünnschliffe
sichern zwar die Bestimmung der Gattung, geben aber keine
weiteren Aufschlüsse über ihre Structur und Vermehrung.
37. Battersbya affl. gemmans Dunc.
Bündelförmig, Durchmesser 3—4 mm. Theka dick. Die
22—24 Septa verlaufen geradlinig. Die Primärsepta vereinigen
!) Pol. Pal., pag. 151. Brit. Foss. Cor., pag. 213, T. 47, F. 2.
2) On the Genera Heterophyllia, Battersbya, Palaeocyclus and Aste-
rosmilia. Philos. Transact. Royal. Soc. Vol. 157, 1868, pag. 648 fl.
Seite. 411.732;.:E: 1.
SJeibid.,E..2.
aipid. F. 2.c.
6) Leth. palaeoz., pag. 415. -
1*
100
sich im Mittelpunkt, die Secundärsepta sind nur halb so lang.
Das Endothekalgewebe besteht aus horizontalen oder unregel-
mässig gestalteten Dissepimenten, welche die Septa verbinden
und zuweilen in den Interseptalräumen gleich hoch stehen, so
dass sie scheinbar Böden bilden. Einmal wurde die Theilung
eines Mutterkelchs in vier junge Knospen beobachtet.
Batiersbya grandis unterscheidet sich durch bedeutendere
Grösse und die gekräuselte Form der Septen, B. inaequalis
durch das fast vollständige Fehlen der Septa zweiter Ordnung;
dagegen stimmt der Querschnitt von B. gemmans!) vollständig
mit den Harzer Stücken überein. Jedoch scheint die Beschaffen-
heit des von Duncan leider nicht abgebildeten Längsschnitts
abzuweichen. Nach der Beschreibung besteht die Endothek
„aus kleinen Blasen, deren Gewebe dichter als das der Septa
ist ?).“ In den vorliegenden Längsschliffen stehen dagegen die
nur selten blasenförmig gestalteten Dissepimente verhältniss-
mässig entfernt von einander. Wie viel Werth auf dies Merk-
mal zu legen ist, konnte leider nicht festgestellt werden, da
die einzige englische Buttersbya gemmans, die zum Vergleich
vorlag, ebenfalls wegen ungünstiger Erhaltung keinen Aufschluss
gewährte.
Untersucht wurden 4 von Grund stammende Stücke nebst
4 Dünnschliffen, die sich im Berliner und Göttinger Museum
befinden.
Tabulata.
Favositidae.
XII Favosites Lam.
— (alamopora GoLDF.
+ Pachypora Linpströnm.
1873. Öfversigt af K. Svensk. Akad. Förhandl.: Nagra anteckningar
om Anthozoa tabulata, pag. 14, (teste F. RoEMER).
1879. NıcHorson. Tabulate Corals, pag. 77.
1883. F. Rormer. Leth. palaeoz., pag. 434, (hier auch Linprsrönm’s
Diagnose).
Pachypora wurde von Lixpström (l. c.) auf eine Art von
Pachypora lamellicornis von Wisby begründet und später von
NicHorson durch Zurechnung zahlreicher devonischer und silu-
rischer Arten erweitert. Nach beiden genannten Verfassern,
denen sich F. Rornmer anschliesst, unterscheidet sich die Gat-
lea 32, Re 2b
2) „Tissue thicker than the septa.“
101
tung von Favosites wesentlich dadurch, dass die Wände der
Röhren besonders gegen die Mündung hin durch das im Innern
abgelagerte Sklerenchym verdickt sind. Die Kelchöffnungen
werden dadurch verengt und erhalten eine runde Form, welche
sie von den polygonal begrenzten Röhren der Gattung Favo-
sites unterscheiden lässt.
Allerdings zeigen manche devonische Arten diesen Charak-
ter ebenso deutlich, wie die in einem wohl erhaltenen Exem-
plar !) vorliegende typische /’achypora lamellicornis LiNDSTRÖM
aus dem Silur. Andrerseits findet sich unter den zahlreichen
von mir im Stringocephalenkalk von Soetenich (Eifel) gesam-
melten Exemplaren von Favosites polymorpha GOoLDF. sp. ein
allmählicher Uebergang von stark verdickten Wänden zu
solchen, die keinerlei Verdickung zeigen ?). Bei Taf. XI, Fig. 1
sind die senkrecht durchschnittenen Röhren auch an der Mün-
dung nicht durch Sklerenchym verdickt; bei Fig. 2 findet sich
eine geringe Ablagerung von Sklerenchym, die bei Fig. 3
wesentlich umfangreicher wird. Alle drei Stücke stammen aus
derselben Schicht, zeigen keinerlei Verschiedenheiten ?) und
gehören somit zweifellos zur selben Art. Trotzdem müsste
nach der augenblicklich angenommenen Begrenzung der Gat-
tungen Fig. 1 zu Favosites, Fig. 2 vielleicht und Fig. 3 sicher
zu Pachypora gestellt werden*). Diese generische Abgrenzung
wäre zwar künstlich, aber in richt höherem Grade als viele
andere und liesse sich vielleicht rechtfertigen, wenn sie mit
der verticalen Verbreitung im Einklang stände, d. h. wenn im
Devon sich die als Pachypora bezeichnete Formenreihe von
Favosites abzweigte. Jedoch kommen Arten mit verdickten
Wänden bereits viel früher vor; gerade die typische Pachypora
lamellicornis stammt aus dem Obersilur. Die bei ihr beob-
achtete Sklerenchymablagerung unterscheidet sich in nichts
von den bei devonischen Species vorkommenden. Es erscheint
nieht ausführbar, auf diese allgemein (Striatopora, Coenites,
Trachypora) verbreitete Structurform hin Gattungen abzugren-
zen, wenn weitere Unterscheidungsmerkmale nicht vorhanden
sind. Ebensowenig geht es an, die in Rede stehende devonische
1) Aus den Diluviaigeschieben von Rixdorf bei Berlin.
2) Längsschnitte sind für die Beurtheilung dieser Verhältnisse besser
geeignet als Querschliffe, da sie den ganzen Verlauf der Röhren bis zur
Kelchmündung erkennen lassen.
3) Nur bei Fig. 2 sind in Folge des schnellen Wachsthums die
Kelche ungewöhnlich tief und die Böden haben sich nur im untersten
Theile der Röhren entwickelt.
*) Andrerseits zeigen zwei noch unbeschriebene Arten aus dem
nassauischen Stringocephalenkalk, die mit Favosites Gotlandica nahe
verwandt sind, eine nicht unbeträchtliche Verdickung der Wand,
102
Art zu Favosites zu ziehen und etwa nur für Pachypora lamel-
licornis die Gattung aufrecht zu erhalten.
Die Stellung der ebenfalls mit einer Sklerenchymverdickung
ausgestatteten Favositidengattungen Striatopora, Trachypora und
Coenites wird durch diese Einziehung nicht verändert, da sie
sämmtlich charakteristische Merkmale in ihrer ÖOberflächen-
sculptur besitzen. Insbesondere bildet Striatopora eine durch
Eigenthümlichkeiten der äusseren Gestalt und inneren Structur
natürlich begrenzte Gruppe: sie zeichnet sich durch die tiefe
Lage der eigentlichen Kelchöffnung, die Zuschärfung Kelch-
randes nach oben und die Kanellirung desselben aus; Trachy-
pora wird leicht durch die enorme Ausdehnung der Verdiekes
und die charakteristische Radialfurchung der Oberfläche, Coe-
nites durch die becherförmige Gestalt der Mündung und die
Ausbildung von Septalzähnen an derselben unterschieden.
Die Schwierigkeit die zur Gruppe der Favosites polymorpha
gehörigen Arten richtig abzugrenzen ist von allen empfunden
worden, die sich näher mit diesen Formen beschäftigt haben !).
Während die älteren Forscher, GoLpruss und noch mehr
MıLse Epwarps und Haıme eine Menge Namen für wenig oder
gar nicht verschiedene Dinge aufstellten, haben im Gegensatz
dazu NıcHoLsox !) und Fern. RoEMmErR?) die alten Arten in
ausgedehntem Maasse zusammengezogen.
Auch Gosserer hat°) den Versuch gemacht, die hierher
gehörigen Formen zu gruppiren; doch ist seine Darstellung
nicht gerade klar, und die Unterscheidungsmerkmale, welche er
benutzt — die Form der Verzweigung und die relative Grösse
der Röhren — sind ziemlich unglücklich gewählt. Bei voll-
ständig übereinstimmender innerer Structur ist die äussere Ge-
stalt bald baumförmig verästelt, bald knollenförmig, und da-
zwischen finden sich sämmtliche Uebergangsformen (Favosites
polymorpha). Der Durchmesser kann bei ausgewachsenen
und jungen Individuen an demselben Stocke um mehr als das
Doppelte verschieden sein (Favosites cristata von Prüm). Diese
äusseren Merkmale kommen also erst in zweiter Linie in Be-
tracht, viel wesentlicher ist die innere Structur, die Gestalt
der Böden, Septaldornen, Poren und der Sklerenchymverdickung.
Gestützt auf ein gut präparirtes Material, das von zahlreichen
Fundorten stammt, glaube ich im Mittel- und Oberdevon fol-
gende 4, z. Th. für bestimmte Niveaus charakteristische Arten
unterscheiden zu können:
1) NıcHoLson, Tab. Cor., pag. 82. Quenstept, Korallen, pag. 38.
2) Leth. palaeoz., pag. 435 und besonders 436.
®2) Annal. soc. geol. du Nord, Tom. Ill, 1875—76, pag. 52, 53.
mer
a. (38 in der Reihenfolge der Oberdevonarten) Favosites
ceristata BLunEnB. sp. (non M. E. et H., non NicHons.),
Bar Teilen, 32;: Taf; VIL Kig..da.
18043 = Madreporites cristatus BLUMENBACH. Specimen archaeologiae,
telluris. (Comm. soc. scient. gottingensis, vol. XV), pag. 154,
T. Ill, F. 12 (teste F. RorMmeEr).
nn ne: polymorpha var. gracilis GoLpr. Petr. Germ.
97.
1835 = Favosites dubia BrLaınv. Dietionn. sc. nat., T. 60, pag. 370.
1855 = Favosites gracılis San». Verst. Rhein. Syst. Nassau, T.36, F. 10.
= Favosites dubia M. E. Hist. Nat. Cor., T. Ill, pag. 256 (hier
die vollständige Literatur).
1881 = Favosites cristata BLumeng. Quensrt., Korallen, pag. 34 und
a1... 144, ‚F.,23.
= Favosites polymorpha gracılis Gr. ibid., pag. 37, T. 144, F. 25—
29 (gute Abb.).
1883 = Favosites cristata F. Rom. ex parte. Leth. palaeoz., pag.
436 (nicht der Holzschnitt).
Verlängert, wenig verästelt, selten knollenförmig. Durch-
messer der Röhren zwischen 1 und 2 mm schwankend. Die
Wände durch Sklerenchym gleichmässig und stark verdickt.
Böden selten !),. Septaldornen fehlen fast ganz. Poren regel-
mässig einreihig, gross. Vorkommen im Oberdevon bei Lan-
genaubach, Ammenau (?), Stollberg, Grund, Rübeland und
Oberkunzendorf; im oberen Mitteldevon bei Refrath unweit
Köln, Iserlohn, Haan bei Elberfeld, Soetenich und Prüm. Das
untersuchte Material ist in Folge der ausserordentlichen Häufig-
keit der Art bei Refrath und im Harz sehr bedeutend und
befindet sich in Clausthal, Göttingen, Marburg, Bonn (naturh.
Verein) und in den Berliner Sammlungen.
Hieran schliesst sich wahrscheinlich eine bei Bergisch-Glad-
bach und Westig (b. Arnsberg) häufige Varietät mit kleineren
Röhren (1 mm), die sich bei sonstiger Uebereinstimmung durch
das häufige Vorkommen von Septaldornen auszeichnet.
b. Favosites polymorpha GOLDF. sp. ?).
Taf. XI, Fig. 1—3.
1829 = Calamopora polymorpha GoLpruss. Petr. Germ., T. 27, F. 2b,
e, d (var. tuberosa).
= — dd. ibid. T. 27, F. 3a (var. tuberoso-ramosa).
1) Die Seltenheit der Böden wird schon von Quernsteprt (Korallen,
pag. 37) hervorgehoben ; derselbe giebt an, dass bei der Präparation
der Kelche keine Spur von Böden zu finden sei.
2) Auch Calamopora basaltica GoLpr. 1. ce. T. XXVI, F. 4 gehört
z. Th. hierher; wenigstens unterscheidet sich ein von GoLpruss selbst
bestimmtes Exemplar des Berliner Museums in keiner Beziehung von
Favosites polymorpha.
104
1829 = Calamopora polymorpha GF. Id. ibid. T. 27, F. 4a, b, ce, d,')
(var. ramoso-divaricata).
1853 = Fovosites cervicornis M. E. et H. Brit. Pal. Foss., T. IIL, F.2.
= Favosites reticulata ld. ibid. T. II L, F. 1. (Varietät mit klei-
neren Kelchen.)
1881 = Favosites polymorpha cervicornis (Juenst. Korallen, pag. 38,
8 144, F. 19—22, 24, 30—33.
1883 = Pachı ypora cr istata F. Rosmer ex parte. Leth. palaeoz., pag.
437, (der Holzschnitt gehört zu dieser Art).
Meist knollenförmig und verästelt, seltener gestreckt. Ver-
diekung der Wände verschieden stark. Böden zahlreich. Dornen
fehlen. Poren regelmässig, einreihig. Der Durchmesser schwankt
zwischen 0,8 und 2 mm.
Im Gegensatz zu Fern. Rormer hat Quesstenrt (l. c.
pag. 37, 38) Fav. polymorpha und cristata getrennt. Auch
NıcHoLson hält die specifische Selbstständigkeit der beiden
Formen für sehr wahrscheinlich ?).
Im Stringocephalenkalk Englands, des rheinisch-westfäli-
schen Gebirges und des Harzes überaus verbreitet. HFavosites
polymorpha unterscheidet sich von Favosites cristata durch die
geringere Stärke der Sklerenchymverdickung und die grössere
Häufigkeit der Böden.
c. Favosites reticulata BLAINY.
Taf. XI, Fig. 4.
1829 = Calamopora spongites var. ramosa GoLpr. Petr. Germ.,
T. XXVNDER 2a b 2e:.de@).
1830 = Favosites reticulata Bramv. Dictionn. sc. nat. Tome LX,
pag. 369.
Baumförmig, stark verästelt, meist flach ausgebreitet, zu-
weilen mit anastomosirenden Aesten. Wände meist schwach
verdickt. Böden weniger häufig als bei Fav. polymorpha. Dornen
wohl entwickelt. Kelche klein (l mm und weniger, niemals
mehr). Poren regelmässig, einreihig, klein.
Vorkommen in den oberen Calceolaschichten und der
Crinoidenschicht der Eifel (Gerolstein, Esch, Soetenich und
Bensberg); Torquay. Durch die baumförmige Gestalt, die
stärkere Entwickelung der Dornen und die Seltenheit der Bö-
den unterscheidet sich Zavosites reticulat« von den vorher-
genannten Arten.
d. Favosites Nicholsoni nov. Sp.
= Pachypora cervicornis NicHoLson 1879 non Bramv. Tab. Cor.,
pag. 82, T. IV, F. 3—3d.
1) Auf diese Varietät ist BLAınviLLe’s Favosites cervicornis begründet.
Dietionn. se. nat., T. XI, pag. 369 (nach M. E. et a
?). Tabulate Corals, pag. 84.
Ze ie A a Fe ln 5 in hr Se
105
Die von NıcnoLson vortrefflich abgebildete und beschrie-
bene Art, welche auch mir in mehreren durchaus übereinstim-
menden, dünngeschliffenen Exemplaren vorliegt, unterscheidet
sich von allen übrigen durch die starke Verdickung der Wände
und die grossen, unregelmässig vertheilten Poren, die der an-
gewitterten Oberfläche ein sehr charakteristisches, schwammiges
Aussehen verleihen. Die Ablagerung von Sklerenchym ist im
ganzen Verlauf der Röhren ungewöhnlich stark, die Kelch-
öffnungen sind daher meist von geringerem Durchmesser, als
die Wände, die Böden sind ziemlich selten, Septaldornen fast
gar nicht entwickelt. Die von mir beobachteten Exemplare
sind sämmtlich netzförmig verzweigt. Vorkommen im oberen
Calceolakalk und der Crinoidenschicht von Gerolstein, Prüm
und Soetenich.
39. Favosites fibrosa GoLDr.
1829 = Calamopora fibrosa var. globosa GoLpFr. Petr. Germ., pag. 215,
T. 64, F. 9
iss Danızs, Oberkunzendorf, diese Zeitschr., Bd. 20, pag. 488.
„Bildet kleine kugelige Massen mit concaven Ansatzstellen.
Die Röhrchen breiten sich von der Ansatzstelle strahlig nach
allen Richtungen divergirend aus und treten als 5- oder 6 sei-
tige Polygone an die Oberfläche: sie sind äusserst fein, lassen
jedoch an Verticalschliffen deutlich die Verbindungsporen der
einzelnen Röhren erkennen, die sie von Chaetetes trennen“
(Dauss). Vergl. hierzu F. Rorner, Leth. palaeoz., pag. 472,
Anmerk,
AIII Striatopora.
40. Striatopora vermicularis M’Cor sp.
Taf. XI, Fig. 6, 6a, 6b.
1850 = Alweolites vermicularıs. Ann. a. and Mag. Nat. Hist. 2. Ser.
Vol. VI, pag. 377.
1853 — M.E. etH. Brit. Foss. Cor., pag. 226, T. 48, F.5)).
1855 — M’Ooy and Sepcwick. Brit. Pal. Foss., pag. 69, (wohl-
gelungener Hoizschnitt).
1855 = Favosites minor A. Rorm. Harz. Illl, pag. 140, T. 21, F. 6.
1855 = Alveolites varıabilıs A. Rorm. Harz. Ill, pag. 140, T. 21, F.5.
Schlanke, mehr oder weniger verzweigte Stämmchen von
meist 0,4—0,5 em Durchmesser’). Die /;,—\/, mm im Quer-
1) Die Abbildung ist sehr mangelhaft. In den Pol. Pal. war die
Art von den Verfassern mit Alveolites reticulata aus dem Mitteldevon
vereinigt worden.
?) Seltener steigt der Durchmesser bis auf 1,5 cm.
106
schnitt: messenden Kelche stehen ziemlich gedrängt und sind
unregelmässig vieleckig gestaltet. Die Gestalt der Kelche ist
trichterföormig. Die Wände der einzelnen Zellen sind in der
Mitte des Korallenstocks kaum verdickt. Die Sklerenchym-
ablagerung tritt daher ziemlich unvermittelt auf; sie erstreckt
sich im Längsschnitt jederseits auf ein Drittel des gesammten
Durchmessers der Stämmchen. Die Verbindungsporen sind
häufig und umfangreich. Böden erscheinen selten und unregel-
mässig und treten in ungünstig erhaltenen Durchschnitten gar
nicht hervor (z. B. Brit. Foss. Cor., T. 48, F. 5).
Str. vermicularis ist nahe verwandt mit Str. ramosa STEINING.
sp. aus dem Stringocephalenkalk der Eifel (von Soetenich und
Bergisch- Gladbach '). Die oberdevonische Art unterscheidet
sich durch den um Y,— !/, kleineren Durchmesser der ein-
zelnen Zellen und der gesammten Stöcke, grössere Häufigkeit
der Poren und geringere Entwickelung der Böden.
Die verhältnissmässige Geringfügigkeit der Unterschiede
und das Auftreten in unmittelbar aufeinander folgenden Schich-
ten machen einen phylogenetischen Zusammenhang sehr wahr-
scheinlich.
Striatopora vermicularis liegt vor aus dem unteren Ober-
devon von Torquay, dem Breiniger Berg bei Aachen, Langenau-
bach bei Haiger, Grund und Rübeland. Die 70 untersuchten
Exemplare (einschliesslich von 8 Dünnschliffen) gehören den
Berliner Sammlungen, dem naturhistorischen Verein zu Bonn
und der Bergakademie zu Clausthal (A. Rormer’s Originale!).
41. Striatopora vermicularis M’Coy sp. var. fili-
Jormis F. RoemMkr.
1868 = Calamopora reticulata Dames non BLAINVILLE. Oberkunzendorf
Diese Zeitschr. 1863, pag. 488.
1870 = Calamopora ‚pliformis F. Rorm. Geol. v. Oberschlesien, pag.
35, Anm.
\anche Exemplare dieser bei Oberkunzendorf in ausser-
ordentlicher Häufigkeit auftretenden Form ähneln der Striato-
pora vermicularis des Harzes vollständig, jedoch unterscheidet
sich die Mehrzahl durch folgende Merkmale: der Durchmesser
der einzelnen Stämmechen ist im allgemeinen geringer (2—-A4,
höchstens 6 mm), der Durchmesser der einzelnen Kelche da-
vegen meist grösser (Y,—1 mm). Die Wände erscheinen nach
aussen zu stärker verdickt; daher ist der Querschnitt der ein-
zelnen Individuen an der Oberfläche gerundet (im Gegensatz
zu Str. vermicularis und ramosa) und nur im Innern vieleckig,
1) Vergl. Taf. XI, Fig. 7, 7a.
107
Die Böden erscheinen etwas häufiger. Der Längsschnitt ähnelt
dem von Striatopora Linneana ausserordentlich (Tab. Cor., Pl. V,
F. 2d). Nach F. Rormer |. c. findet sich die Art noch im
Stringocephalenkalk von Dziwki bei Siewierz.
Zahlreiche Exemplare von meist sehr bedeutendem Um-
fang in den Berliner Sammlungen.
Striatopora ? Sp.
Im Eisenstein der Grube Sessacker bei Oberscheld (Stufe
des Gon. intumescens) finden sich unregelmässig verzweigte
Stämmehen aus weissem Kalkspath, deren Structur, soweit
erkennbar, mit Striatopora übereinstimmt. Der vorliegende
Dünnschliff umfasst einen, nahe der Oberfläche liegenden Theil
der Koralle.e. Man erkennt in einer gleichmässig durchsich-
tigen Kalkspathmasse — der eigentlichen Korallensubstanz —
matter gefärbte, gedrängt stehende Punkte, — die Ausfüllungen
der Röhren. Die Anordnung, Grösse und Gestalt derselben
stimmt mit der bei Striatopora beobachteten überein.
Exemplare im Berliner Museum.
ÄIV. Trachypora.
42. Trachypora Siemensi nov. Sp.
al PX Bio 5, 590, DB.
Die Art übertrifft alle bisher bekannten an Grösse. Der
Durchmesser der Individuen (1,7 cm und mehr) ist bedeu-
tender als bei der grössten bekannten Art, Tr. elegantula
Ronine. l.e. T. 23, F.2. Die Verästelungen des Stammes sind
ungewöhnlich zahlreich und mannichfaltig. Der oben und unten
verbrochene Hauptstamm ist 6'/, em lang; vollständig mag er
das doppelte gemessen haben. Die Oberfläche ist mit den
ganz unregelmässig vertheilten, mehr oder weniger erhöhten
Mündungen der Einzelindividuen bedeckt. Leider sind die-
selben sämmtlich etwas verbrochen, doch scheinen sie auf der
Spitze schwach eingesenkt gewesen zu sein. Von ihnen strahlen
scharf eingeschnittene, unregelmässig verzweigte und anasto-
ınosirende Furchen gleichmässig nach allen Seiten aus und
vereinigen sich mit den von den benachbarten Mündungen her-
kommenden in regellosen eckigen Verschlingungen. Die Ober-
fläche gewinnt so eine entfernte Aehnlichkeit mit der mancher
confluenter Tetrakorallen, etwa Darwinia. Die radialen Fur-
chen setzen sich auch durch das Innere fort, wie angeschliffene
und besonders angewitterte Flächen deutlich erkennen lassen.
Diese strahlige Anordnung des Sklerenchyms der Einzelindivi-
duen wurde bisher noch bei keiner hierher gehörigen Art beob-
108
achtet. Ausserdem lässt sich, wie gewöhnlich, eine concentrisch-
schalige Structur entsprechend der allmählichen Ablagerung
der Verdickungsmassen wahrnehmen. Die Böden sind unregel-
mässig aber deutlich entwickelt. Verdickungsporen und Septa
wurden nicht beobachtet. Die Begrenzungswände der Einzel-
individuen sind durch das in ungewöhnlicher Masse abgelagerte
Sklerenchym fast verwischt.
Die Beobachtung der inneren Structur war durch den
Mangel an Material und das ungünstige Versteinerungsmaterial
(späthiger Kalk wie in Crinoidenstielen) sehr erschwert. Dünn-
schliffe konnten daher nicht angefertigt werden. Doch stimmt
alles, was sich über den inneren Bau ermitteln liess (die un-
deutliche Begrenzung der Individuen, auch das Fehlen der
Poren und Septa), so vollständig mit der ausführlichen Be-
schreibung von Tr. elegantula Bırı.!) bei NıcHoLson überein,
dass auch in dieser Beziehung über die Richtigkeit der Gat-
tungsbestimmuug kein Zweifel bestehen kann. Von der ge-
nannten Art unterscheidet sich Tr. Siemensi abgesehen von den
Eingangs hervorgehobenen äusseren Merkmalen durch die unge-
wöhnlich starke Sklerenchymablagerung im Inneren. Trachypora
“ Siemensi ist die erste im deutschen Oberdevon gefundene Art.
Mit der aus französisch-belgischem Oberdevon stammenden Tr.
= Davidsoni M. E. et H.°?) (Ferques) und Tr. marmorea GossE-
LET?) hat sie keinerlei Beziehungen. Die einzige ihr nahe
stehende Art ist die schon eitirte Tr. elegantula aus der Hamil-
ton group.
Das einzige vom Winterberg bei Grund stammende Exem-
plar wurde von dem Finder, Herrn stud. rer. mont. SIEMENS in
Clausthal, dem Berliner Museum überwiesen. Die Art scheint
sehr selten zu sein, denn ich habe trotz tagelangen Suchens
keine weiteren Stücke finden können.
ÄXV. Alveolites.
43. Alveolites suborbicularis Lam.
Taf. VII, Fie. 2.
1816 = Alveolites suborbicularis Lam. Hist. des animaux sans vert.
Tome Il, pag. 186, (teste M. E et H.).
— Alveolites escharordes ld. ıbid.
1829 = Calamopora spongites GoLpr. Petr. Germ., pag. 80, T. 28,
F. 1 a—e.
ı) Tabul. Cor., pag. 108 - 110.
F. Rormer, Leth. palaeoz., pag. 438, (die gesammte Literatur).
2Pol -Bal.. pas. 305, DAR eR7u 0a
3) Soc. geol. du Nord. Ann. IV, 1877, pag. 271, Pl.5, RE. 2
(schlechte Abbildung).
1851 = Alveolites suborbieularis M. E. et H. Pol. Pal., pag. 255.
1853 .— M.E. et H. Brit. Foss. Cor., pag. 219,. T. 49, F. 1.
1863 — M.E. Hist. nat. des Corall., Tome Ill. pag. 264. (Synonyme.)
1879 — NicHorson, Tabulate Corals, pag. 126, T. 6, F. 2.
1881 — Quenstept, Korallen, pag. 46, T. 144, F. 57—60.
1883 — F. Rorner, Leth. palaeoz., pag. 442, T. 26, F. 4.
Die Koralle ist aus concentrischen Lagen aufgebaut und
bildet linsenförmige oder unregelmässig gestaltete Massen, die
sich an fremde Körper festheften (Goupr. T. 28, F. 1d).
Die Kelchöffnungen sind auf die obere Seite beschränkt). Die
einzelnen Röhren sind im Querschnitt unregelmässig dreieckig
und lassen nahe der Oberfläche deutlich eine längere convexe
und zwei kürzere concave Seiten erkennen; der grössere Durch-
messer beträgt 1 mm, der kleinere 0,5 mm, selten mehr. Im
Inneren wird die Form der Röhren durch den gegenseitigen
Druck mehr oder weniger undeutlich. In der kürzeren Axe
der Einzelkoralle verläuft zuweilen ein aus verschmolzenen
Dornen bestehendes Septum; weitere Septaldornen (3—4) sind
ganz unregelmässig vertheilt?°)., Die Dicke der gleichmässig
starken Röhren beträgt etwa halb so viel als die des freien
Innenraums. Wandporen erscheinen verhältnissmässig selten.
Die regelmässig geformten Böden sind dicht gestellt.
Die verticale und horizontale Verbreitung von Alveolites
suborbieularis ist sehr bedeutend. Die Art geht ohne wesent-
liche Veränderung von den untersten Bänken der Calceola-
schichten (Eifel) ®) bis ins untere Oberdevon und ist in Deutsch-
land, Belgien, Süd-England, Polen und Mähren (Rittberg) fast
überall zu finden, scheint dagegen in Spanien (BArRoIS) zu
fehlen. Sie kommt sowohl in reinen Korallenkalken wie in
mergeligen geschichteten Bildungen vor, fehlt dagegen den
pelagischen Cephalopodenschichten. Ihr Vorkommen im Ober-
devon war bisher noch nicht nachgewiesen. Die Ueberein-
stimmung der in Devonshire vorkommenden Alveolites-Art mit
der Eifler Form wird von NicnoLson*) bezweifelt. Jedoch
lassen einige wohlerhaltene, im Berliner Museum befindliche
Stücke von Torquay keinerlei Verschiedenheiten erkennen.
2) Baumförmig verästelte Formen mit allseitig sich öffnenden Kelchen
kommen bei dieser Art nicht vor, wie NıcHoLson zuerst hervorgehoben
bat. Im Strivgocephalenkalk von Soetenich finden sich allerdings der-
artige Bäumchen mit Alveolites suborbicularis zusammen; dieselben ge-
hören jedoch zu Striatopora ramosa SreininGg. sp. Taf. Xl, Fig. 7, 7a.
?) Dieselben waren z. B. an Dünnschliffen von Refrather Stücken
deutlich zu beobachten.
?) Nach Kavser schon von den Cultrijugatus-Schichten an. Diese
Zeitschr. 1871, pag. 373.
*) Tabulate Corals, pag. 128.
110
Es kamen zur Untersuchung Stücke von folgenden Fund-
orten: 1]. Unterste Calceolaschiefer von Ripsdorf (Lommers-
dorfer Mulde in der Eifel). In diesen dem „Nohner Kalk“ !)
von Erg. SchuLz entsprechenden unreinen Mergelkalken, un-
mittelbar über der Zone des Spirifer cultrijugatus findet sich
die Art vereinzelt und klein. 2. Häufiger und grösser wird
sie in den oberen Calceolaschichten (Brachiopodenkalk und
unterer Korallenkalk Eve. Scuuzz 1. e.): Ripsdorf, Esch (Lom-
mersdorfer Mulde), Gerolstein, Rommersheim bei Prüm.
3. Crinoidenschicht: Soetenich, Gerolstein, Rommersheim.
4. Stringocephalenkalk in allen Niveaus bei Soetenich, ferner
bei Gerolstein, Refrath, Dillenburg, Brilon, Elbingerode.
5. Unteres Oberdevon von Namur, Stollberg bei Aachen,
Langenaubach bei Haiger, Ammenau bei Marburg, Grund,
Rübeland und Oberkunzendorf. Die untersuchten Stücke, deren
Gesammtzahl 100 (einschl. 15 Dünnschliffe) beträgt, befinden
sich im Berliner Museum, der geologischen Landesanstalt, Claus-
thal, Göttingen, zum grössten Theil jedoch in meiner eignen
Sammlung.
44. Alveolites ramosa A. RosMER?).
Taf. XI, Fig. 8.
1855 = Alveolites ramosa A. RormeEr. Harz 1ll, pag. 139, T. 21, F.4.
Die Koralle bildet wenig verästelte Bäumchen oder knollen-
förmige, aus concentrischen Lagen aufgebaute Massen, welche
zuweilen auch die regelmässig linsenförmige, für Alveolites sub-
orbicularis charakteristische Gestalt annehmen. Die Röhren
erscheinen im Querschnitt nahe der Oberfläche stark in die
Länge gezogen: sie sind etwa viermal so lang als breit und
unregelmässig in einander verschlungen. Im Inneren der Ko-
ralle ist in Folge der gegenseitigen Compression der Umriss
mehr rundlich. In seitlichen Tangentialschnitten erscheinen
die Kelche durchweg parallel in einer Richtung gestreckt und
haben ganz das Aussehen von feinem Leinengewebe. Die
Wände der Röbren sind kräftig, nach der Mündung zu nicht
verdickt und nur selten von Poren durchbohrt. Die Böden
sind weniger zahlreich als bei 4Alveolites suborbicularis. Die
Septaldornen sind unregelmässig entwickelt und machen durch
ihr vereinzeltes Auftreten das Bild des @Querschnitts noch
krauser und verworrener.,
Die vorliegende Art ist durch den verlängerten, unregel-
5) Eifelkalkmulde von Hillesheim, Jahrb. geol. Landesanstalt für
1882, pag. 17.
2) Alveolites ramosa STEINING. gehört zu Striatopora.
mässigen Querschnitt der Röhren leicht von Alveolites suborbi-
cularis zu unterscheiden; weit näher steht sie 4lveolites com-
pressa M. E. et H.!) aus dem Devon (Mittel- oder Ober- ?)
von Torquay. Die Röhren der letzteren Form sind, wie zwei
im hiesigen Museum befindliche Stücke zeigen, im Querschnitt
etwas grösser, viel regelmässiger gestaltet und nur 2/, mal so
lang als breit. Alv. compressa ist demnach eine Zwischenform
von Alv. suborbicularis und ramosa.
Alveolites ramosa findet sich bei Grund und Kübeland.
Zur Untersuchung kamen ausser dem Originalexemplar A. Ror-
mer’s 22 selbstgesammelte Stücke und 3 Dünnschliffe (Berliner
Sammlungen).
XVI Pleurodietyum.
45. Pleurodicetyum aff. Dechenianum Kayser,
1882 = Pleurodictyum Dechenianum Kavser. Kulm und Oberdevon am
Nordrand des rheinischen Schiefergebirges. Jahrb. d. preuss. geol.
Landesanst. für 1881, pag. 84, T. Ill, F. 20, 21.
Ein kleiner, nur 5 mm im Durchmesser haltender Korallen-
stock unterscheidet sich, soweit die ungünstige Steinkernerhal-
tung erkennen lässt, von der citirten Art aus dem Kulm nur
durch den geringeren Durchmesser der Röhren (l mm und
weniger). Ebenso wie bei der Culmart, deren Original ver-
glichen werden konnte, ist die äussere Form halbkugelig; die
Röhren sind prismatisch, unregelmässig polygonal und durch
regellos vertheilte Poren mit einander verbunden. Von den
für Pl. problematicum charakteristischen Längsstreifen nnd Dörn-
chen auf der Innenseite der Röhren war — vielleicht in Folge
der schlechten Erhaltung — nichts wahrzunehmen. Die vor-
liegende Form, welche aus Schichten „unmittelbar über dem
Cypridinenschiefer*“ von Geigen bei Hof stammt, dürfte das
Verbindungsglied zwischen der citirten Kulmspecies und den
aus dem Unterdevon bekannten Arten, insbesondere Pl. Selcanum
Kayser?) bilden. Kgl. Oberbergamt zu München.
Syringoporidae.
XVII Syringopora.
46. Syringopora philoclymenia F. Rormer.
1839. — Syringopora racemosa L. v.Buch. Ueber Goniatiten und Cly-
menien in Schlesien, pag. 15 (teste F. RoEMmER).
) Brit. Foss. Cor., pag. 221, T. 49, F. 3.
2) Kayser, älteste Devonfauna des Harzes. Abhandl. zur geol.
Specialkarte von Preussen etc., Bd. U. H. 4, T. 33, F. 8.
112
1870. Syringopora reticulata GoLpr. bei Kuntu, über devonische
Korallen von Ebersdorf. Diese Zeitschr. 22, pag. 42.
1870. Syringopora reticulata E. Tierze, über die devonischen Schich-
ten von Ebersdorf, pag. 50.
1883. Syringopora philoclymenia F. Roem Leth. palaeoz., pag. 496.
Durchmesser der Röhren 2 mm, Abstand derselben 2—
4 mm, seltener mehr. Der gegenseitige Abstand der Quer-
röhren beträgt von 0,6—1 cm. Dicke der Röhrenwände 1'/, mm.
Die Septaldornen stehen horizontal und vertical in regelmässiger
Entfernung von einander; der horizontale Abstand ist etwas
geringer. Die Zahl der verticalen Dornenreihen beträgt durch-
schnittlich 30. Die blasenartigen Dissepimente („Böden“) sind
trichterförmig nach abwärts gerichtet und in der Mitte durch
schmale Querblättchen mit einander verbunden. Die letzteren
unterbrechen somit die axiale Röhre.
Von Syringopora reticulata aus dem Kohlenkalk unter-
scheidet sich die vorliegende Art nach F. Roenmer (l. c.) „durch
die viel regelmässiger parallele Form der Röhrenzellen und
den fast gleichen, dem Durchmesser etwa gleichkommenden
Abstand derselben“. Eine wahrscheinlich mit Syr. caespitosa
Goupr. !) übereinstimmende Art (von gleichen Dimensionen wie
S. philoclymenia) aus dem obersten Stringocephalenkalk von
Soetenich unterscheidet sich durch die dichte Stellung der Röh-
ren, die grössere Dicke der Wände (!/, mm) und die stärkere
Ausbildung der an Zahl geringeren Septaldornen.
Syr. philoclymenia findet sich im Clymenienkalk von Ebers-
dorf in Schlesien. Zur Untersuchung kamen 10 Exemplare des
Berliner Museums, die bereits Tırrzz und KuntH vorgelegen
haben.
47. Syringopora incrustata noV. Sp.
1855 = Fistulipora porosa A. RoEMErR. Harz 1ll, p. 28, T. VI, F.6.
Mit obigem Namen bezeichnete A. Rorwmer einen Körper,
der aus einer von Stromatoporen durchwachsenen Syringopora
besteht. Dass keine einheitliche Koralle vorliegt, ergiebt sich
daraus, dass bei Grund — dem einzigen Ort, an dem ich
hinreichendes Material auffand — beide Arten, die genannte
Syringopora und Stromatopora concentrica GoLDFUSS, auch ge-
trennt vorkommen. Eine Stromatopora wurde gesammelt, die zur
Hälfte von Syringopora durchwachsen, zur Hälfte frei davon
ist. Ausserdem lehrte die Untersuchung zahlreicher Dünnschliffe,
dass die Structur des Kalkspaths auch in rein petrographischer
Beziehung bei Syringopora und Stromatopora durchaus verschie-
den erscheint. Der Kalkspath ist bei der ersteren Gattung
1) GoLpr., Petr. Germ., pag. 76, T. 25, F. 9.
113
radialfaserig und wesentlich durchsichtiger als bei der letzteren.
Nach strengstem Prioritätsrecht müsste die vorliegende Art
vielleicht als Syringopora porosa A. Rorm. sp. bezeichnet wer-
den. Da jedoch RoEmER unter seinem Namen etwas ganz
anderes verstanden hat, vor allenı aber da „Syringopora porosa“
nomenclatorisch ein Nonsens wäre, so halte ich eine Neubenen-
nung für geboten.
Durchmesser der Röhren 1 mm, Abstand derselben von
einander 1—2 mm. Die Querröhren stehen unregelmässig.
Dieke der Röhrenwände '/), mm. 12 Verticalreihen von regel-
ınässig gestellten Septaldornen, die auf die Röhrenwände be-
schränkt sind und nicht in das freie Innere der Röhren vor-
ragen. Die Böden sind in Folge des geringen Durchmessers der
Röhren unregelmässig horizontal oder trichterförmig angeordnet.
Von Syringopora philoclymenia unterscheidet sich die Art
durch geringere Grösse, die Zahl der Septaldornenreihen und
die verhältnissmässig grössere Dicke der Röhrenwände.
Vorkommen bei Grund, Rübeland, Langenaubach und
Torquay, von den drei letztgenannten Orten nur incrustirte
Exemplare '). Die 20 untersuchten Stücke (einschliesslich 11
Dünnschliffe) befinden sich in Clausthal (A. Rosmer’s Original!)
den Berliner Museen, Göttingen und in meiner eignen Sammlung.
Die vortreffliche Erhaltung der inneren Structur an dem
Öriginalexemplar A. Rosmer’s und die Vollständigkeit des Ma-
terials stellen es ausser Zweifel, dass die Rormer’sche Fistu-
lipora aus zwei verschiedenen Korallen besteht. Bemerkens-
werth bleibt immerhin der Umstand, dass dieselben beiden
Arten im Harz und in Nassau, wenn auch nicht häufig, so
doch ziemlich regelmässig mit einander verbunden vorkommen.
An dem von Torquay stammenden Exemplar gehört die Syrin-
gopora der vorliegenden Species an, die Siromatopora dürfte
dagegen, soweit die ungünstige Erhaltung zu erkennen gestattet,
zu einer anderen Art zu rechnen sein.
Bekanntlich hat A. BarcarzerY?) Durchwachsungen, wie
die vorliegende, als einheitliche Organismen betrachtet und zu
den Gattungen Diapora BarGAaTzkyY und Caunopora PHILLIPS
gestellt, während F. Rosmer?) diese Ansicht auf das entschie-
denste bekämpft!). Die zahlreichen Dünnschliffe mitteldevo-
!) Ein von GoLpruss unter der Bezeichnung „ Aulopora conglomerata“
an das hiesige Museum gesandtes Exemplar von Namur gehört wahr-
scheinlich zu Syringopora und zwar in die Nähe der beschriebenen Art.
Doch lässt die mangelhaft erhaltene innere Structur keine sichere Be-
stimmung zu.
2) Die Stromatoporen des rheinischen Devons. Verhandl. naturh.
Vereins d. preuss. Rheinlande und Westf. 38, 2. Hälfte, pag. 233—304,
und Dissertation, Bonn 1881, p. 45 ff. (bez. pag. 45 ft.).
®) Leth. palaeoz., pag. 530.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VII. 1. 8
UWE
nischer und obersilurischer Formen, die ich bisher untersucht
habe, erwiesen sich durchweg als Durchwachsungen von Aulo-
pora bez. (noch häufiger) Syringopora und Stromatopora. Doch
sind meine Untersuchungen über diesen schwierigen (regenstand
noch nicht abgeschlossen.
Auloporidae.
XVII Cladochonus.
48. Uladochonus tubaeformis Luvwic sp.
1865 = Liodendrocyathus tubaeformis Lupwıc. Corallen aus palaeolith.
Format. Palaeontogr. Bd. 14, pag. 213, T. 60, F. 1a—eg.
Der Durchmesser der Korallen beträgt 1—3 mm, ihre
Länge 2—3 cm, die Dicke der Wände 0,5 mm. Die Röhren
sind aus concentrischen Schichten aufgebaut und vollständig
hohl, wie sich an Dünnschliffen und Steinkernen beobachten
liess. Allerdings kann das Fehlen der bei (I. Michelini beob-
achteten !) Böden möglicherweise nur durch mangelhafte Er-
haltung veranlasst sein. Die Verzweigung erfolgt dichotom in
ziemlich unregelmässiger Weise und häufiger Wiederholung, wie
die vortrefflichen Abbildungen von Lupwıc zeigen; gewöhnlich
schwillt der Hauptstamm unmittelbar über der Sprossungsstelle
zu einer kelchförmigen Erweiterung an. In der Kelchöffnung
finden sich, wie ein Steinkern deutlich erkennen lässt, ca. 24
radiale Furchen, die als rudimentäre Septa?) zu deuten sind.
Öl. tubaeformis findet sich, wie es scheint ziemlich häufig,
in den Rotheisensteinen mit Goniatites intumescens von Beilstein
bei Oberscheld, von wo Lupwıs die Art beschrieb. U. a. lag
ein von diesem Forscher bestimmtes Stück (jetzt in der geo-
logischen Landesanstalt) zur Untersuchung vor. Ausserdem
kommen im Üypridinenschiefer Thüringens (am Bohlen bei
Saalfeld) und des Fichtelgebirges (Steinach) Steinkerne vor,
die mit der Form des unteren Oberdevons durchaus überein-
stimmen. Die Art unterscheidet sich von dem carbonischen
Clad. Michelini M. E. et H. durch bedeutendere Grösse, das
Fehlen der Böden und die Unregelmässigkeit der Verzweigung.
Jedoch ist, abgesehen davon, die Verwandtschaft so gross, dass
eine phylogenetische Verknüpfung beider sehr wahrscheinlich
wird. Die untersuchten Exemplare, 10 an der Zahl, befinden
sich in den Berliner Sammlungen und dem kgl. Oberbergamt
zu München.
1) Nıchorson, Tab. UOor., pag. 223.
2) 1. e. pag. 220.
ce
XIX. Aulopora.
49. Aulopora serpens (sOLDF.
Taf. IX, Fig. 1 (auf Oyathophyllum aquisgranense).
1829 = Aulopora serpens GoLpr. Petr. Germ., pag. 82, T. 29, F. 1.
1851 = Aulopora repens M. E. et H. Pol. Pal., pag. 312.
1870 = — NicHorson. Pal. Cor., pag. 219 B
1873 F. Rormer, Leth. palaeoz. pag. 521, T. 26, F. 10.
Die von NıcHoLson beschriebenen rudimentären Septa und
Böden wurden auch an oberdevonischen Formen beobachtet.
Die Art wird im Oberdevon erheblich seltener als im Mittel-
devon; nur bei Oberkunzendorf ist sie nach Daues häufig.
Dagegen erscheint sie in dem eigentlichen Korallenkalk von
Nassau und dem Harz ausserordentlich sparsam. Mir ist nur
ein einziges von Kübeland stammendes Stück bekannt gewor-
den. Die bei der mitteldevonischen Form vorhandenen Grössen-
unterschiede („var. maior et minor“ Goupr.) sind auch an der
oberdevonischen wahrnehmbar. So entspricht ein von Ober-
kunzendorf stammendes Stück der F.1c bei GoLDFUss (minor),
während bei Stollberg und Rübeland die grössere Form vor-
kommt. Die wenigen untersuchten Exemplare befinden sich
im Berliner Museum und der geologischen Landesanstalt.
ri
Anmerk. In Clausthal befindet sich ein Exemplar von Heliolites
porosus GoLpr., als dessen Fundort A. RoEmEr auf der Bti-
kette Grund angegeben hat. Die Erhaltung des betr. Stückes
stimmt jedoch ganz mit Eifler Exemplaren überein und eine
Verwechselung der Fundorte erscheint um so wahrscheinlicher,
als sonst nichts von der betreffenden Gattung aus dem Ober-
devon bekannt geworden ist.
Stromatoporidae.
AX. Stromatopora (GOLDF.
(Im Sinne F. Roruer’s, Leth. palaeoz. pag. 535 fi.) ').
Die Unterscheidung der Arten kann, wie F. RoEMER sehr
richtig hervorgehoben, nicht auf Verschiedenheiten der allgemei-
nen äusseren Form oder der Oberfläche begründet werden; nur
die Structur des inneren Gewebes gewährt sichere Anhalts-
. punkte. Besonders wichtig ist die Längserstreckung der verti-
calen Säulchen, die Zusammensetzung und relative Entfernung
der horizontalen Schichten sowie das Vorhandensein oder Fehlen
der Astrorhizen. Die im Oberdevon vorkommenden Arten
schliessen sich eng an die mitteldevonischen an. Von diesen
1) Vergl. bei Syringopora.
gr
116
beschreibt Barsarzey !) 9 Arten, die F. Rosuer’) sämmtlich
für Varietäten von concentrica hält. Unter meinem mittel-
devonischen Material glaube ich 4 Formen unterscheiden zu
können, die wohl als Species zu betrachten sind. Jedoch
erwies sich die Zurückführung derselben auf Barcarzky’sche
Arten als nicht durchführbar. Die Abgrenzung der letzteren
ist meist auf Grund ungeeigneter Kriterien oder nicht zurei-
chenden Materials ®) erfolgt.
50. Stromatopora concentrica (s0LDF.
Für die Literatur vergl. F. Roemer Leth. palaeoz. pag. 538.
Von der inneren Structur der Art, den langen, zahlreiche
Schichten durchsetzenden Säulchen und dem regelmässigen
Netzwerk der horizontalen Lagen giebt BarsArzkr (I. c. pag. 27
und 36) recht charakteristische Bilder, die mit meinen Pafl-
rather Stücken durchaus übereinstimmen. Ganz ähnliche For-
men finden sich bei Grund und Langenaubach; dieselben sind
häufig von Syringopora incrustata durchwachsen (so das Origi-
nalexemplar der „Fistulipora“ porosa A. RosmerR) und zeigen
noch feineres Gewebe als die Exemplare des Mitteldevons.
Andrerseits finden sich, mit den vorigen durch Uebergänge
verbunden, besonders bei Grund Formen, deren Gewebe im
allgemeinen gröber ist; insbesondere erscheinen die Vertical-
säulen wesentlich dicker und durchsetzen sehr zahlreiche (über
30 ® horizontale Lagen ohne Unterbrechung. Sehr charakte-
ristisch und ebenfalls ausgebildeter als bei der mitteldevonischen
Form ist ferner das Auftreten grosser gerundeter Höcker. Der
nebenstehende Querschnitt durch einen solchen zeigt die con-
centrisch angeordneten horizontalen Schichten. Die angeführten
Unterschiede der mittel- und oberdevonischen Formen dürften
jedoch eine neue Benennung für die letztere nicht rechtfertigen.
Die untersuchten Exemplare stammen von Berg. Gladbach und
Dillenburg (Stringocephalenkalk); Torquay; Langenaubach, Am-
menau und Grund (Oberdevon). Die Zahl derselben beträgt
25 (einschliesslich 11 Dünnschliffe). Berliner Sammlungen.
Stromatopora concentrica unterscheidet sich von der folgen-
den Art durch die grössere Länge der verticalen Säulchen,
das regelmässige Netzgeflecht der horizontalen Schichten sowie
durch das Fehlen der Astrorhizen.
!) Die Stromatoporen des rheinschen Devons. Dissertation und
Verh. naturh. Vereins. Rheinl. Westfalen 38, II, pag. 233 ff.
?) Leth. palaeoz., pag. 538.
3) Stromatopora papillosa, monostiolata, polyostiolata (l. c. pag.54, 58,59).
*) Bei Stromatopora concentrica aus dem Mitteldevon höchstens '12.
za ML
5l. Stromatopora stellifera A. Rorner.
1855 = Stromatopora polymorpha stellifera A. Rorm. Harz. Ill, pag. 27,
Deore:
’
= Stromatopora placenta A. Rorm. Harz. Ill, pag. 28, T. 6, F. 7.
Die Oberfläche ist
Stromatopora stellifera A. Rom. Grund °/. fast immer mit grösseren
SONS Igesee oder kleineren Höckern
> £ FE bedeckt. Die senkrech-
| A ten Säulchen verbinden
niemals mehr als zwei
Schichten mit einander
und erscheinen zuweilen
nur als niedrige Höcker.
Im Querschnitt (der
wegen der Unebenheit
der horizontalen Lagen
nur selten gelingt) haben
die Säulchen ca. '/, mm
Durchmesser. Sie treten
zuweilen durch horizon-
tale Ausläufer mit ein-
ander in Verbindung,
verschmelzen jedoch
häufiger vollständig. Im
Querschnitt erscheinen
daher meist wurmförmig
verschlungene Linien.
Die horizontalen Lagen
sind etwa !/, mm von
einander entfernt; ihr
Durchmesser ist stets
geringer als der der
Säulchen. Astrorhizen
kommen in unregelmäs-
siger Vertheilung vor.
Ihre horizontale Aus-
dehnung ist verhältniss-
mässig gering. Das Cen-
trum liegt stets auf der
Spitze eines Höckers.
Hier mündet meist ein
deutlicher vertical ver-
laufender Canal, der
mehrere Schichten
durchsetzt. Infolge die-
ser Unebenheit erscheint
in dem nebenstehenden
118
Zinkdruck das Bild des Längs- und Querschlifis zugleich.
Ein einziges mal (bei dem von A. Roruer als Caunopora pla-
centa bezeichneten Stücke) liessen sich innerhalb der schräg
durchschnittenen Astrorhizen unregelmässige Böden beobachten,
ähnlich den von Carter!) bei Stromatopora dartingtoniensis auf-
gefundenen. Beinah charakteristisch für die vorliegende Art
ist das häufige Auftreten fremder Korallen innerhalb derselben.
So findet sich in mitteldevonischen Exemplaren (von Gerolstein
und Dillenburg) Aulopora serpens var. minor GoLpDFUsS und
in den oberdevonischen Stromatoporen des Harzes Syringopora
inerustata. Diese fremden Körper dürfen nicht mit den erwähn-
ten Verticalröhren verwechselt werden; allerdings sehen sie
ihnen bei ungünstiger Erhaltung oft recht ähnlich.
Stromatopora curiosa BARGATZEY’) ist vielleicht mit der
vorliegenden Art zu vereinen. Ein mit der Goupruss’schen
Abbildung durchaus übereinstimmendes Exemplar von Gerol-
stein unterscheidet sich von Strom. stellifera nur durch bedeu-
tendere Dicke der horizontalen Lagen und grössere Länge der
senkrechten Säulchen.
Stromatopora stellifera liest vor aus dem unteren Ober-
devon von Grund und Rübeland, aus dem Stringocephalenkalk
(„Schalsteinconglomerat“) von Dillenburg und von Gerolstein
(Crinoidenschicht). Die Zahl der untersuchten Exemplare be-
trägt 25 (einschliesslich 10 Dünnschliffe). Berliner Samm-
lungen, Clausthal, Göttingen.
52. Stromatopora philoclymenia nov sp.
Die Säulchen sind von geringem Durchmesser, verbinden
höchstens zwei Schichten mit einander und sind zuweilen
unregelmässig verästelt®). Ihr gegenseitiger Abstand ist weit
beträchtlicher als bei den vorher beschriebenen Arten. Die
Entfernung der ziemlich regelmässigen horizontalen Lagen von
einander beträgt ';,— °”,; mm®), nur in den unteren Theilen
des Stockes weniger. Die horizontalen Schichten bestehen
im Querschnitt in Folge des geringen Durchmessers der Säul-
chen und der unregelmässigen Verbindung derselben aus einem
ziemlich grobmaschigen, hie und da unterbrochenen, regellos
angeordneten schwammigen Gewebe.
1) Ann. Mag. Nat. Hist. 1880, Bd. VI; pag. 339, T. 18.
2) 1. e. pag. 57. Str. curiosa ist ein allerdings sehr wenig empfehlens-
werther Manuscriptname von GoLDrFuss.
>) Wie bei Stromatopora mammillata Fr. Schmipt, Leth. palaeoz.,
F. 125b (Holzschnitt), pag. 531.
*) Ebensoviel wie bei der grobmaschigen Stromatopora Beuthi Bar-
GATZKY (l. ce. pag. 27 und 56), von der ein Exemplar vorliegt.
119
Die Art findet sich im
Clymenienkalk des Enke-
bergesbei Brilon und verdient
als letzter!) vereinzelter Ver-
treter der noch im unteren
Oberdevon sehr häufigen Gat-
tung besonderes Interesse.
Von den beiden vorher be-
schriebenen Arten unterschei-
det sich Str. philoclymenia
leicht durch die unregel-
mässige und grobmaschige
Structur. Das einzige ziem-
lich umfangreiche Exemplar
wurde von Herrn Professor
von Kornen gesammelt;
Bruchstücke davon liegen im
Berliner und Göttinger Mu-
seum.
©»
N S RT RSbe an (s. die umstehende Tabelle.)
LITER
IN HETAN NS
Sharan
Stromatopora philoclymenia n. Sp.
Enkeberg bei Brilon ?/ı- |
Oben Längs- unten Querschnitt.
1) Stromatopora subtilis Me Coy aus irischem Kohlenkalk ist ganz
zweifelhaft (Leth. palaeoz. pag. 538 Anm.).
120
Verbreitung der Korallen im Oberdevon.
“N
jean
| Unteres Oberdevon.
LT LITT
28|88 8 S |. 9» sl S Selen
agla<|3 8 |2123|8318 8 31888 [5328 28€
> ameh.n 5 2 I e|&| = = = So 2 = 3 2. | 2
zeläls |< 525 2 ola|l a Zrl<la > lose
1. | |
1. Oyathophyllum tinocystis | | |
DONSESDR N Re | ++ +* |
2. „ heterophylloides nov. sp. ? 2 |
3. „ caespitosum Gr. . . | +1+ + ae in Se ar Sr Se 5
4. „minus A. Rorm. sp. . | Ne S
t 5. „ Kunthi Danmss . | [+ |
6. „ Darwini nov. nom. . | + | + + =
7. „ Lindströmi nov. nom. |+j + |
8. „ aquisgranensenov.nom. +
9. „ basaltiforme A. Rorm. + 4 ar |
0, on M. E. et H. 4 ar Aa +
11. Phullipsastrea intercellu- |
losa M.E. et H. sp. + LS | |
12. ,„ ananas Gr. sp. + tele EN El dd
13. „ pentagona Gr. sp = + + + a oe. lsar |
14. ,„ pentagona var. microm- | | | |
mata F. Roem.. . - + +|+ +* _
15. „ Roemeri Vern.etH. sp. + ste ne +|. +
16. „ Hennahi Lonsn. sp. . lee + SE 4 OR
10. „ Kunthimnos: spart. | fe | 1;
18. „ Bowerbanki M. E. et | |
SD = auf
19. „ irregularis A. Rom. sp. SF +* i
20. Phil.(Pachyphyllum) Iber- |
gensis A. RoEn. Sp. AE 1
21. „ „ DevoniensisM.E.etH. Ar = =+ |
IN.
22. Haplothecia filata SCHLOT- ’
HEIMESDN LS. re a |
IV. | |
23. Decaphyllum Koeneni nov.
a) ae 135
24. Darwinia rhenana SCHLÜT. 7 | |
s |
25. EndophyllumpriscumMRr.sp. 5 + + + | Ir
„ Bowerbanki M. E. et. Ä | + |
vn. | |
26. Hallia prolifera A. R. sp. + |
*) Bisher von Torquay noch nicht bekannt.
2) Dies Vorkommen ist in der Beschreibung nicht erwähnt.
er!
Unteres Oberdevon.,
Mitteldevon.
Bereits im
e etc.
bei Aachen.
ee | 8
m.
Amplexus here cynicus A R.! +
„ helminthordes nov. SP.
„ 2 tenurcostatus MSTr. Sp.
Clisiophyllum (Dibunophyl-
lum) praecursor NOV. Sp.
„ Kayseri nov. sp.
X
Petraia decussata MsTtr. .
„ radiata MSTR.
„ semistriata MsTr. .
nov. sp. .
„ NOV. Sp.
XI
Dillenburg.
Battersbya affl. gemin. Dunc.
X.
Favosites cristata BLum. Sp.
R fibrosa GOLDF. Sp.
XI.
Striatapora vermicularis |
Me Coy sp. .
„ vermicularis var. fili-
formis F. Rom.
XIV.
Trachypora Siemensin. Sp.
XV.
Alveolites suborbieularisLam.
„ ramosa A. RoEm. .
v1.
Pleurodietyum SP. . » - |
XV.
Aulopora serpens GF..
XVII
Oladochonus tubaeformis
Lupwis sp. .
XIX.
Syringopora incrustata n.Ssp.
„ phüloclymenia F.Rorm.?
Stromatopora concentrica
GoLDF.
Stromatopora stellifera A.R.| +
„ phrloclymenia nov. SP.
*) Bisher von Torquay noch nicht bekannt.
2) Vergl. pag. 96.
2) Clymenienkalk von Ebersdort.
3) nach F. RoEmer.
Langenaubach.
j
Ammenau.
Oberscheld.
Fer
Martenberg.
=
Grund.
Rübeland.
+
+
++
Oberkunzendorf.
Ebersdorf.
en (N WEWEEEEEEEESESSESSSESEESEESESESEEN
Oberes Oberdevon.
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3 |\zHl’E = os] 9523 98
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+
A
1. Cyathophyllum tinocystis
DOYsSpg use
De, heterophylloides no. sp.
3. „ caespilosum Gr. . .
4. „ minus. A. Rom. sp. .
9. „ Kunthi Dans . z
6. „ Darwin‘ nov. nom...
7. „ Lindströmi nov. nom.
8. „ aquisgranensenov.nom.
9. „ basaltiforme A. Rorn.
DIE, aan M.E. et H.
1. Phillipsastrea intercellu-
losa M. E. et H. sp.
„ ananas Gr. sp. . .
„ Dentagona Gr. sp
» Pentagona var. microm-
mata F. Rorn. .
„ Roemeri Vern. etH. sp.
» Hennahi Lonsn. sp. »
-„ Kunthi nov. et
» Bowerbanki M. B. et
BEN nn on
. „ irregularis A. Rorn,sp.
20. Phill.(Pachyphylium) Iber-
ensis A. RoEM. Sp.
21. „ „ DevoniensisM.E.etH.
. 22. Haplo
1.
thecia filata SchLor-
HEIM SP. . . . :
Er 23. Decaphyllum ‚Koeneni nov.
h: g- 20V. 8Pp. 2...
24. Darwinia rhenana SchLür.,
25. End: hyllumpriscumMx.s H
x Eee M.E. etH.
26. Hallia prolifera A. R. sp.
”
|
Mitteldevon.
Bereits im
Stollberg etc,
Unteres Oberdevon,
Verbreitung der Korallen im Oberdevon.
FE }
——
Oberes Oberdevon,
bei Auchen.
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ce]
*) Bisher von Torquay noch nicht bekannt.
2) Dies Vorkommen ist in der Beschreibung nicht erwähnt,
Ebersdorf,
++
Iymenienkalk
Fichtelgeb,
pridinensch.
cyı
Unteres Oberdevon.
‚Bereits im
H Mitteldevon.
Stollberg etc,
Oberkunzendorf.
‚| Ebersdorf.
Dillenburg.
Langenaubach. j ”-
Oberscheld.
bei Aachen.
Anmmenau.
Rübeland,
Torquay.
e. us hereynicus A R.
minthoides nov. Sp.
utcostatus MsTR. Sp.
Ficht.
isü Yayllum (Dibunophyl-
um) praecursor NOV. Sp.
radiata
semistriata Msır. .
Battersbya afl. gemm. Dunc.
xl.
‚Favosites eristata Brum. Sp.
: Ph GoLpr. sp.
riatapora vermieularis
e Cov sp. .
vermicularis var. fili-
formis P. Roem.
Alveolites suborbieularisLam.
„ ramosa A. RoEn, .
XV.
5 Pleurodic, um Sp... »
Be Eve n
UlDpaRe kerens Gr.. .|+|+ A u
7. Cladochonus tubaeformis
Lunwis sp. .
s AIX.
Bis. Syringopora inerustata nsp. ur ++ +# 2
A wi i ıl
oelymeniaF.Roem.?
‚Stromatopora concentrica Dr
85 zu Ir. ek ei ar kin ar
Stromatopora stellifera A.R.| + ++
% „ philoclymenia noy. sp-
*) Bisher yon Torquay noch nicht bekannt.
Vergl. pag. 96
Olymenienkalk von Ebersdorf.
Er = yon ersdor ne
122
III. Geologisehes.
1:
Die stratigraphische Bedeutung der oberdevonischen Korallen.
Vergleich mit älteren Schichten. — Aus der vor-
stehenden Uebersichtstabelle ergiebt sich, dass die Zahl der auf
das Oberdevon beschränkten Arten eine grosse ist. Aus dem
Mitteldevon stammen 12 Arten. Von diesen ist bei Favosites
fibrosa und Striatopora »ermicularis var. filiformis die Identität
der älteren und jüngeren Formen nicht unbedingt sicher. Ferner
kommen Fetraia decussata und Amplexzus hercynicu nur im
obersten Stringocephalenkalk vor, der z. B. am Martenberg bei
Adorf unmittelbar von den Schichten mit Goniatites intumescens
überlagert wird und auch zahlreiche andere oberdevonische
Arten einschliesst!). Cyathophyllum Darwini und Lindströmi
sind nur bei Aachen und Namur gefunden, dagegen besitzen
Ö©. caespitosum, Alveolites suborbicularis, Aulopora serpens, Sitro-
matopora concentrica und stellifera einen ähnlichen Verbreitungs-
bezirk wie im Mitteldevon und Favosites cristata erreicht erst
im Oberdevon den Höhepunkt ihrer Entwickelung.
Andere oberdevonische Arten lassen sich phylogenetisch
von mitteldevonischen ableiten, so die meisten Cyathophyllen
und ferner Striatopora vermicularis von Str. ramosa STEIN. SP.
(Eifel und Berg. Gladbach bei Köln).
Die Gattungen kommen mit Ausnahme von Haplothecia,
Decaphyllum, Clisiophyllum und Öladochonus?) auch in älteren
Schichten vor. Die beiden erstgenannten neuen Genera gehören
durchaus dem unteren Oberdevon an. Phüllipsastrea und Pachy-
phyllum sind wenigstens in Europa ganz auf oberdevonische
Ablagerungen beschränkt. Dagegen tritt in Nordamerika Pril-
lipsastrea wahrscheinlich bereits in tieferen Schichten?) auf.
Ein sehr charakteristisches negatives Merkmal der Oberdevon-
Fauna ist das Erlöschen von Actinocystis und Heliolites. Bemer-
kenswerth ist das vielleicht nur scheinbare Fehlen der Gattung
Zaphrentis*), die bekanntlich im Mitteldevon und Kohlenkalk
vorkommt.
!) Kayser, Rotheisenstein von Brilon. Diese Zeitschr. 1872, pag. 688.
2) Das Auftreten dieser Gattung im Oberdevon ist neu. NICHOLSON
erklärt noch in seinem letzten Werk (Tabulate Corals pag. 223) die
Gattung für „exelusively carboniferous“.
3) Upper Helderberg und Hamilton group.
+) Ob eine der von CHAMPERNOwNE (Quart. Journ. Geol. Soc. 1884,
pag. 497 fi.) aus den Kalken von Süd-Devonshire beschriebenen Zaph-
Vergleich mit jüngeren Schichten. — Andrerseits
geht keine einzige Art des Oberdevons in den Kohlenkalk
hinauf. Nur Cladochonus tubaeformis und Michelini stehen wahr-
scheinlich in phylogenetischem Zusammenhang. Auch von den
Gattungen sind nur Olisiophyllum !) und Öladochonus und etwa
noch Amplexus als „carbonisch“ zu bezeichnen, insofern ihre
Hauptverbreitung in diese Periode fällt. Oyathophyllum, Phillips-
astrea, Endophyllum, Petraia und Aulopora sind im Kohlenkalk
nur durch wenige Arten vertreten. Darwinia, Hallia und
Stromatopora sterben mit dem Oberdevon aus. Der Charakter
der vorstehend beschriebenen Korallenfauna ist nach alledem
als devonisch mit wenigen carbonischen Anklängen zu be-
zeichnen.
Oberes und unteres Oberdevon. — Die Hauptent-
wickelung der Korallen fällt, wie ein Blick auf die Tabelle
zeigt, in das untere Oberdevon. Von hier gehen nur wenige
Arten in die oberen Schichten dieser Formationsabtheilung
hinauf?). Auch die Zahl der neu erscheinenden Arten?) ist
verhältnissmässig gering. Die jüngsten Oberdevonablagerungen
sind, soweit bis jetzt bekannt, überall ungünstig für die Ent-
wickelung von Korallen gewesen. Daraus erklärt sich die
anscheinend so verschiedenartige Beschaffenheit der oberdevo-
nischen und carbonischen Vertreter dieser Thierklasse.
Vergleich mit anderen Ländern. — Das Auftreten
zahlreicher eigenthümlicher Arten macht die oberdevonische
Korallenfauna Deutschlands sehr geeignet zu stratigraphischen
Vergleichen mit anderen Ländern. Allerdings sind zahlreiche
-Ablagerungen dieser Altersstufe arm an Korallen oder ganz
frei davon. Das letztere gilt ganz besonders für die Ülymenien-
führenden Schichten.
Die einzige ausserdeutsche Koralle aus dem oberen Ober-
rentis-Arten oberdevonisch ist, lässt sich nicht ausmachen, da in England
die ganze Masse dieser Kalke (vergl. unten) in’s Mitteldevon versetzt
wird. Zaphrentis solida, die J. Harz aus dem Oberdevon (Chemung
group) von Rockford, Jowa beschreibt, gehört in die Gruppe des Cyatho-
phyllum ceratites. Aus den Worten des Verfassers ergiebt sich, dass
die Septalgrube undeutlich entwickelt ist und eine Zone von Blasen
a den umgiebt, (23. Rep. state cab. New-York, 1873, pag. 231,
IE. 2.)
2) Die aus dem Unterdevon und Silur beschriebenen „Olisiophyllen“
gehören nieht hierher.
?) Phillipsastrea ananas, Endophyllum priscum, Petraia decussata.
Cladochonus tubaeformis.
?) Amplexus ? tenuicostatus, 3 Petraia-Arten, Stromatopora philoclyme-
nia, Syringopora philoclymenia, Clisiophyllum Kayseri. Auch Chsiophyllum
Ppraecursor gehört vielleicht ins obere Oberdevon. Die nicht ganz scharfe
Bezeichnung des Lagers lässt beide Möglichkeiten offen.
124
devon, die für den Vergleich in Betracht kommt, ist Clisio-
phyllum Omaliusiü GossELET !) aus dem Famennien von Wattig-
nies und Etroeungt (Bassin de Dinant). Dieselbe erinnert
durchaus an Clisiophyllum Kayseri und bildet einen weiteren
Beweis für die durch Kayser hervorgehobene Gleichstellung °)
der bergischen Brachiopodenschichten mit dem belgischen Fa-
mennien und der englischen Marwood- und Pilton-Gruppe.
Ferner ist noch aus den obersten devonischen Schichten
des mittleren Russlands „den Kalksteinen von Malöwka-Mura-
jewna“ durch MÖLLER und SEmexow°) eine kleine Korallen-
fauna bekannt geworden. Jedoch besteht dieselbe, wie die
Abbildungen |. c. und einige von dort stammende Stücke im
hiesigen Museum beweisen, aus einer eigenthümlichen Mischung
von Typen des Devons (Üyathophyllum caespitosum) und des
Kohlenkalks (z. B. Michelinia rossica und Zaphrentis cf. Gue-
rangeri M. E. et H.‘). Ein Vergleich mit deutschen Vorkomm-
nissen ist daher nicht möglich.
Aus dem unteren Oberdevon sind dagegen von ausser-
deutschen Fundorten zahlreiche Korallen bekannt geworden.
Die bekannte Uebereinstimmung der entsprechenden belgischen
Schichten (Et. Frasnien Goss.) mit dem Vorkommen bei
Aachen macht sich auch in der Korallenfauna geltend. Noch
weitgehender ist jedoch, wie die vorstehende Tabelle zeigt,
die Gleichheit der bei Torquay und am Harz gefundenen Arten,
und zwar stimmen, wie die Vergleichung zahlreicher Exemplare
von beiden Fundorten bewiesen hat, die Formen sogar in den
geringfügigsten Einzelheiten mit einander überein. Von den 30 bei
Grund und Rübeland vorkommenden Arten wurden 17 bez. 18 °)
auch bei Torquay nachgewiesen‘). Diese Zahl wird sich bei
weiterer Erforschung der Fauna von Torquay wahrscheinlich
noch vermehren ),. Da nun von den 30 bez. 18 übereinstim-
1) GosseLer, Esquisse geolog. du Nord d. 1. France, Fasec. I, pag. 115.
2) Jahrb. geol. Landesanst. für 1881, pag. 88, 89.
?) Mel. phys. chim. ac. imp. d. science. Petersbourg, T. 5, 1863,
pag. 661.
= Zaphrentis Noeggerathi 1. e. pag. 699. Z. Noeggerathi M. E.
et H. aus dem Mitteldevon fällt mit Oyathophyllum ceratites Gr. zu-
sammen.
5) Je nachdem man Battersbya aff. gemmans mitrechnet oder nicht.
6) Die Erkenntniss dieser Thatsache war wesentlich dadurch ver-
schleiert, dass A. RormEr die meisten Harzer Formen mit besonderen
Namen belegt hatte.
7) Wurden doch allein unter dem nur etwa 30 Stücke umfassenden
englischen Vergleichsmaterial 4 Arten (in obiger Tabelle mit * bezeich-
net) aufgefunden, die in der Monographie von MırnE Epwarps und
HAIME nicht erwähnt sind.
menden Arten 27 bez. 15 ausschliesslich oberdevonisch sind,
so kann die Zurechnung eines Theils der „Torquay-limestones“
zum Oberdevon mit aller Sicherheit behauptet werden !). Ein
anderer Theil dieser Kalke ist allerdings, wie die Anwesenheit
anderer Arten?) ergab, dem rheinischen Stringocephalenkalk
gleich zu stellen.
In diesen letzteren Horizont gehört die ganze Masse der frag-
lichen Kalke auch noch nach den neueren englischen Arbeiten °).
Jedoch hat bereits Karser darauf hingewiesen, wie „ausser-
ordentlich unwahrscheinlich die Vergesellschaftung von Ver-
steinerungen der Clymenien- und /ntumescens-Schichten mit
solchen des Mitteldevons“ erscheine?). Die richtige Erkenntniss
der Aufeinanderfolge der Schichten ist in Süd-Devonshire durch
die gestörten Lagerungsverhältnisse sehr erschwert. Jedoch
sind auch die palaeontologischen Angaben der englischen Ver-
fasser®) besonders da mit Vorsicht aufzunehmen, wo sie sich
auf festländische Verhältnisse beziehen. So behauptet R. ETHE-
RıDGE*) dass Phillipsastrea pentagona und Roemeri (= Acervu-
laria Goldfussi und Roemeri ]. ec.) im Mitteldevon von Belgien
und Rheinpreussen vorkämen, Hour führt gar Clymenien’) aus
dem Mitteldevon des Oontinents an und sucht durch ähnliche
Vergleiche den Ulymenienschichten von South-Petherwin eine
mitteldevonische Stellung anzuweisen.
Dagegen besteht über das Alter der vornehmlich durch
CH. Barroıs®) bekannt gewordenen korallenführenden Ober-
devonschichten Asturiens keinerlei Unklarheit. Dieselben stehen
mach dem Verfasser ”) dem unteren Oberdevon durchaus gleich.
Nur das Hinaufreihen von Oyathophyllum hypocrateriforme, hetero-
phyllum und Cyathophyllum vesiculosum®) ins Oberdevon stimmt
mit den deutschen Verhältnissen nicht überein.
Vereinzelt treten auch in Nordamerika korallenführende
Oberdevonschichten auf. James Han hat aus den der Chemung
group (mittleres Oberdevon) gleichgestellten Kalksteinen von
Rockford und Hackberry, Jowa, eine ziemlich reichhaltige Ko-
2) Umsomehr da von den 25 Harzer Arten 6 auch hier vollständig
auf Grund beschränkt sind.
2) Favosites polymorpha, Cyath. heterophyllum, Heliolites porosa;
Alveolites Battersbyi. Cyath. hexagonum, (erstere, nach Originalstücken,
die beiden letzteren nach der Abbildung).
3) Diese Zeitschr. 1873, pag. 667, Anm. R. Erneringe, Devonian
rocks and fossils Quart. Journ. geol. Soc. 23, 1867, pag. 568 ff. Horı,
South Devon and East Cornwall. Dieselbe Zeitschr. 24, 1868, pag. 400 ff.
#) 1. e. pag. 654.
>) CI. laevigata und striata |. c. pag. 447.
6) Astur. Galice, pag. 191. Calcaire de Candas a Spir. Verneuili.
°) I. c. pag. 359.
°®) ]. e. pag. 204 und 210.
126
rallenfauna beschrieben !). Es finden sich dort 5 Arten von
Stromatopora (oder einer verwandten Gattung), 2 Auloporen, eine
Fistulipora, ein Alveolites, 3 Cladoporen (= ? Striatopora), 3 oder
4 Cyathophyllen ?) und ein Öystiphyllum (mit der in Asturien
vorkommenden Art zu vergleichen). Abweichend von der Ver-
breitung der Gattungen in Europa ist nur das Hinaufreichen
von Öhonophyllum ins Oberdevon, während für die Vergleichung
mit den europäischen Schichten das Auftreten zweier Phillips-
astreen und eines echten Pachyphyllum?) von besonderem In-
teresse ist. |
2,
Das Vorkommen der Korallen in abweichenden Faeies-
bildungen.
Das untere Oberdevon ist in Deutschland in zwei *) wesent-
lich verschiedenen Facies entwickelt; die eine wird durch grosse
Häufigkeit der Brachiopoden und massenhaftes Auftreten der
Korallen gekennzeichnet, in der anderen überwiegen die Oepha-
lopoden an Zahl und Mannichfaltiekeit über alle übrigen Abthei-
lungen des Thierreiche. Vergleicht man nun nach der obigen
Liste die Vertheilung der Korallen an den verschiedenen Fund-
orten, so ergiebt sich, dass den abweichenden Faciesablage-
rungen ganz bestimmte Gattungen zukommen: Amplexus, Pe-
iraia?) und Öladochonus finden sich in beiden Horizonten des
Oberdevons meist als vereinzelte Vorkommnisse in Gesellschaft
der Cephalopoden; dagegen sind Üyathophyllum, Phillipsastrea
und Verwandte, Hallia, Kndophyllum, Favosites, Trachypora,
Alweolites, Striatopora, Syringopora und Stromatopora fast aus-
nahmslos®) auf die durch das Vorwiegen der Brachiopoden
gekennzeichneten Schichten beschränkt und kommen dort in
1) 23. Rep. state cab. New-York, 1873, pag. 223—235, T.9 und 10.
>) „Zaphrentis“ solida Hau (vgl. oben p. 122 Anm 4). „Acervularia*
inaequalis (vergl. oben p. 47). „Pachyphyllum“ solitarium 1. e. pag. 232,
T. 9, F. 6, 7. Das einzige mit Pachyphyllum übereinstimmende Merk-
mal ist das „Debordiren der Septa“, welches jedoch schon längst von
Oyathophyllum marginatum Gr. bekannt ist. Von der charakteristischen
spindelförmigen Verdiekung der Septa ist in dem abgebildeten Quer-
schnitt (F. 7) nichts wahrzunehmen.
3) P. Woodmani WHITE sp. l. ce. pag. 231, T. 9, F.9. Ferd. RoEMER
führt die Art — wohl durch einen lapsus calami — aus der Hamilton
group an (Leth. palaeoz. pag. 393).
#) Abgesehen von Unterabtheilungen, deren Wichtigkeit geringer ist.
5) Nur bei Oberkunzendorf kommt ausnahmsweise eine Petraia vor,
die jedoch nicht den eigentlichen Korallenschichten angehört.
6) Ueber die einzige Ausnahme vergleiche unten.
Een m ae ua a a Do misı 2 oe % >
127
ausserordentlicher Menge vor. Ueber die Unterscheidung von
verschiedenartigen Faciesablagerungen haben neuerdings Th.
Fuchs ') und Renevier?) bestimmte Kriterien aufgestellt, mit
Zugrundelegung deren das Vorkommen der Korallen zu unter-
suchen ist.
Die cephalopodenführenden Schichten des Oberdevons
treten in zwei petrographisch verschiedenen aber palaeonto-
logisch durchaus übereinstimmenden Ausbildungen auf, nämlich
als Goniatitenmergel und Goniatiten- (bez. Clymenien-) Kalke.
In beiden sind Goniatiten und Orthoceratiten, zu denen im
obersten Horizont noch Clymenien hinzutreten, an Zahl der
Individuen und Arten weitaus die herrschende Klasse. Ge-
hören die petrographisch abweichenden Schichten dem
gleichen Horizont an, so zeigen auch die Arten grosse Ueber-
einstimmung®). Es: kann dem gegenüber kaum in Betracht
fallen, dass in den Mergeln die Korallen der Goniatitenkalke
noch nicht gefunden wurden; vielmehr ist für beide Ablage-
rungen die gleiche Art der Entstehung anzunehmen.
Man wird im allgemeinen geneigt sein, die Cephalopoden
für pelagische Thiere und dem zu Folge die Schichten, in
welchen sie überwiegend vorkommen, für Tiefseebildungen zu
erklären 2). Diese Annahme wird im vorliegenden Falle unter-
stützt durch die grosse Uebereinstimmung, welche die frag-
lichen Devonschichten in petrographischer und faunistischer °)
Beziehung mit mesozoischen Ablagerungen zeigen, über deren
Deutung als Tiefseebildungen bei Fuchs®) und Renevier Ein-
stimmigkeit besteht. Den Ammonitenthonen’) entsprechen die
Goniatitenmergel, den rothen Ammonitenkalken die ebenso ge-
färbten und zusammengesetzten goniatitenführenden Schichten.
So stimmen die Nassauischen Kramenzelplatten mit den lias-
sischen ammonitenführenden Korallen der Alpen, wie sie z. B.
im Salzachthale bei Adneth typisch aufgeschlossen sind, in der
auffallendsten Weise überein; sogar der unregelmässige Wechsel
zwischen grauer und rother Färbung innerhalb derselben Schicht
findet sich an beiden Orten; ebenso ähneln manche Clymenien-
kalke dem „Ammonitico rosso“ der Südalpen. Auch in diesen
ı) Welche Ablagerungen haben wir als Tiefseebildungen zu be-
trachten? Neues Jahrb. 1883, Beilageband II, pag. 487.
2) Les facies geologiques (Extr. Arch des sc. phys. et nat., pag. 37),
Lausanne 1884.
3) Z. B. Büdesheim und Martenberg bei Adorf.
%) Fucas, 1. e. pag. 507, besonders pag. 513, 514.
5; Wenn man die Goniatiten und Clymenien als palaeozoische Ver-
treter der Ammoniten auffasst.
DElzespas- 539 und 558,559.
Dalsesspac. 539.
128
jurassischen Schichten treten die Brachiopoden zurück oder
fehlen gänzlich.
Den Goniatitenkalken des Oberdevons stehen die an
Cephalopodenreichen Eisensteine des obersten Stringocephalen-
kalks!) nicht nur im Alter sondern auch in der Beschaffen-
heit der Facies sehr nahe.
Mit Rücksicht auf die grosse Verbreitung’) cephalopoden-
führender Schichten im Oberdevon erscheint es nicht recht
verständlich, wenn Fucnas (l. c. pag. 561) behauptet: „Tief-
seekalke mit Cephalopoden, analog den ammonitenreichen
Tiefseekalken der mesozoischen Periode, scheinen in der palaeo-
zoischen Schichtenreihe selten zu sein. Vielleicht wird man
die Clymenienschichten des Devon hierher rechnen können.“
Daraus wird der Schluss gezogen, die Cephalopoden seien zur
palaeozoischen Zeit Litoralthiere gewiesen.
Auch für die Cypridinenschiefer ist eine Entstehung in der
Tiefsee anzunehmen, wenngleich die Beschaffenheit der organi-
schen Einschlüsse auf den ersten Blick diese Vermuthung nicht
zu unterstützen scheint. Unter den verhältnissmässig seltenen
Versteinerungen fallen zunächst dünnschalige Bivalven (Posi-
donia venusta) auf. Dieselben entsprechen in der Art ihres
Vorkommens den mesozoischen Posidonien und Daonellen, so-
wie den dünnschaligen Amusien?) der tertiären und jetzigen
Meere, welche letztere sich wegen ihrer Dünnschaligkeit nur
in den ruhig abgesetzten Schichten der Tiefsee erhalten konnten.
Ferner stimmen die Korallen der Goniatitenkalke und Cypri-
dinenschiefer mit einander überein‘). Besonders wichtig ist
jedoch der Umstand, dass nach Kayser’) die Nehdener Go-
niatitenschiefer so reich an Cypridinen sind, dass der Unter-
schied von Cypridinen- und Goniatitenschichten hier vollständig
verschwindet.
Wie bereits erwähnt, kommen nur im unteren Oberdevon
Cephalopoden- und Korallenfacies nebeneinander vor. Dagegen
treten im oberen Oberdevon, wo die letztere fehlt, ganz ver-
einzelt auch einige charakteristische Riffkorallen, Endophyllum
1) Vergl. pag. 298. Dieselben kommen vor am Büchenberg bei
Wernigerode, Martenberg bei Adorf, Bredelar, Enkeberg bei Brilon.
2) Z. B. sind Goniatitenmergel von Büdesheim, Nehden. Torquay,
Neffiez und der Uchta in Nordrussland bekannt. Eine ähnliche Fauna
umschliesst die Portage group in Nordamerika. Goniatitenkalke kommen
vor z. B bei Oberscheld und Bicken in Nassau, Adorf, Altenau im
Harz, Saalfeld in Thüringen. Olymenienschichten ebenfalls in Nassau,
im Fichtelgebirge, bei Graz, bei Petherwin (Cornwall) u. s. w.
3) Fuchs ]. ce. pag. 528, 540.
*) Petraia, Amplexus (?), Cladochonus.
5) Diese Zeitschr. 1875, pag. 670.
129
priscum, Phillipsastrea ananas, Syringopora philochymenia und
Stromatopora philoclymenia in den mit Clymenien und Gonia-
titen erfüllten Schichten auf. Dieselben sind wohl als die
Ueberreste der reichen Rifffauna des unteren Oberdevons auf-
zufassen, die in den jüngeren Ablagerungen unter ungünstigen
Verhältnissen noch fortlebten.
Die Mehrzahl der vorstehend beschriebenen Korallen stammt
aus Ablagerungen, die sich durch grosse Häufigkeit der Brachio-
poden und stellenweise (Grund) der Gastropoden, sowie das
Zurücktreten der Oephalopoden und Trilobiten auszeichnen.
Goniatiten und Trilobiten fehlen z. B. nach Dauzs !) bei Ober-
kunzendorf gänzlich; am Harz gehören beide jedenfalls zu den
selteneren Erscheinungen. Nur die Orthoceren sind etwas ver-
breiteter, ohne indess irgendwie hervorzutreten. Ueber die
Deutung aller dieser Ablagerungen als Korallenbänke oder -Riffe
hat wegen des massenhaften Auftretens der Korallen wohl nie
ein Zweifel bestanden. Auch darf es als feststehend gelten, dass,
entsprechend den Lebensbedingungen der Korallen der Jetztwelt,
die alten Korallenriffe im seichten Meere gebildet sind, umsomehr
als das Auftreten abweichender Tiefseekorallen festgestellt wurde.
Unter diesen korallogenen Litoralablagerungen sind ge-
schichtete, mergelige und ungeschichtete rein kalkige Bildungen
zu unterscheiden. Den Typus der ersteren bildet Oberkunzen-
dorf, den der letzteren der Iberg und Winterberg bei Grund.
Abgesehen von dieser petrographisch -architektonischen Ver-
schiedenheit bestehen auch einige Abweichungen in palaeon-
tologischer Beziehung. Die Gattung Aulopora fehlt bei Grund,
Rübeland, Torquay und an den nassauischen Fundorten fast?)
gänzlich, während sie bei Oberkunzendorf nach Daues?) häufig
ist und auch bei Stollberg vorkommt. Ebenso gehören die
Gastropoden bei Oberkunzendorf und Stollberg zu den Selten-
heiten, während sie am Iberg bekanntlich in grossem Arten-
reichthum auftreten. Eine ganz scharfe Sonderung ist aller-
dings nicht zu machen, z. B. kommen bei Rüdeland und ebenso
bei Langenaubach neben den. ungeschichteten typischen Riff-
kalken auch geschichtete reinkalkige Bildungen vor.
Abnorme Verhältnisse herrschen in den mittel- und ober-
devonischen Ablagerungen eines Theiles der rechtsrheinischen
Gebirge?) wegen der grossen Häufigkeit von submarin abge-
1) Diese Zeitschr. 1868, pag. 479.
2) Unter den Hunderten von untersuchten Korallen fand sich ein
einziges Stück.
») I. e. pag. 490.
*) Typische Beispiele sind die Schichten des Sauerlandes und des
oberen Dillthals (Brilon, Oberscheld), welche ich aus eigner An-
schauung kenne.
Zeitschr. d.D. geol. Ges. XXXV11.1. 9)
130
lagerten Eruptivgesteinen. Die Korallen des Oberdevonmeeres
sind, wie es scheint, aus diesem Grunde dort nirgends zu be-
deutenderer Entwickelung gelangt !), obwohl sie, nach der ver-
hältnissmässig nicht unbedeutenden Zahl der Fundorte?) zu
schliessen, sich einer ziemlichen Verbreitung erfreuten.
In Belgien, das so viel Uebereinstimmung mit den deut-
schen Devonvorkommnissen zeigt, hat Duroxt°?) das Auftreten
von „Korallenriffen“ in verschiedener Ausbildung nachzuweisen
versucht. Er behauptet „Saumriffe* an den Küsten des alten
Festlandes und sogar ringförmige „Atolls“ erkannt zu haben
und zwar macht er solche aus den beiden Stufen des Mittel-
devons und dem Öberdevon namhaft. Auch in Deutschland
kommen bekanntlich besonders im Niveau des Stringocephalen-
kalks Korallenbildungen in grosser Ausdehnung vor.
Die Verbreitung der verschiedenen Gattungen der Rifi-
korallen in Deutschland ist nicht gleichmässig, vielmehr machen
sich gewisse Verschiedenheiten zwischen Osten und Westen
bemerkbar. Die bei Torquay, in Belgien, bei Stollberg, an
den Nassauischen und Harzer Fundorten so überaus häufigen
Stockkorallen Phillipsastrea und Pachyphyllum fehlen mit Aus-
nahme der ganz vereinzelten Phill. Kunthi (Ebersdorf) im Osten
durchaus. Andrerseits findet sich das bei Oberkunzendorf
gebirgsbildend auftretende Endophyllum priscum schon am Harz
in geringer Menge, wird in Nassau ausserordentlich selten und
fehlt weiter im Westen gänzlich.
Doch steht diesen wenigen ungleichmässig verbreiteten
Arten eine grössere Zahl überall vorkommender Formen gegen-
über, deren Uebereinstimmung in Süd-England und am Harz
bereits hervorgehoben wurde. Man kann daher annehmen,
dass die Mehrzahl der oberdevonischen Korallen nicht nur zur
gleichen Zeit sondern auch unter ähnlichen Verhältnissen in
demselben Meeresbecken gelebt hat.
Als interessantestes Ergebniss der vorstehenden Unter-
suchung ist hervorzuheben, dass, wie in den neueren und me-
sozoischen Meeren, so auch schon zur Devonzeit neben den
riffbildenden Korallen charakteristische Tiefseeformen auftraten.
Die letzteren (Jmplerus und Petraia) entsprechen auch in der
äusseren Erscheinung den jetzt unter gleichen Verhältnissen
lebenden Oculiniden und Einzelkorallen (z. B. Caryopkyllia).
!) Auch bei Langenaubach nehmen die ungeschichteten, aus Korallen
bestehenden Riffkalke nur einen geringen Raum ein.
>) Ammenau b. Marburg; 2. Löhren b. Dillenburg; 3. Langenau-
bach; 4. Balduinstein a. d. Lahn; 5. Löhnberger Weg bei Weilburg
(Phillipsastrea Hennahi nach SANDBERGER)
®, Sur l’origine des calc. dev. de la Belgique. Bull. ac. roy. belg.
1881. (N. Jahrb. 1882, II, pag. 266 )
Tab»;
4. Die Versuche einer Gliederung des unteren Neogen
im Gebiete des Mittelmeers,
Von Herrn Turopor Fuecks ın Wien.
- Vor Kurzem erschien in dieser Zeitschrift (Bd. XXXVI,
pag. 68) unter dem Titel „Die Versuche einer Gliederung
des unteren Neogen in den österreichischen Län-
dern“ ein Aufsatz von Dr. E. Tırtze, in welchem der Verfasser,
gestützt auf eine Benützung der vorhandenen Literatur, den
Nachweis zu führen sucht, dass die bisher ziemlich allgemein
angenommene Unterscheidung einer älteren und jüngeren Stufe
in den mediterranen Miocaenbildungen Oesterreich-Ungarns und
des Mediterrangebietes an den bisherigen Erfahrungen keinerlei
verlässliche Stütze finde und dass diese Unterscheidung höchst
wahrscheinlich nur auf locale habituelle Verschiedenheiten zu-
rückzuführen sein werde.
Der Aufsatz macht seiner äusseren Form nach den Ein-
druck grosser Umsicht, Sachlichkeit und Objectivität und
wird daher, wie ich überzeugt bin, bei den der Sache ferner
Stehenden seinen Zweck gewiss nicht verfehlt haben, ja ich
glaube sogar, dass es in diesen Kreisen geradezu Staunen
erregt haben wird, wie es denn überhaupt möglich gewesen,
eine derartige Zweitheilung vorzuschlagen, wie Fachleute, welche
ernst genommen sein wollen, überhaupt an einer Unterscheidung
festhalten konnten, welche so gänzlich jeder Begründung ent-
behrt. Anders freilich wird das Urtheil jener lauten, welche
in der Lage sind der Sache selbstständig auf den Grund zu
gehen, und in diesen Kreisen wird das Urtheil, wie ich fürchte,
ein für die Tıetze’sche Arbeit nur höchst abfälliges sein können.
Es ist wohl jedem Fachmann bekannt wie gefährlich es
ist ein kritisches Resume über einen so umfassenden und, wie
ich gerne zugestehe, bisher so wenig geklärten Gegenstand zu
geben ohne durch langjährige Beschäftigung mit demselben auch
mit den Details der Sache vertraut zu sein, wie gefährlich es
ist, in einem solchen Falle allgemeine Bemerkungen der Autoren
zu benützen, wenn man nicht in der Lage ist dieselben nach
ihrem wahren Werth zu prüfen.
Jedem Fachmanne ist es bekannt, wie man in einem
solchen Falle leicht die grössten, grundlegendsten Arbeiten über-
9*
132
sieht, kleine aber entscheidende Arbeiten in ihrer Bedeutung
nicht zu erkennen vermag, und wie es kaum möglich ist sich
vor den gröbsten Missverständnissen zu bewahren.
Alles dies ist denn auch Herrn TieTzEe in überreichem
Maasse widerfahren; er hat grosse, grundlegende Arbeiten über-
sehen, kleine aber entscheidende Arbeiten nicht in ihrer Be-
deutung erkannt; er hat die Meinung der Autoren missverstan-
den und das ganze von ihm mit so viel Liebe und Sorgfalt
ausgeführte und von den verschiedensten Standpunkten be-
leuchtete Situationsgemälde, weit entfernt eine richtige Vor-
stellung der momentanen Sachlage zu geben, ist vielmehr nichts
als eine fast ununterbrochene Kette der gröbsten Missverständ-
nisse, Irrthümer und Unrichtigkeiten.
Es ist mir ganz unmöglich dem Verfasser auf allen seinen,
oft ziemlich verschlungenen Irrwegen zu folgen, und ich muss
mich für diesmal darauf beschränken nur die wichtigsten dies-
bezüglichen Thatsachen kurz hervorzuheben.
So erwähnt der Verfasser, dass bei Bordeaux (wo im
Grunde genommen die Zusammensetzung des Miocaen aus einer
älteren und jüngeren Stufe zuerst erkannt wurde), die Lage-
rungsverhältnisse der Schichten sehr unklare zu sein schienen,
und dass speciell die Auflagerung des Falun von Salles auf
den Falun von Saucats nur an einem einzigen Punkte, näm-
lich bei La Sime beobachtet werden konnte, eine Thatsache
die überdies noch sehr zweifelhaft sei, da aus den mit Salles
verglichenen Schichten bloss Cardita Jouanneti citirt werde, die
bekanntermaassen auch bereits in älteren Schichten vorkomme.
Alles dies ist jedoch gänzlich unrichtig. Die älteren
Autoren waren allerdings in Bezug auf die Schichtenfolge in
verschiedenen Irrthümern befangen; seitdem man jedoch an-
gefangen das klassische Profil im Thale von Saucats zu studiren,
sind alle diese Unklarheiten vollkommen gehoben. Das Thal
von Saucats wurde von verschiedenen Forschern (Tourxov£r,
Linpxer, BexoIst, MAYER) in allen seinen zahlreichen Verzwei-
gungen und Seitengräben mit einer geradezu ermüdenden Sorg-
falt Schicht für Schicht und Bank für Bank aufgenommen, und
nachdem die Resultate der verschiedenen Autoren in Bezug
auf die Schichtenfolge auf’s Beste übereinstimmen und nachdem
es auch ohne Schwierigkeiten gelungen ist die bei Merignac,
Bazas und an anderen Punkten beobachteten Schichtfolgen mit
dem Normalprofil von Saucats in Uebereinstimmung zu bringen,
so kann hier heut zu Tage von einer Unklarheit keine Rede
mehr sein und muss das Tertiär von Bordeaux vielmehr zu
den bestbekannten Tertiärgebieten gezählt werden.
Was aber den Falun von Salles anbelangt, so ist dessen
Auflagerung auf die älteren Faluns im Thale von Saucats nicht
133
nur bei La Sime sondern auch bei Cazenave nachgewiesen
und ist aus diesen Schichten bisher nicht nur Cardita
Jouanneti bekannt, wie Tıerzz bedauernd hervorhebt, sondern
Linpner hat bereits im Jahre 1869 !) von diesen beiden Locali-
täten etliche 50 Arten namhaft gemacht, und Bexoısr führt
in seiner grossen im Jahre 1873 erschienenen Arbeit?) nicht
weniger als 230, sage zweihundert und dreissig Arten
aus diesen Schichten an, mithin blos 25 Arten weniger als
der Falun von Pont Pourquey, der reichste Falun des Tertiärs
von Bordeaux enthält. Unter den von Lixpner angeführten
Arten findet sich nicht eine einzige Horner-Art und unter den
250 von Brxoıst erwähnten Arten ist nur eine einzige, welche
sonst als eine bezeichnende Art der ersten Mediterranstufe
angesehen wird, nämlich Arca Fichtelü.
Aussserdem wurde jedoch die Auflagerung des Falun von
Salles auf den Falun von Leognan noch durch eine Brunn-
grabung bei Arcachon direct nachgewiesen, über welche BırLıor
ausführlich Nachricht giebt), und überdies wäre hier wohl auch
noch die Mollasse von Martignas bei Bordeaux anzuführen,
welche ebenfalls dem Horizont von Salles angehört; denn wenn
hier auch der ältere Falun als Unterlage dieser Mollasse nicht
an Ort und Stelle selbst sichtbar ist, so tritt derselbe doch
ganz in der Nähe unter solchen Umständen auf, dass an seiner
Ueberlagerung durch die Mollasse nicht gezweifelt werden kann. —
Tıerze hat eben von der ganzen reichen Literatur über
das Tertiär des südwestlichen Frankreichs nur ein paar der
älteren Arbeiten benützt, hingegen die eigentliche Hauptquelle,
die „Actes de la Societee Linneenne de Bordeaux“, welche
alle die grossen massgebenden Arbeiten von Linpser, Tour-
NOUER, BENOIST, sowie eine wahre Unmasse kleinerer Mitthei-
lungen enthalten, gänzlich übersehen.
Tıetze hebt im Verlaufe seiner Arbeit zu wiederholtenmalen
hervor, dass die Ablagerungen der ersten und zweiten Mediterran-
stufe in der Regel räumlich getrennt, gewissermassen stellver-
tretend auftreten und dass eine Ueberlagerung der einen durch
die andere bisher noch nirgends mit Sicherheit nachgewiesen sei.
Es ist dies ein Argument, welches überhaupt mit Vorliebe
von den Gegnern der Unterscheidung der zwei Mediterranstufen
angeführt wird, doch habe ich niemals recht begriffen wie man
eine derartige Behauptung aufstellen könne, deren gänzliche
Unrichtigkeit wohl augenfällig ist.
Dass bei Bordeaux die älteren Mediterranablagerungen von
den jüngeren thatsächlich direct überlagert werden, ist nach
2 Actes Soc. Linn. Bordeaux, vol. XXVII, pag 451.
2») ibid. vol. XXIX, pag. 1.
>») ibid. vol. XXVI, pag. 241.
134
dem Vorhergehenden wohl nicht zu bezweifeln. Aehn-
liche Verhältnisse finden sich jedoch auch im östlichen Theile
des Beckens der Garonne in der Umgebung von Soos und Ga-
barret. Hier finden sich fossilreiche Miocänbildungen, welche
beiläufig unseren Molterschichten entsprechen, überlagert von
einer mächtigen Süsswasserablagerung mit Gypsflötzen in derem
Hangenden abermals petrefactenreiche Meeresbildungen auftreten,
welche ihrer Fauna nach den Schichten von Grund entsprechen. —
In Portugal ist der Gegensatz zwischen erster und zweiter
Mediterranstufe sehr em erkennbar, indem zur ersteren
die Localitäten Prazeres, Brandäho, Campo Pequeno,
Entre Campos, Rego, Palmo, Carnide, Mutella,
Saccarem, zur letzteren dagegen die Localitäten Adiga und
Cacella gehören!,. Nach Suarpe’) bilden nun die fossilien-
führenden Schichten von Adica das höchste Glied des Miccäns
von Lissabon (der Almaden Series) und würde demnach, vor-
ausgesetzt, dass diese Angabe auf einer wirklichen Beobachtung
beruht, auch hier die Ueberlagerung der ersten durch die zweite
Mediterranstufe erwiesen sein.
Ausserordentlich klar und bestimmt ist die palaeonto-
logische Verschiedenheit der beiden Mediterranstufen und die
Ueberlagerung der ersten durch die zweite in Nord-Italien zu
erkennen, wo dieselben seit langer Zeit von Seiten der italie-
nischen Geologen unter der Bezeichnung Miocenico medio
und superiore als altersverschiedene Stufen des Miocäns
unterschieden werden.
Als Typus des Miocenico medio gilt der Serpentinsand
der Superga, welcher in Wechsellagerung mit Schlier-Mergeln
den grössten Theil des Hügellandes des Montferrats bei
Turin zusammensetzt und dessen ausserordentliche palaeon-
tologische Uebereinstimmung mit den Tertiärbildungen von Sau-
cats und Leognan bereits von den ersten Autoren hervorge-
hoben wurde, welche diese Ablagerungen studirten, und seit
dieser Zeit fort und fort neue Bestätigung erhielt. Ebenso gross
ist aber die Uebereinstimmung, welche die Fauna dieser Ser-
pentinsande mit der unserer Hornerschichten, sowie mit jener
der baierischen und schweizerischen Meeresmollasse zeigt. Die
wichtigsten Arten in denen sich diese Uebereinstimmung aus-
spricht sind nachstehende:
Cypraea gibbosa Bon. Murex subasperrimus ORB.
Strombus decussatus Bon. Pyrula Lainei Basrt.
Voluta magorum Bon. Pyrula clava BasT.
lt) Siehe : RızEiro, Les formations tertiaires du Portugal. Paris 1880.
BERKELEY ÜOTTER, Fosseis das bacias tereiarias marinas
do Tejo, do Sado e do Algarve. Lissabon 1879.
*) Transactions Geol. Soc. London. 2. Ser., VI, 1841, pag. 107.
135
Buceinum Veneris Basr.
(assis Rondeletti Basr.
Pereiraea (Pleurotoma) Bredai
Natica compressa Sısm.
„ scalaris Beut. MicHr.
Lutraria sanna Basrt.
MicnHr. Cytherea erycinoides Lam.
(erithium Charpentieri Bast. (ardita pinnula Basrt.
\ calculosum DErFR. Mytilus Haidingeri HöRrn.
Turritella Desmarestiana Bast. Pecten Holgeri.
R cathedralis BRoNG. ? Burdigalensis.
= terebralis Lam » beudanti Basr.
2 strangulata GRAT. „ denudatus REuss.
Ich habe nun an 3 verschiedenen Stellen den Hügelzug
des Montferrats verquert und jedesmal im Hangenden des Mio-
cenico medio das Miocenico superiore gefunden, welches im
(egensatze zu den vorhergehenden Ablagerungen meist aus
weichen, lockeren, sandigen Mergeln, Sanden und Geröllen
besteht. Die Fossilien, welche ich bei ganz kurzem Aufenthalt
an den betreffenden Fundorten sammeln konnte sind folgende:
Conus sp.
Marginella sp.
Ringiceula buceinea.
> costata.
Erato laevis.
Mitra pyramidella.
Columbella tiara.
= nassoides.
Cassidaria echinophora.
Buccinum Rosthorni.
5 semistriatum.
i turbinellus.
4 prismaticum.
„ SP.
Tritonium cf. affine.
" cf. apenninicum.
Tleurotoma coronata.
x Bellardi Do».
5 brevirostrum SoW.
he Suessi HÖRN.
Cancellaria sp.
Cerithium salmo.
Turritella Archimedis.
Trochus patulus.
Natica helicina.
Natica müllepunctata.
Josephinia.
3 cf. redempta.
Bulla cf. Brocchi.
alyptraea chinensis.
Vermetus intortus.
Teredo sp.
Corbula gibba.
Ervilia sp.
Donax cf. intermedius.
Venus sp.
Cytherea Pedemontana.
Tapes vetula.
Cardium Turonicum.
” SP-
Chama cf. austriaca.
Cardita Jouanneti.
Leda pellucida.
„ nitida.
Pectunculus pilosus.
Pecten cf. Besseri.
Sat SP:
Balanus Sp.
Dendrophyllia sp.
Trochocyathus Sp.
”,
®
Wie man sieht, lauter gewöhnliche und allgemein verbrei-
tete Arten der zweiten Mediterranstufe und des
Tortonien
(miocenico superiore) ohne jegliche Beimengung von älteren Arten,
136
Ich muss hier um Missverständnissen vorzubeugen gleich.
noch auf einen Punkt zu sprechen kommen, den Herr TiETzE
mit besonderer Vorliebe behandelt, nämlich auf den blauen
Tegel im Garten Roasenda, welcher augenscheinlich unter
dem Schlier, ja auch unter der Serpentinmollasse liegt und
dessen Fauna gleichwohl mehr an den Badnertegel als an den
Schlier erinnert. Herr Tıetze kommt wie gesagt zu wieder-
holtenmalen auf diesen Punkt zurück, um zu zeigen, wie hier
Ablagerungen mit dem Charakter der zweiten Mediterranstufe
unter solchen der ersten Mediterranstufe liegen und an dieser
Thatsache die Unhaltbarkeit dieser Zweitheilung überhaupt zu
beweisen.
Die Sache ist nun aber doch nicht ganz so einfach.
Es ist zwar ganz richtig, dass in der vorgenannten Fauna
die charakteristischen Schlierformen wie Aturia Aturi, Lueina
sinuosa, Pecten denudatus u. s. w. fehlen, uud dass der Habi-
tus der Fauna mehr an den Badner Tegel als an Schlier
erinnert. Wenn man jedoch die Fauna namentlich an der
Hand der neueren Publicationen BELLARpIs genauer durch-
nimmt, so stellt sich heraus, dass dieselbe keineswegs so un-
bedingt mit der Fauna des italienischen Tortonien (Miocenico
superiore) übereinstimmt. Es findet sich nämlich eine ganze
Reihe von Arten, welche in Italien dem Miocenico superiore
fremd sind und nur im Miocenico medio vorkommen und unter
denselben ist wieder eine Gruppe von äusserst charakteristi-
schen weitverbreiteten Arten der älteren Mediterranstufe.
Die wichtigsten dieser Arten sind folgende:
Pleurotoma Genei BELL.
trochlearis HÖöRx.
Voluta taurina Bon.
„ magorum Brose. h. =
Oliva suturalis Bon. > serrata Hörn.
Mitra angistoma MicHrt. Turritella taurinensis MıcHT.
Cassis Rondeletti Basr. a cathedralis Bronc.
Typhis intermedius BELL. Turbo Bucklandi Basr. h.
Murex Borsoni Miıcnar.
„ Gastaldi BELL.
„ geniculatus BELL.
„ electus BELL.
Pyrulı clava Bast.
Mitraefusus orditus BELL. MicHT.
Strepsidura globosa BELL.
Mayeria acutissima BRL1.
Borsonia prima BELL.
Pleurotoma Bonelli BELL.
„ Orbignyi BELL,.
Trochus turritus Bon.
Rotella Defrancei Bast.
Natica scalaris BEL. MiıcHT.
Nerita Plutonis BAst.
Ringicula Bonelli Deca. h.
Limopsis taurinensis MIcHT.
Cardita crassicosta Lam.
„ pinnula Bast.
Cardium taurinum Mich.
Solenomya Doderleini MAYER.
Rechnet man nun noch hinzu, dass in der vorliegenden
Fauna eine Reihe der bezeichnendsten und allgemein verbrei-
teten Arten des Tortonien, wie z. B. Cardita Jouanneti, (ardita
radista, Venus multilamellata, Cerithium vulgatum, Turritella Ar-
chimedis u. a. fehlen, so scheint man wohl berechtigt zu sein
diese Fauna, trotz ihrer habituellen Uebereinstimmung mit
Baden, doch der ersten und nicht der zweiten Mediterranstufe
zuzurechnen, wie denn auch von Beruarpt diese Localität that-
sächlich ins Miocenico medio und nicht ins Miocenico superiore
gestellt wird.
Ebenso klar und überzeugend wie im Montferrat ist die
Zweitheilung des Miocän und die Ueberlagerung der ersten
durch die zweite Mediterranstufe am ganzen Nord- und Öst-
rande der Apenninen von Aqui angefangen bis Ancona und
Camerino zu verfolgen.
Die erste Mediterranstufe (Miocenico medio) besteht hier
aus Conglomeraten, Bryozoenkalken, Serpentinmollasse, Schlier-
mergel, Kalkstein mit Lucina pomum, sowie theilweise auch
aus Flysch-ähnlichen Bildungen, während die zweite Mediter-
ranstufe (Miocenico superiore) aus den bekannten Pleurotomen-
thonen, sowie aus Sanden, Geröllen, Conglomeraten und Nulli-
porenkalken zusammengesetzt ist, welche durch ihren ausser-
ordentlichen Petrefactenreichthum berühmt sind (Stazzano, Santa
Agata, Vigoleno, Monte Gibbio, Montebarranzone, Sogliano).
Hiezu muss man noch die lignitführenden Schichten mit Ce-
rithium lignitarum von Sogliano rechnen.
Die Ablagerungen der ersten Mediterranstufe sind in diesem
Gebiete namentlich durch den ausserordentlichen Reichthum
an Echiniden ausgezeichnet, welche zum grössten Theile der
älteren Mediterranstufe eigenthümlich zu sein scheinen und
zum grossen Theile sich auch in den gleichzeitigen Ablagerungen
des Montferrats, in den Hornerschichten Nieder-Oesterreichs,
im Kalkstein von Santa Manza auf Corsica, in den Schio-
schichten Nord-Italiens und Maltas, sowie in den Schichten
von Leognan und Saucats wiederfinden, wobei namentlich auch
das Vorkommen verhältnissmässig alterthümlicher Typen wie
Macropneustes, Heterobrissus, leistechinus hervorgehoben zu
werden verdient. Bemerkenswerth ist auch das Vorkommen
von Pentacrinus Gastaldi, welcher nunmehr von zahlreichen
Punkten des westlichen Mittelmeerbeckens bekannt ist, jedoch
constant nur in solchen Ablagerungen gefunden wurde, welche
der ersten Mediterranstufe entsprechen.
Von Peeten-Arten finden sich: Zecten Haueri Mıcur., P.
oblitus Mıcat., P. Bonifaciensis Loc. (= Northamptoni MıcHr.),
denudatus Reuss, rotundatus Lam., revolutus MıcHr., nebst zahl-
reichen neuen Arten.
138
Die meisten dieser Arten kommen auch in den Serpentin-
sanden des Montferrats vor und sind mit Ausnahme von P.
denudatus bisher in jüngeren Ablagerungen noch nicht nach-
gewiesen worden.
An sonstigen Conchylien sind diese Ablagerungen durch-
aus nicht arm, doch sind dieselben wegen ihrer verhältniss-
mässig minder günstigen Erhaltung bisher noch wenig studirt
worden. In den Schlierbildungen. alleemeinn verbreitet sind
Aturia Aturi, Solenomya Doderleini, Lucina sinuosa,
Pecten denudatus, Lucina pomum, "welehe letztere Art
namentlich im Hangenden des Schliers unmittelbar unter dem
Tortonien einen bestimmten Horizont bildet (Calecare a Zu-
cina pomum).
Hervorgehoben zu werden verdient noch das Vorkommen
von Kieselspongien, welche bereits an mehreren Punkten
nachgewiesen wurden und namentlich in der Umgebung von Mon-
tese so wie in Algier förmlich schichtenbildend auftreten.
Die Ablagerungen der zweiten Mediterranstufe (Miocenico
superiore, Tortonien), sind seit langer Zeit wegen ihres ausser-
ordentlichen Reichthums an Petrefacten bekannt und DODERLEIN
hat bereits im Jahre 1862 aus den 3 Localitäten Monte
Gibbio, Vigoleno und Santa Agata allein ca. 900 Con-
chylien- Arten angeführt. Unter diesen 900 Arten kommen
jedoch bloss 4 vor, welche sonst als Arten der ersten Medi-
terranstufe betrachtet werden, nämlich:
Venus islandicoides,
Öytherea erycina,
Arca Breislackt,
Pecten Beudanti,
welche wohl billigerweise als der Bestätigung bedürftig ange-
sehen werden können. Von den vorerwähnten Pecten- Arten
des Miocenico medio wurde im Tortonien Nord -Italiens noch
keine einzige nachgewiesen, auch Pecten denudatus nicht. Die
vorerwähnte Liste DopErLeın’s hat in neuerer Zeit ansehnliche
Bereicherungen erfahren, doch hat sich weder das Vorkommen
der vorerwähnten 4 Hornerarten bestätigt, noch wurden andere
Arten der ersten Mediterranstufe nachgewiesen.
Was nun die Lagerungsverhältnisse dieser Schichten an-
belangt, so kann über dieselben heutzutage nicht der geringste
Zweifel mehr herrschen.
In dem bereits von Parrro geschilderten, neuerer Zeit
jedoch von MAYeEr so genau studirten und mehrfach besproche-
nen Profil von Serravalle della Serivia bei Novi sieht
man in klarster Weise auf dem mächtig entwickelten Schlier
grobe Sande liegen, welche nach Mayvrr die Fauna der Ser-
pentinsande von Turin und Zucina pomum enthalten; darüber
folgen die ebenfalls ausserordentlich mächtig entwickelten tor-
tonischen Mergeln mit den beiden reichen Fundorten Stazzano
und Santa Agata, und über denselben endlich ein Coinplex
von Conglomeraten, Mergeln und Nulliporenkalk, welcher die
Fauna von Steinabrunn enthält und sich mithin als das genaueste
und vollkommenste Aequivalent unseres jüngeren Leythakalkes
darstellt.
Ein ganz ähnliches Profil zeigt sich im Modenesischen
längs dem Panaro von Montese über Guiglia und längs
der Secechia von San Michele zum Monte Gibbio.
Man sieht hier zu unterst die Serpentinmollasse von Mon-
tese mit der reichen Echinidenfauna und den Kieselspongien,
darüber den Schlier, über demselben den Calcare a Lucina
pomum und endlich als oberstes Glied des Miocäns die Schichten
von Montebarranzone, Rio del Videse und Monte
Gibbio mit der bekannten reichen Fauna des Tortonien.
In der Umgebung von Sogliano und San Marino ist
der Gegensatz zwischen den Bryozoen-Kalken des Monte Titano
(Miocenico medio) und den tortonischen Schichten von Sogliano
besonders scharf ausgeprägt und das höhere Alter des ersteren
auch durch die Lagerungsverhältnisse vollkommen sicher gestellt.
Ganz ähnliche Verhältnisse finden sich auch in Calabrien,
wie dies aus dem grossen Prachtwerke SEGuEnZa’s über dieses
Gebiet -wohl klar hervorgeht. SEGurnza unterscheidet hier
eine ganze Reihe von Schichtengruppen, welche er nach der
Maysr’schen Nomenclatur als Aquitanien, Langhien, Helvetien
und Tortonien bezeichnet, und aus den ausführlichen und
sorgfältig gearbeiteten Petrefactenverzeichnissen ist wohl unschwer
zu entnehmen, dass die älteren Horizonte der ersten, das
Tortonien aber der zweiten Mediterranstufe entspricht. Be-
sonders interessant ıst der Umstand, dass das Tortonien auch
hier in verschiedener Ausbildungsweise oder in verschiedener
Facies auftritt, nämlich in der Form von Badner Tegel, in
der Form von litoralen Sanden und endlich als typischer Ley-
thakalk (Calcare a modelli von Parmı). Die Altersverhältnisse
aller dieser Glieder sind hierbei durch directe Beobachtung der
Lagerungsverhältnisse vollkommen sicher gestellt.
In neuerer Zeit ist endlich durch CAPELLINI, CAarıcı und
Travasııa im südöstlichen Sicilien bei Licodia-Euböa
mächtig entwickelter typischer Schlier mit einer reichen Fauna
nachgewiesen worden. Ueber diesem Schlier folgen weissliche
Mergelkalke mit grossen Lucinen, hierauf petrefactenreiche
tortonische Mergel und über denselben endlich der Kalkstein
von Syracus, welcher bekanntlich ein genaues Aequivalent
unseres jüngeren Leythakalkes ist.
140
Unter solchen Umständen ist es gewiss sehr wenig zu-
treffend, wenn Herr Tırrze sein Urtheil über das italienische
Miocän dahin zusammenfasst, „es sei noch sehr zweifelhaft, ob
man in Italien überhaupt werde eine Trennung der beiden
Mediterranstufen durchführen können.“
Allerdings wird dieses Urtheil bis zu einem gewissen Grade
begreiflich, wenn man liest, dass er sich hierbei ausschliesslich
auf meine Arbeiten gestülzt habe. Meine letzte Arbeit über
diesen (segenstand datirt nämlich aus dem Jahre 1878, während
die meisten der wichtigen und ausschlaggebenden Arbeiten über
dieses Gebiet erst nach diesem Datum oder doch zu einer Zeit
erschienen, wo ich sie nicht mehr benutzen konnte. Hierher
gehören die Arbeiten Mayer’s über das Profil von Serravalle,
die Arbeiten Mazzermis über das Miocän von Montese,' die
zahlreichen Arbeiten Manzonts über die Echinodermen des
Schliers von Bologna, über die Kieselspongien von Jola, über
das miocäne Alter des Macigno von Porretta, über das Tor-
tonien von Bologna etc. Hierher gehören zahlreiche Arbeiten
CAPELLINTs und Forestis über das Miocän von Bologna und
Ancona, die Mittheilung Cawavarıs über den Schlier von Ca-
merino, das grosse Werk Sesurnza’s über die Tertiärbildungen
von Reggio in Calabrien, die interessanten Arbeiten Carıcr's
und Travagrıa’s über das Tertiär von Licodia-Euböa etc. etc.
Alle diese Arbeiten hat Herr Tırrze vollständig bei Seite
gelassen und sich ausschliesslich auf meine Arbeit und auch
hier wieder fast ausschliesslich auf meine Mittheilung über den
Tegel im Garten Roasenda beschränkt. Dass Tırrze bei einer
derartig eklektischen Benutzung der Literatur vollkommen im
Dunklen blieb, wird gewiss Niemanden verwundern, doch möchte.
es mir scheinen, dass er unter solchen Umständen besser ge-
than hätte, den Gegenstand überhaupt nicht zu berühren.
In meiner Arbeit über Malta sowie in mehreren späteren
Arbeiten habe ich die Ansicht vertreten, dass die Schioschichten
ein höheres Alter hätten als unsere Hornerschichten nnd dass
man in ihnen einen selbstständigen Horizont sehen müsse, der
zwischen Oligocän und Miocän vermittele. Die späteren Er-
fahrungen haben diese Ansicht jedoch nicht bestätigt. Es hat
sich gezeigt, dass der häufigste Pecten der Schioschichten, den
man allgemein mit dem J/’ecten deletus MICHELOTTI aus
dem Oligocän des Bormidathales identifieirte, mit dieser Art
thatsächlich nichts zu thun habe, sondern mit dem ım Miocän
von Bonifacio vorkommenden P. Pasini MEsEGH. identisch sei.
Auch andere Pecten-Arten der Schioschichten wurden in sicheren
Miocänbildungen nachgewiesen. Dauzs zeigte, dass die Echi-
nidenfauna der Schioschichten gar nichts mit jener der Gom-
bertoschichten zu thun habe und einen vollständig miocänen
il ee 1 1 a en 3
141
Charakter besitze. Locarnp und CorrEau wiesen nach, dass
die meisten der aus den Schioschichten Malta’s beschriebenen
Echiniden auch im Miocän von Santa Manza auf Corsica vor-
kommen und schliesslich wurde in den Schioschichten Gozzos
sogar ein Mastodonzahn aufgefunden.
Aus alledem geht aber wohl mit Sicherheit hervor, dass
man die Schioschichten dem Miocän anschliessen müsse, wo
sie wahrscheinlich eine besondere Facies der tiefsten Horner-
schichten bilden.
Von diesem Standpunkte aus gewinnt aber die Schichten-
folge auf Malta ein ganz besonderes Interesse, indem man hier
von unten nach oben nachstehende Schichten unterscheiden
kann:
1. Schioschichten mit Scutella subrotunda, Clypeaster
latirostris, Conoclypus plagiosomus, Pericosmus latus, Pecten Pasini,
Pecten dubius bei Abich, P. placenta Fuchs, Orbitoides sp.,
Mastodon sp., Squalodon. In den obersten Schichten voll
Pteropoden (= Hornerschichten),
2. Blauer Mergel mit 4turia Aturi, Sepia sp., Peeten
Koheni, Pecten cristatus, P. denudatus, Lucina sinuosa, Pleurotoma
cataphracta; in den tiefsten Schichten an der Grenze gegen die
vorherigen mit sehr viel Pteropoden (= Schlier).
3. Grünsand und Heterosteginen-Kalkstein mit
zahlreichen grossen Clypeastern, Haifischzähnen, Pecten Tour-
nali, Pecten Karalitanus MenzcH. (= Besseribei Hörnes), P.
crıstatus, elegans, substriatus, Turritella cathedralis, Cytherea
Pedemontana, Cardium hians, Lucina incrassata, Arca ef. Fichtelü,
Nautilus, Voluta, Oliva, Oypraea etc. (= Grunder Schichten ?).
4. Oberer Kalkstein mit Pecten latissimus, Tournali,
elegans, Reussi, cristatus, Lucina columbella, Cardita Jouanneti,
Venus multilamella, ‚ineillaria glandiformis, Strombus coronatus,
Buceinum Philippi, B. Dujardini, Turritella vermicularis, T.
Riepelü, Trochus patulus, Tr. fanulum ete. (= jüngerer Leytha-
kalk).
Auch in den Südalpen Veneziens sind die beiden Medi-
terranstufen deutlich erkennbar, indem hier die ältere Medi-
terranstufe durch die Schioschichten von Schio, Bassano,
Belluno und Serravalle, sowie wahrscheinlich auch durch
den Schlier-antigen Mergel von Crespano und den Grünsand
von Monfumo, die jüngere hingegen durch die petrefactenreichen
Tegel, Sande und Gerölle von Asolo und deren Aequivalente
dargestellt wird. Dass aber die ersteren von den letzteren
thatsächlich überlagert werden, scheint nach den vorliegenden
Angaben wohl nicht zweifelhaft zu sein. —
Wenden wir uns nun von Italien nach Oesterreich, so
finden wir auch hier zahlreiche Beispiele, wo das höhere Alter
142
der ersten Mediterranstufe durch die Lagerungsverhältnisse un-
zweifelhaft nachgewiesen ist.
Bei Grübern südl. von Meissau werden petrefacten-
reiche Hornerschichten direct von Schlier überlagert.
Bei Platt und Grussbach ist die Ueberlagerung des
Schlier durch die Grunderschichten constatirt.
Die Leythakalke des Buchberg bei Mailberg liegen auf
(Grunderschichten und Schlier.
Bei Seelo witz ın Mähren sieht man am Weihonberg
Schlier, Badnertegel und Leythakalk, alle drei reich an bezeich-
nenden Versteinerungen, in unmittelbarer Ueberlagerung.
Bei Promontor südl. von Ofen folgen über den ober-
oligocänen Pectunculusschichten Sande und Gerölle der ersten
Mediterranstufe, reich an folgenden Fossilien '):
Aturia Aturi. Cardium cf. discrepans Basr.
Oassidaria cf. Buckü. Pectunculus pilosus.
Pyrula cingulata. “= i Fichtelü Desn.
Cerithium papaveraceum Bast. Pecten solarium (gigas).
„ margaritaceum Brocc. cf. Holgeri.
”
Turritella vermicularis. „ Burdigalensis.
cathedralis. „. Kkollen
Xenophora Deshayesi. „ Beudantı.
Trochus patulus. „ palmatus.
* Ensis Rollei Hörnss. „. spinulosus MicHT.
* Punopaea Menardi Desn. Malvinae cf.
Venus umbonaria. Osiraea Boblayi.
*Öytherea Pedemonstana Acass. Ä digitalina.
*Tellina lacunosa UHEnN. 5 gingensis.
Cardium Kübekü Ri crassissima.
seu Burdigalinum. „Inomia costata, sehr häufig.
Unmittelbar auf diesen Sanden liegt jüngerer Leythakalk
mit Trochus patulus, Panopaea Faujasi, Cerithium scabrum, Conus
div. sp. und hierauf sarmatische Schichten.
Es ist zwar richtig, dass hier bei Promontor dieser obere
Leythakalk sehr wenig "mächtig ist, doch wurde er nach PErtErs
ein wenig weiter südlich, gelegentlich einer Brunnengrabung,
unter den sarmatischen Ablagerungen in grösserer Mächtigkeit
und mit reicher Petrefactenführung angetroffen, und ebenso
kann wohl kein Zweifel sein, dass die Leythakalke, welche im
directen Streichen der in Rede stehenden Schichten bei Sös -
kut und Steinbruch unmittelbar im Liegenden der sarma-
!) Die mit einem * bezeichneten Arten verdanke ich einer freund-
lichen Mittheilung Herrn v. Löczy’s.
ao
143
tischen Schichten getroffen werden, die directen Fortsetzungen
dieses oberen Leythakalkes sind.
Aus dem Leythakalke von Steinbruch jedoch hat Hauavars
im Jahre 1881 etliche 40 Arten namhaft gemacht, unter denen
sich nicht eine einzige Hornerart befindet, und namentlich fehlen
die in den unteren Sanden von Promentor so häufigen Pecten-
arten der Hornerschichten hier vollständig und finden sich an
deren Stelle die gewöhnlichen Arten des oberen Leythakalkes
Pecten aduncus und Leythajanus ').
In der Gegend von Waitzen und Gran sowie im Hon-
ther und Neograder Comitate, werden die marinen Miocän-
bildungen durch die Ausbrüche der Trachyte in eine ältere
und eine jüngere Abtheilung getrennt.
Zu den Ablagerungen unter den Trachyten gehören die
weitverbreiteten Anomiensande mit Anomia costata, Ostraea
digitalina und Pecten ventilabrum, welche den Anomien-reichen
Sanden von Promontor gleichgestellt werden, sowie die Kohlen
von Salgo Tarjan, in deren Liegendem sehr bezeichnende
Fossilien der ersten Mediterranstufe auftreten:
Öerithium margaritaceum.
Pyrula clava.
Oalyptraea Chinensis.
Öytherea erycina.
Cardium multicostatum.
Arca turonica oder Fichtelii.
Avicula phaluenacen.
Pecten Beudanti.
Reussi.
„cf. palmıtus.
Ostraea gingensis.
”
Bei St. Andrae nördlich von Ofen findet sich über dem
Anomiensand und theilweise allerdings bereits in den tiefsten
Schichten des Trachyttuffes eingelagert eine Fauna von aus-
gesprochenem Horner-Charakter;
Ostraea crassissima.
2 gingensis.
Mactr.ı Bucklaundi.
Tellina strigosa.
lacunosu.
" CrASSsu.
Gratelupie irregularis.
D]
") Nach einer nenerlichen freundlichen Mittheilung Herrn v. Löczy’s
P. Besseri Annr.
144
Solen vagina.
Aneillaria glandiformis.
Pyrula rusticula.
Cerithium plicatum.
Turritella cathedralis.
Die marinen Ablagerungen über den Trachyten und Trachyt-
tuffen tragen überall den Charakter der zweiten Mediterranstufe
an sich. Es gehören hierher die bekannten petrefactenreichen
Leythakalke von Visegrad, Nagy Maros, Kemenze, die
fossilienreichen Sande von Szobb u. v. a.
Von Szobb führte Stacaz bereits im Jahre 1865 214
Arten auf, und unter diesen findet sich nicht eine einzige,
welche auf die erste Mediterranstufe oder überhaupt auf ältere
Horizonte hinwiese.
Im nordwestlichen Siebenbürgen in der Umgebung
von Klausenburg, im Szilagyer Comitate und bei Gross-
wardein zeigen sich ganz ähnliche Verhältnisse, indem auch
hier die Trachyttuffe ein jüngeres Glied des marinen Miocäns
darstellen. Die bekannten Schichten von Korod mit Pecten
solarium und Orrdium Kubecki, die Schichten von Hidalmas,
sowie die Conglomerate von Zilah mit Pecten Holgeri zeigen
keine Spur von Trachyttufimaterial, während die Fossilien, welche
im oder über dem Trachyttuff gefunden werden, stets den Cha-
rakter der zweiten Mediterranstufe an sich tragen.
Bei Fünfkirchen hat Böck# unter fossilreichen Thonen
der jüngeren Mediterranstufe grobe Sande nachgewiesen, welche
Bänke von Ostraea gingensis, crassissimn und Mytilus Haidingeri
enthalten und ven ihm der ersten Mediterranstufe zugerechnet
werden.
In neuester Zeit hat endlich Bırrner nachgewiesen, dass
in Südsteyermark in der Gegend von Trifail und Sagor
zwei Jeythakalkhorizonte vorkommen, ein älterer, welcher
unter dem Tüfferermergel liegt und eine Fauna von ausge-
sprochenem Horner-Charakter enthält, und ein jüngerer über
dem Tüfferermergel, dessen Fauna den Charakter der zweiten
Mediterranstufe zeigt.
Unter solchen Umständen ist es allerdings schwer ver-
ständlich, wenn man fort und fort die Behauptung hört, dass
die zwei Mediterranstufen stets räumlich getrennt von einander
auftreten und dass man sichere Fälle von Ueberlagerung der
älteren durch die jüngere überhaupt nicht kenne. Herr Tıerze
spricht sich zwar in dieser Richtung nicht so apodiktisch aus,
aber er weiss doch nicht einen einzigen solchen Fall anzuführen
und schliesst daran die Ansicht, dass die Verschiedenheit der
beiden Mediterranstufen nicht sowohl in einer Altersverschie-
denheit, als vielmehr in einer Faciesverschiedenheit zu suchen sei,
145
Ja wenn dies der Fall wäre, so wäre die Sache freilich
sehr einfach, aber es sicher, dass man in diesem Falle gewiss
nicht bis heute hätte warten müssen um auf diese Idee ge-
bracht zu werden.
Dies war ja eben die ursprüngliche Ansicht von Suess, dies
war anfänglich auch meine Meinung, und überhaupt ist gewiss
Niemand mehr geneigt, vorhandene Verschiedenheiten in geo-
logischen Bildungen auf Faciesverhältnisse zurückzuführen, als
ich es bin. Wenn ich nun gleichwohl meine ursprüngliche
Anschauung aufgegeben, so geschah es eben deshalb, weil ich
mich durch fortgesetzte Studien von der Unhaltbarkeit derselben
überzeugte, weil ich mich überzeugte, dass es unmöglich
sei die vorhandenen Verschiedenheiten auf Facies-
verschiedenheiten zurückzuführen.
Welcher Art sollten auch diese Faciesverschiedenheiten sein ?
Man kennt die ältere Mediterranstufe in der Form von
Korallen- und Nulliporen-Kalken, von Bryozoenkalken und
Bryozoensanden mit Austern, Pecten und Balanen; in der Form
von Tellinen-Sanden mit Tellinen, Lucinen, Cardien, Solen,
Psammobien und andern dünnschaligen Bivalven; in der Form
gastropodenreicher Faluns; in der Form von Pleurotomen-
thonen und Pteropodenmergeln, sowie in allen möglichen Ueber-
gängen zwischen diesen Ablagerungsformen.
Genau dieselben Ablagerungsformen wiederholen sich aber
auch in.der zweiten Mediterranstufe. Auch hier haben wir
Nulliporen- und Korallenkalk, Bryozoenkalke und Bryozoen-
sande, Tellinensande, gastropodenreiche Faluns und Pleurotomen-
thone, aber die Arten sind in den analogen Ablagerungen trotzdem
constant bis zu einem gewissen Grade verschieden, und anderer-
seits lässt sich in jeder einzelnen Stufe trotz der ausserordent-
lichen und weitgehenden Vielgestaltigkeit der Ablagerungsformen
deren Zusammengehörigkeit zu einer höheren Einheit erkennen.
Nichts kann wohl auf den ersten Blick verschiedener
scheinen, als die Sande von Pötzleinsdorf und der Badnertegel,
und doch lässt sich der überzeugende Nachweis führen, dass
diese Verschiedenheit nur auf einer Verschiedenheit der Facies
beruht. Andererseits kann es habituell gar nichts ähnlicheres
geben als die Sande von Pötzleinsdorf und jene von Gaudern-
dorf, und doch kommen in Gauderndorf eine ganze Reihe von
Arten vor, welche weder in den Pötzleinsdorfer Sanden noch
in anderen Ablagerungen der zweiten Mediterranstufe gefunden
werden, welche aber andererseits in der ersten Mediterranstufe
durchaus nicht auf die Gauderndorfer Sande beschränkt sind,
sondern auch in andern Facies derselben Stufe auftreten.
Ebenso zeigen die Pecten- und Austernsande von Neudorf
habituell genau den Charakter der Eggenburger Schichten, wäh-
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VII. 1. 10
146
rend aber hier Pecten Holgeri, Rollei, Beudanti und palmatus
auftreten, finden sich in Neudorf Peeten latissimus, aduncus und
Besseri, und es ist dabei zu bemerken, dass diese letztgenann-
ten Pecten-Arten innerhalb der zweiten Mediterranstufe durch-
aus nicht auf die Neudorfer Sande beschränkt sind, sondern
gelegentlich in allen übrigen litoralen Facies gefunden werden,
ebenso wie Pecten Holgeri, Rollei, Beudanti und palmatus inner-
halb der ersten Mediterranstufe durchaus nicht auf die Facies
der Eggenburger Schichten beschränkt sind, sondern auch in
den Gauderndorier Sanden, in Korallenkalken und anderen
Ablagerungsformen gefunden werden.
Pyrula clava findet sich bei Bordeaux zumeist in Ablage-
rungen, welche habituell unsern Grundersanden entsprechen,
bei Gauderndori findet sie sich ın Tellinensanden, bei Turin in
den groben Serpentinsanden und im Garten Roasenda sogar in
einem ausgesprochenen Pleurotomenthone; niemals ist aber diese
Art bisher in irgend einer Facies der zweiten Mediterranstufe
gefunden worden.
Diese Beispiele könnten nach Belieben vermehrt werden
und ist es ja überhaupt bekannt, dass die Faciesverhältnisse
mehr in den relativen Häufigkeitsverhältnissen gewisser Formen,
sowie in der Vergesellschaftung gewisser Typen ihren Aus-
druck finden und dass es kaum eine Art von grösserer Ver-
breitung giebt, welche ausschliesslich an eine bestimmte Facies
gebunden wäre.
Auf ähnliche Verhältnisse hat übrigens bereits TouRNOUER
aufmerksam gemacht, indem er hervorhob, dass die Mollasse
von Martignas bei Bordeaux sowie im Thale der Luy bei
Dax genau den Habitus der Mollasse ossifere von Leognan zeige
und so gewissermassen die Facies der Mollasse ossifere von
Leognan auf einer jüngeren Stufe mit andern Arten wiederhole.
Es hat allerdings eine Zeit gegeben, wo ich glaubte, dass
der Gegensatz zwischen den Hornerschichten von Esgenburg
und den marinen Tertiärbildungen der Gegend von Wien
und Baden sich werde darauf zurückführen lassen, dass die
Küste des Tertiärmeeres bei Eggenburg von Urgebirge, bei
Wien und Baden hingegen von Flysch und Kalk gebildet werde;
aber die Tertiärbildungen westlich von Brünn liegen genau so
auf Urgebirge wie jene von Eggenburg und gehören doch durch-
aus der zweiten Mediterranstufe an. Umgekehrt liegen die
Ablagerungen der ersten Mediterranstufe in Südsteyermark
und im südöstlichen Frankreich durchgehends auf Kalk, in
Italien grösstentheils auf Flysch.h Die marinen Mioecänbil-
dungen Bayerns, der Schweiz und Schwabens, welche fast aus-
schliesslich der ersten Mediterranstufe angehören, liegen gröss-
tentheils auf Flysch oder auf Kalk.
147
Der toskanische Conchyologe Arreuıus erwähnte einmal,
dass an flachen sandigen Meeresküsten, wo das Meereswasser
durch einmündende Süsswässer in sehr leichtem Grade brackisch
gemacht sei, sich eine eigenthümliche Fauna ansiedle, welche
sich durch die grosse Häufigkeit von Solen vagina, Polia legu-
mus, durch Lutrarien und andere grosse sandbewohnende Bi-
valven auszeichne. Diese Schilderung schien mir sehr gut auf
die Gauderndorfer Schichten zu passen. Wenn man dies aber
annehmen wollte, so müssten ja die Gauderndorfer Schichten
nirgends ausgedehnter entwickelt sein als in der Grazerbucht,
wo die marinen Ablagerungen längs des Gebirges zumeist aus
Geröllen, Sanden und Tegeln bestehen und die Einflüsse süssen
Wassers überall sichtbar sind; gleichwohl hat man hier noch
niemals eine Spur von Gauderndorfer Schichten oder überhaupt
von Ablagerungen der ersten Mediterranstufe nachgewiesen.
Wie aber sollte es sich mit den Ablagerungen der ersten Me-
diterranstufe bei Turin und Marseille verhalten, wo rasenbil-
dende Korallen so massenhaft auftreten, die Ablagerungen bis-
weilen als wirkliche Korallenkalke entwickelt sind, wo man
keine Spur von brackischen Einflüssen erkennen kann und wo
die Fauna dennoch den ausgesprochenen Charakter der ersten
Mediterranstufe an sich trägt?
Mit einem Worte, es scheint mir schlechterdings unmöglich
und gänzlich aussichtslos zu sein, die faunistischen Unterschiede
zwischen erster und zweiter Mediterranstufe auf Faciesverhält-
nisse zurückführen zu wollen und ich glaube auch nicht, dass
Herr Tıetze auf diese Sache zurückgekommen wäre, wenn ihm
der heutige Stand der Sache in ihrem Detail nur einigermassen
bekannt gewesen wäre. —
Herr Tırtze kommt in seinen Betrachtungen über die erste
Mediterranstufe mit besonderer Vorliebe auf den Schlier zu
sprechen und es ist sonderbar, dass bei der in neuerer Zeit
wieder aufgenommenen Discussion über die Zweitheilung des Mio-
cäns von den Gegnern dieser Anschauung stets der Schlier in den
Vordergrund gestellt wird, als ob dieser der wesentlichste Theil
oder doch das charakteristischste Element der ersten Mediter-
ranstufe wäre.
In Wirklichkeit ist dies jedoch durchaus nicht der Fall
Als RoLLe zuerst die „Hornerschichten“ als etwas Aelteres
von den übrigen marinen Miocänbildungen des Wiener Beckens
trennte, war ja vom Schlier gar keine Rede, und bei Bordeaux
und Dax, wo man schon viel früher zwei Stufen in den Mio-
cänbildungen unterschied, ist ja von einem schlierähnlichen
Element keine Spur vorhanden.
Auch in der Gegend von Ofen, Waitzen und Gran kennt
man den Schlier nicht. Suess hat den Schlier (wie übrigens
10*
148
auch Tırrze bemerkt) überhaupt nicht eigentlich zur ersten
Mediterranstufe gezogen, sondern in ähnlicher Weise als eine
Zwischenbildung zwischen erster und zweiter Mediterranstufe
aufgefasst, wie z. B. in Italien die Gypsformation einen zwar
äusserst fossilienarmen und doch so constanten und leicht er-
kenntbaren Horizont zwischen Pliocän und Miocän bildet.
Ueberhaupt ist die Schlierfauna bisher noch so wenig
bekannt und ist der Schlier auf weite Erstreckungen hin oft
so arm an Arten und überdies so sehr von eigenthümlichen
Faciesverhältnissen beherrscht, dass man ihn überhaupt nicht
gut zum Repräsentanten einer gewissen Altersstufe wählen
könnte. Die hervorstechendsten Eigenschaften des Schlier be-
ruhen offenbar auf Faciesverhältnissen, und nachdem man Ab-
lagerungen von ganz analogem Habitus auch im Pliocän aui-
geiunden, so war es wohl naheliegend, dass man derartige
„schlierähnliche“ Bildungen auch innerhalb der zweiten Medi-
terranstufe finden werde. In der That wäre es möglich, dass,
wenn auch nicht alle, so doch gewisse schlierartige Ablage-
rungen Galiziens in diese Kategorie gehören und muss es der
Zukunft überlassen bleiben zu entscheiden, ob und welchen
faunistischen Unterschied man zwischen solchen schlierartigen
Ablagerungen verschiedenen Alters werde constatiren können. —
Dass ich für mein Theil den Schlier bisher stets zur
ersten Mediterranstufe gezogen, hat seinen sehr einfachen Grund
darin, dass der Schlier in Nieder-Oesterreich von den Grunder-
schichten überlagert wird. Da nun aber die Grunderschichten
selbst noch so viele Horner-Arten enthalten, dass man sie von
einem gewissen Standpunkte aus noch selbst zur ersten Medi-
terranstufe ziehen könnte, so schien es mir naturgemäss, Schich-
ten, welche noch unter den (srunderschichten liegen, zur
älteren Mediterranstufe zu stellen. Als zweiter Anhaltspunkt
dienten mir die Verhältnisse in Italien, wo die Schlierbildungen
im Montferrat bei Turin in Wechsellagerung mit den Serpentin-
sanden auftreten und auch sonst allenthalben in engster Ver-
bindung mit den Ablagerungen der ersten Mediterranstufe ge-
funden werden. —
Man mag aber über das Alter des Schliers denken wie
man will, immer muss man sich vor Augen halten, dass der-
selbe im besten Falle nur einen untergeordneten Bestandtheil
der ersten Mediterranstufe bildet und keineswegs als deren
hauptsächlichster Typus und Repräsentant betrachtet werden darf.
Die wirklichen Repräsentanten der ersten Mediterranstufe
sind und waren immer die Faluns von Saucats und Leognan,
der Serpentinsand von Turin, die Korallenkalke von
Carry bei Marseille und von Santa Manza auf Corsica so-
wie die Hornerschichten Nieder-Oesterreichs, und wenn
149
jemand die Zweitheilung der Mediterranstufe bestreiten will,
so muss er sich gegen diese Ablagerungen wenden und nicht
gegen den Schlier. In Nieder-Oesterreich liegen die Horner-
schichten unter dem Schlier und mag man den Schlier zur
ersten oder zweiten Mediterranstufe ziehen, so bleiben die
Hornerschichten noch immer etwas Aelteres.
Tırrzr kommt auch zu wiederholten malen auf die Fauna
der ersten Mediterranstufe zu sprechen und stellt diesbezüg-
lich eine ganze Reihe von Behauptungen auf, von denen eine
immer unrichtiger ist als die andere und bezüglich deren man
oft gar nicht weiss, woher er sie eigentlich genommen. —
So erwähnt TiETZE einmal, dass der Charakter der ersten
Mediterranstufe „eingestandenermassen*“ in den Gastropoden
liege. Ich weiss nicht woher Tırrze dies hat, aber richtig
ist es jedenfalls nicht. Speciell im Wiener Becken sowie in
Oesterreich überhaupt sind ja die Hornerschichten fast aus-
schliesslich durch bivalvenreiche Ablagerungen vertreten und
es sind eben die zahlreichen eigenthümlichen Pecten- und
Cardien-Arten, welche in Verbindung mit andern Bivalven,
wie Pectunculus Fichteliü, Arca Fichtelii, A. cardii-
formis, Isocardia subtransversa, Lutraria sanna,
Mactra Bucklandi, Tellina strigosa, Grateloupia
irregularis, Venus islandicoides, Venus Hoaidingeri,
Cyiherea erycina, Cardita Zelebori, Mytilus Haidin-
geri, Perna Rollei, Ostraea gingensis u. a., den abwei-
chenden Charakter der Fauna bedingen.
Ich vermuthe allerdings, dass Tırrze zu dieser Behauptung
durch RorLe verleitet wurde, wenigstens führt er im Anfange
seiner Arbeit verschiedene Aeusserungen dieses Autors an,
welche etwas Aehnliches zu sagen scheinen.
So schreibt Tierze pag. 72:
„Was nun die Acephalen der Hornerschichten anlangt, so
zeigen sie (nach RoLLe) in ihrem Auftreten „„einen schein-
baren Widerspruch gegen das Verhalten der Gastropoden“*“,
insofern sie vielfach sich auch in den jüngeren Subapenninen-
schichten finden.“
Wie lautet nun aber der angeführte Passus bei RoLLe
selbst ?
Dieser Passus lautet bei RoLLe pag. 73 folgendermassen:
„Einen scheinbaren Widerspruch gegen das Verhalten der
Gastropoden gewährt das häufige Auftreten von Horner-Ace-
phalen-Arten in den hier vereinigten subapenninischen Schichten
von Asti, Nizza, Siena, Castell’ arquato. Es erklärt sich
aber daraus, dass unter letzterer Colonne nicht
weniger als vier Localitäten vereinigt erscheinen,
und dass andererseits auf Taf. HI alle den Horner-
150
schichten allein eigenen Acephalenarten ausser
Betracht blieben. In Wahrheit ist das Verhalten
beider Abtheilungen sehr das Gleiche. Namentlich
sind, wie weiter unten gezeigt werden wird, auch
in der Acephalen-Fauna, die zwischen den Horner-
schichten®und den subapenninischen Schichten
gemeinsamen Arten überhaupt solche von langer
geologischer Dauer, die für die engere Abgrenzung
von Formationen weniger Werth haben und haupt-
sächlich nur den Gegensatz der Hornerschichten
zu tieferen Formationen erweisen.“
Mit andern Worten, Rore sagt gerade das Gegentheil
von dem, was TıEetze ihm in dieser Richtung unterschiebt. Er
erklärt ausdrücklich, das verschiedene Verhalten der Gastro-
poden und Bivalven, welches aus seinen Tabellen hervorzu-
gehen scheine, sei nur ein scheinbares, dadurch hervor-
gerufen, dass er auf der Bivalventabelle die den Hornerschichten
eigenen Arten ausgelassen habe.
Und dabei erklärt Tıetze noch ausdrücklich, er eitire die
Roıte’schen Aeusserungen wörtlich, damit man nicht glaube,
dass er sie in parteiischer Weise präpariren wolle! —
Weiter erwähnt Tırtze, dass die Fauna der älteren Medi-
terranstufe mehr Änalogien mit der pliocänen und lebenden
zeige, als die Fauna der jüngeren.
Dies ist jedoch vollständig unrichtig und der Verfasser ist
offenbar abermals das Opfer grosser Missverständnisse geworden,
als er diese gänzlich falsche Behauptung aufstellte. Ich habe
allerdings einmal erwähnt, dass von den Arten unserer Horner-
schichten 21°/,, von jenen der zweiten Mediterranstufe dagegen
bloss 15°/, lebend gefunden werden, und ebenso habe ich an
einer anderen Stelle die grosse habituelle Aehnlichkeit zwi-
schen den Sanden von Asti und jenen von Gauderndorf
hervorgehoben und erwähnt, dass im Pliocän von Asti meh-
rere Arten vorkommen, welche im Wiener Becken wohl in den
Hornerschichten auftreten, in den Ablagerungen der zweiten
Mediterranstufe jedoch fehlen oder doch sehr selten seien.
Aus alledem geht aber doch nicht das hervor, was Herr
Tıetze behauptet.
Dass in den Hornerschichten der Procentsatz lebender
Arten etwas grösser ist als in der Gesammtheit der Ablage-
rungen der jüngeren Mediterranstufe, hat wohl seinen Grund
einfach darin, dass die Hornerschichten ausschliesslich die Bi-
valvenfacies zeigen und diese Facies immer einen relativ höheren
Procentsatz lebender Arten aufweist, als die Gastropodenfacies,
welche in der zweiten Mediterranstufe die vorwaltende ist.
Zieht man jedoch die gastropodenreichen Faluns von Saucats
A
9
M
?
151
sowie die Serpentinsande von Turin mit in Betracht, so ver-
schwindet diese grössere Aehnlichkeit der Fauna der ersten
Mediterranstufe mit der lebenden Fauna sofort, ja wenn man
nur die Fauna des Schliers von Ottnaug betrachtet, so sinkt
der Procentsatz der lebenden Arten auf ein Minimum.
Was aber die Aehnlichkeit der Hornerschichten mit dem
Pliocän von Asti betrifft, so habe ich wohl gesagt, dass hier
eine grosse habituelle Aehnlichkeit vorliegt, welch noch da-
durch erhöht wird, dass Asti einige Arten mit unsern Horner-
schichten gemeinsam habe, welche innerhalb der zweiten Me-
diterranstufe sehr selten sind oder auch fehlen, aber es bezieht
sich dies eben nur auf Asti und nicht auf das Pliocän
überhaupt und beruht eben nur auf einer ganz speciellen
faciellen Uebereinstimmung dieser beiden Ablagerungen. Es
folgt daraus aber durchaus nicht, dass die Hornerschichten
mehr Arten überhaupt mit Asti gemein habe, als die zweite
Mediterranstufe, was in der That nicht der Fall ist, und am
allerwenigsten habe ich jemals behauptet, dass die Fauna der
ersten Mediterranstufe mehr Analogie mit der pliocänen Fauna
zeige als die Fauna der zweiten Mediterranstufe, eine Behauptung,
welche in solcher Allgemeinheit entschieden unrichtig wäre. —
Herr Tierze erwähnt im Verlaufe seiner Auseinander-
setzungen mehrmals Fälle, dass einzelne Arten, welche man
als charakteristisch für die eine oder die andere Mediterran-
stufe gehalten, schliesslich auch in der andern gefunden wurden
und meint zum Schlusse, dass die sogenannten Leitfossilien der
beiden Stufen ihre Bedeutung immer mehr verlieren. —
Nun ist es ja allerdings ganz richtig, dass einzelne Arten,
die man als charakteristisch für die erste Mediterranstufe ansah,
sich in Ablagerungen fanden, welche man der zweiten Medi-
terranstufe zurechnete oder umgekehrt; aber ganz abgesehen
davon, dass es sich in solchen Fällen sicherlich sehr häufig um
Grunderschichten handelt, in denen ja bekannter Weise die
beiden Faunen sich mengen, und welche man daher bei solchen
Fragen gänzlich aus dem Spiel lassen muss, so übersieht Herr
Tıerze ganz, dass nebenher fortwährend neue Charakterarten
für die eine oder die andere Stufe aufgefunden werden und
dass Arten, welche man bisher in dieser Richtung nicht beachtet
hatte, sich als charakteristische Arten erweisen.
Es ist im gegenwärtigen Moment sehr schwer über diesen
Punkt eine auf Ziffern gegründete Behauptung aufzustellen;
wenn ich aber meine subjeetive Ansicht aussprechen sollte, so
könnte ich nur sagen, dass, soweit ich die Verhältnisse kenne
und zu überblicken vermag, der Zug, welchen die Entwickelung
unserer Kenntnisse nimmt, keineswegs dahin geht, den Unter-
schied zwischen erster und zweiter Mediterranstufe zu verwischen
152
und aufzuheben, sondern im Gegentheil dahin gerichtet ist,
denselben immer mehr zu vertiefen und schärfer und schärfer
hervortreten zu lassen. |
Herr Tıetzs so wie seine Anhänger haben aber, wie ich
glaube, gar keine rechte Vorstellung von der tiefgehenden Dif-
ferenz, welche zwischen der Fauna der ersten und zweiten
Mediterranstufe besteht, u. z., wie ich glaube, hauptsächlich
deshalb, weil sie immer nur die Verhältnisse in Oesterreich im
Auge haben, wo die erste Mediterranstufe nur wenig entwickelt
und verhältnissmässig sehr arm an Arten ist, sowie weil sie
ihr Urtheil durch die Mischfauna der Grunderschichten ver-
wirren lassen.
Ich möchte mir daher erlauben in dieser Richtung einige
Zahlen vorzuführen, welche wohl geeignet sein dürften diese
Frage in einem anderen Lichte zu zeigen.
Benoist führt in seiner bereits erwähnten grossen Arbeit
über die Faluns von La Brede und Saucats aus den Ab-
lagerungen, welche in ihrer Gesammtheit die erste Mediterran-
stufe repräsentiren 645, aus den Faluns von La Sime und
Cazenave, welche die zweite Mediterranstufe darstellen, wie
erwähnt 230 Arten an. Unter diesen werden aber nicht einmal
ganz 60 Arten aus beiden Abtheilungen zugleich angeführt, und
es muss dabei ausdrücklich betont werden, dass dieser grosse
Unterschied in keiner Weise auf die Faciesausbildung geschoben
werden kann, da dieselbe auf beiden Seiten eine ganz ähnliche
ist, wie auch hervorgehoben werden muss, dass in der Regel
gerade die häufigsten Arten beiderseits endemisch sind und die
gemeinsamen Arten vorwiegend seltene Arten umfassen.
BELLARDI hat in seinem grossen Werke über die Tertiärcon-
chylien Piemonts bisher aus dem Miocän 1006 Arten oder besser
gesagt „Formen“ namhaft gemacht, da in dieser Zahl auch die
selbstständigen Varietäten mit inbegriffen sind. Von diesen
1006 Formen fallen auf das Miocenico medio 697, auf das
Miocenico superiore 439, so dass bloss 53 gemeinsam sind!
Auch hier muss aber wieder hervorgehoben werden, dass
dieser grosse Unterschied nicht auf Verschiedenheit der Facies-
verhältnisse zurückgeführt werden kann, da dieselben auf beiden
Seiten im Wesentlichen ganz ähnliche sind, indem beiderseits
sowohl Pleurotomenthone als auch gastropodenreiche Litoral-
bildungen die wichtigsten Glieder bilden. —
Ich muss, um Missverständnissen vorzubeugen, allerdings
sofort erklären, dass die Arten, welche bei Bordeaux oder in
Piemont auf die erste Mediterranstufe beschränkt sind, bei
weitem nicht alle als überhaupt charakteristisch für diese Stufe
betrachtet werden können, indem eine grosse Anzahl von ihnen
an anderen Punkten, und so namentlich in Oesterreich und
153
Ungarn, auch in den Ablagerungen über dem Grunder Niveau
gefunden wird !).
Immerhin ist jedoch die Anzahl von Arten, welche bisher
wirklich als charakteristisch für die erste Mediterranstufe oder
überhaupt für den älteren Theil des Miocän angesehen werden
müssen, eine sehr beträchtliche, und gebe ich im Nachstehen-
den ein kleines Verzeichniss von solchen, welche ich für be-
sonders bezeichnend halte und welche zugleich nicht an eine
bestimmte Localität oder Gegend gebunden sind, sondern in
verschiedenen Gebieten wiedergefunden werden. —
Die auf nachstehender Tabelle angegebenen Localitäten be-
zeichnen häufig eine ganze Gegend und nicht bloss einen be-
stimmten Punkt; so verstehe ich unter Bordeaux das Miocän
des Garonnethales, unter Lissabon das gesammte Becken von
| Lissabon, unter Tarsus das gesammte Miocän Ciliciens u. s. w.
i In der letzten Columne (Tortonien) bezeichnet eine 0, dass die
Art in diesen Schichten noch nicht gefunden wurde; s bezeichnet
selten ; ss sehr selten.
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Erste Mediterranstufe.
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- | Lissabon. Hidalmas. I+
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++ +++++
Fr
2) Ich habe bei früheren Gelegenheiten, wenn ich von dem Unter-
schied von erster und zweiter Mediterranstufe sprach, bisweilen mehr
die Gegend von Bordeaux als das Wiener Becken im Auge gehabt und
Arten als charakteristisch für die erste Mediterranstufe angeführt, welche
dies für das Wiener Becken nur im beschränkten Maasse sind (Murex
Aquitanicus, M. lingua bovis ete.). Es war dies jedenfalls ein Fehler,
den Hirserr mit Recht getadelt hat. Uebrigens kommen die fraglichen
Arten auch im Wiener Becken in den älteren Schichten entschieden
viel häufiger vor als in der jüngeren.
Zweite Mediterranstufe
über den Grunder-
schichten. (Tortonien).
154
Cassis Rondeleti Basr. .
Strombus decussatus DEFR. .
(= Burdigalensis Sow.) -
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Cerithium Charpentieri Bast.
margaritaceum Brocc.
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Loecalitäten.
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Bayern.
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Tarsus.
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Lissabon. Hidalmas.
Hidalmas, Bahna.
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Nicosia.
Armenien, Nicosia.
Lissabon.
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Lissabon.
Lissabon.
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Lissabon, Montpellier.
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Grunderschichten.
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über den Grunder-
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155
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5 euglyphus LAUBE. . . . . +| Schio.
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Schliesslich wären als besondere Charakterzüge in der
Fauna der ersten Mediterranstufe noch das Vorkommen von
Squalodonten, Örbitoiden und Kieselspongien zu
erwähnen.
Das Genus Squalodon ist innerhalb des mediterranen
Miocäns von zahlreichen Fundorten bekannt, doch gehören die-
selben fast ausschliesslich der ersten Mediterranstufe und nur
zu sehr geringem Theile den Grunderschichten an‘). In den
jüngeren Miocänschichten über dem Grunderhorizont sind sie
bisher noch nicht nachgewiesen. Sehr bemerkenswerth sind in
dieser Beziehung die Verhältnisse bei Bordeaux. Die Mollasse
ossifere von Leognan hat ihren Namen von den zahlreichen
Cetaceenresten, welche in ihr gefunden werden, unter denen
bereits 5 Arten von Squalodon unterschieden werden konnten.
Der Falun von Salles und noch mehr die in denselben
Horizont gehörigen Mollassen sind ebenfalls sehr reich an
fossilen Cetaceen, doch gehören dieselben fast ausschliesslich
!) Ich wurde auf diesen Umstand durch Professor Surss auf-
merksam gemacht und fand denselben nach sorgfältigen Studien voll-
kommen bestätigt: in der That erwiesen sich alle Angaben über Funde
von Squalodon über den Grunderschichten entweder direct als irrig
oder doch als im höchsten Grade zweifelhaft.
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(= Northamptoni Michr.).
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Hemipneustes italicus Manzonı MAzertı +| Pantano, Ancona. 0
Pygorhynchus Collombi Desor. + +1] 0
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Pericosmus latus AGass.. . . » -|+4#1 + ++ 0
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Schliesslich wären als besondere Charakterzüge in der
Fauna der ersten Mediterranstufe noch das Vorkommen von
Squalodonten, Orbitoiden und Kieselspongien zu
erwähnen.
Das Genus Squalodon ist innerhalb des mediterranen
Miocäns von zahlreichen Fundorten bekannt, doch gehören die-
selben fast ausschliesslich der ersten Mediterranstufe und nur
zu sehr geringem Theile den Grunderschichten an'). In den
jüngeren Miocänschichten über dem Grunderhorizont sind sie
bisher noch nicht nachgewiesen. Sehr bemerkenswerth sind in
dieser Beziehung die Verhältnisse bei Bordeaux. Die Mollasse
ossifere von L&ognan hat ihren Namen von den zahlreichen
Cetaceenresten, welche in ihr gefunden werden, unter denen
bereits 3 Arten von Squalodon unterschieden werden konnten.
Der Falun von Salles und noch mehr die in denselben
Horizont gehörigen Mollassen sind ebenfalls sehr reich an
fossilen Cetaceen, doch gehören dieselben fast ausschliesslich
1) Ich, wurde auf diesen Umstand durch Professor Surss auf
merksamı gemacht und fand denselben nach sorgfältigen Studien un
kommen bestätigt: in der That erwiesen sich alle Angaben über Funde
von Squalodon über den Grunderschichten entweder direct als irrig
oder doch als im höchsten Grade zweifelhaft.
158
Delphinen mit langer Symphyse an und das Genus Squalodon
ist hier noch nicht aufgefunden worden.
Ebenso ist das Genus Squalodon in Oesterreich nur aus
den der ersten Mediterranstufe angehörigen Sanden von Linz
bekannt, wo es ın Gesellschaft von Halitherien und Balaenen
vorkommt. Im eigentlichen Leythakalke sowie in den sar-
matischen Schichten wurde hingegen noch kein Squalodon auf-
gefunden, obgleich Phoca-Arten, Halitherien, Delphine
und andere Seesäugethiere in diesen Ablagerungen durch-
aus nicht selten sind. —
Orbitoiden wurden bisher als etwas dem Miocän Frem-
des aufgefasst, in der That kommen sie jedoch von Bordeaux
bis Armenien an zahlreichen Punkten im Miocän vor, jedoch
stets nur in solchen Ablagerungen, welche der ersten Mediter-
ranstufe angehören.
Kieselschwämme wurden in den älteren Miocänbildun-
gen Nord-Italiens an mehreren Punkten nachgewiesen und
treten nach Poumer in Algier in augenscheinlich zeitlich ana-
logen Ablagerungen massenhaft, wahrhaft gesteinsbildend auf.
Endlich wäre hier noch zu erwähnen, dass nach RzEHAR in
gewissen Schichten des Schliers von Seelowitz ebenfalls
Kieselspiceulae in grossen Massen gefunden werden. —
Nächst dem Tegel im Garten des Conte Roasenda beruft
sich Tietze mit besonderer Vorliebe auf den von HıLBEr
bei Holubica in Galizien constatirten Fall, wo Miocän-
schichten mit einer eigenthümlichen, in manchen Beziehungen
alterthümlichen Fauna über unzweifelhaften Ablagerungen der
zweiten Mediterranstufe vorkommen. Nun ist dies ganz gewiss
eine höchst merkwürdige und unerwartete Erscheinung, welche
mir noch immer in gewisser Beziehung ein Räthsel zu sein
scheint, aber dennoch glaube ich, dass man die Tragweite der-
selben ausserordentlich übertrieben hat. Wenn man nämlich
die fremdartigen und alterthümlichen Arten dieser Schichten
näher ins Auge fasst, so stellt sich heraus, dass, mit Ausnahme
des Pecien denudatus und Koheni, die doch nur speciell für den
Schlier als charakteristisch gelten, keine einzige derselben
anderwärts (d. h., ausserhalb Galiziens) aus Ab-
lagerungen der ersten Mediterranstufe bekannt war,
sowie dass andererseits nicht eine einzige der
sonst für die erste Mediterranstufe charakteristi-
schen Arten in diesen Schichten gefunden wurde.
Mit andern Worten, die Fauna der Baranow- (Seissus-)
Schichten von Holubica hat allerdings in ihrem Habitus etwas
alterthüinliches, sie enthält aber gar keine eigentlichen Hor-
ner-Arten oder überhaupt Charakterarten der ersten Mediterran-
stufe, und diese Schichten mögen der ersten, zweiten oder
159
dritten Mediterranstufe angehören, so hat dies vor der Hand
mit der bekannten Zweitheilung des Miocäns eigentlich unmit-
telbar gar nichts zu thun!).
Diese Thatsche ist von Tıerze vollkommen übersehen
worden, indem er bei der ersten Mediterranstufe fast immer
nur an den Schlier dachte und daher dem Peecten denudatus
und Koheni eine übertriebene Bedeutung beilegte. —
Ein weiteres Argument, welches Tırrze zur Unterstützung
seiner Ansicht zu wiederholten malen vorbringt und welches ihm
sehr schwerwiegend zu sein scheint, besteht darin, dass beide
‚ Mediterranstufen dieselbe Fauna von Landsäugethieren
enthalten. Nachdem nämlich, wie allgemein angenommen wird,
(so behauptet wenigstens Tierze) die Landsäugethiere sich rascher
verändern als die Seeconchylien, so müsste man, woferne die
beiden Mediterranstufe wirklich zeitlich verschieden wären,
erwarten, dass auch die Landsäugethiere verschieden seien;
nachdem dies aber nicht der Fall sei, so könnten auch die so-
genannten zwei Mediterranstufen keine. verschiedenen Alters-
stufen repräsentiren.
Man sieht auch hier wieder die unglückliche speculirende
Richtung Tierze’s, der immer nur allgemeine Aussprüche von
theoretischen Gesichtspunkten aus beleuchtet.
Wie verhält sich denn nun aber die Sache in Wirklichkeit?
In Wirklichkeit verhält sich die Sache folgendermassen:
Susss hat wie bekannt für die Zeit vom Beginne des
Miocän bis zum Quaternär 4 Säugethierfaunen unterschieden
und dieselben mit Ziffern als Ite bis 4te Säugethierfauna be-
zeichnet. Die erste Säugethierfauna gehört dem Miocän, die
zweite dem Horizonte der Congerienschichten, die dritte dem
Plioeän, die vierte endlich dem Quaternär an.
Diese Eintheilung in 4 Faunen ist ja aber doch nur ein
erster Versuch, durch welchen die Grundzüge einer Gliederung
gezogen, die grossen Haupt-Kategorien festgestellt werden sollen,
wobei gar nicht ausgeschlossen ist, dass bei fortschreitender
Kenntniss der Thatsachen sich innerhalb dieser grossen Kate-
gorien feinere Abstufungen werden erkennen lassen.
Im Gegentheil, dies ist ja auch thatsächlich geschehen.
Im Quaternär werden heut zu Tage mit Rücksicht auf
die Säugethiere 3—4, im Pliocän 2 Stufen unterschieden, und
auch innerhalb der durch ZHippotherium gracile bezeichneten
Fauna hat man auf Andeutungen von Altersunterschieden auf-
merksam gemacht. —
!) In den Baranow-Schichten oder Beremianer Schichten des unteren
Strypaflusses kommt allerdings Mytilus fuscus vor, diese Schichten liegen
aber nicht über Schichten der zweiten Mediterranstufe, sondern unter
dem Gypse und unmittelbar auf Kreide.
160
Was aber die sogenannte erste Säugethierfauna anbelangt,
so haben Larter und Gervaıs bereits vor langer Zeit darauf
hingewiesen, dass die Fauna von Sansan einen etwas älteren,
jene von Simorre einen etwas jüngeren Charakter zeige, und
von SANDBERGER wird Sansan direct ins Mittelmiocän (ent-
sprechend unsern Horner- und Grunderschichten), Simorre
aber ins Obermiocän (entsprechend dem eigentlichen Tor-
tonien) gestellt.
Auch in Schwaben zeigt die Säugethierfauna, welche
sich in dem Süsswasserkalke von Haslach und Eggingen
sowie in der marinen Molasse (= erste Mediterranstufe)
findet, eine kleine Verschiedenheit gegenüber jener von Stein-
heim und der oberen Süsswassermolasse, obgleich beide
in den Rahmen der ersten Säugethierfauna fallen.
In der älteren Fauna kommt nämlich noch das Genus
Microtherium vor, die Hirsche sind geweihlos, und die Gat-
tungen Listriodon und Dinotherium fehlen. — In der jüngeren
Fauna hingegen tragen die Hirsche einfache gabelförmige Ge-
weihe, die Gattung Microtherium ist verschwunden, dafür treten
Listriodon und Dinotherium auf. —
Auch innerhalb Oesterreichs hat ja gerade Suess bereits
vor längerer Zeit auf ähnliche Verhältnisse aufmerksam gemacht,
indem er darauf hinwies, dass zwischen der Säugethierfauna
von Eibiswald und jener des eigentlichen Leythakalkes
ein ähnlicher Unterschied zu bestehen scheine, wie zwischen
Sansan und Simorre (Verhandl. Geol. Reichsanst. 1870, pag. 28),
und wenn dieser Unterschied in Oesterreich noch nicht schärfer
hervorgetreten ist, so ist dies wohl hauptsächlich dem Um-
stande zuzuschreiben, dass innerhalb Oesterreichs aus den
eigentlichen Ablagerungen der ersten Mediterranstufe bisher
noch kein einziges Landsäugethier bekannt gewor-
den ist!
Wenn aber Tıetzze in seinen theoretischen Speculationen
schon auf die Lebewelt des Festlandes reflectirt, warum hat
denn neben den Säugethieren nicht auch die Pflanzen-
welt in Betracht gezogen? Hätte er dies gethan, so würde
er gefunden haben, dass man zwischen dem oberoligocänen
Horizont von Trifail und Sagor und jenem der sarmatischen
Stufe, mithin innerhalb jenes Intervalls, welches unseren beiden
Mediterranstufen entspricht, sehr deutlich mehrere altersver-
schiedene Floren unterscheiden kann, welche, so weit man
bisher beurtheilen kann, den Veränderungen der Meeresfauna
ziemlich parallel gehen.
Ebenso sind aber nach SaxDBERGER auch die Binnen-
eonchylien des mittleren Miocäns (Horner- und Grunder-
schichten) sehr verschieden von jenen des oberen Miocäns
161
(Tortonien) und der Unterschied ist hier sogar so gross, dass
SANDBERGER dadurch gedrängt die Ansicht ausspricht, dass
die Conchylien sich rascher verändern als die Säugethiere.
Man sieht also, dass auch diese Beweisführung Tirrze’s
gänzlich missglückt ist. Die Säugethierfaunen der ersten und
zweiten Mediterranstufe sind nicht so absolut ident wie Tırrze
annimmt, sondern zeigen ganz analoge Unterschiede wie die
Meeresthiere, und wenn man auch in der Regel die beiden
Faunen in den Rahmen der ersten Säugethierfauna vereinigt,
so hat dies nur dieselbe Bedeutung, wie man ja auch dem
Oligocän und Pliocän gegenüber die beiden Mediterranstufen
als eine Einheit, als das eigentliche Miocän, auffasst.
Tıerze legt, wie bereits erwähnt, ein grosses Gewicht
darauf, dass die Ablagerungen der ersten und zweiten Medi-
diterranstufe in der Regel nicht in unmittelbarer Ueberlagerung
sondern räumlich getrennt auftreten. Ich habe im Vorhergehen-
den gezeigt, dass dies bei weitem nicht so regelmässig statt-
findet als Herr Tıetze dies anzunehmen scheint, aber immerhin
ist so viel richtig, dass dieser Fall auffallend häufig auftritt,
indem oft in grossen Gebieten nur die eine oder die andere
der beiden Stufen vorhanden ist.
Was folgt denn aber hieraus”
Ich glaube, nach allem bisher Gesagten kann man nur
das hieraus folgen, was Tırtze ebenfalls lebhaft bekämpft,
dass nämlich zwischen der ersten und zweiten Me-
diterranstufe eine grosse Verschiebungin der Ver-
breitung von Wasser und Land stattgefunden und
demnach hier dasjenige vorliegt, was p’Orgıcny als eine Dis-
cordanz der Verbreitung bezeichnet. —
Bereits Tovurnouvßr hat auf diesen Umstand hingewiesen,
indem er hervorhob, dass in sehr vielen Theilen Europas, bei-
läufig mit dem Horizonte der Grunderschichten, mithin nach
unserer Auffassung mit dem Beginne der zweiten Mediterran-
stufe, eine grosse Transgression des Meeres über früheres Fest-
land erfolgte. So sei es in der Touraine, im Becken der
Adour, im Rhonethal, in Galizien und ebenso scheint es nach
den neuesten Erfahrungen auch in Aegypten zu sein )).
Ganz ähnliche Verhältnisse sind ja auch in andern For-
mationen bekannt. Von Perpignan angefangen bis gegen
Pisa zu findet man das marine Pliocän nur in der Form
des unteren Pliocäns vertreten. In ganz Ober-Italien kennt
man in mariner Entwicklung nur das untere Pliocän und
2) Suess spricht in seinen „Antlitz ‚er Erde“ I. Bd. 2. Abthle.
eingehend über diesen Punkt. Siehe namentlich pag. 443 und die fol-
genden Seiten.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VI. 1. 11
162
dasselbe gilt von einem grossen Theile Morea’s. Umgekehrt ist
von Kalamaki, von Rhodus, Chios und Cypern nur
das obere Pliocän bekannt. Wird Tıetze nun daraus folgern
wollen, dass unteres und oberes Pliocän keine Altersstufen,
sondern nur räumlich getrennte Facies sind?
Etwas ganz Aehnliches ist es auch wenn TiırrzE darauf
hinweist, dass an manchen Punkten die Hornerschichten, an
andern der Schlier, an wieder andern die Grunderschichten,
der Badner Tegel oder der Leythakalk unmittelbar auf älterem
Grundgebirge aufruhen und daraus den Schluss ableitet, dass
alle diese Ablagerungen deshalb als gleichaltrig angesehen
werden müssten.
Es ist kaum glaublich, dass ein so gewiegter praktischer
Geologe, wie TiETzE, ein solches Argument benützen kann, denn
um von allem andern zu schweigen möchte ich nur darauf hin-
weisen, dass im Wiener Becken die Flyschbildungen des
Bisamberges und Marsgebirges längs ihres ganzen Ost-
abhanges unmittelbar von sarmatischen Ablagerungen, ja stellen-
weise unmittelbar von Oongerienschichten bedeckt werden, wäh-
rend längs des ganzen Westabhanges bloss marine Mediterran-
ablagerungen auftreten und von sarmatischen Ablagerungen
und Congerienschichten keine Spur vorhanden ist.
Sollen nun vielleicht die sarmatischen Ablagerungen und
die Congerienschichten auch gleichzeitig mit den marinen Me-
diterranbildungen des Wiener Beckens abgelagert worden sein ?
Es scheint mir allerdings, Tıerze hätte nicht übel Lust
auch dies noch zu behaupten und es würde dies auch angesichts
seiner sonstigen Behauptungen eigentlich gar nicht mehr Wun-
der nehmen können. —
Ich habe bei einer früheren Gelegenheit bemerkt, dass,
wenn man die gegenwärtigen orographischen Verhältnisse zu
Grunde legt, das Auftreten und die Verbreitung der öster-
reichisch-ungarischen Miocänbildungen mancherlei Räthselhaftes
an sich habe. So ist z. B. auf dieser Grundlage nicht recht
einzusehen, wo denn eigentlich während der Zeit der zweiten
Mediterranstufe das Meer, welches das ungarische Tiefland
erfüllte, mit dem grossen Ocean in Zusammenhang stand. Durch
das Wiener Becken und Galizien gelangt man in das Gebiet
des Schwarzen Meeres und des Marmora-Meeres, in deren Umkreis
wohl sarmatische Ablagerungen, aber keine Mediterranbildungen
bekannt sind, und auf dem Wege längs des Donauthales durch
Nieder- und Ober-Oesterreich und Bayern, sowie von hier durch
die Schweiz ins Rhonethal, findet man nur solche Meeresbil-
dungen, welche der ersten Mediterranstufe angehören, jedoch
keine, welche der zweiten zugerechnet werden könnten.
TıETzE greift nun diese Bemerkung auf und meint,
163
dass alle diese Schwierigkeiten sofort wegfielen, sobald man
nur den Altersunterschied von erster und zweiter Mediterran-
stufe aufgäbe, denn dann hätte man ja die alte Verbindung
längs des Donauthales über die Schweiz ins Rhonethal offen
vor Augen. —
Er sagt darüber Folgendes:
„Sobald wir die fraglichen Ablagerungen der ersten und
zweiten Mediterranstufe als im Wesentlichen gleichaltrige Bil-
dungen auffassen, was uns nach dem Vorangegangenen und
namentlich im Hinblick auf die räumliche Vertretung der be-
treffenden Schichtencomplexe vielleicht nicht mehr schwer fallen
dürfte, dann verschwindet die geschilderte Schwierigkeit unmit-
telbar, und wir haben nicht mehr nöthig, die vollständige
Isolirung des österreichisch-ungarischen Neogenbeckens als eine
der räthselhaftesten Thatsachen zu verzeichnen. Da sehr
bezweifelt werden muss, ob es je gelingen wird,
die Lösung des Räthsels in anderer Weise zu ermög-
lichen, so scheint es wohlgethan, sich einer ebenso
einfachen als naturgemässen Erklärung, welche so
bequem zur Hand liegt, nicht ohne Weiteres zu
verschliessen“ (sic!)
Ich habe diese Stelle wörtlich citirt, weil sie mir für die
Art und Weise des Tırrze’schen Raisonements gar zu charak-
teristisch zu sein scheint. Er erhebt sich kühn in höhere
Regionen und lässt aus höheren Sphären das Licht der reinen
Speculation auf die unten im Dunkeln sich abmühende Mensch-
heit fallen, und siehe da, alle Schatten hellen sich auf und was
soeben noch so schwierig und verwickelt schien, löst sich
plötzlich in der einfachsten Weise.
Was kümmern ihn alle die lästigen Details, welche für
die Unterscheidung zweier Altersstufen sprechen? Die Unter-
scheidung führt zu einer offenbaren Schwierigkeit, diese Schwie-
rigkeit verschwindet, wenn man diese Unterscheidung aufgiebt,
und „da sehr bezweifelt werden muss, ob es je gelingen wird,
die Lösung des Räthsels in anderer Weise zu ermöglichen“
und da diese Erklärung „so bequem zur Hand liegt“, warum
sie nicht acceptiren ?
Es ist eben nicht jedermanns Sache sich die Wissenschaft
so bequem zu machen, und so wird man denn, wie ich fürchte,
trotz der Warnungen und Lockungen Tiırrze’s, doch den Ver-
such machen müssen die Lösung des Räthsels auf „andere
Weise“ zu versuchen.
Ich kann sogar gestehen, dass zur Zeit, als ich die Frage
aufwarf, mir bereits in dieser Richtung ein ganz bestimmter
Gedanke vorschwebte, ein Gedanke, welchem ich damals zwar
keinen Ausdruck gab, der aber seither von NEUMAYR mit
19
164
überzeugendem Nachdrucke hervorgehoben worden ist, und
dieser Gedanke besteht einfach darin, dass man bei Betrach-
tungen über die Verbreitung und Communication der miocänen
Meere die heutigen orographischen Verhältnisse
überhaupt nicht als Grundlage annehmen dürfe,
dass man bei derartigen Betrachtungen von den heutigen
orographischen Verhältnissen vollkommen abstra-
hiren müsse.
Es scheint kaum nothwendig hierfür spezielle Beispiele
anzuführen.
Im grössten Theile der pontisch- caspischen Niederung
liegen die sarmatischen Schichten vollkommen flach, wenige hundert
Fuss über dem Meere; im Kaukasus aber erheben sie sich
plötzlich 2000—3000—5000—7000 Fuss!
Das marine Quaternär steigt in Calabrien bis zu einer
Höhe von 2400’, das Pliocän bis 3600’, während beide Bildun-
gen doch sonst meist nur in viel tieferer Lage vorkommen.
Am Nordabhange der Alpen ist das Miocän bis zu einer
Höhe von 7000' emporgethürmt, es liegt noch auf der Höhe
des Plattenjura und breitet sich doch nicht weiter nach Nor-
den aus.
Die galizische Miocänplatte hat gar kein erkennbares
Nordufer.
Bei Bahna, mitten im Grenzgebirge zwischem dem Banate
und der Wallachei, ringsum von hohen Gebirgen umschlossen,
ohne irgend eine sichtbare Communication mit der Aussenwelt,
kommt ein kleines Lager von Leythakalk und Tegel vor,
welches überreich an Korallen, Echiniden und Conchylien ist.
Wo bleibt in allen diesen Fällen die heutige Configuration
des Terrains? Sie ist so gut wie gar nicht vorhanden und
ich für meinen Theil halte es für sehr möglich, dass sich der-
einst eine Verbindung des ungarischen Miocänmeeres mit dem
Mittelmeer über Serbien und Albanien wird nachweisen lassen.
Die Sache hat aber noch eine andere Seite. Als ich meine
in Rede stehende Bemerkung niederschrieb, waren im südlichen
Russland mediterrane Ablagerungen nicht bekannt und man
glaubte, dass das Miocän daselbst nur durch die sarmatische
Stufe vertreten werde. Im Verlauf des letzten Jahres sind
jedoch mediterrane Ablagerungen an zahlreichen Punkten Südruss-
lands nachgewiesen und man ist dadurch wohl zu der Erwartung
berechtigt, dass dieselben noch an andern Punkten im Südosten
Europas werden aufgefunden werden, wo man sie gegenwärtig
noch nicht kennt, so dass man möglicherweise doch eine Com-
munication zwischen Galizien und dem Aegäischen Meere wird
nachweisen können, und wenn Herr TirrzeE schrieb, „dass es
sehr bezweifelt werden muss, ob es je gelingen wird die Lösung
165
dieses Räthsels in anderer Weise zu ermöglichen“, so war,
während er dieses noch schrieb, die Lösung in „anderer Weise“
bereits angebahnt. —
Ich habe es im Vorhergehenden versucht die Einwürfe,
welche Tırrze gegen die Gliederung des mediterranen Mio-
cäns in einzelne Stufen erhoben auf ihren wahren Werth
zurückzuführen und den wirklichen momentanen Stand der
Frage, soweit dies bei einer so aphoristischen Darstellung mög-
lich ist, klar zu legen.
Ich habe hierbei die Miocänbildungen des südlichen Spa-
nien, der Gegend von Montpellier, des Rhonethales, die Mio-
cänbildungen Corsicas, Messinas, Algiers und Maroccos nicht
näher erwähnt, obwohl dieselben eine Menge der wichtigsten
Daten zur Begründung der von mir vertretenen Anschauung
bieten, und habe überhaupt viele Punkte unbesprochen gelassen,
welche sich zu Gunsten einer Gliederung der mediterranen Mio-
cänbildungen anführen liessen, da es mir für den Augenblick
eigentlich hauptsächlich nur darum zu thun war, die von Tırrz&
erhobenen Einwände zu entkräften.
Es bliebe mir nun nur noch übrig, eine Reihe einzelner
Irrthümer und Missverständnisse zu corrigiren, welche in Tırrtze’s
Arbeit in so reicher Menge vorkommen.
Ich wollte zwar anfangs über dieselben einfach mit Still-
schweigen hinweggehen, da sie zum grossen Theile die vor-
liegende Frage nicht unmittelbar berühren und mehr mich
persönlich betreffen. Nachdem ich jedoch die Erfahrung ge-
macht, dass derartige, mir irrthümlicher Weise unterschobene
Irrthümer von einem gewissen Kreise sofort mit grossem In-
teresse aufgegriffen und bei allen möglichen und unmöglichen
Gelegenheiten immer von neuem wiederholt werden und ich
befürchten muss, bei ferner stehenden Fachgenossen in ein
schiefes Licht zu gerathen, so habe ich mich doch ent-
schlossen wenigstens die auffälligsten derselben in Kürze zu
berühren.
Es wird sich hierbei zugleich Gelegenheit bieten, die
Tıerze’sche Arbeit, die ja von vielen Seiten als eine so ausser-
ordentliche Leistung gepriesen wird, auch von dieser Seite
näher zu beleuchten.
pag. 77 sagt Tıerze, dass die erste Mediterranstufe in
Ober-Oesterreich bekanntlich so gut wie allein durch den Schlier
vertreten sei. Herr Tıerze hat hier offenbar die Sande von
Wallsee !) und Linz vergessen. Ebenso kommen Sande mit
») Wallsee liegt nach der politischen Eintheilung allerdings noch
in Nieder-Oesterreich, in geologischer Beziehung jedoch muss es wohl
zu Ober-Oesterreich gerechnet werden.
166
Austern und Peeten auch bei Schärding vor und bilden
höchst wahrscheinlich überhaupt eine fortlaufende Zone längs
des nördlichen Granitmassiv's. —
pag. SO heisst es:
„Nur im Vorbeigehen mache ich darauf aufmerksam, dass man
auch in neueren Publicationen die Localität Korod in Siebenbürgen
noch immer als der älteren Mediterranstufe angehörig erwähnt findet,
deren angeblich älterer faunistischer Charakter sich ja gerade auf
die in dieser Stufe vorkommenden Gastropoden stützt, während die
Verwandtschaft der Ablagerungen von Korod mit denen des Horner-
beckens durch die Acephalen hergestellt wird, welche nach allsei-
tigem Zugeständniss so vielfache Beziehungen zu pliocänen und
lebenden Arten aufweisen.“
Der alterthümliche Charakter und die Uebereinstimmung
der Fauna von Korod mit jener der Hornerschichten, speziell
mit jener von Loibersdorf, beruht in dem Vorkommen von
Pecten solarium (gigas), Cardium Kübecki, Pectunculus Fichtelü,
Arca Fichtelü, Venus Haidingeri. Keine von diesen Arten ist
aus der zweiten Mediterranstufe, pliocän oder lebend bekannt,
und von sämmtlichen 35 Bivalven-Arten, welche gegenwärtig
aus den Schichten von Loibersdorf und Korod bekannt sind,
kommen bloss 5 auch im Pliocän und 3 noch lebend vor. Die
letzteren sind die ubiquitäre Corbula gibba, Tellina planata und
Leda pella. Unter den bekannten Gastropoden Korods
findet sich keine einzige der charakteristischen Hornerarten,
mit Ausnahme des Cerithium margaritaceum, welches von HAuEr
von dieser Localität angeführt wird, welche Angabe mir aber
der Bestätigung bedürftig erscheint. Man vergleiche nun aber diese
Thatsachen mit der obigen Darstellung Tirrze's und man sieht
sofort, wohin es führt, wenn man einen Gegenstand selbst nicht
kennt und halbverstandene oder missverstandene Aeusserungen
anderer Autoren in willkührlicher Weise combinirt. —
83.
Die Ar den Badner Tegel bis auf einen gewissen Grad bezeich-
nende Cassis saburon , welche übrigens nach Tir. Fuchs auch im
Pliocän von Tarent auftritt, findet im Schlier einen überaus ähnlichen
Vertreter, welchen R Hörnes Cassis Neumayri nennt.“
Cassis saburon ist aber in gar keiner Weise für den Badner
Tegei charakteristisch, da sie ebenso häufig im Leythakalk
vorkommt, im gesammten Pliocän allgemein verbreitet ist (sie
brauchte gewiss nicht erst von mir im Pliocän von Tarent nach-
gewiesen zu werden) uud noch heute im Mittelmeer lebt.
Letztere Thatsache wird etwas weiter sogar von TiETzE selbst
erwähnt.
pag. 84.
„Doch hat Fucahs bald nach dem Erscheinen seiner Arbeit die-
selben Schichten (nämlich den Tegel von Malta) für Schlier und
für ein Aequivalent der unteren Mediterranstufe erklärt und zwar
167
gelegentlich des über diese Arbeit von R. Hörnes iu den Verhand-
lungen der geologischen Reichsanstalt gemachten Referates. Nach
mündlichen Mittheilungen , welche Hörnes von Fuchs erhielt, wird
die Zuweisung des betreffenden Tegels zum Schlier durch das Vor-
kommen von zwei Arten, nämlich des Nautilus Aturi! und des Pecten
denudatus gerechtfertigt, welcher letztere ursprünglich irrig bestimmt
und für Pecten cristatus gehalten worden war, wobei allerdings noch
bemerkt werden kann, dass nach späteren Angaben von Fuchs ein
dem Pecten denudatus sehr nahestehendes Fossil auch im römischen
Plioeän vorkommt.“
Dagegen muss nun Folgendes bemerkt werden: Die That-
sache, dass der Tegel von Malta dem Schlier entspricht, wurde
von mir nicht gelegentlich eines Referats des Herrn R. Hörxes
constatirt, sondern ich habe darüber eine eigene kleine Arbeit
publizirt, welche sich in den Sitzungsberichten der Wiener
Akademie findet ), bei welcher Gelegenheit auch der Pecten
Koheni abgebildet und beschrieben wurde. — Ich habe ferner
keineswegs den Pecten denudatus mit dem P. cristatus ver-
wechselt, sondern es kommen beide Arten vor und der
erstere wurde nur später gefunden. — Das im römischen Pliocän
vorkommende, dem P. denudatus nahestehende Fossil ist offen-
bar der im unteren Pliocän allgemein verbreitete P. comitatus
Font. und ich weiss nicht, warum sich Tırrze über denselben
so geheimnissvoll ausspricht. —
pag. 86.
„Ganz ähnlich verhält es sich (nach Fuchs) in der Gegend von
Gassino bei Turin: Hier liegen Bänke von Nulliporenkalk in viel-
facher Wiederholung mitten in einem zarten, homogenen Tegel, der
nicht nur petrographisch, sondern auch in Bezug auf die Fauna den
Typus des Badner Tegels an sich trägt. Dieser Tegel wird nun
nach Fuchs von Serpentinsand und Schlier bedeckt und gilt dem
genannten Autor deshalb sogar für noch älter als der Schlier.“
Ich habe an diesem Orte nur (wie im Original aus dem Zu-
sammenhange klar hervorgeht) von den merkwürdigen faciellen
Verhältnissen gesprochen, indem hier Litoralbildungen (Nulliporen-
kalk mit grossen Austern) und Tiefseebildungen (Tegel vom
Badner Habitus) unmittelbar und unvermittelt mit einander
wechsellagern, ich wollte aber keineswegs sagen, dass die Fauna
des Tegels der zweiten Mediterranstufe entspräche. Ich hätte
diese Schichten ganz mit denselben Worten schildern können,
wenn sie eocän gewesen wären. TiETzE verwechselt aber fort-
während habituelle und spezifische Aehnlichkeit.
pag. 88.
„Anderseits aber kam derselbe Pecten latissimus auch in gewissen
Bildungen bei Siena vor, welche nach Fuchs dem alten Pliocän an-
gehören. Auf Zante fand ihn Fuchs zusammen mit Arten der
ersten Mediterranstufe sogar in einem Nummulitenkalk, der in Hip-
puritenkalk überging!“
1) vol. LXXII, 1876,
168
Nach dieser Darstellung möchte man meinen, dass das
Auftreten des Pecten latissimus im Pliocän von Siena eine neue,
erst von mir constatirte Erscheinung sei. In der That ist
jedoch der Pecten latissimus im älteren Pliocän allgemein ver-
breitet, wurde zuerst aus diesen Bildungen beschrieben und
galt lange Zeit hindurch sogar für ein charakteristisches Plio-
cänfossil. Was aber Zante betrifft, so fand ich daselbst bei
Port Cheri den Pecten latissimus allerdings, in Gesellschaft
anderer auf Miocän deutender’ Pecten- Arten, in einem gelb-
lichen Grobkalk der stellenweise massenhaft Nummuliten ent-
hielt. Dieser Grobkalk liegt aber auf einem weissen Foramini-
ferenmergel, welcher zahlreiche Pteropoden, sowie Peeten duo-
decim-lamellatus enthält, und so viel man beurtheilen kann,
discordant auf den älteren Kalken der Insel (Hippuritenkalk
und Nummulitenkalk) liegt. Dieser Grobkalk kann daher nicht
gut älter als Miocän sein und die stellenweise massenhaft in
ihm auftretenden Nummuliten können demnach, trotz des frischen
Aussehens derselben, hier doch nur auf secundärer Lagerstätte
liegen. —
Einen Uebergang von Nulliporenkalk in Hippuritenkalk
beobachtete ich auf Zante allerdings auch, aber dies war nicht
bei Port Cheri sondern am entgegengesetzten Ende der Insel
bei Catastari der Fall, wo von dem erwähnten Grobkalke mit
Pecten latissimus etc. keine Spur zu sehen war und überhaupt
weder Pecten latissimus noch andere Neogenarten vorkamen!*“ —
pag. 88 unten.
„In seiner Mittheilung über das Auftreten von Austern in den
sarmatischen Bildungen des Wiener Beckens machte Fuchs darauf
aufmerksam, dass die in der ersten Mediterranstufe, beispielsweise
in den Schichten von Loibersdorf massenhaft auftretende Ostraea
gingensis auch in sarmatischen Bildungen vorkomme, obwohl sie in
den marinen Bildungen des alpinen Theiles des Wiener Beckens
bisher noch niemals aufgefunden wurde.
Das betreffende Fossil wurde nun zwar schon von Raum aus
den Pliocänbildungen des westlichen Frankreichs angeführt, weshalb
sein Auftreten in Schichten sarmatischen Alters nicht allzusehr über-
raschend sein mag. Man darf auch annehmen, dass Herrn Fuchs
die Behelfe nicht zu Gebote standen, welche Reuss veranlassten,
dasselbe auch von Fundorten anzugeben, welche man gewöhnlich
der zweiten Mediterranstufe gleichstellt; jedenfalls schreibt dieser
letztgenannte Autor, die letztgenannte Osiraea sei jene der Austern
des Wiener Beckens, welche die grösste verticale Verbreitung besitzt,
denn sie reicht aus den tiefsten Schichten bei Loibersdorf bis in
den oberen Tegel, ja bis in die sarmatische Stufe.“
Der von Reuss erwähnte „obere Tegel“ ist nun der Tegel
von Abtsdorf und Rudelsdorf in Böhmen und ich möchte
Herrn Tırrze fragen, ob Abtsdorf und Rudelsdorf im alpinen
Theile des Wiener Beckens gelegen sind? oder liegt vielleicht
169
Steyermark und das westliche Frankreich im alpinen Theile
des Wiener Beckens? Thatsache ist, dass sowohl der
Tegel von Abtsdorf und Rudelsdorf als auch die von Tierze
erwähnten Localitäten Steyermarks den Schichten von Grund
und mithin keineswegs den obersten Schichten des Wiener
Beckens angehören.
Was aber das Pliocän des westlichen Frankreichs betrifft,
in dem die ©. gingensis vorkommen soll, so vübersieht
Tırrze ganz, dass Ravsnın unter „Pliocän“ den Falun von
Salles versteht, der früher allgemein für pliocän gehalten
wurde, obwohl er thatsächlich miocän ist. —
pag. 101 kommt Herr Tıierze abermals darauf zu sprechen,
dass ich aus dem Mergel von Bresno bei Rohitsch Cardita
Jouanneti und Turbo rugosus angeführt, Herr Hörnes aber diese
beiden Bestimmungen angezweifelt, indem er namentlich meinte,
was ich als Turbo rugosus angeführt sei eine Xenophora gewesen.
Ich kann diesbezüglich nur bemerken, dass Herr Hörses
die fraglichen Conchylien niemals gesehen hat und seine Cor-
rectur daher jeder Basis entbehrt. Man wird mir doch hoffent-
lich zutrauen, dass ich einen Turbo rugosus von einer Xenophora
unterscheiden kann! —
pag. 105.
„Da man sonst den palaeontologischen Gegensatz zwischen der
ersten und zweiten Mediterranstufe gern auf die abweichende Zu-
sammensetzung grosser Faunen gründet und dabei die Procentver-
hältnisse der Arten von älterem oder jüngerem Charakter zu Rathe
zieht, so ist jene Liste von 5 Versteinerungen, von denen 4 specifisch
bestimmt sind, wohl etwas klein zu nennen, wenn es sich um die
sichere Zutheilung einer Ablagerung zu einer der beiden Stufen
handelt.“
Wenn dieser Satz überhaupt einen bestimmten, klaren
Sinn haben soll, so kann derselbe doch nur der sein, dass
man die palaeontologische Charakterisirung der ersten und
zweiten Mediterranstufe auf einen grösseren oder geringeren
procentuellen Gehalt an älteren d. i. wohl oligocänen und
jüngeren d. h. wohl pliocänen und lebenden Formen gegründet
hat. Dies ist aber in dieser Fassung nicht richtig und nur
geeignet eine ganz falsche Vorstellung von dem Sachverhalt
zu geben. Die Verschiedenheit der beiden Faunen wurde stets
auf das Vorkommen ganz bestimmter eigenthümlicher Fossilien
gegründet und die Frage, ob die einzelnen Faunen mehr
oder weniger oligocäne oder pliocäne und lebende Arten ent-
hielten, war hierbei ganz secundär. Die oligocänen Arten sind
innerhalb der ersten Mediterranstufe ohnedies fast nur auf die
tiefsten Schichten beschränkt; wenn sie aber auch ganz fehlen
würden, so würde dies die Selbstständigkeit des Charakters
170
der ersten Mediterranstufe gar nicht alteriren. Hätte man
aber auf das Vorkommen von pliocänen und lebenden Arten
ein grösseres (Grewicht gelegt, so hätte man ja speziell die
Hornerschichten für viel jünger halten müssen als die Ab-
lagerungen der zweiten Mediterranstufe. Auch der von Tiırtze
gebrauchte Ausdruck „grosse Faunen“ ist nicht recht zutreffend,
denn Rorıe zZ. B. kannte aus den Hornerschichten bloss eirca
75 Arten, was gewiss für eine miocäne Ablagerung keine
grosse Fauna ist, und auch heute noch lässt sich die Fauna
der ersten Mediterranstufe innerhalb Oesterreich-Ungarns rück-
sichtlich der Artenanzahl in gar keinen Vergleich mit jener
der zweiten Mediterranstufe bringen. Wenn man die süd-
deutschen, italienischen und französischen Vorkommnisse mit-
einbezieht, so ändert sich das Verhältniss allerdings, aber diese
sind von Seiten österreichischer Geologen noch niemals in dieser
Richtung behandelt worden und können daher von Tierze
auch nicht gemeint sein.
Wenn man daher irgendwo in einer Tertiärablagerung
5 Arten finden würde und diese 5 Arten wären
Turritella cathedralıs,
Cardium Burdigalinum,
Pecten Rollei,
„ palmatus,
Mytilus Haidingeri,
so wäre man allerdings vollkommen berechtigt diese Ablage-
rungen für Ablagerungen der ersten Mediterranstufe zu halten
und hätte durchaus nicht nöthig zu warten, bis man eine
„grosse“ Fauna aus diesen Schichten kennen würde, oder aber
Untersuchungen über den procentuellen Gehalt an älteren oder
jüngeren Arten anzustellen. —
pag. 104 erwähnt Tırrze, dass es mir gelungen sei in der
Umgebung von Stein in Krain auf Grund eingeschickter
Fossilien die erste und zweite Mediterranstufe zu constatiren
und fährt dann fort:
„Die Deutungen, welche Fuchs den Ablagerungen von Stein gab,
sind übrigens nicht gänzlich unangefochten“ geblieben. Hırzer hat
über die Miocänschichten bei Stein in Krain einen besonderen Auf-
satz geschrieben, und zwar auf Grund einer Sammlung von Verstei-
nerungen, welche ihm Herr R. Hörnes zur Bearbeitung übergeben
hatte. In dieser Sammlung nun fand sich keine Form, welche für
die erste Mediterranstufe ausschliesslich bezeichnend wäre.“
Das ist wohl ganz gut möglich, aber ich vermag nicht
einzusehen, -wie das meine Resultate „anfechten“ soll. Herrn
Hırger’s Fossilien stammten eben wahrscheinlich wirklich nur
aus der zweiten Mediterranstufe, aber damit ist ja nicht aus-
gemacht, dass die erste nicht auch vertreten sein könne, Oder
m
will Herr Tırrze zart andeuten, dass die von mir eitirten
Arten, wie Cardium Michelottianum, Mytilus fuscus, Pecten Rollei,
Turritella cathedralis etc. falsch bestimmt seien?
pag. 106.
„Als die neueren Arbeiten der geologischen Reichsanstalt in Ga-
lizien begannen, hielt man beide Mediterranstufen in diesem Lande
für vertreten, und zwar, ich möchte fast sagen, in der durch einen
merkwürdigen Zufall hergebrachten Weise wieder in der Art, dass
das Vorkommen der einen Stufe das Vorkommen der andern aus-
schloss.“
Merkwürdig ist hier jedoch nur „der Zufall“, dass Herr
Tivrze, selbst hier auf seinem eigentlichen Arbeitsfelde, aber-
mals „in hergebrachter Weise“ die nächstliegenden Dinge über-
sieht, da es ja doch bekannt ist, dass die dem Schlier zuge-
zählten salzführenden Thone Wielizkas von Sanden und Thonen
der zweiten Mediterranstufe bedeckt werden (Schichten von
Bogueice, Rajsko und Grabowiece), und neuerer Zeit hat
ja Nıenzwiepzkı aus diesen Schichten ziemlich zahlreiche Fos-
silien bekannt gemacht. Die ältere und jüngere Mediterranstufe
schliesst sich also in Galizien keineswegs überall aus, wie
TıeTze behauptet.
In neuerer Zeit hat Uauie bei Grudna Dolna petre-
factenreiche Ablagerungen der zweiten Mediterranstufe aufge-
funden, welche nach unten in flyschartige Ablagerungen über-
gehen. Ich glaube der Gedanke liegt hier ziemlich nahe, diese
flyschartigen Lagen mit der subkarpathischen Salzformation
resp. mit dem Schlier zu vergleichen und in diesem Vorkommen
abermals ein Beispiel der Ueberlagerung des Schlier durch
Ablagerungen der zweiten Mediterranstufe zu sehen. TiırrTzr
macht auch wirklich auf die Analogie dieser flyschartigen Lagen
mit der subkarpathischen Salzformation aufmerksam, zieht
jedoch daraus sonderbarer Weise nur die Öonsequenz, dass in
Folge dessen die Salzformation in die zweite Mediterranstufe
gesetzt werden müsse!
Auf pag. 119 giebt Tırrze nochmals ein zusammenfassen-
des Resume seiner Argumente. Nach dem Vorhergegangenen
halte ich es jedoch für unnöthig auf diesen wahren Ratten-
könig von Unrichtigkeiten, Missverständnissen und Irrthümern
zurückzukommen und beschränke ich mich darauf nur den
Schlusspassus zu eitiren. In demselben heisst es:
„Was sich aber vor Allem ergiebt, dass ist der Einblick in die
zum Theil recht bedeutenden Widersprüche, in welche die Vertreter
jener Annahme sich unter einander oder sogar individuell mit sich
selber verwickelt haben, das ist das Gefühl unbehaglicher
Unsicherheit für den bona fide an unsere len
umfangreiche Tertiärliteratur herantretenden Leser,
der mit dem besten Willen sich in dem Chaos der
schwankenden Meinungen nicht zurecht finden kann“
172
Hier dringt zum erstenmale während der ganzen Arbeit
beim Verfasser die richtige Erkenntniss der Sachlage durch.
Er kann sich „in dem Chaos der widersprechenden Meinungen
nicht zurecht finden“. Ja wohl, jeder Satz seiner Schrift ist
ein Beweis dafür. —
Wenn man an eine solche Materie mit solchen Absichten
herantritt wie Tıerze, muss man nicht nur die „bona
fides“, sondern auch bestimmte einschlägige Kenntnisse mit-
bringen, man muss im Stande sein an den vorgebrachten That-
sachen Kritik zu üben und auf dem festen Boden der kritisch
gesichteten Thatsachen zu fussen, nicht aber sich hilflos
von den Wogen der schwankenden Meinungen hin und her
werfen lassen um zum Schlusse offenherzig bekennen zu müssen,
„dass man sich in dem Chaos nicht zurecht finden kann“!
Es gilt dies nicht nur in Bezug auf die „Gliederung des
unteren Neogen“, sondern auch in Bezug auf jedes andere
wissenschaftliche Gebiet, überall muss man im Stande sein die
Grundlagen kritisch zu prüfen, sonst thut man besser das
Gebiet überhaupt nicht zu betreten.
Tıetze vergleicht sich am Schlusse seiner Arbeit mit
einem Schnitter, der die Ernte einheimst, er lobt die Ar-
beiter, die das Feld bestellen, und überlässt ihnen grossmüthig
die übrig gebliebenen Stoppeln nebst der Erlaubniss das Feld
von neuem zu bestellen. —
Es ist aber immer gefährlich auf fremdem Boden ernten
zu wollen, es kann einem sonst geschehen wie dem Bauer,
der die Kartoffelernte einbringen sollte, und da er die Frucht
nicht kannte, das welke Kraut einsammelte und die Frucht
im Boden liess.
So aber ist es TirTzE gegangen; die Ernte, die er heimgebracht,
ist, sit venia verbo, solches werthloses Kraut und wenn er das-
selbe auch noch so sehr ausbreitet und nach allen Seiten
wendet, so fällt doch kein nahrhafter Kern heraus. Die werth-
vollen Früchte des Bodens hat er nicht gefunden und denjenigen,
die gesäet, hat er nichts genommen, was sie nicht leicht missen
könnten.
173
3. Ueber Patellites antiquus SCHLOTH.
Von Herrn M. Verworx ın Berlin.
Das kleine von SCHLOTHEIM seiner Zeit unter dem Namen
„Patellites antigquus“ in unsere Literatur eingeführte Fossil aus
den obersilurischen Beyrichienkalken Gotlands hat bekanntlich
seit seiner ersten Beschreibung fast ebensoviel Namen bekom-
men, als es fernere Beschreiber gefunden hat, so dass sich
Davısos mit Recht zu der Bemerkung veranlasst fühlt: „This
little fossil appears to have puzzled more than one palaeon-
tologist.*“ Trotz alledem ist ihm immer noch nicht der ihm
gebührende Platz im System zu Theil geworden. Denn nach-
dem das Fossil von ScHLoTHEImM, der durch schlecht erhaltene
Exemplare irre geführt wurde, zu den Patellen gestellt war,
zeigten zwar fernere Untersuchungen bald unzweifelhaft seine
Brachiopoden-Natur, wiesen ihm aber zusammen mit einer
englischen und einigen amerikanischen Arten innerhalb dieser
Klasse die verschiedensten Plätze an: so kam es in die Lite-
ratur als Crania implicata Sow., Crania antiquissima EiCHWw.,
Orbicula implicata M’Coy; Discina implicata LinpstR., Discina
antigua ROEMER.
Inzwischen sind einige in amerikanischen Silur- und Devon-
Ablagerungen vorkommende Arten genauer untersucht worden,
bei denen sich fand, dass sie Eigenthümlichkeiten besitzen,
die sie als wesentlich verschieden von den drei in Frage stehen-
den Gattungen Discina, Orbicula und Crania erscheinen lassen.
Deshalb haben sich auch einige Autoren veranlasst gesehen,
sie generisch von jenen zu trennen.
M’Cor schlug für die hierhergehörigen Formen den Gat-
tungsnamen /seudocrania vor, James HALL dagegen, der sie noch
kurz vorher als Orbicula squamiformis beschrieben hatte, erhob
die amerikanischen Arten zur Gattung „Pholidops*, die er mit
keiner der drei vorhin genannten Gattungen in nähere Bezieh-
ung bringen wollte. Hart hat seitdem noch eine ganze Reihe
von mehr oder weniger vollständig gekannten Arten aus den
amerikanischen Obersilur- und Unterdevon-Schichten beschriehen
und abgebildet („Natural History of New- York“ Vol. II,
pag. 489—490, Pl. 103B, und Vol. IV, pag. 31—32 und 413,
Pl. 3), die zur Genüge die Berechtigung ihrer generischen
Selbstständigkeit darthun.
174
Da mich nun eine sorgfältige Vergleichung der amerika-
nischen Z’holidops-Arten mit dem Gotländischen Fossil zu der
Ueberzeugung geführt hat, dass auch das letztere der Haur-
schen Gattung angehört, so möchte eine genauere, diese Zuge-
hörigkeit darthuende Beschreibung und Abbildung des Fossils
wohl am Platze sein, und zwar um so mehr, als eine solche
bis jetzt noch fehlt.
Genus Pholidops Haut.
In dem Ill. Bande der „Natural history of New - York“
pag. 489 ff., Taf. 105B giebt Harz folgende Gattungs-Diagnose:
„Shell small, patelliform, apex anterior, subcentral, excentric
or terminal. Surface marked by concentrie lamellae of growth,
which are more expanded on the posterior side. Interior a
shallow oval cavity, with a bilobed or horseshoe-shaped mus-
eular impression; the margin flattened or slightly defleeted
and entire“. Im IV. Bande desselben Werkes macht Harz
pag. 31 und Taf. 3 in Folge neuer Funde noch den Zusatz:
„All the known species of this genus are small shells, usually
oceurring as single scale-like valv es or dises, and in two in-
stances only have I seen specimens with the valves conjoined.
The ‚speeimens appear not unlike the dorsal valves of a small
species of Discina; but being calcareous, they have not the
corneous lustre of those shells; and where conjoined, there is
no evidence of a foramen in either valve. The interior shows
a strong muscular callosity, and the casts bear a strongly
marked impression of the same.“ Zugleich fügt der Autor zu
den drei schon 1859 im III. Band aus dem Oriskany-sandstone
beschriebenen Arten (Ph. squamiformis, ovata und terminalis)
noch sieben neue (Ph. arenaria, oblata, linguloides, ovalis, areo-
lata, Hamiltoniae und ? lamellosa) aus den Unter - Helderberg-,
Hamilton-, Chemung- und Ober-Helderberg-Schichten hinzu.
Alle diese Arten sind von unserer schwedischen verschieden.
Pholidops antigua v. SCHLOTH. sp.
Was zunächst die äussere Beschaffenheit des zweiklappigen
Gehäuses betrifft, so bleibt es zwar noch unsicher, ob beide
Klappen einander völlig gleich sind, da Exemplare mit zu-
sammenhängenden Klappen sich nie unversehrt aus dem Ge-
stejr- herauslösen. Ein ziemlich gut erhaltenes Stück zeigt von
der Seite das Aussehen der Fig. 5 (s. pag. 176). Während
der Buckel der einen Klappe in einer stumpfen Spitze endigt,
zeigt derjenige der anderen Klappe eine ganz kleine Vertiefung.
Da sich indessen bei einzelnen, unzusammenhängenden Klappen,
175
die sich ganz unverletzt aus dem Gestein lösten, nie eine solche
Vertiefung wahrnehmen liess, so ist es sehr wahrschein-
lich, dass äusserlich beide Klappen von gleichem Aussehen
sind. Die Form der Schalen (Fig. 1) ist insofern von den
anderen Arten abweichend, als der obere Rand gerade oder
nur ganz leicht eingebuchtet ist, so dass bei vielen ‚Stücken
eine schwache “Annäherung an die Herzform entsteht. Im
Uebrigen ist der Umriss ziemlich veränderlich.
Die Innenseite beider Klappen hat dieselbe Beschaffenheit.
Allerdings verursacht der Umstand, dass man beim Zerschlagen
des Gesteins häufig Schalen von ganz verschiedenem innern
Aussehen trifit, leicht eine Täuschung: theils nämlich zeigen
die Klappen die sogleich näher zu beschreibenden Muskelansätze
ÖBie. 2,8), theils aber erscheinen sie völlig glatt (Fig. 6).
Im letzteren Falle hat sich indessen nur die innerste, die Mus-
kelansätze tragende Schallage abgelöst, so dass die Innenseite
von einer mittleren Schallage gebildet wird. Die innere Wöl-
bung der Klappen ist oval, die Seitenränder sind über der
Mitte nach aussen hin ausgebuchtet. Vom oberen Theile bis
über die Mitte hinaus liegen die Muskelansätze, welche sich
als Erhabenheiten im Innern der Schale darstellen. Dieselben
bestehen aus zwei spitz-ovalen, mit der Spitze schräg nach
unten gerichteten und von einem wallartigen Rande umgebenen
Erhöhungen, an die sich nach unten ein kurzer flach edlen
fender Wulst anschliesst, während von dem oberen Einde der
ovalen Muskelansätze eine bügelförmige, erhabene Muskellinie
ausgeht, den einen Oval- Ansatz mit dem anderen verbindend.
Diese Muskellinie, die in der Regel continuirlich verläuft, habe
ich in wenigen Fällen zu einzelnen kleinen Muskelansätzen
differenzirt gefunden, eine Erscheinung die, da sie auf beiden
Seiten symmetrisch auftritt, wohl nicht als eine Folge der
Verwitterung, sondern der getrennten Anheftung einzelner Mus-
kelbündel gedeutet werden muss. Endlich ist das ganze System
der Muskelansätze in seiner relativen Höhe und Breite ziem-
lichen Schwankungen unterworfen (vergl. Fig. 2, 3, 4). Ausser
den Muskelansätzen sieht man häufig sowohl auf der Innen- als
auch der Aussenseite radiale, von deın Buckel ausgehende
Streifen, die aber vermuthlich nur Sprünge in der Schale
darstellen.
Die beschriebenen Merkmale habe ich alle mit grosser
Deutlichkeit an Exemplaren beobachten können, welche durch
einen gewissen Grad der Verwitterung besonders zur Unter-
suchung geeignet sind. Dieselben stammen aus Diluvialgeschie-
ben von Rixdorf. An wenig oder gar nicht verwitterten Stücken
‘sind die Einzelheiten selten zu sehen, da das Gehäuse stets
so aus dem Gestein herausspringt, dass ein Theil der Schale
176
am ausfüllenden Gestein haften bleibt. Es entstehen dann
Bilder wie Fig. 6.
Zum Schluss ist noch zu bemerken, dass eine von Davip-
son als COrania implicata Sow. et Sıurer beschriebene Pholi-
dops-Art aus England, soweit man nach Daviıpson’s Abbildun-
gen („British silur. Brachiopoda*) urtheilen darf, sich von der
schwedischen Art ebenso wesentlich unterscheidet, wie die
amerikanischen. Da auch die englische Art dem Obersilur
angehört, so scheint die Gattung Pholidops auf die obersilurischen,
in Amerika auf diese und die unterdevonischen Schichten be-
schränkt zu sein. Da sie in den genannten Schichten in grosser
Individuenzahl auftritt, so dürfte sie ein gutes Leitfossil für
dieselben abgeben.
Fig. 1. Eine Klappe von auss@n.
Fig. 2. Dieselbe von innen.
Fig. 3. Eine Klappe von innen mit aufgelösten oberen Muskelansätzen.
Fig. 4. Steinkern der Innenseite einer Klappe.
Fig. 5. Zwei zusammenhängende Klappen, von der Seite gesehen.
Fig. 6. Innenseite einer Klappe, bei der die innerste Schallage sich
abgelöst hat.
Fig 7. Ansicht des Fossils in natürlicher Grösse.
177
6. Ueber die zweite Ausbreitung des skandinavischen
Landeises.
Von Herrn GERARD DE GEER In Stockholm.
Hierzu Tafel XII —- XII.
Uebersetzt und mit Anmerkungen versehen
von Herrn FeLıx WAHNScHAFFE in Berlin !!).
Auf den geologischen Blättern Upperud, Degeberg und
Rädanefors, am südwestlichen Ende des Wenernsees, sind drei
parallele Reihen von Moränenhügeln eingezeichnet, welche in
den Beschreibungen zu genannten Blättern als Endmoränen
eines gegen den Schluss der Eiszeit durch das Wenernthal
sich ergiessenden Gletschers aufgefasst werden.
Als ich vor einigen Jahren diese Endmoränen auf einer
Uebersichtskarte von Skandinavien einzeichnete, kam mir der
Gedanke, dass sie vielleicht nicht nur eine für das Wenernthal
locale Bildung, sondern möglicherweise die directe Fortsetzung
der im Kristianiathal unter dem Namen „raerne“ bekannten
Endmoränen seien, und als ich diese nach Kseruur’s und Danur’s
geologischer Karte vom „söndenfjeldke Norge“ eingetragen
hatte, wurde ich in dieser Ansicht bestärkt. Die drei Moränen-
linien fanden sich nämlich im Kristianiathal wieder und hier
lagen, ebenso wie in Dalsland, die zwei nördlichen nahe bei
einander, waren aber ein gutes Stück von der südlichen ge-
trennt. Letztere verläuft über Laurvig, Horten, Moss und Fre-
drikshald und kann der Einfachheit wegen die Mossmoräne,
die beiden erstgenannten dagegen die nördliche und die
südliche Dröbaksmoräne genannt werden. Näheren Auf-
schluss über die Lage der Moränen erhält man leicht aus der
beigefügten Karte.
Ungefähr in der Mitte zwischen der südlichen norwegischen
und der südlichen schwedischen Moräne findet sich bei der
Kirche von Räggärd auf dem Blatt Upperud ein „rullstensas“
!) Anmerkung des Uebersetzers.
Nachstehender bereits in „Geologiska Föreningens i Stockholm För-
handlingar No. 91, Bd. VII, Heft 7, pag. 436—466“ erschienener Aufsatz
„wurde von mir auf Wunsch des Verfassers für diese Zeitschrift übersetzt.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XXX VII 1. 112
178
verzeichnet, welcher wider die Regel senkrecht gegen die Rich-
tung der Schrammen oder richtiger gegen die allgemeine Nei-
sung des Landes verläuft. Man wird daher geneigt sein an-
zunehmen, dass dieser As längs der Kante des Landeises |)
gebildet und dadurch ein Glied der südlichen Endmoräne wurde.
Um die östliche Fortsetzung der drei Moränenlinien zu
finden, prüfte ich in dieser Hinsicht die topographischen Karten.
Auf der Länskarte von Skaraborg im Maassstab 1: 200000
waren hier und dort langgestreckte Rücken verzeichnet, aber
sie erstreckten sich beinahe überall von Nordost nach Südwest,
d. h. in der Richtung, in welcher die Rollsteinsasar in diesem
Theile des Landes verlaufen. Nur in einem Gebiete des Läns
und zwar gerade mitten vor den dalsländischen Endmoränen
fanden sich Asar, die in ost-westlicher Richtung verliefen. Auch
hier scheinen die zwei nördlichen Moränen auf der westlichen
und östlichen Seite von Billingen zwischen l,edsjö und Oglunda
sowie zwischen Sköfde und Kyrkefalla nahe bei einander zu
liegen. Die südliche ist auf den topographischen Karten
weniger zusammenhängend, erstreckt sich jedoch vermuthlich
südlich von Skara. Gerade nordöstlich von Skara findet sich
ein vierter As, welcher ebenfalls in der Richtung der Moränen
verläuft. Der auffallend geradlinige südliche Strand der Kinne-
bucht zu beiden Seiten von Lidköping liegt genau in einer
Linie mit der nördlichsten der Endmoränen, welche hier wahr-
scheinlich die Ausbuchtungen des Strandes verwischt hat. Diese
Moräne könnte man der Bequemlichkeit wegen die Lidköpings-
moräne nennen; die nächste gerade südlich davon gelegene
die Hindensbak- und die südlichste die Wenersnäsmoräne.
Nach der topographischen Karte zu schliessen, fehlen die
Moränen südlich vom Kinnekulle und auf dem Billingen, und
wenn es sich bei späteren Untersuchungen bestätigen sollte,
dass das Eis, als die Moränen gebildet wurden, diese Berge
nicht zu überschreiten vermochte, so könnte man hier vielleicht
einigen Aufschluss über die Mächtigkeit der Eisdecke in diesen
Gegenden erlangen. Der Billingen erhebt sich ungefähr 200
und der Kinnekulle ungefähr 300 m über die zunächst gelegene
nördliche Umgebung.
Auch in Östergötland kann man auf dem topographischen
Kartenblatt Karlsborg im Maassstab 1: 100000 vielleicht
diejenigen Hügel als die Fortsetzung der Moränen ansehen,
welche in der Gegend östlich von Omberg, theils südlich vom
Täkern-See zwischen den Kirchen von Svanhals und Kunıla,
theils nördlich dieses Sees zwischen den Kirchen von Rogslösa,
Stra und Fifvelstad in der Richtung von Westsüdwest nach
1) Siehe die Anmerkung am Schlusse über die Benennung „Landeis“.
179
Östnordost sich erstrecken; in der letztgenannten Strecke
südöstlich und südlich von Wadstena scheinen sie doppelt zu
sein. Indessen treten diese Hügel wenig auf der Karte hervor
und ich würde kaum daran gedacht haben, sie für Endmoränen
zu halten, wenn sie nicht gerade in der Verlängerung der
vorher beschriebenen gelegen hätten.
Auf der ganzen bisher erwähnten Strecke verlaufen die
Moränen fast überall senkrecht gegen die Richtung der in der
Gegend auftretenden Schrammen, obgleich dieselbe an den
verschiedenen Stellen einem bedeutenden Wechsel unterwor-
fen ist.
Diese Thatsachen, verglichen mit der Richtung der Schram-
men im östlichen Sana. auf Aland und in Finnland, er-
weckten bei mir den Gedanken, dass die Endmoränen, welche
von den finnischen Geologen vom südwestlichen Finnland be-
schrieben werden, möglicher Weise die Fortsetzung der oben
erwähnten Moränenlinien bilden könnten.
Auf den finnischen geologischen Kartenblättern No. 1 und
2 im Maassstab 1:200000 finden sich nämlich zwei grössere
Eindmoränen angegeben, welche in einem Abstande von 11—
15 km parallel mit einander verlaufen. Sie streichen von
Westsüdwest nach Ostnordost, die südliche von der Landspitze
von Hangö über Ekenäs und Lojo; die nördliche von Peppar-
udde über Bromarf, Tenala und Karislojo. Spuren einer un-
bedeutenderen und weniger zusammenhängenden dritten Moräne
finden sich zwischen Dragsfjärd und Öfvarby, 22—24 km nord-
westlich von letztgenannter Moränenlinie.
Um die Fortsetzung dieser Moränen zu finden, wurden
von mir mehrere finnische Karten zu Rathe gezogen. Von dem
Äszuge Salpausselkä, welcher auf den meisten derselben her-
vortritt, ist wahrscheinlich der östlich von Lahtis gelegene
Theil eine Fortsetzung der Hangö-Lojomoräne. Nach FE. J.
Wırk’s Karte in seiner „öfversigt af Finnlands geologiska för-
hallanden“ hängt nämlich die erstere mit der letzteren etwas
westlich von Lahtis zusammen, obgleich hier der Salpausselkä
sich gegen Osten biegt und hernach in einem Bogen gegen
Nordost und Nord an dem nordwestlichen Ende des Ladoga
bis zum Joensuu sich fortsetzt.
Nördlich hiervon hebt sich das Land recht bedeutend
nach dem Bergrücken Maanselkä zu, welchen das Landeis ver-
muthlich nieht zu der Zeit zu überschreiten vermochte, als
die erwähnten Moränen gebildet wurden. Auch hier finden
sich auf den finnischen Karten ungefähr in der Verlängerung
der Moränenlinien ein paar Aszüge, welche senkrecht gegen die
Schrammen verlaufen, aber sie sind zu wenig bekannt, als dass
man wagen dürfte, eine Vermuthung über ihre Natur zu äussern.
12*
180
Auch längs des Salpausselkä verläuft 15—20 km nördlich
von diesem Höhenzuge ein anderer, welcher aus diesem Grunde
wahrscheinlich eine Fortsetzung der Moränen zwischen Peppar-
udde und Karislojo ist.
Für die Endmoränen-Natur dieser Äsar spricht auch in
hohem Grade, wie F. J. Wıxk bemerkt, die Richtung der
Schrammen. Westlich von Lahtis kommen sie von N.W.,
östlich davon zuerst von N., sodann von N.W. und schliess-
lich von W., jederzeit senkrecht gegen die vermuthlichen End-
moränen.
Diese erlangen in Finnland eine ganz ansehnliche Grösse.
So ist beispielsweise die südliche Moräne nahe der Kirche von
Lojo nach Jernströn !) im Mittel von dreizehn Messungen an
verschiedenen Stellen 23 m hoch und 327 m breit, an einem
Punkte sogar bis zu 59 m hoch. Was die Höhe der End-
moränen in Schweden betrifft, so liegen beinahe keine Angaben
darüber vor. Nur in der Erläuterung zum Kartenblatt Dege-
berg wird erwähnt, dass die mittelste Moräne sich bis zu
30 m über die Oberfläche des Wenern erhebt. Nach Tn.
KyeruLr?) scheint die Höhe der Mossmoräne am Glommen
3l m und bei der Kirche von Ske 19 m zu erreichen. Er
deutet auch an, dass dieses „ra“ auf der Landseite verschie-
dene grössere und kleinere Moränenseen abdämmt, und nach
den Karten zu schliessen ist dies wahrscheinlich auch mit dem
Salpausselkä in Finnland der Fall.
Was den inneren Bau der Endmoränen anlangt, so scheint
derselbe an einzelnen Stellen etwas verschieden zu sein. Nach
JERNSTRÖM ist die Moräne bei Lojo oft geschichtet, aus aus-
gewaschenem Grand und gerundeten Steinen bestehend. Er be-
merkt jedoch, dass fast alle Durchschnitte unbedeutend sind,
da sie nur die geringe Tiefe von ein paar Metern erreichen.
Auf dem Boden fand er in einigen Aufschlüssen geschichteten
Thon, was darauf hindeutet, dass die Endmoränen ebenso wie
viele Rollsteins-Asar bisweilen von marinen Thon- und Grand-
lagern bedeckt werden. Aber auch der innere Theil dieser Mo-
ränen scheint oft nach Angabe anderer finnischer Geologen
geschichtet zu sein und gerundete Steine zu führen. F. J.
Wuxr?°) glaubt auch, dass die Endmoränen im Meere sich
ablagerten, von welchem er annimmt, dass es vor der Zeit
ihrer Bildung bis an die Kante des Eises reichte.
Es fehlen indessen noch genauere Angaben. Der Salpaus-
selkä soll sich nach A. W. Gyıo&n’s Höhenkarte bis zu 150 ın
!) Strödda geogn. anteckn. 1 och II. Helsingf. 1876, pag. 97— 101.
2) Univ. progr. Kristiania 1871.
3) a. a. O. pag. 89 und 102.
181
über das Meer erheben, jedoch sind mir keine Mittheilungen
über die Beschaffenheit des Moränengruses auf dieser Höhe
bekannt und ebensowenig weiss man, wie hoch das Meer hier
am Schluss der Kiszeit gestiegen ist.
In Dalsland scheinen die Endmoränen nur in geringem
Maasse von Wasser beeinflusst zu sein. In der Beschreibung
zum Blatt Degeberg sagt O. Karussox hierüber: „Die innere
Zusammensetzung dieser Wälle zeigt im Allgemeinen sehr
deutlich, dass sie zu den Krossgrusbildungen gehören. Sie
bestehen nämlich überwiegend aus einer gewöhnlich ziemlich
thonigen Anhäufung von grösseren und kleineren, etwas abge-
nutzten und geschrammten Steinen, Sand und Grus, bisweilen
mit Andeutungen einer undeutlichen Schichtung.“ — — —
„Bei den in den Wenernsee hineinragenden Ausläufern ist
natürlicher Weise die oberste Schicht mehr oder weniger durch
den Andrang der Wogen bearbeitet und hier in eine Art ganz
reinen Rollsteinsgruses verwandelt. Dies ist jedoch als eine
mehr secundäre Bildung auf der Karte nicht besonders be-
zeichnet worden, um das deutliche Hervortreten der Moränen-
bänke nicht zu verhindern.“
In der Beschreibung zu Blatt Upperud sagt A. E. Törne-
BOHM: „Hinsichtlich ihres inneren Baues unterscheiden sich
diese Moränenbänke vom Krosssteinsgrus im Allgemeinen durch
den Reichthum an grösseren kantenbestossenen und abgerun-
deten Steinen. Unter diesen findet man eine nicht unbedeu-
tende Zahl, welche der dortigen Gegend fremd sind. So z. B.
sieht man nicht selten den rothen Sandstein von Dalarne,
mehrere Varietäten von Quarziten, welche dem Dal fremd
sind, einen dunklen Kalksandstein, Hyperit, Eisengneiss u. s. w.“
Was die Endmoränen am Kristianiafjord betrifft, so sagt
J. H. L. Vocr!), dass sie sich in mehreren Eisenbahnein-
schnitten als vollkommen geschichtet erwiesen haben, mit ab-
wechselnden Lagern von Grus, Thon und verschieden feinem
Sand. Er weist darauf hin, dass diese .raer“ nicht als alte
Strandwälle gedeutet werden können, da ein nd dasselbe „ra“
in sehr verschiedenen Höhen liegt, von weniger als 30 bis zu
mehr als 160 m über dem Meere. Noch weniger kann es als
eine Ablagerung eines Elfen auf dem Landeise angesehen
werden, da seine Lage senkrecht gegen die Neigung des Lan-
des gerichtet ist. Da die Oberfläche des Meeres zur Bildungs-
zeit dieser „raer“ vermuthlich nahezu 200 m höher lag, als
jetzt, so nimmt auch Vocr an, dass sie Endmoränen sind,
welche im Meere abgesetzt und dadurch geschichtet wurden.
Von Björnstad beschreibt er Faltungen in der Thonschicht,
2) Christiania Vidensk. Selsk. forh. 1881. No. 8,
182
woselbst die Axen der Falten parallel mit der Richtung der
Moränen verlaufen. Er setzt daher voraus, dass der Druck
rechtwinklig gegen die Moräne wirkte und von einer Bewegung
des Landeises hervorgerufen wurde Wenn dies richtig und
der Thon ausserdem marin ist, so wird hierdurch ein directer
Beweis für die Annahme Vocr’s geliefert, dass das Meer bis
an die Eiskante reichte.
Im Jahre 1882 trug ich in der Maisitzung der geologischen
Gesellschaft in Stockholm obige Ansichten vor und erhielt
nach Schluss der Versammlung von Herrn Vocr die Mitthei-
lung, dass man eine Fortsetzung der Mossmoräne gegen Süd-
west deutlich in den Bänken wahrnehmen könne, welche sich
auf den norwegischen Seekarten längs der Küste südwestlich
von Fredriksvaern erstrecken. Bei einer Musterung der See-
karte im Massstab 1:100000 zeigte es sich auch, dass ganz
in der Verlängerung der Moss-Horten-Laurvig-Moräne einer-
seits die lange schmale Insel Jomfruland lag, welche nach Vocr
im Gegensatz zu den Nachbarinseln keine Berge besitzt, sondern
ganz eben ist und sich wenig über die Meeresoberfläche erhebt,
andererseits drei lange und schmale Meeresbänke, Taraldsboen,
Torkeboen und Moldboen mit der kleinen Insel Molden, welche
nach Vogt nur aus Grand besteht. Zwischen diesen Bänken
liegt eine Reihe von Untiefen, welche vermuthlich auch zur
Moränenlinie gehören. Hierzu ist auch möglicherweise die
kleine Insel Danmark nördlich von Jomfruland zu rechnen,
wogegen Straaholm auf der Seekarte als Berg bezeichnet ist.
Die Bänke sind mit einer punktirten Öontur bezeichnet worden,
welche für die höher gelegenen Theile doppelt ist. Aus den
Tiefenangaben geht hervor, dass sie sehr bedeutend sind. Um
eine Vorstellung über ihre Höhe zu erhalten, nahm ich das
Mittel der Tiefenangaben zu beiden Seiten der Bank, zwei
und zwei gerade einander gegenüber und zog davon die Tiefen-
zahl ab, welche mitten auf der Bank zwischen den beiden
anderen stand. Die ungefähre Höhe der Moränenbank wurde
dadurch an 10 Punkten bestimmt, die meisten auf Taraldsboen
und war im Mittel 26 m. Die Bank war an der breitesten
Stelle bei Jomfruland 1200, bei Taraldsboen 700, bei Torke-
boen 300, bei Moldboen 500 m breit, immer innerhalb der
punctirten Conturen. Der Moränenrücken lag auf Jomfruland
etwas über der Meeresoberfläche, auf Taraldsboen 14, auf
Torkeboen 13, auf Moldboen 16 m unter derselben, an jeder
Stelle im Mittel von mindesten 13 Zahlenangaben. Das Meer
war im Mittel innerhalb Jomfrulands 21 und innerhalb Taralds-
boens 39 m tief.
Ich habe hernach gefunden, dass Teruer Danın schon vor
längerer Zeit diese Bänke, zu denen er auch die aussen vor
183 _
Tromö gelegene Insel Tromlingen rechnet, erwähnt hat. Ich
erfuhr dies aus einem Citate Tu. Kyerunr's!), welcher dieselben
für eine Fortsetzung der Moss-Horten-Laurvig-Moräne hält
und die Fortsetzung derselben an Lindenäs vorbei längs der
norwegischen Südküste bis nach Jaederen in den zerstreuten
Moränenbildungen zu finden meint, welche an folgenden Stellen
vorkommen: „östlich im Lyngdal, bei Flikeidet und bei Löia-
vand (nordwestlich vom Flekkefjord), Spuren im Eisenbahn-
einschnitt beim Raegefjord (Sogndal), bei Egersund, bei He-
grestad (zwischen Ogne und Egersund) und am Rande des
Jaederen“ °).
Abgesehen von diesen mehr zerstreuten Theilen der Mo-
ränenlinie kann man dieselbe somit ohne grössere Unter-
brechung 380 km durch Norwegen und Schweden und ferner
580 km innerhalb Finnland’s verfolgen.
Da diese Moränenzüge Theile einer ziemlich regelmässigen
Linie zu bilden schienen, welche noch dazu im Grossen und
Ganzen mit der Grenze der grössten Ausbreitung des skandi-
navischen Landeises gleich sein und, wie oben erwähnt, die
ganze Strecke ziemlich rechtwinklig gegen die Schrammen
verlaufen würde, so nahm ich anfangs an, dass die Eiskante
zur Zeit vor der Bildung der Moränen sich in einer Bogenlinie
direct zwischen Dalsland und dem südlichen Finnland er-
streckte.
Ein Umstand, welcher damals in erster Linie meine Auf-
merksamkeit auf sich zog, war die Zusammenfassung der zer-
streuten Moränenzüge als eine gleichzeitige Bildung. Ich hatte
noch nicht darüber nachgedacht, wie man die Periode der
Eiszeit, als die Moränen gebildet wurden, mit den schon früher
bekannten Verhältnissen in Zusammenhang bringen sollte, aber
ich sah ein, dass man auf grosse Schwierigkeiten stossen würde,
um den früher von O. ToreLL?) nachgewiesenen baltischen
Eisstrom zu erklären, wenn die Grenze des Landeises einmal
wirklich die Form hatte, welche ich damals annahm. Indessen
habe ich während der letzten Jahre Gelegenheit gehabt, die
Spuren des baltischen Eisstromes etwas näher zu studiren und
bin nunmehr geneigt, denselben für gleichzeitig mit den oben
beschriebenen Endmoränen zu halten. Alle beide gehören
muthmasslich einer zweiten, von der grösseren ersten Aus-
dehnung durch eine Interglacialzeit getrennten Ausbreitung des
Landeises an. Dieser Zwischenperiode entsprechen vermuthlich
1) Univ. progr. Kristiania 1871.
2) Udtigt over det sydlige Norges geologi. Christiania 1879, pag. 40.
?) Einleitung zu L. HoLmström’s Jakt. ö. märken i Sk. eft. ist.
Malmö 1865.
184
die interglacialen Ablagerungen in der Schweiz und in England,
welche in ersterem Lande hauptsächlich durch die von Oswarn
Heer !) beschriebenen Schieferkohlen von Utznach, Dürnten,
Wetzikon und Mörschweil, in letztgenanntem durch die grosse
interglaciale Landsenkung sich bemerkbar machen.
L. Houström hat durch seine Untersuchungen bei Klagerup
und Hven gezeigt, dass der untere und obere Moränenthon in
Schonen wesentlich verschiedene, durch Geschiebe aus ver-
schiedenen Gegenden charakterisirte Bildungen sind°). Seine
Beobachtung, dass Magnetitkörner in dem unteren Moränenthon
vorkommen, dagegen garnicht oder in unbedeutender Menge in
dem oberen, kann möglicher Weise von Bedeutung werden bei
der Unterscheidung der Moränen bei Kartirungen. Horusrtröm
nimmt an, dass die untere Moräne von Nordosten kam, mithin
aus dem Gebiete des an Magnetit reichen Eisengneisses und
die obere von Südosten und meint, dass letztere durch den
baltischen Eisstrom gebildet worden sei. Diese Beobachtungen
sind seitdem zu wiederholten Malen von verschiedenen Geo-
logen bestätigt worden. Im Sommer 1883 hatte ich selbst
Gelegenheit, innerhalb des Blattes Lund auf eine Strecke von
ungefähr 20 km die obere Moränenbank das Erosionsthal des
Keflingeflüsschens entlang zu verfolgen und dabei die Beob-
achtung zu machen, dass dieselbe mächtige geschichtete Bil-
dungen an zahlreichen Stellen überlagerte.e An vier oder fünf
verschiedenen Punkten sah ich auch den unteren Moränenthon
am Boden des Thales zu Tage treten. In der oberen Moränen-
bank wurde überall ein buntes Gemisch von baltischen Blöcken
angetroffen und unter diesen die nachfolgenden Leitblöcke ?):
Alandsrapakivi, Alandsgranit, Alands Quarzporphyr, Elfdalen-
porphyr und Päskallevikporphyr. In der unteren Moräne da-
gegen fand sich weissgesprenkelter Flint, vermuthlich vom
nordöstlichen Schonen und silurische Gesteine nebst wenig
charakteristischem Gneiss und Granit, wahrscheinlich aus den-
selben Gegenden und aus Smaland stammend.
Schon die regelmässige Ausbreitung und die bedeutende
Mächtigkeit der beiden Moränenbänke und der zwischenlagern-
den geschichteten Bildungen machen es höchst wahrscheinlich,
dass man hier Spuren von zwei verschiedenen Eiszeiten vor
sich hat, getrennt durch eine lang andauernde Interglacialzeit.
Auch innerhalb der Moränenbänke finden sich freilich an
verschiedenen Stellen geschichtete Bildungen, aber diese sind
meist unbedeutend, keilen sich bald aus und können nicht an
1) Die Urwelt der Schweiz. Zweite Aufl. Zürich 1879.
2) Öfvers. af K. V. A. förh. 1873. No. 1, pag. 11.
®) Siehe die Anmerkung am Schluss über die Bezeichnung „Leitblock*.
185
den getrennten Stellen mit einander parallelisirt werden. Ver-
muthlich wurden sie entweder in Gletscherbächen unter dem
Eise selbst oder bei geringen Veränderungen der Lage der
Kiskante gebildet. Auf Grund der jetzigen Kenntnisse über
die Bildungen der Eiszeit in Schonen hat man wenig Aussicht,
mehr als eine Interglacialzeit von grösserer Bedeutung nach-
weisen zu können. Zu den Ablagerungen, welche während
dieser Zeit gebildet wurden, gehört der Cementthon von Lomma,
in welchem Fischreste gefunden wurden, und die Sandschicht
bei Svenstorp, in welcher Herr Murgeck aus Lund Knochen-
reste von mehreren kleineren Säugethieren gefunden haben
will. Hierher ‘gehört auch, nach des Verfassers Beschrei-
bungen zu schliessen, der Thon, welchen A. G. Naruorst bei
Thorsjö ?) antraf und welcher folgende Einschlüsse enthielt:
Dryas Octopetala,
Salix polaris,
Pisidium,
Limnaea limosa,
Cytheridea torosa,
ferner der von L. Houuström bei Vinnige in der Gegend von
Klagerup nachgewiesene Süsswasserthon °), welcher enthielt:
Dryas Ociopetala (gefunden von O. Torkrt),
Pisidium pulchellum Jen.,
r obtusale PrEIFF.?
Limnaea lagotis SCHR.,
R ovata Dre. ?
und vermuthlich auch das Sandlager, welches bei einer Boh-
rung 2,1 km nordwestlich von der Kirche von Glumslöf ange-
troffen und von E. Erpmann*), beschrieben wurde, welcher
darin fand:
Pisidium pulchellum Jen.,
„ subtruncatum MaALnm,
„ scholtzi Cuesss,.,
Limnaea sp.
Man darf gleichwohl Penck’s°) Bemerkung nicht ausser
Acht lassen, dass Partien von geschichteten Bildungen, welche
bei einer Bohrung in Moränenablagerungen angetroffen werden,
nicht immer in ungestörter Lagerung vorzukommen brauchen,
2) Da der Fund noch nicht beschrieben worden ist, so weiss ich
nicht, ob die Knochen in situ angetroffen wurden.
2) Öfvers. af. KR. V. A. förhandl. 1872, No. 2, pag. 136; und 1873,
No. 6, pag. 13.
3) Öfvers. af. K. V. A. förhandl. 1873, No. 1, pag. 15.
*) Geol. Fören. Förh. Bd. 2. 1874. pag. 130.
‘®) Diese Zeitschr. Bd. 31. 1879. pag. 158.
186
sondern bisweilen mit den Moränen von älteren Schichten aus
mitgeschleppt sein können.
Was den Fund E. Erpmanns von Cardium und Mya in
dem Sande bei Bjerred ') betrifft, welcher ebenfalls interglacial
sein sollte, so hat er mir gestattet, folgende Mittheilung zu
machen. Da Kreidebryozoen daselbst zusammen mit den Schal-
fragmenten vorkommen und Kreidebruchstücke in dem darunter
liegenden Moränenthon ganze gewöhnlich sind ein Umstand, der
die Herstammung der Schalstücke aus der Kreideformhtion
möglich erscheinen lässt so muss man die Frage über die
Bestimmung der Schalfragmente bis zur Herbeischaffung besseren
Materiales offen lassen, besonders da sie wohl den genannten
Arten sehr ähnlich, kaum aber sicher bestimmbar waren, wenn
man nicht voraussetzen konnte, dass sie quartär seien. Die
Fragmente waren nämlich bloss wenige Millimeter lang und
hatten weder Schloss noch Wirbel. Ausserdem scheinen sie
in grösserer Anzahl nicht vorgekommen zu sein, da F. Wann-
SCHAFFE und ich bei einem Besuche im Jahre 1883 keine
Schalfragmente an dieser Stelle mehr finden konnten.
In WannscHarre’s Gesellschaft studirte ich auch die Mo-
ränenthone längs der Westküste von Schonen und auf Hven,
woselbst die interglacialen Schichten von südöstlicher Richtung
her sehr gestört waren und von der baltischen Moränenbank
überlagert wurden, die auch hier äländische Geschiebe enthielt.
Solche fanden wir auch in der oberen Moräne bei Hildesborg
und im „strandgrus“ bei Helsingboreg.
Auf Grund dieser Beobachtungen scheint es sehr wahr-
scheinlich, dass das Vorkommen der äländischen Geschiebe in
Schonen und den angrenzenden Theilen des skandinavischen.
Glacialgebietes ganz nahe mit der Ausbreitung der oberen
Moräne zusammenfallen muss.
Theils auf eigenen Reisen, theils in den Sammlungen von
Kopenhagen, Lund und der schwedischen geologischen Landes-
untersuchung habe ich Alandsgeschiebe an einer Menge von
Stellen gefunden, im südwestlichen Schonen, auf Seeland, in
Jytland, Holstein, Mecklenburg und in der Mark Brandenburg a:
Ungeachtet diese Geschiebe überall auf den Ebenen rund um
den Romeleklint herum vorkommen, so habe ich auf diesem
Berge selbst vergebens danach gesucht. Ich fand dort nur
weissgesprenkelten Flint und andere Geschiebe, welche nord-
östlichen Ursprungs sein können. Im Anschluss hieran mag
bemerkt werden, dass in einer Senkung auf der Höhe des
Romeleklint zwischen Hällestad und Dalby hohe und steile
2) Geol. För. Körh: Bd. 2.:48745-pag. 16: u.917.
?) Siehe den Anhang und die Tafel.
187
Rollsteinsasar vorkommen, welche offenbar niemals von einem
Gletscher überschritten wurden. Unten auf der umgebenden
Ebene ist dagegen die Asform des Rollsteinsgruses nahezu einge-
ebnet und wird hier von der oberen Moräne bedeckt. So ist
es auch der Fall bei Raby, gerade südöstlich von Lund, wo-
selbst die Grandablagerungen vermuthlich eine Fortsetzung des
Hällestadas bilden.
A. G. NarHorst lenkte jüngst meine Aufmerksamkeit
darauf, dass D. Hummer im südöstlichen Schonen Moränenthon
auf Rollsteinsgrus beobachtet hat. Als ich Hummer's Karten
und Tagebücher !) von den Blättern Simrishamn und Sandham-
maren durchsuchte, fand ich auch, dass er oben auf dem deut-
lich sichtbaren, 20 km langen Rollsteinsäs , welcher sich an
Hörup vorbei von Nordost nach Südwest erstreckt, an vielen
Stellen Moränenthon antraf, welcher den grössten Theil des As
zu überdeeken schien. Die mit derselben parallel verlaufende
langgestreckte Höhe, welche an Käseberga vorbei sich längs.
des Meeresstrandes hin erstreckt, ist vermuthlich auch ein
solcher von Moränenthon überlagerter und theilweis eingeebneter
As, Auch auf einem kleineren, 3 km nördlich der Kirche von
Hammenhög gelegenen As scheint Hummueı Moränenthon beob-
achtet zu haben. Dies ist dagegen niemals der Fall gewesen
auf den hohen und steilen Asar, welche sich in der Gegend
nördlich von der Kirche von Smedtorp befinden und auch hier
in der Richtung von Nordost gegen Südwest verlaufen. Die
zuletzt erwähnten Asar liegen 70—80 m über dem Meeres-
spiegel, während die zuvor erwähnten sich alle in niedrigerem
Niveau befinden.
Es scheint sehr wahrscheinlich zu sein, dass der Moränen-
thon, welcher die niedrig gelegenen Asar in dieser Gegend,
gleichwie bei Lund überdeckt, dem baltischen Eisstrome ange-
hört, welcher in diesem Falle sowohl hier als auch auf an
holm die Gebiete nicht überschritten zu haben scheint, welche
mehr als 70 m über dem Meere liegen. Da die hier erwähnten Asar
vermuthlich zu demselben System wie die Asar im mittleren
und nördlichen Schonen gehören, so erhält man dadurch ferner
einen Grund anzunehmen, dass die Asbildung hier abgeschlossen
und die alte Eisdecke fortgeschmolzen war, bevor der baltische
Eisstrom die genannte Provinz erreichte.
- Die nördliche Grenze der äländischen Geschiebe scheint
zwischen Helsingborg und dem Söderärs und an der Gegend
von Eslöf vorüber nach Südosten südlich von dem Linderödäs
zu verlaufen. Diese Grenze zetzt, ebenso wie die HouLmsTRön-
1) Aufbewahrt im Archiv der solyrallsuingn geologischen Landes-
untersuchung.
188
schen Untersuchungen auf der Insel Hven für die zweite Aus-
breitung oder den baltischen Eisstrom in diesen Gegenden eine
Bewegungsrichtung von Südost nach Nordwest voraus. Indessen
kann eine solche Richtung nicht in Uebereinstimmung mit den
Schrammen im mittleren und südöstlichen Schonen !) gebracht
werden, welche man bisher als zum baltischen Eisstrome ge-
hörig betrachtete und welche von N.O. und O.N.O. herkommen.
Aus der erweiterten Kenntniss, welche man jetzt über die
Richtung der Schrammen im nordöstlichen Schonen erlangt
hat, geht deutlich hervor, dass beide Richtungen demselben
Systeme angehören. Wenn man hiermit die Ursprungsrichtung
der Geschiebe vergleicht, welche sich in der unteren Moräne
finden, so kommt man zu der Ansicht, dass das Landeis schon
bei seiner ersten Ausbreitung etwas von dem ÖOstseebecken
beeinflusst wurde, sodass der in Smaland und Bleking von
Norden kommende Eisstrom weiter südlich allmählich mehr
und mehr nach Südwest zur Nordsee hin abgelenkt wurde.
Hormströn’s nördliche Schrammen bei Tomarp, Gladsax und
Hanaskog enstanden vermuthlich zu Anfang der ersten Aus-
breitung, bevor das Landeis die Ostsee überschritt. In der.
Gegend von Hanaskog habe ich an mehreren Stellen dieses
System auf der Leeseite der Rundhöcker angetroffen, während
sie auf ihrer jüngsten Stossseite in der hier gewöhnlichen, von
N.N,O. kommenden Richtung stark geschrammt waren.
Im Herbst 1883 erhielt ich von Herrn JoassTRup seine
interessante Abhandlung über die Schrammen auf Bornholm
und Seeland. Die Schrammen auf dem höher gelegenen Theile
von Bornholm gehören offenbar zu demselben Systeme wie die
Schrammen der ersten Ausbreitung in Schonen, zu denen ich
diejenigen bei Simrishamn, auf Stenshufvud und dem Romele-
klint rechnen zu können glaube. Das jüngere System dagegen,
welches in Bornholms südlichen, niedriger gelegenen Theilen
vorkommt und völlig in den höher gelegenen Gebieten fehlt,
erstreckt sich von Südost nach Nordwest, ebenso wie das jüngste
System auf Seeland und stimmt somit ausgezeichnet, sowohl
hinsichtlich seiner Richtung, als auch seiner Höhenlage über
dem Meere, mit dem Vorkommen der baltischen Moräne in
Schonen überein. In Folge dessen sah ich mich genöthigt an-
zunehmen, dass dieses System vom Landeise bei seiner zweiten
Ausbreitung und nicht von Drifteis, wie JoHNsSTRUP vermuthet,
gebildet wurde, weil einerseits dieses Schrammensystem in un-
gewöhnlicher Regelmässigkeit auftrat und weil andererseits das
Moränenmaterial im südlichen Theile von Bornholm in der vom
südöstlichen Schrammensysteme angezeigten Richtung transpor-
1) Siehe Homsrröm’s Karte in: Lunds Univ. ärsskrift för 1866,
ne ee
189
tirt wurde. Auf seiner ausgezeichneten Schrammenkarte von
Bornholm findet sich auch eine am Nordstrande der Insel von
FORCHHANMER gemachte Beobachtung von Schrammen, welche
dem jüngeren Systeme anzugehören scheinen. Als dasselbe ge-
bildet wurde, ragten vermuthlich die höheren Theile Bornholims
und der Romeleklint als „nunataker“ über die Oberfläche der
Eisdecke hinweg.
Diese Ansicht und das im Vorstehenden über den balti-
schen Eisstrom Gesagte, sowie einige hierher gehörende Ver-
hältnisse, welche F. WannscHArrE in Norddeutschland beob-
achtet hat, habe ich in der letzten Aprilsitzung der geologi-
schen Gesellschaft in Stockholm vorgetragen.
Im verflossenen Sommer habe ich Alandsgeschiebe gauz
alleemein an mehreren Stellen nordwestlich von Stenshufvud
gerade vor dem Thale von Andrarum angetroffen, was dafür
spricht, dass möglicherweise ein Zweig des Eises ein Stück in
das genannte Thal hineinreichte. Auf den Höhen nördlich der
Kirche von Maglehem fand ich dagegen kein einziges derartiges
Geschiebe, obwohl ich sicher mehrere Tausend untersuchte.
Desshalb scheint hier die Grenze des baltischen Eisstromes
zu liegen.
Nördlich, östlich und südlich von Bornholm ist der an-
grenzende Theil der Ostsee auf eine grosse Strecke mehr als
50 m tief, erreicht jedoch nur an ein. paar Stellen die Tiefe
von 100 m. Der höchste Punkt auf Bornholm liegt 156 m
über dem Meere, dagegen hat man das jüngere Schrammen-
system nirgends in einer Höhe über 70 m angetroffen. Dies
scheint anzudeuten, dass die Mächtigkeit des baltischen Eis-
stromes in diesen Gegenden 120—170 m nur wenig überstieg.
Noch weiss man nicht, wie hoch hinauf an den Abhängen
des Romeleklint Spuren des baltischen Eisstromes vorkommen,
aber da der Gipfel dieses Berges nur 187 m über dem Meere
liest, so wird man vermuthlich finden, dass die Mächtigkeit des
Eises auch hier ziemlich gering gewesen ist. Dies steht in
gutem Einklange mit dem Umstande, dass der baltische Eis-
strom nur die niedrigsten und ebensten Theile von Schonen zu
überschreiten vermochte‘). Dies aber hätte er sicher nicht
gekonnt, wenn gleichzeitig Eisströme vom nördlichen Schonen
und Bleking herabgekommen wären. Diese würden denselben
ohne Zweifel gezwungen haben, bedeutend weiter südlich seinen
Verlauf zu nehmen und würden auch ihrerseits von genanntem
t) Nach Narnoxsr’s und TurLgeres Untersuchungen auf den Blät-
tern Trolleholm und Lund kommen hier Flint-Geschiebe aus dem süd-
lichen Schonen bis zu einer Höhe von ungefähr 60 m über dem Meere
vor, weshalb man vermuthlich diese Höhe als die Grenze der Ausbrei-
tung des baltischen Eisstroms in diesen Gegenden bezeichnen darf.
190
. Eisstrome beeinflusst worden sein. Nun hat indessen der bal-
tische Strom, wie ‚oben erwähnt, einen grossen Theil von
Schonen überschwemmt und ist fast senkrecht gegen die Rich-
tung der Schrammen in den übrigen Theilen der Provinz bis
nach Helsingborg vorgedrungen.
Man hat daher guten Grund anzunehmen, dass das Eis,
welches die letztgenannten Schrammen eingrub, schon fortge-
schmolzen war, als der baltische Eisstrom vorrückte. Besonders
deutlich zeigt sich dies aus den Untersuchungen JonunsTrup’s auf
Bornholm, woselbst die beiden Schrammensysteme schwerlich
als eine gleichzeitige Bildung erklärt werden können.
Hornuströn’s Schrammen im südöstlichen Bleking bei der
Landspitze von Thorhamn und Ungskär, welche von O.N.O.
nach W.S.W,. verlaufen, wurden wahrscheinlich von dem bal-
tischen Eisstrome gebildet. Um nun die nördliche Grenze des-
selben zu bestimmen, ist eine Untersuchung des Inhaltes der
Moränen in dieser Gegend von besonderer Bedeutung, da hier
auch das alte System etwas gegen S.W. sich neigt. Dies be-
ruht meiner Ansicht nach nicht auf irgend einer Einwirkung
des baltischen Stromes, sondern hängt auf das Engste mit der
Richtung der älteren Schrammen auf Bornholm und mit der
grossen Schwenkung gegen die Nordsee hin zusammen, welche
letztere sich bei dem älteren Schrammensystem in Schonen er-
kennen lässt.
Die Schrammen auf Oeland kommen im Allgemeinen von
N.N.O. und gehören offenbar zum baltischen Eisstrome, wäh-
rend auf dem Festlande das alte Schrammensystem, welches hier
von N,W. kommt, überall beobachtet werden kann. Dass sich
dasselbe einmal nach S.O. zu über Oeland fortsetzte, wird durch
das Vorkommen von smäländischen Geschieben auf genannter
Insel !) angedeutet, wenn auch der baltische Eisstrom viele
Spuren der ersten Ausbreitung verwischt hat. Da die beiden
Schrammensysteme längs eines grossen Theiles von Kalmarsund
fast senkrecht gegen einander verlaufen, so muss man aus dem-
selben Grunde, welcher oben, als es sich um Schonen handelte,
angeführt wurde, annehmen, dass das Landeis im östlichen
Smäaland verschwunden war, bevor der baltische Eisstrom diese
Gegenden erreichte. Nach L. HoLuström’s und G. und A. Lıno-
STRÖM’S Untersuchungen verlaufen fast alle Schrammen, welche
auf Gotland beobachtet worden sind, von N.O. nach S.W. und
gehören offenbar zum baltischen Eisstrome, wie ToRELL schon
vor längerer Zeit bemerkt hat. Die Schrammen der ersten
Ausbreitung sind wahrscheinlich selten anzutreffen, aber dass
sie von N.W. gekommen sind, deuten die Geschiebe von typi-
1) L. Hormström loc. eit. pag. 30.
191
schem Elfdalenporphyr au, welche N. O. Horsr an mehreren
Stellen mitten in Gotland und wenigstens 45 m über dem
Meere antraf und deren Erwähnung er mir hier gütigst ge-
stattet hat. Da ich weder auf Aland noch in der Gegend von
Upsala auch nur ein einziges Geschiebe von der charakteristi-
schen rothen Varietät des Elfdalenporphyrs gefunden habe, so
glaube ich nämlich sowohl aus diesem Grunde, als auch aus
der Richtung der Schrammen, dass die Geschiebe von Elfdalen
ihren Weg westlich von Upsala genommen haben und folglich
von Nordwesten nach Gotland kamen, wenn sie durch Landeis
dahin transportirt worden sind.
Wenn irgend welche Rollsteinsäsar am Schluss der ersten
Ausbreitung des Landeises auf Gotland vorhanden gewesen sind,
so sind sie vermuthlich von dem baltischen Eisstrome eingeebnet
und von seinen Moränen bedeckt worden. Der einzige As,
von dem ich gesehen habe, dass er etwas näher auf genannter
Insel beschrieben worden ist, ist der von G. Linpsrtröm !) von
Tingstäde erwähnte, aber dieser verläuft nach seiner Angabe
von N.O. nach S.W. und wurde daher wahrscheinlich bei der
Abschmelzung des baltischen Eisstromes gebildet.
Westlich, nördlich und östlich von Gotland ist die Ostsee
auf eine ansehnliche Strecke über 100 m tief und nur an einigen
Punkten steigt die Tiefe bis zu 200 m. Die höchsten Theile
von Gotland liegen ungefähr 60 m über dem Meere und da
die ganze Insel vom baltischen Eisstrome geschrammt zu sein
scheint, so muss die Mächtigkeit desselben in der Ostsee rings
um Gotland herum 160 oder wahrscheinlich sogar 200 m über-
stiegen haben.
Die Ursache, wesshalb der baltische Eisstrom Gotland in
der Richtung von N.O. nach S.W. überschritt, ist zweifellos
in dem Widerstande zu suchen, welchen derselbe durch die
russischen Ostseeprovinzen erfuhr. Noch fehlen uns jedoch alle
leitenden Gesichtspunkte, um beurtheilen zu können, bis zu
welcher Höhe derselbe vorzudringen vermochte. Auf Dagö und
Ösel verlaufen die Schrammen zum Theil von N.N.O. nach
S.S.W. und gehören möglicherweise zum baltischen System.
Auch in Betreff des nordöstlichen Deutschlands fehlen
noch nähere Angaben über die Verbreitung der Moränen des
baltischen Eisstromes. Aländische Geschiebe sind freilich an
mehreren Stellen in Ost-Preussen ?) aufgefunden worden, aber
2) Ofvers. af K. V. A. förh. 1852, pag. 198. Vergl. L. HoLmström’s
„iaktt. öfver. ist. i. södra Sv.“ Lunds univ. ärsskr. 1866, pag. 22.
°) Anmerkung des Uebersetzers:
Nach der neuerdings erschienen Arbeit A. Serck’s: Beitrag zur
Kenntniss der granitischen Diluvialgeschiebe in den Provinzen Ost- und
Westpreussen (diese Zeitschr. 1884, Bd. XXXVI, pag. 584- 628), welche
192
bis zu diesen Gegenden können sie sehr wohl schon während
der ersten Ausbreitung des Landeises gelangt sein. G. Berenpr
und A. Jenzzsch erwähnen in den Bohrungen in Ost- und
West-Preussen !) gewöhnlich nur unteres Diluvium, wozu man
in der Regel alles rechnet, was älter als der obere Moränen-
mergel ist. Von Bischofswerder jedoch führen sie auch einen
2,4 m mächtigen Moränenmergel an, welcher zum oberen Di-
luvium gezogen wird. Auch aus Jextzscn’s ?) Aufsatz und seinen
Profilen über die Lagerung der diluvialen Nordseefauna bei
Marienwerder scheint hervorzugehen, dass hier zwei Moränen-
bänke vorkommen, welche bisweilen kleinere Einlagerungen von
Sand enthalten und durch S— 15 m mächtige geschichtete
Bildungen von einander getrennt sind. A. Penxck°) sprach
schon 1879 die Ansicht aus, dass in der Provinz Preussen
wenigstens zwei verschiedene Moränenbänke vorkommen.
Durch Untersuchung der Geschiebe in denselben wird man
vermuthlich bestimmen können, in wieweit die«obere derselben
den Moränen des baltischen Eisstromes angehört.
In der Mark Brandenburg hat man schon seit längerer
Zeit zwei Moränenbänke unterschieden, den oberen und unteren
(reschiebemergel oder Diluvialmergel, wie er auf den geologi-
schen Karten von Preussen genannt wird. In Uebereinstim-
mung mit Mey‘) wende ich jedoch mit Absicht, wie weiter
unten ausgeführt werden soll’), die Bezeichnung „Moränen-
mergel“ an. Die beiden Moränen scheinen überall scharf von
einander geschieden und in der Regel durch mächtige geschich-
tete Sand- und Thonlager getrennt zu sein, in denen man
an mehreren Stellen Reste grösserer Säugethiere, unter anderen
Elephas primigenius, Elephas antiquus, Rhinoceros tichorhinus,
Cervus euryceros, (ervus tarandus und Bos primigenius aufge-
funden hat. Diese Ablagerungen und die Funde in denselben
werden von späteren Autoren ®) mehr oder weniger ausdrück-
lich als zu einer Interglacial-Zeit gehörig angesehen. Dabei wird
besonders die beträchliche Ausdehnung der beiden Moränen be-
tont, welche zeigt, dass sie nicht bloss bei geringeren Verän-
dem Verf. noch nicht zu Gebote stand, kommen Alandsgeschiebe in
Ost- und Westpreussen sehr zahlreich vor, jedoch ist leider das geo-
logische Niveau derselben nicht näher angegeben worden.
1) Jahrb. d. K. preuss. geol. Landesanst. f. 1882, pag. 331 u. folg.
?) Desgl. für 1881, besonders pag. 563.
3) Diese Zeitschr. Bd. XXXI, 1879, pag. 161—163.
*) Abh. zur geol. Specialkarte von Preussen ete. Bd. 1, Heft 4.
Berlin 1876.
5) Siehe die Anmerkung am Schluss über die Bezeichnung „Moränen-
grus“ u. S. w.
6) A. Heızannp, diese Zeitschr. Bd. XXX1, 1879, pag. 92 u. 3,
und A. Prnck ibid. pag. 152 u. 153.
193
—
derungen der Lage der Eiskante entstanden sein können. Was
ich selbst auf einer Reise in Norddeutschland 1880 sah, hat
mich davon überzeugt, dass die Verhältnisse hier und in Schonen
auffallend ähnlich sind.
Was die von Bort!) in Mecklenburg nachgewiesenen drei
parallelen Geschiebestreifen oder Geschiebewälle betrifit, welche
hernach als Endmoränen aufgefasst worden sind, so habe ich
dieselben auf den topographischen Karten nicht auffinden können,
was wahrscheinlich darin seinen Grund hat, dass sie sich nur
wenig über die Erdoberfläche erheben. Dies beruht indessen
meiner Vermuthung nach darauf, dass sie bei der ersten Äus-
breitung des Landeises gebildet, aber nachher bei der zweiten
Ausbreitung desselben von dem baltischen Eisstrome über-
schritten und theilweis eingeebnet wurden. Nach Borr’s Karte
erstrecken sie sich nämlich von Nordwest nach Südost oder
ungefähr senkrecht gegen das ältere Schrammensystem in
Schonen und auf Bornholm, während sie dagegen fast parallel
mit dem jüngeren verlaufen. Ich besuchte 1880 zweimal einen
grösseren Aufschluss in dem südlichsten der erwähnten Ge-
schiebestreifen, welcher 12 km ostnordöstlich von Eberswalde
gelegen ist. Der untere Theil des Profiles zeigte einen groben,
unreinen Moränengrus mit einer Menge von Geschieben bis zu
einem Meter Durchmesser, welche auf einen Transport vom
südöstlichen Schweden hindeuteten; ich fand nur ein einziges
Alandsgeschiebe, welches freilich auch aus der Moräne im
obersten Theile des Profiles, deren Inhalt ich leider nicht näher
untersuchte, herstammen konnte. Diese oberste Ablagerung
war von der untersten durch ein sehr erodirtes, aber noch auf
eine lange Strecke ein paar Meter mächtiges Sandlager ge-
trennt, von dem ich jetzt vermuthe, dass es interglacialen
Alters ist. Ueber die Topographie der Gegend erhielt -ich
keine Uebersicht.
F. Krockmann in Berlin hat jüngst über die südliche Ver-
breitungsgrenze. des Oberen Geschiebemergels ?) einen inter-
essanten Aufsatz veröffentlicht, worin er alles das zusammen-
stellt, was man gegenwärtig über diesen Gegenstand weiss.
Er kommt hierbei zu folgenden Schlusssätzen, welche nach-
stehend mitgetheilt werden mögen:
„l. Der Obere Geschiebemergel reicht nicht so weit süd-
lich wie die nordischen Diluvialsedimente überhaupt, d. h. die
jüngste Vergletscherung hat nicht die Ausdehnung, also auch
nicht die Intensität der .ersten diluvialen Vereisungsperiode
erlangt.
1) Diese Zeitschr. Bd. III.
?) Jahrb. d. k. preuss. geolog. Landesanst. f. 1883, pag. 238—266.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XXXVIL 1. 13
. 194
2. Seine Südgrenze ist in dem ganzen Gebiete westlich
der Oder bis zur Nordsee im Allgemeinen durch die grosse
Niederung des Baruther und des Unteren Elbthals bezeichnet,
welche Grenzlinie allerdings nur angenähert die Ausdehnung
des letzten Inlandeises angeben würde. Denn es ist anzuneh-
men, dass von der Hauptmasse des Eises, deren Verbreitung
durch die angegebene Grenze fixirt sein dürfte, zusammen-
hängende oder zungenartige Ausläufer weiter südwärts vor-
drangen, deren Mächtigkeit aber so gering war, dass ihre ent-
sprechend unbedeutende Grundmoräne durch die dem Eise ent-
strömenden Gewässer bis auf die grösseren Gerölle leicht zer-
stört werden konnte. Es ist nicht daran zu zweifeln, dass
ein grösserer Theil der Geröll- und Massenablagerungen von
Alter des Decksandes in dieser Weise zu erklären ist, während
die mehr oder minder gleichmässige Kies- und Grandbestreuung
auf dem unterdiluvialen Sand als von den Schmeizwassern
transportirte und ausgebreitete Schotterabsätze angesehen werden
müssen.“
Krockmann weist auf den Zusammenhang zwischen der
Ausbreitung des Oberen Moränenmergels und dem Vorkomnien
der Seen im nordwestlichen Deutschland hin. In Ueberein-
stimmung mit BErenpr glaubt er, dass die meisten Seen, welche
reihenweis innerhalb deutlicher Erosionsthäler vorkommen, in
derselben Weise wie diese durch die Gletscherströme bei der
letzten Abschmelzung des Landeises gebildet worden sind.
Er lenkt ferner die Aufmerksamkeit darauf, dass die viel-
besprochenen Lössbildungen gerade in dem Theile des Glacial-
gebietes sich finden, wo der Obere Moränenmergel fehlt!) und
1) Anmerkung des Uebersetzers:
Die von F. Krockmann vertretene Ansicht, dass die im Süden des
norddeutschen Glacialgebietes vorkommenden Lössbildungen überall eine
von der letzten Vereisung freigebliebene Randzone bedecken, ist durch
meine Beobachtungen in der Magdeburger Gegend nicht bestätigt worden;
vielmehr habe ich mich dort überzeugen können, dass die zweite Ver-
gletscherung Norddeutschlands beträchtlich weiter gereicht hat, als
KLOcKMANnN annimmt. Es ist allerdings richtig, dass sich in dem be-
zeichneten Gebiete unter dem Bördelöss kein typischer Oberer Geschiebe-
mergel findet, dagegen kommt jedoch an der Grenze des Börde-Lösses
zu seinem Liegenden, eine deutlich entwickelte Steinsohle vor, die ich
als ein Residuum des dort früher vorhandenen Mergels ansehen muss.
Es veranlasst mich hierzu einmal die zuweilen ziemlich beträchtliche
Grösse der darin vorkommenden Geschiebe, deren Durchmesser einen
halben Meter und darüber betragen kann, sodann ihre meist nordische
Herkunft, ihre bisweilen kantige Form und der Umstand, dass ich mehr-
fach eine deutliche Schrammung auf denselben bemerkt habe, sodass
sie keinem sehr bedeutenden Wassertransport ausgesetzt gewesen sein
können. In dem Materiale der Steinsohle bei Ebendorf fand ich einen
typischen Alandsrapakivi. In meiner Arbeit „Ueber die Qartärbildungen
195
glaubt, dass dieselben während der letzten Ausbreitung des
Landeises aus den Wassermassen abgesetzt wurden, welche die
nach Norden fliessenden Ströme und die Gletscherflüsse lie-
ferten. Die Wassermassen wurden vom Eise aufgestaut und
gezwungen, sich einen Abfluss nach Westen zur Nordsee hin
zu suchen.
Es scheint mir sehr wahrscheinlich, dass auch die von
deutschen Geologen bewiesene frühere Einmündung der Weichsel
und Oder in die Elbe darauf beruht, dass das baltische Eis
eine Zeit hindurch deren Abfluss zur Ostsee verhinderte.
Zwischen den Gebieten, welche von dem Oberen Moränen-
mergel eingenommen werden und den Lössbildungen kommt
nach Krockuann ein Gürtel von Sand und Geröllen vor, deren
Bildung er den Gletscherströmen zuschreibt. Hierzu rechnet er
den Fläming und die Lüneburger Haide, welche längs der von
ihm angenommenen Grenze des Oberen Moränenmergels liegen.
Nördlich davon dehnt sich nach ForcHHAMmMmer’s und JOHNSTRUP's
Untersuchungen ein Gürtel von Haideflächen aus, welche sich
von Süden nach Norden durch Holstein und Schleswig bis weit
nach Jütland hinauf erstrecken. Sie bestehen aus feinem, stein-
freien Quarzsande, von dem JoHNsTRuP annimmt, dass er bei
der Abschmelzung des Landeises durch die Gletscherströme
gebildet worden sei. Oestlich von den Haideflächen tritt ein
Gürtel von Rollsteinssand auf, welcher oft hügelige Gegenden
bildet und von Jonnsteup theils als Gletscherstrombildungen,
theils als Endmoränen !) angesehen wird. Oestlich davon treten
schliesslich grössere, zusammenhängende Gebiete von Moränen-
thon zu Tage, welcher nach meiner Vermuthung der baltischen
Moräne angehört. Dafür sprechen unter anderen die Ver-
hältnisse in Schonen und im nordwestlichen Deutschland und
die jüngsten, südöstlichen Schrammen bei Svansbjerg, Aashöj,
Faxe und Limhamn ?), sowie ausserdem das Vorkommen von
Alandsgeschieben bei Kiel und in Jütland.
Es scheint, als ob der baltische Eisstrom längere Zeit
hindurch die oben erwähnten Grenzen besessen hat, aber das
von Tore erwähnte Vorkommen baltischer Geschiebe bei
Groningen?) in Holland und bei Jever in Oldenburg deutet
der Umgegend von Magdeburg mit besonderer Berücksichtigung der
Börde“, welche soeben in den Abhandlungen zur geologischen Special-
karte von Preussen ect. Band VII, Heft 1 erschienen ist, habe ich diese
Auffassung näher begründet.
2) Oversigt over de geogn. Forhold i Danmark. Kjöbenhavn 1882.
2) Nach L. Hormström in beskr. till Kartb. Malmö. S. G. U. Ser.
Aa. No. 91, pag. 18.
3) Anmerkung des Uebersetzers:
In der soeben erschienenen Arbeit van ÖALker’s, 1. Beiträge zur
13*
196
doch darauf hin, dass genannter Eisstrom bei irgend einer Ge-
legenheit weiter nach Westen zu vorrückte.
Aus den Verhältnissen auf Bornholm, in Schonen und in
Norddeutschland scheint indessen hervorzugehen, dass derselbe
wenigstens in südlicheren Gegenden wenig mächtig war, da er
selten die 100-Meter- Curve zu überschreiten vermochte. In
wieweit er das pommersche Hochland umfluthete oder über-
schritt, weiss man bis jetzt noch nicht.
Ich habe im Vorhergehenden eine kurze Beschreibung der-
jenigen Bildungen geliefert, welche meiner Ansicht nach darauf
hindeuten, dass das skandinavische Landeis sich zu zwei ver-
schiedenen Malen ausbreitete.e Wie ich oben gezeigt habe,
sind die hauptsächlichsten Gründe für diese Annahme folgende:
1) die grosse Veränderung in der Bewegungsrichtung des
Landeises, welche zwischen dem Beginn und dem
Schluss der Eiszeit stattfand, und welche TorRELL zuerst
nachgewiesen hat;
2) die Entdeckung Horuströn’s, dass das Material des
Oberen und Unteren Moränenthones in Schonen aus
ganz verschiedenen Richtungen hierhin gelangt ist;
3) eigene Beobachtungen in Schonen über die grosse Aus-
breitung und die Art und Weise des Vorkommens der
beiden Moränen und der zwischenlagernden Sand- und
Thonschichten ;
4) in Zusammenhang mit der Ausbreitung der aländischen
Geschiebe das jüngere Schrammensystem HorLmsTRönm’s
und Jounstrup’s in Schonen sowie auf Seeland und Born-
holm, welches schon an und für sich, wenigstens für
diese Gegenden, zwei Ausbreitungen voraussetzt;
5) das ansehnliche, nach Penck ungefähr 200 Quadrat-
meilen umfassende Terrain, in welchem man die beiden
Moränen hat verfolgen können.
Diese grosse zusammenhängende Ausbreitung von zwei
scharf von einander geschiedenen Grundmoränen dürfte schwer-
lich anders zu erklären sein, als durch zwei durch eine längere
Interglacialzeit von einander getrennte Ausbreitungen des Land-
eises. Wunderbar wäre es auch, wenn das milde Klima,
welches in der Schweiz nach Heer vermuthlich mehrere tausend
Jahre hindurch während der Interglacialzeit herrschte, keinen
grösseren Einfluss auf das skandinavische Landeis ausgeübt
haben sollte. Wie weit dasselbe während der Interglacialzeit
Kenntniss des Groninger Diluviums „(Diese Zeitschrift Jahrg. 1884,
pag. 718) wird das Vorkommen vieler Alands-Rapakivis bei Groningen
erwähnt.
197
abschmolz, kann freilich noch nicht angegeben werden, jedoch
aus den schiefen Winkeln, welche die beiden Schrammen-
systeme auf Öland und Gotland mit einander bilden, scheint
hervorzugehen, dass diese Abschmelzung sich nach Norden
wenigstens bis zu diesen Inseln erstreckte und es ist wohl
möglich, dass sie noch weiter reichte. In wie weit die Lager
n „hvarfvig mergel“, welche A. Erpmann in „Sveriges quar-
tära bildningar“ auf pag. 74 von den Kirchspielen von Hallnäs,
Elfkarleby und Vessland im nördlichen Upland erwähnt, inter-
glacial -sind oder nur lokale, bei kleineren Veränderungen in
der Lage der Eiskante entstandene Bildungen, dürfte gegen-
wärtig noch nicht zu entscheiden sein. Es ist übrigens wahr-
scheinlich, dass die interglacialen Bildungen bei der zweiten
Ausbreitung des Landeises in um so höherem Grade zerstört
wurden, je näher sie dem Öentrum der Ausbreitung lagen,
theils weil das Eis in diesen Gegenden am mächtigsten war,
während dagegen die erwähnten Ablagerungen hier vielleicht
die geringste Mächtigkeit besassen, theils weil das Eis in dem
Centralgebiete der Vergletscherung am längsten seine zerstörende
Wirksamkeit ausüben musste; es dürfte daher sehr schwer
sein, die nördliche Grenze der interglacialen Schichten nachzu-
weisen. Die Gründe, weshalb ich es für sehr wahrscheinlich
halte, dass die oben beschriebenen Endmoränen mit dem bal-
tischen Eisstrome gleichzeitig sind und zugleich die Grenzen
desselben den Umfang der zweiten Ausbreitung bezeichnen,
sind folgende: beide bezeichnen deutlich einen besonders aus-
geprägten Abschnitt in der Ausbreitung des Landeises, während
es ganz unwahrscheinlich ist, dass irgend eine andere so mäch-
tige, lange und zusammenhängende Moränenlinie in Skandi-
navien vorkommen sollte. Es scheint wenig Grund zu der An-
nahme vorhanden zu sein, dass die Kante des Landeises mitten
in ihrer Abschmelzung längs der genannten Linie hinreichend
lange vor der Bildung von so ansehnlichen Moränen verweilt
haben sollte. So ist es denn wahrscheinlicher, dass die Ab-
schmelzung zuerst noch weiter nach Norden vorschritt und
dass die Moränen gebildet wurden, als die Eiskante bei einem
erneuten Vorrücken eine Zeit lang zum Stillstand gelangte und
zwischen der Abschmelzung und dem Zufluss des Eises ein
Gleichgewichtszustand eintrat. Meiner Ansicht nach erweist
sich nun der baltische Eisstrom als ein solches erneutes Vor-
rücken des Landeises und es liegt demnach auf der Hand, beide
Erscheinungen auf dieselbe Zeit zurückzuführen. Hierfür spricht
auch das, was ich schon über die Richtung der beiden Schram-
mensysteme im südlichen Schweden angeführt habe; daraus
scheint nämlich hervorzugehen, dass, als der baltische Eisstrom
Öland und das südliche Schonen bedeckte, keine Gletscher im
198
östlichen Smäland, in Bleking oder dem nördlichen Schonen
vorhanden waren, und dies dürfte beweisen, dass nichts Unge-
reimtes in der Annahme liegt, dass die Eiskante zu dieser Zeit
etwas weiter nach Norden lag oder dort, wo jetzt die Moränen
liegen. Wenn meine Vermuthung richtig ist, so würde die
Grenze der zweiten Ausbreitung des Landeises einen ganz
eigenthümlichen Verlauf besitzen, indem dieselbe rings um den
baltischen Eisstrom eine grosse Ausbuchtung nach Süden be-
schreibt. Man kann indessen schon jetzt einige Ursachen hier-
von erkennen: einmal scheint der Zufluss von Eis nach den
nordwestlichen Theilen des Ostseebeckens sehr gross gewesen
zu sein, da die Schrammen schon oben in Qvarken parallel
mit demselben verlaufen und mithin der grösste Theil des Eises,
welcher zu dieser Zeit in Schweden gebildet wurde, in: dem
baltischen Strome abfloss, sodann ist es, wie oben erwähnt
wurde, sehr wahrscheinlich, dass die Ostsee schon zu dieser
Zeit ein Meer war und dass das Wasser derselben sogar in
gewissen Gebieten ein paar hundert Meter tiefer als jetzt war.
Die Wassermasse muss in hohem Grade die Frietion des Eises
gegen den Ostseeboden vermindert und dadurch vermuthlich
die hauptsächlichste Ursache zu der grossen Ausbreitung des
baltischen Eisstromes nach Süden zu abgegeben haben, trotz-
dem oder gerade weil derselbe vermuthlich nur wenig mächtig war.
Dass die finnischen und westschwedischen Eisströme sich
nicht weiter ausgebreitet haben dürften, beruht wahrscheinlich
theils auf dem geringen Zuflusse von Eis, theils auf dem Wider-
stande des finnischen Landes, besonders von Maanselkä und
dem smäländischen Hochland, sowie vom Südstrande des Wenern.
Was Norwegen betrifft, so scheint es sehr wahrscheinlich, dass
das Landeis bei seiner zweiten Ausbreitung die bekannte tiefe
Meeresrinne, welche die Küste des südlichen Norwegens um-
giebt, nicht zu überschreiten vermochte, vor allen Dingen, da
Gründe zu der Annahme, dass das Meer damals ein paar
hundert Meter tiefer als jetzt stand, nicht fehlen.
Hierfür spricht unter anderem das gewöhnliche Vorkommen
von Kreidekalk und Flint als Treibeisblöcke in Bohuslän. Treib-
eistransport in grösserem Maassstabe setzt einen Gletscher
voraus, welcher im Meere ausläuft und in diesem besonderen
Falle in einem Kreidegebiete. Diese Voraussetzungen finden
sich bei :dem Theile des baltischen Eisstromes, welcher in das
südliche Kattegat einmündete, und es ist daher sehr wahr-
scheinlich, dass die erwähnten Geschiebe von demselben auf
gekalbten Eisbergen über das Kattegat nach Bohuslän gelangt
sind. Sie sind angetroffen worden bis oben hinauf am Häst-
fjord in Dalsland nahe bei der Wenersnäs-Moräne 63 m über
dem Meere, Dies zeigt, dass zur Zeit des baltischen Eisstromes
CC
die Gegend südlich von den Endmoränen eisfrei war, und dass
sie bis zu ansehnlicher Höhe vom Meere überfluthet war, in-
sofern nämlich die oben erörterte Ansicht über die Herkunft
der fraglichen Flintgeschiebe sich als richtig erweist. Zusammen
mit den Flintgeschieben habe ich in Bohuslän zahlreiche Blöcke
von Gesteinen aus der Gegend von Christiania gefunden, und
wenn man hier dieselben Schlüsse wie vorhin zieht, so spricht
dies meiner Ansicht nach dafür, dass der baltische Eisstrom
gleichzeitig war mit dem Landeise, welches im Meere die End-
moränen des Kristianiafjords ablagerte.
Wenn somit sehr viele sonst schwer zu deutende Erschei-
nungen durch die in diesem Aufsatz entwickelte Annahme eine
einfache Erklärung finden, so halte ich natürlicher Weise die
Frage noch keineswegs für eine in allen Punkten abgeschlossene.
So kann man gegenwärtig die Ausbreitung der zweiten Eis-
decke nach Norden zu kaum muthmaasslich feststellen und
auch für die nähere Bestimmung der übrigen Grenzen derselben
bedarf es noch genauer und planmässig ausgeführter Unter-
suchungen, bei welchen man die Geschiebe stratigraphisch und
nicht bloss petrographisch studiren, sowie vor allen Dingen
versuchen muss, das Vorkommen von sicheren Leitgeschieben
festzustellen. Von besonderem Interesse und von Bedeutung
ist es auch, die vermuthliche Grenze des zweiten Landeises
längs der oben erwähnten Moränenlinien zu untersuchen und
dabei unter anderem festzustellen, wie sich die Rollsteinsäsar
in der Nähe derselben verhalten. Wenn sich nämlich meine
in Vorschlag gebrachte Ansicht in Betreff besagter Grenze be-
stätigt und wenn man, wie ich selbst dies thue, mit Host
annimmt, dass die Äsar bei der Abschmelzung des Landeises
in Strömen auf der Oberfläche desselben gebildet wurden, so
folgt daraus, dass die, welche südlich von den Me mean
liegen, der ersten und die, welche nördlich davon zu Tage
treten, der zweiten Ausbreitung angehören. Man kann daher
erwarten, die Asar in dem Gebiete der Moränen unterbrochen
zu finden.
Was die Stromrichtung des Landeises anlangt, so ist es
keineswegs meine Ansicht, dass dieselbe während des Verlaufes
einer ganzen Vergletscherung unverändert dieselbe blieb; das
Gegentheil geht schon deutlich aus der grossen Verbreitung
der Alandsgeschiebe hervor, die ich weiter unten in einem
besonderen Anhange beleuchten will. Die Linien, durch
welche die Bewegungsrichtung der Eisströme auf den beiden
letzten Kärtchen bezeichnet worden sind, geben darum bloss die
Richtung an, welche sie vermuthlich jeder für sich zur Zeit
kurz vor ihrer Abschmelzung besessen haben. Dieselben sind
zwar vielfach nach den Angaben der Höhenkarten und der
200
Verbreitung der Geschiebe gezogen worden, jedoch vor allen
Dingen mit Zuhülfenahme der Schrammen, und von den Schram-
men, welche in ungefähr derselben Richtung und auf derselben
Stossseite gebildet wurden, dürften in den meisten Fällen bloss
die jüngsten übrig geblieben sein, da bei ihrer Entstehung oft
die älteren ausgelöscht werden mussten.
Hier soll auch noch einmal an die Art und Weise erinnert
werden, wie die beifolgende Karte der Endmoränen (Taf. XII)
entstanden ist, da hieraus hervorgeht, dass zwar die Haupt-
richtung der Moränenlinien ziemlich sicher festgestellt zu sein
scheint, dass jedoch noch an mehreren Stellen Detailunter-
suchungen erforderlich sind, um die Beschaffenheit und den
Verlauf der einzelnen Hügel näher festzustellen.
Aber wenn auch viel zu einer genauen Kenntniss der
letzten Ausbreitung des Landeises fehlt, so ist dies auch der
Fall in Betreff der Grenze für die erste, und die Stromrich-
tungen des Eises sind während derselben sogar weniger be-
kannt als während der zweiten. Ich habe meine Ansichten
über die zweite Ausbreitung schon jetzt darlegen zu sollen
geglaubt, in der Hofinung, dass den Mängeln in der Beweis-
führung am ehesten abzuhelfen sein wird, wenn jeder, der die
Gelegenheit hat, dazu beitragen kann.
Zusatz.
In obigem Aufsatze sind ein paar geologische Bezeichnun-
gen angewandt, die sich von den sonst üblichen etwas unter-
scheiden, und zwar aus folgenden Gründen:
Landeis. Der Unterschied zwischen Inlandeis und Glet-
scher, welchen man in Grönland und Spitzbergen zu machen
pflegt, woselbst das erstere in Gestalt der letzteren in den
Thälern des gebirgigen Küstenlandes einen Abfluss sucht, dürfte
nicht durchzuführen sein, wenn es sich um das nordamerika-
nische und skandinavische Glacialgebiet handelt. Daher scheint
die Bezeichnung Landeis als ein Collectivname für alles Eis,
welches auf dem Festlande gebildet wurde, zutreffend zu sein,
zumal er auch kurz ist. Ich habe übrigens das Wort schon
von A. Geıkıe und Tu. KyErusr angewandt gesehen. —
Moränengrus, Moränenthon, Moränenmergel sind für das
verschiedene Moränenmaterial angewandt worden statt der
vielen localen, petrographischen oder vieldeutigen Namen: Dilu-
vialmergel, Geschiebemergel und -lehm, Blockmergel und -lehm,
Glaciallehm, Boulderclay, Till, Rullestensler, Richk, Krosstens-
grus und -lera, Gryt u. s. w. Dieselben waren sehr passend,
bevor man sicher wusste, dass sie wirkliche Moränen darstellen;
201
jetzt dürften jedoch die oben genannten Bezeichnungen den
Vorzug verdienen, theils weil sie direct die Bildungsweise der
Ablagerung angeben und dadurch besondere Namenerklärungen
überflüssig machen und das Wort Moräne sich sowohl für
die petrographischen als auch für die schon allgemein ange-
wandten geologischen Zusammensetzungen, wie Grund-, Seiten-,
Strand-, End-, Mittel-, Oberflächen- und Innen- Moränen eignet,
theils weil dieser Name die Priorität besitzt und in ganz
Europa bekannt ist. Aus diesem Grunde könnte er überall
angenommen werden und es würden dadurch .die Verwechs-
lungen vermieden werden, welche man jetzt allzuoft in der
Glacialliteratur findet.
Leitbloek (Leitgeschiebe). Das Wort wurde nach Ana-
logie von Leitfossil gebildet und ist für Geschiebe solcher
charakteristischer Gebirgsarten angewandt worden, welche an-
stehend nur innerhalb eines einzigen Gebietes vorkommen.
Solche Geschiebe könnte man normale nennen, locale da-
gegen solche, welche zwar an mehreren Stellen anstehend vor-
kommen, aber gleichwohl innerhalb ihrer nächsten Umgebung
beim Studium der Stromrichtungen des Eises leitend sein
können , besonders da diese Punkte in getrennten Theilen des
Glacialgebietes liegen.
Anhang.
Seit der Reise, welche ich im Auftrage des Herrn Pro-
fessor TORELL im Jahre 1880 nach Aland unternahm, um für
Geschiebestudien die Gebirgsarten auf dieser Insel kennen zu
lernen, habe ich theils in Schweden und Deutschland älänische
Geschiebe gesammelt, theils die Fundorte von allen denjenigen
aufgezeichnet, welche ich in den geologischen Museen von Leip-
zig, Berlin, Eberswalde, Kopenhagen, Lund und Stockholm,
sowie in den Geschiebesammlungen vorfand, welche mehrere
deutsche Geologen zur Bestimmung der Herkunft der Gesteine
nach Stockholm sandten.
Im Jahre 1881 habe ich in „geologiska föreningens i
Stockholm förhandlingar“ die zehn sicheren Fundorte, welche
ich damals kannte, aufgeführt, aber da-die Zahl derselben
seitdem bedeutend gestiegen ist, so gebe ich hier ein neues
Verzeichniss, weil dasselbe, wie aus obigem Aufsatz hervor-
gehen dürfte. ein gutes Hülfsmittel bei genaueren Untersuchun-
gen der zweiten Ausbreitung des skandinavischen Landeises im
südwestlichen Theile des Glacialgebietes abgeben kann,
202
Fundorte für Älandsgeschiebe.
| Quarz- Bi
porphyr Alands-
| dicht | körnig | granit.
Upland. |
Hölle oma
|
|
I
Fundort. Alands-
rapakivi.
”
2
Söderön
Sy
Enholmen .
Svartnö .
Furusund
Rödlöga .
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Östra Klitaskär .
Stora Löckhara .
Stora Flytja . . |
Svenska Stenarne
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A
+++ |4++we | +
+ ++ 1 1 I I DJ
Södermanland.
Öfvre Jerna
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|
+|
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|
Follingbo
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Kräklingbo.
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Stora Karlsö .
Oland.
Segerstad .
Seby’.
Gräsgard
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Öttenby .
Schonen.
Killehus
Knäbäck
Brostorp
Gislöf .
Skillinge
Silfakra . Ä
O. von Krankesjön
Getinge . R
Driofazeı
Östra Karleby
|
Fazald rar
ae | well
Is = | are ar
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HH +++++H++
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z
“Heao
Jahr
RR Quarz- o Gefun-
Fundort. Alands- | porphyr | Alands-[| den I Jahr
No. rapakivi. dicht | körnig, granit. von
|
39.| Torlösa . B + + + pP= Neue t8st
40.| Helsingborg : + E= = = G. D.G.| 1885
41.| Maryhill Baer — — = — £ 5
42 | Hildesborg . . . == + — _ ü S
43.| Landskrona . . 2 EZ — — r ss
44.| Hven. Een + -- + —_ a A
45.| Billeberga . . . — En — _ N.u.J. | 1881
46.| Dagstorp A — — — ? G.D.G.| 1883
47.| Marieholm . 2 + _ — _ a, A
48.| Käflinge.. va ann Ein + x 3
49.| Vallkärra ar _ _ — ze S. A. T.| 1881
50.| Lund. see | | => + 16G.D.G.| 1883
51.| Räby. . 2 _ - = — S. A. T.| 1881
52.| Flackarp + | — — + % 5
53.| Tullstorp + I — = —_ H.L. -
54.| Malmö = | — — -h G.D.G.| 1880
55.!: Limhamn + = — + Y 1883
56.1 Källstorp Due ass luBn. real
57.1 Tosterup + I — — — 5 1882
Jütland.
58. | Aalberg . _ — + A. E. T. | 1875
59. | Viborg + = IE = A. F. 1881
60. | Horsens . —_ — ) ?
Holstein.
61.| Kiel . Brendel em G|H1880
62.| Tarbeck . — = = + N. O,.H.| 1881
63. Segeberg — ae ale » 5
Mecklenburg. | |
64.| Travemünde + — | + = ) 5
65.| Kleinen . == = + > 5
66.| Warnemünde . + + — + " a
Pommern.
67.| Wollin _ + _ _ 2) ?
68. | Stettin + — + N.O.H.| 1881
Brandenburg.
69.| Mörtscher in der
Neumark d= er _ — L. 1873
70.| Liepe . . + ae er _ G.D.G.| 1880
71.| Eberswalde + — ee —- E N
72.| Glindow. + .- — _ e 2
73.| Rixdorf . . + — — — x x
74.| Rüdersdorf . + == en + g =
!) Im Museum von Kopenhagen.
?) Im Museum von Eberswalde,
> Quarz- |. . | Gefun-
Fundort. Alands- | porphyr |Alands-| den | Jahr.
No. rapakivi.| dicht | körnig granit. von
Sachsen.
75.| Grossbothen bei |
Colditz _ + = _ A.P. 2
76.| Leipzig . — + — En A. E. T.| 1874
Schlesien.
77.| Waldenburg + Er Z— IG.D.G.| 1880
78.| Striegau + _ - R h
79.| Breslau . — + — L. 1873
80.| Gross Leipe — + | — E 5
Ost-Preussen. | ;
SiatiLyck 4 .H. — + | = — R. ?
82.1 Königsberg. — ss = — A. J. ?
Obenstehende Initialen bezeichnen folgende Geologen:
A. Feppersen, L. Horuström, N. O. Horst, A. JentzscH, (J.)
Jönsson, LiEBISCH, A. Lıxpström, Hs. LunpeoHm, B. Lunperen,
(A. G.) NartHorsT, A. PEnck, RoEuMER, S. A. Tuiızerg, A.E.
TÖRNEBOHM und mich selbst.
Alle Geschiebe sind von mir selbst bestimmt und ich
habe dabei nur diejenigen als aländisch aufgeführt, welche nach
ihrem Habitus und ihren Kennzeichen mit den vier aländischen
(Hesteinsvarietäten übereinstimmten, die ich früher !) beschrie-
ben habe ?).
1) Geol. För. förh. 1881, Band V, pag. 469 und deutsch in: „Bei-
trag zur Geologie Mecklenburgs* IV von F. E. Gerz, Neubranden-
burg 1882, pag. 155, 156, 159.
2) Anmerkung des Üebersetzers:
Bei meinen geognostischen Kartirungsarbeiten und auf verschiedenen
Reisen habe ich Gelegenheit gehabt, Alandsrapakivis, auf welche meine
Aufmerksamkeit durch meinen Freund DE GEEr. während unserer ge-
meinsamen Arbeiten in Rüdersdorf im Jahre 1830 gelenkt worden war,
an folgenden Punkten zu beobachten:
1. Nordöstlich von Berlin auf den Blättern Alt-Landsberg und
Werneuchen ziemlich häufig im Oberen Diluvial-Sande 89,4m üb. d. Ostsee.
2. Im westlichen Theile der Mark Brandenburg auf Blatt Haage
im oberen Diluvium.
3. Auf Rügen in der Granitz südlich vom Jagdhause ein an der
Oberfläche liegender Block.
4. In der Altmark (Provinz Sachsen) im Oberen Diluvial- Sande
bei Cunrau S.W. von Olötze und im Braunschweigischen bei Neuhaus
S. von Vorsfelde (diese Zeitschr. 1880, pag. 798).
5. In der Magdeburger Börde in der Steinsohle des Bördelösses
bei Ebendorf (Oberes Diluvium).
- ———
205
Von den Geschieben in Upland sind No. 1—5 auf dem
geologischen Kartenblatt „Svartklubben“, No. 6—7 auf Blatt
„Furusund“, No. 8 auf Blatt „Radmansö“, No. 9—12 auf Blatt
„Svenska Stenarne“ aufgefunden worden. Von den Geschieben
in Södermanland ist No. 13 auf Blatt „Hörningsholm“ und
No. 14 auf „Utön“ gefunden. Die gotländischen Localitäten
finden sich alle auf A. Lınpströn’s Karte von Gotland !), die
öländischen liegen sämmtlich im südlichen Öland innerhalb
des Blattes „Orresgy“. Die Fundorte in Schonen sind mit
ihren Nummern in die beigefügte Karte (Tafel XIII) einge-
tragen worden. Die dänischen und deutschen Localitäten findet
man auf den gewöhnlichen Atlaskarten dieser Länder.
[Ich will hier auf einen wünschenswerthen Umstand hin-
weisen, nämlich dass diejenigen, welche Geschiebe sammeln,
auf den Etiquetten bei weniger bekannten Fundorten auch den
Namen der nächsten Stadt oder eines anderen grösseren Ortes
angeben, um das Auffinden auf der Karte zu erleichtern].
Herr Horst hat mir mitgetheilt, dass die aländischen Ge-
schiebe auf den Scheren des Blattes „Svenska Stenarne“ sehr
verbreitet, und desshalb vermuthlich durch das Landeis hierher
gekommen sind, während sie auf Blatt „Svartklubben“ ganz
selten vorkamen und möglicher Weise durch Drifteis dorthin
transportirt worden sind. Dies ist wahrscheinlich auch der
Fall mit den Geschieben in Södermanland und weder hier noch
in Upland scheint man bisher irgendwo aländische Geschiebe
im Moränengrus getroffen zu haben. Indessen muss man be-
denken, dass Geschiebe, welche ganz und gar den auf Aland
anstehenden Gesteinen gleichen, mit dem Landeise vom Ost-
seeboden zwischen Aland und Ängermanland herstammen können,
an deren Küsten sich Granite finden , welche gewissen Varie-
täten auf Aland sehr ähnlich sind ?).
Von den Geschieben in Schonen sind No. 37, Al, 42, 44,
48, 50 und 5l und in Brandenburg No. 74 in der oberen
Moräne, dagegen bisher keins in der unteren beobachtet worden.
Hierdurch sowie durch die übrigen Verhältnisse in Schonen wird
es wahrscheinlich, dass die Älandsgeschiebe auf Öland und
wenigstens zum Theil auf Gotland sowie in Schonen, Jütland,
Holstein und Mecklenburg während der zweiten Vergletsche-
rung hierher transportirt wurden. In Ostpreussen, Pommern
und Brandenburg finden sich die Alandsgeschiebe wahrschein-
BR 6. Im oberen Diluvialsande bei Hohenwarthe N.N.O. von Mag-
eburg
In unteren Diluvium der hier bezeichneten Gebiete habe ich bisher
noch on Alandsgeschiebe aufgefunden.
5 l>Ser. 6. No..34.
) Geol. För. förh. 1881, Band V, pag. 476 u. 481.
206
lich in beiden Moränen, obwohl sie vermuthlich in der oberen
am meisten verbreitet sind. Die Alandsgeschiebe in Sachsen
und Schlesien sind vermuthlich während der ersten Ausbreitung
des Landeises hierher gekommen !), bei deren Beginn und an
deren Schluss das Eis wahrscheinlich etwas vom Ostseebecken ?)
beeinflusst worden ist. Bis jetzt jedoch hat man sich allzu-
wenig mit dem verschiedenen Inhalt der beiden Moränen und
den wenigen verwerthbaren Leitgeschieben beschäftigt, um dar-
aus alle die wichtigen Schlüsse ziehen zu können, welche ein
umfassendes und planmässiges Studium ihrer Ausbreitung in
horizontaler und verticaler Richtung unzweifelhaft mit sich
führen würde.
2) Anmerkung des Uebersetzers:
Diese Ansicht findet ihre Bestätigung auch dadurch, dass die in den
Erläuterungen zu den sächsischen geologischen Specialkarten mehrfach
erwähnten ” Alandsgeschiebe daselbst in den Ablagerungen des unteren
Diluviums aufgefunden worden sind.
Es mögen hier folgende Fundorte mitgetheilt werden:
Section Markranstädt von A. Sauer im Geschiebelehm.
- Leipzig - K. Darmer, Hazarp und SAUER im Ge-
schiebelehm.
Brandis - F. ScHarcH in Diluvialkiesen und -sanden.
- Zwenkau - J. Hızarp im Geschiebelehm.
- Naunhof - A. SAUER im altdiluvialen Muldeschotter
und im Geschiebelehm.
2) Vergl. Geol. För. förh. 1881, Bd. V, pag. 481 u. 482,
207
7. Lodanella mira, eine unterdevonische Spongie.
Von Herrn Emanver Kayser ın Berlin.
Hierzu Tafel XIV.
Während man Spongien schon aus cambrischen Schichten
kennt und solche weiter aufwärts, in silurischen und car-
bonischen Ablagerungen ziemlich zahlreich angetroffen werden,
so sind auffallender Weise in devonischen Bildungen Spongien
bis jetzt nur ganz vereinzelt gefunden worden. F. Ramer
führt in seiner Lethaea palaeozoica!) von devonischen Schwänm-
men nur Asirweospongia an, während HınpE in seinem neuen
Werke über die fossilen Spongien des Britischen Museums ?)
aus dem Devon ausser der genannten Gattung nur noch Dictyo-
phyton, die neue (auf einen vereinzelten Fund von Kiesel-
nadeln im belgischen Unterdevon begründete) Gattung Lasio-
cladia, sowie die zu den Calcispongien gehörige, mesozoische
Gattung /eronella angiebt, zu welcher letzteren er nach dem
Vorgange von ZırrTen?) eine kleine, von den Brüdern SAxp-
BERGER aus dem Kalk von Villmar beschriebene Form (Scyphia
constricta) rechnet. Was im Besonderen das rheinische Devon
betrift, so kennt man aus demselben, abgesehen von dem
zuletzt genannten, seiner Natur nach wohl noch etwas zweifel-
haften Villmarer Fossil, bisher mit Sicherheit nur zwei Spon-
gien, nämlich die Genera Astraeospongia und Dietyophyton
— Tetragonis). Beide gehören dem Mitteldevon an, während
das rheinische Unterdevon bisher noch keine einzige Schwamm-
form geliefert hatte. Dieses hängt entschieden damit z’*
E56 D ..n
sammen, dass das rheinische Unterdevon im Ganzen eine
ausgesprochene Flachmeerbildung darstellt, während die verbrei-
tetsten Schwammformen der älteren Ablagerungen, die Lithisti-
den und Hexactinelliden, entschiedene Tiefseeformen sind. *)
!) Erste Lieferung, 1880, pag. 313.
a alceue of the fossil Sponges of the British Museum, 1883,
pag. 10.
3) Handbuch der Paläontologie, Bd. I, 1. Abth., pag. 190.
*) Tu. Fuchs hat zwar unlängst in einer lehrreichen, unter dem
Titel „Welche Ablagerungen haben wir als Tiefseebildungen zu be-
trachten?“ im Neuen Jahrbuch für Mineralogie ete. (Beilageband II,
1883) veröffentlichten Abhandlung die Ansicht ausgesprochen, dass der
208
Angesichts dieses bisherigen vollständigen Fehlens von
Spongien im rheinischen Unterdevon ist nun die Auffindung
der im Folgenden zu beschreibenden Form von doppeltem
Interesse. Ich kenne dieselbe bereits seit Mitte der 70 ger
Jahre. Damals erhielt die geologische Landesanstalt von einem
seitdem verstorbenen, in Singhofen (unweit Nassau) ansässigen
Sammler eine Sendung von Versteinerungen, unter denen sich
auch das in Rede stehende Petrefact befand. Die Sammlung
wurde nicht angekauft und es vergingen viele Jahre, ehe ich
das Fossil wieder zu Gesicht bekommen sollte. Dies war erst
im Jahre 1883 der Fall, wo ich bei Herrn Banquier VosELs-
BERGER in Ems zum ersten Male wieder eine grössere Anzahl
von Exemplaren der merkwürdigen Versteinerung sah, von
denen mir der genannte Herr einige zum Geschenk machte.
Diese Stücke waren es, die ich im Spätsommer desselben
Jahres der allgemeinen Versammlung der deutschen geologischen
Gesellschaft zu Stuttgart vorlegte, indem ich zugleich für das
von mir als Spongie angesprochene Fossil den Namen Loda-
nella (Lodana oder Logana der altrömische Name für den
Lahnfluss) vorschlug.
Noch im Herbste desselben Jahres gelang es Herrn Berg-
rath Urriıca in Diez, den ich auf die interessante Versteine-
rung aufmerksam gemacht hatte, deren genaueren Fundort in
der Gegend von Singhofen zu ermitteln. Im Laufe des ver-
gangenen Sommers habe ich alsdann selbst die Fundstelle
aufgesucht und an derselben im Laufe weniger Stunden nahezu
ein Dutzend Exemplare des Fossils gesammelt. Der Fundort
liegt kaum eine Viertelstunde vom Dörfchen Berg (südlich
Singhofen) entfernt, aber noch in der Gemarkung des Dorfes
Hunzel, in dem Gemeindesteinbruche dieses Ortes. Es steht
hier ein im Ganzen ziemlich weicher, dunkelfarbiger Grau-
wackenschiefer an, der nur vereinzelte festere, aus einem un-
reinen weisslichen Quarzit bestehende Gesteinseinlagerungen
einschliesst; und solche härtere Zwischenlagen sind es, in
„enen sich, wie es scheint stellenweise in Menge, Lodanella
findet. Es ist das der einzige mir bis jetzt bekannte Fund-
punkt der Versteinerung im Nassauischen. Dass dieselbe aber
auch anderweitig vorkommt, beweist ein deutliches, aus dem
Siegen’schen stammendes Exemplar, welches vor einigen Jahren
mit einer umfangreichen, von dem jetzigen Bergassessor SANNER
sogen. Spiriferensandstein eine tiefere Meeresbildung darstelle; allein
die vom tiefsten Taunusquarzit an bis in die höchsten Coblenzschichten
hinauf überall häufig zu beobachtenden Wellenfurchen sprechen so ent-
schieden gegen seine Meinung, dass es unnöthig erscheint, zu deren
Widerlegung auf weitere Thatsachen, wie die ausserordentiliche Cepha-
lopoden-Armuth des Spiriferensandsteins etc., einzugehen.
209
in der Gegend von Neunkirchen (an der Deutz-Giessener Bahn)
gesammelten Petrefacten -Suite in den Besitz der geologischen
Landesanstalt gelangte.
Was das Niveau unserer Form betrifit, so gehört die-
selbe an beiden bis jetzt bekannt gewordenen Fundpunkten
der Basis der Unteren Coblenzstufe C. KocH’s oder viel-
leicht einem noch etwas tieferen Horizonte an. Dies ist be-
sonders deutlich bei Neunkirchen, wo zusammen mit unserem
Fossil nach den von Herrn SAnneR und später von mir selbst
gemachten Aufsammlungen Zensselaeria strigiceps, Strophomena
laticosta, Str. Murchisoni, Spirifer micropterus, macropterus (?)
und hystericus, Athyris afl. undata, Chonetes sarcinulata, Orthis
eircularis und hysterita, Pterinea lamellosa und costata, Tentaculites
grandis (?), Homalonotus rhenanus (?) und Pleurodietyum problema-
ticum auftreten. Unter diesen Arten spricht namentlich die häufig
vorkommende Rensselaeria strigiceps, die nach meinen Erfahrungen
nicht über das Centrum der Unteren Coblenzstufe hinaufgeht, für
ein sehr tiefes, dem unteren Theil der Unter-Coblenzstufe ent-
sprechendes oder noch etwas tiefer liegendes Niveau, und auch
Strophomena Murchisoni und laticosta, sowie die Häufigkeit von
Spirifer micropterus und Pleurodictyum problematicum weisen auf
denselben Horizont hin. — Aber auch bei Hunzel tritt Loda-
nella in Schichten von ähnlichem oder doch nur um Weniges
jüngerem Alter auf. Herr F. SAnDBERGER hat zwar in einer
unlängst im Neuen Jahrbuche für Mineralogie etc. !) veröffent-
lichten Notiz auf Grund einer ihm durch Herrn Bergrath
Urrıca zugeschickten Suite der bei Berg mit unserem Fossil
zusammen vorkommenden Arten diesem ein jüngeres Alter
zuschreiben zu sollen geglaubt, indess mit Unrecht. Jüngere
Devonbildungen als Unter-Coblenzschichten kommen weder bei
Berg selbst, noch auch in der weiteren Umgebung dieses Ortes
vor; vielmehr herrschen in dem ganzen Gebiete von der Lahn bei
Nassau und Obernhof an bis jenseits Nastätten und Rettert
Hunsrückschiefer mit einzelnen zwischen denselben auftretenden
muldenförmigen Partieen von Unter-Coblenzschichten, und in
einer solchen liegt der Fundpunkt bei Berg. Sowohl die von
mir selbst im Hunzeler Bruche gesammelten, als auch die von
Herrn SANDBERGER von dorther angegebenen Arten erlauben
in dieser Beziehung keinen Zweifel. Ich selbst fand an der
fraglichen Stelle ausser Dodanella noch Spirifer macropterus
(in derselben langflügeligen, hochsatteligen Abänderung wie bei
Stadtield in der Eifel), Spirifer hystericus, Strophomena laticosta,
Str. subarachnoidea, Chonetes sarcinulata, Pleurodietyum proble-
maticum, Rhodocrinus gonatodes, Pterinea costata und ci. trun-
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX V]1. 1. 14
210
cata, Homalonotus sp. Herr SANDBERGER führt ausser einem
Theil derselben Arten noch Anoplotheca venusta, Pterinea dalei-
densis STEINING.!), Nucula Krachtae und Acroculia bidorsata
n. sp. an, und aus demselben Hunzeler Bruche sollen auch im
Besitze des Herrn Urrıca befindliche Stücke von Conocardium
(Pterinea) trigonum, Alhyris Ferronensis und Rhynchonella Dan-
nenbergi (2) stammen. Von diesen Arten sind Strophomena
laticosta, Athyris Ferronensis, BRhynchonella Dannenbergi und
Spirifer macropterus in der oben bezeichneten Abänderung
charakteristische Formen der Unteren Coblenzstufe oder noch
etwas älterer Schichten ?) und auch die Häufigkeit von Pleuro-
dietyum und Rhodocrinus gonatodes spricht für denselben Hori-
zont. Anoplotheca venusta ist zwar in dem fraglichen Niveau
im Allgemeinen noch eine seltene Erscheinung; sie ist indess,
wie im Besitze der geolog. Landesanstalt befindliche Exemplare
lehren, auch in den Unteren Coblenz-Schichten von Stadtfeld
vorhanden. Endlich aber beweist auch das völlige Fehlen der
charakteristischen Arten der Oberen Coblenzstufe, vor allen
von Spirifer auriculatus (cultrijugatus) und Atrypa reticularis,
sodann von Ühonetes dilatata, Spirifer curvatus etc. die Zuge-
hörigkeit der in Rede stehenden Schichten zur Unteren
Coblenzstufe.. —
Ich gehe nun zur Beschreibung des Fossils über. Das-
selbe stellt, wenn gut und vollständig erhalten, einen 1—1'/,
Zoll langen, regelmässig kegelförmigen Körper dar, der frei in
das Innere eines weiteren und tieferen, becher- oder fingerhut-
förmigen Hohlraums hineinragt, so dass er die Wandungen des
letzteren nirgends unmittelbar berührt. Die Länge oder Höhe
des kegelförmigen Körpers misst 16--40, seine Breite an der
Basis 14—34 mm, der Apicalwinkel beträgt 35 — 50°. Die
becherförmige Höhlung dagegen hat eine Tiefe von 20—50 mm
und an der Basis einen Durchmesser von 18—46 mm. Bei
mittelgrossen Exemplaren von 30 mm Länge des kegelförmigen
Körpers beträgt. der Abstand des letzteren von den Wandun-
1!) [Ich weiss nicht, ob die von SANDBERGER unter diesem Namen
aufgeführte Form mit derjenigen identisch ist, die ich oben als cf. trun-
cata bestimmt habe; ich muss indess bemerken, dass die specifische
Selbstständigkeit der Steinıncer’schen Art, von der die Landesanstalt
die Originale bewahrt, mir sehr zweifelhaft erscheint. Vielleicht stellen
die fraglichen Originale nur Steinkerne junger Individuen von Pt.
truncata dar.
2) Schnur beschreibt A. Ferronensis von Stadtfeld ; ich selbst habe
diese Art in der Siegen’schen Grauwacke gefunden. — ABh. Dannen-
bergi tritt an beiden Stellen, von denen ich sie bis jetzt kenne, nämlich
Ziegenberg bei Usingen und Oppershofen unweit Butzbach (Wetterau)
in Schichten auf, die keinenfalls jünger sind als das Unter-Coblenz.
211
gen der Höhlung an der Basis bis 2, in der Mitte zwischen
Basis und Spitze des Kegels 3—4, an der Spitze gegen
7 — 9 mın. Der Zwischenraum zwischen dem kegelförmigen
Körper und den Wandungen des Hohlraums ist also an der
Basis am geringsten und nimmt von dieser nach der Kegel-
spitze hin stetig zu.
Die Wandungen der becherförmigen Höhlung sind stets
vollkommen glatt, auf der Oberfläche des kegelförmigen Kör-
pers dagegen treten zahlreiche theils längere, theils kürzere,
aber nie über 11/, mm hohe, dünne, leisten- oder rippenförmige
Erhebungen hervor (Fig. 1, 2, 3, 5). Hie und da sind diese
Leisten etwas verdickt, und ..an solchen verdickten Stellen
erheben sich kleine baumförmige Gebilde, die als millimeter-
dicke Stämmehen beginnend, sich bald in mehrere dünnere,
nach allen Seiten divergirende, mit ihren Spitzen bis an die
Wandungen des becherförmigen Hohlraums reichende Aestchen
spalten. Sind diese baumförmigen Gebilde noch in grösserer
Anzahl erhalten, so hat das Fossil, aus dem Gestein heraus-
gelöst, das in Fig. 4 dargestellte Aussehen.
Es muss hervorgehoben werden, dass die Versteinerung
keineswegs immer die beschriebene regelmässige Gestalt zeigt,
vielmehr in Folge von Verdrückungen und Verzerrungen viel-
fache Abweichungen von der letzteren aufweist. In manchen
Fällen hat die becherförmige Höhlung durch seitlichen Druck
eine schiefe, in anderen durch Druck von oben eine unregel-
mässig niedergedrückte Gestalt angenommen, und in ähnlicher
Weise ist auch der centrale Kegel schief oder platt gedrückt
oder mitunter auch gänzlich zerstört, so dass nur der Hohl-
raum übrig geblieben ist. Gewöhnlich beobachtet man den
kegelförmigen Körper ohne die ästigen Gebilde, wie es Fig. 1
darstellt, weil diese Gebilde bei ihrer zarten Beschaffenheit sehr
leicht (oft schon in Folge eines einzigen unvorsichtigen Ham-
merschlages) abbrechen. Zu erwähnen ist noch, dass in dem
den Kegel von der Wandung des Hohlraums trennenden Zwischen-
raum häufig dünne Quarzlamellen zu beobachten sind, die
unregelmässig nach allen Richtungen verlaufend und zuweilen
auch in das Innere des Kegels eindringend, offenbar nur eine
secundäre, nicht zur Versteinerung gehörige Bildung darstellen.
Ich glaube nun das beschriebene Fossil so deuten zu
sollen, dass der kegelförmige Körper die Ausfüllung (den Stein-
kern) der innereren Centralhöhle einer Spongie darstellt, wäh-
rend die Wandung des becherförmigen Hohlraums die Aussen-
seite des Schwammes, die feinen ästigen Gebilde aber die
Ausfüllung der Wasserkanäle darstellen, welche von der Central-
höhle durch die Körperwand hindurch nach aussen führten.
212
Von der Körperwand selbst oder mit anderen Worten vom
Schwamnskelet ist nichts übrig geblieben. Dasselbe nahm
den jetzt zwischen dem centralen Kegel und den Wandungen
des umgebenden Hohlraums befindlichen Zwischenraum ein,
und die ziemlich ansehnliche Breite dieses Zwischenraumes
zeigt, dass die ursprüngliche Körperwand, besonders an der
Spitze, ziemlich dick war. Die leistenförmigen, auf der Ober-
fläche des kegelförmigen Körpers vortretenden Erhebungen
entsprechen natürlich ursprünglichen Verticalfurchen auf der
Oberfläche der Centralhöhle.
Ich glaube nicht, dass gegen die Richtigkeit dieser Deu-
tung ernstliche Zweifel erhoben werden dürften. Dass der
kegelförmige Körper in der That nur die Ausfüllungsmasse
eines trichterförmigen Hohlraums darstellt, geht schon aus dem
Umstande hervor, dass man bei seinem Zerschlagen nicht
selten Orinoidenstielglieder, Choneten und andere fremdartige
Körper antrifft.
Ich bin somit der Meinung, dass das mit dem Namen
Lodanella belegte Fossil den Abdruck und Steinkern eines
ziemlich dickwandigen, becherförmig gestalteten Schwammes
darstellt, welcher eine einfache, trichterförmige Oentralhöhle
und ein einfaches, von dieser letzteren nach der Aussenseite
führendes, sich allmählich verästelndes Kanalsystem besass,
wie dies durch die schematische Figur 6 noch des Weiteren
erläutert wird. !)
In einer anderen Richtung als von der Centralhöhle senk-
recht nach aussen verlaufende Wasserkanäle waren nicht vor-
handen; wenigstens habe ich an keinem der zahlreichen von
mir untersuchten Exemplare eine Andeutung von solchen beob-
achtet. Ebensowenig habe ich eine Wahrnehmung gemacht, die
darauf hinwiese, dass unser Schwamm auf anderen Körpern
festgewachsen war; es scheinen vielmehr alle Individuen frei
gewesen zu sein.
Was endlich die Stellung von Lodanella im Systeme der
Spongien betrifft, so muss dieselbe leider bei dem völligen
Fehlen des Skeletes vorläufig ganz unbestimmt bleiben. Der
äusseren Form nach könnten mit ihr einige Arten von Astylo-
spongia und Aulocopium verglichen werden. Bei diesen Gat-
tungen besteht indess das Wassercirculationssystem 1) aus
verticalen, concentrisch - bogenförmig verlaufenden, von der
Centralhöhle nach aussen führenden Kanälen, und 2) aus
radialen, von einem unter der Öentralhöhle gelegenen Punkte
1!) Ueber die Beschaffenheit des oberen Randes unserer Spongie,
ob derselbe scharf oder gerundet war, kann ich leider nichts Be-
stimmtes aussagen.
213
ausgehenden, die Verticalkanäle unter mehr oder weniger
rechtem Winkel durchsetzenden Kanälen. Bei Lodanella da-
gegen haben wir nur ein einfaches Kanalsystem. Ihre Kanäle
entsprechen den unter 1) genannten von Aulocopium und
Astylospongia, während ihr solche, die den unter 2) aufge-
führten entsprächen, fehlen.
Wenn in diesem Umstande ein wesentlicher Unterschied
unserer rheinischen Form von den beiden genannten verbrei-
tetsten silurischen Gattungen liegt, so entspricht andererseits
Lodanella darin, dass sie stets in Form freier (und zugleich
einfacher) Individuen auftritt, demjenigen Verhalten, welches
nach F. Ra&uer bei allen sicheren paläozoischen Spongien zu
beobachten ist und eine bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit
derselben gegenüber den jüngeren Schwammformen bildet.
214
B. Briefliche Mittheilung.
Herr E. Koxen an Herrn E. Kayser.
Ueber Ornithocheirus hilsensis KOKEN.
Holzminden, den 6. März 1885.
Eine im dritten Hefte dieser Zeitschrift 1884, pag. 664
enthaltene briefliche Mittheilung von Herrn OÖ. Meyer (New-
haven, Conn.) veranlasst mich zu einer kurzen Gegenbemerkung.
Obgleich ich mich auf die angefochtene Bestimmung eines ein-
zelnen Knochenfragmentes durchaus nicht steife, so scheint sie
doch durch die von Herrn Mryer gemachten Beobachtungen
auch noch nicht umgestossen. Aus der Datirung jener Notiz
entnehme ich, dass Herrn Meyer die reichen Sammlungen des
Yale College zu Gebote standen; über jenes Vergleichsmaterial
kann ich mir kein Urtheil erlauben, da es leider noch nicht
durch monographische Publicationen auch weiteren Kreisen der
Fachgenossen zugänglich gemacht ist. „Aus den Abbildungen
namentlich Owen’s und SEELEY's“ habe auch ich zwar erkannt,
dass bei den englischen grossen Flugsauriern die seitliche Ge-
lenkfläche des betreffenden Knochens sehr stark vom Schafte
abgesetzt, sogar zuweilen breiter als lang, der Schaft selbst
in prae-postaxialer Richtung comprimirt ist; das genügt aber
nach meiner Ansicht nicht, die sonst herrschende Analogie
der Ausbildung zu entwerthen. Herr Meyer hat vergessen
die Citate jener Abbildungen zu geben, auf welche er sich
beruft. In den von Owen gegebenen Abbildungen (Foss. Rept.
Cret. Form. t. XXXI, f. 4,5; Suppl. T., € IV 1297 zu
vermag mich die intercondylare Ausbuchtung nicht an eine
„tiefe Schlucht“ erinnern; ich muss sie an der f.5, t. XXXII
und f. 9—11, t. IV sogar für auffallend flach und weit
erachten. Ist sie in f. 4, t. XXXII und an Srerry’schen Ab-
bildungen tiefer und schärfer definirt, so beweist dieses nur den
Spielraum der artlichen Variabilität. Auch die Vertiefung der
EEE
215
seitlichen Gelenkflächen ist vorhanden und t. IV, f. 10 von
derselben Stärke und Gestalt, wie an dem Fossile des Elligser
Brink. Die Pneumacität des Knochens ist doch sicher kein
Grund, ihn nicht einem Pterosaurier, sondern einem carnivoren
Dinosaurier zuzuschreiben, zumal es sich bei letzteren nur um
eine Phalanx handeln kann. Eine pneumatische Phalanx eines
Dinosauriers ist mir nicht bekannt, und falls sich unter dem
Materiale des Yale College solche finden sollten, würde ich
dieses in jedem Falle für eine höchst bemerkenswerthe Aus-
nahme von den allgemeinen Regeln der Statik des Körpers
halten. Vorläufig sehe ich keinen genügenden Grund, meine
Bestimmung des fraglichen Knochens als „distales Ende des
Metacarpale des Flugfingers“, herrührend von einem grossen
Pterosaurier, abzuändern.
216
C. Verhandlungen der Gesellschaft.
1. Protokoll der Januar - Sıtzung.
Verhandelt Berlin, den 7. Januar 1885.
Vorsitzender: Herr Beyrıch.
Das Protokoll der December- Sitzung wurde vorgelesen
und genehmigt.
Hierauf wurde zur Neuwahl des Vorstandes geschritten,
wobei Herr Weıss bittet, von einer etwaigen Wiederwahl bei
ihm Abstand nehmen zu wollen. Es wurde der bisherige
Vorstand wiedergewählt, an Stelle des ausgeschiedenen Herrn
Weiss jedoch Herr Kayser gewählt.
Demnach besteht der Vorstand für das laufende Geschäfts-
jahr aus folgenden Mitgliedern:
Herr Berrrıcn, als Vorsitzender.
Herr RANMELSBERG,
Herr WessKY,
Herr Danss, |
Herr Kayser, | als Schriftführer.
als stellvertretende Vorsitzende.
Herr Branco,
Herr Tesnse,
Herr HAucHEcoRNE, als Archivar.
Herr Lasarp, als Schatzmeister.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell-
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Dr. Hans TröracH in München,
vorgeschlagen durch die Herren v. GÜüMBEL, ZITTEL
und v. Ammon;
Herr Lucıus HusBarn in Cambridge, Amerika,
vorgeschlagen durch die Herren v. LasauLx, Dames
und Tense;
217
Herr Dr. W. Decke in Strassburg i. E.,
vorgeschlagen durch die Herren BENECKE, STEIN-
MANN und VAN WERWECKE.
Herr Wapa gab in einem Vortrage über die geologische
Landesanstalt Japans zunächst einleitende Bemerkungen über
die Organisation dieses Institutes. Der Redner schilderte die
Eintheilung desselben in 4 Abtheilungen: eine topographische,
geologische, agronomische und technisch-chemische. Die Auf-
nahme der topographischen Karte erfolgt in 1:50000, ihre
Veröffentlichung nur in 1: 200000. Die Vollendung einer topo-
graphischen wie geologischen Uebersichtskarte in 1: 400000
- steht in nicht ferner Zeit bevor. Wissenschaftliche Abhand-
lungen werden in englischer, vielleicht auch deutscher Sprache
veröffentlicht werden. Die Herstellung der agronomischen Karte
erfordert längere Zeit, da dieselbe in grösserem Maassstabe
angefertigt werden muss. Unter Vorlegung einer oroplastischen,
geognostischen und vulkanologischen Karte schilderte Redner
sodann den betreffenden Aufbau seines Heimathlandes.
Herr FrEcnu sprach über Korallenkalke der Gegend von
Dillenburg in Nassau, welche das Alter des Iberger Kalkes
besitzen, wie das aus den übereinstimmenden Korallen und
Brachiopoden hervorgeht. Besonderes Interesse beansprucht
die enge Verknüpfung dieser Korallenkalke mit Goniatiten-
schichten (Goniatites Becheri etc.), welche letztere wohl unter
ersteren liegen. Ein besonderer Aufsatz über diese Verhält-
nisse soll im laufenden Bande dieser Zeitschrift erscheinen.
Herr Kayser bemerkte dazu, dass Gon. Becheri nach
C. Koc#’s Annahme dem oberen Ober-Devon angehören sollte,
dass daher die Auffindung desselben an der Basis des Ober-
devon ein hohes Interesse gewähre.
Auch Herr Beyrıcn sprach in weiterer Ausführung über
diese Verhältnisse.
Herr Hauc»hzcorneE legte den 4. Band des Jahrbuches
der geologischen Landesanstalt vor, namentlich auf die in
demselben zur Anwendung gebrachten verschiedenartigen Me-
thoden der Vervielfältigung von Abbildungen hinweisend. So-
dann legte Redner von ihm vermittelst concentrirter Flusssäure
in ausserordentlicher Schönheit aus dem Gesteine (Bundenbacher
Schiefer) herauspräparirte Versteinerungen vor. Auffallenderweise
lassen sich nicht nur die verkiesten, sondern auch die ver-
kalkten Formen auf diese Weise präpariren, so dass Redner
zu der Annahme gelangt, dass letztere sich unter Einwirkung
der Flusssäure mit einer Hülle von Flussspath umgeben,
218
Herr Haurar sprach über die stratigraphische Stellung
des Oberharzer oberdevonischen Goniatitenkalkes und einen
neuen Fundpunkt desselben bei Hahnenklee.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. Ww. 0.
BEYRICH. WEBSKY. Branco.
2. Protokoll der Februar - Sıtzung.
Verhandelt Berlin, den 4. Februar 1885.
Vorsitzender: Herr Bryriıcn.
Das Protokoll der Januar- Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell-
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor.
Derselbe machte der Gesellschaft Mittheilung von dem
Tode des Herrn Akademiker v. BAumHAUER zu Harlem, welcher
zum Vertreter Hollands beim internationalen Geologen-Congress
ausersehen war.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Dr. Herrmann Trauvge in Breslau,
vorgeschlagen durch die Herren F. Remer, BrAnco
und Damss;
Herr Dr. Scaeise in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren BEYricH, von
Fritsch und Weiss.
Herr Dames legte einige Petrefacten aus dem Daghestan
und der Turkmenensteppe vor, welche der als Gast anwesende
Herr Generallieutenant a. D. von ERcKERT gesammelt hatte.
1. Die aus dem Daghestäan und zwar der Tschetschnja
mitgebrachten Fossilien sind Cetaceen-Reste, anscheinend COeto- |
therium nahestehend. Herr van BEneDEen, welchem dieselben
zur Untersuchung übersendet wurden, wird in einem der näch-
sten Hefte dieser Zeitschrift eingehende Beschreibungen der-
selben veröffentlichen.
2. Die Petrefacten aus der Turkmenensteppe stammen
vom Kopet-Dagh und zwar muthmasslich von derselben Stelle,
219
wo schon 1872 G. Sırvers als Theilnehmer an einer vom
Oberst von Markassow geleiteten Expedition Fossilien der oberen
Kreide beobachtet hatte), deren Namen aber |. c. nicht an-
gegeben sind. — Auch die von Herr von ErckErT gesammelten
Exemplare gehören sämmtlich der oberen, und zwar der senonen
Kreide an. Es sind folgende:
Inoceramus Cripsü Lam. in zwei gut bestimmbaren Bruch-
stücken.
Galerites subconicus; 9 Exemplare der gewöhnlichen Form.
Ofaster sp. — Es wurde nur ein Stück gesammelt, an
welchem die für Ofaster charakteristische Marginalfasciole an
einer Stelle deutlich erkennbar ist. Es scheint, dass eine noch
unbeschriebene Art vorliegt, zu deren genauer Begrenzung das
einzige Exemplar nicht ausreicht. Ofaster pilula D’OrsB. und
eine grosse Art von Minoga unweit Olkusz' sind bedeutend
höher und auch breiter. Eine in neuerer Zeit von Lxox Dru’)
aus der Umgegend von Pjätigorsk als Ofaster caucasicus ein-
geführte Art besitzt die allgemeine Form von Ofaster pilula,
hat aber eine relativ tiefe vordere Furche, welche an dem
Exemplar vom Kopet-Dagh ebenso schwach entwickelt ist, wie
bei Ofaster pilula.. Ofaster Pomeli Hxsgert aus dem Senon
zwischen Guerne und Dennemont hat eine stark gewölbte Un-
terseite und fast kuglige Gestalt. Mit allen diesen Arten ist
die vorgelegte nicht ident.
Besonderes Interesse beansprucht eine grosse
Pentacrinus- Art, welche der Vortragende zu
Ehren des Finders Pentacrinus Erckerti
zu benennen vorschlägt. Es wurden 18 Stiel-
stücke von verschiedener Dicke gesammelt;
die dünnsten haben einen Durchmesser von
13 mm, die dieksten einen solchen von 21 mm.
Zwischen beiden Extremen liegen zahlreiche
Uebergänge vor. Alle Stücke sind völlig kreis-
rund, ohne jede Andeutung einer Fünfthei-
lung auf der Aussenseite.e Die einzelnen
Stielglieder sind niedrig — durchschnittlich
nur 2 mm hoch — und an den meisten Stücken
von gleicher Höhe; nur an einem solchen wechseln höhere und
niedrigere — 1 mm hohe — mit einander ab. Die Aussen-
seite ist mit einer sehr feinen Sculptur versehen, bestehend
aus kleinen wurmförmigen Erhabenheiten, die sich verschieden
krümmen und mit einander verbinden, so dass eine wie cha-
!) PETERMAnN’s geographische Mittheilungen, Bd. XIX, 1873, pag. 287 ff.
*) Bulletin de la societe geologique de France. II. Serie, Tome XII,
pag. 514, t. 26, f. 6-10.
220
grinirt oder ciselirt aussehende Fläche entsteht. — Manche
Stücke zeigen die Stellen, von wo die Cirren abgehen, sehr
deutlich. Gewöhnlich stehen 5 Cirren in regelmässigen Ab-
ständen; an einem Säulenstück sind nur 4 solcher Ansatz-
stellen sichtbar, aber an der Stelle, wo die 5. sich einfinden
müsste, ist dem Stielglied eine kleine Serpula aufgewachsen,
welche wohl das Hinderniss für die Ausbildung derselben war.
— Die Gelenkfläche wird durch beistehenden Holzschnitt er-
läutert. Ein vertiefter, fünfstrahliger Stern liegt in der Mitte.
Die Zwischenräume zwischen den Strahlen zeigen kleine, auf
den Seiten nahezu senkrechte Leisten. Auch an den Aussen-
seiten des Sterns stehen solche Leisten, an ihrem Grunde dicker,
nach dem Rande zu sich verschmälernd. Den Rand erreichen
diese Leistchen meist nicht, sondern neben sie stellen sich dicht
am Rande kürzere zu beiden Seiten. —
Durch die völlig kreisrunde Contur stellt sich diese neue
Art in die Nähe der Pentacrinus Bronni aus der weissen Schreib-
kreide, bei welchem jedoch immer noch fünf Längsfurchen,
wenn auch schwach ausgebildet, die Fünftheilung andeuten;
auch ist die Beschaffenheit der Articulationsflächen eine völlig
andere. — Näher noch, wie Pentacrinus Bronni, steht eine Art
aus der Scaglia vom Castello di Valdagno, auf welche mich
Herr Beyrıca aufmerksam machte. Auch hier ist der Stiel
völlig kreisrund und die Aussenseite mit der oben beschriebenen
Sculptur versehen, die hier nur viel gröber und mehr in Höcker
aufgelöst ist. Fernere Unterschiede liegen in dem geringeren
Durchmesser bei verhältnissmässig grösserer Höhe (Durch-
messer = 7” mm; Höhe = 3 mm) und dem Absenden von
weniger als 5 Cirren in einem Kreise. — Trotzdem die spe-
cifische Uebereinstimmung fehlt, ist dieses Vorkommen in der
Scaglia des Vicentinischen doch bemerkenswerth, weil dadurch
der Nachweis erbracht ist, dass zur Zeit der oberen Kreide
derselbe /entacrinus- Typus weit verbreitet war. —- Ob dieser
Typus in der That zu Pentacrinus im engeren Sinne zu stellen
ist, oder ob die Beschaffenheit des Kelches eine generische
- Abtrennung bedingen würde, ist nicht zu entscheiden. Die
vorhandenen Stielglieder wird man trotz des abweichenden Ge-
sammt-Habitus doch wegen der Beschaffenheit der Gelenkflächen
keiner anderen Gattung zurechnen können. —
Ueberblickt man die hier aufgezählte kleine Fauna und
stellt man sie mit der kürzlich von Lton Deu (l. c. pag. 512)
von Kislowodsk und Pjätigorsk beschriebenen in Vergleich, -so
ergiebt sich, dass Inoceramus Cripsii und Galerites vulgaris
beiden gemeinsam sind, dass Ofaster caucasicus L. Dru am
Kopet-Dagh durch eine verwandte Art vertreten wird, während
Pentacrinus Erckerti bisher nur von letzterer Fundstelle be-
221
kannt ist. Immerhin ergeben sich daraus Anhaltspunkte genug,
um die obere Kreide des Kopet-Dagh als die transcaspische
Fortsetzung derselben Formation, wie sie an den Nordabhängen
des Kaukasus entwickelt ist, anzusprechen !).
Herr Generallieutenant v. ErekErr knüpfte an diesen Vor-
trag eine topographische Schilderung des Fundortes der Cetaceen,
wonach die Tschetschnja, ein jetzt vielfach abgeholztes Bergland,
das Glacis des Fels- und Gebirgslandes des Daghestan gegen
die nordwärts vorliegende Ebene bildet. Vom Daghestan wird
die Tschetschnja durch eine viele tausend Fuss hohe, von
WSW. nach ONO. streichende Gebirgskette getrennt, deren
Glaeis, sehr allmählich abfallend, eben die Tschetschnja bildet,
die in sich sehr durchfurcht und zerrissen ist durch zahl-
reiche tief einschneidende, jenem Gebirgsrücken entspringende
Flüsse.
Herr A. RemEL£ zeigte eine Anzahl von paläozoischen
Geschieben aus der Eberswalder Gegend vor und besprach
deren Charaktere und muthmassliches Herkommen, welches auf
Schweden, resp. Bornholm zurück zuführen ist.
Von eambrischen oder für jetzt wenigstens als cambrisch
anzusehenden Sandsteingeröllen wurden vorgelegt:
1) Hardeberga-Sandstein;
2) ein grauer Sandstein mit Braunsteinflecken
(Tigersandstein, Silsten Linse’s);
3) ein rothstreifiger Sandstein, der mit einer Ab-
änderung des Nexö-Sandsteins auf Bornholm völlig über-
einstimmt.
Während diese Gesteine auch anderwärts im Diluvium
der Mark Brandenburg, z. Th. nicht selten, sich gefunden
haben, sind dem Vortragenden die folgenden zwei Graptoli-
thenschiefer von unter-, resp. mittelsilarischem Alter nur
je ein einziges Mal als Geschiebe vorkommen und überhaupt
bekannt geworden:
1) ein schwarzer Thonschiefer mit Diplograptus teretiuscu-
lus Hıs. und Orbicula sp.; entspricht einer der tieferen Stufen
des schwedischen mittleren Graptolithenschiefers, wie
er bei Fagelsang östlich von Lund in Schonen auftritt;
2) ein dünnblätternder dunkler Thonschiefer mit Retiolites
Geinitzianus Barr. und Monograptus priodon Bronn; hiermit
ist zum ersten Male der echte schwedische Retiolites-
schiefer, welcher jetzt vielfach schon dem Obersilur unter
!) Cfr. auch Süss, Das Antlitz der Erde, I, 1885, pag. 605.
222 .
dem Wenlock zugerechnet wird, unter den Diluvialgeschieben
Norddeutschlands nachgewiesen.
Beide letzterwähnten Stücke wurden im Geschiebewall am
Steinberg bei Liepe östlich von Eberswalde gefunden.
Herr E. Scahuiz legte einen Echiniden aus dem Lenne-
schiefer des Valmethales, eines Seitenthales des oberen Ruhr-
thales vor und erläuterte seinen Bau, nach welchem das
Exemplar der Gattung Palechinus zuzurechnen sein dürfte.
Herr K. A. Lossen legte die Publication des Herrn
v. LasauLx „Der Granit unter dem Cambrium des
Hohen Venn“ vor und knüpfte daran eigene Bemer-
kungen. Er hob das durch den Bonner Gelehrten nicht in
Betracht gezogene Vorkommen der Granit-Geschiebe in den
Culmeonglomeraten des Rheinisch- Westfälischen Schiefergebirgs
(Wildungen !)) hervor und wies darauf hin, dass solche Granit-
Massen, die zu diesen Conglomeraten oder zu den durch v. La-
SAULX angeführten Arkosen und Conglomeraten im rheinisch-
belgisch-französischen Unterdevon (Arkose von Weisme, Con-
glomerate von Fepin und von Burnot) Schuttmaterial geliefert
haben, unvergleichlich älter seien, als die im Zusammenhang
mit dem postculmischen oder postcarbonischen Faltungsdruck
aufgepressten und erst viel später durch die Erosion blosge-
legten Granit-Massen, welche eine Contactmetamorphose in den
gefalteten palaeozoischen Sedimenten hervorriefen.
Anknüpfend an das lehrreiche durch Herrn v. LasauLx
mitgetheilte Profil längs der Eisenbahn über das Hohe Venn
zwischen Raeren und Lammersdorf machte der Vortragende
darauf aufmerksam, dass das Angrenzen nicht wesentlich ver-
schiedenalteriger, sondern der gleichen Schichtenglieder zu
beiden Seiten des im Sattelkerne aufgepressten Venn-Granits
und die geringe Breite des Granit-Kerns (nur 240 m) nicht
gerade zu Gunsten eines ausgedehnteren Zutagtretens dieses
Gesteins unter der Torfregion des Venn-Sattels sprechen.
Der Vergleich dieses Bahnprofils, das vom Devon im Nord-
westflügel her bis zu dem gar nicht mehr weit vom Devon im
Südostflügel entfernten Granit beständig steiles nordwestliches
Einfallen der Schichten, südöstliches dagegen nur zwischen dem
Granit und dem Lammersdorf benachbarten Gedinnien auf-
gewiesen hat, mit dem widersinnig von S.O., bezw. O.S.0. her
zusammengeschobenen und überschobenen, durch HoLzAPFEL
näher untersuchten Nordende des Venn-Sattels führte den
Vortragenden sodann zu dem Ausspruche: Der Venn-Sattel
gehört zu den vom Harz her nachgewiesenen‘)
1) Vergl. diese Zeitschr., 1877, Bd. XXIX, pag. 847.
223
unter Zug- und Druckwirkung rechtsinnig wind-
schief verdrehten Falten, indem seine ursprünglich aus
S.W. nach N.O. gerichtete Sattellinie durch spätere Einwirkung
der Druckkraft des hereynischen ?) (im S.O.—N.W.-Quadranten
streichenden) Faltensystems eine Umstauung aus der nordöst-
lichen in die nordnordöstliche Richtung erlitten hat, wobei in
dem auf der West-, bezw. Westnordwest-Seite entstandenen
conecaven Winkel die Schichten durch Zug gesenkt und alsdann
von der gegenüberliegenden convexen Seite her durch Druck
überschoben worden sind.
Die herceynischen Falten innerhalb des niederrheinischen
Gebirgskörpers anlangend, wurde auf ELıe DE Braunonr’s Systeme
des Pays-Bas et du Sud du Pays de Galles von relativ jün-
gerem Alter als das Hunsrück - Faltensystem desselben Autors
(das niederländische System deutscher Autoren nach L. v. Buch’s
Ausdrucksweise) verwiesen, welches erstere sich unter Anderem
in so grossartiger und so spätzeitiger Wirkungsweise in der
Grande faille zwischen Mons und Boulogne zu erkennen giebt.
Auch die in Anbetracht der südwestnordöstlich aushebenden
Muldenlinien sehr auffällige südnördliche Ausdehnung des durch
die Erosion in Einzelmulden zerlappten Mitteldevons der Eifel
wurde auf eine der Convexseite des windschiefen Vennsattels
folgende, nordsüdlich aneinandergegliederte Folge von Schrau-
ben- oder Korkzieher-Falten zurückgeführt, die im Ostrande
des rheinisch-westfälischen Schiefergebirgs ähnlich wiederkehrt:
denn nicht der Vennsattelallein, vielmehr dieses
ganze grosse Faltengebirge zeigt in seinen ge-
setzlich verzerrten Falten und in der damit zu-
sammenhängenden Vertheilung, Richtung und
Neigung der Spalten die deutlichsten Anzeigen
jener rechtsinnigen Faltenverbiegung (Torsion).
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V W. (07
BEYRICH Wesskr. Tenne.
!) Vergl den Aufsatz „Ueb. d. Zusammenhang zw. Falten, Spalten
u. Eruptivgest. im Harz i. Jahrb. d. Kgl. preuss. geol. Landesanst. f.
1831, zumal nag. 31 bis 38.
2) Nicht vom Harz, sondern von der Hercynia silva der Alten, d.h.
dem böhmisch-bayerisehen Waldgebirge abgeleitet.
224
3. Protokoll der März - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 4. März 1885.
Vorsitzender: Herr HAUCHECOoRNE.
Das Protokoll der Februar - Sitzung wurde vorgelesen
und genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell-
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor.
Herr K. A. Lossen gab in weiterer Ausführung seiner
ın der Februarsitzung dieses Jahres über die Faltenver-
biegung (Torsion) niederländischer Falten durch
die Druckkraft des hereynischen Systems gemachten
Mittheilung eine gedrängte Uebersicht über die Eigen-
schaften solcher gesetzlich verzerrten Falten, indem
er sich dabei der Erfahrungen vom Harze her bediente,
dessen bis zur Aufpressung grosser Granit-Massive in die
heutige Erosionsfläche gediehene Faltung die Verzerrungsformen
in besonders scharfer Ausprägung zeigt, dem Grade nach wohl,
nicht aber der Art nach verschieden von den minder stark
verzerrten Falten anderer paläozoischer Kerngebirge
im Westen, Süden und Osten des Harzes. Ein erstes
Beispiel gab das kürzlich nach E. Kayser’s geologischen Auf-
nahmen herausgegebene Blatt Lauterberg aus dem Südwest-
harz: dort hat E. Kayser durch Avuffindung des Hauptquarzits
in der Nähe des Diabas-führenden Lauterberger Graptolithen-
schiefersystems die von dem Vortragenden in der Selkemulde
und bei Thale festgestellte Regel, dass die Harzer Grapto-
lithen im Liegenden und zwar oft im unmittelbaren Liegenden
des Hauptquarzits lagern, und damit zugleich den Hauptlager-
ort der körnigen Diabase in der oberen, aus reineren Thon-
schiefern bestehenden Abtheilung des Unteren Wieder Schiefers
in dankenswerther Weise bestätigt. Mit dieser Regel in sicht-
lichem Widerspruch steht nun aber, dass die Diabaszone, welche
von Königshof a. d. Sieber nach dem Hohen Feld hin streicht,
hart an der Westgrenze der Königshof gegenüber untertau-
chenden Sattelfalte der Tanner Grauwacke einherzieht. Es ist
aber diese Sattelfalte gleichwie die angrenzende Diabaszone in
der allerdeutlichsten Weise aus der Nordostrichtung in die
nordnordöstliche convex-concav umgestaut, so dass der in der
Ooncavseite an sie angeschmiegte, gegen Ost convexe Diabas-
zug dem Gesetze der Niederziehung und Ueberschiebung der
Schishten im Concavitätswinkel entspricht, das zur Folge hat,
225
dass weiter gegen S.W. relativ ältere Schichten an dieselbe
nordwestliche Grenze des Tanner-Grauwacken-Sattels angrenzen,
die somit einer spiesseckigen, nahezu streichenden Störungs-
linie entspricht. Die Ostseite derselben Grauwackensattelfalte
ist dagegen durch eine südnördlich streichende Gangspalte in
der Richtung der Resultirenden der niederländischen und her-
eynischen Druckwirkung ausgezeichnet, ganz im Gegensatz zu
den weiter südwestlich S.O.—N.W. streichenden Lauterberger
Hauptgangspalten. Auch die ganze Region zwischen der Krum-
men Lutter und der Sperr-Lutter, besonders die südnördlich
streichende Mulde der Wieder Schiefer im Langenthale, zeigt
in der inneren Structur, wie im äusseren Relief die Wirkungen
der Faltenverbiegung.
Weiterhin verweist der Vortragende auf die von Ta. LreBE
und ZIMMERMANN in den Abhandlungen z. Specialk. v. Preuss.
u. d. Thür. Staaten, Bd. V, Heft 4, publicirte geologische Karte
von Ostthüringen, sowie auf LirBe’s zugehörige Erläute-
rungen, um zu zeigen, wie die vorwiegend in der Erzgebirgs-
richtung erstreckten Cambrium-Sättel nebst dem ihre Aussen-
seite begleitenden Schichtenprofile bis zum Ober-Culm dem-
selben Torsionsgesetz unterliegen. Die Umstauung des grossen
Hauptsattels im Elsterthalprofile; die von S.W. gegen N.O.
und N.N.O. zwischen dem Wiesenthal bei Schleiz und dem
Wipsenthal bei Gera stetig abnehmende Breite des an der
Concavseite des Sattels entlang laufenden Bandes jüngerer
Schichten; die sichtlich durch Störungen bewirkte gegen N.N.O.
zunehmende Lückenhaftigkeit dieses Bandes, zumal von Hohen-
leuben ab gegen N.; die Flucht der Sättel von Leutenberg
über Ziegenrück gegen Auma und von Schleiz gegen den Zu-
sammenfluss von Triebes und Weida, die deutlich den Zug
gesen den Concavitätswinkel erkennen lässt: alle diese Er-
scheinungen stimmen auf's Beste mit den Erfahrungen . vom
Harze her überein.
Im Rheinisch-Westfälischen Schiefergebirge
theilt der Redner die Mulden zunächst in solche ein, welche
gegen S.W. ausheben und die Verzerrungen der Selkemulde
im Harz zeigen (z. B. Worm-Mulde nach Wacner, Ruhrmulden
nach LoTtner u. A., Arnsberg-Küntroper Mulde nach v. DecHrx),
und solche, die umgekehrt gegen N.O. ausheben und deren
Verzerrung mit dem der Selkemulde gegenüberliegenden An-
‚theil der Harzer Südmulde bei Stiege verglichen werden mag
(z. B. Mulde von Bergisch Gladbach nach G. Meyer). Stö-
rungen längs des concaven nordwestlichen Muldenrandes, welche
gegen die in S.W. liegende Muldenwendung immer jüngere
Formationsglieder mit den älteren äusseren in Berührung brin-
gen, zeichnen erstere Mulden aus; Störungen, die umgekehrt
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VI. 1. 1,2%
226
längs des convexen südöstlichen Muldenrandes gegen die in
N.O. liegende Muldenwendung immer jüngere Schichten mit
den älteren äusseren in Berührung bringen, eignen den letzteren.
Die Eifeler Mulden, die gegen N.O. und gegen S.W. ausheben,
sind demzufolge symmetrisch windschief, indem sich die
entgegengesetzten Störungseffecte, wie in der Prüm-Hillesheimer
Mulde (nach E. Kayser und E. ScHhuzz), an den beiden Mulden-
langseiten diagonal gegenüberliegen. Dahin gehört auch die
grosse Mulde von Dinant auf belgisch-französischem Gebiete.
Unter den Sätteln wurde der Venn-Sattel schon in der
Februar-Sitzung so charakterisirt, dass er die ÜOonvexseite
gegen die Eifel kehrt, die Concavseite nach Belgien, und dass
seine Umstauung die Eifeler Kalkmulden in eine um eine Süd-
nordaxe (Resultirende) gedrehte Schraubenfalten-Reihe ge-
zwungen hat. Umgekehrt ist die Devonmulde, welche durch
das Rothliegende und den Buntsandstein der Trierer Bucht auf-
gefüllt ist und durch die hochunterdevonischen bis tiefmittel-
devonischen Schichten der Grube Schweicher Morgenstern und
von Olkenbach am Rande dieser Bucht angedeutet wird, au
ihrem Nordostende gegen die Quarzitketten am Südostrand des
Gebirgs hin abgelenkt, welche ihr die Concavseite zukehren.
Der Concavitätswinkel auf der Nordwestseite des sichtlich gegen
N.N.O. umgestauten und dabei von S.O. her übergeschobenen
Nordost-Endes des Taunus ist überdies durch die einseitig im SW.
aus dem Schiefer des Hunsrück sich heraushebenden, nordöst-
lich sich verlierenden Quarzitsättel, sowie durch die gegen jenen
Winkel hin stetig wachsende Einengung des Hunsrückschiefers
bis zur schliesslichen Unterdrückung sattsam charakterisirt.
Weiterhin sind windschiefe, spitzwinklig das Strei-
chen der Schichten überschreitende Verbiegungen
zufolge einer der herrschenden Schubrichtung ent-
gegengesetzten partiellen Ueberschiebung von N.W.
her bezeichnend für den Südostrand des Gebirgs, finden sich
aber auch, wie in der vom Rhein zwischen Capellen und An-
dernach durchquerten Zone, wo auch gegen N.W. einfallende
Transversalschieferung beobachtet wird, im Innern des Gebirgs-
körpers; ja ganz im N. in Brabant, also noch ausserhalb der
von E. Susss als Vorfaltung bezeichneten Druckwirkungen der
Region der Grande faille, fallen nach Dumont die Rechten
steil gegen S., die Platten flach gegen N. ein.
Die Spalten anlangend, vergleicht der Vortragende den
Feldbiss, die Münstergewand, die Sandgewand, die Lintorfer
Erzgänge, die Altenbürener Störung, den Sprung auf der West-
seite des Rupachthals (E. Kayser) nach Richtung und ost-
wärts gekehrtem Einfallen der Oder- und Ackerspalte
im Harz, wogegen andere grosse Störungen, wie z. B. die
227
Richtericher und der Westliche Hauptsprung in der Worm-
mulde den Oberharzer Erzgängen nach der Compass-
stunde und der Verwerfungsrichtung zu vergleichen sind; noch
andere, wie der Grosse Biss in der Wormmulde, sind wind-
schiefe Flächen, welche die Eigenschaften der beiden
voraufgenannten Störungen theilen und darum nach beiden
Seiten hin verwerien.
Herr KLockMAnn machte Mittheilungen über die Eruptiv-
gesteine des Magdeburgischen. Nodwestlich Magdeburgs treten
zwischen Aller und Ohre auf eine Erstreckung von ca. 25 km
und einer Breite von I—4kım Rothliegendes und porphyrische
Eruptivgesteine aus dem umgebenden welligen Diluvialterrain
in einem zusammenhängenden Zuge, dem Alvenslebener Höhen-
zug, zu Tage. Das hKothliegende bildet den südwestlichen han-
senden Flügel dieses Zuges, während sich als nordwestliche
Begrenzung streckenweise einzelne Grauwackenpartieen am
sogen. Magdeburger Uferrand an denselben anlegen. Die Erup-
tivgesteine haben trotz mancherlei Umstände, die eher das Ge-
gentheil hätten erwarten lassen, doch nur wenig Aufmerksam-
keit erregt. Man weiss nur durch F. Horrmans und GIRARD,
dass sowohl saure als basische Gesteine, Quarzporphyre und
Melaphyre, auftreten, über deren gegenseitige Altersstellung
und Abgrenzung noch nichts bekannt ist. Redner theilte die -
vorläufigen Resultate einer Begehung des betreffenden Gebiets
mit und besprach kurz die Beschaffenheit, Verbreitung und
Altersverhältnisse der auftretenden Gesteine, sowohl der Quarz-
porphyre und der mit ihnen vergesellschafteten Tuffe als auch
mehrerer Typen von olivinfreien Plagioklas - Augitgesteinen
(Porphyriten). Ausführlicher wird er dieses nördlichste Vor-
kommen von Eruptivgesteinen in Deutschland in einer beson-
deren Arbeit behandeln.
Herr Ewarn betonte, anknüpfend an diesen Vortrag, die
complieirte Beschaffenheit des Gebietes, in welchem wohl noch
weitere petrographische Unterscheidungen möglich sein würden.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
NV. W. 0.
HAUCHECORNE. Ewa. Branco.
Druck von J. FE. Starcke in Berlin.
Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
2. Heft (April, Mai und Juni 1885).
A. Aufsätze.
Il. Die gesteinsbildenden Kalkalgen des &olfes von
Neapel und die Entstehung structurloser Kalke.
Von Herrn Jouasnes WALTHER Z. Z. ın München.
Während des Winters 1883/84 war es mir durch die
Gnade Sr. Majestät des Königs von Sachsen vergönnt, an der
zoologischen Station des Herrn Professor Dr. A. Dours in
Neapel zu arbeiten; von Seiten des Herrn Dr. Donrn wie
dessen Vertreters, Herrn Dr. Eyssıc fand ich alle Unterstützung,
deren ich für meine besonderen Studien am Meere bedurfte,
und ich ergreife diese Gelegenheit, um für das Alles meinem
Danke öffentlichen Ausdruck zu geben.
Die vulkanische Umgebung des Golfes von Neapel ist seit
langen Jahren der Gegenstand eifriger Studien gewesen und
kann ein classisches Gebiet geologischer Forschung genannt
werden; das von demselben umschlossene Meeresbecken aber
wurde nach geologischen Gesichtspunkten bisher noch nicht
untersucht, und selbst das reiche Beobachtungsmaterial, wel-
ches bei zoologischen Studien daselbst gesammelt wurde,
blieb für die Geologie grösstentheils unverwerthet. Ich habe
meinen Aufenhalt an der zoologischen Station zu Neapel haupt-
sächlich zu biologisch - faunistischen und geologischen Studien
benutzt und will im Folgenden eine Reihe von Beobach-
tungen veröffentlichen, die ich auf geologischem Gebiete weiter
verwerthen und zu einem gewissen Abschluss bringen konnte.
Da es sich hierbei um ein Sediment des Golfes handelt, möge
eine kurze Sedimentskizze desselben zur Orientirung voraus-
geschickt werden.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VIL. 2. 16
330
Die Tiefe des Golfes nimmt, seiner Längenausdehnung
entsprechend, von NO. nach SW. zu und erreicht in der Bocca
grande zwischen Capri und Ischia ungefähr 400 m. Die nord-
westliche Küste vom Vesuv bis Ischia wird von einer Reihe
von Vulkanen gebildet, die mit ihren weit verbreiteten Tuffen
ein leicht erodirbares Küstengestein abgeben und die Ablage-
rung von psammitischen Sedimenten begünstigen. Nur da, wo
Lavaströme an’s Meer reichen, ist ein hartfelsiger Strand vorhan-
den. Die schwer löslichen Gemenstheile der Laven und Tuffe wit-
tern aus, machen die Oberfläche des Gesteins rauh, werden heraus-
gespült und bilden das Uiersediment (Olivinsand, Sanidinsand,
Magneteisensand). Die gegenüberliegende Südostküste besteht
ihrer Hauptmasse nach aus dichtem, cretaceischeım Apenninkalk.
Wie die Felsenküste von Castellamare bis Capri beweist, ar-
beitet die Brandung lebhaft an ihrer Zerstörung und mag auch
Capri erst nachträglich von dem Festlande getrennt haben.
Wenn auf der neapolitanischen Küste die Brandung haupt-
sächlich mechanisch wirkt, indem sie die Tuffwände unter-
wäscht und abspült, so arbeitet sie auf der sorrentiner Küste
wesentlich chemisch lösend und gräbt wahre Karrenfelder in
die Felsen.
In eigenthümlicher Weise sind die Buchten der sorren-
tiner Küste mit vulkanischen Tuffen ausgefüllt. Daher kommt
es, dass auch an dieser Küste Tuffe der Brandung zugänglich
sind und dass wir im Allgemeinen rings um den Golf ein
Sediment finden, welches aus vulkanischen Tuffen entstand.
In Gestalt eines kilometerbreiten Gürtels ist dasselbe ein Tuff-
sand. Je mehr man sich von der Küste entfernt, desto feiner
wird das Korn des Sandes und allmählich geht derselbe in
einen dunklen Schlamm über, der das Hauptsediment des
Golfes bildet.
Innerhalb des Schlammgebietes finden sich Kalk - Sedi-
mente, die ein erhöhtes Interesse verdienen. Dabei ıst zu
betonen, dass chemisch niedergeschlagener Kalk nicht beob-
achtet wurde, sondern meist Detrituskalke. Soweit die bishe-
rigen Dredgeuntersuchungen gelehrt haben, sind die Detritus-
kalke nie verkittet und bestehen aus Bruchstückchen von
Pelecypoden-, Gastropoden- und Echinodermen-Schalen, von
Korallen-, Bryozoen- und Nulliporen-Aestchen, zwischen de-
nen noch unzählige kleine Mollusken leben. Wenn darin
auch hin und wieder Bimssteinbröckchen vorkommen, so ist
doch die Hauptmasse des Sedimentes organischer Entste-
hung. Man sieht Bimssteinbröckchen, die aus den Tuffen aus-
gewaschen wurden, überall auf dem Golfe schwimmen, sie
können somit, wis die Reste pelagischer Thiere, in allen Se-
dimenten und allen Tiefen gefunden werden.
3al
Die Frage, was aus dem vom Seewasser gelösten Kalk
wird, könnte von einem Fernerstehenden in dem Sinne beant-
wortet werden, dass er chemisch wieder ausgefällt werde.
Allein wer die weitverbreiteten Detrituskalke rein organischer
Entstehung kennen gelernt und jene submarinen Kalkiuseln
untersucht hat, welche fast gänzlich aus Bryozoen oder Nulli-
poren aufgebaut werden, der muss vielmehr fragen: woher
kommt das viele Calciumcarbonat, das hier aufgespeichert
wurde?
Allwöchentlich fährt der Dampfer der zoologischen Statiou
in den Golf hinaus, um den Bedarf an Thieren des Meeres-
bodens mit der Rahmendredge oder dem grossen Schleppnetz
heraufzuholen. Nach langjähriger Erfahrung sucht man zu
diesem Behufe bestimmte Stellen des Golies auf, die sich durch
eine reiche Fauna besonders auszeichnen. Es war längst be-
kannt, dass bei dieser Gelegenheit stets grosse Mengen von Kalk-
algen (Melobesien) mit heraufgebracht werden und ich wandte
denselben mein specielles Interesse zu. Denn seit der grund-
legenden Arbeit von GüußeL: „Die sogenannten Nulliporen
und ihre Betheiligung an der Zusammensetzung der Kalksteine“
war wohl die Aufmerksamkeit der Geologen auf die Kalkalgen
gelenkt worden, allein über die lebenden Kalkalgen fehlten
eingehendere geologische Studien. Drei Punkte des Golfes
werden zum obengenannten Zwecke häufig aufgesucht: die
Secca di Chiaja, die Secca della Gajola und die Secca di
Penta palummo. Nach den vorhandenen Tiefenkarten liegen
sie in einem (sebiet von ungefähr 100 m Seetiefe.
Die Secca di Chiaja erhebt sich aus diesem Niveau
70—50 m unter den Wasserspiegel. Sie besteht aus Litho-
phyllum expansum ') und einer reichen Bryozoenfauna von
Retepora, Myriozoum, Hörnera, Cellepora, Tubucellaria, Eschara.
Der Reichthum dieser Secca an seltenen Echinodermen, Crusta-
ceen, Mollusken und Coelenteraten ist erstaunlich.
Die Secca della Gajola liest 30—40 m tief und be-
steht nur aus Lithothamnium racemus und Lithothamnium ra-
mulosum.
Die Secca di Penta palummo, zwischen Capri,
Nisida und Ischia gelegen, ist die grösste bekannte Secca des
Golies, von mehreren Kilometer Durchmesser. Einige Stellen
derselben, 70 m hinaufreichend, bestehen aus Eschara joliacea
und anderen Bryozoen, andere erheben sich bis 50 m unter
2) Diese und die folgenden Bestimmungen verdanke ich dem Con-
servator der zooWg. Station Herrn SarLvarore Losıanco, dem treff-
lichen Kenner des Golfes, der mich oft mit Rath und That unterstützte
und dem ich auch hier meinen herzlichen Dank dafür ausspreche.
16*
332
——— nn:
den Wasserspiegel und setzen sich aus Zithophyllum expansum
zusammen, während grössere Flächen von 65 m Tiefe nur von
Lithothamnium ramulosum gebildet werden.
Selten findet sich auf diesen submarinen Plateaus ein
Schlammsediment, wohl aber sind auf denselben Detrituskalke
weit verbreitet. Die überwiegende Menge des Sedimentes ent-
stand jedenfalls aus kalkabsondernden Organismen. Oft bringt
ein Dredgezug nichts als Bryozoenstöckchen herauf, ein anderer
nur Lithothamnienknollen, zwischen ihnen ein reiches Thierleben.
Eine genauere Schilderung von den biotischen Verhält-
nissen der eben erwähnten Bryozoenrasen werde ich veröffent-
lichen, wenn ich meine Untersuchung der permischen Bryozoen-
riffe Ostthüringens abgeschlossen haben werde; hier mögen
uns die gesteinsbildenden Lithothamnien beschäftigen und die
Secca della Gajola, welche fast nur aus solchen besteht. Zuvor
aber noch einige Worte über die Seccen im Allgemeinen.
Jedes organische Leben ist abhängig von gewissen Existenz-
bedingungen, und eine kritische Würdigung derselben giebt
uns Fingerzeige über seine Entstehung. Als Pflanzen sind die
Kalkalgen abhängig vom Licht. Im Lichte allein vermögen
sie zu assimiliren und zu leben. Aber das Licht ist abgesehen
von Grotten ') im ganzen Golfe bei gewisser Tiefe gleichmässig
stark. Auch Kohlensäure und schwefelsauren Kalk findet man
im Wasser des Golfes gleichmässig vertheilt und wir sehen uns
der Möglichkeit beraubt, die Anordnung der Seccen auf eine
etwaige submarine Wasserströmung zurückführen zu können.
Dem gegenüber liegt die Vermuthung nahe, dass sich die kalk-
bildenden Rifforganismen auf submarinen Lavaklippen ange-
siedelt haben möchten. Wir finden auf Lavaklippen der Küste
fast regelmässig eine reiche Algenflora, und die Nähe der thä-
tigen und erloschenen Vulkane erlaubt die Annahme, dass
Lavaklippen auch am Meeresgrund vorhanden sein möchten;
wie wir später sehen werden, liegt das Lithothamniumlager
von Syrakus thatsächlich auf einem Lavaplateau und selbst die
permischen Bryozoenriffe Ostthüringens lagern auf Klippen des
stark aufgerichteten Culmschiefers.
Für die „lebenden“ Seccen des Golfes von Neapel lässt
sich ein directer Beweis solchen Verhaltens nicht führen. Mit
dem Taucherapparat kann man in der Tiefe von 60 m nicht
arbeiten und wahrscheinlich würde es auch ein vergebliches
Bemühen sein, unter dem Kalklager das anstehende Gestein
suchen zu wollen. Aber ausser den schon oben genannten
Thatsachen, die sich zu Gunsten unserer Ansicht verwerthen
lassen, kann geltend gemacht werden, dass die Seccen in eine
!) BERTHOLD, Mittheilungen von der zoologischen Station III, 4.
333
Zone fallen, die den Vesuv mit der vulkanischen Insel Ischia
verbindet und dass sie sogar eine Lücke ausfüllen, welche in der
Anordnung der Eruptivpunkte zwischen dem Vesuv und dem
Vulkangebiet der phlegräischen Felder längs jener Linie be-
steht; und dass auch im Golfe von Neapel submarine vulka-
nische Klippen vorhanden sind, wird durch folgende Beobach-
tung aus dem Busen von Salerno wahrscheinlich gemacht. Im
Februar bekam ich Dredgematerial aus einer Tiefe von 65 m
nahe der Inselgruppe Li Galli bei Amalfı. Das Material, ein
Kalkdetritus, schien mir des besonderen Studiums werth, als
ich viele Krystalle darin bemerkte. In 20 gr des Materials
fanden sich:
4 gr grössere Lithothamniumzweige,
5 gr 2—6 mm dicke Steinchen,
2 gr Krystalle von Olivin, Augit, Biotit,
9 gr Bruchstückehen derselben Elemente und kleine
» Gastropoden.
Die Steinchen erwiesen sich auf frischer Bruchfläche als
Laven und zwar violette poröse und grauangewitterte homogene.
Die Olivine in -lauchgrünen Körnern und die Augite in &P,
oPx, oPx, P tadellos krystalliirt, 2—5 mm gross,
zeigten keinerlei Spuren eines Transportes. Aus
den Tuffen am Golfe sind mir nirgends solche Lavabröckchen
und Krystalle bekannt geworden und die beiden nächsten
Fundpunkte solcher Augite, der Vesuv und Ischia, sind beide
gegen 30 klm von Li Galli entfernt. Ich vermuthe daher als
Ursprungsstätte- genannter vukanischer Producte eine sub-
marine Klippe von Lava oder von vulkanischer Breccie, wie
sie an kleineren Eruptivpunkten beobachtet werden; und wenn
solche im Busen von Salerno vorkommen, so ist auch ihre
Anwesenheit im benachbarten Golfe von Neapel sehr wahr-
scheinlich.
Ein zweite Frage würde die sein, ob der Darwin’ schen
Rifftheorie entsprechend der Boden des Golfes im Sinken be-
griffen sei und dadurch eine grössere Mächtigkeit unserer Kalk-
lager nachzuweisen wäre. Denn man könnte sonst mit einem
gewissen Recht annehmen, dass mächtige Klippen im Golfe
vorhanden wären, welche nur oberflächlich eine dünne Decke
von Kalkorganismen tragen. Durch das berühmte Beispiel des
Serapistempels in Pozzuoli, der gegenwärtig wieder 2 cm pro
Jahr sinkt, ist längst nachgewiesen, dass locale Senkungen
am Golfe vorkommen. Nach einer Mittheilung, die ich Herrn
v. PETERSEN, Ingenieur der zoologischen Station, verdanke, ist
die sogen. Ponte di Caligula bei Pozzuoli, deren 6 Pfeiler
noch stehen, bis zu 9 m unter dem Wasserspiegel mit Luft-
334
cäment gemauert. Im Golfe von Bajae findet sich ein ganzer
Stadttheil mit Villenfundamenten und Strassen 6 cm unter dem
Wasserspiegel; allein gerade für das uns hier interessirende
Gebiet kann ich keine Beobachtung in's Feld führen, da meine
diesbezüglichen Studien bisher resultatlos waren.
Da wir somit den directen Nachweis nicht bringen konn-
ten, dass die Kalkdecke der Seccen eine grössere Mächtigkeit
besitze, müssen wir aus der Analogie schliessen und durch das
Studium junggehobener Schichten diejenigen Erscheinungen
ergänzend erklären, die uns im Schosse des Meeres unzu-
gänglich verborgen sind. Ich verweise auf die Mächtigkeit
der Nulliporenlager des Leithakalkes und beziehe mich auf
ein solches in den tertiären Ablagerungen Siciliens nächst _
Syrakus. Während die gegenwärtige Stadt auf einer kleinen
Landzunge Platz findet, lag das alte Syrakus, wie es von
Dioxys erbaut und umgrenzt wurde, auf einem Plateau, das
sich inselartig etwa 40 m über die weite Ebene erhebt und
ein gleichschenkliges Dreieck von 33 klm Umfang bildet. Die
Basis des Dreiecks schaut meerwärts nach Osten. Dort liefert
die Eisenbahn Catania - Syrakus einige gute Aufschlüsse und
zeigt eine Lava überlagert von ungeschichtetem Kalk. Dieser
greift in die höckerig-unebene Oberfläche der Lava ein und
hat sich offenbar auf derselben abgelagert. Dasselbe Profil
hat die Fahrstrasse angeschnitten, welche von Tremiglia auf
das Plateau hinaufführt. Auf der Nordseite des antiken Stadt-
bezirkes Labdalon sowie an der Scala graeca findet sich
auch ein ziemlich breiter Streifen von Lava unter dem Kalke.
Die Lava ist an 3 Seiten des Plateaus künstlich blos-
selegt und es ist schwer zu entscheiden, ob sie eine auto-
chthone Decke ist oder das Ende eines Lavastromes, der unter-
irdisch von dem Eruptivgebiet Lentini- Palagonia herabreicht.
Das Gestein ist völlig verwittert und ähnelt sehr den sogen.
Palagonittuffen jenes Gebietes.
Von hohem Interesse wird diese Lavagrundlage dadurch,
dass der darauf liegende Kalk ein echter Nulliporenkalk phy-
togenen Ursprungs ist. Vortreffliche Aufschlüsse verdanken
wir Dioxys, welcher am Ostende des Plateaus seine berüch-
tigten Steinbrüche, die Latomien, am Westende seine Maga-
zine, Kasematten und Kasernen darin anlegte Hier und an
einigen anderen Aufschlüssen (antike Wasserleitung) finden
wir mit überraschender Deutlichkeit das ganze Gestein nur
aus Lithothamnienknollen aufgebaut, und in der Latomia dei
Capuccini beobachtet man Felswände von 35 m Höhe, die
ausschliesslich aus den faustgrossen Algenknollen bestehen.
Ich komme auf diese Localität wieder zu sprechen; es galt mir
nur, an einem fossilen, theilweise durchsunkenen, gut aufge-
3
schlossenen Algenlager wahrscheinlich zu machen, dass auch
die Seccen des Golfes von Neapel auf vulkanischen
Klippen aufsitzen und dass sie sich in ziemlicher
Mächtigkeit aus kalkbildenden Organismen auf-
bauen.
Algen, welche in ihrer Cellulosemembran kohlensauren
Kalk abscheiden, sind im Golfe sehr häufig. Auf den Lava-
klippen der Küste und auf den Küstenfelsen des Apennin-
kalkes finden sich Amphirhoe und Corallina, andere Species
dieser Gattungen bilden rosarothe Flecken auf Seepflanzen-
blättern. Lithothamnium cristatum bildet ausgedehnte Rinden
auf Felsengrund nahe der Meeresoberfläche. Die grosse Man-
nichfaltigkeit der Formen, ihre Anatomie und Entwickelung
wurde von Graf zu SoLms-LausacH in der Fauna und Flora
des Golfes von Neapel, Bd. IV., monographisch bearbeitet.
Ich verweise wegen der einschlägigen Fragen auf dieses Werk,
denn uns interessiren hier nur diejenigen Vorkommnisse von
Lithophyllum und besonders von Lithothamnium, welche gesteins-
bildend und in grösserer Mächtigkeit auftretend, ein geologisches
Interesse beanspruchen.
Als typisches Beispiel für ein lebendes geschlossenes
Algenlager diene die Secca della Gajola, etwa einen Kilometer
von der Küste entfernt und bis 50 m unter dem Meeres-
spiegel heraufreichend. Jeder Dredgezug bringt unzählige Knol-
len von Lithothamnium ramulosum und L. racemus mit herauf,
und nach den bisherigen Erfahrungen besteht die ganze Secca
aus denselben. Ein reiches Thierleben hat sich zwischen
den nuss- bis faustgrossen rosarothen Knollen angesiedelt.
Zarte Polypenstöckchen wachsen darauf und sind für die Krebse
Pisa, Maja, Lambrus, Inachus willkommene Leckerbissen. Die
meist röthlich gefärbten Krabben sind oft selbst mit Kalkalgen
oder Polypen bewachsen und so trefflich geschützt gegen die
Nachstellungen ihrer Feinde. Der kleine feuerrothe Krebs
Bilumnus hirtellus versteckt sich äusserst geschickt zwischen
den Alsenknollen und kleine rothe Chitonen sind auf der
Alsenunterlage kaum zu erkennen. Pecten- Arten, meist roth
oder violet gefärbt, leben in grosser Anzahl auf den Algen-
lagern und fliegen bald munter herum, bald fixiren sie sich
mit ihren Mantelrandfäden, um einer Wasserströmung Wider-
stand zu leisten. Arca bohrt sich mit Vorliebe in Lithotham-
nienknollen ein, und oft sitzen auf einer Knolle 10—20 Indi-
viduen, jung und alt beieinander. Das grosse Heer der übrigen
Zweischaler von 10 cm grossen Zima- bis millimeterbreiten
Nucula-Arten und der Gastropoden vom faustgrossen Trochus
bis zur kleinsten Twrritella kann ich hier nicht näher aufzählen,
336
Aber ich möchte mit besonderem Nachdruck erwähnen, dass
wie in Detritusknollen auch auf und zwischen den Algenknollen
die Mikrofauna hartschaliger Thiere sehr reich ist. Zwischen
den Aestchen der Algen, in kleinen Höhlungen und überall,
wo irgend ein geschütztes Plätzchen sich findet, stecken kleine
(Grastropoden und Zweischaler, kaum einen Millimeter gross.
Die Alge wächst weiter und wenn die kleinen Schnecken nicht
zeitig fliehen, werden sie eingeengt und schliesslich ganz über-
wachsen. So erklärt es sich, dass man beim Auseinander-
schlagen einer Algenknolle nicht selten kleine Schalen inmitten
der Pflanze findet. Untersucht man die sandigen Theile, weiche
ebenfalls innerhalb des pflanzlichen Gewebes überall verstreut und
eingeschlossen sind, so findet man Bruchstücke von Kieselna-
deln, von Diatomeen, Foraminiferen und andere mehr oder we-
niger gut erkennbare Hartgebildee Und wenn man die Ober-
fläche der Secca nach einem Sciroccotag prüfen wollte, so
würden die Reste pelagischer Thiere (Radiolarien, Foramini-
feren, Diatomeen, Pteropoden), welche dann die Oberfläche des
Golfes bevölkern, in grossen Mengen noch zwischen den Litho-
thamnien zu finden sein. Diese eigenthümliche Art des Wachs-
thums der Lithothamnien lässt sich sehr schön beobachten an
solchen Algen, die grössere Fremdkörper umrandet haben.
Denn Pecten, Lima, Spondylus, Trochus, Echinus finden sich
sehr häufig in Algenknollen eingeschlossen, und man
kann noch lange Zeit nach der Umwachsung aus der Form
der Alge auf die eingeschlossenen Hartgebilde schliessen. Auf
dem Querschliff sieht man sehr deutlich, wie das pflanzliche
Parenchym sich so innig anschmiegt, dass man nicht im Stande
ist, die Muschelschale. unverletzt herauszulösen. Die That-
sache, dass kleine und grosse Muschelschalen, dass die Reste
pelagischer Thiere sehr häufig in Lithothamnien eingeschlossen
werden, ist höchst interessant und wir werden später darauf
zurückkommen. Es ergeben sich dadurch die häufigen Ab-
änderungen in der Form der Lithothamnienknollen. Die nor-
male Ausbildung derselben ist rund oder oval. Durch die
erwähnten Einschlüsse aber kommen sehr mannichfaltige For-
men zu Stande: schüsselartige, längliche etc. etc. In die hier-
durch entstehenden Zwischenräume setzt sich Kalkdetritus,
Muschelschalen, Bryozoenästchen, Korallenbruchstücke, Crusta-
ceenpanzer und natürlicherweise Alles, was über dem Algen-
lager im Wasser flottirt. Und so begegnen wir wiederum den
Resten pelagischer Thiere, die einen nicht unbe-
deutenden Antheil an dem Aufbau der Algenlager
nehmen können.
Wenn die Lithothamnien faustgross geworden sind, sterben
sie ab. Nach meinen Beobachtungen können zwei Knollen nie
337
miteinander verschmelzen, denn unter tausend Algen habe ich
keine einzige Doppelknolle gefunden. Somit können sie auch
nicht durch eigene Thätigkeit mit ihrer Unterlage verschmelzen
oder anwachsen. Allein erstens ist die Oberfläche der Algen-
knollen so höckerig, dass sie ziemlich fest aufeinander liegen,
dann aber werden sie gewöhnlich von Bryozoen (Kschara,
Lepralia, Flustra) überrindet, und solche mögen auch im We-
sentlichen die Befestigung abgestorbener Knollen auf ihrer
Unterlage vermitteln.
Das Wachsthum eines Algenlagers ist von mancherlei
Lebensbedingungen abhängig und Schwankungen derselben wir-
ken auf das Wachsthum der Algen zurück. Verändern sich
die Existenzbedingungen nur wenig, so werden schwächere
Pflanzen absterben,, kräftige Algen dagegen ruhig weiter-
wachsen. Auf diese Weise entstehen locale Lücken in der
Oberfläche des Algenlagers, welche von Detritus ausgefüllt
werden. Je stärker die Lebensenergie der Algen ist, um so
seltener sind Anhäufungen von Detritus, je mehr sie abnimmt,
um so grössere Gebiete werden von Kalkdetritus eingenommen.
Verändern sich die Existenzbedingungen der Algen in stär-
kerem Maasse, so werden derartige Lücken häufiger und
grösser und demgemäss die Betheiligung von Detritus am Auf-
bau des Kalklagers wesentlicher. Wenn wir also ein fossiles
Lithothamniumlager beurtheilen wollen, so geben uns die ein-
geschlossenen Linsen oder Zwischenschichten von Detritus den
Maassstab für die Lebensenergie des betreffenden Lagers, und
aus dem sich verändernden Verhältniss von phy-
togenem und detritogenem Kalk können wir die
Lebensgeschichte eines Algenlagers herauslesen.
Zerschlägt man eine Algenknolle, die durch ihre graue
Farbe anzeigt, dass sie abgestorben ist, so sieht man oft das
Innere verändert. Man erkennt nicht sofort die ursprünglich
sehr deutliche Nulliporenstructur, sondern, der Algenkörper
zeigt ein unorganisches Gefüge und ähnelt einem cavernösen
Süsswasserkalk. Bisweilen reisst die Dredge auch grössere
Blöcke ab, welche denselben Anblick darbieten. Auch die von
den Algen umwachsenen Muschelschalen erscheinen auf dem
Bruche wie zerfressen. Es scheint somit schon am Meeres-
grunde eine theilweise Veränderung der Structur vor sich zu
gehen und es liegt nahe, als Grund derselben chemische Vor-
gänge anzunehmen.
Herr Oberbergdirector von Güuser hatte die grosse Freund-
lichkeit, in seinem Laboratorium durch Herrn Schwager einige
Analysen für mich ausführen zu lassen, wofür ich ihm zum
grössten Danke verpflichtet bin. Herr Scuwager theilte mir
über den Gang seiner Arbeit Folgendes mit: Die Bausch-
338
analysen beziehen sich auf mit Wasser ausgelaugte und bei
105° C. längere Zeit getrocknete Substanz; desgleichen die
angesetzten specifischen Gewichte. Die Werthe für: „Orga-
nische Substanz und Wasser“ sind Differenzialwerthe, gewonnen
einmal aus dem Gesammtglühverlust unter Abrechnung der
CO,, und dann aus dem Glühverlust eines Restes, den man
nach Behandlung mit verdünnten Säuren erhielt. Die wasser-
löslichen Bestandtheile wurden nach ihrer Lösung zur Trockne
verdampft und längere Zeit hindurch einer Temperatur von
110° C. ausgesetzt. Die so gewonnenen Werthe sind unter
der Bezeichnung „im Ganzen“ angeführt. Da die anderen
Theilbestimmungen der fixen Bestandtheile summirt nicht jene
Ziffern „im Ganzen“ erreichen, ist diese Differenz auf Rech-
nung einer organischen Substanz zu setzen, die mit in Lö-
sung ging.
Zu den Analysen wurden verwendet:
I von einer sehr dichten Lithothamniumart der Secca
di Penta palummo entnommen. Das spec. Gewicht
beträgt 2,646.
IT von einem sehr lockeren Lithothamnium ramulosum von
der Secca della Gajola. Spec. Gew. 2,630.
III tertiärer Lithothamniumkalk aus der Latomia dei Ca-
puceini bei Syracus (Näheres s. u.). Spec. Gew.
2,1702.
IV Ein frischer Zweig von Eschara foliacea von der Secca
di Penta palummo. Spec. Gew. 2,758.
V Ein Stück von Lepralia sp. von der Secca della Gajola.
Spec. Gew. 2,710.
I II I IV V
SO, 177: ‚227791059 1,91 0,12 0,29 2,39
ANOS..2.. 290703336 3,61 0,51 |
F&0, . 200° 00008 0,410 So Le
MnO . . .- Spuren Spuren —
Ca0 . . . 4809 45,88 54,84 50,12 47,18
Mo®r .i,:5024590 3,06 0,39 1,20 2,22
00, 39,87 39,41 43,58 41,06 39,51
Organ. Subst.
+ #,012.2°. 095,067 2957 0,28 6,88 7,53
100,15 99, 85... 99,84... 99387, 10050
Die Berechnung ergiebt hieraus:
CaCO, ... 85,87 81,93 97,94 89,87 84,25
MeCO;.i 113,99 .6,42:0,8900 ZB
8
In Wasser lösliche Salze:
I I 111
In Ganzen 20.905 1:52:68,,%1,2:89. 9%
Ea0 4.,.5,54.113.0;062 0,128 0,342
MoaQi 7:5 0;056 0,113 0,087
NO, 0,4 0,940 1,035
Orr SP: Sp. Sp.
Blei. 0,212 1,025 1,017
SKY, re 05 Sp. 0,080
Von den interessanten Ergebnissen dieser Analysen wollen
wir hier nur diejenigen berücksichtigen, welche in directem
Zusammenhang mit unserem Thema stehen und versparen uns
die Würdigung der anderen auf eine spätere Gelegenheit.
Für die Analysen wurden möglichst reine, abgepinselte
Bröckchen genommen. Wenn daher auch geringe fremde Bei-
mengungen vorhanden sein möchten, so sind die Differenzen
in den Analysen I und II doch nicht durch Verunreinigungen
zu erklären. Man könnte annehmen, dass im Pflanzengewebe
eingeschlossene Bryozoen die Unterschiede in der chemischen
Zusammensetzung bedingen, allein die Analysen IV und V
machen eine solche Deutung nicht wahrscheinlich; die Ana-
Iysen lehren vielmehr, dass entsprechend dem veränderten spec.
Gewicht die Zusammensetzung der unorganischen Einlagerun-
gen, sogar des organischen Gewebes, und das gegenseitige
Verhältniss derselben bei lebenden Algen innerhalb gewisser
(srenzen schwankt. Während die dichte Alge 86 pCt. kohlen-
sauren Kalk und 5 pCt. organische Substanz enthält, hat die
lockere Varietät 82 pCt. kohlensauren Kalk und 6 pCt. orga-
nische Substanz; hingegen finden wir in dem tertiären Algen-
kalk von Syrakus 98 pCt. kohlensauren Kalk und nur 0,28 pCt.
organische Substanz. Diese letztere Thatsache ist besonders
bedeutungsvoll und wir müssen fragen: was wurde aus der
Cellulosesubstanz in diesen fossilen Lithothamnien ?
Auf dem Bruch zeigen dieselben eine völlig weisse Farbe.
Wäre dieser Kalk bituminös gefärbt, so könnte man an eine
unvollständige Zersetzung der Cellulose denken, allein hier
bleibt nur die Annahme übrig, dass eine vollständige chemische
Umsetzung derselben stattfand und zwar aller Wahrscheinlich-
keit nach in Kohlensäure. Die Kohlensäure entstand in allen
Theilen des Algenkalkes und fand sich dann in allen vor-
handenen Poren des Gesteins. Das Meerwasser, nach der
der Hebung zu Festland auch die Regenwasser, drangen in
das Gestein und durchtränkten dasselbe. Ueberall fanden sie
340.
in den Poren Kohlensäure und überall konnte das eindringende
Wasser Kohlensäure absorbiren. Wie bekannt, vermag ge-
wöhnliches Wasser nur wenig, angesäuertes Wasser dagegen
sehr stark auf kohlensauren Kalk lösend einzuwirken. Und
dieser Prozess fand und findet innerhalb eines Lithothamnium-
lagers statt. Wir dürfen uns daher nicht wundern, wenn all-
mählich die organische Structur eines Algenkalkes undeutlich
wird und wenn wir schliesslich dichte structurlose Kalke vor
unseren Augen entstehen sehen.
In der schönsten Weise können wir diesen Prozess an
dem schon erwähnten Algenlager von Syrakus verfolgen. An
dem westlichen Ende des antiken Stadtbezirkes Euryelos sind
die sogenannten Reiterkasernen des Dionys in den Felsen ge-
hauen. Eine Treppe führt hinab und zeigt sehr deutlich das
ganze Gestein aus Lithothamnienknollen aufgebaut. Jn noch
höherem Maasse ist aber die Laatomia dei Capuceini unter-
richtend. Gleich beim Eintritt in diesen historisch berühmten
und wegen seiner malerischen Veduten so vielbesuchten Stein-
bruch bemerkt man eine Felswand, wo sich die einzelnen
Algenknollen noch trefflich von einander lösen lassen und
deren Oberfläche durch die Verwitterung des weicheren De-
tritus, der die Zwischenräume der Algen ausfüllte, ganz höckerig
ist, fast wie eine Nagelfluh. Ganz dieselbe Erscheinung zei-
gen im Hintergrunde des Steinbruchs 35 ım hohe Felswände.
Knolle liegt auf Knolle und nur die Ausfüllungsmasse der
Zwischenräume ist herausgebröckelt; die Algen sind hier so
vortrefflich erhalten, dass SoLms-Laugacn (]. c. pag. 18) die
Art bestimmen konnte. Dann aber bemerkt man, wie die
Knollen allmählich nur undeutlich herauswittern. Das Gestein
hat nur noch eine annähernd höckerige Oberfläche. Andere
Stellen derselben Wände lassen in allmählichem Uebergang
die Knollenstruetur immer undeutlicher werden und endlich
vollständig verschwinden so dass schliesslich Kalkwände ent-
stehen, wie in der benachbarten Latomia del Paradiso, wo man
vergeblich nach Structur des Kalkes suchen wird. . Weisse
Kalkmassen von gleichmässiger Beschaffenheit, etwa wie
ein dichter Süsswasserkalk, an dem eine Absonderung in
dicke Bänke allein durch geringe Farben- oder Gesteins-
modificationen zu beobachten ist. Selbst dem Nichtgeologen
drängt sich in der Latomia dei Capuceini die Ueberzeugung
auf, dass die verschiedene Ausbildung des Gesteins in dem
weitverzweigten Steinbruche nichts als die Folge eines allmäh-
lichen Umwandlungsprozesses ist, welcher die Knollenstructur
eines Lithothamniumlagers nach und nach undeutlich macht
und endlich vernichtet. Dass ein solcher Vorgang möglich ist,
dass er stattfand, lehrten uns die Analysen. Wie sich hierbei
341
der Gesammthabitus des Gesteins ändert, das beobachtet man
in der Latomia dei Capuceini. Nun wäre noch zu betrachten,
wie sich dieser Vorgang unter dem Mikroskop darstellt.
So bedeutungsvoll das Studium mikroskopischer Schliffe
für das Verständniss der Umwandlungsprozesse in vulkanischen
oder plutonischen Gesteinen geworden ist, so wenig hat das-
selbe bisher für die Genese der Sedimentgesteine ergeben. Eine
weit ausgedehnte Porphyrdecke kann auf Grund weniger Schliffe
beurtheilt werden, aber eine Reihe von Schliffen genügt nicht,
um die Zusammensetzung einer Kalkbank genetisch zu erklären.
Die detritogenen, korallogenen, psammogenen und phytogenen
Elemente sind wahrscheinlich auch in früheren Zeitperioden
mit einander vergesellschaftet gewesen und nur das Ueber-
wiegen des einen oder anderen Baumaterials in
organischen Kalken erlaubt uns in der Benen-
nung einen Unterschied zu machen. Innerhalb der
Lithothamnienknollen findet sich Kalkdetritus eingeschlossen,
die Räume zwischen den einzelnen Knollen werden von eben-
solchen ausgefüllt, so dass das mikroskopische Studium nahe
bei einander, vielleicht in einem Gesichtsfeld liegender Par-
tieen ganz verschiedene Resultate ergeben kann. Der Voll-
ständigkeit halber habe ich in der Anstalt von R. Fusss in
Berlin. einige Schliffe von dem Algenkalk aus der Latomia dei
Capuceini bei Syracus anfertigen lassen, um das Stadium der
Umwandlung genauer festzustellen und zu sehen, ob das mi-
kroskopische Bild in Einklang mit der chemischen Analyse
steht. Die Schliffe, von einer Felswand mit undeutlicher
Knollenstrucetur entnommen, zeigten in Y, des Gesteins das
Gitterwerk der Zellenstructur wohlerkennbar, ein zweites Drittel
war in Körnchen aufgelöst. Hier, wie bei dem ganz krystal-
linischen Rest, konnte nicht mit Sicherheit erkannt werden,
ob es eingelägerter Detritus oder verändertes Algengewebe
sei. An einigen Stellen fanden sich ausgezeichnet erhaltene
Foraminiferen und zeigten sich dadurch detritogen, während
andere körnige und krystallinische Partieen umgewandeltes
Pflanzengewebe zu sein schienen. Wie gesagt, ist es im ein-
zelnen Fall kaum möglich, hierüber ein entscheidendes Urtheil
abzugeben. Die Beobachtungen an recenten Algenlagern machen
solches begreiflich.
Fassen wir alle diese Beobachtungen und Erörterungen
zusammen, so können wir in der ungezwungensten Weise
erklären: den Kalkreichthum, den Cellulosemangel und die
Strueturveränderungen, welche wir an dem Algenkalk von
Syrakus beobachteten. Ja wir dürfen nicht nur die That-
sache anerkennen, wir müssen sogar die Nothwendigkeit dieses
Umwandlungsprozesses einräumen und können den Satz aus-
342
sprechen: wenn in einem geschlossenen Litho-
thamniumlager von grösserer Mächtigkeit Wasser
cireuliren kann, so muss der Algenkalk seine
Structur verlieren und wird in einen structurlosen
Kalk umgewandelt. Allein dieser Satz bedarf einiger
Erläuterungen und wir müssen noch in Kürze auf die Ein-
schränkung, welche darin enthalten ist, eingehen. Es ist leicht
einzusehen, dass diese Metamorphose nicht vor sich gehen
wird, wenn hangende thonige Schichten oder andere geologische
bez. klimatische Umstände die Circulation des Wassers inner-
halb des Algenlagers erschweren. Aber noch ein anderer Um-
stand kann bedingen, dass ein Kalk phytogenen Ursprungs
diese seine Entstehung in allen Einzelheiten erkennen lässt.
Wenn nämlich das mit Kohlensäure angereicherte Wasser
rasch wieder den Kalk verlassen kann, so wird es nicht im
Stande sein umkrystallisirend zu wirken. Solche Verhältnisse
finden wir erstens bei sehr dünnen Bänken phytogenen Ur-
sprungs, zweitens wenn sehr viel Kalk- oder Schlammdetritus
zwischen die einzelnen pflanzlichen Partieen eingemengt ist,
endlich wenn einzelne Lithothamnienknollen in einem Detritus-
kalk vorkommen oder Aestchen und Bruchstückchen derselben
in solchem liegen. In allen diesen Fällen hat das durch-
sickernde Wasser nicht Zeit, mit der im Gestein vorhandenen
Kohlensäure angesäuert auf dasselbe zu wirken — es sickert
weiter und nachdringendes Wasser findet keine Kohlen-
säure mehr vor, wird daher auch nur unbedeutende Structur-
veränderungen hervorrufen können. Bei Girgenti liegen die
alten Steinbrüche, aus deren Material Agrigent erbaut wor-
den ist. Der pliocäne, sehr mächtige Kalk zeigt sich
zusammengesetzt aus Schalendetritus mit Nulliporenästchen,
Korallen, Bryozoen und anderen Bruchstückchen. Viele
schön erhaltene Fossilien finden sich darin, besonders reich-
liche Pecten und Echiniden, daneben sind darin Lithotham-
nienknollen ziemlich zahlreich zerstreut. Den obigen Er-
örterungen gemäss sind dieselben erhalten als wenn sie frisch
aus dem Meere kämen. Die Einzelheiten des Baues sind ma-
kroskopisch gut zu sehen, nur ist das Skelet viel fester ge-
worden und der Querschliff zeigt, dass nur ganz geringe
Structurveränderungen stattfanden. Die organische Zellensub-
stanz ist verschwunden, aber der parenchymatöse Bau noch
trefflich erhalten. Wenn diejenige Menge Kohlensäure, welche
im Regenwasser enthalten ist, im Stande wäre umkrystallisirend
zu wirken, so wäre hier die beste Gelegenheit dazu gewesen;
wenn wir dagegen beobachten, dass dieser Detrituskalk von
Agrigent, dass ähnliche Kalke bei Valsavoia, bei Marsala und
anderen Punkten Siciliens, trotzdem sie Jahrtausende lang
343
den Atmosphärilien zugänglich waren, nicht zu dichten Kalken
umgeändert wurden, so muss das Zweifel wecken an der me-
tamorphischen Kraft der Tagewässer. An allen diesen Punkten
finden sich Lithothamnienknollen im Detritus zerstreut und
sind uns ebenso viele Beweise, dass Lithothamnien nur dann
ihre Structur verlieren und krystallinisch werden, wenn sie in
einem geschlossenen Algenlager von grösserer Mäch-
tigkeit auftreten, dass sie aber in diesem Falle auch mit
Nothwendigkeit ihre Structur verändern und verlieren müssen;
dass dagegen einzelne Lithothamnien in treiflicher Weise er-
halten bleiben können.
Aber noch etwas anderes lernen wir aus diesen That-
sachen. Das eine mal sind Kalkablagerungen, die ursprüng-
lich wohl strueturös waren, krystallinisch geworden, ein anderes
mal sind Kalkablagerungen mit allen eingeschlossenen Fos-
silien unverändert. Hier wirkten wie dort die Tagewässer,
aber dort fanden sie im Gestein eine reiche Kohlensäure-
quelle, hier fehlte dieselbe. Diese Thatsachen lehren uns: das
in Kalkgesteine eindringende Wasser bringt nicht
immer die zu einer Metamorphose nöthige Kohlen-
säure mit, sondern findet dieselbe im Gestein vor;
und diejenigen Kalkablagerungen, welche phytogen
sind, werden nothwendigerweise umkrystallisirt,
während nichtphytogene Kalke meist verkittet
und verfestigt, aber nicht structurlos werden.
Man kann nicht leugnen, dass unter gewissen Umständen
eine Umkrystallisation nichtphytogener Kalke auf wässerigem
Wege stattfinden kann und stattgefunden hat. Die Natur ar-
beitet zu mannichfaltig, um apodictische Gesetze des Werdens
zu erlauben. Aber ich möchte darauf hinweisen, dass es auch
innerhalb der Kalkgesteine eine Kohlensäurequelle geben kann,
und dass man daher nicht nöthig hat, ungemessene Zeiträume
zu Hülfe zu nehmen, wo es gilt die Entstehung eines dichten
Kalksteins zu erklären. Denn viel Kohlensäure bewirkt in kurzer
Zeit dasselbe, was geringe Mengen in „geologischen“ Zeiträumen.
Ich will an dieser Stelle nicht ausführen, dass Lithotham-
nien auf und um Korallenriffe eine so mächtige - Verbreitung
haben, und will diese Thatsache nicht auf geologischem Gebiete
verfolgen; aber wir müssen noch eine andere Möglichkeit des
Vorkommens von Kalkalgen in’s Auge fassen: Wie liegen die
Verhältnisse, wenn mächtige Bänke von Kalkalgen mit eben
solehen Bänken von Kalkdetritus wechsellagern? Dass die
ersteren krystallinisch werden, ist nach dem Gesagten leicht
einzusehen; aber werden auch die letzteren verändert ?
Nach meinen bisherigen Erfahrungen neige ich mich der
Ansicht zu, dass solche Zwischenlager wohl verkittet und ver-
344
dichtet werden, dass sie aber ihre Entstehung aus Detri-
tus, aus Globigerinen etc. immer auf dem Schliff erkennen
lassen, vielleicht auch mit blossenn Auge durch ein fleckiges
Aussehen als detritogen erkannt werden können. Allerdings
habe ich solche Wechsellagerung in Siecilien nirgends beobachtet
und beziehe mich im Wesentlichen auf geologische Thatsachen
aus älteren Kalkablagerungen,, wo wir fleckige struirte Kalke
mit dichten structurlosen Bänken wechsellagern sehen. Das
Problem ist zu interessant, um nicht etwas länger dabei zu
verweilen und die Frage zu untersuchen: wie können
krystallinische Kalke ohne Structur mit struirten
Kalkbänken wechsellagern? und müssen wir zur
Lösung dieser Frage unbekannte Ursachen oder gar
einen chemischen Kalkabsatz annehmen?
Im vergangenen Sommer hatte ich Gelegenheit, die Dach-
steinkalke des Todten Gebirges und des Dachsteins als Be-
gleiter des Herrn Oberbergrath E. v. Mossısovics genauer zu
studiren, mit dessen Erlaubniss ich hier meine Beobachtungen
veröffentliche. Da ich nur diese beiden Gebiete genauer kenne,
muss ich die Thatsachen, Beobachtungen und Schlüsse auch
auf sie allein beschränken. Es kann auch nicht meine Auf-
gabe sein, die Entstehung des Dachsteinkalkmassivs zu erklären,
sondern, wie schon angedeutet, handelt es sich darum, die
structurlosen dichten Kalke, welche in den rhätischen Hori-
zonten jener beiden (Gebiete eine so grosse Rolle spielen, auf
ihre Entstehung zu prüfen und mit den übrigen Thatsachen in
Einklang zu bringen.
Als Ausgangspunkt wähle ich die Schilderung der ein-
schlägigen Verhältnisse, wie sie E. Suess in den Sitzungs-
berichten d. kgl. Akad. d. Wiss. Bd. XXV, pag. 305 folgender-
maassen giebt: „Der Dachsteinkalk (des Dachsteingebirges)
„ist fast immer in Bänke von 1-—4 Fuss Mächtigkeit gesondert
„und von weisslichgrauer Farbe; hin und vie schwimmen
„in seiner Grundmasse bis faustgrosse Scherben und Bruch-
„stücke eines anderen grell ziegelrothen oder ockergeib ge-
„färbten Kalksteins, stellenweise wird er breccienartig und
„liefert dann einen hübschen Marmor. Von Fossilien bemerkt
„man darin die schon im Echernthal angeführten Arten und
„ausserdem Durchschnitte von hochgethürmten Gastropoden,
„sowie von einer sehr grossen, von der Dachsteinbivalve ver-
„schiedenen Muschel, deren einzelne Klappen im Schladminger
„Loch 19'/, Zoll lang werden. In dem obersten Theil des
„Dachsteinkalkes pflegt sich eine 1— 2 Fuss mächtige Korallen-
„bank einzuschalten und über derselben folgen von
„weissem Kalk mit eigenthümlich gelben Flecken.“ Wir
sehen aus diesen Worten, dass der petrographische Habitus
derjenigen Kalke, welche das Dachsteinmassiv aufbauen, ein
345
ganz verschiedener ist, nämlich: Korallenkalke, dann fleckige
breccienartige, und endlich ein Rest von homogener Grund-
masse mit bunten, schwimmenden Scherben und vielen Durch-
schnitten grosser Mollusken. Dieselben drei Elemente finden
wir am Todten Gebirge und nach den Angaben Srur’s sind die-
selben in allen Dachsteinkalken der Steiermark zu beobachten.
Der Kürze wegen nenne ich in Folgendem diejenigen Kalke
und Kalkbänke, in welchen Lithodendren und andere Korallen-
reste wohl zu erkennen sind: korallogen. Hingegen be-
zeichne ich fleckige breccienartige Kalke als detritogen.
Da ein grobkörniger Muschel- etc. Detritus andere physikalische
Verhältnisse darbietet als ein fein zerriebenes oder aus zarten
Kalkresten entstandenes Kalkpulver, unterscheide ich ein so
entstandenes Kalkgestein als psammogen, und es bliebe nur
noch der Ausdruck phytogen für solche Kalke, welche ihrer
Hauptmasse nach aus Kalkalgen entstanden sind.
Zu den korallogenen Gesteinen unseres Gebietes
gehören in erster Linie die mächtigen ungeschichteten Kalk-
wände, welche sich an die wohlgebankten Dachsteinkalke gegen
die Centralalpen zu anlehnen. Am hohen Göll, Tännengebirge,
Dachstein, Grimming sehen wir von Süden eine schichtungslose
Felsmauer vor uns, und in den Schutthalden am Fusse der
unersteiglichen Wände findet man eine überraschende Menge
trefflich erhaltener Korallen. Das Verhältniss der schichtungs-
losen zu den gebankten Kalken sieht man sehr deutlich am
Ostabhang des Grimming von der Eisenbahn nahe Steinach-
Irdning. Es macht dort den Eindruck, als ob die südliche un-
geschichtete Masse den unteren Horizonten der gebankten
Kalke entspräche; jedenfalls sind beide eng verbunden und
nicht zu trennen. Die durch tektonische Störung stark ge-
neigten Bänke verlieren sich allmählich in der Riffmasse, deren
Korallenreichthum wir schon erwähnten. Sodann treten koral-
logene Kalke auch in den oberen Horizonten unserer Gebiete
auf und können nach den Angaben von SusEss und Srtur
geradezu charakteristisch genannt werden für den oberen Dach-
steinkalk der Steiermark. Nur in seltenen Fällen finden sich
Megalodontiden in korallogenen Bänken und Srtur !) erwähnt
als eine solche Ausnahme den Schwarzenbachgraben im Kö-
nigsbachthal. Dort kommen Megalodonten und Lithodendren
in derselben Bank vor. Aber regelmässig sind diese korallo-
genen Bänke eingeschaltet und zwischengelagert zwischen dichte
homogene Kalke mit den erwähnten „schwimmenden Scherben“
und sehr grossen Megalodontiden. So sagt Suzss l.c. p. 303:
„Auf dem Wege von hier gegen den höheren hinteren Ochsen-
1) Geologie der Steiermark pag. 400.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVI1. 2. 17
346
„kopf stösst man nicht weit über der Korallenbank auf weisse
„Kalke mit gelben Flecken, überlagert von einigen Bänken
„eines sehr reinen, weissen Kalkes mit zahlreichen Dachstein-
„bivalven, ganz wie am Hierlatz.“ Ich brauche diesen Worten
keine weiteren Erläuterungen zuzufügen, und wir können eine
zweite Ausbildungsweise unserer Kalke in’s Auge fassen:
Detritogene Gesteine finden sich innerhalb der
Dachsteinkalke sehr häufig. Vielfach entstanden sie aus
gleichmässig weissgefärbten Bruchstücken, dann sind sie auf
dem Bruche homogen; wenn sie aber den Atmosphärilien aus-
gesetzt waren, wittern auf der Oberfläche die härteren Ele-
mente heraus und zeigen bisweilen eine treffliche schichten-
förmige Anordnung. Leichter ist die detritogene Entstehung
zu erkennen, wenn die Detritusbruchstückchen verschieden ge-
färbt waren. Solche graubräunliche, schwarzgefleckte Kalke,
oft oolithisch entwickelt, sind in unseren Gebieten eine sehr
häufige Erscheinung (besonders schön auf dem Weg von der
Elmgrube zu den rothen Kögeln im Todten Gebirge), sie zei- -
gen in dem Dünnschliff ein so wechselndes Bild, wie es die
Verschiedenheit ihrer wohlverkitteten Elemente erwarten lässt.
Zwischengelagert und wechsellagernd mit den eben beschrie-
benen korallogenen und detritogenen Kalken beobachtet man
mächtige Kalkmassen, an denen die vielfachen mikroskopischen
Untersuchungen keine besondere Structur nachweisen konnten,
und über deren Entstehung ebensoviel Hypothesen als Zweifel
möglich sind. Ihrer genetischen Erklärung bereitet der Um-
stand die meisten Schwierigkeiten, dass sie mit struirten Kalk-
bänken wechsellagern. Sie kommen vor verbunden mit koral-
logenen und detritogenen Kalkbänken und wenn man annehmen
wollte, dass sie ebenso entstanden sind und später durch Um-
krystallisation ihre Structur verloren, so war das nur unter
der Voraussetzung möglich, dass die eindringenden Tagewässer
mit ihrer Kohlensäure diesen Process hervorriefen. Aber
warum blieb die eine Bank verschont und die andere nicht?
Das angesäuerte Wasser dringt durch eine Bank A und kry-
stallisirt sie um, dann dringt sie in die liegende Bank B und
zerstört deren Structur nicht, endlich in einer liegendsten
Bank C wirkt es wie in A? Warum finden wir in anstehen-
den Kalken Versteinerungen, warum sind die tertiären Kalke
Siziliens nicht umkrystallisirt, warum finden wir in den juras-
sischen Kalken Schwabens so häufige Pseudomorphosen und
so wenig structurlose Kalke? etc. Alle diese Fragen mussten
sich dem Forscher aufdrängen und die Schwierigkeiten ver-
mehren. Keinerlei Structureigenthümlichkeiten der dichten
Dachsteinkalke gaben die Lösung des Räthsels und doch
mussten die Kalke bei ihrer Entstehung eine gewisse Structur
347
gehabt haben, denn fast alle Forscher, die sich eingehender
mit den Dachsteinkalken der Steiermark beschäftigt haben,
sprechen sich für eine korallenähnliche, d. h. organische Ent-
stehung derselben aus. So sagt Stur |. c. pag. 402: „dass
„der Lithodendron- und Dachsteinbivalven-führende Kalk der
„Steiermark die Anzeichen einer raschen Bildung (Korallen-
„bildung) an sich trägt“, und Fucas sagt in seinem Vortrag
über Tiefseefaunen (Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1882,
pag. 67): „Der weisse Dachsteinkalk mit seinen grossen Me-
„galodonten ist aber ohne Zweifel eine Seichtwasserbildung,
„die nach Art unserer heutigen Korallenriffe entstand.“ Und
wenn ich hier, bei der Besprechung nordalpiner Verhältnisse
einen Satz über die südtiloler Dachsteinkalke anziehen darf,
sagt E. v. Mossısovics in seinen „Dolomitriffen von Südtirol
und Venetien“ pag. 76: „Gegen die Annahme einer Bildung
„auf tiefen Meeresgrund sprechen mancherlei Gründe ..... Zu
„Gunsten dieser Auffassung könnte nur das durch Prrears
„constatirte Vorkommen von Grlobigerinen im Dachsteinkalk
„des Echernthales bei Hallstadt in das Treffen geführt werden.
„Durch die wichtigen Ergebnisse der englischen Challenger-
„Expedition wurde indessen nachgewiesen, dass die Globige-
„rinen, weit entfernt in den grossen Tiefen, in denen man ihre
„zu Boden gesunkenen Gehäuse findet, zu leben, im Gegentheil
„blos die oberflächlichen Schichten des Oceans bevölkern.
„Daraus dürfte wohl zu folgern sein, dass reine, durch mecha-
„uisches Sediment ungetrübte Meeresregionen den Lebens-
„bedingungen der Globigerinen besonders entsprechen. Die
„Jiefe des Meeres erscheint nebensächlich. Es ist sonach
„nicht abzusehen, warum diese, in ungeheurer Individuenzahl
„an der Oberfläche des Meeres flottirenden Thierchen nicht
„auch in der nächsten Nachbarschaft von lebenden Riffen,
„wo die äusseren Verhältnisse ihrem Gedeihen häufig günstig
„sein werden, gedeihen sollen?“
Nach diesen Erläuterungen fällt die Annahme, dass der
Dachsteinkalk eine Tiefseebildung sein müsse, und ich kann
nur einige ergänzende Beobachtungen zur weiteren Wider-
legung derselben hinzufügen.
Wie das häufige Vorkommen von unterliassischen Hierlatz-
schichten beweist, war der Dachsteinkalk am Dachstein und
am Todten Gebirge von Crinoidenkalken überlagert; jetzt sind
dieselben meist denudirt und nur Denudationsreste kommen
noch zur Beobachtung. Durch viele Forscher ist nachgewiesen,
dass diese Liaskalke discordant auf den räthischen Dachstein-
kalken lagern, und ich selbst habe viele solche, zum Theil
überraschende Vorkommnisse gesehen. Die meist hellrothe
Farbe der Liasschichten lässt sie auf weite Entfernung leicht
10*
348
erkennen. Es muss besonders hervorgehoben werden, dass
diese Hierlatzkalke sehr oft in Taschen oder Rinnen einge-
lagert sind. Gewöhnlich findet sich eine sinterähnliche Kalk-
spathauskleidung 1—6 em dick zwischen Dachsteinkalk und
Liaskalk, so dass man Handstücke von diesen drei Elementen
schlagen kann. Eine ganz entsprechende Erscheinung konnte
ich zwischen Lentini und Valsavoia in Sicilien beobachten.
Dort durchschneidet die Eisenbahn einen jungtertiären Kalk-
hügel (Detritus mit einzelnen Lithothamnienknollen). Auf
der westlichen Abdachung des Hügels gegen den Malaria-
see Biviere di Lentini bemerkt man viele fussbreite, kreis-
runde Vertiefungen. In dem Eisenbahndurchschnitt sieht man,
dass es die Oeffnungen von Kalkorgein sind, welche sich
mit nahezu gleichem Durchmesser 1—2 m tief ceylindrisch
in den Kalk senken. Sie sind eine Erosionserscheinung be-
kannter Art und mit Trümmerwerk ausgefüllt. Am Grunde
sind sie mit einer 2—4 m dicken Sinterschale ausgekleidet. Das
Meer ist nicht fern, doch vermag ich nicht zu entscheiden, ob
die Orgeln eine Wirkung des Meeres, der Atmosphärilien oder
des nahen See’s sind. Nur scheint mir die Sinterauskleidung
das Weitergreifen der Erosion verhindert zu haben, nachdem
sie während eines kurzen Stillstandes derselben entstanden
waren. In entsprechender Weise vermuthe ich, dass die Sinter-
bildung am Grunde der Rinnen im Dachsteinkalk eine ähnliche
Rolle gespielt habe — ohne auf diese Meinung viel Gewicht
legen zu wollen.
Zur Frage nach der Entstehung jener Rinnen im Dach-
steinkalk, in welchen nachträglich die liassische Crinoiden-
breccie abgelagert wurde, möge noch Folgendes mitgetheilt
werden: nach vielen Berichten und nach meinen eigenen Er-
fahrungen hat das Meerwasser grosse Fähigkeit Kalk zu lösen.
Wie auch hierbei der so vielfach betonte Structurunterschied
verschiedener Muscheln sich geltend macht, sieht man treiflich
an der südsieilianischen Küste bei Marsala, sowie an der
gegenüberliegenden nordafrikanischen Küste bei Tunis. Das
Küstengestein ist ein pliocäner Detrituskalk mit eingestreuten
Kalkschalen ete. Nahe dem Wasserspiegel finden sich Peeten-
schalen, wie ein Gletschertisch herausgewittert und oft auf
einem 8 cm hohen Stiel. Wahre Karrenfelder aber bildet die
Brandung an der oben erwähnten Küste von Sorrent und beson-
ders an der Westküste der Insel Capri. An Tiefe werden sie den
Karrenfeldern im Dachsteinkalk wenig nachgeben, nur sind sie
viel rauher und zerrissener. In vielen Fällen mag dies von
Organismen herrühren. Zitorinella glabrata sitzt an den Felsen
zu Tausenden in kleinen, höchst wahrscheinlich selbstgegrabenen
Höhlungen, und Algen bilden nahe dem Meeresniveau ganze
349
Rasen. Es ist allbekannt, dass wachsende Wurzeln sich in
polirte Marmorplatten einzugraben vermögen — in ähnlicher
Weise fressen sich wahrscheinlich auch Corallineen, Florideen,
Confervaceen in die Kalkfelsen ein. Jedenfalls sind die vom
Meere gegrabenen Karrenfelder rauh und uneben im Gegensatz
zu den völlig glatten Karren, welche durch Schnee und Regen
erzeugt werden. So oft ich nun die Oberfläche der Rinnen
entblöste, in welchen Hierlatzkalke abgelagert waren, fand ich
dieselben rauhen Flächen, wie sie von den brandenden Wogen
in den Apenninkalk von Sorrento und Capri gegraben werden.
Wir finden durch diese Beobachtung das bestätigt, was aus
anderen Thatsachen längst erschlossen wurde: zu Beginn
der Liaszeit war der Dachsteinkalk hartes Gestein
und der Brandung zugänglich, befand sich also
nahe der Meeresoberfläche.
Unter der Klausalm bei Hallstadt beobachtet man eine
Breceie aus dichten Dachsteinkalkbrocken, welche von unter-
liassischen, Brachiopoden - führenden Crinoidenkalken verkittet
sind. Auch diese Thatsache beweist den vorhergehenden Satz.
Ein Gestein kann erst dann zerbrochen werden, wenn es ver-
härtet ist, also muss der Dachsteinkalk in unserem Gebiete
zu Beginn der Liaszeit ein hartes, dichtes Gestein gewesen sein.
Aber diese Thatsachen erklären noch immer nicht den
Kernpunkt unseres Problems. Es genügt nicht nachzuweisen,
dass der Kalk zu Beginn der Liaszeit hart war; wir müssen
beweisen können, dass er als hartes Gestein riffähnlich ent-
stand, dass er während seiner Entstehung schon hart war.
Für diesen Beweis können uns die korallogenen oder die
fleckigen detritogenen Bänke im Liegenden oder im Han-
genden nichts nützen, denn der betreffende Kalk ist von
gleichmässig krystallinischer Beschaffenheit. Doch man wies
an einer Localität 80 pCt. Foraminiferen darin nach — warum
kann es nicht ein verhärteter und nachträglich durch die Wir-
kung kohlensauren Wasser umkrystallisirter Foraminiferen-
schlamm sein? Diese Annahme liegt nahe, und doch hat
Peters !) nur im Echernthal solche Mengen von Globigerinen
gefunden und sagt in seiner Arbeit ausdrücklich, dass er in
anderen dichten Kalken des Dachsteins wenig oder keine Fo-
raminiferen fand, hingegen beschreibt er von einer anderen
Localität Bruchstückchen von Kalkalgen in einem eben solchen
Kalk. Die alte Frage tritt hier auf's Neue entgegen, warum
blieben die Foraminiferenschalen nur im Echernthal erhalten,
warum zeigen die anderen dichten Dachsteinkalke vereinzelte
kleine Gastropodenreste, aber keine Globigerinen? Aus diesen
?) Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanst. f. 1869,
350
und anderen Gründen hat daher Prr£rs keineswegs die dichten
Dachsteinkalke überhaupt aus Foraminiferenschlamm entstehen
lassen — aber damit ist ihre Entstehung noch immer räthsel-
haft und es könnte noch immer die Hypothese aufgestellt wer-
den, dass es ein umkrystallisirter Kalkschlamm gewesen sei.
Um die Unwahrscheinlichkeit dieser Annahme zu zeigen und
die Frage befriedigend zu lösen, wollen wir auf die physio-
graphischen Eigenschaften der dichten Bänke im Dachsteinkalk
näher eingehen und dieselben discutiren.
Einen trefflichen Angriffspunkt bieten uns die Megalodon-
tiden und die „schwimmenden bunten Scherben“. Wie be-
kannt, ist die Fauna des Dachsteinkalkes arm; nur in den
dichten Bänken, welche uns hier interessiren, findet man als
charakteristische Versteinerung die Dachsteinbivalve. Der Name
schon beweist, welche Verbreitung diese grossen Muscheln in
unseren Kalken haben, so dass selbst die Alpenbewohner be-
sondere Namen für dieselben haben. Von hoher Bedeutung
ist die schon erwähnte Thatsache, dass Megalodontiden
und Korallen sich fast regelmässig gegenseitig aus-
schliessen. Im Allgemeinen lässt sich eine Zunahme der
Grösse dieser Thiere feststellen, dergestalt dass die unteren
Horizonte mehr mit Megalodonten, die oberen mehr mit
Dicerocardien, Isocardien etc. gespickt sind. Auf dem Weg
von der Simonyhütte gegen das Niedere Kreuz beobachtet
man Durchschnitte von 60 cm grossen Thieren, die an den
Wirbeln 10 cm Schalendicke haben (die Führer nennen sie
versteinerte Fische wegen der convergent strahligen Anordnung
der Kalksäulchen). In der gesammten Fauna der Vorwelt
finden wir so grosse Bivalven und in solcher Häufigkeit nicht
wieder; nur die Rudisten bieten Vergleichspunkte, wie schon
ihre genetischen Beziehungen vermuthen lassen. Die Rudisten
aber sind Küstenthiere. Auch in der gegenwärtigen Fauna
müssen wir uns nach ähnlich grossen Formen lange vergeblich
umsehen. Einzig die lebende 7ridacna hält den Vergleich mit
den Megalodontiden aus (s. Moysısovics, Dolomitriffe pag. 70).
Tridacna lebt im rothen Meer, im stillen und indischen Ocean auf
den Korallenriffen sehr nahe der Meeresoberfläche. Nach einer
Mittheilung, die ich Herrn Prof. E. Hascker verdanke, muss
man sich beim Korallenbrechen während der Ebbe sehr in
Acht nehmen, dass man nicht unversehens in eine halbgeöffnete
Tridacna greift. Die Thiere sind plump und bewegen sich
wahrscheinlich nie von der Stelle. Durch die Liberalität meines
Lehrers E. HarckeL konnte ich eine Reihe von Korallen-
blöcken der ceylonischen Riffe untersuchen, über die ich hier
vorgreifend berichten will, dass an einigen derselben Spondylus-
und Pecten-Schalen durch das Wachsthum des Korallencönen-
351.
chyms völlig angeschmolzen sind. Dass die viel schwerere
Tridacna meist ein ähnliches Schicksal trifft, ist sehr wahr-
scheinlich. Bei Schilderung der Secca della Gajola erwähnte
ich, dass die Lithothamnien sehr oft Muschelschalen umwachsen
und einhüllen, so dass es unmöglich ist, die Schale intact
aus der Algenhülle zu lösen; sie bricht Jeichter mit als ohne
dieselbe. Wem fällt bei dieser Gelegenheit nicht ein, dass die
Dachsteinbivalven sich beinahe nie aus dem Kalk lösen, dass
die häufigste Versteinerung der Kalkalpen zu den seltenen
Stücken einer Sammlung gehört. Sollte diese Thatsache so
ganz bedeutungslos sein?
Wohl giebt es gewisse Stellen (Echernthal bei Hallstadt
ete.), an denen geschickte Arbeiter die Muscheln relativ leicht
herauslösen, aber meist stecken sie dann nicht im weissen
Dachsteinkalk, sondern in einem gewöhnlich rothen, detrito-
genen Sediment, welches in scharf umschriebenen Flecken
vorkommt.
Vergleichen wir mit dieser eigenthümlichen innigen Ein-
kittung der Dachsteinbivalven die Verhältnisse in einem ebenso
dichten, aber nachweislich psammogenen Kalk, dem Solenhofer
Schiefer. Hier lösen sich die zartesten Objecte trefflich ‘und
leicht. Man denke an andere dichte, psammogene Kalke der
deutschen Trias und des Jura — überall erfahren wir aufs
Neue, welcher Gegensatz besteht zwischen der Erhaltung der
'Thierreste im dichten Dachsteinkalk und der in nachweislich
psammogenen Kalken. Ja selbst die rhätisch-alpinen Kalke
können uns Beweise für diesen Gegensatz bringen, da es ver-
schiedene Stellen im Dachsteinkalk giebt, wo eine ziemlich
reiche Fauna aus dem Gestein leicht zu lösen ist (s. die Fos-
silienlisten bei Stur, l. c. pag. 406). Warum sind an diesen
seltenen Punkten, in diesen geringen Schichten die kleinen
Fossilien lösbar, hingegen in den weitverbreiteten dichten Kalk-
bänken die grossen Bivalven so fest eingeschmolzen?
Allein nicht nur der Erhaltungszustand der Dachstein-
bivalven spricht gegen eine psammogene Entstehung des um-
gebenden Gesteins, auch die Existenzbedingungen der Thiere
selbst lassen sich damit nicht in Einklang bringen.
In seiner vergleichenden Physiologie pag. 379 sagt R.
LeuckAart: „Die wesentliche Bedeutung der Schale ist die
„eines Schutzapparates und diese kann natürlich umsomehr
„erfüllt werden, je stärker und umfangreicher die Schale er-
„scheint. Es ist in dieser Beziehung nicht ohne Interesse,
„wenn wir wahrnehmen, wie im Allgemeinen bei den die
„Küsten bewohnenden Mollusken eine dickere und festere Be-
„schaffenheit des Gehäuses vorkommt, als bei denjenigen Arten,
„welche in der hohen See leben; wenn ferner Süsswassermol-
‚392
„lusken weit zartere Schalen besitzen als die oceanischen For-
„men je nach dem Schutzbedürfniss, das ebenso wechselt als
„Lebensweise und Aufenthalt.“ Nach den übereinstimmenden
Beobachtungen aller Autoren finden sich kräftig beschalte
Muschelthiere nur an der felsigen Küste oder auf Korallenriffen,
auf gröberem Sand oder auf dem festen Rost, welchen Korallen
oder andere kalkbildende Organismen in verschiedener Tiefe
des Meeres bilden. Die Muscheln des Schlammes sind mit
wenigen Ausnahmen zart und dünnschalig. Dieses hängt von
den physikalischen Verhältnissen der Sedimente ab, eine That-
sache, die wir hier nur flüchtig skizziren können:
Es ist eine interessante, bis jetzt noch nicht gewürdigte
Erscheinung, dass Fremdkörper, somit auch Thierreste in
schlammigem Sediment einsinken. Innerhalb der Sandregion
nicht; dort leben die meisten Muscheln mehrere Centimeter
tief unter dem Sand und strecken nur ihre langen Siphonen
durch denselben herauf, die abgestorbenen Schalen aber liegen
oberflächlich und werden durch die Bewegung des Wassers
mit Sand zugedeckt und eingebettet. Sobald aber das Sedi-
ment feinkörnig, schlammig wird, bei Neapel in 30 —50 m
Tiefe, liegen die physikalischen Verhältnisse ganz anders. —
Das Meer hat bei einem Sturm sein Ufer aufgewühlt, sein
Wasser ist getrübt durch kleine schwebende Theilchen, die
weit hinausgeführt werden und dort langsam zur Tiefe sinken.
Mit der Tiefe nimmt die Dichte des Wassers zu, bei 30 m
steht es schon unter dem Druck von drei Atmosphären. Dieser
zunehmenden Dichte entsprechend wird das feine Schlamm-
pulver immer langsamer sinken und wenn sein Volumen gleich
bleibt, so wird die Dichtigkeitsdifferenz zwischen Wasser und
Sedimenttheilchen immer kleiner. So finden wir in gewissen
Tiefen stets ein ganz lockeres Sediment. Nach den Erfahrun-
gen aus dem Golf von Neapel wird es erst in mehreren Metern
Tiefe etwas consistenter. Die Beobachtung ist nicht neu; man
erinnere sich der Schilderungen von dem Globigerinenschneefall
am Grund des Oceans, man erinnere sich in wie seltenen Fällen
durch die Dredgungen des Challenger ein dichtes Sediment
mit einer reichhaltigen Fauna gefunden wurde und wie viele
Tiefseeexpeditionen vorher nichts als lockeren „Globigerina-
ooze“ geiunden hatten. Bei einem Brückenbau im Zürichersee
konnte man feststellen, dass das petrographisch gleichartige
Sediment erst in 6 m Tiefe fest war.
Aus den eben dargelegten Verhältnissen erklärt sich,
dass man im Schlammsediment nur kleine, dünnschalige, oft
tellerförmig-platte Mollusken findet und dass alle grösseren
und schwereren Fremdkörper dort auf einer lang-
samen Wanderung in die Tiefe des Sedimentes
398
begriffen sind. Für einen Globigerinenschlamm, für einen
chemischen coccolithenartigen Kalkabsatz gelten dieselben Ver-
hältnisse; und dieser Gedanke ist es, den Fuchs in den
Worten ausspricht: „Der weisse Dachsteinkalk mit seinen
„grossen Megalodonten ist aber ohne Zweifel eine Seicht-
„wasserbildung, die nach Art unserer heutigen Korallenriffe
„entstand.“ Denn man denke sich Isocardien auf einem Kalk-
schlamm aufliegend, die nach Analogie mit Tridaena 50 kler
Gewicht gehabt haben — unzweifelhaft müssen sie einsinken
und zwar in solche Tiefe des Schlammes, dass sie wegen
Mangel an genügend langen Siphonen ohne Athem- resp.
Nahrungswasser sind. Wenn man auch in vielen Schliffen von
Dachsteinkalk Globigerinen fände, so ist dadurch keineswegs
bewiesen, dass die Hauptmasse der dichten Kalke psammogen
entstand, denn: die Lebensbedingungen der Megalo-
dontiden lassen sich nicht vereinen mit einer Ent-
stehung des dichten Dachsteinkalkes aus Kalk-
schlamm, sie verlangen vielmehr eine feste stei-
nige Unterlage und ihre dicken Schalen deuten auf
einen Aufenthalt in bewegtem Wasser.
In den oberen, seltener in tieferen Horizonten der weissen
structurlosen Dachsteinkalke werden eigenthümliche Einschlüsse
beobachtet, welche grösstentheils zu den Starhemberger Schich-
ten gezogen werden. Suess beschreibt dieselben trefflich als
„schwimmende Scherben eines grellziegelrothen oder ocher-
gelb gefärbten Gesteins“. In einzelnen Fällen konnten wir
feststellen, dass es eigenthümlich umgewandelte Bivalven-
schalenstücke waren, in der weitaus grössten Anzahl der Fälle
war eine solche Erklärung durch Grösse und Form widerlegt.
Auch das discordant eingreifende Liassediment bildet oft ähn-
liche Flecke, aber die meisten sind Bildungen eigener Art.
Scharf schneiden sie gegen den weissen Dachsteinkalk ab und
man muss sie für ursprüngliche Höhlungen halten, die durch
ein heteropisches Schlammsediment ausgefüllt wurden. Die
Flecke zeigen keinerlei Anordnung in Schichtenzonen, sind aber
selbst in vielen Fällen papierdünn geschichte. Die Form
des Fleckes mag sein wie sie will — das oft roth und
gelb gebänderte Sediment in denselben ist in horizontalen
Schichten abgesetzt. Nur in manchen Fällen fehlt diese ho-
rizontale Schichtung und dann macht es gewöhnlich den Ein-
druck, als ob das bunte Sediment in zähflüssigem Zustand über
den Rand einer Höhlung geflossen sei. Es ist bald sandig,
bald sehr feinkörnig. Einige tausend Schritt von der Simony-
hütte gegen die Westmoräne von Karls Eisfeld ist ein grosser
derartiger rother Fleck ganz mit Brachiopoden erfüllt. Fast
alle diese Thiere sind einander parallel so orientirt, wie lebende
354
Brachiopoden mit ihrem Stiele angeheftet sind, und der erste
Blick lehrt, dass sie in einer Höhlung gelebt haben, später
von übergeflossenem Schlamm eingehüllt und begraben wurden.
Solche Verhältnisse hat Fucns im Auge, wenn er!) sagt:
„Suess erwähnt, dass die sogen. Starhemberger Schichten,
„welche aus den Anhäufungen gewisser kleiner Brachiopoden
„bestehen, stets in der Form isolirter Nester im Dachsteinkalk
„auftreten und fügt noch hinzu, dass diese Nester sich zugleich
„durch ihre rothe Färbung von dem weissen Dachsteinkalk
„unterscheiden.
„Der weisse Dachsteinkalk mit seinen grossen Megalo-
„donten ist aber ohne Zweifel eine Seichtwasserbildung, die
„nach Art unserer heutigen Korallenriffe entstand, wogegen die
„Fauna der Starhemberger Schichten den Charakter einer Tief-
„seebildung an sich trägt.
„Stellen wir uns nun vor, dass der Dachsteinkalk that-
„sächlich ein Riff gewesen, dass dieses Riff von Höhlungen
„durchzogen war; nehmen wir ferner an, dass sich in diesen
„Höhlungen eine Brachiopodenfauna vom Charakter der Tief-
„seebrachiopoden angesiedelt, und dass schliesslich die Höh-
„lungen durch diese Schalen sowie durch hineingeschwemmte
„„terra rossa“, die sich ja stets an der freien Oberfläche von
„Korallenriffen vorfindet, ausgefüllt wurden, so haben wir genau
„jene Verhältnisse vor uns, wie sie Surss vom Dachsteinkalk
„und den Starhemberger Schichten schildert.“
Ich habe diesen Passus citirt, um durch den Mund so
bekannter Forscher wie Surss und Fuchs bestätigen zu lassen,
dass die rothen Flecke im weissen Dachsteinkalk keine exo-
tischen Blöcke sind, sondern dass wir es hier mit scharfum-
schriebenen, durch ein heteropisches Sediment ausgefüllten
Lücken zu thun haben.
Bei Schilderung der Wachsthumserscheinungen an einem
lebenden Lithothamniumlager sahen wir, wie nicht alle Algen
zu einer regelmässigen Knolle anwachsen, dass sehr viele durch
mancherlei Wachsthumsstörungen die verschiedensten Formen
annehmen. Wir sahen weiter, wie die Knollen durch Bryozoen
übersponnen und festgeklebt werden. Alle diese Umstände be-
dingen, dass während des Wachsthums eines Lithothamnium-
lagers mancherlei Lücken entstehen können, welche durch
Detritus ausgefüllt werden. Geht dieses Wachsthum seinem
Ende entgegen, nimmt die Wachsthumsenergie der Algen ab
oder treten Umstände ein, welche verzögernd auf das Algen-
leben wirken, so werden grössere Stellen eine Zeit lang in
ihrem Wachsthum zurückbleiben. In diese Lücken wird ge-
!) Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1882, pag. 67.
355
schichteter Detritus geschwemmt, mancherlei Thiere leben darin,
die Lücken werden später wieder überwachsen und an anderen
Stellen bilden sich neue Lücken.
Aber alle diese Erscheinungen sind nur unter der Vor-
aussetzung möglich, dass der Kalk nicht psammogen ist, son-
dern dass der dichte weisse Dachsteinkalk schon
während seiner Entstehung hart war.
Nun erinnere man sich des oben aufgestellten Satzes:
„aus dem sich verändernden Verhältniss von phytogenem und
detritogenem Kalk können wir die Lebensgeschichte eines
Algenlagers herauslesen“ und berücksichtige die Thatsache,
dass in den tieferen Horizonten des weissen Dachsteinkalkes
die bunten Flecke selten und klein sind, in den obersten Ho-
rizonten gegen Ende der rhätischen Periode aber an Grösse
und Häufigkeit immer zunehmen. In Allem, in dem Reich-
thum an grossen Mollusken, in dem Erhaltungszustand der-
selben, in den bunten Flecken und nicht weniger in der
Structurlosigkeit der dichten weissen Bänke finden wir
Stützen für die Annahme, dass sie phytogen sind und zwar
aus lithothamnienähnlichen Kalkalgen entstanden. Gerade die
Structurlosigkeit, welche bisher eine genetische Erklärung der
Dachsteinkalke am meisten erschwerte, ist ein wesentlicher
Beweis für unsere Hypothese.
Korallogene Kalke mit deutlich kalsncn Korallen, detri-
togene Bänke von fleckigem Aussehen oder deutlicher Sc
tung (angewitterte Flächen), Gesteine, welche 80 pCt. Globi-
gerinenschalen erkennen lassen, Kalkeinlagerungen mit trefflich
erhaltenen Versteinerungen — sie alle finden wir vergesell--
schaftet mit dichten Kalkmassen, an denen keine Structur zu
erkennen ist. Dichte Bänke wechsellagern mit korallogenen,
wechsellagern mit detritogenen Bänken. Die Fossilien und die
merkwürdigen Einlagerungen derselben verlangen, dass diese
dichten structurlosen Kalkbänke als hartes Sediment entstan-
den, dass sie eine Structur gehabt haben.
Da nun alle jene anderen Kalke noch treffliche Strueturen
zeigen, müssen gewisse Umstände gewaltet haben, durch welche
nur gewisse Bänke structurlos wurden. Die Möglichkeit, dass
ein Kalk umkrystallisirt, hängt wesentlich von der Kohlen-
säuremenge ab, welche im circulirenden Wasser enthalten ist.
Das Wasser dringt durch alle Gesteine gleichmässig — wenn
es nicht gleiche Wirkungen überall ausübte, so müssen locale
Ursachen für diese localen Wirkungen angenommen werden,
oder mit anderen Worten: die geringen Mengen Koh-
lensäure, welche die eindringenden Tagwässer ent-
halten, reichen in den meisten Fällen nicht hin,
um tiefgreifende Structurveränderungen in einem
356
Kalkstein vorzunehmen; es muss vielmehr eine
Kohlensäurequelle daselbst gegeben sein, wenn ein
Kalk auf wässerigem Wege umkrystallisiren soll.
Soleher Kohlensäurequellen können verschiedene sein. Vulka-
nische Thätigkeit kann Kohlensäure liefern, vielleicht auch noch
andere Umstände. Eine reiche Kohlensäurequelle findet sich
aber in den Kalkalgen, und zwar in allen Theilen eines Algen-
lagers in gleicher Weise vertheilt. Die Latomia dei Capuceini
bei Syrakus und die chemische und mikroskopische Unter-
suchung des dortigen Algenlagers lehrt, dass diese Kohlen-
säure wesentliche Structurveränderungen. hervorrufen kann.
Der Vergleich anderer tertiärer Kalke lehrt, dass ohne diese
endogene Kohlensäure in gleichalterigen Kalken keine wesent-
liche Veränderung der Structur, nicht einmal bei Lithotham-
nien eintrat.
Wenn daher die dichten Bänke des Dachsteinkalkes am
Dachstein und im Todten Gebirge aus Lithothamnien-ähnlichen
Kalkalgen entstanden, so müssen sie ihre Structur durch die
endogene Kohlensäure verloren haben, und nur unter beson-
deren Umständen wäre es möglich, dass man darin local noch
Algenstructur nachweisen könnte.
Wir gingen von der Frage aus: Wie können kry-
stallinische Kalke ohne Structur mit struirten
Kalken wechsellagern? Die Antwort darauf lautet: Wenn
in den betreffenden Kalkbänken reiche Meng®n
Kohlensäure vertheilt waren.
Die zweite Frage war: müssen wir zur Lösung jener
Frage unbekannte Ursachen oder gar einen chemi-
schen Kalkabsatz annehmen? Wir antworten darauf:
Nein, denn die noch heute in allen Meerenin den
verschiedensten Tiefen verbreiteten Lithotham-
nien vereinigen, besonders wenn sie als geschlos-
senes Lager auftreten, Kalkreichthum (86 pCt.)
mit den Bedingungen zu endogener Entwickelung
von Kohlensäure, und die Lithothamnienlager Si-
ciliens lassen den Umwandlungsprocess in fast
reine (98 pCt.) krystallinische Kalke deutlich ver-
folgen.
Wir haben das Problem an dem Beispiel der Dachsteinkalke
im Todten Gebirge und Dachstein discutirt; wir haben gesehen,
dass die Dachsteinkalke gemischter Entstehung sind,
dass korallogene, detritogene, psammogene Kalke sich daran
betheiligen; wir zeigten, wie die dichten structurlosen Bänke,
welche mit jenen wechsellagern, anderen Ursprungs sein müssen
und stellten die Hypothese auf, dass sie phytogen seien. Sind
sie das, so ist ihre Structurlosigkeit nicht wunderbar, sondern
357
nothwendig und alle ihre anderen physiographischen Eigen-
thümlichkeiten erklären sich in ungezwungener Weise; es
können sogar nicht unbedeutende Einlagerungen von Globige-
rinen darin vorkommen. — Es kann indess nicht meine Ab-
sicht sein, die Entstehung des Dachsteinkalkmassivs im Ein-
zelnen zu verfolgen. Wenn korallogene, detritogene,
psammogene Kalke mit phytogenen wechsellagern,
so werden jene verkittet und verfestigt, diese aber
umkrystallisirt; denn das eindringende Wasser
metamorphosirt vornehmlich solche Bänke, in de-
nen es Kohlensäure vorfindet.
Diesen Satz zu begründen war der Zweck unserer Er-
örterungen.
398
2. Die Steinheimer Gürtelechse Propseudopus Fraasii.
Von Herrn F. Hırgexporr ın Berlin.
Hierzu Tafel XV u XV.
In einem kurzen Vortrage vor der Gesellschaft natur-
forschender Freunde zu Berlin (Sitzungsberichte 1883, p. 139
bis 142) konnte ich bereits gewisse iin Jahre 1877 in Stein-
heim auf der schwäbischen Alb gelegentlich meiner Pla-
norbis - Untersuchungen entdeckten Saurier - Reste als dem
lebenden /seudopus nahestehend bezeichnen, was ich durch den
Namen Propseudopus andeuten zu dürfen glaubte. Eine nach-
trägliche weitere Präparation und Untersuchung hat an dem
Resultate nichts erhebliches geändert; doch hat der Vergleich
mit einem von mir neuerdings hergestellten Skelete eines
Ophisaurus die von mir damals nur vermutheten näheren syste-
matischen Beziehungen des Propseudopus auch zu dieser Gat-
tung klar hervortreten lassen, wie dies der Leser bei der
Einzelbeschreibung der fossilen Skelettheile gewürdigt finden
wird. Der vorliegende Artikel wird demnach wesentlich jene
früheren Mittheilungen weiter auszuführen haben, soweit wie
es dem Interesse des Fundes zu entsprechen scheint. — Dass
auch bei Reptilien der Vomer bezahnt sein kann, was bisher
anscheinend unbeachtet blieb, ist eine wohl allgemeiner bemer-
kenswerthe Thatsache, welche selegentlich dieser Untersuchun-
gen sich ergeben hat.
Die Erhaltung des /ropseudopus ist nicht so vorzüglich,
als man dies von einem Steinheimer Vorkommen voraussetzen
mag, indem die Knochen des einen Exemplars fast sämmtlich
mehr oder weniger stark zersplittert sind, ein Zustand, der
wohl eher einem unmittelbar nach dem Tode erfolgten Ein-
sriff, vielleicht dem Schnabel der grossen derzeit dort hausen-
den Schildkröte zuzuschreiben ist, als späteren, durch die
Bewegung des Wassers, durch Druck des Erdreichs oder durch
Frost und Verwitterung herbeigeführten Unbilden; gegen diese
Ursachen lässt sich nämlich der Reihe nach der wenig gestörte
Situs des Gerippes, die feinsandige Beschaffenheit der ein-
schliessenden Schichten und die sehr unregelmässige Zertrüm-
merung der Knochen bei guterhaltenen Oberflächen und ziem-
re
399
licher Festigkeit der Splitter geltend machen. Ganz in richtiger
Lage bei einander erhielt ich nur ein grösseres Stück des
Schwanzes mit Schuppen und mehreren Wirbeln, und sodann
eine Partie des Schuppenpanzers nebst einigen Rippen vom
Vorderkörper, während die Kopfknochen zwar noch beieinander,
indess schon sehr verschoben waren, so dass deren Lage für
ihre Deutung ohne Nutzen blieb. Das demnach unvermeidliche
Geduldspiel, die einzelnen Splitter nach den Bruchflächen und
den Eigenthümlichkeiten der Oberfläche zusammen zu bringen,
hat mir manche Stunde gekostet, es sind aber auch nur wenige
Knochstückchen übrig geblieben, die vielleicht später bei Auf-
findung eines weiteren Exemplars mit jetzt noch mangelnden
Knochenpartieen sich enträthseln lassen mögen. Ein grosser
Theil des Materials, Wirbel, Schuppen, Kopfiknochen, da-
zwischen auch Fischgräten, kam schon völlig durcheinander-"
gewürfelt in meine Hände. Der letzte Abschnitt des Schwanzes
ist wahrscheinlich nicht in der Schicht aufbewahrt geblieben,
die anderen vermissten Theile aber sind jedenfalls nur durch
die schwierigen Verhältnisse der Aufdeckung, weniger durch
Ungeschick meines Arbeiters verloren gegangen, der die ein-
zelnen Stückchen aus lockerem Sande auflesen musste. Er
entdeckte die Eidechse bei der Ausschachtung meiner Grube
No. 6, die an dem Nordrande des Kirchhofs in der alten
(westlichen) Sandgrube gelegen war, bei einer Tiefe von etwa
3'/, Metern in einer regulären Schicht mit Planorbis multi-
Jormis trochiformis. — Ich selber fand an dem östlichen Abhang
des Steinheimer Centralhügels in der Kopp’schen Grube inner-
halb der oberen, umgelagerten trochiformis-Schicht einige wenige
andere Skelettheile, die aber fast unverletzt waren, zwei Wir-
bel, das Parietale, ein Pterygoideum, eine Maxilla und den
orösseren Theil eines Unterkiefers; sie gehören einem kleineren,
wohl noch nicht ganz erwachsenen Thiere, wenn nicht vielleicht
einer verschiedenen Species an. Auf der Tafel XV sind die
hiervon gelieferten Abbildungen durch eine viereckige Einrah-
mung ausgezeichnet (Fig. 5, 8).
Bei dem Vergleich mit lebenden Typen habe ich mich
besonders an Pseudopus gehalten, weil von diesem Thiere
brauchbares, wenn auch nicht ganz vollständiges Material
vorlag, nämlich ein mittelgrosses Weibehen von FÜRBRINGER
skelettirt (Kopf abgebildet in Fig. A, B, C u.D) und ein Exem-
plar ähnlicher Grösse unbestimmten Geschlechts, mit getrenn-
ten Knochen und vorhandenem Schuppenpanzer. Bei beiden
sind die Zähne sehr verkümmert, möglicherweise eine Folge
längerer Gefangenschaft. Knochen eines grossen in der Frei-
heit erwachsenen Thi@res besitze ich leider nicht.
360
Von Ophisaurus konnte ein jüngeres unvollständiges Exem-
plar aus den Doubletten des Berliner zoologischen Museums
theilweise skelettirt werden.
Die Knochen des Kopfes.
Das Parietale (Fig. 1) ist (abgesehen vom Unterkiefer)
das bedeutendste Stück, welches vom Kopfe erhalten blieb;
nur die Hörnerspitzen, vermittelst deren es sich hinten auf das
Ocecipitale laterale stützt, sind nicht aufgefunden. Auf der
Oberfläche erblickt man die Spuren der Beschuppung in Ge-
stalt eines X, im hinteren Zipfel des Scutum interparietale das
Gefässloch; die Grenze gegen das Sc. oceipitale ist der etwas
verbreiterte Kreuzungspunkt des X. Von den seitlich gelegenen
"Se. parietalia sind nur die medialen Hälften auf dem Knochen
festgewachsen, die lateralen, deren Grenzen sich bei seudopus
in der Hornbedeckung öfter verwischen, aber in dem Knochen-
theil noch getrennt bleiben, sind abgefallen. Auf der Unter-
fläche treten zwei nach hinten convergirende und sich zur
Bildung der Höhle für den Verbindungsknorpel des Oceipitale
superius vereinigende Leisten hervor, die ich bei Pseudopus
vermisse, bei Ophisaurus angedeutet sehe, während die zwei
lateralen, lamellenförmigen, sagittal laufenden Erhebungen bei
beiden lebenden Formen fast gleich gut entwickelt sind wie
bei der fossilen. Die starken queren Verbindungsleisten am
Hinterrande (Fig. la, bei q) sind aber wieder bei Ophisaurus
weit stärker als bei Pseudopus, auch setzen sie sich auf den
Innenrand der Hinterhörner fort, wie bei Propseudopus. An
dem Exemplar aus der östlichen Grube ist die Ausbildung der
Vorsprünge mehr denen von Ophisaurus analog. Vorn an jeder
äusseren Leiste ist bei ihm ausserdem eine Grube wahrnehmbar,
die keines der anderen Stücke aufweist. Nur durch einen Druck-
fehler ist in der früheren Notiz das Parietale als getheilt be-
zeichnet worden.
Das Stirnbein (Fig. 2) ist gleich dem Scheitelbein mit
den Knochenschildern der Haut verwachsen und darum auf
seiner Oberfläche grubig und runzlig. Eine Medianfurche
mangelt; dies deutet auf ein ungetheiltes Scutum frontale, das
bei Ophisaurus und Pseudopus in der Regel nicht gefunden
wird. Die beiden Längsleisten der Unterseite, dazu bestimmt,
den Geruchsnerv zwischen sich zu bergen, schneiden hinten
ziemlich scharf ab (Fig. 2b bei |), die linke zeigt dabei eine
Andeutung von Gabelung, bei Pseudopus dagegen verstreichen
sie allmählich, sich nach den Hinterecken zu umbiegend. Die
vordere mediane Spitze des Knochens ist zwar verletzt, doch
scheint es, dass sie weniger weit hervorragte als es bei /’seudopus
361
der Fall ist. Der Knochen ist offenbar nicht so stark ver-
schmälert als bei Ophisaurus, aber doch nicht so breit als bei
Pseudopus.
Das Präfrontale wird in der Fig. 2 im Zusammenhang mit
dem vorigen Krochen dargestellt; es ist fast vollständig, nur
die Stelle, an welche der obere Theil des Maxillare sich an-
lest (Fig. 2 bei m), hat einen kleinen Defect. Diese Verbin-
dungsfläche mit dem ÖOberkiefer erscheint in der Figur’ als ein
dunkler halbmondförmiger Fleck; das Foramen lacrymale, so-
weit es vom Präfrontale gebildet wird, sieht man in Fig. 2b
bei fl.
Das Supraorbitale (Fig. 3), in dem morphologisch wohl
nur eine einfache Schuppenbildung zu erblicken ist, zerfällt bei
Propseudopus noch nicht in die Elemente, die bei Pseudopus
als zwei, bei Ophisaurus als drei Schuppen getrennt erschei-
nen. Die sehr schräge ınediale Fläche überdeckt den Rand
des Stirnbeins, der schmale, schräg abfallende Vorderrand trägt
an der Aussenecke einige Zähnchen, deren auch der Aussen-
rand einige besitzt. — Die sich lateralwärts anlagernden Seu-
tella supraciliaria (auf der linken Seite erhalten) sind eben-
falls zu einem schmalen gemeinschaftlichen Längsknochen ver-
einigt (8 mm lang, 2 mm breit), der bei Pseudopus und
Ophisaurus wieder aus drei einzelnen Theilen besteht, bei
ersterem auch etwas breiter sein dürfte.
Ein Postfrontale wurde nicht abgebildet, weil es erst nach-
träglich gelang, dasselbe zusammenzusetzen und zu erkennen.
Es gehört der linken Seite an. In einen Einschnitt des me-
dialen Randes legen sich die beiden Zipfel, mit welchen Parietale
und Frontale an ihrer gemeinschaftlichen Naht vorspringen;
die Länge des Knochens beträgt 11 mm. Der hintere, halb
zur Seite sehende Rand ist unverletzt, und es lässt sich darum
mit Sicherheit annehmen, dass der nach dem Squamosum
hinüberziehende hintere Fortsatz als ein selbstständiger Kno-
chen vorhanden war, wie er es auch bei den lebenden ver-
wandten Gattungen geblieben ist, als ein Os postorbitale nach
STANNIUS (O. zygomaticum Dumseır, Mission scientifique Mexique),
Fig. A bei pf’; der Knochen pf’ stellt das eigentliche Post-
frontale vor.
Das Jugale (Fig. 4) der rechten Hälfte ist nur an der
vorderen Spitze beschädigt, von dem linken hat sich dagegen
nur ein Theil des unteren Astes gefunden. Nach aussen ist
es flach, nach innen hin längs des ganzen Verlaufs mit einem
mittleren Kiel versehen, so dass der Durchschnitt stets ein
Dreieck bilden würde und die Dicke des Knochens bis auf
2'/% mm wächst. Der hintere Zipfel an der unteren Ecke ist
eine schwache Erinnerung an den viel längeren Fortsatz, dem
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XXX VII. 2, 18
362
Hatteria den Namen Brücken-Eidechse zu verdanken hat. Bei
Ophisaurus ist eher eine Spur davon zu sehen als bei /’seudopus.
Vom linken Oberkiefer (Fig. 5) ist die zahntragende
Partie ziemlich vollständig; es sitzen darin 5 Zähne, ein hin-
terer und zwei vordere sind noch durch ihre Ansatzstellen
nachweisbar. Auf dem abgebrochenen Theile dürften ausser-
dem recht wohl 4 Zähne hinten, vielleicht auch noch einer
vorn Platz gefunden haben, so dass 12—13 Zähne im Ganzen
vorhanden waren. An dem rechten Oberkiefer des Exemplars
der östlichen Grube zähle ich 12 Zähne, wovon aber nur noch
4 wirklich am Kiefer verblieben, dagegen 14—15 bei Ophi-
saurus und 14 bei Pseudopus, jedenfalls nur eine geringfügige
Differenz. Die Form der vorderen Zähne erscheint von vorn
betrachtet schlank dreieckig mit abgerundeter Spitze; bei dem
letzten der 5 Zähne verschwindet diese aber, so dass die
Krone regelmässig gewölbt erscheint '), die beiden vorherge-
henden Zähne bilden den Uebergang zur Form der spitzen
ersten (vergl. die Abbildungen neben Fig. 5a).
Das Pflugschaarbein (Fig. 6) der rechten Seite ist fast
vollständig erhalten, nur die vordere Spitze und der hinterste
Theil der medianen Lamelle mit einem Theil der Zähne mangelt.
Der zahntragende Abschnitt liegt wie bei Pseudopus (Fig. B bei 6)
unmittelbar neben dem Gaumenbein. In der Fig. B sind, um den
Platz zu bezeichnen, einige grössere Zähne eingetragen. Die Zähne
sind jedoch an den meisten mir vorliegenden Schädeln des Schelto-
pusik recht winzig, was daher rühren mag, dass diese Präparate
von gefangen gehaltenen Thieren herstammen, bei denen auch
diese Zähne sich mangelhaft zu entwickeln scheinen. Ich glaube
indess eine einzelne Reihe zu erkennen, in der etwa 5—-6
Zähnchen Platz haben. Zwei recht deutliche Zähne und Spuren
weiterer sehe ich auf dem blossgelegten Vomer an dem Exem-
plar No. 1166 der Berliner zoologischen Museums, fünf Zähne
nebst ein oder zwei Lücken auf dem Skelet des anatomischen
Museums No. 6247. An dem Ophisaurus-Schädel beobachte ich
keine Spuren davon, und fühle auch keine an einem Alkohol-
Exemplar, ebensowenig an einem solchen von Dopasia gracilis.
Die Steinheimer Eidechse hatte zwei Zahnreihen aufzuweisen,
von denen die äussere nur wenige, die innere dagegen über
5 Zähne enthalten haben muss, da diese Zahl schon auf dem
vorhandenen Stück sich vorfindet; die Kronen sind halbkugel-
förmig. Der linke Vomer ist viel unvollständiger.
1) Normal ausgebildete Pseudopus besitzen im Ober- und Unter-
kiefer ebenfalls kuppenförmige Zähne. An Exemplaren, die lange in
der Gefangenschaft zubringen, scheinen dieselben zu verkümmern und
schlank zu bleiben, wie es Fig. B zeigt. Mein Exemplar von Ophi-
saurus hat lediglich Spitzzähne, die hier aber normal sein dürften.
363
Vomerzähne konnten bisher für einen Charakter gelten, der
die Batrachier den Fischen nähert, und sie den höheren Wirbel-
thieren gegenüberstellt; ich citire nur WIEDERSHEIM, Vergl.
Anat. d. Wirbelthiere pag. 142; Carus, Handbuch d. Zoologie
pag. 381; Owen, Anatomy of Vertebrates I, pag. 386; Cuaus,
Grundzüge d. Zoologie, 3. Aufl., pag. 988.') Ob ausser Pseu-
dopus noch weitere lebende Saurier-Gattungen sich finden, die
diesen Charakter theilen, würde einer genaueren Untersuchung
werth sein.
Von den Gaumenbeinen liegt mir die Vorderpartie des
linksseitigen vor (Fig. 7), und an dieser ist noch ein Theil der
ventralen Oberfläche zerstört; doch genügt das Vorhandene,
um zu constatiren, dass die Zähne mindestens in zwei Reihen
gruppirt waren, und dass die Knochenplatte eine beträchtliche
Dicke (fast 2 mm) besass. Bei /seudopus trägt die viel dün-
nere Platte nur eine Zahnreihe und auch Ophisaurus ist nicht
stärker bezahnt.
Auf dem Flügelbein (Fig. 8) erreicht wie bei den lebenden
Typen die Zahl der Zähne das Maximum. In einer Querreihe
lassen sich etwa 4, in einer Längsreihe bis 9 zählen, und die
Zahnkronen sind wieder kuppenförmig gleich denen des Gaumen-
beins. Bei Pseudopus sind alle Zähne sehr klein und ihr Feld
ist weit beschränkter als bei Ophisaurus und bei der fossilen
Gattung; sie bilden indess immer noch zwei Längsreihen. Die
Deutung des kleinsten der drei Stücke des linkseitigen Ptery-
goideums (Fig. 8, oben rechts), welches dem verlorenen Os trans-
versum benachbart gewesen sein müsste, ist nicht ganz zwei-
fellos; hauptsächlich die ebene, den Coronoideum des Unter-
kiefers gegenüberstehende, nach aussen gerichtete Fläche, die
in der Figur zur geraden oberen Grenzlinie verkürzt ist,
erscheint charakteristisch ausgebildet. An dem hinteren langen
Fortsatz des Knochens, der Brücke zum unteren Ende des
Quadratbeins, bemerkt man das für den Fuss der Columella
Cranii (Fig. 8a bei col) bestimmte Loch.
Die Columella (nicht zu verwechseln mit dem gleichfalls
öfter so bezeichneten Stapes) im Profil schwach $-förmig ge-
bogen, lässt an der unteren Spitze matte Oberflächen für die
Bänder erkennen. Das obere etwas nach hinten zurückge-
bogene und gleichzeitig medialwärts geneigte Ende legt sich
seitlich an die Crista des Scheitelbeins; die Vorderkante ist
im mittleren Drittel mit einer blattartigen Leiste verziert
1!) Horrmann in Bronn, Klassen und Ordnung des Thierreichs,
Reptilien, pag. 896, zählt nicht einmal die Pterygoidea als zahntragend
mit aul. In den systematischen Werken wird gewöhnlich nur ven
„Lähnen am Gaumen“ gesprochen, ohne Angabe der einzelnen zahn-
tragenden Knochenelemente.
18*
364
(Fig. 9a bei cr), die bei Pseudopus und Ophisaurus vermisst
wird. Der in Rede stehende Knochen hat bei diesen Gattun-
gen übrigens so einfache Formen, dass es schwer ist, am fos-
sılen mit Sicherheit das rechts und links, oben und unten
zu bestimmen. — Auch von der rechten Columella ist ein
Stück gesammelt worden.
Das Prooticum der rechten Seite (Fig. 10) liegt als ein
platter Knochen vor, der hauptsächlich durch die cylindrische,
vorn mit einer kleinen kreisrunden Fläche abschneidende Ver-
dickung am Oberrande sich kenntlich macht (eine ähnliche
Bildung, wie sie entwickelter unpaarig symmetrisch an der
Hinterhaupts-Schuppe auftritt). Es scheint mir fast, als ob ein
schmaler Theil des letzteren Knochens noch mit dem Prooti-
cum verwachsen wäre, wobei allerdings die Naht vollständig
verschwunden sein müsste. Die schnabelartige Spitze am
Vorderende ist nur durch Ausbrechen eines Stückchens ent-
standen, dessen Einfügung einen ebenso einfach gerundeten
Contur erzeugen würde, wie er bei seudopus vorhanden ist.
Der untere Theil des Knochens fehlt, so dass der Ausschnitt
für den Nervus trigeminus (Fig. 10 bei tr, vergl. Fig. C bei 10)
nicht mehr hervortritt; dicht hinter ihm trägt die laterale
Oberfläche eine hohe Längsleiste (Fig. 10a bei Il), von der
bei Pseudopus kaum eine schwache Andeutung existirt. Das
hintere Drittel des Knochens fehlt.
Schlecht vertreten ist das basale Hinterhauptsbein, von
dem nur zwei Stückchen gefunden sind; das eine, der linke
Fortsatz, hat auf der ventralen Fläche eine Furche, die an
Ausprägung die bei Pseudopus übertrifft und wieder eine Aehn-
lichkeit mit Ophisaurus aufweist. Wenn die Deutung des
Bruchstücks richtig ist, müsste ein Stückchen des Basisphe-
noids damit ohne erkennbare Naht verschmolzen sein. Das
zweite Fragment würde dem Condylus entsprechen, aber auch
hier wäre dann ein Theilchen vom lateralen Hinterhauptsbein
fest damit vereinigt. Die Breite des Condylus (3 mm) wäre
verhältnissmässig geringer als bei Pseudopus.
Das Occipitale laterale (Fig. 11), ein quergerichteter
Knochen, dem bei den Eidechsen noch ein Opisthoticum ein-
verleibt ist, bildet an seinem Ende den Stützpunkt für den
gesammten Vorderschädel.e An der unteren Ecke (Fig. 11a
bei q) setzt sich das Quadratbein fest, dann folgt (nur indireet
verbunden) das squamosum, das supratemporale (Fig. lla
bei st) und das Hinterhorn des Scheitelbeins. Die zwei
nebeneinander liegenden tiefen Gelenk- oder Berührungsflächen
für Quadratum und Supratemporale, durch einen Kiel scharf
von einander geschieden, verbürgen durch ihre charakteristische
Ausbildung die Deutung des Knochens, Der hakenförmige
365
Fortsatz an der oberen Ecke über dem Quadratum - Gelenk
(Fig. 11 bei h) und dann weiter medialwärts nebeneinander
eine Leiste und ein Fortsatz für Gelenkung dei Parietale (bei f)
sind bei Pseudopus angedeutet. Die Leiste ist nicht ganz voll-
ständig, wie der Vergleich mit dem besser erhaltenen ent-
sprechenden Stückchen der rechten Kopfhälfte beweist. Noch
weiter einwärts sieht man in Fig. 11 dine Bruchfläche, die
durch den Fortfall des Randes von Foramen magnum entstand.
Der noch sichtbare Theil muss schon einem Stücke vom obe-
ren Hinterhauptsbein, und zwar der Gegend, die in Fig. A
mit OS bezeichnet ist, angehören. Doch wird auch hier die
Naht vermisst. R
Am Quadratbein (Fig. 12) machen sich drei Leisten be-
merkbar, die von oben nach unten hinablaufen und in der
Unteransicht (Fig. B bei 12) alle drei zugleich erblickt wer-
den. Die beiden äusseren richten sich nach hinten, die innere
springt medialwärts vor. Die hintere Crista (h e in Fig. 12
und 12b) ist die kräftigste, sie ist das Hauptstück des Qua-
dratums; von ihrem Vordertheil geht die laterale (l ce in
Fig. 12a u. b) aus, während die mediale (m c) weit nach
hinten sich an sie anlehnt. In Fig. 12 sieht man sie im un-
teren Theile abgebrochen (im Gegenstück der rechten Hälfte
ist sie weiter erhalten). Alle diese Verhältnisse sind bei
Pseudopus ähnlich wiederzufinden, nur ist die laterale Crista
schwächer; dagegen mangelt gänzlich der starke Haken (h in
Fig. 12 u. 12a), der in der Oberansicht (Fig. 12a) mit der
Medialerista eine tiefe Bucht erzeugt. Unter dem Haken zieht
ferner auf der Vorderfläche des Knochens eine scharfe Leiste
herab (Fig. 12), und nach aussen von derselben erhebt sich
noch ein kleiner Höcker (Fig. 12b). Ophisaurus gleicht dem
Propseudopus in der stärkeren Ausbildung der lateralen Orista.
— Der Untertheil des Knochens ist fortgebrochen.
Der Unterkiefer (Fig. 13) der linken Seite hat sehr ge-
ringe Einbusse erlitten; die Zahnreihe lässt nur drei oder vier
wahrscheinlich im Wechsel begriffen gewesene Zähne vermissen,
und da gerade der erste und letzte am Platze sind, hat man
ein vortreffliches Bild des Gebisses.. Vom ersten bis zum
vierten Zahne nimmt die Grösse schnell zu, von 1, bis auf
4 mm Höhe, eine Zahl, die von den mittleren grössten Zähnen
kaum überschritten wird; von diesen sind etwa 6 mit kugligen
Oberflächen versehen, mehr nach vorn zu werden sie bald
spitz mit durchsichtigen Kronen. Am Hinterende der Zahn-
reihe findet ebenfalls eine Grössenabnahme statt, so dass der
letzte Zahn kaum einem Mohnkorn gleichkommt. Die Lücke
vor ıhm dürfte für zwei Zähne bestimmt gewesen sein; we-
nigstens ist beim rechten Unterkiefer, an welchem nach drei
366
grossen Zähnen ein schon bedeutend kleinerer, offenbar einem
linkerseits ausgefallenen entsprechend, folgt, hinter diesem noch
eine Lücke für zwei Zähne ausreichend vorhanden. Im Ganzen
würden demnach 18 derselben, wenigstens aber 17, zur voll-
ständigen Zahnreihe gehört haben. — Das Exemplar der öst-
lichen Grube hat ebenfalls ein recht vollständiges Zahnstück
geliefert mit 15 sicher nachzuzählenden Zähnen; die Lücke
neben der Symphyse hat jedenfalls noch einen, vielleicht zwei
beherbergt, so dass hier die Gesammtzahl auf 16—17 steigen
würde. Die beiden lebenden Gattungen harmoniren damit,
bei beiden zähle ich 16 Zähne. Der fünftletzte Zahn, der
frisch gebildet ist und durch Abkauung noch nicht gelitten hat,
zeigt eine deutliche Sceulptur, bestehend in einer sagittalen,
feinen, erhabenen Linie, die auf der Höhe der Krone zu einer
rudimentären Spitze sich entwickelt; nach innen und aussen
gehen feine, dichtgedrängte Runzeln ab, die nach dem Centrum
zu nicht ganz vollständig convergiren, also derselbe Typus,
der so oft bei den kuppenförmigen Zähnen der Saurier wieder-
kehrt. Das Exemplar der Westgrube lässt ihn an einem
Oberkieferzahne nachweisen. — Das Coronoideum greift etwas
weiter auf die Aussenfläche des Kiefers hinüber und der Fort-
satz, den das Dentale unterhalb des Coronoids nach hinten
sendet, ist beträchtlich kürzer als bei /seudopus; in dem letz-
teren Charakter (vergl. Fig. C bei d und Fig. 13a bei d)
bietet wiederum Ophisaurus die grössere Aehnlichkeite Am
Articulare fällt eine kurze longitudinale Crista auf, von der
äusseren Ecke der Gelenkpfanne nach vorn ziehend (Fig. 15
bei c). Der vom Angulare gebildete Löffel am Hinterende des
Unterkiefers, welcher den die. Mundöffnung bewirkenden Mus-
keln zum Ansatz dient (Fig. 13 bei ang), hat seinen hin-
tersten Theil eingebüsst; er wird wohl eckig nach hinten aus-
laufen wie bei den lebenden Formen. An seiner medialen und
vorderen Kante bildet sich durch Entwickelung einer starken
Leiste noch eine zweite Concavität (Fig. 13b bei ang), von
der bei Ophisaurus eine Andeutung zu sehen ist. Das Loch
für den Unterkiefernerv auf der Innenfläche, dicht hinter dem
Coronoid, ist bei allen drei Gattungen recht eng. Aus einer
gemeinschaitlichen Einsenkung entspringt mit ihm bei /seudopus
(Fig. A) ein zweites kleineres Foramen, nach hinten in den
Knochen eindringend; bei Propseudopus (Fig. 13b) entfernt es sich
beträchtlicher von dem vorderen, wobei kaum eine gemein-
schaftliche Grube für beide mehr existirt, noch mehr ist dies
aber bei Ophisaurus der Fall. Bei den meisten Sauriern er-
weitert sich die beschriebene Vertiefung zu einer grossen Grube,
die fast die ganze Kieferhöhe einnimmt und bis nahe an das
Gelenk zurückreicht. Die Zahl der Foramina an der Aussen-
367
seite des Dentale, fünf, ist auch an dem kleinen Exemplar
constant; Ophisaurus hat die gleiche, bei /’seudopus fehlt das
hinterste Loch dicht vor der Spitze des Articulare, so dass
die Zahl sich auf 4 vermindert.
Nachdem wir die Knochen des Kopfes durchmustert, mag
die kurze Liste der vermissten noch einen Platz finden. Es
sind dies das Prämaxillare, die Concha, das Nasale, Lacry-
male, Transversum, die Sphenoidknochen, das Squamosum,
Supratemporale und Occipitale superius sowie das Zungenbein.
Die Wirbelsäule.
Alle Wirbel sind selbstverständlich procoel; sie zeichnen
sich gegenüber denen der meisten anderen Eidechsen durch
geringe Höhe der oberen Dornfortsätze aus.
Am Atlas ist der nach unten gerichtete Dorn (in Fig. 14
und l4a aus Versehen nach oben gewandt) etwas höher als
lang, ein Verhältniss, das sich bei ?seudopus umkehrt. Am
linken aufsteigenden Schenkel sieht man einen deutlichen Quer-
fortsatz (Fig. 14 u. 14a bei p.t.), davon durch einen Kerb
getrennt, nach innen zu eine kleine Platte, die sich mit dem
Zahn des Epistropheus in Gelenkverbindung setzt, beides fast
genau so bei seudopus. Der blattförmige Fortsatz des Schen-
kels ist nur rechts erhalten; er ist verhältnissmässig breiter
als bei Pseudopus.
Die beiden anderen Halswirbel fehlen. Der vordere zeichnet
sich, nebenbei bemerkt, bei Pseudopus durch seinen doppelten
unteren Dorn aus; der vordere Dorn, mit dem Zahnfortsatz
verschmolzen, ist durch eine Naht von dem Hintertheil des
Wirbels abgegrenzt; eine Naht trennt auch den Hinterdorn
vom Wirbelkörper. Der dritte Halswirbel würde sich leicht
durch den schon längeren, aber noch nicht (wie beim nächsten
Wirbel) mit einer senkrechten schmalen Gelenkfläche für die
Rippe versehenen Querfortsatz erkennen lassen.
Erst die vier nächsten vorderen Brustwirbel, so scheint
es, liegen wieder vor; sie werden ebenfalls noch charakterisirt
durch einen unteren Dorn, der bei dem vierten aber schon zu
einem doch immer noch kräftigen Kiel sich zurückgebildet hat.
Ob vielleicht die Zahl der solcherweise gekennzeichneten Wir-
bel eine noch höhere gewesen ist, muss dahingestellt bleiben.
Bei Pseudopus ist sie geringer, indem nur noch zwei rippen-
tragende Wirbel durch einen wohlgebildeten Dorn oder einen
Längskiel ausgezeichnet, die folgenden aber völlig glatt sind,
während Ophisaurus wiederum durch Vorkommen eines deut-
lichen Kiels sicher noch am vierten Wirbel dem Steinheimer
Reptil mehr entspricht. Der dritte der vier Wirbel ist am
368
besten erhalten uud wurde deshalb für die Abbildung (Fig. 15)
ausgewählt. Der untere Dorn ist unverletzt; in der hinteren
Hälfte (Fig. 15 bei d) erreicht er die Höhe des Gelenkkopfes,
vorn mehr kielartig, endigt er unter der Pfanne als ein zahn-
artiger Fortsatz (Fig. 15b bei d). Der obere Processus spi-
nosus ist wie bei fast allen Wirbeln abgebrochen. Der nächst
hintere weicht durch Reduction des Ventraldorn und grössere
Dimensionen ab, während umgekehrt der zweite Brustwirbel
kleiner wird und einen höheren dreieckigen Ventraldorn be-
sitzt; noch mehr tritt diese Entwickelungsrichtung beim ersten
hervor, der kaum 5 mm lang ist; sein Dorn setzt dicht hinter
der Pfanne mit einer leichten Einkerbung scharf ab, wegen
des abgebrochenen Endes ist seine Länge nicht zu taxiren.
Der Gelenkkopf bildet von vorn betrachtet einen nach unten
vorspringenden stumpfwinkligen Zipfel. Die Unterseite des
Wirbelkörpers zeigt neben dem Dorn jederseits eine Längs-
vertiefung. Der Fortsatz für die Rippe ist noch etwas stärker
entwickelt als bei Pseudopus, 2 mm weit hervorstehend und
scharf abgesetzt, von oben nach unten misst die Gelenk-
fläche 3 mm.
Ausser diesen 4 sind noch 27 rippentragende Wirbel vor-
handen, so dass im Ganzen direct 31 Brustwirbel zu consta-
tiren sind. Doch dürfte ihre Zahl noch ein gut Stück höher
gewesen sein, da offenbar auch hier Verluste in Rechnung
gestellt werden müssen. Bei den Eidechsen von normalem
Typus geht ihre Summe nie über 30 hinaus, Pseudopus hat 52.
Eine Anzahl kleinerer Wirbel reiht sich den vier mit
Ventralleiste versehenen zunächst an; der kleinste liefert fol-
gende Maasse: Totallänge (ohne Gelenkfortsätze) 7 mn, Breite
in dem Einschnitte zwischen vorderem und hinterem Gelenk-
fortsatz gemessen 6 mm, Breite an den Enden der Processus
transversi 81/, mm, Breite des Condylus 3, mm. Dieselben
Maasse beziffern sich bei dem in Fig. 16 abgebildeten grössten
aller Rückenwirbel auf 8'/,, 6, 10 und 4'/, mm, die Höhe
des Processus spinosus über der dorsalen Oberfläche des
Wirbels auf 2'/, mm bei 5 mm Länge (an der oberen
Kante gemessen). Der Vergleich mit den Rückenwirbeln des
Pseudopus ergiebt die schon oft hervorgehobene reichlichere
Ornamentirung bei der fossilen Art; zunächst tritt in der Mitte
über dem Vorderende der Rückenmarkshöhle ein senkrechter
dreieckiger Zahn (Fig. 16 bei z) auf, der durch einen Ein-
schnitt von dem ihn hinten in grossem Maassstabe wiederho-
lenden Processus spinosus getrennt wird, bei ?seudopus findet
sich eine Spur davon. In der Hinteransicht (Fig. 16a) sieht
man am letztgenannten Processus oben zwei Paare kleiner
Höcker, das obere bewirkt die in der Oberansicht zweizipflig
369
erscheinende Endigung desselben (Fig. 16b), das zweite Paar
liegt: tiefer, am Ursprung des Dorns (Fig. 16a bei h); darunter
schon im Innern des Markkanals kann man jederseits einen
Eindruck wahrnehmen, der als eine Andeutung des Zygantrums
der Schlangen gelten kann, bei den vordersten Wirbeln ist er
am schärfsten, an den hinteren verschmelzen die beiderseitigen
Gruben und steigen dann in der Mittellinie als Rinne aufwärts.
Seltener und schwächer sind zwei entsprechende » Knötchen
am Vorderrand des oberen Bogens, die den Zygosphen reprä-
sentiren würden. Neben dem Processus spinosus verläuft auf
der Oberfläche des Wirbels jederseits eine kleine Leiste, die
nach vorn in einen Zahn endet (Fig. 16b), ab und zu ist sie
schwächer ausgebildet oder fehlt an einer Seite, mitunter da-
gegen zerfällt sie in zwei Zähnchen. Der ganze Dornfortsatz
ist verhältnissmässig niedriger und erstreckt sich weiter nach
vorn zu als bei Pseudopus, wo er fast höher als lang wird.
Der Kerb zwischen dem vorderen und hinteren Processus
obliquus ist bei dieser Gattung weniger eng und tief. Auf der
Unterseite dringen dicht hinter der Pfanne ein Paar Gefässlöcher
ziemlich constant in den Wirbelkörper ein (Fig. 15b), die auch
bei Pseudopus nicht ganz fehlen. Die dem Becken näher lie-
genden Wirbel scheinen sich ausserdem durch eine längsge-
richtete Concavität auszuzeichnen, selten tritt auch eine seit-
liche flache Furche auf, die ich häufiger an Pseudopus beobachte.
Das Exemplar der östlichen Grube zeigt in seinen Wirbeln
besonders am Dornfortsatz grosse Aehnlichkeit mit letzterem.
Der erste !) Sacralwirbel fehlt; der zweite (Fig. 17) ist
zertrümmert und nur sein linker Querfortsatz gut erhalten,
der viel kräftiger und dicker als bei Pseudopus und am Ende
in zwei kurze Aeste getheilt ist; jeder derselben schneidet mit
einer 1, bis 2 mm breiten Fläche ab, die am vorderen Ast
(Fig. 17 bei g) dreieckig erscheint und sich (bei natürlicher
Körperhaltung) senkrecht, zugleich aber etwas nach vorn
richtet, während die hintere, quadratische nach hinten und
unten zu sieht. Von der oberen Ecke jener vorderen Fläche
läuft eine Rinne nach hinten in ein tricherförmiges Loch, wel-
ches zwischen den beiden Aesten in den Querfortsatz eindringt,
um ihn seiner ganzen Länge nach zu durchbohren und sich
an der Unterseite an seiner Basis zu Öffnen (Fig. 17a). An
einem Exemplar von Pseudopus sehe ich die Vorderkante weit
!) Wenn man bei Pseudopus und verwandten Formen von einem
ersten und zweiten Kreuzwirbel spricht, so ist diese Bezeichnung nur
durch den Vergleich mit den normalen Typen gerechtfertigt, denn in
der That steht lediglich der erste in Verbindung mit dem Ilium, der
zweite könnte auch seiner Gestaltung nach recht wohl als Schwanz-
wirbel gelten.
370
kürzer als die hintere und nicht mit einer Fläche, sondern spitz
geendigt, an einem anderen indessen das Verhalten ähnlicher
dem bei Propseudopus. Spuren von einer Verwachsung mit
dem @nerfortsatz des ersten Sacralwirbels sind ebensowenig
als bei den lebenden verwandten Formen zu beobachten; bei
Eidechsen mit stärkerer Entwickelung der Extremitäten ist
dagegen die Vereinigung der beiden Querfortsätze durchgrei-
fende Regel. Da nicht nur der Gelenkkopf des Wirbels ganz
abgebrochen, sondern auf der Unterseite auch noch das be-
nachbarte Ende des Wirbelkörpers, so ist der untere Bogen,
der bei S’seudopus zwar zart und dünn, aber doch vollständig
geschlossen auftritt, nicht wahrnehmbar, aber eine kleine
Längsleiste, die von dem medialen Ende des Foramens nach
hinten zieht (Fig. 17a bei b) und gerade auf den Fuss des
linken. Bogenschenkels treffen müsste, lässt auf die Existenz
eines entwickelteren Hämalbogens schliessen. Bei Ophisaurus
sind nur die Wurzeln des Bogens und zwar sehr verkümmert
vorhanden. Die Medianleiste, welche den Boden des Rücken-
markkanals auszeichnet (Fig. 17 beil), findet sich auch bei den
Brustwirbeln ganz ähnlich, sie geht dort vom hinteren Rande
als schmale Zunge über die Hälfte des Canals nach vorn,
bricht plötzlich ab und setzt sich, immer stärker verbreitert,
auf die kurze Strecke bis zum Vorderrand fort. Die mittlere
Unterbrechung fehlt bei Pseudopus. Ein Theil der Gelenk-
pfanne ist erhalten, die Länge des Wirbelkörpers daher gut
zu taxiren und festzustellen, dass sie gerade wie bei Pseudopus
geringer als die des letzten Brust- und des ersten Schwanz-
wirbels ist.
Dieser (Fig. 15) ist wegen des entwickelten Processus
transversus dem eben beschriebenen noch sehr ähnlich, statt
der grossen trichterförmigen, lateralen Oeffnung des Querfort-
satzes bleibt indess nur ein feiner Schlitz, besonders auf der
Oberseite bemerkbar; die mediale Mündung des Canals ist
fast ebenso gebildet wie beim Sacralwirbel. Die beiden Fora-
mina hinter der Pfanne durchbohren den Wirbelkörper, um
neben der Unterbrechung des inneren Mediankiels (vergl. beim
2 Sacralwirbel) zu münden, wie dies auch bei den Brust-
wirbeln stattfindet. Die erhebliche Ausdehnung der Wur-
zeln des unteren Bogens ist nur an den Bruchflächen nach-
weisbar. Die Basis des Processus spinosus (nur diese ist
erhalten) erstreckt sich über die grössere Hälfte des Wirbels,
und dieser Fortsatz ist offenbar stärker entwickelt als bei /seu-
dopus, vor ihm ist noch ein deutliches Zähnchen vorhanden. —
Von dem dickeren Grundtheil des Schwanzes ist wenig in
meine Hände gelangt. Zwei Wirbel, die an der Unterseite 7
bezüglich 6'/), mm Länge und eine Breite (von Einbuchtung
a.
zu Einbuchtung gemessen) von 5 bez. 4 mm besitzen, tragen
oben zwar auch einen kleinen Zahn vor dem Dornfortsatz,
dieser steht aber nicht mehr auf dem Vorderrand zwischen
den Gelenkflächen der Processus obliqui wie bei dem ersten
Caudalwirbel, sondern erscheint einer vorderen Abtheilung von
dem Processus spinosus gleichwerthig. Der Vorderrand bildet
eine eingedrückte und dachförmige, von der hinteren Partie
scharf abgegrenzte Fläche, die an Pseudopus nicht beobachtet
wird. — Die hinteren immer kleiner werdenden Wirbel zeichnen
sich bei diesem Genus durch einen zweiten Querfortsatz aus,
der an dem Vordertheil des Schwanzes noch ein secundärer
Fortsatz des eigentlichen Processus transversus ist, nach und
nach sich aber davon loslöst und auf die hintere Hälfte des
Wirbels rückt. An einem isolirten fossilen Wirbel von 5 mm
Länge und (an der Einschnürungsstelle) 2 nım Breite sehe ich
nichts von einem zweiten Querfortsatz; die 4 in situ gefun-
denen Schwanzwirbel (von durchschnittlich 6 mm Länge) ent-
behren ihn gleichfalls. Die Basis des Querfortsatzes ist zu-
weilen deutlich durchbohrt.
Die Rippen.
Von Rippen ist wenig gesammelt und es ist vermöge ihrer
Zerbrechlichkeit keine einzige ganz unversehrt geblieben. Die
Gelenkfläche bildet ein Rechteck, das sich der Gelenkfläche
am Querfortsatz entsprechend von oben nach unten richtet,
der Anfang der Rippe ist ein Prisma auf Grundlage jenes
Rechtecks. Die Prismakanten sind meist in scharfe Leisten
ausgezogen und an der oberen hinteren tritt neben dem Gelenk
sogar ein kräftiger Zahn nach hinten und etwas nach oben
hervor. Ganz ähnlich verhält sich alles dies bei /’seudopus,
der Zahn wird als ein für die Gattung eigenthümlicher Befund
seit lange von den Autoren (Staxnnıus) hervorgehoben.
Die letzte der Rippen zeichnet sich bei diesem Genus
durch Kürze neben kräftigeren Bau und starker Biegung in
der Mitte ihres Verlaufs von allen anderen aus; selbst die erste
Rippe (am 4. Wirbel) ist schon noch einmal so lang als die
letzte. Nach diesen Kriterien glaube ich die letzte Rippe von
der linken Seite zu besitzen; sie misst nur 7 mm, hat aber
an beiden Enden unbedeutende Beschädigungen.
Die Extremitätenknochen.
Von diesen ist ebensowenig wie vom Sternum oder Becken
ein Rest entdeckt worden. Da sowohl die Sacralgegend als
auch die Vorderbrust durch Wirbelreste repräsentirt sind, so
372
sollte man erwarten, dass, wenn entwickeltere Füsse vorhanden
gewesen wären, von den zahlreichen Knochen der vier Glied-
massen der eine oder andere grössere wenigstens, die ja zu
den derbsten des Skelets gehören, beim Auslesen des Sandes
gefunden worden wäre. Das völlig negative Ergebnise kann
als ein Wahrscheinlichkeitsgrund für den gänzlichen Mangel
oder für eine starke Verkümmerung geltend gemacht werden.
Pseudopus ist übrigens weniger rückgeschritten als Ophisaurus,
bei welchem man aussen überhaupt keine Fussspuren mehr
beobachtet. Der Theorie nach sollte man bei einem fossilen
Genus auf normalere, d. h. hier also grössere, Extremitäten
gefasst sein als bei den lebenden Verwandten. Vielleicht bringt
ein späterer Fund Aufklärung über diesen wichtigen Punkt.
Dass die Trennung der beiden Sacralfortsätze für eine gewisse
Reduction der Füsse spricht, wurde schon oben bemerkt.
Die Hautverknöcherungen.
Der Knochenentwickelung in der Haut der Saurier hat
man in systematischer Hinsicht erst seit Kurzem einige Auf-
merksamkeit gewidmet; so werden in dem Prachtwerke über
die französische Expedition nach Mexico Knochenschuppen von
Scincoiden in grosser Zahl auf zwei Tafeln abgebildet. Diese
(sruppe zeichnet sich durch quincunciale Anordnung der Ele-
mente aus, d. h. jeder Gürtel ist gegen den folgenden um eine
halbe Schuppenbreite verschoben; hier können die einzelnen
Schuppen so viel an den Seiten einbüssen, dass sie die be-
nachbarten nicht mehr berühren, ohne dass die Haut nackte
Stellen bekäme, denn die Vorderreihe legt sich über die ent-
standenen Spalten fort. Die einzelne Schuppe kann daher
symmetrisch (Grundform ein Viereck mit nach vorn gerichteter
Ecke) bleiben. !)
Anders bei Pseudopus, wo sich die Theilungen durch
Längs- und Querschnitte vollziehen ohne eine Verschiebung
der Gürtel; wenn hier der Zusammenhang gewahrt und durch
theilweise Ueberlagerung gesichert sein soll, so müssen die
einzelnen rechteckigen, mit der schmalen Seite nach vorn ge-
richteten Elemente sich auch mit ihren Nachbarn rechts und
links decken oder sich von ihnen decken lassen und dadurch
unsymmetrisch werden. Betrachten wir eine gewöhnliche Rük-
kenschuppe, so finden wir in der That die Seitenränder schief
absestutzt, und so zwar, dass der nach der Medianlinie
1) Ausserdem besteht die Scincoidenschuppe aus einer grösseren
Zahl regelmässiger Knochentafeln, die beim Maceriren sich trennen.
Die Schuppe des Pseudopus bildet eine einzige zusammenhängende
Platte,
313
schauende Rand zum deckenden, der lateral gerichtete zum
bedeckten wird. Da die Schuppe ferner nach hinten zu sich
in eine scharfe Kante auskeilt, so gewinnen die schmalen
Seitenflächen statt einer rechtwinkligen eine dreieckige Gestalt
und die Oberfläche, die am dieken Vorderende weit (median-
wärts) fortgedrückt wird, hinten dagegen keine Verschiebung
erleidet, wird zu einem schiefwinkligen Parallelogramm, wäh-
rend die Unterfläche der Schuppe rechtwinklig bleibt; die
Innenfläche des Panzers trägt dementsprechend regelmässige,
rechtwinklig gekreuzte Längs- und Quernähte, die Aussen-
fläche dagegen zwar auch einfache Quernähte aber die Längs-
nähte bilden Zickzacklinien; der etwa auf der sculpturirten
Oberfläche erscheinende Kiel bewahrt dabei immer streng die
sagittale Richtung und liest immer genau in der Verlängerung
von dem der Vorderschuppe. Eine weitere Complicirung der
einfachen Schuppenform ergiebt sich aus der Ueberlagerung
am Vorderrande, welcher von oben und unten her eine Zu-
schärfung erfährt; die beiden Seitenflächen erhalten dadurch
statt einer dreieckigen eine langgestreckt viereckige Gestalt,
die ganze Schuppe 6 Flächen (vergl. Fig. 21, 2la und 23).
Die Schuppen aller anderen Körpergegenden lassen sich
leicht auf den eben geschilderten Typus zurückführen. Die
Deckungsverhältnisse setzen sich in entsprechender Weise auch
auf der Bauchseite fort; der untere Schuppenrand bleibt der
bedeckie, bis in der ventralen Mittellinie eine doppeltdeckende
symmetrische Schuppe den Abschluss bildet, wie in der dor-
salen Medianlinie eine doppelt gedeckte. (Nur unmittelbar
hinter dem Kopf und unter demselben kehrt sich die Deckungs-
weise um.) Auf den ersten Blick mag diese Anordnung zweck-
widrig erscheinen, weil wir gewohnt sind, die grösste Wider-
standsfähigkeit gegen Angriffe von oben zu erwarten; von dieser
Richtung her ist ein Einbohren zwischen den Knochenplatten
durch den Panzer hindurch leichter möglich, als es bei der
Deckungsmethode, die z. B. unsere Dächer zeigen (mit von
oben her überlagernden Platten und doppelt deckendem Schluss-
ziegel auf der Firste), der Fall sein würde. Die auf steinigem
Boden mit dem Bauche herumkriechenden Reptilien sind aber
vielleicht gerade auf der Unterseite des Schutzes, den die
Ueberlagerung gewährt, bedürftiger als auf der oberen. Auf
dieser ist überdies durch grössere Dieke der Knochenstücke
ein Ersatz gegeben. — Die Länge der Schuppen nimmt nach
hinten zu, deren Dicke nach vorn und in Folge davon auch die
Ausdehnung der Gelenkfacetten, die bei den Nackenschuppen
das Maximum erreicht. Die Kiele entwickeln sich, wie ge-
wöhnlich, erst in den hinteren Partieen deutlicher (nehmen
übrigens mit dem Alter des Thieres ab). Auf dem Schwanz
374
erzeugen sie Einschnitte auf dem Hinterrand der vorherge-
henden Schuppen. Eine besondere Umwandlung erleiden die
Schuppen in der Nachbarschaft der Seitenfurche, die frei
von Knocheneinlagerungen dem Leib die Möglichkeit der Aus-
dehnung verschafft, welche ihm für Aufnahme von Athemluft
und von Nahrung erforderlich, aber durch die Starrheit des
Knochenpanzers erschwert ist. Auch hier überfängt der untere
Rand den oberen, so dass die Furche eine von oben geöffnete
Rinne darstellt. Der untere Saum des Rückenpanzers zeichnet
sich nun durch Verkümmerung oder, wenn man will, Zerfall
der Schuppen aus; nach den 5 typischen Knochenelementen
folgt eine schmalere Schuppe, auf diese aber zwei hintereinan-
derstehende kleine, alle drei zusammen haben die Grösse einer
gewöhnlichen Schuppe. An den Bauchgürteln des Panzers
existirt nur eine Saum-Schuppe, die etwas kleiner ist als die
übrigen, sich aber besonders durch eine deutliche Einwärts-
krümmung des freien oberen Randes auszeichnet.
Auf Grund dieser Skizze des Hautskelets von /’seudopus
würde es bei der nahen Verwandtschaft der beiden Gattungen
bereits möglich sein, für die recht verschiedenen Schuppenfor-
men des Propseudopus (Fig. 19—32) die einer jeden gebührende
Lagerstätte ausfindig zu machen, auch wenn es nicht gelungen
wäre, ein Stück der Beschildung des Mittelkörpers mit wenig
gestörter Lage der Theile zu präpariren. Der Hauptwerth dieser
Platte beruht darin, dass sich an ihr die Existenz der Seiten-
furche zweifellos nachweisen lässt. Man erblickt (siehe den
Holzschnitt °/, d. nat. Gr.) Reste dreier Rippen und unter diesen
einen Theil der rechtsseitigen Rückenschuppen r, r‘, r” von
der Innenfläche aus. Zwischen der ersten und zweiten Reihe
Ben
375
der Rückenschuppen deutet eine Vertiefung die Lage der
Wirbelsäule an; die 4 ersten Reihen sind in grosser Regel-
mässigkeit angeordnet, die fünfte (wozu r’ gehörig) ist mehr
zerrissen. Die nächstfolgende Reihe schmalerer Schuppen ist
vertreten durch r”, es fehlen auch nicht die noch kleineren
letzten Schuppen am oberen Rande der Furche (durch k be-
zeichnet). An den schmalen, aussen ziemlich covexen, innen
schwach rinnenförmig gebogenen Saumschuppen (s) des Bauch-
panzers und an den grossen dünnen, typischen Bauchschuppen
(b) endlich ist die sculptirte Aussenfläche sichtbar, beide ge-
hören ebenfalls der rechten Körperhälfte an. Durchgehends
ist die genaue Uebereinstimmung mit Pseudopus unverkennbar,
wenn auch einige kleine Verschiebungen stattgefunden haben.
Die Schuppen des Bauchpanzers müsste man sich natürlich nach
unten umgeklappt denken. Von diesem Rippenstück habe ich
einzelne früher abgesprungene Schuppen aufbewahrt, unter
welchen sich nicht nur kleine Furchenschuppen befinden, auf
die ich mich in meiner vorläufigen Publication berief, sondern
auch zwei doppeltgedeckte Schuppen der Dorsallinie und einige
wenige Rückenschuppen von der linken Körperhälfte.
Eine Anzahl einzelner Schuppen sind in Fig. 19 —32
dargestellt. Fig. 19 und 20 erkennt man als Nackenschuppe
durch ihre kurze, dicke Gestalt; Fig. 20 ist eine doppelt-
deekende Mittelschuppe, Fig. 19 eine nicht ganz regelmässige
rechte Seitenschuppe. Die typische Form am Mittelrücken
(Fig. 21, in Fig. 21a von der Unterseite dargestellt, um die
beiden regelmässig auftretenden Ernährungslöcher zu zeigen)
ist durch eine rechtsseitige und eine linksseitige (Fig. 22), die
schon gestrecktere und mit Kiel versehene des hinteren Rük-
kens durch eine linke Schuppe (Fig. 23) vertreten, die kleinen
Saumschuppen über der Furche durch 3 Exemplare verschiedener
Grösse (Fig. 26 — 28); die Bauchschuppen durch eine ge-
wöhnliche dünne, breite (Fig. 24) und eine schmale convexe
Saumschuppe (Fig. 25). Die breitere Schwanzschuppe (Fig. 30)
und die schmalere (Fig. 29) zeigen beide einen Ausschnitt
auf der gedeckten Seite und einen scharfen Längskiel, die letz-
tere den Ausschnitt am Hinterrande. Die Mittelschuppe der
Dorsalseite (Fig. 31) ist zwar wie am Rumpf vorn doppelt gedeckt,
die Gelenkfläche ist aber sehr kurz, die Seitenränder sind beide
eingebuchtet und das Hinterende verbreitert. Die Schuppen
der Bauch - Mittellinie (doppelt deckend) bilden ein mit der
Spitze nach hinten gekehrtes Dreieck (bei Pseudopus, ich fand
keine davon in dem fossilen Material). Die Schwanzschuppen
sind bei Propseudopus entschieden gestreckter als bei Pseudopus.
Ueber die Differenzen der anderen Schuppenarten, die jeden-
falls geringfügig sind, ist bei dem verschiedenen Alter der
376
Vergleichsexemplare kaum ein Urtheil möglich. An dem in
Zusammenhang gebliebenen Bruchtheil des Schwanzes kann
man feststellen, dass auf einen Wirbel immer zwei Schuppen-
gürtel entfallen. Die vordersten und hintersten Schuppen lassen
kaum eine Grössendifferenz erkennen, trotzdem das ganze Stück
10 em Länge misst. Es führt dies zu der Folgerung, dass
der Schwanz eine beträchtliche Länge gehabt haben muss, und
in Harmonie mit dem Rumpf dazu beitrug, dem Thiere eine
schlangenartige Form zu verleihen.
Die systematische Stellung der Steinheimer
Eidechse.
Während aus der Beschaffenheit des Schuppenkleides ohne
Weiteres die Zugehörigkeit des Propseudopus zu- den Ptycho-
pleuren (Zonuriden) hervorgeht, sodann die aus der Wirbelzahl
sich ergebende langgestreckte Gestalt mit Bestimmtheit auf die
schlangenähnlichen Gattungen der Gruppe hindeutet, und end-
lich die nähere Untersuchung den uns zunächst wohnenden
Repräsentanten, den Pseudopus, sicher als nahe verwandt er-
kennen lässt, so ist das Verhältniss zu den Nachbargattungen
schwieriger zu ergründen. Wenn man mit GÜNTHER (Reptiles
of British India) Ophisaurus und Dopasia mit Pseudopus ver-
einigt, so hat man allerdings keinen besonderen Grund, Pro-
pseudopus als Gattung abzutrennen, es bliebe aber doch die
Frage, ob eine eigene selbstständige Untergattung aufzustellen
sei. Bezüglich der Zahnentwickelung am Gaumendach würde
Propseudopus durch die Doppelreihe des Vomer alle drei Genera
(bezw. Subgenera) überholen, durch das breite Zahnfeld
am Pterygoid an Ophisaurus und Dopasia!) sich anschliessen.
Ueber einen Hauptcharakter, die Fussentwickelung, sind wir
im Unklaren, ebenso über die Schilder auf der Schnauze; in
anderen Charakteren, wie in der einfachen Bildung des Suprä-
orbitale, nähert sich Propseudopus dem Pseudopus, ebenso in der
anscheinend nicht 8, sondern nur 6 Reihen jederseits aufwei-
senden Beschuppung des Rückens (?).
Es ist also einmal die starke Entwickelung der Bezah-
nung, die es mir gerechtfertigt erscheinen lässt, Propseudopus als
eigene Gattung aufzufassen, sodann die Unmöglichkeit, sich
(wenn Pseudopus von Dopasia und Ophisaurus getrennt gehalten
wird, was doch wohl die Ansicht der Herpetologen bleiben
!) Ich sehe das Zahnfeld bei Dopasia auf dem Pterygoid fast ebenso
breit als bei Ophisaurus, die laterale Zahnreihe ist die grössere; Gray
unterscheidet Dopasia von Ophisaurus nur durch die Beschuppung des
Kopfes,
Piz fi;
SM
dürfte) über die Zugehörigkeit zu der Fussstummel tragenden,
bezüglich der gänzlich fusslosen Gattung zu entscheiden.
Betreffs der sonstig beschriebenen fossilen Funde wird theils
die fragmentäre Beschaffenheit der Reste, theils die nicht aus-
reichend genaue Beschreibung zum Hinderniss für einen sicheren
Vergleich. Mir selbst lagen nur einige Wirbel von Weisenau,
Eigenthum des königl. mineralogischen Museums in Berlin,
in natura vor. Diese weichen durch viel niedrigeren oberen
Dornfortsatz der Rückenwirbel so erheblich von dem Propseu-
dopus Fraasiü ab, dass höchstens an eine generische Identität
gedacht werden kann. H. v. Meyer erwähnt (Palaeontogr.
Bd. 7, 2. Lief., 1860) einen /seudopus, oligocän von Rott bei
Bonn; von diesem ist in Frankfurt (Mus. SEncKENB,) ein Exem-
plar vorhanden, aber noch nicht beschrieben. — O. Börtser,
Corbicula-Schichten pag. 197 (Palaeontogr. Bd. 24) charakte-
risirt seinen !) Pseudopus moguntinus folgendermaassen: „Ein
Längskiel auf dem parallelopipedischen Schildchen, von dem
nach links und rechts Runzeln ausgehen, charakterisirt die Art,
welche möglicherweise mit der in der oberoligocänen Braun-
kohle von Rott bei Bonn vorkommenden identisch ist.“ Dies
Kennzeichen trifft schliesslich auch für die Schuppen von Pseu-
dopus Pallasii zu, und selbst für die schwach sculpturirten
Schuppen von Dopasia und Ophisaurus ventralis. Wenn kein
Kiel auftritt (Nacken von Pseudopus) erscheint die Anordnung
der Runzeln mehr fächerartig. — F. KıskeLin (Die Schleusen-
kammer von Frankfurt-Niederrad und ihre Fauna, Bericht d.
SENCKENB. nat. Gesellsch. 1884, pag. 242) zählt miocäne Haut-
knochen, die mit solchen von Weisenau für identisch gehalten
werden, ebenfalls zum /seud. moguntinus v. Meyer |Börteer].
— Gervaıs, Zoologie et Paleontologie Frangaise pag. 258 ff.,
eitirt eine grosse Anzahl von Sauriern; hiervon könnten mög-
licherweise zwei Arten von Sansan, besonders weil dessen
Fauna der Steinheimer so entschieden verwandt ist, in Betracht
kommen und eine eingehende Vergleichung wünschenswerth
scheinen lassen, No. 7 „Anguis ? Bibronianus LARTET“, auf
t. 64, f. 12 einige Zähne, die keinen Schluss gestatten, ab-
gebildet, und No. 6 „Anguis ? Laurillardü Larter“, Abbild.
von einigen Zähnen und dem Os iscisivum auf t. 64, f£. 11
u. 14; die Wirbel sollen ganz nach dem Muster des Schelto-
pusik gebaut sein, so auch der Zwischenkiefer, zudem wird
der 4. Laurillardii als die grösste der genarnten Eidechsen-
. .) BörTTGeEr nennt ihn zwar hier „Ps. mog. v. MEver“, diese Be-
zeichnung ist aber nur aus Verseheu statt „/s. mog. BÖTTGER“ ange-
wandt; der Name stammt aus B.’s Schrift: Ueber d. Gliederung d.
Oyrenenmergelgruppe im Mainzer Becken, Ber. d. Senck. naturf. Ges.
1873 — 74, pag. 79.
Zeitschr. d.D. geol. Ges. XXX VII. 2. 19
318
arten bezeichnet; die Abbildungen sind (zumal da mir gerade
das Incisivum fehlt) aber ebensowenig wie obige Angaben ge-
nügend, um über die Identität oder den Grad der Verwandt-
schaft ein Urtheil zu erlauben. Schuppen werden gar nicht
erwähnt. .
Der Verfasser hielt es bei der grossen Vollständigkeit des
Steinheimer Exemplars und der sicheren Zugehörigkeit der
Reste zu demselben Individuum für geboten, durch ausführliche
Beschreibung und möglichst zahlreiche Abbildungen für andere
weitere Funde ein brauchbares Vergleichsobject in der Literatur
zu fixiren. Wenn er selber dieser Aufgabe sich unterzog,
trotzdem sie seinen Specialstudien ferner lag, so mag der Um-
stand ihn entschuldigen, dass eine berufenere Hand für die
Bearbe.tung sich nicht finden wollte.
3. Kritische Studien über die tertiäre Korallen-Fauna
des Vicentins nebst Beschreibung einiger neuer Arten.
Von Herrn Jonannes Ferıx ın Leipzig.
Hierzu Tafel XVII — XIX.
Während eines früheren, paläontologischen Studien ge-
widmeten Aufenthaltes in Berlin wurden mir von Herrn Ge-
heimrath Bryrıc# daselbst verschiedene Suiten von Versteine-
rungen zur Bestimmung übergeben, darunter auch eine sehr
umfangreiche Sammlung von Korallen aus dem vicentinischen
Tertiär. Dieselben waren zum grössten Theil von dem be-
kannten Führer und Petrefactenhändler MEneGuzzo, früher in
Montecchio maggiore, jetzt in Val d’Agno wohnhaft, erworben
worden; ein zweiter viel kleinerer Theil stammte aus dem
Nachlass eines anderen eifrigen Sammlers in jener Gegend,
Namens Taısarnı. Hierzu kamen noch zahlreiche Exemplare,
welche Herr Geheimrath Bryrıc# auf seinen Reisen in jenen
Gebieten persönlich gesammelt hatte. Die Bestimmung dieser
im Ganzen genommen sehr gut erhaltenen Korallen geschah
natürlich hauptsächlich auf Grund der schönen Arbeiten von
p’Acuıarvı und Revss, wobei ich jedoch bald bemerkte, dass
-mir in vielen Fällen ein reicheres Material vorlag, als dasjenige
der beiden genannten Forscher gewesen sein konnte. Ich
war daher bisweilen genöthigt, den Umfang einer Art zu er-
weitern, in anderen Fällen schien es mir angemessen, meh-
rere Species, zumal solche des Wiener Paläontologen, zu ver-
einigen, in noch anderen Fällen mussten Korallen zu anderen
Gattungen gestellt werden, als unter denen sie zuerst beschrie-
ben worden waren. Schliesslich stellten sich auch einige For-
men als neu heraus. Ausser dem oben genannten, im königl.
paläontologischen Museum in Berlin befindlichen Material konnte
ich eine Suite von Vicentin- Korallen in der Privatsammlung
des Herrn Dr. Bönm daselbst benutzen,. sowie eine ebenfalls
nicht unbeträchtliche Collection, welche ich selbst von einer
Reise durch das vicentinische Gebirge mitgebracht habe. Als
die Summe aller an diesem ausserordentlich reichen Material
gemachten Beobachtungen resultirte die folgende kleine Ab-
handlung. Es muss jedoch besonders bemerkt werden, dass
192
1
dieselbe sich nicht auf die gesammte, bekanntlich ungemein
formenreiche Korallenfauna des Vicentins erstreckt, sondern in
Folge gewisser hier nicht näher zu erörternder Verhältnisse
leider nicht zu Ende geführt werden konnte.
Für die gütige Ueberlassung des schönen Materials im
Berliner Museum kann ich schliesslich nicht unterlassen, auch
an dieser Stelle Herrn Geheimrath Berkıch meinen herzlichsten
Dank auszusprechen.
380
Turbinolidae.
Trochocyathus eyelolitoides BeLL. sp.
Reuss, Pal. Studien III., pag. 5, t. 37, f. 3—5.
pD’AcHıardı, Corall. foss. I., pag. 17, t. 1. f. 1.
Den bereits von p’AcHıarnı und Reuss gegebenen Be-
schreibungen dieser Art möchte ich nur wenige Bemerkungen
über einige besonders grosse mir vorliegende Exemplare hin-
zufügen. Die allermeisten Stücke von Trochocyathus eycloli-
toides sind bedeutend breiter als hoch; mit zunehmendem Alter
jedoch wächst der Durchmesser des Polypars nur sehr langsam,
während der Kelchrand mehr oder weniger vertical emporzu-
steigen beginnt.) So war ein Exemplar 37 mm lang, 32 mm
breit und 17 mm hoch, während ein anderes in der Länge
44 mm, in der Breite 32 mm, in der Höhe jedoch schon
30 mm mass. Bisweilen bildet sich dann auch eine mittlere
Einschnürung, welche noch nicht beobachtet worden zu sein
scheint. Bei einem Exemplar war dieselbe nur schwach an-
gedeutet, indem dasselbe 38 mm lang, 28 resp. 30 mm breit
und 21 mm hoch war, bei einem anderen hingegen sehr stark.
ausgebildet. Die dadurch entstandenen beiden Partieen des
Kelches waren übrigens sehr verschieden breit. Da das be-
treffende Stück gleichzeitig das grösste sämmlicher mir be-
kannten Exemplare darstellt, lasse ich noch die Angaben
seiner Dimensionen folgen. Die Länge des Kelches beträgt
82 mm, die Breite desselben an der Einschnürung 32 mm,
diejenige der grösseren Hälfte 55 mm, die der kleineren 47 mm.
Der Kelch war bei diesem Exemplar leider so fest mit Tuff
ausgefüllt, dass eine Zählung der Septen nicht ausführbar war.
Ausser von San Giovanni Ilarione ist diese Art bekannt
von La Palarea bei Nizza und von Annot in den Basses Alpes.
») Auf die Variabilität von Trochocyathus cyclolitoides hat auch
PrArz bereits aufmerksam gemacht. Vergl. Eocäne Korallen aus der
Libyschen Wüste in Zırter, Lib. Wüste, Palaeontogr. Bd. 30, pag. 224,
Anm. 2.
381
Duscan !) erwähnt sie auch aus der ober-eocänen (oder oligo-
cänen?) Nari-Gruppe von Sind (Ost-Indien). Auf der Abbil-
dung ]. c. t. IX, f. 15 zeigt indess das betreffende Exemplar
nur 97 Septen, also 5 vollständige Cyclen, während eigentlich
6 Cyelen vorhanden sein müssen. Im Text (pag. 72) wird die
Anzahl der Septen nicht angegeben. p’AcHıarpı (]. c. pag. 17)
schreibt allerdings, die Lamellen seien zalreich, nie weniger
als 5 Cyelen bildend; ob mehr da seien, liesse sich schlecht
beurtheilen. Rruss dagegen zählte 6 complete Cyclen (194 bis
198 Septa) und auch ich fand an einem wohlerhaltenen Kelche
ca. 170 Septen. Die Identität des indischen Exemplares mit
Trochocyathus cyclolitoides BELL. sp. ist deshalb vorläufig nicht
ganz sicher. Schliesslich sind ziemlich schlecht erhaltene und
deshalb ebenfalls nicht sichere Stücke dieser Koralle von
PrATzZ?) und mir?) aus dem Eocän des Mokattam bei Cairo
beschrieben worden.
Smilotrochus incurvus D ÄCHIARDI,
Reuss, Pal. Stud. Ill, pag. 6, t. 38, f. 9 u. 10.
p’AcHsardı, Cor. foss. I, pag. 20, t. 2, £.1.
Von dieser Art liegt mir eine prächtige Serie von Exem-
plaren vor, in welcher sich alle Altersstufen vertreten finden,
von den kleinsten Jugendformen an bis zu alten, ansehnliche
Dimensionen erreichenden Polyparien. Besonders um die Unter-
schiede dieser Art von der folgenden Species zu veranschau-
lichen bzw. die Selbstständigkeit letzterer zu begründen, lasse
ich die Angaben der Dimensionsverhältnisse einiger Exemplare
nebst Beifügung der Anzahl ihrer Septallamellen folgen. Da
diese Art sich in ihrem unteren Theile in der Richtung der
kürzeren Queraxe des Kelches hakenförmig krümmt, so unter-
scheide ich bei derselben zwischen Höhe und Länge des Poly-
pars und verstehe dabei unter Höhe die Entfernung des spitzen
Endes von der durch den Kelchrand gelegten Ebene, und unter
Länge die Entfernung des spitzen Endes von dem Kelchrand,
gemessen in der Medianlinie der convexen Seite des Polypars.
In dem Verhältniss zwischen Höhe und Länge des Poly-
pars hat man- dann gleichzeitig den Grad der Krümmung
desselben.
1) Duncan, Sind fossil Corals and Alcyonaria. Mem. of the Geol.
Survey of India, Ser. XIV, Vol. I, 1, pag. 72, t.9, f. 14-18
rer lc. pas. 233, t. 35,.f. 51.
°) Korallen aus ägypt. Tertiär-Bild. Diese Zeitschr. 1884, pag. 429.
382
Axenverhältnisse . Höhe und Länge
- des Kelches. des Polypars.
No::.... 1: 9.0 „mm 95 mm 10 mm
No...12., 233718802 6: 4; 2a.
No. III. 44 : 26,5 „ re 44 „
No, IV 52 EAST 40 „ 532%
Das Exemplar No. II besass ca. 62 Septen, also 4 com-
plete Cyclen und einen fünften unvollständigen Cyelus. Auf
der Aussenwand zählte ich dagegen 75 Rippen. Da die
Septen jedoch den Rippen entsprechen, so dürften auch sie in
gleicher Anzahl vorhanden gewesen sein und nur durch den
ungenügenden Erhaltungszustand des Kelches unkenntlich ge-
worden sein. Das Exemplar No. III besass ca. 130 Septen,
also 5 complete und einen sechsten unvollständigen Cyelus.
Bei dem letzten Exemplar (No. IV) — dem grössten mir vor-
liegenden — war dieser sechste Cyclus noch etwas mehr ent-
wickelt, denn man zählte 146 Septen. Bei der Mehrzahl der
Exemplare sind alle Rippen in der mittleren und oberen Partie
der Polyparienwandung fast vollständig gleich, nur gegen den
Kelchrand zu schieben sich einige dünnere und sehr kurze
Rippen ein. Reuss giebt an, die Rippen seien fein und regellos
gekörnt. Bei den meisten grösseren Exemplaren ragen sie
jedoch scharf lamellenartig hervor und eine Körnelung ist
alsdann nicht mehr wahrzunehmen.
Es liegen mir 32 Exemplare aus dem Tuff von San Gio-
vanni Ilarione vor.
Smilotrochus cristatus nov. SP.
Taf. XVII, Fig. 1,2, 3.
Wenngleich diese Art mit der vorigen sehr nahe verwandt
ist, so unterscheidet sie sich doch genügend durch geringere
Anzahl der Septen und abweichende Berippung der Aussen-
wand. Die Gestalt des Polypars ist im Allgemeinen wie bei
Smilotrochus incurvus DAcH., nur sind die Exemplare durch-
schnittlich etwas mehr gestreckt und die Form wird dadurch
schlanker. Die Biegung des unteren spitzen Endes ist ver-
schieden. Besonders die Jugend - Exemplare sind meist sehr
schlank, dabei bisweilen wenig, oft jedoch sehr stark und un-
regelmässig gebogen. Der Kelchumriss ist stets elliptisch, die
Kelchgrube ziemlich stark vertieft, Bei zwei Exemplaren
zeigte der Kelch eine leichte Einbuchtung. Es mögen auch
hier zunächst die Dimensions- Angaben einiger Stücke folgen,
983
Axenverhältniss Höhe und Länge
des Kelches des Polypars.
Na... .1.,:10 2 87 %mm 7 mm 14 mm
Nos.Hl, 2088: 15, 4 14 „ Dt
N TS N
rs Ne a on a
a m DE er
Bei dem Exemplar No. I war eine Zählung der Septen
im Kelch nicht ausführbar, es besass jedoch auf der Aussen-
wand gegen 30 Rippen. Da diese den Septen direct ent-
sprechen, so wären 3 vollständige und ein vierter unvollstän-
diger Cyclus von Septallamellen vorhanden. Das Exemplar
No. II besass 48 Rippen resp. Septen, also 4 complete Cyclen,
während das ungefähr gleich alte Exemplar No. II von Smilo-
trochus incurvus 75 Rippen, also einen weiteren fünften, wenn
auch unvollständigen Cyclus aufwies. Das Stück No. V zeigte
gegen 96 Septa und ebenso viele Rippen, also 5 vollständige
Cyelen, während das der Grösse nach ungefähr entsprechende
Exemplar No. IV von Smilotrochus incurvus 146 Septa aufwies,
also noch einen bereits etwas über die Hälfte entwickelten
6. Cyclus besass.. Von jenen 96 Septen waren 24, also die
der ersten 3 Cyclen ungefähr gleich entwickelt. Zwischen
ihnen fanden sich je 3 kürzere, von welchen wiederum das
mittlere Septum etwas länger war als die beiden seitlichen.
Die Rippen der Aussenwandung des Polypars sind von der
unteren Spitze an sehr deutlich; sie ragen bis fast 2 mm
empor, sind also höher und schärfer als bei der vorhergehen-
den Art und dabei stets sehr ungleich, indem sie in ihrer
ırösse genau den Septalcyclen entsprechen. Doch können die
den ältesten Cyclen angehörenden Rippen untereinander gleich
werden, wie dies ja auch mit den Septen der Fall ist. Bei
dem Exemplar No. II befand sich zwischen 2 stärkeren Rip-
pen jedesmal eine schwächere. Zwischen den Rippen, besonders
in den oberen Partieen der Polyparien finden sich Intercostal-
querblättchen, welche bei Smilotrochus incurvus fehlen. Die
Wandflächen zwischen den Rippen waren bei einigen Exem-
plaren deutlich dicht gekörnelt.
Sämmtliche mir vorliegende Exemplare stammen von San
Giovanni Ilarione.
Smilotrochus undulatus nov. sp.
Taf. XIX, Fig. 4.
Das Polypar war frei, wenigstens waren keine Spuren
einer ehemaligen Anheftungsfläiche an dem einzigen mir vor-
liegenden Exemplare wahrzunehmen, es ist gerade und seitlich
384
stark comprimirt, so dass es eine keilförmige Gestalt besitzt.
Der Kelch ist lang elliptisch, seine grössere Axe misst 79 mm,
seine kleinere 40 mm. Die Höhe des Exemplars beträgt 48 mm.
Die Zahl der Septallamellen ist ca. 130, die des letzten
Cyclus sind sehr kurz, die Aussenwandung ist nicht beson-
ders gut erhalten, da sie zum grösseren Theile von Bryozoen
überkrustet ist; sie ist wellig längsgebuchtet und zeigt ausser-
dem einzelne sehr flache Ring - Wülstee Die Anwachslinien
verlaufen ebenfalls wellig., Ferner finden sich Längsrippen,
welche verschieden stark hervortreten, aber zu ungenügend
erhalten sind, als dass man Ausführlicheres über dieselben
sagen könnte.
Diese, wie erwähnt nur in einem Exemplar vertretene
Species stammt ebenfalls von San Giovanni Ilarione und unter-
scheidet sich von den beiden vorhergehenden Arten durch
andere Gestalt des Polypars und abweichende Beschaffenheit
der Aussenwand.
Trochosmiliaceae.
Trochosmilia acutimargo Rs.
Syn. Zrochosmilia profunda p. p. Reuss, Paläont. Studien 1, pag. 11,
Par le non I)
Der Beschreibung dieser Art durch Reuss (Pal. Stud. III,
pag. 26) könnte ich nur hinzufügen, dass die Seitenflächen der
Septallamellen mit ziemlich groben Körnchen besetzt sind,
welche letztere in Reihen angeordnet sind, die dem Oberrand
der Septen parallel laufen.
Diese Art ist am häufigsten an der Fontana bona di San
Lorenzo, findet sich jedoch auch am Monte Grumi und Monte
Carlotta.
Lithophylliaceae.
Leptazxis expansa noV. Sp.
Taf. XIX, Fig. 3.
Das Polypar ist kreiselförmig, das untere Ende spitz,
ohne Spur einer ehemaligen Anheftungsstelle; es ist 27 mm
hoch. Der Kelch besitzt einen elliptischen Umriss, er ist
50 mm lang und 40 mm breit; sein Rand ist an einigen,
Stellen ganz leicht eingebuchtet und hier schwach nach ab-
wärts gebogen. Uebrigens ist der Kelch ganz flach; es finden
sich in ihm 190 Septa, also fast vollständige 6 Cyclen. Die
Seitenflächen der den Kelchrand nur wenig überragenden Septal-
lamellen sind glatt; wenigstens war eine Körnelung derselben
nicht sichtbar. Ihr Oberrand ist meist nicht intact erhalten,
doch glaubte ich an vereinzelten Stellen eine feine Zähnelung
S
uw
385
desselben wahrzunehmen. Die Columella erscheint als ein
dünnes, langes Blatt von fein spongiöser Structur und 'gekräu-
selter Oberfläche, sie ist übrigens nur zum Theil erhalten.
Die Mittelspalte des Kelches ist ausserordentlich eng, nämlich
nur etwa 1 mm weit.
Die Aussenwand des Polypars ist mit zahlreichen Längs-
rippen bedeckt, welche sich nach oben zu durch Einschieben
neuer vermehren; sie sind sämmtlich gekörnelt, soweit sie gut
erhalten sind, meist ist jedoch diese Körnelung in Folge von
Verwitterung verschwunden, welche letztere sich auch dadurch
bemerkbar macht, dass stellenweise die Wandung des Polypars
fehlt und die Endothekallamellen aussen sichtbar werden. Die
Rippen entsprechen übrigens genau den Septen.
Von der durch Reuss beschriebenen Leptaris elliptica
(Pal. Stud. I, pag. 13, t. I, f. 9) aus den Castelgomberto-
Schichten sowie den durch v’AcHıarnı bekannt gewordenen
Arten aus dem Eocän des Friaul unterscheidet sich Leptaxis
erpansa besonders durch den ausgebreiteten, sehr flachen Kelch
mit der langen, schmalen Centralgrube.
Das einzige mir vorliegende Exemplar stammt von San
Giovanni Ilarione.
Leptomussa elliptica Rs. sp.
Taf. XVII, Fig. 1—4.
Syn. Coelosmilia elliptica Revss, Pal. Stud., Abth. I, pag., 140 [12],
va Albin IllN pac227,.t.46, 1 1 3
Epismihia glabrata Revuss, Pal. Stud., Abth. I, pag. 170 [42],
EEE.
Von der durch Reuss als Coelosmilia elliptica Rs. beschrie-
benen Koralle liegen mir zahlreiche Exemplare vor und unter
diesen solche, bei welchen der obere Rand der Septen völlig
intact erhalten war und sich als deutlich gezähnt erwies. Man
wird daher diese Koralle von den Trochosmiliaceae zu den Li-
thophylliaceae versetzen müssen. Da eine Columella und Pali
fehlen, so kämen von dieser letzteren Familie die Gattungen
Monilivaultia, Leptophyllia und Leptomussa in Betracht. Coe-
losmilia elliptica besitzt nun in dem oberen Theil des Polypars
— wenigstens ist dies die Regel — mehr oder minder hervor-
tretende Rippen, welche scharf und leistenartig sind. In Folge
dessen ist eine Zurechnung des Fossils sowohl zu Montlivaultia
— wo die Aussenfläche glatt und ungerippt ist — als auch zu
Leptophyllia, welche nicht so kräftige und stark hervorstehende,
sondern mehr niedrige und einfach gekörnelte Rippen besitzt,
ausgeschlossen. Doch müsste man zunächst auch Bedenken
tragen, die uns beschäftigende Koralle zu der von p’AcHIarDI
386
aufgestellten Gattung Leptomussa!) zu stellen, da die Rippen
bei Coelosmilia elliptica Rs. bloss im oberen Theil der Poly-
parien oft nur am Kelchrande auftreten, während bei Zepto-
mussa die Wandung völlig berippt sein soll. In dem von mir
untersuchten Materiale fanden sich indess Uebergänge von
solchen nur theilweise berippten Exemplaren zu vollständig
berippten, andererseits aber auch zu fast völlig glatten, welche
letztere von Reuss als Epismilia glabrata Rs. beschrieben wor-
den sind. Theils um diese Vereinigung von Coelosmilia elliptica
und Epismilia glabrata resp. deren Translocirung zur Gattung
Leptomussa »’AcH. näher zu begründen, theils weil das mir
zur Verfügung stehende Material ein sehr reiches war — es
lagen mir über 40 Exemplare vor — dürfte eine nochmalige
Beschreibung dieser Art nicht überflüssig sein.
Leptomussa elliptica Rs.sp. ist nicht nur in der Beschaffen-
heit ihrer Aussenwand, sondern auch in ihrer Gestaltung ganz
ausserordentlich variabel, indem manche Exemplare sehr niedrig
bleiben und mit ziemlich breiter Fläche angewachsen sind,
andere sich nach unten stielartig verschmälern oder selbst eine
langgestreckte und spitzconische Gestalt annehmen. Der untere
Theil der Polyparien ist häufig schwach und unregelmässig
gebogen. An der Fontana bona di San Lorenzo finden sich
Exemplare, welche im Verhältniss der Kelchdurchmesser sehr
niedrig bleiben, doch können sie an derselben Fundstelle auch
höher werden und stattliche Dimensionen annehmen.
Einige Messungen werden die Gestalt veranschaulichen.
Kelch-Axen Höhe des Polypars.
98 : 43 mm 85 mm
52:46 „ aa
48: 38 „ 50,
68: 36 , ON
50:30 „ se
SIT} 138)
N 78
Die Exemplare von Montecchio maggiore (S. Trinita und
Monte Bastia) zeichnen sich im Allgemeinen durch eine mehr
schlanke Gestalt aus. Bisweilen verlängert sich das untere
Ende ganz beträchtlich, so dass fast subeylindrische Formen
entstehen. Doch fehlen auch hier kürzere Formen nicht.
Die Dimensionen einiger Exemplare sind folgende:
1) n’Achsaropı, Oorall. foss. del terr. numm. dell’ Alp. Ven., Parte II,
pag. 7.
387
Kelch-Axen Höhe des Polipars
36 : 3l mm 42 mm
43 © 27 „ 94 „
Als 23 9, 73 „
50 < 25 9 90 „
Was die Stücke von Lugo-Calvene anlangt, so sind
die meisten spitz-conisch bis subeylindrisch. Eins derselben
(Taf. X VIII, Fig. 4) läuft in eine vollkommene Spitze aus und
zeigt am unteren FEinde eine lange seitliche Anheftungsfläche.
Leider ist gerade bei diesem Exemplar die Aussenwand sehr
schlecht erhalten. Die Dimensionen zweier Stücke von Lugo-
Calvene sind folgende:
Kelch-Axen Höhe des Polypars.
SA nen 73 mm
46 : 28 Fe 123 „
Am Allgemeinen ist die Anheftungsfläche des unteren
Endes nicht besonders gross. Die Kelche sind stets elliptisch,
mehr oder weniger verlängert, öfters auch mit unregelmässigen
Einbuchtungen versehen. Die Vertiefung derselben ist ver-
schieden, die Mittelspalte stets sehr eng. Auch die Anzahl
der Septen ist bei den mir vorliegenden Exemplaren ziemlich
variirend, steht jedoch fast immer im Verhältniss zu den Di-
mensionen des Kelches. Ein Wachsthum des Polypars in die
Höhe bei keiner oder nur geringer Zunahme seines Durch-
messers kann jedoch auch ohne Vermehrung der Septen statt-
finden. Auch hier dürften ein paar Angaben der Dimensionen
und der Anzahl der Septen einiger Exemplare diese Verhält-
nisse veranschaulichen.
Höhe Anzahl
Kelch-Axen d. Polypars. d. Septen.
295 : 20 mm 40,5 mım 174
31°.:121399,, a, 60 (nach Reuss)
43:25, 5a 130
H2rAA679 L 42a N iber 72:
Der obere Rand der Septen ist, wie schon oben bemerkt,
bei gut erhaltenen Exemplaren deutlich gezähnt. Ihre Seiten-
flächen sind mit Körnern besetzt, welche sich besonders an
dem Rand derselben in sehr deutliche verticale oder etwas
schräg zu letzterem stehende Reihen gruppiren. Endothekal-
lamellen sind mässig zahlreich, eine Columella fehlt.
Dem grössten Wechsel bei dieser Art ist nun die Berip-
pung der Aussenwand unterworfen. Während manche Exem-
388
plare fast vollkommen glatt bleiben, zeigen sich andere gänz-
lich mit kräftigen, scharf leistenartig hervortretenden Rippen
bedeckt. Um eine wenigstens einigermaassen vollständige Reihe
von Formen , welche den Uebergang von dem einen der ge-
nannten Extreme zum anderen bilden, zur Anschauung zu
bringen, sind auf Tafel X VIII, Fig. 1—3 einige Exemplare
abgebildet, welche sich mit den bereits von Rruss gegebenen
treiflichen Darstellungen dieser Art (inel. der Abbildung von
Epismilia glabrata Rs.) zu einer solchen Serie zusammenfügen
lassen.
Ein fast glattes Exemplar ist von Rruss, wie eben er-
wähnt, als Epismilia glabrata Rs. beschrieben und abgebildet
worden (Rruss, Pal. Stud., Abth. I, pag. 170 [42], t. L, f. 11,
übrigens das einzige, welches Reuss vorlag). Es stammt
vom Monte Viale.e. Von der Aussenwand desselben sagt er,
sie sei in ihrer gesammten Ausdehnung mit einer dicken,
glatten Epithek überkleidet, an der nur hin und wieder Spuren
sehr schwacher Längsrippen und sehr flacher Querwülste
zu bemerken seien. An dieses Exemplar würde sich in Hin-
sicht auf Zunahme der Berippung das von mir auf Taf. XVIII,
Fig. 3 abgebildete Stück von Montecchio maggiore anschliessen,
bei welchem am Kelchrand deutliche, wenngleich noch schwache
und kurze Rippen auftreten. Hierauf käme das von Reuss
t. 46, f. 3 (vom Monte di Carlotta), dann das ebenda t. I, f. 5
(vom Monte Grumi), ferner das t.46, f. 1 (vom Monte di Car-
lotta) dargestellte Exemplar, und schliesslich die von mir auf
Taf. XVII, Fig. 1u.2 abgebildeten Stücke (von der Fontana
bona di San Lorenzo). Letztere wird wohl Niemand Bedenken
tragen zu Leptomussa zu stellen, zumal da ich an besonders
gut erhaltenen Stellen eine feine Kerbung der Rippen beob-
achten konnte. Da letztere indess nicht tief geht, so ist sie
meist durch eine selbst sehr geringe Abreibung der Exemplare
verschwunden.
Besonders hervorzuheben ist bei Leptomussa elliptica Rs.
sp. schliesslich die Tendenz Querwülste zu bilden, die sich
oft zu starken Einschnürungen oder sog. Verjüngungsprocessen
(MiLascHEwirz) steigern können. An den ehemaligen, mehr oder
weniger deutlich erkennbaren Kelchrändern sind dann die Rip-
pen besonders kräftig und oft selbst kantig hervorspringend.
Doch sind auch bei den flacher gewulsteten Formen die Rippen
niemals gleichmässig stark, sondern über der Mitte der Wülste
oder etwas darüber am meisten hervortretend, so dass sie in
gerundete Lappen oder einzelne Bogen zerschnitten erscheinen
(vergl. Taf. XVII, Fig. 1 u. 2; Reuss, t. I, f. 5), während
die eingeschnürten Theile mehr oder weniger glatt bleiben.
Unter sich sind die Rippen sehr ungleich, indem am Kelchrand
389
zwischen zwei stark vorspringenden Rippen eine oder drei
schwächere eingeschoben sind, in welchem letzteren Falle dann
die mittelste dieser drei ihrerseits die beiden seitlichen etwas
überragt. — Es lagen mir über 40 Exemplare vor, welche sich
auf folgende Fundorte vertheilen: Fontana bona di San Lo-
renzo, Monte Grumi, Montecchio maggiore und Lugo-ÜOalvene.
Reuss führt sie vom M. Grumi, M. Viale und M.diCarlotta an.
Anm. Es mag hier erwähnt werden, dass meiner Mei-
nung nach die von Reuss als Leptomussa abbreviata beschrie-
bene Koralle ) mit ZLeptomussa variabilis p’ ACHIARDL?) zu ver-
einigen ist. Nach Reuss soll sie sich durch „sehr abweichende
Gestalt des Polypenstocks“ unterscheiden. Indess hat bereits
p’Acmıaspı dargelegt und durch zahlreiche Abbildungen |. c.
erläutert, wie mannichfaltig gestaltet Leptomussa variabilis sein
kann. Es ist daher die von Reuss angegebene Differenz
durchaus nicht hinreichend, eine neue Art zu begründen.
Uebrigens macht das von ihm abgebildete Exemplar ganz den
Eindruck, als sei das untere Ende desselben nur abgebrochen
(vergl. Taf. XVIII, Fig. 3a).
Antillia cylindroides Rs. sp.
Syn. Circophyllia cylindroides Reuss, Pal. Stud., Abth. II, pag. 235
[23], t. 17, f. 9-10. — Parasmilia crassicostata Reuss, Pal.
Stud., Abth. I, pag. 140 [12], t. 1, f 6.
Die Gestalt des Polypars ist ziemlich wechselnd, im All-
gemeinen ist sie cylindrisch oder walzenförmig, bald sehr
niedrig, bald hoch. Meist ist dasselbe mit breiter Anheftungs-
fläche aufgewachsen gewesen, doch kann letztere auch ziemlich
klein werden, indem das Gehäuse sich nach unten verschmälert
und so umgekehrt kegelförmige Formen entstehen. Einige
Dimensionsangaben werden die Gestalt veranschaulichen,
Kelch-Axen. Höhe des Polypars.
18: 16 mm 9 mm
14: .L;43; 2 ls,
a ee die
On: 193, 30.165
Der Durchmesser des kleinsten Stückes betrug 10 mm,
der des grössten 24 : 2l mm.
Bisweilen zeigen sich Einschnürungen oder sogen. Ver-
Jüngungsprocesse. Zwei Exemplare besassen kleine Seiten-
D) Reuss, Pal. Stud. ıl, pag. 237 [25], t. 18, f. 3.
°) D’AcHsarpı, Cor. foss. dell’ Alp. Ven. P. II, pag. 7, t.VII, 1-9.
390
knospen. Ferner finden sich ringförmige Reste einer Epithek.
Bei dem grössten Exemplar betrug die Anzahl der Septen ca.
80, also 4 complete Cyclen und einen 5. unvollständigen
Cyclus, doch zählte ich auch bei den kleineren Stücken stets
wenigstens 4 vollständige Cyclen. Die freien, vertical laufenden
Aussenränder der Septallamellen (Rippen der Aussenwand bei
Reuss) sind bald fast gleich, bald schiebt sich zwischen zwei
stärkeren derselben je eine schwächere ein, oder — freilich
seltener und nur gegen den Kelchrand zu — es finden sich
zwischen zwei stärkeren 3— 5 — 7 schwächere. Alle sind
scharf gekörnelt.e. Der obere Septalrand bildet erst einen
bogenförmigen, den Kelchrand hoch überragenden Lappen,
hierauf folgt ein mehr oder weniger tiefer Einschnitt, darauf
erhebt sich der Rand bei den Septen des 1. uud 2. Cyelus zu
einem hohen, zahnartigen Lappen, aui welchen noch ein nie-
driger Zahn folgt. Der erste Lappen ist für sich fein gezäh-
nelt,. die beiden inneren Zähne können sehr nahe aneinander-
rücken, wohl sogar zu einem einzigen verschmelzen, sie machen
unter Umständen, basonders wenn der Einschnitt zwischen
ihnen und dem Randlappen des Septums mit Gesteinsmasse
ausgefüllt ist, den Eindruck von Pali. Dieser complieirte
Rand der Septallamellen ist natürlich nur selten zu beob-
achten und scheint auch bei keinem der von REuss unter-
suchten Exemplare vorhanden gewesen zu sein. Die Septen
des 1. und 2. Oyclus sind gleichzeitig am dieksten und reichen
bis zur Oolumella, welche wohl entwickelt und von spongiöser
Structur ist. Die Oberfläche derselben ist gekörnelt. :
Parasmilia crassicostata Reuss, welche Art übrigens nur
auf ein einziges Exemplar begründet ist, weiss ich nicht
von Antillia cylindroides zu trennen. Reuss führt sie vom Monte
Grumi an, mir lagen Exemplare vor von dem demselben Ni-
veau angehörenden Fundort Fontana bona di San Lorenzo,
welche ich zu /arasm. crassicostata rechnen musste, die sich
aber bei guter Erhaltung des Kelches als mit Ant. cylindroides
identisch erwiesen.
Es bleibt noch übrig, die Stellung der beschriebenen Ko-
ralle zu Antillia zu rechtfertigen. Die Gattung Antillia
wurde 1863 von Duxcan !) aufgestellt und folgende Diagnose
von ihr gegeben: „Coral simple, with more or less dentate
septa, a columella, an epitheca, and both, an endotheca and
exotheca. Costae variously granulated, tuberculated, spined or
crested.“ An der eitirten Stelle werden auch ihre Beziehungen
zu den beiden nächstverwandten Gattungen Montlivaultia und
1) Duncan, On the foss. Corals of the West-Indian Isl., Part. 11.
Quart, Journ. of the geol. Soc. 1863, Bd. XX, pag. 28.
891
Circophyllia dargelegt und dabei Antillia durch folgende Eigen-
schaften charakterisirt:
„Epitheca membraniform, well developed. Columella well
developed, essential. Septa both in rounded lobes and as in
Montlivaultia.“
Was die membranförmige Epithek anlangt, so ist die-
selbe oft vollständig verschwunden, oft nur noch in Resten
erhalten. Sie ist glatt oder leicht concentrisch gerunzelt. Die
von Duxcan beschriebenen Arten zerfallen nun, nach der Be-
schaffenheit des oberen Septalrandes, wie es auch aus der
Diagnose Duncan’s selbst hervorzugehen scheint, in 2 Gruppen,
von welchen die eine diejenigen Arten umfassen würde, bei
denen der Septalrand, wie bei Montlivaultia, einfach in un-
regelmässige Zähne zerschnitten ist, während bei der
zweiten Gruppe der Rand der Septen, wie bei Circophyllia,
ganz oder doch theilweise in gerundete Lappen zertheilt
ist. Ein Vertheilen der einzelnen beschriebenen Arten von
Antillia bloss nach den Beschreibungen und Abbildungen hat
zwar Schwierigkeiten, soll aber wenigstens versucht werden.
Zu der 1. Gruppe (Septalrand in unregelmässige Zähne zer-
schnitten) dürften folgende Formen zu rechnen sein:
1. Antillia ponderosa M. Eow. et J. H. sp. (Duxcan,
Foss. Cor. of the W.]1. Isl., Part. I), pag. 441, t.XVI,
i. 6 [daselbst noch als Montlivaultia ponderosa beschrie-
Beni Bart. Il, page. 28, 1.9, 5);
2. Antillia bilobata Duncan, |. c. Part. II, pag.3l,
Geil 4.3:
3. Antillia plana Duscan, Sind foss. Corals, l.c. pag. 84,
t. XXI, f.5 und Annals and Mag. of Nat. Hist. 1864,
Bd. 15, pag. 300, t. 18, f. 5-
Zu der 2. Gruppe (Septalrand ganz oder theilweis in ge-
rundete Lappen zerschnitten) kämen dann die weiteren Arten:
4. Antillia Lonsdaleia Duncan, ]. c. Part. II, pag. 30,
Ferslll,, 1.4;
5. Antillia dentata Duncan, |. c. Part II, pag. 29,
1
6. Antillia indica Duncan, Sind foss. Cor. pag. 84,
BERERXIV, Sf. DI.
Die erste dieser Gruppen dürfte nun zusammenfallen mit
der von FRoMENTEL?) 1865 aufgestellten Gattung Cyathophyllia,
2) Quart. Journ. of the Geol. Soc. Bd. XIX, 1863, pag. 406.
”) Pal. Franc. Terr. jur. Zoophytes pag. 86.
392
wie denn auch Duncan !) selbst seine Gattung Antillia für iden-
tisch mit der von FRroMENTEL aufgestellten hält (vergl. Duncan,
Foss. Cor. of the W. Ind. Isl. Part. IV; Quart. Journ. 1867,
Bd. XXIV, pag. 17 und besonders: On the older Tertiary
formations of the W. Ind. Isl.; Quart. Journ 1873, Bd. XXIX,
pag. 956 — 557). Ich glaube indess, dass man beide Gat-
tungen wird bestehen lassen können, nur muss man dann
Antillia etwas enger definiren. Es könnte zwar nach einigen
Angaben in der neueren Literatur scheinen, als ob die Colu-
melia bei Antillia und Cyathophyllia verschieden ausgebildet
sei und deshalb eine Zurechnung gewisser Antillia- Arten zu
letzterer Gattung nicht statthaft sei. In Zırrer’s Handbuch
der Paläontologie (Bd. I, pag. 250) wird nämlich die Columella
von Antillia „lamellär“ genannt und v. Fritsch trennt die Gat-
tungen Leptaris und 4Antillia wie folet?): Axe plattenförmig,
von schwammiger Beschaffenheit: Leptaxis. Axe plattenförmig,
aus einem Blatt bestehend: Antillia. Duncan selbst aber giebt
bei Antillia dentata°?) an: „The columella is seen at the bottom
of the fossa; its surface is flat, and is formed by the blunt
terminations of the constituent twisted sclerenchyma; it is not
papillose, but dense and spongy.“ Bei Jntillia Lonsdaleia*)
schreibt er: „The columella is essential, but its bulk is com-
posed of the ends of the septa and the terminations of the
innermost dissepiments.“ Diese Art besässe also ebenfalls
eine spongiöse Axe. Unsicher ist dies bei Antillia bilobata
Dvuxc.°), wo die Axe einfach als „long“ bezeichnet wird. Bei
-Antillia ponderosa Epw. et H. sp.°) wird sie dagegen wieder als
„essential and spongy“ bezeichnet. Nirgends also wird ange-
geben, dass sie „plattenförmig sei und aus einem Blatt be-
stände“, sondern sie ist spongiös. Verlängern sich die Kelche,
so erscheint natürlich auch die Columella im Querschnitt mehr
oder weniger länglich-elliptisch.
Es dürfte also nach den angeführten Verhältnissen kein
Hinderniss vorhanden sein, einen Theil der Antillien, nämlich
die in der Gruppe I bezeichneten Arten zu Cyathophyllia From.
zu bringen und die Gattung Antillia auf die in der Gruppe II
vereinigten Formen zu beschränken. Die Diagnose des Genus
1) Auch Reuss meint, dass Antillia Dunc. identisch sein dürfte mit
Oyathophyllia From. Vergl. Rs., Ob.-oligoc. Kor. aus Ungarn; Sitzber.
d. k. Akad. d. Wiss., 61. Bd., I. Abth., Jan-Heft 1870.
2) v. Frrrsch, Korallen der Nummuliten - Schichten von Borneo;
Palaeontogr., Suppl. III, pag. 112. |
3) Quart. Journ. 1863, Bd. XX. pag. 29.
*) Ebenda pag. 30.
5) Ebenda pag. 31.
6) Quart. Journ. 1863, Bd. XIX, pag. 441.
393
in dieser engeren Fassung würde sich etwa wie folgt gestalten;
Polypar immer einfach, kreiselförmig, mit Epithek. Septa
etwas überragend, ihr oberer Rand seiner ganzen Ausdehnung
nach oder wenigstens zum Theil in gerundete Lappen zer-
schnitten, in letzterem Fall der übrige Theil grob gezähnt.
Columella wohl entwickelt, spongiös. Endothekallamellen
zahlreich.
Aehnlich ist die Diagnose, welche Brüggemann !) von dieser
Gattung giebt, doch enthält sie einige Punkte, welche mir nicht
wesentlich zu sein scheinen. Die Beziehungen zur Gattung
Oyathophyllia werden von BRÜGGEMANN nicht dargelegt, hingegen
diejenigen zu den übrigen zunächst verwandten Gattungen
näher erörtert. (Scolymia [= Lithophyllia], Cynarina und Ho-
mophyllia). Es mag hier noch nachgetragen werden, dass zu
der Gattung Antillia, welche ursprünglich für einige fossile
Formen aus den Tertiär- Schichten West - Indiens errichtet
wurde, gegenwärtig auch einige lebende Korallen gerechnet
werden, von welchen die eine sogar nur eine Varietät einer
jener Arten sein soll.”) Auch die übrigen fallen in diejenige
Gruppe der Antillien, auf welche ich diesen Namen allein be-
schränkt wissen möchte, wenngleich bei einer derselben, der
Antillia Geofroyi?), das Zerschnittensein des oberen Septal-
randes in gerundete Lappen, wie BRÜGGEMAnN angiebt, weniger
scharf ausgeprägt ist und bisweilen sogar ganz fehlt.
Vergleicht man die oben gegebene Beschreibung der .4n-
tillia (Circophyllia) cylindroides Rs. sp. mit der Diagnose von
Antillia, so findet man, dass erstere wohl am besten ihren
Platz innerhalb jener Gattung findet. Im Bezug auf die Bil-
dung des Septalrandes steht sie der Antillia dentata Dunc. am
nächsten. Ist die Epithek der Antillien nur noch in Resten
erhalten, so entstehen scheinbar berippte Formen, wie z. B.
das von Duncan (Sind foss. Corals) auf t. XXIV, f. 11 abge-
bildete Exemplar von 4. indica. Die bei dieser von Duncan
angegebenen „transverse folds“ der Epithek sind völlig ent-
sprechend den von Reuss bei Circophyllia cylindroides ange-
führten „einzelnen, entfernt stehenden, concentrischen Epithek-
Ringen.
1) BRÜGGEMAnN, A revision of the recent solitary Mussaceae, An-
nals and Mag. of Nat. Hist, Vol. XX, 1877, pag. 307.
°) Vergl. BrÜüccEmann, 1. c. pag. 307 und Duncan, Notices of some
Deep-sea Corals ete., Proceed. Zoolog. Soc., London 1876, pag. 428.
?) BrÜüGGEMmAnn, 1 c. pag. 308. Krunzinder, Korallthiere Th. III,
pag. 12.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVII. 2. 20
394
Circophyllia annulata Rs. sp.
Syn. a Reuss, Paläont. Stud. I, pag. 170 [42],
& ;
Stephanosmilia. annulata Reuss, Pal. Stud. III, pag. 28, t. 46,
v8, D8 At m Dh
In der ersten Abtheilung seiner paläontologischen Studien
beschrieb Reuss eine Koralle aus den sogen. Castelgomberto-
Schichten als Cyathophyllia annulata, für welche er später
(1872) eine besondere Gattung Stephanosmilia aufstellte, ein
Name, welchen bereits FromenteL 1862 für eine Koralle aus
dem französischen Aptien angewendet hatte (vergl. Stepha-
nosmilia perlata FRoMENTEL, Pal. Franc. Terr. cret. Tome VIII,
Zoophytes pag. 242, pl. 26, f. 1). Obwohl die Eigenschaften
der in Rede stehenden vicentinischen Koralle eine Vereinigung
mit letzterer Gattung FRoMmEnTEL's nicht zulassen, so dürfte
doch andererseits die Aufstellung eines neuen Genus für die-
selbe vielleicht nicht nothwendig sein. Bereits Duncan!) hat
Stephanosmilia annulata Rs. zu der Gattung Circophyllia ge-
bracht. Vergleicht man die Eigenthümlichkeiten des vicenti-
nischen Fossils mit der Diagnose dieser letzteren Grattung,, so
findet man in einer Hinsicht eine Differenz und zwar in einem
Punkte, welcher mir auch von Seiten Duscan’s und anderer
Autoren, die Korallen als Circophyllien beschrieben haben, nicht
berücksichtigt worden zu sein scheint, so dass es vielleicht
zweckmässig sein dürfte, der Besprechung von Stephanosmilia
annulata Rs. die Diagnose vou (ircophyllia vorauszuschicken.
Diese Gattung wurde 1848 von M. Epwarps und J. Haıme
aufgestellt und wie folgt definirt:
Le polypier est toujours simple. La muraille ne presente
qu’une epitheque rudimentaire et montre des cötes fines, serrees,
simples et finement granulees. La columelle est bien deve-
loppee et se termine par une surface papilleuse. Les cloisons
sont larges, nombreuses, debordantes, et leur bord superieur
est divise en petits lobes arrondis. Les traverses endothecales
sont abondantes, vesiculeuses et se disposent dans la chambre
viscerale suivant des lignes spirales et concentriques.
Die erwähnte Differenz von sStephanosmilia annulata Rs.
und anderen als Circophyllien beschriebenen Arten von dieser
Gattung besteht nun darin, dass die Endothekallamellen nicht
in spiralig-concentrischen Linien angeordnet sind, wie dies
von M. Epwarps in der Diagnose für Cirkopboiiee verlangt
wird. Weder über diese Anordnung der Endothekaldissepi-
mente noch über das Zerschnittensein des oberen Septalrandes
1) DuncAan., On the older tertiary Formations of the West - Indian
Islands. Quart. Journ. Geol. Soc. 1873, Bd. 29, pag. 557.
395
in gerundete Lappen wird von n»’Achıarpı bei der Beschrei-
bung einiger Circophyllien aus dem Eocän des Friaul'!) und
auch von Duncan bei solchen von West-Indien ?) etwas erwähnt
und es sind daher die generischen Bestimmungen der beschrie-
benen Formen unsicher. Von den zwei in der Hist. nat. ge-
nannten Arten (Tome II, pag. 295) konnte ich die Circophyllia
itruncala (GOLDF. sp. in einem Exemplar von Falunieres -du
Cotentin und 8 Ex. von Auvers bei Pontoise vergleichen. Bei
ersterem befand sich ungefähr in der Mitte zwischen dem
Centrum und der Wandung ein Gebilde, welches aussah wie
eine zweite (innere) Wand und möglicherweise aus verschmol-
zenen, cyclisch angeordneten Endothecallamellen entstanden ist.
Eine ganz ähnliche Bildung zeigte das eine Exemplar von
Auvers. Es schien sich hier ebenfalls durch Verschmelzung
eycelisch angeordneter Endothekallamellen wahrscheinlich im
Verein mit seitlichen Verdickungen der Septen eine innere
Wand zu bilden. Ausserhalb derselben war die Stellung der
Querblättchen unregelmässig. Bei dem zweiten Stück des
letzten Fundortes fand sich eine einigermaassen cyclische An-
ordnung der Endothekallamellen nur in der Nähe der äusseren
Wand. Die Richtung derselben war eine sehr steile, fast
parallel der Wand, mit welcher sie stellenweis zu verschmelzen
schienen. Bei dem 3. Exemplar schliesslich liess sich eine
eyclische Stellung derselben nicht mehr nachweisen. Nach
diesen freilich nur an wenigen und nicht intact erhaltenen
Stücken gemachten Beobachtungen scheint es mir immerhin
wenig wahrscheinlich, dass eine cyclische Anordnung der En-
dothek bei dieser Art constant ist; es wäre leicht möglich,
dass hier nur Bildungen vorliegen, welche durch einen Rückzug
des Polypenthieres hervorgerufen wurden. Eine cyclische An-
ordnung der Endothek findet sich übrigens bisweilen bei ein-
zelnen Arten einer Gattung; so ist sie z. B. deutlich vor-
handen bei Prionastraea Neugeboreni Rs.°?) (vergl. namentlich
l. e. Fig. 2b), vorausgesetzt dass die Zeichnung genau ist.
Auch bei Heliastraea Schweinfurthi*) kounte ich sie stellenweise
beobachten; sehr deutlich ist sie ausgebildet bei Calamophyllia
Stokesi M. Epw. et J.H.°). Da es mir zunächst noch nicht
sicher erscheint, ob die erwähnte Eigenschaft der Endothek
soviel Bedeutung besitzt, um in die Diagnose von Circophyllia
1!) p’Achıarpı, Coralli eocen. del Friuli pag. 17—19, t. I1.
>) Duncan, Old. Tert. Form. W. Ind. Isl.; Quart. Journ., Bd. 29,
pag. 556.
3?) Reuss, Die foss. Kor. d. österr.-ung. Mioc.; Denkschr. d. k. Ak.
d. Wissensch,, math.-naturw. Bd. 31, pag. 246, BL 2%
*) Diese Zeitschr. 1884, pag. 449.
°) Brit. foss. Cor. pag. 89, t. XVI, f. 1 (vergl. namentlich 1d).
20*
396
aufgenommen zu werden, so stelle ich mit Duncax Stephano-
smilia annulata Rs. vorläufig in diese Gattung, da eine Zuthei-
lung derselben zu Antillia in der von mir oben gegebenen
engeren Fassung in Folge der berippten Aussenwand der uns
beschäftigenden Koralle nicht zulässig ist.)
Ich lasse schliesslich noch eine Beschreibung von Circo-
phyllia annulata Rs. sp. folgen, da mir von dieser Art ein sehr
schönes reiches Material vorlag, durch welches ich in den
Stand gesetzt wurde, in einigen Punkten die Angaben von
Reuss zu ergänzen resp. zu berichtigen.
Das Polypar ist stets einfach, doch liegt mir ein Exem-
plar vor, wo 2 Individuen seitlich verwachsen sind, was indess
wohl nur eine rein zufällige Bildung ist. An einem anderen
Stück sprosst eine seitliche Knospe hervor. Die Gestalt ist
ziemlich variabel. Im Allgemeinen erscheint das Polypar
kreiselförmig; erfolgt jedoch das Wachsthum desselben in die
Höhe ohne dass gleichzeitig auch der Durchmesser zunimmt,
so entstehen mehr cylindrische Formen. Die Exemplare zeigen
stets eine mehr oder weniger breite Anheftungsfläche. Bisweilen
ist das untere Ende etwas, aber nur schwach gekrümmt. Einige
Dimensionsangaben werden die Gestalt veranschaulichen:
Höhe des Polypars. Grössere Kelchaxe. Kleinere Kelchaxe.
23 mm 35 mm 21 mm
alas DAS 24 e
Ay 2992805 2202
IE NER ZA
69:91, 22,33%, 17,8.
3 DSH K8S In,
Viele Exemplare zeigen Einschnürungen oder sogen. Ver-
jüngungsprocesse. Häufig ist der Kelch kleiner als der mittlere,
dann etwas aufgetriebene Theil des Polypars. Die Kelche sind
fast stets elliptisch, nur sehr wenig vertieft. Das Verhältniss
der Queraxen ergiebt sich aus den obigen Dimensionsangaben.
An einem wohl erhaltenen grossen Exemplar (Höhe 51 mm,
grössere Kelchaxe 32 mm, kleinere 25 mm) zählte ich 141
Septen, also 5 vollständige und einen 6. unvollständigen
Cyelus; an einem anderen Stück (Höhe 38 mm, grössere
Kelchaxe 24 mm, kleinere 23 mm) ca. 98 Septa. Bemerkens-
werth ist, dass auch kleine, verhältnissmässig junge Exemplare
!) Da nach Vorstehendem die Gattung Stephanosmilia Reuss in
Wegfall kommt, so wird auch die von v. FrırscH als St. humilis be-
schriebene Koralle eine andere Stellung erhalten müssen (ef. v. Fritsch,
Foss. Kor. d. Nummul.-Schicht. v. Borneo ; Palaeont., Suppl. Ill, p. 108).
397
fast die gleiche Zahl Septen besitzen. So zeigte ein Polypar
von 13 mm Höhe (grössere Kelchaxe 19, kleinere 17 mm)
bereits 94 Septa, also fast vollständige 5 Cyclen. 12 Septa
sind beträchtlich stärker als die anderen und überragen auch
ziemlich hoch den Kelchrand. Auf den Seitenflächen tragen
sie Körner, welche sich besonders nach dem Rand zu in ver-
ticale Reihen anordnen, bisweilen sogar zu kurzen Leistchen
verschmelzen. Der Oberrand der Septen der ersten 4 Cyclen
ist nun wie bei -Antillia Lonsdaleia Dunc. durch einen mittleren,
mehr oder weniger tiefen Einschnitt in zwei gerundete Lappen
gespalten, welche ihrerseits einen sehr fein gezähnelten Ober-
rand besitzen. Die inneren dieser Lappen erscheinen wie
Pali, wie sie auch von Reuss als Kronenblättchen bezeichnet
worden sind, obgleich er selbst angiebt: „Die Kronenblättchen
erscheinen als keine selbstständigen Bildungen, sondern wer-
den nur durch seichte Einschnitte von den Septallamellen ge-
sondert, stellen also gleichsam nur Fortsätze derselben dar.“
Wären es eigentliche Pali, so könnten sie auch nicht vor den
primären und secundären Septen am stärksten entwickelt sein.
Im Kelchcentrum beobachtet man eine spongiöse Axe von
rundlichem oder elliptischem Querschnitt. Endothekaldissepi-
mente sind zahlreich vorhanden, wie ich dies durch Anschleifen
mehrerer Exemplare und Anätzen der erhaltenen Flächen
deutlich wahrnehmen konnte; Reuss hatte dieselben nicht
beobachtet. Die Aussenwand des Polypars ist mit zahlreichen,
gedränsten, scharf gekörnelten Längsrippen bedeckt. Meist
sind dieselben unter sich sehr gleich, ab und zu ragen die den
ersten beiden Septalcyclen entsprechenden am Kelchrand etwas
mehr hervor. Ausserdem bildet die Wand mehr oder weniger
sedrängte, verschieden stark entwickelte, ringförmige Wülste
oder schwach abstehende Ausbreitungen. Diese Gebilde der
Theka dürften dem entsprechen, was Reuss als „Epithekal-
ringe“ beschrieben hat.
Von Circophyllia annulata Rs. sp. liegen mir über 60
Exemplare von der Fontana bona di San Lorenzo vor, 1 von
Riva mala dı Monte Viale, 1 vom Monte Castellaro bei Castel-
gomberto, 2 zweifelhafte Stücke schliesslich von Montecchio
maggiore.
Petrophyllia nov. gen.
Es liegen mir ziemlich zahlreiche Exemplare einer Einzel-
koralle vor, von welchen mindestens ein Theil den von np’ AcuHı-
ARDI und Reuss als Montlivaultia Grumi Car. sp. beschriebenen
Formen entspricht. Die Zurechnung derselben zu letzterer
Gattung scheint mir jedoch nicht statthaft zu sein, indem die
Wandung derselben nicht glatt, sondern mit Längsrippen be-
398 |
setzt ist, wie auch Reuss !) selbst angiebt: „über die stellen-
weise höckerigen, schmalen, ungleichen Längsrippen ver-
laufen einzelne Epithekalringe.* Was die letzteren anlangt,
so kann ich statt derselben nur ringförmige, wulstige Verdik-
kungen oder schwach abstehende Ausbreitungen der eigentlichen
Wand finden. Da ausserdem die Rippen derselben ziemlich
niedrig sind und in Folge dessen durch Abreibung oder Ver-
witterung der Exemplare leicht verschwinden, so entstehen an
solchen Stellen glatte Wandflächen, welche z. Th. für Epithek
genommen worden zu sein scheinen. Würde schon in Folge
der Berippung der Wand eine Zurechnung des in Rede stehen-
den Fossils zur Gattung Montlivaultia unzulässig erscheinen,
so würde eine weitere Eigenschaft derselben ebenfalls gegen
eine solche Vereinigung sprechen. Ich konnte mich nämlich
durch Anschleifen einiger Exemplare überzeugen, dass eine
deutliche, wenn auch nur mässig entwickelte spongiöse Colu-
mella vorhanden ist. Man dürfte daher berechtigt sein, für
diese Koralle eine neue Gattung aufzustellen, für welche ich
den Namen Petrophyllia vorschlage. Die Diagnose derselben
wäre folgende:
Polypar einfach, Wand mit einfachen gekörnelten Rippen
bedeckt, Columella spongiös, oberer Septalrand einfach, gleich-
mässig gezähnelt, Endothek reichlich.
Von Öyathophyllia unterscheidet sich die neue Gattung
durch die berippte Wand, von Zeptophyllia durch das Vor-
handensein einer spongiösen Axe, von Montlivaultia durch Beides.
Petrophyllia Grumi Car. Sp.
Syn. Montlivaultia Grumi w’AcHtarDı, Oorall. foss. del terr. nummul.
dell’ Alp. Ven. Parte Il, pag. 5, t. VI, f. 1-5. (Auf der
Tafel noch als M. Brongniartana bezeichnet.) Reuss, Pal.
Stud. Abth. Ill, pag. 25.
Das Polypar ist einfach, doch sind ab und zu — sicher-
lich nur zufällig — zwei Individuen seitlich mit einander ver-
wachsen; es ist meist gerade, nur selten am unteren Ende
schwach gebogen. Die Anheftungsstelle ist bald gross und
breit, bald sehr klein. Die Gestalt des Polypars ist oft mehr
cylindrisch, oft mehr kreiselförmig, der Kelch ist gewöhnlich
etwas elliptisch. Das kleinste der mir vorliegenden Exemplare
ist 18 mm hoch, die Kelchaxen betragen 7 bzw. II mm, ein
anderes war 52 mm hoch, die Kelchaxen betrugen 23 bzw.
28 mm, das grösste Stück- mass 142 mm in der Höhe, der
Kelch war 27 mm breit und 44 mm lang. Die Wand (vergl.
’) Pal. Stud., Abth. Ill, pag. 25.
399
p’Acuıanpı |. ec. t. VI, f. 2, 3) ist mit zahlreichen, wenig un-
eleichen, einfachen Längsrippen bedeckt, welche gekörnt sind.
Sie bildet zahlreiche ringwulstförmige Verdickungen gleich wie
bei Circophyllia annulata Rs. sp. Zwischen den Rippen finden
sich stellenweise zahlreiche Intercostalquerblättchen. Das Wachs-
thum der Polyparien ist oft ein unregelmässiges, indem nicht
selten Einschnürungen gebildet werden, die Aussenfläche er-
scheint daher manchmal wulstig. Sind die Exemplare etwas
abgerieben, so verschwinden natürlich zuerst die Rippen und
die Wand erscheint, glatt, geht die Abreibung oder Verwitte-
rung noch weiter vor, so verschwindet die Theka und man
erblickt die Aussenränder der Septa und zwischen diesen
zahlreiche Endothekallamellen (vergl. p’Acnıarnı, |. c. f. 5).
An dem kleinsten Exemplar zählte ich ca. 55 Rippen, an
dem grössten über 150, letzteres die gleiche Zahl, welche auch
D’AcHıarnı angiebt. Da die Rippen den Septen direct ent-
sprechen, so ergäben sich für die kleineren Exemplare 4 com-
plete und ein fünfter unvollständiger Cyelus, für die grossen 5
complete und ein sechster incompleter Cyelus, wie es auch
durch directe Zählung der Septa in einigen anderen Kelchen
und auf der angeschliffenen Querfläche eines Exemplars be-
stätigt wurde. So besass ein Kelch, dessen Axen 11 bzw.
14 mm massen, 76 Septen, ein anderer mit 25 mm Breite
und 27 mm Länge ca. 116 Septen, also den sechsten Cyelus
unvollständig. Etwa 30 Septen reichen bis zu der spongiösen,
mässig entwickelten Columella. Bei dem einen Exemplar ver-
dickten sich die Septen an ihrem inneren Ende etwas. Die
Kelche sind wenig vertieft, die Endothekallamellen zahlreich.
Vorkommen: Monte Grumi und Montecchio maggiore (M.
Bastia und S. Trinita), Fontana bona di San Lorenzo.
Es ist mir im hohen Grade wahrscheinlich, dass mit Pe-
trophyllia Grumi Oar. sp. auch diejenigen Fossilreste zu ver-
einigen sind, welche von Reuss unter dem Namen Epismilia
profunda beschrieben worden sind.!) Prüfen wir zunächst die
Zugehörigkeit derselben zur Gattung Zpismilia. Dieselbe um-
fasst Formen mit ganzrandigen Septen, ohne Columella und
die Aussenfläche der Polyparien ist mit einer completen mem-
branenförmigen Epithek versehen. Dass letztere „bourrelets
transversaux saillants“ bildet, findet sich nur bei einer Art,
nämlich der Epismilia plicata From. et Fer. (Paleont. franc.
Terr. jur. Zooph. pag. 49, t. 13, f. 1) und ist deshalb in die
Gattungsdiagnose nicht aufzunehmen. Mehr oder weniger
deutlich „ringstreifig“ ist eine complete Epithek stets. Aus
den schönen Abbildungen der Arten in der Paleontologie fran-
1) Russ, Pal. Stud., II. Abth., pag. 24. t. 54, f.2 und t. 2, £.1.
400
caise geht hervor, dass diese Epithek genau das gleiche Ge-
bilde ist, welches man z. B. bei der Gattung Montlivaultia
antrifft und welches von MıLAScHEwITZ für eine eigentliche,
glatte Theka gehalten wird. Auf jeden Fall ist also die Aussen-
fläche bei einer Epismilia glatt, mag man sie nun als Theka
oder Epithek bezeichnen. Bei Epismilia profunda Reuss ist
dagegen die Theka gerippt und bildet nur wulstige Ringe, wie
auch Reuss |. c. selbst angiebt: „die Aussenwand ist mit
starken, wulstigen Epithekalringen, die nicht weit von einander
abstehen, besetzt. In ihren Zwischenräumen erkennt man ge-
drängte, feine, wenig ungleiche Längsrippchen.“ Ueber das
Vorhandensein einer Columella giebt Reuss nichts an. Ich
habe sie an zweien der mir vorliegenden Exemplare beobachtet,
bei dem einen durch Präpariren des Kelches, bei dem anderen
durch Anschleifen,, bei letzterem jedoch nur an der unteren
Endfläche. Die Axe liegt sehr tief und ist daher eben nur
durch Anschleifen oder bei sehr guter Erhaltung des Kelches
wahrnehmbar. Der Septalrand war zwar nicht gut erhalten,
doch glaube ich noch Spuren von Zähnelung an ihm wahrge-
nommen zu haben. Sollte sich letztere Beobachtung als richtig
erweisen, so läge kein Hinderniss vor, Zpismilia profunda zu
Petrophyllia Grumi zu rechnen, denn auch die Anzahl der
Septallamellen ist die gleiche. Reuss führt Epismilia profunda
vom Monte Grumi und Monte Carlotta an, die obigen An-.
gaben zu Grunde liegenden Exemplare stammen von Montecchio
maggiore. Auch zwei mir von Crosara vorliegende Einzel-
korallen möchte ich hierher rechnen. Die Rippen waren bei
letzteren sehr scharf gekörnelt, welcher Umstand wohl nur
eine Folge des besseren Erhaltungszustandes der Aussenwand
ist. Man zählte über 130 Septen bzw. Rippen, ebenfalls
übereinstimmend mit der Septenanzahl von Petrophyllia Grumi
und Epismilia profunda. Der Oberrand der Septa war deut-
lich gezähnt.
Lithophyllia!) debilis nov. sp.
Taf. XVII, Fig. 5a, b.
Das Polypar war mit breiter, bei den vorliegenden Exem-
plaren schräg stehender Basis angewachsen. Die Gestalt des-
selben ist im Ganzen genommen cylindrisch, die Aussenfläche
1) Wenn ich hier für diese Gattung den Namen Lithophyllia an-
wende, so geschieht es lediglich deshalb, weil sich derselbe in der pa-
läontologischen Literatur sehr fest eingebürgert zu haben scheint. Im
Uebrigen stimme ich mit BrüsGEmann (l. c. pag. 301) überein, dass der
Name Scolymia die Priorität vor Lithophyllia hat und deshalb vorzu-
ziehen ist; denn die beiden Gründe, welche M. Epwarns zur Recht-
Be: 1
durch mehrere Einschnürungen quergewulstet, der Kelchumriss
rundlich. Das eine Exemplar war 21 mm hoch, die Kelch-
axen betrugen 10 bzw. 12 mm, bei dem zweiten, dessen Höhe
27 mm war, massen letztere 14 bzw. 16 mm. Die Wand ist
kräftig und bildet stellenweise etwas abstehende Ringwülste.
Auf der Wand verlaufen grobe Rippen, deren Ausbildung
insofern eine sehr unregelmässige ist, als sie stellenweise sehr
hoch und scharf emporragen und dann oft wie zugespitzt endi-
sen, bald sich verflachen und nur einzelne grobe Höcker zei-
gen; besonders hoch sind sie am Kelchrand, wo sie direct in
die Septen übergehen, welche in Folge dessen an jener Stelle
den Kelchrand beträchtlich überragen. Zwischen den Rippen
beobachtet man hier und da einzelne Intercostalquerblättchen.
Die Anzahl der Rippen beträgt gegen 50. Im Kelch sind 4
complete Cyclen Septen vorhanden. Die der ersten beiden
Cyclen sind besonders in ihrem Aussentheile sehr dick und
kräftig und reichen bis zu der Axe, mit welcher sie verschmel-
zen, die des dritten Cyclus sind dünner und etwas kürzer, die
quaternären Septen sehr kurz. Der obere Rand ist gezähnelt,
doch meist ist derselbe nicht intact erhalten. Die Columella
ist sehr kräftig entwickelt, von dicht spongiösem Gefüge. Die
Endothekallamellen sind zahlreich.
Die beiden mir vorliegenden Exemplare stammen vom
Monte Grumi bei Castelgomberto.
Leptophyllia dilatata Rs.
Von dieser Art lagen mir zahlreiche Exemplare vor,
welche sich auf die Fundorte: Crosara, Monte Grumi, Mon-
tecchio maggiore, Fontana bona di San Lorenzo und San Gio-
vanni llarione vertheilen. Zwei derselben glaube ich wegen
ihrer bedeutenden Dimensionen und der grossen Anzahl der
Septen besonders erwähnen zu müssen, die übrigen stimmen
fertisung der Aufstellung der neuen Gattung Lithophyllia bzw. Verwer-
fung des Namens Scolymia anführt, sind nicht stichhaltig. Wenn er
nämlich schreibt (Hist. nat. T. ll, pag. 290), der Name Scolymia sei
niemals publieirt worden, so berücksichtigt er nicht den Vorschlag von
J. Hame (Mem. de la Soc. geol. de la France, Ser. II, T. 4, pag. 279,
Anm. 2), diesen zuerst von JourDAn in der Sammlung des Museums
zu Lyon angewendeten Namen zu adoptiren. Derselbe ist also durch
die citirte Abhandlung von J. Hame 1852 publieirt worden, wie auch
M. Epwarps die Stelle selbst anführt. Sein zweiter Grund, Scolymia
habe zu viel Aehnlichkeit mit dem Namen der Mollusken-Gattung Sco-
/ymus, ist ebenfalls nicht stichhaltig, wenigstens müsste man sonst auch
zahlreiche andere Namen ändern, denn ebenso ähnlich sind z. B. Olymene
und C/ymenia (welch letzterer Name überdies sowohl einen Cephalo-
poden als einen Chaetopoden bedeutet), Cyathophyllum und Cyathophyllia
u. S. w.
402
völlige mit der Beschreibung von Russ!) überein. Von der
Fontana bona di San Lorenzo liegt mir ein prächtiges, grosses
Exemplar vor, welches 22 mm hoch ist. Der Umriss des
Kelches ist etwas unregelmässig, im Allgemeinen elliptisch;
die grössere Axe desselben beträgt 64 mm, die kleinere 55 nım.
Die Anzahl der Septen war 338, also 6°, Cyelen. Auch ein
grosses Exemplar von San Giovanni Ilarione kann ich nicht
von dieser Art trennen. Es ist ebenfalls 22 mm hoch, der
Kelch unregelmässig elliptisch, die grössere Axe desselben
beträgt 60 mm, die kleinere 44 mm; ich zählte 220 Septen,
doch dürfte, da der Kelch stellenweis undeutlich erhalten ist,
diese Zahl wohl zu gering sein. Bei den kleineren Exemplaren
ist oft schon der sechste Cyclus unvollständig.
Leptophyllia Panteniana Car. sp.
Von Russ sind die hierher gehörigen Formen als Trocho-
smilia Panteniana beschrieben worden), indess hat bereits
pD AcHıarnı die Wahrnehmung gemacht, dass der obere Rand
der Septallamellen gezähnt ist und hat das Fossil deshalb
zu Leptophyllia gestellt.) Ich kann die Beobachtung p’Acnı-
ARDIS nur bestätigen. Mit dieser Art dürfte auch Trochosmilia
varicosa Rs. zu vereinigen sein, welche nur auf schlecht erhal-
tene, nämlich seitlich stark zusammengedrückte Exemplare
gegründet zu sein schein. Auch das von Reuss besonders
erwähnte *) und abgebildete Exemplar von Trochosmilia sp.
wird hierher gehören. Dagegen wird die von Duncan’) als
Trochosmilia varicosa Rs. beschriebene Koralle aus der Nari-
Gruppe Ost-Indiens wohl eine andere Form sein, bzw. kann
für diese der für die vicentinische Art in Wegfall kommende
Name Tr. varicosa beibehalten werden. Die Beschreibung jener
indischen Koralle ist leider insofern sehr dürftig als die ziem-
lich gleichgültige Gestalt des Polypars genau geschildert, über
die Anzahl und Entwickelung der Septen dagegen nichts an-
gegeben wird. Diejenigen Arten CaruLLo’s, welche zu Lepto-
phyllia Panteniana Cart. sp. zu rechnen sind, hat bereits
D Acuıarnı aufgeführt.°) Was Trochosmilia subcurvata Rs. an-
langt, so ist der obere Septalrand ebenfalls fein gezähnt und
diese Art daher auch zu Leptophyllia zu stellen. p’AcHIARDI
!) Reuss, Pal. Stud., Abth. I, pag. 141 [13], t. I, f. 7; Abth. II,
pag. 235 [23].
?:) Pal. Stud., Abth. II, pag. 233 [21].
3) Corall. foss. del terr. numm. dell’ Alp. Ven., P. Il, pag. 5.
+) Pal. Stud., Abth. II, pag. 234 [22], t. 17, f. 7.
5) Sind foss. Corals pag. 74 t. VII, f. 11.
©) l.c. P, 1, pag. 32, Stud. compar. App. pag. 62.
403
führt sie — allerdings mit einem ? — unter den Synonymen
seiner L. Panteniana auf. Die Angaben von Reuss selbst über
Trochosmilia subcurvata widersprechen sich z. Th. direct. In
seinen Pal. Stud., I. Abth., pag. 140 [12] heisst es nämlich:
„ich halte diese Identität (nämlich mit ZL. /anteniana) für
wenig wahrscheinlich, da Tr. subcurvata von Oberburg im Ge-
gensatze zu der Formenfülle von Tr. Panteniana sehr constant
die von mir beschriebenen Formen beibehält.“ Bei Beschrei-
bung derselben von Crosara !) giebt er jedoch an: „Die Species
ist bei Crosara gemein und wechselt in ihrer Gestalt
beträchtlich.“ Wenige Zeilen weiter schreibt er dagegen:
„Trochosmilia subcurvata, die nach den vorliegenden zahlreichen
Exemplaren sehr constant ist... u.s. w.“ Ich glaube, dass
man Tr. subcurvata vielleicht als besondere Art wird bestehen
lassen können, sie würde sich dann auszeichnen durch die
meist regelmässige Biegung des unteren Theiles des Polypars
in der Richtung der kleineren Axe des stets elliptischen Kel-
ches und eine stets klein bleibende Anheftungfläche; Ueber-
gänge zu der sehr vielgestaltigen Leptophyllia Panteniana sind
allerdings vorhanden. Von den Abbildungen, welche p’AcHIArDı
von letzterer Form giebt”) rechnet Reuss Fig.4 u.5 zu seiner
Tr. subcurvata, von Fig. 9 möchte ich glauben, dass es ein
Jugendexemplar von Leptophyllia dilatata Rs. sei.
Montlivaultia ilarionensis nov. Sp.
Taf. XVII, Fie. 4.
Das Polypar ist gerade; bald ist es mit breiter Basis auf-
gewachsen, bald verjüngt es sich nach dem unteren Ende zu
und sitzt auf einem dicken Stiel. Die Kelche sind theils rund-
lich, theils elliptischh Das eine Exemplar besitzt eine tiefe
Einbuchtung des Kelches, eine Erscheinung, welche in diesem
Falle nur durch das in Folge eines äusseren Widerstandes
oder einer einstigen Verletzung sehr unregelmässige Wachs-
thum hervorgerufen zu sein schien. Die Aussenfläche des Po-
lypars ist glatt, soweit nicht in Folge von Verwitterung die
Aussenränder der Septen rippenartig hervortreten. Die Ver-
tiefung der Kelche ist ziemlich verschieden. Die Centralgrube
(= Columellarraum bei MiLAscHhewirz) ist elliptisch, eng und
tief, der Kelchrand bald scharf, bald mehr abgerundet. Bei
den grösseren Exemplaren zählt man über 150 Septallamellen,
bei einem betrug die Zahl derselben 176, also 5 vollständige
und einen sechsten unvollständigen Cyclus, doch besass auch
2) Pal. Stud. II, pag. 233 [21].
eurer til 2-9}
404
das kleinste Exemplar bereits ca. 120 Septen. Der Oberrand
derselben war fein gezähnt, doch ist derselbe meist nicht intact
erhalten. Die Septen der ersten drei Cyclen verdicken sich
an ihren inneren Enden keulenförmig, bei verschiedenen Exem-
plaren jedoch in verschiedenem Grade. Aehnliche Verdickun-
gen der Septalenden giebt Mıraschewirz bei Montlivaultia obco-
nica Münst. an.) Eine Columella fehlt.
Die vorliegenden Exemplare stammen von San Giovanni
Ilarione.
Rhabdophyllia tenuis Rs.
Bereits np’ AcHıarDı ?) hat dargelegt, dass unter dem Namen
Rhabdoyhyllia tenuis von Reuss zwei verschiedene Korallen be-
schrieben sind. Das von Reuss auf t. 2, f. 3 seiner Pal.
Stud. I. abgebildete Exemplar zieht n’AcHsarpı zu Rhabdo-
phyllia stipata?), dagegen hält er den übrigen Theil von AA.
tenuis Rs. für identisch mit einer anderen ebenfalls von Reuss
aufgestellten Art, nämlich Rhabdophyllia intercostata Rs.*) Es
mag daher hier nur bemerkt werden, dass ich durch eigene
Untersuchungen zu demselben Resultat wie p’AcHIarnı gekom-.
men bin. Auch ich fand Exemplare, welche an dem einen
Ende mehr der Rh. tenuis Rs., an dem anderen mehr der äh.
intercostata Rs. glichen. Die Beschaffenheit der Aussenwand
ist eben etwas wechselnd; dieselbe ist mit Längsrippen bedeckt,
welche unter einander entweder gleich sind (tenuis Rs.) oder
zwischen welchen sich ein weiterer Cyclus feinerer Rippchen
einschiebt (intercostata Rs.). Auffallend für eine Rhabdophyllia
ist die rudimentäre oder doch nur wenig entwickelte Axe. Ich
glaube jedoch, dass man auf diesen Umstand bei der gene-
rischen Bestimmung des Fossils nicht viel Gewicht zu legen
braucht, denn bei der ausserordentlich nahe verwandten Gat-
tung Calamophyllia ist die Columella gleichfalls in sehr ver-
schiedenem Grade entwickelt. Während sie nämlich bei den
jurassischen Arten dieser Gattung entweder rudimentär ist
oder fehlt, so besitzt die tertiäre, aber unzweifelhaft hierher
gehörige Calamophyllia pseudoflabellum Car. sp. eine wohlent-
wickelte, spongiöse Axe (vergl. z. B. Reuss, Pal. Stud., Abth. II,
t. 50, f.4b). Den umgekehrten Fall hätte man dann bei den
Rhabdophyllien, von welcher Gattung die mesozoischen Arten
eine wohlentwickelte spongiöse Columella besitzen, während,
2) Korall. d. Natth. Schicht., 2. Abth., pag. 196; Palaeontographica
Bd. XXI.
?) D’ACHIARDI, Stud. compar. App. pag. 62.
32) p’AcHıarDI, Cor. foss. dell’ Alpı Ven., P. II, pag. 12, t. 6 £. 7,8.
*#) Reuss, Pal. Stud. I, pag. 165 [37], t. II, f. 7.
405
wie bemerkt, bei der tertiären Rhabdophyllia tenuis Rs. dieselbe
entweder rudimentär oder doch nur wenig entwickelt ist. —
Da man sich übrigens durch den Umstand, dass die verschie-
dene Entwickelung der Axen der Calamophyllien und Rhab-
dophyllien bei diesen Gattungen in verschiedenen geologischen
Perioden eintritt, verleiten lassen könnte, die betreffenden For-
men in je zwei Genera zu bringen, so mag daran erinnert
werden, dass bei den lebenden, also gleichalterigen Arten der
in dieselbe Gruppe gehörenden Gattung Mussa gleiche Ver-
schiedenheit hinsichtlich der Entwickelung der Axen herrscht.
So giebt M. Epwarps!) bei Mussa corymbosa ForsKk. an:
„columelle tout-&-fait rudimentaire“, bei Mussa Eydouzi M.
Epw. etJ.H.: „columelle tres-reduite“, und bei Mussa angu-
losa Par. sp., rudis M. Epw. et J.H. u.a.: „columelle bien
developpee.“ Im Einklang damit stehen auch die Beobachtun-
sen und Angaben von Krunzinger.”) — Da nach Trennung
der oben erwähnten, von Reuss t. II, f. 3 abgebildeten K.oralle
von Rhabdophyllia tenuis, sowie anderseitiger Hinzuziehung der
als Rh. intercostata bezeichneten Formen die von Reuss ge-
gebene Beschreibung der ersteren Art dem jetzigen Umfang
derselben nicht mehr genau entspricht, so möge noch eine
kurze neue Oharakteristik von Rh. tenuis Rs. gegeben werden.
Die mir vorliegenden Exemplare sind Bruchstücke der
schlanken, cylindrischen Aeste, sie sind 3—8 mm dick, öfters
etwas gebogen und stellenweis wulstig anschwellend. Der
Querschnitt derselben ist rund oder mehr elliptisch.h Nur an
einem Stück fand sich noch ein erhaltener Kelch vor, in wel-
chem ich ca. 48 Septen zählte, während man sonst auf Quer-
brüchen nur 20—32, selten gegen 40 Septa findet, von denen
10— 14 bis zum Centrum reichen. Die Septen des vierten
Cyelus sind immer sehr kurz und dünn. Eine Columella ist
entweder rudimentär oder doch aur sehr schwach entwickelt,
in letzterem Falle ist sie spongiös oder von maschigem Ge-
füge. Die Aussenwand ist mit 20 -- 30 kräftigen, gekörnten
Längsrippen bedeckt, welche entweder unter einander ziemlich
gleich sind und dann etwas weitläufig stehen, oder zwischen
je zwei, von denen sich noch eine niedrigere und dünnere
Rippe einschiebt. Besonders kräftig treten die Rippen auf den
wulstig angeschwollenen Stellen der Polyparien hervor. Die
Endothekallamellen sind spärlich.
Die Art findet sich am Monte Grumi und M. Castellaro
bei Castelgomberto, sowie auch bei Crosara.
>) Hist- nat. T. II, pag. 329 — 333.
?) Korallthiere d. rothen Meeres, Theil III, pag. 5 — 7.
406
Rhabdophyllia crassiramosa nov. sp.
Tat: XIX ‚. Bie.+109;
Der Stock war buschig; wie das Exemplar (Fig. 1) vorliegt,
besteht es aus 3 grossen, mässig langen, subcylindrischen Poly-
parien, man erkennt jedoch an der Basis des Stückes die
Ansatzstellen von 3 weiteren Zellen, welche indess abgebrochen
sind. Die Höhe des Exemplars beträgt 83 mm, die Länge
des freien Theiles der Polyparien ca. 43 mm. Letztere sind
sind von ungefähr elliptischem Querschnitt, die Kelche jedoch,
vielleicht wegen Vorbereitung zur Theilung, ein wenig un-
regelmässig verzogen. Die Dimensionen der drei Kelche sind
folgende: 33:20 mm, 30:18 mm, 29:23 mm. Der Kelchrand
ist scharf. Die Anzahl der Septen beträgt ca. 130, es sind
also 5 vollständige und ein sechster unvollständiger, etwa zum
dritten Theil entwickelter Cyclus vorhanden. Ungefähr 24 der
Septen reichen bis zum Centrum, in welchem jedoch eine Axe
fehlt oder rudimentär ist; einige Septen verdicken sich an
ihren inneren Enden etwas. Die Aussenwand, welche sich
übrigens nur bei dem einen Polypar gut erhalten zeigt, ist mit
24 starken Längsrippen bedeckt, zwischen welche sich oft eine
schwächere Rippe einschiebt. Sie zeigt ganz schwache Quer-
wülste und dazwischen liegende seichte Einschnürungen, auf
ersteren ragen die Rippen besonders scharf hervor. Die Ober-
fläche der Wand zwischen den Rippen ist gekörnelt, stellen-
weise ist sie bedeckt mit einer deutlichen, wenngleich dünnen
Epitheklage, so dass dann die Rippen viel schwächer bzw. nie-
driger erscheinen. Die Findothekallamellen sind zahlreich.
Ausser dem grossen, auf Taf. XIX, Fig. 1 abgebildeten
Exemplar, auf welches sich die eben gegebene Beschreibung
der Art gründet, liegt nur noch die in Figur 2 dargestellte
Einzel - Koralle vor, welche ich für ein abgebrochenes Po-
Iypar eines jüngeren Stockes derseiben Art halten möchte.
Eine kleine, wie mir scheint, unbedeutende Differenz findet sich
allerdings darin, dass die Rippen der Aussenwand da, wo sie
nicht besonders scharf emporragen, gekörnelt sind. An dem
unteren Ende gewahrt man eine ebenfalls nur undeutlich ent-
wickelte Axe.
Beide Exemplare stammen von San Giovanni Ilarione.
Calamophyllia crenaticosta Rs. sp.
Syn. Dasyphyllia compressa w’AchıAarpı, Cor. foss. del terr. nummul.
dell’ Alpi Ven. Il, pag. 9, t. VAN, f. 1-2.
Rhabdophyllia crenaticosta Reuss, Pal. Stud., 2. Abth., pag. 237
[25], t. XVII, f. 4—6.
Bereits bei früherer Gelegenheit habe ich nachzuweisen
versucht, dass die von v’Acusarpı aus dem Oligocän von
407°
Salcedo und Crosara als Dasyphyllia compressa beschriebene
Koralle identisch sei mit der von Reuss als Rhadbdophyllia
erenaticosta beschriebenen Form von Crosara und dass diese
Art besser zu Calamophyllia gestellt werden dürfte. ') Inter-
essant ist das weitere Vorkommen derselben im Miocän des
Wadi Ramlieh in der arabischen Wüste Mittel-Aegyptens.
Oladocoraceae.
Cladocora (2) paucicostata Rs. sp.
Die von Reuss als Aplophyllia paucicostata beschriebene
Koralle (Paläont. Stud., Abth. I, pag. 144 [16], t. II, f. 10)
bringt p’Acuıarpı zu der Gattung Cladocora (Catal. pag. 65).
Ich beobachtete ebenfalls an mehreren mir vom Monte Grumi
und von S. Trinita vorliegenden Exemplaren deutliche Seiten-
knospen und stellte daher das Fossil gleichfalls zu den Olado-
coraceen. Da ich jedoch keinen einzigen deutlichen Kelch
beobachten konnte, so ist es überhaupt nicht ausführbar, über
die generische Stellung der Koral!e sicher zu entscheiden. Der
Beschreibung von Reuss möchte ich hinzufügen, dass sich bis-
weilen auch Septen eines vierten Oyclus vorfinden, welche aller-
dings sehr kurz bleiben. Die Enden der primären und secun-
dären Septen verschmelzen bisweilen im Centrum miteinander
und bilden dann eine Art von spongiöser Axe. Zwischen den
schmalen aber hoch und scharf hervortretenden Rippen der
Aussenwand spannen sich öfters Exothekallamellen aus, welche
von Reuss nicht erwähnt werden. Die vorliegenden Bruch-
stücke sind übrigens der Mehrzahl nach vollständig berippt.
Astraeaceae.
Heliastraea Defrancei M. Epw. et J.H.
D’ACHIARDI’) ist geneigt, Heliastraea immersa Reuss°?) zu
Heliastraea Defrancei M. Epw. et J.H.*) zu stellen. Mir lag
letztere Art in 5 Exemplaren von Bordeaux vor, welche aber
unter sich sehr verschieden sind. Theils aus diesem Grunde,
theils zur besseren Vergleichung mit der vicentinischen Koralle
dürfte es vielleicht nicht unzweckmässig sein, zunächst eine
kurze Beschreibung von den französischen Stücken zu geben.
Exemplar I. Das Bruchstück besitzt eine flache Ober-
fläche. Die Kelche sind 6—7 mm gross, ihre Entfernung be-
trägt durchschnittlich 5 mm, ihr Rand ragt kaum über die
1) Vergl. des Verf. Abh. über Kor. aus ägypt. Tert. l.c. p. 447—449.
%) Stud. compar. App. pag. 67.
®) Reuss, Pal. Stud., Abth. I, pag. 158 [30], t. 12, f. 1; Abth. Ill,
pag. 15, t. 40, 6 die
5) Hist. nat. T. Il, pag. 465.
7
408
Umgebung vor, sie selbst sind wenig vertieft. Die Columella
ist wohl entwickelt, von spongiöser Structur. Meist sind 36
Septallamellen vorhanden, von welchen die des ersten und
zweiten Cyclus besonders stark sind und bis zur Columella
reichen. Der obere Rand der Septen ist scharf gezähnt, der
innerste Zahn ist am grössten, ihre Seitenflächen sind mit
spitzen Höckerchen besetzt. Die Endothekallamellen sind
reichlich entwickelt. Auf Längsbrüchen gewahrt man, dass
die Septen nahe ihrem Innenrande bzw. der Columella einzelne
Löcher besitzen, dann Bälkchen aussenden, welche mit der
Axe verschmelzen. Die Septen überragen etwas den Kelch-
rand und setzen sich dann direct als Rippen. fort, welche in
den Zwischenräumen winklig zusammenstossen. Die Rippen
sind grob gekörnt und tragen, wie man wiederum an vertical
verlaufenden Bruchflächen des Stückes sehen kann, lange,
dünne, spitz endigende, säulen- oder dornenförmige Fortsätze,
welche die Lagen der Exothekallamellen durchsetzen. Letz-
tere sind ungefähr horizontal ausgespannt.
Dieses Exemplar ist sehr ähnlich dem von Reuss !) beschrie-
benen und trefflich abgebildeten Stück von Ribicza in Sieben-
bürgen, welches freilich noch grössere Kelche (d&—10 mm) besitzt,
welche ausserdem auch etwas mehr emporzuragen scheinen.
Exemplar II. Die Kelche sind bei diesem sehr ungleich
gross, indem sich zwischen grösseren meist elliptischen Kel-
chen, sehr kleine befinden. Erstere sind oft 6 mm breit und
9 mm lang oder haben, wenn sie rundlichen Umriss besitzen,
ca. 7 mm im Durchmesser, letztere dagegen messen nur 3,9
bis 4,5 mm. Der gegenseitige Abstand der Kelche von einander
ist meist ein ziemlich geringer (durchschnittlich etwa 3 mm).
In den grösseren Kelchen finden sich bis 44 Septallamellen.
Die beiden beschriebenen Exemplare schliessen sich ziem-
lich eng aneinander an. Auch das von MichHELın ?) als Astraea
argus aufgeführte und abgebildete Stück, welches nach Mixe
Epwarns ebenfalls zu Heliastraea Defrancei gehört, ist ihnen
ähnlich. Abweichend sind nun die folgenden Exemplare HI—V.
Exemplar III. Die Oberfläche des allerdings nicht sehr
grossen Stückes ist sehr schwach convex. Die Kelche sind
sehr gleichmässig gross, durchschnittlich 4 mm. Ihre gegen-
seitige Entfernung ist sehr gering, indem sie nur I—2 mm
beträgt. Die Kelchränder sind nicht intact erhalten; sie waren
etwas, aber wenig emporragend. Die Kelche selbst sind seicht
1) Reuss, Die foss. Korallen d. österr.-ungar. Miocän. Denkschr.
d. k. Akad. der Wiss. zu Wien, math.-naturw. Classe, Bd. 31, 1872,
pag. 239, 1.9, .3,1.10, 1.1. |
2) MıcHELın, Icon. zoophyt. pag. 59, t. 12, f. 6.
409
vertieft, die Zwischenräume fein gerippt. Man zählt 30 — 36
Septen, von denen die des letzten Cyclus ausserordentlich kurz
sind, 14—18 von ihnen reichen bis zu der wohl entwickelten
spongiösen Axe. Die Structur der exothekalen Skelettheile,
also der Rippen und der Intercostalquerblättchen, ist genau
wie bei dem Exemplar I.
Exemplar IV u. V. Die ersten drei Stücke stammen
aus dem Miocän von Bordeaux und sind sehr gleichartig er-
halten. Diese beiden letzten jedoch zeigen, unter sich völlig
übereinstimmend, einen von dem der drei ersten ganz ab-
weichenden Erhaltungszustand, so dass die Annahme berech-
tigt ist, dass sie entweder aus einer anderen Lage oder aus
dem bei Bordeaux ebenfalls auftretenden Oligocän (Eoe. super.)
stammen. Sie sind in einen krystallinischen weisslichen Kalk-
stein verwandelt. Die Aussenflächen sind hellbraun gefärbt.
Die IE sind ausserordentlich gleichmässig gross, durch-
schnittlich 4—5 mm, und sehr regelmässig rund. Die Zwischen-
räume sind ebenfalls gleichmässig breit, 1,5—2 mm, und fein
berippt. Meist sind 36 Septa vorhanden, oft auch einige weniger,
6 sind stärker als die anderen entwickelt. Die Columella ist
kräftig, spongiös. In Folge des Erhaltungszustandes liess sich
die Structur der ohnedies so schwach entwickelten Exothek
nicht beobachten. Die sonstige Uebereinstimmung mit dem
Exemplar III ist unverkennbar.
Die mir zahlreich vorliegenden Stücke von San Giovanni
Ilarione und Montecchio maggiore stimmen nun völlig überein
mit den Exemplaren II—V. Da sich nun bei Exemplar III
die so charakteristisch ausgebildete Exothek von Heliastraea
Defrancei fand und dieses Stück daher zu dieser Art gerechnet
werden kann, so darf das gleiche auch mit den vicentinischen
Exemplaren gesehehen, obgleich bei diesen die Structur der
Exothek nicht beobachtet worden ist. Immerhin tragen die
französischen Exemplare III—V sowie die vicentinischen Stücke
durch die sehr gleichmässig grossen, runden Kelche, welche
durch verhältnissmässig schmale Zwischenräume getrennt wer-
den und in welchen sich in der Regel die sechs primären
Septen durch beträchtlichere Dicke auszeichnen, ein eigen-
thümliches Gepräge, welches uns berechtigt, sie als var. immersa
von der typischen Art zu trennen. Diese Varietät würde im
Eoeän beginnen (San Giovanni Ilarione) und durch das Oli-
gocän (Montecchio maggiore) hinaufgehen bis ins Miocän (Bor-
deaux), während die typische Art bis jetzt auf das Miocän
beschränkt ist (Bordeaux, Turin, Ungarn, Siebenbürgen, Mähren).
D’AcHıarnı möchte auch Heliastraea inaequalis Reuss mit
der eben besprochenen Art vereinigen, was mir jedoch nicht
statthaft erscheint. Ich habe mich wenigstens nicht von dem
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VIl. 2. 21
410
Vorhandensein jener eylinder- oder dornenförmigen Exothekal-
gebilde überzeugen können, obgleich mir mehrere Exemplare
mit wohlerhaltener und reichlich entwickelter Exothek vor-
lagen. Da Reuss diese Species übrigens, wie er selbst an-
giebt '), nur auf ein schlecht erhaltenes Exemplar aufgestellt
hat, glaube ich die Diagnose in mehreren Punkten erweitern
zu müssen und lasse eine nochmalige Beschreibung der Art
nach umfangreicherem Material folgen.
Heliastraea inaequalis Rs.
Die äussere Gestalt des Stockes dieser Art ist sehr wech-
selnd, indem manche Exemplare dicke Platten, andere da-
gegen rundliche Knollen bilden. Die Oberfläche ist daher bald
eben, bald wird sie stark convex. Die Kelche stehen meist
sehr dicht gedrängt, auch da wo sie weitläufiger angeordnet
sind ist ihre gegenseitige Entfernung immer viel geringer als
ihr Durchmesser. Ihr Umriss ist bisweilen kreisrund, häufiger
etwas elliptisch. Der Kelchrand ist scharf. Die Erhebung
desselben über die Oberfläche beträgt meist 1— 1'/, mm, bei
manchen Exemplaren ragt indess eine Anzahl Kelche auch
bis 3 mm empor. Die Grösse der Kelche ist an verschiedenen
Stücken ziemlich verschieden. An einem Exemplar betrugen
die Axen der meist elliptischen Kelche 6 bzw. 8 mm, die des
grössten Kelches 3 bzw. 10 mm; an einem anderen Stück
5 bzw. 7” mm, an einem weiteren nur 4 bzw. 5 mm. An
einem Stück mit mehr runden Kelchen maassen diese meist
5 mm. Die Zwischenräume zwischen den Kelchen sind 1—4 mm,
meist etwa 2 mm breit und erscheinen als mehr oder weniger
vertiefte, meist indess seichte Rinnen. Bei vielen Exemplaren
haben die grösseren Kelche 40 Septa, bei anderen 36. Einmal
beobachtete ich in einem Kelche 43 Septa, während die meisten
anderen Kelche desselben Stückes nur 24, einzelne über 30
Septa hatten. Am häufigsten finden sich 30—36 Septa. Bei
manchen Exemplaren sind die Lamellen der ersten beiden
Cyclen an ihrem inneren Ende etwas verdickt, 12—14 Septa
reichen bis zur Columella, mit welcher sie sich durch gewun-
denen Bälkchen - ähnlichen Ausläufern vereinigen. - Die Axe
selbst ist spongiös, wohl entwickelt. Endothekallamellen sind
zahlreich.
Die Septen überragen den Kelchrand etwas und setzen
sich auf der Aussenwand direct als Rippen fort, von denen
die längeren in den Zwischenräumen winklig zusammenstossen.
Dieselben sind gekörnelt, was jedoch nur selten zu beobachten
2) Reuss, Pal. Stud, Abth. I, pag. 173 (45]
zen.
ist; auch sind sie bei verschiedenen Exemplaren in verschie-
denem Grade ungleich; bisweilen wird diese Ungleichheit sehr
gering. Bei manchen Stücken sind 16—20 bedeutend stärker
als die übrigen; die Gesammtzahl wechselt natürlich nach der
Zahl der vorhandenen Septen. Exothekallamellen sind ausser-
ordentlich zahlreich vorhanden, im Allgemeinen spannen sich
die Blättchen ziemlich horizontal aus, besonders diejenigen an
den Kelchröhren zwischen den Rippen, deren Abstände bis-
weilen auch recht regelmässig sind. Wie schon oben bemerkt,
konnte ich auch bei denjenigen Exemplaren, bei welchen
die Kelche weit von einander abstehen und daher die Exothek
reichlich entwickelt und gut zu beobachten ist, mich nicht von
dem Vorhandensein jener säulchen- oder dornenförmigen Exo-
thekal-Gebilde überzeugen, welche man bei entsprechend erhal-
tenen Stücken von Heliastraea Defrancei findet.
Es lagen mir 15 Exemplare dieser Art vor, welche sich
auf die Fundorte Monte Grumi (1), Lugo (2), Monte della
Bastia und S. Trinita bei Montecchio maggiore (12) vertheilen.
Reuss führt sie vom Monte di Carlotta an.
Heliastraea Lucasana Derr. sp.
Reuss, Pal. Stud., Abth. I, pag. 157 [29], 176 [48], t. 11, f. 5. 6.
Da mir von dieser Art zahlreiche Exemplare von der
Fontana bona di San Lorenzo, vom Monte Grumi und von
Lugo vorlagen, so möchte ich nur hervorheben, dass die Po-
Iypenstöcke von der Fontana bona im Allgemeinen grössere
Kelche besitzen als die der anderen Fundorte. Die Kelch-
grösse der Stücke von genannter Localität steigt nämlich bis
8 mm Länge bei 6 mm Breite, öfters sind die Dimensionen
der elliptischen Kelcne 4:7 mm, die der runden 6 mm. Bei
den Exemplaren von Lugo scheint die Grösse nicht über 5 mm
hinauszugehen, die von Monte Grumi halten die Mitte ein.
Heliastraea columnaris Rs.
Reuss, Pal. Stud., Abth. I, pag. 177 [49], t. 12, f. 3.
Es lagen mir eine Anzahl Exemplare einer Heliastraea
vor, welche ich zu 7. columnaris Rs ziehen zu müssen glaube,
von denen indess nur wenige die von Reuss als charakteristisch
für diese Art angeführte säulenförmige Gestalt des Polypen-
stockes besitzen; die übrigen zeigen ganz unregelmässige For-
men; einige Stücke stellen sogar dünne Platten dar. Alle
aber stimmen in ihrem inneren Bau überein, so dass sie un-
zweifelhaft zusammengehören. Obgleich nach den eben ange-
gebenen Verhältnissen Aeliastraea columnaris dann nicht mehr,
217
412
wie Reuss angiebt, durch ihre säulenförmige Gestalt von den
übrigen Arten dieser Gattung ausgezeichnet ist, so kann sie
doch als selbstständige Species beibehalten werden.
Die Kelche stehen stets sehr dicht, bei manchen Exem-
plaren sogar so gedrängt, dass sich einige von ihnen gegenseitig
berühren, bei anderen beträgt ihre Entfernung durchschnittlich
2 mm. Sie ragen meist 1 mm hoch empor, bei manchen
Stücken indess auch bis 3 mm, und zwar in steiler, oft verti-
caler Richtung. Ihr Umriss ist elliptisch, die gewöhnliche
(Grösse 4—5 mm. In ihnen finden sich 3 vollständige Cyclen
von Septen, während ein event. vorhandener vierter Cyclus
fast immer unvollständig bleibt; die Anzahl der Septen schwankt
in Folge dessen meist zwischen 24 und 40. Der Kelchrand
ist dünn und scharf, die Columella ist in verschiedenem Grade,
meist indess ziemlich schwach entwickelt. ') Die Rippen der
Aussenwand bzw. in den Zwischenräumen zwischen den Kel-
chen sind fein aber scharf gekörnelt.
Die Zahl der untersuchten Exemplare beträgt 11, welche
sich auf die Fundorte Monte della Grotte, Monte Grumi, S.
Trinita und Crosara vertheilen. Reuss führt sie von Ponte
bei Lugo an. An der Fontana bona di San Lorenzo habe ich
zwei Exemplare gesammelt, welche mir ebenfalls hierher zu
gehören scheinen. Sie sind indess ausgezeichnet durch etwas
grössere Kelche. Dieselben sind meist elliptisch und ihre
Axen betragen 5 bzw. 7” mm. Ausserdem stehen die Kelche
so ausserordentlich gedrängt, dass die Stücke einer /sastraea
ähnlich sehen, doch gewahrt man an Längsbrüchen, dass die
Polyparien durch Rippen und Exothek verbunden sind. Der
vierte Septal-Oyelus ist oft vollständig entwickelt, so dass man
häufig 48 Sternleisten zählt.
Faviaceae.
Unter den von p’AcHıarnı als Goniastraea Cocchi, von
Reuss anfangs als Favia confertissima, später ebenfalls unter
dem p’Achıarpischen Namen beschriebenen Korallen herrscht
eine gewisse Unklarheit, theils wegen der Schwierigkeit, die
Priorität eines dieser beiden Namen festzustellen, theils über
die generische Stellung der Korallen selbst. Letztere gehören
nach der Ansicht der beiden genannten Paläontologen zu nur
einer Art, von welcher freilich Reuss bemerkt: „die Species
scheint sehr wandelbar zu sein.“ Mir dagegen scheint, dass
1) Auch Reuss nennt die Axe „wenig entwickelt“, was jedoch mit
der Darstellung derselben 1. ce. in f. 3b nicht recht stimmt.
413
die betreffenden Formen in zwei Species zu vertheilen sind,
für welche es dann am natürlichsten sein dürfte, je einen der
vorhandenen Namen anzuwenden, obgleich der Umfang der-
selben dann ein anderer wird.
Favia confertissima Rs. emend. Fer.
Syn. Favia confertissima Reuss, Pal. Stud., Abth. I, pag. 152 [24],
Goniastraca Cocchi D’AcHIarpı, Cor. foss. dell’ Alp. Ven. II,
pag. 30, t XII, f. 4 (abgeriebenes Exemplar).
Der Stock ist massiv, knollig, die Oberfläche convex. Auf
der Unterfläche gewahrt man noch Reste von Epithek, sonst
ist dieselbe mit fast gleichen gekörnelten Längsrippchen be-
deckt. Die Kelche sind von recht ungleicher Grösse (4—- 10 mm),
oft verlängert oder unregelmässig verzerrt. so dass der Kelch-
rand bisweilen gyrös erscheint, meist ist derselbe indess abge-
rundet polygonal. Die Kelche sind mässig tief; sie stehen sehr
gedrängt, so dass die die Zellröhren verbindenden Rippen und
Exothekallamellen häufig ganz rudimentär werden, die Mauern
benachbarter Kelche unmittelbar vereinigt erscheinen und die
Kelchränder einfache scharfe Rücken darstellen. Oft sind
jedoch auch die einzelnen Kelchränder von einander getrennt
und zwischen denselben finden sich dann schmale und seichte
Furchen. Da wo letztere etwas breiter und tiefer werden,
kommen auch die Aussenrippen zum Vorschein und die Kelch-
röhren werden durch letztere und durch eine allerdings sehr
spärliche Exothek verbunden. Aus diesem Grunde stelle ich
die in Rede stehende Koralle zur Gattung Favia, denn auch
bei recenten Favia-Arten erscheinen die Mauern benachbarter
Kelche bisweilen fast unmittelbar vereinigt und die Exothek
ist nur sehr gering entwickelt, wie z. B. bei der gewöhnlichen
Form der Favia Ehrenbergi Kız.')
Es sind 3—4 Cyclen von Septen vorhanden, in den grös-
seren Kelchen zählt man bis 48 Lamellen. Reuss giebt an,
sie seien durchschnittlich sehr dünn, was ich an den mir von
San Giovanni Iarione vorliegenden Exemplaren nicht finden
kann, welche meist ziemlich stark sind. Auf den Seiten-
flächen sind sie mit Körnchen besetzt. Am inneren Ende ver-
dicken sich diejenigen der ersten beiden Cyclen oft etwas und
der darauf stehende Zahn ist grösser als die Zähnchen des
übrigen Septalrandes. Auch bei den recenten Favien sind die
äusseren Septalrandzähne kleiner als die inneren und die
letzten erscheinen oft als Pseudopali. Die Columella ist meist
!) Krunziıncer, Korallth. d roth. Meeres, 3. Theil, pag 29, t. III, f. 7.
414
deutlich entwickelt, von spongiöser Structur. Die Endothek ist
reichlich vorhanden.
Mir lagen von dieser Art 8 Exemplare von San Giovanni
Ilarione vor, das von Reuss abgebildete Exemplar stammt vom
Monte Grumi bei Castelgomberto.
Goniastraea Öocchi D ACHIARDI emend. FEt..
Syn. Goniastraea Cocchi Reuss, Pal. Studien, Abth. III, pag. 14, t. 40,
f. 2, 3, non p’AcHıarpı, Cor. foss. dell’ Alp. Ven., Abth. Il,
pag. 30, t. 13, f. 4.
Der Stock ist massiv, von rundlich-knolliger Gestalt, die
Oberfläche sehr convex. Die Kelche sind von ziemlich regel-
mässig polygonalem Umriss, nicht so verzogen wie bei Fuvia
confertissima. Sie sind 3—5 mm gross, mässig vertieft. Der
Kelchrand ist scharf. Die Zellröhren stehen dicht gedrängt
und sind unmittelbar mit ihren Wandungen verwachsen, so
dass die Kelche stets durch einfache, scharfe, niemals eine
Furche zeigende Rücken getrennt werden. Exothekallamellen
und Rippen fehlen vollständig. In der Regel stossen die Septen
des einen Kelches direct auf die der Nachbarkelche, wie es
auch auf den schönen Abbildungen von Reuss (l. e. t. 40,
f. 2b und 3) fast ausnahmslos der Fall ist. Sie überragen
etwas den Kelchrand, auf welchem sie zugleich am dicksten
sind. Ihre Anzahl beträgt in den grösseren Kelchen 24 —-36,
doch ist öfters schon der dritte Cyclus unvollständig und man
zählt dann nur 16—22 Septa. Ihr freier Rand ist mit kleinen
aber scharfen Zähnen besetzt, ihre Seitenflächen tragen Körn-
chen. Die spongiöse Axe ist mehr oder weniger entwickelt.
Die sogen. Pali sind nur selten sichtbar und erscheinen dann
in Form von spitzen, auf den Enden der primären und secun-
dären Septen stehenden Körnern. (Es sind wohl auch nur
Pseudopali.) Uebrigens sind auch bei recenten Goniastraea-
Arten diese Pali bisweilen nur sehr rudimentär entwickelt, so
2. B. bei @. seychellensis M. Epw. et J.H.') In ihrem Gesammt-
habitus zeigt unsere fossile Art eine sehr grosse Aehnlichkeit
mit der lebenden Goniastraea retiformis Luk.?) aus dem rothen
Meer. Sie hat mit derselben gemein die verhältnissmässig ge-
ringe Grösse der ebenfalls polygonalen Kelche und die kleine
Zahl der Septallamellen.
Die beiden mir von Goniastraea Cocchi vorliegenden Exem-
plare stammen von San Giovanni Ilarione.
1) KLunzINGEr, |. c. Theil. III, pag. 33, t. 4, f. 3.
*) Ebendaselbst pag. 36, t. 4, f. 5.
415
Fungidae.
Cycloseris Perezi J.H.
Syn. Cycloseris Perezi J.H., Reuss, Paläont. Stud., Abth. Ill, pag. 16,
t. 41, f. 1. p’AchHtarnı, Catalogo page. 8.
Uycloseris ephippiata D’ACHIARDI, Catal. pag. 8. Reuss |. c. p. 17,
41, f. 4—6.
Die von p’Achıarvı aufgestellte Art Cycloseris ephippiata
halte ich mit der älteren Ü. Perezi für identisch. p’AcHiauDı
giebt folgende Differenzen an: „forma piu irregolare — dimen-
sioni minori — minore numero di lamelle et di coste — asso-
luta mancanza di epitecio* — und schliesslich „Cyel. ephippiata
aderisce sempre all’ Orbitolites sella.“ Unterziehen wir diese
Unterschiede einer kurzen Prüfung! Die unregelmässige Form
rührt eben von dem Aufgewachsensein auf Orbitolites sella her.
Diejenigen jungen Cycloseris-Polypen, welche keine Orbitoliten-
Gehäuse zum AÄnsetzen fanden, wuchsen eben regelmässiger
und ich möchte daher diese äussere Formverschiedenheit für
bedeutungslos halten. Dass (yeloseris kleinere Dimensionen
besässe, ist nicht richtig. Bereits Reuss giebt l.c. für beide
als grössten Durchmesser 30 mm an. Dieselbe Grösse er-
reichen die mir vorliegenden Exemplare. Die Anzahl der Septen
bzw. Rippen ist ebenfalls nicht geringer. Reuss giebt bei
einem 22,5 mm grossen Exemplare von Cycloseris Perezi 198,
bei einem 27 mm grossen Exemplar von Üycl. ephippiata 200
Septa an. Auch ich zählte bei Cyecl. ephippiata an einem Exem-
plar von 31 mm Durchmesser 198 Septen, also ebenfalls voll-
ständige 6 Cyclen und einige Lamellen eines beginnenden
siebenten Cyclus. Reste von Epithek habe ich bei beiden
„Arten“ beobachtet. Schliesslich habe ich mich auch von
dem von Reuss hinzugefügten Unterschied, dass die Central-
grube bei (ycloseris ephippiata umfangreicher und tiefer sein
soll als bei ©. Perezi, nicht überzeugen können. Bemerkens-
werth erscheint mir schliesslich noch eine frühere Angabe von
Reuss, dass nämlich Cyeloseris Perezi Hıımz stets auf einen
Orbitoliten, der sehr oft eine vollkommen centrale Stellung
habe, befestigt sei. !)
Zusammen lagen mir ca. 50 Exemplare von San Giovanni
Ilarione vor.
Anm. Von Krunzinger ?) und MıLnE Epwarps°) wird in
der Gattungsdiagnose von Cycloseris das Polypar dieser Koralle
1) Reuss, Oberoligoc. Korall. aus Ungarn; Sitzungsber. d. k. Akad.
d. Wiss., 1870, pag. 13.
Dale. Ph Il, pag. 70.
®) Hist. nat. T. III, pag. 49,
416
als frei und ohne Spur einer früheren Anheftung bezeichnet,
indessen wird man das Festwachsen oder Freibleiben eines
Polypars im Allgemeinen nicht zur Trennung von Gattun-
gen benutzen, bzw. in Gattungsdiagnosen aufnehmen können,
in welcher Weise sich auch Ü. Senper !) gelegentlich seiner
Beschreibung der philippinischen Eupsammiden und M. Duncan ?)
ausgesprochen haben und wie das auch Prarz°?) durch eine
schöne Zusammenstellung diesbezüglicher Beispiele zu beweisen
sucht. Ferner sind bereits von verschiedenen Autoren ange-
heftete Üycloseris-Arten beschrieben worden, z. B. ausser (y-
closeris ephippiata D’ACHIARDI 1. c., Cyclos. provincialis D'ORB. Sp.,
FRonEnTEL, Terr. eret. pag. 371 und Cyclos. aegyptiaca PRATZ,
Ic. pag. 228.
Eupsammidae.
Weder von Reuss noch von p’ÄAchıarnı sind Vertreter
dieser Familie aus dem vicentinischen Tertiär beschrieben
worden; um so interessanter war es mir daher, unter dem
reichen Material des Berliner Museums zu jenen gehörige For-
men zu finden, nämlich mehrere Vertreter der Gattung Lo-
bopsammia sowie ein weiteres Exemplar, welches zur Aufstel-
lung eines neuen Genus berechtigen dürfte, für welches ich den
Namen „Stichopsammia“ in Vorschlag bringe.
Lobopsammia arbuscula nov. Sp.
Der Polypenstock ist baumförmig-ästie. Die Stämme und
Zweige sind seitlich etwas comprimirt und daher stets von
elliptischem Querschnitt. Die Dimensionen der unteren Quer-
fläche des grössten Exemplars waren 17 bzw. 14 mm, während
die obersten Endkelche durchschnittlich nur noch 6 mm lang
und 4—5 mm breit sind. Die Höhe des grössten Stückes
betrug 70 mm. Die Vermehrung der Polyparien erfolgt durch
Theilung der Zweige, welche bei manchen Exemplaren sehr
lebhaft vor sich gegangen ist, indem ein Stück, welches
29 mm hoch und an seiner unteren Endfläche 10 mm dick
war, 6 Endzweige besass. Die Kelche, welche ebenfalls
einen elliptischen Umriss besassen, waren leider niemals deut-
lich genug erhalten, um die Anzahl der Septen bestimmen zu
können. Auf Querbrüchen zählt man 4 vollständige Cyelen,
zu welchen oft noch ein mehr oder weniger, aber niemals
2) Ueber Generationswechsel bei Steinkorallen ete. Zeitschr. f. wiss.
Zoologie, Bd 22, pag. 256.
?) Sind fossil Corals pag. 19 bei Besprechung der Gattung Smilo-
trochus.
3) ]. c. pag. 224, Anm. 1.
Er
417
vollständig entwickelter 5. Cyelus hinzukommt. Der Oberrand
der Septen ist gezähnt; weitere Details hinsichtlich des Ver-
wachsens derselben liessen sich leider des mangelhaften Erhal-
tungszustandes wegen nicht feststellen. Die Columella ist wohl
entwickelt, von locker-spongiösem Gefüge. Die Kelche selbst
sind ziemlich stark vertieft. Die Aussenfläche der Stöcke be-
decken in gewundene Reihen zusammenfliessende, ziemlich
feine Körner. Je nachdem diese Reihen länger oder kürzer
bzw. öfter mit einander verbunden sind, erscheint die Ober-
fläche mehr maschig oder fein gekräuselt oder längsgerippt.
Die 7 mir vorliegenden Exemplare von Lobopsammia ar-
buscuia stammen von Ürosara.
Stichopsammia nov. gen.
Vermehrung durch Theilung; nach derselben trennen sich
jedoch die neu entstandenen Kelche nicht, sondern fliessen in
Reihen zusammen, in welchen sich die Kelchceentren verwischen;
der Polypenstock stellt daher ein dickes, meist gewundenes
Blatt vor. Columella wohl entwickelt, eine kräftige Lamelle
von spongiösem Gefüge bildend. Im Uebrigen wie Lobopsammia.
Die neue Gattung Stichopsammia verhält sich also zu Lobo-
psammia wie 2. B. Desmocladia zu Calamophyllia.
Stichopsammia gyrosa nov. gen. NOV. Sp.
Der Polypenstock besitzt in seinem unteren Theile rund-
lichen Umriss, nach oben zu nimmt er rasch die Form eines
dicken, gebogenen Blattes an. Der Durchmesser der unteren
Basis beträgt ca. 26 mm, die Gesammthöhe des Stockes ca.
60 mm, die Dicke im oberen blattförmigen Theil schwankt
zwischen 5 und 9mm. Kelche waren leider nirgends erhalten,
vielmehr stellten sich sämmtliche Querflächen als Bruchflächen
dar; auf diesen zählte man in der Länge eines Centimeters
durchschnittlich 24 Septa. Einzelne Kelchcentren sind nicht
unterscheidbar. Die Columella ist wohl entwickelt und bildet
eine Lamelle von locker-spongiösem Gefüge. Die Aussenfläche
des Stockes ist längsgerippt, 24—28 Rippen kommen auf die
die Breite eines Oentimeters, sie sind schmal, aber mit scharfen,
spitzen Körnern besetzt und laufen auf ziemlich lange Strecken
einander parallel; zwischen ihnen finden sich Reihen von Poren.
Stichopsammia gyrosa liegt nur in einem Exemplar vor,
ebenfalls von Crosara.
Zu. derselben Gattung gehört die von SısmonpA!) be-
2) Mater. p. serv. a la Paleont. du terr. tert. du Piemont, P. 11.
Ella real. Acad. delle scienze di Torino 1871, Bd. XXV, p. 284,
418
schriebene und abgebildete Lobopsammia miocenica von Sassello.
Von unserer Art dürfte sich dieselbe durch abweichende Be-
schaffenheit der Aussenwand unterscheiden, da Sısmonpa an-
giebt: „Cötes petites, arrondies, et vermiculees.“
Da sich bei Untersuchung der im Vorstehenden beschrie- |
benen Korallen - Arten und besonders derjenigen der Einzel- |
Korallen (Monastrees From.) ergeben hat, dass viele derselben
besser in andere Gattungen gestellt werden als in diejenigen
unter deren Namen sie zuerst beschrieben worden sind, so ist
es für eine leichtere Orientirung wohl zweckmässig, eine Ta-
belle einer Anzahl verschieden benannter Arten folgen zu
lassen, in welcher die Bezeichnungen von Russ, D’ACHIARDI
und mir einander gegenüber gestellt sind.
Reuss. | D’ACHIARDI. Verf.
Trochosmilia aculti-
Margo.
Trochosmilia acutimargo
Tr. profunda p.p.
Epismilia glabrata Epismilia glabrata ee
Leptomussa variabilis || Leptomussa variabilis
E Leptomussa variabilis.
L. abbreviata P
| |
Coelosmilia elliptica | Ei |
| j
\
|
Circophyllia cylindroi- an
des
Parasmilia crassicostata
Antillia cylindroides.
Parasmilia crassicostata
COyathophyllia annulata
I B | =
ar Öyathophyllia annulata | Circophyllia annulata.
Epismilia profunda
Trochosmilia profunda
P- P.
Trochosmilia Panteniana
Tr. varicosa
| Petrophyllia Grumi.
Leptophyllia Panteniana | Leptophyliia Panteniana. i
Rhabdophyllia interco-
stata
Rh. tenuis p. p. |
Rhabdoph. crenaticosta ' Dasyphyllia compressa | Calamoph. crenaticosta.
Aplophyllia paucicostata | Cladocora (2?) paucico- | Cladocora (2) paucico-
Montlivaultia Grumi | Montlivaultia Grumi
| Rhabdophyllia tenuis Rhabdophyllia tenuis. _
stata stata.
Oycloseris Perezi \ Cycloseris Perezi \ Öycsilie
Ö. ephippiata f ©. ephippiata J
|
419
Es sei mir schliesslich gestattet, einige Beinerkungen über
die Epithek der Madreporaria folgen zu lassen. Bereits
v. Fritscr (l. c. pag. 100) hat darauf aufmerksam gemacht,
dass bei fossilen Korallen verschiedene Bildungen unter diesem
Namen angeführt werden, nämlich ausser jener Exothekalplatte
(1), welche ursprünglich allein Epithek genannt werden sollte,
auch bisweilen die Theka (2) selbst und in einigen Fällen
jener Kalkabsatz (3), welchen absterbende Polypen gewisser-
maassen zur Verfestigung und Verhärtung des Stockes zurück-
lassen. In anderen Fällen dürften nach v. Fritsca stolonen-
artige, mit der Vermehrung der Polypen in Zusammenhang
stehende Ausbreitungen (4) in der Nähe eines jeweiligen Kelch-
randes sogenannte Epithekringe gebildet haben. Der sub (3)
erwähnte Kalkabsatz kann wohl als eigentliche Epithek ange-
sehen werden, zumal da ja auch seine Function die gleiche
ist, nämlich den Polypenstock gegen äussere Einflüsse und
Angriffe zu schützen. Krunzınger belegt ihn auch direct mit
diesem Namen, wenn er bei Goniopora planulata u. a. an-
siebt!): „Nur der oberste Theil der Colonie ist belebt und
gefärbt und durch eine deutliche Epithek vom unteren abge-
storbenen Theil abgegrenzt.“ Andererseits sind die sub (4) ge-
nannten Ausbreitungen oft Thekalgebilde und fallen also mit
unter (2). In der That sind nun Gebilde wie die von von
Fritsch genannten als Epithek beschrieben worden. Bei Ste-
phanosmilia (Circophyllia m.) annulata giebt Rruss ?) „schmale
unregelmässige Epithekalringe* an, welche, wie schon oben
erwähnt, meiner Meinung nach nur Ausbreitungen der Wand,
also Thekalgebilde sind, ebenso bei ZEpismilia profunda Rs.
(Paläont. Studien, Abth. III, pag. 24), Montlivaultia Grumi
pD’AcHıarvı (Cor. foss. P. II, pag. 5) u. a. Auch die bei
Epismilia glabrata Rs. beschriebene °) „dieke, glatte Epithek“
dürfte die Theka selbst sein, doch ist eine Entscheidung dar-
über ohne Ansicht des betreffenden Exemplars selbst natürlich
nicht möglich. Es könnte nun scheinen als sei es nur ein
Streit um Worte, ob man ein Gebilde als „Epithek“ oder
„glatte Theka“ bezeichnet. Es ist dies jedoch deshalb nicht
der Fall, weil der Epithek vou manchen Forschern, wie Reuss
und M. Duncan u.a., eine ziemlich grosse Bedeutung als Unter-
scheidungsmerkmal von Gattungen beigelegt wird. Andere
legen ihr im Gegensatz dazu eine solche Wichtigkeit nicht
bei. So äussert sich z. B. Prarz*) über den Werth der
t) KLUNZInGER, 1. c. Th. II, pag. 45, vergl. t. VII, f. 23.
2) Pal. Stud., Abth. III, pag. 28.
®) Ebendas. Abth. I, pag. 170 [42].
#) PrATz, 1. c. pag. 224, Anm. 2,
420
Epithek wie folgt: „Stärkere oder schwächere Epithek oder
selbst das Fehlen derselben kann bei einfachen Formen als
Gattungsmerkmal kaum seine Gültigkeit beibehalten.“ Noch
weiter geht schliesslich Miıraschkwirz, welcher merkwürdiger-
weise nur in einer Anmerkung zu seiner schönen Arbeit über
die Nattheimer Korallen sich dahin ausspricht'), er halte die
Bezeichnung Epithek nicht allein für überflüssig, sondern sogar
für schädlich, da ihr zufolge viele Paläontologen, wie z. B. Reuss,
FROMENTEL u. a., häufig innere Organe für äussere genommen
und dadurch eine völlig irrige Vorstellung über die Organisation
des Thieres gewonnen hätten. Seinen Beobachtungen nach
existire eine sogenannte Epithek bei Korallen überhaupt nicht,
und das was M. Epwarps und J. Haıne bei den Rugosen, bei
der Gattung Montlivaultia u. a. unter diesem Namen verstün-
den, sei nichts anderes als eine wahre Theka, welche glatt sei,
anstatt mit Rippen überzogen zu sein. Zu dieser Ansicht ist
Mitaschewirz wohl mit durch den Umstand geführt worden,
dass bei manchen Gattungen mit wohl entwickelter Epithek,
wie z.B. Montlivaultia, Epismilia u. a., eine Theka vollständig
fehlt oder rudimentär ist. Es stimmt aber diese äussere
Kalklage z. B. der Montlivaultien in ihrem Auftreten und ihrer
Erscheinung so mit der Epithek bei lebenden Korallen überein,
dass wir sie wohl mit diesem Gebilde für ident halten dürfen.
Es kommt hierzu noch der Umstand, dass diese Epithek nur
aufliegt auf den gezähnelten, ungefähr vertical verlaufenden
Aussenrändern der Septen. Die Folge dieser ungleichmässigen
Befestigung ist natürlich, dass diese Kalklage leicht abfällt,
und daher findet man so häufig Montlivaultien ohne äussere
Umhüllung, bei welchen man direct die Aussenränder der
Septen und die zwischen denselben befindlichen Endothekal-
lamellen erblickt. Die eigentliche Theka entsteht jedoch, wie
wenigstens in vielen Fällen durch die neueren Untersuchungen
G. v. Koc#’s?) nachgewiesen ist, durch secundäre Verschmel-
zung gewisser verdickter Partieen der Septen und wird also
nicht, wie jene Kalklage der Montlivaultien, den Zähnen des
äusseren Septalrandes locker aufliegen. Es dürfte nun zwar
1) Palaeontogr. Bd XXI, pag. 184, Anm.
?) Vergl. G. v. Kocn, Bemerkungen über das Skelet der Korallen.
Morpholog. Jahrb. Bd. V, pag. 317. Die Bedeutung des Mauerblattes,
ebenda Bd. VIII, pag. 93. Ueber die Entwickelung des Kalkskeletes von
Astroides calycularis, Mittheil a. d. zoolog. Station zu Neapel Bd. III,
pag. 284. Es muss hier noch besonders hervorgehoben werden, dass
dieses Resultat von v. Koch nur für weiter entwickelte Exemplare auf-
gestellt wurde und die Frage über eine erste Anlage des Mauerblattes
unberührt lässt. Die Erörterung der letzteren hat für den Paläonto-
logen kein praktisches Interesse.
421
nicht berechtigt sein, das Vorhandensein oder Fehlen der
Epithek als Gattungsmerkmal zu verwerthen, wohl aber das
Vorhandensein oder Fehlen einer Theka. Da jedoch, wo eine
Theka fehlt oder rudimentär ist, in der Regel sich eine bei
guter Erhaltung complete, membranförmige Epithek findet,
so werden doch die meisten der durch letztere charakterisirten
Gattungen bestehen bleiben können. Da die Epithek sich bei
den Formen, wo eine Theka fehlt oder rudimentär ist, auf die
Aussenränder der Septallamellen auflegt und so das ganze
Polypar oft bis zum Kelchrand hinauf einhüllt, so erscheint
die Aussenfläche desselben vollkommen glatt oder nur schwach
quergerunzelt („ringstreifig“). Andererseits liegen die Stellen,
wo die Septen sich zur Bildung einer Mauer verdicken, zwar
in der Nähe der peripherischen Ränder derselben, aber meist
richt am äussersten Ende selbst und es ragt daher in der
Regel ein Theil der Sternleisten über die Mauer hervor und
bildet die sogen. Rippen oder Öostae. Ob sich auf diese bzw.
den zwischen ihnen befindlichen Theil der Mauer noch Epithek
legt oder nicht, scheint mir, zumal bei fossilen Formen, nicht
zur Trennung von Gattungen verwerthet werden zu können,
zumal da sich hier beträchtliche Schwankungen der Epithek-
Entwickelung bei einer und derselben Art vorfinden können. In
demselben Sinne spricht sich auch Kıunzınger aus, wenn er
schreibt !): „Die Gattung Metastraea M. Epw. et J.H. soll sich
von /rionastraea M. Epw.etJ.H. durch nackte, nicht mit Epi-
thek bekleidete untere Fläche unterscheiden, ein Charakter,
der mir zur Unterscheidung einer Gattung sehr ungenügend
erscheint.“
1. ec. Th. Ill, pag. 41.
2
4. Veber einige neue Arten von Graphularia und über
tertiäre Belemniten.
Von Herrn W. Branco ın Berlın.
Hierzu Tafel XX.
In der paläontologischen Sammlung der technischen Hoch-
schule zu Aachen fand ich zur Zeit meines Dortseins unter dem
von Herrn Braun gesammelten Material aus dem Mainzer Bek-
ken sieben Stücke der im Nachfolgenden beschriebenen Art
(Fig. 4—7). Es lagen zwei Etiquetten vor: die eine derselben
trug die Bezeichnung „Wirthsmühle“; auf der anderen standen
die Worte „Seeigelstacheln? Aus dem Sande des Hohlweges.“
Diese Bezeichnungen im Vereine mit dem anhängenden grob-
körnigen Quarzsande gestatten wohl mit Sicherheit die An-
nahme, dass die vorliegenden Stücke dem mitteloligocänen
Meeressande entstammen.
Schon Herr Braus hegte, wie das Fragezeichen beweist,
Zweifel, ob diese Reste wirklich von Seeigelstacheln herrühren
möchten. Allein die richtige Deutung dieser Gebilde entzog
sich für den Finder in sehr erklärlicher Weise der Möglichkeit,
denn das Geschlecht, welchem dieselben angehörten, Graphu-
laria, ist ein ungemein seltenes; und wenn überhaupt, so war
zu der Zeit, in welcher Herr Braus sammelte, jedenfalls erst
eine einzige Art der (sattung aus England beschrieben und
abgebildet. i
Weiteres Material verdanke ich sodann der Güte des
Herrn Geheimrath F. R&mer, welcher mir eine von ihm bereits
beschriebene Art dieser Gattung, und des Herrn Prof. Daues,
welcher mir einige von Herrn Geheimrath BerrkıcH gesammelte
und als Graphularia bestimmte Stücke freundlichst zur Ab-
bildung bzw. Beschreibung anvertrauten. (renannten Herren
sage ich dafür verbindlichsten Dank auch an dieser Stelle.
Ein grosser Theil der Alcyonarien besitzt bekanntlich eine
innere Axe, welche entweder hornig ist oder aus wesentlich
krystallinem Kalke besteht oder durch abwechselnd kalkige
und hornige Glieder gebildet wird. Bei der Familie der Pen-
natuliden, zu welcher die Gattung Graphularia gehört, ist diese
Axe ein langes, stab- oder griffelförmiges Gebilde, welches in
423
Folge dieser seiner Gestalt im fossilen Zustande wohl fast
stets nur in Bruchstücken vorkommt. Die Reste von Graphu-
laria besitzen daher ein recht unscheinbares Aeussere. Trotz-
dem aber gebührt denselben ein höheres Interesse als der
äussere Anschein verräth. Denn nicht nur zeichnen sich die-
selben durch ihr seltenes Vorkommen sondern auch durch ihre
eigenthümliche Structur und die durch diese veranlassten Fol-
gen aus. Das radial-strahlige und zugleich concentrische Ge-
füge dieser stabförmigen “Gebilde erinnert nämlich stark an
Belemniten-Scheiden; und es ist erwiesen, dass gewisse An-
gaben über das Vorkommen tertiärer und cretaceischer Be-
lemniten auf diese Korallen zurückzuführen sind.
Die Gattung Graphularia wurde von Epwarps und HaımE
für gewisse aus dem London-clay stammende Gebilde von
soeben erwähnter Beschaffenheit aufgestellt, welche den Art-
Namen Graphularia Wetherelli erhielten. ') Dieser reihte sich
an eine zweite Art, Graphularia incerta, welche in Nummu-
liten- Schichten gefunden wurde. °) Gleichfalls dem Eocän und
zwar der libyschen Wüste angehörig war dann die dritte Art;
sie wurde von ZırreL Graphularia desertorum benannt.°) Dem-
nächst fand man Vertreter der Gattung in mitteltertiären
Schichten Australiens: Graphularia Robinae*) und Graphularia
senescens °) nannte Mac Coy die beiden, zunächst für Belem-
niten gehaltenen Arten. Gleiches Schicksal theilte eine sechste,
der obersten Kreide von New-Jersey entstammende Art, bis
F. Reuer dieselbe als Graphularia ambigua von den Cephalo-
poden zu den Korallen verwies. ®) Diesen bisher bekannten
reihen sich nun die im Folgenden beschriebenen neuen Arten
an: Graphularia sp. aus dem Miocän von Baden bei Wien;
Graphularia Beyrichi n.sp. aus dem Septarienthon von Herms-
dorf; Graphularia sp. aus den gleichen Schichten von Buckow;
Graphularia Brauni n. sp. aus dem Mitteloligocän von Alzey.
Da uns in den fossilen Resten dieser Korallen nur höchst
einfache, stabförmige Gebilde vorliegen, so können selbstredend
die Art-Unterschiede keine grossen sein. Dieselben beschrän-
ken sich vielmehr im Wesentlichen auf die verschiedene Form
1) Monograph of the british fossil corals, Vol. 1, pag. 41, t. 7, f.4.
ne Baneeı geolog. soc., London 1837, Vol. V, part 1, pag 136,
?) Epwarps and Haıme, Histoire nat. d. coralliaires I, pag. 216
u. 217; Mem. soc. geol. France, 2me serie, III, t. 9, f. 14.
®) Handbuch der Palaeontologie Bd. I, pag. 209.
*) Geologieal survey of Victoria; Palaeontology, Decade V, p. 32 - 34,
BI 2,3, 4.
5) Die von R. Tate als Belemnites beschriebene Art ist abgebildet
im Quaterly journal geolog. soc. 1877, pag. 257, f. 1a, b, c.
°) Neues Jahrbuch f. Min., Geol. u. Pal. 1880, Bd. II, pag. 115.
Dr
des Querschnittes und die Anordnung bzw. das Fehlen der
Längsfurchen und Streifen. Da bei der grossen Seltenheit
dieser Versteinerungen Beobachtungen über den Spielraum,
welcher bezüglich dieser Verhältnisse der individuellen Aus-
bildung zukommt, nicht gemacht sind, so muss dahingestellt
bleiben, bis zu welchem Maasse diese geringen Verschieden-
heiten wirklich constante Artmerkmale abgeben. Was jedoch
die oben genannten Arten anbetrifit, so würde es, selbst bei
sehr ähnlicher Gestaltung dieser inneren Axen, doch aus einem
anderen Grunde höchst wahrscheinlich sein, dass hier ver-
schiedene Arten vorliegen; dieselben wurden nämlich an räum-
lich weit von einander getrennten Orten und in verschieden-
alterigen Schichten gefunden.
In Bezug auf diese Verhältnisse ergeben sich nun die fol-
genden Merkmale für die verschiedenen Arten:
Graphularia incerta Epw. u. Haımz, von D’ÄRCHIAC
ursprünglich als Vulgaria beschrieben, entstammt den Nummu-
liten-Schichten von Biarritz.) Das Stück, welches p’Arcaıac
abbildet, zeigt einen kreisrunden Querschnitt und eine glatte
Oberfläche, was auch in der kurzen Beschreibung hervorge-
hoben wird.
Graphularia Wetherelli Epw. u. Ham besitzt am
unteren Ende einen mehr rundlichen, am oberen aber einen
fast quadratischen Querschnitt, wie ein solcher in noch schär-
ferer Ausbildung bei der ganz vierkantigen Axe der Gattung
Pavonaria auftritt. An der einen Seite verläuft eine breite
Längsfurche von oben nach unten, und die ganze Axe ist mit
äusserst feinen Längsstreifen bedeckt.
Auch bei G@raphularia desertorum ZITTEL zeigt sich
am unteren Ende ein rundlicher Querschnitt; derselbe geht
jedoch gleichfalls oben in einen länglich vierseitigen über. Die
Axe scheint dicker zu werden wie bei der vorigen Art; doch sind
kleinere Unterschiede in dieser Beziehung mit Vorsicht aufzu-
nehmen, da von diesen zerbrechlichen Gebilden meist nur
Bruchstücke vorliegen. Die feine Längsstreifung ist auch hier
vorhanden, namentlich wird die eine schmalere Seite von zwei
scharfen, wie mit dem Messer eingeritzten Längsiurchen be-
grenzt. Ausser diesen letzteren treten jedoch auch breite,
ganz flache Längsfurchen auf, welche — bei viereckigen Bruch-
stücken — zu etwa je einer auf den vier Längsflächen hinab-
ziehen; dieselben können jedoch bis zur Unkenntlichkeit flach
werden. |
Graphularia desertorum gehört dem unteren Eocän an.
Graphularia Wetherelli aus dem London - Thon dürite etwas
3) Mem. soc. geol. France, 2eme serie, III, t. 9, f. 14.
425
jüngeren’ Alters sein. Allerdings findet man sie auch im Red
Crag, und zwar in Nieren, welche ganz von ihr erfüllt sind.
Allein diese Concretionen beweisen durch ihr abgeriebenes
Aeussere, dass sie sich hier auf zweiter Lagerstätte ‘befinden
und aus dem Londonclay ausgespült sind — eine Annahme,
welche durch entsprechendes Verhalten zahlreicher Mollusken
und selbst Säugethiere unterstützt wird. !)
? @raphularia senescens TaTE sp. besitzt einen kreis-
runden Querschnitt, welcher oben subquadratisch wird. Eine
Längsfurche ist nicht vorhanden und in gleicher Weise scheint
auch eine feine Längsstreifung zu fehlen, da R. Tare nichts
darüber berichtet. Das aber würde er bei ihrem Vorhanden-
sein sicher gethan haben, weil derartiges an einem Belemniten
— als solcher wurde sie zuerst beschrieben — eine zu abnorme
Seulptur wäre, als dass ihrer nicht ausdrücklich Erwähnung
gethan werden sollte. Die Dicke der Axe ist bedeutend grösser
als bei Graphularia Wetherelli. Darüber, ob wirklich eine Gra-
phularia vorliegt, ist das Ende dieses Aufsatzes zu ver-
gleichen (pag. 432).
Graphularia Robinae Mac Coy ist wohl noch grösser
als die vorige Art. Die am unteren Ende rundliche Axe wird
am oberen quadratisch, jedoch mit stark ausgeschweiften (im
Querschnitt nach aussen concaven) Seiten, eine Erscheinung,
welche durch eine auf jeder Seite des oberen Endes verlau-
fende breite Furche hervorgerufen wird. Der viereckige Quer-
schnitt erinnert stark an Pavonaria.
Beide letztgenannte Arten wurden im südlichen Australien
gefunden und zwar in Schichten, welche mindestens miocänen,
nach Einigen sogar pliocänen Alters sind; sie sind also jünger
als die bisher genannten Formen.
In Graphularia ambigua F. Rem., Taf. XX, Fig. 8,
9, 10, endlich finden wir die geologisch älteste aller Arten;
denn dieselbe entstammt der obersten Kreide von Timber Creek
in New Yersey. Sie ist nahe verwandt mit Graphularia deser-
iorum. Während aber bei letzterer der Querschnitt am un-
teren Ende — wie bei allen übrigen Arten — ein rundlicher
ist, zeigt er sich bei der ersteren gerade hier, also am dünnen
Ende, am meisten quadratisch. Des weiteren fehlt der ame-
rikanischen Art auch die feine Längsstreifung, welche die Ober-
fläche der afrikanischen bedeckt; namentlich fehlen auch die
beiden feinen, scharfen Längsfurchen, von welchen die flache,
schmalere Seite der Graphularia desertorum begrenzt wird
(Taf. XX, Fig. 11).
Gegenüber diesen bisher bekannten Arten sind nun die
1) Annal. a. Magazine of nat. hist. 1858, Bd. 15, pag. 484.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVI1. 2. 22
426
hier zu beschreibenden neuen durch die folgenden Merkmale
ausgezeichnet:
Allen gemeinsam ist zunächst der Umstand, dass ihr
Querschnitt mehr oder weniger rund, auch dreieckig, nie aber
viereckig ist. Schon dadurch unterscheiden sich dieselben von
allen übrigen Arten, welche mindestens am oberen Ende, bis-
weilen auch bereits am unteren, einen viereckigen Querschnitt
besitzen. Man könnte aus diesem Umstande vielleicht ver-
muthen, dass mir nur untere Enden und darum nur runde
Stücke vorgelegen hätten. Die Unwahrscheinlichkeit einer
solchen Annahme liegt indessen auf der Hand. Zunächst sind
obere Enden dicker und daher widerstandsfähiger als die dün-
neren, unteren; man müsste daher weit eher erwarten, erstere
zu finden als letztere. Sodann aber wäre es auch ein ganz
abnormer Zufall, wenn an allen 4 verschiedenen Fundorten
und in sämmtlichen an diesen gesammelten Bruchstücken —
24 an der Zahl — nur untere Enden und kein einziges oberes
den Sammelnden in die Hände gefallen sein sollten. Endlich
aber sind die vorliegenden Stücke z. Th. von verhältnissmässig
so starkem Durchmesser, dass man bei denselben durchaus
nicht an untere Enden denken kann.
Bei einer einzigen der bisher bekannten Formen wäre es
nun allerdings möglich, dass sie die soeben geschilderte Eigen-
schaft mit den neuen Arten theilte; wie sie denn auch durch
das Fehlen einer Längsstreifung denselben nahezurücken scheint:
es ist das Graphularia incerta aus dem Eocän von Biarritz.
Ob indessen die vor langer Zeit von D’ARCHIAC gegebene, ganz
kurze Beschreibung eine erschöpfende Charakteristik der Art
giebt, scheint mir ungewiss. Es genüge daher, hier auf die
Aehnlichkeit dieser mit der von Baden bei Wien zu beschrei-
benden Art hingewiesen zu haben.
Ich wende mich jetzt zu der Besprechung der neuen Arten.
Graphularia Beyrichi n. sp. Aus dem Septarien-
thon von Hermsdorf liegen mir 5 Stücke vor, von welchen 2
auf Taf. XX, Fig. 1 abgebildet sind. Die ziemlich drehrunden
Axen können durch das Auftreten zweier, fast unmerkbarer,
platter Längsfurchen einen an einer Seite etwas zugeschärften
Querschnitt erhalten, wie dies in Fig. le und d dargestellt ist.
Eigenthümlich ist der Seidenglanz, welchen die Oberfläche be-
sitzt. Eine Längsstreifung fehlt durchaus; statt ihrer aber
stellt sich die in Fig. la in vergrössertem Maasse dargestellte
Seulptur ein: dicht gedrängte, ganz kurze, gleichsam fein ein-
geritzte, aber nur mit der Lupe deutlich erkennbare Längs-
linien. Vielleicht sind sie es, die den Seidenglanz erzeugen.
Graphularia sp. Das auf Taf. XX, Fig. 2 abgebil-
dete einzige Stück aus dem Septarienthon von Buckow ist
427
ebenfalls kreisrund und besitzt an der dem Beschauer zuge-
wendeten Seite zwei flache Längsfurchen. Die bei Graphularia
Beyrichi geschilderte Sculptur ist nicht sichtbar. Ob sie wirk-
lich fehlt, ist schwer zu entscheiden, da die Aussenfläche nicht
mehr so frisch ist wie bei der genannten Art. Ich vermuthe,
dass das Exemplar von Buckow zu letzterer gehört; umsomehr
als beide in gleichalterigen Schichten gefunden wurden.
Graphularia sp., von welcher aui Taf. XX, Fig. 3 zwei
Stücke dargestellt sind, stammt aus dem Miocän von Baden
bei Wien. Diese Art ist der Graphularia Beyrichi sehr ähn-
lich. Eine Längsstreifung oder die bei der vorigen Art ge-
schilderte Sculptur und der (Glanz fehlen ihr; ob aber von
Natur oder nur in Folge von beginnender Zersetzung, das
wage ich nicht zu entscheiden. Ein specifisches Merkmal
scheint mir nur in dem gänzlichen Fehlen von Längsfurchen
erkennbar zu sein, in Folge dessen die Axe drehrund ist. Da
von diesem Fundorte 11 Stücke vorliegen, welche sämmtlich
dasselbe Kennzeichen besitzen, da ausserdem das geologische
Alter ein anderes ist, so spricht ein gewisses Maass von
Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine von jenen abweichende
Art vorliegt. Auf die Aehnlichkeit derselben mit Graphularia
incerta Epw. u. Haımmz, welche ebenfalls der Längsfurchen zu
entbehren scheint, ist bereits oben hingewiesen worden.
Grophulaorıa ,Braunäi.n.:sp. (Taf: XX,.Eig..4, 5,
6, 7) aus dem Meeressand von Alzey ist durch folgende Merk-
male ausgezeichnet: Der Querschnitt der unteren Enden ist
ein rundlicher; an den oberen Enden dagegen wird derselbe
dreieckig oder oval bis spitz-eiförmig, also entschieden anders
als bei den bisher betrachteten Formen. Es sind mehrere Längs-
furchen vorhanden, von einer feinen Streifung ist dagegen nichts zu
bemerken. Man könnte zwar auch hier die Vermuthung hegen,
dass dieselbe nur durch Abrollung oder Abwitterung zum Ver-
schwinden gebracht worden sei; allein die 7 mir vorliegenden
Stücke machen nicht einen solchen Eindruck, sondern haben
eine glatte, nicht verwittert erscheinende Aussenfläche.
Die innere Structur der im Vorstehenden besprochenen
Stücke, welche auf dem Querbruche sichtbar wird, zeigt sich
ausnahmslos als eine radial-strahlige und zugleich concentrische.
Die verschiedenen Exemplare variiren allerdings insofern, als
bald die eine, bald die andere Art des inneren Aufbaues mehr
hervorsticht; so zeigen manche Stücke stark die radial -strah-
lige, andere indess nur die concentrische Structur — wie die
Abbildungen lehren. Indessen werden diese wechselnden Ver-
hältnisse wohl nur durch die verschiedene Art der Erhaltung
bedingt sein; denn ursprünglich muss der Aufbau dieser Gebilde
bei allen auf dieselbe Weise vor sich gegangen sein.
22*
428
Die concentrische Anordnung führt nun bei einigen der
mir vorliegenden Stücke von Graphularia Brauni zu einer wei-
teren, an anderen Arten bisher nicht erwähnten Erscheinung:
die innersten Lagen können nämlich verwittern, und auf solche
Weise kann die Seele der Axe mit Gesteinsmasse erfüllt werden.
Wird hierdurch eine ungefähre Aehnlichkeit mit Dentalium
hervorgerufen, so entsteht auf der anderen Seite — bei normal
erhaltener Structur — eine ziemliche Aehnlichkeit mit der
Scheide von Belemniten; natürlich wenn man von der Alveole
bei letzteren absieht, welche indessen bei vielen Bruchstücken
doch nicht vorhanden ist. Man kann also dem Querbruche
nach ein Bruchstück einer Graphularia allenfalls für ein solches
eines Belemniten halten; indess weist F. Ramer darauf hin,
dass bei Graphularia die radialen Fasern viel breiter als dick
seien, so dass sich die beiderseitigen Bildungen etwa wie
die faserigen Aggregate von Desmin und Mesotyp zu einander
verhalten. Aber auch der innere Aufbau giebt ein sicheres
Unterscheidungsmerkmal an die Hand: die concentrische Structur
entsteht bei Aelemnites durch ineinander steckende Düten; im
Längsschliffe müssen die Linien derselben daher nach der
Spitze der Scheide hin convergiren, und selbst auf einem
Bruchstücke müssen wenigstens im Innern einige Linien zu-
sammentreffen (falls man nicht hohle Formen wie Belemnites
acuarius vor sich hat). Allerdings besitzt Graphularia eben-
falls ein dünnes und ein dickes Ende; allein die Länge der
Axe ist so viel grösser und die Zunahme der Dicke eine so
viel allmählichere, als dies bei Belemnites der Regel nach der
Fall ist, dass hier im Längsschliffe jene Linien in einem gleich
langen Stücke immer noch fast parallel verlaufen. Wem
indessen Graphularia noch nicht bekannt ist, der kann wohl
durch diese Aehnlichkeiten getäuscht werden; und z. Th.
haben diese denn auch Veranlassung gegeben, von Erfunden
tertiärer Belemniten zu reden. Es soll im Folgenden eine
Uebersicht über darauf bezügliche, hie und da aufgetauchte
Nachrichten gegeben werden.
Zunächst ist es unser Vaterland, in welchem man tertiäre
Belemniten im Eocän des Kressenberges in Süd - Bayern ge-
funden haben wollte; während eines Zeitraumes von beinahe
40 Jahren zogen sich mannigfache Meinungsäusserungen be-
züglich dieser Vorkommnisse durch die Literatur. Wie Bou&
zuerst im Jahre 1829, freilich noch im Glauben, dass es sich
dabei um Ablagerungen der Kreideformation handele, dieser
Vorkommnisse Erwähnung that!); wie dann Senewick und
MurcnHison diese Angaben bestritten; wie dieselben später von
1) Geognostisches Gemälde von Deutschland pag. 339 u. 573.
429
ScHAFHÄUTL mehrfach bestätigt ) und von GüÜuBEL wiederholt
angegriffen wurden ?) — das Alles ist bereits durch U. ScHLön-
BACH °) bei Besprechung des Belemnites rugifer ausführlich dar-
gelegt worden. ScHLönBacH kommt bei Prüfung dieser Ver-
hältnisse zu den folgenden Schlüssen:
„Es sind aus den Kressenberger Eocän-Schichten Reste
von sehr Belemniten-ähnlichen Körpern, vielleicht sogar wirk-
lich von Belemniten, bekannt geworden, die sich anscheinend
dort nicht auf secundärer, sondern auf ursprünglicher Lager-
stätte befinden. Ob dieselben aber als zu Belemnites mucronatus
oder einer anderen, bereits aus secundären Formationen be-
kannten Art gehörig bestimmt werden dürfen, oder aber etwa
als eine neue Art betrachtet werden müssen, liess sich bis jetzt
nicht entscheiden.“ “Und weiter auf pag. 460: „Ich möchte
es für in hohem Grade wahrscheinlich halten, dass ScHaFHÄuTL’s
Belemnites compressus vom Kressenberge mit unserer neuen
Art, Bel. rugifer von Ronca, specifisch übereinstimmt (jedoch
nicht mit der gleichnamigen jurassischen Art).* Schliesslich
auf pag. 461: „Es möchte sich empfehlen, Scaarnäurnn's Bel.
mucronatus bis auf Weiteres als ein Problematicum zu be-
trachten.“
Aus diesen Aussprüchen erhellt, dass ein positiver Beweis
dafür, dass wirklich am Kressenberge tertiäre Belemniten ge-
funden seien, nicht erbracht worden ist; wie das auch durch
GünßeL von Anfang an bestritten wurde.
Naturgemäss schliesst sich hier der in eine weit spätere
Zeit fallende Fund des Belemnites rugifer im Eocän von Ronca
in Oberitalien an, welchen am oben genannten Orte U. ScHLön-
BACH beschrieb. Wie bei den Vorkommnissen des Kressen-
berges, so muss auch hier die Frage entstehen, ob sich Belem-
nites rugifer bei Ronca etwa auf zweiter Lagerstätte befinde;
und das umsomehr, als hier gerollte Fossilien auftreten sollen. *)
Allein SchLöngach und ebenso WATERS°) bestreiten, dass
diese Belemniten irgendwelche Spuren von Transport durch
das Wasser erkennen lassen.
Das ursprüngliche Vorkommen dieser Form im dortigen
Eocän dürfte also nicht bezweifelt werden können. Allein —
nach Mvnıer CHaLnas gehört dieselbe gar nicht zu Belemnites,
!) Lethaea geognostica, Leipzig 1863. LEeonHarpr’s Jahrb. f. Min.,
Geol. u. Pal. 1852, pag. 165 u. 166; 1854, pag. 538; 1865, pag. 786.
?) LeonHarpr’s Jahrbuch f. Min., Geol. u. Pal., 1865, pag. 151 u.
1866, pag. 567.
3) Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst., Wien 1868. pag. 457, t. 11, £.1.
*) Quarterly Journal geolog. soc. 1877, pag. 259.
>) Ebenda.
450
sondern zu einer neuen, Bayanoteuthis genannten ‘Gattung!), _
welche nicht nur in Oberitalien, sondern auch im Pariser
Becken, bei Bremier in den Sables de Beauchamp, in einer
zweiten Art gefunden wurde.
Damit wäre nun auch hier die Frage, ob es einen tertiären
Vertreter der Gattung Belemnites gebe, entschieden verneint
— vorausgesetzt, dass die Gattung Bayanoteuthis gegenüber
der grossen Gruppe der Belemniten wirklich einen höheren
Werth besitzt, als Geschlechter wie Belemnitella, Actinocamax
oder die in, neuerer Zeit noch unterschiedenen anderweitigen
Gattungen; denn offenbar sind diese sämmtlich bei der Frage,
ob es tertiäre Vertreter von selemnites gebe, mit unter die
Belemniten inbegriffen. U. ScHLösgacH hat nun seinen Be-
lemnites rugifer nicht generisch von den übrigen abgetrennt.
Munıer CHaLmas dagegen thut dies, indem er hervorhebt, dass
Bayanoteuthis sich von den wahren Belemniten besonders in
den folgenden Punkten unterscheide: 1) die Scheide hat zwei
sublaterale Furchen; 2) die Alveole besitzt einen ovalen Quer-
schnitt und ist 3) schmaler und länger. Bezüglich des letzten
Punktes liesse sich nun geltend machen, dass wenigstens die
relative Länge der Alveole bei echten Belemniten entschieden
noch grösser sein kann als das bei Bayanoteuthis der Fall ist.
Was sodann den ovalen Querschnitt anbetrifft, so lässt die von
SCHLÖNBACH gegebene Abbildung davon wenig erkennen; doch
ist er jedenfalls vorhanden, wenn Munıer ÜUHALMAS dies her-
vorhebt. Die beiden sublateralen Furchen endlich beschreibt
U. Scunönsach dahin, dass vom oberen Ende der Scheide
zwei einander gegenüberstehende, seichte Furchen verlaufen,
welche gegen das untere Ende hin schwächer werden; ganz
ähnlich wie bei Belemnitella mucronata, also nichts so Auf-
fallendes. Indessen gesellt sich zu diesen Eigenschaften noch
eine weitere: die Scheide ist mit unregelmässigen Längs-
striemen und Furchen bedeckt, wie wir solches an jurassischen
oder cretaceischen Belemniten bisher nicht kennen; nur Be-
lemnites latus und mucronatus, wie sie D’ORBIGNY abbildet ?),
zeigen etwas ganz leise daran Erinnerndes. Indessen sind das
nur entfernte Aehnlichkeiten; und wer die, auf der Abbildung
wenig bemerkbare, Oberflächenbeschaffenheit von Belemnites ru-
gifer einmal gesehen hat, wird wohl zugeben, dass die gene-
rische Abtrennung desselben von den echten Belemniten ge-
rechtfertigt ist, und dass die Gattung Bayanoteuthis sich mehr
als die übrigen, bei Belemnites unterschiedenen Geschlechter
von dem Typus entfernt. Es ergiebt sich mithin auch in die-
1) Bulletin soc. geol. France, Ser. II. T. 29, 1871—1872, pag. 530.
2) Paleont. francaise. "Terr. eretae. t. A, f. 1, 2 rare
BEE se eu A a ee
451
sem Falle, dass sich die Behauptung vom Dasein tertiärer
Belemniten nicht aufrecht erhalten lässt.
Wir wenden uns nun zu einem dritten Falle. Kurze Zeit
nachdem Bovus über die oben erwähnten Verhältnisse am
Kressenberge berichtet hatte, im Jahre 1833, trat in Frank-
reich La JoyE mit der Behauptung auf!), dass sich in den
Faluns von Assy (oberer Grobkalk) eine Belemniten-Art vor-
finde, welche mit keiner der bisher bekannten identifieirt wer-
den könne und durch zwei seitliche Furchen ausgezeichnet sei.
Auch hier blieb eine solche Deutung nicht unangefochten.
Dass ein zu den Cephalopoden gehörendes Genus vorliege,
wurde zwar von Niemandem in Zweifel gezogen. Nur über
die Stellung desselben im Systeme gingen die Meinungen aus-
einander; denn während Desuayss und Andere hier ein neues,
zwischen Belemnites und Beloptera stehendes Geschlecht zu
sehen vermeinten, wollte DerrAncE dasselbe in die Nähe von
Sepia gestellt wissen. Demgegenüber verwies freilich LA JoyE
auf die Existenz einer Alveole wie auf die radialstrahlige
Structur; doch kommt Beides ja auch bei Gattungen wie Baya-
noteuthis und Fasseuria vor, Es ist mir nicht bekannt, welchen
Ausgang der Streit um dieses Stück genommen hat; doch ist
es wohl mehr als wahrscheinlich, dass auch hier kein echter
Belemnit vorlag, da anderenfalls das Exemplar sicher eine
grössere Berühmtheit erlangt haben würde.
In der Mitte der vierziger Jahre tauchte dann abermals
in Deutschland die Kunde von einem vermeintlichen Belem-
niten der Tertiär- Formation auf.’) In den der oberen Ab-
theilung der oligocänen Formation angehörenden Sternberger
Kuchen Norddeutschlands fand nämlich Borr kleine Körper,
welche er als Belemnites lanceolatus n. sp. beschrieb und ab-
bildete. Indessen schon wenige Jahre später führte Bour den
vermeintlichen Belemniten unter den Pteropoden auf. °)
Im Jahre 1857 finden wir dann abermals in Deutschland
Nachricht wenigstens über Belemniten-ähnliche Dinge, welche
tertiärem Sande von Crefeld entstammten. Nach der durch
Nauck gegebenen Beschreibung *) kann es wohl keinem Zweifel
unterliegen, dass diese später in den Besitz von A. Reuss über-
gegangenen Dinge Graphularien waren. Damals freilich musste
diese Lösung noch verborgen bleiben; doch ist hervorzuheben,
dass Nauck, in Folge der an beiden Enden gleichen Dicke der
2) Bulletin soc. geol. France, 1833 -1834, T. IV, pag. 428-429.
2) Borz, Geognosie der Ostseeländer, 1846, pag. 176. t. 2, f. 16.
>) Archiv d. Vereins d. Freunde d. Naturgesch. in Mecklenburg,
1852, pag. 74. Siehe auch ebenda 1861, pag. 268 u. 274.
*) Amtl. Bericht über die 33. Versammlung deutscher Naturforscher
u. Aerzte, Bonn 1857, pag. 100.
432
Bruchstücke, mit richtigem Taktgefühle die Belemniten - Natur
derselben beanstandete. Leider fehlt eine Beschreibung wie
Abbildung dieser Formen.
Aber nicht nur in Europa sind Nachrichten über ver-
meintliche Erfunde tertiärer Belemniten aufgetaucht. Auch
Australien liefert seinen Beitrag zur Geschichte dieser Vor-
kommnisse.
Aus mitteltertiären Schichten Süd- Australiens beschreibt
Raupn Tate zwei in gleicher Weise bemerkenswerthe Formen '):
einmal nämlich eine Salenia, welche ja auch sogar lebend von
dem Challenger aufgefunden wurde, sodann aber einen angeb-
lichen Belemniten, welcher von Tate den Namen Zelemnites
senescens erhielt.
Die vermeintliche Scheide besitzt eine cylindrische Gestalt,
keine Furchen und zeigt am alveolaren Ende einen subquadra-
tischen, weiter nach unten jedoch einen kreisrunden Querschnitt.
Schon SEELEY ?) drückte nach Besichtigung dieser Form die
Ansicht aus, dass es nicht möglich sei zu entscheiden, ob
wirklich ein Belemnit vorliege. Ueber eine etwaige Alveole
sagt Tate, dass sie nur unvollständig bekannt sei. Mac Coy
dagegen hebt ausdrücklich hervor °), dass man keine Alveole
kenne, dass vielmehr Belemnites senescens die Axe einer gigan-
tischen Pennatulide sei. Ob speciell eine Graphularia vorliege,
wird von Mac or freilich nicht gesagt; der Zusammenhang
spricht jedoch für eine solche Annahme.
Aus gleichaltrigen Schichten Australiens finden wir end-
lich von Merıan eine zweite tertiäre Belemniten-Art erwähnt. *)
Bald aber liess auch hier der Verfasser eine Berichtigung dahin
folgen °), dass ebenfalls eine Graphularia vorliege: nämlich die
von Mac Cor beschriebene Graphularia Robinae. °)
Damit endet die Liste der mir bekannt gewordenen ter-
tiären Erfunde vermeintlicher Belemniten. In keinem Falle
gelang es, die Belemniten-Natur derselben aufrecht zu erhalten;
vielmehr erwiesen sich dieselben entweder als den Belemniten
verwandte Gattungen oder als Pteropoden oder endlich als.
Graphularien; wie denn diese letzteren selbst bei einer der
Kreide entstammenden Form nachweislich die Veranlassung
zur Verwechselung mit Belemniten gaben.
ı) Quarterly journ. geol. soc. London, 1877, pag. 256 —260.
?) Ebenda pag. 259
3) Geolog. survey of Vietoria. Palaeont. Decade \, pag. 37.
4) Verhandl. naturforsch. Ges.. Basel 1882, Th. 7, Heft 1, pag. 183.
>) Ebenda pag. 185.
Disc. 49.0172093,4
435
d. Ein neues fossiles Holz aus der Kreide Armeniens
nebst Bemerkungen über paläozeische Hölzer.
Von Herrn Gsor« Gürıcn ın Breslau.
Zu den schon so zahlreichen fossilen Hölzern mit Arau-
carienstructur eine neue Art hinzuzufügen ist eine unangenehme
Aufgabe. Ist doch schon von G. Kravs!) genügend nach-
gewiesen worden, einen wie geringen Werth all’ die alten
Artendiagnosen von Araucarites oder Araucarioxylon haben;
im vorliegenden Falle aber wird diese Schwierigkeit gemildert,
insofern es sich um ein höchst wahrscheinlich cretaceisches
Holz handelt. Das Breslauer mineralogische Museum verdankt
einen Block dieses Coniferenholzes der Vermittelung des Herrn
Prof. Arzrunı, der dasselbe von dem Finder Herrn Samson-
Beck MeLik-Muaza-K au in Elisabethpol erhalten hat. Fundort
ist Pechthöor Arwäk („trüber Bach“) bei Dorf Pip (Saglik),
Gouv. Gandschak (Elisabethpol), Kaukasien. Nach Avıcn °)
und nach den Mittheilungen Herrn Arzrunr's befindet sich der
Fundort auf Kreidegebiet. Da das Holz von dem einzigen
bisher näher beschriebenen Araucarioxzylon?) aus der Kreide
sich, soweit es bis jetzt zu beurtheilen ist, sehr wohl unter-
scheidet, möge es hier als
Araucarioxylon Armeniacum n.Sp.
beschrieben werden. Der Block stellt einen keilförmigen Theil
eines Cylinders dar, dessen Durchmesser !/, Meter betragen
haben mag; hiernach und nach der äusseren Beschaffenheit
zu urtheilen, rührt derselbe also von einem ziemlich ausge-
wachsenen Stamme her. Von der Structur ist im Dünnschliffe
Folgendes erkennbar. Die Tüpfel stehen auf den Radialwan-
dungen der Tracheiden in einer oder in zwei Reihen, in letz-
terem Falle spiralig angeordnet, in beiden Fällen sich gegen-
seitig gradlinig begrenzend; sie nehmen immer nur den mittleren
Kaum der Tracheidenbreite ein. Die Markstrahlen sind stets
einfach, 3—20 Zellen hoch. Die Tüpfel derselben sind stellen-
!) Würzburger Naturwissensch. Zeitschr., Bd. V u. V1.
2) Vergleichende geologische Grundzüge des kaukas.-armen. und
persischen Gebirges. Petersburg 1818, pag. 124 u 125.
3) Unger, Der versteinerte Wald bei Kairo, und Schenk, Die fos-
silen Hölzer der libyschen Wüste.
454
weise nur angedeutet, je 1 oder 2—3 auf eine Tracheidenbreite.
Die Zellen der Markstrahlen sind von verschiedener Form
und Grösse. Die einen, radial verlängert, reichen über 3
Tracheiden und sind gestreckt rectangulär oder sechseckig, die
anderen sind höchstens so lang als eine Tracheide breit ist;
ihre Scheidewände stehen rechtwinklig oder schiefwinklig zur
Richtung der Markstrahlen. Die Zahl der kurzen Zellen ist
ungefähr doppelt so gross als die der längeren; ihre Anordnung
ist verschieden; entweder stehen sie in geraden oder schiefen
Reihen übereinander, oder sie alterniren in den aufeinander
folgenden Etagen der Markstrahlen miteinander. Was nun die
Erhaltung des Holzes anlangt, so ist dieselbe eine sehr man-
gelhafte; von der eigentlichen Holzsubstanz ist fast nichts
mehr vorhanden und nur stellenweise wird die ursprüngliche
Zellwandung durch einige dünne Kohlenfetzen angedeutet.
Das Ganze besteht vielmehr aus einem feinkörnigen und
oleichmässigen aber meist regellosen Gemenge kleiner Quarz-
körner, von denen 1—4 die Breite einer Tracheide einnehmen;
nur stellenweise beobachtet man im polarisirten Licht eine
Orientirung der Quarzkörnchen nach der Holzstructur, indem
einzelne Quarzindividuen etwa das Lumen ausfüllen, Verdickung
und Mittellamelle von einem anderen scharf begrenzten Indi-
viduum eingenommen wird und die Nachbartracheide in der-
selben Weise wie die erste angefüllt ist. So kann auf dem
Querschnitt ein buntes mosaikartiges Bild mit engstem An-
schluss an die Structur des Holzes entstehen.
Nun sind die Begrenzungsflächen der Quarzindividuen mit
einer dunklen krümlichen Masse beschlagen, ausserdem sind
die Quarze selbst von Wolken solcher feiner Körnchen vielfach
durchzogen, auch meistens in gewissen Zonen durch Brauneisen
braun gefärbt. Diese drei Umstände sind es allein, die im
gewöhnlichen Lichte uns die Anatomie des Holzes so täuschend
vor Augen führen. Auf dem Querschnitt zeigt das armenische
Holz radiale Reihen von Tracheiden, deren Volumen scheinbar
verengt und dabei braun gefärbt ist; auf Längsschnitten sieht
man ohne Weiteres, dass.die Auskleidung der Wandungen
solcher Tracheiden durch Quarzkrystalle nicht bis zur Mitte
reicht, dass hier ein ganz unregelmässig verlaufender Kanal
übrig bleibt, der mit Brauneisen gefüllt ist und den ihm an-
srenzenden Quarzkörnern gleichfalls eine dunklere oder heilere
Färbung mittheilt; dieselbe reicht nun aber nicht bis zur Wan-
dung der Tracheide, und das ist es, was auf dem Querschnitt
die Zellen als englumig erscheinen lässt.
Wenn demnach diese mangelhafte Erhaltung manches nicht
erkennen lässt, was zu einer genauen Charakterisirung eines
neu aufzustellenden Holztypus nothwendig ist, so genügen doch
435
die angegebenen Merkmale, um dasselbe von Araucario.xylon
Aegyptiacum Une. zu trennen.
Da der Verfasser Gelegenheit hatte, die vor Kurzem mit
der Görrpzrr'schen Sammlung in den Besitz des Breslauer
mineralogischen Museums gelangten Schliffe und Handstücke
GÖöPrperr’s durchzusehen, möge es ihm gestattet sein, auch
einige Bemerkungen über paläozoische Hölzer anzuschliessen.
Was die Erhaltung derselben anlangt, so ist dieselbe in vielen
Fällen dieselbe wie bei dem armenischen Holze; man erkennt
sie meist schon äusserlich an der hellbraunen oder gelblichen
Färbung. Hölzer mit erhaltener, stets kohliger Substanz sind
entweder verkieselt oder verkalkt. Verkieselte sind haupt-
sächlich hornsteinartig, bestehen also aus mehr oder minder
feinkörnigen Quarzaggregaten, deren Individuen manchmal zu
vieren eine Tracheidenbreite erfüllen, stellenweise aber auch je
4 und noch mehr Tracheiden (auf Längsschnitten ?) einschliessen.
Nicht immer ist ein Schliff gleichmässig körnig, sondern es
wechseln grobkörnige Partieen mit feinkörnigen. Chalcedon
kommt häufig vor, aber immer nur in beschränkter Ausdeh-
nung, entweder in Schnüren oder als Ausfüllung einzelner
Tracheidengruppen. Die Quarzindividuen sind, wie bei dem
armenischen Holze, auch hier entweder ganz regellos angeordnet
oder ihre Begrenzung richtet sich genau nach der ehemaligen
Structur des Holzes; in einzelnen Fällen wurde beobachtet,
dass die Quarzkrystalle in scharf und gradlinig einander be-
srenzenden feinen Lamellen oder Säulchen untereinander genau
parallel und senkrecht zur Wandung die Tracheiden der Breite
nach erfüllen. Von fremdartigen Einschlüssen in dem Quarz
sind dem Verfasser einmal (Cordaiorylon medullosum) feine,
braun erscheinende Nädelchen, die sich häufig unter 60°
schneiden, aufgefallen; ihre Natur liess sich wegen ihrer ge-
ringen Dimensionen nicht nachweisen; häufig dagegen kommen
in den Hölzern Pyrit und seine Zersetzungsproducte vor,
Die verkohlte organische Substanz oder das Kohlehäut-
chen, wie es kurz genannt werden möge, ist selten continuir-
lich, meist zerrissen und in verschiedenen Graden unterbrochen,
so dass man alle Erhaltungsstadien bis zu dem des armenischen
Holzes, bei welchem nur einzelne Fragmente des Häutchens
übrig geblieben sind, beobachten kann. Zudem ist dieser koh-
lige Rest vielfach gebogen und gefaltet; nicht selten sind die
Tracheiden mit quer verlaufenden, nahezu parallelen und netz-
förmig sich vereinigenden Rissen und Falten versehen, die
GöPPERT auf seinen Etiquetten als Mycelfäden bezeichnet hatte.
Auf Querschliffen läss sich nun erkennen, dass das Kohle-
häutehen nur den Raum der ursprünglichen Mittellamelle ein-
436
nimmt; dass nun dieses dünne Häutchen in der That Mittel-
lamelle mit Zellwand und Verdickungen zweier benachbarter
Tracheiden umfasst, erkennt man daran, dass in demselben
die Tüpfel auftreten, dass in der That das Kohlehäutchen
sich an der Stelle der Tüpfel in zwei Lamellen theilt, die
einen blasenartigen Raum umschliessen. Von einer so weit
gehenden „Maceration“ der Tracheiden, dass die Verdickungs-
schichten derselben absorbirt wären, kann also im Allgemeinen
nicht die Rede sein, da man noch die Tüpfel mit ihren Höfen
sieht; es hat nur eine Einschrumpfung der Membranen statt-
gefunden. Wenn man dennoch auf dem Querschnitt deutlich
das Bild der ursprünglichen Structur, die Verdickungsschichten
u. Ss. w. zu sehen vermeint und beurtheilen zu können glaubt,
ob das Lumen eng oder weit ist (wie denn auch das „Cellulis
pachytichis“ und „O. leptotichis“ in den alten Diagnosen eine
grosse Rolle spielt), so ist dies doch bei den paläozoischen
Hölzern eine Täuschung, die durch eine Trübung und Färbung
der an das Kohlehäutchen grenzenden Theile der Quarzindivi-
duen hervorgerufen wird. Was die an Zahl geringeren ver-
kalkten Hölzer anlangt, so ist bei ihnen im Allgemeinen die
organische Substanz auch auf ein dünnes Häutchen zusammen-
geschrumpft und fast immer erhalten, aber mehr zerrissen und
nach allen Richtungen zerknittert und verbogen. Ein beson-
derer Mangel der Erhaltung macht sich bei all’ den Hölzern
besonders auf dem Querschnitt bemerklich. Im Allgemeinen
sind nämlich die Umrisse der Tracheiden verdrückt und zwar
zumeist in tangentialem Sinne, so dass die beiden gegenüber-
liegenden Radialwandungen einander genähert sind. Einem
gleichsinnigen Drucke ist es zuzuschreiben, dass vielfach ein-
zelne Partieen ein wenig tangential gegeneinander verschoben
sind, so dass ein Stammstück aus concentrischen Ringfrag-
menten zusammengesetzt erscheint und die Markstrahlen nicht
geradlinig verlaufen, sondern in diesen einzelnen Ringen treppen-
föormig abgesetzt erscheinen.
Da es nun schon bei den lebenden Araucarien bisher
nicht möglich gewesen ist, Arten und selbst!) Gattungen zu
unterscheiden, so ist letzteres bei Hölzern von so mangelhafter
und dabei höchst verschiedener Erhaltung noch viel weniger
zu erwarten. So bestimmt dies auch schon Kraus ausge-
sprochen hat, so sind seitdem doch noch immer neue „Arten“
entstanden. Nach der genauen Prüfung von 21 „Species“ in
etwa 150 Schliffen gelangt der Verfasser zu derselben Ueber-
zeugung wie Kraus: dass es nicht möglich ist, die untersuchten
Arten zu trennen und auseinanderzuhalten.
1) Kraus, Würzburger Naturw. Zeitschr., Bd. V, pag. 174,
437
Abgesehen von den beiden wohl charakterisirten Typen,
bei deren einem die Markstrahlen mehr als zwei Zelllagen
dick sind, Pissadendron EnpL., während bei dem anderen die
Hoftüpfel stark in die Quere gezogen sind, Protopitys G., blei-
ben noch etwa 25 „Arten“ übrig, die durch Merkmale unter-
schieden worden sind, deren geringeren Werth Kraus bereits
senügend betont hat. Die dem blossen Auge wahrnehmbaren,
für Jahresringe gehaltenen Streifen lassen sich bei den unter-
suchten Stücken ausnahmslos auf die erwähnte tangentiale
Verschiebung oder eine verschiedene Färbung concentrischer
Ringe zurückführen; dass die Stärke der Wandungen im All-
gemeinen auch nicht mehr erkennbar ist, ist genügend gezeigt
worden. Was die Dicke der Markstrahlen anlangt, so habe
ich bei fast allen Arten ausser einreihigen auch theilweise
zweireihige gefunden und die Höhe derselben, an und für sich
ein unsicheres Merkmal, schwankt bei allen Arten innerhalb
derselben Grenzen; im Allgemeinen ist sie grösser als bei
lebenden Araucarien, deren Markstrahlen, wie es scheint, stets
nur eine Zelllage dick sind. Zu erwähnen ist allerdings, dass
in einzelnen Schliffen sich wohl eine gewisse Oonstanz heraus-
stellt; dieselbe verschwindet aber, wenn mehrere Schliffe von
verschiedenen Stellen desselben Stammes untersucht werden.
Die Anzahl der Markstrahlentüpfel ist bei allen Arten gleich
unbeständig, etwa 1 — 4 auf eine Tracheidenbreite, nur einige
male wurden mehr, 5—9, gefunden. Was nun die Tüpfel der
Tracheiden anlangt, so wird auch der grössere oder geringere
Grad ihrer gegenseitigen Näherung als unterscheidend ange-
führt, es beruht dies aber auf der verschiedenen Erhaltung:
das eine mal sieht man die Begrenzung der Höfe, das andere
mal die Ausfüllung der Tüpfelhöhlung.
Es bleibt nun nur noch die Anzahl der Tüpfel auf einer
Tracheidenbreite übrig, und in der That lassen sich danach all’
die Formen mit einiger Sicherheit in zwei Gruppen ordnen:
in solche, deren Tüpfel die Tracheidenwandung ihrer ganzen
Breite nach anfüllen und vorwiegend in 3—5 Reihen stehen,
und in solche, bei denen Tüpfel nur den mittleren Theil der
Radialwand einnehmen und vorwiegend in 1—2 Reihen stehen.
Die von ScHesk in Zırten’s Handbuch der Paläontologie p. 234
und 275 gegebenen Abbildungen stellen diese beiden Typen
dar; der eine ist wegen seiner Beziehungen zu Cordaites von
GRAND Eury bzw. ScHenk Cordaiorylon genannt worden, für
den anderen wird die Bezeichnung Dadoxylon EnpL. am zweck-
mässigsten beibehalten, wie dies auch von Seiten MoRGENRoTH’s!)
!) Die fossilen Pflanzenreste im Diluvium der Umgegend von Ka-
menz in Sachsen. Inaug.-Dissert., Halle 1883, pag. 41.
u
435
geschehen ist. Zahlreiche vorliegende Exemplare von Araucarites
medullosus G. von Chemnitz zeigen in ausgezeichneter Weise
das gefächerte Werk, welches für den Cordaitenstamm für
charakteristisch angesehen wird. Von AJrauc. medullosus der
Structur nach nicht zu scheiden sind die von GÖPPERT mit
folgenden Namen belegten Formen: A. pachytichus, Schrollianus,
carbonaceus, Brandlingi, Rollei, Saronicus, Tschichatscheffensis,
Elberfeldensis, Ungeri; ebenso die meisten cupreus genannten
Hölzer und nach Abbildungen zu urtheilen auch ambiguus. Zu
Dadoxylon. gehören die Mehrzahl der mit ZRhodeanus, einige
mit Schrollianus und cupreus (Mansfeld) bezeichnete Formen.
Allerdings kommen bei Hölzern mit 1—2reihigen Tüpfeln auch
stellenweise 3 Reihen vor, die die ganze Breite der Tracheide
anfüllen, und es könnte dadurch die Grenze zwischen den bei-
den Typen verwischt erscheinen; aber dann führen die Tra-
cheiden, soweit der Verfasser es beobachten konnte, nicht
ihrer ganzen Länge nach 3 Reihen, sondern meist nur an den
Enden, so dass man wohl solche Formen noch zu Dadoxrylon
stellen kann. Wie man nun in dem einen Typus das Holz der
Cordaiten gefunden zu haben meint, so wird Dadoxylon als das
Holz der Walchia- und Ullmannia-ähnlichen Coniferen auizu-
fassen sein, die ja den Araucarien, wie es scheint, ziemlich
nahe stehen. Es soll übrigens hier nicht in Abrede gestellt
werden, dass nicht doch noch gewisse unterscheidende Merk-
male innerhalb dieser Gruppen aufgefunden werden können;
jedenfalls aber wird dann eine vorzügliche Erhaltung der Structur
unbedingtes Erforderniss sein und besonders günstige Umstände
werden die Untersuchung der verschiedenen Theile des ganzen
Stammes gestatten müssen.
Unter den paläozoischen Hölzern des Breslauer minera-
logischen Museums ist besonders ein zu Dadorylon zu stellen-
des Holz aus dem Carbon von S. Nicolas in der Sierra Morena
erwähnenswerth; dasselbe gelangte durch Mac Paersox in den
Besitz des genannten Instituts. Dasselbe zeichnet sich nämlich
durch ein an mehreren Stellen im Tangentialschnitt auftre-
tendes Holzparenchym aus; Holzparenchym kommt bei leben-
den Araucarien höchst selten vor, bei fossilen ist es früher
häufig, aber nach den Abbildungen und Beschreibungen zu ur-
theilen meistens irrthümlich angegeben worden, wie auch bereits
FELIX !) constatirt hat. Uebrigens ist es nur zu leicht möglich
bei der Beurtheilung dieses Gewebeelementes fehlzugehen, indem
man einerseits häufig genug auftretende zufällige Bildungen für
horizontale Querwände ansehen kann, andererseits aber ebenso
1) Ferıx, Studien über fossile Hölzer, 1882, pag. 24.
‘
u ee re EEE A er
439
leicht wirkliche Querwände übersehen kann. In dem vorlie-
senden Fall ist jede Täuschung ausgeschlossen; es lässt sich
an einer Stelle genau beobachten, wie der eine Markstrahl
einerseits an einen Parenchymstrang von 4 Zellen grenzt,
deren jede die dreifache Länge einer Markstrahlzelle im Tan-
gentialschnitt aufweist. Auch in einigen anderen Hölzern ist
es dem Verfasser gelungen Holzparenchym aufzufinden, so in
einem 4. Rhodeanus bezeichneten von Waldenburg und einem
ebensolchen von Buchau, die aber beide zu Cordaiowylon ge-
hören. Es ist deswegen wohl anzunehmen, dass Holzparenchym
bei den paläozoischen Hölzern ziemlich verbreitet ist, aber zur
Diagnose dürfte es vorläufig kaum zu verwenden sein.
Ferner befinden sich im Museum ein Handstück und ein
Stammfragment aus dem Kohlensandstein der Ferdinandgrube
bei Kattowitz in Oberschlesien. Beide Stücke zeigen deutlich
2- und mehrreihige, spiralig gestellte Tüpfel, welche die ganze
Breite der Tracheiden einnehmen , gehören demnach zu Cor-
daioxylon, und das Stammfragment (etwa 20 cm im Durch-
schnitt) zeigt denn in der That eine Axe von 2—3 cm, welche
mit weissem Chalcedon ausgefüllt, Splitter des primären Holzes
und ein lückig unterbrochenes Markparenchym enthält; das
primäre Holz lässt Spiral- und Netzfaserelemente erkennen,
ganz wie es bei Araucarites medullosus bekannt ist. Die Zu-
gehörigkeit dieses Holzes zu Cordaioxylon ist somit erwiesen.
Cordaitenblätter kommen in den die Sandsteine begleitenden
Schieferthonen nicht selten vor.
Zum Schlusse möge noch darauf hingewiesen werden,
welche ungemeine Schwierigkeiten die Vorstellung von dem
Vorgange des Verkieselungsprozesses darbietet. Die Verkie-
selung der in Sandsteinen und Sanden abgelagerten Hölzer der
deutschen Steinkohlenformation, des Rothliegenden und der
Tertiärhölzer im Diluvialsande findet eine Analogie in der
Verkieselung der Nummuliten im Wüstensande der Sahara !)
und der nordischen ursprünglich kalkigen Korallen in unserem
Diluvium. ?)
Die Aufgabe vorliegender Zeilen war also die, einen neuen
Typus von rem oe aus der Kreideformation Armeniens,
ein zu Dadoxylon gehöriges Holz aus der Steinkohlenformation
der Sierra Morena mit deutlichem Holzparenchym und ein
zu Cordaioxylon gehöriges Holz derselben Formation Öber-
schlesiens mit deutlichem gefächerten Marke bekannt zu ge-
ben, die verschiedene Erhaltungsweise der paläozoischen Hölzer
!) Zırrer, Augsburger Allgem. Zeit., 9. Februar 1844.
?) FERD. RoEMER, Lethaea erratica (noch nicht erschienen) pag. 11.
440
zu beleuchten und den bereits von Kraus gemachten Vorschlag,
die verschiedenen Arten derselben zusammenzuziehen, nochmals
zu betonen und auf Grund einer genauen Durchsicht der GöPr-
pertschen Sammlung hervorzuheben, dass sich unter den pa-
läozoischen Hölzern mit spiralig gestellten Tüpfeln nur folgende
4 Typen mit einiger Sicherheit auseinanderhalten lassen:
Pissadendron ENxDL.
Protopitys GöPr.
Dadoxylon ENnDL.
Cordaioxrylon GR. EURY (ScH.)
ee
441
6. Mineralogische und petrographische Nittheilungen
aus dem sächsischen Erzgebirge.
Von Herrn A. Sıver ın Leipzig.
1. Amorpher Kohlenstoff (Graphitoid) in der Glimmer-
schiefer- und Phyllitformation des Erzgebirges.
Bei der geologischen Aufnahme der Section Wiesenthal
im sächsischen Erzgebirge wurde die weite Verbreitung eines
bis mehrere 100 m mächtigen, der oberen Abtheilung der erz-
gebirgischen Glimmerschieferformation angehörenden Schichten-
complexes nachgewiesen, dessen petrographischer Charakter
von dem bis dahin von dieser Formation bekannt gewordenen
insofern auffällig abweicht, als in mehr oder minder hervor-
ragendem Maasse fein vertheilter Kohlenstoff in das Gresteins-
gemenge eintritt. !) Es erstreckt sich die Verbreitung dieses
Bestandtheiles auf alle Gesteinsglieder dieses oberen Hori-
zontes der Glimmerschieferformation, nämlich auf schieferige
Gneisse, auf Granat-, ferner auf Feldspath-führende Glimmer-
schiefer und auf Quarzitschiefer. Wo diese Substanz einiger-
maassen angereichert auftritt, macht sie vollkommen den Ein-
druck eines amorphen Kohlenstoffes, bildet russartig lockere
Ueberzüge auf den Schichtflächen und lässt auch beim Be-
trachten unter der Lupe oder dem Mikroskope im auffallenden
Lichte nicht die geringste Andeutung einer krystallinen Structur
erkennen. Dazu kommt eine verhältnissmässig schnelle Ver-
brennbarkeit im Bunsen’schen Brenner. Lässt sich nach dem
geschilderten Verhalten die fragliche Substanz keinesfalls mit
Graphit identificiren, so ist es auch andererseits mit ihrem
geologischen Auftreten als Bestandtheil der Glimmerschiefer-
formation unvereinbar, sie dem nächstbekannten Gliede in der
Kohlenstoffreihe, dem Anthraeit, zuzuweisen. Es bleibt dann
nur übrig, bei der Bestimmung an das vor einigen Jahren
von INOSTRANZEFF?) eingehend beschriebene äusserste Glied des
!) Ueber die speciellen geologischen Verhältnisse dieses Gebietes
siehe: Erläuterungen zu Section Wiesenthal von A. Sauer, Leipzig 1884.
Geologische Specialkarte des Königreichs Sachsen ; bearbeitet unter der
Leitung von H. CREDn&R.
1) INOSTRANZEFF, Ein neues äusserstes Glied in der Reihe der
amorphen Kohlenstoffe. N. Jahrb. f. Min. 1880, 1, pag. 97—124.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XXXVIL. 2. 93
442
amorphen Kohlenstoffes von graphitähnlicher Zusammensetzung
aus der Phyllitformation des Olonezer Gouvernements zu den-
ken. Ob nun der amorphe Kohlenstoff unseres erzgebirgischen
Terrains in der That diesem gleicht, konnte natürlich nur auf
analytischem Wege festgestellt werden.
Eine Entscheidung darüber gewinnt umsomehr an Bedeu-
tung als auch in der unteren und oberen Abtheilung der Phyllit-
formation Sachsens dieser amorphe Kohlenstoff eine beträcht-
liche Verbreitung besitzt; und zwar sind es hier vorwiegend
quarzitische Schiefer, welche dieser Kohlenstoff derartig im-
prägnirt, dass sie bisweilen das Aussehen von Kieselschiefern
gewinnen. Von C. F. Naumann wurden die letzteren Gesteine
geradezu als Kieselschiefer aufgeführt und auch von der köniel.
sächsischen geologischen Landesuntersuchung wurde diese Be-
zeichnung vorläufig beibehalten. Es hat sich indess heraus-
gestellt, dass diese Gesteine, wie das auch KALkowskY !) für
die analogen Vorkommnisse im sächsischen Granulitgebiete
betonte, nur makroskopisch und zwar auch nur in ihren dich-
testen Abänderungen dem eigentlichen Kieselschiefer einiger-
maassen gleichen, bei mikroskopischer Betrachtung sich jedoch
stets als durchaus verschieden erweisen.
Aus dem mir augenblicklich für eine chemische Unter-
suchung zu Gebote stehenden Materiale wählte ich einen der
letztgenannten quarzitischen Schiefer aus der Phyllitformation
von Olbersdorf (Section Schellenberg-Flöha), einerseits wegen
der besonders reichlichen Beimengung kohliger Substanz, an-
dererseits auch deswegen, weil gerade dieses Vorkommen von
C. F. Naumann ausdrücklich als Kieselschiefer bezeichnet wurde. ?)
Für die näheren geologischen Verhältnisse dieser Quarzitschiefer-
einlagerung sei auf die Erläuterungen zu Section Schellenberg-
Flöha pag. 48 verwiesen.
Mit Bezug auf die Ausführung der Analyse, zu welcher
mir Herr Prof. Sachsse vom agrieultur-chemischen Labora-
torium zu Leipzig seine Apparate freundlichst zur Verfügung
stellte, ist zu bemerken, dass die Wasserbestimmung durch
Glühen im Kohlensäurestrome geschah, der zur Reinigung von
Spuren von Sauerstoff über eine etwa decimeterlange Schicht
frisch reducirten Kupfers geleitet wurde. Bei der Verbrennung
ı) N. Jahrb. f. Min. 1882, I, pag. 232. Bereits 1881 wurde in den
Erläuterungen zu Section Schellenberg - Flöha pag. 49 von mir darauf
hingewiesen, dass die dortigen „Kieselschiefer“ der Phyllitformation mit
amorphen Kohlenstoff imprägnirte Quarzitschiefer seien. Wenn
trotzdem die Bezeichnung „Kieselschiefer“ für diese Gesteine beibehalten
wurde, so ist das darin begründet, dass nach damaligem Stande un-
serer Kenntniss über die Kohlenstoffreihe unser amorpher Kohlenstoff
nur dem Anthracit zugewiesen werden konnte.
2) Geognost. Beschreibung von Sachsen Il.
ee Fi FE a Fa ET TERN EEE en rt a a er er Fe RE Be ‚
a EB u aerr En
REN IE
er
443
der Substanz im Sauerstofistrome wurde wegen eventuell vor-
handener Schwefelmetalle chromsaures Blei vorgelegt, Uebri-
gens erwies sich bei nachträglicher directer Prüfung auf dieselben
die Substanz als völlig frei davon.
Die von mir ausgeführte Analyse ergab:
73,854 Asche,
24,855 Kohlenstoff,
1,01 Wasser,
0,06 Wasserstoff,
93,009.
Der verbrennbare Antheil auf wasserfreie Substanz und
100 berechnet ergiebt
99,76 Kohlenstoff,
0,24 Wasserstoff,
100,00.
Danach besteht das untersuchte kohlige Mineral fast ledig-
lich aus reinem Kohlenstoff, gleicht also stofflich, von den
0,24 pCt. H abgesehen, fast vollkommen dem Graphit, von
dem es sich jedoch, wie schon auseinandergesetzt wurde,
ausserdem in morphologischer Hinsicht, durch seinen amorphen
Zustand, scharf unterscheidet.
Die beiden Hauptmerkmale des Ölbersdorfer Minerales,
amorphe Beschaffenheit verbunden mit graphitähnlicher Zu-
sammensetzung verweisen dagegen dasselbe sehr bestimmt zu
dem Ölonezer Vorkommen. Eine geringe Abweichung beider
besteht in dem Weasserstoffgehalte, welcher in dem Olonezer
Minerale nach IsostrAnzerr 0,4 pÜt. ausmacht, also in dem
unserigen noch um 0,16 pÜt. niedriger ist.
Da nun diesem äussersten Gliede in der Reihe des amor-
phen Kohlenstoffes zur Zeit noch eine kurze Bezeichnung fehlt,
so möge dasselbe, um seine graphitähnliche Zusammensetzung
anzuzeigen, den Namen Graphitoid führen.
Dem Graphitoid scheint in einigen Theilen der Glimmer-
schieferformation, vorzüglich aber in der Phyllitformation des
Erzgebirges eine weite Verbreitung zuzukommen, indem es hier
dieselbe Rolle spielt, wie der eigentliche Graphit in anderen
archäischen Territorien, z. B. denen des Fichtelgebirges und
ostbayerischen Grenzgebirges. ) Doch glaube ich vermuthen
1) Vorstehende Mittheiluugen sind selbstverständlich nicht so auf-
zufassen, als ob mit denselben das Vorkommen von echtem Graphit
innerhalb der archäischen Formation des Erzgebirges bezweifelt werden
sollte. Echte Graphitquarzitschiefer wurden von mir selbst aus dem
Glimmerschiefergebiete der Section Elterlein (Erläuterungen zu dieser
23*
tt
zu dürfen, dass auch in genannten Gebieten neben krystalli-
- nischem Graphit die amorphe Modification des Kohlenstoffes,
das Graphitoid, vorkommt, wenigstens dürfte das für manche
der schwarz gefärbten Phyllite und Quarzitschiefer in der Nähe
von Wunsiedel gelten, deren „Graphit“ vielfach mit einer
relativ leichten Verbrennbarkeit die russartig-staubförmige Be-
schaffenheit unserer erzgebirgischen Vorkommnisse verbindet.
Nicht weniger bemerkenswerth wie das Auftreten des Gra-
phitoides an sich in den besprochenen krystallinen Schiefern
des Erzgebirges ist ferner die Art und Weise seiner Verthei-
lung in denselben.
So sind, um mit den feldspathreichen Gesteinen zu be-
ginnen, in den Glimmerschiefer- und Phyllitgneissen die Feld-
späthe bald gleichmässig mit dem schwarzen Staube erfüllt,
bald nur im Innern damit angereichert, so dass eine wasser-
helle breitere oder schmälere kohlenstofffreie Randzone übrig
bleibt.
In den Glimmerschiefern und Phylliten bedeckt das Gra-
phitoid entweder freiliegend als russartiger Ueberzug die Schicht-
flächen oder imprägnirt die Glimmermasse.
Ganz eigenthümlich gestaltet sich indess die Vertheilung
des Graphitoides in den daran reichen quarzitischen Schiefern.
Wie bekannt, wird an diesen durch vielfachen und schnellen
Wechsel von Kohlenstoff- freien mit Kohlenstoff-reichen Lagen
auf dem Querbruche eine schwarzweisse Streifung und Bände-
rung, die bis zur feinsten Liniirung herabsinken kann, hervor-
gerufen. Ein Querschliff von derartig überaus feingestreiften
Partieen zeigt nun, unter dem Mikroskop betrachtet, wie die
im Präparate als zarte Linien erscheinenden Graphitoidlagen
die Quarzkörner, ganz unabhängig von deren Form und gegen-
seitiger Lagerung, geradlinig durchsetzen (Fig. 1).
Eine genetische Bedeutung erhält meiner Ansicht nach
diese Structur insofern, als sie anzeigt, dass diese Schiefer
schwerlich erst auf metamorphem Wege in den krystallinen
Zustand übergeführt worden sind, sondern sofort krystallin
entstanden, da es anderenfalls schwer hält, eine vollkommen
ebenflächige Ablagerung des Graphitoidstaubes, auch im mikro-
skopischen Sinne, im Wechsel mit klastischem Materiale sich
zu denken, wenn man nicht annehmen will, dass dieses letztere
von durchweg ebenso feiner Beschaffenheit war, wie der Gra-
phitoidstaub selbst.
Section pag. 32, Leipzig 1879) beschrieben. Nur scheint nach unseren
bisherigen Erfahrungen dem eigentlichen krystallinischen Graphit gegen-
über seiner amorphen Modification, dem Graphitoid, in Sachsen eine
ganz untergeordnete Verbreitung zuzukommen.
Nicht wenig verbreitet ist noch eine andere Structur-
erscheinung dieser Quarzitschiefer, die bereits makroskopisch
hervortritt und darauf beruht, dass gewisse besonders Gra-
phitoid - reiche Lagen zerstückelt erscheinen, ohne dass die
ausgezeichnete Regelmässigkeit der Schichtung unmittelbar dar-
über oder darunter im geringsten Maasse gestört erschiene.
Die Graphitoidschieferbröckchen sind durch weisse krystal-
linische Quarzmasse, die bisweilen radialstengelig um dieselbe
sich anordnet, verkittet (siehe Fig. 2). Der Umstand, dass
diese Breccienlagen vielfach mit dem normalen Quarzschiefer
abwechseln, stets der ausgeprägt ebenen Schichtung desselben
folgen und bisweilen auch bei geringerer Ausdehnung sich in
Form dünner Schmitzen beiderseitig auskeilen, schliesst völlig
den Gedanken aus, dass hier etwa Gangbreccienbildungen vor-
liegen könnten. Hingegen erinnert die Erscheinung sehr an
diejenige der Berstung von feuchten Thonlagen bei Wasser-
entziehung.
2. Perowskit von Wiesenthal.
Nachdem es zuerst im Jahre 1876 Borickr!) gelungen
war, in basaltischen Eruptivgesteinen die Anwesenheit des
Perowskit, der früher z. Th. mit Granat, z. Th. mit Zirkon
verwechselt worden war, als mikroskopischen Gesteinsgemeng-
theil festzustellen, fand bald darauf Hussack °) denselben in
Eifeler Laven, STELZNER°®) ihn als treuesten Begleiter des Me-
lilith in den betreffenden Basalten; endlich wurde gleichzeitig
mit letzterem Autor von mir*) der Perowskit als allgemein
verbreiteter Uebergemengtheil zunächst der Nephelin- und
Leueitbasalte der Section Kupferberg im Erzgebirge nach-
gewiesen.
Durch Borıcky und STELZnER wurde der mikroskopische
Nachweis noch durch eine besondere chemische Untersuchung
gestützt; jedoch war weder das von BorıckY noch das von
1) Sitzungsberichte d böhm. Ges. d. Wissensch. 13. Oct. 1876.
?2) Sitzungsberichte d. Wiener Ak. d. Wissensch. April 1878.
>) N. Jahrbuch f. Min. ete., II. Beilage, Bd. 1883.
*) Erläuterungen zu Section Kupferberg, Leipzig 1882,
446
MEYER im Auftrage von STELZNER analysirte Material rein
genug, um eine unmittelbare Berechnung der analytischen Re-
sultate auf die Perowskitformel zu gestatten. Deshalb schien
es erwünscht, eine Analyse von dem im Basalte von Ober-
wiesenthal auftretenden Perowskite zu veranstalten, da dieser
in Folge seiner, in Basalten bis dahin noch nicht beobachteten
beträchtlichen Dimensionen Gelegenheit bietet, reines Material
in hinreichender Menge für eine Analyse zu gewinnen. Der
Mittheilung dieser seien einige Bemerkungen über die Ausbil-
dung des Perowskit an dieser Localität vorausgeschickt.
Der Perowskit nimmt sowohl an der Zusammensetzung
des die Hauptmasse des Oberwiesenthaler Eruptivstockes bil-
denden Nephelinbasaltes theil, als auch an derjenigen seiner
srobkrystallinischen Aus sscheidungen. Im ersteren ist er ein
constanter, oft recht reichlicher Uebergemengtheil, der ganz
in Uebereinstimmung mit seinem gewöhnlichen Auftreten in
jüngeren Eruptivgesteinen mikroskopische Dimensionen kaum
überschreitet und sich theils in rundlichen Körnern, theils in
octaödrischen Krystallformen bisweilen mit den von STELZNER |)
abgebildeten Durchkreuzungszwillingen darbietet.
Wo der Basalt stark verwittert ist, äussert sich gleich-
zeitig die Veränderung am Perowskit in analoger Weise wie
sie am Titaneisen bekannt ist, d.h. durch Bildung einer weiss-
lich trüben, dem ee ähnlichen Verwitterungsrinde.
In den grobkrystallinen Ausscheidungen .dieses Basaltes nimmt
jedoch der Perowskit ungewöhnlich bedeutende Dimensionen
an und stellt sich so den in der mineralogischen Literatur
bekannten Vorkommnissen von Zermatt, Achmatowsk u. s. w.
zur Seite. Nicht überflüssig dürfte es scheinen, hier nochmals
kurz zu betonen, was ausführlicher schon in den Erläuterungen
zu Section Wiesenthal pag. 68 fi. geschah, dass nämlich diese
Perowskit-führenden grobkrystallinen Massen zweifellos inte-
grirende Bestandtheile des Basaltkörpers und nicht etwa fremde
Einschlüsse darstellen, wofür man dieselben bei nur oberfläch-
licher Betrachtung in Folge ihrer eckig-fragmentaren Umrisse
und scharfen Abgrenzung zur einschliessenden Basaltmasse zu
halten geneigt sein könnte; denn so gross auch die Schwar-
kungen "dieser accessorischen Bestandmassen hinsichtlich ihrer
quantitativ - mineralischen Zusammensetzung sein mögen, SO
wiederholen sich doch stets nur an ihnen diejenigen des ein-
schliessenden Basaltes in wechselnder Korngrösse. Demzufolge
finden wir auch den Perowskit, einen mikroskopischen Bestandtheil
des Basaltes, in diesen endogenen Einschlüssen wieder,
und zwar, wie auch die übrigen Bestandtheile des Basaltes, in
yl.ce.t VIE £8.
Wh
entsprechend vergrösserten Dimensionen. Die Betheiligung des
Perowskit ist bald nur ganz untergeordnet, bald sehr hervor-
ragend. Die Perowskit-reichen Massen sind fast immer auch
reich an Apatit, oft so reich daran, dass dieser '/),— °”/, der
Masse der grobkrystallinischen Einschlüsse ausmachen kann.
Und zwar stellt in diesen der Apatit farblose oder schwach
gelbliche, glasglänzende, bis 4 mm dicke und 150 mm lange
Säulchen dar, die meist mit einem central eingeschlossenen
schwarzen Glasfaden von der Form des Apatit ausgestattet,
das grobkrystalline Gemenge der übrigen Bestandtheile, näm-
lich von Augit, Magnetit, Perowskit, zurücktretendem Biotit,
zwischengeklemmtem Nephelin und seltenem Titanit, pach allen
Richtungen durchspiessen. Diese in bis cubikfussgrossen Dimen-
sionen im Basalte auftretenden endogenen Einschlüsse repräsen-
tiren sonach eine selten schön entwickelte Mineralcombination
des Nephelindolerites. Der Perowskit findet sich hierin meist in
rundlichen Körnern bis über Erbsengrösse, daneben aber
auch, indess nur vereinzelt, in Aggregaten von gewöhnlich pa-
rallel zu einander ralheren Individuen, g2 nach aussen
hin, wie es Fig. 3 in natürlicher Grösse zeigt, die bekannte
Kıystallform des Perowskit aufweisen. Die Krystalle gehören
der Combination: O0 mit untergeordnetem OD und &O
an und sind auf den \ Würfelflächen theils parallel zur Würfel-
kante, theils parallel zur octaädrischen Abstumpfung gestreift.
Im Dünnschliff besitzt der Perowskit eine heller oder
dunkler rothbraune Farbe und äussert zwischen gekreuzten
Nikols Doppelbrechungserscheinungen (siehe Fig. 4— 6), wie
sie typischer und complieirter sich nicht an den von Ben
SAaupE !) untersuchten uralischen und tyroler Vorkommnissen
entwickelt finden. Der Oberwiesenthaler Perowskit entbehrt
vollkommen fremder Einschlüsse, und es ermöglicht beson-
ders dieser Umstand die Gewinnung reinen Materials zur
Analyse, da äusserlich anhaftende fremde Bestandtheile durch
mechanische und chemische Operationen bequem und voll-
ständig entfernt werden können. In der That erwies sich das
1) A.Ben SaupE, Ueber den Perowskit, Göttingen 1882,
448
zur Analyse vorbereitete Pulver unter dem Mikroskop be-
trachtet als vollkommen rein.
Die von mir nach der A. Knor’schen Methode ausgeführte
Analyse ergab:
58,66 TiO?,
88,35 Ca0,
2,07 FeO,
99,08.
Unter den bekannten Vorkommnissen steht der Ober-
wiesenthaler Perowskit dem Achmatowsker am nächsten, der
nach JAKOBSON (RAMMELSBERG, Mineralchemie, specieller Theil,
pag. 366) besteht aus:
58,96 TiO?,
39,20 CaO,
2,06 FeO.
Sonach reiht sich auch hinsichtlich der chemischen Zu-
sammensetzung der Perowskit von Oberwiesenthal den typischen
Vorkommnissen würdig an.
3. Ueber die Leucitophyre von Wiesenthal und die Pseudo-
morphosen nach Leueit in denselben.
Während seit Zırkzr’s denkwürdigen Untersuchungen über
die Gesteinsfamilie der Basalte, welchen wir bekanntlich neben
anderen wichtigen Ergebnissen auch die erste Kenntniss von der
weiten mikroskopischen Verbreitung des Leucites in Basalten
verdanken, die Anzahl der Vorkommnisse von Leucit-führenden
Nephelinbasalten und reinen Leueitbasalten im Erzgebirge durch
sich anschliessende Arbeiten von Mönr, wie auch durch die der
k. sächsischen geologischen Landesanstalt ausserordentlich ge-
stiegen ist, scheint das Auftreten der entsprechenden Mineral-
combination aus der Phonolithfamilie, dasjenige des Leucito-
phyrs auf den einzigen bisher bekannten Fundort Wiesenthal
beschränkt zu bleiben, denselben, der auch durch das Vor-
kommen der grossen Pseudomorphosen nach Leucit dem Mi-
neralogen wohlbekannt ist. Trotzdem diese Pseudomorphosen
nach Naumann’s erster Mittheilung hierüber (im Jahre 1859)
häufig Gegenstand chemischer und mikroskopischer Unter-
suchungen !) waren, gelang es nicht, die Beziehungen derselben
2) Naumann, N. Jahrbuch f. Min. 1859, briefl. Mitth. pag. 61. —
BREITHAUPT, Berg- u. Hüttenmänn. Zeitung 1860, pag. 123 u. 198. —
Brum, Pseudomorph. Nachtr. Ill, 1863, pag 61. — ZirkeL, Pocc. Ann.
Bd. 136, pag. 44. — E. Gemrtz, N. Jahrb. f. Min. ete. 1876, pag. 490.
449
zu ihrem Urgestein aufzuhellen, denn auch die einzige Mit-
theilung Mönrs !) über Leucitporphyre von Wiesenthal, welche
auf Grund der mikroskopischen Untersuchung einiger Proben
aus der Chausseematerialien - Sammlung Sachsens ausgeführt
wurde, beschäftigt sich mit den grossen, lose auftretenden
Pseudomorphosen gar nicht und giebt überhaupt ein ganz un-
vollkommenes, nur z. Th. richtiges Bild der Leucitophyre von
Wiesenthal. Ganz kurz wird noch von ZscHau ?) eines Phonolith-
ganges mit veränderten Leuciten aus dem Hohlwege von Böh-
misch-Wiesenthal Erwähnung gethan.
In Folge der von mir im Auftrage der geologischen Landes-
anstalt ausgeführten geologischen Specialaufnahme dieses Ge-
bietes war ich in der Lage, die überaus manichfaltige Zusam-
mensetzung des Oberwiesenthaler Eruptivstockes aus verschie-
densten Nephelinbasalten, Phonolithen und Leucitophyren
nachzuweisen und dabei die Frage nach dem Herkommen der
srossen Pseudomorphosen zu beantworten.
Eine Darstellung dieser Verhältnisse, besonders auch mit
Rücksicht auf die Tektonik des Eruptivstockes, enthalten die
Erläuterungen zu Section Wiesenthal, Leipzig 1884,
pag. 51 — 76.
Leider konnten damals noch nicht alle die Zweifel und
Unsicherheiten, welche zufolge der Nichtübereinstimmung der
zwei über diese Pseudomorphosen vorhandenen Analysen (der-
jenigen von OArıus und BERGEMANN) bezüglich deren Zusammen-
setzung existirten, beseitigt werden. Auf Grund wesentlich
vermehrten Analysenmateriales bin ich nunmehr in der Lage,
in bestimmter Weise die fraglichen Punkte zu erledigen. Im
Folgenden sollen nun die Ergebnisse dieser Untersuchungen
zusammen mit denjenigen, welche bereits in den Erläuterungen
zu Section Wiesenthal mitgetheilt wurden, nebst specielleren
Angaben über die Zusammensetzung der Leucitophyre von
Wiesenthal zu einem Gesammtbilde über diese im Erzgebirge
so seltene Gesteinsgruppe vereinigt werden.
Die Leucitophyre von Oberwiesenthal sind im frischesten
Zustande schwärzlichgrau gefärbte Gesteine von dichter Be-
schaffenheit, splitterigem Bruche, verwittert: porös-mürbe, gelb-
grau bis gelbbraun; von mehr oder minder hervortretendem
porphyrischem Habitus, welcher fast durchgängig hervorgerufen
wird durch zahlreiche Einsprenglinge von vollkommen umge-
— Rornu, Chem. Geologie I, pag. 344. — BERGEMANN, J.,f. pr. Chemie
1860, pag. 418. — Kühn, N. Jahrb f. Min. 1861, pag. 59. — Carıvs,
cf. Brum, Pseudom.. Nachtr. II.
!) Mönr, Basalte und Phonolithe Sachsens, Nova act. Leop. Carol.
Bd. 36, H. 4. pag. 71, 1873.
?) ZscHhau, Isisberichte 1869, pag. 97,
450°
wandeltem Leucit in Erbsen- bis Hühnereigrösse, während
makroskopische Sanidine im Allgemeinen seltener sind.
Alle übrigen Bestandtheile, nämlich Augit, Nephelin,
Hauyn, Biotit, Titanit, Melanit, Apatit und Mae-
netit, setzen theils die mikro- bis kryptokrystalline Grund-
masse zusammen (Augit, Nephelin, Sanidin, Magnetit), oder
treten in derselben als mikroporphyrische, etwa 2 mm kaum
überschreitende Einsprenglinge auf (Augit, Nephelin, Melanit,
Hauyn, Biotit).
Ueber die Ausbildung der genannten Bestandtheile ist
Folgendes zu berichten. Sanidin. Als porphyrischer Ein-
sprengling in über centimetergrossen Krystallen von dünn-
tafelförmigem Habitus, arm an mikrolithischen Einschlüssen
wie Augit, Maenetit, Titanit, Apatit und Luftbläschen; als
Bestandtheil der Grundmasse meist stark verdeckt und nur
seltener in zahlreichen kreuz- und querliegenden Säulchen in
derselben deutlicher hervortretend. Aehnliches gilt auch vom
Nephelin, dessen leichte Verwitterung unter vollkom-
mener Trübung der Substanz ausserdem noch die Erkennung
erschwert; jedoch sind auch bis 3 mm grosse mikroporphy-
rische Nepheline mit ihren charakteristischen, kurzrectangu-
lären Längs- und etwas abgerundet erscheinenden hexagonalen
Querschnitten nicht selten, die aber auch immer schon eine
von aussen nach innen fortschreitende, parallelfaserige Umbil-
dung erkennen lassen, häufig noch gefördert durch massenhaft
auftretende, kurzeylindrische Hohlräume mit oder ohne Flüssig-
keitseinschlüsse. Meist scheint die Nephelinverwitterung in
unseren Gesteinen ihren Abschluss mit der Bildung eines farb-
losen Glimmers zu finden, der in mikrokrystallin - blätterigen
Aggregaten ausschliesslich die noch scharf erhaltene Nephelin-
form ausfüllt; in einem weniger vorgerückten Stadium scheint
sich Analecim zu bilden. Im Einklange mit diesen Beobach-
tungen stehen Mittheilungen von Rosengusca '), nach welchen
am Kaiserstuhle aus Nephelin theilweise Analcim sich bildet,
und solche von Brum °), welcher Kalislimmer aus zersetztem
Nephelin (Liebenerit) hervorgehen sah.
Augit überschreitet kaum die Grösse 2—3 mm langer
Prismen, sinkt andererseits als Bestandtheil der mikrokrystal-
linen Grundmasse zu winzigsten Körnchen herab; kräftiger
Pleochroismus — dunkelsaftgrün — hellgelbbraun — stets vor-
handen; die Auslöschungsschiefe erreicht immer Maxima von
25 — 35 °;. feinere Zonarstructur oder selbst nur abweichende
Färbung von Centrum und Peripherie, wie solche in den Augiten
1) Nach RortHu, Chem. Geologie pag. 347.
?) Ibidem pag. 350.
Eu
ET
RE SE RE IS
451
der Basalte sehr häufig ist, ebenso wie Zwillingsverwachsung
nach der Querfläche, fehlen im Allgemeinen; auch sind die
Augite durchweg arm an fremden Einschlüssen von Magnetit,
Apatit oder Titanit.
Hauyn (wohl meist Natronhauyn = Nosean) führen nicht
alle Leucitophyr- Vorkommnisse von Wiesenthal; wo er vor-
handen, jedoch stets in bekannter Weise zu weisslich-körnigen
bis faserigen Mineralsubstanzen umgewandelt, so dass die ihm
zukommenden dodecaödrischen Durchschnitte nur bisweilen
noch an Ueberresten der schwärzlichen, nach Innen verwasche-
nen Randzone seine ehemalige Anwesenheit erkennen lassen.
Im höchsten Stadium der Verwitterung sind die Krystallräume
desselben übrigens auch, wie das vom Nephelin mitgetheilt
wurde, mit Aggregaten von hellem Glimmer erfüllt.
Titanit bildet in den Leucitophyren wie auch in den
Phonolithen von Wiesenthal einen der constantesten Ueber-
semengtheile in den bekannten keilförmigen, nicht über milli-
metergrossen Kryställchen. Dieselben sind kurz gedrungen oder
langgestreckt, bisweilen fast nadelförmig. Im stark verwitterten
Gestein nimmt der Titanit theils eine gleichmässig weisslich-
trübe Beschaffenheit an (? Xantitan), theils umzieht er sich
mit einer schwärzlich braunen Mineralrinde, während das Innere
noch pellucid bleibt. Bei weiter fortschreitender Umwandlung
verschwindet auch hier die eigentliche Titanitsubstanz gänzlich
und es tritt an ihre Stelle ein krystallines Aggregat von drei
mikroskopisch wohl unterscheidbaren Mineralien:
l. ein schwarz- bis röthlichbraunes Mineral, drusig die
Krystallwandungen des Titanit nach innen überkleidend, wie
es scheint in Krystallformen von quadratischen Umrissen:
? Brookit.
2. Caleit in beträchtlicher Menge.
3. ein farbloses doppelbrechendes, in HCI unlösliches
Mineral, ohne bestimmte Krystallform: ausgeschiedene SiO?.
Eine Darstellung dieser Titanitumwandlung wird umstehend
in Fig. 7 gegeben.
Als Melanit wurden 0,75— 1,5 mm grosse, bisweilen
auf der verwitterten (sesteinsoberfläche in schönen, glänzenden,
schwarzen Dodecaödern zum Vorschein kommende Kryställchen
gedeutet, die im dünnsten Schliffe mit rothbrauner Farbe durch-
sichtig werden, indess der für den Melanit charakteristischen
Zonenstructur entbehren, wie eben auch das von mir analysirte,
zwischen Melanit und Schorlomit stehende Mineral aus den
endogenen grobkrystallinen, basaltischen Einschlüssen dieser
Localität, von dem es sich im Dünnschliffe nicht unterscheidet. !)
1) Erläuterungen zu Section Wiesenthal pag. 70,
Fig. 7 zu pag. 451: Titanit-
umwandlung in Brookit? (dopp-
schraff.) + Caleit +Si 0%.
Fig. 8 zu pag. 456: Pseudo-
morphose von Analeim nach
Leucit, beginnende Umwand-
lung in Kalifeldspath; a =
farblose Analcimsubst. ; b =
Trübung und Körnigwerden
derselben; ce = Uebergang in
strahlige Feldspathaggregate.
. Fig. 9 zu pag. 461: Pseudo-
morphose von Kalifeldspath
+ Kaliglimmer nach Leueit,
9x. Fein büschelig-strahlige
Partien mit gewundenem Ver-
laufe, dazwischen gröber kry-
stalline, bisweilen mit Hohl-
räumen.
Fig. 10. Angrenzende Par-
tie eines solchen, bestehend
aus Orthoklas und Muscovit,
250 x.
DR Be 0 u TU Sn nen
In basalen Schnitten leicht zu verwechseln mit vorher-
gehendem Bestandtheile ist der in nahezu gleichen Dimensionen
auftretende nicht seltene Biotit, der, hexagonal begrenzt,
ziemlich dicke Krystalle bildet und mitunter von einem Hofe
von Augitkörnchen und Maenetit, diese bisweilen im Wechsel
geordnet, umsäumt ist.
Magnetit und Apatit, neben ersterem zuweilen auch Ilmenit,
sind selten fehlende Bestandtheile der eigentlichen Grundmasse.
Im Gegensatze zu vorstehend beschriebenen Bestandtheillen |
der Leucitophyre, welche mit alleiniger Ausnahme des Hauyn |
in mehr oder minder, z. Th. vollkommen frischem Zustande
erhalten sind, hat der vor Allem charakteristische Leueit, so
frisch auch immer äusserlich das Gestein erscheinen mag, eine
vollkommen durchgreifende Umwandlung erfahren. In dieser
totalen Verwandlung des Leucites, von welcher unterschiedslos
alle, die mikroskopischen wie hühnereigrossen Individuen be-
fallen sind, stimmen die Oberwiesenthaler Vorkommnisse mit
gewissen Stadien der analogen Vorkommnisse von Kaiserstuhle
und der Rocca monfina überein. Sieht man davon ab, dass
in den grossen Krystallen der Rocca monfina neben völlig um-
sewandelten Leuciten noch solche vorkommen, in denen ein
mehr oder weniger beträchtlicher Antheil von ursprünglicher
Leucitsubstanz sich erhalten zeigt, so liegt ein wesentlicher
453
Unterschied, der die Oberwiesenthaler Leueitpseudomorphosen
zu besonders eigenthümlichen Erscheinungen stempelt, darin, dass
die Umwandlungsproducte nicht, wie an geannten Punkten, beson-
ders am Kaiserstuhle, trübkörnige, undefinirbare Substanzen
darstellen, sondern wohl individualisirte Mineralkörper, welche
ihrer Zusammensetzung nach einerseits dem Analcım, an-
dererseits einem Gemenge von Kalifeldspath nebst Mus-
covit angehören. Ferner kommt hierzu noch der bemerkens-
werthe Umstand, dass diese Umbildungen nicht zufällig und
unabhängig von einander verlaufenden Processen ihre Entste-
hung verdanken, sondern in bestimmter Reihenfolge sich voll-
ziehen, so zwar, dass immer erst Analeim, sodann an dessen
Stelle Feldspath -+ Glimmer trat. Dass der Verlauf ein der-
artiger und nicht vielleicht umgekehrter ist, geht, von dem
mikroskopisch verfolebaren Umwandlungsvorgange abgesehen,
hauptsächlich auch daraus hervor, dass man das Analeim-
product nur in dem noch möglichst frischen Leucitophyr an-
trifft, während die Pseudomorphosen der stärker und völlig
verwitterten Gesteine ausnahmlos aus Feldspath -+- Kaliglimmer
bestehen.
a. Pseudomorphosen von Analcim nach Leuecit.
Die Krystallumrisse des ehemaligen Leueit sind ausge-
zeichnet scharf erhalten; unter dem Mikroskop erweist sich
die Substanz der Pseudomorphose als isotrop, wasserhell, voll-
kommen einheitlich und besitzt nach von mir ausgeführten
Analysen folgende Zusammensetzung:
Dpee. Gew. bei 11% C.: 2,259.
SI ae
NEO er
Bean... 008%. 0,060
ame tn. 20.86
ao) ee N
Na O2 12,30
H°O (Glühverlust) 8,25
100,14
Diese Zusammensetzung entspricht genau derjenigen des
typischen Änalcim, womit auch das Verhalten dünner Splitter
vor dem Löthrohre: Trübung unter Aufschwellen und Schmel-
zen zu einem farblosen Glase, übereinstimmt. Dass dieser
Analeim als Pseudomorphose und nicht als ursprünglicher
Bestandtheil auftritt, ist wohl kaum fraglich, da ein Mineral
wie der Analcim mit so hohem Gehalt an Wasser und der
Eigenschaft, dasselbe bei schon ziemlich niedriger Temperatur
_
454
unter vollständiger Trübung seiner Substanz zu verlieren, nicht
als ursprünglicher Bestandtheil eines aus glühendem Fluss
hervorgegangenen Gesteins gedacht werden kann; während
andererseits die leichte Umwandlungsfähigkeit des Leucit in
Analeim durch Natronlösungen seit Lemgerg’s schönen Ver-
suchen eine experimentell erwiesene Thatsache ist. Die Be-
dingung hierzu, das Cireuliren von Natronlösungen, war aber in
unseren Gesteinen reichlich erfüllt; denn wie bemerkt, finden
wir selbst in dem äusserlich ganz frischen Gestein den Hauyn
(? Natronhauyn) immer vollkommen, den Nephelin zum grossen
Theil der Verwitterung verfallen.
Diese Umbildung von Leucit in Analeim vollzog sich nun
in so stetiger Weise, Molekül für Molekül, dass sich bis-
weilen selbst die zonare Anordnung der Mikrolithen des ehe-
maligen Leucit in der Pseudomorphose erhalten zeigt.
Dieser Zustand der ideal vollkommenen Pseudomorphose
von Analcim nach Leueit ist jedoch nicht sehr beständig;
denn bald beginnt auf unregelmässig von aussen nach innen
verlaufenden oder der hexaödrischen Spaltbarkeit des Analeim
folgenden Rissen eine trübkörnig-wolkig sich ausbreitende Um-
wandlung des letzteren, die immer mehr Raum gewinnt und
bald den ganzen Krystall einnimmt. Besitzen die frischen
Analcime makroskopisch betrachtet ein wachs - bis fettglänzen-
des Aussehen, so gleicht jetzt die Substanz, wie das ZIRKEL !)
für die Kaiserstuhler Vorkommnisse schon trefiend bemerkte,
auf der Bruchfläche mattgeschliffenem Glase. Substanziell
scheint das trübe Produet noch mit dem Analcim übereinzu-
stimmen und demzufolge in diesem Stadium der Umbildung
die Pseudomorphose das vollkommenste Analogon zu dem
Kaiserstuhler Vorkommen zu bilden, deren trübe Masse nach
Stanms Analyse?) bekanntlich auch genau die Zusammen-
setzung des Analcim aufweist.
Dieser Umstand lässt die Aussicht offen, dass man viel-
leicht auch am Kaiserstuhle noch farblose Analeimsubstanz in
den Pseudomorphosen auffinden wird, zumal ja auch in den-
jenigen der Rocca monfina nach RANMELSBERG ®) solche Reste
vorhanden zu sein scheinen.
In den Wiesenthaler Leucitophyren ist das Vorkommen
der Pseudomorphosen von Analcim nach Leueit, wie schon
oben bemerkt wurde, lediglich mit dem Erhaltungszu ustande des
ganzen Gesteins verknüpft, insofern als man dieselben nur in
den frischeren Vorkommnissen antrifit, während mehr oder
2) Mn Beschaffenheit der Mineralien u. Gesteine pag. 154.
>) In Rorsu: Ohem. Geologie I, pag. 344.
>) NTEnsnERG, Mineraichemie pag. 444.
SR
ER FENSEE TEST
ee a e
455
minder beträchtliche Schwankungen in der Struetur und Zu-
sammensetzung der betreffenden Leue itophyre völlig ohne Ein-
fluss darauf zu sein scheinen. Eine kurze Charakteristik fol-
gender vier Leucitophyrvorkommnisse mit Pseudomorphosen
von Leueit nach Analcim mag dies erhärten.
1. Leueitophyr in vereinzelten Bruchstücken auf der Höhe
des Zirolberges verbreitet: dunkelgraues Gestein von dichter
Beschaffenheit mit vereinzelten, bis 0,5 cm grossen Sanidinen
und zahlreichen, bis 0,75 cm grossen, wachsglänzenden Pseudo-
morphosen von "Analeim nach” Leueit. Im Dünnschliff erweisen
sich letztere wasserhell und isotrop, besitzen zahlreiche, vor-
wiegend peripherisch angeordnete Kinschlüsse von saftgrünen
Augitnädelchen, vereinzelten Titanit- und Nephelinkryställchen,
von denen erstere noch vollkommen frisch sind, während Titanit
und Nephelin gänzlich getrübt erscheinen. An mikroskopischen
Einsprenglingen enthält das Gestein häufige, kurz rectangulär-
scharfkantig entwickelte, meist schon parallel-faserig angewit-
terte Nepheline, saftgrüne Augite, tiefbraune Melanit- Dode-
eaöder und nicht wenig graugelbe Titanitkeile. Die eigentliche
Grundmasse erweist sich als ein mikro- bis kryptokrystallin
entwickeltes Gemenge von Sanidin, verwittertem Nephelin,
Magnetit und vereinzelten Apatitnädelchen.
2. Ein 0,3 m mächtiger Gang im Hohlwege, 150 m süd-
östlich von der Kirche Böhnisch- Wiesenthal. ) In dem grau-
schwarzen dichten Gesteine treten als alleinige, jedoch überaus
häufige makroskopische Einsprenglinge bis über erbsengrosse
Pseudomorphosen von Analcim nach Leucit auf; sie stellen
z. Th. homogenen reinen Analcim dar, sind ziemlich frei von
mikrolithischen Einschlüssen — daher denn auch diesem Vor-
kommen das Material zu oben mitgetheilter Analyse entnommen
wurde — und oft vom Rande her weniger oder mehr in eine
weisslich trübe Masse umgewandelt. In Gestalt mikroporphy-
rischer Einsprenglinge sind vorhanden: stark pleochroitischer
Augit, ganz trüber Hauyn und mit schwärzlich braunem Ver--
witterungsrande versehener Titanit. Sanidin bildet ebenso wie
auch Nephelin Bestandtheile der mikrokrystallinen Grundmasse,
aus welcher ersterer hie und da in schmalen Leistchen hervor-
blickt, während letzterer als solcher nicht mehr zu erkennen ist.
3. In demselben Hohlwege, jedoch näher bei der Kirche,
tritt gangförmig im Basalte ein zweiter Leueitporphyr auf,
über dessen Mächtigkeit der unvollkommene Aufschluss nähere
Angabe nicht gestattet. Die porphyrischen Analeime sind
", Dieses Vorkommen wurde von Waprrer entdeckt und von ZscHAu
berkils (Isis 1869, pag. 97) nach seiner äusseren Erscheinung als Pho-
nolith mit ver ändertem Leueit erkannt und erwähnt,
456
spärlicher; im Uebrigen aber genau wie im vorigen Gesteine
ausgebildet. Mikroporphyrische Augite sind sehr, Titanite
weniger häufig; ausserdem bemerkt man mit Caleit und Zeo-
lithen erfüllt kleine Hohlräume. In der fein krystallinen, mit
Augitkörnchen dicht übersäten Grundmasse glaubt man kleinste,
rundlich begrenzte, jedoch bereits umgewandelte, etwas trübe
Mineralpartieen zu erkennen, die, zuweilen mit central einge-
lagerten Mikrolithenhäufchen ausgestattet, wohl auf Leueit
zurückzuführen sind.
Mit Sicherheit dagegen tritt in einer
4. Varietät von Leucitophyr, die in bis kopfgrossen Frag-
menten in dem grobbreccienartigen Tufie dicht bei der Kirche
gefunden wurde, verwitterter Leucit als vorwiegender Bestand-
theil der feinkrystallinen Grundmasse auf, die daneben nur noch
Augitnädelchen, Titanite und Magnetitkörnchen erkennen lässt,
sonst aber völlig trübe ist, secundäre Calcitpartikelchen und
zahlreiche, gleichmässig im ganzen Gestein vertheilte, bis milli-
metergrosse, scharfbegrenzte, glänzende Pyritwürfel enthält.
Die zahllos eingesprengten, bis erbsengrossen Leucitpseudomor-
phosen bestehen lediglich aus der Analceim-artigen, trübkörnigen
Substanz, zuweilen mit durchsichtigen, büschelförmig angeord-
neten Mineralleistehen vermischt. Letztere bezeichnen bereits
den Eintritt in das zweite Umwandlungsstadium.
b. Pseudomorphosen von Kalifeldspath +
Muscovit nach Leuecit.
In seltenen Fällen, noch ehe die Pseudomorphose von
farblosem Analcim nach Leueit in ihrem ganzen Umfange sich
getrübt hat, gewöhnlich aber erst nachdem diese Veränderung
eingetreten ist, stellen sich Neubildungsproducte ein, die in
Form von büschelig-strahligen Mineralaggregaten vom Rande
her in das Innere der trüben Pseudomorphosensubstanz hinein-
wachsen (siehe Fig. 8 auf pag. 452), dieselbe mehr und mehr
verdrängen und schliesslich den ganzen Krystallraum ausfüllen.
Innig mit diesen mikroskopisch meist relativ grobkrystallinen
Aggregaten vermischt, deren Aehnlichkeit mit Feldspath nach
ihrem optischen Verhalten und ihrer Unlöslichkeit in Salzsäure
sich schon dem mikroskopirenden Beobachter aufdrängt, stellt
sich dazu ein farbloses, kaliglimmerartiges Mineral ein.
l. Um zunächst einigen Aufschluss über die Natur des
feldspäthigen Minerales zu gewinnen, wurden Pseudomorphosen
von geschilderter Zusammensetzung aus einem dicht bei Ober-
wiesenthal in vereinzelten Bruchstücken aufgefundenen Leucito-
phyre näher untersucht, die zu diesem Zwecke in Folge nur
unbeträchtlicher Glimmerbeimengung sich als besonders geeignet
457
erwiesen. In grosser Anzahl bis zu Dimensionen von
Haselnussgrösse auftretend, verleihen sie dem grünlich-
grauen, phonolithartigen Gesteine einen ausgezeichnet porphy-
rischen Charakter; dasselbe ist dazu reich an mikroporphy-
rischen Einschlüssen, die ihrer Häufigkeit nach aufgezählt,
bestehen aus: saftgrünem Augit, stark getrübtem Nephelin,
ziemlich frischem Biotit, Melanit, Sanidin und fast farblosem
Titanit, während die Grundmasse vorwiegend nur aus ange-
witterten Sanidinleistchen und dicht gestreuten Augitkörnchen
besteht, welch’ letztere bisweilen um die dicken Biotitkrystalle
hofartig angereichert erscheinen.
Die Analyse ') der Pseudomorphosen ergab:
A
in HOl löslich.
32,79 %/, auf 100:
B
in HCl unlösliech.
67,03 %/, auf 100:
SEO: 32,0%. 40540 62,84
20 27.3..229,07 a
Be2o° 33.0, 29,74 0,32
e10 2.948, 1,92 0,43
MO... — 0,21
BO 2.0001. 5,07 13,87
Na 0.03... 15,19 3,03
E20. 0,1... 4,40 —
100,19 100,41
Der in Salzsäure lösliche Antheil lässt sich weiter nicht
interpretiren, was auch von seiner mikroskopischen Ausbildung
als weisslich-körnige Mineralmasse zwischen den Feldspathleist-
chen gilt; um so bestimmter tritt an dem unlöslichen Rückstand
die Zugehörigkeit zu einem etwas Natron-haltigen Kalifeld-
spath hervor; zumal sich die geringe Depression des Kieselsäure-
gehaltes ohne Weiteres durch die Kaliglimmer-Beimengung erklärt.
2. Ein dem vorigen ganz ähnlicher Leueitophyr, der sich
durch das Fehlen des Biotit einerseits und das Vorkommen
vereinzelter bis centimetergrosser Sanidintafeln andererseits von
jenem unterscheidet, wurde in überaus zahlreichen Fragmenten
auf einem Felde beim Böhmisch - Wiesenthaler Friedhofe ge-
funden. Die Bruchstücke repräsentiren sehr verschiedene Er-
haltungsstadien vom äusserlich noch ziemlich frischen schwärz-
lichgrau gefärbtem Gestein an biszu dem löcherig-porösen, ausge-
laugten, mürben Verwitterungsproducte; in ersterem gleichen die
Pseudomorphosen nach Leucit vollkommen denjenigen in voriger
. ») Bereits in den Erläuterungen zu Section Wiesenthal pag. 67
mitgetheilt.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVI1. 2. 24
458
Varietät und bedürfen daher nicht näherer Beschreibung, da-
gegen verdienen die stark verwitterten Bruchstücke noch einge-
hender Betrachtung. Die bis haselnussgrossen Pseudomorphosen
lassen sich aus der mürben Grundmasse mit Leichtigkeit heraus-
präpariren, haben eine licht graugelbe Farbe, vollkommen glatte
Oberfläche, scharfe Umrisse und bisweilen so ebenmässige Aus-
bildung, dass man sie für aus Holz geschnitzte Modellchen halten
möchte; auf der Bruchfläche gleichen sie einer gelblichweissen,
bisweilen durch Eisenoxydhydrat braungefleckten, stellenweise
etwas porösen Felsitmasse, die bei mikroskopischer Betrachtung
ein fast lediglich aus Feldspath und Glimmer beste-
hendes krystallines Aggregat darbietet. Demzufolge sinkt auch
der in Salzsäure lösliche Antheil, der in obiger Pseudomor-
phose noch 32,97 pCt. betrug, auf 5,156 pÜt. herab und be-
steht vorwiegend aus Eisenoxydhydrat nebst Spuren von Kiesel-
säure, Thonerde, Kalk und Alkalien, während der unlösliche
Antheil folgende Zusammensetzung aufweist:
SIO0%.2..228..0,00.71
AFO:r ser. 2444
Be0°7... 2. 2 > Spur
M8&0...502...035
K’O.....8r51.. 1226
Na-O, BSR 1,02
MON TIRE R2er1,005
101,785
Diese Zahlen bestätigen sehr wohl das mikroskopisch
gewonnene Resultat: die Zusammensetzung dieser Pseudomor-
phosen aus Kalifeldspath und Kaliglimmer.
Die dieselben umgebende Gesteinsmasse ist, wie schon
bemerkt wurde, bis zur Unkenntlichkeit verwittert; hie und
da trifft man im Präparate noch auf rechteckige Umrisse, die,
wohl von Nephelin oder Sanidin herrührend, ganz mit Mus-
covitschüppchen erfüllt sind, kleinere und grössere Eisenoxyd-
hydratanhäufungen, welche die Form von ehemaligem Augit
auszufüllen scheinen; keiner aber der ursprünglichen mikro-
porphyrischen Einsprenglinge ist als solcher noch zu erkennen;
demgegenüber macht die eigentliche Grundmasse einen mit dem
ganzen verwitterten Habitus des Gesteins im Widerspruch
stehenden auffällig frischen Eindruck, indem sie sich zwischen
gekreuzten Nicols fast ausschliesslich aus mehr oder weniger
radial angeordneten, mit Muscovitschüppchen innig verwach-
senen Feldspathaggregaten zusammengesetzt erweist. :
Diese in den weniger verwitterten Wiesenthaler Leueito-
phyren sonst nirgends beobachtete Anordnung der Feldspath-
leistehen, ihr frisches Aussehen, ferner die innige Verwachsung
derselben mit Muscovitschüppchen, demgegenüber die völlige
Zerstörung aller ehemaligen mikroporphyrischen Bestandtheile
wie Augit, Nephelin, Sanidin, Melanit, Titanit, alle diese Er-
scheinungen berechtigen zu der Annahme, dass diese Feldspath-
masse keine ursprüngliche ist, sondern regenerirt wurde.
Wären an dieser Localität nicht die verschiedensten Erhal-
tungsstufen bis zu dem als Leucitophyr deutlich erkennbaren
Gestein vertreten, so würde man hinsichtlich der Deutung
obigen Gesteins in Verlegenheit gerathen; so ist aber dessen
Zugehörigkeit zum Leucitophyr dieser Localität unmittelbar
erweisbar.
3. Ein erhöhtes Interesse gewinnt dieser völlig verwitterte
und z. Th. regenerirte Leueitophyr nun aber dadurch, dass er
die Brücke bildet zum Verständniss für die lange räthselhafte
petrographische Stellung, welche die berühmten grossen Pseu-
domorphosen nach Leueit in diesem Eruptivgebiete einnahmen.
Die Fundstelle dieser, wie bekannt, meist lose vorkommenden
Pseudomorphosen liegt etwa 250 m südwestlich von der Böhm.-
Wiesenthaler Kirche auf den GAHLerT’schen Grundstücke und
es beschränkt sich ihr Vorkommen, wie genaue Begehungen
und Schürfversuche gelehrt haben, auf die sehr geringe Fläche
von 200—300 [ ]m, wo sie lediglich in der obersten Verwit-
terungsschicht des den Untergrund bildenden phonolithischen
bzw. basaltischen Gesteins auftreten. Hier findet man die bis
8 cm im Durchmesser haltenden Krystalle theils völlig isolirt
und einzeln oder zu mehreren in knäulförmigen, bis faustgrossen
Aggregaten verwachsen, theils mit Anhängseln von Neben-
gestein, ja selbst bis 2 dın grosse Fragmente desselben mit
zahlreichen, sowohl ringsum eingeschlossenen, als auch durch
Verwitterung mehr oder weniger freigelegten Pseudomorphosen.
Was zunächst das Muttergestein dieser Pseudo-
morphosen betrifft, so hat bereits Naumann (l.c.) die Vermu-
thung ausgesprochen, „dass dasselbe wohl einigermaassen an
die Grundmasse mancher Leueitophyre erinnere.“ Eine ähn-
liche Vermuthung äussert BLum. FRENZEL!) nennt das ganze
Gestein einen Dolerit, Rora ?) einen Leucitbasalt. Schliesslich
könnte man noch, um alle Möglichkeiten zu erschöpfen, bei
dem bisweilen porös - thonsteinartigen Habitus der Gesteins-
masse, an einen Tuff denken.
So lange eine genauere Untersuchung des ganzen Ober-
wiesenthaler Eruptivstockes nicht vorlag, war es naturgemäss
schwierig, aus dem Zusammenhange heraus diese Frage in
!) FrenzeL, Mineralog. Lexikon des Königreichs Sachsen.
°) Roru , Chem. Geologie 1, pag. 345.
24*
460
bestimmterer Weise zu beantworten. Jetzt lässt sich aber
schon im Voraus, ehe wir an die Untersuchung der fraglichen
Grundmasse selbst gehen, sagen:
1) Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Grundmasse
der Pseudomorphosen eine basaltische war, da, wie sich heraus-
gestellt hat, Leucitbasalte am Aufbau des Oberwiesenthaler
Eruptivstockes sich gar nicht betheiligen, sondern lediglich
Nephelinbasalte.
2) Ebenso unwahrscheinlich ist es, dass die Grundmasse
etwa ein veränderter Tuff ist. Zwar treten Tuffe im Gebiete
dieses Eruptivstockes auf, jedoch nicht an der Fundstelle
dieser Pseudomorphosen ; sie haben niemals solche geführt und
besitzen überdies in Folge ihrer grobklastischen Structur einen
so charakteristischen Habitus, dass es ganz unmöglich ist, sie
selbst im Zustande stärkster Verwitterung nur einen Augen-
blick zu verkennen. Hat nun das Muttergestein der grossen
Pseudomorphosen schon bei makroskopischer Betrachtung mit
diesen Tuffen nicht die geringste Aehnlichkeit, so tritt dieser
Unterschied noch deutlicher bei mikroskopischer Untersuchung
hervor, nach welcher dasselbe, von reichlich eingelagerten Eisen-
oxydhydratflecken abgesehen, ein vorwiegend krystallines Ge-
füge besitzt und in allen Einzelheiten mit der Grundmasse des
vorher beschriebenen, stark verwitterten, z. Th. regenerirten
Leucitophyrs vom Friedhofe übereinstimmt, dem es auch im
makroskopischen Habitus völlig gleicht.
In Uebereinstimmung hiermit lieferte eine von RAmmELs-
BERG !) von dieser Grundmasse ausgeführte Analyse folgendes
Resultat:
SOFT
A032 02.07. ,20530
BesO3 2.44 0:0828
B3.0. 1.2.87....2028
MaO'SI. 225 2.220,56
K20r.. 5,:232%0 121406
Nach alledem müssen wir das Muttergestein der grossen
Pseudomorphosen, ebenso wie dasjenige am Friedhofe, dessen
Abkunft von echtem Phonolith sich direct verfolgen liess, auf
einen Phonolith zurückführen und das Gestein als Ganzes den
bisher betrachteten Leucitophyren anreihen.
1) RAMMELSBERG, Diese Zeilschrift 1861, pag. 97.
461
Was die Pseudomorphosen selbst betrifft, so ist über
ihre äussere Erscheinung zunächst noch zu bemerken, dass
die Oberfläche der durchweg scharf erhaltenen Kıystalle eine
körnig - rauhe Beschaffenheit besitzt, das Innere aber einer
überaus feinkörnig - krystallinen, weisslichgrauen, theils com-
pacten, theils porös-drusigen Mineralmasse gleicht, in deren
Höhlungen bisweilen eisenrahmartige Substanz abgelagert ist,
nach Bıum Krystallenden eines wasserhellen Feldspathes hinein-
ragen, sowie auch, wie ich hinzufügen möchte, oft schon mit
blossem Auge erkennbare, kleinblättrig-strahlige, silberglän-
zende Glimmeraggregate auftreten. !)
Als fernere Einschlüsse der Pseudomorphosen gewahrt man
besonders beim Anschleifen weisslich trübe, rechteckige oder
hexagonale Durchschnitte, die wohl auf verwitterten Nephelin
bzw. Hauyn zurückzuführen sind.
Hinsichtlich der inneren Structur der Pseudo-
morphosen erkennt man schon mit blossem Auge an allen
Präparaten weisslich trübe und wasserhelle Partieen, die
so vertheilt sind, dass die ersteren 2—3 mm breite, sich
netzförmig verzweigende oder dendritenartig verlaufende Bah-
nen darstellen, deren Zwischenräume von der hellen Sub-
stanz eingenommen werden (siehe Fig. 9 auf pag. 452). Bei
mikroskopischer Betrachtung erweist sich der trübere An-
theil vorwiegend aus radialstrahlig gruppirten, mit winzigsten
Glimmerschüppchen innig durchwachsenen Feldspathleistchen
zusammengesetzt, welche zu beiden Seiten einer medianen
Naht angeheitet, ein fast gekröseartiges Aussehen dieser Par-
tieen bedingen. Allem Anscheine nach bezeichnen diese Ge-
bilde die zuerst entstandenen feldspäthigen Umwandlungspro-
ducte der früheren Mineralsubstanz, während erst später und
zuletzt in den dazwischen liegenden Räumen die farblosen Par-
tieen, bestehend aus gröber krystallinem, wie es scheint, ortho-
klastischem Feldspathe und blätterig-strahligem, hellem Glim-
mer zur Ausscheidung gelangten, oft ohne die ganze Masse der
weggeführten ehemaligen Mineralsubstanz zu ersetzen, so dass
grössere und kleinere Hohlräume übrig blieben, in welche die
Krystallenden der Feldspath - und Glimmeraggregate drusig
hineinragen. Fig. 10 auf pag. 452 stellt eine derartie Partie
bei etwa 250 maliger Vergrösserung dar.
Der mitgetheilten mikroskopischen Untersuchung zufolge
stellen sonach die grossen Pseudomorphosen genau dasselbe
Umwandlungsstadium dar wie die vorher beschriebenen kleinen
aus dem verwitterten Leucitporphyr vom Friedhofe; bestätigt
!) Farbloser Glimmer als Bestandtheil dieser Pseudomorphosen
wurde zuerst von E. GEinITz (l. c.) mikroskopisch nachgewiesen.
wird dies ausserdem durch die Resultate der von mir ausge-
führten chemischen Analysen.
a. Kleine Pseudomorphosen vom Böhmisch - Wiesenthaler
Friedhofe (SAUER).
b. Grosse Pseudomorphosen von GAHLERT’s Grundstücke
(SAUER).
bi. Grosse Pseudomorphosen ebendaher (BERERMANN).
b°. Grosse Pseudomorphosen ebendaher (Carıus).
a. b. b!. bi
SD | 58,96 60,46 58,60
AERO. DAAA 24,95 Dal 20,81
BerO0::.,3.2,.8pur — 1,98 (FeO) 5,54
MO 2.2.0535 0,24 1,22 1,62
KR20%312..3,114,26 15,02 13,32 2,18
Na20..7 51,02 0,31 0,52 9,28
Hrn ı2a 1,003 1,41 122 1,755
101,78 100,79 101,04 100,28
Angesichts der überaus befriedigenden Uebereinstimmung
der drei Analysen a, b, b!, deren geringe Schwankungen sich
aus dem etwas wechselnden Mischungsverhältniss von Feldspath
und Glimmer in verschiedenen Individuen erklären lassen, ist
die beträchtliche Abweichung der Analyse von Carıus in dem
Alkaliengehalte völlig unverständlich. Nimmt man noch hinzu,
dass auch die Ermittelungen Künn’s über die chemische Zu-
sammensetzung dieser Pseudomorphosen, die auf Veranlassung
des Entdeckers, ©. F. Navmann’s, ausgeführt wurden, die von
BERGEMANN und mir gefundene Zusammensetzung besonders
mit Bezug auf die Alkalien bestätigen, so muss man annehmen,
dass entweder das von Carıus verwendete Material eine aus-
nahmsweise andere Zusammensetzung besessen habe oder die
Zahlen der Analyse auf einem Irrthume beruhen. Für die
Kenntniss der allgemeinen Zusammensetzung dieser Pseudo-
morphosen dürfte die Carıus’sche Analyse keinesfalls von
Belang sein.
Es war nicht anders zu erwarten, dass, so lange der
Discussion über die Zusammensetzung dieser Pseudomorphosen
keine anderen als die beiden erwähnten, von CaArıus und
BERGEMANN in ihren hauptsächlichen Resultaten so stark von
einander abweichenden Analysen zu Grunde gelegt werden
konnten, diese zu sehr verschiedenen Deutungen führen musste.)
So nimmt Brum, sich lediglich auf die Analyse von Carıus
2) Literaturverzeichniss pag. 448.
463
stützend, Oligoklas als Hauptbestandtheil der Pseudomor-
phosen an, Zırkkr dagegen, indem er darauf hinweist, dass
zwillingsgestreifter Feldspath den Pseudomorphosen mangelt,
bezeichnet den feldspäthigen Bestandtheil als Sanidin, und
so auch E. Geinırz, der als Grund des beträchtlichen Natron-
gehaltes der Analyse von ÜOaArıus Beimengung von Nosean-
einsprenglingen ansieht. Abgesehen davon, dass diese letzteren,
immer nur ganz vereinzelt auftretenden winzigen Einsprenglinge
-— ich konnte mehr als 30 durchgeschlagene grössere Pseudo-
morphosen daraufhin untersuchen — eine geradezu völlige Um-
kehrung in den Zahlenwerthen der Alkalien kaum bedingen
dürften, ist an ein Vorhandensein ursprünglicher Noseansubstanz,
die bekanntlich schon immer den ersten Anfängen der Gesteins-
verwitterung zum Opfer fällt, in diesen tief verwitterten Ge-
steinen und deren Pseudomorphosen kaum zu denken; in der
That erweisen sich die auf Nosean bzw. Nephelin zurückzu-
führenden Einschlüsse der Pseudomorphosen meist mit einem
kaliglimmerartigen Minerale erfüllt. Dazu kommt endlich noch,
dass der in Salzsäure lösliche Antheil der Pseudomorphosen
nach BERGEMANs nur 9,96 pCt. der ganzen Masse beträgt, und
übereinstimmend hiermit nach meinen Untersuchungen 5,2 pÜt.,
die folgende nichts weniger als Nosean-artige Zusammensetzung
aufweisen:
47,4 SiO?
12,5 AI’O?
22,7 Fe?O?
2,5 CaO
11,07 KO
3,3 Na?O.
Korn glaubte die Abweichungen beider Analysen auf ver-
schiedene Veränderungsstadien zurückführen zu müssen, indem
er in der BERGEMmann’schen Pseudomorphose ein früheres, in der
Carıus’schen ein späteres Verwitterungsstadium erblickt. Gegen
diese Deutung wäre anzuführen, dass zahlreiche Präparate von
äusserlich möglichst verschiedenem Pseudomorphosenmateriale,
compactem, porös-drusigem oder zellig-zerfressenem — andere
äusserliche Unterschiede habe ich an den etwa 180 mir vor-
liegenden Pseudomorphosen nicht erkennen können — eine
stets übereinstimmende Zusammensetzung und Structur be-
sassen. Die an diesen Pseudomorphosen sich weiterhin geltend
machenden Umwandlungserscheinungen erklären aber obige
analytische Differenzen nicht, denn sie beruhen lediglich darauf,
dass unter Einfluss des oberflächlichen Verwitterungsprocesses
durch die Atmosphärilien zunächst die oben erwähnten gröber
464
krystallinen Feldspath- und Glimmeraggregate zerstört und
ausgelaugt wurden, wodurch die ehedem scharf begrenzten
Krystalle die Gestalt rundlicher Knollen mit tief zerfressener,
zellig - warziger Oberfläche annahmen. Bisweilen tritt eine
völlige Umwandlung der Pseudomorphosen ein unter Kaolin-
bildung und Ausscheidung opalartiger Kieselsäure.
Die endlich von mir!) in den Erläuterungen zu Section
Wiesenthal pag. 52 in dieser Frage gegebene Erklärung be-
tonte, dass die Pseudomorphosen Mineralgemenge und zwar
von Feldspath und farblosem Glimmer darstellen, deren mög-
licherweise sehr wechselnde Betheiligung an der Zusammen-
setzung der Pseudomorphosen die beträchtlichen Abweichun-
gen in den Resultaten der beiden Analysen hervorrufen könnten,
zumal aus letzteren über die chemische Constitution der beiden
Gemengtheile kaum sichere Schlüsse sich ableiten liessen.
Obwohl nun, wie oben gezeigt, bereits die beiden neuerdings
von mir noch ausgeführten, pag. 462 unter a und b mitgetheilten
Analysen die Bestätigung der Brrgsmann schen Re-
sultate und damit die Zusammensetzung der Pseudo-
morphosen aus Kalifeldspath und Kaliglimmer
sicher dargethan haben, so schien es doch erwünscht, endlich
noch durch Partialanalyse sowohl die chemische Constitution
der beiden Bestandtheile für sich als auch das annähernde
Maass ihrer Betheiligung an der Zusammensetzung der Pseudo-
morphosen zahlenmässig festzustellen.
Nachdem ich durch Vorversuch mich von der Zersetz-
barkeit des Glimmers durch concentrirte Schwefelsäure über-
zeugt hatte, wurde das vorher mit Salzsäure ausgezogene
Pulver längere Zeit mit Schwefelsäure digerirt; in Lösung
ging A., als Rückstand blieb B.
A. B.
27,25%/, auf 100: 72,750/, auf 100:
Sı0° % .....,45,41 (a.d. Verl.),6349
M203:2,2,.,2298:09 20,17
K20: 2.00, ,.29583 CR
Na20,2..,2742.090 0,11
HS RT —
100,00 100,67
Aus diesen meinen Analysen geht also unmittelbar hervor,
dass die grossen Wiesenthaler Leucit - Pseudomorphosen als
Feldspath einen echten Kalifeldspath'), als Glimmer,
1) Obschon in den Erläuterungen zu Section Wiesenthal dieser
Feldspath im Anschluss an ZirkeL und E. GEmttz von mir ebenfalls
a a ira
465
einen reinen Kaliglimmer und zwar von der fast voll-
kommen gleichen Zusammensetzung des Damourit besitzen und
zu etwa °/, aus ersterem, zu !/, aus letzterem bestehen.
Berechnet man schliesslich noch aus den Werthen des
zersetzbaren und denjenigen des unzersetzbaren Antheils die
Bauschanalyse der Pseudomorphose und stellt sie der direct
ermittelten gegenüber, so erhält man folgende ziemlich gute
Uebereinstimmung von
berechnet: gefunden: (Analyse b,
eR02..,.. .. 59.03 98,96 pag. 462)
N07 2 2 2312923 24,95
ROT 22... 14,94 15,02
NazrO u. . 2 0,32 0,32
HON . ,1;40) 1,40
Die hauptsächlichsten Resultate vorstehender Untersuchun-
gen über Leucitophyre lassen sich kurz, wie folgt, zusammen-
fassen:
1. Inden Basalten von Wiesenthal treten an vielen Punkten
sangförmig echte Leucitophyre in verschiedenen Abän-
derungen auf.
2. Der Leueitbestandtheil derselben ist nirgends mehr in
ursprünglich frischem Zustande vorhanden und stellt
gegenwärtig a. echte Pseudomorphosen von Analcim
nach Leucit dar; b. solche von Kalifeldspath +
Kaliglimmer.
Die bekannten grossen Pseudomorphosen von Wiesen-
thal haben einem der erwähnten Leueitophyre angehört;
sie bestehen zu °/, aus Kalifeldspath, zu '/, aus Kali-
glimmer.
4. Die von Carıus (Brum, Pseudomorph., Nachtrag III,
1863, pag. 61) mitgetheilte Zusammensetzung letztge-
nannter Pseudomorphosen steht im Widerspruche mit
allen anderen, durch zahlreiche mikroskopische und
chemische Untersuchungen gewonnenen Resultaten,
S$)
als Sanidin bezeichnet wurde, so halte ich es doch für richtiger, dafür
die obige allgemeinere Bezeichnung: Kalifeldspath zu setzen, da dieser
Feldspath nicht primär, sondern secundär ist, morphologisch dem Sa-
nidin nicht gleicht und auch chemisch als reines Kali - Thonerdesilicat
von jenem abweicht.
7. Das Lager des Ceratites antecedens BEYR. im
schwäbischen Muschelkalk.
Von Herrn H. Eck ın Stuttgart.
Im Jahrgang 1880 dieser Zeitschrift (Bd. XXXII, Heit 1,
pag. 36 ff.) gab der Verfasser Nachricht von der Auffindung
eines Exemplares des Ceratites antecedens BEYR. im unteren
Muschelkalke bei Rohrdorf unweit Nagold in Württemberg;
doch konnte das Lager desselben nicht mit der wünschens-
werthen Genauigkeit ermittelt, sondern nur festgestellt werden,
dass der Ceratit aus denjenigen Schichten stamme, welche die
obere Terebratelbank (mit Coenothyris vulgaris) zunächst unter-
oder überlagern.
Herrn Bauinspector EuLexstein in Freudenstadt ist es vor
Kurzem gelungen, ein zweites Exemplar derselben Art im
unteren Muschelkalke bei Dietersweiler unweit Freudenstadt
zu sammeln. Dasselbe ist ein beinahe aus einer halben Win-
dung bestehendes Bruchstück, bei welchem der gerade Abstand
beider Enden am Aussentheile 82 mm, der äussere Umfang
zwischen denselben 114 mm beträgt. Der Durchmesser des
vollständigen Exemplares dürfte 82 mm nur sehr wenig über-
stiegen haben. Die Seitenhöhe der Windung am vorderen
Ende bis zur Kante des Aussentheils ist 29 mm, doch ist
nach diesem Ende hin das Exemplar etwas verdrückt; die
Seitenhöhe am hinteren Ende ist 23 mm, diejenige von der
Nabelkante bis zur X\itte des Aussentheils 25 mm. Der
letztere ist an dem unverdrückt erhaltenen hinteren Ende
‘ mm breit und convex, am vorderen Ende 12 mm breit.
Die Seiten des Gehäuses sind nur flach gewölbt; sie fallen
steil zur Naht hin ab. Am Nabelrande, soweit derselbe er-
halten, erheben sich auf einem Umfange von 31 mm 7 Rippen,
ohne Knoten zu bilden (auch bei dem früher gefundenen Exem-
plare sind am Nabel keine Knoten, sondern nur ganz schwache
Anschwellungen vorhanden). Sie tragen etwas unterhalb der
Seitenmitte Lateralknoten; 6 Rippen gabeln sich hier, eine
bleibt ungetheilt; alle ziehen etwas nach vorn gebogen zur
Kante des Aussentheils und bilden hier 13 schief stehende
Randzähne; im Ganzen sind deren auf dem Bruchstück 15
sichtbar. Von Loben sind der obere und untere Seitenlobus
erkennbar; sie erweitern sich im Grunde nicht. Der Lateral-
sattel steht über den Siphonalsattel etwas vor. Gleich unter-
halb der äusseren (oberen) Wand des unteren Seitenlobus
erheben sich die lateralen Knoten. Obwohl weitere Eigen-
schaften an dem Stücke nicht beobachtbar sind, ist seine Zu-
gehörigkeit zu der genannten Art ganz zweifellos. Das Ver-
steinerungsmittel ist gelber dichter Dolomit.
Der Ceratit ward neben dem Wege won Dietersweiler
nach Glatten auf dem Sattel zwischen den beiden Höhen
635,84 und 631,03 m (auf Section Dornstetten der durch die
königl. Eisenbahnbau- Commission herausgegebenen Karte von
Württemberg im Maassstab 1: 25000) aufgefunden in einer
Meereshöhe von 620 m. Da die Grenze zwischen oberem
Buntsandstein und Muschelkalk hier in etwa 597 m gelegen
ist, 6 m über dem Fundpunkt des Üeratiten am Wege nach
der Harteck der schwarze dünnblättrige Schieferthon, welcher
a. a. O. in dem (nur 2 Kilometer entfernten) Profile bei Aach
ausgeschieden wurde, ansteht, und gleich darüber Coenothyris
vulgaris der oberen Terebratelbank gefunden wurde, so kann
es bei der geringen östlichen Schichtenneigung keinem Zweifel
unterliegen, dass Ceratites antecedens hier in den Schichten
zwischen den beiden Terebratelbänken sein Lager hatte. Es
ist daher nicht unwahrscheinlich, dass auch das Exemplar von
Rohrdorf den gleichen Schichten entnommen wurde.
Bekanntlich wurde Ceratites antecedens ausser in Württem-
berg bisher nur noch in Thüringen und Rüdersdorf gefunden.
Die Rüdersdorfer Exemplare stammen aus der oberen, vor-
wiegend aus Schaumkalk bestehenden Schichtengruppe des
unteren Muschelkalks, ohne dass die Bank, in der sie lagerten,
genauer sich hätte bestimmen lassen. Wir haben darüber nur
die Angabe von BrAHL, dass die aus dieser Abtheilung be-
kannt gewordenen Ammoniten /Ceratites antecedens, Ammonites
(Ptychites) dux] einst in den höheren Schichten derselben
vorgekommen seien.!) Von den in Thüringen gefundenen
Stücken wurde das von Herrn BzyricH zuerst beschriebene ?)
!) Vergl. E. BevrıcH, Ueber einige Cephalopoden aus dem Muschel-
kalk der Alpen und über verwandte Arten. Abhandl. d. köniel. Akad.
d. Wiss. zu Berlin aus dem Jahre 1866. Berlin, 1867. pag. 112. —
H. Ecx, Rüdersdorf und Umgegend. Abhandl. z. geolog. Speeialkarte
v. Preussen und den Thüringischen Staaten, Bd. I, Heft 1. Berlin, 1872.
pag. 93 und 176.
°) Diese Zeitschr. Bd. X, 1858, pag. 211.
468
(übrigens nur „wahrscheinlich“ aus Thüringen stammende)
gleichfalls Schaumkalklagen der oberen Schichtengruppe des
unteren Muschelkalks entnommen, ohne dass der Fundort
ermittelt werden konnte. Mit völliger Genauigkeit ward nur
das Lager derjenigen Exemplare festgestellt, welche bei Stedten
in Thüringen durch Herrn v. Fritsch gesammelt wurden !); sie
sind hier in Begleitung von 4mmonites (Beneckeia) Buchi (W iss.)
Dvsk., wahrscheinlich auch von Jmmonites (Ptychites) du.xc GIER.
u. s. w. in einer 3—7 m mächtigen „Schaumkalkzone a“ des
unteren Muschelkalkes aufgefunden worden, welche 110 bis
120 m über der Grenze zwischen oberem Buntsandstein und
Muschelkalk, 3 m über einer Lage mit zahlreichen Exemplaren
von Ammonites (Beneckeia) Buchi etc. und 50 — 40 m unter
dem Terebratelkalkstein, welcher bei Sondershausen gleichfalls
Ammonites (Ptychites) dux einschliesst, gelegen ist, und welche
ohne Zweifel der durch die beiden unteren Schaumkalkbänke
(a und 3) charakterisirten Zone im westlicheren Thüringen °),
bei Meiningen °) u. s. w. entspricht. Gegenüber den Ausfüh-
rungen in den Erläuterungen zum Blatte Teutschenthal sei es
gestattet, darauf hinzuweisen, dass der Verfasser schon seit
dem Jahre 1865*) sich bemühte, die Unterscheidung zweier
Stufen im unteren Muschelkalke paläontologisch zu be-
gründen, für deren untere unter Änderem der Ammonites (Hun-
garites) Strombecki, für deren obere Ceratites antecedens, Ammo-
nites (Ptychites) dux bezeichnend sind.°)
Auf Grund des oben angeführten Lagers des Ceratites
antecedens von Dietersweiler ist der Verfasser nunmehr geneigt,
die Schichten mit Ammonites (Hungarites) Strombecki zwischen
der Buntsandsteingrenze und der unteren Terebratelbank (mit
Terebratula Ecki FRrantzen) des schwäbischen unteren Muschel-
kalks als äquivalent den Muschelkalksteinschichten unter der
Oolithbank a (mit Terebratula Ecki) bei Meiningen und unter
der Schaumkalkzone in Thüringen, diejenigen von der un-
1) Erläuterungen zu Blatt Teutschenthal der geolog. Specialkarte
von Preussen und den Thüringischen Staaten. Berlin, 1882. pag. 19.
2) H. Eck, Erläuterungen zu Blatt Bleicherode der geolog. Special-
karte v. Preussen und den Thüringischen Staaten. Berlin, 1872. p. 7.
>) W. FrRANTZEn, Terebratula Ecki nov. sp. und das Lager dieser
Versteinerung bei Meiningen. Jahrb. d. königl. preuss. geolog. Landes-
anstalt ne Bergakademie zu Berlin für das Jahr 1881. Berlin, 1882.
pag. 157 fi.
*) H. Eck, Ueber die Formationen des bunten Sandsteins und des
Muschelkalks in Oberschlesien und ihre Versteinerungen. Berlin, 1865.
pag. 139 ft.
5) H. Eck in Crepner’s Elementen der Geologie; Leipzig, 1883,
5. Aufl., pag. 556.
x
469
teren Terebratelbank in Schwaben an aufwärts bis zum mitt-
leren Muschelkalke als gleichaltrig denen von der untersten
Oolithbank a bis zum mittleren Muschelkalke bei Meiningen,
in Thüringen u. s. w. aufzufassen, wie dies Herr FRANTZEN
schon früher vermuthet hat. !)
1A.a 0., pag. 173, und W. Frantzen, Uebersicht der geolo-
gischen Verhältnisse bei Meiningen nach den Realschulprogrammen des
Hofraths H. EmmricHm und nach eigenen Beobachtungen; Berlin, 1882.
pag XVII. -
ar)
8. Beiträge zur Geologie der Balkan - Halbinsel.
Von Herrn H. Sanner ın Bonn.
Hierzu Tafel XXI u. XX1l.
Einleitung.
Die nachstehenden Mittheilungen sind das Ergebniss einer
Reise, welche ich im Sommer und Herbst des Jahres 1882
durch einen grossen Theil Ostrumeliens und einige angrenzende
Bezirke Bulgariens ausgeführt habe.
Der nächste und ursprüngliche Zweck dieser Reise waren
bergmännische Interessen. Es galt, in der Rhodope und im
Balkan einige Erz- und Kohlenlagerstätten, für welche deutsche
Industrielle die Bergbau - Coneessionen zu erwerben beabsich-
tigten, zu untersuchen. Auf den Reisen zu diesen Lager-
stätten hatte ich Gelegenheit, einige (Gegenden kennen zu
lernen, über welche zum Theil Mittheilungen in der geolo-
gischen Literatur noch nicht gemacht sind. Ich hoffe daher
mit der Darlegung der Ergebnisse meiner Reisen einen Beitrag
zur Erweiterung unserer Kenntnisse über den geologischen Bau
der Balkan - Halbinsel geben zu können.
Da die Verhandlungen über den Erwerb der Bergwerks-
Concessionen noch nicht zum Abschluss gelangt sind, so glaube
ich im Interesse meiner Auftraggeber verpflichtet zu sein, in
den Mittheilungen über die Minerallagerstätten selbst mir eine
gewisse Reserve auizuerlegen. Dies wird jedoch, hoffe ich,
der Ausführlichkeit der rein geologischen Mittheilungen keinen
Abbruch thun.
Den Herren Dr. BeyscHhLae zu Berlin, Professor Dr. von
Fritsch zu Halle a.d. Saale und besonders meinem verehrten
Lehrer Herrn Professor Dr. Tour in Wien bin ich für wirk-
same Förderung bei der Vorbereitung zu meiner Reise und bei
der Bearbeitung des gesammelten Beobachtungsmaterials zu
lebhaftem Danke verpflichtet. Herr Prof. Tour hat auch in
freundlicher Weise die Bestimmung einer merkwürdigen von
mir aus dem Balkan mitgebrachten Pelecypodenfauna über-
nommen. !)
1) Siehe den nächstfolgenden Aufsatz.
47]
Durch einen kurzen Ueberblick über die Routen ), auf
welchen ich das Land durchreist habe, glaube ich das Ver-
ständniss der nachfolgenden Darlegungen wesentlich zu er-
leichtern.
Der Ausgangspunkt der einzelnen Exeursionen war Philip-
popel, die romantisch auf und zwischen einigen, unvermittelt
aus der Maritzaebene aufragenden Syenitklippen gelegene Haupt-
stadt der autonomen türkischen Provinz Ostrumelien. Von hier
aus führte mich der erste Ausflug in das Innere der Rhodope
und zwar zu dem die Stromgebiete der Arda und der Maritza
scheidenden Gebirgsrücken des Tschil- Tepe und Kumenista.
Hierauf besuchte ich einige am Nordrande der Rhodope auf-
tretende Kohlenlagerstätten und brach dann nach dem Balkan
auf, um die östlich vom Schipkabalkan auftretende Kohlen-
formation zu untersuchen. Den Weg nahin nahm ich durch
eine geologisch bisher unbekannte Partie des Karadscha - Dag
und ging von Kasanlik über den Schipka-Pass nach Bulgarien,
um dieses interessante Gebirgsprofil aus eigener Anschauung
kennen zu lernen. Darauf untersuchte ich das Kohlengebiet
im Trawna-Balkan eingehend durch planmässige Schürfarbeiten
und zahlreiche Excursionen und ging dann längs des Balkan-
südfusses in das Flussgebiet des Tscham-Dere, wo die Unter-
suchungsarbeiten sich auf einem bisher unbekannten Kohlen-
gebiete bewegten. Dabei bot sich Gelegenheit, auf zwei bisher
noch unbeschriebenen Routen die östlichen Ausläufer des Ka-
radscha-Dag, den Bair-Dag und die Medschelik-Planina zu
überschreiten und über Slivno hinaus längs des Südfusses des
Wodo-Balkan bis in das Gebiet der Eruptivgesteine von
Burgudschuk vorzudringen, sowie auch die Ausläufer des vul-
kanischen Gebietes Jamboli-Aidos kennen zu lernen. Endlich
wurde noch eine Reise in das Trachytgebiet zwischen Tatar-
Bazardschik und Pestere, und eine Excursion durch das Thal
der Topolnitza in das Innere der Sredna-Gora, dieses in geo-
logischer Beziehung noch am wenigsten bekannten Theiles der
Balkanhalbinsel, ausgeführt. Die vollständige Durchquerung
der Sredna-Gora machte das inzwischen eingetretene Winter-
wetter unthunlich.
Als Reisekarte dienten die Blätter Sofia, Philippopel und
Burgas der vom k. k. militär-geogr. Institute zu Wien heraus-
gegebenen Generalkarte von Oentral- Europa (im Maassstabe
von 1:300000). Zur Orientirung in den Grenzgebieten Ost-
rumeliens leistete das treffliche von H. Kırprar redigirte Karten-
werk: Cartes des nouvelles frontieres entre la Serbie, la Bul-
y Auf der begleitenden Uebersichtskarte (Tafel aan sind die Routen
durch roth gestrichelte Linien bezeichnet.
472
garie, la Roumelie orientale etc. (echelle de 1:300000, Berlin
1878, D. Reımer) vortreffliche Dienste.
An geologischem Kartenmaterial lag mir für das bereiste
(sebiet v. HocHSTETTER’s geologische Uebersichtskarte des öst-
lichen Theiles der europäischen Türkei !), Maassstab 1: 1000000,
sowie einige im Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt
von SCHRÖCKENSTEIN und Perz mitgetheilte Kartenskizzen vor.
Touza’s geologische Uebersichtskarte der Balkan - Halbinsel ?)
(Maassstab 1: 2500000) und desselben Forschers Uebersichts-
karte über die im Bereiche der Balkan - Halbinsel geologisch
untersuchten Routen) (Maassstab 1: 2500000) lagen beim
Beginn meiner Reise noch nicht vor, doch hatte Herr Tour
die Güte, mir Einblick in seine Manuscriptkarten zu gewähren
und die Entnahme von Notizen und die Auftragung von geo-
gnostischen Details auf meine Reisekarte zu gestatten.
Die beim Beginn meiner Reise vorhandene geologische
Literatur über das von mir besuchte Gebiet besteht aus den
mit den Nummern (82), (85), (88), (91), (94), (101), (102),
(105), (107), (108), (126), (137), (148), (154) in Franz
Touua’s „Materialien zu einer Geologie der Balkan-Halbinsel“ *)
zusammengestellten Publicationen. Später kamen ausser den
Texten zu den beiden oben erwähnten Uebersichtskarten noch
hinzu:
A. Perz und E. Hussar. Das Trachytgebiet der Rhodope
(Jahrb. d. k.k. geol. Reichsanstalt 1883, pag. 115 fl.).
C. v. Joun. Untersuchungen verschiedener Kohlen von Bul-
garien (Verhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt
1883, pag. 99 ff.).
A. Pzız. Reise-Notizen aus Mittelbulgarien (Verhandlun-
gen der k.k. geolog. Reichsanstalt 1883, pag. 115 ff.).
Bezüglich der Schreibweise bulgarischer Ortsnamen be-
merke ich, dass ich im Texte der nachfolgenden Arbeit im
Gegensatz zu der nach der österreichisch-ungarischen General-
karte gefertigten Uebersichtskarte (Taf. XXI), welche die sog.
neuslavische Orthographie zur Anwendung bringt, die Namen
so zu schreiben vorgezogen habe, wie sie gesprochen werden,
also an Stelle von Cam-Dere Tscham-Dere geschrieben.
Das Gebiet, welches ich auf meinen Reisen kennen gelernt
habe, umfasst im Grossen und Ganzen die westliche Hälite
der autonomen türkischen Provinz ÖOstrumelien, das obere
1) Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt Bd. XX, 1870.
?2) PETERMANN’s geographische Mittheilungen 1882, Heft X.
3) Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien 1883.
+) Jahrb. d. k.k. geol. Reichsanstalt Bd. XXXIII, 1883, pag. 61 fi.
VETERAN ERERERÄRESEEIER ZEN
473
Stromgebiet der Maritza und des bedeutendsten Nebenflusses
derselben, der Tundscha. Die Gebirge, welche dieses Strom-
gebiet bilden, sind im Norden der Balkan, im Süden die
Rhodope, zwischen beiden das rumelische Mittelgebirge. Die
weite Ebene, welche nördlich von dem Rhodopegebirge sich
ausbreitet, wird durchströmt von der Maritza, welche an dem
mächtigen Granitstocke des Rilo-Dag entspringend, an Tatar-
Bazardschik und Philippopel vorüber, nach Osten und Südosten
fliesst und, nachdem sie zwischen Hermanly und Mustafa Pascha
den aus altkrystallinischen Gesteinen bestehenden niedrigen
Höhenrücken, welcher die Verbindung zwischen der Rhodope
und dem Istrandscha- Gebirge bildet, durchhrochen hat, ober-
halb Adrianopel in das Ergene-Becken eintritt, um nach süd-
lichem Laufe, vereint mit der Ergene, in den Meerbusen von
Enos sich zu ergiessen. Die wichtigsten Nebenflüsse, welche
der Maritza aus der Rhodope zuströmen, sind der Elü Dere,
welcher bei Tatar-Bazardschik, der Kritschma Dere, welcher
oberhalb, und der Tschepellü oder Staminaka Dere, welcher
unterhalb Philippopel, der Ulu Dere, welcher bei Hermanly,
und die Arda, welche bei Adrianopel in die Maritza mündet.
Von Norden her strömen der Maritza zu die Topolnitza bei
Tatar-Bazardschick, der Komlu- und Giopsu-Dere bei Philip-
popel, der Sazlu Dere bei Trnovo Seimenli, endlich die Tundscha
bei Adrianopel. Die letztere entspringt an dem granitischen
Höhenrücken, welcher bei Kalofer den Balkan mit dem Ka-
radscha-Dag verbindet, durchströmt in westöstlicher Richtung
die unter dem Namen „Rosenthal von Kasanlik “ bekannte
obere Tundscha-Ebene, durchbricht bei Beikos in einem engen
Defilee die Verbindung zwischen dem Bair-Dag und dem Slivno-
Balkan, entwässert die weite Ebene von Slivno-Jamboli-Kar-
nabad und vereinigt sich in den sumpfigen Niederungen von
Adrianopel mit der Maritza. M
Tundscha und Maritza sind zum Gütertransport brauchbar,
die letztere meist das ganze Jahr hindurch, aber auch nur in
ihrem mittleren Theile, da unterhalb Adrianopel die sumpfigen
Niederungen des Ergene-Beckens die Entwickelung oder Auf-
rechterhaltung eines schiffbaren Flussbettes sehr erschweren.
Tundscha und Maritza werden daher mit Ausnahme des Hoch-
sommers zum Transport von Holz und Getreide benutzt. Auch
die oberen Zuflüsse der Maritza dienen, wenn sie durch ge-
schmolzenen Schnee stark angeschwollen sind, zum Transport
von Holz aus dem Innern des Gebirges in die holzarme Ebene.
Sowohl die Maritza- als auch die Tundscha-Ebene zeich-
nen sich durch grosse Fruchtbarkeit und eine üppige Vege-
tatıon aus, welche auf den Reisenden besonders dann einen
ausserordentlich wohlthuenden Eindruck macht, wenn er die
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VII. 2. 25
aa
öden Steppen des Ergene-Beckens auf der Fahrt von Konstan-
tinopel landeinwärts passirt hat und bei Hermanly in die obere
Maritza-Ebene eintritt.
Was die Gebirge Ostrumeliens anbetrift, so haben die
Rhodope und der Balkan entschiedenen Hochgebirgscharakter.
Die beträchtliche Höhe des letzteren in seinem mittleren Theile
— dem Kodscha - Balkan (türk.), Stara- Planina (bulg.; —
fällt besonders dann in’s Auge, wenn man sich ihm von Süden
her nähert und sein mächtiger Steilabhang wie eine gigantische
Mauer vor dem Blicke sich aufthürmt. Auf der Nordseite
zeigen seine sanft gerundeten buchenbewaldeten Hügel mit den
in die Waldpartieen eingestreuten Kornfeldern, Weilern und
Gehöften weit mehr den Typus eines Mittelgebirges, welches
lebhaft an Mitteldeutschlands Landschaftsbilder erinnert. Die
bedeutendsten Erhebungen scheinen der Jumruktschal (2376 m)
und der Mara Gedjuk (2330 m) zu sein. Nach den Messungen
der russischen Generalstabsoffiziere (1878) wird das Gebirge
zu beiden Seiten des Jumruktschal niedriger, ist aber um
Schipka (Büjük - Balkan) noch immer 2100—1500 m hoch,
sinkt zwischen Schipka und Chotel auf 1500 — 900 m und
übersteigt noch weiter östlich (Kütschük - Balkan) nirgends
900 m.
Ueber einige mir genauer bekannt gewordene Gebiete im
Balkan werde ich weiter unten noch einige geographische
Details mittheilen. >
Die Rhodope ist, soweit ich in dieselbe eingedrungen bin,
ein überaus wildes und unzugängliches Hochgebirge, dessen
wald- und strauchlose Berge kahl und steil aus den engen
Thälern sich erheben. Nur die Flussläufe bilden die schwer-
passirbaren Zugangswege. Doch findet man selbst tief ım
Innern des Gebirges noch die Spuren alter Kultur, mächtige
steingewölbte Steinbrücken, über welche in früheren Jahrhun-
derten die Heere der Eroberer ihren Weg von Süden her zur
Maritza-Ebene und weiter nach Norden zur Donau nahmen.
Auch die Ueberbleibsel der alten christlichen Herrschaft finden
sich noch im Innern des Gebirges: griechische Klöster mit
starken Mauern und reich gezierten Kapellen, wie das stattliche
im Jahre 1022 gegründete Batschkowo- Monastir. Jetzt wer-
den im Hochgebirge die Kinder der bulgarischen Pomaken
durch fanatische Mullahs zum Mohamedanismus erzogen. Der
Nordrand der Rhodope fällt zwischen Sarembey und Papasiy
steil in die Maritza hinab. Im Osten lehnt sich in der Umge-
bung von Hasskioj an das Hochgebirge ein niedrigeres Vorland,
das Vorland von Uzundschowa, mit einer Einlagerung von
tertiären Schichten an.
Das rumelische Mittelgebirge, unter welchen Namen von
45
Hoc»asterrer die zwischen Balkan und Rhodope sich erheben-
den Gebirge zusammenfasst, wird durch die Thäler des Giopsu
Dere und der Topolnitza in drei Theile zerlegt, nämlich von
Osten nach Westen
1. den Karadscha-Dag mit dem Bair-Dag zwischen der
Tundscha und dem Giopsu Dere,
2. die Sredna- Gora zwischen dem Giopsu Dere und der
Topolnitza,
3. das sog. Ichtimaner Mittelgebirge zwischen der Topolnitza
und dem Isker, welches sich im Westen an den mäch-
tigen Syenitstock des Vitos anlehnt.
Nur die beiden unter I. und 2. genannten Gebirge habe
ich aus eigener Anschauung kennen gelernt.
Den Karadscha-Dag habe ich auf der Linie Philippopel—
Rahmanli—Kasanlık, den Bair-Dag und die vorgelagerte Med-
schelik- Planina auf zwei Routen, einmal auf der Linie Jeni-
Zara — Körten— Lidscha— Terzioba, das andere Mal auf der
Linie Beikos — Kadahla— Jeni-Zara überstiegen. Der Ka-
radscha-Dag ist ein steil aus dem Tundscha-Thale emporstei-
gendes Gebirge von 12— 15 km Breite, welches sich in den
Bergen südlich und südwestlich von Kasanlik zu 1000 m
Meereshöhe erhebt. Im Westen bei Kalofer bildet ein Granit-
rücken die Verbindung mit dem Balkan. Oestlich von der
Strasse Kasanlyk - Eski- Zara nimmt die Höhe des Gebirges
allmählich ab. Im Süden sind niedrige Hügel und Plateaus
vorgelagert, welche sich allmählich in die Ebene von Abraslar
und Tschirpan verlieren. Nördlich von Rahmanli steigt der
Südabhang steil an. Im östlichen Theile des Gebirges, nörd-
lich von Jeni-Zara, hat die Tundscha bei dem Durchbruch
durch das vorgelagerte Gebirge den nördlichen Höhenrücken,
die Medschelik-Planina, von dem südlichen Bair-Dag abgetrennt,
und es scheint, dass sie sich ihren Ausweg über der Bruch-
spalte gesucht hat, welche längs des Nordrandes des Ka-
radscha-Dag verläuft und welche durch eine Reihe von warmen
Quellen angedeutet ist.
Die Medschelik - Planina ist ein flacher Höhen - Rücken,
welcher nur in dem östlichen Theile bei Beikos einige hervor-
ragende Bergspitzen von ca. 800 m Höhe aufweist. Der Bair-
Dag steigt aus der Alluvial-Ebene von Jeni-Zara allmählich
an, sein Nordabhang nach der Tundscha ist steil, besonders
bei Jürükler. Die mittlere Höhe dürfte 500 m betragen.
Weiter nach Osten bildet ein flacher, plateauförmig sich aus-
breitender Rücken die Verbindung mit den vulkanischen Berg-
kegeln des Tausan-Tepe bei Jamboli.
Die Sredna-Gora, dieser geographisch wie geologisch noch
25*
476
gänzlich unerforschte Gebirgsstock, welcher zu den unbekann-
testen Theilen der europäischen Türkei gehört, habe ich nur
an ihrem östlichen Fusse, auf der Strasse von Kalofer über
Banja und Tschukurlü nach Philippopel, sowie auf einem Aus-
fluge von Tatar-Bazardschik zum Kairak-Bair kennen gelernt.
Von der Höhe bei Kalofer übersieht man den nordöstlichen
Theil des Gebirges: die höchsten Erhebungen liegen am Nord-
rande, doch werden die höchsten Spitzen noch um ca. 300 m
von den steilen Bergen des Trojan-Balkan überragt. Die Höhe
des letzteren hat v. Fritsch zu ca. 2000 m bestimmt, so dass
die nördlichen Berge der Sredna-Gora ca. 1700 m hoch sein
dürften. Nach Süden hin flacht sich das Gebirge allmählich
ab und verläuft in die Ebene von Philippopel und Tatar-Ba-
zardschik. Auf der Fahrt zwischen diesen beiden Städten
sieht man die inneren Bergzüge der Sredna-Gora über dem
Vorgelände in einigen scharf markirten kuppenreichen Gebirgs-
ketten sich erheben. Von Tatar-Bazardschik thalaufwärts ist
das Topolnitza- Dere flach und weit. Erst bei Semenli auf
dem rechten und bei Denekioj auf dem linken Topolnitza-Ufer
treten die Berge näher an den Fluss heran. Bei Gölwere wird
das Thal ganz eng; die Strasse steigt zur Höhe des Kairak-
Bair hinauf, von welcher man nordwärts einen hübschen Blick
in das enge, vielfach gekrümmte Thal von Petritschevo hat.
I. Die Rhodope.
HocHsTETTER hat 1870 die Detailangaben in VıqueEsner’s !)
Itinerarien und seine eigenen Beobachtungen über den Bau der
Rhodope in folgende Sätze gefasst °):
„In geologischer Beziehung haben wir in der Rhodope
einen uralten krystallinischen Gebirgsstock, der durch alle geo-
logischen Perioden hindurch bis zur Tertiärzeit Festland ge-
wesen zu sein scheint. In der älteren Tertiärperiode ‚drang
das eocäne Meer von Osten her ein und überfluthete die nie-
deren östlichen Gebirgstheile, während gleichzeitig massenhafte
Trachyteruptionen stattfanden, die wahrscheinlich bis in die
ältere Miocänzeit fortdauerten, und deren Producte jetzt aus-
gedehnte Terrains im Gebiete der Rhodope zusammensetzen.
Der jüngeren miocänen Tertiärperiode gehören locale Süss-
wasserbildungen an, die man auf den Schultern des Gebirges
in verschiedener Meereshöhe, selbst bis zu Höhen von 1000 m
und darüber antrifit, sowie theilweise die massenhaften jüngeren
Geröll- und Sandbildungen, welche alle Hauptthäler erfüllen.“
1) Aus. VIQusEsne, Voyagedans la Turquied’Europe , II. Bd. Paris 1868.
*) Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt 1870. Bd. XXI, pag. 442.
477
Seitdem ist unsere Kenntniss über den geologischen Bau
der Rhodope nur durch die Mittheilungen von A. Peuz') er-
weitert worden.
Da ich an mehreren Punkten in das Gebirge eingedrungen
bin und zwar z. Th. in Gegenden, welche nach Ausweis von
Tovra’s Routenkarte selbst VıquESSEL nicht besucht hat, so
hoffe ich einige neue und vielleicht interessante Beiträge zur
Geologie der Rhodope geben zu können.
Sämmtliche Exceursionen in das Rhodopegebirge habe ich
von Norden her, vom Maritzathale aus gemacht und zwar, von
Westen nach Osten fortschreitend:
l. Von Belova, der zeitigen Endstation der Hauptlinie der
orientalischen Eisenbahnen, das Maritzathal hinauf bis
in das Braunkohlenbecken von Gabrovitza.
2. Von Tatar-Bazardschik bis Pestere.
3. Von Philippopel über Stanimaka bis zum Tschil-Tepe.
4. Von Stanimaka zum Tahtali-Pass und über das Vor-
land nach Hadschi - Ellis.
Von der Eisenbahnstation Kajadschik nach Hasskioj und
in das Braunkohlenbecken von Kovanlik.
an
1. Von Belova in das Braunkohlenbecken von Gabrovitza.
Bei Kütschük -Belova verengt sich das Thal der Maritza,
welches weiter östlich, in der Umgebung von Sarembey und
Tatar-Bazardschik, eine Breite von ca. 8 km hat, durch das
Herantreten der Rhodope und der Ichtimaner Gebirge mehr
und mehr zu einem engen Felsdefilee.e Bei Belova bestehen
die Berge zu beiden Seiten des Flusses noch aus Gneiss- und
Glimmerschieferschichten. Beim Vordringen auf der Strasse
nach Banja stösst man jedoch bald auf Partieen von schnee-
weissem, krystallinschem Kalk und weiter auf wechselnde
Schichten von Amphibolgneiss und schwarzglimmerigem, chlo-
ritischem Granitgneiss. Die Schichten streichen fast genau
nordsüdlich und fallen Hach nach Osten ein.
Bei dem Dorfe Kiskioj bildet das linke Flussufer eine
schroff ansteigende, gegen 150 m hohe Felswand von weissem,
stellenweise röthlich gefärbtem Kalk, in welchem hoch über
dem Maritzabette zahlreiche Löcher und (nach der Volkssage
weithin sich erstreckende) Höhlen von der auslaugenden Thä-
tigkeit der Bergwässer Zeugniss geben.
) Verhandlungen der k. k. geol. Reichsanstalt 1872, pag. 313; 1873,
pag. 61. — Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1873, pag. 289—294 ;
1879, pag. 69; 1883, pag. 115-131.
478
Bereits ca. 2 km vor Gabrovo, einem aus 4—5 Häusern
bestehenden Weiler, welcher an der Poststrasse einige hundert
Schritte östlich von dem Einflusse der Gabrovitza- Rjeka in
die Maritza liegt (auf der österreichischen Generalkarte ist
der Ort unrichtig ca. 1 km südlich von der Strasse im Ga-
brovitzathale verzeichnet), trifft man wieder auf Hormblende-
oneiss und Glimmergneiss in quer durch das Maritzathal strei-
chenden Bänken.
Der Glimmergneiss hält auf der Strasse nach Gabrovitza
an bis ungefähr 1 km nördlich von diesem Dorfe Dann
stellen sich flach gelagerte, aus SSO. nach NNW. streichende,
mit 35 — 40 Grad westlich einfallende Bänke vom weichem,
grobkörnigem Sandstein, gelben und grauen Mergeln und Thon-
schiefern ein. Auf diesen Schichten stehen die Häuser des
Bulgarendorfes Gabrovitza.. Am südlichen Ende des Dorfes
setzen quer durch das Bett der Gabrovitza-Rjeka mehrere
unreine Braunkohlenflötze. Das Hauptflötz ist an einer Stelle
mehrere Meter mächtig, 6 m im Liegenden desselben tritt ein
Flötz von 1 m Mächtigkeit und 160-—-180 m im Hangenden
eine Anzahl schwächerer Bänke auf. Die Zwischenmittel be-
stehen aus bituminösen, braunen, dünnplattigen und stark-
glimmerigen Thonen. Das Hangende ist gelber Thon. Die
Flötze sind nach Süden ca. 1500 m, nach Norden ca. 500 m
weit an den (Gehängen des Gabrovitza- Thales hinauf verfolg-
bar, doch nimmt die Mächtigkeit nach beiden Seiten hin stark
ab, so dass in dem linken Seitenthale der Gabrovitza- Rjeka
die Mächtigkeit des Hauptflötzes nur wenige Centimeter be-
trägt, während von den anderen Flötzen nur noch fingerdicke
Spuren sichtbar sind. Hier besteht das Nebengestein aus
bläulichgrünem mergeligem Sandstein mit Glaukonitkörnern.
Bereits 2 km südwestlich von Gabrovitza trifft man an
dem steil anstehenden Grat des Singirli-Tepe wieder auf grob-
körnigen Gneiss.
Das Braunkohlenbecken von Gabrovitza bildet somit eine
ca. 3 km breite, von SSO. nach NNW. verlaufende Auflage-
rung tertiärer Gebilde auf krystallinischen Gesteinen.
Die Braunkohle, besonders diejenige des Hauptflötzes, ist
dicht, fest, schwarzbraun, in Platten abgesondert, zeigt musche-
ligen Bruch, nur geringe Reste von Holzstructur, und ähnelt
ihren ganzen Habitus nach ausserordentlich der Braunkohle
des Westerwaldes.
Die Flötze sind jedoch nicht rein; sie enthalten zahlreiche
und starke Zwischenmittel von Thonschiefern, welche kin und
wieder die Kohle ganz verdrängen; nur im Hauptflötz liegt
am Liegenden eine verhältnissmässig schwache Schicht reiner
Braunkohle.
479
Bergmännische Gewinnung fand zur Zeit meiner Anwesen-
heit nicht statt, erscheint auch nach dem Verhalten der Lager-
stätte sehr gewagt und bei dem voraussichtlich geringen Absatz
einstweilen noch kaum lohnend.
2. Von Tatar-Bazardschik nach Pestere.
Zu diesem Äusfluge war ich durch die Mittheilung ver-
anlasst worden, dass die Kupferschmiede von Tatar-Bazardschik
in der Nähe von Pestere in den Höhlen des krystallinischen
Kalkes Kupfererze graben und auf Metall verschmelzen. Ich
beabsichtigte daher, diese „Kupferschmiedelöcher“ (bulgarisch:
„bakerdschiski dubki“) zu besuchen, zumal auch Perz !) diesen
Kupferbergbau von Pestere nach ZacHarıEv erwähnt. Ich
habe jedoch weder von irgend einem Kupfererz, noch von
Vitriol (welches Zacuarıev als noch anstehend erwähnt) die
geringsten Spuren gefunden habe, obwohl ich die hauptsäch-
lichsten dieser Kupferschmiedelöcher genau untersucht und auch
das aus denselben entnommene Gestein chemisch auf Kupfer-
gehalt geprüft habe.
Die neuerbaute breite Strasse von Tatar-Bazardschik nach
Pestere führt an Basikara vorüber zuerst über die Ebene,
steigt dann allmählich zu der Terrasse von Hodschali und
nach Alikodschovo (Alikioj) hinauf und geht über Radolo
(Radilovo), immer an der östlichen Seite des Bergabhanges
sich haltend, direct nach Pestere.
Die Vorberge der Rhodope südlich von Tatar-Bazardschik
bestehen aus einer schmalen Zone krystallinischen Kalkes;
dann folet bis ca. 1 km südlich von Radilovo granitischer
Gneiss und Syenit, dann bis dicht vor Pestere Trachyt. Der
Südabhang des weiten und flachen Thales von Pestere besteht
aus krystallinischem Kalk, welcher südlich von Pestere eine
breite Zone bildet.
Der Syenit von Radilovo ist sehr reich an Magneteisen-
körnern; er verwittert leicht zu Grus und die Gebirgsbäche
lagern an zahlreichen Punkten im Pestere- Thal Magneteisen-
sand ab.
In früherer Zeit, als die Gegend noch holzreich war und
das englische Eisen noch nicht durch die Eisenbahn bis in’s
Innere des Landes gebracht wurde, bildeten diese Magnet-
eisensandlager, ebenso wie bei Samakow am Fusse des Vitos
und bei Samakow am Schwarzen Meere, die Grundlage einer
blühenden Eisenindustrie. Zahlreiche Eisenhütten, in welchen
der von den Bächen zusammengeschwenmte Magneteisensand
') Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt 1879, pag. 72, Anm. 1,
480
verschmolzen wurde, waren noch in den sechsziger Jahren bei
Pestere im Betriebe. Man findet noch jetzt die Schlacken-
halden und die Reste der Aufschlaggräben primitiver Hammer-
werke.
Der Trachyt, welcher zwischen Radilovo und Pestere eine
ca. 3 km breite, ostwestlich streichende Zone bildet, ist ein
röthlich graues, grobkörniges Gestein, welches in felsitischer
Grundmasse zahlreiche Körner von Quarz und von orthotomem
Feldspath (wasserhellem Sanidin mit Zwillingsstreifung) sowie
vereinzelte Blättchen von schwarzem Biotit aufweist. Plagio-
klas tritt im Verhältniss zum Sanidin stark zurück, ist aber
trotz der weit vorgeschrittenen Zersetzung an der deutlichen
Zwillingsstreifung guter Spaltflächen wohl erkennbar.
| Die trachytische Zone setzt nach Penz!) nach Osten bis
zum Kritschma -Dere fort; ob und wie sie mit den weiter
südlich am Karlyk-Dag mächtig entwickelten Trachytmassivs
der nordwestlichen Rhodope in directem Zusammenhange steht,
ist noch unbekannt. |
Der krystallinische Kalk südlich und südwestlich von Pestere
ist schwach gelblich gefärbt und stark grusig-sandig verwittert.
In dem flachen Thale von Pestere lagern mächtige Dilu-
vial- und Tertiärschichten, welche letzteren an einigen Stellen
schmale Braunkohienflötze enthalten sollen. Im Ministerium
der öffentlichen Arbeiten zu Philippopel wurden mir Kohlen-
proben, angeblich von Pestere, gezeigt. Die Qualität war eine
erdige mit ziemlich gut erhaltener Holzstructur.
3. Von Philippopel über Stanimaka bis zum Tschil-Tepe.
Auf dieser Reise bin ich bis zur Wasserscheide zwischen der
Maritza und der Arda in das Rhodopegebirge vorgedrungen
und zwar auf einer bisher noch nicht bekannten Route.
Da die österreichische Generalkarte in diesem Gebiete
ungenau ist, so ist dieser Theil der beiliegenden Uebersichts-
karte (Taf. XXI) unter Zugrundelegung des Blattes I von.
Kırperr’s Grenzkarte?), welche die Flussläufe des in Frage
stehenden Gebietes im Grossen und Ganzen richtig angiebt,
gezeichnet worden.
Die nördlichen Gehänge der Rhodope, südlich von Phi-
lippopel, bestehen bei Vodina, dem Monastir Pavaskevi und
Stanimaka (griechisch Stenimachos, „enger Schlund“, von der
engen Thalöffnung des Tschepelü-Dere) aus wechselnden Schich-
ten von dünnplattigem Gneiss, Glimmer- und Hornblendeschiefer.
1) Jahrbuch der k.k. geolog. Reichsanstalt 1849, pag. 69 ff.
2) Siehe pag. 471 unten.
481
Dazwischen finden sich Einlagerungen eines dunkelgrünen Ge-
steins, welches ich, Hocnsterrer’s') Angaben folgend, für
Serpentin hielt, das sich jedoch bei genauerer Untersuchung
als ein Plagioklas-reicher Diorit herausstellte.
Bei der Untersuchung zeigte das Gestein nämlich vor-
waltend Hornblende, deren lichtgrüne, tafelartige Krystall-
individuen zu strahlenförmigen Bündeln gruppirt und an den
Enden stark angefranzt sind. Die kleinen Oligoklaskrystalle
sind weisslich bis schwach gelblich gefärbt und lassen im po-
larisirtten Licht ihre polysynthetische Zwillingsverwachsung
deutlich erkennen. Quarz scheint in vereinzelten Körnern
vorzukommen. Eisenglanz ist im Innern der Hornblende-
individuen und an den Bändern nicht selten. Auf Sprüngen
und Klüften sind kalkige Zersetzungsproducte ausgeschieden.
Oberhalb des Monastirs Pavaskevi bestehen die Spitzen
der Berge aus weissem, krystallinischem Kalk. Auf dem
Wege von Stanimaka nach Batschkowo trifft man dickbänkigen,
srobkörnigen, schwarz- und weissglimmerigen Gneiss, sowie
feinkörnigen Glimmerschiefer.
Vom Batschkowo- Monastir thalaufwärts finden sich am
Bachbette Einlagerungen von höchst feinkörnigem, dichtem
Chloritschiefer und von Hornblendeschiefer in diekbänkigem
Gneiss; auf letzterem lagert massiger, krystallinischer Kalk,
schneeweiss, grobkörnig. In den Gneisspartieen sind starke
Quarziteinlagerungen ausgeschieden.
Wo der Jugowo-Dere von der rechten Seite in den Tsche-
pelü-Dere einmündet, beginnt eine Zone von grobbänkigem
Granitgneiss, welche ungefähr bis gegenüber Borowo anhält.
Auch südlich und südwestlich von Jugowo bestehen die oberen
Theile der Bergrücken aus Kalk; südlich von Jugowo kann
man am Wege die Ueberlagerung der krystallinischen Silicat-
gesteine durch den massigen Kalk deutlich beobachten.
Auf dem Hochplateau zwischen Jugowo und Drenova
finden sich Schollen von schmutzig grauem, feinkörnigem, mer-
geligem Sandstein mit ganz feinen Glimmerschüppchen, dessen
Schichten steil aufgerichtet sind und aus Südost nach Nordwest
streichen. Ich möchte diesen Mergelsandsteinen tertiäres Alter
zuschreiben und sie für die Reste der Ablagerungen halten,
welche zur Zeit der submarinen Trachyteruptionen auf dem
Boden des tertiären Meeres entstanden sind.
Südlich von Drenova tritt man in ein Gebiet von aus-
schliesslich grobkrystallinischem, diekbänkigem Marmor von
schneeweisser Farbe ein, welcher die 200—300 m hohen, steil
aus dem Flussthale aufsteigenden Felsen zusammensetzt. Diese
") Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1870, pag. 446,
482
Marmorzone hält bis ungefähr auf halbe Entfernung zwischen
dem Zankova-Krischta genannten Weiler und dem Türkendorfe
Lukavitza an. Von hier ab weiter nach Süden welchseln
wiederum Schichten von Gneiss, Glimmer-, Chlorit-, Talk- und
Hornblendeschiefer mit spärlichen und schmalen Einlagerungen
von grauem und braunem Kalk. Die Schichten streichen quer
durch das Thal, fast genau ostwestlich. |
In der Nähe der Mühle von Lukavitza, welche östlich von
dem hoch oben am Berggehänge gelegenen Dorfe in der Fels-
schlucht des Daud-Dere liegt, treten sowohl im Kalk als auch
im Gneiss mehrere Gesteins- und Erzgänge auf.
Die Erzgänge in der Umgebung von Lukavitza sind, we-
nigstens soweit sie zur Zeit meiner Anwesenheit bekannt bzw.
zugänglich waren, sämmtlich unbauwürdig. Sie führen z. Th.
manganreichen Stilpnosiderit, z. Th. Bleiglanz, Zinkblende und
Schwefelkies, z. Th. scheinen sie Gesteinsgänge zu sein, welche
durch Infiltration verschiedener Metallsolutionen in Erzgänge
umgewandelt sind und als Hauptbestandtheil Brauneisenerz,
Manganoxyd in untergeordneten Mengen, Schwefelkies und
Bleiglanz führen.
Besonderes Interesse verdient nur ein schmaler Gang
südlich von Lukavitza: derselbe liegt nahe am südlichen Rande
einer Zone altkrystallinischen , weissen, grauen bis bräunlich-
schwarzen Kalkes und führt in einer röthliehbraunen, theils
schieferigen, lettenartigen, theils quarzitischen Gangmasse eine
theils höchst innige, theils grobkörnige Mengung von geschwe-
felten Erzen: Bleiglanz, Schwefelkies, Kupferkies, Zinkblende
in Begleitung ihrer Zersetzungsproducte, meist kohlensaurer
Salze.
Die Erzausscheidungen in der Gangmasse sind meist
nierenförmige Concretionen, in welchen die einzelnen Schweiel-
metalle in verschiedenen Lagen abwechselnd über- und um-
einander gelagert sind. In einzelnen dieser Erznieren beob-
achtete ich von aussen nach innen folgende Schalen: gross-
blätterige Blende oder vicarirend grossblätterigen Bleiglanz,
grobkörnigen Schwefelkies, grossblätterige Blende, im Kern
in feinen Drusenräumen Kupferkies- und Schwefelkieskrystalle,
letztere nicht selten zu Brauneisenstein zersetzt.
Dicht bei der Mühle von Lukavitza steht ein '/, bis 1, m
mächtiger Gang von Sanidin-Trachyt an. Das Gestein enthält
ir einer grünlichgrauen, dichten Grundmasse grosse und wohl-
umgrenzte Sanidinkrystalle, Magnesiaglimmer, hie und da kleine
schwarze Hornblendekrystalle, Magneteisenstein und Apatit.
In dem rechts einmündenden Seitenthale setzt, im körnigen
Kalk ein ebenfalls aus Sanidin-Trachyt bestehender Gang auf,
485
dessen lichtgrünlichgraue, felsitische Grundmasse nur undeutlich
die stark zersetzten Feldspathindividuen erkennen lässt.
Auf den: übrigens aus Gneiss bestehenden Bergrücken
zwischen Lukavitza und Srbrowo einerseits und Jurgewo an-
dererseits befindet sich ein steiler Kegel von Quarz - Sanidin-
Trachyt (Rhyolith). Das Gestein zeigt in schwärzlich- bis
perlgrauer, feinkrystallinischer, fast kryptokrystallinischer Grund-
masse von unebenem bis splittrigem Bruch kleine runde Quarz-
körnchen (rauchgrau, fettglänzend) und zahlreiche grosse, ortho-
tome Feldspathindividuen , theils einfache Krystalle, theils
Zwillinge nach dem Karlsbader Gesetz, welche sich durch ihre
sehr rissige und z. Th. im Innern cavernöse Beschaffenheit,
sowie durch den sehr starken Glasglanz als Sanidinkrystalle
charakterisiren. Die schwarzen Glimmerblättchen sind vielfach
in ein grünliches, chloritisches Mineral zersetzt. Die oben
erwähnten Trachytgänge bei Lukavitza sind aller Wahrschein-
lichkeit nach Apophysen dieses Trachytkegels.
Im Norden umrandet denselben eine Ablagerung von fein-
körnigem, rothbraunem Conglomerat, welches in seinem petro-
graphischen Habitus den Üonglomeraten aus unserem Unter-
Rothliegenden sehr ähnlich ist.
Südlich von Kruschewo habe ich keine Kalkeinlagerungen
mehr beobachtet. Der höchste Theil des Gebirges besteht
ausschliesslich aus wechselnden Schichten des grobkörnigen,
schwarz- und weissglimmerigen Gneisses, des Glimmer-, Chlorit-
und selten des Hornblendeschiefers. Das Gebiet gehört oflenbar
zu den ältesten Partieen der Rhodope, welche durch das Zurück-
treten der Zwischenlagerungen von Amphibolschiefer und das
Fehlen der Auf- und Zwischenlagerungen von krystallinischem
Kalk wohl charakterisirt ist.
Meine Beobachtungen bestätigen somit an ihrem Theile die
zuerst von Vıgussner !) und HocHsTETTER ?) ausgesprochene
Vermuthung, dass in der Rhodope zwei verschiedene Gneiss-
formationen auftreten, eine ältere und eine jüngere, die sich
mit der bojischen und hercynischen Gneissformation des böh-
misch-bayerischen Waldgebirges vergleichen lassen, und von
welchen die ältere zuunterst aus grobkörigem Gneiss, darüber
aus wechsellagerndem Gneiss und Amphibolit besteht, während
die jüngere durch das Auftreten von krystallinischem Kalk,
welcher mit Amphibol- und Glimmerschiefer, einzelnen Gneiss-
lagen, Chlorit- und Talkschiefer wechsellagert, charakterisirt ist.
Südlich von Srbrowo (d. h. Silberdorf) beobachtete ich
ein Bleierzvorkommen, welches, wenn auch bergmännisch kaum
') Voyage dans da Turquie, Il. Bd., pag. 394.
*) Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1870, pag. 442.
484
von Bedeutung, doch bezüglich der Gang- und Mineralbildung
interessant ist.
An der fraglichen Localität lagert zuunterst ein durch
reichliche Zwischenlager von glänzend schwarzem Glimmer und
etwas Hornblende, sowie durch das verhältnissmässig starke
Zurücktreten des lagenweise vertheilten Feldspaths wohl cha-
rakterisirter Gneiss. Durch die lamellaren Einlagerungen des
schwarzen Glimmers hat das Gestein besonders auf den
Schichtungsflächen eine glänzend grauschwarze Farbe, welche
dasselbe vor anderen Gneissvarietäten leicht kenntlich macht.
Die mässig starken Bänke dieses Gesteins sind fast horizontal
gelagert; nur an einzelnen Stellen ist ein schwaches Ein-
schieben der Schichten nach Südwesten bemerkbar.
Dieser dunkle Gneiss wird überdeckt von einer mächtigen
Ablagerung grobkörnigen, weisslich- bis gelblichgrau gefärbten
Gneisses, welcher sich von dem eben beschriebenen durch das
Fehlen der lamellaren Einlagerungen von schwarzem Glimmer
und das Vorwalten von Feldspath wohl unterscheidet und mit
seiner helleren Färbung deutlich von der dunklen Unterlage
abhebt. Das Quellgebiet des Daud-Dere ist aus diesem Ma-
terial aufgebaut; das dunkle Grundgebirge tritt nur am Fusse
der Berge hervor, wo der Kenanu- und Daud-Dere ihr Bett
bis in die dunkle Gneisspartie eingegraben haben.
In der hellen Gneisspartie finden sich wallnussgrosse Kry-
stalle von braunem Granat in ziemlicher Menge. Besonders
häufig beobachtete ich die Combinationsform oO und 202.
An einer Stelle, wo die Ueberlagerung des dunklen durch
den hellen Gneiss deutlich sichtbar ist, wird das Bachbett
und die Goneissschichten am Fusse eines ca. 6 m hohen
Wasserfalls — der offenbar mit der Spalte in ursächlichem
Zusammenhange steht — von einer Bleiglanz-führenden Gang-
spalte von nicht sehr grosser Mächtigkeit und ziemlich steilem
(ca. 60 Grad) westsüdwestlichem Einfallen durchsetzt.
Die Erzführung beschränkt sich auf den dunklen schwarz-
glimmerigen Gneiss. Wie im Erzgebirge, Schwarzwald und an
anderen Gebieten!) das Vorkommen edler Metalle genetisch
an den schwarzen Eisenlithionglimmer gebunden ist, so scheint
auch im Gneiss der Centralrhodope der schwarze Glimmer
das Muttermineral des Bleiglanzes zu sein. In den weisslich-
grauen, glimmerarmen Gneiss geht wohl die Gangspalte, nicht
aber die Erzführung hinauf: die Spaltenausfüllung besteht in
dem hellen Gneiss aus tauben Zersetzungsproducten des Neben-
gesteins.
1) Vergl. F. SANBERGER, Untersuchungen über Erzgänge, 1. Heft,
1882 und desselben Verfassers: Neue Beiträge für die Abstammung
der Erze aus dem Nebengestein, 1883.
485
Im Zusammenhange mit der Aufreissung der Gangspalte
scheint auch eine Dislocation der Gneissschichten stattgefunden
zu haben. Das Hangende des Ganges besteht nämlich aus
dem ebenerwähnten schwarzglimmerigen Gneiss, welcher ohne
bemerkbares Besteg direct auf dem Ganggestein aufliegt, sowie
durch die auslaugerde Thätigkeit der Sickerwässer sehr stark
zersetzt und in eine chloritische, gebräche, fast lettige Masse
von dunkelgrüner Farbe umgewandelt ist. Das liegende Neben-
gestein dagegen ist ein sehr feinkörniges Gemenge von Quarz,
Feldspath, Glimmer und feinen Schwefelkieskryställchen, wel-
ches durch eine chloritische Beimengung grünlichgrau gefärbt
ist. Weiter im Liegenden tritt dann der oben beschriebene,
weissliche bis gelblichgraue Gmeiss auf.
Die Ausfüllungsmasse der Gangspalte bildet neben kry-
stallinischem, zerbröckelndem Quarz ein feinkörniges, fettglän-
zendes, schieferiges Gestein von hellgrüner bis grünlichgrauer
Farbe, in welchem häufig erbsen- bis bohnengrosse Schwefel-
kieskrystalle (meist Combinationsformen des Würfels mit dem
Pentagondodeca&der) sowie Bleiglanznieren eingebettet sind.
Die Bleiglanzausscheidungen sind von der Mitte der Gang-
spalte aus nach beiden Saalbändern hin vollkommen symme-
trisch vertheilt.
4. Von Stanimaka zum Tahtali-Pass und über das Vorland
nach Hadschi-Ellis.
Der Weg führt von Stanimaka an dem Nordabhang der
Rhodope über Kozan und Alkas- Jeni-Mahale nach Tahtali,
einem am Eingange zu der Passstrasse gleichen Namens gele-
genen grossen Türkendorfe. Von hier aus drang ich ca. 5 km
nach Süden vor, um eine Braunkohlenablagerung zu besich-
tigen. Den Rückweg zur Eisenbahnstation Hadschi Ellis nahm
ich über Kotschbunar und Derbend-Jeni-Mahale über das
flache Vorland der Rhodope.
Oestlich von Stanimaka führt der Weg zuerst über grusig
verwitterten Granitgneiss; dann trifft man, nachdem Tscherweni
und Tschauskioj — beide Orte liegen in Wirklichkeit etwas
weiter östlich als die österreichische Generalkarte angiebt —
passirt sind, auf grauen und weissen krystallinischen Kalk,
welcher bis Alkas-Jeni-Mahale anhält und offenbar zu der-
selben Kalkzone gehört, welche bei Monastir Pavaskevi und
südlich von Stanimaka beobachtet worden ist.
Die Berge südlich von Tahtali bestehen aus körnigem,
granitischem Gneiss mit zahlreichen schwärzlichgrünen Glim-
mereinschlüssen. Die kahlen Felsen zeigen an mehreren
Punkten metallisch glänzende Spiegelflächen mit rother Fär-
486
bung, welche den Anschein erregen, als ob ganze Felspartieen
aus compactem BRotheisenstein beständen.
In dem Thale südlich von Tahtali trifft man eine mäch-
tige Conglomeratpartie, deren abwechselnd dicke und schwä-
chere Bänke zuerst flach, dann steiler westsüdwestlich einfallen
und die Bruchstücke von Gneiss, Kalk und Quarzit enthält.
Südlich von diesen Conglomeraten folgen horizontal ge-
lagerte wechselnde Schichten von schwarzen Kalken und dünn-
bänkigen, grauen, sandigen Mergelkalken ohne Versteinerungen,
Unter den Conglomerat- und Kalkschichten, welche an dem
in halber Höhe des Thalgehänges sich hinwindenden Wege
anstehen, sieht man unten im Bachbett krystallinischen Kalk
anstehen.
Ungefähr 3 km südlich von Tahtali tritt man in das
Trachyfgebiet ein; dasselbe ist am Rande umsäumt von Tuffen
und Conglomeraten.
Der Trachyt ist meist in dünne Platten und Bänke
abgesondert und grünlich, röthlich oder weisslichgrau gefärbt.
Es ist normal ausgebildeter Sanidin-Oligoklas-Trachyt; auf-
fallend ist nur die Armuth an Quarz. Der Sanidin, sowie der
verhältnissmässig reichlich vorhandene Plagioklas ist sehr stark
zersetzt. Magneteisen findet sich reichlich in grösseren Kör-
nern in und an den Feldspathen. Glimmer (Biotit) ist selten
und immer stark zersetzt. Augit und Hornblende fehlen. Die
Beschaftenheis dieses Trachyts ist dieselbe wie bei den von
Prrz und Hussar!) aus den nördlichen Ausläufern des nord-
östlichen Rhodope-Trachytmassivs beschriebenen Trachyten.
In einer nordwestlich von der Passstrasse sich abzweigen-
den Felsschlucht liegt, überdeckt von den Bänken des Trachyts,
eine ganz schwache Bank schlechter erdiger Braunkohle.
Der Weg von Tahtali nach Hadschi-Ellis führt über eine
allmählich zur Maritza sich senkende Terrasse, welche von
mächtigen Lagen von Sand, Geröllen und Löss bedeckt ist.
Anstehendes Gestein traf ich auf dieser Route nicht.
Wo der Weg durch das Thal des Kodschbunar-Dere geht,
sieht man an dem Ufer des tief in die Humusschichten einge-
grabenen Bachbettes beträchtliche Lössanhäufungen mit den
charakteristischen Kalkconeretionen (Lösskindeln).
5. Von Kajadschik nach Hasskioj und in das Tertiärbecken
von Kovanlik.
Südlich von Kajadschik steigt die Strasse ganz allmählich
über die Tertiärterrasse zu dem breiten, niedrigen Bergrücken
hinauf, welcher zwischen dem Thale von Hasskioj und dem
1) Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt 1883, pag. 119.
487
Maritzathale sich ausbreite, Anstehendes Gestein traf ich
zuerst auf der Höhe des Gebirgrückens bei einem Brunnen.
Es waren zuerst röthliche und schwärzlichgraue, fein- bis
grobkörnige Kalke, dann weiter nach Süden feinkörnige chlo-
ritische Glimmerschiefer. Diese krystallinischen Gesteine sind
auf Touna’s geologischer Uebersichtskarte als eine die eocänen
Schichten des Beckens von Hasskioj und Kajadschik tren-
nende, ostwestlich verlaufende Zone verzeichnet.
Weiter nach Süden senkt sich die Strasse in eine flache
Mulde und steigt dann wieder langsam zu dem Höhenrücken
hinauf, welcher den nördlichen Rand des weiten und flachen
Thales von Hasskioj bildet. Der letztgenannte Höhenrücken
besteht aus diekbänkigen, weissen und gelben Nummuliten-
kalken und Kalkmergeln..
Südlich von Hasskioj breitet sich zwischen dem Hasskioj-
Dere und dem Ulu-Dere ein flaches mit Strauchwerk bestan-
denes Plateau aus, welches aus Nummulitenschichten besteht.
Südwestlich von Hasskioj tritt im Thale das krystalli-
nische Grundgebirge, bestehend aus Gneiss und Glimmerschiefer,
zu Tage. Von hier rühren auch offenbar die Gmneissgeschiebe
her, welche man bei Hasskioj im Flussbett findet und welche
vielfach zum Bau der Häuser etc. Verwendung gefunden haben.
Südlich vom Ulu-Dere ist die österreichische Karte wenig
zuverlässig. Das ziemlich grosse Dorf Kovanlik ist nicht auf-
getragen; ich habe die Lage desselben daher nach meinen
eigenen Beobachtungen eingezeichnet.
Die nach Perz !) mitgetheilte Karte giebt die Situation
ziemlich genau an und beweist, wie zuverlässig die Beobach-
tungen und Mittheilungen von PeLz sind.
Ich überschritt von Hasskioj aus direct südlich das Pla-
teau, erreichte den Ulu-Dere etwas östlich von Pasakioj, folgte
dem Thal des Ulu-Dere ungefähr 10 — 11 km weit westlich,
und drang dann ca. 9 km weit direct südlich in das Becken
von Kovanlik ein. Das Dorf Kovanlik liegt ca. 2km nördlich
von Doghantscha, ungefähr in der Mitte zwischen Begkioj und
Ibrahim-Beiraktarkioj.
Bei der Mühle zwischen den Dörfern Uludere und Hias-
dscha fand ich anstehenden Trachyt. Es ist weisslichgrauer,
stark zersetzter Quarz-Sanidin- (Oligoklas ?) Trachyt. Weiter
nach Süden traf ich nochmals eine Insel des krystallinischen
Grundgebirges (Glimmerschiefer), welche auch auf der Karte
von PErz verzeichnet ist. Dann kommt man auf tertiäre Sand-
steinschiefer- und Thon- und Mergel-Schichten.
In diesen Schichten stehen bei Kovanlik einige schwache
!) Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1873, Bd. XXIII, Heft 3.
488
Flötze von Braunkohlen an, das eine westlich vom Dorfe am
linken Bachhufer in St. 8 streichend, mit 40° östlich ein-
fallend, das andere ist unter den Häusern des Dorfes in einer
dem Hauptbache von links zugehenden Schlucht aufgeschlossen.
Beide Flötze führen erdige Braunkohle mit einigen Schnüren
Pechkohle.
Von Versteinerungen habe ich mit Ausnahme von schlecht
erhaltenen Cardien und Nucula (in einem sehr festen dichten
Sandstein) nichts gefunden. Doch dürfte man wohl nicht fehl-
gehen, wenn man das Alter der Braunkohlenablagerung, ebenso
wie dies von HocHsTETTEr und PeLz in Bezug auf die übrigen
Braunkohlenbecken des nördlichen Rhodoperandes geschehen
ist, für eocän hält.
Das Tertiärbecken von Kovanlik scheint, wie es Aueh von
PELz (s. 0.) angegeben ist, weiter nach Süden zu reichen; we-
nigstens wurde mir in Hasskioj mitgetheilt, dass schmale Braun-
kohlenflötze auch bei Sabankioj und Geren beobachtet wor-
den seien.
II. Das rumelische Mittelgebirge.
HocHstEerTtTer !) hat zuerst darauf hingewiesen, dass die
zwischen dem Balkan im Norden und der Rhodope im Süden
liegenden Gebirge: die Sredna-Gora, der Karadscha-Dagh und
die Syenitklippen von Philippopel als die westliche Fortsetzung
des Tundscha-Massivs und als die Reste des ausgedehnten
Gebirges zu betrachten sind, welches an den langgestreckten
Dislocationsspalten, deren Verlauf sowohl am Nordfiuss der
Rhodope als auch am Südfusse des Balkan durch zahlreiche
Thermen bezeichnet ist, wahrscheinlich in tertiärer Zeit, in der
Periode der gewaltigen Eruptionen vulkanischer Gesteine in
der Rhodope und am Balkan, in die Tiefe gesunken und jetzt
am Karadscha - Dagh von jüngeren Schichten umsäumt und
von den tertiären und diluvialen Bildungen des Maritza- und
Tundscha-Thales bedeckt ist.
1. Zur Kenntniss des geologischen Baues der Sredna-
Gora hat meine Reise nur geringe Beiträge geliefert.
An dem ÖOstabhange des Köseler Bair sah ich an den
Strassenböschungen verwitterten Granit mit grossen Quarz-
ausscheidungen anstehen, welcher die Höhenzüge und Plateaus
am Östrande zusammensetzt.
An der Topolnitza beobachtete ich bei Semetli dickbän-
kige Gneissschichten, welche mit ca. 50° nach Norden einfallen.
1!) Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1870, pag. 423 ff. u. 39.
m
Auf der linken Seite des Thales treten wechselnde Schich-
ten von meist dünnbänkigem Glimmerschiefer und von Gmneiss
zu Tage. In den Trümmern der zerstörten Häuser von Göl-
were sah ich zahlreiche Bruchstücke von Amphibolit mit
schiefriger Ausbildung.
Der Kairak -Bair besteht ganz aus Gneiss und Glimmer-
schiefer. In demselben wurden einige schmale Adern von
Kupferkies mit Malachit beobachtet.
Die Grabsteine auf den Friedhöfen einiger verlassener
Türkendörfer bestehen aus dünnplattigem Gneiss von grauer
Farbe, mit Ausscheidungen von grossen Glimmerlamellen.
Westlich von Duruklar, einem Haufen elender Reisighütten,
in welchem die Reste der Bewohner von vier umliegenden,
im letzten Kriege zerstörten Türkendörfern sich zusammen
angesiedelt haben, und welcher an der nordwestlichen Ab-
dachung des Kairak-Bair, ungefähr 2 km östlich von dem auf
der österreichischen Karte mit Dughanli bezeichneten Orte
liegt, traf ich auf einige gangartige Vorkommen von Eruptiv-
gesteinen. Das schwer verwitternde Ganggestein ragt riffartig
aus dem umgebenden weicheren Glimmerschiefer hervor. Die
Mächtigkeit wechselt sehr stark und schnell, beträgt an einigen
Stellen bis zu 20 m, meist nur 3—5 m.
Das Gestein des einen Ganges ist ein krystallinisch - kör-
niges Gemenge von orthotomem Feldspath (Sanidin), Quarz
(nieht sehr reichlich), Hornblende und deren zu concentrisch-
strahligen Gruppen vereinigten Zersetzungsproducten, viel
Magneteisen und Eisenglanz (letzterer ganze Schnüre bildend).
Trikliner Feldspath ist nicht ganz sicher erkennbar. Diese
Gemengtheile sind verbunden durch eine glasige, stark zersetzte
Zwischenmasse von dunkelgraugrüner Farbe. Das Gestein ge-
hört somit zu den Quarz - Hornblende-Trachyten.
Die Gesteine von zwei anderen Gängen sind an der Ober-
fläche sehr stark zersetzt. Es gelang mir daher nicht, zur
mikroskopischen Untersuchung geeignete Handstücke zu ge-
winnen.
Das eine derselben zeigt in einer sehr feinkörnigen bis
dichten, gelblichgrauen Grundmasse Quarz in wasserhellen,
scharfbegrenzten Körnern mit muscheligem Bruche und Glas-
glanz, Feldspath (Sanidin) in kleinen wohlumrandeten Körnern,
wenig Glimmer und Hornblende. Das andere meiner Hand-
stücke zeigt tuffartigen Habitus und enthält dieselben Gemeng-
theile wie das eben beschriebene Gestein, jedoch in einer
feinkörnigen, grünlichschwarzen Grundmasse. Die Feldspath-
krystalle haben Bohnen- bis Erbsengrösse. Biotit ist etwas
häufiger, auch Einsprenglinge von Eisenkies sind sichtbar.
Beide Gesteine dürften als Liparite zu bezeichnen sein.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VII. 2. 26
490
Tour erwähnt in seinen „Grundlinien der Geologie des
westlichen Balkan“ (pag. 22) aus dem nordwestlichen Theile
des Gneissgebietes der Sredna-Gora Eruptivgesteine, welche
bei Tschelopetsch gangförmig auftreten und aus weissem Feld-
spath, dunkelgrünem Amphibol, Quarz und Glimmer in einer
grauweissen Grundmasse bestehen und bezeichnet dieselben
als Quarz- Amphibol - Andesite. Die von mir bei Duruklar
beobachteten Gesteine stehen somit bezüglich ihres Charakters
und des gangförmigen Auftretens den Eruptivgesteinen von
Tschelopetsch sehr nahe.
Zwischen Panajurischte und Kopriwischtiza verzeichnet
v. HocHsTETTer auf seiner geologischen Uebersichtskarte des
östlichen Theiles der europäischen Türkei einen Zug meso-
zoischer Gesteine, welche nach Osten bis zum Köseler Bair
und nach Westen bis Taschkesen und weiter reichen sollen.
Auf Grund welcher Anzeichen er das Vorhandensein dieser
jüngeren Gesteine vermuthet, giebt er nicht an. Er sagt nur’):
„Auf diesem krystallinischen Grundgebirge (der Sredna-Gora)
lagern aber ohne Zweifel mesozoische Schichtensystene von
demselben Alter und petrographischem Charakter, wie im
Karadscha-Dag. Im rumelischen Mittelgebirge haben wir somit
einen ursprünglich zusammenhängenden, jetzt durch tiefe, bis
in das krystallinische Grundgebirge eingerissene Querthäler
getrennten ostwestlichen Zug von triassischen (z. Th. vielleicht
auch jurassischen) und cretacischen Bildungen südlich vom
Balkan und parallel mit diesem Gebirge. Die speciellere Glie-
derung dieser mesozoischen Bildungen ist eine noch in der
Zukunft zu lösende Aufgabe.“
Toura hat diesen Zug von Gesteinen unbestimmten Alters
von HOCHSTETTER auf seine neue geologische Uebersichtskarte
der Balkanhalbinsel herübergenommen.
Mir scheint jedoch dieser ganze Zug mesozoischer Gebilde
am Nordrande der Sredna-Gora, welcher ja an und für sich
sehr problematisch ist, wenigstens in seiner Erstreckung bis
zum Köseler-Bair durchaus nicht wahrscheinlich zu sein. Ab-
gesehen davon, dass ich in den Thälern der von der Sredna-
Gora herabkommenden Bäche nur krystallinische Gerölle, keine
Trümmer von Sedimentgesteinen fand, wurde mir auch von
einem in Philippopel lebenden Bergingenieur, welcher die
Sredna -Gora über Panajurischte und Kopriwischtiza bereist
hat, die Mittheilung gemacht, dass er auf dieser Route nir-
gends jüngere sedimentläre Gesteine, sondern nur Gneiss und
slimmerschiefer gefunden habe.
Auf Hocusterzer’s Karte hat allerdings bei der schein-
!; Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt 1870, pag. 431.
491
baren Symmetrie im Bau der Sredna-Gora und des Karadscha
Dag der Zug von mesozoischen Schichten am Nordrande der
Sredna-Gora noch einige Wahrscheinlichkeit für sich, indem
die triassischen und cretacischen Gebilde einen von Taschkesen
bis Eski - Zara in westöstlicher Richtung verlaufenden Zug
bilden. Nachdem aber das auf Hocnsterter's Karte als
triassisch u. s. w. bezeichnete Terrain am Höhenkamm des
Karadscha-Dag als krystallinisch sich herausgestellt hat, und
jüngere Formationsglieder nur den südlichen und südöstlichen
Saum des Gebirges bilden, scheint mir die Existenz der meso-
zoischen Gebirgsglieder am Nordrande der Sredna-Gora kaum
wahrscheinlich. |
Bergmännisch verwerthbare Mineralien fand ich ausser den
oben erwähnten Kupfererzen nicht. Doch ist das Topolnitza-
thal berähmt durch die Goldwäschereien, welche bis in die
neueste Zeit stattgefunden haben. Die grossen Schuttmassen,
welche die Topolnitza im Frühling aus der Stara Planina mit-
bringt, enthalten geringe Mengen Gold, welches sich an einigen
den Goldwäschern bekannten Stellen, am Fusse von Wasser-
fällen u. dergl. ablagert. Früher alljährlich, jetzt seltener,
kommen die Goldwäscher, z. Th. Makedonier, z. Th. Bulgaren
aus der Nevrokop-Gegend, um in dem Flusse Gold zu wa-
schen. Die Ausbeute ist gering und verlohnt sich nur wegen
der sehr geringen Kosten, welche diese Arbeiter für ihren
Lebensunterhalt aufwenden.
2. Unsere Kenntniss vom geologischen Bau des Kara-
dscha-Dag beschränkt sich bisher auf den Theil zwischen
Eski-Zara und Kasanlik, welchen Bous zuerst besucht, dann
von HocasTtETter !) genau beschrieben und zuletzt auch von
Fritsch (1879) °) auf seinem Wege von Kasanlık nach Adria-
nopel passirt hat, sowie auf das Vorland des eigentlichen Ge-
birges, welches A. Perz 1872—1873°) genau untersucht hat.
Zu vollständiger Gewissheit über das geologische Alter der
den Südrand des Gebirges bildenden sedimentären Gesteine
ist man noch nicht gelangt, da es keinem der genannten For-
scher gelungen ist, charakteristische Petrefacten aufzufinden.
Aus diesem Grunde bezeichnet Prof. TouLa auf seiner
geologischen Uebersichtskarte den ganzen Streifen von sedi-
mentären Gesteinen, welcher sich längs des Südrandes des
krystallinischen Grundstockes des Karadscha-Dag von Ham-
salar über Eski-Zara und Jeni-Zara bis Jamboli hinzieht, als
„Formationen unbestimmten Alters.“
3) Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1870, pag. 427.
*) Beitrag zur Geologie des Balkan, Halle 1879, pag. 8 u. 9.
°) Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1873, pag. 289 ff.
26*
492
Um zur Klärung dieser Frage beizutragen, veranlasste er
mich, den Weg von Philippopel zum Schipkabalkan quer über
den Karadscha-Dag zu nehmen und eventuell auch den Bair-
Dag zu übersteigen. Beide Routen führte ich aus.
Ueber die Ergebnisse dieser Reisen bemerke ich folgendes:
a. Vou Philippopel über Abraslar, Rahmanli,
Karagötli nach Kasanlik.
Die Ebene von Philippopel ist mit mächtigen Humus-
ablagerungen bedeckt, so dass anstehendes Gestein auf dem
Wege zum Karadscha-Dag nirgends sichtbar wird.
Erst bei dem Han von Jenibegtsche fand ich bei einem
im Abteufen begriffenen Brunnen von 6 — 7 m Tiefe weiss-
lichen bis gelbgrauen Kalk mit zahlreichen Nummuliten. Prrz!)
hat als die westliche Grenze der eocänen Nummulitenforma-
tion im oberen Maritzathale den Akto-Bair bei Aktoöwo an-
gegeben; nach dem Funde bei Jenibegtsche scheint es jedoch,
als ob die Formation unter den Alluvialschichten sich noch
weiter nach Westen hin erstreckt.
Bei Abraslar erreichte ich die Vorberge des Karadscha-
Dag, nachdem niedrige Ausläufer schon bei Baltadschikioj
rechts von der Strasse sichtbar waren. Auf dem Wege nach
Kodschabeglü steigt man allmählich zu einem Plateau hinauf,
dessen Rand aus einer schmalen Zone von grobkörnigem,
grauem, selten röthlich gefärbtem Quarzit besteht. Den strei-
chenden Verlauf dieser Quarzitzone vermochte ich wegen man-
gelnder Entblössung nicht zu beobachten.
Nördlich von dieser Quarzitzone folgte Glimmerschiefer
mit grossen Blättchen von gelblich grauem Glimmer.
In der Nähe der Contactzone zwischen Quarzit und
Glimmerschiefer fand ich einen schmalen Zug von krystalli-
nischen, durch Contact metamorphosirten Schiefergesteinen von
grünlichgrauer Farbe, sehr feinkörniger Structur, mit grösseren,
grünlich oder auch weisslich gefärbten Quarzkörnchen und
spärlich auftretenden, zersetzten Feldspathresten.
Die Grabsteine auf dem Friedhofe des türkischen Dorfes
Kodschabeglü bestehen aus Platten von rothem, kalkigem
Schiefer mit weissen Kalkspatheinlagerungen auf den Schie-
ferungsflächen. Nachdem ich die sedimentäre Randzone des
Gebirges bereits überschritten zu haben und mich im Gebiete
der krystallinischen Gesteine zu befinden glaubte, überraschten
mich diese rothen Schiefer, die ich bisher anstehend nicht an-
getroffen hatte, einigermassen. Bei weiterem Vordringen fand
D) Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt 1873, pag. 290.
13
ich dieselben auch ca. 2 km westlich von Kodschabeglü anste-
hend; es sind graue und rothe kalkige Schiefer, welche von
Südost nach Nordwest streichen und steil, nahezu senkrecht,
nordöstlich einfallen. Dieselben scheinen demnach überkippt
zu sein. Die Zone dieser Schiefer ist hier nicht breit, höch-
stens 1—1'/, km. Auf dieselbe folgen, bereits vor Hamsalar,
wieder krystallinische Gesteine und zwar am linken Ufer des
Hamsalar-Dere, dem Dorfe gegenüber, eine ca. 200 m mäch-
tige Partie von grobkörnigem, undeutlich geschichtetem, syeni-
tischem Hornblendegneiss mit wenigen und sehr kleinen Glim-
merblättchen, stark vorwaltendem, grünlichem Amphibol und
sehr zurücktretendem Quarz und Feldspath (Plagioklas).
In der Schieferzone findet sich an einigen Stellen Travertin.
Vor Hamsalar und weiter das Thal hinauf bis zum Kamnı
des Kara Tepe fand ich steil aufgerichtete Bänke von Gmeiss
und Glimmerschiefer.
Bei Tekeler setzt quer durch das Thal des Hamsalar-
Dere eine 300—400 m breite Einlagerungszone von typischem
Amphibolit; es ist ein grobkrystallinisches, körniges Gestein
von lauchgrüner Farbe. Die faserig ausgebildeten Hornblende-
Krystallindividuen sind in den verschiedensten Richtungen
ohne Parallelstructur durcheinander gewachsen. Im Dünnschliff
erkennt man ausserdem (wenig) Plagioklas mit deutlicher
Zwillingsstreifung, ferner Biotit und die massenhaften Zer-
setzungsproducte der Hornblende.
Weiter thalaufwärts fand ich in den Goneissschichten
äusserst feinkörnigen, quarzreichen Glimmerschiefer, welcher
durch z. Th. zersetzten Glimmer und ein serieitisches Mineral
gefärbt und schiefrig erscheint, sowie Ausscheidungen von
feinkörnrigem, glimmerhaltigem Quarzit.
Rahmanli liegt am Fusse des eigentlichen Gebirges in der
weit geöffneten Thalbucht z. Th. auf typischem Hornblende-
gneiss, in welchem der Glimmer bis auf ganz unbedeutende
Mengen durch 3—4 mm grosse Körner von Amphibol verdrängt
ist, z. Th. auf normal ausgebildetem, sehr grosskörnigem Gneiss
mit Einsprengungen von Epidot und Turmalin.
Man erzählte mir, dass ebenso wie im Thale der Topol-
nitza in. früherer Zeit auch im Thale von Rahmanli durch
Makedonier Goldwäschereien betrieben worden seien.
Der Kamm des Kara-Tepe besteht aus Granit. Es ist
Orthoklas-armer, grobkörniger Granit von weisslichgrauer Farbe
mit parallelen Einlagerungen von feinen, silberweissen Glim-
merblättchen. In einzelnen Partieen fehlt auch der Glimmer
ganz. Diese Gesteine halten bis zum Ostabhange der Sivri-
Dag an. Hier stellt sich wieder Glimmerschiefer und Gneiss
ein; die Glimmerschieferpartieen sind oft nieren-- oder linsen-
494
förmig, und mannichfach verzerrt und gewunden. Auch finden
sich grössere Ausscheidungen von Quarz in Schnüren und La-
gen. Die nördlichen Vorberge des Karadscha-Dag bestehen
aus massigem Granit. /
In Lidschakioj am Nordfusse des Gebirges entspringt eine
heisse:Quelle von 36° R., welche vielfach als Bad benutzt wird.
Das weite Thal der Tundscha wird durch einen breiten
Hügelrücken, welcher sich von Karagötli über Kasanlik nach
Djusevo in fast genau westöstlicher Richtung hinzieht, in ein
‚oberes und ein unteres Becken getheilt. Dieser Rücken be-
steht, wie man sowohl an den Strasseneinschnitten westlich
von Kasanlik, als auch auf dem Wege nach Djusewo gut wahr-
nehnien kann, aus Granit. Derselbe ist ziemlich weit in’s
Innere grusig verwittert.
Das Profil Philippopel- Rahmanli-Kasanlik ergiebt dem-
nach Folgendes:
% Die Nummulitenkalke des oberen Maritzathales reichen
unter der Alluvialdecke über Akto&öwo weiter nach
Westen;
B. die grauen und röthlichen Quarzite, welche weiter östlich
am Oberlauf des Sarıdu- und Siütli-Dere stark ent-
wickelt sind, reichen in schmalem Streifen bis Abraslar;
x. ebenso reichen die rothen kalkigen Schiefer bis Hamsalar;
‘6. im westlichen Theile besteht der Süd- und Nordabhang
des Karadscha-Dag aus Gneiss- und Glimmerschiefer ;
nur der Kamm der Gebirges, die Vorberge, sowie die
Höhenrücken im Tundschathale bestehen aus Granit.
0
b. Von Jeni-Zara über den Bair-Dag und die
Medschelik-Planina.
Auf der Eisenbahnfahrt von Trnovo-Seimenli nach Norden
beobachtet man in den Bahneinschnitten bis Karabunar Schich-
ten von verwittertem Gmeiss an den niedrigen Hügeln, welche
als westlichste Ausläufer des krystallinischen Tundschamassivs
über den Sazlü - Dere hinüberreichen.
Auf der Station Radine-Mahale sah ich bedeutende Men-
gen Gyps in grossen Krystallen lagern, welcher ca. 10 km
südwestlich aus Neogenschichten gewonnen und bei Adrianopel
und Stanimaka bei der Weinbereitung in grossen Mengen ver-
wendet wird. Jeni-Zara liegt in der fruchtbaren Ebene, welche
vom Bair-Dag bis an das Tundscha - Massiv und die Rhodo-
pischen Berge sich hinzieht. Der Weg zum Bair-Dag führt bis
Körten über mächtige Humusablagerungen, aus welchen nir-
gends anstehendes Gestein hervorragt. Der Bach bringt aus dem
Gebirge neben gelbem Sandstein auch Blöcke von schwarzem
495
andesitischem Gestein mit. Anstehend habe ich jedoch Eruptiv-
gestein im Bair-Dag nicht gefunden; doch ist es höchst wahr-
scheinlich, dass in den vermuthlich neocomen Kalkschiefern
des Bair-Dag ebenso, wie dies in denjenigen zwischen Eski-
Zara und Kasanlık von HocHsTETTER beobachtet worden ist,
Andesitgänge auftreten.
Bei Körten, einem vom Kriege arg mitgenommenen Türken-
dorfe, tritt die Strasse, welche von Jeni-Zara nach Twirdiza
und zum Elena-Passe führt, in den Bair-Dag ein.
Auf dem Wege durch das Gebirge nach Norden "beob-
achtete ich zuerst bei Körten flach südlich einfallende Schichten
von dünnbänkigen, grobkörnigen, weichen und leicht verwit-
ternden Sandsteinen von grauer und ‚gelber Farbe; weiter nach
Norden folgen dann — also im Liegenden der Sandsteine —
dünngeschichtete, schwärzlich braun- bis grau gefärbte Mergel-
und Kalkschiefer mit vielen weissen Kalkspathadern. Die
Schichten sind sehr unregelmässig zusammengesetzt, geknickt
und gewunden. Das Einfallen bleibt, soweit es beobachtbar
ist, nach Süden gerichtet.
Diese Schiefer sind offenbar identisch sowohl mit den
lichten Kalkmergeln, welche HocHsterter weiter östlich in
dem flachen, plateauförmig sich ausbreitenden Rücken zwischen
Jeni-Zara und Jamboli beobachtet hat, als auch mit den von
demselben Forscher und von v. Fritsch weiter westlich in dem
Profil Eski- Zara - Kasanlık !) angetroffenen und von v. HocH-
STETTER als Neocom angesprochenen Kalken und Kalkmergeln.
Am Nordabhange des Bair-Dag, wo die Strasse sich zur
Tundscha hinabsenkt, traf ich nochmals ganz flach südlich
geneigte, dickplattige, graue, sehr harte Sandsteine, welche
offenbar den von v. HocHsTETTER und v. Fritsch beobachteten
Quarziten und Sandsteinen der Wasserscheide nördlich von
Eski-Zara entsprechen.
Auf der Route Beikos — Jeni-Zara traf ich wechselnde
Schichten von braungrauen Thonschiefern und Sändsteinen,
welche ostwestlich streichen und südlich einfallen. Der ganze
hier beobachtete Schichtencomplex erinnerte mich in seinem
petrographischen Charakter lebhaft an die Gesteine, welche ich
westlich von Sliwno beobachtet habe und welche v. Hoca-
STETTER ?) ebenfalls als Neocom angesprochen hat, sowie an
die Gesteine des Magliska-Dere und von Lavarjeka im Balkan,
auf welche ich weiter unten zurückkommen will.
Leider gelang es mir trotz eifrigsten Suchens auf langen
Wegestrecken nicht, auch nur ein einziges Petrefact aufzu-
') Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt 1870, pag. 427,
?) Ebendaselbst pag. 413.
496
finden, obwohl an der neu ausgebauten Strasse Körten-Lidscha
zahlreiche Gesteinsentblössungen sichtbar waren.
Eine Entscheidung über das Alter dieser räthselhaften
Schichtenreihe hat somit meine Reise nicht gebracht.
Die Medschelik-Planina, welche ich auf der Linie Lidscha-
Terziola überstieg, ist ein flach gerundeter Gebirgsrücken,
welcher aus flach nördlich einfallenden Bänken von Gneiss
und Glimmerschiefer besteht.
Das Thalbecken der Bela rjeka ist gegen das Tundscha-
Thal durch einen von Zapanli nach Twirdiza südnördlich ver-
laufenden granitischen Höhenrücken abgeschlossen, welcher die
Wasserscheide zwischen der Bela rjeka und der Twirdiza
rjeka bildet.
Der Name des auf der österreichischen Karte mit Olobar
bezeichneten Ortes auf dem Nordabhange der Medschelik-
Planina, ca. 3 km nordöstlich von Lidscha, ist Allahbas.
3. Was die Syenitklippen von Philippopel anbetrifit, so
habe ich den treffenden Bemerkungen v. HocHSTETTERr’s !) nichts
hinzuzufügen, es sei denn die Angabe, dass am Westfusse des
Tschentem- und des Bunardschick-Tepe Kaolinlager aufgefunden
worden sind, welche man zur Töpferei zu verwerthen beab-
sichtigt.
4. Auf dem Wege von Tropoklo nach Jamboli hatte ich
Gelegenheit die Ausläufer des subbalkanischen Eruptionsgebietes
kennen zu lernen. Ich traf zwischen Kizlar und Tatarkio)
vulkanische Tuffe, sodann weiter südlich rothe, grünliche, gelb-
liche und graue Kalkmergel und schiefrige Kalke, deren
Schichten regelmässig von Ost nach West streichen und nach
Süden einfallen.
Diese bunten Kalkschiefer und Kalkmergel sind offenbar
oleichalterig mit den bei Eski-Zara von v. HocHSTETTER und
v. Fritsch, und mit den nördlich von Jeni-Zara bei Körten und
Jürükler von mir beobachteten Schichten, welche v. HocHSTETTER
zum Neocom gestellt hat.
Dicht vor Jamboli überschreitet man dann noch die Aus-
läufer des vulkanischen Kirkarbair, dessen bräunlichrothes,
porphyritisches Gestein v. HoCHSTETTER ?) so genau und zu-
treffend beschrieben hat, dass ich dessen Angaben nichts hin-
zuzufügen habe.
I) a. a. O. pag. 424.
2) a. a. 0. pag. 395.
497
III. Der Balkan.
Meine Untersuchungen im Balkan haben sich im Wesent-
lichen auf die Kohlengebiete von Seldsche -hKadiewce, Wlasa-
tiliti und Tscham - Dere erstreckt. Ausserdem habe ich das
Gebirge auf den Linien Kasanlik — Sweti-Nikola (Schipka-
Strasse), Wlasatiliti—Hainkioj und von Hainkioj zur Drenska-
Planina überstiegen. Auf dem Wege von Belo-Selo über Sliwno
nach Burgudschuk habe ich die Umgebung von Sliwno kennen
gelernt. Meine Mittheilungen beschränken sich demnach im
Wesentlichen auf den östlichen Theil des mittleren Balkan
(Schipka - Trawn- und Sliwno-Balkan).
Da die Details meiner Beobachtungen in dem Gebiete von
Seldsche-Radiewce und von Tscham-Dere bei dem kleinen
Maassstabe der Uebersichtskarte nicht deutlich zur Anschauung
kommen, so habe ich für diese beiden Gebiete die beiden
Kartenskizzen Taf. XXIJI beigefügt.
Im mittleren Balkan lässt sich eine südliche krystallinische
Randzone von dem nördlich derselben sich ausbreitenden Ge-
biete der sedimentären Formationen und den innerhalb des-
selben auftretenden Stockmassen von (eruptiven?) Graniten
unterscheiden.
1. Der kryställinische Südrand des Balkan.
Abgesehen von dem granitischen Gebirgsrücken von Ka-
lofer habe ich den krystallinischen Südrand des Balkan nur
in seinem östlichen Theile zwischen Schipka und Terzioba
kennen gelernt.
Der Südabhang des Schipkabalkan ist oft beschrieben
worden; am genauesten von v. Hocastrrter !) und Perz.?)
In dem Zeitraum, welcher zwischen den Reisen dieser beiden
Forscher liest (1869— 1880) ist von den Russen die steil an-
steigende Schipkastrasse an vielen Stellen verlegt, verbreitert
und zur Fahrstrasse ausgebaut worden. Dieselbe führt jetzt
an dem zwischen zwei Wildbachthälern scharf in die Ebene
vorspringenden Gebirgsgrat, und zwar zuerst an der Ostseite,
in zahlreichen kurzen Serpentinen zum Kamme hinauf, wendet
sich dann an die Westseite, legt sich unter der die Passhöhe
beherrschenden Kalkfelspyramide des Sweti - Nikola wieder an
die Ostseite des Grates und führt dann allmählich abfallend
nach Bulgarien hinab.
Bis unmittelbar südlich von der Wasserscheide besteht
nn
2) Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt 1870, pag. 421 fi.
?) Verhandlungen d. k. k. geol. Reichsanstalt 1883, pag. 122 ff.
498
der südliche Steilabfall aus krystallinischen Schiefergebilden.
Den Fuss bilden vor und in dem hoch über der Ebene auf
einer Schotterterrasse gelegenen Dorfe Schipka hellfarbige,
granitische Gesteine, welche stark grusig verwittert sind. Dann
folgen bläulichgraue, dünnplattige Kieselschiefer, darauf grün-
liche, schmutzig gelblichgraue bis schwarze Schiefer mit zahl-
reichen Quarzschnüren und einer breiten Quarzsandsteinzone
(letztere theils massig, theils in Bänke geschichtet). An
einem Brunnen auf der Seite des Grates, auf halber Höhe des
Bergrückens tritt schwarzer, dichter Kieselschiefer mit glän-
zenden Quarzitausscheidungen auf. Weiter bergauf findet man
grünlichen und grauen, seidenglänzenden Phyllit. Die vielfach
gefalteten Schichten zeigen steiles, mit 70 -- 80° gegen Süden
gerichtetes Einfallen. Die Wasserscheide selbst besteht bereits
aus jüngeren Kalken und Schiefern.
Die zwischen Janina, Kasanlik und Djusevo an den Steil-
abhang sich anlehnenden Hügel, welche in die Tundscha-Ebene
vorspringen, bestehen aus grobflaserigem Gneissgranit. Dieses
Gestein reicht nordöstlich bis dicht an das Dorf Seldsche
heran. Oberhalb Djusevo, auf dem Wege nach Seldsche,
enthält es bemerkenswerth grosse Orthoklasausscheidungen;
auf den flacheren Gehängen liegen, ebenso wie am West-
abhange des Sweti-Nikola zwischen Maglis und Seldsche,
mächtige Grussablagerungen, in welche die Wildbäche tiefe,
labyrinthisch verzweigte Rinnsale eingegraben haben, welche
das Terrain ausserordentlich schwer zugänglich machen.
Zwischen Kasanlik und Maglis besteht der Südabhang des
Balkan aus groben Bänken von Granitgneiss, welche steil
gegen Süden einfallen. Der Weg von Maglis nach Seldsche
führt über grobflaserigen, schwarzglimmerigen Gneiss, „welcher
mit granitischen Bänken und namentlich mit intensiv grün
gefärbten, etwas Hornblende führenden Epidotschiefern und
Epidotgraniten wechselt“ (Hocusterter). Da nach v. Fritsch Ü)
auf der Route Stojefei— Janina der ganze Südabhang des Ge-
birges von der Wasserscheide ab aus Gneiss besteht, das Thal
der Magliska aber aus sedimentären Gesteinen zusammengesetzt
ist, so verläuft von Seldsche aus die Grenze zwischen den
krystallinischen und den sedimentären Gesteinen direct von
Nord nach Süden.
Bei Hainkioj — welches Dorf nicht, wie es auf der öster-
reichischen Karte verzeichnet ist, am Ausgange der Schlucht
des Salu-Dere in der Ebene, sondern etwa 1\/, km weiter
östlich liegt — reicht die Zone der krystallinischen Gesteine
bis 1 km nördlich von Tschelinskirad.
1) Beitrag zur Geologie des Balkan pag. 6,
499
Die Hainkioj-Passstrasse durchschneidet hier die Randzone
und man beobachtet an den steil aus dem engen Thale sich
erhebenden Felsen die groben Bänke des granitischen Gneisses,
welcher, wie bei Maglis, sehr reich an grossen Orthoklas-
krystallen und an Epidotausscheidungen ist. Nördlich von
Tschelinskirad, auf dem Wege zum Osdrom trifft man eine
schmale Zone von krystallinischen Schiefergesteinen, Talkgneiss,
Hornblendegneiss und feinkörnigen glimmerreichen Gmneiss.
Auf dem Wege, welcher von Hainkioj in östlicher Rich-
tung am Fusse des niedriger werdenden Gebirges hin über
Kürtiz nach Twirdiza führt, findet man vielfach Gerölle von
Gneiss, Hornblendegneiss und Amphibolit, welche die Bäche
von den Bergabhängen in die Ebene herabgebracht haben.
Bei dem letztgenannten Orte tritt die vielbenutzte Strasse
von der Eisenbahnstation Jeni- Zara nach Elena in das Ge-
birge ein. Der Elena-Pass ist noch leichter passirbar als der
Hainkioj-Pass. Ich bin nur ungefähr 4 km auf der Passstrasse
von Twirdiza nach Norden vorgedrungen. Auf der östlichen
Seite fand ich grobkörnigen Gneiss wechsellagernd mit ein-
zelnen Bänken von grünlichgrauem, seidenglänzendem Flaser-
gneiss.
Nordwestlich von Twirdiza steht am Gebirgsabhang eine
Partie von grauem, kıystallinischem Kalk an.
Oestlich von Twirdiza besteht der Südabhang des Gebirges
aus braunen Thonschiefern und aus grobkörnigen röthlichen
Sandsteinen. Dass jedoch nördlich von dieser Sandsteinzone
noch krystallinische Gesteine anstehen, beweisen die zahl-
reichen Geschiebe, welche die Bäche vom Gebirge mit herunter
bringen und welche aus granitischen und amphibolitischen Ge-
steinen bestehen. Diese krystallinischen Geschiebestücke findet
man auf dem Wege bis Terzioba. Hier beginnt sedimentärer,
dolomitischer Kalk den Südrand des Gebirges zu bilden, und
hier ist die östliche Grenze der krystallinischen Randzone des
Balkan.
2. Die sedimentären Gebilde des mittleren und
östlichen Balkan.
Die Formationen, welche das Hügelland zwischen dem
Centralbalkan und dem Unterlaufe der Donau zusammensetzen,
sind von FORTTERLE !) auf der Linie Nikopoli—Plewna—Jabla-
niza, sowie von SCHRÖCKENSTEIN ?) und PeLz?) auf der Route
) Verhandlungen d. k. k. geol. Reichsanstalt 1869, pag. 187 ff.
?) Jahrb.d.k.k. geol. Reichsanst. 1871, pag. 273f. u. 1872, pag. 234 ff.
?) Verhandlungen d. k. k. geol.. Reichsanstalt 1883, pag. 115.
500
Rustschuk—Tirnova— Grabova beschrieben worden. Den bei-
den letztgenannten Reisenden verdanken wir noch Mittheilungen
über den Bau des Hochgebirges in den Gebirgsprofilen Ga-
brova-Schipka und Trawna-Seldsche; v. FrırschH !) hat ausser
der Reise Nikopoli-Plewna das Gebirge auf den Linien Plewna—
Trojan—Karlovo, Schipka— Gabrova—Trawna und Trawna —
Janina überstiegen und beschrieben.
Hiernach besteht das Gebiet südlich der Donau bis Plewna
und Bjela aus kalkigen und sandigen Schichten der oberen
Kreide, welche z. Th. von Löss und miocänem Tegel überdeckt
werden. Südlich von der Linie Bjela — Plewna bilden die zu
flachen Mulden und Sätteln zusammengeschobenen Schichten
von Sandsteinen und wechsellagernden tiefgrauen Mergeln das
bis zum Fusse des Balkankammes sich ausbreitende Hügelland.
Diese Sandstein- und Mergelschichten werden auf Grund be-
zeichnender Fossilfunde übereinstimmend für neocom und als
äquivalent mit den sog. Karpathensandsteinen erklärt, obwohl
dieselben an einigen Stellen (z. B. zwischen Dobrodan und
Trojan) durch ihr grauwackenähnliches Aussehen „die Täu-
schung hervorzurufen vermögen, dass man es mit paläozoi-
schen Gebilden zu thun habe.“ ?)
Auf diesen neocomen Schichten liegen Schollen und lang-
hin gestreckte, ostwestlich verlaufende Zonen von aptisch-
urgonischen Oaprotinenkalken, durch welche die vom Balkan
zur Donau herabeilenden Flüsse ihren Weg in romantischen
Felsschluchten gebrochen haben. Diese Kalke werden, abge-
sehen von der Fossilienführung als licht- bis dunkelgrau, dicht,
splitterig, mit weissen Kalkspathadern stark durchzogen und
undeutlich oder gar nicht geschichtet geschildert. Solche
untercretacische Kalke erwähnt v. Frırscu bei Loftscha, PrLz
und SCHRÖCKENSTEIN bei Tirnova, diese und v. Fritsch zwischen
Gabrova und Drenova, in der Trawnanska - Schlucht nördlich
von Trawna und a. a. O.
An der südlichen Grenze der neocomen Gebilde tauchen
unter denselben an einigen Punkten ältere mesozoische Gebirgs-
glieder hervor. v. Fritsch ?) beobachtete südlich vom Monastir-
Trojan oberjurassischen röthlichen Kalkstein mit heterophyllen,
ligaten und planulaten Ammoniten, sowie hellere und dunklere
mergelige Kalksteine, Kalkconglomerate und rothe Sandsteine,
welche er als jurassisch angesprochen hat. Südlich hiervon
erwähnt er dunkeleraue Kalke mit und ohne Thonzwischen-
lagerungen, die er für triassisch hält (Muschelkalk u. s. w.
1) v. Fritsch, Peitrag zur Geologie des Balkan, und Reise in Bul-
garıen und ÖOstrumelien, Hallenser Vereinsschriften 1879, pag. 769 ff.
2) v. Fritsch, Beitrag zur Geologie des Balkan pag. 3.
>) a. a. 0. pag. 4.
501
In dem Profil Schipka- Gabrova, dessen petrographischen
Charakter Pzrz !) so eingehend dargestellt hat, dass ich glaube
von einer Mittheilung meiner, mit v.FrırscuH's und Prrz’s An-
gaben im Wesentlichen übereinstimmenden Beobachtungen ab-
sehen zu können, erklärt v. FrırscaH*) den dunkelgrauen Kalk
des Sweti - Nikola-Felsens für identisch mit den dunklen trias-
sischen Kalken des Trojanbalkans und „mit ziemlicher Wahr-
scheinlichkeit für gleich mit den dunklen Kalken des westlichen
Balkans, in denen Tovza Muschelkalk und Röth-Versteinerungen
gefunden hat.“
Die an Wellenkalk erinnernden Kalke bilden am Sweti-
Nikola 10—30 em mächtige Bänke, welche mit festen kalkigen
Mergeln wechsellagern, und fallen an der Südseite der Passhöhe
flach südwärts gegen die vorliegenden krystallinischen Schiefer;
weiter nördlich, in der Nähe des Siegesobelisken, legen sie sich
im Sattel herum und fallen flach nördlich. Unmittelbar am
nördlichen Fusse der Sweti - Nikola - Kalkfelspyramide treten
unter den Kalken die krystallinischen Gesteine (offenbar in
Folge einer Verwerfung) auf eine kurze Strecke wieder zu
Tage. Noch weiter nach Norden fallen die triassischen Kalke
steil nördlich ein. Auf diese Schichten folgen beim Abstieg
von der Passhöhe mit steil nördlichem Einfallen rothe, grün-
liche und dunkle Schiefer, Sandsteine und eine 20 m mächtige
Bank von hellem Kalk, welchen letzteren v. Fritsch „gleich
dem des Trojanbalkan“ als oberen Jura ansehen möchte.
Auf die helle Kalkbank folgen weiter gegen Norden die
auch hier durch den Gesteinscharakter sehr stark an Grau-
wacken und paläozoische Schiefer erinnernden braunen und
grauen Sandsteine, Thonschiefer, Mergelschiefer und COonglo-
merate des Neocom, dessen vielfach gefaltete, geknickte und
gestörte Schichten im Zusammenhang stehen mit den weit
nach Norden sich ausbreitenden und stellenweise von Capro-
tinenkalken überlagerten untercretacischen Karpathensand-
gebilden des nordbalkanischen Vorlandes.
Auf der Route Trawna—Stojefei—Janina fand v. FrITscH °)
im oberen Trawnathale massenhafte mit Sandsteinen wechsel-
lagernde Conglomerate, mit zurücktretenden Schiefern, welche
er „mit dem durch die Versteinerungen der schieferigen und
mergeligen Gesteine bestimmt erkannten Neocom der Schipka-
strasse der Gegend von Trojan u. s. w. identifieirt.“ Zwischen
den Conglomeraten und Sandsteinen steht bei Kajofci eine
Kalksteinbank an. Ich möchte diesen Kalk ebenfalls für eine
!) Verhandlungen der k. k. geol. Reichsanstalt 1883, pag. 120 f.
2) Beitrag zur Geologie des Balkan pag. 6 u. 7.
ae 0. pag.-T.
502
Auflagerung von Caprotinenkalk halten, obwohl ich Verstei-
nerungen in demselben nicht gefunden habe.
Bei dem Weiler Stojefci beobachtete auch ich eine ziem-
lich stark hervortretende, nach Norden geneigte Bank von
dunkelgrauem Kalkstein. Unter demselben treten dunkle, kry-
stallinische Schiefer mit grossen Ausscheidungen von Quarz
und Feldspath zu Tage. Oberhalb dieser Schiefer folgen
glimmerreiche Sandsteine und Schiefer mit zwei schwachen
Kohlenflötzen (von 0,3 m Mächtigkeit); dieselben bilden die
westlichsten Ausläufer der Kohlenablagerung in der Kamanarna
bei Radiewce Weiter hinauf folgen sandige Schiefer, deren
Bänke mit 45° nach Süden einfallen.
Darauf folgt nochmals dunkelgrauer, stark nach Süden
einfallender Kalkstein. Dieser’ist nach v. Frırsch demjenigen
der Schipkastrasse gleich, er wäre demnach triassisch. Nach
meinen Beobachtungen ist er jedoch von demjenigen des
Schipka verschieden: der Kalkstein des Sweti Nicola ist in
dünne Bänke geschichtet; dagegen ist der hier in Rede
stehende in unregelmässigen, massigen Partieen abgelagert,
ohne die festen kalkigen Mergel, mit Caleitadern durchzogen,
und hat in Folge der Zersetzung der letzteren ein zerschun-
denes rauhes Aeussere. Mangels ausreichender Petrefactenfunde
möchte ich diesen Kalkstein ebenso wie den weiter südlich an
der Wasserscheide (Bolgarka) von v. Fritsch beobachteten
dunklen Kalk dem „kohlenführenden System * zurechnen.
Zwischen den beiden letztgenannten Kalksteinzonen treten
nochmals krystallinische Schiefer zu Tage.
Die kohlenführenden Schichten des oberen Trawnathales
bei Radievce beschrieb zuerst SCHRÖCKENSTEIN !) 1871; später
machte er (1872) auf Grund neuer Beobachtungen auf den
Gebirgsproflen Trawna-Soldsche und Schipka-Gabrowa über
das Alter der Schichten neue Angaben und brachte auch das
Kohlenvorkommen von Seldsche mit den nordbalkanischen in
Zusammenhang. Das letztgenannte Vorkommen hat zuerst
v. Hocasterter ?) beschrieben. Die Ansichten über die schwie-
rigen Lagerungsverhältnisse dieses kohlenführenden Complexes
gehen z. Z. noch sehr auseinander, da weder SCHRÖCKENSTEIN
noch v. HocHsSTETTER in dem kohlenführenden Terrain charakte-
ristische Versteinerungen aufgefunden hat. Beide waren daher
bei der Altersbestimmung der Schichten auf Hypothesen an-
gewiesen. v. HocHsterrer ist der Ansicht, dass der petrogra-
phische Charakter der Schichtenreihe mehr an die kohlen-
führenden Schichten der Nordalpen in der Gegend von Lunz
1) Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt 1871, pag. 273, 1872, pag. 234.
2) Ebendaselbst 1870, pag. 417.
503
und Gresten in Oberösterreich, welche der Trias und dem Lias
angehören, als an die Steinkohlenformation erinnert, während
die anthrazitartige Beschaffenheit der Kohle und die Lagerungs-
verhältnisse ein höheres Alter anzudeuten scheinen. SCHRÖCKEN-
smEIn stellte in seinen ersten Mittheilungen den kohlenführenden
Schichtencomplex von Radiewce in den Lias, fussend auf die
Aehnlichkeit der Kohle und der begleitenden Gesteine mit dem
liassischen Vorkommen von Steyerdorf im Banat, in seiner
späteren Abhandlung dagegen in das echte Carbon und Unter-
Rothliegende, indem er die rothen Schiefersandsteine und Con-
elomerate, welche das Hangende der Kohlenflötze bilden, und
nach Osten bis zur Schipkastrasse sich erstrecken, für dyassisch
anspricht.
Die letztere Anschauung hat jedoch sehr wenig Wahr-
scheinlichkeit, zumal da sowohl Boug als v. Frıtsca die rothen
Schichten der Schipkastrasse für oberjurassisch erklärt haben.
Auch ich habe ausser einigen nicht sicher bestimmbaren
Pflanzenresten in glimmerigem Sandstein in dem ganzen Com-
plex von Seldsche bis Radiewce keine charakteristischen Fos-
silien gefunden, kann daher den Streit der Meinungen über
das Alter der Kohle nicht schlichten; das Einzige, was ich
beibringen kann, ist eine genaue petro- und stratigraphische
Schilderung des Schichtencomplexes.
Als meine subjective Auffassung möchte ich es jedoch hier
aussprechen, dass sich die Lagerungsverhältnisse am einfachsten
erklären lassen, wenn man die kohlenführenden Schichten von
Radiewce für neocom und zwar für gleichstehend mit dem,
durch die Versteinerungen der schieferigen und mergeligen
Gesteine bestimmt erkannten Neocom der Schipkastrasse, des
Trojanbalkans u. s. w. auffasst. Die auf den kohlenführenden
Schichten liegenden Kalke würden dann als Kalke der urgo-
nisch-aptischen Schichtenreihe — vielleicht als Caprotinen-
kalke — zu betrachten sein.
Neben dieser Auffassung kann meines Erachtens nur noch
ein unterjurassisches oder triassisches Alter in Frage kommen;
und zwar lässt sich auf das erstere schliessen aus der Ueber-
lagerung der Kohlenschichten durch rothe Sandstein - und
Conglomerat-Schichten, welche weiter westlich — im Schipka-
und Trojan-Balkan — als oberer Jura erkannt sind; auf Trias
aus einigen Analogien zwischen den zerschrundenen Kalken
von Seldsche und den triassischen Kalken des Trojan-Balkans.
Erneuerten und mehr vom Glück begünstigten Unter-
suchungen muss das Auffinden bezeichnender Leitfossilien in
diesem interessanten Gebirgsgebiet und die sichere Einreihung
desselben in die geologische Schichtenreihe überlassen bleiben.
Die auf Tafel XXI. beigefügte Kartenskizze der (segend
904
zwischen Seldsche im Süden und Radiewce im Norden, im
Maassstabe 1:150000 wird der folgenden Darstellung der
stratigraphischen Verhältnisse zu Hülfe kommen.
Die hohen und nackten Bergabhänge der krystallinischen
Randzone fallen südlich von Seldsche steil in das Thal der
Magliska hinab. Dieser Bach kommt von der Topuriska pol-
jana, durchfliesst im nordsüdlichen Laufe ein ziemlich enges
Gebirgsthal, durchbricht in einer engen Schlucht den krystal-
linischen Südrand des Balkan, tritt bei Maglis in die Ebene
und ergiesst sich bei Sofular in die Tundscha. Bei Seldsche
sammeln sich einige von den umliegenden Höhen herabkom-
mende Gebirgsbäche, rechts die Tschifliska, links die Simnitza
und die Schenanska rjeka. Von Kasanlik über Djusevo und
Seldsche führt eine im letzten Kriege berühmt gewordene
Strasse über den Balkan nach Trawna. Diese Strasse steigt
unmittelbar nordöstlich von Seldsche an dem steil .sich erhe-
benden Rücken des Dubnik hinauf, führt dann über den Kamm
dieses Grates zur Pistiza poljana und weiter zur Topuriska,
an dem Ostfusse des auf dem letztgenannten Bergrücken steil
sich erhebenden Kegelberges Massalak vorüber zur Kamanarna,
einer sattelförmigen Einsenkung auf der Wasserscheide, und
mündet dann in die nach Trawna hinabführende breite Kunst-
strasse ein.
An den Nordabhang der krystallinischen Randberge lehnen
sich südlich von Seldsche dünnbänkige Schichten von bräun-
lichen, glimmerreichen Thonschiefern und grauen Sandsteinen,
welche von SO. nach NW., Stunde 10, streichen und mit 35°
südwestlich einfallen.
In dem ungefähr 2 km breiten Thalbecken von Seldsche
sind die Schichten zu einem flachen Sattel zusammengeschoben,
dessen südwestlicher Flügel an das krystallinische Gebirge sich
anlehnt, und dessen Sattellinie durch den Magliskabach geöffnet
ist. Durch die Seitenbäche der Magliska ist das Schichten-
system der Beobachtung ziemlich zugänglich gemacht. Wo es
nothwendig war, haben Schürfarbeiten zur weiteren Aufklärung .
geführt. Die letzteren wurden durch die starke Ueberdeckung
mit Alluvialmassen recht erschwert. In dem Alluvium südlich
von Seldsche fand ich zahlreiche sehr schön ausgebildete,
stengelförmige Gypskrystalle.
Vereinigt man die Beobachtungen in den Bachbetten und
den Schürfgräben, so stellt sich der Schichtenbau folgender-
maassen dar: In der Mitte des Sattels erscheint bei den
südlichsten Häusern des Dorfes am linken Bachufer das von
Hoc#sTETTErR erwähnte Kohlenflötzchen von 0,3 m Mächtigkeit,
welches mit 10 — 15° nordöstlichem Einfallen in braunem,
etwas glimmerigem und bituminösem Thonschiefer liegt. Die
505
Kohle ist sehr grusig und reich an Kies, die Oberfläche mit
einem dicken Ueberzug von Schwefel als Zersetzungsproduct
des Markasits bedeckt. Auf einen breiten Complex von grauen
Schiefern und gelblichgrauen, glimmerreichen Sandsteinen folgt
sodann in der Tschifliska, westlich vom Dorfe, ein Kohlenflötz
von 50 cm Kohle, 25 cm Brandschiefer, 30 cm Kohle; Han-
gendes und Liegendes ist Thonschiefer; im Hangenden findet
sich ein dicker Packen von Wasserkies. Die Kohle ist eine
„gasarme Sandkohle“, ziemlich fest und stückreich, eisengrau
im Bruch, glänzend schwarz auf den Schichtungsflächen und
verbreitet, obwohl sie selbst ziemlich kiesfrei ist, beim Anhauen
des Flötzes einen ganz intensiven Schwefelwasserstofigeruch,
welcher sich jedoch beim Liegen an der Luft bald verliert.
Ungefähr 25 m im Hangenden hiervon tritt ein circa 1,5 m
mächtiges Flötz auf, welches aus zwei schwachen Schnüren
sehr unreiner Kohle, Brandschiefer und Sphärosideritnieren be-
steht. Weiter im Hangenden finden sich ausserdem noch einige,
z. Th. bis zu 3 m mächtige Brandschieferflötze.
Auf der linken Seite des Magliska - Thales, im nordöst-
lichen Sattelflügel treten am Fusse des unmittelbar oberhalb
der nordöstlichen Häuser von Seldsche sich erhebenden Dubnik
einige schmale Brandschieferflötze in dem bräunlichgrauen
Thonschiefer, sowie am südöstlichen Rande des Thonschiefer-
gebietes, in unmittelbarer Nähe der krystallinischen Gesteine
ein Flötz von 80 cm unreiner schiefriger Kohle und 1 m Brand-
schiefer auf, welches mit 45° nach Nordosten einfällt.
Dringt man im Magliska-Thale aufwärts nach Norden vor,
so komnt man an den letzten Häusern des Dorfes an steil
aufgerichtete Schichten von braunen Schiefern und graubraunen
Sandsteinen, welche südwestlich einfallen. Dann führen Weg
und Bach durch eine enge Felsschlucht, an deren östlicher
Seite dolomitischer Kalk ansteht. Etwas. weiter thalaufwärts
steht an der rechten Seite des Thalgehänges eine ca. 800 m
breite Partie von sericitartigem Chloritschiefer an, welche
nach NNW. verläuft und steil in das Magliskabett abfällt.
Allem Anschein nach hat man es hier mit einem ungewan-
delten älteren, vielleicht krystallinischen Schiefer zu thun.
Nördlich von diesem chloritischen Schiefer zeigen die
kohlenführenden Schichten mannigfache Biegungen, Faltungen
und Pressungserscheinungen und (offenbar durch eine Ver-
werfung) sind die südlich von Seldsche beobachteten Kohlen-
bänke und Brandschieferflötze nochmals sichtbar. Weiter thal-
aufwärts trifft man eine breite Partie von sehr grobkörnigen
Quarzconglomeraten und durch kalkiges Cäment verkitteten
Quarzitblöcken, sodann Sandsteine, welche in h. 4 streichen.
Die Schichten legen sich somit aus der SO.—NW. - Streich-
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVIl. 2. 27
506
richtung allmählich in eine südnördliche herum. Ein an der
rechten Seite des Thales anstehendes Hauptbrandschieferflötz
zeigt bei 4,5 m Mächtigkeit, fast nordsüdliches Streichen (h. 2)
und 50° östliches Einfallen. Wo die Magliska ihren bedeu-
tendsten rechtsseitigen Zufluss aufnimmt, liegt am linken Bach-
ufer noch ein 45 cm starkes Grieskohlenflötz von nordsüd-
lichem Streichen und flach östlichem Einfallen.
Der Weg durch das Hauptthal zur Topuriska poljana
führt mehrmals über dunkelgraue Kalke, rothe Conglomerate
und grünliche, rothe oder graue Schiefer und Sandsteine.
Unmittelbar bei dem Dorfe Seldsche und zwar sowohl auf
der rechten als auf der linken Seite des Magliska- Baches
lagert auf den kohlenführenden Schichten eine bis zu 80 m
mächtige Partie von dichtem, massigem, unregelmässig ge-
schichtetem, dolomitischem Kalk, von splittrigem Bruch und
licht- bis dunkelgrauer Farbe, in welcher sich netzartig ver-
zweigte Adern von weissem Kalkspath deutlich erkennbar ab-
heben. An der Oberfläche ist der Kalkspath ausgewittert
und die Kalkfelsen bieten ein sehr zerklüftetes und zerschrun-
denes Aussehen.
Die Auflagerung des Kalkes auf den Sandstein- und Schiefer-
schichten kann man besonders gut beobachten in dem Simnitza-
Thale, welches bei Seldsche von links her in die Magliska
einmündet. Hier fallen die dem nordöstlichen Sattelflügel an-
gehörigen Schichten flach (8—10°) nordöstlich ein; die Schiefer
sind in der Nähe der Kalkzone hornsteinartig und schwarz
gefärbt.
Von Seldsche aus ziehen sich die Kalke in einer Zone
von etwa 3000 m Breite an der Grenze des krystallinischen
Gebirges weit nach Osten fort und bilden den Höhenkamm
der nordöstlich sich erhebenden Gebirgsrücken.
In der ca. 15 km weiter östlich gelegenen Hainkioj-Pass-
strasse bilden die Kalke nördlich von Tschelinskirad eine ca.
l km breite Zone, zeigen jedoch hier etwas regelmässigere
Schichtung. Auf dem Wege von Tschelinskirad nach dem
Osdrom treten sie dagegen wieder mit genau demselben Cha-
rakter auf wie bei Seldsche, ungeschichtet, massig.
Trotz vielfachen und eifrigen Suchens ist es mir nicht
gelungen, in diesen Kalken Spuren von Versteinerungen auf-
zufinden. Dieser Mangel an Petrefacten veranlasst auch die
Bedenken, welche ich gegen die Identificirung dieser Kalke mit
den bei Gabrovo, Trawna und a. a. O. auftretenden Capro-
tinenkalken habe, da an letzteren Orten Versteinerungen nicht
sehr selten sind. Der petrographische Habitus dieser Kalke
ist jedoch nach den vorliegenden Beschreibungen demjenigen
der nordbalkanischen Caprotinenkalke vollkommen analog und
ze
ihr Auftreten im Hangenden der Schiefergesteine bringt mich
zu der bereits erwähnten Annahme, dass wir es hier mit Glie-
dern der unteren bezw. mittleren Kreide zu thun haben.
Auf dem Wege von Seldsche nordwärts zur Wasserscheide
stösst man wiederholt auf diesen Kalk; so an der Pisdiza
poljana, welche ganz aus demselben besteht.
Am Westabhange dieses Berges tritt eine von S. nach N.
streichende Schicht von Sandsteinen und Schiefern auf, welche
auch ein schwaches Kohlenflötz enthalten. Im Süden sind die
Schichten von den Kalken der Pisdiza bedeckt, nach Norden
streichen sie ungefähr 1000 m weit in den auf der Wasser-
scheide aufragenden Bergkegel Massalak hinein. Am Fusse
dieses Berges ist auf dem Kohlenflötz vor ca. 20 Jahren etwas
Bergbau getrieben worden: man hat im Streichen einen gut
verzimmerten Stolln von ca. 7 m Länge aufgefahren und vor
dessen Mundloch mehrere Schächte abgeteuft. Die bei diesen
Arbeiten gewonnene Kohle liest auf der Waldblösse bei dem
Stolln aufgehäuft.. Das Flötz streicht von N. nach S., steht
saiger oder ist ganz schwach (85°) nach Westen geneigt.
Der das Flötz begleitende Gesteinscomplex ist folgender:
Im Osten, auf dem Wege von der Pistiza poljana nach der
Wasserscheide, stehen Schiefer und Sandsteine, wie bei Seldsche,
an; dann folgen auf dem Wege vom Markowtop, einer Waldblösse
am Südostflusse des Massalak, zu dem Flötze zuerst noch
Schiefer und graue und gelbe Quarzsandsteine, dann aber ein
Glimmer-, Quarz- und Feldspath-reiches und durch ein dunkel-
grünes Pigment gefärbtes Schiefergestein, das ich am liebsten
als Gneiss bezeichnen möchte, das aber auch ein durch Pres-
sung schiefrig gewordener Granit sein kann und vielleicht iden-
tisch ist mit dem von SCHRÖCKENSTEIN !) in dieser (segend ge-
fundenen und von ihm als Syenitschiefer bezeichneten Gestein.
— Das ganze Terrain um die Wasserscheide ist mit dichtem
Hochwald bedeckt, so dass es ganz ausserordentlich mühsam
und schwierig ist, den Verlauf der Gesteinsvorkommen zu
verfolgen
Das krystallinische Gestein hat von Osten nach Westen
eine Breite von ca. 600 m. Auf demselben liest ungeschich-
teter, dunkelgrauer, dolomitischer Kalk, von demjenigen bei
Seldsche und an der Pistiza nicht unterscheidbar, darauf dünn-
plattige, bräunliche, bituminöse Schiefer, dann das 1'/, m
mächtige, stark mit Brandschieferstreifen durchzogene Kohlen-
Nötz, darauf '/, m Schiefer, dann hellgelber, grobkörniger,
poröser Sandstein, und weiter westlich bis zu den Quellthälern
der Magliska grauer, massiger Kalk.
2) Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt 1872, pag. 286.
ZU
508
Es wird sich bei der weiteren Darstellung ergeben, dass
das Auftreten des Flötzes in der Nähe von krystallinischem
Gestein und im Hangenden und Liegenden begleitet von Kalken
dem Auftreten der Flötze am Mandralyk und Jemisch Dag
im Tscham-Dere-Balkan ganz analog ist.
Da wo die Magliska am Nordwestabhang der Pisdiza
poljana die kohlenführenden Schichten an deren südlichstem
Ende entblösst, ca. 1500 m südlich von dem Stolln am Mas-
salak, fand mein Begleiter, Herr Leo zu Philippopel, in Fluss-
geröllen von lichtgrauem, glimmerreichem Sandsteine einige
Pflanzenreste, unter welchen einer mit ziemlicher Wahrschein-
lichkeit als der Abdruck eines Laubblattes gedeutet werden
konnte. Ich besitze den Abdruck nicht, konnte daher auch
eine nähere Bestimmung desselben nicht versuchen.
Die Wasserscheide zwischen dem Flussgebiete der Ma-
gliska und der Trawnanska habe ich an drei Funkten, einmal
auf der Bolgarska, 3—4 km östlich von der von v. FRriTscH
passirten Strasse Stojefei—Janina, sodann auf der Kamanarna,
am Östfuss des Massalak, und endlich auf dem Wege nach
Krästez und Stankovhan im NO. überschritten.
Auf dem Wege von dem Stolln im Flötze am Südfusse
des Massalak zur Bolgarka findet man zuerst ungefähr 2 km
weit längs des Westfusses des Massalak gelbe und graue grob-
körnige Quarzsandsteine von genau demselben petrographischen
Habitus, welchen die als Nebengestein der Kohlenflötze im
Bonef Kubak und an der Pranary auftretenden Sandsteine
zeigen, dann auf dem Rücken bis zum Nordabhang der Bol-
garka dunklen dolomitischen Kalk, den auch v. Fritsch !)
etwas weiter westlich angetroffen hat. Beim Abstieg in das
Thal der Pranary findet man unter den Kalken grob- bis
feinkörnigen, rostbraunen Sandstein mit zahlreichen goldglän-
zenden Glimmerblättchen, sowie gelbe und rothe Quarzconglo-
merate. In diesen Sandsteinen liegen mehrere 60 — 100 cm
mächtige Kohlenflötze, welche von SCHRÖCKENSTEIN ?) beschrie-
ben sind. An mehreren Stellen hat man dieselben zur Zeit
der Türkenherrschaft in Angriff genommen: einige Schächte sind
abgeteuft, auch mit erstaunlichem Holzaufwand einige strei-
chende Strecken aufgefahren, welche jedoch nicht mehr fahrbar
waren. 2—2!/, km weiter westlich, an der gegenüberliegenden
Berglehne, der sog. Peitschov livada — Wiese des Peitschov —
sind dieselben Flötze nochmals entblösst. Das Hangende be-
steht auch hier aus rothen Schiefern, Sandsteinen und Con-
glomeraten. Das Streichen des Flötzcomplexes ist h. 8; das
2) Beitrag zur Geologie des Balkan pag. 8.
)) Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1872, pag. 234 fl.
u
Einfallen 45° nach Süden. Das Liegende bilden gelbe und
graue Sandsteine und Quarzite, darunter liegen Kalkschiefer.
Die westlichste Fortsetzung der Flötze bilden wohl die
von v. Frırscu auf der Route Stojefei— Janina angetroffenen,
zwei 0,3 m mächtigen Steinkohlenflötze.
Meine Beobachtungen über die stratigraphischen Verhält-
nisse der Flötze am Dissak -Dere und ihr Fortstreichen bis
zur Kamanarna stimmen im Ganzen mit der von SCHRÖCKEN-
STEIN gegebenen Darstellung überein, nur fand ich die Mäch-
tigkeit des Hauptflötzes etwas grösser.
In dem Seitenthale, welches von der Kamanarna aus
nordwestlich zum Dissak-Dere hinfliesst und in seinem oberen
Theile ziemlich parallel mit dem Bonef-Kubak verläuft, tritt
unter dem die Kohlenflötze begleitenden gelben Sandsteine eine
Zone von dünnplattigen, grauen Kalkschiefern mit feinen, netz-
artig verlaufenden Kalkspathadern auf, deren Schichten in der
mannichfaltigsten Weise gekrümmt, geknickt und zusammen-
gefaltet sind. Das Generalstreichen derselben ist in h. 6—8, das
Einfallen südlich bis südöstlich mit ca. 35°. In ihrem petrogra-
phischen Verhalten erinnern diese Kalkschiefer stark an die
oben (pag. 495) erwähnten Schiefer im Bair Dag zwischen
Körten und Lidscha.
Auf dem Wege von Markowtop nach Norden zur Ka-
manarna halten die Sandsteine und Schiefer, sowie grobkörnige,
weiss und roth gefärbte Quarz - Feldspath-Conglomerate vom
Markowtop aus noch ca. 600 m weit nach Norden hin an,
dann trifft man auf die östliche Fortsetzung der oben er-
wähnten, beim Uebergange über die Bolgarka beobachteten
dunklen Kalke, welche bis zur Landesgrenze sich erstrecken.
Hier stellt sich eine 20 — 530 m mächtige Partie von Thon-
schiefer und darunter die gelben und grauen grobkörnigen
Sandsteine ein, welche das Nebengestein der Kohlenflötze in
der Kamanarna und im Bonef-Kubak bilden. Der ganze
Schiehtenecomplex streicht ungefähr in h. 7 und fällt mit ca.
45° nach Süden, also unter den überlagernden dolomitischen
Kalk, ein.
Eine Exceursion von Seldsche aus nordöstlich in das Thal
von Borustiza und hinauf zur Kamanarna hatte folgendes
Ergebniss:
Nachdem der kalkige Höhenrücken , welcher nordöstlich
von Seldsche sich erhebt und welcher die östliche Fortsetzung
der dolomitischen Kalke des Dubnik bildet, überstiegen war,
fand ich die auf der Strasse Seldsche—Pisdiza poljana ange-
troffenen bräunlichgrauen Thonschiefer, sowie die gelben, grob-
körnigen Sandsteine und Quarzite, deren Bänke im Allgemeinen
h. 9—10 streichen und südwestlich einfallen. Die Sandsteine
510
halten bis Tschiflik-Borustiza an. Der Rücken zwischen diesem
Weiler und dem etwas weiter nördlich gelegenen Dorfe Bo-
rustiza besteht ausschliesslich aus dünn geschichteten, vielfach
zusammengefalteten Thonschiefern mit einzelnen Quarzitein-
lagerungen.
Im Dorfe Borustiza sind Gesteine zu beobachten, auf
welche die von FÖTTERLE, SCHRÖCKENSTEIN U. A. gegebene Be-
schreibung der neocomen sog. Karpathensandsteinschichten des
nordbalkanischen Vorlandes ausgezeichnet passt. Es sind wech-
selnde Bänke von grauen Sandsteinen und von Mergelkalken.
Im Bachbett bei den nördlichen Häusern von Borustiza sind
diese Schichten sehr schön entblösst. Die Sandsteinbänke
sind 10—20, selten 100 cm dick, die Mergelbänke erreichen
meist nur 15 cm Mächtigkeit. Die Sandsteine lassen sich sehr
leicht in grossen und dünnen Platten gewinnen und werden in
Borustiza, wie in den übrigen Dörfern des subbalkanischen
Sandsteingebietes als Dachdeckmaterial benutzt. Auf den
Schichtungsflächen findet man auch die charakteristischen
Wülste und Abdrücke. Die Schichten streichen quer durch
das Thal von Ost nach West und fallen mit 50 — 60° nach
Süden ein.
Verfolgt man das Borustiza-Thal weiter nach Norden, so
trifft man den Kalkzug der Pisdiza poljana und Bolgarka und
darunter die oben geschilderten gelben und grauen Sandsteine
der Kamanarna, welche mit Streichen in h. 7—8—-9 und süd-
lichem Einfallen bis zur Wasserscheide anhalten.
Ich schlug den Weg in einer der von Westen herabkom-
menden Schluchten ein, um die Strasse Kamanarna—-Seldsche
zu erreichen. Der Pfad führte durch ein fast undurchdring-
liches Walddickicht, wo selbst der mitgenommene Führer nicht
mehr vorwärts wusste. Doch fanden wir nach langem, mühe-
vollem Suchen das Ziel des ÄAusflugs, ein Kohlenflötz, das sich
aber bei genauer Untersuchung, wie auch die anderen Flötze
der südlichen Balkanseite, als unbauwürdig erwies.
Auf dem Wege von der Kamanarna nach Stankovhan
findet man nördlich von den gelben und grauen Sandsteinen
der Kamanarna und von den auch im Liegenden der Kohlen-
flötze im Dissak - Dere beobachteten Kalkschiefern eine Zone
dunkelgrauen dolomitischen Kalkes, welcher lebhaft an die
Kalke bei Seldsche erinnert, nördlich von demselben jedoch
wieder bräunliche Thonschieferschichten , welche ostwestlich
streichen. An dem steilen Bergabhang, an welchem man nach
Kreslovei hinuntersteigt, sind diese Schichten sehr gut beob-
achtbar. Auf dem Wege von Kreslovei nach Rujevei kommt
man über schwarzblaue, dichte Schiefer und graue Sandsteine,
welche letztere das Belitzathal hinauf bis Stankovhan an-
51
halten, da die Gebirgsschichten regelmässig in ostwestlicher
Richtung fortstreichen.
Das obere Belitzathal besteht aus dunkelgrauen, unge-
schichteten, dolomitischen Kalken, welche bei Wlasatiliti (La-
sativ der österreichischen Karte) und Olenei zu beiden Seiten
des Baches mächtige Felsmassen bilden. An einigen Stellen,
z. B. östlich von Wlasatiliti erscheinen unter denselben gelb-
lichgraue Sandsteine und grünlichgraue, feingeschichtete Mergel-
schiefer. In dem nördlich von Stankovhan und Wlasatiliti sich
erhebenden Gebirgsrücken treten nördlich von den massigen
Kalken Schichten von grauem, glimmerreichem, grobkörnigem
Sandstein und von Schiefer auf, welche am Vernovrh oder
Belnovrh (türkisch Beas Bair) eine Kohlenablagerung von be-
trächtlicher Mächtigkeit enthalten.
Um die Mitte des vorigen Jahrzehnts hat auf dieser Lager-
stätte ein reger Bergbau stattgefunden, derselbe ist jedoch in
den Stürmen des letzten Krieges zum Erliegen gekommen.
Man sieht noch jetzt in den weiten Tagebauen die Reste der
Strecken, welche zur Untersuchung des Lagers getrieben sind,
und kann die Mächtigkeit und Erstreckung desselben verfolgen.
Das Lager besteht aus einem nach Osten hin allmählich
schwächer werdenden Complex von Kohlenschichten und bitu-
minösen Schiefern. Die Kohle ist z. Th. schiefrig, z. Th. aus-
gesprochene „Pechkohle“ von ausgezeichnetem Pech- bis Glas-
glanz, ausgezeichnetem muscheligem Bruch, grosser Härte und
Sprödigkeit.
Die Lagerstätte liegt unregelmässig gebogen und gefaltet,
doch scheint ein schwaches Einfallen nach Norden beobachtet
werden zu können. Das Hangende bilden graue Sandsteine
mit groben Conglomeratbänken, welche besonders auf der west-
lichen Seiten zu hohen Felsen sich aufthürmen.
Nach Osten hin stellen sich über den Sandsteinen bald
wieder die am Belitzathale beobachteten dolomitischen, zer-
schrundenen Kalke ein. Leider fand ich ebensowenig in diesen
Kalken wie in den grobkörnigen Sandsteinen Versteinerungen,
so dass ich über das Alter dieser Kohlenablagerung sichere
Angaben nicht machen kann. Den stratigraphischen Verhält-
nissen nach bin ich jedoch geneigt, auch diese Ablagerung in
die untere Kreide zu stellen, indem ich die Sandsteine und
Conglomerate ebenso wie diejenigen des oberen Trawnanska-
thales mit v. Fritsch als Neocom anspreche. Die Kalke wür-
den dann etwa zum Gault gehören.
Um von Wlasatiliti zum Südfusse des Balkan zu gelangen,
nahm ich den Weg über die Butura planina und den Zlatijrit,
welche sich westlich von der Hainkioj-Passstrasse erheben, in
512
das Thal der Lavarjeka. Von Tschelinskirad aus unternahm
ich noch einen Ausflug nach Norden zur Drenska planina, um
daselbst ein Kohlenvorkommen zu besichtigen.
Ostsüdöstlich von Wlasatiliti kommt man nochmals über
die bereits mehrfach im Westen angetroffene Zone von dunkel-
grauen dolomitischen Kalken mit weissen Kalkspathadern,
welche hier nur ca. 2 km breit ist und weithin sichtbar nach
Osten und Westen verläuft. Beim Abstieg von der Butura
planina zu dem Thale und Dorfe Lavarjeka traf ich nur ost-
westlich streichende und steil bis flach südlich einfallende
Schichten an, welche mich nach ihrem ganzen Habitus ausser-
ordentlich an die Grauwackenschieferschichten des rheinischen
Unterdevons, besonders des Siegerlandes erinnerten. Es sind
unregelmässig wechselnde Schichten von bräunlichgrauen Thon-
schiefern und grauen, feinkörnigen Sandsteinen, ebenso wie sie
v. Fritsch im Trojan-Balkan, ich nördlich von Seldsche und
südlich von Borustiza sowie im Bair-Dag, v. Hoc#sTETTER und
auch ich nordwestlich von Sliwvno beobachtet haben und welche
ich daher nicht anstehe, mit v. Fritsch und v. HocHSTETTER
für neocom zu erklären.
Diese Schichten lehnen sich im Süden an die krystalli-
nische Randzone des Balkans an, werden aber in ihrem süd-
lichsten Theile von den an den Nordrand der krystallinischen
Gesteine sich anschliessenden licht- bis dunkelgrauen dolo-
mitischen Kalken mit weissen Kalkspathadern überlagert,
welche, wie oben erwähnt, von Seldsche in östlicher Richtung
bis hierher und weiter nach Osten sich erstrecken.
Steigt man von Tschelinskirad aus in dem hier von der
linken Seite in das Junisova-Dere mündenden Thale nach
Norden zum Osdrom und zur Drenska planina hinauf, so trifft
man, nachdem die nördlich von Tschelinskirad aus chloritischen
Glimmer - und Hornblendeschiefern bestehende krystallinische
Randzone sowie die dolomitischen Kalke überschritten sind,
auf Kalkschiefer und beim Aufstieg zum Osdrom, bald ober-
halb der letzten Häuser von Gorny-Tschelinskirad, auf einen
Aufbruch von feinkörnigem Biotitgranit. - Derselbe ist ungefähr
3 km breit; sein Verlauf nach Osten und Westen liess sich
wegen der Waldbedeckung nicht feststellen.
Nördlich von diesem Granitstock traf ich auf dem Gebirgs-
kamm, über welchen ich nach NNO. zur Drenska planina vor-
drang, fortgesetzt Sandsteinbänke von genau demselben petro-
graphischen Charakter an, wie dieselben als Nebengestein der
Flötze von Radiewce oben beschrieben sind: gelblichgrau,
fein- bis grobkörnig, ziemlich diekbänkig. — Die Schichten
streichen genau ostwestlich und fallen südlich ein. In denselben
findet sich im oberen Theile des Westabhanges ein schwaches
513
Steinkohlenflötz, an dessen Ausgehendem in früheren Jahren
Betrieb stattgefunden zu haben scheint.
Dass die kohlenführenden Schichten von der Drenska
planina weiter nach Osten bis zum Thale des Twirdiza-Elena-
Passes reichen, ist mit Sicherheit aus den Rollstücken von
schwarzen Kohlenschiefern zu schliessen, welche der Ferdzis-
bach von oben her in die Ebene mit herabbringt.
Das Gebiet des Tscham-Dere.
Das Flussgebiet des Tscham-Dere im westlichen Theile
des Sliwvno-Balkan bildet einen weiten Gebirgskessel, welcher
im Süden von den hohen und steilen Bergen des Balkanrandes,
im Norden von den die Wasserscheide bildenden Gebirgsrücken
und nach Osten und Westen von hohen Bergkämmen umgeben
ist. Die Gebirgswässer dieses Beckens sammeln sich in meh-
reren starken Bächen, welche sich unterhalb des Dorfes Tscham-
Dere vereinigen, den Südrand des Balkan in einem engen Fels-
defilee östlich von Terzioba durchbrechen und, nachdem sie die
Bela rjeka aufgenommen und durch die enge Felsschlucht
zwischen der Medschelik planina und dem Sliwno-Balkan bei
Beikos sich durchgewunden haben, in die Tundscha sich er-
giessen. Die Randberge dieses Beckens erheben sich z. Th.
zu 600 m über die Sohle des Gebirgskessels. Den geologischen
Bau dieses Flussgebietes habe ich etwas genauer kennen zu
lernen Gelegenheit gehabt. Das auf Tafel XXII beigefügte
Uebersichtskärtchen wird die nachfolgende Schilderung der
Verhältnisse unterstützen.
Den Südabhang des Balkan bilden von Terzioba bis un-
gefähr 2 km westlich von der Thalmündung des Tscham-Dere
graue, dichte, undeutlich geschichtete, zerschrunden aussehende
Kalke, weiter westlich gelblichgraue, dichte Quarzite, deren
grobe Bänke aus WNW. nach SSO. streichen, mit 45 — 50°
nördlich einfallen und nach Südosten bis zum Zusammenflusse
der Bela rjeka und des Tscham-Dere anhalten. Ungefähr 2000 m
nördlich von Beikos treten unter den Quarziten dickbänkige,
dunkelgraue, eisenschüssige Kalksteine auf, welche ebenfalls
nördlich einfallen.
Versteinerungen habe ich in diesen Kalken nicht gefunden,
doch möchte ich diese Schichten, für welche ich Analoga im °
Balkan nicht gefunden habe, in Parallele stellen mit den von
HocHsTErTTEr auf der Wasserscheide des Karadscha Dag, zwi-
schen Eski-Zara und Kasanlik, gefundenen Gesteinen, welche
er als wahrscheinlich triassisch bezeichnet.
Ein Verbindungsglied in dem gemuthmassten Zuge der
triassischen Quarzite würden dann die auf dem Wege Jeni-
914
Zara — Körten an der Tundscha bei Lidscha von mir gefun-
denen Quarzite und Quarzsandsteine bilden (pag. 495).
Dringt man aus der Ebene der Bela rjeka in dem Tscham-
Dere nach Norden vor, so hat man zuerst die Randzone der
Quarzitschichten zu überschreiten. Dieselben bilden nach Süden
einen steilen Abhang, an welchem die Strasse sich in grossen
Bogen langsam in die Höhe windet und ca. SO m über dem
Bachbett in das Tscham-Dere-Becken eintritt. Auf dem Wege
nach Norden triftt man auf den Quarzschichten lagernde,
offenbar neocome Thonschiefer und Sandsteine von demselben
Gesteinscharakter wie im Thale von Lavarjeka, am Südabhang
des Zlatijrit und im Bair Dag nördlich von Kadahla. Diese
Schichten fallen zuerst nördlich, später südlich ein, sie bilden
also eine Mulde.
Unmittelbar nördlich von dem Zusammenflusse des von
Nordwesten herabkommenden Bere-Dere und dem von ONO.
kommenden Bjela-Dere (der auf der österreichischen Karte an
der hier in Rede stehenden Stelle eingezeichnete Ort Tscham-
Dere liegt in Wirklichkeit ca. 3 km weiter nordöstlich im
Thale des Bere - Dere) beobachtet man einen Schichtensattel
und als liegendste Schichten desselben graubraune Kalkschiefer,
grau- und rothgefleckte Kalke in groben Bänken, und darüber
graue, dünngeschichtete Kalke. Diese Kalke möchte ich mit
den rothen Kalken und rothen Schiefern des Nordfusses der
Schipkastrasse, sowie mit den Kalken und Kalkmergeln des
Trojanbalkans in Parallele stellen und als oberjurassisch an-
sprechen. Die Schichten sind nur auf eine kurze Strecke
entblösst und am besten an den Bachufer sichtbar. Der zur
Zeit meiner Anwesenheit stark angeschwollene und über die
Ufer getretene Bach machte es mir unmöglich, die Schichten
nach Petrefacten abzusuchen. — Der vorhin erwähnte Sattel
streicht nach Osten hin fort und ist südöstlich von Beloselo,
auf dem Höhenrücken des Kara-Kütschük nochmals beobachtet
worden. Weiter thalaufwärts im Bere-Dere folgen nördlich
einfallende dicke Bänke von weichen Sandsteinen, grünlichgrau,
gelblich und weiss, sodann nördlich vom Dorfe gelbe, feste
Sandsteine, genau wie die Sandsteine der Flötzpartie von
Radiewce und an der Drenska planina, und in denselben ein
schmales Flötzchen von glasglänzender Pechkohle. Nördlich
‘ hiervon werden die Sandsteine überlagert von massigen dolo-
mitischen Kalken von demselben zerschrundenen Habitus, wie
solcher bei den Kalken von Seldsche, an der Pisdiza und
a.a.O. beobachtet und oben beschrieben ist. Diese Kalke
streichen nach Osten hin durch die nördlich von Bjela-Tschesli
und Jenikioj sich erhebenden Gebirgsrücken hindurch.
Nördlich von dieser Zone von dolomitischen Kalken trifft
Te Fe
915
man im Bere-Dere schroff aus dem Thale ansteigende Felsen
von grobkörnigem Granit, dessen fleischrothe Orthoklaskrystalle
z. Th. in grünlichen Pinit umgewandelt und dessen Glimmer-
blättchen sehr stark zersetzt sind. Accessorisch findet sich
Hornblende und etwas Titaneisen.
Weiter im Osten, nördlich von Bjela-Tschesli, habe ich
diesen Granitstock wieder angetroffen; wie weit er sich nach
Westen erstreckt und ob er vielleicht mit dem Granit des
Osdrom im Zusammenhang steht, habe ich nicht feststellen
können, da ich auf der Strasse Twirdiza-Elena nicht bis zum
Balkankamme hinaufgekommen bin.
Jedenfalls aber ist dieses Auftreten von granitischen Ge-
steinen inmitten der sedimentären Bildungen sehr interessant
und bildet eine schöne Analogie zu den von TouLA im west-
lichen Balkan — im Berkowitza- und Etropol-Balkan — beob-
achteten Aufbrüchen von krystallinischen Massengesteinen.
Das am Unterlaufe des Kischnak - Dere gelegene Türken-
dorf Sari- Yar hat seinen Namen (Gelber Sandfleck) von den
gelben, grauen und weissen Sandsteinschichten, auf welche es
gebaut ist. Diese. Schichten sind den südlich von Tscham-Dere
beobachteten mürben Sandsteinen analog.
Am westlichen Gehänge des parallel zum Bere-Dere ver-
laufenden Thales des Kischnak, an welchem ca. 4km oberhalb
Sari- Yar das Dorf Bjela-Tschesli liegt, stehen, den südlich
vom Dorfe Tscham-Dere beobachteten Schichten analog, dick-
bänkige, weiche Sandsteine von gelber und hellgrauer Farbe,
sowie die grünlichen Mergelbänke an, welche nördlich einfallen;
weiter thalaufwärts stellen sich auch Conglomerate ein.
An dem steilen Bergabhang nordöstlich von Bjela-Tschesli
fallen dieselben Schichten steil nach Süden ein, die Sandsteine
bilden also eine Mulde, deren Tiefstes unmittelbar südlich von
dem letztgenannten Dorfe liegt. Diese synklinale Faltung der
hellen Sandsteine und grünlichen Mergelbänke trifft man weiter
östlich, etwas südlich von dem Dorfe Jenikioj wieder an.
Nordwestlich von Bjela-Tschesli tritt die im Thale des
Tscham-Dere beobachtete Kalkpartie in breiter Zone und steile
Felsen bildend auf.
Dieselben Kalke trifft man auch weiter östlich bei Jenikioj
und zwar sowohl auf dem Wege durch das Bjela-Dere zur
Wasserscheide, als auch beim steilen Aufstieg zum Jemisch-Dag.
Wenn man von Bjela - Tschesli direct nördlich an dem
steilen Bergabhang zu dem Bergrücken Mandralyk aufsteigt,
überschreitet man zuerst noch gelb- und hellgefärbte, südlich
einfallende Sandsteine, sodann die oft erwähnten dolomitischen
Kalke und trifft dann den östlichen Ausläufer des oben er-
wähnten, von mir zuerst im Bere-Dere beobachteten Granit-
516
stockes, welcher hier ca. 2000 m breit ist und den steil nach
Osten und Süden einfallenden Rücken des Kütschük-Sivri bildet.
Die von hier mitgebrachten Handstücke zeigen zum Theil
Gneissstructur, indem die silberglänzenden Kaliglimmerschüpp-
chen und feinkörnigen Quarze lamellar zusammengelagert sind
(durch reichliche Beimengung feinster Eisenglanzschüppchen
ist das Gestein schwach röthlich gefleckt und gestreift). Zum
Theil zeigen dieselben die grobkörnige Granitstructur: die
Quarze und röthlichen Orthoklase erreichen Haselnussgrösse,
die stark zurücktretenden Glimmer sind durch ein grünliches,
chloritisches Mineral, anscheinend Epidot, ersetzt, die Eisen-
glanzbeimengungen sind z. Th. hirsekorngross ; ausserdem finden
sich grosse Ausscheidungen von hellgrünem, strahligem Epidot.
Nördlich von den Graniten findet man nochmals die
schon oft geschilderten dolomitischen Kalke, sodann wechselnde
Schichten von bräunlichen Thonschiefern und Sandsteinen, und
in diesen auf dem Mandralyk die Ausbisse von Steinkohlen-
flötzen, welche ostwestlich streichen und ganz steil, fast saiger
nach Süden einfallen.
Dieser kohlenführende Schichtencomplex ist hier nicht
breit, nur ca. 1000 m; weiter nördlich, auf dem breiten, die
Woasserscheide und die Landesgrenze bildenden Gebirgsrücken
treten wieder kalkige Gesteine, in Bänken geschichtet und
südlich einfallend, auf. |
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Kohlenflötze weiter
nach Osten hin fortsetzen: ganz nahe der Wasserscheide,
nordwestlich von Jenikioj, an der Böschung des Saumpfades,
welcher von diesem Dorfe nach Elena hinüberführt, beobachtete
ich in einer schmalen Zone von bräunlichen Sandsteinen und
Thonschiefern, welche im Hangenden von den ungeschichteten
dolomitischen Kalken, im Liegenden von den in Bänken ab-
gelagerten Kalken begleitet ist, einige Kohlenausbisse. !) In
diesen Schichten war ich so glücklich, eine ergiebige Fundstelle
von Versteinerungen — die erste auf meinen Balkantouren,
welche reiche Ausbeute lieferte — zu finden. Herr Prof.
Franz TouLAk in Wien hat dieselben einer Durchsicht unter-
worfen und seine diesbezüglichen Beobachtungen in dem nächst-
folgenden Aufsatz (pag. 519) mitgetheilt.
Im Hangenden der versteinerungsführenden Schichten und
2) Es erscheint mır nicht zweifelhaft, dass das oben erwähnte
Kohlenvorkommen identisch ist mit dem von Ferıx Kanırz pag. 11,
Bd. III seiner historisch - geographisch - ethnographischen Reisestudien:
Donaubulgarien und der Balkan (Leipzig 1879) erwähnten Schwarz-
kohlenflötz, welches er auf der Route von Elena nach Slivno aufge-
funden hat. Der Weg von Elena führt von der Wasserscheide süd-
östlich nach Jenikioj hinab, von da über Beloselo nach Sliwno,
517
der dolomitischen Kalke treten bei Jenikioj die hellen Sand-
steine und grünlichen Mergelbänke auf, die in ihrem west-
lichen Fortstreichen bereits südlich von Tscham-Dere und von
Bjela - Tschesli angetroffen waren und auch bei Beloselo, am
Nordabhange des Kara-Kütschük, und zwar hier als im süd-
lichen Muldenflügel mit nördlichem Einfallen, beobachtet werden.
Am Kilisse-Bair bilden diese Schichten das steil ansteigende
rechte Ufer des Hamsa-Dere. Die Mergel sind bunt (grün,
roth, gelb, grau) gefärbt.
Auf dem Wege von Beloselo über den breiten Rücken des
Kara-Kütschük nach Sliwno trifft man bis zur Höhe des Ber-
ges fortgesetzt diese dickbänkigen Sandsteine und bunten Mergel;
dann stösst man auf den schon südlich von Tscham-Dere am
Zusammenflusse des Bere-Dere und des Bjela-Dere beobach-
teten Schichtensattel, welcher hier unter den grauen und roth-
gefleckten Kalken noch dünnbänkige, dichte Kalke von dunkel-
grauer Farbe aufweist, welche mich sofort lebhaft an die Kalke
auf der Höhe der Schipkastrasse am Sweti- Nikola erinnerten
und die ich daher für triassisch halten möchte. Dann folgen
noch die im Engpass von Beikos, sowie beim Austritt des
Tscham -Dere in die Ebene beobachteten Quarzite und grob-
bänkigen Kalke, und weiter südöstlich beim Abstieg in das
Haman -Dere südlich einfallende Schichten von grauwacken-
artigeem Thonschiefer und Sandstein und (weiter nach Süden)
von plänerartigen Kalkmergeln.. Der ganze Gesteinscomplex
hat genau denselben petrographischen Habitus wie die Schichten
von Lavarjeka, am Südabhang des Zlatijrit, und wie die Schich-
ten des Bair-Dag; er würde somit auch als neocom anzu-
sprechen sein, wie dies auch schon v. HocHSTETTER !) gethan hat.
Der Südrand des Balkan östlich von Sliwno.
Von Sliwno bin ich noch eine Strecke weit am Südfusse
des Wodo-Balkan nach Osten vorgedrungen,
Die zwischen Sliwno, Glusnik und Burgudschuk den süd-
lichen Balkanrand bildenden Gesteine hat v. HocHsTerTter ?)
genau beschrieben. Ich kann daher von der Wiedergabe
meiner Beobachtungen absehen, da dieselbe nur eine Bestäti-
_ gung von Hocastrrter’s Angaben enthalten.
Einige der aus dem eruptiven Randgebiete mitgebrachten
Gesteinsproben habe ich untersucht.
Die porphyrischen Tuffe, welche ich bei Glusnik sammelte,
enthalten Plagioklas in wohlbegrenzten, isolirten Krystallen.
Reichlich vorhanden ist ferner hellgrüner Diopsid in erbsen-
2!) Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1870, pag. 413.
Drara. 0: pag 413.1.
518
grossen Körnern und viel Magneteisen. Das Ganze durchziehen
Schnüre von Kalkcarbonat, die z. Th. durch Zersetzungspro-
ducte des Diopsids und durch Eisenoxyd verunreinigt sind.
Die schönen kegelförmigen Berge bei Burgudschik bestehen
aus Plagioklas - Olivin - Augit - Basalt. Der Olivin hat sehr
schöne Grlaseinschlüsse.. Kleine Hohlräume sind mit zeoli-
thischen Mineralien erfüllt. Auf den Kluftflächen liegen Ueber-
züge von weissem und rothem Stilbit.
In dem Thale des Burgudschuk-Dere findet man im Norden
der schmalen Zone basaltischer Gesteine rothe, graue und
braune Thonschieferbänke der Kreideformation, welche steil
südlich einfallen, im Streichen stark zerklüftet, verschoben und
verworfen sind. Auf und zwischen diesen Schiefern liegen
Bänke von Basaltconglomeraten und Tuffen.
Aehnliche Wechsellagerung von Kreideschichten mit eru-
ptiven Tuffen fand v. HocasTETTEr auch weiter östlich bei Aidos.
Zwischen Glusnik und Iserli lehnt sich an den schroff ab-
fallenden eruptiven Südrand ein regelmässig OW.-streichender,
flach nördlich einfallender Complex von grobkörnigen, gelben
und grauen Quarzsandsteinen und Quarziten an, in welchem
einzelne Schichten von heller gefärbten Thonschiefern und Mer-
oeln sowie schwache Kohlenschmitzchen enthalten sind. In
einer Quarzitbank fand ich auch undeutlich erhaltene Reste
von Versteinerungen, welche auf das tertiäre Alter dieser
Schichten hinweisen.
Ich schliesse die Mittheilung meiner Reisenotizen mit dem
Wunsche, dass dieselben als Beiträge zur Erweiterung unserer
noch vielfach lückenhaften Kenntnisse von dem geognostischen
Bau der Balkanhalbinsel eine freundliche Aufnahme und wohl-
wollende Beurtheilung in Fachkreisen finden mögen.
319
9, Ueber einige von Herrn H. SANNER im
Sliven-Balkan gesammelte Fossilien.
Von Herrn Franz Torıa ın Wien.
Hierzu Tafel XXI.
Herr Berg-Assessor Huco Sanner brachte aus dem öst-
lichen Balkan von seiner im Sommer 1882 unternommenen
Reise einige grössere Stücke eines braunen, mürben, feinkör-
nigen und etwas glimmerigen Sandsteins mit zarten kohligen
Spuren mit, die fast ganz und gar aus Steinkernen und Ab-
drücken von Fossilresten bestehen. Der Erhaltungszustand
dieser letzteren lässt nun zwar viel zu wünschen übrig, doch
schien es beim ersten Anblick der Dinge fast unmöglich, dass
dieselben nicht ausreichen sollten zur Bestimmung des betref-
fenden Horizontes. In Wirklichkeit ist die vorliegende Fauna
jedoch so ganz und gar aller wirklich bezeichnenden Formen
ledig, dass eine sichere Altersbestimmung der fossilienführenden
Schichten nicht vorgenommen werden kann.
Ueber die geologisch-tektonischen Verhältnisse des Fund-
ortes berichtet Herr Sasser ausführlichst, hier sei nur angeführt,
dass die erwähnten, im nachfolgenden zu besprechenden Fos-
silien aus dem Sliven-Balkan stammen, und zwar liegt der
Fundort nordöstlich von Bjela Cesli und nordwestlich von
Jenikiöi, am Südhange, nahe der Kammhöhe und Haupt-
wasserscheide, im Gebirgsrücken Jemisch-Dagh.
In einem Schreiben vom 24. Januar 1885 gab mir Herr
SANnNER die folgende Skizze von den geologischen Verhältnissen:
„Das im Westen von Sliven, auf der Südseite des Balkan
liegende Flussgebiet des Cam Dere ist zum grösseren Theile
aus schieferigen, sandigen und mergerigen Gesteinen zusammen-
gesetzt; nur in untergeordnetem Maasse und hauptsächlich
in dem die Wasserscheide bildenden Gebirgsrücken nehmen
auch Kalke an dem Schichtenaufbau Theil. Das Streichen der
Schichten ist durchweg ostwestlich, nahezu parallel zum Balkan-
kamm. Auf, dem Wege von Beikos das Cam Dere hinauf
über Biela Cesli zur Wasserscheide erhalten Sie daher ein
vollsändiges Profil über den Schichtenbau des Gebirges südlich
von der Wasserscheide.
520
Die dichten grauen, undeutlich geschichteten, dolomitischen
Kalke, welche bei Terzioba die kahlen Randberge des Balkan
bilden, erstrecken sich nach Osten hin bis einige Kilometer vor
die enge Felsschlucht, durch welche der Cam Dere sich den
Ausweg in die zwischen der Medschelik Planina und dem
Balkan sich ausbreitende Ebene gebrochen hat. Zu beiden
Seiten dieser Felsschlucht und weiter nach Osten — nach
Beikos hin — bestehen die schroff ansteigenden Bergabhänge
aus gelblichgrauen, dichten, wohlgeschichteten Quarzsandsteinen,
deren Trümmer die Berglehnen weithin bedecken. Die im
Cam Dere nach Norden in das Gebirge führende Strasse steigt
an dem steilen Südrande dieser Quarzsandsteinschichten in.
einem weiten Bogen hinauf und tritt ca. SO m über dem Bett
des tief unten durch die Felschlucht dahinbrausenden Wild-
baches in den weiten Gebirgskessel ein, welchen die Quell-
bäche des Cam Dere entwässern. Diese nordwärts einfallenden
Quarzsandsteinschichten dürften die östliche Fortsetzung der
im östlichen Theile des Karadscha Dagh, auf der Höhe zwi-
schen Eski Zara und Kasanlik von v. Hocusterter und v.
Fritsch, sowie zwischen Körten und Lidscha an der Tundscha
im Bair Dagh von mir beobachteten Quarzite und Quarzsand-
steine bilden, welche v. HocustErrer für triassisch erklärt hat.
Zwischen diesem quarzitischen Südrande und der Wasser-
scheide des Gebirges liegen zwei ostwestlich verlaufende
Schichtenmulden.. Den Sattel zwischen beiden trifft man am
Zusammenflusse des Bere- und des Bjela-Dere und weiter im
Osten am Kara - Kütschük, südlich von Giaur-Belo (auf der
Karte Belo-Selo). Die südliche dieser beiden Mulden bilden
wechselnde Schichten von grauen und braunen Thonschiefern,
Sandsteinen von täuschend paläozoischem Habitus, wie im
Bair Dagh, an der Lavarjeka, im Hainkiöj-Balkan und nord-
westlich von Sliven und a. a. O. des Balkan. Diese Schichten
sind wahrscheinlich neocom. Die Schichten des Sattels zwi-
schen beiden Mulden bestehen aus dickbänkigen, grauen und
rothen, gefleckten Kalken und Kalkschiefern; unter denselben
sind am Kara Kütschük auch dünngeschichtete, dunkelgraue,
plattige Kalke und Mergel beobachtbar. Diese Gesteine erin-
nerten mich sofort lebhaft an die von v. Frırsca als jurassisch
bezw. triassisch angesprochenen Schichten des Sw. Nikola auf
der Höhe der Schipkastrasse. |
Die nördliche Mulde, welche zwischen Cam Dere, Sari-Yar
und Belo - Selo im Süden und Bjela - Cesli und Jenikiöj im
Norden verläuft, besteht in ihrem Südflügel aus mürben, dick-
bänkigen Sandsteinen und Mergeln von grauer, grünlicher,
gelber und, weisser Farbe. Diese Gesteine sind übereinstim-
mend bei Cam Dere, Sarim-Yar („gelber Sandfleck“, von den
521
gelblichweissen Verwitterungsproducten der Sandsteinschichten,
auf welchen die Häuser dieses Türkendories aufgebaut sind)
und Belo Selo zu beobachten. Die Muldenlinie liegt unmittel-
bar südlich von Bjela-Cesli und Jenikiöj. Im Nordflügel der
Mulde treten feste, graue und gelbe Sandsteine zu Tage,
welche lebhaft an die Gesteine erinnern, welche die Kohlen-
flötze südlich von Radievce begleiten. In diesen Sandsteinen
finden sich bei Cam Dere und a.a.O. hin und wieder Kohlen-
schmitzchen. Am Nordrande der Mulde, zugleich am Fusse
des die Wasserscheide bildenden Gebirgsrückens, zieht sich
eine mehrere Kilometer breite Zone von dunkelgrauen, massig
ungeschichteten, unregelmässig zerklüfteten, zerschrunden aus-
sehenden, dolomitischen Kalken hin, welche ihrem Gesteins-
charakter nach völlig übereinstimmen mit den Kalken von
Seldsche (am Dubnik, der Pistiza polj. und a. a.’ O.). Diese
Kalke sind sowohl im Bere Dere nördlich Cam Dere, wie auch
nördlich von Bjela Cesli und Jenikiöj von mir beobachtet
worden. Nördlich von diesen Kalken tritt am Mandralyk und
am Jemisch Dagh, nördlich von den beiden letztgenannten
Dörfern, eine schmale Zone bräunlichgrauer, milder Thonschiefer
und mürber Sandsteine mit einigen Kohlenflötzchen auf. Das
Liegende dieser steil südlich einfallenden Schichten bilden
wohlgeschichtete, dunkelgraue Kalke, welche den triassischen
Kalken des Sw. Nikola entsprechen dürften.
Aus den eben erwähnten bräunlichgrauen Thonschiefern
und mürben Sandsteinen stammen die Ihnen übergebenen Ver-
steinerungen. Ihr Fundort liegt am Jemisch Dagh, nahe der
Wasserscheide, wo der von Jenikiöj nach Elena führende
Saumpfad die zwischen den beiden Kalkzonen wohl abgeson-
derte Schieferpartie überschreitet.“
Der Mangel an Aufschlüssen im Waldgebirge macht es
überaus schwierig, directe Auflagerungen zu verfolgen.
Was den petrographischen Charakter des Gesteins an-
belangt, so ist er recht auffallend. Dasselbe erinnert in dieser
Beziehung überaus lebhaft an die braunen Devon-Gesteine von
Konstantinopel, welche Aehnlichkeit übrigens durch keinerlei
sonstiges Merkmal unterstützt wird, da die Fauna ein viel
jüngeres Aussehen an sich trägt. Von den mir selbst im cen-
tralen und westlichen Balkan bekannt gewordenen Gesteinen
lassen sich petrographisch nur gewisse unterjurassische Gesteine
mit jenen von Jenikiöj in Vergleich bringen und zwar Gesteine,
welche ich im Schipka-, Trojan- und Teteven - Balkan ange-
troffen habe. Freilich fehlte es an den betreffenden Fund-
stellen nirgends an irgend welchen für die Formationsbestim-
mung brauchbaren Formen, so wurden vor Allem fast überall
Belemniten- und Brachiopoden-Reste vorgefunden.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XXXVIL. 2, 28
Die vorliegende Fauna dagegen ist vorwiegend eine Pele-
cypoden - Fauna, Gastropoden sind nur wenige vorhanden,
Cephalopoden und Brachiopoden fehlen vollkommen. Von den
Pelecypoden ist eine kleine gerunzelte Ostrea und besonders
eine äusserlich an Myophoria, etwa an Myophoria postera er-
innernde,. zu den Cyprinideen gehörige kleine Schale überaus
häufig. Von Gastropoden liegen nur wenige Abdrücke vor.
Dieselben würden jedoch, besonders einer der Reste, auf viel
jüngeres Alter deuten lassen, so dass man an Kreide, ja sogar
an Tertiär (Oligocän) denken könnte.
Die Fauna ist gewiss von so hohem Interesse, dass es
sich verlohnen wird, die wichtigeren Stücke abbilden zu lassen,
wenn auch eine sichere Altersbestimmung auf Grund des vor-
liegenden Materials vorzunehmen kaum möglich sein wird.
Die vorliegenden Formen dürften fast durchgehends neuen
Arten angehören; ich hätte sie vielleicht mit Species-Namen
belegen sollen, vermied es jedoch, da damit kaum etwas ge-
wonnen worden wäre.
Sehr viel Ahnlichkeit schien mir die von HsBerr aus den
Sandsteinen von Helsingburg und Höganäs im südlichen Schwe-
den beschriebene und als dem Rhät angehörig bestimmte Fauna
zu besitzen, deren Alter übrigens von verschiedenen Autoren
recht verschieden angegeben ist. (Annales des scienc. geol.
vom 15. Oct. 1869, pag. 117 fl.) Der Gesammtcharakter
dieser schwedischen Fauna, welcher übrigens vollkommen sicher-
stellende und jeden Zweifel über die Richtigkeit der Alters-
besimmung ausschliessende Formen gleichfalls fehlen, ist ein
überaus ähnlicher, auch der Erhaltungszustaud in Steinkernen
und Abdrücken stimmt überein. Nach der von LunneREn
(Lund 1878, Minneskrift) durchgeführten Untersuchung wären
die erwähnten schwedischen Bildungen als unterliassisch zu
betrachten.
Die auf der beifolgenden Tafel XXNI. zur Darstellung
gebrachten Formen sind zum grössten Theile nach Gutta-
percha- und Kitt-Abdrücken gezeichnet.
l. Ostrea sp. (ähnlich ist Ostrea Hisingeri NıLs.)
Taf. XXIH, Fig. 1a—d.
Eine Form, welche sich in ihren Umrissen und Grössen-
verhältnissen an die an verschiedenen Punkten im Unter-Lias
gefundene Ostrea Hisingeri Nıns. anzuschliessen scheint. (H&Berr,
l. et. Il, f£ 1—4. Luxoeren, Studien öfver Faunan i den
stenkolsförande Formationen |. ce. pag. 36, t. I, f. 28—29.)
Es ist dies eine Art, welche von den genannten Autoren
mit der von Dunker bei Halberstadt als Osirea sublamellosa
523
beschriebenen Form in Vergleich gebracht wurde. Unsere
Exemplare lassen sich auch mit den von Dunker gegebenen
Abbildungen (Palaeontographica I, t. 6, f. 27” — 50) in gute
Uebereinstimmung bringen. Von den schwäbischen Formen
würde die von Quesstepr (Jura Ill, f. 16, 17) als Ostrea rugata
beschriebene (Lias «) am nächsten stehen.
Freilich finden sich ähnliche Formen auch in jüngeren
Ablagerungen. Keine der Arten stimmt jedoch besser überein,
als die erwähnten beiden, von DunkEr und Lunp6GREn zur Ab-
bildung gebrachten. Erwähnenswerth an unseren Stücken ist
die auffallend schräge Stellung des Schlossrandes mit der
wenig stark ausgeprägten, aber deutlich dreieckigen Ligament-
grube in dem feingestreiften Schlossfelde. Diese Schrägstellung
zeigt übrigens auch eines der Dusker’schen Exemplare (Il. c.f. 29).
2. Placunopsis spec. (nov. spec. ?)
Taf. XXIH, Fig. 2.
Nur ein Exemplar liegt vor, das ich zu dieser Gattung
stellen möchte. Es zeigt eine tiefe Mittelfurche. An dem
Guttapercha- Abdruck lässt sich noch die concentrische An-
wachsstreifung deutlich erkennen.
3. Modiola (Brachydontes) spec. (nov. spec.)
Taf. XXIli, Fig. 3, 4.
Erinnert in der Sculptur der Schale recht sehr an Mytilus
(Acromytilus) asper Sow. sp., wie ihn z. B. Morris u. Lyckrr
(Great Oolith. II, t. IV, f. 8, pag. 38) abbilden und beschrei-
ben, doch erscheint der vorgezogene Vorderrand als ein Merk-
mal der Gattung Modiola. Da die Schalenoberfläche mit
ausgezeichneter Radialstreifung versehen ist, müsste man an
Brachydontes denken.
Es liegen mehrere Bruchstücke und Abdrücke vor, von
welchen jedoch nur eines (Fig. 3) einen besseren Abklatsch
herstellen liess. Ein zweites kleines Exemplar (18 mm lang)
erscheint Mytilus ähnlicher, unterscheidet sich jedoch von
Mytilus asper durch seine viel geringere Schalenkrümmung. Es
würde sich dieses kleine Exemplar recht innig an Mytilus
dichotomus Terqurm (Hertangee, Mem. soc. geol. de France,
1854, II. Ser., Tom. V, pag. 313, t. XXI, f. 4) anschliessen,
einer sehr seltenen Form aus dem unteren Lias.
Eine in Bezug auf die Sculptur der Schale recht ähnliche,
aber freilich viel grössere Form habe ich selbst aus den Jura-
(Lias-) Mergeln zwischen Ramnidol und Veta (Sitz.-Ber. der
Wiener Akad., LXXXI. Bd., pag. 201) beschrieben und mit
28°
924
jurassischen Formen verglichen. An dieser Localität fanden
sich glücklicher Weise noch andere jurassische Arten, so dass
hier an der Altersbestimmung nicht leicht gezweifelt werden kann.
4. Gervillia (?) nov. spec.
Par XXUPeRis
Ein kleiner Steinkern mit langgestrecktem geraden Schloss-
rand. Der Wirbel erscheint weit nach vorne gerückt, mit
einem kleinen vorderen Flügel. Der Umriss der Schale erinnert
recht sehr an den von @ervillia praecursor QuEnst., doch nimmt
man nichts von der hinteren flügelartigen Verlängerung des
Schossrandes wahr. Die Beschaffenheit der Oberfläche lässt
auf eine wohl ausgeprägte Radialstreifung der Schale schliessen,
was die Zuweisung des kleinen Restes zu @Gervillia wieder
etwas zweifelhaft erscheinen lassen könnte.
9. Lima (?) nov. spec.
Taf. XXIII, Fig. 6.
Nur ein in Steinkern und Abdruck erhaltener, von einer
dünnschaligen rechten Klappe herrührend, liegt mir vor.
Derselbe lässt einen geraden Schlossrand, ein kräftig entwik-
keltes, mit parallelen Anwachslinien bedecktes, vorderes Ohr
deutlich erkennen. Der Wirbel war kurz. Die Schale fällt
gegen das vordere Ohr steil ab. Das hintere Ohr ist kaum
angedeutet und war nicht scharf abgegrenzt. Die Schalen-
oberfläche ist mit kräftigen, gegen den Stirnrand z. Th. dichotom
gegabelten Längsrippen versehen, welche sich auch am Stein-
kern scharf ausprägen, wie dies bei einigen unterliassischen
Arten ganz ähnlich der Fallist. Wir haben es auch hier offen-
bar mit einer neuen Art zu thun.
Gen. und Spec. indet.
Taf. XXI, Fig. 7.
Nur ein verdrückter Steinkern liegt vor, der keine Spur
einer Radiastreifung erkennen lässt. Eine Bestimmung erscheint
mir unthunlich.
7. Macrodon spec.
Taf. XXIII, Fig. 8.
Ein grosser Steinkern mit kräftigem, weit nach vorn ge-
rücktem Wirbel. Man wird dabei einigermaassen an Macrodon
Hirsonensis Lyc. u. Mor. (l. c. t. V, £. 1) erinnert.
525
8. Arca spec.
Taf. XXIII, Fig. 9.
Nur ein Stück aus der Schlossregion liegt im Abdrucke
vor, doch lässt dasselbe die Gatturfgscharaktere in den Schloss-
zähnen recht deutlich erkennen: am Rande kräftige, gegen die
Mitte sehr kleine Zähne; eine niedere gestreifte Randfläche.
9. Limopsis (Pectunculina) spec.
Taf. XXIII, Fig. 10.
Ein zweites Stückchen, gleichfalls einen Abdruck darbie-
tend, lässt nach der Form des Randes und nach der Anordnung
der Zähne an Limopsis denken.
10. Cypricardia (?) Sannerin. sp.
Ra XXI. Rise, 11: 12,10, 14.
Das häufigste unter den vorliegenden Fossilien, in vielen
z. Th. sehr wohl erhaltenen Steinkernen und Abdrücken. Die
Schale ist verlängert, bei einigen Exemplaren recht deutlich
abgerundet dreiseitig und erinnert dadurch an Myophoria. Die
concentrische, scharf ausgeprägte Streifung, der vom Wirbel
nach rückwärts verlaufende Kiel, der bei einigen Stücken
deutlich von einer Furche begleitet ist, die zart gestreifte Area
mit einem feinen zweiten Kiele, liessen sogar an bestimmte
Arten, etwa an Myophoria postera Qunsst. denken. Der Wirbel
liegt ziemlich in der Mitte des Schlossrandes, nur wenig nach
vorn gerückt. Durch Hinwegbrechen des Wirbels liess sich
an mehreren Steinkernen die . Schlossregion entblössen, und
konnten brauchbare Abdrücke erhalten werden, welche ein an
Astarte uder Cyprina erinnerndes Verhältniss der Schlosszähne
ergaben. Jede Klappe besitzt drei ungetheilte Zähnchen, von
welchen das vordere der rechten Klappe nahe an den Schloss-
rand hinantritt und geringere Entwickelung zeigt. Die Zähne
sind von ziemlich gleicher Stärke. Ein deutlicher leistenför-
miger hinterer Seitenzahn.
Wir dürften es hier mit einer neuen, zwischen Cypriniden
und Veneriden liegenden Gattung zu thun haben. Die Grösse
der vorliegenden Exemplare ist recht verschieden und schwankt
zwischen 12 und 25 mm in der Breite und 8 bis 17 mm in
der Länge.
ll. Cyprina (?) (Venulites) nov. sp.
Taf. XXIII, Fig. 15.
Eine zweite grössere Bivalven-Form liegt in zwei Stein-
kernen vor, deren Schlossbau sich gleichfalls recht wohl durch
926
Abformung wiederherstellen liess. Sie zeigen drei ziemlich
kräftige Zähne, deren mittlerer durch eine seichte Mittelfurche
ausgezeichnet ist. Derselbe ist von dem vorderen, schräg ge-
stellten Zahne durch eine breite Grube geschieden. Ein dritter
rückwärtiger Seitenzahn ist wohl entwickelt. Unter dem hin-
teren Muskeleindruck ist eine ganz seichte Einbuchtung des
Mantelrandes zu erkennen. Die Beschaffenheit der Schalen-
oberfläche lässt sich nicht angeben.
12. Pleuromya (?) spec.
Taf. XXIH, Fig. 16.
Eine flache Schale mit kräftigen concentrischen Anwachs-
linien. Aehnliche Formen bildet Lunperen ab (Il. c. 1878,
pag. 55, 1. 49,50, 75).
13. (2) Genus und Spec. indet.
Taf. XXI, Fig. 17.
Eine flache, stark concentrisch gestreifte Bivalve, die in
mehreren Exemplaren, in Bruchstücken vorliegt, und durch
einen, wie es scheint, geraden Schlossrand und durch radiale,
vertiefte Streifen oder Reihen von Vertiefungen auffällt. Man
wird dadurch an die Schalenbeschaffenheit, wie sie Lycerr und
MorrIıS von Unicardium varicosum angeben, erinnert. Unsere
Schalen erscheinen jedoch nur ganz schwach gewölbt.
14. Turritella (?) Oerendzikensisn. sp.
Taf. XXIII, Fig. 18.
Dürfte sich an die Turritella undulata QuEssT. (ZIETEN)
aus dem oberen Lias anschliessen oder vielleicht noch besser
an Uhemnitzia carusensis DORB. aus dem mittleren Lias; doch
finden sich auch im Dogger ähnliche Dinge. Die überaus
schlanke, spitz zulaufende Schale zeigt sehr zarte, spirale
Streifen und kräftige, in den aufeinanderfolgenden Umgängen
übereinstimmend gestellte Querwülste.
Von einer grösseren Turritella-artigen Form liegen ein
paar Steinkernbruchstücke vor.
15. Turbo (Eunema) spec.
Taf. XXIII, Fig. 19.
Turbo serratus Qussst. aus dem braunen Jura e könnte
zum Vergleich herangezogen werden.
Der letzte Umgang ist besonders stark aufgebläht. Die
Spirallinien, die kräftigen Querrippen, die Form der Mündung
527
stimmen recht gut mit der eitirten Art. Das kleinere von mir
abgebildete Stück erinnert etwas an Purpurina Bellona D’ORr.
Pair. II, t. 331, 1.-2, 3).
16. Turbo (?)-»spec. ind.
Taf. XXI, Fig. 20.
Erinnert etwas an Turbo nodoso-costatus ALTH aus den
Nizuower Kalken Galiziens. Es ist nur ein Bruchstück einer
höher gewundenen Form mit Knoten auf den kräftigen Rippen-
wülsten.
Man vergleiche auch Turbo Hörnesi StoL. (Gastrop. der
Hierlatzsch., XLIII. Bd. d. Sitz.-Ber., t. II, f. 14.)
17. Bruchstück eines Gastropoden.
Taf. XXIII, Fig. 21.
Nur ein Bruchstück aus der Spindelgegend liegt vor.
Dasselbe lässt Spiralliniien und eine Anzahl von schärferen
Querrippen auf dem breiten letzten Umgang erkennen, so dass
man an Voluta und zwar an jüngere Formen dieser in meso-
zoischen Formationen so seltenen Gattung denken möchte.
Der Rest ist jedoch zu unvollkommen erhalten, um eine nähere
Bestimmung vornehmen zu können.
18. Vioa spec.
Taf. XXIII, Fig. 22.
Einige der Abdrücke lassen deutlichst erkennen, dass die
betreffenden Schalen von diesen eigenthümlichen Schmarotzern
durchzogen waren. Unregelmässige kugelige Räume, durch
eylindrische dünne Röhrchen untereinander verbunden, finden
sich in grösserer Ausdehnung.
928
10. Veber den Unterkiefer von Mastodonsaurus
Silesiaeus n. sp.
Von Herrn Hkrmann Kuniscn ın Breslau.
Das in Folgendem zu beschreibende Kieferfragment stammt
aus dem Muschelkalke von Sacrau bei Gogolin in Oberschlesien
und zwar aus dem von Eck !) als Schichten von Chorzow be-
zeichneten Niveau. Ich verdanke dasselbe dem naturwissen-
schaftlichen Scharfblicke und der Güte des Herrn Gutsbesitzers
Maperune zu Gogolin.
Die Erhaltung ist eine verhältnissmässig gute: Das ver-
kalkte Kieferfragment ist vollständig losgelöst von dem benach-
barten Gestein, besteht aus fünf zusammenpassenden Stücken
und ist durch Verquetschungen nirgends wesentlich in seiner
ursprünglichen Form beeinträchtigt. Es ist mit einer dünnen
Schicht von Eisenoxydhydrat überzogen und erscheint dadurch
braun gefärbt. Die skulpturfreie oberste Kieferabtheilung und
der Fangzahn sind zum Theil mit Drusen von Pseudomor-
phosen des Brauneisensteins nach Pyrit bedeckt; bei dem ge-
‚ naueren Studium des Kiefers brauchten sie nur von dem Fang-
zahne theilweise entfernt werden.
Das Fragment gehört der rechten Unterkieferhälfte an, ist
26 cm lang, an der Symphyse 2,5 cm hoch und nimmt nach
hinten an Höhe allmählich zu, so dass es in der Mitte 4,5 cm
und am Ende ungefähr 6 cm Höhe erreicht. Die Dicke des
Kiefers beträgt an der Symphyse 2,5 cın, in den übrigen erhal-
tenen Theilen nur 1,6—2 cm. Der den Kiefer der Länge nach
durchziehende Kanal ist hohl geblieben und erscheint auf der
vorderen Bruchfläche in der Symphysengegend im Querschnitt
in der Form einer Ellipse von 0,6 cm Längs- und 0,2 cm
Querdurchmesser, nimmt aber nach hinten auf Kosten der ihn
begrenzenden Knochen an Umfang erheblich zu. In der Ent-
fernung von 15 cm von dem Vorderende des Kiefers ist der
Kanal schon 2,2 cm hoch und 0,2 — 0,4 cm breit, während
er am hinteren Ende des Fragmentes 0,7 cm in der Breite
misst.
1) Eck, Ueber die Formationen des bunten Sandsteins und des
Muschelkalkes in Oberschlesien ete. Berlin 1865, pag. 44 ff.
529
Der Kiefer zeigt auf der Aussenseite
drei deutlich markirte Abtheilungen: einen
oberen glatten, flachgewölbten Theil, einen
unteren, ebenfalls glatten und flachgewölb-
ten, aber etwas höheren Abschnitt und
endlich den untersten, am wenigsten mäch -
tigen Abschnitt, welcher durch Skulpturen
ausgezeichnet ist. Die beiden glatten Par-
tieen gehören dem Zahnbein an und sind
durch eine tiefe Furche getrennt, welche
sich am vorderen Ende des Kiefers in
einzelne lochartige Vertiefungen .auflöst.
Der mit Skulpturen versehene Theil ist
von dem darüberliegenden durch eine we-
niger gleichmässige, furchenartige Vertie-
fung geschieden, in welcher sich eine
Knochennaht deutlich verfolgen lässt. Er
gehört dem Winkelbein an. Dieses bildet
den -ganzen unteren Rand des Kiefers,
zieht sich auf der inneren Seite desselben
am Zahnbeine hinauf und verleiht der
ganzen Innenfiäche ein flaches oder gar ein
wenig concaves Aussehen. Gleich hinter
dem Fangzahne erlangt es nur eine Höhe
von 0,7 cm, steigt aber dann in sanfter
Krümmung nach oben, so dass es 9,9 cm
hinter dem Eckzahne nahezu an den obe-
ren Kieferrand heranreicht, und läuft dann
mit seiner oberen Grenze in der ganzen
Länge des Kieferfragmentes an demselben
in sanften Krümmungen hin. Die Skulp-
turen des Winkelbeines finden sich nur
auf der äusseren Seite des Kiefers und
sind hervorgerufen durch Löcher, welche
sich in nach hinten und etwas nach oben
gerichtete Furchen fortsetzen. Demnach
erscheint die Skulpturfläche gerippt. Am
regelmässigsten ist die Rippung am hin-
teren Einde des Kieferfragmentes, wo auf
5 cm Länge 6 Rippen kommen. Die
letzteren verlaufen von vorn unten nach
hinten oben in sehr flacher $S-Form und
bilden mit dem unteren Kieferrande einen
Winkel von ungefähr 30°. Zwischen das
Winkelbein und das Zahnbein schiebt sich
auf der Innenseite des Kiefers von der
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KERTTEHN?. [f,}}
ANNE H
BAIZ
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530
Symphyse aus keilförmig ein Knochen ein, welcher nur in
einer Länge von 5 cm sichtbar ist und wohl als Deckelbein
gedeutet werden muss.
Das Knochengewebe ist im Allgemeinen im Zahn- und
Deckbein compacter als im Winkelbein. Alle sind von Ka-
nälen durchzogen, welche in der Richtung der Längsaxe des
Kiefers verlaufen. Die eigenthümliche Structurveränderung des
Zahnbeines bei dem Uebergange in die Zähne wird bei der
Behandlung dieser besprochen werden.
Die Zähne lassen sich in Bezug auf ihre Stellung genau
beobachten. Die Backen- und Schneidezähne stehen in einer
einfachen Längsreihe und zwar am Oberrande des Kiefers;
indessen halten sie auf selbigem nicht genau die Mitte, sondern
sind vorn weit mehr nach aussen gerichtet als hinten. Diese
Zahnreihe enthält 67 ungefähr 3—5 mm tiefe Alveolen von
ovalem Querschnitt, welche durch eine Querleiste ziemlich
scharf von einander getrennt sind. Die vorderen Alveolen sind
5—6 mın breit und 2—3 mm lang und somit erheblich kleiner
als die hinteren, welche 8S—9 mm breit und ungefähr 4 mm
lang sind. Die Alveolen enthalten nur zum Theil Ueberreste
von Zähnen, welche übrigens am Grunde derselben innig mit
dem Zahnbeine verwachsen sind. Meist wechselt eine leere
Alveole mit einer durch Zahnsubstanz gefüllten ab, zuweilen
stehen zwei, einmal sogar 4 Zahnreste dicht nebeneinander.
Im Ganzen finden sich 39 mit Zahnresten versehene Alveolen.
— Unmittelbar hinter der Zahnreihe sitzt an der Kieferbeuge
der Ueberrest eines mächtigen Fang- oder Eckzahnes, der
ebenfalls in einer flachen Grube dem Kiefer aufsitzt.
Die Form und Länge der Backen- und Schneidezähne
lässt sich nicht genau angeben, weil letztere nur in ihrem
untersten Theile erhalten sind. Wie die Alveolen sind diese
Zähne am Grunde ausgeprägt oval im Querschnitt, wobei der
grössere Durchmesser quer steht zur Längsaxe des Kiefers.
Die Grösse der Durchmesser entspricht der bereits bei den
Alveolen angegebenen. Nach oben zu scheint sich der Quer-
schnitt bei den Zähnen mehr der Kreisform zu nähern. — Der
Fangzahn besitzt die Gestalt eines flach nach innen gebogenen
Kegels von durchaus kreisrundem Querschnitt und ragt trotz
seiner fragmentarischen Erhaltung 18—20 mm über den äusseren
Kieferrand hinweg. Ursprünglich scheint er eine Länge von
3—4 cm besessen zu haben. Der Durchmesser beträgt an der
Basis 13 mm, am oberen Ende 7,5 mm.
Die äussere Beschaffenheit der Zähne lässt sich bei einem
Backenzahne und dem Eckzahne ermitteln. Bei einem unge-
fähr in der Mitte des Kieferfragmentes gelegenen Backzahnreste
(x in Fig. 1) ist ein Theil der äusseren, mit Schmelz versehenen
5al
Zahnwand erhalten und zeigt deutliche Längsfurchen, aus deren
Anzahl sich berechnen lässt, dass der ganze Zahn an seiner
Basis ungefähr 32—36 Längsfurchen besass. Die zwischen zwei
Furchen liegenden erhabenen Längsstreifen sind ziemlich stark
gewölbt. — Der Eckzahn gestattete erst die Betrachtung seiner
Aussenseite und zwar nur an der obersten Hälfte, nachdem er
von der ihn bedeckenden, ziemlich festen Schicht von Braun-
eisenstein befreit worden war. Die äussere Wand weist eben-
falls deutliche Längsfurchen auf und zwar am oberen Ende
des Zahnfragmentes circa 60; nach unten nehmen dieselben
an Anzahl zu, indem sich zwischen zwei benachbarte hin und
wieder eine neue Furche einfügt. In den Furchen tritt bräun-
liche Cämentsubstanz zu Tage. Die erhabenen, weissen Längs-
streifen haben bei der Entfernung der Brauneisensteinkruste
gelitten und ermöglichen keinen Schluss auf den Grad ihrer
Wölbung.
Die innere Structur der Backen- und Schneidezähne kann
ohne Anschleifen derselben wahrgenommen werden, weil die
Verwitterung entsprechend vorgearbeitet hat. Mit blossem Auge
erkennt man nach dem Centrum zu gerichtete, mäandrisch ge-
faltete Schmelzleisten, welche an den Längsstreifen der Aussen-
wand des Zahnes ihren Ausgang nehmen und an Anzahl letz-
teren entsprechen. Im Centrum der Zahnreste erscheint die
Keimhöhle meist als hohler Raum, zuweilen ist sie mit Ge-
steinsmasse ausgefüllt. Die radial-strahlige Structur der Zähne
pflanzt sich bis in das Zahnbein fort, so dass selbst der Grund
der leeren Alveolen in der Regel ein radial-strahliges Aussehen
besitz. — Die obere, ziemlich glatte Endfläche des Fang-
zahnes, welche wohl als das Resultat der natürlichen Ab-
nutzung anzusehen ist, lässt die eben geschilderten, labyrin-
thisch gewundenen Schmelzleisten ebenfalls mit unbewaffnetem
Auge deutlich erkennen. Die Keimhöhle ist mit braunem
Eisenocker ausgefüllt und misst im Durchmesser ungefähr
0,5 mm. Unterhalb des Eckzahnes zeigt das Zahnbein in seiner
ganzen Höhe, wie sich an der vorderen Bruchfläche bequem
beobachten lässt, einen der Zahnstructur verwandten Bau.
Demnach kann kein Zweifel mehr bestehen, dass wir es
mit dem Kieferfragmente eines Labyrinthodon oder, um dem
älteren Namen die Ehre zu geben, einem Mastodonsaurus zu
thun haben. Da ich keine Veranlassung fand, den beschrie-
benen Mastodonsaurus-Rest einer bereits bestehenden Species
einzureihen, und in Anbetracht der Eigenartigkeit der Fauna
des oberschlesischen Muschelkalks habe ich das Fossil vor-
läufg mit dem Namen Mastodonsaurus Silesiacus nov. spec.
belegt. Hoffentlich gelingt es mir, an der Hand neuer Funde
die Species bald genauer zu begründen.
532
Allem Anscheine nach ist das vor Jahresfrist von Herrn
Gürıch !) beschriebene Fragment eines Unterkiefers von La-
giewnik bei Königshütte i. OÖ.-S., welches von ihm trotz der
sehr unvollkommenen Erhaltung als zu den Labyrinthodonten
gehörig bestimmt wurde, derselben Species zuzuschreiben. Es
rührt her von der linken Unterkieferhälfte und beginnt nach
den Verhältnissen der vorhin geschilderten rechten Kieferhälfte
ungefähr 12 cn hinter dem Eckzahne. Es enthält bei einer
Länge von 24cm 49 Zahnalveolen, die aber mit gelbem Eisen-
ocker ausgefüllt sind und nirgends die für die Alveolen der
Labyrinthodontenzähne charakteristische radial-strahlige Kno-
chenstructur erkennen lassen. Eine geringe Abweichung dieses
Kiefers von dem vorher beschriebenen in der Dicke hat ihren
Grund wahrscheinlich in dem Umstande, dass bei letzterem
Gesteinsmasse den Kieferkanal ausgefüllt und die Wände re-
sistenter gegen äusseren Druck gemacht hat. Die den unteren
Rand des Kiefers bildende Skulpturfläche ist äusserst mangel-
haft erhalten und zeigt nur noch unregelmässig vertheilte Löcher
und Furchen, welche überdies noch mit gelbem Thoneisenstein
angefüllt sind. Bei stetigem Höhenwachsthum erreicht das
Kieferfragment an seinem hinteren Ende eine Höhe von 9,5 cn.
Ob der Kiefer an Höhe nach hinten zu noch mehr zugenom-
men hat, lässt sich nicht sagen.
Nimmt man aber an, dass der Kiefer bei seiner aus den
Fragmenten unzweifelhaft nachgewiesenen Länge von 39 cm
sein Höhenmaximum erreicht, so lässt sich in der Voraus-
setzung, dass — wie bei dem aus der Lettenkohle stammenden
Mastodonsaurus Jaegeri H. v. M. — die grösste Höhe in das
mittlere Drittel des Kiefers fällt?), seine Gesammtlänge auf
ungefähr 80 cın angeben. Ob und eventuell wo die bei der
ebengenannten Species beobachteten beiden Löcher auf der
Innenseite des Kiefers®) auch bei unserem Thiere aus dem
Muschelkalke vorkommen, lässt sich nicht angeben, da leider
bei dem hinteren Theile des Fragmentes aus Lagiewnik die
Knochensubstanz der in Frage kommenden mittleren Partieen
weggebrochen ist. Die Anzahl der Zähne resp. Zahnalveolen
beläuft sich in jeder Unterkieferhälfte mindestens auf 90 bis
100. Der Mastodonsaurus Silesiacus dürfte demnach in Bezug
auf die Grösse des Schädels dem Mastodonsaurus Jaegeri
ziemlich nahe stehen.
. ) Gürıcn, Ueber einige Saurier des oberschlesischen Muschelkalkes.
Diese Zeitschrift 1884, pag. 141.
2?) H.v. Meyer u. Prieninger: Beitrag zur Paläontologie Württem-
bergs. Stuttgart 1844, pag. 18.
>) Ibidem pag. 16.
938
Schliesslich ist noch hervorzuheben, dass das Vorkommen
von Labyrinthodonten im oberschlesischen Muschelkalke, wel-
ches bis vor Jahresfrist in Abrede gestellt und nach der
erwähnten Mittheilung des Herrn Gürıca in Anbetracht seines
äusserst schlecht erhaltenen und deshalb nieht mit Sicherheit
bestimmbaren Materials immerhin noch als zweifelhaft be-
zeichnet werden musste, nunmehr unzweifelhaft nachgewiesen ist.
934
B. Briefliche Mittheilungen.
1. Herr Av. Schenk an Herrn HaucHEcoRrne.
Ueber die geologischen Verhältnisse von Angra
Pequenna.
Bethanien, Namaqua-Land, den 11. Januar 1885.
Die geologischen Verhältnisse der Gegend zwischen Angra
Pequenna und Bethanien sind verschieden östlich und westlich
von 1 Aus. Das ganze Küstengebiet von Angra Pequenna
und die Berge zwischen diesem Hafen und 1 Aus bestehen aus
Gneiss. Es ist diese ganze Gegend ein zusammenhängendes
Gebirgsland, dessen Thäler aber im Sande begraben sind, so
dass nur die höchsten Gipfel und Kämme aus demselben
hervorragen. Man überschreitet weite sandige, allmählich gegen
1 Aus hin ansteigende Ebenen, aus denen hier und da ein-
zelne Kuppen, manchmal auch ganze, von N. nach S. verlau-
fende Gebirgszüge hervortauchen. Alle diese Berge bestehen
aus Gneiss, der stellenweise in Granit übergeht und unter-
geordnet Hornblendeschiefer, Serpentin und krystallinischen
Kalk eingelagert enthält. Die wesentlichen Gemenstheile des
Gneisses sind röthlicher oder oder weisser Feldspath, Quarz
und Biotit, und zwar wechseln gewöhnlich Feldspath - reichere
und Glimmer-arme Partieen mit Biotit-reichen und Feldspath-
armen. Dadurch wird die Gneissstructur hervorgerufen. Stellen-
weise ist der Gneiss reich an Epidot; hier und da findet sich
auch Turmalin, ferner Magneteisen, das sowohl in kleineren
Partieen im Feldspath eingewachsen vorkommt, wie auch in
Lagern, und manchmal in Brauneisenstein umgewandelt er-
scheint. Auf den sandigen Ebenen zwischen Angra Pequenna
und 1 Aus sowie in den Bergen bei letzterem Ort fand ich
vielfach grössere und kleinere Blöcke von Magneteisen, das
manchmal ausgezeichnet polarmagnetisch ist. Gangartig treten
im Gneiss auf: Quarz, manchmal in mächtigen Gängen; rötlh-
i
licher oder weisser Feldspath; Gemenge von Feldspath und
Quarz, oft mit schriftgranitartiger Verwachsung beider, ferner
grobkörniger Granit, aus Feldspath, Quarz und grossen Tafeln
von weissem Glimmer bestehend, dann Grünstein (Diorit?) etc.
Die Gneissflasern zeigen eine vielfache Fältelung und ein im
Allgemeinen der Küste paralleles, also nord-südliches Streichen.
Hinter 1 Aus ändert sich der geologische Charakter der
(segend. Man überschreitet zuerst eine etwa zwei Meilen
breite Ebene und erreicht dann einen von N. nach S. verlau-
fenden Zug von Tafelbergen von der Form abgestumpfter Kegel.
Diese Berge bilden aber nur den westlichen steilen Abfall eines
weiten Plateaus, das sich bis Bethanien hin ausdehnt und sich
bis da hin ganz allmählich etwas senkt. Es ist von tiefen
Thälern durchschnitten, die man aber, wenn man sich auf der
Höhe des Plateau’s befindet, nicht sieht. In den Thälern nun
bieten sich Aufschlüsse über die geologische Beschaffenheit des
Plateau’s dar. Dasselbe besteht in seinem unteren Theile
vorzugsweise aus Granit, darüber lagert in horizontalen, nur
allmählich gegen O. zu geneigten Schichten ein weisslicher bis
röthlicher, quarzreicher Sandstein und auf diesen folgt ein
blaugrauer, in dicken Bänken abgesonderter Kalkstein. Ueber
das Alter des Sandsteins und Kalksteins kann ich noch nichts
Bestimmtes sagen, da es mir noch nicht gelungen ist, Verstei-
nerungen in demselben aufzufinden. Der Sandstein ist viel-
leicht gleichalterig oder identisch mit dem Tafelbergsandstein
der Cap-ÜOolonie, aber so lange dies nicht mit Bestimmtheit
nachgewiesen ist, halte ich mich nicht für berechtigt, jenen
Namen anzuwenden. Ich bezeichne den betreffenden Sandstein
und Kalkstein vorläufig, so lange nicht ihr Alter oder ihre
Beziehung zu anderen Schichten feststeht, als Namaqua-Sand-
stein und Namaqua - Kalkstein.
Ich will noch bemerken, dass der Kalkstein nicht überall
über dem Sandstein lager. Die Höhe des Plateau’s ist vor-
zugsweise mit Sandsteinblöcken bedeckt, in Folge dessen ist
der Weg von 1 Aus nach Bethanien in seiner zweiten Hälfte,
wo er über das Plateau führt (die erste Hälfte geht durch
Thäler), ein sehr schlechter, für die Ochsenwagen schwer
passirbarer. Nur in isolirten Partieen lagert der Namaqua-
Kalkstein auf dem Sandstein. Theils bildet er die Gipfel von
Tafelbergen oder rundliche bis elliptische Erhöhungen auf dem
Plateau, theils findet er sich auch in niedrigerem Niveau, in
den Thälern. Es lässt sich dann nachweisen, dass er durch
Verwerfungen dorthin gelangt ist. Die Verwerfungsspalten
streichen fast alle in mehr oder weniger nordsüdlicher Richtung.
Bei Bethanien ragen zwei isolirte Berggruppen aus dem
Plateau hervor, die Schwarzkoppe im SW. aus Gneiss be-
536
stehend, und der Rinberg (Roterberg) im NW. Letzterer ist
aus schiefrigen Gesteinen mit eingelagertem Porphyr von
schwarzer Farbe gebildet.
Oestlich der Ebene von Bethanien steigt wieder eine
Reihe von Tafelbergen, ganz so wie bei 1 Aus, auf. Auch
hier verlaufen diese Tafelberge von N. nach S., auch hier
bilden sie nur den steilen westlichen Abfall eines Plateau’s,
des 'Hauami-Plateau’s. Eine Verwerfung ist es, die diesen
steilen Abfall hervorgerufen hat. Dieses wird Einem klar,
wenn man die Lagerungsverhältnisse der Schichten näher ver-
folgt, Bethanien liest in einer Ein-
senkung dicht am trockenen Flussbett
des //Goan //gip (derselbe enthält
nur, wenn es geregnet hat, fliessendes
Wasser, sonst wird dasselbe in Brun-
nen gegraben). Hier lagert über dem
Sandstein eine Partie von Namaqua-
Kalkstein. Gehen wir dann weiter
nach Osten, so liegen in gleichem
Niveau mit dem Kalkstein horizon-
tale Schichten eines grünlich -grauen
Schiefers (ich bezeichne ihn als Na-
maqua-Schiefer), über diesem folgt
wieder Sandstein, der die Gipfel
einiger kleiner Hügel bildet und dann
Namaqua - Kalkstein. Kommt man
dann an die Tafelberge heran, so
sieht man, wie dort der Namaqua-
Schiefer wieder in gleichem Niveau
mit dem Kalkstein lagert; auch hier
bildet der Schiefer horizontale Schich-
ten. Die Gipfel der Tafelberge bildet
dann wiederum Namaqua- Sandstein.
Es sind also zwei von N. nach S. ver-
laufende Verwerfungsspalten dicht öst-
lich von Bethanien vorhanden. Neben-
stehendes Profil veranschaulicht das
Gesagte etwas näher.
Weitere Mittheilungen über die hie-
sigen geologischen Verhältnisse sollen
folgen, wenn es mir gelingt, noch
weiter nach Osten oder nach Süden
vorzudringen.
Namaqua-Sandstein. Namaqua-Kalkstein.
Namaqua-Schiefer.
537
2. Herr Jou. Warrner an Herrn E. Beyriıcn.
Ueber geologische Beobachtungen im Golf von
Neapel.
Neapel, Stazione zoologica, den 27. Mai 1885.
Einige kleine Resultate meiner bisherigen Studien an der
Secca di Penta palummo im Golf von Neapel und über die
Küste desselben möchte ich Ihnen hierdurch mittheilen.
Herr Prof. Donurs hatte freundlichst erwirkt, dass ein
italienischer Marineoffizier für den technischen Theil der Unter-
suchungen über die Secca beordert wurde, mit dem ich dann
die genauere Durchforschung derselben begann. Wir nahmen
über 400 Lothungen und Grundproben, die ich zur Vergleichung
und mikroskopischen Untersuchung bewahrte. Die Secca liegt
etwa 8 km von der Küste entfernt und erhebt sich auf dem
Schlammgebiet von 110 m Seetiefe erst allmählich, dann steiler
bis zu 45 m herauf. Die Höhe der Secca wird im Wesent-
lichen von Nulliporen, Bryozoen und anderen Kalkresten be-
deckt, die weite Strecken mit Kalkdetritus überstreuen, welcher
hie und da zungenförmig auf den Schlamm hinüberzugreifen
scheint. Bei der grossen Verbreitung organischer Kalkabla-
gerungen konnte ein chemischer Kalkabsatz auf der Secca nicht
beobachtet werden. Der Schlamm ist im Unkreis der Secca
thonig und meist so weich, dass das Loth tief darin einsinkt.
Das Thierleben ist äusserst gering im Schlamm, während es
auf der Secca um so reicher ist.
Jetzt erwarten wir weitere Apparate von dem hydrogra-
phischen institut in Genua, um noch eine Reihe von Dre-
deungen auf der Secca auszuführen und einige Beobachtungs-
lücken zu ergänzen.
Nächst der Secca di Penta palummo beschäftigten mich
die interessanten Mineralsande der Küste auf mehreren Excur-
sionen. Bei Torre del Greco steht am Meer eine Lava mit
porphyrisch ausgeschiedenen Olivinen an; merkwürdiger Weise
sind die sonst so leicht zersetzbaren Olivine hier am resisten-
testen und bilden über die Hälfte des Ufersedimentes. Dasselbe
wird erst mit zunehmender Tiefe feinkörnig und beginnt sich
zu zersetzen, doch war in 2 km Abstand von der Küste und
40 m Tiefe noch ein Mineralsediment vorherrschend. Die Sa-
nidine, welche aus den Tuffen von Sorrent und den Laven
von Ischia ausgewaschen werden und fast ausschliesslich da-
selbst das Küstensediment bilden, ebenso die aus den Tuffen
der Solfatara ausgewaschenen Magneteisensande bei Pozzuoli,
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VI1. 2. 29
998
konnten noch nicht näher untersucht werden mit Rücksicht
auf ihre Verbreitung und Metamorphose. Eine Reihe von mehr
chemisch-geologischen Fragen wurden durch meine Funde an-
geregt. Ich bearbeite dieselben gemeinschaftlich mit einem
Freunde, früherem Assistenten bei Prof. ZırkeL, da ich selbst
zu wenig chemisch geschult bin. Dagegen habe ich eine Reihe
von Excursionen gemacht um die Tektonik des Golfbeckens zu
studiren und es hat sich dabei das eigenthümliche Resultat
ergeben, dass die Halbinsel von Sorrent und in ihrer Fort-
setzung Capri eine tektonische Grenzscheide bildet zwischen
dem synclinal gebogenen Golf von Neapel und dem anticlinal
gebrochenen Golf von Salerno. Von der Spitze des Mte S.
Angelo fallen die Schichten etwa 18° gegen Neapel ein und
die englischen Tiefseekarten zeigen eine ganz allmähliche pro-
portionale Tiefenzunahme bis zu etwa 200 m. Nach Süden
fällt der Mte S. Angelo im Steilabbruch 800 m bis zum
Meeresniveau, dann noch 100 m unter Meer ab. Der Meeres-
boden steigt dann wieder allmählich bis zu 60 m auf. Die
Inselgruppe Li Galli erhebt sich sogar 20 m über Meer, dann
folgt ein jäher Absturz bis zu 800 m Tiefe, welcher sich
parallel der Küste von Amalfı bis zum westlichen Ende von
Capri auf der Seekarte ausgezeichnet verfolgen lässt. Die
Inseln Li Galli fallen auch 20°, so dass sich folgendes Profil
| ne 3
N. Sorrent nn _ Br Li Galli Sc
7 7 SunschR
Se — a N ET
an
ergiebt, in welchem die punktirte Linie der erste Bruch, der
Abfall südlich von Li Galli der zweite Anticlinalbruch zu sein
scheint.
Wenn man annehmen wollte, was mir aus mancherlei
Beobachtungen wahrscheinlich scheint, dass der Golf von
Neapel, von localen Hebungen abgesehen, ein Depressionsgebiet
sei, so wäre es naheliegend, dass der südliche Flügel aus
dem Meere aufstiege, dass also die Sorrentiner Halbinsel und
Capri gehoben würden. Solches beweisen nun sehr schön die
dortigen Strandlinien, welche sogar an der Südküste Capri’s
539
höher liegen als an der Nordküste (6 —8 m), entsprechend
der Tektonik des Gebietes. Es gelang mir auf Capri in
200 m Höhe Bohrlöcher von ZLitkodomus mit versteinerten
Muscheln zu finden. Da dieser Fund von hoher Bedeutung
für den Bau und die säculäre Niveauveränderung der Küste
sein kann, so werde ich demnächst auch auf dem Festlande
darnach suchen.
Mit meinem Frunde Dr. ScHIErLıTz arbeite ich jetzt haupt-
sächlich über Kalk- und Dolomitbildung; doch ist derselbe
noch zu sehr mit seinen Analysen beschäftigt, als dass wir
schon von allgemeineren Resultaten sprechen könnten. Ich
hoffe, dass wir bis zum Herbste, wo ich ein Referat meiner
hiesigen Studien der königl. Akademie vorzulegen gedenke,
auch bezüglich dieser Fragen einige interessante Resultate wer-
den bringen können.
Aus deutschen Zeitungen erfahre ich, dass der Vesuv
ausgebrochen sei. Wir wissen hier nichts davon. Vor einigen
Wochen traten auf der SO.-Seite zwei schmale Lavaströme
aus, die den ganzen Aschenkegel herabflossen und noch jetzt
etwas glühen, allein eine grössere Lebendigkeit als im ver-
gangenen Jahre entwickelt der Gipfel bisher nicht. Am inneren
Krater sind allerdings ziemliche Veränderungen vor sich ge-
gangen. Der Aufschüttungskegel ist sehr gewachsen, einige
Schollen der Kraterwand sind geborsten und die Fumarolen
dampfen stark; allein ich glaube kaum, dass in der nächsten
Zeit ein Ausbruch erfolgen wird.
3. Herr Fr. Scamip’'r an Herrn W. Dames.
Nachträgliche Mittheilungen über die Glaeial-
und Postglacialbildungen in Ehstland.
Im verflossenen Sommer (1884) habe ich Gelegenheit
gehabt , einige Beobachtungen über unsere Glacial- und Post-
glacialbildungen in Ehstland zu machen, die als Ergänzung zu
meiner vorjährigen Mittheilung in dieser Zeitschrift (Bd. 36,
pag. 246 — 274) dienen können. Zugleich kann ich Einiges
aus dem soeben in den Verhandlungen der hiesigen minera-
logischen Gesellschaft (Neue Serie Bd. 22, pag. 1—31) erschie-
nenen Bericht von Dr. G. HoıLm über seine „geologischen Reisen
in Ehstland, N.-Livland und im St. Petersburger Gouverne-
ment in den Jahren 1883 und 1884“ entnehmen. Dr. Horn“
begleitete mich in den genannten Jahren auf dem grössten
292
540
Theil meiner Excursionen und ich verdanke ihm manche Be-
lehrung, namentlich was die Identificirung unserer ostbaltischen
en mit den schwedischen betrifft. In meinem
Artikel hatte ich leider auf die von Dr. O. Horst in den
„Geologiska foreningen: in Stockholm“, Förhandlingar 1876
(B. 3), pag. 97—112 entwickelte Theorie der Asbildung keine
specielle Aufmerksamkeit verwandt, und gerade diese Ästheorie
ist es, die neuerdings, wie ich höre, in Schweden am meisten
Anklang findet und die auch Dr. Houa in seiner eben erwähnten
neuen Schrift bei der Erklärung der Äsar zu Grunde gelest
hat. Ich finde jetzt, dass sie sich auch auf den grössten "Theil
unserer Asar oder Grandrücken vortrefflich verwenden lässt.
Horst schliesst sich in seiner Theorie wesentlich an die
frühere TörxeBonn’sche Erosionstheorie an, mit dem Unter-
schiede, dass er statt der „mächtigen, nach dem Rückgang des
Eises zurückgebliebenen Sand- und Schlammablagerungen“ der
letzteren das mit Moränenmaterial erfüllte Inlandeis selbst
die Grundlage sein lässt, aus welcher die Asar als Kiesabla-
gerungen von Gletscherströmen gebildet wurden. Die erste
Vorbedingung dafür ist, dass ein grosser Theil der Grund-
moräne vom Eise zu bedeutender Höhe gehoben sein musste,
wie das ja auch von NORDEXSKIÖLD am Aussenrande des grön-
ländischen Inlandeises beobachtet wurde, wo er die ganze Eis-
masse und nicht blos den Grund derselben von Steinen erfüllt
sah. Es ist mir im Augenblick nicht gegenwärtig, wo ich
glaube, auch von Beobachtungen in den Alpen gelesen zu
haben, nach denen die Gletscher nicht blos von 7. durch
Schnee, sondern auch von unten durch durchsickerndes und
unten wieder gefrierendes Wasser wachsen, sowie durch von
hande vordringendes Eis. Wie gesagt, es ist mir der Vor-
gang nicht ganz deutlich, wie das Material der Grundmoräne
im Eise gehoben wird: ist dieses aber einmal der Fall, dann
können auch die auf dem N.- Abhang Ehstlands bergauf von
N. nach S. sich erstreckenden Asar ohne Schwierigkeit als
Kiesablagerungen aus rletscherströmen erklärt werden, wäh-
vend die Asar des Südabhanges, die den jetzigen Neigungs-
verhältnissen des Bodens und den Flussthälern folgen, sich
ganz einfach der Hounsr'schen Theorie fügen. Bei den bergauf
steigenden ÄAsar brauchen wir nur daran zu denken, dass das
Inlandeis immerhin bei seiner grossen Mächtigkeit nach Norden
vordrang, wenn auch der Untergrund stellenweise nach Süden
zu anstieg; die in dem Gletscher enthaltenen Moränenmate-
rialien konnten immerhiu in nach Süden strömenden Gletscher-
flüssen als Kiesbänke abgelagert werden und diese so lange
auf dem abschmelzenden Eise suspendirt bleiben, bis das Eis
vollständig verschwunden war und die Kiesbank als As in einer
541
der ursprünglichen entgegengesetzten Neigung auf den Fels-
grund zu liegen kam.
Die öfters vorkommenden ungeschichteten, lehmigen Mas-
sen, z. Th. auch mit geschliffenen Steinen, welche bisweilen
den geschichteten Rullstensgrus bedecken, könnten in Folge
von neuem Vordringen des Inlandeises an ihren Ort gelangt
sein, oder wie Host meint, das früher suspendirte und nach
dem völligen Abschmelzen des Eises zurückbleibende Moränen-
material darstellen.
Für die Bildung der Äsar aus Flüssen spricht wesentlich
ihre in Schlangenlinien verlaufende Form, das Vorkommen der
Nebenflüsse darstellenden Biäsar und das reingewaschene Ma-
terial des Rullstensgruses selber, das in seiner "inregelmässigen
Schichtung und vielfachen Sonderung des Materials lebhaft an
Flussablagerungen erinnert.
Wenn mit der Horsr'schen Theorie die Entstehung der
Asar allerdings noch nicht vollständig aufgeklärt ist, so hat sie
doch neue fruchtbare Ideen gegeben, die zu neuen Studien aui-
fordern. Ich erwarte viel von der ausführlicheren Arbeit, die
Dr. HorLs über unsere ehstländischen Asar in Aussicht ge-
stellt hat.
Der zweite Punkt, über den ich nachträgliche Bemerkun-
gen zu machen hätte, betrifft unsere postglacialen Wasserbil-
dungen, namentlich das Vorkommen von Ancylus fluviatilis in
reingewaschenem, stark gerolltem Gruss an vielen Stellen des
westlichen Ehstland und der Inseln. Ich hatte diese Ancylus-
lager als Reste von alten Seebecken zu erklären gesucht, aber
Ancylus fluviatilis ist eine ausgesprochene Muschel des fliessen-
den Wassers und die entsprechenden Lager sind bei uns wirklich
an manchen Orten in alten, höher als die jetzigen gelegenen
Flussbetten gefunden worden, so unterhalb des Jaggowalschen
Wasserfalles und oben an den Thalwänden des Hirro- oder
Brigittenbaches bei Reval. Es liegt nahe, daran zu denken,
dass die in der Wiek und auf Oesel an vielen Orten in der
Ebene verbreiteten Ancyluslager, die keine ausgesprochenen
Betten erkennen lassen, eben doch Kiesbänke alter Flüsse sind,
die auf dem flachen Felsboden und bei schwacher Neigung des
Bodens sich keine tiefen Thäler eingraben konnten. Das Fluss-
netz am Westabhang Ehstlands mag damals, bald nach dem
Rückzug der Gletscher, wasserreicher und vielfacher verzweigt
gewesen sein als jetzt, wo wenig neue Kiesablagerungen in
dieser Gegend mehr gebildet werden.
Ich bin umsomehr geneigt die Ancyluslager als alte Kies-
bänke von Flüssen anzusehen, als wir jetzt ausser den früher
bekannten Lagern von Wiesenmergel auch wirkliche Uferwälle
von alten Seebecken bei uns annehmen dürfen; diese Ufer-
942
wälle sind lange nicht so rein gewaschen wie die Ancyluslager,
sondern immer etwas lehmhaltig, dabei ist die Molluskenfauna
viel mannichfaltiger und es kommen namentlich auch Zlanorbis-
Formen vor, die den Ancyluslagern vollkommen fehlen. Den
einen dieser alten Uferwälle habe ich bei Pakerort nahe der
Spitze der Baltischportschen Halbinsel beobachtet, wo über
der lehmigen Schicht mit Süsswassermuscheln ein grobes, wenig
gerolltes Geschiebelager sich findet, das im nächsten Zusam-
menhang mit den dortigen alten marinen Strandwällen zu
stehen scheint, die bis zur Höhe von ca. 60 Fuss über das
jetzige Meeresniveau hinaufreichen. Doch gelang es mir dort
nicht, deutliche Spuren von Meeresmuscheln zu finden.
Den anderen Uferwall eines alten Seebeckens untersuchte
ich mit Dr. HorLm zusammen bei Kuckers, am Fuss der dort
deutlich hervortretenden Jewe’schen Terrasse, die am Rande
eines Sumpfes, der früher einen See gebildet haben mag, längs
der Poststrasse von Kuckers bis Tärpsal sich hinzieht. Auch
hier war eine grosse Mannichfaltigkeit von Süsswassermuscheln
in lehmigem Geröll zu finden, das von Torfbildungen bedeckt
wurde.
4. Herr E. Darnue an Herrn Havcuzeornte.
Ueber schlesische Culmpetrefacten.
Steinkunzendorf, den 30. Juni 1885.
Bei meinen diesjährigen Aufnahmen bin ich vom Glücke
beim Sammeln ungemein begünstigt gewesen; das gilt sowohl
vom Gebiete der (neissformation als auch von dem hier ent-
wickelten Culm. Fossilien werden aus letzterem nur zwei,
nämlich Calamites transitionis und Cardiopteris polymorpha (siehe
SCHÜTZE) angeführt. Die Ausbeute ist indess eine sehr reiche
gewesen; neben guten Pflanzenresten haben sich namentlich
Korallen gefunden. An einer Localität sind dieselben in einer
bis 0,5 m mächtigen Bank vorhanden, die sich mehrere hundert
Meter verfolgen lässt. Ausser Korallen führt diese Kalkbank
noch Fenestella, dagegen fast gar keine Brachiopoden und
Zweischaler.
So interessant die Auffindung der genannten Fossilien ist,
so wird sie doch durch einen Fund der letzten Woche noch
übertroffen. Ich habe nämlich Insecten-Reste, Flügeldecken,
welche wohl kaum einer anderen Ordnung als den Käfern zu-
gehören werden, aufgefunden.
543
Dieselben kommen in der unteren Abtheilung des hiesigen
Culms, die von Schieferthonen und Grauwacken zusammen-
gesetzt wird, vor.
Die obere Abtheilung besteht aus polygenen Oonglomeraten,
welche mit den von mir beschriebenen Hausdorfern überein-
stimmen und Variolite, sowie geborstene und mit Eindrücken
versehene Gerölle, wie jene, zahlreich führen.
Die Goneissformation bietet gleichfalls reiche Ausbeute.
Bis jetzt habe ich in hiesiger Gegend, wo nur ein Serpentin-
Vorkommen bekannt war, einige dreissig Lager kartirt, und
täglich kommen neue hinzu, so dass, da die Zonen fortsetzen,
das Eulengebirge sich als das an Serpentin reichste Gebiet
Deutschlands herausstellt. Dazu kommen noch echte Strahl-
steinschiefer, Enstatitfels und Verwandtes.
544
C. Verhandlungen der Geselischaft.
1. Protokoll der April- Sıtzung.
Verhandelt Berlin, den 1. April 1885.
Vorsitzender: Herr Bryrich.
Das Protokoll der März->Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte sodann die für die Gesellschaft ein-
gegangenen Karten und Bücher vor und machte bei den neu
publieirten Blättern der geologischen Landes- Anstalt speciell
auf die Erläuterungen zu dem Blatt Kelbra aufmerksam, denen
anhangsweise ein geognostisches Kärtchen vom Kyffhäuser nebst
Erläuterungen über das krystallinische Grundgebirge daselbst
von E. Darur beigegeben ist.
Ferner verlas derselbe eine Anzeige des Herrn Hofrath von
Hauer in Wien, nach welcher derselbe zum Intendanten der
k. k. naturhistorischen Museen ernannt wurde.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr Dr. CArt WILHELM Scuumipr in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren BeyYkıch, KLock-
MANN und KEILHACK.
Herr Haucuecorn: verlas einen Brief des Herrn Dr.
SCHENK über die geologischen Verhältnisse im Lüderitz- Land
zwischen Angra Pequenna und Bethanien (vergl. pag. 594).
Herr Grore Bozum sprach über südalpine Kreide-
ablagerungen.
Die südalpinen Kreideablagerungen östlich vom Gardasee
zeigen, wie man aus der geologischen Uebersichtskarte der
österreichischen Monarchie, Blatt V. ersehen kann, zwei we-
sentlich verschiedene Ausbildungsweisen. Westlich vom Piave,
in den veroneser und vicentinischen Alpen, beobachtet man
545
als unterstes Glied der Kreide den Biancone, welcher sich
durch seine Petrefacten — Ammonites Astierianus, inaequali-
costatus, Juillietti, Crioceras Duvali ete. — in der Hauptsache
als Neocom erweist. Ueber dem Biancone folgen unmittelbar
die Kalke der Scaglia mit Stenonia tuberculata, Cordiaster italicus,
Ananchytes concava, Inoceramus Cuwvieri. Hiermit schliessen die
eretaceischen Bildungen ab; die Scaglia wird vom Tertiär
überlagert. Anders liegen die Verhältnisse östlich vom Piave.
Dort fehlt im Allgemeinen der Biancone mit seinen charakte-
ristischen Versteinerungen. An semer Stelle ist eine Rudisten-
facies entwickelt. Letztere vertritt nicht nur den Biancone,
sondern auch höhere Horizonte und erlangt in den östlichen
Alpenländern und in Dalmatien eine mächtige Entwickelung.
In diesem Gebiete ist häufig die Scaglia nicht ausgebildet.
Alsdann wird die Rudistenfacies unmittelbar vom Eocän bedeckt.
Im Bellunesischen dagegen finden sich über der Rudistenfacies
leicht kenntliche Mergelschiefer, welche zur Scaglia gerechnet
werden und ihrerseits vom Tertiär überlagert sind. Diese
rothen, seltener lichten Merselschiefer sind mehr oder weniger
kalkig und meist so dünnplattig, dass sie zum Dachdecken
verwendet werden. Daneben finden sich auch dickbänkige
Partieen, welche gute Werksteine liefern. Trotz zahlreicher
und guter Aufschlüsse habe ich in diesen charakteristischen
Schichten niemals Versteinerungen finden können.
Die venetianische Rudistenfacies, obgleich, wie bemerkt,
meist noch von jüngeren Kreidebildungen überlagert, reprä-
sentirt recht verschiedene Zonen. Eine durchgreifende Glie-
derung ist bisher unmöglich, denn diese Rudistenfacies ist nicht
reich an Versteinerungen und die Zahl ausgiebiger Fundpunkte
ist gering. Eine der interessantesten Localitäten ist der Colle
di Medea in Friaul, wenige Kilometer südlich Cormons, der
bekannten Station an der Bahn Venedig-Triest. Herr PıronA
vermochte nachzuweisen, dass hier unteres Turon mit Radio-
lites lumbricalis entwickelt ist. Ein anderer guter Fundpunkt,
dessen Kenntniss wir dem unermüdlichen Eifer des Herrn
Pırona verdanken, ist der Col dei Schiosi, ebenfalls in Friaul.
Dem Reichthume an Fossilien, speciell an Nerineen, verdankt
die Localität ihren Namen. Derselbe stammt, wie PıroxA
mittheilt, von chiocciola, dem italienischen Worte für Muschel
und Schraubenmutter.
Der Col dei Schiosi ist wohl am besten von Polcenigo
aus über Costa Cervera zu erreichen. Man beobachtet am
Fundpunkte zerstreute Blöcke eines typischen, compacten,
weissen Korallenkalkes mit vielen Korallen, abgerollten Mu-
schel- und Gesteins - Trümmern und zahlreichen gut erhal-
tenen Gastropoden. Besonders häufig ist die von Pırona be-
546
schriebene Nerinea schionensis. Von Bivalven fand ich neben
Janira Zitteli Pırona eine grosse Caprina mit schön erhal-
tenen Radialcanälen, sowie eine kleine Art, die wahrschein-
lich zu (aprotina gehört. Ausserdem findet sich ein Di-
ceras sowie Sphaeruliten. Die Deckelklappe der letzteren ist
nicht selten mit dem vollkommenen, inneren Apparat, das
heisst mit den Zähnen und .den Muskelapophysen erhalten.
Ob Sphaerulites erratica vertreten ist, wage ich nicht zu ent-
scheiden, da von letzterer Art meines Wissens nur die unge-
nügende Abbildung von Picter und CaAnmrPichE bekannt ist.
Das schon erwähnte Diceras erinnert äusserlich an Requienia
Lonsdalei SOWwERBY sp. Leider ist mir die typische ZReguienia
Lonsdalei dem Schlosse nach unbekannt. ZwrreL bildet in
seinem Handbuche der Palaeontologie eine Requienia Lonsdalei
von Orgon in der Vaucluse ab. Nach dieser Darstellung besitzt
die Art keine eigentlichen Schlosszähne und würde also nach
der heutigen Auffassung in der That zu Requienia gehören.
Andererseits war Herr Ewarn so liebenswürdig, mir in seiner
ausgezeichneten Sammlung Exemplare von Requienia Lonsdalei
zu zeigen, welche von der Darstellung bei ZırreL wesentlich
abweichen. Sie stammen aus Südfrankreich, wenn ich nicht
irre, ebenfalls von Orgon, und besitzen in der rechten Klappe
einen deutlichen Hauptzahn. Diese sehr schön präparirten
Exemplare würde ich — in Uebereinstimmung mit Herrn
Ewa — eher zu Diceras als zu Requienia stellen. Allerdings
weicht das Schloss auch vom Diceratenschlosse ab und es wäre
vielleicht das Beste, das Vorkommen einer dritten Gattung
zuzuweisen. Um auf die bezügliche Art von Col dei Schiosi
zurückzukommen, so ist sie weder mit der entsprechenden Ab-
bildung bei Zırter, noch mit den bezüglichen Exemplaren des
Herrn Ewarn in Verbindung zu bringen. Es liegt am Col dei
Schiosi ein zweifelloses, typisches Diceras vor, dessen rechte
Klappe einen grossen Hauptzahn besitzt. Ausserdem beob-
achtet man in der rechten Klappe eine deutliche Muskelleiste,
welche unter die Schlossplatte und zum Wirbel zieht. Ich
möchte diese neue Art Diceras Pironae nennen. Eine ein-
gehende Beschreibung derselben darf man von Herrn Pırona
erwarten. Am Abhange, welcher von Coltura di Polcenigo
nach dem Col dei Schiosi hinauf führt, und der nach Angabe
der Eingeborenen den schon erwähnten Namen Costa Üervera
trägt, findet sich ein zweiter Fundpunkt von Fossilien. Es
sind zumeist kleine Nerineen und Diceraten, welche denen des
Col dei Schiosi zum verwechseln ähnlich sehen. Von den hier
vorkommenden Diceraten gelang es mir, eine rechte Klappe
vollständig zu präpariren. Das Schloss besitzt einen mächtig
entwickelten, ohrförmigen Hauptzahn, welcher vorn eine läng-
947
liche Vertiefung für den Zahn der linken Klappe besitzt. Der
hintere Muskeleindruck liegt wie auf einem erhöhten Polster in
der Ebene der Schlossplatte. Der ganze Apparat erinnert auf-
fallend an das oberjurassische Diceras Münsteri von Kelheim.
Dieses Diceras von Costa Cervera ist von dem gewöhnlichen
Diceras des Co! dei Schiosi ganz verschieden; denn wie be-
merkt liegt bei letzterem der hintere Muskeleindruck der
rechten Klappe auf einer kräftigen Leiste, welche sich unter
die Schlossplatte und zum Wirbel erstreckt. Es bedarf wei-
terer Forschungen, um die Beziehungen und das Alter der
Faunen von Costa Cervera und vom Col dei Schiosi festzu-
stellen. Sollte man es, wie Pıroxa annimmt, mit Urgonien zu
thun haben, so wäre zum ersten Male in zweifelloser Weise
die Gattung Diceras in cretaceischen Ablagerungen nachge-
wiesen. Sicher ist jedenfalls, dass diese sonst jurassische Gat-
tung mit der cretaceischen Gattung Sphaerulites zusammen
vorkommt. Ich selbst besitze ein Stück vom Col dei Schiosi,
auf welchem sich neben Diceras Pironae und mit demselben
direct verkittet ein Sphaerulit befindet.
Eine seit alter Zeit bekannte Localität für venetianische
Kreide ist der Lago di Santa Croce. In der Umgebung des-
selben, zum Beispiel am Monte S. Pascolet, finden sich hie
und da grosse Rudisten; doch ist der am meisten genannte
Fundpunkt der Monte Pine. Ich vermag diesen in Literatur
und Sammlungen weit verbreiteten Namen auf der italienischen
Karte 1: 75000 nicht zu finden. Auf dem Kärtchen Taf. VIII
im Saggio di zoologia fossile von CarurLo ist ein Monte Pigne
östlich von Cima Fadalto angegeben. Eingeborene sagten mir,
dass man als Monte Pine sowohl die Gehänge östlich als auch
westlich von Cima Fadalto und Santa Croce bezeichne. In
der Literatur und in den Sammlungen ist mit jenem Namen
wohl meist die Schutthalde gemeint, welche fast gegenüber
Santa Croce am östlichen Ufer des See’s liegt. Hier finden
sich von hoch oben herabgestürzt die mässig erhaltenen Actaeo-
nellen und stark gerippten und gestreiften kleinen Sphaeruliten,
die in vielen Museen verbreitet sind. Auf primärer Lagerstätte
sammelte ich die kleinen Sphaeruliten oben am Berge, an
einem Felsvorsprunge, der sich von Santa Croce aus gut her-
vorhebt. Geht man an dem sehr steilen Thalgehänge weiter
nach Süden, so trifft man auf grosse Brüche, welche fast steril
sind. Die hie und dort auftretenden kleinen Rudistendeckel
sind identisch mit denen aus der Schutthalde und beweisen,
dass man es mit derselben Ablagerung zu thun hat. Oben
auf dem Plateau des östlichen Abhanges, unmittelbar über der
Rudistenfacies, ist überall die vorher erwähnte Scaglia ent-
wickelt, Ä
948
Viel günstiger in Bezug auf Petrefacten liegen die Ver-
hältnisse am westlichen Thalgehänge über Cima Fadalto bei
einem Orte, welcher nach übereinstimmender Angabe mehrerer
Eingeborener Calloniche — auf den Karten Calioviche? — heisst.
Hier liegt ein Steinbruch, welcher zahlreiche ausgezeichnet
erhaltene Petrefacten führt. Vor Allem tritt ‚Sctaeonella gigantea
in Massen auf. Der Besitzer des Steinbruchs, Herr Auszs-
SANDRO DAL PAos, war so freundlich, mir reiche Sammlungen
von dieser Localität zur Verfügung zu stellen. Dieselben ent-
halten eine Reihe neuer Arten, deren eingehende Beschreibung
ich später zu geben hoffe. Besonders interessant ist eine
grosse, dichbauchige Form mit kurzem Gewinde, welche am
ehesten an #ctaeonella erinnert, jedoch keine Spindelfalten be-
sitzt. Sie gehört vielleicht zu Chemnitzia. Eine andere schlanke
Form mit eiförmiger, nach vorn etwas ausgezogener Mundöfinung
habe ich Cchemnitzia Paosi n. sp. genannt. Ferner findet sich
eine kleine, quergerippte Art, welche an Narica, Neritopsis oder
Vanicoropsis erinnert. Sie unterscheidet sich von diesen Gat-
tungen durch ihre eigenthümliche Mundöffnung. Von bekannten
Species vermochte ich vorläufig mit Sicherheit zu bestimmen:
Caprina Aguilloni ORBIGNY,
Hippurites cornu-vaccinum BRONN,
Actaeonella gigantea ORBIGNY,
5 laevis ÖRBIGNY.
Man ersieht aus diesen wenigen Formen, dass hier echte
Gosaubildungen vorliegen. Es sind demnach Bildungen dieses
Alters am Lago di Santa Croce weiter verbreitet, als man
bisher vermuthet und auf den Karten angegeben hat. Zur
Gosauformation gehören auch die Ablagerungen am östlichen
Gehänge. Wie bemerkt, findet man hier sowohl anstehend als
auch in der Schutthalde vorzugsweise kleine Sphaeruliten,
während Hippuriten zu fehlen scheinen oder wenigstens sehr
selten sind. Es ist nun festgestellt, dass im östlichen Theile
der Südalpen, in Istrien und Dalmatien die Rudistenkalke,
welche über den Caprotinenkalken lagern, in zwei Abtheilungen
gegliedert werden können. Die untere Abtheilung führt vor-
zugsweise Radioliten und Sphaeruliten, die obere Abtheilung
besonders Hippuriten. Man mochte deshalb auf die Vermu-
thung kommen, dass die längst bekannte Fauna der Schutthalde
bei Santa Croce mit ihren Sphaeruliten der unteren Abthei-
lung der Rudistenkalke entspräche. Nun aber finden sich die
kleinen Sphaeruliten des östlichen Gehänges auch in dem
Bruche von Calloniche. Es dürfte demnach gestattet. sein,
beide Ablagerungen als gleichaltrig anzusehen und der Gosau-
formation zuzurechnen. Ueber den Gosankalken von Calloniche
549
lagert gerade wie am östlichen Thalgehänge lichte, dünnbän-
kige Scaglia. Die directe Ueberlagerung ist im Bruche selbst
sehr gut zu beobachten.
Herr Krırnack gab ein Profil durch die kohlenführenden
Schichten der Gegend. von Lauenburg an der Elbe.
Es folgen hiernach vom Liegenden zum Hangenden:
. Diluviale, Cardium edule führende, sandige Mergel.
(reschiebemergel.
. Kohlenlager und zwar:
a. Moos,
b. Früchte und Blätter,
c. Stückenkohle mit Stämmen und Astwerk.
4. Bis 15 m mächtige Diluvialsande.
5. Zweiter Geschiebemergel, dem oberen Geschiebemergel
Meyv’s mit Helotis gleichwerthig.
ww
An der durch diesen Vortrag angeresten Discussion be-
theilisten sich die Herren Havesecorn © und Beyerich #, welche
das fragliche Mineral nicht als Kohle, sondern als Torf an-
sehen, wie solcher in früherer Zeit auch schon bei Ürossen
vorgefunden wurde. Ferner bemerkte Herr BEREXDT, dass
auch Meyx diese Bildungen schon als diluviale Torie ge-
schildert habe, also auch kein historisches Moment für die
Benennung als Kohle vorliege.
Herr WasxscHArre bemerkte im Anschluss an obige
Mittheilung, dass sich auch in einem anderen Gebiete des
norddeutschen Flachlandes Beweise für eine Interglacial-
zeit gefunden hätten. Von ihm sei im Herbst vorigen Jahres
eine Ablagerung untersucht worden, der er ein interglaciales
Alter zuweisen müsse. Bereits auf J. Ewarp’s geologischer
Karte der Provinz Sachsen von Magdeburg bis zum Harz ist
im Süden Magdeburgs zwischen Sudenburg und Bukau an der
Leipziger Chaussee ein diluvialer Kalktuff angegeben worden.
Redner hat diese Localität aufgesucht und gefunden, dass die
Lagerungsverhältnisse dort folgende sind:
Humoser Bördelöss 0,3 m.
Gelber Bördelöss mit Steinsohle 0,3 — 0,5 m.
Kalktuff 0,2—0,3 m.
Rother |
Be Unterer Diluvialsand + 13 m.
Da der Vortragende die Steinsohle des Lösses als ein
Residuum des zerstörten Oberen Geschiebemergels auffasst und
nach Analogie der sonstigen Aufschlüsse in der Börde unter
850
dem Unteren Diluvialsande ein zweiter (Unterer) Geschiebe-
mergel folgt, so muss der Kalktuff, welcher zahlreiche Schal-
reste von Limnaea truncatula MÜLL. mit sehr viel junger Brut
enthält, als eine in einem Süsswasserbecken der Inter-
glacialzeit entstandene Bildung angesehen werden. (Verel.
F. WAHNSCHAFFE, Die Quartärbildungen der Umgegend von
Magdeburg, mit besonderer Berücksichtigung der Börde. Ab-
handlungen zur geolog. Specialkarte von Preussen u. s. w.,
Bd. VII, Heft 1, pag. 60—62.)
Hierzu bemerkte Herr Brrenn?, dass ein ähnliches
Süsswasserbecken, wie das von WAHNSCHAFFR geschilderte, von
ihm selbst ım Jahre 1575 in einem Einschnitte der Berliner
Nordbahn beobachtet worden sei, und dass Herr Kızss dem-
nächst ebenfalls Mittheilungen über die Auffindung eines solchen
isolirten Beckens sicher diluvialen Alters aus seinem jetzigen
Aufnahmegebiete veröffentlichen werde.
Herr A. Remzr£ sprach über einige obersenone Ge-
schiebe der Gegend von Eberswalde, namentlich über einen
eigenthümlichen Glaukonit-führenden Kalksandstein mit einer
länglichen Varietät von Lima Hoperi Mant., von dem ein Stück
der Gesellschaft vorgelegt wurde.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
NV W. [07
BEYRICH Damss. Tenne.
2. Protokoll der Maı- Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 6. Mai 1885.
Vorsitzender: Herr Beyrich.
Das Protokoll der April-Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell-
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Grubendirector LEESBERG in Esch (Luxemburg),
vorgeschlagen durch die Herren GREBE, Kayser
und Dauss;
a
Herr Dr. TuorwaLpur TnorroDsen in Mödruvellir, Island,
vorgeschlagen durch die Herren v. Fritsch, J. G.
BORNEMANN und BEYRICH.
Herr ScHRÖDER gab einige Nachträge zu dem in dieser
Zeitschrift 1882, pag. 243 abgedruckten Aufsatz „Ueber senone
Kreidegeschiebe der Provinzen Ost- und Westpreussen*“ und
besprach namentlich das Auftreten von Actinocamax westfalicus
SchLüÜr. im untersenonen Sandstein mit /noceramus cardissoides,
sowie das massenhafte Vorkommen von Pectunculus sublaevis
Sow. in dem Quarzit mit Actinocamax quadratus. — Alsdann
legte der Vortragende mehrere als Geschiebe in Ost- und
Westpreussen gefundene Saurierreste vor, und zwar:
Plesiosaurus balticus n.sp. Hinterer Hals-
wirbel, Rückenwirbel, Zähne, Humerus Unter-Senon.
Pl. Helmersenü Kırsıs. 2 Halswirbel. . Ober-Senon.
Ersngas no. sp. hückenwirbel : . . . 5
Pl. ichthyospondylus Sesury. Hals- und
Seiwanzwirbel: 34 2. a, Saar; 4
Pl. ef. planus Owen. Halswirbel. R
Pl. n. sp. Fragment eines Brustwirbels . 5
Pl. sp. Schwanzwirbel .
Mosasaurus Camperi H. v. MeErkr. Lenden-
wireless a #
Die dem Vortragenden von Herrn Lunneren zur Bearbei-
tung übergebenen Reste aus der schwedischen Kreide ergeben
folgende Formen:
Plesiosaurus cf. Helmersenü Kıprıs. Sacral-
Bwirbelund Kemur . . . » . .. .. Ober-Senon:
Mosasaurus Camperi H. v. Meyer. Zähne “
loss scanicus. n: sp. Schädel . .. . . 5
Bios sp. Zahn . . . ee 5
Leiodon Lundgreni n. sp. Zahn EN Age =
Eine genaue Bearbeitung der vorgelegten Saurierreste wird
in dem Jahrbuch der königl. geologischen Landesanstalt für
1884 erscheinen.
Herr Rammeisßere berichtete über die chemische Unter-
suchung des Fragments einer grossen Glimmerkugel, welche
G. vom Rarn zu Branchville, Conn., erhalten hatte. Ueber
das Vorkommen dieses Minerals verlas Redner eine diesbe-
zügliche Publication G. vom Rarn’s, welche derselbe in den
Verhandlungen des Naturhistorischen Vereins für Rheinland
und Westfalen gegeben hat. Die Kugel vereinigt in scharf
952
abgegrenzten Lagen zwei Varietäten von Glimmer, welche beide
zur Gruppe der Eisenglimmer gehören und keine Spur von
Magnesia enthalten. Die hellere, grau durchscheinende Art
hat das spec. Gew. 2,898 und es entspricht ihre Zusammen-
setzung der Formel:
[ 6 (.K): sios
. Re-=S10:
| 7 (Al, Fe)? sie 0%
[AK SIO* || [Fer Sios
\ (Al, Ee)? Si? 0% | T | (Al, Fe)? Si? 0%
I
6
Das dunklere, bräunlich durchscheinende Mineral hat das
spec. &ew. 3,030 und die Analyse führt auf folgende Formel:
2a HER) 73102
) Fe? SiO* =
ı 2 Al], Ee) SF O2
9) 0E239)2151.02 a1 Ress107 \
ehe? SED || 1: (AJ, Ee)? SO
Das Handstück ist der Bestimmung des Sammlers gemäss
dem mineralogischen Museum übergeben worden.
Herr J. G. Bornewann sen. sprach über fossile Kalk-
algen. Die Bedeutung derselben für die Schichtenbildung ist
bekannt und es braucht deshalb nur an das massenhafte Vor-
kommen fossiler Charen und Confervaceen in jüngeren Forma-
tionen erinnert zu werden.
Eine wichtige Rolle spielen die Dactyloporen und Gyro-
porellen, deren Stellung im System noch vor Kurzem eine
unsichere war, so dass GÜNBEL in seiner verdienstvollen Mo-
nographie sie noch als die „Nulliporen des Thierreichs“ be-
zeichnete. Durch die Untersuchungen von MunIER - CHALMAS
wurde der Beweis geliefert, dass diese Dinge Algenreste sind,
welche in die Verwandtschaft der Siphoneen gehören.
Diese neue Lehre fand lebhaften Anklang und es war
besonders STEINMANN, welcher nun viele andere Fossilreste den
Algen zuwies, dabei aber wieder zu weit ging, wobei ihm DrEcKE
folgte. Ausser den noch zweifelhaften Formen Syeidium und
Coelotrochium wurden sogar Receptaculites und Archaeocyathus
zu den Kalkalgen gezogen und mit Gyroporella verglichen.
Die ausgedehnte Untersuchung des sardinischen Archaeo-
cyathus - Materials machte es unter diesen Umständen dem
Vortragenden wünschenswerth, genauere Studien über Gyro-
porella anzustellen und er erhielt hierzu von Freunden mehrere
598
Stücke alpiner Triasvorkommnisse, welche zur genaueren Unter-
suchung mittelst zahlreicher Dünnschliffe verarbeitet wurden.
Die meisten Gyroporellengesteine zeigten stark krystallinisches
Gefüge und nur die aus GünuseL's Arbeit schon bekannten
Verhältnisse. Ein Vorkommen aber macht hiervon eine Aus-
nahme; es ist das die von Herrn Geh.-Rath Beyrıch aufge-
fundene Gyroporellenschicht, welche bei S. Ulderico im Tretto
an der Basis des Wettersteinkalks liegt. Diese Gyroporellen
zeigen in schönster Erhaltung die Pflanzenstructur, indem die
Zellenmembranen als braune Linien in den Dünnschliffen zur
Anschauung kommen.
Gyroporella triasina ist aus verhältnissmässig grossen Zellen
zusammengesetzt, deren Membranen durch reichliche Kalkauf-
nahme erhärtet und deren Innenräume später ganz mit Kalk
erfüllt worden sind. Die bekannten Poren sind Durchschnitte
schlauchförmiger Zellen, welche mit denen der Acetabularia
einige Aehnlichkeit haben. Diese Schläuche sind gegen die
Aussenwand hin verengert und geschlossen, gegen die Oentral-
höhlung dagegen erweitert und offen. In vielen der Schläuche
sieht man eine schwarze körnige Ausfüllungsmasse, in einem
Falle zeigte sich auch eine zierliche Spirale oder Schraube,
deren Deutung aber noch von den Erfolgen weiterer Unter-
suchungen abhängig bleiben muss.
Eine in mehreren neueren Arbeiten über fossile Kalk-
alcen enthaltene Anschauung, wonach die Kalkeylinder der
Dactyloporen und Gyroporellen als Hüllen oder äussere In-
crustationen betrachtet werden, innerhalb welcher die Pflanzen-
zellen vegetirt haben sollen, bezeichnete der Vortragende als
mit der Pflanzenphysiologie im Widerspruch, denn aller kohlen-
saure Kalk wird von der Pflanze in aufgelöstem Zustande
aufgenommen und innerhalb der Zellenmembranen selbst, nicht
ausserhalb derselben, abgelagert. Die Membran selbst als
solche verkalkt und es ist deshalb der oft gebrauchte Ausdruck
„Hülle“ nicht richtig. Harver’s schöne Darstellung von Cymo-
Ahle barbata zeigt im Durchschnitt deutlich, dass die in der
Membran enthaltenen Kalkschichten äusserlich noch von einer
vegetabilischen Schicht bekleidet sind. Die fossilen Charen
des Thüringer Kalktuffes bewahren im verkalkten Zustande
alle Einzelheiten ihres organischen Baues ebenso wie die Litho-
thamnien und Corallinen,
Auch die Kalkabsonderungen an der Oberfläche gewisser
Pflanzen, welche Merterınus bei Farnen, Unger bei den Saxi-
frageen genau studirte, sind nicht auf einfache Incrustation
zurückzuführen, sondern sie entstehen unter Mitwirkung einer
organischen Thätigkeit der Pflanzenzellen selbst an Lücken
der Epidermis.
Zeitschr. d.D. geol. Ges. XXX VI1. 2. 30
594
Die Untersuchung der cambrischen Archaeocyathuskalke
Sardiniens hat nebenbei auch einige Algenformen ergeben,
welche in Dünnschliffen deutlich sichtbar wurden und sich
direct photographisch darstellen liessen.
So erfüllt eine zu den Confervaceen gehörige Form manche
Partieen des rothen Marmors von San Pietro bei Masua. An
einem Coscinocyathus-Kelch äusserlich aufgewachsen, zeigt eine
andere Form zierliche fächerförmige Gruppirung der Zellen.
Gewisse Concretionen oder Oolith-ähnliche, aber unregel-
mässig concentrisch geschichtete Körper, welche in einem
Sandstein von Canalgrande vorkommen, dürften ebenfalls auf
Algenbildungen zurückzuführen sein.
Ganz ähnliche, aber in der Mikrostructur besser erhaltene
Körper finden sich in einem kalkigen Silurgerölle, welches
Redner vor vielen Jahren im ostpreussischen Diluvium fand.
Die in diesem Stück neben Resten von Crinoiden, Korallen
u. Ss. w. liegenden oder solche Fragmente einschliessenden
Inerustationen zeigen sich bei starker Vergrösserung als aus
einem Gewebe gekrümmter Schlauchzellen zusammengesetzt,
welche man bei lebenden Scytonemaceen beobachtet.
Herr Berenpr legte einen aus der bekannten Rixdorfer
Lagerstätte im Diluvialgrande kürzlich erhaltenen Unterkiefer
von Elephas primigenius vor, der sich nicht nur durch seine
Kleinheit, sondern auch durch den noch vollständig isolirt
stehenden Primordial - Zahn sogleich als ganz jugendliches
Exemplar zu erkennen gab.
Derselbe theilte des Weiteren mit, dass er dieser Tage
das Glück gehabt habe, rechtzeitig Kunde von der Auffindung
eines grossen Stosszahnes von Elephas primigenius an derselben
Stelle zu erhalten. Stosszähne sind zwar schon häufig dort,
wie früher am Kreuzberge gefunden, nie aber in einigermaassen
erhaltenem Zustande in eine der Sammlungen gelangt. Weder
die königl. Universitäts-Sammlung noch die der königl. geolo-
gischen Landesanstalt enthält mehr als kleine Bruchstücke
solcher Stosszähne. Als Redner sofort auf die erhaltene Nach-
richt an Ort und Stelle erschien, wurde ihm der Grund hierfür
augenblicklich klar, obgleich nur erst der mittlere, durch einen
Spatenstich arg verletzte Theil der Rundung des betreffenden
Stosszahnes entblösst war. Die gesammte Elfenbeinmasse des
Zahnes befand sich in einem butterweichen Zustande, der ein
Formen und Ausrollen derselben in jeder beliebigen Weise
zuliess — die Sammlung bewahrt daraus geformte Kügelchen
u. dergl. — und war nur von einer wenige Millimeter starken,
festeren Schale umgeben, welche schon bei geringem Druck
mit dem Finger einbrach. An ein Herausheben des nunmehr
599
vorsichtig ganz freigelegten und in der Mittellinie seiner stark
sekrümmten Rundung zu genau 2,50 m Länge gemessenen
Zahnes war somit gar nicht zu denken, da selbst unterge-
schobene Bretter bei der bekannten Doppelkrümmung nicht
genügenden Halt geben konnten, und so entschloss sich Bericht-
erstatter endlich, das wundervolle Exemplar in 3 Stücke zu
zerschneiden, um es seiner Zeit erhärtet wieder zusammen-
setzen zu können. Die Schnitte konnten mit Hülfe eines,
noch dazu besonders kleinen Taschenmessers leicht ausgeführt
werden, so weich war die ganze Masse, so dünn die Schale.
Aber auch so brach, trotz des sorgfältigsten Aufhebens, das
grösseste der 3 Stücke noch einmal durch und es liegen die 4
Stücke gegenwärtig unter aufgefülltem Sande im Kellerraum
der geologischen Landesanstalt zum möglichst langsamen Ab-
trocknen. Die von Herrn FinkExer sogleich angestellte Unter-
suchung der erweichten Elfenbeinmasse ergab reinen phosphor-
sauren Kalk ohne jeglichen Wassergehalt.
Herr HaArrar sprach über ein Vorkommen von Homalo-
notus in ziemlich hohen Schichten des Devon an der Festen-
burg, nordöstlich von Clausthal.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. W. 0.
BeYricn. WEBSKY. TesnseE.
3. Protokoll der Junı - Sıizung.
Verhandelt Berlin, den 3. Juni 1885.
Vorsitzender: Herr Brykichn.
Das Protokoll der Mai-Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
“ Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell-
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor.
Derselbe verlas sodann einen Brief von Herrn Dr. WALTHER
z. Z. in Neapel, in welchem dieser über seine bisherigen Re-
sultate bei der Untersuchung der Küste des Golfes von Neapel
und der in demselben gelegenen Secca berichtet (s. pag. 537).
556
Herr Wessky legte sodann Phosphoritknollen aus der
Umgegend von Proskurow am Bug vor und referirte über die
in letzter Zeit darüber erschienenen Publicationen DunıkowskTs
(vergl. diese Zeitschrift 1884, pag. 41) und Raemer’s (Schriften
der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur, Breslau
1884, December - Sitzung). — Des Weiteren ward vorgelegt
eine dem Mineral. Museum durch Herrn Geh.-Rath F. R&meEr
verehrte Stufe von Quespescza, Peru. Das Mineralgemenge
von Eisenkies und Bleiglanz, welches diese Stufe mit einzelnen
blätterigen Aggregaten von Schwerspath bedeckt, ist als eine
Pseudomorphose nach Fahlerz anzusehen, was hauptsächlich
daraus geschlossen ward, dass die bekannten Zwillinge des
Tetraöders nach einer Fläche von 2 welche auf dieser einen
sechsstrahligen Stern bilden, noch constatirt werden konnten.
Das Mineralgemenge ist zu unterst auf der dasselbe tragenden
Lage von Quarz reiner Eisenkies und geht nach aussen zu in
reinen Bleiglanz über.
Herr Tenne legte einige von. ihm auf einer Excursion
des Prof. Daues in Hardenberga, Schonen, gesammelte Stufen
cambrischen Sandsteins vor, welche mit Flussspath überkleidet
sind. Das Gestein, über das Herr ReusL# schon in der dies-
jährigen Februar-Sitzung unserer Gesellschaft gesprochen hatte,
ist ein feinkörniger Quarzit, der aus fast reinem Quarz be-
steht; hin und wieder stellt sich in dem gleichmässigen Gefüge
ein Feldspathbruchstück ein, das auf frischem Bruch leicht an
dem Glanz der Spaltflächen erkannt wird, und ausserdem sind
mit der Loupe noch matte, hie und da zerstreute Pünktchen
von gelblicher Farbe zu erkennen, welche auf verwitterten
orthoklastischen Feldspath hinweisen. Rundliche Quarzkörner
von Hagelkorn- bis Erbsen-Grösse heben sich auf der weisslich-
grauen Bruchfläche durch ihre dunklere Farbe deutlich hervor.
Unter dem Mikroskop fassen die einzelnen Körner der (zrund-
masse — Quarz vorwiegend, dann Plagioklas und Orthoklas,
letzterer mehr oder weniger verwittert — unregelmässig zackig
in einander. Nur die grösseren gerundeten Quarze haben einen
regelmässigeren Umriss, welcher zwischen gekreuzten Nicols
jedoch nicht regelmässig bleibt, da orientirt angelagerte Sub-
stanz in die Lücken zwischen den kleinen Körnern eingreift.
In beiderlei Quarzen erkennt man bei geeigneter Vergrösserung
Flüssigkeitseinschlüsse mit beweglichen Libellen zu Schnüren
an einander gereiht.
Auf Klüften, die das Gestein in unregelmässiger Weise
durchsetzen, sind hell weingelbe Flussspathwürfel auskrystalli-
sirt, welche keine andere Form zeigen; die Kanten haben bis
597
zu d mm Länge. Theilweise ist diese Krystallkruste mit einem
bräunlichen Ueberzuge überkleidet, welcher von Salzsäure nicht
angegriffen, sondern nur gebleicht wird. Die Lösung giebt mit
Ammoniak keine Eisenreaction. Auf diesem letzterwähnten
Ueberzuge oder auf der Krystallkruste selbst sitzt nun eine
zweite (Generation von meergrün bis intensiv blaugrün ge-
färbten Flussspäthen, deren Würfelkante bis zu 8 mm lang
ist. Die letzteren zeigen im Gläschen erwärmt das bekannte
phosphoresceirende Leuchten in ausgezeichnetem Grade; auch
bei ihnen tritt höchstens die Octaöderfläche neben dem Würfel
auf, doch ist dieselbe stets Spaltfläche.
Ferner besprach der Vortragende einige Stufen von Mar-
kasit, welche auf einer Excursion der allgemeinen Versammlung
unserer Gesellschaft in Hannover an der Halde der Asphalt-
werke zu Limmer gefunden wurden. In den Kalkschichten
des Kimmeridge, aus denen Asphalt gewonnen wird, sind un-
regelmässige Hohlräume mit dem Mineral ausgekleidet, welches
ausschliesslich in den bekannten Speerkies - Zwillingen (Zwil-
lingsebene M=x P (110)) krystallisirt. Die Grösse der ein-
zelnen Zwillinge schwankt in ziemlich weiten Grenzen, doch
sind grössere Krystalle bis 11 und 15 mm Länge der Kante
I1/l’ vorwaltend. Die sehr glänzenden Flächen eignen sich
leider sämmtlich nicht zu genauen Messungen, dal=Px (Oll)
hauptsächlich parallel zu einer.Kante 1:M (Zwillingsfläche),
M= »P (110) — in kleinen Facetten an der Spitze des
„Speeres“ sichtbar — horizontal und die flachere domatische
Kokm-(r = 1 Px (015)?) und die Basis P=oP (001) durch
Öseillation eben so gestreift erscheinen. Von Interesse erscheint
dieser Fund, weil die Krystalle nun schon seit fast Jahresfrist
in der Sammlung des königl. mineral. Museums aufbewahrt
und vorher den Atmosphärilien auf der Halde ausgesetzt, das
glänzende Aeussere vollständig bewahrt haben und also nicht
der so gewöhnlichen Verwitterung und Vitriolisirung unter-
worfen zu sein scheinen.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. w. 0.
Berrich. WeBsKY. Tense.
Druck von J. F. Starcke in Berlin,
Zeitschrift
Deutschen geologischen Gesellschaft.
3. Heft (Juli, August und September 1885).
A. Aufsätze.
I. Ueber den oberen Jura der Sandgrube bei Goslar,
Von Herrn G. WÜRTTENBERGER In Hannover.
Durch Struckmann’s verdienstvolle Arbeiten über den
oberen Jura der Umgegend von Hannover angeregt und durch
des genannten Forschers Zuspruch ermuntert, will der Ver-
fasser im Nachstehenden eine Uebersicht der in der nächsten
Umgebung von Goslar auftretenden Schichten des oberen Jura
nnd der in denselben vorkommenden Versteinerungen zu liefern
versuchen. Derselbe geht dabei von der Ansicht aus, dass,
wenn auch schon sehr Vieles durch die Arbeiten von F. A.
Re&meEr, HEINRICH ÜREDNER, VON SBEBACH,: BRAUNS, DAMES, von
(FRODDECK, ULrichH etc. bekannt geworden ist, eine eingehendere
Localbeschreibung dennoch ihren Nutzen hat und namentlich
zu einer Vergleichung mit den gleichalterigen Schichten anderer
Gegenden, insbesondere denjenigen von Hannover, welche als
typisch für den nordwestdeutschen weissen Jura zu betrachten
sind, dienen kann.
Um diesen Zweck möglichst zu erreichen, sind in dieser
Arbeit nicht nur die von STRUCKMANN angenommenen Grenzen
der einzelnen Unterabtheilungen des oberen Jura und dessen
Bezeichnungen der Versteinerungen beibehalten, sondern auch
alle Stücke der letzteren, welche einen Zweifel in der Bestim-
mung zuliessen, jenem Gelehrten zur Untersuchung übergeben
worden. Dass derselbe sich dieser mühevollen Arbeit im
Interesse der Sache unterzogen hat, kann vom Verfasser nicht
dankbar genug anerkannt werden. Ausser der Belehrung
STRUCKMANN’sS ist aber auch die Durchsicht der an Verstei-
nerungen der Goslarer Sandgrube reichen Sammlungen des
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XXXVII. 3. 31
le
Oberhüttenmeisters a. D. Gruugrecht zu Goslar, des Majors
a. D. WEsSELHÖFFT und des provinzialständischen Museums
zu Hannover, sowie die Vergleichung der F. A. Rosner’-
schen Original - Exemplare einiger Versteinerungen im städti-
schen Museum zu Hildesheim und der Besuch des Göttinger
Universitäts- Museums dem Verfasser von besonderem Nutzen
gewesen, wie derselbe auch mit lebhaftem Danke der Unter-
stützung erwähnen muss, welche ihm durch Senator Dr.
H. Römer zu Hildesheim, Prof. Dr. von Korsen zu (aöttingen,
Dr. Max ScHLosser zu München und andere, an betreffender
Stelle in dieser Arbeit Genannte zu Theil geworden ist.
Die Schichten des oberen Jura ziehen sich anı Nordost-
rande des Harzes mit einem allgemeinen Streichen von h. 7. 4
und mit meistens steil aufgerichteter, stellenweise sogar über-
kippter Stellung vom Butterberge bei Harzburg über Oker
bis nach Goslar hin. Während jedoch am Langenberge zwi-
schen erstgenannten beiden Orten die mittleren Kimmeridge-
schichten gut aufgeschlossen sind, ist dies bei Goslar vorzugs-
weise mit den Schichten des Korallenooliths und des unteren
Kimmeridge der Fall, welche in und über der Sandgrube eine
seit langer Zeit bekannte Fundstätte interessanter Versteine-
rungen aufzuweisen haben.
Der obere Jura wird an dieser Stelle von Schichten der
Kreideformation überdeckt, und zwar zunächst — in der Sand-
srube nur getrennt durch ein geringmächtiges Flötz bräunlich-
selben Thones — von Gaultsandstein, welcher in seiner un-
teren Partie aus einem 20 m mächtigen Lager weissen und
gelblichweissen Sandes ohne Bindemittel besteht, während die
obere Partie, zu welcher auch der schöne Felsen der benach-
barten Clus gehört, eine feste Bank bildet. Diese Schichten sind
durch das wenn auch seltene Vorkommen des Ammonites Mil-
letianus D’ORB. bestimmt als Gault charakterisirt. Ueberlagert
werden dieselben von schwärzlichgrauem und ockergelbem,
sandigem Thone mit festen Mergel- und Thoneisenstein - Con-
eretionen. Dieser Thon würde der Lage nach v. STROMBECK'S
Schicht des Ammonites tardefurcatus Leyım. (cf. diese Zeitschrift
XII, pag. 22) entsprechen, obgleich Versteinerungen darin
noch nicht gefunden worden sind. Auf denselben folgt, da der
Minimus-Thon fehlt, unmittelbar der Flammenmergel mit Avicula
gryphaeoides Sow., der auch am Wege, welcher neben der
Sandgrube her nach der Anhöhe führt, ansteht und daselbst
von cenomanem Pläner überlagert wird.
Die erwähnten Kreideschichten haben dieselbe steil auf-
gerichtete Stellung, wie diejenigen des weissen Jura. Es ist
S6l
daher natürlich, dass, da der Gaultsand schon. seit langen
Jahren daselbst zu llaushaltszwecken gewonnen wird, durch
die Weeräumung desselben nach und nach zwischen den festen
Jura- und Kreideschichten ein tiefer Einschnitt gebildet worden
ist, welcher an, dem nach Südwesten liegenden Abhange die
ersteren, auf der entgegengesetzten Seite die letzteren blos-
gelegt hat. Dieser Einschnitt beginnt an dem Wege, welcher
vom ÖOsterfelde aus neben dem Oranmer’schen oder Olus-Teiche
vorbei nach dem Ackerlande auf dem Berge sich hinzieht und
auf der Höhe so herumwendet, dass er in kurzer Entfernung
über der Sanderube, an der sogen. Knickmauer, in h. 2.5
nochmals den oberen Jura durchsetzt. Der Umstand, dass
jener Einschnitt wegen Herstellung einer bequemen Abfuhr von
seinem Anfange an bis zum jetzigen Gewinnungspunkte des
Sandes nicht geradlinig durchgeführt, sondern in einem kleinen
Bogen gehalten worden ist, welcher die Schichten des unteren
Korallenooliths schiefwinkelig durchschneidet, hat eine Unter-
suchung derselben sehr erleichtert, während diejenigen eines
Theils des oberen Korallenooliths und des untersten Kim-
meridge unmittelbar vor den im Betriebe stehenden Bauen der
Sandgrube in Folge einer grossen Einrutschung, welche vor
mehreren Jahren durch eine Sprengung herbeigeführt wurde,
für eine genauere Beobachtung blossgelegt worden sind. Un-
günstig dagegen für eine Feststellung des relativen Alters
der Versteinerungen ist der Umstand, dass dieselben an den
Abhängen des Einschnitts, veranlasst durch die rasch vor-
schreitende Gesteinsverwitterung, oberflächlich meist ausgefallen
sind und vermengt mit anderen, nicht gleichalterigen Stücken
in den Schuttmassen gefunden werden, so dass in Bezug auf
seltener vorkommende Versteinerungen eine lange Zeit fort-
gesetzte Beobachtung dazu gehört hat, das Auftreten jedes
einzelnen Petrefacts nach seiner ursprünglichen Lagerstätte zu
ermitteln.
Am östlichen Ufer des Cramer’schen Teiches stehen Mergel-
thone der Kelloway-Gruppe des braunen Jura (Macrocephalen-
und Ornatenthone) mit Gryphaea dilatata Sow., Pholadomya
Murchisoni Sow., Pleurotomaria granulata DErR., .{mmonites
Dunkani Sow., A. Athleta Psınn., A. annulaeris Reın., Belemnites
canalieulatus v. ScHL., DB. fusiformis Quesst. und sSerpula
Deshayesii v. Münst. an, die an der nordöstlichen Teichseite
von Gesteinen der unteren Oxfordschichten (Hersumer oder
untere Dilatata-Schichten), welche auch ULkıcH und v. GRoD-
DECK von da angeben, überlagert werden. Es ist dies zwar
augenblicklich nicht zu beobachten, doch stimmt es mit den
früheren Forschungen überein, dass ausgewaschen an dem Teich-
ujer der Ammonites cordatus Sow. vorkommt. Ausserdem zeigt
Sy
562
sich daselbst schon die Exogyra lobata A. Raum., worin ein
weiterer Beweis für das Gesagte zu finden ist.
Jene zuın Dogger bezw. unteren Oxford gehörenden bräun-
lichgrauen Mergelthone ziehen sich, wie in den Gräben zu Seiten
der Fahrstrasse oberhalb des Teiches zu sehen ist, bis zum
Anfange des in die Sandgrube abzweigenden Weges hin, und
an diesem Punkte beginnt die darüber gelagerte Reihenfolge
der Schichten, mit deren Beschreibung diese Blätter sich be-
schäftigen sollen. Dieselbe umfasst die Schichten des unteren
und oberen Korallenooliths, sowie vom unteren Kimmerigde die
Schichten der Terebratula humeralis A. R&u., welchen sich im
Hohlwege an der Knickmauer noch diejenigen der Natica glo-
bosa A. Rau. zugesellen. Das Streichen und Fallen derselben
ist nicht ganz gleichföormig. Während nämlich die ältesten
Schichten an der Einfahrt zur Sandgrube bei einem Einfallen
von 60 — 70° gegen NO. in h. 9.5 — h. 10. 5 streichen,
beträgt das Streichen der auf dem Kopfe stehenden jüngeren
Schichten neben der jetzigen Sandgräberei h. 8—9 (das locale
Streichen des Gaultsandlagers am Betriebspunkte ist h. 8. 4).
Diese Abweichungen im Streichen haben darin ihren Grund,
dass der obere Jura am Petersberge sich in der Richtung nach
Nordwesten hin mehr und mehr auskeilt. Es ist dies schon
daraus ersichtlich, dass am Eingange zur Sandgrube die Mäch-
tigkeit des Korallenooliths nur 18 — 19 m beträgt, während
solche bei gleichmässiger Entwickelung der vorhandenen Schich-
ten wenigstens doppelt so gross sein müsste, und dass daselbst
die CREDNER' schen Schichten des Pecten varians A. Ram. und
der Terebratula humeralis A. Rem, welche neben dem Punkte
der Sandförderung noch gut aufgeschlossen anstehen, gar nicht
mehr vorhanden sind. Dieses Auskeilen verschiedener Schich-
ten beginnt schon am Langenberge östlich von Oker. Zuerst
verschwindet, wenn man vom Öker’schen Bahnhofe über den
Berg in der Richtung nach der Sandgrube geht, der den
Kimmeridge überlagernde Hilskalk (unteres Neocom), dann
die Pieroceras-Gruppe und endlich zwischen dem Hohlwege an
der Knickmauer und der Sandgrube auch der Schichtenwechsel
mit Natica globosa A. Ra&u., so dass an letzterem Punkte der
unterste Kimmeridge mit Terebratula humeralis A. Rem. und
am Eingange sogar der untere Korallenoolith unmittelbar vom
Gault überdeckt werden.
563
A. Korallenoolith.
(Coral-rag; Oberste Dilatata - und Florigemma - Schichten
Heiskich Urepxer; Korallenschichten und Korallenoolith
v. SEEBACH.)
I. Unterer Korallenoolith.
(Korallenbank und Zone der Ostrea rastellaris HEINR. CREDNER.)
1. Die unterste, 5—6 m mächtige Schichtenfolge, welche
auf der linken Seite der Einfahrt zur Sandgrube ansteht, wird
gebildet aus geringmächtigen Bänken eines asch- bis bläulich-
grauen, sehr dichten und festen Kalksteins, der sich in ein-
zelnen Lagen als eine wahre Muschelbreccie darstellt.
In den unteren Bänken, zwischen welche sich untergeordnet
graue Thonmergel legen, kommt in grösster Menge
Exogyra lobata A. Rem. und
Serpula Deshayesü Münst.
vor, während die oberen, ockergelbe Thonmergel und Mergel-
thone als Zwischenlager enthaltenden Partieen vorzugsweise
die erstgenannte Auster, stellenweise verkieselt, führen. Ausser
obigen beiden Versteinerungen enthalten die Schichten noch,
aber seltener
Rhynchonella pinguis A. Ram.,
Gryphaea dilatata Sow.,
Pecten subtextorius GOLDF.,
Lima proboscides Sow.,
Serpula gordialis v. SCHL.,
R spiralis MÜNST.
Das Auftreten genannter Ahynchonella lässt es gerecht-
fertigt erscheinen, diese Kalkbänke nicht zu den Hersumer
Schichten, sondern zum unteren Korallenoolith zu ziehen. Letz-
terer würde also bei Goslar nicht, wie dies bei Hannover und
am Deister der Fall ist, erst mit der Korallenbank der fol-
genden Nummer beginnen.
2. Graue und gelbe Mergelthone mit zwei durchsetzenden
Korallenbänken, zusammen 2 m mächtig, mit einer eingelagerten
schwachen und einer die oberste Partie einnehmenden, 0,3 m
starken Schicht theils grauen, theils gelben, festen Kalksteins,
welcher — wie der unter Nr. 1 beschriebene — mit Exogyra
lobata A. Ram. erfüllt ist, ausserdem auch (idaris - Stacheln
führt. Diese zweite Schichtenfolge ist charakterisirt durch fol-
gende Versteinerungen:
964
Isastraea helianthoides GOLF. sp.
Thamnastraea concinna GOLF. Sp.
arachnoides PARK.
Cidaris florigemma PhıuL., Stacheln u. Asseln in Menge,
„ Blumenbachü Münsr., Stacheln,
„. cervicalis Ac., Stacheln (cf. STRUCKMANN in
Danmzs’ und Kayser’s Paläontolog. Abhandlungen
I par»)
Diplocidaris sp. ind., Stachelstück,
Terebratula (Waldheimia) trigonella v. ScuL., nicht selten
in den Mergelthonen zwischen den Korallenbänken,
Terebratula insignis SCHÜBL.,
Rhynchonella pinguis A. Rorm.,
a sublentiformis ETALL.,
Gryphaea dilatata Sow.,
Exogyra lobata A. Rosu., häufig, auch verkieselt,
Pecten subtextorius (KODLF.,
„ inaequicostatus PHiLn., coll. WESSELHÖFFT,
Lima proboscidea SOW.,
„ rigida Sow.,
Hinnites spondyloides A. Rau. sp.,
Lithophagus gradatus Buv. sp., eingebohrt in den Ko-
rallen und nicht selten,
Lithophagus sp. nov. (cf. STRUCKMANN in Paläontol.
Abhandlungen I., pag. 15), in Korallen,
Arca sp. afl. superba {ONTEJ.,
Turbo princeps A. Reı.,
Ammonites plicatilis Sow., falls die echte Sowergy’sche
Art überhaupt im norddeutschen weissen Jura
vorkommt (ef. Struckmann in Pal. Abh. I, p. 33),
Serpula Deshayesiü MÜNnsT.,
„2 90n0\alısı 5. SCHPORM.
nur in den Ko-
| rallenbitnken.
3. Graulichgelber, sandiger Mergelthon, welcher einerseits
in Thon- und Kalkmergel, andererseits in mergeligen Sand
übergeht und ein geringmächtiges Zwischenlager eines ebenso
gefärbten sandigen Kalksteins, der beim Auflösen in Salzsäure
theils reinen ungefärbten, theils gelblichen Quarzsand zurück-
lässt, enthält. Dieses 6 m mächtige Lager führt, ebenso wie
der Kalkstein, vereinzelt Exogyra lobata A. Raum. Dasselbe
tritt auch in der Nähe, an dem der Sandgrube gegenüber ge-
legenen Abhange desjenigen Theiles des Petersberges zu Tage,
auf dessen Anhöhe vor einigen Jahren die Grundmauern des
zerstörten Petersstiftes durch Ausgrabung blosgelegt worden sind.
4. Oolithischer , meistens weisser, doch auch röthlicher
oder gelblicher Mergelkalk von 5 m Mächtigkeit, welcher eben-
568
falls nur einzelne Schalenstücke der Exogyra lobata A. Ram.
einschliesst.. Dieser Mergelkalk, welcher grosse Neigung zu
plattiger Absonderung hat, im frischen Zustande fest ist, durch
Einwirkung von Luft und Nässe aber allmählich zerbröckelt,
ist in der Streichungsrichtung auch an der gegenüberliegenden
Böschung des Einschnitts unter der Rasendecke anstehend zu
finden und muss aufgesucht werden — was übrigens gar keinen
Schwierigkeiten unterliegt —, um von da aus die jüngeren
Schichten verfolgen zu können, da derselbe an der Diesseite
unmittelbar von dem Gaultsandstein überlagert wird, der in
Folge früherer Steinbruchsarbeiten in einer senkrechten Wand
ansteht.
Betritt man, vom Eingange aus gesehen, den rechten Ab-
hang des Einschnitts, so zeigt sich über dem soeben beschrie-
benen plattenförmigen, oolithischen Mergelkalk, welcher in ein-
zelnen Stücken auch aus der Rasendecke hervorsteht, zunächst
5. Mergeliger, hell ockergelber Kalkstein von 2m Mäch-
tigkeit. Derselbe zeichnet sich dadurch aus, dass er in seiner
Grundmasse eine Menge fester, mit rauher Oberfläche ver-
sehener, im Innern brauner oder gelber, ellipsoidischer Con-
cretionen eines dichten, thonigen Kalksteins ohne irgend
erkennbare Absonderung von 10—20 mm Längendurchmesser
enthält, welche sich stellenweise so angehäuft finden, dass das
Gestein dadurch ein conglomeratähnliches Aussehen erhält.
Der Kalkabsatz, durch welchen diese Concretionen entstanden
sind, hat auch mitunter Incerustationen von Muscheln bewirkt,
deren Schalen an einzelnen Stücken die späthige Natur bei-
behalten haben, an anderen jedoch vollkommen in die dichte
Coneretionsmasse umgewandelt worden und nur noch an der
allgemeinen Form erkennbar geblieben sind. Es kommt dies
namentlich bei Exogyra lobata sowie bei Pecten-, Arca- und
Opis- Schalen vor.
Auf der erwähnten rechten Seite des Einschnitts bildet
das beschriebene Gestein die erste frei anstehende Wand mit
davon losgelösten und herabgerollten Schuttmassen, welche
eine grosse Anzahl von Versteinerungen in die Sammlungen
geliefert hat. Es finden sich an dieser Stelle
Cidaris florigemma Pninr., Stacheln und Asseln,
a Blumenbachii Münst., Stacheln,
Kleiner Echinid, vielleicht eine Hemipedina,
Echinobrissus planatus A. Ren. sp., bei Hannover in
jüngeren Schichten, ist jedoch am Langen Berge
bei Derneburg von Denkmasn ebenfalls im unteren
Korallenoolith gesammelt worden, cf. diese Zeit-
schrift XXIX, pag. 855,
566
Echinobrissus scutatus LAM. SP.,
Terebratula insignis SCHÜBL.,
5 bicanaliculata v. SCHLOTH.,
orbiculata A. RoEM.,
Rhunchonella pinguis A. RoEnm.,
Östrea rastellaris MUNST.,
Gryphaea dilatata Sow.,
Exogyra lobata A. Rau., häufig,
Exogyra reniformis Goupr., kommt in diesen Schichten
zuerst vor, aber nur vereinzelt,
Pecten subfibrosus D’ORB,.,
Pecten varians A. Roru., ebenfalls hier zum erstenmal
auftretend,
Lima costulata A. RoEm.,
„ rigida Sow.,
Modiola aequiplicata V. STROMB.,
Arca bipartita A. Rosm., meistens in den oberen
Schichtenlagen und incrustirt,
Arca rotundata A. Rorm., Hannov. Museun,
Qucullaea Goldfussü A. RoEn.,
Opis Moreana Buv., | vorzugsweise in den oberen
„ Phillipsiana v’Ors., | Schichtenlagen u. inerustirt,
Astarte Berno-jurensis ETALL., nicht selten,
e crassitesta A. RoEn.,
5; curvirostris A. RoEm.,
Anisocardia globosa A. RoEM. Sp.,
Pholadomya decemcostata A. RoEm.,
= canaliculata A. Rorm., coll. WEssEL, HÖFFT,
Pleuromya sinuosa A. RoEn. Sp.,
Pleurotomaria tuberculosa A. RoEM. Sp.,
Phasianella striata Sow. SP.,
Ammonites plicatilis SoW.,
Rhyncholites Voltzü A. Rorm., coll. WESSELHÖFFT ] Stück,
vom Verf. gefunden 1 Stück,
Serpula Deshayesii Müsst.,
Serpula limbata Münst. (über diese Art ci. STRUCK-
mann in Paläont. Abhandl. I, pag. 5),
Serpula gordialis v. SCHL.
6. Löcheriger, ocker- und bräunlichgelber Kalkstein,
dessen Höhlungen mit ebenso gefärbtem, sandigem Mergel aus-
gefüllt sind, 3 m mächtig. Bildet ebenfalls eine an der Höhe
des rechten Abhangs anstehende Wand und wird durch fol-
gende Versteinerungen charakterisirt:
Cellepora orbiculata GoLDF., auf Austern aufsitzend,
Stomatopora corallina D’ORB,,
567
Cidaris florigemma PrırL., Stacheln und Asseln, ein
ganzes Exemplar in coll. WESSELHÖFFT,
Cidaris Blumenbachü Münsrt., Stacheln,
Hemicidaris intermedia Fuem., Körper, Asseln u. Stacheln,
Pseudodiadema mamillanum A. Rorn. sp., ein Stück im
Göttinger Museum, der Gesteinsbeschaffenheit nach
aus dieser Schicht stammend; kommt nach STRUCK-
MANN (Paläontol. Abhandl. I, pag. 6) am Tönjes-
berg bei Hannover auch schon im unteren Ko-
rallenoolith vor,
Hemipedina Struckmanni Dam., 1 Exemplar,
Pygaster umbrella Ac., an dieser Stelle in einer be-
stimmten Lage nicht selten und von diesem Fundort
fast in allen grösseren Sammlungen zu finden,
Pygaster humilis Dam., cf. diese Zeitschr. XXIV, p. 640,
coll. SCHLÖNBACH (jetzt in Berlin), WESSELHÖFFT,
V. STROMBECK,
Pygurus Blumenbachü K. u. Dee., vom Verfasser nur
in einem Bruchstück gefunden, je 1 ganzes Exem-
plar in der Samml. WesseLHörrt und SCHUucHT;
wird auch von Dames in dieser Zeitschr. XXIV,
pag. 620 aus der Sandgrube angeführt,
Terebratula insignis SCHÜBL.,
un bicanaliculata v. SCHL.,
s orbiculata A. Roem.,
Rhynchonella pinguis A. Roem.,
Östrea rastellaris MÜNST.,
„ deltoidea Sow..,
„ suborbicularis A. RoEm.,
Exogyra lobata A. Rorm.,
3 reniformis A. Roeu., ziemlich häufig,
Pecten subfibrosus D’ORB,.,
Pecten varians A. Rorm., nicht selten, im Hannov.
Museum mit ygaster umbrella auf einem Stück,
Pecten vimineus Sow., auch coll. WESSELHÖFFT,
Lima costulata A. RoEn.,
„ densepunctata A. Rorm.,
Plicatula longispina A. Rorm., vom Verf. nicht gefunden,
jedoch in der WEssELHÖrrt’schen Sammlung in 2
schönen, aus der Sandgrube stammenden Exem-
pJaren, welche dem Gesteine nach diesen Schichten
‚angehören,
Trichites Saussurei DssH., in einzelnen Schalenstücken,
Gervillia aviculoides Sow. Sp.,
Mytilus pectinatus Sow.,
Modiola aequiplicata v. STROMB.,
568
Cucullaea Goldfussü A. Rorm., auch im Hann. Mus.,
Trigonia papillata Ac.,
= monilifera Ac.,
Astarte Berno-jurensis ETALL.,
„ . eurvirostris A. Rorm.,
Isocardia cornuta Kıön.,
Pholadomya decemcostata A. Ronm.,
Pleuromya sinuosa A. Rorn. sp.,
= tellina Ac., auch im Hannov. Museum,
Pleurotomaria tuberculosa A. Rorn. sp.,
Serpula Deshayesii MÜNST.,
n\ limbata Münsr.,
„. flaccida GoLrD.,
Pycnodus sp., Gaumenzähne.
Damit schliesst der untere Korallenoolith und es würde
nur noch zu rechtfertigen bleiben, warum die Trennung des-
selben vom oberen gerade mit dieser Schicht vorgenommen
worden ist. Der Petrefactenführung nach trägt letztere ent-
schieden noch den Charakter des unteren Korallenooliths und
ein Zweifel darüber wird wohl nicht leicht entstehen. Die
folgende Thonschicht aber führt schon die Ostrea multiformis
K. u. Der. und der darüber liegende Kalkstein sogar die Tri-
gonia concinna A. Rorm., Astarte plana A. Rorn. und C'hemnitzia
subulata A. Rorm., welche bis dahin nur aus oberem Korallen-
oolith bezw. Kimmeridge bekannt geworden sind. Wenn also
eine Trennung dieser beiden Abtheilungen vorgenommen wer-
den soll, so muss es an dieser Stelle "geschehen. Auch der
Umstand spricht dafür, dass die E.rogyra lobata A. Rorm. bei
Goslar nicht mehr in höherem Niveau vorkommt, was bei
Hannover nach STRUCKMARNN freilich nicht zutrifft. Die Stacheln
von Cidaris florigemma PHiLL., die Exogyra reniformis GOLDF.
und des /ecten varians A. Rorm. geben in der Sandgrube kei-
nen Anhalt für die Gliederung des Korallenooliths in unteren
und oberen. Diese Versteinerungen sind gar nicht auf be-
stimmte Schichten beschränkt, kommen vielmehr unzweifelhaft
in beiden Abtheilungen vor. Es gilt auch hier in vollem
Maasse, was STRUCKMANN schon öfters in Bezug auf Beurthei-
lung der Lagerungsverhältnisse nach Leitfossilien hervorgehoben
hat, z. B. bei Ostrea deltoidea Sow. in Dames’ und Kayser’s
Paläontol. Abhandl. I, pag. 11 und bei Exogyra virgula DEFR
daselbst pag. 37, dass nämlich diese sogen. Leitfossilien oft
gar nicht auf einen bestimmten Horizont beschränkt sind;
höchstens lässt sich sagen, dass jene Versteinerungen in den
Schichten, für welche sie als charakteristisch angesehen wer-
den, durch häufiges Auftreten und besonders gute Eintwickelung
sich auszuzeichnen pflegen.
569
II. Oberer Korallenoolith.
(Zone des Pecten varians HEINR. ÜREDNER).
7. Aschgrauer, auch dunkelgrau und schiefrig werdender,
meist etwas mergeliger Thon, 1,75 m mächtig, wenig aufge-
schlossen und gewöhnlich esse am besten am Abhange
unter der vorerwähnten Schicht zu beobachten. Scheint nur
wenige Versteinerungen zu führen; es sind
Cidaris florigemma Pair, Stacheln,
„ Blumenbachü Müssrt., Stacheln,
Ostrea multiformis K. u. Dkr.,
Exogyra reniformis (OLDF.,
Pecten varians A. RoEm.
8. Graulichgelber, oolithischer, in dünne Platten abge-
sonderter Kalkstein mit vielen kleinen Muscheltrümmern, auf
den Spaltflächen eine Menge unausgewachsener, z. Th. abge-
riebener Petrefacten führend. Steht in einer ziemlich ausge-
dehnten und leicht zu verfolgeenden Wand an und enthält
Echinidenstacheln, kleine glatte,
Exogyra reniformis GOLDF.,
Pecten sp. indet.,
Lima costulata A. RoEm.,
Trigonia concinna A. Rorm.,
Astarte plana A. Rorm.,
Chemmitzia subulata A. Rorm., vielleicht Jugendform
der Ch. Bronniü A. Rosm., zu welcher STRUCKMANN
sie rechnet,
Cerithium sp. ind.
9. Hell asch- und bleu Mergelthon, 1,75 m
mächtig, mit
(idaris florigemmo Phiun., Stacheln,
» Blumenbachü Münsr., Stacheln, nicht selten,
Hemicidaris intermedia Fusm. sp., Stacheln, häufig,
Ostrea multiformis K. u. Der.,
Exogyra reniformis (GGOLDF.,
Astarte plana A. Rom.,
Chemnitzia subulata A. RoEMm.,
Oerithium sp. ind.
| 10. Gelblichweisser, stellenweise oolithischer, meistens
| aber dichter oder undeutlich kKkrystallinischer Kalkstein mit
einzeln eingewachsenen Oolithkörnchen, hier und da voller
Muscheltrümmer, 3,5 m mächtig. Steht in dicken Bänken
970
an und bildet die Hauptwand auf der Anhöhe des rechtssei-
tigen Abhangs im Einschnitte vor dem jetzigen Punkte der
Sandgewinnung. Die Klüfte der Kalkbänke sind mit einem
leberbraunen Thone ausgefüllt. Versteinerungen sind nicht
häufig in diesem Lager; es finden sich
Echinobrissus scutatus Lau. sp., vom Verf. in dieser
Bank gefunden; von den Exemplaren in coll.
SCHUCHT, WESSELHÖFFT, Mus. zu Hannov., bleibt
es zweifelhaft, ob solche aus dieser Schicht oder
aus Nr. 5 stammen,
Rhynchonella pinguis A. Rorm.,
Östrea deltoidea Sow.,
„ pulligera GoLDF.,
Exogyra reniformis GOLDF.,
Pecten varians A. Rorm.,
Lima costulata A. Rozm.,
Trichites Saussurei DEsH.,
Nerinea Visurgis A. Rorm.,
Orhomalus macrochirus ETALL., Scheerenstücke.
Dieser Schicht gehört möglicherweise auch das kleine
Exemplar eines Diceras an, welcher im Göttinger Museum mit
der Etiquette „Petersberg bei Goslar“ aufbewahrt wird. Ist
letztere Bezeichnung richtig, so könnte das Stück nach Ansicht
des Verfassers nur in diesem Kalksteinlager, dessen petrogra-
phische Beschaffenheit am meisten dem Versteinerungsmittel
des Diceras gleicht, gefunden worden sein. Auch v. KoEnEn
hat nach Vergleichung einer ihm zugesendeten Gesteinsprobe
mit dem Petrefact sich dahin geäussert, dass die petrogra-
phische Uebereinstimmung eine durchaus genügende sei. Dieser
Fund würde sehr bemerkenswerth sein, wenn er sich bewahr-
heiten sollte, weil aus dem norddeutschen weissen Jura ein
Diceras wohl noch nicht bekannt geworden sein wird. Da sich
jedoch nicht mehr feststellen lässt, aut welche Weise das Göt-
tinger Museum in den Besitz dieser Versteinerung und der
beiliegenden Etiquette gekommen ist, so muss das Vorkommen
noch durch einen neuen ähnlichen Fund bestätigt werden.
Jedenfalls erscheint die Sache wichtig genug, um auf dieselbe
die Aufmerksamkeit künftiger Sammler zu lenken.
ll. Asch- bis dunkelgraue, in den unteren Partieen
gelblichgraue, dickschieferig abgesonderte, mehr oder weniger
sandige Kalk- und Thonmergel mit einzelnen Koprolith - ähn-
lichen grauen Concretionen, welche aber nicht aus Phosphorit,
sondern aus einem meist äusserst dichten, zuweilen krystalli-
nisch werdenden, kohligen Kalke bestehen, bei zunehmendem
571
Thongehalte aber erdig im Bruche werden. Dieses Lager, in
welchem untergeordnet auch ein dunkelgrauer, sandiger Kalk
von geringer Mächtigkeit vorkommt, ist 2,5 m mächtig und
führt an Versteinerungen
Pseudodiadema mamillanum A. Roen. sp., Körper und
Stacheln von geringer Grösse (nicht zu Ps. pla-
nissimum Des. gehörend, welches im Kimmeridge
Hannovers und bei Lauenstein nach STRUCKMANN
vorkommt),
Östrea multiformis K. u. Dkr.,
Exogyra reniformis (OLDF.,
Pecten varians A. RoeEm.,
Orhomalus macrochirus ETALL., Scheerenstücke,
Glyphea Bronniü A. Rorm., Scheerenstücke,
Hybodus crassus FRICKE, Zähne,
In den Coneretionen finden sich eingeschlossen
E.ogyra reniformis (GOLDF.,
Anisocardia sp. ind.,
Cypridina sp. ind. oder ein verwandter kleiner Muschel-
krebs, vielleicht Üytherina,
Orhomalus macrochirus EraLL., Scheerenstücke nicht
selten.
12. Kalkstein und Mergel von bräunlichgrauer Farbe in
abwechselnder Lagerung, stellenweise in einander übergehend,
2 m mächtig, und zwar vor den Sandlöchern Kalkstein 1 m,
Mergel 0,2 m, Kalkstein 0,5 m und Mergel 0,3 m. Bei ge-
nauerer Betrachtung dieser Gesteine zeigt es sich, dass in
deren Grundmasse von hell gelblichgrauer Farbe in grosser
Anzahl kleine oolithische Körner liegen, welche mit einer stark
eisenschüssigen, dunkelbraunen, concentrisch schalig ablösbaren
Rinde umgeben sind, durch deren Änhäufung die bräunlichgraue
Farbe des Gesteins hervorgebracht wird. Die festeren kalk-
reichen Bänke zeigen eine sehr unregelmässige Zerklüftung.
Versteinerungen treten nur vereinzelt auf und zwar:
Cidaris florigemma Pnırn., Stacheln,
Hemicidaris intermedia Fuem. sp., Körper u. Stacheln,
Stomechinus gyratus Ac., auch coll. STRUCKMasn, WES-
SELHÖFFT,
Stomechinus cf. lineatus GoLpr., wird auch von Dauss
in dieser Zeitschrift XXIV, pag. 616 aus der
Sandgrube neben vorigem aufgeführt, beide sind
jedoch selten,
Exogyra reniformis GOLDF.,
Trigonia hybrida A. Rorn.
572
13. Gelblicher fester Kalkstein mit ziemlich rechtwinkelig
gegen die Schichtungstlächen stehender Zerklüftung, | m mächtig.
Unter der obersten Schichtenfläche, welche jetzt allerdings so
ziemlich auf dem Kopfe ei einst aber zeitweise den Meeres-
boden gebildet hat und in Folge dessen von einer grossen An-
zahl der Unterschalen einer Exogyra - Art dicht bedeckt wird,
ist der Kalkstein bis auf eine geringe Tiefe mit vereinzelt
stehenden unregelmässigen Löchern versehen. Ob die auf die-
sem Kalklager aufsitzenden Zr ogyra-Schalen der Er. reniformis
GoLDF. angehören oder der in der überlagernden Schicht mit
jener gemeinschaftlich auftretenden Er. Bruntrutana Tuurn.,
ist nicht leicht zu bestimmen, da die charakteristischen Ober-
schalen fehlen. Diese Kalkbank ist bezeichnet durch den
Einschluss von
Exogyra reniformis GOLDF., %
Pecten varians A. Rön.,
Pleuromya elongata A Rozn. SPp.,
Nerinea Visurgis A. Rorm.; auch HEınRk. ÜREDNER er-
wähnt schon diese „dicht eingewachsenen“ Ne-
rineenkerne.
An der Knickmauer über der Sandgrube bildet diese Bank,
in ziemlicher Menge Steinkerne von Pleuromya elongata A. Roen.
sp. und jener Nerinea führend, die unterste, am südwestlichsten
Ende vom Hohlwege durchschnittene und dadurch freigelegte
Schicht und ist daselbst ebenso wie in der Sandgrube 1 m
mächtig und an der Oberfläche mit Exogyrenschalen besetzt.
Aeltere Schichten, darunter. auch die Korallenbank,, standen
früher dicht daneben vor dem Hohlwege zu Tage (ef. UuricH
in Kern's Comm. Unterharz pag. 164 und v. GRODDECK im
Abriss der Geognosie des Harzes pag. 125), doch sind die-
selben durch die Landescultur-Arbeiten, namentlich Einebnung
eines kleinen Hügels, jetzt der Beobachtung entzogen; es finden
sich aber noch auf dem Ackerlande einzelne Stücke der ZT’ham-
nastraea concinna A. RoEM. sp.
Wenn mit dieser Schicht der obere Korallenoolith als ab-
geschlossen betrachtet wird, so geschieht dies weniger deshalb,
weil derselbe durch die eingeschlossenen Versteinerungen be-
sonders charakterisirt wäre, als vielmehr aus dem Grunde,
weil die nächstfolgende jüngere Schicht eine Anzahl Petrefacten
führt, welche entschieden dem Kimmeridge angehören. Es ist
dies ein neuer Beweis für die Berechtigung STRUCKMANN Ss, die
Schichten mit Terebratula humeralis A. Roem. (Hkınk. OREDNER’S
Zone der Rhynchonella pinguis) und zwar nicht nur bei Han-
nover vom Korallenoolith abzutrennen und mit dem unteren
878
Kimmeridge zu vereinigen, obgleich der petrographische Cha-
rakter dieser Schichten demjenigen der Gesteine des oberen
Korallenooliths, wenigstens in der Sandgrube, weit ähnlicher
ist, als den Gesteinen der Kimmeridgeschichten des Peters-
berges. Herm. Rormer (cf. die geologischen Verhältnisse der
Stadt Hildesheim pae. 7]) trägt Bedenken, in dieser Bezie-
hung von der Ansicht der älteren Schriftsteller abzuweichen
und die oberen Schichten am Galgenberge und Spitzhute bei
Hildesheim nach dem Vorgange STRUCKMANNs dem Astartien
oder ältesten Kimmeridge zuzurechnen. Diese Bedenken mögen
für genannte Gegend wohlbegründet sein, da unter den von
besagtem Forscher aus jenen Hildesheimer Schichten aufge-
zählten Versteinerungen doch zu wenige sich befinden, welche
bestimmt genug auf Kimmeridge hinweisen. In der Sandgrube
bei Goslar liegt die Sache aber etwas anders; daselbst ent-
halten die Schichten der Terebratula humeralis auch Holectypus
corallinus DORB., Anomia jurensis A. Rorm. sp., Exogyra
Bruntrutana Tuurn., Pecten strictus MüsstT., (eromya excentrica
A. Rowu. sp., Jnisocardia Legayi Sauv., Natica hemisphaerica
A. Roeum., N. macrostoma A. Rosu., Chemnitzia abbreviata A.
Rosm. ete., also Formen, welche ausserdem nur aus den
Schichten der Natica globosa bezw. den Nerineen- und Pte-
rocerasschichten bekannt, dem eigentlichen Korallenoolith aber
fremd sind.
B. Kimmeridge.
I. Unterer Kimmeridge.
(Zone der Rhynchonella pinguis, Zone der Natica ylobosa und
unterer Theil der Nerineenschichten HEınk. ÜREDNER.)
a. Schichten der Terebratula humeralis.
(v. SEEBACH, Struckmans, Zone der Rhynchonella pinguis
HEISR. ÜREDNER.)
14. Grauer Kalkmergel mit eingemengten braunen Oolith-
körnchen, das untere Viertel eines Lagers bildend, welches im
Uebrigen aus einem gelblichgrauen mergeligen Kalkstein be-
steht, der im frischen Zustande fest, aber vielfach zerklüftet
ist und an der Luft allmählich zerbröckelt. Dieses 1,6 m
mächtige Kalk- und Mergellager ähnelt in petrographischer
Hinsicht dem unter Nr. 12 beschriebenen und führt ziemlich
viel Versteinerungen, nämlich:
Stellispongia semicineta (QUENST.,
Cellepora orbiculata GoLDF., häufig auf Terebratula hu-
meralis aufsitzend,
574
Pentacrinus cingulatus A. Rorm., Stielglieder,
Apiocrinus incrassatus A. Rorm., Stielglieder, auch coll.
GRUMBRECHT, WESSELHÖFFT, Hann. Museum,
Solanocrinus costatus GoLDF., Kronen, auch coll. Grun-
BRECHT, WESSELHÖFFT,
Holectypus corrallinus D’ORB,.,
Terebratula humeralis A. Rorm., sehr häufig,
h bicanaliculata v. SCHL.,
Terebratula sp. afl. magasiformis ZeuscHn. (cf. Bemer-
kung ce am Schlusse dieser Arbeit),
Rhymnchonella pinguis A. RoEm.,
Ostrea Roemeri QUENST.,
„ solitaria Sow.,
„ pulligera GoLDF.,
Exogyra reniformis (GOLDF.,
f Bruntrutana THaurM.,
Isocardia striata D’ORB,.,
2 cornuta KLÖöD.,
Pleuromya elongata A. Rom. sp.
= sinuosa A. RoEM. Sp.,
Ceromya excentrica A. RoEM. Sp.,
Plectomya oder Cercomya sp. ind.,
Natica hemiphaerica A. RoEMm.,
„ macrostoma A.- ROEM.,
ÜUhemnitzia abbreviata A. Roen.,
Panzerplatten einer Schildkröte.
An der Knickmauer wird dieses Lager vertreten durch
Mergel und Kalke von 1,7 m Mächtigkeit und zwar zuunterst
durch einen bräunlichgrauen Mergel, welcher
Pentacrinus cingulatus A. RoEm.,
Terebratula humeralis A. RoEm.,
Rhynchonella pinguis A. Rorm., |
Exogyra reniformis GoLDF. in unzähliger Menge,
Ostrea Roemeri QUENST.,
„ pulligera GoLDr.
führt, von einem festeren grauen, mergeligen Kalkstein mit
Holectypus corallinus D’ORB.,
Ostrea Roemeri QUENST.,
Trichites Saussurei DESH. Sp.
überdeckt wird, welcher nach oben hin wieder mergeliger und
weicher wird und
Terebratula humeralis A. RoEm.,
Rhynchonella pinguis A. RoEM.,
975
Exogyra reniformis GOLDF.,
Isocardia striata D'ORB.,
Nerinea fasciata Voıtz enthält.
Aus denselben Schichten stammen die vielen Petrefacten,
welche auf dem nebenliegenden Ackerlande lose gefunden
werden:
Stellispongia semicincta (QUENST.,
Pentacrinus cingulatus A. RoEm.,
Apiocrinus incrassatus A. RoEM.,
Exogyra reniformis GOLDF. und
Terebratula humeralis A. Ron.
15. Fester, fein oolithischer Kalkstein mit transversaler
Zerklüftung, an letzterer in der Sandgrube besonders kenntlich,
0,8 m mächtig, mit wenigen, oft zerdrückten Versteinerungen:
Terebratula humeralis A. RoEn.,
sp. afl. magasiformis ZEUSCHN.,
Riumchonella pinguis A. Rorm.,
Ostrea pulligera (xOLDF.,
Exogyra Bruntrutana THURM.,
5 denticulata A. Rorm.,
Pecten strictus Münsr.,
Nerinea fasciata VOLTZ,
2 Bruntrutana THURM.
Im Hohlwege an der Knickmauer über der Sandgrube ist
die Schicht von derselben Beschaffenheit, aber plattenförmig
abgesondert und ohne Petrefacten, 0,4 m mächtig.
16. Loser oolithischer, gelblichweisser Kalk, mergelig
und leicht zerfallend, so dass die Oberfläche als oolithischer
Sand erscheint, 1,7 m mächtig; bildet die oberste Schicht des
weissen Jura in der Sandgrube und führt
Goniolina geometrica A. RoEn. sp.,
Sphaerites oder Sphaeraster sp., kleine Platten,
Pseudodiadema mumillanum A. RoENM. sp.,
Terebratula humeralis A. Roen.,
5 Galliennei D’Orp., auch im Hann. Mus.,
Rhynchonella pinguis A. RoEm.,
A sublentiformis ETALL.,
Anomia jurensis A. RoEn. sp.,
Ostrea Dubiensis CONTEJ.,
„ solitaria Sow.,
»„ pulligera GOLDF.,
Exogyra Bruntrutana THurn.,
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVII. 3. 32
976
Ezxogyra denticulata A. Roem.,
Pecten strictus MÜNST.,
Astarte plana A. Roem.,
Anisocardia Legayi Sauv., auch im Hann. Mus,,
5 parvula A. Ron. sp.,
Chemnitzia Bronnü A. Rorm. sp.,
An der Knickmauer sind diese Schichten fast 6 m mächtig
und haben ein Kalkzwischenlager, welches sich in der Nähe aus-
zukeilen scheint, in der Sandgrube wenigstens nicht mehr auftritt.
Auf die unterste Schicht des vorerwähnten lose-körnigen,
oolithischen Gesteines bezw. Sandes, welche an dieser Stelle
1,9 m mächtig ist und nachstehende Versteinerungen führt:
Goniolina geometrica A.Rosm., deren Oberflächenzeich-
nung nicht selten als Nachbildung auf Schalen-
stücken der kleinen Exogyren zu finden ist,
Holectypus corallinus D’ORB.,
Comaster costatus BRONN,
Terebratula cf. humeralis A. Roem., deren Schalen etwas
bauchiger und mehr in die Länge gezogen sind,
als die normale R&mer’sche Art, von SCHLOSSER
aber als Varietäten betrachtet werden; hat Aehn-
lichkeit mit der T. perovalis Rem. non Sow. aus
dem Hils,
Rhynchonella pinguis A. Rorn.,
Ostrea pulligera (sOLDF.,
Esxogyra Bruntrutana Tuurm.,
ie denticulata A. Rorm.,
Pecten strictus MÜNnST.,
Chemnitzia Bronniü A.Roem. sp. (Limmeriana Creon. I),
folgt eine festere oolithische Bank von 1 m Mächtigkeit, ohne
Versteinerungen, und zuoberst wieder oolithischer loser Kalk-
mergel, 3 m stark, mit
Terebratula humeralis A. Roem.,
Rhynchonella pinguis A. Roem.,
Östrea pulligera GOLDF.,
Astarte plana A. Ren.
Der in der Sandgrube auf den oolithischen Mergelkalk
Nr. 16. folgende bräunlichgelbe Thon von 0,8 m Mächtigkeit,
welcher den weissen Jura von dem in Förderung stehenden
Sande scheidet, gehört wahrscheinlich schon dem Gault an.
Da derselbe Versteinerungen nicht führt, so lässt sich dies
allerdings nur vermuthen, indessen zeigt er häufig die unregel-
mässigen spiegeligen Druckflächen auf dem Bruche, welche
977
auch an anderen Orten in Thonen des Gault vorkommen; auch
fehlt ihm jeder Kalkgehalt, welchen die Thone des oberen Jura
bei Goslar stets in grösserem oder geringerem Grade haben.
Es ist daher umsomehr anzunehmen, dass dieses Thonlager
nicht mehr zu den Jurabildungen gehört, als dasselbe nur in
der Sandgrube zwischen diesen und dem Gaultsande sich
zeigt, während dasselbe im Hohlwege an der Knickmauer ganz
fehlt. An letzterem Orte treten aber über Nr. 16 noch einige
jüngere, in der Sandgrube nicht mehr vorkommende Kimme-
ridgeschichten auf, welche der Abtheilung der Terebratula hu-
meralis angehören. Es folgt daselbst nämlich
17. Plattenförmig abgesonderter, theils ganz dichter, theils
äusserst fein oolithischer Kalkstein ohne Versteinerungen, 0,8 m
mächtig.
18. Dichter grauer Kalkstein mit Terebratula humeralis
A. Roru. und unbestimmbaren Nerineenkernen, 1 m mächtig.
19. Etwas losere Kalksteinschicht ohne Versteinerungen,
2,5 m mächtig, welche überlagert wird von
20. Festen Kalksteinbänken von der Beschaffenheit der-
jenigen von Nr. 17, in einer Mächtigkeit von 3,5 m, eben-
falls ohne Versteinerungen.
Die nun folgenden jüngeren Schichten, welche sich durch
den Mangel an Rhynchonella pinguis A. Rorm. und Terebratula
humeralis A. Rorum. auszeichnen und in dem Hohlwege an der
Knickmauer in ziemlich bedeutender Mächtigkeit, in der Sand-
grube aber nicht mehr auftreten, zeigen sich in der Gesteins-
beschafienheit recht gleichförmig und lassen umsoweniger eine
Zergliederung der Schichten zu, als letztere nicht mehr so
vollkommen aufgeschlossen sich finden, wie die früher beschrie-
benen; nur Nr. 21 hat noch bestimmt von den übrigen sich
abtrennen lassen. Ä
b. Schichten der Natica globosa (Hesınr. ÜREDNER,
STRUCKMANN).
21. Thoniger, mehr oder weniger mit kalkigen Obolith-
körnern durchmengter grauer Mergel, 0,75 m mächtig, ganz
erfüllt von Schalen der Ostrea multiformis K. u. Der. in allen
Varietäten, welche die Autoren in ihren Beiträgen zur Kennt-
niss des norddeutschen Oolithgebildes beschrieben und abge-
bildet haben.
22. Ueberlagert wird jene, durch die Anhäufung genannter
Auster charakterisirte Schicht und zwar in einer Mächtigkeit
von annähernd 22 m durch eine wechselnde Folge festerer und
loserer, hellgrauer Kalke und Mergel, welche in den unteren
Lagen
32*
578
Acrosalenia decorata HAınE sp.,
Anomia jurensis A. RoEn. sp.,
Ostrea multiformis K. u. Dkr.,
Thracia incerta A. Roem. sp.,
Pholadomya paucicosta A. Roem., coll. GRUMBREBHT in
1 Exemplar,
Pholadomya hemicardia A.Rozu., auch im Hann. Mus.,
Natica dubia A. Roen.,
Chemnitzia abbreviata A. RoEm.,
in etwas höheren Lagen folgende Versteinerungen einschliessen:
Cyprina Brongniarti A. Roen. sp.,
" nuculaeformis A. RoEM. Sp.,
Natica globosa A. Rorm.,
Chemnitzia abbreviata A. Rom.
und in den jüngeren Schichten oder der oberen Hälfte dieser
Reihenfolge:
Goniolina geometrica A. RoEm. Sp.,
Terebratula sp., eine kleine, vielleicht im Jugendzustande
befindliche Form mit stark gewölbter Dorsal- und
ganz flacher, z. Th. eingebogener Ventralschale,
am meisten der 7. ventroplana A. Ron. gleichend,
Anomia jurensis A. RoEm. sp., vielleicht davon ver-
schieden oder wenigstens eine constant bleibende
Varietät,
Ostrea multiformis K. u. DER.,
„ Dubiensis CoNTEJ.,
„ pulligera (sOLDF.,
» rugosa Münsr.,
Exogyra Bruntrutana Tavurm.,
Pecten strictus MÜNnsT.,
Modiola subreniformis CORNUEL,
Arca texta A. RoEM.,
Trigonia papillata Ac.,
Lucina plebeja CoNTEJ.,
Oyprina Brongniarti A. RoEnM. Sp.,
= nuculaeformis A. RoEm. sp., häufig,
Cyrena rugosa DE LoR.,
Thracia incerta A. RoEn. Sp.,
Mactromya rugosa A. RoEM. sp.,
Bulla suprajurensis A. Rorn.,
Pileopsis jurensis Münsr.,
Nerita pulla A. Roen.,
Natica globosa A. Rorn., häufig,
„ suprajurensis Buv.,
519
Phasianella cf. Kiınmeridiensis STRUCKM.; die nicht selten
sich findenden Steinkerne tragen allerdings die
Spuren der spiraligen Binde nicht mehr an sich,
dagegen passt die Form mit der StruckMann’schen
Abbildung f. 1 auf t. VII. im „Oberen Jura der
Umgegend von Hannover“ und jene Art ist die
einzige, welche der Autor aus dem Kimmeridge
und zwar als ziemlich häufig in der Zone der
Natica globosa am Lindener Berge und im Ahlemer
Holze, also in gleichalterigen Schichten anführt,
Chemnitzia abbreviata A. Rorm., ziemlich oft vor-
kommend,
Chemnitzia sp., in Steinkernen, welche möglicherweise
zu Ch. Santi Antoni STRUCKM. gehören, eine ge-
naue Bestimmung aber nicht zulassen,
Aporrhais cingulatus K. u. Dkr. sp.,
r (Chenopus) strombiformis K. u. Dkr. sp.,
Nerinea Gosae A. Rorm.,
Sericodon Jugleri H. v. M., Zähne.
Der Verfasser hat kein Bedenken getragen, die ganze unter
Nr. 22 beschriebene Schichtenfolge der Abtheilung der Natica
globosa zuzurechnen und kann nicht annehmen, dass der jün-
gere Theil derselben der Orepxer’schen Zone der Nerinea tu-
berculosa A. Roem. des unteren Kimmeridge angehört, denn
sonst müsste sich doch wohl nicht nur diese Versteinerung,
sondern auch noch manche andere, welche in dieser Zone bei
Hannover zuerst und zwar ziemlich häufig auftritt, z. B. Astarte
supracorallina D’ORB., Actaeonina parvula A. Rorn. sp. etc., ge-
funden haben. An die jüngere Schicht der Nerinea obtusa
Crepn. I. ist noch weniger zu denken, weil weder diese Ne-
rinee, noch Terebratula subsella Leym. oder Pecten concentricus
K. u. Der. an dieser Stelle vorkommt.
Jüngere Schichten kommen an der Knickmauer überhaupt
nicht mehr zu Tage und sind daselbst auch wohl gar nicht
vorhanden; die letzterwähnten Kimmeridgeschichten scheinen
vielmehr (ebenso wie in der Sandgrube diejenigen der Tere-
bratula humeralis) unmittelbar vom Gault und unteren Pläner
überlagert zu werden, welcher letztere in unzähligen losen
Stücken auf den benachbarten, nordöstlich gelegenen Acker-
stücken zu finden ist. In grösserer Entfernung von der Sand-
grube, in dem nach Oker hin sich ziehenden Theile des Peters-
berges und am Langenberge, sind allerdings auch jüngere
Kimmeridgeschichten schön entwickelt, dieselben haben aber
in den Kreis der gegenwärtigen Untersuchung nicht mehr ge-
zogen werden können, weil diese, veranlasst durch des Ver-
580
fassers Fortzug von Goslar, nach jener Richtung nicht vollendet
werden konnte. Aus diesem Grunde hat sich die vorliegende
Arbeit auf eine Localbeschreibung der Sandgrube einschliesslich
der Knickmauer beschränken müssen.
Werden die daselbst sich findenden Versteinerungen nach
den Hauptabtheilungen der Schichten und nach der zoologischen
Zusammengehörigkeit geordnet, nochmals übersichtlich zusam-
mengestellt, so ergiebt sich folgendes Verzeichniss, in welchem
hh sehr häufig, h häufig, m ziemlich häufig, s selten und ss
sehr selten bedeutet.
Unterer Kim-
| Korallen- | neridee,
S Oolith, i
Namen der Versteinerungen. | wi
| Un- | Obe- bratula | Natica
| terer. | rer. hume- | globosa.
salis. |
| Er
Amorphozoa.
1. sStellispongia semicincta QUENST. SP. . S :
2. Goniolina geometrica A. Roem. sp. m m
Bryozoa. in
3. (Cellepora orbiculata GOLDF. | , h
4. Stomatopora corallina D’ÜRE. 3 : 5
Anthozoa. e
5. Isastraca helianthoides GOLDF. SP. h ;
6. Thamnastraea concinna GOLDF. Sp. hh 5 ;
0. 5 arachnoides PARK. . S ; :
Crinoidea. |
8. Pentacrinus cingulatus A. RoEMm. ER h
9. Apiocrinus incrassatus A. Rorm. . m
10. sSolanocrınus costatus GOLDF. S
ll. Comaster costatus BronN . ss
Asteroiden.
12. Sphaerites od. Sphaeraster, Plättehen . s
Echinoidea.
13. Cidaris florigemma PhirL., Körper . S - i
Asseln und Stacheln . . | hh m
14. „ cervicalis Ac., Stacheln SUARR | aan :
15. » . Blumenbachü Münsr., Stacheln h m ei
16. Diplocidaris sp., Stacheln lmss
17. Hemicidaris intermedia Fıem. SP.,
Korper. 00 0 2 s S
Stacheln = : h ;
581
Nasa
Borallen I nerdee
Oolith, Schichten mit
Un-
terer.
Namen der Versteinerungen.
9) Tere- |
be- bralula ! Natica
rer. hume- |\globosa.
ralss.
Pseudodiadema mamillanum A. RoEm.
sp., Körper 2 ee
Stacheln
Hemipedina Be Damss .
Dana. .R.
Acrosalenia en HAIME sp.
Stomechinus gyratus AG. Sp.
cf. lineatus GOLDF. Sp.
Pygurus Blumenbachü K.u. Der. sp.
Echinobrissus scutatus Lam. Sp.
planatus A. Roem. Sp
Pygaster umbrella Ac.
N humilis DAamEs .
. Holectypus corallinus D’ORB.
Brachiopoda.
Terebratula humeralis A. Rom. .
5 Galliennei D’ORB. .
insignis SCHÜBL.
„
= bicanaliculata v. SCHL. .
% orbiculata A. Rorm. .
5 sp. aff. magasiformis
ZEUSCHN.
a sp. affl. ventroplana
A. Rom.
trigonella v. SCHL.
Rhynchonella pinguis A. Roem.
5 sublentiformis ETALL. .
Conchifera.
Anomia jurensis A. Rom. sp.
Ostrea multiformis K. u. Der.
5 Dubrensis CONTEJ.
5 suborbicularis A. RoEm.
5 deltoidea Sow.
» HRoemeri QUENST. .
» rugosa Münsrr.
a solitaria Sow. .
» Pulligera GoLDF. .
rastellaris Münsr.
Gryphaea dilatata Sow. .
Exogyra lobata A. Rorm.
5 reniformis GOLDF.. .
4 Bruntrutana Taurm. .
5 denticulata A. Rorm..
Pecten subtextorius PHILL. R
» inaequwicostatus Pit. .
a vimineus SOWw.
0 elebe 0 nn eB=H= aan Tan a
Eee
m
un
hh
un
Sn
.BEE.
582
Namen der Versteinerungen.
Korallen-
Oolith,
Un-
terer.
Obe-
| Ter.
Pecten subfibrosus D’ORB.
„ varians A. Rorm.
»„ . strietus Münsrt.
Lima proboscidea Sow.
„ rigida Sow.
„ densepunctata A. Roem.
„ costulata A. Rorm. . .
Hinnites spondyloides A. Roem.
Plicatula longispina A. RoEm.
Trichites Saussurei DESH. Sp.
Gervillia aviceuloides Sow. Sp.
Mytilus pectinatus Sow. . .
Modiola aequiplicata v. STROM.
subreniformis CORNUEL .
Lithophagus gradatus Buv. sp.
nOV. SP..
Oucullaca Goldfussü A. Roem.
Arca bipartita A. RoEm.
„ rotundata A. Rorm. .
„ ..texta A. Rom.
„ af. superba CoNTE).
Trigonia hybrida A. RoEm.
R concinna A. RoEM.
5 papillata Ac. .
x montlifera Ac.
Diceras Sp.
Opis Moreana Buv. :
„ Phillipsiana D’ORR.
Astarte plana A. RoEm.
„ crassitesta A. Rom.
„ Berno-jurensis ETALL.
„ ceurvirostris A. RoEm.
Lucina substriata A. RoEm.
»„ ef. plebeja CoNnTe].
Isocardia striata D’ORB.
5 cornuta KrLön.
Anisocardia Legayi SAUVv. SP.
a parvula A. Rom. Sp.
globosa A. RoEM. Sp.
Oyprina Brongniarti A. RoEMm. Sp.
5 nuculaeformis A. RoEm. sp.
Oyrena rugosa DE Lor.
Thracia incerta A. RoEMm. Sp.
Ceromya excentrica A. RoEM. Sp.
Pholadomya decemcostata A. Rom. .
3 canaliculata A. RoEM .
a paucicosta A. RoEm.
2 hemicardia A. RoEm.
Pleuromya elongata A. Rom. sp. .
nEnunB. EBuBnuBnuB. BB
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Bun.
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Unterer Kim-
meridge.
Schichten mit
Tere-
bratula | Natica
hume- | globosa.
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583
Unterer Kim-
Korallen) | meridge,
| Oolith,
Namen der Versteinerungen. Schichten mit
Un- Obe- en Natica
on ‚tere |: terer. Ter. hume- al ae globosa.
ralıs.
107. Pleuromya sinuosa A. RoEM. Sp. S aa S :
108. = tellina Ac. a s ; | .
109. Plectomya oder Cercomya Sp. ind. . ‚ S :
110. Mactromya rugosa A. Roen.. s | m
Gastropoda.
111. Bulla suprajurensis A. Rom... . . ’ { 5 s
112. Pleurotomaria tuberculosa
A. Rorm. sp. . h : ; :
Dass Turbo princeps A. RoEm. . . . . S i . :
114. Nerita pulla A. Roem. . . . . . RK: S
115. Püleopsis jurensis MÜNST. sp... . . | : s
116: Natiea dubia A. Roem. . . . . ER ER S
117. »„ globosa A. Rorm. RE a a h
118. : hemisphaerica A. Roem. .. . S
119. »„ suprajurensis Buy. . ; Ä : m
120. % macrostoma A. Roxsm. . . : A s | ;
121. Phasianella striata Sow. Sp. . . . S | Ko
122. R cf. Kimmeridiensis !
STRUCKM. . e m
123. Chemnitzia Bronnü A. Roem. sp. . m .
124. 5 subulata A. Rom. sp. . S 5 5
125. > abbreviata A. Roem. Sp. . i S7 te me
126. > cf. Sancti Antoni
STRUCKM. . : ; m
127. Cerithium sp. ind. s Ä
128. Aporrhais cingulatus ns Din s
129. $ strombiformis K. u. Der. : 8 S
130. Nerinea Visurgis A. RoEm. ! m . .
131. & Jasciata VOLTZ $ m .
132. 5 Bruntrutana Taurm. e S -
133. 3 Gosae A. Roem. : ; S
134. R in undeutlichen Kernen
mehrerer anderer Arten m
Cephalopoda.
155. Ammonites plicatilis Sow. . S | 2 -
136. Rhyncholites Voltzü A. Rorm. ss 5 | Ä 3
|
Annulata. |
137. Serpula Deshayesü Münst. hh RE
138. R limbata MUnsT.. m ? 4
139. »„ flaccida GoLDF. m ; ;
140. a4 gordialis v. SCHL. m & 2
141. » spiralis Münsr. s |
BB4
Unterer
Korallen- | Kimmeridge.
Oolith, Schichten mit
Tere-
Un- Obe- bratula | Natica
terer. TET2 hume- | globosa.
! ralis :
Namen der Versteinerungen.
ÖOrustacea.
|
142. Orhomalus macrochirus ETALL. . . e m
143. Glypkea Bronmiü A. Roem. . . . s
144. Cypridina oder Uytherina sp.. - . S
Pisces.
AS Bycnodus sp. nde 20. 23% s
146. Hybodus crassus FRICKE : ;
147. Sericodon Jugleri H.v.M., Zähne .
Reptilia. |
148. Schildkröten - Panzerstücke h
Aus diesem Verzeichnisse ergiebt sich als Thatsache, dass
der obere Jura in und über der Sandgrube bei Weitem nicht
so entwickelt ist und nicht annähernd so viel Arten von Ver-
steinerungen einschliesst, als die gleichalterigen Schichten bei
Hannover, wobei jedoch nicht ausser Berücksichtigung bleiben
darf, dass die letzteren schon seit längerer Zeit und gründlicher
untersucht worden sind und dass namentlich deren organische
Einschlüsse in einem besseren Erhaltungszustande sich befinden,
als dies bei Goslar der Fall ist, so dass gar manches Stück
aus der Sandgrube als unbestimmbarer Steinkern von weiterer
Untersuchung hat ausgeschlossen werden müssen.
Im Uebrigen sind an das vorstehende Petrefacten - Ver-
zeichniss theils zur Erläuterung, theils zur Vervollständigung
noch die nachstehenden Bemerkungen anzuknüpfen.
a. Es ist auffallend, dass ın der Korallenschicht bei
Goslar noch gar keine Montlivaultia-, T’hecosmilia-, Goniocora-
und Latimaeandra-Arten gefunden worden sind, da diese doch
bei Linden und Völksen ziemlich häufig vorkommen. An den
betreffenden Punkten in der Sandgrube und an der Knickmauer,
sowie auf dem Ackerlande in der Streichungslinie zwischen
diesen beiden Stellen finden sich nur Stücke der /sastraea
helianthoides GoLDF. sp. und der Thamnastraea concinna GOLDF.
sp., ausnahmsweise auch Th. arachnoides Parx., sonst aber keine
K.orallenart.
b. Die Crinoideen, wenngleich andere Arten als bei Goslar,
liegen in der Umgegend Hannovers grösstentheils im unteren
985
Korallenoolith, in der Sandgrube dagegen beschränkt sich deren
Vorkommen auf die Schichten der Terebratula humeralis.
c. Verschiedene Terebrateln der Sandgrube hat Max
SCHLOSSER, welchem die paläontologische Wissenschaft eine
namhafte Bereicherung durch seine Untersuchungen über den
Kelheimer Diceraskalk, speciell die Abhandlung über die dor-
tigen Brachiopoden in den Palaeontographicis XXVIN, p. 193
— 212 verdankt, auf Wunsch des Verfassers zu untersuchen
die Gefälligkeit gehabt und dabei gefunden, dass die Terebra-
tula insignis ScHhügL. aus den obigen Schichten 2 und 5 mit
der typischen Nattheimer Form vollständig übereinstimmt,
jedoch seltener auch eine Forın vorkommt, welche sich der var.
lithographica anschliesst. Eine andere Varietät mit lang vor-
gezogenem Schnabel, welche etwas an Terebratula Moravica
GLock. und Terebratula Repeliniana D’OrB. erinnert, muss nach
SCHLOSSER doch nur als veränderte 7. insignis gelten; dagegen
hat sich in der Schicht Nr. 5 eine verhältnissmässig sehr
schmale und langgezogene Art — allerdings nur in einem nicht
unversehrt erhaltenen Exemplare — gefunden, welche wohl
von T. insignis abzutrennen sein dürfte.
Die als Terebratula orbiculata A. Rorm. bezeichnete Art
soll sehr grosse Aehnlichkeit mit Exemplaren von Fritzow in
Pommern besitzen, die als der echten Art angehörend zu be-
trachten sind.
Ueber die in Schicht 14 vorkommende und als Terebra-
tula sp. afl. magasiformis Zuuschn. bezeichnete Art äussert sich
SCHLOSSER dahin, dass die ihm zugesendeten Stücke dieser
Terebratel (Waldheimia) sehr nahe stehen; die echte sei zwar
im ausgewachsenen Zustande gefurcht, jedoch fehle diese Furche
auch an sehr vielen Exemplaren von Stramberg und Imwald;
übrigens ist eine Andeutung dieser Furche auch an Goslarer
Stücken zu finden.
Die Abart der Terebratula humeralis A. Rorm. mit langer,
bauchiger Schale, welche aus der Schicht Nr. 16 angeführt
worden ist, wird ausser bei Ahlem unweit Hannover nach
SCHLOSSER’S gefälliger Mittheilung auch bei Klemm in Pommern
mit denselben Abweichungen von der normalen Art gefunden.
Die wahre Terebratula tetragona A. Rorm. scheint bei
Goslar gar nicht vorzukommen; nur nach einem einzigen Exem-
plare aus der Schicht Nr. 5, das grosse Aehnlichkeit mit jener
Waldheimia von Hoheneggelsen zeigt, auf das Vorkommen
dieser Art in der Sandgrube zu schliessen, dürfte nicht statt-
haft sein; im Verzeichnisse ist diese Terebratel daher auch
nicht erwähnt worden.
d. Die mit verschiedenen Namen belegten Anomia-Schalen
des Kimmeridge hat Struckmann unter dem A. Rormer’schen
986
Namen Anomia (Placuna) jurensis vereinigt. Bei der Verän-
derlichkeit dieser, wie überhaupt der meisten Austern und bei
dem Vermögen und Bestreben derselben, die zur Anheftung
dienenden Unterlagen nachzubilden, mag eine solche Zusammen-
fassung der verschiedenen Buvisnıer’schen Arten von Anomia
geboten erscheinen und es ist deshalb im obigen Petrefacten-
Verzeichnisse auch nur die Roruer’sche Art namhaft gemacht
worden.
Die Ostrea suborbicularis A. Rom. aus dem unteren Ko-
rallenoolith wurde als besondere Art beibehalten, weil sie mit
keiner der beiden anderen damit zusammen vorkommenden
grösseren Austern, der Ostrea deltoidea Sow. und Gryphaea
dilatata Sow., vereinigt werden kann.
Ostrea lingua A. Rorm., welche im Hildesheimer Museum
nur in einem Original-Exemplare aufbewahrt wird, scheint zu
Ostrea Roemeri Quesst. zu gehören. Dafür spricht auch der
Umstand, dass HeEısr. OREDNER in früheren Arbeiten die Ostrea
lingua aus seinen Variansschichten vom Petersberge bei Goslar
angegeben , dagegen späterhin in seinen Erläuterungen zur
geognostischen Karte der Umgegend von Hannover gar nicht
erwähnt, statt deren aber aus denselben Schichten die Östrea
Roemeri Quesst. als häufig vorkommend angeführt hat.
Die Exogyren lassen sich im Allgemeinen ziemlich gut
unterscheiden und hat sich demzufolge auch die Exogyra den-
ticulata A. Roem. leicht aus der Menge der vorkommenden
kleinen Austerschalen mit seitlichem Wirbel ausscheiden lassen.
Diese Art scheint noch wenig gefunden, vielleicht auch bei den
mancherseits bestehenden Zweifeln an deren Echtheit über-
sehen worden zu sein. STRUCKMANN hat aber nach Prüfung
der ihm vorgelegten Exemplare von Goslar die Ansicht aus-
gesprochen, dass die Exogyra denticulata A. Rornm. allerdings
eine gute Art bilde.
e. JPecten varians A. Rorm. tritt in der Sandgrube schon
im unteren Korallenoolith auf, wie überhaupt manche andere
Versteinerung, welche bei Hannover erst im oberen oder in
noch jüngeren Schichten sich zeigt, z. B. Echinobrissus planatus
A. Rorm., Ostrea deltoidea Sow., Mytilus pectinatus Sow., Mo-
diola aequiplicata v. STROMB., Astarte Berno-jurensis Er., Turbo
princeps A. Rorm., Pleurotomaria tuberculosa A. Rorm. etc.
Denkuann hat den Pecten varians in der Pedinenschicht (nach
SPEYER mittlerem Korallenoolith unter den Schichten mit Ve-
rinea Visurgis A. Rom.) am Langen Berge bei Derneburg
zwischen Hildesheim und Ringelheim gefunden (cf. diese Zeit-
schrift XXIX, pag. 856). Es könnte daraus vielleicht der
Schluss gezogen werden, wenn ein solcher überhaupt zulässig
ist, dass der Pecten varians mit den oben aufgezählten anderen
987
Organismen sich von Goslar aus in der Richtung nach Han-
nover hin verbreitet habe, oder mit anderen Worten, dahin von
Goslar aus eingewandert sei.
f. Die Opis-Arten scheinen in der Sandgrube nicht einen
so bestimmt ausgeprägten Horizont einzunehmen, wie solchen
HerMm. OrEDner in dieser Zeitschrift XVII, pag. 157 (die Zone
der Opis similis im Oxford von Hannover) beschrieben hat.
Auffallenderweise sind diese Muschein bei Goslar bisher über-
sehen worden, obgleich die vorstehende, nach STRUCKMANN’S
Vorgang als Opis Phillipsiana D’Ore. bezeichnete Art gar nicht
selten in der Sandgrube ist. Es wird dies darin seinen Grund
haben, dass die Opis-Arten von letzterer Fundstelle nicht ohne
eine starke Kalkincrustation gefunden werden, welche kaum
zu entfernen ist und die Muschelschalen ziemlich unkenntlich
macht. Indessen sind trotz dieser rauhen Kruste die eigen-
thümlichen Formen nicht nur des Genus, sondern auch der
Arten doch so gut erhalten geblieben, dass ihre Bestimmung
mit Sicherheit‘ möglich gewesen ist.
&. Die Unterscheidung einiger Nerinea- Arten, welche in
Steinkernen, die ja den mit Schale versehenen Exemplaren
oft sehr‘ wenig gleichen, vorkommen, ist — abgesehen von den
im Verzeichnisse aufgeführten Arten, die bestimmt haben er-
kannt werden können, — bis jetzt noch nicht möglich ge-
wesen; vielleicht findet sich in Zukunft noch die eine oder
andere Art in besser erhaltenen Exemplaren.
Möchte diese kleine Arbeit für Localsammler eine Ver-
anlassung werden, auf Vervollständigung bezw. Berichtigung
des gelieferten Petrefacten- Verzeichnisses hinzuarbeiten! Es
würde damit ein Wunsch des Verfassers in Erfüllung gehen.
588
2. Bactylolepis Gogolinensis nov. gen., nov. spee,
Von Herrn Hermann Kunisch ın Breslau.
Hierzu Tafel XXIV.
Das vorliegende Petrefact wurde von Herrn Gutsbesitzer
MaADELunG aus Gogolin i. O.-S. in seinem bei Sacrau unweit
Gogolin gelegenen und den Chorzower Schichten angehörigen
Muschelkalkbruche aufgefunden und mir zur Bearbeitung freund-
lichst überlassen. Es ist 18 cm lang, ungefähr 10 cm hoch
und ungefähr 1—58 cm dick. Es stellt einen seitlich zusam-
mengedrückten Fischkörper dar und umfasst den Kopf und den
vorderen Theil des Rumpfes. Während die obere bzw. rechte
Seite des Petrefacts fast nur Reste des Thieres aufweist, zeigt
die untere oder linke Seite leider auch einige interesselose
Kalksteinpartieen, welche sich nicht entfernen lassen, wenn
man das Zerbrechen des werthvollen Stückes nicht riskiren
will. Letzteres ist übrigens als der erste aus dem ober-
schlesischen Muschelkalke bekannt gewordene Fischrest an-
zusehen, welcher die Schuppen und den dazugehörigen, mit
Zähnen versehenen Schädel in natürlichem Zusammenhange
aufweist.
Die Körperlänge unseres Fisches lässt sich bei seiner
fragmentarischen Erhaltung nicht genau angeben; indessen liegt
die Vermuthung nahe, dass er wohl nicht wesentlich länger
als 30 cm gewesen ist. Die Höhe des Körpers scheint 10 cm
kaum erreicht zu haben. Sicherlich war der Körper länger
als hoch. Im Uebrigen war er dick und seitlich zusammen-
gedrückt, so dass er in seiner allgemeinen Gestalt eine gewisse
Aehnlichkeit mit unserem Karpfen gehabt zu haben scheint.
Der Kopf ist bedeutend kleiner als der Rumpf und mag
in der Länge ungefähr 9 cm, in der Höhe ungefähr 7 cm ge-
messen haben. Er scheint durchweg mit einer chagrinartigen
Emailsceulptur bedeckt gewesen zu sein; wenigstens sprechen
dafür mehrere derartig beschaffene Reste, welche an verschie-
denen Stellen der rechten und der linken Kopfhälfte erhalten
geblieben sind. Dieseiben besitzen abgerundete Wärzchen von
0,5—0,7 mm Durchmesser und kleine Wülste von entsprechen-
589
der Breite. Leider lässt sich der Bau des Kopfes, der übri-
gens etwas verdrückt ist, nicht genau angeben, weil ein Theil
der Schädel- und Gesichtsknochen weggebrochen ist und bei
den vorhandenen Knochen wegen der vielen Sprünge und
Brüche eine Verfolgung der Nähte und somit auch eine ge-
nauere Auseinanderhaltung unmöglich ist. — Die Stirnplatten
sind nur zum Theil erhalten und dürften eine Höhe von un-
gefähr 3 cm und zwischen den Augen eine Breite von je 8mm
erreicht haben. Die dahinter liegenden Scheitelbeine und die
übrigen Schädelplatten lassen sich nicht genauer abgrenzen.
Die Nasenplatten sind zwar in Resten vorhanden, aber unbe-
stimmbar in Bezug auf Anzahl, Grösse und Form. Die mit
Gesteinsmaterial ausgefüllte rechte Augenhöhle besitzt einen
Durchmesser von ca. 10 mm, weist zwar die Augenplatten nicht
mehr auf, zeigt aber doch wenigstens im Abdruck zwei an
das Stirnbein stossende, 5 mm breite Supraorbitalplatten. Auf
der Ausfüllung der linken Augenhöhle ist kein solcher Ein-
druck bemerkbar. Auf beiden Kopfseiten lassen sich wohl
auch Reste des Hyomandibulare, Metapterygoideum, Quadra-
tum, Entopterygoideum, Ektopterygoideum und des Palatinum
in ihrem Zusammenhange erkennen, ohne sich jedoch gegen-
seitig genau abgrenzen zu lassen. Der Zwischenkiefer ist sehr
verdrückt und durch Bruch verletzt. Er lässt sich deshalb
nicht genau verfolgen, weist aber doch wenigstens auf der
rechten Seite einen Zahn auf. Das Maxillare superius fehlt
auf beiden Kopfseiten. Der Unterkiefer entzieht sich auf der
rechten Kopfhälfte ebenfalls der Beobachtung, tritt aber auf
der linken um so deutlicher hervor, so dass er sogar die Zu-
sammensetzung erkennen lässt. Das Dentale, dessen oberer
Ast sehr beschädigt ist, misst in seinem unteren Äste von der
Kieferbeuge an bis zu dem Beginne der Sutura articulo-den-
talis 14 mm. Das Articulare scheint ebenfalls eine Länge
von 14 mm zu besitzen und articulirt hinten oben deutlich mit
dem Quadratbeine.e Das Zahnbein besitzt an der Kieferbeuge
eine Höhe von 3 mm und ist anfangs in seiner Oberfiächen-
beschaffenheit durch zwei übereinanderliegende Reihen von
1—1,5 mm langen Furchen ausgezeichnet, deren Längsaxen
mit der des Kiefers parallel laufen. In dem vordersten Theile
des letzteren lassen sich die Reste von vier aufeinander fol-
genden, ein wenig nach innen gebogenen Zähnen erkennen und
zwar: 1. ein in Substanz ziemlich vollständig erhaltener Zahn;
2. ein im untersten Drittel in Substanz, und in den oberen
zwei Dritteln im Abdruck erhaltener Zahn; 3. ein in der un-
teren Hälfte in Substanz, in der oberen Hälfte im Abdruck
mangelhaft erhaltener Zahn; 4. ein Zahn, von welchem nur
990
die Spitze erhalten ist.!) Sie besitzen einen gegenseitigen
Abstand von nahezu 1 mm, eine Höhe von 2 mm und fast
durchweg einen Querdurchmesser von von 0,4 mm. Ihre Form
entspricht einem am oberen Ende abgerundeten oder wenig
zugespitzten Cylinder. Die Oberfläche ist glatt. Der bereits
erwähnte Zahn auf der rechten Seite des Zwischenkiefers
unterscheidet sich von den eben genannten Zähnen durch einen
etwas kleineren Querdurchmesser. Ueber den inneren Bau
der Zähne liess sich nichts feststellen, ‚weil die wenigen Reste
zu einer mikroskopischen Untersuchung von fraglichem Erfolge
nicht geopfert werden konnten. Von dem Kiemendeckel endlich
sind nur spärliche Reste und zwar vorzugsweise auf der linken
Seite des Kopfes zu beobachten. Sie zeigen z. Th. deutlich
die bereits beschriebene chagrinartige Emaillage.
Der Schultergürtel liest mit seinem wichtigsten Theile,
der Olavicula, auf der rechten Seite des Petrefacts in ziemlich
vollständiger Erhaltung zu Tage. Die Clavicula (Humerus
mancher Autoren) beginnt ungefähr 1 cm über dem oberen
Augenrande und in einer Entfernung von 4,2 cm vom vor-
deren Augenrande und verläuft dann in einem Bogen nach
vorn bis zur ventralen Medianlinie.e. Er hebt an mit zwei
Aesten, welche sich aber bald zu einem 0,5 cm breiten Kno-
chen vereinigen. Dieser nimmt dann an Breite allmählich bis
zu 1,8 cm zu, um dann wieder ein wenig abzunehmen. An
der Stelle seiner grössten Breite zeigt er am Aussenrande eine
kräftige Anschwellung, welche ohne Zweifel als die Ansatzstelle
der Brustflosse angesprochen werden muss.
Der nunmehr sich anschliessende Schuppenpanzer lässt
sich in seinem Baue auf der rechten Seite des Petrefacts vor-
zugsweise studiren. Die 24 daselbst sichtbaren, deutlich aus-
geprägten dorso -ventralen Schuppenreihen sind schief gestellt
und zwar so, dass sie mit der Bauchlinie spitze Winkel bilden,
deren Scheitel auf das Schwanzende zu gerichtet sind. Die
Neigung der Schuppengürtel zu der ventralen Medianlinie
nimmt von vorn nach hinten ab. Wenn man von den aufläl-
ligen Verdrückungen des Panzers absieht, so ergiebt die Mes-
sung bei dem zweiten Gürtel einen Winkel von ungefähr 80°,
bei dem 23. dagegen einen Winkel von ungefähr 70°. Die
Schuppenbänder liegen dachziegelartig übereinander. Die An-
zahl der einen Gürtel zusammensetzenden Schuppen nimmt
von dem Kopf- nach dem Schwanzende zu, wie sich aus der
Vergleichung analog liegender Gürteltheile ergiebt. Ungefähr
!) Die aufgeführten Zähne präsentirten sich in weit vollkommenerer
Erhaltung, bis sie bei dem Versuch der Herstellung einer Matrize zum
Zweck galvanoplastischer Vervielfältigung arg mitgenommen wurden.
591
auf der Mitte der rechten Seite des Fisches finden sich über
die Strecke von 3 em hinweg in der ersten Schuppenreihe 4,
in der sechsten 5, in der zehnten 6 und in der zwanzigsten
7 Schuppen gelagert. Die auf der linken Seite aufgedeckten
Schuppen und Gürtelfragmente stimmen mit den durch die
Betrachtung der rechten Seite gewonnenen Resultaten im We-
sentlichen überein. An dieser Stelle darf wohl auch die Be-
merkung Platz finden, dass auf keiner Seite des Schuppen-
panzers Spuren einer Seitenlinie wahrgenommen wurden.
Die einzelnen Schuppen besitzen im Allgemeinen eine
rhomboidische Form, ändern aber an den verschiedenen Körper-
theilen mehr oder minder ab. In den vorderen Schuppenreihen
ist die äussere Form complicirter als in den hinteren. In
jedem Schuppenbande nehmen die Schuppen vom Rücken zum
Bauche an Einfachheit in der Gestalt zu. In der Mitte der
vordersten Schuppengürtel gleicht der zu Tage tretende, mit
Schmelz bedeckte Schuppentheil in seinem Umriss nahezu
einem Rechteck, welches mit den kleineren Seiten seinen seit-
lichen Nachbarn anliegt und mit den grösseren Seiten an
das vor und hinter ihm gelegene Schuppenband grenzt. Der
Umriss wird beeinträchtigt durch eine Furchung der Oberfläche.
Die ungefähr 0,75 — 0,9 mm von einander entfernten Furchen
heben meist bereits am vorderen Ende des sichtbaren Schup-
pentheiles an, verlaufen mehr oder minder parallel zu den
kleineren Seiten des Rechtecks, nehmen dabei an Tiefe zu,
bis sie den Schuppenkörper in seiner ganzen Mächtigkeit
durchsetzen und dessen hinteres Ende in eine entsprechende
Anzahl nach hinten gerichteter Protuberanzen zerschlitzen,
welche sich mit den Fingern einer Hand recht gut vergleichen
lassen. Diese ÄAehnlichkeit wird dann ganz besonders auffällig,
wenn die Furchen nach hinten ein wenig divergiren. In vielen
Fällen sind jedoch diese fingerförmigen Fortsätze durch mecha-
nische Verletzung gekürzt. Da der gegenseitige Abstand der
Furchen auf dem ganzen Schuppenpanzer ziemlich derselbe
bleibt, muss die Anzahl der Fortsätze bei den einzelnen
Schuppen verschiedener Bänder nahezu im umgekehrten Ver-
hältnisse sich ändern wie die Anzahl. der Schuppen in einem
entsprechenden Theile- dieser Bänder. In der That ergab die
Zählung auf der rechten Seite des Fisches in den oben bereits
in Vergleich gezogenen Schuppenpartieen im ersten Schuppen-
gürtel ungefähr pro Schuppe 10, im sechsten 7, im zehnten 6
und im zwanzigsten 5 Fortsätze. Hierin besteht lediglich die
Vereinfachung der äusseren Form bei den Schuppen ent-
sprechender Theile der Schuppenbänder vom Kopfe nach dem
Schwanze zu, soweit sie sich bei der fragmentarischen Erhal-
tung des Fisches verfolgen liess. Ganz ähnlich ist die Verän-
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VII. 3, 33
592
derung der SEnaiopeh eines Gürtels von der dorsalen nach der
ventralen Medianlinie: die Schuppen werden immer schmäler
und ärmer an Eorchen und fingerförmigen Fortsätzen, erlangen
dann ein trapezartiges und an der Bauchlinie schliesslich ein
zungenartiges Aussehen. Auf der rechten Seite unseres Exem-
plares sind die Schuppen der Bauchregion vielfach übereinander
geschoben und verdrückt, so dass sie für eine eingehendere
Beschreibung nicht tauglich sind. Weit besser eignen sich
dafür die auf der linken Seite des Petrefacts in prachtvoller
Aneinanderlagerung befindlichen Bauchschuppen (Taf. XXIV,
Fig. 3), bei welchen sich übrigens auch die zum Zweck der
gegenseitigen Articulation benachbarter Schuppen getroffenen
Einrichtungen am besten beobachten lassen. Letztere bestehen
darin, dass jede Schuppe an ihren seitlichen Grenzen eine
flache Einbuchtung und Ausbuchtung besitzt, welche in eine
ebenmässige Ausbuchtung und Einbuchtung der Nachbarschup-
pen passen. Die trapezartig erscheinenden Schuppen haben
in der Regel nur einen, zuweilen aber auch zwei hintere Fort-
sätze, welche jedoch nicht in der Richtung der Mittellinie der
Schuppe verlaufen, sondern auffällig nach der Seite gerichtet
sind, auf welcher die seitliche Vertiefung der Krhabenheit
nachfolgt. Die schmälsten, als zungenförmig charakterisirten
Schuppen erreichen bei ungefäihr 6 mm Länge kaum eine
Breite von 2 mm. Bei ihnen lässt sich eine kleine Vertiefung
in der Richtung der Längsaxe als Ueberrest einer Furche
nicht verkennen. Nur bei den trapez- und zungenförmigen
Schuppen vermag man mit Hilfe der Lupe äusserlich parallel
zu den Schuppenrändern Anwachsstreifen, also die Spuren
eines concentrischen Aufbaues wahrzunehmen.
Bei der Betrachtung der Zusammensetzung der Schuppe
hat man zu unterscheiden die äussere oder obere Schmelzlage
und die untere oder innere Knochenlage. Der braune Schmelz
ist so spröde, dass sich keine zur mikroskopischen Untersuchung
geeigneten Präparate herstellen liessen und somit eine getrennte
Beschreibung des die Schmelzlage der Ganoiden-Schuppen in
der Regel zusammensetzenden Ganoins und Kosmins unter-
bleiben musste. Der untere und mächtigste Theil der Schuppe
ist knöchern und besteht aus übereinander gelagerten La-
mellen. Die mikroskopische Prüfung ergab in der Knochen-
masse zahlreiche Kanäle, welche wohl als Nahrungskanäle
gedeutet werden dürfen. Für die Befestigung der Schuppe in
der Haut des Fisches sorgte lediglich der knöcherne Theil
derselben. Diesem Zwecke diente ganz besonders ein zahn-
artiger Fortsatz, welcher in einem stumpfen Winkel von dem
mit Schmelz bedeckten Schuppentheile ausgeht. Leider ist
|
e._
die der Fig. 4, Taf. XXIV zu Grunde liegende, mit einem
prachtvoll erhaltenen Knochentortsatze versehene Schuppe,
welche auf der linken Seite der Versteinerung in der Nähe
der trapezförmigen Schuppen gelegen war, bei der Bearbeitung
der letzteren mit Hammer und Meissel stückweise abgesprun-
gen und verloren gegangen. Indessen lässt sich diese Ein-
richtung auch an mehreren anderen Stellen des Petrefacts in
Substanz und im Abdruck, wenn auch weniger gut, beobachten.
Das Rumpfskelet hat sich vermuthlich wegen seiner ur-
sprünglich knorpeligen Beschaffenheit nicht conservirt, we-
nigstens ist nichts davon wahrzunehmen.
Ueber die Stellung und den Bau der Flossen lässt sich
nichts sagen, weil sie an unserem Exemplare fehlen. Infolge
dessen lässt sich nicht einmal angeben, ob der vorliegende
Fisch den äusserlich homocerken oder heterocerken Ganoiden
angehört. Dies ist umsomehr zu bedauern, als auf diese Weise
eine lange ofien stehende Frage vor allgemeiner Bedeutung
ihrer Beantwortung nicht näher gebracht werden kann. Be-
kanntlich lassen sich die heterocerken (anoiden von den
ältesten Formationen bis in den Zechstein mit Sicherheit ver-
folgen, während den jüngeren Formationen, vom Lias aufwärts,
lediglich homocerke Ganoiden zufallen. Die Trias konnte des-
halb als die Uebergangsperiode, in welcher die heterocerken
Ganoiden sich allmählich in homocerke umwandelten, ange-
sehen werden. Diese Uebergangsperiode wird sich voraus-
sichtlich noch beschränken lassen. Aus dem Keuper, insbe-
sondere aus den weissen Keupersandsteinen von Coburg !),
sind homocerke Ganoiden bekannt geworden. Acassız ?) stellt
die Fische des Muschelkalks, die er allerdings nur den Schup-
pen nach kannte, zu den Heterocerken, während QUENSTEDT °)
und Picrer *) trotz der entgegengesetzten Behauptung GIErEL’s°)
es für mehr als wahrscheinlich halten, dass die Fische des
Muschelkalkes den Homocerken zuzurechnen sind.
Wie ich aus der einschlägigen Literatur, soweit sie mir
zugänglich war, entnommen habe, ist der vorliegende Fisch
bis jetzt nicht bekannt gewesen. Einzelne Schuppen jedoch
sind öfter beobachtet worden und zur öffentlichen Kenntniss
2) Berger: Die Versteinerungen der Fische und Pflanzen im Sand-
stein der Coburger Gegend. Coburg 1832, pag. 11 ff.
*) Acassız: Recherches sur les poissons_ fossiles, T. II. Neuchatel
1833—1843, pag. 6 und pag. 172.
?) Quenstept: Handb. d. Petrefactenkunde, II. Aufl. Tübingen
1883, pag. 323.
*) Pıcrer: Traite de Paleontologie, T. Il, pag. 182.
5) GIEBEL: Fische im Muschelkaik von Esperstädt; Bronn’s Jahrb.
1848, pag. 152.
33 *
994
gelaugt. Heruann v. Meyer!) z. B. kannte solche aus dem
Muschelkalke von Jena, Querfurt, Esperstädt und sogar aus
Oberschlesien. Er liess sie aber unbenannt, indem er meinte,
„es würde gewagt erscheinen, wollte man jetzt schon eine
Vertheilung dieser Schuppen auf die durch Kiefer und Zähne
angedeuteten Fische vornehmen.“ Von den meisten Forschern
sind sie dem von Asassız?) auf einzelne Schuppen begrün-
deten, aber von ihm selbst schon als „zweifelhaft“ bezeich-
neten Genus Gyrolepis untergeordnet worden. — Unter diesen
Umständen habe ich mir erlaubt, für den beschriebenen Fisch
ein neues (renus zu errichten und letzterem mit Rücksicht auf
die ausgeprägten fingerförmigen Fortsätze der Schuppen den
Namen Dactylolepis (ddrtukog = Finger; Aeris = Schuppe)
zu geben. Der Species-Name Gogolinensis bezieht sich auf den
Fundort Gogolin in Oberschlesien, welcher nebst seiner Um-
gegend eine bedeutende Kalksteinförderung besitzt und hef-
fentlich zur genaueren Charakteristik des neuen Genus und
seiner Species bald weiteres Material lieferu wird.
!) Dunker u. H. v. Meyer: Palaeontographica, 1. Bd. Cassel 1851,
pag. 201 und t. XXXLI, f. 37 u. 38.
?) Acassız: Recherches sur les poissons fossiles, T. II. Neuchatel
1833 - 1843, pag. 6 und pag. 172.
595
3. Ueber die Fauna des Aachener Sandes und seine
Aequivalente,
Von Herrn E. Horzarrer ın Aachen.
Der Aachener Sand ist bereits so oft Gegenstand ein-
gehender Erörterungen gewesen, dass eine nochmalige Behand-
lung dieses Themas vielleicht überflüssig erscheinen mag. Ein
Punkt indessen veranlasste die vorliegende Besprechung, und
dies ist die in allen vorhergehenden Arbeiten hervortretende
lückenhafte Kenntniss der Fauna des Aachener Sandes. Auch
die neueste Behandlung dieses Gegenstandes durch J. Bönnm
in seiner Arbeit „Der Grünsand von Aachen und seine Mol-
luskenfauna“ leidet an diesem Mangel, freilich nicht durch
Schuld des Autors, da Versteinerungen in den unteren
Schichten des Aachener Senon nur an einigen wenigen Stellen
vorkommen, an denen Aufschlüsse nur von Zeit zu Zeit vor-
handen sind. Böhm giebt in seiner Arbeit eine Uebersicht
über die von früheren Autoren ausgesprochenen Ansichten, so
dass es nicht nöthig erscheint, noch einmal auf diese zurück-
zukommen, und ebenso kann hier auf eine petrographische
Beschreibung des Aachener Sandes, sowie auf Angabe von
Profilen, welche sich bei Bönm in genügender Zahl finden,
verzichtet werden. Nur ein Punkt mag besonders hervorge-
hoben werden, dass nämlich specielle Profile keine Gültigkeit
haben für andere Localitäten, als an denen sie aufgenommen
sind. Im Allgemeinen kann man nur sagen, dass die unteren
Schichten aus Sanden mit Thonlagen, die mittleren aus Thonen
mit Sandlagen, und die oberen wieder aus Sanden mit Thon-
lagen bestehen. Sonst sieht man fast an jedem Aufschluss
mächtige Schichten sich schnell auskeilen, und in den am
meisten aufgeschlossenen oberen Schichten der losen Sande ist
eine mit der transversalen Schichtung mancher Sandsteine über-
einstimmende Erscheinung etwas ganz gewöhnliches.. Eine
solche discordante Structur der einzelnen Schichten kann man
z. B. trefflich sehen an mehreren Stellen in dem Hohlwege bei
dem Gute Schneller Wind bei Ronheide, wo eine mächtige
Sandschicht sich auf eine Entfernung von kaum 5 m vollständig
auskeilt. Bei einer Ablagerung unmittelbar an der Küste, wie
996
der Aachener Sand sie darstellt, ist eine derartige Erschei-
nung etwas ganz natürliches.
Betreffs der Fauna des Aachener Sandes finden sich in
der Literatur mannichfache, jedoch meistens irrthümliche An-
gaben. Zunächst ceitirt Deser in seinem „Entwurf zu einer
geognostisch-geologischen Darstellung der Gegend von Aachen“,
1849, pag. 80, eine Anzahl Mollusken aus diesen Schichten.
Ich vermag diese Angaben nicht zu controlliren, da sich
Belegstücke in der Sammlung Derrr's nicht vorfanden; indessen
sind die sämmtlichen specifisch angeführten Formen solche des
Grünsandes und dürften diesem Horizonte entstammen, wWo-
gegen die sehr schlecht erhaltenen, kaum „der Gattung nach
bestimmbaren“ Formen, mit Ausnahme des als Turritella Bu-
chiana GOLDF. bezeichneten Gastropods, dem Aachener Sand
entstammen können. Der 8 Zoll Länge erreichende, „sehr
eigenthümlich gebildete Monomyarier“ ist wohl sicher der am
Altenberg vorkommende /noceramus lobatus GoLDF., von dem
ich ein Exemplar fand, welches eine Höhe von über 50 cm
gehabt haben muss. — Später citirt Bosqgurr in dem Ver-
zeichniss der Versteinerungen der Limburger Kreide, welches
er für Starıne’s De Bodem van Nederland zusammenstellte,
eine ganze Reihe (78 Arten) Mollusken als „Akensch“. Es
sind dies jedoch ebenfalls fast ausnahmslos Gründsandformen,
anscheinend diejenigen Arten, bei denen MÜLLER in seiner
Monographie der Aachener Kreideversteinerungen den Aachener
Wald als Fundort eitirt hatte. In einer späteren Liste Bos-
gurr's, welche DewaArgus in seinem Prodrome d’une description
oeologique de la Belgique veröffentlichte, sind denn auch nur
noch 5 Arten, und auch diese nur fraglich, als im Aachener
Sand vorkommend aufgeführt.
Von den zahlreichen Arten, welche MÜLLER in seiner
bereits erwähnten Monographie beschrieben hatte, gehören nur
5 dem Aachener Sand an, es sind dies
Arca Kaltenbachi MÜLL.,
Cardium pectiniforme MÜLL.,
Cassidaria cretacea MÜLL.,
Actaeonella gigantea Sow. (die grosse Tornatella
Derek lsch
Globiconcha maxima MÜLL.
In einem Referate über eine Excursion der belgischen
geologischen Gesellschaft!) und in der Arbeit von Purvss:
Sur les depots fluvio- marins d’äge senonien ou sables aache-
niens de la province de Liege?) sind weiterhin eine Anzahl
2) Annales soe. @6ol. Belg. vol. VII, pag. CLXX.
*, In: Bull. d. mus. roy. d’hist. nat. de Beleg. Il, pag. 153 fi.
997
Formen aus dem Aachener Sand eitirt, welche sich bei Bönn
mit den älteren Angaben Desrr's zusammengestellt finden.
Inwieweit die Bestimmungen richtig sind, vermag ich nicht
anzugeben, doch scheinen "namentlich die Angaben von Purvss
nicht immer ganz richtig zu sein.
Die folgende Liste soll keinen Anspruch auf Vollständig-
keit machen, sie enthält indessen nur solche Formen, die ich
aus eigener Anschauung kenne und die so gut erhalten vor-
liegen, dass ihre Bestimmung mit genügender Sicherheit aus-
geführt werden konnte.
Ostrea laciniata NiLss.,
Inoceramus Üripsiü MANT.,
nn lobatus GOLDF.,
® Avicula sp. n. (cf. BöHnnm pag. 84),
* Arca Kaltenbachi MÜLL.,
Pectuneulus dux J. BöHMm.,
Cucullaea subglabra D’ORR.,
Trigonia Vaalsiensis J. Bönn,
Eriphyla lenticularis GOLDF.,
Crassatella arcacea A. Ran.,
* Cardium pectiniforme MÜLL,
Cytherea ovalis (GOLDF.,
Tellina strigata ($0LDF.,
* Gastrochaena voracissima MÜLL,
Turritella nodosa A. Rorm.,
Natica cf. cretacea GoLDF.,
? Rissoa Bosqueti MÜLL.,
* Cassidaria cretacea MÜLL.,
* Cerithium sp. n.,
® Actaeonella gigantea SOW.,
= & ma.xima Münn. (Globiconcha bei MÜLLER),
= 5 (Volvulina) laevis Sow.
Von diesen sind die mit * bezeichneten auf den Aachener
Sand beschränkt, während die übrigen in den Grünsand, z. Th.
bis in die Mucronatenschichten aufsteigen. Ausser den auf-
geführten kenne ich noch eine ganze Reihe anderer, z. Th. noch
unbeschriebener Formen, darunter mehrere interessante Patel-
liden und Fissurelliden, deren Bestimmung und Beschreibung
einer besonderen Arbeit vorbehalten bleiben muss. Die oben
aufgeführten scheinen indessen die wichtigsten Arten zu sein
und sind ausreichend, um das Alter der sie einschliessenden
Schichten discutiren zu können. Sämmtliche Arten stammen
aus der oberen Abtheilung des Aachener Sandes, losen Sanden
mit Lagen von z. Th. kieseligen Sandsteinknollen und unter-
geordneten linsenförmigen Thonlagen. Aus den tieferen Thonen
598
kenne ich nur undeutliche Reste von Zweischalern, die an die
Gattung Cyrena erinnern, indessen unbestimmbar sind.
Die wichtigsten Formen des obigen Verzeichnisses sind
ausser den beiden Inoceramen die folgenden näher besprochenen:
l. Actaeonella maxima Müıt. sp. (Globiconcha bei
MÜLLER) ist nicht synonym mit Actaeonella gigantea Sow., wie
dies J. Brıssen !) und nach ihm J. Bönm?) annehmen. Die
Seitenfläche des letzten Umganges ist in der Mitte flach oder
schwach concav, und vor der Naht befindet sich eine Reihe
grober, gerundeter, wulstiger Knoten. Ich halte die Art, die
in einer grösseren Reihe von meist mangelhaften, z. Th. aber
gut erhaltenen Steinkernen von Laurensberg und aus dem
Hohlwege beim Gute Schneller Wind vorliegt, für ident mit
Actaeonella Beyrichi DrEscHEr?) von Löwenberg. Weahrschein-
lich ist auch ident Cassidaria cretacea MÜLL.
2. Actaeonella gigantea Sow. Es liegen mir 4 Exem-
plare einer grossen #ctaeonella aus dem Aachener Sand des
Aachener Waldes, ohne nähere Fundortsangabe, aus der MüLLEr’-
schen Sammlung vor, welche ziemlich ungünstig erhalten sind
(die Schale ist in eine schwärzliche, zerfressen aussehende
Kieselmasse verwandelt). Zwei von diesen haben ein hohes,
die beiden anderen ein niedrigeres Gewinde. Fasst man die
Species Actaeonella gigantea Sow. so weit, wie dies STOLICZKA
in seiner Revision der Gosau-Gastropoden thut®), so müssen
die erwähnten 4 Exemplaren zu dieser weit verbreiteten Art
gestellt werden.
3. Actaeonella (Volvulina) laevis Sow. Von dieser
Art konnte ich eine ganze Reihe trefflich erhaltener verkie-
selter Exemplare untersuchen. Dieselben lassen sich in keiner
Weise von der Gosauform trennen. Es ist dies die von
J. Brissen als BDulla cretacea Müur. aufgeführte Form. °)
4. Cardium pectiniforme Mürı. ist eine flache, etwas
schief ovale, mit grobschuppigen Radialrippen verzierte Form,
welche ich der Zeichnung nach nicht zu trennen vermag von
Cardium Ottonis Dresch. °), einer Art, die verschieden ist von
Cardium Ottonis Gin. von Kieslingswalde ’) und Cardium Otioi
(sünp. von Marterberg und Roding. °) Diese zwei letztgenannten
t) Ann. soc. geol. Belg. t. VIII, pag. CLXX, Fussnote.
Drlzc. par 29.
3) Diese Zeitschr. 1863, pag. 347, t. 9, f. 3-11.
#4) Sitzungsberichte d. k. k. Akad. in Wien 1865, pag. 36.
5) Ann. soc. geol. Belg. t. X, pag. LXX.
6) Diese Zeitschr. 1863, pag. 847, t. 9, f. 15.
7) Die Versteinerungen von Kieslingswalde pag. 14, t. 1, f. 31, 32
(male).
8) Beschreibung des ostbayrischen Grenzgebirges pag. 765, f. 3.
mn pn
599
Arten stimmen dagegen vollständig überein mit Cardium Becksü
Mürr., welches in dem Aachener Grünsand ungemein häufig
und eines der charakteristischsten Fossilien dieses Horizontes
ist. (Cardium Ottoi Zırr.!) aus der Gosau ist von Ü. Becksü
Mürrt. verschieden und könnte ident sein mit ©. pectiniforme
Mvrr., wie denn auch ZırteL die von DRESCHER aus dem
Löwenberger Ueberquader beschriebene Form als ident mit der
Gosau-Form betrachtet. ZirtTEeL hebt ferner ausdrücklich die
Uebereinstimmung mit der Form von Kieslingswalde hervor,
welche nach Exemplaren, die Geinıtz selbst eingesandt hatte,
constatirt wurde. Die Sammlung der technischen Hochschule
in Aachen enthält indessen mehrere Stücke von Kieslingswalde,
die sicher mit ©. Becksü ident sind, und auch die Abbildung
bei Gzisıtz passt gut auf die Aachener Grünsandform. Hs
scheinen demnach von Geiz zwei Arten, eine mit glatten,
die andere mit schuppigen Rippen unter dem Namen (. Ottonis
vereinigt zu sein, von denen die eine anders zu benennen sein
wird. Für die Form mit schuppigen Rippen wird daher der
Name (. pectiniforme MüLr. anzuwenden sein. C. incomptum
Forges aus der Trichonopoly-Gruppe Indiens wird von ZimtEu
mit der Gosau-Form vereinigt, nach StoLiczkA ?) indessen mit
Unrecht, da es eine abweichende Sculptur besitzt (costis
tuberculose costatis), obwohl die Diagnose von ForBes in Folge
der mangelhaften Erhaltung seiner Exemplare, welche Sro-
Lıczka untersuchen konnte, costis subsquamosis lautet.
Cardium pectiniforme MÜLL. ist ferner der Zeichnung nach
nicht zu unterscheiden von C. Duclou.rii VınaL bei LEYMERIR ’°),
während die Abbildung dieser Art bei VınpaL*) einen fast
seradlinigen Hinterrand und in Folge dessen einen mehr trapez-
förmigen wie ovalen Umriss zeigt. Leider war ich nicht in
der Lage die aus französischem und spanischem Garumnien
stammende Form direct vergleichen zu können, ich vermag
daher ein bestimmtes Urtheil über die Identität der beiden
Arten nicht abzugeben.
Durch die beiden oben aufgeführten Inoceramen wird nun
das senone Alter des Aachener Sandes sicher gestellt. Wäh-
rend aber die eine Art, /noceramus Cripsü Manr., noch bis in
die Schichten mit Belemnitella mucronata hineinreicht, ist die
andere, /n. lobatus Mnsr., bereits in dem Grünsand mit Acti-
2) Bivalven der Gosau-Gebilde pag. 144, t. 6, f. 4.
2) Oretac. Pelecipoda of Southern India pag. 216.
Er L bt. geol. et pal. des Pyrenees de la Haute Garonne p. 779,
er 2 Fan de la comision de mapa geol. de Espagna vol. I. p. 36,
600
nocamax quadratus erloschen. Nach SchHLürter !) beginnt die
Art in Westfalen über dem Enmscher, reicht aber nicht in das
Obersenon, wie SCHLÜTER dieses begrenzt, in die Coeloptychien-
Kreide, deren untere Abtheilung, die Zone der Becksia Soeke-
landi in Westfalen das Hauptlager des _/ctinocamaxr quadratus
ist. Der Aachener Sand ist daher als ein Aequivalent des
ScHLürer’schen Untersenons, der Zone der Exogyra laciniata
und des /noceramus lobatus aufzufassen; er gehört der Quadraten-
kreide an, obwohl Actinocamaz anne bislang noch nicht
vorgekommen ist. Der auf den Aachener Sand folgende Grün-
sand wird demnach der unteren Abtheilung des Obersenon
SCHLÜTER'S, der Zone der Becksia Soekelandi entsprechen. Zu -
denselben Resultaten bezüglich des Aachener Sandes kommt
auch J. Bönu °), ebenfalls sich stützend auf die beiden /noce-
ramus - Arten.
Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob der Aachener
Sand dem gesammten Untersenon SCHLÜTER’s entspricht, oder
nur einer oder mehreren der Etagen, in welche sich dasselbe
in Westfalen gliedert. Diese Zonen sind:
1. Zone des Marsupites ornatus,
2. Zone des Pecten muricatus,
3. Zone des Scaphites binodosus.
Es ist bislang noch nicht möglich gewesen, den Aachener
Sand in paläontologisch charakterisirte Zonen zu zerlegen,
welche sich mit den in anderen Kreideterritorien auftretenden
Zonen vergleichen liessen, und auch eine petrographische Glie-
derung ist, wie bereits hervorgehoben, wenigstens mit Schärfe
nicht durchzuführen. Die Flora ist nach der bisherigen Kennt-
niss derselben ebenfalls zu einer Gliederung nicht zu ver-
werthen. Höchstens kann man sagen, dass in der oberen Ab-
theilung, aber soweit mir bekannt, nur an einem einzigen
Fundorte (am Altenberg), Crednerien vorkommen, die in den
tieferen Schichten anscheinend fehlen. Die übrigen paläonto-
logischen Befunde lassen allerdings auch eine Verschiedenheit
an den verschiedenen Fundstellen erkennen.
So kenne ich von Laurensberg nur
Actaeonella maxzima MÜLL,,
Cardium pectiniforme MÜLL.,
Arca Kaltenbachi MÜLL.
Die Höhenlage der betreffenden Schichten kann ich nicht
genau angeben und nur so viel sagen, dass sie im Allgemeinen
zur oberen Abtheilung gehören.
77
1) Zur Gattung J/noceramus. Palaeontographica 1876--77, pag. 276.
2) 1 ce. pag. 146.
601
In dem Hohlweg bei Schneller Wind kommt Actaeonella
maxima MürıL. und Curdium pectiniforme MÜLL. vor, und zwar
in Schichten, deren verticaler Abstand vom Grünsande eben-
falls nicht bestimmbar ist. Im der Sandgrube am Altenberg
kommen in einer eirca 5 m unter dem Grünsand gelegenen
Schicht mit Sandsteinknollen neben -Credneria und Sequoia
aquisgranensis folgende Formen vor:
Inoceramus lobatus GOoLDF ,
& Cripsü MAanT.,
Avicula sp. n.,
Trigonia Vaalsensis J. BÖHM,
Gastrochaena.
Turritella nodosa RoEm.
Purves erwähnt noch Cardium Becksü, was entschieden
ein Irrthum ist; das hier vorkommende Cardium ist nur auf
©. pectiniforme zu beziehen, dessen Vorkommen mir auch Herr
J. BEISSEL bestätigt.
In einer sehr festen quarzitischen Bank auf der Höhe des
kleinen Tunnels zwischen Ronheide und Astenet kommen zahl-
reiche Steinkerne grosser glatter Ostrea- und E.xogyra- Arten
vor, fast immer unbestimmbar, doch vermochte ich an einigen
Abdrücken die E.xrogyra laciniata zu erkennen. Daneben finden
sich zahlreiche andere Formen, Lamellibranchiaten und Gastro-
poden, recht ungünstig als Steinkerne erhalten, unter denen
ein Cerithium, am nächsten verwandt mit U. Münsteri Kersr.
aus der Gosau, durch seine Häufigkeit ausgezeichnet ist, eine
Art, die ich von den übrigen Fundstellen nicht kenne. Von
Bedeutung ist auch das Vorkommen einer grossen Actaeonella,
die nach dem vorliegenden Material freilich specifisch nicht
bestimmbar ist.
Ueber die Stellung dieser quarzitischen Bank äussert sich
Böuu (pag. 28); er sieht dieselbe als ein Aequivalent der
Geröllschicht an, welche sonst überall die Grenze zwischen
dem Aachener Sand und dem Grünsand bildet. Diese Deu-
tung scheint nicht ganz unanfechtbar; jedenfalls aber liegt die
betreffende Schicht sehr hoch im Aachener Sand. — Die
reichste oder wenigstens beste Fundstelle befindet sich am
Salvatorberge, wo eine, kaum einen Meter über den mächtigen
dunklen Thonen liegende Schicht mit Sandsteinknollen eine
reiche Ausbeute geliefert hat. Die Entfernung dieser Schicht
von der unteren Gründsandgrenze beträgt reichlich 23>—30 m;
dieselbe liegt daher wesentlich tiefer, wie die fossilführende
Schicht am Altenberge und auf dem Tunnel.
Die Fauna am Salvatorberge ist ausgezeichnet vor Allem
durch die Häufigkeit von (ardium pectiniforme Münn. und Vol-
602
vulina laevis Sow. Dagegen scheinen die Inoceramen und
Actaeonella maxima zu fehlen.
Aus welchen Schichten die oben als Actaeonella gigantea
bestimmten Exemplare stammen, weiss ich nicht.
Es ist also nur Cardium pectiniforme an fast allen Fund-
stellen vorhanden, vielleicht mit Ausnahme der Quarzitbank
auf dem kleinen Tunnel bei Ronheide; indessen ist die Fauna
dieser Schicht noch zu wenig bekannt, um ein Fehlen dieser
sonst so charakteristischen Art auch nur mit einiger Sicherheit
behaupten zu können.
Die im Vorstehenden skizzirte Vertheilung der Fauna des
Aachener Sandes zeigt, dass eine auf paläontologische Gründe
gestützte Gliederung trotz der Verschiedenheit an den ein-
zelnen Punkten nicht durchführbar ist.
Vergleicht man nun mit der oben gegebenen, freilich noch
unvollständigen Liste der Versteinerungen des Aachener Sandes
die Verzeichnisse der Fossilien aus den verschiedenen Etagen
des westfälischen Untersenon, wie sie sich z.B. bei ScHLÜTER !)
und v. DECHEN ?) zusammengestellt finden, so gelangt man zu
dem Schlusse, dass es nicht möglich ist, eine specielle Paral-
lelisirung mit einer oder mehreren der genannten Etagen
zurchzuführen.
J. Bonn vergleicht speciell den Aachener Sand mit den
Schichten von Haltern mit /ecten muricatus, doch kommt er
zu dem Resultat, dass die paläontologischen Befunde mit
Sicherheit keinen Schluss auf die Identität der genannten Ab-
lagerungen gestatten. Den über dem Aachener Sand folgenden
Grünsand mit Actinocamax quadratus parallelisirtt Böum mit
der Zone des Scaphites binodosus, und der Grünsand von Holset
bei Vaals, welcher eine von der des Aachener Grünsandes
abweichende Fauna besitzen soll, wird in die Zone der Becksia
Soekelandi versetzt. Durch eine derartige Parallelisirung wird
nun aber der Aachener Sand zu einem Aequivalent der Zone
von Haltern, welche Gleichstellung Böru vorher zweifelhaft
gelassen hatte, andererseits involvirt dieselbe eine Lücke
in der Schichtenfolge des Grünsandes in der nächsten Um-
gebung Aachens. An mehreren Stellen hat man ein voll-
ständiges Profil vom Aachener Sand bis in die Mucronaten-
schichten, namentlich am Melatener Weg vor dem Königsthor.
Zwischen den Muschelbänken, die zur Binodosus-Zone gehören
sollen, und den Mucronatenmergeln liegen hier nur etwa 5 m
lose Grünsande, ohne Versteinerungen, petrographisch von den
unter den Sandsteinbänken liegenden Schichten nicht zu unter-
1) Palaeontographica Bd. 24, pag. 234 ft.
>) Erläuterungen zur geolog. Karte der Rheinprovinz II, pag. 448 ff.
603
scheiden. Nach Bönn müsste hier nun entweder die Zone der
Becksia Soekelandi fehlen, oder die oberen nicht abtrennbaren
Lagen des Grünsandes müssten in diese Zone versetzt werden,
d. h. der Grünsand von Aachen würde der Zone des Scaphites
binodosus und der Becksia Soekelandi entsprechen. Es würde
hier also eine Grenze zwischen Ober - und Untersenon (im
Sinne Schuürer’s) überhaupt nicht zu ziehen sein. Beide
Annahmen erscheinen unwahrscheinlich.
Es ist allerdings richtig, dass die Fauna, welche SCHLÜTER
aus der /sinodosus-Zone aufführt, bezüglich der Lamellibran-
chiaten und Gastropoden mit der des Aachener Grünsandes
übereinstimmt, während diese beiden Classen von Mollusken
in der Zone der Zecksia Soekelandi nur in geringer Artenzahl
auftreten, und dazu z. Th. mit Formen, die sich bei Aachen
erst in den Schichten mit Del. mucronata finden, wie Lima
semisulcata, L. granulata und Ostrea vesicularis. Die Fauna
der mergeligen Schichten mit Decksia Soekelandi erweist sich
indessen namentlich durch ihre Spongien, hauptsächlich Li-
thistiden und Hexactinelliden, als ausgesprochene Tiefseefauna,
während die Muschelbänke bei Aachen geradezu einen Strand-
kehricht darstellen, so dass man eine allgemeine Ueberein-
stimmung überhaupt nicht erwarten darf. Wenn SCHLÜTER
(pag. 243) besonders hervorhebt, dass die ganze Reihe der
charakteristischen Mollusken seines Untersenon in der Zone
der Becksia Soekelandi fehle, so ist dieser Umstand wohl nur
Faciesunterschieden zuzuschreiben. In der That sind eine
ganze Anzahl der aufgeführten Formen nicht ausgestorben,
sondern wohl nur ausgewandert. Trigonien aus der Gruppe der
Scabrae, Liopistha aequivalvis ( Pholadomya caudata Roen. ),
Vola quadricostata finden sich bei Kunraed sogar noch in den
unteren Schichten des Mastrichtien, obwohl in den Mu-
cronatenmergeln bei Aachen keine Spur von ihnen gefunden
wurde. Auch kann man in Limburg leicht beobachten, dass
die Fauna des Grünsandes sich ändert, je weiter man sich
von der alten Küsten entfernt. Schon bei Gymnich, bei Teuven
und anderen Orten spielen z. B. Echinodermen, die bei Aachen
zu den grössten Seltenheiten gehören, eine wichtige Rolle,
und wenn auch in diesen Schichten keine ausgesprochene
Tiefseefauna vorhanden ist, so fehlen doch eine ganze Reihe
der bei Aachen so häufigen Strandbewohner. Bei diesen Er-
wägungen scheint das Vorkommen von /noceramus lobatus zu-
sammen mit /n. Cripsiü im Aachener Sand, das Fehlen dieser
Leitform in dem unter wesentlich gleichen oder doch ähn-
lichen Bedingungen abgelagerten Grünsand besonders bedeu-
tungsvoll und mehr für die Gleichstellung des gesammten
Grünsandes mit der Zone der Becksia Soekelandi zu sprechen.
604
Die Cephalopoden -Fauna unterstützt diese Annahme wesent-
lich. Scaphites binodosus, welcher von Bosqusr von Aachen
eitirt wird) und zwar aus dem „Senonien“ (Mucronaten-
schichten), ist nicht, wie Bönm vermuthet, Se. aquisgranensis
SchLür., welcher in den Mucronatenschichten nicht vorkommt,
sondern Sc. tridens Kser. Auf Sc. aquisgranensis ist vielmehr
das Citat Sc. compressus A. Roru. bei Bosqurr zu beziehen. Da
Scaphites aquisgranensis nur im Aachener Grünsand vorkommt,
so ist derselbe zur Parallelisirung nicht zu verwerthen, ebenso-
wenig wie faculites incurvatus Dus., welcher in Westfalen
bereits im Emscher Mergel liegt, und die nur in unzureichen-
den Bruchstücken vorliegenden Hamiten. Dagegen ist die von
Bosquer als Sc. constrictus D’ORB. cicirte Art von Bedeutung;
dieselbe ist nämlich ident mit Sc. hippvcrepis Say (Se. Ouvieri
Morros), welcher von ScHLÜTErR aus Westfalen nur aus der
Becksia Soekelandi-Zone angegeben wird.
In Folge der Auffindung einer von (rassatella arcacea
Ram. abweichenden Form, welche als var. subarcacea beschrie-
ben wird, ist BöHm geneigt, den Grünsand von Holset, wie-
bereits erwähnt, von dem Aachener Grünsand zu trennen und
in ein höheres Niveau zu setzen. Indessen kommen derartige
Örassatella- Formen nicht nur bei Holset, sondern auch beı
(Gymnich in den festen Grünsandbänken, sowie bei Aachen am
Lusberg, Königsthor und im Aachener Wald vor, so dass eine
Trennung der genannten Schichten darauf hin nicht begründet
erscheint.
Aus dem Gesagten dürfte einleuchten, dass bei Aachen
der unmittelbar von den Bel. mucronata führenden Mergeln
überlagerte Grünsand mit Actinocama.x quadratus der oberen
Quadratenkreide Westfalens entspricht, da nichts darauf hin-
deutet, dass eine Lücke vorhanden ist, und die paläontolo-
gischen Verhältnisse dieser Annahme durchaus nicht wider-
sprechen.
Danach wird es aber auch wahrscheinlich, dass der
Aachener Sand der unteren Quadratenkreide Westfalens äqui-
valent ist, und nicht nur der mittleren Abtheilung derselben,
mindestens aber der mittleren und oberen zusammen.
Aus mehr allgemeinen Gründen, dass eine Transgression,
wie sie speciell in der Aachener Gegend und in Limburg bei
Beginn der Ablagerung des Aachener Sandes in bedeutendem
Maassstabe stattfand, einen Hauptabschnitt der Formation an-
zeigt, glaube ich indessen, dass das ganze Senon, wie dasselbe
allgemein in Deutschland begrenzt wird, d. h. die Belemnitellen-
!) In Srtarıng’s: De Bodem van Nederland II. Theil: Liste der Kreide-
versteinerungen No. 155 und in DewALQauE: Prodrome II. Aufl., pag. 405.
605
kreide, bei Aachen, vertreten ist, dass also der Aachener Sand
die gesammte untere Quadratenkreide repräsentirt.
Es würde demnach und nach den Auseinandersetzungen
Scuuürer’s (l. c. pag. 236) auch der senone Quader des subher-
eynischen Kreideterritoriums in seiner Gesammtheit als Aequiva-
lent des Aachener Sandes zu betrachten sein, also inclusive des
Heimburger und Salzberggesteines. Freilich ist die Fauna dieser
Schichten noch zu wenig bekannt, nur diejenige der Salzberg-
mergel ist durch Brauxs beschrieben worden, und wenn diese
auch der des Aachener Grünsandes mehr ähnelt wie der des tie-
feren Aachener Sandes, so dürfte das auf ähnliche Facies-
Unterschiede zurückzuführen sein, wie es bei den betreffenden
Schichten in Westfalen geschehen ist. Cardium pectiniforme
Mürr., die wichtigste Form des Aachener Sandes, findet sich
nach Drescher !) (©. Ottoi Geis. bei DRESCHER), und /nocera-
mus lobatus nach ScuLürter (Palaeontographica XXIV, p. 277)
in den senonen Quadergesteinen des Harzrandes, welche Vor-
kommen sehr für die angenommene Gleichstellung sprechen.
Einige der oben aufgeführten Versteinerungen des Aachener
Sandes fordern nun zu einem Vergleich mit den obercreta-
ceischen Schichten anderer Gegenden auf.
Wie bereits erwähnt findet sich Cardium pectiniforme MÜLL.
(©. Ottonis DrescH.) in der Kreide von Löwenberg und zwar
im Ueberquader, welcher von Wiruiger?) als Aequivalent des
Faxoe - Kalkes und der Tuffkreide von Maestricht betrachtet,
also ins Danien gestellt wird und über Schichten mit Belem-
nitella mucronata liegen soll. Die Versteinerungen der Kreide
von Löwenberg sind mir leider nur wenig bekannt, die von
WIELIGER gegebenen Listen scheinen indessen vielfach ungenau
zu sein. So werden Leitformen des Cenoman aus senonen
Schichten eitirt, wie Scaphites aequalis aus dem Öberquader,
in dem sich auch Delemnitella mueronata finden soll, und Ostrea
carinata aus den der Quadratenkreide zugerechneten Neu-
Warthauer Schichten (pag. 83) u. s. w. Es erscheinen daher
auch die aus den Ergebnissen solcher paläontologischen Be-
stimmungen gezogenen Schlüsse nicht unanfechtbar; es er-
scheint vielmehr wahrscheinlich, dass der Löwenberger Ueber-
quader dem Untersenon angehört und speciell ein Aequivalent
desAachener Sandes ist. Hiermit stimmen die Resultate der ein-
gehenden Untersuchung der böhmischen Kreide von A. Fritsch °)
im Allgemeinen überein, nach denen Cardium Ottonis erst in
I) Diese Zeitschrift 1863, pag. 347.
”) Jahrbuch der geol. Landesanstalt für 1881, pag. 119.
>») Studien im Gebiet der böhmischen Kreideformation. Ill. Die
Iserschichten pag. 6.
606
den Chlomecker Schichten auftritt, ın den tieferen Priesener
Schichten dagegen noch fehlt. Freilich ist bislang nicht mit
Sicherheit zu ersehen, ob Cardium Ottonis Geis. oder Ü©'. Ottonis
Dreuscon. (Ö. pectiniforme MüuL.) gemeint ist, zumal bei Kies-
lingswalde anscheinena beide Arten vorkommen und Frıirscen
den Kieslingswalder Sandstein als Strandbildungen der Chlo-
mecker Schichten betrachtet. Fritsch kommt durch seine
Untersuchungen zu dem Resultat, dass „die jüngsten Schichten
der böhmischen Kreideformation noch älter sind, als die mit
Belemnitella quadraia.“ Wenn auch vielleicht ein genauer
Vergleich der Faunen diese Annahme nicht vollständig bestä-
tigen wird, insofern als die Chlomecker Schichten Böhmens
der Quadratenkreide angehören dürften, wie dies bereits U.
SCHLÖNBACH annahm, so sind dieselben und mit ihnen der
Löwenberger Ueberquader keinesfalls, wie WILLIGER will, in
ein so hohes Niveau wie das Danien zu versetzen.
Nach Scatüter (l. ec. pag. 231) hätte man in den Prie-
sener und vielleicht auch den Chlomecker Schichten Aequi-
valente des Emscher zu sehen, der in Westfalen unmittelbar
von der Quadratenkreide überlagert wird. Betrachtet man die
Priesener Schichten allein als dieser Aequivalent, so folst
daraus unmittelbar die oben ausgesprochene Gleichstellung der
Chlomecker Schichten mit den unteren Quadratenschichten,
dem Aachener Sand.
In der Grafschaft Glatz werden die Thone mit Ammonites
tricarinatus D’OrB. im Liegenden des Kieslingswalder Sand-
steines von Daues !) als gleichalterig mit dem Emscher betrachtet,
und demgemäss muss auch natürlich der Sandstein von Kies-
lingswalde zu den Quadratenschichten gerechnet werden, wie
dies auch wohl allgemein geschieht und von Dauss besonders
betont wird. Es fragt sich nur, ob der Sandstein von Kies-
lingswalde die gesammte Quadratenkreide oder nur den un-
teren Theil derselben darstellt.
Wie bereits erwähnt, kommt in den genannten Schichten
sowohl Cardium Ottonis Gein. als C. pectiniforme vor. Leider
fehlen Angaben über die verticale Lage dieser beiden Arten.
In dem Material, welches ich von Kieslingswalde besitze, beob-
achtete ich nur C. Ottonis Gein., und es wäre nicht unmöglich,
dass in der Grafschaft Glatz gerade wie bei Aachen die beiden
genannten Arten besondere Niveaus charakterisiren, was in-
dessen erst noch festzustellen wäre. Sr
So viel scheint indessen bereits aus dem Vorkommen der
beiden Zweischaler und aus den Lagerungsverhältnissen her-
1!) Verh. des natur-histor. Vereins d. preuss. Rheinl. u. Westf. 1874,
pag. 97. SCHLÜTER |. c. pag. 231.
607
vorzugehen, dass wenigstens ein Theil des Kieslingswalder
Sandsteins dem Aachener Sand gleichalterig ist, während der
obere Theil vielleicht dem Aachener Grünsand entspricht.
Eine Grenze ist freilich noch nicht zu ziehen und wird ver-
muthlich auch nur zu ziehen sein, wenn sich die oben ausge-
sprochene Vermuthung bestätigen sollte, dass (©. pectiniforme
auf die unteren Schichten beschränkt ist.
Es mag auffällig erscheinen, dass bei der Parallelisi-
rung des Aachener Sandes ein so grosses Gewicht auf zwei
Bivalven - Arten gelegt wird. Dies ist dadurch begründet,
dass bei Aachen die beiden Arten in den zwei Horizonten
einmal die bei Weitem häufigsten Formen sind, sich streng
an die betreffenden Horizonte halten und eine grössere Ver-
breitung in anderen Kreidegebieten besitzen, wo sie an-
scheinend ebenfalls bestimmte Niveaus charakterisiren und
keinenfalls eine so grosse verticale Verbreitung besitzen wie
weitaus die meisten der sonstigen Mollusken der Aachener
Quadratenkreide, welche in anderen Gegenden sich wieder-
finden. Auch A. Frırsch legt in seiner Gliederung der böhmi-
schen Kreide (Iserschichten pag. 6) auf Cardium Ottonis ein
ganz besonderes Gewicht, indem die Chlomecker Schichten
wesentlich durch diese Bivalve charakterisirt werden, da die
übrigen angeführten Leitformen bereits in tieferen Schichten
vorkommen, und erscheint es in Hinsicht auf die Wichtigkeit
nicht von grossem Belang, welche Form es ist, die Fritsch
als ©. Ottonis eitirt.
Recht schwierig erscheint die Beantwortung der Frage
nach den Aequivalenten des Aachener Sandes in den Gosau-
schichten der Alpen, mit denen die Actaeonellen gemeinsam
sind. Die Actaeonellenschichten der Gosau stehen in Verbin-
dung mit den Kohlenflötzen, und diese, als Absatz brakischer
Gewässer betrachtete Schichtengruppe liegt in der Neuen Welt
nach den Angaben von ZırteL!), U. ScHLönsAch?), HAUvER°),
STUR *) u. a. zwischen dem Gosau-Conglomerat und den Orbi-
tulitenschichten, welche letztere von den Mergeln mit Inoce-
ramus Oripsü überlagert werden, nach dem specielleren Profil
von U. ScuLöngacHn zwischen der Nerineenbank und dem Or-
bitulitenkalke. Mit Ausnahme von Zırter, der die Gosau-
schichten mit der Zone des Hippurites cornuvaccinum parallelisirt,
welche von den französischen Geologen allgemein als oberstes
Glied ihres Turonien angesehen wird, haben die meisten Autoren
!) Die Bivalven der Gosaugebilde pag. 93.
2) Verh. der k. k. geolog. Reichsanstalt 1867. pag. 334.
3) Ibid. pag. 183.
*) Skizze über die Gosauformation in der Neuen Welt. Führer zu
den Excursionen der deutschen geol. Gesellschaft; Wien 1877, p. 154.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VI. 3. 34
608
keine speciellen Aequivalente der oberen alpinen Kreide an-
gegeben, sie stimmen im Wesentlichen darin überein, dass
dieselbe das Turon und event. den untersten Theil des Senon
darstelle. REDTENBACHER!) betrachtet die Cephalopoden - füh-
renden Schichten, welche an der Grenze zwischen den Orbi-
tuliten-führenden Schichten und den Inoceramen-Mergeln auf-
treten, als entschieden senonisch, und SCHLÜTER stellt dieselben,
wesentlich gestützt auf das Vorkommen vonAmmonites Margae
in das Niveau des Emscher-Mergels, mit welcher Stellung ihre
Ueberlagerung durch Schichten mit dem ausschliesslich senonen
Inoceramus Oripsü ausgezeichnet übereinstimmt. °)
Was nun die Actaeonellenschichten der Gosau anlangt,
so liegen dieselben unter den Örbitulitenschichten, also auch
unter den dem Emscher zuzurechnenden Öephalopodenschichten.
Bei Aachen finden sich Actaeonella gigantea und Volvulina laevis
indessen in Schichten, deren Niveau über dem Emscher ist.
Freilich kommt an dem Fundort der Volvulina laevis am Sal-
vatorberg meines Wissens /noceramus Öripsü und 7. lobatus
nicht vor, wenn nicht einige vorliegende mangelhafte verkie-
selte Schalenbruchstücke der ersteren Art angehören. Es ist
indessen, wie bereits eingehend auseinandergesetzt ist, nicht
angebracht, den Aachener Sand in mehrere Abtheilungen zu
zerlegen. Betrachtet man ferner die Listen der Versteinerungen,
welche A. Frirsch*) aus den Korycaner Schichten Böhmens
veröffentlicht, nach denen Actaeonella laevis bereits im Cenoman
von Radovesnie und an mehreren anderen Stellen vorkommt,
so kommt man zu dem Resultat, dass die Actaeonellen-Arten
eine sehr grosse verticale Verbreitung haben und daher zu
Niveaubestimmungen nicht wohl zu verwerthen sind.
Es wäre noch das Vorkommen von Cardium Ottoi, das
ZiTTEL beschreibt, zu erörtern, welches in der Neuen Welt,
t) Cephalopodenfauna der Gosauschichten pag. 138.
2) l. c. pag. 231.
3) Eins der wichtigsten Resultate dieser Zurechnung der erwähnten
Cephalopoden-führenden Gosau-Schichten zum Emscher ist ohne Zweifel
das von SCHLÜTER hervorgehobene (pag. 234), dass durch dieselbe die
von vielen französischen Geologen, namentlich HEBERT angenommene
Lücke in der Entwickelung der nordeuropäischen Kreide nicht existirt,
eine Thatsache, die auch in Frankreich Beachtung findet, wie dies auch
in der synchronistischen Tabelle, welche Toucas in neuerer Zeit im
Bull. soc. geol. ser. III, t. X, pag. 154 veröffentlichte, bei wesentlicher
Uebereinstimmung mit den Parallelisirungen ScHLörer’s, zum Ausdruck
kommt.
*) Studien aus dem Gebiete der böhmischen Kreide von J. Krejcı
und A. Fritsch; 1. Die Perucer und Korycaner Schichten pag. 198 fi.
Hier wird freilich auch Pecten Nilsson! GoLprF., eine Form des Danien
von Maestricht, aus dem Oenoman aufgeführt, welche wohl kaum in so
tiefem Niveau vorkommen dürfte.
609
im Nefgraben und zu St. Gilgen sich findet, und zwar offenbar
in Schichten, welche unter den Orbitulitenschichten, also auch
unter den dem Enischer Mergel zuzurechnenden Cephalopoden-
Schichten liegen. Dieses Vorkommen würde der oben ausge-
sprochenen Behauptung widersprechen, nach welcher €‘ pectini-
/orme ein bestimmtes Niveau im Untersenon charakterisiren
sollte, während es, die Identität mit ©. Ottoi Zrrr. vorausgesetzt,
in der Gosau bereits in turonen Schichten vorkommt. Indessen
scheint mir die Identität der beiden Formen nicht ganz sicher
zu sein. Der Abbildung bei ZırTeL nach (Originalexemplare
aus der Gosau konnte ich nicht vergleichen) scheint die
Sculptur eine feinere und in der Form der Schuppen ab-
weichende zu sein.. Den oben angegebenen Lagerungsverhält-
nissen nach wird man die Aequivalente des Aachener Sandes
in den Inoceramen-Mergeln, bzw. einem Theil derselben zu
suchen haben.
Was endlich die sehr fragliche Uebereinstimmung von
Cardium Duclouxzü Leym. mit C. pectiniforme anlangt, so ist
es im höchsten Grade misslich, daraus Schlüsse zu ziehen.
Sollte sich indessen die Identität herausstellen, so könnte die-
selbe immerhin als eine Stütze für die Ansichten H£gerr's
gelten, nach denen die letzten Schichten der oberen Kreide in
dem südwestlichen Frankreich bereits abgelagert waren, „als
Belemnitella mucronata in Europa erschien“. !)
2) Bull. soc. geol. France, ser. III, tome V, pag. 9.
34*
610
4. Veber Gesteine des Cerro de las Navajas
(Messerberg) in Mexico.
Von Herrn C. A. Tenne ın Berlin.
Einer der bekanntesten Fundpunkte von Obsidian ist
der Cerro de las Navajas. Nach Ar. ps HumsoLpr: Essai
politique sur le royaume de la Nouvelle Espagne II, pag. 159
sind unter dieser Bezeichnung (Messerberg) zu verstehen „les
montagnes porphyritiques d’Oyamel et du Jacal“, welche am
südwestlichen Abhange der Sierra Madre, gegenüber der nord-
östlichen Ecke des Plateau’s von Mexico, bei dem Städtchen
Tulancingo und dem Bergwerks - Hauptorte Real del Monte
liegen.
Unter einer Suite von mexicanischen Gesteinen, die A. v.
HuumsoLpr auf seinen Reisen gesammelt hat, befindet sich
auch eine Reihe von Handstücken, welche diesen Bergen ent-
stammen und die jetzt im königl. Mineralogischen Museum
zu Berlin aufbewahrt werden. Ueber das krystallinische Ge-
stein sagt J. Rorts in der demnächst erscheinenden 2. Abthei-
lung des 2. Bandes seiner „Allgemeinen und chemischen Geo-
logie“, deren Einsicht mir freundlichst gestattet ward: „Blau-
grauer, sphärolithischer Lithoidit mit Sanidin, Quarz, spärlicher
Hornblende. An der Spitze des Berges tritt weisslich - grauer,
dichter, mit zahlreichen langgezogenen Poren versehener Li-
parit auf, der als Einsprenglinge reichlich Sanidin, Quarz-
körner, spärlich Hornblende und Titanit führt.“ Mir standen
4 Handstücke des krystallinischen Gesteins zu Gebote (46,
47, 48 und 45), welche sämmtlich mehr oder minder verwittert
sind; die erstgenannten 5 Nummern sind nach der mikrosko-
pischen Analyse Liparite, wogegen in der letzten ein unzweifel-
hafter Trachyt vorliegt.
Das Handstück No. 47 ist von A. v. HumsoLpr bezeichnet
als: „Oerro de las Navajas; Porphyre a base de Perlstein,
enthält Obsidian“.
Das lichte Gestein zeigt auf frischem Bruche eine stark
gefaltete Band-artige Structur, hervorgerufen durch schmale
dunklere Streifen, die sich zwischen breitere Partieen weiss-
lichen Gesteins einlagern. Das Gefüge ist ein ziemlich gleich-
mässiges und Einsprenglinge sind nicht zu beobachten; auf
611
der verwitterten Oberfläche sind die dunkleren Partieen aus-
gelaugt und die Bänder von weisslichem dichten Gestein sind
durch solche mit lang gezogenen Hohlräumen getrennt. Unter
dem Mikroskop löst sich das Gestein in ein dichtes Gemenge
von überwiegendem Orthoklas mit Quarz auf und in den dun-
leren Bändern gesellt sich zu diesen beiden Mineralien noch
Hornblende nebst deren Zersetzungsproducten, Eisenoxydhydrate
und Chlorit.
Der Feldspath ist häufig radial um Centren von ge-
körneltem Glas angeordnet und bildet mehr oder minder voll-
kommene Sphärolithe, die in den meisten Fällen bei gekreuzten
Nicols ein mit den Fäden des Okulars ungefähr paralleles
Kreuz zeigen. Der Quarz ist zumeist in grösseren zusammen-
hängenden Partieen ausgeschieden, die einheitlich auslöschen
und Lamellen von Feldspath sowie Kügelchen von gekörneltem,
schwach grüngelblichem Glas einschliessen, welch letzteres auch
durch die ganze Masse des Gesteins vertheilt ist. Accesso-
rische Mineralien sind nicht beobachtet. |
Die beiden anderen Nummern, 46 und 48, gleichen sich in
ihrem äusseren Habitus sehr, auch ist das mikroskopische Bild
bei beiden das gleiche; No. 48 zeigt eine Neigung zu plattiger
Absonderung. Durch den Sammler ist No. 46 als „Porphyre
du Jacal contenant des couches d’Obsidienne; a base de Perl-
stein? a 1551 t. sur mer“ und No. 48 als „Porphyre du Cerro
de las Navajas“ bezeichnet. Rechnet man die Toise zu 2 m.,
so würde No. 46 ungefähr dem Gipfelgestein entsprechen, da
eine von HumsoLpr im II. Bande des oben citirten Werkes
auf pag. 159 gegebene Anmerkung sagt: „J’ai trouve la cime
du Jacal eleve de 3124 metres; la Rocca de las Ventanas,
au pied du ©erro de las Navajas, elevee de 2950 metres au-
dessus du niveau de la mer“.
Die Farbe dieser beiden Gesteine ist ebenfalls ein lichtes
Grau, doch ziehen sich durch dasselbe zahlreiche, blaugraue
und dichtere Streifen, die unregelmässige Partieen des ersteren
lockereren Gesteins umgeben. Von dem vorhin beschriebenen
Handstück unterscheiden sich die hier zu besprechenden we-
sentlich durch die zahlreichen Einsprenglinge von Sanidin,
die sowohl in der dunkleren, wie auch in der helleren Ge-
steinsmasse zu finden sind. Diese Feldspäthe gleichen denen,
welche in noch grösserer Menge in dem Handstück No. 45 auf-
treten; sie sind meist tafelförmig nach dem seitlichen Pinakoid
Ps (010) ausgebildet und lassen neben dieser Fläche noch
das Prisma oP (110), die Basis oP (001), die Hemipyra-
mide + P (111) und das Doma 2Po (201) erkennen. We-
niger häufig sind die durch gleichmässige Ausbildung von Basis
612
und seitlichem Pinakoid entstehenden rechtwinkligen Säulen,
deren Kanten dann durch das mit Basis und seitlichem Pinakoid
fast im Gleichgewicht ausgebildete Klinodoma y = 2P& (021)
abgestumpft erscheinen. Die Endigung dieser nach der a-Axe
gestreckten Säulen wird durch die Flächen des Prisma und
des Hemidoma y gebildet. Unter den Exemplaren der ersten
Ausbildung kommen anch Zwillinge nach dem Karlsbader
(sesetz vor.
Unter dem Mikroskop haben die helleren Partieen ein
bestäubtes Ansehen, hervorgerufen durch dicht vertheilte Flocken
gekörnelten Glases, die den blaugrauen Partieen fast ganz fehlen.
Die mineralogische Zusammensetzung aber ist in beiden Va-
rietäten der Ausbildung, abgesehen von diesem Unterschiede,
die gleiche. Die körnige Grundmasse besteht überwiegend aus
Feldspath — Orthoklas nach der einheitlichen Polarisation der
einzelnen Körner, nach den meist geringen Auslöschungs-
schiefen, sobald an ihnen eine Längsausdehnung unterschieden
werden kann, und nach den grösseren Einsprenglingen, die die
Bestiinmung des Orthoklas unzweifelhaft gestatteten —, und die
einzelnen kleinen Körnchen sind immer über grössere Felder
hin gleicher Orientirung, ohne jedoch der zwischengelagerten
Glasreste wegen zu einheitlichen Mineraltheilen zusammen zu
treten. Zu dem Feldspath gesellt sich Quarz als nächst häu-
figer Gemengtheil, unregelmässig rissig, mit Einschlüssen von
vekörnelten Glaskügelchen, von dunkel umrandeten Hohl-
räumen und von Hornblende-Nadeln. Endlich ist noch Horn-
blende zu erwähnen, die in einzelnen grösseren, unregelmässig
begrenzten Fetzen und wenigen grösseren Einsprenglingen in
brauner Varietät, dann aber in zahlreichen, zu Scehnur-ähn-
lichen Schwärmen angeordneten und fast parallel gerichteten
Kryställchen das Gestein durchsetzend, beobachtet wurde,
Diese kleinen Individuen zeigen einen zwischen blaugrau und
grünlichbraun abwechselnden Pleochroismus und löschen mit
geringer Neigung gegen ihre Längsausdehnung aus. Als acces-
sorisch hinzutretendes Mineral sind noch einzelne Körner eines
opaken Erzes aufzuführen.
Das letzte der hier zu besprechenden krystallinischen Ge-
steine, No. 45, trägt von A. v. HumsoLpr’s Hand die Fundort-
bezeichnung: „Jacal, Cerro de las Navajas“. Es macht dasselbe
einen bei Weitem frischeren Eindruck als die vorher be-
sprochenen Handstücke; die bläulichgraue Grundmasse enthält
zahlreiche, oben schon erwähnte Einsprenglinge von Sanidin,
hat aber im Gegensatz zu der fast porcellanartigen Beschaffen-
heit der Bruchflächen von blaugrauen Partieen der beiden
vorher besprochenen Gesteine eine matte und rauhere Ober-
fläche bei frisch hervorgerufenem Bruch.
613
Unter dem Mikroskop löst sich die Grundmasse in ein
Gemenge von vorwaltenden Orthoklas-Leisten auf, denen ver-
einzelt liegende Hornblende in unregelmässigen Fetzen und
Körnern beigemengt ist. Die Bestimmung als Hornblende
gründet sich auf die geringe Auslöschungsschiefe, welche lang-
gestreckte und mit Spaltrissen versehene Theile zwischen ge-
kreuzten Nicols zeigen. Kinige der grösseren Schnitte gaben
allerdings auch einen bis zu 43° steigenden Richtungsunter-
schied zwischen der völligen Auslöschung und der Parallelstel-
lung, zwischen Faden und Spaltrissen, und es muss demnach
angenommen werden, dass auch Augit an der Zusammensetzung
des Gesteins Theil hat. Die grösseren Orthoklase zeigen zu-
weilen den wohl als „Brieftaschenformat“ erwähnten Aufbau
aus 2 verschieden orientirten, nach den Diagonalen der vier-
eckigen Durchschnitte getrennten Partieen von Feldspathsub-
stanz. Als accessorische Gemengtheile des Gesteins sind nur
noch unregelmässige oder viereckige Durchschnitte von Magnet-
eisen zunennen. (@uarz wurde durchaus nicht gefunden und es
muss dies Gestein somit als Trachyt bezeichnet werden.
Ueber den Obsidian sagt J. Roru a. a. O.: „Daneben
finden sich Lagen von Obsidian (Wassergehalt 0,277 pÜt.,
69,85 pCt. Kieselsäure nach A. W. Hormans), welcher, in
Splittern wasserhell durchsichtig, z. Th. Sanidin, z. Th. zahl-
reiche Mikrolithe führt, Er enthält auch Lithophysen, auf
deren weisser Ausfüllungsmasse die kleinen, von G. RosE ge-
messenen Olivinkrystalle sich finden. Bisweilen zeigt die Ober-
fläche des Obsidians perl- und perlschnurartige Vertiefungen,
welche (wie der Obsidian vom Cerro del Quinche lehrt) durch
Auswitterung entglaster Partieen entstanden.“
Die mir vorliegenden Proben von Obsidian von Üerro de
las Navajas (No. 57, 59, 60, 61, 63, 66) und mit näherer
Fundortsangabe, No. 51: Cerro de las Navajas pres de Real
del Monte, No. 53: Cerro de las Navajas pres Tulancingo
und No. 55: Oyamel, Ö. de Novajas, sind sämmtlich mehr
oder minder tief gefärbt und selbst in dünnen Splittern haben
sie noch einen grünlichen Farbenton, der nur in den äussersten
Bruchrändern und in Dünnschliffen zurücktritt. Fast in sämmt-
lichen der Handstücke sind entglaste Partieen eingeschlossen;
nur eines bestand auch unter dem Mikroskop aus reinem Glas,
ohne jede Spur von Krystallisation, No. 5l, in den übrigen
‚sind es bald einzeln liegende Feldspathmikrolithe, bald ent-
glaste Kugeln, welche bei gekreuzten Nicols aus der völlig
inactiven Basis hervorleuchten.
Diese Entglasungsproducte liegen entweder regellos in dem
Gestein zerstreut oder häufen sich auf bestimmten Flächen
besonders an und geben bei ihrer Verwitterung Veranlassung
614
zu einzelnen, wie von Perlen hinterlassenen Eindrücken, zu
solchen, welche von Perlschnüren herzustammen scheinen, oder
aber bedecken die eine Seite der Handstücke vollständig. Da
nun die erwähnten Flächen parallel zu laufen pflegen, — z.B.
in No. 55, 55, 57, 60, 61 und 66 — und da die Cohäsion
nach denselben eine geringere sein muss als in der einheitlichen
Glassubstanz, so entstehen hierdurch auch wohl „plattenförmige
Stücke, auf beiden Seiten mit concaven Vertiefungen“, wie dies
von &. Rose bei einer der Proben auf der Original - Etiquette
bemerkt worden ist.
Verhältnissmässig sehr grosse Sanidine, als solche eben-
falls durch G. Rose erkannt und auf der Etiquette vermerkt,
enthält der Obsidian No. 59; es ist das dunkelste der ge-
schliffenen Exemplare, und es wird die dunkele Farbe hervor-
gerufen durch flockige Wolken eines tief rauch-braunen Glases,
welches namentlich in der Nähe der grösseren Einsprenglinge
eine deutliche Fluidalstructur hervortreten lässt. Die einge-
sprengten Sanidine haben keine scharfe Krystallcontour, son-
dern die Ecken sind gerundet, und die Kanten theilweise wellig
eingebuchtet. Wie auch schon makroskopisch zu ersehen,
liegen in den meisten Durchschnitten Zwillinge nach dem Karls-
bader Gesetz vor, deren eines Individuum aber den bei weiten
orössten Theil des Krystalles einnimmt. In den Durchschnitten
finden sich hie und. da gestreckte Glasmassen mit fester Libelle
eingeschiossen, deren Längsaxe der äusseren Umgrenzung pa-
rallel gerichtet ist. Ausser den Feldspäthen sind noch die
Körner entglaster Substanz sowie einige Hornblende-Krystalle
und ein Mineral im Schliff getroffen worden, das ich für Olivin
halten möchte. Letzteres bildet ein scharf begrenztes Rechteck,
dessen Ecken durch schmale Flächen abgestumpft werden.
Parallel und senkrecht zu den längeren Seiten löscht das stark
doppeltbrechende Mineral aus.
Bei grösseren Dimensionen der entglasten Kugeln blei-
ben dieselben nicht mehr compact, sondern das weissliche
Eentglasungsproduct erhält Zwiebelschalen-förmig übereinander
greifende Hohlräume und die Kugeln sind dann als Litho-
physen zu bezeichnen, wie dies ein mit: „Plata incantada,
Cerro de las Navajas“ (No. 56) bezeichnetes Handstück zeigt.
Eine andere Art der Zusammenziehung hat der Inhalt der
Hohlräume erfahren, welche die von G. Rose erkannten Olivin-
krystalle bergen. Hier sind nicht die übereinander greifenden
und den äusseren Wandungen ungefähr gleichgerichteten Hohl-
räume zu bemerken, sondern !) „tiefe Furchen“ sind gebildet,
ı) Ch. G. Rose: Ueber den sogen. krystallisirten Obsidian in Poc-
GENDORFF, Annalen der Physik u. Chemie, 1827, Bd. 10, pag. 323-326.
615
„so dass sie (die graulichweisse Masse) unregelmässige, nach
innen gekehrte Spitzen bildet. Vielleicht hat sie im ge-
schmolzenen Zustande die Wände der Höhlungen gleichmässig
überzogen und erst beim Erstarren die tiefen Risse und Fur-
chen erhalten.“ Dass diese Trennungsflächen in der That
erst nachträglich entstanden sein können, scheint mir aus der
Beobachtung hervorzugehen, dass stets einer etwas concav nach
einwärts gebogenen Fläche einer solchen pyramidalen Spitze
eine Fläche der nächst benachbarten und an der Basis mit
dieser zusammenstossenden Fläche entspricht, dass aber eine
Kante entsteht, sobald zwei weitere Pyramiden mit der ersten
zusammenstossen. Diese weissliche Substanz kann aber auch
keine eingeschlossene fremde Masse sein, wie dies G. Ross
annehmen zu müssen glaubt, weil die „graulich schwarzen
Streifen“, welche „den sammtschwarzen Obsidian“ durchsetzen,
die Hohlräume, in denen die Olivine auf jener Substanz vor-
kommen, nicht umgehen, sondern scharf an dem Rande der-
selben absetzen. Es muss diese weissliche Substanz doch
wohl ein entglaster Obsidian sein, wie dies auch die mikrosko-
pische Untersuchung wahrscheinlich macht. Was zuerst den
Obsidian selbst angeht, so ist derselbe ein mit zahlreichen
gleichgelagerten Mikrolithen, die bei Parallel - Stellung der
Nicol-Schwingungsebenen mit ihrer Längsrichtung gleichzeitig
auslöschen, durchschwärmtes Glas ohne grössere Einsprenglinge;
den gleichen Mikrolithen müssen auch dünne stabförmige Ein-
lagerungen zugeschrieben werden, welche mehr oder minder
senkrecht zur Tafel- Ebene getroffene Durchschnitte sind, wie
dies beim Heben oder Senken des Tubus erkannt werden kann.
Daneben sind dann noch kleine Pünktchen eines opaken Erzes
sichtbar. Die graulichschwarzen Streifen sind durch Anhäu-
fungen von diesen Mikrolithen hervorgerufen. Die Ausfüllungs-
masse einer der grösseren Hohlräume nun enthält ganz die
gleichen Einlagerungen, welche in einer feingekörnelten, am
Rande der Höhlungen mehr faserigen, schwach doppeltbrechen-
den und senkrecht zu der Wandung des Hohlraumes aus-
löschenden Substanz liegen. Dieses Verhalten des Randes
erinnert an dasjenige der in den früher beschriebenen Dünn-
schliffen erwähnten entglasten Einschlüsse, welche, wenn in der
Mitte getroffen, aus einem Stern nahezu senkrecht zur Wan-
dung stehender doppeltbrechender Leisten bestehen (cf. No. 66).
A. v. Humsoupr bezeichnet diese Substanz als „La Wernerite
de Mr. Der Rıo decomposee, la m&me qui est enchassee dans
l’Osidienne“, wie die Etiquette zu No. 64 oder auch die zu
No. 52 sagt, auf welcher die Krystalle von Obsidian erwähnt
werden, welche G. Ross als Olivine erkannt hat. Auf letz-
terer schreibt A. v. HumsoLor: „Obsidienne en couche dans le
616
Porphyre du Jacal pres de Real del Monte; aneienne mine de
couteaux d’Itzli. Les creux sont tapisse de la Wernerite de
Mr. Deu Rıo et sur cette Wernerite il y a des cristaux d’Ob-
sidienne!!“
Herr Dr. F. Barrwarn hatte die Gefälligkeit mir Analysen
von dem Obsidian des hier eingehender beschriebenen Hand-
stücks und von dem in den Hohlräumen desselben enthaltenen
Entglasungsproduct zu machen, welche Freundlichkeit umso-
mehr anzuerkennen ist, als von der letzteren nur 0,47 gr
Substanz abgegeben werden konnte. Es sei mir gestattet, hier
meinen aufrichtigsten Dank dafür auszusprechen.
Herr Bazrrwaro erhielt für den Obsidian die unter I., für
den „Wernerit, Der Rıo* die unter II. angegebenen Bestand- "
theile; unter III. ist die Analyse eines mexicanischen Obsi-
diaus von Dauour aus RortH wiedergegeben.
IE 1. IM.
SO, Sikskesul3,23 75,64 73,63
ALOE SU82536 12,68 14,25
FeO,2,: 43822096 1,07 —
Feo 51. 13851,24 —— 1,80
C3 0, 32.022,»31,.00 0,83 Spur
M20%.12%,.23.0,01 Spur 1,42
Na; Ois..632 254,00 4,98 4,61
K3:.04: als 204,02 3,01 4,39
H, Our: a0 1,58 —
PO 0 — =
Summa 100,42 100,29 100,10
Diese Analyse giebt für beide Substanzen ungefähr die
gleiche Zusammensetzung, nur weicht das Verhältniss der Al-
kalien von einander ab; doch muss es wohl dahin gestellt
bleiben, ob nicht ein bei so geringer Menge .analysirter Sub-
stanz leicht möglicher Fehler vorliegt.
In Bezug der kleinen Kryställchen, welche auf dem „Wer-
nerit, DeL Rıo“ aufsitzen, möge noch erwähnt werden, dass
neuerdings ausgeführte Messungen mit denen G. Rose’s über-
einstimmten, und dass auch die Lage der optischen Axenebene
für den Olivin stimmt.
Im Jahre 1872 hat Herr Prof. Zırkeu ') die schillernden
Obsidiane vom Cerro de las Navajas zum Gegenstande einer
Untersuchung gemacht, welche zu dem Resultat führte, dass
der Schiller von eingeschlossenen Lamellen eines Glases von
etwas abweichender Beschaffenheit hervorgerufen würden. Für
») Of. Neues Jahrbuch für Min., Geol. u. Pal. 1872, pag. 1-4.
2 Ki
die Glas-Natur der eingeschlossenen,, meist spitz eiförmigen
Lamellen führt der Autor besonders die schmale Umrandung
der Lamellen sowie den Umstand an, dass die Lamellen zer-
brochen und durch Obsidian-Glas getrennt sein können. J. Roru
hat in seinem oben citirten Werk eine Mittheilung von mir auf-
genommen, wonach der in Rede stehende Schiller nicht von
Glaslamellen, sondern von spindelförmigen Hohlräumen hervor-
gerufen wird. Diese Mittheilung gründet sich auf die im Fol-
senden weiter ausgeführte Untersuchung an den aus der gleichen
Sammlung wie die vor erwähnten Gesteinsproben stammenden
Handstücken (No: 49 und 65) und an einem von Herrn
SonnEscHuipt gekauften Exemplar von Real del Monte.
Am deutlichsten tritt die Erscheinung an einem kleinen
Bruchstücke hervor, welches makroskopisch drei verschiedene,
senkrecht aufeinander stehende Richtungen unterscheiden lässt,
nach denen Flächen angeschnitten wurden. Die eine dieser
Richtungen zeigt durchaus keinen Schiller, bei der zweiten ist
derselbe über die ganze Fläche einheitlich verbreitet und bei
der dritten ist er durch dunkle, nicht schillernde Streifen unter-
brochen. Dünnschliffe nach den beiden letzten Richtungen
von dem Gestein angefertigt zeigen völlig gleiche Interposi-
tionen, die lang spindelförmig (ungefähr dem Körper eines
Torpedo gleich) gestaltet sind und eine dieke schwarze
Umrandung im durchfallenden Lichte zeigen. Die Länge dieser
in den Schliffen beider Richtungen streng parallel geordneten
und höchst regelmässig gestalteten Gebilde ward bis über 1 mm
gefunden, die Dicke aber nur bis 0,088 mm gemessen.
Auf den Ober- und an den Seitenflächen der Präparate
fällt die schwarze Umrandung fort, und eine höchst feine, zarte
Contour umschliesst die übrigens gleich gestalteten Gebilde.
Dies Verhalten ist ein deutlicher Beweis für die Auffassung,
welche Hohlräume in dem Öbsidian eingeschlossen sieht, denn
sobald dieselben geöffnet wurden und nur dann, sei es nun,
dass dies durch das Anschleifen auf den Oberflächen oder durch
das Abschlagen vom Gestein auf den Seitenflächen geschah,
konnte Kanada - Balsam eindringen, und mit diesem fiel der
Unterschied im Brechungsvermögen zwischen Hohlraum und
umgebendem Glas und damit die Reflex-Erscheinung fort. In
diesen Fällen und nur in diesen Fällen habe ich auch eine
Abweichung der sonst ganz scharflinigen, schwach gekrünmten
Begrenzungslinien von ihrem ununterbrochenen Verlauf bemer-
ken können, welche davon herstammen dürften, dass bei der
Schleifoperation oder beim Abschlagen kleine Splitterchen des
Obsidians abgesprungen waren. Es sind daher auch stets
Ausbuchtungen, welche die Contourlinien der Spindeln in ihrer
Regelmässigkeit unterbrechen; eine EBinbuchtung ist nur in
618
einem einzigen Falle beobachtet worden, wo ein Mikrolith von
Feldspath (?) sich nahe an eine Spindel mit einer Ecke heran-
gelagert hat, uud dieser Ecke gegenüber die Contourlinie nach
innen gedrängt wurde.
Einen weiteren Beweis für das Vorhandensein von Hohl-
räumen und keiner Glaslamellen in dem hier in Frage stehenden
Handstücke habe ich darin gefunden, dass sich diese mit feinen
Contouren versehenen Spindeln nach vorhergehendem sorgfälti-
gem Reinigen des Präparats in Spiritus und beim darauf fol-
genden Einlegen in eine gefärbte Flüssigkeit stets tiefer färben,
also einer dickeren Schicht des Färbungsmittels Raum geben, als
die umliegenden, sich dicht auf den Objectträger legenden an-
geschliffenen Partieen, was nicht der Fall sein könnte, wenn
die mit feiner Contour versehenen Spindeln Einschlüsse eines
Glases enthielten und nur die dick umrandeten Hohlräume
sein sollten. Ferner wurde der Versuch gemacht, eine senk-
recht auf die Spindelaxe geschnittene und durch Schleifen auf
eine solche Dicke reducirte Tafel, dass in ihr enthaltene Hohl-
räume fast alle angeschliffen und geöfinet sein mussten, mit
einer anderen, senkrecht hierzu von dem gleichen Stücke ge-
nommenen in TmouLer’scher Lösung zum Schwimmen zu brin-
gen. Bei beiden angestellten Versuchen fiel die erstere Tafel,
wenn die zweite Tafel noch in der Lösung suspendirt blieb; in
jener waren eben die Hohlräume geöffnet und füllten sich,
nachdem auch die Luft durch Auskochen entfernt war, mit
TuouLer’scher Flüssigkeit, wogegen die letztere durch die Hohl-
räume suspendirt blieb.
Auch das specifische Gewicht spricht für diese Auffassung,
indem der schillernde Obsidian ein solches von 2,517, ein
anderer in seiner Farbe hellerer aber 2,371 ergab.
Nach der nicht schillernden Fläche geschliffen liefern die
senkrecht zur Längsaxe getroffenen Spindeln fast kreisrunde,
wenig senkrecht zur Ebene mit dem allgemein verbreiteten
Schiller zusammengedrückte Durchschnitte.
In gleicher Weise liegen die Verhältnisse bei dem Hand-
stück Humsonpr No. 49. Es wurde ein Schliff nach der matten
Fläche angefertigt, der etwas stärker comprimirte und daher
auch in dieser, bei allen Durchschnitten gleichen Richtung
etwas grössere Hohlräume zeigt.
In noch erhöhtem Maasse ist dies der Fall bei einem
gleich gerichteten Schliff des von SonnescHmor stammenden
Exemplares, und ein dazu senkrechtes, nach der Fläche mit
gleichmässigem Schiller gefertigtes Präparat erinnert in ein-
zelnen Theilen schon mehr an die von Zırker beschriebenen
Erscheinungen, obgleich die Dimensionen in den von mir
geschilderten Schranken beharren. Besonders hervorzuheben
ist hier, dass die Umrandungen der Interpositionen durchaus
nicht mehr die gleiche Dicke haben, wie in den zuerst be-
schriebenen Dünnschliffen; es erklärt sich aber dieses gewiss-
lich dadurch, dass das durchfallende Licht bei den breitge-
drückten Hohlräumen eine grössere Platte mit parallelen
Flächen senkrecht trifft und nur an den wenig hohen, ge-
krümmten Seitenwänden reflectirt wird, daher eine schmalere,
dunkle Umrandung geben muss, als wenn diese Seitenwände,
breit ausgedehnt und gleichmässig gekrümmt, sich nur auf eine
kleine Erstreckung wie die parallelen Ebenen einer durch das
Licht senkrecht getroffenen Platte verhalten. Ferner aber
haben die Hohlräume durchaus nicht mehr die gleiche regel-
mässige Gestalt, welche bei den Präparaten des vorigen Stückes
beschrieben wurden, sondern die hier allerdings auch noch
vorhandenen Spindeln gehen in mehr eiförmige Lamellen über,
sie sind oft nur an einer Seite regelmässig oval begrenzt, an
der anderen Seite aber durch eine gerade Linie abgeschnitten,
es kommen Gebilde vor, welche einen Glaskern einschliessen
und Einschnürungen zeigen, oder aber auch ganz unregelmässige
Gestalt angenommen haben. Die von ZiırkeL beschriebene
Erscheinung, dass eine Lamelle durch Glasmasse getrennt
wurde und genau ineinander passende Bruchflächen zeigt, habe
ich nicht beobachtet, doch kann auch dies eintreten, wenn das
zähe Glasmagma, gedrängt und gepresst, die ursprünglich regel-
mässig spindelförmigen Hohlräume breit drückt und, sie aus-
einander zerrend, sich dazwischen lagert; alle Uebergänge dazu
sind in diesem Präparat vorhanden. Weiter aber fehlt hier
auch die von jenem Autor hervorgehobene parallele Lagerung
der Gebilde; die regelmässigeren, noch nicht verzerrten Inter-
positionen sind allerdings auch hier in ungefähr gleicher Rich-
tung gestreckt, aber desto unregelmässiger die Begrenzung
wird, desto weniger lässt sich überhaupt von einer Richtung
in dieser Fläche sprechen (die Fläche selbst allerdings ist eine
stets von den Einlagerungen in ihrer Breitendimension inne-
gehaltene, wie dies bei dem Querschliff betont wurde).
Musste nun schon bei dem betreffenden Präparat des eben
besprochenen Obsidians eine bedeutende Verlängerung der Quer-
schnitte und damit zusammenhängendes Zusammenschrumpfen in
der einen Dimension constatirt werden, so gilt dies in noch höhe-
rem Grade von dem Präparat aus No. 65 der A. v. HumsoLpr'-
schen Suite. Die Querschnitte werden hier geradezu stab-
förmig und lassen nur noch höchst selten ein Lumen beob-
achten, aber auch hier liegen sie sämmtlich streng parallel
zur schillernden Ebene. Von einem nach dieser Fläche ge-
fertigten Dünnschliffe gilt das vorhin Gesagte ebenso in noch
verstärktem Maasse. Die Begrenzungslinien sind noch feiner
620
als dort (freilich so zart wie bei den mit Kanada - Balsam
erfüllten Hohlräumen des ersten der beschriebenen schillernden
Obsidiane sind die Contouren nicht), und die Umrandungen
werden noch unregelmässiger, aber dennoch sind alle Ueber-
sänge von den Spindeln bis zu ganz unregelmässigen Gebilden
vorhanden. Hier begegnet man oft breitgedrückten Hohlräu-
men, in demselben optischen Schnitt liegend und mit genau
entsprechenden benachbarten Contouren, und dennoch olaube
ich hier im Gegensatz zu ZIRKEL auch Hohlräume und
keine Glaseinschlüsse annehmen zu müssen, wie aus dem
Vorhergehenden erhellt. Doch möge hier ein Unterschied zwi-
schen den beiderseitigen Beobachtungen hervorgehoben werden,
welcher darin besteht, dass die Grenzen benachbarter Theile
geschwungene Bogenlinien, keine gezackte Bruchlinien sind, und
dass keinerlei Körnelung bei den durch die Contouren um-
grenzten Partieen hervortritt, obgleich ein „graulicher Farben-
ton“ namentlich bei mehrfach übereinander gelagerten Ein-
schlüssen recht merklich hervortritt.
Das hier zuletzt beschriebene Handstück zeigt übrigens
im Gegensatz zu sämmtlichen vorhergehenden den Schiller,
allerdings in ausgezeichnetem Grade, nur auf einer Fläche,
wogegen senkrecht dazu kein solcher wahrgenommen wird. Es
ist dies daraus erklärlich, dass die die Interpositionen quer
treffenden Schnitte keine reflectirenden Flächen unter der
Schnittoberfläche mehr haben, da die nur minimal gekrümmten
Begrenzungsflächen unter einem Winkel von äusserster Klein-
heit zusammenstossen.
Bei der hier vertretenen Ansicht fehlt es nicht an ana-
logen Beobachtungen und man hat auch nicht die in chemi-
scher Hinsicht schwer aufrecht zu erhaltende Hypothese von
fremden Glaseinschlüssen in Glas heranzuziehen, um den
Schiller der Obsidiane zu deuten. Ohne Erklärung bleibt von
den durch ZırkeL beschriebenen Erscheinungen nur die Kör-
nelung der Interpositionen, welche vielleicht auf Krystalli-
sationen in den Hohlräumen oder auf einer beginnenden, von
den Wandungen dieser ausgehenden Entglasung beruhen mag.
2621
5. Die Beyrichien der obersilurischen Diluvialgeschiebe
Ostpreussens.
Von Herrn Grore Rkuter ın Königsberg ı. Pr.
Hierzu Tafel XXV u. XXVl.
Einleitung.
Die obersilurischen Diluvialgeschiebe sind bisher in drei
Gebieten des norddeutschen Flachlandes: in der Mark, in
Mecklenburg und Schleswig-Holstein, auf Beyrichien untersucht
worden. Nachdem durch LeopoLo v. Buc#H'), KLoEDEN ?), BEY-
RicH?), und M’ Cor?) die Aufmerksamkeit der Paläontologen
auf die Beyrichien gelenkt worden war, beschrieb zuerst RuPERT
Jones°) mehrere Arten, welche er in fünf Geschieben aus der
Umgegend von Berlin und von Breslau gefunden hatte. Darauf
veröffentlichte E. Bour®) die Beschreibung und Abbildung von
drei weiteren in mecklenburgischen Geschieben entdeckten
Arten. Dieser kurzen Beschreibung folgte eine Monographie
desselben Forschers’) über alle in den mecklenburgischen
obersilurischen Diluvialgeschieben von ihm gefundenen Arten.
In dieser Monographie wird auch zuerst der Versuch gemacht,
die Beyrichien als Leitfossilien für das Obersilur zu benutzen.
Hierauf lieferte Karsten®) eine Beschreibung und Abbildung
der in den Geschieben von Schleswig- Holstein vorhandenen
Beyrichienarten. Endlich untersuchte Krause °) die Beyrichien
der obersilurischen Diluvialgeschiebe der Mark. Er macht
!) Academie der Wissenschaften zu Berlin, math.-physik. Classe,
3828, pag. 71, t. DI, f. 1.
2) Versteinerungen der Mark Brandenburg, Berlin 1834, pag. 112, t.1.
3) Acad. d. Wiss. zu Berlin, math.-phys. Cl.. 1845. Ueber einige
böhmische Trilobiten I, pag. 47.
%) A synopsis of Silurian fossils of Ireland. Dublin 1846, p.57--58.
>) Annals and Magazine of natural history, 11. series, vol. XVI,
Pa22 Sl. u. 161, t. V, VI.
°) Diese Zeitschr. Bd. VIII, 1856, pag. 321.
7) Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklen-
burg, Bd. XVI, 1862, pag. 114, t. 1,
. #) Beiträge zur Landeskunde der Herzogthümer Schleswig u. Hol-
stein, I. Reihe, Kiel 1869, pag. 57, t. 20.
9) Diese Zeitschr. XXIX, pag. 1, t. 1.
622
darauf aufmerksam, dass zwischen einigen Arten Uebergangs-
formen vorhanden sind und benutzt die Beyrichien zur Hei-
mathsbestimmung der durch sie charakterisirten Geschiebe.
Die Zahl der Abhandlungen, in denen Beyrichien nebenbei
erwähnt werden, ist gross. Ein Theil derselben wird bei der
Frage nach der Heimath der ostpreussischen Beyrichienkalke
anzuführen sein. !)
Auf Anregung des Herrn Dr. Netuıng habe ich mich seit
dem Frühling dieses Jahres mit den nachfolgenden Untersuchun-
gen beschäftigt. Ich fühle mich genanntem Herrn für seine
freundlichen Rathschläge, für Herbeischaffung mir nicht zu-
gänglicher Literatur und für die Freundlichkeit, mit welcher
derselbe mir eine von ihm in Neudamm bei Königsberg i. Pr.
und in der Umgegend von Bischofstein gesammelte Suite von
Beyrichienkalken zur Verfügung stellte, zu verbindlichstem
Danke verpflichtet. Ebenso erlaube ich mir den Herren Pro-
fossoren M. Baver und Ta. Liesısch für die gütigst gewährte
Erlaubniss zur Benutzung der im hiesigen Mineralien -{abinet
befindlichen Geschiebe meinen wärmsten Dank auszusprechen.
Der übrige Theil des von mir beobachteten Materials ist theils
durch die Herren Lehrer Ziısger in Pr. Holland, stud. rer. nat.
M. Apranım, K. FarnstEiner, F. Kensıes, und VANHORFFEN,
denen ich an dieser Stelle für ihre Bemühungen bestens danke,
theils durch eigenes Sammeln zusammengebracht worden.
Bevor ich nun zur Darstellung der Resultate meiner Unter-
suchungen übergehe, habe ich noch einige Worte über das Ziel,
welches mir vorschwebte, anzuführen und über die Methode, die
ich anwandte, um demselben näher zu kommen. Fr. ScHaipr °)
deutet in seiner Abhandlung über die Silurformation der Ost-
seeprovinzen an, dass sich die obersten Schichten des Ober-
silurs nach den Beyrichien in verschiedene Unterabtbeilungen
gliedern lassen. Ferner betonen die gelegentlichen Bemerkun-
gen von Fr. SCHMIDT ?), GREWINGK*), R&meEr °), Krause °) und
Dauss ’), dass die Beyrichiengebiete von Gotland und Oesel,
so nahe sie auch petrographisch und paläontologisch einander
t) So die Publication Krzsow’s über silurische und devonische Ge-
schiebe Westpreussens: Zeitschr. der naturforschenden Gesellschaft zu
Danzig, Neue Folge, Bd. VI, Heft 1, 1884.
?) Archiv für die Naturkunde Liv-, Ehst- und Kurlands, 1. Serie,
Bd. 1I. Dorpat 1858.
>) Ebendaselbst pag. 443, 445, 447 ff.
*) Ebendaselbst, Geologie von Liv- und Kurland pag. 660 fi.
5) N. Jahrbuch für Mineralogie 1858, pag. 257. — Diese Zeitschr.
Bd. XIV, 1862, pag. 187.
6) Diese Zeitschrift XXIX, pag. 33.
") Ebendaselbst XXXIII, 1881, pag. 434.
623
stehen, charakteristische Verschiedenheiten, namentlich hin-
sichtlich der in ihnen enthaltenen Beyrichienarten darbieten.
Eine Bestätigung dieser Angaben liefern die Bemerkungen
Krause’s über die Variabilität !) einzelner Beyrichienarten in
den Diluvialgeschieben Posens und der Mark, und ganz be-
sonders seine Beobachtung, dass sich unter den Beyrichien-
kalken Norddeutschlands nach dem Fehlen oder Ueberwiegen
einzelner Petrefacten wohl von einander zu unterscheidende
Gruppen aufstellen lassen, die ein ganz verschiedenes Ursprungs-
gebiet besitzen dürften. °)
Aus dem Angeführten ergiebt sich, dass die Beyrichien in
Bezug auf die anstehenden Schichten in Schonen, Gotland und
Oesel geologisch wichtig sind, indem sie eine Gliederung dieser
Schichten ermöglichen dürften. Leider sind über die Bey-
richienschichten der genannten drei Gebiete keine genaueren
Untersuchungen angestellt worden. Zwar sollen, wie Fr. Scaumpr
sagt?), die Beyrichien des Obersilurs von Gotland eine Bear-
beitung von AngGELIn erfahren haben; doch ist die Herausgabe
eines diesbezüglichen Werkes bis jetzt noch nicht erfolst.
Wie Herr Dr. Horn aus Upsala mir gelegentlich seiner An-
wesenheit in Königsberg im Herbst 1884 mitzutheilen die
Güte hatte, sind wenige Exemplare von Abbildungen gotlän-
discher Beyrichien durch AngeLin einigen Forschern zuge-
gangen, Beschreibungen existiren überhaupt nicht. Ferner
lässt sich aus den angeführten Beobachtungen Krause’s ent-
nehmen, dass die Beyrichien ihrer Variabilität wegen auch in
paläontologischer Hinsicht einer eingehenderen Beachtung unter-
zogen werden müssen. Ich habe daher bei der Bearbeitung
der in unserer Provinz gesammelten Beyrichienkalke auf die
Variabilität der einzelnen Arten mein Augenmerk gerichtet.
Ebenso habe ich versucht, so gut es bei dem mir zu Gebote
stehenden Material möglich war, die Verbreitung der verschie-
denen Beyrichienkalke in der Provinz zu verfolgen, sowie deren
Heimath auf Oesel, Gotland oder zwischenliegendem, unter-
meerischem Gebiet zu bestimmen.
Die Genauigkeit derartiger Heimathsbestimmung ist nun
erstens abhängig von der Genauigkeit, mit welcher die anste-
henden Formationen jener Länder untersucht sind, auf welche
die Geschiebe im Allgemeinen hinweisen, zweitens davon, dass
über jedes Geschiebe nicht allein bekannt ist, welche Arten
von Petrefacten darin vorkommen, sondern auch, wie gross die
D) a. a. 0. pag. 33 u. 34.
?) Ebendaselbst pag. 46 u. 47.
2) a. a. 0. pag. 452.
Zeitschr. d.D. geol. Ges. XXXVII. 3. 35
624
relative Häufigkeit der Individuen der verschiedenen Arten ist.
Nur dann ist ein genauer Vergleich möglich. Der letztere liess
sich bei den Beyrichienkalken wegen der erwähnten mangel-
haften Kenntniss der anstehenden Schichten für jedes einzelne
Geschiebe nicht durchführen. Gleichwohl erwies sich die Fest-
stellung des Fundortes jedes Geschiebes und die Vergleichung
der nach dem Vorgange von Joxes !) für jedes Geschiebe aus-
geführten Analysen sowohl in paläontologischer und geologischer
wie in geographischer Hinsicht als vortheilhaft.
Die Methode meiner Untersuchung kann man am besten
aus der weiter unten (in Abschnitt III) folgenden Tabelle
ersehen. In dieselbe sind oben in horizontaler Richtung
die Namen der einzelnen Beyrichienarten beziehungsweise Va-
rietäten in der Reihenfolge eingetragen, wie sie nach meiner
Ansicht genetisch zu einander in Beziehung stehen und wie sie
in der nachfolgenden Abhandlung beschrieben sind. Eine Aus-
nahme machen hiervon Beyrichia Bolliana, B. dubia und B.
Wilkensiana, welche an das Ende gestellt sind, weil sie sich
an keine der beschriebenen Formen mit Bestimmtheit genetisch
anschliessen. In verticaler Richtung sind die Analysen der
einzelnen Geschiebe und, wenn mehrere gleichartige vorhanden
waren, eine Analyse eingetragen, so dass man alle Analysen
mit einander vergleichen kann. Dieser Vergleich ergiebt eine
grosse Mannichfaltigkeit von Geschiebearten, über deren
Reihenfolge man weiter unten Äusführliches findet. Im der
Tabelle bedeutet: hh sehr häufig, h häufig, s selten, ss
sehr selten. — Die Geschiebegruppen sind in der Tabelle
links durch Nummern zusammengefasst. Rechts findet man
die Fundorte oder Verweise auf den Text, wenn mehrere
vorhanden sind.
Was zum Schluss das Prineip anbetrifft, welches mich
bei der Unterscheidung zwischen Art und Varietät leitete, so
möchte ich hervorheben, dass ich diejenigen Formen als Arten
aufgefasst habe, welche in der von mir beobachteten Formen-
reihe Extreme in morphologischer Hinsicht bilden. Dabei
wurde gleichzeitig beachtet, ob die betreffende Form auch für
ein oder mehrere Geschiebe besonders charakteristisch ist. So
wurden die vielen von einander abweichenden Formen, welche
mehr oder weniger mit Beyrichia Buchiana übereinstimmen,
als Varietäten derselben aufgefasst, weil sie für sich kein Ge-
schiebe besonders charakterisiren, sondern stets mit den typi-
schen Formen zusammen sich vorfinden. Aehnliches gilt für
die Varietäten der Beyrichia Maccoyana.
Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass doch Geschiebe ge-
l) a. a. 0. pag. 84.
a ET m ein
"OAOLTDSOK) Op eur
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Kae 7 un
. “ [} EC} .
De zw ”
Rn
“.
N
gen (vergl.
Nummern der Geschiebeabtheilun
10
pag. 648).
Beyrichia tubereulata
llard die Analysen der Geschiebe nebst: Angabe der Fu
Beyrichien - Arten.
Beyrichien.
Gruppe 1.
15
Bu
Fr
5
Gruppe 11.
Gruppe II
I Gruppe IV.
6
7
8
en
So
11 112
14115116
17
19 | 20 [| 23 | 21
Beyrichia tuberculata gibbosa
Beyrichia tuberculata bigibbosa
Beyrichia Noetlingi conjuncta
SE.
JeR5
Freuen...
- = | Beyrichia Noetlingi
Beyrichia Bronni
. Dub
Beyrichia Baueri tnipartita
Beyrichia Baueri
NN Ace
Beyrichia tuberculato-Buchiana
Beyrichia Buchiano-tuberculata
SS
ss
Beyrichia Buchiana angustata
Beyrichia Buchiana lata
SS SS
SS
ss
.Bbeb.
ar 3 IT B 0a TI 3
Beyrichia Buchiana ineisa
Beyrichia, tubereulato-Kochiana
| ‚Buchiana
Beyrichia Kochü
ın
ss
ss |ss | . | ss
.| hs .
s|s|- ®
e . [ss .
s| .» Ä .
.Is| - .
ö h SS
Ss . . 2
x n Zu
les . .
s . .
h :
l
Beyrichia Maccoyana
ss
ss
hh
ss
ss
SHREH
Beyrichia Maccoyana sulcata
Ss
Beyrichia Maccoyana lata
Beyrichia Salteriana
Beyrichia Wilkensiana
ia Bolliana
85
ss .
ss
Beyrichia Bolliana umbonata
Zahl der
eschiebe gleicher Analyse.
HHosHwmeawe
HHrmewr
u
D
Dumawmuo We
Hi weg 2 allein)
em CD
m
Fuhdorte.
Er Iren esse Pe
(vergl. Jag. 636).
Gumbinnen 1.
Kalthof!l u. 2.
Kalthof\3.
Bischofstein 2.
Kalthof #.
Kalthof 5
Belschw.
Belschwit
6.
4 u. 5.
2
Bela 3.
Belschw! itz
2 u.
zZ
Belschwitz 1.
Wormdil
2.
(vergl. pie. 651).
Knakn 4.
(vergl. vag. 658, 659).
Belschwitz 8.
Belschwitz 36.
Belschwitz 11.
Belschwitz 29.
Crossen.
Wormditt 4.
Julehenthal 7.
Belschwitz 30.
Belschwitz 14.
Julchenthal 3.
Belschwitz 31.
Bischofstein 5.
Pfeil 1
Belschwitz 9u 21.
Judtschen.
Pfeil 2, Insterburg 9.
Tilsit.
Belschwitz 32.
Puschdorf.
Halschsip: 28, Rosen-
berg 1.
Bischofstein 7.
Belschwitz 27.
Belschwitz 34.
(vergl. Dag- 659).
BEFEE O(RBRRRRREM
Belschwikz 35.
Rohmenen 2.
Julchenthel 8
Bischofstein 9.
Belschw VE
Wormdit
Lyck 1. |
Trekarbie g 4,6,8. 10.
Belschwitz 37.
Bischofstfein 10.
ERFF@SERF | Heimath der Geschiebe,
BREFREFRER
\
ö
{)
BERFAFRR
SFEEB=E
BEREIT RER
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625
funden werden dürften, welche durch Varietäten einer dieser
Arten allein charakterisirt sein könnten, wenigstens deutet
darauf eine Bemerkung Krausr’s !) hin, welcher in einem Hand-
stücke vom Ohhesaare - Pank nur die Varietät von Buchiana
mit breiten Leisten (B. Buchiana lata m.) beobachtet hat.
I. Organisation und systematische Stellung der
Beyrichien.
Gegen die Zugehörigkeit der Beyrichien zu den Ostra-
koden lässt sich nach den ausführlichen Abhandlungen von
BeyrıcH ?), M’Coy°), Rupert Jones *), BARRANDE °) und RicHTer °)
kein Zweifel mehr erheben. Auch darf man die Auswüchse der
Schalenoberfläche nicht mehr als eine schwer zu deutende
Bigenthümlichkeit der Beyrichien auffassen, „da recente Ostra-
koden ebenfalls eine alle Erwartungen übertreffiende Mannich-
faltigkeit nicht nur im Umriss, sondern auch in den seltsamsten,
bis zur Bizarrerie gesteigerten Auswüchsen der Oberfläche
zeigen“.‘) Dagegen sind für die von M’Cor°) und Jones’)
eingeführte und von Barranpe !P) begründete Stellung der
Schalen zu dem Körper des Thieres keine völlig befriedigenden
Gründe anzuführen. Gegen die Annahme des geraden Randes
als dorsalen und somit des gegenüberliegenden als ventralen
wird freilich Niemand Etwas einwenden können, doch bleibt
es ungewiss, welche Schale man als linke, welche als rechte
bezeichnen soll.
Der von BArRANDE angezogene Vergleich der Wülste einiger
fossilen Ostrakoden mit den Lappen der Trilobitenglabella
und die daraus gefolgerte Annahme, dass diejenige Seite der
Schale Kopfseite sei, welche die Wülste trage und die geringste
Breite zeige, passt, wie er selbst sagt, nicht auf die Beyrichien,
da diese sowohl auf dem breiten als schmalen Ende Wülste
tragen. Mithin bietet diese Analogie keine Stütze für die Auf-
stellung der Schalen. Ebensowenig kommt man beim Ver-
) a.a.0. pag. 33.
2) Siehe Einleitung pag. 621, Anmerk. 3.
») Ebendaselbst Anmerk. 4.
*) Ebendaselbst Anmerk. 5 und On the palaeozoic bivalved Ento-
mostraca Geologist’s Association 1869.
5) Systeme silurien de la Boh&me Vol. I, Supplement I, 1872.
6) Diese Zeitschrift XXI, pag. 773.
7) Bronn, Klassen und Ordnungen des Thierreichs, Bd. V. Arthro-
poda 1, 1866-1879, pag. 884.
9227232. 02 9222 57 uw 38.
>) a. a. O. pag. 83.
10) a.a. O. pag. 467 ff.
35*
626
gleich der fossilen Beyrichienschalen mit recenten Ostrakoden-
klappen zu einem befriedigenden Resultat. Bei den meisten
recenten Ostrakodengattungen hat das Kopiende eine geringere
Breite als das Schwanzende. Doch ist zu bemerken, dass es
viele Ausnahmen giebt, in welchen Fällen erst die Lage des
Auges, das stets dem Kopfende näher liegt, über die Stellung
der Schalen entscheidet.) Leider kann man dieses Kriterium
bei fossilen Arten nicht in Anwendung bringen, da nur eine
derselben, Peyrichia oculina HALL?), mit einem Auge ausge-
stattet ist, welches gerade auf dem breiten Schalenende ge-
legen ist. Bei allen anderen Beyrichienarten ist man ausser
Stande, die Stellung der Schalen absolut sicher zu bestimmen.
Man muss sich daher begnügen, den Schalen eine Stellung zu
geben, die mit derjenigen der meisten recenten Ostrakodengat-
tungen übereinstimmt. Dann ist dasjenige Ende der Schale,
welches die geringste Breite besitzt, als Kopf- und das ent-
gegengesetzte als Schwanzende zu bezeichnen.
Obwohl M’ Coy und Joxes die Stellung der Schalen nach
demselben Princip festsetzen, Barraxpe die gleiche Stellung,
wie oben erwähnt, begründet, und die übrigen Autoren sie an-
nehmen, bin ich nach meinen Beobachtungen genöthigt, das
von den Autoren als cephales angesprochene Schalenende als
caudales zu betrachten. Einerseits ergiebt sich nämlich nach
genauen Messungen, dass z. B. bei Peyrichia tubercüulata das
von den Autoren als Vorderende bezeichnete Ende der Schale
meistens 3 mm breit ist, während das entgegengesetzte eine
Breite von 2— 2,5 mm-besitzt.e. Ein ähnliches Verhältniss
findet sich bei den anderen Arten. Weniger deutlich ist diese
Verschiedenheit der Breite bei den beinahe halbkreisförmigen
Schalen der Beyrichia Salteriana und Maccoyana. Doch sprechen
hier für meine Aufstellung der Schalen die sogleich zu erwäh-
nenden Formen mit angeschwollenem Ventralhöcker, welche
von Joses®), Heipenuam®), Rıcuter®), Krause‘) und mir
beobachtet worden sind. Behielte man für dieselben die von
den Autoren für die typischen Formen angenommene Stellung
bei, so käme der angeschwollene Ventralhöcker auf das Kopf-
ende zu liegen. Dann wäre aber für diese Formen das von
Jones und BArrANDE aufgestellte Princip verlassen. Dazu
kommt ferner, dass man unzweifelhafte Gründe hat, diese For-
1!) GERSTÄCKER, Arthropoda (Bronn’s Klassen und Ordnungen V,
1866 - 1879) pag. 84, t. XVII, Bild 1 u. 2 oc.
2) Palaeontology of New York, part III, pag. 377.
3) Annals and Mag. II, vol. 16, Pl. V, £. I 2 b;"8, ah.
1) Diese Zeitschrift FOL, pag. 143, t. Ri f.
5) Ebendaselbst XXI, pag. 774.
°) Ebendaselbst OB pag. 31,t. RL f PB 1AbHlcp aan:
627
men so aufzustellen, dass das Ende mit dem angeschwollenen
Ventralhöcker caudales wird. Richter!) hat nämlich zuerst
diese Individuen als weibliche gedeutet und zwar auf Grund
einer Analogie mit der recenten Cythere gibba. Jones?) be-
streitet diese Auffassung durch den Hinweis darauf, dass der
Genitalapparat gar nicht an der Stelle habe liegen können, wo
der grosse Ventralhöcker auftritt. Freilich liegt der Höcker
der weiblichen Cythere gibba nach ZEnker?) mehr in der Mitte
der Schale. Doch sagt ZExkeER an einer Stelle?) seiner Mono-
graphie der Ostrakoden, dass „im Alter der mächtig entwik-
kelte Genitalapparat den Raum des erweiterten und
erhöhten Hintertheils der Schale einnimmt.“ Ueber-
trägt man dieses auch auf die fossilen Ostrakoden, so entgeht
man dem Widerspruch von Jones ?), dass an dieser Stelle der
Genitalapparat nicht habe liegen können. Giebt man nun zu,
dass die durch das Zeugniss ZEnker’s begründete Aufstellung
dieser weiblichen Formen die wahrscheinlichste ist, so kann
man auch die typischen (männlichen) Individuen nicht anders
aufstellen als so, dass das dem cephalen der weiblichen analog
gebaute Ende ebenfalls als cephales betrachtet wird. Wie
KRAUSE so ist auch mir bei den meisten Arten die geringere
Zahl der weiblichen Individuen aufgefallen, doch bin ich deshalb
nicht geneigt, ihre weibliche Natur in Zweifel zu ziehen, zumal
ich von Beyrichia Maccoyana in einzelnen Geschieben mehr
weibliche als männliche Formen beobachtet habe.
Vereinigte Schalen habe ich nicht gefunden; doch zweifle
ich an ihrem Vorkommen nicht, da Jones und Krauss sie
beobachtet haben. Abbildungen derartiger Schalen kenne ich
zwei. Die eine findet sich bei KLapen’), die andere in der
Lethaea von Brons und Ra&mEr, sowohl in der ersten‘) als
auch in der zweiten ’) neueren, von R&umEr besorgten Ausgabe.
Wie die Abbildungen erkennen lassen, sind beide Klappen
gleich gross und berühren sich gegenseitig gerade, so dass kein
Uebergreifen des einen Schalenrandes über den anderen statt-
findet, wie Jon&s®) es schildert. Da Joses und Krause keine
Abbildungen geben, lässt sich nicht endgiltig entcheiden, wie
2222220. pae. 7 ft.
2) Geologist’s Association 1869, pag. 11 fl.
3) Archiv für Naturgeschichte von TroscheL, XX. Jahrg., Bd. 1,
1854, t. VD, f. 2.
*) Ebendaselbst pag. 7 ff.
5) Versteinerungen t. I, f. 23.
6) Lethaea geognostica von G. H. Bronn, Stuttgart 1851 — 1856,
Bd. I, pag. 534, t. IX 3, f. 9a-d.
. 7) Lethaea palaeozoica 1876, t. XIX, f. 9a—d.
®) Annals and Mag. II, 16, pag. 86.
628
die Vereinigung der Schalen war. Da die von Rıcuter !) als
Beyrichien beschriebenen und abgebildeten Ostrakodenspecies
aus dem Devon Beyrichia dorsalis und nitidula, welche für
die Beobachtung von Jones sprechen würden, nach Jones
und Horı zu den Primitien gestellt werden müssen, kann man
sie nicht zum Beweise heranziehen. Dies darf auch nicht mit
der in der Palaeontologie von H&rxes°) befindlichen Abbildung
für die gegentheilige Ansicht geschehen, da dieselbe eine Re-
production der in der Lethaea geognostica gegebenen ist.
II. Beschreibung der in den obersilurischen Diluvial-
geschieben Ostpreussens gefundenen Beyrichienarten.
Genus Beyrichia M’ Cor, 1846.
1769. Trilobitae sp. Wırzens. Nachrichten von seltenen Versteine-
nerungen, Cottbus 1769, 3. Sendschreiben, p. 77, t. VII, £. 39.
1828. Leptaena lata (Brut derselben) L. v. BucH. Acad. d. Wiss. zu
Berlin, 1828, math.-phys. Classe, t. III, £. 1.
1834. Battus KLOEDEN pars. Verstein. d. Mark, pag. 112—119, t. I,
f. 16 — 23.
1838. Agnostus QUENSTEDT pars. Neues Jahrb. f. Min., 1838, p. 136.
1843. Trilobitae sp. BURMEISTER pars. Organisation der Trilobiten,
pag. 72.
1845. Ostrakoda sp. BEyRıcH. Acad. d. Wiss. zu Berlin, math.-phys.
Olasse. Ueber einige Böhm. Trilobiten 1, pag. 47.
1846. Agnostus BoLL pars. Geognosie der Östseeländer. Neubran-
denburg 1846.
1846. Beyrichia M’ Cov. A synopsis of sil. foss. of. Ireland. Dublin
1846, pag. 57 u. 58.
1847. — Borr. Palaeontographica 1, pag. 147.
1848. — SaLrter. Mem. of geol. survey of gr. Brit. Vol. II, p. 352,
t. VII, f£. 14— 16.
1852. — Rovaurrt. Bull. soc. geol. France, 11. serie, VIII, p. 377.
1852. — M’Cov. Brit. pal. foss., pag. 135.
1853. — Jones. Quarterly journal of geol. society. Bd. IX, p. 160,
Blater, VAL 1.597027.
1855. — Jones. Annals and Mag., 1I series, vol. 16, pag. 81 u.
161, Plate V u. VI.
1856. -— Borr. Diese Zeitschr. Vlil, pag. 321.
1856. - , Lethaea geognostica, Bd. I. pag. 534, t. IX3,
. Ja—d.
186. — Eıchwarnp. Lethaea Rossica, Bd. I, 2. pag. 1347 —1350,
0%
1862. — DBorr. Archiv des Vereins etc., Bd. 16, pag. 114— 151,
nebst Tatel.
!) Diese Zeitschrift XXI, t. I. (Nur 14, 15, 16 sind Beyrichien,
nämlich B. aurita.)
?) Jones und Horr trennen 1865 die Abtheilung Simplices von
Beyrichia und bilden daraus mit anderen Formen das Genus Primitia.
3) Hörnes, Palaeontologie. Leipzig 1883, pag. 525, f. 525, c u. d.
29
1862. Beyrichia. RormeEr. Diluvialgeschiebe. Diese Zeitschr., XIV,
pag. 601 ff.
1863. — Richter. Diese Zeitschr. XV, pag. 671, t. 19.
1805. — Kerurr. Veivis i Christiania, pag. 20—30.
1867. — Linpsrröm. Nomina fossilium Gotlandiae, pag. 2.
1868. — Biscssy. Thesaurus Stlurieus. London 1868.
1869. — Karsten. Beitrag zur Landeskunde v. Schleswig-Holstein,
pag. 51 und t. 20.
1869. — Heıpenmarm. Graptolithen -führende Diluvial-Geschiebe.
Diese Zeitschr. XXI, pag. 143.
1872. — BarranpeE. Systeme silurien de la Boh@me, I. Supplement,
s pag. 467 (484). t. 26 u. 27.
1874. — FeiısteLmann. Ueber ein neues Vorkommen nord. silur.
Diluvial-Geschiebe, pag. 7.
Krause. Fauna der Beyrichienkalke. Diese Zeitschrift,
REIR: pae: IE E 1. 2,
18834. — Kırsow. Zeitschr. d. naturf. Ges. zu Danzig, Neue Folge,
Heft 1 (Bd. VI.).
1877.
Zu einem Individuum gehören zwei in einer Symmetrie-
ebene sich berührende, gleichgrosse und gleichartig ausgebildete
Schalen. Dieselben waren dorsal längs eines geraden Randes
mit einander verbunden, während die beiden Ventral-Cephal-
und Caudal-Ränder in geschlossenem Zustande sich gerade be-
rührten. Der durch den Dorsal-, Cephal-, Ventral- und Caudal-
Rand gebildete Umriss!) der Schale ist ein Oblongum mit scharfen
Dorsal- und runden Ventral-Ecken. Von den beiden letzteren
ist die hintere weniger scharf markirt als die vordere. Ferner
ist die Breite der Schale vorn geringer als hinten.
Da bisher von den Autoren eine präcise Terminologie
nicht angewendet worden ist, dürfte es sich empfehlen, die ent-
sprechenden Theile der Schale bei allen Arten mit denselben
Ausdrücken zu bezeichnen. Ich werde daher bei der weiteren
Schilderung der Charaktere des Genus Beyrichia für gewisse
typische Schalentheile bestimmte Ausdrücke einführen, durch
schematische Zeichnungen erläutern und bei der Beschreibung
der einzelnen Arten anwenden. Zunächst wird die Oberfläche
der Schale durch eine Umbiegung, die längs einer Kante in
einem nahezu rechten Winkel ventralwärts stattfindet, in zwei
Regionen , eine dorsale grössere und eine ventrale kleinere,
zerlegt.
Die Umbiegungskante setzt an der vorderen Dorsalecke
genau am Rande der Schale ein, entfernt sich ventralwärts
immer mehr von demselben, verläuft dem Ventralrande ziem-
lich parallel, nähert sich dorsalwärts allmählich dem Caudal-
rande und läuft auf der hinteren Dorsalecke genau in den Rand
aus. Sie bildet daher wie der Cephal-, Ventral- und Caudal-
1) Hierzu gehört die schematische Figur 1 auf Seite 630.
audal-
Ventral ; Rand
Fig. Ra.
a
Dorsalrand
1
:
DR
yT m jbiegängs. kanr,
t 3 ] ı ,
d ı b > H 3 3
Ne Ze —
Cephal- Venüral- Caudal-Rand
Fig. ZB.
I
Durchschnitt des Dorsalrandes
Durchschnitt der
Lateralfläche
Fig. 2e.
Durchschnitt des
Ventralrundes
_Durchsch nitt der Uhn-
bieg ungskante
Durchschnitt ä. Verstsalfläche
Fig. 1. Umriss der Schale. -- Fig. 2a. Umriss der Lateralfläche.
— Fig. 2b. Umriss der Ventralfläche. — Fig. 2c. Durchschnitt durch
die Lateral- und Ventralfiäche in dorsoventraler Richtung.
631
Fig. 3.
Centralmwulst
Frascentralfurche entralmul.
scker
Kantensaum I -Dorsalhöcke
NZ
Dorsalfurche
Fentralfurch e
. Km
Umbiegungskante-_
Ventralfläcke
Dorsalhöcker
Irınbiegungskanze
% Fer entralfläche
ig. #6.
Dorsalkante
Centralwulst
Fig. ke. (entrocepka furche
-Metace Phalwulst
— AHantensau ML
\Venerastze eha
Fig. 3. Theile der Lateralfläche. — Fig. 4a. Schema des Pro-, Meso- u.
Metacephal-Wulstes des Dorsal- und Ventralhöckers. — Fig.4b. Durch-
schnitt nach der Linie a-b. — Fig. 4c. Durchschn. nach der Linie c—d
632
Rand der Schale mit dem Dorsalrande derselben ein Oblongum
mit scharfen Dorsal- und runden Ventral-Ecken. Damit ist
auch zugleich der dorsal von dieser Umbiegungs-Kante gelegene
Theil der Schalenoberfläche seinem Umriss nach bestimmt.
Ich nenne diesen Theil Lateralfläche. !)
Der ventral von der Umbiegungskante zwischen dieser und
dem Cephal-, Ventral- und Caudal-Rande gelegene Theil der
Schalenoberfläche stellt sich als ein nach beiden Dorsalecken
hin schmäler werdender Saum heraus. Ich nenne ihn Ventral-
saum (oder Ventralfläche). ?)
Auf der Lateralfläche°) treten bei allen Arten drei durch
zwei dorso-ventral verlaufende Furchen getrennte Auswüchse
auf, die bei den einzelnen Arten sehr verschieden gestaltet
sein können. Den vorderen grössten, auf dem Cephalende
gelegenen Auswuchs nenne ich Cephalwulst. Zwischen diesem
und dem zweiten, in der Mitte der Lateralfläche gelegenen und
demnach als Centralwulst zu bezeichnenden Auswuchs zieht
sich die Praecentralfurche hin. Andererseits wird der Uentral-
wulst von dem, auf dem Caudalende gelegenen, dritten, Caudal-
wulst zu nennenden Auswuchs durch die Postcentralfurche ge-
trennt. Bei einigen Arten ist der Cephalwulst von dem Uentral-
wulst durch die Oentrocephalfurche völlig getrennt, bei anderen
können beide Wülste einerseits verschmolzen sein. Ferner ist
bei einigen Arten der Caudalwulst durch eine longitudinale
Caudalfurche *) in einen Dorsal- und Ventral-Höcker geschie-
den. Schliesslich kann der Cephalwulst?) durch eine Dorsal-
furche und eine Ventralfurche in einen Procephal-, Mesocephal-
und Metacephalwulst zerlegt sein. Den zwischen der Umbie-
gungskante einerseits und dem Cephal- und Caudalwulst
andererseits gelegenen, stets gleich breiten Theil der Lateral-
fläche nenne ich Kantensaum. ®)
Beyrichia tuberculaia KL@DEN sp.
Taf. XXV, Fig. 1A und BB.
1834. Battus tuberculatus KLÖDEN pars. Versteinerungen etc. p. 11
_119t. 5 2 2larb 22u2hn 23
1846. Beyrichia tuberculata M’ Coy. A Synopsis etc. pag. 57 u. 98.
1847. — — DBoır. Palaeontogr. I, pag. 147.
1855. — — .Joneks. .\a.a. 0. pag. 86 u. 87, Plate V, f. bau b,
7a u. b (weiblich), Sa u. b (weiblich), 9a u. b.
1) Hierzu gehört die schematische Fig. 2a auf Seite 630.
?) Hierzu Figur 2a, b, e auf Seite 630.
3) Hierzu Figur 3 auf Seite 631.
*) Figur 4a auf Seite 631.
5) Figur 4a auf Seite 631.
6) Figur 4a, b, ce auf Seite 631.
633
1858. Beyrichia tuberculata ScHmidr. a. a. O. pag. 195.
1862. 7. ,bore, aya..0, pas, Eat, I, 11a:
1767. — — Linpström. Nomina foss. Gotl., pag. 2.
1868. — — Bicssv. Thesaurus.
1869. — — Karsten. a.a. 0. pag. 57, t 20, f. 3a u. e.
1877. — — . Krause. a.a.0. pag. 30-32, t. I, f. 12a, b, non f. 13.
1879. — — Kornmopım. Öfversight of Kongl. Vetenskaps Förbandl.
1879, No. 9, pag. 136.
1884. — — Kızsow pars (non t. 11, f. 5), pag. 72 a. a. O.
Die grössten Individuen zeigen folgende Dimensionen:
Dorsalrand 3,5 mm.
Grösste Lände 4 mm.
Breite vorn 1,5—2 mm, hinten 2,5—3 mm.
Höhe vom Rand bis zum höchsten Punkt des Metacephal-
wulstes 1,5 mm.
Der Cephal-, Ventral- und Caudal-Rand der Schale trägt
eine runde, feine Leiste, die Ventralfläche besitzt eine der
Umbiegungskante parallel laufende, feine Furche. Der Kanten-
saum ist mit kleinen Knötchen an der abgerundeten Umbie-
gungskante versehen, die bei einzelnen Individuen auch fehlen
können. Der Procephalwulst ist bei einigen Individuen kegel-
artig emporgewölbt. Gewöhnlich jedoch besitzen alle drei
Theile des Cephalwulstes ein gleiches Niveau. Von dem Kauten-
saum ist der Cephalwulst durch eine glatte Rinne scharf ab-
gesrenzt, während er nach der Praecentralfurche allmählich
sich senkt. Dorsal- und Ventralfurche sind schmal und flach.
Beide haben eine $förmige Gestalt, wodurch eine ebensolche
des Mesocephalwulstes bedingt ist. Der Cephalwulst ist vom
Centralwulst durch die breite, jedoch flache Centrocephalfurche
getrennt. Der Centralwulst besitzt einen elliptischen Umriss
und ist kegelartig emporgewölbt. Er erreicht den Dorsalrand
nicht. Der Caudalwulst ist durch die flache Caudalfurche in
einen elliptischen kegelartigen Dorsalhöcker und einen kreis-
runden kegelartigen Ventralhöcker geschieden. Die beiden
letzteren sind wie der Cephalwulst durch glatte Rinnen gegen
den Kantensaum scharf abgesetzt, während sie in die Post-
eentralfurche allmählich hinabsinken. Diese ist bedeutend tiefer
als die Caudal- und Centrocephalfurche und läuft vom Dorsal-
rande aus in gleichmässiger Tiefe, nur in der Mitte der Schale
entsprechend der geringen Convexität der Lateralfläche etwas
ansteigend, dann wieder sich senkend, nach dem ventralen
Theile des Kantensaumes. Während alle Furchen sowie der
Kantensaum glatt sind, besitzen alle Wülste und Höcker feine
Granulation.
Die so beschriebene wohlcharakterisirte Art ist, sowohl
was die Zahl der Individuen anbetrifft, als auch ihrer Verbrei-
634
tung nach, in den Geschieben !) die häufigste und daher zuerst
beobachtete. Ich habe sie in 66 von 115 Geschieben, die sich
auf fast alle Fundorte vertheilen, beobachtet. Die grösste Zahl
unserer Beyrichienkalke ist demnach durch sie charakterisirt.
Neben den typischen Formen finden sich in allen Ge-
schieben, jedoch in geringerer Individuenzahl Formen, bei de-
nen der Ventralhöcker unförmig angeschwollen ist, derartig,
dass er den ganzen Raum zwischen dem Ventralrand und der
Caudalfurche einnimmt. Kantensaum, Umbiegungskante und
Ventralfläche sind daher an dieser Stelle vollständig ver-
schwunden. Ich halte diese sowie die analogen Individuen der
anderen Arten und Varietäten aus den im ersten Theil (p. 627)
angegebenen Gründen für die weiblichen.
Beyrichia tuberculata var. nuda JonEs.
1855. Jones, a. a. O. pag. 87, Plate V, f. 10a, b, 11.
(1862. Boır 52.2. O0. 1-5 162)
1877. Krause, a. a. O. pag. 31.
Diese, mit der typischen Form in demselben Gestein vor-
kommende. Varietät ist durch geringere Grösse und glatte
Wülste ausgezeichnet. Sie kommt selten vor.
Beyrichia tuberculata var. antiguata Jones.
1855. Jones, a. a. O. pag. 87, Plate V.
1867. Krause, a. a. O. pag. 31.
Diese Varietät habe ich nicht beobachtet.
Beyrichia tuberculata gibbosa m.
Taf. XXV, Fig. 2A, B.
Es kommen sehr verschieden grosse Individuen vor, welche
wohl als verschiedene Altersstadien aufzufassen sind. Die
grössten zeigen folgende Verhältnisse:
Länge des Dorsalrandes 3,5 mm.
Grösste Länge beinahe 4 mm.
Breite vorn 1,5— 2, hinten über 2 mm.
Höhe vom Rand bis zum höchsten Punkt des Meta-
cephalwulstes 2 mm.
Der Procephalwulst ist kegelartig gewölbt und überragt
das Niveau des Mesocephalwulstes.. Der Metacephalwulst be-
sitzt in seinem vorderen Theil dieselbe Höhe wie der Meso-
cephalwulst, während das hintere Ende zu einem Buckel an-
!) Man vergleiche über das Vorkommen in den Geschieben bei
allen Formen die Tabelle 1.
635
geschwollen ist, welcher das Niveau des Mesocephalwulstes
bedeutend überragt. Die übrigen Theile der Lateralfläche sind
wie bei 2. tubereulata ausgebildet. Weibliche Individuen kom-
men ebenfalls vor.
Die soeben geschilderten Formen finden sich in Beglei-
tung der Beyrichia tuberculata vor. Doch giebt es auch ein-
zelne Geschiebe, in denen sie diese Art ersetzen (Kalthof 1—5,
Bischofstein 2, Belschwitz 6). In den Geschieben, in denen
beide Formen zusammen vorkommen, ist ein so allmählicher
Uebergang, der sich in der Ausbildung des kegelartigen Pro-
cephalwulstes und des Metacephalbuckels ausspricht, zu be-
merken, dass sich eine scharfe Grenze zwischen der typischen
B. tuberculata und der vorliegenden nicht ziehen lässt. Jones,
welcher allein auch Ansichten der durch ihn beschriebenen
Formen von der Ventralseite her giebt, scheint diese Form
nicht beobachtet zu haben; denn seine Abbildungen zeigen
zwar den kegelartigen Procephalwulst (z. B. a. a. O. Pate V,
f. 5b, 9b, 10a), jedoch niemals den Metacephalbuckel. Die
Figuren 5b, 9b auf Tafel 5 zeigen gerade sehr gut den flachen
Metacephalwulst der typischen B. tuberculata.
Die vorliegende Form ist in neun Geschieben beobachtet
worden, zeigt also eine bei Weitem geringere Verbreitung als
B. tuberculata. Doch ist die Zahl der Individuen in diesen
Geschieben eine nicht unbedeutende.
Beyrichia tuberculosa bigibbosa m.
Tat. XXV, Fig. 3.
Länge des Dorsalrandes 4 mm.
Grösste Länge 4,5 mm.
Breite vorn 2 mm, hinten beinahe 3 mm.
Höhe der beiden Metacephalbuckel 1,5 mm.
Der Procephalwulst ist weniger hoch als bei der vorhin
beschriebenen Art, so dass er den Mesocephalwulst nur wenig
überragt. Der Metacephalwulst trägt statt des einen bei der
vorhergehenden Form erwähnten Buckels deren zwei, welche
durch eine flache Furche getrennt sind. In den übrigen Theilen
der Schale gleicht die vorliegende Form vollständig der vorigen.
Sie kommt nur in einem Geschiebe (Gumbinnen 1) in mehreren
Exemplaren und zwar als einzige Beyrichia vor. Doch sind
ihre morphologischen Charaktere zu wenig von denen der PR.
tuberculaia verschieden, um sie als eine besondere Art aufzu-
fassen. Sie bildet vielmehr, wie sich aus dem Nachfolgenden
ergiebt, eine Uebergangsform zwischen B. tuberculata und B.
Noetlingi. Die grössten Individuen übertreffen die der 2. tuber-
culata ein wenig an Ausdehnung.
636
j3eyrichia Noetlingi-conjuncta m.
Taf. XXV, Fig. 4.
1884. Beyrichia tuberculata var. Gedanensis Kırsow , a.a.0. Bd. VI
Her I, pas, 73, 1. DET:
Länge des Dorsalrandes 4 mm.
Grösste Länge 5 mm.
Breite vorn 2,5 mm, hinten 3 mm.
Höhe der Metacephalbuckel 1,3—1,5 mm.
Der Procephalwulst trägt einen kugelig aufgeblähten Buckel.
Der Mesocephalwulst besitzt zwei nebeneinander gelegene ellip-
tische niedrige Buckel. Der Metacephalwulst trägt auf seinem
vorderen Ende einen isolirten kugeligen Buckel, während auf
seinem hinteren Ende sich wie bei der vorhergehenden Form
zwei dicht nebeneinander gelegene Buckel vorfinden.
Der Ventralhöcker der weiblichen Form ist auf seiner
hinteren dorsalen Seite etwas in die Länge gezogen und an
dieser Stelle etwas höher gewölbt als vorn.
Sämmtliche Wülste sind granulirt. Bei den Buckeln zei-
gen nur die unteren Theile Granulationen, während die oberen
glatt sind.
Vorliegende Form kommt in drei Geschieben (Belsch-
witz 7, Bischofstein 1, Insterburg 1) recht zahlreich mit
Versteinerungen des Beyrichienkalkes, doch ohne Begleitung
anderer Beyrichien vor. Doch ist sie nicht als eine beson-
dere Art, auch nicht, wie Kırsow, der sie bei Danzig ge-
funden hat, es thut, als eine Varietät der B. tuberculata im
gewöhnlichen Sinne aufzufassen. Denn sie kommt mit 2. tu-
berculata niemals in demselben Geschiebe vor, wie ja auch
Kırsow’s Angabe zeigt. Die Formen mit zwei Höckern rechne
ich nicht zu dieser Zwischenform, sondein trenne sie als
eine besondere, oben als Deyrichia tuberculata bigibbosa be-
schriebene Mittelform ab, weil sich auch Geschiebe voründen,
in denen sie allein vorkommt, nach meinen Beobachtungen
sogar nur allein. Ich stelle die vorliegende Form, welche in
ihren Charakteren zwischen der vorhergehenden 2. tuberculata
bigibbosa und der nachfolgenden B. Noetlingi steht, sich jedoch
der letzteren näher anschliesst, in die Nähe von B. Äoetlingi.
Neben der soeben beschriebenen Form kommt in einem
Geschiebe eine andere vor, die statt der beiden elliptischen
Buckel des Mesccephalwulstes eine Reihe nebeneinander lie-
gender kleiner Granulationen zeigt.
In gewisser Hinsicht gleicht die vorliegende Form der von
Krause beschriebenen (a. a. O. pag. 31) und abgebildeten
-(t. I, f. 3) dritten Varietät der Beyrichia tuberculata. Doch
zeigt die Kravse'sche Varietät eine grössere Zahl von Buckeln
637
auf dem Metacephalhöcker. Auch tragen bei der Krause’schen
Abbildung der Centralwulst und der Dorsal- und Ventralköcker
kleine Buckel, die unserer Form fehlen. Ferner hat Kravsz
seine Varietät in einem von den Beyrichienkalken abweichen-
den Gestein beobachtet (a. a. O. pag. 48), während die vor-
liegende Form in drei durch typische Versteinerungen des
Beyrichienkalkes charakterisirten Geschieben beobachtet wor-
den ist.
Beyrichia Noetlingi n. sp.
Taf. XXV, Fig. 5A,B,C.
Länge des Dorsalrandes 4 mm.
Grösste Länge 5 mm.
Breite vorn 2,5, hinten 3 mm.
Höhe der Buckel über 1 mm.
Der Procephalwulst trägt einen kugeligen Buckel, welcher
durch eine Furche von dem vorderen Theil des Wulstes ge-
trennt ist. Auf dem Mesocephalwulst befinden sich zwei
nebeinander liegende Buckel. Der Metacephalwulst besitzt
deren drei, welche ebenfalls nebeneinander liegen. Sämmtliche
Buckel sind von gleicher Gestalt, Grösse und Höhe. Die
Dorsal- und Ventralfurche sowie die zwischen den einzelnen
Buckeln befindlichen Furchen sind gleich breit und tief. Sämmt-
liche Buckel sind am Grunde granulirt, oben glatt.
Die weiblichen Individuen sind durch einen grossen Ventral-
höcker gekennzeichnet, welcher die Umbiegungskante durch-
bricht und sich bis zum Rande nur unter Freilassung der feinen
Randleiste ausdehnt. Dieser Höcker wird durch eine Furche,
die in der Höhe des Kantensaumes auf ihm verläuft, in einen
dorsalen und einen ventralen Theil zerlegt. Der erstere ist auf
seinem dorsalen Hintertheil in die Länge gezogen und höher
gewölbt als vorn.
Schon die kleinsten Individuen zeigen die erwähnte Aus-
bildung des Oephalwulstes. Die beschriebene Art kommt als
einzige in einem Geschiebe von Neudamm bei Königsberg vor,
das im Uebrigen die charakteristischen Versteinerungen des
Beyrichienkalkes in Bruchstücken enthält. Die Individuen sind
gut erhalten und erfüllen alle Theile des überaus grossen Ge-
schiebes. Da die vorliegende Form sowohl in morphologischer
Hinsicht von Zeyrichia tuberculata ausgezeichnet ist, als auch
das Geschiebe, in welchem sie sich findet, sich von allen an-
deren Beyrichienkalken auszeichnet, halte ich sie für eine be-
sondere Art.
638
Beyrichia Bronnin. sp.
Taf. XXV, Fig. 6A, B.
1856. Beyrichia tuberculata Bronn. Lethaea geognostica, Stuttgart
1851-1856, Atlas, t. IX°®, f. 9a--d.
1876. — Pi a Lethaea palaeozoica, 1876, Atlas, t. XIX,
.9a—d.
1883. — — Hoerrnes. Palaeontologie pag. 378, f. 525, d.
Länge des Dorsalrandes 4 mm.
Grösste Länge 5 mm.
Breite vorn 2,5 mm, hinten 3,5 mm.
Höhe der Kegel des Metacephalwulstes 1,5 mm.
Der Kantensaum ist seiner ganzen Ausdehnung nach von
einer runden Kantenleiste eingenommen, welche gegen die
Lateralfläche eine Furche bildet, während sie in die Ventral-
fläche glatt übergeht. Diese Kantenleiste kann besonders auf
der Vorder- und Hinterseite der Schale mit Knötchen be-
setzt sein. .
Der Procephalwulst trägt zwei hintereinander gelegene
Kegel, von denen der dorsale bedeutend kleiner ist als der
ventrale. Der letztere zeigt eine fast kugelförmige Gestalt.
Der Mesocephalwulst zeigt die Andeutung zweier nebeneinander
gelegener Granulationen. Der Metacephalwulst erhebt sich in
seinem hinteren Theil steil aus der Procentral- und Üentro-
cephalfurche und fällt ebenso steil nach der Furche vor der
Kantenleiste ab. Auf diesem steilen hinteren Theil des Meta-
cephalwulstes befinden sich zwei nebeneinander gelegene stumpfe
Kegel, von denen der vordere höher als der hintere ist.
Der Ventralhöcker zeichnet sich zum Unterschiede von
denen der vorhergehenden Formen durch seine kegelförmige
Gestalt aus. Sämmtliche Wülste sind fein granulirt, ebenso
wie die unteren Theile der Kegel e Auf der Ventralfläche läuft
mit der Umbiegungskante parallel eine Furche.
Die soeben beschriebene Form ist schon in der Lethaea
geognostica von Bronn als Beyrichia tuberculata abgebildet
worden. Doch sind die Merkmale, welche sie von dieser
unterscheiden, wesentlich. Einerseits erreichen die Individuen
der B. tuberculata niemals die Grösse der vorliegenden For-
men. Ferner zeigen schon sehr kleine Individuen, die bedeu-
tend kleiner sind als die grössten der BD. tuberculata, die oben
geschilderten Kegel des Cephalwulstes.. Schliesslich kommt
B. Bronni niemals mit B. tuberculata in demselben Geschiebe
zusammen vor, sondern unterscheidet die betreffenden Kalke,
in denen sie sich findet, von allen anderen. Daher halte ich
die vorliegende Form für eine selbstständige Art.
Weibliche Individuen finden sich auch. In einem Geschiebe
(Belschwitz 6) kommen Individuen vor, deren vordere Ventral-
639
ecke sehr scharf ausgeprägt ist. Ferner zeigt der Procephal-
wulst nicht die bei der typischen Art vorkommenden beiden
Kegel, sondern ist in das Niveau des Mesocephalwulstes hinab-
gesunken. Ein Individuum zeigt wohl die grösste Länge,
welche man überhaupt bei Beyrichien beobachtet hat, nämlich
5,3 mm (Fig. 6B).
Beyrichia Baueri tripartita m.
Länge des Dorsalrandes 4,5 mm.
Grösste Länge 5 mm.
Breite vorn 2,8, hinten 3,5 mm.
Höhe der Kegel des Metacephalwulstes beinahe 2 mm.
Auf der Kantenleiste stehen bei vielen Individuen Knöt-
chen. Gegen die Lateralfläche bildet die Kantenleiste ihrer
ganzen Erstreckung nach eine scharfe Furche, in die Ventral-
fläche geht sie glatt über. Während der Cephalwulst sich
auf der Vorderseite allmählich aus der vor der Kantenleiste
sich hinziehenden Furche erhebt, fällt er gegen die Praecentral-
furche scharf ab. Auf seiner Hinterseite steigt der Cephal-
wulst steil aus der Centrocephal- und Postcentralfurche empor
und sinkt nach der Ventralseite senkrecht in die Furche vor
der Kantenleiste hinab. Eine weitere Dreitheilung des Cephal-
wulstes durch Furchen ist nicht vorhanden, doch ist eine solche
dadurch angedeutet, dass auf dem Dorsalende ein zweitheiliger
Kegel, entsprechend dem Procephalbuckel der vorhergehenden
Art, in der Mitte zwei nebeneinander liegende Granulationen,
entsprechend dem Metacephalwulst, das Niveau des Cephal-
wulstes überragen. Der Ventraltheil, dem Metacephalwulst
entsprechend, trägt auf seinem vorderen flachen Theil eine
Reihe von kleinen Granulationen, auf seinem hinteren empor-
gehobenen zwei spitze Kegel, von denen der vordere der höhere
ist. Der Ventralhöcker ist wie bei der vorhergehenden Art
kegelförmig entwickelt. Schon die kleinsten Individuen, die
eine Länge von 2 mm haben, zeigen die soeben beschriebene
Ausbildung, unterscheiden sich also wesentlich von denen der
vorigen Art. Da die vorliegende Form stets mit der nach-
folgenden zusammen vorkonmt und sich auch morphologisch
von derselben wenig unterscheidet, so ist sie nicht als besondere
Art aufzufassen, sondern als eine Mittelform zwischen der
vorhergehenden B. Bronni und der nachfolgenden B. Baueri.
Die Wülste sind sämmtlich glatt. Weibliche Individuen sind
ebenfalls beobachtet worden.
Einzelne Individuen zeichnen sich durch sehr hohe, spitze
Kegel auf dem Ventraltheil des Cephalwulstes aus.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VII. 3. 36
640
Beyrichia Baueri n. sp.
Taf. XXV, Fig. 7A,B.
Die Grössenverhältnisse sind genau dieselben wie bei der
vorhergehenden Zwischenform. Ein Unterschied besteht in
morphologischer Hinsicht nur darin, dass die beiden dem Meso-
cephalwulst entsprechenden Granulationen fast vollständig ver-
schwunden sind. Daher bildet die vorliegende Form hinsicht-
lich der Rückbildung der drei Theile des Cephalwulstes ein
Extrem und ist also als besondere Art aufzufassen, da sie auch
mehrere Geschiebe charakterisirt. Mit Zeyrichia Bronni ist
sie niemals zusammen beobachtet worden. Nur in einem Ge-
schiebe kommt sie mit einigen Exemplaren von eyrichia tuber-
culata gibbosa zusammen vor (Wormditt 2).
Beyrichia tuberculato-Buchiana m.
Taf. XXV, Fig. 8A, B.
1877. Beyrichia tuberculata KrAusE pars. a.a.0. pag. 31.
Schon Krauss erwähnt, dass die Dreitheilung des Cephal-
wulstes (= hinterer Wulst Krause) bald mehr bald weniger
deutlich bei B. tuberculata ausgeprägt sein kann. Bei den
Individuen, welche ich mit dem obigen Namen belegt habe,
um die einzelnen Mittelformen zwischen Beyrichia tuberculata
und B. Buchiana genauer auseinander zu halten, sind die
Dorsal- und Ventralfurche nur noch andeutungsweise vorhanden.
In den übrigen Theilen der Schale gleichen diese Formen voll-
ständig der typischen 2. tuberculata. Derartige Individuen
kommen übrigens nicht in allen Geschieben, in denen sich B.
tuberculata findet, vor, sondern nur in einzelnen. Besonders
zahlreich aber habe ich sie in einem Geschiebe (Crossen)
beobachtet. In der Grösse stimmen sie mit 2. tuberculata
beinahe völlig überein. Länge 3 mm.
Beyrichia Buchiano-iuberculata.
Taf. XXV, Fig. 9A, B.
Länge des Dorsalrandes 3,5 mm.
Länge 4 mm.
Breite vorn 2,5, hinten 3 mm.
Die vorliegende Forın steht der B. Buchiana näher, weil
der Cephalwulst keine Spur einer weiteren Theilung mehr
erkennen lässt. Der Unterschied von der B. Buchiana latia
besteht nur darin, dass die Centrocephalfurche bei der vorlie-
genden Form noch ebenso tief ist als bei B. tuberculata. In
der Grösse steht sie der B. tuberculata ebenfalls näher. Sie
kommt vereinzelt in Begleitung der 2. tuberculata gibbosa vor.
(Wormditt 2.)
EL Fin
Beyrichia Buchiana var. lata m.
Taf. XXV, Fig. 10.
1855. Beyrichia Kloedeni M' Cov JonEs pars.
1855. B. Kloedeni var. antiquata Jones a. a. O. t. Vl, f.5 0)
1877. B. Buchiana Jones pars KRAUSE a. a. O. pag. 32.
Länge 3 mm.
* Dorsalrand 3,7 mm.
Breite vorn 2, hinten 2,5 mm.
Diese Form schliesst sich an die vorhergehende eng an,
da der Cephalwulst ebenfalls völlig ungetheilt ist. Doch ist
die Centrocephalfurche fast völlig rückgebildet, so dass Cephal-
und Centralwulst vereinigt sind. Alle Wülste sind fein gra-
nulirt. Die Umbiegungskante trägt Knötchen. Der Caudal-
wulst zeigt nur eine Andeutung von Zweitheilung, die bei
allen bisherigen Formen noch deutlich ausgeprägt war. Vor-
liegende Form gleicht sehr der von Joxes als 2. Kloedeni var.
antiquata beschriebenen und abgebildeten. Auch Krause er-
wähnt Formen von 2. Auchiana mit „breiten Leisten“, die der
B. Kloedeni antiquata Joxes (Jones a. a. O. Plate VI, f. 8)
gleichen. Ich halte daher die von Krause erwähnten Formen
für identisch mit der vorliegenden.
Die soeben beschriebene Form kommt meistens nur ver-
einzelt mit anderen Varietäten der 3. Duchiana zusammen vor.
Doch finden sich auch Geschiebe, in denen sie vor allen Va-
rietäten vor der typischen Form vorwiegt (Belschwitz 32,
Insterburg 9, Tilsit).
Beyrichia Buchiana var. angustata m.
Taf. XXVI, Fig. 11A, B.
Länge des Dorsalrandes 2,7 mm.
Länge 2,7 mm.
Breite vorn 1.5, hinten 2 mm.
Der Cephalwulst beginnt seitlich sich zusammenzuziehen.
Daher ist er in seinem dorsalen Theile leistenförmig gestaltet.
Der ventrale Theil desselben ist dagegen noch in derselben
Breite wie bei der vorhergehenden Form vorhanden. Es ent-
steht daher an der Vereinigungsstelle auf der vorderen Seite
des Cephalwulstes ein nach vorn offener Winkel. Diese Va-
rietät tritt fast ebenso häufig wie die typische Art und mit
ihr zusammen in denselben Geschieben auf.
Beyrichia Buchiana var. incisa m.
Taf. XX VI, Fig. 12A, B.
Die Grösse ist noch ein wenig geringer als die der vo-
rıgen. Der Cephalwulst ist auch in seinem ventralen Theile
36*
642
verschmälert. Von der Vorderseite her, etwa an der Stelle,
wo bei der vorhergehenden Varietät der Winkel auftritt, zieht
sich ein Einschnitt in ihn hinein, dessen Grenzen dadurch
scharf gekennzeichnet sind, dass die Granulationen des Wulstes
genau dem Umrisse des Einschnittes folgen, ihn selbst also
freilassen. Der Caudalwulst zeigt einen ähnlichen Einschnitt
von der Hinterseite her. Diese Varietät ist vereinzelt in Ge-
schieben mit anderen Varietäten der B. Buchiana und mit
dieser selbst zu beobachten.
Beyrichia Buchiana Jones.
Taf. XXVI, Fig. 13A.
1855. Jones ex parte. Ann. and Mag., a. a. O. pag. 86, Plate V,
f. 1a, b und 2.
1862. Boıı, a. a. O. pag. 128, f. 5 auf der Tafel.
1862. RoEMER, a. a. O. pag. 602.
1869. Karsten, a. a. O. pag. 58, t 20, f. 3a.
1877. Krause, a. a. O. pag. 32, t 1. f. 14a, b.
1869. Kormopın, a a 0. pag. 137.
1884. Kırsow, a. a. O. pag. 73.
Dorsalrand 2,7—3 mm.
Länge 3 mm.
Breite vorn 1,5, hinten 2 mm.
Bei dieser Art hat die Verschmälerung aller drei Wülste -
ihr Maximum erreicht. Ebenso ist die Verschmelzung des
Cephal- und Centralwuistes durch die Hufeisenform, welche
beide bilden, von allen bisher beschriebenen Formen am deut-
lichsten ausgeprägt. Mitunter zeigt der Caudalwulst noch die
Andeutung einer Quertheilung, doch niemals in dem Maasse
wie bei B. Buchiana lata angustata und incisa. Krause's Beob-
achtung von Individuen mit glatten und granulirten Leisten
kann ich bestätigen. Auffallend ist, dass die weiblichen Indi-
viduen der Formen mit granulirten Wülsten wohl einen gra-
nulirten Cephalwulst und Dorsalhöcker, dagegen einen glatten
Ventralhöcker besitzen. Bei Beyrichia Buchiana ist von allen
Formen der Cephaltheil am meisten in Bezug auf den Caudal-
theil verschmälert. Die Ventralfläche zeigt bei allen Varietäten
der Beyrichia Buchiana keine sie von B. tuberculata unter-
scheidende Merkmale. B. Buchiana ist eine wohlcharakte-
risirte Art, da sie die Rückbildung der Wülste zu schmalen
Leisten in extremster Form zeigt. Ferner besitzt sie nach B.
tuberculata und Wilkensiana die grösste Verbreitung in den
Geschieben und charakterisirt eine Reihe von ihnen durch ihr
alleiniges oder zahlreiches Auftreten (z. B. Belschwitz 30,
Rosenberg 1, Insterburg 3).
643
Beyrichia tuberculato-Kochiana m.
Taf. XXVI, Fig. 14.
Länge des Dorsalrandes 2 mm.
Länge 2 mm.
Breite vorn 1,5, hinten 1,5 mm.
Der Cephalwulst ist auf seinem Dorsalende verbreitert
und abgerundet. Ferner zeigt er keine weitere Theilung. Der
Centralwulst ist verbreitert. Daher sind die Prae- und Post-
centralfurche sehr verschmälert. Der Caudalwulst ist durch
die Caudalfurche in einen Dorsal- und Ventralhöcker zerlegt,
wie bei B. tuberculata. Die Oberfläche aller Wülste ist fein
gerunzelt. Die Ventralfläche ist wie bei B. tuberculata aus-
gebildet. Die vorliegende Form, welche in ihren Charakteren
zwischen B. tuberculata und B. Kochü steht, kommt sehr ver-
einzelt mit 3. tuberculata und B. Maccoyana zusammen vor.
Beyrichia Kochiti BoLL.
Taf. XXVI, Fig. 15.
1862. Bor, a. a. O. pag. 121, f. 2
1877. Krause, a. a. O. pag. 83, t. I, f. 15.
1884. Kırsow, a. a. O. pag. 73.
Länge des Dorsalrandes 1,7 mm.
Länge 2 mm.
Breite 1,5 mm.
Die Andeutung einer Theilung des Cephalwulstes in Pro-,
Meso-, und Meta-Cephalwulst ist vorhanden. Doch verlaufen
die Dorsal- und Ventralfurche nicht wie bei 2. tuberculata über
die ganze Breite des Oephalwulstes, sondern die erstere nur
auf eine kurze Strecke in dorsoventraler Richtung, die letztere
von vorn nach hinten, ohne jedoch die Vorder- und Hinterseite
des Wulstes zu erreichen. Der Centralwulst ist allseitig ver-
breitert und der Caudalwulst ungetheilt. Der Kantensaum ist
an der Stelle, wo die Postcentralfurche auf ihm ausläuft, durch
ein dreieckiges, von Cephal- und Caudalwulst begrenztes Stück
der Lateralfläche verbreitet. Kantensaum und Ventralfläche
sind mit radialer Strichelung versehen. Diese der B. Maccoyana
sehr nahestehende Form kommt sehr vereinzelt in zwei Ge-
schieben mit B. tuberculata, beide Male mit B. Maccoyana lata
zusammen vor, dagegen nicht mit B. Maccoyana (Belschwitz 30,
Wormditt 2).
Beyrichia Maccoyana Jones.
Taf. XXVI, Fig. 16.
1855. Jones, a. a. O. pag. 88, Plate V, f. 14.
Beyrichia Dalmaniana Jones, pag. 88, Plate V, f. 13.
644
1862. Beyrichia Dalmaniana, elegans et hians Bor, a.a.0. pap. 127,
134,189 156, 1.152.920...
1862. — Dalmaniana et Maccoyana RoEMER, Diluvialgeschiebe p. 602.
1877. — Maccoyana Krause, a. a. O. pag. 34, f. 16a, b
1873. KoLMmoDIn, a. a. OÖ. pag. 138.
1884. Kırsow, a. a. O. pag. 74.
Länge 2 mm.
Breite vorn 1, hinten 1,5 mm.
Der dorsal verbreiterte und abgerundete Cephalwulst steht
mit dem flachen und breiten Centralwulst in losem Zusammen-
hang. Der Caudalwulst ist noch völlig durch die Postcentral-
furche vom Cephal- und Centralwulst abgetrennt. Die Post-
centralfurche endet in eine vor dem Kantensaum liegende Ver-
tiefung. Der Cephalwulst zeigt unregelmässige Runzelung. Die
Umbiegungskante ist sehr scharf ausgeprägt, da der Umbie-
gungswinkel sehr spitz ist. Kantensaum und Ventrallläche sind
radial gestrichelt; doch ist diese Strichelung viel deutlicher
als bei B. Kochü. Die vorliegende Form ist sehr leicht von
allen anderen Arten zu unterscheiden. Sie begleitet viele andere
Beyrichienarten, jedoch gewöhnlich in geringer Individuenzahl.
In einzelnen Geschieben herrscht sie jedoch auch vor (z. B.
Wormditt 4). Weibliche Individuen selten.
Beyrichia Maccoyana var. sulcata m.
Taf XXVI, He 17a BR
Der Unterschied von der vorhergehenden Form besteht
darin, dass der Cephalwulst durch eine Furche, die auf der
Hinterseite beginnt, eine Strecke mit dem Dorsalrande der
Schale parallel läuft, dann rechtwinklig nach unten umbiegt
und auf dem ventralen Kantensaum ausgeht, in zwei Theile
zerlegt wird.
Die weiblichen Individuen, welche zahlreicher als die
männlichen vorkommen, haben wie bei allen anderen Arten
einen grossen Ventralhöcker. Auf demselben verläuft in der
Ebene des Kantensaumes eine Furche, ähnlich wie bei B.
Noetlingi 2.
Die beschriebene Form findet sich neben der typischen
besonders häufig in einem Geschiebe (Wormditt 4).
Beyrichia Maccoyana var. lata m.
Taf. XXVI, Fig. 181) A, B, C.
Die Wülste sind allseitig verbreitert, so dass die Furchen
sehr verschmälert werden. Derartige Formen stehen in der
») Die von Kırsow neubeschriebene Varietät der B. Maccoyana
dürfte nach der Abbildung a. a. O. t. IV, f. 6 die weibliche Form von
B. Maccoyana lata m. sein (?).
645
Mitte zwischen B. Maccoyana und B. Salteriana. Sie kommen
nur in zwei Geschieben zusammen mit B. Kochü vor (Belsch-
witz 30, Wormditt 2). Die Grössenverhältnisse der beiden
letzten Varietäten stimmen mit denen von B. Maccoyana völlig
überein.
Beyrichia Salteriana Jones.
Taf. XXVI, Fig. 19 A, B.
1855. Jones, a. a. O. pag. 89, plate V, f. 15 u. 16.
1862. Bor, a.a. O. pag. 135, f 12.
1862. RoEMER, a. a. O. pag. 602.
1867. Linpström, Nomina etc. pag. 2.
1869. Karsten, a. a. O. pag. 58, t. 20, f. 3b.
1874. FEISTELMANN , a. a. O. pag. 7.
1877. Krause, a. a. O. pag. 35, t. 1, f£. 17a, b.
1884. Kırsow, a. a. O. pag. 78.
Länge des Dorsalrandes 1,5 mm.
Länge 1,5 mm.
Breite 1,5 mm.
Der Umriss der Schale ist halbkreisförmig. Die Ober-
fläche ist convex. Alle drei Wülste sind breit, so dass die
Furchen zwischen ihnen äusserst schmal geworden sind. Daher
berühren sich Cephal- und Caudalwulst und der Centralwulst
erreicht hier den Dorsalrand der Schale, was bei keiner der
vorhergehenden Arten der Fall war. Der Kantensaum und
die Ventralfläche, beide äusserst schmal, zeigen eine feine
radiale Strichelung. Die weibliche Form kommt selten vor.
Beyrichia Salteriana ist die einzige Art, welche nicht variirt.
Sie ist daher von allen anderen sehr scharf zu unterscheiden.
Sie kommt mit vielen anderen Arten zusammen vor und zwar
meistens in wenigen Exemplaren; doch giebt es auch Ge-
schiebe, welche durch sie allein oder durch die grosse Zahl
der Individuen charakterisirt sind.
Beyrichia Bolliana n. sp.
Taf. XXVl, Fig. 20.
1855. Beyrichia Kloedeni Jones pars, a. a. 0). pag. 165, Plate VI,
Bud):
Länge 2 mm.
Breite 1,5 mm.
Der Umriss der Schale ist beinahe halbkreisförmig. Der
CGephalwulst, welcher in seiner Mitte eine von vorn nach hinten
gehende Furche aufweist, beginnt am Dorsalrande mit drei
Zipfeln. Der Centralwulst ist durch eine breite Praecentral-
furche und eine flache Centrocephalfurche vom Cephalwulst
getrennt. Der Caudalwulst ist vom Centralwulst durch eine
646
sehr schmale Postcentralfurche geschieden. Der Caudalwulst
beginnt auch mit zwei dorsalen Zipfeln. Er erreicht die ventrale
Umbiegungskante nicht, sondern wendet sich an seinem Vorder-
ende dorsalwärts von derselben ab. Dadurch entsteht zwischen
dem Cephal- und Caudalwulst eine Verbreiterung des Kanten-
saums, wie sie schon bei Beyrichia Maccoyana vorhanden war.
Die Oberfläche aller Wülste ist fein granulirt. Der Kanten-
saum ist mit feinen Knötchen besetzt. Eiue gewisse Aehn-
lichkeit hat vorliegende Form mit B. Maccoyana. Doch fehlt
ihr die radiale Strichelung des Kantensaums und der Ventral-
fläche; vielmehr trägt ersterer feine Knötchen. Ein fernerer
Unterschied von B. Maccoyana wird durch die Zipfel des
Cephal- und Oaudalwulstes gegeben. Auch einigen von JoxEs
als B. Kloedeni abgebildeten Formen (pl. VI, f. 7 u. 9) nähert
sich die vorliegende. Doch bilden auch hier die erwähnten
Zipfel einen wesentlichen Unterschied.
B. Bolliana kommt mit der nachfolgenden ihr nahestehen-
den Form in einem Geschiebe (Belschwitz 37) vor, welches
unzweifelhaft zu den Beyrichienkalken zu zählen ist, da Caly-
mene Blumenbachü, Chonetes striatella und Irhynchonella nucula
sich darin vorfinden.
Da die soeben beschriebenen Formen morphologisch mit
keiner der bisher bekannten Arten übereinstimmen, so halte ich
sie, weil sie das Geschiebe auch vor den anderen Beyrichien-
kalken auszeichnen, für eine besondere Art.
Beyrichia Bolliana umbonata m.
Taf, XXVI, Fig. 21.
1856. Beyrichia Jonesü (2) BoLL, Diese Zeitschr. VIII, p. 321— 324.
1862. — — () Borr, Archiv etc. XVI, pag. 134, f. 8.
Länge des Dorsalsandes 2 mm.
Länge 2 mm.
Breite 1,5 mm.
Diese Form nimmt eine Mittelstellung zwischen 2. Mac-
coyana, Kloedeni und Jonesü ein. Cephal- und Caudalwulst
sind ventral völlig verschmolzen, so dass der Oentralwulst, der
vorn durch eine breite Praecentral-, hinten durch eine schmale
Postcentralfurche und ventral durch die Vereinigung beider
abgegrenzt wird, völlig isolirt ist. Ein Kantensaum ist nicht
vorhanden, da die Umbiegungskante mit der Grenze der beiden
Wülste zusammenfällt. Die Ventralfläche ist sehr schmal und
völlig glatt, wie die Wülste. Der cephale Theil beider vereinig-
ten Wülste trägt eine von vorn nach hinten verlaufende Leiste.
Ebenso tragen beide Wülste dorsal drei und zwei Zipfel. Eine
gewisse Aehnlichkeit mit 3. Jonesii ist vorhanden, jedoch bilden
647
die erwähnten Zipfel und der Mangel eines gestrichelten Kan-
tensaumes unterscheidende Merkmale.
Die beschriebene Form kommt als einziges Petrefact in
einem Geschiebe von brauner Farbe vor, welches petrogra-
phisch dem Graptolithengestein ähnlich ist (Bischofstein 10).
Da sie jedoch auch noch mit 2. Dolliana zusammen in einem
Geschiebe vorkommt, da ferner die Unterschiede zwischen
diesen beiden Formen bedeutend geringer sind als zwischen
der letzteren und 2. Kloedeni, B. Maccoyana und D. Jonesü
andererseits, so halte ich die vorliegende Form namentlich wegen
der Uebereinstimmung mit 2. Zolliana in den Zipfeln am dor-
salen Ende der beiden Wülste für eine Varietät der 2. Bolliana.
Da jedoch zu wenig Geschiebe bekannt sind, in denen die bei-
den zuletzt beschriebenen Formen vorkommen, so ist es mög-
lich, dass bei reichhaltigerem Material noch Formen gefunden
werden könnten, die einen näheren Zusammenhang mit der
einen oder der anderen der schon näher bekannten Arten (2.
Kloedeni, Maccoyana und Jonesü) darthun würden.
Beyrichia Wilkensiana Jonss.
Taf. XXVI, Fig. 23.
1769. Trilobitae genus, ohne Species-Bezeichnung; Wırkens, Nach-
richten von seltenen Versteinerungen, Berlin - Stralsund,
3. Sendschreiben, pag. 77, t. VII, f. 39.
1854. Battus tuberculatus KLOEDEN ex parte, a. a. 0. t. J, f. 18.
1855, Beyrichia Wilkensiana Jones, a a. O. pag. 98, t.V, f. 17—21.
1858. — — ScHmipt, a. a. O. pag. 195.
18622. — — RoEMmER, Diluv. Geschiebe pag. 602.
Ver KARSTEN, a. a. O. pag. 58, t. ‘20, f. 31.
187%. —- — Krause, a. a.0. pag. 35-36, t. I. f. 18a, b.
18834. — — Kıesow, a.a 0. pag. 74.
Länge des Dorsalrandes 3,5 mm.
Breite vorn 1,7 mm, hinten 3 mm.
Der Umriss der Schale ist oblong. Das Kopfende ist
schmäler als das Hinterende. Prae- und Postcentralfurche
reichen etwa bis in die Mitte der convexen Lateralfläche und
begrenzen vorn und hinten den ventral in die Lateralfläche
übergehenden Centralwulst. Zwischen Kantensaum und Lateral-
fläche verläuft eine Furche, von welcher sich auf dem vorderen
Ende der Schale eine in den Vordertheil der Lateralfläche
verlaufende Furche abzweigt. Ferner verläuft auf dem Vorder-
ende der Lateralfläche vor der Praecentralfurche eine der letz-
teren parallele Einsenkung bis in die Mitte der Schale. Eine
Ventralfläche fehlt. Der Kantensaum trägt an seinem äussersten
Rande eine feine Leiste, längs welcher die Schalen sich be-
rührten. Die weibliche Form habe ich nicht beobachtet.
645
Diese von allen übrigen Arten scharf unterschiedene 2ey-
richia kommt mit den meisten derselben zusammen vor, jedoch
am häufigsten mit #eyrichia tuberculata. Eine grosse Menge
von Beyrichienkalken wird durch sie charakterisirt. In einem
Geschiebe habe ich auch 2. Wilkensiana var. plicata JonEs
zahlreich beobachtet (Güldenboden 2).
Beyrichia dubia m.
Taf. XXVI, Fig. 22.
Länge des Dorsalrandes 3 mm.
Länge 3 mm.
Breite vorn 1,7, hinten 2 mm.
Der Cephalwulst ist wie bei 2. tuberculata ausgebildet;
nur erhebt er sich vom Kantensaum aus allmählich, während
er nach der Praecentralfurche steil abfällt. Die Dorsal- und
Ventralfurche setzt am Hinterrande des Cephalwulstes ein,
erreicht jedoch den Vorderrand nicht. Ferner trägt der Cephal-
wulst an seinem hinteren Ende einem Zipfel. Der Central-
wulst beginnt mit einer dorsalen Zuspitzung und steht ventral
mit dem Cephalwulst in Verbindung, die aber durch eine
Centrocephalfurche unvollkommen gelassen wird. Der Caudal-
wulst beginnt an seiner vorderen Dorsalseite mit einem Zipfel,
fällt nach der Postcentraliurche ebenfalls steil ab, nach dem
Kantensaum allmählich. Der Kantensaum, welcher feine Knöt-
chen trägt, ist an der Stelle, wo die Postcentralfurche auf ihm
mündet, nach ihr zu verbreitert, da der Caudalwulst sich
dorsalwärts von ihm abwendet. Die Postcentralfurche wird
durch eine Leiste zwischen Oentral- und Caudalwulst unter-
brochen. Die Ventralfläche ist besonders breit ausgebildet.
Nicht nur die Wülste, sondern auch die Furchen sind granulirt.
Diese eigenthümlich ausgebildete Form habe ich nur in einem
Exemplar in einem Geschiebe von Romehnen (4) beobachtet
und zwar zusammen mit D. Wilkensiana und tuberculata. Durch
die breite Ventralflläche und den ungetheilten Caudalwulst unter-
scheidet sie sich von 2. tuberculata. Da nur ein Exemplar
vorliegt, so hat sie vorläufig keine Bedeutung. Ihr ist mit
Sicherheit kein Platz in der Reihe der beschriebenen Formen
anzuweisen.
III. Allgemeine Betrachtungen.
Nach morphologischen Merkmalen lassen sich zunächst die
im vorigen Abschnitt beschriebenen Beyrichienformen in fünf
Gruppen anordnen. Die erste derselben umfasst die Nummern
1—5: DBeyrichia tuberculata, tuberculata gibbosa, tuberculata
649
bigibbosa, Noetlingi conjuncta, Noetlingi; die zweite die Num-
mern 1 und 6-8: Z. tuberculaia, Bronni, Baueri tripartita,
Baueri; die dritte die Nummern 1 und 9—14: 2. tuberculata,
tuberculato-Buchiana , Buchiano-tuberculata, Buchiana lata, Bu-
chiana angustata, Buchiana incisa, Buchiana; die vierte die
Nummern 1 und 15—20: 2. tuberculata, tuberculato-Kochiana,
Kochiü, Maccoyana, Maccoyana sulcata, Maccoyana lata und Sal-
teriana. Dazu kommt noch eine fünfte Gruppe von Formen,
welche sich weder mit einer der in den genannten Gruppen
befindlichen Formen morphologisch in Zusammenhang bringen
lassen, noch auch untereinander in einer näheren morpholo-
gischen Beziehung stehen; es sind das die Nummern 21 — 24:
Beyrichia Bolliana, Bolliana umbonata, Wilkensiana, Wilkensiana
plicata, dubia.
In jeder der vier ‘ersten Gruppen spricht sich ein be-
stimmtes Gestaltungsgesetz aus, das in der stetigen Umformung
gewisser charakteristischer Schalentheile, nämlich der drei Haupt-
wülste (Cephal-, Central- und Caudalwulst) besteht. .Bey-
richia tuberculata ist für alle vier Gruppen der Typus. In der
ersten Gruppe findet das Gestaltungsgesetz seinen Ausdruck
in der weiteren Theilung und Umbildung des Pro-, Meso- und
Metacephalwulstes. Diese Umbildung erreicht in 5. Noetlingi
ihr Extrem. In der zweiten Gruppe fehlen entschieden einige
Zwischenglieder zwischen BD. tuberculata und Bronni, doch ist
der Zusammenhang noch deutlich nachweisbar. Es handelt
sich hier um die Ausbildung von Procephal- und Metacephal-
kegeln. Das Extrem ist DB. Baueri. In der dritten Gruppe
herrscht das Princip der Verschmälerung der drei Wülste; mit
BD. Buchiana erreicht dieselbe ihr Maximum. In der vierten
Reihe endlich geht eine allmähliche Verbreiterung und Ver-
flachung der drei Wülste vor sich, welche bei BD. Salteriana
das Maximum erreichen.
Während ferner bei den beiden ersten Reihen mit fort-
schreitender Umformung der Wülste eine Grössenzunahme der
Schale stattfindet, herrscht in den beiden anderen Gruppen die
Tendenz zur Verkleinerung der Schale mit steigender Ver-
schmälerung oder Verbreiterung der Wülste.
Eine isolirte Stellung nehmen vorläufig die einzelnen Glie-
der der fünften Gruppe ein, B. Bolliana zusammen mit B.
bBolliana wmbonata, von denen jedoch die eine an B. Mac-
coyana oder Kloedeni, die andere an B. Jonesü Anschluss finden
dürfte; ferner DB. Wilkensiana mit B. Wilkensiana plicata, die
nach einem ganz abweichenden Typus gebaut sind, und schliess-
lich B. dubia, die wohl nach dem Typus von B. tuberculata
gebaut ist, doch einen näheren Zusammenhang mit derselben
nicht zu haben scheint.
650
Im Besonderen durchläuft die Umbildung des Cephal-
wulstes in der ersten Gruppe folgende Stadien:
1) Pro-, Meso- und Metacephalwulst ungetheilt und all-
seitig von gleichem Niveau: D. tuberculata.
2) Procephalwulst überragt das Niveau des Mesocephal-
wulstes; Metacephalwulst mit einem Höcker auf seinem hin-
teren Ende: BD. tuberculata gibbosa.
3) Procephalwulst überragt das Niveau des Mesocephal-
wulstes; Metacephalwulst mit zwei, dicht nebeneinander ge-
legenen Höckern auf seinem hinteren Ende: B. tuberculata
bigibbosa.
4) Procephalwulst ein den zweigetheilten Mesocephalwulst
überragender Buckel. Metacephalwulst mit zwei dicht neben-
einander gelegenen Buckeln auf dem Hinterende und einem
isolirten Buckel auf dem Vorderende: .B. Noetlingi conjuncta.
5) Procephalwulst zu einem kugeligen Buckel angeschwol-
len, von gleichem Niveau wie der aus zwei gleichen Buckeln
bestehende Meso- und der aus drei gleichen Buckeln bestehende
Metacephalwulst. Furchen zwischen den Buckeln gleich breit
und tief: .D. Noetlingi.
Man bemerkt, dass bei jedem neuen Gliede ein neues
Merkmal hinzukomnt, das sich bei dem folgenden weiter aus-
bildet, bis schliesslich eine Form entsteht, bei welcher alle
neuen Merkmale gleichartig entwickelt sind.
Diese morphologische Reihe erhält aber noch eine tiefere
Bedeutung, wenn man die Aufmerksamkeit auf die Verbreitung
der einzelnen Glieder derselben in den Geschieben lenkt. Zum
Zwecke einer derartigen Betrachtung ist die nebenstehende
Tabelle zusammengestellt, in welche die Analysen der einzelnen
Geschiebearten derart untereinander eingetragen sind, dass man
sofort die zusammengehörigen Gruppen übersehen kann.
1) findet man diejenigen Geschiebe aufgeführt, welche
Glieder der ersten Gruppe mit Ausnahme von Beyrichia tu-
berculata enthalten; 2) diejenigen, welche Glieder der zweiten
Gruppe zusammen mit Gliedern der dritten und vierten ent-
halten; 3) folgen diejenigen Geschiebe, in denen D. tuber-
culata sich allein vorfindet; 4) bemerkt man diejenigen Ge-
schiebe, welche B. tuberculata und Wükensiana enthalten ;
5a) B. tuberculata, Wilkensiana und Glieder der Gruppe 3 u.4;
5b) B. tuberculata und Glieder der Gruppe 3u.4; 6) 5b. Wil-
kensiana und Glieder der Gruppe 3 u. 4; 7) B. Wilkensiana
allein; 8) nur Glieder der Gruppe 3 u. 4; 9) B. Buchiana
allein; 10) Gruppe B. Bolliana.
Die Tabelle zeigt, dass B. tuberculata, der Typus aller
4 Gruppen überhaupt, in 67 von 115 Geschieben vorkommt
m ae en nn nn nn nn
651
und zwar in 32 allein (nämlich in Belschwitz 12, 15, 15—20,
22—24; Rosenberg 2; Elbing, Kalthof 8; Germau, Spittel-
„park 1, 2; Julchenthal 1, 2, 4, 5; Friedländer Thor (Königs-
berg); Bischofstein 3, 4; Wehlau 1, 2; Insterburg 2, 3, 5;
Gumbinnen 2; Claussen 1, 2). Unter den übrigen 35 Ge-
schieben giebt es zwei, in welchen BD. tuberculata ausser von
-Gliedern anderer Gruppen von solchen der ersten und zweiten
begleitet wird. In 33 Geschieben fehlen Glieder der beiden
ersten Gruppen ausser D. tuberculata überhaupt.
Vorläufig kommen nur die 32 Geschiebe, in welchen B.
tuberculata die einzige Beyrichie ist, und die beiden Geschiebe,
in welchen Glieder der ersten und zweiten Gruppe sich finden,
in Frage. Das eine (Wormditt 2) enthält von Beyrichien der
Gruppe 1 und 2 B. tuberculata, tuberculata gibbosa und Baueri.
Es ist nun zu bemerken, dass D. Baueri im Gestein vorherrscht,
während die beiden anderen Formen ganz vereinzelt vorkom-
men. Das andere (Belschwitz 8) enthält nur Formen der
ersten Gruppe, nämlich BD. tuberculata, welche vorwiegt, und
B. tuberculata gibbosa, die selten vorkommt, dazu kommen
noch Glieder anderer Gruppen (3 und 4) und B. Wilkensiana.
Es ergiebt sich also in Bezug auf D. tuberculata, dass
diese Art in einer gewissen Periode ihrer Entwickelung als
einzige Beyrichien-Form auftritt, ferner dass sie nur mit dem
ihr am nächsten stehenden Gliede der ersten Gruppe in dem-
selben Gestein vorkommt und zwar entweder vorherrschend
oder gleichzeitig mit diesem Gliede spärlich. Das letztere ist
da der Fall, wo sie mit Gliedern der zweiten Gruppe in einem
Gestein vorkommt. Wichtig aber ist, dass weder B. tu-
berculaia noch die ihr nahe stehende BD. tuberculata gibbosa
bisher mit einem der anderen Glieder der ersten Gruppe in
demselben Geschiebe gefunden worden ist. (Siehe auch Kızsow
a. a. O. pag. 73.)
Beyrichia tuberculata gibbosa kommt überhaupt in 9 Ge-
schieben vor, von denen zwei schon besprochen worden sind.
Eins von den übrigen sieben zeichnet sich dadurch aus, dass
BD. tuberculata gibbosa in demselben mit B. Bronni, also einem
Gliede der 2. Reihe, zusammen vorkommt. Hier herrscht 2.
Bronni vor, während BD. tuberculata gibbosa nur spärlich vor-
handen ist (Belschwitz 6). In den letzten 6 Geschieben
kommt ausser B. tuberculata gibbosa kein Glied der ersten
zwei Gruppen vor (Kalthof 1 — 5, Bischofstein 2).
Demnach ergiebt sich, dass BD. tuberculata gibbosa sich
sowohl morphologisch als auch geologisch von B. tuberculata
trennen lässt. Es kommen wohl einige Geschiebe vor, in
denen man beide Formen nebeneinander findet; doch existirt
eine ganze Reihe, in welchen B. tuberculata ohne B. tuber-
692
culata gibbosa, und ferner eine Reihe von Geschieben, in denen
B. tuberculata gibbosa ohne B. tuberculata sich findet. Es
muss demnach eine Periode gegeben haben, in welcher Bey-
richia tuberculata gibbosa BD. tuberculata vertrat; und zwar
muss man, da mit der ersteren ganz dieselben anderen Arten
vorkommen, wie mit BD. tuberculata, annehmen, dass wir es
pur mit einer gleichzeitigen aber besonderen Facies zu thun
haben. BD. tuberculata gibbosa ist also als eine gleichzeitige,
aber für D. tuberculata vicariirende Varietät der letzteren auf-
zufassen..
Beyrichia tuberculata bigibbosa kommt in einem Geschiebe
als einzige Beyrichie in zahlreichen Exemplaren vor.!) Ebenso
tritt B. Noetlingi conjuncta als einzige Beyrichie auf, und
zwar in drei Geschieben (Belschwitz 7, Insterburg 1, Bischof-
stein 1). Endlich kommt auch 2. Noetlingi als einzige Bey-
richie in einem Geschiebe vor.?) Es ist bemerkenswerth, dass
die drei zuletzt genannten Formen weder mit Gliedern der
ersten noch einer anderen Gruppe auftreten. Liessen sie
sich morphologisch als Stadien einer allmählichen Fortentwik-
kelung gewisser Schalentheile auseinanderhalten, so lässt sich
dieses auch geologisch durchführen. Ja das Fehlen der mit
B. tuberculata gleichzeitig vorkommenden anderen Beyrichien-
Arten in allen bis jetzt bekannten derartigen Geschieben
(inel. des von Kırsow [bei Tempelberg (Danzig)] a. a. O.
pag. 73 angegebenen) führt auf den Gedanken, dass hier nicht
eine verschiedene Facies, sondern ein verschiedenes Niveau
vorliegt, und zwar für jede der besprochenen Formen, dass
mithin die Reihe eine genetische darstellt. Dadurch
dass Beyrichia tuberculata gibbos« den Anschluss an B. tu-
berculata vermittelt, wird es wahrscheinlich, dass von der durch
diese Varietät gebildete Facies eine Fortentwickelung in ange-
gebener Richtung stattgefunden hat. Mankannalso von
einer Mutationsreihe der Beyrichia tuberculata |
gibbosa sprechen und die folgenden Formen als
Mutationen derselben auffassen. Jedenfalls aber ist
B. tuberculata gibbosa und noch mehr 3. tuberculata bigib-
bosa nicht als Varietät von 2. tuberculata im gewöhnlichen
Sinne aufzufassen, wie man es nach rein morphologischen |
Merkmalen thun müsste. Ebenso ist auch 3. Noetlingi conjuncta
nicht eine Varietät von #. Noetlingi im gewöhnlichen Sinne.
Die zweite, durch 2. tuberculata, B. Bronni, B. Baueri
tripartita und B. Baueri gegebene morphologische Reihe lässt,
wie schon erwähnt, eine Lücke zwischen B. tuberculata und
!) Gumbinnen 1.
2) Neudamm bei Königsberg i. Pr.
653 _
B. Bronni erkennen. Während die Umrisse der Wülste bei
B. Bronni noch die Form derer von B. tuberculata besitzen,
spricht sich ein grosser unvermittelter Unterschied darin aus,
dass der Procephalwulst einen und der Hintertheil des Meta-
cephalwulstes zwei Kegel trägt. Ferner sind auf dem Meso-
cephalwulst zwei längliche Granulationen angedeutet. Schliesslich
ist auch im Unterschied von 2. tuberculata der Ventralhöcker
kegelartig ausgebildet. Jedoch ist die Reihe von jetzt ab conti-
nuirlich und zeigt mit Einschluss von B. Bronni folgende Stadien:
l) B. Bronni.
2) B. Bauweri tripartita: Procephalkegel getheilt. Dorsal-
und Ventralfurche unausgebildet. Granulationen in der Mitte
des Cephalwulstes noch angedeutet. Kegel des Metacephal-
wulstes am Grunde verschmolzen, oben einander genähert,
doch noch getrennt. Knötchen am Rande stärker.
8) B. Baueri: Die Granulationen auf dem dem Meso-
cephalwulst entsprechenden Theil des Cephalwulstes fast ganz
verschwunden. Kegel des Metacephalwulstes fast verschmolzen.
Knötchen am Rande des Kantensaumes noch stärker.
B. Bronni kommt in fünf Geschieben vor, und zwar in
einem allein (Belschwitz 3), in zweien mit B. Salteriana und
Wükensiana, und in einem mit B. tuberculata gibbosa, Salteriana
und Wilkensiana. Es ist zu bemerken, dass alle Arten ausser
Bronni in diesen fünf Geschieben nur sehr spärlich ver-
treten sind (Belschwitz 2, 4—6).')
Man kann also B. Bronni auch geologisch sowohl von B.
tuberculata als von sämmtlichen Gliedern der ersten Reihe und
ebenso auch von B. Baueri auseinander halten. Da jedoch die
mit Beyrichin tuberculata gleichzeitig vorkommenden Arten auch
gleichzeitig mit B. Bronni angetroffen werden, so wird B. Bronni
nur eine gleichzeitige, aber von der Zone der B. tuberculata
abweichende Facies darstellen. Doch ist es auffallend, dass
die anderen Beyrichien-Arten in der Facies der B. Bronni so
spärlich vorkommen und die Formen der dritten Gruppe ganz
' vermisst werden. Wahrscheinlich war das Maximum der Ent-
wickelung für diese Formen zur Zeit der B. Bronni schon
abgelaufen. B. Baueri kommt in drei (eschieben vor, einmal
mit B. Wilkensiana allein (Wormditt 1), einmal mit B. Wil-
kensiana und B. Maccoyana, und einmal mit fast allen Gliedern
der dritten und einigen der vierten Gruppe und 2. tuberculata
nebst B. tuberc. gibbosa. Alle diese Arten kommen ausser B.
Baueri nur spärlich in den drei Geschieben vor. Daher kann man
B. Baueri sehr wohl auch geologisch von B. tuberculata und
der ganzen ersten Reihe trennen, da von dieser gar keine vor-
2) Vergl. Seite 651.
654
kommen. Ebenso lässt sie sich von B. Bronni getrennt halten.
Sie bildet ebenfalls mit B. tubereulata eine gleichzeitige Faeies.
Doch ist ebenfalls wie bei 2. Bronni die Seltenheit der anderen
Beyrichien-Arten wohl zu beachten. B. Baueri tripartita kann
nur als eine Varietät der Baueri im gewöhnlichen Sinne auf-
gefasst werden, da sie für sich kein Geschiebe besonders
charakterisirt.
In der dritten oben aufgestellten Gruppe lassen sich fol-
gende Stadien unterscheiden:
1) B. tuberculata.
2) B. tuberculato - Buchiana: Dorsal- und Ventralfurche
sind nur noch schwach angedeutet.
3) B. Buchiano - tuberculata: Der Cephalwulst ist voll-
ständig ungetheilt.
4) B. Buchiana var. lata: Cephal- und Centralwulst in
engerem Zusammenhange als bei der vorhergehenden. Caudal-
wulst ungetheilt,
5) B. Buchiana var. angustata: Cephalwulst auf dem dor-
salen Ende verschmälert, auf dem ventralen so breit wie bei
der vorhergehenden.
6) B. Buchiana var. incisa: Cephal- und Caudalwulst
verschmälert, granulir. Beide Wülste mit seitlichen Ein-
schnitten.
7) B. Buchiana: Alle drei Wülste leistenartig ausgebildet.
Entweder glatt oder granulirt.
Von den 35 Geschieben, in denen B. tuberculata mit an-
deren Formen zusammen vorkommt, sind hier in Betracht zu
ziehen:
1) Wormditt 2. In diesen kommt B. tuberculata, abge-
sehen von den Formen der ersten, zweiten und vierten Gruppe,
nit fünf Formen der soeben gegebenen Reihe vor.
2) Eine Reihe von 6 Geschieben (Belschwitz 8, Belsch-
witz 36, Belschwitz 11, 29, Crossen, Wormditt 4), in wel-
chen B. tuberculata sich in Begleitung von Gliedern der dritten
und vierten Gruppe und von B. Wilkensiana vorfindet.
3) Zwei Geschiebe (Belschwitz 30, 14), in welchen 2.
tuberculata mit Formen der dritten und vierten Gruppe vor-
kommt.
4) Vier Geschiebe, in denen 2. tuderculata nur mit For-
men der dritten Reihe zu finden ist (Julchenthal 3, Belsch-
witz 31, Bischofstein 5, Pfeil 1).
Das sind zusammen 13 Geschiebe. Da nun 2. tuberculata
überhaupt in 67, und Formen der dritten Gruppe (abgesehen
von B. tuberculata) überhaupt in 37 Geschieben vorkommen,
so bleiben 54, in denen 2. tuberculata unabhängig von Formen
der dritten Gruppe, und 24 Geschiebe, in denen Formen der
695
dritten Gruppe unabhängig von 3. tuberculata vorkommen; ein
Beweis, dass sich 3. tuberculata auch geologisch streng von den
übrigen Formen der dritten Gruppe sondern lässt.
B. tuberculato- Buchiana kommt nur in einem Geschiebe
(Crossen) zusammen mit 2. tuberculata und Formen der Gruppe
3 und 4 und Wilkensiana vor, ist also vorläufig als eine Va-
rietät der B. tuberculata aufzufassen. Dasselbe gilt von 2.
Buchiano-tuberculata, welche nur in zwei Geschieben (Julchen-
thal 3 und Wormditt 2) vorkommt und zwar das erste Mal
mit 2. tuberculata allein, das andere Mal mit B. tub., B. tub.
gibbosa und allen vier Formen von B. Buchiana. Dagegen
liegen die Verhältnisse bei den vier übrigen Formen der dritten
Gruppe anders. Dass sie sich insgesammt von B. tuberculata
auch geologisch sehr gut absondern lassen, geht schon daraus
hervor, dass 3. Buchiana lata 10 mal unabhängig von B. tu-
berculata vorkommt (Pfeil 2, Insterburg 9, Tilsit, Belschwitz
32, Belschwitz 28, Rosenberg 1, Bischofstein 7, Romehnen 2,
Julchenthal 8, Bischofstein 9). Bei Buchiana angustata ist dieses
8 mal der Fall (Pfeil 2, Insterburg 9, Belschwitz 32, Puschdorf,
Bischofstein 7, Belschwitz 35, Lyck 1, Julchenthal 8), bei 2.
Buchiana incisa 3 mal (Judtschen, Tilsit, Romehnen 2) und endlich
bei 3. Buchiana 17 mal (siehe Tabelle II). Schwieriger ist die
Frage zu beantworten, ob diese 4 Formen sich auch geolo-
gisch von einander trennen lassen.
B. Buchiana lata kommt überhaupt in 13 Geschieben vor
und zwar, abgesehen von allen anderen Formen, keinmal un-
abhängig von Formen der dritten Gruppe. Vielmehr findet
7
sie sich 3 mal mit Buchiana (Belschwitz 28, Rosenberg |,
Bischofstein 9), 3 mal mit Buchiana angustata (Belschwitz 32,
Crossen, Julchenthal2), 1 mal mit B. angustata und incisa (Belsch-
witz 29), 2 mal mit B. incisa (Tilsit, Romehnen 2), 1 mal mit
B. angustata, incisa und Buchiana (Wormditt 2); endlich 3 mal
mit B. angustata und Buchiana (Bischofstein 7, Pfeil 2, Inster-
burg 9).
B. Buchiana angustata kommt in 14 Geschieben vor und
zwar allein in 4 (Belschwitz 11, 31, 35, Lyck 1); mit 2.
Buchiana in 2 (Belschwitz 8, Puschdorf) und 8 mal in Combina-
tionen, die unter B. Buchiana lata erwähnt sind.
B. Buchiana incisa kommt in 7 Geschieben vor und zwar
in 4, die unter 3. Buchiana lata und angustata erwähnt worden
sind; in 2 allein (Belschwitz 14 und Judtschen); endlich in
einem mit B. Buchiana (Belschwitz 36).
B. Buchiana kommt in 24 Geschieben vor und zwar ge-
' meinsam mit den vorhergehenden Formen in 10, allein in 14
(Belschwitz 27, 30, 33, Kalthof 4, 5, Wormditt 3, 4, Bischof-
- stein 2,9, Pfeil 1, Insterburg 4, 6, 8, 10).
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVIl. 3. 31
656 |
Die 36 Geschiebe, in welchen die vier zuletzt betrach-
teten Formen vorkommen, setzen sich demnach wie folgt
zusammen (abgesehen von Formen anderer Gruppen):
1) Bi Buchtane®allean ve ever re en
Al N zusammen mit anderen. . 10
DIN 2 lata mit angustata FTUREE RAN 3
2) R lata + angustata —- incisa l
De h lata -1- incisal. Wera
61 °% E angustata allem » 222
TE 5 incisa allein... 2. veoon
86
Zieht man von diesen 36 Geschieben zuerst 12 ab, in
welchen die Formen von Buchiana mit B. tuberculata vorkom-
men, dann 3, in welchen sie mit B. tub. gibbosa vergesell-
schaftet sind, so bleiben 21 Geschiebe, in denen sie unab-
hängig von Gliedern der beiden ersten Gruppen sich vorfinden.
Von diesen 21 sind aber wieder 8, in denen sich ausser den
Formen der B. Buchiana noch B. Wükensiana findet (Judtschen,
Pfeil 2, Insterburg 9, Tilsit, Belschwitz 32, Puschdorf, Belsch-
witz 28, Rosenberg 1); 2 in welchen Salteriana, und 3, in wel-
chen /Waccoyana mit, ihnen zusammen sind, so dass schliesslich
nur 5 übrig bleiben, in denen Formen von 3 Buchiana (und
zwar 4 mit DB. Buch., 1 mit B. Buch. incisa) als einzige Bey-
richien sich vorfinden.
So kommt es denn in 31 Geschieben auf die relative
Häufigkeit der Formen von 3. Buchiana an, um sie charakte-
risiren zu können, und allerdings ist dieses der Fall bei einigen.
So werden durch die Häufigkeit der Formen von B. Buchiana
aus der Reihe der Geschiebe, in denen B. tuberculata vor-
kommt, charakterisirt: Belschwitz 8, Belschwitz 36, Belsch-
witz 50, 31; aus der Reihe der Geschiebe mit Wilkensiana
Pfeil 2, Insterburg 9, Tilsit, Belschwitz 32, Bischofstein 7,
während bei den Kalken mit Salteriana und Maccoyana die
Entscheidung schwer fällt, ob sie besser durch Salteriana und
Maccoyana oder durch Formen von Buchiana charakterisirt sind.
Trotzdem ergiebt sich aus dieser Betrachtung, dass die
vier fraglichen Formen nur als gleichzeitige Varietäten der B.
Buchiana aufzufassen sind, die zwar gelegentlich auch unab-
hängig von einander in den Zonen anderer Beyrichienarten vor-
kommen können, so dass besondere Facies entstehen. Bei
dieser Auffassung stütze ich mich auch auf die schon erwähnte
Bemerkung Krause’s, dass er in einem Handstück von Ohhe-
saarepank besonders die Varietät von Buchiana mit breiten
Leisten (B. Buchiana lata und angusiata m.) gefunden habe
(a. a. O. pag. 34).
657
In der vierten oben aufgestellten Gruppe giebt es folgende
Stadien:
1) B. tuberculata.
2) B. tuberculato-Kochiana.
3) B. Kochü. Während bei der vorhergehenden nur eine
geringe Veränderung des Cephalwulstes zu beobachten ist,
zeigt diese Art ausser dem ungetheilten Caudalwulst auch den
Anfang einer Umwandlung des Kantensaumes und der Ventral-
fläche; beide sind fein gerieft.
4) B. Maccoyana. Eine starke Verbreiterung der Wülste
macht sich bemerkbar. Riefung des Kantensaumes und der
' Ventralfläche deutlicher als bei 3. Kochü,.
| 5) B. Maccoyana sulcata. Nur durch die Furche des Üe-
' phalwulstes von der vorigen unterschieden.
6) B. Maccoyana lata. Die Verbreiterung der Wülste ist
noch weiter vorgeschritten.
7) B. Salteriana. Die Verbreiterung der Wülste erreicht
ihre Grenze, da dieselben sich eben berühren. Kantensaum
und Ventralfläche rückgebildet. Schwach gerieft.
B. tuberculata kommt mit Gliedern dieser Reihe in 12 Ge-
schieben zusammen vor. Unabhängig von B. tuberculata kommen
' Glieder dieser Reihe in 13 Geschieben vor (siehe Tabelle). Von
_ diesen 13 ist nicht ein einziges vorhanden, in welchem Formen
dieser Reihe ganz allein vorkommen. In einem nämlich finden sie
sich neben B. Baueri und Wilkensiana, in dreien neben B. Bronni
und Wälkensiana, in zwei weiteren mit Gliedern der dritten
Gruppe und B. Wilkensiana, und endlich in sechsen mit Glie-
‚ dern der dritten Gruppe allein. Diese Art des Vorkommens
beweist, dass die Glieder der vierten (sruppe ebenso wie die
der dritten gleichzeitig sowohl mit 2. tuberculata als auch mit
B. Buchiana nebst Varietäten gelebt haben. Da nun sowohl
B. tuberculata als auch B. Buchiana, wie sich vorhin ergab,
räumlich und zeitlich zusammen, ferner zeitlich zugleich, doch °
‚ räumlich getrennt vorkommen können, so ist es wichtig zu sehen,
' wie die verschiedenen Glieder der vierten Gruppe sich räum-
lich zu einander und zu den vorhin erwähnten Formen ver-
‚halten. B. tuberculato-Kochiana kommt überhaupt in drei Ge-
; schieben und zwar in zweien zugleich mit 2. tuberculata und Salte-
_ riana (Belschwitz 8 u. 11), in einem mit B. Maccoyana vor (Belsch-
witz 54); in allen dreien aber sehr spärlich. Sie ist also als
eine Varietät von 2. tuberculata auzufassen, die allerdings gele-
_ gentlich auch unabhängig von der letzteren vorkommen kann.
| B. Kochü kommt in zwei Geschieben, beide Male mit 2.
tuberculata und Maccoyana lata, jedoch nicht mit B. Maccoyana
und Maccoyana sulcata zusammen vor, was Krause auch hervor-
‚hebt (a. a. ©. pag. 34). Sie vicariirt also für B. Maccoyana.
3177
658
Da sie jedoch selten vorkomnit, so lässt sie sich zur Unterschei-
dung der Kalke wenig verwenden.
B. Maccoyana kommt in 13 Geschieben vor. Davon sind
6, in denen 2. tuberculata sich findet und von diesen 2, in
welchen B. Maccoyana und tuberculata allein vorhanden ist,
eins, worin B. Maccoyana mit B. tuberculata und Salteriana, und
3, worin B. Maccoyana mit B. tuberculata und Gliedern der
dritten Gruppe enthalten sind. Ferner findet sich B. Mac-
coyana einmal mit B. Baueri und 6 mal mit Gliedern der
dritten Gruppe allein.
Sie ist also räumlich von 3. Kochü, Maccoyana lata und
Salteriana auseinanderzuhalten, mit welch’ letzterer sie nur
einmal beobachtet worden ist (Belschwitz 36). Wenn sich
B. Maccoyana auch keinmal allein vorfindet, so erhält sie doch
geologische Wichtigkeit dadurch, dass Geschiebe existiren, in
denen sie vorwiegt. Dies ist ein Beweis dafür, dass in den
Zonen der anderen Arten Orte gewesen sind, an welchen 2.
Maccoyana besonders zahlreich auftrat. Solche Geschiebe sind
Belschwitz 36, Wormditt 4, Belschwitz 34, Bischofstein 9 und
Belschwitz 33.
B. Maccoyana sulcata kommt 3 mal vor und zwar stets
in Begleitung von B. Maccoyana. Sie ist also nur eine be-
sondere Varietät im gewöhnlichen Sinne.
B. Maccoyana lata kommt 2 mal, und beide Male mit 2.
Kochiü vor (Belschwitz 30 und Wormditt 2). Sie ist daher
auch als eine räumlich getrennt von B. Maccoyana lebende
Varietät derselben aufzufassen.
B. Salteriana endlich kommt in 11 Geschieben vor und
zwar einmal mit 3. Maccoyana zusammen. Unabhängig von
B. tuberculata findet sie sich 6 mal, nämlich 3 mal mit 2. Bronni
und 3 mal mit Varietäten von B. Buchiana. Sie ist also als
eine mit B. tuberculata, Buchiana und Maccoyana gleichzeitig
- lebende Art aufzufassen, welche jedoch von B. Maccoyana meist
räumlich getrennt gelebt hat. Obschon kein Geschiebe existirt,
in dem sie allein vorhanden ist, so hat sie doch in gewissen
Gebieten ein Maximum der Entwickelung gehabt (Belschwitz
36, Julchenthal 7, Belschwitz 35). Also lässt sie sich zur
Unterscheidung der Kalke sehr wohl benutzen.
Von denjenigen Formen, welche keine morphologische Bezie-
hung zu den bisher besprochenen Gruppen zeigen, kommt 2.
Wilkensiana in 54 Geschieben vor, und zwar in zweien mit 2.
Baueri, in vieren mit B. Bronni, ın fünfen mit B. tuberculata
gibbosa, in 19 mit B.tuberculata allein (und zwar in 5 2. tub.
h und Wilk. h: Bischofstein 6, Bartossen, Belschwitz 25, 26,
Romehnen 1; in 4 B. tub. h und Wilk.s: Kalthof6, Allenstein,
Lyck 2, Belschwitz 10; in 9 3. tub.s und Wilk.h: Güldenboden
659
1, 2 [hierin 3. Wük. plicata], Kalthof 7, 10, 12,13, 14, Romeh-
nend, Julchenthal 6; in einem noch mit 2. dubia: Romehnen 4).
In 7 mit B. tuberculata nebst anderen Arten, in 8 mit 2. Bu-
chiana und Varietäten allein, in 2 mit 3. Maccoyana und Bu-
chiana, in einem mit 2. tuberculato-Kochiana und Maccoyana, und
endlich in 6 allein (Rosenberg 3, Kalthof 9, 11, Bischofstein
8, Insterburg 7, Pillkallen). Sie ist also weiter als B. tuber-
culata verbreitet und hat ausserdem einen selbstständigen Ver-
breitungsbeziik. Bemerkenswerth ist, dass sie in den Ge-
schieben der 1. Gruppe (abgesehen von B. tub.) fehlt. Sie
ist also über das Niveau von 2. tub. nicht hinausgegangen.
B. Bolliana kommt in einem Geschiebe vor, dessen petro-
graphischer Habitus von dem der übrigen Beyrichienkalke
erheblich abweicht.
B. Bolliana umbonata kommt in demselben Geschiebe mit
B. Bolliana vor, ausserdem aber findet sie sich allein in einem
Graptolithenkalk-ähnlichen Geschiebe; doch lässt sich ein ab-
schliessendes Urtheil wegen Mangels an Material über diese
Form und ihre Verbreitung nicht bilden. Jedenfalls aber ist
das Niveau beider Formen ein von dem der 32. tuberculata
verschiedenes.
Als Resultat dieser Betrachtungen ergiebt sich paläonto-
logisch, dass Beyrichia tuberculata als morphologischer Typus
aller Formen und zeitlich als älteste aufzufassen ist.
Von ihr gehen eine verticale und drei horizontale Formenreihen
aus. Bei der verticalen (2. tuberculata bis Noetlingi) geht
eine Umformung der Gestalt Hand in Hand mit
einer Veränderung des Niveaus.
Bei der ersten horizontalen Reihe (B. tuberculata bis
DB. Baueri) ist bemerkenswerth, dass eine Formverände-
rung mit einer räumlichen Trennung (Migration)
zusammenhängt, während die Gleichzeitigkeit dieser For-
men mit B. tuberculata, Buchiana, Maccoyana, Salteriana und
Wilkensiana dadurch ausser Zweifel gestellt wird, dass alle
diese Formen, wenn auch spärlich, in die Geschiebe der Bronni
u. s. w. eindringen,
Was die zweite und dritte Formenreihe anbetrifit,
so ergiebt sich, dass alle Glieder gleichzeitig gelebt ha-
ben, dass aber fast ein jedes ein besonderes Verbreitungs-
gebiet besass, ohne jedoch streng auf dasselbe beschränkt zu
bleiben. Giebt es doch Geschiebe, in denen fast alle Formen
zusammen vorkommen (z. B. Belschwitz 8, 11, 29, 30, 14,
Crossen, Wormditt 4). Hier ist also mit der Umformung
der Gestalt eine geographische Trennung ver-
knüpft gewesen.
In geologischer Hinsicht führt obige Betrachtung zu dem
660
Resultat, dass die Beyrichienkalke sich in Gruppen nach den
Beyrichien-Arten anordnen lassen.
Dieses Ergebniss, begründet auf der empirischen That-
sache, dass die Beyrichienfauna in den verschiedenen Kalken
wesentliche Verschiedenheiten bietet, bleibt bestehen, auch
wenn man paläontologisch die obige genetische Betrachtungs-
weise nicht anerkennt.
Zum Schluss gebe ich eine Tafel, auf welcher die be-
schriebenen Beyrichienformen in schematischer Zeichnung in
obiger, genetischer Reihenfolge angeordnet sind.
IV. Beschreibung der in Ostpreussen gefundenen
Beyrichienkalke.
Die Geschiebe des norddeutschen Flachlandes haben erst
seit KıLapen !) eine Unterscheidung nach Formationen erfahren.
Derselbe giebt zwar keine weitere Eintheilung des Uebergangs-
kalkes, doch lässt sich aus den aufgeführten Petrefacten, be-
sonders aus der genauen Behandlung des .+gnostus tuberculatus
schliessen, dass ihm zahlreiche Beyrichienkalke vorgelegen ha-
ben. Erst Qusssteonr?) hebt unter den Uebergangskalken
ein lichtgefärbtes Uebergangsgestein mit Agnostus tuberculatus
Kıapven, Calymene Blumenbachü, Leptaena lata hervor. Dieses
entspricht unserem Beyrichienkalk. Desgleichen führt Zınmer-
MANN °) unter den Uebergangskalken ein zu den Beyrichien-
kalken gehöriges Gestein an. Eine noch genauere Beschreibung
giebt Bornr.*) Derselbe erwähnt unter den Kalken der paläo-
zoischen Formationen einen in’s Grünliche spielenden, grauen,
festen Kalkstein von splittrigem Bruch als sehr häufig in
Mecklenburg. Derselbe enthält folgende Petrefacten: Leptaena
lata, Terebratula plicatella, aus welchen er im Verein mit Agno-
stus tuberculatus bisweilen ganz zusammengesetzt erscheint.
Endlich giebt KAıpE°) eine genauere Classification der silu-
rischen Geschiebe und führt zum ersten mal die Etage des
Beyrichienkalkes auf. In dieser Etage unterscheidet er meh-
rere Stufen, deren erste, „der eigentliche Beyrichienkalk“, fast
mit denselben Worten charakterisirt, wird wie bei Born das
entsprechende Uebergangsgestein. Die anderen Stufen können
hier übergangen werden, da Beyrichien ihnen fehlen.
1) Versteinerungen der Mark, 1834.
?) Geschiebe der Umgegend von Berlin. N. Jahrb. f. Miner., 1838,
pag. 138—141.
3) N. Jahrbuch für Miner. pag. 643 661.
4) Geognosie d. d. Ostseeländer, Neubrandenburg 1846, p. 120 u. 121.
5) Archiv des Vereins der Freunde der Nature. für Mecklenburg,
IX, 1455, pag. 88. ;
[2
=
en Formenreihen.
|
N € B, C; Fig. 19A, B.
|
(Zu pag. 660.)
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NAD) e S 5
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T8B.C. Beyr. Macc.
79. B, Salteriana
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1
1. B. Buchiana 72. B. Buchiana I i
3. B, uber, Beeracn elen Id. Beyrichia Buchiana
[4
Se
Vergl. Taf.
Fig. 2A,B; Fi
RN Kia iA, B; Big. 12A, B; Rio. 13.
has
d% Beyrichia Nostlingt
Y r£ 6 Q) Vergl. Taf. XXVI, Fig. 14, 15, 16; Fig. 17A, B; Fig. 18A,B, C; Fig. 19A, B.
N)
AR
a — Zus
8. B. tubercularo: Buchrana 9 EHE 10.B.Buchrana lata
L= @
N Vergl. Taf. XXV, Fig. 8A, B; Fig. 9A, B; Fig. 10. Taf. XXVI, Fig. 114, B; Fig. 124, B; Fig, 18.
L)
%.B.tubsroulata. giblosa
14. B. tuberculato -Kochiana
16. B.Maccoyana WBB.C. Beyr. Mac.
lara
1A. B-Mace. sıdeara 79. 3. Salteriana
15. B. Kochri
#. B. Noetlingl conjuncta
eo,
1. B. Buchiana 12. B. Buchtana
3. B. tuberculata bigibbosa angustaca incisa
7A Beyrichta Bauer:
tripartita IB. Beyrichia Baueri
14. Beyrichia tuberculata
Ay Taf. XXV, Fig. 1A, B;
A,B; Fig. 3; Fig. 4; Fig. 5
) Sic) Youcke
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Darauf beschreibt Ranmer in seiner Abhandlung über
holländische Diluvialgeschiebe !) unter No. 14 die dortigen
Beyrichienkalke, und in den Versteinerungen ?) der Diluvial-
geschiebe von Groeningen auch die Fauna des Beyrichienkalkes.
Eine Zusammenfassung alles über die Beyrichienkalke Bekann-
ten findet sich in dem Werk Ramer’s: Die Diluvialgeschiebe
in der norddeutschen Ebene. °)
Der Beyrichienkalk wird in diesem wie folgt charakte-
risirt: „gräulichgrauer, in plattenförmigen, gewöhnlich nur we-
nige Kubikzoll grossen, selten mehr als handgrossen Stücken
vorkommender, dichter Kalkstein, paläontologisch vorzugsweise
bezeichnet durch Chonetes striatella, Beyrichia tuberculata, Rhyn-
chonella nucula. Choneten- oder Beyrichienkalk.“
Abgesehen von den sonstigen gelegentlichen Mittheilungen
über Beyrichienkalk ist die nächste ausführliche Arbeit die von
Kratse.*) Jedoch ist dieselbe vom rein paläontologischen
Standpunkt aus abgefasst, weshalb den Kalken selbst eine
ausführliche Bearbeitung nicht zu Theil wird. Doch erwähnt
der Verfasser am Schluss die wichtige Beobachtung, dass die
Beyrichienkalke in Gruppen eingetheilt werden können, die ein
verschiedenes Ursprungsgebiet besitzen dürften.
In unserer Provinz hat, soweit es nachweisbar ist, wohl
zuerst der Pastor G. A. Henwıne °) in Angerburg Beyrichien-
kalke beobachtet und abgebildet. In seiner Lithographia Anger-
burgica findet man auf t.], f. 12, t. VIII, f. 10, €. IX, f. 1—11,
15, 16 u. 17 deutliche Abbildungen von Geschieben, die man
nach den darauf befindlichen Petrefacten (Murchisonia cingulata,
Chonetes striatella, Rhynchonella nucula, Crinoidenstielen) un-
zweifelhaft als Beyrichienkalke erkennt. Die erste wissen-
schaitliche Beobachtung von Beyrichienkalken unserer Provinz
rührt meines Wissens von JentzscH‘) her. In der Uebersicht
der silurischen Geschiebe Ost- und Westpreussens werden die
Beyrichienkalke als sehr gewöhnlich angeführt. Eine ausführ-
liche Behandlung nebst Eintheilung erfahren die Beyrichien-
kalke unserer Provinz durch Nortuine.”) Dadurch, dass die
Geschiebe vom Alter des Beyrichienkalkes nach demjenigen
ihrer Petrefacten benannt werden, welches allein in ihnen vor-
kommt oder dessen Individuenzahl vorwiegt, erhält man eine
1) N. Jahrbuch f. Min. 1857, pag. 387.
?) Ebendaselbst 1858, pag. 257°
?) Diese Zeitschr. XIV, pag. 601 ff.
*) Ebendas. XXIX, 1.
°) Lithographia Angerburgica I, Regimonti 1717.
°) Diese Zeitschr. XXXII, 1880, pag. 627 u. 628.
") Jahrb. d. kgl. preuss. geol. Landesanstalt für 1882, Berlin 1883,
pas. 302 - 305.
662
Anzahl von unzweifelhaft gekennzeichneten Gesteinen, welche
zu Anhaltspunkten einer genaueren Systematik der hierher
gehörigen Geschiebe dienen können. So lassen sich z. B.
zwischen die Chonetenkalke, d. h. Geschiebe, die durchweg
oder vorzugsweise von Schalen der Chonetes striatella erfüllt
sind, und die Nuculakalke, d.h. Geschiebe, in denen Rhyncho-
nella nucula allein oder vorwiegend auftritt, eine Reihe von
Geschieben stellen, in denen die Zahl der Chonetenschalen
stetig abnimmt, während zugleich die der Rhynchonellenschalen
stetig steigt. Solche Kalke wird man am besten als Chonetes-
Nucula-Kalke bezeichnen.
In jeder dieser 3 Abtheilungen: Choneten-, Chonetes- Nucula-
und Nucula-Kalke lassen sich nun nach petrographischen oder
faunistischen Merkmalen Unterordnungen herstellen. Ich hebe
dieses hervor, um den Einwürfen zu begegnen, welche Kırsow !)
gegen die Eintheilung NortLing’s macht. Diese Einwürfe lassen
ersehen, dass das Material, welches Kıssow vorgelegen hat,
zu wenig umfangreich gewesen ist, um ihn überblicken zu
lassen, wie oben erläutertes Eintheilungsprineip sich aus der
Beschaffenheit der Geschiebe von selbst ergiebt. Ich habe es
hier nur mit den „Beyrichienkalken im engeren Sinne“ zu
thun und wende mich daher im Besonderen gegen die Be-
mängelung des Ausdrucks: „Beyrichienkalk im engeren Sinne,
hauptsächlich ausgezeichnet durch das zahlreiche Vorkommen
von Beyrichien.“ Ich halte die Aufstellung dieser Abtheilung
für eine sehr glückliche, da in derselben eine charakteristische
Geschiebegruppe vom Alter der Beyrichienkalke vor den übri-
gen scharf hervorgehoben wird. Schon Kape?), der Begründer
der Etage des Beyrichienkalkes, ist durch seine Beobachtungen
auf diese Gruppe aufmerksam geworden und hat sie als „eigent-
lichen Beyrichienkalk*“ hervorgehoben. Da nach dem Erschei-
nen der Kane’schen Abhandlung noch zahlreiche andere Beyri-
chien entdeckt worden sind, so ist es natürlich, die durch dieselben
charakterisirten Geschiebe zum „eigentlichen Beyrichienkalk“
zu stellen und die ganze Gruppe als „Beyrichienkalk im enge-
ren Sinne, charakterisirt durch verschiedene Beyrichienarten“,
zu bezeichnen. Kırsow selbst giebt keine präcise Eintheilung
der Beyrichienkalke, wie man vielleicht erwarten dürfte. Es
lassen sich die unter «—ı aufgeführten Kalke ungezwungen
folgendermaassen nach oben erläutertem Princip anordnen:
Man findet 9 eigentliche Beyrichienkalke, nämlich 4 mit Dey-
richia tuberculata allein (a. dieses Geschiebe wäre ein Klevatus-
Kalk [pag. 22]; 8 [pag. 22] speciell Tentaculitenkalk zu nen-
1) a. a. O. pag. 20.
?) KApE, a. a. O. pag. 88.
u
nen; ö, zweiter Abschnitt pag. 23; £, bildet einen Uebergang
zu den Chonetenkalken); ein Geschiebe mit B. tuberculata und
Wilkensiana; ein Geschiebe mit 2. tuberculata, Wilkensiana
Maccoyana; ein Geschiebe mit B. tuberculata und Maccoyana;
zwei Geschiebe mit B. Wilkensiana allein (y Abschnitt 2;
= pag. 23; 8 Abschnitt 3 und y pag. 22). Schliesslich sind
2 Chonetenkalke (rn und U pag. 23), ein Crinoidensandstein
(v pag. 24) und ein vielleicht als Leperditienkalk zu bezeich-
nendes Gestein zu erwähnen (t Abschnitt 3, pag. 24).
Es muss Gegenstand einer Monographie sämmlicher Ge-
schiebearten vom Alter der Beyrichienkalke bleiben, die Be-
ziehungen der einzelnen Gruppen zu einander zu untersuchen.
Im Folgenden soll der Versuch gemacht werden, für die „Bey-
richienkalke im engeren Sinne“ eine systematische Eintheilung
zu geben. Ich habe in den Kreis meiner Beobachtung alle
Geschiebe gezogen, welche Beyrichien enthielten, abgesehen
von der Zahl der Individuen. In Folge dessen habe ich die
Grenzen des eigentlichen Beyrichienkalkes allseitig überschrit-
ten und bin in die Gebiete anderer Geschiebegruppen einge-
drungen. Diejenigen Geschiebe, welche einen Uebergang in
andere Gruppen vermitteln, werde ich besonders hervorheben.
Ich schicke der Beschreibung der einheimischen Beyrichien-
kalke im engeren Sinne einige Bemerkungen über die Anhalts-
punkte zu ihrer Heimathsbestimmung voraus. Krause führt
in seiner mehrfach erwähnten Abhandlung die Ansichten von
ÄRENSWALD, QUENSTEDT, KL&EDEn und R&uer über die Heimath
unserer Beyrichienkalke an.') Indem er dann besonders auf
die Beobachtungen und Ansichten von FR. SCHMIDT, GREWINGK
und weiter die neueren von R«&mEr aufmerksam macht’),
kommt er am Schlusse seiner Abhandlung zu dem Resultat °),
dass die Heimath der Beyrichienkalke in Oesel, Gotland und
Schonen zu suchen sei, und zwar bezieht er diejenigen Kalke,
in denen B. tuberculata vorwiegt, auf den Ohhesaare-Pank und
dessen submarine Fortsetzung auf Oesel, diejenigen, welche
vorzugsweise B. Buchiana euthalten, auf Oestergarn (Gotland).
Auf Schonen weisen nach ihm einige nicht näher charakteri-
sirte Geschiebe aus der Bromberger Gegend hin.
Danuss *), welcher ebenfalls die drei genannten Gebiete als
Heimath unserer Beyrichienkalke betrachtet, betont auf Grund
eigener Anschauung die petrographischen und faunistischen
Verschiedenheiten, welche die anstehenden Schichten der drei
Opa. 5,6, 7.
2) pag. 7 und 8.
®) pag. 42—47.
*) Diese Zeitschr. XXXIII, 1881, pag. 439.
664
genannten Gebiete zeigen. Da mir ein genügendes Vergleichs-
material nicht zu Gebote stand, muss ich mich begnügen, die
an den genannten Gebieten beobachteten Beyrichienarten als
Anhaltspunkte für eine Heimathsbestimmung zu benutzen.
Auf Oesel kommen folgende Beyrichienarten nach Fr.
ScHumpr!) und Kratse ?) vor:
1) In der’Schieht J:
Beyrichia Kloedeni bei Orrisaar (nach Scauipr).
2) In der Schicht K:
Beyrichia tuberculata am Ohhesaare-Pank (nach
ScHMIpDT und KRAUSE),
Beyrichia Wilkensiana zu Nessoma bei Sandel
und am Ohhesaare-Pank (nach Schuipr),
Beyrichia Buchiana mit breiten Leisten (B. Bu-
chiana lata m.) am Ohhesaare-Pank (nach Krause),
Beyrichia Salteriana am Ohhesaare-Pank (nach
Krause).
Die beiden letzteren kommen sehr spärlich vor.
Schuiprt hat seine Angaben neuerdings in seiner Revision
der ostbaltischen Trilobiten ?) bestätigt. Die oberen Kalke des
Ohhesaare-Pank sind von Beyrichien, namentlich von 2. tuber-
culata und Wilkensiana überfüllt.
Auf Gotland kommen nach ScnxIps, Krause und Kor-
MODIN *) sowie LINDSTRÖM ?) vor:
1) In der Wisbyzone:
Beyrichia Kloedeni (nach Schuipr, Geologie der
Insel Gotland, Archiv Dorpat I, 2, pag. 226).
2) In der mittleren Zone:
Beyrichia Kloedeni (ScHamiot, pag. 430 bei Fröjel;
Kornopis °), Ost. sil. Gotl. pag. 137: bei Eksta,
Djupvik Follingbo; (bei Klinteberg Scuuipr p. 452),
Beyrichia Kloedeni var. antiquata (Kormopin,
Ost. sil. Gotl. pag. 137 bei Slite).
3) In der südöstlichen Zone:
Beyrichia Salteriana (nach Scamipr an folgenden
1) Silur-Formation von Ehstland ete., Archiv Dorpat I, 2, pag. 195.
2).4.:2...0. pas. 32,33, 33.
3) Memoires de l’academie de St. Petersbourg VIIe Serie, Tome XXX,
1882, pag. 51.
4) Ofversigt af Kongl. Vetensk. Acad. Förh. 1879, No. 9, p. 133— 139.
>) Nomina fossil Gotl. 1867.
6) Ofversigt af Kongl. Vetensk. Acad. Förh. 1879, No. 9, pag. 133
—139. Stockholm. „— Kormopın erwähnt noch B. Jonesii bei Wisby,
Eksta und Hoburg, Ofv. pag. 137.
665
Orten: Näs, Hoburg, Lausvik, Hummelsboholm,
Katthammarsvik ),
Beyrichia Buchiana (mach Scuumr an folgenden
Orten: am Hummelsboholm, Lausvik und bei
Katthammarsvik am Östergarn: nach Kornmovin
bei Burs; nach Krause bei Katthammarsvik),
Beyrichia tuberculata (nach Scumipr bei Burs-
vik, am Fusse des Hoburg, bei Katthammarsvik,
nach Kormopın am Östergarn),
Beyrichia Maccoyana führt Schmivt nicht an
(nach Krause bei Burs, nach Kornmopin bei
Östergarn).
Ferner erwähne ich noch zwei neue, von Konnonın 1869
entdeckte Arten!) (Bidrag till Kännedomen om Sveriges Silu-
riska ÖOstrakoder, Upsala 1869, Inaug.-Diss.):
B. clavata bei Eksta, Djupvik und Insel Stora Carlsö
(mittlere Zone),
B. grandis bei Eksta, Djupvik.
Es ist hier zu bemerken, dass die anderen, von KoLMopIn
für neue Arten gehaltenen Beyrichien mit schon beschriebenen
identisch sind. Kormopın berichtigt seine Angaben in Öfv. of
Kongl. Vetensk. Forh., Stockholm 1879, No. 9, p. 133—139.
Die beiden neuen Arten sind bis jetzt in unseren Ge-
schieben nicht gefunden worden.
In Schonen kommen nach TutLLzErG’), Krause und Kor-
MoDInx °) folgende Beyrichien-Arten vor:
A1) Obere Etage die Bjersjölagards = Öveds-Bildung,
a) Öveds-Sandstein bei Öved Rasnsäsa und Klinta:
Beyrichia Salteriana,
4 Buchiana (nach Krause a.a. O. pag. 33),
2 Kloedeni.
Das Gestein ist rother, weisser, gelber Sandstein mit
weissem Glimmer, oft rothe Schiefer und rothe Kalkbänder
einschliessend.
b) Klinta - Kalkstein und Schiefer: schmutziggraue oder
grünbraune Schiefer. Bei Klinta, Skartofta, Tulesbo und
Elestorp:
Beyrichia Scanenesis Konmopın (Bidrag ete. pag. 19,
elf, II,
Beyrichia tuberculata.
!) Bidrag etc. 1869, pag. 18. f. 10 und Öfversigt af Kongl. ete.
1879, No. 9, pag. 138, t. INT Star ung!
2) Diese Zeitschr. CORE 1883, Heft 2, pag. 231—232.
?2) Bidrag etc. pag. 19, f. 11.
666
Da derartige Gesteine, wie TULLBERG sie in Schonen .als
anstehend beschreibt, in unserer Provinz bisher nicht gefunden
worden sind, so kann von einer weiteren Beachtung derselben
abgesehen werden. Ebenso kommt die mittlere Gotländische
Zone nicht in Betracht, da Beyrichia Kloedeni, B. clavata Kor-
Mmopın und B. grandis Kornopin, welche, wie auch 3. Jonesii,
von allen Beobachtern für diese Zone angegeben werden, in
unseren Geschieben nicht gefunden worden sind. Es handelt
sich also nur um die südöstliche Zone von Gotland, welche
durch 2. tuberculata, Buchiana, Maccoyana und salteriana
(welche letztere Kormovıs auflälliger Weise gar nicht in der Östra-
koda Silurica Gotlandiae aufführt) charakterisirt wird. Ferner
kommt in Betracht die südwestliche Ecke von Oesel (Zone K
Scamipr’s). Hier finden sich B. tuberculata, Wilkensiana. Bu-
chiana und besonders Salteriana kommen dagegen nur gele-
gentlich vor und zwar BD. Buchiana, was sehr bemerkenswerth,
nur mit breiten Leisten (B. Buchiana lata m.) (nach Krause).
Ein bemerkenswerther Unterschied zwischen den Bey-
richienformen beider Inseln besteht also darin, dass auf Got-
land B. Wiülkensiana noch von keinem Forscher beobachtet
worden ist, während auf Oesel B. Maccoyana ganz fehlt und
B. Buchiana lata nebst Salteriana nur vereinzelt vorkommen.
Gewichtige Stimmen !) sprechen sich für einen subma-
rinen Zusammenhang der Gotländer und Öseler Schichten aus
und sehen die Heimath unserer Geschiebe in der früheren
Verbindungsbrücke zwischen den beiden Inseln. Vielleicht ist
folgende i3eobachtung mit dieser Ansicht in Einklang zu brin-
gen. In unserer Provinz finden sich Geschiebe, in denen die
Beyrichien beider Gebiete vereint vorhanden sind, nämlich
Kalke, in denen neben 2. tuberculata und Wilkensiana: B. Bu-
chiana (nebst Varietäten), Maccoyana (nebst Varietäten) und
Salteriana vorkommen (Belschwitz 8); ferner Geschiebe mit fol-
gender Fauna: 2. tuberculata, Buchiana, Salteriana und Wüken-
siana (Belschwitz 11); B. tuberculata, Buchiana, Maccoyana,
Wilkensiana (Wormditt 4 und Crossen); ferner solche mit B.
Buchiana, Maccoyana, Wilkensiana (Bischofstein 7, Belschwitz
27); endlich solche mit 2. }.accoyana und Wilkensiana. Alle
genannten Geschiebearten können nur von einer Gegend stam-
men, in welcher die Faunen beider Gebiete zugleich verbreitet
waren. Es liegt nahe, diesen Ort zwischen Oesel und Gotland
zu suchen. Ferner schliesst sich dieser Auffassung die Beob-
achtung an, dass sowohl in morphologischer Beziehung als
auch hinsichtlich der Verbreitung in den Geschieben sich von
B. tuberculata aus mehrere horizontale Reihen von Formen
1) SCHMIDT, ROEMER, DAMEs.
667
abgliedern liessen. Dass auf Oesel besonders B. Buchiana lata,
auf Gotland besonders B. Buchiana vorkommt, steht damit
ebenfalls im Einklang. Mit der weiteren horizontalen Aus-
breitung einer Art geht eine Variation Hand in Hand. Doch
selbst wenn man diese Ansicht fallen lässt, wird die That-
sache, dass sich nach dem bisher Bekannten die oben ge-
nannten Kalke mit keinem anstehenden Gestein identificiren
lassen, nicht geändert. Ebenso ist für die Kalke mit B. Bauweri,
Bronni, Noetlingi, Noetlingi conjuncta, tuberculata bigibbosa bis
jetzt ein Anstehendes nicht ausfindig zu machen.
Auf Gotland sind daher diejenigen Geschiebe zu beziehen,
welche 2. tuberculata mit Buchiana nebst Varietäten oder 2.
tuberculata, Buchiana, Salteriana und Maccoyana, oder endlich
B. Buchiana allein enthalten. Auf Oesel weisen diejenigen
Geschiebe hin, welche BD. tuberculata und Wilkensianu oder
B. tuberculata, Wilkensiana nebst spärlichen 3. Salteriana und
Buchiana lata, oder endlich solche, die 3. Wükensiana allein
enthalten. Ferner dürften die meisten Kalke, welche B. tuber-
culata allein enthalten, von Oesel herstammen, wenngleich die
Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, dass auch eine Anzahl
— namentlich solche, in denen 2. tuberculata nur sporadisch
vorkommt — gotländischen Ursprungs sein dürfte. Für die
Kalke mit B. Bolliana ist die Heimath zur Zeit ebenfalls
gänzlich unbekannt.
Geschiebe vom Alter der oberen Öselschen Schicht K und der
oberen südöstlichen Zone &otlands.
Beyrichienkalk im engeren Sinne.
1834. Uebergangskalke. KLoEpen ex parte. Versteinerungen der
Mark Brandenburg.
1838. QuENSTEDT, Uebergangskalk ex parte. Geschiebe der Um-
gegend von Berlin; N. Jahrb. 1838, pag. 138.
1846. Geschiebe der paläozoischen Formationen; 3) ein in’s Grün-
liche spielender, grauer, fester Kalkstein. Borz ex parte.
ende der Östseeländer, Neubrandenburg 1846, p. 120
— 121
1855. Der eigentliche Beyrichienkalk (D 18), Etage des Beyrichien-
kalkes. Kane, pag. 88.
1862. Beyrichien- und Chonetenkalk. Bocher ex parte. Diluvial-
geschiebe pag. 598, Tahelle pag. 618, No. 13.
1869. Beyrichienkalk. KARSTEN ex parte.
1877. Beyrichienkalk. Krause ex parte.
1880. Beyrichienkalk. JENTzscH ex parte.
1883. Beyrichienkaik im engeren Sinne. NorrLıns, Cambr. und
silur. Geschiebe pag. 303.
Graue, graublaue, graugrüne, gelbliche, krystallinische
oder dichte Kalke von glänzendem oder mattem Bruche, in
668
verwittertem Zustande auch weiss, bisweilen durch Eisenoxyd-
hydrat stellenweise bräunlich gefärbt, paläontologisch vor allen
anderen gleichalterigen Kalken durch verschiedene Species von
Beyrichien charakterisirt. Bisweilen können dichte, thonhaltige
Partieen wechseln mit krystallinischen, thonfreien; dann erhält
das Geschiebe einen breccienartigen Charakter. Verschwindet
die Bindemasse zwischen den Petrefacten beinahe vollständig,
so entstehen Üonglomerate.
I. Bauferi Kalk
Vor allen charakterisirt durch das mehr oder minder
häufige Vorkommen von Beyrichia Buueri.
1) Cranienkalk. Das Geschiebe ist ein Conglomerat
von schneeweissen Schalen der Ürania implicata.. Daneben
kommen weniger zahlreich Kopischilder und Pygidien der Astarte
Downingiae vor. Besonders aber ist das Gestein durch das
häufige Vorkommen der Beyrichia Baueri charakterisirt. Das
zahlreiche Auftreten der Crania implicata ist als eine specielle
Eigenthümlichkeit des Gesteins aufzufassen, während für die
Stellung des Gesteins in der Reihe der Beyrichienkalke die
B. Baueri entscheidet. Die Kittmasse ist ein harter, grau-
weisser Kalk, welcher an Festigkeit die der verwitterten,
weissen Schalen der Beyrichien und Cranien übertrifft. Daher
ist die Erhaltung der Beyrichienschalen eine schlechte. Chonetes
striatella, Rhynchonella nucula, B. Mucceoyana und Wilkensiana
kommen äusserst spärlich vor.
Fundort: Belschwitz, Geschiebe No. 1.
2) Nuculakalk. Das Gestein besteht aus Partieen von
krystallinischem, graublauem Kalk, in welchem Bruchstücke
von RA. nueula kenntlich sind, und dichtem, graublauem, thon-
haltigem Kalk ohne Petrefacten. Die Beyrichien sind an der
äusseren weissen Verwitterungsrinde gut erhalten.
Fundort: Wormditt No. 1.u. 2.
ll. Bronnikalke.
Weisse, verwitterte Kalke von geringer Festigkeit, charak-
terisirt durch 3. Bronni.
l) Chonetenkalke. Neben den Beyrichien hie und
da Chonetenschalen in der Grundmasse. Mitunter Kalspath-
drusen vorhanden.
Fundort: Belschwitz No. 2, 4,5 (mit Primitia oblonga),
6 (mit Acaste Downingiae).
2) Acastekalk. Acaste-Reste finden sich in der Grund-
nasse.
Fundort: Belschwitz No. 3.
669
II. Noetlingikalke.
Charakterisirt durch 3. Noetlingi und Noetlingi conjuncta.
1) Noetlingikalk im engeren Sinne. Grauer, im
Innern an einzelnen Stellen braunrother, krystallinischer Kalk,
durchsetzt von dichten Partieen mit mattem Bruche. Ausser
der genannten Beyrichienart kommen spärliche Reste von
Chonetes und Rhynchonella und Stacheln von Onchus Murchisoni
vor nebst Primitia oblonga und anderen Primitien.
Fundort: Neudamm. Das Geschiebe ist ausnahms-
weise gross.
2) Conjunctakalk. Charakterisirt durch das alleinige
Vorkommen von B. Noetlingi conjuncta.
a. Murchisonienkalk. Krystallinische Bänder, welche
die Grenzen der Murchisonienschalen andeuten, begrenzen
dichte, blaugraue, thonhaltige Massen. Auf Spalten im Ge-
stein ist durch Eisenoxydhydrat eine braunrothe Färbung ent-
standen. In der dichten Grundmasse zahlreiche Beyrichien.
Fundort: Belschwitz 7.
b. Chonetes- und Nuculakalk. Breccie von dich-
ten, thonhaltigen Kalkknollen, zwischen denen sich krystalli-
nische Bänder befinden. Neben den gut erhaltenen Beyrichien
Reste von Chonetes und Rhymnchonella,
Fundort: Bischofstein ]l.
ec. Chonetenkalk. Wechselnde, dichte und krystalli-
nische graue Partieen. Chonetenschalen-Reste.
Fundort: Insterburg.
IV. Bigibbosakalk.
Breceie aus dichten, petrefactenfreien, thonhaltigen Kalk-
koollen und krystallinischen , petrefactenführenden Streifen.
Darin neben B. tuberculata bigibbosa Choneten- und Rhyncho-
nellenreste.
Fundort: Gumbinnen l.
V. Gibbosakalke.
Durch B. tuberculata gibbosa charakterisirt.
l) Gibbosakalk im engeren Sinne. Graue, kry-
stallmische Kalke mit vielen B. tub. gibb. Chonetenschalen
spärlich. _
Fundort: #. Kalthof 1 u. 2, 2. Bischofstein 2, mit
Buchiana. Letzteres Geschiebe bildet einen Uebergang zu den
Chonetenkalken im engeren Sinne.
2) Chonetenkalk. Dichter, grauer Kalk mit Choneten-
schalen und vielen Beyrichien.
Fundort: Kalthof 4 u. 5 (mit Buchiana u. Wilkensiana).
670
3) Gibbosa-Wilkensianakalk. Grauer Kalk mit
weisser Verwitterungskruste. Die Zahl der Individuen von 2.
Wilkensiana ist so beträchtlich, dass ein Uebergang zu den
Wilkensianakalken gegeben ist.
Fundort: Kalthof 3 (mit Wilkensiana).
VI Tuberculatakalke:
Charakterisirt durch das alleinige oder vorwiegende Vor-
kommen von B. tuberculata.
1) Tuberculatakalke im engeren Sinne.
1855. Der eigentliche Beyrichienkalk, Kane.
Diese Kalke sind dadurch charakterisirt, dass in ihnen
Beyrichia tuberculata die einzige Beyrichienart ist.
a. Tuberculataconglomerate. Diese Gesteine be-
stehen fast nur aus Beyrichien. Die Grundmasse ist entweder
dunkel graublauer Kalk, in welchem lederbraune, bisweilen
schwarze Beyrichienschalen dicht gedrängt liegen, oder gelb-
grauer, thonhaltiger Kalk mit zahlreichen Schalen.
Fundort: Belschwitz 13, Claussen 1.
b. Primitienkalk. Graublauer, dichter Kalk mit zahl-
reichen Exemplaren von B. tuberculata und Primitia oblonga.
Fundort: Julchenthal l.
Dichter, hellgrauer Kalk mit Beyrichien und Primitien.
Fundort: Julchenthal 2.
c. Chonetenkalk. Es treten Chonetenschalen auf. In
einigen Geschieben sind dieselben so zahlreich, dass Choneten-
conglomerate entstehen, in denen die Beyrichien zurücktreten.
Diese Kalke bilden Uebergänge zu den Chonetenkalken im
engeren Sinne. Die Grundmasse ist dicht und von hellgrauer
Farbe.
Fundorte: Belschwitz 16—19, wenig Choneten. —
Elbing, Wehlau 1, zahlreiche Choneten. — Belsch-
witz 15, Chonetenconglomerat. — Bischofstein 3 — 4,
Chonetenbreccie. Die Schalen sind zerbrochen.
d. Choneten- und Nuculakalke. In den Ohoneten-
kalken können ganz vereinzelt Schalen von Rh. nucula vor-
kommen. Steigt die Zahl derselben, so entstehen Choneten-
und Nuculakalke. Die Grundmasse ist entweder krystallinisch
oder dicht. Die Schalen sind entweder unversehrt oder zer-
brochen.
Fundorte: Belschwitz 23. Breccie, accessorisch treten
weisse Crinoidenstiele auf, die den Fig. 2, 3,4 auf der Taf. 1.
Krause’'s entsprechen. — Belschwitz 24. Hellblaugrauer
krystallinischer Kalk mit accessorischen Primitien und Frag-
671
menten von Choneten und Rhynchonellen. — Kalthof 8.
Grauer, dichter, thonhaltiger Kalk mit Resten von Ühonetes
und Rhynchonella sowie Crania implicata. — Germau. Dichte,
sehr harte Grundmasse. Darin Chonetes und Zhynchonella,
Beyrichien treten zurück. — Spittelpark 2. Accessorisch
Acaste Downingiaee — Friedländer Thor. Graublau, dicht,
Insterburg 3 u. 5. — Gumbinnen 2. Gleicht sehr einem
Handstück von Ohhesaarepank. — Claussen 2. Accessorisch
Avicula retroflexa.
e. Nuculakalke. Die Chonetenschalen treten bis zum
völligen Verschwinden zurück. Auch die Zahl der Beyrichien
kann bis auf Null herabsinken; so entstehen Uebergänge zu
den Nuculakalken im engeren Sinne.
Fundorte: Belschwitz 20. Grundmasse ein harter Kalk
von weisser bis gelber Farbe, an einigen Stellen braun. Die
Rhynchonellenschalen sind weiss, seidenglänzend, die Beyrichien
lederbraun. — Belschwitz 22. — Spittelpark 1. Grauer,
dichter, thonhaltiger Kalk mit Kalkspathdrusen. — Julchen-
thal 5. Accessorisch Primitien. — Insterburg 2. — Weh-
lau 2. Breccienartig ausgebildet. Dichte, knollige Partieen mit
brauner Oberfläche werden durch eine krystallinische Masse
verkittet.
f£. Crinoidenkalke, Das Gestein ist von röthlichen
Crinoidenstielen durchsetzt, welche besonders den von Krause
unter 2 und 3 abgebildeten entsprechen. Dazu treten zahl-
reiche Individuen der B. tuberculata und Crania implicata. Die
Grundmasse ist ein graubrauner, fester Kalk.
Fundorte: Belschwitz 12. — Rosenberg 2. Grund-
masse grau, Crinoidenstiele weiss.
2) Tuberculata- Wilkensianakalke. Charakteri-
sirt durch Vorhandensein von D. tuberculata und Wilkensiana.
Es wiegt jedoch D. tuberculata vor. Es existiren Uebergänge
zu den Wilkensianakalken. |
a. Tuberculata- Walk ensialekalkle im engeren
Sinne. Vorwiegend von B. tuberculata erfüllt. Daneben tritt
D. Wilkensiana auf.
Fundorte: Belschwitz 10. Harter, verwitterter, weisser
Kalk, fein krystallinisch; accessorisch Crinoiden. — Bartossen.
Conglomerat von B. tuberculata und Wülkensiana. — Romeh-
nen 4. Uebergang zu den Wilkensianakalken. Darin einmal
B. dubia.
b. Chonetenkalke. Chonetenschalen treten mehr oder
minder zahlreich auf.
Fundorte: Belschwitz 25. Hartes, festes Conglomerat
von Chonetes striatella. Farbe grau. Accessorisch Onchus Mur-
Zeitschr. d.D. geol. Ges. XXXVII. 3. 38
672,
chisoni. — Belschwitz 26. Weicher, weisser, verwitterter Kalk
mit seidenglänzenden Ühonetenschalen. Dazu T'entaculites annu-
latus und spärliche Cranien. — Kalthof 6. Harter, fester,
grauer Kalk. Accessorisch Murchisonia sp., Crania implicata,
Primitia oblonga. — Allenstein. Blaugrauer, dichter, thon-
haltiger Kalk.
c. Primitienkalk. Dichte, graue Grundmasse, darin
zahlreiche Primitien.
Fundort: Bischofistein 6.
d. Orbicularıskalk. Neben Crinoidenstielen und Pri-
mitien treten Exemplare von Orthis orbieularis auf.
Fundort: Romehnen |].
e. Murchisonienkalk. Grauer, dichter, thonhaltiger
Kalk mit vielen Exemplaren von Murchisonia eingulata; da-
neben Primitia oblonga.
Fundort: Lyck 2.
Heimath der bisher beschriebenen Geschiebe:
Für die Abtheilungen I—IV unbekannt; für V, I Kalthof 1u. 2,
Oesel; ebenso für V, 3 Kalthof 3 Oesel; für die übrigen der
Abtheilung V unbekannt. Für die Abtheilnng VI, 1 wohl mit
grosser Wahrscheinlichkeit Oesel, obschon Gotland aus oben
angegebenen Gründen nicht ganz ausgeschlossen sein dürfte.
Für VI, 2 Oesel.
3) Tuberculatakalk mit Duchiana, Salteriana
und Wilkensiana.
Fundorte: Belschwitz 8. Grundmasse ein weisser, ver-
witterter, nicht sehr fester Kalk. Die Beyrichien sind schnee-
weiss und wohl erhalten. Die accessorischen Chonetenschalen
sind weiss und seidenglänzend. — Belschwitz 11. Grund-
masse ein weissgelber, nicht sehr fester Kalk mit zahlreichen
Beyrichien von guter Erhaltung. Accessorisch: Crania impli-
cata, Chonetes striatella und Primitia sp. In beiden Kalken
überwiegt jedoch die Zahl der Individuen von B. tuberculata.,
4) Tuberculatakalk mit Buchiana, Maccoyana
und Wilkensiana.
Fundort: Orossen. Beyrichienconglomerat mit accesso-
rischen Orinoidenstielen. Kittmasse graubraun, hart.
5) Tuberculatakalk mit Duchiana u. Salteriana.
Fundort: Belschwitz 14. Grauer, krystallinischer Kalk.
Die Geschiebearten 3--5 bergen in sich die reichhaltigste
Beyrichienfauna überhaupt. Sie stehen in naher Beziehung zu
den Buchiana- und Maccoyanakalken. Sie sind interessant
wegen der gemischten Fauna, welche diejenige von Oesel und
Gotland vereinigt.
673
Heimath von Abtheilung VI, 3—5 unbekannt. Muth-
maasslich das Gebiet zwischen Gotland und Oesel.
6) Tuberceulata-Buchianakalke.
a. Chonetenkalk.
Fundorte: Julchenthal 3. Graublaue Grundmasse, darin
obige Beyrichien; Chonetes striatella und Primitia oblonga acces-
sorisch. — Pfeil l. Conglomerat von Chonetes striatella und
B. tuberceulata, dazu Duchiana. Uebergang zu den Buchiana-
kalken.
b. Chonetes- und Nuculakalke.
Fundort: Bischofstein 5. Harter, grauer, krystalli-
nischer Kalk mit Resten von Chonetes und Khynchonelle.
7) Tuberculata-Maccoyanakalke.
a. Tubereulataconglomerat mit B. Maccoyana.
Fundort: Belschwitz 9. Dunkelgrauer bis brauner Kalk
als Bindesubstanz zwischen den Beyrichienschalen. Accesso-
risch rothe Crinoidenstiele. Muccoyana äusserst selten.
b. Nuceulakalk.
Fundort: Belschwitz 21. Kittmasse zwischen den zahl-
reichen Ahynchonella nucula - Schalen ist ein harter, weisser,
dichter Kalk, in welchem mitunter Kalkspath auskrystallisirt
ist. Accessorisch Primitien.
Heimath von VI, 6 u. 7 Gotland.
VI. Buchianakalke.
Charakterisirt durch das alleinige oder vorwiegende Vor-
kommen von B. Buchiana nebst Varietäten.
1) Buchianakalke im engeren Sinne. Es kommt
allein Buchiana vor.
Fundorte: Insterburg No.4. Murchisonienkalk, gelb-
grauer, dichter Kalk mit Murchisonia und Primitie. — No. 6.
Grauer, dichter Kalk mit Primitien. — No.8. Nuculakalk. —
No. 10. Chonetes-Nuculakalk mit Crinoidenstielen.
Heimath von VII, 1: Gotland.
2) Angustatakalk.
Fundort: Lyck 1. Gelbgrauer, dichter Kalk mit Pri-
mitia oblonga und B. Duckiana angustata.
Heimath unbekannt. Vielleicht Oesel, da Krauss dort
B. Buchiana mit breiten Leisten hat.
3) Buchiana-Maccoyanakalk.
Fundort: Wormditt 3. Krystallinischer Kalk, darin
Chonetes, Spirifer elevatus, Pterinea sp.
Heimath: Gotland.
38*
674
4) Buchiana-tuberculatakalk.
Fundort: Belschwitz 31. Krystallinischer, grauer Kalk.
Heimath: Gotland.
5) Buchianakalk mit DB. tuberculata und Ma«e-
coyana.
Fundort: Belschwitz 30. Als Kittmasse zwischen den
vorkommenden Choneten- und Rhynchonellenschalen, die seiden-
glänzend sind, ein verwitterter, bröcklicher, weisser, kreide-
artiger Kalk.
Heimath: Gotland.
6) Buchiana-Wilkensianakalke.
Fundorte: Belschwitz 32. Blaugrauer, dichter, thonhal-
tiger Kalk, darin zahlreiche B. Buchiun« lata und angustata
nebst Wilkensiana. Heimath: westliche Fortsetzung der Insel
Oesel (?). — Rosenberg 1. Chonetenkalk. Graublauer,
dichter Kalk. Accessorisch Rhynchonella nucula, MHurchisonia
cingulata. Heimath unbekannt. — Insterburg 9. Choneten-
kalk mit vielen B. Buchiana, weniger BD. Wilkensiana,. Acces-
sorisch Tentaculites, Cranien. Heimath unbekannt.
Von den Gruppen 3, 4 und 6 lässt sich bemerken, dass
ein continuirlicher Uebergang zu den Tuberculata-, Wilken-
siana- und Maccoyanakalken besteht, da die Zahl der drei
genannten Arten in den Kalken steigen und zuletzt vor-
wiegen kann.
VII. Maccoyanakalke. .
Charakterisirt durch das Vorwiegen der Individuenzahl
von B. Maccoyana vor den übrigen Arten.
l) Maccoyana-Buchianakalke.
Fundorte: Belschwitz 33. Chonetenkalk. Bröcklicher,
weisser, verwitterter Kalk. Weisse Chonetenschalen, weisse
Beyrichien. — Bischofstein 9. Elevatuskalk. Kittmasse
ein nicht fester, grobkrystallinischer, hellgrauer, glänzender
Kalk mit Spirifer elevatus, ebenfalls hell, Calymene Blumenbachü
und Acaste Downingiae, beide schwärzlich, Crania implicata,
Rhynchonella nucula und B. Maccoyana vorwiegend, daneben
B. Buchiana.
2) Maccoyana-Wilkensianakalk.
Fundort: Belschwitz 34. Chonetes- und Rhynchonella-
breccie, daneben viele rothe Crinoidenstiele. Accessorisch P-
lodietyum lanceolatum, Crania implicata.
3) Maccoyanakalk mit Beyrichia tuberculata,
Buchiana, Wilkensiana. Steht in naher Beziehung zu
dem in Abtheilung VI unter Nr. 4 angeführten Geschiebe.
Fundort: Wormditt 4. Crinoidenkalk von graublauer
Farbe mit Kalkspathdrusen. Accessorisch Fischknochenreste,
Choneten- und Rhynchonellenschalen, zahlreiche Maccoyana-
schalen.
Heimath für VIII, 1 Gotland, für VIII, 2u. 3 unbekannt.
IX. Salterianakalke.
Charakterisirt durch das Vorwiegen von Salteriana vor
den übrigen Arten.
1) Salteriana-Buchianakalke.
Fundorte: Belschwitz 35. Grauer Kalk mit Chonetes
und Rhynchonella. — Romehnen 2. Dichter, grauer Kalk mit
zahlreichen Primitien. Primitienkalk. Selten eine 2. Buchiana,
Salteriana ziemlich häufig. — Julchenthal 8. Grauer Kalk
mit Primitien. Selten 2. Buchiana.
Heimath IX, 1 Gotland.
2) Salterianakalk mit B. tuberculata, Buchiana,
Maccoyana, Wilkensiana.
Fundort: Belschwitz 36. Kalk mit zahlreichen Cho-
neten- und Rhynchonellenschalen sowie Crinoidenstielen. Steht
in naher Beziehung zu den in Abtheilung VI unter No. 3u.4
beschriebenen Kalken.
Heimath unbekannt.
3) Salterianakalk mit 2. tuberculata und Wil-
kensiana.
Fundort: Julchenthal 7. Graublauer Kalk. Viele 2.
Wilkensianaı. Uebergang zu den Wilkensianakalken. Acces-
sorisch: Murchisonia cingulata:und Chonetes striatella.
Heimath unbekannt.
X. Wilkensianakalke.
Charakterisirt durch das alleinige oder häufige Vorkommen
von D. Wilkensiana.
1) Wilkensianakalke im engeren Sinne. A. Wil-
kensiana allein.
a. Primitienkalke. Es herrschen neben 3. Wilkensiana
Primitien vor (Pr. oblonga). Mitunter fallen die Beyrichien
ganz aus, dann entstehen Primitienkalke im engeren Sinne.
Fundorte: Rosenberg 3. Grauer, thonhaltiger Kalk mit
Kalkspathdrusen. — Kalthof 9. Conglomerat aus Wilkensiana
und Primitien. Accessorisch Crania implicata.
b. Murchisonienbreccie. Die Grundmasse ist ein
grauer, krystallinischer Kalk, worin Reste von Murchisonia sp.,
Fischknochen, Orthis orbicularis, Or. implicata u. B. Wilkensiana.
Fundort: Bischofstein 8,
676
e. Chonetes- und Nuculakalke. Grundmasse ein
grauer, thonhaltiger Kalk mit weissen Kalkspathpartieen. In
dieser Chonetes- und Rhynchonellenschalen und 3. Wilkensiana.
Fundorte: Insterburg 7; Pillkallen. Grundmasse ein
blaugrauer, dichter, thonhaltiger, harter Kalk mit Chhonetes stria-
tella und Rhynchonella nucula. B. Wilkensiana ebenfalls, jedoch
spärlich vorhanden. — Judtschen; Kalthof 11. Geschie-
ferter Kalkthon von graublauer Farbe. Auf einer Schieferfläche
liegen alle Beyrichien. Accessorisch Murchisonia sp.
2) Wilkensiana-tuberculata-Kalke.
a. Primitienkalke.
Fundorte: Güldenboden 1. Conglomerat aus BD. tuber-
culata und Wilkensiana nebst Primitian oblonga. Accessorisch
Crinoidenstiele (2u. 8 Krause). — Kalthof 10. Blaugrauer,
geschieferter Kalkthon. Auf einer Schicht viele DB. Wilkensiuna,
tuberculata und Primitia oblonge. — Romehnen 3. Graue,
thonhaltige, dichte Grundmasse, unterbrochen von krystalli-
nischen Partieen von Kalk. Vorwiegend Primitia oblonga, B.
Wilkensian«, weniger 5. tuberculata. Accessorisch Crania im-
plicata, Rhynchonella nucula, Crinoidenstiele.
b. Orbiculariskalk. Gelbgraue, dichte Grundmasse,
an einigen Stellen krystallinisch. In dieser liegen Schalen von
Orthis orbicularis, weniger zahlreich Rhynchonella nucula und
BD. Wilkensiana.
Fundort: Kalthof 13.
c. Chonetenkalk. Grobkrystallinische, graue Grund-
masse, darin wenige Tentaculitenkerne.
Fundort: Kalthof 14.
d. Nuculakalke.
Fundorte: Julchenthal 6. Graublaue Grundmasse, we-
nige Rhynchonellaschalen. — Kalthof 12. Hellgraue Grund-
masse, viele Rhynchonellaschalen. 7. Wilkensiana und tuber-
culata treten zurück. Uebergang zu den Nuculakalken im
engeren Sinne.
e. Chonetes- und Nuculakalk.
Fundort: Güldenboden 2. Graue, dichte Grundmasse,
darin Chonetes und Rhynchonella. Accessorisch Crinoidenstiele,
Acaste Downingiae.
3) Wilkensiana-Buchianakalke.
Fundorte: Pfeil 2. Grauer, dichter Kalk mit vielen Bey-
richien und Primitien. — Judtschen. Gelbgrauer, dichter
Kalk mit spärlichen Beyrichien. Access. Murchisonia sp. —
Tilsit. Chonetenconglomerat, Kittmasse ein graugelber ver-
witterter Kalk. — Belschwitz 28. Grauer, dichter Kalk,
677
aussen verwittert, daher weiss; Ahynchonella nucula zahlreich.
Accessorisch Crinoidenstiele, Tentaculiten. — Bischof-
stein 7. Nuculakalk. Dichte Grundmasse mit Kalkspath-
drusen. Accessorisch Acaste Downingiae und Primitien. —
Puschdorf. Eine graue Breccie, erfüllt von Rhynchonella
nucula, Chonetes striatellu, Primitia oblonga, Crania implicata,
Tentaculiten, Trochiten und Beyrichien.
4) Wilkensianakalk mit B. Buchiana und Mac-
coyana.
Fundort: Belschwitz 27. Chonetenkalk. Accessorisch
Acaste Downingiae, Crania implicata, Tentaculiten u. Primitien.
5) Wilkensianakalk mit B. tuberculata, Bu-
chiana und Maccoyana.
Fundort: Belschwitz 29. Orbicularisconglomerat.
Heimath der Wilkensianakalke: X, 1 u. 2 Oesel. Die
unter No. 2 beschriebenen stehen in naher Beziehung zu den
unter VI, 2 aufgeführten. — X, 3, 4 u. 5 unbekannt. Die
unter No. 3 beschriebenen Kalke stehen in naher Beziehung
zu den unter No. VII, 6 angegebenen. Das unter No. 5 be-
schriebene Geschiebe nähert sich den unter No. VI, 4 und
No. VIII, 3 verzeichneten.
XI. Bollianakalke.
Unter diesem Namen sind vorläufig zwei Geschiebe zu-
sammengefasst worden, die unter sich derartige Verschieden-
heiten zeigen, dass sie beide von anderem Alter als die unter
I—X angeführten Kalke sein müssen, ausserdem aber beide
verschiedenen Niveau’s angehören. In dem einen (Belsch-
witz 37) kommen beide Beyrichienformen zusammen mit Caly-
mene Blumenbachi und ÜChonetenresten vor. Dieses aus nicht
sehr festem, röthlichem, krystallinischem Kalk bestehende Ge-
schiebe gehört daher dem Obersilur mit Sicherheit an. Das
zweite Geschiebe (Bischofstein 10) enthält nur die als 2. Bolliana
umbonala beschriebene Form, sonst aber keine Petrefacten.
Petrographisch steht der gelbbraune, feste Kalk dem Grapto-
lithengestein nahe.
Heimath beider Stücke unbekannt.
V, Uebersicht über die Verbreitung der Beyrichienkalke
in Ostpreussen. !)
Die nachfolgenden Betrachtungen können nicht bean-
spruchen, ein vollständiges Bild über die Vertheilung der ein-
2) Hierzu vergleiche man die Tabelle. In dieser findet sich rechts
die Hejmath verzeichnet. u bedeutet unbekannt, ö Oesel, g Gotland,
678
zelnen Geschiebearten in Östpreussen zu geben. Einerseits
fehlt die Basis zu einem genauen Vergleich der an verschie-
denen Punkten des Gebietes vorkommenden Geschiebearten,
da nicht an allen Fundorten gleichmässig gesammelt worden
ist, andererseits ist die Zahl der Fundorte klein im Verhältniss
zu dem grossen Gebiet, über welches sie zerstreut sind. Ferner
fehlt es aus dem Gebiet nördlich vom Pregel fast ganz an
Material, und der ganze Theil der Provinz, welcher südöstlich
der Linie Pillkallen, Gumbinnen, Bischofstein, Belschwitz liegt,
ist nur durch Lyck vertreten. Es lassen sich daher auch
keine sicheren Schlüsse aus dem Vergleich der Geschiebe öst-
licher und westlicher Fundorte ziehen, wenngleich bemerkens-
werthe Verschiedenheiten hervortreten. Es wird sich ein ab-
schliessendes Urtheil erst fällen lassen, wenn nach dem in der
vorliegenden Arbeit angewendeten Princip die Analysen der
Geschiebe einer grossen Zahl gleichmässig über das, Gebiet
vertheilter Fundorte verglichen werden können. Ich glaube die
Grundlage zu einem solchen Unternehmen geschaffen zu haben.
Wenn ich also auch von einem in’s Detail gehenden Ver-
gleich der Geschiebeanalysen in dieser Hinsicht absehen muss,
so bin ich doch der Meinung, dass für die Provinz im Ganzen
sich schon aus dem vorliegenden Material einige bemerkens-
werthe Resultate entnehmen lassen.
Von den 115 beschriebenen Geschieben sind 28 unzweifel-
haft oeselschen, 17 unzweifelhaft gotländischen Ursprungs. Ver-
theilt man nun die übrigen 32 Geschiebe, deren Ursprung
sich sowohl auf Oesel als auf Gotland beziehen lässt, nach
dem obigen Verhältniss auf beide Gebiete, so kommen davon
20 auf Oesel, 12 auf Gotland. Ferner sind 38 Geschiebe
vorhanden, deren Anstehendes zur Zeit unbekannt ist. Von
diesen lassen 15 (nämlich die Gruppen I—IV und XI) gar
keine Vermuthung über ihre Heimath zu, die übrigen 23 kön-
nen nur auf das Gebiet zwischen Oesel und Gotland bezogen
werden. Demnach sind von den 115 Geschieben 48 oeselschen,
29 gotländischen Ursprungs, 23 aus jetzt submarinem Gebiet
und 15 aus unbekanntem. Also sind 48 pCt. der Beyrichien-
kalke Ostpreussens öselschen, 29 pCt. gotländischen Ursprungs
und 23 pCt. rühren aus jetzt submarinem Gebiet her. Ich
glaube, dass dieses Resultat nicht sehr von der Wahrheit ab-
weichen kann, denn auf zwei ganz verschiedenen Wegen sind
Nortuise !) und Kırsow ?) für die silurischen Geschiebe im
Allgemeinen zu denselben Resultaten gekommen.
1) Cambr. u. silur. Diluvialgeschiebe. Jahrb. d. kegl. preuss. geol.
Landesanstalt f. 1882, pag. 314.
2) Kızsow a. a. 0.
679
Ferner ist zu bemerken, dass nach Westen zu die
gotländischen Geschiebe an Zahl die oeselschen übertreffen.
Ebenso ist die Bemerkung von JEnTzscH !) zu bestätigen, dass,
je weiter man nach Osten kommt, die Beyrichien in den Kalken
von Alter der Beyrichienschicht seltener werden und endlich
ganz daraus verschwinden. In der Umgegend von Insterburg
und Gumbinnen findet man sehr viele Chonetenkalke, aber
fast nie sind Beyrichien in ihnen. Schon zwischen Insterburg
und Gumbinnen besteht ein merklicher Unterschied, noch
weiter nach Osten ist der Mangel der Beyrichien noch auf-
fälliger. Der östlichste Punkt, an dem unter vielen Choneten-
kalken noch ein Beyrichienkalk und zwar mit wenigen B. Wil-
kensiana gefunden worden ist, liegt unter 40° 15’ (Pillkallen).
In Kurland hat Gerewisee?) Beyrichienkalke bis 41° 30’
gefunden.
1) Diese Zeitschr. 1880, pag. 628.
2) Archiv für Naturkunde von Liv-, Ehst- und Kurland; Dorpat,
l. Serie, Bd. VIII, pag. 79.
680
6. Ueber einen Paragenit - Schiefer vom Ural.
Von Herrn A. Arzrunı ın Aachen. ')
Der Paragonit ist bekanntlich kein verbreitetes Mineral.
Ebenso verhält es sich mit dem Paragonit - Schiefer, welcher,
wie man weiss, bisher nur an wenigen Localitäten und stets
auf ziemlich beschränktem Flächenraum, wie auch in geringer
Mächtigkeit angetroffen worden ist. °)
Es mag daher hier ein Paragonitschiefer des Urals be-
schrieben werden, besonders da er in seinem Auftreten sowohl,
als auch in Betreff der Mineralien, die er accessorisch enthält,
in mancher Hinsicht von dem bekanntesten und mikroskopisch
am eingehendsten untersuchten St. Gottharder Vorkommen
wesentlich abweicht.
1) Litteratur über Paragonit:
ScHAarrHäiutL. Ann. Chem. Pharm. Bd. 46, pag. 334, 1843 (P. vom
St. Gotthard).
RAMMELSBERG. Diese Zeitschr. Bd. 14, pag. 760 u. 761, 1862.
v. Koserr. Journ. f. pr. Chemie, Bd. 107, pag. 167, 1869 (P. von
Virgenthal, Tirol).
H. Crepner. N. Jahrb. f. Min. ete., 1870, pag. 975 (P. von Michi-
gan- und Superior-See).
v. Lasaurx. N. Jahrb. f. Min. etc. 1872, pag. 835 (P. von Mte Cam-
pione und Airolo).
F. A. GentH. Journ. f. pract. Chemie, N. F., Bd. 9, pag. 92, 1874
(P. vom Ochsenkopf).
RAMMELSBERG. Mineralchemie, 2. Aufi., II. Th., pag. 520, 1875.
Lündecke. Diese Zeitschr. Bd.28, pag. 266, 1876 (P. der Insel Syra).
A. Cossa. Rich. chim. e mierosc. ete., pag. 74, 1881 (P. von Borgo-
franco und Colle Blaisier = Cossait).
A. Arzrunı. Zeitschr. f. Ethnolog., Bd. 14, pag. (570) 1882 (Ver-
arbeiteter P. aus Mittelamerika, Sonnenidol). -
v. Lasaurx. Sitzungsber. d. niederrh. Gesellsch., Bonn, 3. Dec. 1883
(P. im Glaukophangestein d. Insel Groix).
Litteratur über Zoisit, Epidot, Korund ete.:
C. Krem. N. Jahrb. f. Min. ete., 1874, pag.1 (Epidot v. Sulzbachthal).
F. A. GentH. Journ. f. pr. Chemie, N. F., 9, pag. 49 — 112 (Um-
wandlungen des Korund).
en u. Sıpöcz. Wien. Akad., Sitzungsb. 1880, Abth. I, Juli
(Zoisit).
F. A. GEntHu. Am. philos. Soc., Philadelphia, August 18, 1882 (Um-
wandlungen des Korund).
°) Nur die nordamerikanischen von H. OrEDneEr (].c.) beschriebenen
Vorkommnisse scheinen eine Ausnahme zu bilden.
681
Genaue Angaben über die Lagerungsverhältnisse dieses
Paragonitschiefers zu machen bin ich leider nicht im Stande,
da ich die Localität selbst nicht besucht habe. Meine Kenntniss
des Vorkommens beruht auf einer Anzahl von Handstücken,
welche mir mit der verbürgten Angabe überbracht wurden,
dass sie aus dem District von Nizne - Issetsk und zwar aus
dessen südwestlichem Theile, also aus der Nähe des Distrietes
Syssert herstammen. Präciser lautet der Fundort: „Am steilen
Bach (= Krutoj Kljutsch), linkes Ufer der Kamenka!) unweit
des Grenzcordon von Nizne-Issetsk, gegenüber dem Tannen-
wäldchen.“
Nach den Handstücken zu urtheilen — und damit stim-
men die Angaben der Sammler überein — bildet der Para-
sonitschiefer, wie auch sonst, untergeordnete Einlagerungen in
anderen krystallinischen Schiefern, namentlich im Chlorit-
schiefer, welcher ausserdem Chromit-Nester und grössere Agglo-
merationen von krystallinischem, farblosem oder bläulichem
Korund beherbergt.
Diese Nester im Chloritschiefer sind reich an verschieden-
artigen Minerälien. Der Uhromit führt auf seinen Klüften und
Berührungsstellen mit dem Schiefer einen bereits beschriebenen
Chromturmalin ?), welcher sich auch im Paragonit vorfindet.
Neben diesem tritt eine andere schwarze, wohl chromfreie
Varietät des Turmalins auf, in dicken und langen geraden oder
gebogenen, geknickten, fächerförmig angeordneten Krystallen,
an welchen die Endflächen stets fehlen.
Mit dem Korund, der an einzelnen Stellen recht grob-
körnig ist, tritt der Chlorit (oder Clinochlor?) in grossblätt-
rigen, dunkelgrünen Partieen auf, durchdringt aber auch die
Korundknollen durch und durch und bildet somit mit ihm ein
inniges Gemenge. Daneben sieht man wiederum schwarzen
Turmalin, Diaspor in kleinen farblosen oder weissen und brau-
nen Blättchen mit dem charakteristischen Diamantglanz, ver-
einzelte dünne, hellrothe Säulchen von Rutil, Blätter von
Margarit u. s. w.
Der Paragonit ist äusserst fein- und verworren-blätterig,
von schwach gelblicher Farbe. An einigen Stellen ist er voll-
kommen rein, ohne irgend welche accessorische Mineralien,
während andere Partieen ausserordentlich reich sind an kleinen,
aber mit blossem Auge sichtbaren, stark glänzenden, farblosen,
säulenförmigen Kryställchen, die sich jedoch trotz der Weich-
.') Kamenka = „die Steinige* ist eine für kleinere Flüsse sehr
beliebte und daher oft wiederkehrende Benennung.
?) Of. Cossa u. Arzrunı: Memorie Accad. dei Lincei, Serie 3a,
vol. VII, 1881 - 1882.
682
heit des sie einschliessenden Paragonits äusserst schwer
herauslösen lassen. Die Zähigkeit des Paragonits einerseits
und ihre eigene Sprödigkeit andererseits sind die Ursachen,
dass die kleinen Kıyställchen beim leisesten Drucke zer-
bröckeln, indem sie theils nach einer der longitudinalen Flächen
spalten, theils Querrisse bekommen und zerspringen. Hier
und da sieht man im Paragonit auch Blättchen eines braun-
rothen, Glimmer - ähnlichen Minerals, welche wahrscheinlich
dünne Lamellen von Eisenglanz sind.
Unter dem Mikroskop erscheinen verschiedene Präparate
des Paragonits verschieden. Einige zeigen eine grobblätterige
Structur, wobei die parallel der Spaltfläche (001) getroffenen
Krystalle unregelmässige Umrisse besitzen, während die leisten-
förmigen Querschnitte von zwei geradlinigen oder etwas ge-
wundenen, aber miteinander parallel verlaufenden Kanten be-
grenzt sind. Parallel diesen sind in den grösseren Krystallen
deutliche Spaltungsdurchgänge zu sehen. Oft nimmt man auch
ein Aufblättern und Divergiren der Spaltplättchen wahr, wobei
die äusseren Längskanten der Leisten sich biegen und ihre
concave Seite nach aussen wenden. Die Leisten löschen
sämmtlich parallel und senkrecht zu ihren Longitudinal-Kanten
aus und zeigen beim Maximum der Helligkeit (d. h. bei Dia-
gonalstellung ihrer Längsausdehnung gegen die Hauptschnitte
der gekreuzten Nicols) lebhafte Interferenzfarben, unter denen
grüne und rothe vorherrschen. — Die basalen Blättchen sind
so dünn, dass sie bei Anwendung convergenten Lichtes (von
Lasaurx’sche Linse) kein Axenbild zeigen. Uebrigens liegen
fast überall zahlreich solche Blättchen übereinander und zwar
nicht orientirt, wodurch die Interferenzfigur zerstört wird und
das scheinbar einheitliche Blättchen bei voller Umdrehung in
seiner Ebene beständig hell erscheint. Die Paragonitblättchen
sind durchweg verworren angeordnet und lassen keine An-
zeichen von Parallellagerung erkennen, welche auf Schieirig-
keit schliessen lassen würde. Solche grobblättrige Präparate
sind meist äusserst arm an fremden Einschlüssen. Man beob-
achtet nur vereinzelte grünlichbraune Klumpen (aus denen ab
und zu feinnadelförmige kurze Krystallspitzen herausragen)
und unvollkommen begrenzte, kurz säulenförmige, nicht merk-
lich pleochroitische, aber stark doppeltbrechende Kryställchen
mit abgerundeten Endigungen. Diese Kryställchen, die bei
kleinen Dimensionen farblos erscheinen, lebhafte Polarisations-
farben und scharf markirte Ränder zeigen, halte ich für Zirkon,
wie er in altkrystallinischen, massigen und Schiefer - Gesteinen
angetroffen wird.
Ein ganz anderes Bild gewähren diejenigen Präparate,
welche reich an jenem oben erwähnten farblosen, säulenför-
683
migen, auch mit blossem Auge sichtbarem Mineral sind. Hier
ist die Structur äusserst feinschuppig, fast dicht, körnig-
punktirt. Aus dieser Grundmasse heben sich die verhältniss-
mässig gross erscheinenden säulenförmigen Krystalle in grosser
Menge porphyrisch ab. Ausser ihnen ist von weiteren acces-
sorischen Mineralien Nichts zu sehen, bis auf wenige verein-
zelte rothe Blättchen von Eisenglanz und hellfarbige Säulchen
von Zirkon. Der Eindruck der feinkörnigen Grundmasse lässt
sich zum Theil wohl mit demjenigen vergleichen, welchen dünne
Kalkspath-Häute hervorrufen — ein buntes, beim Drehen des
Präparates nicht dunkelwerdendes, perlmutterglänzendes, fein-
körniges Aggregat. — Einige Aehnlichkeit besitzt das Bild mit
einem solchen von Talk, für welchen das Gestein auch von
einigen Petrographen, denen ich Stücke zustellte, anfänglich
angesehen worden ist. ')
Umso werthvoller war daher die chemische Untersuchung
der in Rede stehenden Substanz, durch welche die Richtigkeit
der ursprünglichen Diagnose ausser Frage gestellt wurde. Herr
Prof. Cossa, dem mein verbindlichster Dank für die Ausfüh-
rung der Analyse gebührt, hatte die Güte mir in einem vom
10. October 1882 datirten Briefe Folgendes mitzutheilen:
».... Wäre das Gestein in der That ein Talkschiefer,
so müsste darin in bedeutender Menge Magnesia gefunden
werden, während in einem Paragonit die Thonerde vorherr-
schen müsste. Nun hat die von mir ausgeführte Analyse
folgende procentische Zahlen ergeben:
Baieselsaurena 02,0 .0..003046,39
Bionerder er. 7
ak et 2
Brasser a a er TEHNA,IO
Alkalien durch Differenz,
Navy Kor E33
100,00
Diese Resultate reichen aus, um die Annahme des
Talkes auszuschliessen und sprechen zu Gunsten des Pa-
ragonits.“
1) Bekanntlich ist auch der für uns jetzt als typisch geltende Pa-
ragonitschiefer des St. Gotthard seiner Zeit für „verhärteten Talk-
schiefer* angesehen worden, bis SCHAFFHÄUTL (l. ce.) durch Analyse die
Abwesenheit von Magnesia nachwies und das Mineral als Natronglimmer
erkannte. Der von ihm dem Minerale gegebene Name „Paragonit“
(von rapdyw = ich täusche) spielt auf diese Verwechselung an. Mit
ebenso grossen Rechte hat also der hier besprochene uralische Para-
gonit diese Bezeichnung verdient,
684
Und in der That, vergleicht man die Analysen vom Pa-
ragonit aus anderen Localitäten, so überzeugt man sich von
der grossen Uebereinstimmung derselben mit der obigen. !)
Das einzige, was diesen Paragonit von den anderen unter-
scheidet, ist sein verhältnissmässig hoher Kalkgehalt, der aber
höchst wahrscheinlich von den eingeschlossenen oben erwähnten
säulenförmigen, farblosen Kryställchen herrührt.
Ein ganz besonderes Interesse verdienen diese letzteren,
da sie nach ihren Charakteren auf keines der bekannten Mi-
neralien direct bezogen werden können. Wie weiter gezeigt
werden wird, verhalten sie sich chemisch wie Epidot oder
Zoisit, deren Bestandtheile sie auch enthalten. Physikalisch
weichen sie aber mehr oder minder von jeder der beiden Sub-
stanzen ab, zwischen denen sie gewissermaassen eine Zwischen-
stellung einnehmen.
Ueber die chemische Natur dieser Kryställchen verdanke
ich wiederum der Freundlichkeit des Herrn Prof. A. Cossa
folgende briefliche Angaben: °)
„..... Vor dem Löthrohre schwärzen sich die isolirten
Kryställchen und schmelzen, unter starkem Aufblähen, zu
einer für den Epidot charakteristischen blumenkohlartigen,
schlackigen Masse. .... In den Talk- und Chloritschiefern
der Alpen kommt nicht selten ein fast farbloser oder gelblich-
weisser Epidot vor. Die unter dem Mikroskop sich zeigenden
scharfen Umrisse (welche auf starke Lichtbrechung hinweisen)
und das Vorherrschen des grellen Gelb unter den Polarisations-
farben sind dieselben Charaktere, welche ich bereits beim
weissen Epidot aus den Alpen beobachtet hatte.“ (3. Sep-
tember 1882.)
a... Erhitzt man Splitter des Paragonitschiefers be-
hutsam vor dem Löthrohre, so zeigt es sich, dass während der
Paragonit seine weisse Farbe unverändert beibehält, die pris-
-matischen Kryställchen sich bräunen und zu einer Masse mit
nicht glatter, sondern schlackiger Oberfläche schmelzen, genau
in derselben Weise, wie dies beim Epidot geschieht. Diese
Eigenschaft habe ich nun dazu verwerthet, um einige Kry-
ställchen von dem anhängenden Paragonit zu sondern. Ich
erhitzte in einem Platiutiegel mit flachem Boden nicht sehr
feines Pulver des Gesteins und vermochte durch mehrmaliges
Wiederholen dieser Operation einige der prismatischen Kry-
ställchen zu gewinnen. Sie verwandelten sich beim Schmelzen
1) Vergl. die citirten Arbeiten von Cossa, v. KoBELL, RAMMELSBERG
und SCHAFFHÄUTIL.
2) Zu den Versuchen dienten Splitter eines jetzt im Berliner mine-
ralogischen Museum aufbewahrten Handstückes, welches sich durch beson-
deren Reichthum an den in Rede stehenden Kryställchen auszeichnet.
685
in kleine Perlen, die sich von dem unverändert gebliebenen
Paragonit ziemlich leicht ablösen liessen. Diesen Weg habe
ich der Behandlung mit der Tuovzer’schen Flüssigkeit des-
wegen vorgezogen, weil das prismatische Mineral ausser-
ordentlich leicht in kleine, dünne Blättchen spaltet, die trotz
ihres höheren specifischen Gewichtes, im Vergleich zu dem
Paragonit, sich nur langsam und nicht in reinem Zustande in
der Kaliumquecksilberjodid - Lösung absetzen und bei qualita-
tiven Versuchen daher unsichere Resultate liefern. Die mit
dem auf oben angegebenem Wege isolirten Minerale angestellten
Versuche haben gezeigt, dass es die Bestandtheile des Epidots
oder Zoisits enthält. Der weissen Farbe nach zu urtheilen,
dürfte das Mineral eher für Zoisit als für Epidot angesehen
werden. Uebrigens sind die chemischen Unterschiede beider
Mineralien sehr gering und deren Verhalten gegenüber den
gebräuchlichen Reagentien ein gleiches. Ich habe z. B. beob-
achtet, dass das prismatische Mineral, nachdem es geschmolzen
worden ist, geradeso wie Rpidot und Zoisit, durch Säuren leicht
zersetzt wird. Bei der Betrachtung unter dem Mikroskop
schien es mir dieselben optischen Eigenschaften zu zeigen,
welche auch der Epidot aufweist, speciell dieselbe chroma-
tische Polarisation mit vorherrschendem Gelb und Roth. Sicher
ist es, dass das vorliegende Mineral für einen Magnesia-
haltigen Epidot nicht gelten kann, da ich bei wiederholten
Versuchen stets nur Spuren von Magnesia, dagegen recht viel
Kalk fand. ') Ich würde daher nicht zögern, das Mineral für
einen normalen Epidot zu halten. — Eine genaue quantitative
Analyse habe ich natürlich nicht ausführen können. Einer
solchen stand sowohl die Natur des Gesteines im Wege, als
auch die Schwierigkeit, ausreichende Mengen des Minerals zu
gewinnen.“ (27. Februar 1884).
An dem fraglichen Mineral stellte auch Herr Prof. Rosex-
Busch in Heidelberg einige mikroskopische Versuche an, über
welche mir eine briefliche Mittheilung vom 18. Juli 1882 vor-
liegt, die hier wiederzugeben mir freundlichst gestattet wurde.
Sie lautet:
».... Um meiner Epidot- (?) Diagnose Stütze oder Wider-
legung zu verschaffen, isolirte ich die fragliche Substanz durch
Kaliumquecksilberjodid; ihr spec. Gew. ist hoch, jedenfalls
über 3,1; das farblose, stark glänzende und recht harte Pulver
1) Diese Bemerkung ist eine Antwort auf eine von mir ausge-
sprochene Vermuthung, die durch eine Beobachtung angeblich grösserer
Mengen von Magnesia hervorgerufen wurde. Nach Herrn Damour (Bull.
soc. mineralog. de France, 1883, pag. 26) ist zudem der Magnesia-
Epidot („Pieroepidot“) vor dem Löthrohre unschmelzbar.
686
wird lebhaft vom Electromagneten angezogen und nöthigte
trotz der Farblosigkeit zur Annahme eines Eisen - Gehaltes.
Ich schloss eine kleine Probe mit Flusssäure auf und erhielt
sehr reichliche Reaction auf Kalk, den ich als CaSO,, 2 aq
krystallisiren liess; derselbe Tropfen liess, mit einer Spur CsCl
versetzt, die herrlichsten Octaeder von Caesium - Alaun aus-
krystallisiren (es war H,SO, frei zugegen); beim Eintrocknen
dieses Tropfens entstanden endlich die gelben Täfelchen von
Eisenchlorid. Eine andere Probe des Aufschlusses liess bei
bekannter geeigneter Behandlung Struvit - Krystalle schön und
deutlich ausfallen. Eine andere winzige Probe des Minerals
wurde lange mit HCl gekocht und von dieser Säure nur sehr
schwer und langsam angegriffen. . Ich unterbrach den Versuch,
filtrirte das Gelöste ab und erhielt darin mit Ammoniak einen
starken Niederschlag von Fe,O,, der, auf eine Beimengung von
Al,O, untersucht, auch diese erkennen liess. Im Filtrat war
sehr reichlich CaO, in nicht unbedeutender Menge auch MgO
vorhanden. Alkalien nicht nachgewiesen. — Aus alledem
komme ich zu der Vermuthung, dass die Substanz nicht genau
mit irgend einem mir bekannten Mineral stimmt.“
Die Angaben beider Forscher stimmen, wie man sieht,
bis auf den Magnesium-Gehalt miteinander überein und spre-
chen sonst für Epidot. Wenn ich indessen mich dieser Ansicht
nicht vollkommen anschliessen kann, so liegt dies an den von
mir angestellten Beobachtungen, die, wie schon bemerkt, das
Mineral weder als echten Epidot, noch als echten Zoisit an-
zuerkennen gestatten. In der Mehrzahl seiner Charaktere
nähert es sich zwar dem Epidot, unterscheidet sich von dem-
selben aber durch seine Spaltbarkeit und seine Symmetrie,
welche als rhombische angesehen werden muss.
Trotz der vollkommenen Spaltbarkeit und Sprödigkeit des
Minerals gelingt es doch mit einiger Mühe mehr oder minder
unversehrte Kryställchen aus dem Paragonit herauszulösen.
Eine goniometrische Untersuchung ergiebt zunächst, dass die
Kryställchen nach einer einzigen, in der Longitudinalzone
liegenden Fläche spalten, denn man erhält stets blos einen
Winkel von 180°. (Dies spricht gegen Epidot, der bekannt-
lich nach zwei Querflächen spaltet.) Betrachtet man solche
Spaltplatten im convergenten polarisirten Lichte bei gekreuzten
Nicols, so erkennt man, dass die Ebene der optischen Axen
parallel der Transversal-Richtung der Kryställchen liegt. (Dies
spricht für Epidot, da ‘die Lage der optischen Axenebene im
Zoisit senkrecht zur Longitudinalrichtung der Krystalle, d. h.
parallel der Basis = (001), wie Herr TscuermaX |[l. c.] an-
giebt, seltener, vielleicht auch nur scheinbar vorkommt.) Man
sieht ferner, dass eine Mittellinie normal zur Spaltebene steht
687
— eine Abweichung ist wenigstens nicht wahrnehmbar —
dass diese Mittellinie wahrscheinlich die Halbirende des stum-
pfen Winkels der optischen Axen ist, da die Axenaustritte
ausserhalb des Gesichtsfeldes liegen und nur das Mittelbild
einer zweiaxigen Interferenzfigur deutlich hervortritt. (Dies
spricht nur theilweise für Epidot, bei welchem die zweite
Mittellinie fast normal auf T (100) steht; theilweise — weil
T beim Epidot die zweite, weniger vollkommene Spaltungs-
Ebene ist, während sie hier die einzige oder die unvergleich-
lich bessere sein würde, da von der anderen Nichts beobachtet
werden konnte. Wäre das Mineral Epidot, so hätte man eher
die Spaltbarkeit nach M = (001) und im convergenten pola-
risirten Lichte bei gekreuzten Nicols das Bild einer Axe fast
in der Mitte des Gesichtsfeldes zu sehen erwarten dürfen.) —
Dass die Normale zur Spaltfläche die 2te Mittellinie ist, ergiebt
sich auch aus der Grösse des Axenwinkels in Mandelöl. Recht
gut übereistimmende Messungen an gänzlich ungestörten Axen-
bildern lieferten
Da Be
Sana 109° 180),
en ar
Die hieraus sich ergebende Dispersion p<v stimmt nicht
mit der des Zoisits, dagegen wohl mit derjenigen beim Epi-
dot um die 2te Mittellinie, wenn sie auch viel beträchtlicher
ist, als die bei letzterem Mineral beobachtete. So giebt für
den Epidot Herr Des Cro1ızEaux die Dispersion der Axen fast
gleich Null an und die grösste Dispersion von Roth bis Grün,
welche Herr ©. Kreis (l. c.) beim Winkel 2 Ho beobachtete,
betrug 1° 54’, während sie hier genau 3° ergiebt. Von einer
Dispersion der Mittellinien, d. h. von einer geneigten Disper-
sion, ist an dem hier in Rede stehenden Mineral Nichts wahr-
zunehmen. Vielmehr erscheinen die beiden Axenbilder auch
in Bezug auf eine auf die Axenebene senkrechte Ebene ganz
symmetrisch, was wiederum gegen Epidot spricht.
Bei starker Lichtbrechung des Minerals erscheint dessen
Doppelbrechung nur gering: die Farben der Interferenzfigur
sind wenig lebhaft; die Hyperbeln in den Platten, die zur
Bestimmung des Axenwinkels dienten, recht breit und ver-
schwommen; von den isochromatischen Ringen ist nur je einer
zu sehen, ungeachtet dass die Platten doch nicht gar zu dünn
waren. — Der Sinn der Doppelbrechung ist für die 2te Mittel-
linie positiv.
Unter dem Mikroskop sieht man, dass die Kryställchen
stets gerundete Endigungen besitzen und, wie es bei vielen
langprismatisch ausgebildeten Mineralien der Fall ist, quer ge-
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVIL 3. 39
688
gliedert sind. Man beobachtet durchweg longitudinale (paral-
lele) Auslöschung, indess wird man beim Drehen des Präpa-
rates gewahr, dass die wenigsten Krystalle einfach sind. Die
meisten sind Zwillinge nach einer Longitudinalfläche (die beim
Epidot einer Querfläche, d. h. einer Fläche aus der Zone der
Symmetriaxe; beim Zoisit — einer prismatischen Fläche ent-
sprechen würde), und zwar sieht man sie ebenso häufig aus
nur zwei Einzelkrystallen gebildet, wie auch Lamellen in Zwil-
lingsstellung eingeschaltet enthaltend oder auch als polysyn-
thetische Zwillinge. Dass in allen diesen Fällen sämmtliche
in Zwillingsstellung zueinander befindlichen Krystalle gleich-
zeitig auslöschen, ist selbstverständlich. Die Zwillingsgrenze,
die stets geradlinig und entweder ungestört, einheitlich verläuft
oder auch mehrfach treppenförmig abgesetzt ist, ist sehr leicht
wahrnehmbar, wenn man den Krystall um ein Geringes aus
der Dunkelstellung herausdreht. Sie wird besonders durch
die abweichenden Nuancen der einzelnen Zwillingstheile, durch
das gebänderte Aussehen deutlich markirt.
Als Seltenheit kommen auch Zwillinge vor, deren Zwil-
lingsebene mit der Longitudinal-Richtung einen Winkel bildet
und, wie es scheint, auf der Spaltungsfläche normal steht.
Man sieht gegeneinander geneigte Lamellen, die auch jede für
sich auslöschen, allein die beiden Auslöschungs - Richtungen
schliessen einen nicht genau zu bestimmenden Winkel mit-
einander ein, da anscheinend mehrmalige Superpositionen pa-
rallel der Spaltfläche stattfinden, was die Schärfe der Erschei-
nung stört und die Deutung der Zwillingsebene erheblich
erschwert. Die Spaltungsebene wäre demnach hier als Zu-
sammenwachsungsfläche anzusehen.
Noch complicirter gestaltet sich das Bild in Querschnitten,
wo man wirr durcheinander liegende Lamellen erblickt. Dies
sind Erscheinungen, welche an die von Herrn TscherMAX beim
Zoisit beschriebenen im hohen Grade erinnern.
Die Interferenzfarben des Minerals sind in dickeren Kry-
stallen sehr lebhaft, meist intensiv grün oder roth, indessen
kommen auch blaue, violette, gelbe und graue Farben vor. In
dünneren Schnitten treten die für den Zoisit so sehr charakte-
ristischen schmutzigen gelblich-grünlichen, bläulich-grauen oder
fahl-bläulichen Nuancen auf. Diese letzteren scheinen beson-
ders den Querschnitten eigenthümlich zu sein und in denselben
sogar vorzuherrschen. An Interpositionen konnte Nichts ge-
funden werden: davon sind die Kryställchen völlig frei.
Zum besseren Vergleich des hier beschriebenen Minerals
mit dem Epidot und dem Zoisit mag folgende tabellarische
Zusammenstellung der Hauptcharaktere der drei Substanzen
dienen, aus welcher ersichtlich ist, dass das Mineral des Pa-
689
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39*
690
ragonit-Schiefers geometrisch vom Epidot abweicht, in optischer
Hinsicht aber mit demselben übereinstimmt, soweit dies bei
Mineralien, die zwei verschiedenen Graden der Symmetrie
angehören, möglich ist und soweit nicht die höhere (rhom-
bische) Symmetrie schon an und für sich ganz bestimmte
physikalische Verhältnisse (wie z. B. symmetrische Lage der
optischen Axen, symmetrische Vertheilung der Farben bei der
Dispersion nach mehr als einer Ebene u. s. w.) erfordert.
Ob hier nun ein Mineral vorliegt, welches auch seiner
procentischen Zusammensetzung nach vom Epidot und Zoisit
abweicht, ist schwer zu sagen, da die Schwierigkeit genügendes
Material zu einer quantitativen Analyse zu beschaffen vorläufig
nicht gestattet eine solche auszuführen. Viel wahrscheinlicher
dürfte es sein, dass wir es mit einer in ihren optischen Eigen-
schaften sich abweichend verhaltenden Varietät des Zoisit zu
thun haben. Diese Annahme ist umso wahrscheinlicher, als
der Zoisit Ja, bekanntlich, je nach dem Fundort, wechselnde
Charaktere aufweist.
Epidot ist bereits im Paragonit-Schiefer gefunden worden;
wenigstens sieht Herr v. LasauLx dafür kleine Kryställchen
an, die er im Vorkommen von Airolo beobachtete. Sie zeich-
nen sich aber durch starken Pleochroismus aus, der gerade
bei dem vollkommen farblosen Mineral des uralischen Para-
gonit gänzlich fehlt.
In der Nähe von Paragonitschiefern kommen, nach Herrn
Lüpscke’s Angaben, in den Glimmerschiefern der Insel Syra
Eklogite und Gabbro-artige Gesteine eingelagert vor, in denen
ebenfalls Epidot, daneben aber auch Zoisit z. Th. in grösseren
Mengen beobachtet wurde. In Paragonit -führenden Gesteinen
(„Omphaeit-Paragonit-Gestein“) selbst sind die genannten Mi-
neralien jedoch seltener.
Der uralische Paragonit ist aber gerade bemerkenswerth
durch die grosse Menge darin eingelagerter Zoisit- (oder
Zoisit-ähnlicher) Kryställchen, welche an manchen Stellen so
bedeutend wird, dass einzelne mikroskopische Präparate des
Paragonits damit erfüllt sind und es unmöglich wird, darin
eine Partie zu finden, bei deren Betrachtung sich keine Zoisit-
Krystalle im Gesichtsfelde des Mikroskopes befänden.
Wie bereits oben erwähnt wurde, kommen neben Para-
gonit-Einlagerungen im Chloritschiefer von Nizne-Issetsk auch
solche von Korund vor, welcher grobkrystallinische Nester
und Knollen bildet, in denen er zum Theil in wohlbegrenzten
Kıystallen erscheint, von zahlreichen anderen Mineralien (wie
Klinochlor, Chlorit, Diaspor, Margarit, Turmalin, Rutil) be-
691
gleitet, besonders aber auch dadurch charakterisirt ist, dass er
ein inniges Gemenge mit dem Chlorit darbietet.
Die mikroskopische Untersuchung gestattet noch mehr
Einzelheiten zu erkennen. Die Körner von meist unregel-
mässigen Umrissen, theils aber hexagonal-prismatisch begrenzt,
zeigen keine einheitliche Farbe. Wie bei Betrachtung mit
blossem Auge, sieht man auch hier, neben farblosen und
grauen Partieen, vereinzelte, mehr oder minder intensiv blau
pigmentirte Stellen, an denen man z. Th. auch einen zonalen
Bau erkennt. Die blauen Partieen sind stark pleochroitisch.
Die beiden Farben sind: ein intensives, dunkles Himmelblau
und ein schmutziges Blaugrau. Grefärbt oder farblos, zeigen
sämmtliche Körner zwischen gekreuzten Nicols äusserst leb-
hafte Interferenz-Farben, in denen meist das Grün, Roth oder
Blau vorherrschen. Man beobachtet durchweg eine innige
Verwachsung mit dem Chlorit, ja einen so allmählichen
Uebergang beider Mineralien in einander, dass an eine Um-
wandlung von Korund in Chlorit nicht gezweifelt werden kann.
Letzterwähntes Mineral zeigt äusserst starken Pleochroismus
in schmutzigen hell- und dunkelgrünen Farben, von denen
letztere zum Theil so dunkel ist, dass das Licht fast gänzlich
absorbirt wird. Die beiden Axenfarben auf irgend welche kry-
stallographische Richtungen gelingt es nicht zu beziehen, da
die Krystallumrisse nirgends deutlich sichtbar sind. Das ein-
zige, was angegeben werden kann, ist, dass die dunkelgrünen
Strahlen senkrecht zur Ebene der optischen Axen schwingen.
Die Erscheinungen des Pleochroismus sind übrigens nur in
schrägen Schnitten so deutlich wahrgenommen worden. Sie
würden es gewiss in einem noch höheren Grade sein in Schnitten
senkrecht zur Fläche der vollkommensten Spaltbarkeit. Parallel
dieser hergestellte Blättchen zeigen dagegen kaum merkliche
Farben - Unterschiede bei zwei senkrecht zueinander (in der
Spaltebene) schwingenden Strahlen: es ist ein reineres und
angenehmes Grün, welches sich, bei voller Umdrehung des
Präparates und feststehendem Polarisator, kaum ändert. Solche
Spaltblättchen lassen ferner eine schwache Doppelbrechung
und einen recht grossen Axenwinkel mit positiver Mittellinie
erkennen. — Neben dem Korund und dem Chlorit beobachtet
man noch ein farbloses, wohl als Margarit anzusehendes Glim-
mermineral, welches ebenfalls mit dem Korund innig verwachsen
ist oder um dessen Kerne concentrische Hüllen bildet, weshalb
dessen Bildung auf Kosten der Korundsubstanz als erwiesen
gelten kann. — Von Rutil, Diaspor oder Turmalin war in
mikroskopischen Präparaten, die der Mitte der Korundknolle
entnommen wurden, Nichts zu sehen. Die Gegenwart dieser
Mineralien wurde aber zur Genüge festgestellt an den Be-
rührungsflächen mit dem umschliessenden Schiefergestein.
692
Im Anschluss an das hier Beschriebene ist es nicht un-
interessant daran zu erinnern, dass analoge paragenetische
Beziehungen auch anderwärts bereits beobachtet worden sind.
So hat Herr F. A. GextH das Zusammenvorkommen von Pa-
ragonit, Korund und Rutil vom Ochsenkopf bei Schwarzen-
stein beschrieben und zugleich an einer grossen Zahl von
Beispielen amerikanischer sowohl, als auch anderweitiger
Vorkommnisse überzeugend dargethan, dass noch viele andere
Mineralien in einem engeren Zusammenhange mit dem Korund
stehen, indem sie aus demselben entweder durch directe oder
weitergehende successive Umwandlung oder durch Spaltung des
dem Korund zugeführten Materials unter Verbindung des einen
Bestandtheils mit der Thonerde und Ausscheidung der anderen
für sich hervorgegangen sind. Diese Mineralien sind: Spinell,
Diaspor, Bauxit, Gibbsit, Quarz, Opal, Smaragdit und Kok-
scharowit, Zoisit, verschiedene Feldspathe (Borsowit, Andesin,
Indianit, Oligoklas, Albit), Turmalin, Fibrolith, Cyanit, Stau-
rolith, Pyrophyllit, Damourit, Paragonit und andere Glimmer-
arten (Ephesit, Lesleyit, Euphyllit ete.), Chlorit, Jefferisit,
Chloritoid, Margarit, Lazulith und noch andere. — Der Rutil
ist stetiger Begleiter des Korunds, mit dem auch Maenetit,
Ilmenit und Chromit vorkommen.
Wie man sieht, sind mehrere der in vorstehender grosser
Liste aufgeführten Mineralien auch mit dem Korund von Nizne-
Issetsk vergesellschaftet und, wie hinzugefügt werden darf,
auch an anderen uralischen Localitäten schon von G. Rose !)
beobachtet worden. In der That weist die in der Nähe von
Kossoi-Brod (Distr. Syssert) befindliche Smirgelgrube voll-
kommen analoge paragenetische Verhältnisse auf, wovon ich
mich selbst beim Besuch dieser Grube überzeugen konnte.
Nach Herrn Gest#'s Angabe findet sich der Korund in
grösseren Anhäufungen in der „Chromit-führenden Chrysolith-
und Serpentin-Formation.*“ Auch dies trifft für den Ural zu,
nur möchte ich diese Formation im Ural eher Gabbro- oder
Diallagit- ?) Formation nennen, da bekanntlich am Ural es die
Pyroxengesteine waren, aus denen die mächtigen Serpentine
hervorgegangen sind, in denen ja ebenfalls Chromit- und
Magnetit- Lager enthalten sind.
1) Reise nach dem Ural, Bd. I, pag. 151, 248, 256 ete.
2) „Diallagit = Diallag-Gestein, wie man „Hypersthenit“ für Hy-
persthen-Gestein gebraucht.
693
Nachschrift. (St. Petersburg, 6. October 1885.)
Bei der Durchsicht der reichhaltigen Sammlung des kais.
Berginstituts zu St. Petersburg vermochte ich mich zu über-
zeugen, dass der Paragonit am Ural eine viel grössere Ver-
breitung zu haben scheint, als ich ursprünglich annahm. Ausser-
dem hatte Herr A. A. Lösch, Custos am genannten Museum,
die Güte mir mitzutheilen, dass er in der Nähe des im Vor-
stehenden beschriebenen Vorkommens ebenfalls ein ähnliches
angetroffen habe. Etwa in der Mitte des Weges zwischen
dem Grenzcordon der Districte von Syssert und Nizne-Issetsk
und derjenigen Stelle, an welcher das Flüsschen Kamenka von
der Grenzmarke durchschnitten wird (also am rechten Ufer
des Flüsschens), liegt gegenüber dem „strittigen Berg“ !)
(= Spörnaja Gor&), eine aus Diallagserpentin bestehende
Kuppe, an deren Spitze dichter Chlorit eine locale Entwicke-
lung von geringer Mächtigkeit besitzt und in einem Schurfe
aufgedeckt ist. In diesem Chlorit fand Herr Lösch ein Pa-
ragonit-Nest mit allen Merkmalen des oben beschriebenen. Ich
hatte, nach den mir freundlichst vorgelegten Handstücken und
mikroskopischen Schliffen, Gelegenheit, sowohl schwarzen Tur-
malin an der Berührungsstelle von Chlorit und Paragonit und
die theilweise oder vollkommene Umwandlung des Turmalins
zu Chlorit unter Beibehaltung der ursprünglichen Säulenform
des ersteren Minerals zu sehen, als auch mich von der Gegen-
wart von Zoisit, Hämatit und Rutil als Einschlüsse im Para-
gonit zu überzeugen. Solche Paragonit-Nester dürften in der
ganzen Gegend des Districtes von Jekaterinburg und den an-
grenzenden Gebieten anzutreffen sein, wo dichter Chlorit auf-
tritt. Bei Schabry, Gornyi Stschit u. s. w. sind sie zum Theil
bekannt. — In weiterer Entfernung von diesem Gebiete, beim
Hüttenwerk Kussa, im Gouvernement Ufa, scheint eine ähn-
liche Mineral-Assoeiation vorzukommen, wie ein schönes Hand-
stück im Museum des Berginstituts lehrt. Es zeigt ein Bündel
dicker, langer, schwarzer Turmalinkrystalle, die, trichterförmig
gruppirt, im Paragonit eingelagert sind, in welchem auch das
unbewaffnete Auge zahlreiche bis 3 mm lange, farblose, stark
glänzende Zoisit- Leisten ohne Schwierigkeit zu erkennen
vermag.
!) Der Berg hat diesen Namen bei der Regulirung der District-
grenze erhalten.
694
7. Die Stegocephalen aus dem Rothliegenden des
Plauen’schen Grundes bei Dresden.
Von Herrn Herrmann Crenner ın Leipzig.
Fünfter Theil.
Hierzu Tafel XXVII— XXIX.
(I. Theil Jahrg. 1881, pag. 298; — II. Theil Jahrg. 1881,
pag. 574; — III. Theil 1882, pag. 213; — IV. Theil
Jahrg. 1883, pag. 275.)
VII. Melanerpeton pulcherrimum A. Frıtscn.
Taf, XXVIL, Figsl, 5,06.
Fauna der Gaskohle und der Kalksteine der Permformation Nord-
böhmens. Prag 1880, Bd. I, Heft 2, pag. 99, t. XIV u. XV.
Die von A. Frıtsca 1. c. pag. 96 aufgestellte Gattung
Melanerpeton besitzt, wie dies die Untersuchung des sächsischen
Materiales nicht nur bestätigen, sondern ergänzen konnte,
ausserordentlich charakteristische Kennzeichen, durch welche
sie sich von der mit ihr vergesellschafteten Stegocephalen-
Fauna scharf abhebt. Unter denselben stehen in vorderster
Reihe:
1. das auffällig starke Zurückspringen des Hirn-
schädels hinter die flügelartig ausgeschweiften Supra-
temporalia;
2. das Auftreten eines selbstständigen, meist schup-
penförmigen Schaltknochens zwischen Squa-
mosum und Postorbitale;
3. die langgestielte Form der drei Thoracal-
platten und zwar namentlich der mittleren
derselben.
Mit diesen Hauptmerkmalen vereinigen sich noch folgende
Eigenthümlichkeiten zum Bilde von Melanerpeton: vorn stumpf
zugespitzter Schädel, — an der Basis gefaltete Zähne, —
intravertebrale Erweiterung der Chorda, — kurze, fast gerade
Rippen, - fächerförmig ausgebreitete Fortsätze des Sacral-
695
wirbels, — zart stabförmige Claviculae, — kräftige, gedrun-
gene Extremitäten, — zarter (wahrscheinlich chagrinartiger)
Bauchpanzer.
Dass die dichte und allgemeine Bezahnung der
Gaumenknochen, wie ich sie von Melanerpeton spiniceps
beschrieben habe !), ein Gemeingut aller Arten von Melaner-
peton sei, ist schon deshalb höchst wahrscheinlich, weil die
Gaumenbezahnung innerhalb der lebenden Amphibien - Gat-
tungen constant ist und aus diesem Grunde als hervorrragendes
systematisches Hülfsmittel benutzt wird. Dem entsprechend
konnte jene dichte Bezahnung der Gaumenknochen, ausser an
dem meiner Beschreibung von Mel. spiniceps zu Grunde lie-
genden Individuum schon jetzt an noch mehreren anderen,
wenn auch im Uebrigen weniger gut erhaltenen Exemplaren
von Melanerpeton nachgewiesen werden, deren einige in Fig. 2
und 4 auf Taf. XX VII abgebildet und weiter unten beschrie-
ben sind.
Mit Melanerpeton und seinem häufigsten Genossen im
Rothliegend - Kalke Sachsens, Branchiosaurus, ist überhaupt
keine Verwechselung möglich. Letzteren machen der kurze,
breite, fast halbkreisförmige Schädel, mit seinen grossen runden,
nach vorn gerückten Augenhöhlen, — der gracile Bau der
Extremitäten, — die abgerundet fünfseitige, mittlere Brust-
platte, — die selbstständigen Sacralrippen, — das derbe
Schuppenkleid seiner Bauchseite auf den ersten Blick kennt-
lich. Aber auch gegenüber Pelosaurus wahrt sich Melanerpeton
trotz des gemeinschaftlichen Besitzes gewisser der oben aufge-
zählten Eigenthümlichkeiten eine scharf ausgesprochene Selbst-
ständigkeit und zwar kommen hier vorzüglich die oben unter
1, 2und 3 namhaft gemachten Gattungsmerkmale in Betracht,
von denen die abweichende Form der Elemente des Brust-
gürtels am meisten in’s Auge und in’s Gewicht fällt. ?)
Von Melanerpeton pulcherrimum A. Fr. aus dem
Braunauer Rothliegendkalke habe ich das hier zu beschrei-
bende und Taf. XXVII abgebildete Melanerpeton - Exemplar
nicht trennen zu dürfen geglaubt, wenn sich auch einige gering-
fügige Abweichungen bemerkbar machen. Wer sich mit dem
Studium solcher kleinen Stegocephalen beschäftigt hat, hat
erfahren, in wie hohem Grade der Erhaltungszustand die Er-
scheinungsweise gerade derartiger zarter und ursprünglich an
Knorpeltheilen sehr reicher Skelete beeinflusst und nicht selten
scheinbare Unterschiede bedingt. In unserem Falle, wo der
2) Diese Zeitschrift 1883, pag. 289, Taf. XII, Fig. 3 u. 4.
2) Vergl. diese Zeitschr. 1882, pag. 227, namentlich aber den weiter
unten (pag. 715 dieses Heftes, folgenden Abschnitt über Pelosaurus.
696
Vergleichung nur ein böhmisches und ein sächsisches Exem-
plar zur Verfügung stehen, ist deshalb umso grössere Vorsicht
geboten.
Das neuerdings in unseren Besitz gelangte Exemplar von
Melanerpeton pulcherrimum !) liegt auf einer Schichtfläche des
dünnbankigen Rothliegend - Kalkes von Niederhässlich und ist
in Folge dessen als „Platte und Gegenplatte“ erhalten, die
sich gegenseitig zu einem recht vollständigen Bilde ergänzen.
Dieses tritt umso deutlicher hervor, als die weissen Skelet-
theile, wie an jenem Fundorte gewöhnlich, von einer intensiv
gelbbraunen Silhouette von Eisenoxydhydrat umrahmt werden.
Die Gesammtlänge des Lurches beträgt etwa 13 cm,
ist also fast die gleiche, wie diejenige eines ausgewachsenen
Branchiosaurus amblystomus. Von ihr entfallen 2,5 cm auf den
Schädel und 7 cm auf den Rumpf, während der nicht voll-
ständig erhaltene Schwanz kaum mehr als 3,5 cm Länge
erreicht haben dürfte. Es sind dies die nämlichen Dimen-
sionen und gegenseitigen Längenverhältnisse der einzelnen
Körperabschnitte wie sie das böhmische Mel. pulcherrimum
(l. c. pag. 100) aufweist.
Der Schädel.
Vom Schädel liegt nur die grössere rechte Hälfte der
Schädeldecke, meistentheils aber in vorzüglicher Erhaltung der
Knochenplatten oder als deren scharfer negativer Abdruck vor.
Aus ihnen lässt sich die verloren gegangene linke Partie mit
Leichtigkeit ergänzen. Danach besass der Schädel von Mel.
pulcherrimum die Gestalt eines breiten, vorn abgestumpften
Dreiecks, dessen grösste Breite zwischen die äusseren Enden
der Supratemporalia fällt, während die um die Hälfte schmä-
lere Hirnkapsel, von ihnen durch einen weiten Ohrausschnitt
getrennt, beträchtlich hinter diese Linie zurückspringt. Wie
schon wiederholt betont, ist dies weder bei Branchiosaurus und
Acanthostoma, noch bei ./rchegosaurus der Fall, hier überragen
sogar die hinteren Ecken der Supratemporalia den Oceipital-
rand; nur bei Zelosaurus stellt sich ein ähnliches Verhältniss
wie bei Melanerpeton ein, wenn auch der Hirnschädel nicht
so weit zurückreicht wie bei letzterem.
Bei einer Länge des Schädels von 25 mm beträgt seine
grösste Breite 36, diejenige des Occipitalrandes 18 mm. Die
mit Scleralring versehenen Augenhöhlen liegen ein klein
!) Ich kann mir nicht versagen, die Umsicht und Sorgfalt, mit
welcher Herr Cand. ErzorLp die niederhässlicher Fundstelle seit nun
2 Babzen für mich ausbeutet, auch an dieser Stelle dankend anzu-
erkennen.
697
wenig vor der Mitte der Schädellänge, sind durch einen Ab-
stand von 7 mm Breite von einander getrennt und dürften
ziemlich kreisförmige Gestalt und einen Durchmesser von 6 mm
besessen haben. Die Knochen der Schädeldecke weisen in
ihrem Innern, also auf der Zerreissungsfläche eine sehr deutlich
ausgesprochene Össificationsstructur auf, sind auf der Unter-
seite glatt und scheinen auch auf der Oberseite nur mit einem
schwachen Furchensysteme und einzelnen Poren bedeckt ge-
wesen zu sein.
Während die Frontalia kaum irgend welche Abweichun-
gen von denen der Stammesgenossen erkennen lassen, unter-
liegt es keinem Zweifel, dass die Nasalia bei Weiten nicht
jene Dimensionen besitzen, wie sie bei Branchiosaurus, Pelo-
saurus, Acanthostoma , Archegosaurus erreicht werden, bei wel-
chen die Nasalia an Grösse den Frontalien fast gleich kom-
men, ja sie namentlich an Breite noch weit übertreffen können.
Die vorliegende rechte Zwischenkieferhälfte lässt die
durch das Nasenloch bedingte Ausschweifung zwischen dem
zahntragenden Bogenstück und dem Nasalfortsatze nicht ver-
kennen. !)
Das Foramen parietale liegt im vorderen Drittel
der Mittelnaht der beiden sehr kräftigen Parietalia. Letz-
tere unterscheiden sich durch eine kleine, aber bedeutungsvolle
Abweichung in ihrer Contur von denen sämmtlicher übrigen
Stegocephalen Sachsens. Bei allen diesen bilden die beiden
Parietalia eine durch die Symmetrienaht gezweitheilte Knochen-
platte von sechsseitiger Gestalt. An die vorderen der 6 Pa-
rietalränder legen sich die Frontalia, — an die hinteren die
Supraoceipitalla, — an die vier beiderseitigen Aussenränder
vorn die Postfrontalia, hinten je ein Squamosum an. Bei
Melanerpeton hingegen sind die zwischen der Frontal- und
Oceipitalnaht gelegenen Aussenseiten nicht nur zweimal, son-
dern dreifach bogig ausgerandet. Es beruht dies darauf,
dass sich zwischen das Postfrontale und Squamosum ein
Schaltknochen einschiebt, der sich nach Innen zu an das
Parietale anlegt und hier dessen dritte, wenn auch kurze bo-
gige Ausrandung bewirkt. Dieser in der Schädeldecke keines
einzigen anderen sächsischen Stegocephalen vorhandene, schup-
penförmige Knochen ist abgerundet fünfseitig gestaltet, hat
einen Durchmesser von 3 mm und besitzt einen centralen Ossi-
fieationspunkt, von welchem derbe Verknöcherungsstrahlen
radiär auslaufen. Dadurch, sowie durch seine Umrandung hebt
er sich an vorliegendem Exemplare sehr deutlich von den ihn
umgebenden Deckknochen ab. Einen mit ihm in Gestalt und
1) Vergl. diese Zeitschr. 1881, pag. 581, Taf. XXIII, Fig. 3 u.5.
698
Lage vollkommen übereinstimmenden Schaltknochen schildert
A. Fritsch von Mel. falax aus dem schwarzen Kalkschiefer
der Permformation von Lhotka in Mähren. 1) Ebenso glaube
ich auch die betreffenden Schädelreste von Mel. pulcherrimum
aus dem Braunauer Rothliegend-Kalk auf Grund eines Ver-
gleiches unseres gerade an dieser Stelle besonders scharf er-
haltenen sächsischen Exemplares mit der von A. FrırscH auf
Taf. XIV und XV seines Werkes gegebenen Abbildung deuten
zu müssen. Die linke Hälfte dieses Schädels lässt hier einen
vorderen, abgerundet vierseitigen Schaltknochen und dahinter
ein grösseres Squamosum nicht verkennen. Der flügelartige
Ausläufer des dem ersteren in der rechten Hälfte entspre-
chenden Knochens, welcher Taf. XV l.c. in den Ohrausschnitt
als directer Fortsatz des Schaltknochens eingezeichnet ist (sq
der Fig. 1) erscheint auf der ohne alle Reconstruction gelas-
senen Taf. XIV von diesem durch eine Linie abgegrenzt und
ist nach meinen Erfahrungen an ganz ähnlich erhaltenen Bran-
chiosaurus- und Pelosaurus - Schädeln der hintere Flügel des
Pterygoids, welches durch Zusammenpressung des Schädels in
eine Ebene und in Contact mit den Knochen der Schädeldecke
gelangt ist.”) Die drei einzigen Exemplare von Melanerpeton,
welche überhaupt eine specielle Gliederung der Schädeldecke
gestatten ?), also die beiden von FrırscH abgebildeten Indivi-
duen von Braunau und Lhotka, sowie dasjenige von Nieder-
hässlich in Sachsen haben somit das Auftreten eines Schalt-
knochens an dem hinteren Rande der Augenhöhle gemeinsam,
welcher den verwandten Stegocephalen fehlt und deshalb eine
generische Eigenthümlichkeit von Melanerpeton darstellt.
Das Squamosum unseres M. pulcherrimum ist fast dop-
pelt so gross wie der eben erörterte Schaltknochen, ebenfalls
mit centralem Össificationspunkte versehen und bildet den
grössten Theil des Innenrandes des Ohrausschnittes, während
dieser vorn und aussen von dem ziemlich tief ausgerandeten,
nach hinten breit flügelförmig auslaufenden Supratemporale
umrahmt wird. Letzteres schliesst sich seitlich an den Schalt-
knochen und das Squamosum an. Seine Össificationsstrahlen
1) A. Fritsch, 1. c. I. Bd., 2 Heft, pag. 106, t. XVI und Text-
Figur 52 (Sq)).
ie 2) Vergl. diese Zeitschr. 1882, Taf. XlI, Fig. 2u.3, 1883, Taf. X1,
1g. 4.
3) Der von GeEinITz u. DEICHMÜLLER Als Melanerpeton spiniceps be-
schriebene Stegocephale (Nachträge zur Dyas Il: Ueber die Saurier der
unteren Dyas. 1882, pag. 27, t. VII, f. 6—11) ist kein Melanerpeton,
sondern z. Th. (nämlich f. 6 u. 7) unser Pelosaurus laticeps, z. Th.
(nämlich f. 8 u. 9) unser Acanthostoma vorax. Vergl. diese Zeitschr.
1883. pag. 277; ferner: DEICHMÜLLER, Branchiosaurus petrolei. Kassel
1884, pag. 17.
699
laufen wie bei allen früher beschriebenen Stegocephalen von
dem inneren Winkel bogig-fächerförmig aus.
Auch das rechte Epioticum ist in vollkommener Schärfe
überliefert. Dasselbe schliesst sich nicht nur dem Squamosum
an, sondern greift noch auf das äussere Drittel des
hinteren Parietalrandes über und weicht hierin, sowie
durch seine aussergewöhnliche Grösse und Gestaltung von an-
deren Stegocephalen ab. Bei Branchiosaurus'), Pelosaurus ?)
und Archegosaurus?) treten die Epiotica nach vorn nur mit
dem Squamosum und Supraoceipitale, nicht aber mit dem
Parietale in Verbindung *), sind überall beträchtlich kleiner
als die Schläfenbeine und besitzen dreiseitige, schräg nach
hinten in einen Flügel oder meist in eine Spitze auslaufende
Gestalt. Anders bei unserem Mel. pulcherrimum. Hier legt
sich, wie gesagt, das Epioticum mit einem Drittel seines
Vorderrandes an das Parietale, schaltet sich also zwi-
schen Supraoccipitale und Squamosum ein, über-
trifft die beiden letzteren bedeutend an Grösse und hat die
Form eines mit grobradiären Ossificationsstrahlen ausgestatteten
Sechseckes mit schwach ausgeschweiften Rändern. An den
von A. Fritsch abgebildeten böhmischen und mährischen Me-
lanerpeton- Arten wiederholen sich die gleichen Eigenthümlich-
keiten in der Lage und den Grössenverhältnissen der Epiotica,
so dass sie als für die Gattung /Melanerpeton charakteristisch
angesehen werden müssen.
Die Supraoccipitalia von Mel. pulcherrimum bieten
nichts von dem früher beschriebenen Abweichendes. Gleiches
‘gilt von der Umrahmung der Orbita. Ihr Innenrand wird
von den sich nach entgegengesetzten Richtungen zuspitzenden
Prae- und Postfrontalien, ihr Hinterrand ausser von letzteren
von dem dreiseitigen Postorbitale gebildet. Auffällig ist
es, dass diese charakteristische, an allen unseren sächsischen
Stegocephalen sich wiederholende und an diesen ebenso wie
am Lebacher Archegosaurus mit zweifellosester Sicherheit zu
constatirende Form des hinteren Augenhöhlenbeines sich an
den Schuppenlurchen Böhmens nicht beobachten lässt. In
. 2) Diese Zeitschrift 1881, pag. 584, Taf. XXI, Fig. 1; Taf. XXI,
Merl 2u.T (e).
2) Ebend. 1882, pag. 218, Taf. XII, Fig. 3 u. 4, sowie weiter unten
in diesem Hefte pag. 713, Taf. XXVII, Fig. 7 und Taf. XXVII, Fig. 1.
3) H. v. Mever, Rept. d. Steinkohlenformat. pag. 17, t. LI, ill,
IV, VI. Ferner diese Zeitschr. 1882, Taf. XIII, Fig. 6 u. 8.
* Nur bei Branchiosaurus moravicus A. Frrrsch aus den permi-
schen Kalkschiefern von Lhotka ist dies der Fall. Jedoch erlaube ich
mir Zweifel zu hegen, ob dieser Lurch, der ausserdem durch seine
langgestielte mittlere Thoracalplatte von allen übrigen Branchiosauren
abweicht, überhaupt zu dieser Gattung gehört.
700
allen seinen Reconstructionen (Textfiguren) zeichnet A. Fritsch
die Postorbitalia als lange, bogige Knochenspangen, deren kür-
zerer Bogen den Hinterrand, deren längerer Schenkel den
Aussenrand der Augenhöhlen bildet.) Unter den Hunderten
von Schädeln von Branchiosaurus, Pelosaurus, Acanthostoma
und Archegosaurus, die ich untersucht habe, befindet sich kein
einziger, der ein derartiges Postorbitale aufgewiesen hätte, —
im Gegentheil, überall ist dieser Knochen auf den Hinter-
rand der Augenhöhle beschränkt, hat die Gestalt eines Dreiecks,
dessen Spitze nach hinten gewandt ist und sich mit dieser
zwischen Squamosum und Supratemporale einschiebt. Da sich
diese Form constant wiederholt und auf das schärfste durch
wohlerhaltene Ränder und die grobstrahlige Össificationsstructur
ausgeprägt ist, so muss der Erhaltungszustand der böhmischen
Exemplare gerade mit Bezug auf das Postorbitale ein ungün-
stiger sein und A. Fritsch zu einer irrigen Vorstellung geleitet
haben. Wie oben bemerkt, besitzt auch das sächsische Mel.
pulcherrimum ein derartiges, auf den hinteren Augenhöhlenrand
beschränktes,, ausgeschweift dreiseitiges Postorbitale. Nach
aussen werden die Orbita von einer hinten nach innen gebo-
genen schmalen Knochenspange, dem Jugale begrenzt, an
welches sich der Oberkiefer anlegt. Jedoch ist gerade diese
Partie des Schädels durch Druck aufgesplittert und undeutlich
gemacht. Der Scleralring besteht aus zarten, vierseitigen
Knochenblättchen, welche doppelt so hoch wie breit sind und
deren Zahl 22—24 betragen haben dürfte.
Von der Schädelbasis und zwar der Gaumenfläche von
Mel. pulcherimum ist an vorliegendem Exemplare nichts zu
beobachten, weil sie unterhalb der Schädeldecke in der Ge-
steinsmasse verborgen steckt. Bei der vollständigen Ueberein-
stimmung der Schädelconturen, der Rippen, Extremitäten, der
Kehlbrustplatten und der übrigen Theile des Schultergürtels
des von mir als Mel. spiniceps beschriebenen ?), nur die Gau-
menfläche zeigenden Exemplares mit dem heute behandelten
Mel. pulcherrimum ist jedoch die Möglichkeit nicht ausge-
schlossen, dass beide Individuen einer Species angehören mö-
gen. Sollte sich dies durch einen glücklichen Fund bewahr-
heiten, so würde M. pulcherrimum sich durch jene ausseror-
dentlich dichte Bezahnung der Gaumenknochen auszeichnen,
welche ich 1. c. pag. 290 u. 293 einer Schilderung unterworfen
habe. Ausser dem letzterer zu Grunde liegenden Exemplare
sind noch Reste anderer Melanerpeton - Individuen in unseren
1) A. Fritsch kennt nur eine Ausnahme, nämlich Dendrerpeton
deprivatum, 1. ce. Bd. 1, pag. 10, t. 51, f. 1.
2) Diese Zeitschr. 1883, pag. 289, Taf. XII, Fig. 3 u. 4.
701
Besitze, welche jedoch ihren Zusammenhang verloren haben
und ein wirres Haufwerk von Skelettheilen bilden. An allen
sind dichtbezahnte Gaumenknochen in Vergesellschaftung mit
der charakteristischen langgestielten Kehlbrustplatte zu finden.
Auf Taf. XXVII sind in Fig. 2 u. 4 wenigstens zwei solcher
Exemplare mit Hinweglassung des übrigen Knochengewirres
abgebildet als Bestätigung der Thatsache, dass die Gaumen-
knochen von Melanerpeton hechelartige Bezahnung getragen haben.
Bei Fig. 4, Taf. XXVII liegen neben den scharf be-
grenzten Abdrücken eines langgestreckt rechteckigen Frontale
und eines ausgeschweift dreiseitigen Postorbitale, sowie neben
den Resten des rechten Unterkiefers und anderen zerdrückten
Schädelknochen die Negative mehrerer grossen Knochenlamellen,
welche ziemlich dicht mit Zähnchen besetzt waren. Letztere
sind meist nur durch ihre negativen Abgüsse, also in Gestalt
spitz conischer Vertiefungen überliefert, in welchen jedoch
hier und da ein ebenso geformter Steinkern der Pulpa locker
steckte, während die zarte, dütenförmige Zahnsubstanz ebenso
wie die Knochenmasse der zahntragenden Platten selbst aus-
gelaugt ist. Es ist dies der nämliche Erhaltungszustand der
Gaumenknochen und ihrer Bezahnung wie wir ihn bereits bei
Mel. spiniceps und Acanthostoma antrafen (l.c. pag. 282 u. 290)
und wie er mit Bezug auf andere Skelettheile der übrigen un-
serer Stegocephalen so häufig ist.
Ganz dasselbe gilt auch von der Taf. XXVII, Fig. 2
abgebildeten, ebenfalls mit einer langgestielten mittleren Tho-
racalplatte vergesellschafteten, bezahnten Knochenlamelle.
Die Wirbelsäule.
Der Erhaltungszustand der Wirbelsäule ist leider ein
solcher, dass sich auf Grund vorliegender Exemplare ganz
bestimmte Angaben über den Bau der Wirbel nicht machen
lassen.
Die Anzahl der Rumpfwirbel beläuft sich auf einige
zwanzig. A. Fritsch zählt deren an der vorzüglich erhaltenen
Wirbelsäule des braunauer M. pulcherrimum 23. Länge der
Wirbel 3 mm; Breite nebst Querfortsätzen 5 mm. Aus den
an unserem Exemplare vorhandenen Resten glaube ich trotz
deren starker Zerdrückung mit ziemlicher Sicherheit auf den
gleichen Wirbelbau schliessen zu können, wie er u. A. von
Branchiosaurus am unzweideutigsten repräsentirt wird (diese
Zeitschr. 1881, pag. 317 u. 590). Die Wirbelkörper würden
somit nach ihrer Mitte zu sich erweiternde Knochenhülsen vor-
stellen, welche hier beiderseits in die nach Verwesung des
Knorpels ebenfalls von Gesteinsmasse ausgefüllten Querfortsätze
702
auslaufen. Mehrere Wirbel des vorliegenden Exemplares lassen,
wenn auch nur zur Hälfte aus den Fragmenten von Rippen
und oberen Fortsätzen herausragend, diese Bauart nicht ver-
kennen, die auch mit dem von A. Fritsch Beobachteten über-
einstimmt. An einigen und zwar den hinteren, halb auf der
Seite liegenden Rumpfwirbeln erkennt man hohe kammförmige
Dornfortsätze. Sehr interessant sind die Wirbelreste des
in Fig. 4 der Taf. XXVII abgebildeten Melanerpetons. Hier
sind die ursprünglich mit den Wirbelkörpern nur lose durch
Nähte verbundenen oberen Wirbelbogen nebst ihren Dornfort-
sätzen von ersteren getrennt, liegen auf ihrer grössten Fläche
und gewähren somit eine Seitenansicht, während die Wirbel-
körperhülsen im Querbruche und deshalb ringförmig zum Vor-
schein gelangen. An ersteren machen sich vordere und hintere,
spitz auslaufende Gelenkfortsätze kenntlich.
Das Becken wird auch bei .Welanerpeton nur von einem
Sacralwirbel getragen. Während sich dieser bei Branchio-
saurus, AÄrchegosaurus u. a. durch den Besitz von besonders
starken und deshalb von ihren Nachbarn leicht unterscheidbaren
Sacralrippen auszeichnet, läuft der kräftiger als seine Vor-
gänger entwickelte Kreuzwirbel von ‚Welanerpeton pulcherrimum
in ausserordentlich starke, sich seitlich fächerförmig ausbrei-
tende Querfortsätze aus. Ihre Länge vom Chordasteinkern bis
zum hinteren flügelartigen Ende beträgt 6 mm, — die Breite
ihres distalen Randes fast ebenso viel.
Da sich neben ihnen entsprechend breite Rippen nicht
vorfinden, so ist es, wie bereits A. Frırsc# |. c. pag. 103
vermuthet, wahrscheinlich, dass diese Träger des Beckens aus
einer Verschmelzung der Querfortsätze des Sacralwirbels mit
dem zugehörigen Rippenpaare hervorgegangen sind.
Nur von den ersten 5 Schwanzwirbeln enthalten un-
sere Platten Reste. An zwei derselben sind die Steinkerne
der Wirbelkörper sichtbar, weiche auffälliger Weise und im
Gegensatze zu den Rumpfwirbeln biconcaven Bau zu besitzen
scheinen (vergl. ve Fig. 1, Taf. XXVII), wenigstens besteht
die das betreffende Chordasegment ersetzende Gesteinsmasse
aus zwei mit ihren einander zugekehrten Spitzen verschmol-
zenen stumpfen Kegeln. Da es wenig wahrscheinlich ist, dass
die Verknöcherung der Chorda im Rumpf- und Caudal-
abschnitte der Wirbelsäule nach so abweichendem Plane, näm-
lich in ersterem mit vertebraler, in letzterem mit intraverte-
braler Einschnürung vor sich gegangen sei, so beruht diese ver-
schiedenartige Erscheinungsweise der Wirbelkörper im Rumpf
und im Schwanze voraussichtlich auf ungünstigen Erhaltungs-
zuständen, die sich jedoch an dem vorliegenden Exemplare
nicht klarlegen lassen.
. 703
Die Rippen.
Sämmtliche Rumpfwirbel sowie die ersten Schwanzwirbel
von Mel. pulcherrimum trugen Rippen. Am kräftigsten und
längsten, nämlich 7 mm, sind diejenigen des vorderen Drittels
des Rumpfes. Von den Rippen von Branchiosaurus und Pelo-
saurus weichen sie nicht nur durch ihre verhältnissmässig
grössere Länge, sondern namentlich dadurch ab, dass sie nicht.
vollkommen geradlinig, sondern schwach gebogen sind. Zu-
gleich breiten sie sich an ihrem vertebralen, sich an die Quer-
fortsätze anheftenden Ende fast fächerförmig aus (vergl. Fig. 6,
Taf. XXVII). Auch nach dem distalen Ende zu findet eine
ganz allmähliche Ausbreitung statt, jedoch ist diese bei Wei-
tem nicht so beträchtlich wie die proximale. Die Rippen der
vordersten Wirbel sind kürzer und weniger schlank, als die-
jenigen der Brustgegend.. Nach hinten zu nehmen auch diese
anfänglich rascher, dann ganz allmählich an Länge ab und
spitzen sich gleichzeitig am distalen Ende zu (siehe Fig. 6,
Taf. XXVII). Die Rippen der letzten praesacralen Wirbel sind
kaum noch 2,5 —3 mm lang.
Dass bei Melanerpeton am Sacralwirbel, welcher sich
sonst durch besonders kräftige, das Becken tragende Rippen
auszeichnet, solche nicht angetroffen werden, ist bereits S. 702
hervorgehoben, ebenso wie die Vermuthung, dass die grossen,
ausgebreiteten Fortsätze dieses Wirbels morphologisch zugleich
den Rippen entsprechen.
Dahingegen erreichen die ersten Caudalrippen nicht
nur grössere Länge als die letzten präsacralen Rippenstümpfe,
(nämlich 4,5 mm), sondern sind auch breiter und kräftiger
als diese. Wie viel Schwanzwirbel Rippen getragen haben,
lässt sich an unserem Exemplare nicht constatiren. FRITScH
zählt deren 5.
Der Schultergürtel.
Die einzelnen Elemente des Schultergürtels liegen in
prachtvoller Erhaltung vor. Namentlich gilt dies von den
Thoracalplatten.
Die mittlere Kehlbrustplatte hat die Gestalt eines
abgerundeten Fünfecks, dessen Basis die vordere Begrenzung
der Knochenlamelle bildet, während der ihr gegenüber gele-
gene, dachförmig gebrochene Hinterrand in einen nach hinten
gerichteten Stiel ausläuft. Durch letzteren erhält die mittlere
Thoracalplatte die Gestalt eines langgestielten Fächers. Der
Uebergang des Blattes zum Stiel ist jedoch kein ganz plötz-
licher, vielmehr durch Vermittelung einer zweifachen Einschnü-
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XXX VII. 3. - 40
704 R
rung ein stufenförmiger. Die Länge dieses Thoracalfächers
beträgt 18 mm; davon entfallen 10 auf den Stiel, 8 mm auf
das Blatt. Letzteres besitzt eine Maximalbreite von 9 mm,
während die vordere Hälfte des Stieles nur 2,5, die hintere
kaum 1,5 mm breit ist.
Der Össificationspunkt dieses Fächers liegt in dem hin-
teren Drittel der blattförmigen Lamelle.e. Von ihm breiten
sich ziemlich grobe Verknöcherungsstrahlen radiär, namentlich
aber auf der hinteren Hälfte bis zu den beiderseitigen Rän-
dern aus, während die nach vorn gerichteten nach dem Vorder-
rande zu verschwinden. In Folge davon ist auch die hintere
Hälfte der Platte am kräftigsten und dicksten, verdünnt sich
von hier aus nach vorn zu einer zarten Lamelle, deren Vorder-
rand ganz ähnlich wie bei ranchiosaurus durch tiefe Ein-
schnitte zerschlitzt erscheint. In den Stiel erstreckt sich
ein Bündel paralleler Verknöcherungsstrahlen bis an dessen
äusserstes Hinterende.
Auch die seitlichen Thoracalplatten besitzen die
Gestalt nach oben in lange spitze Stiele ausgezogener Blätter,
nur sind dieselben nicht symmetrisch - fächerförmig wie die
mittlere Brustplatte, sondern es ist der Vorderrand der schräg
ovalen Lamelle, welcher stielförmig und zuletzt in eine feine
Spitze ausläuf. Die gesammte Länge dieser seitlichen Tho-
racalplatte beträgt 11 mm, wovon 5 dem Blatt, 6 dem Stiel
zukommen. Die Maximalbreite des ersteren beläuft sich auf
fast ebensoviel als die Länge. Die Ossificationsstrahlen sind
von der Basis des Blattes radiär nach dessen Peripherie
gerichtet.
An unserem Exemplare liegt die linke der beiden Tho-
racalplatten auf ihrer Breitseite, jedoch derartig verschoben,
dass ihr Vorderrand nach hinten gedreht ist. Gleichzeitig ist
der eigentlich nach oben gerichtete Stiel durch den Druck des
aufliegenden Kalkschlammes in eine Ebene mit dem Blatte
gepresst worden. Die rechte Thoracalplatte hingegen präsen-
tirt sich im Querbruche, bei welcher Lage die ursprüngliche
Umbiegung erhalten geblieben ist.
Die Clavicula wird von einer zarten, geraden Knochen-
spange, — die Scapula von einer aus zwei dicht aufeinander
liegenden zarten Laınellen zusammengesetzten Platte von huf-
eisenförmig conturirter Gestalt gebildet, se dass ihr Hinter-
rand geradlinig, ihre von concentrischen Querstreifen beglei-
teten Vorderränder parabolisch verlaufen (Breite zur Höhe
26:9).
In dem von uns in Fig. 4, Taf. XX VII abgebildeten
zweiten Exemplare von Melanerpeton wiederholt sich
an den Thoracalpliatten genau das Gleiche wie das oben Ge-
705
sagte, zufällig liegt sogar die eine seitliche Platte ebenfalls
auf der Breitseite, die andere auf der scharfen Kante. Nur
am Stiele der mittleren Kehlbrustplatte lässt sich dessen
stufenweise Verschmälerung nicht erkennen. Da jedoch nur
eine Gesteinsplatte und noch dazu nur ein Negativ der
Skelettheile vorliegt, so mag dies auf dem Erhaltungszustande
beruhen.
Wie constant die oben beschriebene Gestaltung der Tho-
racalplatten von Melanerpeton ist und welche morphologische
und systematische Bedeutung sie dadurch bekommt, geht daraus
hervor, dass sie sich nicht nur bei noch mehreren anderen
uns vorliegenden /Helanerpeton - Resten (vergl. Fig. 2 und 3,
Taf. XXVII) und zwar hier z. Th. in Vergesellschaftung mit
dieht bezahnten Gaumenknochen, ferner bei den von uns in
dieser Zeitschrift 1883, pag. 289 beschriebenen Mel, spiniceps,
sondern auch bei dem böhmischen Mel. pulcherrimum in genau
derselben Weise wiederholt.
Das Becken.
Vom: Becken ist an unserem Exemplare ausser dem oben
beschriebenen Sacralwirbel mit seinen erweiterten Fortsätzen
nur das gedrungene, kräftige Ileum überliefert.
Die Extremitäten.
Die Vorderextremitäten von Mel. pulcherrimum sind
im Vergleiche mit z. B. denen von Branchiosaurus sehr kurz
und zugleich viel gedrungener und kräftiger. Der Oberarm ist
nur 5 mm lang, aber an seinen beiden Enden 3,5 mm dick,
in der Mitte etwas verengt und stark ossificirt. Die gleiche
Länge besitzen die Unterarmknochen. Der Oarpus ist nicht
verknöchert. Nur an dem Fig. 4 abgebildeten Exemplare ist
eine Anzahl der Metacarpalia und Phalangen, wenn
auch in wirrem Durcheinander erhalten. Es sind sämmtlich,
wie bei allen übrigen sächsischen Stegocephalen zarte Röhren-
knochen, in der Mitte eingeschnürt, an den Enden erweitert
und offen. Dahingegen weicht das Längenverhältniss der Pha-
langen zu den Metacarpalien beträchtlich von den z. B. bei
Branchiosaurus, Archegosaurus und Pelosaurus herrschenden ab.
Während bei letzteren die erste Reihe der Phalangen fast die
Grösse und Schlankheit der Metacarpalia besitzt und die
darauf folgenden Reihen ganz allmählich an Länge abnehmen,
erreichen die ersten Phalangen von Melanerpeton bei gleicher
Dicke kaum die halbe Länge der Mittelhandknochen, sind in
der Mitte stark eingeschnürt und erscheinen deshalb kurz
und plump. Ganz das Gleiche konnten wir bereits bei der
40*
706
Beschreibung von Melanerpeton spiniceps (d.. Zeitschr. 1883,
pag. 292, Taf. XII, Fig. 3) hervorheben und abbilden.
Der Femur ist schlanker als der Humerus, jedoch un-
vollständig erhalten. Vom Verhältniss der Phalangen zu den
Metatarsalknochen gilt das Gleiche wie von den Knochen
der Hand.
Der Bauchpanzer.
Zwischen den Wirbeln und Rippen des vorderen Rumpf-
drittels macht sich auf dem Gesteine ein weisser, schleierartiger
Hauch bemerklich, welcher sich unter stärkerer Vergrösserung
in eine dichte, ordnungslose Anhäufung von Kalkpünktchen
und -partikelchen auflöst. Es ist um so wahrscheinlicher,
dass dieselben eine dem Schuppenpanzer anderer Stegoce-
phalen homologe, chagrinartige Bedeckung der Bauchhaut bil-
deten, als eigentliche Schuppenreste, wie sie bei Branchiosaurus,
Archegosaurus, Discosaurus, Pelosaurus u. s. w. so häufig und
gar nicht selten noch in gesetzmässiger, reihenförmiger An-
ordnung getroffen werden, weder bei einem der sächsischen,
noch bei den böhmischen Exemplaren von Melanerpeton bisher
aufgefunden werden konnten.
VIII. Pelosaurus laticeps ÜRrED.
Taf. XXVI, Fig. 7, 8,9 und Taf. XXVII, Fig. 1—6.
Pelosaurus laticeps. H. CREDNER, Die Stegocephalen aus dem Roth-
liegenden des Plauen’schen Grundes bei Dresden, III. Theil.
Diese Zeitschrift Jahrg. 1882, pag. 214, Taf. XII u. XIIl.
Nebst einem Anhange über
den Wirbelbau von Archegosaurus.
Im Jahre 1882 habe ich in dieser Zeitschrift |. c. für
gewisse, von etwa einem Dutzend Individuen abstammende
Stegocephalen - Reste aus dem sächsischen Rothliegenden die
Gattung Pelosaurus gegründet und dieselben als P. laticeps
beschrieben.
Seitdem hat sich unsere Sammlung sehr beträchtlich an
z. Th. noch schöner erhaltenen Vertretern dieser Gattung ver-
mehrt, von denen jetzt 38 Exemplare unserer Untersuchung
zugängig sind. Sie haben in allen Theilen meine früher ge-
gebene Diagnose des damals neuen Genus bestätigt, zugleich
aber dessen Selbstständigkeit innerhalb unserer Stegocephalen-
fauna erhärtet.
Das Bild dieses Lurches ist jetzt zu einem so vollstän-
digen geworden, wie wir es von nicht vielen Vertretern jener
707
Familie besitzen, — sind wir doch oft genug gezwungen, uns mit
isolirten Schädeln, oder mit Skeletresten, die des Schädels oder
anderer wichtiger Theile verlustig gegangen sind, zu begnügen.
Es scheint deshalb gerechtfertigt, unsere früher gemachten
Mittheilungen durch Abbildung und kurze Beschreibung einiger
neuer, besonders instructiver Funde zu ergänzen, dann die auf
diesem Wege erzielten Resultate mit den bereits früher ge-
wonnenen zu einer prägnanten Charakteristik der Gattung
Pelosaurus zusammenzufassen und schliesslich deren Stellung
zu anderen, verwandten oder ähnlich erscheinenden Formen
zu fixiren.
Beschreibung der auf Taf. XXVII, Fig. 7,8 u.9
sowie auf Taf. XXVIII, Fig. 1 bis 6 abgebildeten
Exemplare von Pelosaurus laticeps.
Das Taf. XX VII, Fig. 9 in zweimaliger Vergrösserung
abgebildete Exemplar hat deshalb besonderen Werth, weil es,
abgesehen von der theilweise recht gut erhaltenen Schädel-
decke, sowohl den Brustgürtel als auch den Wirbelbau und
Reste des Bauchpanzers und in diesen alle Hauptkennzeichen
der Gattung vereint, in grösster Klarheit zur Anschauung bringt.
An die abgerundet rhombische, starke mittlere Tho-
racalplatte, deren grobe Verknöcherungsstrahlen von einem
in der Mitte der Platte gelegenen Ossificationspunkte aus-
gehen !), legen sich die beiden spitz dreiseitigen, nach hinten
ganz allmählich in einen kurzen Stiel auslaufenden seitlichen
Kehlbrustplatten an. Beiderseits folgt eine löffelförmige
Clavieula und die zarte, ungefähr halbkreisförmige Sca-
pula, sowie der auffällig dieke und kurze Oberschenkel-
knochen. Es sind somit sämmtliche Skelettheile des Brust-
gürtels, wenn auch in eine Ebene zusammengepresst, so doch
in möglichst wenig verschobener Lage überliefert.
Ganz unzweideutig ergiebt sich aus der vorliegenden,
vorderen Hälfte der Wirbelsäule der Bau der Wirbel-
körper. Erstere ist derartig aufgerissen, dass die letzteren
und mit ihnen die Querfortsätze horizontal gespalten sind.
Auf diese Weise sind die Steinkerne, welche die Stelle der
Chorda und des Knorpels innerhalb der einzelnen Wirbelhülsen
1) Diese centrale Lage des Ossificationspunktes würde selbst dann,
wenn die Ränder einer mittleren Thoracalplatte nicht erhalten sein
sollten, beweisen, dass letztere nicht nach hinten in einen Stiel auslief.
Ueberall wo solches der Fall ist, liegt vielmehr der Ossificationspunkt
nıcht in der Mitte, sondern ist mehr in die Nähe des hinteren Randes
gerückt (vergl. diese Zeitschr. 1883, Taf. XXII, Fig.3; 1885, Taf. XXVII,
Fig. 5 und Textfigur auf $. 716).
708
einnehmen, blossgelegt. Jeder derselben besitzt elliptische
Gestalt, ist also in der Mitte des Wirbelkörpers etwas auf-
gebläht und nach vorn und hinten verengt. Die vom Steinkern
ersetzte Chorda war also vertebral erweitert und intervertebral
eingeschnürt. Auf die Bedeutung dieser Thatsache ist bereits
früher (l. c. pag. 223 u. 229) aufmerksam gemacht worden;
weiter unten werden wir jedoch nochmals auf dieselbe zurück-
zukommen haben (vergl. pag. 718).
Die Rippen sind schlank und verhältnissmässig kurz,
zart und an beiden Enden ziemlich gleich breit.
Die Zusammensetzung der Schädeldecke ist ]. c. speciell
beschrieben worden, findet auch durch die der Figur beige-
fügten Buchstaben und deren Erklärung ihre Deutung.
Fig. 2, Taf. XX VIII stellt einen Pelosaurus dar, dessen
Unterseite dem Beschauer zugewandt ist. Im Schädel ist die
Basis an die Schädeldecke gepresst, — die beiden Unterkiefer
sind seitlich gedrückt. Naturgemäss blickt man auf die Unter-
seite der Knochen der Schädeldecke, welche hier jeder Sculptur
entbehrend, vollständig glatt sind. Viel grössere Bedeutung
besitzen die Reste der Schädelbasis, das Parasphenoid und
die beiden Pterygoidea. Letztere fügen sich ersterem mit
mit ihrem medialen Fortsatze beiderseits an und stehen noch
mit ihm in Verbindung. Ihre vorderen, ausserordentlich langen
und schlanken, bogenförmigen Arme umschliessen die beiden
grossen, nur durch den schmalen Stiel des Parasphenoids von
einander getrennten Gaumenhöhlen. Auf dem hinteren, brei-
testen Theile des vorderen Flügels finden sich schwache Spuren
einstiger Bezahnung. Der hintere Fortsatz der Pterygoidea
ist gegen die hintere Schädelecke gerichtet und hat sich hier
an das Quadratum und den Suspensoriumknorpel angelegt.
Wie am Pterygoid anderer Pelosaurus - Exemplare zu er-
sehen ist, biegt sich der mediale Rand des hinteren
Armes fast rechtwinklig nach oben und wird sich hier
an den einen gleichen Verlauf besitzenden , ausgeschweiften
Innenrand des sog. Supratemporale angelegt haben, um ge-
meinsam mit dessen hinterer Ecke dem Quadratum als dem
Träger des kräftigen Unterkiefers ein starkes Widerlager zu
bieten. Die Gestaltung dieses sog. Supratemporale erinnert in
hohen Grade an diejenige des Tympanicums vieler Anuren.
In dem flügelartig nach hinten gerichteten Laufe des langen
hinteren Armes des Tympanicums von z. B. Rana wiederholt
sich genau die Form des ebenfalls für den Ohrausschnitt aus-
geschweiften Innenrandes des sog. Supratemporale, — dieses
steht ganz wie bei Rana mit dem hinteren Flügel des Ptery-
goids in Verbindung und dient in Gemeinschaft mit diesem
als Träger des Quadratums. In dem Supratemporale der Ste-
709
gocephalen erkennen wir demnach das schuppenförmig ausge-
dehnte Os tympanicum der Anuren wieder, mit welchem
unsere Schuppenlurche ja auch die Dreiflügeligkeit. des Pte-
rigoids und die directe Verbindung dessen vorderen Armes mit
dem Oberkiefer geinein haben. ')
Ganz vollständig ist der Schultergürtel des eben be-
sprochenen, Taf. XXVIII, Fig. 2 abgebildeten Exemplars.
Auch hier wieder die kräftige, abgerundet rhombische mittlere
Thoracalplatte, die beiden dreiseitigen, gestielten seitlichen
Platten, die löffelförmigen Claviculae, die halbkreisförmigen
Scapulae, der kurze gedrungene Humerus. An den zusammen-
gepressten Wirbeln ist die vertebrale Erweiterung der Wirbel-
hülsen nicht zu verkennen.
Fig. 3, Taf. XX VIII, einem vollständigen, aber stark
zerdrückten Pelosaurus-Exemplare entnommen, stellt die mittlere
und die linke seitliche Thoracalplatte, sowie Olavicula von der
Unterseite dar. Diese Abbildung erinnert auf den ersten An-
blick an diejenige des Brustgürtels von Actinodon (GAUuDRY,
Fossiles primaires 1883, pag. 267), mit welchem Geschlechte
jedoch Pelosaurus im Uebrigen, so in der Schädelgestalt, im
Bau der Schädelbasis und der Wirbel (bei Actinodon rhachitom)
weit diferirt.
Fig. %, Taf. XX VII giebt in 1\/, maliger Vergrösserung
das Bild der Schädeldecke eines Pelosaurus. An demselben
macht sich die zugespitzte Form des Schädels und das, jedoch
im Vergleiche mit Melanerpeton unbeträchtliche und bei Arche-
gosaurus nie vorhandene, Zurückspringen der Hirnkapsel be-
merklich, was hier wesentlich durch die bedeutende Entwickelung
der Supraoceipitalia bedingt wird. Die Parietalia grenzen
seitlich mit ihren ganzen geraden Rändern an je ein Squa-
mosum, — diese nach vorn direct an das Postfrontale und
Postorbitale. Es fehlt also das für Melanerpeton charakte-
ristische Schaltstück (s Fig. 1, Taf. XXVI). Ebensowenig
berühren die Epiotica die Parietalia, sondern liegen in dem
stumpfen Winkel zwischen Squamosum und Supraoceipitale.
Die Zähne sind fast bis zur Spitze tief gefaltet.
An den hinteren Schädelrand schliessen sich die charakte-
ristischen Claviculae, sowie eine Anzahl kurzer, gerader Rip-
pen an.
Fig.1, Taf. XX VIII Das vollständigste der uns vor-
liegenden Pelosaurus- Exemplare in etwa 1'/,maliger Vergrös-
serung. Dasselbe besitzt eine Gesammtlänge von 160 mm,
von welchen 45 auf den Schädel, 85 auf den Rumpf und etwa
30 auf den Schwanz fallen.
2) Diese Zeitschrift 1883, pag. 284 u. 289
710
Vom Schädel enthält die eine der beiden auseinander
gespaltenen Platten die Knochen der Schädeldecke mit Er-
haltung der zartesten Ossificationsstructur, während die Gegen-
platte die glatte Unterseite der Mehrzahl dieser Knochen
wiedergiebt. Der Bau der Schädeldecke stimmt bis in’s
Kleinste mit den bereits im Jahre 1882, Taf. XII und XII
gegebenen Abbildungen überein und findet durch die in die
Zeichnung gesetzten Buchstaben seine Erklärung. Nur möchte
ich auch an diesem so vorzüglich erhaltenen Exemplare noch-
mals darauf hinweisen, dass der bei Melanerpeion auftretende
Schaltknochen (s) vor dem Squamosum fehlt, und die Epio-
tica sich in den stumpfen, nach hinten offenen Winkel zwischen
Supraoccipitale und Squamosum einschieben.
Die Wirbelsäule besteht aus 23 bis 25 Wirbeln und
ist in einer ganz eigenthümlichen und zwar nicht sehr vor-
theilhaften Weise überliefert, indem sie sich in seitlicher Lage
befindet, wobei jedoch die eine dem Beschauer zugewandte
Reihe von Querfortsätzen durch die Last des aufruhenden
Schlammes umgebogen und in eine Ebene mit den Dornfort-
sätzen gedrückt worden ist. Letztere haben die Gestalt langer,
aber nicht sehr hoher, zartrandiger Kämme. Trotz des wenig
günstigen Erhaltungszustandes erkennt man an vielen der
Wirbel mehr oder weniger deutlich die tonnenförmige, also
vertebrale Ausweitung der Wirbelkörperhülsen.
In Folge der eben erörterten Seitenlage des Rumpfes und
des Schwanzes liegen rechte und linke Rippenreihe auf
einer Seite der Wirbelsäule, — die eine fast noch in directer
Berührung mit den Querfortsätzen, die andere etwas weiter
weggerückt. Die Grösse der Rumpfrippen nimmt nach dem
Becken zu ziemlich rasch ab. Von den Schwanzwirbeln tragen
die ersten 8 kräftige Rippen.
Die beiden durch ihre löffelförmige Gestalt so auffälligen
Claviculae sind die einzigen Reste des Schultergürtels,
während vom Becken die in ihrer Mitte stark eingeschnürten
und dadurch vorn nnd hinten stark ausgeschweiften, sehr dick-
wandigen Ilea, sowie die zarten Knochenlamellen der Ischia
vorliegen. Der Erhaltungszustand der Sacralpartie der Wirbel-
säule ist derart, dass sich der Kreuzwirbel nicht kenntlich
macht. An dem in dieser Zeitschrift 1882, Taf. XII, Fig. 1
abgebildeten Pelosaurus wiesen wir verlängerte und verbrei-
terte Querfortsätze nach, welche die Ilea trugen. Beim An-
blicke der jetzt erörterten neuen und im Uebrigen besser
erhaltenen Exemplare möchte man den zwischen Ileum und
Wirbelsäule liegenden Knochen für eine der sehr kräftig ent-
wickelten, als Trägerinnen des Beckens dienenden Sacralrippen
ansprechen, wie sie Branchiosaurus und Archegosaurus be-
aıl
sitzen. ') Ich halte sie jedoch auf Grund des Befundes an dem
ersterwähnten Exemplare für einen platt gedrückten Röhren-
knochen der Hinterextremität.
Die Schuppen des Bauchpanzers, welcher augenschein-
lich auf die Fläche zwischen Vorder- und Hinterbeinen be-
schränkt war, liegen meist kreuz und quer gruppenweise zer-
streut, local aber noch in strähnenartigen Reihen angeordnet.
Bei gewöhnlicher Erhaltung erscheinen diese Schuppen fast
linear, beiderseits scharf zugespitzt, — an einer Anzahl der-
selben bemerkt man jedoch, dass dies nur der verdickte Hin-
terrand der Schuppen ist, die sich bis auf letzteren fast voll-
ständig deckten. Während demnach auf der Aussenseite nur
der wulstig verdickte Hinterrand zum Vorschein kommt, er-
kennt man am Abdrucke der Unterseite der Schuppen, dass
dieselben schmal querovale Gestalt besitzen und zwar 5 bis
6mal so breit als -lang und zart concentrisch gestreift sind
(vergl. Fig. 4, Taf. XXVII).
Ein Gesammtbild des Bauchpanzers selbst giebt Fig. 8,
Taf. XX VII, welche die hintere Rumpfpartie eines bis auf
die vordere Schädelhälfte ziemlich vollständig erhaltenen Pe-
losaurus darstellt. Die sehr schmalen Schuppenreihen diver-
giren nach hinten unter einem Winkel von 60°.
In Fig. 5, Taf. XX VIII ist ein Theil eines Pelosaurus-
Skeletes abgebildet worden, welches einerseits den Bau der
Wirbelkörper nebst deren @uerfortsätze, andererseits das
Becken zur Anschauung bringen soll. Die hier zur Darstel-
lung gelangten letzten 5 praesacralen Wirbel zeigen so klar,
wie sonst selten zu beobachten, die charakteristische verte-
brale Erweiterung der Chorda und deren Knorpelhülle, welche
letztere sich bis in die Querfortsätze hinein erstreckt. Von
den einzelnen Theilen des Beckengürtels erscheinen die höchst
kräftigen, tief ausgerandeten Ilea in symmetrischer Lage an
die Unterseite des Sacralwirbels gepresst, welcher dadurch
nebst seinen Querfortsätzen gänzlich verdeckt wird, während
hinter ihnen die Ischia in Gestalt paariger, nach hinten zuge-
schärfter, zarter Lamellen sichtbar werden. Die verhältniss-
mässig dünnwandigen Röhrenknochen des Ober- und Unter-
schenkels sind kurz und gedrungen.
Dass die hier zur Abbildung gelangte, bezüglich des Wirbel-
baues so wichtige Beckenpartie thatsächlich einem Pelosaurus
angehört, ergiebt sich mit Sicherheit daraus, dass erstens eine
Gruppe der charakteristischen , beiderseits scharf zugespitzt
erscheinenden Schuppen des Bauchpanzers zwischen den Skelet-
theilen zerstreut liegt, zweitens aber neben der Fortsetzung der
1) Diese Zeitschr. 1881, pag. 593.
712
abgebildeten Wirbelsäule eines jener löffelförmigen Schlüssel-
beine sich erhalten findet, an welchen man Pelosaurus direct
erkennt. Der Schädel ist leider nicht überliefert.
Die in Fig. 6, Taf. XX VIII abgebildeten Hinterextre-
mitäten von Pelosaurus übertreffen an Vollständigkeit der Er-
haltung fast alle übrigen uns vorliegenden entsprechenden Reste
unserer sächsischen Stegocephalen. Wie bei vielen lebenden
Urodelen und bei dem permischen Dranchiosaurus und Mela-
nerpeton war auch der Tarsus von /elosaurus knorpelig, hinter-
liess also keine Reste, sondern nur eine Lücke zwischen den
Unterschenkelknochen und Metatarsalien. Die Zahl der letz-
teren und somit zugleich der Zehen beträgt 5. Die sich an
die Metatarsalia anreihenden Phalangen sind ebenso wie die
ersteren zarte sanduhrähnliche Röhrenknochen. Sie sind ver-
hältnissmässig schlank und zwar erreicht die erste Reihe der-
selben fast die gleiche Länge wie die Metatarsalia, — im
Gegensatze zu Melanerpeton, bei welchem die ersten Phalangen
kaum die Hälfte der Länge der Metatarsalia besitzen, und
deshalb sehr plump erscheinen. Es besteht die erste Zehe
aus d, — die zweite aus 4, — die dritte aus 3, — die vierte
und fünfte aus je 2 Phalangen.
Der Beweis der Zugehörigkeit der oben beschriebenen
Hinterextremitäten zu Pelosaurus wird durch die zahlreichen
wohlerhaltenen, spitzen, schmalen Schuppen gebracht, welche
die betreffenden Skelettheile begleiten.
Die obige Beschreibung und bildliche Darsteliung von 8
Exemplaren, welche ich aus dem seit 1882 gesammelten Zelo-
saurus-Materiale ausgewählt habe, wird genügen, um etwaige
Lücken in der von mir im letztgenannten Jahre in dieser
Zeitschrift gegebenen Schilderung auszufüllen und das Bild
dieser Stegocephalengattung zu einem vollständigen zu machen.
Unter Benutzung der heute und 1882 mitgetheilten Resultate
gelangen wir zu folgender:
Diagnose der Gattung Pelosaurus.
Allgemeine Körperform. Ein salamanderähnlicker,
bis 18 oder 20 cm langer Schuppenlurch. Kopf gross, halb
so lang wie der Rumpf, dreiseitig, nach vorn zugespitzt und
hier parabolisch abgerundet; spitzer wie bei Branchiosaurus,
stumpfer wie bei Archegosaurus Decheni. Die Extremitäten
kurz und stämmig. Der Schwanz kaum so lang wie der
Kopf. Der Bauch mit einem Panzer von schmalen, strähnigen
Schuppenreihen.
Der Schädel. Augenhöhlen gross, kurzoval, in der Mitte
der Schädellänge gelegen; mit Scleralring. Die Knochen-
713
platten der Schädeldecke sind auf der Oberseite mit radial-
geordneten Grübchen und Furchen versehen, — auf der Unter-
seite glatt. Die Zusammensetzung der Schädeldecke ist im
Allgemeinen diejenige der nächstverwandten Stegocephalen,
also Branchiosaurus und Melanerpeton, sowie von Acanthostoma
und Archegosaurus. Bezüglich der einzelnen Schädelknochen
verweisen wir auf den über /elosaurus handelnden Abschnitt
im Jahrgange 1882 d. Zeitschr. pag. 216, nur kurz sei Fol-
gendes als für den /elosaurus-Schädel charakteristisch hervor-
gehoben. Die Parietalia sind verhältnissmässig klein, die
Supraoceipitalia hingegen sehr gross, fast quadratisch. Die
Epiotica sind dreiseitig, laufen nach hinten in eine gekrümmte
Spitze aus und schliessen sich mit ihrer Basis nach innen zu
an die Supraoccipitalia, nach vorn an die Temporalia (Squa-
mosa) an. Diese sind gross und reichen nach vorn bis an
die Postorbitalia. Das für Melanerpeton charakteristische
Schaltstück zwischen letzteren und den Temporalien fehlt.
Vorzüglich gegenüber Branchiosaurus, Acanthostoma und Ar-
chegosaurus kennzeichnet sich der Pelosaurus- Schädel dadurch,
dass seine Supraoccipitalia und namentlich Epiotica etwas
hinter die äusseren Enden der flügelförmigen Tympanica (Supra-
temporalia) zurückspringen, von welchen letzteren sie somit
durch einen weiten Ohrausschnitt getrennt sind.
Die Schädelbasis. Das Parasphenoid ist lang gestielt.
Die sich beiderseits an seine fächerförmige Platte anlegenden
Pterygoidea laufen ähnlich wie bei den Anuren in 3 Arme aus,
deren vorderster schlank flügelförmige Gestaltung besitzt, sich
seitwärts direct mit dem ÖOberkiefer verbindet und die äussere
Begrenzung der grossen Gaumenhöhlen bildet. Der hintere
Arm legt sich seitlich unten, die hintere Ecke des Tympani-
cums (Supratemporale) oben dem Quadratum an. Dieser
Suspensorial - Apparat trägt den sehr kräftigen und hohen
Unterkiefer, an welchem sich nach den von verschiedenen
Centren ausgehenden Ossificationsstrahlen das Dentale, Angu-
lare und Articulare erkennen lassen. Die Zähne sind spitz
conisch, dünnwandig und bis zur Hälfte ihrer Höhe, ja zu-
weilen bis fast zur Spitze einfach radiär gefaltet.
Wirbelsäule und Rippen. Die Wirbelsäule besteht
aus 23 bis 25 Wirbeln. Die Wirbelkörper sind durch dünn-
wandige, tonnenförmige Knochenhülsen repräsentirt, welche die
Chorda intervertebral einschnürten. Die Dornfortsätze bilden
wenig hohe, bogenförmige Kämme. Die Querfortsätze des
Sacralwirbels sind breiter und länger als die übrigen. Die
Rippen sind wie bei Branchiosaurus und Melanerpeton kurz
und gerade,
714
Der Schultergürtel. Die mittlere Thoracalplatte hat
die Gestalt eines abgerundeten Rhombus, dessen grösserer
Durchmesser quer zur Symmetrielinie liegt. Sie besteht aus
einer starken Knochenplatte mit centralem Ossificationspunkte.
Die seitlichen Brustplatten sind langgezogen spitzwinkelig drei-
seitig, laufen, indem sie sich ganz allmählich verjüngen, stiel-
förmig aus und biegen sich gleichzeitig in stumpfem Winkel
nach oben. Die Claviculae haben ruder- oder löffelförmige
Gestalt und zwar ist der eine Rand der hinteren Erweiterung
zart, der andere wulstig zu einer Lippe verdickt. Die Scapula
ist dünn, halbkreisförmig.
Das Becken. Die verlängerten Querfortsätze des Sacral-
wirbels trugen die sehr kräftigen und dickwandigen Ilea. Die-
selben sind am vorderen und hinteren Rande tief ausgeschnitten
und dadurch terminal stark ausgebreitet. Die Ischia sind zarte
Knochenlamellen, deren jede sich nach hinten zuschärft, so
dass zwischen beiden ein einspringender Winkel entsteht.
Die Extremitäten. Die Röhrenknochen der beiden
Extremitätenpaare sind kurz, dickwandig, stämmig. Ersteres
gilt besonders vom Humerus, während der Femur ihn an Länge
beträchtlich überragt. Carpus und Tarsus waren nicht ver-
knöchert. Die Phalangen sind verhältnissmässig schlank, die
ersten fast eben so lang wie die Mittelhand- und Mittelfuss-
knochen, die Endphalangen zugespitzt. Die Finger sind nicht
sämmtlich erhalten, die Anzahl der Zehen betrug 5, jede mit
einem Metatarsale, ferner I mit 3, — I mit 4, — II mit 3,
IV und V mit je 2 Phalangen.
Der Bauchpanzer besteht aus nach hinten divergiren-
den schmalen, strähnigen Reihen von sehr kurzen, aber breiten,
spitz querovalen Schuppen, deren hinterer verdickter Rand die
zarte, concentrisch gestreifte vordere Hälfte der nachfolgenden
Schuppenreihe fast völlig bedeckt. Dieser Panzer beschränkt
sich auf die Bauchseite und zwar auf die Fläche zwischen den
beiden Extremitätenpaaren.
Species: Pelosaurus laticeps.
Geologischer Horizont: Mittel-Rothliegendes.
Fundort: Niederhässlich im Plauen’schen Grunde bei
Dresden.
Ueber diegenerischen Unterschiede zwischen Pelo-
saurus und namentlich Melanerpeton, sowie über die
Stellung von Pelosaurus und Archegosaurus.
In der Stegocephalenfauna des Plauen’schen Grundes
bilden Branchiosaurus, Melanerpeton und Pelosaurus
eine natürliche Gruppe. Dem Reste der dortigen Schup-
715
penlurche gegenüber wird dieselbe gekennzeichnet durch ein-
heitliche, dünnwandige Wirbelkörper mit verte-
bral erweiterter, alsointervertebral eingeschnür-
ter Chorda, ferner durch kurze, fast vollkommen
gerade Rippen.
Unter diesen durch geringe Grösse, Wirbelbau und Form
der Rippen verknüpften Stegocephalengeschlechtern weicht Pe-
losaurus am weitesten von Branchiosaurus ab. Die beide
Gattungen trennenden Merkmale sind bereits früher (d. Z. 1882
pag. 227) ausführlich aufgezählt worden. Auf die Gefahr des
Vorwurfs der Wiederholung hin, sei hier zur Erleichterung
des Vergleiches nochmals als auf die wesentlichsten Unterschiede
hingewiesen auf den breiteren und stumpferen Schädel von
Branchiosaurus, auf seine grösseren, runden ÖOrbita, deren
Scleralpflaster, auf die hinter den Hirnschädel zurückreichenden
Tympanica, auf die vollkommen glatten Zähne, ferner auf die
zarte, abgerundet fünfseitige, vorn zerschlitzte mittlere Tho-
racalplatte, die dünnstabförmige Clavicula, endlich auf die
schlanken, gracilen Extremitäten, sowie auf den sich bis auf
die Unterseite des Schwanzes und der Extremitäten erstrek-
kenden Panzer von dachziegelartigen Schuppen.
Gerade so schwerwiegend aber sind die Unterschiede zwi-
schen Pelosaurus und Melanerpeton. Sie beruhen in erster
Linie auf der abweichenden Gestaltung fast sämmtlicher Ele-
mente des Brustgürtels beider Genera. Man kann sich in der
That und wie bereits von mir in d.Z. 1832, pag. 228 betont,
kaum grössere Verschiedenheiten an den drei Thoracalplatten
und den Schulterblättern denken, als sie sich bei Melanerpeton
und Zelosaurus kund geben. Bei Melanerpeton besitzt die
mittlere Brustplatte ausgezeichnete Fächerform, ist am
Vorderrande des nach vorn zart auslaufenden ovalen Blattes
tief eingeschlitzt, der Össificationspunkt weit nach hinten ge-
rückt, der schlanke nach hinten gerichtete Stiel fast 1'/, mal
so lang als der grösste Durchmesser der eigentlichen Platte.
Bei Pelosaurus hingegen besitzt die mittlere Thoracalplatte
abgerundet rhombische Gestalt und durchaus keine stielförmige
Verlängerung, ist sehr dick, ganzrandig begrenzt, vorn ebenso
stark wie hinten, ihr Ossificationspunkt liegt in der Mitte. Die
seitlichen Brustplatten von Melanerpeton bilden ein
langgestrecktes, schräg ovales Blatt, welches nach hinten in
einen sich allmählich zuspitzenden Stiel ausläuft; — bei Pe-
losaurus sind dieselben nicht rundlich umgrenzt, sondern mehr
langgezogen spitzwinkelig dreiseitig mit stielartiger Spitze. Die
Clavieula ist bei Melanerpeton nur durch eine schwach
bogenförmig gekrümmte oder fast geradlinige Knochenspange
vertreten, — bei Pelosaurus bildet sie einen an Länge die
716
mittlere Kehlbrustplatte bei Weitem überragenden kräftigen
Knochen, der sich nach vorn langsam verdünnt und endlich
in eine nadelartige Spitze ausläuft, während er sich nach
hinten ruder- oder löffelförmig ausbreitet.
Die morphologisch-systematische Bedeutung der Verschie-
denheiten im Bau des Schultergürtels der hier in Betracht
kommenden Stegocephalen - Gattungen findet in folgender bild-
lichen Zusanımenstellung ihren überzeugenden Ausdruck.
Schultergürtel
Fig. 1 von Branchiosaurus; — Fig. 2 von Melanerpeton; — Fig. 3 von
Pelosaurus.
Mittlere Thoracalplatte,; — seitliche Thoracalplatten; — Claviculae;
Scapulae.
Man sieht, dass bereits die Gestaltung der Thoracalplatten
und der Claviculae den als Pelosaurus beschriebenen Resten
gegenüber der Gattung Melanerpeton eine generische Selbst-
ständigkeit sichern würde, selbst wenn anderweitige Abwei-
chungen nicht vorhanden wären. Doch auch dies ist der Fall.
So sei zuerst daran erinnert, dass sich ın der Schädeldecke
von Melanerpeton zwischen Temporale (Squamosum), Parietale
und Postorbitale eine Knochenplatte mit selbstständigem Ossi-
ficationspunkte eingeschaltet findet, welche bei elosaurus fehlt
717
und die zugleich an dem Scheitelbein von Melanerpeton eine
ganz charakteristische Ausrandung hervorruft (vergl. pag. 697
sowie Fig. 1, Taf. XX VII). Ferner schieben sich die Epiotica
zwischen Temporale und Supraoceipitale bis an den Hinterrand
des Parietale, an dessen äusseres Drittel sie sich anschliessen
(vergl. pag. 699 u. Fig. 1, Taf. XXVII), während sie bei
Pelosaurus die Parietalia gar nicht berühren, sondern hinter
dem Temporale und Supraoccipitale liegen. Auch haben die
Epiotica selbst eine durchaus abweichende Form. Endlich
springt der Hirnschädel von Melanerpeton viel weiter nach
hinten zurück, als dies bei Pelosaurus der Fall ist. Statt der
überraschend dichten und allgemeinen Bezahnung der Gau-
menknochen von Melanerpeton finden sich bei Pelosaurus
nur Spuren einer schwachen Bezahnung auf den Flügelbeinen.
Die Phalangen sind bei Melanerpeton kurz, die
Zehen deshalb plump, bei Pelosaurus lang und die Zehen
schlank (vergl. pag. 705 u. 712).
Der Bauchpanzer von Melanerpeion scheint sich
auf eine chagrinartige Bedeckung der Bauchseite durch Kalk-
partikelchen beschränkt zu haben, — der von Pelosaurus
war aus kräftigen, strähnig geordneten Schuppen zusammen-
gesetzt.
Nach alle dem hat Pelosaurus sowohl im Bau des Brust-
gürtels, wie der Schädeldecke, in der Gaumenbezahnung, in
der Gestalt der Extremitäten und in der Beschaffenheit des
Bauchpanzers wesentliche Abweichungen von Melanerpeton auf-
zuweisen, die das Maass specifischer Unterschiede weit über-
schreiten.
Wenn wir heute nochmals auf die Stellung unserer Gat-
tung Pelosaurus zu dem Genus Archegosaurus zurückkom-
men, so geschieht dies, weil seit unseren früheren, den gleichen
Zweck verfolgenden Erörterungen !) die entscheidende Frage
nach dem Wirbelbau des letztgenannten Labyrinthodonten eine
wie es scheint endgültige Klärung gefunden hat. Die Wege, welche
die amerikanischen, französischen und böhmischen Forscher
(Core, GauprY, Fritsch) zu solchen Resultaten geführt haben,
sind um so interessanter, als sie schliesslich in der Bestäti-
gung der Angaben des deutschen Monographen von Archego-
saurus (v. Meyer) zusammenlaufen. Ich glaube deshalb auf
die historische Entwickelung unserer Kenntniss vom Wirbelbau
der Gattung Archegosaurus etwas ausführlicher in einem be-
sonderen Abschnitte eingehen zu dürfen, betone jedoch vorher
nochmals, dass hierbei aus früher (l. c. 1882, pag. 229) ent-
) Diese Zeitschr. 1882, pag. 229.
718
wickelten Gründen nur Archegosaurus Decheni in Be-
tracht kommt.
Aus den folgenden Darlegungen wird sich ergeben,
dass Archegosaurus einer Gruppe von Schuppen-
lurchen angehört, die sich durch embryonalen (rhachitomen)
Wirbelbau kennzeichnet, indem die Knorpelhülle ihrer Chorda
nur eine partielle und oberflächliche Verknöcherung zu drei
isolirten,, ringförmig gruppirten Knochenstücken aufweist,
denen sich nach oben zu der ebenfalls selbstständige Neural-
bogen anschliesst.
Dahingegen haben wir von Pelosaurus in dieser und
einer früheren Arbeit gezeigt,
dass die Segmente seiner Chorda zu einheitlichen, wenn
auch dünnwandigen Wirbelkörpern verknöcherten, welche
die Chorda beiderseits schwach einschnürten, so dass diese
vertebral erweitert erscheint.
Pelosaurus und -Ärchegosaurus repräsentiren also, trotz
gewisser Aehnlichkeiten in der Beschuppung der Bauchseite,
sowie in der Form der Elemente des Schultergürtels und im
Bau der Zähne ganz verschiedene Typen in der Reihe
der palaeozoischen Schuppenlurche.
Ueber den Wirbelbau von Archegosaurus.
In seinem Werke: „Reptilien aus der Steinkohlen-
formation in Deutschland“ gab H.v.Meyer bereits im
Jahre 1858 eine höchst anschauliche Beschreibung des Wirbel-
baues von Archegosaurus, die sich, wie wir zeigen werden,
durchaus bewährt hat, und der auch spätere Forscher neue
Thatsachen nicht zugefügt haben. Nach ihm besass ./rchego-
saurus Decheni eine Wirbelsäule von embryonalem Habitus,
indem nur einzelne peripherische Theile der „ungegliederten“
(also einfach cylindrischen), nicht erhaltungsfähigen Chorda zur
Verknöcherung gelangten, ohne zu einer einheitlichen Hülse
zu verschmelzen.
Der knöchernen Stücke, welche die Chorda von Archego-
saurus umgaben, sind 4, nämlich ein oberer Bogen, der das
Rückenmark überdachte, zwei seitliche verticale Keile und
eine untere horizontale Platte, welche die Chorda theilweise
schützten und deckten (vergl. die nebenstehenden Abbildungen).
019
Rumpfwirbel von Archegosaurus Decheni.
Nach H. v. Mever |. c. Taf. XII; aus Fig. 1 u. 3.
= oberer Bogen mit Dornfortsatz und Gelenkfortsätzen; —
k = seitliche Kelle; — u = untere Platte (rechts von der
Unterseite gesehen).
l. Der obere Bogen. Zuerst erfolgt die Bildung des
oberen Bogens. Bei den kleinsten Exemplaren beschränkt sich
die Verknöcherung auf die Seitentheile des Bogens; zugleich
ist die hintere Gegend der Wirbelsäule gegen die vordere etwas
zurück. Bei fortschreitenden Wachsthum gelangen die an-
fänglich kleinen Knochenblättehen der Seitentheile zu immer
deutlicherer Entwickelung; sie werden grösser, Gelenkfortsätze
bilden sich aus. Später verwachsen beide Bogenhälften, auf
ihnen erhebt sich der kammförmige Processus spinosus, — an
den Seitentheilen bilden sich den Querfortsatz vertretende
Anschwellungen als Träger der Rippen.
2. Die untere horizontale Platte. Ehe noch die
Vereinigung der beiden Seitenhälften des oberen Bogens statt-
fand, begaun die Verknöcherung der unteren Platte. Anfangs
stellt sie ein kleines, dünnes, ovales Blättchen vor, das all-
mählich in ein längliches Dreieck übergeht und zuletzt eine
grössere horizontale Platte bildet, die an den Seiten schwach
aufwärts gebogen ist. Diese Platten, auf welchen die Chorda
auflag, schlossen nicht dicht aneinander, sondern waren durch
Zwischenräume getrennt.
3. Die seitlichen Keile. Zuletzt begann die Ver-
knöcherung der seitlichen Keile. Sie sind mit der Spitze ab-
wärts gerichtet, so dass diese auf die Lücke zwischen je 2
unteren Platten deutet und stehen vertical in der hinteren
Gegend des unteren Theiles jeder Bogenhälfte, also jedesmal
zwischen je zweien der letzteren.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VII. 3, 41
720
Das von H. v. Meyer gegebene Bild vom Bau der 4rche-
gosaurus - Wirbelsäule blieb intact bis A. Frirscn im Jahre
1880 auf pag. 107 des I. Bandes seines Werkes „Ueber die
Fauna der Gaskohle und der Kalksteine der Permformation
Böhmens“ die Vermuthung aussprach, dass die Chorda des
Archegosaurus nicht einen einfachen ungegliederten Cylinder
gebildet habe, sondern in der Mitte jedes knorpeligen Wirbels
verengt, der Wirbelbau also ein amphicoeler gewesen sei.
Das, was H. v. Meyer als untere Platte bezeichnet habe,
sei die theilweise Verknöcherung des die Chorda umfassenden
knorpeligen Doppelkegels.
Unterdessen erschien eine Anzahl Abhandlungen Copr’s!),
worin er zeigte, dass bei gewissen Schuppenlurchen des ame-
rikanischen Perms die Wirbelkörper aus einer Anzahl ge-
trennter Einzelstücke zusammengesetzt werden. Die
Modificationen des Wirbelbaues palaeozoischer Lurche benutzte
er zu einer Ülassification derselben in folgende 3 Haupt-
abtheilungen.
l. Rhachitomi: die Wirbelkörper bestehen aus einzelnen
Segmenten; jede Gruppe von ringförmig angeordneten Stücken
trägt einen oberen Bogen.
2. Embolomeri: jeder Wirbel besteht aus 2 hinter-
einander liegenden Segmenten. Je zwei dieser Wirbelkörper
tragen einen oberen Bogen.
3. Stegocephali: die Wirbelkörper einheitlich, jeder
mit einem oberen Bogen.
Ohne jetzt die Durchführbarkeit dieser Classification zu
prüfen, sei an dieser Stelle nur der Wirbelbau der ersten der
oben aufgezählten 3 Gruppen, der Rhachitomi etwas specieller
in's Auge gefasst.
Als Rhachitomi werden Lurche des Perms bezeichnet,
deren Wirbelsäule einen embryonalen Zustand aufweist, indem
in der Knorpelhülle ihrer Chorda nur partielle Verknöcherun-
gen vor sich gegangen sind, welche entweder nur ganz ober-
flächlich blieben, oder tiefer in die Chorda eindrangen. Jeder
Wirbelkörper wird auf diese Weise repräsentirt durch 3 Seg-
mente, nämlich 1. einen unteren Abschnitt, das Inter-
centrum; 2. zwei seitlichen Stücken, die eigentlichen Cen-
tren (Centra propria). Letztere beide tragen 3. den oberen
1) E. D. Corr, Extincet Batrachia from the Perm. Form. of Texas;
Pal. Bullet. No. 29; Proc. Phil. Soc. 1878, pag. 505 ff.; — History of
the Vertebr. of the Perm. Form. ; Pal Bullet. No. 32, ebend. 1830 May.
Ferner: Americ Naturalist 1880, pag. 610; — 1882, pag. 333; — 1884,
pag. 26; — 1885, pag. 243. — Siehe auch N. Jahrb. f. Min. ete. 1885,
ll, pag. 160, das Referat von W. Danmes.
721
Bogen; dieser ist mit Gelenkfortsätzen und z. Th. mit langem
Dornfortsatze versehen.
Man sieht, dieser „rhachitome“ Wirbelbau amerikanischer
palaeozoischer Lurche entspricht vollkommen dem oben geschil-
derten „embryonalen“ Wirbelbau, wie ihn H.v. Meyer bereits
1858 von Archegosaurus beschrieb und abbildete. Es ist des-
halb nicht recht begreiflich, wenn Corpse, Amer. Naturalist 1884,
pag. 30 hervorhebt: dass er nicht im Stande gewesen sei, sich
über den Wirbelbau von Archegosaurus zu unterrichten, und
wenn er Proc. Amer. Phil. Society 1878, pag. 524 sagt:
Trimerorhachis unterscheidet sich von Archegosaurus durch die
Össifieation der Chordahülle zu 3 selbstständigen Knochen-
segmenten. !)
Ungefähr gleichzeitig mit den neueren Publicationen Cope’s
fasste A. Gaupry seine bereits seit dem Jahre 1867 in dem
Bulletin de la Soc. geol. de France gegebenen Berichte über
den Skeletbau einer Anzahl Lurche aus dem französischen
Perm (Actinodon, Protriton, Pleuronura, Euchirosaurus, Stereo-
rhachis) in seinem Werke: Les enchainements du Monde ani-
mal; Fossiles primaires. Paris 1883, pag. 250 — 288 über-
sichtlich zusammen. Vergleichsweise wird auch Archegosaurus
Decheni behandelt. Vom Wirbelbau desselben heisst es p. 263,
sei es anfänglich schwer, sich ein Bild zu verschaffen, weil ein
Theil des Wirbels in knorpeligem Zustande verblieben sei und
die nicht mit einander verschmolzenen, verknöcherten Stücke
gegenwärtig ihren ursprünglichen Zusammenhang verloren hät-
ten. Auf Grund eines von ihm Fig. 259 abgebildeten lebacher
Exemplares aus dem Pariser Museum glaubt jedoch GAuprY
eine exacte Vorstellung von dem -irchegosaurus- Wirbel geben
zu können, und erläutert ihn wie folgt: der Neuralbogen
ist vom Wirbelkörper getrennt, letzterer besteht aus 3 Stücken,
einem unteren, dem Hypocentrum, und zwei seitlichen,
den Pleurocentren. Die Querfortsätze entspringen aus-
schliesslich von den Seitentheilen der Neuralbogen, nicht auch
von den Pleurocentren. Also vollständige Uebereinstimmung
mit H. v. Meyer!
Jüngst ist nun das 1. Heft des II. Bandes der „Fauna
der Gaskohle etc.“ von A. Frırsch erschienen. In Anlehnung
an die oben citirten Resultate Copr’s und seine eigenen frü-
heren Voruntersuchungen hat A. Fritsch Skeletfragmente von
') M.L. Dorzo hat bereits darauf hingewiesen, dass Archegosaurus
den Rhachitomi Cope’s und gerade der Familie der Trimerorhachidae
rau hen sei (Bull. d. Mus. R. d’hist. natur. d. Belgique Ill, 1884,
pag. 88).
41*
192 /
Archegosaurus nochmals auf dessen Wirbelbau geprüft. Er
findet seine früher ausgesprochene Ueberzeugung (siehe p. 720)
bestätigt, dass die Chorda nicht in Form eines einfachen,
gleichstarken Cylinders persistirt habe, sondern dass durch die
verschwundenen knorpeligen Theile eine segmentale Verengung
und zwar ein amphicoeler Bau der Wirbel angebahnt worden
sei. Durch „auf halbem Wege stehen gebliebene“ Ossification
seien die knöchernen Hypocentra entstanden, welche die untere
Hälfte einer normalen amphicoelen Wirbelscheibe repräsen-
tiren. Durch eine derartige partielle Verknöcherung erhielten
die Thoraxwirbel von Archegosaurus rhachitomen Bau und
bestehen aus 4 Stücken, nämlich dem oberen Bogen, den 2
seitlichen Stücken (Pleurocentrum GAUupRY) und dem unteren
„Grundstücke“ (Hypocentrum GaupeY). Die Anordnung dieser
Elemente sei derart, dass dem oberen Bogen gegenüber sich
das Hypocentrum von unten anlegt, während die beiden Pleuro-
centra, gleichsam als die 2 Seitenviertel einer unvollendeten
Wirbelscheibe, „den Raum zwischen den Hypocentren und den
unteren Enden des folgenden Wirbels einnehmen.“ Die oberen
Bogen ossifiecirten zuerst und am gründlichsten, dann folgten
die Hypocentra und zuletzt die Pleurocentra. Soweit sie
Thatsächliches, also die knöchernen Theile der Rumpfwirbel-
säule betreffen, fügen diese Resultate A. Fritsch’s der einge-
henden, durch naturgetreue Abbildungen erläuternden Darstel-
lung H. v. Merer’s nichts Neues zu, bestätigen vielmehr,
ebenso wie es die Untersuchungen GaupryY’s thun, dessen nun
fast 30 Jahre alten Forschungen.
Die fossil überlieferbaren, knöchernen Theile der Arche-
gosaurus-Rumpfwirbel bestehen demnach aus:
1. dem oberen Bogen (Neuralbogen) mit dem Dorn-
fortsatz, Gelenkfortsätzen und Querfortsätzen ;
2. der unteren horizontalen Platte H. v. Meryer’s,
dem Intercentrum Cope's, dem Hypocentrum GAUDRYSs;
38. den 2 seitlichen Keilen H. v. Meyer’s, centra
propria Cope’'s, Pleurocentra Gaupry's,
Archegosaurus repräsentirt gemeinsam mit Actinodon und
Euchirosaurus des französischen und mit Trimerorhachis, Eryops,
Acheloma, Anisodexis und Zatrachys des amerikanischen Perms,
sowie mit dem böhmischen Sparagmites, Chelydosaurus und
Sphenosaurus eine durch rhachitomen (embryonalen)
Bau der Rumpfwirbel gekennzeichnete Gruppe der Schup-
penlurche.
723
IX. „Sparagmites‘ arciger Üre».
Taf. XXIX, Fig. 1 u 2.
Es dürfte hier, im Anschlusse an obige Erörterungen der
geeignete Platz sein, der Wirbelsäule eines Stegocephalen aus
dem niederhässlicher Rothliegenden zu gedenken, welche den
rhachitomen Wirbelbau in ausgeprägtester Weise zur Schau
trägt, während die dort gleichfalls vorkommenden Reste von
Archegosaurus !) gerade in dieser Beziehung viel zu wünschen
übrig lassen.
Die betreffende Wirbelsäule ist vollständig isolirt für sich
allein überliefert, also aller übrigen Sklettheile verlustig ge-
gangen. Sie besitzt eine Länge von 85 mm und besteht aus
34 Wirbeln und zwar 17 Rumpf- und ebenso viel Schwanz-
wirbeln. Die letzteren werden nach hinten zu in gleichem
Maasse mit ihrer Verjüngung in Folge geringerer Ossification
undeutlicher, bis nur noch die oberen Bogen durch kleine
Knochenblättchen angedeutet sind. Die Grenze zwischen diesen
Schwanzwirbeln und den Rumpfwirbeln ist ausserdem durch
einige zersplitterte Reste von Beckenknochen markirt.
Ein umso klareres Bild erhält man von den Rumpf-
wirbeln, von denen Fig. 1, Taf. XXIX in zweifacher Ver-
grösserung 10, Fig. 2 hingegen in fünffacher Vergrösserung
2 Stück wiedergiebt. Der erste Blick auf dieselben lehrt, dass
von ihnen im Allgemeinen auch das oben über den Bau der
Archegosaurus- Wirbel Gesagte gilt. Der gut ossificirte obere
Bogen hebt sich scharf von den unter ihm liegenden kleinen
Knochenplättchen ab, welche partielle Verknöcherungen der
Wirbelkörper repräsentiren. Bei einer Länge von 3 mm be-
trägt die Höhe jedes dieser Wirbel 7 mm; davon entfallen
2 mın auf den Dornfortsatz, 3 auf den Neuralbogen, 2 auf die
Wirbelkörper - Reste.
Die Dornfortsätze haben die Gestalt fast vollkom-
men halbkreis- oder halbmondförmiger, im Vergleiche mit
Archegosaurus und Chelydosaurus niedriger Kämme ?), welche
sich auf der Mittellinie der oberen Bogen erheben. Mit letz-
teren standen sie nur durch die vorderen zwei Drittel ihrer
Basis in Verbindung und bogen sich von hier aus kurz nach
hinten über. Ihr oberer Rand war glatt und scharf. Ossifi-
cationsstrahlen durchziehen die Lamelle in wellig - radiärer
Richtung.
Die Schenkel des Neuralbogens sind schräg nach unten
') Diese Zeitschr. 1882, pag. 231.
°) An die bogenförmige Gestalt der Dornfortsätze soll der Species-
name arcıger erinnern.
124
gestellt, breiten sich oben stark aus und sind mit grossen
Gelenkfortsätzen versehen, deren vorderer und zugleich
unterer stark ausgeschweift ist und in eine kräftige Spitze
ausläuft, während der hintere mehr flügelartig gestaltet ist.
Die Oberfläche der Knochenlamellen ist mit Grübchenreihen
und zarten Furchen verziert. Das vorliegende Exemplar ist in
der Symmetriebene gespalten, so dass man in der Abbildung
die rechten Schenkel des Bogens erblickt. Querfortsätze
oder, wie bei Archegosaurus, sie als Rippenträger ersetzende
Anschwellungen konnte ich, trotzdem die Bogenschenkel durch
theilweise Entfernung ihrer Knochenmasse ein scharfes Negativ
ihrer Oberfläche boten, nicht auffinden.
Die z. Th. dicht unterhalb des Neuralbogens liegenden
kleinen Knochenplättchen der Wirbelkörper besitzen eine
mehr schwammige, aber immerhin derbe Össificationsstructur
und sind nach dem Vorgange der oben eitirten Autoren als
seitliche Keile oder Pleurocentra (zwischen den un-
teren Bogenenden gelegen) und als untere Platten oder
Hypocentra (unter letzteren gelegen) zu bezeichnen.
Von Archegosaurus Decheni, dessen Wirbelsäule die vor-
liegende sonst so nahe steht, unterscheidet sich letztere direct
durch ihre niedrigen halbkreisförmigen Dornfortsätze. (Vergl.
die Textfigur pag. 719.)
Da man von dem permischen Lurche, dem die oben be-
schriebene Wirbelsäule abstammt, Nichts als die letztere kennt,
so wäre die Aufstellung einer neuen Gattung oder seine Ein-
reihung in ein bekanntes Genus verfrüht, — fortgesetzte Aus-
beute des Fundortes mag das Bild ergänzen. Bis dahin benutze
ich provisorisch den von A. Fritsch in einem analogen Faile
zur Bezeichnung ähnlicher Wirbel von rhachitomem Bau ein-
geführten, das Fragmentare dieser Reste andeutenden Aushülfs-
Namen „Sparagmites“.')
X. Hylonomus Fritschi Gzın. u. DEICHM. spec.
Tar XXX oa
Hyloplesion Fritschi Geisttz u. DeichmüLLer, Nachträge zur Dyas I.
Ueber die Saurier der unteren Dyas im Dresdener Museum.
Palaeontographica 1882, pag. 38, t. VII, f. 1-3.
Ein eidechsenähnlicher Schuppenlurch von 70 — 80 em
Länge mit abgerundet dreieckigem, länglichem Schädel, ziem-
lich plumpem, bauchigem Thorax und einem Schwanze von
ungefähr gleicher Länge wie letzterer. Im Gegensatze zu
!) Fauna der Gaskohle Bd. II, Heft 1, 1885, pag. 15.
725
sämmtlichen bisher beschriebenen Formen (vergl. pag. 714 u.
718) mit einheitlichen biconcaven Wirbeln und mit lan-
gen, gebogenen Rippen. 3
Hylonomus gehört zu den seltensten der sächsischen Ste-
gocephalen. Neben weit über 1000 Exemplaren von Branchio-
saurus liegen mir nach jahrelanger Ausbeute der niederhäss-
licher Fundstelle nur die Reste von 12 Individuen des Aylonomus
vor und zwar der Mehrzahl nach fragmentar, und nur ein ein-
ziges Exemplar ausgezeichnet erhalten vor.
Der Schädel.
Von 70 mm Gesammtlänge des Thieres fallen 11—12 mm
auf den Kopf, der am Hinterrande die gleiche Breite erreicht
und sich dann nach vorn zu einem abgerundeten Schnauzen-
ende verschmälert. Auf diese Weise erhält der Schädel von
Hylonomus, namentlich im Vergleiche mit dem fast halbmond-
förmigen Kopfe von Branchiosaurus, ziemlich spitze, an den
Ecken abgerundet dreiseitige Gestalt. Leider ist der Erhal-
tungszustand sämmtlicher vorliegender Schädel ein für säch-
sische Stegocephalen ausnahmsweise schlechter. An keinem
Exemplare sind die Knochen der Gaumenfläche oder der
Schädeldecke in ihrer ursprünglichen Lage und Gestaltung
überliefert, vielmehr fast durchweg in Fragmente zerquetscht
und diese durch- und aufeinander geschoben. Dadurch ist die
Lage, Form und Grösse der Orbita fast unkenntlich geworden.
Es beruht dies wohl wesentlich einerseits auf der grossen Zart-
heit der Knochen dieser Schädel, andererseits augenscheinlich
darauf, dass letztere eine stark gewölbte Gestalt besessen und
deshalb unter der Zusammenpressung besonders gelitten haben.
GEISITZ u. DEicHmÜLLer beobachteten an einigen im Dresdner
Museum befindlichen und von ihnen |]. c. t. VIII, f. 1 und 2
abgebildeten Exemplaren grosse, ovale Orbita, welche durch
einen sehr weiten Zwischenraum getrennt sind und nach den
Abbildungen zu schliessen ziemlich in der Mitte der Schädel-
länge gelegen haben.
An dem von uns Taf. XXIX, Fig. 3 zur Darstellung ge-
brachten Skelete lässt sich constatiren, dass die Parietalia eine
aussergewöhnliche Breite erreichen und sich nach vorn rasch
verschmälern,, in Folge dessen sie ziemlich tief zwischen die
Frontalia eingreifen. Sie selbst wie die letztgenannten Deck-
knochen weisen auf ihrer Oberfläche eine Anzahl tiefer und
grosser Grübchen auf, welche auf den Frontalien zu einer
deren Aussenrand begleitenden Reihe angeordnet sind und auf
den Parietalien schräg hinter dem Foramen parietale stehen.
Letzteres ist gross, rund und liegt etwas vor der Mitte der
gemeinschaftlichen Naht.
726
Die Zähne sind spitz conisch, bestehen aus einem dünnen
Mantel von Zahnsubstanz, welcher eine grosse Pulphöhle um-
schliesst, and sind nicht gefaltet, also glatt. Nur ganz unten
an ihrer Basis scheinen dieselben ganz flach und kurz gefurcht
oder gekerbt zu sein (Fig. 18). Sie erreichen die im Verhält-
niss zur Grösse des Schädels beträchtliche Länge von fast
l mm. Jede Kieferhälfte hat 20—22 solcher Zähnchen getragen.
An dem Taf. XXIX, Fig. 8 abgebildeten vorderen Ende
der Gaumenfläche eines Schädels gewahrt man bei Anwendung
einer starken Lupe auf den zwischen den Kiefern liegenden
Gaumenknochen kleine, dicht aneinander stehende Wärzchen,
welche man nach den Erfahrungen an Acanthostoma vorax Cr».
und Melanerpeton spiniceps Cr». (d. Zeitschr. 1883, pag. 281
u. 289, Taf. XI u. XII) mit ziemlicher Sicherheit als die Basen
von Gaumenzähnchen ansprechen darf. Es mehren sich
durch diese Beobachtung die Beweise dafür, dass die hechel-
artige Bezahnung der Gaumenknochen eine allgemeinere Er-
scheinung bei den Stegocephalen ist.
Die Wirbelsäule,
Die Wirbelkörper sind fast cylindrisch, jedoch in der
Mitte ihrer Wandungen nicht unbeträchtlich eingeschnürt, wo-
durch sie die Gestalt auf den Seitenflächen nicht sehr stark
ausgeschweifter Doppelkegel erhalten. Ihre Verknöcherung ist
eine schwache, während die Rückenseite sehr kräftig entwickelt
ist und einen continuirlichen Strang bildet, welcher nur in
der Mitte jedes Wirbelkörpers eine starke Verengung erleidet.
Jeder der letzteren erscheint in Folge davon tief biconcav und
die von ihm eingeschlossene, in den vorliegenden Exemplaren
durch Kalkspath oder Kalksteinmasse ersetzte Chorda in
Gestalt zweier mit ihren Spitzen verschmolzener Kegel. Die
knöcherne Hülse jedes dieser sanduhrähnlichen Chordaabschnitte
besteht aus einer einheitlichen dünnen Knochenlamelle, welche
nur an der Stelle der grössten Einschnürung der Chorda, also
nach der Mitte der Wirbelkörper zu etwas dicker wird. Von
hier aus gehen auch die Querfortsätze aus. Sie sind nur
in seltenen Fällen und dann nur schlecht erhalten. Nach den
überlieferten Resten zu schliessen, waren dieselben an sämmt-
lichen Rumpfwirbeln, dem Sacralwirbel und den drei ersten
Caudalwirbeln entwickelt, kurz und kräftig und standen recht-
winkelig zu der Längsaxe der Wirbelkörper.
Die Knochenhülsen der letzteren gelangten mit einander
nicht in unmittelbare Berührung. Bei Lebzeiten des Thieres
wurde ihre Verbindung wohl durch einen intervertebralen .
Knorpelring hergestellt; — in fossilem Zustande werden
727
deshalb die Steinkerne je zweier Wirbelkörper von einem
zarten Reifen von Kalksteinmasse getrennt.
Nach Obigem wird die Abbildung Taf. XXIX, Fig. 4
leicht verständlich sein. In ch erkennt man die Chorda zweier
sanduhrähnlich gestalteten Wirbelkörper, — in k die papier-
dünne Knochenhülse derselben, — in ı den oben erklärten
intervertebralen Reifen, — in p.t. die Reste von Querfort-
sätzen, also der Träger der Rippen c.
Im Bau der Wirbelsäule von ZAylonomus recognoscirten
wir nach obigen Erörterungen den Typus derjenigen der Gym-
nophionen, der phanerobranchiaten und kryptobranchiaten Uro-
delen sowie einzelner Salamandriden (Ranodon, Ellipsoglossa).
Persistenz der Chorda, welche sich als continuirlicher, mächtig
entwickelter Strang durch die ganze Wirbelsäule zieht, verte-
brale Einschnürung und schwache Verknöcherung derselben zu
papierdünnen, tief amphicoelen Hülsen, — das dadurch be-
dingte Fehlen von Gelenkköpfen an diesen Wirbelkörpern, —
das sind die charakteristischen Kennzeichen der Wirbelsäule
sowohl bei den oben erwähnten lebenden Lurchen, als bei
Hylonomus. Diese Uebereinstimmung wird durch den Vergleich
mit der Taf. XXIX, Fig. 6 nach WırDERSHEIM !) gegebenen
Abbildung der Wirbelkörper von Ranodon veranschaulicht,
welche fast ebenso gut als Längsschnitt durch die Wirbel-
körper von Aylonomus gelten könnte.
Die oberen Bogen. Bei den lebenden Urodelen ent-
springt je ein Schenkel des Neuralbogens von der Seitenfläche
des Wirbelkörpers, wendet sich nach oben und vereinigt sich
mit dem anderen in der Mittellinie, um sich hier zum Dorn-
fortsatz zu erheben. Auf diese Weise entsteht der der Dorsal-
seite der Wirbelkörper aufliegende Canal, welcher den Rücken-
markstrang birgt. Ganz übereinstimmende Verhältnisse offen-
baren sich an den vorliegenden Exemplaren von Hylonomus.
Hier ist der Wirbelcanal, ebenso wie die Chordaröhre nach
Ausfüllung der in ihnen enthaltenen organischen Substanz mit
Kalkmasse ausgefüllt worden. In Folge davon zieht sich ober-
halb des durch die Sanduhrgestalt seiner Vertebralabschnitte
gekennzeichneten Chordasteinkernes ein zweiter Steincylinder
entlang, welcher den Ausguss des Wirbelcanales repräsentirt.
Derselbe besitzt depressen, querovalen Querschnitt und ein
durch ausserordentlich schwache, intervertebrale Einschnürun-
gen nur sehr wenig unterbrochenes, gleichmässiges Lumen,
dessen grösster Durchmesser demjenigen des darunterliegenden
Chordasteinkernes mindestens gleichkommt. Dort, wo der
Wirbelcanal die sich ausbreitenden Ränder zweier aneinander
') R. Wiepersheim, Kopfskelet der Urodelen 1877, pag. 169, f. 3.
128
stossender Wirbelkörper passirt, hat er von diesen geringe
Einbuchtungen auf einer Ventralseite erlitten, in Folge deren
sein Steinkern wie gegliedert erscheint.
An dem Taf. XXIX, Fig. 3 abgebildeten Exemplare
lassen sich alle diese Verhältnisse deshalb in besonderer Deut-
lichkeit beobachten, weil die eine und zwar die zur Abbildung
gelangte Platte die gesammte Reihe der Wirbelkörper, die
Gegenplatte hingegen den ihnen ursprünglich aufliegenden
Cylinder des Wirbelcanales enthält. So gehört der in Fig. 5
dargestellte Steinkern des Wirbelcanales denjenigen 2 Thoracal-
wirbeln an, deren Wirbelkörper in Fig. 4 abgebildet und oben
pag. 727 beschrieben wurden. Deckt man beide aufeinander,
so ist ihre ursprüngliche Lage wieder hergestellt. In Folge
dieser letzteren sind natürlich die Processus spinosi sämmt-
licher Rumpfwirbel vom Beschauer abgewandt und in die Ge-
steinsmasse gerichtet. Es ist also dies der nämliche Erhal-
tungszustand, welchen das von WIEDERSHEIM abgebildete und
beschriebene Exemplar von Labyrinthodon Rütimeyeri aufweist.
Die Wirbelsäule eines anderen der vorliegenden Aylo-
nomus - Reste, welche Seitenlage besitzt, lässt oberhalb der
Steinkerne der Chorda und des Wirbelcanales kräftige, ziem-
lich hohe, kammförmige Dornfortsätze erkennen, deren oberer
Rand zu flachen Bogen abgerundet ist.
Eine gleiche ist die Lage des grössten Theiles der
Schwanzwirbel des besterhaltenen und erst beschriebenen
Exemplares. Dieselben sind vom Rumpfe getrennt, haben sich
auf die Seite gelegt und bieten sich im verticalen Längsbruche
dar. Die eine Platte enthält sanduhrähnliche Steinkerne der
Wirbelkörper und darüber den querovalen Ausguss des Wir-
belcanales (Taf. XXIX, Fig. 11) mit naturgemässer Verjün-
gung nach der Schwanzspitze zu. Auf der anderen Platte
sieht man die Hälfte der ausserordentlich zarten Knochenhülsen
der Wirbelkörper und über ihnen die oberen Wirbelbogen mit
den Dornfortsätzen (Fig. 10). Dieselben breiten sich in Form
einer dünnen Lamelle kammartig nach vorn, namentlich aber
nach hinten aus und bilden hier einen flügelförmigen Fortsatz,
der noch über den Vorderrand des nächsten Kammes zurück-
reicht, also wohl zur Aufnahme des letzteren hinten gabelig
gespalten gewesen sein dürfte.
Was die unteren Fortsätze des Schwanzes betrifft, so
bestehen dieselben aus kurzen, in der Mitte etwas einge-
schnürten Knochenblättchen, welche jedoch nicht von den
Wirbelkörpern entspringen, sondern zwischen je zweien der
letzteren eingelassen, also intervertebral gestellt sind, nämlich
wie dies bei gewissen Knochenganoiden der Fall ist.
Wirbelbogen, oberer und unterer Fortsatz sind noch am
129
10. Schwanzwirbel auf das Deutlichste ausgebildet, an Resten
des 17. und 18. noch spurenhaft erhalten.
Der oben von unserem Aylonomus geschilderte ist nicht
der erste Fall der Ueberlieferung des Wirbelcanales von Ste-
gocephalen in seiner ursprünglichen Wölbung. H. v. Meyer
beschreibt einen einzelnen, ähnlich erhaltenen Wirbelbogen von
Archegosaurus. \ Dawson bildet von Aylonomus Lyelli Wirbel
mit Neuralcanal ab ?), ebenso Owen. ?) Vom Wirbelcanal des
von WIEDERSHEIM untersuchten Labyrinthodon Rütimeyeri ist
ein innerer Abguss als Steinkern erhalten.) Den Rücken-
markcanal des böhmischen Urocordylus und Keraterpeton legte
A. Fritscn durch Längs- und Querschliffe bloss. °)
Der Sacralwirbel. Wie bei fast allen Urodelen und
sämmtlichen bisher von uns beschriebenen Stegocephalen ist
auch bei Aylonomus nur ein einziger Sacralwirbel vorhanden.
Vor den vorhergehenden Lendenwirbeln zeichnet sich sein
Wirbelkörper weder durch besondere Länge noch Stärke aus.
Dahingegen sind seine Querfortsätze sehr kräftig entwickelt,
verjüngen sich nach beiden Seiten zu nur wenig und enden
hier mit breiten Flächen, mit welchen die ebenfalls sehr kräf-
tigen Sacralrippen verbunden sind.
Was die Anzahl der Wirbel betrifft, so beträgt die-
jenige der
praesacralen Wirbel 18 bis 20,
Sacralwirbel 1,
Schwanzwirbel einige 20.
Die Rippen.
Während die Rippen der früher beschriebenen säch-
sischen Stegocephalen, also von Branchiosaurus, Pelosaurus,
Melanerpeton und Archegosaurus kurz, gerade und an beiden
Enden gleichmässig verbreitert sind, trägt die Wirbelsäule von
Hylonomus lange, flach gebogene, nur am Vertebralende ver-
diekte Rippen und zwar nicht nur an sämmlichen Rumpf-
wirbeln, sondern auch an den ersten 2 oder 3 Sacralwirbeln;
nur an den beiden vordersten Wirbeln konnten Rippen nicht
wahrgenommen werden. Die grösste Länge, nämlich min-
destens das Vierfache der Wirbellänge erreichen diejenigen
des 8. bis 12. Rumpfwirbels. Nach vorn nimmt ihre Länge
2 Reptil. aus der Steinkohlenformat. 1858, pag. 88, t. IX, f. 6.
?) Airbreathers of the Coalform. 1863, pag. 41, t. V, f£. 17.
?) Quart. Journ. Geol. Soe. of London 1862, XVII, p. 238, t. IX, f. 2.
*) Abhandl. d. Schweiz. palaeont. Ges. 1878, V, pag. 15, t. 1.
°) Fauna d. Gaskohle etc. I. B 1881, pag. 133 u. 141, Textfigur
80, 85 u. 86.
ganz allmählich und nur wenig, nach hinten hingegen rasch
ab, so dass das letzte praesacrale Rippenpaar kaum noch die
Länge des sie tragenden Wirbels besitzt und zugleich die
Gestalt flach gekrümmter Haken annimmt. Die Krümmung
der Rippen ist keine sehr bedeutende und in der Brustgegend
noch am beträchtlichsten. Aus dieser geringen Biegung der
Rippen ergiebt es sich, dass letztere, obwohl sie die Rippen
aller lebenden Urodelen an Länge bei Weitem übertreffen, die
Leibeshöhle nicht umschlossen, sondern von der Rückenseite
aus nur noch bis in die angrenzenden Partieen der Flanken
gereicht haben. In Folge davon muss bei Lebzeiten des
Thieres die Form des Rumpfes eine sehr plumpe, stark auf-
geblähte gewesen sein.
Der Querschnitt der Rippen ist ein compresser. Sie
erscheinen deshalb dort, wo sie sich von den Querfortsätzen
losgelöst, sich auf die Seiten gelegt zu haben, bandartig, also
viel breiter als von oben gesehen. Sämmtliche Rippen waren
ursprünglich knorpelig und nur von einer zarten Knochenhülse
umgeben, welch’ letztere fossil überliefert wurde, während der
axiale Knorpelcylinder von einem Steinkerne ersetzt worden
ist (Fig. 16, Taf. XXIX).
Das vertebrale Ende der praesacralen Rippen zeigt in
vielen Fällen eine gabelige Spaltung in ein auf der Con-
vexität des oberen Rippenrandes gelegenes kurzes Tuber-
culum und ein längeres die gerade Fortsetzung der Rippe
bildendes Capitulum (siehe Fig. 16, 17, 20, Taf. XXIX).
Derartige Rippen haben sonach mit dem Wirbel an zwei
Punkten articulirt, während andere an dem entsprechenden
Ende nur eine beträchtliche Verbreiterung ohne Bifurcation
aufweisen. Eine gesetzmässige Vertheilung dieser Articu-
lationsformen auf bestimmte Abschnitte des Rumpfes liess sich
nicht constatiren.
Die beiden Sacralrippen (Fig. 3 u. 9, Taf. XXIX),
welche als Träger des Beckens und mit ihm der Hinterextre-
mität dienten, sind ausserordentlich kräftig entwickelt. Die
Breite ihres vertebralen Endes entspricht derjenigen der kurzen
gedrungenen Querfortsätze des Sacralwirbels, — diejenige ihrer
distalen Endigung ist noch beträchtlicher, während sie in der
Mitte etwas zusammengezogen, also randlich schwach ausge-
schweift sind.
Caudalrippen. An dem in Fig. 3 abgebildeten, am
vollständigsten erhaltenen Exemplare tragen die ersten beiden
Schwanzwirbel Rippen (vergl. Fig. 9). Dieselben erreichen
nur wenig mebr als die Länge der letzten praesacralen, eben-
falls rudimentären Rippen. Das erste Paar der Caudalrippen
ist gerade gestreckt dornförmig, mit ziemlich stark verbrei-
|
731
terter Basis. Das zweite ist hakenförmig gekrümmt. Nach
einigen anderen, etwas verdrückten Exemplaren von #ylonomus
zu schliessen, wiederholen sich solche hakenförmige Rippen-
rudimente noch bis zum 4. oder d. Schwanzwirbel.
Vom Sehultergürtel liegen leider fast gar keine Reste
vor. Die ziemlich grosse, ovale, an ihrem distalen Ende aus-
geschweifte Knochenlamelle (s), welche in der Brustgegend des
Fig. 3 abgebildeten Exemplares unter den Rippen zum Vor-
schein kommt, dürfte nach ihrer Aehnlichkeit mit Branchio-
saurus- und Pelosaurus- Resten die rechte Scapula des betref-
fenden Individuuns sein.
Etwas mehr Spuren hat das Becken hinterlassen. An
einem unserer Exemplare (Fig. 12, Taf. XXIX) liegt zwi-
schen den ersten Schwanzwirbeln und dem oberen Ende der
beiden Oberschenkelknochen je eine zarte und deshalb nicht
scharf conturirte, wie es scheint ovale Knochenlamelle mit con-
eentrischer Anwachsrunzelung, welche nach Analogie mit dem
Becken von Discosaurus!) die Ossa pubica sind, während
zwei andere, mehr abgerundet dreiseitige, nach hinten sich
verjüngende, aber ebenfalls nur undeutliche Lamellen die Ischia
vorstellen, die in allen von uns bisher beschriebenen Fällen
eine derartige Gestaltung aufweisen. Auch in Fig. 13 finden
sich zwei derartige zarte, hauchartig erhaltene Lamellen an
der nämlichen Stelle.
Dass die Extremitäten von Hylonomus kräftig gebaut
waren, geht aus den wohlerhaltenen Arm- und Schenkelknochen
hervor. Der Femur (vergl. Fig. 12 u. 13, Taf. XXIX) ist ein
an beiden Seiten aufgetriebener, namentlich am distalen Einde
stark ausgebreiteter, also in der Mitte verschmälerter, gerader
Röhrenknochen von 7 mm, also vierfacher Länge der Wirbel
und von 2—3 mm Maximaldurchmesser. Andeutungen des Tro-
chanter konnten nicht bemerkt werden. Dahingegen ist die
Fossa supracondyloidea sehr deutlich ausgeprägt. Diese Furche
entspringt etwas unterhalb der Mitte des Femurs und ver-
breitert und vertieft sich nach dessen unterem Ende zu rasch,
so dass sie oberhalb des tselenkes mit den Unterschenkel-
knochen eine tiefe Einkerbung bewirkt. Dadurch markirt sich
am unteren Ende des Femurs die Basis der beiden knorpeligen
und deshalb nicht überlieferten Condylen sehr deutlich, Die
Tibia ist an ihrem oberen Ende nur schwach, unten stark
fächerartig ausgebreitet, die Fibula hingegen nur schlecht
erhalten, scheint aber an ihrem -Innenrande beträchtlicher
ausgeschweift zu sein als am äusseren. An jedem der beiden
Exemplare, welche die Unterschenkelknochen aufweisen, sieht
!) Diese Zeitschr. 1883, pag. 296, Taf. XII. Fig. 6, p.
132
man direct am unteren Rande der letzteren einige sehr undeut-
lich conturirte Knochenreste sich anschliessen, welche nach ihrer
Form zu urtheilen, nicht von Phalangen abstammen können,
vielmehr möglicherweise dem Tarsus angehören, der dann theil-
weise verknöchert sein würde.
Von den Vorderextremitäten ist nur der Humerus
überliefert. Derselbe hat zwar die gleiche Länge wie der
Femur, ist aber etwas schlanker gebaut und besteht ebenfalls
nur aus einer dünnen, geraden Knochenhülse, die sich vor-
züglich an ihrem distalen Ende ausbreitet und hier eine
schwach ausgeprägte Fossa supracondyloidea erkennen lässt.
Nach den wenigen vorhandenen Resten derselben zu
schliessen, sind die Phalangen kurz und ausserordentlich
dünnhülsig.
Der Bauchpanzer.
Der Bauchpanzer ist an keinem unserer Hylonomus-Exem-
plare vollständig erhalten, nur einzelne Partieen derselben
kommen zwischen den Skelettheilen zum Vorschein (vergl.
Fig. 15, 19, 20, Taf. XXIX). Die reihenförmig angeordneten
Schuppen decken sich dachziegelartig mit ihren Rändern, sind
fast doppelt so breit als lang, besitzen einen leistenartig ver-
diekten Hinterrand, von welchem höchst zarte, gekörnelte,
nur bei günstiger schräger Beleuchtung sichtbare, erhabene
Linien schräg nach vorn auslaufen. Die Breite jeder Schuppe
beträgt fast so viel wie die Länge der benachbarten Wirbel.
Eine Schuppenbedeckung der Rückenseite wie bei Hylo-
nomus Lyelli Daws. und wie bei ZHyloplesion longicostatum
Fritsch liess sich an dem vorliegenden Materiale nicht beob-
achten.
Die oben beschriebenen Schuppenlurche aus dem Roth-
liegend - Kalksteine des Plauen’schen Grundes habe ich dem
Genus Zuylonomus Dawson einzureihen für richtig befunden.
Dawsos hat die amerikanischen, neuerdings von ihm auf
4 Species reducirten Repräsentanten dieses Geschlechtes na-
mentlich in folgenden Publicationen behandelt:
Air-breathers of the Coalformation of Nova
Scotia. Montreal 1863, pag. 40—54 u.65, t.V,t. 1
bis 29; t. VI, f. 1—30.
Acadian Geology. 2d ed. London 1868, pag. 370
bis 379, f£. 144 a—s und 146 a — i.
On the results of recent explorations of erect
trees containing animal remains. Phil. Trans-
action of the R. Soc. London 1882, P. IH, No. 164,
pag. 621, t. 39, £. 1—27.
133
Aus diesen Schriften und nach den beigegebenen Abbil-
dungen stelle ich (ganz von dem sächsischen Materiale ab-
sehend, also gänzlich vom Standpunkte Dawson’s
aus) folgende Charakteristik des Stegocephalen - Geschlechtes
Hylonomus zusammen:
Hylonomus Dawson.
Gestalt eidechsenähnlich, Schädel länglich, Schädelknochen
glatt oder mit sehr zarten Grübchen oder Furchen, Orbita in
der hinteren Hälfte des Schädels, Zähne spitz, conisch, glatt,
20 bis 40 in jeder Kieferhälfte, Vomera und Palatina mit
kleinen Zähnchen. Wirbelkörper in der Mitte etwas einge-
schnürt, mit sanduhrähnlichem Steinkern, Wirbelbogen mit
dem Wirbelkörper verwachsen, mit breiten Dornfortsätzen.
Rippen lang, gebogen, nur mit zarter Knochenhülse, mit Ca-
pitulum und Tuberculum. Hintere Gliedmassen etwas länger
als die vorderen, mit 5 Zehen. Becken namentlich zusammen-
gesetzt aus 2 breiten dreieckigen „Ilioischien“. Der ganze
Körper beschuppt, Bauchseite mit Knochenschuppen, diese bei
H. Lyelli oval und concentrisch gestreift, — bei 7. Wymani
klein und rundlich, — bei ZH. latidens schmal und beiderseits
zugespitzt. Die Rückenseite bei Z. Lyelli mit körnigen Schup-
pen, vorn 2 Reihen grösserer Schuppen mit Warzen, umrahmt
von stacheligen Fasern.
Man sieht, dass die von uns oben beschriebenen säch-
sichen Stegocephalenreste unzweifelhaft die wichtigsten Merk-
male der Gattung Zylonomus Dawson aufweisen, indem sie
abweichend von allen bisher zur Darstellung gelangten Schup-
penlurchen unseres Rothliegenden vertebral verengte,
also tief biconcave Wirbelkörper und lange,
schlanke, flachgebogene Rippen mit Capitulum und
Tuberculum, ausserdem aber glatte, ungefaltete
Zähne besitzen. Auf die auffällige (sestaltung der gestielten
„lioischia“, welche Dawson von Hylonomus beschreibt, kann
ich keinen allzugrossen Werth legen, weil ähnliche Formen
leicht durch Zusammenpressung mehrerer Knochen des Becken-
gürtels resultiren und zu Täuschungen Veranlassung geben
können. Wenn nun auch die Form und Verzierung der
Schuppen von Aylonomus theilweise von derjenigen unserer
Reste abweicht, so kann ich doch diesem Umstande aus weiter
unten zu erörternden Gründen keine grössere Bedeutung bei-
messen,
Im Jahre 1884 ist das IV. Heft von A. Frıtsca’s Fauna
der Gaskohle etc. erschienen. In demselben werden unter
dem Namen Hyloplesion pag. 160—165 t. 37, 38 u. 39 ge-
734
wisse böhmische Stegocephalen beschrieben und abgebildet,
welche Fritsch wie folgt kennzeichnet:
Hyloplesion A. Fritsch.
Gestalt schlank, eidechsenförmig. Schädel nach vorn ver-
schmälert, die Schnauze abgerundet, Schädelknochen glatt mit
sparsamen kleinen Grübchen, Orbita im mittleren Drittel des
Schädels, Zähne schmal und glatt, Wirbelkörper amphicoel,
Dornfortsätze stark entwickelt, fächerförmig erweitert. Rippen
schlank, etwa 5mal so lang als die Wirbel, gebogen, mit Ca-
pitulum und Tuberculum. Der ganze Körper beschuppt, die
Schuppen gross, quer verlängert, die der Bauchseite mit ver-
dicktem Hinterrande. Die Rückenschuppen etwa 3mal so
gross, als die der Bauchseite.
Wie der Vergleich beider Diagnosen zeigt, stehen diese
Lurche der amerikanischen Gattung Z/ylonomus sehr nahe, und
wenn A. Frırsch zögerte (l. c. pag. 160) sie der letzteren
einzuverleiben, so geschah dies 1. weil man von den ameri-
kanischen Arten nur sehr mangelhaftes Material besitze, —
2. weil die „für Zylonomus bezeichnende“ Bezahnung des Gau-
mens an den böhmischen Exemplaren nicht constatirt werden
könne, — 3. weil bei letzteren die auffällig gestalteten Becken-
knochen, sowie 4. die Verzierung der Zahnspitzen von Aylo-
nomus nicht nachweisbar seien, — 5. weil endlich die Form
und Sculptur der Schuppen abweiche. Aus diesen Gründen
hat A. Frıtsca für seine dem Zylonomus Ähnlichen böhmischen
Stegocephalen das Genus Hyloplesion geschaffen und dieses
mit noch 5 anderen Gattungen zu der Familie der Zylono-
midae vereinigt.
Wenn ich nach längerem Erwägen für die oben beschrie-
benen kleine Lurche aus dem sächsischen Rothliegenden den
Gattungsnamen Zylonomus adoptirte, so geschah dies, weil
ich die Gründe, welche A. Frırsch zur Abtrennung des Genus
Hyloplesion bewogen haben, als stichhaltig nicht anzuerken-
nen vermag. Die von ihm hervorgehobenen, oben sub 1, 2
und 3 angeführten, durch den Erhaltungszustand bedingten
Mängel können durch jeden neuen Fund beseitigt werden.
Bei der im Uebrigen so überaus grossen Uebereinstimmung der
fraglichen amerikanischen, böhmischen und sächsischen Reste
darf man mit grösserem Rechte Gleiches von den noch feh-
lenden Theilen erwarten, als das Gegentheil, nämlich gene-
rische Abweichungen. So finden sich denn auch nach Frıtsch’s
eigenen Beobachtungen sowohl am Vomer und Palatinum wie
an den Flügelbeinen von Zyloplesion Spuren von Bezah-
nung {l. c. pag. 163), trotzdem er deren Mangel als einen
735
der Unterschiede von ZAylonomus aufstellt (siehe Punkt 1 oben
und 1. c. pag. 160). Kann ich demnach die ersten der oben
aufgezählten Trennungsmerkmale nicht gelten lassen, so beruht
auch die Angabe A. FrırscH's, dass Hylonomus zum Unter-
schiede von seinem Ayloplesion verzierte, nicht aber glatte
Zahnspitzen ‘besitze, auf einem Irrthume, da nach Dawson
auch die Zähne des ersteren durchaus glatt, nicht aber
an den Spitzen gefurcht sind. Dahingegen weicht in der That
die Form und Verzierung der Schuppen des amerikanischen
Hylonomus von derjenigen des als ZAyloplesion beschriebenen,
sowie der oben geschilderten Stegocephalen beträchtlich ab.
Die Frage aber, ob derartige Unterschiede bei sonst wesentlich
gleichem Skeletbau wirklich als generische Merkmale zu be-
trachten sind, muss verneint werden. Die besten Analogien
für den systematischen Werth der Schuppenbedeckung bieten
die Fische. Man denke nur an die 3 Varietäten unseres
Karpfens: der gemeine Karpfen dicht mit eycloiden Schuppen
besetzt, — der Spiegelkarpfen mit nur einigen Reihen um das
Vielfache grösserer Schuppen, — der Lederkarpfen ganz ohne
Schuppen. Ja, es ist eine nicht seltene Erscheinung, dass die
Brut gewisser Fische mit ganz besonderen Schuppen versehen
ist, die von denen der Erwachsenen vollkommen abweichen. !)
So hat z. B. Brama in der Jugend auf jeder Schuppe einen
Stachel und am Hinterrande eine dem Stachel der nachfol-
genden Schuppe entsprechende Kerbe, — später glatte Schup-
pen. Auch die jungen Üentriscus haben hakige Dornen auf
den Schuppen, später ebenfalls glatte Schuppen. Die jugend-
lichen Coryphaenen tragen Dornen, an deren Stelle später
glatte Schuppen treten. Andere Fische sind in erwachsenem
Zustande vollkommen schuppenlos, in der Jugend hingegen
von Schuppen bedeckt, so Acronurus, Rhinobatus u. a. Um-
gekehrt besitzt unser Stegocephale Dranchiosaurus amblystomus
in reifem Zustande einen Schuppenpanzer, der sich vom Bauche
aus bis an die Spitze des Schwanzes und der Extremitäten
erstreckt, während seine als Br. gracilis beschriebene Larve
nackt ist.?) Solche Thatsachen mahnen zur Vorsicht in der
Verwerthang der Schuppen als Criterium bei der Classification
der Stegocephalen vor Allem dann, wenn die betreffenden
Thierreste in sämmtlichen wesentlichen Merkmalen des Skelets
so sehr übereinstimmen, wie der amerikanische Aylonomus und
das böhmische ZAyloplesion. Und in der That bat auch A.
Fritsch in anderen Fällen der Form und Sculptur der Haut-
schuppeir einen generischen Werth nicht beigelegt und nicht
1) PAGENsSTECHER, Allgem. Zoologie, VI. Th., 1881, pag. 663 ff.
?) Diese Zeitschr. 1884, pag. 685.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XXXVIL 3. 42
736
gezögert, gewisse Lurche mit kleinen, abgerundet vierseitigen,
concentrisch gestreiften Schuppen, solche mit grossen, länglich
viereckigen, längsgestreiften und solche mit ovalen, radiär ge-
rippten Schuppen unter dem gemeinsamen Namen Limnerpeton
zu vereinen !), ja Dawsos selbst schreibt den Vertretern seiner
Gattung Aylonomus verschiedenartige Beschuppung der Bauch-
seite, nämlich dem 7. Zyelli eine solche von grösseren ovalen,
dem HAylon. Wymani von kleineren rundlichen und dem A.
latidens von schmäleren, beiderseits zugespitzten (oat-shaped)
Schuppen zu.
Aus allen diesen Gründen kann ich dem Umstande, dass
unser sächsischer, ebenso wie der von A. Frırsca als Aylo-
plesion beschriebene böhmische Stegocephale anders geformte
und verzierte Schuppen besitzt, wie der amerikanische Zylo-
nomus, nicht als Criterium für eine generische Trennung beider
anerkennen, zähle vielmehr erstere der Gattung Hylonomus
Dawson zu. Der Vorgang von Geısırz und DEICHMÜLLER,
welche auf Grund zweier Abbildungen im III. Hefte der
Fauna der Gaskohle von A. Fritsch und „nach Einsicht
einiger neuer Tafeln, welche sie Herrn Prof. Fritsch ver-
dankten, in der Lage waren“, die Dresdener Exemplare des
kleinen langrippigen Stegocephalen von Niederhässlich als Zylo-
plesion zu beschreiben, kann für mich durchaus nicht ausschlag-
gebend sein, da diese Autoren zu jener Zeit (1882) die Dia-
gnose der Gattung HAyloplesion Fr. noch gar nicht kannten,
diese vielmehr erst in dem zwei Jahre später erschienenen
IV. Hefte des FrirscH'schen Werkes enthalten ist.
1) ]. c. II. Heft, pag. 148-156.
2 ER
8. Die Liparite Islands in geologischer und petro-
sraphischer Beziehung.
Von Herrn ©. W. Scamıor ın Berlin.
Hierzu Tafel XXX — XXXIl.
Die vorliegende Arbeit verdankt ihre Entstehung einer
im Sommer 1883 gemeinschaftlich mit Herrn Dr. Kosxrap
KEILHACK nach Island unternommenen Reise.
Das Interesse für die Naturerscheinungen dieser entle-
genen Insel ist ein sehr altes, und die mehr oder minder
wissenschaftliche Literatur geht bis weit in das vorige Jahr-
hundert zurück. Viele Theorien sind mit dem Namen Islands
verknüpft, ja, haben theilweise ihre Begründung dort gefunden.
Allein das Kampfgeschrei der Streitenden ist lange verhallt,
an Stelle der Speculation ist auch hier die exacte Forschung
in ihr unumschränktes Recht getreten.
Während meines fast viermonatlichen Aufenthalts auf
Island habe ich meine besondere Aufmerksamkeit den Eruptiv-
gesteinen und den vulkanischen Erscheinungen überhaupt zu-
gewendet, und ich hoffe, dass die folgenden Untersuchungen
wenigstens etwas zur weiteren Kenntniss der grossen Liparit-
familie ‚beitragen werden. Die bisher über isländische Liparite
vorliegenden Notizen sind sehr spärlich und durch die ganze
Literatur zerstreut. Nur von wenigen Varietäten ist der petro-
graphische Habitus und von noch wenigeren das geologische
Auftreten näher beschrieben worden.
Zum besseren Verständniss der im Folgenden zu behan-
delnden Verhältnisse möge es mir gestattet sein, im Anschluss
an die beigefügte Kartenskizze (Taf. XXX) zuerst einen flüch-
tigen Abriss der geologischen Beschaffenheit Islands zu geben.
Das Fundament der gesammten Insel bildet die sogen.
Trappformation, oder, da dieser Name, als nur zur Bezeich-
nung eines äusserlichen Habitus dienend, besser aus der Petro-
graphie ganz auszumerzen wäre, die Basaltformation. Diese
basaltischen Massen stimmen mit denen der Faröer, sowie mit
jenen nachweislich miocänen Alters von Schottland sowohl in
petrographischer als auch geologischer Beziehung auf das Ge-
naueste überein, und schon aus diesen Gründen möchte es
42*
138
gerechtfertigt erscheinen, denselben ebenfalls ein miocänes Älter
zuzuschreiben. Das Material der fraglichen geschichtet erschei-
nenden Massen wird, wie bekannt, von alternirenden Lagen dichter
und poröser Basalte, von Tuffen und Conglomeraten gebildet, und
es ist, falls nicht spätere Störungen eingetreten sind, stets eine
ausgezeichnet horizontale Anordnung zu beobachten. Dieser
mächtige, einen Flächenraum von 1800 Qu.- Meilen einneh-
mende Gesteinscomplex tritt jedoch nicht überall auf der Insel
zu Tage, sondern wird an vielen Punkten von jüngeren, theils
eruptiven, theils glacialen Gebilden überlagert. Auch der Li-
parit hat an zahlreichen Stellen die basaltischen Schichten
durchbrochen und sich entweder zu kleineren und grösseren
Kuppen aufgestaut oder in selteneren Fällen zu Decken und
Strömen ausgebreitet. Stets sind es jedoch nur relativ un-
bedeutende Massen, die zur Eruption gelangten, so dass dem
Liparit kein wesentlicher Antheil an dem (sesammtaufbau des
Landes zuzuschreiben ist.
Es möchte sich nicht empfehlen, die verschiedenartigen
Varietäten der isländischen Liparite nach petrographischen Ge-
sichtspunkten im Voraus innerhalb grösserer Familien zusam-
menzufassen und letztere in gesonderter Weise zu besprechen.
Denn erstens ist es nach dem bisherigen Stande unserer
Kenntnisse überhaupt unmöglich, eine exacte, allen Anforde-
rungen entsprechende Classification aufzustellen und zweitens
würde im vorliegenden Falle der Nutzen auch kein bedeutender
sein, da fast alle Gesteine einer einzigen Abtheilung zugewiesen
werden müssten. Die von Herranp vorgeschlagene Haupt-
trennung der isländischen Liparite in solche mit vollständig
granitischem Habitus ohne eine Spur von Glas und solche mit
glasiger oder mikrofelsitischer Grundmasse ist als eine Glie-
derung der Liparitfamilie kaum zu adoptiren, da die ersteren
Gesteine einen von den echten Lipariten derartig abweichenden
Habitus besitzen, dass man sie denselben wohl anreihen, aber
nicht einordnen kann. Wählen wir lieber die geographische
Reihenfolge und fügen wir einer kurzen geologischen Erörterung
der Vorkommnisse gleich die Beschreibung einzelner Gesteins-
varietäten an.
Wenn wir unsere Wanderung am südlichsten Punkte der
Insel beginnen, um sie alsdann längs der Westküste fortzu-
setzen, so ist das erste Liparit-Gebiet, auf welches wir treffen,
das zwischen Hrüni und Hrepphölar an den Ufern der Laxä.
Ich selbst hatte leider nicht Gelegenheit, jenen Ort zu be-
suchen. WıNsKLER und SaArTorIUsS v. WALTERSHAUSEN geben
Beschreibungen dieser Localität, aus welchen jedoch mit Sicher-
heit kein Schluss auf das Alter des Gesteins zu ziehen ist.
SchirLıtz hat über ein Handstück dieser Localität einige
kurze petrographische Notizen veröffentlicht, die ich im Fol-
senden noch zu ergänzen durch die Liebenswürdigkeit des
Herrn Prof. ZıekseL in der Lage bin.
Das mir vorliegende Stück ist von fast reinweisser Farbe,
durchzogen und erfüllt von zahlreichen grünlichen Bändern und
Flecken. Es zeigt ein eigenthümlich rauhes, erdiges Ansehen
und man möchte hiernach, sowie wegen der grünen Marmo-
rirung, an eine senndäre Deren, denken. Dieselbe hat
auch in der That stattgefunden, wenngleich, wie wir später
noch sehen werden, das rauhe, erdige Ansehen durchaus kein
Kriterium für die Zersetzung abgiebt, sondern die gewöhnliche
makroskopische Erscheinungsweise des Mikrofelsits darstellt.
Nur höchst selten finden sich Feldspathtäfelchen und Quarz-
körnchen eingestreut und die letzteren sind hier wohl sämmt-
lich secundärer Entstehung. Unter dem Mikroskop zeigt sich,
dass das gesammte Gestein aus einer ziemlich feinkörnigen,
farblosen, schwach doppeltbrechenden, mikrofelsitischen Grund-
masse aufgebaut ist. Durch und durch imprägnirt ist diese
Masse mit zahllosen, die unregelmässigsten Formen besitzenden
srünlichen Partikelchen, welche die makroskopisch sichtbare
orüne Bänderung und Fleckung hervorrufen. Jeglicher scharfen
krystallographischen Begrenzung baar, sind sie nur in grösseren
Partieen in der Polarisation von den umgebenden Körnchen
der mikrofelsitischen Grundmasse zu unterscheiden. Bei ge-
nauerer Prüfung bemerkt man im Innern einzelner solcher
Ansammlungen Ueberreste eines Minerals, welches theils als
Masneteisen , theils aber als Pyrit deutlich zu erkennen ist.
Zwischen beiden sind zahlreiche Uebergangsstufen zu beob-
achten, und vom Pyrit aus scheint sich die grünliche Materie
förmlich stromweis in das Gestein hinein ergossen zu haben.
Hiermit ist uns der Schlüssel zur Erklärung der ge-
sammten auffallenden Erscheinung, die in anderen isländischen
Vorkommnissen in ihrer Entwickelungsweise noch viel deut-
licher zu verfolgen ist, an die Hand gegeben. Wie noch jetzt,
so war auch in früheren Zeiten die Solfatarenthätigkeit in
Island eine sehr ausgebreitete, und es scheint sogar, als ob sie
mit der Eruption der Liparite in einem mehr oder minder
engen Zusammenhange stände. Das ursprünglich in unserem
Liparit enthaltene Magneteisen wurde durch die Wirkung
H,S- haltiger Dämpfe in Pyrit umgewandelt. Eindringende
Tagewasser, vielleicht auch saure Dämpfe, setzten das Werk
der Zerstörung fort und indem sie gleichzeitig die ganze Ge-
steinsmasse angriffen, traten stellenweise Umsetzungen und
Verbindungen der letzteren mit den Zersetzungsproducten des
Pyrite ein. So gewannen zahlreiche Körner und Partikel der
mikrofelsitischen Grundmasse ihr grünliches, durch Eisenoxydul
740
bedingtes Aussehen und man dürfte wohl irren, wenn man
dieselben, wie es ScHirLitz thut, dem Epidot zuschreiben
würde. In seltenen Fällen, besonders im Umkreise noch in-
tacter Pyritpartikel, ist die Metamorphose jener Partieen so
weit vorgeschritten, dass die Substanz neben starker Doppel-
brechung ein strahlig-faseriges Gefüge angenommen hat.
Deutlich als solche erkennbare Krystallausscheidungen sind
mit Ausnahme einiger spärlichen Pyroxenindividuen in dem
ganzen Gestein nicht aufzufinden.
Bussen hat allerdings nicht diese weisse, sondern eine
gelbliche Varietät des Liparits von Arnarhnipa einer Analyse
unterworfen. Er fand:
SRO, NER S9 8, ME EL8IS
AIO> 9.0 7,2022
te Qu 20 Ed]
CaOH Fr 4.20870451,84
Mer: Ama 29220,14
KEOr SEHE STE
Na, O . rn 4,18
100,00
Der sehr hohe Kieselsäure-Gehalt, welcher nur noch von
einem später zu besprechenden Vorkommniss aus dem Ostlande
übertroffen wird, lässt vermuthen, dass wir es auch bei dieser
Varietät der Hauptsache nach mit einem Mikrofelsit zu thun
haben. Denn die Erfahrung zeigt, dass die mikrofelsitische
Grundmasse unter allen Umständen einen sehr sauren Cha-
rakter hat. |
Ein weiteres Auftreten des Liparites findet sich ca. 10 km
nordöstlich von dem eben besprochenen Punkte, in den Rau-
ducambar-Höhen und dem Fossa-Thälchen. Die Localität ist
wohl nur von WınKLER näher untersucht worden und es hält,
wie immer, schwer, sich nach seinen Beschreibungen eine rich-
tige Vorstellung zu bilden.
Die Rauducambar - Höhen bestehen nach letzterem Autor
fast vollständig aus Liparit und auch in dem Thale der Fossä
ist das Gestein an verschiedenen Steilwänden zu constatiren.
Die Verhältnisse zeigen, wie es scheint, eine grosse Aehnlich-
keit mit denen an der Baula. Liparite der verschiedenartigsten
Ausbildung, Bimssteine, Tuffe und erdige Varietäten sind innig
miteinander vergesellschaftet. Dazwischen sind an zahlreichen
Stellen grosse Basaltblöcke und auch Gänge desselben Ma-
terials zu beobachten. Einer auffallenden Erscheinung, die
Winkter ebenfalls erwähnt, sei noch kurz gedacht. Es sind
741
dies kleine, mit Maulwurfshaufen zu vergleichende Hügelchen
und Kegel, welche sich in dem Thale der Fossa sehr ver-
breitet zeigen. Sie bestehen nach ihm aus Bimsstein, grösseren
Lavaschlacken und Lapilli, „die aber fest aneinander kleben,
so dass sie wahrscheinlich nach innen in eine zusammenhän-
gende Masse übergehen.“ Schon WınKkLER vermuthet, dass
diese Hügelchen ihren Ursprung einer vulkanischen Action
verdanken und bringt sie in Zusammenhang mit den Aufzeich-
nungen isländischer Chronisten, wonach im Jahre 1360 ein
vulkanischer Ausbruch das Fossa-Thal verwüstete Diese
Auffassung wird fast zur Gewissheit dadurch, dass sich sonstige
Eruptionsproducte, wie Aschen und Laven, in dem Thälchen
durchaus nicht vorfinden.
Im Nordlande bei Hnausar und im Östlande bei Ping-
muli sind, wie wir später noch sehen werden, ähnliche Er-
scheinungen in ganz ausgezeichneter Weise zu beobachten.
Auch dort finden sich diese kleinen, ganz charakteristischen
Kegel vor und haben in diesem Falle ihre Entstehung dem
versuchten Durchbruche von Liparitmassen zu danken. Aus
welchem Materiale die Hügelchen im Fossa-’Thale bestehen,
ist aus WınkLer’s Darstellungen nicht klar ersichtlich; doch
scheint es nach der betreffenden Beschreibung fast, als ob wir
es hier mit rein basaltischem Material zu thun hätten. Ob
jedoch auch ein basaltisches Magma als der hebende Factor
in Anschlag zu bringen ist, bleibt eine offene Frage. Jeden-
falls ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, dass, wie im
Nord- und Ostlande, so auch hier eine Liparit- und nicht eine
basaltische Masse zum Durchbruch zu gelangen suchte.
Ich muss mich leider begnügen, auf diese interessanten
Verhältnisse nur kurz aufmerksam gemacht zu haben und es
einem späteren Forscher überlassen, beobachtete Thatsachen
an Stelle der ausgesprochenen Vermuthung zu setzen.
Nordwestlich von den Rauducambar-Höhen, am Ende des
weiten Geysir-Thales, liegt der Laugarfjall, der seine Ent-
stehung ebenfalls einer liparitischen Eruption verdankt. An
seinem Fusse sprudeln zahlreiche heisse Quellen hervor, und
die Basis des Berges ist daher auch zum grössten Theile einer
Zersetzung anheim gefallen. Wie es scheint, ist der Liparit
hier innerhalb .palagonitischer Tuffschichten empor gestiegen
und hat sich oben zu einem imposanten Bergrücken auf-
gestaut.
Das bläulich-graue Gestein ist ausgezeichnet plattenförmig
abgesondert und schon mit unbewaffnetem Auge sind einige
‚ millimeterbreite und bis !/, cm grosse glänzende Leistchen,
sowie hin und wieder kleine schwarze Nädelchen in der sonst
vollständig dicht erscheinenden Grundmasse zu bemerken, Die
742
Kluftlächen sind durch beträchtliche Eisenoxyd - Massen stets
tief braun gefärbt, welche Färbung mehrere Millimeter in das
Gestein eindringt.
Die glänzenden Leistchen erweisen sich unter dem Mikro-
skop als meist sehr gut conturirte Feldspathe, welche in ihrer
grössten Mehrzahl dem Plagioklas angehören. Entweder zu
unregelmässigen Haufwerken zusammengeschoben, in welche
die Grundmasse nur in Streifen und Fetzen eindringt, oder in
einzelnen scharf umrissenen Krystallen in dieselbe eingebettet,
zeioen sich die Durchschnitte oft aus einer grossen Zahl feinster
verzwillingter Lamellen bestehend. An Interpositionen finden
sich neben unregelmässig geformten Einschlüssen der Grund-
masse grünliche Pyroxenkörner und langgestreckte, fast farb-
lose Mikrolithe, sowie ausgezeichnete gelbliche Glaseinschlüsse,
meist mit einem Bläschen versehen. Einer der letzteren von
rundlicher Form zeigte bei einem Durchmesser von 0,015 mm
im Innern in vorzüglicher Weise einen globulitisch entglasten
Kern von 0,006 mm Durchmesser. Auch Feldspathleistchen
von nur mikroskopischen Dimensionen treten zahlreich in der
(Grundmasse auf. Von meist langgestreckten Formen, besitzen
sie stets eigenthümlich zerfaserte Endigungen. Nicht selten
sind sie zerbrochen und die Bruchstücke gegeneinander ver-
schoben, woraus ihre der Verfestigung der Masse vorangehende
Bildung ersichtlich wird.
Die ebenfalls schon makroskopisch bemerkten, sehr spar-
sam auftretenden schwarzen Nädelchen erweisen sich als zweifellos
dem Augit angehörig. Im Dünnschliffe gewinnen sie ein grün-
liches Ansehen, und ein Dichroismus ist kaum zu beobachten.
An einem Schnitt nach der Symmetrie- Ebene wurde der
Winkel, den die Auslöschungsrichtung mit der Prismen - Axe
bildet, zu 46° bestimmt, eine Grösse, die bekanntlich von der
Hornblende niemals erreicht wird.
Das Magneteisen ist nicht gerade zahlreich in der Masse
verbreitet; an einzelnen Körnern wurde ein Durchmesser von
0,09 mm beobachtet.
Alle diese Kıystallausscheidungen liegen in einer farb-
losen, von fremder Eisenmaterie durchsprenkelten mikrofelsi-
tischen Substanz eingebettet. Auffallend sind sofort zahlreiche,
etwas verschwommene, aus feinen Körnchen gebildete rundliche
Figuren. Diese Körnchen, theils mehr in concentrischen
Kreisen, theils mehr in radialen Strahlen angeordnet, dürften
wohl, wie sich bei starker Vergrösserung ergiebt, globulitischen
Entglasungs - Producten angehören. Mit ihrer Ausscheidung
ging auch noch eine weitere Differenzirung der mikrofel-
sitischen Grundwasse Hand in Hand. Bei genauerer Prüfung
bemerkt man nämlich, dass innerhalb der durch die Körnchen
743
markirten Partieen die Fäserchen der mikrofelsitischen Materie
ausserordentlich fein und zahlreich sind und deutlich von einem
Centrum nach der Peripherie zu ausstrahlen. Die dazwischen
liegenden Theile der Grundmasse werden von viel breiteren
und längeren Fasern gebildet, die ohne Regelmässigkeit nach
allen Richtungen verlaufen. Bei gekreuzten Nicols erhält man
ein Polarisationsbild, welches aus zahlreichen verschwommenen,
schwach doppeltbrechenden Körnchen und Nädelchen besteht.
Die schärfer begrenzten Nädelchen sind auch optisch ent-
schieden am stärksten wirkend, während die verschwommenen
Fetzen und Körnchen, besonders innerhalb der von Globuliten
erfüllten Partieen, nur einen äusserst schwachen Lichtschimmer
aussenden.
Von Bunsen wurde das Gestein einer Analyse unter-
worfen, die folgendes Resultat ergab:
RO SE REN
Mor) 32,219:98
FeO. 2,60
CaO. 1,01
MgsO. 0,03
K,0. 5,42
Na,O 2,01
100,00
Jedenfalls ist es eine merkwürdige Thatsache, dass dieses
Gestein trotz seiner vorherrschenden Plagioklasführung zu den
wenigen gehört, welche einen den Natron- bei Weitem über-
wiegenden Kali-Gehalt zeigen. Es geht daraus hervor, dass
man nicht berechtigt ist, ohne Weiteres die Grundmasse
sämmtlicher isländischer Liparite als sehr Natron-reich anzu-
nehmen, wenngleich dies in den meisten Varietäten in der That
der Fall zu sein scheint.
Ein weiteres Auftreten des Liparits findet sich nördlich
von der Hauptstadt Reykjavik am Moskardshnükr an der Esja.
Leider habe ich es versäumt, diesem Vorkommen meine Auf-
merksamkeit zuzuwenden, trotzdem dasselbe durch die daran
geknüpiten Erörterungen Bunsen’s ein grosses Interesse bean-
spruchen kann.
Setzt man von Mosfell den Weg über den Soinaskard
gegen Norden nach Reynivellir hin fort, so trifft man, kaum
2 Stunden vom Maskordshnuükr entfernt, auf der westlichen
Seite des durch hohe Felsenwände eingeengten Goinadalr zahl-
reiche Gerölle und Bruchstücke eines Liparites an, die dort
den ganzen Abhang bedecken. Leider herrschte auch an dem
744
Tage, an welchem ich jene Stelle besuchte, der in Island so
häufige undurchdringliche Nebel, so dass es mir nicht möglich
war, sichere geologische Beobachtungen zu machen. Doch
scheint es, als wenn der Liparit hier in einem mächtigen
Gange aufgestiegen wäre, der sich nur wenig stromartig ver-
breitet hat.
Das Gestein zeigt eine von röthlichen Flecken erfüllte,
hell graugelbe Farbe und ist von zahlreichen kleinen, lang-
gestreckten Poren durchsetzt, die mehr oder minder vollständig
von Eisenhydroxyd und winzigen, sehr schön begrenzten Quarz-
kryställchen (e P.P) ausgekleidet sind.
Die mikroskopische Prüfung des Dünnschliffes ergiebt ein
sehr bemerkenswerthes Resultat. Das gesammte Gesichtsfeld
wird eingenommen von einer verschwommenen Masse pellucider
farbloser und grünlicher Flecken, durchsprenkelt von Magnet-
eisen, unbestimmbaren dunklen Körnchen und meist hellgefärbten
Mikrolithen, welche letztere nicht selten zu grösseren Krystall-
concretionen zusammenschiessen. Bei gekreuzten Nicols lösen
sich die farblosen Partieen in mehr oder minder scharf be-
grenzte Blättchen und Leisten einer wohl grösstentheils feld-
spathigen Substanz auf, zwischen welche die stark chromatisch
polarisirende, fein gefaserte, grün-gelbliche Substanz förmlich
hineingequetscht erscheint. Eine glasige oder mikrofelsitische
Basis ist durchaus nicht zu bemerken. Dies ist um so auf-
fallender, als der makroskopische Habitus des Gesteins voll-
ständig. dem eines echten Liparites entspricht.
Es liegt daher von vornherein die Vermuthung nahe,
dass diese gelbgrünen,, jedweder regelmässigen Begrenzung
entbehrenden Partieen nur eine metamorphosirte mikrofelsi-
tische Grundmasse vorstellen. Und diese Vermuthung wird
fast zur Gewissheit erhoben durch das Ergebniss einer von mir
ausgeführten und hier folgenden Analyse:
SO, u 2 cn = re 265
Al,O, nebst Spuren 16,888
Be,0..0 0 0 22052
CO ar eu
MeO „2... . .,. Spuren
K, Orasse. 222... 002Io0
Na, 0 Rue 2. 0225
Glühverlust,. — . 2940
99,910
Der auffallend hohe Wassergehalt von 1,94 pCt. zeigt
wenigstens klar, dass das Gestein in der That der secundären
a5
Einwirkung und Veränderung durch wässerige Lösungen unter-
worfen gewesen, und es ist wohl kein sehr gewagter Schluss,
den mikroskopischen Ausdruck jener Processe in dem nunmehr
vollständig krystallinen Habitus einer ursprünglich glasigen
oder mikrofelsitischen Grundmasse zu erblicken. Allerdings
verdient hervorgehoben zu werden, dass jene Einwirkung ohne
eine vorhergehende Zersetzung und Lockerung des Gesteins-
gefüges durch Schwefelwasserstoff- oder schweflige Säure-
haltige Dämpfe vor sich gegangen ist, denn das Magneteisen,
jener Maassstab für stattgehabte Solfataren - Wirkung, findet
sich in der Masse in vollständig intacter Weise vor. Es bildet
sogar Krystalle von beträchtlicher Grösse, indem dieselben
nicht selten einen Durchmesser von 0,015 mm, ja selbst von
0,03 mm erreichen.
Wenig nördlich von dem imposanten Stocke der Esja
ist ein gleichmässiges Gebirgsmassiv, die Skardsheidi, ge-
legen. Auch hier ist das Vorkommen des Liparites neuerdings
von verschiedenen Punkten bekannt geworden. So tritt am
Südabfalle des Gebirges, am Meere unterhalb der Farm Pyrill,
ein Gang eines Gesteines auf, das augenscheinlich dem Liparit
angehört, wenngleich es einen von allen anderen Vorkomm-
nissen ziemlich abweichenden Habitus besitzt.
Dieser Liparit ist von ganz dunkler Farbe und von einem
alten Vitrophyr im Ansehen durchaus nicht zu unterscheiden.
Er ist der Hauptsache nach pechsteinartig ausgebildet uud nur
hie und da finden sich kleine Lagen und Partieen eines mehr
felsitischen Materials eingeschaltet. Der ziemlich umfangreiche
Gang ist von den Saalbändern aus in einer weiten Erstreckung
einer durch Fumarolen bewirkten Zersetzung anheim gefallen,
Das Endproduct stellt eine weissliche, schiefrige und zerreib-
liche Masse dar, die zahlreiche lockere Quarzdrusen enthält.
Der grünlichgelbe und sehr bröcklige Pechstein zeigt sich
u. d. M. aus einem farblosen Glase bestehend, welches aller-
dings bei gekreuzten Nicols einen wenn auch nur schwachen
Lichtschimmer aussendet. Dichtgedrängte Beloniten-Schwärme
durchziehen dasselbe, wodurch mehr oder minder prägnant
eine Mikrofluctuation zum Ausdruck gelangt. Daneben sind
in grosser Zahl dunkle globulitische Körnchen zur Ausschei-
dung gekommen, die sich zu strich- und buschförmigen Ge-
bilden zusammen gruppirt haben. Nicht gleichmässig durch
das Gestein vertheilt, sondern in: schmälere und breitere
geschlängelte Streifen vereinigt, rufen sie, unabhängig von
den Beloniten, eine gebänderte Structur hervor. Nur selten
sind echte Krystalle zu bemerken. Hie und da ein Magnetit-
körnchen, ein Pyroxen- oder ein Feldspathkryställchen. Ver-
einzelt treten perlitische Stränge in der Masse auf.
746
Auch die mehr felsitisch erscheinende Modification besteht
nur aus einer fast normal ausgebildeten Glasmasse. Das dunkle,
felsitähnliche Ansehen wird hervorgerufen durch ein vollstän-
diges Durchdrungensein von einem bräunlichen, globulitischen
Staube, der selbst noch eine totale Trübung des Dünnschliffes
veranlasst. Seiner Natur nach ist er zweifellos mit den glo-
bulitischen Gebilden des Pechsteins durchaus nicht zu identi-
fieiren. Zerstreut sind Streifen einer farblosen, von jenen
Ausscheidungen freien Glasbasis eingeschaltet, wodurch die
auch schon makroskopisch hervortretende Bänderung be-
dingt wird.
Weiter westlich von Pyrill ist der Liparit ebenfalls verbreitet,
jedoch wie es scheint, stets in einem mehr oder minder von Solfa-
taren zersetztem Zustande. Die Gehänge lassen an den verschie-
densten Stellen die grünlichen Massen bemerken, und ein von mir
dort gesammeltes Geschiebe stellt eine ausserordentlich alterirte
Breccie dar, die der Hauptsache nach aus Liparit besteht.
THoropDsen !) giebt das Gestein ferner in den Bergen nördlich
von Leira an, sowie auf der Nordseite bei Möfell in der Ge-
gend des Skorradalsvatnı. Von dem letzteren Vorkommniss,
welches ebenfalls eine etwas eigenthümliche Constitution be-
sitzt, sind mir die Handstücke leider verloren gegangen. Das
weisse, sehr grobkörnig krystallinische Gestein tritt hier in
einer Kuppe aus dem Basalt hervor und wird von Baron als
der einzige ihm bekannte isländische Liparit erwähnt, welcher
freie Quarze primär in sich ausgeschieden enthält. Daneben
finden sich nach ihm grosse Sanidine, sowie Mikrolithen von
Sanidin und Oligoklas, eingebettet in eine glasige, häufig quar-
zige und durch Ferritmasse verunreinigte Basis.
Wenden wir uns nun zu dem schon seit langer Zeit bekann-
ten und bereits vielfach erörterten Auftreten des Liparites an der
Baula. Diese imposante, auf einem basaltischen Hochplateau
aufgesetzte, scharf dreiseitige Bergpyramide fällt dem Reisenden
schon von Weitem in die Augen. Die Liparitmassen haben
an den verschiedensten Punkten das basaltische Plateau durch-
brochen und sich oben hauptsächlich zu 2 grossen Kuppen,
der Baula und der litla (= kleinen) Baula aufgestaut. Die
erstere steigt in ihrer ganzen Grösse frei in die Lüfte empor;
nordöstlich von ihr zieht eine langgestreckte, basaltische Hügel-
kette hin, an deren Ende sich die litla Baula erhebt.
Nach KırruLr hat das basaltische Plateau eine ungefähre
Höhe von 1000’, während der Gipfel der kleinen Baula 400’
t) Vulkanerne paa Reykjanes. Geologiska föreningens in Stockholm
förbandlingar, 1884, Bd. VII, Heft 3.
747
über dem Plateau gelegen sein soll. ZirkeL giebt die Gipfel-
höhe der grossen Baula auf 3000’ an. Nach meinen Beob-
achtungen scheint mir wenigstens die erste KyeruLr'sche An-
gabe entschieden zu niedrig gegriffen. Ich bin jedoch leider
nicht im Stande, sie zu berichtigen, da unsere mitgeführten
Instrumente zu jener Zeit schon derartig gelitten hatten, dass
ein bestimmter Verlass auf sie nicht mehr möglich war.
Tiefe und enge Schluchten schneiden überall in das Basalt-
plateau ein und bieten die Möglichkeit, an mehreren Punkten
die Durchbruchstellen des Liparites zu beobachten. Niemals
hat in beträchtlicherer Ausdehnung eine Aufrichtung der hori-
zontalen Schichten durch das empordringende Magma stattge-
funden, was des relativ geringen Umfanges der Gänge wegen
wohl nicht befremden wird.
Kin sehr schöner Aufschluss liest auf dem Basaltplateau
selbst, östlich der grossen und südlich der kleinen Baula. Ein
kleiner Bach stürzt hier über eine Steilwand in eine Schlucht
hinunter und innerhalb dieser, aus horizontalen Basaltlagen
gebildeten Felswand (b) steigt ein Liparitgang (t) empor.
Zur genaueren ÖOrientirung verweise ich auf die Abbildung
Tafel XXXI, die nach einer daselbst aufgenommenen Photo-
sraphie hergestellt ist. Sie zeigt zugleich die charakteristische
Pyramiden-Form, sowie die Umwallung der kleinen Baula (r).
Ein weiterer, lehrreicher Auischluss findet sich am west-
lichen Abfalle des Plateaus, in dem dort sehr tief eingeschnit-
tenen kleinen Flussthale der Bjarnadalsa. Hier ist, wie der
beistehende Holzschnitt zeigt, sowohl das Verhältniss des
Liparites zum Basalt, als auch zu dem ihm angehörigen Pech-
stein ausgezeichnet zu beobachten.
“l
SI
748
Die Mitte des Ganges wird von Liparit (t) gebildet,
während die Ränder einem echten, flaschengrünen, theilweise
Sanidinkrystalle führenden Pechstein (p) angehören, aus dem
auch die verschiedenen feinen Apophysen bestehen. Der durch-
brochene Basalt ist hier in der nächsten Umgebung des Ganges
vollständig verbogen und zertrümmert und zu einer Breccie (b)
verkittet, so dass von einer Schichtung keine Spur mehr zu
sehen ist. In dieser Basaltbreccie finden sich als Spaltausfül-
lungen nicht selten grössere Massen eines rein weissen, marmıor-
artigen Kalksteins,
Was die Pyramide der grossen Baula selbst anlangt, von
der die ebenfalls nach einer Photographie angefertigte Abbil-
dung Tafel XXXII eine Vorstellung zu geben versucht, so sind
die Verhältnisse hier sehr einfache. Sie wird vollständig von
Liparit gebildet, der, theils säulenförmig, theils plattenförmig
abgesondert, in zahllosen Trümmern die steilen, bis zu 40°
geneigten Abhänge bedeckt. Besonders die säulenförmige Ab-
sonderung ist in einer ausgezeichneten Weise entwickelt und
es finden sich von den regelmässigsten, drei- bis neunseitigen
Säulen von 4’ Durchmesser alle Abstufungen bis zu den zier-
lichsten, kaum fingerdicken Gestalten vor. Nach ZiırkEL treten
an der Westseite des Berges auch Partieen auf, die so dünn-
schiefrig sind, dass sie sich wie Blätter eines Buches ablösen
lassen. Besonders an verwitterten Stücken soll die Eigenthüm-
lichkeit gut hervortreten, und nicht selten dann die papierdünne
Schieferung ganz ungestört aus einer Säule in die andere sich
fortsetzten.
Lenken wir nun unsere Schritte östlich zu der litla Baula,
so begegnen wir hier allerdings Erscheinungen, welche sich
wesentlich complieirter gestalten. WınkLer hat dies denn
auch empfunden und, wie er in seiner Schrift selbst berichtet,
an Ort und Stelle in seinem Tagebuch bemerkt, „dass ihm
beim Anblick der Verhältnisse am kleinen Päula fast schwin-
dlig wurde und er eilte, die Nähe desselben zu verlassen.“
Die kleine Baula, am Fusse des sie mit der grossen Baula
verbindenden basaltischen Höhenzuges gelegen, zeigt ebenfalls
die für die Liparitkuppen charakteristische Kegelform. Eine
tiefe Schlucht schneidet ungefähr in nordsüdlicher Richtung in
die untere Partie ein, und es gewinnt dadurch fast den An-
schein, als ob um einen inneren Kern sich eine äussere Um-
wallung aufthürmte. Die Abhänge sowohl als den Boden be-
deckt ein ganz unentwirrbares Chaos von Blöcken und Trüm-
mern, so dass man auch durch diesen Einschnitt keinen
Aufschluss über den inneren Aufbau des Berges erlangen
kann. Blöcke von Liparit der verschiedenartigsten Modifica-
749
tionen, dicht, porös, erdig, von Pechstein und Perlit bilden ein
buntes Durcheinander. Dazwischen finden sich Schollen und
Blöcke von Basalt, die stellenweise eine ganz beträchtliche
Grösse erreichen. Stets ist ihre Oberfläche in deutlichster
Weise gefrittet und verglast; Zeolithe führen sie genau wie
die übrigen miocänen Basalte. Besonders in den westlichen
Gehängen sind die Basaltpartieen häufig zu beobachten, und
hier wird der Liparit auch wohl in seiner ganzen Mächtigkeit
von Basalt abgelöst.
KJEruLr betrachtet die beiden Baula-Berge als die übrig
gebliebenen inneren Kerne alter Liparit- Vulkane. Die um-
sebenden Aschen- und Schlackenmassen seien allmählich fort-
geführt, und durch Einsturz von Gipfel aus hätte sich, wie
auch bei anderen nicht vulkanischen Bergen, die ausgezeichnete
Pyramidenform herausgebildet.
| Diese Erklärungsweise kann auf die kleine Baula in dieser
Form wohl keine Anwendung finden. Die letztere stellt noch
jetzt einen echten vulkanischen Kegel dar, der nicht, wie die
grosse Baula, nur aus festem Gestein, sondern aus dem
allerverschiedenartigsten, festeren und lockeren Material be-
steht. Die Basaltmassen sind theils als mit emporgerissene
Schollen, theils aber auch als die aufragenden Kuppen des
darunter anstehenden (sesteins zu betrachten. Bei dieser An-
schauung ist es wenigstens möglich, das sich darbietende Chaos
zu begreifen.
Es fragt sich nun, ob überhaupt der grossen und der
kleinen Baula ein gemeinsames Alter zugeschrieben werden
muss. Ich bin durchaus nicht geneigt, diese Frage ohne Wei-
teres zu bejahen, wenngleich es mir nicht möglich ist, irgend
welche Entscheidung zu treffen. Wenn man der grossen
Baula noch ein tertiäres Alters zuzuerkennen geneigt ist, so
möchte es doch fraglich sein, ob auch die kleine Baula schon
der zerstörenden und erodirenden Thätigkeit der Gletscher
während der Glacial-Epoche ausgesetzt gewesen ist.
Wenden wir uns nun zur Betrachtung einzelner der ver-
schiedenen Gesteinsvarietäten selbst.
Der dunkel flaschengrüne, am westlichen Abfalle des
Baula-Plateau’s auftretende Pechstein zeigt häufig schon ma-
kroskopisch grosse, meist scharf umgrenzte Sanidinkrystalle,
die nach den Kluftflächen des Gesteines zu eine durch Eisen-
hydroxyd hervorgerufene bräunliche Färbung annehmen.
Unter dem Mikroskop bemerkt man, dass diese Eisen-
Infiltration auf zahlreichen, die Individuen durchziehenden
Spalten vor sich gegangen ist, in deren Umgebung denn auch
750
die klare Sanidinsubstanz einen trüben und körnigen Habitus
angenommen hat. Dass in der That eine einschneidende
chemische Action Platz gegriffen, geht aus der Aggregat-Pola-
risation hervor, die diese wolkig verschwimmenden Bänder
zeigen.
Neben diesen makroskopischen Krystallen finden sich nun
aber auch in überraschender Anzahl mikroporphyrisch ausge-
schiedene Feldspath - Individuen vor, die alle ebenfalls dem
Sanidin anzugehören scheinen. Die Schnitte bilden entweder
mehr oder minder deutlich umgrenzte Rechtecke oder aber
Täfelchen und Leisten, und beherbergen gewöhnlich zahlreiche
Glaseinschlüsse in ihrem Innern. Schon ZiRkEL bemerkt, dass
in einem nordisländischen Pechstein ein nur 0,098 mm langer,
0,032 mm breiter Durchschnitt 11 in einer Ebene gelegene
Bläschen führende Glaseier enthielt. Nicht selten zeigen diese
Einschlüsse in ausgezeichneter Weise die Krystallform des sie
umschliessenden Individuums. So fand sich ein 0,075 mm
grosser Feldspathdurchschnitt, der einen die Flächen &P,
co Poo vorzüglich imitirenden, 0,015 mm grossen Glasein-
schluss führte. Diese eingeschlossenen Partieen erweisen sich
wie gewöhnlich dunkler als die übrige Glasmasse; sie sind
gelblich, während die letztere im Dünnschliff vollständig farblos
ist. An weiteren Interpositionen enthalten die Feldspathe Ma-
gneteisen, langgestreckte, schwach grünliche Mikrolithe, sowie
kleine Kryställchen, die nach ihrer Form und ihrer lebhaften
chromatischen Polarisation von ZırkEL und später auch von
ScHairLitz dem Quarze zuertheilt wurden.
Ausser den Sanidinen finden sich in der glasigen Basis
noch Ausscheidungen eines vollständig pelluciden, in dünneren
Schliffen graulich gelben, in dickeren bräunlichen Minerals,
dessen Bestimmung gewisse Schwierigkeiten bietet, trotzdem
es an (rösse den mikroskopischen Feldspathen nicht bedeutend
nachsteht und an Schärfe der kıystallographischen Ausbildung
sie sogar übertrifit. Bei der optischen Prüfung zeigt es sich
auffallend stark chromatisch polarisirend und man findet ferner,
dass es zweifellos dem rhombischen Systeme angehört. Niemals
wurde bei den zahlreichen prismatischen Längsschnitten eine
schiefe Auslöschung beobachtet. Die Querschnitte sind meist
ausgezeichnet regelmässig ausgebildet und zeigen die Flächen
oP, oPx, »Poo. Sehr selten liess sich auch eine
unvollkommene prismatische Spaltbarkeit erkennen, und es
schwankte der Winkel dann um 90°.
Schon die letztere Thatsache spricht entschieden gegen
den Olivin. Um jedoch vollständige Klarheit zu erlangen,
751
wurde einer der: Schliffe mit HCI behandelt. Das betreffende
Mineral zeigte sich nach dieser Operation auch nicht in der
geringsten Weise alterirt, so dass die Annahme von Olivin
hiermit ausgeschlossen erscheint. Es bleibt nichts übrig, als
jene Schnitte einem rhombischen Pyroxen zuzuschreiben, eine
Erklärung, die auch letzthin von ScHirLitz gegeben worden ist.
Durch ihre helle Farbe, ihre rauhe Oberfläche, ihre fast
fehlende Spaltbarkeit und ihre noch in den dünnsten Schliffen
farbenprächtige Polarisation erinnern sie ganz ausserordentlich
an gewisse, als Augite in Anspruch genommene Varietäten,
wie sie sich z. B. in den Basalten von Ihringen und Sasbach
am Kaiserstuhl, in manchen Glimmer- Syeniten der Vogesen
und auch in manchen ungarischen und pontinischen Lipariten
vorfinden.
Diese rhombischen Pyroxene sind nun, wie wir noch
sehen werden, in genau übereinstimmender Erscheinungsweise
in sämmtlichen isländischen Lipariten verbreitet. Echte Augite
fanden sich nur in zwei Varietäten vor: im Gestein vom
Laugarfjallam Geysir und in dem von Baer auf der nordwest-
lichen Halbinsel; und beide Gesteine weichen auch sonst von
den echten Lipariten ab
An Einschlüssen sind diese Pyroxene auffallend arm; nur
Magneteisen ist hin und wieder zu bemerken. Letzteres
sruppirt sich meist um die Pyroxene als ÜOentrum, und
diese bis zu der winzigsten Kleinheit herabsinkenden Aggre-
gationen scheinen dann stellenweis auch in die Feldspathe
eingeschlossen zu sein. ZIrKkEL giebt nämlich, wie schon
erwähnt, auch mikroskopische Interpositionen von Quarzkry-
ställchen in den Feldspathen an, und von ScHirLirz wird als
Eigenthümlichkeit hervorgehoben, dass dieselben häufig an den
Rändern grösserer Magneteisen - Partikel förmlich zu kleben
schienen. In den zahlreichen von mir durchmusterten Prä-
paraten war es nicht möglich, irgend welche Quarze als Ein-
schlüsse in Feldspathen aufzufinden, und ich möchte daher
vermuthen, dass die kleinen, fast farblosen und lebhaft pola-
risirenden Pyroxenkryställchen damit verwechselt worden sind.
Das Magneteisen zeigt sich in unserem Pechstein auch in
isolirten Körnern sehr verbreitet. Neben den mehr oder minder
regelmässigen quadratischen Querschnitten finden sich aber
auch solche von sechsseitiger Umgrenzung, die wohl eher dem
Titaneisen angehören möchten.
Echte Entglasungsproducte sind in der farblosen Glas-
masse nur sparsam in Form gelblicher, zu Bändern und Haufen
aggregirter globulitischer Körner vorhanden.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VIN. 3. 43
152
Von Kyzrurr ') ist dieser Pechstein einer Analyse unter-
worfen worden, und mögen die Resultat derselben hier noch-
mals angeführt werden (I), da die von mir angestellte Unter-
suchung (II) nur eine unvollständige geblieben ist; bei derselben
wurden die Alkalien nicht bestimmt; aus der Differenz be-
rechnet ergaben sich für dieselben 4,53 pCt.
I Jük
SORMeBr yuspntgg,sonsarezu3
ALODS Het
Feiont 492. 1mlang(ggal are. 90
MO 58m
CO ae 1,92
MO 2... 086% Spuren
K,OR Ban. 55:2798,69
Na Obamas Sa a
Glühverlust . 4,86 7.05
97,8. 100.00
Der auf den ersten Blick sehr bemerkenswerthe Unter-
schied zwischen beiden Analysen mag erklärlich werden, wenn
man bedenkt, dass die makroporphyrische Ausscheidung von
Sanidinkrystallen in verschiedenen Varietäten des Gesteines
sehr verschieden ist. Ich benutzte zu meiner Analyse an
Ausscheidungen möglichst armes Material, während dies, wie
schon aus dem bedeutenden Unterschied im Glühverlust her-
vorgeht, bei KJeruLr jedenfalls nicht der Fall war.
Die krystallinische Ausbildung, welche diesem Pechstein
entspricht, ist in den Gesteinen der grossen Baula zu suchen.
Es sind hauptsächlich zwei Varietäten, welche die ganze Pyra-
mide zusammensetzen: eine graugelbliche und eine lichtgraue.
Die letztere tritt besonders in schöner Säulenform auf.
Zahlreiche kleinere und grössere Poren sind theils mit
Eisenhydroxyd, theils mit einem eigenthümlichen gelblichen
Mineral inkrustirt; häufig sind auch Quarzkryställchen da-
zwischen aufzufinden. Bei näherer Prüfung bemerkt man
zerstreut innerhalb der Grundmasse klare Körner und Kry-
stalle von hellgelber Farbe, die augenscheinlich einem Feld-
spath angehören und stets mehrere Millimeter, nicht sel-
ten 1 cm Grösse erreichen. Jedoch sind sie im Dünnschliff
nur äusserst schwer zu conserviren. Die wenigen, nicht
1) BıscHor, Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geo-
logie, 2, pag. 2221.
753
ausgefallenen Rudimente zeigen zweifellos einen monoklinen
Charakter. Das Gestein wird gebildet aus einer sehr fein
gefaserten mikrofelsitischen Substanz, die im polarisirten Lichte
ein Gemisch von schwach brechenden, verschwommenen Körn-
chen mit spärlich eingeschalteten, stark brechenden Nädelchen
darstellt. Magneteisenpartikel, sowie kleinste, undefinirbare
Körnchen und Mikrolithe sind durch die ganze Masse vertheilt;
höchst sparsam finden sich auch Pyroxenkryställchen.
Die gelblichgraue Varietät zeigt einen merklich abwei-
chenden Charakter, indem in ihr krystalline Ausscheidungen
bedeutend häufiger sind. Schon makroskopisch bemerkt man
zahlreiche glitzernde Pünktchen und Streifen, welche, wie sich
unter dem Mikroskop herausstellt, aus Feldspathen bestehen.
Bei schwacher Vergrösserung zeigen sich hier in einem
von Magneteisen und beträchtlichen Massen einer gekörnten
gelblichen Ferrit - Materie durchsprenkeltem Filz kleinster
pellueider Fäserchen zahlreiche, bis 1,5 mm grosse, meist sehr
scharf conturirte Feldspathe porphyrisch ausgeschieden, die
theils dem triklinen,, theils dem monoklinen Systeme ange-
gehören. Bei einigen Sanidintafeln tritt im polarisirten Lichte
auch in ausgezeichneter Weise ein zonarer Aufbau hervor,
von welchem bei gewöhnlicher Beleuchtung nichts zu bemer-
ken ist. Stets zeigen sich diese porphyrischen Feldspathe
in grösserem oder geringerem Grade von Spalten durchzogen,
in welche hie und da eine globulitisch entglaste Materie
eingedrungen ist, ein Beweis, dass jene Risse schon vor der
Festwerdung des Magmas entstanden. An Einschlüssen sind
diese Feldspathe relativ arm. Magneteisen, Feldspaththeilchen
selbst, kleine, im Durchschnitt 0,015 mm lange, 0,005 mm
breite Pyroxenkryställchen, sowie zahlreiche, nicht selten eine
Länge von 0,06 mm bei einer Breite von 0,003 mm erreichende
schwach grünliche Mikrolithe sind hier und da zu bemerken.
Daneben erscheinen ziemlich verbreitet Interpositionen globu-
litisch entglaster Glasmasse, entweder in Form von Bändern
den Krystall durchziehend oder in schön polygonal begrenzten
Partieen die Krystallfiorm nachahmend. Die Pyroxenkryställ-
chen finden sich auch isolirt in der mikrofelsitischen Grund-
masse vor, die aus einem Gemisch scharf begrenzter Tä-
felchen und Nädelchen und verschwommener, schwach bre-
chender Körnchen besteht.
Schon von ZırkeL ist ein Liparit von der Baula beschrie-
ben worden, der viele schön krystallisirte Quarze ausgeschieden
enthält. Dieses Gestein bildet jedoch nicht den Haupttheil
der Baula-Pyramide; es wurde von mir gar nicht aufgefunden.
Durch die Liebenswürdigkeit des oben genannten Herrn ge-
langte jedoch ein Handstück in meinen Besitz, so dass ich in
43*
754
der Lage bin, die auch neuerlich von ScHirLitz über dieses
Vorkommen veröffentlichten Untersuchungen theils zu bestä-
tigen, theils in etwas zu berichtigen.
Das Gestein, von hellgrauer Farbe, ist von feinkörnig kry-
stallinischem Habitus und hier und da sind schon mit unbe-
wafinetem Auge neben Sanidintäfelchen kleine Quarzkörnchen
zu beobachten. Auch unter dem Mikroskop zeigt es sich fast
vollständig krystallinisch aufgebaut, wenngleich die einzelnen,
unregelmässig begrenzten Körnchen stellenweise zu einer schwach
polarisirenden, verschwommenen Mikrofelsit - Substanz herab-
sinken. Neben deutlich erkennbaren Sanidintafeln und Pla-
gioklasleisten sind zahlreiche Quarze zur Ausscheidung gelangt.
Sie besitzen meist sehr scharf ausgebildete, rhombische Quer-
schnitte und beherbergen häufig die umgebende Krystallform
mehr oder minder gut nachahmende Glaseinschlüsse. Daneben
finden sich durch das ganze Gestein vertheilt Magneteisen-
körner und Partikel einer bräunlichen Ferritmaterie, sowie
spärlich Pyroxenkryställchen.
Besonders im Umkreis der Feldspath- und Quarzindividuen
hat die echt krystallinische einer felsitischen Ausbildung Platz
gemacht und die letztere weist dann meist auch eine schwach
radial-faserige Structur auf. ScHikuırz, der dieses Phänomen
ebenfalls bemerkte, führt es als auffällig an, dass diese Mikro-
felsitkränze sich nicht bei jeder Stellung des Präparates iso-
trop erwiesen und sucht die Erscheinung durch die Annahme
zu erklären, dass sich die Quarz- und Feldspathblättchen keil-
förmig unter die Mikrolithsubstanz hinunterschöben. Das Irrige
dieser Vermuthung ergiebt eine genauere Prüfung der Ver-
hältnisse unwiderleglich. !)
Von Bussen und neuerdings auch von ScHirLıtz wurde
obiges Gestein einer Analyse unterworfen, während KyErukr ?)
wohl eine der anderen Modificationen des Baula-Liparites
untersucht hat.
Die Gesteine der kleinen Baula sind, wie schon früher
erwähnt, der allermannichfaltigsten Art. Begnügen wir uns
daher mit der Besprechung einiger der interessantesten.
Eine daselbst vorkommende glasige Modification zeigt ein
so eigenthümlich emailartiges Ansehen, dass man sie schwer-
lich auf den ersten Blick für einen Pechstein halten würde.
Eine Prüfung ergab jedoch einen Wassergehalt von 5,08 pCt.,
2) Gerade durch die Doppeltbrechung werden jene Partieen zum
Mikrofelsit gestempelt. Verhielten sie sich isotrop, so hätten wir eben
keinen Mikrofelsit, sondern ein Glas vor uns.
2) Bıschor, Lehrbuch der chemischen u. physikalischen Geologie,
2, pag. 2207.
755
sowie 67,1 pCt. SiO,. Dieser graue, emailartige, sehr schön
blättrige Pechstein ist vollkommen frei von makroskopischen
Krystallausscheidungen. Die Stücke zeigen ein gleichmässiges,
glänzendes Aussehen, wenngleich auf dem Querbruche eine
beginnende perlitische Absonderung nicht zu verkennen ist.
Im Dünnschliffe bemerkt man schon mit der Lupe in der
ganz braun erscheinenden Glasmasse zahlreiche unregelmäs-
sige Bänder und Streifen, die aus winzigsten, strich- und
federartigen, schwärzlichen Gebilden zusammengesetzt sind.
Unter dem Mikroskop ergiebt sich, dass dieselben von un-
zähligen, meist lang schlauch- und drusenförmig verästelten
Gas- und Dampiporen gebildet werden. Dieselben besitzen
eine derartige Ausdehnung, dass sie gewöhnlich durchschnitten
und von Canadabalsam ausgefüllt worden sind. Eine Fluidal-
structur wird jedoch durch ihre Anordnung durchaus nicht
angedeutet; dagegen macht sich eine andere Erscheinung gel-
tend. Die Porenmassen stehen nämlich stets senkrecht zu
gewissen, in den verschiedensten Richtungen verlaufenden
feinsten Capillarspalten, so dass sie förmlich als Ausstrahlun-
gen von diesen zu gelten haben. Vielleicht dürfte diese That-
sache durch die Annahme zu erklären sein, dass sich durch
das schon halb erstarrte Magma neue, kleinere Dampfmassen
einen Ausweg suchten und dabei dasselbe in dieser mikrosko-
pischen Weise porös aufblähten.
Ausser diesen auffälligen Porengebilden zeigt das Gestein,
von jenen gänzlich unabhängig, noch zahlreiche, genau parallel
verlaufende Striche und Streifehen, die ungestört durch die
stellenweis deutlicher hervortretenden perlitischen Kügelchen
hindurchsetzen. Selbst bei 860 maliger Vergrösserung sind
sie nicht vollständig auflösbar, wenngleich mit ziemlicher
Sicherheit zu vermuthen ist, dass wir es hier mit kleinen,
nach einer Längsaxe angeschossenen trichitischen Gebilden zu
thun haben.
An Krystallausscheidungen findet sich nur spärlich Magnet-
eisen, ausserdem sind noch einzelne an, letzterem sehr reiche
pyroxenische Körner vorhanden.
Bei anderen Varietäten desselben Gesteines ist die per-
litische Structur vollständig zur Ausbildung gelangt, während
die Farbe und das sonstige Aussehen sich nicht geändert hat.
Dennoch zeigt sich unter dem Mikroskop ein etwas abweichend
struirtes Bild. Die das vorige Gestein besonders charakte-
risirenden Dampfporen sind fast vollständig geschwunden, wäh-
rend die trichitischen Gebilde die Oberhand gewonnen haben.
Diese sind jedoch nicht mehr zu parallelen Strichen und
Streifen geordnet, sondern erfüllen bald einzeln, bald zu meh-
reren verwachsen, bald sich zu stern- oder baumförmigen
756
Figuren durchkreuzend das ganze Gesichtsfeld. Stellenweis
nehmen sie auch breitere, viereckige Formen an und nähern
sich so den globulitischen Entglasungsproducten. Krystall-
ausscheidungen sind in diesem Perlit fast noch spärlicher als
in der vorigen Varietät und werden durch Magneteisenkörner
und Pyroxenpartikel repräsentirt.
Betrachten wir schliesslich noch eines der tuffähnlichen Vor-
kommnisse. Diese theils mehr, theils weniger verfestigten porösen
Massen sind von rein weisser bis gelblicher Farbe. Schon mit der
Lupe ist zu erkennen, dass die ganze Gesteinsmasse von einer
farblosen, glasglänzenden Krystallsubstanz durchdrungen ist, die
in den kleineren und grösseren Porenräumen auch die Wände
überkleide. Der Dünnschliff zeigt dem unbewaffneten Auge
schwach bräunliche, gebänderte, sphärolithartige Gebilde, um-
geben von einer milchweiss aussehenden Materie. Dazwischen
breiten sich die grossen Porenräume aus. Bei der Prüfung
unter dem Mikroskop stellt sich Folgendes heraus:
Die bräunlich erscheinende und in rundlichen Formen
auftretende Masse ist eine pellucide, von zahlreichen Partikeln
einer wolkigen Viriditmaterie und kleinsten dunklen Kör-
perchen durchsprenkelte Mikrofelsitsubstanz, theils mehr aus
Nädelchen und Täfelehen, theils mehr aus Körnchen bestehend.
Es herrscht in ihr eine entschiedene Neigung, sich zu radial-
faserigen Aggregaten zu ordnen, und von kaum bemerkbaren
Anfängen bis zu typisch ausgebildeten Felsosphärit- Büscheln
sind alle Uebergänge vertreten. Im polarisirten Lichte ist
auffälliger Weise in den kleinen Büscheln der Aufbau aus
feinsten Nädelchen schärfer ausgeprägt als in den grösseren
Partieen. Die letzteren zeigen gewöhnlich überhaupt keine
deutliche Strahlen und die radiale Faserung tritt nur durch
interponirte Körperchen hervor. Diese Körperchen bestehen
neben Ferrit der Hauptsache nach aus feinsten globulitischen
Entglasungsproducten, welche bei schwächerer Vergrösserung
nur als eine grauliche Trübung der Masse erscheinen. Ausser-
halb der felsosphäritischen Büschel sind sie nur sehr spärlich
zur Ausscheidung gekommen.
Die im Dünnschliffe milchweisse Substanz ergiebt sich
unter dem Mikroskop als ein schwach bräunliches Glas, in
dem kleine traubige Dampfporen dicht vertheilt sind. Auffäl-
ligerweise liefert dies Glas ein fein marmorirtes Polarisations-
bild, welche Erscheinung ihres ganzen Habitus nach als
eine hyalithische Doppeltbrechung betrachtet werden muss.
Sowohl in diesen Glaspartieen als auch in der mikrofel-
sitischen Masse zeigen sich häufig scharf conturirte Feld-
spathtäfelchen und -Leisten, meist dem Sanidin angehörig,
eingesprengt. Auch innerhalb der Faserbüschel treten dieselben
157
auf, jedoch durchaus nicht immer dem Längsverlaufe der
Strahlen entsprechend. Magneteisen ist in dem ganzen Gestein
nicht nachzuweisen.
Die wasserklaren, die Porenräume erfüllenden und das
Gestein vollständig durchdringenden Partieen sind fast gewiss
dem Hyalith zuzuweisen. Bei gekreuzten Nicols zeigt sich schön
das bekannte, aus keilförmigen, sehr schwach brechenden
Stücken zusammengesetzte Polarisationsbild dieses Minerals,
nicht selten mit scharf hervortretendem, wandelndem Axen-
kreuz. Häufig ist der Hyalith von Rissen und Sprüngen
durchzogen und stets von Flecken der im ganzen Gestein ver-
breiteten körnigen Viriditmaterie erfüllt. Die letztere ist sogar
ein Wegweiser für das Vorhandensein desselben. Dort, wo
sie in grösseren und eckig begrenzten Flecken auftritt, kann
man sicher sein, den Hyalith aufzufinden. In den übrigen
Gesteinstheilen ist sie immer nur in kleineren und vor Allem
rundlich begrenzten Partieen vorhanden. Die Hyalithmassen
enthalten, besonders nach den Contacträndern zu, zerstreute
Interpositionen von Gesteinskörnchen, sowie überall verbreitet
grosse Gaseinschlüsse.
Die Ausbildungsweise dieses in seiner jetzigen Erschei-
nung höchst eigenthümlichen Gesteins kann nach dem Ge-
sagten nicht die ursprüngliche ist. Allein ein eingehen-
derer Erklärungsversuch der Herausbildung dieses Vorkomm-
nisses bietet grosse Schwierigkeiten. Wahrscheinlich ist es,
dass ursprünglich ein glasiges, mehr oder minder lokkeres,
vielleicht auch bimssteinartiges Material erumpirt worden ist.
Ob jedoch der Hyalith alsdann durch Zersetzung von Ge-
steinspartieen oder aber durch Infiltration von aussen in
bereits vorhandene Porenräume entstanden ist, bleibt unklar.
Man möchte wohl geneigt sein, das letztere anzunehmen, da
von einer durchgreifenden Zersetzung der Masse, wie wir ge-
sehen haben, gar nicht die Rede ist; finden sich doch selbst
noch ganz unveränderte glasige Theile in derselben vor.
Schliesslich ist es nicht unwahrscheinlich, dass mit oder nach
dem Absatze des Hyaliths auch die radial-faserigen Aggrega-
tionen sich herausbildeten; denn dass dieselben nicht inner-
halb einer flüssigen Masse entstanden, wird schon durch die
ganz regellos interponirten, durchaus nicht dem Faserverlaufe
parallel geordneten Feldspathkrystalle bewiesen.
Recht passend möchte sich hier noch ein Gestein ein-
fügen, dessen genauer Fundpunkt leider unbekannt ist. Es
stammt aus der Berliner Sammlung und ich verdanke dasselbe
der Güte des Herrn Prof. Rorn.
Zahlreiche weisse, mehr oder minder radial-strahlige Kü-
gelchen setzen dasselbe zusammen, und nur hie und da ziehen
758
sich dazwischen breite Bänder einer schwärzlichen Materie hin.
Die reichlich vorhandenen rundlichen Porenräume sind mit
einer grünen, erdigen Substanz angefüllt, die sich sofort als
ein Zersetzungsproduct documentirt. Die mikroskopische Prü-
fung zeigt, wie nicht anders zu erwarten, dass dies Gestein der
Hauptsache nach aus felsosphäritischen Büscheln besteht, zwi-
schen welchen eine körnig mikrofelsitische Substanz nur spär-
lich vorhanden ist. Es liegt somit eine weitere Ausbildung
des vorher besprochenen Typus vor.
Die grüne, erdige Substanz entsteht durch den Zer-
fall der hie und da in dem Gestein in allen Stadien der
Zersetzung vorhandenen Pyroxen - Individuen. Jedoch scheint
in den: grünen "Krusten mehr eine durch Lösungen ver-
mittelte einfache Färbung von Theilen der Grundmasse, als
eine Ansammlung von festen Zersetzungsproducten vorzuliegen.
So gewinnt es häufig den Anschein, als ob die Grundmasse
selbst im Zerfall begriffen wäre, was nach dem mikrosko-
pischen Befunde jedoch verneint werden muss. Zahlreich sind
in dem Gestein Sanidin- und auch Plagioklaskrystalle ent-
halten, und selbst im Innern dieser sind die darin eingeschlos-
senen Pyroxene häufig metamorphosir. Das Magneteisen
erweist sich durchaus intact, so dass eine stattgehabte Solfa-
taren-Wirkung nicht anzunehmen ist. Welcher Art jedoch
auch die Umstände gewesen sein mögen, die eine Verände-
rung der Pyroxene im Gefolge hatten, die Vermuthung liegt
nahe, dass auch die sphärolithischen Aggregationen diesem
Einflusse zuzuschreiben sind.
Von der Baula ein wenig südöstlich finden wir in dem
Hvitä-Thale, in der Gegend der Farm Husafell, ein neues, aus-
gebreitetes Vorkommniss von Liparit. Der ganze Hügelrücken
südlich von Husafell wird theils von diesem Gestein, theils von Ba-
salt gebildet. Letzterer spielt jedoch meist eine hervorragende
Rolle und steigt nicht selten in beträchtlichen Kuppen über
den Kamm empor. Die Verhältnisse sind hier derartig com-
plicirte und verwickelte, dass eine Untersuchung von wenigen
Stunden nicht im entferntesten genügt, auch nur einen einiger-
maassen befriedigenden Einblick in dieselben zu gewinnen.
Auch Bre£on weiss nichts Genaueres über das Vorkommniss
anzugeben. Er schreibt pag. 346:
„Dans cette derniere localite, cette roche semble avoir
forme une coulee mince intercalee entre des bancs de labra-
dorites tres fines, ou &tre a l’etat de filon-couche. Cependant
de l’une comme de l’autre hypothese, ressort toujours la poste-
riorite de cette espece a la majeure partie, sinon & !’ensemble
de la serie basique.“
Oestlich erstreckt sich hier der Liparit bis in das
759
Kalda-Thal hinein, dessen Gehänge noch einige hundert Schritt
weit aus Liparit-Material bestehen. Er liegt jedoch an
diesem Punkte in einer eigenthümlich tuffartigen, vollständig
zersetzten Ausbildung vor. Zahlreiche jüngere Basaltadern
durchschwärmen diese Massen. Daneben ragen auch grössere
Partieen und Blöcke eines echt miocänen Basaltes aus dem
Schutt hervor, von welchen es zweifelhaft erscheint, welche
Rolle man ihnen zutheilen soll. Im Innern jener Basalte
finden sich als grosse Seltenheit in diesem Bezirk der Insel
ausgezeichnet entwickelte Krystalle von Desmin und Henlandit,
die ihre Entstehung ebenfalls den in grossartiger Weise statt-
gehabten Zersetzungen verdanken möchten. Die Tuffimassen
beherbergen in Nieren und Spaltenausfüllungen grosse, meist
im Spaltungsrhomboeder krystallisirte Kalkspathe.
Nach den Berichten Zirker’s tritt der Liparit auch noch
weiter östlich in einzelnen Kuppen und Gängen auf. Am
nördlichen Ufer der Hvita wird ein bedeutender Theil des
Tünga- und Strütr-Rückens davon gebildet. Der Westen des
Bergzuges scheint mehr dem Basalt, der Osten mehr dem
Liparit anzugehören.
Betrachten wir von einigen der auch hier in zahlreichen
Modificationen auftretenden Gesteine den petrographischen
Habitus etwas näher.
Ein der gelblichgrauen Varietät der Baula sehr ähnliches
Gestein lässt mit der Lupe einzelne glänzende Leistchen und
Körner, sowie zahlreiche braune Punkte von Ferrit bemer-
ken. Es zeigt ein durchaus frisches Ansehen, wenngleich
doch schon Zersetzungs - Processe in ihm Platz gegriffen
haben. Unter dem Mikroskop ist leider von den glänzenden
Leistcehen und Körnern nichts mehr anzutrefien, da sie sämmt-
lich ausgebrochen sind. Die gesammte Masse des Gesteins
wird von einer äusserst feinkörnigen, schwach entwickelten,
mikrofelsitischen Substanz gebildet. Zahlreiche grössere und
optisch stärker wirkende Fetzen sind darin vertheilt, und
stellenweis finden sich sogar echt krystalline Aggregate vor.
Für letztere ist es charakteristisch, dass sie sich von Einlage-
rungen frei erweisen, so dass man geneigt sein möchte, ihnen
einen anderen Ursprung als den mikrofelsitisch ausgebildeten
Partieen zuzuschreiben. Diese zeigen sich nämlich ganz erfüllt
von Fleckchen einer bräunlichen Ferritmaterie und winzigsten
helleren und dunkleren Partikelchen, zwischen welchen ein-
zelne opake Kryställchen wohl als Magnetit gedeutet werden
dürften. Hie und da bemerkt man meist scharf rechteckige
Schnitte einer wolkigen, rothbraunen, schwach pellueiden Sub-
stanz, von denen aus die Ferritmassen ihren Ursprung zu
nehmen scheinen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass hier die
ha 760
Umwandlungs-Producte von Pyritkrystallen vorliegen, die ihrer-
seits wieder durch Solfataren - Wirkung aus Magneteisen ge-
bildet worden waren.
Br£ox beschreibt ein „weisses“ Gestein von dieser Loca-
lität, dem er den Namen andesite & sanidine zulegt, wie folgt:
„Au microscope on y apercoit de grands cristaux de sanidine
et de pyroxene souvent altere et transforme en produits ferru-
gineux; la päte est semee de microlithes d’oligoclas et de
grains de quartz qui paraissent d’origine secondaire.“
Ich hege berechtigten Zweifel, ob diese Beschreibung und
die sich daraus ergebende Bezeichnung des Gesteins als An-
desit eine richtige ist. Pyroxene mögen sich sehr wohl in den-
selben vorfinden; jedoch wohl niemals in so beträchtlichen
Massen und theilweise umgewandelt in „produits ferrugineux“.
Eine andere sehr interessante Varietät ist in Bruchstücken
ebenfalls an den Abhängen des südlich von Husafell gelegenen
Hügelrückens verbreitet. Anstehend konnte ich das Gestein
jedoch leider nicht auffinden. Schon der makroskopische
Anblick ist ein ziemlich auffallender. Zahlreiche, im Durch-
schnitt vielleicht 5 mm grosse, glas- bis perlmutterglän-
zende Krystallkörner sind durch Bänder und Streifen einer
weissen , tuffartig erscheinenden Materie getrennt. Jene Kör-
ner ergeben optisch sehr lebhaft wirkende Durchschnitte,
die sich meist aus mehreren, scharfkantig aneinander stos-
senden Stücken zusammengesetzt erweisen. Entweder sind
sie nur von wenigen unregelmässigen, oder aber von zahl-
reichen parallel verlaufenden und nicht selten auch hierauf
senkrechten Rissen deutlich durchzogen. Eine Prüfung des
Kieselsäure - Gehalts derselben ergab 65,2 Procent, so dass
trotz mancher Abweichungen wohl Sanidinmasse vor uns
liegen möchte. An den Rändern dieser Sanidinkörner finden
sich nun, scheinbar in dieselben eingewachsen, schuppige
Aggregate pelucider Blättchen, die auf den ersten Blick
als vorzüglich ausgebildeter Tridymit erkannt werden. Die
Begrenzungen sämmtlicher der mehr oder minder unregel-
mässigen Körner sind in ihrer ganzen Ausdehnung von diesen
Aggregationen durchdrungen. Sie bilden eigenthümlich zinnen-
artig ausgefranzte Bänder, indem zahllose, meist etwas ver-
zerrte sechsseitige Täfelchen hier versammelt sind und theil-
weise in das Innere vorspringen. Ueberall sind jedoch auch
beträchtlichere Anhäufungen der Blättchen zu bemerken und
dann tritt stets die für das mikroskopische Auftreten des
Tridymits so charakteristische dachziegelartige Uebereinander-
ordnung hervor. Die Grösse der Täfelchen beträgt im Durch-
schnitt 0,02 mm und übersteigt wohl nie 0,03 mm. Meist
verhalten sie sich doppeltbrechend; doch finden sich hie und
761
da auch vollständig regelmässig ausgebildete Hexagone, welche
bei gekreuzten Nicols dunkel bleiben.
Die tuflartig weiss erscheinende Bindematerie stellt unter
dem Mikroskop eine farblose, von zahllosen dunklen Flecken
und Körnchen einer grünlichen Viriditmaterie erfüllte mikro-
felsitische Masse dar. Die einzelnen verschwommenen Ele-
mente derselben sind in diesem Falle sehr gross und stellen-
weise ist auch die Polarisation eine intensivere. Häufig sind
jene dunkel caffeebraunen, quadratischen bis rhombischen
Querschnitte anzutreffen, die umgewandelten Eisenkieskrystallen
ihre Entstehung verdanken. Das letztere Mineral selbst ist
nicht mehr aufzufinden, während merkwürdiger Weise Magnet-
eisen, und nach schönen sechsseitigen Querschnitten zu schliessen
auch Titaneisen, noch in einigen Körnern anwesend sind. Nur
sehr spärlich treten Pyroxenkryställchen auf.
Andere Varietäten des Husafell-Liparites zeigen ein voll-
ständig weisses, fast homogenes Ansehen. Stets sind sie von
zahlreichen Poren durchzogen, die die schönsten, in &P und
P krystallisirten, farblosen oder auch weingelben Quarze, oft
in bedeutender Zahl und Grösse enthalten. Auch noch andere
sonderbare Krystall - Aggregationen sind nicht selten zu be-
merken. Dieselben stellen meist vollständig hexagonale, häufig
]l em lange und '/, em breite Prismen dar, die entweder klar
und pellucid, oder weiss und undurchsichtig, oder endlich durch
einen schwachen Eisenüberzug gelblich gefärbt erscheinen.
Stets erweist es sich jedoch durch die ausgezeichnete hexa-
gonale Spaltbarkeit, dass diese Prismen aus zahlreichen
sechsseitigen Täfelchen bestehen und bei pellucider Substanz
tritt auf den OP Flächen ein glas- bis perlmutterartiger
Glanz hervor. Neben diesen prismenförmigen Anhäufungen
finden sich die Täfelchen auch aufrecht gestellt zu mehr oder
minder geschlossenen, kreisförmigen Complexen vereinigt; oder
eine kleine Spalte enthält auch senkrecht zu ihren Wän-
den viele parallele, aber durch kleine Zwischenräume von
einander getrennte Blättchen eingeschaltet. In noch anderen
Fällen treten dieselben ganz vereinzelt zwischen den Quarz-
kryställchen auf und es ist dann die sechsseitige Form häufig
verloren gegangen. Je mehr die Blättchen, sowohl durch ihre
Anhäufung als durch die grössere oder geringere Abgeschlossen-
heit der sie enthaltenden Poren, vor den Einwirkungen der
Atmosphärilien geschützt waren, desto mehr haben sie ihre
ursprüngliche pellucidei Beschaffenheit’ bewahrt. Ob jenes
Mineral vielleicht auch als Tridymit zu betrachten ist, bleibt
zweifelhaft.
Bussen hat verschiedene Varietäten dieser Localität ana-
lysirt. Alle erweisen sich in übereinstimmender Weise als
762
sehr sauer, wogegen das Gemisch der Feldspathe ein ziemlich
schwankendes war. Ich selbst prüfte nur eine vollständig aus
mikrofelsitischer Grundmasse aufgebaute Modification auf ihren
Gehalt an SiO,. Derselbe ergab sich zu 71,44 pCt.
Ueber die weiteren Vorkommnisse des Liparit im West-
lande ist wenig bekannt. Nach Wiınckter tritt derselbe wenig
nördlich von dem Pfarrhofe Hvammr im Dalasysla zu beiden
Seiten einer kleinen Schlucht auf und auch hier scheinen zahl-
reiche Modificationen, von ganz grobkörnigem bis zu einem
feinen und dichten Habitus vorzuliegen. Mackexzir giebt eine
ganz gute Beschreibung des aus dem nämlichen Material be-
stehenden Drapulidarfjall auf der Snaefells- Halbinsel. Dieser
Berg ähnelt ausserordentlich der dreiseitigen Pyramide der
Baula und es tritt mit dem Liparit hier auch Pechstein vergesell-
schaftet auf. Auf der Panskurt'schen Karte ist noch der Gel-
dingafell nördlich vom Snaefells Jökull, sowie der Geldingafell
im Dalasysla als ein Vorkommniss des gleichen Gesteins be-
zeichnet. Mir war es jedoch nicht möglich, diese beiden Punkte
in der Literatur aufzufinden.
Ein wenigstens dem Liparit ähnliches Gestein treffen wir auf
der Südküste der grossen nordwestlichen Halbinsel, zwischen
Garpsdalr und Berufjördr bei der Farm Baer. Der Basalt wird hier
von zahlreichen kleineren und grösseren Kuppen, die sich theils
direct am Strande, theils auch noch weiter hinein im Gebirge
erheben, durchbrochen. Ein flüchtiger Besuch war nicht ge-
nügend, um das Alter bestimmt festzustellen; doch scheint es,
als wenn stellenweise glaciale Producte das fragliche Gestein
überlagerten.
Dasselbe zeigt schon äusserlich ein von den echten Lipa-
riten etwas abweichendes Ansehen. Es ist von graulicher
Farbe und entweder mehr dicht und felsitisch oder mehr kry-
stallinisch körnig ausgebildet. Die letztere Varietät, die fast den
Eindruck eines verfestigten Tuffes macht, lässt schon mit unbe-
waffnetem Auge zahlreiche Sanidintäfelchen, glänzende farblose
Quarzkörnchen und schwarze, hie und da bis \/), cm grosse
Krystallnadeln bemerken. Unter dem Mikroskop ergiebt sich,
dass wohl die Hälfte des Gesteines von einer fein gewolkten,
farblosen Glasmasse gebildet wird. Als solche noch vollständig‘
isotrop, enthält sie jedoch zahlreiche kleinste, doppeltbrechende
Nädelchen und Körnchen in sich eingelagert. In grossen Kry-
stallen und bedeutender Zahl sind darin zur Ausscheidung
gelangt: Sanidin, Hornblende, Augit und Quarz. Daneben
finden sich in untergeordneter Weise Plagioklase, sehr grosse
Magnetitkörner und wahrscheinlich auch Titaneisen. Fast
alle Feldspathe lassen im polarisirten Lichte in ausgezeich-
neter Weise eine zonare Structur erkennen. Auch hier be-
163
stätigt es sich wieder, dass dieser Aufbau entschieden unab-
hängig von der Zwillingsbildung vor sich gegangen ist, indem
die Lamellen ungehindert durch alle Zonen hindurchsetzten.
Diese Structur kann erst einem relativ spät eingetretenen Umla-
gerungsvorgange der kleinsten Theilchen ihre Entstehung ver-
danken. Die einzelnen Zonen sind meist durch scharfe, gerade
Linien von einander getrennt. Nur ausnahmsweise erscheinen
die letzteren unregelmässig zackig und verschwimmen für eine
kleine Erstreckung auch wohl ganz. Häufig findet sich im
Innern eines grösseren ein kleineres Individuum, welches das
Kıystallisationscentrum für das erstere abgegeben hat. Es ist
jedoch durchaus nicht immer in der gleichen Weise wie die
später um dasselbe abgesetzte Krystallmasse orientirt. An
Interpositionen enthalten die Feldspathe Pyroxenkörnchen,
Hornblendepartikelchen und schöne, meist die umgebende
Krystallform nachahmende Glaseinschlüsse.
Die an Zahl bedeutend den Feldspathen nahestehenden
Hornblende - Ausscheidungen gewinnen im Dünnschliffe eine
srünliche bis grünlichgelbe Farbe. Wenn auch von nur schwa-
chem Dichroismus, so sind sie doch durch die schwach hervor-
tretende prismatische Spaltbarkeit gut charakterisirt. In ihnen
treten die mikroskopischen Interpositionen noch mehr wie in
den Feldspathen zurück. Es finden sich ganz vereinzelt
Magneteisenkörnchen, Pyroxenmikrolithe und sehr selten poly-
gonal umgrenzte Glaseinschlüsse. Eine vorgenommene Mes-
sung eines solchen ergab bei einer Länge von 0,009 mm eine
Breite von 0,002 mm. Die Augite von graulicher bis grün-
licher Färbung zeigen kaum eine Spur von Dichroismus; auf-
fallender Weise polarisiren sie auch ziemlich schwach. Die
sehr grossen Quarze liegen meist in mehr oder minder guten
sechsseitigen Querschnitten vor und bieten nichts Bemerkens-
werthes dar.
In der dichten und mehr felsitisch erscheinenden Modi-
fication dieses Gesteines mit einem SiO,-Gehalt von 69,5 pCt.
nehmen alle Ausscheidungen kleinere Dimensionen an, die
Quarze werden spärlicher und die Augite häufiger. Die Horn-
blende geht an den Rändern nicht selten in ein gelbgrünes,
wolkiges Zersetzungsproduckt über, welch’ letzteres sich auch
in isolirten Flecken in dem Gestein zerstreut findet. Die
Grundmasse hat sich zu einem sehr feinkörnigen Mikrofelsit
differenzirt und enthält weiter im Gegensatz zu der vorigen
Varietät zahllose globulitische Entglasungsproducte in sich
eingelagert.
Der reichliche Sanidin- und Quarzgehalt würde beide
Varietäten in die Gruppe der Augit- und Hornblende-Liparite
verweisen. Allein der ganze Habitus und die Häufigkeit der
764
letzteren Mineralien macht dies doch zweifelhaft. Man möchte
eher geneigt sein, in ihnen Quarz - Amphibolandesite (die ja
so häufig Augit daneben führen) zu erblicken, und vielleicht
möchten auch einige der einer Zwillingsstreifung entbehrenden
Feldspathschnitte dennoch der Plagioklasreihe angehören.
Ein ferneres Auftreten des Liparites aufnder nordwest-
lichen Halbinsel wird in den Bergen der kleinen, sich zwischen
dem Arnar- und Dyrarfjördr erstreckenden Landzunge zu suchen
sein. Wenigstens konnte ich vom gegenüber liegenden Ufer
des Arnarfjördr, von Bildudalr aus, die charakteristischen gelb-
rothen Kuppen und Kegel wohl erkennen. Leider war es mir
nicht möglich, ihnen einen näheren Besuch abzustatten, mein
Weg ging der Küste entlang und später über den Glamu-
Gletscher.
An der Nerdküste Islands finden wir den Liparit zuerst
wieder am Poreyjargnupr. Nach ScHisLitz ist dieses Gestein
mit dem von Arnarhnipa fast übereinstimmend und besteht
also aus einer feinkörnigen mikrofelsitischen Grundmasse, der
krystalline Ausscheidungen fast vollständig mangeln.
In grösseren Massen tritt der Liparit am nördlichen Abfall
des Vididalsfjall auf, wo wiederum die leuchtenden Farben
ihn von weither verrathen. Besonders lehrreich ist jedoch
das Vorkommniss von Hnausar.
Wenn man, von Melstadr kommend, den grossen Kara-
wanenweg südlich des Seebeckens Hop verfolgt, so bietet sich
nach Ueberschreitung eines kleinen, östlich der Farm Midhop
gelegenen Hügelrückens plötzlich ein höchst eigenthümlicher
Anblick dar, der den an ungewöhnliche Bilder in Island bereits
gewöhnten Reisenden dennoch überrascht. Dicht zu seinen
Füssen ragen aus der Ebene zahlreiche dichtgedrängte, spitz
kegel- oder zuckerhutförmige Berglein hervor, in den grellsten
gelben, rothen, braunen und weissen Farben leuchtend. Nie
erreichen sie 20 m an Höhe. Durchschnittlich mögen sie sich
10 m über das Terrain erheben.; allein solche von 1 m und
weniger sind ebenfalls zu bemerken. Dass sie dem Vulka-
nismus ihre Entstehung verdanken, ist beim flüchtigsten Anblick
klar; aber wie sie genauer zu deuten sein mögen, lehrt erst
die nähere Untersuchung.
Von einer grösseren Liparitmasse seitlich injieirte Adern
haben versucht, hier zur Eruption zu kommen. stellenweise
sind nur die überlagernden Basalte und Tufischichten gehoben
und zertrümmert, ohne dass das Magma an die Oberfläche
gelangt wäre. Stellenweis ist jedoch der Durchbruch gelungen
und die glühend - flüssige Masse hat sich dann entweder frei
zu kleinen Hügelchen aufgestaut oder aber solche untermischt
mit dem Basaltmaterial und bedeckt von den Trümmern des-
selben gebildet. So finden sich die Kegel in allen Variationen
und in allen Grössen; doch überwiegen bei Weitem jene Hügel,
die fast ganz aus Liparit bestehen und nur auf dem Gipfel
und an den Abhängen die basaltischen Schollen tragen. Letz-
tere Bruchstücke zeigen sich stets in eigenthümlicher Weise
verändert und gefrittet, woraus wohl zur Genüge die hohe
Temperatur des aufgestiegenen Magınas hervorgeht. Jedenfalls
muss dasselbe auch sehr zähflüssig gewesen sein, um sich zu
derartig steilen kleinen Kuppen aufstauen zu können.
Ein sehr wichtiger Schluss lässt sich aus diesen Erschei-
nungen noch in Betreff des Alters des dortigen Liparites
ziehen. Wie bekannt, ist auch Island in früheren Zeiten der
Schauplatz einer ausgedehnten Gletscherthätigkeit gewesen.
Die jetzigen, allerdings noch gewaltigen Massen sind doch nur
spärliche Ueberreste einer zur Glacialzeit die ganze Insel be-
grabenden mächtigen Eisdecke. Ueberall, und so auch in der
direeten Umgebung von Hnausar, sind uns die Spuren ihrer
Thätigkeit erhalten: Schrammungen und Rundhöcker sind auf
all’ den umgebenden Bergzügen zu beobachten. Die Thal-
sohlen und die Gehänge zeigen sich an zahlreichen Stellen
von unzweifelhaften Glacialproducten, von Thonen und Mo-
ränenmaterial bedeckt. Es ist nun schlechterdings unmöglich,
dass jene Liparithügelchen, die ganz den Eindruck machen,
als ob sie erst gestern entstanden wären, schon der tief ein-
schneidenden Wirkung gewaltiger Gletschermassen ausgesetzt
gewesen sein sollten. Da sie nur aus zerbrochenem und zer-
trümmertem, mehr oder minder lockerem Schuttmaterial be-
stehen, so würden sie sowohl vom Eis als auch von Wasser-
massen sofort eingeebnet worden sein. Die ganze, ihrer Ent-
stehung und Bildung noch deutlich klarlegende Erscheinungsweise
lässt vielmehr keine andere Annahme zu, als dass wir hier
ganz jugendliche Bildungen vor uns haben.
Von den verschiedensten bei Hnausar sich findenden Ge-
steins-Modificationen wollen wir nur einige zur näheren Be-
sprechung herausgreifen.
Eine grell gelbrothe, vollständig dicht erscheinende Varietät
zeigt sich unter dem Mikroskop vollständig aus einer glasigen
Basis aufgebaut. Nicht selten weist dieselbe allerdings ein sehr
liehtschwaches, fein marmorirtes Polarisationsbild auf, welche
Erscheinung ihrer ganzen Eigenthümlichkeit nach als eine hya-
lithische Doppeltbrechung betrachtet werden muss. Ursprünglich
farblos, ist sie jedoch in ganz bedeutendem Grade von einer
gelblichen Eisensubstanz gefärbt. Diese gefärbten Partieen
durchschwärmen und durchsetzen in unzähligen sich verästeln-
den und sich ineinander verschlingenden Bändern und Streifen
das gesamımte Gestein, so dass die farblosen Theile gewöhnlich
766
völlig dahinter zurücktreten. Nur stellenweise sind letztere
auch in grösseren, stets von den tingirten Bändern scharf um-
rahmten Flecken zu bemerken, und es finden sich in ihnen
dann nicht selten langgestreckte, farblose Mikrolithe, welche
meist senkrecht zu den Begrenzungsflächen stehen. Durch-
sprenkelt ist diese Glasbasis von zahllosen dunklen Körnchen,
die sich hie und da zu grösseren, bräunlichen Haufwerken
vereinigt haben. Nur spärlich sind grosse Magneteisenkörner,
Sanidin und Plagioklaskrystalle eingelagert.
Die makroskopisch auffallend grelle Färbung des Gesteins
wird natürlich durch die tingirten Fasern bedingt. Man darf
jedoch bei der hier vorliegenden Erscheinung nicht etwa an
eine secundäre Färbung denken, wie sie z. B. in dem Gestein
von Reynivellir eingetreten ist. Der fast vollständig unver-
änderte glasige Charakter jener gelben Partieen lehrt vielmehr,
dass dieselben ihren jetzigen Habitus bereits während der
Verfestigung des Gesteins gewonnen haben.
Eine andere sehr splittrige Modification ist einem alten
glasigen Quarzporphyr auf das täuschendste ähnlich. Es ist
genau das gleiche, dichte, felsitartige Ansehen und selbst die
eigenthümlich schiefergraue bis röthliche Farbe möchte an
einige sächsische Vorkommnisse erinnern. Unter dem Mikro-
skop ergiebt sich, dass dies Gestein gebildet wird von einem
farblosen, theils feiner, theils gröber körnigen, aber sehr un-
vollkommen entwickelten Mikrofelsit, vollständig erfüllt von
zahllosen winzigsten Körnchen, von denen wohl nur wenige
dem Magnetit zuzuweisen sein dürften. Seltener finden sich
auch durch einen Eisensaft gefärbte Partieen vor, wodurch
wohl die makroskopisch breite Bänderung hervorgebracht wird.
An porphyrischen Krystallausscheidungeen treten nur höchst
spärlich Sanidintäfelchen und Plagioklasleisten, sowie in schönen
Individuen die bekannten Pyroxene auf.
Mit diesem Gestein verwandt ist ein anderes, welches in
seinem makroskopischen Ansehen sich ebenfalls den alten
Vitrophyren sehr nähert. Auch dieses erscheint im Handstück
vollständig dicht und glasig, ist jedoch aus zahlreichen feinsten,
an Dicke nach Zehnteln von Millimetern messenden schiefer-
grauen und graurothen Lamellen aufgebaut. Auf dem Quer-
bruch bemerkt man somit eine ausgezeichnete Bänderung, die
stellenweis einen etwas welligen Verlauf annimmt. Hie und
da zeigen sich grössere, nach der Fläche gestreckte Poren-
räume, welche mit einer grellrothen Eisensubstanz erfüllt sind,
die auch die Absonderungsflächen mit einer dünnen Rinde
überzieht. Zahlreich sind kleine glänzende Blättchen und
Leisten zu beobachten, die sich unter dem Mikroskop als
hauptsächlich dem Sanidin angehörig erweisen. Daneben tritt
767
an mikroporphyrischen Ausscheidungen auch noch unzweifel-
haftes Magneteisen auf. Das Gestein wird im Uebrigen von
einer im gewöhnlichen Lichte farblosen und ausserordentlich
feinfaserig erscheinenden Grundmasse gebildet, die sich bei
gekreuzten Nicols als ein feinkörniger, schwach Entwickelter
Mikrofelsit ergiebt. Ausser gelbbräunlichen Ferritflecken finden
sich unzählige Massen winzigster, gerader oder gebogener und
sich nach allen Richtungen durchkreuzender dunkler Strichel-
chen und Federchen eingelagert. Auch bei einer 860 fachen
Vergrösserung sind sie einer vollständigen Auflösung nicht
zugänglich, wenngleich es eine grosse Wahrscheinlichkeit ge-
winnt, dass sie aus kleinsten globulitischen Entglasungspro-
ducten aufgebaut werden. Die grössere oder geringere An-
häufung dieser Gebilde ist es, welche die feine makroskopische
Bänderung hervorruft. Die gelbbräunlichen Ferritflecke sind
in diesem Fall zweifellos secundärer Entstehung, denn überall
zeigen sich die tiefbraun gefärbten Spalten, auf denen die
Eisenmaterie eingedrungen ist.
Einen von den letztbesprochenen Typen ganz abweichenden
Habitus bietet schliesslich ein rein weisses, sehr bröckliches
und rauhes Gestein, von dem sich nur mit Schwierigkeit
Dünnschliffe anfertigen lassen. Zahlreiche kleine, schwarze
Pünktchen und auch hie und da ein glänzendes Blättchen sind
im Handstück zu bemerken. Die Grundmasse dieser Varietät
erweist sich bei gekreuzten Nicols der Hauptsache nach als
ein feinkörniger, aber wohl entwickelter Mikrofelsit. Vergesell-
schaftet mit den so ausgebildeten Partieen finden sich andere,
im gewöhnlichen Licht eigenthümlich wolkig’ erscheinende und
von zahllosen schwärzlichen Globuliten erfüllte, die ein feinkörnig
faseriges, aber ausserordentlich lichtschwaches Polarisationsbild
liefern. Wohl die erstere, aber nicht die letztere Modification
der Grundmasse zeigt sich vollständig durchdrungen von einer
in eigenthümlich gezackten farblosen Fetzen auftretenden Sub-
stanz, die ihrem optischen Verhalten und ihrer ganzen Er-
scheinung nach nicht anders denn als Hyalıth gedeutet werden
kann. Nie erreichen diese Partikel jedoch derartige Dimen-
sionen, wie in dem früher besprochenen Vorkommen von der
Baula; jedoch führen sie ebenso die zerstreuten grossen Gas-
einschlüsse.
Spärlich finden sich in dem Gesteine Sanidin und Pla-
gioklas, Magneteisen von auffallend unregefnässigen Formen
und Pyroxenkrystalle eingebettet. Ein prismatischer, dem
letzteren Mineral angehöriger Schnitt zeigte bei einer Länge
von 0,08 mm eine Breite von 0,03 mm. Die Entstehung
dieses nicht vollständig festen Gesteins wird in analoger
Weise aus ursprünglich losem, glasigem Material vor sich
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVIT.3. 44
768
gegangen sein, wie bei der sehr ähnlichen Varietät der
Baula.
Der Vatnsdalsfjall östlich von Hnausar wird noch an den
verschiedensten Punkten von Gängen des Liparit durchsetzt
und derselbe findet sich in Verbindung mit Pechstein nach
WınKLer auch noch weiter aufwärts im Thale bei Hvammr vor.
Nordöstlich von Hnausar sind durch KJErRULF einige Li-
paritpunkte bekannt geworden. Nach letzterem Forscher tritt
derselbe allerdings in sehr zersetztem Zustande bei Trölla-
kirkja, ferner am Wege zwischen Fagranes und Grimstungar
und am Illvidrishnükr, alle drei auf der Halbinsel zwischen
dem Huna- und Skagafjördr gelegen, auf.
Ferner findet sich der Liparit im Öxnadalr, südwestlich
von dem Handelsplatz Akreyri, wo derselbe bei dem Gehöfte
Fagranes in einer Kuppe aus dem Basait hervorragt. Auch
hier ist das Gestein in den verschiedenartigsten Modificationen
entwickelt.
Eine von ScHIRLITZ beschriebene Varietät enthält neben
zahlreichen Sanidinen und Plagioklasen auch reichlich Horn-
blende und Augit ausgeschieden. Die Grundmasse wird nach
ihm von einer amorphen, zum Theil etwas faserig entglasten
Basis gebildet, in welche kleine Hornblende - Mikrolithe und
winzige farblose, doppeltbrechende Körnchen eingestreut sind.
Allein es muss hier bemerkt werden, dass SCHIRLITZ, wie ich
bei anderen Beschreibungen constatiren konnte, von einer
glasigen Basis und zahllosen eingestreuten doppeltbrechenden
Körnchen spricht, wenn von der ersteren überhaupt nichts
wahrzunehmen ist und also ein echter Mikrofelsit vorliegt.
Wahrscheinlich wird es auch in diesem Falle so sein.
Ein zweites Gestein ist von bräunlichrother, hie und da
von dunkleren Flecken und Adern durchzogener Farbe und
im Allgemeinen von vollständig felsitähnlichem Habitus. Spär-
lich sind darin glänzende Feldspathleistchen, theils dem Pla-
gioklas, theils dem Sanidin angehörig, zu bemerken. Die unter
dem Mikroskop bei Betrachtung im gewöhnlichen Licht leicht
faserig erscheinende Grundmasse zeigt sich bei gekreuzten
Nicols als aus stärker brechenden, scharf begrenzten Nä-
delchen und schwach wirkenden, verschwommenen Körnchen
zusammengesetzt, von denen bald die ersteren, bald die letz-
teren überwiegen. Dazwischen finden sich jedoch zerstreut
farblose, vollständig isotrope Körner vor, die der ganzen Er-
scheinung nach nur als Glas gedeutet werden können. Sie
führen meist einzelne grosse Glasseinschlüsse und auch solche
hyaliner Natur in ihrem Innern. Nicht selten ist auch, vor-
züglich im Umkreise der porphyrischen Feldspathkrystalle,
769
eine feine Mikrofluctuationsstructur zu beobachten, indem die
Nädelchen und Täfelchen der Grundmasse in parallele Ströme
geordnet erscheinen. Magnetitkryställchen, dunkle Körnchen,
Ferrit- und Viriditleckchen sind in dem ganzen Gestein ver-
breitet.
Einen etwas abweichenden Charakter zeigt schliesslich
noch eine grün gefärbte, mehr oder minder zersetzte Varietät,
die ebenfalls bereits von SchairLitz beschrieben wurde. Grös-
sere Krystallausscheidungen entbehrt sie gänzlich. Dagegen
finden sich in grosser Zahl und paralleler Stellung in einer
mikrofelsititischen Grundmasse kleinste, durchschnittlich 0,1 mm
lange und 0,01 mm breite Sanidinleistchen. Auf den zahl-
reichen Hohlräumen, welche das Gestein durchziehen, sind
sehr regelmässig ausgebildete Tridymit- Aggregate, die mit
vollständig hexagonalen Umgrenzungen in dieselben hinein-
ragen, zum Absatz gelangt. Die grüne Färbung wird von
einer Substanz hervorgebracht, die wohl von der Zersetzung
der Pyroxene, nicht wie SCHIRLITZ meint, von der der Grund-
masse herrühren dürfte.
Eine Analyse der zuerst besprochenen hellgrauen Varietät
findet sich bei Buxsen, eine der letzterwähnten bei ScHIRLITZ,
und ist es bei dieser jedenfalls auffallend, dass trotz der ein-
getretenen Zersetzung gar kein Wassergehalt gefunden wurde.
Das nächste sichere Liparit- Vorkommen findet sich am
Vopnafjördr an der Ostküste. In dem ganzen sich dazwischen
erstreckenden, wohl ein Viertel der Insel einnehmenden, weiten
Ländergebiete, ist mit Sicherheit ein Anstehen dieses Gesteins
nicht bekannt. Von ZırkEL werden einige zerstreute Blöcke
im Gebiete des Leirhnükr, der Myvatnsheidi u. s. w. erwähnt;
allein die Notizen sind so unbestimmt, dass weitere Betrach-
tungen sich daran nicht knüpfen lassen.
Am Südufer des Vopnafjördr wird beinahe die gesammte,
50—80 m hohe, vollständig steil und senkrecht aus dem Meere
aufsteigende Küste von grünlichen, tuffartigen Massen gebildet,
die sehr häufig Braunkohlen- (Surturbrand-) Schichten ent-
halten. Bei Bodvarsdalr, einige Kilometer weiter östlich, zeigen
sich diese Tuffe nun auch mit echten Liparitgängen vergesell-
schaftet, was sich schon von Weitem durch die grellrothen,
grünen und bläulichen Farbentöne bemerkbar macht. Eine
nähere Untersuchung ist jedoch ohne Boot nicht ausführbar,
da man nur mit Lebensgefahr in strömenden Wasserläufen
die steilen Abhänge hinunter klettern kann. Ein unentwirr-
bares Durcheinander von Basalten, Tuffen und Lipariten bietet
sicb hier dar. Meist in kleinen Bruchstücken durcheinander
gewürfelt, ragen hie und da mächtige Pfeiler und meter- bis
haushohe Blöcke aus dem Schutt hervor.
44*
77o
Es ist bei einem kurzen Aufenthalt unmöglich, sich all’
diese Erscheinungen einzeln zu erklären, und nur die Ueber-
‚zeugung nimmt man mit, dass jene Tuffe auf das Innigste mit
den Liparitmassen verknüpft sind, dass sie beide höchstwahr-
scheinlich der gleichen Eruption ihre Entstehung. verdanken.
Da sich nun innerhalb der Tuffe verkieselte Hölzer pliocänen
Alters finden, so würde damit auch das pliocäne Alter dieser
Liparite erwiesen sein.
Eine der dort vorkommenden Varietäten zeigt ein eigen-
thümlich geflecktes und gebändertes Aussehen. Weisse und
grünliche Farben wechseln mit einander ab und unregelmässig
traubige Incrustationen erfüllen die sehr zahlreichen kleinen
Poren. Unter dem Mikroskop besteht das Gestein ganz aus
einer mikrofelsitischen Masse, die jedoch in zwei etwas von
einander abweichenden Ausbildungsformen vorliegt. Einmal
ist sie sehr fein gewolkt und bei gekreuzten Nicols äusserst
feinkörnig felsitisch, von zahllosen, graulichen Gebilden, wohl
globulitischen Entglasungsproducten, erfüllt. Daneben finden
sich gröber struirte Massen, die der Globulite entbehren, da-
gegen Magneteisen, Ferritfetzchen und kleine Körnchen und
Mikrolithe eingelagert enthalten. In ihnen finden sich haupt-
sächlich die Porenräume, deren Wände von einem farblosen,
doppeltbrechenden, wahrscheinlich zeolithischen Mineral aus-
gekleidet werden. Die einzelnen, diese Aggregate zusammen-
setzenden Blättchen sind stets in auffallender Weise von scharf
und eckig verlaufenden, ebenfalls wasserklaren und doppelt-
brechenden Leistchen umrandet.
Andere, sich an dieser Localität findende Gesteine Mon
ficationen zeigen, wenn auch von verschiedenartigem Ansehen,
doch einen sehr übereinstimmenden mikroskopischen Bau. Stets
bestehen sie aus einem äusserst; krystallarmen, feinkörnigen,
mehr oder minder verunreinigten Mikrofelsit. Auch fest ver-
kittete Breccien dieser Gesteine kommen hier vor, bieten
jedoch nichts Erwähnenswerthes dar.
Wenn wir von Bodvarsdalr die Hellisheidi emporsteigen,
so sehen wir nach kurzer Zeit eine gewaltige, innerhalb des
Basaltgebirges aufragende gelbliche Kuppe vor uns. Das nur
durch Verwitterung gelbliche, eigentlich hellgraue Gestein
besitzt einen durchaus anderen Charakter, als die unten am
Strande angetroffenen Modificationen. Es ist dasjenige unter
den isländischen Vorkommnissen, welches sich wegen seines
sehr geringen Kieselsäure - Gehaltes von nur 66,3 pCt. noch
am ehesten an die echten Trachyte anschliesst. Unter dem
Mikroskop löst sich das völlig dicht und homogen erschei-
nende Gestein in ein Gewirr zahlloser kleinster Feldspath-
täfelchen und Leisten, untermengt mit einzelnen grossen Mag-
771
netitkörnern, auf, die in einer zum grössten Theil echt glasigen,
und nur spärlich mikrofelsitisch entwickelten Basis eingebettet
liegen. Sehr häufig sind unter jenen Feldspathen trikline
Schnitte zu beobachten, und hie und da ist auch ein zonarer
Aufbau derselben zu bemerken. An Einschlüssen finden sich
nur spärlich: Magneteisenkryställchen, schwach grünliche, lang
nadelförmige Mikrolithe und Glaspartikelchen. Die glasigen
Theile der Grundmasse treten besonders in grösseren, von
Einlagerungen fast freien Körnern auf und erreichen dann
stellenweise ganz bedeutende Dimensionen. Die sparsamen
Interpositionen bestehen in Glasblasen und Partikeln einer
selbst glasigen Substanz. Diese letzteren, meist von rund-
licher, selten von polygonaler Umgrenzung, besitzen durch-
schnittlich eine Grösse von 0,01 mm. Sie zeigen eine schwach
grünliche, höchst selten bräunliche Farbe und sind gegen die
umgebende farblose Glasmasse wohl abgegrenzt. In den
meisten Fällen ist ein grosses, sehr breit und dunkel umran-
detes Bläschen vorhanden; jedoch finden sich auch zahlreiche
Einschlüsse, die eines solchen entbehren. An einer Stelle
war es möglich, die glasige Structur jener Gebilde unzweifel-
haft nachzuweisen.
Südwestlich von dieser Localität am Smjörfjall kommt
der Liparit nach Krus von Nıppa vor.
Sehr reich an Gängen und Kuppen des Gesteins ist die
nördlich von Seydisfjördr belegenen Gegend zwischen Desjar-
myri und Hüsavik. Hier tritt auf der Hüsaviksheidi nach
PAnKULL auch ein schönes, grobkörniges ‚Conglomerat dieses
Gesteins auf. Südlich von Husavik, bei Alftavık, nimmt der
Liparit stellenweise eine ausserordentlich feine, papierdünne
Schieferung an, wie sie von ZırkeL auch von der Baula be-
schrieben wurde. Parkurn hat diese Lamellen analysirt.
Der Liparit ist hier mit Obsidian - ähnlichen Pechstein-
Modificationen und losen, tuffartigen Massen vergesellschaftet.
Letztere enthalten eigenthümliche Sphärolith-artige Gebilde,
von welchen durch Herrn Consul Tuuinıus in Eskifjördr einige
in meinen Besitz gelangten. Auf den ersten Anblick möchte
man geneigt sein, in diesen 2—3 cm im Durchmesser halten-
den und von einigen erhabenen Rippen bedeckten Körpern
Petrefacten zn vermuthen. Das Innere der mir vorliegenden
Exemplare wird stets durch einen ganz unregelmässig geformten,
farblosen, quarzigen Kern gebildet. Um ihn herum ist die
eigentliche Sphärolithmasse aggregirt. Dieselbe besteht zum
grössten Theil aus feinfaserigen, optisch sehr schwach wirken-
den felsosphäritischen Büscheln, zwischen welchen nur spärlich
ein feinkörniger Mikrofelsit zu bemerken ist. Zahllose schwärz-
liche Körnchen und trichitische Strichelchen sind in der Masse
772
interponirt und zeigen eine parallele, aber senkrecht zu
dem Faserverlaufe stehende Anordnung. Die directe Grenze
gegen den Quarz wird von einer klaren, vollständig iso-
tropen Zone gebildet, die einem echten Glase angehören
muss. Kleine rundliche Kügelchen und traubige Gebilde dieser
Substanz springen in das Innere des Quarzkernes vor, eine
jedenfalls sehr auffällige und Erklärung heischende Erschei-
nung. Auch der letztere selbst ist in eigenthümlicher Weise
struirt. An der Peripherie ist die Kieselsäure zu stark licht-
brechenden, Eisblumen-ähnlichen Figuren zusammengeschossen;
darauf folgen mehr breit büschelige, Pfauenfeder-artige Aggre-
gationen und erst das Innerste wird von einer theils äusserst
fein-, theils sehr grobkörnigen, echt krystallinen Quarzmasse
ausgefüllt.
Wie diese sonderbaren Sphärolithe zu deuten, ob sie
Absonderungsproducte oder aber Concretionen vorstellen, muss
ich, ohne die Lagerstätte gesehen zu haben, dahin gestellt
sein lassen.
Kaum 10 km südlich von Husavik befindet sich in der
Umgebung des Seydisfjördr wieder ein ausgedehntes Liparit-
gebiet. Hier tritt das Gestein nach Parskurn am Brimsfjall
und nach HeLLannp in einem schönen Aufschluss an der Küste
zwischen Skälanes und Dalatangi auf. Letztgenannter Autor
giebt sowohl von dieser als von einer weiter südlich gelegenen
Küstenstrecke zwischen Sandvık und Horn ein paar wohl
etwas sehr ideale Profile.
Am Eskifjördr zeigt der die Basalte wahrscheinlich in
grossen stockförmigen Massen durchsetzende Liparit ein etwas
abweichendes Ansehen. Dunkle graue und rothe Farbentöne
wechseln in der unregelmässigsten Weise mit einander ab; hier
erlangt die eine, dort die andere Farbe die Oberhand. Man
möchte im Handstück selbst zweifelhaft sein, ob das Gestein
in der That einem Liparit angehört, da der eigenthümlich
thonig -erdige Habitus an gewisse isländische Tuffvorkommen,
z. B. die von Vindfell, ausserordentlich erinnert. Auch die
zahlreich zu bemerkenden glänzenden Feldspathleistehen könn-
ten jener Vermuthung die Berechtigung nicht nehmen.
Das Gestein wird gebildet von einem im polarisirten
Lichte ziemlich stark brechenden und grobkörnigen Mikrofelsit,
dessen einzelne Körner nichtsdestoweniger noch sehr ver-
schwommen in einander übergehen. Nicht selten finden sich
auch echt krystalline Partieen eingelagert, die, soweit dem
Quarze angehörig, wohl als secundäre Porenausfüllungen be-
trachtet werden müssen. Besonders charakteristisch für dies
Vorkommen ist die innige Durchtränkung mit Eisenoxydhydrat,
durch welche die ziegelrothe Farbe hervorgerufen wird. Häufig
773
hat dasselbe auch in einer sonderbaren Weise kleine Feld-
spathlamellen mit einer dünnen, die Krystallform vollständig
scharf und eckig nachahmenden Kruste überzogen, und die
so umrandeten Individuen sind dann in eine klare, feldspathige
oder auch quarzige Substanz eingebettet. An Ausscheidungen
- finden sich spärlich Sanidin, Plagioklas, Pyroxen, Magnet- und
wahrscheinlich auch Titaneisen, sowie zahlreiche dunkle, un-
definirbare Körnchen vor. Hie und da sind eigenthümlich
grünliche, wolkige Flecken, die vielleicht einer Desoxydirung
der Ferritsubstanz ihren Ursprung verdanken, zu bemerken.
SARTORIUS VON WALTERSHAUSEN hat „flüchtig einen eigen-
thümlichen Klingsteinschiefer von Helgastadir am Eskifjördr“
untersucht, ohne aber die Alkalien bestimmt zu haben, und
es ist höchst wahrscheinlich, dass damit das soeben be-
sprochene Gestein gemeint ist. Für die Alkalien bleiben
nur 2,563 pCt., eine Zahl, die derartig niedrig erscheint,
dass man wohl in der Analyse selbst einen Fehler vermu-
then muss.
Westlich vom Eskifjördr, in den Bergen, die sich zwischen
dem mächtigen Lagar-Fljöt und der Küste erstrecken, ist der
Liparit ausserordentlich verbreitet. Schon in der Gegend der
Farm Vattanes ist das Flussbett der Grimsäa von Bruchstücken
desselben erfüllt. Doch verhinderte mich der strömende Re-
gen an einem durch dichte Nebel förmlich in Nacht verwan-
deltem Tage das Auftreten genauer festzustellen.
Gegenüber dem Priesterhof Thingmuüli, im Jorudalr, tritt
das Gestein ebenfalls an den verschiedensten Stellen aus dem
Basalte hervor und wird seinerseits von jüngeren Basaltgängen
durchsetzt. Alle diese Varietäten zeigen übereinstimmend ein
dichtes, gelbliches bis röthliches Ansehen; einige, bereits einer
Zersetzung anheim gefallen, führen Quarz und Kalkspath-
mandeln. Der bemerkenswertheste Punkt in dieser Gegend
liegt jedoch südlich der Farm Thingmüli, in dem Skriddalr.
Hier bietet sich an der westlichen Seite des Thales, an den
Gehängen eines dort sich hoch erhebenden schmalen Hügel-
rückens, wiederum ein höchst auflallender Anblick dar. Jene
Gehänge sind mit zahlreichen kleinen, kegelförmigen Kuppen
besetzt, die meist nur aus gehobenen und zertrümmerten Ba-
salten bestehen; nur an einigen Punkten ist der hebende
Factor, ein echter Liparit, selbst zum Durchbruch gekommen
und seine Bruchstücke, untermischt mit den basaltischen Trüm-
mern, bedecken den Boden. In jeder Beziehung stimmt diese
Erscheinung mit der früher bei Hnausar beobachteten überein.
Dieselben Kegel, dieselben Zertrümmerungen, dieselbe Durch-
bruchsweise des Liparites.
Noch schöner tritt dies charakteristische Bild weiter auf-
774
wärts im Thale hervor. Dasselbe ist hier stellenweise voll-
ständig von kleineren und grösseren Kuppen und Rücken
bedeckt, die alle aus zertrümmertem und zu Breccien verkit-
tetem Basaltmaterial aufgebaut sind. Hie und da liegen auch
grosse Blöcke dieser Breccie auf dem Gipfel der Hügel umher;
jedoch ist der Liparit selbst nirgends zur Eruption gekommen.
Auch hier aber, wie schon bei den kleineren, nur aus
lockerem Schuttmaterial bestehenden Kegeln von Hnausar ver-
bietet die zierliche, die Entstehungsweise noch in allen Einzel-
heiten und mit grösster Deutlichkeit offenbarende Erscheinung
der Hügel die Annahme, dass ungeheure Gletschermassen
bereits darüber hingegangen wären; auch dies Vorkommniss
muss also zu den recenten gerechnet werden.
Weiter südlich treffen wir beim Abstieg von der Breiddals-
heidi in’s Breiddalr, vielleicht als das Ausgehende eines stock-
förmigen Ganges, eine Liparit-Varietät, welche mit gewissen
ungarischen Bimssteinen eine ziemlich weitgehende Aehnlichkeit
aufweist. Das Gestein zeigt sich bei einer röthlichweissen
Farbe von zahlreichen grösseren und kleineren Poren, die mit
einer gelben oder rothen krystallinischen Kruste ausgekleidet
sind, erfüllt. Die zu Tage tretenden, bereits etwas verwitterten
Schollen besitzen eine wellig-knotige Oberfläche, welche Kno-
ten durch dichtere, der Verwitterung mehr Trotz bietende,
rundliche Partieen hervorgerufen werden. Die Auskleidung der
Porenwände dürfte einem zeolithischen Mineral angehören.
Die hie und da zu bemerkenden glänzenden Täfelchen
stellen sich unter dem Mikroskop als sehr scharf umgrenzte,
fast stets eine ausgezeichnet plagioklastische Streifung zeigende
Feldspathkrystalle heraus. An Einschlüssen führen sie stellen-
weise rundliche, bis 0,015 mm im Durchmesser haltende Glas-
partikel, die entweder im Innern einen globulitisch entglasten
Kern, oder aber ein auffallend grosses Gasbläschen beherbergen.
Im Uebrigen zeigt sich bei der mikroskopischen Betrachtung
das für Bimstein charakteristische, faserige Fluctuations - Bild.
Die Gesteinsmasse, von Magneteisenkryställchen, Ferritfleckchen
und zahllosen dunklen, globulitischen Körnern imprägnirt,
scheint die grossen, rundlichen Porenräume förmlich zu um-
fliessen. Sie muss ihrer optischen Erscheinung nach fast als
ein Mikrofelsit bezeichnet werden, wenngleich die Differen-
zirung eben erst begonnen hat. Eine Sonderung in einzelne
Körnchen ist noch gar nicht zu bemerken, sondern die Masse
sendet in ihrer Gesammtheit einen Lichtschimmer aus, der
eben genügt, um die feinfaserige Fluctuationsstructur deutlich
zu machen. Von gelben, wolkigen und büscheligen Partieen,
welche sich in Streifen und Flecken in dem Gestein vorfinden,
bleibt es zweifelhaft, ob sie als Metamorphosirungs - Producte,
775
oder aber als fremdartige, von aussen eingeführte Substanzen
zu betrachten sind.
In den das Breiddalr einfassenden , fast unübersteiglich
scheinenden hohen basaltischen Bergrücken ist der Liparit an
sehr zahlreichen Stellen zum Durchbruch gekommen, so dass
die Thalsohle und das Flussbett der Breiddalsa von bedeu-
tenden Massen dieses Gesteins bedeckt erscheinen. Besonders
an dem in abenteuerlichen Spitzen und Zacken emporstarrenden
Berufjördrskard ist die schwarze Farbe der Basalte stellen-
weise vollständig geschwunden, um der hier eigenthümlich
hellgrünen und weissen Liparitfarbe Platz zu machen. Die
unteren Partieen dieses gewaltigen, 1000 m und mehr errei-
chenden Bergkammes bestehen aus miocänen, horizontal ge-
lagerten Basalten. Darüber breitet sich der Liparit in grossen
Decken aus oder bildet Kuppen und baut fast den gesammten
oberen Theil des Gebirges auf. Es ist jedoch nicht unmöglich,
dass die höchsten, scharf und gezackt aufragenden Punkte
wiederum basaltischen Schollen ihre Form verdanken. Die
nach einer von der Passhöhe aus aufgenommenen Photographie
gefertiste Abbildung auf Taf. XXXIII giebt eine Vorstellung
von dem oberen Theile dieses Bergzuges.. Die Gehänge sind
von Schutt- und Trümmermassen des Liparits bedeckt, wenn-
gleich auffälliger Weise der nördliche Abhang in bedeuten-
derem Maasse als der südliche. Stellenweise ist auch eine
Durchsetzung des Liparit von jüngeren Basaltgängen zu be-
obachten. Einige charakteristische Varietäten des Liparit sind
folgende:
Ein sehr verbreitetes felsitisches Gestein von heller, fast
weisser Farbe zeigt sich von zahllosen, mehr oder minder
verschwommenen braunen Pünktchen erfüllt, welche wohl Um-
wandlungsproducte von Pyritkrystallen sind. Stellenweise sind
diese Umwandlungsvorgänge ausgezeichnet zu beobachten. Die
Metamorphose schreitet von aussen nach innen zu fort und
zwar im Grossen und Ganzen überall mit der gleichen Inten-
sität. Nur selten sind weiter nach innen belegene Punkte
bereits von der Zersetzung ergriffen, während die umgebende
Substanz noch ihr frisches Ansehen bewahrt hat. Die Grenzen
jedoch sind stets vollständig scharfe. |
Die Masse des Gesteins wird gebildet von einem gekörn-
ten, stark brechenden Mikrofelsit, der an zahlreichen Stellen
in echt krystalline Aggregate übergeht, die theils eine feld-
spathige, theils aber eine quarzige Substanz repräsentiren.
Krystalle dieser beiden Mineralien finden sich jedoch nie.
Ebenso fehlt Magneteisen; es ist vollständig in Pyrit umge-
wandelt worden. Ziemlich häufig sind in dem Gestein meist
zu Gruppen und Büscheln vereinigte, schwach grüne Kry-
776
ställchen zu beobachten, die, vielleicht dem Augit angehörig,
ihrer ganzen Erscheinung und der Analogie mit anderen Vor-
kommnissen nach als secundäre Producte betrachtet werden
müssen.
Eine von mir vorgenommene Analyse dieses Liparites
ergab folgendes Resultat:
SEO... 771.915080
A202 29. 2 DIAXG
Be0O). „ve, 20,212
020.7 4... 102.0460
Me.0:. 92.2029 Spur:
KO. 203
NO: 7:20. 225300
Glühverlust . 0,600
99,735.
Bemerkenswerth erscheint hier neben dem enorm hohen
Kieselsäure-Gehalt der Glühverlust und die doch nur sehr ge-
ringe Eisenführung.
Ein anderes rein weisses und die glänzenden Eisen-
kies - Krystalle noch unverändert zeigendes Gestein, welches
hauptsächlich in den unteren Niveaus verbreitet ist, er-
weist sich unter dem Mikroskop ebenfalls aus einem fein-
körnigen, optisch ziemlich lebhaft wirkenden Felsit aufgebaut.
Zahlreich sind mehr oder minder unregelmässig conturirte
Fetzen darin zerstreut, die nur selten dem Quarz, meist dem
Feldspath angehören. Wenn auch hie und da die Grenzen
schärfer und regelmässiger werden, ja selbst eine Zwillings-
verwachsung zu beobachten ist, so polarisiren die Schnitte
auffallend schwach und unterscheiden sich von der Grundmasse
so wenig, dass sie als abweichend constituirte Theile derselben
überhaupt erst im polarisirten Lichte hervortreten. Diese
Eigenthümlichkeiten verbieten hier, jene Feldspathe als der
„premiere consolidation“ angehörig zu betrachten. Dieselben
können vielmehr erst nach der Eruption zur Ausscheidung ge-
langt sein, ja, es ist sehr wahrscheinlich, dass erst nach der
Erstarrung des Magmas die allmähliche Individualisirung der
feldspathigen Substanz stattgefunden hat. Glaseinschlüsse sind
in jenen Partieen nicht zu bemerken. Dagegen enthalten sie
stellenweise grosse, regellos ausgebuchtete und gezackte farb-
lose Interpositionen, die von Verunreinigungen ganz frei, auch
in den dünnsten Schliffen stark chromatisch polarisirend wir-
ken. Rothe und grüne Farben wechseln mit einander ab und
gegen die äusseren Ränder hin folgen nicht selten die ver-
7
schiedenfarbigen Regionen in scharfen, concentrisch sich um-
schliessenden Lamellen auf einander. In welcher Weise diese
Interpositionen zu deuten und wie die auffallenden Farben-
erscheinungen zu erklären sind, kann ich nicht entscheiden.
Magneteisen fehlt in dem Gestein wiederum, während Pyroxen
in vereinzelten Kryställchen vorkommt. Zahllose grünliche
bis fast farblose, überall eingestreute Körner dürften wohl mit
den in der vorher besprochenen Varietät beobachteten grün-
lichen Krystallen in Parallele zu stellen sein. Die schon ma-
kroskopisch hervortretenden Pyrite erreichen wohl nur selten
die Grösse von 1 mm. Stets heben sie sich scharf aus der
umgebenden farblosen Grundmasse hervor und sind völlig frisch.
In Trümmern, untermischt mit den beiden anderen, findet
sich ein Gestein, welches sofort durch seine ausgezeichnete
Bänderung in das Auge fällt. Die einzelnen Lamellen, von
gelblich weisser und röthlich schiefergrauer Farbe, variiren in
der Dicke von 0,1 mm bis zu 2 mm und zeigen einen etwas
unregelmässigen Verlauf. Bemerkenswerther Weise hat die
plattenförmige Absonderung gewöhnlich nicht parallel der Bän-
derung, sondern direct senkrecht darauf stattgefunden, so dass
schon die frei umherliegenden Tafeln die Structur auf das
Schönste offenbaren.
Unter dem Mikroskop ergiebt sich, dass das Gestein, aller
grösseren Krystallausscheidungen entbehrend, aus einer etwas
verschiedenartigen Grundmasse aufgebaut ist. Einmal zeigt
sich dieselbe in der unregelmässigsten Weise fein gewölkt und
enthält zahllose schwärzliche, globulitische Körnchen, welche zu
den mannichfaltigsten Formen in Linien und Kreise zusammen
geordnet sind. Mit diesen, bei gekreuzten Nicols sich als echt
mikrofelsitisch herausstellenden Partieen wechseln andere ab,
die wasserklar und nur wenige Magneteisenkörnchen führend,
sich im polarisirten Lichte als fast vollständig krystallin er-
geben. Durch das Alterniren der so verschiedenartig ausge-
bildeten Regionen wird die makroskopisch auftretende Bän-
derung hervorgerufen.
An der Südküste des Berufjördr, ungefähr ee der
Farm gleichen Namens, setzt e’n mit glasiger Ausbildung ver-
gesellschafteter Liparitgang auf, der schon von PAskuLL kurz
erwähnt wird. Die glasige Modification dieses Liparites stellt
einen ausgezeichneten, dunkel grasgrünen Pechstein dar, der mit
den von Ausscheidungen freien grünen Varietäten der Baula im
Ansehen durchaus übereinstimmt. Bei genauerer Betrachtung
mit der Lupe ist schon im Handstück der Anfang einer per-
litischen Absonderung zu bemerken, die jedoch noch besser
im Dünnschliff hervortritt. In der hier völlig pelluciden und
farblosen Glasmasse sieht man an vielen Stellen äusserst zarte
718
und feine Kreisbögen, nicht aber oder nur selten geschlossene
Kreise, welche einander concentrisch umschliessen. Auffallen-
derweise jedoch zeigen sich dieselben nicht immer von Spalten,
sondern häufig von globulitischen Körnern gebildet, die meist
in stark ausgebuchteten und geschweiften Formen an einander
gereiht sind. Diese Entglasungsproducte finden sich auch sonst
zu Haufen und Streifen vereint in der Masse vor; hie und
da nehmen sie die Centren jener perlitischen Kreisfiguren ein.
Sehr bemerkenswerth sind zahllose, die glasige Basis wie ein
verstricktes Netzwerk durchziehende gelbliche, in der unregel-
mässigsten Weise aufschwellende und sich verzweigende Bänder
und Streifen. Im polarisirten Lichte erweisen sie sich im
Gegensatz zu der vollständig isotropen farblosen Glasmasse
als stark doppeltbrechend.
An Krystallausscheidungen ist das Gestein ganz ausser-
ordentlich arm. Neben einem einzigen Feldspathtäfelchen waren
Magneteisenkörnchen sowie winzigste, langgestreckte und pel-
lucide Mikrolithe zu beobachten, die meist eine eigenthümlich
rauhe Oberfläche zeigen. Diese rührt von einer vollständigen
Ueberkrustung durch kleinste, dunkler gefärbte Fremdkör-
perchen her, die theilweise ebenfalls Mikrolithe, theilweise aber
auch Glaskörner darzustellen scheinen. Die Hauptindividuen
verrathen nicht selten durch die gleichmässige Orientirung
ihrer Längsaxen eine Fluctuationsstructur der Masse.
Dieser Pechstein wurde von mir einer chemischen Prüfung
(l) unterworfen, und das Resultat stimmt im Allgemeinen gut
überein mit einer von K. v. Hauer!) veröffentlichten Analyse
(II) eines von ihm Fluolith genannten isländischen Pechsteins
unbekannter Abkunft.
1: I
31.0: 02020600 67,470
RO 13,375
Mn, 0, (Spur) | — Spur
BO ge 1,785
Kerr -...7000.1.03 —
a0 2 22022241063 3,025
M20,;. . ....:Spur Spur
N,0,:,.. a3 2,870
KR,0 .2.,.: 208218069 1,380
Glühverlut . 9,70 9,500
39,64 39,405
1) Berichte d. kaiserl. Akad. d. Wissenschaften. Wien 1854, Bd. 12,
pag. 485.
779
Es liegt daher die Vermuthung nahe, dass jener Fluolith
ein Pechstein von der gleichen Localität sei, umsomehr als
auch die morphologische Beschreibung Kesseorr's !) wohl damit
übereinstimmt. Der ganz ausserordentlich hohe Wassergehalt
dürfte wohl seine Erklärung in dem Netzwerk jener gelblichen,
stark polarisirenden Streifen und Bänder finden. Dieselben
sind zweifellos als durch wässerige Infiltrationen veränderte
Theile der im Uebrigen noch echt glasigen Grundmasse an-
zusehen.
Oestlich von dieser Stelle, bei Strandafjöll, tritt nach
PAiskuLL ein durch seine grünliche Farbe schon von der Süd-
seite des Berufjördr her zu erkennendes Liparitconglomerat auf.
Weiter südlich, am Hamarsfjördr, zeigt sich in der Nähe
der Farm Raudaskrida der Basalt ebenfalls von einem mäch-
tigen Liparitgange durchbrochen. Die Schrift Paıseurr’s ent-
hält ein circa 1000 m Länge umfassendes Profil; über den
petrographischen Habitus der hier auftretenden Gesteinsvarie-
täten sind die Arbeiten HrıLasp’'s, des eben genannten For-
schers und Scaruitz’s zu vergleichen. Erwähnt werden dort
grauweisser poröser und dichter rothbrauner Liparit, schwar-
zer”) und hell ölgrüner Pechstein, ferner perlitische Modifi-
cationen desselben. Der von Herrannp mehrfach erwähnte
Olivin ist wohl zweifellos mit dem bislang in jedem Liparit
und Pechstein erwähnten, lebhaft polarisirenden, rhombischen
Pyroxen verwechselt.
Herzanp beschreibt ferner noch einen 80 m mächtigen
Gang in Basalt an der Südseite des Alftafjördr; das Gestein
desselben mit Gehalt an Quarz, der secundär sein dürfte, und
Kalkspath ist ein theilweis zersetzter Liparit.
Der letzte Bezirk, in dem an Islands Ostküste das Auf-
treten des Liparites bekannt, ist die Umgegend der Lonsvik,
und die dortigen Verhältnisse sind ebenfalls durch HELLAnD
neuerdings etwas näher beschrieben worden.
Am Skalafjall bei Papös setzen in den Bänken der Ba-
saltformation Gänge von Liparit vergesellschaftet mit glasigen
Modificationen auf. Der Liparit enthält in einer grauen mikro-
felsitischen Grurdmasse mit Neigung zu radialer Gruppirung
einzelne grössere Krystalle von Sanidin und Plagioklas ausge-
schieden. Der ihm zugehörige grüne Pechstein erweist sich
unter dem Mikroskop als aus einem farblosen Glase bestehend,
in weichem zahlreiche bis '/,;, mm grosse, säulenförmige Kry-
ställchen eingebettet liegen, die von Heızand als Augit ge-
1) Mineralogische Notizen Bd. 12, pag. 3.
2) Zu diesem Vorkommen gehört vielleicht auch ein Vorkommen,
das ScHirLitz als von Eskifjördr stammend beschreibt.
780
deutet werden. Von schwach grünlicher Farbe, zeigen sie
meist eigenthümlich zerfaserte Enden. Besonders die kleinsten
Individuen pflegen sich ähnlich, wie in dem ausgezeichneten
Pechstein von Arran, zu feder- und sternförmigen Gebilden
zu aggregiren. Einzelne Theile der Glasmasse erscheinen bei
schwächerer Vergrösserung wie von einem feinen Staube erfüllt,
der sich bei stärkerer in kleine Körnchen und Mikrolithe
auflöst.
Hiermit ist das, was über das Anstehen von echten Li-
paritgesteinen im östlichen Theile Islands bekannt geworden
ist, erschöpft. Denn die ferner von HeLraxsp aus der Um-
gegend von Lönsvik beschriebenen und ohne Weiteres als Liparit
bezeichneten granitähnlichen Vorkommnisse dürften doch eine
grössere Sonderung verdienen und werden an einer anderen
Stelle behandelt werden.
Wenden wir unsere Aufmerksamkeit nun noch ganz kurz
dem Südlande zu, demjenigen Theile der Insel, der neben dem
Nordwesten am schwierigsten zugänglich ist. Die gewaltigsten
Gletschermassen haben hier ihren Wohnsitz aufgeschlagen und
spotten des Versuches, das unter ihnen lagernde Gestein zu
erforschen. Nur die an ihrem Fusse ausgebreiteten weiten,
öden Trümmerhalden,, deren Material von der zerstörenden
und fortschaffenden Thätigkeit des Gletschers geliefert wird,
bieten die Möglichkeit, den Aufbau des Gebirges zu errathen.
Innerhalb jener Moränenfelder, am Fusse des Myrdals Jökull
im Südwesten, fanden sich nun auch einige Liparitgerölle vor,
die der interessanten, besonders durch H,S bewirkten Zer-
setzungsvorgänge wegen hier noch beschrieben werden mögen.
Bei Höfdabrekka, am östlichen Ausläufer des Gletschers, zeigen
jene grünlichen, von reichlichem Eisenkies imprägnirten Stücke
eine grosse Aehnlichkeit mit gewissen Varietäten des Berufjördr-
skard. Die mikroskopische Prüfung ergiebt, dass das Gestein
von einer mittelkörnigen, optisch ziemlich lebhaft wirkenden
Felsitmasse gebildet wird. Zahlreich sind stärker brechende
Körnchen darin eingestreut, die stellenweise auch etwas regel-
mässigere Conturen annehmen. Hie und da sind selbst Zwil-
lingslamellen zu bemerken, welche jene Schnitte einem tri-
klinen Feldspath zuweisen. Je deutlicher die Feldspathsubstanz
als solche hervortritt, je häufiger erscheinen zahllose gelbliche,
isotrope Körner innerhalb derselben eingebettet. In Reihen
geordnet, laufen dieselben nicht immer den Zwillingsebenen
parallel, sondern durchsetzen sie selbst vollständig senkrecht.
Schön ausgebildete rhomische Pyroxene sind in der Grund-
masse nicht selten. Der grösste aufgefundene Krystall hatte
bei einer Länge von 0,13 mm eine Breite von 0,063 mm. Die
Eisenkiesmassen, von sehr unregelmässigen und gezackten
781
Formen und sehr häufig Theile der Grundmasse einschliessend,
sinken von makroskopischer Grösse bis zu mikroskopischer
Kleinheit hinab. Stellenweise ist bereits eine Umwandlung
derselben in wolkige, grünliche Producte eingetreten. Ein dicht
und reichlich verzweigtes Maschenwerk von vollständig pellu-
cider, schwach grünlicher Substanz durchzieht das ganze Ge-
stein und stellt zweifellos ebenfalls ein Zersetzungsproduct
dar. Magneteisen fehlt, wie gewöhnlich bei der Anwesenheit
von Pyrit.
Weiter westlich, in dem Stromgebiete des Fuülilaekr, dieses
seiner tückischen und reissenden Gewässer wegen von den
Isländern sehr gefürchteten Gletscherstromes, finden sich zahl-
reiche auffallend grün gefärbte Gerölle vor, die zum grössten
Theil aus Basalt und einem gabbroartigen Gestein, zum klei-
neren auch aus Liparit bestehen. In diesem Falle ist der
letztere schon schwieriger als solcher zu erkennen, da be-
reits eine ziemlich weitgehende Veränderung Platz gegriffen
hat. Doch haben die mit bedeutenden Eisenkiesmassen im-
prägnirten Stücke immer noch nicht ganz ihr dichtes, felsi-
tisches Aussehen verloren.
Unter dem Mikroskop ergiebt sich, dass das Gestein aus
einer fast vollständig krystallinen Grundmasse aufgebaut ist.
Die farblosen Nädelchen und Täfelchen und die dazwischen
eingestreuten grün-gelblichen Körnchen und Kryställchen heben
sich scharf von einander ab. Porphyrisch ausgeschiedene,
schlecht conturirte und meist von einer wolkigen Eisenmaterie
und Glaspartikelchen erfüllte Feldspathe sind hie und da zu
bemerken. Besonders auffallend erscheinen die in unzähligen
Massen in dem Gestein vorhandenen kleinen, grünlichen Körn-
chen, von denen es trotz ihrer unverkennbaren Aehnlichkeit
mit einem Pyroxen- Mineral durchaus nicht zweifelhaft ist,
dass sie secundär entstandene Producte sind, deren Bildung
mit der Metamorphose der Pyritkrystalle eng zusammenhängt.
Die Zersetzung der letzteren ist schon ziemlich vorgeschritten
und es werden dabei “zunächst Eisenhydroxyd und eigenthümlich
wolkige Massen gebildet, die mit den obigen Körnchen und
Kryställchen durch alle Uebergänge verbunden sind. Magnet-
eisen ist auch hier vollständig abwesend
Dieses Gestein ergab bei einer vorgenommenen Prüfung
einen Glühverlust von 2,18 pÜt. sowie einen Kieselsäure-
Gehalt von 67,56 pCt. oder, auf wasserfreie Substanz be-
rechnet, von 69,01 pCt. Trotz der scheinbar beträchtlichen
Menge von Eisenkies betrug sämmtliches Eisen auf FeS, be-
rechnet doch nur 2,59 pCt.
782
Rückblick.
Verbreitung und Alter der isländischen Liparite.
Der Liparit ist in der ganzen Küstenzone der Insel zu
finden und wird zweifelsohne auch in dem kaum bekannten
Centrum der Insel nicht fehlen. Besonders reich an Durch-
bruchsstellen des Liparites scheint der Süd - Osten zwischen
dem Vopnafjördr und der Lönsvik zu sein, besonders arın
dagegen die gesammte Südküste und ein grosser Theil des
Nordlandes. Dies findet bald seine Erklärung, wenn man den
Aufbau jener Theile der Insel näher in’s Auge fasst. Die
mittlere Partie des Nordlandes, in der weiten Umgebung des
Myvatn, wird vollständig von jüngsten vulkanischen Eruptions-
producten gebildet. Dasselbe gilt von der südwestlichen Re-
gion Islands, der Halbinsel von Reykjanes sowie von dem
Hekla-Gebiet, während der eigentliche Süden von dem mäch-
tigen, von Glacialablagerungen erfüllten Hvita- und Thjorsa-
Thale und weiter östlich von hohen und steilen Tuffgebirgen,
den Eyjafjalla- und Myrdals-Gletscher tragend, eingenommen
wird. Sowohl das Myvatn-Gebiet als die Halbinsel Reykjanes
und das Thjorsä-Thal sind vollständig frei von Liparit. Das
Fehlen dieses Gesteines im Thjorsa - Thale ist um so bemer-
kenswerther, als direct an den Plateau-Rändern jener grossen
Flussebene das Auftreten desselben von verschiedenen Punkten
bekannt ist. Zwischen Hrüuni und Hrepphölar an der Hvitä
werden die miocänen Basalte, am Laugarfjall oberhalb des
Geysir, wie es scheint, etwas jugendlichere Palagonittuffe von
Liparit durchbrochen.
Da der Liparit in denjenigen Theilen der Insel, in welchen
die miocänen basaltischen Schichten ungehindert zu Tage treten,
überall zu finden, so ist wohl der Schluss gestattet, dass auch
unterhalb der die Basalte im Norden und Süden bedeckenden
jüngsten Eruptivproducte und glacialen Ablagerungen das Ge-
stein nicht fehlen wird. Wie dem aber auch sei, die Thatsache
geht mit Evidenz schon aus den jetzt bekannten Vorkon-
men hervor, dass der Liparit vollständig regellos über das
ganze Gebiet vertheilt ist und von irgend welchen Zonen und
durch denselben documentirten Haupt-Spaltungssystemen nicht
die Rede sein kann.
In Betreff des Alters muss noch betont werden, dass,
wenngleich die grösste Zahl der isländischen Liparit-Eruptionen
noch innerhalb der tertiären Epoche erfolgt ist, doch auch
solche jugendlicheren Alters auf der Insel anzutreffen sind.
Zu diesen letzteren ist ganz zweifellos das Vorkommen der
dichtgedrängten kleinen Kegel und Hügelchen von Hnausar
#
183
(pag. 764) im Nordlande zu rechnen. Ein weiteres Beispiel
liegt von Thingmuli im Ostlande vor; doch sind hier die chara-
kteristischen Eigenthümlichkeiten nicht so scharf ausgeprägt.
Geologische Erscheinungsweise,
Der Liparit tritt in Island besonders in Gängen und
Kuppen auf, während Lager und Decken wohl sehr selten sein
dürften. Die Kuppen mögen theils, wie es KJERULF von der
Baula wahrscheinlich zu machen versucht hat, die übrig geblie-
benen inneren Stöcke von Vulkanbergen, theils aber auch, ohne
mit Aschen- und Schlackenauswürfen vergesellschaftet gewesen
zu sein, frei emporgestiegene Massen darstellen. Das letztere
scheint mir für die weitaus meisten Fälle das Wahrschein-
lichere zu sein. Die zahlreichen kleinen und grossen Kuppen
bei Baer auf der nordwestlichen Halbinsel möchten z. B. wohl
schwerlich eine andere Auffassung zulassen, und die Kegel und
Hügelchen bei Hnausar zeigen noch jetzt auf das Deutlichste
ihre derartige Entstehungsweise.
Der Durchbruch des Liparit hat wohl niemals in grös-
serer Ausdehnung eine Störung der horizontalen Ablagerung
der Basaltmassen bewirkt, was den Schluss erlaubt, dass der-
selbe in vorher aufgerissenen Spalten emporgepresst worden
ist. Nur bei ganz winzigen Eruptionen, wie denen von Hnausar
im Nord- und Thingmüli im Ostlande hat eine Hebung und
Zertrümmerung von wenig umfangreichen überlagernden Com-
plexen stattgefunden. In diesen Fällen wird das Magma wahr-
scheinlich in Form von Apophysen eines grösseren Ganges in
das Gestein injieirt worden sein und erst in der Nähe der Erd-
oberfläche die es noch hindernden überlagernden Massen zer-
brochen und emporgetrieben haben. An den Saalbändern der
Gänge ist eine Zertrümmerung des Nebengesteins häufig ein-
getreten und die hierdurch entstandenen Breccien sind dann
durch Liparit - Material oder aber durch Mineral - Aggregate,
z. B. CaCO, verkittet worden. Nicht selten lassen die ein-
zelnen Bruchstücke in ausgezeichneter Weise eine Contact-
wirkung, in Frittung und Verglasung bestehend, erkennen.
Von Absonderungsformen ist vor Allem die plattenförmige
und sodann die säulenförmige sehr verbreitet. Stellenweise, wie
an der Baula im Westen und bei Husavık im Ostlande, ist
auch eine senkrecht zu der Absonderung stehende Schieferung
zu beobachten, die gewöhnlich eine derartige Feinheit aufweist,
dass sich die einzelnen Lamellen wie die Blätter eines Buches
von einander ablösen lassen. Ich bin jedoch leider nicht in
der Lage, eine exacte Erklärung dafür beizufügen, da mir der-
artige Varietäten nicht zu Gesicht gekommen sind. Wahr-
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVIL 3. 45
754
scheinlich wird die Erscheinung auf einer durch irgend eine
Ursache bewirkten planparallelen Anordnung der kleinsten
Kryställchen beruhen.
Glasige Ausbildungen des Liparit - Magma’s sind nicht
selten, wenngleich sie bei Weitem nicht in der Ausdehnung
wie z. B. auf den pontinischen Inseln auftreten. Sie nehmen
hie und da die Saalbänder grösserer Gänge ein und häufig
sind auch feine Apophysen vollständig von einem Pechstein-
Material gebildet. Es finden sich alle möglichen Uebergänge
einerseits zum echten Liparit und andererseits durch den Perlit
zum Sphärolithfels; dünnere und dickere Lagen dieser Varie-
täten wechseln in der unregelmässigsten Weise mit einander
ab. Jedoch ist innerhalb eines Ganges wie gewöhnlich die
Grenze der einzelnen alternirenden Modificationen stets eine
ziemlich scharfe. In ausgezeichneter Weise, wohl ebenso schön
wie auf den pontinischen Inseln, möchten diese Erscheinungen
am Hamarsfjördr im Ostlande ausgebildet sein, wenngleich ich
leider aus persönlicher Anschauung nicht darüber berichten kann.
Echte Tuffe der Liparite scheinen selten zu sein. Nach
PıuseurLL kommt bei Hüsavik im Ostlande ein aus lockerem,
gelblichem Material gebildetes, 50° mächtiges Tufflager vor,
welches zerstreute Stücke von Obsidian (wohl Pechstein!) und
die auf pag. 771 fi. beschriebenen eigenthümlichen Concretionen
enthält. Auch die mächtigen Tufflager von Bödvarsdalr im
Osten möchten wenigstens zum Theil den Liparittuffen zuzu-
weisen sein und schliesslich ist hier das allerdings durch
Fumarolen - Wirkung ausserordentlich zersetzte Tufflager von
Hüsafell im Westen noch zu erwähnen.
Conglomerate (oder Breccien?) finden sich nach PA1IsKULL
bei Husavik im Osten und ferner bei Strandafjöll am Beru-
fjördr. Von mir wurde eine echte Breccie bei Bödvarsdalr am
Vopnafjördr angetroffen.
Was endlich liparitische Laven anlangt, so scheinen die-
selben ebenfalls auf Island vorhanden zu sein. Jedoch sind
sie als seltene; ganz locale Bildungen zu betrachten und es ist
mir ein derartiges Vorkommen nicht zu Gesicht gekommen.
Metamorphosirungs-Processe.
Wenngleich die Liparite relativ sehr jugendlichen Alters
sind, so haben sich doch, wie wir schon beı der Charakte-
risirung der einzelnen Vorkommen Gelegenheit hatten des
Oefteren zu erwähnen, bemerkenswerthe Metamorphosen in
ihnen abgespielt. Gerade des jugendlichen Alters und der
pellueiden Beschaffenheit der die Hauptmasse bildenden feld-
spathigen und quarzigen Mineralien wegen lassen sich diese
Processe hier in einer ausgezeichneten Weise studiren.
185
An dieser Stelle soll jedoch von der Besprechung der in
gewissem Sinne ebenfalls umgewandelten Gesteinsmasse abge-
sehen werden.
Von den Gemengtheilen ist in ausgedehnterer Weise das
Magneteisen einer Zersetzung anheim gefallen und zwar ist
dasselbe durch H,S-haltige Dämpfe in Pyrit umgewandelt
worden. Hiermit im Zusammenhang steht die Erscheinung,
dass die Pyrit - führenden Gesteine meist eine helle, häufig
weisse Farbe aufweisen.
Besonders im Osten Islands, in der Umgebung des Beru-
fjördr, scheinen Solfataren und Fumarolen in bedeutendem
Grade thätig gewesen zu sein, denn die grösste Mehrzahl der
auftretenden Liparite zeigt sich in der charakteristischen Weise
verändert. Jene Localität ist auch als ein reicher Fundpunkt
von Zeolith-Mineralien bekannt, und es scheint nicht unmöglich,
dass auch die Auslaugung der Basalte durch die Fumarolen-
Thätigkeit begünstigt worden ist.
Dass der Pyrit in der That aus dem Magneteisen hervor-
gegangen, wird auch dadurch bewiesen, dass das letztere bei
der Anwesenheit von Pyrit stets fehlt, während es andererseits
in nicht metamorphosirten Gesteinen nur in äusserst seltenen
Fällen vermisst wird. Jedoch verdient hervorgehoben zu wer-
den, dass die Metamorphose nicht auf dem Wege der ein-
fachen chemischen Umsetzung vor sich gegangen ist. Die
äussere Form der mikroskopischen Magneteisenkörnchen ist
wohl in keinem Falle erhalten geblieben, sondern der Pyrit
hat sich ganz unabhängig von den ersteren, zumeist makro-
skopischen Kryställchen aufgebaut. Nichtsdestoweniger hat die
Gesteinsgrundmasse ihr durchaus klares, frisches Ansehen be-
wahrt und die Pyrite heben sich haarscharf aus derselben
heraus. Man möchte geneigt sein, aus diesen Umständen zu
folgern, dass die Entstehung des Pyrites in eine sehr frühe
Periode, nämlich noch in die Eruptionszeit des Magma’s zu
verlegen se. Diese Annahme scheint auch deswegen nicht
unmöglich, weil man ja weiss, dass das Magneteisen stets zu
den allerersten Ausscheidungen gehört.
Häufig ist der Eisenkies bereits einer weiteren Umände-
rung verfallen, indem er sich in Eisenoxyd oder in Eisenoxyd-
hydrat verwandelt hat. Dieser Vorgang ist als einfache Ver-
witterung aufzufassen, bei welcher die äussere Gestalt der
ursprünglichen Pyrit - Individuen nicht selten noch scharf er-
halten ist. Ein sehr schönes Beispiel dieser Art bietet das
oben beschriebene Gestein von Hüsafell, in welchen die Zer-
setzungsvorgänge in allen Stadien zu verfolgen sind.
Als Endstufe des Zerfalles ist die durch H,S erfolgende
Reduction der Eisenoxydmassen zu Eisenoxydul zu betrachten.
45*
786
Das letztere kann natürlich niemals frei bestehen; es wird
entweder wiederum oxydirt oder aber es geht Verbindungen
mit Theilen der Gesteinsmasse ein. Dies kann nur geschehen,
wenn derartig mächtige Agentien auf das Gestein einwirken,
dass das Molecular- Gefüge vollständig gelockert wird und die
einzelnen Theilchen eine Actionsfreiheit erlangen. So ist es
begreiflich, wenn jene Vorgänge nur in ausserordentlich ver-
witterten Lipariten zu beobachten sind. Die entstehenden
Eisenoxydul - Silicate treten entweder in kleinen Körnchen
oder in seltenen Fällen auch in winzigsten Kryställchen auf,
die ihrer äusseren Erscheinung nach eine grosse Aehnlich-
keit mit dem Augit aufweisen. Als Beispiel für den ersten
Fall verweise ich auf das. Gestein vom Fulilaekr, für den
zweiten auf eins vom Berufjördrskard. Stets sind alle Ueber-
gänge von noch mehr oder minder intacten Pyritpartikeln zu
jenen Körnchen und Kryställchen zu beobachten und häufig
scheint es, als wenn sich von den Eisenkies - Individuen
ganze Ströme von Zersetzungssubstanzen in das Gestein hinein
ergössen.
Im Anschluss an diese Erscheinungen liegt es nahe, die
Frage nach der Entstehung derjenigen sehr verbreiteten Ferrit-
massen aufzuwerfen, die schlechterdings nicht aus Pyrit her-
vorgegangen sein können.
Ich bin nach sorgfältiger Prüfung der Thatsachen zu
dem Resultat gelangt, dass ein grosser Theil dieser ebenfalls
einen secundären Ursprung hat, welcher nur aus der directen
Verwitterung gewisser der im Allgemeinen als Magneteisen
gedeuteten, opaken, schwarzen Partikel abgeleitet werden kann.
Es sind stets nur wenige der Körnchen, welche einer Um-
änderung anheimfallen, während die grösste Mehrzahl derselben
durchaus unversehrt erscheint. Diese auffällige Thatsache,
nur einzelne Individuen anzugreifen, dürfte kaum eine andere
Deutung zulassen, als dass unter jenen schwärzlichen Massen,
wie ja schon verschiedentlich betont ist, sich Substanzen von
verschiedenartiger Zusammensetzung befinden. Das eigent-
liche Magneteisen erweist sich, wie bekannt, bei Verwitterungs-
processen stets als ziemlich widerstandsfähig. Man darf also
wohl annehmen, dass jene in Ferrit umgewandelten Partikel
nicht die Constitution des Magnetits, sondern eine andere,
vielleicht die des Eisenglanz, besitzen. Besonders unter den
grösseren, unregelmässig gezackten und zerfressenen Körnern
sind die der Umsetzung zugänglichen zn bemerken. Allmählich
gewinnen sie statt des vollständig opaken schwarzen, ein mehr
und mehr durchscheinend bräunliches, nicht selten etwas gebän-
dertes Ansehen und umgeben sich mit einem Hof bräunlicher
Zersetzungsproducte. Die nicht selten mit jenen Partikeln
787
vergesellschafteten Pyroxene behalten dagegen durchaus ihren
unveränderten Habitus bei.
Die derartige Ferritmassen führenden Gesteine zeigen ma-
kroskopisch ein braun punktirtes und gesprenkeltes Ansehen.
Dagegen finden sich auch zahlreich Varietäten, die in der Ge-
sammtheit eine braune, gelbe oder rothe Farbe aufweisen.
Diese ebenfalls durch Eisen bewirkten Färbungen sind im
Gegensatz zu den vorigen Erscheinungen stets primärer Ent-
stehung und es ıst das mikroskopische Bild auch ein wesentlich
anderes. Es sind nicht mehr einzelne zerstreute, hie und da
dichter angehäufte Ferritflecke zu beobachten, sondern das
ganze (sestein erweist sich von einer gelblich-bräunlichen Lö-
sung imprägnirt. Beispiele dieser Art bieten einige Varietäten
von Hnausar, sowie auch ein Gestein von Fagranes.
Im Dünnschliff mag es manchmal Schwierigkeiten bereiten,
die Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Klasse zu ent-
scheiden, indem die circulirenden Gewässer das Bestreben ha-
ben, innerhalb der echte Ferritmassen führenden Gesteine diese
Substanz mehr und mehr gleichmässig zu vertheilen, wodurch
das Bild ein den primären Färbungen ähnliches werden kann.
Allein einige Uebung und aufmerksames Studium lehren bald
das Richtige treffen.
Als letzter erwähnenswerther Umwandlungs - Vorgang ist
der des Pyroxens in Grünerde anzuführen. Er wurde nur
in einem einzigen Gestein von Oxnadalr im Norden Islands
beobachtet, was umso begreiflicher erscheint, als der Pyroxen
in grösseren Krystallen ausserordentlich selten ist.
Petrographische Erscheinungsweise und
Structurformen.
Der äusserliche Habitus der isländischen Liparite ist im
Allgemeinen ein ziemlich gleichförmiger. Fast stets haben
wir ein hellgefärbtes, dichtes, felsitisches Gestein vor uns,
welches makroskopische Krystallausscheidungen innerhalb der
Grundmasse nur höchst spärlich erkennen lässt. Ganz ge-
wöhnlich finden sich jedoch kleine Porenräume, die entweder
von Eisenoxydhydrat oder von kleinen Quarzkryställchen oder
endlich von Quarz in krystallinischen Körnern ausgefüllt er-
scheinen. Alle diese Producte sind secundärer Entstehung.
Nur höchst selten tritt Hyalith und in ganz verwitterten Ge-
steinen auch Kalkspath accessorisch auf.
Was die Farbe betrifit, so ist dieselbe bei noch frischen
Gesteinen hell- bis dunkelgrau, röthlich oder gelblich, selten
schwärzlich. Die häufig anzutreffenden weissen und grünlichen
Modificationen verdanken dieses Ansehen stets gewissen, durch
788
Solfataren-Wirkung entstandenen Zersetzungsproducten, wenn-
gleich die Exhalationsthätigkeit selbst innerhalb der Liparit-
Gebiete jetzt schon überall erloschen scheint. Die intensiv
ausgeprägte graue Farbe wird durch reichlicheres Vorhanden-
sein von Pyroxen und auch wohl Hornblende hervorgerufen,
während die lichte, allgemein verbreitete Färbung anderen Ein-
lagerungen zuzuschreiben ist. Die gelbe resultirt aus gerin-
geren, die rothe und braune aus beträchtlicheren Massen von
Ferritsubstanzen. Schwarz scheint stets durch Anhäufung
dunkler, globulitischer Entglasungskörner entstanden zu sein.
Weiss wird dadurch bedingt, dass sämmitliches Eisen nicht
mehr in der Form von Maenetit, Ferrit u. s. w. vorhanden,
sondern als Pyrit ausgebildet ist. Die grüne Färbung, den am
meisten zersetzten Gesteinen eigen, hängt mit der secundären
Bildung von Eisenoxydul-Silicaten zusammen, vermittelt durch
die reducirende Wirkung von H,S. Hierher gehören die Ge-
steine vom Fulilaekr, Höfdabrekka und Arnarhnipa.
Die isländischen Liparite haben allermeist mikrofelsitische
Grundmasse, doch muss ich in Bezug auf ihre Beschaffenheit
auf eine spätere Arbeit verweisen, die sich besnders mit der
Grundmasse der Liparite und Porphyre beschäftigen wird.
Fast stets sind innerhalb des Mikrofelsits globulitische
Körner zur Ausscheidung gelangt, trichitische Gebilde dagegen
wohl niemals. Hie und da zeigen sich auch felsosphäritische
Büschel eingelagert, die durch alle Uebergänge mit dem kör-
nigen Mikrofelsit verknüpft sind; in ersteren pflegen sich die
globulitischen Körner zu häufen. Eine echt sphärolithische
Structur, wie sie in manchen ungarischen Lipariten auftritt,
wurde niemals beobachtet.
Die Liparite mit zum grössten Theil krystallin entwickelter
Grundmasse sind sehr spärlich. Eigentlich gehören hierher
nur das vollständig metamorphosirte Gestein von Reynivellir
und die sonderbare Quarz-führende Varietät der Baula.. Am
nächsten schliessen sich das Gestein vom Fulilaekr und als-
dann einige Modificationen von der Hellisheidi, Berufjördrskard
u. Ss. w. an.
Auch die Liparite mit echt glasiger Basis haben nur
eine geringe Verbreitung. Hierher zu rechnen sind die Varie-
täten von Thyrill, Baer, Hnausar und der Bimsstein d-r Breid-
dalsheidi. Die Gesteine von Thyrill und Baer zeichnen sich
beide durch zahllose ausgeschiedene Belonite aus. Das von
Thyrill ist ferner von einem Staube feinster bräunlicher Globu-
liten erfüllt, während das von Baer nichts davon enthält. Die
Varietät von Hnausar weist stellenweise eine schwach hya-
lithische Doppeltbrechung auf.
Die Pechstein-artigen Modificationen zeigen, falls sie
789
im Handstück eine grüne oder schwärzliche Farbe besitzen,
im Dünnschliff stets eine farblose Glasmasse. Die bräunlichen
und grauen Pechsteine der Baula behalten auch im dünnsten
Schliffe ein braunes Glas, was wohl auf feinste globulitische
Stäubchen zurückzuführen sein dürfte. Finden sich keine
makroskopischen Kıystall- Ausscheidungen, so sind auch mi-
kroskopische ausserordentlich selten. Dagegen sind dann wohl
trichitische Gebilde und grosse, häufig schlauch- und baum-
förmig verästelte Gasporen zu beobachten. So in den braun
erscheinenden, überhaupt von echten Pechsteinen etwas abwei-
chenden Varietäten der Baula. Im Allgemeinen scheinen jedoch
porphyrisch ausgebildete Modificationen ziemlich verbreitet.
Sämmitliche isländischen Liparite sind durchschnittlich sehr
sauer. Der Betrag der Kieselsäure schwankt, abgesehen von
dem etwas abweichenden Gesteine von Baer und der Hellisheidi,
zwischen 69,75 (Reynivellir) und 81,57 pCt. (Berufsjördrskard).
Das Mittel ergiebt aus 21 Analysen berechnet 75,46 pÜt., eine
Zahl, die von dem nur aus den beiden Endwerthen zu ziehen-
dem Mittel kaum abweichend ist. Bei den Pechsteinen stellt
sich der Gehalt an Kieselsäure, auf wasserfreie Substanz be-
rechnet, etwas niedriger. Die Zahlen schwanken zwischen 70
und 75,71 pCt., und das Mittel, allerdings nur aus 5 Analysen
berechnet, ist 73,3 pCt.
Gemengtheile.
Quarz. Der Quarz in primär ausgeschiedenen Krystallen
wurde zweifellos nur in 2 Gesteinen beobachtet: in der schon
lange bekannten Varietät der Baula und in dem Amphibol-
Andesit ähnlichen Gestein von Baer. Hier bildet er mehr
fragmentäre Körner, dort tritt er in scharf dihexaedrischen,
zahlreiche Glaseinschlüsse führenden Individuen auf. Das von
Bre£on kurz erwähnte Gestein vom Skorradalsvatn ist in seiner
Stellung und Charakteristik zu unsicher, um es hier anzufügen.
In zahlreichen Dünnschliffen sind wohl feinkrystallinisch-
körnige Partieen von Quarz zu beobachten; jedoch dürften
sie sich entweder erst mit der fortschreitenden Individualisi-
rung der Grundmasse differenzirt haben oder aber, und das
wohl in den meisten Fällen, sie sind als einfache Poren - Aus-
füllungen zu betrachten. So würden die Vorkommnisse von
Husafell und andere zu deuten sein, während z. B. in einigen
Varietäten vom Berufjördrskard der Quarz auf die erste Art
entstanden sein möchte. Dieser ganz auffallende Mangel an
primären Quarzen stellt die isländischen Liparite in directen
Gegensatz zu den ungarischen, in welchen derselbe doch sehr
häufig zu constatiren ist.
790
Quarzkryställchen als Einschlüsse in den Feldspathen sind
nach meinen Erfahrungen durchaus nicht nachzuweisen, und
die diesbezüglichen Angaben Zırker’s und ScCHIRLITZ’s werden
wohl auf einer Missdeutung der stark polarisirenden und sehr
scharf conturirten Pyroxene beruhen.
Tridymit. In den isländischen Lipariten scheint der
Tridymit ein seltener Gast zu sein. Von Zırkeu wird derselbe
vom Moskardshnükr an der Esja und von ScuHirLirz in einem
sehr zersetzten Gestein von Fagranes in Oxnadalr angeführt.
Ich fand denselben ausserdem in einem Gestein von Husafell,
hier allerdings in auffallend schöner Ausbildung. Alle Ränder
der zahlreichen in dieser eigenthümlichen Varietät enthaltenen
Feldspathkörner sind von Tridymitschuppen durchdrungen.
Feldspath. Der Feldspath ist der wohl stets ausge-
schiedene Gemengtheil und tritt sowohl in makro- als mikro-
skopischen Krystallen auf. Stets ist er vollständig wasserklar
und nur hie und da im Umkreise feiner Spalten in ein Ag-
gregat - Polarisation aufweisendes Gemenge umgewandelt. An
Einschlüssen erweist er sich arm, von denen solche glasiger
Natur,. häufig stark entglast, noch die verbreitetsten sind.
Dann finden sich winzige Pyroxene und langgestreckte, schwach
grünliche Mikrolithe. Flüssigkeitseinschlüsse wurden von mir
nie beobachtet.
Nicht selten zeigen die Individuen einen schön zonaren
Aufbau und es ist charakteristisch, dass die Zwillingsstreifung
der Plagioklase stets ungehindert durch alle Zonen hindurch-
geht. Das Verhältniss der Plagioklase zu dem Sanidin ist ein
ausserordentlich schwankendes, selbst in Handstücken einer und
derselben Localität. Meist herrschen die monoklinen, jedoch
hie und da auch die triklinen Individuen vor. Ein Vergleich
der Analysen ergiebt jedoch ein entschiedenes Vorherrschen des
Natrons in den Lipariten. In 21 Analysen wurde 14 mal K,O
durch Na,0O überwogen, und zwar ergab sich im Mittel das
Mehr zu 1,96, was bei der relativ überhaupt nur geringen
Menge von Alkalien ziemlich beträchtlich genannt zu werden
verdient.
Magnetit. Dies Mineral gehört ebenfalls zu den fast
stets vorhandenen Gemengtheilen. Ist es abwesend, so treten
Pyrit oder dessen Zersetzungsproducte an seine Stelle.
Titaneisen scheint hie und da ausgeschieden zu sein,
wenngleich es nicht mit Bestimmtheit nachgewiesen werden kann.
Pyroxen. Ein typischer Augit wurde eigentlich nur in
dem Gestein vom Laugarfjall aufgefunden. Kleine, nicht dichroi-
tische Pyroxen-Kryställchen und -Körner, die wegen ihrer stets
rechtwinkligen Auslöschung dem rhombischen Systeme zuge-
wiesen werden müssen, sind dagegen in jedem Liparit ver-
ei 791
breitet. Schwach grünlich bis farblos, zeigen sie eine sehr
intensive chromatische Polarisation. Die immer scharf con-
turirten Kryställchen erweisen sich von Einschlüssen meistens
frei, während die kleinen Körner häufig von Magneteisen-
Partikeln ganz erfüllt erscheinen. In genau übereinstimmender
Weise treten diese Kryställchen und Körner übrigens auch in
anderen Gesteinen, so z. B. in den Lipariten der pontinischen
Inseln, von Ungarn u. s. w. auf und sind dort wohl als Augit
bezeichnet worden.
Hornblende. Die echten Liparite scheinen durchaus
frei von diesem Mineral zu sein. Das Gestein von Baer
dürfte gerade. wegen des sehr reichen Gehalts an Hornblende
in Verbindung mit deutlicher Plagioklasführung eher als ein
Uebergangsglied zu den Quarz-Amphibol-Andesiten betrachtet
werden. ScaHirLırz beschreibt reichlich Hornblende neben Augit
in einem Quarz-führenden Sanidin - Plagioklas - Gestein von
Öxnadalr, welches demnach mit dem von Baer zu vereinigen
wäre. Jedoch ist es sehr befremdlich, dass ein derartiges
Gestein an jener Localität vorkommen sollte.
Biotit, Apatit und Olivin konnten niemals constatirt
werden. Heruanp erwähnt allerdings das letztere Mineral in
den Pechsteinen und Perliten von Raudaskrida; allein, wie
gesagt, dürfte eine Verwechselung mit Pyroxen vorliegen.
An Zersetzungsproducten finden sich hie und da Pyrit,
Hyalith und auch wohl Kalkspath.
In den isländischen Ortsnamen ist das zu Anfang ste-
hende Th gleich dem englischen Th zu sprechen, ebenso muss
auch das d in fjördr lauten. Leider ist durch die Aehnlich-
keit des im Manuscript gewählten Zeichens für das isländische
Th mit einem P veranlasst, dass im ersten Theile der Arbeit
ein P statt des 'Th gesetzt wurde. Von den Ortsnamen sind
zu corrigiren:
S. 741 Z. 14 v.o. lies Thingmuli für Pingmüli.
„143 „ 6v.u.lies Svinaskard für Soinaskard.
„ 143 „ 4v.u.lies Moskardshnukr für Maskordshnükr.
„143 „ 3v.u.lies Svinadalr für Goinadalr.
„ 745 „ 19 v.o.lies Thyrill für Pyrill.
„ 162 „ 12 v.o. lies Drapuhlidarfjall für Drapulidarfjall.
„ 164 „ 8v.o. lies Dyrafjördr für Dyrarfjördr.
„ 164 „ 16v.o.lies Thöreyjargnupr für Poreyjagnüpr.
792
9. Diluviales aus der Gegend von Neu- Amsterdam.
Von Herro F. J. P.van CALker ın Groningen.
Für unsere Kenntniss der nordeuropäischen Diluvialbil-
dungen und namentlich auch für das Studium der Verbreitung
der nordischen Geschiebe, sowie wegen der darauf basirten
Schlussfolgerungen ist es wünschenswerth, von möglichst vielen
Localitäten der nordeuropäischen Glacialgebiete sichere Anga-
ben über die Bodenverhältnisse und die vorkommenden charak-
teristischen Geschiebearten zu besitzen. Von diesem Gesichts-
punkte aus dürfte auch die Mittheilung folgender Notizen
bezüglich eines von mir besuchten Aufschlusses im südöstlichen
Theile der Provinz Drenthe gerechtfertigt sein. Die Nachricht,
dass dort die Kanalgrabung, durch welche die „Hoogereensche
vaart“ in östlicher Richtung nach der deutschen Grenze weiter-
geführt wird, einen Durchschnitt durch den „Londsrug* ge-
liefert habe, veranlasste mich im vorigen Jahre eine Excursion
dorthin, in die Gegend von Nieuw-Amsterdam und Erica zu
machen. Mit dem Namen „Londsrug“ bezeichnet man nämlich
dort, ebenso wie bekannter Weise bei Groningen, eine sehr
schwach rückenförmige Erhebung, nur ist dieselbe viel unbe-
deutender, wie der Groninger Hondsrug. Noch einen Honds-
rug“ finden wir in Drenthe weiter nördlich, worauf die Orte
Exlo und Valthe liegen. Diese mit demselben Namen „Honds-
rug* bezeichneten schwachen Erhebungen bilden eine mehr
oder weniger zusammenhängende Kette, die sich in der Rich-
tung von Nordnordwest nach Südsüdost, von Groningen bis in
den südöstlichen Theil von Drenthe, fortsetzt und deren nord-
östlicher Abfall im Allgemeinen steiler ist, als der flacher aus-
laufende südwestliche.e Darauf sowohl als auf die gleiche
Hauptrichtung dieser und anderer hügeliger Erhebungen in den
Provinzen Groningen und Drenthe machte schon STARING !)
aufmerksam. In Anbetracht dieser Richtungsverhältnisse und
des uns aus dem Groninger Hondsrug bekannten Vorkommens
von Geschiebelehm und Geschiebeablagerungen liest der Ge-
danke nahe, dass man es hier mit Moränen zu thun hat, und
so gewinnen diese hügeligen Erhebungen für uns ein höheres
1) W.C.H. Starıng, De Bodem van Nederland II, pag. 26 fi.
7933
Interesse. Die kleinen Ortschaften (Veenkolonien) Nieuw-
Amsterdam und Erica sind gleichsam Oasen in einer für den
Freund schöner Natur ebenso trostlosen als für den Besitzer
der Torfmoore viel versprechenden Gegend; denn soweit das
Auge reicht, breitet sich rings das Hochmoor fast ununter-
brochen bis zum Horizont aus; nur hier und da erblickt man
schwarze Torfhaufen oder eine kleine Hütte oder strecken-
weise braunschwarze ÄAbstiche, wo die Moorschicht für die Torf-
gewinnung abgegraben ist. Die Torfabgrabungen gewähren
interessante Einblicke in die Bildung der Moorschicht: stellen-
weise sieht man an deren Grunde hingestreckt ganze Baum-
stämme, vielfach ein Stück oberhalb der Wurzel abgebrochen,
und oft in grosser Anzahl, oder ihre Wurzeln in die unter-
liegende Sandschicht eingewachsen. An vielen Stellen erreicht
diese Torfschicht eine Dicke von 4 Meter. Unter derselben
und nur durch eine dünne Lage braunen Moorlandes davon
getrennt, liegt gelblicher diluvialer Sand. Die Oberfläche des
Sandes erreicht im Allgemeinen eine Höhe von 15 — 16 m
— AP und verläuft ebenso wie die braune Moorsandabgren-
zung im Ganzen horizontal. In der Strecke jedoch, wo der
Kanalgraben den Hondsrug in einer Breite von ungefähr 2500 m
durchschneidet, steigt die Sandschicht in verschiedenen Erhe-
bungen zu 183 —20 m — AP, so dass also die Oberfläche
der Moordecke mit stellenweiser Dicke von 4m im Hondsrug
eine Höhe von ca. 23 m + AP erreicht.!) Die Moorsand-
schicht erscheint aber hier nicht nur stellenweise gekrümmt,
wellenförmig oder wie gefaltet, sondern setzt auch sackförmig
in den darunterliegenden Sand oder Lehm hinein. Die oberste
Sandschicht ist meist fester und darauf folgt dann gewöhnlich
grünlich-grauer Lehm, der reich an Geschieben ist. Unter
letzteren befinden sich viele Blöcke von so bedeutender Grösse
(1—2 m Durchmesser), dass man sie erst sprengt, um sie ent-
fernen zu können. An einer Stelle sah ich den grünlich-
grauen Lehm unmittelbar unter dem Moorsande, während an
anderen Stellen der Sand in ihn überzugehen schien oder
ihn bankförmig umschloss. Wieder an einer anderen Stelle
lag zäher brauner Lehm bankförmig im Sande. Die Wasser-
füllung des Kanales hinderte leider weiteren Einblick; was
aber, wie eben kurz geschildert, zu sehen war, erinnerte
durchaus an Verhältnisse, wie sie auch im Groninger Hondsrug
vorkommen. Was im Besonderen den Geschiebe - führenden
Lehm betrifft, so enthält sowohl der grünlich- graue als der
") Diese Zahlenangaben verdanke ich ebenso wie kundige Führung
und gastfreundliche Aufnahme Herrn van HorLren Tor EcHTEN in
Nieuw - Amsterdam.
794
braune so wenig Calciumcarbonat, dass er mit Säure nicht
merkbar aufbraust. Der grünlich-graue Lehm ist besonders
reich an grobem und feinem Gesteinsdetritus und darum als
sandiger Lehm zu bezeichnen ; übrigens varlirt sein Sandgehalt,
und stellenweise geht er, wie schon oben bemerkt, in Sand
über; viel pflanzliche Fäserchen kommen in demselben vor. .
Zur näheren Charakterisirung der beiden Lehmarten füge ich
die Resultate der durch Siebsätze und Schlämmen mittelst des
ScHöne’schen Apparates ausgeführten mechanischen Analyse bei.
Grand Sand. Staub asien |
E CE 0.05 — elle
Gesteinsart. über | | 105-0052 oz Foo len
2-11-05|) % ' 00,1
a ER
Grünlich - ?
at an 3,12 58,69 360 153
Hondsrug 7 | a
östlich von 282 W 13.41
Nieuw-Amsterdam. i | 7 | LEO RED
Brauner Lehm. 1,54 46,95 10,24 | 38,86
Hondsrug —
östlich von 5 i
Nee meiden 1,07| 2,49 | 4,19 | 18,86 | 20,34
Aus dieser Aufstellung erhellt zur Genüge die Verschie-
denartigkeit der mechanischen Zusammensetzung der beiden
Lehmarten. Gleichartig erscheint dagegen im Allgemeinen ihre
gröbere qualitative petrographische Zusammensetzung, denn
man unterscheidet mit der Lupe in dem Sande von über Il mm
und von 1—0,5 mm Korngrösse beider Lehmarten Gesteins-
bröckchen namentlich von Granit und Gneiss, untergeordnet
auch von Porphyr und von dioritischem und diabasartigem
Gestein, ausserdem viel farblosen und weisslichen Quarz,
Feldspath und Feuerstein, während die feineren Sande haupt-
sächlich aus farblosem Quarz mit hellrothem Feldspath und
wenig dunklen Körnchen bestehen. Wenn es auch nicht in
meiner Absicht liegt, an dieser Stelle die fraglichen Gesteins-
arten eingehenderer Untersuchung zu unterwerfen, so möchte
ich doch durch das darüber Mitgetheilte meine Ansicht be-
gründen, dass der grünlich-graue Lehm das Product mehr oder
weniger starker Auswaschung und Umlagerung durch Schmelz-
wasser sei, der braune Lehm dagegen Reste des ursprünglichen
Moränenmergels repräsentire. Seine Aehnlichkeit mit ander-
795
weitigen Geschiebelehmen ist jedenfalls unverkennbar und
offenbart sich noch -ganz besonders in dem Einschluss nor-
discher Geschiebe.
Was nun die Geschiebe betrifft, welche durch die Kanal-
grabung in der durchschnittenen Strecke des Hondsrug östlich
von Nieuw-Amsterdam zum Vorschein kamen, so zeigen sie
die gewöhnlichen unregelmässigen kantenabgerundeten Formen
und besitzen sehr verschiedene Grösse, bis zu 1 m und dar-
über. An verschiedenen grossen Blöcken, wie u. a. an einem
Aland-Rapakivi und einem Block rothen quarzitischen Sand-
steins von ungefähr 1 m Länge, sowie an kleineren Kalkstein-
geschieben wurden abgeschliffene Flächen und Schrammen
bemerkt. Hinsichtlich der durch die Geschiebe repräsentirten
Gesteinsarten kann nur mitgetheilt werden, was die Musterung
der gerade umherliegenden Blöcke und nähere Untersuchung
einzelner charakteristischer Geschiebe ergab. Uebrigens wird
im Folgenden nicht sowohl eine vollständige und detailirte
petrographische Beschreibung der einzelnen Geschiebe beab-
sichtigt, als vielmehr nur eine so weit gehende Charakterisi-
rung, dass darnach die Aehnlichkeit mit dem einen oder an-
deren anstehenden Gestein oder Geschiebevorkommen erkannt
und beurtheilt werden kann.
Von einfachen Gesteinen waren Feuersteine am häu-
fissten, und zwar fanden sich ausser fettglänzenden gelblich-
und rauchgrauen bis schwarzen Feuerstein - Geschieben auch
matte hellgraue Blöcke, reich an Einschlüssen schön erhaltener
Echiniden. Letztere stimmen sowohl in Grösse und Gestalt
als in Anzahl der Ambulacral- und Interambulacral-Täfelchen
mit Ananchytes corculum überein. Zu den zahlreich vorkom-
menden Geschieben gehören ferner rothe und braune quar-
zitische Sandsteine. Von dieser Art ist auch der oben
erwähnte, ungefähr 1 m grosse, abgeschliffene und geschrammte
Block. Derselbe ist von violettrother Farbe mit mehr oder
weniger regelmässigen, rundlichen, gelben Flecken. Die Körner
(von 0,15 — 0,45 mm Grösse, selten kleiner oder grösser)
schliessen dicht an einander, doch sind deren Fugen durch
rothes und braunes Eisenoxyd deutlich markirt, so dass die
einzelnen Körner in ihren unregelmässigen, aber abgerundeten
Formen erscheinen. Die Quarzkörner erscheinen im Dünn-
schliff zum Theil ganz erfüllt mit feinen, nadelförmigen Mikro-
lithen, während andere parallel angeordnete, dunkle Einschlüsse
zeigen, und dazwischen einzelne Feldspathkörner mit paralleler
oder auch gitterförmiger Zwillingsstreifung vorkommen.
Von Kalksteinen fanden sich sehr helle, gelblich-graue,
beim Zerschlagen unter Stäuben zerfallende dichte Geschiebe
796
mit zum Theil geschrammter und gekritzter Oberfläche. Von
den bei Groningen so häufigen obersilurischen Kalkstein - Ge-
schiebearten, wie Choneten- und Beyrichienkalk, Korallenkalk,
Crinoidenkalk, sah ich hier Nichts.
Unter den genannten Gesteinen herrschen granitische Ge-
steine und Gmneisse vor. Von ersteren wurden namentlich
viele Geschiebe und grosse Blöcke von dem leicht kenntlichen
Charakter der Alandgranite und Aland -Rapakivi be-
merkt. Der Nachweis ihres Vorkommens auch an dieser Stelle
dürfte nicht ohne Interesse sein.
Durch ungewöhnliches Aussehen erregte ein grosser Gneiss-
block (1)) meine Aufmerksamkeit, mit abgerundeter, an einer
Seite eben abgeschliffener Oberfläche und mit feinkörnigen dunklen
und sehr grobkörnigen helleren Partieen. Die dunkleren Theile
zeigen in vielfachem Wechsel zierliche, feine, dunkle und helle
Lagen, von welchen die dunklen hauptsächlich aus bräunlich-
schwarzem Biotit, die hellen aus Quarz und ziemlich verwit-
tertem Feldspath bestehen, während beiderlei Lagen mit hell-
rothen Granatkörnern reichlich durchspickt sind. Letztere
erscheinen im Dünnschliff von unregelmässigen Sprüngen durch-
zogen und mit im Centrum zusammengedrängten Quarz- und
Flüssigkeitseinschlüssen erfüllt. Die helleren, grobkrystalli-
nischen Theile des Gesteinsblockes bestehen aus sehr schwach
röthlichem bis farblosem Quarz, der reich an Flüssigkeits-
einschlüssen ist, und sehr schwach grünlichgrau gefärbtem
Plagioklas mit schöner Zwillingsstreifung. Das Gestein zeigt
sowohl makroskopisch als mikroskopisch eine frappante Aehn-
lichkeit mit dem Gneiss von Gordela in Finnland.
Zu den häufiger vorkommenden Geschieben von kystalli-
nisch-massigen Gesteinen gehören recht dicht aussehende hell-
rothe und braune porphyrische Gesteine, welche den bekannten
Elfdalen-Porphyren gleichen. Ein hellrothes Quarzporphyr-
Geschiebe (2) dieser Art erwies sich auch mikroskopisch als
einem Mikrogranit von Bredbad (Elfdalen) hiesiger Sammlung
äusserst ähnlich. Die hellrothbraune Grundmasse hat das
Uebergewicht über die porphyrischen Einsprenglinge, sie löst
sich im Polarisationsmikroskop in ein körnig krystallinisches
Gemenge mit scharf conturirten, zum Theil schön polarisiren-
den Körnern auf, aber dennoch wird ihre nähere Untersuchung
durch die starke Eisenoxyd-Imprägnation erschwert. Von por-
phyrischen Ausscheidungen herrschen die Quarzeinsprenglinge
vor, welche bis 3 mm Grösse erreichen, mitunter mit ge-
!) Mit der hier und im Folgenden dem Namen des Geschiebes bei-
gefügten Nummer ist letzteres in der Groninger Sammlung bezeichnet.
197
stielter Einbuchtung von Grundmasse und manchmal reich an
hin und wieder auch geschaarten Flüssigkeitseinschlüssen.
Spärlicher sind die Orthoklaseinsprenglinge, meistens Karls-
bader Zwillinge, von 1,5—2 mm Länge, spaltrissig und mit
Eisenoxyd imprägnirt. Plagioklas wurde nicht bemerkt. Ferner
kommen noch weniger scharf begrenzte und braun umsäumte
Einsprenglinge eines grünlichen, nicht merkbar dichroitischen
Umwandlungsproductes vor, reich an körnigen Einschlüssen.
Dasselbe bildet auch, stellenweise mit Andeutung sehr fei-
ner Faserung, unregelmässig begrenzte Partieen in der Grund-
masse.
Ein bräunlichrothes Porphyrgeschiebe (3) erscheint auf
der Verwitterungsfläche gelblich- weiss gesprenkelt durch die
überaus zahlreichen Feldspath - Einsprenglinge und cavernös
in Folge der Auswitterung schmutzig grüner Einsprenglinge.
Diese beiderlei makroporphyrischen Ausscheidungen kommen
an Masse ungefähr der Grundmasse gleich. Quarz fehlt ma-
kroskopisch. Die Feldspatheinsprenglinge, von 1—3 mm, sel-
tener 5 mm Grösse, besitzen auf der frischen Bruchfläche eine
hellröthlich-gelbe oder schmutzig gelbliche Farbe. Im Dünn-
schliffe unterscheidet man dieselben als hellgraue, körnig-trübe
Orthoklase, die vielfach in Folge der Verwachsung mehrerer
Individuen eine sonderbare Gestalt zeigen, und als hellere
Plagioklaseinsprenglinge mit Zwillingsstreifung, welche reich an
Einschlüssen von sehr hellgrünlichen bis farblosen, schön pola-
risirenden Krystallkörnern sind. Die genannten grünen por-
phyrischen Ausscheidungen sind von Adern und Einschlüssen
durchzogen und erweisen sich stellenweise durch charakteri-
stischen Pleochroismus als Hornblende, während in anderen
Theilen die gelblich-grüne Masse, weder pleochroitisch, noch
von starker und nicht einheitlicher polarisirender Wirkung,
einem Umwandlungsproduct entspricht. Die Grundmasse, fein-
körniger als bei dem vorher beschriebenen Porphyrgeschiebe,
ist braunroth und wolkig durch die Eisenoxyd - Imprägnation
und deshalb schwer zu entwirren, erscheint jedoch mehr mikro-
granitisch als granophyrisch. Ausser opaken Erzkörnchen, die
namentlich in den Hornblende- und Orthoklaseinsprenglingen
vorkommen, wurde untergeordnet noch Epidot und Apatit
beobachtet. Dieses Gestein würde als ein Syenitporphyr
zu bezeichnen sein.
Ein anderes porphyrisches Geschiebe (6) erregte meine
Aufmerksamkeit durch die auf der schmutzig grauen Verwit-
terungsfläche durch rein weisse oder gelblich-weisse Farbe und
scharf begrenzte, rhomboidisch bis spindelförmige Gestalt sich
stark unterscheidenden Einsprenglinge, welche 2—3 em Länge
198
erreichen können. Auf der Bruchfläche erscheint die Grund-
masse des übrigens durch und durch verwittert aussehenden
Gesteins feinkörnig, schmutzig bräunlich oder röthlichgrau, die
genannten Einsprenglinge röthlichgrau mit glänzenden Spalt-
flächen. Das Geschiebe repräsentirt ein dm Rhomben-
p/orphyr von Christiania entsprechendes Gestein in stark
verwittertem Zustande. Die Aehnlichkeit mit letzterem be-
steht nämlich erstens in der charakteristischen Form der
Feldspatheinsprenglinge, welche überdies im Dünnschliff trübe
und mit winzigen Körnchen erfüllt, meist optisch einheitlich
wie Orthoklas erscheinen, aber theilweise auch entweder im
Innern durch sehr fein angedeutete Zwillingsstreifung oder auch
durch in Folge der Verwitterung weniger scharfe, durchlaufende
Streifen ihre Plagioklasnatur bzw. -Einschlüsse verrathen. ')
Zweitens ist das mikroskopische Bild der grobkrystallinischen
Grundmasse dem des Rhombenporphyrs überaus ähnlich, wenn
auch in Folge des hohen Grades der Verwitterung die sichere
Bestimmung aller einzelnen Componenten kaum möglich ist.
Am deutlichsten treten hervor: die trüben, einfachen Orthoklas-
°krystalle, der reichliche Magnetit, ein gelblich-grünes, körniges
oder feinfaseriges Umwandlungsproduct und viel Apatit in
feinen Nadeln und grossen, scharfbegrenzten, hexagonalen
Säulen bis zu 0,15 mm Durchmesser. Dies Geschiebe war
mir von besonderem Interesse, da ich ein ähnliches bei Gro-
ningen noch nicht gefunden hatte und darin ein neues Beispiel
vorläge von dem sporadischen Vorkommen des Rhomben-
porphyrs. Greschiebe dieses Gesteins kommen nämlich zwar
häufig in Jütland vor, sind aber übrigens, soviel mir bekannt
ist, immer nur ganz vereinzelt gefunden: so von HELLAND ’)
bei Hornsea an der Küste von Holderness und auf der Insel
Urk in der Zuidersee, von Ssögren°) auf Helgoland, von
Geisıtz *) im mecklenburgischen Diluvium. Ueberdies ist nicht
nur die geringe Stückzahl der Rhombenporphyr - Geschiebe
bemerkenswerth, sondern mehr noch der Umstand, dass man
an einzelnen Localitäten, wie der letztgenannten, ausser den-
a Een
!) F. ZırkeL, Die mikroskop. Beschaffenheit der Mineralien und |
Gesteine, 1873. — H. Rosensusch, Die Physiographie der massigen
Gesteine, pag. 133, 134. — A. E. Törnesonm, Geol. Fören i Stockh. |
Förh. Bd. II, pag. 322. |
2) Diese Zeitschr. 1879, pag. 68 u. 78.
3) Geol. Fören i Stockh. Förh. 1883, Bd. VI, 14 (No. 48), p. 716
—744. Ref. im N. Jahrb. 1884, II, pag. 393.
*) Archiv des Vereins der Freunde d. Naturgeschichte in Mecklen-
burg, XXXV, 1882.
799
selben keine anderen norwegischen Geschiebe gefunden hat.
Dass dies auch von unserer Localität gilt, möchte ich ver-
muthen, wage es aber nicht mit Bestimmtheit zu behaupten,
denn die von mir durchmusterten Stücke machen doch nur einen
kleinen Bruchtheil der Geschiebe aus, welche auf der selbst nur
kleinen Strecke des Kanaleinschnittes zum Vorschein gekom-
men sind; und wenn nun auch darunter keine anderen nor-
wegischen Gesteine erkannt wurden, so beweist das noch nicht,
dass solche im Allgemeinen im Hondsrug fehlen. Ueberhaupt
ist aber das erratische Zusammenvorkommen von norwegischem
mit schwedischem und sogar finländischem Gestein eine mit
Rücksicht auf die Erklärung des Geschiebetransportes sehr
beachtenswerthe Erscheinung, zumal wenn glaciale Oberflächen-
beschaffenheit der Geschiebe die Annahme eines längeren
Wassertransportes ausschliesst.
Von diabasartigen Gesteinen wurde ein Geschiebe (4)
näher untersucht, welches auf der Oberfläche hell grünlichgrau
und in Folge der Verwitterung der Plagioklaskrystalle weiss
gesprenkelt und cavernös erscheint, während die frische Bruch-
fläche dunkelgraugrün, körnig krystallinisch ist. Das mikro-
skopische Bild des Dünnschliffes zeigt Plagioklassäulen, welche
unter schiefen Winkeln aufeinander treffen, mit scharfer, schö-
ner Zwillingsstreifung oder auch nur mit Zwillingsnaht, theils
frisch, theils etwas getrübt, in den Zwischenräumen und ge-
staltlich von deren Form abhängig, hell bräunlichgelben Augit
und viel hellgrüne, feinfaserige Zwischendrängungsmasse. Letz-
tere zeigt vielfach innige Beziehung zum Augit, denselben um-
säumend oder in Spaltrissen sich hineinziehend, dringt aber
auch manchmal in die Plagioklasleisten ein; sie ist entweder
wirrstängelich oder feinfaserig bis fast structurlos, in den mitt-
leren Partieen hellbläulich oder gelblichgrün, der Saum dunkler
grün und mehr stängelig krystallinisch, im polarisirten Lichte
ein Eisblumen -ähnliches Mosaik liefernd. Vielfach liegen in
der grünen Zwischenmasse opake, rhomboedrisch begrenzte
Erztheilchen (Titaneisen), und öfters kann man beobachten,
wie von deren Räudern feine Faserstrahlen mit der Faserrich-
tung folgenden, kleinen und sehr kleinen Erzkörnchen ausgehen,
wodurch man den Eindruck erhält, dass hier ein genetischer
Zusammenhang besteht. Ausserdem kommen noch grüne Ein-
sprenglinge vor, manchmal mit parallel angeordneten Körnchen-
einschlüssen erfüllt, welche sich durch charakteristischen
Pleochroismus unterscheiden und als Hornblende zu erkennen
geben.
Als untergeordnete Gemengtheile sind zu nennen: Magnetit,
Apatit, Olivin. Das Gestein des vorliegenden Geschiebes ent-
Zeitschr. d.D. geol. Ges. XXX V11.3. 46
Ss00
spricht wohl anı meisten TÖRNEBOHRM'S ') Typus des Hellefors-
Diabas, von welchem Geisitz?) auch im mecklenburgischen
Diluvium Repräsentanten fand.
Schliesslich soll noch ein Gabbro-artiges Geschiebe (5)
von recht charakteristischem Habitus erwähnt werden. Seine
Oberfläche erscheint zum grössten Theile weiss in Folge der
Verwitterung der die Hauptmasse des Gesteins ausmachenden,
meist einige Centimeter grossen Feldspath- Gemengtheile, mit
schmutzig dunkelgrünen Schmitzen. Auf dem frischen Bruche
unterscheiden sich von matt graugrünen, dicht aussehenden
Partieen (Saussurit) gleichfarbige, glänzende Spaltungsflächen
(Labradorit), die bis zu 3 cm Länge erreichen und schon dem
unbewafineten Auge feine Zwillingsstreifung erkennen lassen.
Dazwischen kommen hie und da dunkelschwarzgrüne, faserige
Partieen (Hornblende) und schmutzig schwärzlichbraune, plat-
tenförmige Massen (Diallag) und untergeordnet schwarze Erz-
körner (Magnetit) vor. Im Dünnschliff giebt sich der Feldspath
durch seine prächtige Zwillingsstreifung als Plagioklas zu er-
kennen, während die reichlichen, parallel angeordneten, fein
nadelförmigen Interpositionen ihn als Labradorit kennzeichnen.
Innig damit durch Uebergänge verbunden, nur noch hie und
da von undeutlichen Zwillingsstreifen durchzogen, erscheint,
wohl als Umwandlungsproduct des Labrador-Feldspathes, eine
feinkörnige Masse, entsprechend den makroskopisch scheinbar
dichten, matten Theilen (Härte = 6—7), welche als Saussurit
gedeutet wurde. Die Hornblende, durch Aggregation, Spaltrisse
und Pleochroismus charakterisirt, ist reich an Magnetitkörnern
und schliesst Apatitsäulen ein, deren scharf sechsseitige Quer-
schnitte bis za 0,45 mm Grösse erreichen. Letztere, von ein-
zelnen bräunlichen Sprüngen durchzogen und mit sehr kleinen
Flüssigkeitseinschlüssen, finden sich auch im Labradorit. Der
Diallag von einheitlich lebhafter Polarisation, nicht pleochroi-
tisch, umsäumt von stark pleochroitischer Hornblende, erscheint
besonders regelmässig und scharf gestreift, so dass die ein-
zelnen Streifen fast den gleichen Abstand von 0,01 mm von
einander besitzen. Zwischen diesen dickeren braunen Linien be-
merkt man bei starker Vergrösserung weniger regelmässig gerad-
linige und abgebrochene feinere, gelbgrüne Fasern. Dieses
Streifensystem wird schiefwinklig durchsetzt von parallel an-
geordneten Interpositionen, welche gleichsam ein System we-
.») Kongl. Svenska Vetensk. Akad. Handl. XIV, 1877. — N. Jahrb.
f. Min 1877, pag. 258 u. 379.
°®) F. E. Gemttz, Die skandinavischen Plagioklasgesteine und Pho-
nolith aus dem mecklenburgischen Diluvium. Nova Acta der kaiserl.
Leop -Carol. Deutsch. Akad. der Naturf. Bd. XLV, No. 2, 1882.
AR
niger scharf begrenzter, abgebrochener Querbalken bilden, deren
Richtung mit der Faserrichtung des Hornblendesaumes über-
einstimmt.
Faserige oder stengelige, blaugrüne oder gelblichgrüne
Aggregate, welche stellenweise die Hornblende umringen oder
auch selbstständig vorkommen, unterscheiden sich von der
Hornblende durch Mangel oder sehr geringen Grad von Pleo-
chroismus und gehören wohl einem secundären Producte an.
Die Gesteinsart des vorliegenden Geschiebes, welche ich als
Saussurit-Gabbro bezeichnen möchte, wage ich nicht mit
dem einen oder anderen bekannten Gabbro - artigen (restein,
wovon mir Beschreibung oder Vergleichsimaterial zu Gebote
stand, zu identificiren; indessen stimmt dasselbe wohl in man-
chen Punkten mit Saussurit- und Smaragdit-Gabbro-Geschieben,
welche Geisıtz!) aus dem mecklenburgischen Diluvium be-
schrieben hat, überein.
Während wir in dem Geschiebelehm mit seinen nordischen
Geschieben, welche auch Spuren glacialer Wirkung an sich
tragen, sprechende Zeugen dafür erblicken , dass auch diese
Stelle einst das Gletschereis der Eiszeit trug, kann auch ein
faunistisches Beweisstück angeführt werden für den Charakter
der Thierwelt, die nach Rückzug des Eises hier lebte, lange
bevor die im Moore begrabenen Wälder vegetirten. Kurz vor
meinem Eintreffen hatte man nämlich an einer nicht weit
entfernten Stelle, bei einer Ausgrabung für eine Schleuse bei
dem benachbarten Stieltjeskanal, einen Fund gemacht, der
sogleich als Backenzahn eines Mammuth erkannt wurde. Der-
selbe war ungefähr 2 m tief im Sande gefunden worden, der
selbst von einer 2,70 m dicken Torfschicht bedeckt war, und
wurde dem Provinzial-Museum von Alterthümern in Assen als
Geschenk überwiesen. Er ist von Herrn Dr. H. Harroca Heys
VAN ZOUTEVEEN ’) daselbst beschrieben. Da ich mich für den
Mammuthzahn nicht nnr wegen seiner Bestimmung, sondern
auch wegen einiger Krystalle, die ich an demselben bemerkt
hatte, interessirte, so erhielt ich denselben durch die Freund-
lichkeit das genannten Herrn später noch einmal zu näherer
Untersuchung nach Groningen. Die dunkelblauen Krystalle
erwiesen sich als Vivianit, wofür ich sie auch gleich anfangs
gehalten; einer derselben ist 5 mm lang, ein anderer 7 mm
lang und 4,5 mm dick. Wiewohl glänzende Flächen an letz-
terem vorkommen, so war doch eine krystallographische Be-
stimmung wegen starker Streifung und unvollkommener Ent-
wickelung nicht ausführbar.
Dna2r 0. pag. 67, 68.
*) Provineiale Drentsche en Asser Courant, Jaarg. 61, No. 226.
46”
802
Ausser diesen einzelnen Krystallen kommen noch nadel-
förmig oder stengelig krystallinische Krusten von Vivianit vor,
welche beiderseitig die Emailplatten bedecken.
Was nun den Zahn selbst betrifit, so erkannte ich ihn
als zweiten wahren Molar des Unterkiefers von Zlephas pri-
migenius, zu welcher Deutung auch Herr van ZOUTEVEEN ge-
langt war. Wegen der Seltenheit derartiger Funde im hiesigen
Diluvium schien es mir geboten, dieses Vorkommens Erwäh-
nung zu thun, umsomehr als gerade Mammuthreste für die
Charakterisirung einzelner Sue des Diluviums "besonders
wichtig sind.
808
B. Briefliche Mittheilungen.
1. Herr Tan. Egertr an Herrn E. Kayser.
Ueber ein Kohlenvorkommen im westpreussischen
Diluvium.
Neuenburg, den 9. August 1885.
Bei der Untersuchung des linken Steilufers der Weichsel
unterhalb des Städtchens Neuenburg stiess ich auf ein un-
zweifelhaft diluviales und zwar interglaciales Kohlenlager. Das-
selbe besitzt nur eine geringe Mächtigkeit (ca. 1 Decimeter)
und wird von Spathsand bedeckt, welcher mehrere, nur wenige
Centimeter starke Thonbänkchen einschliesst. Bis jetzt gelang
es mir nur an zwei, ca. 1 Kilom. von einander entfernten
Punkten diese Kohle nachzuweisen. An dem südlichen der-
selben, an der Mündung der Hübschmann’schen Parowe in das
Weichselthal, bildet eine kaum 1 Decim. mächtige Geröll-
schicht das Liegende der Kohle, worunter dann direct Ge-
schiebemergel folgt. An dem nördlichen Aufschluss, an der
sogen. Hunds-Parowe, findet sich statt des Gerölllagers Spath-
sand unter der Kohle und dann der Geschiebemergel, der an
der Aufschlussstelle verrutscht, aber wenige Schritte davon
aufgeschlossen ist und sich dann gleichmässig bis zu dem
südlichen Punkt verfolgen lässt.
Die Stellung und das Alter der Kohle ergiebt sich aus
folgendem, an dem hiesigen Steilufer beobachteten Profil. Es
liessen sich von oben nach unten nachweisen:
Oberes Diluvium: durehsehnittlich
a. Geschiebemergel . . » 2 2 20202..2-3 m
Unteres Diluvium:
b. Geschiebefreior Thonmergel Genen) 0,5—1 „
c. Spathsand . . 1—1,5 „
d. Geschiebemergel . » 2 202020020. 2—8 „
804
e.. Spathsand .... . 0 20.00 0.0 0 0 sm
f. Thonmergel, geschiebefrei (Bänderthon) 3—4 „
g. Spathsand mit Ten AN =
h. Konle. BERGEN: DR
i. Gerölllager (bezw. Spathsand) . 0,1 (bz20 Sy)
k. Geschiebemergel . . en
l. Geschiebefreier Thonmergel 1
m. Spathsand ;...'3::.1E. are. 0:5
n. Geschiebefreier Thonmergel ON
0. Spathsand 2: na. ve 0,4 „
p- Geschiebemergel . . . .'. . .» 25 1»
Die Gesammtmächtigkeit der Schichten beträgt durch-
schnittlich 30— 40 m. Von diesen Schichten enthalten c, d,
e, i und k marine Fauna.
Dem Anschein nach haben die Kohle sowie ihr Liegendes
und Hangendes ihren Absatz in einem nicht sehr ausgedehnten
Becken gefunden, da nördlich wie südlich der genannten Punkte
keine Spur dieser Ablagerungen beobachtet wurde; vielmehr
liegt dann durchgängig der Thonmergel (fi) direct auf dem
Geschiebemergel (k).
Allerdings muss ich hinzufügen, dass gewaltige Schichten-
faltungen das geologische Bild z. Th. verworren machen und
ein weiteres Studium derselben zur Beurtheilung der gene-
tischen Beziehungen der Kohle nöthig ist.
2. Herr G. Berenpr an Herrn HAUcCHECOoRNE.
Das unterdiluviale Alter
des Joachimsthal-Oderberger Geschiebewalles.
Joachimsthal, den 11. August 1885.
Mit dem Fortschreiten der Specialaufnahmen gegen Nor-
den, auf Section Joachimsthal, beginnt bereits ein erfreuliches
Licht in die bisher noch immer fraglich gebliebene Stellung
des grossen Joachimsthal-Chorin-Liepe-Oderberger Geschiebe-
walles zu kommen. Die gegenwärtig günstigen Aufschlüsse
einiger der Joachimsthaler Steingruben lassen keinen Zweifel |
mehr obwalten über die Zugehörigkeit des genannten Ge-
schiebewalles zum Unteren Diluvium. Die einfache Mitthei-
lung der betreffenden Profile genügt zum Beweise des Gesagten. |
805
Die längs der Chaussee vom ersten bis zum zweiten
Chausseehause südlich Joachimsthal sich hinziehenden Stein-
gruben bieten gegenwärtig keine sonderlichen Aufschlüsse. Der
Hauptbetrieb geht im Augenblicke auf dem, von genanntem
zweiten Ohausseehause südlich der Joachimsthaler Mühle in
westöstlicher Richtung sich erstreckenden Theile des Zuges um.
Tescuae's Steingrube, OSO. unweit gen. Chaussee-
hauses geht mit einem beinahe schachtartigen Tagebaue etwa
16 m senkrecht in den Steinwall nieder. Nach Durchsinkung
von etwa 3 m der Steinpackung des Geschiebewalles wurde
eine ungefähr ebenso mächtige Einlagerung echten schwarz-
blauen Unteren Diluvialmergels getroffen. Unter dieser, in
nichts, auch nicht einmal im Geschiebereichthum, sich von dem
gewöhnlichen Unteren Geschiebemergel unterscheidenden Ein-
lagerung sind sodann noch etwa 8—10 m derselben Geschiebe-
packung aufgeschlossen und gegenwärtig Gegenstand der Ge-
winnung. Nach der südlichen Seite der Grube zu keilt sich
der Untere Geschiebemergel aus und senkt sich dementsprechend
der obere Theil des Geschiebelagers, während die dadurch
entstehende KEinsenkung durch regelrecht geschichtete feine
Spathsande bis zur Horizontale der Erdoberfläche, also auf
2 bis 3 m, ausgefüllt ist.
Wenn es in diesem Falle noch zweifelhaft bleiben konnte,
ob die letztgenannten Sande regelrechter Unterer Diluvialsand
sind und nicht, wie es die Feinheit des Kornes zulassen würde,
Jüngere, die Vertiefung ausfüllende Flugsande, so wird solches
‚bei der folgenden Grube durch Einlagerung kleiner Grand-
schichten in dem regelrecht geschichteten Spathsande gänzlich
ausgeschlossen.
Die Lüpecxk’sche Grube, hart an der NO- Grenze
des Jagen 109 der königl. Forst gelegen, zeigt nämlich ausser
derselben, das unterdiluviale Alter des Geschiebelagers allein
schon beweisenden, zwischen 2 und 5 m schwankenden Ein-
lagerung charakteristischen blaugrauen Unterer Diluvialmergels,
welche, soweit nicht Abrutsch sie verdeckt, durch die ganze
806
über 150 m lange Grube zu verfolgen ist, eine bis zu 4 m
mächtige, bei Einebenung der Oberfläche in einer flachen
Mulde des Geschiebelagers auf demselben liegen gebliebene
Folge Unteren Diluvialsandes (Spathsandes), so dass der in
Rede stehende Beweis hier doppelt geführt ist.
MARSCHNER’s Steingrube endlich, am NO-Ende des
Jagens 100, zeigt als Bestätigung der vorgenannten Aufschlüsse
dieselbe Einlagerung einer etwa 2—3 m mächtigen Bank Un-
teren Diluvialmergels, jedoch nur eine Bedeckung von 0,5 —
l m eines unreinen Geschiebesandes. In beiden Gruben findet
ebenfalls ein Auskeilen des eingelagerten Geschiebemergels nach
Süden zu, d. h. also in einer mit der Längsrichtung des Ge-
schiebewalles parallelen Linie statt, denn die südliche Wand
der Grube lässt nichts mehr von der Einlagerung erkennen. !)
Es ist hier nicht der Raum, weitere Schlussfolgerungen
daran zu knüpfen und behalte ich mir, bei der grossen Trag-
weite, welche die in Rede stehende Thatsache für das Ver-
ständniss des norddeutschen Diluviums hat, weitere Mitthei-
lungen vor. Einen Gedanken aber regt die mitgetheilte Beob-
achtung in Verbindung mit der mir speciell hochinteressanten
De Geer’schen Abhandlung über die zweite Ausbreitung des
skandinavischen Landeises?) in zu mächtiger Weise an:
Wie, wenn nun die grossartigen Endmoränen der sich
zurückziehenden ersten Vereisung, als welche wir den in Rede
stehenden Geschiebewall, oder vielmehr die drei parallelen,
allein schon von Borz seiner Zeit über 200 Kilom. weit ver-
folgten, die ganze Breite der mecklenburg - uckermärkischen
Seenplatte einbegreifenden Geschiebezüge ansehen müssen, uns
nur deshalb so frisch und unbedeckt erhalten wären, weil dieser
ganze Landrücken und ebenso der seine Fortsetzung bildende
pommersche, wie endlich der preussische Landrücken in ihren
höheren Theilen als ebenso viele Inseln aus der zweiten
Vereisung hervorragten? Die Wege der letzteren wären durch
die Senken längs Oder- und Weichselthal deutlich genug
gewiesen. Der Umstand aber, dass immer wieder und wieder
1) Zwei der oben beschriebenen schönen Profile (das erste und
zweite) sind jetzt, während diese Zeilen zum Drucke kommen, gänzlich
zerstört. Bereits Anfang October, als ich auf Wunsch einer Anzahl,
namentlich auswärtiger Collegen im Anschluss an den internationalen
Geologen-Congress eine Excursion mit denselben auch zu diesen Punkten
machte, waren die im Sommer frisch abgestochenen Grubenwände durch
Zusammenbruch und Verrutschen nur noch bruchstückweise in ihren
Aufschlüssen erhalten. Um so erfreulicher ist es, dass genannte Ex-
cursion noch im Stande war sich von den oben beschriebenen That-
sachen zu überzeugen, die vielleicht Jahre oder Jahrzehnte lang nicht
wieder so klar festgestellt werden können.
2) Siehe diese Zeitschrift.
807
der geschiebereiche Untere Mergel mir hier auf diesen Höhen-
zügen begegnete, während der Obere Mergel zu fehlen schien,
die Frage also, ob wir es nicht auf diesen Höhenzügen überall
nur mit Unterem Diluvium zu thun haben, hat mich schon
seit Jahren immer von neuem beschäftigt, so dass mir die
Aussprache des eben dargelegten Gedankens wie ein erlösen-
des Wort erscheint, das mir manches Räthsel löst, dessen
Richtigkeit ich allerdings in der Folge zu prüfen bezw. zu
beweisen haben werde.
3. Herr RıcHuarp Wacner an Herrn E. Kayser.
Ueber neuere Versteinerungsfunde im Röth und
Muschelkalk von Jena.
Zwätzen bei Jena, den 24. September 1885.
Nachdem ich die hiesige Trias seit einer Reihe von Jahren
in paläontologischer Hinsicht eifrig durchforscht, ist es mir
gelungen eine Anzahl von Fossilien theils neu aufzufinden,
theils in einer weiteren verticalen Verbreitung anzutreffen, als
man für dieselben hierorts bisher angenommen hatte. Es sind
dies ausser manchen anderen hauptsächlich folgende Reste:
l. Encrinus gracilis v. Bucn. Bis jetzt noch nicht
von hier bekannt. Ich fand denselben schon 1881 innerhalb
linsenförmiger Kalkanschwellungen am Westabhange der’Korn-
berge bei Jena, ungefähr in der Mitte des unteren Wel-
lenkalkes. Die langen zierlichen Stiele tragen Cirren,
deren gewöhnlich drei aus einem Verticillengliede entspringen.
Die Glieder sind im unteren Theile des Stengels rund und weiter
hinauf pentagonal und nahe der Krone in der Grösse doppelt
alternirend.. Die Kronen, von denen drei vollständig sind,
während von den meisten nur die Patinen sich finden, zeichnen
sich durch Grösse der äusseren Basalglieder aus, die gegen die
Radialia bedeutend differiren. Die Kronen unterscheiden sich
durch diesen Bau wesentlich von den oberschlesischen Vor-
kommnissen. Auf Encrinus gracilis sind jedenfalls auch zurück-
zuführen kleine, bis 2 mm breite Trochiten, die im Rosenthal
bei Zwätzen in einer Höhe von 38 m über der unteren Grenze
des unteren Wellenkalks (der hier 67 m erreicht) den wulsti-
gen Kalkschiefern eingelagert sind und von mir auch am Apol-
daischen Steiger bei Jena beobachtet wurden.
2. Encrinus aculeatus v.Mryer. Anden Steilabfällen
des unteren Wellenkalkes lassen sich mehrere Trochitenkalke
808
verfolgen, die lithologisch und paläontologisch zusammengehörig
erscheinen. Sie besitzen ein conglomeratisches Aussehen und
führen neben zahlreichen anderen, theilweise sehr gut erhal-
tenen Resten (z. B. Östrea exigua Der.) eine grosse Menge
gut erhaltener Trochiten von der gewöhnlichen Beschaffenheit,
sowie Kronentheile. Im Rosenthale bei Zwätzen lagern diese
Trochitenkalke in Höhen von 43,5, 46, 59, 60,5 m über der
unteren Grenze des unteren Wellenkalks, bezüglich 23,5,
19, 8, 6,5 m unter dem den unteren Wellenkalk scharf nach
oben abgrenzenden Terebratulakalk. Ueber die Zugehörigkeit
dieser, schon seit längerer Zeit bekannten Urinoidenreste zu
einer bestimmten Species des Genus ncrinus war nichts be-
kannt. Im Frühjahre 1883 ist es mir gelungen, in einer dieser
Trochitenbänke, die in einer Tiefe von circa 8 m unter dem
Terebratulakalk am Steilabsturz des Hummelsberges bei Jena
zu Tage ausstreicht, eine namentlich in ihren unteren Par-
tieen sehr gut erhaltene Krone aufzufinden. Der Bau der
Patina und der Arme zeigt ihre Zugehörigkeit zu Enerinus
aculeatus. Mit dieser Krone zusammen fand sich eine winzig
kleine, die ich für einen Jugendzustand von Encrinus aculeatus
halte, ausserdem auf derselben Platte noch einige Exemplare
von dem kleinen Spirifer hirsutus.
3. Ophiura loricata GoupF. (Hemiglypha loricata PoH1..).
Von dieser Ophiure war seit längerer Zeit bekannt das durch
v. Hagenow als .:spidura Ludeni (Palaeontogr. I, pag. 21 u.
22, t. 1) beschriebene und abgebildete Unicum, dem aber der
stratigraphische Nachweis fehlte. Ich fand Ophiura loricata
auf den unteren Wellenkalk beschränkt und zwar in
vier Horizonten:
a) 20 m über der unteren Grenze des unteren Wellen-
kalkes in einer festen bläulichen Bank in zwei Exemplaren,
zusammen mit Cidaris grandaevus, Hyboduszähnen und runden
Crinoidengliedern.
b)c) d) Ungefähr in der Mitte des unteren Wellenkalkes
am Westabhange der Kernberge bei Jena. Hier ist sie ein-
geschlossen in linsenförmige Anschwellungen, die sich auf drei,
je ca. 5 m Verticalabstand besitzende Züge vertheilen. Im
untersten dieser Züge liegen kleinere Exemplare, im mitt-
leren zahlreichere und grössere Exemplare, die Erhaltung ist
meist mangelhaft. Ich besitze aus diesem Zuge ein Exemplar
von ausgezeichneter Schönheit, sichtbar von der Ventralseite,
das Pendant zu Hagexow’s Aspidura Ludeni, welche von der
Dorsalseite entblösst ist.
Im obersten dieser drei Züge liegt Ophiura loricata in
den schon erwähnten Linsen zusammen mit Znerinus gra-
a
809
cilis, Ophiura prisca und einzelnen Stücken von Ammonites Buchü.
Ich entdeckte hier zwei Linsen von 1 m Durchmesser und 0,3 m
Höhe, die von Encrinusresten förmlich strotzten, dazwischen
zahlreiche Ophiuriden, von welchen allerdings wegen der Zart-
heit der Objecte bei der Ausbeutung Vieles verloren ging.
4. Ophiura prisca GoLpFr. (Amphiglypha prisca PonHL.).
Von dieser Ophiuride fand ich ein sehr zierliches Exemplar
schon 1881 am Südabhang der Kunitzburg zusammen mit pen-
tagonalen Trochiten, welches der unteren Hälfte des unteren
Wellenkalkes zu entstammen scheint. Ferner kommt sie,
wenngleich seltener, in den Kernbergen im Ophiuridenzuge
d, vergesellschaftet mit Ophiura.loricata, Encrinus gracilis und
Ammonites Buchü vor. Bemerkenswerth ist eine grössere Platte
meiner Sammlung, die neben zahlreichen Exemplaren von Oph.
loricata einige Exemplare von O.prisca und ein wohlerhaltenes
Individuum von Ener. gracilis (Säule mit Cirren und Krone) trägt.
5. Ammonites Buchii v. Aus. Dieser, seit ScHnmip
(Geognost. Verhält. d. Saalthales bei Jena) aus den Cölestin-
schichten von Wogau bei Jena bekannt gewordene und durch
Dunger (Pal. I, pag. 335, t. 42) beschriebene und abgebil-
dete Amimonit ist nicht auf die Cölestinschichten, welche
hierorts die Sohle des Muschelkalkes repräsentiren, beschränkt.
Schon 1880 fand ich ihn im unteren Wellenkalke von Zwätzen,
Seitdem habe ich sein Vorkommen constatirt:
a) Im Röth. Ein undeutliches ISruchstück, in Gyps
versteint, stark abgerieben, daher die Lobenlinien nur Wellen-
linien bildend, fand ich zu meiner Ueberraschung am 5. Sept.
d. J. in der Gypsregion des Röths auf einem grossen Gyps-
blocke beim Thalstein, am Nordwestabhange des Jenzig bei
Jena. Am 12. Sept. entdeckte ich im ockergelben Röthdolomit
bei Kunitz (unweit Jena) ein grösseres ausgezeichnetes Stück.
Die Wohnkammer fehlt; die letzte sichtbare Windung hat die
bedeutende Höhe von 42 mm. Die Lobenlinien sind ausge-
zeichnet sichtbar, variiren aber im Vergleich mit anderen Vor-
kommnissen aus dem Muschelkalke. Dieser Dolomit, der
ausserdem die typischen Röthfossilien Myophoria fallax und
M. elongata und auch Saurierreste einschliesst, lagert nicht
weit über der Gypsregion des Röth.
b) Im Muschelkalke:
1. Cölestinschichten von Jenapriesnitz, Wogau
Zwätzen (schon länger bekannt).
2. Im unteren Wellenkalk. Hier fand ich seine
Lagerstätte in vier Horizonten und zwar in der
Höhe von 7, ca. 23, 24 und 28 m über der un-
teren Grenze des unteren Wellenkalkes.
810
Vor einigen Wochen traf ich in 7 m Höhe Amm. Buchü
in der reingewaschenen Erosionsfurche des Rosenthales bei
Zwätzen auf dünnen, flaserigen Kalkschiefern, vergesellschaftet
mit undeutlichen Steinkernen von Thracia mactroides in zwei
überraschend kleinen Exemplaren von 25 mm Durchmesser.
In ca. 23 m Höhe ist er ziemlich häufig in zwei Bänken
von 2 cm Mächtigkeit, die nur durch eine dünne Lettenlage
getrennt sind, an der Viehtreibe bei Zwätzen. Durchmesser
im Allgemeinen 50 — 60 mm. Mit ihm zusammen kommen
hier vor: Ostrea multicostata, Pecten laevigatus, Gervillia socialis,
Pholadomya Schmidi, Lima lineata und siriata, Myophoria laevi-
gata, Natica gregaria, Dentalium laeve.
Ca. 24 m hoch, also nur 1 m höher, fand ich an dem-
selben Orte in einer festen Bank voll resorbirter Conchylien-
reste ein kleines Bruchstück von Amm. Buchü. Wahrscheinlich
stammt aus dieser Bank auch ein schönes Exemplar, welches
‚ich als Geschiebe im Rosenthale fand.
In 38 m Höhe fand ich ein Exemplar im Rosenthale bei
Zwätzen in demselben dickflaserigen Kalkschiefer, der die klei-
nen, auf Encrinus gracilis zu beziehenden Trochiten enthält.
An den Kernbergen traf ich Amm. Buchü, wie bereits
erwähnt, in Begleitung von ZEncrinus gracilis und Ophiuriden
in den oben erwähnten lenticulären Einlagerungen, ungefähr in
der Mitte des unteren Wellenkalkes.
6. Lima Beyrichi Eck. Diese durch Eck zuerst aus
Oberschlesien (Form. d. bunten Sandst. u. Muschelk. in Ober-
schlesien pag. 52, t. 1, f. 7) aus den Schichten von Chorzow
beschriebene zierliche Lima-Art entdeckte ich in diesem Som-
mer beim Suchen nach Amm. Buchiü ebenfalls an der Viehtreibe
bei Zwätzen zwischen den ca. 29 u. 24 m hoch ausstreicken-
den Bänken mit Amm. Buchi in einer festen, 4cm mächtigen
Bank, zusammen mit Dentalium laeve und kleinen undeutlichen
Gastropoden. Die Exemplare sind etwas kleiner als die von
Eck beschriebenen oberschlesischen (grösste Höhe 10 mm);
im Uebrigen aber stimmen die Gestalt, die concentrischen
Anwachsstreifen, die feine, nur unter der Lupe wahrnehmbare
radiale Streifung mit Eck’s Beschreibung und Abbildung völlig
überein.
Verleihen diese Vorkommnisse schon an sich unserem
Jenenser unteren Wellenkalke ein grosses paläontologisches
Interesse, so wird dieses noch gesteigert durch die in dem-
selben vorkommenden zweifellosen Fossilien des oberschlesischen
unteren Muschelkalkes: Encrinus gracilis, E. aculeatus, Lima
Beyrichi.
|
|
sll
C. Verhandlungen der Gesellschaft.
l. Protokoll der Juli - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 1. Juli 1885.
Vorsitzender: Herr Beyrıch#.
Das Protokoll der Juni- Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell-
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr stud. jur. MARDERSTEIG in Weimar,
vorgeschlagen durch die Herren SCHLÜTER, KAYSER
und Danmss;
Herr J. Francıs WırLıaus, Salem, New York, z. Z. in
Göttingen,
vorgeschlagen durch die Herren v. Koenen, KLeın
und BEUSHAUSEN;
Herr GEore Wunpr, kgl. Württembergischer Eisenbahn-
Inspector in Schorndorf,
vorgeschlagen durch die Herren Fraas, BAUER
und Koca;
Herr Vıora, Ingenieur aus Turin, z. Z. in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren BEeyYrıch, Weıss
und Danss;
Herr E. Koca, Verlagsbuchhändler in Stuttgart,
vorgeschlagen durch die Herren Daues, Tenne
und Koken.
Herr Reıss besprach sodann die geologisch-geographischen
Verhältnisse der durch Auex. v. Humsonpr als Provincia de
los Pastos bezeichneten Gegend der Cordilleren Peru’s und
Columbiens.
812
Ferner legte Redner ein eigenthümliches Product eines
der Kratere des Cumbal vor; dasselbe besteht aus Schwefel-
kugeln, die im Innern hohl sind und einen kleinen Kanal
besitzen, durch welchen der innere Hohlraum mit aussen com-
municirt. Diese Bildungen dürften dadurch entstanden sein,
dass sich Schwefeldämpfe um Wasserkugeln sublimirten und
dass dann das Wasser durch den kleinen Kanal verdunstet
ist. Das Product tritt am Fusse des Kraters in solcher Menge
auf, dass man bis über die Knöchel in demselben waten muss.
Herr Küca legte zunächst eine Anzahl von Handstücken
eigenthümlich gefleckter, gebänderter und schiefe-
riger Andesit- Laven aus der Reıss’schen Sammlung vor.
Derartige Laven, die von v. Frirsch und Reıss Eutaxit
genannt wurden und eine dem bekannten Piperno analoge
Ausbildungsweise besitzen, kommen an den vulkanischen Ber-
gen der südamerikanischen Anden allenthalben vor. Dieselben
werden Gegenstand einer späteren ausführlichen Behandlung
sein, sobald sich die betreffenden Untersuchungen auf das
ganze umfangreiche Material der Sammlung erstreckt haben
werden.
Sodann zeigte der Vortragende einen durch Fumarolen
verkieselten Pyroxen - Andesit des Vulkans von Pasto (El
Galera) im südlichen Colombia vor. Das weisse, poröse, leicht
mit den Fingern zerreibliche Gestein zeigt noch fast unver-
ändert die ursprüngliche Structur der Lava; man glaubt noch
wirkliche Feldspath - Einsprenglinge eingebettet in der fein-
porösen Grundmasse wahrzunehmen. .Sehr interessant ist das
Bild, welches ein Dünnschliff des Gesteins liefert. Schon mit
der Lupe erblickt man die wasserklaren Durchschnitte ehema-
liger Feldspäthe.e. Unter dem Mikroskop unterscheiden sich
diese im gewöhnlichen Licht kaum in irgend etwas von
Schnitten ganz frischer mikrolithischer Plagioklase; selbst die
Form der ursprünglichen Glaseinschlüsse erkennt man nicht
selten noch, und man ist in der That auf's Höchste erstaunt
zu finden, dass diese Durchschnitte ohne jede Einwirkung auf
das polarisirte Licht sind. Die Feldspäthe sind zu farbloser,
amorpher, wasserhaltiger Kieselsäure, zu Opal pseudomorpho-
sit. Auch die ehemaligen Feldspathmikrolithe der Grund-
masse bieten das gleiche Bild. Die übrige Masse des Gesteins
wird von fast farblosem, nur ganz schwach gelblich ange-
hauchtem Opal gebildet. Solche Schnitte, die sich als ehe-
maliger Pyroxen deuten liessen, sind nicht vorhanden. Der
letztere Gemengtheil ist einer vollständigen Zerstörung anheim-
gefallen, und an seine Stelle sind gewiss viele der Poren des
auch vielleicht ursprünglich schon etwas porösen Gesteins
getreten. Dieser Umstand ist deshalb bemerkenswerth, weil
813
es so leichter verständlich wird, dass durch die den Fumarolen
entströmenden Wasser- und Säuredämpfe die Lava in der
Weise pseudmorphosirt werden konnte, dass trotz der Aus-
laugung der Basen keine Volumverminderung, namentlich der
Feldspathformen stattfand, indem die Kieselsäure des Pyroxens
zur Opalisirung des übrigen Gesteins mitverwandt werden konnte.
Die chemische Analyse ergab: 85,97 pCt. SiO,, 10,26 pCt.
H,O (Glühverlust), 2,36 pCt. Al,O,. CaO, MgO und die Al-
kalien bilden den geringen Rest. Ausserdem gab der Auszug
mit Salpetersäure eine schwache Reaction auf Chlor.
Die von v. Fritsch und Reıss auf Tenerife beobachtete
verkieselte, phonolithische Lava (Geolog. Beschreib. der Insel
Tenerife. Winterthur 1868, p. 336) unterscheidet sich chemisch
von diesem Gestein wesentlich durch den Gehalt an Eisen
(bis 4 pCt. FeO), welches hier nur in kaum nachweisbaren
Spuren vorhanden ist.
Endlich kam noch ein eigenthümlicher Kieselsinter, gleich-
falls aus dem Gebiet des Vulkans von Pasto zur Besprechung,
welcher sich als Absatz einer warmen Quelle bildet und ein
ganz merkwürdiges, Obsidian- bis Pechstein-artiges Aussehen
besitzt. Die kaffeebraune Farbe des Gesteins rührt gewiss
von geringen Beimengungen organischer Substanz her, da sich
der Sinter vor dem Löthrohr weiss brennt. Die Analyse
ergab: 93,40 pCt. SiO, und 4,23 pCr. Glühverlust. Quali-
tativ wurde noch CaO nachgewiesen.
Herr REmErE sprach zunächst unter Vorlegung zahlreicher
Belegstücke über das Vorkommen des schwedischen Cysti-
deenkalks unter den märkischen Geschieben. Es sind Ge-
steine von sehr verschiedenem petrographischem Habitus, welche
meistens Üystideen, namentlich Echinosphaeriten in grösserer
oder geringerer Häufigkeit enthalten. Folgende Abänderungen
lassen sich bis jetzt unterscheiden:
l) Graugrüner, plattiger Echinosphaeritenkalk
(ef. Festschrift der Forstakademie Eberswalde, 1880, pag. 204)
mit Echinosphaerites aurantium WAHLENB. sp., grossen Ortho-
ceren, Chasmops Odini Eıcnaw. und wohl auch conicophthalmus
SARS u. BoEcK sp., Cybele Wörthü Eıchw. sp. etc.; fast nur
in der unmittelbaren Umgebung von Eberswalde bekannt, dort
aber gemein,
2) Hellgrünlicher, dichter Echinosphaeriten-
kalk, ganz erfüllt mit Zchinosphaerites aurantium; nicht eben
häufig bei Eberswalde und Heegermühle.
3) Krystallinischer Cystideenkalk von Böda,
ein aschgrauer, vorwiegend mittelkörnig-krystallinischer Kalk-
stein mit Echinosphaerites aurantium, Chasmops conicophthalmus,
814
Jllaenus oblongatus Anc. etc., der (nach Horm) mit Sicherheit
von der angegebenen Oertlichkeit auf Oeland herzuleiten ist;
Eberswalde, Oderberg i.d.M.
4) Gelblichgrauer, dichter Cystideenkälk mit
Chasmops conicophthalmus, Illaenus oblongatus, Monticulipora
(Dianulites) Petropolitana PaxdEer, Caryocystites yranatum W AH-
LENBERG SP. U.S.w.; Eberswalde, Heegermühle.
5) Theils schwarzer, theils unrein rother Kalk-
stein mit Platystrophia lyne Eıchw. (biforata SCHLOTA. ),
Bryozoen etc., nach Horm gleich einer Varietät des Oystideen-
kalks am Mösseberg in Westgothland; Eberswalde.
Die drei ersten Abarten sind nach den Angaben des
Vortragenden bereits in der ersten Auflage von „BERENDT u.
Damzs, Geognostische Beschreibung der Gegend von Berlin“,
1880, pag. 83 u. 84, sub 4, a—c mitgetheilt worden, die
beiden anderen neu hinzugekommen. Auch für diejenigen Ge-
steine, bei denen die Herkunft nicht speciell angegeben ist, hat
man im Allgemeinen Schweden als Heimath anzunehmen, sicher
für No. 4; nur bei dem ersten Gestein könnte auch ein Ööst-
licher gelegenes Gebiet in Betracht kommen.
Derselbe Redner zeigte sodann ein bei Grünau unweit
Köpenick im Diluvialgrand gefundenes Geschiebe vor, durch
welches sich zum ersten Male die Etage des schwedischen
Trinucleusschiefers, und zwar deren untere Abtheilung,
unter den Diluvialgeröllen der Mark Brandenburg vertreten
erweist. Das Stück besteht aus einem aschgrauen, dichten
Kalkstein mit sehr kleinen Glaukonitkörnchen und enthält
ein jugendliches Kopfschild von Trinucleus seticornis Hıs. (1. e.
Trin. affinis Ane.); seine Heimath dürfte in Dalekarlien zu
suchen sein.
Endlich wurden von dem Vortragenden drei bei Ebers-
walde gefundene Geschiebe mit schön erhaltenen Exemplaren
von .Belemnites Westfalicus ScHLürT. vorgelegt, das eine aus
Bornholmer Grünsandstein, das zweite aus Arnagerkalk, das
dritte aus einem etwas glaukonitführenden lockeren Kreide-
mergel bestehend.
Herr Weiss referirte unter Vorlage des neuesten grossen
Werkes von D. Stur, Die Carbonflora der Schatzlarer Schich-
ten, Wien 1885, über diese Arbeit, die die I. Abtheilung des
II. Bandes seiner Beiträge zur Kenntniss der Flora der Vor-
welt bildet.
Im Anschluss an diese Vorlage zeigte der Redner eine sehr
gute Photographie von Pecopteris Pluckeneti vor, welche die
von STERZEL beschriebene Fructification vortrefflich erkennen
lässt, wonach Sterzen die Gattung Dicksonütes nennt.
815
Hierauf besprach Derselbe eine Reihe von Stammresten
aus der Steinkohlenformation von Westfalen, die sich als Sigil-
laria minutifolia BouLay bestimmen. Die Stücke rühren von
Herrn Werpskıap in Witten her, der sie an 3 Fundorten sam-
melte und grosse Aufmerksamkeit dabei bewiesen hat. Denn
es ist diejenige Art, welche die kleinsten Blattnarben (1 —
1'/);, mm) besitzt, so unscheinbar, dass man sie sehr leicht
übersieht. Sie gehört der Abtheilung Leiodermaria an, die
Stücke stimmen z. Th. vollkommen mit denen von Bovuay,
z. Th. variiren sie beträchtlich trotz der Kleinheit der Narben.
Zur Erläuterung wurden eine Anzahl Zeichnungen vorgezeigt,
wobei auch die nicht ganz vollständige Darstellung von BouLAy
ergänzt werden konnte.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V W. OÖ.
BeyricH EwAL». TennE.
2. Protokoll der August - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 5. August 1885.
Vorsitzender: Herr Bevkrich.
Das Protokoll der August-Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell-
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr WırrLıam B. Crark aus Brattleboro, Vermont,
N.-Amerika, z. Z. in München,
vorgeschlagen durch die Herren ZırteL, RorH-
PLETZ und v. AMMoN;
Herr Dr. Mor. Worrr, königl. Berg-Assessor zu Char-
lottenburg,
vorgeschlagen durch die Herren Krockmann,
HaAUcHECoRNE und TennE;
Herr Medicinalrath A. Hepınger in Stuttgart,
vorgeschlagen durch die Herren Fraas, BEYrICH
und Danues.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VII. 3. 47
316
Herr Gorrsche sprach über die Wirbelthierfauna des
miocänen Glimmerthones von Langenfelde bei Altona. Nach
den bisherigen Aufsammlungen umfasst dieselbe 23 Arten,
nämlich: 8 Selachier, 7 Teleostier, 2 Phociden, 1 Squalodon,
2 Ziphius, 1 Balaena und 2 Wasservögel. Diese letzteren
beanspruchen ein gewisses Interesse, da aus den marinen
Tertiärschichten Norddeutschlands noch keine Vogelreste be-
kannt geworden sind.. 3 Humerus- und 1 Ulna-Frament ge-
hören zu den Alcidae und zwar der Grösse nach am ehesten
zu Uria (Lumme); der obere Theil einer Tibia hingegen
dürfte zu den Procellariae zu stellen sein, wahrscheinlich zu
Diomedea (Albatros) — einem alten Typus, der nach Owen
bis in das Eocän (Argillornis), vielleicht sogar bis in die
Kreide (Cimoliornis) zurückreicht.
Herr TEense sprach über die schillernden Obsidiane des
Cerro de las Navajas (cf. diese Zeitschrift pag. 610).
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
z V, W. [07
Beyriıch. BRANCOo, Dames.
Druck von J. F. Starcke in Berlin.
Er
ET
Zeitschrift
Deutschen geologischen Gesellschaft.
4. Heft (October, November und December 1885).
A. Aufsätze.
l. Trichasteropsis eilicıa QUENST. sp. aus nord-
deutschem Muschelkalk.
Von Herrn H, Eck ın Stuttgart.
Hierzu Tafel XXXIV.
Herr Senator H. Ramer in Hildesheim hatte die Güte,
dem Verfasser einen im Muschelkalk von Wehmingen (eine
Stunde westlich von der an der Eisenbahn von Hildesheim
nach Lehrte gelegenen Station Sehnde) aufgefundenen Seestern
zur Bestimmung anzuvertrauen, wofür demselben der Verfasser
auch an dieser Stelle den besten Dank auszusprechen nicht
verfehlen will. Höchst wahrscheinlich stammt das Stück aus
den Schichten mit Üeratites nodosus.
Der Seestern (Taf. XXXIV, Fig. 1— 2) ist ganz vom
Gestein befreit, so dass Rücken- und Bauchseite frei liegen.
Er gehört der Art Trichasteropsis cilicia Quesst. sp. an. Das
Verhältniss des Scheibenradius zum Armradius (auf der Rük-
kenseite gemessen) ist 22:48 mm = 1:2,18. Die Breite
eines der 5 Arme an der Basis (auf der Rückenseite von
einem Armwinkel zum anderen) beträgt 25 mm, an der stumpf
gerundeten Spitze etwa 10 mm.
Die Bauchseite (Taf. XXXIV, Fig. 2) ist flach und
lässt breite Ambulacralrinnen erkennen, deren Ränder auf der
Mitte der Scheibe etwa 5 mm von einander abstehen und
nach dem Centrum derselben stärker, nach der Armspitze
schwächer convergiren. Im Grunde derselben erkennt man an
3 Armen in der Mitte beziehungsweise am Ende derselben
einen Theil der Ambulacralplatten, welche 1 mm lang sind
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XXXVII. 4. 48
818
(das Wort Länge im Sinne der Armerstreckung genommen).
Ihre beiderseitlichen Hälften sind an den Rändern, mit wel-
chen sie in der mittleren Längslinie des Armes zusammen-
stossen, in einander gezähnt, zeigen jederseits eine seichte
dreieckige Vertiefung für den Ansatz der ventralen Quer-
muskeln und bilden durch Verschmälerung auf jeder Seite eine
Porenreihe, ganz entsprechend der Darstellung in Fig. 26 auf
Tat. 92 ın Quexsteor’s Petrefactenkunde Deutschlands, Ab-
theil. I, Bd. IV, Leipzig, 1874—76. Die Ambulacralrinnen
werden jederseits von einer Reihe oblonger Adambulacral-
platten eingefasst, von welchen jedoch nur diejenigen des
äusseren Armtheils deutlich sichtbar sind. Sie haben bis kurz
vor der Armspitze eine Breite von 3,9 mm, eine Länge von
1 mm, werden an der Spitze selbst schmaler und kürzer, con-
vergiren, stossen schliesslich zusammen und biegen sich hier
nach aufwärts, wie dies Quensteor's Fig. 25 a.a. OÖ. erkennen
lässt. Die Adambulacralplatten sind in der Längsrichtung
etwas gewölbt, parallel derselben gekerbt, erscheinen hierdurch
geperlt, und es fügt sich in der Mittellinie an sie ein Kamm
von schräg nach auswärts gerichteten Stacheln und Schuppen
an. Bei den der Armspitze näher liegenden Adambulacral-
platten werden sie bis zu 1,5 mm lang, reichen von der Mittel-
linie einer Platte bis zu derjenigen der folgenden, alterniren
hier mit den Stachelchen des nächsten Kammes und verdecken
daher nicht nur die Grenzlinie zwischen zwei aufeinander fol-
genden Adambulacralplatten, sondern würden bei vollständiger
Erhaltung die letzteren ganz oder zum grössten Theile der
Beobachtung entziehen, wie dies stellenweise auch wirklich der
Fall ist. An den dem Munde näher liegenden Adambulacral-
platten werden die Stacheln bis zu 3 mm lang und verdecken
dieselben ebenfalls vollständig. Die auf eine Adambulacral-
platte kommende Zahl derselben ist nirgend mit Sicherheit zu
ermitteln. Sie hat bei den der Armspitze näher gelegenen
Platten mehr als 7, vielleicht bis zu 11 betragen. Ob längs
der Ambulacralrinnen Reihen von Furchenpapillen vorhanden
gewesen sind, lässt sich am vorliegenden Exemplare nicht be-
stimmt erkennen.
Vor dem Armende schiebt sich unter der fünfletzten dorsalen
Randplatte zwischen die letzteren und die Adambulacralplatten
eine Reihe kleiner ventraler Randplatten ein (so wie dies
Qussstepr’s Fig. 24 a. a. O. und ferner die von dem Verfasser
gegebene Fig. 3c auf Taf. IV von Bd. 31 dieser Zeitschrift
erkennen lässt); doch ist dieselbe an dem scharfen Rande
nicht ringsum beobachtbar, vielmehr ebenso wie die mehr nach
dem Centrum hin gelegenen Adambulacralplatten und das Ge-
täfel zwischen letzteren und den ventralen Randplatten dicht
819
mit Stacheln bedeckt (ähnlich wie bei Quexstenpr's Fig. 23
a.a.0.), welche bis zu 3 mm lang sind. Da diejenigen auf
den inneren Adambulacralplatten dieselbe Länge erreichen, so
tragen nicht die „Saumtafeln am Aussenrande die längsten
Stacheln“.
Die Rückenseite (Taf. XXXIV, Fig. 1) ist offenbar nur
durch den Druck des aufgelagerten Gesteins flach und wird
von dorsalen Randplatten eingefasst. Die 6 an der Armspitze
gelegenen sind fast oblong, am Aussenrande nur wenig breiter
als am Innenrande; von ihnen haben die von der Armspitze
aus 4te, Ste und 6te eine Breite von 5, in der Mitte eine
Länge von 2 mm und sind die grössten von allen. Von ihnen
aus nehmen die Randplatten nach der Armspitze und nach
dem Armwinkel hin an Grösse ab. Die 7te und te haben
eine dreieckige Form. Diese der Armspitze näheren 8 Rand-
platten liegen neben einander. Von den nach dem Armwinkel
hin noch weiter vorhandenen 8 abwechselnd kleineren und
grösseren ruht dagegen jede mit ihrem aboralen Theile der
nach der Armspitze hin folgenden auf (vergl. für alle diese
Verhältnisse des Verfassers Figuren 3a, Sb u. 3c a.a.0. und
Quenstepr’s Fig. 19 a.a.0.). Die 8 äusseren Randplatten sind
gekörnt und tragen an der zur Armspitze hin gelegenen Grenze
eine Reihe kurzer Stacheln (vergl. des Verfassers Fig. 3a
a.a. O.); ebenso sind die 6te und die weiter nach dem Arm-
winkel hin folgenden in ihrem äusseren und vorderen Theile
mit kurzen Stacheln besetzt.
Zwischen der letzten rechten und linken dorsalen Rand-
platte und der letzten rechten und linken Adambulacralplatte
ist an der Armspitze eine kleine Terminalplatte (Augenplatte)
vorhanden (Taf. XXXIV, Fig. 1a). Sie würde deltoidförmig
gestaltet sein, wenn nicht der rechte Winkel, welchen die bei-
den kürzeren Seiten einschliessen würden, durch einen gerun-
deten Ausschnitt abgestumpft wäre. Die beiden längeren
Seiten des Deltoids liegen den letzten dorsalen Randplatten,
die beiden kürzeren den letzten Adambulacralplatten an; der
spitze Winkel zwischen jenen ist der Mittellinie der Arm-
rückenseite, der ihm gegenüberliegende Ausschnitt der Am-
bulacralrinne zugekehrt.
Unter der Reihe der dorsalen Randplatten liegt in den
gerundeten Armwinkeln noch eine weitere Reihe kleiner Plätt-
chen, welche sich hier zwischen die dorsalen und ventralen
Randplatten einschiebt, und welche sich bis zum vorderen
Ende der 6ten dorsalen Randplatte erstreckt. Ausser dem
Plättchen im Armwinkel selbst sind an einem Arm 5 sichtbar,
so dass im Ganzen in einem Armwinkel mindestens deren 11
vorhanden sein dürften. Eine entsprechend gelegene, aus 9°
48°
820
Täfelchen bestehende Plättchenreihe hat Herr Quensteprt bei
einem aus süddeutschem Muschelkalke stammenden Exemplare
von Trichasteropsis cilicca angegeben!) und wurde von dem
Verfasser auch bei Trichasteropsis Senfti beobachtet. )
Im Centrum der Rückenseite ist eine kesselförmige Ver-
tiefung von 7 mm Durchmesser vorhanden, welche jedoch
grossentheils mit (kesteinsmasse ausgefüllt ist, so dass ein
Urtheil darüber, ob hier ein After vorhanden war, nicht ge-
wonnen werden kann. An der Peripherie dieser Vertiefung
sind in der Mittellinie der Arme die 5 „klaffenden Knochen,
welche Aehnlichkeit mit ungestielten Pedicellarien zeigen“,
beobachtbar, wie sie auf Herrn Qurxstenr’s Figuren 19, 22
und 280 a.a.O. dargestellt sind, und welche in Folge eines
Durchdrückens des den Mundplatten correspondirenden grossen
Ambulacralbeins am inneren Ende der Ambulacralplattenreihe
durch die Rückenhaut auf der Dorsalseite sichtbar werden.
Auflagernde Plättchen des dorsalen Perisoms weisen darauf
hin, dass sie dasselbe nicht eigentlich „durchbrachen“, sondern
sich nur auf der Aussenseite desselben abdrückten. (Mehr ist
hier von der Ambulacralplattenreihe nicht sichtbar und er-
scheint auf Quessteor’s Figuren 19 und 22 nur in Folge einer |
Fortführung der Rückenseiten - Täfelung.)
In einem Armwinkel liegt die grosse, ovale, sich etwas
über die Oberfläche erhebende Madreporenplatte, deren Um-
fang mehrere Einbuchtungen beobachten lässt. Sie erreicht
mit dem verschmälerten Ende die dorsalen Randplatten und
kehrt das breitere der centralen Vertiefung zu. Der in dieser
Richtung gelegene längere Durchmesser beträgt 11 nım, die
grösste Breite, bestimmt durch eine in etwa '/, seiner Länge
gezogene Normale, etwas über 6 mm. Die Oberfläche der
Platte ist mit zahlreichen, ein Labyrinth von Furchen zwischen
sich lassenden Runzeln bedeckt, welche vielfach gewunden von
der Mitte der Platte nach dem Rande strahlen.
Von der centralen Vertiefung zieht in den Radien zu den
Armwinkeln (Scheibenradien) je eine Reihe von Kalkstücken
bis zu den dorsalen Randplatten in den Armwinkeln hin, die
Lage der inneren radialen Septen andeutend, welche den Raum
zwischen Magen und äusserem Perisom in 5 radiale Fächer
theilen; in demjenigen Radius, in welchem die Madreporen-
platte gelegen ist, wird diese Reihe von ihr unterbrochen.
Ausserdem ziehen, nahe am Rande der centralen Vertiefung
beginnend, Plättchenreihen in der Mittellinie der Arme bis
!) Vergl. pag. 70 und Fig. 280 a. a. O. und Handbuch der Petre- |
factenkunde, 2. Aufl, Tübingen, 1867, pag. 711.
>) Diese Zeitschrift Bd. 31, 1879. Heft 2, pag. 264.
821
zur Armspitze (längs der Armradien).. Senkrecht zur Arm-
radiusreihe, und zwar vom Anfangsplättchen und von weiteren
Täfelchen derselben, welche durch nach aussen abnehmende
Abstände von einander entfernt sind, ziehen Plättchenreihen
gleichzeitig nach rechts und links anfangs nach der Scheiben-
radiusreihe, weiter vorn nach derjenigen der dorsalen Rand-
platten hin, so dass eine annähernd oblonge Anordnung der
Kalkstücke entsteht, wie sie in Quexstepr’s Figur 280 a.a.0.
und in des Verfassers Figuren 3b und 3d a.a. 0. angedeutet
ist. Fünf solcher Oblonge lassen sich an einem der Arme
beobachten. Nicht deutlich erkennbar ist dagegen an dem
vorliegenden Exemplare die Anordnung der quer zur Arm-
radiusreihe stehenden Plättchen in der Nähe der Armspitze;
was jedoch davon erkennbar ist, deutet darauf hin, dass die-
selbe hier mit der von dem Verfasser a. a. O. in Fig. 3b an
einem Arme von Crailsheim beobachteten übereinstimmt. Die
Form der Anfangsplättchen in der Armradiusreihe ist eine
dreihörnige; an ihre Fortsätze legen sich die Nebenstücke der
Armradiusreihe und der nach den benachbarten Scheibenradien
abgehenden Plättchenreihen an. Die Form derjenigen Täfel-
chen in den Scheibenradienreihen und derjenigen weiteren in
den Armradiusreihen, von welchen die Nebenreihen ausgehen,
und welche über die übrigen Plättchen etwas hervorstehen, ist
eine, vierhörnige (vergl. Quensteonr’s Figur 19r a.a.0., wo
indessen die Seiten des Vierecks tiefer eingeschnitten darge-
stellt sind, als dies bei dem vorliegenden Exemplare der Fall
ist), und es fügen sich an ihre 4 Fortsätze die Nachbarstücke
der Nebenreihen und der Arm- beziehungsweise Scheiben-
radienreihe an. Die Verbindungsstücke zwischen denselhen
sind länglich und in der Mitte höher als an den beiden Enden.
Die Form der Plättchen in der Armradiusreihe an der Spitze
der Arme ist dagegen eine kreisförmige (vergl. QULENSTEDT'S
Fig. 19 a. a. O. und des Verfassers Fig. 3b a.a.0.). Dass
die Armradiusreihen nicht genau in der Medianlinie der Arme
liegen, ist gewiss nur eine Folge des Umstands, dass die ur-
sprünglich wenigstens in der Scheibe etwas gewölbte Rücken-
seite des Seesterns durch die sich auflagernde Gesteinsmasse
niedergedrückt wurde. In den Feldern zwischen den hervor-
tretenden Plättchenreihen - Oblongen ist noch eine grosse An-
zahl von Füllplättchen vorhanden, ohne dass es gelänge, eine
bestimmte Anordnung derselben zu erkennen. Ebenso liegen
vielfach kurze Stachelchen herum; im Vergleich zur Bauchseite
war die Rückenseite jedoch nur wenig bestachelt.
Ein Vergleich der im Vorstehenden angegebenen Eigen-
schaften mit denjenigen, welche die in Süddeutschland vorge-
kommenen Exemplare der von Herrn Quessteor als Asterias
822
cilicia, von dem Verfasser als Trichasteropsis cilicia Quenst. sp.
bezeichneten Art erkennen lassen, ergiebt, dass die Zugehörig-
keit des hier beschriebenen Seesterns zu dieser Art einem
Zweifel nicht unterliegen kann. Der von dem Verfasser ge-
wählte Gattungsname soll einerseits die Aehnlichkeit der fos-
silen Form mit der lebenden Gattung Asteropsis zum Ausdruck
bringen und andererseits auf die an einen „Haarteppich“ erin-
nernde gedrängte Bestachelung der Bauchseite hindeuten.
Ein weiteres Exemplar einer aus norddeutschem Muschel-
kalk stammenden, in Chausseebaumaterial aufgefundenen Asterie
wurde im Jahre 1879 durch Herrn Levın bei der Versamm-
lung der Deutschen geologischen Gesellschaft in Göttingen
vorgelegt. ) Mittheilungen über die Eigenschaften und eine
Artbestimmung wurden jedoch nicht bekannt gemacht und über
das Vorkommen ward nur angegeben, dass „in dem Stein-
bruch, aus welchem das den Seestern enthaltende Material
stammt .. als Grenzschicht zwischen Encriniten- und Nodosen-
kalk die Discites - Schicht vorliegt“, ohne dass der Ort, wo
dieser Steinbruch sich befindet, bezeichnet worden wäre. Herr
v. Ka&sen erkannte später die Zugehöriokeit zu Trichasteropsis
cilicia QUENST. sp. und hatte die Güte, dem Verfasser das
Stück zur Vergleichung mitzutheilen.
Das Verhältniss des Scheibenradius zum Armradius ist
15 : (mindestens) 27” mm = 1:1,8. Der Seestern liegt mit
der Rückenseite auf dem Gestein auf, so dass nur die Bauch-
seite desselben beobachtbar ist. Da bei dieser Lage die zahl-
reichen Stacheln, welche sie bei völlig unversehrter Erhaltung
bedecken, von den einwirkenden Wassern fortgeführt worden
sind, lässt derselbe das Getäfel der Bauchseite wohl erkennen
und zeigt die gleiche Erhaltungsweise und dieselben Eigen-
schaften, wie sie das von dem Verfasser a.a. O. in Fig. 3 dar-
gestellte Exemplar von Crailsheim beobachten lässt. Vor-
treffliich zu erkennen sind: die stumpfe Rundung der Armenden;
die breiten Ambulacralfurchen ; die aus 2 seitlichen gegenstän-
digen Hälften bestehenden Ambulacralplatten; die durch Ver-
schmälerung derselben entstehende, trotz der Breite der Am-
bulacralrinnen einfache Porenreihe jederseits; die geperlten
Adambulacralplatten, von welchen an einem Arme mit nicht
ganz unversehrter Spitze 32 gezählt werden können, und von
welchen die beiden ersten, benachbarten Armen angehörigen,
dreieckig gestalteten in den einspringenden Mundecken mit
einer Dreiecksseite zusammenliegen, die übrigen mit oblongem
Umriss eine Uebereinstimmung in der Länge (das Wort im
») Vergl. diese Zeitschrift, Bd. 30, pag. 539.
Sinne der Armerstreckung genommen) mit den einzelnen Glie-
dern der Ambulacralplattenreihe erkennen lassen; ferner die
Reihe der ventraien Randplatten mit ihren nach den Arm-
winkeln allmählich breiter werdenden Tafeln, welche durch ein
kleines unpaares Plättchen zwischen den inneren Enden der
beiden mittelsten Täfelchen in 2 symmetrische Reihen getheilt
werden; die sich ihr nach innen anschliessende gleich beschaf-
fene, nur früher endende Reihe; die ihr folgende dritte, in
welcher die unpaare Platte etwas grösser ist als ihre Nachbar-
platten, und welche neben derselben nur noch höchstens 4
Plättchen jederseits enthält; ein einzelnes Täfelchen als An-
deutung einer vierten innersten Reihe im Winkel zwischen
den aneinanderstossenden Adambulacralplattenreihen zweier be-
nachbarter Arme, neben welchem wohl noch ein paar weitere
Plättchen vorhanden gewesen sein dürften; sodann die Tä-
felchenreihe in den Armwinkeln zwischen ventralen und dor-
salen Randplatten; endlich Theile der Stachelkämme, welche
sich an die Adambulacralplatten anfügten, und viele bis zu
3 mm lange, isolirt umherliegende Stacheln als Reste der
ehemaligen allgemeinen Stachelbedeckung der Bauchseite.
Einer Mittheilung des Herrn v. Kanen zufolge stammt
das Stück „ohne Zweifel aus den unteren Thonplatten |[d. h.
dem unteren Theile der Schichten mit Ceratites nodosus], die
auf dem Hainberge |bei Göttingen] in den Steinbrüchen mit
dem Trochitenkalk gewonnen werden.“
Hiernach sind aus oberem Muschelkalke bisher bekannt
geworden:
' Trichasteropsis cilicia QuEnst. sp. Vergl. die Angaben
über Synonyme, Fundschichten und Fundorte, welchen
letzteren nunmehr Wehmingen und der Hainberg bei Göt-
tingen hinzuzufügen sind, in dieser Zeitschrift Bd. 31,
pag. 265 — 266.
2. Trichasteropsis Senfti Eck aus Trochitenkalk der Gegend
von Eisenach. Verel. a.a. O. pag. 263 — 267, Taf. IV,
Fig. 4, Aa und 4b.
Den a. a.O. pag. 265 aus unterem Muschelkalk erwähn-
ten Asterien wäre der von Herrn GreEgE im Muschelsandstein
von Merzig (am Wege nach dem Kreuzberg) und von Trem-
mersdorf aufgefundene Seestern hinzuzufügen. !)
Im Anschluss an die erwähnten Vorkommnisse aus nord-
deutschem Muschelkalk sei ferner in Fig. 3 auf Taf. XXXIV
die Darstellung eines in den Schichten mit Ceratites nodosus
1) Erläuterungen zur geologischen Specialkarte von Preussen und
den Thüringischen Staaten Bl. Merzig. Berlin, 1880; pag. 8.
824
von Hemmersheim in Württemberg aufgefundenen Stückes ge-
geben, welches das königl. Naturalien - Oabinet in Stuttgart
aufbewahrt, und dessen Benutzung Herr FrAas in dankens-
werther Weise gestattete. Vier jüngere Individuen von Tri-
chasteropsis cilicia QuENST. sp. lassen die Rückenseiten beob-
achten. Das Verhältniss des Scheibenradius zum Armradius
ist bei einem Exemplare 9:19 mm = 1:2,1; bei einem an-
deren 10:22 mm = 1:2,2. Sehr deutlich sind hier zu beob-
achten: die Wölbung der Scheibe mit flacher centraler Ver-
tiefung; bei dem einen Exemplare 12 dorsale Randplatten,
von welchen die 6 inneren vom Armwinkel aus bis zur sechs-
letzten allmählich an Grösse zunehmen und in der oben ange-
gebenen Weise dachziegelig auf einander liegen, die übrigen
neben einander liegen und von der drittletzten an nach der
Armspitze hin an Grösse wieder abnehmen; bei einem etwas
grösseren Exemplare 14 dorsale Randplatten, indem sich zwi-
schen die te und 4te und zwischen die 4te und dte je eine
kleinere Randplatte eingeschaltet hat; die Körnelung und der
Stachelkamm an der aboralen Grenzlinie der dorsalen Rand-
platten; die ovale Madreporenplatte mit mehrfach gebuchtetem
Rande und vielfach gewundenen, vom Centrum ausgehenden
Runzeln; die Plättchenreihen in den Scheibenradien, welche
bis in den Mittelpunkt der centralen Vertiefung verfolgbar
sind; die Plättchenreihen in den Armradien mit ihren Neben-
reihen, welche von vierhörnigen Täfelchen ausgehen und theils
an gleichgestaltete Plättchen jener oder an dorsale Randplatten
sich anschliessen; die Füllplättchen in den Zwischenfeldern;
ein Theil der ventralen Randplatten mit der sich anfügenden
Stachelreihe. Nicht sichtbar sind dagegen die oben bespro-
chenen „klaffenden Knochen“ in der Mittellinie der Arme am
Anfange derselben; auch ist ein After nicht erkennbar.
Ein noch jüngeres Exemplar der gleichen Art mit nur 8
dorsalen Randplatten wurde durch Herrn Quexsteor a. a.0.
in Fig. 20 abgebildet. |
Es sei gestattet, der Vollständigkeit wegen zu Arbeiten,
welche vom Verfasser in früheren Jahrgängen dieser Zeitschrift
veröffentlicht wurden, folgende Nachträge hinzuzufügen:
a) Zu der in Bd. 31, pag. 254— 257 und Bd. 32, pag. 32
—55 gegebenen Zusammenstellung der bisher im Muschel-
kalk gefundenen Korallen:
1. Stylina reticulata MousEor von Girecourt (Vogesen).
2. „Zurbinolia® Lebruniana MousEor von Rehainvillers
bei Luneyille. Vergl. Mouseor, Note sur quelques
fossiles nouveaux, rares ou determines d’une maniere
8%
incertaine, de la formation du trias de la chaine
des Vosges. Bulletin de la societe geologique de
France, Ser. II, t. IV, partie II, 1846 a 1847.
Baris: 1840 (P2T4239.
b) Zu dem in Bd. 31, pag. 48—52 und pag. 280 gegebenen
Verzeichnisse der Ophiuren - Vorkommnisse im Muschel-
kalk:
iR
8.
Ophiura Vogesiaca Mougzor von Padoux (Vogesen).
Vergl. MotserorT a.a.O. und Mouceor, Note sur une
nouvelle espece de l’Ophiure (O. Vogesiaca) du cal-
caire coquillier des Vosges in Annales de la societe
d’emulation des Vosges, IV, cahier III, 1842,
pag. 644— 649.
Aspidura sp. im Trochitenkalk von Weimar. v. SER-
BACH, die Oonchylienfauna der Weimarischen Trias.
Diese Zeitschr. 1861, Bd. XIII, pag. 654.
Nach GüÜnmsBEL ist Aspidura scutellata wahrscheinlich
auch im Encrinitenkalke von Würzburg vorgekom-
men. Bavaria, Bd. IV, H.XI, 1865; Sep. pag. 35.
Herr Baur beobachtete Aspidura scutellata als Sel-
tenheit in den Kalkbänken über den Encriniten-
kalken in kleinen Steinbrüchen in der Nähe des
Metzelsees bei Wachbach (südlich) unweit Mergent-
heim in Württemberg. Vergl. Beschreibung des
Oberamts Mergentheim, herausgegeben vom kgl. sta-
tistisch - topographischen Büreau, Stuttgart, 1880,
pag. 9. Nach Angabe des Herrn QUENSTEDT ist sie
bei Wachbach „heerdenweis in den oberen Schich-
ten des Hauptmuschelkalks“ vorgekommen. Vergl.
Petrefactenkunde Deutschlands, Abth. I, Bd. IV,
Leipzig, 1874— 76, pag. 146.
2, Veber quartäre Hustelidenreste Deutschlands.
Von Herrn Franz Wınterrsı z. Z. ın Berlın.
Hierzu Tafel XXXV — XXXVıl.
Die von HrxseL an der Gattung Foetorius gemachten
„Craniologischen Studien“ !} sind jenen epochemachenden Ar-
beiten zuzuzählen, welche dem Zoologen die Bahn vorzeichner,
auf welcher dieser bei seinen Schädel - Untersuchungen zur
sicheren Auffindung der specifischen Unterscheidungsmerkmale
gelangen kann. Nur auf Grund einer reichhaltigen Special-
sammlung, deren Exemplare mit gewissenhaftester Bezeichnung,
vor Allem über das Geschlecht, und wenn es angeht, über das
Alter, vielleicht auch über den Fundort versehen a ist es
möglich, individuelle, Sexual- und Alters-Unterschiede von den
Charakteren der Art zu trennen, die Riesen- und Zwergformen
der letzteren aufzustellen und dann die Durchschnittsiorm als
ideale Art zu bestimmen. Hierdurch ist nun zugleich dem
Palaeontologen der höchst wichtige Dienst geleistet, bei Be-
stimmung der meist fragmentären Fundobjecte an den viel-
seitigen Maassangaben eines reichen, zuverlässigen, recenten
Vergleichsmateriales einen sicheren Anhalt zu erhalten und so
vor einer leichtfertigen Gründung neuer Species ebenso gut
geschützt zu sein, als mit weit grösserer Bestimmtheit Ab-
weichungen der bekannteren Arten nachweisen zu können.
Von diesem Gesichtspunkt ausgehend hat es sich der
Verfasser bei der vorliegenden Bearbeitung der Mustelidenreste
aus den Diluvialablagerungen Deutschlands ?) angelegen sein
lassen, nicht allein seine eigene Sammlung nach dieser Rich-
tung hin thunlichst zu vervollständigen, sondern auch das so
überaus reichhaltige und mit grosser Sorgfalt gesammelte
recente Ver oleichsmaterial des zoologischen Museums der königl.
landwirthschaftl. Hochschule zu Berlin nach Kräften zu be-
nutzen. Dass ihm letzteres in unbeschränkter Weise gestattet.
war, verdankt er der Liberalität des Herrn Professor NERRINSG,
des Vorstehers dieser Sammlung. Der Verfasser benutzt diese
1) Nova acta der Leop.-Carol. Akad. Bd. XLII, No. 4, 18831.
2) Von O.-Ruzsin und der Hohen Tatra haben einige Wieselreste
noch mit Verwerthung gefunden.
827
Gelegenheit, um Herrn Nearing sowohl hierfür seinen wärm-
sten Dank öffentlich auszudrücken, als auch für die anerken-
nenswerthe Bereitwilligkeit, mit welcher dieser ihm das fossile
Material seiner Privatsammlung zur Verfügung stellte. Zu-
gleich erlaubt sich der Verfasser für die Unterstützung, welche
ihm, wie ganz besonders Herr Geheimrath Beyrıcn und Herr
Prof. Dauss, so noch die Herren Prof. W. BrLasıus und Hofrath
Geinıtz bei dieser Arbeit angedeihen liessen, seinen ergebensten
Dank auszusprechen.
Die fossilen Ueberreste der Musteliden sind noch immer
zu den selteneren und weniger gekannten Funden zu zählen;
es erklärt sich dies theils aus der meist fragmentären Erhal-
tung, theils aus der isolirten Lebensweise dieser Thiere, wes-
wegen sie nicht so zahlreich zusammen gefunden werden kön-
nen, wie die oft schaarenweise auftretenden Nager, theils
aber auch aus der den meisten Arten zukommenden geringen
Grösse, wodurch sie leicht beim Ausgraben übersehen werden.
Es kann uns daher nicht befremden, dass die einschlägige
Literatur insbesondere der kleineren Arten, höchst dürftig ist.
Abgesehen von der bereits veralteten „Fauna der Vorwelt“
von GiEBEL, finden wir eigentlich erst in neuester Zeit, in der
man überhaupt der diluvialen Microfauna mehr Aufmerksamkeit
zuwendet, eingehende Beschreibungen der gefundenen Reste.
Es ist hier vor Allem der in den Sitzungsberichten der kgl.
Akademie der Wissenschaften von Worprich veröffentlichten
Arbeit, „Diluviale Fauna von Zuzlawitz bei Winterberg im
Böhmerwalde“ ) Erwähnung zu thun, dann der berühmten
Arbeit Nenrise’s über die quaternäre Fauna von Thiede und
Westeregeln ?) und schliesslich vielleicht noch Lırge’s Abhand-
lung, „die fossile Fauna der Höhle Vvpusteck in Mähren. °)
Ueber den Riesen der Musteliden, den Vielfrass, sind
schon speciellere Arbeiten aufzuweisen. Im Jahre 1818 be-
schrieb GoLpruss einen Vielfrassschädel aus der Gailenreuther
Höhle (Nova Acta acad. Leop. IX, pag. 313), ferner finden
wir im 28. Bande der Denkschr. der Wiener Akad. d. Wissen-
schaften eine „die Slouper-Höhle und ihre Vorzeit“ betitelte
Abhandlung von Dr. WAnkEL, welche orossentheils der ausführ-
lichen Beschreibung eines Gulo spelaeus gewidmet ist.
In der vorliegenden Arbeit sollen nun diluviale, zur Fa-
milie der Mustelidae gehörige Reste, welche zumeist von Herrn
NEBRING selbst ausgegraben, eine authentische Provenienz be-
I) Erster Bericht im 82. Bd., Juniheft 1880; zweiter Bericht im
84. Bd., Juniheft 1831; dritter Bericht im 88. Bd., Octoberheft 1883.
2) Archiv für Anthropol. Bd. 10, 1878.
3) Sitzungsber. der k. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 78, Wien 1879.
828
sitzen, eingehend beschrieben, beziehungsweise ihre systema-
tische Stellung bestimmt werden; sodann soll eine Uebersicht
folgen über die bisher in Deutschland aufgefundenen, in der
Literatur erwähnten Reste quartärer Musteliden, um aus dieser
über die geographische Verbreitung derselben und die clima-
tischen Verhältnisse während der Diluvialzeit einige Schluss-
folgerungen ableiten zu können.
Beginnen wir zunächst mit der den übrigen Gliedern dieser
Familie am entferntest stehenden und mehr zu den Ursiden
hinneigenden Form, mit
Meles Taxus SCHRER.
Taf. XXXVI, Fig. 2a u. 2b.
Die vom diluvialen Dachs zur Untersuchung vorliegenden
Reste bestehen in einem ziemlich vollständigen Schädel aus
den lössartigen Ablagerungen von Westeregeln, einem Ober-
und einem Unterkieferfragment nebst mehreren Extremitäten-
knochen aus Hösch’s Höhle im bayrischen Oberfranken, ferner
aus einem Unterkieferast vom Seweckenberge bei Quedlinburg.
Mit Ausnahme des einzelnen Oberkiefers zeigen alle Ueber-
reste ein echt fossiles Aussehen.
Der von Westeregeln stammende, nahezu vollständige
Dachsschädel (siehe Taf. XXXVI, Fig. 2a u. 2b), welcher
bereits von Herrn Neurine im 10. Bande des Archivs f. Anthrop.
pag. 379 beschrieben ist, fällt vor Allem durch seine bedeu-
tende Grösse und Stärke auf; überschreitet doch diese die der
20 grösseren Dachsschädel der landwirtschaftl. Hochschule um
ein Merkliches. Denn wie aus beifolgender Tabelle A zu
ersehen ist, übertrifft die Scheitellänge (b) des fossilen Schä-
dels die des grössten derselben (No. 342) noch um 3 mm.
Die ungleich wichtigere Basilarlänge ist wegen des lädirten
Hinterhauptes leider nicht direct zu messen, lässt sich indess
durch Reduction der Scheitellänge auf diese, sowie durch den
Umstand, dass der Hinterhauptskamm nicht allzu sehr den
Schädel überragt, wenngleich nur annähernd (auf 124—125 mn)
bestimmen. Dieser hervorragenden Länge entsprechen auch
die grössten unter ge, h und i der Tabelle angeführten Breite-
dimensionen des Schnauzentheiles, sowie die bedeutende Höhe
der Unterkieferäste.
Es hat sich jedoch gezeigt, dass selbst eine so ansehn-
liche Sammlung von ca. 30 Schädeln, welche zumeist aus
der Mark Brandenburg stammen, nicht immer zu einem end- |
gültigen Resultate führen kann. Unter den vom Verfasser in
Schleswig - Holstein gesammelten recenten Schädeln befinden
sich recht grosse, von denen besonders ein Exemplar noch |
829
grössere Dimensionen als der fossile aufweist (No. 62). Es
bleibt jedoch immerhin die Thatsache bestehen, dass der Wester-
egeler Dachs die normale Grösse unseres jetzt lebenden merk-
lich überschreitet, wenn ihm auch jetzt noch die wenigen
gewachsen sind, welche nicht so sehr den fortwährenden Ver-
folgungen des Menschen ausgesetzt sind, weil sie theils durch
die günstige Terrainbeschaffenheit geschützt, theils in edler
Absicht geschont werden.
Bemerkenswerthes bietet nun unser diluvialer Schädel
ferner durch das Vorhandensein einer kleinen Oeffnung hinter
dem rechten oberen und linken unteren Molar, wie die Abbil-
(dung erkennen lässt. Ob aber diese beiden Löcher wirklich
für Alveolen eines rudimentären zweiten Höckerzahns anzu-
sprechen sind, dürfte wohl in Frage gestellt werden; es schei-
nen vielmehr Foramina nutricia zu sein, welche im Oberkiefer
bei einigen wenigen, wie bei den grössten aus Holstein stam-
menden, und im Unterkiefer zumeist noch jetzt beiderseits in
kleiner, bald länglicher, schmaler, bald runder Form, ja zu-
weilen verdoppelt zur Änschauung kommen. Der Stiftzahn,
der erste Lückenzahn, über dessen Vorkommen bei den
recenten Dachsen die Ansichten der Zoologen so sehr getheilt
sind (siehe Cougs, fur-bearing animals, 1877, pag. 261), ist
bei diesem fossilen überall vorhanden gewesen. An dem ihm
zur Verfügung stehenden recenten Materiale konnte jedoch der
Verfasser constatiren, dass dieser Zahn im Öberkiefer, weil
für ihn kein Raum zwischen dem Eckzahn und dem zweiten
Lückenzahn in der Zahnreihe übrig bleibt, entweder fehlt (so
unter 20 Schädeln dreimal auf beiden Seiten und viermal auf
der rechten), oder vollständig nach innen gedrängt ist (wie es
in zwei Fällen auf beiden Hälften und dreimal auf einer Seite
zur Erscheinung kommt), dass aber derselbe, beziehungsweise
seine Alveole, im Unterkiefer mit sehr wenigen Ausnahmen
noch vorkommt. Nur bei einigen wenigen sehr alten Schä-
deln ist durch das nach Ausfallen dieses Zahnes eingetretene
Verwachsen der Alveole jede Spur dieses unteren rudimen-
tären Praemolars geschwunden. Dass dieser sich im Unter-
kiefer weniger reducirt zeigt, beweist auch der Umstand, dass
die Wurzel gewöhnlich länger und stärker ist als die des
oberen Stiftzahns.
Ein linkes Oberkieferfragment mit einem Theile des Zwi-
schenkiefers, dem Aussehen nach allerdings, wie die Höhlenfunde
oft, von zweifelhafter Fossilität, zeigt noch den Mahl-, Reiss-
und den dritten Lückenzahn, deren Kronen schon etwas
abgenutzt sind. Auch hier ist die Alveole des Stiftzahnes
vorhanden, aber ganz nach innen gerückt, so dass der Aussen-
rand dieses Zahnes in gleicher Linie mit dem Innenrande des
830
zweiten Lückenzahnes gestanden hat und sogar noch zur
Hälfte in die Eckzahnalveole mit aufgenommen war.
Länge der Backenzahnreihe . 32,8 mm
Eckzahnalveole -; er es
BreiteldesReisszahnsa a 2 90
Ebenfalls aus der Hoesch’s- Höhle, wie auch die nächst-
fulgenden Reste, stammt ein linker Unterkiefer mit dem Reiss-
und 4. Lückenzahn, aber ohne Incisivtheil und Coronoidfortsatz.
Die Zähne sind nur wenig abgenutzt; die Massetergrube, erst
6,5 mm vom Hinterrande der Höckerzahnalveole anfangend,
ist sehr flach und lässt im Vereine mit der unbedeutenden
Höhe des Kieferastes das Thier als ein ziemlich schwäch-
liches erkennen.
Länge des -Reisszahnes.. .:. ..,....227, 2.1216 Jos
Breite des 4 TBückenzahnes . 2 22 zer stoe
Backzahnreihe N. cn.
Alveole des Eckzahns . . 8:23;
Höhe des Astes unter dem Bleichzn 13:9 008
Höhe desselben unt. d. 4. Lückenzahn 17,0 „
Zu einem sehr starken Thiere gehörig ist ein rechtes
Femur ohne distales Ende: der Knochen ist gedrungen gebaut,
der Querdurchmesser des Caput = 16,6, am Collum = 11,5;
die Entfernung, in schräger Richtung gemessen, von der Spitze
des Trochanter major über den Sulcus intertubereularis bis zum
Trochanter minor beträgt 27,2 mm.
Vermuthlich gehört mit diesem Femur zusammen einem
und demselben Thiere ein rechter Humerus an, dessen distale
Hälfte ebenfalls fehlt. Der Angulus externus ist sehr hoch
und scharf und der Canalis supracondyloideus zeichnet sich
durch seine auffallende Grösse aus.
Ein schwächerer linker Humerus, dessen äusserer Gelenk-
kopf entfernt ist, zeigt ebenfalls einen grösseren Durchgang
für den Nervus medianus, während die kleinere Längskante
an der Seite nicht so comprimirt und scharf erscheint. Ausser-
dem ist das distale Ende einer Tibia, ein distaler Theil eines
Femur ohne Gelenkkopf für den Radius und die äussere Pha-
lange der ersten Reihe der linken Vorderextreinität eines
starken Dachses aus dieser Höhle vorbanden.
Ein rechter Unterkieferast, welcher den Diluvialablage-
rungen des Seweckenberges bei Quedlinburg entstammt, trägt
nur noch einen sehr abgekauten Mahlzahn, dessen verwitterter
Zustand ohnedies für eine genaue Messung ungünstig ist. Die
Alveolen sind, sämmtlich fest verstopft, nicht zu erkennen.
Höhe des Astes unter dem Fleischzahn . 15,9 mm
Höhe des Astes unter d. 2. Lückenzahn. 16,9 (?) mm
831
———
Gulo borealis NiıLs.
NERV hieran in. ic.
Das mineralogische Museum der Berliner Universität be-
sitzt zwei Schädel, mehrere Unterkieferfragmente, drei Atlas
und zwei Humeri, welche Reste alle mit @ulo spelaeus GoLDF.
bezeichnet sind. Sie sind in der Gailenreuther Höhle in
Frauken gefunden und gehörten früher der Rosenwürrer’schen
Sammlung an. Ihr Aussehen spricht für echte Fossilität.
Der besser erhaltene Schädel (435) ohne Unterkiefer ist
nahezu vollständig (Taf. XXXV, Fig. 1a); es fehlen die Joch-
bogen und die obere Knochenplatte der Bullae osseae, die
beiden Caninen und der linke grosse Schneidezahn; schon zu
Lebzeiten des Thieres und vermuthlich schon früh ist auf der
rechten Seite der 2. mittlere Schneidezahn ausgefallen, denn
die Alveole ist vollständig verwachsen. Dieser Vielfrass hatte
ein hohes Alter erreicht, wie die stark abgenutzten Zähne, die
hervorragende Entwickelung der Orista sagittalis, die bedeu-
tende Breite des Hinterhauptes (siehe e der Tabelle) und die
Entfernung der Spitzen der Proc. postorbitales (g) beweisen.
(Vergl. auch die weiteren \laasse auf der Tabelle zu Gulo.)
Der zweite Vielfrassschädel (434), von dem nur die vor-
dere Hälfte erhalten, besitzt ausser dem kleinen ersten Lücken-
zahne noch alle Backenzähne, deren Kronen, wenn auch nicht
in so hohem Grade wie die vorigen, doch schon deutliche
Zeichen der Abnutzung an sich tragen. Ausser diesem Merk-
male ist es noch die Gestalt der Frontalien, welche bei diesem
Schädelfragment auf ein jüngeres Alter schliessen lässt, denn
während jene bei dem älteren Schädel wegen des weiter nach
vorn vorgerückten Wachsthums der Crista sagittalis oben brei-
ter erscheinen, bilden hier die Frontalleisten beim Zusammen-
trefien einen spitzeren Winkel. Als individuelle Abweichung
ist die Diferenz am Reisszahne anzusehen, dessen innerer
Talon ein klein wenig nach vorn divergirt, so dass er hinten
einen stumpfen Winkel bildet, während bei jenem Schädel
dieser Ansatz von dem Zahn genau im rechten Winkel ab-
steht. Diese sicher unwesentliche Abweichung hat Verfasser
auch an zwei recenten Gulo-Schädeln bemerken können.
Von einem linken Unterkiefer (478) ist oben der Kron-
fortsatz und der vordere Theil von der Eekzahnalveole an
abgebrochen. Es fehlt ausser dem Eck- und vorderen Lücken-
zahne der Höckerzahn. Wie die Maasse ergeben (s. Tab.)
und die sehr tief gefurchte Massetergrube beweist, hat dieses
Fragment einem sehr starken Thiere angehört.
Ein noch kräftigeres rechtes Unterkieferstück (479), dessen
hinterer Theil von dem hinteren Rande der Alveole des Höcker-
332
zahnes ab weggebrochen ist, welches aber vorn sogar den
Ineisivtheil des linken Unterkiefers hält, besitzt nur noch den
Reisszahn und die beiden folgenden Lückenzähne.
Unterkieferfragmente sind noch drei vorhanden: Ein rechtes
Bruchstück (477), von dem Hinterrande der Eckzahn- bis
zum Hinterrande der Höckerzahnalveole, zeigt noch den Reiss-
zahn, den 4. und 2. Lückenzahn. Ein kurzes rechtes Frag-
ment (480), von der Reisszahn - bis zur Eckzahnalveole rei-
chend, trägt nur den 4. Lückenzahn. Wie die in der Tabelle
angeführten Dimensionen zeigen, stammt es von einem sehr
kleinen, aber nicht zu jungen Thiere. Bemerkenswerth ist
hier, dass an einem der beiden Foramina mentalia, durch ein
schwaches Randbälkchen getrennt, noch ein kleines, secundäres
Foramen auftritt. Analoge Erscheinungen am menschlichen
Unterkiefer sind von WENZEL ÜRruBER !) verzeichnet, Ein
rechter Unterkiefer (Taf. XXXV, Fig. 1b), von dem nur der
obere Rand des Coronoidfortsatzes fehlt, hat einem alten, sehr
starken Thiere zugehört; die Massetergrube ist auffallend tief,
die 3 vorhandenen Zähne, der Reiss-, 4. und 2. Lückenzahn,
zeigen die durch langjährigen Gebrauch stark abgenutzten
Kronen. |
Ausserdem liegen noch drei Atlas vor, deren Flügelfort-
sätze mehr oder weniger abgebrochen sind, und schliesslich zwei
wahrscheinlich einem Individuum angehörige Humeri, welche,
ausser dass die Knochenbrücke lädirt ist, sich in gutem Er-
haltungszustand befinden (Taf. XXXV, Fig. 1c). Sie stimmen
in Gestalt und Grösse zufällig mit den zu Schädel No. 2480
gehörigen Oberarmknochen vollständig überein.
Nach Beschreibung der vorliegenden Reste liegt es uns
nun ob, auf die specifische Stellung des diluvialen Vielfrasses
näher einzugehen. Wiewohl schon Cuvier die Identität des-
selben mit dem jetzt noch lebenden Gulo borealis erkannte und
auch später über die specifische Verschiedenheit beider vielfach
Zweifel erhoben wurden, so hielt man doch, dem Vorgange
von GoLpruss folgend, an der Auffassung einer selbstständigen
Stellung des Gulo spelaeus noch fest, da man das Gegentheil,
wohl aus Mangel an genügendem Vergleichsmaterial, bislang
nicht mit befriedigender Evidenz zu beweisen vermochte. In
der in der Einleitung bereits erwähnten, „die Slouperhöhle und
ihre Vorzeit“ betitelten Abhandlung sucht nun aber WANKEL
neuerdings die Selbstständigkeit der fraglichen Species zu
stützen. Unterwerfen wir jedoch die herangezogenen Unter-
scheidungsmerkmale einer eingehenden Prüfung, so dürfte sich
1) Arch. f. Anatom. Phys. u. wissensch. Med. von REICHERT u. Du
Boıs-REevmoxp, 1872, pag. (38.
833 _
auch nicht ein einziges als stichhaltig erweisen. Der Autor
glaubt an dem aus der Slouperhöhle stammenden Schädel,
abgesehen von den in der Grösse desselben, in der Stärke der
Fortsätze und der grösseren Divergenz der Jochbogen gefun-
denen Abweichungen, welche einerseits, wie die Maasse auf
der Tabelle beweisen, überhaupt nicht in so auffallender Weise
bestehen, andererseits nur von Geschlecht, Alter und indivi-
dueller Anlage abhängig sind, den Werth charakteristischer
Unterscheidungsmerkmale der mehr elliptischen Gestalt des
Foramen infraorbitale, dem „stumpferen Gesichtstheil mit ge-
drücktem Profile, welches nach hinten vertical verlaufen“ soll,
und dem viel grösseren Foramen oceipitale beilegen zu können.
Was nun zunächst die Gestalt des Foramen infraorbitale
anbetrifit, so ist sie, wie dies die acht mir vorliegenden recenten
wie fossilen Schädel beweisen, mannichfachen Modificationen
unterworfen. Bald ist der Umriss ziemlich elliptisch, bald
mehr seitlich comprimirt, bald vollständig von oben her zusam-
mengedrückt, so dass die Hauptaxe der Ellipse dem Verlaufe
des Jochfortsatzes des Oberkiefers gleichgerichtet ist, bald
endlich mehr oder weniger rund; bei einzelnen Individuen sind
die Foramina sogar unsymmetrisch. Es lässt sich überhaupt
leicht beobachten, dass die Bildung der Form dieses Foramen
infraorbitale von der Länge und Stärke der Reisszahnwurzel
beeinflusst wird. An zwei recenten und zwar den schwächsten
Schädeln ist dem Verfasser auf einer Seite eine Theilung dieses
Foramen durch eine schmale horizontale Scheidewand aufge-
fallen, welche besonders in einem Falle, bis nach vorn vorste-
hend, eine volländige Theilung des Loches in zwei gleiche
Hälften veranlasst. Couzs (l. c. pag. 304) macht diese Beob-
achtung am Mephitis- Schädel und an dem Foramen lacerum
posterius von Lutra; man vergleiche auch die oben eitirte
Abhandlung von WENZEL GRUBER, in welcher eine Erklärung
dieser Erscheinung zu geben versucht wird.
Die Behauptung Wanker's, dass die fraglichen Arten in
der Grösse des Foramen oceipitale differiren, widerlegen die
zum Vergleich angegebenen Höhen- und Breiten - Messungen,
nach welchen die Grösse des Foramen genau in dem Ver-
hältniss der Basilarlänge steht. Ausserdem soll der diluviale
Gulo ein „gedrücktes, nach hinten vertical verlaufendes Profil
und einen stumpferen Gesichtstheil“ zeigen. Auch dieses ist
nach den sorgfältigst angestellten Messungen und Vergleichun-
gen in Abrede zu stellen. Wie schon der Augenschein beweist
(s. Abb.), dass weder in der Bildung des Profils noch in der
Länge des Schnauzentheils irgend welche wesentliche Abwei-
chung zu bemerken ist, so haben die genauesten Messungen
des Abstandes der Orbitalränder einerseits und von der Mitte
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVIL. 4. 49
BB
dieses bis zu der der Incisivalveolen andererseits sogar das
Resultat ergeben, dass der fossile Schädel (535), dessen Basilar-
länge um 3,4 mm kürzer ist als die des recenten No. 3081,
im Gesichtstheil noch um volle 3,6 mm länger als dieser
erscheint, eine Thatsache, welche für die Frage nach der Ver-
änderung dieser Thiere seit der Diluvialzeit zusammen mit den
weiter unten zu besprechenden analogen Fällen volle Beach-
tung verdient. Die Differenz, welche die Vielfrasse im Profile
zeigen, erklärt sich aus der Altersverschiedenheit; während
nämlich bei jungen Thieren die Stirn flach erscheint, erhebt
sich der hintere Theil derselben im Alter mehr oder weniger
(vergl. m der Tab. B.).
Weiter sind vom genannten Autor Abweichungen am Zahn-
system beobachtet; so soll sich vor Allem der obere Reisszahn
durch die Stellung des inneren Fortsatzes unterscheiden, dieser
aber variirt hierin nicht allein bei den beiden vorliegenden
Schädeln aus der Gailenreuther Höhle, wie bereits bemerkt,
sondern auch bei den recenten so auffallend, dass er selbst-
verständlich nicht als durchgreifendes Merkmal gelten kann.
Nur das eine dürfte zugegeben werden, dass der Höckerzahn
des diluvialen Gulo an seinem inneren Ende um ein Geringes
breiter zu sein scheint. Welche Bedeutung diesem durchaus
nicht in die Augen springenden, kaum durch Maasse nach-
weisbaren Unterschiede beizumessen ist, ersieht man leicht aus
dem unten über Foetorius putorius Gesagten. Die vollständige
Unhaltbarkeit des Versuches, dem diluvialen @ulo auf Grund
so unwichtiger Merkmale eine gesonderte Stellung zuzuweisen,
dürfte hiermit dargethan sein.
Mustela martes Bkrıss.
Taf. XXXVI, Fig. lau. 1b.
Vom Edelmarder sind ausser einem Humerus vier Unter-
kieferäste vorhanden. Da letztere meist die einzigen erhal-
tenen Zeugen der vorweltlichen Existenz derselben sind, die
unteren Zähne andererseits sich nicht leicht von denen von
Mustela foina unterscheiden lassen, zumal wenn noch, wie ge-
wöhnlich, der auch nur minutiöse Unterschiede zeigende Höcker-
zahn ausgefallen ist, so scheint es von Bedeutung, dass sich
aus einer Vergleichung von 18 Unterkiefern von Mustela martes
mit 28 von Mustela foina das bestimmte Resultat ergeben hat,
dass die Foramina mentalia des Edelmarders ohne Ausnahme
etwa doppelt so weit von einander entfernt sind, als die des
Steinmarders, bei welchem der Abstand der Kinnlöcher im
Durchschnitt 2,6 mm ist, während derselbe beim Baummarder
5,7 mm beträgt. (Beim Messen sind die beiden Innenränder
885
als Ausgangspunkte gewählt.) Diese Thatsache steht offenbar
mit der mehr oder weniger gestreckten Form beider Schädel
im Zusammenhang. (Man achte bei Betrachtung der Abbil-
dung auf Taf. XXXVI, Fig. la u. Ib zugleich auf die leise
Krümmung des Unterkiefers von M. foina). Lässt sich doch
selbst bei den einzelnen Individuen beider Species die Ab-
hängigkeit dieses Abstandes von der Länge des Schädels an
den Maassangaben deutlich verfolgen. (Auch bei Gulo borealis
war die Abhängigkeit des Abstandes dieser Löcher von der
Länge des Unterkiefers zu bemerken.) Jedoch bewegen sich
diese individuellen Schwankungen nur in sehr engen Grenzen,
so dass der Unterkiefer selbst einer Zwergform der Mustela
martes, bei welcher Species die Entfernung von 5,0 bis 6,6 mm
varürt, von dem einer Riesenform der Mustela foina (von
2,0— 3,5 mm) augenfällig unterschieden bleibt. Wie wesentlich
es ist, bei fossilen Unterkiefern auf diesen Punkt mehr acht-
zugeben, beweist auch der bei den recenten Lutra- Arten ge-
fundene Unterschied (siehe weiter unten).
Was nun die übrigen charakteristischen Merkmale des ge-
sammten Schädels betrifft, welche Brasıus in seiner „Natur-
geschichte der Säugethiere Deutschlands“ anführt, so hat sich
nur der eine Unterschied als durchgreifend erwiesen, dass der
obere Höckerzahn am Aussenrande bei Mustela martes ver-
schmälert abgerundet, bei M. foina dagegen eingebuchtet
zweilappig ist. Prof. Liege legt in seiner Abhandlung: „Die
fossile Fauna der Höhle Vypustek in Mähren“ !) bei Unter-
scheidung der Mustela martes ausser auf die stärkere Brücke
zwischen dem oberen Fleischzahn , dessen inneren Höcker,
sowie den namentlich nach innen weit kräftiger entwickelten
oberen Mahlzahn noch auf das Vorhandensein des spitzen
Vorsprungs in der Bucht des Palatinum Gewicht. Diese Spina
palatina ist jedoch unter 15 Schädeln von Mustela martes in 4
Fällen überhaupt nicht vorhanden und zwar, wie der Augen-
schein lehrt, nicht etwa später, etwa beim Macerieren, abge-
brochen; unter 24 Exemplaren von M. foina fehlt sie nur an
10 Schädeln und ist sogar in 7 Fällen spitz. Ebensowenig
scheint die Höhe und Breite des Formen occipitale magnum
als zuverlässiges Criterium gelten zu können.
Wenn wir uns nun die sicher bestehenden Oharaktere
beider Arten, deren specifische Verschiedenheit manche For-
scher, wie DAuBEnTon, BELL u. a. noch anzweifeln mussten, vor
Augen halten, so dürften sie wohl in der Kürze darin gipfeln,
dass sich uns in M. foina die reducirtere Form darstellt. Die
2) Sitzungsber. d. k. k. Akad. d. Wissensch., Bd. 78, Wien 1879.
49*
836
Verkürzung des Schnauzentheils, welche sich durch die ge-
drängtere Stellung der Lückenzähne und durch die geringere
Entfernung der Foramina mentalia kennzeichnet, sowie die
deutliche Verminderung der Production von Zahnsubstanz, wie
sich dieses durch die kleineren Molare und Lückenzähne zeigt,
scheinen zu der Annahme zu führen, dass /M. martes, wenn
nicht die Stammform selbst, so doch sicher der Wurzelform beider
Marder näher steht, als M. foina; zumal sich die geologisch
älteren Formen, M. elongata und M. genetioides, wie schon der
Name andeutet, gerade durch die gestrecktere Form charakte-
risiren. Die Vermittelung erhalten beide Species durch eine
amerikanische Art, nämlich Mustela americana TurTon, insofern
diese hinsichtlich des Zahnsystems zweifellos M. foina reprä-
sentirt und deshalb auch mit Unrecht gerade Mustela martes
von Gray (Cat. Carn. Br. Mus. 1869, pag. 84) oder gewöhn-
lich Martes americana genannt wird, während sie mit unserem
Baummarder nur die gestreckte, schmale Schädelbildung ge-
mein hat.
Wir wenden uns nun zu der Beschreibung der vorlie-
genden diluvialen Marderreste.
Ein rechter Unterkieferast von /Mustela martes aus der
Elisabeth-Höhle im Ailsbachthale am Rabenstein ist sehr gut
erhalten, besitzt aber nur die drei letzteren Lückenzähne (4.,
3. u. 2). Die Foramina mentalia sind 4,9 mm von einander
entfernt, das vordere befindet sich unter der ersten Wurzel
des 2. Lückenzahnes, das zweite unter der Mitte zwischen
dem 3. und 4.
Länge des Astes (v. d. Mitte des Condylus bis
zum äussersten Rande der Incisivalveole). 50,5 mm
Höhe des Coronoidf. vom Winkel aus . . . 22,2
Höhe des Astes unter dem Fleischz. (Mitte) .
Höhe des Astes unter der.Mitte zwischen d. 4.
u. 3. Lückenzahne
Höhe des Astes unter der Mitte hen at 3,
u. 2. Lückenzahne . ES
Dicke desselben unter dem aischrehn - a et
Länge der Backenzahnreihe. . . 28,
Breite des Fleischzahns, nach der Alveole gem. I
Breite der kekrahralveole.
Von einem linken Unterkiefer, welcher ebenfalls dort ge-
funden, aber nicht zu vorigem gehörig, ist der Coronoidfortsatz
und der Incisivtheil abgebrochen, ausserdem fehlt der Höcker-
zahn, Eck- und 1. Lückenzahn. Die Foramina mentalia zeigen
die Entfernung von 6,85 mm; das 1. Foramen befindet sich
837
unter der Mitte des 2. Lückenzahnes, das 2. hintere kurz vor
der zweiten Wurzel des 3. Lückenzahnes.
Länge der Backzahnreihe . . . 2.2.2... 29,2 mm
BenerdessBleischzahns 2,1 m. Far en... 19,0° 5
Bere desselben u. as innere.
Breite des 4. Lückenzahns . . . ERNRF-'H
7
Höhe des Astes unter dem Nessenn BE)
Höhe des Astes unter dem 4. u. 3. Lückenzahn 8,0
Höhe des Astes unter dem 2. u. 3. Lückenzahn 9,0
Dicke des Astes unter dem Fleischzahh . . 45
Aus der Hoesch’s- Höhle am rechten Ufer des Asbaches
(bayr. Oberfranken) liegt von zweifelhafter Fossilität ein Hu-
merus ohne proximales Ende vor, welcher einem sehr starken
Thiere angehört hat, und ein linker Unterkiefer mit dem
Fleischzahn und den 3 folgenden Praemolaren, aber ohne den
vorderen Theil, welcher von der Mitte der Eckzahnalveole an
abgebrochen ist. Der Entfernung der beiden Foramina mentalia
nach, welche 5,25 mm beträgt, möchten wir ihn ebenfalls als
M. martes zugehörig bestimmen. Seine weiteren Maasse sind:
Länge der Backzahnreihe. . ”=..91,5 mm
Höhe des Kronfortsatzes vom Winkel ab ee ORTE
Höhe des Astes unter dem Fleischzahn. . . 9,75 „
Höhe des Astes unter dem 3. u. 4. Lückenzahn 9,25
Höhe des Astes unter dem 2.u. 3. Lückenzahn 9,75
Dicke desselben unter dem Fleischzahn . . . 5,0
EnsessessKleischzahnes . :. . . . .’;=.' 1L0
BEER sellen 7.1.0... 0° 1307 2 a 295
2) ”
Schliesslich ist noch eines rechten Unterkiefers aus dem
Limmererloch bei Lankendorf zu gedenken; ausser dem Kron-
fortsatz, der abgebissen zu sein scheint, fehlt der Höcker-,
l. Lücken- und Eckzahn, sowie die Incisiven. Der Abstand
der beiden Kinnlöcher beträgt 6 mm. — Maasse:
Länge der Backzahnreihe . . . . .......2880 mm
Länge des Reisszahns . . SER ATTOLOO,,
Dicke desselben am hinteren Rande ana 90
Länge des 4. Lückenzahnıs . . . 2 .2...6,00
Länge des 3. Lückenzahns . . Suea I,
Höhe des Astes unter d. Fleischzahn 4ab: AU ISIARROR
Höhe des Astes unter d. 3.u.4. Lückenzahn 7,5 ,„
Höhe des Astes unter d. 3.u. 2. Lückenzahn 8,2 „
Dicke desselben unter dem Fleischzahn . . 4,0 „
Längsfurchen der Caninalveole (in der Rich-
Bumerder Zahnreihe) . dl) 9 il, nA,
Querdurchmesser derselben { 420 |
838
Mustela foina Barıss.
Vom Steinmarder sind bisher mit Sicherheit keine dilu-
vialen Reste nachgewiesen.
Foetorius Putorius K. u. Bı.
Tat. XXXVI, Fig. 3.
Ein selten gut erhaltener Iltisschädel, welcher von Herrn
Nenrine in Thiede bei Wolfenbüttel in einer Tiefe von etwa
20 Fuss ausgegraben ist und sich unter den Schätzen sei-
ner werthvollen Privatsammlung befindet, weist einen recht
fossilen Erhaltungszustand auf; er zeigt eine bräunlich-schwarze,
den Thieder Fossilien charakteristische Farbe; auch die Zähne
sind vollständig geschwärzt. Die Jochbogen des Schläfenbeins
sind beiderseits abgebrochen und die Condyli des Hinterhauptes
beschädigt, so dass die Gestalt des Foramen occipitale magnum
unkenntlich geworden ist; ausserdem sind die Flügelbeine
einander etwas näher gerückt, überhaupt hat der Schädel einige
Risse und in Zusammenhang damit eine Verschiebung erhalten,
welche sich auch auf die beiden Unterkieferhälften erstreckt,
die in Folge dessen in der Symphyse nicht mehr zusammen-
gehalten werden. Leider verbindet verhärteter Löss, der sich
auch zwischen den Zähnen befindet und ohne Gefahr für
diese nicht entfernt werden kann, den Unterkiefer mit dem
Schädel, so dass das Zahnsystem einer eingehenden Unter-
suchung schwer zugänglich wird.
Wie der ganze Schädelbau, so bieten die Zähne, soweit
es die Betrachtung von der äusseren Seite und die Verschie-
bung des Unterkiefers, wodurch der obere Reisszahn und
Höckerzahn auf der rechten Seite etwas heraussteht, zulässt,
keine merklichen Verschiedenheiten von dem Schädel und Ge-
biss unseres gemeinen Iltisses. Die Grösse des fossilen Schä-
dels ist durchaus nicht hervorragend, ungefähr die eines Nörzes,
mit dem er jedoch die flache Stirn keineswegs gemein hat
(vergl. Taf. XXXVI, Fig. 3).
Ein Vergleich mit dem Steppeniltis Foetorius Eversmanni
und dem F. sarmaticus, welcher ja in Hinsicht auf die Lebens-
weise dieser Thiere viel Verlockendes besitzt, hat ebenfalls
ein negatives Resultat ergeben. Denn wenn auch die Grösse
des fossilen mit der dieser beiden Schädelformen ungefähr
stimmen würde, so weisen diese doch zu erhebliche Besonder-
heiten auf, welche ihn von Foetorius Putorius auf den ersten
Blick unterscheiden lassen. So fehlt dem Thieder Schädel
vor Allem die für beide charakteristische starke Einschnürung
der Stirnbeine hinter den Orbiten, ebenso die Abweichung an
dem der Beobachtung zugänglichen oberen Höckerzahn. Der
ee
839
auf der Bildung der Nasenbeine beruhende Unterschied (siehe
HesseL, l. c. pag. 155), welcher, wie überhaupt für die Car-
nivoren, so auch besonders für die Glieder dieser Familie als
ein höchst werthvolles Charakteristicum erscheint, ist leider
bei dem fossilen Schädel nicht zu beobachten, da sie durch
Verwachsung unkenntlich geworden; ebenso ungünstig für die
Untersuchung ist die stattgehabte Verschiebung der Flügel-
beine, deren Fortsätze dadurch abgebrochen, nicht mehr die
für Foetorius sarmaticus charakteristische Verbindung derselben
mit der Spitze der Bulla ossea zeigen können. Jedoch ist diese
letztere nicht so kurz und stark gewölbt, auch fehit ihr gänz-
lich jene Abweichung, welche sich durch deutliches Abstehen
des in eine auffällige Spitze gezogenen Vorderendes von der
Unterseite des Schädels darstellt.
Maasse des Iltisschädels von Thiede:
Basilarlänge. . 60,6 mm (?)
Scheitellänge (v. d. äusseren Punkt d. Crista
sagittalis bis z.ob. Rand d. Nasenöffnung) 60,4 „
Grösste Breite des Schädels a. d. Jochbögen 39,0 „
Breite d. Hirntheils über der Gehöröffnung . 32,5 „
Grösste Breite des Hinterhauptes . AR 36,8:5),
Geringste Breite an d. vereinigten Stirnbänd. 15;0.:%5
Entfernung der Spitzen des Proc. postorb. . 23,1 „
Geringste Breite d. Stirn zwischen d. Orbiten 18,6 „
Breite des Schädels an den Eckzähnen des
Oberkiefers . . . 18,2
Entfernung v. Vorderr.d. Alveole der Ineisiven
biszum Hinterranded. Alveoled.Zahnes ml 23,5 „
Backenzahnreihe des Oberkiefers . . . . 155 „
Eimsaler Orista. sagittalis..... ... adlisıyisant3h2 0;
Länge einer Unterkieferhälfte. . . ... 4
Backzahnreihe des Unterkiefers .
Höhe des Unterkiefers unter dem Beszahn
Höhe d. Unterkiefers unt. d. 3. Lückenzahn .
Länge des m 1 im Unterkiefer
Höhe des Coronoidfortsatzes vom Winkel 5
Dicke des Astes unter dem Reisszahn .
Länge der Eckzähne im Oberkiefer .
Länge der Eckzähne im Unterkiefer
oo
UDO DODmD
=
an
er}
ei DD Ian
DrONODSASG
-
677
Aus dem Kalktuff von Königslutter stammt ein vollstän-
diger Schädel eines Foetorius Putorius, welcher mit mehreren
‘sicher ihm zugehörigen Skelettheilen zusammen gefunden ist.
Der Schädel ist nahezu vollkommen, nur fehlen einige Inci-
siven und die Caninen. Abgesehen von dem etwas breiter
840
erscheinenden hinteren Gaumen und der grösseren Wölbung
der Stirnbeine sind keine bemerkenswerthen Abweichungen
zu erwähnen.
Maasse dieses Schädels (nach Wouprich):
Länge vom Vorderrande der Incisiv - Alveole
bis zum Vorderrande des For. magnum . 61,8 mm
Länge vom Hinterrande der Incisiv-Alveole bis
zum Hinterrand des hinteren Gaumens. . 29,7 „
Breite des Gaumens zwischen dem Innenrande
der Alveolen der vordersten Lückenzähne. 93 „
Dieselbe zwischen dem Innenrande der Alveolen
der Höckerzähne . . . 113%
Entfernung v. Vorderrande der Nasen bis
zum hintersten Punkt des Ocecipitalkamms 59,9 „
Vom Vorderrand der Incisiv-Alveole bis zum
grössten Stirnbein zw. d. Orbitalfortsätzen 27,5 „
Grösste Stirnbreite zw. d. Orbitalfortsätzen . 21,0 „
Breite der Schnauze zw. d. For. infraorbite. . 18,0 „
Geringste Stirnbreite zw. den Augenrändern . 18,0 „
Geringste Breite des Schädels der Verengung
(hinter den Orbitalfortsätzen) . . . 17542
Geringste Breite der Schnauze zwischen den
Aussenrändern der Caninalveolen . . 15:54
Grösste Breite der en über den
Gehöröffnungen. . . ... 3:234,0 8
Breite des! Foramen magnum -. ..... ..2usalshr,
Höhe desselben. . . 8,0 „
Höhe des Schädels von der "Stirn (Mittell. ZW.
d. Orbitalfortsätzen) zum harten Gaumen . 18,4
Breite der Incisivreihe ern 0 7.2
Länge der Backenzahnreihe... . . ....250 „
Länge des Fleischzahnes z>h aan
Breite desselben am hinteren Ansatze 2,9
Breite des Höckerzahnes 6,3
Von den Extremitätenknochen sind die beiden Humeri
insofern der besonderen Hervorhebung werth, als an ihnen
die Knochenbrücke, welche für den Durchgang des Nervus
medianus, der Arteria und Vena ulnaris bestimmt ist, über-
haupt nicht zur Bildung gekommen ist, wie dies sonst wohl
bei denjenigen Thieren vorzukommen scheint, deren Vorder-
gliedmaassen weniger vollkommen entwickelt sind (cf. Tıepe-
manns Abhandl. in MEckeL’s Archiv f. Physiol. IV, pag. 545).
Das Femur erscheint mehr gekrümmt und die Trochlea we-
niger scharf ausgebildet. Die Grube für das Ligamentum teres
ist grösser, ferner ist oben an der linken Seite des Körpers
eine scharf gezeichnete Kante, welche bei recenten nicht
wieder gefunden ist. Die Tibia ist länger und schwächer als
die recente, welche einem Thiere mit ähnlichem Schädelbau
zugehört; die Gelenkfläche für den Astragalus etwas breiter,
am proximalen Ende unter dem Gelenkkopf ist diese jedoch
stärker. Dem entsprechend ist auch die Fibula länger und
dünner, in der Mitte ist sie etwas eingebogen und am proxi-
malen Ende befindet sich an der Kante eine scharfe Leiste,
welche der recenten fehlt. Die Ulna weist keine besonderen
Eigenthümlichkeiten auf, ebensowenig der Radius. Die rechte
Beckenhälfte, welche noch hierzu gehört, zeigt das Os ileum
schmaler und Foramen obturatorium grösser. Ausserdem sind
7 Wirbel, 5 Brust- und 2 Lendenwirbel, endlich ein ganz
kleines Rippenfragment zugehörig. |
Ein rechter Unterkieferast eines Foetorius Putorius, wel-
cher, aus einer Höhle am linken Asbachufer, im Aussehen
weniger sicher die Fossilität zeigt, besitzt nur den Reiss- und
den 3. Lückenzahn. Der Unterkiefer besitzt, von dem vorderen
Eckzahn - Alveolrande bis zum Condylus gemessen, 36 mm,
deutet also etwa auf die Grösse eines kleinen männlichen
Jitisses. Die Massetergrube am Aussenrande, sowie der Muskel-
eindruck der Innenseite des Winkels ist sehr tief, der Reisszahn
verhältnissmässig breit; obwohl die Eckzahnalveole nicht sehr
weit ist, so zeigt sich doch die Stärke des Eckzahns in der
Höhe des Astes unter dem 2. und 3. Lückenzahn, da gewöhn-
lich einer stärkeren längeren Wurzel auch eine kräftigere Basis
des Astes entspricht. Den Dimensionen des Kiefers gemäss
kommt dieser Iltis der Grösse des F'oetorius Lutreola sehr nahe
und könnte es auch rücksichtlich seines Fundortes am Asbach
sehr gut sein, doch lässt sich dies nicht mit befriedigender
Sicherheit nachweisen.
Länge vom Vorderrande der Incisivalveole bis
zur Mitte des Condylus . . . ......36,10 mm
Länge der ganzen Zahnreihe . . . ...234 „
Länge der Backzahnreihe . . . . 182 55%
Höhe des Kiefers vom Winkel bis zum höchsten
Punkt des Coronoidfortsatzes . . ....175
Höhe des Astes unter dem Fleischzahn Air)
Höhe desselben ‘unter d. 2. u. 3. Lückenzahn 7,3
Dicke des Astes unter dem Fleischzahn 4,5
Länge des Fleischzahnes A TER HN)
Ba ulesselbeme na =. 00004 ar
Von Thiede liegt noch ein Iltisrest vor, für dessen freund-
liche Zusendung der Verfasser sich gegen Herrn A. WoLLE-
842
MANN zu Danke verpflichtet fühlt. Es ist das distale Ende
eines Humerus von einem sehr starken Thiere; es ist echt
fossil, mit schwarzer Färbung ; die Breite des Gelenkkopfes
(vom Epicondylus zur Epitrochlea) ist 14 mm. Auffallend tief
ist die Fovea supratrochlearis anterior.
Von einem und demselben Individuum standen dem Ver-
fasser einige Fragmente zur Verfügung, welche Herr Professor
Gemitz die Güte hatte, demselben für diese Arbeit zu
übersenden. Sie sind von dem Ziegeleibesitzer Herrn BorHmE
in Prohlis bei Niedersedlitz in Sachsen 1881 aufgefunden
und dem Museum Ludwig Salvator in Ober-Blasewitz über-
geben worden. Für die Aechtheit der Fossilien spricht nicht
blos das Aussehen, sondern der Umstand, dass sie mit ver-
schiedenen Resten von Mammuth, Rhinoceros, Bison priscus
etc. zusammen im lössartigem Lehm gefunden sind.
Profil der Diluvialablagerung bei Prohblis
(nach Geinmtz).
Ackerkrume; nur wenig Centimeter fetter Lehm
mit Mammuth. . N
Lössartiger Lehm mit Lössconchylien, Mammuth,
Renthier, Pferd, Rhinoceros, Bison priscus
ee. a En SG
Sand DIITERRER BEN REMIS ee ee
Kies HERRN TREE MR EIERN SSHN a LG eh
21.:m
Zu dem in Frage stehenden Iltis sind beide Unterkiefer
vorhanden; an dem rechten ist das hintere Ende zwar abge-
brochen, was, wie die frische Bruchfläche zeigt, während oder
nach dem Ausgraben geschehen zu sein scheint, und der
Incisivtheil ebenfalls nicht vorhanden, dafür aber Eckzahn und
Backenzähne wohl erhalten. Auch der linke Unterkiefer ist
noch mit allen Backenzähnen versehen, ihm fehlen aber, da
das vordere Stück dicht vor dem ersten Lückenzahn abge-
brochen ist, Eckzahn und Incisiven, dagegen zeigt er den hin-
teren Theil vollständiger, der mit Ausnahme der äussersten
Kante des Coronoidiortsatzes gut erhalten ist.
Maasse des linken Unterkiefers:
Länge der Backzahnreihe . . . 0 22 Ba
Von der hinteren Alveole des Eine henzehins bis
zur Mitte des Condylus . . a ZU
Höhe des Astes zwischen d. 2.u. 23. Tücken 10,0 „
Höhe des Astes unter dem Reisszahn . . . 95 ,„
843
Dicke desselben unter dem Fleischzahn . 5
Banzewdest Rleischäahnes! gar 09, ih,
Dicke desselben Lan 35
Maasse des rechten Unterkiefers:
Länge der ganzen Zahnreihe . 2 220.9 mm
serder Backzahmneihe.....0.... 2.20 .721,8,,,
Länge und Breite des Reisszahnes ar 2
Höhe des Astes zw. dem 2. u. 3. Lückenzahn 98 „
Höhe des Astes unterh. d. Reisszahnes (Mitte) 9,5 „
Dicke des Astes unter dem Fleischzahn. 49 „
Durchmesser des Eckzahnes . 5,9
Länge der Krone desselben . 9,0
Aus der Addition der Länge der ganzen Zahnreihe
(26,5 mm) zu der Entfernung von dem Hinterrande der
Höckerzahnalveole bis zur Mitte des Oondylus = 20,1 mm,
ergiebt sich ungefähr die Länge einer Unterkieferhälfte =
46,6 mın.
Ferner liegt ein Fragment vom linken Oberkiefer mit dem
Reiss-, dem 2. Lückenzahn und der Alveole des ersten Prae-
molars, sowie dem nächsten Rande der Eckzahnalveole vor, in
welch’ letztere der beiliegende Eckzahn sehr gut hineinpasst.
Das Bruchstück zeigt weiter das Foramen infraorbitale und
den vorderen Orbitalrand bis zu dem Punkte, welchen ein von
der äussersten Kante des Reisszahns auf dem Kieferrande ge-
zogenes Loth treffen würde. Ausserdem sind noch zu dem-
selben Iltis der schon erwähnte obere Eckzahn, welcher mit
der Wurzel 22,5 mm lang ist, ein rechtes und das ent-
sprechende linke Schläfenbeinstück gehörig; sie sind beide
begrenzt von der Gelenkpfanne für den Condylus des Unter-
kiefers und dem Zitzenfortsatze und zeigen noch die Basis für
die Bulla ossea. Das rechte Temporalfragment zeigt den Ocei-
pitalrand der Lambdanaht noch deutlicher. Schliesslich ge-
hört noch ein Stück von dem linken Oberkiefer- und Stirnbein
mit dem vorderen Orbitalrande zu diesem Individuum.
Länge des oberen Reisszahnes 8,0 mm
Dickesdesselben Sr, rn... SD...
Vergleichen wir nun die vorstehenden Maassangaben mit
denen, welche Hesse (l. c.) von 77 männlichen Iltisschädeln
(Tab. A.) für die Länge einer Unterkieferhälfte (p), die der
Zahnreihe (q) und die Höhe des Unterkiefers (r) liefert, so
erhalten wir die auffällige Thatsache, dass die vorliegenden
Reste einem Thiere angehört haben, welches unsere Riesen-
844
form um ein Merkliches an Grösse übertraf. Denn während
hier die Länge einer Unterkieferhälfte 46,6, die der Zahnreihe
26,5 mm beträgt, sind diese bei dem grössten männlichen Iltis
Hexser’s nur 42,6 und 25,6 mm lang.
Da aber bezüglich der Sculptur, der Anzahl und Grösse
der Zähne kein durchgreifender Unterschied von der des re-
centen Iltisses aufzufinden ist, ferner die bedeutendere Grösse
der Reste an den meisten Carnivoren des Diluviums nach-
. weisbar ist, so dürfte die Aufstellung einer neuen Species, wie
der von Dr. Schauruss vorgeschlagenen M. Boehmü, nicht
zulässig sein. Das einzige Auffällige könnte in der Stellung
der Zähne gefunden werden. Es zeigt sich hier nämlich nicht,
wie gewöhnlich, ein starkes Divergiren des ersten Lückenzahnes
mit der Mittellinie nach vorn, sondern es stehen die Zähne
mehr in einer geraden Richtung. Unter dem gerade für Foe-
torius Putorius so überaus reichen Vergleichsmaterial der land-
wirthschaftl. Hochschule befinden sich aber einige mit gleicher
Stellung der Zähne, ferner mehrere, welche hierin nur wenig
abweichend, einen Uebergang zu bilden scheinen. Es liegt die
Vermuthung sehr nahe, dass die gedrängtere Stellung der Zähne,
welche sich bei den recenten Iltissen im Oberkiefer wie im
Unterkiefer zumeist zeigt, durch allmählich stattgefundene Ver-
kürzung des dentalen Abschnittes derselben bewirkt ist, wie
dies auch M. foina im Vergleich zu M. martes, dessen Zähne
im Oberkiefer mehr in einer geraden Linie stehen, gezeigt hat,
am deutlichsten aber die domesticirten Formen von sus be-
weisen. Hierfür scheint auch das allmähliche Schwinden des
ersten Lückenzahns zu sprechen. Denn nehmen wir die von
WorpricH in seiner Beschreibung über die bei Zuzlawitz zahl-
reich gefundenen diluvialen Iltisreste gemachten Angaben zu
Hülfe, so dürfte die allmähliche Reduction dieses vordersten
Lückenzahnes erwiesen sein. Von dem im ersten Berichte be-
schriebenen Foet. putorius bemerkt genannter Autor (II. Th.,
pag. 21), dass der zweite Lückenzahn des Oberkiefers nach
hinten nicht so stark mit der Mittellinie divergire; ferner dass
der erste obere Lückenzahn eine unvollkommen getrennte
Doppelwurzel zeige. Im Bezug auf letzteres finden wir auch
in 3. Theil von den Schädeln Nr. 2, 4, 5 und 8 erwähnt, dass
der Lückenzahn zwar einwurzelig sei, jedoch die Alveolen eines
Exemplars eine schwache Leiste als Andeutung einer unvoll-
kommenen Trennung der Wurzel erkennen liessen, und zwar
bei Schädel Nr. 8 nur auf einer Seite, indem die Alveole der
rechten Seite die Leiste nicht besitzt. Ausserdem kommt nun
noch hinzu, dass die von genanntem Autor für Foetorius Lu-
treola gehaltenen zwei Schädel ziemlich sicher als F. Putorius
mit zweiwurzeligem Lückenzahn des Oberkiefers anzusprechen
845
sind. Denn die beiden Oberkieferfragmente, welche im 2. Be-
richte auf t. II, f. 3 und 4 zur Abbildung gelangt sind, wer-
den „durch die zwei vollkommen getrennten Wurzeln des ersten
Lückenzahnes, von denen die vordere schwächer ist als die
hintere“ charakterisirt; diese Eigenthümlichkeit kommt aber,
wie auch Henseu (l. c. pag. 161) erwähnt, Foetorius Lutreola
gar nicht zu, indem gerade dieser den Lückenzahn einwurzelig
zeigt, während der amerikanische Nörz oder Mink, F. vison,
die doppelte Wurzel dieses Zahnes als Unterscheinungsmerk mal
trägt. Ferner sind diese beiden Arten von F. Putorius in so
auffallender Weise durch die niedrigere, fachere Wölbung des
Vorderschädels unterschieden, dass es kaum glaubhaft wäre,
wenn dies bei den sonst so genauen Beschreibungen und den
meisterhaft ausgeführten Abbildungen jenes Werkes hätte über-
sehen werden können. Wir dürfen demnach diese beiden
Schädelstücke wohl für F. Putorius erklären und sie als wei-
tere Belege dafür ansehen, dass der erste obere Lückenzahn
bei dem gemeinen Iltis noch im ältesten Diluvium zumeist
zweiwurzelig war.
Bei einer genauen Untersuchung dieses ersten Lücken-
zahnes, soweit er an dem dem Verfasser zur Verfügung ste-
henden recenten Materiale zugänglich war, hat sich nun gezeigt,
dass die einzelne Wurzel an nahezu der Hälfte einer grossen
Anzahl von Schädeln (etwa 40) von F. Putorius eine deutliche
Rille besitzt, welche sich sichtbar von einer seichten Einsen-
kung, wie solche an anderen einwurzeligen Zähnen, z. B. den
Ineisiven, auftreten, unterscheidet und meist auch an der Al-
veole durch eine hervorstehende kleine Kante kenntlich wird;
und zwar ist dies bei schwächeren, zumeist weiblichen Indi-
viduen beobachtet worden; ferner, dass bei einigen weib-
lichen Schädeln sogar vollständige Bildung einer kleinen se-
cundären Wurzel beobachtet werden konnte, welche auch nach
Ausziehen des Zahnes an dem Rande der Alveole kenntlich
war (Nr. 2434, 2076). Man dürfte nun wohl besonders hierin
genügenden Beweis finden, dass der ursprünglich zweiwurzelige
erste Praemolar (p 3) des Oberkiefers sich durch allmähliche
Reduction in einen einwurzeligen Zahn verwandelt hat.
Ebenso wie beim Dachs der rudimentäre Lückenzahn, wie
wir oben gesehen, im Unterkiefer zumeist noch vorhanden ist,
die Reduction desselben also hinter der des oberen Stiftzahnes
zurückbleibt, so ist auch hier der untere erste Praemolar in
der Regel noch zweiwurzeli.. Wenn Baum in seinen Odon-
tologischen Forschungen pag. 257!) behauptet, dass bei den
Carnivoren zuerst der untere und später der obere erste Prae-
1) Leipzig 1882,
846
molar fortfällt, so dürfte dies, wenigstens auf die Musteliden
bezogen, wohl nicht der Wahrheit entsprechen; es scheint
dies überhaupt nur bei den Feliden zuzutrefien.
Als einen beachtenswerthen Beitrag hierzu kann Verfasser
die Thatsache anführen, dass bei F. furo nicht nur der obere,
sondern bereits der untere erste Lückenzahn vollständig ein-
wurzelig erscheint, wie dies wenigstens bei fünf weiblichen
Schädeln, von denen der Verfasser die Leichen in Händen
hatte, der Fall ist; bei einem anderen Exemplare sieht man
deutlich die schon erwähnte Rille an derselben Seite, an
welcher die Trennung der beiden Wurzeln stattfinden würde.
Foetorius ErmineaKkk. u. Bı.
Taf. XXXVI, Fig. 7, 3 u.9.
Diese Species ist vertreten durch einen echt fossil aus-
sehenden linken Unterkieferast, dessen Eckzahn und Ineisiv-
theil fehlt und dessen Coronoidfortsatz etwas abgekantet ist.
Er wurde bei O.-Ruzsin in Ungarn mit Lemmingresten zusam-
men gefunden. Die auffallend tiefe Massetergrube deutet auf
ein sehr kräftiges Thier. Der Höckerzahn ist sehr klein, viel-
leicht durch Usur abgenutzt, wie dies die übrigen Zähne in
hohem Grade zeigen (s. Taf. XXXVI, Fig. 7). Der erste
Lückenzahn ist zweiwurzelig; es scheint dies beim recenten
regelmässig der Fall zu sein, wenigstens hat dies der Verfasser
an 15 Schädeln seiner Sammlung, an denen sich dieser Zahn
leichter entfernen liess, constatiren können. Auffallend ist es
daher, wenn WOoLpricH am recenten Hermelin gerade das Vor-
handensein des einwurzeligen Lückenzahnes hervorhebt (im
l. Bericht d. Zuzlawitzer Fauna 1880) und vorzüglich auf
Grund dieses Merkmales die neue Art F. Krejcü mit zwei-
wurzeligem Lückenzahn aufzustellen sich berechtigt glaubt. Die
völlige Unhaltbarkeit dieser neuen Species wird aber durch
die Werthlosigkeit der übrigen Unterscheidungsmerkmale be-
wiesen. Es soll sich bei F. Krejeü die grösste Verengung des
Stirnbeines gleich hinter dem Stirnbeinfortsatze befinden, was
bei keinem der vorhandenen Hermelinschädel der Fall sei,
ferner soll diese nicht so stark sein wie beim Hermelin. Es
ist nun aber unleugbare Thatsache, dass diese Einschnürung,
wie dies für F. Putorius und vulgaris von HexseL (]. c.), für
Lutra von BERTHOLD !) und v. Narausıus?) überzeugend darge-
than und auch für Meles und Mustela aus den Maassangaben der
Tabelle zu beweisen ist, im Alter relativ zunimmt und weiter
1) Isis 1830, pag. 570.
?) Wıesmann’s Archiv, IV. Jahrg., 1. Bd., pag. 130. Berlin 1838.
i
9
;
h
N
847
nach hinten rückt, während sie bei jüngeren Schädeln sich
nicht so bedeutend, aber dicht hinter den Orbitalrändern zeigt.
Ganz nahe hinter dem Stirnfortsatze befindet sich die Ein-
schnürung z.B. an dem auf Taf. XXXVI, Fig. 3 abgebildeten
recenten Schädel eines weiblichen F. erminca (Nr. 1513), wel-
cher irüher in Hexser’s Besitz, bereits von diesem in seinen
„Craniologischen Studien “ - t. *, Nr. 4 von der oberen
Seite abgebildet worden ist. Wie besonders die geringe Ent-
wickelung der Crista sagittalis zeigt, gehört dieser Schädel
einem keineswegs alten Thiere an. Auf t. 7, Nr. 5 (ibid.)
zeigt eine noch sehr jugendliche Form mit deutlichen Nähten,
die Einschnürung ebenfalls dicht hinter den Orbitalrändern,
während Henser’s Abbildung von älteren Hermelinen mit auf-
fälliger Crista die Verengung entfernter von den ÖOrbiten
zeigen. Schliesslich soll F. Krejeü durch geringere Dimen-
sionen als F. erminea, andererseits aber durch beträchtlich
grössere als F. vulgaris unterschieden sein. Vergleichen wir
nun zu diesem Zwecke die dem schwächsten Individuum der
fraglichen Species zugehörenden Abbildungen und Maassangaben
des Unterkiefers, so passen letztere ausgezeichnet zu denen
des schon oben erwähnten weiblichen Hermelinschädels Nr. 1513,
welcher in der Hensew’schen Sammlung wohl der kleinste war,
aber verglichen mit den übrigen weiblichen (Hermelin-) Schä-
deln der Sammlung des Verfassers, sich als der Normalform
sehr nahestehend erweist. Worpricn scheint also nur grössere,
vielleicht die häufigeren männlichen Hermelinschädel zum Ver-
gleich benutzt und deshalb nicht erkannt zu haben, dass „die
constant auftretende fossile Form, welche in der Grösse zwi-
schen dem Hermelin und dem Wiesel steht“, mit dem recenten
weiblichen F. erminea identisch ist. Einige der fraglichen Art
zugerechneten Skeletreste scheinen jedoch dem männlichen
F. vulgaris angehören zu können.
Maasse des von O.-Ruzsin stammenden Unter-
kiefers:
Länge desselben vom Vorderrande der Canin-
alveole bis zur Mitte des Condylus . . . 23,5 mm
Backzahnreihe. . . Re een 1 Kl oree
Länge des Miaischrelres . REEL RATE EEE
Breite der Caninalveole . . 2,50 „
Höhe des Astes unter dem 2.u.3 Lückenzahn 9,0 ,
Höhe des Astes unter dem Fleischzahn . . . 49 „
Ebenfalls von O.-Ruzsin rührt ein vollständiger linker
Humerus her, welcher eine keineswegs bedeutende Grösse zeigt
(s. Taf. XXXVI, Fig. 9); die obere Hälfte eines linken und
848
das distale Ende eines rechten Oberarmknochens, ferner eine
linke Tibia ohne proximales Ende und eine linke Ulna ohne
Olecranon, welche beiden Reste demselben Individuum ange-
hören dürften. Ebenso könnte ein linkes Beckenfragment
dazu gehören, welches nur aus einem Theil des Os ischei mit
dem Acetabulum besteht.
Von der Hohen Tatra liegt ein linker Unterkieferast ohne
Lück-, Eekzahn und Ineisive vor. Auffallend ist die Schwäche
des Astes, welche sich auch an einem rechten Unterkiefer eines
F. vulgaris von dort bemerkbar macht. Ausserdem stammen
von diesem interessanten Fundorte die proximale Hälfte eines
Humerus, eine rechte Ulna, deren Länge 29 mm beträet, ein
linker Radius von 22,4 mm Länge und ein Fragment des
rechten Beckens, von dem das Os pubis und eine Hälfte des
Ischii fehlt; die Höhe des Os ilei, vom äusseren Rande der
Gelenkpfanne gemessen, beträgt 14,0, die Breite desselben an
der Ansatzstelle des Kreuzbeins 4,50 mm.
Der Elisabeth-Höhle am Rabenstein entstammt ein rechtes
Unterkieferfragment mit dem Fleisch- und Höckerzahn und
der Alveole für den 3. Lückenzahn, Der vordere Theil ist
abgebrochen. Sehr auffallend ist die Dicke des Fleischzahnes
und des Astes.. Von letzterem beträgt dieselbe unter dem
Fleischzahn 4 mm, die Höhe daselbst 6,2 mm; der Fleisch-
zahn selbst ist 2,7 mm dick.
Ein vollständiger linker Unterkieferast ferner, welcher
auch einem männlichen, starken F. vulgaris angehören könnte,
besitzt die Länge von 21,25 mm. Höhe des Coronoidiortsatzes
10, Höhe unter dem Fleischzahn 3,3, Breite des Fleischzahnes
5, Länge der Backenzahnreihe 11,25 mm. Ebenso fraglich
erscheint der rechte Humerus (27,25 mm lang) und ein Frag-
ment der Tibia mit dem distalen Ende; diese 3 Stücke gehören
vielleicht zusammen.
Von Thiede, aus der Sammlung des Herrn A. WoLLmann,
ist das Hermelin durch ein rechtes Femur vertreten, welches
in ausgezeichneter Weise erhalten ist. Dasselbe ist dünn und
schlank, von mittelmässiger Grösse. Länge desselben (ohne
Fortsätze) 32 mm. Die kleine Grube für das Ligamentum teres
ist nicht zu sehen.
Foetorius pusillus!) Au».u. Bacam.
Taf. XXXV, Fig. 2u.3.
Es liegt ein nahezu vollständiger Schädel vor, dem das
Zygomaticum des rechten Stirnbeins, die Schädeldecke auf der
2) Aus weiter unten auszuführenden Gründen ist diese Bezeichnung
der üblichen „F. vulgaris“ vorzuziehen.
849
rechten Unterseite entfernt ist, so dass die rechte Gelenkpfanne
für die Condyli des Unterkiefers, die beiden Bullae osseae, das
hintere Keilbein fehlen, die Condyli des Hinterhauptes jedoch
noch vorhanden sind. Auf der Oberseite der Schädeldecke
läuft ein ziemlich breiter Riss von der rechten Seite bis etwas
über den Occipitalkamm hinüber. Gefunden ist derselbe am
linken Ufer des Asbaches in der sogen. Brandschicht. Seine
Fossilität ist nicht unzweifelhaft.
Maasse dieses Schädels:
Beremlanneitaye 2 en N 33,20 mm
Gaumenlänge (k) . . . . Ir an a I ht
Breite des Gaumens zwischen d. Tonehrandern
der Alveolen des vordersten Lückenzahns 4,60 „
Breite desselben zwischen d. Innenrändern d.
Höckerzahnalveolen
Scheitellänge (b)
Entfernung“ vom Vorderrande d. Ineisivalveole
bis z. grösst. Stirnbr. zw. d. Orbitalforts.
Breite der Schnauze zw. d. For. infraorbitale
Grösste Breite der Stirn zw. den Orbiten (h)
Grösste Breite an d. vereinigten Stirnbändern
Breite des Schädels an den Eckzähnen des
Oberkiefers
Breite des Foramen magnum
Höhe desselben .
Abstand des Scheitelpunkts der Stirn etwa
zwischen d. Proc. postorb. v. Gaumen (m)
Breite der Incisivreihe
Länge der Backenzahnreihe
Länge des Fleischzahns .
Breite desselben am hinteren Ansatz
Breite des Höckerzahnes.
oo
ES
(um u
e)
a
— “
”
= “
AA OAmO
SO DD UWES
“-
IE DISS
POooaonano
w
Hinsichtlich der Bildung der I des Occipital-
kammes und der Eckzähne dürfte dieser Schädel wohl einem
männlichen Thiere zugehören; sicherer steht dagegen seine
systematische Stellung fest. Denn einmal gilt die Grösse (a =
32,20 mm) für F. pusillus als eine normale; zweitens zeigt
gerade hier der Choanenrand sehr deutlich einen spitzen Win-
kel, welcher bei dieser Species sonst wohl ein wenig vorn
abgestumpft sein kann, doch nie so flach gerundet erscheint
wie bei F. erminea.. Es dürfte dieses Merkmal, welches von
der verhältnissmässig schmäleren Bildung des hinteren Gau-
mens abhängig ist, vielleicht neben dem von Hexseu betonten,
in der Grösse liegenden Unterschiede als ein Charakteristicum
Zeitschr. d.D. geol. Ges. XXXVII. 4. 50
850
dienen (s. Taf. XXXV, Fig. 2 u. 3); wenigstens ist es zu
paläontologischen Zwecken meist eher zu verwerthen als das
freilich ungleich zuverlässigere, systematisch bedeutungsvollere
Merkmal, welches sich in der Bildung der Nasalien zeigt.
Wenn nämlich bei jüngeren Thieren die Nasenbeine noch nicht
mit den ÖOberkiefer- und Stirnbeinen verwachsen sind, so
kann man eine deutliche Abweichung in den äusseren Um-
rissen dieser Knochenplatten wahrnehmen; während bei X.
erminea die Nasalien in der Mitte stark eingeschnürt sind
und, wieder erweitert, sich plötzlich zuspitzen, so verjüngen sich
diese bei . pusillus in gleichmässiger keilförmiger Gestalt
allmählich. An dieser Stelle sei es erlaubt, über die syste-
matische Bedeutung des Nasenbeins der Carnivoren einige
kurze Bemerkungen einzufügen. Wie bereits erwähnt wurde,
zeigt sich bei f, sarmaticus hierin ein erheblicher. Unterschied
(Hesser, 1. c. pag. 155). Bei F. Putorius und F. furo ist das
Nasenbein, wie bei 7. pusillus; bei F. mustela ähnlich wie bei
F. erminea; bei Gulo borealis ist dasselbe in der Mitte eben-
falls, doch weniger merklich verengert und spitzt sich, nachdem
es in seichtem Bogen die untere grösste Breite wieder erlangt,
vollständig zu, während bei Mustela diese Spitze gewöhnlich
etwas abgestumpft erscheint. Bei Meles ist die Form im All-
gemeinen keilförmig, doch lässt sich eine geringe Verbreiterung
zu Anfang des letzten Drittels erkennen. Wiewohl die allge-
meine Gestalt bei jeder Art fixirt zu sein scheint, so erweist
sich das Verhältniss der Länge des von den Stirnbeinen ein-
geschlossenen Theiles zu dem vorderen Abschnitt des Nasen-
beins für die Systematik weniger brauchbar. So zeigt sich
auch bei den Oaniden und Feliden der Unterschied, welchem
Brasıus (Naturgesch. der Säugethiere Deutschlands pag. 178
und 190) einen so hohen Werth beilegt, wie weit nämlich die
Nasalien nach hinten in die Stirnbeine vordringen im Ver-
hältniss zu den Oberkieferbeinen, bei Vergleichung nahe ver-
wandter Species als sehr irrelevant.
Von O.-Ruzsin stammt ein rechter Unterkieferast, dessen
Coronoidfortsatz ein klein wenig abgestossen ist, und dem der
Eckzahn,, die Ineisiven und die ersten Lückenzähne fehlen
(s. Taf. XXXVI, Fig. 8).
Maasse des zu vorigem Schädel gehörenden
Unterkieferastes und dieses:
des vorigen Sch. dieses Sch.
Längel..r. 'uıwına won un 18,9 ma 20,0 mm
Backenzahnreihe „una 2... One 10,08 ,
Höhe des Astes zwischen dem 2.
und‘ 3. Lückenzahne:., (2012 32335 33d10,
en “
Höhe d. Astes unter. d. Fleischzahn 3,0 mm 3,2 mm
Breite des Fleischzahnes . . . 425 „ 5,5
”
Ferner stammt von dort ein rechter Unterkiefer mit ebenfalls
“ beschädigtem Coronoidfortsatze, ohne Eckzahn, Ineisive und
Höckerzahn (s. Taf. XXXVI, Fig. 6).
Bämge ;,|:,.. ore unsllelen u uchl4sD, mm
Länge der Backzahnreihe . Ya nor 02ld.
Höhe des Astes unter dem Fleischzahn . . . 2,50 „
Höhe des Astes unter dem 2.u. 3. Lückenzahn 2,45 „
Länge des Fleischzahnes . . . . 2.2... 3,5 5
Zwar ist die geringe Grösse des Restes sehr auffallend,
doch finden wir in der Tabelle OÖ der Craniologischen Studien
noch fünf weibliche Schädel, welche geringere Dimensionen am
Unterkiefer zeigen. Es dürfte auch wohl die Kleinheit der von
WorpkıcH beschriebenen Reste, welche derselbe lediglich ihrer
unbedeutenden Grösse wegen einer neuen Species F. minutus
zuzählt, an Auffälligkeit sehr verlieren, wenn wir die ange-
führten Maasse derselben mit denjenigen vergleichen, welche
HEssEL vom weiblichen F\ pusillus giebt. So ergiebt sich, dass
das Schädelfragment eines F. minutus von Zuzlawitz sogar
noch immer der Normalform eines weiblichen F. pusillus
entspricht.
Dem sehr kleinen Femur von Zuzlawitz (t. 2, f. 11 im
3. Berichte) kommt ein fossiles von O.-Ruzsin von 15,25 mm
Länge nahe (s. Taf. XXXVI, Fig. 4), welches andererseits
mit dem vorliegenden Femur eines weiblichen, ungefähr 1 Jahr
alten Wiesels in der Länge stimmen dürfte.
Ausserdem wurde dort ein linker Humerus (25,5 mm lang)
und ein rechter Humerus (18 mm) (s. Taf. XXXVI], Fig. 5)
gefunden; ferner ein Femur, dessen Trochlea sehr hoch nach
oben verläuft und dessen proximales Ende fehlt; schliesslich
die proximale und die distale Hälfte einer Tibia.
Von der Hohen Tatra lag zur Untersuchung von Wiesel-
resten vor: ein rechter Unterkiefer mit dem Fleischzahn,
welcher in der Grösse dem schon erwähnten F. minutus WoL».
ebenfalls gleicht... Die Alveole zeigt einen zweiwurzeligen
Lückenzahn, der in derselben divergirenden Stellung gestanden
hat, wie die recenten.
Entfernung von d. vorderen Caninalveole bis zur
Mitte des Condylus . . 14,5 mm
Höhe des Coronoidfortsatzes vom Winkel a TWOIRE
Beaeedes Bleischzahnes - ... 2.2352 32340: :,
Höhe des Astes unter diesem U EIER
Länge der Backenzahnreihe . 8,00 „
892
Ferner sind zwei gleich lange Femur, vermuthlich zu-
sammengehörig, auch nur 17 mm lang, zu erwähnen; zu ihnen
könnte auch ein Humerus ohne Caput zu stellen sein.
Endlich sei eines von Thiede stammenden linken Unter-
kieferastes gedacht, dessen Eckzahn und der die Incisiven tra-
gende Theil sowie der Coronoidfortsatz abgebrochen sind. Die
Massetergrube ist auffallend tief. Die Backenzahnreihe 8,05 mm
lang, also von mässiger Grösse. Höhe des Astes unter dem
Fleischzahn 2,7 mm.
Lutra vulgaris ERXL.
Von der Fischotter standen dem Verfasser leider keine
fossilen Reste zur Verfügung. Aus der Untersuchung eines
reichen recenten Materials hat sich das Resultat ergeben, dass
an dem Unterkiefer von Lutra vulgaris stets mehr als 2 Fora-
mina mentalia auftreten, während Lutra canadensis nur zwei
zeigt. Bei letzterer ist auch der Ansatz des oberen Reisszahns
breiter, so breit wie der ganze Zahn; auch ist bei dieser
amerikanischen Art zwischen den Orbitalrändern oberhalb des
Processus zygomaticus des Stirnbeins eine grössere Vertiefung
zu bemerken. Die Unterschiede, welche GıEBer !) von beiden
Species anführt, scheinen zumeist nicht stichhaltig.
Es wird auch für diese Art eine Maass- Tabelle angefügt,
welche vielleicht für eine spätere Bearbeitung Verwerthung
finden könnte.
Nach Gervaıs?) soll Zutra vulgaris im Quartär dieselbe
sein wie jetzt.
Wir haben nun im Vorstehenden nicht nur keine neue Mu-
steliden-Arten aufstellen können, sondern schon gegründete mit
Entschiedenheit verwerfen müssen; wohl aber konten wir Abwei-
chungen verzeichnen, welche nicht nur in einer kräftigeren Con-
stitution, sondern vor Allem in dem für die Systematik so über-
aus werthvollen Zahnsystem sich geltend machen. Wenn wir nicht
die allmähliche Umänderung des anfangs zweiwurzeligen oberen
ersten Lückenzahnes in den einwurzeligen bei F. Putorius so-
wohl durch die verschiedenen Zwischenformen des Diluviums wie
der Jetztzeit beobachten könnten, so würden wir uns sicherlich
für berechtigt halten, die extremen Mutationen als verschiedene
Arten anzusprechen. Denn wie wir mit HExseL F. Vison und
Lutreola als selbstständige Arten trennen auf Grund derselben
Merkmale des Gebisses, welche das Gebiss des F. Zutreola
ı) Zeitschr. f. d. gesammt. Naturw. 1868, pag. 210.
2) Zool. et Paleontol. generales, 1867 --69, I. Serie.
853
zeigt; wie wir ferner den F. furo als wohlberechtigte Art
ansehen, welche sich gleichfalls im Zahnsystem durch einen ver-
hältnissmässig kleineren unteren Höckerzahn und, wie bereits
oben bemerkt, durch einen einwurzeligen vorderen unteren
Lückenzahn von F. Putorius deutlich unterscheidet, und wie
durch eben dasselbe Merkmal unter den Nagern beispielsweise
das Stachelschwein der alten von dem der neuen Welt unter-
schieden wird !), so dürfen wir auch den bei F. Putorius auf-
tretenden Abänderungen die volle Bedeutung nicht absprechen.
Ja wir müssen sogar zugeben, dass sie den Einwurf, welcher
so oft gegen die Selectionstheorie erhoben ist, dass wir näm-
lich die zahlreichen abgestuften Uebergänge zwischen den Mu-
tationen (bezw. Varietäten) und Arten in der Natur nicht
aufzufinden im Stande wären, vollständig entkräften.
Der Umstand nun, dass wir im Diluvium noch Iltisschädel
finden, welche einen oberen ersten Lückenzahn mit unvollkom-
men getrennter Doppelwurzel besitzen, welche letztere noch
jetzt, wenn auch nur höchst selten, vorkommt, beweist ferner,
welch’ ungeheurer Zeitraum zur Umbildung eines derartigen Merk-
mals im freien Naturzustande bei diesen Thieren erforderlich ist.
Es ist daher nicht wahrscheinlich, dass das Diluvium schon eine
Stammform aufweisen soll, wie WotpricH?) vermuthet, aus
welcher sich der gemeine Iltis, der Tigeriltis, der Nörz etc.
entwickelten. Diese Species sind doch noch sehr weit von
einander verschieden, zumal der Tigeriltis, F. sarmaticus, man-
cherlei Beziehungen zur afrikanischen Gattung Zorilla (siehe
Hessen 1. c. pag. 155) zeigt und auch der Nörz ausser den
oben erwähnten noch merkliche Abweichungen an den Extre-
mitäten aufweist. Wenn wir wirklich abweichenden diluvialen
Formen dieser Carnivoren im Vergleich zu den recenten aus
Unkenntniss der Zwischenformen eine specifische Stellung ein-
räumen müssen, so dürfte diese wohl immer nur auf feinen
Unterschieden beruhen, wie solche in der Regel zwischen ame-
rikanischen Arten und den unsrigen jetzt obwalten. Darum
bleibt der Werth unserer Artcharaktere auch im Wesentlichen
bestehen und die immerhin bedeutende Beständigkeit derselben
lässt hoffen, dass wir mit der Zeit bei zunehmendem paläon-
tologischen Material mit ihrer Hülfe mit ziemlicher Bestimmt-
heit auch auf Grund noch nicht ausgestorbener oder völlig
verdrängter Arten über das relative Alter der sie einschliessen-
den Diluvialablagerungen werden urtheilen können, d. h. ge-
wissermaassen an ihnen den Werth von Leitfossilien besitzen
werden.
ı) BrAnDT in MüLter’s Archiv 35, pag. 548.
2) 3, Bericht pag. 17.
854
Es bleibt jetzt noch die Beantwortung der Frage übrig,
inwieweit auch die geographische Verbreitung dieser
Thiere in der Diluvialzeit in Mitteleuropa mit der jetzigen über-
einstimmt. Es bedarf eigentlich kaum noch einer besonderen
Erwähnung, dass sich derselben die grössten Schwierigkeiten
in den Weg stellen, einmal weil die Funde, wie bereits be-
merkt, noch sehr vereinzelt sind, vor Allem aber weil man
selten in der glücklichen Lage ist, das geologische Alter
der Skeletreste, welche meist aus Höhlen stammen, sicher
festzustellen. Die folgende Ausführung kann daher nur als
ein Versuch angesehen werden und wird sich im Wesent-
lichen darauf beschränken müssen, eine Uebersicht über die
bisher in der Literatur erwähnten Diluvialreste Deutschlands
zu geben.
Meles Taxus SCHREB.
Das heutige Wohngebiet des Dachses erstreckt sich beinahe
über ganz Europa; der Organisation seines Körpers nach auf
ein temperirtes Klima angewiesen, geht er nicht in die Polar-
gegenden hinauf, kaum über 60° nördl. Br. hinaus!) und ver-
meidet andererseits die am meisten südlich gelegenen Küsten-
länder des Mittelmeeres. In Asien lebt er ungefähr zwischen
denselben Breitegraden (ca. 60— 40°).
Vergleichen wir nun hiermit die Angaben über sein Vor-
kommen in den Diluvialablagerungen, so ist zuerst der wegen
des hohen Alters seiner Ausbeute interessante Fundort, die
Ofnet bei Utzmemmingen in Schwaben, deren Fauna von Fraas
für praeglacial erklärt ist, zu erwähnen. Jedoch dürfen wir dem
hohen Alter dieser Dachsreste nicht zu viel Gewicht beilegen,
da ihre Fossilität von genanntem Forscher angezweifelt wird
(Anthrop. Corresp.-Bl. 1876, Nr. 8).
Ebenso geringen Anhalt bietet das Oberkieferfragment,
welches am Schelmengraben zwischen Nürnberg und Regens-
burg von ZiTTteL und FrAAs gefunden wurde (Sitzungsber. d.
bayr. Akad. d. Wiss. 1872, 1; Arch. f. Anthropol. 1872,
V. Bd., pag. 325 — 345). Dieser Rest zeigt zwar ein fossiles
Aussehen, wurde auch zusammen mit echt diluvialen Thieren,
wie Ursus spelaeus, Hyaena sp., Rhinoceros tichorhinus, Elephas
primigenius und Cervus tarandus gefunden, leider aber fanden
sich in derselben Lage, in der Culturschicht, auch mehrere
recente Knochen. Dafür wird aber in der ähnlich beschaf-
fenen Fauna von Langenbrunn bei Sigmaringen MWeles taxus
aufgezählt (Archiv für Anthrop. Bd. IX, pag. 81 -- 95) °),
!) Siehe Brasıus, Naturgesch. d. Säugeth. Deutschl. pag. 207.
?) NEHRING, Uebersicht über 24 mitteleuropäische Quartärfaunen,
diese Zeitschr. Jahrg. 1880, pag. 468.
855
von dem sich eine Schädeldecke, ein Unterkiefer und einige
Phalangen vorfanden; sein vereinzeltes Vorkommen unter zahl-
reichen Resten von Höhlenbären, vom Rhinoceros, Mammuth
und Renthier scheint, dem heutigen sporadischen Auftreten
entsprechend, die Thatsache nicht widerlegen zu können, dass
der Dachs schon in der Glacialzeit in Süddeutschland gelebt
hat. Zwar muss es auf den ersten Blick befremden, dass
ein Thier, welcher sich jetzt so empfindlich gegen Kälte
zeigt, Deutschland in der Eiszeit bewohnte; wenn wir indessen
mit STRUCKMANN!) annehmen, dass Mitteleuropa damals un-
möglich ein Klima besessen haben kann, wie wir es jetzt an
der Eisküste des nördlichen Sibiriens oder in Grönland und
Spitzbergen antreffen, so dürfte die heutige Verbreitung es
nicht mehr unwahrscheinlich machen können, dass der Dachs,
dessen Vorkommen sogar im Tertiär nachgewiesen ist, auch
in der Glacialzeit hier heimisch war.
Für die Existenz in dem jüngeren Diluvium sprechen
mehrere Funde, wie die im Obigen besprochenen Fossilreste
einiger Individuen, welche aus der Hösch’s - Höhle im Ails-
bachthale (bayrisches Oberfranken) stammen; ferner einige
Reste aus dem Zwergloche bei Pottenstein (ebendort), wo sie
sich sowohl in der sogenannten Aschenschicht, als auch in
der oberen Geröllschicht vorfanden. Hierher gehören auch die
Funde, welche durch die im Jahre 1863 in der Birkelhöble
bei Heidenheim angestellten Ausgrabungen zu Tage gebracht
sind (Arch. f. Anthr. Bd. 5, 1872, pag. 172); ebenso einige
Individuen von Meles larus aus den sogenannten Fuchslöchern
am Rothen Berge bei Saalfeld (diese Zeitschr. 1879, p. 282).
Diesen Höhlenfunden : stehen aber die Funde von ungleich
grösserem Werthe gegenüber, welche aus den Lössablage-
rungen des Heigelsbachthales bei Würzburg gewonnen sind
(Verhandlungen d. physik.-mediein. Gesellsch. von Würzburg,
N. Folge, 1879, Bd. 14 und „Ausland“ 1879, Nr. 29), sowie
der Dachsschädel von Westeregeln und- der Unterkiefer vom
Seweckenberge bei Quedlinburg, welche in den Spaltenausfüllun-
gen der dortigen Gypsberge ausgegraben wurden.
Schliesslich mögen noch die von STRUCKMANN in der
Einhornhöhle bei Scharzfeld am Harze gefundenen Reste er-
wähnt werden, unter denen der Dachs durch zwei Backenzähne
aus der, ‚Wolfskammer“ und zwei linke Oberarme, einen rechten
Oberschenkel und eine Rippe, also mindestens durch zwei
Individuen vertreten ist. Diese Funde sollen mehr der neo-
lithischen Zeit angehören.
lt) Diese Zeitschr. Jahrg. 1880, 738,
856
Gulo borealis Niuss.
Die jetzige Verbreitung des Vielfrasses kennzeichnet diesen
als ein echt arktisches Thier; er bewohnt die Wälder aller
nördlichen Polarländer der alten und neuen Welt (siehe Orro
Fıssca: Reise nach West-Sibirien im Jahre 1876).!) Wäh-
rend früher sein Verbreitungsgebiet nach Süden zu grössere
Ausdehnung gehabt haben soll, so dass sich einige Exemplare
selbst nach Deutschland hinein verirren konnten, geht heute
die südliche Grenze seiner Ausdehnung nicht über Norwegen
(den 70. Breitegrad) hinaus.
Sein Auftreten in Deutschland in der eigentlichen Eiszeit
ist erwiesen. Dafür sprechen die Erfunde der Knochenhöhle
von Thayingen bei Schaffhausen, wo sich Reste von 4 verschie-
denen Individuen sowohl in einem unteren grauen Lehm als
auch in der oberen schwarzen fetten Erde vorfanden. Sie be-
stehen aus 4 rechten und 2 linken Unterkiefern und 2 Frag-
menten des Oberkiefers, wovon einer aus der untersten Lage
der rothen Oulturschicht stammt. Weitere Beweise lieferten
die in anthropologischer Beziehung so bedeutungsvollen Ausgra-
bungen bei Schussenried, unter welchen sich 2 Vielfrassreste
befanden: ein Schädel eines älteren Thieres mit eingeschla-
gener Stirn und abgehacktem Hinterhaupte und ein Unter-
kieferast eines ebenso grossen, aber jüngeren Thieres mit noch
ganz frischen, noch nicht abgenutzten Zähnen.
Vor Allem ist aber hier die wegen ihres Reichthums an
diluvialen Knochen so berühmte Gailenreuther Höhle in Fran-
ken zu erwähnen, welche nicht nur unsere abgehandelten,
sondern noch andere wohl erhaltene Vielfrassschädel geliefert
hat, von denen Exemplare in den Museen von Berlin, Bonn,
Erlangen, Dresden, sowie in der Realschulsammlung von
Bayreuth aufbewahrt werden. Einzelne Maassangaben dieser
Reste (mit Ausnahme eines wohlerhaltenen Schädels der Dres-
dener Sammlung), welche Verfasser Herrn Prof. NeHring ver-
dankt, sind auf der Tabelle zum Vergleich beigefügt.
Der jüngeren Diluvialzeit gehören die einzelnen Ueberreste
von Gulo borealis an, welche aus dem Löss von Würzburg
stammen, sowie der Fund eines Gulo aus der Hösch’s - Höhle
im Ailsbachthale und vielleicht auch das von WoLprich an
einem einzelnen Radius erkannte Individuum aus der Fauna
von Zuzlawitz (s. 3. Th. 1883), welches der „Waldfauna“
zugeschrieben wird.
1) Zool.-botan. Gesellsch. in Wien, 1879, 29. Bd.; vergl. auch Arch.
für Anthrop., 1875, Bd. 8, pag. 143.
Sa zT ng ne Ze m
857
Mustela (martes und foina).
Die beiden deutschen Marderarten weichen in ihrer geo-
graphischen Verbreitung von einander so unbedeutend ab, dass
wir dieselben bei dieser Betrachtung zusammenfassen dürfen,
umsomehr als bei der zumeist unsicheren Bestimmung ihrer
Reste eine Trennung für die vorweltliche Verbreitung unthun-
lich ist. Ihre jetzige Ausdehnung erstreckt sich über die ge-
mässigten Districte Europas (s. Brasıus, Naturgesch. d. Säuge-
thiere Deutschlands pag. 216).
Der Edelmarder wagt sich etwas weiter nach Norden vor,
er wird nach Parzas noch an den Quellen des Jenissei, in der
Isetischen Provinz und im Werchoturischen Gebirge zusammen
mit dem Zobel angetroffen, während er im übrigen Sibirien
zu fehlen scheint.
Die älteste diluviale Fauna, welche Marderreste enthält,
dürfte wohl die von Langenbrunn im oberen Donauthale sein.
Die Species des einzigen Exemplars ist nicht angegeben.
Dann würde vielleicht der Hohlefels im Achthal bei Ulm folgen,
unter dessen Resten sich auch einige von M. foina befinden
sollen. Zumeist gehören jedoch die Ueberreste von Mustela
‚der späteren Postglacialzeit an; so die von M. martes aus
dem Löss des Heigelsbachthales bei Würzburg, wo sich die
Art nur selten finden soll und zusammen mit Gulo borealis
und Meles Taxus vorkommt. Die Elisabeth- und Hösch’s-
Höhle weisen beide je ein Exemplar von Mustela auf. Von
zweifelhafter Bedeutung sind die beiden W. martes, welche in
der oberen Geröllschicht des Zwergloches bei Pottenstein
(bayrisches Oberfranken) gefunden sind. Im sogen. Hasenloche
ebendaselbst wurden auffallender Weise 127 Eckzähne von
M, martes nachbarlich gelagert in Lehm gefunden (vergl. Güm-
BEL „über Bildung von Höhlen“ in Beitr. z. Anthrop. und
Urgeschichte Bayerns 1879). In der obersten Schicht fanden
sich ebenfalls Reste vom Marder, ein Unterkiefer und einige
andere Knochen. Ausserdem kommen in der Vypustekhöhle
Marderreste vor, von denen besonders ein Unterkiefer von
M. martes durch grosse Länge auffällig ist, sowie in der
Höhle von Zuzlawitz und zwar hier in der Mischfauna der
„Weide- und Waldzeit. Den „Fuchslöchern* am Rothen
Berge bei Saalfeld entstammt ebenfalls ein Exemplar der Gat-
tung Mustela, dessen Species nicht bestimmt wurde. Ferner
weist auch die Fauna der Höhle von Balve in Westfalen,
deren glaciale Thierformen von den späteren nicht getrennt
worden sind, eine Marderart auf.
Schliesslich muss noch eine M. foina aus dem diluvialen
Lehm der Einhornhöhle (s. 33. u. 34. Jahresber. der Natur-
858
forscher-Gesellsch. in Hannover 1884) erwähnt werden, deren
Vorkommen als sehr selten bezeichnet wird, und vielleicht
dürfte hier ein zwar nicht diluvialer, indess sicher der neo-
lithischen Zeit angehörender, einzelner, lädirter Unterkiefer-
ast vom Edelmarder zu erwähnen sein, welchen Verfasser
in der „Diebeshöhle* bei. Uftrungen unweit Nordhausen aus-
gegraben hat. Für dieses Alter sprechen die unter zahl-
reichen menschlichen Skeletresten gefundenen Knochenarte-
facte, über welche des Näheren anderenorts zu berichten
der Verfasser sich vorbehält. In den nach der Steinzeit
folgenden Pfahlbauten werden nach Rürımeykr Unterkiefer von
M. foina (sowie von Foetorius putorius) häufig gefunden, oft
ganze Nester beisammen mit den unverletzten Knochen von
Thieren jeglichen Alters (siehe Arch. f. Anthrop. Bd. 5, 1872,
pag. 201).
Foetorius Putorius K. u. Bı.
Mit den Mardern besitzt der Iltis so ziemlich gleiche
Verbreitungsbezirke: über den grössten Theil von Europa aus-
gedehnt, erstreckt sich sein Wohngebiet noch bis nach Nord-
und Mittel-Asien. Er kommt jedoch nicht in Nordrussland und
Nordsibirien vor und ebenso wenig im äussersten Süden Europas.
Auch diese Species scheint schon in der Fauna von
Langenbrunn existirt zu haben; soviel sich nämlich aus der
sehr unbestimmten Angabe von Ecker („zur Kenntniss der
quatern. Fauna des Donauthales, 2. Bericht“ im Arch. f. Anthrop.
Bd. 10, 1878) ersehen lässt, dürfte der Rest einem F. putorius
zugeschrieben werden. Es ist ein rechter Unterkiefer, „welcher
auf eine Species schliessen lässt, die etwa so gross ist wie
F. furo, doch weicht die Stellung der Zähne bezw. der Alveolen
von diesem einigermaassen ab. Da nur der Reisszahn erhalten
ist (dieser ist 7 mm lang), so möchte eine sichere Bestim-
mung der Species kaum möglich sein: die Gattung ist un-
zweifelhaft.“
Sicherer ist das Vorkommen des Iltisses in der Höhle
des Hohlefels im Achthale bei Ulm, die sich besonders reich
an Ueberresten von Carnivoren erwies. Durch das ziemlich
gleiche Alter dieser Faunen gewinnt die Vertretung des F. pu-
torius in der von Langenbrunn noch mehr an Wahrscheinlich-
keit. Ebenso scheint durch ein Exemplar aus der Linden-
thaler Hyaenenhöhle das Vorkommen dieser Art zur Glacialzeit
erwiesen; vor Allem aber durch den erstaunlich grossen Reich-
thum an Foetorius- Resten, welchen die durch ihre gross-
artige Ausbeute bekannte Höhle von Zuzlawitz birgt. Diese
Ueberreste werden von WonpkıcH der „Mischfauna der Gla-
cial- und der Steppenzeit“ zugerechnet,
_ 859 _
Einer etwas jüngeren Zeit dürften wohl die für diese
Abhandlung verwertheten Reste aus dem Löss von Prohlis
bei Niedersedlitz zugerechnet werden, welche den nicht un-
wesentlichen Vortheil bieten, dass sie Dank ihren deutlichen
Lagerungsverhältnissen das Zusammenleben des Iltisses mit dem
Mammuth, Rhinoceros, Renthier, Bison priscus etc. ungleich
klarer beweisen, als die oft unglücklich zusammengewürfelten
Höhlenfunde. Es dürften sich dann die in der Höhle von
Balve in Westfalen gefundenen Fragmente anreihen, unter
denen sich vielleicht auch glaciale Iltisreste befinden, ferner
die von Steeten an der Lahn, wo Iltisreste sowohl in der
etwas ältere Thierfragmente aufweisenden Wildscheuer, als
auch in den Spaltenausfüllungen der Dolomitfelsen aufgefun-
den wurden. Letztere Fundstätte sowie die Fuchslöcher bei
Saalfeld haben alle drei kleineren Arten von Foetorius putorius,
Erminea und pusillus geliefert. Ebenso dürfte als Beleg für
das Vorkommen in der Postglacialperiode vielleicht noch ein
einzelner linker oberer Eckzahn aus der Westeregelner Fauna
dienen, welcher höchst wahrscheinlich von F. putorius herrührt.
Das Gleiche gilt von den Funden von Thiede, welche oben
ausführlich behandelt worden sind.
Foetorius Erminea und pusillus.
Wiewohl die Peripherien der Verbreitungskreise der beiden
kleinsten Arten weniger Uebereinstimmung zeigen, ziehen wir
es doch vor, auch diese beiden für die Betrachtung ihrer Aus-
dehnung zusammenzufassen. Das kleine Wiesel hält sich im
Allgemeinen südlicher, während das Hermelin weiter in die
arktische Zone hinaufdringt und ebenso nach Tschpuı auf den
Gletscherfeldern der Alpen angetroffen wird; nach VıcTor FATIo
soll es dort bis 3000 m hinaufsteigen, während F. pusillus
noch in ca. 2700 m Höhe gesehen worden ist (s. Faune des
vertebres de la Suisse, pag. 331).
Auch sie beide gehören im Allgemeinen der gemässigten
Zone an und sind besonders in Deutschland überall vertreten,
wenn auch nicht in allen Provinzen gleich stark. So scheinen in
der Umgebung Berlins, im Harz und an dessen nördlichem Rande,
besonders aber in dem am meisten nach Norden liegenden
Theile Deutschlands, in Schleswig- Holstein, soweit der Ver-
fasser dies durch seine Erfahrungen feststellen kann, die Her-
meline zahlreicher aufzutreten, als F. pusillus, während in Thü-
ringen und nach langjährigen Erfahrungen Henser’s auch in Schle-
sien letzterer überwiegt. Da sich nun nach V. Farıo (l. c.) das
Hermelin in den Alpen weit häufiger findet als das kleine
Wiesel, so dürfte es wohl gerechtfertigt sein, statt der alten
Bezeichnung „F. vulgaris“, welche leicht zu einer falschen Vor-
860
stellung Veranlassung geben kann, die von letztgenannten
Autor vorgeschlagene F. pusillus Auv. u. BACHMANN anzu-
nehmen.
Auffallend ist nun ferner, was LieBE mit Recht hervor-
hebt (s. „Fossile Fauna der Höhle Vypustek“), dass die Her-
meline von Süden nach Norden an Grösse zunehmen. Zwar
kann dies für kleinere Verbreitungsbezirke nicht leicht nach-
gewiesen werden; doch zeigt es sich schon deutlich, wenn man
die thüringischen Formen mit den in den nördlichsten Pro-
vinzen lebenden vergleicht, in auffälliger Weise aber bei Ver-
gleichung mit den schwedischen, unter denen ungemein grosse
Exemplare vorkommen. |
Für die Diluvialzeit lassen sich beide Thatsachen ‚leicht
beweisen. Die Häufigkeit des Hermelins zeigt deutlich die
Zuzlawitzer Fauna: stehen doch den 48 Individuen von diesem
Thiere nur 15 von F. pusillus gegenüber, wenn wir „A. Krejeü“
zu ersterer und „Z. minutus“ zu letzterer Species zählen. In
einer Höhle des Berges Novi in der Hohen Tatra aber, deren Fauna
Nenrine in die Glacialperiode oder an das Ende derselben ver-
setzt, waren F. Erminea durch 3, F. pusillus durch 4 Exemplare
vertreten. Dieses Ergebniss dürfte jedoch, mit der Ausbeute des
obigen Fundortes verglichen, nicht in die Wagschale fallen.
Jünger sind schon die Reste, welche in den Spaltenausfüllungen
der Dolomitfelsen von Steeten sowie in der Wildscheuer da-
selbst gefunden wurden; ebenso die Reste aus der Balver Höhle
in Westfalen, wo sie, in Kalksinter mit Bärenresten zusammen
festgebacken, ein frischeres Aussehen zeigten als diese. Ferner
kommt F. Erminea in den Spaltenausfüllungen der Molasse bei
‚Baltringen unweit Biberach vor, als einziges Raubthier neben
vielen Ueberresten von Sorex vulgaris, Talpa europaea, Arv.
amphibia und gregalis, Myodes torquatus, Rana und Bufo, so
dass es den Anschein hat, als rührten diese Ueberbleibsel von
den Mahlzeiten des Hermelins her. Aber auch bei Saalfeld
und in der Elisabeth- und Hösch’s-Höhle sind Reste dieser Arten,
in letzterer jedoch nur von F. Erminea aufgefunden.
Lutra vulgaris ERXL.
Die Verbreitung dieses aquatischen Carnivoren ist in der
Jetztzeit eine ziemlich ausgedehnte. Ungefähr vom nördlichen
Polarkreise bis zum 40° nördl. Breite kommt die Fisch-
otter überall in Europa, Nord- und Mittel- Asien vor. Be-
sonders tritt sie in Deutschland, wenn nicht häufig, so doch
überall sowohl im höchsten Gebirge als auch in der Ebene auf.
Ihr fossiles Vorkommen im Diluvium wird erwähnt in
der Fauna der Höhle des Hohlefels im schwäbischen Achthale
861
(Arch. f. Anthrop. Bd. 5, pag. 501), ebenso in der von ReHMAnN
und Ecker gesammelten quartären Fauna des Donauthales
(s. Arch. f. Anthrop. 9, 1876, pag. 81); besonders aber ist sie
in sämmtlichen Diluvialablagerungen, also auch in den älteren
Schichten der Einhornhöhle, durch STRUCKMANN aufgefunden
worden.
Ueberblicken wir nun noch einmal die einzelnen Species,
so ist es vor Allem @ulo borealis, welcher wegen seines heu-
tigen Wohnsitzes das grösste Interesse erregt. Während alle
übrigen ihre Heimath noch jetzt hier haben, liegt sein Aus-
dehnungsgebiet fast ausschliesslich in den Polargegenden. Aber
da-derselbe vor noch nicht langer Zeit seinen Wohnsitz in
Europa weit südlicher, in den Wäldern Lithauens, Wolhyniens
(s. Brasıus 1. c. pag. 211) und Bialowieza (s. BrinckEen, Mem.
sur la foret de Bialowicza, pag. 45) gehabt hat und selbst einige
Male in Deutschland vorgekommen ist, so dürfte wohl die An-
nahme gerechtfertigt sein, dass der Vielfrass nicht so sehr der
Aenderung des Klimas, als vielmehr der Uebermacht der
Cultur gewichen ist. Denn da das Phänomen der Eiszeit
ebenso allmählich, wie es sich eingestellt, geschwunden ist, so
darf man wohl die Behauptung aufstellen, dass sich Gulo, an
das gemässigtere Klima ebenso gewöhnt hätte, wie das eben-
falls mit Recht für arktisch gehaltene Hermelin, welches, wenn
es auch durch Acklimatisation seine normale Grösse eingebüsst
hat, so doch, durch seine Kleinheit und versteckte Lebens-
weise geschützt, noch in ziemlicher Häufigkeit vorhanden ist.
Dass bereits der diluviale Mensch den @Gulo verfolgt hat,
scheint der von FraAs bei Schussenried gefundene Vielfrass-
schädel zu beweisen, welcher deutlich erkennen lassen soll,
dass er mit Steinwerkzeugen zerschlagen ist.
Es wird nicht geleugnet werden können, dass das Adap-
tionsvermögen der Mammalien an die verschiedenen klima-
tischen Verhältnisse ein sehr verschiedenes ist. Dafür spricht
nicht nur das Ausharren mancher Thiere vom Tertiär bis
in unsere Zeit hinauf, wie dies bereits für den Dachs, Edel-
hirsch, Elen, Urochs, freilich nur mit einiger Wahrschein-
lichkeit, nachgewiesen werden konnte, sondern in genügender
Weise auch die jetzige geographische Verbreitung. Wäh-
rend z.B. der Tiger seine Streifzüge noch weit nach dem Nor-
den Asiens macht, wird der Vielfrass umgekehrt wohl kaum
je weit jenseits der Alpen heimisch gewesen sein, wenigstens.
ist sein Vorkommen in den Höhlen Italiens noch nicht con-
statirt. Auch das Hermelin erreicht jetzt am südlichen Fusse
der Alpen seine Südgrenze in Mitteleuropa. Wiewohl also
862
die Abhängigkeit von den Klimazonen wird unbedingt zugegeben
werden müssen, würde doch das Verbreitungsgebiet mancher
Thiere eine viel grössere Ausdehnung besitzen, wenn nicht
der Mensch, der grösste Feind der Thierwelt, dieselbe mehr
und mehr eingeschränkt hätte, entweder durch directe Verfol-
gung oder durch Lichtung ihrer Verstecke, insbesondere der
Urwälder.
Wenn wir es auch als sehr wahrscheinlich betrachten
können, das Gulo in den so gründlich erforschten Faunen von
Thiede und Westeregeln '} überhaupt fehlte, so dürfen wir
daraus doch noch nicht folgern, dass damals der Vielfrass
schon aus Deutschland gewichen war. Finden wir ihn doch
noch in den Lössablagerungen von Würzburg, sowie in der
oberen schwarzen fetten Erde der Knochenhöhle von Thayin-
gen. Da derselbe bei seiner Lebensweise seiner Beute nur
in Wäldern nachstellt, so darf es nicht verwundern, wenn
wir ihn in der Steppe vergebens suchen. Ueberhaupt dürfte
die paläontologische Chronologie des Diluviums, welche Wor-
DRICH (s. 1. Bericht, 1880, pag. 57) aufstellt, schwerlich
für ganz Mitteleuropa annehmbar sein. Wenn die Auf-
einanderfolge der vier Faunen, der Glacial-, Steppen-, Weide-
und Waldfauna, für Norddeutschland im Allgemeinen nachweis-
bar ist, so hält es doch schwer, diese zeitliche Trennung auf
Grund der vom genannten Autor angeführten Typen auch für
alle übrigen erforschten Faunen aufrecht zu erhalten. Wie durch
Hogrer’s?) „Gletscher - und Eiszeit - Studien“ höchst wahr-
scheinlich gemacht ist, waren in der Glacialzeit die Existenz-
bedingungen für Zlephas primigenius, Rhinoceros tichorhinus, Bos
priscus und primigenius, welche, wie wir wenigstens von den
beiden ersteren bestimmt wissen, gegen die Kälte hinläng-
lich geschützt waren, und deren massenhafte Reste so oft
als der Eiszeit angehörig erkannt worden sind, durch saitige
Alpenweiden und zusammenhängende Fichtenwaldungen in ge-
nügendem Maasse geboten. Noch wahrscheinlicher ist es wohl,
dass nach dem allmählichen Verschwinden der Gletscher, zu
der Zeit als Norddeutschland den Charakter der Steppe trug,
dort, namentlich aber in Süddeutschland, an günstigeren Stellen,
wie in der Nähe der Gebirge und an Flussufern, jene Repräsentan-
ten der „Weidefauna“ gleichzeitig mit den Steppenthieren lebten.
Es dürfte also bei dem völligen Fehlen von ausschliesslichen
Vertretern dieser Fauna die Aufstellung einer besonderen Di-
luvialepoche für die Weidefauna nicht gut angehen.
1) Auch vom Baummarder sind daselbst keine Reste gefunden.
2) Sitzungsber. der math.-naturw. Cl. der k. k. Akad. d. Wissensch.
zu Wien, 79. Bd, I. Abth., 1879.
oe
Der Umstand nun, dass die der sogenannten Weidefauna
zugerechneten Thiere bei Thiede noch über den Ablagerungen
mit der Steppenfauna gefunden worden sind (auch in der Cultur-
schicht der von ZırteL untersuchten Räuberhöhle am Schel-
mengraben und an vielen ähnlich beschaffenen Fundorten,
[siehe Nearısg, „Uebersicht über 24 mitteleuropäische Quartär-
faunen“ |), dient als ein kräftiger Beweis für das Ausharren dieser
diluvialen Thiere bis in die spätesten Zeiten des Diluviums,
in welchen das Klima bereits weit grössere Aehnlichkeit mit
dem heutigen besass, und es dürfte daher der Auffassung einige
Berechtigung zukommen, dass auch jene ausgestorbenen Spe-
cies nicht sowohl durch die allmählichen klimatischen Verän-
derungen ausgerottet worden sind, als vielmehr durch den
Vernichtungskampf des Menschen gegen sie.
864
Erklärung der einzelnen Maasse !):
a. Basilarlänge: Entfernung des vorderen Randes des Foramen
oceipitale magnum vom hinteren Rande der mittleren Ineisiv-
alveolen.
b. Scheitellänge: Vom hinteren Ende der Crista sagittalis bis
zum vorderen Rande der Nasenbeine.
ce. Grösste Breite des Schädels an den Jochbeinen.
d. Breite des Hirntheiles am Schädel, hinter den Jochbogen und
hinter der Gehöröffnung gemessen.
e. Grösste Breite des Hinterhauptes.
f. Geringste Breite an den vereinigten Stirnbeinen.
g. Entfernung der Spitzen der Processus postorbitales.
h. Geringste Breite der Stirn zwischen den Orbiten.
i. Breite des Schädels an den Eckzähnen des Oberkiefers.
k. Gaumenlänge.
l. Entfernung vom vorderen Rande der Alveole des oberen Eck-
zahnes bis zum Hinterrande der Alveole des Zahnes ml.
m. Abstand des Scheidepunktes der Stirn etwa zwischen den
Processus postorbitales vom Gaumen.
n,. Länge der Crista sagittalis.
n.. Grösste Höhe derselben.
o. Länge des Unterkiefers.
p. Länge einer Unterkieferhälfte; jedoch ist hier abweichend
von Henser’s Messung als Anfangspunkt der Vorderrand der
Alveole eines der mittlereren Incisiven gewählt.
Backzahnreihe des Unterkieferss (abweichend von HenseEr’s
Verfahren).
rı. Höhe desselben unter dem Reisszahn.
r.. Dieselbe zwischen dem 4. u. 3. Lückenzahn.
s. Querdurchmesser der Caninalveole des Unterkiefers (abw.).
t. Querdurchmesser des Hirntheiles.
u. Länge des Zahnes p1 im Oberkiefer.
v. Grösster sagittaler Durchmesser des oberen Molars ml.
w. Länge des m 1 im Unterkiefer.
X.
Länge der Krone bei m 2.
I) Ausser den angedeuteten Abweichungen bei p, q, s nach Hen-
ser'’s Verfahren.
Signatur
des | = = = en
Schädels| ® | || & | &
Geschl. 7 o
u. son- | |
stige An- | Hun- |
gaben | | | disburg
—
124,5 | 121,0 | 113,5 | 113,0
126,8 | 124,0 | 116,6 | 1155
8334| 8345| 78 | 7001
5438| 556 | 5928| 508 |
63,0 | 605 | 574 |
234 | 2425 | 2335| 252
38,0| 391 | 330| 328
314 | 38,25 | 294 | 27,6
33,4 | 32,8 | 31,5 | 208
7116| 94 | 680 | zo
41,9 | 39,8 | 4108|
38,5 | 39,8 | 355 | 35,8
2, 684 | 67,7 | 6980| 575
n, 995 | 12,25 6838| 238
p 92,8| 90|| 3550| 838
q 4239| 421 | 410 485
r] 16,4 | 14,25 149 | 139
ae 18 165 16
s 99 9,4 84| 92
t 51,0 | 50,8 50,0 | 49,0
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126,8 | 124,0 | 124,4 | 121,0 | 119,5 | 119,5 | 116,0 | 118,2 | 120,6 | 119,4 | 120,0 | 116,9 | 123,3 | 116,4 | 119,0 | 116,6 | 115,5 | 112,1 | 122,1 | 117,0 131,0 | 129,8
834 | 845 | 820 | 786 | 80,2 | 80,6 | 769 | 77,8 | 759 | 830 | 818| 798 | 86,6 | 78,2 | 7562| 778) 700| 729 | 846 756 | 925 —
d 54,8 | 55,6 | 56,5 | 524 | 535 | 52,5 | 51,8 | 520 | 514 | 55,6 | 524 | 51,2 | 56,0 | 51,2 | 504 | 528 | 508 | 524 | 530 54,0) 540 | —
64,4 | 63,0 | 640 | 630 | 64,0 | 615 | 602 | 61,4 | 56,7 | 642 | 595 | 61,2 | 640 | 58.9 | 60,4 | 605 | 57,4 | 5908| 655 | ol 68,8 _
23,4 | 2425 | 204 | 254 | 208| 245 | 2655| 264 | 24112325 | 21,9 | 2425 | 246 | 288 | 212 | 2855| 2521| 2aı 24,5 | 25,5 | 26,0 | 24,95
g 38,0 | 39,1 | 35,9 | 36,0 | 34,5 | 37,6 | 36,0 | 35,20 | 33,5 | 35,25 | 36,0 | 375 | 390 | 35,6 | 340 | 330) 328 | 3295| 36,5 34,0 | 42,0 | 41,20
h 31,4 | 33,25 | 35,4 | 3025 | 295 | 322 | 310 | 31,0 | 292 | 30,5 | 31,2 | 30,25 | 33,25 | 30,8 | 2925 | 294 | 27,6 | 28,7 | 8310| 3001| 362 | 341
i 33,4 | 32,8 | 31,25 | 32,0 | 32,25 | 30,6 | 29,5 | 29,8 | 30,26 | 33,4 30,2%) | 30,25 | 3325 | 51,5 | 31,5 | 315 | 208 | 305 | 334 | 80,4 | 36,1 | 33,7
k 71,6 | 694 | 702 | 73.0 | 68,8 | 67,6 | 65,25 | 66,0 | 68,0 | 690 | 68,5 | 66,5 | 68,5 | 6725 | 64,9 | 68,0 | 6070| 665 | 699 | 670 | 740 (69,5)
I 43,5 | 419 | 429 | 43,0 | 41,0| 41,2) 41,8 | 423 | 43,0 | 42,25 | 40,0 | 41,0 | 41,25 | 39,8 | 41,15 | 39,8 | 408 | 404 | 419 | 399 | 46,4 44,8
m 38,5 | 39,8 | 38,4 | 37,25 | 37,5 | 40,0 | 36,0 | 37,0 | 36,0 | 38,4 | 36,8 | 32,4 | 42,25 | 37,15 | 358 | 355 | 35,8 | 352 | 365 | 35,9 | 380 | 38,4
n, 68,4 | 67,7 | 705 | 64,5 | 68,5 | 63,25 | 56,9 | 57,25 | 64,8 | 68,8 | 67,6 | 58,0 | 7225| 6385 | 646 | 630 | 575 | a8 | 2,0] 545 | 680 | 694
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p 53,25| 52,25] 51,25] 51,5] 51,35] 51,5 | 48,5 | 53,6 | 54,1 55,2| 54,2] 51,2| 56,2 552) — 54,4| 51,4 | 52,3] 52,2] 51,9] 518 | 512] — 50,6) 51,7
q 29,6 | 28,2 | 28,4 27,8 28,0 | 28,2 | 27,5 | 29,0 | 29,2 | 29,4| 28,2] 29,2] 29,6 | 300) — 30,0] 28,25] 28,51 27,4] 29,0] 28,1 272 — 27,6) 28,2
4 9,0 90 | 86 861 8,2 1 88 | 9,9 9,8 9,01 10,01 9,2] 10,0 93 — 98 98 9,5 93) 83 88 88 — 86 93
IV 7,8 7,9 R:} Te ee 7,5 725) 79 8,8 8,2 801 851 8,3 84 — 82 84 8,8 719| 70) 74 7,6 — 80 82
s 42 | 45 | 48 48) 475 48 | 43 | 4,85] 5,2 52] 50 52] 5,0 52 — 5,0) 5,0 4,9 5,01 5,01 46 4 51 48 4,2
t 38,5 | 38,5 | 37,5 35,51 36,8 | 38.0 | 35,5 | 37,0 | 38,5 | 39,0) 39,0) 86,5] 38,6 38,4] 36,5 379| 3584 | 37,5] 37,61 39,5] 37,6 | 36,2] 38,0] 37,9) 36,0
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w 10,0 | 9,8 | 10,0 9,8 98 | 10,1 9,9 | 10,3 | 10,2 10,1] 10,1] 11,0) 9,5 11,0] 10,0 10,2) 3,9 10,0 92) 104 9,2 _ 10,5) 39 39
x = 3,25] 3,6 32) 38 31 3,1 3,2 3,8 3,9 3,6 3,9] 36 38 — 3,9) 9,6 3,3 32] 3,8] 3,8 = 393 32 32
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b | 104,0 | 101,0 | 104,5 | 103,4 | 99,0 | 96,8 | 99,1 | 97,0 | 91,6 | 94,9 | 90,5 | 95,9 | 91,2 | 84,5
c 735| 715 | 730| 695 | 680 | 25 | 71,5 | 699 | 62,8 | 650 | 660| 655 | 64,0 | 57,9
d 58,0 | 52,8 | 56,4 | 54,1 | 575 | 570 | 56,0 | 540 | 479 | 533 | 52,0 | 51,6 | 505 | 44,6
e 69,3 | 66,1 | 67,5 | 66,2 | 63,0 | 66,4 | 65,1 | 652 | 594 | 62,3 | 56,6 | 61,0| 594| 53,8
f 1223| 130| 135 | 14,0| 182| 162| 11,6| 150| 134 | 193 | 14,6 | 13,8 | 165 | 12,5
g 25,0 | (225) | 24,1 | 21,8 | 20,0 | 240 | 24,1) 201 | 22,0 | 22,5 | 20,3 | 20,0 | 21,4 | (16,8)
h 22,6 | 214 | 209| 195) 199 | 21,0 | 205 | 19,1 | 179 | 20,0| 186| 191| 189 | 158
i 292| 285 | 280| 262 | 279 | 276 | 290 | 264 | 24,5 | 25,5 | 25,9 | 26,2 | 24,0 | 229
k 53,2 | 53,0 | 52,0| 494 | 502 | 498 | 500 | 485 | 472 | 46,1 | 46,0| 455 | 44,9 | 492
l 36,8 | 38,0 | 36,0 | 34,0 | 352 | 33,6 | 350 | 34,1| 31,7) 318 | 331| 332 | 314 | 30,0
m 239 | 24,0| 22,6 | 2383| 269 | 22,5| 229| 225| 214 | 226 | 200| 2230| 193 | 21,0
n 62,0 | 67,1| 664 | 585 | — 49,2 | 662 | 58,1| 4658| — — 5772| — 53,1
() 73,1| 714 |(705)| 7005| — 68,0 | (68) | 67,0 | 622 | 605 | 636 | — 61,5 | 58,0
p 7714| 76,6 | 770| 746 | 6926| 7331| 750) 709 | 65,5 | 690 | 67,0 | 662 | 65,5 | 62,1
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865
3. Untersuchung einiger granitischer Gesteine des
Urals.
Von Herrn A. Arzrunı ın Aachen.
Der Beresit.
Unter dem Namen „Beresit“ beschrieb G. Rose ein vor-
wiegend gleichmässig feinkörniges granitisches Ganggestein aus
den Goldgruben von Berjösowsk !), wo es den Bergleuten, die
ihm diese Bezeichnung beigelegt hatten, wohlbekannt und von
ihnen gesucht war, äls das sicherste Indiecium für das Auf-
finden von Gold. Es ist in der That hauptsächlich der Be-
resit, welchen dort die erz- und goldführenden Quarzgänge
durchsetzen. ) In das Hauptgestein — Talk- und Chlorit-
Schiefer —, welches vom Beresit gangförmig durchzogen wird,
- dringen sie seltener ein.
Das Streichen des Hauptgesteins, des Chlorit- und Talk-
2) G. Rose, Reise nach dem Ural etc. I, 186; Il, 557. Ich ziehe
diese Schreibweise der sonst üblichen „Beresowsk“ deswegen vor, weil
sie die russische Aussprache besser wiedergiebt. Im Russischen ist oft
e — jo oder auch = o, wenn der Tonfall auf diesem Buchstaben liegt,
so in Berjösa (Birke). Geht aber der Tonfall bei einem abgeleiteten
Worte auf eine andere Silbe über, so wird das e wiederum rein aus-
gesprochen, so in Beresnjak (Birkenwald). Daher auch Beresit.
2) Herr ALEXANDER ANDREJEWITSCH AUERBACH, der mineralogischen
Welt durch seine sorgfältige monographische Bearbeitung des Coelestins,
seine Untersuchungen über Finschlüsse in den Topasen und andere
Arbeiten bekannt, während meines Besuches in Berjösowsk (1879) Ver-
walter der dortigen Gruben, hatte die Güte, mir mündlich viele werth-
volle Mittheilungen über seine Beobachtungen an den dortigen Quarz-
sgängen zu machen. Nur folgende beachtenswerthe Thatsache möge
hier Erwähnung finden. Nach der bisherigen allgemeinen Annahme
sind die Quarzgänge nur so lang, als diejenigen des Beresits breit sind
und keilen sich nach unten, dem Schiefergestein zu aus, weshalb sie
auch durchweg als Spaltenausfüllungen angesehen wurden. Beim äl-
teren Bergbau hatte man die das Schiefergestein durchsetzenden Quarz-
gänge übersehen, indem man der Meinung war, dass der Beresit allein
goldführend sei, das Hauptgestein dagegen der Quarzgänge, also auch
der Erze und des Goldes entbehre. Nun zeigte es sich aber, dass das
Schiefergestein nicht nur ebenfalls von Quarzgängen durchzogen wird,
sondern dass diese, obwohl ebenfalls erzführend, ganz anderer Ent-
stehung sind, da sie mit zunehmender Tiefe breiter werden und dem-
nach als von unten her eingedrungen angesehen werden müssen.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVIL 4. 51
866
schiefers mit seinen verschiedenartigen Varietäten, ist ein fast
genau west-Östliches. Die Beresitgänge durchsetzen es in einer
dazu normalen, also nahezu nord-südlichen Richtung, um ihrer-
seits wiederum fast unter rechtem Winkel von den erzführen-
den Quarzgängen durchschnitten zu werden, welche demnach
der Streichrichtung der Schiefer parallel verlaufen.
Die Entfernung zwischen den einzelnen Beresitgängen oder
den „Streifen“ (Polossa), wie sie von den Bergleuten dort ge-
nannt werden, erreicht 10 Meter und mehr. Ebenso ist ihre
Mächtigkeit eine wechselnde und schwankt zwischen 10 und
40 Meter. Endlich besitzen sie auch eine verschiedene Längen-
ausdehnung: bald keilen sie sich nach Verlauf einiger Meter
aus, bald erreichen sie aber die sehr beträchtliche Länge von
mehreren Kilometern und behalten dabei eine gleichbleibende
Mächtigkeit. Es wird ein Beresitgang erwähnt, der das ganze
Gebiet des Berjösow’schen Hüttenbezirks durchzieht, d. h. eine
Länge von 7 Kilometer besitzt, aber auch in’s Nachbargebiet
fortsetzt, wo er jedoch nicht weiter verfolgt worden ist. —
Was die Mächtigkeit der erzführenden Quarzgänge betrifft, so
schwankt sie innerhalb recht erheblicher Grenzen und zwar
zwischen '/, Werschok und 1 Arschin, oder beiläufig zwischen
1 und 80 cm. Im Jahre 1845 sollen im Hüttenbezirk von
Berjasowsk 140 Beresitgänge bekannt und abgebaut wor-
den sein.
Die petrographische Charakteristik, welche G. Rose für
den Beresit aufstellte, ist kaum misszuverstehen und dennoch
hat sie eigenthümliche Deutungen erfahren. Nach derselben ist
der Beresit ein Ganggranit, dessen Beziehung zu dem in unmit-
telbarer Nähe von Berjosowsk vorbeistreichenden Haupt - Ural-
granit (dem Granit von Schartasch) jedoch nicht bekannt ist.
Seiner mineralischen Zusammensetzung nach von der gewöhn-
lichen Muscovit-Granit- Mischung kaum verschieden, unter-
scheidet sich der Beresit vom normalen Muscovit - Granit in
seinem Aussehen ganz auffallend durch sein gleichmässiges
Korn, seine gelbliche Farbe, seinen mangelhaften Erhaltungs-
zustand, indem er fast stets stark zersetzt ist; ferner durch
seinen Gehalt an Eisenkies, welcher meistens in Brauneisen
umgewandelt ist, wenn er auch manchmal noch seine ursprüng-
liche Krystallgestalt bewahrt hat. !)
G. Rose betont ausdrücklich, dass die Gemengtheile des
1) Hinsichtlich der beiden letzten Punkte scheint es mir nicht un-
denkbar zu sein, dass sie in einem engeren Zusammenhange miteinander:
stehen, und dass der Beresit seine meist mangelhafte Erhaltung seinem
manchmal sehr starken Gehalt an Eisenkies verdankt, welcher bei der
Oxydation Producte (Schwefelsäure und Eisenoxydhydrat) liefert, die
ihrerseits auf das Gestein zersetzend einwirken mögen.
867
Beresits — Orthoklas, Kaliglimmer und Quarz — nicht durch-
weg im gleichen quantitativen Verhältniss auftreten. Bald
tritt der eine, bald der andere zurück, aber merkwürdiger
Weise ohne das charakteristische, typische, von allen anderen
Graniten abweichende Aussehen des Gesteins zu alteriren.
Den Eindruck grösserer Frische macht der Beresit oft in den- _
jenigen Partieen, in denen der Feldspath mehr zurücktritt,
weil von den drei Hauptgemengtheilen er es ist, der zunächst
der Zersetzung anheimfällt und dessen Gegenwart daher dem
Ganzen naturgemäss das (sepräge des Zersetzten aufdrücken
muss. Gr. Rose hebt besonders die Orthoklas- und die Glim-
mer-reichen Varietäten hervor, von denen die ersteren, als
aus Feldspath - Grundmasse bestehend und grössere Quarz-
und Feldspath - Einsprenglinge, sowie partielle Anhäufungen
von weissem, grauem oder seltener tombackbraunem ') Glimmer
führend, oft porphyrartig erscheinen, wogegen das Vorherrschen
des Glimmers dem Gestein ein dem Talkschiefer ähnliches
Aeussere verleiht. Endlich wird der Beresit in seinen gleich-
mässig feinkörnigen Varietäten viel lockerer, fast sandstein-
artig. ?)
Nach Einführung des Beresits in die petrographische Lite-
ratur durch G. Ross, sind über dies Gestein keine weiteren
Beobachtungen bekannt gemacht worden, bis Herr A.P. Kar-
PINSKIJ in St. Petersburg die Resultate seiner chemischen Ana-
Iysen und mikroskopischen Untersuchungen veröffentlichte. °)
Da die beiden darauf bezüglichen Notizen in russischer Sprache
erschienen und darum ausserhalb Russlands unbekannt geblie-
ben sind, so möge hier deren Inhalt kurz wiedergegeben werden.
!) Der tombackbraune Glimmer ist wohl nicht als Magnesiaglimmer
zu deuten, da ihm die charakteristischen pleochroitischen Erscheinun-
gen gänzlich abgehen, seine Farbe verdankt er vielmehr einer Aus-
scheidung von Eisenoxyden, bei seiner Zersetzung.
?, Von einem bedeutenden Zurücktreten des Glimmers ist in
G. Rose’s Beschreibung, welche als die einzige Quelle für die Kenntniss
des Beresits betrachtet werden muss, nirgends die Rede, weshalb es
wohl ein Versehen ist, wenn Herr ZırkEL in seinem „Lehrbuch der Pe-
trographie“ Bd. I, pag. 496 den Beresit als einen „glimmerarmen
Granit“ bezeichnet, „der bei Beresowsk mächtige Gänge im Thon-
schiefer bildet‘. — Beiläufig sei bemerkt, dass am genannten Orte
Thonschiefer nur ganz untergeordnet vorkommt, so dass ich ihn nicht
einmal gesehen habe. „Den Thonschiefer sahen wir nur in Stücken,
de wir n der Nähe der Goldgänge abgeschlagen hatten.“ G. Ross,
,‚ Pag. ;
?) Protokolle der geol.-mineralog. Section der Naturforscher-Gesell-
schaft zu St. Petersburg, Sitzung vom 3. Mai 1875 und vom 9. De-
cember 1876. Der Bericht über die letztere Sitzung erschien übrigens
nicht für sich, sondern als Anhang zum Sitzungs - Protokoll vom
29. Januar 1877.
51*
SB
„Frische“ Stücke des Gesteins von Berjosowsk erwiesen sich als
Feldspath-frei und lieferten bei der Analyse folgende Zahlen:
SION
AO AED IE
BAUER PIERRE
MED NN PON032
RO ERNEST 39T rauste Din
Res. Pr IE 212105
INOR DENE UDTD
100,00
welche einer Zusammensetzung aus:
Quarz zerstl.: 34582
Glimmer. 1.0205
Eisenkies . .. 2,23
100,00
entsprechen. Da aber Orthoklas sich auch als Glimmer und
Quarz deuten lässt, so wurde eine Methode angewandt, welche.
es gestattete, die Menge des Quarzes direct zu bestimmen.
Das Gestein wurde nämlich mit Schwefelsäure bei hoher Tem-
peratur unter hohem Druck zerlegt, wobei die Kieselsäure der
Siliecate in den amorphen Zustand übergeführt und durch Kochen
mit Natriumearbonat in Lösung gebracht werden konnte, wäh-
rend der Quarz unzersetzt zurückblieb. !)
1) Zu obigen Angaben fügt Herr Karrpınskıy neuerdings (Iswestija
des geolog. Gomite’s zu St. Petersburg, 1884, pag. 277 ff) noch folgende
Details hinzu. Das Gesteinspulver muss äusserst fein sein; die zum
Aufschliessen in Anwendung kommende Flüssigkeit besteht aus 3 Thl.
Schwefelsäure und 2 Thl. Wasser; beim Gebrauch eines Rohres aus
schwer schmelzbarem Glase vermag man die Temperatur ohne Gefahr
auf 300° und mehr zu steigern und während 6-24 Stunden auf dieser
Höhe zu erhalten. Aus der eitirten Notiz ist ferner ersichtlich, dass
diese Methode, welche Herr Karrınskty bereits im Jahre 1871 ange-
wandt hatte, bei den russischen Mineralchemikern und Petrographen
allgemeine Annahme gefunden hat. Unter Anderem wird sie auch in
dem Werke des Herrn G. D. Romanowskıj: „Materialien zur Geologie
des Turkistan“ auf pag. 28 der deutschen Ausgabe von 1880 er-
wähnt. Lediglich die Unzugänglichkeit der Arbeiten russischer Ge-
lehrten, selbst wenn sie in einer westeuropäischen Sprache abgefasst
sind, d. h. die Vernachlässigung einer Veröffentlichung in verbreiteten
Zeitschriften (was auch Herr Karrınskıy mit vollem Rechte den russi-
schen Gelehrten vorhält) mag es erklären, dass viele der trefflichsten
russischen Arbeiten gänzlich unbekannt bleiben. So erklärt es sich
auch, dass Herr Hazarp neuerdings (1884) wesentlich die eben be-
sprochene Methode der Bestimmung des Quarzgehaltes in Gesteinen als
eine neue beschrieben hat. — Belehrend ist es, aus Herrn KArPınskıy’s
869
Wenn Herr Karpınskıs auf Grund dieser Analyse und
des mit deren Resultaten übereinstimmenden mikroskopischen
Befundes zum Schlusse gelangte, dass der Beresit ein Feldspath-
freies Gestein und, Rose’s Ansicht entgegen, dem Granit nicht
zuzurechnen sei, so möge daran erinnert werden, dass auch
Rose die Feldspath-armen Varietäten nicht unbekannt ge-
blieben sind. Es möge ferner hervorgehoben werden, dass
gerade diese Varietäten, bei denen der am leichtesten zersetz-
bare Gemengtheil — der Feldspath — zurücktritt, naturgemäss
frischer erscheinen müssen. Wollte man aber aus diesen
sogenannten „frischen“ Partieen, für die nicht allein der Name
„Deresit“ in Anspruch genommen werden darf, auf die mine-
ralische Zusammensetzung des Gesteins im Allgemeinen Schlüsse
ziehen, so würde man in eine irrthümliche Anschauung über
dasselbe verfallen, gegen welche man sich nur dadurch schützen
kann, dass man auch die „zersetzten“ Beresite, die stets und
zwar vorherrschend Orthoklas ergeben, berücksichtigt.
In seiner zweiten Notiz giebt Herr Karpınskıs zwar in der
That zu, dass auch Orthoklas in dem Beresit (von Rezewsk)
vorkomme, hält sich aber, wie mir scheint, dennoch zu streng
an die Eintheilung in Feldspath-freie und Feldspath -haltige
Abänderungen, die ja doch durch Uebergänge mit einander
verbunden sind, während er andererseits seine über das Vor-
kommen von Berjösowsk ausgesprochene und vorwiegend auf
dieses bezogene Ansicht durch die rectificirende Angabe, dass
es auch dort Feldspath-reiche Varietäten giebt, leider, zu
vervollständigen versäumt.
Der Beresit, besonders typisch und mächtig bei Berjö-
sowsk, ist nicht auf diese Localität allein beschränkt. G. Rose
erwähnt ihn noch von Newjansk, Werch-Nejwinsk, dem Berg
Bertjöwaja bei Niznij-Tagil, dem Berg Totschilnaja bei Re-
zewsk (OÖ. von Mursinka), von den Goldseifen Mariiskij und
Perwo-Päwlowskij SW. von Miask. !) Nicht an allen diesen
Punkten tritt er goldführend auf. Goldfrei, wenn auch erz-
führend, und speciell durch seinen Gehalt an Bleiglanz und
Rothbleierz ausgezeichnet, ist er an der Bertjowaja Gora und
der Totschilnaja Gora.
Notiz zu entnehmen, dass auch manche andere in Russland allgemein
bekannte Thatsache oder gebrauchte Methode, weil in die westeuro-
päische Literatur nicht gedrungen, hier von Neuem entdeckt wor-
den ist. Als Beispiel mag die sogenannte „RoHrsac#’sche Flüssigkeit“
angeführt werden, die, bereits im Jahre 1873 von Herrn Süscam, Pro-
fessor am Berginstitut zu St. Petersburg dargestellt, noch in demselben
Jahre von Herrn KAarrınskiy zum Gebrauch empfohlen worden ist.
t) G. Rose, Reise etc. II, p. 557 und Einzelangaben in: I, p. 294,
302, 321, 436; Il, p. 34, 36.
870
Zu den eben erwähnten Vorkommen fügt Herr Kar-
PINSKIS (in der zweiten der citirten Notizen) noch ein von
ihm am Flusse Bagarjak, im Hüttenbezirk Kamensk (O. von
Jekaterinburg) aufgefundenes hinzu. Es ist eine Feldspath-
freie Varietät. — Ein von demselben Forscher angeführter
zweiter, im Hüttenbezirk Rezewsk befindlicher neuer Fundort
ist vielleicht mit dem von G. Rose erwähnten von der Tot-
shilnaja Gorä identisch.
Ich selbst fand den Beresit im Bezirk Syssert und zwar
im NW. desselben, auf dem Wege nach der sogenannten Star-
kow’schen Goldseife, welche an die Ländereien der Hütte von
Nizne - Issetsk grenzt.
Endlich soll diese Gesteinsvarietät, welche man bisher
ausschliesslich vom Ural kannte, nach Herrn KarrınsknJ
(l.c.) auch in den Goldseifen bei Nochtujsk , im Jakutischen
Gebiet Ost-Sibiriens, in Gestalt von Geschieben gefunden
worden sein.
Mir lagen Exemplare von sämmtlichen von G. Rose an-
gegebenen Fundorten, z. Th. in von ihm selbst gesammelten
und im Berliner mineralogischen Museum aufbewahrten Hand-
stücken vor, bis auf das Vorkommen von Werch - Nejwinsk.
Ebenso verfügte ich über Stücke aus dem Bezirk Syssert.
Dagegen kenne ich aus eigener Anschauung keines der durch
Herrn Karpısskıs neu bekannt gemachten Vorkommen.
Es ist zwar eingangs, den Angaben G. Rose’s folgend, eine
allgemeine Charakteristik des Beresits gegeben worden, indessen
sind die Varietäten dieses Gesteins in ihren Einzelheiten doch
von einander so abweichend, dass es angemessen erscheint,
die verschiedenen Vorkommen auch gesondert zu beschrei-
ben. Zu diesen Einzelheiten rechne ich das gröbere oder
feinere Korn, die porphyrartige Structur, die besonders beim
Beresit von Perwopawlowsk typisch zu sein scheint; das
Zurücktreten des einen oder anderen Gemengtheils, z. B. des
primären Glimmers in dem Vorkommen von Syssert, das
anscheinend vollständige Fehlen des Feldspaths im Beresit
von der Totschilnaja Gora u. s. w. — Es werden dabei
allerdings manche gemeinsame, in mehreren Abänderungen
wiederkehrende Charaktere mehrmals erwähnt werden müssen,
jedoch soll dies nur ganz kurz geschehen, dagegen sollen die
hauptsächlichsten abweichenden Merkmale schärfer hervorge-
hoben werden.
Beresit von Berjösowsk. Man unterscheidet mit
Leichtigkeit die frischeren von den zersetzteren Partieen des
Gesteins an der intensiveren Braunfärbung der letzteren, in
871
Folge der weiter gegangenen Zersetzung des Pyrits zu Limonit.
Allerdings mag die rothbraune Farbe des Gesteins häufig auch
dadurch stärker hervortreten, dass es von vornherein einen
reichlicheren Gehalt an Pyrit besessen hat. Die Beobachtung
unter dem Mikroskop entscheidet über den Zersetzungszustand
sicherer als die Betrachtung mit blossem Auge und zeigt sowohl
den verschiedenen Grad der Kaolinisirung des Orthoklases, als
auch das Stadium der Umwandlung zu secundärem Glimmer.
Sieht man beim Gestein im frischeren Erhaltungszustande
von der Braunfärbung einzelner Stellen, an denen eine Limonit-
concentration stattgefunden hat, ab, so ist dessen eigentliche
Farbe grau. Das Korn ist gleichmässig. Feldspath, Quarz und
Muscovit lassen sich schon mit blossem Auge unterscheiden.
Unter dem Mikroskop sind die Charaktere dieser Gemeng-
theile folgende:
Der in unregelmässigen Körnern auftretende, vollkommen
durchsichtige Quarz ist an Einschlüssen ziemlich arm, obwohl
alle im Gestein als solche beobachteten Mineralien speciell im
Quarz eingeschlossen vorkommen. Flüssigkeitseinschlüsse mit
grösseren aber unbeweglichen Libellen sind nicht zahlreich.
Rutil- Nadeln, kaum durchsichtig, treten entweder büschel-
resp. pinselartig gruppirt oder verworren filzartig auf, oder
auch anscheinend regelmässig verwachsen. Im letzteren Falle
schliessen die Längsrichtungen der Nadeln annähernd 60° mit
einander ein. Dem Rutil gehören ferner noch an: zahlreiche ver-
einzelte, kurzsäulenförmige, fast farblose, parallel den Säulenkan-
ten auslöschende Gebilde mit abgerundeten Endigungen. Im Prä-
parat wechselt je nach der Stelle das Bild, indem bald der Quarz,
bald der Feldspath vorherrscht. Letzterer, unzweifelhaft ein
Kalifeldspath, wie die ihn bedeckenden Schüppchen secundären
Glimmers beweisen, ist in den meisten Fällen dem Ortho-
klase zuzurechnen, obwohl die Körner selten einheitlich aus-
löschen. Meist sind es ineinander gewachsene Krystalle, deren
gegenseitige Lage keine regelmässige ist. Sie stossen oft mit
geraden, scharfen Grenzen aneinander, welche sich aber selten
auf bestimmte krystallographische Richtungen zurückführen
lassen. Auch treten oft mitten in einem grösseren Krystall
eingeschaltete schmale, nicht zahlreiche Lamellen auf, bei
denen die Winkel, welche die Auslöschungsrichtungen mit der
Verwachsungstrace bilden, sehr schwankende Werthe liefern.
— Bei annähernder Gleichheit nach beiden Seiten betrugen
sie 8—11°, 13— 14°, 17— 18° u. s. w.
Neben unzweifelhaften Orthoklasen und solchen Feld-
spathen, die nicht mit Sicherheit als monosymmetrische anzu-
sehen sind, kommen auch typische Plagioklase vor. Ihre
Zwillingsstreifung, manchmal äusserst fein, in anderen Fällen
872
nicht mehrfach wiederholt, nimmt oft nicht die ganze Länge
der Krystallkörner ein. Einige asymmetrische Feldspathe zei-
gen auch eine schöne Mikroklin-Structur.
Die meisten Feldspathe sind von kleinen Schuppen secun-
dären Glimmers bedeckt, die theils unrregelmässig zu einander
liegen, theils in Reihen, welche sich anscheinend unter con-
stanten, wenig von 90° abweichenden Winkeln kreuzen, theils
endlich einander und den Spaltrissen der Feldspathe parallel
gelagert sind. — Nicht selten beobachtet man vollkommen
geradlinige Durchwachsungen des Feldspaths mit Quarz, wie
solche, mit blossem Auge sichtbar, bei den Schriftgraniten
bekannt sind.
Der primäre Glimmer, vollkommen farblos in seinen fri-
schen Theilen, ist stark zerfasert und füllt in Gestalt von
zusammengeschnürten Bündeln die Zwischenräume zwischen den
übrigen Gemengtheilen aus. Er ist oft reich an intensiv braun
gefärbten oder schwarzen Interpositionen von Eisenoxyden
(Hydraten oder Magnetit). Das Eisenoxydhydrat zeigt oft
wohlbegrenzte, rechteckige oder rhombische Krystalle und
dürfte als Zersetzungsproduct von Maenetit (wohl nicht von
Eisenkies) angesehen werden. |
Im zersetzten Beresit ist wesentlich Alles unverändert.
Nur ist der Feldspath weiter kaolinisirt, opak; der Glimmer,
weniger frisch, zeigt statt scharfer, deutlicher Auslöschung
wandernde Schatten. Er ist etwas grünlichgelb gefärbt aber
nicht pleochroitisch. Auffallend ist eine Zunahme des Rutils,
der in Nadel - Haufen, in klumpigen Aggregaten oder auch
vereinzelt auftritt, aber stets mitten im Glimmer oder we-
nigstens in der Nähe desselben, als ob er sich aus dem Glim-
mer abgeschieden hätte. Der Quarz ist frisch, in manchen
Fällen auffallend streifig, wobei die äusserst feinen Streifen
sich bei gekreuzten Nicols in verschiedenen Nuancen derselben
Farbe zeigen. An anderen Stellen sind die Quarzkörner facet-
tirt und ebenfalls von verschiedenen Farbentönen.
Der Beresit von der Totschilnaja Gora besteht we-
sentlich aus unregelmässig begrenzten Körnern von Quarz und
aus Kaliglimmer. Letzterer ist z. Th. primär in Tafeln und
Flasern verschiedener Grösse, z. Th. secundär, wahrscheinlich
aus Orthoklas hervorgegangen, dessen Gegenwart sich zwar
nicht mehr feststellen lässt, dem aber viele opake, kaolinisirte
und mit feinen Glimmerschüppchen bedeckte unregelmässige
Körner zugerechnet werden dürfen. U. dd. M. macht das Ge-
stein den Eindruck eines Serieit- (Damourit-), Paragonit- oder
eines Talkschiefers. Viele Eisenkies- Pseudomorphosen, sowie
mehr oder minder dunkelbraune Fiecke treten z. Th. als
873
scheinbar partielle braune Färbungen auf, ergeben sich aber
bei genauerer Betrachtung als durch die ganze Masse des
Gesteins, wenn auch mit wechselnder Intensität, verbreitet.
Durch das ganze Gestein zerstreut erblickt man ziemlich grosse,
vereinzelte Körner von Rutil und Zirkon (?). Im Quarz beob-
achtet man mannichfaltig begrenzte, z. Th. schlauchförmige
Hohlräume, von denen verhältnissmässig viele mit einer stark
lichtbrechenden Flüssigkeit erfüllt zu sein scheinen. Wo Li-
bellen vorhanden sind, sind sie unbeweglich.
Beresit von der Bertjowaja Gora. Das schwach
grünliche, feinkörnige, etwas fettig glänzende Gestein erinnert
an ein Sericitgestein. Es führt zahlreiche Eisenkies - Pseudo-
morphosen; hier und da hebt sich ein grösseres Blättchen
silberweissen Muscovits ab.
U. d. M. unterscheidet man Quarz und Glimmer. Der
Quarz ist an Einschlüssen nicht reich: es sind einige we-
nige Flüssigkeitseinschlüsse und daneben in grösserer Menge
lange dünne, quergegliederte, zu 2 oder 3 gruppirte Nadeln,
die wegen ihrer schwachen Brechung für Apatit angesehen
wurden. — Der Glimmer zeigt zweierlei Ausbildung, welche
einmal auf die primäre, das andere Mal auf die secundäre
Natur des Minerals hindeutet. Auch hier sind die kleinen
Schuppen local gruppirt, ebenfalls eine Entstehung aus Ortho-
klas beweisend. Der primäre (flaserige und plattige) Glimmer
ist schwach pleochroitisch: farblos wenn die Querrichtung mit
dem Nicolhauptschnitt zusammenfällt und grünlichgrau bei der
Stellung der Längsrichtung parallel dem Nicol. — Auch hier
tritt Rutil auf, theils in schmutzig -grünlichbraunen Klumpen,
aus denen einzelne fast farblose, prismatische Kryställchen
herausragen, theils in losen, gerundeten Krystallen. Er ist
nicht an ein bestimmtes Mineral gebunden, findet sich vielmehr
sowohl im Quarz als auch im primären Glimmer eingeschlossen.
Die für Apatit gehaltenen dünnen Nadeln zeigen fast durchweg
an ihren Enden Bläschen — Gaseinschlüsse.
Der Beresit von Newjansk lag mir in zwei Abände-
rungen vor, von denen die eine sich eng an die beiden letzt-
beschriebenen Vorkommen anschliesst (Herrn Karrınskı’s
„teldspathfreie Varietät“), während die andere dem Beresit von
Berjöosowsk näher kommt.
1ste Abänderung. Mit blossem Auge erkennt man in
einer feinkörnigen, grünlich gefärbten Grundmasse deutliche
Quarzkrystalle und grössere Kaliglimmerblättchen, hier und
da Eisenkies in verzerrten, zu Brauneisen umgewandelten,
würfelförmigen Krystallen. Der Feldspath ist nicht zu unter-
scheiden. Unter dem Mikroskop erscheint der Quarz in reich-
874
licher Menge als Körner, welche fast frei von Einschlüssen, bis
auf solche, die, reihenweise angeordnet, selbst bei den
stärksten Vergrösserungen nicht auflösbar sind und staubartig
aussehen. Der Glimmer, primär — in grösseren Platten und
secundär (?) — in kleinen, verworren durcheinander liegenden
Schuppen. Der Feldspath ist nirgends unzweifelhaft, indessen
sind oft die Umrisse der Glimmerschuppen -Haufen derart ge-
staltet, dass sie an Feldspathbegrenzungen erinnern. Von
accessorischen Mineralen wurden beobachtet: Brauneisen in
Pseudomorphosen nach Eisenkies; Rutil in Klumpen und aus
diesen herausragenden kurzen Säulchen; lange Nadeln von
Apatit (?).
Die 2te Abänderung sieht viel weniger frisch aus als die
vorhergehende. Ihre Farbe ist grau. Sie ist grobkörnig und
zeigt wasserhelle oder graue Quarzkörner, mattweissen Feld-
spath, silberweissen und untergeordnet einen braunen Glimmer,
welcher letztere wenig durchsichtig ist und im convergenten
Lichte eine fast einaxige Interferenz-Figur zeigt, obwohl das deut-
liche Hell- und Dunkelwerden der Blättchen im parallelen Lichte
seine Zweiaxigkeit erweist. — U. d. M. erkennt man Quarz,
Orthoklas, Plagioklas, primären und secundären Kaliglimmer
(Magnesiaglimmer ist zweifelhaft), Brauneisen, pseudomorph
nach Pyrit oder auch diffundirt durch den grössten Theil des
Präparats. Als weitere Einschlüsse: Zirkon und Rutil. Der
Quarz führt zahlreiche z. Th. reihenweise angeordnete Flüssig-
keitseinschlüsse mit sehr kleinen Libellen, Klümpchen und
Nadeln von Rutil. Die Quarzkörner sind häufig ineinander
gewachsen und bedingen ein moirirtes Bild. — Der primäre Kali-
glimmer erscheint in Flasern und tafelartigen Ausbreitungen, die
nicht parallel aufeinander geschichtet sind, sondern bündelför-
mige Aggregate divergirender Lamellen darbieten. Er ist an
gewissen Stellen sehr reich an Limoniteinschlüssen, welche pa-
rallele Streifen zwischen solchen frischer Glimmersubstanz
bilden. Der secundäre Glimmer tritt in schmalen, spindel-
förmigen Leisten auf, welche stets in bestimmter Weise auf
Orthoklas orientirt sind und parallele Reihen bilden, die sich
unter wechselnden Winkeln durchschneiden. Es wurden ge-
messen Winkel von 90. 106, 114, 144°, welche offenbar auf
eine verschiedene Lage der durch den Orthoklas geführten
Schnitte hinweisen. Während der Winkel von 90 ° auf die Spalt-
richtungen nach M und P zurückführbar ist, darf die öfter ab-
gelesene Neigung von 114° als durch die Tracen der Flächen
P und T aufM gebildet betrachtet werden. Dass die Schuppen
des secundären Glimmers sich gern in den Spaltrissen des
Orthoklases ansiedeln, ist mehrfach mit grosser Deutlichkeit
wahrgenommen worden. Diese Erscheinung weist darauf hin,
875
dass das Material zur Glimmerbildung denjenigen Theilen der
Orthoklase entnommen wurde, welche, um die Spalten ge-
legen, der Umwandlung zugänglicher sind. — Der Plagioklas
ist selten von Glimmerleisten bedeckt, die sich dann auch
nicht zahlreich und ohne jegliche Orientirung angesetzt haben.
Er tritt meistens in grösseren Krystallen auf, deren frischere
Erhaltung neben der bald äusserst feinen, bald gröberen Zwil-
lingsstreifung sie unschwer von den Orthoklaskrystallen unter-
scheiden hilf. Neben der Zwillingsstreifung beobachtet man
Einlagerungen von Plagioklasplatten in Plagioklas, die an eini-
gen Stellen in geradlinige, einander parallel verlaufende und
nahezu unter rechtem Winkel sich kreuzende Systeme ge-
ordnet sind, wie solche beim sogen. Labrador beschrieben
worden sind. Die Auslöschungswinkel nach beiden Seiten der
Zwillingsgrenze wurden zu 11—13° gemessen. An der Grenze
zwischen Plagioklas und Quarz kommen öfter Durchwachsun-
gen beider Minerale nach Art der Schriftgranite vor. — Der
Orthoklas ist wenig frisch; nur an wenigen Stellen blicken
frische Theile inselartig aus der dichten Decke des Glimmer-
gewebes hervor und löschen dann einheitlich aus.
Beresit von der Mariinskij-Grube. G. Rosz sam-
melte an genanntem Punkte das Gestein sowohl als Geschiebe,
wie auch von dem Anstehenden. Die nicht vollkommene
Uebereinstimmung beiderlei Handstücke lässt ihre gesonderte
Behandlung zweckmässig erscheinen.
Das als Geschiebe aufgelesene Gestein weicht sei-
nem Aussehen nach von den anderen Beresiten etwas ab: es ist
grau, da es wenig Brauneisen führt, und verhältnissmässig frisch.
Der Quarz ist hell, durchsichtig, der Orthoklas sowohl als
auch der Plagioklas sind weiss und matt, der Kaliglimmer ist
silberweiss, meist in grösseren Blättern. Das Vorhandensein
von Magnesiaglimmer ist zweifelhaft. Pyrit-Pseudomorphosen
sind vorhanden. — U. d. M. erscheint der Quarz nicht in
zahlreichen, aber grösseren Körnern, die manchmal von Or-
thoklas umschlossen sind. Sie sind meist facettirt. Flüssig-
keitseinschlüsse sind nicht mit Sicherheit anzugeben, dagegen
finden sich kleine nicht näher zu bestimmende, z. Th. eckige
Körner, staubartig durch die Substanz des Quarzes zerstreut
(solche sind auch in den beiden vorhergehenden Beresiten
beobachtet ‘ worden) und vereinzelte Apatit - Nadeln, Zirkon-
Säulen, Rutil- Fäden und -Körner und noch ein in grösseren
gerundeten, farblosen Körnern auftretendes Mineral, dem
charakteristische Merkmale jedoch abgehen. Vereinzelte runde
Körner eines stark pleochroitischen (schwarzblaue und grün-
gelbe Töne besitzenden) Minerals scheinen dem Cordierit an-
876
zugehören. — Der Orthoklas überwiegt an Menge den Pla-
gioklas. Er ist theils frisch, theils mit secundärem Glimmer
bedeckt. An einer Stelle wurde ein Bavenoer Zwilling gesehen.
Manchmal ist er gestreift, d. h. zeigt bei Hellstellung durch
scharfe, parallel verlaufende, gerade Begrenzungslinien getrennte,
abwechselnd gefärbte Streifen, die aber alle gleichzeitig aus-
gelöscht werden, was auf Zwillinge nach dem Carlsbader Gesetz
hinweist. Während primäre Quarze vielfach vom Orthoklas
umschlossen sind, haben sich secundär gebildete Quarze in
dichten Haufen auf den Orthoklasen neben secundärem Glim-
mer abgelagert. Einige benachbarte Orthoklas - Krystalle sen-
den feine, parallel begrenzte Fortsätze ineinander, die mit dem
Hauptkrystall, mit welchem sie zusammenhängen, gleichzeitig
auslöschen. Diese Fortsätze sind sowohl parallel der Vertical-
axe, wie auch parallel der Basis des sie aufnehmenden Kry-
stalls eingelagert. Durch eine Querfläche gesehen, erscheinen
solche Fortsätze, wo sie beiden erwähnten Richtungen folgen und
gleichzeitig auftreten, wie eine rechtwinkelige Gitterung, die aber
mit derjenigen des Mikroklins nicht zu verwechseln ist. Der
secundäre Glimmer ist sehr häufig parallel den Spaltrissen des
Orthoklases eingelagert, welcher noch staubartige Einschlüsse
führt. — Der Plagioklas besitzt eine viel frischere Erhaltung,
ist polysynthetisch gestreift, frei von Glimmerbedeckung, da-
gegen oft ebenso bestäubt wie der Orthoklas. — Der primäre
Glimmer, in Platten und Flasern, ist oft stark zerfasert und
führt Ausscheidungen von Eisenoxydhydrat. Er ist äusserst
schwach pleochroitisch.h — Alle Einschlüsse häufen sich vor-
wiegend im Quarz, bis auf die oben genannten staubartigen,
die den Feldspathen eigen sind und sie oft opak erscheinen
lassen, im Gegensatz zu dem durchsichtigen, klaren Quarz.
Der anstehende Beresit ist ebenfalls von grauer Farbe,
verhältnissmässig grobkörnig, mit porphyrartiger Structur in
Folge ausgeschiedener grösserer Körner äusserst klaren, farb-
losen Quarzes und matt gelblichweissen Feldspathes. Hier und
da treten auch grössere Blättchen weissen Kaliglimmers auf,
daneben dunkelbraune, die jedoch nicht dem Magnesiaglimmer
zuzurechnen sind : die genauere Untersuchung zeigt, dass in
dem braunen Glimmer ebenfalls Muscovit vorliegt, in welchem
sich viel Brauneisen abgeschieden und dessen Durchsichtigkeit
vermindert hat. Der Pyrit ist in vollkommen scharfen, re-
gelmässigen Würfelkrystallen eingesprengt, die aber ganz in
Brauneisen umgewandelt sind. — Auch u. d. M. sieht das Ge-
stein porphyrartig aus. Die Grundmasse besteht aus sehr
kleinen Quarzkörnern, zwischen denen nicht zahlreiche Glim-
merschüppchen eingelagert sind. Der porphyrisch ausgeschie-
dene Quarz ist arm an Einschlüssen, enthält vereinzelte Apatit-
877
nadeln und Rutilkörner. Flüssigkeitseinschlüsse sind fraglich.
— Der in grossen z. Th. wohlbegrenzten Krystallen auftretende
Orthoklas führt staubartige Einschlüsse, ist aber sonst ziemlich
frisch. Die Grösse des Auslöschungswinkels gegen die Spalt-
risse entspricht dem normalen Werthe beim Orthoklas.. —
Die Plagioklase, die äusserlich den Orthoklasen ganz ähnlich
und wie diese mit staubförmigen Einschlüssen erfüllt erschei-
nen, sind an der wiederholten Zwillingsstreifung kenntlich.
Fast durchweg ist aber diese Streifung auf einen Theil der
Breite des Krystalls beschränkt, ganz ähnlich wie dies bei
polysynthetischen Augit - Zwillingen stattfindet. Bei Weitem
der grösste Theil des Krystalls ist einheitlich orientirt. Oft
ist auch die Zwillingsbildung eine einfache (Hemitropie), nicht
wiederholte und entspricht demnach der Albitausbildung. Nicht
nur an dem optischen Verhalten sind die Zwillinge kenntlich,
sie sind es auch an den einspringenden Winkeln, welche die
parallel P = (001) verlaufenden Spaltrisse beider Krystalle
miteinander bilden. Dieser Winkel wurde mehrfach zu 2—3°
gemessen, wonach Durchschnitte parallel einer nahezu mit
k = (100) zusammenfallenden Fläche angenommen werden
dürften. Die Auslöschungsschiefe nach beiden Seiten der
Zwillingsnaht betrug in solchen Schnitten mehrfach 13— 15°,
aber auch 5-6°. — Der primäre Glimmer, der in Blättchen
und Flasern auftritt, ist, wie sonst, kaum merklich pleochroi-
tisch und führt ausgeschiedenes Brauneisen. Er bietet nichts
Bemerkenswerthes. — Der secundäre Kaliglimmer, in kleinen
spindelförmigen Leisten, siedelt sich vorwiegend auf den Flä-
chen und in den Spaltrissen des Orthoklases an. — Wie im
Quarz, so auch im primären Glimmer und in den Feldspathen
ist hier und da eine vereinzelte (Apatit?-) Nadel oder ganze
Bündel solcher eingeschlossen. Auch sind Einschlüsse von
Orthoklas in Quarz beobachtet worden.
Beresit von Perwopawlowsk. Das Gestein ist sehr
frisch, feinkörnig, mit porpbyrischer Structur, von hellgrauer
Farbe. Seine wesentlichen Gemengtheile unterscheidet man
schon mit blossem Auge. Der Quarz ist wasserhell; der Or-
thoklas — Adular-ähnlich, fast vollkommen durchsichtig,
bildet ziemlich grosse Leisten und nach M = (010) flache Kry-
stalle, die genau den Sanidin-Habitus besitzen. Der primäre
Kaliglimmer tritt makroskopisch zurück. Die auch hier vor-
kommenden Pyrit-Pseudomorphosen erscheinen eher in Gestalt
von Körnern, als in deutlich begrenzten Krystallen. Mit Hülfe
der Loupe erkennt man noch die Gegenwart feinschuppigen,
secundären Glimmers an dem seidenartig-fettigem Glanz, wie
er den dichten Glimmervarietäten eigen ist. U. d. M. zeigt
878
es sich, dass das Gestein seiner Hauptmasse nach aus feinen
Glimmerschüppchen, zu denen sich kleine Quarzkörner ge-
sellen, besteht. Grössere Quarze, Orthoklas, Plagioklas und
Glimmer sind in dieser Grundmasse porphyrartig eingesprengt.
Der Quarz, der vollkommen wasserhell ist, zeigt manchmal
scharfe sechsseitige Umrisse. Er ist verhältnissmässig arm an
Einschlüssen. Darunter sind aber besonders erwähnenswerth
recht schöne grosse Flüssigkeits-Inclusionen mit unbeweglichen
Libellen. Rutil- Nadeln treten vereinzelt auf. Andere nadel-
förmige Einschlüsse gehören wahrscheinlich dem Apatit an.
Vielfach sind die Quarzkörner von Flasern primären Glim-
mers umgeben. — Von den Feldspathen sind einige un-
zweifelhaft Orthoklase, während die überwiegende Menge sich
als Plagioklas kennzeichnet, obwohl auch hier oit wieder-
holte Zwillingsverwachsung fehlt und die Zwillinge nur aus
zwei oft gleich grossen Krystallen, deren jeder für sich ein-
heitlich auslöscht, bestehen. Einige dieser Hemitropieen sind
ausserordentlich scharf begrenzt. Man sieht sie als zwei
Rhomben, mit Winkeln von beiläufig 93 resp. 87°, mit scharfer
geradliniger Grenze aneinander stossen und einen ein- resp.
ausspringenden Winkel von 173° bilden. Parallel den diesen
Winkel bildenden Kanten, also unter ebensolcher Neigung
zu einander, verlaufen geradlinige Spaltrisse, während parallel
der Zwillingsnaht andere weniger deutliche erscheinen, in
denen secundärer Glimmer sich gebildet hat. Die beiden
Systeme von Spaltrissen schneiden sich also ebenfalls unter
Winkeln von 87 resp. 93°. Gegen die Zwillingsgrenze bildet
die eine Auslöschungsrichtung 15° und geht durch den stumpien
Winkel (93°), die andere, welche durch den spitzen Winkel
(87°) geht, fällt fast mit der einen Seite des Rhombus zusanı-
men, resp. bildet mit derselben einen Winkel von beiläufig
2°. Alle diese Charaktere weisen auf Albit, dessen von
R-— (001) und M = (010) begrenzte, nach M verzwillingte
Krystalle in Durchschnitten parallel k = (100) ungefähr ein
solches Verhalten zeigen müssten. Bei einem anderen Zwil-
ling, mit ebenfalls recht scharfer Zwillingsnaht, wurde als
Auslöschungswinkel nach beiden Seiten 5° abgelesen, was zur
Annahme eines nach dem Manebacher Gesetz (n.P = (001))
verwachsenen, nach M = (010) durchschnittenen Orthoklases
führen könnte, wenn nicht in dem einen Krystall eine parallel
dem zweiten auslöschende Zwillingslamelle eingeschaltet wäre,
die möglicherweise doch für die Plagioklas-Natur dieses Feld-
spathes spricht. Die meisten Plagioklas - Krystalle zeigen
scharfe Umrisse, ihr optisches Verhalten ist aber oft recht
complieirt. So bemerkte man z. B. drei in einer Reihe an-
einander gewachsene Krystalle, die bei Betrachtung ohne den
879
oberen Nicol wie ein einheitlicher Krystall aussehen, da sie
von zwei gegenüberliegenden Seiten mit parallel verlaufenden,
ganz geraden, gemeinschaftlichen Kanten versehen sind. Bei
gekreuzten Nicols sieht man aber erst, dass einer der äusseren
durch die beiden anderen Krystalle Fortsätze hindurchsendet,
die als schmale Lamellen den gemeinschaftlichen Begrenzungs-
linien parallel verlaufen. Der Auslöschungswinkel gegen diese
gemeinschaftliche Richtung betrug bei Krystall I und seinen
Fortsätzen 4 5°, bei dem mittleren (II) — 12° und bei dem
anderen äusseren (III) — 3°. — Auch hier sieht man bei den
Plasioklasen oft die Mitte des Krystalls allein von mehreren
Lamellen eingenommen, während das Uebrige ungestreift, ein-
heitlich auslöschend ist, wobei die beiden äusseren breiten
Streifen entweder parallele Lage besitzen oder in Zwillings-
stellung zu einander sich befinden. Die eingeschalteten La-
mellen keilen sich oft mitten im Hauptkrystalle aus, oder
bewahren durchweg dieselbe Breite, brechen aber plötzlich ab.
— Wenig Bemerkenswerthes bietet der Glimmer. Der primäre
ist nicht in grosser Menge vorhanden. Er bildet, wie sonst,
breite Blätter, die im Querschnitt als flaserige Bündel. erschei-
nen, die oft die übrigen Gemengtheile umschliessen, nament-
lich die Aggregate von Quarzkörnern, sowie Klumpen und
netzförmige Krystallaggregate von Rutil. Er ist nicht pleo-
chroitisch. Der secundäre Glimmer, in verhältnissmässig gros-
sen spindelförmigen Schüppchen, ist seinem Mengenverhältniss
nach neben dem feinkörnigen Quarz vorherrschend und bedingt
den auch unter dem Mikroskop ausgeprägten porphyrartigen
Structurtypus des Gesteins. Man sieht die Schüppchen des
secundären Glimmers oft die Orthoklaskrystalle bedecken, auf
welche sie sich reihenweise, besonders den Spaltrissen parallel
in der Weise ansetzen, dass sie auf der Kante stehen. — Sehr
charakteristisch und in bedeutender Menge vorhanden ist der Rutil.
Er kommt als Einschluss in jedem der Hauptgemengtheile, be-
sonders aber im Glimmer vor entweder in Klumpen oder in
äusserst dünnen und deswegen kaum durchscheinenden, zu
zierlichen Netzwerken verflochtenen Nadeln. Diese Netzwerke
umranden meist die Klumpen. Die Nadeln nehmen zueinander.
nicht beliebige Lagen ein, sondern bilden Winkel von nahezu
60°, also wohl Zwillinge nach dem gewöhnlichen Gesetz (n.(101)).
— Endlich sind auch vereinzelte grössere Zirkon-Krystalle, mit
oft ziemlich scharfer pyramidaler Endigung beobachtet worden.
Beresit vom Wege nach der Starkow’schen Gold-
wäsche, District Syssert. — Das Gestein zeichnet sich durch
ein gleichmässiges, feines Korn aus und sieht einem glimmer-
führenden Sandstein ähnlich. Es ist von gelbgrauer Farbe.
880
Sein fettiger Glanz ist durch die feinen, manchmal schichten-
weise abgelagerten Glimmerschüppchen bewirkt, die ihm
zugleich eine scheinbare Schiefrigkeit verleihen. Was aber
diesen Beresit von den anderen ganz besonders unterschei-
det ist sein Gehalt an Granaten, die in grösseren, wenn
auch meist nicht scharf begrenzten, durch das Gestein un-
gleichmässig vertheilten Krystallen auftreten. Hier und da
erscheint das Gestein gebändert durch schichtenweise Anhäu-
fungen von zu Limonit zersetztem Pyrit und von dunklem
Glimmer, der aber nicht pleochroitisch ist und nicht als
Magnesiaglimmer, sondern als durch Brauneisen gefärbter Kali-
glimmer aufzufassen ist. Die Gemengtheile sind auch hier —
Quarz, welcher vorherrscht, Orthoklas, Plagioklas, Kaliglim-
mer. Der Quarz ist arm an Flüssigkeitseinschlüssen, führt
dagegen Zirkon(?)-Körner und solche eines anderen Minerals,
welches aus Mangel an charakteristischen Merkmalen nicht
bestimmt werden konnte. — Der Orthoklas führt staubartige
Einschlüsse.. Der Plagioklas ist sehr rein mit schöner poly-
synthetischer Streifung. Beide Feldspathe enthalten auch die-
selben Einschlüsse wie der Quarz. —: Der Glimmer tritt in
grösseren Blättern auf, in denen die Ebene der optischen Axen
transversal steht und der Winkel der optischen Axen ein
grosser ist. — Der Granat zeigt unter dem Mikroskop nicht
nur vereinzelte Krystalle, sondern auch Krystall- Haufen von
rosarother Farbe. Sie sind meist sehr regelmässig hexagonal
begrenzt, schliessen Körner von Quarz ein und werden von
unregelmässig verlaufenden Sprüngen durchzogen. Limonit,
z. Th. in unregelmässig begrenzten Klumpen ist durch das
Gestein ungleichmässig vertheilt und färbt. die übrigen Mi-
nerale mehr oder weniger intensiv.
Der Punkt, an welchem das Gestein ansteht, liegt auf der
8ten Werst vom Eisenhüttenwerk Syssert, in NW, Richtung.
Die Gegend ist flach, morastig, von einem dichten, hohen
Walde und von einer dicken Humusschicht bedeckt. Ein
Bruch, der in Form einer flachen Sandgrube im Gestein an-
gelegt ist, bietet die einzige Stelle, an der das sonst nicht zu
Tage tretende Gestein aufgedeckt ist. Es konnte daher nicht
entschieden werden, ob es, ebenso wie andere Beresite, gang-
artig auftritt oder eine Kuppe bildet. Anscheinend besitzt es
aber dasselbe Streichen (NW. h. 1—2) wie die es umgebenden
krystallinischen Schiefer — Granat- führende Glimmerschiefer
und Amphibolite —.
Aus den Einzelbeschreibungen geht wohl mit Deutlichkeit
hervor, dass der Beresit ein echter Muscovitgranit ist, dass er
eine ziemlich constante mineralische Zusammensetzung, und
wLSEHEL
infolge dessen makroskopisch constante Charaktere (Farbe,
seidenartigen Fettglanz, talkähnliches Aussehen, Pyrit- resp.
Limonit-Gehalt) besitzt, die ihm besonders durch den secun-
dären Kaliglimmer verliehen werden. Die mikroskopischen
Differenzen lassen sich auf locale Schwankungen in den re-
lativen Mengenverhältnissen der einzelnen mineralischen Ge-
mengtheile zurückführen, die in dem Zurücktreten oder an-
scheinend vollkommenen Verschwinden des einen oder anderen
Minerals ihren extremen Ausdruck finden. Die einzelnen
Facies des Gesteins sind aber nicht so wesentlich verschieden,
um die Annahme, dass unter dem Namen „Beresit“ verschie-
denartige Gesteine zusammengefasst werden, zu rechtfertigen.
Die grösste Abweichung von dem allgemeinen Typus könnte
man in den „feldspathfreien Beresiten“ des Herrn KarrisskıJ
erblicken, indessen ist für diese oben gezeigt, dass sie nicht
nur durch feldspatharnıe Zwischenglieder mit den „feldspath-
führenden“ Beresiten verbunden sind, sondern dass sie auch
selbst Feldspath führten, dass ihr Feldspath aber eine vollstän-
dige Umwandlung in Glimmer und Quarz erlitten hat.
Es ist ferner gezeigt worden, dass in verschiedenen Fällen
das Mengenverhältniss der beiden Feldspathe — des Ortho-
klases und des Plagioklases — ein sehr variables ist. Daraus
ergiebt sich aber, dass die plagioklasreichen Abänderungen
auch beim Verschwinden des Orthoklases nicht feldspathfrei
erscheinen können, während andererseits die plagioklasarmen,
resp. -freien begreiflicherweise ein Umwandlungsstadium er-
reichen können, in welchem sie als „feldspathfreie Beresite“
angesehen werden dürfen, da der Plagioklas von vornherein
nicht zugegen war und der Orthoklas nachträglich den aus
ihm hervorgegangenen secundären Producten Platz machte.
Unter den krystallinisch-schiefrigen Gesteinen, welche im
Distriet von Berjösowsk eine ausgedehnte Enntwickelung be-
sitzen und vom Beresit gangförmig durchsetzt werden, herr-
schen Chlorit- und Talkschiefer vor. Während der Chlorit-
schiefer fast durchgängig constante Charaktere aufweist, zerfällt
der Talkschiefer in verschiedene Varietäten.
Der Chloritschiefer, meist von dunkelgrüner Farbe, ist nur
in dünneren Splittern oder bei schräg, unter einem grossen
Winkel auffallendem Lichte durchscheinend. Er ist feinschuppig,
auf den stets welligen Schieferungsflächen fettglänzend und so
weich, dass er mit dem Nagel geritzt werden kann. Im Grossen
und Ganzen ziemlich homogen, führt er an manchen Stellen in
ansehnlicher Menge eingewachsene, durchschnittlich 1—3 mn
Zeits. d. D. geol. Ges. XXAXVII. 4. 52
882
grosse, wasserhelle, farblose oder schwach grau gefärbte Kry-
stalle von Braunspath, die bei ihrer Zersetzung sowohl an der
Oberfläche, als auch in den Spaltrissen Eisenoxydhydrat aus-
scheiden und dann bräunlich gefärbt sind. Auch durch das
ganze Gestein ist dieses Carbonat in vereinzelten Krystallen
zerstreut, und stets ist es das primäre Rhomboöder, welches
als einzige Gestalt an ihnen beobachtet wird. — Ein zweites
Mineral, welches in grosser Menge im Chloritschiefer einge-
wachsen vorkommt, ist Magnetit, in sehr kleinen, aber
äusserst stark glänzenden und daher schon mit blossem Auge
wahrnehmbaren Octaödern. Es ist wohl anzunehmen, dass
dieses Magneteisen titanhaltig ist, denn unter dem Mikroskop
sind dessen Kryställchen (auch Körner, Körner-Reihen und
-Agglomerationen) fast stets von schönen, meist kurzsäulen-
förmigen Rutilkrystälichen umgeben, die fächerförmig oder
radial vom Erzkorne ausstrahlen. — Von weiteren unter dem
Mikroskop wahrzunehmenden Merkmalen wären zu erwäh-
nen, dass der Schiefer aus ausserordentlich dicht aneinander
gedrängten, verworren durcheinander liegenden kleineren und
grösseren, sehr schwach doppeltbrechenden Schuppen besteht
und nur an denjenigen Stellen, wo diese Schuppen eine an-
nähernd parallele Lage annehmen, deutlichen Pleochroismus
(blaugrün parallel und hellstrohgelb oder farblos senkrecht zu
der Längsausdehnung der Schuppen) zeigt. Die Schuppen
sind deutlich zweiaxig, mit einem ziemlich grossen Axenwinkel;
die Ebene der optischen Axen besitzt eine transversale Lage.
An einzelnen Stellen, wo ziemlich parallel gelagerte Schuppen
auf der Kante stehen, d. h. vom Schnitte quer getroffen wor-
den sind, rufen sie den Eindruck einer faserigen Substanz
hervor. Auch in diesen Schnitten ist der Pleochroismus deut-
lich — hellbläulichgrün für die nach der Längsrichtung und
kaum merklich gelblich für die dazu senkrecht schwingenden
Strahlen. — Ueber den Braunspath, den Magnetit und den
Rutil wäre Nichts hinzuzufügen, als dass der erstere schöne
Spaltbarkeit zeigt, hin und wieder in Zwillingen auftritt, und
dass das letztere der drei Minerale scharf markirte Ränder,
also, im Gegensatz zu dem es umgebenden Chlorit, starke
Doppeltbrechung resp. Brechbarkeit, endlich oft schmutzig
bräunliche Farben besitzt.
Das Gestein ist so weich, dass sich Schliffe davon nur
nach vorherigem Kochen und Imprägnirung der Splitter mit
Canadabalsam herstellen lassen.
Von den Talkschiefern verdient eine gewisse Beachtung
eine zuerst von G. RosE!) beschriebene Abänderung, für
ı) Reise n..d. Ural ete. T., pag. 182, II., pag. 53%
nun a ag
883
welche er, wie er es auch beim Beresit gethan, gleichfalls die
Localbezeichnung — „Listwjanit* — !) beibehielt.
Der Listwjanit besteht aus Quarz und Talk, in welch’
letzterem an manchen Stellen Anhäufungen von Braunspath
angetroffen werden, der aber auch sonst in kleineren Mengen
durch das ganze Gestein vertheilt ist — ein Umstand, der
dem Gestein eher ein körniges als schiefriges Aussehen ver-
leiht.?) — Der Quarz ist farblos und durchsichtig, oft sten-
gelig; der Talk blaugrün (Ranpe 16, 1), seltener von
gelblichweiser Farbe; der Braunspath, grau bis weiss, ist häufig
zersetzt und weggeführt, während die von ihm zurückgelassenen
Hohlräume mit Eisenoxydhydrat bekleidet sind. An einzelnen
Stellen trifft man Körnchen von Magnetit?), Schuppen von
Eisenglanz, wie sie schon G. Rose erwähnt, sowie kleine
frische Eisenkieskryställchen von der Form (100) oder (102)
an. Der Braunspath des Listwjanit ist offenbar nicht inden-
tisch mit demjenigen Carbonat, welches in vereinzelten Kry-
stallen im Chloritschiefer von Berjösowsk vorkommt. Wäh-
rend letzterer nämlich nach G. Rosr’s Messungen einen Rhom-
boöderwinkel von 72° 30° — 72° 48’ besitzt, welcher also
demjenigen des Magnesits nahe kommt, erhielt Herr N. von
KokscHarow an Spaltungsstücken des ersteren den Werth von
73° 42’, dem Rhomboöderwinkel eines Bitterspaths oder eines
») Richtiger so, als „Listwänit“. Die Etymologie dieses Namens ist
mir nicht bekannt. Ob er von Listwa — Laub, wegen seiner vor-
herrschend grünen Farbe, oder von List —= Blatt, wegen der blät-
terigen, schuppigen Talkpartieen abzuleiten ist, oder auf sonst eine
Weise — will ich dahin gestellt sein lassen.
2) Neuerdings hat Herr M. v. MixrucHno-MArrAay (im N. Jahrb. £.
Min. etc. 1885, 1, pag. 70) einen Listwjanit vom Berge Poroschnaja bei
Niznij-Tagil beschrieben, welcher in vielen Stücken von demjenigen von
Berjosowsk und anderen uralischen Localitäten abweicht. Die Ab-
wesenheit von Quarz , das Vorhandensein von Chromit an Stelle des
Magnetits und eines eisenreichen, dagegen kalkarmen Magnesiacarbonats
an Stelle des beim Gestein von Berjösowsk auftretenden magnesia-
reichen Kalkspaths — sind die Hauptunterschiede, welche übrigens
auch Herr v. MixLucno-MaArrLay selbst hervorhebt, indem er auf die
Abweichung seines Befundes von G. Rose’s Beschreibung des Listwjanit
hinweist.
3) Rose erwähnt das Magneteisen nicht. Dasselbe ist aber un-
zweifelhaft vorhanden. Der naheliegende Gedanke, dass die Körnchen
des schwarzen Erzes Chromit sein könnten, wurde an ausgesuchten
Proben durch Herrn Ars. H. Worr widerlegt. Die äusserst sorgfältig
angestellten Versuche ergaben ihm keine Chromreaction (1879). —
Dieses Resultat ist übrigens beachtenswerth, weil es die bereits bei
einer anderen ‚Gelegenheit (cf. Cossa u. Arzrunı, Zeitschr. f. Krystallo-
graphie etc. VII, pag. 16, 1882) hervorgehobene Thatsache, dass näm-
lich in der Nähe von Chromaten — an denen der District von Berjo-
sowsk, wie bekannt, besonders reich ist — niemals Anhäufungen von
Chromeisen beobachtet werden, wiederum bestätigt.
52*
884
Braunspaths entsprechend, als welcher sich das Carbonat nach
einer Analyse des Herrn P. NıkoLassw denn auch in der
That erwies. !)
Unter dem Mikroskop erkennt man als Hauptgemengtheile:
den durchsichtigen, schwach grau gefärbten Braunspath mit den
charakteristischen rhomboödrischen Spaltungsrissen und dem
Oberflächenschimmer bei gekreuzten Nicols, welcher den Car-
bonaten der Kalkspathreihe so eigenthümlich ist; den durch-
sichtigen, vollkommen wasserhellen Quarz, der in unregel-
mässigen, dicht aneinandergedrängten, meist einschlussfreien
Körnern von ansehnlicher Grösse den Braunspath stellenweise
in schmalen aber langen Gängen durchsetzt; endlich den Talk,
der selbst in seiner intensiv blaugrün gefärbten Varietät in
gewissen Schnitten kaum wahrnehmbaren Pleochroismus be-
sitzt, in anderen dagegen deutlich den Wechsel zwischen
Rıanpe’s 14q einerseits und der Zwischennuance von 15 p und
16.q andererseits erkennen lässt. Diese letztere Farbe ist auch
diejenige, welche unverändert bei den erstgenannten, nicht
pleochroitischen und dabei stets leistenförmigen Schnitten auf-
tritt. Da diese Schnitte beim Drehen des Präparats hell und
dunkel werden und zwar ausgelöscht erscheinen bei paralleler
Stellung der Längsausdehnungsrichtung der Blättchen zu dem
Hauptschnitt einer der beiden gekreuzten Nieols, so ist hierdurch
die Zweiaxigkeit der Substanz erwiesen. Wäre die Substanz
optisch einaxig, so wäre zu erwarten, dass wenigstens diese nicht
pleochroitischen Schnitte bei gekreuzten Nicols einfachbrechend
erschienen, was natürlich bei den anderen, deutlich pleochroi-
tischen nicht statthaben kann. Eine directe Beobachtung des
Interferenzbildes ist in keinem Falle gelungen, offenbar wegen
der schwachen Doppeltbrechung der Substanz und der zu weit
vom Mittelpunkte abstehenden, nicht mehr in’s Gesichtsfeld
fallenden isochromatischen Curven.
Neben dem grünen Talk ist auch gelblich - weisser vor-
handen. Für den grünen scheint charakteristisch zu sein
seine Reichhaltigkeit an Einschlüssen von Magnetit in Körner-
haufen und staubartigen Schwärmen, die z. Th. zonal geordnet
1) Of. N. v. KoxscHArow: Mat. zu Min. Russl. VII, pag. 182 u. 212.
— Herr NıkoLAjew fand:
Kieselsäure . . . 45,58
Kalkı n....,.002 02.98.90
Magnesia.. : +, 1432
Eisenoxydul . . . 6,45
Eisenoxyd . . -. 0,97
Manganoxyd. . . 0,31
99,73
885
sind oder auch die Talkblättchen umranden, stets aber den
Anschein haben, vom Talk bei dessen Zersetzung ausgeschieden
worden zu sein.
An Einschlüssen ist besonders der Braunspath reich. Unter
ihnen sind Maegnetit, Eisenglanz und Rutil hervorzuheben. Ein
viertes Mineral in vereinzelten grösseren unregelmässigen Kör-
nern könnte Titanit sein. Der Magnetit tritt in vereinzelten
Körnern, Klumpen und Stäben oder in Haufen von kleineren
Körnchen auf, wie solcher als Einschlüsse des grünen Talkes
soeben Erwähnung geschehen ist. Das gleichzeitige Vorhanden-
sein des Eisenglanzes könnte vermuthen lassen, dass alles Erz
diesem Minerale angehöre — indessen nimmt man bei den
staubartigen Agglomerationen nichts von Durchscheinenheit mit
rother Farbe wahr, welche beim Eisenglanz, selbst bei ver-
hältnissmässig dicken Partieen zum Vorschein kommt.
Neben dem Magnetit erkennt man den Eisenglanz, sowohl
in dünnen, selten wohlbegrenzten blutrothen Täfelchen und
Leisten von beiläufig 0,05 mm, als auch in undurchsichtigen
Klumpen, deren Natur nur dadurch unzweifelhaft wird, als
sie an den Rändern mit bräunlichrother Farbe durchscheinen.
Bei den tiefer bräunlich gefärbten durchscheinenden Partieen
könnte man auch an Chromit denken, allein sie ergeben sich
als doppeltbrechend.. An denjenigen Stellen, wo die Eisen-
glanzkörner diek und undurchsichtig sind, ist ihre Verwechse-
lung mit Magnetit möglich, da die Beobachtung bei auffallen-
dem Licht hierfür auch nicht entscheidend ist, indem man
zwischen dem Glanz und der Farbe, welche beide Minerale
im refleetirten Lichte zeigen, schwerlich Unterschiede zu finden
vermag. — Eis sei noch bemerkt, dass die blutrothen Blättchen
des Eisenglanzes den bekannten im Stassfurter Oarnallit vor-
kommenden durchaus ähnlich sehen.
Der im Gestein in wohlausgebildeten, mit blossem Auge
erkennbaren Krystallen auftretende Eisenkies ist unter dem
Mikroskop, wo man ihn mit Hülfe seiner charakteristischen
Oberflächenfarbe im auffallenden Lichte so leicht zu erkennen
vermag, nicht angetroffen worden.
Den Rutil findet man in kleinen säulenförmigen Krystallen
mit abgerundeten Endigungen. Die grösseren, bis zu 0,039 mn
lang und 0,01 mm dick, zeigen eine honiggelbe Farbe; die
kleineren dagegen erscheinen kaum gefärbt. Wenn ihre Dicke
bis zur faden- oder linienartigen herabsinkt, erscheinen die
Kryställchen wieder dunkler, da ihre scharfen Abgrenzungen
gegen das umschliessende, viel geringere Brechbarkeit besitzende
Mineral auch scharfe Schattenerscheinungen hervorrufen. So-
wohl einfache als auch Zwillingskrystalle des Rutils sind vielfach
beobachtet worden. Bei letzteren findet die Verwachsung nach
886
dem Gesetz (101) statt. — Erwähnenswerth ist, dass häufig
ganze Reihen von Rutilkryställchen in paralleler Lage zu-
einander auftreten, wobei sie sämmtlich ihre Hauptaxen parallel
den Spaltrissen des Braunspaths gerichtet haben. Offenbar
haben sich ‚die Spaltrisse eher gebildet, als der Absatz des
Rutils stattfand. Ebenso orientirend wirken übrigens die
Spaltrichtungen des Braunspaths auf den Magnetit, der eben-
falls oft in Körnerreihen die Risse besiedelt. — Der Mag-
netit sowohl, als auch der Eisenglanz sind dabei stellenweise
in Brauneisen umgewandelt, welches auch hier und da in den
Spaltrissen des Braunspathes verbleibt und sie dann durch
eine braune Färbung markirt. Theilweise ist aber das Braun-
eisen in die Masse des Carbonats diffundirt oder hat sich auch
nachträglich in beträchtlichen Mengen zwischen zwei Spalt-
flächen abgelagert.
Es ist bemerkenswerth, dass die hier eben besprochene
Varietät des Talkschiefers, die am Ural an mehreren Punkten
angetroffen worden ist, überall in der Nähe von Goldgängen
oder des Beresits auftritt. So fand G. Rose den Listwjanit
an der Bertjowaja Gora, an der Berkütskaja Gora, bei der
Goldgrube Perwo-Pawlowsk bei Miask, ferner zwischen Miask
und Slatoust und bei Ufalejsk.!)
Der ganze Hüttendistriet von Berjösowsk, welcher 56
Quadratwerst umfast (8 Werst in nord - südlicher und 7 in
west-östlicher Richtung) ist zum Zwecke einer bequemeren
Verwaltung in vier Antheile getheilt, welche nach der ergie-
bigsten Grube jedes derselben benanvt werden. So heisst der
NW.-Antheil der erste oder Iljinskaja ?), der südwestliche führt
den Namen Kljutschewskaäja, der te im SO. gelegene ist der
Söjmonowskaja, während der NO.-Antheil schlechtweg als der
„vierte“ bezeichnet wird. Ausserdem ist das ganze Gebiet in
„Quadrate“ oder „Gruben“ von je einer Quadratwerst einge-
theilt und haben auch diese kleineren Abgrenzungen neben der
ihnen zukommenden laufenden Nummer häufig Eigennamen
erhalten. So ist No. 45 z. B. identisch mit der „Grube“
Zwjetnöj (die „Farbige“ ), No. 24 ist die Preobrazenskij-
„Grube“, welche, wenn auch nicht allein, so doch die schönsten
Rothbleierz-Stufen geliefert hat, jetzt aber ersoffen ist, u. s. w.
DINOSERSR CHN 3220.11,%32, 90.98 ol
?2) Hier, wie auch sonst, wende ich bei den Adjectiven die männ-
liche (oj, ij, yj) oder weibliche (aja) Endung nicht im Einklange mit
dem deutschen, sondern mit dem supponirten russischen Sub-
stantiv an. So sage ich: Kljutscherwskaja Antheil, da im Russischen
„Tschastj* weiblich, dagegen Zwjetnoj Grube, weil „Rudnik“ männlichen
Geschlechtes ist.
887
Manche Minerale sind ausschliesslich auf bestimmte Gruben
beschränkt gewesen, obwohl es einige der letzteren gab, die,
wie z. B. die eben erwähnte Preobrazenskij, durch ihren Mi-
neralreichthum die meisten anderen weit übertrafen und infolge
dessen Berühmtheit erlangten.
Die ausserordentliche Mannichfaltigkeit au Mineralen,
welche der District von Berjösowsk aufweist, hatte schon
G. Ross veranlasst, in seinem Werke ein Verzeichniss der-
selben zu geben, aus welchem zu ersehen war, dass dieser
District zu den mineralreichsten Gegenden des Urals gerechnet
werden darf. In den 43 Jahren, die nach dem Erscheinen
jenes Werkes verflossen sind, hat sich aber die Zahl der in-
zwischen bekannt gewordenen Minerale erheblich vermehrt,
namentlich Dank den rastlosen Forschungen der Herren von
KoKSCHAROW und VON JEREMEJEW.
Da keine neuere Zusammenstellung dieser Vorkommen
vorliegt, die Angaben vielmehr als einzelne Notizen meist in
Zeitschriften zerstreut sind, so habe ich es nicht für unzweck-
mässig gehalten, hier ein solches Verzeichniss anhangweise bei-
zufügen, umsomehr, als die Aufzählung von Mineralen, die in
einer Gegend auftreten, geeignet ist das geologische Bild der-
selben zu vervollständigen. Eine ausführliche Beschreibung
der einzelnen Minerale zu geben, liegt nicht in meiner Ab-
sicht. In Betreff der Details ziehe ich es vor, auf die bezüg--
liche Literatur zu verweisen, welche ich daher möglichst voll-
ständig zusammenzustellen bemüht gewesen bin. Nur hier
und da einiges entweder von mir selbst Beobachtetes oder un-
bekannt Gebliebenes hervorzuheben, hielt ich hier am Platze.
Dies mag als Erklärung für die Ungleichmässigkeit in der
Behandlung der Einzelheiten entgegengenommen werden.
In Nachfolgendem sind neben den Mineralen der Beresit-
und Quarzgänge auch diejenigen erwähnt, die als integrirende
Gemengtheile dieser Gesteine sowohl, als auch der von ihnen
durchzogenen krystallinen Schiefer oder auch in diesen letz-
teren accessorisch auftreten — Das Verzeichniss ist alpha-
betisch geordnet, unter Anwendung der international ge-
wordenen Mineralnamen, die immer allgemeinere Verbreitung
finden. Für die Werke, auf welche besonders häufig ver-
wiesen werden musste, sind folgende Abkürzungen gebraucht
worden:
Rose I, resp. II: G. Rosz, Reise n. d. Ural ete , Bd. I, 1839, Bd. II,
1842. Berlin.
KoxscHarow: N. v. KorscHarow: Materialien z. Mineralogie Russ-
lands, Bd. I-IX, 1853 — 1885.
MArAcHnow: Indicateur des lieux de provenance des mineraux con-
nus jusqu’ ici dans les Monts Ourals. Bulletin de la Societe
888
Ouralienne d’amateurs des sciences naturelles. Ekaterinbourg
1876. Additions — 1882.
Verh. resp. Verh. (2). — Verhandlungen d. kaiserl. russ. mineralog.
Gesellschaft 1842-1863, bezw. dieselben 2te Serie 1866 — 1884.
St. Petersburg. (Ueber die vom Jahre 1877 ab erschienenen,
in russischer Sprache verfassten Abhandlungen findet der Leser
ausführliche Referate in Grorr’s Zeitschr. für Krystallographie
ete. 1877—1885.)
Die übrigen bei den Citaten gebrauchten Abkürzungen ergeben sich
von selbst.
Anglesit. Rose 1, 211; 11, 517. KoxscHarow I, 35. Kıy-
stalle und derb in Höhlungen von Fahlerzdrusen.
Azurit. MatAcHow, 3. JEREMEJEw, Verh. (2) 17, 229 in
der Preobrazenskij Grube mit Patrinit, Caledonit ete auf
Beresit. — Wird von den Autoren nur beiläufig erwähnt,
wenn auch wohl lange bekannt.
Beudantit. Nach Herrn Wessky’s Bestimmung im Berliner
min. Mus. befindlicher Stufen. In der Literatur keine
Angaben. — Auf Beresit oder den Quarzgängen mit Gold,
Phosphorchromit, Cerussit, in kleinen Kryställchen, Krusten
bildend.
Bindheimit. Nach Herrn Wessky’s Bestimmung im Ber-
liner min. Mus. befindlicher Stufen. In der Literatur keine
Angabe. — Anflüge auf Quarz; daneben Pyromorphit,
Malachit, Caledonit (?), Azurit (oder Linarit?), Vanadinit,
Pyrit-Pseudomorphosen, derber Granat (?) — wahrschein-
lich aus der Preobrazenskij Grube.
Bismuthit (d.h. Bismuthcarbonat). Bestimmung des Herrn
Wessky nach Stücken des Berl. min. Mus. Literatur-
Angaben fehlen.
Bismuthocker. MauacHow, 3.
Caleit. Nierenförmige, im Innern hohle, mit Krystallen be-
kleidete Drusen. — Exemplar im Berliner min. Mus.
(Coll. Eversmann?). In der Literatur keine Angaben.
Caledonit. JEREMEIEw. Verh. (2) 17, 207. In der Pre-
obraZenskij Grube mit Linarit etc. (vergl. KoKkscHARow,
IX, 55).
Cerussit. G. Rose, I, 211; Il, 480; KoxscHarow VI, 107;
SoKoLow, Min. Il, 698; v. ZermarovicH in: HAIDINnGER’s
Fr. d. Naturw. VI, 121. — Mit Bleiglanz und anderen
Bleisalzen auf Goldquarz; auf Crocoit; pseudomorph nach
Bleiglanz; z. Th. in grossen Krystallen.
Chalcedon. Marıcnaow, 5. Mit Quarz.
Chalkopyrit. G. Rose I, 198; II, 463 (KoxscHArow IV,
132). In Gangquarz mit derbem Fahlerz etc., mit Co-
vellin und Malachit-Ueberzügen.
889
Chlorit. Den Chloritschiefer bildend.
Chromit. Moers, J. f. pr. Ch. 43, 121. (KoxscHARow
II, 266.) — Lose im Goldsande; wahrscheinlich aus dem
Serpentin. Genaue Angaben fehlen.
Chromocker. MaracHaow, 6.
Chrysokoll. Maracnow, 6.
Covellin. Ueberzüge auf Chalkopyrit. Literatur fehlt. (Exem-
plar des Berl. min. Mus.)
Crocoit. VaAugueuın, Journ. des Mines No. 34, 737; Ross,
I, 204, II, 516; Söcurins, Verh. 1862, 131, 139; Davuser,
Wien. Akad., Sitzb. 42, 1860; Poce., 106, 150; Kox-
SCHAROWw, VI, 101; Ta&sarp, Journ. d. phys. 5l, 71;
Gius. Ann. 8, 237; Prarr, Scuweise. J. 18, 72; Ber-
ZELIUS, ib. 22, 54. — Hauptsächlich in der Preobrazenskij
Grube auf Beresit, auch als Einschluss in Quarz.
Dolomit, Braunspath, Ankerit u. s. w. Rose I, 182, 183,
193; II, 479. Koxscaarow, VII, 9, 212; JEREMEJIEW,
Verh. (2) 1, 269, 1866, Protok. 1864. — Vorwiegend
im Chlorit- und Talkschiefer, mit eingewachsenen kleinen
‘ Quarzkrystallen. Im Listwjanit neben Eisenglanz und Pyrit.
Herr JEREMEJEw maass den Winkel von (1011) zu 107°.
— Im Berliner Museum ein Exemplar, welches bräun-
liche Rhomboöder des Carbonats mit Quarz zusammen
auf Gangquarz zeigt. Oft zersetzt, mit Limonit ausgeklei-
dete Hohldrücke zurücklassend.
Fuchsit. MauAıcHaow, 5.
G alenit. Derb und eingesprengt. Oft silberhaltig, gross-
körnig, zuweilen um einen Punkt concentrisch; z. Th. als
Ausfüllung verwitterter Pyritwürfel. Schliesst abgerundete
Körnchen oder Trümchen von Quarz ein. Der Quarz ist
oft parallel den Spaltflächen des Galenits eingewachsen,
bildet ein regelmässiges zelliges Gewebe, wenn der Galenit
fortgeführt ist. Parallel den Spaltflächen des Galenits ist
manchmal auch Gold eingewachsen. Rose I, 203; II,
459. Söchrine, Verh. 1862, 131. KoxscuAarow, II, 288.
Gold. Rose 1, 186, 198; II, 56, 414, 417, 455. Herzog
VON LEUCHTENBERG, Sbornik 1867, 662. KoxscHarow VI,
827. Barsor, Verh. 1855 — 56, 203. Söchrine, Verh.
1862, 131. Fiercner, Phil. Mag. (5) 9, 180. — In
Gangquarz in Krystallen (Rosz); abgerundete Klumpen
und Körner im Sande; auf Bleiglanz in Drahtform auch
in den Spalten des Bleiglanzes (Söchrine); mit Turmalin
in Hohlräumen des Quarzes; in Brauneisenpseudomorpho-
sen n. Pyrit; auf Zellenquarz (Bimssteinerz, Zwiebackerz);
mit Eisenglimmer; auf zersetztem Patrinit, damit parallel
verwachsen; in Fahlerz, mit Magnetkies (?). Formen der
890
Krystalle (111), (100), (110), (113), (124), (338), (301)
(neu, FLETCHER) und (hkl), welches entweder (1.9.15)
oder (1.11.19). Ersteres würde durch (113) gerade abge-
stumpft werden. — Nach mir gewordener freundlicher Mit-
theilung des Herrn A. A. AuzrgacaH (vgl. Zs. f. Krystall.
von GroTH 4, 403, Anm.) scheint das Gold durchweg
secundäres Reductionsproduct zu sein. Es lässt sich durch
Amalgamation gewinnen entweder aus dem Gangquarz
oder aus den Schwefel- etc. Verbindungen. Bei letzteren
gelingt dies aber nur dann, wenn sie zersetzt und oxydirt
sind. Das Gold scheint in gebundenem Zustande, etwa
als Schwefelmetall, enthalten zu sein im Tetra&drit, im
Galenit, im Patrinit, im Chalkopyrit, vielleicht auch im
Pyrit u. s. w. und sich bei der Oxydation dieser Verbin-
dungen, da selbst keine Oxyde bildend, auszuscheiden. Auf
diese Weise allein erklärt es sich, warum die nach der
Amalgamation zurückbleibenden „Schlieche“, auf nassem
Wege behandelt, wieder Goldgehalt ergeben. Nur auf
diese Weise erklärt es sich auch, dass die Goidsande, die
zwei, drei Mal sorgfältig gewaschen wurden, beim eruneu-
ten Waschen wiederum, und zwar oft ansehnliche Mengen
von Gold liefern. In den Sanden sind nämlich oft un-
zersetzte Schwefel- und andere Erze enthalten, die erst
nach und nach oxydirt (zersetzt) werden und immer wieder
neue Mengen von Gold abscheiden. Es ist bekanntlich
die Ansicht ausgesprochen worden (vgl. CumenGe et Fuchs,
Compt. rend. 88, 587, 1879), dass das Gold vorwiegend
mit Antimon und Tellur Verbindungen eingeht, wofür auch
einige Thatsachen zu sprechen scheinen. Herr Avsk-
BACH, welcher zu seinen Versuchen über Extraction des
Goldes aus Erzen auf nassem Wege entweder frische,
zerstampfte Erze, oder Rückstände des Amalgamations-
prozesses benutzte, hat, wie leicht erklärlich, nicht direct
zu entscheiden vermocht, in welchen Erzen das Gold
enthalten sei. Alles spricht aber dafür, dass nicht der
Pyrit das Gold führt. Eher sind es Verbindungen, die
Blei und Kupfer enthalten, in welchen nach Gold gesucht
werden dürfte, wobei eine Vertretung von Pb resp. Cu,
durch Au, anzunehmen wäre, was auch viel einleuchten-
der ist, als eine etwaige Vertretung von Fe durch Au,
oder gar durch Au! — Wenn es gestattet ist, aus we-
nigen Versuchen Schlüsse zu ziehen, so würden für die
eben geäusserte Ansicht auch diejenigen sprechen, welche
auf meine Bitte hin Herr WıLHELMm VEnAToR, Assistent
am Laboratorium für technische Chemie an hiesiger Hoch-
schule, auszuführen die grosse Güte hatte. Als Material
801
diente eine Stufe von Pyrit, welche ich aus Berjösowsk
mitbrachte. Absichtlich wurde die frischeste gewählt, da
bei den mehr oder minder zersetzten, oxydirten, nicht
mehr gut zu erkennen war, was das ursprüngliche Mineral
gewesen, ob sie ausschliesslich aus Pyrit bestanden oder .
auch andere Erze (Kupfer- und Blei-haltige) beigemengt
enthielten, zumal solche in Zersetzung begriffene Stücke
stets mehr oder weniger deutliche Goldkörnchen zeigen,
und daher die Probe auf Gold sicher im positiven Sinne
ausfallen musste. An dem zu dem Versuche verwendeten
Pyrit war dagegen keine Spur von ausgeschiedenem Golde
zu sehen, und es handelte sich darum zu entscheiden, ob
solches chemisch gebunden darin enthalten sei. Herr
VenAaror hatte die Freundlichkeit über seine zwei Ver-
suche folgende Mittheilung zu machen.
„Versuch I. Es wurden 35 grm des Pyrits in einer
Platinschale abgeröstet, und der Rückstand, welcher das
Gold in metallischem Zustande enthalten musste, in
conc. Salzsäure gelöst. In Auflösung ging das Kisenoxyd,
ungelöst blieb die Kieselsäure und etwaiges Gold. Dieser
Rückstand wurde abfiltrirt, gut ausgelaugt und geglüht.
Zur Nachweisung des Goldes wurde dieser Glührückstand
in Königswasser gelöst, die Kieselsäure abfiltrirt, das
Filtrat zur Trockne verdampft, dann mit Wasser aufge-
nommen und zur Abscheidung des Goldes mit frischer
Eisenvitriollösung versetzt. Selbst nach mehrtägigem
Stehen schied sich kein Gold aus.
Versuch II. Eine andere Menge abgerösteten Kieses
wurde mit Wasser zu einem Brei angerührt und dann
mehrere Stunden mit Chlorgas behandelt. Bei Anwe-
senheit von Gold würde dasselbe in Chlorgold übergehen.
Nach mehrstündigem Einleiten von Chlor wurde die Lö-
sung von dem Rückstande abfiltrirt, zur Trockne ver-
dampft und mit Eisenvitriol versetzt. Auch hier schied
sich keine Spur Gold aus.“
Aus diesen Versuchen, zu denen allerdings verhält-
nissmässig kleine Mengen des Pyrits verwandt wurden,
könnte man freilich schliessen, dass der Goldgehalt der-
selben nicht so gross sei um nachgewiesen werden zu
können, dass es auch nicht nothwendig in gleichmässiger
Weise in allen Pyrit-Massen vertheilt zu sein braucht.
Allein es ist auch wohl ebenso gestattet, aus den beiden
negativen Versuchen zu folgern, dass möglicherweise in
der That nicht der Pyrit, sondern die Cu- und Pb-Erze als
die eigentlichen Träger des Goldes in isomorpher Bei-
mengung anzusehen sind. Leider verfügte ich nicht über
892
geeignetes Material anderer Erze von Berjösowsk, um
auch an ihnen vergleichende Versuche anstellen lassen
zu können.
Göthit. Ross I, 194, 214; Il, 473. - Pseudomorph nach
Pyrit; auf den Goldgängen. (Vgl. Hydrohämatit.)
Granat. Im Berliner Museum eine Stufe mit einer alten Eti-
quette (von wem?); nelkenbraun, auf Granatfels; ein an-
deres Stück mit Evsrsmann’scher Etiquette, dicht derb,
hellgelb, resp. grauweiss, nephritähnlich.
Haematit. Rose I, 182, 184; Ill, 469. Annuaire journ. d.
mines 1837, 251. St. Petersburg. KokscHarow, I, 7, 15.
In Talkschiefer, Listwjanit, mit Braunspath als Gang;
in Ohloritschiefer mit Braunspath. Auf dem Wege nach
Pyschminsk. Auf Quarzgängen neben Pyrit, Tetraedrit etc.
Hydrohaematit = Turjit.. (Fälschlich wird „Turgit“ ge-
schrieben; der Name ist nach dem Flusse Turja, resp.
den Turjinischen Gruben bei Bogoslowsk gegeben worden.
Der Fehler rührt von R. Hermann selbst her, der den
Namen gegeben hat. Im Berliner Museum aus einer alten
Sammlung vom Jahre 1803. Als Umwandlungsproduct |
des Pyrits, in pseudomorphen Krystallen nach letzterem
(vgl. oben bei Göthit).
Jossait. BreımsAaupt, B. u. Hütt.-Ztg. 17, 54, 18558. Mit
anderen Ohromaten zusammen auf der Preobrazenskij
Grube. Angeblich Ohromat von Blei und Zink. Ist der
Zinkgehalt unzweifelhaft? Von reinen Zinkverbindungen
ist in Berjösowsk keine bekannt, nur manche Fahlerze
sollen nach älteren Angaben, die indessen nicht contro-
lirt worden sind, dieses Metall enthalten. Vielleicht ist
der Jossait mit dem Laxmannit etc. zu vereinigen. Jeden-
falls äusserst selten.
Jarosit. KoxscHuarow, VI, 228. Davon ist ein einziges
Stück bekannt geworden!
Laxwmannit. NorpenskiöLnd, Pocc. 137, 299, 1869; Kor-
SCHAROW, VI, 244. Weitere Literatur und Angaben vgl.
unter Vauquelinit, mit welchem der Laxmannit sowohl,
als auch R. Heruann’s Phosphorchromit, Journ. pr.
Chem. (2), 1, 449, 1870; Jonws Chromphosphor-
kupferblei, Jahrb. f. Min. 1845, 67, und Pısanrs Blei-
kupferchromphosphat, Bull. soc. mineral. de France
3, 196, 1880 zu vereinigen sind. Grube Preobrazenskjj.
Leadhillit. Literatur nicht vorhanden. Ein Exemplar im
Berliner miner. Museum. Mit honiggelbem Pyromorphit
(vielleicht Mimetesit?), Cerussit, Anglesit (?) und Quarz-
krystallen — aus einem Quarzgang im Beresit Breite,
893
perlimutterglänzende, weisse Blätter und nicht parallel
gelagerte Partieen, z. Th. mit Randflächen.
Limonit. Zersetzungsproduct von Pyrit: im Beresit selbst
und in den Quarzgängen; oft mit ausgeschiedenem Gold;
z. Th. als Stilpnosiderit (MaracHuow, 5) oder als Xan-
thosiderit. (MaLacHow, 3); als weiteres Hydrationssta-
dium des Hydrohämatits und des Göthits.
Linarit. KorscHarow, IV, 140; V, 107. JEREMEIEw, Verh. (2),
17, 226, 1882; 19, 15, 1884. — In der Preobrazenskij
Grube mit Caledonit und Patrinit in Gangquarz; manch-
mal als Ueberzug auf Cerussit.
Magnetit. Im Chloritschiefer; auch in einem zersetzten Feld-
spathgestein, wie im Berliner Museum befindliche Stücke
zeigen. In der Literatur keine Angaben. Das Vorkon-
men im Serpentin dürfte aus dem benachbarten Gebiet
von Pyschminsk sein.
Malachit. Maracnow, 3. In Anflügen.
Melanochroit = Phönicochroit. Rose I, 205; II, 516.
Hermanns, Pocg. 28, 162, 1833. Auf der Preobrazenskij
Grube mit Galenit, anderen Chromaten und Quarz in den
Quarzgängen des Beresits oder auf Klüften des letzteren.
Muscovit. Gemengtheil des Beresit: primär und auch se-
- cundär aus Orthoklas.
Orthoklas. Gemengtheil des Beresit; oft sehr zersetzt.
Rose I, 186; II, 509.
Patrinit. Ross I, 196; II, 463; KoxscHarow, III, 238;
RAMMELSBERG, Mineralchemie, 2te Aufl., II, 104; an diesen
drei Stellen auch die ältere Literatur. Krystalle und
derbe Partieen im Quarz. Vorkommen in den Gruben
Pyschminskij, Kljutschewsk6öj und Preobrazenskij. Auf
letzterer mit Caledonit, Linarit, Azurit, Malachit, Bismu-
thit, Tetraödrit und Gold, wie Herr JEREMEJEw in seinen
Abhandlungen über Linarit und Oaledonit (cf. diese) an-
giebt. Bemerkenswerth ist, dass wo der Patrinit sich zu
Bismuthit umwandelt, zugleich eine Ausscheidung von
Gold stattfindet, wobei geradezu eine Pseudomorphosen-
Bildung von Gold nach Patrinit zu beobachten ist. Das
Gold erscheint in Form langer Drähte, die, vollkommen
gerade gestreckt, die Form des ursprünglichen Patrinit-
krystalls nachahmen. Solche Exemplare mehrfach in der
Sammlung des Berliner miner. Museums; ein sehr schönes,
wenn auch kleines Stück, mit Original - Etiquette von
G. Rose besitzt das metallurgische Institut in Aachen
(Prof. DürkE); weniger deutlich ist die einzige Stufe des
miner. Instituts daselbst. Die Ausscheidung des Goldes
bestätigt einigermaassen das oben (cf. bei Gold) Gesagte.
— Im Berliner mineral. Museum befindet sich eine Pa-
894
trinit- Stufe mit der Fundortsangabe „Pyschminsk“. Es
ist dies wahrscheinlich in Pyschminskij Grube im Distriet
von Berjösowsk zu corrigiren und nicht auf den Distriet
des Hüttenwerks Pyschminsk zu beziehen, dessen Lände-
reien allerdings an diejenigen des Districtes von Berjo-
sowsk stossen. |
Plagioklas. Wesentlicher Gemengtheil des Beresit. Lite-
ratur — ?
Pyrit. Rose ], 187, 193; II, 461. „Das Gold dieser Gänge
ist vorzugsweise in dem Eisenkies eingewachsen“ (?).
SöcHting, Verh. 1862, 132. Koxscharow, VII, 197.
Krystalle, vorzugsweise (100), (102) mit starker Strei-
fung, die auf andere (hOl) hinweist; Durchkreuzungs-
Zwillinge nach (111); auch Körner. Oefter als Pseu-
domorphosen aus Limonit oder Hydrohämatit etc, er-
halten. Diese Pseudomorphosen häufig mit traubigen
Absätzen von Kieselsäure (Oalcedon?) bedeckt. Wenn
auch das Eisenoxydhydrat weggeführt, bleiben Abdrücke
in der Kieselsäure, Zellen von Quarz mit deutlichen Ein-
drücken der Pyritsculptur, zurück: es ist das sog. Bims-
stein-, resp. Zwiebackerz, dessen Höhlungen oft mit Schwe-
felkrystallen, z. Th. auch mit Goldkörnchen bedeckt sind.
Pyromorphit. Rose, Pose. 29, 455. 1833. Rose I, 207,
209; 11,484. KoxscHarow, Il, 367; III, 42. STRUVE,
Verh. 1857 —58, 1 (Analysen). Auf Quarz und Beresit
mit Crocoit, Vauquelinit, Vanadinit u. s. w. Oft allein,
auch im Zellenquarz. Die Form meist (1010), (0001).
Etwas Cr,O, und CrO, führend. Die grünen Varietäten
arsenfrei, die gelblichen auch arsenhaltig.
Pyrophyllit. Rosel, 190; II, 507. KoxscHAarow, I, 164. Es
ist aus den Angaben nicht genau zu ersehen, ob die Fund-
stätte des Pyrophyllit auf dem Territorium des Districtes
von Berjosowsk liegt. Herrn A. A. Lösch in Petersburg
verdanke ich die präcise Angabe des Fundortes: „Auf dem
Wege von Berjösowsk nach Blagodatnyj, 1Y, Werst nörd-
lich von der Pyschma (linkes Ufer)“. Das Mineral komnit
in Quarzgängen des Beresit, in Kugeln mit excentrisch
strahliger Zusammensetzung vor.
Quarz. Gemengtheil des Beresit; selbstständige Gänge darin
bildend; Gemengtheil des Listwjanit; auf den’ Gang-
klüften, in den Drusenräumen u.s. w. krystallisirt, graulich-
weiss, nelkenbraun — letzterer mit schöner Ausbildung.
Rose 1, 189; II, 470; Söcarine, Verh. 1862, 139; Brum,
Naturk. Verh., Haarlem, (2), IX, 23, 27; Könuer’s und
Hormass’s N. Bergm. Journ. I, 175; Bıscnor, Geologie I,
426; Boursos, Cat. d. 1. Coll. particul. du Roi. 157; L£vy,
Coll. Heuland II, 158. — Einschlüsse von Wulienit (?)-
895
Nadeln und -Körnchen; Einschlüsse von Chromturmalin
in nadelförmigen Krystallen auf der Grube Pyschminskij.
— Zelliger Quarz mit Schwefelüberzügen.
Rutil. Mikroskopischer Gemengtheil im Beresit, Talk- und
Chlorit - Schiefer und Listwjanit. Ob auch in grösseren
Krystallen ?
Schwefel. Ross I, 196, 214; II, 459; Koxscuarow, VI, 371.
Reducirt aus Pyrit, in Zellen des Zellenquarzes in kleinen
Kügelchen und Körnchen von krystallinischer Structur,
auch in deutlichen Krystallen. Die Zellen des Schwefel-
führenden Quarzes stets unregelmässig, im Gegensatz zu
denjenigen, welche sich durch den Absatz der Quarzsub-
stanz in Spalten von Galenit bilden und nach Wegfüh-
rung des letzteren zurückbleiben.
Skorodit. Koxscnarow, VI, 307, Verh. 1852 —53. 91;
_ Barsor, Verh. 1855 — 56, 202. Grube Preobrazenskij.
Höhlungen des Fahlerzes auskleidend ; mit Galenit, Chalko-
pyrit, Pyrit, Anglesit, Crocoit u. s. w.
Talk. Koxscharow, IV, 143. Rose Il, 184, 190; II, 513.
Daselbst auch ältere Literatur. Gemengtheil des Talk-
schiefer und Listwjanit; in schuppigen Aggregaten auf
Quarzgängen und in Höhlungen des Listwjanit; gelblich,
spangrün oder smaragdgrün; manchmal mit sechsseitiger
Begrenzung,
Tennantit. MaracHow, Add. p.58. Mit Chrysokoll auf den
Gruben des Ijinskaja Antheils.
Tetraäödrit. Rose I, 198; TI, 463; KoxscHarow, IV, 98;
363; 7 Jurenesew, Verh. (2)2:3,:.106;:(2):195:179.
Preobrazenskij Grube und Michailowskij Schacht; angeb-
lich Zink - Antimon - Fahlerz, in Krystallen auf derben
Tetraödrit mit Galenit, Patrinit u. s. w. MaracHow, 5.
Mit Chysokoll und Chalkopyrit, derb. — Rose giebt als
Fundort die Grube Pyschminskij an. |
Torbernit. Nach mündlicher Mittheilung des Herrn Auezr-
BACH. (In der Literatur keine Angabe.) Im -Listwjanit.
Tremolit. Maracnow, 4. Liegt hier vielleicht eine Ver-
wechselung mit dem nadelförmigen Turmalin vor?
Turmalin (Chromturmalin). Ross I, 190; II, 502, 503. In
derbem und krystallisirtem Quarz in äusserst feinen, in-
tensiv grün gefärbten Nadeln. MaracHow, 5. Hermann,
J. f. pr. Chem 35, 244, 1845.
Vanadinit. Rose, I, 209; U, 515. KoxkscHarow, Il, 372;
III, 44. Stmeuve, Verh. 1857 —58, 1. Söcnrine, Verh,
1862, 141. Umschliesst concentrisch den Pyromorphit, ist
vielleicht theilweise aus ihm entstanden. Manchmal ist
der Pyromorphit - Kern weggeführt, und der Vanadinit
erscheint als hohle, röhrenförmige Krystalle.
896
Vauquelinit. Rose I, 206; II, 516 Auf Beresit mit Crocoit,
den. Chromaten, Xanthosiderit u. s. w. auf der Grube
Preobrazenskij. Vergl. oben unter „Laxmannit“. Kox-
SCHAROW, VIII, 345— 386. KokscHArow u. Des CLoOIZEAUX,
Bull. soc. min. de France 1882, 53. (Vergl. Zs. f. Kry-
stallogr. VII, 632.). — Farben: grün, gelbgrau, orange-
roth. Zusammensetzung schwankend im Gehalt der Phos-
phorsäure und der Chromsäure.
Wad. MaracHow („Erdiges Mangan“), 4. Ueber die Art des
Vorkommens keine Angabe.
Wulfenit. JEREMEJIEw, Verh(2) 5, 433, 1869. Brun, Pseu-
domorph. II Nachtr. 27; Verh. 1862, 137, 142. Kox-
scHaroW VIII, 409.
Zirkon. Mikroskopisch im Beresit; MaracHow, 6: in den
Seifen.
Häufig werden als von Berjösowsk stammend solche Mi-
nerale aufgeführt, die aus den diesem District benachbarten
Gebieten herrühren. Es sind dies von Pyschminsk: Amiant,
Brueit, Diopsid, Serpentin mit all’ seinen Abänderungen (Pi-
krosmin, Pikrolith, Chrysotil u. s. w.); von der Grube Bla-
godatnyj: Antimonit, Argentit, gediegen Silber; von der Seife
Kalinowskaja: Zinnober.
Unverhältnissmässig ärmer an Mineralen als Berjösowsk
sind die anderen Punkte, von denen der Beresit am Ural be-
kannt ist. Während die Gruben und Seifenwerke Mariinskij
und Perwopawlowskij im SW. von Miask, bei den Flüssen
Miasta und Taschkutarganka, die von Newjansk und Werch-
Nejwinsk im Norden von Jekaterinburg ausser den Beresit-
Gemengtheilen nur noch Gold auf den Quarzgängen führen, ist
dieses Metall bis jetzt in dem anstehenden Beresit aus der
Nähe der Starkow’schen Goldseifen im Syssertischen ebenso
wenig, wie in demjenigen der Bertjöwaja Gora und der To-
tschilnaja Gora vorgekommen. Dagegen sind von den beiden
letzteren Punkten an der Bertjöwaja Gora Crocoit, Cerussit,
Galenit, faseriger Malachit, Pyromorphit, Pyrit, Quarz und
der von Berjösowsk nicht bekannte Baryt angetroffen worden.
An der Totschilnaja Gora sind die Beresitgänge noch weniger
reich an Mineralen. Sie führen: Croceit, Pyrit, Quarz und
eine strahlige, zu kugeligen Aggregaten gruppirte Varietät eines
grünen Turmalins, welcher nach R. Heruany’s Analyse !) ebenso
wie der in der Grube Pyschminskij in feinen, in Quarzkrv-
stallen eingeschlossenen Nadeln vorkommende chromhaltig ist
und zwar 1,166 pCt. Cr,O, enthält.
») Journ. f. pr. Chemie 35, 244, 1845.
897
4, Mittheilungen über das Quartär am Nordrande
des Harzes.
Von Herrn F. WansscharrE ın Berlin.
Mit der Kartirung des Quartärs auf den Blättern Werni-
gerode und Neustadt-Harzburg beauftragt, hatte ich Gelegen-
heit, die dortigen Bildungen näher kennen zu lernen und wurde
hierbei wesentlich durch die Vorarbeiten des Herrn Branco
unterstützt, welcher diese Gegend bereits aufgenommen hatte.
Die von mir ausgeführte Gliederung und Abgrenzung des Di-
Juviums beruht zum grossen Theil auf den von Herrn BRANco
in die Karte eingetragenen Beobachtungen und wurde ferner
durch verschiedene Besprechungen mit den Herren BEYrich,
BEREnDT, Branco und Danmes bei gemeinsamen Excursionen
sehr gefördert.
Ich schicke voraus, dass die nachstehenden Mittheilungen
nur für die vorgenannten Blätter Geltung haben und dass es
nöthig sein wird, dieselben auf ihre allgemein gültige Anwend-
barkeit im übrigen Vorlande des Harzes erst noch zu prüfen.
Die älteren Ablagerungen des Quartärs, welche dem Di-
luvium angehören, lassen sich von oben nach unten folgender-
maassen gliedern:
3. Schotterlehme und lössartige Lehme.
2. Nordische Grande und Sande mit nordischen Blöcken
und gemengte Bildungen.
1. Hercynische Schotter, z. Th. mit nordischem Material.
Hercynische Schotter.
Schotter von rein hercynischem Materiale sind nach
meinen Beobachtungen auf Blatt Wernigerode die untersten
Bildungen des Diluviums am Nordrande des Harzes. Ueberall
liegen sie direct auf dem älteren anstehenden Gebirge; ihre
Bildung reicht wahrscheinlich bis in die älteste Zeit des Dilu-
viums zurück.
An dem im Allgemeinen von Südost nach Nordwest ver-
laufenden Nordrande des Harzes finden sich auf den Blättern
Wernigerode und Neustadt-Harzburg verschiedene grössere
Zeite. d. D. geol. Ges. XXXVII. 4. 53
898
Thalpforten, durch welche die Schottermassen aus dem Harz
herausgeschafft worden sind. Bei Wernigerode mündet das
Mühlenthal und Holtemmethal in das Harzvorland ein, zwi-
schen Darlingerode und Drübeck die Thäler, deren Gewässer
in ihrem weiteren Verlauf den Rammels- und Nonnenbach
bilden, bei Ilsenburg das tief eingeschnittene Ilsethal; auf Blatt
Harzburg sind vorzugsweise die Thäler der Ecker und Radau
zu nennen.
Schon im Jahre 1851 hat E. Beyrıca !) darauf hinge-
wiesen, dass die (reröllablagerungen am Harzrande gleichaltrig
mit den nordischen Diluvialbildungen des norddeutschen Flach-
landes seien und z. Th. ganz unabhängig von den Niveau-
verhältnissen der heutigen Flussläufe abgesetzt worden wären.
Die Richtigkeit der BeyrıcH’schen Auffassung geht am besten
daraus hervor, dass die hercynischen Schotter, je mehr man sich
vom Harzrande entfernt, eine fortschreitende Zunahme in der
Beimengung nordischen Materials erkennen lassen, so dass
z. B. auf der Nordhälfte des Blattes Derenburg kaum noch
rein hereynische Schotter vorkommen dürften.
Es müssen enorme Wassermassen erforderlich gewesen
sein, um diese Schotter aus dem Harze herauszuschaffen und
bis weit in das Vorland hinein zu verbreiten. Ob die in den
Harzthälern weiter thalaufwärts sich findenden Schotter, welche
beispielsweise nach einer freundlichen Mittheilung Lossenx’s im
Bodethale bei Treseburg eine deutliche, 825 Decimal-Fuss
(ü.d.M.) erreichende Terrasse mit auflagerndem Lehm bilden,
oberhalb Rübeland an der Bode bis zu 1050 Fuss hinauf-
steigen und im Holtemmethal mit ihrer Oberkante die 800
Fuss-Curve erreichen, mit den älteren Schottern des Harz-
vorlandes gleichalterig sind oder einem späteren Zeitabschnitte
des Diluviums angehören, lässt sich vor der Hand nicht ent-
scheiden, da dieselben in keinem continuirlichen Zusammen-
hange mit den Diluvialablagerungen der Harzvorlandes stehen.
Jene gewaltigen diluvialen Gebirgswasser werden durch die
reichlichen Niederschläge erklärlich, welche bei Beginn der
Eiszeit, sowie auch während derselben auf dem Harze statt-
gefunden haben müssen.
Die rein hercynischen Schotter sind dort, wo die grösseren
Thäler in das Harzvorland ausmünden, delta-artig ausge-
breitet. So findet man beispielsweise bei Ilsenburg in den
grossen Aufschlüssen, welche dort gelegen sind, wo die neue
Eisenbahn die Ilse kreuzt, das Schottermaterial fast nur aus
Quarziten und Quarzitsandsteinen zusammengesetzt, die dem
südlich von Ilsenburg befindlichen unterdevonischen Quarzitzuge
1) Diese Zeitschrift Bd. III, pag. 382.
899
entstammen. Brockengranit, welchen man hier erwarten sollte,
findet sich unter diesen Trümmern nur selten. Es hängt dies
jedenfalls mit der leichten Verwitterbarkeit des Brockengesteins
zusammen, welches auf dem Wege dorthin zerrieben worden ist.
Ganz anders ist das Aussehen der rein herceynischen Schot-
ter bei Wernigerode. In den Aufschlüssen an der Schmatzfelder
Chaussee nahe der Teichmühle besteht der Schotter im We-
sentlichen aus den unteren Wieder-Schiefern und Grauwacken,
welche bei Wernigerode anstehen. Kieselschiefer, Quarzite,
Hornfels und Rogenstein kommen nur in untergeordneter Menge
darin vor.
Die Schotterablagerungen bei Altenrode am östlichen Ge-
hänge des Rammelsbachthales, welche sich genau in der Mitte
zwischen Wernigerode und Ilsenburg befinden, bestehen etwa
zur Hälfte aus Quarzit und Quarzitsandstein, zur anderen
Hälfte aus Wieder-Schiefern. Die erwähnte deltaartige Aus-
breitung des Schotters vor den Thalpforten des Harznordrandes
ist nur aus dem in den Aufschlüssen beobachteten Material
abgeleitet worden, nicht aber aus irgend welchen topographisch
hervortretenden Schuttkegeln. Sind diese ehemals vorhanden
gewesen, so werden sie wahrscheinlich durch die, noch bis in
die jüngste Zeit des Diluviums zu sehr hohem Niveau ange-
stauten Wasserfluthen an ihrer Oberfläche denudirt und ein-
geebnet worden sein. Was die Mächtigkeit der hercynischen
Schotter betrifft, so beträgt dieselbe in den verschiedenen
Aufschlüssen, wo der Ilsenburgmergel darunter angetroffen
worden ist, 3—6 Meter.
‘Während die hereynischen Schotter in unmittelbarer Umge-
bung von Wernigerode, Altenrode und Ilsenburg ein mittleres
Niveau von 600—650 Deec.-Fuss (ü. d. Ostsee) einnehmen, liegen
sie aufder durch den Ilsenburg-Mergel gebildeten Erhebung bei
Vorwerk Charlottenlust in einer Höhe bis zu 707 Dee.-Fuss.
Bereits Or. F. JascHE !) hat darauf hingewiesen, dass derartige
Schotter auf solchen Höhen sich nur unter der Annahme erklären
liessen, dass das ganze Thal zwischen Harzrand und den Er-
hebungen nördlich desselben mit Schottermassen erfüllt ge-
wesen sein müsse, welche nachher z. Th. wieder fortgeführt
seien. Ich möchte mich dieser Ansicht anschliessen, glaube
jedoch nicht, dass eine Abtrennung dieser hochgelegenen rein
hereynischen Schotter als älteste Bildung durchführbar ist, da
sich keine deutlichen Terrassen markiren und die hochgelegenen
Ablagerungen sich ganz allmählich bis in das tiefere Niveau
hinabziehen.
1) Mineralogische Studien. Quedlinburg u. Leipzig 1838, pag. 37.
53°
900
Nordische Grande und Sande und gemengte Bildungen.
Auf den rein hercynischen Schottern finden sich an verein-
zelten Punkten kuppenartige Erhebungen, von denen einige
ausschliesslich aus nordischem Material bestehen. Am
vorzüglichsten kann man dieselben nördlich von Altenrode
beobachten, woselbst sie bereits auf der Ewatrp’schen geolo-
gischen Karte der, Provinz Sachsen von Magdeburg bis zum
Harz eingetragen worden sind. Auf dieser ist schon eine
Gliederung der Diluvialablagerungen nach ihrem hercynischen
und nordischen Ursprunge durchgeführt.
Wenn man die am Ostabhange des Rammelsbachthales
nördlich von Altenrode anstehenden Schotter rein hereynischen
Ursprunges gesehen hat, ist man überrascht, sich in den Gru-
ben des nordöstlich davon gelegenen Borreberges in rein nor-
disches Material versetzt zu sehen. Die Kuppen, welche hier
und weiter nördlich sich finden, setzen sich in horizontaler
Richtung so scharf gegen die hereynischen Schotter ab, dass
man schon auf eine geringe Entfernung von denselben kaum
noch nordisches Material zerstreut findet. Die Gruben auf
dem Borreberge sind leider nicht so tief, dass der darunter
liegende Hercynschotter erreicht wurde, doch ist die Auflage-
rung des nordischen Materials auf demselben am Rande der
Kuppe sicher constatirt worden, und ferner müsste, falls diese
Kuppe den hercynischen Schotter etwa durchragte, nothwendiger-
weise nordisches Material unmittelbar über der Kreide in den
erwähnten Schotteraufschlüssen nördlich Altenrode zu finden sein.
Die Aufschlüsse auf dem Borreberge, sowie auch auf den
anderen Kuppen zeigen zu oberst einen groben, stark abge-
rollten Grand mit vielen, oft bis zu /, m im Durchmesser
betragenden nordischen Gneissen und Graniten und zahlreichen
Feuersteinknollen von nahezu gleicher Grösse, die auch bereits
JascHe !) erwähnt hat. Silurische Kalke, wie sie Danues ?)
jüngst aus dem östlichen Vorlande des Harzes vorgelegt hat,
sind von mir nicht beobachtet worden. Bemerkenswerth ist
die Auffindung eines typischen ÄAlardsrappakivi; aus dem Tertiär
stammende Milchquarze sind verhältnissmässig häufig.
Im Liegenden des nordischen Grandes treten meist feinere
Diluvialsande auf, wie man dies auch in den Gruben am Zau-
berberge bei Harzburg beobachten kann. Am letztgenannten
Orte findet sich eine Decke von Harz - Schotter, der mit
nordischem Materiale gemischt ist und eine Mächtigkeit von
!) Cu. F. JaschE, Mineralogische Studien. 1838, pag. 37.
?) Vergl. diese Zeitschr., Protokoll d. Sitzung vom 4. Nov. 1885.
. 901
0,5—2 m besitzt. Darunter liegt Diluvialsand mit eingelager-
ten Grandbänkchen, 6—10 m mächtig, als liegendste Schichten
finden sich in der nahen nördlich gelegenen Grube merzgel-
sandartige, stark kalkhaltige Sande, welche als Formsand in
der Mathildenhütte Verwerthung finden. Ob sich unter diesen Bil-
dungen noch hercynische Schotter finden, ist nirgends zu ersehen,
ihre Abwesenheit wäre aber keineswegs ein Grund, die dor-
tigen nordischen gemengten Bildungen als ältestes Diluvium
anzusprechen, weil die erstgenannten vor der Ablagerung der
letzteren erodirt sein könnten.
F. A. Raemer!) berichtet von einem östlich von der
Schwefelsäurefabrik in Ocker gelegenen Diluvialhügel,, welcher
aus lauter mit Sand vermischten, meist aus den nahen Harz-
bergen stammenden Geröllen besteht, während dazwischen und
darüber Gerölle und Blöcke nordischen Ursprungs zum Theil
in grosser Menge liegen. Er rechnet diese Schichten zu den
Diluvialablagerungen der Driftzeit, dagegen die unterhalb der
Hütte am rechten Ufer der Ocker aus rein hercynischen Ge-
röllen bestehenden Steilabhänge zum Alluvium. Eine directe
Uebereinanderfolge der beiden Schotter ist jedoch nicht von
ihm beobachtet worden, so dass das Altersverhältniss dieser
Schichten zu einander noch näher zu untersuchen sein dürfte.
Grandkuppen aus gemengtem Material mit meist deut-
licher Schichtung finden sich ebenfalls auf dem östlich von
Ilsenburg gelegenen Kreuzberge und auf einer kleinen Kuppe
östlich von Wernigerode. Diese Ablagerungen sind nach meiner
Auffassung gleichalterig mit den rein nordischen Grandkuppen.
Die Vermengung des hercynischen mit dem nordischen Material
entstand durch Strömungen, welche der nordsüdlichen Trans-
portrichtung des nordischen Materiales entgegengesetzt waren
und Schotter aus dem Harze herausschafften. Mehr vereinzelt
vorkommende nordische Blöcke sind nördlich von Charlotten-
lust und in der Umgebung des Stuckenberges zu beobachten.
Der Umstand, dass die Grandkuppen mit nordischem und
gemengtem Material sich so scharf von ihrer Umgebung ab-
grenzen, scheint mir zu beweisen, dass dieselben nicht stehen-
gebliebene Erosionspfeiler einer früher ausgedehnteren nor-
dischen Ablagerung sind.
Eine Betrachtung des umstehend beigefügten Kärtchens lässt
erkennen, dass die besagten Kuppen sich fast regelmässig im Sü-
den der Einsenkungen finden, welche zwischen Huy und Fallstein,
sowie zwischen letzterem und dem Harlyberge liegen. Da ich
in dem ganzen Gebiet, welches sich zwischen dem Nordrande
!) F.A. Rormer, Die Quadraten-Kreide des Sudmerberges bei Goslar.
Palaeontographica Bd. XIII, 1866.
902
Skizze von einem Theile des Harzvorlandes.
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Zeichenerklärung:
H. Harzburg. 1. ilsenburg. D. Drübeck. A. Altenrode.
W. Wernigerode. DB. Benzingerode.
ir Hl Deltaartiee Ausbreitung der altdiluvialen Hereyn-Schotter.
N... Anhäufungen von nordischem Grand und Sand nebst grösseren
nordischen Geschieben.
Y Transportrichtung des nordischen Materiales.
des Harzes und den erwähnten Vorbergen desselben ausdehnt,
bisher keine Bildung gefunden habe, welche mit dem nor-
dischen Geschiebemergel vergleichbar wäre und als Grund-
moräne des Inlandeises oder als deren Residuum gedeutet
werden könnte, so glaube ich, dass das skandinavische
Binneneis nicht bis an den Nordrand des Harzes
vorgedrungenist, sondern dass der Eisrand nörd-
lich von den Vorbergen des Harzes lag. Ob er bis
zu diesen Vorbergen heranreichte, wird erst durch spätere
Untersuchungen in dem mir noch nicht bekannten Gebiete
festzustellen sein. |
Zwischen dem Eisrande und dem Nordrande des Harzes
konnten sich die Gebirgswasser des letzteren und die Schmelz-
wasser des Eises zeitweise zu einer gewaltigen Hochfluth an-
stauen. Während dieser Zeit mögen mit nordischem Material
befrachtete Eisblöcke sich vom Eise losgelöst haben und durch
die oben erwähnten Einsenkungen zwischen den Harzvorbergen
903
in dieses Becken gelangt sein. Die Eisblöcke strandeten auf
den höher gelegenen Punkten und gaben bei ihrem Abschmel-
zen Veranlassung zu den auf hercynischem Schotter aufgesetzten
Kuppen. Die Annahme eines derartigen Mediums für den
Transport scheint mir auch deshalb erforderlich zu sein, weil
häufig grosse nordische Blöcke bis zu 1 m Durchmesser und
darüber sich gerade auf den höchsten Punkten der nordischen
Grandkuppen, sowie auch vereinzelt finden, welche nicht durch
den Stoss strömenden Wassers dorthin gelangt sein können.
Die im Südostharz vereinzelt vorkommenden nordischen
Geschiebe und Braunkohlenquarzite, welche von Lossex bis zu
452 m Höhe beobachtet worden sind, bilden meiner Auffas-
sung nach, da sie nicht in Moränen eingebettet liegen, keine
Marke für die Südgrenze der Vereisung des norddeutschen
Flachlandes. Wahrscheinlich sind diese Blöcke ebenfalls durch
Drift an die hohen Punkte transportirt worden, so dass sie
für die Mächtiekeit des Binneneises nur insofern einen Maass-
stab abgeben können, als aus ihrer Höhenlage ein Rückschluss
auf die Hochfluth gemacht werden kann, die nur durch den
Eisrand zu so bedeutender Höhe angestaut werden konnte.
Wir haben daher vielleicht nicht nöthig, mit v. Kasen!) eine
beträchtliche Hebung des Harzes zur Quartärzeit anzunehmen,
um das Vorkommen der nordischen Blöcke auf so bedeutenden
Höhen zu erklären.
Die Schotterlehme und lössartigen Lehme.
Zu den jüngsten Ablagerungen des Diluviums gehören die
Schotterlehme und lössartigen Lehme, da sie stets einerseits über
den herceynischen Schottern, andererseits über den nordischen
Bildungen liegen und nirgends von jüngeren Schottern oder
Sanden überlagert werden. Bereits Branco hatte bei seiner
Aufnahme einen Lehm mit Schotter unterschieden, wel-
chen ich jedoch lieber nach Analogie der als Geschiebelehm
und Geröllelehm ?) bezeichneten Bildungen Schotterlehm
nennen möchte. Es ist dies eine lehmige mit Schotter durch-
mengte Bildung, welche bei oberflächlicher Betrachtung dem
Geschiebelehm zuweilen ähnlich sieht, jedoch nicht mit dem-
selben zu verwechseln ist. Die Grundmasse des Schotterlehms
stellt meist einen feinkörnigen, oft lössartig erscheinenden Lehm
dar, welchem mehr oder weniger zahlreiche hercynische Schot-
1) Ueber geologische Verhältnisse, welche mit der Emporhebung
des Harzes in Verbindung stehen. Jahrb. d. k. preuss. geol. Landes-
anstalt f. 1883; Berlin 1884, pag. 187.
2) Vergl. F. WannscHArrE , Die Quartärbildungen der Umgegend
von Magdeburg etc. Berlin 1885, pag. 102.
904
termassen oder auch nordische Gerölle beigemengt sind. Nie-
mals zeigen diese Gerölle und Schotter irgend welche Ritzung
oder Schrammung. Südlich vom Vorwerk Schmaätzfeld sieht
man am ÖOstrande des kleinen Alluvialthälchens einen 9 —
10 dm mächtigen Schotterlehm, welcher von reinen Hercyn-
schottern unterlagert wird. Oestlich der Chaussee von Wer-
nigerode nach Schmatzfeld geht. der Schotterlehm ganz all-
mählich in völlig steinfreien, lössartigen Lehm über, welcher
nördlich von Minsleben und Reddeber, sowie auf dem anstos-
senden Blatt Derenburg, wie mir Herr Daumzs bei einer ge-
meinsamen Excursion zeigte, ausgedehnte Flächen bildet. An der
Oberfläche ist diese Bildung oft bis zu 1 oder 1'/, m Tiefe verwit-
tert. Durch die dabei stattfindende völlige Entkalkung wird der
Thongehalt angereichert, so dass das Material an einigen Stellen
zur Ziegelfabrication verwerthet werden kann. Entfernt man
sich weiter vom Harzrande, so nehmen die lössartigen Lehme
mehr und mehr den Charakter des von mir eingehend unter-
suchten Bördelösses an. Bereits in der Grube östlich vom
Bahnhofe Vienenburg unterscheidet er sich nicht von typischem
Bördelöss. Die Ablagerung ist dort bis auf 1,5 m. Tiefe ent-
kalkt und diese Zone grenzt sich gegen die darunter befind-
liche kalkhaltige in einer graden Linie ab. Die Erklärung
hierfür liegt in der Gleichmässigkeit des Materiales, welches
den eindringenden Sickerwässern überall gleichmässigen Wider-
stand entgegen setzte. ') Im Gegensatz zur magdeburger Börde
fehlt hier dem Lösslehm die humose Oberkrume. In der
intacten kalkhaltigen Schicht finden sich zahlreiche Lösspüpp-
chen von Erbsen- bis Haselnussgrösse.
Was die Schotterlehme betrifft, so sind dieselben vielleicht
in einzelnen Fällen durch Cultur entstanden, indem die nur
dünne Lösslehmdecke beim Pflügen mit dem unterliegenden
Schotter verinischt wurde. Meist aber ist die Bildung zu
mächtig, um diese Erklärung auf sie anwenden zu können. |
Der Schotterlehm und lössartige Lehm sind nach meiner
Auffassung gleichalterige Bildungen und fluviatilen Ur-
sprunges.. Sie sind ein Aequivalent des bereits erwähnten
Bördelösses, dessen Bildung nach meinen Untersuchungen in
der Abschmelzperiode des Inlandeises in dem Staubecken
zwischen dem Südrande des Eises und dem Nordrande des
Harzes stattfand. Der etwas thonigere Charakter der löss-
artigen Bildungen am Harzrande erklärt sich aus der reich-
licheren Vermischung des Schlammes mit den Verwitterungs-
lehmen der dort anstehenden Gesteine.
1) Vergl. die Quartärb. d. Umgeg. v. Magdeburg etc. pag. 76.
905
Alluviale Bildungen.
Die Alluvialbildungen liegen zum Theil in den heutigen
Flussthälern, zum Theil auf den Steilabhängen des Harzes.
Die ersteren gleichen den Ablagerungen, welche man in Frank-
reich mit dem sehr treffenden Ausdruck „depöts meubles“ be-
zeichnet hat, da sie bei jeder Frühjahrshochfluth noch fortwäh-
renden Umlagerungen unterworfen sind. Bald sind es Schotter,
bald mehr lehmige Bildungen, welche hier zum Absatz gelangen.
Der Gehängeschutt oder Gehängeschotter bildet oft an-
sehnliche Ablagerungen auf dem älteren Gebirge. Er wird
gebildet aus den durch die Verwitterung losgelösten Trüm-
mern des anstehenden Gesteins, welche bei jedem starken
Regenguss bergab transportirt werden. Der Gehängeschotter
unterscheidet sich von dem diluvialen Hercynschotter durch die
grössere Scharfkantigkeit der ihn zusammensetzenden Trümmer.
906
5. Ueber die devonischen Schichten der Gegend
von Wildungen.
Von Herrn E. Waıvschmivr ın Elberfeld.
Hierzu Tafel XXXVII— XL.
Am Ostrande des Rheinischen Schiefergebirges ragt eine
aus paläozoischen Schichten bestehende Halbinsel in das Gebiet
des Buntsandsteins hinein. Diese Halbinsel, deren Basis eine
Linie von Nordenbeck (bei Korbach) bis Frankenberg bildet,
umfasst den südlichen Theil des Fürstenthums Waldeck, die
Herrschaft Itter und den sich südlich daran anschliessenden
Theil des ehemals kurhessischen Gebiets mit dem Hohen Lohr,
Jeust und Kellerwald. Auf allen Seiten ausser im NW. wird
dieser alte Gebirgskern von einem Streifen von Zechsteinfor-
mation, welcher nach Horzarreu !) ursprünglich jene nordwestl.
Unterbrechung nicht hatte, umgeben und erscheint so als eine dem
Massiv des Rheinischen Uebergangsgebirges vorgelagerte Insel.
Diese Insel zerfällt wieder in einen nordwestlichen Theil, welcher
aus Culm besteht, und einen kleineren süd-östlichen, der grössten-
theils aus devonischen Ablagerungen zusammengesetzt ist. Die
südliche Hälfte des letzteren ist durch die Arbeiten von WÜRTTEN-
BERGER °) und CHELIUS®) bekannt geworden und besteht grössten-
theils aus Quarziten und Schiefern, die CueLius dem Unter-
devon zurechnet. Die nördliche Hälfte ist noch nicht im
Zusammenhange beschrieben, doch sind aus derselben schon
öfters einzelne Vorkommen von Petrefacten und Gesteinen ge-
legentlich erwähnt worden. Auch die vorliegenden Beobachtun-
gen erstrecken sich nur auf ein kleines Gebiet, etwa von
der Grösse einer Quadratmeile, an dessen östlichem Rande die
Stadt Wildungen liegt.
Von der bezeichneten Fläche besteht nur ein kleiner südöst-
licher Theil aus Kalk; der grösste Theil derselben ist aus ver-
1) HorzArrEeL, Die Zechsteinformation am Rande des rhein.-westf.
Schiefergebirges. Dissert. Göttingen 1879, pag. 4.
2) WÜRTTENBERGER, Der Culm oder die untere Steinkohlenformation
am Kellerwalde in Kurhessen. N. Jahrb. 1865, pag. 530 575.
3) C. Cuerivs, Die Quarzite und Schiefer am Ostrande des rhei-
nischen Schiefergebirges und deren Umgebung. Verh. d. naturhist.
Vereins f. Rheinl. u. Westf. 1881, pag. 1—184, mit Karte.
907
schiedenartigen Schiefern zusammengesetzt, welche ziemlich hohe,
steile Berge bilden, zwischen denen meist kurze, enge Thäler
liegen. Zahlreiche Diabasmassen sind diesen Schiefern einge-
lagert und bilden die Kerne der meisten höheren Berge, so
des Hombergs, Bilsteins, der Wolfschur etc. In der Nähe
derselben ist der Schiefer sehr häufig in Kieselschiefer- und
Hornstein-ähnliche Gesteine umgewandelt, so in der Nähe von
Braunau, am Thalbrunnen, in den Zimmergründen, am Bil-
stein. Auch findet man dort zahlreiche, bis zu ein Meter
Durchmesser erreichende Blöcke von graugrünem, weissgeader-
tem Quarz und Eisenkiesel, die zweifellos Diabascontactgesteine
sind. Der an Diabas besonders reiche östliche Theil ist inter-
essant durch die grosse Menge (12) von Mineralquellen —
eisenhaltigen, alkalischen Säuerlingen —, die hier entspringen
und von denen die in der Nähe von Wildungen gelegenen als
Heilquellen benutzt werden.
Verfolgt man die von Wildungen aus in westlicher Rich-
tung nach Hundsdorf führende Strasse, so sieht man in der
neben derselben hinführenden „Brunnenalle“ an mehreren
Stellen anstehenden Schiefer, und dasselbe Gestein ist mit
einer nicht sehr grossen Unterbrechung vom „Europäischen
Hofe“ an bis zu der Stelle, wo die Chaussee nach Reinhards-
hausen sich abzweigt, an der Böschung links neben der
Strasse entblösst. Dieses Gestein ist ein mürber, grauer
Thonschiefer, der durch Transversalschieferung und Zerklüf-
tung so zertrümmert ist, dass er beim Loshacken zu feinem
(rus zerfällt; doch lässt sich an abweichend gefärbten, sowie
an festeren, grauwackenartigen Schichten Streichen und Fallen
sicher feststellen. Ersteres ist auf der ganzen angegebenen
Strecke süd-südwestlich (h 3), letzteres ziemlich steil ost-
südöstlich. —
Schiefer von ganz’ derselben Beschaffenheit findet man
auf dem ganzen südlich hiervon gelegenen Gebiet bis Oders-
hausen. In den meisten Thaleinschnitten und auf allen An-
höhen tritt er zu Tage, da letztere auf grosse Strecken von
Danımerde entblösst sind. Die Lagerung der Schichten ist an
zahlreichen Stellen deutlich sichtbar, besonders auf dem Fuss-
wege von Wildungen nach Braunau und auch auf dem Wege,
der von der Oelmühle über das „alte Feld“ nach dem Thal-
brunnen führt. Auch hier streichen die Schichten mit eini-
gen ganz localen Abweichungen süd-südwestlich (in h. 2) bei
ost-südöstlichem Einfallen. — Etwa Y,kın oberhalb des „Euro-
päischen Hofes“, links von der Hundsdorfer Chaussee, befindet
sich am Anfange der „Zimmergründe“ ein Steinbruch, in wel-
chem Kieselschiefer als Material zum Belegen der Chausseen
908
gebrochen wird, und dieses Gestein setzt sich nach Nordosten
hin fort, indem eine kleine Anhöhe rechts von der Strasse
und weiterhin der „Katzenstein* sowie fast der ganze vom
Homberge bis nach Wildungen sich erstreckende Rücken, „das
Unterscheid“, aus Kieselschiefer und Hornstein besteht. —
Organische Reste sind in diesem ganzen Gebiete bis jetzt
nicht aufgefunden worden. —
In der Gegend, wo der Weg nach Reinhardshausen rechts
von der Hauptstrasse sich abzweigt, nimmt der Schiefer, ohne
seine Lagerung zu ändern, allmählich eine abweichende Be-
schaffenheit an. Er wird feinschiefriger, an der Luft erhär-
tend und bekomnit eine gelbliche Farbe, die stellenweise in Blau
übergeht, während die Transversalschieferung verschwindet.
Da, wo die oben erwähnte Böschung aufhört, wurde ein Profil
durch .diese Schichten für einige Zeit durch einen für die Wil-
dunger Wasserleitung bestimmten, bis zu 3 m tiefen Graben
aufgeschlossen, der neben der Chaussee (an der Herche) bis
über den sogen. Pärner-Weg hinaus lief. In den hier ausge-
worfenen Steinen fanden sich aus vollständig verwittertem
Pyrit bestehende, sehr zerbrechliche Steinkerne und zwar von:
Goniatites lateseptatus BEYR.,
Goniatites compressus BEYR. (Sanpe., Rhein. Sch. Syst.
Nass. pag. 120, t. 11, f. 4),
Orthoceras commutatum GIEBEL (= gracile Ren.) (F. A.
Reuer, Beiträge Harzgeb. pag. 16, t. 3, f. 19. —
SANDBERGER, Rh. Sch. S. N. pag. 173, t. 20, f. 2),
Ein wegen mangelhafter Erhaltung nicht näher zu be-
stimmender Trilobit.
Die Fortsetzung dieser Petrefacten - führenden Schichten
nach Nordosten trifft man, wenn man die oben erwähnte
Strasse nach Reinhardshausen herabgeht, am Fusse des „Rum-
melskopfs“, wo sich Orthoceras commutatum GikB. fand. Das
Auftreten gelblicher Schiefer von gleicher Beschaffenheit beob-
achtet man südlich von dieser Stelle hinter dem Thalbrunnen
und in den Zimmergründen, nördlich davon aber am Südost-
Abhange des Hombergs.
Etwa ein Kilometer westlich von der Stelle, bis zu der
wir das Profil bis jetzt verfolgt haben, am Hahnberg, befindet
sich ein Dachschieferbruch, und man kann an dem dorthin
führenden Fahrwege den allmählichen Uebergang des gelben
Schiefers in blauen Dachschiefer verfolgen. Streichen und
Fallen der Schichten bleiben hier wie im Bruche unverändert.
In letzterem finden sich verkieste Steinkerne, jedoch recht
selten. Dieselben scheinen auf eine Schicht beschränkt zu
sein und sind:
909
Goniatites bicanaliculatus Sanne. (Rhein. Sch. Syst. Nass.
pags 112, it.11, 85 wi6)),
Goniatites Jugleri Ram. (= emaciatus Barr.) (F. A. Ram.,
Harzgeb. pag. 34, t. 9, f. 6; Barranpe, Syst. Sil.
Boh. Vol. II, pag. 43, t. 3—12),
Goniatites verw. lateseptatus BEYR.,
Goniatites compressus BEYR.? (nur in ganz verdrückten,
nicht sicher bestimmbaren Exemplaren),
Orthoceras commutatum GIEB. (die Exemplare sind ver-
drückt, die Bestimmung deshalb nicht unzweifelhaft),
Bactrites carinatus Müsst. (Ramer, Harzgeb. pag. 18,
t. 3, f. 26. SANDBERGER, Rh. Sch. Syst. Nass. p. 129,
6. 1058. 3.)%
Loxonema?
Nuecula?
Diese Petrefacten sind zwar nicht zahlreich, aber sie stim-
men mit den entsprechenden Wissenbacher Formen so genau
überein, dass sie den gelben und blauen Schiefer als typischen
Wissenbachschiefer charakterisiren. Derselbe erstreckt sich
noch ziemlich weit nach Westen (bis Frebershausen beobachtet)
und nach Norden (bis Kleinern) und wurde früher in zahl-
reichen, jetzt aufgegebenen Schieferbrüchen als Dachschiefer
ausgebeutet. Die Lagerungsverhältnisse sind hier jedoch nicht
mehr so gleichförmig und deuten auf Faltungen und Verwer-
fungen hin. Versteinerungen wurden bis jetzt in den verlas-
senen Schieferbrüchen nicht aufgefunden.
Geht man andererseits von Wildungen aus in südlicher Rich-
tung den Weg nach Zwesten, so trifit man auch hier an den
Seiten des Weges anstehend den grauen Schiefer mit süd-süd-
westlichem Streichen und ost-südöstlichem Einfallen bis an
den Fuss der Ense, einer Anhöhe, welche ungefähr 1!/, km
südlich von Wildungen sich ziemlich steil erhebt ‘und, nach
Süden zu allmählich abfallend, '/, km vor Braunau endet. Am
Fusse derselben findet sich eine Grauwackenbank, die an einem
östlichen Seitenwege besser zu Tage tritt und weiter südwest-
lich an der Odershäuser Chaussee auf einer Anhöhe wieder-
erscheint. Der Weg, welcher bis zur halben Höhe des Berges
ansteigt und sich nachher am östlichen Abhange entlang zieht,
führt dann zunächst wieder über Schiefer. Nahe am Ende der
Steigung treten in dem Schiefer Lagen von Kalknieren auf,
und allmählich geht das Gestein in Nieren- und Plattenkalk
über. Dieser hält etwa 1 km weit an, bis zu einer dicht am
Wege beginnenden, in den Ostabhang einschneidenden Schlucht.
Hier folgt auf den Kalk wieder Schiefer, der aber nur wenige
Schritte weit sichtbar ist, da er dann von Zechstein überlagert
910
wird. In der Nähe der Braunauer Warte findet man dann auf
den Aeckern wieder Schiefer und Kieselschiefer, und weiterhin
am „Lecktopf* folgt Quarzit.
Ueber die Lagerungs- und Alters - Verhältnisse der auf
diesem Wege beobachteten Gesteine geben zahlreiche Stein-
brüche Aufschluss (in denen der Kalk theils als Mauerstein,
theils zum Brennen gewonnen wird) sowie Versteinerungen, die
sich stellenweise auf den Aeckern finden.
Auf einem Streifen, der ungefähr die Mitte des Nord-
abhanges einnimmt, etwa 100 Schritt über dem Fusse des
Berges und ebenso weit westlich vom Wege beginnt und sich
bis zu der Schwedenschanze hinzieht, findet man dunkelgraue
Kalkstücke, die höher am Berge gar nicht, näher dem Fusse
höchst vereinzelt vorkommen und daher offenbar nicht weit von
ihrer Ursprungsstelle entfernt sind. Sie zeigen fast immer eine
gewisse Spaltbarkeit in der Richtung ihrer grössten Ausdeh-
nung und bildeten ursprünglich jedenfalls platten- oder nieren-
förmige Zwischenlagen in dern Schiefer, der diesen Theil des
Berges zusammensetzt und der als die oberste Abtheilung des
grauen Thonschiefers anzusehen ist. In den Kalkstücken fan-
den sich folgende Petrefacten:
Bronteus thysanopeltis BarR.,
Phacops fecundus BaRR.,
.fcidaspis SP.,
Proetus SP.,
Goniatites occultus BaRRr.,
Goniatites verna-rhenanus MAUR.,
Orthoceras sp.?
Leptaena verw. corrugatella Davins.,
Camarophoria glabra n. sp. }),
Chaetetes undulatus GIEB.
Die bei Weitem grösste Zahl der Individuen gehört zu
Phacops fecundus, viel seltener ist Bronteus thysanopeltis, und
von den übrigen wurde nur je ein oder ganz wenige Exem-
plare gefunden. Von den genannten Arten gehören Bronteus
thysanopeltis, Phacops fecundus, Goniatites occultus auch den
Etagen F,G,H von Barranpe’s „Ober-Silur“ an, und Phacops
Jecundus, Gon. verna-rhenanus, Chaetetes undulatus sind Formen
der Harzer Hercyn-Fauna, deren Gleichaltrigkeit mit jener böh-
mischen Fauna von Kayser nachgewiesen worden ist. Ausser-
dem finden sich Gon. occultus und Gon. verna-rhenanus in den
2) Die neuen Arten sollen weiter unten in einem besonderen An-
hange beschrieben werden.
E38
Wissenbacher Schiefern des Rupbachthales und in den Gos-
larer Schiefern des Oberharzes wieder. Es ist somit kein
Zweifel, dass hier eine „Hercynfauna“ vorliegt, die zwar ziem-
lich arm an Arten, aber charakteristisch genug ist und die,
soweit die bisherigen Funde ein Urtheil zulassen, sich durch
Vorherrschen der Trilobiten auszeichnet.
Wenige Schritte oberhalb der eben beschriebenen Stelle
liegen zwei Steinbrüche, in welchen graublaue Kalkplatten ge-
brochen werden. Dieselben bilden in h. 4 streichende, südöstlich
‚einfallende Schichten von verschiedener Dicke und werden
concordant von Schiefern überlagert. Im oberen westlichen
Bruche sind die Kalkschichten verschoben und verworfen und
die hangenden Schichten bilden hier kurze, steile Falten. In
denselben Schichten wie diese beiden Brüche liegt etwa 2 km
weiter nach Nordost, am Fusse des zuoberst aus Zechstein
bestehenden Galgenberges, der „blaue Bruch“, in dem der
Kalk dieselbe Lagerung besitzt, wie an der Ense und in der-
selben Weise von Schiefern überlagert wird. Auf den Halden
dieser Steinbrüchke — zum Theil auch auf den Kalkplatten
- aufsitzend — wurden folgende Petrefacten gefunden:
Goniatites discoides nov. sp. (Ense u. bl. Br.),
Goniatites clavilobus Sans. (Ense),
Gomphoceras sp.? (bl. Br.),
Stringocephalus Burtini Derr. (Ense u. bl. Br.),
Atrypa reticularis Lıns. (Ense u. bl. Br.),
Calamopora polymorpha GoLpr. (bl. Br.),
Heliolites porosa M. Epw. et H. (Ense u. bl, Br.),
Cystiphyllum vesiculosum PniLLuies (bl. Br.),
Cyathophyllum sp.? (bl. Br.).
Cyathophyllum helianthoides GoLpF. (bl. Br.).
Es ist beachtenswerth, dass diese Schichten, welche durch
Stringocephalus als oberes Mitteldevon gekennzeichnet werden,
unmittelbar über dem Hercyn folgen. Die directe Ueberlagerung
kann man zwar nicht beobachten, da gerade in dem Petre-
facten-führenden Theile des letzteren kein Aufschluss vorhanden
ist; doch ist aus den rings umher beobachteten Lagerungs-
verhältnissen auf eine Discontinuität in der Schichtenfolge
nicht zu schliessen.
Das schon erwähnte Hangende des Stringocephalenkalkes
bildet eine mehrere Meter mächtige Schichtenfolge von dun-
kelen, weichen Thonschiefern mit Zwischenlagen von hell-
gefärbtem Platten- und Nierenkalk. An dieser Färbung
leicht erkennbar, lässt sich dieser Horizont in fast gerader Rich-
tung von der Ense bis zum blauen Bruch verfolgen, indem
er von zwei Wegen durchschnitten wird. Im blauen Bruche
912
wurden diese Schiefer schon früher von Kayser !) beobachtet, der
darin Tentaculites tenuicinctus und einen an Camarophoria formosa
Scan. erinnernden Brachiopoden fand, und auch HouzaAPrreı ?)
erwähnt das Vorkommen derselben auf der Ense. Hier treten
zwei etwa zwei Meter von einander entfernte Bänke von
schwarzem Thonschiefer besonders hervor. Dieselben enthalten
zahlreiche kugel- und nierenförmige, die Grösse eines Hühnereies
erreichende Knollen von Pyrit.e. Daneben kommen in der
oberen Bank einige undeutliche Brachiopoden vor; die untere
dagegen umschliesst eine grosse Menge von verkiesten Stein-
kernen. Im blauen Bruch sind diese Versteinerungen viel
seltener als auf der Ense, doch finden sich dort in anderen
Schieferschichten schwarze, sehr harte Kalkconcretionen, in
denen Thierreste vorkommen.
Entsprechend ihrer Lage über dem oberen Mitteldevon
bilden die beschriebenen Schiefer die Basis des Oberdevons
und sind gleichen Alters mit dem Büdesheimer Cuboides-
Mergel, wie die folgende Zusammenstellung der. hier ange-
troffenen Fauna bestätigt.
Bactrites Ausavensis STEING.,
Goniatites simplex v. Buch (= retrorsus typus SANDBERGER,
Rh. Sch. Syst. pag. 100 ff, t. 10, f. 14—16),
Goniatites paucistriatus ARCH. VERN. (auris (QuEnsT.)
(Sasp»., l.c. pag. 100 ff., t. 10, f. 11—13),
Goniatites intumescens BEYR.,
® Jorcipifer Sanpe. (l. ec. pag. 81, t. 6, f. 5),
5 Wildungensis spec. nov.,
Pleurotomaria prisca (Turbo priscus STEING.),
5 turbinea SCHNUR,
Cardiola retrostriata v. Buch.,
Pterinea? sp.,
Camarophoria formosa SCHNUR,
Mn rhomboidea PHiıLL.
Ausserdem fand sich noch ein kleines Bruchstück einer
Pflanze (Fucoidee?).
Was die Zahl der Individuen betrifft, so sind die Gastro-
poden überwiegend. Auch ihre Artenzahl ist grösser, als die
in der Zusammenstellung angeführte; doch eigneten sich die
. betreffenden Exemplare wegen mangelhafter Erhaltung nicht zu
1) E. Kayser, Studien a.d. Geb.d. rhein. Devon IV. Die Nierenkalke
vom Enkeberg u. Schiefer von Nehden etc. Diese Zeitschr. Bd. XXV.,
1873, pag. 602 ff.
2) HoLzarreı, Goniatitenkalke von Adorf. Palaeontographica, Band
XXVIIl, 6. Lief. 1882.
913
genauerer Bestimmung, und aus demselben Grunde sind einige
Brachiopoden unbestimmt geblieben. Oberhalb der beiden
Steinbrüche bis zur Spitze des Berges besteht das Gestein,
wie die an der Oberfläche liegenden Steine und einige Schurf-
löcher zeigen, aus röthlichem Nierenkalk. Derselbe ist arm an
organischen Resten, die ausserdem sehr schlecht erhalten sind.
Es wurden gefunden: der Kopf eines Phacops, der vielleicht zu
Ph. granulatus Mst. gehört, ein unbestimmbares Bruchstück
von einem Goniatiten und ein eben solches von einem Cyatho-
phyllum. Von hier an nimmt der Kalk eine mehr plattenförmige
Beschaffenheit und hellgraue Farbe an. Derselbe ist in 4
Steinbrüchen aufgeschlossen, welche auf einer südlich vom
Berggipfel verlaufenden und ungefähr dem Streichen der Schich-
ten (h.3, südöstl. Fallen) folgenden Linie liegen. Zwischen die-
sen Schichten treten stellenweise ganz dünne Lagen von schwar-
zem, feinspaltendem Kalk und von schwarzem Thonschiefer
auf, und letztere umschliessen linsenförmige Kalkconcretionen,
die bis zu 20 cm Durchmesser erreichen. Solche schwarze
Kalkstücke findet man auch auf den Aeckern; sie sind oft
ganz mit Thierresten erfüllt und enthalten:
Goniatites simplex v. Buch,
paucistriatus ARCH. VERN.,
Örthoceras SP.,
Bactrites Ausavensis STEINING.,
Cardiola retrostriata v. Buch,
„ concentrica v. Buch. SANDBERGER, Rh. Sch. S.
Nass. pag. 272, t. 29, f. 1,
Avicula hians nov. Spec.,
Tentaculites tenuicinctus F. A. Ram., Palaeontographica III,
pag. 28, t. 4, f. 19,
gehören also derselben Altersstufe an, wie die liegenden Schiefer,
und bilden mit diesen die untere oder Goniatiten - Stufe des
Oberdevon. Ein weiter südlich, nicht sehr weit von der süd-
östlichen Grenze der Kalke gelegener Steinbruch zeigt — ab-
gesehen von dem hier ganz local auftretenden westlichen
Streichen (h. 5— 6) der Schichten — dieselben Verhältnisse.
Die hier und in der Umgegend gefundenen schwarzen Kalk-
linsen enthalten zum Theil Fischreste, von denen eine Art,
Coccosteus inflatus, durch Herrn v. Kanen !) beschrieben ist. Da-
neben findet sich Goniatites primordialis v. ScHL., Gon. intu-
mescens BEyr. (letzterer in den Kalkschichten) , Cardiola retro-
2) v. Kornen, Beitrag zur Kenntniss der Placodermen des nord-
deutschen Oberdevons. Abh. d. Kön. Gesellsch. der Wissensch. zu
Göttingen, 30. Bd., 1883.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVII. 4. 54
914
striata und vor allen häufig, so dass einzelne Steine ganz damit
erfüllt sind, eine Cypridina, die weiter unten als Uypridina
Kayseri beschrieben ist.
Das südliche Ende der „Ense“ und mit ihr der Kalk-
ablagerung wird durch einen Hügel, „die Hauern* gebildet.
Von hier aus läuft die Grenze, zunächst einer kleinen Boden-
senkung folgend, bis zu der oben erwähnten Schlucht am
Zwester Wege in nordöstlicher Richtung. Die an diesen bei-
den Endpunkten aufgeschlossenen obersten Kalkschichten be-
stehen aus Ulymenienkalk, einem röthlich gefärbten Nierenkalk,
dessen Schichten an den Hauern ziemlich südliches Streichen ?)
(h. 1— 2) bei östlichem Fallen besitzen. Die stellenweise
ziemlich häufig vorkommenden Versteinerungen, die auch in der
Nähe der beiden Aufschlussstellen auf den Aeckern gefunden
werden, bestehen hauptsächlich aus Clymenien; ausserdem findet
man Phacops cryptophthalmus Emm., Harpes gracilis SANDB.,
Goniatites Münsteri v. Buch u.a.
Auf den Clymenienkalk folgt harter Schiefer, dessen con-
cordante Lagerung über ersterem dafür spricht, dass er als
zum Culm gehörig anzusehen ist. Petrefacten, die dies bestä-
tigen, sind in demselben indess noch nicht gefunden worden.
Südlich von den Hauern bildet dieser Schiefer eine kahle, steile
Bergwand, die „rothe Rutsche“, an deren nördlichem Anfang
noch eine isolirte, ungeschichtete Kalkmasse auftritt. Dicht
über derselben ist in den Schiefer ein etwa 2 m mächtiges
Diabaslager eingeschaltet, begleitet von einer ebenso mächtigen
Kieselschieferbank im Hangenden, während die Schiefer im
Liegenden wie gefrittet erscheinen.
Wie aus den mitgetheilten Beobachtungen hervorgeht, wird
im südöstlichen Theile des Fürstenthums Waldeck ein Gebiet,
welches sich eine Meile westlich von Wildungen erstreckt und
ungefähr dieselbe Ausdehnung von Norden nach Süden hat,
von devonischen Schichten gebildet, die zum grösseren Theil
dem Mittel-, zum kleineren dem Oberdevon angehören. Die
Schichten folgen sich im Alter von Nordwest nach Südost.
Die ältesten Ablagerungen nehmen den grösseren nordwest-
lichen resp. westlichen Theil ein und sind echte Wissenbacher
Schiefer. Sie reichen bis zu einer Linie, die östlich am Hom-
berge und Nickelskopf vorbei läuft. Auf dieselben folgt dann
weiter ein grauer, mürber Thonschiefer, stellenweise begleitet
von Kieselschiefer und Grauwacke, in einer Ausdehnung, die
1) Dieses südliche Streichen findet man. noch an mehreren Auf-
schlüssen am westlichen Rande dieser Oberdevon-Kalke, während sonst
durchgehends ein Streichen in h. 3—4 beobachtet wird.
915
senkrecht zum Streichen der Schichten gemessen über 2'/, km
beträgt. Dieser im Uebrigen versteinerungsleere Schiefer wird
in den allerobersten Schichten kalkführend und enthält hier
eine Hercynfauna, so dass man wohl die ganze fragliche
Schieferzone als Hercyn bezeichnen kann. Unmittelbar über
derselben folgt als Schlussglied des Mitteldevon Stringoce-
phalenkalk in geringer Mächtigkeit.e Wenn man auch das
Wildunger Hercyn wegen seiner zu armen Fauna nicht mit
einer bestimmten Stufe der an anderen Orten auftretenden
Hercynbildungen, z.B. der des Harzes, von Greifenstein oder
des böhmischen sogen. Obersilur vergleichen kann, so ist es
doch immerhin sehr beachtenswerth, dass dasselbe einen hö-
heren Horizont einnimmt, als der Wissenbacher Schiefer und
andererseits in so nahe Beziehung zum Stringocephalenkalk
tritt. Es steht das aber in vollem Einklang mit der — auch
vom Verfasser angenommenen — Ansicht Kayser’s"), dass die
Rupbachthaler Schiefer und die diesem verwandten Gebilde
nicht, wie dies bisher geschah, zum Unter-, sondern zum
Mitteldevon gehören.
Das Oberdevon verhält sich in petrographischer Hinsicht
gerade umgekehrt, wie das Mitteldevon, indem es der Haupt-
sache nach aus Kalk und nur im unteren Theil aus Schiefer
besteht. Seine beiden Abtheilungen, die Goniatiten- und
Clymenienstufe, sind typisch entwickelt, doch besitzt erstere
eine bedeutend grössere Mächtigkeit und zerfällt in Gonia-
titen-Schiefer und Goniatiten-Kalke, während der Clymenien-
kalk — ähnlich wie beim Mitteldevon der Stringocephalenkalk
— nur eine geringe Dicke hat. Die an anderen Localitäten
an der oberen Grenze der Goniatitenschichten auftretenden
Cypridinen - Schiefer sind hier nicht vorhanden. Dafür tritt
jedoch in einem etwas tieferen Niveau, noch innerhalb des eigent-
lichen Goniatitenkalkes, eine C'ypridina in grosser Menge auf.
Die Grenze des Devon nach Nordosten und Osten wird
von dem eingangs erwähnten Zechsteinstreifen gebildet, der
sich mit ganz geringen Unterbrechungen auf der ganzen Linie
von Affoldern bis Alt-Wildungen und von da bis in die Nähe der
Braunauer Warte verfolgen lässt. In den anderen Richtungen
folgt auf das Devon der Culm, dessen Existenz ringsum in
geringer Entfernung von dem in dieser Arbeit behandelten Ge-
biete durch die Auffindung von Posidonomya Becheri nachge-
wiesen ist. Die Grenze des Devon gegen den Culm ist noch
nicht festgestellt worden.
1) E. Kavser, Orthocerasschiefer von Balduinstein ete. Jahrb. d.
kgl. preuss. geol. Landesanstalt für 1883, pag. 28.
94 *
el,
Als Anhang zu vorstehenden Mittheilungen mögen hier
einige weitere Bemerkungen über eine Reihe der im Obigen
erwähnten Petrefacten Platz finden.
a. Wissenbacher Schiefer.
Goniatites verw. lateseptatus Bkyr.
Taf. XXXII, Fig. 1.
Bevrich, Beitr. pag. 25, t. 1, f. 1—4.
SANDBERGER, Rhein. Schichten-System Nassau pag. 117, t. 11, £. 7.
Es liegt ein Steinkern von etwa 25 mm Durchmesser
und 12 mm Dicke aus dem Hahnberger Schieferbruch und ein
kleinerer von der Herche vor. Der Querschnitt der Windun-
gen ist viel breiter als hoch, niedrig halbmondförmig. Die
Weite des Nabels lässt sich nicht genau beobachten, da bei
dem einen die Kammerausfüllungen aus ihrer Lage verschoben
sind, bei dem anderen der Nabel etwas ausgebrochen ist; doch
scheint bei dem grösseren seine Weite grösser als \/, des
Scheibendurchmessers zu sein. Aus gleichem Grunde lässt sich
auch nicht erkennen, ob die Bauchgrenze scharfkantig ist, was
nach Kayser für diese Art besonders charakteristisch ist. Am
kleineren Exemplar ist ein schwacher Rückenkiel wahrzu-
nehmen. Auf der äusseren Windung sind 14 Kammern, die
Wohnkammer ist nicht erhalten. Die Sutur besteht aus einem
trichterförmigen Dorsallobus, der jedoch weniger weit ist, als
auf Beyricn’s Abbildung (1. c. Fig. 3), einem breiten Dorsalsattel
und einem halb so breiten Laterallobus, der kürzer erscheint
als sowohl bei BeryrıcH’s und SANDBERGER’S lateseptatus, als
auch bei BAarranpe’s und Kayser’s plebejus - lateseptatus.
b. Hercyn.
Bronteus thysanopeltis Bar.
Taf. XXXVIN, Fig. 2-6.
BARRANDE. Syst. Silur. Boh. I, pag. 843, pl. 47, f. 6— 12.
Ibid. Supplem. I, p. 135, pl. 16, f. 25 u. 26; pl. 31, f. 33.
Es liegen von dieser Art mehrere isolirte Pygidien, ein
Kopfschild, mehrere isolirte Glabellen und Wangen und zwei
etwas verdrückte vollständige Exemplare vor. Die Grösse
der Pygidien schwankt zwischen 7 mm Länge, 9,5 mm Breite
und 24 mm Länge, 30 mm Breite. Das Vorkommen dieses
Trilobiten bei Wildungen wurde schon früher erwähnt‘); die
1) Zweiter Jahresbericht der naturw. Gesellsch. zu Elberfeld 1880,
pag. 33, refer. im N. Jahrbuch f. Min. 1881, II. Bd., pag. 418.
Lie
Identität desselben mit dem BarranDeE’sche Br. thysanopeltis
wurde jedoch von v. Kanen !), der denselben ebenfalls dort
gefunden hatte, in Zweifel gezogen. Genannter Forscher be-
trachtet denselben als eine besondere Species, die er mit dem
Namen Br. Waldschmidti bezeichnet. Er hebt besonders drei
Unterschiede hervor: 1. die Stacheln am Schwanz seien er-
heblich länger und dabei weniger regelmässig zu den Rippen
gestellt; 2. die Rippen am Rande des Pygidiums erheb-
lich schmäler, als die Zwischenräume; die Spitzen der Leib-
ringe seien a) länger, b) stärker zurückgebogen. Die meisten
Exemplare zeigen in der That die genannten Abweichungen,
besonders deutlich die unter 1 angeführte, und auch am Kopf-
schilde finden sich einige geringe Verschiedenheiten von der
böhmischen Form, indem der Oceipitalring nach vorn nicht so
scharf begrenzt ist, sondern mehr allmählich nach der Furche
abfällt. Der Hinterrand des Oceipitalringes dagegen erhebt sich
hinter dem Höckerchen zu einer zweiten kleinen Spitze, und eine
ähnliche kleine Erhabenheit sieht man auf der Wange, über
dem Hinterende des Auges. Diese Unterschiede könnten veran-
lassen, die Wildunger Form als eine Varietät der böhmischen
anzusehen, wie dies auch mit der sehr ähnlichen, von Bar-
RANDE Supplem. I, pl. 37, f. 23 abgebildeten Form geschehen
könnte. Eine neue Art darauf zu gründen, scheint mir in-
dess nicht gerechtfertigt, besonders da das grösste vorliegende
Exemplar (Taf. XXXVIII, Fig. 3) die hervorgehobenen Ab-
weichungen nicht alle erkennen lässt und sehr gut mit der
Barranpe’s Abbildung Supplem. I, t. 16, f. 25 übereinstimmt;
übrigens ist auch der böhmische Br. thysanopeltis, was die
Spitzenornamente an Thorax und Pygidium betrifft, ziemlich
veränderlich.
Phacops fecundus Barr.
Taf. XXX VII, Fig. 7.
BARRANDE, Syst. Silur. Boh. ya Ip: al aD. 21, f.1—27; pl. 22, f. 32, 33.
lbid. Supplem. pag. 24, pl. 1 BL
E. ie Abh. z. geol. Spec. ee “ Preussen etc. Bd. II, Heft 4,
paz
Bidchiticke dieses Trilobiten findet man sehr häufig, viel
seltener sind vollständige Exemplare, die theils ausgestreckt,
theils aufgerollt, aber sämmtlich etwas verdrückt sind. Die
Breite der Kopfschilder schwankt zwischen 10 und 32 mm,
nur eines hat eine Breite von 65 mm, also fast die Dimen-
sionen des grössten von BARRANDE (pl. 21, f. 10) abgebildeten
Kopfschildes der var. major aus der Etage F. Die Glabella hat
jedoch mehr die pentagonale Gestalt der var. degener und ragt
ı) N. Jahrb f. Min. 1882. I. Bd., pag. 108,
918
etwas stärker über den Stirnrand vor, jedoch nicht so stark,
als dies durchschnittlich bei der Harzer Form der Fall ist.
Die drei Paar Furchen auf der Glabella sind bei den meisten
Stücken zu sehen. Die Zahl der Linsenreihen der Augen ist
bald 19, wie bei den böhmischen, bald 18, wie bei den Harzer
Exemplaren. Der Knoten zu beiden Seiten der Spindelringe
und die Furche auf den Rippen des Pygidiums ist auch auf
den Steinkernen sehr deutlich, nur bei den kleinsten Thieren
ist die letztere noch nicht entwickelt.
Acidaspis nov. spec. !)
Proetus nov. spec.)
Goniatites verna-rhenanus Marr.
Kayser, Die Orthocerasschiefer von Balduinstein ete. 1. e. pag. 51,
BARRANDE, Syst. Silur. Boh. Vol. II, Ceph., pag. 41, pl. 9, .1- 13
(Gon. verna).
Von diesem in der Hercynstufe sehr verbreiteten Goniatiten
liegen zwei Exemplare vor, das eine von 25 mm Scheiben-
durchmesser, das andere halb so gross. Abgesehen von der
bedeutend geringeren Grösse stimmen dieselben gut mit dem
böhmischen @. verna überein, nur ist der Laterallobus tiefer,
als Barranne ihn abbildet, und es ist ein schmaler Bauch-
sattel sichtbar. Von Gon. verna-rhenanus sind dieselben nicht
zu unterscheiden, wie Herr Prof. Kayser durch Vergleichung
mit Original - Exemplaren zu constatiren die Güte hatte. Die
Art kommt auch bei Bicken und im Goslarer Schiefer des
Harzes vor.
Goniatites occultus BaRR.
BARRANDE, Syst. Silur. Boh. Vol. Il, Ceph. pag. 36, pl. 9, f. 15-17.
Kayser, Die Orthocerasschiefer v. Balduinstein ete. pag. 49. t. 5,
f. S— 10.
Zu dieser Art gehört ein wohlerhaltenes Bruchstück , das
auf einen Scheibendurchmesser von ca. 40 mm schliessen lässt,
sowie ein etwas verdrückter Steinkern von derselben Grösse.
Dieselben zeigen sich vollständig übereinstimmend mit den von
Kayser aus dem Rupbachthaler und Goslarer Schiefer abge-
bildeten Stücken der genannten Form, sowie mit der von Bar-
RANDE gegebenen Abbildung (l. c. f. 16) eines aus der Zone
Gg3 stammenden Individuums.
Orthoceras sp.
Mehrere Bruchstücke von kreisrundem Querschnitt und
mit centralem Sipho, bis zu 30 mm dick, sind wegen schlechter
t; Diese beiden Arten sollen bei einer späteren Gelegenheit be-
schrieben werden, da das augenblicklich zur Verfügung stehende Ma-
terial noch zu unvollständig ist.
919
Erhaltung nicht zu bestimmen und scheinen mehreren Arten
anzugehören.
Strophomena verw. corrugatella Davips.
Dar MOXIX. Fie, 1.
Kayser, Abh. z. geol. Spec.-Karte von Preussen etc. Bd. II, Heft 4,
pa2. 191, t. 29. f. 12.
Eine kleine, nicht vollständige, convexe Klappe, von deren
Wirbel etwa 8 feine erhabene Längsstreifen ausgehen. Die
Zahl derselben vermehrt sich nach dem Rande zu durch Ein-
schiebung neuer Streifen. Zwischen denselben verlaufen 4 —
8 noch feinere erhabene Linien. Die ganze Oberfläche zeigt
wellige, meist nach dem Wirbel zu convex gebogene, unregel-
mässige Erhabenheiten, welche die stärkeren Streifen nicht
überschreiten. Durch diese Oberflächenbeschaffenheit steht das
vorliegende Stück der Str. corrugatella Dav., welche KAYsEr
auch im Hercyn des Harzes fand, und der Str. nobilis M. Coy
(Davınson, Brit. Dev. Brachiopoda pag. 86, t. 18, f. 19, 21)
sehr nahe. Die Art der Streifung ist mehr der von Sir.
(Leptaena) interstrialis PrıLL. (Davipsos, 1. c. pag. 85, t. 18,
f. 15—18) ähnlich, die Kayser ebenfalls aus dem Hercyn des
Scheerenstieges beschreibt, und bei der, nach Davıpson’s Ab-
bildung f. 19b zu schliessen, zuweilen auch eine wellige Ober-
fläche vorkommt.
Camarophoria glabra nov. spec.
Taf. XXXIX, Fig. 2—2b.
Diese Art, von der nur ein Steinkern vorliegt, erinnert sehr
an C. formosa Scasur. Sie hat querelliptische Gestalt, eine
Länge von 17, eine Breite von 22 und eine Höhe von 9 mm.
Die Dorsalklappe ist etwas stärker gewölbt als die Ventral-
klappe. Der Stirnrand ist in derselben Weise wie bei (©. for-
mosa aufgebogen. Der Sinus der Ventralschale beginnt etwa in
der Mitte, ist ziemlich gleichmässig gerundet und bis zum
Stirnrand allmählich verbreitert. Der Wulst der Dorsalklappe
ist fast eben, auf der Mittellinie schwach eingesenkt und hier-
durch an der Stirn schwach ausgebuchtet. Die Oberfläche ist
ganz glatt, nur auf den Wulst befinden sich mehrere, wenig
hervortretende Querrunzeln. Eine schwach angedeutete mittlere
Scheidewand lässt auf die Zugehörigkeit zur Gattung Camaro-
phoria schliessen. Von der, wie erwähnt, sehr ähnlichen C.
formosa unterscheidet sich diese Art besonders durch den Man-
gel der Rippen, den gerundeten, am Grunde nicht ebenen Sinus
und die geringere Höhe.
920
Chaetetes undulatus GIEBEL.
Kavser, Abhandl. z. geol. Spec.-Karte v. Preussen etc. Bd. II, Heft 4,
pag. 220,4. 32, 1: 23.
Das hierzu gestellte kleine Bruchstück bildet eine etwa
3 mm dicke Schicht, die aus polygonalen Zellen zusammen-
gesetzt ist. Der Durchmesser der letzteren beträgt ca. '/, mm.
Sie haben wellig gefaltete Wände, und trotz der geringen Länge
kann man an einer Stelle die Vermehrung der Zellen nach
oben hin wahrnehmen.
c. Stringocephalenkalk.
G@oniatites discoides nov. Spec.
Taf. XXXIX, Fig. 3—3b.
Steinkerne dieses ziemlich grossen Goniatiten finden sich
in den Steinbrüchen im Stringocephalenkalk verhältnissmässig
häufig. Seine Gestalt ist flach scheibenförmig, in der Mitte
dicker als am Rande. Die Maasse sind folgende: Scheiben-
durchmesser ohne Wohnkammer 72, Dicke der Scheibe am
Nabelrande 18, am Dorsalsattel 8 mm. Der Rücken ist ge-
rundet, die Seiten sehr wenig gewölbt und am Nabel scharf,
fast rechtwinklig umgebogen. Der Nabel ist ziemlich weit
und treppenförmig. Die Windung hat am Nabel die grösste
Breite und ist doppelt so hoch als breit und ca. °/, involut.
Die Scheidewände stehen ziemlich nahe bei einander, so dass
auf einen Umgang ca. 20 Kammern kommen; die Wohnkam-
mer ist bei keinem Exemplar vollständig erhalten, nimmt aber
anscheinend eine halbe Windung ein. Die Sutur hat einen
tiefen Dorsallobus, der anfangs ziemlich eng, sich von seiner
Mitte an glockenförmig erweitert, so dass der darauf folgende
gerundete Sattel eine schmale, schnabelförmige Gestalt be-
kommt. Der Laterallobus nimmt die ganze Seite ein und ist
halbkreisförmig, am inneren Drittel etwas stärker gekrümmt.
Von Skulptur und Anwachsstreifen der Schale ist am Stein-
kern nichts wahrzunehmen. Im ganzen Habitus und durch die
Sutur steht dieser Goniatit dem @. tabuloides Barr. aus der
Zone G@g3 sehr nahe; doch unterscheidet er sich von die-
sem wesentlich durch den Querschnitt der Windung sowie durch
die glockenförmige Erweiterung des Dorsallobus.
Goniatites clavilobus SANDER.
SANDBERGER, Rhein Sch.-Syst. Nass pag. 67, t. 8, f. 3.
Kayser, Studien aus dem Geb. d. Rhein. Devon; diese Zeitschr. 1872,
pag. 667.
Dieser, wie es scheint, dem obersten Mitteldevon und dem
921
unteren Oberdevon gemeinsame Goniatit findet sich ziemlich
selten. Sein Scheibendurchmesser beträgt 37 mm, und seine
mit 7 Lateralloben versehene Sutur stimmt mit der von Kayser
(l. ec.) abgebildeten Lobenlinie eines von Grube Königszug
stammenden Stückes überein.
d. Goniatitenschiefer.
Bactrites Ausavensis STEININGER,
Taf. XXXIX, Fig. 4—4b.
STEININGER, Geogn. Beschr. d. Eifel pag. 40, t. 1, £. 11.
Ein zum grossen Theil wohl erhaltenes Exemplar besitzt
schlank-kegelförmige Gestalt und elliptischen Querschnitt, seine
Länge beträgt etwa 72 mm, der grosse Durchmesser an der
Mündung 7 mm. Die Wohnkammer ist ca. 20 mm lang. Der
Steinkern ist glatt. Die Kammern sind niedrig, am Anfang
der Röhre kommen 10, am vorderen Theile etwa 8 Scheide-
wände auf 1 cm. Die Sutur besteht aus einem engen Dorsal-
lobus, der bis zur Mitte der Kammer reicht, einem flachen
Dorsalsattel und einem die ganze Seite einnehmenden, ziemlich
tiefen Laterallobus, der mit dem Alter an Tiefe zunimmt. Die
unteren Schenkel vereinigen sich zu einem runden Bauchsattel,
der nicht ganz die Höhe des Dorsalsattels erreicht. An den
Seiten der Röhre finden sich zuweilen kaum merkliche, wellige
Querrippen. Dieser von StEinıngser aus dem Büdesheimer
Goniatiten-Mergel beschriebene Cephalopode kommt im Gonia-
titenschiefer der Ense und auch in den schwarzen Linsen des
Goniatitenkalkes vor.
Goniatites Wildungensis nov. spec.
Bar DOE Sk ipnr:
Dieser bis zu 18 mm Durchmesser erreichende Goniatit
ist nach @. simplex der häufigste Cephalopode des Goniatiten-
schiefers. Er zeichnet sich durch seine scheibenförmige Gestalt
und das langsame Dickenwachsthum seiner Röhre aus. Diese
ist anfangs breiter als hoch, zuletzt höher als breit, im Quer-
schnitt eiförmig, anfangs wenig, zuletzt halb involut. Der
Nabel ist weit und flach. Die Zahl der Umgänge beträgt 4'/,.
Die Wohnkammer nimmt °/, Umgänge ein. Der Rücken ist
in allen Altersstufen gerundet, im Alter relativ schmaler und
von den Seiten durch eine ganz flache Hohlkehle getrennt.
Auf den äusseren Windungen finden sich ziemlich breite, wel-
lige Querrippen, die sich nach dem Rücken hin verflachen.
Auf der Seite sind dieselben sichelförmig nach vorn gebogen,
an der Hohlkehle, wo sie wieder deutlicher hervortreten, bie-
922
gen sie nach hinten um und bilden auf dem Rücken eine
mässig tiefe Bucht. Während nach der Mündung hin diese
Skulptur ganz verschwindet, ist sie auf der vorletzten Win-
dung am deutlichsten; auf den inneren Windungen finden sich
statt dessen ungefähr auf der Mitte der Seiten längliche, quer-
stehende Höcker, die zuweilen ihrer Länge nach durch eine
feine Furche getheilt erscheinen. Der Eikörper ist ziemlich
gross und kugelig. Die Sutur bildet auf den jugendlichen
Windungen einen breiten, tiefen Dorsallobus, dessen Schenkel
unter einem Winkel von ca. 80° geradlinig auseinandergehen
bis zur Grenze des Rückens. Hier biegen sie zu einem runden
Sattel um, der ungefähr '/, der Seite einnimmt. Der hierauf
folgende Laterallobus ist gleichmässig gerundet und halb so
tief wie der Dorsallobus. Diese Lobenlinie ändert mit zuneh-
mendem Alter allmählich ihre Gestalt, indem zunächst im hin-
teren Viertel des Dorsallobus eine Ausbuchtung auftritt. Diese
entwickelt sich, indem sie sich nach hinten vertieft, zu einem
neuen, kleinen, runden Lobus zu jeder Seite des nun ebenfalls
neu gebildeten, kleinen Dorsailobus und ist von diesem durch
einen runden Dorsalsattel getrennt. Indem gleichzeitig der
Rücken relativ schmaler wird, kommt der neue „Dorsalseiten-
lobus“ auf die jetzt auftretende Furche zu liegen und übertrifft
schliesslich den Dorsallobus an Tiefe. Der Hauptseitensattel
ist unterdess bedeutend höher geworden und bis zur Mitte der
Seite herabgeschoben, und sein innerer Schenkel, welcher halb
so lang ist als der äussere, hat eine steile Stellung angenom-
men. Der Laterallobus ist auf das untere Drittel der Seite
beschränkt, und sein unterer Schenkel biegt sich zur Bildung
eines Nahtsattels zurück. Von Goniatites aequabilis BEYR.
(Beyrica, Beiträge pag. 34, t. 2, f. 1. — SANDBERGER, Rh.
Sch. Nass. pag. 94, t. 8, f. 10), der ganz ähnliche Gestalt
und Sutur besitzt, unterscheidet sich diese Wildunger Form
durch die niemals spitzen, sondern stets runden „Dorsalseiten-
loben“, welche auf der Schlusswindung tiefer sind als der
Dorsallobus, durch den Mangel einer Längsleiste am Rande
des Nabels und durch das Vorhandensein einer Hohlkehle am
Rande des Rückens. Von Gon. calculiformis Beyr., dem er
ebenfalls in hohem Grade ähnlich ist, unterscheidet sie sich
auch durch die runden Loben und besonders durch den stets
gerundeten, nicht eingedrückten Rücken. Den Goniatiten,
den Horzarren (Die Goniatitenkalke von Adorf; Palaeonto-
graphica XX VIII, 1882, pag. 22) als in dem Goniatitenschiefer
von Wildungen vorkommend angiebt, habe ich nie gefunden,
möglicherweise beruht jene Angabe auf einer bei schlechter
Erhaltung sehr naheliegenden Verwechselung.
323
Pleurotomaria prisca STEININGER?.
Taf. XL, Fig. 2.
Das Gehäuse dieser in dem Goniatitenschiefer sehr häu-
figen Schnecke ist ziemlich klein, durchschnittlich 6 mm hoch
und breit, stumpf kegelförmig, mit 4 Windungen. Diese sind
im Querschnitt fast kreisförmig, die Naht zwischen denselben
ist ziemlich tief, der Nabel eng. Ungefähr über die Mitte der
Windungen verläuft ein breites Schlitzband, welches in Folge
von schwachen Einsenkungen über und unter demselben etwas
kantig hervortritt. Es ist beiderseits durch eine schmale,
erhabene Linie begrenzt, die jedoch nur bei ganz guter Er-
haltung zu sehen ist, und ist unterhalb seiner Mitte von einer
ganz schwachen, gerundeten Längslinie durchzogen, die eben-
falls selten wahrzunehmen ist. Die Anwachsrippen laufen von
der Naht und dem Nabel aus ziemlich gerade zum Schlitz-
band, biegen ober- und unterhalb desselben nach hinten um
und bilden auf demselben einen nach hinten convexen Bogen.
Möglicherweise ist dieses die Art, welche StEininger (Eifel,
pag. 46, t. 1, f. 15) unter dem Namen Turbo priscus sehr
mangelhaft beschrieben und abgebildet hat, weshalb für die-
selbe der obige Name gewählt wurde.
Pleurotomaria turbinea SCHNUR.
Taf. XL, Fig. 3.
STEININGER, Eifel pag. 47, t. 1, f. 16.
SANDBERGER, Rh. Sch. Nass. pag. 192, t. 23, f. 5.
Die Wildunger Steinkerne dieser Species sind fast dop-
pelt so gross als die von StEininger (1. c.) abgebildete
Büdesheimer Form (16 mm breit und 12 mm hoch) und ha-
ben durchgehends ein etwas niedrigeres Gewinde Bei den
von Oberscheld stammenden, in Kalk versteinerten Exempla-
ren dieser Art, welche die Gebrüder SanDBERGER beschreiben,
befindet sich dicht an der Naht eine bandförmige Depression.
Von dieser ist an den Wildunger und Eifler Steinkernen
nichts zu sehen, ebensowenig wie von den feinen Längsripp-
chen, welche die Anwachsstreifen kreuzen. Es sind dies jeden-
falls Ornamente, welche nur auf der Aussenseite der Schale
vorhanden waren.
Pterinea?
Von einer schwach gewölbten Schale, die wahrscheinlich
der Gattung Pterinea angehört, fand sich der mittlere Theil
(ca. 40 mm lang und breit) als Abdruck auf einer Schiefer-
platte, nicht wie die übrigen hier gefundenen Reste verkiest.
Dieselbe trägt gerundete, glatte Längsrippen.
924
Camarophoria formosa SCHNUR.
SCHNUR, Brachiop.d. Eifel; Palaeontographica Bd. III, p. 173, t. 22, f. 4.
Kayser, Fauna des Rotheisensteins v. Brilon; diese Zeitschr. 1872,
pag. 619, t. 26,8 7.
Schnur giebt für die Eifler Form einen Schlosskanten-
winkel von fast 180° an; dagegen fand Kayser bei den Bri-
loner Exemplaren einen Winkel von 120 — 130°. Die Wil-
dunger Stücke haben einen Schlosskantenwinkel von 130 —
140° und stimmen im Uebrigen mit denen der Eifel vollständig
überein. Das grösste Exemplar hat folgende Dimensionen:
Breite 25, Länge 18, Dicke 11 mm.
Camarophoria rhomboidea Phıut.
Davipson, Brit. Devon. Brachiopoda pag. 70, t. 14, f. 19—22.
Von dieser Art, welche nach Davıpson vom Mitteldevon
bis zum Perm ausgedauert zu haben scheint, liegt ein Exem-
plar vor.
e. Goniatitenkalk.
Avicula hians nov. spec.
Taf. XL, Fig. 4.
In schwarzen Kalklinsen fanden sich mehrere rechte und
linke Hälften einer kleinen gleichklappigen Jvicula. Die
Schale ist ziemlich stark gewölbt und annähernd kreisförmig,
11—14 mm lang und breit. Die Länge des Schlossrandes be-
trägt °/, der Schalenlänge. Der vordere Rand steht ungefähr
rechtwinklig zur Schlosskante, der hintere, stark gerundete
trifft unter einem sehr stumpfen Winkel mit derselben zusam-
men. Der Wirbel liest am Ende des vorderen Drittels des
Schlossrandes und ragt nicht bedeutend über denselben hervor.
Das vordere Ohr ist von der übrigen Schale durch eine sehr
deutliche, vom Wirbel bis zum unteren Drittel des Vorder-
randes laufende Einsenkung getrennt, und ist aus der Ebene des
übrigen Schalenrandes ziemlich stark herausgebogen, so dass die
Schale vorn beträchtlich klafft. Die Schale scheint recht dünn
zu sein und ist mit welligen, concentrischen Querrunzeln und
feinen ungleichmässigen concentrischen Streifen versehen. —
Unter den ähnlichen Formen steht der vorliegenden Avicula
venusta Münst. am nächsten. Diese Art zeichnet sich durch
ihre grosse Variabilität aus und ist von verschiedenen Autoren
unter verschiedenen Namen beschrieben worden.!) Drei Exem-
1) Posidonomya venusta Münster, Beitr. III, pag. 51, t. 10, f. 12. —
F.A. Rormer , Beitr. Harz; Palaeontographica Bd. III, p. 42.
925
plare von verschiedenen Fundorten, die ich durch die Güte
des Herrn Geh. Bergrath F. Re&mer zu vergleichen Gelegen-
heit hatte, zeigen unter einander kaum geringere Unterschiede
als von der hier betrachteten Form. Doch sind dieselben durch-
schnittlich kleiner als letztere, und vor Allem findet sich bei
keiner derselben die Einbiegung, welche das vordere Ohr von
der Schale trennt. Diese tritt auch bei keiner der zahlreichen
Abbildungen, die von der Art existiren, in der hier beobachteten
Weise hervor, obwohl Münster (l. c.) in seiner Beschreibung
eine solche Einbiegung erwähnt. Auch das starke Klaffen der
Schale ist weder von den Autoren erwähnt, noch aus den Ab-
bildungen ersichtlich. Freilich zeigt eines der verglichenen Stücke
— von Porsguen bei Brest — einen sanft aus der Median-
ebene herausgebogenen Vorderrand.. Am nächsten steht un-
serer Form ein von Müllenborn bei Gerolstein stammendes
Exemplar der Breslauer Sammlung; doch lassen sich hieran
die erwähnten Verhältnisse nicht mit Sicherheit beobachten,
weil dasselbe ganz flach gedrückt ist. Ich halte es deshalb
für rathsam, die beschriebene Form vor der Hand als eine
selbstständige Art zu betrachten.
Uypridina Kayseri nov. Spec.
Taf. XL, Fig. 5.
In schwarzen Kalklinsen des oberen Theils des Gonia-
titenkalkes finden sich sehr zahlreich einzelne Schalen dieser
Cypridina, während die beiden (symmetrisch gleichen) Schalen
im Zusammenhange nur einmal beobachtet wurden. Die Schale
ist im Umriss eiförmig, bis 2 mm lang und 1'/, mm breit und
stark gewölbt. Eine etwas vor der Mitte des Unterrandes
beginnende Furche läuft bis etwa zur Mitte der Schale, welche
sich hier vor (?) der Furche zu einem ziemlich hohen Höcker
erhebt; ein weniger hoher Höcker erhebt sich hinter der
Furche und etwas näher dem Unterrande. Auf der dem
blossen Auge stark glänzend erscheinenden Oberfläche erkennt
man mit der Lupe feine erhabene Streifen mit gerundeten
Zwischenräumen, die sehr grosse Aehnlichkeit mit den Gyren
der Haut auf der Innenseite des letzten Fingergliedes besitzen.
Sie beschreiben, indem sie dem Rande der Schale im Allge-
t. 6, f. 13. — Rıcater u. Uncer, Beitr. Paläont. Thüring.
Wald. 1856, pag. 114, t. 1, f. 33—35 etc.
Posidonomya (Bakewellia) manipularis, RICHTER U. Uncer, 1]. ©
pag. 126, t. 2, f. 50—54.
Avieula leptotus Rıchter, Beitr. 1848, pag. 44, t. 5, f. 149, 150.
zn a SANDBERGER, Rh. Sch. Nass. pag. 285, t. 30,
. 10 —10c.
926
meinen parallel verlaufen, ellipsenähnliche Curven, welche auf
der Mitte der Schale lang und schmal sind, vermehren sich
stellenweise durch Einschiebung und anastomosiren mit einander.
Auf der Mitte der Schale, besonders auf dem vorderen Höcker,
sind sie sehr fein, so dass sie hier oft nur bei sehr starker
Vergrösserung erkannt werden können. Hierbei sieht man
ausserdem noch feinere Streifen, welche ein Netzwerk bilden.
Statt ihrer erscheint zuweilen die Schale dicht bedeckt mit
eingedrückten Punkten, die bald mehr, bald weniger deutlich
sind, so dass es den Anschein gewinnt, als ob die Schale aus
einem Netzwerk bestände, dessen Maschen mit einer form-
losen Masse ausgefüllt seien. Durch Ausspringen der letzteren
entstehen dann die vertieften Punkte. Diese Structur scheint
bei den Cypridinen allgemein verbreitet zu sein. Nach Rıch-
TER!) findet sich etwas ganz Aehnliches u. a. auch bei Cypri-
dina serrato-striata Sanpe. Doch liegt bei dieser zwischen je
2 Linien nur eine Maschenreihe, während bei der vorliegen-
den Form meist 2 Maschen auf einen Zwischenraum kommen.
Uebrigens unterscheidet sich unsere Art von C. serrato- siriata
auch schon durch die Anordnung der Streifen sowie durch die
beiden Höcker der Schale.
Cypridina splendens nov. spec.
Taf XL, His.ro.
Neben zahlreichen Schalen der vorigen Art finden sich
sehr vereinzelt andere Schalen von etwa derselben Grösse, die
sich von jenen durch ihre gleichmässige Wölbung ohne Furche
und Höcker unterscheiden. Auch erscheinen sie etwas breiter
als jene. Auf der Mitte der Schale befindet sich eine kleine,
scharf begrenzte, kreisrunde Vertiefung, und nahe am unteren
Rande, in der Mitte desselben, liegt eine zweite eingedrückte
Vertiefung, von der aus eine kurze, kaum merkliche, nach
der mittleren Vertiefung gerichtete Furche ausgeht. Auch hier
ist die Oberfläche mit feinen , erhabenen Linien verziert,
welche aber feiner sind und näher aneinander liegen, als bei
der vorigen Art. Die mittleren Linien umziehen die bei-
den Vertiefungen der Schale in Form von gleichschenkligen
Dreiecken, deren Spitzen den randlichen Eindruck umschliessen,
während die Basis über dem mittleren Eindruck liegt. Die
Basis dieser Dreiecke nimmt nach aussen sehr rasch an Länge
zu, und die dadurch zwischen den Schenkeln entstehenden
grösseren Zwischenräume werden durch Einschiebung neuer
1) RicHTer u. Unger, Beitr. Pal. Thüring. Wald. 1856, pag. 121,
t. 2, f. 20-29.
927
Striche ausgefüllt; in der Nähe des Randes endlich laufen die
Striche diesem parallel. Zwischen je zwei Linien liegt nur
eine Reihe von eingedrückten Punkten bzw. von Maschen. Eine
ganz ähnliche Form ist die von Rıcater (l. c. pag. 122, t. 2,
f. 33 u. 34) beschriebene C. gyrata; doch fehlt hier der untere
Eindruck, und die von den Linien gebildeten Dreiecke haben
eine um 90° verschiedene Lage. Auch die von F. A. Rauer'!)
aus dem Goniatitenkalk des Harzes beschriebene C. nitida
scheint dieser sowie der vorigen Art sehr nahe zu stehen.
ı) F. A. Rormer, Beiträge z. Kenntn. d. nordwestl. Harzgeb. Pa-
laeontographica Bd. III, t. 4, f. 20.
928
6. Ueber das Kalkgerüst der Tetrakerallen.
Von Herrn Frırz Frech ın Berlın.
Hierzu Tafel XLI.
Die nachfolgenden Studien sind das Ergebniss von Unter-
suchungen über die Systematik paläozoischer, insbesondere
devonischer Korallen, Die allgemein bekannten Verhältnisse,
der Aufbau des Endothekalgewebes und die Anordnung der
Septa wurden in der nachfolgenden Darstellung nur hie und
da berührt; hingegen gab das nähere Eingehen auf einige, von
anderen Autoren nur gelegentlich behandelte Structur - Eigen-
thümlichkeiten der Tetrakorallen Gelegenheit, die Beziehungen
der letzteren zu ihren lebenden Verwandten des Näheren zu
erörtern.
1. Die Struetur der Septa. ‘)
Die Septa der Tetrakorallen werden nach der Ansicht
von Kvunta ?) und Dysowskı°?) aus zwei Lamellen zusammen-
gesetzt, welche eine nach innen gerichtete Duplicatur der Theka
bilden. Andererseits hat Lınpströn®), einer der besten Ken-
ner palaeozoischer Korallen, erklärt, nie ein Stück gesehen zu
haben, bei dem die Septa aus zwei Lamellen beständen. Mir
liegt ein Streptelasma°) aus dem Diluvium
von Potsdam vor, welches an dem
AN Mm günstig verwitterten oberen Kelchrand
U! Nm unzweideutig erkennen lässt, dass die
Septa durch eine nach innen gerichtete
Falte der äusseren Mauer gebildet werden.
Doch entspricht dies eine Stück nicht dem gewöhnlichen
Vorkommen. An den meisten hinreichend günstig erhaltenen
Devonkorallen liess sich vielmehr wahrnehmen, dass die Septa
aus primär angelegten, nach innen und oben gerichteten Septal-
dornen (G. v. Kock) und einer später gebildeten Ausfüllungs-
1) Die zur Begründung dienenden Beobachtungen wurden mit we-
nigen Ausnahmen in den Anmerkungen angeführt, um den Zusammen-
hang der Auseinandersetzung nicht zu unterbrechen.
2) Diese Zeitschrift Bd. XXI, pag. 682.
3) Zoanth. sclerod. rug. 1, pag. 24.
+) Diese Zeitschrift Bd. XXV, pag. 749.
5) Wahrscheinlich europaeum 'F. Rozm.
929
masse zusammengesetzt werden. Die auf diesen Schluss hin-
führenden Beobachtungen wurden an günstig erhaltenen Kel-
chen '), vor Allem aber an zahlreichen Dünnschliffen gemacht.
Von längst bekannten Arten ist besonders Zaphrentis cornicula
M. E. u. H.?) hervorzuheben, deren Septa im Kelche in lange
Dornen auslaufen. Eine mehr körnige, z. Th. unregelmässige
Beschaffenheit der Septa zeigen die verschiedenen Polaeocyclus-
Arten®?), Actinocystis Grayi M. E. et H. sp. und Actinocystis
granulifera n. sp.*) (Taf. XLI, Fig. 1). Bei Coelophyllum pauci-
tabulatum SCHLÜT. sp. sind, wie F. Rewer (Leth, pal. p. 410)
bemerkt, die Septa stets fein gezähnelt; an einem vortrefflich
erhaltenen Exemplare (Fig. 7) lösen sich jedoch die niedrigen
Septa erster und zweiter Ordnung vollständig in Längsreihen
von Dornen auf, die kaum durch etwas Zwischenmasse ver-
bunden sind. Andererseits bestehen bei Endophyllum acan-
thicum nov. sp., einer End. torosum Schtür. sp. nahe stehen-
den Form°), die Septa zweiter Ordnung aus Reihen getrennter
Dornen, während bei den Primärsepten die gezackte Form
des Oberrandes auf die Entstehung aus ähnlichen Gebilden
hindeutet. Endlich weichen bei Julacophyllum acanthicum nov.
sp.’) (Fig. 4), Cyathophyllum dianthus GoLDF. und ceratites
GoLpF. (Fig. 8) die Septa erster Ordnung nicht von der ge-
wöhnlichen Form ab; die erst in der Bildung begriffenen Septa
zweiter Ordnung bestehen dagegen aus Längsreihen. von Dor-
nen, die z. Th. freistehen, z. Th. am Grunde zu verschmelzen
beginnen. Daraus ergiebt sich zugleich, dass die Septa im
fertigen Kelche als Vorsprünge der Theca angelegt werden
und aus derselben Masse wie die letztere bestehen.°) Die
suEob Bal. i..6, f. 1.
2) Brit. Foss. Cor. t. 72, f. 3a.
lbıdem \. 97, f. 1,2, 3.
+) Hornförmig oder subeylindrisch. Durchmesser 3 cm, Länge 6 cm.
78 alternirende Septa, von denen die Hälfte den Mittelpunkt erreicht.
Im Kelch bestehen dieselben aus Reihen von Körnchen und reichen
ununterbrochen vom Aussenrande bis zum Mittelpunkt. In Querschnitten
erscheinen die Septa dagegen am Rande und theilweise auch im Cen-
trum rückgebilde. Die Blasen sind trichterförmig angeordnet und am
Rande nur wenig kleiner als in der Mitte. Der Anordnung der Blasen
entsprechend ist der Kelch ziemlich gleichmässig eingesenkt. Die neue Art
steht in der Beschaffenheit des Kelches Act. cristata SchLür. am nächsten,
zeichnet sich jedoch, abgesehen von der geringen Grösse, durch die
körnige Beschaffenheit der Septen aus; ausserdem sind dieselben im
Querschnitt dieker und unregelmässiger ausgebildet. Crinoidenschicht
von Rommersheim bei Prüm (Eifel).
5) Die eingehende Beschreibung dieser Arten wird demnächst in
einer besonderen Arbeit erfolgen (Dames und Kayser, Palaeontologische
Abhandlungen Bd. III).
6) Ebenso bestehen bei Araeopoma prismaticum Lınpstr. nach einem
von Lınpström selbst bestimmten Exemplare des Berliner Museums die
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVIL.4. 55
930
gemachten Beobachtungen werden durch die Untersuchung von
Dünnschliffen durchaus bestätigt. Recht lehrreich ist das Bild,
welches ein schräg durchschnittenes Exemplar von Phillipsa-
straea pentagona darbietet (dies. Bd. Taf. 3, Fig. 7a). Man sieht
zugleich quer und längs durchschnittene Septa und kann die
allmähliche Auflösung derselben in Septaldornen und Zwischen-
masse verfolgen. !)
Am deutlichsten lassen sich jedoch die fraglichen Structur-
verhältnisse bei Endophyllum torosum SCHLÜT. sp. beobachten. Im
randlichen Theile des Längsschliffs (Taf. XLI, Fig. 6) erscheinen
die ziemlich compacten, weisslichen, nach innen und oben gerich-
teten Septaldornen durch gelblich gefärbte Zwischenmasse ver-
bunden. In der zwischen 2 Dornen liegenden Zwischenmasse
erscheint eine undeutliche Grenzlinie. Auch der Querschliff
(Fig. 6a) lässt deutlich erkennen, dass das Septum aus zwei
verschiedenen Elementen zusammengesetzt sei. Die einzelnen
Dornen sind auch hier von einander getrennt und, wie deutlich
wahrnehmbar, seitlich von der gelblichen Zwischenmasse um-
hüll. Im randlichen Theile des Querschnitts sind ausserdem
die Endothekalblasen durch das gelbliche Stereoplasma be-
deutend verdickt, während dieselben im mittleren Theile des
Septa aus verschmolzenen Dornenreihen. (Vergl. auch Lmpström,
Operkelbärande Koraller t. 4, f. 14.) Auch die Septa von Pholidophyl-
Zum werden aus grossen, untereinander stehenden, horizontal nach innen
gerichteten Dornen gebildet, die nur durch wenig Zwischenmasse ver-
bunden sind. Diese Structur wurde ebenfalls an einem Schliff des
Berliner Museums beobachtet. Vergl. ferner Linpström |. c. t. 9, f. 15
und G.v. Koch, Palaeontographica 28, t.'43. Ebenso zeigen Amplexus,
Diphyphyllum und Petraia deutliche Septaldornen. Vergl. pag. 157
dieses Bandes. Endlich wurden in Kelchen von Uystiphyllum pseudo-
septatum E. Schurz (Taf. XLI, Fig. 2) Septaldornen beobachtet, die
zwar z. Th. etwas unregelmässig gestaltet sind, aber doch im We-
sentlichen mit den bei anderen Gattungen beobachteten Gebilden über-
einstimmen.
1) Uebereinstimmende Structur zeigen ferner Längsschliffe von Oya-
thophyllum caespitosum, quadrigeminum, Kunthi, minus, aquisgranense,
dianthus, planum. Bei allen lösen sich die im Querschnitt gleichmässig
erscheinenden Septa in feine, bogenförmig nach innen und oben gerich-
tete Leistehen auf, die durch Zwischenmasse verbunden werden. In
diesem Zusammenhang wird auch dıe Septalstructur der Gattung Ca-
lostylis Linpstr. verständlich. (Kongl. Svensk. Vet. Akad. Handl. Bd. 9,
Th. 6, pag. 4). Bei derselben bestehen die Septa aus aneinander ge-
fügten Kalkkörperchen (Skleriten), die nicht zu einer compacten La-
melle verwachsen sind, sondern Zwischenräume frei lassen. Die Gat-
tung wurde von ihrem Entdecker wegen dieser und anderer Eigen-
thümlichkeiten zu den Perforaten (Eupsammidae) gestellt. Jedoch hat
F. Rormer (Leth. pal. pag. 394) mit Recht darauf aufmerksam gemacht,
wie unwahrscheinlich das isolirte Vorkommen dieser Ordnung im Silur
sei. Auch schreibt Linpström selbst Calostylis eine viertheilige Anord-
nung der Septen zu (l. c. pag. 5).
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931
Querschliffs haarfein erscheinen. Im peripherischen wie im
centralen Theile der Koralle ist die Richtung der Septaldornen
senkrecht; wenigstens erscheinen dieselben im Querschliffe als
gerundete, meist isolirte Pfeiler. Dementsprechend sind auch
im mittleren Theile des Längsschliffs mehrere Reihen unregel-
mässiger Punkte zu beobachten; jede Reihe entspricht einem
Septum. Längsschliffe, die in ihrem ganzen Verlauf nur ein
Septum treffen, lassen keine Spur des Endothekalgewebes
erkennen; man sieht nur die dachförmig übereinander liegenden
Septalleisten.
Ausser diesen zwei Structurformen !) hat die mikrosko-
pische Untersuchung von Dünnschliffen noch eine dritte, schein-
bar verschiedene Ausbildung der Septen kennen gelehrt. Bei
Oyathophyllum (2) sp. von Konjeprus und übereinstimmend bei
der lebenden Caryophyllia cyathus setzt sich, wie G. v. Koc#?)
nachgewiesen hat, das Septum im Querschliff aus einem mitt-
leren, dunkel erscheinenden „Primärstreif“ (p) und einer
äusserlich angelagerten helleren Masse (m) zusammen. Die
Angaben G. v. Kocn’s werden anderweitig bestätigt. °)
Ganz ähnliche Beobachtungen hat bereits wesentlich früher
Lisoströn *) veröffentlicht. Nach seiner Beschreibung umgiebt
bei einigen Gattungen der Tetrakorallen (Cyathophyllum, Pycno-
phyllum, Oyathaxonia, Zaphrentis) eine structurlose Kalkabla-
gerung, die er als Stereoplasma bezeichnet, die Seiten der
1) Den Aufbau der Septen aus Septaldornen lehrte auch Prarz
(Palaeontographica Bd. 29, 1882, pag. 83 ff., t. 14) an zahlreichen me-
sozoischen Korallen kennen. Allerdings erscheint der Septalapparat
durch Synaptikeln und Pseudo-Synaptikeln complieirt. Jedoch bestehen
in der Grundanlage die Septen auch hier aus verticalen Dornen („Tra-
bekeln“), die ohne Zwischenmasse verschmelzen.
2) Ueber die Structur von Pholidophyllum Loveni und Oyathophyllum
sp.; Palaeontographica 28, pag. 214, t. 43.
®) Eine den Kocm’schen ähnliche Zeichnung liefert Duncan (Qu. J.
Geol. Soc. 1884, t. 7, f. 8) von dem Bau der Septen bei Streptelasma
Roemeri. Ebenso zeigt das mir vorliegende Original von Campophyllum
compressum Lupw. sp. (bei KuntHu, diese Zeitschr. Bd. 21, pag. 198,
Taf. 3, Fig. 3) einen hellen Primärstreif, seitlich von einer dunkleren Masse
umgeben. Diese feineren Structureigenthümlichkeiten sind allerdings
auf der angeführten Abbildung nicht wiedergegeben. Dunkel gefärbte
Primärstreifen von hellerer Masse umgeben vermochte ich ferner bei
Aulacophyllen aus der Eifel, Olisiophyllum (Dibunophyllum) praecursor
FrEcH, Cyathophyllum dianthus von Urtt (Eifel) und C. heterophylloides
FrecH (dieser Band Taf. 1, Fig. 2c) zu beobachten. Am deutlichsten
tritt diese Structur bei Oyathophyllum aquisgranense FrEcH hervor (dieser
Band, Taf. 9, Fig. 1b).
*) Diese Zeitschrift 1873, pag. 745. Die hier niedergelegten wich-
tigen Beobachtungen sind wegen der ungünstigen Form der Publication
Cbriefliche Mittheilung) fast unbeachtet geblieben und -z. B. in keinem
der neueren Lehrbücher benutzt.
55*
932
Septen derart, dass diese nur als dünne, schattenähnliche
Streifen sich von der umgebenden Masse abheben. Quer-
schnitte von Üyathophyllum mitratum°’), einer von Linpström
l. c. als Beispiel angeführten Art, entsprechen der Beschrei-
bung dieses Forschers durchaus und stimmen andererseits mit
den Koc#’schen Abbildungen vollständig überein. Es können
demnach auch hier die zur Seite des Primärstreifens gelegenen
Kalkablagerungen als Stereoplasma bezeichnet werden. In
weiterer Ausdehnung des Begriffes glaube ich auch die oben
beschriebene Ausfüllungsmasse, welche die Septaldornen ver-
bindet, Stereoplasma nennen zu können. Dieselbe erscheint
ebenfalls structurlos und hat ähnlich wie das Stereoplasma
den Zweck, die bereits angelegten Septa nachträglich zu ver-
stärken. Allerdings erscheint die Ausfüllungsmasse zwischen
den Septaldornen, nicht an den Seiten der Septa; doch dürfte
diese Verschiedenheit allein die Aufstellung einer neuen Be-
zeichnung nicht rechtfertigen.
Die Entstehung des Primärstreifens erklärt sich unge-
zwungen durch die Beziehung auf die Septalleisten. Schon
die dunklere ?) Färbung beider deutet auf einen Zusammenhang
hin. Die Bildung mag etwa so vor sich gegangen sein, dass
die Septaldornen sich bogenförmig übereinander legten und
damit die Ausfüllungsmasse verdeckten. Am meisten fällt
in’s Gewicht, dass bei den Arten, welche einen Primärstreifen
besitzen, sich im Längsschnitt meist auch Septaldornen
beobachten lassen. ®) Solche Arten sind Cyathophyllum dianthus
und aquisgranense. Noch mehr im Einzelnen ist die Sache
bei Cyath. heterophylloides Freca (dieser Bd. Taf. 1, Fig. 2c) zu
verfolgen. Hier erscheint im Querschliff ein feiner Primärstreifen.
Demselben entsprechen in Längsschliffen die bogenförmig nach
oben gerichteten dunklen Septaldornen, die sich an Stellen,
wo der Schnitt schräg trifft, in Reihen zusammenhängender
Punkte auflösen. Jeder Septaldorn wird seitlich von Stereo-
plasma eingehüll. Die zu je zwei benachbarten Dornen ge-
hörigen Stereoplasmaschichten erscheinen durch scharfe Grenz-
linien getrennt. *) Endlich stimmt nach G. v. Koca die Bil-
1) Die betreffenden, in der geologischen Landesanstalt befindlichen
Exemplare sind von LinpsTröm selbst bestimmt.
2) Umgekehrt ist ausnahmsweise bei Campophyllum compressum der
Primärstreif heller, das Stereoplasma dunkler gefärbt.
3) Auch v. KocH vergleicht den mittleren, dunklen Theil der Septal-
dornen von Pholidophyllum (l. ce. pag. 220) mit dem anderweit beobach-
teten Primärstreifen.
*) Ganz ähnlich verhalten sich Oyath. caespitosum und Hallia pro-
ifera. Auch in den Septen von Cyclolites trennen Grenzlinien die ein-
zelnen Septaldornen (= Trabekeln) von einander (Prarz, 1. c. i. 14, f. 4).
vr
333
dung des Primärstreifens bei Tetrakorallen und bei lebenden
Formen zuweilen in überraschender Weise überein!) und da
bei den letzteren die Septa aus isolirten Kalkkörperchen (Skle-
riten) entstehen ?), so ist das Gleiche auch für die ersteren
anzunehmen.
2. Die Entstehung der Septa bei den Hexakorallen.
Nach dem Vorangegangenen scheinen die Septa der Tetra-
korallen nach wesentlich verschiedenen Plänen aufgebaut zu
sein. Das eine mal entstehen sie aus zwei Lamellen, das an-
dere mal aus primär angelegten Septalleisten, welche durch
zwischengelagertes Stereoplasma verschmelzen. Da der Aufbau
der Septen, wie eben bemerkt, bei den Tetra- und Hexa-
korallen im Wesentlichen derselbe ist, wird man erwarten
können, in der Entwickelungsgeschichte der letzteren die Er-
klärung für das eigenthümliche Verhalten der ersteren zu fin-
den. Umfassende Untersuchungen über diesen Gegenstand hat
LacAze-DUuTHiers?) angestellt. Nach seiner in einigen Punkten
durch G. v. Koc# *) berichtigten Darstellung beginnt die Bildung
des Kalkgerüstes bei Asteroides calycularis erst, nachdem 12
Mesenterialfächer angelegt sind. Zuerst scheidet sich aus dem
Ektoderm) eine ringförmige basale Scheibe (das Fussblatt der
Autoren) ab. Dann entstehen — ebenfalls im Ektoderm —
die Septa aus unregelmässig begrenzten Kalksphäroiden und
zwar legen sich unter jedem der 12 Mesenterialfächer zuerst
je drei Kalkkörperchen meist in regelmässiger Stellung zu-
einander an: ein längeres verläuft radial, zwei kleinere ent-
stehen seitlich von dem längeren am Rande. Diese drei Ele-
mente verschmelzen bald zu einem Körper, der bei vorwiegen-
der Ausbildung des unpaaren Sphäroides die Gestalt eines Y,
bei stärkerer Entwickelung der paarigen Gebilde die Form eines
V annimmt (s. die umstehenden Holzschnitte). Beide Ausbil-
dungen erfolgen in unregelmässiger Weise, zuweilen neben-
einander in demselben Kelch. Später fangen die peripherischen
Enden der Septa an miteinander zu verschmelzen und das
durchlöcherte Mauerblatt zu bilden®), in welches auch der
gabelförmige Theil der Septa aufgenommen wird. Während
dessen wird an dem freien Rande des jungen Asteroides, an
t) Oyathophyllum (2) sp. — Caryophyllia eyathus, 1. e. t. 43.
2) Nach MıLne Epwaros u. De Dorian, Vergl. unten.
3) Arch. de zoologie experimentale Vol. II, pag. 325, t. 14, 15.
#) Mitth. d. zoolog. Stat. Ill, pag. 284 ff., t. 20, 21.
5) Nach LAcaze-DurtHıers dem Entoderm.
2 Nach Lacaze - Dursıers soll die Theka selbstständig angelegt
werden.
934
Entoderm
der Uebergangsstelle des basalen und des seitlichen Theiles
der Leibeswand eine weitere Ausscheidung von Kalk ebenfalls
durch das Ektoderm angelegt, welche mit dem Fussblatt im
Zusammenhang steht und eine dünne, undurchbohrte, ziemlich
glatte Lamelle — die Epithek !) darstellt. Dieselbe ist ur-
sprünglich von dem Mauerblatt ganz getrennt und verschmilzt
erst secundär mit den Fortsätzen desselben.
Die Analogie mit den oben beschriebenen Structurformen
der paläozoischen Korallen ist augenfällig. Bei Phillipsastraea,
Haplothecia, Cyathophyllum und vielen anderen erscheinen die
Septa im Wesentlichen nach dem Plane der lebenden Korallen
gebaut, jedoch mit der Abweichung, dass ursprünglich wohl
eine grössere Zahl von Septaldornen selbstständig angelegt und
nachher durch abweichend gestaltetes Stereoplasma verbunden
wurde.
Andererseits liefert die V-förmige Ausbildung der Septa
in dem embryonalen 4. calyeularis die Erklärung für die in
dem Kelche von Streptelasma sp. und anderweit beobachtete
Zusammensetzung derselben aus zwei Lamellen. Statt dass
!) Eine Epithek hat LacAze-DuTHIers nicht beobactet.
935
sich, wie bei A. calycularis, die Theka in ihrem weiteren Wachs-
thum verbreitert und dabei die V-förmige Endigung der Septa
insich aufnimmt, ist, wie es den Anschein hat, bei Strepielasma
der gabelförmige Theil länger erhalten geblieben und endlich
Anlass zur Bildung zweier erst nachträglich verschmolzener
Lamellen geworden. Allerdings könnte in dem vorliegenden
Falle die V-förmige Gestaltung des oberen Endes der Septen
auch durch den Versteinerungsprocess veranlasst sein. Jedoch
finden sich ganz ähnliche Structurverhältnisse bei Haplothecia
Jilata (d. Bd. Taf. 4, Fig. 7). ') Die neue Gattung lässt die Zusam-
mensetzung der Septa aus verbreiterten Septaldornen besonders
deutlich erkennen und unterscheidet sich von Cyathophyllum
dadurch, dass die Theka nur aus Stereoplasma besteht. In-
folge dessen setzen die Septa mit besonderer Deutlichkeit an
derselben ab. Das peripherische Ende der letzteren hat nun
zuweilen eine Y-förmige Gestalt, ganz wie sie LaAcAze - Dv-
THIERS bei Asteroides gezeichnet hat. Allerdings wird kaum zu
entscheiden sein, ob diese immerhin sehr auffällige Aehnlich-
keit auf innerer Verwandtschaft oder zufälliger äusserer Ueber-
einstimmung beruhe. Der wesentliche Structur - Unterschied
der Septa von Asteroides und Haplothecia besteht darin, dass
bei der ersteren Gattung die primär angelegten Septaldornen
zu einer einheitlich zusammengesetzten Masse verschmelzen,
während bei der letzteren Stereoplasma zwischen den verbrei-
terten Dornen entwickelt ist.
Es ergiebt sich aus dem Vorstehenden, dass die scheinbar
so verschiedenartige Septalstructur der Tetrakorallen jedenfalls
zum Theil, vielleicht durchweg ihre Erklärung in der Em-
bryonalentwickelung lebender Korallen findet.
3. Die Verticalleisten der Tetrakorallen.
Zu weiteren Folgerungen giebt die Beoachtung Anlass,
dass die Septaldornen oft zu seitlich verbreiterterten, bogen-
förmig nach innen und oben gerichteten Verticalleisten
(Drsowskı) auswachsen. Dass diese letzteren in der That
auf Seitenwachsthum der Dornen zurückzuführen sind, ergiebt
sich aus der Beubachtung, dass Septa mit glatten Seiten und
solche mit schwach, stärker und sehr kräftig entwickelten
Septalleisten durch ganz allmähliche Uebergänge verbunden sind,
ja sogar in demselben Stock (Phillipsastraea Hennahi, d. Band
Taf. 5, Fig. 2) oder demselben Individuum nebeneinander vor-
kommen. Ueberhaupt sind bei den mit Septalleisten versehenen
Formen nahe dem Mittelpunkt nur Dornen entwickelt. Es
2) Die angeführte Figur ist nicht überzeichnet worden.
936
können daher auch in der Beschreibung Septaldornen und
Verticalleisten nicht scharf geschieden werden. Ein besonders
charakterisches Bild gewährt die bereits erwähnte Gattung Haplo-
thecia (dies. Bd. Taf.4, Fig. 7). Hier ist die Structur so günstig
erhalten, dass man auch im Querschnitt deutlich die beiden
Elemente, undurchsichtige, seitlich verbreiterte Septaldornen
und durchscheinende Zwischensubstanz unterscheiden kann.
Die Septalleisten sind stets auf die peripherischen, mit Blasen-
gewebe erfüllten Theile der Koralle beschränkt; in der Zone
der Böden kommen sie niemals vor. Auch bei dem oben an-
geführten Endophyllum acantkhicum nov. sp. liessen sich die
charakteristischen Uebergangsformen von Septaldornen und
Septalleisten gut beobachten. Verticalleisten wurden in ver-
schiedener Deutlichkeit bei den meisten devonischen Cyatho-
phyllen, COraspedophyllum, PPhillipsastraea, Decaphyllum, Haplo-
thecia, Hallia, Metriophyllum '), Zaphrentis (nach Kuxt#) nach-
gewiesen. °)
Bei gewissen Abänderungen von Phillipsastraea Hennahi
(Taf. XLI, Fig. 4) und pentagona var. micrommata (Taf. 13),
sowie bei Cyathaphyllum spongiosum E. ScHuLz sp.°) biegen
sich die stark verlängerten Verticalleisten um, verzweigen sich
und treten mit einander in Verbindung, so dass jedes Septum
im Querschnitt ein Gewebe von schwammigem Aussehen erken-
nen lässt, während im Längsschnitt nur regelmässige parallele
Leisten hervortreten (Fig. 13a). Ungewöhnlich breit und
regelmässig erscheinen die Septalleisten bei Heliophyllum Dana.
Jedoch dürfte es wenig zweckentsprechend sein, sämmtliche
mit Septalleisten versehenen Formen zu Heliophyllum zu ziehen,
wie solches neuerdings geschehen ist,*) Man würde schliess-
1) Cr. Barroıs, Terrains anciens des Asturies et de la Galice t.7, f.2d.
2) Von den in der „Korallenfauna des Oberdevons“ beschriebenen
Stücken vergleiche besonders die zahlreichen Phillipsastreen, Oyatho-
phyllum Sedgwickt (Taf. 4, Fig. 6), Hallia prolifera (Taf. 7, Fig. 5),
Decaphyllum (Taf. 8, Fig. 6c) und Haplothecia. Mit besonderer Deutlich-
keit wurden die Septalleisten in den Kelchen von Cyathophyllum ceratites
GF., dianthus Gr. und Shumardi F. Rorm. wahrgenommen.
3) Jahrbuch d. geolog. Landesanstalt für 1882, t. 21, f. 8.
*) Heliophyllum SCHLÜTER, Anthozoen des Devons. Diese Zeitschr.
1881, pag. 82. E. Scakurz, Eifelkalkmulde von Hillesheim. Jahrb. der
geol. Landesanst. 1882, pag. 75— 8. Die fragliche Gattung zeichnet
sich ausserdem durch die schwache Entwickelung des Blasengewebes
aus; offenbar genügten die kräftigen Verticalleisten allein zur Stütznng
des inneren Kalkgerüstes. Heliophyllium ist wohl, entsprechend der
ursprünglichen Auffassung Dana’s, nur als Subgenus von Oyathophyllum
anzusehen und dürfte systematisch ungefähr den (pag. 26 — 28 dieses
Bandes) angenommenen Gruppen dieser Gattung gleichzustellen sein.
Diese Auffassung kann durch die neuerdings von Harr veröffentlichten
charakteristischen Abbildungen zahlreicher hierher gehöriger Formen
937
lich dahin gelangen, fast alle Cyathophyllen zu dieser Gat-
tung zu stellen. Dysowskı hat sogar eine besondere Familie
Craspedophyllidae für die mit Verticalleisten versehenen Tetra-
Korallen errichtet!
4. Die Theka der Tetrakorallen.
Wie bereits oben erwähnt, weisen alle Thatsachen darauf hın,
dass das Mauerblatt der Tetrakorallen aus denselben beiden Ele-
menten, wie die Septa, zusammengesetzt ist.!) Besonders cha-
rakteristisch ist der in diesem Bande Taf. 3, Fig. 13 abgebildete
Querschliffi von Phillipsastraea pentagona var. micrommata, bei
dem auf der Theka die Verticalleisten ebenso wie auf den
Septen ausgebildet sind. Die Beobachtung der Knospungs-
vorgänge bei dieser Gruppe führt zu übereinstimmenden Ergeb-
nissen. Ein Theil der Septa der jungen Koralle entsteht aus
den Septalendigungen des Mutterkelches und das die beiden
Kelche trennende Mauerblatt bildet sich aus den seitlichen
Vorsprüngen (Verticalleisten) der Septa.
Andererseits haben Mıtne Epawrps und Haıme ?) hervor-
gehoben, dass eine Theka bei den Cyathophylliden fehle und
dass die äussere Begrenzung durch eine „Epitheka“ bewirkt
sei; jedoch werden keine Beobachtungen angeführt, welche
diese Annahme begründen könnten. Hingegen liess sich bei
Hunderten von Dünnschliffen, unter denen die wichtigsten Gat-
tungen vertreten waren, stets wahrnehmen, dass die Septa
unmittelbar in die äussere Begrenzung fortsetzen und im Aus-
sehen vollständig mit derselben übereinstimmen. Der Vergleich
mit 4Jsteroides und die Untersuchung junger Knospen von Pkil-
lipsastraea?) lassen auch hier die Annahme berechtigt erschei-
nen, dass die Theka sich aus der Verzweigung der periphe-
rischen Enden der Septa und dem dazugehörigen Stereoplasma
bildet.) In der Mitte der Figur 7a*) erkennt man sogar, dass
die Theka sich in Septaldornen und Stereoplasma auflöst. Aller-
dings wurde bei einigen devonischen Cyathophyllen ein bräun-
licher Ueberzug beobachtet, der sich deutlich von Theka und
Septen abhob; jedoch stellt derselbe möglicherweise eine dünne
nur unterstützt werden (Illustr. Devon. Fossils. Geolog. Survey New
York t. 23-27). Auch kommen unter diesen typischen „Heliophyllen“
Arten mit „rückgebildeten“, d. h. unentwickelt gebliebenen Leisten vor
(„Obsolete transverse bars“ bei Hel. irregulare 1 c. t. 24, f.2 und
Helzareehme 1. c. t. 24, f. 10).
!, Eine Ausnahme macht Haplothecia (&roös, einfach).
:) Pol. Pal. pag. 360. Hist. Nat. d. Cor. T. III, pag. 364.
Se beeuan tan, Ta LT
*) Auf Taf. XLI.
9338
Schicht von Stromatoporen dar und ist in seinem" Auftreten
ausserdem unbeständig. !)
Aus all’ diesen Gründen ist die äussere Wand der Tetra-
korallen als Theka und nicht, wie es bisher nach dem Vor-
gange von MıuLne Epwarps und HaımE ganz allgemein üblich
war, als Epitheka zu bezeichnen. ?) Dem entsprechend ist die
weitere auf die „Epithek“ bezügliche Nomenclatur umzu-
ändern. Die den im Innern liegenden Septen entsprechenden
„Epithekalfurchen“ (Dysowskı) der Oberfläche mögen als
Septalfurchen im Gegensatz zu den dieselben kreuzenden
„Anwachsstreifen“ bezeichnet werden.
Viel weniger einfach als bei den Tetrakorallen ist für die
Hexakorallen die Frage nach dem Vorhandensein, bezw. der
Verbreitung einer Epithek zu entscheiden. Wie oben (pag. 934)
bemerkt, hat G. v. Koch bei Asteroides calycularis die Anlage
einer selbstständigen Schicht, die er als Epithek bezeichnet,
in einem frühen Entwickelungsstadium festgestellt. Jedoch
konnte ich an verschiedenen erwachsenen Exemplaren derselben
Art auf der Äussenseite keine Spur irgend welcher Epithek
wahrnehmen. Mit grosser Entschiedenheit hat sich ferner
MILASCHEWITSCH ?) dahin ausgesprochen, dass alles, was bei
Tetra- und Hexakorallen als Epithek bezeichnet wäre, in
Wirklichkeit eine Theka sei. PrarTz*), KLunzinger und FELIX °)
schlagen den systematischen Werth der Epithek wenigstens
sehr gering an und v. Faırsca‘) hat nachgewiesen, dass unter
diesem Namen sehr verschiedenartige Dinge vermengt seien.
So beschreibt auch Lacaze-Duzniers °) als Epithek eine ober-
flächliche Schicht, die bei derselben Art zuweilen fehlt, zu-
weilen vorhanden ist und ihr Dasein lediglich dem Kampf
gegen fremde Eindringlinge, Bryozoen oder Spongien zu ver-
danken hat.
Diese Beobachtung konnte bestätigt werden an einigen
Exemplaren von Flabellum distinctum M. Epw.°), deren Unter-
1) Bisher hat nur Duncan hervorgehoben, dass bei Sireptelasma die
angebliche Epithek eigentlich eine Theka sei. Quart. Journ. Geol. Soc.
1884, 1, pag. 171.
- 2) Für die Hexacorallen hat bereits MiLAscHewirtsch auf die Un-
richtigkeit der Bezeichnung Epithek hingewiesen, ohne jedoch mit seiner
Ansicht durchgedrungen zu sein (Palaeontographica Bd. 21, pag. 184,
Anmerkung).
3) Palaeontogr. 21, pag. 184, Anm.
*) Ibidem 30, pag. 224, Anm. 2.
5) Dieser Band pag. 421.
6) Korallen aus den Nummulitenschichten von Borneo; Palaeont.
Suppl. 3, pag. 100.
7) Archives de zoologie experimentale II, 1873. pag. 320 — 322.
8) Dieselben stammen von Canton und befinden sich im zoologischen
Museum hierselbst.
939
suchung mir ebenso wie die des erwähnten Asteroides durch
die Liebenswürdigkeit der Herren Prof. v. Martens und Dr.
HiLGEnporrF ermöglicht wurde. Die Epithek stellt sich als ein
bräunlich glänzender Ueberzug dar und ist nur auf einem
älteren Exemplare entwickelt, dessen unregelmässige und theil-
weise zerbrochene Aussenseite von einem harten Kampfe um’s
Dasein Kunde giebt. Auch im Dünnschliff konnte zwischen
Theka und Epitheka eine ziemlich deutliche Grenze wahrge-
nommen werden; zudem ist die Anordnung der EU yEL2 aien
in beiden Schichten eine wesentlich verschiedene.
Der systematische Werth der Epithek ist somit nach den
übereinstimmenden Angaben der neueren Forscher ein sehr
geringer; ob derselben in morphologischer, bezw. pathologischer
Beziehung eine gewisse Bedeutung zukommt, könnte nur durch
ausgedehntere mikroskopische Untersuchungen festgestellt wer-
den. Auszugehen ist dabei von den Beobachtungen G. v.
Kocn’s, dass die Theka histiologisch !) und ontogenetisch aus
denselben Elementen wie die Septa besteht, während die Epi-
thek eine andere Zusammensetzung zeigt. Dass beide an dem-
selben Stücke vorkommen können, wurde an dem angeführten
Flabellum beobachtet; ob aber die Epithek sich unter Um-
ständen unmittelbar auf die Septa auflegt?), bleibt vorläufig
noch zweifelhaft.
5. Die verwandtschaftlichen Beziehungen der Tetra-
und Hexakorallen.
Im Anschluss an die soeben hervorgehobenen Homologien
im Skeletbau der Tetra- und Hexakorallen mag auf die Aehn-
lichkeit hingewiesen werden, welche die ersten Stadien der
Entwickelung bei lebenden Anthozoen mit der entgültigen Or-
ganisation der Tetrakorallen besitzen. K. v. SerBacH?) hat
zuerst auf die Bedeutung der ontogenetischen Studien von LA-
CAZE - DuTHIErRS für die Palaeontologie hingewiesen; auch bei
ZıtteL*) findet sich eine kurze Bemerkung. Bei näherem
Eingehen tritt die Uebereinstimmung mit grösster Deutlichkeit
hervor; andererseits wird es möglich, die sich später ausprä-
genden Verschiedenheiten mit aller Schärfe festzustellen.
Nach Lacaze-DutBiers stimmen die ersten Abschnitte der
Embryonal- Entwickelung bei sämmtlichen lebenden Zoantha-
rien (malacodermata wie sclerodermata) vollständig überein.
) Vergleiche die Querschliffe durch Cyathophyllum 9 = und Ca-
ae m cyathus; Palaeontogr. 28, t. 43, f. 1, 2, pag. 2
?) Ferıx, dieser Band pag. 421.
3) Diese "Zeitschr. 1873, pag. 765.
*) Handbuch der Pe Holoeie Bd. I, 1, pag. 217.
940
Diejenigen Stufen der Ontogenie, welche für die ausgestorbenen
Formen von besonderer Wichtigkeit sind, wurden von dem
französischen Naturforscher am ausführlichsten bei 4etinia
mesembryanthemum geschildert. !)
Figur 2.
Die Bildung von Mesenterial-
falten beginnt, nachdem der Em-
bryo das Gastrulastadium erreicht
hat. Senkrecht zur Längserstrek-
kung des Mundes (o, Fig. 1) bil-
den sich die beiden ersten, sym-
metrisch einander gegenüberlie-
genden Mesenterialfalten (1. 1.)
aus, welche das Thier in zwei
ungleiche Lappen (bei H u. G)
theilen. An der Faltung bethei-
ligen sich Entoderm und Ekto-
Figur 3. derm ?) gleichmässig. Die beiden
nächsten Falten (2. 2, Fig. 2)
entstehen ebenfalls symmetrisch zu der durch den Mund fest-
gelegten Längsaxe in dem grösseren der beiden Lappen (bei G)
Das dritte Faltenpaar (3. 3, Fig. 3) wird in dem jederseits
von 1 begrenzten Theile, das vierte in dem von 1 und 2 be-
grenzten Abschnitte angelegt. Das fünfte (5. 5) Paar der
Mesenterialfalten entsteht endlich zwischen 1 und 4, das sechste
zwischen 1 und 3 (6. 6).
In der Entwickelung der Mesenterialfalten bilden die drei
schematisirt dargestellten Phasen nach Lacaze-DUuTEiErs leicht
!) Archives de zoolog. experim. I, 1872, pag. 289 ff., besonders
pag. 325 — 337.
2) Das Ektoderm wurde bei Fig. 2 u. 3 fortgelassen.
941
wahrnehmbare Abschnitte, Ruhepausen. während welcher die
gebildeten Lappen (lobes) sich gegenseitig ausgleichen (regu-
lariser). Denn die Entwickelung des dritten und vierten, sowie
des fünften und sechsten Faltenpaares erfolgt so schnell nach-
einander, dass eine bildliche Darstellung des Stadiums mit 6,
bezw. mit 10 Mesenterialfalten von LacAze - DuTHiers nicht
versucht wurde. !)
Dieser Umstand ist für die Beziehungen zu den Tetra-
korallen von besonderer Wichtigkeit. Vergleicht man die drei
dargestellten Abschnitte der Embryonal-Entwickelung mit der
von Kusta angenommenen Aufeinanderfolge der Einschiebung
der Septa, so entspricht das Stadium mit 4 Mesenterialfalten
dem Auftreten der 4 Primärsepta, der Entwickelungsabschnitt
mit 8 Falten der Einschiebung des ersten und der mit 12 Falten
der Bildung des zweiten Cyclus von 4 Septen. Zeichnet man
dann das Septalschema von Kuxrta ?) in die Figuren von LAcAzE-
Durtniers ein°), so ergiebt sich, dass die ersten Stadien der
Embryonal-Entwickelung bei den lebenden Zoantharien durch-
aus mit der endgültigen Organisation der Tetrakorallen über-
einstimmen. |
Andererseits weist auch gerade die Ontogenie auf einen
scharf bestimmbaren Unterschied zwischen Tetrakorallen und
Hexakorallen hin. Bei den letzteren geht die weitere Aus-
bildung des Individuums so vor sich, dass die 12 ersten Me-
senterialfächer sich gegenseitig ausgleichen; dann erst erfolgt
in den mit festem Skelet versehenen Formen die Anlage der
Septa in der oben (pag. 933) beschriebenen Weise. Von den
ersten 12 gleichzeitig entstandenen Septen bilden sich 6 nach-
träglich stärker aus und setzen somit den ersten Cyclus
(M. Epw. u. H.) zusammen. Das Stadium mit 12 Septen
stellt vielleicht auch bei den Tetrakorallen einen gewissen
Ruhepunkt in der Entwickelung dar; wenigstens habe ich
mehrfach an embryonalen Exemplaren von ausserordentlich
geringer Grösse *) 12 Septen als die geringste wahrnehmbare
Zahl beobachten können.
Bei den Hexakorallen ist es aus dem angeführten Grunde
nicht möglich, in der Anordnung der Septen noch eine Spur
der bilateralen Symmetrie wahrzunehmen, bei den Tetrakorallen
hat sich dagegen die ursprüngliche symmetrische Anlage er-
2 ce. pag. 368.
) H = Haupt-, G = Gegen-, S — Seitenseptum, s;—s, = Septa
nach ee Einschiebung.
®) Es braucht kaum bemerkt zu werden, dass die Mesenterialfächer
(aussen die Lappen) bei der lebenden Koralle den Septen des Skelets
entsprechen.
*) Oyathophyllum heterophylloides und Decaphyllum Koeneni,
942
halten. Der wesentliche Unterschied beider Ordnungen besteht
also darin, dass die Organisation des erwachsenen Thieres bei
den Tetrakorallen den ursprünglichen, bei den Hexakorallen
einen später erworbenen Zustand darstellt.
Es ist nach alledem aus zoologischen Gründen die An-
nahme kaum abzuweisen, dass die Tetrakorallen die Stamm-
väter der Hexakorallen gewesen seien. Auch das geologische
Auftreten spricht für diese Hypothese. Die „Umprägung*
scheint während der Bildungsperiode des Buntsandsteins statt-
gefunden zu haben. Denn die wenigen permischen Formen
gehören noch entschieden zu den Tetrakorallen, während die
aus dem Muschelkalk und der alpinen Trias!) bekannten Gat-
tüngen sich den lebenden anschliessen. Allerdings haben die
älteren Hexakorallen z. Th. noch ein alterthümliches Gepräge.
So ist bei den zahlreichen St. Cassianer Korallen eine sechs-
theilige Anordnung der Septa nur ganz ausnahmsweise wahr-
zunehmen ?), und dieselbe Beobachtung hat Duncan an den
Formen des englischen Lias gemacht.?) Auch bei der ältesten
bekannten Hexakoralle, einer kleinen, regelmässig gebauten
Montlivaultia aus dem unteren Muschelkalk von Mikaltschütz,
konnte ich zwar durch Zählen die sechstheilige Anordnung der
wenig zahlreichen Septen erkennen; jedoch hoben sich die 6
Primärsepta keineswegs von den übrigen ab.
6. Die ungeschlechtliche Vermehrung der Tetrakorallen.
Eingehendere Studien über die ungeschlechtliche Vermeh-
rung der Tetrakorallen hat G. v. Kocn gemacht. *) Derselbe
unterscheidet nach der Rolle, welche die verschiedenen Ele-
mente des Skelets bei der Knospung spielen, zwei verschie-
dene Arten der Fortpflanzung. Einmal entsteht die Mauer
des jungen Individuums zum Theil aus der Theka, zum Theil
aus den Primärsepten des Mutterkelches. Diese bei Stauria
und Verwandten (Üerzaster calamites LiınpsTe.) beobachtete
Vermehrungsweise wurde als Septalknospung bezeichnet.
Bei der Tabularknospung entsteht dagen ein junger Kelch
„theilweise aus der Mauer eines schon vorhandenen und wird
vervollständigt durch einen taschenförmig gebogenen Boden.“
Die erstere Vermehrungsart tritt vielleicht bei Battersbya.
ein; wenigstens lässt sich in einem Dünnschliffe ein in 4 Knos-
!, Cassianer und rhätische Schichten.
2) Cladophyllia subdichotoma MsTr. sp.
3) Nach Zıirter Handb. Bd. I, 1, pag. 276.
*) Palaeontogr. 29, 1883, pag. 325 — 348, t. 41—43. Vergl. be-
sonders pag. 942.
pen getheilter Kelch erkennen, der vollständig der Abbildung
von Stauria !) gleicht. Aehnliches zeigen auch die Figuren von
Dvxcan. °)
Weit allgemeiner ist die andere Vermehrungsweise bei
Tetrakorallen verbreitet, in deren Auffassung ich mich an @.
v. KocH anschliesse. Nur die Bezeichnung muss verändert
werden. Eine mit der Tabularknospung durchaus überein-
stimmende Vermehrungsart findet sich nämlich auch bei For-
men, deren Inneres durch Blasengewebe vollständig ausgefüllt
ist. So bildet Linpström?) einen Längsschnitt von Aäizo-
phyllum elongatum ab, in dem zwei Knospen in genau derselben
Art wie bei Acervularia luzurians*) entwickelt sind. Ferner
beobachtete ich bei einigen Eifler Actinocystis - Arten?) und
Cystiphyllum vesiculosum GouLpr. sp. im Kelche taschenförmige
Knospen, die ganz mit der schematischen Figur G. v. Koca’s ®)
übereinstimmen. Es können also ausser den Böden auch
andere Bestandtheile des Endothekalgewebes die Elemente für
die Knospung liefern; der fragliche Vermehrungsvorgang dürfte
daher entsprechender als endothekale Knospung zu be-
zeichnen sein.
Endothekale Knospung findet sich, wenn man die Einthei-
lung F. Rosuer’s zu Grunde legt, bei den Cyathophylliden,
mit Ausnahme von Stauria, Zaphrentiden (Amplezus, Coelo-
phylium ’)), Cystiphylliden und Calceoliden Lisste.°) Auch
die Axophylliden?) dürften demselben Vermehrungsgesetze
folgen. Die Uyatharonidae, Polycoelidae und Petraiadae er-
scheinen stets einfach. Dagegen will die auch sonst eigen-
thümlich gestaltete Gatiung Calostylis !%) nicht in das von Koch
aufgestellte Schema passen. Bei derselben entstehen die jungen
Individuen unmittelbar auf der Wand oder auf seitlichen Vor-
sprüngen und Ausbreitungen.
DER E21. 41, f. 15.
2) On the Genera Heterophyllia, Battersbya, Palaeocyelus und Aste-
rosmilia. Transact. Royal. Soc. V, pag. 157, 1868, t 32, f. 1, 2.
3) Operkelbärande Koraller t. 4, f. 5.
ea Koca;:l..c.-t..1, £.-5.
5) Actinoeystis ef. cristata SCHLÜT. und Act. annulifera SCHLÜT.
1. c.t. 3, f 2.
7) Bei Coelophyllum paucitabulatum SCHLÜT. sp. kommen die be-
sprochenen taschenförmigen Knospen ganz besonders schön und deut-
lich vor. Vergl. diese Zeitschr. 1881, Taf. 6, Fig. 2, 3.
°) Bei Rhizophyllum elongatum Linpskt., Operkelbärande Koraller
1883, t. 4, f. 2.
>) Vergl. Lithostrotion und besonders Lonsdalia floriformis, Brit.
Foss. Cor. t. 43, f. 1a, b, ce.
10) Linpsrröm, Ak. Handl. Bd. 9, Th. 6, 1870, t. 1, £ 1.
944
An den mittel- und oberdevonischen Korallen ist, abge-
sehen von der zweifelhaften Battersbya, nur Tabularknospung
zu beobachten.
Die Tabularknospung kann in verschiedener Weise ein-
treten: entweder besteht der Mutterkelch nach dem Empor-
sprossen des jungen Individuums fort oder er „theilt“ sich,
geht also vollständig in seiner Nachkommenschaft auf. Beide
Vermehrungsarten sind übrigens nicht scharf getrennt, sondern
durch mannichfache Uebergänge verbunden und finden sich
unter Umständen bei derselben Art.!) Der Mutterkelch lebt
bei Cyathophyllum aquisgranense und Hallia prolifera nach dem
Emporknospen der jungen Individuen anfänglich noch fort,
scheint aber bald nachher abzusterben. Dagegen wächst der-
selbe bei Amplerus hercynicus und tenuicostatus weiter und ent-
sendet auch noch aus seinen jüngeren Theilen Knospen, die
zuweilen in regelmässigem Abstand übereinander stehen.
(Dieser Band Taf. 9, Fig. 3.)
Bei Cyathophyllum Sedgwicki und basaltiforme sowie bei den
stockförmigen Gattungen Phillipsastraea (nebst Pachyphyllum)
und Haplothecia entstehen die jungen Individuen fast immer im
randlichen Theile des Mutterkelches, also ausserhalb der Ver-
dickungszone. Sie bilden sich stets da, wo mehrere Kelche
(mindestens drei) zusammenstossen und zwar bei den Formen
mit rückgebildeter Theka in ganz ähnlicher Weise wie bei den
übrigen. In confluenten Korallenstöcken entstehen die Septa
der Knospe ausschliesslich aus den Septalendigungen des
Mutterkelchs, in Stöcken mit vorhandener Theka sprossen die
Septa zum Theil aus dieser hervor. Einen sehr wesentlichen
Antheil nimmt das Endothekalgewebe an dem Aufbau der
jungen Koralle.°) Die allgemeine Entwickelung eines massigen
Korallenstockes erfolgt so, dass von dem ursprünglichen Kelch
zuerst einige Knospen sich in horizontaler Richtung ausbreiten;
erst nachdem die Art eine gewisse Ausdehnung erlangt hat, be-
sinnen die einzelnen Individuen in die Höhe zu wachsen.
Nur dreimal, bei Oyathophyllum helianthoides ?), Cystiphyllum
pseudoseptatum (Taf. XLI, Fig. 2) und an einer von Torquay
stammenden Phillipsastraea pentagona wurde die deutliche Zwei-
theilung eines Individuums beobachtet (dies. Bd. Taf. 3, Fig. 9).
Dasselbe erscheint in dem letztgenannten Falle seitlich stark ver-
längert und hat bereits zwei verschiedene Centra für die Septen
1) Phillipsastraea pentagona, t. 2, f. T u. 9.
2) Vergl. hierüber die ausführliche Darstellung von G. v. Kock |.c.
pag. en 332 und 22,1. D, oe 2 nee t 4, IL (DE 1.5, 1.
6121.02:
3) GoLpruss, Petr. Germ. t. 26, f. 2k.
945
angelegt; dagegen findet sich noch keine Spur einer trennen-
den Mauer.
Der Fall von Phillipsastraea pentagona beweist, dass ganz
wie bei den lebenden Korallen!) zwischen „Theilung“ und
„Knospung“ keine scharfen Grenzen zu ziehen sind; die erstere
scheint jedoch bei Cyathophyllum caespitosum?) und den ver-
wandten Arten ©. Kunthi und minus, sowie bei Cyathophyllum
tinocystis vornehmlich vorkommen. Selten finden sich bei €.
caespitosum einzelne Knospen; meist ist die Zahl der empor-
sprossenden Individuen eine sehr bedeutende. °) Die Vermeh-
rung pflegt bei den verschiedenen Individuen eines Stockes
gleichzeitig einzutreten.
1) Vergl. insbesondere die charakteristischen Abbildungen von Th.
STUDER. Ueber Knospung und Theilung bei Madreporariern. Mittheil.
der naturforschenden Ges. in Bern aus dem Jahre 1880, pag. 12, 13.
2) ]. ec. pag. 332.
3) GoLpruss, Petr. Germ. t. 19, f. 2b, 5e, d.
Zeitschr. d.D. geol. Ges. XXXVII. 4. 56
946
7. Nachtrag zur „Korallenfauna des Oberdevons
in Deutschland“ ').
Von Herrn Fkrırz Freca ın Berlın.
Im Laufe des Jahres sind mir einige in der oben ge-
nannten Arbeit nicht beschriebene Korallen aus den Ober-
devon zugegangen, so dass die Abfassung eines kleinen Nach-
trages geboten erschien. Zu ganz besonderem Danke bin ich
wiederum Herrn Geheimrath F. Rormer für die Ueberlassung
zahlreicher interessanter Stücke verpflichtet.
Bei den Ergänzungen wird die Nummer der Seite ange-
führt, auf der sie ihren Platz finden würden.
Zu pag. 33. Als weiterer Fundort von Üyathophyllum
caespitosum ist Wildenfels unweit Zwickau in Sachsen anzu-
führen. Ueber die Bestimmung der von dort stammenden
bündelförmigen Korallen hat sich zwischen Geinırz und DALMER
eine lebhafte Polemik entsponnen?); der letztere glaubt die-
selben als Zithostrotion cf. proliferum HaıLL und Diphyphylium
concinnum LoxsD., der erstere als Uyathophyllum caespitosum
GoLpr. deuten zu müssen. Nach Untersuchung der beiden
fraglichen Korallenstöcke des Dresdener Museums kann für
mich kein Zweifel bestehen, dass dieselben zu einer Art und .
zwar. zu Oyathophyllum caespitosum gehören. \Die innere Structur
ist vortrefflich erhalten und enthält weder die für Lithostrotion
charakteristische Columella, noch die kurzen, unvollständigen
Septa von Oyathophyllum (Diphyphyllum auct.) concinnum. Wenn
DALNMER u. a. behauptet °), dass „auch bei Oyathophyllum caespi-
tosum der Centraltheil des Kelches Blasengewebe aufweist“, so
zeigt diese Bemerkung nur, dass er über den inneren Bau der
fraglichen Koralle bisher noch nicht in’s Klare gekommen ist.
Da Cyathophyllum caespitosum sonst als eine der wich-
tigsten und verbreitetsten *) Leitformen des oberen Mittel- und
unteren Oberdevons betrachtet werden muss, so ist kaum an-
zunehmen, dass dieselbe bei Wildenfels bis in den Culm
hinaufreicht.
1) Dieser Band pag. 21.
?) Diese Zeitschrift 1884, pag. 379 ff., 661 ff., 876 ff.
le es par. 818:
*) Die Fundorte sind zusammengestellt in diesem Bande pag. 34.
947
Zu pag. 35. Cyathophyllum Kunthi Dames, das ich bisher
für eine Öberkunzendorfer Localform halten musste, kommt
nach einem Exemplare des Breslauer Museums auch bei Tor-
quay in Devonshire vor. Die Zahl der den deutschen Ober-
devonschichten und dem Torquay limestone gemeinsamen Ober-
denvonkorallen erhöht sich somit auf 16.
Zu pag. 70. Mit Decaphyllum zunächst verwandt ist
die Gattung Hydnopkora FiscH. v. WıarpH. aus dem Moskauer
Kohlenkalk, wie die Untersuchung einiger Stücke des Bres-
lauer Museums lehrte. Den Hauptunterschied der oberdevo-
nischen Gattung bildet die charakteristische Zahl und An-
ordnung der Septa — vorausgesetzt dass auch Decaphyllum
ein echtes Öoenenchym besitzt, was allerdings sehr wahr-
scheinlich ist. Ein mit beiden Gattungen nahe verwandtes,
von Hydnophora schwer zu trennendes Genus ist dann Dar-
winia. Ein gemeinsames Kennzeichen für alle diese Formen
bildet das isolirte Vorkommen von Kelchen innerhalb des
blasigen Coenenchyms. Nach dem Vorgange von LinDSTRÖM
ist übrigens für Darwinia Dybowski und Strombodes M. Epw.
et H. der ältere Name Arachnophyllum Daxa einzusetzen. !)
Dann lässt sich die Gattung aus dem Untersilur (Arachno-
phyllum speciosum Dy». sp.) durch das Obersilur (Ar. typus
M. Epw. et H. sp. und diffluens M. Epw. et H. sp.) und das
Mitteldevon (Ar. peramplum Scauür. sp.) bis in’s Oberdevon
(Ar. rhenanum SCHLÜT. sp.) verfolgen.
Zu pag. 105. Favosites fibrosa. Calamopora fibrosa var.
globosa GOLDF. gehört, wie die mikroskopische Untersuchung
zahlreicher Stücke von dem typischen Fundort (Geeser Bach
unweit Gerolstein) ergiebt, zu Monticulipora, da Verbindungs-
poren vollständig fehlen. Die oberdevonische Art wäre daher
neu zu benennen. Leider kann ich über die Merkmale der-
selben nichts Weiteres mittheilen, da die von Damzs (|. c.)
beschriebenen Stücke trotz mehrfacher Bemühungen nicht mehr
aufzufinden waren. Wahrscheinlich steht die Oberkunzendorfer
Form der nachfolgenden neuen Art nahe:
Favosites dillensis nov. sp. (Fig. 1 u.2 umstehend).
Korallenstock massig, aus parallel angeordneten Röhren
bestehend. Kelche klein, ohne Septaldornen, unregelmässig
polygonal, 44 auf !/, [Jem. Wände verhältnissmässig dick.
Böden dicht gedrängt, meist unregelmässig, schräg gestellt
oder concav. Poren klein, ziemlich häufig.
Die Art wurde im untersten Oberdevon (Schalsteinconglo-
1) Zu derselben Gattung gehören Vesicularia RominGer (Devonian
Corals t. 49) und Piychophyllum (2) palmatum Maurer (Fauna der Kalke
von Waldgirmes t. 1, f. 24).
96*
948
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Favosites dillensis nov. spec. Unterstes Oberdevon. Haiger. 30:1.
merat) zwischen Haiger und Sechshelden auf dem rechten
Ufer der Dill und an den Löhren bei Dillenburg gefunden.
Geologische Landesanstalt und meine Sammlung. !)
Um die zoologische Stellung der Art besser würdigen zu
können, mögen noch einige nahe verwandte Formen aus dem
Mitteldevon beschrieben werden.
Favosites raripora NOV. Spec.
Figur 3.
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Favosites raripora n. sp. Mittlere Stringocephalenschichten.
Freilingen i. d. Eifel. 15:1.
Kugelförmig. Kelche mit schwach verdickten Wänden,
unregelmässig begrenzt, 16 auf /, []cm. Septaldornen fehlen.
Die Grenzlinien der einzelnen Kelche deutlich innerhalb der
!) Die Originalexemplare zu den nachfolgenden Abbildungen be-
finden sich zumeist in meiner Sammlung.
949
verdickten Wände zu unterscheiden. Wandporen noch seltener
als bei der vorher genannten Art; auch die Querböden sind
weniger häufig.
Von der vorher beschriebenen Art unterscheidet sich F.
raripora durch die Grössenverhältnisse sowie die geringere
Häufigkeit der Böden und Poren. Von der ziemlich gleich
grossen F. reticulata (Taf. 11, Fig. 4 in meiner früheren Arbeit)
ist die vorliegende Species durch das Fehlen der Septaldornen,
den geringeren Betrag der Wandverdickung und vor Allem
durch die Verschiedenheit der äusseren Form unschwer zu
trennen.
Favosites raripora wurde im Korallenmergel (mittlere Strin-
gocephalenschichten) bei Freilingen (Eifel) gesammelt.
Fav. dillensis und raripora schliessen sich durch die äussere
Form und die Gestaltung der Röhrenwände zunächt an Fav.
Gotlandica (im Sinne NıcHorson’s) an, leiten aber andererseits
zu den nachfolgenden Arten über.
Favosites radiciformis QUENST. sp. (?)
— ?Chaetetes radiciformis QuUENSTEDT, Korallen pag. 83, t. 146, f. 30.
Figur 5.
NEAR
©,
N
\
NEN NG AA
Favosites radieiformis QuENsST. sp. Obere Öalceolaschichten.
Esch in der Eifel. 30:1.
Ein im unteren Korallenkalk (obere Calceolaschichten)
von Esch (Eifel) gesammelter Korallenstock stimmt in Bezug
auf die äussere Form und den ziemlich regelmässigen, sechs-
seitigen Umriss der Kelche mit der eitirten Abbildung ganz
gut überein. Die mikroskopische Untersuchung lässt zerstreut
stehende Wandporen erkennen, so dass die Art nicht bei
Chaetetes belassen werden kann. Die Röhrenwände sind dünn,
die Querböden regelmässig und dicht gestellt. In Bezug auf
die Grössenverhältnisse steht die vorliegende Art zwischen
950
Favosites dillensis und stromatoporoides,;, man zählt ca. 100
Kelehe auf '/, []Jem.
Favosites stromatoporoides F, Ron. sp.
1883. = Chaetetes stromatoporoides F. RoeMEr. Lethaea palaeozoica,
pag. 459
— Favosites piliformis SCHLÜTER, Sitzungs-Ber. Niederrhein.
Ges. 1885, pag. 144, Anm.
Favosites stromatoporoides F. Roem. sp. Obere Oalceolaschichten
Auburg bei Gerolstein. 30:1.
Die feinzelligste bisher bekannte Favositiden- Art; man
zählt durchschnittlich 150 Kelche auf Y, [jem. Die Koralle
bildet Platten bis zu 3 cm Dicke und 8 cm Durchmesser. Die
Kelchwände sind dünn. Septaldornen fehlen. Die Querböden
sind fein und dicht gestellt; bei ungünstiger Erhaltung fehlen
sie oft scheinbar. Die Poren sind zahlreich und ungewöhnlich
weit. Die Unterschiede von den vorher beschriebenen Formen
ergeben sich somit von selbst.
Die Art findet sich ziemlich häufig in den oberen Calceola-
schichten (unteren Korallenkalk E. ScHuLz), am Auberg bei
Gerolstein und ist nicht selten von Pachytheca stellimicans oder
Stromatoporen, zuweilen auch von beiden zugleich, über-
wachsen. Untersucht wurden 20 Exemplare und 13 Dünn-
schliffe.
Durch die Untersuchung von Originalexemplaren ScHLü-
TERS") und F. Rormer’s konnte ich die Uebereinstimmung der
oben genannten Arten nachweisen.
Zu pag. 106, erster Absatz. sStriatopora subaequalis M.E.
et H.sp., Taf. IX, Fig. 7,7a (im Text aus Versehen als Stria-
1) Auf der geologischen Ausstellung in Berlin 1885.
951
topora ramosa STEIN. sp. bezeichnet), findet sich noch im un-
tersten Oberdevon (Schalstein - Conglomerat) zwischen Haiger
und Sechshelden (Nassau).
Zu pag. 111 (nach Pleurodietyum). Die Gattungen Chae-
tetes und /Wonticulipora sind bisher im Oberdevon noch nicht
gefunden; es mögen daher 2 von Ferques stammende Arten
hier kurz beschrieben werden. In der Abgrenzung der beiden
Gattungen folge ich vorläufig NıscoLsox !), muss allerdings
bemerken, dass die Trennung von Chaetetes und Monticulipora
auf Grund der mehr oder weniger fortgeschrittenen Verschmel-
zung der Röhrenwände kaum begründet sein dürfte.
Monticulipora (?) boloniensis nov. Sp.
Figur 8.
Monticulipora boloniensis nov. Sp. Oberdevon. Ferques
bei Boulogne. 30:1.
Bildet kleine Stämmchen von 5 mm Durchmesser. Die
punktförmigen Kelche sind auf der Oberfläche scheinbar durch
Zwischenräume getrennt. Im Querschnitt erkennt man jedoch,
dass diese Zwischenräume durch kleinere Kelche ausgefüllt
sind, die sich nur im peripherischen Theile des Stammes
finden und somit, entsprechend der Deutung F. Rornmer’s, wohl
als junge Individuen anzusehen sind. Die Wände der Kelche
sind im centralen Theile des Stammes haarfein und erscheinen
nur in dem nach aussen gebogenen peripherischen Abschnitte
durch Anlagerung von Sclerenchym verdickt. Die Begrenzung
der Kelche ist in der Mitte der Koralle in Folge des gegen-
seitigen Druckes unregelmässig polygonal; nahe dem Rande
1) „Tabulate Corals“ und besonders „on the structures and affinites
of the genus Monticulipora“,
952
sind die grossen Kelche rund und durch eine einfache Lage
kleinerer Individuen von einander getrennt. Die Begrenzung
der Kelche erscheint etwas unregelmässiger als es in einem
Tangentialschnitt der Fall sein würde.
Im axialen Längsschnitt erscheinen die jüngeren Indivi-
duen in Folge ihrer sehr geringen Längserstreckung meist nur
als blasenförmige Einschiebungen zwischen den älteren Kelchen.
Querböden konnten in den ersteren nur selten beobachtet wer-
den; auch dem centralen Theil der letzteren fehlen sie gänzlich
und erscheinen nahe der Oberfläche nur in beschränkter An-
zahl. „Spiniform corallites* wurden nicht beobachtet.
Vorkommen im unteren Oberdevon von Ferques bei Bou-
logne sur mer. Breslauer Museum.
| Wie sich aus der vorstehenden Beschreibung ergiebt,
‚würde Monticulipora boloniensis zu dem Subgenus Zeterotrypa
NicHoLsox gehören, wenn man die Eintheilung des genannten
Forschers annimmt. Zunächst verwandt ist die oberdevonische
Art mit Monticulipora (Heterotrypa) nodulosa NiıcHoLs. aus dem
Untersilur von Cineinnati.!) Die erstere unterscheidet sich
durch die geringe Länge der jungen Individuen und die Selten-
heit der Böden; die Gestalt der Kelche im Querschnitt ist da-
gegen überaus ähnlich. Die beiden bekannten hierher gehörigen
Arten stammen aus dem Silur, der Hamilton group und dem
Untercarbon.
Chaetetes.
Monticulipora Torrubiae M.E.etH. Typische Form.
= Ühaetetes Torrubiae Vern. et H. pag. 269. Pol. Pal. t. 26, f. 5.
Figur 9.
7)
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4
IM
26,
pp M
7
LITE]
7
)
Montieulipora Torrubiae M. Epw. et H. var. nov. borussica. Mittel-
devonisches Geschiebe. Umgegend von Königsberg. 30:1.
D) n the structure and affinities of the genus Montieulipora, t. 1,
953
Die Untersuchung einiger Exemplare aus der Eifel, die mit
der eitirten Abbildung durchaus übereinstimmen, lassen die Zu-
rechnung der Art zu Monticulipora (Monotrypa) als zweifellos
erscheinen. Eine Fistulipora, die NıcHoLson und Foorp !) neuer-
dings auf die genannte Art bezogen haben, ist daher neu zu
benennen. Monticulipora Torrubiae unterscheidet sich von
Mont. globosa äusserlich durch die baumförmige Gestalt, das
Auftreten deutlicher Maculae und die geringere Grösse der
Röhren; auch der innere Bau ist insofern verschieden, als bei
Mont. Torrubiae die Röhrenwände dicker und die Böden viel
zahlreicher sind wie bei der anderen Form.
Eine in Bezug auf die innere Structur durchaus mit Mon-
ticulipora Torrubiae übereinstimmende Art findet sich häufig in
den mittdevonischen Geschieben Preussens zusammen mit
Spirifer Archiaci, Rhynchonella livonica, Strophalosia productoides
etc. Jedoch fehlen dieser Form die Maculae vollständig und
die äussere Gestalt ist unregelmässig ästig oder blattartig.
Wegen des erstgenannten Merkmals glaube ich die preussische
Koralle als eine Varietät (var. borussica) der am Rhein, in
Frankreich und Asturien verbreiteten Art betrachten zu müssen.
Die Untersuchung der ersteren wurde mir durch die Zuvor-
kommenheit des Herrn Dr. Jestzsch in Königsberg ermöglicht.
Chaetetes amphistoma n. Sp.’)
Figur 10.
Chaetetes amphistoma n.sp. Oberdevon, Ferques. 30:1.
Blattförmig, allseitig mit den 5—6eckigen Kelchöffnungen
besetzt. Im Querschnitt zeigt der Korallenstock einen ausge-
sprochen zweitheiligen Bau: Durch die Mitte läuft eine Tren-
1) Fistulipora. Ann. Mag. Nat. Hist., Dec. 1885, pag. 509.
2) Mit Beziehung auf die Lage der Kelchöffnungen auf allen Seiten
des Korallenstocks.
954
nungsebene, von der aus die alternirend gestellten Röhren nach
beiden Seiten ausstrabhlen. Die Kelchwände sind, abgesehen
von dem innersten Theile, verdickt, zeigen aber keinerlei Tren-
nungsebene. Nach der Mündung zu verdünnen sich die Wände
wiederum. Die Böden stehen dicht gedrängt. Die für Chae-
tetes charakteristischen zackenartigen Hervorragungen innerhalb
der Kelche wurden nicht beobachtet.
An den bisher bekannten Chaetetes-Arten ist die beschrie-
bene Anordnung der Röhren nicht bekannt. Dagegen zeigt
Z. B. Monticulipora paronia D’Ore. !) einen ganz Ähnlichen Auf-
bau des Korallenstocks. Jedoch sind hier, abgesehen von
anderen Unterschieden , deutliche Trennungslinien innerhalb
der Kelchwände beobachtet.
Chaetetes amphistoma findet sich im unteren Oberdevon
von Ferques. Breslauer Museum.
Zunächst verwandt ist Chaetetes amphistoma mit der nach-
folgend zu beschreibenden Form des Mitteldevons.
Chaetetes crinalis SCHLÜT. sp.
1880 —= Calamopora crinalis SCHLÜTER, Sitz.-Ber. d. Niederrhein. Ges.
Bd. 37, pag. 231.
Figur 11.
Chaetetes crinalis Scatöür.sp. Mitt- Desgl. Oberer Korallenkalk (Mitt-
lerer Korallenkalk (Unt. Stringoce- lerer Stringocephalenkalk). Bern-
phalenschichten). Loogh i.d. Eifel. dorf i. d. Eifel. (Von SCHLÜTER
30% bestimmt.) 30:1.
Plattenförmig oder als rindenförmiger Ueberzug auf frem-
den Körpern, meist von beträchtlicher Ausdehnung. Röhren-
wände dick; das Lumen der polygonalen Kelche von rund-
1) NıcHoLson, Monticulipora, pag. 197, f. 41.
955
Figur 13.
Chaetetes crinalis. Stringocephalenkalk. Paffrath. 30:1.
licher Form. Querböden zahlreich und regelmässig. Zacken-
artige Hervorragungen im Kelche fehlend.
Die Grösse der Kelche ist auch innerhalb desselben
Stockes ziemlichen Schwankungen unterworfen, umsomehr als
die Wände nicht überall gleichmässig verdickt sind. Man
zählt im Längsschnitt auf /, cm 7—9 Kelche. Eine Grenz-
linie innerhalb der Röhrenwände ist niemals wahrzunehmen.
Die Angabe von NıcHoLson, dass in der Eifel eine Chaetetes-
Art!) vorkäme, bezieht sich vielleicht auf die vorliegende
Form.
Durch die Güte des Herrn Geheimrath RoEmEr wurde
mir die Untersuchung eines durch SCHLÜTER selbst bestimmten
Exemplars der „Calamopora“ crinalis ermöglicht. Ich habe
weder an den diesem Stücke entnommenen Dünnschliffen noch
an sehr zahlreichen anderen Präparaten eine Spur der für
Calamopora charakteristischen Wandporen entdecken können.
Chaetetes amphistoma unterscheidet sich durch die charakte-
ristische Art des Wachsthuns.
Ich sammelte Chaetetes crinalis in den unteren Bänken des
oberen Korallenkalkes (mittlere Stringocephalenschichten) bei
Berndorf unweit Hillesheim (Eifel), von wo auch ScHLÜTERr die
Art zuerst beschrieben hat; ferner im mittleren Korallenkalk
(obere Stringocephalenschichten) von Loogh bei Hillesheim.
Endlich kommt (Chaetetes crinalis bei Paffrath im selben oder
etwas höheren Niveau vor (nach einem von BEYRicH gesam-
melten Stück der Berliner Sammlung).
ı) Tabulate Corals pag. 262.
956
Der Vorläufer von Chaetetes crinalis ist
Chaetetes tenuis nov. sp.
Figur 14. Figur 15.
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Chaetetes tenuisn.sp. Obere Oalceola- Desgl. Obere Calceolaschichten.
schichten. Schmidtheim i. d. Eifel. Walsdorf i.d. Eifel. 30:1.
all
Bildet Zuckerhut-artige oder unregelmässige Massen. Wände
dünner (tenuis) als bei Ch. crinalis. Umriss der Kelche eckig.
Querböden zahlreich. Grösse der Kelche geringer als bei der
vorher beschriebenen Art. Man zählt im Längsschnitt 7 —9
Röhren auf '/, cm. Da in den Röhrenwänden keine Spur-
einer Grenzlinie zu sehen ist, dürfte auch diese Art zu Chae-
tetes zu rechnen sein. |
Vorkommen in den oberen Calceolaschichten ( unterer
Korallenkalk) von Schmidtheim und Walsdorf bei Hillesheim
(Eifel).
In der Crinoidenschicht von Blankenheim (Eifel) findet
sich nicht selten eine mit der soeben beschriebenen Art we-
sentlich übereinstimmende Form (siehe Figur 16). Die innere
Structur ist ganz ähnlich, nur sind die Kelche noch kleiner;
man zählt im Längsschnitt 16 auf '/, cm. Infolge dessen
ist der Umriss der Form mehr gerundet. Man könnte die
Form vielleicht als Chaetetes tenuis var. minor bezeichnen,
da der Grössenunterschied beständig bleibt und das geolo-
gische Alter verschieden ist. Bemerkenswerth ist bei diesen
überaus feinzelligen Chaetetes- Arten die Grösse der Korallen-
stöcke; so misst ein Exemplar der beschriebenen Varietät bei
7 cm Durchmesser 4, cm an Höhe und das grösste Stück
der Hauptform bei 3'/, cm Durchmesser 15 cm an Länge.
Zu pag. 116, Mitte. Durch weitere Untersuchung mittel-
und oberdevonischer Stromatoporen habe ich mich überzeugt,
En BEE
957
Figur 16.
Chaetetes tenuis var. n. minor. Crinoidenschicht.
Blankenheim in der Eifel. I
dass die auf pag. 117 (unten) abgebildete Form mit Stroma-
topora concentrica nicht vereinigt bleiben kann, sondern eine
besondere Art darstellt. Der Unterschied besteht in der
grösseren Länge und Dicke der Verticalsäulchen, wie ein Ver-
gleich etwa mit der vortrefflichen Abbildung bei F. MAURER!)
darlegt. Dieselbe Verschiedenheit trennt Stromatopora indubia
MauUR. ?) und turgidecolumnata Maur.?) von Stromatopora con-
centrica, während mir andererseits die Unterschiede der beiden
'erstgenannten Formen nicht für eine specifische Trennung hin-
zureichen scheinen. Die Entfernung der Horizontallamellen von
einander unterliegt bei Stromatopora sogar innerhalb desselben
Stockes nicht unbeträchtlichen Schwankungen und die schwä-
chere Ausbildung der horizontalen Lagen bei Stromatopora
indubia ist vielleicht nur die Folge mangelhafter Erhaltung,
unter keinen Umständen jedoch von entscheidender Wichtigkeit.
Der angeführte Holzschnitt in meiner Arbeit unterscheidet
sich von den Abbildungen MaAurer’s (insbesondere Fig. 4) durch
etwas grösseren Abstand der Verticalsäulchen. Jedoch ist auch
dieses Merkmal, wie meine sehr zahlreichen Stromatoporen
beweisen, für die Unterscheidung der Arten ziemlich bedeu-
tungslos. Ich fasse also Stromatopora indubia MAUR., turgide-
columnata Maur. und die oberdevonische Form unter dem
ersteren Namen zusammen. Von Interesse ist das Vorkommen
einer sehr nahe verwandten, wenn nicht übereinstimmenden
Form bei Torquay.
2) F.Maurer, Fauna der Kalke von Waldgirmes t. 2, f. 13 (Strom.
concentrica).
rat 3, 123:
2). Sr FE
958
Ausser Stromatopora indubia findet sich die typische Str.
concentrica als Seltenheit bei Grund, dagegen häufig und in
vortrefflicher Erhaltung in den dem untersten Oberdevon an-
gehörigen Schalsteinconglomeraten von Haiger bei Dillenburg.
Hier wurde auch neuerdings Stromatopora indubia gefunden.
Zu pag. 122 (drittletzte Zeile). Die Bemerkung über das
Erlöschen der Gattung Heliolites im Oberdevon ist nach einer
mir anfangs entgangenen Beobachtung von Gosserer !) dahin
einzuschränken, dass Heliolites porosa GoLpr. allerdings nur
bis in die Uneitesschichten (oberer Stringocephalenkalk) von
Bergisch Gladbach hinaufreicht. Jedoch kommt im Frasnien
von Engis (Belgien) eine durch grösseren Durchmesser der
Kelche ausgezeichnete, noch unbenannte Art von Heliolites vor.
Zu pag. 126 (unten). Cladochonus tubaeformis habe ich
neuerdings auch bei Grund gefunden. Da dies jedoch ein ganz
vereinzeltes Vorkommen unter den Hunderten von dort ge-
sammelten Korallen ist, so werden die Bemerkungen über das
charakteristische Auftreten bestimmter Gattungen in Tiefsee-
ablagerungen ebensowenig hinfällig, wie etwa durch das ver-
einzelte Auftreten einer Petraia bei Oberkunzendorf.
Durch: die vorstehenden Nachträge wird die Zahl der
oberdevonischen Gattungen um 3, die der Arten um 6 ver-
mehrt, von welchen letzteren 2 bereits im Mitteldevon vor-
kommen. Die Auffindung von Fistulipora?) und Zaphrentis,
welche beide in älteren und jüngeren Schichten auftreten, ist
ausserdem noch zu erwarten.
1) GossELe'r, le calcaire de Givet. Ann. soc. geol. du Nord, VI, p. 11.
°, Nur aus Amerika bekannt.
959
8. Zur Kenntniss der Bildung und Umbildung
von Silicaten.
Von Herrn J. Lenserg ın Dorpat.
1. Die früher angestellten Versuche (diese Zeitschr. 1883,
pag. 614) hatten Pectolith-artige Silicate von wechselnder Zu-
sammensetzung ergeben; im Folgenden wurde die Herstellung
des Na-reichsten Pectoliths angestrebt, und da schon reines
Wasser etwas Natron von der Verbinduug abspaltet, so war
bei den Versuchen die Einschränkung von Wasser auf die
kleinste Menge geboten. Es wurden je 30 grm des krystalli-
sirten Natronsilicats (Na,0, SiO,, 8 H,O) vorsichtig im Kry-
stallwasser geschmolzen, in die flüssige Masse 2—3 grm nach-
stehender, feingepulverter Stoffe eingerührt, und dann im Digestor
bei einer Tenıperatur von 190—200° 78 Stunden erhitzt.
No. 1. Datolith von Andreasberg.
No. la. Wollastonit von Orawitza.
No. 1b. Gyps.
No. 1c. GaCO, (durch Fällung von CaCl, - Lösung her-
gestellt), die Digestion dauerte 100 Stunden.
In allen Fällen hatten sich zu Büscheln und Garben ver-
einigte feine Nadeln gebildet, mehr oder weniger vermengt mit
unregelmässigen, das Licht doppeltbrechenden Körnern. Den
gebildeten Pectolith-artigen Silicaten wurden die löslichen Stoffe
durch kaltes Wasser entzogen.
No-als. No la: No.ib:. Noslc.
BO Be AA er 5556
SiO, ... 53,31 53,45 53,90 54,06
Ca ... 27,34 26,97 27,22 26,88
0.118,03. .12,14 :,12,79.,218,50
39,42 100 100 100
Wenn auch diese Siliecate nicht gleichartige Individuen,
sondern Gemenge sind, so darf man doch annehmen, dass der
") Alle in dieser Arbeit mitgetheilten Analysen wurden an luft-
trocknem Material ausgeführt.
960
Na-reichste Pectolith Ca und Na zu gleichen Atomen enthält
(in’No. 1: Na :i@Cas= 1:1,16, in. No: Te: 9 saelleiehr
besitzt er gleiche Constitution mit dem Okenit.
Okenit = CaSiO, + H,SiO, + H,O
Na-reichster Pektolith = CaSiO, + "°SiO, + nH,0.
2. Frühere Versuche zur Herstellung überbasischer Na-
Silicate waren erfolglos geblieben, bei Anwendung sehr con-
centrirter Lösungen gelingt jedoch die Darstellung; alle Ver-
suche wurden im Digestor bei einer Temperatur von 195— 205°
angestellt.
No. 2. Kaolin von Karlsbad, 78 Stunden mit KHO-Lö-
sung von 37 pCt. behandelt ; amorphes Silicat, dessen chemische
Zusammensetzung sich durch folgende Formel ausdrücken lässt:
K,0 ALO, 2SiO0,.
35 grm Na,0 SiO, 8 H,O wurden im Krystallwasser vor-
sichtig geschmolzen und in der flüssigen Masse soviel reines
NaHO aufgelöst, dass die Zusammensetzung derselben sich
durch folgende Formel ausdrücken liess: 2 (Na,O), SiO,, 9 H,O.
In diese Flüssigkeit wurden 3 grm des Silicats No. 2 einge-
rührt und 102 Stunden erhitzt; unter Austausch von K gegen
Na hatte sich das amorphe Silicat No. 2a gebildet. Es wur-
den ferner folgende Minerale mit einer 56 pCt. NaHO füh-
renden Lauge behandelt: !)
Kaolin von Karlsbad, 102 Stunden; es hatte sich ein
Gemenge von Silicaten gebildet. n
No. 2b. Grössere, doch schlecht ausgebildete Krystalle,
die sich durch Schlämmen recht gut von einem feinkörnigen
Pulver trennen liessen; letzteres bestand zum geringsten Theil
aus sehr kleinen Krystallen des Silicats No. 2b, meist aus
einem amorphen Silicat von der Zusammensetzung: NO,
AL,O,, 2 SiO,, nH,O0.
No. 2c. Eläolith von Brewig; 78 Stunden.
No. 2d. Derselbe Versuch wiederholt; 126 Stunden. In
diesen beiden Versuchen hatten sich vorherrschend kleine
Krystalle gebildet, eine Trennung durch Schlämmen war jedoch
nicht ausführbar; die schlecht entwickelten Krystalle gehören
dem regulären System an: vorherrschend Rhombendodekaöler,
weniger Tetraöder und vielleicht auch Trigondodekaöder; auch
sehr spärliche Durchkreuzungszwillinge von Tetra@dern wurden
beobachtet. Der Ueberschuss von NaHO- und Na, SiO,-
Lösung wurde durch Behandeln mit kaltem Wasser und
1) Bei 100 stündiger Einwirkung einer Lauge von 69 pCt. NaHO
auf das Silicat No. 2, war letzteres vollkommen gelöst worden.
961
Auswaschen auf den Saugfilter entfernt; warmes Wasser, so
wie zu langes Auswaschen ist zu vermeiden, weil von den
Silicaten durch H,O etwas NaHO abgespalten wird. Ein
Silicat von der Formel
3 (Na,0 Al,O, 2SiO,) + 2 (NaHO) + H,O
besitzt die unter A aufgeführte procentische Zusammensetzung!);
vielleicht hat obiges Silicat eine ähnliche Constitution, wie die
früher (1883, pag. 596) untersuchten Ultramarine, wenn man
sich die Gruppe NaHO durch NaSH ersetzt denkt.
No.2. No. 2a. No. 2b. No. 2c. No. 2d. A.
BE en ar 687: 5.7. 6.86 5,87
SiO, ... 36,74 35,56 36,25 36,63 36,12 37,19
A, 2212, 31.30.3142: -31,05: 31,16 31,62
EN 0,
K,O .... 29,67
Na,0... — 24,80 26,05 25,29 24,99 25,62
99,57 98,38 100,59 99,76 99,65 100
Bei der Einwirkung von Barythydrat- und Caleiumchlorid-
Lösung auf das Silicat No. 2 bilden sich Verbindungen, die
noch basischer sind als das obige Na-Silicat, auch wurden oft
gut entwickelte Krystalle erhalten, immer aber dermassen mit
amorphen Substanzen vermengt, dass eine Sonderung bis jetzt
nicht gelang.
3. In der früheren Arbeit (1885, pag. 591) wurde ange-
deutet, dass das Silicat nn AL,O, 2SiO, sich möglicher-
dee
weise gern mit anderen Silicaten vereinigt, und sind zur Be-
gründung dieser Vermuthung folgende Versuche angestellt. Es
wurden in je 40 grm des im Krystallwasser geschmolzenen
Na,0 SiQ, 8H,0O je 5—5 grm der nachstehenden Silicate
eingerührt und dann im Digestor bei 200° 100 Stunden erhitzt;
durch kaltes Wasser wurde das überschüssige Na-Silicat der
neugebildeten Verbindung entzogen; warmes H,O und zu langes
Auswaschen ist zu vermeiden, weil das Silicat unter NaHO-
Spaltung etwas zerlegt wird.
No. 3. Kaolin von Karlsbad.
No. 3a. Das früher (1883, pag. 579) analysirte Silicat
No. 1 (Hydrat eines Na- Anorthits); in beiden Fällen bildete
sich ein amorphes Pulver, in allen folgenden Versuchen wurden
2) Es sind die Atomgewichtszahlen nach den Berechnungen von
L. MEvyer und SEUBERT benutzt.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XXXVIL 4. 57
962
neben runden Körnern weit überwiegend stark üpB I
feine Säulen erhalten.
No. 3b. Das später unter No. 11 analysirte K-Silicat.
No. 3c. Das Silicat No. 2c.
No. 3d. Eläolith von Brewig.
No. de. Analcim von Fassa.
No. 3f. Leucit vom Vesuv.
No. 3g. Albit von Viesch.
Ein Silicat von der Formel:
3 (Na,0 Al,O, 2Si0O,) + Na, SiO, + 3 H,O
besitzt die procentische Zusammensetzung: A; ein Silicat von
der Formel: 3 (Na,0 AI,O, 2 SiO,) ie Na, SiO, + 4 H,O
besitzt die procentische Zusammensetzung: B.
No.3. No. 3a. No. 3b. No.3c. No. dd.
H0....668. 637. .700 os
SiO, ... 40,30 39,54 40,42 39,43 40,59
Al,O, . . 29,31 29,39 29,22 28,69 28,55
Na,0... 22,61 23,14 2341 24,21) 23,51
98,90 98,44 100,07 99,21 99,48
No. de. No. 3f. No. dg. A. B.
H,0,.440: 16389
S0,..41.40532..,,40,52 -.40,84, A086 7 A0
ALO, .. 29,16 29,60 29,25 29,78 29,27
N3,0 .. 23,34 21,08 22,70 . 312 93
39,20 98,64 99,73 100 100
Man könnte dieses Silicat als einen Oancrinit?) deuten,
der statt Na, CO, : Na, SiO, enthält.
4. Das Verfahren, in ihrem Krystallwasser geschmolzene
Salze auf Silicate bei hoher Temperatur einwirken zu lassen,
wurde noch in folgenden Fällen erprobt, und empfiehlt sich
dasselbe vielleicht überall, wo die sich bildenden Silicate zum
Theil durch Wasser zerlegbar sind.
Es wurde Na, CO, 10 H,O zerlassen und in die Flüssig-
keit eingerührt:
!) Darin 0,90 pCt. CaO.
>) In der Küheten Arbeit (1883, pag. 576) wurde angedeutet, dass
die Na-reichen Augite und Hornblenden vorherrschend mit anderen Na-
reichen Silicaten vergesellschaftet sind; diese Vermuthung hat eine
neue Stütze gefunden durch das von TÖRNEBOHM (N. Jahrbuch f. Miner.
1884, 1, pag. 230) beobachteten Zusammenvorkommen von Nephelin und
Cancrinit mit Aegirin im Nephelinsyenit.
963
No. 4. Das Silicat No. 2.
No. 4a. Eläolith von Brewig.
No. 4b. Das Silicat No. 2 in zerlassenes Natriumborat
(Na,0 B,0, 8H,0) eingerührt.
In allen Fällen wurden auf je 50 grm Na-Salz 3 grm
Silicat genommen und 100 Stunden bei 200° erhitzt; alle
Producte waren amorph.
No.4. No.4a. No. 4b.
Bora 090. 6,84. 7,30
oe yon 3730. 33,70
ALO, .. 30,86 28,65 29,45
BO a
NE a
Ne ee)
99,51 99,85 99,34
5. Nachdem schon in der früheren Arbeit (1883, p. 589)
festgestellt war, dass bei der Einwirkung von Na, CO,-Lösung
auf K,O A1,O, 2SiO,, neben Ersatz von K durch Na, auch
eine gleichzeitige Addition von Na, CO, stattfindet, war es
interessant zu erfahren, ob auch andere Na-Salze sich ähnlich
verhalten, und gelangten, ausser dem obigen K-Silicat, auch
andere zur Verwendung. Alle Versuche fanden bei 200—210°
statt und führten die einwirkenden Lösungen 15 pCt. Salz.
Es wurden mit Na, SO,-Lösung behandelt:
No. 5. Silicat No. 2, 175 Stunden.
No. 5a. Anorthit vom Vesuv; 175 Stunden; das stark
zusammengebackene, amorphe Pulver zeigte unter dem Mi-
kroskop spärliche, unveränderte Anorthittheilchen und gehören
die 6,52 pCt. CaO zum kleinsten Theil den letzteren an; es
muss sich eine Doppelverbindung von Na-,„und Oa-Silicat ge-
bildet haben, die bei längerer Behandlung mit Na, SO,-Lösung
völlig in eine Na-Verbindung umgewandelt wird; zu weiteren
Versuchen fehlte es leider an reinem Anorthit. Der abge-
schiedene CaSO, ?) wurde durch NaÜl-Lösung entzogen.
No. 5b. Der in einer früheren Arbeit (1876, pag. 982)
analysirte Kalkcancrinit 544 Stunden behandelt; unter dem
Mikroskop keine unveränderten Theilchen wahrnehmbar. Die
abgeschiedenen CaCO, und CaSO, wurden durch NH,CI-Lö-
1) Na3,0 B,0;.
?) Setzt man nach der Entziehung des Gypses die Behandlung mit
NaCl- resp. NH,CI-Lösung fort, so gehen immer Spuren von CaO und
H,S0, in Lösung, die jedoch aus dem Silicat stammen.
57*
964
sung entzogen und der Rückstand mit NaCl-Lösung behandelt,
um gebildetes Ammoniak-Silicat in Na-Silicat zurückzuführen.
Kläolith von Brewig zeigte nach 200stündiger Behandlung
mit Na, SO,-Lösung kaum eine Veränderung, nur Spuren von
SO, waren aufgenommen. Um die Umwandlung zu beschleu-
nigen, wurde der Eläolith zuerst zu Glas geschmolzen und dann
175 Stunden mit Na, SO,-Lösung behandelt: No. 5c.
No.9.° -N0!92. : No: 5b. No. 9e
0. 53700: 8,99: 4,58: Ya
SiO,..... 34,08 37,33 34,80 34,96
ALO,°2 2299,67 30,15:0% 99,61.) 2759
GO 6,32 3,39 0,40
Na,0 21°. 17,85. ° 15,15) 18,31 0:46,30
Na, SO22.211,86 6,519 28
98,33 99,09 98,96 99,74
Aus dem gleichen Verhalten gegen Na,SO, darf man viel-
leicht vermuthen, dass der Anorthit, der Kalkcancrinit und
das Silicat No. 2 wesentlich gleich constituirt sind, namentlich
dass der CaCO, im Kalkcancrinit und das Na, SO, im Silicat
No. 5b dieselbe chemische Bedeutung haben. Auch für die
Deutung geologischer Umwandlungs - Erscheinungen sind diese
Versuche verwerthbar. Wird eine Felsmasse, die Anorthit
oder glasig erstarrten Nephelin führt, von heissen Na, SO,-
Lösungen durchsickert, so müssen sich obige, Ittnerit -artige
Minerale bilden. Der Ittnerit gilt für ein Gemenge von Zer-
setzungsproducten des Hauyns und namentlich soll Gismondin
ein Bestandtheil desselben sein; allein wie ZırkeL (Elem. d.
Min. 1885, pag. 613) bemerkt, müssten dann manche Ittnerite
zur Hälfte aus Gismondin bestehen, wogegen schon der Augen-
schein streitet. Um die Frage zu entscheiden, empfiehlt es
sich, Versuche über Umwandlung des Gismondins anzustellen
und zu sehen, ob man aus lIttnerit dieselben Umbildungen
erhält.
No. 5d. Zu Glas geschmolzener Eläolith mit NaCl-Lö-
sung 175 Stunden behandelt.
No. de, Silicat No. 2 mit CaCl,-Lösung; 78 Stunden;
runde Körner und wenig Krystallsäulen.
No. 5f. 40 grm zerlassenen Na,0 SiO, 8 H,O mit 3 grm
des früher (1883, pag. 587) analysirten, Ol-haltigen K-Silicats
No. 6a 77 Stunden erhitzt; es hat sich nicht, wie erwartet,
Na, SiO,, sondern NaCl und NaHO zum Silicat addirt.
1 SO,.
No.5d. No.5e. No. 5f.
338%, „ı>17,804°011,26....:3,00
SiO,.... 38,65: 3445 1.137,37
Al,Ö, .. 30,77 29,99 31,10
Bo ones. —
Na,0 .. 16,61 1,43) 21,19
Nall... 725 7222) 6,66
101,58 10024 99,32
Es ergiebt sich, dass Silicate von der Form RO A1,O,
2SiO, nH,O bei Einwirkung von Na - Salzlösung R gegen Na
austauschen und sich gleichzeitig mit überschüssigem Na- Salz
verbinden; auch der SiO,-reichere Eläolith zeigt dasselbe Ver-
halten, und weitere Versuche müssen lehren, bei welchem
Verhältniss von Al zu Si diese Na-Salzaddition aufhört. Es
scheint, dass Silicate, die auf 1 Al,O, 4 SiO, und mehr führen,
sich nicht mehr mit Na-Salzen vereinigen, doch ist die che-
mische Zusammensetzung des Na- Salzes, sowie die Concen-
tration, in welcher dasselbe zur Wirkung gelangt, von sehr
wesentlichem Einfluss; nach vorläufigen Versuchen addirt sich
zu vorher geschmolzenem Orthoklas eine sehr bedeutende Menge
eines sauren Na-Silicats.
Wenn über diesen Gegenstand sichere Ergebnisse vor-
liegen, so wird man dieselben vielleicht verwerthen können
zum Studium der in der Ackerkrume enthaltenen, sogenannten
absorbirenden Bestandtheile. Da eine mechanische Isolirung
derselben nicht möglich ist, so kann ihre Constitution nur
durch chemische Umsetzungen festgestellt werden, jede Erwei-
terung chemischer Kennzeichen ist somit erwünscht. Sollten
die Bodenzeolithe bei Einwirkung von Na-Salzlösung (bei
hoher Temperatur) sich mit Na-Salz verbinden, so darf man
daraus vielleicht schliessen, dass sie SiO,-arme Verbindungen
sind und das Molecül- Verhältniss von Al,O, zu SiO, von
1:2 bis höchstens 1:4 schwankt. Bei diesen Versuchen darf
man übrigens nur gegen Lakmus neutral reagirende Salz-
lösungen anwenden, alkalisch reagirende, besonders Na, CO,,
Na, SiO,, würden bei hoher Temperatur zur Bildung zeoli-
thischer Silicate Anlass geben; auch ein Gehalt der Acker-
krume an CaCO, oder Dolomit könnte ähnlich wirken.
6. Schon in der früheren Arbeit war das vielfach über-
sehene, verschiedene Verhalten von K und Na hervorgehoben,
auch die folgenden Versuche bezwecken dasselbe.
) R,0.
2) CaQl..
966
Die Herstellung einer dem Na-Silicat No. 2a —2d ent-
sprechenden K-Verbindung gelang nicht. Es wurden 78 Stunden
lang im Digestor bei 200° erhitzt:
No. 6. Eläolith mit Lauge von 64 pCt. KHO; runde
Körner. |
No. 6a. Silicat No. 2d mit K,CO,-Lösung (30 pCt.);
kleine Säulen. _
No. 6b. No. 2ce mit KCI-Lösung; kleine Säulen, die
wahrscheinlich mit den früher (1883, pag. 587, No. 6b) ana-
lysirten identisch sind. Zusammensetzungen von No. 6 und 6a
durch die Formel K,O AI,O, 2 SiO, ausdrückbar.
No. 6. No.6a. No. 6b.
E02 .:8...:0:58 1,46 5,00
SIO nt. 86,35,,,9G12, Ban
AI1.Os:2 x. .32,80: 4,9188 28:53
K,ÖO ... 30,32 2888 21,47
Na,0... — — 2,43
CaO sr. 0,66 0,90
RO — 6,83
100 100 99,43
Ebenso vergeblich waren alle Versuche, eine dem Na-
Silicat No. 33 —g entsprechende K-Verbindung zu erhalten.
Es wurden KHO, SiO, und H,O in dem Verhältniss zusam-
mengebracht, dass die Zusammensetzung der Lösung sich durch
die Formel K,O SiO, 8H,O ausdrücken liess; mit dieser
Lösung wurden folgende Stoffe 100 Stunden bei 200° erhitzt:
No. 7. Das in der früheren Arbeit (1883, pag. 579) ana-
lysirte Silicat No. 1 (Hydrat eines Na-Anorthits).
No. 7a. Eläolith.
No. 7b. Silicat No. 2.
Alle Producte waren amorph. Das Silicat No. 3a mit
K, CO,-Lösung (30 pCt.) erhitzt, gab das in kleinen Säulen
krystallisirende Silicat No. 7c; wird statt K,CO,- KOl-Lösung
genommen, so verläuft die Umsetzung verwickelt, es addirt
sich KCl zum Silicat, während etwas Na, SiO, abgespalten
wird; der Versuch soll wiederholt werden.
No. 7. "N0.7a No. Ip "Norie
H,O ».5.1:.0,54°.% 140610 1,084 Kallae
SiO,.... 37,60 38,96 38,21 838,30
A1,051. 2:31,80 .31,0855. 838 bnail.EB
Go 0,89." Zee al
K,O....2938 2946 Sızror
99,32 101,60 99,84 100
967
Es hat sich überall das Silicat K,O Al,O, 2 SiO, gebildet.
Dasselbe Silicat wurde erhalten durch Einwirkung von
K,CO,-Lösung (30 pCt.) bei 210— 215 ° auf folgende Minerale:
No. 8. Anorthit vom Vesuv, 370 Stunden erhitzt; der
abgeschiedene CaCO, wurde in allen Fällen nach dem früher -
(1883, pag. 571) beschriebenen Verfahren durch NH,CI ent-
zogen. Bei so Ca-reichen Silicaten wie Anorthit ist es besser,
die Digestion nicht in einem Zuge auszuführen, sondern einmal
in der Zwischenzeit den abgeschiedenen CaCO, zu entfernen;
derselbe umhüllt unzersetzte Silicattheilchen und hindert da-
durch ihre Umwandlung.
No. 8a. Hauyn von Niedermendig; 200 Stunden.
No. 8b. Der früher analysirte (1876, pag. 582) Kalk-
cancrinit 540 Stunden.
No. 8c. Ittnerit vom Kaiserstuhl !) 200 Stunden.
No. 8d. Sodalith von Miask, 146 Stunden.
No.8. No. 8a. No.8b. No. 8c. No. 8d.
EMO 2,075 0047 0,55% 10,82 1,07
SiO,... 38,11 38,29 3743 37,35 37,54
NO... 53192 32,24 32,50 32,33 32,11
K,O... 29,22 29,00 29,45 29,55 29,28
100 100 100 100,05 100
Ferner wurden dieselben Versuche mit folgenden künst-
lichen Silicaten angestellt:
No. 9. Cancrinit-artige Verbindung No. 4a.
No. 9a. Das früher (1883, pag. 581) analysirte Nosean-
hydrat No. 3f.
No. 9b. Das früher (1883, pag. 587) analysirte Silicat
No. 6d (K,O Al,O, 2Si0, +2H,0).?)
Digestionsdauer: 126 Stunden.
No.9. No. 9a. No. 9b.
RO 20. 20 >ı1odr 07
SiO,... 3798 37,62 38,71
Al,O, ,. 31,49 32,18 31,46
K,O... 29,24°) 28,82 29,10
100 99,66 100
1) Der Ittnerit kann kein Gemenge von Nosean und Thomsonit sein,
da letzteres Mineral, mit K,CO;-Lösung bei 200° behandelt, ein circa
9 pCt. H,O enthaltendes K-Silicat liefert.
2) Darin 0,59 CaO.
3) Ausserdem enthält die Verbindung 0,84 pCt. KO].
968
In allen Versuchen von No. 8 an wurden fast nur Kry-
stalle erhalten, kleine doppeltbrechende Säulen, bisweilen ver-
mengt mit 6eckigen Tafeln; das Silicat K,O AI,O, 2SiO, ist
sehr strengflüssig, bei Weissgluht, in welcher Adular schmolz,
waren die Krystalle nur sehr schwach zusammengebacken.
Während eine concentrirte K,6O-Lösung in allen Fällen
dasselbe Silicat K,O AI,O, 2SiO, ergeben hat, wirkt eine
KCI-Lösung anders.
Noseanhydrat (1883, pag. 580, No.3) mit KCl- Lösung
bei 200 — 215° 78 Stunden behandelt, gab die Verbindung
No. 10.
Um die Umwandlung vollständig zu machen, wurde die
Digestion noch 156 Stunden fortgesetzt und dann das Silicat
No. 10a erhalten.
No. 10. No. 10a.
KO 0 BB
So, 207 8300. 9905
Al,Ö, .... 29,00 28,59
‚05.801895 1115.40
Na,0 ...13,43 10,62
SiO, 636,35
98,73 98,10
Obwohl die zweite Digestion doppelt so lange dauerte als
die erste, ist doch der Ersatz von Na durch K ein geringerer
gewesen; wahrscheinlich ist No. 10 kein Gemenge von K-
und Na- Noseanhydrat, sondern eine Doppelverbindung, die
nur langsam durch KCl umgewandelt wird; bei noch längerer
Einwirkung würde man ein reines K - Noseanhydrat erhalten,
doch ist hervorzuheben, dass auch bei diesen Versucher ein
sehr geringer Uebergang von Na, SO, in die KCl - Lösung
beobachtet wurde. Ausser der Säure des K-Salzes ist auch
die Temperatur, bei welcher die Lösung einwirkt, von Einfluss
auf die Zusammensetzung des Umwandlungsproductes. K,0O,
bei 200° giebt immer das Silicat K,O AI,O, 2SiO,, unter
völligem Austritt des mit dem Na-Silicat verbundenen Salzes;
bei 100° findet, wie früher (1883, pag. 589) dargethan, nur
eine theilweise Abspaltung des K - Salzes vom Silicat statt.
Ueber diesen Gegenstand müssen noch weitere Versuche an-
gestellt werden.
7. Da die chemischen Umsetzungen nicht ganz glatt
erfolgen, sondern gleichzeitig neben einem Hauptvorgang auch
Nebenumsetzungen stattfinden, so hat das Aufstellen von che-
mischen Formeln für die analysirten Silicate manches Bedenk-
EN
liche. Auch die geringen Mengen Fe,O, oder CaO in den ver-
wendeten Mineralien tragen zur Verwickelung der Vorgänge
bei. Die grössten Schwankungen zeigt der Wassergehalt, was
später noch besprochen werden soll; daher sind die in dieser
Arbeit entwickelten Formeln mit einem gewissen Vorbehalt
aufgestellt, bis vervollkommnete Darstellungswege von Silicaten
eine endgültige Entscheidung ermöglichen. Fassen wir alle in
der früheren und dieser Arbeit mitgetheilten Versuche zusam-
men, so ergiebt sich: 1. dass das Silicat Na,O AI,O, 2 SiO,
nH,O eine grosse Neigung besitzt, sich mit verschiedenen
Na - Salzen sowie mit NaHO und NaHS zu verbinden, und
2. dass K,O Al,O, 2 SiO, mit K-Salz oder KHO und KHS
sich nicht direct verbindet, nur das KÜl lässt sich in gerin-
gerer Menge mit dem Silicat vereinigen (1883, pag. 587,
No. 62 —c); dagegen werden sich vielleicht sämmtliche den
Na - Verbindungen entsprechende K - Substitutionen auf Um-
wegen aus ersteren erzielen lassen. Welche Constitution dürfte
mit einiger Wahrscheinlichkeit diesen Verbindungen beigelegt
werden? Es ist beachtenswerth, dass in den Na-Verbindungen
auf 5 Molecül Na,O AIl,O, 2 SiO, sehr angenähert 2 Na in
Form von Salz oder NaHO kommen, während der Wasser-
gehalt, wechselnd ist. Die Zusammensetzung des Noseanhydrats
(1883, pag. 581, besonders No. 3f) lässt sich durch folgende
Formel ausdrücken:
3 (Na,0 Al,0,2SiO,)-+ Na, SO, -- 3H,O
des Sodaliths ) 3 (Na,O Al,O0, 2SiO,) + 2 NaCl
des Silicat
a 3 (Na,0 Al,0, 2 SiO,) 1 Na,0 + 3H,0
des Silicat
RR. 2 r 3 (Na,0 Al,O, 2Si0,) + Na, SiO, + 3H,0°)
Aus dem Sichgleichbleiben des Molecül-Verhältnisses von
Silicat zu löslichem Salz darf man vielleicht vermuthen, dass
letzteres in allen Verbindungen die gleiche Rolle spielt, dass
also z. B. NaCl und Na, So, im Sodalith und Noseanhydrat
durch NaHO und Na, SiO, in den Silicaten No. 2a und No. 3
vertreten wird, wobei der Typus aller dieser Verbindungen
unverändert bleibt. Möglicherweise vertreten alle diese Na-
Verbindungen (NaCl, Na, SO, etc.) sogenanntes Hallhıydrat-
wasser, worauf schon früher aufmerksam gemacht wurde und
2) 1883, pag. 583, No. 4f u. g.
?) Bei Annahme von 4 H,O stimmen Beobachtung und Rechnung
besser, doch wird dann die, wohl nicht zufällige, Analogie mit ver-
wandten Verbindungen aufgegeben.
970
lassen sich noch folgende Stützen für diese Auffassungsweise
beibringen.
Bei der Behandlung dieser Verbindungen mit K,CO,-
Lösung bei 200° werden die Na-Salze und das Wasser vom
Silicat abgespalten, letzteres selbst in die Verbindung K,O
AIl,O, 2SiO, übergeführt. Im völlig reinen Zustande ist dieses
Silicat wahrscheinlich wasserfrei, die Analysen weisen einen
wechselnden Wassergehalt auf mit dem Maximum von 1,46 pCt.
(No. 6a) und dem Minimum von 0,47 pCt. (No. 8a). Wird
umgekehrt das Silicat K,O Al,O, 2 SiO, bei 200° mit Na-
Salz- oder NaHO - Lösung behandelt, so bilden sich die ur-
sprünglichen Na-Verbindungen wieder zurück. Aus der leichten
Umwandelbarkeit der verschiedenen Na-Verbindungen in das-
selbe K-Silicat und umgekehrt darf man vielleicht schliessen,
dass die verschiedenen, additiven Na- Verbindungen (NaCl,
NaHO etc.) die gleiche Rolle spielen. Ferner steht es fest,
dass beim Ersatz des K durch Na in der Regel gleichzeitig
ein Eintritt oder eine Vermehrung von Krystallwasser statt-
findet, man darf also mit einiger Wahrscheinlichkeit anneh-
men, dass die Na-Salze, die beim Ersatz des K durch Na in
K,0O Al,0, 2SiO, sich mit dem Silicat verbinden, die Rolle
von Krystallwasser spielen. Auch folgende Thatsache lässt sich
im letzteren Sinne deuten. Durch Behandeln verschiedener
Silicate (Analecim, Leucit) mit KHO-Lösung bei 100° waren
früher (1883, pag. 587, No. 6d—f) Verbindungen von der
Form K,O Al,O, 2 SiO, 2H,O erhalten worden; behandelt
man dagegen Analeim und Leueit mit KHO- -Lösung bei 200°,
so bildet sich K,O AIl,O, 2 SiO,, in Uebereinstimmung mit
der bekannten Thatsache, dass erhöhte Temperatur die Bil-
dung Krystallwasser-freier oder -armer Verbindungen begün-
stigt.‘). Wirkt KOCl-haltige KHO-Lauge bei 100° auf Anal-
cim etc. (1883, pag. 587) ein, so addirt sich gegen 8 pCt.
KCl zu K,O Al,0, 2Si0,, ausserdem wird noch Krystall-
wasser aufgenommen; wirkt dagegen KÜl-haltige KHO-Lauge
bei 200° auf Analcim ein, so addirt sich kein KCl, sondern
bildet sich blos K,O Al,O, 2SiO, ; also: dieselben Umstände
(höhere oder niedere Temperatur), unter denen K,O Al,O,
2SiO, mit oder ohne Wasser auftritt, bewirken oder ver-
hindern auch eine Addition von KÜl zum Silicat. Nach der
Analogie ist es vielleicht erlaubt zu schliessen, dass KÜl in
diesen Fällen die Rolle von Krystallwasser vertritt. Folgende
D) Auch K,0O Al,O, 2Si0, 2H,;0 wird, wie No. 9b lehrt, bei 200°
mit K,00,-Lösung erhitzt, wasserfrei ; Anorthit bei 200° giebt 'H,0- -freies
Shen No. 8, bei 100°: eine H, ‚O-reiche Verbindung (1883, pag. 606,
0. 30a).
971
Versuche zeigen, dass bei 200° kein KCl sich zum Silicat
addirt. Es wurde Analcim 78 Stunden erhitzt:
No. 11 mit stark Cl-haltiger Lauge von 36 pCt. KHO;
das amorphe Product war völlig frei von Ol.
No. l1la mit Lauge, bestehend aus 8 Thl. KHO, 8 KCI
und 30 H,O; es bildeten sich kleine Säulen, die nicht be-
stimmbare Spuren Cl enthielten.
No. IE’: No’T11&
a Die | 0,27
SO, er
A.OL 39.40 #1732.00
K,O ‚,.. 2961 29,61
100,06 100,68
Da auch die natürlichen Silicate: Anorthit, Sodalith,
Hauyn, Ittnerit, Kalkcancrinit durch durch K,CO, -Lösung in
dasselbe Silicat K,O AI,O, 2 SiO, umgewandelt werden, so
ist auch deren Constitution wahrscheinlich wesentlich dieselbe,
wie die der künstlich dargestellten Verbindungen. In manchen
Mineralen sind kleine Mengen Cl, S, CO,, SO, nachgewiesen
worden, darf man annehmen, dass in diesen Mineralen die
Gruppe RO AI1,0, 2SiO, enthalten ist?!)
Auch die 4 basisch kieselsauren Salze der Olivingruppe
scheinen Neigung zu haben, sich mit Salzen zu verbinden; als
Beispiele können der Helvin und Danalith angeführt werden,
vielleicht ist auch der Humit als eine Verbindung von 2Mg0O,
SiO, + MgO zu deuten.?) Als mit den Gliedern der So-
dalith-Gruppe analog constituirt sind möglicherweise die zahl-
reichen Verbindungen der Orthophosphate (Vanadinate etc.)
mit Salzen anzusehen; in den natürlichen und künstlichen
Apatiten und Wagneriten sind Ca- und Mg-Phosphat mit den
F, Cl, Br, J und vielleicht O-Verbindungen des Ca und Mg
verbunden; im Staffelit: Ca-Phosphat mit CaCO, und H,O,
im Svanbergit sind Sulphate mit Phosphaten des Al verbunden.
8. Analeim mit K,0O,-Lösung behandelt, wird in Leueit
übergeführt; wird jedoch Analcim vorher zu Glas geschmolzen
und dann mit K,0O,-Lösung (20 pCt.) bei 100° behandelt,
so bildet sich ein H,O-reiches Silicat, wie folgende Versuche
lehren.
.) Vielleicht sind in manchen Mineralien (Hauyn, Mikrosommit, Ska-
polith) Cl,, S, CO,, SO; durchaus gleichwerthig einander vertretende
Atomgruppen.
?) Nach den Versuchen Gorgen’s (Annales de chim. 1885, 4, p. 515)
verbinden sich auch Salze der 2bas. Kieselsäure mit Cloriden.
972
No. 12. 3/, Monate.
No. 12a. 4 Monate.
No. 12b. 5 Monate behandelt.
Zu jedem Versuch wurde eine besondere Probe Analeim
geschmolzen. Die erhaltenen Producte stellen meist unregel-
mässige, doch doppeltbrechende Körner dar, vermengt mit
feinen Nadeln, die meist zu Garben und Stengeln verwachsen
sind; die Umsetzung verläuft nicht glatt, es gehen kleine
SiO,-Mengen in die K,CO, -Lösung über. Bei der Behand-
lung dieser K-Silicate mit NaCl-Lösung bei 100° gehen fol-
gende Na-Verbindungen hervor:
No. 13. No. 12 14 Tage,
No. 13a. No. 12a 4 Tage behandelt.
Es wurde ferner No. 13 durch Behandeln mit CaCl,-Lö-
sung in das Ca-Silicat No. 13b übergeführt.
No. 12. No.12a. No.12b. No. 13. No. 13a. No. 1b.
H,O. ...719,21.. 16,60. 15,65 .19,99, OS, er
SıO,. .., 48,05 48,00. 47,30 ° 49217 4120522 A272
-AL,0,%. 18,89: 18.59, 18.92 1920 OS Sse
K:07 2.17.25 2.1647 2 1:646 —- — —
Na0.. — _ _ 11,67 1093 0,62
( 05: 10 —_ _ — _ 9,96
100 39,66 99,33 100 99,76 100
Befriedigende chemische Formeln lassen sich für diese
Verbindungen nicht aufstellen, namentlich nicht für das Ver-
hältniss von Silicat zu H,O; vergleicht man jedoch die Zu-
sammensetzung obiger Verbindungen mit der der entsprechen-
den des Gmelinits und Chabasits, so ist die grosse Aehnlichkeit
nicht zu verkennen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese
Umwandlungsproducte des geschmolzenen Analeims mit den
K-, Na- und Ca- Verbindungen des Gmelinits und Chabasits
identisch sind.
Werden die K-Silicate No. 12a, b, ce mit NaCl-Lösung
bei 200—215° behandelt, so wandeln sich dieselben in Anal-
cim um, wie folgende Versuche darthun.
No. 14. No. 12 78 Stunden behandelt; es hatten sich
runde Körner und schlecht entwickelte Würfel gebildet.
No. 14a. No. 12b 228 Stunden behandelt; schlecht ent-
wickelte Würfel.
Durch 20tägige Behandlung mit K,CO,-Lösung bei 100°,
wurde der Analeim No. 14a in den Leucit No. 14b über-
geführt.
Auch wenn man geschmolzenen Analeim direct mit Na,00,-
2
Lösung behandelt, bildet sich unter H,O- Aufnahme Analeim
wieder zurück und zwar sowohl nach Digestion bei 200° als
auch bei 100°; neutral reagirende Na -Salzlösungen wirken
äusserst langsam auf geschmolzenden Analcim ein. Es wurde
Analeimglas mit Na,CO,-Lösung (16 pCt.) behandelt:
No. 15. 78 Stunden bei 200—210°.
No. 15a. 2!/, Monate bei 100°.
In beiden Fällen bildeten sich keine Krystalle, sondern
runde Körner, auch ging etwas SiO, in die Na-Lösung über;
durch 20tägige Behandlung des Analcims No. 15a mit KÜI-
Lösung bildete sich wieder Leucit. !) Wirkt Na,CO, -Lösung
bei 100° kürzere Zeit auf Analcimglas ein, so bilden sich H,O-
reichere Verbindungen, wahrscheinlich Gemenge von Analcim
und dem Silicat No. 13; übrigens enthält wohl auch dieses
letztere Silicat kleine Mengen Analcim beigemengt, man darf
die Einwirkung von Na-Salzlösung auf das Silicat No. 12 nicht
zu lange ausdehnen, weil sich dann viel Analeim bilden würde.
No. 14. No. 14a. No. 15. No. 15a. No. 14b.
Be eg an 18og° 0,93
SiO, ...55,78 55,32 55,12 55,85 56,70
Al,O,... 2240 22,51 22,57 22,32 22,69
7 Se 2 2 BNEHRRIG 68
a a a sr
100 10077100 100 000
9. Chabasit von Aussig No. 16 wird durch 1 monatliche
Digestion mit KCl-Lösung bei 100° in das K-Silicat No. 16a
und dieses durch 10tägige Behandlung mit Na,CO, - Lösung
(bei 100°) in das Na-Silicat No. 16b übergeführt. Der Cha-
basit mit K,CO,- Lösung (15 pCt.) bei 200° 100 Stunden
behandelt, ergab das mit No. 16a identische Silicat No. 16c;
in die K,0O,-Lösung war etwas SiO, übergegangen.
No. 16. No. 16a. No. 16b. No. 16c.
ERO.. =. 22,12. 1641 20,11: . 16,86
SiO,. 47,35 47,60 48,84 4711
A1,O, 19,51 18,99 19,31 18,87
Cad . 10. dr = 2 =
BR 0,.21,45..1000, 17,16
1,0 VE
100,80 100 100 100
2) Der H,0-Gehalt dieses Leucits betrug 0,66 pCt., die Bestimmung
der übrigen Stoffe vereitelte ein Unfall.
I74
Da K- und Na-Chabasit recht ähnlich den Umwandlungs-
producten des geschmolzenen Analcims No. 12 und 13 sind,
letztere aber bei hoher Temperatur wieder in Analcim überge-
führt werden, so lag der Gedanke nahe, dass auch der Cha-
basit in Analecim sich umwandeln lasse, was folgende Versuche
bestätigen.
Es wurden 100 Stunden lang bei 200° erhitzt:
No. 17. Chabasit No. 16.
No. 17a. Na-Caaasit No. 16b, beide mit Na, CO, -Lö-
sung (10 pCt.).
No. 17b. No. 16a mit einer Lösung von 5 pCt. Na, CO,
und 15 pCt. NaCl.
Krystalle wurden nicht erhalten, sondern waren die ur-
sprünglich eckigen Silicattheilchen in runde Körner umgewan-
delt. Durch Behandeln .mit KOl-Lösung wurden diese Analcime
in Leueit übergeführt, wie aus folgenden Versuchen ersichtlich.
No. 18. No. 17 100 Stunden bei 210°.
No. 18a. No. 17b 20 Tage bei 100° behandelt.
Die Umwandlung des Chabasits in Analeim erfolgt auch
bei 100°, jedoch sehr viel langsamer als bei 200°; es wurde
der Na-Chabasit No. 16b 3 Monate mit Na, CO, - Lösung
(22 pCt.) bei 100° behandelt, nach welcher Zeit derselbe in
den, in runden Körnern !) auftretenden Analcim No. 19 um-
gewandelt war. Aus diesem Versuch muss man schliessen,
dass auch dem Na- Chabasit No. 16b sehr geringe Mengen
Analcim beigemengt sein müssen.
No. 17. No. 17a. No.17b. No.18. No. 18a. No. 19.
42027. 97 8,98 8,46 1,03 0,91 8,68
Si0, .. 54,58 95,78 55,97 59,08 590,09. 73236
A1,O,.. 22,50 2244 22,31 23,09 22970 22275
Na,0.. 13,75 13,40 13,36 — — 13,73
ROM — — 20,84 20,19 =
100 100 100 100 100 100
Wird Chabasit oder seine K- und Na-Substitution durch
Na, ©O,-Lösung in Analeim umgewandelt, so findet immer eine
geringe SiO,-Abspaltung statt; man durfte annehmen, dass
letztere Erscheinung möglicherweise nothwendig mit der Anal-
cimisirung zusammenhängt; zur Entscheidung der Frage wurde
daher eine Analcimisirung durch eine neutral reagirende Na-
salzlösung angestrebt, wobei kein SiO,-Uebergang in die Lö-
sung stattfindet.
2) Neben den Körnern waren sehr spärliche eckige Stücke, also
unveränderter Na-Chabasit, erkennbar.
975
Es wurde Na-Chabasit No. 17b mit NaCl - Lösung 348
Stunden bei 200—215° erhitzt, nach welcher Zeit die eckigen
Stücke des Na-Chabasits bis auf äusserst geringe Reste in sehr
feine runde Körner umgewandelt waren, No. 20. Durch 10 tägige
Behandlung mit KCl-Lösung bei 100° wurde No. 20 in den
Leucit No. 20a umgewandelt.
No. 20. No. 20a.
H,O ... 894 1,01
So sel 5056
Mor 9 2228
RD
Na,06n..13,25, mer
10 1100
Die Analeimisirung des Chabasits erfolgt also auch in
neutral reagirender Lösung, aber sehr viel langsamer als in
alkalisch reagirender; es ist ferner durchaus nöthig, den Na-
Chabasit möglichst fein zu pulvern, am besten zu schlämmen,
weil sonst die Analeimisirung ausserordentlich verzögert. wird.
Auch der natürliche Chabasit sowie der K-Chabasit werden
durch NaCl-Lösung bei 200° analeimisirt, aber die Umwand-
lung dauert sehr viel länger als bei dem Na-Chabasit.
Sehr rmerkwürdig ist es, dass zur Analeimisirung von Na-
Chabasit die Gegenwart von Wasser nothwendig ist; Na-Cha-
basit, trocken erhitzt, geht nicht in Analein über, Glüht man
Na-Chabasit schwach und befeuchtet mit H,O, so wird unter
Erwärmen fast alles verlorene Wasser wieder aufgenommen.
Ein Na-Chabasit von 20,32 pCt. H,O hatte durch schwaches
Glühen 18,80 pCt H,O verloren; wieder hydratisirt und dann
stark geglüht, zeigte er einen H,O- Verlust von 19,50 pCt.
Um zu ermitteln, ob nicht lange anhaltendes Erhitzen bei
200-—220° den trocknen Na-Chabasit analeimisirt, also unter
Umständen, wo die Verbindung bei H,O - Gegenwart umge-
wandelt wird, wurde Na-Chabasit 2060 Stunden bei 200—220°
erhitzt und hatte dann 12,40 pCt. H,O verloren, welches er
jedoch beim Befeuchten, unter starkem Erwärmen, vollständig
wieder aufnahm. Hieraus erklärt sich auch, warum grössere
Stücke von Na-Chabasit durch NaCl-Lösung so langsam anal-
eimisirt werden; das zu dieser Umbildung nöthige H,O kommt
nur sehr langsam mit den Molekeln eines grösseren Stückchens
in Berührung.
Es wurden ferner Versuche mit dem SiO, reichen Cha-
basit von Oberstein No. 21 angestellt.
No. 2la. 1 Monat mit KÜCl-Lösung.
906
No. 21b. No. 21a 2 Wochen mit NaCl-Lösung bei 100°
behandelt.
No. 2l1e. No. 21b 317 Stunden bei 210-220 ° mit NaCl-
Lösung erhitzt; die eckigen Stückchen des Na-Chabasits waren
in runde Körner verwandelt.
No. 21d. No. 21c 10 Tage mit KCl-Lösung bei 100°
behandelt.
| No. 21: No. 21a. No.21h. No.21e Ne 278:
420722: 2190r8 106,10) 2092 9,25 0,94
SIO,.... 49,00... 49,87... 30,40 7.56, (97383
A1,O,;, =..18,29 . 17,16. 18,262 21.00 2
E30 915 ESF Fa == wi
K,0.. 131 .1567% 2020000 la
Na,0. .. 0,6101. 0021080, ea
100,52 100 100 100 100
Der SiO, reiche Chabasit zeigt dasselbe Verhalten wie
der SiO, arme.
10. Gmelinit von Glenarm No. 22 (Spuren Gangart ent-
haltend) war durch 76stündige Behandlung mit K,00, -Lö-
sung (15 pCt.) bei 200° in das Silicat No. 22a umgewandelt,
welches zum kleinsten Theil in Säulen krystallisirt war, auch
war SiO, in die K,CO,-Lösung übergegangen; wahrscheinlich
gehören die Säulen einer H,OÖärmeren Verbindung an. Durch
76 stündige Behandlung des Gmelmits mit Na,CO, - Lösung
(10 pCt.) bei 200° wurde er in einen Analcim No. 22b über-
geführt; auffallender Weise hatte sich hierbei die ursprünglich
eckige Gestalt der Gmelinittheilchen nicht verändert. Es
wurde eine neue Probe (@melinit von Glenarm !) 200 Stunden
bei 210—220° mit Na,CO,-Lösung behandelt, aber auch hier
zeigte der gebildete Analeim No. 23 die eckige Gestalt des
Gmelinitpulvers. Durch 76stündige Behandlung von No. 23
mit KClI-Lösung bei 200° wurde der Leucit No. 23a erhalten.
No. 22. No. 22a. No. 22b. No. 23. No. 23a.
H.O!: „0919144 1115,04 8,78 8,54 0,64
S;
2
i0,... 48,22 46,17 5447 53,67 54,14
Al,O, .. 20,16 20,13 23,54 23,60 24,00
CaO) .. nlO unbe En BE 2
RO“ „15.>7 4950118665 - 530091988
Na,0.. 0a 150° Po
100.5 100 51921007 100 1ab100
!) Die Analyse unterblieb wegen Mangel an Substanz.
I
Eine neue Probe Gmelinit war durch l monatliche Be-
handlung mit K,CO,-Lösung bei 100° in das Silicat No. 24
verwandelt. Nach 150stündiger, bei 200—210° stattfindender
Behandlung von No. 24 mit einer Lösung, die 15 pCt. NaCl
und 5 pCt. Na,CO, enthielt, wurde der in runden Körnern
ausgebildete Analcim No. 24a erhalten. Derselbe, 75 Stunden
mit KCl-Lösung bei 200° erhitzt, gab der Leucit No. 24b.
No. 24 No. 24a. No. 24b.
1.0, 2 1 4.1,26 9,00 0,70
SiO,... 44,883 52,12 52,83
220. 2.,20,19. 24,07. 24,81
KO... 17,02 — 21,66
Na 0 14,81 —
FU008, 100350100, 2,1
Der Gmelinit, der die Zusammensetzung eines Na - Cha-
basits hat, zeigt dieselben Umwandlungen wie letztere Ver-
bindung. Man darf annehmen, dass der Gmelinit sich im
Allgemeinen nicht aus sehr heissen, Na,CO, haltigen Lösungen
abgesetzt hat, unter diesen Umständen wäre er in Analcim
umgewandelt worden.
ll. Der Phakolith von Salesl No. 25 wurde durch Di-
gestion mit KCl-Lösung und darauf folgende mit NaCl-Lösung
in einen Na-Phakolith umgewandelt. Letzterer, 150 Stunden
bei 210— 220° mit NaCl-Lösung erhitzt, wurde in den Analcim
No. 25a übergeführt, wobei die eckigen Stückchen des Pulvers
verschwanden und statt derer feine runde Körner auftraten.
Eine 7 tägige Behandlung bei 100° mit KCI-Lösung wandelt
diesen Analeim in den Leucit No. 25b um.
No. 25. No. 25a. No. 25b.
2.0. 2188 872 096
0,0... 4835 5106 57,39
20 sea 21.35 22.08
mo. yne © _
Ko. 1,69 19,57
no oo Da
KEN
12. Der Seebachit von Richmond No. 26 wurde durch
2 monatliche Digestion mit KCI-Lösung bei 100° in das K-Si-
liecat No. 26a umgewandelt. Das gleiche Silicat No. 26b
wurde erhalten, als der Seebachit 170 Stunden bei 200—210°
mit einer Lösung behandelt wurde, die 8 pCt. K,CO, und
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VII. 4. 58
978
15 pCt. KÜl enthielt; dabei war ein kleiner Theil des Pulvers
in Krystallsäulen umgewandelt, welche wohl einem H,O-ärme-
ren Silicat angehören. Durch 20tägige Behandlung von No. 26a
mit NaUl-Lösung bei 100° wurde der Na- Seebachit No. 26c
erhalten. No. 26a 150 Stunden bei 200 — 210° mit einer
Lösung behandelt, die 15 pCt. NaCl und 5 pCt. Na,O, ent-
hielt, wurde in den in runden Körnern auftretenden Analcım
No. 26d umgewandelt. Durch 100stündige Behandlung mit
KCl - Lösung bei 200 — 215° wurde dieser Analcim in den
eo No. 26e übergeführt.
No. 26f. Der Versuch No. 26d wiederholt; es hatten
sich ent gut entwickelte Würfel gonde dazwischen äusserst
selten Säulen.
No. 268.
210° behandelt.
Uebrigens wird die Umwandlung des Na-Seebachits zu
Analeim schon durch Erhitzen mit reinem H,O bewirkt. Die
Probe No. 26c war nach 175stündigem Erhitzen bei 210 —
225° zum grössten Theil in Würfel umgewandelt, und betrug
der H,O-Gehalt dieses Gemenges 10,36 pCt.
No. 26f 100 Stunden bit KCI - Lösung bei
No.26. No. 26a. No. 26b. No. 26e.
H,O 21,23 16,96 16,65 20,40
SiO, . 44,30 43,75 44,21 45,44
AL,O, 21,66 20,43 20,49 21,27
CaO . 5,89. — — —
K.O 2,00 18,85 18,65 —
N4,022..: 74,92 ae — 12,89
100 100 100 100
No. 26d. No.26e. No.26f. No. 26g.
H,O Sao WL 8,64 0,56
SiO, 51,59 51,70 52,05 52,49
Al,O, 24,68 25,87 24,33 25,31
K,OF — 21,86 — .. ı 21,64
Na O2 14,98 — 14,98 —
100 100 100 100
Der Herschelit von
Acıreale No.
27 wurde durch
1 monatliche Digestion mit KCl-Lösung bei 100° in das K-Si-
licat No. 27a umgewandelt. Wird jedoch Herschelit 150
Stunden bei 210— 220° mit einer Lösung behandelt, die 8 pCt.
K,CO, und 15 pCt. KCI enthält, so bildet sich, abweichend
vom Seebachit, das H,O-ärmere, in kleinen Säulen krystalli-
sirte K-Silicat No. 27b, welches wohl auch dem K-Gmelinit
No. 22a und dem K-Seebachit No. 26b beigemengt war.
No. 27b hat dieselbe Zusammensetzung wie der später zu be-
sprechende K-Phillipsit, auch konnte durch Behandlung des
Labradors von Helsingfors in Finland mit K,CO,-Lösung bei
210° ein Silicat von derselben Zusammensetzung erhalten
werden. ') Das Zusanımenvorkommen von Herschelit und Phil-
lipsit ist nach diesem Versuche sicher kein zufälliges, worauf
schon früher (1876, pag. 546) hingedeutet ist; die beiden Mi-
nerale sind sehr wahrscheinlich verschiedene Hydrate ein und
desselben Silicats. Wenn die Temperatur das einzige Bedin-
gende wäre, so dürfte man sagen: Phillipsit bildet sich bei
erhöhter, Herschelit (Seebachit) bei niedriger Temperatur, bei
mittleren Temperaturen bilden sich beide gleichzeitig; aber es
werden wohl noch andere Bedingungen vorhanden sein, die
durch Versuche zu ermitteln sind.
No. 27ec. No. 27a 18 Tage mit NaCl-Lösung bei 100°
behandelt.
No. 27d. In runden Körnern ausgebildeter Analeim, er-
halten aus No. 27c durch 170stündige Behandlung bei 210 —
220° mit einer Lösung von 5pCt. Na,CO, und 15 pCt. NaCl.
No. 27e. No. 27d 75 Stunden bei 200—210° mit KCI-
Lösung behandelt.
Durch 10tägige Behandlung von No. 27e mit NaCl-Lö-
sung bei 100 ° bildet sich der Analcim No. 27f wieder zurück.
No. 27. No. 27a. No. 27b. No. 27e.
E50 -, 297 165843, 4 202513215/20554
SiO, . 44,12 44,08 46,34 45,68
AO, 224 220453121496: 272598
Ca . 5,05 — — —
K,o.. 1,2934:2186.51955 —
Na,0 Su 6,76 _— — 12,50
100 100 100 100
No. 27d. No. 27Te. No. 271.
H,O 8,55 0,49 8,54
BIO... DIOR. 16
Rr.0.. DD DE AA
BR! -: u 2 3 —_
N2.0'. 14,97 = 14,86
100 100 100
2) Da die Untersuchung über den Labrador noch nicht abgeschlossen
ist, so unterbleibt die Veröffentlichung der Analyse.
98 *
980
14. Chabasit, Gmelinit, Herschelit, Seebachit und Pha-
kolith sind schon aus krystallographischen Gründen als zu-
sammengehörige Glieder einer Gruppe. gedeutet worden; die
K- und Na-Substitutionen obiger Minerale zeigen zum Theil
grosse Uebereinstimmung der chemischen Zusammensetzung
unter sich sowie mit den Umwanrdlungsproducten des ge-
schmolzenen Analcims No. 12 und 13. Man darf auch hierin
eine Stütze sehen für die Annahme, dass alle von No. 12 an
untersuchten Silicate, in chemischer Hinsicht, in dieselbe Gruppe
von Verbindungen gehören. Man hat oben genannte Minerale
als durch Vereinigung eines basischen und eines sauren End-
gliedes entstanden gedeutet, doch hat sich auf dieser Grund-
lage keine befriedigende Uebereinstimmung zwischen Rechnung
und Beobachtung erzielen lassen. Es wäre aber möglich, dass
obige Minerale Mischungen von 6 Endgliedern wären: 3 ba-
sischen und 3 sauren. Die basischen würden durch die allge-
meinen Formeln ausgedrückt:
CaO Al,O, 2SiO, + aH,O
Na,0 Al,O, 2Si0, -- b H,O
K,OAL,O, 2SiO, + cH,0
die sauren durch:
CaO Al,O, 6Si0, + dH,O
Na,0 Al,O, 6SiÖ, + e H,O
K,O Al,O, 6SiO, + fH,O
Eis ist wiederholt (1876, p. 568 und 1883, p. 975) fest-
gestellt, dass in der Regel der Krystallwassergehalt steigt,
wenn in einer K-Verbindung das K durch Na ersetzt wird,
und ebenso, wenn Na durch Ca vertreten wird; die Annahme
von 6 Endgliedern ist also nicht völlig begründet, übrigens
brauchen nicht alle 6 gleichzeitig mit einander verbunden zu
sein. Es ist nun klar, dass nach dieser Hypothese Proben
desselben Minerals genau dasselbe Verhältniss von SiO, zu
den einzelnen feuerbeständigen Basen zeigen können und doch
einen verschiedenen H,O-Gehalt aufweisen. Die Annahme von
6') Endgliedern lässt sich vielleicht für alle Alhaltigen Zeo-
lithe machen, doch ist die Möglichkeit zu berücksichtigen,
dass bei der Verbindung dieser Glieder mit einander ein Theil
des Krystallwassers austritt und, als sogenanntes Halhydrat-
wasser, durch andere Glieder vertreten wird. Welche Zusam-
!) Führen die Zeolithe neben Ca, K, Na noch Ba, so sind 8 End-
glieder anzunehmen.
981
mensetzung den Endgliedern der Chabasitgruppe zukommt,
lässt sich zur Zeit nicht angeben; nach noch nicht zum Ab-
schluss gelangten Versuchen besitzt ein saures Endglied mög-
licherweise die Formel: K,O Al,O, 6SiO, -- 6H,0.
15. Die Frage nach der Natur des H,O in den Zeolithen
lässt sich zur Zeit nicht entscheiden, aus dem Umstande
jedoch, dass K-Chabasit nach schwachem Glühen fast alles
verlorene H,O wieder aufnimmt, dürfte es vielleicht erlaubt
sein anzunehmen, dass die Minerale der Chabasitgruppe nur
Krystallwasser enthalten. Gewöhnlich wird H,O, das nach
dem Glühen nicht wieder aufgenommen wird, als basisches
angesehen, aber das ist nicht nothwendig. Die Wiederhydra-
tation einer Verbindung hängt ab, einmal von der Natur der
Verbindung, von der Temperatur, bei welcher entwässert wird,
und wahrscheinlich auch von der Dauer des Glühens, bei
gleichbleibender Temperatur. Bittersalz und Gyps, bei mäs-
siger Hitze entwässert, hydratisiren sich mit Leichtigkeit wieder,
dagegen heftig geglüht, nimmt wohl Mg SO, sofort wieder H,O
auf, nicht aber der ÜaSO,. Alle in dieser Arbeit unter-
suchten K-Verbindungen, wenn sie nicht bei zu starker Glüh-
hitze entwässert werden, nehmen sofort, unter bedeutender
Erwärmung, fast alles verlorene H,O auf; die entprechenden
Na- Verbindungen, unter denselben Umständen entwässert,
erwärmen sich, beim Befeuchten mit H,O, entweder gar nicht,
oder sehr viel schwächer als die K-Verbindungen. Bei den
Na-Verbindungen der SiO,reichen Zeolithe Desmin, Chabasit,
_ Stilbit, wurde ferner beobachtet, dass sie nach dem Entwässern
theilweise ihre leichte Zerlegbarkeit durch HCl eingebüsst
hatten. Die Frage von der Wiederhydratation wird dadurch
noch verwickelt, dass aus der nicht sofort eintretenden Wieder-
hydratation einer geglühten Verbindung keineswegs geschlossen
werden darf auf die Unfähigkeit überhaupt H,O aufzunehmen;
nur die Geschwindigkeit der Wiederhydratation kann herab-
gedrückt sein. Stark geglühter Gyps und Anhydrit gehen
noch immer in Gyps über, aber sehr langsam; entwässerter
Analeim nimmt nach Damour (Annales de chim. 1858, p. 53,
453) kein H,O auf; als jedoch ein solcher 150 Stunden bei
200 — 210° im Digestor mit reinem H,O erhitzt wurde, war
der ursprüngliche Wassergehalt wieder aufgenommen. ° Die
ganze Frage kann nur durch eingehende Versuche gelöst wer-
den. Ein kleiner Theil des Wassers in den Zeolithen wird
hartnäckig zurückgehalten und entweicht erst bei Tempera-
turen, wo moleculare Umänderungen des Silicats eintreten;
alsdann tritt beim Befeuchten des geglühten Pulvers entweder
982
eine unvollständige oder gar keine Wiederhydratation ein, auch
ist die Zerlegbarkeit durch Säuren bisweilen herabgesetzt.
Man hat diesen schwer abspaltbaren H,O-Rest als basisches
H,O gedeutet, doch ohne zwingenden Grund, auch das Krystall- |
wasser mancher Verbindungen entweicht bei Temperaturen,
wo schon ein theilweiser Zerfall der ganzen Verbindung ein-
tritt; so giebt nach Bünkıg’s Versuchen (Journal f. pr. Chem.
1875, 12, pag. 225) Ce, (SO,),;, 5 H,O die letzten Antheile
Krystallwasser erst bei einer Temperatur ab, wo schon geringe
Mengen SO, entweichen, auch MgsCO, 3H,O verliert mit dem
Kıystallwasser auch einen Theil der 00,. Diese Frage soll
noch später besprochen werden.
16. Analcim, im natürlichen Zustande sowie durch schwa-
ches Glühen entwässerter, mit K,CO,-Lösung bei 200° be-
handelt, wird in Leucit umgewandelt, und zwar zeigte der im
ersten Falle erhaltene Leueit einen H,O-Gehalt von 1,11 pCt.,
der im zweiten Falle erhaltene einen solchen von 1,04 pCt.
Wird dagegen Analcim zu Glas geschmolzen und dann mit
K,CO,-Lösung bei 200° behandelt, so bilden sich H,Oreiche
Verbindungen, jedoch einen geringeren H,O - Gehalt zeigend
als die bei 100° erhaltenen Producte No. 12, a, b, in Ueber-
einstimmung mit der bekannten Erfahrung, dass sich bei hö-
herer Temperatur H,Oärmere Verbindungen bilden als bei
niederer. |
Es wurde geschmolzener Analcim 78 Stunden bei 200°
mit K,CO,-Lösung (20 pCt.) behandelt in folgenden 3 Proben:
|
No. 28, 23a, 28b; es ging etwas SiO, in die Lösung über
und bestand das neugebildete Product aus kleinen, zu Sten-
geln vereinigten Krystallsäulen. Eine befriedigende chemische
Formel lässt sich nicht aufstellen, da wohl Gemenge vorliegen,
und zwar wahrscheinlich von dem H,Oreicheren Silicat No. 12
und einem H,Oärmeren. Zur Entscheidung der Frage, ob das
H,Oreiche Silicat No. 12, das sich bei 100° bildet, überhaupt
bei höherer Temperatur beständig ist, wurde die Na- Verbin-
dung No. 13a mit K,0O,-Lösung (15 pCt.) bei 200 — 205°
78 Stunden erhitzt und gab das Silicat No. 28c; dieses ist
mit dem Silicat No. 12a identisch. Als aber derselbe Ver-
such bei höherer Temperatur (220 — 225°) wiederholt wurde,
bildete sich die H,Oarme Verbindung No. 28d. Nach diesen
Versuchen ist die Annahme von Gemengen H,Öärmerer und
-reicherer Verbindungen für die Proben No. 28, a, b nicht
unwahrscheinlich.
983
No. 28. No. 28a. No. 28b. No. 28e. No. 28d.
30 er ep DE 2 be
Ser. Atıe, A874 .4995 47,66 48,90
a0 20,87 2046 20.66 19,50 21,15
wo. 8018,70 Olascı 916.94. .1697 18,0
Nr) ee a 70. oe
100 100 100 100 100
Es wurden 14 Tage bei 100° behandelt:
No. 29. No. 28 mit Na,CO ‚-Lösung.
No. 29a. No. 28a mit NaOl-Lösung.
Es ist auffallend, dass auch bei lange dauernder Einwir-
kung von Na-Salzlösung ein kleiner Rest des K hartnäckig
zurückgehalten wird.
Erhitzt man dagegen die K-Silicate bei 200° mit Na-
Salzlösungen, so bildet sich wieder Analcim und es geht die
Analeimisirung. in alkalisch reagirender Lösung rascher vor
sich als in neutraler.
Es wurden bei 200° erhitzt:
No. 30. No.28b mit NaCl-Lösung 78 Stunden; es hatten
sich sehr schlecht entwickelte Würfel gebildet.
No. 30a. No. 29a mit Na,CO, - Lösung (10 pCt.) 78
Stunden; runde Körner und äusserst spärliche feine Säulen.
No. 30b. No. 28 mit NaCl-Lösung 150 Stunden; runde
Körner.
No. 30c. Leueit, erhalten durch 75stündige E-hamdlıme
von. No. 30b mit KOI- -Lösung bei 200°.
No. 29. No. 29a. No. 30. No. 30a. No.30b. No. 30e.
Bea Aosr ars 8a. VEA0- --048
6, .ABo Aa9oaT 5465 53,79 53,47: 53,92
ALO,.. 21,55 2121 292,838 23,56 23,59 24,13
2.0. n a
207 110.805...12,00: 113,74 511424, 1b...
100577 100:31521001°- 41002 (100) 1100
Leucit vom Vesuv, mit K,CO,-Lösung (12 pCt.) 174 Stun-
den bei 190 -— 200° erhitzt, war fast unverändert geblieben,
nur der H,O-Gehalt war von 0,3 pCt. auf 0,76 pCt. ge-
stiegen, No. 31.
Wurde jedoch der Leueit im Knallgas zu einem klaren
Glas geschmolzen und dann genau den gleichen Umständen
ausgesetzt, wie im vorigen Versuch, so bildete sich unter ge-
ringer SiO, - Abspaltung das Siliecat No. 31a, welches die-
selbe Zusammensetzung besitzt wie No. 28 a, b. Durch
984
126stündige Behandlung mit NaCl - Lösung bei 300° wird
No. 3la in den Analecim No. 31b umgewandelt.
No. 31. No. 3la. No. 31b.
E,02.20:0,76 7.149,79 8,52
SO, . 1754,16 48,00 38,
ABO 22902. 2988 22006
K,0'. . 2086. 1881 _
N2»02 — 13,95
100 100 100
17. Leonhardit von Schemnitz No. 32 wurde 150 Stun-
den mit K,CO,-Lösung (10 pCt.) bei 200—215° erhitzt und
gab das Silicat No. 32a. Wesentlich dasselbe Product No. 32b
wurde durch 9monatliche Behandlung des Leonhardits mit
K,CO,-Lösung (30 pCt.) bei 100° erhalten.
No. 32a. No. 32a 5 Monate mit NaCl-Lösung bei 100°
behandelt.
Durch 200 stündige Behandlung mit Na,CO,-Lösung (8 pCt.)
bei 210° wurde No. 32a in den, in runden Körnern auftre-
tenden Analcim No. 32d umgewandelt; dieser Analeim wird
durch 75stündige Behandlung mit KCl-Lösung bei 200° in
den Leucit No. 82e übergeführt.
No.32. No.32a. No. 32b. No.32c. No.32d. No, 39e.
H,0214.2213,94:15112,83. 2301 31:02.2917,30 8,64 0,53
SsiO,.... 52,01 48,13). 48,371:2149,344 758,800 54:03
Al,O,.. 22,08 20,40 20,37 21,09 2327 ae
E30 „11,39
K;0...0050. 18,64 18,07. 110 Eee
Na,0. sode 0 —:.. 11,08. Bon
100,08 100 99,97 100 100 100
Caporcianit von Monte Catini 170 Stunden mit K,CO,-
Lösung (10 pCt.) bei 200—210° behandelt, gab das Silicat
No. 33.
Caporcianit 7 Monate mit K,CO,-Lösung (30 pCt.) bei
100° behandelt, gab die H,Oreichere Verbindung No. 33a.
Caporcianit 175 Stunden mit Na,CO,-Lösung bei 210 —
220° behandelt, war in den Analcım No. 33b verwandelt,
welcher durch 7östündige Behandlung mit KCl-Lösung bei
200° in den Leucit No. 33c übergeführt wurde.
No. 33d. Analcim, erhalten durch 78stündige Behand-
lung des früher (1883, pag. 613, No. 53b) analysirten Na-
Caporcianits mit Na,0O,-Lösung (10 pCt.) bei 200°.
985
No. 33. No. 33a. No. 33b. No. 33e. No. 33d.
EROP2TR 12,370 015,44 8,51 0,65 8,25
ALU NAHE 08,25 53:86 . 38,09
a0 21,002220,3129223,84 23,957 793,80
FRror. 18,84. 1870 _— 21,54 _—
Na,0 .. — —. 14,40 — 14,30
100 100 100 100 100
Laumontit von Huelgoät No. 34 174 Stunden bei 200 —
210° mit K,CO,-Lösung (10 pCt.) behandelt, gab das Silicat
No. 34a. Laumontit, 8 Monate mit K,CO,-Lösung (30 pCt.)
bei 100° behandelt, gab das H,Oreichere Silicat No. 34b.
Durch Erhitzen von No. 34a mit Na-Salzlösungen bei
200— 210° wurden die Anacime erhalten:
No. 34c. 170 Stunden mit NaCl-Lösung; in Würfeln.
No. 34d. 100 Stunden mit einer Lösung von 5 pCt.
Na,CO, und 15 pCt. NaCl; runde Körner.
Durch 74stündige Behandlung mit KCl-Lösung bei 210°
wurde No. 34d in den Leueit No. 34e umgewandelt.
No. 34f. Laumontit 174 Stunden bei 200 — 210° mit
Na,CO;-Lösung (15 pCt.) behandelt; runde Körner.
No. 34g. No. 34f 100 Stunden mit KCl- Lösung bei
200— 210° behandelt.
No. 34. No. 34a. No. 34b. No. 34c. No. 34d. No. 34e,
RD 7:19,74 12,78. . 14,56 9,09 8,75 0,47
Sı0, ..5045 47,51 471,20 59,27 ,.,53,19 53,87
Do 3090 01 245 2,60 24,86
Bo Don — ee 2 2
Be. aa en = 4121,40
Na,0:..006— = AI AA
100,39 100 100 100 1006377700
No. 34f. No. 348.
E0:23::%.248,43%..0,69
SIO,,. . 283,05 9897
AO, 2.025,18 25,13
KON... 21,30
Na,0... 14,19 —
100 100
Diese Versuche erläutern die Bildungsweise der bekannten
Pseudomorphose von Analeim nach Laumontit.
Be:
Laumontit vom Plauen’schen Grunde wurde durch 174-
stündige Einwirkung von Na,CO,-Lösung (20 pCt.) bei 200
— 210° in den Analeim No. 35 umgewandelt; runde Körner.
No. 35a. No. 35 1 Monat mit K,CO,-Lösung bei 100°.
No. 35b. Laumontit 174 url >= 200 — 240 Samt
K,CO,-Lösung (10 pQt.).
No. 35c. No. 35b 1 Monat mit NaCl-Lösung bei 100°.
No. 35d. No. 35ce 100 Stunden bei 200— 2100 behan-
delt mit einer Lösung von 5 pCt. NaCl; runde Körner, schlecht
entwickelte Würfel und sehr spärliche Säulen.
No.35. No. 35a. No.35b. No. 35c. No. 35d.
3,0%. voiggı ir,a5 | 19 ee
SiO, ... 52,82 52,69 46,67 47,39 52,03
Al,Ö,...2408 2443 21,50 21,99 24,46
Een —
Na.0,- aa —.,,2 14,80. 4.114,90
100 100 100 100 200
Die bei 200° erzielien K-Substitutionsproducte des Lau-
montits, Leonhardits und Caporcianits sind wohl mit den aus
geschmolzenem Analcim hergestellten (No. 28, a, b) identisch;
bei 100° geben Laumontit und Üaporcianit H,Oreichere K-
Verbindungen, die vielleicht mit den aus geschmolzenem Anal-
cim (No. 12, a) gewonnenen identisch sind; der geringere
H,O-Gehalt von No. 34b erklärt sich möglicherweise durch
eine Beimengung des H,Oarmen Silicats, ja vielleicht geht
die H,Öreichere Verbindung auch bei 100°, durch lange Ein-
wirkung von K,CO,-Lösung, völlig in die H,Oärmere über.
18. Durch Behandeln von Barytharmotom mit KCl-- Lö-
sung wurde K-Harmotom hergestellt (1883, pag. 613); letztere
Verbindung mit NaCl - Lösung 491 Stunden bei 200 — 210°
erhitzt, wurde in den Analeim No. 36 übergeführt, wobei die
eckigen Stückchen des Pulvers in sehr feine runde Körner
umgewandelt wurden. Durch l4tägige Behandlung mit KCI-
Lösung bei 100° ging der Analcim in den Leucit No. 36a über.
No. 36. No. 36a.
50%... 8.590 0
SOBENTE HER
A150, 721050903
KO en
Na.04., Do ern
100 100
987
19. Der Phillipsit von Acireale No. 37!) wird durch
20Otägige Digestion mit KCI- Lösung bei 100° in das Silicat
No. 37a umgewandelt. Dasselbe Silicat No. 37b wird auch
erhalten durch 146stündige Digestion bei 210—220° mit einer
Lösung, die 10 pCt. K,CO, und 5 pCt. KÜl enthielt.
No. 37c. In Würfeln ausgebildeter Analcim, dem sehr
spärliche Säulen beigemengt waren; derselbe wurde erhalten
durch Digestion von No. 37a bei 200—210° mit einer Lösung,
die 5 pCt. Na,CO, und 15 pCt. NaCl! enthielt.
No. 37. No.37a. No. 37b. No. 3Te.
52207 217,24 -, 19,10 12,00 8,42
SiO,.... 46,87 45,77 45,41 50,43
Fa 2 21,082722.0272 22.53. 23,58
Ba 2 >, ,.02.67 — — —
BON 2 59,02... 1911,, 20,00 —
N3,02....2, 72 = — 15,77
23100. 5:100 100 100
No. 28. Phillipsit von Richmond; kommt mit dem See-
bachit No. 27 zusammen vor.
No. 38a. No. 38 174 Stunden bei 200—215° behandelt
mit einer Lösung von 10 pCt. KCl und 10 pCt. K,CO..
No. 38b. No. 38a 144 Stunden bei 200-210° behan-
delt mit einer Lösung, die 15 pCt. NaCl und 5 pCt. Na,CO,
enthielt; Würfel mit sehr spärlichen Säulen.
No. 38c. No. 38b 14 Tage mit KClI-Lösung bei 100°
behandelt.
No. 38. No. 38a. No. 38b. No. 38e.
E07. 25..16,62: 19.18 8,37 0.39
20 72.415,00. 249.508 1.90.99” 52,15
OU... ..22,10, 22:82, 129.83:2 29,58
Bauaıa .-: 14,52 _ = —
RU. 2: .6:052 , 20,00 — 21,28
N2.0...;...,.4,51 — 19.31 —
100 100 100 100
20. No. 39. Stilbit von Berufjord, Island.
No. 39a. No. 39 11), Monate mit KClI-Lösung bei 100°
behandelt.
No. 39b. No. 39a 14 Tage mit NaCl-Lösung bei 100°,
!) Kommt zusammen mit dem Herschelit No. 27 vor.
988
In der Absicht, den Analeim herzustellen, wurde der Na-
Stilbit No. 39b 1355 Stunden bei 210 — 220° mit NaCl-
Lösung erhitzt, wobei sich die Verbindung No. 39c bildete;
wie von 8 zu 8 Tagen vorgenommene Untersuchungen lehrten,
erfolgt die Umwandlung äusserst langsam, erst nach obiger
Stundenzahl waren sämmtliche eckige Stücke des Na-Stilbits
verschwunden und in sehr feine runde Körner verwandelt.
Die Analeimisirung ist jedoch noch nicht zu Ende gelangt, wie
der hohe H,O-Gehalt in No. 39e und besonders der Umstand
lehrt, dass nach 79stündiger Behandlung von No. 39c mit
KClI-Lösung bei 210—220°, statt eines H,O-freieren Leucits,
ein Silicat mit 2,26 pCt. H,O erhalten wurde.
No. 39. No. 39a. No. 39b. No. 39e.
9,07, 221620771219 15547 9,27
SIOF... 9694... 50.21 25814 202206
AL,O,.. 16,487 16,347 2°16,72 23 1056
Gap — — —
K,08... 2052 450 0,78 —
Na,0. 2.,532.,1,40 — 8:59 10:61
100° 100 100 100
Da das eben beschriebene Verfahren der Analeimisirung
wenig geeignet ist, gelangten folgende zur Prüfung auf ihre
Verwendbarkeit. Die an anderen Zeolithen ausgeführte Anal-
cimisirung hatte ausnahmlos ergeben, dass dieser Vorgang in
alkalisch reagirender Na- Salzlösung rascher erfolgt als in
neutraler; dasselbe war also auch für den Stilbit zu erwarten,
nur die zweckmässige Zusammensetzung der Lösung ist durch
ein mühevolles Versuchen zu ermitteln. Na, CO, oder Na, SiO,
sind nicht anwendbar, weil sie immer vom Stilbit SiO, ab-
spalten, andere Stoffe thun dies gleichfalls bei stärkerer Con-
centration. Der Na-Stilbit, der äusserst fein gepulvert sein
muss, wurde 75 Stunden bei 195—205 ° mit folgender Lösung
behandelt: 3 Theile Na,0 2SiO,, 10 NaCl und 60 H,O;
es bildete sich der SiO, reichste Analcim No. 39d, unter dem
Mikroskop war keine Spur eckiger Stücke wahrnehmbar, nur
runde Körner mit äusserst spärlichen Säulen vermengt. Der
Analeim wurde durch 75stündige Behandlung mit KÜl-Lösung
bei 200° in den SiO, reichsten Leucit No. 39e umgewandelt.
Durch 6tägige Behandlung mit NaCl- Lösung bei 100° wurde
der Leucit wieder in den Analcim No. 39f zurückgeführt. Es
wurde ferner Na-Stilbit mit folgender Lösung erhitzt: 2 Theile
Borax (Na,0 2B,0, 10H,0), 10 NaCl und 70H,O.
No. 39g. 78 Stunden bei 200— 210°; runde Körner mit
äusserst spärlichen eckigen Stücken.
389
No. 39h. 197 Stunden bei 210-—215°; nur runde Kör-
ner. In keinem Fall fand eine Abspaltung von SiO, aus dem
Silicat statt. )
No. 39i. No. 39h 78 Stunden mit KClI-Lösung bei 210
— 215° behandelt.
No. 39k. Na-Stilbit 74 Stunden bei 220° erhitzt mit
q
folgender Lösung: 3 Theile ns PO, 12H,O, 10 NaCl und
70H,O; runde Körner und etwas eckige Stücke.
No. 391. No. 39k 79 Stunden mit KCl-Lösung bei 210°
erhitzt.
A: Procentische Zusammensetzung eines Silicats von der
Formel: 3 (Na,0 Al,O, 6Si0,) 4 8H,O0.
No. 39d. No. 39e. No. 39. No.39g. No. 39h. No. 39i.
E02. 28,53 0,92 8,61 8,77 8,69 1,24
So 302.51, 64,27 62,831 62,227 62,68 63,89
Bar 99, 18,19 17,01 10,74: °°17,56 18,00
OR... 16,66 _ — — 16,87
Na,0... 10,94 -- 10 SED -—
100 100 100 100 100 100
No. 3%k. No. 391. A.
EHEOrSuR. 8735 1,240. 8,38
SiO,... 62,32 63,41 62,94
2.0.2 180141 1850091784
KON 16,
N20, 2. 10740000 27710584
oo 100.100
Mit anderen alkalisch reagirenden Na-Salzen sind keine
Versuche angestellt; es würde sich empfehlen, auch organisch-
saure Na-Salze zu durchmustern.
21. No. 40. Desmin von deu Faröern.
No. 40a. Desmin 1 Monat mit KCl-Lösung bei 100°
behandelt.
No. 40b. No. 40a 14 Tage mit NaCl-Lösung bei 100°
behandelt.
Der Na-Desmin No. 40b wurde 1029 Stunden mit NaCl-
Lösung bei 210—220° behandelt und gab das Silicat No. 40c;
1) Boraxlösung nimmt eine bedeutende Menge trockener, amorpher
SiO, auf; concentrirte Boraxlösung wird wohl auch von sauren Sili-
caten SiO, abspalten.
990
dabei waren die eckigen Stücke des Pulvers, bis auf Spuren,
in feine runde Körner verwandelt. No.40c, 190 Stunden mit
KClI-Lösung bei 210—220° behandelt, gab, statt eines H,O-
freien Leueits, ein Silicat mit 2,31 pCt. H,O; die Analeimi-
sirung war somit noch nicht vollendet, und es wurden nun die
rascher zum Ziel führenden Methoden angewandt, die schon
beim Stilbit erwähnt sind.
No. 40d. Na-Desmin 74 Stunden bei 220 ® behandelt
mit einer Lösung von 3 Theilen Na,0 2SiO, 10 NaCl und
60 Theilen H,O; runde Körner.
No. 40e. No. 40d 79 Stunden mit KCI-Lösung behan-
delt bei 210°. |
No. 40f. Na-Desmin 186 Stunden bei 210— 220° be-
handelt mit einer Lösung von 2 Theilen Borax, 10 NaCl und
70 H,O; runde Körner mit etwas eckigen Stücken.
No. 40g. No. 40f 79 Stunden mit KCl-Lösung bei 210
— 220° behandelt.
Die aus Na-Desmin dargestellten Analeime und Leueite
sind alle etwas H,Oreicher, als die aus dem Na - Stilbit
erhaltenen.
No. 40. No. 40a. No. 40b. No.40e.
H,O :.:...,18,63:12394 1.16.82. 00
SiO,..... 56,62 56,81 57,09 62,48
AL,OS:.2: 1688: 15.838 16,35, Nr
Ga0rR.2 750 — — —
K,0427% 02432 1442 — —
Na,03:2,420R Fe, 9,74. 13.120:63
100,18 100 100 100
No. 40d. No. 40e. No.40f. No. 40.
H,0°:. 29-5 8,970 7 754 8,940 es
SiO, ... 62,08 62,77 61,87 62,95
A1.O, .. 17,83 18,51. Ca Io
KO... as en
Na,0. „211,19, #07 Via
100 100 100 100
Phillipsit, Harmotom, Desmin einerseits, sowie Laumontit,
Leonhardit und Caporcianit andererseits sind schon oft aus
krystallographischen oder chemischen Gründen als zusammen-
gehörige Glieder zweier Mineralgruppen gedeutet worden; es
wäre möglich, dass alle vom Absatz 17 an untersuchten Mi-
nerale, sowie die aus geschmolzenem Analcim (No. 28, a, b)
und Leucit (No. 31a) dargestellten K-Verbindungen einer ein-
91
zigen Reihe angehörten. Vielleicht lässt sich dureh Annahme
von 6 Endgliedern die chemische Zusammensetzung dieser‘
Zeolithe befriedigend erklären und möglicherweise besitzen die
K-führenden Endglieder folgende Zusammensetzung: K,O AIl,O,
6510, 4H,O (K- Stilbit), H,O -Gehalt = SR ‚46 pCt. und
K. FO, Ö, 245105 22H OWEN" Ö-Gehalt — 10,21 pCt.!) Der
E10: Gehalt der von No. 28 an analysirten K - Verbindungen
ist zwar höher als diesen Endgliedern entspricht, allein die
dargestellten K-Verbindungen sind keine chemisch reinen Indi-
viduen, sondern Gemenge, namentlich ist hervorzuheben, dass
in allen Fällen, wo K,CO,-Lösung bei 200° auf Silicate ein-
wirkte, etwas SiO, von letzteren abgespalten wurde.
Behandelt man K-Leonhardit mit CaCl,-Lösung, so bildet
sich nicht der Leonhardit zurück, sondern man erhält ein
H,ÖOreicheres Ca-Silicat?); man müsste also, obige Mischungs-
hypothese vorausgesetzt, noch annehmen, dass die beiden End-
glieder der Ca-Silicate unter theilweisem Krystallwasseraustritt
sich zu Leonhardit, Caporcianit und Laumontit vereinigt ha-
ben, etwa ähnlich, wie Glaubersalz und Bittersalz unter Um-
ständen als Blödit MgSO, + Na,SO, + 4H,O zusammen-
krystallisiren.
22. Aus allen Versuchen von No. 12 an ergiebt sich
folgendes: Die K- und Na-Verbindungen der Silacate werden
durch Erhitzen mit Na-Salzlösungen bei 200° in Verbindungen
übergeführt, deren H,O-Gehalt zwischen 8 und 9 pCt. beträgt,
und es erfolgt diese Umwandlung in alkalisch reagirender Lö-
sung rascher, als in neutraler. Im Bezug auf das Molecül-
verhältniss von Al,O, zu SiO, bilden diese Verbindungen eine
fortlaufende Reihe, sie soll der Kürze wegen als „Analeim-
reihe“ bezeichnet werden; im SiO, reichsten Gliede (Stilbit,
Desmin) ist das Verhältniss von Al,O, zu SiIO, = 1:6, in
dem basischsten Gliede (Phillipsit, Herschelit) wie 1:3,6. Man
kann diese Glieder sich entstanden denken durch Vereinigung
eines SiO, reichsten Endgliedes (No. 39d), dessen Zusammen-
setzung ausdrückbar ist durch die Formel: 3(Na,O Al,0, 6SiO, )
+ 8H,O, mit einem SiO, ärmsten Endgliede von der Form
3 (Na,Ö Al, 0, 2 SiO,) -- 4H,0. Die Darstellung dieses
letzten Gliedes ist jedoch bis jetzt nicht gelungen. Zu jedem
Zeolith vom basischen Herschelit an bis zum sauren Stilbit
gehört ein entsprechender Analecim, der eigentliche Analcim
!) Dieses Silicat ist früher (1883, pag. 587, No. 6d) analysirt.
Versuche mit Natrolith und Thomsonit haben bis jetzt noch kein be-
friedigendes Ergebniss geliefert und sollen fortgesetzt werden.
?) Die Versuche sind noch nicht zum Abschluss gelangt.
392
würde durch Vereinigung gleicher Molecüle der Endanalcime
zu Stande kommen: 3 (Na,O Al,O, 6 SiO,) + 8H,O +4
3 (Na,0 Al,O, 2Si0,) + 4AH,0O = 6 (Na,0 AL,0, 4Si0,
-- H,O), und es ist somit die heutige Formel des Analecims
wenigstens zu verdoppeln.
23. Es wurden noch aus folgenden Silicaten Analeime
hergestellt. ;
Es wurde hydratische Thonerde und zweifach kieselsaures
Kali in 10 procentiger Lösung in folgenden Molecülverhält-
nissen zusammengebracht: 1 Al,O, + 3 (K,O 2SiO,), und das
Gemisch 27 Stunden bei 195 — 200° erhitzt; es bildete sich
das in kleinen Krystallbüscheln und -garben auftretende Silicat
No. 41. Molecülverhältniss von Al,O, : SiQ, = 1: 4,51.
Dieses Silicat wurde durch 4tägige Behandlung mit NaCl-
Lösung bei 100° in die Na-Verbindung übergeführt und letz-
tere dann 198 Stunden bei 210— 215° mit einer Lösung von
2 Theilen Borax und 10 NaCl in 70 H,O behandelt; die
Krystallbündel waren völlig verschwunden und statt deren
schlecht entwickelte und durch Einschlüsse getrübte Ikosite-
traöder gebildet, etwas vermengt mit sehr feinen, runden Kör-
nern, die durch Schlämmen entfernt wurden; No. 41a giebt
die Zusammensetzung des Schlämmrückstandes an (Al,O, : SiO,
= 1:4,47).
No. u b. No. 41a durch 78stündige Behandlung mit
KOl-Lösung bei 210—215° in Leueit verwandelt.
No. 41c. No. 41 wurde 78 Stunden bei 200—210° mit
einer Lösung von 10 pCt. NaCl und 10 pCt. Na,CO, behan-
delt; unter SiO,-Abspaltung war das Silicat in den normalen,
in Ikositetraödern krystallisirten Analecim verwandelt; etwas
beigemengte feine Körner wurden durch Schlämmen entfernt.
No. 41d. No. 4le 3 Wochen mit KÜOl-Lösung bei 100°
behandelt.
No. 41. No. A4la. No. 4ib. No.4Ale. No. 4ld.
H;0:.. 1058 7,98 0,772 a0 0008
SiO, ... 52,00 56,86 57,23 55,50 55,72
ALOs....:19,64.. 2101) 22,01 Geanı an
KO . „1088 ds sur 20.0100 0
Na,0.... 212 1850100 See
100 100 100 100 100
Natürlicher Analeim, mit Na,0 2 Si O,-Lösung von 20 pCt.
174 Stunden bei 200° erhitzt, erleidet keine Veränderung, zu
Glas geschmolzener Analcim verwandelt sich unter diesen Um-
ständen in einen SiO,reicheren Analcim.
ur
993
No. 42. Analcimglas 78 Stunden bei 200 — 210° mit
10 Theilen Na,0 2 SiO, in 40 H,O.
No. 42a. No. 42 3 Wochen mit KCI-Lösung bei 100°
behandelt.
No. 43. Anleimglas 174 Stunden bei 200 — 210° mit
13 Theilen Na-Silicat in 40 H,O behandelt; die Zusammen-
setzung des Na-Silicats liess sich durch die Formel aus-
drücken: Na,0O 24, SiO,.
No. 43a. No.43 100 Stunden mit KCl-Lösung bei 210°
behandelt.
Alle Analeime waren in runden Körnern ausgebildet.
No. 42. No. 42a. No. 43. No. 43a.
EBor 5 ars eur 94. 9,08 1,91
SiO, ... 5778 5892 59,35 59,90
Al,O,... 20,54 20,79 19,35 20,25
Be le 1905: LAN 18,64
9,0 sr ee
100 100 100 100
Diese Versuche deuten vielleicht den Weg an, auf dem
die bekannte Pseudomorphose von Orthoklas nach Analeim
und Laumontit sich gebildet haben könnte. Der normale
Analecim wurde zuerst in den SiO,reichsten, dieser dann in
den entsprechenden Leucit übergeführt, und endlich ging letz-
terer in den mit ihm metameren Orthoklas über.
Es wude ferner Na-Desmin in einen SiO,ärmeren Anal-
cim übergeführt durch 15monatliche Behandlung mit einer
Na, CO,-Lösung (20 pCt.) bei 100 °; unter beträchtlicher SiO,-
Abspaltung bildete sich No. 44 (Al,O,: SiO, = 1: 5,15).
No. 44a. No. 44 100 Stunden mit KCl-Lösung bei 200°
behandelt.
In folgenden Fällen wurde Na-Desmin mit einer Lösung
von Na,0 SiO, behandelt.
No. 45. 2 Monate bei 100° mit einer Lösung von 25 pCt.
No. 45a. No. 45 3 Wochen mit KCl-Lösung bei 100°.
No. 46. Na-Desmin 100 Stunden bei 195 — 205° be-
handelt mit Lösung von 30 pCt.
No. 46a. No. 46 100 Stunden bei 200—210° mit KCI-
Lösung.
Diese Versuche erläutern die Bildung der Pseudomor-
phose von Analcim nach Desmin (Ror#n, Chem. Geologie I,
pag. 405). |
No. 47. Geschmolzener Orthoklas von Striegau 2'/, Monate
bei 100° mit einer Lösung von Na,0 SiO, (16 pCt.) behandelt.
Zeitschr. d.D. geol. Ges. XXX VII. 4. 59
394
No. 47a. No. 47 1 Monat mit K,CO,-Lösung bei 100°.
Alle Silicate von No. 44 an sind in runden Körnern
ausgebildet.
No. 44. No.44a. No.45. No.45a. No. 46. No. A6a.
H,O ... 844 0,70 8,88 1,15 8,60 0,93
SIO, 1.559,93 60,90: 55,26: 5553-2 A0 a
AL,0.2:..19792 2021 22,14 22,54 24,30 24,63
KO... — 18,19 — 20,78 — 21,12
N2,0.. 11,84 — 13.02 — 14,70 =
100 100 100 100 100 100
No. 47. No. 47a.
0r2.2%2:8,99 1,00
SiO,... . . 54,36 95,43
1,05. ...522,80 28,97
KO a0 ee
Na,0: .... 14,01. 038025
100 100
Es wurden ferner Adular, Sanidin, Albit bei 200° mit
Na,SiO,-Lösung von verschiedener Concentration behandelt und
dabei in manchen Fällen in Würfeln und Ikositetraödern
ausgebildete Silicate erhalten, aber immer stark vermengt mit
runden Körnern oder feinen Säulen des Silicats No. 3; eine
mechanische Sonderung war nicht ausführbar. Auf Grund vor-
liegender Arbeit sind auch die früher (1883, pag. 572, 602)
aus Orthoklas durch SiO,-Entziehung, sowie aus Eläolith und
anderen basischen Mineralen durch SiO,-Addition hergestellten
Silicate der Analcimreihe zuzuzählen.
24. Werden die Silicate der Analeimreihe mit K -Salz-
lösungen behandelt, gleichviel bei welcher Temperatur, so
bilden sich K-Silicate mit einem H,O-Gehalt von etwa 100 pCt.;
im vollkommen reinen Zustande sind diese Silicate wahrschein-
lich H,Ofrei !), und sollen dieselben „Silicate der Leueitreihe“
genannt werden. Durch Behandeln mit Na-Salzlösung werden
sie wieder zu Silicaten der Analeimreihe, und man kann sich
diese Leucite entstanden denken durch Vereinigung eines
SiO, reichen Endgliedes (No. 39e) von der Zusammensetzung
des Orthoklases: K,OAI,O, 6 SiO, und eines basischen End-
gliedes (Absatz 6) von der Zusammensetzung eines K-Anor-
thits: K,O’A1,0, 2310,
1) Auch natürlicher Leueit mit K,CO-Lösung bei 200° behandelt,
wird etwas H,O haltig (0,75 pCt.).
995
Das SiO, reiche Endglied ist mit dem Orthoklas blos
metamer und unterscheidet sich von demselben einmal durch
die leichte Zerlegbarkeit durch HCl und dann durch den
schnellen Austauch von K gegen Na. Ueber die Constitution
lässt sich zur Zeit nichts angeben, vielleicht sind der sauerste
Leueit und Analecim sowie Albit und Orthoklas Verbindungen
der #basischen SiO, :R,O Al,O, 2SiO, mit 4 SiO,, wobei
den 4 Molecülen Sio, zum Theil die Rolle der Vertreter von
Krystallwasser oder Salzen in den Sodalith-, Hauyn-, Can-
erinit - artigen Silicaten zukommt. Nach dieser Hypothese
würden sämmtliche Feldspäthe, Leucit, Nephelin sowie die
Minerale der Sodalithgruppe wesentlich demselben chemischen
Typus angehören. Als Stütze darf vielleicht angeführt werden,
dass die Minerale der Sodalithgruppe sehr leicht SiO, aufneh-
men, unter Abscheidung von NaCl, Na, SO,, Na, CO, etec.,
und dass Orthoklas ebenso leicht, unter SiO, - Austritt, in
Minerale der Sodalithgruppe übergeht. Vielleicht darf noch
angeführt werden, dass der Orthoklas in der Natur am häu-
figsten in Minerale umgewandelt wird, die mit einiger Wahr-
scheinlichkeit als 4basisch kieselsaure Salze gedeutet werden,
nämlich Kaolin, Glimmer, Epidot.
Als Einwand muss hervorgehoben werden, dass beim
Schmelzen von ÖOrthoklas oder Albit diese Feldspäthe aus
4 basisch sauren zu 2basisch sauren Verbindungen werden müss-
ten, nach bisherigen Analogien zu schliessen. Man müsste also
noch die weitere Annahme machen, dass beim Erstarren wieder
ein Rückgang in die 4basisch saure Verbindung stattfindet;
für die Möglichkeit dieses Vorganges darf vielleicht die Ab-
scheidung des basischen Fe,O, aus dem SiO, reichen Obsidian-
glas angeführt werden, was ja auch mit gewohnten Vorstel-
lungen nicht stimmt.
25. Die allgemeine Formel der Leucite würde sein:
m (K,O Al,O, 6Si0O,) + n (K,O A1,0, 2SiO,), für den
eigentlichen Leucit ist dann m = n. Eine Stütze würde ge-
wonnen sein, wenn die Darstellung sogenannter gemischter
Leueite (Analeime) gelänge, die gleichzeitig verschiedene Al-
kalien !) führen ; hier wäre auch die Existenz von Metamerien
zu erwarten, zZ. B. für einen KNa-Leucit sind folgende 2
denkbar:
K,O Al,O, 6 SiO, + Na,O Al,O, 2SiO, und
Na,0 Al,O, 6SiO, + K,O Al,O, 2 SiO,.
In meiner früheren Arbeit war angedeutet, dass der Leucit
möglicherweise eine Verbindung von K-Anorthit und Orthoklas
2) Auch NH, und derivirte Ammoniake sind zu berücksichtigen.
59*
996
sei; nachdem jedoch das sauerste Endglied dargestellt, ist
diese Ansicht aufzugeben, und vielleicht lässt sich noch fol-
sendes dagegen anführen. Eine Verbindung von 1 Mol. Anorthit
und 1 Mol. Albit giebt einen durch HCl sehr schwer zerleg-
baren Andesin; wäre der Leucit eine Verbindung von K-
Anorthit und Orthoklas, so dürfte man vielleicht, nach der
Analogie mit dem Andesin, auch eine schwere Zerlegbarkeit
des Leueits durch HCl erwarten. Gewöhnlich deutet man
den Leueit als ein Salz der 2basischen SiO,. Vielleicht lässt
sich dagegen einwenden, dass dann der Leucit monoclin kry-
stallisiren und durch HCl nicht zerlegbar sein müsste, nach
der Analogie mit Aegirin, Spoduimen und Glaukophan !); der
Leucit trägt aber den Charakter eines Feldspaths, nicht den
eines Augits.?) Als fernere Stütze der oben entwickelten Hy-
pothese lässt sich die schon früher (1883, pag. 599) bespro-
chene Spaltung des Leucits in ein Gemenge von Sanidin und
Nephelin anführen, und es ist durch Versuche zu entscheiden, ob
ein Silicat, das man durch Zusammenschmelzen von Leueit
und Analcim erhält, unter Umständen zu einem Gemenge von
Nephelin und Sanidin erstarrt. Doch ist auch ein wichtiger
Einwand gegen obige Hypothese nicht zu übersehen: der Spo-
dumen wird in ein Gemenge von Albit und Eukryptit um-
gewandelt, was der Spaltung des Leucits in Sanidin und Ne-
phelin durchaus entspricht; auch haben die folgenden Versuche
ergeben, dass geschmolzener Spodumen, mit Na, CO,- und
K,CO,- Lösung behandelt, dieselben Umwandlungsproducte
giebt, wie geschmolzener Analcim und Leueit.
No. 48. Geschmolzener Spodumen 171 Stunden bei 200
— 210° mit einer Na,CO,-Lösung (15 pCt.) behandelt; runde
Körner und äusserst Spärliche feine Säulen. °)
No. 48a. No. 48 100 Stunden mit KCl-Lösung bei
200— 210° behandelt.
No. 49. Geschmolzener Spodumen 75 Stunden bei 200
— 215° mit K,CO,-Lösung (20 pCt.) behandelt; zu Büscheln
und Stengeln vereinigte Säulen wie bei No. 28.
No. 49a. No. 49 79 Stunden bei 200— 215° behandelt
mit einer Na, OO,-Lösung (15 pCt.); runde Körner.
1) Vielleicht ist ein Augit von derselben Zusammensetzung wie der
Leueit für sich unbeständig und kann nur in Verbindung mit gewissen
Silicaten von der Form RSIO, erhalten werden; die fragliche Verbin-
dung würde einem K-Glaukophan entsprechen.
?) Auch das früher (1883, pag. 598) dargestellte, durch HCl nicht
zerlegbare Fe -Silicat ist vielleicht eine Verbindung der 2basischen
Kieselsäure.
3) Das abgeschiedene LiO,CO, wurde durch heisses H,O dem Si-
licat entzogen.
997
No. 49b. No. 49a 78 Stunden mit KCl- Lösung bei
210— 215° behandelt.
Bei den Versuchen No. 48 und 49 wurde etwas SiO,
vom Silicat abgespalten.
No.48. No. 48a. No.49. No. 49a. No. 49b.
ER 085615057 11,69: | 8.407 6,68
Si 53,49 54,01 47,78 52,89 53,56
AL,O, .. 23,611) 2,35 21.69 24,38 24,65
ee RE er;
1 (0 a aa
100 100 100 100 100
Da geschmolzener Analeim (Leucit) und Spodumen die-
selben Umwandlungsproducte geben, müsste man noch die
Annahme machen, dass letzteres Mineral durch das Schmelzen
eine Constitutionsänderung erlitten habe in folgendem Sinne:
2 (Li,O Al,O, 4 SiO,) (Augit = 2basische Säure) = Li,O Al,O,
6510, + Li,O Al,O, 2SiO, (Li-Albit + Eukryptit = 4ba-
sische Säure). Das ist möglich, allein da eine Stütze für
diese Behauptung fehlt, so könnte man ebenso gut den Spo-
dumen nicht als eine Augit-artige Verbindung der 2basischen
Kieselsäure, sondern als ein Feldspath-artiges Mineral ansehen,
etwa von Andesit-artiger Öonstitution. Viel Klärung der Frage
würde gewonnen werden, wenn die Darstellung eines durch
HOl leicht zerlegbaren, mit Spodumen metameren Li-Leucits’?)
gelänge, und wenn man Spodumen mit einem Augit von der
Form RSiO, verbinden könnte; zur Zeit sind alle Analogie-
schlüsse wegen Mangel an Thatsachen völlig unsicher.
26. Das basische Endglied der Leucitreihe wird vielleicht
von den im Abschnitt 6 untersuchten Silicaten dargestellt; es
lässt sich nicht sicher entscheiden, ob nicht ein metameres
Silicat vorliegt. Deutet man die Verbindung K,O Al,O, 2SiO,
als Salz der Abasischen Kieselsäure und nimmt an, dass die
einzelnen durch Metalle vertretbaren Valenzen der Kieselsäure
ungleichwerthig sind, so ist die Existenz mehrerer Metame-
rien möglich ?); als Fingerzeige für Metamerien in der Analeim-
und Leucit-Reihe können vielleicht die Minerale Analcim und
Eudnophit, sowie die aus demselben darsgestellten Leucite an-
geführt werden: abgesehen von der Krystallform, löst sich der
Eudnophit (und dessen zugehöriger Leueit) klar in HCl auf
1) Darin 1,10 pCt. Fe,0;.
?) Vielleicht ist der Eukryptit das Anfangsglied der Li-Leucite.
?) Dasselbe gilt auch von dem sauersten Endegliede,
398
und gesteht die SiO, gallertartig, aus dem Analeim wird aber
ein Theil der SiO, immer schleimig pulverig abgeschieden.
Am meisten lässt sich gegen die Deutung des im Abschnitt 6
untersuchten Silicats als basischen Leueit der Umstand an-
führen, dass bei der Behandlung mit Na-Salzlösung nicht ein
entsprechender Analcim, sondern eine Verbindung der Sodalith-
gruppe !) erhalten wird; andererseits ist anzuführen, dass dem
fraglichen Analeim die Formel: 3 (Na,0 Al,O, 2SiO,) + 4H,0
zukommen würde, und dass einige Sodalith-artige Silicate fol-
gende Formel besitzen: 3 (Na,0 AL,O, 2SiO,) HR+5H,0,
wo R ein Na-Salz (Na,SO,, Na,SiO,, Na,0) vorstellt.
Manche Silicate der Sodalithgruppe können also als eine eigen-
thümliche Art basischer Analcime gedeutet werden, in denen
ein Theil des Krystallwassers durch ein Salz ersetzt ist. Die
Entscheidung der Frage kann erst durch die Darstellung des
basischen Analcims geliefert werden.
27. Die in dieser Arbeit untersuchten K-Verbindungen
lassen 3 Reihen unterscheiden: 1.H,Ofreie: Leucitreihe; 2. mit
etwa 12 pOt. H,O (Desmin, Stilbit, Harmotom, Phillipsit);
3. mit etwa 16 pCt. H,O (Chabasit); aus geschmolzenem
Analeim und Herschelit lassen sich 2 Reihen herstellen: bei
200° mit etwa 12 pCt., bei 100° mit 16 pCt. H,O. Wir
machen die Hypothese ]. dass alles in diesen Silicaten ent-
haltene H,O Krystallwasser ist und 2. dass die Silicate von
gleichem Verhältniss von Al: Si im Wesentlichen gleich con-
stituirt sind und sich nur durch den Krystallwasser - Gehalt
unterscheiden.
Als Stütze für diese Annahme liesse sich Folgendes an-
führen. Da Na-Salze im Allgemeinen Krystallwasser -reicher
sind als die entsprechenden K-Verbindungen, so ist höchstwahr-
scheinlich das H,O, welches die Silicate der H,Ofreien Leueit-
reihe bei der Umwandlung in solche der Analcimreihe auf-
nehmen, Krystallwasser; die Analecime werden aber durch
längeres Erhitzen H,Oreicherer Na- Verbindungen bei 200°
erhalten, diese letzteren können aber nur bei niederer Tem-
peratur (100°) dargestellt werden. Nach der Analogie zu
schliessen, dass bei niederer Temperatur Krystallwasser-reichere
Verbindungen erhalten werden als bei höherer, führen die
H,O reichen Na-Verbindungen ?) auch nur Krystallwasser, und
!) Die Einwirkung der Na-Salze fand immer bei 200° statt, bei 100°
konnte, auch nach monatelanger Dauer, kaum eine Andeutung einer
Umsetzung nachgewiesen werden.
2) Die H,O reichen Na-Silicate würden sich zu den entsprechenden
verhalten, wie Soda zu Thermonatrit, oder wie Bittersalz zu
ieserit.
999
da sie aus den natürlichen Zeolithen meist durch einfache
Umsetzung erhalten werden, so ist es nicht unwahrscheinlich,
dass letztere Mineralgruppe nur Krystallwasser führt. Hervor-
gehoben sei, dass die Glieder der Analcimreihe durch Erhitzen
der H,Oreichen Na -Verbindungen bei 200° mit Na - Salz-
lösung oder reinem H,O erhalten werden, dass aber die ent-
sprechenden Leucite nicht nach dem gleichen Verfahren aus
den H,Oreichen V-Verbindungen sich herstellen lassen, son-
dern nur auf dem Umwege aus den Analcimen. Dieses ver-
schiedene Verhalten von K und Na lässt sich zur Zeit nicht
erklären. Ferner erfolgt die Analeimisirung der H,Oreichen
Na- Verbindungen sehr viel rascher, wenn gelöste Na-Salze
mit schwachen Säuren (0,0, SiO,, B,O,) einwirken, als wenn
neutral reagirende Salze mit starken Säuren die Veränderung
bewirken. Aus den thermochemischen Untersuchungen Tnaox-
SENs muss man schliessen, dass in dem gelösten kiesel- und
borsauren Natron durch die Wirkung des H,O ein Theil des
Natron sich in einem stark gelockerten Zustande befindet, und
eilt dies wahrscheinlich von allen alkalisch reagirenden Salzen.
Bei der Analcimisirung einer H,Oreichen Na-Verbindung wird
also die Wirkung des in letzterer enthaltenen Na unterstützt
durch das in der Lösung enthaltene, zum Theil von der
schwachen Säure gelockerte Natron; als eine fernere Stütze
in diesem Sinne lässt sich die Thatsache anführen, dass alka-
lisch reagirende, gelöste Na-Salze leicht einen Theil der SiO,
von den unlöslichen Silicaten abspalten.
28. Die Zusammensetzung der Zeolithe sowie aller hier
untersuchten Substitutionsproducte derselben lässt sich durch
Mischung zweier Endgruppen mit einander erklären. Freilich
sind die Endglieder weder in der Natur beobachtet, noch, bis
auf wenige, künstlich dargestellt worden; auch ist es beach-
tenswerth, dass, die Mischungshypothese zugegeben, die natür-
lichen Zeolithe meist ganz bestimmte Mischungen zeigen. So
schwankt das Verhältniss von Al,O, : SiO, in der Chabasit-
gruppe von 1:9,6 bis-1:5, für viele Zeolithe, wie Natrolith,
Barytharmotom, Analcim !) (Leueit), ist nur je ein Verhältniss
von Al zu Si beobachtet worden; man könnte auf diese That-
sachen, als gegen obige Mischungs- Hypothese sprechend, hin-
weisen.
Dass die Valenz der Elemente im starren Zustande grösser
ist als im gasförmigen ist allgemein angenommen, ebenso dass
2) Manche Analeim-Analysen scheinen in der That ein etwas grös-
seres Molecular-Verhältniss von Al,O,: SiO, aufzuweisen als 1:4. Die
Frage kann nur durch Analyse ausgesucht reinen Materials entschie-
den werden.
1000
ein absolutes Maximum für jedes Element vorhanden ist, dass
aber die einzelnen Valenzen ungleichartig sind. Die Verbin-
dung der 4basischen Kieselsäure R,O Al,O, 2 SiO, verbindet
sich vermöge der überschüssigen Valenzen mit Krystallwasser,
mit Salzen (Sodalithgruppe) und mit dem Silicat R,O Al,O,
6 SiO, nH,0; bei Annahme ungleichartiger Valenzen ist es
nicht auffallend, wenn mit Vorliebe gewisse Mischungsverhält-
nisse von basischem und saurem Endglied in natürlichen Ver-
hältnissen auftreten, andere dagegen ganz fehlen und sich nur
künstlich, unter ganz besonderen Bedingungen herbeiführen
lassen. Wenn also in der Natur nur ein Leueit sich vor-
findet und namentlich keiner von den Endgliedern, so darf
man das noch nicht gegen die Mischungs-Hypothese verwerthen:
es braucht eben unter den Entstehungsumständen (Schmelz-
fluss) diese ganz bestimmte Verbindung die beständigste zu
sein, und es würde sich lohnen, Leucite von anderem SiO,-
Gehalt zu schmelzen und krystallisiren zu lassen, wobei viel-
leicht Spaltungen eintreten werden in K,O Al,O, 4 SiO, und
Orthoklas oder K,O Al,O, 2SiO,. Das sauerste Endglied ist
vielleicht bei Glühhitze überhaupt unbeständig und wandelt
sich in den metameren Orthoklas um. Auch der basische
Leucit und der Na- Anorthit (Na-Leueit) findet sich nicht in
Gesteinen, vielleicht weil die Bedingungen zur Vereinigung des
ersteren mit Orthoklas zu Leueit und des zweiten mit Leueit
zu Nephelin oder mit NaCl, Na,, SO, zu Sodalith und Nosean
günstiger waren, als die Bedingungen zur selbstständigen
Existenz. Es wäre auch wichtig zu erfahren, ob es nicht
SiO, ärmere, aber Cafreie Plagioklase und Orthoklase giebt,
die als Verbindung von Albit und Orthoklas mit K- und Na-
Anorthit zu deuten wären.
29. Die Behauptnng, dass die Zeolithe nur Hydrate der
Feldspäthe sind, also bei wesentlich gleicher Constitution sich
zu einander verhalten etwa wie Gyps zu Anhydrit, ist ange-
sichts der Thatsache, dass einige Zeolith-artige Verbindungen
aus Feldspäthen dargestellt sind, nicht ohne weiteres zurück-
zuweisen. In chemischer Hinsicht lässt sich zur Zeit als
Haupteinwand die schwierige Zersetzbarkeit der sauren Feld-
späthe durch HCl hervorheben, während die entsprechenden
Zeolithe und der sauerste Leucit durch Säure leicht zerlegt
werden. Zunächst ist der landläufige Ausdruck „schwer oder
leicht zerlegbar“ nicht scharf, auch Orthoklas und Albit wer-
den durch HCl vollkommen zerlegt, aber langsam, die Zeo-
lithe dagegen sehr rasch. Es mag hier folgende Betrachtung
gestattet sein. |
Wird ein fester Körper in einer Flüssigkeit gelöst, so
%
ir
1001
zerfallen dabei, nach der gegenwärtig herrschenden Vorstellung,
die zusammengesetzten Molecülcomplexe in einfachere und
befinden sich die in letzteren enthaltenen Molecüle in gelocker-
terem Zustande als vorher; ferner sind die Molecülcomplexe
eines Körpers und deren Bestandtheile unter denselben Um-
ständen nicht alle gleich, sondern befinden sich in Folge der
Bewegung zum Theil in einem innig gebundenen, zum Theil
in einem gelockerten Zustande. Letztere werden nun wohl
rascher abgespalten als erstere, wenn ein Lösungsmittel auf
einen festen Körper einwirkt; von zwei festen Körpern, die sonst
wesentlich gleich constituirt sind, ausser dass die Molecüle des
einen durchschnittlich inniger gebunden sind als die des an-
deren, wird sich der erstere langsamer lösen. Vielleicht darf
man als Beispiele die amorphe und krystallisirte As,O,, sowie
amorphe, H,Ofreie SiO, und Quarz anführen: die amorphen
lösen sich in Säuren und Alkalien rascher. Wenn nun ein
Molecül mit seinen sämmtlichen freien Valenzen ein gleich-
artiges Molecül bindet, so wird dieser Complex inniger sein,
als wenn blos ein Theil der Valenzen zur Bindung verwendet
wird, -der andere latent bleibt. oder zur Bindung von Krystall-
wasser !) Verwendung findet. Wir machen also die Hypothese:
in Kıystallwasser - haltigen Verbindungen ist im Allgemeinen
die Bindung der Molecüle weniger innig als in den entspre-
chenden Anhydriden; erstere werden sich rascher lösen oder
durch Säuren zerlegt werden als letztere, ebenso werden Kry-
stallwasser - reichere Verbindungen sich rascher lösen als
Krystallwasser-ärmere, wenn die beim Uebergang der ersteren
in letztere frei gewordene Valenzen zur gegenseitigen Bindung
der Molecüle verwendet wurden. An Thatsachen, die man
als Stütze für diese Hypothese anführen könnte, fehlt es fast
ganz; doch sei hervorgehoben, dass Magnesit von verdünnten
Säuren äusserst langsam, MgCO, 3 H,O dagegen sehr rasch
gelöst wird, und ebenso verhält sich Kieserit (Mg SO, H,O) zu
Bittersalz. Nach dieser Hypothese sind die Molecüle im Or-
thoklas °) am innigsten miteinander verbunden, im sauersten
Leueit ist ein Theil der Valenzen latent geblieben, im K-Stilbit
1) Als Fingerzeig dafür, dass dieselbe Kraft im Stande ist, Krystall-
a und Salzmolecüle zu binden, darf man die Salze mit Halhydrat
anführen.
?) Nach der herrschenden Vorstellung befinden sich die Molecüle
eolloidal gelöster SiO, in einem gelockerteren Zustande als die Molecüle
fester, pulverig abgeschiedener SiO,. Nun erhält man aber colloide
SiO,-Lösungen nur durcn Zerlegung von Silicaten, die durch Säuren
rasch gelöst werden, alle langsam zerlegbaren scheiden die SiO,
pulverig ab. Darf man hieraus schliessen, dass im letzteren Fall die
Sı0,-Molecüle schon im unzersetzten Silicat inniger gebunden waren?
1002
dagegen zur Bindung von Krystallwasser verwendet worden;
Orthoklas und der sauerste Leucit stehen etwa in demselben
Verhältniss zu einander, wie Quarz zu amorpher SiO,.
Dass bei der Lockerung der Molecüle oder bei der Auf-
nahme von Krystallwasser auch die Atome im Molecül eine
Aenderung erleiden, ist sicher; z. B. verliert Mg CO, 3 H,O
zugleich mit H,O auch etwas CO, bei einer Temperatur, wo
Magnesit kaum eine Veränderung zeigt, doch ist bei dem heu-
tigen Stande unserer Kenntnisse diese Frage nicht besprechbar.
Ausdrücklich sei hervorgehoben, dass die Geschwindigkeit
der Zerlegung eines festen Körpers durch Säure nicht blos von
der mehr oder weniger innigen Bindung der im ersteren ent-
haltenen Molecüle abhängt, sondern auch von der Affinität der
zur Wirkung gelangenden Basen und Säuren; auch diese Frage
entzieht sich zur Zeit einer Besprechung. !)
Albit wird durch Säuren sehr langsam zerlegt, mit je
mehr Anorthit er sich jedoch zu gemischtem Plagioklas ver-
bindet, desto rascher ist er durch Säuren zerlegbar, umgekehrt
nimmt die Zerlegungsgeschwindigkeit des Anorthits ab, mit je
mehr Albit er sich verbindet; es ist nun nicht wahrscheinlich,
dass Anorthit und Albit beim Sichmischen ihre Constitution
wesentlich ?) ändern, sondern nur dass die Intensität der Bin-
dung der Molecüle zu Molecül-Complexen und vielleicht auch
die Grösse der letzteren sich ändert. Es liegt nun nahe an-
zunehmen, dass in einem aus viel Anorthit und werig Albit
bestehenden, also rasch durch HCl zerlegbaren Plagioklas die
Albitmolecüle sich in einem ähnlich gelockerten Zustande befin-
den, wie die Molecüle in dem SiO, reichsten Leucit No. 39e. Es
ist möglich, dass es gelingt, einen solchen gelockerten, durch
HCl rasch zerlegbaren Albit im isolirten Zustande herzustellen,
und derselbe würde vielleicht als SiO,reichster Na-Leueit zu
deuten sein °); der basischste Na-Leucit (Na,0 Al,O, 2 SiO,)
2) Ob nicht die 4basische Kieselsäure denselben Basen gegerüber
schwächer ist, als die 2basische? Die 4basischen Salze der Olivin-
gruppe werden sehr leicht zerlegt, die 2basischen der Augitgruppe da-
gegen sehr langsam, nur Wollastonit macht eine Ausnahme.
2) Eine geringe Aenderung der Lage und Bewegung der Atome im
Moleeül wird sicher stattfinden, ohne jedoch das Wesentliche des Atom-
complexes damit zu ändern; derartige unwesentliche Aenderungen
müssen nach der mechanischen Wärmetheorie schon bei dem geringsten
Temperaturwechsel eintreten.
3) Sollte es gelingen, den sauersten Analecim dureh vorsichtiges
Erhitzen völlig zu entwässern, ohne dass er dabei seine leichte Zerleg-
barkeit durch Säure einbüsst, so würde diese Verbindung vielleicht
den sauersten Na-Leueit vorstellen; doch ist es möglich, dass sie nur
metamer ist und zum eigentlichen Na Leueit sich verhält wie schwach
gebrannter Gyps zu Anhydtrit.
1003
existirt vielleicht schon, wenn auch nicht in freiem Zustande,
sondern mit K,O Al,O, 4 SiO, zu Nephelin, und mit NaCl,
Na, SO, zu Sodalith und Nosean verbunden.
In einem aus viel Albit und wenig Anorthit bestehenden,
also langsam zerlegbaren Plagioklas sind wohl die Anorthit-
Molecüle zu ähnlich innigen Complexen verbunden, wie im
Albit; ein solcher Anorthit, isolirt hergestellt, würde durch
Säuren langsam zerlegt werden. !)
Bekanntlich werden manche Orthoklase verhältnissmässig
rasch kaolinisirt, während die meisten sehr widerstandsfähig
sind; auch hier ist es unwahrscheinlich, dass wesentlich ver-
schieden constituirte Verbindungen vorliegen, die raschere Kao-
linisirbarkeit hängt wohl nur ab von der stärkeren Lockerung
der Molecüle, wobei freilich auch die Lagerung der Atome im
Molecül, wenn auch unwesentlich, verändert wird. Es ist
zu untersuchen, ob solche leicht kaolinisirbare Orthoklase
durch Säuren rascher zerlegt werden. Nach früheren Ver-
suchen (1883, pag. 611) werden geglühter Nephelin und Or-
thoklas rascher durch Salzlösungen verändert als die natür-
lichen Minerale; man darf vielleicht annehmen, dass durch das
Glühen die Molecüle gelockert wurden und bei rasch eintre-
tender Abkühlung nicht mehr die ursprüngliche Lage ein-
nahmen, sondern zum Theil im gelockerten Zustande verblieben.
Aehnliche Orthoklase konnten sich auch bilden, wenn geschmol-
zene Gresteinsmassen rasch erstarrten, und es ist zu untersuchen,
ob rasch kaolinisirbare Orthoklase sich in rasch erstarrten
(Glas und halbentglaste Silicate führenden) Gesteinen finden.
In einer früheren Arbeit (1883, pag. 575) wurde die Trü-
bung des ursprünglich durchsichtigen, in älteren Gesteinen vor-
kommenden Orthoklases besprochen; es ist möglich, dass die-
selbe nicht Folge einer durch äussere Einflüsse veranlassten
Umwandlung, sondern vielmehr einer innigeren Bindung der
Moleeüle ist, und es ist zu untersuchen, ob die klaren Orthoklase
durch chemische Agentien rascher verändert werden als die
trüben.
Sehr verwickelt sind die Erscheinungen, wenn Silicate
geschmolzen werden und dann glasig erstarren; geschmolzener
Labrador und Adular ?) werden durch Säure rascher zerlegt
2) Vielleicht liegen in dem natürlichen und zu Glas geschmolzenen,
durch Säure rasch zerlegbaren Granat die Analoga zu zwei Anorthiten vor.
1) Die verschiedene Zerlegungs-Geschwindigkeit des geschmolzenen
und natürlichen Adulars ergiebt sich aus folgenden Versuchen. Nach
10stündiger Behandlung mit HCl vom 20 pCt. bei 100° waren zerlegt:
vom natürlichen Adular 14.45 pCt., vom geschmolzenen 45,29 pCt.; bei
einem zweiten Versuch, der 5 Stunden dauerte, wurden vom natürlichen
Adular 12,97 pCt., vom geschmolzenen 28,50 pOt. zerlegt. Die grossen
1004
als die natürlichen Minerale, dagegen werden die geschmol-
zenen SiÖ,reicheren Zeolithe !) langsamer zerlegt; vielleicht
hat geschmolzener Analcim eine dem Andesin?) ähnliche Con-
stitution angenommen. Die reinen Thonerde-Alkaligläser zei-
gen noch die gemeinsame Eigenschaft verhältnissmässig rasch
sich zu hydratisiren, ohne gleichzeitig eine andere stoffliche
Aenderung zu erleiden, und es erfolgt diese Hydratation durch
Behandlung mit alkalisch reagirenden Lösungen (CO,- und
SiO,saure Alkalien), wobei die Na-Salze die H,O - Aufnahme
in viel kürzerer Zeit zu bewerkstelligen scheinen, als die K-
Salze. So sind geschmolzener Analcim (No. 15) und Leueit
(No. 3la) hydratisirt worden und im Folgenden ist geschmol-
zener Albit von Viesch®) No. 50 durch Stägige Behandlung
bei 100° mit einer Lösung von 14 Theilen Na,O 2SiO, in
50 H,O zeolithisirt zum Silicat No. 50a. Während der Ein-
wirküng der Lösung muss das Pulver möglichst oft aufgerührt
werden, um ein Zusammenbacken zu verhindern, auch ist län-
gere Einwirkung zu vermeiden, weil sich dann secundäre Vor-
gänge stark geltend machen. Durch 3monatliche Behandlung
von No. 50a mit KCl-Lösung bei 100° wurde das Silicat
No. 50b erhalten; beide Silicate stehen vielleicht dem K- und
Na-Desmin sehr nahe, doch sei hervorgehoben, dass nach
Versuchen, die eben im Gang sind, unter denselben Unistän-
den auch H,Oreichere Producte erhalten werden. |
No. 50. No. 50a. No. 50b.
H,O... 0,56. 1709 20807
SiO, ... 6719 55,25 56,08
A1,0... 2078 60 1
‚o 0,55 15,71
ne le. —
100 99,95 100
Unterschiede in beiden Versuchen rühren wohl davon her, dass es
nicht möglich ist, den gepulverten Silicaten den gleichen Grad von
Feinheit zu geben.
1) Dagegen wird geschmolzener Natrolith noch immer rasch zerlegt.
Wahrscheinlich steht das verschiedene Verhalten von geschmolzenen
und natürlichen Zeolithen gegen HCl in engem Zusammenhang mit
Aenderungen des Molecularvolums; leider konnten die specifischen Ge-
wichte nicht bestimmt werden, weil die geschmolzenen Minerale voll
kleinster Luftblasen waren.
2) Andesin (Al,:Si = 1:4) konnte nicht beschafft werden; wahr-
scheinlich wird er durch Na,C0, -Lösung bei 200° in Analeim, durch
K,C0,-Lösung in das Silicat No. 28 (Phillipsit) umgewandelt werden,
>) Enthält sehr geringe Mengen Glimmer beigemengt.
BE er
1005
Vielleicht werfen diese Versuche auf die Bildung des Pech-
steins einiges Licht. Diese Gebirgsart gilt allgemein für ein
Erstarrungsproduct eines geschmolzenen Magmas, wobei jedoch
die Schwierigkeiten, die der hohe Wassergehalt .mit sich bringt,
in gleicher Weise übersehen werden, wie ehemals beim Ser-
pentin. Es ist geboten, auch die Möglichkeit einer anderen
Entstehungsweise in Betracht zu ziehen : vielleicht wurden
Tuffe von meist glasig erstarrten Silicaten zu Tage gefördert,
und diese wurden durch Alkalisilicat-Löung bei erhöhter Tem-
peratur hydratisirt; dass unter diesen Umständen sich auch die
Quarz- und Augit - Krystalle des Pechsteins bilden können,
lehren die Versuche von DAuUBRERr.
30. Es fragt sich, ob die Hypothese, dass sehr innige
Bindung der Molecüle mit langsamer Lösung oder Zerlegung
Hand in Hand gehe, anderweitig wahrscheinlich gemacht wer-
den kann. Es dürfte vermuthet werden, dass die Härte
mit der innigen Bindung der Molecüle zusammenhängt, also
auch mit der Geschwindigkeit der Zerlegung durch chemische
Agentien. Die Frage kann freilich nur an metameren Körpern
studirt werden: von 2 Körpern gleicher chemischer Zusammen-
setzung wird der härtere langsamer gelöst — so würde die Hy-
pothese lauten; da jedoch alles Material zur Prüfung nach
dieser Richtung hin fehlt, so empfiehlt es sich zunächst, sehr
harte und sehr weiche Körper in Bezug auf Geschwindigkeit
der Lösung und Zerlegung zu durchmustern, indem vermuthet
werden darf, dass sehr harte Körper im Allgemeinen langsam
gelöst oder zerlegt werden, weiche im Allgemeinen rasch. Im
Folgenden sind sämmtliche Minerale von der Härte = 7 und
darüber aus der Naumann-Zırkeuschen Mineralogie aufgeführt:
Diamant '), Osmium-Iridium ?), Laurit ?), Korund, Quarz, Zirkon,
Chrysoberyll, Spinell, Gahnit, Andalusit, Topas, Staurolith,
Turmalin, Euklas, Phenakit, Pyrop, Cordierit, Beryll, Schor-
lomit; vom Korund an werden diese Minerale durch HOÜl,
H,SO, und zum Theil durch den sonst so kräftig wirkenden
HFI sehr langsam zerlegt. Boracit und Rhodizit mit der Härte
7—8 sind durch HCl etwas schwer zerlegbar, dagegen ist die
andere Modification des Boracits, der Stassfurthit mit der Härte
4—5, sehr rasch löslich in HCl; die folgenden, die Härte = 7
zeigenden Minerale der Olivingruppe: Olivin, Forsterit, Gado-
linit, sowie der Danburit werden durch HCl rasch zerlegt.
Die Mehrzahl der harten Minerale wird somit durch Säuren
!) Bleibt durch ein Gemisch von HNO, und KCIO, unverändert,
während Graphit unter denselben Umständen zu Graphitsäure verwan-
delt wird.
2) Durch Königswasser nicht gelöst.
1006
langsam zerlegt; durchmustert man in derselben Hinsicht die
weichen Minerale, so ergiebt sich zunächst gar keine Bezie-
hung: die weichen Thone, Glimmer, Talk ete. werden durch
Säuren ebenso langsam zerlegt, wie sehr harte Minerale; an-
ders verhält es sich jedoch, wenn man die in sogenannten
indifferenten Flüssigkeiten, wie H,O, Alcohol, Aether rasch
und stark löslichen Körper berücksichtigt. Es ist auffallend,
dass unter der zahllosen Schaar anorganischer und organischer
Stoffe, die in sogenannten indifferenten Flüssigkeiten rasch
löslich sind, auch nicht einer sich findet, dessen Härte einiger-
maassen bedeutend ist; durchmustert man die Angaben in der
NaumAnn-ZıRKEL’ schen Mineralogie, so scheint 3,5 (Blödit) den
höchsten Härtegrad zu bilden. Lange bekannt ist die That-
sache, dass die dichtere Modification einer Verbindung meist
langsamer gelöst wird als die weniger dichte; so werden viele
Silicate nach dem Schmelzen zu Glas, unter Dichteabnahme,
auch durch Säuren leicht zerlegbar. Beim Verfolgen des Zu-
sammenhanges von Zerlegungs-Geschwindigkeit und Härte, fiel
der Zusammeuhang zwischen letzterer Eigenschaft und der
Dichte sogleich auf, und bald fand ich, dass schon Kenneorr
(Jahrb. d. k.k. geolog. Reichsanst. 1852) und später ScHRAUF
(Pose. Ann. 1868, 134, pag. 417) den Satz ausgesprochen,
dass für isomorphe Verbindungen die Härte zunimmt, wenn
das Molecular - Volumen abnimmt. Für die Frage nach dem
Zusammenhang der Härte mit der Zerlegungs-Geschwindigkeit
sind die Zusammenstellungen von KexnsxsotTT und SCHRAUF nicht
gut verwerthbar, weil noch die Aeusserung verschiedener Affi-
nitäten in Betracht kommt. Es scheint, dass der Zusammen-
hang zwischen Härte und Dichte auch für nicht isomorphe
Gruppen existirt und zwar für folgende Fälle: nimmt eine
Verbindung Krystallwasser auf, so sinken Dichte und Härte,
ebenso, wenn ein Oxyd in ein Hydroxyd übergeht. Im Fol-
genden ist das allerdings in sehr geringer Menge vorhandene
Material aus NAUMANN-ZIRKEL zusammengestellt.
I
Härte Spec. Gew. !)
Anhydrit.... 3—35, 2,8 — 3
Gyps 202 020 1,5 — 2 2,2 — 2,4
Thenardit. ... 2,5 2,67
Glaubersalz .. 1,5 — 2 1,5
Kieserit. .... 3 2,56
Bittersalz.... 2— 2, 1,8
1) Eine Berechnung des Molecularvolums wurde unterlassen, weil
die Beziehung auch bei Angabe des specifischen Gewichtes. hervortritt.
|
1007
Willemit; ‘01.555 3,9 — 4,2
Kieselzinkerz . 5 3,9
Der Kieserit löst sich weniger und langsamer in H,O als
Bittersalz; für die übrigen fehlen Angaben.
18
Härte. Spec. Gew.
Korund N 4
Diaspor 2... ..6 3,4
Hydrargillit.. 2,5 —3 2,3
Eisenglanz .. 5,5 — 6,9 2
Gökhiba rs: 9 — 5,9 4,2
Quarzı.or, 27 7 2,6
Opahizi 2 5,5—6,5 1,9-— 2,3
Berielas —..... 0 3,109
Bruelt-. . 2 2,4
Manganosit .. 5—6 5,18
Pyrochroit..... 2,5 fehlt
Braunit .... 6--6,5 4,7 — 4,9
Manganit ... 3,5—4 4,4
In den Gruppen vom Korund bis zum Brueit löst sich das
dichtere und härtere Oxyd langsamer in Säuren als das we-
niger dichte und harte Hydroxyd; für die 2 letzten Gruppen
fehlen Angaben. Auch die Feldspäthe werden bei grösserer
Dichte und Härte langsamer gelöst als die Zeolithe; deutet
man erstere Minerale als Anhydride, letztere als die ent-
sprechenden Krystallwasser-haltigen Verbindungen, so ist deren
Verhalten wenigstens nicht abweichend von den in Tabelle I.
angeführten Mineralen. Ein Zusammenhang zwischen Härte
und Dichte einerseits und Geschwindigkeit der Lösung und
Zerlegung andererseits ist unverkennbar, wenn auch die Bezie-
hungen zur Zeit sich nur sehr unbestimmt ausdrücken lassen,
und der Zusammenhang. einmal mit einer wesentlichen Con-
stitutionsänderung im Molecül, andererseits mit einer blossen
Lockerung der Molecüle ohne wesentliche Constitutionsänderung
sich gegenwärtig gar nicht angeben lässt. Die Ergebniss-
losigkeit darf jedoch nicht von weiteren Untersuchungen in
dieser Richtung abhalten; da die Chemie der Silicate auf die
so wichtigen Bestimmungen der Dampfdichte, des Siedepunktes,
der Löslichkeit in sogenannten indifferenten Flüssigkeiten ver-
zichten muss, so müssen zwischen anderen physikalischen
Eigenschaften und der chemischen Constitution Beziehungen
aufgesucht werden, um als Ersatz für die obigen zu dienen.
1008
31. Der H,O-Gehalt aller in dieser Arbeit analysirten
Silicate ist etwas grösser als die berechneten Formeln ver-
langen und ausserdem wechselt derselbe innerhalb enger Gren-
zen; beigemengte secundäre Producte, die sich nicht trennen
lassen, sowie hygroscopisches H,O, das sich neben Krystall-
wasser nicht bestimmen lässt, erklären vielleicht diesen er-
wähnten Ueberschuss von H,O völlig, doch wäre es möglich,
dass auch bei einem chemischen Individuum der H,O-Gehalt
innerhalb enger Grenzen wechselt und dieser wechselnde
Antheil nicht zu den wesentlichen Bestandtheilen des Indivi-
duums gehört. Es wurde die Hypothese gemacht, dass ein
Theil der Kräfte, durch welche die Molecüle zu Molecül-
Complexen verknüpft werden, auch im Stande ist, Krystall-
wasser zu binden, wobei dann eine weniger innige Bindung
der Molecüle untereinander eintritt. Es werde nun eine Kry-
stallwasser-haltige Verbindung bis auf einen kleinen Rest ent-
wässert, so wäre es möglich, dass dieser Rest jetzt durch die
freigewordene Kraft aller Molecüle angezogen und in Folge
dessen sehr stark zurückgehalten wird. Es liegt nahe, den
kleinen H,O-Rest, den Chabasit, Desmin u. s. w. erst bei
starker Glühhitze abgeben, in diesem Sinne zu deuten und
ihn nicht als basisches H,O aufzufassen. Als Stütze für obige
Annahme darf vielleicht die Thatsache angeführt werden,
dass Alkohol eine geringe Menge H,O mit grosser Kraft
zurückhält, welches H,O doch sicher kein basisches ist, son-
dern Krystallwasser-artig und zwar Halhydrat, wie man aus
der Existenz von Verbindungen des Alkohols mit Neutralsalzen
wohl vermuthen darf. Wenn Krystallwasser-freie oder -haltige
einfache Molecüle zu Molecül- Complexen sich vereinigen und
alle freien Valenzen sich dabei sättigen, so bildet sich im
ersteren Fall eine völlig H,Ofreie Verbindung, im zweiten
eine solche mit einem ganz bestimmten Krystallwasser - Gehalt.
Es brauchen aber nicht alle Valenzen der Molecüle sich unter-
einander abzusättigen, einige, und zwar nach Umständen wech-
selnd, könnten frei bleiben oder auch eine kleine Menge H,O
oder Salz binden: man hätte dann statt einer völlig H,Ofreien
Verbindung eine solche mit sehr geringem, wechselnden H,O-
Gehalt, oder bei Krystallwasser - haltigen Verbindungen einen
kleinen wechselnden Ueberschuss an Krystallwasser.
Als Stütze für diese Auffassung darf vielleicht auf die
in der praktischen analytischen Chemie schon lange bekannten
Fälle hingewiesen werden, in denen eine kleine Menge eines
sonst löslischen Stofls sehr stark zurückgehalten wird durch
eine grosse Masse eines in H,O unlöslichen Stofis. Als be-
kanntes Beispiel gilt Ba S0O,, der sehr leicht wechselnde Men-
gen löslicher Salze mitreisst, und es spielen letztere nach
v
1009
obiger Vorstellung die Rolle von Halhydratwasser ') und wer-
den durch eine grosse Zahl BaSO,-Molecüle angezogen. Viel-
leicht ist die kleine, wechselnde H,O-Menge in den Silicaten der
Leueitreihe für die Verbindung selbst unwesentlich, wird aber
von einer grossen Zahl Molecüle angezogen, wie etwa BaCl,
in einem BaSO, - Niederschlage. Da auch unlösliche Stoffe
durch anders constituirte unlösliche in kleiner, aber wech-
selnder Menge mitgerissen werden (z.B. Fe,O, durch BaSO,),
so wäre es möglich, dass auch Silicate ungleich constituirte
Silicate in derselben Weise an sich ziehen, und darin liegt viel-
leicht der Grund, warum für manche Silieate sich keine ein-
fache Formel aufstellen lässt. Auch die geringen Mengen
Cl, SO,, CO, in manchen Mineralen gehören vielleicht ebenso
wenig zum Wesen der Verbindung, wie Cl und HNO, in
einem Ba SO,-Niederschlage zum Wesen von BaSO,; vielleicht
sind die oft im Nephelin enthaltenen kleinen Mengen Cl, SO,,
CO, durch die Molecüle Na,O A!,O, 2 SiO, mitgerissen wor-
den, was um so weniger auffällig ist, als letztere sich durch
grosse Affinität zu NaCl, Na,CO, etc. auszeichnen.
Alle in dieser Arbeit ausgesprochenen Ansichten über die
Constitution der Silicate sind reine Hypothesen und haben
nur den Zweck, durch Zusammenfassen analog erscheinender
Thatsachen zu künftigen Experimental- Untersuchungen anzu-
regen; dies dürftige Ergebniss ist zum Theil durch die äusserst
geringe Zahl von Thatsachen bedingt, weshalb die an sich
unsicheren Analogieschlüsse oft völlig versagen. Anderen
Theils kann die Chemie der Silicate nur durch eine wesent-
liche Erweiterung der Chemie überhaupt eine sichere Grund-
lage erhalten z. B. die so oft beobachteten Unterschiede im
Verhalten der K- und Na-Salze, der neutral und alkalisch
reagirenden Salze, des Erhitzens von Na-Chabasit trocken und
mit H,O, alles dies lässt sich zur Zeit überhaupt nicht er-
klären, es setzt dies eine weit entwickelte Kenntniss der Affi-
nität und Mechanik der Atome voraus. Ferner fussen die
heutigen Structurformeln auf der Annahme ruhender Molecüle
und Atome, jeder chemischen Verbindung kommt somit nur
eine Structurformei zu, und wo gleichzeitig mehrere zulässig
1) Es wäre zu prüfen, ob nicht auch wechselnde H,O - Mengen vom
gefällten BaSO, zurückgehalten werden. Angaben, ob der krystallisirte
BaSO, lösliche Salze gebunden enthält, fehlen; es wäre möglich, dass
hier alle freien Valenzen zur Bildung von BaSO,-Molecülen verwendet
sind. Da in amorphen Körpern die Molecüle sich im gelockerten Zu-
stande befinden, so wird man die Erscheinung des „Mitreissens“ vor-
berrschend an amorphen Körpern beobachten, auch mag die Hygrosco-
picität vieler amorpher Stoffe nur eine andere Aeusserungsform der-
selben Kraft sein.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXXVII.4. 60
1010
%
erscheinen, ist es nur der Mangel an Thatsachen, welcher die
Entscheidung verhindert. Seitdem jedoch bewegte Atome an-
_ genommen und die Cuausıus’sche Vorstellung durch den Nach-
weis eines theilweisen Zerfalls gewisser Dämpfe eine wichtige
Stütze erhalten hat, ist die Annahme verschiedener Structur-
formeln für denselben Körper durchaus nicht widersinnig.
Durch Einwirkung von Na-Salzlösungen werden die K-Zeolithe
rasch in die entsprechenden Na - Verbindungen übergeführt,
letztere gehen allmählich in die Analcime über; man muss
annehmen, dass in Folge der Bewegung ein Theil der Molecüle
der Na-Zeolithe in Lagen geräth, in welchen er bei Gegenwart
von H,O nicht mehr bestehen kann, sondern ein neues Mo-
lecül unter H,O-Abspaltung bildet, und zwar nimmt die Zahl
der zur „Analeimisirung prädisponirten“ Molecüle mit steigen-
der Temperatur zu. Nach der mechanischen Wärmetheorie
bewirkt schon die kleinste Temperaturänderung Verschieden-
heiten in der Zusammensetzung der Molecüle; doch bleibt der
chemische Charakter der Molecüle derselbe, wenn die Tem-
peraturänderungen gewisse Grenzen nicht überschreitet, und
die Structur der etwas verschieden constituirten Molecüle lässt
sich immer noch durch eine einzige Formel ausdrücken, etwa
wie man die Planetenbahnen durch Ellipsen ausdrückt. Bei
starken Temperaturänderungen jedoch können einzelne Mole-
cüle eine wesentliche Constitutionsänderung erleiden, Analogie-
schlüsse würden dann bei Annahme einer einzigen Structur-
formel versagen. Bei der Ermittelung der Structur der Sili-
cate ist dieser Umstand ganz besonders zu berücksichtigen,
weil der Chemiker hier oft innerhalb sehr weiter Temperatur-
grenzen arbeitet. Beispiele für solche Atom- Umlagerungen
bietet die organische Chemie in Menge dar, aber ein weiteres
Verfolgen dieses Gegenstandes setzt ebenfalls eine entwickelte
Kenntniss der Affinität und Atommechanik voraus.
|
1011
B. Briefliche Mittheilungen.
1. Herr F. Zırker an Herrn J. Rorn.
Leipzig, den 12. December 1885.
In einem Aufsatz über Gesteine des Cerro de las Navajas
in Mexico (d. Zeitschr. 1885, pag. 610) bespricht Herr Tesne
u. a. die dort vorkommenden schillernden Obsidiane und ge-
langt zu dem, auch schon auf Grund mündlicher Mittheilungen
in Ihre Allgem. und Chem. Geologie II, pag. 234 aufgenom-
menen Ergebniss, dass der Schiller derselben dennoch von
Hohlräumen hervorgerufen wird, während eine von mir im
Jahre 1872 vorgenommene Untersuchung !) dazu geführt hatte,
denselben mit dem Dasein von elliptisch umgrenzten Glas-
lamellen im Obsidian in Verbindung zu bringen, wobei ich
schon damals auf die Schwierigkeiten hinwies; welche sich der
Erklärung des Hineingelangens, der Form, der Vertheilung
dieser Glaslamellen im Glas entgegenstellen. Es wäre ja in-
sofern sehr erwünscht, dass die den Schiller verursachenden
Gebilde nun endgültig als Hohlräume anzuerkennen wären,
weil alsdann das, woran man bei der Betrachtung der Hohl-
räume zunächst denken musste, auch wirklich der Fall ist,
und so eine paradox klingende Angabe aus der Literatur
weggeschafft werden könnte. Ich darf aber vielleicht hervor-
heben, dass, wie ich glaube, durch die Beobachtungen von
Tense die Hohlraumnatur der schillernden Gebilde nicht allent-
halben erwiesen ist, und gewisse Erscheinungen dadurch nicht
befriedigend erklärt werden, welche andererseits wieder für
das Dasein fester Körper sprechen.
Bei den von Tesse in erster Linie beschriebenen, von
A. v. HumsoLpr mitgebrachten Stück kann es allerdings nicht
zweifelhaft sein, dass es sich um Hohlräume im Obsidian
2) N. Jahrb. für Min. etc. 1872, pag. 1.
.60*
1012
handelt. Die hier lang spindelförmigen Gestalten („ungefähr
dem Körper eines Torpedo gleich“) werden gar bis über 1 mm
lang und zeigen eine dicke schwarze Umrandung im durch-
fallenden Licht. Dass die auf der oberen und unteren Schliff-
fläche geöffneten, beim Einbetten des Präparats mit Canada-
balsam erfüllten Poren — im Gegensatz zu den geschlossen
bleibenden — nur eine feine zarte Contour aufweisen können,
ist selbstverständlich. Hätten mir nur so beschaffene Proben
vorgelegen, so wäre meine kleine Mittheilung im Jahre 1872
überhaupt nicht geschrieben worden.
Nun aber bespricht Tense weiter ein gekauftes Exemplar
von Real del Monte, welches „in einzelnen Theilen schon mehr
an die von ZIRKEL beschriebenen Erscheinungen erinnert“.
Hier gehen die allerdings auch noch vorhandenen Spindeln in
mehr eiförmige „Lamellen“ über (der Autor scheint sich selbst
dieses Ausdrucks nicht erwehren zu können). Wenn.er dann
bezüglich dieser Gebilde, welche ihm alle als Hohlräume gel-
ten, fortfährt: „es kommen solche vor, welche einen Glaskern
einschliessen und Einschnürungen zeigen“, so kann ich mir
dies von dem Standpunkte dieser Auffassung aus nicht wohl
erklären. Lamellenförmige Cavitäten in Glas, welche einen
Glaskern einschliessen? — das kommt ja der Erscheinung
nach genau auf das heraus, was ich selbst zu beschreiben
versuchte. Die auch von Tense hervorgehobene Thatsache,
dass die Dinge oft nur an einer Seite regelmässig oval be-
grenzt, an der anderen Seite aber durch eine gerade Linie
abgeschnitten sind, ist eine derjenigen, die mich mit zuerst an
der Hohlraumnatur irre werden liessen. Das, was mir als
einer der überzeugendsten Beweise von der Solidität der eirun-
den Gebilde galt, der zerbrochene Zustand mancher derselben,
mit aneinander passenden, bisweilen äusserst fein gezackten
Bruchflächen, wurde von Tenne nicht beobachtet, ist aber in
meinen Präparaten von vielen Fachgenossen, welche an der
Frage ebenfalls Interesse nahmen, im Laufe früherer Jahre
constatirt worden. Mitunter findet eine Fractur in drei isolirt
nebeneinander liegende striemenförmige Partieen statt, von
‘denen die beiden äussersten aussen ihre rein elliptische Con-
tour zeigen. Wie es Poren sein könnten, welche durch Aus-
pressung und Auseinanderzerrung einen solchen Anblick zu
gewähren vermöchten, ist mir auch heute noch nicht recht
denkbar. ”
Ueberhaupt aber scheinen unsere beiderseitigen Präparate
gerade in den ausschlaggebenden Charakteren keineswegs über-
einzustimmen. Von minderem Belang ist die Thatsache, dass
in meinen Dünnschliffen die in Rede stehenden Objecte ihrer
Längsrichtung nach sämmtlich, ihrer grössten Ausdehnung
1013
nach fast sämmtlich streng parallel gelagert sind, während
Texse diesen Parallelismus vermisst. Was die Beschaffenheit
der Umrisslinie anbetrifit, so ist er vollkommen im Recht,
wenn er die auch schon meinerseits erwogene Folgerung aus-
spricht, dass ein platter, horizontal ausgebreiteter Hohlraum
eine schmalere dunkle Umrandung geben muss als ein spindel-
fürmiger. Aber bei den mir vorliegenden horizontal gerich-
teten Gebilden ist die Contour überhaupt nicht dunkel, sondern
die allerfeinste, zarteste Linie, wie sie nicht füglich bei platten,
hohlen Räumen vorkommen kann, selbst wenn deren ge-
krümmte Seitenwände nur die minimalste Höhe haben sollten.
Den von ihm erwähnten Uebergang der Spindeln in mehr
eiförmige „Lamellen“ und in ganz unregelmässige Gestalten
habe ich nicht wahrnehmen können, da mir weder die ersteren
noch die letzteren vorgekommen sind.
Schliesslich muss aber noch ein wichtiger Punkt hervor-
gehoben werden, einer von denen, die mich vorwiegend zu
dem Glauben leiteten, dass es sich hier um eingebettete, solide
Glaslamellen handelt. Es ist die an dem von Tenne unter-
suchten Material leider ebenfalls nicht beobachtbar gewesene
Erscheinung, dass, während die Obsidianmasse selbst auch
nicht die kleinste oder undeutlichste mikroskopische Ausschei-
dung zeigt, die eiförmig begrenzten Partieen (meiner Auffassung
nach das Glas der Lamellen) im scharfen Gegensatz dazu
eine grosse Anzahl zwar höchst kleiner, aber sehr deutlicher,
schmaler Nädelchen und Stächelchen von ganz blassgelblich-
grünem Farbenton enthalten, daneben Kryställchen von recht-
eckiger oder quadratischer Oberfläche. Dabei ist es ganz
gleichgültig, in welchem Niveau des Präparats die Ovale ge-
legen sind. Ich muss mit Tenne völlig übereinstimmen, wenn
er damit endigt, dass diese Angabe für ihn „ohne Erklärung“
bleibt; nur wer die Erscheinung nicht selbst wahrgenommen
hat, kann auf die Vermuthung kommen, dass hier vielleicht
eine Krystallisation in Hohlräumen oder eine von Wandungen
derselben ausgehende Entglasung vorliege.
Die Untersuchungen Tenne’s haben mir, wie ich am Schluss
wohl noch einmal bekennen darf, nicht die Ueberzeugung ver-
schafft, dass der Schiller unseres Obsidians allemal nur von
Hohlräumen verursacht wird. Hoffentlich aber geben sie Ver-
anlassung, dass an weiter zu prüfendem Material das, was zur
Zeit noch als widersprechend und unvereinbar erscheint, nach
irgend einer Richtung geklärt werde.
1014
3. Herr A. RemeLt an Herrn G. BERENDT.
Bemerkungen über die geologische Stellung des
Joachimsthal-Lieper Geschiebewalles
Eberswalde, December 1885.
Schon seit Längerem bin ich bezüglich des öfter erwähnten
Geschiebewalles der Gegend im N. und NO. von Eberswalde
der Ansicht gewesen, dass derselbe dem unteren Diluvium
angehöre. Zu dieser Auffassung wurde ich namentlich veran-
lasst durch das bereits in der Festschrift der Forstakademie
Eberswalde, Berlin 1880, pag. 184, von mir hervorgehobene
Vorkommen von Mammuthresten in demselben, sowie durch
gewisse Analogien seines Geschiebeinhalts mit demjenigen des
unteren Diluvialmergels. Für die Bearbeitung des I. Stückes
meiner „Untersuchungen über die versteinerungsführenden Di-
luvialgeschiebe etc.“ war mir daran gelegen, über diese Frage
grössere Gewissheit zu erlangen, und speciell zu dem Ende
unternahm ich am 25. Juli d. J. in Begleitung des Herrn Dr.
Ramann eine Excursion nach dem bekannten Steinberg bei
Liepe, einem der Hauptaufschlusspunkte jener Gerölle - Ab-
lagerung, welcher etwa 13 Kilometer ostnordöstlich von Ebers-
walde und etwas östlich von der Mitte der von letzterer ge-
bildeten, gegen S. gewendeten Bogenlinie gelegen ist. Ich darf
daran erinnern, dass die dortige Steingrube, welche viele Jahre
hindurch schwunghaft betrieben worden, jetzt aber beinahe aus-
gebeutet ist, diejenige ist, welche auch anlässlich der in Berlin
abgehaltenen 28. allgemeinen Versammlung der deutschen geo-
logischen Gesellschaft von einer grösseren Anzahl von Geologen,
darunter auch ToreLL, unter Ihrer Führung am 15. August
1880 besucht wurde Es war mir durch wiederholte Local-
besichtigung längst bekannt, dass auf der Ostseite der Grube
eine ziemlich mächtige Ablagerung von gemeinem Diluvialsand
im oberen Theil des Geschiebewalls sich findet, und es schien
mir von besonderer Wichtigkeit zu sein, dieselbe genauer zu
untersuchen, weil daraus zunächst weitere Aufschlüsse über das
Alter der ganzen Bildung sich erwarten liessen. Als ich nun
diese Untersuchung am 25. Juli vornahm, stellten sich zwei
für die vorliegende Frage bedeutsame Thatsachen heraus, näm-
lich 1. das Auftreten eines ziemlich mächtigen Streifens von
echtem, an der blaugrauen Farbe kenntlichem, unterem Ge-
schiebemergel inmitten des Geschiebewalls und 2. das
Vorhandensein von typischem Mergelsand, auf den
zuerst Herr Ramann aufmerksam wurde, in dem vorerwähnten
1015
Sandabsatz.'!) Hiernach sowie nach den gleich zu besprechen-
den Lagerungsverhältnissen der ganzen Oertlichkeit hielt ich
die Zugehörigkeit des Geschiebewalls zum unteren Diluvium für
sicher dargethan, und konnte daher auch in diesem Sinne bei
unserem Zusammentreffen hierselbst am 4. September d. J. Ihnen
gegenüber mich aussprechen. Von grossem Interesse war es
mir nun bei dieser Gelegenheit, nachdem ich die obigen Wahr-
nehmungen mitgetheilt hatte, von Ihnen zu erfahren, dass Sie
bezüglich der Einlagerung von unterem Diluvialmergel die
nämliche Beobachtung bei Joachimsthal, also im nordwestlichen
Stücke des Geröllezuges, gemacht hatten ?), und dass unsere
Ansichten über die aus dieser Erscheinung zu ziehenden
Schlussfolgerungen übereinstimmten. Zugleich aber wurde ich
hierdurch sowie durch Ihren Vortrag in der November-Sitzung
veranlasst, das in Rede stehende Profil, welches auf der Ost-
seite der Steingrube neben der südöstlichen Ecke sich befindet,
möglichst genau aufzunehmen; das Ergebniss dieser unter
mancherlei erschwerenden Umständen bewerkstelligten Auf-
nahme habe ich in der umstehenden Zeichnung dargestellt.
Was zunächst den eingelagerten Diluvialmergel be-
trifft, den ich bei früheren Besuchen der Grube noch nicht
blossliegend gesehen hatte, so erscheint derselbe, soweit er sich
verfolgen liess, in dem - eigentlichen Geschiebewall als ein
regelmässig verlaufender Streifen, den ich übrigens nur von
der rechten Seite des Profils an bis in die Nähe von dessen
Mitte direct zu beobachten vermochte. Rechts schiesst er
2,65 Meter unter der Oberfläche der Hauptmasse des Stein-
lagers ein und beträgt seine Mächtigkeit bei ebenflächiger Be-
grenzung 1,5 Meter; von dort aus senkt er sich mit flacher
Neigung ungefähr in nordwestlicher Richtung. Sowohl oben
als unten sondert sich die Mergelbank scharf ab; ihre obere
Grenze wird durch eine bloss 1'/, Centim. dicke, z. Th. ocker-
farbige Sandlage vom Korn des gewöhnlichen Diluvialsandes
bezeichnet. Weiter links jedoch war jene Schicht durch Ab-.
rutsche und Aufschüttungen so sehr verdeckt, dass eine erneute
Freilegung langwierige Abräumungsarbeiten erfordert hätte.
Um auch in diesem Theil des Profils den Mergelstreifen an-
nähernd richtig zur Darstellung zu bringen, war ich genö-
thigt, mir vom Schachtmeister die Stelle, wo er die Sohle der
Grube durchschnitten hatte, angeben zu lassen ; ein wesentlicher
Irrthum kann dabei indess nicht untergelaufen sein, da mir
1!) Proben der beiden genannten Gebilde, welche bei jener Gelegen-
heit an Ort und Stelle entnommen wurden, befinden sich in der Samm-
lung der hiesigen Forstakademie.
2) Siehe briefl. Mittheil. v. 11. August: diese Zeitschrift XXXVII,
pag. 804 ff.
1016
Profil aus der Steingrube am Steinberg bei Liepe (Geschiebewall).
Maassstab annähernd 1: 300.
29," g
"Grube 2 ©
Steinpackung Unterer blaugrauer Unt. Diluvial- Mergelsand
d. Geschiebewalls. Geschiebemergel. sand (Spathsand). (sogen. Schluff).
20° BIEIEI, |
versichert wurde, dass die Oberfläche dieser „blauen Erde“
dort sehr deutlich gewesen und selbst zum Auflegen eines
Schienengeleises benutzt worden sei. Ob aber ebendaselbst
Mächtigkeit und Einfallen noch die nämlichen sind wie auf der
rechten Seite des Durchschnittes, und ob nicht etwa die ein-
geschaltete Masse dort hinaus Biegungen macht, muss ich
dahingestellt sein lassen. Jedenfalls stimmt die Art und Weise
der Einlagerung im Wesentlichen mit derjenigen überein,
welche von Ihnen in der grossen Lüpecke’schen Steingrube
bei Joachimsthal beobachtet und seitdem auch von mir bei
Ihrer dahin ausgeführten Excursion mit Mitgliedern des inter-
nationalen Geologen -Congresses am 4. October d. J. gesehen
wurde.
Nicht allein stratigraphisch, sondern andererseits auch
durch die Farbe scheidet sich die Mergeischicht auffällig von
der Steinpackung. Während letztere durch eine überall hervor-
tretende , lebhaft braune Färbung der mergeligen Einbettungs-
masse der Gerölle sich kennzeichnet, zeigt erstere die charak-
teristische blaugraue Farbe des in der hiesigen Gegend so sehr
verbreiteten unteren Geschiebemergels. Diese blaugraue Farbe,
obwohl in der aufgeschlossenen Partie überwiegend, geht doch
1017
hier und da in Braun über; nach S. und W. von da aus, wo
das Profil rechts abschliesst, verliert sie sich gänzlich und tritt
dafür die gewöhnliche braune Farbe des Geschiebewalls ein,
während die obere Grenze der betreffenden Schicht dort we-
nigstens anfangs noch deutlich bleibt und die Sanddecke an
ihrem Hangenden stellenweise etwas dicker wird. Wenige
Schritte weiter westlich schon lässt aber die langgestreckte
Südwand der Grube nichts mehr von dieser Einlagerung er-
kennen. Nur darin übrigens weicht letztere von dem normalen
unteren Diluvialmergel etwas ab, dass ihre Geschiebeführung
bedeutender ist und nicht gegen diejenige der unmittelbar an-
stossenden Theile der Steinpackung zurücksteht, die überhaupt
hier mehr nach der Tiefe zu sich stets am blockreichsten
erweist. |
Die übrigen Details des Profils konnten durchweg nach
directer Wahrnehmung und Abmessung aufgetragen werden.
Wie man sieht, ist die Gestalt der nach oben folgenden Sand-
ablagerung, welche scharf gegen die Steinpackung abschneidet,
eine ganz unregelmässige. Dieser Sand ist in jeder Beziehung
nach Korngrösse, Zusammensetzung und Aussehen der echte
Spathsand des unteren Diluviums, überdies meist deutlich, und
zwar im Ganzen horizontal, geschichte. Nur in geringer
Ausdehnung tritt derselbe vollends zu Tage, grösstentheils
wird er noch von kleineren Massen der Steinpackung über-
deckt, deren Mächtigkeit übrigens nach S. zu auf 15 Centi-
meter herabsinkt. Das Merkwürdigste in diesem Theile des
Aufschlusses ist jedoch der oben schon angeführte Mergel-
sand, ein Gebilde, welches in der Mark Brandenburg nur
im unteren Diluvium vorkommt. !) Sein Auftreten ist an einen
mitten im Spathsand eingelagerten, zumeist etwa °/, Meter
mächtigen Streifen der Steinpackung, dessen Hangendes er
bildet, gebunden. Er ist von hell gelblicher Farbe und von
gleicher Beschaffenheit mit Mergelsanden, die ich ausserhalb
des Geschiebewalles, bei Eberswalde sowie westlich von da
bei Heegermühle, in der Nachbarschaft des unteren Diluvial-
mergels angetroffen habe (s. unten). Seine Mächtigkeit be-
trägt durchschnittlich 45 — 50 Centimeter, steigt aber, bevor
er sich gegen N. auskeilt, an einem niederhängenden Sack der
obersten Steinpackung auf etwa 1 Meter, während sie in der
entgegengesetzten Richtung allmählich bis zum Verschwinden
der feinsandigen Lage abnimmt. Gegen den überliegenden
unteren Diluvialsand grenzt sich dieser „Schluffsand“ auf's
Schärfste ab; dagegen geht er augenscheinlich in die ihn un-
terteufende Steinpackungslage über und bekommt in deren
1) Vergl. G. Berenpt, Der Nordwesten Berlins, 1877, pag. 36.
1018
Nähe ein streifiges Aussehen, indem braune Schlieren ihn
durchziehen. Uebrigens zeigen die oberen Partieen der Stein-
packung bei geringerer Zahl und Grösse der eingeschlossenen
Geschiebe ganz das Gepräge eines Diluvialmergels, dabei aber
nirgends eine blaugraue, sondern durchweg die braune Ge-
schiebewallsfarbe. Zur Linken schiebt sich der Mergelsand als
ein stark verschmälerter und bald aufhörender Fetzen in die
zugehörige geröllführende Masse hinein, welche gleich darunter
etwas rothstreifig ist. Ueber diesem nördlichen Ausläufer des
Mergelsandes befindet sich noch ein 4 Centimeter dicker Streifen
von Spathsand, der noch etwas weiter in die Steinpackung
hinein nach links fortsetzt. Die höheren Theile der letzteren
werden im Uebrigen von solchen schmalen Spathsandschmitzen,
die bei dem Maassstab der Profilzeichnung nicht wiederzu-
geben waren, öfter durchsetzt. !)
Verfolgt man nun vom Steinberg aus den gerade nach
S. über die diluviale Hochfläche hinlaufenden Feldweg, welcher
‘ weiterhin zur Holzimprägnir-Anstalt an der Liepe -Oderberger
Chaussee hinabführt, so bleibt man oben beständig auf der
steinig-mergeligen Ablagerung des Geschiebewalls, bis nach
Zurücklegung einer Strecke von etwa °/, Kilometer der die
breite jungalluviale Auswaschung zwischen Liepe und Falken-
berg auf der Nordseite begrenzende Abhang erreicht wird.
Auf der Höhe vor letzterem befinden sich hier nahe beieinan-
der noch zwei kleinere Steingruben, in denen die Steinpackung
ı) Herr G. DE GEErR, welcher den Steinberg gleichfalls besuchte,
hat sich über die vorhin besprochene grössere Spathsandeinlagerung
dahin geäussert, dass er geneigt sei, sie für interglacial anzusprechen
(s. in diesem Bande pag. 193, und Geol. Fören. Förhandl., VII, p. 452
u. 455). Dem gegenüber muss jedoch bemerkt werden, dass dieselbe
zu local und ungleichmässig auftritt, um in den Rahmen eines eigenen,
umfangreichen geologischen Gebildes zu passen; nur in einem Theile
der Ostseite, an keiner anderen Stelle der sehr ausgedehnten Grube
ist etwas Derartiges vorhanden. Zweifelsohne liegt hier bloss eine jener
zufälligen und untergeordneten Einbettungen von Diluvialsand vor,
denen man auch sonst im hiesigen älteren Diluvium häufig begegnet.
Wenn nun ferner jene Vermuthung die Annahme involvirt, dass die
zuoberst liegenden Theile der Steinpackung in unserem Profil dem
oberen Geschiebemergel entsprechen sollen, so dürfte die voraus-
gehende Darlegung an sich schon dies widerlegen. Zudem sind die-
selben petrographisch sowie nach der Art der darin enthaltenen Ge-
schiebe von den hangenderen Partieen der Steinpackung im Reste der
Grube, wo erstere ganz zu Tage ausgeht, nicht unterschieden; auch
hier wird nach oben hin (ebenso wie bei Joachimsthal) der Steinreich-
thum stets geringer. Sodann sieht man beispielsweise, wie die kleine,
isolirte, schalenförmige Partie der Steinpackung oben in der linken
Hälfte des Profils noch von unterem Diluvialsand ausgefüllt wird. Auch
sonst sind keinerlei Anzeichen für oberen Diluvialmergel, wie z. B. das
Vorkommen von lehmigem Sand, anzutreffen,
1019
ohne Sandauflagerung zu Tage ausgeht. An derselben Stelle
aber gelangt man alsbald zu ihrer unteren Grenze: es zeigt
sich als das Liegende des Geschiebewalls ein mächtiges Sedi-
ment von geschichtetem , unterem Diluvialsand, welcher in
einer vom Rande des Abhanges zur Landstrasse hinabgehenden
Schlucht steil durchschnitten und auch dem Wege entlang an
der Böschung überall zu sehen ist; an verschiedenen Punkten
ist die Bedeckung dieser Sandmasse durch die Steinpackung
vorzüglich zu sehen. Ganz die nämliche Beobachtung ist etwa
2'/, Kilometer weiter gegen W., auf dem Wege von Liepe
nach dem im Forstrevier Chorin gelegenen Schufutsberg, zu
machen. Somit steht es fest, dass der Geschiebewall von
gewöhnlichem nordischem Sand unterlagert wird.
Den Schlüssel zur Deutung dieser Thatsache scheinen
mir die Verhältnisse bei Eberswalde zu bieten. Ueberall, wo
in der hiesigen Gegend die tieferen Schichten des Diluviums
genauer zu verfolgen sind, trifft man unten den geschiebe-
freien Thon und darüber, zuweilen direct, meist aber erst ein
Ende höher, den unteren Geschiebemergel. Bei Heegermühle,
wo vor mehreren Jahren die Lagerungsfolge namentlich in der
grossen Thongrube am Finow - Canal gleich östlich von der
Canalbrücke gut zu erkennen war, zeigt der geschiebefreie
Thon oben lediglich einen Uebergang in einen bläulichen,
höchst feinen mergeligen Sand, auf welchem unmittelbar dunkel
blaugrauer unterer Geschiebemergel lagert; die Decke des
letzteren wird in mehr als 2 Meter Mächtigkeit von Mergel-
sand gebildet, der in seiner tieferen und grösseren Partie (ca.
1,6 Meter) blaugrau und kalkreich, darüber (ca. 0,6 Meter)
gelblich, stärker ausgelaugt und mehr als ein Glimmersand,
welcher in der That auch als Formsand dient, entwickelt ist;
sodann folgt der untere Grand mit zahlreichen Geschieben und
Mammuthresten. ) Anders ist es bei Eberswalde, wo der un-
tere Mergel durch Spathsand vom Thon getrennt ist. Dies
lässt sich z. B. aus den beiden Durchschnitten, die ich hier
mittheile, entnehmen.
I. In dem früheren Wegeinschnitt an der Südostecke der
grossen Kiesgrube zwischen dem Bahnhof Eberswalde und dem
Spechthausener Fahrweg, schräg gegenüber dem sogen. Land-
haus, beobachtete ich 1880 von oben nach unten nachstehende
Schichtfolge : |
1. Mächtiges Lager von unterem Grand (Mammuth-Ni-
veau), hauptsächlich unten reich an Geschieben, sowie
2) S. Festschrift ete., pag. 183 (Untersuchungen über die verstei-
nerungsführenden Diluvialgeschiebe, I, pag. XIll).
1020
mit Resten von Elephas primigenius, Rhinoceros tichorhi-
nus, Cervus tarandus etc. und mit unregelmässigen Ein-
lagerungen von Spathsand. .
2. Dünne Lage von weissem Sand.
3. Unterer Geschiebemergel von brauner Farbe, ca. 4— 5
Meter mächtig, mit verschiedenen, doch meist kleineren
Geröllen (besonders Gneiss, daneben u. a. Macrourus-
kalk, Wesenberger Gestein, Faxekalk etc.).
4. Geschichteter Spathsand, oben mit einigen dunkelbraunen
Schnüren, die im Ganzen seiner Oberfläche parallel laufen;
ein paar Meter unter dieser noch Grand mit Geschieben.
II. 400 Meter östlich von diesem Punkte in einem durch
eine alte Thongrube entstandenen Tümpel neben dem städti-
schen Krankenhaus liess ich auf Wunsch des hiesigen Ma-
gistrats, behufs Maassnahmen zur Beseitigung des dort stagni-
renden Wassers, im Juli vorigen Jahres ein Bohrloch nieder-
bringen, mit welchem durchteuft wurden:
1. Gelber, sandreicher Lehm mit kleinen
Steinen (vielleicht eine alte Aufschüt-
tung) .... ; 0—2,5 m
2. Dunkel blaugrauer, sehr fetter unterer
Mergel mit Geschieben . „29,810
3. Unterer Diluvialsand (Spathsand) mit
einer eingelagerten, etwa 0,3 m dicken
Schicht von Mergelsand) . . . . 4105,90 „
Weder hier, noch in der Kiesgrube ist bis zum geschiebe-
freien Thon niedergegangen worden; sicher findet er sich aber
unter dem das Liegende des unteren Mergels ausmachenden
Sandlager. Dies ist schon deshalb anzunehmen, weil er, bei
flachem Einfallen der Schichten in der Kiesgrube ungefähr von
S. nach N., wenig südlich von dort auf dem entgegengesetzten
rechten Ufer des Schwärze - Baches allenthalben im Walde
ansteht; ebendasselbe ist zu schliessen aus dem Steigen des
Wassers durch hydrostatischen Druck an der Stelle II nach
Durchbohrung des unteren Mergels. Ferner sieht man auch
mehrfach direct den geschichteten Thon, wo er hierorts zu
Tage tritt, von jenem Diluvialsand überlagert.
Man kann also wohl als Regel annehmen, dass der untere
Geschiebemergel in der Eberswalder Gegend auf einer Spath-
1) Dieser Mergelsand lag zwar mitten im Spathsand, aber doch
ziemlich nahe dem Mergel, zwischen 4,10 und 5,10 Meter Tiefe; er
war im frischen Zustande hell blaugrau und nahm beim Eintrocknen
eine hell gelbliche Farbe an.
1021
sandmasse ruht. Diesen Sand nun — und das ist der Punkt,
auf den es gegenwärtig speciell ankommt -— halte ich für
übereinstimmend mit demjenigen, welcher bei Liepe den Ge-
schiebewall unterteuft.
Schliesslich möchte ich noch auf eine Eigenthümlichkeit
des Geschiebewalls aufmerksam machen, deren weitere Ver-
folgung vielleicht mehr Licht auf seine Entstehung zu werfen
im Stande wäre; es ist dies das Auftreten ausgedehnter ge-
schichteter Partieen inmitten desselben. Eine solche
findet sich am Steinberg in deutlichster Ausbildung an der
hohen Südwand der Steingrube nahe dem Eingang an der süd-
westlichen Ecke, von wo dieselbe gegen O. fast in der ganzen
Länge jener Wand zu verfolgen ist. Zu Tage liegt daselbst
richtungslose Steinpackung, ganz oben durch Verwitterung
etwas verändert; ungefähr 2 Meter unter der Oberfläche beginnt
nun der geschichtete Theil, welcher bis zu einer Mächtigkeit
von 5'/, Meter hinunterreicht und eine höchst regelmässige,
mehrfach wiederholte Wechsellagerung von Spathsandstreifen,
Grandlagen und Steinpackungsbänken bei horizontaler Schich-
tung, welche am feinsten und auffälligsten in den sandigen
Lagen entwickelt ist, erkennen lässt; sodann sind weitere
31/, Meter abwärts in der Geröllablagerung auch noch einzelne
dünne, gleichermaassen geschichtete Sand- und Grandlagen
vorhanden. Aehnliches sieht man in einer grösseren Stein-
grube am Schmolitz, etwa 2 Kilometer westlich von Liepe
auf der Nordseite der Chaussee nach Eberswalde gelegen,
welche gegenwärtig von Herrn H. Harrwıs hierselbst be-
trieben wird: geschichtete sandig-grandige Lagen, mehrere
Fuss oder auch einige Meter mächtig, durchziehen in verschie-
denen Höhen weithin und ziemlich horizontal das Steinlager.
Die Aufklärung darüber, wie man die partielle Schichtung
des Geschiebewalls mit der Auffassung desselben als einer
Endmoräne des Inlandeises zusammenreimen soll, muss ich den
Anhängern der Glacialhypothese überlassen. Lässt man in-
dessen diese Frage vorläufig unerörtert, so scheint mir die
Gesammtheit der Aufschlüsse in hiesiger Gegend auf eine
nähere Beziehung des Geschiebewalls zum unteren Diluvial-
mergel hinzuweisen. In seinen südlichen Anhängen, wozu
u. a. der Teufelsberg am Oderberger See zu rechnen ist, ver-
liert sich durch die Zunahme der mergeligen Zwischenmasse
der Gerölle oft fast jeder wesentliche Unterschied vom Ge-
schiebemergel.
1022
3. Herr H. Pourıe an Herrn E. Kayser.
Ueber eine Hipparionen-Fauna von Maragha in
Nordpersien, über fossile Elephantenreste Kau-
kasıens und Persiens und über die Resultate
einer Monographie der fossilen Elephanten
Deutschlands und Italiens.
Bonn, December 1885.
Im Jahre 1884 bot sich mir eine Gelegenheit, in Beglei-
tung eines Botanikers Persien, namentlich das nördliche, wis-
senschaftlich zu bereisen. Eines der hauptsächlichsten, mir
auf dieser Reise gesteckten Ziele war, auf die etwas vagen
Angaben früherer russischer Reisender hin, wie GöBeL’s,
KHaanıkorr's und ApıcH’s!), eine nach diesen bei der Stadt
Maragha östlich vom Urmiahsee vorhandene fossile Mammalien-
fauna wiederaufzufinden und auszubeuten.
Nach längerem Suchen gelang es mir in der That, an
mehreren Punkten in der Umgebung genannter Stadt An-
sammlungen fossiler Knochen aufzufinden und zu gewinnen,
so lange bis die zunehmende Sommerhitze es verhinderte; über
die Resultate dieser Ausgrabungen, soweit selbige damals fort-
geschritten waren und von mir an Ort und Stelle, ohne wissen-
schaftliches Hilfsmaterial, übersehen werden konnten, habe ich
in zwei an Prof. von Lasavıx ?) und Dr. Tierze ?®) von Mara-
gha selbst aus gerichteten Briefen vorläufig bereits berichtet.
In Nachfolgenden gebe ich eine Ergänzung der dort aui-
‘gestellten Liste der Maragha - Fauna und eine geologische
Skizze des Thales von Maragha, ausführliche Mittheilungen
einer grösseren monographischen Bearbeitung vorbehaltend.
I. Das Thal von Maragha verdankt seine Entstehung in
erster Linie einer breiten Dislocationsspalte, welche in etwa
aequatorialer Richtung einen den Hochgebirgen der Westgrenze
in SSO.—NNW. parallel laufenden Höhenzug eretacischer und
vielleicht auch jurassischer Gesteine ‘) durchschneidet. Durch
1) Vergl. ©. Grewinck in Verhandl. d. k. k. geolog. Reichsanstalt,
Wien 1881, pag. 296 fl. |
2) Sitzungs-Ber. d. niederrh. Ges. 1884, pag. 173 (in Verhandl. d.
naturhist. Vereins f. Rheinl.-Westf.).
3) Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst., Wien 1884, pag. 282.
4) Siehe die vorhergehenden Citate und Sitz.-Ber. d. niederrhein.
Ges. 1885, pag. 92 über die von mir dort zuerst gefundenen Ammo-
niten, Belemniten etc.
1023
dieses Dislocationsthal fanden bereits in jungtertiärer Zeit die
vom vulcanischen Hochgebirge Sahend im NO. herabströmenden
Wildwässer ihre Bahn zu dem damals sehr viel höheren Ur-
miah-See; die Ebene von Maragha bildete sonach in jener Zeit
eine Ausbuchtung des Urmiah-See’s, durchschnitten von den
Fluviatilgewässern des Sahend, und die Ablagerungen, welche
sich auf dem Boden dieser Bucht gebildet haben, sind fluvial-
lacustrischer Entstehung.
Es sind überwiegend fahlröthliche Mergel, an der Luft
zerfallend, in der Tiefe aber meist steinhart, welche die Hügel
in der Umgebung der Stadt bilden, — offenbar als Detritus
der vulcanischen Aschen und Sande des hohen Sahend ent-
standen und häufig untermischt mit horizontal angeordneten
Bimssteinschnüren. Vielfach werden ferner die Mergel durch-
zogen von Sandsteinbänken und von mehr oder weniger mäch-
tigen Geröllschichten, aus Sahend-Material bestehend und hie
und da Blöcke von mehr als einem Meter Durchmesser ent-
haltend. — Je näher dem Hochgebirge, desto mehr nehmen
diese Geröllablagerungen an Ausdehnung zu, die Blöcke sind
noch weit grösser und das Ganze ist dort nach oben hin un-
trennbar verbunden mit dem wüsten Chaos erratischer Blöcke,
welches offenbar die ältesten Plistocaenablagerungen repräsentirt.
Eine so enge Verknüpfung zwischen Pliocaen und Plistocaen
in Persien würde vollkommen entsprechend sein den analogen,
in Europa, an der englichen Ostküste und an zahlreichen an-
deren Punkten beobachteten Verhältnissen.
Die rothen Mergelhügel von Maragha erheben sich zu
mehr als 100 Meter über das Niveau des Flusses Safı-Tschahi
daselbst, im Grossen tafelförmige, seltener conische, in den
Seitenschluchten dagegen stellenweise sehr bizarre Erosions-
formen bietend. Aus diesen gleichmässig horizontalen Schichten
treten mehrfach in der Ebene isolirte kleine Riffe aufgerich-
teter untercretacischer Kalke zu Tage.
An nicht weniger als 6 Punkten, mehr oder minder ent-
fernt von der Stadt, hat man bisher in den Mergeln Ansamm-
lungen fossiler Knochen etc. gefunden, je von geringem
Umfang bis zu nahezu '/, Kilometer Ausdehnung, und in ver-
schiedenen Niveaus, ohne dass letztere untereinander durch
irgendwelche Differenzen der Fauna unterschieden zu sein
scheinen. Diese Reste sind weisslich, durch den umgebenden
Mergei meist röthlich überzogen, nicht sehr consistent, in der
Tiefe sogar recht mürbe und Vivianit-reich, daher von hohem
specifischem Gewicht — ein Erhaltungszustand, welcher dem-
jenigen der fossilen Knochen von Pikermi ganz ähnlich ist.
Ei Die Liste der Maragha-Fauna ergänzt sich jetzt, wie
olgt:
1024
1. Hipparion cf. gracile, die häufigste Form; auch
mehrere Cranien sammt Mandibeln und fast sämmtliche Kno-
chen des Skeletes wurden erbeutet.
2. Onager (?) sp., kleinere Equidenform.
3. Rhinoceros Persiae PouL., eine incisive Species.
Aehnlichkeit der Molaren in der Kronenansicht bei dieser Art
mit Rh. tichorhinus mag BraxoT (cf. GREWINGK |. c.) zur An-
gabe letzterer Form von Maragha bewogen haben.
4. Mastodon (Pentelici?) sp., weniger häufig als die
Rhinoceroten, von welchen nicht weniger als 4 adulte Schädel,
ein fernerer mit dem Michgebiss etc. ausgegraben wurden.
Erwähnenswerth ist ein 2,35 m langer Stosszahn.
9. Palaeohys maraghanus Pont. Der interessante
Suide von Maragha ist einer der wenigen Berührungspunkte
mit der sivalischen Fauna Nordindiens.
6. Tragoceros sp., kleine Form, nächst Aipparion die
bei Maragha verbreitetste.
7. Antilope sp. major (Antidorcas?).
8. Palaeoreas cf. Lindermayeri.
9. Gazella sp.
10. Cervus? sp. |
1l. Helladotherium sp., wahrscheinlich mit der Art
von Pikermi identisch.
12. Giraffa atiica.
13. Bubalus? sp.
14. Hyaena cf. eximia.
15. Canis? sp.
16. Felis sp.
Zweifellos wird sich diese Liste ') im weiteren Verlauf der
Untersuchungen noch vergrössern; nach dem Bisherigen ist die
Uebereinstimmung mit Pikermi ganz überwiegend, mit der
sivalischen Fauna finden sich nur sehr wenig Anknüpfungs-
punkte, und es scheint somit die Maracha-Fauna über die von
CALvERT neuerdings in der Troas aufgefundene Hipparionen-
Fauna hin mit der griechischen in directer Verbindung ge-
standen zu haben.
Was die Angaben früherer russischer Reisenden und
Autoren (Branpr etc.) von einer Diluvial- Fauna (Zhinoceros
tichorhinus, Hyuena spelaea etc.) und Knochenhöhlen bei Ma-
ragha betrifft, so fand ich daselbst von alledem trotz eifrigster
1) Das Vorkommen so vieler grosser Herbivoren setzt es ausser
Zweifel, dass in damaliger Zeit auf der heute so sterilen Hochebene
eine reiche Baum- und Strauch-Vegethation herrschte, welche jetzt dort
überhaupt fast nur bei Irrigation aufkommen kann.
1025
Nachforschungen keine Spur und scheinen mir dieselben fast
auf Verwechselung zu beruhen; denn die bei Maragha in
der That in den Mergeln und Tuffen mehrfach vorhandenen
Höhlen und Gemächer sind, wie ich mich durch Besuch der-
selben überzeugte, durchaus künstlicher Natur, theilweise un-
seren niederrheinischen „Ofenkaulen“ vergleichbar.
II. In dem kaukasischen Museum zu Tiflis untersuchte
ich eine Anzahl fossiler Elephantenreste, welche beweisen, dass
das circumpolare Mammuth, wie in Europa die Alpen und
Pyrenäen, so in Asien den hohen Kaukasus überschritten hat,
eine Thatsache, welche mir in Bezug auf den sogen. Elephas
armeniacus FALCONER von Erzerum von Belang erschien. Ausser
einigen Molarenresten war darunter ein sehr typisches Becken
mit Foramen ovale von 0,195 < 0,1 m aus Daghestan und
ein Calcaneum von fast 0,27 x 0,19 m Dimension von Ale-
xandropol, in 5000” Höhe gefunden.
Ebendort sah ich den breitesten, bis. jetzt überhaupt ge-
fundenen Elephantenmolaren, der linke, maxillare eines Mam-
muthes von dem Nordabhaug des Kaukasus, mit 0,13—0,14 m
maxillarer Breite! Abbildungen davon gebe ich an entsprechen-
der Stelle.
Von Wichtigkeit sind ferner einige specifisch schwere Reste
von Knochen und Molaren von dem Kubanfluss, letztere 3
Lamellen in 0,05 m enthaltend und somit von dem Typus des
Elephas meridionalis, — als nunmehr auch locales Verbindungs-
glied zwischen der europäischen und asiatischen Form dieser
Species.
Die bei Maragha in Nordpersien gefundenen fossilen Pro-
boscidierreste habe ich in der vorhergehenden Notiz erwähnt.
Neuerdings schreibt mir Dr. Twonozan, Leibarzt des Schah,
dass er mir einen im fernen Osten ÜOhorassans gefundenen
Zahn von Elephas primigenius zusende; ich werde nach An-
kunft des Stückes weiter über dasselbe berichten.
If. Seit 1879 habe ich mich vorzugsweise beschäftigt
mit einer Durcharbeitung der Diluvialfauna der in dieser Hin-
sicht wichtigsten deutschen und italienischen Museen, aus-
gehend von der aus den Travertinen Thüringens erbeuteten.
Ich bearbeitete zunächst die Elephantenreste; der erste Theil
dieser Monographie, Dentition und Kranologie enthaltend, ist
nunmehr völlig druckfertig.
_ Ich arbeitete für diesen Zweck in den Museen von Mün-
chen, Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Darmstadt, Frankfurt
a. M., Mainz, Bonn, Münster ı. W., Halle a. S., Jena, Gotha,
Dresden; in Italien zu Verona, Padua, Bologna, Florenz,
Zeits. d. D. geol. Ges. XXX VIl. 4. 61
1026
Rom, Pisa, Mailand, Turin, Arezzo; ferner in Tiflis, Lyon
und Brüssel, sowie in zahlreichen Privatsammlungen Thürin-
gens, des Rheins etc.; ausserdem besuchte ich zu demselben
Behuf die Museen von Berlin, Leipzig, Göttingen, Prag, Brünn,
Wien und Odessa, von London, Leyden und Paris.
Das Hauptresultat dieses Werkes ist die Beschreibung
und Abbildung eines wichtigen und glänzenden Materiales an
Elephantenresten, von welchem bisher relativ nur sehr wenig
an die Oeffentlichkeit gedrungen war. — Es würde zu weit
führen, die daselbst aus den Beschreibungen und Vergleichun-
gen gezogenen Specialsummarien an dieser Stelle zu wieder-
holen; es mögen aus diesen Ergebnissen die nachfolgenden
Punkte !) als von besonders hervorragender und allgemeiner
Bedeutung hier herausgehoben und zusammengestellt sein,
l. Elephas antiquus Fauc. ist das grösste aller bisher
bekannten Landthiere gewesen. Eine der bemerkenswerthesten
Eigenthümlichkeiten desselben ist die extreme, bis gegen 1 m
erreichende Divergenz seiner Incisor-Alveolen. In Kranologie
wie in Dentition zeigt E. antigquus mehrfache Beziehungen zu
E. africanus.
2. Die insular mediterranen, fossilen Diminutiv-Elephar-
ten von Malta etc. können nicht als specifisch von E. antiquus
verschieden angesehen werden; dieselben sind vielmehr unter
der Bezeichnung „Z. (antiquus) Melitae Fauc.“ als mehrfache
Abstufungen einer durch Degeneration erzeugten Diminutivrasse
genannter Art zu betrachten.
3. Elephas meridionalis Nsstı emend. Ponuuıe hat in
den Dimensionen etwas hinter F. antigquus zurückgestanden
und ist von letzterer Art in Detition und Kranologie weit
verschieden. Die durch Nestı und FaLconer von EZ. meridio-
nalis verbreiteten, in mehrfacher Hinsicht irrigen Ansichten
finden sich in meiner Monographie mendirt. Kranologisch zeigt
E. meridionalis manche Beziehungen zu E. indicus und na-
mentlich zu E. primigenius.
4. Die von FArconer und CAuTLeY unter der Bezeich-
nung „E. hysudricus“ abgebildeten Fossilreste aus den indischen
Sevalik hills können, nach der in meiner Monographie vorge-
nommenen Emendation des E. meridionalis, nicht mehr als
specifisch von letzterer Art different festgehalten werden.
5. Die Kenntniss von Elephas primigenius Buunm. hat
in diesem Werk ebenfalls, durch sorgfältige Beschreibung und
!) Diese Punkte sind nicht etwa als pure Thesen aufzufassen,
sondern als durch Zahlen, Maassangaben und sonstige Nachweise in
meiner Monographie aufgedeckte Thatsachen,
1027
Abbildung eines sehr reichen, bisher noch nicht publicirten
Materiales, eine beträchtliche Erweiterung erfahren. In den
Dimensionen steht das Mammuth hinter EZ. meridionalis und
namentlich #. antiquus zurück, übertrifft jedoch die recenten
Elephanten. Die auch bei EZ. primigenius, wie bei E. antiquus
vorkommenden Diminutivformen haben, durch erneute Com-
munication mit der Stammform in ausgedehnterer Weise, den
Charakter einer wohlgesonderten, localen Rasse theilweise oder
ganz verloren. Das Mammuth ist der recenten indischen Art
am nächsten verwandt, aber gleichwohl specifisch scharf von
letzterer Art geschieden.
6. Unter der Bezeichnung „Elephas trogontherii
Poar.“ führe ich in meiner Monographie eine europäische Mo-
larenform auf, welche zwischen denjenigen des E. primigenius
und E. meridionalis zoologisch, wie ihrer geologischen Lager-
stätte nach, in der Mitte steht, dem E. antiquus in der La-
mellenformel am nächsten komnit, aber durch die Kronenform
und geologische Lagerstätte von dieser Art weit schärfer ge-
sondert ist als von den anderen beiden Species. Das Ver-
hältniss von Z. trogontherü zu E. armeniacus FıLc. und auch
E.namadicus Fauc.-CAurL. bleibt noch genauer zu untersuchen.
— E. meridionalis und E. primigenius stehen nach Kranologie
und Dentition über #. trogontherü hin in directer Verwandtschaft.
7. Die Annahme eines „Präantepenultimus“ in der Milch-
molarenserie der Elephanten durch FaLcoxer und L. Apanus
ist nicht begründet.
8. Ich theile die Elephanten nach Kronenformen und
Lamellenzahlen der Molaren ein in Archidiskodonten
(E. planifrons, E. meridionalis), Loxodonten (E. africanus,
?E. antiquus) und Polydiskodonten (EZ. primigenius, E.
indicus ete.), die Stegodonten mit CLirrt wieder zu Masto-
don zählend.
617
1028
C. Verhandlungen der Gesellschaft.
I. Protokoll der November - Sıtzung.
Verhandelt Berlin, den 4. November 1885.
Vorsitzender: Herr BeYk:ıcır.
Das Protokoll der August-Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell-
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Dr. phil. Rıscusiera in Neustadt a. Rübenberge,
vorgeschlagen durch die Herren von Koenen,
Dames und Texse;
Herr Bergrath ULricH in Diez a. d. Lahn,
vorgeschlagen durch die Herren Kayser, Danuss
und Tennse;
Herr Real-Öberlehrer Wauopscauipr in Elberfeld,
vorgeschlagen durch die Herren Kayser, Damss
und Tenne;
Herr CLauDıo SEGRE, Ingenieur -geologue des chemins
de fer meridionaux, Ancone (Italie),
vorgeschlagen durch die Herren BerrıcH, HaucHE-
CORNE und TenNE;
Herr Dr. phil. ReısuoLp Brauns in Marburg, Assistent
am mineralogischen Institut der Universität,
vorgeschlagen durch die Herren Bauer, NÖTLING
und TenneE;
Herr Aus. Lengemans, Bergassessor in Clausthal,
vorgeschlagen durch die Herren v. Kornen, Horz-
APFEL und EBERT;
1029
Herr Cand. phil. Worukmans in Börssum, z. Z. in
Würzburg,
vorgeschlagen durch die Herren Dames, Brauns
und Koken;
Herr Wırn. Mütter, Assistent am mineralogischen In-
stitut der technischen Hochschule in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren Darue, Krock-
MANN und TennE.
Herr Dames legte einige Sedimentärgesteine vor, welche
sich als Geschiebe in einer Kiesgrube nördlich von Langen-
stein unweit Halberstadt am Harzrande gefunden haben. Die
Kiesgrube liegt unmittelbar an der Chaussee zwischen Halber-
stadt und Derenburg, nördlich von ihr und gegenüber dem
letzten Hause der sogen. „Wilhelmshöhe“, wo sich die Chaussee
nach Blankenburg abzweigt. Herr Oberlehrer Dr. Zecu in
Halberstadt, der die vorgelegten Stücke gesammelt und freund-
lichst zur Verfügung gestellt hat, theilt über die Lagerungs-
verhältnisse in der Kiesgrube folgendes Profil mit:
Mächtigkeit
Rothbrauer Lehm ohne Geschiebe . . I
Gelbrother Lehm mit nordischen Geschieben In
c. Feiner gelber Quarzsand, in welchem Par-
tieen von Quarzsand mit nussgrossen Stük-
ken von Kalk, Kieselschiefer etc. einge-
lagert sind . . Se ut 1 are 98
d. Quadersandstein des Gault.
iz)
Aus diesen Angaben geht hervor, dass die Lehme, welche
nordische Geschiebe führen, über den Sanden mit einheimischen
Geröllen ruhen. Da es sich hier jedoch nicht um eine Er-
klärung der verschiedenen Diluvialerscheinungen, wie sie der
Harzrandrand bietet, handelt, schon aus dem Grunde, weil
dem Vortragenden das Material an thatsächlichen Beobach-
tungen zu einer solchen Erklärung noch zu lückenhaft und
unzusammenhängend erscheint, so sei hier nur diese Thatsache
festgestellt. Jedoch das eine sei hervorgehoben, dass die erwähn-
ten Laagerungsverhältnisse sehr wohl: in Einklang stehen mit
denjenigen, welche auch weiter, namentlich westlich und nörd-
lich von der hier besprochenen Localität, d. h. nördlich von
Wernigerode und Ilsenburg einerseits, südlich des Huy an-
dererseits bekannt sind. Auf der Ewaıv’schen geologischen
Karte der Gegend zwischen Magdeburg und dem Harz (Section
Halberstadt) sind Anhäufungen nordischer Blöcke auf Anhöhen
und Abhängen ausgezeichnet, und diese Anhäufungen sind zu-
meist kuppenartig Schottern aufgesetzt, welche gänzlich oder
1030
doch durchaus vorwiegend aus hercynischem Material be-
stehen.
Was nun die vorgelegten Geschiebe betrifft '), so theilen
sie sich in zwei scharf gesonderte Gruppen. Die einen stam-
men aus Skandinavien, resp. aus baltischen Regionen, die
anderen sind Bruchstücke der zunächst nördlich anstehenden
Formationen. Die Richtung des Weges, den sie genonimen
haben, ist für beide dieselbe, die Länge desselben aber sehr
verschieden. — Von echt baltischen Gesteinen waren sicher
zu bestimmen:
1. rothe, violette, ziegelrothe Quarzite, die zusammen nur
verschiedene Varietäten des sogen. Dala- Quarzites re-
präsentiren;
2. ein Stück des typischen Graptolithengesteins mit Wo-
nograptus priodon;
3. zahlreiche, grosse (z. Th. über kopfgrosse) Knollen von
Feuerstein.
Aus den der Localität nahe anstehenden Schichten, wie
dem Muschelkalk und der Kreideformation, liegen vor: Wellen-
kalk, Dolomite der Anhydritgruppe, Nodosenkalk, ferner Gault-
sandstein, rother und weisser Plänerkalk, Salzbergmergel und
Quader.
Es genügt ein Blick auf die erwähnte Section der EwaLp-
schen Karte, um zu übersehen, dass alle diese verschiedenen
Glieder der genannten beiden Formationen nördlich von der
Localität, und zwar wenig von ihr entfernt, anstehen, und so
wird auch für sie die nordsüdliche Transportrichtung angezeigt,
welche durch ihr Zusammenvorkommen mit den baltischen
Geschieben, deren gleiche Transportrichtung keinem Zweifel
unterliegt, direct bewiesen ist.
Namentlich die baltischen Geschiebe beanspruchen ein
grösseres Interesse, weil — abgesehen von den Feuersteinen
der baltischen Kreide — bisher rur solche von Eruptivgestei-
nen oder krystallinischen Schiefern bekannt geworden waren;
nun aber auch durch sie die Heimath erkannt ist, woher die
nordischen Materialien am Harzrande stammen. Diese Hei-
math ist der centrale Theil der baltischen Länder — also
wesentlieh Schweden; Norwegen resp. Ehstland sind ausge-
schlossen. Das tritt in guten Einklang mit den Erfahrungen,
die man über die Verbreitung der Sedimentgeschiebe gemacht
!) Ueber die krystallinischen Schiefer und die Eruptivgesteine,
welche mit den oben aufgezählten Sedimentgesteinen zusammen vor-
kommen, wird Herr Dr. Zech selbst demnächst in dieser Zeitschrift
eine Mittheilung veröffentlichen. ’
1031
hat, welche in dem sich nördlich von der hier besprochenen
Gegend ausdehnenden Theile des eigentlichen norddeutschen
Glacialgebietes (Sachsen, Hannover, Mecklenburg) sich gefun-
den haben.
Herr BERENDT sprach zunächst über das Alter des Ge-
schiebewalles von Joachimsthal. Er schilderte die Schichten-
folge, wie sie in neuen Aufschlüssen dieses Jahres sich darbot,
und aus welcher die Zugehörigkeit des Walles zum unteren
Diluvium hervorgeht; denn inmitten des Geschiebewalles liegt
eine 2 —5 m mächtige Einlagerung von unterem Geschiebe-
mergel (vergl. die briefl. Mittheilung pag. 807).
Herr A. Reimer bemerkte hierzu, dass er die Ansicht,
der Joachimsthal - Lieper Geschiebewall müsse zum unteren
Diluviam gerechnet werden, schon früher gehabt und eine be-
stimmte Bestätigung hierfür im Juli d. J. durch Beobachtungen
am Steinberg bei Liepe gefunden habe, welche zum Theil mit
den von Herrn Berexpr bei Joachimsthal gemachten identisch
sind (s. dieses Heft pag. 1014).
Herr Gorrsch£E legte ein bräunlichrothes, poröses Do-
lomitgeschiebe von Schönkirchen, 6 Kilom. ONO. von Kiel
vor, welches sich durch zahlreiche Exemplare von /latyschisma
Kirchholmiensis Keys. als zur oberen Abtheilung des Mittel-
‘ devon gehörig verräth, Diese Art ist lediglich aus Livland
bekannt; auch zeigt der Gesteinscharakter des vorgelegten
Geschiebes die vollkommenste Uebeinstimmung mit dem an-
stehenden Vorkommen von Kirchholm an der Düna, von wel-
chem Belegstücke aus der coll. BucH verglichen werden konn-
ten, so dass an der livländischen Herkunft des gedachten
Geschiebes nicht zu zweifeln ist. Fern. Remer hat soeben in
der Lethaea erratica (pag. 137, t. XI, f. 1a) zwei Geschiebe
desselben //latyschisma - Dolomites aus ÖOstpreussen bekannt
gemacht. Der Vortragende constatirte ferner in dem minera-
logischen Museum der Universität Rostock zwei solche Ge-
schiebe von Warnemünde und Tessin in Mecklenburg, sowie
in der städtischen Sammlung zu Neubrandenburg ein eben-
solches Geschiebe von Greifswald. — Es erhöht sich durch
diesen Fund die Zahl der bestimmt aus den russischen Ost-
seeprovinzen selbst stammenden Geschiebe-Arten für Schleswig-
Holstein auf 7; es sind dies ausser dem eben besprochenen
Gestein der untersilurische Cyclocrinus- Kalk von Munnalas
(früher unter dem Wesenberger Gestein subsummirt); der
obersilurische Pentamerus - borealis - Kalk; der obersilurische
Kalkstein mit Leperditia phaseolus, der mitteldevonische Coec-
costeus-Sandstein; der oberdevonische Estheria-Kalk und end-
1052 ;
lich der gleichfalls oberdevonische Sandstein mit Spirifer
Archiaci. Alle diese Gesteine sind in Schleswig - Holstein
äusserst selten. |
Herr REem£r£ legte folgende zwei neue Trilobiten - Typen
aus untersilurischen Diluvialgeschieben von Eberswalde vor:
l. Rhinaspis erratica gen. (resp. subgenus) et spec.
nov. Obwohl nahe verwandt mit der Angeuis’schen Asaphiden-
Gattung Meyalaspis durch die kurze, vor den Augenhöckern
von einem sehr breiten und vorn spitz zulaufenden Randsaum
umgebene Glabella, unterscheidet sich dieser Trilobit doch von
den zahlreichen Arten des genannten Genus in sehr auffälliger
Weise durch einen hohen, gekrümmt nasenförmigen Höcker im
hinteren Theile des Kopfbuckels, der von der Nackenfurche
aus steil hinaufragt. Zu beiden Seiten desselben neben den
Palpebralflügeln befindet sich eine flache, schräg ovale Ver-
tiefung, ausserdem vor der Glabella eine bis zur vorderen
Spitze des in der Mittellinie 4 Centim. langen Centralschildes
verlaufende , deutlich ausgeprägte längliche Depression. Das
Geschiebe, welches diesen Rest enthält, gehört dem glaukoni-
tischen Vaginatenkalk an; eine ähnliche Form kommt nach
einer freundlichen Mittheilung Fr. Scauipr’s im ehstländischen
Vaginatenkalk vor. Der systematischen Stellung nach ist
hier wohl eine den Werth einer Untergattung darsteilende
Gruppe von Megalaspis anzunehmen.
2. Hybocephalus Hauchecornei gen. et spec. noV.;
schliesst sich an Ampyx Darm. an und repräsentirt ein eigenes
Glied der Angeuın’schen Familie Raphiophoridae, bei; welcher
AngGeLıin bekanntlich die Gattungen Lonchodomus, Ampyx und
Raphiophorus unterschieden hat. Der Bau des halbmondför-
migen, ungefähr 1 Centim. langen Kopfschildes im Ganzen ist
zwar noch wie bei den mit diesen Gattungsnamen bezeich-
neten Formen, allein die Glabella weicht völlig ab. Der
ganze, verhältnissmässig schmale Kopfbuckel hat nämlich die
Gestalt eines sehr hoch ansteigenden, umgekehrt nasenförmigen
oder stumpf schnabelförmigen Höckers und entbehrt des Sta-
chels am vorderen Ende; um mehr als seine Breite erhebt
sich derselbe über die Fläche des Kopfschildes, wobei er von
der Nackenfurche aus in einer stark nach hinten geneigten
Linie und auf der Vorderseite fast senkrecht emporsteigt;
ferner ist die sonst bei Ampyz Daum. und dessen nächsten
Verwandten vorhandene Verbreiterung im mittleren Theile der
Glabella kaum wahrnehmbar, während an ihrer Basis auch
hier jederseits ein Grübchen sich zeigt. Das der vorste-
henden kurzen Charakteristik zu Grunde liegende Fossil. be-
Be
1038
findet sich in einem Stück jüngeren rothen Orthocerenkalkes.
Aus einem ebensolchen Geschiebe von Eberswalde liegt ausser-
dem ein viel kleineres Kopf-Mittelschild vor, welches derselben
Gattung, aber einer anderen Art angehört; dieses lässt an
der höchsten Stelle der Glabella einen kleinen flachen Tuberkel
erkennen. In Folge der Einordnung des neuen Genus, das
nach Angaben Hornnm’s auch in Schweden vertreten ist, unter
ANnGELINS Raphiophoridae bedarf die für letztere in der Pa-
laeontologia Scandinavica pag. 79 gegebene Diagnose nament-
lich in Anbetracht des fehlenden Stirnstachels einer Erweiterung.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
BeEyYricn. DaAnmEs. Branco,
2. Protokoll der December - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 2. December 1885.
Vorsitzender: Herr BEYRIcCH.
Das Protokoll der August-Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell-
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor.
Herr Eserr berichtete über seine Untersuchumgen des
ca. 200 Fuss hohen Steilufers der Weichsel bei Neuenburg in
Westpreussen. Er beobachtete daselbst 4 Mergelbänke (jede
etwa 5 Meter mächtig), welche durch Sand- und Thonbildun-
gen von ebenfalls bedeutender Mächtigkeit getrennt werden.
Das Hangende der dritten Mergelbank bildet eine Sandschicht
mit Torfkohle. Mehrere der Schichten enthalten Nordseefauna,
am reichsten die Sandbank im Liegenden des II. Geschiebe-
mergels und der III. Geschiebemergel. Letzterer führt auch
noch Dreissena polymorpha. Sämmtliche Arten finden sich
nach Ansicht des Vortragenden auf secundärer Lagerstätte.
Die Schichten zwischen dem I. und III. Geschiebemergel (incl.),
ausser der localen Sandschicht und Torfkohle, konnten, abge-
sehen von kleinen örtlichen Abweichungen, bis in die Gegend
von Graudenz und Kulm verfolgt werden. Dieselben sind
1034
mehrfach durch bedeutende Faltungen aus ihrer ursprünglichen
Lagerung gebracht.
Ob diese 4 (seschiebemergel der Weichselgegend, resp.
welche von ihnen denen. des Westens, besonders der Mark ent-
sprechen, wird definitiv erst entschieden werden können, wenn
das grosse dazwischen liegende Terrain genau untersucht resp.
kartirt sein wird. Will man schon jetzt sich eine Ansicht
darüber bilden, so wird man sich auf die Spuren der Inter-
glacialzeit stützen müssen. Dieselben finden sich in der
Weichselgegend zwischen dem II. und III. Geschiebemergel.
Demnach würden diesse den beiden Mergeln des Westens ent-
sprechen und es blieben, anscheinend auf den Osten beschränkt,
noch je ein Mergel ober- und unterhalb der genannten übrig.
Diese würden eventuel ihre Erklärung durch eine locale Ösecil-
lation am Beginn und am Schluss der Eiszeit finden. Doch
können diese Ansichten zunächst jedenfalls nur Vermuthungen
bleiben.
Herr Branco sprach über Ganoid-Fische aus dem Wealden
von Obernkirchen.
Herr E. Darne sprach über Kersantit im Culm. von
Wüstewaltersdorf in Schlesien. Nachdem er Vortragende im
Eingang den niederschlesischen Culm mit den übrigen deut-
schen Culm- Ablagerungen verglichen hatte, wonach eine ge-
wisse Uebereinstimmung in der Ausbildung des ersteren mit
den letzteren nnd namentlich mit denen des Oberharzes sich
herausstellte, schilderte er das kleine Culmgebiet von Wüste-
waltersdorf. Dasselbe bildet ein 2,2 Kilom. langes und 1 Kilom.
breites Becken, in welchem Gneiss- Conglomerate und Grau-
wackensandsteine abgesetzt wurden. Felsitporphyre in Gängen
und Stöcken sowie Kersantit durchbrechen den Culm. Letz-
teres Eruptivgestein biltet einen 500 Meter langen und bis
100 Meter breiten und von NW. nach SO. sich erstreckenden
Gangstock , welcher an seinem Südende mehrere Apophysen
aussendet. Da er der Erosion gegenüber widerstandsfähiger
war, als die ihn umgebenden Grauwackensandsteine, ragt er
gegenwärtig in seiner ganzen Ausdehnung über dieselben hervor,
und setzt den eigentlichen Höhenrücken des Uhlenberges zu-
sammen. — In frischem Zustande ist der Kersantit grauschwarz
gefärbt; ist er jedoch verwittert, so ist er röthlichbraun oder
schmutziggrau. Seine Structur ist feinkörnig und nicht immer
durch eingesprengte Magnesiaglimmer - Blättchen porphyrisch.
Porphyrisches Gefüge stellt sich jedoch in gewissen schlieren-
artigen Gesteinspartieen ein, welche im Gestein in 3—8
Centim. langen und bis 5 Millim. breiten Streifen und Adern,
1035
seltener in kurzen, haselnussgrossen Flecken in ziemlicher
Häufigkeit erscheinen; sie besitzen dieselbe mineralische Zu-
sammensetzung wie die Hauptgesteinsmasse, deren Haupt-
Gemengtheile Plagioklas, Orthoklas, Augit, Hornblende und
Quarz und deren accessorische Mineralien Apatit, Magneteisen
und Caleit sind. Die chemische Zusammensetzung der Ker-
santits ist bei einem specifischen (sewicht von 2,7084 nach
einer Analyse von A. STRFFEN folgende:
SIO 09:84 .0056518 p6t.
ION A,
NLA De 9 I
Be,0.28 ‚2u4,12,86 =
Beoertaan. :703:94R2
MoQ2 Er. .4.,5,A6: 7;
BORN 530
KEOmmeRı2 32...
Na30. u SutEr4,078
DOMEEEe 3 Spur ©,
Bao as het 053,
OR Rue. IHRE.
EBEOE. Ser 003,198 85
99,82 pCt.
Herr WaHnscHarr: sprach über das Diluviam des nörd-
lichen Harzrandes (s. den Aufsatz pag. 897).
Herr BEyrıcHn hob im Anschlusse an diesen Vortrag her-
vor, dass es für eine endgültige Deutung dieser Erscheinungen
nicht nur nothwendig sei, weiter nach Norden hin vergleichend
vorzudringen, sondern auch das am Südrande des Harzes be-
findliche Diluvium in Betracht zu ziehen. Am Kyffhäuser
finde sich zwar der letzte deutliche Geschiebelehm; aber bis
nach Nordhausen hin sei bereits das Vorkommen von Feuer-
steinen nachgewiesen worden.
Herr GorrscHhk sprach über das Alter des „Limonit-
sandsteins“ von Morsum-Kliff auf Sylt. Aus Meyv’s Profilen
(Geogn. Beschr. der Insel Sylt pag. 9) geht hervor, dass der
„Limonitsandstein“ mit dem obermiocänen Glimmerthon wechsel-
lagert oder, wenn man mit Forcnuaumer (Bodenbildung Schles-
wig-Holsteins pag. 5) eine Faltung der tertiären Schichtenreihe
annimmt, denselben sogar unterlagert. Von den 10 Gastro-
poden des „Limonitsandsteins“, welche bisher bestimmt werden
konnten, sind 7 im Holsteiner Gestein, 9 im Glimmerthon
nachgewiesen. Die ältere Annahme Srmrper’s (Schulzeitung
1036
Schleswig-Holsteins 1856, No. X, Beilage pag. 42), dass der
„Limonitsandstein“ jünger sei als der Glimmerthon, resp. die
jüngste Ablagerung des ganzen norddeutschen Tertiärgebirges
darstelle, muss daher aufgegeben werden. Im Anschluss an
diese Mittheilung erklärte sich der Vortragende gegen die
neuerdings durch Herrn vox Korsen (Ann. soc. geol. Beleg.
1885, t. XII, pag. 194) vorgeschlagene Zweitheilung des Hol-
steiner Gesteins.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. W. 0.
BEYRich. Danmes. Branco.
1037
Für die Bibliothek sind im Jahre 1885 im Austausch und
als Geschenke eingegangen:
A. Zeitschriften.
Baltimore. .4merican chemical journal, Vol. VII, No. 2.
Bamberg. 13. Bericht über das Bestehen und Wirken des
naturforschenden Vereins.
Basel. Verhandlungen d. naturforschenden Gesellschaft, 7. Theil,
Heft 3.
Berlin. Abhandlungen zur geolog Specialkarte von Preussen
und den Thüring. Staaten, Bd. 5, Heft 3; Bd.6, Heft 2;
Bes Tieit..1.
Berlin. Jahrbuch der königl. geologischen Landesanstalt für
1884.
Berlin. Verhandlungen des botanischen Vereins der Provinz
Brandenburg, Jahrg. 26. |
Berlin. Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für
Neuvorpommern und Rügen. Jahrg. 16.
Berlin. Sitzungsberichte der königl. Akademie der Wissen-
schaften, 1884, LX—LIV; 1885, I-LI.
Bern. Mittheilungen d. naturforschenden Gesellschaft. No. 1092
bis 1118.
Bern. Verhandlungen der 67. Jahresversammlung der allge-
meinen schweizerischen Gesellschaft für die gesammten
Naturwissenschaften, 1883 — 84.
Bonn. Verhandlungen des naturhistorischen Vereins d. preuss.
Rheinlande und Westfalens, Bd. 41, 2 und Bd. 42, 1.
— Autoren- und Sachregister zu B. 1—40.
Boston. Proceedings of the Boston society of natural history
BRPXIE 223.2 Memoirs. Vol. IIT, Part. I, 8, 9, 10.
Bremen. Abhandlungen des naturw. Vereins, Bd. 10, Heft 2.
Breslau. Jahresbericht des schlesischen Vereins für vaterlän-
dische Cultur für 1884.
Brünn. Bericht des naturhistorischen Vereins, 22, 1, 2.
Brüssel. Bulletins de l’academie royale des sicences, III. Serie,
t. 6-8. — Annuaire, t. 50—5l.
Brüssel. _+nnales de la socieie royale malacologique, t. 18. —
Proces verbaux ds seances 1883, Aout—Dec.; 1884, Janv.
—.Dee.
Bucarest. Anuarulu biuronliu geologicu, 1884, No. 1, 2.
Buenos Ayres. Actas de la acad. nacion. de ciencias en Cordoba,
T. V, Entrega 2. Boletin T. VII, Entrega 1—4; T. VIII.
Entrega 1].
1038
Calcutta. Memoirs of the geological survey of India, XXI,
1—4. — Records XVIII, 1 —3. — Catalogue of the
library of the @. S. 0. I. — Palaeontologia indica, Ser. IV,
Vol. I, part.4; Ser. IX, Vol. I, part. 5; Ser. X, Vol. III,
part.5,6; Ser. AIIL, I, IV, fase. 3—5; Ser. XIV, Vol. I,
3, Jascı 3,9.
Cambridge. Bulletin of the museum of comparative zoology,
Vol. IX., No. 11; Vol. XII, No. I. — Annual report of
the curator of the museum, 1884—85.
Cherbourg. Memoires de la societe nationale des sciences natu-
relles, Tom. 24.
Christiania. Forhandlinger i Widenskabs - Selskabet i Christiania,
1884.
Chur. Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft Grau-
bündens, Neue Folge, Jahrg. XXVIU.
Danzig. Schriften der naturforsch. Gesellschaft, Neue Folge,
Bd. 6, Heft 2.
Darmstadt. Notizblatt des Vereins für Erdkunde, IV. Folge,
Heft. 5.
Darmstadt. Abhandlungen der geolog. Landesanstalt, Bd. 1.,
Heft 2, mit Atlas.
Denver. Proceedings of the Colorado scientific society, Vol. 1.
Des Moines. Biennal report of the state librarian to the go-
vernor of the state of Jowa, 1885.
Dorpat. Archiv für die Naturkunde Liv-, Ehst- und Kurlands,
2. Serie, Bd. 10, Lief. 1.
Dorpat. Sitzungsberichte der naturforschenden Gesellschaft,
Bd. VII, Heft 1.
Dresden. Sitzungsberichte der Isis, 1884, Juli— December.
— Festschrift zur Feier des 50 jährigen Bestehens.
Edinburgh. Proceedings of the Royal physical society, 1884/85.
Elberfeld. Jahresberichte der naturwissenschaftl. Gesellschaft,
Heft 6. |
Frankfurt. Berichte d. Senkenbergischen naturforschenden Ge-
sellschaft, 1884 in duplo.
Freiburg i. Be Berichte der naturforschenden Gesellschaft,
Bd. VIII, Heft 3.
Geneve. Memoires de la societE de physique et d’histoire natu-
relle, Tome XXVIII, 2. partie.
Geneve. Archives des sciences physiques et naturelles, 1884,
Nov. et Dec.
Glasgow. Transactions of the geological society, Vol. VII, part. 2.
Görlitz. Neues Lausitzisches Magazin, Bd. 61, Heft 1. 2.
Gotha. Mittheilungen aus Justus Perraes’ geographischer
Anstalt 1885, I—IX. — Ergänzungs-Hefte No. 76—19.
1039.
Halle. Zeitschrift für ‚Naturwissenschaften, 4. Folge, Bd. 3,
Heft 6; Bd. 4, Heft 1—4.
Hamburg. Verhandlungen des Vereins für naturwissenschaftl.
Unterhaltung, Bd. 5. ’
Hanau. Wetterauer Gesesellschaft für die gesammte Natur-
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Bemem2e, °C. mut Atlas, 1C,, CD. D.D;, Vol; 1,-2
umetlas, D., BE, FR, G, G,.G;, (ee G;, 0 ER
Erestbe:,, H.,H..Ho,B,..1, 17 mit Atlas, ol], 2
K, KK, KKK, K, L, M, MM, M,, N20.002P (Vol!
u. 2 mit besond. Atlas, Vol. 5 mit angebundenem Atlas),
BER Q,QU, QaQ, Q,, R mit Atlas, RR mit Atlas,
endas, T,-1,, V,.VVv,X, 2.
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No. 6. ;
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Paris. Bulletin de la societe de l’industrie minerale, Tome XIII,
3, A; Tome XIV, 1—3.
Paris. Annales des mines, 1884, 6; 1885, 1—4.
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für 1884. — Mittheilungen Bd. VI, Heft 11, 12; Bd. VII,
Heft 1—3. — Publicationen der kgl. ung. geol. Anstalt;
die k. ung. geol. Anstalt und deren Ausstellungsobjeete für
Budapest, 1885 von J. Böckn.
Pesth. Földtany Közlöny, XV. 1—12.
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1884, 3; 1885, 1—2. — Journal, 2 Series, Vol. IX,
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Philadelphia. Proceedings of the American philosophical society,
No. 116—119.
Pisa. Atti della societa Toscana di scienze naturali, Vol. IV,
2, 3. — Processi verbali, Vol. IV, p. 231—262.
Prag. Sitzungberichte der kgl. böhmischen Gesellschaft der
Wissenschaften für 1882 — 84. — Jahresbericht 1882—85.
— Generalregister zu den Schriften 1784—1884. — Ver-
zeichniss der Mitglieder 1784 — 1884. — Geschichte der
k. böhm. Ges. d. Wiss. —- Bericht über die mathema-
tischen und naturwissenschaftl. Publicationen von 1784—
1884. — Abhandlungen, 6. Folge, Bd. 12.
Regensburg. Correspondenzblatt des zoologisch-mineralogischen
Vereins, Jahrg. 38.
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Roma. Comitato yeologico d’Italia. Bolletino, 1884, 11—12;
1885, 1—10.
Roma. Atti della R. accademia dei Lincei. Rendiconte, Serie IV,
Vol. I, fasce. 1—2, 4—28. — Memorie, Classe di Science
fisiche, Vol. XIV—XVII.
St. Gallen. Bericht über die Thätigkeit der naturwissenschaftl.
Gesellschaft 1882—83.
Stockholm. ‚Sveriges geologiska undersökning, Ser. Aa, No. 87,
93, 95, 96; Ser. Ab, No. 8; Ser. C, No. 6T—11.
Stockholm. Geologiska Föreningens id Stockholm Förhandlingar,
VII, 8—14.
St. Petersburg. Bulletin de l’academie imperiale des sciences,
Tome 30, 1—2. — Memoires, Tome 32, 13.
St. Petersburg. Memoires du Comite geologique, Vol. 1, No. 4;
Von No. 2; Fol. III, No.].
St. Petersburg. Nachrichten des geolog. Comite’s (Russisch),
Jahrg. 1885, No. 4—7.
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geschichte in Württemberg, Jahrg. 40, 41.
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Vol. VII, part. 2; Vol. VII.
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Vol. XXIV, XXV. 2. Annual report of the bureau of
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1884.
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Jahrbuch, 35, 1—4. -— Abhandlungen, Bd. XI, Abth. 1.
Wien. Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft,
Neue Folge, Jahrg. XXVI.
Wiesbaden. Jahrbücher des Vereins für Naturkunde in Nassau.
Heft 37.
Zürich. Vierteljahrsschrift der naturforschenden Gesellschaft,
Jahrg. 26—-29.
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1885.
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BÖLSCHE, W., Ueber Prestwichia rotunda H. Woopw. sp. aus
der Steinkohlenformation des Piesberges bei Osnabrück.
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Bissendorf. 8°. 1885.
BorTTeErR, O., Ostdeutsche Arten im Mosbacher Sand.
Bruper, G., Die Fauna der Juraablagerungen bei Hohnstein
in Sachsen. 4°. Wien 1885.
CarenLisı, G., Resti fossili di Dioplodon e Mesoplodon. 4°.
Bologna 1885.
— Dei Zifioide fossili (Choneziphius planirostris) nelle sabbie
plioceniche di fangonero presso Siena. 8°. Roma 1885.
CHELoOT, Bectifications pour servir a l’etude de la faune eocene
du bassin de Paris. 8°. Paris 1885.
CHoFFAT, P., Sur la place a assigner au (allovien. 8°. Lisboa
1885.
— Description de la faune jurassique du Portugal. Mollusques
lamellibranches. Deuxieme ordre: Asiphonidae 4°. Lis-
bonne 1885.
CrEDNER, H., Die obere Zechsteinformation im Königreich
Sachsen. 8°. Leipzig 1885.
Dana, J.D., Papers on the quaternary in New England, including
the glacial and fluvial phenomena, or the drift, and terraces.
8°. New Haven 1884.
a ee’:
1043
Dana, J. D., On the southward ending of a great synelinal in
the Taconic range. 1884.
— On Taconie rocks and stratigraphy; whit a geological map
of Taconic region. 1885.
— Origin of coral reefs and islands. 1885.
— Ona system of rock notation for geological diagrams. 1885.
DEwALQUE, G., Stries glaciaires dans la vallde de U’ Ambleve. —
Filons granitiques et poudingues de Lammersdorf. 8°. Liege
1885.
— dQuelques observations au sujel de la note de E. Duront sur
le poudingue de Weris. 8°. Bruxelles 1885.
Diener, ©., Ueber den Lias der Rofan-Gruppe. 1885.
Durost, E., La chronologie geologique. 8°. Bruxelles 1885.
FAvRE, E., Revue geologique Suisse pour Vannee 1884. XV. 8°.
Geneve, Bäle, Lyon 1885.
Foıra, K., Das geologische Ungeheuer, oder die Ableitung der
Mineralmassen auf organischer Grundlage. 8°. Klausen-
burg 1885.
Geisitz, E., Der Boden Mecklenburgs. 8°. Stuttgart 1885.
GENTE, F. A., Contributions of mineralogy. 1885.
— and von RatH, G., On the Vanadates and lodyrite from
Lake valley.
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brosio. 8°. Santiago 1875.
GümseL, ©. W. v., Uebersicht der geologischen Verhältnisse
des Reg.-Bez. Oberbayern. 8°. München 1885.
Haus, F. G., Die Städte der norddeutschen Tiefebene in ihrer
Beziehung zur Bodengestaltung. 8°. Stuttgart 1885.
Hıxnpe, G. H., Description of new species of (rinoids with arti-
culating spines. 1885.
Jones, R. and Woopwarn, H., On some palaeozoic phyllopoda.
1884.
KaLkowsey, E., Elemente der Lithologie. 8°. Heidelberg 1886.
Kusta, J., Neue Arachniden aus der Steinkohlenformation von
Rakonitz. 8% Prag 1889.
Lanesporrr, W., Gang- und Schichtenstudien aus dem west-
lichen Oberharz. 8°. Clausthal 1885.
— Ueber den Zusammenhang der Gangsysteme von Claus-
thal und St. Andreasberg. 8°. Clausthal 1884.
Lause, G., Ein Beitrag zur Kenntniss der Fische des böh-
mischen Turons. 4°. Wien 1885.
LEHMANN, J., Untersuchungen über die Entstehung der alt-
krystallinischen Schiefergesteine, verbunden mit einer mo-
nographischen Beschreibung des sächsischen Granulit-
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62*
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Leon, M. V.ve, La Ramirita, nueva especie mineral. 8°. Mexico
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Lepsıus, G.R., Die oberrheinische Tiefebene und ihre Rand-
gebirge. 8°. Stuttgart 1885.
Lewis, H.C., Marginal kames.
— A great trap dyke across southeastern Pennsylvania. 1885.
LunpGREN, B., Undersögningar öfver Brachiopoderna i sveriges
kritsystem. 4°. Lund 1885.
Marıon, A. F., Sur les caracteres d’une conifere tertiaire,
voisine des Dammarees (Doliostrobus Sternbergi). 4°. Paris
1834.
MERCALLI, G., Su alcune rocce eruttive comprese tra il Lago
Maggiore e quello d’Orta. 8°. Milano 1885.
— Le case che si sfasciano ed i terremoti. 8°. Firenze 1885.
— 0 TaramELLI, T., ZRelazione sulle osservazioni fatte durante
un viaggio nelle regioni della Spagna scolpite dagli ultimi
terremoti. 4°. Roma 1885.
Meyer, A. B., Ein weiterer Beitrag zur Nephritfrage. 1885.
Meyer, O., The genealogy and the age of the species in the
southern old-tertiary, Part. 1, 2, 3. 1885.
— Successional relations of the species in the French old-
tertiary. 1885.
— Insectivoren und Galeopithecus, geologisch alte Formen.
1885.
Netto, L., Conference, faite au Museum national le 4. Nov.
1884. 8°. Rio Janeiro 1885.
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St. Petersburg 1885.
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Wien 1884.
PLarz, Die Hornisgrinde. 8°. Karlsruhe 1885.
Porrıs, A. P., Catalogo descrittivo dei talassoterü rinvenuti nei
terreni tertiarü del Piemonte e della Liguria. 4°. Terino
1885.
— Apunti paleontologici. I. Resti di chelonü tertiarü italiani.
8°. Torino 1885.
— Apunti paleontologiei. II. Resti di batraci fossili italiani.
8°. Torino 1885.
Posewırz, Tu., Die Zinninseln im indischen Ocean. I. Geo-
logie von Bangka. 8°. Budapest 1885.
Rıra, G. vom, Quarze aus Burke County.
— Quarze aus Nord - Carolina. — Ueber einen ausgezeich-
neten Stephanit-Krystall aus Mexiko. — Ueber den
Tridymit von Krakatau.
— Vorträge und Mittheilungen. 8°. Bonn 1885.
1045
RıarH, G. vom und Genta, F. A., Ueber Vanadite und Jod-
silber vom Lake Valley, Donna Anna County (New-
Mexiko).
— und Bopzwic, C., Colemanit aus Californien.
Renard, A., Recherches sur la composition et la structure des
phyllades ardennais.
Reuter, G., Die Beyrichien der obersilurischen Diluvial-Ge-
schiebe Ostpreussens.
Ronrsoich, C., Ueber die Eruptivgesteine im Gebiete der
schlesisch-mährischen Kreideformation. 8°. Wien 1885.
Rzeuar, A., Bemerkungen über einige Foraminiferen der
Oligocänformation.
— Die geognostischen Verhältnisse Mährens in ihrer Be-
ziehung zur Waldvegetation.
SCHMIDT, Ö., Ackererde und Untergrund des Gutes Niko-
lajewsk. 8°. Dorpat 1885.
STERZEL, T., Zur Culmflora von Chemnitz-Hainichen.
STRUEVER, G., Su projetti minerali vulcanici. 4°. Roma 1885.
— Lontribuzioni alla mineralogia dei Vulcani Sabatini, Parte 1.
4°, Roma 1885.
TaUREAU, G., Waratah and Penguin mining distriets. 1884.
TopLeY, W., The national geological surveys of Europe. 8°.
London 1885.
Tscuernyschew, Tu., Der permische Kalkstein im Gouver-
nement Kostroma. 8°. St. Petersburg 1885.
Türsrtıe, J., Entwickelung der primitiven Aorten. 8°. Dorpat
1885.
VELAIN, CH., Le permien dans la region des Vosges. — Les
roches basaltiques de la cote d’Essey. — Diabase andesi-
tique et gabbro labradorique & structure ophitique dans le
Lias moyen de la province d’Oran (Algerie). 8°. 1885.
VERREER, Krakatau, le partie. 8°. Batavia 1885.
Vır.a, G. B., Rivista geologica dei terreni della Brianza. 8°.
Milano 1885.
Zıeno, A.pE, Flora fossilis formationis oolithicae, Vol. II, Pun-
tata IVa, Va, Fol. Padova 1873—1885.
Bericht, zweiter, über die rheinisch-westfälische Hüttenschule
zu Bochum. 1885.
Den Norske Nordhavs expedition XII, XIII, XIV. 4°. Chri-
stiania 1884—85.
List of the fossils of the upper silurian formation of Gotland. 8°.
Stockholm 1885. In duplo.
Materialien zur Geologie von Turkestan, Lief. 1. 4°. Peters-
burg 1880.
1046
Materiaux pour la carte geologique de la Suisse. 18. Livraison
avec planches.. 4°. Berne 1885.
Noticias de departamento litoral de Tarapaca i sus recursos. 8°.
Santiago 1885.
Special - Katalog der VI. Gruppe der allgemeinen Landes-
ausstellung zu Budapest 1885. 8°. Budapest 1885.
Verhandlungen der physikalischen Gesellschaft in Berlin, 1885,
No. 15.
C. Karten.
Geologische Karte von Ungarn Ba Umgebungen von
S Col, &XIX ? 5
Klausenburg. Mit Erläuterungen.
Die deutschen Besitzungen in Westafrika, von B. Hassenstem.
Gotha 1884.
Geologische Specialkarte von Preussen und den Thüringischen
Staaten, Lief. 9, 28 u. 29. Mit Erläuterungen.
Geologische Karte der Schweiz, Blatt VIII u. XIV.
Geologische Karte des Ostabhanges des Ural, von A. Kar-
PINSKY. 9 Blatt.
Carte geologique generale de la Russie de ’Europe. Feuille 71.
Geological survey of Japan. Reconnaissance map. Topography.
Divis. I, by E. Naumans. 1:400000. Desgl. 1: 200000.
Blatt Yokohama, Idzu, Kadzusa und /nder map.
Carta geologica dell Isola d’Elba, | Brevi cenni relativi alla carta
1:25000 Y geologica dell’ isola d’Elba
Desgl. 1:50 000 1885.
Carta geologica della Sicilia, 1 :500 000.
Carta geologica d’Italia. F. 249, 250, 251, 252, 253, 254,
257, 258, 259, 260, 261, 262, 265. Sezioni geologiche,
Tav. =, DIS DER
Brevi cenni relativi alla carta geologica dell’ Isola di
Sicilia. 1885.
Geologische Karte der Gegend zwischen Laubhütte, Clausthal,
Altenau, dem Bruchberge und Osterode von W. Lancs-
DORFF. 1:25000. Clausthal 1884.
Geologische Specialkarte des Königreichs Sachsen. 1:25000.
No. 15, 30, 41, 124, 135, 144, 146, 151, 152, 154 und
155. Mit Erläuterungen.
Karta geologica generale a Romaniei lucrata de membrü biurului
geologie. Blatt I— VI.
5
1047
I. Namenregister.
A. hinter den Titeln bedeutet Aufsatz, 2. briefliche Mittheilung,
P. Protokoll der mündlichen Verhandlungen.
ARZRUNI, A., Ueber einen Paragonit-Schiefer vom Ural. A.
= Untersuchung einiger granitischer Gesteine des Urals. A.
BECKER, ARTHUR, Schmelzversuche mit Pyroxenen und Amphiboien
und Bemerkungen über Oliyinknollen,, 4 . . ...,.2.
BErEnDT, G., Torf von Lauenburg. P. . .
— Süsswasserbecken der Interglacialzeit. P.
— Elephas primigenius von Rixdorf. P.
— Das unterdiluviale Alter des Joachimsthal Oderberger Ge-
schiebewalles. 3. . ... 804,
BEyrich, E., Ueber Goniatites Becheri. P. ie h
— Torf von Lauenburg. P. .
— Diluvium am Nord- und Südrande des Harzes. P.
Bönm, G.. Ueber südalpine Kreideablagerungen. P. .
BORNEMANN, J. G., Ueber fossile Kalkalgen. P. SR ye
BRANco, W., Ueber die Anfangskammer von Bactrites. A. .
— Ueber einige neue Arten von AEgpRern und über tertiäre
Belemniten. A. RE
— Ganoid-Fische aus dem Wealden von Obernkirchen. P. .
VAN CALKER, F. J. P., Diluviales aus der Gegend von Neu-Am-
sterdam. P.
ÜREDNER, H., Die Stegocephalen aus dem Rothliegenden des
Plauen’schen Grundes bei Dresden. 4.
Damzs, W., Ueber Petrefacten aus dem Daghestän. und der Turk-
menensteppe. I. : 5
— Sedimentär - Gesteine von Langenstein. BR
DATHE, E., Ueber schlesische Culmpetrefacten. B. .
— Kersantit im Culm von Wüstewaltersdorf (Sehlesien). P
Eprert, Tu., Ueber ein ORIORYOTRORINEN im weeipreuspischen
Diluvium. B. ne A
— Steilufer der Weichsel bei Neuenburg. WpI=
Eck, H., Das Lager des Ceratites antecedens Bevr. im schwä-
"bischen Muschelkalk. A. NE
— Trichasteropsis cilicia QuENST. sp. aus norddeutschem Muschel-
kalk.
- VON ERCKERT, Topographie des Fundortes der Oetaceen in Da-
ghestän. dr 5 ES
EwArp, Ueber das Magdebureische. pm
Ferix, J., Kritische Studien über die tertiäre Korallen - Fauna
des Vicentins nebst Beschreibung einiger neuer Arten. A.
Seite.
680
865
1048
BnEche Tanz Die Korallenfauna des Oberdevons in Deutsch-
an
— Ueber Korallenkalke von Dillenburg. RR
— Ueber das Kalkgerüst der Tetrakorallen. A. . . ....
— Nachlk zur lea enlauna des Oberdevons in Deutsch-
an
Fuchs, Tr., Die "Versuche einer Gliederung des unteren Neogen
im Gebiete des Mittelmeers. A. .
DE GEER, GERARD, Ueber die zweite Ausbreitung des skandina-
vischen Landeises. A. .
GoTTScHE, Ueber die Wirbelthierfauna des miocänen Glimmer-
tbons von Langenfelde bei Altona. P. j
— Dolomitgeschiebe von Schönkirchen. P.
— Limonitsandstein auf Sylt. ?.
Gürıch, G., Ein neues fossiles Holz aus der Kreide Armeniens
nebst Bemerkungen über paläozoische Hölzer. A. Er
HarrAar, Ueber Goniatitenkalk bei Hahnenklee. P.
— Ueber Homalonotus von der F estenburg (Harz). P. £
HAUCHECORNE, Vorlage des 4. Bandes des Jahrbuchs der geolog.
Landesanstalt. ?.
_ Demonstration von vermittelst Flusssäure > herauspräparirten
Versteinerungen. P. . 5 . ERS
— Torf von Lauenburg Ben
HiLGEnporr , F., Die Steinheimer Gürtelechse Propseudopus
Fraasü. A...
HoLzAPFEL, E., Ueber die Fauna des Aachener Sandes und seine
Aequivalente. ‚ah
Kavser, E., Lodanella inira, eine unterdevonische "Spongie. A.
— Ueber den Horizont von Goniatites Becheri. P. u
KeıLHnAack, Ueber kohlenführende Schichten von Lauenburg. BER
KLOCKMANN, F., Ueber die Eruptivgesteine des Magdebureischen. 7
Koken, E. Ueber Ornithocheirus hilsensis Korn. B. .
Küch, Ueber gsebänderte etc. Andesitlaven und Kieselsinter von
Pasto. pr
KunisscHh, H, Ueber “den Unterkiefer von Masrodorse Ser
n. sp. R Re -
— Dactylolepis Gogolinensis n. gen. n. sp. rel
LEMBERG, J., Zur Kenntniss der Blldine und Ümbildung von
Silicaten. A. .
Lossen, K. A., Ueber den Granit vom Hohen Venn. P.
— Ueber die 'Faltenverbieeung niederländischer Falten durch die
Druckkraft des hercynischen Systems. P.
PonLis, H., Ueber eine Hipparionen-Fauna von Maragha (Nord-
persien), über fossile Elephantenreste Kaukasiens und Per-
siens und über die Resultate einer Monographie der fossilen
Elephanten Deutschlands und Italiens. 2. . :
RAMMELSBERG, Ö., Ueber einen Glimmer von Blancheville, "Conn.
Reıss, W., Ueber die geologisch - BeDETan nischen Verhältnisse der
Cordilleren Peru’s und Columbiens.
— Schwefelkugeln des Cumbal. P. 3
REMELE, A., Ueber paläozoische Geschiebe von Eberswalde. P.
— Ueber obersenone Geschiebe von Eberswalde ; Re ;
— Schwedischer Cystideenkalk als märkisches Geschiebe. P.
— Bemerkungen über die seolgpisch? Stellung des Joachimsthal-
sil
822
221
550
813
Lieper Geschiebewalles. . . nn Be JOINT
1049
Seite.
REemELE, A., Zwei neue Trilobiten aus untersilurischen Diluvial-.
Geschieben von Eberswalde. P. . 1032
Reuter, G., Die en der obersilurischen Diluvialgeschiebe
Ostpreussens. 4. 621
SANNER, H., Beiträge zur "Geologie der "Balkan- Halbinsel. Al 470
SAUER, w Mineralogische und petrographische Mittheilungen | aus
dem sächsischen Erzgebirge. 4. . 441
SCHENK, A., Ueber die geologischen Verhältnisse von "Angra
Pequenna. Bug 534
ScHMIDT, C..W., Die Liparite Islands in geologischen und‘ petro-
eraphischer Beziehung. A. 737
SCHMIDT, Fr., Nachträgliche Mittheilungen über die Glacial- und
Postglacial- -Bildungen in Ehstland. 2. . 539
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Westpreussen. P. BD
Schurz, E., Echinide aus dem Valmethal’ P. 222
TENnNE, C. A., Flussspath von Schonen. P. . OR 556
— Markasit von den Asphaltwerken zu Limmer. P. 557
— Ueber Gesteine des Cerro de las aaa (Messerberg) in
Mexico . 610 P. 816
TouLa, F., Ueber einige ‘von Herrn H. SAnner im Sliven. Balkan
gesammelte Fossilien. A. se a I
VERWoRN, M., Ueber Patellites antiquus 'Schrorn. A. : 173
Wapa, T., Ueber die geologische Landesanstalt Japans. a . 217
WacnER, Br Ueber neuere Versteinerungsfunde im Röth und
— Muschelkalk von Jena. RER IRS RE KOUT.
WAHNSCHAFFE, F. Interglaciale Ablagerungen. IR 549
— Mittheilungen über das -Quartär am Nordrande des Harzes.
A. 897 P. 1035
WaArpschmipT, E., Ueber die devonischen Schichten der Es
von Wildungen. 4. 906
WALTHER, J., Die gesteinsbildenden Kalkalgen des Golfes von
Neapel und die Entstehung structurloser Kalke. A. 329
— Ueber geologische Beobachtungen im Golf von Neapel. B. 537
Wessky, M., Phosphoritknollen von Proskurow. P. . . 956
— Pseudomorphose von Bleiglanz und Eisenkies nach Fahlerz
voncberu. P.. ERROR ID
Weiss, E., Ueber D. "Srur’s ‘Die Carbonflora der Schatzlarer
Schichten. P. . . RR
— Vorlage eines Photogramms von "Peeopteris Pluckeneti. P. 814
— Stammreste aus der Steinkohlenformation Westfalens. P. 815
WINTERFELD, F., Ueber quartäre Mustelidenreste Deutschlands. A. 826
WÜRTEMBERGER, HR, Ueber den oberen Jura der ln bei
Goslar. A. : 559
Zirkel, F., Ueber schillernden Obsidian. B. . 1011
1050
II. Sachregister.
Aachener Sand, seine Fauna
und seine Aequivalente
Acidaspis n. sp..
Actaeonella eigantea Sow.
— maxima Mürr. sp. :
— (Volvulina) laevis Sow.
Alveolites ramosa A. Rom.
— suborbieularis Lam. .
Amorpher Kohlenstoff
Amphibole, Schmelzversuche
Amplexus helminthoides nov.
SD A ee
— hereynieus A. Rom.
— _?tenuicostatus MsTr. sp.
Andesit-Laven von Pasto
Anfangskammer von Bactrites
Angra Pequenna, Geologie v.
Antillia cylindroides Rs. Sp.
ae: Armeniacum
n.sp.. er RE
Arca sp. EIER RO SENAT,
Archegosaurus, Wirbelbau v.
Armenien, neues fossiles Holz
aus der Kreide von
Aulopora serpens Gr..
Avicula hians n. sp.
Bactrites, Anfangskammer
von Ni
— Ausavensis en
Balkan - Halbinsel, Geologie
ders es,
Battersbya af. gemmans
Dinez 2.8 a
Belemniten, tertiäre
Beresit .
Berjosowsk, Gesteine von
Minerale von .
Beyrichia Baueri n. sp. .
tripartita
— Bolliana n. sp.
Beyrichia Bolliana umbonata
Bronni n. sp. .
Buchiana Jones
— var. angusta .
— — jneisa
lata . &
Buchiano-tubereulata
dubia. Fi
Kochii Bor
Maccoyana JonEs
— var. lata
sulcata .
‚Noetlingi n. sp.
conjuncta .
Salteriana Jones.
tuberculata Kröp. sp. .
— var. bigibbosa
gibbosa
nuda Jones
tuberculata-Buchiana
-Kochiana .
— Wilkensiana Jones .
Beyrichien d. obersilurischen
Diluvialgeschiebe Ostpreus-
sens .
EEE Er Re
Bibliothek , Zugänge für die,
2
im Jahre 1885
Brancheville Conn., Glimmer
von . ar
Bronteus thysanopeltis BARR.
Calamophyllia crenaticostata
Rs. sp... .
Camarophoria formosa
SCHNUR .
— glabra n. sp.
— rhomboidea Pur.
Carbonflora der Schatzlarer
Schichten
Cardium pectiniforme Mürr.
Ceratites antecedens BEyr..
Seite.
646
637
642
641
641
641
640
648
643
643
644
644
637
636
645
632
635
634
634
640
643
647
551
916
406
924
919
924
814
598
466
1051
Seite.
Cerro de las Navajas, Ge-
steine des . 610. 1011
Cetaceen -Reste aus Daghe-
stan . 218. 221
Chaetetes amphistoma n. sp. 953
— crinalis ScHLÜT. sp. 954
— tenuis n. sp. 956
— undulatus Giessen. .. 920
Circophyllia annulata Rs. sp. 394
Cladochonus tubaeformis
Lupw. sp.. . . .. 114. 598
en (2) paucicostata
; 407
ersionhyikim Dibunophyl-
lum) praecursor nov. sp. 91
— Kayseri nov. sp. 720492
Columbien, Cordilleren von 811
Cordilleren Peru’s und Co-
lumbiens . . 8il
Culm von Wüstewaltersdorf,
Kersantit im . ri} 1034
Culmpetrefacten, schlesische 542
Cumbal ‚Schwefelkugeln vom 812
Cyathophyllum aquisgra-
nesse NOV.noM. . . ... 40
— basaltiforme A.Rorm. . 43
— Darwini nov. nom. . . 386
— ceaespitosum Gr... . 833. 946
— heterophylloides nov. sp. 30
— Kunthi Dames ..30. 947
— Lindströmi nov.nom. . 88
— minus A.Rorm. sp. . . 34
— Sedgwicki M.E. et H.. 42
tinoeystis 2 Hen:l28
Gyeloseris Perezi J. H. 415
Cypricardia (?) Sanneri n. sp. 525
Cypridina Kayseri n.sp. 925
— splendens n. Sp... - 926
Cyprina (?) (Venulites) n. sp. 525
Cystideenkalk, schwedischer,
als märkisches Geschiebe 813
Dactylolepis EnBOh ERS n.
gen. n.S . 988
Daghestan, Petrefacte aus . 218
Darwinia rhenana SCHLÜT. *Id
Decaphyllum Koeneni nov.
gen. NOV. Sp. . 70. 947
Deutsche oberdev onische Ko-
rallenfauna no 21. 946
Deutschland, fossile Elephan-
ten von. . 1022
Devonische Schichten d. Ge-
send von Wildungen . . 906
Biflenburs h Korallenkalke
ee 2... 217
|
{
Seite.
Diluviales aus der Gegend
von Neu-Amsterdam
Diluvium, Kohlenvorkommen
im westpreussischen 0.7 808
Dolomitgeschiebe von Schön-
kirchen . 2 . 1031
192
Eberswalde, untersilurische
Geschiebe von . 1032
— obersenone Geschiebe v. 550
— paläozoische Geschiebe
vVon&sl:: 221
— zwei neue Enter siurische
Trilobiten . . 11.510323
Ehstland ‚Glacialbildungeni in 539
Elephantenreste Deutsch-
lands . 1022
— Kaukasiens . . 1022
Italiens . . 1022
iebersiens. 1022
Elephas pr Rene von Rix-
dorf . 554
Endophylium Bowerbanki M.
BrretsH: In. Mar 80
= nie sp. ur 76
Eruptivgesteine des Magde-
burgischen 327
Eutaxitih) ern se 812
Faltenverbiegung 222. 224
Favia confertissima Rs.
emend,.. KeEio.i.,: 413
Favosites eristata BLum. sp. 105
— dillensis n.sp. . . . 947
— fibrosaGr. sp. . . 105. 947
— Nicholsoni nov. sp. . . 104
— polymorpha Gr. sp... . 108
— radieiformis Quenst. sp. 949
— raripora n. Sp. . 948
— reticulata BrLaımmv. 104
— stromatoporoides F.
Roen. sp. 950
Sal Homalonotus von
der . 555
Flussspath von Hardenber ga 556
Foetorius Erminea. 846. 859
— pusillus Aup. u. BAcHm.
848. 859
— Putorius K. u. Br. 838. 858
Ganoid-Fische aus dem Weal-
den von Obernkirchen . 1034
Genus und Spec. indet 524. 526
Geologische Landesanstalt
Japans Far 217
Gervillia (2?) n. sp.. 524
1052
Seite.
Geschiebe, märkische, aus
schwedischem Bu
kalk:kıniaoı 813
— senone, in Ost- u. "West-
preussen . 551
— von Eberswalde, oberse-
none. . ran 550
- paläozoische 921
— untersilurische 211082
Geschiebewall von Joachims-
thal-Liepe . 1014. 1051
-—- von Joachimsthal - Oder-
berg . 804. 1031
Elealbildungenn in Ehstland 539
Glimmer von Brancheville
Gonn.® 551
Goniastraea Coechi D’AcH.
emend. Fer. . . 414
Goniatitenkalk bei Hahnen-
klee . 218
Goniatites Becheri . 217
— clavilobus SAnD». 920
-—- discoides n. sp. . 920
— var. lateseptatus Bevr.. 916
— oceultus Bark. > 918
— verna-rhenanus MaAur. . 918
Wildungensis n. sp.. 921
Ina. der obere Jura der
Sandgrube bear re 559
Gr aphitoid — amorpher Koh-
lenstoff in der Glimmer-
schiefer- und Phyllitforma-
tion des sächsischen Erz-
gebirges . 441
Graphularia Beyrichi n. sp 426
— Brauni n. sp. : 427
— Sp. 426
en SD RT 497
— neue Arten von a)
Gulo borealis Nırs. 831. 856
Hahnenklee, Goniatitenkalk
bei: 218
Hallia prolifera A. Roem. sp. 82
Haplothecia filata Scar. sp. 68
Hardenberga, Flussspath von 556
Harz, Quartär an dem Nord-
rande desselben . . 897. 1035
Heliastraea columnaris Rs.. 411
— Defrancei M.E. et H.. 407
— inaequalis Rs. . 410
Lucasana Derr. sp... 411
Hipparionenfauna von Mara-
sha (Persien) 1022
Hohe Venn, das 222
|
Holz, neues fossiles, aus der
Kreide Armeniens .
Hölzer, paläozoische .
Homalonotus von der Festen-
burg .
Hybocephalus Hauchecornei
. 1032
gen. et spec. nov. {
Hylonomus Fritschi GEm. u
DeıcHm. spec.
Interglacialzeit, Ablagerun-
gen der. . -
Süsswasserbecken der .
Island, Liparite von . .
Italien, fossile Elephanten
von .
Japanische geologische Lan-
desanstalt . .
Jena, Röth und Muschelkalk
von .
Joachimsthal- -Lieper Geschie-
bewall' 2:27 722104:
-Oderberger Geschiebe-
walls. . 804.
Jura, oberer, der Se
bei Goslar. 3 5
Kalkalgen des Golfes von
Neapel . en
fossile
Kaukasien,
von ;
Kieselsinter von Pasto ht
Kohlenführende Schichten
von Lauenburg . .
Kohlenvorkommen im west-
preussischen Diluvium
Korallen, tertiäre, des Vi-
centin
Korallenfauna des Oberde-
vons in Deutschland
Korallenkalke v. Dillenburg
Kreideablagerungen, südal-
Pine .. 2 RN
Elephantenre ‚este
Ländeis, zweites skandina-
visches Sizp.
Langenfelde bei Altona, Wir-
belthierfauna von Bei
Langenstein, Sedimentärge-
steine von .
Lauenburg, kohlenführende
Schichten von 3
Torf von
Leptaxis expansa n. sp. .
21.
Seite.
433
453
555
724
549
550
737
. 1022
217
807
1031
1031
959
229
522
. 1022
813
949
805
379
946
217
544
Ian
816
1029
549
549
384
Leptomussa elliptica Rs. sp.
Leptophyllia dilatata Rs.
— Panteniana CAT, sp.
Lima (?) n. sp. -
Limmer, Markasit von
Limonitsandstein auf Sylt
Limopsis nn) sp.
Liparite Islands. . i
Lithophyllia debilis n. sp.
ana arbuseula n.
sp. :
Lodanella mira . s
Lutra vulgaris Erxr..
Macrodon sp. Sb
Märkische Geschiebe aus
schwedischem Cystideen-
kaller"%
Magdeburg , Er uptivgesteine
bei
Würacha (Persien) ,
rionenfauna von.
Markasit von Limmer
Mastodonsaurus Silesiacus
Hi pa:
Bo.
Melanerpeton a:
A. FrITscH 5
Meles Taxus SCHERER. .
Messerberg (Cerro de las
Navajas) Gesteine vom .
Mitglieder, neue 216. 218.
550. &11.. 815.
Modiola (Brachydontes) nov.
reufpgtä boloniensis n.
Mor or We
— Turrubiae M. E. et H.
var. nov. borussica
ne ilarionensis n.
it. Kliff (Sylt), Limonit-
Sandstein von
Muschelkalk von Jena, Ver-
steinerungen im. .
Mustela foina Brıss. .
— martes Brıss. .
Mustelidenreste, quartäre
Neapel, geolog. Beobachtun-
gen im Golf von .
— Kalkalgen des Golfes von
Neogen im Gebiete des Mit-
telmeeres
Neu- Amsterdam, Diluviales
von s
en
828.
‚838.
838.
1053
Seite.
385
401
402
524
557
. 1035
525
737
400
416
207
860
524
813
227
. 1022
557
528
694
854
610
544.
1028
923
951
952
403
1035
807
857
857
826
537
229
131
792
216. 218.
815.
Neue Mitglieder
550. 811.
Neuenburg, Steilufer der
Weichsel bei
Oberdevonische Korallen-
fauna in Deutschland 21.
()bernkirchen, Ganoid-Fische
aus dem Wealden von
Obersenone Geschiebe von
Eberswalde Yeah
Obersilurische Diluvialge-
schiebe Ostpreussens, mit
Beyrichien
Obsidian des Cerro de las
Navajas. 610. 816.
Offaster sp. AN
Olivinknollen
Ornithocheirus hilsensis Ko-
KEN . - suchte e
Orthoceras n. sp.
Ost- und Westpreussen ,
none Geschiebe von
Östrea sp.
'se-
Paläozoische Geschiebe von
Eberswalde :
Palechinus aus dem Valme-
thal2 Se
Paragonit vom Ural .
Pasto, Andesitlaven und Kie-
selsinter von »
Pastos, Provincia de los .
Patellites antiquus SCHLOTH.
Pecopteris Pluckeneti
Pelosaurus laticeps Cren.
Pentacrinus Eckerti
Perowskit von Wiesenthal .
Persien, Elephantenreste von
Peru, Cordilleren von
_ ALL Tepe ne omoLplpee
von .
Petraia decussata Msrr, .
— Nov. Sp.
— radiata Msrte. .
— semistriata Msrr.
Petrophyllia nov. gen.
— Grumi Car. sp. ;
Phacops fecundus BARrr..
Phillipsastrea ananas Gr. sp.
— Bowerbanki M.E, et H.
S
- eahın Loxso. sp..
— intercellulosa M. E. et
H. sp. au. 40%
Seite.
544.
1028
. 1033
946
. 1034
550
621
1011
Phillipsastraea irroam De A.
Roem. sp. Ep
Kunthi nov. spec. .
pentagona GF. sp.
var. micrommata F.
Ron. .
Roemeri Verw. et H.. sp.
— (Pachyphyllum) Devo-
niensis M. E. et H. 5
Ibergensis A. Roxm.
SP n and a RR
Pholidops antiqua SCHLOTH.
Spt AT ABER
Phosphoritknollen von Pros-
kurow 4 .
Placunopsis Sp. (n. sp. 2) ;
Plauen’scher Grund, Stego-
cephalen aus demselben .
Pleurodietyum afl. Deche-
nianum Kays. EN;
Pleuromya (2?) sp.
Pleurotomaria prisca Srer-
NINGER? Rh
turbinea ScHnur .
Präpariren von Versteine-
rungen mit Flusssäure
Propseudopus Fraasi . .
Proskurow, ln
len von .
Proteus n. sp. .
Pseudomorphose nach Fahl-
erz’ von Beru:
Pseudomorphosen von Anal-
ecim nach Leucit .
von Kalifeldspath-+ Mus-
covit nach Leueit
Pierinea:; x 7 Rack EEE
Pyroxene, Schmelzversuche
Quartär am Nordrande des
Harzes V FOMIATETIT.
Rhabdophyllia crassiramosa
naSp- ER
— tenuis Rs.
Rhinaspis erratica gen. et
spec. noV. .
ron, Blephas primige-
nius von . an:
Röth von Jena, Versteine-
rungen im L
Schatzlarer Carbonflora .
Schlesische Culmpetrefacten
Schmelzversuche mit Pyro-
xenen und Amphibolen .
1054
Seite.
64
62
94
56
57
10
|
Schönkirchen , Dolomit von
Schwedischer Cystideenkalk
als märkisches Geschiebe
Schwefelkugeln vom Cumbal
Senone Geschiebe in Ost- u.
Westpreussen
Silicate, ihre Bildung und
Umbildune.
Skandinavisches Ländeis,
zweites .
Sliven-Balkan, Fossilien vom
Smilotrochus cristatus n. sp.
— incurvus D’ÄcH. .
undulatus n. sp. - . .
Sparagmites arciger Crep. .
Stammreste aus d. Steinkoh-
lenformation Westfalens .
Stegocephalen des Plauen-
schen Grundes 5
Deu die Gürtelechse
Steinkahlenfonmalioe "West-
falens, Stammreste aus der
Stichopsammia n. gen.
gyrosa n. gen. n. Sp.
Striatopora subaequalisM. E.
et H- sp...
vermieularis Mc. Cov sp.
var. filiformis F.
Rom. . .
Stromatopora concentricaGr.
— indubia MaAuRr.
philoclymenia n.sp..
— stellifera A. Rorm.
Strophomena verw. corruga-
tella Davıps. . .
N Kr eideablager un-
Sylt, Limonitsandstein von
Syringopora i incrustata n. sp.
philoclymenia F. Roem.
le Korallen des Vi-
cen
ae Kalkgerüst der
Torf von Lauenburg k
Trachypora Simensi n. sp.
Trachyt des Cerro de las
Navajas
Trichasteropsis
QUENST. Sp. -
Trilobiten, neue, aus unter-
silurischen Geschieben von
Eberswalde en
eilieia
116.
Seite.
1031
815
812
551
959
177
519
382
3öl
383
123
819
694
358
815
417
417
950
105
106
956
956
118
117
919
944
1035
112
111
919
928
949
107
613
1032
Seite. Seite
Trochoeyathus cyelolitoides Vioa sp. a DT
BELL.'sp. .. 380 Vorstand für 18855. . . . 216
Trochosmilia acutimar, go Rs. 384
aba a)sp. ind. . ......927 Wahl d. Vorstandes für 1885 216
— (Eunema) sp. 526 Wealden von Obernkirchen,
Turkmenensteppe, Petrefacte Ganoid-Fische aus dem . 1034
aus der 218 Weichsel, Steilufer der, bei
Turritella (2) Oerendzikensis Neuenburg . h 1033
Be... 926 Westfalen, Stammreste ausd.
| Steinkohlenformation von 815
Ural, granitische Gesteine Westpreussisches Diluvium,
Ben... 868 Kohlenvorkommen . . 803
Wiesenthal, Leucitophyre von 448
— Paragonit vom . . . 680 — Perowskit von. . . . 465
Valmethal, Palechinus aus Wildungen, devonische
dem: . 222 Schichten der Gegend von 906
Versteinerungsfunde i im Röth Wirbelthierfauna von Lan-
u. Muschelkalk von Jena . 807 genfelde bei Altona . . 816
Vicentin, tertiäre Korallen Wüstewaltersdorf, Kersantit
OST. 2 a 6) im Gulm von... 22.1034
S.
ER WET
Druckfehlerverzeichniss
für Band XXXVl.
885 Z. 13 v. u lies: „bläulichgrauer“ statt bräunlichgrauer.
für Band XXXVIL
10 Z. 6v. o. lies: „LECLERC“ statt LECLERE.
Do ıalvo - „Czernosin“ statt Ogernosin.
Bravo. - „Länebanshytta“ statt Langbaushytta.
14 Anm. 2.3 v. 0. lies: „LECHARTIER“ statt LECHORTIER.
14 - ZEAZ 07 22518637 statt 1878:
16 - 6 lies: „pag. 98°” statt pag. 19.
Re 2. 210, 11 lies: „auch ich einen derartigen und einen lediglich
aus Augit bestehenden Knollen erwähnt habe, welche
beide von mir für“ etc.
219 - 2 v. o. lies: Markassow“ statt Markossow.
Von Seite 241 an ist die Paginirung verdruckt: es soll sein „241“
S.
[| [1 [| \ [1 \
u. Ss. w. statt 341.
334 Z. 2 v. oo. lies: „6 m“ statt 6 cm.
433 - 13 u. 14 v. o. lies: „Samson Bek Melik-Mnazakanian“ statt
Samson Beck Melik Muaza-Kauia.
433 - 3 v.u. lies: „1858“ statt 1818.
en 232 0.. - „Tl“ statt Ti.
732 - 4vu - „Hoogeveensche“ statt Hoogereensche.
653 - 2 u. 19 v. u. lies: „Hondsruck“* statt Londsrug.
793 - 16 v. o. lies: „Moorsandes“ statt Moorlandes.
884 Anm. Z. 3 v. o. lies: „Kohlensäure“ statt Kieselsäure.
Druck von J. F. Starcke in Berlin.
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Erklärung der Tafel I.
Figur 1. Cyathophyllum tinocystis nov. sp. Unteres Oberdevon,
Grund. Querschliff 3,. Figur 1a desgl. Wenig schräg verlaufender
Längsschliff. x Reste der Septaldornen. z Zwischenzone des Endo-
thekalgewebes. 3/,. Seite 28.
Figur 2. 2a. Cyathophyllum heterophylloides nov. sp. Unteres
Oberdevon, Grund. ?/,. Figur 2b Längsschliff durch einen, den Ver-
jüngerungsprozess durchlaufenden Kelch. °/,. Figur 2c Längsschliff
durch ein Septum (gezeichnet). ca. !5/,. Seite 30.
Figur 3, 3b. Cyathophyllum minus A. Rorm. sp. Unteres Ober-
devon, Grund. ?/.. Querschliffe. Figur 3a Längsschlif. In der Mitte
Andeutungen der durchschnittenen Septen, in der randlichen Blasenreihe
die schräg nach innen und oben gerichteten Septaldornen (d) Seite 34.
Figur 4, 4a. Cyathophyllum Kunthi Dames. Unteres Oberdevon,
Oberkunzendorf. ?/,. Querschliffe. Figur 4b Längsschliff. a Innere
Reihe der Blasen, b äussere Reihe der horizontalen Dissepimente.
Seite 35.
Anmerk. Die Tafeln sind (mit Ausnahme von Taf. X) vermittelst
des Lichtdruckverfahrens in der Weise hergestellt, dass die ur-
sprüngliche Aufnahme übergezeichnet (bez. getuscht) und dann
noch einmal photographirt wurde. Nur ausnahmsweise wurde
die erste Aufnahme endgiltig verwendet (z. B. bei Taf. I, Fig. 2;
Taf. II, Fig. 4, 4b; Taf. V, Fig. 3, 4 TaE VI Bezspane
Tafeln VIII und IX sind nach den vortrefflichen Sepiazeichnungen
des Herrn W. Pürz photographirt.
Zeitschrift d.deutsch. seol.Ges. 1889.
LichtdruckvA.Frısch ‚Berlin.
(0)
F. Frech, sez.
Erklärung der Tafel II.
Phillipsastrea ananas Gr. sp. Seite 49—54. Unt. Oberdevon. ?/,.
Figur 1.= Acervularia Troscheli M. E. et H. Stollberg bei Aachen.
Seite 52.
Figur 2.= Acervularia marginata A. Roemer. Rübeland.
Figur 3a und 3 (im Text aus Versehen 3, und 3,). = Acervularia
impressa A. ROEMER. Winterberg bei Grund. (Vom selben Stück.)
Figur 4, 4a, 4b. Violenberg bei Grund. Seite 52 und 53.
Figur 5. = Acervularia macrommata A. RoEmEr. Violenberg bei
Grund.
Figur 5a, 5b. = Acervularia Battersbyi M. E. et H. Grund.
Zeitschrift d.deutsch, geol.Ges. 1889. | Taf. I.
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Erklärung der Tafel IH.
Vergrösserung 3/,, wo nichts besonderes bemerkt ist.
Figur 1. Phillipsastrea ananas = Acervularia macrommata A.
Rorm. Grund. Seite 53.
Figur 1a. Phillipsastrea ananas = Acervularia macrommato A.
Roem. Namur.
Figur 2. Phillipsastrea ananas, Originalexemplar von Acervularia
granulosa A. Roem. Grund.
Figur 3. Phillipsastrea ananas = Acervularia granulosa A. Roem.
Grund.
Figur 4. Phillipsastrea irregularis A. Roem. Schliff vom Original-
exemplar A. Rormer’s. Grund. Seite 64.
Figur 5. Phillipsastrea ananas. (Uebergang zu Phillipsastrea pen-
tagona). Namur. Seite 53.
Figur 6. Phillipsastrea pentagona GoLDF. sp. = Acervularia Gold-
Jussi VEern. et H. Rübeland. Seite 54.
Figur 7. Phillipsastrea pentagona. Stollberg. Querschnitt. Fig. 7x
Schräger Längsschnitt vom selben Stück.
Figur 8 Philipsastrea pentagona = Acervularia limitata M. E.
et H. Grund. Seite 56.
Figur 9. Phillipsastrea pentagona Gr. sp = Acervularia penta-
gona M. E. et H. Torquay.
Figur 10. Phillipsastrea pentagona (Vebergang zur var. microm-
mata F. Rorm.).
Figur 11. Phillipsastrea pentagona Gr. sp. var. micrommata F.
Rorm. Rübeland /,. Seite 56.
Figur 12. Desgl. von Grund. %.
Figur 13. Desgl. von Rübeland. ®,. Figur 13« Längsschliff
desselben Stückes.
Figur 14. Philipsastrea ananas Gr. sp. Längsschliff von Taf. Il
Figur 4a. Seite 51.
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Erklärung der Tafel IV.
Vergrösserung °/,, wo nichts besonderes bemerkt ist.
Figur 1. Phillipsastrea Roemeri Vern. et H. sp. Langenaubach.
Seite 57—59.
Figur 2. Desgl. Grund.
Figur 3. Desgl. Stollberg. (Uebergang zu „Acervularia Battersbyi“
M. BE: ei H,)
Figur 4. Desgl. Varietät. Grund. Seite 58.
Figur 5. Phillipsastrea Roemeri. Uebergang zu Figur 4. Grund.
Figur 6. COyathophyllum Sedgwicki. Rübeland. Seite 42.
Figur 7. Haplothecia filata SCHLOTH. sp. inov. gen.). Vom Ori-
ginalexemplar SCHLOTHEIM’s. Querschliff. Figur 7a Längsschliff. Win-
terberg bei Grund. Seite 68.
Figur 8. Cyathophyllum basaltiforme A. Rorm. Stollberg. Seite 43.
Figur 9, 9a. Ph. Bowerbanki M. E. et H. sp. Violenberg bei
Grund. "Seite 62. Querschliffe. Figur 9b Längsschliff.
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Erklärung der Tafel V.
Phillipsastrea Hennahi Lonsn. sp. Unt. Oberdevon. °/,. Seite 59—62.
Figur 1. = Smithia Hennahi M. E. et H. Löhren bei Dillenburg.
Seite 61.
Figur 2. = Smithia Hennahi M. E. et H. Grund. Schliff vom
Originalexemplar A. RoEMmErR’s.
Figur 3. Uebergang zu „Smithia Pengillyi M. E. et H.“ Grund.
Figur 4 = Smithia Pengillyi M. E. et H. Löhren bei Dillenburg.
Zeitschrift d.deutsch. geol .Ges.1885. Taf. V.
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Erklärung der Tafel VI.
Figur 1. Phillipsastrea (Pachyphyllum) Ibergensis A RoEM. Sp.
Form mit grösseren Kelchen. °/,. Grund. Seite 66.
Figur la. Desgl. Form mit kleineren Kelchen. °/,. (Vergl. die
Skizzen in natürlicher Grösse).
Figur 1b. Desgl. Längsschlift.
Figur 2. Philipsastrea (Pachyphyllum) Devoniensis. Querschliff.
Figur 2a Etwas schräger Längsschliff vom selben Stück. °,. Grund.
Seite 67.
Taf. V.
Zeitschrift d.deutsch.peol.Ges. 1885,
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Erklärung der Tafel VII.
Vergrösserung durchweg ?/..
Figur 1, la, le COlisiophyllum (Dibunophyllum) praecursor. Stoll-
berg. Querschliffe. Figur 1b, lc, 1d desgl. Längsschliffe. Seite 91.
Figur 2. Endophyllum priscum MsTr. sp., umwachsen von Alveo-
lites suborbicularis Lam. Unt. Oberdevon, Oberkunzendorf. Seite 76 u. 108.
Figur 3. Darwinia rhenana ScHLür. Stollberg. Seite 73.
Figur 4 Philipsastrea Kunthi nov. sp. Unt ÖOberdevon (Haupt-
kalk Tıerze), Ebersdorf (Glatz). Seite 62.
Figur 5. Hallia prolifera A. Rorm. sp. Querschliffe durch zwei
aus einem Stock hervorgesprosste Individuen. Fig. 5a desgl. mit Fa-
vosites cristata BrLumen®. sp. Fig. 5b Längsschliff. Kleiner Win-
terberg bei Grund. Seite 82 und 108. ;
Zeitschrift d.deutsch.seol.Ges. 1885. Taf. VI.
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Erklärung der Tafel VII.
Figur 1. Phillipsastrea pentagona GF. sp. var. micrommata F. Rorm.
Verwitterte Oberfläche. Original von Acervularia Roemeri M. E. et H.
var. 9. concinna A. Rom. °/,. Grund. Seite 56.
Figur 2, 2a. Clisiophyllum Kayseri nov. sp. Oberes Oberdevon.
Velbert im Bergischen. ?/,. Seite 92. £
Figur 3. Phillipsastrea pentagona Gr. sp. Verwitterte Oberfläche.
Rübeland. ?/,. Seite 54.
Figur 4. Petraia decussata Mstr. sp. Oberes Oberdevon. Elbers-
reuth. Vergrösserte Oberfläche. Seite 94.
Figur 5. Petraia radiata Mstr. sp. Devon. Elbersreuth. *-
Seite 9.
Figur 6. Decaphyllum Koeneni nov. gen. nov. Sp. °/,. Figur 6a
%/. H Hauptseptum, Ri Gegenseptum, SS Seitensepta. Figur 6b cen-
traler, Figur 6c tangentialer Längsschnitt. ®/,. Grund. Seite 70—72.
Figur 7. Endophyllum ef. Bowerbanki M. Epw. et H. Devon.
Torquay. ?/,. Seite 80.
Figur 8. Phillipsastrea (Pachyphyllum) Woodmanni WHITE sp.
Mittl. Oberdevon (Chemung group). Rockford, Jowa. Seite 67.
Figur 9. Phillipsastrea ananas Gr. sp. Originalexemplar von
Acervularıa tubulosa A. Rorm. Mit erhaltenen Kelchen. Grund. ?/..
Seite 51.
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Erklärung der Tafel IX.
Figur 1 Cyathophyllum aquisgranense nov. nomen, mit Aulopora
serpens Gr. Stollberg bei Aachen. Natürliche Grösse. Seite 40. Figur 1a
Oyathophyllum aquisgranense. Fundort unbekannt, in der Gesteinsbe-
schaffenheit mit Aachener Exemplaren übereinstimmend. Figur 1b
Septen stark vergrössert. Figur le Längsschnitt. (Combinirte Figur).
Natürliche Grösse. Seite 41.
Figur 2. Amplexus (2) tenuicostatus Msır. Ob. Oberdevon. Elbers-
reuth. Combinirte Figur nach den in München befindlichen Münsrer’schen
Originalen. Natürl. Grösse. Seite 88.
Figur 3. Amplewus hercynicus A. Rorm. Proliferirendes Exem-
plar. Oberster Stringocephalenkalk. Büchenberg bei Wernigerode. 3/,.
Seite 83 und 85.
Figur 4. Amplexus helminthoides nov. sp Unt. Oberdevon. Mar-
tenberg bei Adorf. °/,. Seite 88.
Figur 5. Trachypora Siemensi nov, sp. Natürliche Grösse.
Figur 5« Vergrösserte Oberfläche. Figur 53 Querschnitt. Unt. Ober-
devon. Grund. Seite 107.
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Erklärung der Tafel X.
Vergrösserung durchweg ?/.-
Figur 1. Cyathophyllum aquisgranense nov. nomen. Stollberg be.
Aachen. Seite 40.
Figur 2. Endophyllum priscum Msrr. sp. Oberkunzendorf. Längs-
schnitt. Figur 22 Querschnitt am unteren Ende. Der Querschnitt
des oberen Endes stimmt mit Taf. VII Fig. 2 überein. Seite 76.
Figur 22—2c. Endophyllum priscum. Längsschnitte mit ver-
schieden gestalteten Böden. Grund
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Erklärung der Tafel XI.
Vergrösserung durchweg 3/,.
Figur 1—3. Favosites polymorpha Gr. mit ungleich verdickten
Wänden. Mittlerer Stringocephalenkalk. Soetenich, Eifel. Seite 103.
Figur 4 Favosites reticulata Braınv. Orinoidenschicht. Gerol-
stein. Seite 104.
Figur 5. Favosites eristata BLumene. sp. Unt. Oberdevon. Grund.
Seite 104.
Figur 5a. Desgl. aus dem Mitteldevon (unterer Kalk von Paff-
rath, G. Meyer). Refrath bei Köln. Seite 103.
Figur 6, 6a, 6b. sStriatopora vermicularis M’Cov sp. Unt. Ober-
devon. Grund. Seite 105.
Figur 7, 7a. Striatopora subaequalis M. E. et H. sp.!) (= Alveo-
lites subaequalis M. E. et H. Pol. Pal., T. 17, F.4, pag. 256). Mittelde-
von (Mittlerer Kalk von Paffrath). Schladethal bei Bergisch-Gladbach.
Seite 106.
Figur 8. Alveolites ramosa A. Rom. Unt. Oberdevon. Grund.
Seite 110.
1) Im Text ist die Art durch ein Versehen als Striatopora ramosa
STEIN. sp. bezeichnet worden.
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der ersten und zweiten
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der zweiten
Ausbreitung des skandinav.
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Orenze der ersten Vergletscherung ann Alte Flusthäler
Erklärung der Tafel XIV.
Lodanella mira Kavser.
Aus den Unteren Coblenz -Schichten von Berg unweit Singhofen
im Nassauischen.
Figur 1. Steinkern der Oentralhöhle.
Figur 2, 3. Desgl., in die fingerhutförmige, ursprünglich vom |
Schwammkörper eingenommene Höhlung hineinragend und zum Theil
noch mit den Ausfüllungen des Wasserkanalsystems bekleidet.
Figur 4. Steinkern der Oentralhöhle, ganz mit den (als zierliche
ästige Gebilde erscheinenden) Ausfüllungen der Wasserkanäle bekleidet.
Figur 5. Gesteinsstück mit zwei nebeneinander liegenden Exem-
plaren der Versteinerung.
Figur € Schematische Darstellung des nach seiner Längsaxe
durchschnitten gedachten Schwammes.
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Erklärung der Tafel XV.
Kopfknochen des Propseudopus Fraasü; sämmtliche Stücke zeigen
mit ihrem Vorderende nach rechts, falls nicht durch einen Pfeil (<+&)
eine Ausnahme angedeutet wird. Die Figuren 5e, 5d u. 8c stellen
Knochen des zweiten Exemplars dar. Alle Figuren in natürlicher
Grösse. (Die Bezeichnung für die Theile eines einzelnen Knochens im
Text nachzusehen.)
Figur 1. Das Parietale von oben.
Figur 1a. Dasselbe von unten.
Figur 2. Das Frontale im Zusammenhang mit dem rechten Prä-
frontale von oben.
Figur 2a. Dasselbe von unten.
Figur 2b. Dasselbe von der rechten Seite.
Figur 3. Das Supraorbitale der linken Seite von oben.
Figur 3a. Dasselbe von unten.
Figur 4. Das Jugale der rechten Hälfte, laterale Ansicht.
Figur 4a. Dasselbe, mediale Ansicht.
Figur 5. Das Maxillare der linken Hälfte von aussen.
Figur 5a. ‘Dasselbe von unten, daneben links der hinterste Zahn
von hinten gesehen, daneben rechts der vorderste Zahn von vorn gesehen.
Figur 5b. Dasselbe von der medialen Seite.
Figur 5e. Rechtes Maxillare des Exemplars aus der östlichen
Grube von aussen.
Figur 5d Dasselbe von innen.
Figur 6. Der Vomer der rechten Hälfte, ventrale Ansicht.
Figur 6a. Desgl., mediale Ansicht.
Figur 6b. Desgl., dorsale Ansicht.
Figur 7. Das Palatinum der linken Hälfte von unten.
Eigur 7a. Dasselbe von oben.
Figur 8 Das Pterygoideum der rechten Seite, in drei Stücken,
der zahntragende Theil und der darüber gezeichnete, an das Os trans-
versum anstossende Theil von der Ventralseite, der hintere Fortsatz
von der medialen Seite.
Figur 8a. Das Pterygoideum der linken Hälfte, von oben.
Figur 8b. Dasselbe, mediale Ansicht.
Figur 8c. Pterygoideum der rechten Seite, Ventralänsicht; der
gegen das Palatinum gerichtete Rand ist unverletzt.
Figur 9. Die Columella Cranii der linken Seite von hinten.
Figur 9a. Dieselbe, Lateralansicht.
Figur 9b. Dieselbe, Medialansicht.
Figur 10. Das Prooticum der linken Hälfte, laterale Ansicht.
Figur 10a. Dasselbe, mediale Ansicht.
Pigur 11. Das Oceipitale externum der linken Hälfte von hinten
gesehen.
Figur l1a. Dasselbe von der Vorderseite, der obere Rand in
beiden Figuren nach rechts gerichtet.
Figur 12. Das Os quadratum der linken Seite, mediale Fläche.
Figur 12a. Dasselbe, obere Fläche.
Figur 12b. Dasselbe, laterale Fläche (man sieht auch die obere
Fläche in Verkürzung).
Figur 13. Linker Unterkiefer von oben gesehen.
Figur 13a. Derselbe von aussen.
Figur 13b. Derselbe von innen.
Zeitschr. d.Deutsch.geol.Ges. 1885. Taf. XV.
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Erklärung der Tafel XVL
Wirbel und Schuppen von Propseudopus Fraasü, Schädel von Fseu-
dopus Pallasii. Alle Figuren mit Ausnahme von 28a in natürl. Grösse.
Figur 14. Atlas von der Vorderseite (aus Versehen ist das Object
umgekehrt gezeichnet, d. h. der untere Dorn nach oben gerichtet,
ebenso in Fig. 14a).
Figur 14a. Derselbe von der linken Seite.
Figur 15. Ein vorderer Brustwirbel von der linken Seite.
Figur 15a. Derselbe von vorn.
Figur 15b. Derselbe von unten.
Figur 16. Der grösste Rippen tragende Wirbel von der linken Seite.
Figur 16a. Derselbe von hinten.
Figur 16b. Derselbe von oben.
Figur 17. Der linke Processus transversus des zweiten Sacral-
wirbels (vollständig) von oben, unverkürzt.
Figur 17a. Derselbe von unten.
Figur 18. Erster Schwanzwirbel von unten.
Figur 18a. Derselbe von vorn.
Figur 18b. Derselbe von oben.
Figur 19. Nackenschuppe der rechten Seite.
Figur 20. Desgl. aus der Medianreihe.
Figur 21. Schuppe des Mittelrückens, linke Körperhälfte, von oben.
Figur 21a. Dieselbe von unten.
Figur 22. Desgl. von der rechten Hälfte.
Figur 23. Schuppe des Hinterrückens von der linken Hälfte.
Figur 24. Bauchschuppe.
Figur 25. Desgl. vom Rande der Furche.
Figur 26. Kleine Schuppe oben an der Seitenfurche, linke Seite
(das Vorderende sieht nach rechts).
der
Figur 27. Desgl. noch kleiner.
Figur 28. Desgl. kleinste.
Figur 28a. Dieselbe vergrössert.
Figur 29, 30, 31. Schwanzschuppen.
Figur 32. Schmale Rüc:enschuppe, weiter nach hinten, nahe
Furche.
Figur A Schädel des lebenden Pseudopus Pallasii von oben.
Figur B Derselbe ohne Unterkiefer von unten.
Figur C. Derselbe von der Seite.
Figur D. Derselbe von hinten. Die diesen 4 Figuren beigefügten
Ziffern bezeichnen dieselben Knochen, wie die Figurennummern auf
Tafel XV. — st. Supratemporale; qj. Quadratojugale; os. Oceipitale
superius; pf. eigentliches Postfrontale; pf’”’. hinterer Theil desselben;
ob.
Oeceipitale basilare; sph. Sphenoideum; tr. Os transversum; im.
Intermaxillare; prf. Praefrontale.
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Erklärung der Tafel XVII.
Figur 1. Smilotrochus cristatus FeLıx. — San Giovanni llarione.
a. Ansicht von der Seite. b. Angeschliffene Querfläche.
Figur 2. Desgl. Ansicht eines anderen Exemplars von der con-
vexen Breit-Seite. — San Giovanni llarione.
Figur 3. Desgl. Jugend-Exemplar. — San Giovanni lIlarione.
Figur 4. Montlivaultia ilarionensis FELıx. — San Giovanni Ilarione.
Figur 5. Lithophyllia debilis FeLıx. — Monte Grumi bei Castel-
gomberto.
Die Originale zu sämmtlichen Figuren dieser und der folgenden
Tafeln befinden sich im paläontologischen Museum der kgl. Universität
zu Berlin.
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Zeitschr.d.D
Erklärung der Tafel XVII.
Figur 1, 2. Leptomussa elliptica Rs. sp. — Fontana bona di San
Lorenzo.
Figur 3. Desgl. — Montecchio maggiore.
Figur 4. Desgl. — Lugo.
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Erklärung der Tafel XIX.
Figur 1 u. 2. Rhabdophyllia crassiramosa FerLıx. — San Gio-
vanni Jlarione.
Figur 3. ZLeptaxis expansa FeLıx. — San Giovanni llarione.
Figur 4. Smilotrochus ‚undulatus FELıx. — San Giovanni llarione.
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Zeitschr. d.Deutsch geol.Ges. 1885
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Erklärung der Tafel XX.
Figur 1. Graphularia Beyrichi n. sp. Septarienthon, Hermsdorf.
Figur la. Dasselbe Exemplar vergrössert.
Figur 1b. Querschnitt des letzteren.
Figur lc. Querschnitt eines anderen Exemplars.
Figur 1d. Derselbe vergrössert.
Figur 2. Graphularia sp. Septarienthon, Buckow.
Figur 2a. Dasselbe Exemplar vergrössert.
Figur 3. Graphularia sp. Miocän, Baden bei Wien.
Figur 3a. Dasselbe Exemplar vergrössert.
Figur 3b u. c. Querschnitte des letzteren.
Figur 3d. Querschnitt eines anderen Exemplars.
Figur 3e. Derselbe vergrössert. |
Figur 4.5, 5a, 6, 7. Graphularia Brauni n. sp. Meeressand
von Alzey.
Figur 4a, 5b, 6, 7. Querschnitte in natürl. Grösse.
Figur 4b, 5c, 6a, 7a. Dieselben vergrössert.
Figur 8, 9, 10. Graphularia ambigua MoRrToNn sp. Obere Kreide
von New Yersey. Natürl. Grösse; nur Fig. 10 vergrössert.
Figur 8a, 9a. Dieselben Exemplare vergrössert.
Figur Sb, 9b, 10a. Querschnitte derselben.
Figur 11. Graphularia desertorum Zıtt. Eocän der libyschen
Wüste.
Figur 1la. Dasselbe Exemplar vergrössert.
Figur 11b. Querschnitt des letzteren.
Die Originale zu Figur 1, 2, 3 befinden sich in der Sammlung der
Universität zu Berlin: diejenigen zu Fig. 4, 5, 6, 7 in der Sammlung
der technischen Hochschule zu Aachen; diejenigen zu Fig. 8, 9, 10,
11 in der Sammlung der Universität zu Breslau.
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AB. Die eingeschriebenen. Buchstaben. entsprechen den in. der B.Die eingeschriebenen. Buchstaben entsprechen. den in der
Farben Erklarung auf Tall IXI angegebenen, geognostischen Farben Erklärung auf TuRLIN angegebenen geognostischen
Bezeichnungen: Heiserouten Bezeichnungen. Betserouten,.
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Erklärung der Tafel XXIIL
Figur 1. Osirea spec.
Figur 2. Placunopsis spec.
Figur 3 u. 4. Modiola (Brachydontes) spec.
Figur 5. Gervilia (2) spec.
Figur 6. Lima (2) spec.
Figur 7. Gen. et spec. indet.
Figur 8. AMacrodon spec.
Figur 9. Arca spec.
Figur 10. Limopsis (Pectunculina). spec.
Figur 11-14. Cypricardia (2) Sanneri nov. spec.
Figur 15. Cyprina (2) (Venulites) spec.
Figur 16. Pleuromya (?) spee.
Figur 17. ? Gen. et spec. indet.
Figur 18. Turritella (2) Oerendzikensis nov. spec.
Figur 19. Turbo (Eunema) spec.
Figur 20. Turbo (2) spec. ind.
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Figur 22. Vioa spec.
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Erklärung der Tafel XXIV.
Dactylolepis Gogolinensis nov. gen., nov. spec. von Sacrau bei
Gogolin in Oberschlesien.
Figur 1. Abbildung der rechten Seite des Originals in natürlicher
Grösse.
Figur 2. Linke Seite des Kopfes in natürl. Gr.
Figur 3. Bauchschuppen von der linken Seite des Fisches in
natürl. Gr. Die Lage der dargestellten Schuppenpartie ist in Fig. 1
durch entsprechend eingezeichnete gerade Linien markirt.
Figur 4. Einzelne Schuppe von der linken Seite des Fisches
mit deutlich erhaltenem Knochenfortsatz. Natürl. Gr.
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Erklärung der Tafel XXV.
Es bedeutet bei allen Figuren: « die Zeichnung in natürlicher
Grösse, a die Lateral-, b die Ventral-, e die Cephal- und d die Caudal-
ansicht. Dasselbe gilt für die Figuren der Tafel XXVI.
Die Originale der nachstehend abgebildeten Petrefacten sowie die
beschriebenen Beyrichienkalke befinden sich im Mineraliencabinet der
Universität Königsberg i. Pr.
Figur 1A.
Figur 1B.
Figur 2A.
Figur 2B.
Linke Schale von Beyrichia tuberculata, männlich.
Rechte Schale von Beyrichia tuberculata, weiblich.
Rechte Schale von B. tuberculata gibbosa, männlich.
Linke Schale von B. tuberculata gibbosa, weiblich.
Figur 3. Rechte Schale von B. tuberculata bigibbosa, männlich.
Figur 4. Fragment einer rechten Schale von B. Noetlingi con-
jJuncta, männlich.
Figur 5A.
Figur 5B.
Figur 5C.
Figur 6A.
Figur 6B.
Figur 7A.
Figur 7B.
Figur 8A.
Figur 8B.
Figur 9A.
Figur 9B
Figur 10.
Rechte Schale von B. Noetlingi, männlich.
Rechte Schale von B. Noetlingi, weiblich.
Linke Schale von B. Noetlingi, männlich.
Linke Schale von B. Bronni, männlich.
Linke Schale von B. Bronni männlich (sehr gross).
Fragment einer linken Schale von B. Baueri, männlich.
Rechte Schale von B. Baueri, männlich.
Linke Schale von B. tuberculato-Buchiana, männlich.
Linke Schale von B. tuberculato-Buchiana, weiblich.
Linke Schale von B. Buchiano-tuberculata, männlich.
Desgl.
Rechte Schale von B. Buchiana var. lata, männlich.
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Figur 11A.
Erklärung der Tafel XXVI.
Rechte Schale von Beyrichia Buchiana var. an-
gustata, männlich.
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Figur 11B.
Figur 12A.
Figur 12B.
Figur 13.
Figur 14.
Figur 15.
Figur 16.
Figur 17A.
Figur 17B.
Figur 18A.
Figur 18B.
Desgl.
Rechte Schale von B. Buchiana var. incisa, männlich.
Desgl., weiblich.
Rechte Schale von 3. Buchiana, männlich.
Rechte Schale von B. tuberculato-Kochiana, männlich.
Linke Schale von 3. Kochü, männlich.
Rechte Schale von 3. Maccoyana, männlich.
Linke Schale von B. Maccoyana var. sulcata, männlich.
Desgl., weiblich.
Rechte Schale von B. Maccoyana var. lata, männlich.
Fragment einer rechten Schale von B. Maccoyana
lata, caudaler Theil, männlich.
Figur 18C.
Figur 19A.
Figur 19B.
Figur 20.
Figur 21.
Figur 22.
Figur 28.
Desgl., cephaler Theil, männlich.
Rechte Schale von B. Salteriana, männlich.
Desgl., weiblich.
Linke Schale von 3. Bolliana, männlich.
Linke Schale von B. Bolliana umbonata, männlich.
Linke Schale von B. dudia, männlich.
Linke Schale von B. Wilkensiana, männlich.
\ Zeitschr.d. Deutsch.geol. Ges. 1885 Taf XXVI.
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Erklärung der bei sämmtlichen Abbildungen auf Tafel XXVIL bis
XXIX zur Anwendung gelangten Buchstaben - Bezeichnungen,
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Schädeldecke:
Supraoceipitalia;
Parietalia;
Frontalia;
Nasalia;
Squamosa;
Epiotica;
Supratemporalia (Tympa-
nica);
Quadratum;;
Schaltknochen ;
Postorbitalia;
Postfrontalia;
Praefrontalia ;
Jugalia;
Lacrymalia;
Maxillaria superiora;
Intermaxillaria;
Apertura nasalis;
Scleralring;;
Schädelbasis:
Parasphenoideum ;
Pterygoidea;
Bezahnung von Gaumen-
knochen.
Unterkiefer.
Wirbelsäule:
Wirbelkörper;
Chorda;
Knochenhülse;
Intervertebralknorpel ;
Pleurocentra (seitliche
Keile);
Hypocentra (untere
Platte) ;
Neural- oder oberer Wir-
belbogen ;
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Steinkern des Wirbel-
canales;
Processus spinosi;
Processus articulares;
Processus transversi;
untere Dornfortsätze ;
Schwanzwirbel ;
Rippen.
Sacralrippen;
Caudalrippen;
Tuberculum;
Capitulum.
chultergürtel:
mittlere Thoracalplatte;
seitliche Thoracalplatten;
Claviculae;
Scapulae.
eckengürtel:
Tlea;
Ischia.
Pubica (?).
Extremitäten:
Humerus;
Radius;
Ulna;
Metacarpus;
Femur;
Fossa supracondyloidea;
Tibia
Fibula;
Metatarsus;
Phalangen.
Schuppenpanzer:
Schuppen.
Erklärung der Tafel XXVII.
Melanerpeton.
Fıgur 1. Melanerpeton pulcherrimum A. Fr.
Figur 2. Schultergürtel und bezahnte Gaumenknochen eines Me-
lanerpeton als Negativ in 2maliger Vergrösserung.
Figur 3. Mittlere Thoracalplatte und Schädelreste eines Mela-
nerpeton in 1!/, maliger Vergr.
Figur 4. Schultergürtel, Vorderextremität, bezahnte Knochen-
lamellen des Gaumens (als Negativ) und isolirte Wirbel eines Melaner-
peton in 2mal. Vergr.
Figur 5. Schultergürtel des in Fig. 1 abgebildeten Exemplares
von Mel. pulcherrimum.
Figur 6. Rippen desselben.
Pelosaurus.
Figur 7. Schädel von Pelosaurus laticeps Crep. in 1?/, maliger
Vergrösserung.
Figur 8. Rippen, Wirbelkörper, Bauchpanzer von Pal. laticeps.
Figur 9. Schädel, Schultergürtel, Wirbelsäule, Rippen u. Schup-
pen von Pel. laticeps in 2maliger Vergr.
Taf. XXM.
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Zeitschr. d. Deutsch. geol. Gesellsch. 1865.
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Fig. 6 Melanerpeton.
lis.79 Pelosaurus laticeps (red.
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Erklärung der Tafel XXVIII.
Pelosaurus.
Figur 1. Vollständiges Exemplar von Pelos. laticeps in 1!/, ma-
liger Vergrösserung.
Figur 2. Schädelbasis, Schultergürtel und Theil der Wirbelsäule
von Pel. laticeps.
Figur 3. Schultergürtel von Pel. laticeps.
Figur 4. Schuppen des Bauchpanzers von Pel. laticeps in 6ma-
liger Vergrösserung.
Figur 5. Die letzten praesacralen Wirbel, Becken und Hinter-
extremitäten von Pel. laticeps.
Figur 6. Hinterextremitäten von Pel. laticeps.
Zeitschn d. De _ Tar.xXXV.
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Zeitsehn d. Deutsch. geol. Gesellsch. 1885,
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Erklärung der Tafei XXIX.
„Sparagmites“.
Figur 1. Wirbelsäule von Spar. arciger Crp. 10 Wirbel in 2ma-
liger Vergrösserung.
Figur 2. Zwei Wirbel desselben in 5 maliger Vergrösserung
- (rhachitomer Bau).
Hylonomus.
Figur 3. Hylonomus Fritschi GEIN. u. Deicnm. spec. in 11/, ma-
liger Vergrösserung.
Figur 4. Zwei Wirbel desselben Exemplares in 6maliger Vergr.;
die biconcaven Wirbelkörper und deren dünne Knochenhülsen in Hori-
zontalansicht von oben.
Figur 5. Steinkern des Wirbelcanales der nämlichen beiden
Wirbel. Horizontalansicht von unten; in 6maliger Vergr.
Figur 6. Horizontalschnitt des Wirbelkörpers eines lebenden
Salamandriden (Ranodon) nach WIEDERSHEIM.
Figur 7. Schädel von Ayl. Fritschi in maliger Vergr.
Figur 8. Negativ des vorderen Endes des nämlichen Schädels
(Gegenplatte) mit Spuren von Gaumenbezahnung.
Figur 9. Sacralpartie der Wirbelsäule des in Fig. 5 abgebildeten
Exemplares in 4 maliger Vergr.
Figur 10. Drei Schwanzwirbel des in Fig. 3 abgebildeten Exem-
plares mit oberen und unteren Bogen, in 6 maliger Vergr.
Figur 11. Steinkern der Chorda und des Wirbelcanales zweier
Schwanzwirbel des in Fig. 5 abgebildeten Exemplares in 6 mal. Vergr.
Figur 12. Wirbelsäule, Beckenknochen, Öber- und Unterschenkel-
knochen von Ayl. Fritschi in 3maliger Vergr.
Figur 13. Wirbelsäule, Beckenknochen und Theile der Hinter-
extremitäten von Ayl. Fritschi in 3maliger Vergr.
Figur 14. Wirbelsäule, Humerus, Rippen von Hyl. Fritschi in
ömaliger Vergr.
Figur 15. Armknochen, Rippe und Schuppen von Hyl. Fritschi
in 5maliger Vergr.
Figur 16. Rumpfrippen von ZAyl. Fritschi mit Capitulum und
Tl ul in Smaliger Vergr., die Dünnwandigkeit dieser Knochen
zeigend.
Figur 17. Zwei Rumpfrippen von Hyl. Fritschi mit Capitulum
und Tuberculum.
Figur 18. Stark vergrösserter Zahn von Hyl. Fritschi. Vertical-
schnitt.
Figur 19. Wirbelkörper mit Chordasteinkern, Schuppen des
Bauchpanzers von Fyl. Fritschi in 4maliger Vergr.
Figur 20. Rippe und Schuppen des Bauchpanzers von Ayl.
Fritschi in 5maliger Vergr.
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Taf. XIX.
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Zeilschn d. Deutsch. geol. Gesellsch. 1985.
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Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1885. Tafel XXXI.
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Grosse Baula.
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Tafel XXXIH.
Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1885.
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Erklärung der Tafel XXXIV.
Figur 1. Trichasteropsis cilicia Quenst. sp. von Wehmingen.
Ansicht von der Rückenseite. Natürliche Grösse.
Figur la. Armspitze derselben mit der Terminalplatte (Augen-
platte). Etwas vergrössert.
Figur 2. Dieselbe. Ansicht von der Bauchseite. Natürliche
Grösse.
Das Original zu Fig. 1— 2 befindet sich im städtischen Museum
von Hildesheim.
Figur 3. Trichasteropsis cilicia QUENST. sp. von Hemmersheim
in Württemberg. Ansicht der Rückenseite. Natürliche Grösse.
Das Original befindet sich im kgl. Naturalien-Cabinet in Stuttgart.
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Erklärung der Tafel XXXV.
Figur la Recenter Unterkiefer eines Steinmarders.
Figur 1b. Recenter Unterkiefer eines Edelmarders.
Figur 2a. Fossiler Dachsschädel von Westeregeln.
Figur 2b. Unterkiefer desselben.
Figur 3. Fossiler Iltisschädel von Thiede.
Figur Ein fossiler Femur von Foetorius pusillus von O.-Ruzsin.
Figur Ein Humerus desgl.
Figur Fossiler Unterkiefer von Foetorius erminea von O.-Ruszin,
Ein fossiler Unterkiefer von Foei. pusillus von O.-Ruszin.
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Figur 6. Ein Unterkiefer desgl.
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Figur 8.
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Figur Fossiler Humerus von Foet. erminea von O.-Ruszin.
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"Weitschr. d. Deutsch geol.Ges 1885 Taf. XXMV.
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Erklärung der Tafel XXXVL
Figur 1a. Oberkiefer von Gulo borealis fossilis.
Figur 1b. Ein Unterkieferast desgl.
Figur lc. Ein Humerus desgl.
Figur 2. Schädel eines recenten Foetorius pusillus.
Figur 3. Schädel eines recenten Foetorius erminea.
Zeitschr.d.Deutsch geol. Ges. 1885. Taf. XXM.
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Erklärung der Tafel XXXVIIL
Figur 1. Goniatites lateseptatus Beyr. Querschnitt von 2 Win-
dungen. Vergr. ca. 3:1.
Figur la. Desgl. Lobenlinie. Wissenbacher Schiefer.
Figur 2. Bronteus thysanopeltis Barr. (var. Waldschmidti v. Koen.).
Kopfschild, vergr. 2:1. Hercyn.
(Das am Original abgesprungene Auge ist nach einem anderen
Exemplare ergänzt.)
Figur 3. Derselbe. Schwanzschild mit einigen Leibesringen ;
Form mit kurzen Stacheln und breiten Rippen.
Figur 4. Derselbe. Mit längeren Stacheln.
Figur 5. Derselbe.. Form mit langen Stacheln und schmalen
Rippen. (Etwas seitlich verdrückt.)
Figur 6. Derseibe, jung.
Figur 7. Phacops fecundus Bark. Kopf eines sehr grossen
Exemplars. Hercyn.
Taf. XXXVIL.
1885
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Erklärung der Tafel XXXIX,
Figur 1. Strophomena verw. corrugatella Davıns;. Vergr. 2:1.
Hercyn.
Figur 2-2b. Camarophoria glabra n. sp. Hercyn.
Figur 3--3b. Goniatites discoides n. sp. Stringocephalenkalk.
Figur 4—4b. Bactrites Ausavensis STEINING. Goniatitenschiefer.
Taf. XXXR.
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Erklärung der Tafel XL.
Figur 1. Goniatites Wildungensis n. sp. Vergr. 2:1. Goniatiten-
schiefer.
Figur 1a. Desgl. Querschnitt eines etwas grösseren Exemplars.
Vergr. 2:1.
Figur 1b. 5 Entwickelungszustände der l.obenlinie.
Figur 2. Pleurotomaria prisca STEINING. sp.? Vergr. 2:1.
Figur 2a. Desgl Schlitzband, welches die mittlere Linie zeigt.
Goniatitenschiefer.
Figur 3u.3a. Pleurotomaria turbinea SCHNUR. Goniatitenschiefer.
Figur 4. Avicula hians n. sp., linke Klappe. Vergr. ca. 2!/,:1.
Figur 4a. Desgl., rechte Klappe von vorn. Vergr. ca. 21, :1.
Goniatitenkalk.
Figur 5. (ypridina Kayseri n. sp. Goniatitenkalk.
Figur 5a. Desgl. Stark vergrössert, ca. 75:1.
Figur 5b. Desgl. Stück der Oberfläche, sehr stark vergrössert,
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Figur 6. Cypridina splendens n. sp. (Goniatitenkalk.
Figur 6a. Desgl. Stark vergrössert, ca. 75:1.
Zeitschr. d. Deutsch.geol.Ges.1885 Taf. XL
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Erklärung der Tafel XLI.
Figur 1. Actinocystis granulifera nov. sp. Orinoidenschicht. Rom-
mersheim bei Prüm. 3:2. (Die Granulirung der Septa ist nicht deut-
lich genug dargestellt.)
Figur 2. Cystiphyllum pseudoseptatum E. Schulz. Mitteldevon.
Bifel 3%
Figur 3. Hallia fasciculata nov. Sp. Crinoidenschicht (2). Prüm
in der Eifel. Septa zweiter Ordnung als Reihen von getrennten Septal-
dornen entwickelt. 2:1.
Figur 4. Endophyllum elongatum SCHLÜT. sp. Crinoidenschicht.
Gerolstein. 2:1.
Figur 5. Endophyllum acanthicum nov. sp.. Crinoidenschicht.
Blankenheim in der Eifel. 3:2
Figur 6. Endophyllum torosum. Mittlerer Stringocephalenkalk.
Soetenich in der Eifel. 3:1. Längsschlift.
Figur 6a. Querschliff durch die Septa desselben Exemplars. 6:1.
Figur 7. Septaldornen im Kelch von Coelophyllum paueitahulatum
ScHLöT. sp. Oberer Stringocephalenkalk (Uneitesschichten). Bergisch
Gladbach. 2:1.
Figur 8. COyathophyllum ceratites GoLpr. Crinoidenschicht. Blan-
kenhein. Kelch mit Septaldornen. 3:2.
Taf. XLL
Zeitschr.d.Deutsch.geol.Ges 1885
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- Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
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xXXXVI. Band.
1. Heft.
Januar bis März 1885.
(Hierzu Tafel I - XIV.)
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Berlin, 1885.
| Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
W. Behrenstrasse 17.
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Deutschen geologischen Gesellschaft.
XXXVII. Band.
2. Heft.
April, Mai und Juni 1885.
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- (Hierzu Tafel KV-XKUIT) San, I,
Berlin, 1885.
Bei ‚Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
W. Behrenstrasse 17.
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Deutschen geologischen Gesellschaft.
xXXxVI. Band.
3. Heft. 2
Juli, August und September 1885.
Berlin, 1885.
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
W. Behrenstrasse 17.
Zieitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
KXXVIE Band.
4. Heft.
October, November und December 1885.
(Hierzu Tafel XXXIV - XLI.)
Berlin, 1885.
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
W. Behrenstrasse 17.
Die Herren Mitglieder werden gebeten bei Zusendungen
an die Deutsche geologische Gesellschaft folgende Adressen
benutzen zu wollen:
1. für Manuscripte zum Abdruck in der Zeitschrift ‚und
darauf bezügliche Oorrespondenz: |
Herrn Dr. C. A. Tenne, Berlin C., Ailürslogt
sches Museum in der königl. Universität;
2. für sämmtliche, die Bibliothek betreffende Angelegen- 3
heiten, namentlich auch Einsendungen an dieselbe: |
Herrn Dr. W. Braneo, Berlin N., Invaliden-
strasse 44, königl. geologische Landesanstalt;
N)
für die übrige geschäftliche Correspondenz (Anmeldung. #
neuer Mitglieder), Wohnortsveränderungen, Austritts-
erklärungen,, Reclamationen . eingegangener Hefte
ete; te.)
Herrn Professor Dr. W. Dames, Berlin C., Mine- | | 4
ralogisches Museum in der königl. Universität,
Der Vorstand.
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